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Monatesehrift
für
GEBÜRTSKÜNDE
und
FranenkrankheitexL
Im Verein mit der
Gesellschaft für Geburtshülfe in Berlin
Dr. C. S. F. Credi,
Holrath , ord. Prof. and Direetor der £lntbi]idiuigt*AiisUU in Leipsig ete.
Dr* EcL Martin^
B^h. Bnth« ord. Prof. and Direetor der Entbindongs-Anstalt in Berlin, Bitter etc.
Dr. F. A. TO& Rltgen,
Oeb. Ratli» ord. Prof. und Direetor der Bntbindangs -Anstalt In Gietien,
Gomtbar ete.
Dr. Bd. O. J. Tön Siebold,
« ord. Prof. and Direetor der Entbindangi • Anstalt in OOttingeu,
Oomthnr ete.
Sfolieiiieliiter BmiL
Mit Tier Tafeln Abbildungen.
Berlin, 1861.
Terlag to& August Hirsehwald,
60 U. d. Linden, Ecke der Sebadow-Strasfo.
JL x# M^
^"^ FE8121901 "^
Inhalt
Heft L
Seite
L Verhandlnogen der Gesellschaft f&r GeburtshÜlfe in Berlin 1
Crüger: Ueber den Einflass der Torderen Beckenwand
auf den Gebortsmecbanismns, besonders bei Becken-
▼ereng^emng^n ^ringeren Grades. (Hieran eine Tafel
mit Abbildnng^.) 1
WCmckti: Kaiserschnitt bei halisteretischein Becken . 27
Wmnekel: Kaiserfchnitt bei halisteretischem Becken
nit glfiektichem Erfolge für Mutter nnd Kind ... 29
IL Zur Gesehiehte des Lithopädion. Von J, F. H. AJben
ia Bonn 42
HL Kotisen ans der Jonmal« Literatur:
Ghraf: Atresie der Scheide mit abnormen Menstraal-
wegen 64
Sotoyar (San Franoisco): Exstirpation einer krebsig (?)
entarteten Gebftrmntter ron den Banchdecken ans . 65
Sartkolow: Hjdramnios (?) mit wässerigem Aasflasse
ans der Vagina 67
Woodt&n: Yollstlndige In^ersio uteri nach einem
Abortus im vierten Schwangerschaftsmonate; Repo-
sition nach sechs Tagen 68
CkarU9A,Lt€: Statistische üntersucbung der Ursachen,
der Pathologie und der Behandlung der Inversion
der Gebärmutter 68
€hmMer: H«ematocele retrouterina, Bildung einer
Maetdarmseheidenfistel , Heilung 70
/oft» Olan: Ein neues Zeichen für die AblSsung der
Plaeeoto naoh der Geburt des Kindes 70
IV Inbrnlt.
Seite
8ekmü%: Miitheilan^en über eine Kreif sende mit osteo-
malacischem Becken 71
SUtistiBcbe Tabelle fiber die Yorkommniaae in der
Geb&ranstalt an München rom 1. October 1869 bia
30. September 1860 7$
Hinki Aeratlicher Bericht von der aweiten GebSrklinik
an Wien 1860 74
IV. Literatnr:
Hermann SehwartB, Beiträge aar Qeachiehte des F5taa
im Fdtns. Marbnrg 1860 , 76
Heft n.
V. Verhandlnngfen der Gesellschaft ftir GebnrtshSlfe in Berlin 81
QU9c%yn$ki: Bericht über einen mit glücklichem Ana-
gange Tollführten Kaiserschnitt 81
Virchoto: Präparat einer Zwillingsmissgebnrt .... 101
Hofmeyer: Vorlegung einer länglichen wallnoasgrossen
Geschwulst 101
Abarbandl: Inyersio uteri durch einen Polypen Ter-
anlasst 102
Martin: Ueber yerach^pdene Methoden der Ver-
kleinerung des Kindskopfes bei der Geburt .... 103
VI. Fall Ton so gänslicher Verbrennung eines Neugeborenen,
daas nur wenige Knochen übrig geblieben. Begutachtet
von Eduard von Siebold 107
Yll. Tumor sacralis congenitus. Beobachtet von L. Barteeher,
Gerichtswundarst und Geburtshelfer in Osnabrück . . 121
Vni. Ueber prophylaktische Anwendung kalter Fomentationen
nach schweren Geburtsfftllen. Von Dr. J. Ign. Lern»,
prakt. Arste in Warth bei Frauenfeld in der Schweia 126
IX. FünfundTieraigster Jahresbericht über die Ereignisse
in dem Entbindungsinstitnte bei der ^onigL Sachs,
chirurgisch -medicinischen Akademie an Dreaden im
Jahre 1869. Von Professor Dr. Oreneer, Konigl. Sachs.
Hofrath etc 127
X. Notisen aus der Journal- Literatur:
Bokiiantkif : Bin Fall Ton linkaeitiger Tnbarabaekafirang
Ton pseudomembranöser Adhäsion, mit wahrachein-
lieher Aulnahme des Eies aus dem linken Ovarinm
Ton der rechten XubA » 160
Inhalt y
Seile
C, Brown: Ueber die Kosogenie der intrauterinen
PUeental- Polypen 151
RokiioMfk^: Ein Beitrag aar Lehre yom Abortn« und
Tom fibrSaen Utemapoljrpen 162
Neumann: Ueber die Sklerose der Placenta 163
TT. Hink: Beobachtung einer ganz aussergewdhnlioh
rerlauf enden Schwangerschaft 158
Düorme: Behandlung der Ämennorrh5e und Dys-
menorrhoe durch das Apiol 154
Bckitandcy: Ein Fall yon acuter Tuberkulisation des
puerperalen Uterus und ein Fall Ton Tuberkel in
den Ovarien 156
C Brown: Ueber einen seltenen Mechanismus bei
Gesichtalagen 167
Jaoq^em^: Ueber die Störung des Oeburtsrerlaufes
bei Kopflagen, bedingt durch au grossen Umfang
der Brust und der Schultern des F5tus 159
Heft m.
XL Yerhandlungen der Qesellsohaft fQr Geburtshiilfe in
Berlin 161
lAUk€: Fall tou angeborener Yerengerufg des Dick-
dannaa 161
Mtgrtin: Ueber die Salpin^tis als Ursache der Peri.
tonitis pnerperalis 168
Kri§UlUr: Djnamora et rieche Yorriebtoiig an der
Qebartssange. (Hieran eine Tafel mit Abbildungen.) 166
L, Müiff^r: Sarcoma medulläre des Uterus und Rectum.
Yerschlns» des letiteren. Tod durch Ileus .... 186
Xn. Ueber ein im Winter 1859 — 1860 beobachtetes puer-
perales Erysipelas phlegraonodes. Yon Prof. M. Bettina
in Stoekholm 191
Xni. Ueber Perforation und Kephalothrypsie. Zweite Ab-
theilnng. Yon Dr. SpondU, Privatdocent in Zürich . . 197
XIY. Bericht Aber die Yorgange im Köaigl. Entbindungs-
inslltaU der Unirersitit au Halle und der damit in
YerbinduBg atehendea PoUkUnik für OeburtshQlfe,
FiaMD- «ad Kinderkrankheiten im Jahre 1857. Yon
Dr. A. F. MM 216
VI Inhalt.
Heft IV.
Seite
XV. Verhandlongen der Gesellschaft für Gebnrtshfilfo in
Berlin 241
L.Mayer: Klinische Beobachtungen üb. Entwickelang
des Cancroids der weiblichen Seznalorgane . . . 241
Olshausen: lieber die Ansichten der Entstehung der
Spondylolisthesis mit Beschreibung eines derartigen
Präparates. (Hierzu eine Tafel AbbilduDgen.) . 265
Martin: Ueber eine mit günstigem Erfolge bei einer
lebensgefährlichen Intrauterinblutung vollzogene
Transfusion 269
XVI. üeber die zweckmtlssigste Methode der Entfernung
der Nachgeburt. Von Cred^ 274
XVII. Die lfs«nar<2*6che Schädelzange benutzt zur Eztraction
des Kopfes nach einer Perforation bei osteomalacischem
Becken. Von Dr. Fran» Winekel in Berlin 292
XVIII. Bericht über die Leistungen des Königl. Hebammen-
instituts zu Stettin während der Jahre 1834 — 1869.
Vom Geh. Medicinalrath Dr. Behm 802
XIX. Notizen «us der Journal -Literatur:
Oraily ffewitt: Zur Diagnose der OTarienkysten . 817
Lump4: Schwangerschaft in Verbindung mitMeduIlar-
krebs an der Vaginalportipa . . . « 817
LahorU: Geschichte des Thrombus Tulyae etTaginae,
insbesondere nach Niederküuften. Anatomische
Betrachtungen über den Sitz des Thrombus und
seine Behandlung 818
Aus dem Berichte der K. K. Gebärklinik an der
medicinisch- chirurgischen Lehranstalt in Graz im
Studienjfthre 1858/69 818
Brinkmann : Bericht über die in dem Königl. klinischen
und poliklinischen Institute für Geburtshülfe und
Gynäkologie, sowie in der Klinik für Frauen-
krankheiten in dem KÖnigl. Charit^ -Krankenhause
während des Sommersemesters 1860 unter der
Leitung des Geh. Medicinalratbs Herrn Prof.
Ed. Martin zur Behandlung gekommenen Geburten
und Eikrankuagen 319
Inhalt. yil
Heft V.
Seite
XX. Yerbandlangen der Gesellschaft für Gebnrtshülfe in
Berlin 321"
Jforüii: Fall yon isolirtem Scheidenkreb« 821
Miedeil Ueber Darminvagination 824
Btßdeli Üeber einen todtlieh verlaofenen Fall von
Cephalaeniatom 826
Ftrc&oio: Mittheilnng einer von Herrn Dr. Kugel-
mann eingeschickten Krankengeschichte 328
XXL Betraehtnngen über das Kindbettfieber. Naeh Leh-
flMNm'a «Bapports de la commission d'obstötriqne,
commnniqn^s an cercle m^dical d'Amsterdam **. Mit-
gatheilt Ton Eduard v. Siebold 836
XXII. Fan Ton Spaltug der Harnblase, Cloakenbildnng nnd
Hjdrorrhaebis. Von Dr. Leopold in Meerane. (Mit
Tier Abbildongen.) 367
XXHL StnuBgalatioB des Fdtns durch Knotnng der nm-
achlangenen Nabelschnur. Von L. BarUcher, Wund-
ant und Geburtshelfer in Osnabrück. (Mit einer
Abbildung.) .864
XXIY. Bericht fiber die Leistungen des Königl. Hebammen-
instituts SU Stettin w&hrend der Jahre 1834—1859.
Vom Geh. Medicinalrath Dr. Behm. (Fdrtsetiung.) . 366
XXy. Kotisen aus der Journal -Literatur:
Vol. HefferdoM: Neue Operationsmethoden der
Blaaenscheidenfisteln mit Metalldraht 386
2Vi#r BmiAi Ueber die Entstehung der Betroversio
oder Betroflezio uteri gravidi 389
Ckmetaniin Pauli Neue Fälle von Einwirkung der
BleiTergiftung auf den Fötus 390
Wendti Ueber den sogenannten Prager Handgriff 391
Laeantkyi Ausstossung eines vom Bumpfe ab-
gerissenen u. im Uterus zurfickgebliebeoen Kopfes 392
Spencer WeUei Vielfacherige Orarienkjste : drei-
malige Punktion, Ovariotomie, Adhäsionen mit
der Leber, vollständige Heilung 392
Spencer Welle: OTariotomie; Heilung 398
Lympe: Utemsfibroid (submucöses) mit Amennorrhoe 894
Otto «. Franque: Mitthellnngen aus der geburts-
halfliehen Klinik lu Wünburg 894
Vin InhAlt.
8«lto
XXYI. Literatar:
QnelqoeB consid^rstioQs pratiqnes aar les accouche-
mentfl en Orient par le Dr. PauCEram^ m^decin
des hdpitaax de Constantinople. Paris , impr. p.
E. Thunot & C. 1800. XVI. a. 481 8. B 896
Heft VL
XXVII. Betrachtungen über das Eindbettfieber. Nach Lel^
maiin*8 „Rapports de la commission d^obst^triqne,
commaniqa^s an eercle m^dical d' Amsterdam ''.
Mitffotheilt Ton Eduwrd v. BiebM. (Fortsetsimg.) . 401
XXTIII. Ein Fall ron Haematocele periaterina nebst Bei-
trägen aar Geschichte nnd Diagnose dieses Leidens.
Von Dr. Äffirsd fls^or in Darmstadt 418
XXIX. lieber Behandlang frischer Fälle von Gebärmntter-
knicknngen mittels der Utemssonde. Von Dr. Ifcwt*
mann, jüngerem Stadtaoconchear m Petersburg . . 486
XXX. Bericht über die Leistungen des KSnigl. Hebammen-
instituts 8U Stettin während der Jahre 1834—1869.
Vom Geh. Hedicinalrath Dr. Behm, (Fortsetzung.) 462
XXXI. Kotizen aus der Journal -Literatur:
Biehter: Fall Ton Ausstossung der Frucht nach
dem Tode 473
Ämann: Aus Simpson'B hlinischen Vorträgen : Üeber
Kranioklasma 474
E. G, Figg: Ueber die Wendung auf die Füsse,
ein in allen Geburten lu übendes Verfahren . . 476
Plo9a: Zur Zwillingsstatistik 476
Spiegelberg: Erfahrungen und Bemerkungen über
die Störungen des l^achgeburtsgeschäftes .... 477
•/ott2»a>> Studien über den Pemphigus des Geb&r^
mutterhalsös 479
UhU: Ein Fall von mangelhafter Knoohenbildung
bei einem Keugeborenen 480
Vtrhandlimgen der Gtesellsohaft für OeburtBhttlfe
in
Berlin.
SitEong vom 9. October IMO.
Herr MtxrHn verliest folgenden der GeBellschaft ein-
^efldiickten Aufsatz:
Deber den Einflass der vorderen Beckenwand auf
den Geburtsmechanismus, besonders bei Becken-
verengerungen geringeren Grades.
Dr. Crüger,
Bgp^fni «a der ProTfniial-HebaiiuneB-Lelmiittal« ra 091» *. Rh.
(Hieran eine Tafel mit Abbildimgen«)
Bei AiAteilung dei^iiliu|iüjmi!ii J^rdie wiebtigeren geborts^
bülOicben Openitioneif,^|[|'man^4%!^ fast einzig
die Länge der C<n^Kata in'iT^Sliige^ g^^ (so besonders
Bügen, JTtW^cftl j^canH4|f^ ^nd die nmgen keineswegs
gkicfagülligen Nebaira^ltnisse, ma00^s tnUg, ausser Acht
gdassen. Gegen eiB^!^R^^S^^iel:&Aren jrolRstirt besonders
t^Uian scbarf in sein«^qS^^j|pt(eYj^;^murt a. M. 1840,
Bd. II., §. 240< „ts geh^rniiffi2ohne alle Widerrede
zo den grossen und verderblichen Irrthümem, sobald es
gdingt, einen Beckenfehler zu entdeckenT demselben auch
sogiMch schon die Rolle vorauszubestimmen, welche derselbe
in der zu erwartenden Geburt qpielen wird. Wenn wir aber
die Pifle von absoluter Beckenverengerung in Abzug bringen,
so ist eine in obiger Weise gewagte Vorhersage ausnahmslos
ivwerfliGfa; und eben so leichtfertig wie zu missbilligen ist
r.f.Oelrartak. 1S61. Bd.Zyn.,Hft.l. ^
2 I* Verhandlnn^n der GeBellBchaft
das Verfahren aller der Geburtshelfer, welche sich auf eine
blosse Beckendiagnose in der Schwangerschaft hin,
ohne etwa Erfahrungen aus vorhergegangenen Geburten zu
besitzen, sogleich über die wichtigsten operativen Mittel
entscheiden, es verschmähend, die heilsame Vorsicht zu ge-
brauchen, erst und vor allen Dingen den Eintritt und die
Entwickelung des Geburtsgeschäftes abzuwarten, da sich, wie
jeder besonnene Beobachter weiss, hier und zwar eben nidit
30 selten bis in's Unglaubliche steigende Ueberraschungen heraus-
stellen/* Aehnlich spricht sich auch Hohl in seinem Lehrbuche
der Geburtshülfe, S. 664, aus. — Gilt es nicht fast für einen
allgemein angenommenen Gründsatz in der Geburtshülfe, dass
bei einer Conjugata unter 2^/^ Zoll und ausgetragenem Rinde
die absolute Indication für den Kaiserschnitt bestehe? Ferner
bei 2Vs — 3 Zoll die relative d. h. also bei lebendem,
ausgetragenem Kinde, sonst Perforation, Kephalothrypsie,
Embryulcie oder künstliche Frühgeburt, bei Beckenenge übe?
8 Zoll Zange, Zerstückelung od&c künstliche FrOhgebortf
Wie oil gescheht es aber, dass bei der einseitigen Rücksicht-
nahme auf diese Verhältnisse man in dem einen Falle nicht
zum Ziele kommt und in einem anderen Falle die Geburt
viel leichter beendet wird, als erwartet werden durfte. Der-
artige CveburtsfaHe werden aber gewiss nur äusserst selten
bekannt gemacht, da einerseits Niemand gern mit einer miss-
glflekten, anbeendet gebüebemn Operation an die Oefifendichkeit
tritt, noch anderentheils Geburtsfalle mtttheilt, bei d^^n er
sdiOB die Messer für den Kaiserschnitt schleift, während
durch die blossen Naturkräfte ein lebendes, zeitiges Kind
geboren wird, indem er- fürchten Qiuss, den Verdacht auf
sich au laden, die Indicationen unrich^ und leichtfertig gestellt
zu haben. Die Welt ist ja gewohnt, nur nach dem Erfolge
zu urtheilen. — Wilds theilt in seiner Schrift über das
weibliche Geb&r- Unvermögen, Berlin 1838, im §. 145 ekie
Reihe von Fällen aus der älteren Literatur mit, wo trotz
bedeutender Beckenbeschränkungen bis auf 2% Zoll hinunter,
dennoch tfaeils durch die blossen Naturkräfte, theils mittels
leichter Zangenoperationen Mutter und Kind erhalten wurden.
Wenn gleich, wie Kutan sehr treffend bemerkt, derartige
FäUe fSk die Sicherheit und Bestimiatheit der geburts-
för Qebnrtehülfe in Berlin« g
bttUlicbeQ IndicatÜMislehre keineswegs willkommeii sind, sondern
& Unsichertieii nur erhöhen, so können wir doch aus der
genauen Beobachtung gerade derartiger Geburten die Be-
dingoDgen kennen lernen, unter welchen bei scheinbar überaus
nngönstigen VeAältnissen die Natur eine Geburt noch glucklich
fliEnde fiihren kann, während oft bei scheinbar viel günstigerer
Stuation unsere angewandte Kunsthülfe erfolglos bleibt
Unter einer grossen Anzahl von Geburten, die ich in
der hiesigen sehr beschäftigten Gebäranstalt genau verfolgen
konnte, waren es besonders die drei unten ausführlich nüt-
g^heiken, die auf das Deutlichste bewiesen, dass es keineswegs
bloss die Berücksichtigung des kürzesten Beckendurchmessers
ist, die unser actives Eingreifen bestimmen darf und den
Erfolg davon sicher stellt In dem einen Falle wurde nämlich
bei 2 Vs bis höchstens 2% Zoll Conjugata ein lebendes, fast völlig
alisgetragenes Kind durch die blossen Naturkräfte geboren,
im zweiten bei 3Vs Zoll einem frühzeitigen Kinde der Schädel
geqireDgt, und im dritten Falle war bei 3 Zoll Conjugata die
Entbindung unmöglich. Doch wie verschieden waren hierbei
die aoderweiten Verhältnisse und ihnen ist einzig dieser
Erlolg zuzuschreiben.
Z« diesen Nebenbedingungen, die den mehr oder minder
günstigen Verlauf bei allzusehr beschränktem Becken bedingen,
sind besonders folgende zu rechnen:
1) Relative Grösse des Kindskopfes zum Becken,
2) Compressibilität seiner Kopfknochen,
3) Verhalten der vorderen Beckenwand,
4) Stellung des Promontorium zur Eingangsebene,
5) Form des Beckeneinganges,
6) Richtung und Beschaffenheit der austreibenden Kräfte und
7) Einstellungsweise des Kindskopfes in den Beckeneingang.
Ohne auf alle diese Verhältnisse hier näher eingehen zu
wollen, möchte ich doch auf einen für den Geburtsmechanismus
äusserst wichtigen Punkt aufmerksam machen, der meiner
Meinung nach noch bei Weitem nicht genug gewürdigt, ja
naai ganz ignorirt worden ist Es ist dieses nämlich das
Verhaitett der vorderen Beckenwand.
Betrachten wir eine grössere Reihe von skeletirten Becken,
so sehen wir, dass die vordere Wand derselben, die nach
4 I* Verhandlnngen der GeBellsohaft
oben durch die Tubercula pubis, das zwischen beiden aus-
gespannte feste Lig. arcuatum sup. und die Crista pubis
verlängert wird, sehr verschieden gestaltet ist« Durchschnitte
durch die Symphyse sind entweder vom und hinten nahezu
parallel oder nach innen concav, oder es ist, wie in den
bei Weitem meisten Fällen, fast in allen, und daher als das
normale Verhalten zu betrachten, die vordere Beckenwand in
ihrem oberen Dritttheile, zuweilen zur Hälfte nach vorn
umgebogen, Fig. 1 und 2. Die dadurch entstandene gebogene
obere Fläche wird an den Seiten durch die Crista pubis und
nach vorn durch die Tubercula pubis begrenzt, welche letzteren,
bald mehr bald weniger entwickelt, bei einem normal geneigten
Becken fast gerade nach vom stehen und bei wenig ent-
wickeltem Fettpolster des Schoosshügels zuweilen durch die
äusseren Bedeckungen in dieser Richtung durchgefühlt werden
können. Nach abwärts wird diese etwa 7« ^^ ^ ^^^ breite
Fläche durch eine Linie begrenzt, die von der Synostosis ileo
pubica dicht über dem oberen Rande des Foramen ovale
entlang geht und dann weniger scharf an einem Punkte der
Symphyse endet, der oft als Höcker nach mnen auftritt')
Der untere mehr gerade Theil, der wiederum durch das
Lig. arcuatum infer. verlängert wird, geht fast gerade nach
abwärts und wird hier durch eine Leiste begrenzt, die von
dem unteren Winkel des Foramen ovale nach dem unteren
Rande der Symphyse geht. Unter dieser Leiste biegen sich
1] Interessant ist in dieser Besiehnng das Verhalten der vorderen
Beckenwand an einem mir Torliegenden kleinen thierischen
Becken (kleiner Hand?), wo ein Durchschnitt durch die Symphyse
folgende Form tiat. Das V/' breite obere, scharf abgegrenste
Planum indinatum wird auch hier Ton der Crista pubis
nach oben und rorn begrenst und nach unten durch eine
Linie, die am oberen Bande des Foramen ovale entlang
nach dem am meisten nach innen Torspringenden Funkte
der Symphyse geht. Der darunter liegende noch 10*"
hohe und 6'" breite Theil der vorderen Beckenwand
bildet eine aiemlieh regelmässige Concavität, die nach den Seiten
in die Foram. otuI. übergeht. — Bei einem mensehÜGhen Os pubia
finde ich den Grenzpunkt zwischen der oberen, hier fast ebenen
Fläche und der unteren in einen V/' langen, nach unten haken-
förmigen Vorsprang ausgezogen.
mr Gebortshülfe in Berlin. 5
die Rami ascend. oss. isdni nach vom und aussen um, und
da die Tobera ischii etwas nach innen gebogen sind, so biMet
sich hier ein deutlicher Schraubenzug, der von dem unteren
Wmkei des Foramen ovale nach der Höhe des Schoossbogens
and nach aussen leitet (Fig. 1 und 4).
Wenn Kimsch in seinem Aufsatze über die Becken-
aeigung (Beiträge zur Geburtskunde, 1. Abtb., Würzburg 1846,
& 6 u. fll), unter der er den Winkel versteht, den die vordere
Beckenwand mit der Conjugata bildet, dieselbe als etwa 100 <^
gros angiebt, so nimmt er hierbei keine Röcksicht auf die
ZwettheOmig dieser Wand, sondern fasst nur das Mittel beider
in's Auge. Da nun aber der obere Theil derselben zur
Bogangsebene einen Winkel von etwa 80^ bildet, der untere
Theil dag^en einen Winkel von 120^^, so muss der Winkel
zwischoi dem oberen Theile und dem unteren circa 140
gross sein (Fig. 2.).
Diesen oberen Theil der vorderen Beckenwand finde ich
in einer Reflie ^on Becken ziemlich parallel mit der Ebene
des ersten Kreuzhein wiriiels, wekhes Verhältniss jedoch durch
die Stellang des Promontorium zur Eingangsebene, auf die ich
unten näher zurückkomme, vorzugsweise mit bestimmt wird.
Bei dem regelmässigen Becken tritt der Einfluss der
vorderen Beckenwand auf die Geburt weniger deutlich hervor,
da der kindliehe Schädel weder von dieser noch vom Pro-
montorium wesentlich in seinem Eintritte gehindert wird.
Viel entschiedener tritt dagegen der Einfluss bei engen Becken
hervor und will ich hier nur die wenig verengten rhachitischen
betradiien, bei denen die Geburt für die Naturkräfte eben
Doch möglich ist.
Um die hierbei in Betracht kommenden einzelnen Störungen
besser würdigen zu können, müssen wir uns zunächst den
Geburtsmechanismus bei regelmässigen Verhält-
nissen verg^enwärtigen, ^) Fig. 3.
Schon während der letzten Schwangerschaftswochen findet
man den auf dem Beckeneingange aufstehenden Kopf ziemlich
1) Nur bei Kiwiteh (Die Gebnrtakunde, 1. Abth., Erlangen 1861,
8. 390 n. C) fuid Ich den GebartsmechsnismuB in tthnÜcher W^eise
srgeeiellt, wie ieb glaobe ihn anifesflen su müseen.
Q I. Yerbandlnngen der Gesellschaft
weit nacb vorn gelagert und sich innig an den oberen Tbeil
der vorderen Beckenwand anlegend, so dass es zuweilen
unmöglich ist, ihn von derselben abzudrücken oder mit dem
Finger zwischen ihm und der Symphyse durchzudringen.
Hinter dem Kopfe, zwischen diesem und dem Promontorium
würden wir dagegen immer noch durchkommen, da jedoch
diese Stelle schwer zu erreichen ist und wegen des dem
untersuchenden Finger entgegenstehenden Kopfes erschemt es,
als stände der Kopf mehr am Yorbei'ge angelehnt. Dass der
Kopf schon während der Schwangerschaft gegen die vordere
Beckenwand gedrängt wird, erkennen wh* am deutlichsten
bei etwas weiterem Becken, wo der Kopf schon früh in dasselbe
heruntertritt und den vorderen Gebärmutterabschnitt in der
Art ausdehnt, dass der Muttermund weit nach hinten und
oben gefühlt wird. Die Kreuzbeinaushöhlung bietet noch hin-
reichenden Spielraum dar, während die vordere Beckenhälfte
ganz vom Kopfe ausgefüllt ist.
Während so bereits vor dem Einti^itte* der eigentlichen
Geburtsthätigkeit der Kopf auf die obere gebogene Fläche der
vorderen Beckenwand herabkommt, stellt sich die Sut sagittalis
(Fig. 3) fast in den Querdurchmesser, wobei die kleine
Fontanelle nur wenig tiefer als die grosse steht Beginnt
nun die treibende Kraft der Wehen ihren Einfluss auf den
kindlichen Schädel auszuüben, was nicht auf die Mitte des
Kopfes, sondern durch die Wirbelsäule auf das hinter der
Mitte gelegene Foramen magnum als Angriffspunkt geschieht,
so wird dadurch der auf der oberen Flache der vorderen Becken-
wand in der Gegend des linken Tuberculum pubis aufstehende
rechte Scheitelbeinhöcker auf dieser Fläche in der Art herab-
gedrückt, dass während die Stirn fast nahezu ihren Stand-
punkt beibehält, der rechte Scheitelbeinhöcker schräg über
die Symphyse geht und endlich hinter das rechte Foramen ovale
zu stehen kommt, bis er an dem nach einwärts umgebogenen
Sitzknorren und dem Lig. sacrotuberos. einen Widerstand
erfahrt. Während so der rechte Scheitelbeinhöcker an der
vorderen Beckenwand herabgleitet, schiebt sich das linke
Tuber parietale, das bis dahin neben dem Promontorium
stand, von links her unter, dasselbe, was dadurch erleichtert
wird, dass d^ Vorberg über der Eingaogsebene steht. Die
A]* G«b«rtehlUf6 in Berlin. 7
der S9L otNmuJu sunächrt gdegene Stelle des linken Scheitel*
keine geht ?or dem Vorberge vorbei. Sobald dieses giescbeben
iit, bat der grteste Querdurchmesser des Kopfes, auf den
es hierbei Tonugsweise ansukommen scheint, den Becken-
einging paaurt und der Kopf hat hinreichend Spielraum in
der Beckenweile seine ferneren Drehungen zu machen. —
Erst in der Beckenenge muss et sidi wieder mehr der Form
des Beckens Ingen. Hier steht der rechte Scheitelbeinh6cker
ful am unteren Winkel des Foram. ovale, der rechte Stimbein-
hockm* kommt auf den Schraubenzug, den der absteigende
Sitzbeinast im Innern des Bedcens bildet und das Hinterhaupt
steht mü seiner Spitze am unteren Winkel des Foram. ovale,
gleitet darai an der dort befindlichen Ausbiegung nach vom
und schiebt sich an dem von dem aufsteigenden Asle des
Sitzbeins gebildeten Schraubenzuge mehr nach aussen und
anfwärts. Wir fühlen daher die kleine Fontanelle von seit-
wärts nnd mehr von unten her in die Höhe des Schoosbogens
aufsteigen.
Za einer derartigen Auffassung des Geburtsmechanismus
fuhrt uns auch sdK>n die Betrachtung des nothwendigen
mechanischen Effectes der Wehen. In Fig. 4 ist ^j5
die Horizontale; die Neigung des Beckeneinganges CDA ist
zu 56^ angenommen, die Neigung des Beckenausganges UFA
ist 10 ^ — Den Winkel, den die Ebene des ersten Kreuzbein-
wirbds mit der Conjugata bildet, finde ich an einem Muster-
becken (aus der Fleischmann' chen Papiermache- Fabrik in
Nundierg) nahezu 90^ und ebenso gross auch den Winkel,
den die obere Fläche der vorderen Beckenwand mit der
Conjugata bildet Legen wir diese Haasse ' der Einfachheit
der Anschauung wegen zu Grunde, so erscheint der Anfang
des Beckencanals als ein gerade abgeschnittener, aber un-
regehnässig begrenztor Cylinder. Soll nun eine Kugel, deren
Durchmesser nahezu eben so gross ist, wie die Oefiiiung
eines Cylinders, durch diesen bewegt werden, so muss dieses
in der Parallele der Seitenwände geschehen und da die Winkel
bei C und M als rechte angenommen sind, so wird der in
den Beckeneingang eintretende Kopf in der Richtung der auf
die Eingangsebene gezogenen Senkrechten GJ vorrucken
mössen. Wird er dagegen in irgend einer anderen Richtung
8 I. Verlutndliingreii der OeteÜBcluift
▼orbewegt, so muBs er an der einen oder anderen Seitoiwaiid
anstossen. Denken wir uns nun femer den Uterus als ein
regelmSssiges Ovoid mit gldchmässig gegen den Grund bin
verstärkten Fasern, so wird derselbe sdne Wirkung in der
Richtung seines grössten Durchmessers GK äussern müssen.
Dieser trifift aber die Eingangsebene CD unter einem spitzen
Winkel COK, d. h. also der Kopf des Kindes wird durch
die Wehen gegen die vordere Beckenwand und zwar zunädhst
gegen den oberen gewölbten Theil derselben vorbewegt und
trifft diese in einem spitzen Winkel, der unter den obigen
Annahmen, dass bei C und M rechte Winkel sind, eben so
gross wie Jr(?J' ist — Während der Wehe bestrd[)t sich
zwar stets der Oterus durch sein Aufrichten sich mehr der
Senkrechten GJ za nähern (was wohl hauptsächlich eine
Wirkung der runden XJterusbänder ist), wird aber durch die
Wirkung der sich contrahirenden Bauchmuskeln mehr gegen
die Längenachse des Körpers gehoben, so dass trotzdem die
Richtung der Wehen GK bleibt. — Da nun aber der runde
Kopf gegen die gebogene Fläche d«* vorderen Beckenwand
in einem spitzen Winkel angetrieben wird, so muss das nad)
vom gerichtete Scheitelbein an dieser abgleiten und sich mehr
nach hinten schieben, wobei der mit der Wirbelsäule beweglich
verbundene Kopf sich mehr zur Seite legen muss und somit
rockt die Pfeilnaht mehr gegen die Kreuzbeinaushöhlung vor.
Wenngleich also der Kopf in einem nach hinten cocaven
Bogen in den Beckeneingang vorrückt, so ist doch nicht
das Promontorium als Angelpunkt der Bewegung
anzusehen, um das sich der Kopf herumdreht,
sondern dieselbe hängt von der Richtung des oberen
Theiles der vorderen Beckenwand ab. — Ist der
Winkel, den die Ebene des ersten Kreuzbeinwirbels mit der
Conjugata bildet, ein stumpfer und der Winkel der oberen
vorderen Beckenwand zur Conjugata ein sintzer,. wie ich
dieses bei vielen Becken finde und was ich als Regel be*
trachten möchte, so wird der Kopf nur um so entschiedener
gegen die vordere Beckenwand angedrückt, da er sich hierbei
nicht in der Richtung der Senkrechten HJ vorbewegen
müsste, sondern parallel der Ebene der oberen vorderen
Beckenwand und des ersten Sacralwirbds, d. h. also in der
für Gebnrtsbiilfe Sn Berlin. 9
dar TeriängerteD Führangslioie, die die VKurdere
BaoAwaud nidit wie die Senkrechte OJ 2 Zoll über dem
Nabel trifft, sondern fast eben so viel unter diesem.
Ein häufig bo der Geburt beobachteter Vorgang scheint
diese Ansicht noch zu bestätigen. Wird nämlich bei lange
dauernden Geborten die Harnblase stark ausgedehnt, . was
wdil meist nicht gerade nach dem Nabel hinauf, sondern
mdo- in die rechte Seite geschieht, so zögert bei kräftigen,
sehr scbmenhaften Wehen der Eintritt des Schädels in das
Becken. Sobald aber der Urin durch den Katheter entfernt,
die vordere Beckenwand für die Anlagerung des Kopfes frei
geworden ist, so pflegt meist sehr schnell der Eintritt desselben
stattzufinden, während bei länger andauernder Harnverhaltung
das hier liegende Tuber parietale mehr zur Seite gedrückt
wird ond sich gern eine regelwidrige Kopfstellung herausbildet.
Gehen wir von einer derartigen Auffassung des Geburts-
mechanismus aus, so erklären sich die durch das Becken
gegebenen Geburtsstörungen sehr leicht.
Was zunächst das so vielfach als Störenfried angeklagte
Promontorium betrifft, so wird neben der absoluten Ent-
fnnnng seiner Mitte vom oberen Rande der Symphyse oder
vielmehr von dem am meisten gegen die Beckenhöhle vor-
springenden Grenzpunkt zwischen dem oberen gebogenen
und unteren geraden TheUe oder besser seine Entfernung
von der Verbindungslinie der beiden Synost. sacroiliac, ebenso
sehr sdne Stellung zur Eingangsebene in den einzelnen FäUen
die Möglidikeit odm- Unmöglichkeit der Geburt bedingen. —
Ein Promontorium, das einen Zoll über der Ebene des Becken-
«nganges steht, wird bei der Geburt bedeutend weniger
Schwierigkeiten madien, als ein genau ebensoweit entferntes,
das aber gerade in der Eingangsebene oder gar unter dieser
steht, da im ersteren Falle das am meisten nach hinten
sfebende linke Tuber parietale leicht von der Seite her in
die Kreuzbeinaushöhlung gleiten kann, während es bei tiefer
stritendem Promontorium gegen dieses resp. gegen die letzten
Lendenwirbel getrieben wird.
Stdit das Promontorium, wie fast immer bei rbachitischen
Becken, metar nach der einen oder anderen Seite, so vrird
es vorzugsweise darauf ankommen, ob das Hinterhaupt über
10 I* y6rhandliing>6n der Oetellsohaft
(1er weiteren Hälfte (was das günstigere Verhallen ist) oder
Aber der engeren steht, da der grosse Querdurchmesser des
Kopfes nicht in der Mitte des Schädels, sondern ?iel nSber
am Hinterhaupte Hegt Steht daher der rechte Sdieitelbein-
hdcker auf der vorderen Beckenwand, so muss bei mdir nach
rechts stehendem Vori)erge der linke Scheitelbeinhöcker sich
ziemlich weit nach links vom Vorherge stellen und wird also
sehr bequem von hier aus unter denselbm herabgeschobeii
werden können. Ist dagegen das Hinterhaupt fiber der ongerea
Beckenhälfte gelagert, so wird das nach hinten stehende
Taber parietale gerade gegen das ProoMmtorium sich an-
stemmen müssen und es hängt dann von der £ntiemung
desselben von der Symphyse und von der Compressifoilität
der Schädelknochen ab, ob der Kopf in dieser Lage nodi
geboren werden kann, während vielleicht ein d)enso grosser
Kopf bei früheren Geburten ohne die geringste Störung durch
dasselbe Becken gegangen 'ist, einzig weil er mit seinem
Hinterhaupte damals über der weiteren Beckenhälfte stand.
In solchen Fällen kann also die Wendung als die schonendste
Operation erscheinen und die Rettung des Kindes möglich
machen (s. Martin, Monatsschrift für Geburtdtunde etc.,
Bd. XV., 1860, S. 16).
Geht der Kopf nur sehr schwierig in den Beckoieingang,
so wird er je nach Umständen Spuren des Druckes an
den Stellen zeigen, die durch den kleinsten Beckendurchmesser
hindurch gepresst wurden. Wie ich oben nachzuweisen ver-
sucht habe, geht der zwischen dem Tuber parietale und der
Sutura coronalis gelegene Theil des linken Scheitelbeins neben
dem Vorberge vori)ei. An dieser SteUe und zwar fast parallel
mit der Sutura coronalis oder mehr vom Tuber parietale
gegen die Backen zu werden sich daher auch die Impressionen
oder streifenförmigen Druckstellen finden müssen« Dieses
Vorkommen bestätigt auch die Erfahrung. Da Michaelis bei
Zusammenstellung der Druckstellen (s. Das enge Becken,
Leipzig 1851, S. 248) hier die jneisten und zwar genau in
der angegebenen Richtung fand. Da zur Zeit, wo der linke
Scheitelbeinhöcker am Vorberge vorbeigleitet, eine Stelle des
rechten Scheitelbeins zwischen der Sutura squamosa und d^m
Tuber parietale auf der gebogenen Fläcbe der vorderen Becken-
fQr Oebnrtshfllfe in Berlin. H
wand anliegt, so wird hier zuweilen eine viel undeutlichere
und weniger entschieden ausgesprochene DruckateUe sich
finden, wie soldies wiederum die Erfahrung lehrt — Was
die DmcksteUen an der Stirn betrifll, so sind diese wohl
leidiCer durch emen Eindruck vom Sitzstachel zu erklären,
wahrend der Kopf in der Beckenenge sich dreht
Da der Kopf zunächst mit der vorderen Beckenwand in
innige Berührung komml, so hängt es von der Richtung
des oberen Theiles derselben gegen die Eingangs-
ebene ab (d. h. also von der Grösse des Winkels bei ilf., Fig. 4),
ob der Kopf die Seite der vorderen Beckenwand zur An-
lagerung vorfindet oder den oberen mehr scharfen Rand.
Ersteres ist der bei Weitem günstigere Fall, da hier der
kefllSrmige Kopf gegen die schiefe Ebene der vorderen
Beckenwand gelrieben wird und es ist ja bekannt aus der
Mechanik, wie gering die Kraft zu sein braucht, um einen
Keil in einen Trichter zu treiben (das berühmte Experiment
der in einander gesteckten Biergläser, wo man bei einem
leichten Drucke auf das obere keilförmige das untere trichter-
f5niuge zersprengt).
Bietet dagegen die vordere Beckenwand dem herunter-
rückenden Kopfe nicht seine Innenfläche zur Anlage dar,
d. h. also , ist der durch die Conjugata und den oberen Tbeil
der vorderen Beckenwand gebildete Winkd grösser als 90^,
wobei dann meist die Zweitbeilung in dne obere gebogene
und untere gerade mehr gerade Fläche weniger deutlich aus-
gesprochen zu sein pflegt, so wird der Kopf lange Zeit hoch
über dem Beckeneingange stehen bleiben müssen und wenn
nach dem Wasserabflüsse derselbe durch die Kraft der Wehen,
wie oben nachzuweisen versucht wurde, gegen den oberen
TheD der vorderen Beckenwand vorgetrieben wird, so wird
er sich nicht hier anlegen können, sondern muss sich bei
engem Becken auf den oberen Rand der Symphyse
aufstemmen. Nur mit Schwierigkeit wird er alsdann, so-
bald er erst hinten durch das Hineinschieben in die Kreuzbein-
aushöbhing mehr Raum gewinnt, auch vom herabgleiten
können, was dann aber meist äusserst schnell geschieht
Dieser Mechanismus scheint ein häufig beobachteter zu sein,
da man oft in Geburtsschilderungen die Bemerkung liest,
12 I. Verhandlnngen der Gesolkchaft
dass, nachdem der Kopf anfangs immer hoch gestanden, über
der vordej*en Beckenwand und sich alhnäiig die Gegend dicht
unter dem Promontorium langsam ausgefüllt, dann derselbe
schnell bis zum Beckenausgangcv herabgekoinmen sei Den
Grund dieser Erscheinung glaubte man dann in einem allmäligen
Herumrollen um das Promontorium suchen zu müssen.
Auf einen Punkt, der an der vorderen Beckenwand zu-
weilen von Wichtigkeit wird, möchte ich bei dieser Gdegenheit
noch die Aufmerksamkeit lenken; es ist dieses nämlich die
mit der Neigung des oberen Theiles der vorderen Beckenwand
innig zusammenhängende Stellung der Tubercula pubis.
Stehen dieselben sehr entschieden nach vom umgebogen und
bieten dem herunterkommenden Kopfe sofort ihre Seitenflache
dar, so wird derselbe auf dieser schiefen Ebene leicht in
den Beckeneingang herabgleiten können,- während anderseits
eine steilere Stellung derselben, zuweiten mit stärkerer Ent-
Wickelung verbunden, überaus störend auf die Geburt ein-
wirken kann, wie ich solches in einem Falle von Beckenenge
beobachtete. Hier war nämlich bei fast 3V4 Zoll Conjugata
ein Riss der vorderen Scheidenwand zwischen Uterus und
Harnblase entstanden, durch den dtn* abgerissene und zurück-
gebliebene Kopf in die Bauchhöhle trat. Bei der Section fand
sich, dass dieser Riss, der von einem Ligamentum rotundum
bis zum anderen reichte, nur durch den andauernden Druck
des eben durch« den Muttermund getretenen Kopfes auf die
fast % Zoll hohen, sehr spitz und steil nach oben stehenden
Tubercula pubis bedingt sein konnte.
In wie weit die mehr oder minder starke Entwickelung
de.s Symphyaenknorpels nach innen, neben dem die
beiden absteigenden Scbambeinäste oft bedeutend nach innen
umgebogen sind, störend auf die Geburt einwirken kann,
habe ich bisher noch nicht beobachten können, da dieser
Fehler anscheinend häufig durch die Form der vorderen
Beckenwand compensirt werden mag. In einem frischen
Becken, wobei wegen Verwachsung der Scheide und Becken-
enge der Kaiserschnitt gemacht worden war, fand sich der
Knorpel als eine fast Y4 Zoll hohe scharfe Leiste nach innen
vorspringend.
Ar Gebnrtshülfd in Berlin. 13
Ton famer sehr erheblicher Wichtigkrit fi&r den regel-
recht erfolgenden Eintritt des Kopfes wird die Biegung sein
müssen, die die vordere Spitze der abgestumpften
Kartenherzform bildet Wie ich oben nachzuweisen ver-
sucht habe, legt sich beim Eintritte in das Becken der Kopf
zunächst in der Art an den oberen Theil der vorderen Wand,
dass, nachdem der Scheitelbeinhöcker hinter der Symphyse
heruntergekommen und dann sich die Spitze des Hinterhauptes
in die Gegend der linken Synost puboiliac. gestellt hat, das
rechte Tuber frontale in die Gegend der rechten Synost puboiliac.
zu stehen kommt, so dass also eine Linie, die durch die Spitze
des EDnterfaauptes und das rechte Tuber frontale geht, zu
einer gewissen Zeit fast genau dem kleinen Querdurchmesser
des Beckeneinganges (Verbindung der beiden Synost puboiliac.)
atspricht. Dieser Durdimesser wird daher nächst der Conjugata
von viel grösserer Wichtigkeit sein müssen, als der selten,
wohl nie in Betracht kommende grösste Querdurchme^ser des
Beckeneinganges (grösste Entfernung der beiden Bogenünien).
Welchen Einfluss dieser kleine Qnerdurchmesser auf die Ein-
und Rechtstellung des Kopfes ausübt, erkennen wir am
deotiichsten bei den alterswidrig gebauten Becken und den
rfaachitischen mit beginnender osteomalacischer Form, da
hierbei gerade dieser Durchmesser verkürzt ist, die vor dem-
sdben liegenden Horizontaläste der Schoossstücke statt eines
flachen Bogens eine mehr oder minder spitze Schnabelform
darstellen und anderseits das Promontorium dieser Linie ge-
nähert zu sein pflegt Eben so wenig, wie der grösste Quer-
durchmesser des Beckeneinganges von Wichtigkeit für die
Beckenform und die Möglichkeit der Geburt ist, eben so wenig
ist es die einfache Länge der Conjugata; nur die Synostosen-
entfemung und der Abstand des Promontorium einerseits
und des oberen Symphysenrandes anderseits von dieser Linie
darf in Betracht gezogen werden. In Bimbavmi's Geburts-
hülflichen Skizzen, Trier 1854, S. 127 u. fi. ist ein FaD
mitgetheilt, wo bei 3%" Conjugata der Kaiserschnitt er-
forderlich wurde, einzig deshalb, weil der Synostosenabstand
nur drca Sy^' betrug statt normal 4y^ und die Entfernung
des Promontorium von dieser Linie nur 2" statt 3'^ lieber-
haopt mödite.ich hierbei bemerken, dass es mir scheint, als
X4 !• Verhandlungen der Gesellschaft
ob eine Bezeichnung des Beckens in dieser Weise viel deut-
licher und rationeller wäre, als die bisher übliche, da auch
in der Mathematik unregelmässige krumme Linien durch
Formeln pflegen bezeichnet zu werden, die die Absciss^ und
Ordinat«! angeben; doch hoffe ich auf diesen Punkt bei
anderer Gelegenheit ausführlicher eingeben zu können.
Was die Kopf Stellung bei Beckenenge geringeren
Grades betrifft, so will ich, ohne über diesen Gegenstand
mich weiter auszulassen, hier nur bemerken, dass ich mit
Michaelis (Das enge Becken, S. 185) der Ansicht bin, dass
in solchen Fällen fast stets der Kopf im Querdurchmesser
in den Beckeneingang sich stellt, doch so, dass die Stirn
ein wenig mehr nach hinten ^[erichtet ist, wie ich diese
Kopfstellung der obigen Auseinandersetzung stets zu Grunde
gelegt habe. Die in neuerer Zeit zuweilen aufgestellte Be-
hauptung, der Kopf stände besonders in der linken Becken-
hälfte viel häufiger mit der Stirn mehr nach vom, mag seinen
Grund zuweilen in einer Täuschung haben, denn da wir nur
einen Theil der Sut. sagittalis und zwar den der kleinen
Fontanelle zunächst gelegenen fühlen, so erscheint es bei der
Wölbung des Kopfes, als ob die dmxh die Pfeilnaht dar-
gestellte Bogenlinie in ihrer Verlängerung mehr nach vom
vej*laufe. In dieser Querstellung bleibt der Kopf meist bis
zur Beckenenge und dreht sich dort erst in den geraden
Durchmesser, was zuweilen überaus grosse Kraflanstrengung
von Seiten des Uterus erfordert, während die Drehung mit
der Zange, am besten mit einer kurzen, englischen, äusserst
leicht gelingt.
Auch auf das schwierige Kapitel der fehlerhaften
Wehenthätigkeit näher einzugehen, muss ich mir für jetzt
versagen, doch bemerke ich, dass eine abnorme Wehen-
thätigkeit und Richtung (die Fälle ausgenommen, bei denen
entschieden rheumatische Affectionen des Gebärorganes von
vorn herein den regelmässigen Geburtsverlauf störend auftreten)
meist secundärer Natur sind, eben so wie die regelwidrigen
Kopfstellungen, während als das primäre auch hierbei die
durch das Becken gegebenen Störungen zu betrachten sind.
Wie die blosse Berücksichtigung der Diagonal- Conjugata
allein füs unser geburtsfaülfUches Handehi nicht den Maassstab
für GebartohftUe in Berlin. 15
ahgelMn darf, seodern auch die m Yorstebenden bezeicbneten
fcrUlUiisse Berucksicbtiguog verdieneD, bewiesen mir be-
isiiders folgende drei GeburtsMe, durcb die icb zunächgl
dvanf aufmerksam gemacht wurde, wie wenig man aus der
Diagonal «CoiqugaU Schlüsse für den Gebor tsverlauf ziehen
dirfe lud das8 noch andere, bisher weniger berTorgehobene
Vcrfaaltiiiflse mehr zu würdigen seien, zu denen, wie ich
g|aid>e, amiehffien zu müssen, das Verhalten der vorderen
Beckenwand besonders in ihrem oberen Theile gehört.
I. Künstliche Frühgeburt bei 3Va" Conjugata, wobei
der Schädel während der Geburt zersprengt wird.
Alwine «/...., 25 Jahre alt, 4' 6" gross, von gesunder
Gesichtsfarbe, lebhaftem Temperamente, ziemlich kräftigen),
anteraetztem Körperbau, hatte im 17. Jahre zuerst ihre
Periode bekommen, die regelmassig durch 3 — 4 Tage Üoss.
Wam die J, zuerst gehen gelernt und ob sie in der Jugend
an Krankheiten gelitten, weiss dieselbe nicht anzugeben, da
ihre Eltem frühzeitig gestorben sind; nur im 20. Jahre hat
die J. ein Nervenfieba* .überstanden, von dem sie sich aber
bald vollständig wieder erholte. Ihr unsicherer, watschelnder
Gang wird vorzugsweise dadurch bedingt, dass die linke Hüfte
u 1 Zoll höher steht, als die rechte und viel stärker nach
vom hervortritt Anfangs September 1859 gUubt die J.
sdiwaager geworden zu sein, doch kann sie den Zeitpunkt
des Eintrittes der letzten Periode nkht genau angeben, in
den letzten Tagen des Januar hat sie zuerst die Kindes-
bewegnngen geapürt, so dass danach das regelmässige Ende
der Schwangerschaft auf Mitte Juni zu bestimmen wäre. Die
Beckenmessung ergab für die äussere Diagonal -Conjugata 6" 7^^,
also (&r die innere circa S%'\ welches Haass auch die innere
Untersuchung bestätigte, da das Promontorium bequem mit
einem Finger erreicht wird, wobei man jedoch wegen der
starken Beckenneigung sehr steil nach aufwärts dringen muss;
dasselbe weicht etwas nach rechts ab. Die ziemlich hohen und
steilen Hüftblätter sind in den Spinis 8'' 2'", in den Cristis
8*5* entfernt; die Trochantere» stehen 11" von einander ab.
Dn Fnndus «teri fanden wir ziemlich in der Herzgrube, den
lg I. Veriiandliiikgen der Gesellsohafl
Nabel den Bauchdecken gleich. Bewegungen der gleichen Kmde»-
theile fühlte man in der rechten Seite ziemlich lebhaft; die
Herztöne links unterhalb des Nabels. Der Uterus ist dureh
Fruchtwasser sehr bedeutend ausgedehnt, so dass man über
die Grösse des Kindes nichts Sicheres ermitteln kann, do€h
scheint dieselbe keineswegs gering zu sein. Bei der inneren
Untersuchung bot die V4 Zoll lange, sehr hochstdiende, ziemlich
feste Vaginalportion die Charaktere einer Primipara dar. Der
vorliegende Kindestheil ist nur zeitweise und» sehr undeutlieh
zu erkennen; es scheint der Kopf zu sein.
Um bei der J. die künstliche Frühgeburt einzuleiten,
wurden zunächst am 20. Mai zwei Löffel OL Ricini und gegen
Abend ein Clysma mit gutem Erfolge gegeben, dann Abends
7 Uhr ein Kautschuktampon in die Vagina gebracht und mit
Wasser von 32® R. angefüllt, was wenig Beschwerden ver-
ursacht. Am Morgen wird der Tampon entfernt. Die Vaginal-
portion ist ein wenig weicher, die Scheide etwas mehr
aufgelockert und warmer. Der Director der hksigen Hebammen-
Lehranstalt, Herr Dr. Birnbaum, brachte einen silbernen
mannlichen Katbeter, dessen Schnabel etwas flacher, mehr
nach der Führungslinie des Beckens gebogen ist, mit Leichtig-
keit durch den Muttermund, wobei sich der Katheter so
drehte, dass die Spitze nach der hinteren Uterin wand sah.
Hierauf wurde durch denselben etwa 20 Unzen 30® warmes
Wasser in den Uterus injicirt, was fast gar nicht empfunden
wurde, erst gegen Ende der Injection trat das Gefühl davon
ein, während die äusserlich auf den Uterus gelegte Hand
denselben sich stärker wölben fühlte. Das Wasser wird fast
vollständig zurückgehalten. Nach zwei Stunden tritt ein
Schüttelfrost ein und darauf Erbrechen, das aber bald aufhört,
während sich sehr schmerzhafte und häufige Wehen einstellen,
die jedoch die Geburt nur wenig fordern. Gegen Abend ist
der Muttermund V4 Zoll geöffnet, und jetzt kann d^ vor-
liegende Tbeil sicher als Kopf erkannt werden. Um 11 Uhi*
Nachts tritt eine kleine Blutung ein. Sehr grosse Unruhe,
wobei die «/. sich im Bette hin- und herwirft, kaum auf
demselben zu halten ist. Die äusserst schnell aujfeinander-
folgenden, sehr schmerzhaften und krängen Wehen werden
für Gebnrtshfllfe in Berlin. 17
durch 5 gr. Paly. Doweri in Chamillentbee etwas gemindert
und weniger schmerzhaft, so dass grössere Ruhe eintritt
Kach einor Stunde wird die Gabe von 5 gr. Pulv. Doweri
iriederiiolt Die Wehenthatigkeit nimmt von jetzt ab einen
mehr regehnässigen Verlauf, so dass am 22. Morgens um
6 Uhr der Muttermund um 2 Zoll weit geöfinet ist, doch
sind seine Ränder noch ziemlich hart und dick. Der Kopf
ist inzwischen immer deutlicher hervorgetreten und steht
jetzt über der Symphyse leicht beweglich. Da trotz der
kräftigen Wehen wegen der festen Eihäute und des vielen
lYuchtwasaers der Muttermund sich nicht besser eröffnen will
und der Kopf hoch stehen bleibt, so wird um 11% Uhr
Morgens die Blase gesprengt; viel Fruchtwasser. Der Kopf
legt sich bald an die vordere Beckenwand, tritt in erster
Scheiteliage in den Beckeneingang und dreht sich bei guten,
aber weniger häufigen Wehen regdmässig und erscheint um
12Vt Uhr Mittags in der Schoossspalte. Eine Umschlinlgung
der Nabelschnur hindert den Durchtritt der Schultern, doch
Ziehen am Kopfe bringt dieselben so weit hervor, dass die
feste Nabdschnurschlinge zurückgeschoben werden kann, worauf
dann der übrige Rumpf sofort 'folgt Das todte, sonst aber
zienilidi frisch und wohl aussehende Kind, ein Mädchen, zeigt
bereits die Spuren beginnender Fäuhüss, da sich die Epidermis
am Nacken und Rücken in Blasen aufhebt und einzelne Stellen
von derselben entblösst sind. Der Leib ist nicht grün gefärbt,
die Nabelschnur noch ziemlich frisch. — Nach der Geburt
des Rumpfes folgt eine enorme Menge Fruchtwasser. Da
eine Blutung eintritt, so ^tferne ich sofort die mürbe Placenta;
hierdurch, sowie durch Reiben des Fundus uteri stillt sich
bald die Blatung. Das Kind zeigt, wie erwartet, die Spuren
eines etwa 3 — 4 Wochen zu früh geborenen, wiegt 5 Pfd. 9 Loth
und ist 18'' lang. Die Placenta wiegt 1 Pfd., ist 7" gross.
Die Nabelschnur 19'' lang. Die Dauer der Geburt betrug
30 Stunden. Der Kopf zeigt folgenden Umfang:
Um Süm und Spitze des Hinterhauptes 13 Zoll.
Um Kinn und Spitze des Hinterhauptes 147« »
Um Nacken bis zur Höhe des Scheitds 12 „
Das linke Scheitelbein zeigt in der Gegend des Angulus
temporalis eine vom Vorberg herrührende, etwa Va Zoll im
hr. f. »«biirtok. 1861. Bd. XVII., HA. 1. 2
lg I. Vcrhandlungep der Gesellftchaft
Durchmesser haltende, seichte, nicht scharfVandige Impression;
ähnlich, doch in geringerem Maasse hat die vordere Beckenwand
auf den rechten Ang. tempor. oss. bregmat. eingewirkt, die Haut
zeigt an diesen Stellen nur sehr geringe Spuren des Druckes.
Bei der nach 20 Stunden angestellten Section fanden
sich unter der Galea aponeurotica bedeutende Blutextravasate,
ebenso auch unter dem fast vollständig von dem Hinterhaupte,
den beiden Scheitel- und Stiitibeinen abgelösten Pericranium.
Diese Extravasate gehen von der Sut sagittalis, den oberen
Partieeu der Sut. ocdp. und den unteren der Sut coron. aus.
Das geronnene Blut ist sehr dunkel, das Occiput ist über
die Scheitelbeine geschoben und an mehreren Stellen ist die
Naht gesprengt; besonders gross ist aber die Spannung der
Pfeilnaht in ihrem hinteren Ende, wo die gezackten Knochen-
ninder der Scheitelbeine ganz frei gegen das abgelöste Peri-
cranium hervorstehen. In den Scheitelbeinen selbst finden sich
entsprechend den getrennten Nähten oder den apoplectischen
Ergüssen stark injicirte Stellen. Von der Tabula vitrea löste
sich die Dura mater zum grössten Theile sehr leicht, doch
ist hier kein Extravasat. Die Blutleiter wie das ganze Gehirn
sind stark von dunklem Blute überfüllt, ebenso auch die
Plex. choroid. und die MeduUa oblongata. — Der Darm isl
leer, dagegen das Colon transvers. und besonders descendens
sehr stark mit Heconium gefällt; der schlaffe, faltige Mast-
darm wieder leer. Die sehr grosse, stark hyperamssche Leber
zeigt an mehreren Stellen Ecchymosen, ebenso wie das
Mesenterium. Von den besonders in ihrer Corticalsubstanz
stark hyperämischen Nieren löste sich die Kapsel leicht, hier
finden sich mehrere grössere apoplectische Herde. Die Milz
ist dunkelblau, nitht vergrössert, von normaler Consistenz.
Die stark hyperämischen Lungen zeigen- an vielen Stellen
Ecchymosen, schwimmen weder im Ganzen noch in einzelnen
Theilen. Am Herzen sind beide Venae coronariae geborsten
und daher die entsprechenden Stellen voll extravasirten Blutes,
beide Herzhälflen leer; die Blase leer'; der Uterus stark
hyperämisch, besonders an seiner hinteren Wand.
Das Wochenbett verlief bei der J, durchaus regelmässig,
SD dass dieselbe nach 14 Tagen gesund entlassen werden
konnte.
för GebQrtshiilfe in Berlin. 19
DL Natürliche Geburt eines lebenden Kindes bei einem
allgemein verengten Becken von 2'/« — 2^1^ Con-
jagata.
Ganz ^eichzeitig mit der ebengenannten «7. wurde am
28. Mai in der hiesigen Gebäranstalt Laura K.^ 26 Jahre
ah, Erstgebärende, A' 9" gross, entbunden; dieselbe hatte
erst im vierten Jahre gehen gelernt, da sie in der Jugend
an Rhadiitis litt, später ist sie stets gesund gewesen. Im
23. Jahre trat zuerst die Menstruation ein, die jedes Mal
3 bis 4 Tage dauerte und ohne Beschwerde verlief, lieber
den Termin, wann die Periode sich zum letzten Male gezeigt
md wann sie die Kindesbeweguugen zuerst gefühlt, weiss
die K. nur anzugeben, dass nach beiden Merkmalen die
Schwangerschaft mit Ende dieses Monats zu Ende gehe.
Die f. ist dne kachectisch aussehende, schwächliche, hagere
Person mit schwarzem Haar und sehr schlaffer, welker Haut
md Muskelfaser, bietet sonst aber in ihren aDgemeinen
KM^oformen nichts besonders Auffallendes dar, nur dass
die rechte Hfifte etwas häier steht, wodurch der Gang nicht
wesentlich alterirt wird. Da unter der äusserst schlaffen
Haut das Fettpolster nur sehr gering entwickelt ist, so treten
sämmtlicbe Knochenvorsprünge deutlich erkennbar hervor,
so besonders die Dornfortsätze der wenig gebogenen, mehr
nach einwärts stehenden Lendenwirbel und des stark nach
anssen vortretenden Kreuzbeins, ferner die Spinae oss. ilei
posL sup. und die hinteren Parthieeu der Crista ilei. Das
Stetssbein ist leicht beweglich und tritt wieder mehr gegen
da; Becken herein. Die Beckenmessung ergieb^ för die
CoDJugata diag. exter. 5 Va", Spinae oss. ilei 9Va', Cristae lO'/**!
TkDdianteren 11 ^ Die H&ftblätter, sowie das ganze, wenig
geneigte Becken sind auffallend niedrig. Bei der inneren
Untersuchung finden sich die äusseren Genitalien und die
Scheide normal, das wenig in das Becken hineinragende
Promontorium ist auffallend leicht erreichbar, so dass die
Conjogata vera auf 27»'' bis höchstens 2^1^' geschätzt werden
muss. Vom Promontorium aus kann mau mit der Finger-
spitze leicht die ganze Linea arcuata verfolgen und da auch
& Sjmph. sacro-iliac. deutlich, zu erkennen sind, so kann
der erste schiefe Durchmesser auf Sy,'' und der zweite auf
20 I* Verhandlungen der Gesellschaft
circa 3%^, der quere auf 4" geschätzt werden. Der erste
Kreuzbeinwirbel steht nur wenig zuruckgebogen,- so dass die
Verbindung des ersten und zweiten Kreuzbeinwirbels scharf
markirt vortritt. Die Syinph. pub. ist ungewöhnlich niedrig,
der Schoossbogen gut gewölbt — Die Vaginalportion ist am
Abend des 21. Mai noch ^J' lang, bietet «die Charaktere
einer Erstgebärenden und steht sehr leicht erreichbar. Der
Muttermund ist noch geschlossen, der vorliegende Kindestheil
erscheint hoch, klein, leicht beweglich. — Der Fundus uteri
wird eine Hand breit über dem blasenförmig hervorgetriebenen
Nabel gefühlt; der Umfang des Uterus ist auffallend gering;
das Kind anscheinend sehr klein. Die fötalen Herztöne hört
man links unten , die Bewegungen fühlt man rechts im Grunde.
Seit dem Morgen bestehen leichte Schmerzen, die um Mittag
etwas stärker wurden und dadurch die K, veranlassten, die
Aufnahme in die Gebäranstalt nachzusuchen. — Abends 11 Uhr
beginnt das Orificium uteri bei regelmässiger Wehenthätigkeit
sich gehörig zu eröffnen, doch bleibt der in der ersten
Scheitellage heruntertretende Kopf leicht beweglich über der
Symphyse stehen.
Bei einem derartigai Befunde musste die Sectio caesarea
als einzig mögliches Rettungsmitte] für Mutter und Kind er-
scheinen. Wegen der günstigen Form des Beckens jedoch
(allgemein verengt) und des Verhaltens des- Promontorium,
sowie wegen des kleinen Kindes und der ganz regelmässigen
Wehenthätigkeit wollten wir erst den Wasserabfluss erwarten,
um dann je nach dem Eintritte des Kopfes in das Becken
die Entscheidung zu treffen, ob die Entbindung per vias naturales
noch zu versuchen, oder ob der directe Weg durch die
Bauchdecken zum Kinde zu eröffnen sei.
Trotz der während der übrigen Nacht gut erfolgenden
Eröffnung des Muttermundes und der regelmässigen, aber
starken Wehen schien uns gegen Morgen dennoch der Kaiser-
schnitt unvermeidlich, da der Kopf hoch und leicht beweghch
stehen blieb und wurde deshalb *'Alles für denselben vor-
bereitet. Von diesen Vorbereitungen zur Operation wurde
ich des Morgens um 6% Uhr abgerufen, da der Wasser-
abfluss erfolgt sei und wer beschreibt mein Erstaunen, als
ich an das Gebärbett kommend den "Kopf im Einschneiden
ffir Geburtshülfe in Berlin. 21
sehe! Da wegen Enge des Scheideneinganges der Damm auch
inner den Wehen stark kugelförmig hervorgeinrölbt bleibt,
s» mache ich zwei kleine seitliche Incisionen, worauf der
Kopf sofort zum Durchschneiden kommt. Um den Austritt
der etwas zögernden Schultern zu erleichtern, gehe ich mit
zwei Fingern ein, doch ist auch dieses unnöthig, denn
nachdem ich die am Kopfe anliegende linke Hand aus der
Ereuzbeinaashöhlung gelöst, folgen die Schultern sofort nach,
flnt nach dem rechten Schenkel der Mutter gewandtem Gesichte.
Das Anfangs noch ein wenig betäubte Kind wird sehr bald
zum Athmeo und bald audi zum Schreien gebracht.
Die ganze Geburtsdauer hatte demnach etwa 30 bis
.36 Stunden gedauert. — Der neugeborene Knabe ist 4 Pfund
schwer, 17 Zoll lang, trägt aber die Zeichen der Reife oder
doch nahezu, denn noch steht im Gesichte etwas Wollenhaar,
das Sdireies ist schwach, viel Schlaf. — Die sehr bald
Ditörlich erfolgende Nachgeburt wiegt 24 Loth, hat 7 Zoll
Durchmesser, die Nabelschnur 17 Zoll Länge. — Auf dem
linken Scheitelbeine des schief gedruckten Kopfes findet sich
eine etwa IVa Quadratzoll grosse, scharfrandige, fast V4 Zoll
tiefe Impression, herrührend vom Promontorium, dieselbe
gebt Tom Tuber parietale einerseits nach dem Obre, ander-
seits nach der Sut. coronalis, so dass diese beiden Seiten
unter änem Winkel von circa 60^ am Tuber parietale zu-
sammenstossen. Die Haut ist an dieser Stelle nicht verletzt. —
Do* rechte Angul. temporal oss. pariel. ist durch die Symph. pub.
nur wenig eingedruckt. Die Dprchmesser des Kopfes zeigen
bald nach der Geburt gemessen folgende Grössen:
Kleiner Querdurchmesser 3 Zoll,
grosser Querdurchmesser SV« „
gerader Durchmesser . . 4 „
schiefer Durchmesser . . 5 „
Der Umfang des Kopfes ist gleich nach der Geburt:
Um Stirn und kleine Fontanelle 11 Zoll,
um Kinn und kleine Fontanelle 11% „
am Nacken und grosse Fontanelle 127« „
Am folgenden Tage zeigten sich die Kopfdurchmesser
noch nahezu eben so gross, der Umfang dagegen llVa'^
Wy/ ond IS".
22 '• Yerbandlangen der Gesellschaft
Mutter uod Kind, befinden siclr nach der Gebort ganz
wohl. — Das Gesiebt des Kindes scheint während des ersten
Tages auf der linken Seite etwas gelähmt, doch verliert sich
die Verzerrung der Gesichtszüge bald niit dem mehr Rund-
werden des ganzen Kopfes. — Das Kind trank gut an der
Brust, bekam aber nach einigen Tagen eine Ophthalmie und
Aphthen. Ffir die Mutter ?erUef das Wochenbett ungestört,
nur am Tage nach der Entbindung klagte sie etwas über
Schmerzen im Unterleibe. Am 14. Tage wurden Mutter und
Kind gesund entlassen. Die Impression des Scheitelbeins
hatte sich durchaus nicht verändert.
Sechs Wochen nach der Entbindung kam die Mutter
wieder zu mir und gab an, dass das Kind vor etwa drei
Wochen gestorben sei, sie selbM klagte, dass die Gebärmutter
etwa apfelgross vor die Geschlechlstheile getreten sei, als
sie habe stark arbeiten müssen. Ich fand eine bedeutende
Retroflexion mit Vergrösserung des Uterus, die sich aber
leicht aufrichten liess und seitdem habe ich die K, nicht
wieder gesehen.
III. Unbeendet gebliebene Perforation und Kephalo-
thrypsie bei 3" Conjugata; Geburt des Kindes
nach dem Tode der Mutter.
Am 5. Juni 1859 wurde gegen Mittag die 40jährige
erstgebärende Ehefrau B... aus einem etwa 27^ Stunden
von hier entfernten Orte zu Wagen in die Gebäranstalt ge-
bracht. Ein mitgebrachtes ärztliches Attest sagte aus, dass
die B. ein sehr enges rhachitisches Becken habe. — Die
überaus kräftigen und lange andauenid^ Wehen machen für
den Augenblick jede Erkundigung unmöglich. Die Schmerz-
haftigkeit der Wehen bewog mich, zur Beruhigung der
Kreissenden, ihr etwas Chloroform zu geben, wonach auch
bald die stürmischen und äusserst schmerzhaften Wehen sich
etwas mässigten und kann dieselbe dann folgende Angaben
machen: Wann sie gehen gelernt, weiss sie nicht anzugeben,
doch soll sie es vier Mal gelernt haben ; später sei sie nie krank
gewesen, nur habe ihr die seit dem 15. Jahre regelmässig alle
vier Wochen wiederkehrende Periode, die acht Tage dauerte und
der während der nächsten Tage ein vermehrter Schleimabfluss
för Gabnrtshfilfe In Berlin. 23
trig^, Stets bedeutende .Schmerzen verursacht Mit 27 Jahren
feiiieiratbete sich die JB. und halte uach Va Jahre einen
Abort etwa Ton der Länge eines Fingers. Dann hat^e sie
sich stets wohl befonden und auch während ihrer gegen-
värtigea Schwangerschaft habe sie nicht zu klagen gehabt
In den ersten Tagen des September sei sie noch regehnässig
an Sire Periode gekommen und sei dieselbe im Oclober noch
einmal für einen halben Tag wiedergekehrt Da sie 14 Tage
nach Weihnachten zuerst die Kindesbewegungen gefühlt hat,
so hat die Schwangerschaft ihr regelmässiges Ende erreicht
In der Nacht vom. 2. zum 3. Juni haben sich die ersten
Cd>iirtswehen eingestellt, denen auch bald der Wasserabfluss
folgte. Am 3. Abends sei die Hebamme gekommen, die sogleich
erklärte, dass die Entbindung die Hinzuziehung eines Arztes
erfordere, der auch am 4. Morgens erschien und der B.
einen Suppenteller voll Blut aus dem Arme liess; Abends sei
derselbe wiedergekommen und, da die Wehen kräftig gewesen,
habe er nichts verordnen wollen. Am Morgen des 5. Juni
sei er nochmals mit einem anderen Geburtshelfer gekommen,
wekbe beiden nach wiederholten, sehr schmerzhaften Unter-
suchungen ^klärten, dass sie die p. B, nicht entbinden
könnten nnd dass dieselbe deshalb per Wagen in die hiesige
Gebäranstalt geschafft werden müsse. Am 5. Juni Mittags
kam die Kreissende hier an.
Die 40Jährige Kreissende ist 4' 3" gross, von kräftigem,
ualersetztem Körperbau, sonst gesundem, jetzt sehr auf-
geregtem Aussehen. — Das Scelet zeigt ausser in seinen kurzen,
stark nad) aussen gebogenen, flachen Oberschenkeln nichts
wesentlich Abnormes. — Die Beckenmessung ergab für die
beiden Trocbanteren 12", für die Spinae oss. ilei 10", für
die Cristae ebenfalls 10"; die äussere Diagonalcoojugata
betrug 6V/.
Bei der inneren Untersuchung fand man den Muttermund
etwa 2" weit eröffnet, die Muttermundslippen weich und
nachgiebig, den Kopf über dem Beckeneingange frei beweglich,
anscheinend in einer vierten ScheiteUage. Neben dem Kopfe
lag eine pulslose Nabelschnurschlinge; auch die fötalen Herz-
tßoe waren nicht mehr zu hören. Das Promontorium, sowie
der grösate Theil des Kreuzbeins war* leicht zu erreichen,
24 ^' Verhandlimgeii der Qesellschaft
SO dass die Conjugata auf etwa 3' gesdiitzt werden durfte.
Eine genauere Eruirung der Beckenverhältnisse war wegen
der durch häufige Untersuchungen äusserst empfindlidien
Scheide unmöglich gemacht. — Die mehr in die Quere aus-
gedehnte Gebärmutter ^ war fest um die Frucht zusammen-
gezogen und liess die Kindestheile nicht deutlich erkennen.
Da nach diesem Befunde die Perforation indicirt zu sein
schien, so ersuchte ich den Herrn Sanitätsrath Dr. König
und Herrn Dr. /Sticker U. um ihre gütige Mitwirkung, die
sie mir auch dberaus freundlich und bereitwillig gewährten.
Nach wiederholter genauer Untersuchung eihigten wir uns
bald dahin, dass bei dieser Beckenbeschränkung und dem
constatirten Tode des Kindes die Perforation zu madien seL —
Die chloroformirte Kreissende wurde daher Nachmittags 4 V« Uhr
auf den Operationstisch gehoben und zunächst die Anlegung
der Zange an den hochstehenden Kopf versucht, doch glitt
dieselbe bereits bei der dritten Traction ab, ohne den Kopf
im Mindesten weiter herunter befördert zu haben. Der wiedei^
holte Versuch, die Zange zur Beendigung der Geburt zu
gebrauchen, war eben so wenig von Erfolg gekrönt. Es wurde
daher zur EröfAiung des Kopfes mit dem. sonst sehr brauch-
baren Leisnig-KiwiscKsiAien trepanförroigen Perforator ge-
schritten, doch versagte das Instrument in diesem Falle seinen
Dienst, da der Kopf noch zu hoch und leicht beweglich stand.
Hit dem scheerenförmigen jBu«c%'schen Instrumente gelang
es jedoch, die Pfeilnaht zu eröffnen und nachdem ein Theil
des Gehirnes entleert war, wollten wir zur Compression des
Kopfes die Kephalotribe anlegen, doch war es trotz wieder-
holter Versuche unmöglich die Löffel einer Scanzon€schen
Kephalotribe wegen ihrer starken Kopfkrümmung und ihrer
an der Spitze sitzenden Beckenkrummung und den hoch und
weit über der Symphyse stehenden Kopf zu schieben. —
Versuche mit der Zange mussten bei diesen Verhältnissen
ebenso ungünstige Resultate liefern. — Da wir so nach vielen
vergeblichen Bemühungen keine Aussicht sahen, zum Ziele zu
kommen, so versuchten wir die Wendung zu machen. Wohl
gelang es nach Welen fruchtlosen Anstrengungen, endlich zu
den Füssen zu gelangen, doch eine schief von rechts oben
nach links unten gehende Strictur hielt den Kindesköper so
für Qebnrt9billfe in Berlin. 26
fesi, dasB bei der durch die Beckenenge beschränkten Be*
wegiiehkeit der Hand auch diese Versuche scheiterten. Nach
fast fierständiger schwerer Arbeit mussten wir ermattet von
fencreo Yersooben Ar jetzt abstehen, vielleicht dass nach
einiger der Gebärmutter gegönnten Ruhe in einer anderen
Lageniog der Kreissenden die Wendung auf weniger Schwierig-
keiten stossoi würde. •
Während der darauf folgenden Nacht wurden daher Ein-.
^ritZQDgen von Oel und Haferschleim in den Uterus gemacht
and der äusserst entkräfteten Kreissenden Bouillon mit Ei
gegeben, daneben eine Mandelemulsion mit Nitrum. Eine in
der Nacht eintretende Blutung wurde durch' kalte Ueberschläge
gestilh und wegen der grossen Unruhe und sehr schmerzhaften
Wehen zeitweise Morphium gegeben, wonach gegen Morgen
durch niehra*e Stunden ein erquickender Schlaf eintrat. Als
wir am 6. Juni Morgens die Entbindungsversuohe wieder
aofhebmeu wollten, fanden wir die Kreissende mit seltenem,
. kaum fühlbarem Pulse und obgleich sie selbst sich sehr wohl
und gestärkt fühlte, erkannte man doch den unaufhaltsam
datretenden Collapsus, der auch gegen 11 Uhr Morgens den
Tod heribeiführte. Bei der letzten Untersuchung kurze Zeit
forfaer fanden wir einen Arm, der theilweise schon von der
Oberhaupt entblösst war, aus den Genitalien hervoiiiängen,
neben dem eine überaus stinkende Flüssigkeit hervorquoll.
Nach 20 Stunden schritten wir zur Section. Als die
Leiche aus dem Bette auf den Sectionstisch gelegt werden
soll, finden wir das Kind mit nach oben gekehrtem Gesichte
zwischen den Schenkehd der Mutter liegen. Die Verwesung
des ganz schwarzblau aussehenden Kindes war bereits so
weit vorgeschritten, dass die Gelenkbänder gelöst waren, die
Koochen des gehirnlosen Schädels frei beweglicli in der Kopf-
haut steckten. Messungen des Kindes und besonders seines
K<^fes wurden daher nicht mehr angestellt« — Die Leiche
der Mutter zeigte eine so hochgradige Verwesung, wie sonst
erst nach mehreren Wochen. Der morm aufgeblähte Kopf,
Hals und obere Brusttheil erscheint schwarzblau, die Epidermis
ist besonders an den Armen und Beinen in colossale, auf
dem Grunde mit schmutziger Jauche gefällte Blasen erhoben.
Der missfarbene Unterleib ist enorm aufgetrieben, aus ihm
26 '• Verhandlangen der Gesellschaft
i^ntweiobt beim EinschuiUe eine Menge sehr stinkender Gase.
Wenig Flüssigkeit in der Baactihöble, die schlaffe, durch
Gas sehr aufgeblähte Gebärmutter zeigte eben so wenig wie
die Scheide Verletzungen. — Die Conjugata vera beträgt 3^
der grosse Querdurcbmesser 5", das Promontorium steht unter
der Ebene des Beckeneinganges und ragt stark in diesen
hinein. — Wegen ^der hochgradigen Verwesung wurde das
Herausschälen des Beckens und die genauere Section unterlassen.
Entschieden war in diesem Falle die Geburt post mortem
(die, wie die häufigen derartigen Hittheilungen zeigen, nicht
zu den grössten Seltenheiten gehören) nur durch die Gas-
entwickelung eingetreten, da von einer selbstständigen Thätigkeit
der Gebärmutter nach dem Tode bei dieser Schlaffheit und
weitgediehenen Verwesung nicht mehr die Rede sein konnte.
Erleichtert war der Durchtritt des Kindes, der mit der Stirn
voraus und neben dem vorgefallenen Arme erfolgt war, durch
den Ausfluss des Gehirns und die weiche Beschaffenheit der
Gelenke und Knochenverbindungen.
Die so überaus weit vorgeschrittene Zersetzung, 20 Stunden
nach dem Tode, ist, wenn gleich durch die damals herrsdiende
Hitze begünstigt, hauptsächlich wohl der bereits im Leben
vorhandenen Blutzersetzuug, wie wir solche an Leichen während
der Entbindung Verstorbener häufig finden, zuzuschreiben;
doch scheint das in bedeutender Menge durch fast 4 Stunden
angewandte Chloroform sehr entschieden zu der schnellen
Verwesung beigeti*agen zu haben, wie ich dieses auch m
einem anderen ähnlichen Falle sah. (Vergl. Casper^s Handbuch
der gericlitlichen Medicin, Berlin 1857, Bd. L, 8. 619.)
Anmerkang. In Fig. 3 ist der in den Beokeueingang eben
eingetretene »SchHdel so gezeichnet, wie wir ihn bei der Unter-
snchnng durch die Scheide fühlen; also gewissermaassen das
Schädeldach an jener Stelle abgenommen, wo wir ihn gewöhnlich
bei Sectionen mit der Säge sn öffnen pflegen und man "sieht also
in das Innere des Schädeldache«.
Herr Martin billigt die von Cr. ausgesprochene Ansicht,
dass die Hervorragung der Schoossfuge nach imien in manchen
Fällen Grund zu erheblichen Störungen der Geburt abgebe
könne. Er selber habe wiederholt Impressionen am Kindskopfe
beobachtet, die nur auf diese abnorme Bildung zu beziehen
fttr 6«biirt8haife in Berlin. 27
I, da sie die vom Promontorium abgewendete Seite des
Kopfes betrafen. Auch glaube er, dass wohl manche in der
Gebort ^worbeat Blaaeoscheideufiatel durdi Druck des Kopfes
gegen eine solche Hervorragung der Schoossfuge herbei-
gefiibrt scL —
Herr Wegscheidir zeigt emen in Breslau sehr ver-
breiteten Apparat vor, in welchem Cataplasmen mittels warmer
Wasserdämpfe leicht erhitzt und feucht erhalten werden können.
Herr L, Mayer legt ein neues englisches Pessarium
von homisirtem Cautcbouc vor, das namentlich durch seine
Leichtigkeit, Glätte und Dauerhaftigkeit den Vorzug vor den
bisher gebräuchlichen Holz-, Wachs- u. & w. Instrumenten
ZQ verdienen Scheint
Herr Dr. F. Winckd (Gast) legt ein osteomalacisches
Becken vor und giebt folgende einleitende Krankengeschichte:
Kaiserschnitt bei halisteretischem Becken.
FVau Fwüce zu Büchel bei Engelskirchen, Reg.-Bezirk
Cän, 32 Jahre alt, 4 Fuss 7 Zoll gross, scbwächlich, soll
vor 7 Jahren zuerst leicht und glücklich entbunden worden
sein. Erkrankte bald nachher an „ Gicht ^, da sie längere
Zeit in einer sehr feuchten Wohnung und von Nichts als
Kaflee, Brod und Kartoffeln lebte. Hatte sehr viel zu leiden.
Qiarfireitag 1859 wurde sie zum zweiten Male mittels
der Zange sehr schwer von einem todlen Mädchen entbunden.
Im December v. J. concipirte sie aufs Neue. Am
14. S^tembcr 1860 traten Wehen ein, nachdem schon am
13. Sqitember Wasser mit Blut abgegangen sein sollte. Am
Iß. September unten^chte sie mein Freund Heinrich Wiefd,
fand eine pralle Blase, den Kopf sehr hoch, hörte keine
Fötalherztöne mehr und fand das Becken so bedeutend
osteomalacisch verengt, dass er den kleinsten Durchmesser
des Becke^einganges auf l" ß'" taxirte. Die Frau war bereits
sehr angegriffen. Unter Assistenz des Kreiswundarztes Büren
uiachte der Vater meines Freundes die Sectio caesarea. Die
Baaehdecken waren sehr dünn. Der Uterus war ein Vierte]
um seine Axe gedreht von rechts nach links; am Fundus
sehr dick , mehr nach unten dünnrandiger. Bei der Extractiou
28 '• Verhandlungen der GeseUschaft
des Kindes war die Entwickelung des Kopfes etwas schwierig.
Dasselbe war todt und musste schon einige Zeit todt sein,
da die Epidermis sich leicht ablösen liess. Es wog 6 — 7 Pfd.
Wenig Fruchtwasser war vorhanden. Am unteren Wundwinkel
kamen einige Darmschlingen ?or, die jedoch leicht zurück-
gebracht wurden, der Uterus zog sich schlecht zusammen;
5 Knopfnähte und 6 Insectennadeln wurden angelegt.
Zwei Tage befand sich die Entbundene ziendich wohl,
starb aber schon am dritten Tage ungefähr 65 Stunden nach
der Operation. —
Das Becken ist ein in hohem Grade erweichtes. Die
.Knochen ziemlich voluminös — aber sehr porös — sehr
bluthaltig, sehr fettreich und so weich, dass ich den vierten
Lendenwirbel bis auf das hintere Ende des Processes spinosus
mitten mit dem Messer durchschneiden konnte. Der Durch-
schnitt dieses Wirbels gleicht dem eines cavernöseu Körpers
oder einer Blumenknospe. — Das Periost nicht besonders
verdickt, sehr schwer abzulösen. Grössere Fissm*en resp.
Infractionen der Knochen bis jetzt (da es noch nicht ganz
macerirt ist) nicht wahrzunehmen. Die Pfannengegenden stark
einwärts gedrückt; das Promontorium, in's Becken hinabgedrängt,
st«ht V2 Zoll tiefer als der obere Rand der Symphyse. Beide
Synchondroses sacro-iliacae stark aufgelockert, so dass nament-
lich die linke sehr beweglich ist, dass die ganze linke Becken-
hältle gegen das Os sacrum und die rechte Beckenhälfte
verschoben werden kann. Das Kreuzbein von oben nach
unten zu einem spitzen Winkel von vielleicht 85^ zusammen-
gedrückt Der sog. Sulcus iliacus auf beiden Seiten gleich
stark. Die beiden Schenkel des Schnabels fast ganz gleich,
über der Mitte der Foramina obturatoria die stärkste Einwärts-
biegung der horizontalen Schambeinäste.
• Beckenmaasse.
Ä. Grosses Becken.
• Zoll Linien
1) Dist. Spinae a. snp 9 4
2) n „ a. infer 6 9
S) „ cristarum oss. il 12 6
(Breite der Darmbeinschanfeln ^V/')
(Höhe derselben 8V,")
för Geburtshülfe in Berlin. 29
B. Kleines Becken.
a) Beckeneingang.
Zoll Lliii«n
1) Coajngata Tera 8 9
i) 9 falsa (von der Symphyse bis sum oberen
Rande des ersten Lendenwirbels 3 4
5) erster schräger Durchmesser 4 7
4) iweiter , ^ l 4
6) Distans swischen oberen seitlichen Rand des fünften
Lendenwirbels nnd Synostosis pubo-iliaca deztra 1 8
6) Dieselbe — sinistra 1 10
7) Diameter tranayersa mazima 5 —
8) D. transv. vor dem Promontorium 4 6
b) Beckenhöhle.
1) Dittani de« Grnndes beider Pfannen 3 6
2) Orosste Conjngata (Mitte der Symph. — lur tiefsten
Stelle des Os sacmm) 6 8
5) Spinae ischiadieae 2 11
4) eigentliche Diagonal- Conjngata 8 11
6) aneigentliche Diagonal- Conjngata (von dem Punkte,
wo sich die Schambeinäste am meisten nähern,
bis anm Promontorium) 8 8
e) Beckenausgang,
l) Eigentliche ConjngaU 8 9
5) nnetgentliche Conjngata (Spitxe das Steissbeins bis
dahin, wo sich die Schambogenschenkel am meisten
nlhem 2 —
3) Tnbera ischiadica (lab. int.) «. . . . 2 7
Länge des Schnabels 1 3
Basis derselben 2 1
Sehenkel des Schambogens fast parallel, sind
am meisten neben dem unteren Rande der
Foramina obtnrator. sich genähert, bis auf . -^ 10
Höhe der Symphyse des Schambogeüs 1 7
„ des Kreusbeines 8 —
Tiefe der Längenanshbhlnng derselben S 2
Derselbe veriae darauf folgenden, von seinem Vater
Dr. Winekd in Gummersbach verrichteten
Kaiserschnitt bei halisteretiscbem Becken mit
glücklichem Erfolge fQr Mutter und Kind.
Frau Wühdmine Scheuse zu Feldbof bei Gummersbach
ist das siebente Kind einer sehr gesunden uud kräftigen Mutter,
welche in ihrem 60. Lebensjahre, nachdem sie neun Mal
30 I- Yerhandlmi^ii der GeselUcliAfl
geboren, am Schlagflusse gestorben ist. Ihren Vater hat sie
nicht gekannt, er soll der Lungenschwindsocht erlegen sein.
Die Röthehl abgerechnet, will Frao S. in ihren Kindeijahren
sich stets der besten Gesundheit erfreut haben, sie versichert
namentlich mit Bestimmtheit nie an doppelten Gliedern, wie
die Rhachitis hier zu Lande genannt wird, gelitten zu haben.
Im 17. oder 18. Lebenqahre, genauer weiss sie es nicht
anzugeben, wurde sie zuerst menstruirt und haben ihre
Menses nie eine krankhafte Störung erlitten. Sechs Monate
nach ihrer im 22. Ldiensjahre erfc^gten Yerheirathttng gebar
sie zum ersten Male einen gesunden, reifen und kräftigen
Knaben, ganz leicht und natürlich. Mehrere Monate nach
dieser Entbindung habe ich sie als grosse wohlgewachsene
und hübsdie junge Frau zuerst gesehen. Sie säugte dieses
Kind ohngefahr 1^/% Jahre, war während des Säugegeschäfts
efaiige Male wieder menstruirt und musste es dann, weil sie
wieder schwanger und krank wurde, entwöhnen. Durch eine
Krankheit ihres Mannes wurde sie nämlich gezwungen, sich,
als gerade ihre Menses flössen, einer starken Erkältung aus-
zusetzen, welcher sie die Entstehung ihres ganzen Leidens zu-
schreibt Nach dieser Erkältung, die mit der zweiten Conoeptioa
zusammenfällt, bekam Frau Schettse heftige Gliederschmerzen,
besonders im Kreuze, starken übelriechenden, sehr scharfen
Ausfluss aus deit Genitalien und allgemeine Schwäche, wozu
sich periodisch tonische Krämpfe in Händen und Vorderarmen
gesellten. Dieser Zustand hielt die ganze Schwangerschaft
bst ohne Unterbrechung an und zwang die Kranke häufig
zum Hüten des Bettes.
Den 20. October 1848 erfolgte die Geburt des zweiten
Kindes in einer Kopflage leicht und glücklich; doch steigerten
sich während und nach dem Wochenbette alle Krankheits-
erscheinungen merklich, sie säugte aber nichtsdestoweniger
ihr Kind über ein Jahr. Die dritte in einer Steisslage am
26. Mai 1851 eingetretene Geburt eines mit einem Wasser-
kopfe yersehenen, todtfaulen Mädchens war so leicht, dass
das Kind schon geboren war, als die Hebamme hinzukam.
Trotz der steten Zunahme ihrer Leiden wurde sie bald wieder
schwanger und hatte in den drei ersten Monaten ihrer
Schwangerschaft beständig mit einem geringen Blutabgange
für Geburtahillfe in Berlin. 3X
IDS deD Genitalien zu schaffen, wurde iiidess am 22. November
1852 Ton einem zwar reifen, aber sehr kleinen und schwachen
Kinde, welches auch nach vier Wochen starb, in regel-
nnssiger Kopflage ohne grosse Anstrengung und Kunsthülfe
entbunden.
Fortwährend mit Leiden aller Art kämpfend concipirle
sie Anfangs 1855 aufs Nene, wurde aber nun so schwach
und dend, dass sie im letzten Drittel der Schwangerschaft
&st gar nicht mehr gehen konnte und meist zu Bett liegen
musste. Den 7. Februar 1856 Abends wurde ich aufgefordert,
ilff bei dieser Geburt beizustehen. Sie war schon seit der
vergangenen Nacht kreisseiid und nach Aussage der anwesenden
Hebamme das Fruchtwasser vor mehreren Stunden abgeflossen.
Meine Untersuchung ergab mir eine so bedeutende osteomala-
dsche Beckenverengerung, dass ich kaum hoflen durfte, die
Entbindung durch Perforation zu bewerkstelligen. Der kleinste
Dorcfamesser des Beckeneingangs maass unter 2V4 Zoll, der
Eopf des Kindes stand beweglich auf dem Beckeneingange
und die Wehen waren ausserordentlich stark. Nachdem ich
den Gang der Geburt einige Zeit beobachtet und mich in der
Seitenlage der Kreissenden durch hakenförmiges Einsetzen der
KtteU und Zeigefinger beider Hände zwischen die Tubera
iscUadiaca und Anseinanderziehen derselben von der noch
vorhandenen Weichheit der Knochen überzeugt hatte, beschloss
ich, das Geschäft vor der Hand der Natur zu überlassen
mid begab midi nach Ebuse. Am folgenden Morgen liess
micb die Hebamme wieder rufen, weil sie glaubte, der Zeit-
punkt znm Handeln sei gekommen. Als ich ankam, hatte
Frau Scheuse eben ein todtes Mädchen mit einem auflallend
in die Länge gezogenen Kopf geboren. Die Nachgeburt folgte
leicht Nach diesem Wochenbette musste das unglückliche
Weib über drei Monate das Bett hüten und konnte fast nur
auf der rechten Seite liegen. Selbst an dem Nöthigsten Mangel
leidend, in einer obdachlosen, dem Einstürze drohenden,
beständig nassen Wohnung, ohne alle Pflege und nachbarliche
llieilnahme fiel sie endlich der Gemeinde zur Last, weil ihr
Ehemann, bei einem nächtlichen Einbrüche ergriffen, zu
mehreren Jahren Zuchthaus Terurtheilt wurde. Ihre beiden
akestoi noch lebenden Kinder, leibhaftige Bilder des Elends,
32 '• Verhandlang^en der Gesellschaft
*
Starben bald an Abzehrung, obwohl sie in eine gesunde
Wohnung versetzt und gut verpflegt wurden. Die unglückliebe
Mutter erholte sich aber bald bei dem anhaltenden Gebrauche
des Leberthrans so auffallend, dass sie schon nach Ablauf
eines Jahres am Stocke gehen und sogar ihr Brod mit Nahen
verdienen konnte. Oefter 'ist sie mir später ohne Stock mit
einem grossen Packete von ihr gefertigter Waaren auf dem
Kopfe begegnet, welche sie Vs Stunde weit hierher zur
Ablieferung brachte.
Im December v. J. erkrankte Fr^u Scheuse kurz nach
der Rückkehr ihres Mannes aus dem Zuchthause an einem
leichten gastrischen Fieber, von welchem sie in circa 14 Tagen
genas. Am 1. Juni d. J. theilte sie mir mit, dass sie wieder
schwanger sei und bat mich um Einleitung der künstlichen
Frühgeburt Da sie seit jenem gastrischen Fieber sich imm^
wohl befunden und erst seit einigen Tagen Kindesbewegung
verspürt hatte, so wurde ihre Untersuchung bis nach meiner
Zurückkunfl von einer Reise verschoben. Am 18. Juni dieses
Jahres wurde sie dann von Herrn Dr. Breishy^, Assistenten
an der geburtshülHichen Klinik in Prag, und mir untersucht
und folgender Befund aufgezeichnet. Sie ist 35 Jahre alt,
4 Fuss 6 Zoll gross. Ihr ganzer Habitus trägt das Gepräge
der Osteomalacie. Der Verlust der Schneidezähne des Ober-
kiefers, die etwas aufgeworfenen Lippen und die Haltung des
Kopfes geben ihrem Gesichte einen mürrischen unzufriedenen
Ausdruck, der sich bei allen Osteomalacischen mehr oder
weniger findet Sie ist wohlgenährt, ja fett; ihr Gang
zwar schwerfällig, doch ohne Stütze zu bewerkstelligen.
Obwohl ihr Kopf etwas vornübergebogen, ist an ihrer Wirbel-
säule nur eine schwache S formige Krümmung (Scoliose der
Rucken Wirbel nach rechts) bemerklich, die rechte Schulter
und rechte Hüfte stehen etwas höher als die linke. Die
Knochen der Extremitäten sind normal, ebenso die Schlüssel-
beine, auch die Rippen nehmen nur geringen Theil an der
Verschiebung. Die hintere Ansicht der Beckengegend ist
eine herzförmige, indem die Hüftbeine in die Höhe geschoben
und die Pfannen nach innen gedrängt sind. Schon aus der
äusseren Form des Mons veneris erkennt man die schnabel-
förmige Hervorragung der Schambeine. Der Hängebauch * ist
mr Gebnrtshtilfe in Berlin. 33
bedeutend. Die Schenkel können nicht weit aus-
eiDUidergespreizt werden.
Die Beckenmessung ergab:
Conjugata externa = 7 Zoll.
„ diagonalis =s SV^ „
Dist spinar. ant sup. = 9V4 „
„ cristar. oss. iL = lOT» „
„ trochantenun = 11% «
Die aaf$teigenden Aeste der Sitzbeine und die absteigenden
der Schambeine einander sehr genähert, die Untersuchung
sehr erschwerend. Die Tubera ischiadica V/^ Zoll von einander
entfernt, das Heiligenbein bedeutend ausgehöhlt, das Steiss-
bein nach vorn und auh?ärts gerichtet. Nur in der Seitenlage
lies» sich eine erspriessliche Untersuchung vornehmen. Man
erreicht in ihr den Vorberg leicht
Der Muttermund steht sehr hoch nach links und hinten,
die Portio vaginalis circa 1 Zoll, wulstig und lässt die Einrisse
deutlich wahrnehmen, ein vorliegender Kindestheil ist nur
uDdeutlich zu fühlen.
Schoa damals Hess es mir die innere Untersuchung
zweifelhaft 9 ob die künstliche Frühgeburt noch statthaft, da
ich bd der schnabelförmigen Verbiegung der Schambeine den
kleinsten Durchmesser des Beckeneingangs unter 2 Zoll taxirte.
Herr Dr. Breisky sprach sich nicht bestimmt darüber aus«
Anfangs Jnli habe ich Frau Scheuse nochmals ^ner
sorgfältigen Untersuchung und zwar mit vier Fingern der
rechten Hand unterzogen, wobei sich mir die Ueberzeugung
aufdrängte , dass der kleinste Durchmesser des Beckeneinganges
kaum 1% Zoll messe, weshalb ich denn von der Einleitung
der künstlichen Frühgeburt Abstand nahm.
Gegen den Abend des 1. September wurde ich nun
eiligst zur Frau 8, beschieden. Schon seit verwichener Nacht
kreissend hatten sich ihre Schmerzen am Nachmittage sehr
gesteigert, weshalb die Hebamme um 3 Uhr gerufen worden
war. Idi fand den Muttermund gehörig erweitert, schlaff,
die Fruchtblase wurstförmig, tief in die Scheide getrieben,
während der Wehe sehr prall, den Kopf beweglich auf dem
Beckeneingaiige, die Herzttoe kraftig. Wiederholt überzeugte
ich nach von der bedeutenden Verbildung des Beckens, wodurch
1l«tttMebr.f.Oebartak. 1S61. Bd. XVn., Hft. i. 3
34 I- Verband! angen der Gesellschaft
eine Enge von kaum 1% Zoll zwischen dem Ramus horizontalis
oss. pub. dexlr. und dem Promontorium gebildet warde,
wohingegen auf der linken Seite etwas mehr Raum zu sein
schien.
Das Verarbeiten der Wehen wurde deshalb widerrathen,
eine rechtsseitige Lage angeordnet und ein expresser Bote
zum Collegen Wiefei geschickt, um denselben mit dem
kommenden Tage zur Consiiltation zu bitten. Am 2. September
Morgens 7^7 Uhr bei der Kreissenden angelangt, hörten wir,
dass die Fruchtwässer schon Abends 11 Uhr abgeflossen, die
Wehen in der Nacht sehr stark gewesen und einige dünne
Stuhle eingetreten seien. College Wiefei und dessen Sohn,
Herr med. cand. H. Wiefd^ nahmen nun ebenfalls eine sorg-
faltige Beckenmessung vor, welche meine Resultate namentlich
in Beziehung auf den kleinsten Durchmesser vollkommen
bestätigte. Herr Cand. Wiefei fand blos eine J)ifierenz in der
Conjugata externa, die er auf 7^4 Zoll angab.
Da Frau S. mit den Verhältnissen bekannt gemacht,
sofort ihre Einwilligung zum Kaiserschnitte gab, so schritten
wir, nachdem die nöthigen Vorbereitungen getroffen und die
Kreissende auf einen Tisch gelagert war, augenblicklich zur
Ausfuhining desselben. Nach Application des Katheters, wo-
durch nur wenig Harn entleert wurde, chloroformirte Herr
Candidat Wiefei die Kreissende. Dieser Act dauerte sehr
lange und wurde leider immer durch heftiges Erbrechen
unterbrochen, woran ohne Zweifel der kurz zuvor genossene
Kaffee Schuld war. Der Fundus uteri lag in der rechten
Seite und der Raum zwischen Nabel und Symphyse war sehr
schmal. Ich musste daher (auf der linken Seite der Frau
stehend) den Schnitt IV2 ZoU über dem Nabel beginnen und
ihn bis auf 1 Zoll oberhalb der Symphyse herabfuhren. Die
Bauchdecke hatte eine ziemliche Fettlage und die weisse
Linie war sehr stark. Bei ihrer Durchschneidung vmrde im
oberen Wundwinkel eine kleine Arterie verletzt, welche ich
torquirte. Nachdem das Bauchfell durchschnitten, zeigte sich
eine über dem Blasengrund ruhende dicke Fettmasse, von
welcher, da sie den Raum sehr beeinträchtigte, ein Theil
abgetragen wurde. Die dicke Uterinalwand musste wegen
sehr starker Blutung, welche mich den Sitz der Placenta
för Qebnrtshfllfe in Berlin. 35
TBL treffen fürchten Hess, schnell durchdrungen werden.
Nachdem ich daher mit einigen kräftigen Messerzflgen bis
auf die Eihäute gedrungen war, erweiterte ich die Wunde
mit dem geraden Knöpfbistouri auf- und abwärts, wobei sich
aber nicht die Nachgeburt, sondern der mit den Eihäuten
dbenogene Rücken des Kindes in der Wunde präsentirte.
inbngs glaubte ich mich in der Lage des Kindes geirrt imd
den Steiss im unteren Wundwinkel zu haben, nach Durch*
reissung der Eihäute zeigte sich aber, dass es die linke
Schulter war; ich ging daher mit der rechten Hand in den
Uterus, umfasste in seinem Grunde den Steiss und schob ihn
herrorhebend die linke Hand um den Hinterkopf, um die
jäbe Zusammenziehung des Fruchthalters um den Hals des
Kindes zu yerhüten. Trotzdem ich der Wunde eine möglichst
grosse Ausdehnung gegeben, war die Entwickelung des Kindes
noch schwierig. Dasselbe gab alsbald Lebenszeichen von sich,
wurde sogleich abgenabelt und der Hebamme zur Pflege über-
geben. Der Uterus zog sich unter massigem Bluterguss zu-
sammen und die Placenta folgte nach etwa 5 Minuten einem
leichten Zuge an der starken sulzigen Nabelschnur durch die
Uterus- und Bauchwunde.
Nach Entfernung der Placenta legte sich eine grosse
Menge des Netzes in die äussere Wunde, wodurch das Anlegen
der blutigen Naht sehr erschwert wurde. Auch die dicke
Pettlage erschwerte die Naht ausserordentlich. Einige Darm-
schiingen, welche sich im unteren Drittel der Wunde vom
Netze bedeckt hervordrängten, wurden leicht zurückgehalten.
Während ich die Wunde durch sieben Knopfnähte imd drei
hsectennadeln, die die ganze Dicke der Bauchwand mit dem
Peritonäum umfassten, vereinigte, ergoss der Uterus noch
fiel Blut, welches wir nach Beendigung der blutigen Naht,
diunfichst durch ihre Zwischenräume herausdrängten. Als
sich der Uterus kugelförmig zusammengezogen hatte und kein
Blut melu* ausfloss, schob ich zwei Fadenbourdonnets, eins
aufwärts hinter die Bauchwunde und eins abwärts nach der
Uteruswunde gerichtet, durch den unteren einen Zoll weit
oflfen gelassenen Wundwinkel ein, legte zwei Longuetten zu
beiden Seiten der Wunde — darüber lange sich auf der
Wunde kreuzende Heftpflaster von einer Seite zur anderen
8*
36 * I- VerhAndlungen der Gesellschaft
und unterstützte den ganzen Verband durch eine gut schliessende
ziemlich fest angelegte Bauchbinde. Alsdann wurde ein Finger
möglichst hoch in die Scheide geschoben, wobei sich gleidi
einiges Blut entleerte.
Mittlerweile war die Entbundene aus der Narcose erwacht
und befand sich ziemlich wohl. Es wurden ihr 10 Tropfen
Tinctur. thebaic. gereicht, und die sich ihres Kindes herzlich
Freuende zu Bett gebracht. Da nach einiger Zeit Erbrechen
eintrat, wurde die Gabe Opium wiederfiolt
Der neugeborene Knabe ist 20 Zoll lang, 7 Pfd. schwer,
der Querdurchmesser seines Kopfes SVa Zoll, der sagittale
4V2 Zoll, der diagonale 5 Zoll; von einer Einwirkung des
Beckens auf den Kopf war nichts wahrzunehmen. Nach einer
Stunde verliessen wir Beide in ganz zufriedenstellendem Zu-
stande. Frau S. sagte mir beim Abschiede, dass sie bei
dieser Entbindung nicht halb so viel gelitten, als bei der
vorigen; ihr Puls schlug 92 Mal in der Minute und war
ziemlich kräftig. Zur Nahrung wurde Wassersuppe, Milch
und GrQtzschleim empfohlen.
Abends 6 Uhr. Das Befinden ist leidlich. Die Ent-
bundene hat einige Mal Urin gelassen, einige Stunden ruhig
geschlafen und sehr wenig Schmerz im Leibe. Es ist etwas
Blut durch die Scheide und auch durch den unteren Wund-
winkel abgeflossen. Der Puls ist kleiner, etwas schnell, hat
124 Schläge in der Mitte. Erbrechen ist nicht mehr erfolgt,
doch wird Frau Scheuse durch einen festen Husten gequält,
woran sie schon lange gelitten haben will. Das Kind
trinkt schon.
Den 3. September. Heute Morgen xim 7 Uhr kam der
Ehemann und berichtete, dass seine Frau wenig geschlafen
habe. Husten und Schleimrasseln hätten ihr keine Ruhe
gelassen und sie sei jetzt sehr kurzathmig. Ich verordnete:
Morph, acet grj Aq. amygd. amar. iß zweistündlich 10 Tropfen
in Brustlhee zu nehmen. Gegen 10 Uhr fand ich den Husten
erleichtert und lose, die Haut feucht, nur beim Husten
Schmerz in der Wunde. Urin zwei Mal entleert; massiger
Blutabgang per vaginam. Etwas Meteorismus. Puls 120, klein.
Das Kind saugt gut. Den Husten abgerechnet ist der Zustand
befriedigend.
für Geburtsbülfe in Berlin. 37
Abends 7 Uhr. Ziemlich starke Dyspnoe. Husten zwar
Wse^ aber sebr anstrengend und Schmerz im Leibe veranlassend.
Die Haut feucht, Urin entleert Frau S, hat etwas geschlafen,
3ir Pub bat 128 Schläge, ist klein und schwer zu zählen,
kein Durst, kein Erbrechea Der Meteorismus hat zugenommen
und da durchaus kein Abgang von Blähungen erfolgt, so wird
ein Qjsma mit einigen Löffeln Essig und Oel applicirt, wonach
eine Masse Darmgase unter grosser Erleichterung, aber keine
Faeces abgeben. Das Kind trinkt gut, in der linken Brust
findet sieb Milcb. Einige Nachwehen mit Abgang blutiger
Lochien.
4 September. Verwichene Nacht hat Frau 8. gut ge-
schlafen; gestern Abend ist mit dem Reste des Klystiers
Dodi etwas Stuhlgang erfolgt Husten und Dyspnoe haben
sich sebr gebessert Die Haut ist feucht, die Zunge fast rein.
Locfaialflttss und Lactation naturgemäss. Der Puls schlägt
116 Mal und ist kräftiger; auch der Meteorismus geringer,
Schmerz fast nicht vorhanden. Die Operirte hat etwas dünne
Fleiscbbnibe, sowie eine Tasse schwachen Kaffee nebst einem
Zwieback mit Appetit genossen.
5. September. Heute Morgen ist der Husten quälender,
ebenso der Meteorismus, der sich nach einem Clysma gestern
Abend wiederum sehr vermindert hatte. Stuhlgang ist noch
nicfat erfolgt; Urin aber entleert 120 Pulse. Lochien weniger
rotb gefärbt Der Schmerz im Leibe ist gering. Ausfluss aus
der Wunde bat nicht stattgefunden. Der Schlaf war heute
Nacht weniger gut, doch ist die Zunge rein, etwas Appetit
vorhanden. Das Kind gedeiht gut
Da beute Abend noch kein Stuhl erfolgt war, wurde
abermals ein Clysma applicirt, welches erst nach einer Stunde
mit wenig Faeces, aber vielen Flatus abging. Die Kranke
klagte mehr über wehenartigen Leibschmerz. Deshalb ver-
ordnete ich: Ol. Ricini Sj> Gummi arab. 3ij, Aq. Chamomill. Siv,
Extr. hyoscyami 9/3, Syr. simpl. B/?, stundlich ein Esslöffel.
6. September. Die Nacht war wider Erwarten gut,
ruhiger Schlaf, weniger Schmerz. -Gegen 7 Uhr Morgens
erfolgte eine gehörige Stuhlentleerung mit viel Blfihungen,
darnach grosse Erleichterung. Die Lochien iliessen regelmässig»
auch aus dem unteren Wundwinkel fliesst etwas lochienartige
38 !• Verhandlnngen der Gesellflchaft
FMssigkett Heute wurden die Pflaster abgenommen. Die
Wunde ist sehr gut vereinigt, einige der unteren Nadelstiche
geben wenige Tropfen schönen dicken Eiters. Nur die unterste
Ligatur erscheint etwas gespannt. Der Leib ist weich, nicht
besonders empfindlich. Die Zunge ist rein, auch etwas Appetit
auf Fleischbrühe und dünnen Kaffee. Leider ist der Puls
sehr klein, kaum fühlbar, hat 120 Schläge, doch ist die
Haut duftend und das Allgemeinbefinden zin* Zufriedenheit
der Operirten. Auch die Milch hat sich vermehrt
6. September. Frau S. hat wenig geschlafen und wieder
mehr gehustet; der Leib ist selbst bei der Betastung wenig
empfindlich. Das unterste Bourdonnet hat sich gelöst, es
wurde durch ein neues ersetzt. Der Ausfluss aus dem unteren
Wundwinkel ist massig. Der übrige Theil der Wunde ist
fest verklebt. Der Appetit ist heute weniger gut, die Zunge
etwas belegt. Puls 124, klein. Die Schwäche grösser. —
Die Haut feucht; das Allgemeinbefinden leidlich. Urinenüeerung
ist erfolgt, aber kein Stuhlgang. Die Lactation geht gut von
Statten. Verordnet wurde: Chinii sulfur. S/3, Eliz. add. Hall,
q. s. Morph, acet. griij, Succi Liquirit q. s. ut fiant piiul.,
Nr. 30, 3 Mal täglich eine Pille. Wenn bis gegen Abend
kein Stuhl erfolgt, soll ein EJystier gegeben werden, da noch
immer etwas Meteorismus vorhanden ist
Auch dem Kinde wurde, weil es keine Ausleerung gehabt,
ein Clysma verordnet
8. September. Die Nacht war gut, der Schlaf erquickend;
der Husten besser. Stuhlgang war gestern Abend und heute
Morgen ohne Clysma erfolgt Die Zunge ist wieder rein,
auch mehr Esslust vorhanden. Heute wurden die drei Insecten-
nadeln und auch vier Knopfnähte von oben herab entfernt.
Die Wunde scheint fest vereinigt; der Leib ist gar nicht
empfindlich, selbst bei leichtem Druck nicht; der Meteorismus
ganz geschwunden. Aus dem unteren Wundwinkel fliesst
wenig dünnflüssiger Eiter. Heute Nacht ist noch etwas Blut
per vaginam abgegangen. Der Puls hat 124 Schläge, ist noch
sehr klein und schwach, doch ist das Allgemeinbefinden ganz
erwünscht und Frau S. munter und zufrieden.
9. September. Wäre der kleine Knabe nicht etwas unruhig
gewesen, würde Frau S. gut geschlafen haben, dennoch befindet
für Geburtahfilfe in Berlin. 39
sie steh heute wohl; ihr Appetit bessext sich, Stuhl erfolgt
regfdmässig, die Lochien fliessen naturgemäss; die Haut ist
feucht, der Husten lose, der Meteorismus ganz geschwunden
und der Leib fast gar nicht mehr empfindlich.
Die drei letzten Ligaturen wurden entfernt Die Wunde
ist bis auf den unteren Wund Winkel, in weldiero das eine
Bourdonnet, welches nach aufwärts gerichtet war, noch fest
hegt, ganz geschlossen, nur die Stichwunden eitern noch etwas.
Aus dem unteren Wundwinkel fliesst wenig mehr aus, doch.
ist seine Umgebung durch die Schärfe des Secrets etwas
excoriirt Der Puls ist kräftiger, aber immer noch 120 Schläge
in der Minute zählend. Frau S. ist übrigens recht vergnügt,
hat grosse Freude an ihrem Kinde und erinnerte mich selbst
mit leuchtenden Augen an den Unterschied zwischen dem
heutigen und dem yorigen Sonntage.
10. September. Gestern Nachmittag hat sich die Operirte
nicht so wohl befunden, sie will viel „Fieber'' gehabt haben
und plötzlich wieder von Dyspnoe und grosser Schwäche
beiallen worden sein, so dass ihr Mann die Fenster öffnen
musste. In der Nacht hat sie leidlich geschlafen und seit heute
Morgen ist ihr Kopf nicht mehr so schmerzhaft und eingenommen
wie gestern. Leibschmerz ist nicht vorhanden. Ich nahm das
letzte Bourdonnet heute weg, wobei einige Tropfen guten
Eiters ausflössen. Die Wunde ist bis auf die kleine untere
Oeffnung fest geschlossen. Stuhlgang, Lochialfluss und Milch-
absonderung sind normal, die Haut feucht Der Puls zählt
noch immer 120 Schläge, doch ist er kräftiger, besonders
am rechten Arme.
13. September. Gestern und vorgestern wurde die
Wöchnerin von meinem Freunde Wiefd verbunden, welcher
, berichtet, dass sie gut geschlafen habe und wenig vom Husten
gestört worden sei, doch klage sie noch über Schmerzhaftigkeit
und Eingenommenheit des Kopfes. Der Leib sei* nicht mehr
sdmierzhaifl, der Appetit gering, der Puls 124, die Haut
feucht Die Lochien sind reichlich und normal. Urin- und
Dannentleerung ist erfolgt. Die ganze Wunde ist bis auf den
unteren Wundwinkel geschlossen, die Eiterung gering, die
Umgebung stark geröthet
40 I- Verhandlungen der OeselUchftft
Ich traf Frau 8. heute sehr wohl, sie hatte ihr Kind
an der Brust. Der Husten ist weit besser, die Expectoration
leicht; Stuhl- und Harnentleerung normal; Haut feucht; Lochien
nicht mehr geröthet; Appetit und Schlaf gut; Milch für das
Kind genug vorhanden. Die Wunde ist bis auf eine kleine
Va Zoll im Durchmesser haltende, trichterförmige Oeffnung
am unteren Wundwinkel, in welche sich das Bourdonnet
kaum % Zoll tief einschieben lässt, und welche sehr wenig
eitert, so fest und derb vernarbt, dass es fast unnöthig er-
scheint, sie noch durch Pflaster zu stützen, doch nässen einige '
Nadelstiche noch. Der Puls ist viel kräftiger, schlägt Aev
immer noch 116 Mal. Das Kind gedeiht zusehends.
14. September. Als ich heute die Pflaster entfernte,
fand ich das Bourdonnet aus der Wunde herausgedrängt und
dieselbe durch Granulationen geschlossen, ich konnte kaum
einen Sondenknopf einführen, doch eitert die Stelle noch
etwas, ebenso einige Nadelstiche. Die Empfindlichkeit des
Leibes ist so völlig gewichen, dass man denselben von allen
Seiten, selbst in der nächsten Umgebung der Narbe, drücken
kann, ohne Schmerz zu veranlassen. Der Puls hatte heute
nur 112 Schläge, alle Secretionen und Excretionen sind normal.
15. September. Das Befinden der Frau S, ist im All-
gemeinen treßlich, selbst der Rest der Wunde ist geschlossen,
wenn auch gerade noch nicht vernarbt. Der Kräftezustand
hat sich sehr gehoben und es bliebe nichts zu wünschen
übrig, wenn nicht das Geßsssystem noch immer sehr reizbar
und der Puls eine Frequenz von 112 — 116 Schlägen hätte.
16. September. Vergangene Nacht hat Frau Ä, wie ihr
Mann berichtet stark geschwitzt und wenig geschlafen, befindet
sich aber leidlich.
17. September. Heute fand ich die Operirte sehr wohl;
der Puls ist bis 92 Schläge gefallen, ihre Kräfte nehmen zu
und die Wunde ist bis auf eine erbsengrosse Stelle am
unteren Winkel fest vernarbt
1 8. September. Seit beute Nacht leidet Frau S. wieder
an Husten und Dyspnoe, auch ist der Puls wieder auf 100
gestiegen. Ich gab ihr daher wieder: Chinii sulfur. iß, Elix.
acid. Hall. q. s., Sulph. aur. grx., Succi liquirit q. s. ut fiant pil.,
No. 30, 4 Mal täglich eine Pille.
für Qebortshfilfe in Berlin. 41
20. September. Der Hustet) hat sich gebessert, er ist
lose, die Expectoration leicht. ' Frau S. hat sich an Kräften
eiiiolt, Appetit und Stuhlgang sind gut, der Schlaf - gesund.
Der Puls kräftiger, 90 Schläge machend. Die Wunde ist
ganz vernarbt, die Narbe sehr fest und derb. Milch ist in
den Brösten genug, das Kind gedeiht gut. Das Allgemein-
befinden ist durchaus befirtedigend, auch ist Frau S. schon
einige Male aufgestanden. Der Lochialfluss hat fast aufgehört ;
Gliederschmerzen sind nicht bemerkbar.
22. September. Frau S. hustet wieder mehr und hat
durch die heftige Anstrengung der untere Theil der Narbe
heute Nacht wieder etwas genässt. Puls 90 Schläge, voll.
Rc: Morph, acet. grj, Aquae Laurocer. iß, zweistündlich
10 Tropfen.
25. September. Der Husten ist bedeutend besser, die
Kräfte haben zugenommen; der Lochialfluss hat aufgehört.
Alle Se- und Excretionen sind normal. Puls 90. Am unteren
Ende der Narbe etwas Caro luxurians von der Grösse eines
Nadelknopfes. Die Sonde kann nicht mehr eindringen,
Touchiren mit Lapis infemalis.
29. September. Bei meinem heutigen Besuche fand ich
Frau S' vollkommen hergestellt. Ihr Husten ist auf seinem
alten Standpunkt, eher noch etwas besser, ihre Kräfte sind
zurückgekehrt, ihre körperlichen Functionen in guter Ordnung.
Der Puls zählt 84 Schläge. Sie i>flegt ihren prächtigen Knaben
selbst Die Wunde ist vollständig vernarbt. Ein^ grossen
Theil des Tages bringt Frau S. ausserhalb des Bettes zu.
Seit Anfangs October geht sie schon wieder wie froher
ihren Hausgeschäften nach.
4ä n. Albir9, Zar Geschichte des Lithopldion.
IL
Zur Geschichte des Lithopftdion.
Von
Prof. J. F. H. Albera in Bonn.
Zu den interessanten Ausgängen der GraYiditas extrauterina
gehört der, in welchem das Kind innerhalb des Bauchfellsackes
eine Umbildung zu einem Lithopädion erleidet Das wissen-
schaftliche Interesse beruht nicht allein auf der gewiss
beachtenswerthen Entwickelung des Kindes ausserhalb der
Gebärmutter, sondern auch der späteren Umwandlung desselben,
nachdem es in die Bauchhöhle geboren war, zu einem Litho-
pädion oder Steinkind. Wenn auch die Literatur eine gewisse
Anzahl von Beobachtungen dieser Umbildung des Kindes be-
wahrt hat, so fehlt es doch an einer eingehenden Unter-
suchung über die Art und Bedeutung dieser Umbildung selbst,
und doch gewähren sie, unter einander verglichen, eine Aehnlicb-
keit des Schwangerscbaftsverlaufes, des Geburtsberganges und
der Einwirkung des umgebildeten Fötus auf den Mutterkörper,
dass man einen gleichmässigen Fortgang in der Umwandlung
des Kindes in allen diesen Fällen nicht übersehen kann. Den
ersten Fall erzählt Albosius (Lithopaedion portentosuni seu
embryon petrefactum urbis 'senonensis in utero per 28 annos
portatum, 1528), in welchem das Lithopädion im oder viel-
mehr am Uterus vorhanden war. ^-* Den zweiten Fall berichtet
Bartholin, Histor. anatomic. cent. VL, Observ. 92. Er betrifft
eine Frau von 60 Jahren, die seit 30 Jahren Wittwe war
und nie geboren hatte. In dem vorgefundenen Lithopädion
waren die äusseren Theile verknöchert, Gehirn und Häute
aber noch deutlich erkennbar. Es lag auf den dünnen Ge-
därmen von einer Kapsel umfasst, welche an diesen Theilen
verwachsen war. Den dritten Fall verdanken wir Bouchardt
{Walter^ Geschichte einer Frau u. s. w.). In diesem Falle
stellten sich im neunten Monate der Schwangerschaft Wehen
ein, ohne dass ein Kind geboren ward. Die Frau befand
sich seit dieser Zeit nicht ganz wohl, lebte aber noch 17 Jahre.
n. ASbtn, Zar Goscbicbte des Lithopftdion. 43
Baudioiuskeln und Gebäimutter waren zu einer Hasse zu-
sammengewachsen. Die Unterleibshöhle enthielt 16 Pfund
gelhlidies Wasser und ein Kind von der Grosse eines Neun-
monatlichen. Die weichen Theile waren verhärtet, die inneren
Eingeweide erkennbar, doch ohne Blut, die Nabelgefösse ver-
schlossen. Den vierten Fall erzählt BagU^ Philosophical
transactions, VoL VIT., p. 134. Eine Frau (Johanna Pugett)
erlitt gegen Ende des neunten Schwangerschaftsmonates Wehen,
ohne zu gebären. Später erträglich wohl, starb sie 25 Jahre
nachher. In dem eröffneten Unterleibe fand man einen Fötus,
dessen Stirn, Ohren, Nase mit einer fast knorpelichten Masse
bedeckt war. Als diese beseitigt war, fand man die Schädel-
knochen zerbrochen, die Muskeln sehr verschieden gefärbt,
die Eingeweide blutleer und schwarz. — In den Ephemeriden
N. C. o^t X., Observ. 48, p. 337 wird der Fall einer Frau
berichtet, die sich vor 46 Jahren schwanger fühlte, zur
rechten Zeit Wehen erlitt, die sieben Wochen lang sich
wiederholten, ohne dass eine Geburt stattfand. Dann hörten
sie auf, während die Anschwellung des Unterleibes und die
Schwere in demselben fortbestanden. Nach dem Tode fand
man in ihm eine knöcherne Kugel, einer Kegelkugel an Grösse
gleich kommend, welche an der linken Seite des Uterus mit
Bändern befestigt war. Als man sie theilte, kam ein reifer
Fötus zum Vorschein, dessen Körper und Eingeweide ver-
härtet und trocken waren. Diese Frau wurde noch zwei Mal
schwanger, trotzdem, dass das Litbopädion vorhanden war.
Den vierten Fall beobachtete Walter (Geschichte einer Frau,
S. 11). Eine Frau, Namens Beyer ^ spurte 1752 im dritten
Monate der Schwangerschaft Wehen. Diese gingen indess
vorüber, ohne dass eine Geburt erfolgte. Dann befand sie
sich ^e Reihe von Jahren hindurch wohl. In den letzten
Ldltensjahran erlitt sie mancherlei Beschwerden und starb an
Erschöpfung 1773 in der Charite zu Beriin. In der geöffneten
Unterleibshöhle fand man alle Theile gesund. Das Kind ohne
Härte, Mutterkuchen und Nabelschnur war mit dem Kopfe
nach der Blase und Gebärmutter gerichtet und füllte die
Beekenhöhle aus. Das C^sicht sah nach dem heiligen Beine;
Rücken .und Hintere waren über dem- Schambeine und von
dem grossen Netze bedeckt, welches das Kind so einscfaloss,
44 n. Aüters, Zar Oeschichte des Lithop&dion.
dass man dieses nicht lösen kohnte, ohne jenes zu zerreissen.
Von diesem Netze gingen Gefasse zu dem Kinde hin, welche
Walter für jene hielt, durch welche das Kind seine Nahrung
während des Lebens erhallen hatte. Das Kind war in allen
seinen Theilen durch eine steinartige Materie yerhärteU
WcUter löste diese Incrustation vom Gesichte, Halse und
dem oberen Brusttheile. Die Muskeln des Gesichts waren
steinhart; An dem Munde und an der Nase liess die Kruste
sich nicht lösen, so fest hing sie an diesen an und gab dem
ganzen Kopfe ein monströses Ansehen. Die inneren Theile
wurden wegen gänzlicher Verhärtung nicht untersucht — Einen
anderen Fall theilte Mühlbach ^ Act. academiae Josephinae,
Tom. 1,' p. 202, mit. Eine Frau wurde zwei Jahre nach
dem ersten Wochenbette schwanger. Gegen die Mitte der
Schwangerschaft wurden die ersten Kindesbewegungen noch
schwach gefühlt, dann hörten sie auf und liessen das Gefühl
von einem schweren Körper zurück, der seinen Ort nach
den Stellungen verliess. Gegen den 11. Monat der präsumirten
Schwangerschaft entstanden W^hen, aber kurze und schwache
in längeren Zwischenzeiten. Mühlbach hmzugerufen fand
keine Zeichen der Niederkunft und empfald ruhige Lage.
Bald liessen die Wehen nach. — Die Kranke lebte noch
I4V2 Jahre, ohne dass die Regeln zurückkehrten, hatte keine
Schmerzen und konnte allen häuslichen Arbeiten obliegen.
Sie starb 1786 im 46. Lebensjahre an einem Fieber. Bei
der Leichenöffnung fand man den Uterus im Becken, zwischen
Blase und Mastdarm. Beide waren umfangsreich und hart und
umschlossen fest den Körper des Fötus. Die Tuba Fallopiana
konnte man von dem Eierstocke nicht unterscheiden. Der
Uterus, die Häute und der Fötus waren so mit einander
verwachsen, dass man mit Mühe zwei Arme und drei Füsse
an dem Fötus erkennen konnte. Von dem Mutterkuchen
keine Spur. Alle äusseren Theile waren petreficirt und von
den Augen konnte man nichts mehr erkennen. — In dem
von Denman (Cruveühier, Anat pathol., livraison 18, p. 6)
beobachteten Fall stellten sich in dem neunten Monate Wehen
ein, welche dann, ohne dass der Leib sehr abnahm, ver-
schwanden. Die Frau wurde wieder menstruirt, heirathete
wieder, ohne jedoch Kinder zu bekommen und starb 32 Jahre
11. Alben, Zur Geschichte des Lithop&dion. 45
nach der Schwangerschaft, die ohne Geburt nach aussen
endete. Der vorhandene * Fötus war 7 Pfund schwer, mit
dönnen Krusten bedeckt, keine Piacenta erkennbar, wohl
aber 6 ZoU von dem Nabelstrange. — Ein anderer Fall ist
von Bourdon und Chomereau (Histoire de l'academie royale
des sdences, 1748) erzählt. Eine arme Frau wurde, nachdem
sie vorher abortirt hatte, wieder schwanger, erlitt zwei Tage
hindurch zur rechten Zeit Wehen, die sehr stark waren.
Bei der Untersuchung fand der Geburtshelfer den Uterus leer.
Ton jetzt an bestanden acht Monate hindurch heftige Leib-
schmerzen. Dann Genesung. Tod im 61. Jahre an Brustleiden.
Die Section ergab eine kopfgrosse Geschwulst in dem grossen
Netze, das mit der Gebärmutter verwachsen war. Die theils
knöcherne, theils knorpelichte Geschwulst mochte 8 Pfund
wiegen und in ihr war ein erkennbares pretreficirtes Kind
vollständig vorhanden. Die Gebärmutter und anliegenden
Theile normal. — Der Fall von Cn$veilhier, Anat. patholog.,
livrais. 18, p. 10 betrifft eine 77jährige Frau, welche 35 Jahre
den Fötus bei sich getragen hatte. Madame Semtco, 77 Jalire
alt, [wurde am 25. August 1829 wegen eines eingeklemmten
Braches in das Hospital aufgenommen, um wegen desselben
eine Operation zu überstehen. Diese hatte einen tödüichen
Ausgang. Die Frau war zwei Mal verheirathet und hatte in
der ersten Ehe zwei Mal glücklich geboren. In der zweiten
Ehe gebar sie ebenfalls das erste Mal ganz normal; das
zweite Mal erlitt sie bei allen Zeichen der Schwangerschaft
nur lebhafte Schmerzen in der Regio hypogastrica und glaubte
dort einen fremdartigen Körper wahrzunehmen und frug des-
halb bei einer Hebamme an, die ihr sagte, solche Zufalle
seien bei Schwangeren gewöhnlich. Im vierten bis fünften
Monate erlitt sie heftige Schmerzen und Bewegungen in der
Gesdiwulst, welche sie einen fremden Körper nannte. Bis
zu dem sechsten Monate wurden die Schmerzen und Be-
wegungen heftiger; dann verschwanden diese Zufalle, der
Unterleib fiel ein und die Regeln erschienen wieder. Sie gebar
seit dieser Zeit noch zwei Kinder und befand sich wohl; doch
hatte sie das ganze Leben hindurch das Gefühl eines dumpf-
drückenden Körpers an der Stelle, wo der Schmerz und die
46 I^* Älhers) Zur Geschichte des LithopSdion.
Bewegungen waren. Bei der Leichenöffnung fand man einen
knorpelichten Sack, der mit pbosphörsaurer Kalkerde über-
zogen, sich an dem Ende des rechten Eileiters vorfand. In
der Mitte des letzteren fand sich bandartiges Gewebe zwischen
Fötus und Gebärmutter. Der Eierstock war mit dem Kopfe
des Lithopädion verwachsen. Gebärmutter, linker Eierstock
und Eileiter waren normal. Der ganze petrificirte Fötus war
mit einer Kruste von phosphorsaurer Kalkerde bedeckt, die
sehr compact, leicht brüchig war und keine Spur von
Organisation zeigte. Der an Farbe und Consistenz sehr ver-
änderte Fötus zeigte keine Spur von Flüssigkeit. In den
Höhlen konnte man leicht die Gestalt eines jeden Eingeweides
erkennen. Die Schädelknochen waren deutlich: auch unter-
schied man die Dura Mater, die Sichel und das Tentorium
cerebelU, die Vertiefungen an der Basis cranii und den Meatus
narium. In dem Schädel fand man eine trockene brüchige,
in Stücken zerfallene Hasse, welche auf dem Bruche einem
zerbrochenen Gallensteine nicht unähnlich war. Sie war
offenbar auf Kosten der eingetrockneten Himsubstanz gebildet.
Die Wirbel waren erkennbar und in ihnen das eingetrocknete
Rückenmark, das in einer fibrösen Kapsel enthalten war.
Der obere Theil der Wirbelsäule war stark gekrümmt. Das
Zwerchfell schied Brust und Unterleib. Herz und Lungen
bfldeten dünne Lamellen. Die eingeschwundene Leber war
in Zellgewebe verwandelt. Auch der Darm war erkennbar
und schien den Unterleib in mehrere Fächer zu theilen.
Tibia und Fibula deutlich erkennbar, aber beträchtlich ein-
geschwunden. Hier ist auch der Fall noch zu erwähnen,
welchen Prael, De foetu 28 annos in utero deserto,
Gottingae 1821, beschrieben hat.
Durch unseren CoUegen, Herrn Geh. Rath Kutan ^ wurde
ich auf ein Lithopädion aufmerksam, welches die Sammlung
der geburtshülfüchen Klinik bewahrt. Es war mir vergönnt,
dasselbe näher zu untersuchen. Durch die Aufschrift wurde
ich belehrt, dass dasselbe von Herrn Dr. de Berghes in
Honnef eingesendet war. Dieser hatte die Güte, mir nach-
stehende Krankengeschichte mitzutheilen:
Die Frau war bei ihrem Tode 34 Jahre alt und hatte
acht Jahre lang das Lithopädion getragen, während der
IL ÄlberM^-^vLT Geschichte des Lithop&dion. 47
LithopUionscbwangerscbaft aber noch vier Kinder geboren.
Die wohlgebaute Frau war als Mädchen gesund und kräftig
gewesen nnd hatte im 25. Jahre gebeirathet Ein Jahr
nachher fohlte sie sich zum ersten Male schwanger, empfand
deutliche Kindesbewegungen und war den Umständen nach.
wohL Nach ihrer Berechnung mochte die Schwangerschaft
wohl se<^8 Monate gedauert haben, als eines Abends nach
dem Nachtessen auf dem Abtritte während des starken Drückens
auf den Stuhl plötzlich ein heftig reissender Schmerz entstand
und bald darauf die Frau Ton den Ihrigen, welche auf das
Geschrei herbeigekommen waren, auf der Seite liegend ohn-
mächtig gefunden wurde. Von da an dauerten die anhakenden
sehr heiligen Leibschmerzen bei ungemein aufgetriebenem und
empfindlichem Unterieibe neun Tage fast ohne Naclilass fort
Herr Dr. Weber in Königswinter verordnete gleich mehrere
rasch auf einander folgende Aderlässe, auf den Unterleib
wurden 15 Schröpf köpfe gesetzt, kalte Umschläge auf den-
selben gemacht und viele Arzneien gebraucht, was Alles aber
nur sehr wenig Erleichterung zu Wege brachte. Am 10. Tage
nach der Anwendung eines starken Kräutersitzbades erfolgte
starker Schweiss und in der darauf folgenden Nacht Abgang
eines Hutcoaguli durch die Scheide, welche bisher sehr
trocken gewesen war. Jetzt Hessen die Schmerzen fast augen-
blicklich nach; ruhiger Schlaf erfolgte und die Kranke besserte
sich bald so, dass sie wieder arbeiten konnte. Sie behielt
indess einen etwas aufgetriebene Unterleib, in welchem man
neben der linken HQfte deutlich eine grosse harte Geschwulst
fühlen konnte. Einen Monat nach dem Eintritte der Besserung
traten die Regeln wieder ein und kehrten noch ein paar Mal
regelmässig wieder. Dann ward die Frau von Neuem wieder
schwanger. Die Schwangerschaft endete nach einer lang-
wierigen schmerzhaften Geburt mit dem Erscheinen eines
vollkommen ausgetragenen Mädchens, welches fünf Jahre alt
geworden isL Fünfzehn Monate nach dieser Geburt, kam
die Frau mit einem jetzt noch lebenden Knaben nieder; dann
gebar sie in Perioden von 15 bis 18 Monaten einen Knaben,
wekher früh starb und zuletzt ein Mädchen, welches jetzt
Sy« Jahre alt ist Während jeder Schwangerschaft trat die
48 ^' Älbers, Zur Gesebtobte des LttbopftdioQ.
erwähnte Geschwulst an der linken Seite deutlicher hervor , so
dass man dieselbe in den letzten Monaten sogar sehen konnte.
Dr. de Berghes sah die Frau Harhausen etwa acht Monate
vor ihrem Tode zum ersten Male. Sie litt an einem trockenen,
schmerzhaften Husten, fast beständiger Hartleihigkeit und
periodischem Abgange von Blutklumpen aus der Scheide,
von denen ihm einer gezeigt ward, welcher fingergross war
und ein fleischähnliches Aussehen hatte, wobei sie nur vor-
erwähnte Thatsachen aus ihrer Lebensgeschichtö erzählte.
Sie glaubte in diesen Coagulis der Abgänge Reste ihres ersten
Kindes zu sehen. Der ihr verordnete Gebrauch von OL jecoris
aselli schaffte ihr grosse Erleichterung. Als Dr. de Berghes
sie kurze Zeit vor ihrem Tode wieder sah, war sie hectisch
und litt an Ascites, welches sie für Schwangerschaft hielt.
Der Ehemann wünschte nun, dass der Arzt sich bereit haltep
möge, gleich nach unverkennbar bald bevorstehendem Tode
den Kaiserschnitt zu unternehmen. Bei der Untersuchung
fand sich keine Spur von Schwangerschaft, und die früher
fühlbare Geschwulst neben der linken Hüfte war nicht zu fühlen
wegen der Menge der Ergiessung im Unterleibe.
Nach erfolgtem Tode wurde die Untersuchung der
Unterieibshöhle vorgenommen, welche gerade vor dem ab-
steigenden Grimmdarm und fast mit demselben verwachsen,
ohne weitere Einkapselung mit dem Kopfe abwärts liegend,
ein von glatter dünner Hautschichte theilweise überzogenes
Lithopädion ergab. Es hatte offenbar die Stuhlentleerung
erschwert, und der Darminhalt, der Koth, war in dem mit
dem Darme festverwachsenen Theile desselben, welches der
Kopf war, in die Schädeldecke, das- Vorderhauptsbein vor
sich herdrängend, in diesen eingedrungen. Es hatte somit
eine Fistelbildung zwischen Lithopädion und Mastdarm statt-
gefunden. Das Präparat wird in der geburtshülflichen Klinik
dahier aufbewahrt, dessen Director, Herr Geh. Rath Kilicm^
mir die Untersuchung und Abbildung desselben gestattete.
Die letztere ist auf Tab. LXXXX., Abth. 4 meines Atlasses
für pathologische Anatomie zu sehen.
Das Lithopädion stellt eine 472 Zoll lange fast bimf&rmige
Masse dar, an der man sogleich deutlich die Gliedmaassen,
n. AlbefBf Zur Geschichte dea Lithopftdion. 49
Rippen f Wirbelsäule und Dannbeine, die äusserlich sichtbar
&ind, sogleich erkennt. Die oberen Gliedmaassen sind nach
oben ober den Kopf so zurückgeschlagen, dass die Hände
hinter das Hinterhauptsbein zu liegen kommen, in allen
Theilen, an denen sie anliegen, fest angewachsen; die unteren
Giiedmaassen liegen ganz gerade, nach oben gebogen, zu
beiden Seiten des Rumpfes, wo sie ebenfalls angewachsen
sind. Rumpf und Glieder sind gegen den Kopf ungewöhnlich
klein. AIA diese Theile sind von einer dünnen, wasserhellen«
dorcbsichtigen Haut überzogen, welche einem sehr durch-
scheinenden Amnion nicht unähnlich ist, aber nur die Reste
der veränderten Oberhaut zu sein scheinen. — An den
grossen Kopfknochen, welche ihre ursprüngliche Gestalt bei-
behalten zu haben scheinen, erkennt man die Hinterhaupts*
beine in ihrer ursprünglichen Lage und untereinander befestigt.
Sie sind ziemlich fest und nach aussen von einer noch ziemlich
dicken Haut und Galea aponeurotica bekleidet und nach innen
von einer Dura Mater, welche ganz weich und beweglich,
einer fibrösen Haut ganz ähnlich, überzogen. Die Vorder-
]iai4)tsknochen sind stark in den Schädel zurückgedrängt,
noch m ihrer Form vorhanden, aber sehr mürbe. Auch
diese sind an der äusseren Seite von d^ Galea aponeurotica
und von der inneren vop der Dura Mater, welche etwas
diddicb, aber sonst normal ist, überkleidet. Diese tiefe Lage
der Yorderfaauptsbeine in der Tiefe eines Beutels ist dadurch
entstanden, dass die Haut des Kopfes mit dem Mastdarme
verwadisen war und eine aUmälige Durchbohrung des letzteren
stattfand, worauf Koth durch die Fistel gegen die Stirnbeine
des Kindes durch Druck wirkte, diese zurückdrängte ^ wodurch
ein Beutel für seine Aufnahme entstand, in dem auch jetzt
noch Reste des Kothes sichtbar sind. Die äussere mit kleinen
Erhabenheiten und Granulationen bedeckte Haut des Beutels
ist ungemein dick, lässt aber deutliche Hautfasem und Haut-
schichten erkennen, welche mit vielen Fettkömern und Fasern
um- und überiegt sind. Aus diesen Hauttheilen und nach
hinten aus der Galea aponeurotica, welche auf den mürben
Ossa frontalia lagert, gehen eine Menge falscher Häute hervor,
die eine feste Haut bildend, sich zum Hastdarme begeben
MonAta«chr. f. Geburtsk. 1861. Bd. XVII., Hfl. 1. 4
50 H. Älhßrs^ Zar Geschichte des Lithopfidion.
und den Fötus an diesen anhefteten und verbanden, mit ihm
eine zusammenhängende Masse bildeten, wodurch die Mastdarm-
fistel ein Weg wurde, der Kothmasse in die Schädelböhle
und auf die zurückgedrängten Scheitelbeine leitete. Das
Gesicht fehlte ganz entweder ursprunglich oder entfernt durch
allmälige Resorption der Gewebe bei Bildung des koth-
aufnehmenden Beutels. Hinter dem zurückgedrängten Os frontale
sali man zuerst die Dura Mater und hinter dieser die Reste
des sehr veränderten kaum erkennbaren Gehirns. ÄUe Theile
des Rumpfes sind gleichmässig hart Der Oberschenkel ist
in der Nähe des Acetabulum zerbrochen und von diesem
Bruche an in gerader Linie nach oben gd)ogen. Der Fuss
scheint luxirt und ist sonst in seinen einzelnen Fusswurzeln
und Phalangen deutlich zu erkennen. Ebenso sind die Arm-
knochen, die Handwurzelknochen, die Ossa metacarpi und
und digitorum deutlich, aber in Verhältniss klein; nicht minder
sind die Rippen, die Wirbel- und Beckenknocben in ihren
Umrissen deutlich, aber ungemein klein. Nirgends findet
man eine Spur von Blut oder Feuchtigkeit in den emzeiiien
Geweben. Ueberall ist der Fötus von dem durchsichtigen
Häutchen ubpriMSR. j^^>;tte mikroskopische Beschaffenheit
der Knoch^^^^eigt und ^aver'sche
Gänge, rapgen fehlen die CanlOEcki o^i fast gänzlich. Die
KnocheimörperMARi^ d^l^ürbenlKnochen sind sehr durch-
sichtig, Vfe mau sie in der KM^en'- Atrophie findet Die
^Veichtheil^s^^/^^^njp^n^JJ^ fehlen gänzlid>. Das
Häutchen, wdfehe»- 8le Mwt^n unmittelbar öberkleidet und
diese in ihrer Lage befestigt, zeigt 'sich nidit verschieden
von jener Häutcheubildung, welche das Lithopädion in seiner
Lage an den Mastdarm befestigt Die Eingeweide des Unter-
leibes und der Brust werden, um das Präparat dicht zu zer-
stören, nicht untersucht Die falschen Häute, welche das
Lithopädion mit dem anliegenden Mastdarme verbanden, waren
von einer körnigen, zum Theil kömig agglomerirten Masse
durchzogen; nur kleine Theile einer vollständigen serösen
Haut ähnlich. Was noch an organischen weichen Geweben
besteht, wird beim Zusatz von Essigsäure durchscheinend.
Beim Zusatz von Salpetersäure erfolgt ziemlich starkes Auf-
n. Albert, Zar Geschichte des Lithopädion. 51
brausen. Ebenso verbalten sich die Galea aponeuroüca und die
Dura Mater. Die Masse, welche sich als Reste des Getdins
Torfand, enthielt viel Fett und Fettblasen, Cbolestearinkrystalle
und war weidi und breiig, einem Atherom nicht unähnlich. Dabei
entwickelte sie beim Aufträufeln von Salpetersäure viele Blasen,
so dass man an dem Vorhandensein des kohlensauren Kalkes
nidit zweifeln konnte. Die Knochen enthielten in der Mark-
häile viel Fett, welches schwärzlich * aussah. Sonst konnte
man einen Theil der Knochensalze durch Salzsäure und
Salpetersäure ausziehen, worauf ein mürbes Gewebe zurück-
blieb, welches sehr reichUch mit langen, ziemlich dicken
Fasern versehen war, gleichwie die mikroskopische Abbildung
in meinem Atlas sie zeigt, wo sie die Säume um die Knochen-
räume bilden. Es schien auch eine gewisse Menge phosphor-
saurer Kalk vorhanden zu sein. Eine Spur von Magnesia
liess sich beim Zusatz der Schwefelsäure nicht .verkennen, die
den Kalk niederschlug und die nadelformigen Krystalle des
Bittersalzes zugleich erkennen liess. Silicate vnirden nicht
gefunden.
Der bei diesem Lithopädion vorgefundene Uterus ist in
allen seinen Theilen atrophisch und ohne jede Naii)e in seinem
Körper. An seiner Oberfläche sind mehrere falsche Häute
vorhanden, durch welche «er mit den benachbarten Theilen
verwachsen war. Beide Enden der Tuben wie abgeschnitten,
was sie wahrscheinlich auch waren. An dem Uterinende der
rechten Tube sieht man eine kleine Geschwulst, die in ihrem
Grunde eine derbe feste Masse hat, von der Grösse eines
Zweigroschenstückes, nach oben aber ein Uäutchen, als wäre
hier ein Sack gebildet gewesen. In dem festen Gewebe des
Grundes findet man die unverletzte Tube (nahe dem Uterus)
und den angrenzenden Theil des runden Mutterbandes, sonst
ist die Grundfläche des Sackes granulirt. Man kann diesen
Sack als den Rest des ursprünglichen Ansatzes des Eies
ansehen, aus welchem das Lithopädion hervorging.
4*
52
II. Albers f Zar Geacbiehte des Lithop^ldion.
Taiiellartsche Vekcrsiciit tlmlgt
Beobachter
und wo
aofgezelchnet.
ÄlbositUjLiihO'
paediam por-
tentosatn,1582,
Th. Bariholini,
Obs. 92,
centur. VI.
WulUr, Ge-
schichte einer
Frau n. b. w.
Bayle, Philo-
sophical
Tranftactiona,
Vol. VII.
Ephemerid.
Datar. carios.
cent.X., obs.48.
Walter'a Ge-
schichte
einer Frau.
Mühlbach, kctSL
acad.
Josephinae.
Denman und
Oruveilhier,
Anat. pathol.
Oruveilhier.
Entstanden
in der ernten
oder sweiten
Ehe?
De Berghes
und ÄU>era.
30 Jahre
Wittwe.
Entstand in
der ersten
Ehe.
Entstand in
der zweiten
Schwanger-
schaft und in
der Eweiten
Ehe.
In der ersten
Ehe und |
Schwanger-
schaft.
Slts dea
LitbopKdion.
An dem
Uterus.
Auf den
dünnen Ge-
därnren.
Am Grunde
des Uterus.
An der linken
Seite des
Uterus.
Grosses Nets
u. am Uterus
u. Os pubis
Am Mast-
darme.
Alter,
in dem die
Schwanger-
schaft
stattfand.
Im 30. Jahre
Zwischen
Gebärmutter
u. Eierstock.
Am ab-
steigenden
' Grimm-
darme.
Alter
beim Tode.
Vor
aiy, Jahren
Im 35. Jahre.
28 Jahre
nach der
Schwanger
Schaft.
60 Jahre.
17 Jahre nach
d.Schwanger-
schaft.
26 Jahre
nach der
Schwanger-
schaft.
Starb 46 Jahre
n. d. Schwan-
gerschaft
23 Jahre nach
d. Seh wanger
Schaft.
46 Jahre.
32 Jahre nach
d.Schwanger-
schaft.
77 Jahre.
Wie oft as
dem ant*
standeaei
Litfaopldii
noeb ! abor«
Im 26. Jahre.! 34 Jahre.
U. Älbersj Znr Geschichte des Lithop&dion.
53
HlkpMi^B-ScbwaigcrsckaftCB.
•Befdanaeb
IrBatstekasf
wMerf
Qcsnnder
1 Körper oder
krInkUeb?
Wieviel Monate
•ehwanfrer, als
dasLithopädion
Knr Geburt sich
•teUte?
Fanden
regelm&ssige
Wehen statt?
Ob incrnstlrt
oder nieht?
Erschienen
Lochien
bei der
Llthopldton.
schwanger-
schaft?
-
—
9. Monat der
Schwanger-
schaft.
Begel-
massige
Wehen.
—
—
'
■~
9; Monat der
Schwanger-
schaft.
Kegel-
massige
Wehen.
"^
■■"
—
Gesund.
9. Monat.
—
—
—
-
—
7. Monat.
Regelm&ss.
Wehen wäh-
rend 7 Woch.
—
—
—
9. Monat.
Wehen.
Incrnstlrt.
—
Inehienen
aicbt
wieder.
Anfangs ge-
sund, später
kranklich.
—
Wehen.
Icastniirt.
—
9. Monat.
Wehen.
Incrnstlrt.
—
he^tmirt.
—
4.— 6. Monat.
Wehen.
Incrnstlrt.
—
iMtnürt.
Gesnnd,
dann
kribiklich.
6. Monat.
Wehen.
Nicht
incrnstlrt.
Lochien.
54 n. Albers f Zur Geschiclite des Litfaopädion.
Sucht man in den oben mitgetheiltea Fällen nadi den
Bedingungen» unter denen das Lithöpädion ausgebildet wird,
so findet man sehr wenige Anhaltspunkte, welche diese Fälle
von jenen unterscheiden, in denen keine Lithöpädion -Bildung
stattfand. Nach der oben aufgeführten Tabelle dürfen vielleicfat
folgende Verhältnisse für künftige genauere Beobachtungen
und Untersuchungen als beachtenswerthe hergestellt werden:
1) Von allen oben mitgetheiltep Fällen gehört keiner der
Graviditas uterina und tubaria an, sondern alle sind aus einer
Graviditas tubo- Ovaria oder aus einer Graviditas abdominalis
primaria hervorgegangen. Es hat sich in keinem jener Fälle
ein Riss oder eine Narbe des Uterus oder der Tuben nach-
weisen lassen. Wo diese Theile bei den Lithopädien genauer
untersucht wurden, fand man sie unverletzt. Auch in dem
von mir untersuchten Falle ist der Uterus unverletzt, die
Tuben als solche unverändert; nur äusserlich an denselben
fand man eine Stelle, welche nach aussen hin eine halb-
geöffnete Blase, die becherförmig über den Tuben hervorragte,
aus welcher der Fötus hervorgetreten, bevor er die Lage am
absteigenden Grimmdarme erhielt, mit welchem er beim Tode
der Frau in so inniger Verbindung gefunden ward, dass er
diesen Theil durchbohrend von ihm hätte entleert werden
können. Eine Ortsveränderung mag der Fötus bei den meisten
Geburten erlitten haben, in denen sich ein Lithöpädion ent-
vrickelt hat. Wo man das Lithöpädion an den Gedärmen,
am Netze fand , kann man annehmen , dass es hier nicht den
ursprünglichen Sitz hatte, sondern dass es zur Zeit der Wehen
sich von seinem ursprünglichen Sitze trennte und an die
Stelle hingelangte, an welcher man ihn als Lithöpädion vorfand.
Der Grund, auf welchen sich diese Ansicht stützt, ist der,
dass man unter dem Vorgange der fast in allen Fällen
eingetretenen Wehen eine Ortsverändemng der Geschwulst
beobachtete, welche den Fötus enthielt. Dieser Hergang ist
oft in den Geschichten deutlich erwähnt Dass die Orts-
veränderung bei einer Graviditas abdominalis primaria und
bei der Graviditas tubo- Ovaria leichter vor sich gehen kann,
als bei der Graviditas uterina und Graviditas utero -tubaria
ist leicht einzusehen. Es ist aber nicht nachgewiesen, dass
stets das Kind sich bei dieser Ortsveränderung sogleich aus
IL iißtfrt, Zar Qeschichte des Lithopädioo. 56
dcD V^rbiodnogen trennte, welche es bisher mit der Mutter
hatte. Dass die Wehen mehrere Wochen hindurch anhielten und
unter ihnen die Bewegungen des Kindes noch hin- und wieder
erwähnt werden, deutet darauf hin, dass das Kind noch längere
Zeit hindurch mit dem Mutterboden in Verbindung blieb.
Dass das Lithopädion aus einer Graviditas uterina oder utero-
tubaria nicht hervorgegangen ist, wird auch aus der Geschichte
des Wochenbettes selbst bestätigt. Es erfolgte keine Blutung
nach aussen, noch eine Blutung nach innen, welche bei dem
Riss der Uterus und der Tuben wohl kaum zu vermeiden
gewesen wäre. Diese inneren Blutungen sind ja todbringende
Ereignisse in der Graviditas tubaria und beim Risse der
Gebärmutter. — Man muss somit die Vorstellung, dass ein
Lithopädion aus der Graviditas utero -tubaria oder uterina
hervorgehen könne, ganz autgeben, um so mehr, als keine
Thatsache zeigt, dass diese bei Lithopädion -Bildung wirklich
vorhanden gewesen sei. Ein Riss des Uterus und des Bauch-
fells, das ihn bedeckt, ist an sich eine so gewöhnlich tod-
bringende Krankheit (Verletzung), dass, abgesehen von der
Blutung, die stets enorm ist, schon die nachfolgende Ent-
zündung den Tod herbeifuhren musste, gesetzt, dass die
Wunde des Uterus und der Tuben so gross sei, dass ein
Kind hindurch in die Bauchhöhle hätte dringen können. Es
ist auch kein Fall bekannt, in weichem unter diesem Vor-
gange das Leben erhalten wäre. Siehe: Bums, Handbuch
der Gd)urt8hülfe. Herausgegeben vod Dr. H. F. Kutan.
Bonn 1834, S. 507. Ein an dieser Stelle aufgeführter Fall
zeigt, dass nicht stets innerhalb 24 Stunden nach geschehenem
Risse der Tod erfolgt, sondern dieser sich unter den Zufallen
einer schleichenden Peritonäitis bis drei Monal^e nach der
Geburt verziehen kann.
Da nun die Graviditas abdominalis primaria und die
Graviditas im Franzenende der Tuben, welche dann mit detn
Eierstocke verwachsen, und deshalb den Namen Graviditas
tubo- Ovaria fuhrt, bisher zur Bildung eines Lithopaedii Anlass
vFurden, so ist es auch erklärlich, wie in den meisten Fällen,
in denen die^e Schwangerschaften mit der Bildung eines
Lithopaedii endeten, bald nach der durch die Bildung des
letzteren zum Abscbluss gelangten Schwangerschaft, eine reine
^ II. AlberBf Zur Geschichte des Täthopftclion.
Schwangerschaft des Uterus stattfand, welche in normaler
Zeit mit der Geburt eines normalen Kindes endete, der nicbt
selten nodi mehrere solche Gebärmutterschwangerschaft^n
mit normalem Verlaufe und Ausgange folgten.
2) Eine sehr in die Augen fallende Thatsache ist die
Lebenszeit, in welcher die Schwangerschaft eintrat, welche
mit dem Ausgange -in Lithopädion endete. Die Tabelle giebt
hier das 30., 31 V^., 35. und 26. Lebensjahr. Von den
übrigen FäUen ist das Alter nicht angegeben. Diejenigen, von
denen das Alter bekannt ist, fallen in die gesetztere Lebenszeit,
in welcher das weibliche Ge3chlecht weniger geneigt wird zu
fieberhaften Krankheiten und Reizungen, die zu Entzündungen,
mit nachtheiligem Ausgange so leicht den Anlass abgeben.
Wenn also das Kind innerhalb der Bauchhöhle in dieser
Lebenszeit vorhanden ist, so wird es nicht so leicht Ver-
anlassung zu einer allgemeinen Entzündung des Bauchfells,
wie in einer anderen Lebenszeit und ebenso nicht Anlass zu
einem durch dieselbe herbeigeführten tödtlichen Ausgange,
als in einer früheren Lebenszeit.
Dass aber die Frauen, bei deiien man ein LilhopAdion
fand, zu solcher Krankheit nicht auffallend geneigt waren,
lehren die Lebensgeschichten derselben. In denselben findet
man, dass solche Krankheiten meistens nicht vorkamen, und
wo sie vorkamen, doch einen gunstigeren Verlauf nahmen,
woher die späteren Geburten ganz normal verliefen und die Frauen
selbst meistens ein sehr hohes Alter erreichten. Die Tabelle
weist beim Tode der Frauen ein Alter von 60, 46, 77, 34
nach; und der Tod erfolgte erst 17, 25, 23, 32, 177« Jahre
nach der Schwangerschaft, welche mit der Geburt in den
Bauchfellsack und in der Lithopädien- Bildung endete.
3) Die Lithopädien- Schwangerschaft endete in fQnf Fällen
am Ende des neunten, in einem Falle im siebenten, in einem
anderen im sechsten und zuletzt in einem Falle im vierten
bis fünften Monate der Schwangerschaft. Auf den regel-
mässigen Verlauf hat der Sitz des Kindes hier keinen Einfluss;
denn bei denen, die mit dem neunten Monate endeten, sass
das Kind äusserlich am Grunde des Uterus, lauf den dünnen
Gedärmen, am grossen Netze. In den Fällen, in denen die
Schwangerschaft früher endete, fand der Sitz des Kindes statt
II. ÄiberB, Zur Geschichte des Lithopädion. 57
an der linken Seite (7. Monat), zwischen Gebinnutter und
dem Eierstocke (in) 4. — 5. Monat), am absteigenden Grimm-
darme (im 6. Manat). Es hängt somit von dem Sitze und der
früheren Beendigung der Schwangerschaft nicht ab, ob aus
einem in die Bauchhöhle geborenen Kinde ein Lithopädion
werden soll oder nicht. Ich müsste mich sehr irren, oder
die Fälle von abdominelle!* Schwangerschaft, in denen der
Fötus durch den Mastdarm, die Harnblase' oder durch die
Bauchwand entleert wird, verhalten sich in Bezug auf Sitz
and Schwangerschaftsdauer, nicht anders. Die zu verschiedenen
Zeiten beendeten abdominellen Schwangerschaften verhielten
sich in Bezug auf das Ausstossen der Kindesreste fast gleich.
4) Die Verwandlung der Gewebe, welche der Fötus bei
seiner Umwandlung in ein Lithopädion erleidet, sind jene,
welche man beim Abschluss erkrankter Gewebe als regressive
Metamoq)hose vorfindet, und zwar keine andere, als die in
Verkalkung und Fettumwandlung, während ein grosser Theil
der Weichtheile seines flüssigen Inhalts gänzlich und seiner
festen Bestandtheile theilweise beraubt wird und dabei ein-
schrumpft. In den von mir untersuchten Theilen der noch
am meisten erhaltenen Kopfhaut erkannte man deutlich die
Richtung und Lagerung einzehier Hautschichten, aber alle
mit einer grossen Menge von Fettkörnern, Felttröpfchen und
eingetrockneten Fettzellen durchsetzt und umlagert Stellen-
weise, besonders, wo die falschen Häute sich ansetzten, war
die Kopfschwarte verdickt durch Einlagerung einer fest-
gewordenen exosmirten Masse, welche aber nicht minder, als
das übrige Haulgewebe eine Umwandlung in jene Fettgebilde,
die bekannte Fettmetamorphose erlitten halte. An den meisten
Stellen der Glieder und über den Rumpf hin konnte man in
den dünnen Häutchen keine Spur des Hautgewebes mehr
erkennen. Die Haut schien hier vollständig absorbirt zu sein,
und in dem die Knochen überdeckenden durchsichtigen Häutchen
war nichts mehr von einem Gewebe zu erkennen. An den
Stellen, an welchen die*UuskeIn die Knochen des Unter- und
Oberschenkelbeins bedecken, war nach aussen hin nichts ausser
einer dünnen Haut zu sehen, durch welche die Knochen hindurch
sichtbar waren, an der inneren Seite dagegen nahm man
noch euizelne Fasern wahr, welche man als Reste der Muskeln
58 ^I- •^Mer«, Znr Geschichte des Lithopädioo.
ansehen konnte, aber ebenfalls mit Felttropfen und ein-
gescbnunpften Fettzellen durchsetzt, ja stellenweise unterbrochen.
Aebnüche Faserbildungen aber ebenfalls mit Fettmassen durch-
setzt, fanden sich hin und wieder an dem Theile, welcher
dem Gesichte anzugehören schien. Die Masse, welche von
der deutlich erkennbaren Arachnoidea umschlossen war, und
welche man für nichts anderes als die Hirnmasse halten
konnte, zeigte nur eine grosse Menge Fettkörner, Fetttröpfchen
und Fettblasen, an denen auch nicht eine Spur des normalen
Hiruge wehes mehr zu erkennen war. Auch konnte man von
grauer und weisser Substanz, wie von den in den Seiten*
Ventrikeln lagernden Himtheilen nichts mehr erkennen. Von
Nerven war an den Gliedmaassen nichts mehr zu finden.
Die Knochen hatten ihre Structur noch am meisten bei-
behalten. Die Stückchen aus dem Stirnbeine zeigten deutliche,
ziemlich durchsichtige Knochenkörperchen, aber ohne Knochen-
canalchen. Ebenso verhielt es sich mit dem Schhffe aus dem
Hinterhauptsbein. Die Eaver'schen Ganäle waren an einigen
Stellen undeutlich, an anderen gar nicht mehr vorhanden.
Die seröse Haut, welche wir Arachnoidea nennen, hatte noch
deutlich die normale Faserbildung. Von Geissen war in allen
diesen Geweben auch nicht mehlr eine Spur zu erkennen.
An den Stellen, an welchen das Bindegewebe gefunden wird,
erkannte man ebenfalls eine grosse Menge Kömer, wie sie
sich noch zwischen den übrigen Geweben vorfanden. Wenn
man sie mit Salzsäure betupfte, so entstand, wie unter dem
Deckgläschen deutlich zu sehen war, eine Entwickelung von
Bläschen , während die Körner verschwanden. Es waren somit
kohlensaure Alkalien (Kalk) zugegen. Da indess einzelne
Körner noch verschwanden, ohne Bläschenbildung zur Folge
zu haben, so liess sich die Anwesenheit von phosphorsaurem
Kalk vermuthen. Beide Kalkarten kommen in den Verkalkungen
pathologischer Producte, so wie in den Blasensteinen sehr
reichlich vor und sind offenbar Abscheidungen in Folge ver-
änderter Thätigkeit der kranken Stellen und der Schleimhäute.
Diese Kalkmassen kamen auch hin und wieder in anderen
erhärteten Geweben vor und waren selbst in einzelnen Schichten
der Kopfhaut zu erkennen, wo sicli dieselben hier angegebenen
Veränderungen in ihnen einstellten, die man an den Körnern
n. Alber», Zar OoBcbichte des Lithop&dioo. 59
des Bindegewebes beobachtete, wenn man sie mit Saksäiire
betupfte.
5) Aus diesen Untersuchungen, welche in anderen Fällen
dieselben Ergebnisse lieferten, kann man zu einzelnen Schlüssen.
über die Entstehung des Lithopaedii gelangen, welche den
Hergang diesar dgenthümlichen Umbildung verständlicher
machen. In den veränderten Gewehen und Organen, welche
das Lithopadion zeigt, erkennt man bis auf einen Theil nur
verödete Bildungen, welche ähnlich jenen sind, in denen
vollständig organisirte und nicht vollständig organisirte Krank-
beitsproducte und Bildungen einen Abschluss ihrer Organisation
und Bildung und Zurückbildung erlangen, und dadurch in
einen Zustand der Beständigkeit versetzt werden, in denen
sie unter dem Einflüsse der benachbarten und meist sie um-
gebenden lebenden Gebilde keine besondere Veränderung
weder in ihrer Grosse noch in ihrer Beschaffenheit erleiden.
Dass hier die Verfettung und Verkalkung, die beiden Abschlüsse
der Verödung, der regressiven Bildung so vieler Gewebe und
Geschwülste gemeint sind, wird man einsehen. Wie die
Fasergeschwulst, das Sarcom und selbst die Fettgeschwulst
in diese verödeten Umwandlungen eintreten, so ist auch der
Fötus eben diesen Vorgängen innerhalb der Bauchhöhle unter-
worfen. Wie aber die Geschwülste nur dann diesen regressiven
Verwandlungen anheimfallen, wenn sie mit den normalen
belebten Geweben und Organen in Verbindung bleiben, so ist
es auch erforderlich, dass der Fötus, welcher sich zum
Lithopadion umgestalten soll, in organischer und belebter
Verbindung mit den Geweben vorfindet, die ihn umgeben.
Ein von der organischen Verbindung, von der Ernährung
aosgesdilossener Körper kann keine Verödung erleiden, indem
sich aus ihm kein Leben zurückziehen kann; denn eben aus
diesem Zurückziehen, dem allmäligen Entschwinden des Lebens
eines Thefls bei normaler Ernährung der übrigen umgebenden
Tbeile geht Ae Productenbildung hervor, welche man als
Verkalkung und Verfettung vorfindet.
Der Fötus, welcher diese Verödung eingehen soll, muss
somit mit jenen Theilen der Uuterleibshöhle, zwischen denen
er sich zum Lithopadion gestalten soll, in organischer, d. h.
belebter Verbindung befinden, was voraussetzt, dass er entweder
60 '^- Alhers, Znr Geschichte des LithopAdion.
an der Stelle vorhanden bleibt, au der er sich aus dem
Keime entwickelte und ausgewachsen ist, oder wenn er sich
davon trennte, er wieder mit den umlagernden Geweben zu-
sammenwuchs. Das Vorhandensein einer organischen Ver-
bindung zwischen dem aich zum Lithopädion gestaltenden
Kinde und den umgebenden Theilen ist mehrfach nachgewiesen.
Deutsch fand die Gefässverbindung in der Unterleibs-
schwangerschaft; Walter j Geschichte einer Frau u. s. w., fand
Gefasse, welche von dem Netze, in dem sich das Lithopädion
befand, zu diesem selbst sich hin erstreckten. Ich sdbst
konnte in dem von mir untersuchten Lithopädion nicht ver-
kennen, dass die falschen Häute am Kopfe, wodurch das
Kind an den Mastdarm angewachsen war, vollständig organisirt
waren, und somit gewiss auch^ der Theil, zu dem sie hin-
gingen, sich noch am meisten in organischer Structur erhalten
hatte und durch Blut von dem Mutterboden längere oder
kürzere Zeit hindurch ernährt ward.
Es ist wohl in allen Fällen von Lithopädion angegeben, '
dass sie an einzelnen Stellen angewachsen waren. Es kann
aber kein Theil mit einem anderen verwachsen, sich mit ihm
in dieselben Verhältnisse der Ernährung stellen, wenn sie
nicht belebt sind. Eine Kugel wird von lebendigen Theilen
umschlossen, erleidet aber nur eine chemische Veränderung
an ihrer Aussenfläche, das Gewebe des umgebeinlen Theils
dringt nicht' in sie ein. Ein Knochensluck , welches nicht
wieder organisch sich mit den übrigen Knochen verbindet, wird
von den belebten Knochen theilen und einem von der Knochen-
haut ergossenen Callus umschlossen, eingekapselt. Das be-
lebte und lebensfähige Knochenstück kann verwachsen, dann
erhält es von der Umgebung Gefasse, welche sich mit den
Gelassen des Knochens verbinden und das System der ge-
störten Ernährung wiederherstellen. Wenn also organische
Bildungen den Fötus mit dem Boden seiner Ernälirung ver-
binden, so muss der Fötus selbst in das System organischer
Ernährung eingetreten sein. Es wird daher der angewachsene
Fötns anfänglich ernährt und erleidet dann allmälig den Process
der Verödung, wovon Aufsaugung, Verfettung und Verkalkung
die einzelnen Vorgänge und Erscheinungen sind.
11. Alberßf Zar Geschichte des Lithopftdion. gl
Bei dem Kinde, welches an dem Orte seiner Entwickelung
bleibt, kaoD luao dieses alles wohl zugestehen; wie al)er
verhält es sich, wenn das Kind sich von dem Orte seiner
Entwickelung trennt? Dass das Kind sich zuweilen von diesem
Orte trennt, scheint nicht geläugnet werden zu können. Das
Utbopadion, welches ich untersuchte, -fand sich am ab*
steigenden Dickdarme, hatte denselben schon durchbohrt und
war mit diesem Theile durch Calsche Haute organisch ver-
wachsen. Man musste ihn aus diesen Verbindungen, welche
besonders am Kopfe noch deutlich zu sehen waren, trennen.
Der Fötus, welcher die Umwandlung in ein Lithopädion er*
litten, hatte wahrscheinlich seine erste Ausbildung an der
äusseren Seite des Uterinabrandes der Tube erhalten, wo
man noch deutlich eine halbe Kyste mit derbem Grund als
den Rest des Ansatzes der Placenta vorfand. Es ist denn
nun die Frage, ob ein solcher von seinem Entstehungsorte
getrennter und in die Bauchhöhle geborener Fötus mit der
ihn aufnehmenden Fläche des Bauchfells verwachsen kann.
Idi glaube, dass man diese Frage bejahend beantworten darf.
Nicht allein, dass der von mir untersuchte Fall diesen Vorgang
wirklich nachzuweisen scheint, sondern es machen auch jene
Thatsachen denselben wahrscheinlich, welche lehren, dass
lebende, in die Bauchhöhle hineingepOanzte Theile hier an-
wachsen, somit organische Verbindungen mit den umgebenden
Theilen eingehen. Die Versuche Berthold' &, welche darin
bestanden, dass er die Hoden der Thiere gleich nach ihrer
Abtrennung in die Unterleibshöhle verpflanzte, hatten den Erfolg,
dass man nach einiger Zeit fand, dass diese Theile an das
Bauchfell wirklich angewachsen waren. V\^enn also lebende
Gewebe mit dem Bauchfelle verwachsen, so lässt sich gar
nicht einsehen, warum der lebende Fötus eino solche Ver-
wachsung zu erleiden nidit im Stande sein sollte. Dass er
sie wirklich erleidet, bezeugen die falschen Häute, welche
man beim Lithopädion an irgend einem Theile, am gewöhn-
lichsten an dem nach abwärts liegendem und von den um-
liegenden Theilen am engsten umschlossenen Kopfe findet,
und die den organischen Zusammenhang zwischen Mutterboden
und Fötus vermittelu. Es bleibt also nach dem Geburtsaete
noch eine Zeitläng der Fötus in seinen Theilen belebt, aber
62 n. Albers f Zar Geschichte des Lithop&dion.
in anderer Weise, als er es vor dem Gebortsacte war.
Bestand vor dem Gebwtsacte der Kreislauf des Kindes, sowie
dessen Ernährung und Entwickelung selbstständig bis auf die
Blutzuleitung der Mutter, so ist der Biutlauf des Kindes nach
der Geburt in die Bauchhöhle gauz abhängig geworden von
dem Kreisslaufe der Mutter, so dass die Gefasse des mit dem
Mutterboden verwachsenen Kindes mit denen, welche in dieses
hineingehen, nur eine und dieselbe Blutbahn bilden. Die
Mutter sendet direct ihre Gefasse in das Kind durch die
zusammengewachsenen Theile, der Fötus ist ein vollständiger
Theil des MuUerkörpers geworden, indem zwischen beiden
keine Placenta mehr vorhanden isL Der Fötus ist an das
Bauchfell angewachsen. Diese Verbindung tritt vorzugsweise
an den Theilen ein, welche mit dem Mutterboden verwachsen
sind; die nicht angewachseneu Theile verhalten sich wie ein
fremder Körper, welcher in ganz eigenthümlicher Art, als
nothwendiger Anhang des ihm gleich organisirten mit dem
Multerboden gewachsenen Theiles zu dem belebten Mutter-
boden in Beziehung tritt Die angewachsenen und organisirten
Theile werden ernährt und erhalten, die diesen anhängenden
werden nach und nach resorbirt und marasmirt Daraus
erklärt sich die bei allen Lithopädien vorkommende Er-
scheinung, dass einige Theile fast in normaler Grösse erhalten
sind, während die übrigen bis auf ein Drittel und mehr ihrer
normaler Grösse eingeschwunden sind. Die verwachsenen und
organisirten Theile werden erhalten, während andere die
Aufsaugung und Umwandlung wie ein fremder Körper erleiden.
Sie können nur nicht faulen, weil sie mit den lebendigen
Theilen in Verbindung stehen und von ihnen noch einen
gewissen Einfluss erfahren. Der Theil, welcher mit dem
Bauchfelle, Mutterboden in Zusammenhang tritt und verwächst,
ist meistens der Kopf, woher dieser auch noch am meisten
erkennbar und dem Normal an Grösse entsprechend erhalten
wird. Es scheint, dass der schwere Kopf durch sein Abwärts-
hängen mehr als die anderen Theile mit der berührten Fläche
in nähere Veitindung tritt und deshalb leichter verwächst.
Er war in dem von mir untersuchten Lithopädion am meisten
in Form und Structur eiiialten. Die übrigen Körpertheile
erleiden mehr oder weniger die Einwirkung lebendiger Flächen.
II. Atter$, Zar Geschichte des LithopSdion. 63
Sie werden von aOen Seiten gleichmässig umschlossen und
erieiden die aufsaugende Einwirkung, welche das Lebendige
auf das Todte ausübt, und schwinden daher von allen Seiten
gleichmässig ein, ähnlich wie ein in die Bauchhöhle ein-
geschobenes Knochenstück eme gleichmässige Aufsaugung
«"leidet; and wie hier die Aufsaugung in allen Theiien des
Knochens gleichmässig wirkt, so auch in dem Fötus in jenen
Theiien, die nicht unmittelbar verwachsen sind. Wie man
in einem atrophischen Knochen zuerst die Knochencanälchen
sdiwinden und die Knochenkörperchen heller werden sieht,
so ist dieses auch in diesen Theiien des Fötus d^ Fall Die
Weichtheile nehmen unterdessen die vom . lebendigen Boden •
abgesonderte Fett- und Kalkmasse ein. Die Resorption ist
glächseitig eine Verkalkung und Verfettung.
Der angewachsene* Theü wird aUroälig dem Mutterboden
acGominodirt. Das Exsudat, welches ihn umgab, wird zu
einem serösen oder fibrösen Gewebe organlsirt, welches mit-
unter ailmälig so einschwindet, dass nur eine dünne Haut
übrig bleibt, die den Fötus wie ein Sack umschliesst; oder
die fibröse Gewebsmasse der Kapsel geht eine Wucherung
ihres Gewebes ein und bildet ein gleichmässiges festes Gewebe«
Es scheint, dass dieses Gewebe isogar verknöchert; denn in
einem Falle (Ephemerid. N. C. Cent. X.) fand man die Kapsel
so hart wie eine knöcKerne KegelkugeL Gleichzeitig beginnt
der Malterboden auf den Fötus zu wirken, während in den
entfernten Theiien die Ernährung ailmälig stockt, wird die
Flüssigkeit, das Blut resorbirt und die Geßsse veröden.
Die Verödung der Gefasse erfolgt nach und nach auch
in dem angewachsenen Körper. So erklärt es sich, dass
man in dem Lithopädion weder Blut noch Blutgefässe findet
Hierauf schwinden auch in Folge der aufsaugenden Thätigkeit
des umschliessenden Mutterbodens die festen Theile ein, ver-
öden und nehmen eben von diesem Boden Fett und Kalk auf,
welche von der umschliessenden Fläche ausgeschieden werden.
Nachdem der ganze Fötus diese Umwandlung erfahren hat,
so erstreckt sich derselbe Vorgang auf die falschen Häute,
welche früher diesen Vorgang vermittelten. Sie zeigen unter
dem Mikroskop dieselben Kalk- und Fetteinlagerungen wie
der Fölufl selbst. Hi^nach zeigt sich die Bildung des Litho-
64 III. Notiien ans der Journal -Literatur.
pädions als eine wahre organische Verödung, wie sie bei den
Parasiten und auf den Organismus übergepflanzten Tbeiien
vorkommen. Wie der Parasit einschrumpft, indem seine
Gefasse veröden, theil weise aufgesaugt und mit Kalk und Fett
durchsetzt wird, so erleidet denselben Vorgang der in den
Unterleib geborene Fötus, welcher an dem Mutterboden aufs
Neue angewachsen, einen wahren Parasiten darstellt Beide
haben das Gemeinschaftliche, dass sie, einmal in diese Um-
wandlung eingegangen, nicht mehr reizend auf den Mutterboden
einwirken und als ein schadloser Anhang im Körper bestehen.
Der angewachsene Fötus geht alle Verwandlungen der Involution
. durch, welche eine gutartige Geschwulst erleidet und wird
hierdurch zum Lithopädion.
IIL
Notizen aus der Journal -Literatur.
Graf: Atresie der Scheide mit abnormen Menstrual-
wegen.
Die 25jährige, hysterische R, litt im Mni 1856 an einer
nlcerativen Entzündung der Scheide, deren Ursache und Verlauf
nicht näher bekannt ist und welche eine Verwachsung des grössten
Theiles der Scheide zur Folge hatte. £s stellte 'sich mit der
Betention und Ansammlung des Menstrualblutes eine Reihe der
gräs8lich8ten*Beschwerden ein, die jedoch momentan nachliessen,
als im August ein Blutabgang durch den Mastdarm stattfand,
der sich auch regelmässig jeden Monat wiederholte und den
Zustand der Pat. jedes Mal für einige Wochen erträglich machte.
Wiederholte Operationsversuche mussten aus Furcht vor wichtigeren
Verletzungen sistirt werden. Im October 1857 bekam Verf. die
Kranke zu sehen; in der schmerzensfreien Zeit war weder der
Uterus durch die Bauchdecken durchzufühlen noch durch den
Mastdarm nachweisbar. In der Exacerbationszeit jedoch, wo die
genannten Beschwerden auftraten, war der Leib stark aufgetrieben,
der sehr geschwellte Uterus hoch im grossen Becken durch die
Banchdecken, sowie auch durch den sehr comprimirten Mastdarm
zu fühlen. Weder durch Finger noch durch Specnlnm gelang es.
III. Notisen aas der Jaomal- Literatur. Q5
eioe Commiiiiicatton swischen Uterus and Beetam naehsaweisen
and es blieb deswegen dahingestellt, ob die in Bede stehende
Blntofig eine directe aterinale oder eine sogenannte ▼icarirende
hämorrhoidale sei. Im December 1857 blieb die Blntang aas
dem Mastdärme weg, die Leiden der Pat. erreichten eine nie
gekannte Hohe and der Tod schien unvermeidlich, als sich im
Februar 1868 anter gleichseitiger^ Erleichterung der Kranken
eine starke Blntonterlaufang and Schwellang in der linken Hftffte
der Nates zeigte. Die Schmersen der Pat. verloren sich in
ihnlicher Weise, wie früher nach den Mastdarm blutnngen ; die
Geschwalst verschwand allmHlig; desgleichen zeigte sie sich im
MScs and April. Im Mai, wo sie mehr circamscript war und
Ploetaation leigte, wurde die Geschwulst geöffnet and entleerte
sine enorme Quantität eines sehr danklen syrupartigen Blutes.
IHese Oe€bang persistirte und es ergiesst sich aus ihr zu den
regelmässigen Menstrualzeiten eine ziemliche Menge danklen
schmierigen Blutes. Dieser künstliche Weg befindet sich etwa
1 Zoll von der Mastdarmöffnung in der linken Hinterbacke; ein
in denselben eingeführter elaetisoher KHtheter dringt ohne Mühe
etwas nach rechts und innen sich krümmend, circa 4" vor.
(Virchaw's Archiv, 1860, Bd. 19, Heft 6 u. 6.)
Somyer (San Francisco): Exstirpation einer krebsig (?)
entarteten Gebarmatter von den Bauchdecken aus.
Als die in den Vierrigern l^efindliche Kranke in die Behandlung
des Verfassers gerieth (1866), hatte sie vier Mal geboren; nach
der letzten Entbindong (vor sechs Jahren) bemerkte sie zuerst
die Geschwulst im Abdomen, den Gegenstand ihrer Klagen. Der
Tumor hatte die Grösse von zwei Fäusten, lag an der Stelle der
Gebärmutter, welcher er in Form und Beweglichkeit glich, wes-
halb er als Uterustnmor, wahrscheinlich fibröser Natur, diagnosticirt
wurde. — Ein Jahr später (1856) trat Schwangerschaft ein und
verlief, wie die rechtzeitig eingetretene Geburt, ganz regelmässig.
Während derselben erschien die zugleich an Grösse zunehmende
Gesehwulst sowohl dem Gefühle, als dem Gesichte, als von der
Gebärmatter getrennt und nach oben und rechts verdrängt, wes-
halb Verf. die Gedanken , als ginge sie von letzterer aas, aufgab
and einen soliden Ovarientamor diagnosticirte. — Nach jener
letaten Gebart nahm die Geschwulst rasch an Umfang zu,
StöroBgen der Function der Nachbar^rgane traten ein, zu denen
sieh heftige Schmersen gesellten, so dass die Kranke in den
nächsten Jahren relativ rasch verfiel. Verf. entschloss sich deshalb
aar ExstirjSation des vermeintlichen Ovarientumors (1869). Nach
Eröffinnng der Bauchhöhle in der Linea alba zeigte sich aber
Uonatosehr. f. Oeburtak. 1861. Bd. XVII., Hft. 1. 6
Qß ni. Notiseii AU« der Journal- Literatur.
der Irrthnm; die Geachwalit geborte dem ütertie an, in deeiien
Wand sie eingebettet lag; auf den ersten Anblick schien sie eine
Gebärmutterhypertrophie darsnstellen. Die Orarien lagen der
Geschwulst seitlich dicht an, das linke augenscheinlich gesund,
das rechte sehr atrophisch. Unterhalb des Cervix ut. wird jetst
eine starke Ligatur um die den Uterus nach unten befestigenden
Partieen gelegt und nach Einschnürung der letsteren die ganze
Masse über der Ligatur amputirt. Die freien Enden der Ligatur
wurden durch die Wunde nach aussen geführt, diese dnreh Nähte
und Heftpflaster geschlossen.
Die entfernte Geschwulst hatte die Form des ausgedehnten
Uterus, maaes 9'/,'' in der Länge und ungefähr 5" in der Breite;
das Gewicht betrug TV« Pfd.; die Oberfläche glatt, von sahl*
reichen weiten Gefässen Übertogen, welche in die dea breiten
Mutterbandes mündeten. Die Fremdbildung hatte ihren Sita im
Gewebe des Fundus ut., welches sie von allen Seiten in der
Dicke von 2''' umgab; die äusseren Partieen derselben bestanden
ans knorpeligen mit Kalkplatten durchzogenen Massen; die inneren
waren weich, saftig, Ton verschiedener Consistens und Farbe
au verschiedenen Stellen und von un regelmässigen Zfigen eines
knorpeligen Gewebes und von Kalkpartikelehen durchsetzt. —
Die hintere Wand der Gebärmutter war nicht von der Entartung
ergriffen, ebenso war die Schleimhaut der durchgängigen Höhle
frei. Cervicalcanal gesund, linke Tube durchgängig, die rechte
3'" von ihrem Uterinende geschlossen.
Bis zum vierten Tage nach der Operation war der Zustand
der Kranken ein günstiger; dann ,aber stellten sich die Zeichen
der Peritonitis ein, welche am sechsten Tage den Tod herbei-
führten. Bei der Autopsie zeigte sich ein Blutergnss von circa
lOUnzenin den tief gelegenen Theilen derBanohböhle, die Ligaturen
gelockert, die Gefässmündungen am Stumpfe geöffnet; ausserdem
die Zeichen der Peritonitis. Wahrscleinlich war letztere durch die
am vierten Tage erfolgte Blutung aus dem Stumpfe hervorgerufen.
Verf. giebt schliesslich eine Zusammenstellung aller Fälle
(wie er glaubt) von Bauchschnitten, welche tn Califomien
ausgeführt sind. Sie geben, 11 an der Zahl, im Verein mit dem
eben erzahlten, ein trauriges Bild amerikanische!* Operationslust:
7 Ovariotomieen, darunter 6 mit*lethalem Ausgange (t); in 8 Fällen
konnte die Geschwulst wegen ungewöhnlicher Complicationen nicht
entfernt werden. Ein Fall von Exstirpation eines Uterusfibroids
von NeUon^ mit glücklichem Ausgange; ein Fall von Entfernung
einer krebsigen Gebärmutter (der oben erzählte). Ein Kaiser-
schnitt von Cooper^ mit Ausgang in Genesung. Ein Fall von Ent-
fernung eines Fnngus hämatodes der Nieren (1) mit lethalem Erfolge.
(The American. Joum. of Med. Scienc., July 1860.) 8p.
m. Kotisen aas der Journal -Literatw. 67
Bartkolaw'. Hydramnioi« (?) mit wässerigem Ansflnsse
ans der Vagina.
Die Mittheilang betrifft eine sum vierten Male schwangere
Frau, deren letzte Schwangerschaft vor nicht langer Zeit mit
einem Abortus endete. Im vierten Monate der jetzigen GrayiditKt
trat nnter dem Gefühle von Drängen nach abwärts ein ziemlich
profuser wässeriger Ausflnss aas den Qeschiechtstheilen auf, in
Folge dessen der Baach zwar etwas in Umfang abnahm, am
folgenden Tage aber seine vorherige Grösse wieder angenommen
hatte. Solche AnßUle wiederholten sich durch 14 Tage hindurch
jeden Tag. Als dann Verf. die Patientin sah, fand -er sie über
grosse Mattigkeit, über nervöse Gesichts- und Kopfschmerzen,
sowie über beschwerliches Ziehen im Becken und Kreuze klagend.
Sie zeigte alle Symptome der Anämie. Der Bauch war enorm
ausgedehnt, der Uterus füllte denselben fast vollständig aus;
undeutliche Fluctuation vorhanden; Fötalbewegungen lebhaft.
Urin spärlich, aber häufiger Drang zur Entleerung desselben.
Trots der Verabreichung von Purgantien und Narcoticis hält
der Zustand an; der Ausfluss blieb und verstärkte sich bisweilen
unter wehenartigen Schmerzen zu einem bedeutenden Grade.
Nach solchen Anfällen sank der Baach etwas zusammen und die
Gebärmutter nahm einen tieferen Stand ein. Ungefähr zwei
Monate nach dem Erscheinen des Uebels trat die Geburt ein.
Eine Blase stellte sich nicht. Das quer gelagerte Kind musste
aaf die Fasse gewendet werden. Es lebte 12 Stunden. Die
Placenta wurde mit einiger Mühe entfernt; sie hatte ein ausser-
ordentliches Volumen pnd ihre Austreibung verursachte mehr
Schmerz als die des Kindes. Der Uterus blieb lange Zeit hin-
durch sehr gross; die Lochien waren profus und hielten lange an.
Unter dem Gebrauche kalter Injectionen in die Scheide und des
Seeale erholte Fat. sich langsam.
Der Verf. glaubt, dass der Ausfluss im vorliegenden Falle
aus der Amnioshöhle stammte und zwar aus folgenden Gründen:
Die Flüssigkeit hatte den Geruch und die Consistenz des Frucht-
wassers, war durch Partikelchen, die von der Vernix caseosa
herrührten (woraus Verf. dies schliesst, giebt er nicht an) getrübt;
die Entleerung erfolgte meist stoss weise unter Gebärmutter«
zusammenziehungen ; nach derselben verringerte sich der Umfang
des Leibes immer etwas. Bei der Geburt stellte sich keine Blase
und nach Zerreissung der Eihäute ging kein Wasser ab. (Abgesehen
von letzterem Punkte, der wohl in einer sehr geringen Menge
Fruchtwassers seine Erklärung finden kann, sprechen alle obigen
Gründe nur dafür, dass die entleerte Flüssigkeit aus der Uterus-
hohle stammte; es wird sich also wohl nur um einen Fall der
sogenannten fiydrorrhoea uteri grav. gehandelt haben. Kef.)
7*
gg III. Notizen 4iifl der Journal -Literatur.
Aafnillig ist die enorme Grösse der Placenta, welche nva ein
Dritttheil umfangreicher als die normale Placenta eines reifen
Kindes gewesen sein soll.
(Americ. Journ. of Med. Sclenc, Octbr. 1860.) ' 8p.
Woodson: Vollständige Inversio uteri nach einem
Abortus im vierten Schwangerschaftsmonate; Repo-
sition nach sechs Tagen.
Die Patientin wurde im vierten Monate der Schwangerschaft
aiemlich entfernt von ihrer Wohnung beim Waschen von Wehen
überrascht. Da die Frucht schnell ans der Vagina vortrat, ehe
die Frau ihre Wohnung erreichen konnte, so erfasste sie in ihrer
Aufregung dieselbe und riss sie vollständig aus den Gesehlechts-
theilen hervor. In Folge dessen trat die Gebärmutter mit der
adbärirenden Placenta su Tage, ward aber von der Kranken in
die Scheide zarückgebracht, nachdem die Nachgeburt zum grössten
Theile leicht von ihr entfernt werden konnte. — Gef&hrliche
oder nur bedrohliche Symptome scheinen zunächst nicht ein-
getreten zu sein, wenigstens wandte sich die Kranke erst am
fünften Tage nach dem Unfälle an Verfasser. Dieser fand den
Uterus mit nach unten gekehrtem Fundus in der Vagina; er hatte
den Umfang einer grossen Birne; ein in Fänlniss begriffener Theil
der Placenta adhärirte ihm noch. Ein Versuch zur Reposition mit
der Hand misslang wegen der dadurch verursachten Schmerzen.
Verf. verordnete warme Vaginalinjectionen und Opiate, führte
am nächsten Tage durch das Speculum ein der Uterinsonde
ähnliches, mit einer kleinen Kugel an der Spitze versehenes
Instrument gegen die tiefste Stelle des umgestülpten Gebärmntter-
grundes und drückte diesen einige Zeit anhaltend damit nach
oben. Anfänglich gab das Gewebe des Fundus ein wenig nur
nach,^ plötzlich indess ging der ganze Tumor mit einem Rucke
in die Höhe, so dass die Sonde 2V, — 3" aufwärts dringen konnte.
Die Kranke fühlte sich hiernach sehr erleichtert, frei von
Schmerzen und erholte sich relativ schnell. — In Bezug auf
etwaige Blutung wird erwähnt, dass solche von Anfang an vor-
handen, aber zu keioer Zeit bedeutend gewesen sei.
(Americ. Journ. of Med. Scienc, Octbr. 1860.) 8p.
CharUi A. Lee: Statistische Untersuchung der Ursachen,
der Pathologie und der Behandlung der Inversion
der Gebärmutter.
Die vorliegende, ziemlich umfangreiohe Abhandlung Jcann
night im Geringsten Anspruch auf Genauigkeit oder gar Voll-
III. Notlsen ans der Journal - Literatur. 39
•ULndiglceit beangltch des Materials macbeo. Der Verfasser bat
14S Fillle von UternsumBtülpQng zusammengestellt, wie er sie in
der amerikaniscben und engliscben Literatur vorgefunden hat; aber
aucb letstere bat er nicht erschöpft und die übrige europäische
Literatur gar nicht berücksichtigt. Von einer umfassenden Statistik
kann deshalb in diesem Aufsatse keine Rede sein. Derselbe
iHirde aber immer noch Werth haben, wenn die susammen-
gcstellten Falte hübsch geordnet und nach KrSften Scblässe aus
ilinen gesogen wären. Auch das ist nicht der Fall. Man findet in
den kurien Bemerkungen des Verfassers nur das Bekannte , und
nur aus dem, was er tiber die Ursachen der Umstülpung mit
Tielen Wiederholungen sagt, möchte Folgendes hervorzuheben sein:
In 62 jener 148 Fälle sind die Ursachen des Leidens angegeben,
und es wird ausdrücklich bemerkt, dass 39 Mal die betreffenden
Geburten von Hebammen allein besorgt wurden. In wenigen
der Fälle waren die anstreibenden Wehen sehr heftig und es
folgte die Placenta mit dem invertirten Uterus dem Rinde fast
unmittelbar; 7 Mal wird der Versuch, die adhärente Nachgeburt
zu entfernen, 39 Mal wird voreiliges und unnützes Ziehen am
Mabelstrange als ursächliches Moment beschuldigt. Wo die Geburt
vollständig spontan verlief, waren doch immer Zeichen der so-
genannten Adynamia ut. zugegen. Sehr richtig wird bemerkt,
dass in vielen Fällen, in denen von einer spontanen Entstehung
der Inversion berichtet wird, die erregende äus8>*re Ursache
absichtlich oder unabsichtlich angegeben ist. In den verworrenen
theoretischen Auseinandersetzungen wird (p. 856) die Meinung,
dass nnre gel massige Contraction des Uterus zur Inversion fuhren
kann, verworfen, „weil der Uterus nicht contrahirt sein kann,
während seine Gestalt auf so auffällige Weise sich ändert, da
Contractionen die Gebärmutterfasern verkürzen, sie bei der De-
pression eines Theils de^ Org^ans aber verlängert sein müssen;** (I)
an einer anderen Stelle dagegen (p. 360) wird die Art und Weise,
wie durch partielle Zusammenziehungen am Fundus bei gleich-
zeitiger Belaxation der übrigen Partieen des Organs eine Ein-
stülpung entstehen kann, ganz richtig geschildert. Die Ansicht,
dass die Inversion am erschlafften Cervix zuerst beginne, wird
als nicht durch Beobachtungen erwiesen, verworfen. -- Die ganze
Arbeit kann Ref. nur insofern als von Belang ansehen,- als in
Ihr verschiedene Beobachtungen zusammengestellt sind, welche,
als in wenig bei uns bekannten amerikanischen Zeitschriften
niedergelegt, für uns schwer zugängig sein möchten.
(Amerie Jonrn. of Med. Soienc, Octbr. 1860, p. 818—368.)
Bp.
70 ni. Notizen ans der Journal -Literatur.
Gauchier: Haematocelc retrontertna, Bildung einer
MaBtdarmscheidenfistel, Heilung.
Die vom Verf. beobachtete Haematocele retro- uterina bietet
insofern ein besonderes Interesse , als nach stattgefandenem
Dnrchbmche in die Scheide, einen Tag später eine Perforation
des Mastdarms eintrat nnd so die Entstehung einer Recto- vaginal-
Fistel herbeigeführt wurde. Nachdem sieben Tage hindurch sich
Fäces dureh die Scheide entleert hatten, hörte der Ausfluss
plötzlich auf, um nie wiederzukehren. Die Fistel hatte sich
spontan geschlossen und Patientin erfreut sich noch gegenw&rtig,
nachdem auch ihre Periode zur früheren Regelm&ssigkeit gelangt
ist, des besten Wohlseins.
(Gazette des hdpitauz, No. 106, 1860.)
John Clay: Ein neues Zeichen für die Ablösung der
Placenta nach der Geburt des Kindes.
Wenn man sogleich nach gentigend fester doppelter Unter-
blndong und darauf folgender Durchschneidung der Nabelschnur
den mütterlichen Tlieil derselben untersucht , so findet man diesen
schlaff und fast ganz blutleer; nach einigen (1 — 3) Minuten indess
erscheint er dem Gefühle viel schwerer und seine Gefässe praller
und gefdllter. Letztere Erscheinung kann man leicht dadurch
constatiren, dass man mit Daumen und Zeigefinger einer Hand den
Nabelstrang in der Nähe der Genitalien fasst und mit den Fingern der
andereuHand ihn plötzlich comprimirt; dieFinger jener Hand werden
dann deutlich eine gewisse Fluctuation wahrnehmen, ähnlich der
in einer elastischen mit Flüssigkeit gefüllten Röhre durch Druck
erzeugten. Tst dann die Placenta vom Uterus getrennt, so verliert
die Nabelschnur ihre grössere Schwere , ihre stärkere Prallbeit und
Füllung. Diese Erscheinungen nun erfolgen nach dem Verf. in der
angegebenen Reihenfolge (1. Schlaffheit, 2. Füllung, 3. Wieder-
erschlaffung) so constant am Nabelstrange, dass man aus dem
Verluste der kurz vorher eingetretenen stärkeren
Füllung auf die stattgehabte Abtrennung der Placenta
mit Sicherheit schliessen kann. Verf. konnte in mehr als
900 Fällen die Richtigkeit dieses Satzes bestätigen. Allerdings
ist das Zeichen nicht in jedem Falle gleich deutlich ausgebildet
und es bedarf oft eines feinen Gefühles, es zu erkennen; so, wenn
der Uterus sich in einem schlaffen Zustande befindet. Dagegen
ist es sehr auffällig, wenn der Uterus fest um die Placenta zu-
sammengezogen ist.
(Die praktische Wichtigkeit der vom Verfasser mitgetheilten
Thatsachen — wenn sie sich bestätigen sollten — leuchtet ein;
es ist deshalb wünschenswerth, dass Andere recht bald durch
ni. KotiBtn 9MB der Journal- Literatur. 7|
eigeoe B^obaisbtiing an beatimjnwk suchen mögen, ob sich die
Dinge wirklich in der beschriebenen Weise yerhalteu. Ref.) .
(The Dublin Quart Jonm. pf M. Sc, Noybr. 1860.) Sp.
Sckmit»: Mittheilnngen über eine Kreissende mit osteo-
malacischem Becken.
Patientin, circa 37 Jahre a]t, wurde in ihrem 16. Jahre
Buerst, und swar unter den heftigsten Schmerzen im Ünterleibe^
menstruirt. Hierauf stellte sich jedoch die Periode in Eiemlich
regelmässigen ▼ierwöchentlichen Zwischenräumen leicht ein und
dauerte durchschnittlich 8 — 4 Tage. Patientin ist nie wesentlich
krank gewesen, obgleich sie, als ^ie Tom 13. — 16. Jahre im Dienste
stand, der härtesten Arbeit und den ungünstigsten Witterungs-
Terhältniesen ausgesetst war, was auch in ursächlichem Zusammen-
hange mit den um diese Zeit manchmal aufgetretenen heftigen
Schmerzen in den unteren Extremitäten und im Kreuze zu stehen
seheint. Patientin hat bereits vier Mal geboren. Das erste Mal
ein noch lebendes, gesundes Mädchen, welches sie acht Monate
an ihrer Brust nährte. Im 30. Jahre gebar sie zum zweiten Male
leicht und glücklich; doch zeigte das Wochenbett mehrere Ab-
weichungen. Am neunten Tage nämlich nach der Geburt stellten
sich die heftigsten tonischen Krämpfe in den Fingern beider
Hände ein, welche tou Schmerz und dem Gefühle der Taubheit
in den genannten Theilen gefolgt waren. Als Pat. vier Tage darauf
das Bett verlassen wollte , konnte sie nur mit Hülfe eines Stockes
gehen. Weder in den Beinen noch im Becken verspürte sie den
mindesten Schmerz.
Ung'efäbr ein Jahr nach der letzten Niederkunft trat von
Neuem Schwangerschaft ein, welche sich mit Ausnahme einer
hochgradigen Schwäche günstig hinzog. Die Geburt, welche eine
Woche zu früh eintrat, war präcipitirt; die Nachgeburt musste
gelost werden. Im Wochenbette nahm der Schwächezustand zu,
und es traten in der zweiten Woche nach der Geburt Schmerzen
in beiden Knieen, in der Gegend der rechten Scbenkelbenge und
an den falschen Rippen beiderseits auf. Sechs Wochen später
hatte die Schmerzhaftigkeit ziemlich wieder abgenommen und
Pat. konnte etwas gehen und allein stehen. Die Abmagerang
aber nahm zu. Im 36. Jahre wurde Pat. zum vierten Male
schwanger. Die fast ganz verschwundenen Schmerzen traten von
Neuem auf und wurden durch Auftreten des Fusses auf den
Boden, im Kreuze und zu beiden Seiten des Beckens zur Un-
ertrftgllchkeit gesteigert. Die Geburt sowohl, als auch das
Wochenbett verliefen regelmässig. Mit dem Gehen besserte es
sieh wieder etwas, die Schmerzen hingegen, besonders am Becken,
verliessen Pat. nicht mehr. Die erste Hälfte ihrer jetzigen fünften
72 ni. Notizen ans der Jonrnal-LiterattiT.
'Schwangerschaft vingf glncklich vorüber; in der sweiten änderte
efch der Zustand der Patientin so. dass sie nnn weder ta gehen
noch zu stehen im Stande war. Am 2. Febmar Abends 11'/, Uhr
wurde Patientin, nachdem die Wehen schon seit zwei Tagen
gewirkt hatten, in die Gebärklinik aafgenommen und zeigte
folgenden 8tat. praes.: Skelett&rtige Abmagerang des 4' 6'' rhein.
grossen Korpers. Respiration beschleanigt. Pnls 112. Die Rippen
sind auf beiden Seiten des Thorax von ihrem Ansätze an die
Knorpel bis zur stärksten seitlichen Convexität schmerzhaft. Der
Gebärmuttergrund steht etwa drei Finger breit über dem etwas
hochstehenden Nabel; die unteren £xtremitHten sucht Patientin
möglichst nahe aneinander zu halten, und verarsacht die geringste
Bewegung die heftigsten Schmerzen.
Die vorgenommene BeckeniAessung ergab folgende Maasse:
Grosses B. Kleiner Querdurchmesser 1" 6"' Par.; grosse?
Querdurchmesser 8" 9'", Höhe der Darmbeine 3" 7"'.
Kleines B. Beckeneingang, Conj. ext. 7" 2'"; Becken-
ausgang, gerader Durchmesser 3", querer Durchmesser 1" 9'".
Maasse des Schambogens: 1) tiefste Stelle der denselben
bildenden Schenkel 1'' 5 — 6""; 2) Vereinigungsstelle des Ram.
descend. ossis pub. und Ram. ascend. oss. ischii 7'"; Höhe der
Schamfuge 1" 6'".
Nur mit Mühe gelang es, den Zeigefinger durch die enge
Schamspalte zu führen und konnte derselbe nur bis zum zweiten
Phalangengelenk vorgeschoben werden. Der Muttermund zeigte
sich tiefstehend und circa V/' geöffnet. Setzte Verf. beide Zeige-
finger mit einander zugekehrter Dorsalfläche hakenförmig an den
unteren Theil der iSchambogenäBte und übte nun einen kräftigen
Zug nach entgegengesetzter Richtung aus, so zeigte sich eine
deutliche Nachgiebigkeit der Knochen. Die Wehen waren von
wechselnder Beschaffenheit, so dass erst am 3. Februar Abends
9 Uhr bei 2'/«" grossem Orificinm, die Blase sprang und das
Wasser von gelbbrUunlicher, fauliger Beschaffenheit schleichend
abging. Da schon früher die Herztöne nicht gehört worden
waren, die Kreisseude auch vorgab j seit 31. Januar Abends
Kindesbewegungen nicht mehr verspürt zu haben, so wurde der
Tod der Frucht hierdurch um so wahrscheinlicher. Mit Abfiuss
des Wassers trat der Kopf, dessen Knochen eindrfickbar wie
Pergament waren, tiefer in den Beckencanal herab, und wurde,
nachdem die fast erloschenen Wehen nach einigen Dosen Mutter-
korn von Neuem erwacht waren, in der Nacht vom 3. — 4. Febmar
in der Schamspalte sichtbar. Die Nachgiebigkeit der Becken-
knochen, besonders der vorderen Wand des Beckens, erschien
jetzt mit jeder Wehe deutlicher. Trotzdem blieb jedoch das
Geburtshinderniss ein bedeutendes, wie sich aus der allmäligen
Bildung eines Schmalkopfes und dem bedeutenden Exophthalmus,
in. Nottseo ans der Journal -Literatur. 73
«ler sieb auf der reehten Seite bildete, erkennen Hess. Als der
Kopf mit seiner g^rSssten Circamferenz in der Scbamspalte steckte,
betrag die Entfernung der beiden Sitsknorren 3". Die Gebnh
des Kopfes erfolgte in 19 Minuten und musste wegen Wehen-
mangel der fibrige Rumpf entwickelt werden. Das Kind war ein
aasgetragenes, '6% Pfand schwer nnd 19" lang. Die Nachgeburt
musste gelöst werden und die Hand konnte hiersu ohne grosse
> Behinderang in die Scheide eingehen. Die queren Durchmesser
waren in allen Räumen so Terengt, dass Verf. mit der Hand, nur
die Radialseite nach vorn gerichtet, yorgehen konnte. Das
Kreasbein war stark concay nnd der Vorberg ragte massig in
den Beekeneingang herein. Am müchtigsten ausgehöhlt war das
Kreusbein circa in der Gegend des sweiten und dritten falschen
Wirbels; dem entsprechend seigre der Knochen hinten einen
etwas vorspringenden Winkel. Das Wochenbett verlief ganz
glücklich und fand Verf. die Dehnbarkeit der Beckenknochen
wie nach dar Gebart.
(v. Scantontf Beiträge sur Geburtshfilfe und Gynäkologie,
Bd. IV., 1860.)
Statistische Tabelle über die Vorkommnisse in der
Gebäranstalt so München vom 1. October 1859 bis
30. September 1860.
Es kamen 1164 Geburten vor, die meisten im Februar,
nämlich 151; Erstgebärende waren 418, Mehrgebärende 751;
7 nnzeitige,*73 frühzeitige Geburten; 1090 Schädellagen, 14 Gc-
sichtslagen, 36 Steiss-, Fuss- und Knielagen, 12 Schulterlagen;
4 Mal vorliegender Fruchtkuchen, 13 Mal Vorfall der Nabelschnur.
Von Operationen wurden gemacht: 1 künstliche Frühgeburt,
15 Wendungen auf die Füsse, 14 einfache Extractionen, 9 nach
der Wendung, 28 Extractionen des vorangehenden Kopfes, 1 des
nachfolgenden Kopfes mittels der Zange, 1 Kaiserschnitt, 7 Repo-
sitionen der Nabelschnur, 13 Nachgeburts Operationen. Im Wochen-
bette kamen vor 117 Erkrankungen, davon genasen 64, wurden
transferirt 40, starben 13. Von den Neugeborenen waren todt-
gi»boren 47, davon 19 vor, 28 während der Geburt abgestorben;
31 starben nach der Geburt an Schwäche, 68 erkrankten upd
von ihnen starben 41.
(Aerstliches Intelligenzblatt baierscher Aerzte, No. 49, 1860.)
74 ni. Notisen ans der Jonnial>Literat«r*
Hink: Aeratlioher Bericht von der sweiten OebSrkliiiik
ka Wien 1869.
\^ 4242 Gebarten fanden statt, ^darunter 552 Gassengeburteu,
4190 einfache und 52 Zwillingsgebarten. Geboren warden 4294
Kinder.
Abortas wurde 30 Mal, Frühgebart 292 Mal beobachtet
(5 Mal war dieselbe wegen fehlerhaftem Sitze der Placenta
künstlich eingeleitet, 3 Mal wurde wegen eingetretenem Tode
der Matter der Kaiserschnitt gemacht), 40 von den frühgeborenen
Kindern kamen todt zur Welt.
Zwillinge 52 Mal und in folgenden Lagen:
Beide Kinder eine Hinterhanptslage 24 Mal.
Erstes Kind Kopflage, zweites Kind Steisslage 8 „
n n n n n Passlage. 7 ,
„ „ Steisslage, „ „ Kopflage. 5 „
Beide Kinder eine Steisslage 8 ,
, , , Fasslage 1 „
Erstes Kind Steisslage , zweites Kind Querlage 3 ,
In 83 Fällen waren die Kinder gleichgeschlechtig.
Kindeslagen: 4109 Scheitelbeinlagen; 20 Qesichtalagen ;
8 Stirnlagen; 103 Beckenendlagen und 59 Schief- und Querlagen,
nämlich 38 Querlagen und 26 Schieflagen; 8 Mal wurde hierbei
die Wendung auf den Kopf durch Knssere Handgriffe ausgeführt,
3 Mal die Wendung auf den Steiss, 8 Mal Wendung auf den Kopf
durch innere Handgriffe, 2 Mal Wendung auf die Füsse; com-
plicirt waren diese Lagen 2 Mal durch Vorliegen einer Hand und
6 Mal durch Vorfall der Nabelschnur. 25 Kinder kamen lebend
zur Welt. Die Querlagen kamen 29 Mal bei einfachen und 4 Mal
bei Zwillingskindem vor und erforderten 18 Mal die Wendung
auf einen und 15 Mal die Wendung auf beide' Füsse. 25 Kinder
wurden lebend geboren.
Fehlerhnfte Haltung der Frucht. Vorliegen pder
Vorfall einer oder mehrerer Extremitäten kam bei 14 Fällen zur
Beobachtung; Vorfall der Nabelschnur wurde in 23 Fällen beob-
achtet! Umschlingungen der Nabelschnur ziemlich bäu6g, Knoten
7 Mal und zwar ein dreifacher, 3 doppelte und 3 einfache.
Placenta praevia zeigte sich in 5 Fällen. 4 Mütter starben
(1 an Endocarditis, 1 an Pericarditis , 2 an Anämie).
Metrorrhagien 116 Mal; nämlich 5 Mal während der
Schwangerschaft, 40 Mal während der Geburt (3 Mal bei Ruptur,
uteri spontan.); 58 Mal bei Neuentbnndenen und 18 Mal bei
Wöchnerinnen.
Operationen: Repositio fun. umb. 7, Reposition von Ex*
tremit&t 10, blutige Erweiterung der Schamspalte 4 Mal. W endung:
auf Kopf 21 Mal, den Steiss 3 Mal; auf die Ffisse 42 Mal. Per-
/
IV. Literatur. 75
loration 4, künstliche Frühgebnrt 6, Sect. oaesar. in
nort. 3 Mal, knnatliche Lösung der Plaeenta 17.
Von 4856 Wöchnerinnen erkrankten an Pnerperalproeessen 89
ond 63 geheilt entlassen, 26 starben, 9 transferirt, 1 verblieb.
Kengeboren: lebend geboren 2137 Knaben and 2062
Mädchen. Es starben in den ersten 9 Tagen 112 Knaben and
76 MSdeben; todtgeboren: 60 Knaben and 45 Mädchen. .
Unter angeborenen Missbildangen sind herrorsabeben:
1 Hjdroceph. congen., 1 Hydrooeph. et spin. bif., 1 Derenceph.
et spin. 'bif., 1 Spin. bif. , 1 Anencephalie, 1 Bannia cong.,
1 Atresia inter. recti, etc.
(Al)g. Wien. med. Zeitang, No. 32, 83, 84, 38 n. 40, 1860.)
IV.
Literatur.
Hermann 8ehu>art%j Beiträge snr Geschichte des FÖtns
im Fotns. 87 Seiten. 4. Marbarg 1860.
Diese Schrift ist in einem Prorectoratsprograrame enthalten,
wie solche anf der Universität Marbarg beim jedesmaligen Wechsel
dieser höchsten Behörde Ton einzelnen Professoren geschrieben
werden. So schön nnd anregend für manchen Lehrer diese alte
Sitte ist, indem sie ihm Gelegenheit darbietet, Arbeiten der Oeffent-
lichkeit za übergeben, mit denen er vielleicht anter anderen Um-
ständen länger enrückgehalten hätte; so hat dicRelbe doch ^ach
wieder insofern ihre Schattenseite, als das in solchen Programmen
Enthaltene nicht so allgemein in der literarischen Welt ver*
breitet wird, als es vielleicht der abgehandelte Gegenstand selbst
verdient. Wir machten dies anf den oben stehenden Beitrag
des Verfassers angewendet wissen, nnd wollen wenigstens das
Unsrige dasa beitragen, anf jenes Programm aufmerksam so
machen , welches einen allgemein interessirenden nnd selten vor-
kommenden Gegenstand enthält, welcher mit der rühmlichsten
Genanigkeit, wie wir solche an dem Verfasser der schätzbaren
Untersaehnngen über die vorzeitigen Athembewegangen der Fracht
niebt anders gewohnt sind, beschrieben and gedentet ist.
An der Spitze der Abhandlang beschreibt der Verfasser einen
Kall von angeborener Steissgesehwalst mit Brachstücken der
Fraeht, welcher in der Gebäranstalt za Marbarg im Anfange dea
76 IV- Literatur.
Jahres 1860 beobachtet wnrde. Dan Kincl, weiblichen Geschlechts,
hatte am GesHes eine unreg^elmässig^e, biraförniige Geschwulst,
welche mit ihrem dicken Theile nach oben gekehrt war und
breit gestielt anfsass. Nach unten ging sie in einen randlichen
durchscheinenden fluctnirenden Beutel über. Sie Terlor sich mit
ihrer Basis in den allgemeinen Decken der hinteren Steiss- und
Krenzbeingegend und endigte links mit einem taubeneigrossen
Knollen. Man bemerkte auf der Rückenfl&che und am rechten
Seitenrande der Geschwulst mehrere warzenförmige Cutisvorsprünge,
von denen einer eine spaltförmige Mündung deckte; mtfn kannte
^1^' tief einen Katheter einschieben, und war das Lumen dieser
Oeffnung schleimhüutig ausgekleidet. Dicht neben dieser Oeffnung
fand sich noch ein kleines Grübchen, welches 7,'' tief blind
endigte. An der Grenze der Hauptmasse und des unteren
fluctuirenden Endes der Geschwulst sah man einige spärliche Vs"
lange Haare.
Da die Geschwulst eine operative Entfernung gestattete, so
führte der Verfasser 47 Stunden nach der Geburt die Abtragung
derselben aus, welche sehr gut gelang. Bei der Entfernung der
Geschwulst ward ausser dem sonstigen Inhalte derselben auch
ein eigenthümlicher Hohlraum durchschnitten, dessen oberes,
anscheinend kanalförmiges Ende sich dicht unter der Haut in
einen der Knollen fortsetzte, während das untere blindsackige
Ende an der Schnittfläche der abgetragenen Geschwulstmasse
haften blieb. Dieser Hohlraum entsprach seiner Lichtung nach
ungefähr dem Dickdarme einer reifen Frucht, schien auf den
ersten Blick schleimhäutig ausgekleidet zu sein und war mit
einer an Farbe und Consistenz dem Meconium täuschend ähnlichen
Masse angefüllt. Eine Communication mit dem Darmkanale des
wohlgebildeten Kindes war nicht vorhanden. Nachdem ein Haut-
stück jenes Knollen mit einem beträchtlichen Theile des er-
wähnten Hohlraumes fortgenommen war, wurde hier ein unregel-
mässiges ruadlicheckiges Knorpel- und Knochenstück ausgeschält,
worauf die ganze Wunde durch Knopfnähte geschlossen ward.
Die Wunde heilte und in der sechsten Woche nach der Gebuit
konnte das Kind gesund entlassen werden. Später sah der Ver-
fasser das Kind noch einmal; die Narbe war zwar etwas unregel-
mässig und uneben, lag jedoch grösstentheils in der mehr und
mehr sich formirenden Afterkerbe versteckt. Das Kind gedieh gut.
Die Untersuchung des Inneren der Geschwulst ergab Folgendes :
Der angefühi-te mit Flüssigkeit erfüllte Sack setzte sich in seinen
Wandungen aus der Cutis und einem starken entwickelten Untcr-
hautbindegewebe zusammen. Der Inhalt zeigte sich als eine
Auflösung des sogenannten Paralbumin. Was die solide Haupt-
masse der Geschwulst betrifft, so bemerkte man zunächst an
der Schnittfläche derselben das blinddsackige Ende des bei der
IV. Literatur. 77
Operation darobschnitteneOi mit meconiaiiiartigem Inhalte erfüllten
Hohlraumes, das blinde Ende eines radinientüren Darms, and
endlich die Oeffiaong eines Kanals, der in schr&ger Richtung
abwärts verlaufend nach aussen mundete. Dieser iCanal war
nicht mit Schleimhaut ausgekleidet, sondern die Wandungen
nahmen gleich hinter der äusseren Mündung den Charakter des
anliegenden Bindegewebes an. Weder aus der Strnctur noch
aus der Lage des Kanals, der einen Theil der rudimentären
Fmeht dnrchsog, liess sich seine Bedeutung erkennen. Möglich,
dass dieser Kanal ans einer mit Flüssigkeit gefüllten Kyste entr
standen, die in Folge eines Stosses bei Bewegungen des normalen
Fötus platste und sich nicht wieder schloss. Das rudimentäre
Darmstück, welches zum Theil in eine Höhlung eines vorhandenen
Knorpelgerüstes eintrat, war ein gewundenes, 5'' langes, 3"' im
Durelunesser haltendes Bohr, welches an beiden Enden blind
endigte. Ein undurchsichtiges festes Mesenterium war längs des
ganaen Darmes angeheftet, und der ganie Baui|i, in welchem
das Darmstück lag, war mit Feptonäum ausgekleidet und um- ,
schloss das Intestinum genau, ohne sonst etwas au enthalten.
Die Schleimhaut des Darmstückes war mit Cylinderepithel be-
kleidet, aeigte jedoch keine Zotten. Im Uebrigen setste sich
die Geschwulst zusammen aus einer von zahlreichen, sehr feinen
Blntysfltesen und stärkeren sehnigen Fäden durchzogenen, stark
fetthaltigen Bindegewebsmasse, einem complicirten Gerüste von
grösstentheils knorpeliger Substanz und einem ganz aus Knochen-
masse bestehenden Stücke. Von Muskeln und Nerven ward nirgends
eine Spur aufgefunden. Die Verfolgung der vor der Untersuchung
i^jicirten Gefässe lieferte kein nennenswerthes Resultat.
Diesem mitgetheilten Falle reihte nun der Verfasser den
zweiten Theil seiner Arbeit „über die Entwickelung der Steiss-
parasiten** an, welchen er mit musterhaftem Fleisse und unter
Benntsung einer sehr reichhaltigen Literatur ausgeführt hat.
Leider lassen sich die erheblichen Verschiedenheiten, wie sie
hinsichtlich des Entwickelungsgrades der Steissparasiten, ihrer
Form und Struotur, ihrer Lagerung und Verbindung mit dem
Träger im Einzelnen Torkomraen, zur Zeit noch nicht so voll-
ständig übersehen, wie für das sichere Versttindniss der Ent-
wickelnngsgeschichte wünschenswerth wäre. Man hat es hier
mit einem nicht nur sehr serstreuten, sondern auch mit einem
nur unsicher abzugrenzenden Beobachtungsmaterial zu thun.
Zwar ist die Casuistik der angeborenen Sacral- nnd Ferinäal-
tnmoren sehr zahlreich, allein die Untersuchung ist oft sehr
unklar, die Entscheidung sehr schwierig. Es sind vom Verfasser
nur die mdgUchst unzweifelhaften Fälle in Betracht gesogen
worden, und zwar rechnet er nur diejenigen angeborenen Ge-
schwülste und Anhängsel der Kreuz- und Dammgegend dahin,
78 IV- Literatar.
welche nicht oar vereinselte Gewebe in nnregelmlsBiger An-
ordnung, sondern Gebilde eeigen, die in ihrer anatottiisehen
Oestaltting und Stmctur erkennbare Theilreete eines individnellea
mensehlischen Organismus darstellen. Als derartige Gebilde finden
sich nan bald im Vereine mit einander, bald auch einaeln und
als einzig sichere Merkmale für den gegebenen Fall folgende:
a) Brachstacke von Darmkanal: 11 Fälle. 6) Theile von Kopf- und
Stammskelett: 6 Fälle, c) Eztremitätenstdcke. Sind es obere Ex-
tremitäten, so ist das Vorhandensein eines rerkfimmertenDoppelfStns
nnaweifelhaft: dazn 8 Fälle. Hinsichtlich der unteren Extremitäten
ist die Entscheidung schon missiicher: der Verfasser hat 6 be-
stimmte Fälle aufgesählt. Im Ganzen incl. der eigenen Beobachtung
Hegen demnach 32 Fälle als Grundlage weiterer Erörterungen
vor. In der Regel sind es wohlgestaltete Individuen, bei denen
die in Bede stehende Monstrosität vorkommt. Dagegen seheint
die Dauer des Fötallebens so wie der Geburtsaot eine Störung zu
erleiden. In 12>Fällen nämlich kamen die Träger todt oder sterbend
zur Welt; 5 von diesen wurden 2-^8 Monate zu frOh und 2 Mal
auch im macerirten Zustande geboren; einer betraf einen bei der
intrauterinen Ernährung beträchtlich zu kurz gekommenen Zwilling,
und bei secha läset sich eine durch die Steissgeschwulst bedingte
mechanische Erschwerung des Gebnrtsactes als Todesursache
annehmen. Der Verfasser betrachtet dann die Gestalt dieser
parasitischen Gebilde, die äusserst verschieden sein kann; er
berichtet über ihren inneren Bau, wo er besonders das Skelett
in*s Auge fasst. Es pflegt dieses, so dürftig es auch sein kann,
doch von allen Systemen des Körpers noch am reichhaltigsten
vertreten zu sein, kann aber neben einem vorhandenen Darm-
rudiment ganz formlose , in keiner Weise bestimmende Bildungen
zeigen. Sein Verknöcherungsgrad ist natürlich sehr verschieden
und steht im Allgemeinen theils zum Lebensalter, theils zur
Ausgiebigkeit der Ernährung im Verhältnisse. Von den einzelnen
bestimmt geformten Theilen desselben treten vorzugsweise Ex-
tremitäten auf, welche der Verfasser dann weiter beschreibt. Vom
Kopf- und Stammskelett finden sich innere nur undeutliche 8puren.
Von bestimmbaren Eingeweiden kommt bei den Steissparasiten
höchstens ein kurzes Darmrudiment zur Entwickelnng. Am
.dürftigsten entwickelt ist das Nerven- und Muskelsystem. Ein
eigenthnmliches Gefässsystem giebt sich bei den Steissparasiten
insofern niemals zu erkennen, als dasselbe in jedem Falle eines
eigenen Centralapparates eutbehrt, mit den Körpergefassen des
Trägers in directer Verbindung steht und lediglich von diesen
aus versorgt wird. — Was nun die Veranlassung zur einseitigen
Verkümmerung eines ursprünglich regelmässig angelegten Monstrum
pygodidymum betrifft, so entspricht wohl die Annahme von
B, SehuUze im Wesentlichen der Wirkliehkeit. Dieser fährt
IV. LHeratur. 79
nftmlieh weiter aus, dass die seiner Bfeinung nach in einem
anprfinglichen relativen Dottermangpel begründete Entwickelnngs-
hemmiing des einen Pypopagcm schon in einer früheren Periode
des £mbryonallebens eq Stande kommen müsse. Er rerlegt
diese Periode in die Zeit ror der Erhebung der Schwanzenden
▼on der Keimhant nnd sagt: „^^i^i^ *u dieser Zeit der eine
Pypopage in der Entwickelang znrttckbleibt, so wird der
andere bald mit seinem Schwansende über ihn hinauswachsen,
ibn entweder mit der oberen oder unteren Pl^iche berührend.
Der an der oberen FlKche gelegene zweite Fötus wird in die
allgemeinen Bedeckungen auf der Rückseite des Kreuzbeins» der
an der unteren Fläche gelegene an der vorderen Seite des
Kreuzbeins In die Beckenhöhle eingeschlossen werden. Das
Hinanswachsen des grösseren Fötus über den anderen ist so zu
denken, dass das kraftig sich entwickelnde Schwanzende eine
Falte der beiden oberen oder aller drei Blätter vor sich her
schiebt. In welcher dann der kleinere Fötus mit seiner ent-
sprechenden Fläche der Bauch- oder Rttckenfläche anliegt; wenn
der rudimentäre Fötus Darmgebilde enthält, so geht daraus hervor,
dass das vegetative Blatt an der Bildung jener Falte Theil nahm.*
Der Verfasser fügt noch hinzu, dass sich nach seiner Meinung
die Verkümmerung des einen Steisszwillings auf denselben Vor-
gang gründet, welcher dem letzteren eine parasitische, vom
Träger abhängige Fortexistenz theil weise gestattet, und dies
ist eine Anastomose der Embryonalgefässe , die bei ihrer Ent-
stehung auf einander stiessen. Ist diese Gefässverbindung aus-
iriohig genug, so muss sie dieselbe Folge haben, wie die
Placentaranaatomose bei den herzlosen Missgeburten. Der von
verschiedenen Centren aus in entgegengesetzter Richtung ge-
triebene Blutstrom begegnet und hemmt sich gegenseitig unter
Rüekstaunng zum Herzen hin. Auf derjenigen Seite, wo die
geringere Triebkraft wirkt, wird selbstfolglich die Hemmung air
gröBSten ausfallen und mehr und mehr zunehmen bis zum schliess-
.Uchen Stillstande des schwächeren Centralapparates, nach dessen
Untergang lediglich vom siegenden Embryo aus die Gefässe des
vernichteten Zwillings versorgt werden können. Es begreift sich,
dass diese Versorgung nur eine unvollkommene sein kann und
um so dürftiger ausfallen muss, je weniger Zu- und Abfluss des
Blutes sieh in entsprechender Weise regeln könne. Wie das
Herz so müssen auch eine Reihe von Gefässen des unterliegenden
Embryo nach vorgängiger Coagulation ihres Inhaltes oder weil
sie gar kein Blut mehr enthalten ,- veröden und sammt ihrem
Inhalte f^nzlich atrophiren. Von den übrigen Gefässen müssen
einige mehr oder weniger Blut vom fortlebenden Embryo zn-
getheilt bekommen und können dann eine der Quantität und
Qualität des zuströmenden Blutes adäquate Ernährung und Fort-
80 IV. Lit^rator.
entwickelung des versorgtes Besirkes eroiÖgUchen, soweit eben
in diesem noch keimfähige Gebilde enthalten sind. Hinsichtlich
der Frage, wo kommt die in dieser Weise wirksame Gef&ss-
anastomose der Steissswillinge la Stande: aosserhalb der £m-
brjonalanlagen auf der gemeinsamen Dotterblase oder innerhalb
derselben an der Yereinigangsstelle der Schwansenden? scheint
von beiden Möglichkeiten die letstere die meiste Wahrscheinlich
kjeit für sich sn haben. Das rasche Eingehen der Dotterblase
und der Vasa omphalo-meseraica, sowie die öfters gefundene
mächtige Ent Wickelung der autositischen Beckenge fasse sprechen
wenigstens dafür, dass es die beiderseitigen Aortenendigungen
waren, welche mit einander in Verbindung traten.
In Vorstehendem haben wir Tersueht» den Inhalt der Com-
mentation ansugeben, welche in präciser Weise ihrem Thema,
einen Beitrag anr Geschichte de« Fötus im Fötus tu liefern,
nachgekommen ist. Noch sei bemerkt, das« der Fall, welchen
der Verfasser beobachtet hat, auf drei Tafeln bildlich dargestellt
ist, auf deren Einsicht in der Beschreibung selbst Terwiesen ist.
▼. 8.
V.
Verhandlungen der Oesellschaft für Oeburtshülfe
in
Berlin.
Sitzung vom 23. October 18G0.
Herr Martin eröffnet die Sitzung mit folgendem
Bericht über einen mit glücklichem Ausgange
Tollführten Kaiserschnitt
▼on
Dr. Olisezynski in Warschau.
T: B., 28 Jahre alt, befand sich am 24. Februar d. J.
am rechtzeitigen Ende ihrer ersten Schwangerschaft und fühlte
an demselben Tage um 9 Uhr früh die ersten Wehen, die
Anfangs nur schwach, alle Stunden und noch seltener wieder-
kehrten. Am Abend und die ganze Nacht hindurch waren die
Wehen stärker und kehrten häufiger wieder. Die hinzugerufene
Hebamme fand bei der inneren Untersuchung den Kopf als den
voraDgehendm Kindestheil und beruhigte die Umgebung wegen
des weiteren Geburtsverlaufs. Am 25. und 26. dauerten die
Wehen fort, bald stärker, bald wiederum schwächer werdend
und gönnten der Gebärenden eine selbst stundenlange Ruhe.
Da sich am 27. der Zustand in Nichts geändert hatte, so
wurde die. Hülfe eines Arztes in Anspruch genommen; als
derselbe jedoch die Nothwendigkeit einer Operation in Aussicht
stellte und sich- an einen jüngeren CoUegen wenden Hess,
so wartete man noch bis zum näch^en Tage. Am 28. er-
folgte der Blasensprung und der Abgang des Fruchtwassers
und da auch jetzt trotz kräftigen und häufigen Wehen und
fersdiiedenen von Seiten der Hebamme angestellten Hanipu--
lationen die Geburt keine Fortschritte machte, wurde 'College
MoBAtatehr. f. Qebartek. 1861. Bd. XVn., Rfi. 9. 0
82 ^* Verhandlangen der GeselUchaft
Bruner hiDzugerufen. Nach sorgfältiger Untersuchung der
Kreissenden gewann College B, die üeberzeugung,^ dass
mindestens die Perforation wird vorgenommen werden müssen
und erbat sich meinen und des CoUegen Darewski Beistand.
Gegen 8 Uhr Abends begab ich mich im Beisein des
Collegen JBrt^n^r in die Wohnung der Gebärenden. Dr. Darewski
war schon vorher dort, man hatte ihm es jedoch aus Furcht
vor der stattzufindenden Operation die Kreissende zu unter-
suchen nicht erlaubt. Es felüte nicht viel, so hätte auch
uns dasselbe Schicksal getroffen, allein wir liessen uns,
voraussehend die Wichtigkeit des Falles, nicht so leicht ab-
fertigen. Es gelang mir endlich nach langem Zureden, die
Erlaubniss zur Untersuchung zu erhalten. Ich erfuhr, dass
die betreffende Person in dem Alter von einem Jahre schon
anfing, gehen zu lernen und bis zum dritten Lebensjahre
völlig gesund war. Drei Jahre alt bekam sie die englische
Krankheit (Rhachitis), welche vier Jahre lang anhielt Durch
diesen ganzen Zeitraum konnte das Kind weder gehen noch
auch sich auf den Füssen aufrecht erhalten und kroch nur
auf allen Vieren auf der Erde herum. Im siebenten' Lebens-
jahre tvurde sie wieder gesund, ihr Gang jedoch blieb immer
unsicher und wackelnd. Achtzehn Jahre alt bekam sie zum
ersten Mal ihre Regeln, die von nun an alle vier Wodien
regelmässig wiederkehrteik
Die Gebärende, von niedriger Statur und schlankem
Körperbaue, bot an den unteren Extremitäten, deren Schien-
beine sehr bedeutend verkrümmt waren, unverkennbare
Zeichen überstandener Rhachitis. Der Umfang des mit sehr
gespannter Haut bedeckten Unterleibes, war massig; der Grund
der Gebärmutter mehr nach links gerichtet ragte gegen 4 Zoll
über den Nabel hinauf und unterhalb desselben ebenfalls
linkerseits hörte man ganz deutlich die Herztone .des Kindes,
etwa 140 Schläge in der Minute. Die Temperatur der Scheide
war etwas erhöht, ihre Innenfläche jedoch feucht mit reich-
lichem Schleime bedeckt. Der in dieselbe eingebrachte Finger
fühlte hoch oben dßn beutelformig herabbangenden und leeren
unteren Abschnitt der Gebärmutter. Die Ränder des für
beinahe drei Finger ziemlich leicht zugängigen Muttermundes
waren etwas wulstig und rechterseits wahrscheinlich durch
fUr Qebarishülfe in Berlin. 83
die Ton der Hebamme angestellten Manipulationen etwas ein-
gerissen. Nach unten und hinten vom unteren Abschnitte
der Gebärmutter erreichte man mit der grussten Leichtigkeit
den kaum 2 Zoll von der Schambeinverbindung entfernten
Vorberg, der gleichzeitig etwas nach links verschoben war.
Die linke obere Beckenapertur war ganz leer; in der rechten
etwas grösseren fühlte man einen ganz kleinen Abschnitt
eines rundlichen, an den Seiten hart sich anfühlenden Körpers,
den man leicht als den mit einem leicHten Vorkopf versehenen
ganz beweglich auf dem Beckeneingange ruhenden Schädel
erkannte. .
Der allgemeine Znstand war gut, der UjQterleib nicht
schmerzhaft; der Puls sddug 120 in der Minute. Die Geburts-
wehen waren häufig und kräftig. — Die Länge der Diagonal-
conjugata betrug 2" 6'", die der äusseren Conjugata 4'' 11'".
Zieht man also im ersten Falle 6 — 8'", im zweiten auf die
Dicke der Knochen und Weichtheile 3 Zoll ab, so bleibt für den
geraden Durchmesser des Beckeneinganges knapp zwei Zoll.
Da es mir einerseits klar wurde, dass hier ein mechanisches
Geburtshinderniss obwalte, das in der durch Rhachitis ent-
standenen höchsten Verengerung des Beckeneinganges begründet
sei; andererseits aber kein Zweifel obwaltete, dass ein aus-
getragenes Kind selbst nach geschehener grösstmöglicher Ver-
kleinerung seines Umfanges durch ein so verengtes Becken
nicht wird zu Tage gefördert werden; so erklärte ich dem
Collegen Bruner, dass nach meinem Dafürhalten eine absolute
Indication zum Kaiserschnitt obwalte, was derselbe auch
zugab. — Der verhältnissmässig gute Zustand der Gebärenden,
der noch geeignete Zeitpunkt zur Ausführung der Operation,
die Gegenwart kräftiger und gesunder Wehen und die vom
bestehenden Leben des Kindes erlangte Gewissheit; alles das
forderte uns auf, ohne Zeitverlust unseren Plan in Ausführung
zu bringen. Zu dem Ende theilten wir der nächsten Familie
der Gebärenden unsere Meinung mit und stellten vor, dass,
falls sie unserem Rathe nicht folgen würden, die Mutter sich
zu Tode quälen und das Kind sicher untergehen werde; dass
aber durch den Kaiserscimitt das Kind höchst wahrscheinlicii
gerettet und die Mutter wenigstens dem sicheren Untergange
nicht preisgegeben werde. — Nur mit vieler Mühe gelang
6*
84 V. yerhandlnngen der Gesellschaft
es uns der Familie begreiflich zu machen, um was es sich
handelt und welche Gefahr für jeden Fall bevorsteht Da die
Gebärende vor der Hand auf keine Operation einwilligen wollte,
mit der Behauptung, sie sei entschlossen, am Morgen des
darauf folgenden Tages sich derselben zu unterziehen und
nur bat, ihr zur Linderung der Schmerzen etwas einzugeben,
so beschlossen wir, sie unter diesem Vorwande zu chloro-
formiren und die Operation auszuführen. Obgleich wir auf
diese Weise die allgemein angenommene Regel, ohne aus-
drückUche Erlaubniss von Seiten der Gebärenden die Operation
nie zu unternehmen, zu umgehen suchten^ so war dennoch
unser Handeln in diesem Falle vollkommen gerechtfertigt.
Die Operation war absolut angezeigt und musste als das
einzige Rettungsmittel für Mutter und Kind angesehen werden ;
da die Gebärende sich selbst überlassen in Folge des noth-
wendig zu erfolgenden Gebärmutterrisses oder Brandes sicher
untergehen musste und ein anderes milderes Verfahren dicht
ausführbar war. Nur der sofort und ohne Zeitverlust in
Ausführung gebrachte Kaiserschnitt bot die Möglichkeit dar,
sowohl Mutter als Kind retten zu können. Andererseits aber
würde die Nachricht von der sofortigen Nothwendigkeit einer
so gefahrlichen Operation gewiss einen sehr nachtheiligen
Einfluss auf das Gemüth der durch fünftägige Geburtsarbeit
und Schlaflosigkeit ermatteten Gebärenden ausgeübt haben. —
Nachdem wir die Einwilligung zur Operation von den nächsten
Anverwandten erhalten, beschlossen wir, unseren Plan sofort
in. Ausführung zu bringen. Nachdem wir die nöthigen Vor-
bereitungen getroffen, Chloroform, die nöthigen Heftpflaster-
streifen, Instrumente, Schwämme und Alles, was für die
Ausführung der Operation oder nach derselben zur Anwendung
kommen könnte, hergeschafft, erbaten wu* uns die Assistenz der
Herren CoUegeh Lebrun, Konüz, Darewski und Dorautotviez,
In Gegenwart dieser Herren und hn Beisein zweier Hebammen
schritt ich zur Operation, nachdem vorher der Mastdarm
durch Klystiere und die Blase durch den Katheter von ihrem
Inhalte entleert waren. Dem CoUegen Dorautowiez gelang
es in sehr kurzer Zeit, die Gebärende vollständig zu chloro-
formiren, worauf sie auf den wohl erleuchteten Operations-
tisch horizontal auf den Rücken gelegt wurde. Die Collegea
fBr Oebnrtsbfilfe in Berlin. g5
Konüz und Darewski untersuchten sie noch einmal und
überzeugten sich yon der Nothwendigkeit des Kaiserschnittes.
Hierauf traten die Assistenten an ihre Plätze und ich unter*
sachte die vordere Bauchwand ganz genau durch Percussion
and Palpation und überzeugte mich, dass zwischen der Gebär-
mutter und der vorderen Bauchwand keine Eingeweide sich
befanden. Zur rechten stehend fährte ich den Schnitt in der
Richtung der weissen Linie vom Nabel abwärts bis einen Zoll
oberhalb der Schambeinverbindung und zwar aus freier Hand.
Nachdem ich so alle Schichten bis auf das BauchfeU getrennt,
machte ich in demselben eine kleine Oeffnung und vergrösserte
dieselbe auf dem Zeigefinger nach oben und nach unten.
Das wem'ge zum Vorschein gekommene Blut wurde mit
Schwämmen entfernt, worauf ich die Durchschneidung der
Gebärmutter in derselben Richtung vornahm, den zuerst ge-
machten kleinen Einschnitt nach oben und unten auf dem
Zeigefinger verlängernd. — Die ganze Oberfläche der auf
diese Weise zum Vorschein gekommenen Frucht bedeckten
die unversehrten Eihäute und nach ihrer Durchreissung zeigte
sich in der Wunde die rechte Schulter als der am meisten
vorragende Tbeil. Ich eritwickelte die zugehörige obere
Extremität, darauf nicht ohne Schwierigkeit den Kopf und
dann auch alle übrigen Theile des Kindes, 'übergab es
def Hebamme, und unterband und durchschnitt die Nabel-
schnur. — Fast unmittelbar darauf löste ich die Nachgeburt
und entfernte sie durch die Wunde, während die Herren
CoHegen so gut die Gedärme zurückhielten, dass wir das
Hervordrängen von Darmscblingen nicht zu befurchten hatten.
Nachdem nun die Wunde gereinigt, die wenigen Blutgerinnsel
entfernt waren und die Gebärmutter sich gehörig zusammen-
gezogen hatte, wozu .das Auftröpfehi von Schwefeläther auf
den Unterleib das Seim'ge auch beigetragen haben mag, ver-
einigte ich die Bauchwunde mit vier Knopf- und zwei um-
schlungenen Nähten. Dabei fasste ich das Bauchfell nicht
mit, obgleich im Allgemeinen das Gegentheil angerathen wird;
und zwar that ich es in der Absicht, um, da die Hefte länger
liegen bleiben sollten, das verletzte Bauchfell nicht noch mehr
zu reizen. Den Bauch umgab ich mit Heftpflasterstreifen in
der Art, dass sie von hinten und oben nach unten und vorn
gg y. Yerhandlnngen der Gesellschaft
verliefen und während ihre Mitte am Röcken befestigt war,
ihre Enden ölier der Wunde sich kreuzten; auf die Wunde
legte ich etwas Charpie, darauf eine Compresse und be-
festigte das Alles mit einem Handtuche. Die Operirte wurde
noch 'halb betäubt auf das vorher zubereitete Wochenlager
gebracht und mit m den Knieen gebeugten und an den Bauch
genäherten Schenkeln auf den Rucken gelegt, wo sie bald
darauf vollständig zu sich kam, ohne eine Ahnung davon zu
haben, was mit ihr vorgegangen war. Der neugeborene,
ausgetragene und wohlgebildete Knabe fing auch gleich an,
ki'äflig zu schreien, wurde gebadet, gereinigt und angezogen.
Der Operirten wurde die grösste Ruhe anempfohlen und
eine Eisblase auf den Unterleib gelegt und innerlich zur Stillung
des Durstes Eispillen verordnet. Die Hebamme bekani von
mir die Weisung, bei ihr unaufhörlich zu wachen, Niemanden
zu ihr zuzulassen und nach einigen Stunden das Kind afi
die brüst zu legen.
Die Nacht verging wider Erwarten gut; es waren weder
. Schluchzen noch Erbrechen eingetreten; die Operirte scldief
einige Stunden und hatte auch etwas geschwitzt. Als wir sie
am 29. des Morgens mit dem Collegen J5. besuchten, fanden
wir sie in einem befriedigenden Zustande, die Temperatur
der Haut war massig erhöht; der Puls schlug 112 in der
Minute, die Brüste wären gespannt, der Wochenfluss blutig
und in ziemlich reichlicher Menge; die Zunge feuclit, der
Bauch weich und nicht schmerzhaft, der Gebärmuttergrund
zwei Finger breit oberhalb des Nabels, etwas nach links
gerichtet und der Durst massig. — Am Abende war der
Zustand derselbe, der Puls sclilug 112 in der Minute, der
Wochenfluss war reicMich, das Kind hatte mehrere Male am
Tage die Brust genommen, auch hatte die Operirte eine
ziemlich bedeutende Menge Harn ohne alle Schmerzen gelassen.
Die Nacht konnte sie nicht schlafen^ weil das Kind fort-
während schrie und dennoch war ihr Zustand am Morgen des
1. März eben so befriedigend; der Puls war 112 und im
Uebrigen hatte sich nichts geändert. Die Eisumschläge wurden
unaufhörlich fortgesetzt, denn so wie man sie nur auf einen
AugenbHck wegnahm,' um die Blase mit frischem Eise zu füllen,
verlangte sie die Operirte mit Ungeduld. Ein verabreichtes
für Gebnrtsliülfe in Berlin. g7
Klystier führte keine Ausleerung herbei. . Am Abende fanden
wir die Wöchnerin etwas unruhig, der Puls schlug 120, die
Haut war heiss, dagegen der Bauch weich und schmerzlos,
der Gebännuttergrund an derselben Stelle wie gestern. Es
wurden fünf Tropfen Opiumtinctui* verordnet, worauf die
Wöchno^in ruhiger wurde und besser schlief als die vorige Nacht.
Am 2. März schlug der Puls des Morgens 112 und des
Abends 120. Gegen 5 Uhr Nachmittags empfand die Operirte
wehenartige Schmerzen, wobei durch die Scheide zwei übel-
riechende Blutgerinnsel abgingen, der eine von der Grösse
eines Hühnereies, der andere von der iBiner welschen Nuss;
und Abends fanden wir den Gebännuttergrund beinahe unter-
halb des Nabels immer mehr nach links gerichtet. Die Zunge
war feucht, die Wöchnerin jedoch mehr reizbar und empfindlich.
Wir verordneten sechs Tropfön Opiumtinctur und Hessen die
Eisumscbläge fortsetzen.
Die Nacht verg^ig ziemlich gut, das Kind nahm einige
Male die Brost und am Morgen des 3. März war die Wöchnerin
um Vieles ruhiger, obgleich noch sehr empfindlich; die Wochen--
reinigung war blutig und iloss in reichlichem Menge^ Wir
verordneten fünf Tropfen Opiumtinctur, ein Klystier, Eis-
umschläge, welche dieWödmerin auch nicht auf einen Augen-
blick entbehren konnte und Haferschleim ab Nahrung. Nach
dem Klystier gingen viele Winde ab, aber es erfolgte keine
Ausleerung. Am Abend schlug der Puls 120, der Bauch
war schmerzlos und weich, der Gebärmutiergrund befand
sich zwei Finger breit -unterhalb des Nabels, nachdem kurz
vorher wiederum zwei kleine Blutgerinnsel durch die Scheide
abgegangen waren. Der untere durch die Naht nicht vereinigte
Wund Winkel verklebt, die Zunge feucht,, der Durst massig.
Da die* Wöchnerin nicht schlafen konnte, so gab mau ihr
laut unserer Verordnung sechs Tropfen Opiumtinctur, —
was auch seine Wirkung nicht verfehlte.
Am 4. März des Morgens war der Puls 120, die Gesichts-
züge mehr belebt, der Unterleib nicht schmerzhaft, die
WodienreiDigung etwas bräunlich gefärbt und übelriechend.
Gegen Mittag wechselte ich die Heftpflasterstreifen und über-
zeugte mich, dass die Wunde mit Ausnahme des untersten
Wondwinkels' verklebt war; nur drei Hefte waren etwas
gg V. Verhandlung«!! der Gesellschaft
gelockert, die übrigen sasseu fest. Am Abend fand ich die
Temperatur der Haut bedeutend erhöht, der Puls schlug 132
in der Minute, die Brüste waren hart und gespannt, die
MilchgSnge sehr entwickelt; der Wochenfluss wieder reichlich,
jedoch ohne Geruch; der Unterleih schmerzlos, nur in der
Gebärmuttergegend etwas empfindlich,- die Zunge feucht. Wir
verordneten eine Saturation, liessen mit Eisumschlägen fort-
fahren und das Kind öfter an die Brust ansetzen. In der
Nacht war die Wöchnerin unnihig, der Schlaf war* unter-
brochen, erst gegen Morgen schlief sie etwas ruhiger.
Am 5. März der Puls 116, die Zunge feucht, kein
Kopfschmerz, der Unterleib etwas aufgetrieben und schmerz-
haft, der Wochenfluss reichlich, die Brüste weniger gespannt.
Da Stuhlau^leerungen dringend 'angezeigt waren und wir bei
der Application einer geringen* Menge Medicin einen reich-
lichen Erfolg- erstrebten, so wurde ein zweigräniges Polver
Cal^mel und eine Drachme Ricinusöl. in Emulsion verordnet.
Zwei Stunden darauf hatte die Wöchnerin vier Ausleerungen,
die zwei ersteren mehr compact, die zwei letzteren mehr
flüssig. — Am Abende war der Puls 120, die Haut warm,
der Unterleib weich, nicht schmerzhaft, der Wochenfluss
reichlich, und im • Allgemeinen fühlte sich die Operirte wohl.
Für den Fall, dass kein Schlaf, eintreten sollte, wurden sechs
Tropfen Opiumtinctur verordnet.
Am Morgen des 6. März und am siebenten Tage nach
der Operation wurden alle Nähte herausgenommen und frische
Heftpflasterstreifen angelegt. Die Wunde war mit Ausnahme
des unteren Wundwinkels ganz verklebt; nur aus den Oefinungen,
wo die Seidenfaden durchgeführt waren, zeigten sich wenige
Tropfen guten Eiters. Der Puls schlug 116, die Zunge war
feucht, der Unterleib nicht schmerzhall. Die Wt^chnerin bekam
wegen der durch die Herausnahme der Nähte hervorgerufenen
Reizung sechs Tropfen Opiumtinctur.
Der vollständige Mangel einer Bauchfellentzündung, die
vollkomfnene Verklebung der Wunde, die gut entwickelte
Thätigkeit der in der Involution begriffenen Gebärmutter und
der befriedigende Allgemeinzusland der Wöchnerin, die bis
jetzt noch keine Ahnung davon hatte, wie sie zu dem Kinde
gekommen war; alles das liess möglicherweise' voraussetzen,
fBr Oebnrtohülfe in Berlin. g9
dass die Operation mit gutem Erfolge gehr&it werden wird*
Obgleich wir überzeugt waren, dass die Wöchnerin durchaus
noch nicht ausser aller Gefahr war, so stellten wfr doch be
Gelegenheit der Beschreibung dieses Falles in der Sitzung
der hiesigen medicinischen Gesellschaft keine üble Prognose
und konnten es gewiss nicht voraussehen, dass die Wöchnerin
noch so viel wird auszustehen haben.
Am Abend desselben Tages war die Hitze sehr bedeutend ;
der Puls schlug 145 in der Minute; das Gesicht war stark
geröthet, die Haut fast brennend heiss; auf der liuken Brustdruse
und oberhalb des ersten Heftpflasterstreifens zeigte sich eine
ziemlich bedeutende Anschwellung und erysipelatöse Röthe. —
Der Unterleib war aufgetrieben, aber nicht schmerzhaft; die
Wochenreinigung normal; die Zunge feucht und missig belegt
Es wurden nun die Eisumschlage weggelassen, die von der
Rose eingenommenen Hautstellen mit Oleum camphoratum
bepinselt und mit Watte bedeckt und ein Klystier verordnet.
Am darauffolgenden Tage änderte sich der Zustand der
Operirten fast gar nicht; nur war der Unterleib weniger auf-
getrieben, da das Klystier ein^ Ausleerung und den Ausgang
von Winden zur- Folge gehabt.
Den 8. März. Der Puls etwas weniger frequent, 130 in
der Minute; die Rose hatte die ganze 'obere Bauchgegend und
das Gesäss eingenommen. Alle 'diese Hautstellen bepinselten
wir mU einer Höllensteinlösung in Glyzerin (V2 Drachme auf
Vs Unze). Im unteren Wundwinkel und gegen die Mitte der
Wunde zeigte sich Eiterung; die Zunge war rölhlicb und fast
trocken, die Haut heiss und im Harne entdeckten wir Gallen-
farbestoffe und bedeutende Mengen von Harnsalzen. Eine
Oelemulsion wurde zum inneren Gebrauche verordnet
Den 9. März. Der Puls debr klein, aber weniger frequent
(120 in der Minute); die* Rose wie gestern; sehr ausgesprochene
Gelbsucht am ganzen %[öq)er; die Zunge röthlich und fast
trocken; der Wodienfluss blutig und sparsam; die Kranke,
sehr unruhig, kann fast ^ar nicht schlafen. Es wurde eine
Abkochong von Leinsamen mit Salzsäure verordnet und das
Kind wegen der schweren Erkrankung der Mutter und voll>
ständigen MUchmangels abgesetzt und dem hiesigen Findel-
baoae Qbergeben.
90 V. Verbandlung^n der Gesellsebaft
Am 10. März fanden wir die Rose in grosserer Aus-
dehnung. Im Munde und auf der Zunge zeigten sich Schwämme
in bedeutender Menge, weshalb der Kranken Kali chloricum
und mehrere Male am Tage Bouillon verordnet wurden.
Den 11., 12. und 13. März war der Zustand wiederum
etwas besser geworden, obgleich die sehr beimruhigende
Schwäche der Kranken sich immer mehr kund gab. Der Puls
fiel bald auf 100 in der Minute, bald wieder stieg er auf 120;
während die Rose stationär blieb. Den Harn Hess die Kranke
öfters selbst und Klystiere bewirkten die nöthigen Ausleerungen.
Unter dem Gebrauche von Kali chloricum und ein^ nährenden,
meist flüssigen Nahrung fingen die Schwämme an, allmälig
zu verschwinden; dafür aber zeigte sich am Kreuze ein zwei-
siJbergroschengrosser Decubitus.
Die darauf folgenden Tage nahm die Rose an Ausdehnung
zu, 'hatte das Gesicht und den Kopf und am 15. März fast
den ganzen Rücken eingenommen, während der Zustand dei*
Kranken ein hoffnungsloser war. Sie war bis zum höchsten
Grade erschupft; der Puls, fadenförmig und kaum fühlbar,
schlug 140 in der Minute; die Gesichtszüge hatten sich ganz
geändert; die Wunde sonderte eine übelriechende dünne Jauche;
die sehr ausgedehnte Harnblase konnte deutlich über der
Sohambeinverbindung g'efiUilt werden; der Unterleib war auf^
getrieben, und die Dccubituswunde am Kreuz hatte sich
bedeutend vergrössert und ein bleiches Aussehen angenonunen.
Um die fliehenden Kräfte der Kranken aufrecht zu erhalten,
verordneten wir Extractum Chinae frigide päratum mit Malaga-
wein und um Stuhlausleerung herbeizuführen, da seit "zwei Tagen
Verstopfung zugegen war, einen halben Esslöflel Oleum Rtcini;
die Decubituswunde wurde mit Plumbum tannicum verbunden.
Am 16. März fanden wir die Operirte um Vieles besser.
Das Ricinusöl führte copiöse Sluhlausleerungen mit sichtlicher
Linderung für die Kranke herbei. Die Rose nahm an Umfang
etwas ab pnd der Zustand war unzweifelhaft besser als gestern.
Vom 17. bis einschliesslich zum 23. März besserte sich
der Zustand der Kranken von Tage zu Tage unter dem Ein-
flüsse einer nährenden Diät und dem Gebrauche der C!hina;
der Puls fiel auf 94 in der Minute ; die Kräfte kehrtoi
sichtlich zurück; nur konnte die Kranke den Harn, noch nicht
f&r GebnrtBhfilfe in Berlin. 91
selbst lassen und . musste derselbe mit dem Katbeter ab-
gezapft werden.
Am 24: März fing sie wieder an, obne bekannte Ver-
anlassung sehr reizbar und empfindlich zu werden; die Hitze
wurde bedeutender; der Puls stieg auf 120, und schon
fürchteten wir ein neues Uebel, als am darauffolgenden Tage
sich die Menstruation einstellte und die Mutter der Kranken
uns erklärte, ihre Tochter sei auch früher um die Zeit ihrer
Periode leidend gewesen. Nach Verlauf von drei Tagfen hörte
die blutige Aussonderung auf, die Operirte wurde wieder
heiter und am 28. März schlug der Puls nur noch 76 in
der Mmute. Gegen Abend Hess - sie wiederum zum ersten
Male Ton selbst Harn und am 30. hatte sie die erste Stuhl-
ausleenmg ohne Beihülfe eines Klystiers, dessen sie sich bis
jetzt stets bedienen musste. Obgleich sie früher die Milch
'nicht vertrug, gewann sie dieselbe jetzt so lieb, dass sie
davon mehr als ein Quart täglich trank, nebenbei aber Bouillop,
Vl^ein- und Biersuppen ass. V<Jm 4. April an fing sie Fleisch
und Weissbrod an zu geniessen , obgleich die ihr dargereichten
Speisen nur selten den von Tage zu Tage sich steigernden
Hunger zu befriedigen vermochten. Da am 17. April die
Wunde vollständig vemart)t War und die Operirte sich auch
sonst der besten Gesundheit erfreute, so fing sie albnälig
an ihre früheren Beschäftigungen wieder aufzunehmen. Drei
Monate nach der Operation erschien die Menstruation zum
zweiten Male und da die Frau so gesund war, dass nur die
sehr schmale zurückgebliebene Bauchnarbe sie an die lebens-
gefahrliche Operation und überstandene Krankheit erinnerten,
so entliess ich sie als geheilt ans meiner Behandlung. Ich
gab ihr jedoch die V^eisung, stets eine Bauchbinde zu tragen
und unbedingt eine zweite Schwangerschaft zu meiden.
Am 5. Juni habe ich die Operirte im besten Wohlsefn
in> der hiesigen medicinischen Gesellschaft vorgestellt imd
befindet sie sich heute eben so wohl, nachdem bereits
5V2 Monate seit der Operation verflossen sind. —
Noch sei es mir erlaubt, ziim Schlüsse eim'ge Bemerkungen
hinzuzufügen, um die Abweichungen zu rechtfertigen, die ich
sowohl bei der Ausführung der Operation selbst als auch bei
der NachbehanAung eingeführt und die Momente hervor-
92} V. Verhandliingen der Oesellschaft
ZQhebe», die in diesem Falle den glöcklicfaen Erfolg herbei-
geführt haben. Denn wie bei einer jeden Operation, so reicht,
auch hier ein kunstgerechtes Ausfuhren derselben zum glück-
lichen Ausgange nicht hin. Einen eben so grossen, wenn
nicht grösseren Einfluss auf den guten Erfolg üben: die Wahl
des richtigen Zeitpunktes zur Operation, der Zustand der
Gebärenden unmittelbar vor derselben und die Nachbehandlung.
In wie weit es mir gelungen ist, allen diesen Bedingungen
gerecht -zu werden, wird es nicht schwer sein, einzgsehen.
Der Zustand der in Rede stehenden Gebärenden war ein
befriedigender; denn obgleich die fast fünftägige fruchtlose
Geburtsarbeit und die Schlaflosigkeit sie bedeutend geschwächt
und moralisch gedrückt hatten: so war dennoch die Thätigkeit
der •Gebärmutter in keiner Weise alterirt; der Bauch war
nicht schmerzhaft und der beweglich auf dem Beckeneingange
ruhende Kopf übte keinen Druck auf das untere Gebärmutter- '
Segment aus. Die Fruchtwässer waren zwar vor der ersten,
durch mich vorgenommenen ^Untersuchung der Gebärenden
bereits abgegangen, allein dies war nur einige Stunden vorher
geschehen. Nachdem ich die Nothwendigkeit des Kaiserschnittes
eingesehen, erklärte ich mich entschieden gegen alle anderen
Operationen , die vorher versuchsweise in Anwendung gezogen
werden könnten und schritt sofort zur Operation.
Dass die Ausführung der Operation ohne ausdrückliche
Einwilligung der Gebärenden in diesem Falle gerechtfertigt ist,
scheint mir keines Beweises zu bedürfen. Wo nur ein solches
Verfahren zwei lebende Wesen reiten konnte , die sonst unter-
gehen müssten; da -war es unsere Pflicht, zumal im Besitze
eines solchen Mittels wie das Chloroform, seihst ohne aus-
drückliche Einwilligung der Gebärenden, die Operation zu
unternehmen, besonders mit Rücksicht darauf, das» die Person
nur um Vorschub bat und am anderen Tage, wo es vielleicht
schon zu spät gewesen wäre, sich der Operation unterziehen
wollte. Ueberdies geistig sowohl als körperlich durch die
fruchtlose Geburtsarbeit zerrüttet, war sie gewiss nicht im
Stande, die Folgen 'des operativen Eingriffes zu beurtheilen.
Denn wie oft ist es mir vorgekommen, dass sonst geduldige
und gebildete t^rauen, erschöpft und ermattet durch mehrtägige
Geburtsarbeit, auf das dringendste mich baten, sie zu tödten
T&r Geburtobfilfe in Beriin. 93
oder durch deü Tod ihres Kindes ihre Erlösung zn be-
Bcbleunigen. Und dennoch waren dieselben Frauen, nach
geschehener Entbindung, ganz anderer Meinung. Anders
hätten sich die Verhältnisse gestaltet, hätte man durch Auf-
opferung des Kindes die Mutter mit grosser Wahrscheinlichkeit
retten können, dann wäre der Kaiserschnitt nur dann erlaubt,
wenn . die geistesgesunde Mutter zu seiner Ausführung ihre
vollste Zustimmung ertheilt haben würde. Dort ist der Klusei*-
schnitt das einzige Mittel, hier kann die Mutter wenigstens
durch Enthirnung und Zerstückelung des Kindes gerettet werden.
Die Anwendung des Chloroforms hat der Gebärenden die
unangenehme und deprimirende Einwirkung der Operation
erspart; sie wurde dadurch in den Zustand der Unempfind-
lichkeit versetzt, die Operation yerlief für sie ohne alle
Schmerzempfindung, was sie jedenfalls nur noch ntehr ge-
schwächt hätte. Gleichzeitig wurden dadurch die Bewegungen
des^Zwerchfells und der Bauchpresse sehr bedeutend beschränkt,
die sich gegentheilig bei beschleunigter Respiration und unter
dem Einflüsse von Angst und Geschrei viel mehr steigern.
Und nicht zu- läugnen ist es, dass dieser Umstand die Zurück-
haltung der Gedärme besser ermöglicht und dieselben am
Hinaustreten aus der Bauchh^e gehindert hat Auch mag nicht
minder dazu beigetragen haben die deprimirende Emwirkung
des Chloroforms auf die peristalUschen Bewegungen der Gedärme.
Bei der Schnittffihrung habe ich mich an die Richtung
der. weissen Linie gehalten, um der Nothwendigkeit, grössere
Gelasse zu unterbmden und eine dickere Moskelscbicht zu
durchschneiden, dadurch entgehen zu können. Ferner habe ich
den Schnitt in der Gebärmutter in ihrem unteren Abschnitte
gemacht; denn es war mir wohl bewusst, dass alle Ver-
letzungen des Gebärmuttergrundes viel gefährlicher smd und
dass der Mutterkuchen zumeist in der Gegend desselben an-
geheftet getrofff»! wird.
Beim Anlegen der Nähte führte ich die Nadeln blos
durch die Dicke der Bauchwandungen, ohne das Bauchfell
mitzufassen; obgleich fast alle Geburtshelfer der entgegen-
gesetzten Meinung sind. Denn von allen mir bekannten Autoren
ist nur Cred4 derselben Ansicht. .Ich that dies absichtlich
in der Voraussetzung, dass die Seidenfäden durch einige Tage
94 ^* Verhandlmigen der GeseUscbaft
hindiurch im Bauchfelle liegen gelassen, leicht* eine EaUündudg
dieser Membran hervorzurufen im Stande wären, die man
dann ungei^chterweise der Operation selbst zuschreiben würde.
Auch stimmen .Alle dafür, in dem unteren Wundwinkel eine
Gharpie-Sindon in die Bauchhöhle^ Einige sogar , selbst in die
Gebärmutterhöhle einzuführen, um den Wundsecreten den
Abfluss zu erleichtern. Dieser Vorschrift bin ich ebenfalls
nicht gefolgt, denn ich begreife es nicht, warum man das
eigentlich thun soll. Die Wunde der Gebärmutter wird nach
Entleerung des Inhaltes derselben um Vieles kleiner werden;
' die Wundflächen werden mit einander in Berührung treten
und wenigstens die inneren sich bald verkleben, und die
Secrete aus der Gebärmutter werden durch den Muttermund
und die Scheide nach aussen abfliessen. Die Bauchwunde
verklebt auch in ziemlich kurzer Zeit und je schneller dies
geschieht desto besser, denn der Ejnfluss der atmosphärischen
Luft auf das Innere der Bauchhöhle ist bekanntlich sehr schädlich.
Sollte es sich aber darum handeln, den Wundsecreten auf diese
Weise den Abfluss nach aussen zu erleichtem, so zweifle ich
daran sehr, dass ein derartiger Sindon, bei der gewöhnlichen
Rü.cken]age der Operirten,. das auszufuhren vermag. Wozu also
auf diese Weise das Bauchfell noch mehr reizen oder gar in die
Gebärmutter durch die Wunde Wieken einführen? In unserem
Falle hat ihre Abwesenheit gewiss dazu beigetragen, dass
die Vernarbung der Wunde ziemlich schnell zu Stande ge-
kommen ist und keine Bauchfellentzündung vorhanden w^r.
Die Operation selbst hat nicht lange gedauert und die
Assistenten, die gewiss nicht besser gewälüt werden konnten,
haben ihre Aufgabe aufs Beste gelöst.
Trotz der Anwendung des Chloroforms, was, wie all-
gemein behauptet wird, zu Blutflüssen disj)onire, war dennoch
weder während der Operation noch später eine Blutung ein-
getreten; und gewiss haben dazu viel beigetragen: die Wahl
des richtigen Zeitpunktes zur Operation, wo die Thätigkeit der
Gebärmutter, in voUem Gange war; die Schnittfuhrung in der
Richtung der weissen Linie und im unteren Abschnitte der
Gebärmutter und die Unterlassung anderer Operationsversuche.
Hätte ich- die Operation, dem Wunsche der Gebärenden
gemäss, bis zum anderen Tage verschoben; so hätte ich, den
fttr GebartBhülfe in Berlin. 95
DoA richligen Zeitpunkt verfehlend^ den unteren Gebännutter-
abschnitt dem Drucke von Seiten des lünd^skopfes ausgesetzt,
was leicht, entweder noch während der- Operation oder bald
nach derselben, zu Blutungen aus diesem Theile veranlassen
konnte, weil er dadurch der schnellen Contractionsfahigkeit
beraubt worden wäre. Auch wäre durch die fortdauernden
fruchtlosen Contractionen der tiebärmutter nicht nur das Leben
des Kindes, sondern auch das der Mutter der grössten Gefahr
ausgesetzt.
Die Nothwendigkeit der Anlegung der blutigen Naht zur
Vereinigung der Bauchwunde braucht wohl nicht erst hervor-
gehoben zu werden, da die trockene Naht sowohl früher als
auch Jetzt nur wenige Anhänger zählte. Bemerken will ich
nur, das« ich als eine noth wendige Bedingung zur Erlangung
der genauen Vereinigung der Bauchwundränder die Anlegung
der umscUongenen oder Kndpfnaht ansehe, die die Heftpflaster-
streifen als eine nicht zu umgehende Zugabe sehr erleichtem,
indem sie zugleich dem Ausreissen der Hefte vorbeugen.
Denn wir müssen immer darauf bedacht sem, däss wir es
hier mit einer Wunde zu thun haben, die keine feste Unterlage
und keinen fixen Stützpunkt hat. Eben aus demselben Grunde
muss man die Nähte so lange liegen lassen, als die Wunde
noch nicht ganz verblebt ist, mit Ausnahme natürlich des
durch die blutige Naht nicht vereinigten unteren Wundwinkel,
der auch später noch etwas eitert. Auch ist es leicht voraus-
zusehen, dass, wenn wir bei der Anlegung der Nähte das
Bauchfell mitgefasst hätten, und, wie es allgemein geschieht,
dieselben sieben Tage lang liegen gelassen hätten, leicht eine
Entzündung des Bauchfells zu Stande kommen konnte; während
hier keine Rede davon war. Das von Lebas vorgeschlagene
Zunähen der*Gebärmutterwunde übergehe ich mit Stillschweigen;
denn ich glaube nicht, dass es noch je in Anwendung ge-
zogexk werden wird. Zwar hat Scanzoni 1847 es einmal in
Anwendmig gezogen, allein der Erfolg war ungünstig und er
verdammte es seit der Zeit vollkommen. In neuester Zeit
endlich hat Pülore in Ronen den Vorschlag ertheilt, beide
Wundränder der Gebärmutter mit den entsprechenden des
Bauches zu vereinigen; zu dem Ende, um ihre gegenseitige
Verwachsung zu erleichtern. Dieser Vorschlag ist meiner
96 V. Verhandlangen der Gesellfchaft
Ansicht nach ganz zu verwerfen,* da er sich nicht ansfUireB
Iftsst: wShrend nämlich die Bauchwunde in der ersten Zeit
wenigstens dieselbe Lage und Ausdehnung bdiält, die man
ihr bei der Operation ertheOt, wechselt die Gebärmutterwunde
ihre Lage und wird bald etwas grösser, bald wiederum etwas
kleiner, je nachdem die Gebärmutter sich mehr ausdehnt oder
zusammenzieht. *
Ein anderer Vorschlag E. Martinas betiüR die Gegend
und die Richtung des Schnittes. Derselbe behauptet nämlich,
es sei nicht rathsam, bestimmte Linien an der Bauehdecke
festzuhalten, in denen für alle Fälle operirt werden solle,
sondern man solle auf die Lage der Gebarmutter achten und
den Schnitt so föhren, dass eine Contiguität zwischen Bauch-
deckenwunde und Gebärmutterschnitt erzielt wird, damit beide
Wunden sich decken und eine Verwachsung zwischen den
Wundrändern des Uterus und den Bauchdecken antritt Diesem
Vorschlage trete ich gern bei, denn er ist sehr plausibel und
man wird ihm nur den einen Vorwurf machen können, dass
man bei der Durchschneidung der Bauchdecken seitlich von
der weissen Linie eine viel dickere Muskelschicht durch*
schneidet und oft noch grössere Gefasse treffen kann, deren
Unterbindung die schnelle Vereinigung der Wunde behindert
Die Eisumschläge sind auch noch nicht so allgemein in
Anwendung, wie sie es verdienen. So viel ich weiss, werden
sie nui* von Kutan, Metz und Braun ganz entschieden
gleich nach der Operation angerathen, und soll man sie nach
ihrer Meinung so lange anwenden, als • sie die Wöchnerin
verträgt Meiner Ansicht nach verdienen sie im hohen Grade
eine allgemeine Beachtung und sind wohl im Stande, einer
Bauchfellentzöndung vorzubeugen. Die innerlich gereichten
Eispillen wirken sowohl prophylactisch als auch Ifaerapeutisch
gegen Uebelkeiten und Erbrechen und das so oft lästige
Schluchzen, die ^ sich nach Kaiserschnittsoperationen häufig
einzustellen pflegen, bald als Nachwirkung des Chloroforms,
bald wiederum als Vorläufer oder Begleiter einer Bauchfell-
entzündung oder endlich durch noch unbekannte Einflüsse
einer so wichtigen Operation auf das Nervensystem hervor-
gerufen. Die wohlthuenden Wirkungen der Eisumschläge, die
ich öfters bei traumatischen Entzündungen der grossen Gelenke
für Oebiirteliülfe in Bexlin. 97
erprobt habe« machen es nur begreiflich, dass ihre Anwendung
hier eher der Bauchfellentznndung vorzubeugen, als sie hervor^
zumfen im Stande ist, wie es wohl so Manche behauptet
baben. Auch in unserem Falle wurden sie gleich nach der
Operation in Anwendung gezogen und haben wir keinen Grund
gehabt, es bereuen zu müssen. Die Operirte vertrug sie vom
ersten Angenbücke an so gut, dass sie ihr unentbehrlich
wurden; legte man sie auch nur auf sehr kurze Zeit bei
Seite, so empfand die Operirte sofort Hitze, Brennen und
klagte Ober Sehroerzas, die nach dem Wiederauflegen der
Umschläge augenblicklich verschwanden. Dass es hier zu
keiner Bauchfellentztkndung gekommen ist, haben wir gewiss
am meisten den £isumschlagen zu verdanken. J)esgleichen
ftbftHi sie emen wolilthdtigen Einfluss auf die Unterhaltung
der Thätigkeit der Gebärmutter, zumal wir ihre Wu*kung in
dieser Beziehung durch das fleissige Ansetzen des Kmdes an
die Brust unterstützten, bis zu dem Augenbhck, wo wegen
einer schweren Erkrankung der Mutter dasselbe abgesetzt
werden musste. Zwar hätte man vielleicht annehme^ können,
dass der Gebrauch der Eisumschläge auf die schnelle Ver-
einigung der Wunde und den Wochenbettsverlauf nicht günstig
einwirken werde; dennoch aber vernarbte die Wunde ziemlich
schnell und die Wodienbettsfunctionen vertiefen normal, wie
wir es leicht aus der Gegenwart des stets reichlichen Wochen*
flusses^ der Milch in den Brüsten und der in vier Wochen nach
der Operation sich einstellenden Menstruation ersehen können.
Da man uns bei Gelegenheit der Mittheilung dieses Be*
richtes den Vorwurf gemacht hat, als hätten wir der Operirten
ohne Grund so oft Opinm gegeb^i und minder zweckmässig
ans eines die Zasammenziehungen der Gebärmutter herab-
stiaimenden Mittels bedient, so weisen wir den Vorwurf noch
einmal mit dem Bemerken zurück, dass wir hier das Opium
niemais ohne Anzeige verordnet 80 oft die Operirte unruhig
und empfindlich war oder nicht schlafen konnte, brachte das
Opium die beste Wirkung hervor und nur unter solchen
Umständen bekam sie es. Wie bekannt, haben wir ja auch
kein besseres MiUel, um den Kranken zu beruhigen, zu stärken
and Schlaf herbeizuführen, der nach so eingreifenden Operationen
gewiss sehr wohltbätig wirkt Andererseits brauchten wir den
MoiuUuehr. r. 0«burtak. 1861. Bd. ZVII., Hft. 2. 7
gg V. Verbandlnngen der GeselUcbaft
auf die Thäügkeit der Gebäi-mutter berabstimiuend wirkeodfii
£influ8s des Opium beim Gebrauch der Eisnmschlage uad
beim Ansetzen des Kindes an die Mutterbrast nicht zu
fürchten. Als ein sehr wichtiges Moment bei der Nach^
behandlung sehen wir das frühzeitige Herbeiführen von Stuhl*
ausieerungen an. Zu dem Ende empfelüen wir im Anfange
kalte oder gewöhnliche Klystiere und erst wenn diese sich
erfolglos zeigen Ricinusol oder eine einmalige grössere, etwa
zwei- oder dreigränige Gabe Calomel.
Es ist nämlich bekannt, dass die Frauen in den letzten
Monaten der Schwangerschaft wenig Bewegung haben und,
theils deslialb, tlieils aber auch in Folge des Druckes der
schwangeren Gebärmutter auf den Mastdarm, gewöhnlieh. an
Harlleibigkeit leiden; andererseits aber oft, ja fast immer
viel zu essen pflegen. Es ist daher klar, dass die in grösserer
Menge in den Gedärmen angehäuHen Kothmassen (obgleich
ein Theil davon vor der Geburt und besonders vor einer
so wichtigen Operation durch Klystiere entfernt wird) durcli
ihr längeres Verweilen zu Auftreibungen des Unterleibes,
Koliken, ja selbst zu einer Darmentzündung die Veranlassung
geben können; indem sie im besten Falle zu ifarei* Entleerung
übermässiger Anstrengungen der Bauchpresse benötbigen. Dass
man aber suchen muss, alles Dieses nach einer Kaiaerscfanitt*
Operation zu vermeiden, braucht wohl nicht erst bewiesen
zu werden.
Wie für eine jede Wöchnerin, so ist besonders für eine
Kaiserschnittoperirte ein geräumiges, luftiges, trockenes und
massig erwärmtes Wochenzimmer sehr wünschenswerth, wobei
natürlich eine sehr sorgfaltige Pflege der Wunde, ein reines
und gut gehaltenes Lager in Betracht kommen muss. Der
ersten Bedingung konnten wir beim besten Willen in unserem
Falle nicht Genüge leisten, da das dunkle, niedrige, feuchte
und kalte Wochenzimmer den nöthigen Anforderungen durchaus
nicht entsprach. Um so gewissenhafter erfüllten wir die
anderen Bedingungen, einmal mit Rücksicht auf die Wichtigkeit
des Falles und dann das Unvermögen der Operirten, die selbst
die geringste Nachlässigkeit unsererseits doppell so unangenehm
berührt hätte und Ursache der Verschlimmerung der Krankheit
werden konnte. Wir pflegten sie daher mit der grösslen
für Gebnrtflbfilfe in Berlin. 99
Sorgfalt und vertauschten anfangs and auch später wenigstens
emen Tag um den anderen das bereits unbequem gewordene
Wochenlager nnt einem frischen gut gemachten und massig
erwärmten, indem wir stets unser Augenmerk darauf richteten,
dass die Unterlagen rein und trocken seien. Auch wurde die
grösste Sorgfalt darauf verwendet, dass die Eisumschläge
weder die Wäsche noch die Betten nass machen konnten.
Unter dem Einflüsse welcher Schädlichkeiten die Rose und
die Gelbsucht entstanden seien, ist schwer zu entscheiden.
Wir wissen zwar recht wohl, dass die Veränderungen, welche
im Augenblicke der Geburt im Organismus des Weibes vorgehen,
fast in allen Organen Vorgänge herbeiführen, die ganz verschieden
TOD denen in der Schwangerschaft sind, besonders in den
Ctfterieibsorganen und der Haut, deren Thätigkeit im Wochen-
bette sichtlicb erhöht ist; allein alles Dieses reicht nicht hin zur
Erklärung dieser Erscheinungen. Gewiss scheint es nur, dass die
kalte und feuchte Wohnung zum Auftreten der Rose Veranlassung
gegeben haben mag, und das um so sicherer, als den Ausgangs-
punkt nicht die Wunde bildete und die Rose den ganzen Körper
mit Ausnahme der Wunde und ihrer nächsten, mit Heftpflaster-
Streifen bedeckten Umgebung durchwanderte. Andererseits aber
hat ein Katarrh des BTagens, des Zwölflingerdarmes und der
Gallengänge die nächste Ursache zur Entstehung der Gelbsucht
abgegeben. In derselben Quelle würden wir auch die Gutstehung
der Schwämme suchen, die bei Hagenkatarrhen geschwächter
und herabgekommener Individuen keine seltene Erscheinung sind.
In wie weit die von uns gebrauchten Mittel passend
gewählt waren und zur Herbeiführung des giinsligcn Ausganges
beigetragen haben, wäre wohl schwer zu beweisen. So viel
sieht indessen fest, dass sowohl der Gebrauch des Chlorkali
als auch der China -anfangs . in Verbindung mit Wein und
später mit Säuren streng wissenschaftlich angezeigt war und
dass sie der Kranken besser bekoinmen sind als andere mehr
energische oder vermeintliche specifische Mittel, die sie nur
noch mehr geschwächt oder in den erkrankten Organen eine
üodk grössere Reizung hervorgerufen hätten.
Noch wiH ich erwähnen, dass das Kind wohlgebildet
und ausgetragen war und dass alle seine Durchmesser die
eines von gewöhnlicher Grösse im normalen Termine geborenen
7*
100 V. Verhandlungen der Oesellichaft
Kindes waren. Das Becken der Operirten haben wir in
Gemeinschaft mit Herrn Collegen Konitz untersucht und
gefunden, dass nicht nur der gerade DurchAiesser des
Beckeneinganges um die Hälfte kürzer ist als im Normal-
zustände, sondern dass auch die Conüguration des Beckens
in Folge der uberstandenen Rhachitis und die dadurch ver*
ursachte gehemmte Ausbildung einiger sie zusammensetzenden
Knochen, eine bedeutende Veränderung erlitten hat Das linke
Hüftbein liegt etwas höher als das rechte, ist zugleich flacher
und schmaler; die vordere Fläche des Kreuzbeins ist mehr
nach links gewendet und dem linken Hudbeine mehr genähert,
weshalb auch der linke Kreuzbeinflugel gleichsam verkfimmert
erscheint Das Becken gehört also in die Reibe der sdiiefen
asymmetrischen mit einer sehr bedeutenden Verengerung* in
der Richtung des geraden Durchmessers des Beckeneinganges.
1) Der linke vordere obere Huftbeinstachel liegt am l" ^'*'
höber als der entsprechende rechte.
2) Die Länge des Kreuzbeins beträgt 4" 3"'.
8) Der Abstand des einen vorderen oberen Hüftbeinstachels
vom andern misst 9".
4) Die Entfernung zwischen den beiden Hüftbeinkftmmeny da
wo diese am weitesten von einander abstehen, 8" 8'".
6) Der Abstand swischen den grossen Bollbägeln der Sehenkel-
beine 11" 3".'.
6) Der «gerade Durchmesser der Beckenenge, von der Spitse
dos Kreuzbeins zum unteren Rande der Schoossfnge, 3" 8"'.
7) Der gerade Durchmesser des Bcckenausganges, von der
Spitze des Steissbeins bis zum Scheitel des Schooas*
bogens, 2" 9'".
8) Die Entfernung vom rechten Sitzknorren zum linken oberen
und hinteren Huftbeinstachel, 8"; vom linken Sitzknorren
zum rechten hinteren Huftbeinstachel 7" 4'".
9)* Die Entfernung vom rechten vorderen oberen HQftbeln-
stachel zum linken hinteren oberen 7" 9'"; dieselbe Ent-
fernung auf der andern Seite 7".
10) Die Entfernung vom. Stachelfortsatze des letzten Lenden-
wirbels zum vorderen oberen Huftbeinstachel rechterseits
6" 10*'; linkerseits 5" 6'".
11) Die Entfernung vom rechten grossen Rollhfigel zum linken
hinteren oberen Huftbeinstachel 9'' ^'"\ des linken Boll-
biigel vom rechten Huftbeinstachel 8" 8'".
12) Die Entfernung von der Mitte am' unteren Rande der Schooss-
fnge zum hinteren oberen Huftbeinstachel rechterseits 6";
linkerseits 6" 3'".
mr Gebnrtshülfe in Berlin. IQl
In Statistischer Beziehung wiU ich noch bemerken, dass
das der erste Kaiserschnitt ist, der im Königreich Polen mit
glöcldicbem Erfolge gekrönt wurde. —
Herr Virchow legt der Gesellschaft ein ihm von Professor
Hohl zur Untersuchung übersandtes Präparat einer
Zwillingsmissgeburt vor.
Beide Früchte waren in ihrer oberen Halfle normal ge-
bildet, indess von der Nabelgegend abwärts fand sich eine
vollständige £ventration hervorgerufen durch Fehlen der
v<Nrderen Bauch- und Beckenwände, welche durch eine Blase
ersetzt waren, die unmittelbar von den Früchten zur Placenta
verlief und die Nafoelgefasse in ihren Wandungen einschloss.
Vielleicbt sdion bei der Geburt zerrissen. Hess sie sich am
Präparate nur in ihren Rudimenten nachweisen und machte
Herr Virehotv namentlich auf eine grosse Zalil plastischer
Neubildungen aufmerksam, die als dünne Fäden und Balken
auf einen stattgefundenen entzündlichen Process hindeuteten
und durch Einschnürungen der Organe, an die sie sich hefteten,
roanmchfache Verbtldungen derselben herbeigeführt hatten.
Eine nähere Beschreibung können wir nicht liefern, da sie
Herr HoM sich vorbehalten hat.
Herr Hof mey er legte eine längliche wallnussgrosse
Geschwulst vor, die er bei einer älteren Jungfrau exstirpirt
hatte, da sie aus den Geschlechtstheilen heraushängend,
Patientin sehr beunruhigt hatte. Herr Hofmeyer hielt sie"-
für einen Polypen der hinteren Muttermundslippe.
Herr Virchow hingegen erklärte das Präparat für die
lÜDtere Mutterroundslippe selbst und gab an, dass diese öfter
durch abnormes Wachsthum sich so beträchtlich verlängere
uod dabei an der vorderen gleichsam herabgleite, dass sie
rnsseUormig bis zum Seheideneingange und darüber hinaus
herabrage und den Namen „col de tapir'' erlangt habe.
Dass es nicht als (olyp aufzufassen sei, sehe man auch an '
diesem Präparate, da die Schldmhautfalten des Cervicalkanals
auf der einen Seite dieser Geschwulst deutlich zu unter-
schaden seien.
102 V. Verhandlnogen der Gesellschaft
Herr Wegsckeider gab der Geseilscbaft eine Idiendige
SchilderuDg der Naturforscherv«*sainin]ung in Königsberg und
theilte n<imentlich die in der gyiiakologischen Abtheilung ge-
pflogenen Verhandlungen im Auszuge mit.
Sitzung vom 18. November 1860.
Herr Abarbanell referirte fiber eine
Inversio uteri durch einen Polypen veranlasst
Vor mehreren Monaten besuchte er in Gesellschaft eines
Freundes, des Dr. Schlesinger in Luckenwalde, eine Patientin,
die bereits seit einiger Zeil wegen heftiger Gebärmutter-
blutnngen die ärztliche Hülfe desselben in Anspruch genommen
hatte. Frau K,, 45 Jahre alt, früher stets gesund und
ziemlich kräftig, hatte vier Mal, das letzte Mal Yor acht
Jahren, geboren und in den beiden letzten Jahren Unregel-
mässigkeiten der Menstruation bemerkt. Die Ausscheidungen
wurden reichlicher und von heftigen ziehenden Schmerzen in
der Gebärmutter und Kreuzbeingegend begleitet. Patientin
war durch die profusen ßlutungen, die in letzter Zeit ein-
getreten, in einem äusserst anamischeu Zustande; bei der
Untersuchung per vaginam fand sich eine faustgrosse Geschwulst
aus dem Cavuni uteri herausrageud, von glatter Oberfläche
und ziemlich fester Consistenz, die von den Muttermundslippen
fest umschlossen war und .die Höhle des Uterus so wie die
Scheide ganz ausfüllte. Da es sich hier um einen fibrösen
Polypen handelte, der durch die Operation beseitigt werden
musste, so wurde diese beschlossen, indess einige Zeit ver-
schoben, da Patientin zu der Zeit gerade sich in einem Zu-
stande äusserster Schwäche befand. Vierzehn Tage später
wurde Dr. Schlesinger eiügst zur Kranken gerufen und fand,
dass unter heftigen wehenartigen Schmerzen bei massiger
Blutung der Polyp bis vor die äussergi Geschlechtstheile
herabgeirieben war und die Gebärmutter vollständig invertirt
halte. In einer leicht zu Stande gebuchten Chloroforni-
Narcose amputirte er denselben mit Zurucklassung einer dfionen
Schicht des Stieles am Fundus uteri, worauf sich der Uterus
ffir Gebnrtobülfe in Berlfn. 103
scbnen selbst reponirte. Schon nach mehreren Wochen ^ar
die Kraoke im Stande, das Bell zu verlassen und ihren Be*
achäfügongen nachzugehen.
Die mikroskopische Untersuchung des Flbroids, welches
Herr ÄbarbaneU der Gesellschaft vorlegte,' ergab Binde*
geWebsfasem, welche sich in unregelmässigen Zögen durch-
kreuzten und zahlreiche Muskelfasern.
Herr Martin sprach:
üeber verschiedene Metboden der Verkleinerung des
Kindskopfes bei der Geburt.
Die Verkleinerung des Kindskopfes sei eine der ältesten
gebnrtshülflichen Operationen, deren Nothwendigkeit indess
im vorigen Jahrhundert mehr und mehr in Frage gestellt und
namentlich von Oslander ganz geleugnet sei, doch habe die
neuere Zeit Ihre Berechtigung wieder anerkannt und aus ihr
stammen die jetzt allgemein gebräuchlichen Instrumente und
Metiioden, -deren Schilderung und Kritik Gegenstand seiner
Besprechung sein sollte.
Im Allgemeinen könne man alle die dahin einsdilagenden
Operationen in zwei Classen theilen. Die eine Reihe bereite
nämlich die Verkleinerung nur vor und bedürfe dann weiterer
Verfahren, um sie wirklich herbeizuführen; die andere indess
strebe direct nach der Verkleinerung.
Zu der ersteren gehöre die Perforation, denn diese
bewirke nur die Eröffnung der Schädelfaöble, bedürfe dann
aber eines weiteren Momentes, um die Verkleinerung wirklich
zu Stande kommen zu lassen. Diese könne nun in gunstigen
PäHen freilich durch die treibende Kraft der Wehen herbei-
geführt werden, da die Verhältnisse indess meist nicht so
gfinstig seien, so müsse entweder die Extractiou mit der Hand
oder die Application der Zange, scharfer Haken u. s. w. folgen,
um den Kopf durch den Beckenkanal zu zwingen und dadurch
die Verkleinerung herbeizufuhren. Der Hauptzweck sei somit
dem Gdrirne möglichst freien Ausfluss zu verschaffen und
die Perforattonswunde deshalb so gross wie möglich anzulegen.
Er spreche deshalb den trepanförmigen Perforationen den
Vorrang vor den scheerenförmigen zu, denn während letzlere
nur in den Nähten erfolgreich verwendet werden könnten
104 V. Väiiiandlimgeii der Oeaellichaft
I
and immer scharfe Rnochenrander an der Wtiilde harvor-
brächten, liesse sich der Trepan auf jede beliebige Stelle
appliciren und bringe leicht eine beträchtliche OefliiuDg zu
Stande. Herr Martin empfidhh das von ihm der Gesellschaft
vorgelegte treftanformige Perforatorium (nach Weszekf» Angabe
gefertigt), welches durch eine Verdünnung des Stieles unter-
halb der Trepankrone eine freiere Beweglichkeit im Scheiden-
eingange gestattet und somit das nothwendige senkrechte
Aufsetzen des Trepans auf den Schädel bedeutend erleichtert.
Demnächst legte Herr M. die von van Huevd an-
gegebene Forceps scie vor und veranschaulichte durch eine
fingirte Anlegung an den Kindskopf die zwar etwas umständ-
liche, aber, einmal eingeleitet, dann auch entschieden eriblg-
reiche Operation, da bei günstiger Stellung der Kopf in zwei
ziemlich gleiche Stücke zerschnitten, bei ungünstiger indess
immerhin ein Segment des Schädels abgesägt wird, wetehes
oft schon hinreicht, die Extraction möglich zu machen.
Diese kann indess mit dem Instrumente selbst nicht vollführt
werden. Die Form der Zange dient nur, den Kopf genau
zu umfassen und der Säge den richtigen Weg anzugeben.
Ist die Zerschneidung vollendet, so mnss das Instrument
entfernt und die Entwickelung der beiden Hälften mit einer
eigenen Knochenzange bewirkt werden, die ähnlich den ge-
bräuchlichen fi^fein'schen Zangen construirt ist.
Um die Extraction mit dem die Zertrümmerung be-
wirkenden Instrumente sofort ausführen zu können, habe
Dr. Cohen eine starke Zange construhrt, von ihm perforirende
Kephalotribe benannt, deren Griffe nach Art der Kephalotriben
durch eine Schraube genähert werden und bei deren Schliessung
von der Innenfläche der Löffel zwei starke Messer in den
gefassten Kopf eindringen und alles zwischen ihnen Befindliehe
zerschndden. Herr M. legte das betreffende Instrument vor,
setzte indess daran aus, dass durch diese Messer der Kopf
zwischen den beiden Blättern so fixirt werde, dass er auch
nicht die kleinste Drehung in ihnen zu machen im Stande sei.
Noch eine neue Methode der Schädelverkleinerung, die
Simpson angegeben und mit dem Namen Cranioclasma be-
zeichnet hatte, müsse hier erwähnt werden. Da nämlich bei
dem älteren Verfahren der Perforation nach der Eröfiiiung
für QeburtBhalfe in Berlin. 105
des Schädels die El^ctraction einzelner. Knochen mit der
Knochenzaiige leicht zu bedenkiiclien Lasionen der Scheide
Veranlassung gebe, so suche Simpson nach angelegter Per-
foraüiNDSwunde darch diese mit einer Zange so in den Schädel
zu gdangeDy dass er innerhalb der Schädelbedeckungen einen
angrenzenden^ Knochen erfasse. Statt diesen aber hervor*
zuziehen, suche er ihn nur aus seinen Verbindungen aus-
zurenken und wiederhole diese Operation an allen den Knochen,
die er auf diese Weise erreichen könne. So verwandele er
allmälig den festen Kdpf in einen weichen Sack, gebildet von
der Kopfhaut, in welchem die Kopfknochen beweglich umher-
liegen und schütze durch diese Umhüllung die mütterlichen
Theile bei der nachfolgenden Extraction gegen jede Ver-
letzung. Herr Martin billigt dies Verfahren vom theoretischen
Standpunkte aus vollkommen, hegt aber das Bedenken, ob
bei einigermaassen fester Bildung des Schädels die Luxation
so leicht zu bewerkstelligen sein mOchte.
Herr M. ging nun zur Kephalothrypsie über und legte
den von ihm gebrauchten Kephalothryptor vor, der im
Wesentlichen den neueren Instrumenten nachgebildet ist, nur
bebttfe einer grösseren Raumersparniss eine einfachere zer-
legbare Schrauhenvorrichtung fuhrt, um bequemer in die
geburt^ölfliche Instrumententasche zu passen.
In Bezug auf die Operation der Kephalothrypsie stimmt
Herr M, mit den billigenden Urtheilen der meisten deutschen
Geliurtsheifer überein. Er verkeime nicht, dass das Instrument
die Gefahren der Zange theile, dass die Ränder der LöGfe]
Läsionen der Mutter veranlassen könnten, dass in einzelnen
FäSen die ExtracUen mit dem bereits festgeschraubten In-
strunaente nicht gelinge, doch entkräftet er diese Vorwürfe
durch die Weisung, die Anlegung recht sorgfaltig vorzunehmen,
den Kopf nicht in einer noch zu hohen und beweglichen
Stellung zu erfassen, so dass man nicht genöthigt sei, die
Zusammendrüekung und Exti*action im ungünstigsten Durch-
messer auszuführen. Er habe die Erfahrung gemacht, dass
der Kephalothryptor, an den zuletzt kommenden Kopf gelegt.
ui^eich schonender wirke, als bei der Schädeistellung und
ratbe deshalb, den Kephalothryptor nur dann in den vor-
liegenden Kopf anzulegen, wenn dieser schon fest im Becken
106 V. Verhandlungen der Geaellschaft etc.
stehe. Liessen es die VerhältDisse nur irgend zu, 6o ziehe
er unbedingt vor, erst die Wendung zu machen und* dann
den Kephalothryptor anzulegen.
Um schliesslich noch einmal sein ürtfaeil ober die an«*
gegebenen Methoden zusanmienzafassen, so erkUre er sich
für den Kephalothryptor n
1) bei zuletztkommendem Kopfe,
2) bei feststehendem vorliegendem Kopfe nach geschehener
Perforation, wenn die Möglichkeit der Luxation nach
Simpson^s Vorschlage zweifelhaft sein sollte.'
Für letztere indess bei todten und schon in Zersetzung
Obergegangenen Kindern.
Herr Ebert erwähnte, dass er häufig die Kephalothrypsie
ausgeführt habe; dabei habe er allerdings oft gesehen, dass
bei der Extraction der Kephalothryptor sich mit dem Kopfe
gedreht habe, so dass er sogar bis in den geraden D.urch-
messer gelangt sei, eine Drehung des Kopfes im Kephalo*
thryptor habe er indess nie beobachtet. Herr M, habe nun
bei dem Coken*schen Instrumente ausgesetzt, dass es die
Drehungen des Kopfes hindere und könne er diesen Vorwurf
nicht recht einsehen.
Herr M, entgegnete hierauf, dass er bei Anlegung des
Kephalothryptors nach geschehener Perforation häufig beobachtet
habe, dass die Perforationswunde während der Zusamnien-
schraubung des Instrumentes aus ihrer ursprünglichen Lage
weiche und an einer oder au der anderen Seite des Schädels
in die Höhe gehe. Diese Drehung habe er im Sinne gehabt,
eine weitere bei fest geschlossenem Instrumente, so wie in
der Zange sei allerdings unmöglich. Auch tadle er an dem
Cohen*schen Instrumente, dass wenn es 'Uöthig wäre, die
Lage desselben zu ändern, die Abnahme schlecht zu bewerk-
stelligen sei.
VI. V. Sißboldf Fall Von to gftnalloher Verbrennung etc. 107
VI.
Fall von so gftnzUcher Verbrennmig eines Neu-
geborenen» dass nur wenige Knochen
ttbrig geblieben«
Bes^niachtet
Bdaard tchi Siebold.
Vorerinncrung.
Die Fälle« in wdchen Mütter nach verbeimlichter Schwanger*
fchaft und Geburt sicli ihrer geborenen Kinder dadurch zu
entäusseru gesucht, dass sie dieselben der Gewalt des Feuers
aussetzten, gehören zu den sehr seltenen. Bei der auf diese
Weise bewirkten gänzlichen Vertilgung und Zerstörung des
Corpus delicti ist die Entscheidung so mancher Fragen» die
beim Kindermorde aufgeworfen werden müssen, sehr schwer
oder geradezu uimiöglich : es fehlen dem Arzte die wichtigsten
Anhaltepunk te, so dass er für seine Behauptungen den nöthigen
Beweis nicht herbeibringeu kann. Ob ein Kind lebend oder
todt den Flanunen überliefert worden sei, darüber wird der
Arzt keinen Aufschloss geben können; denn aus den wenigen
üebeAleibseln des Kindes, welches das Feuer nicht ganz
zerstört hat, kann diese Frage nicht beantwortet werden. Zu
Vermuthungen bleibt freilidi in diesen Fällen ein weiter
Spietraum; allein mit sofehen ist den Gerichtshöfen nkht gedient,
wekbe sichere und bestimmte Antworten verlangen. Mag
sich auch den Aerzten nach der Durchlesung solcher Acten,
nach den Ergebnissen der riditerlichen Verhöre, nach der ge-
woDoeoen Einsicht der ganzen Individualität der Inculpatin u. s. w.
eine moralische Uefoerzeugung über diesen oder jenen fraglichen
Punkt herausgestellt haben: sie muss dem Mangel des Beweises
weichen und darf in keiner Weise geltend gemacht werden.
In diesen angegebenen Beziehungen stehen wir nicht an,
einen Füll hiermit der Oeffentlichkeit zu übergeben, welcher
das eb<»i Ausgesprochene bestätigen soll; ähnliche Fälle kommen
in der gefiebtsärstlichen Praxis nur äusserst selten vor, wie
10^ VI, v.Sieboldj Fall von so ic^otl^cber Verb renn ang
denn überhaupt die Verbrenoung als Todesart Neugeborener
kaum in den Lehrbüchern der gerichtlichen Medicin aufgezahlt
wird, obgleich schon der alte treffliche Chr, G. Büttner in
seiner «^Vollständigen Anweisung, wie ein verübter Kindermord
auszuniitteln. Königsb. und Leipz. 1771. 4." pag. 3 dieser
Todesart Erwähnung thut.
Hinsichtlich der in unserem Gutachten nothwendig ge>
wordenen Untersuchungen der wenigen übrig gebliebenen
Knochen machen wir auf eine schätzbare Untersuchung von
Ollivier (d* Angers) aufmerksam: Des inductions qu'on peut
tirer du seul p^amen des os du foetus (Annal. d'byg. publ.
et de medec. 16g. 1842, Avril). — Aehnliche Fälle, wo blosse
Knochen von Kindejn Gegenstand gericbtsärztlicher Unter-
suchungen waren, s. bei Büttner a. a. 0., p. 151, und ia
Henke's Zeitschrift, 32. Ergänzungsheft, 1843, p. 215. In
beiden Fällen rührten aber die Knochen nicht, wie in unserem
Falle, von verbrannten Kindern her, sondern bildeten die
Ueberbleibsel solcher, welche vor längerer Zeit in der Erde
verscharrt waren und den Verwesungsprocess bis anf die
Knochen durchgemacht hatten.
Noch wollen wir bemerken, dass als andere eben so
seltene Art von Verniditung des ganzen kindlichen Körpers
das Aufgefressenwerden desselben von Schweinen u. s. w. an-
gesehen werden muss. Es gilt in Beziehung auf das ärztliche
Urtheil über solche Fälle dasselbe, was wir oben von der
gänzlichen Verbrennung ausgesprochen haben. Einen solchen
Fall lesen wir in der Gazette des tribunaux, 1840, 27. Februar.
„Die Wittwe Saiüot hatte im November 1839 heimlich
geboren und gleich darauf das Kind zwei Schweinen vor*
geworfen, welche dasselbe bis auf einige Fragmente des
Schädels aufgefressen hatten. Die Thai ward bald nichbar
(ind am 3. November begab sich das Gericht nach der Wahnung
der SaiUot, untei*suchte den Schweinestall, fand jene Schädel-
reste und Hess die Thiere schlachten. Man fand in ihrem
Hagen die Ueberreste des kindlichen Körpers und namentlich
die Lungen. Ein Arzt, Namens Anquetin, legte letztere in
einen Eimer mit Wasser, um sie zu reinigen und bemerkte,
dass dieselben schwammen. Bei wiederholten Untersuchimgeo
gewann er dasselbe Resultat und schloss nun daraus, dass
eine« Neiigebor«nen, das» nur wenige Knochen etc. 109
4aft Kind nach der Geburt gelebt babe. Am andern Tage
bealätigte ein anderer Arzt dasselbe Urtheil und beide folgerten:
1) dass die Fragmente und Stucke de» Fötus einem reifen
Kinde angehörten; 2) dass dasselbe lebensfähig geboren worden'
sei; 3) dass das Kind geathmet habe, dass aber did Respiration
und folglich auch das Leben nur von kurzer Dauer gewesen sei.*"
Wir enthalten uns jeder weiteren Bemerkung über diese
,, interessante Thatsache für Medicina forensis", wie der Fall
in Froriep'^ ^k>tizen, MSrz 1840, p. 288 bezeicbriel ist;
imd verweisen auf das treffliche Urtheil von Klose, welches
derselbe über diese „medicinische Gaskonade'' in der preuss.
medic. Zeitung, 1840, No. 86 gefallt hat'. Dagegen müssen
wir noch anfuhren, dass auf jene unverantwortlichen Be-
hauptungen der Aerzte hin die Jury die Inculpatin für schuldig
erklart und der Gerichtshof dieselbe zu „Travaux forces'*
auf lebenslang verurtheilt bat!
Ein Vergleich mit dem Rechtsausspruch unseres deutscheu .
Gerichtshofes in dem gleich näher anzufahrendem Falle mit
dieser französischen Criminalsache giebt gewiss zu ernsten
Betrachtungen Veranlassung, welche der französischen Justiz
wahrlich nicht zum Vortheil gereichen werden.
Den • von uns begutachteten Fall lassen wir nun folgen
und leiten denselben ein mit einer kurzen
Geschichtserzählung.
Den 28. April 1860 ward zu Z. in der Gosse neben
dem R, Hanse eine Nachgeburt gefunden; der Verdacht einer
heimlichen Gebtdrt fiel auf die in dem Hause dienende Magd
Henriette P., 23 Jahre alt, auf deren Kammer unter einem
Kofler em blutiges Hemd und neben dem Koffer eine schwarze
Masse, welche sich als Kindespech (Meconium) auswies,
entdeckt Wurde. Bei näherer Nachforschung und angestellten
Verhören der P. gestand dieselbe, in der Nacht vom 25. — 26.
geboren zu haben; die eigentlichen Wehen hätten am 26. ftvdi
5 Uhr begonnen und über ehiem Eimer in der Küche sitzend
habe sie das Kind gdlioren, welches todt gewesen sei. Sie
babe es erst in ihre Kammer getragen, in Tücher ein-
gewickelt auf den daselbst befindlichen Koffer gelegt, dann
nach ehier Stunde es wieder in die Küche getragen, es da
110 VI. V. SUboldt Fall ▼oti so gftnslieher Verbreiiii«ag
unter dem eingemaaerten Kessel deponirl, das Kind dum
noch einmal denselben Abend in ihre Kanuner gebracht, und
es am Freitag den 27. früh wied^ in die Köche getragen,
^es in den Ofen der R. Wohntsube gesteckt and es daseHbst
durch ein laogeroachies und wohl unteriialtenes Feuer ver-
brannt Nachsuchungen liessen- auch die uhrig gebliebeneo
Knochenreste des Kindes auffinden, welche gesammelt und
den Sachverstandigen zu weiterer Beurtheihmg vorgelegt wurden.
Diese Knochen waren theils noch bestimmbar, theils bildeten
sie bröckliche mit Asche vermischte Fragmente, die nicht
weiter erkennbar waren, lieber den AJ)gang der Nachgeburt
berichtete die P, , dass dieselbe am Donnerstag firöh (26. April),
nachdem sie das Kind in ihre Kammer gebracht und wieder
in die Küche gekommen, von ihi* gegangen, nachdem sie sich
wieder auf den Eimer gesetzt. Sie schattete hierauf den
Inhalt des Eimers in die Gosse unter dem Kächenfensto*,
wo er dann gefunden wurde. Der Strang, an welchem das
Kind mit der Nachgeburt verbunden, ist nach ihrer Aussage
von selbst losgegangen. Bei dem starken Feuer, welches
die P, den ganzen Tag hindurch im Ofen unterhidi — es
wurden Bolzen zum Plätten der Wäsche heiss gemacht —
war das Kind am Freitag Abend gftnzlich verbrannt, wie
die P. angab.
K. Amtsgericht zu Z. sah sich veranlasst, nachdem die
dortigen Gerichtsärzte bereits ihr Gutachten abgegeben, unter
Einsendung der Acten und der Ueberreste von Kindesknochen
das hiesige Amtsgericht unter'm 22. Mai d. zu ersuchen,
durch eine von einem Mitgliede der hiesigeu me.dicinischen
Facultät einzuholende Begutachtung näher feststellen zu wollen,
wie weit das ?on der Beschuldigten geborene Kind ausgetragen
gewesen, ob nach dem Umstände, dass sich in der Kammer
der Beschuldigten Kindespech gefunden und nach den AngdMm
der Beschuldigten über den Act der Geburt sieh für das
Leben des Kindes Schlüsse ziehen lassen.
Unterem 25. Mai übei^gab der Duterauchungsrichter des
K. Amtsgerichtes dahier mir die Acten und die dabei befindliche
Schachtel mit den fraglichen Kindesknochen mit der Auf*
forderung, mich der Begutachtung des Falles zu imterziehen,
was ich in Folgendem gethan habe.
•ine^ Heageboreoeo, das*, oar wenige Knochen eto. 1X1
Gutachten.
Der AuffbrderuDg u. s. w., caein Urtheil über die vom
IL Affitsgerichlc zu Z. vorgelegten Fragen 'abzugeben, verfehle
ich nicht nachzukommen. Die Fragen selbst sind folgende :
1) Wie weit das von der Beschuldigten geborene Kind
ausgetragen gewesen?
2) Ob nach dem Umstände, dass sich in der Kammer
der Beschuldigten Kindespech gefunden und den Angaben
der Beschuldigten über den Act der Geburt sich für
das Leben des Kindes Schlüsse ziehen lassen?
Ad 1. Zur Beantwortung der Frage über die Zeit, wie
lange ein geborenes Kind von der Mutter getragen wurde,
ob es daher bei semer Geburt als ein ausgetragenes anzusehen
sei oder nicht, ob es in letzterem Falle zu den lebensfähigen
zu rechnen oder nicht, stehen .dem Sachverständigen in ge*
wöholiehen Fällen zwei Anhaltpuuj^te zu Gebote, Der £ine
gründet sich auf die Aussagen der Mutter, wann sie schwanger
geworden» um welche Zeit sie zuerst Kindesbewegung gefühlt,
ob sie bestimmte Veränderungen an ihrem Unterleibe bemerkt,
als: Senkung d^ Bauches, welches der Erfahrung nach mit
mit dem Anfange des letzten (zehnten) Mondsmonates sich
einzust^en pflegt Es ist dieser Weg freilich ein unsicherer,
da der Sachverständige, nur auf die Worte der zu Unter-
sochenden angewiesen ist, welche oft sowohl mit Absicht die
Wahrheit' verhehlt, als auch willenlos als Unerfahrene Falsches
berichtet und dah^r jeder Glaubwürdigkeit ermangelt Der
. zweite Anhaltpunkt ist das geborene Kind, welches in Bezug
auf die Zeichen, die charakteristisch genug die Ze-it der
verflossenen Schwangerschaft angeben, zu prüfen ist Der
Sachverständiga benutzt daher die Resultate dieser zweiten
Untersuchung zur Bestätigung, Berichtigung oder zur Wider-
legung des von der Mutter Ausgesagten, und es führt ihn
gerade dieser zweite Weg sicher zum Ziel, da er es hier -mit
der Natur selbst zu thun hat, die nach bestimmten fest-
stehenden Normen die Ausbildung des Kindes allmälig. der
Reife entgegengefahrt, was siph, es mag letztere erreicht sein
oder nicht, an gewissen Kennzeichen des kindliehen Körpers,
an Gewicht, Länge, Verhältnisse der einzelnen Kindestheile zu
einaader u. s. w. erkennen iässt.
112 ^* v.Siebcldf Fall von so gänslicher Verbrennimg
Nun sind wir aber in vorliegendem Falle in dieser lebsteren
Beziehung nur auf die Untersuchung weniger Knochen als die
einzigen Ueherreste' der stattgefundenen Zerstörung des kind-
lichen Körpers beschränkt, die noch dazu der Einwirkung
heftigen Feuers ausgesetzt mehr oder weniger zerstört und
zerbröckelt, ja selbst in ihrer Gestalt verändert uus yorUegea,
so dass nur der kleinste Theil erkannt und f&r bestimmte
Knochen erklärt wei*den ka&n. Es wird sich aber dennoch
ein Urtheä aus diesen Knochenresten bilden lassen, da die
Eutwickelung des kindlichen Skelets mit dem Wachsthume
der weichen Körperlheiie gleichen Schritt halt und vor allen
die Erfahrung, der Vergleich mit Kinderskeletten, deren Alter
man bestimmt kennt, zu Hülfe kommen kann.
Es sind uns in der bei den Acten angeschlossenen
Schachtel zwei Packete, Knodien enthaltend, vorgelegt worden
und zwar haben die begutachtenden Aerzte diese zwei Packete
gesondert: in blauem Papier mit der Ueberschrtfl „Untersuchte
Knochen'' befinden sich die pag. 70 Actor., von den Aerzteo
richtig bestimmten Knochen. Das zweite Packet, in grauem
Papier, ist übei*schrieben : „Nicht bestimmbar'' und entbätt
die grossere Zahl der Knochenreste. Unter den von den
Aerzten bestimmten Knochen befanden sich zwei Rölu^n»
knocben und die Pars petrosa des ein^ Schlafenbeins.
Vom Packete No. 2 haben wir als erkennbar noch ge-
sondert und in röthliches Papier eingewickelt, dem wir die
Ueberschrift gaben „nachträglich bestimmte Knochen''. Es
sind folgende:
1) Das andei*e Felsenbein. 2) Ein Stück Keilbein. 3) Die
Pars basilaris des Hinterhauptbeins. 4) Fragment eines
Os ilium. 5) Eine halbe Ulna. 6) und 7) Zwei Reste der
Schenkelbeine und zwar der unteren Theile. 8) Einen Reftt
^s oberen Theils eines Schenkelbeins. 9) Das untere Ende
eines Oberarmknochens.
Vergleichen wir die einzelnen KnochenstcKcke mit uns
vorgelegten Kinderskeleten, deren Alter uns genau bekannt ist,
wie wir solche unserer Sammlung entnommen haben, so ent-
sprechen sie nicht den Knochen vollkommen ausgetragener
Kinder, dagegen sind sie entwickelter, als die gleichem Knochen
au siebenmonatlichen Kindern, und wenn wir auch annehmen
Hettfeboreneni dast nar wenige Knoehen eto. 113
I, dass sie durch die ffinwirkmig des Feuers an ihrem
DmCuige etwas yerioren haben, indem sie poröser geworden
and, so stimmen sie immer noch mit den Knochen derjenigen
Kinder llberein, welche sich am Ende des achten und Anfang
des neunten (Monds^) Monates befinden: somit hätte das Kind
die 32. Woche Aberschritten und wärde demnach, wenn auch
nicht zu den au^fragenen, doch %u. den lebensOhigen Kind«m
su reduQO^eki.
w4& diel$^T Annahme, das Kind sei vor dem gesetz*
mitesigen Ablaufe der Schwangerschaft zur Welt gekommen,
(maami auch die Beschaffenheit des yorgefundenen Mutter-
knchens überein« S. pag. 11 act Bei der yerschiedeoartigen
Gestalt des Mutterkuchens können wir auf seine Durchmesser
päd Peripherie kein Gewicht legen: dagegen lehrt die Er-
fehrung, dass die Mutterkuchen ausgetragener Kinder gewöhnlich
1 bis IVtPfnnd Gewicht betragen; die Schwere des Mutter-
kttdiens quaest betrug 7 Neuloth 6 Quint, was circa '/« Pfund
ausmacht; somit stimmt das Gewicht dieses Gebildes ganz
mit dem derjenigen Placenten ikberein, welche sich bei nicht
ausgelragenen Kindern finden. Da die Biklung des Mutter-
kuchens eine sehr verschiedene ist, so gewährt seine Be-
trachtang allem zwar nicht die Sicherheit, aus derselben die
Zeit, wie lange das Kind getragen, zu bestimmen: jedenfalls
zeigt aber der in Rede stehende Mutterkuchen, dass das
Kind, dem er angehörte; weit über die Hälfte der Schwanger-
schaft im Mutterleibe getragen, wenn auch nicht ganz um
die gesetzmässige Zeit geboren worden sei.
Vorstehend haben wir demnach den einen Weg verfolgt,
um die uns vorgelegte Frage, wie weit das Kind quaest aus-
getragen gewesen, zu beantworten, und mussten nach den
Torgefundenen noch erkennbaren Knochen die Zeit, in welcher
das Kind geboren, auf das Ende des achten oder den Anfang
des neunten (Monds-) Monates feststellen, welcher Annahme
anch die Beschaffenheit des Mutterkuchens nicht widerspriöht
Vergleichen wir damit 2. die Aussagen der Mutter, so
sind wir hier von jedem auch nur annäherndem Urtheile
vcriassen, indem diese selbst über den Termin der begonnenen
Schwangerschaft durchaus nichts Bestimmtes verkünden kann,
lf«uiMC(kr.f.Q«tarttk. 1861« Bd. ZVXL, Hft. 3.* B
114 '^' ^»BMoldt Fall voa so g%nili«faar VerlnrteMUig
und das, was sie darftber «}giebt;.in au greUem WiAerspmd»
mit Dem steht, was in Bezug* auf die Bescbaffenbeit des
geboreDen Kind^ aus den vorgelegten Knochen geschlossen
werden muss. i&iebt sie doch immer an; dass sie erst seh
8 bis 12 Wochen ihre Periode verloren habe; pag. 6 und
40 act. Wir sind hier auf ein paar Angaben des ScbwSngerers
«igewieseo, welcher pag. 53 and 68 aussagt: ,^Seit einem
halben Jahre oder etwas länger habe ich laicb mit ihr ab-
gegeben"^, und wenn wir auch dem GedS^tnisse der Leute
solchen Standes nieht viel zutrauen können, so geht doch
so viel aus diesen Angaben herror, dasft eine geraume Zeit
▼or dem Vorgeiallenen eine fleischUbhe Vermischung statt«*
gefunden, wie denn auch Inquisitin selbst pag. 40 sugestebt,
dass sie sich vor nicht ganx %' Jahren mit ihrem Liebhabei;
näher eingelassen habe. '- ■
Etwas mehr Gewicht legen wir auf die Aussagen dreier
Zeugen, welche übereinetimmend behaupten, dass es ifaneB
schon ToV einem Vierteljahre vorgekommen, die P: befkide sieb
in anderen Umständen. Gewöhnlich tritt mit der Hälfle der
Schwangerschaft schon eine soklie Ausdehnung des Bauches
ein, dass diese nicht leicht mehr verborgen iieSbea kann:
wenn nun ein Vierteljahr vor dem Vorgefallenen das äussere
Aussehen der P. Verdacht der Schwangerschaft erregte, so
mag wohl damals die Hälfte der Schwangerschaft (Ende des
fünften Monats) eingetreten sein, und da noch drei Monate
bis zur erfolgten Geburt verstrichen, so sind wkr auch von
dieser Seite auf die von uns angenommenen acht Monate
Wir wiederholen demnach zum Sdduss dieser Unter-
suchung unser Unheil, dass wir das von der P. geborene
Kind f&r ein lebensßhiges, wenn auch nicht ausgetragenes,
acht- oder neunmonatlicbes halten.
Die zweite uns vorgelegte FVage lautet:
„Ob nach dem Umstände, dass sidi in der Kammer der
Beschuldigten Kindespeeh gefunden und den Angaben derselben
Ober den Act der Geburt sich fOr das Leben des Kindes
Schlüsse ziehen lassen?**
Wir müssen hier gleich Eingangs dieser Frage bevor-
worten, dass die Beantwortung derselben grossen Schwierigkeiten
Han^borenen, das» imr wonige Kaoehwi «te. 115
unterlieg:!, da von dem eigentüclien Corpus delicti nichts
ttrig geblieben ist, als wenige KD0<ihen, abgegangenes Kindes-
pech und die Placenta, diese Objecte aber nicht von der
Art sind, daas sie uns irgend einen sicheren Anhalt geben,
ob das Kind lebend oder todt geboren worden sei. Wir
kennen daher dem in dem ftrztlicben Schlussgutachten p. 109
Ausgesprochenen ^Wir sind ausser Stande, auf Leben oder
Tod des Kindes bestimmte Schlflsse asu ziehen'' unsere Bei*
Stimmung um so weniger versagen, als die Untersuchung des
liindes selbst, wie sie sich sonst in Sbnlichen FäUen von
verdächtigem. Kindesmorde darbietet, hior gänzlich wegfUlt
Wir sind hier nur auf die Aussagen der Inquisitin angewiesen,
und wmien zu untersuchen haben, ob diese glaubwürdig
erscheinen, oder ob sich Widerspräche, grobe Lügen u. s. w.
in deaselbai erkennen lassen: wir werden femer die Placenta,
namentlich das an derselben befindliche abgetrennte Nabelschnur-
ende naher in's Auge zu fassen haben und müssen endlich
das vorgefundene Kindespech (Meconium) berücksichtigen, so
das» VW uns folgende drei l^ragen aufwerfen können:
1) Welches war nach den Aussagen der Beschuldigten
der Vorgang der Geburt? Ist denselben Glauben bei*
zumessen?
2) Wie ist die Trennung der Nabelschnur zu Stande ge-
kommen?
3) Kann aus dem abgegangenen Kindespech auf statt*
gefundenes Leben des Kindes geschlossen werden?
Die Beantwortung der uns vorgelegten Hauptfrage: ^ob
sich für das Leben des Kindes überhaupt Schlüsse ziehen
lassen,'' ist dann in der Untersuchung der uns vorgelegten
drei Fragen involvirt.
Ad 1. Welches war wohl der Vorgang der Geburt?
Die Geburt trat nach Aussage der Beschuldigten in den
Moigenstunden des 26. April (Donner^g) ein: die eigent-
heben Geburtswehen sollen nicht sehr lange gedauert haben
(p» 80 act): sie wül dieselben um 5 Uhr firüh verspürt und
fegen Vs?, also innerhalb 1 % Stunden das Kind gd>oren babea
t Es kann eine solche kurze. Dauer der Geburt der Erfahrung
[ nach nicht von der Hand gewiesen werden, wie denn auch
1 8*
116 VI. V. Siebold f Fall von so gttnsltcher yerbMmnng
schon das ärztliche Gutachten p. 101 durch <Me genaae Unter*
«ichuDg der Inquisitin selbst, namentlich ihres Beckens,
ergeben hat, dass der Annahme einer kurzen Gebiurtsdauer
nichts im Wege steht Whr legen aber besonders noch auf
eine Aussage der Beschuldigten Gewicht, wo sie behauptet^
dass sie in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag 25"— 26. AprB
über heftige Schmerzen in der Brust geklagt, worin ein Er-
wachen der Geburtsthätigkeit nicht verkannt werden kann,
so dass schon vor 5 Uhr fräh die GeburtsthAtigkeit rege
geworden sein konnte, die ja, wie bekannt, nicht immer
bloss allein auf schmerzhafte Gefühle im Unterleäe, an der
Kreuzgegend u. s. w. sich erstreckt, sondern zuweilen sich
auch in entfernteren Gegenden äussert, bis sie sich endlich auf
die genannten Stellen concentrirt: eine Untersuchung würde
▼ielleieht gelehrt haben, dass schön um 5 Uhr die VorbereitODgen
zur Geburt so weit.yorgeschritten, dass nmi die letztere nach
Verlauf von 1% Stunden leicht erfolgen konnte.
Wir können daher in den Angaben der Bescfaulägteii
über den Hergang der Geburt nichts finden, was der Wahriieii
widerstreiten könnte.
Eben so wenig können wir in den weiteren Angaben
der Inquisitin, sie habe über einem Eimer sitzend das Kind
geboren, einen Widerspruch finden, da bekanntUch die Gi^urt
eines Kindes in jeder Lage der Gebärenden vor sich gehen
kann, und gerade die sitzende oder hockende SteUung bei
heimlich Gebärenden, oder auch bei solchen, die von der
Ausscheidung des Kindes überrascht werden, so häufig zur
Beobachtung kommt. Das§ in unserem Falle der Act der
Geburt oder die Entwickelung des Kindes aus den mütter-
lichen Theilen rasch von Statten gegangen ist, können wir
ausser den günstigen Beckenverhältnissen auch auf Rechnung
des gewiss nicht starken Kindes bringen, von dem wir ja
annehmen mussten, dass dasselbe nicht zu den ausgetragenen
gehörte. S. oben. Was demnach von der Beschuldigten hin-
sichtlich der Art der vorgegangenen Geburt vorgebracht wird,
kann immer als glaubwürdig angenommen werden, wenigstens
liegt kein Widerspruch gegen die Möglichkeit emes solche«
Gebarens in Üiren Angaben.
f^Mi HMgeboreneo , daas nnr wenige KB04>ben et«. 117
Ad 2. Wie ibI die Trennung der Nabelschnur zu Stande
gdioinnien?
Die Beantwortung dieser Frage unterliegt schon grösseren
Scbirierigkeitea, da uns nur der an der Placenta anhängende
eine Real der getrennten Nabelsdbnur, nicht aber der andere
am Kinde befindliche Theil Torliegt, und ,wir hier lediglich
auf die Aussagen der Beschuldigten angewiesen bleuen. So
ml steht fest, dass die. Nabelschnur nicht abgeschnitten,
sondern abgerissen war. Ist,. nun die Trennung der Schnur
durch die Hand der Inquisitin oder von selbst unmittelbar
nach dem Durchtritte des Kindes geschehen? Mit Gewissheit
Bsst sich weder das Eme noch das Andere behaupten: wenn
aber die Trennung durch die Hand der Inquisitin geschah, so
ward sie wenigstens nicht mit einem scharfen Instrumente
Twgenonnnen; gegen diese Annahme spricht die Beschaffenheit
des getrennten Stückes pag. 10. Es kann , also nur mit
einem stumpfen Werkzeuge oder mit der blossen Hand die
Trennung bewirkt worden sein. Die Angabe in den Acten,
es seien an der Trennungsstelle ausgezackte Rander Tor*
gefimd^i worden, lässt die sichere Annahme eines gebrauchten
stumpfen Werkzeuges fallen, denn wenn auch weiter daselbst
lu lesen: „gequetschte Ränder'', so ist doch dabei gesagt:
„anscheinend gequetscht*', wie denn überhaupt bei einer solchen
Beschaffenheit der Schnur nichts mit Sicherheit bestimmt
werden kann. Eben so wenig kann aber mit Bestimmtheit
nachgewiesen werden, dass Beschuldigte mit blossen Händen
die Dnrdureissung bewirkt habe, was auch bei der Zähigkeit
und Glätte einer gewöhnlichen Nabelschnur schwer zu bewerk-
stelligen ist, und bei dergleichen Versuchen wenigstens nicht
ans der Hitte, sondern eher an der Insertion des Nabel-
strangs am Bauche des Kindes oder an der Einpflanzung
desselben in den Mutterkuchen leichter geschehen kann.
Es entsteht nun zweitens die Frage, ob die Trauung
Ton selbst geschehen sei, resp. ob die Nabelschnur bei der
Geburt spontan abgerissen sei? Wir würden keinen Augen-
blick anstehen, uns unbedingt dafür zu erklären, wenn die
Gebart im Stehen der Inquisitin vor sich gegangen, da bei
solche Stellung der Gebärenden der Nabelstrang dann, wenn
er nidit zu lang ist und die Nachgebivt nicht gleich mit
118 VI. «. iSiVftoId, Fall Ton 80 gftiiilioherVttrbremiimg
ausgeschieden wird, leieht abreissen kam, wie wk* dies in
ganz unverdächtigen Fällen in unseren Gebftranstalten, wcnm
die Gebärenden zufällig im Stehen von der Geburt resp. deor
Durchtreten des Kindes durch die mütlerHchen Theile Aber-
rascht werden, nicht selten beobachtet haben. Nun giebt
aber die Inquisitin an, sie habe über einem Eimer sitzend
das Kind geboren: der Eimer ist nach der Untersuchung der
Sachverständigen nur 97^ Zoll hoch gewesen, das an der
Placenta ansitzende Stack Nabelschnur betrug aber 9 Zoll.
Unter diesen Verhältnissen ist das Abreissen des Nabelstrangs
schwer einzusehen', wenn es auch gerade nicht als umaög^ch
erklärt werden kann: letzteres würden wir nicht anstehen
anzuerkennen, wenn wir wüssten, wie lang das am Kinde
befindliche Stuck Nabelschnur gewesen ist. Es feUt uns Aet
hier jeder Beweis, und wenn wir auch die gewöhnliche Länge
einer Nabelschnur auf 18 bis 23 Zoll festsetzen mAssen, so
kommen doch auch Ausnahmen von bedeutender Kfirze vor,
oder die sonst regelmässig lange Nabelschnur kann durch
Ufflschlingung des Kindes verkürzt werden und so das Ab*
reissen in v(Nrliegendem FaUe ermöglicht worden sein. Wir
können also auf die obige Frage: „Wie ist die Trennung der
Nabelschnur entstanden?'' nur antworten, dass wir unter den
angegebenen Verhältnissen es nicht für unmöglich halten, sie
sei von selbst abgerissen, dass aber dann vorausgesetzt
werden muss, sie sei sehr kurz gewesen, wofür wir den
Beweis nicht führen können.
Schliesslich wollen wir noch bemerken, dass die Annahme
der Möglichkeit der spontanen Durchreissung noch durch den
Umstand begünstigt wird, dass die Beschaff<Hiheit der Nabel-
schnur p. 10. als nicht sehr saftreich und überhaupt als
eine dünne geschildert wird, welche Umstände die Durch-
reissung des Sbranges gendgter tnadien, wobei freilich audi
wieder daran zu denken ist, dass dann auch die Durchreissung
mit der blossen Hand leichter bewerkstelligt werden kann.
Ad 3. Kann aus dem abgegangenen Kindspeche auf das
Leben des Kindes geschlossen werden?
Ausser den vorgefundenen Knochenfragmenten, weldie
nur die LebensCahigkeit des Kindes beurkunden, ist das vor-
gefundene Meconium der einzige Uebeirest eines vorbänden
eiiMiJSlMigelrarenfiii, dasa nur wenige Knodieii etc. 119
geweMDen- Kindes. Eb ward dieses naeb allen Angaben der
Inqniatio, die sicii stets gleich geblieben sind,, in den Eimer
hinein geboren, welcher in der Küche stand. Das Meconium
üdA sich aber . in der Kanuner des Mädchens neben einem
daselbst befindlichen KofTer. Die Erklärung, wie es dahin
gekommen, findet sich in den act. p. 84. „Als ich das Kind
(auf dem Eimer in der Küche) geboren, trocknete ich es
mit einem Scheuertuche ab,, nahm es dami mit auf mdne
Kammer, wo ich es auf meinen Koffer auf Tücher legte;
hier hatte e» etwa eine Stunde gelegen, dann holte ich
es wieder herunter und legte e^in die Oeflnung unter dem
eingemauerten Kessel. Ich holte das Kind deshalb wieder
herunter, weil ich es bei mir haben wollte, indem ich hoffte,
es werde lebendig werden. Am. Donnerstag Abend habe ich
es wieder auf meine Kammer genommen, und am Freitag
Morgen wieder mit in die Küche gebracht Hier habe ich
es in den Ofen der B. Wohnstube gesteckt und darauf ein-
geheizt'^ Das macht erklärlich, waiiun sich Meconium an
dem besagten Orte vorgefonden hat
Fassen wir die uns gestellte Frage in's Auge, ob der
Abgang des Meconium auf Leben des Kindes schliessen lasse,
so steht eine solche Entleerung unmittelbar nach der Geburt
allerdings iii vielen Fällen mit dem beginnenden Respirations-
proeesse in Verbindung, indem durch das Heruntertreten des
Zw^chfells und die Cdntractionen der Bauchmuskeln der
Darmkanal des Kindes diejenige Wirkung erfahrt, welche ihn
dam bringt, das angehäufte Meconium zu entleeren. Allein
ein sicheres Urtheil kann man darum nicht a|if diese Er-
scheinung gründen, weil auch unter anderen Verhältnissen
Meconium abgehen kann. Lange ror der Geburt des Kindes
abfiiessendes Fruchtwasser ist manchmal mit Meconium ver^
ndscht, welches demnach das Kind schon in der Gebärmutter
Tor dem Risse der Eihäute, also noch vom Fruchtwasser
arogd>en, entleert haben kann, und welches in Folge, des
Abgestorbenseins des Kindes im Mutterleibe und durch die
danach stattfindende Relaxation der Schliessmuskeln des Afters
abgegangen ist Desgleichen wird Meconium durch einen
änsserüch i^uf den Bauch ausgeübten Druck zur Entleerung
kommen, wie es fast etwas Constantes ist, dass diejenigen
120 VI. V, 8MM, Fmll toh so gfaiilioher y«rbr«aaitiig ete.
Kinder, welche mit dem Steisse Torangeboren werden, wibrend
der Steiss durch den Beckenkanal getrieben wird, MeconiiaD
entleeren, indem der Bauch, während das Kind gedoppelt,
d. h. die unteren Extremitäten den Unterleib hinauf geschlageii,
durch die engen Theile durchgetrieben . wird , einen Druck
erfahrt, ja diese Entleerung geschieht auch dann, wenn die
Kinder bereits im Mutterleibe abgestorben sind, wie wir
solches öfters bei todtfaulen (macerirten) Kindern gesehen
haben. Aber auch bei solchen Kindern, welche nicht in
Steisslagen geboren sind, kann sich, wenn dieselben auch todt
zur Welt kamen, vermöge .der Schlaffheit, in welcher sich
die Muskeln des Kindes befinden, Meconium entleeren, wie
wir das, zumal bei nicht ausgetragenen Kindern, zum öfteren
gesehen haben, ja wir haben es beobachtet, dass bei solchen,
die unter unseren Augen todt geboren wurden, sich nach
einiger Zeit, wenn sie auch an den Hintertheilen gehörig
gereinigt weggelegt wurden, doch wieder Meconium, spontan
abgegangen, befand, zum besten Beweis, dass der Abgang
des Meconiums nicht immer mit der Respiration zusammen-
hängt. So kann daher in vorliegendem Falle durch das Zu-
fassen der Inquisitin und vielleicht etwas stärkeres Eindrucken
auf den Bauch dem Kinde Meconium entflossen sein, welclies
daher die nach der Geburt eingetretene Respiration des Kindes
nicht anzeigen kann, so dass wir nach diesem Zeichen allein
einen irgend sicheren Schluss auf nach der Geburt statt-
gehabtes Leben nicht machen können.
So würde sich denn mit Bezug auf die Hauptfrage:
„Ob nach dßm Umstände, dass sich in der Kammer der Be-
schuldigten Kindespech gefunden und der> Angabe derselben
Ober den Act der Geburt sich für das Leben des Kindes
Schlüsse ziehen lassen?'^ die Antwort herausstellen, dass ein
irgend sicherer Schluss, das Kind der P. habe nach der
Geburt gelebt, nicht gezogen werden kann, ja dass bei dem
völligen Mangel der kindlichen Leiche über den fraglichen
Punkt nicht einmal zu Vermuthungen Raum gegeben ist
Dass vorstehendes Gutachten u. s. w. u. s. w.
Götüngen, den 30. Mai 1860.
YJL BmrtHktr, TnmQT Menili» eongenitn«. 121
hk NadMtelMiidein geben wir noch das ridHerliebe Urtheil,
Miltlieiiiuig wir der Gate unsers hochverehrte Freundes,
des Heim Obergerichts-VJGe-Director Ritter Niepir ver^
danken. JSogieidi sind wir durch gütige Verwendung desselben
in den Besitz der fraglichea Knochenfragmente gekommen,
welche wir im. Interesse dei^ Wissenschaft bei unseren jfihr-
lieben Voriesungen über geridküiche Medicin verwertheii ktonen.
Auch dafür sprechen wir demselben unseren innigsten Dank
hiermit aus»
Hinsiehtlich des Uftheils in obiger Sache schrieb Herr
Obergerichts-Vice-Birector Nüper uns Folgendes:.
„Die P. ist am 25. Juni 1860 von dem Strafsenate
des K. Oberappellationsgerichtes in Celle wegen des Ver-
brechens „der vorsätzlich veranstalteten hälfloisen Niederkimft
mit einem unehelichen Kinde** vor das hiesige Obergericfat
(Man nahm dort also den FaU des Kindesmordes nicht
ab indicirt an. JSonst würde die Sache an den Schwur-
geriehtsbof vorwiesen sein.)
Von dem ersten kleinen Senate* des hiesigen Obergerichts
ist die Sache am 19. Juli 1860 verhandelL
Das Urtheil lautete auf Freisprechung, weil, wenngldeh
faälflose Niederkunft, doch nicht vors&tzliche Veranstaltung
letzterer erwiesen sei.**
VIT.
Tnmor saoralis oongenitas.
Beobachtet
L. Bartscher,
OerichUwnndAnst and Geburtshelfer in Oanabrück.
Die Tumores coccygei oder sacrales gehören zu den
seltensten angeborenen Krankheiten; sie haben ihren Sitz an
den untersten Lenden wirbdn, dem Os sacrum, den Oss« coccygis
and der Regio vertebro-lumbalis.
132 VII. ^«rtedUr, Tumor Mcrali« coogenitnV.
So verscMeden ihr SMi ist,- so TeraehMbi ist' auch
ihr Contentum' und ihre Structiir; ihre Diagnose kann oft den
erffthrensten Chirurgen in Zweifei lassen.
In einem Tumor sacralis hat man beobachtet: .
1) Eine Hernia ventralis, d. h. eine Vorlagerung eines
Contentum der Bauchhöhle, welches swischen dem Latissim. dorai
und dein Obliq. extom. hervortritt
* Solehe Tumoren sind .gewöhnlich wei((h und rapönibel»
sie geben, da der vorgelagerte Theil hier stets Darmist,
steti tympanitischen Ton; ausgenommen; wcbn eine faicarceratio
stercoralis vorhanden ist, die jedoch bei SSugUngen zu den
ailergrössten Seltenheiten gehören durfte.
2) Cysten mit serös -lymphatischer FIftssigkeii oder
zusammengesetzte €yl8toide oder Cystösarcome, Steatome,
Füngus etc.
Das hauptsächliche diagnostische Merkmal der einfiftdien
Cyste ist das Durchscheinen des hinter gehaltenen Lichtes,
dann ferner die deutliche Fhictuation, die heim Jflifler^schen
Cystoide eine zitternde ist; fUe einfachen und zusammen^
gesetzten Cysten geben dumpfen Ton, sind unbewegUcfa und
unterscheiden sich dadurch von Hydrorhachis, dass sie beim
Drucke nicht schmerzen, auch Druck auf sie die Geschwulst
nkht verkleinert.
Während die einfachen Cysten blasig, glatt erscheinen,
sind die Steatonie und Cystosarcome fast immer höckerig; sie
fühlen sich durchweg fest an, nur ist hier und da manchmal
undeutlich Fluctuation durchzufühlen. .
Am häufigsten findet man das Cystosarcom im Tum. saciral.,
jene aus fibroider, gefässreiclier Masse bestehende Geschwulst,
in der vereinzelte Cysten vorkommen. Diese Cysten sind
entweder einfache, innen mit einer glatten Membran aus-
gekleidete Höhlen; oder die innere Wand der Muttercyste
enthält an dünnen Stielen frei hereinragende kleine Cysten
oder polypenartige kleine Geschwülste (Cystosarcoma pro-
liferum); oder von der glatten, derben Wand der Cyste ragen
blatt- oder kämm- oder condylotnartige Excrescenzen in die
Höhle der Cyste hinein (Cystosarcoma phyUodes). Die in dem
Tumor vorkommenden Ca(rdnome, als Sctrrhus, oder Pungus
VIL BmUchm*, Tumor amcrmUi ebttg[6nitti:i. 123
UmatiMieB UBgen stets mit dem Periost und dbin Koochen
Der Prebe-Troikar und die mikroakopiadie Unlersadnu^
kfonteD hier am besten Aufschhiss geben.
3) Der Tamor saeraMs > kann eine intrafeetation enthalten.
IMeser Foetus in foetu wird vielleicht durdi das Durchfühlen
einzelner harter Thmle etc« leichter zu diagnostidren sein,
4) Hydrorhachia bildet in aelfenen Fällen einen Tumor
aacralis; sie kann hier out oder ohne Spina bifida VoriLomlnen.
Bildet Hydroriiacbis einen Tunior coccygeos, so enthät
er da» Filnm terminale and C^ebro- spinal FlösBigkeit)' ein«
geschlossen yon der Endigung der Dura mater; bildet sie
emen Tumor sacralis, so können iii dem fiimor Slrftoge des
Flexas sacrdis vorkommen.
Die Symptome sind die der Spina bifkia der Rücken^
Wirbel aiid oberen Lend^mirbeL
Durch Druck verkleinert sidi der Tumor, indem die
Gerelvo*8pinal-Flfissigkeit in den Arachnoidealsack zurdck«^
gedrängt wird; die Folgen dieses Experiments sind in den
meisten Fällen Zuckungoi, klom'sche Krämpfe, Bewusstlosigkeit,
Zittern, Schmerz etc.
Die äusseren Bedeckungen sind in allen vier Fällen normal;
die Haut ist von normaler Farbf und behn Fungus stärker injicirt
Die Prognose ist im ersten und letzten Falle günstiger,
ab in den übrigen Fällen, da im ersten Falle Retentions- und
Dnickverbäode, im letzten Schutzverbände anzubringen sind.
Im zweiten und dritten Falle ist die Prognose durchweg
ungünstig, da man von der Exstirpation der Tumoren selten
guten Erfolg bat. Gewöhnlich ertragen die Kinder die Operation
oder die nachfolgende Reaction nicht; die Statistik weist nach,
daes % ^ kleinen Operirten schon in den ersten Tagen
nach der Operation sterben. Man muss diese Tumoren
exstirpiren, weil sie mehr oder weniger dem* Organismus
Sftfle entliehen; ferner weil sie sich entzünden und so ge-
iihrden können; und weil das leichte Excoriiren der Tumoren
an dieser Steile dem Kinde ^osse Last machen kann.
Ich habe in meiner bedeutenden geburtshülfUchen Praxis
während einer Reibe von 30 Jahren nur einen Tumor sacralis
beobachtet» dea ich hier mitlheüen yvilL
^Am 11. April 1837 imrde ioh zu der Ebefraa ScUoaser R
hierselbst gerufen, um geburtshülfficben Beistand zu leistea
Die Primipara ^bar mit Hölfe der Zange einen kräftigen Kraben.
Er trug einen bedeutenden Tumor saoralia, welcher Ton
der Synchondroris Bacro-iliaca rechter Seite begann, die
ersten folschen Wirbel des Os sacrum Ims über den Hiatua
sacraKs nach links deckte und nach unten sich ti>er die
Ossa coccygis in den Anus erstreckte. Dies^ eigentUche
Stiel der Geschwulst hatte den halben Umfang des Fundus
derselbed, welcher bis an die Didphyse des Femur reichte.
Der Anus und die Geschlechtstbeile wurden durch die Ge*
schwulst nadi vom gedrängt
Der Tumor ' war durchweg hart anzufiiblen ; nirgends
war Fluctuation zu entdecken; nur am tiefeten Theile war
die Geschwulst höckerig; im Uehrigen gleichmäsrig hart; sie
schmerzte bei Druck nicht, war nidit reponibel, nidit durdi-
scheinend. Der Stiel sass nicht fest auf, sondern war massig
Terschiebbar; einzelne harte Theile, wie bei der Interfo^tion,
waren nicht durchzufühlen.
Ich hielt den Tumor demnach für em gewöhnliches
Sarcom und beschloss die baldige Exstirpation, die ich schon
am li.Tage vorzunehmen gezwungen war, weil der Fundus
zu excorüren begann.
Um möglichst viel Haut zu sparen, führte ich auf den
Rand des Stieles zwei halbmondförmige Schnitte bis auf die
Fascia sacralis, präparirte die Haut dann vom Rande, wie
beim Manschetten -Schnitte ab uiid trennte den Stid dann
mit wenigen Messerzugen.
Die aus drei Arterienstämmchen entstehende Blutung war
sehr beträchtlich; ich unterband jedoch nicht, sondern nähte
die zu diesem Zwecke möglichst reichlich erhaltenen Haut*
ränder mittels der Sutur. circumvol., Compressen imd die
Spica cox,ae vervollständigten den Verband.
. Die Geschwulst wog 6 3* (alt Gewicht), sie war bedeckt
von der Haut, wenigem Zellgewebe und einer der Albuginea
des Hodens ähnlichen cellulösen Membran. Die Geschwulst,
von oben bis unten gespalten, bot ein festes Gbröses Gewebe,
in dessen Mitte eine einzige Cyste sich befand, die mit einer
knorpelartigen Membran ausgekleidet war und etwa Sij eines
Tin. Lemsy Ueber prophylaktiaehe Anwendung ete. 125
serteen, trüben Fluidtiins enthaiten mochte. Die Aussen^
sduekt der fflutsea Mmw war unregeliDässig Terfilzt; die
inneniicbidit bestand aus concentrischen Lagerungen, deren
Centnun die kleine Cyste bildete. Die InQenschichi war
knorpdig hart^ so dass die concentrische Lagerung, verbunden
mit der knorpeligen Beschaffenheit, leicht an Enchondrom
denken lassen konnte; doch erwies die nähere Untersuchung«
dass wir es durchweg mit fibröser Masse eu thun. hatten. -
Die ziemfich beträehtfiche Wuüde war in 12 Tagen völlig
gebeilt Die Reaction war in diesem Falle keine sein* be-
deutende; der Knabe genas voBständig und erfreut sich jetzt
der besten Geaundheil.
.Die hiesige Hebamme J3. und der verstorbene Dr. M.
haben mir bei dar Operation assistirt
VIEL
üeber prophylaktiBche Anwendung kalter Fomen«
tatioaen nach seliweiren Gebnrtsfitllen.
Von
Dr. J. Ign. LenZv
praktisdiexD Arxte in Wftrth bei Franeofeld In der Schweiz.
Wohl ist es jedem praktischen Arzte bekannt, welche
vielfaGfae Anwendung seit einer grossen Reihe von Jdiren
die Kdte in der Medicin gefunden hat, doch ddrfte selbe,
nach meinem Dafürhalten, in viden Fällen noch mehr speciell
in Gebrauch gezogen werden; namentlich, glaube ich, sollte
dieselbe auch als prophylaktisches Mittel in diesen und jenen
Zuständen mehr stattfinden, von denen ich nur diejenigen
der Neuentbundenen, die schwere Zangengeburten, Wendungen
und Piacenta- Ablösungen erlitten haben, hervorhebeii will.
Wie gerne und oft auf solche Entbindungen im Wochenbette
Metritis und andere heilige Entzündungen folgen, ist jedem
|»iiktischen Geburtshelfer bekannt, auch bekannt, wie gerne
solche, ungeachtet der möglichst sorgfältigen Behandlung,
126 VIII. iMM^ Uaber prophyMtUelia Anwendang äU.
Üblen tödtlichen Ausgang nehmen. Um solchen Auflgtagen
wo mögUch in Zukunft vomibeugen, begann ich in wiedor
Torkommenden Fällen erwähnter Art, kalte UeberscUäge in
Anwendung zu bringen, und zwar nach folgender Weise:
3—4 Stunden nach gänzlich beendigter Geburt« nachdem
die Entbundene etwas ausgeruhet bat, werden der Unterleib
(bis einige Finger breit oberhalb des Nabels) und die Scham-
theile mit . halblauem Wasser (dieses um nicht gerade zu
empfindlich einzuwiriien), 3 — 4 Stunden darauf ebenso lange
Zeit mit stubenlauem und wieder nach 3-— ^4 Stunden niit
küchekaltem und endlich mit ganz kaltem Wasser (gerade
vom Brunnen) alle halbe Viertelstunden bis alle 5 Hinuten,
2—3 Tage (Tag und Nacht, auch während des Sdilafes)
fomentirt. In Fällen nach Placenta-AUftsungen lasse ioh an
ersten Tage 3 — 4 Hai yon einem schwach lauwarmen
Cbamillenaufguss, um etwa in der Scheide gd>liebenes VhA
zu entfernen, und nach Zangenoperationen von einem DecocL
H. hfosc. (mit Milch und Wasser bereitet) Einspritzungen
in die Scheide machen. Nebenbei wird antiphlogistische Diät
beobachtet, versteht sich nach Maassgabe des Kräftezustandes,
Wobei besonders auf diejenigen Rücksicht zu nehmen ist,
welche durch Blutyeriust in einen hohen Sehwächezustand
versetzt werden.
Diese prophylaktische Behandlungsweise habe ich in einer
Reihe von Jahren in 4 WetidungsfSUen, nach 10 Zangen-
operationen und 12 Placienta-Entwickelungen (alle waren, wie
schon erwähnt, sehr schwere Fälle) mit ganz glücklichem
Erfolge geübt; nie trat Entzündung oder Fieber ejn, die
Wochenbetten verliefen ganz gut, ein einziges Mal Uieb der
Wochenflttss zurück, ward aber baU wiederhergesteUt IKe
Mikhsecretion blieb meistens , wie es in solchen Fällen g^
wohnlich der Fall ist, zurück, und wo sie eintrat, war sie
nur schwach und machte keine krankhafte Störung. Ich wiH
zwar diese Behandlungsweise nicht gerade als untrügUcb
bezeichnen, indem der Beobachtungen noch zu wenige vor-
liegen, möchte nur meine Collegen auf Beachtung derselben
aufonerksam machen.
DL Gnmm, 46. Jftli»etb«riebt fiber .df» EMipilsse ^etc. 1^7
IX.
FtthfoiidTierzigster Jahresbericht llber die Er-
eignisse in dem Entbindnngsinstittite bei der
KönigL Sachs, chirurgisch-medicinischen Akademie
zu Dresden im Jahre 1859.
Von' • . .
Professor Dr. Grenser,
Königl. S&cba. Hofirnth ete. ' "
Die CeeamiiittaU der im l^aufe dea ^abi^ verpfleEgte»
Sehwaogera «ad Wöebtieriwifabetnig 589, wpvon B Schwangere
I und 1 3 WöehoMWieii .yom, Yoi^i^n Jaiwß in Bßitayyd v^rfalieben
waren, wfthrend.die übrigen erat, in dieaeoi .aufgemHomen
wflnksn.
Geboren haben 550, upd . aswar im Januar 46t im
Pehra«) 48, in mn 48, im April- 36,. im Mai 63, im
Jni 57, im Juli 49, im August 39, «tn September 46, in»
October 31 , im. November 42, im December 50.
Von den Gd^lrende« wurden 274 amp ersten Male,
185 aom sweüen, 45 tum dritten, 12 zum vierten, 7 zum
■nften, 9 aum aecbsten, 6 zum siebenten, 7 zum acbte%
5 zum nennten, 1 zvm zehnten und 1 zum zwölften Haie
entbunden« Davon waren 56 verheirathet, 14 verwittwet,
6 geaehieden, 474 ledigen Standes. 142 hatten ihre Hehnaths-
angebörigkeit in Dresden, 349 in anderen Orten des König-^
«ncha und 59 im Auslände. 531 bekennten sich, zur
evangeyacben und 19 zur katholischen Confession. Die jüngste
Wöchnerin zählte ein Alter' von 16 Jahren, die älteste von
46 Jahren; die meisten standen in dem Alter von 24 und
25 Jahren.
542 Geburten waren einfache, 8-Mal wurden Zwillinge
geboren. 522 Geburten wurden durch die Naturkräfte
▼oBendet, bei 28 machte sich Kunsthülfb nöthig, und zwar
16 Mal die Anlegung der Zange, 4 Mal* die Wendung mü
nachfolgender Extraction an den Füssen und 9 Mal die künst-*
hebe Wegnahme der Nachgeburt
128 nL. 6i^*«iw«r, 45. Jaliretb«rieht «bar die BraigttiMe
Den GeburtsmecbanimujB anlangend, ao atditan aich
zur Geburt:
388 in erster Schädellage,
148 m zweiter „ (6 Mal ohne Drehong), *
4 in erster Gesichtslagey
1 in zweiter „
7 in erst^ Steisslage,
1 in zweiter „
4 in erster Fussiage,
1 in zweiter „
4 in Querlage,
5 unennittelt
Die Geburtsdaiier dehnte sich wegen langsamer Er-^
Weiterung des Muttermundes bei einer Erstgebärenden, ohne
Nachtheil für Mutter und Kind, auf 85 Stunden, bei dner
anderen sogar auf 102 Stunden aus. . Die kCkrzeste Geinirt»»
dauer Ton nur einer Stunde kam bei S Dritt- und 1 zum
neunten Male Gebärenden vor«
Der Anfang der Geburt fiel am hiofigsten in die Zeit
Ton 10 bis 11 Uhr Abends, am seltensten 10 bis U Uhr
Vormittags.
Entlassen wurden 545 W((chherinnen, und zwar 531
gesund, abgegeben an das Stadtkrankenhaus 6, jn die
innere Klinik 1. In der Anstalt starben 7 Wöchnerinnen an
Peritonitis, meist complicirt mit Endometritis, 2 mit Oophoritis
und 3 mit Pleuritis.
Geboren wurden 566 Kinder, da?on 275 männliciien
tmd 281 weiblichen Geschlechts. Bei 2 Abortus liess sieh
das Geschlecht der Früchte noch nicht bestimmen. Von den
Kindern waren ausgetragen 530, als 282 Knaben und
268 Mfidchen; frühzeitig 12 Knaben und 13 M«dcfaen;
unzeitig 1 Knabe, abortiv im dritten Monate 2. — Scfaein-
todt kamen zur Welt 16 Knaben und 8 Mädchen; todt*
geboren wurden im Ganzen 25, als 9 Knaben und 16 Mädchen;
dayon 5 in bereits macerirtem Zustande, 3 wegen Unzeitigkeit
und mangelhafter Entwickelung, 8 in Folge von Druck der
Nabelschnur, 1 wegen Syphilis congenita, 2 wegen Apoplexia
sanguinea mening., 6 wegen zu starker Compression des
Gdnnis bei rhadiiltteb* Tereiigtem Becken und wthrend Zangen-
opentioetea.
Die L&nge der NeugelMtrenen schwankte zwiechen 6 und
SO Per. Zeil» die Schwere zwischen 1 und 11 Pfund. —
Der koneete Nabelelrang maass 8 Per. Zoll, der langete
46 Par. ZdL 129 Mal war der Nabelstrang central, 425 Mal
mehr oder weniger seitlich in die Placenta inserirt und 2 Mal
in die EihinU. — Der gr^sste Mutterkuchen ha^te 8 und
9 Zoll in seinen Durehnessem.
Die 8 Zwillingsgeburten ergaben 3 Mädchenpaare, 1 Knaben-
paar und 4 Mal einen Knaben und ein Mädchen« Zwei Mal
kamen beide ZwilUnge in erster Schadeilage, 1 Mal der erste
in zweiter, der zweite in erster Schädeüpige, 1 Mal der erst^
in erster Schädellage, der zweite in zweiter Steisslage zur
Wek; 1 Mai ging heim ersten Kinde der Steiss, bei dem
zweiten der Schädel in erster Lage voraus; 1 Mal wurde das
srste Kind in erster, das- zweite in zweiter Fusslage, ein anderes
Mal das .erste in ers^ Fass-, .das zweite in erster St^sslag€(
geboren. Endlich stellten sich von Zwillingen der erste in
erster Fusslage, der zweite in erster Scbulterlage zur Geburt
Besfiglich der Nachgeburten ist zu beqyrken, dass 3 Mal
Hacente und Eihäute doppelt, 5 Mal Placenta und Cborion
einfach, das Amnion aber doppelt vorhanden waren.
Anomalien der Schwangerschaft
Von zwei Abortus, die beide gegen das Ende des
zweiten Monats eintraten und mit ziemlich starken Metrorrl|agien
verbunden waren, wurde in dem .einen Falle das Ei ganz
und unversehrt, in dem anderen nur stückweise ausgestossen.
Letzteres gab Veranlassung, dass einzelne Eireste in Fäuhiiss
übergingen und Symptome von Jaucheresorption auftraten,
welche durch reinigende Injectionen und die innere Dar»
reicbung des Acidum muriaticum dilutum glucklich bekämpft
worden.
Eine unzeitige GebuEt erlitt eine 29jäbrige, zum fünften
Male gebärende Handarbäterin, die fünf Jahre lang bis vor
drei Monaten an einer scrophulösen Entzündung des Knie-
gelenkes gelitten «hatte. Der Fötus w^ männlichen Geschlechts,
6 Par. Zoll lang. Das Wochenbett verlief ohne. Störung..
Mft—tMohr. L »•barUk. IStt. Bd.XVIL, HA.1. 9
130 IX* GrMMr, 45. Jtdirftiib«ri«1it «^r df«-
Fräbgebnrten ereigneten Mb im Lautb 4ie8 Mhr«i di^
mitbin 4 Procent der Gesaramtzatil der Geburten. Die¥ertileikiog
derselben auf die einzelnen Monate war enie sehr tmqgleicbe;
denn während jm Januar aUelA 6 vorkflmen, ereigneten sieb im
October 3, im April, Hai, Jali imd Augost je 2, im Pebroar, H9nE,
Juni, September und Norember je eine und nur der Dezember
blieb frei. Von diesen Frühgeburten erfolgte eine in der S9.,
eine in der 30., 7 in der 32., 8 in der 34. tind 10 üi der
36. Woche. Von den Gebärenden waren 19 Erstgebärende,
die übrigen Mdirgebärende. Rezflglieli der Ursachen liess
sich in 6 PMlen nicbtsr ermittehi, 1 Mal schien Syphilis der
Mutter die Veranlaseung gegeben zu haben, 1 Mil trat die
Frfifageburt uniAittelÜr nach einer fOnfWöcbentlichen antf^
syphilitischen Cur ein, 3 Mal mosste ZwittngS8chwangersdi«fl
als Ursache angesehen werden, 3 Mnä frMxeitiger Abgang
des Fruchtwassers, 2 Mal IHspositie aboftiva, I Mal heftige,
aOen Schlaf raubende Ropf^cht, 1 MAt hochgradige Hydrilmie
ior Folge von Morbus Bi-ightii, 2 Miail Metrorrhagie,, bedingt
durch (heilweise Ab^^ennung der Placenta' und 2' Mal erfolgter
Tod der Frucht Anlangend den G^fburtsmecbahismus, so
kamen Ton den Ku#fWlh geborenen Kindern 17 in Kopflage
2ur Welt, 4 in Steisslage, 3 in Rieslage und 1 Mal machte
sich wegen Schulterlage die Wendung nothwend'g. Gaboren
wurden 12 Knaben und 13 Mädchen, davon 21 lebend,
4 todt, wovon 2 im Zustande der Maceration. Von den
frfibzeitig lebend geborenen Kindern starben aber noch 13
innerhalb der ersten neun Tage. Die Wöchnerinnen, welche
frühzeitig entbunden worden waren, konnten bis auf eine,
die an Peritonitis starb, gesund aus der Anstalt entfess^
werden.
Bemerkenswerth war ferner d^e Conception einer
23jährigen Ehefrau, welche noch nie menstruirt ge^
wesen war. Die Schwangerschaft verlief ohne rite Stdnmg.
Bei 9 Schwängern waren die Catamenien auch nach
erfolgter Conception noch wiedergekehrt, und zwar
bei 5 noch ein Mal, bei einer zwei Mai, bei ehier drei Mal,
bei einer vier Mal und bei einer gar fünf Mal, ohne dass eine
Beeinträchtigung der Ernährung an . den Khldern bemerkliell
gewesen wäre.
in dem Bntbindnngsiiistitvte ete. ra Presdeo im J. 1859. 13t
Metrorrhagien erlitten 4 Schwangere, wovon 2 im
fierten Monate abortirten. Dagegen siatirten die Blutungen
bei «ner im siebenten und bei einer im neunten Monate
Scbwangeni imter Beobachtung hioser ruhiger horizontaler Lage.
Eine Eröffnung des Muttermundes bis zur Grösse
eines ZweineugroschenstAcJGs fand sich bei -2 Erstschwangem,
7 und 14 Tage vor der Geburt, ohne dass sich eine Spinr
fon Weben entdecken liess.
Ein Abseess in der Gegend, wo die linke kldne Scham«'
Mppe sich in die grosse verliert, zeigte sich bei einer Haus*
schwängern wenige Tage vor dem Eintritte der Geburt. Nach
Anwendung von Cataplasmen wurde der Abseess mittels des
Bbtoun*8 geöffnet und sehr viel Eiter entleert Kurz darauf
erfolgte die Geburt und im Wochenbette kam der Abseess in
wenigen Tagen zur Vemarfoung.
Eine zum zweiten Male Schwangere, welche wegen
seenadärer Syphilis zwei Monate lang in der inneren
Klinik mit Mercurialien behandelt worden war, deseenangeachtet
aber das Septum narium einbüsste, trug ihr Kind vöUig aus
und gebar einen gesunden Knaben von 8 Pfd. Schwere und
18 ZoU Länge.
Anomalien der Geburt.
Neunundzwanzig Gebärende, wovon 17 zum ersten Male,
9 zum zweiten, 1 zum dritten und 2 zum sechsten Male
ffbcrea^ hatten während ihrer Kindheit an Rbachitis von
verschiedener Dauer und verschiedener btensitäl gelitten.
13 davon gaben an bis in*s dritte, 5 bis in's vierte, 3 bis
in's fünfte, 1 bis jn's sechste, 3 bis in's siebente und 4 bis
in*8 achte Lebensjahr mit genannter Krankheit behaftet gewesen
zu sein. Dessenungeachtet fand sich bei diesen 29 Schwängern
nur '9 Mal eine auf die Geburt einfiussreicfae Verengung des
Beckens vor, und zwar I Mal' eine Conjugata von 2Vs',
3 Mal von S", 2 Hai von 3V/ und 3 Mal von 3Vs' Par. M.
Nichtsdestoweniger reichten noch in 6 Fällen der genannten
Beckenverengung und selbst bei dreizoUiger Conjugata, die Natur-
kralle zur Vollendung der Geburt hin, was dadurch möglich
worde, dass bei zwei dieser Gebärenden die Wehen eine
ausserordentliche Energie zeigten, zwei Mal die Geburt fräh-
9*
132 I^- Oi*en8&rj 45. Jahredberielit aber die EreigniMe
zeitig eintrat und twei Mal eine betrftohdidie Erweichung
des Kindskopfes nach erfolgtem Tode der Frucht zu Hülfe
kam. In 3 Fällen (bei 2»/«", 8" und 3V4'' Conjugata) machte
sich die Application der Zange nöthig, welche aber das Leben
der Frächte nicht zu retten vermochte. Bei 16 dieser
Wöchnerinnen verlief das Wochenbett ohne alle Störung, bei
den übrigen kamen leichtere Grade, von Perimetritis, Endo-
metritis, Peritonitis, Endocolpitis und ein Mal wanderndes
Erysipelas biillosum zur Beobachtung; doch konnten sämmtliche
mit Ausnahme von zwei, wovon die eine am. 20. Tage des
Wochenbett» wegen hartnackiger Ischuria an das Stadt-
krankenhaus, die andere am 24. Tage wegen Erysipf^as
bullosum ambulans afh die innere Klinik abgegeben wurden,
gesund aus der Anstalt entlassen werden.
Skoliose bestand bei zwei Gebärenden in der Gegend
der mittleren Bückenwirbel, welche nach rechts hin ausgewichen
waren. In dem einen Falle war die Skoliose Folge von
Bhachitrs und im Zusammenhange mit verengtem Becken und
EinwSrtsstellung der Kniee, in dem anderen Folge von Muskel-
schwäche, durch schiefe Haltung am Stickrahmen veranlasst,
und blieb ohne EinQuss auf das Becken.
Hängebauch beobachteten wir, ausser bei verengtem
Becken, noch bei llJ Mehrgebärenden. Der voriiegende
Rindestheil, 11 Mai der Schädel, 1 Mai der Steiss und 1 Mal
die rechte Schulter, stand ia allen Fällen zu Anfange der
Geburt so hoch, dass er sich nur schwer erreichen liess.
Aeussere, manuelle Hülfe, bestehend in Emporhaiten des
Fundus uteri, während mit der flach aufgelegten Hand der
Rindskopf von der' Schambeinverbindung . abgehoben wurde,
bewirkte stets, dass der vorliegende Ropf oder Steiss in den
Beckeneingang rückte. Die Schulterlage erforderte die Wendung,
s. unter den geburtshülflichen Operationen.
Schiefheit der Gebärmutter massigen Grades ver-
zögerte die Erweiterung des Muttermundes, so dass dieselbe
in dem -einen Falle erst nach .14, in dem anderen erst nach
26 Stunden erfolgte; um so kürzer war dann gewöhnlich die
Austreibungsperiode.
Bei zwei Erstgebärenden wurde diu*ch Rigidität des
Muttermundes die ErweiterungspeKode sehr in die Länge
üi dem Botbindnngfliostfitiite ete« so Dresden im J. 1869. 133
I, flo dass dieaeike 58 und 84 Standen in Ansprach
oalmi. In beiden Fällen erwiesen . sich warme erweichende
Sitzbäder als bölliieich.
Ebenso vo^ögerte Harnverhaltung in einem Falle die
Enreilenuig des Muttermundes und machte deshalb die
Apphcation des Katheters nothwendig,. welche nur unter
Schwierigketlen bei stark gesenktem Griffe des Katheters^
während swei Finger der anderen Hand den vorliegenden
Kindskopf ein wenig ertdien, gdang, •
Bei 2 Zweitgebarenden zeigten sich die Scheidenwftnde
in der ganzen Peripherie herabgesunken und fingen
an anzuaefaweHen, jedoch verliefen die Geburten noch schnell
genug, als dass daraus Illachtheil hätte hervorgehen können.
Eine Ehefrau, die schon sechs Mal glücklich gebore
hatte, kam mit beiderseitigem Leistenbruche, welcher
durch ein doppeltes Bruchband zuruckgdialten vrurde, in die
Anstalt Wir liessen während der Geburt das BruddMind
abnehmen und comprimirten die Brudipfortien mit den Fingern,
bis das Kind geboren war.
Hochgradiges Oedem der Schamlippen in Folge
von Morbus firightü vefursaehte in einem Talle* während der
Gd>urt heftige Schmerzen und erschwerte, obgleich die Geburt
firAhzeitig eintrat und ein nur 4 y^ Pfd. schweres Kind geboren
wurde, doch das Ein- und Durchschneiden des Kopfes so,
dass dieses 2Vs Stunden währte. Unter Mithülfe aromatischer
Pomentationen verlor sich das Oedem im Wochenbette sehr
schnell.
Hysterische Convalsionen während der Erweiterung
des Muttermundes, ohne Trübung des Bewusstseins und ohne
Eiweisagehalt des Urins, beobachteten wir bei einer gut*
genährten Zweitgebärenden, welche . wohl in der Kindheit,
aber von ihrem 12. Lebensjahre an nicht wieder an Krämpfen
gelitten haben wollte. Nach vollständiger Erweiterung des
Muttermundes nahmen die Wehen nien Charakter der Treib-
wehen an und die Convnlsionen hörten ohfie alle Medication
auf. Das Kind, sdieinbar gesund geboren, starb an Con-
vnlsionen am siebenten Tage.
Beträchtliche Varicositäten an den Schenkeln, die
sidi in einem Fde bis zu den äusseren Schamlippen er-
134 ni. Qrmu^t 45. Jahre tberiebt «ber die EreigaMe
streckteii, kamen »vier Ma) vor, oime dass es iiir RapCiar
gekommen wäre. Dagegen berstete ein tiefer liegeiider
Varix in der rechten äusseren Schamltppe bei einer Erst^
gebärenden während des DurchscHneidens des Kindskopfes,
wodurch diese Schamlippe mit biaurother FäAung sehr scbneB
ansdiwoll und blasenförmig ausgedehnt wurde, bis der SaüA
pt6tzlich berstete und sich eine beträchtliche Menge Hutes
ergoss. Da die Rissöflhung so weit war, dass man hequem
den Zeigefinger einlegen konnte, wurde die gaue HöUe des
Sackes mit Cbarpie fest ausgestopft und kalt fomentirt, worauf
die Blutung stand. Nach mehreren Tagen kam es sur Eiterung,
so dass der ganze Sack mit der Soheere gespalten werden
musste. Die Vemarbung des Abscesses wm* bis sum 15. Tafpe
so weit vorgeschritten, dass die Wöchnerin entlassen werden
konnte.
Bei drei Erstgebärenden traten in den beideD ersten
Gebiirtaperioden Metrorrhagien, ein. In den einen Falk
sistirte die Blutung nach vorzeitigem Abgange des Fniciii*
Wassers bei bioser horizontaler Lage. In dem zweite Falle
zeigte sich das untere Uterinsegment so dick und aufgebckert,
dass der noch iehr hochstehende vorliegende * Schädel nur
undeutlich gefühlt werden konnte und zu tiefer Sitz der
P'lacenta als Ursache der Blutung angenommen werden
musste. Als der Muttermund bis zur Grösse eines Thaler-
Stücks erweitert war, sprengten wir wegen fortdauernder
Blutung die Blase, was zur gänzlichen Stillung der Blutung
hinreichte. Die dritte Gebärende kam in die Anstalt, nachdem
sie unterweges schon sdir viel Blut verloren hatte. Der
Muttiermund war 1 2oll im Durchmesser erweite^, .die Blase
stand noch und der Kopf lag vor. Zwischen Blase und
unterem Gebärmutterabschnitle nach rechts und vom fohlte
man die seitlich vorliegende Placenta. Da bei ruhiger
Backenlage die Blutung sich massig erhielt und bald ganz
aufhörte, sah man vom Sprengen der Blase ganz ab; es
wurde ein 7 Pfund schwerer Knabe in erster Sehädellage
geboren. An der Placenta bemerkte man die Spuren theil-
weiser vorzeitiger Lostrennung.
Bei einer Zwieitgebäreoden war -in Folge vorsaitigen
Wasserabgangs die Geburt in der 29. Woche eingftlreten and
ifjdfHPiJ^lilbiiiAiugkgiliialiiale «tc. s« Dteal^ii im J. W9. 135
HD 9 Pfiin^ flCibweres MMcfaen in tin^erriaseora
£UiAiiiA|i geboren. Nach Erdflbung derselben schrie zwar
das Kind auf, starb aber schon, nach f(nf Stunden an all-
gpmiaw Iiebeosschwäofae.
Erste Gesichtslage mit Vorfall des Armes (fehler-
hafte Haltung der Frucht) so, dass die Hand sich in der
Sehamspalte aeigte, musste, weil die Weben sich sehr 3chnell
Jind, kräftig folgten uod die B^osition des Armes unmöglich
oiaohleii, den Naturiuftßen Oberlassen, bleiben. Da gleichzeitig
das Becken sehr weit und die weichen Geburtswege schlaff
waren, trieben die Weben den Kopf ib erster Gesichtslage
mk den» xeobten Arme zugleich- olme Schwierigkeiten durch
die Seham^palle und das Kind, ein 7% Pfund schweres
Mldcben, siobrie alsbald kräftig auf. Der Hamm blieb unversehrt.
Bei 6 £rst- und 5 Mebrgebärendei) kam Vorfall des
Nabelatranges'vor. la 8 dieser Fälle imaren di^ Uiqstande
so ungünstig, dass der Vorfall des Nabe)stranges den Tod
der Frucht zur Folge hatte. Vier Mal nämücb fiel der Nabel-
strang vor, als der Muttermund im Dnrcbmesser kaum 1 Zoll
eröffiottt war, und wurde schien jetzt. sq comprimirt, dass die
Pnlsation vollkommen auibörtö; zwei Mal versuchten wir ver-
geblich die Beposition und zwei Mal wurde zwar die Zange
schnell, angelegt, allein die Extraetion der Frucht liess sich
nicht .sehnell genug bew^kstelligen. In den drei übrigen
Fällen dagegen gelang es« das Leben der Kinder zu retten,
und zwar zwei Mal* durch die Wendung und Eztraction bei
SebuUerlage, ein Mal» weil nacB Vorfall des Nabelstranges
die kräftigen Wehen das Kind scluiell ai^triabeii.
Insertion der Nabdlsobnur in die Eihäute beob-
achteten wir zwei MaL bl dem einen Falle verlief blos die
Vena umbilicalis ein Stück in den Eihäuten längs des Bandes
der Placenta, in )em anderen nahmen anch die bddeh
Arteriae urabilicales ihren Verlauf durch die Eihäute und <äe
Vene ein Stuck längs des Randes des Mutterkuchens. Da der
Riss der Eihäute die Gefisse niobt traf, verliefen die Gebarten
ahne aBe Störung.
In 6 Fällen war der Geburtsverlattf ein präcipitirter;
die Geburten erfolgten 4 Mal ayf dem Wege nach der Anstalt,
2 Mal in einer Droschke, 2 Mal auf oiBener Strasse, ohne
136 IX- Ortmer, 45. Jahresbericht ftbet Ale EMiK«tii«
Nachtbeil für Matter und Kind, trotz der 2erreiMiilg d^
Nabelschnur, und nur in einem Falle erreichte die Krmaende
noch zur rechten Zeit die «Anstalt.
Dammrisse entstanden bei 6 Erstgebärenden wegdn »i
schnellen Durchschneidens des Kindskopfes und m enger
Schamspalte, wo^ in einem Falle noch Gesohwörsnavben
und indurirte syphilitische Gesdiwüre kamen. Bei keiner
erstreckte sich der Riss bis über die Mitte des Dammes hinaiis
und nur in zwd FSllen schritten wir zum CoUodiumTerbmid.
Geburtshüifliche Operationen.
Von geburtshülflichen Operationen machten sich 16 Mal
die Zangenoperation, 4 Mal die Wendung mit naobfolgender
Extraction des Kindes an den Füssen und 9 Mal die künatr
liehe Wegnahme der Nachgeburt nothwendig.
Die Zangenoperation war indicirt bei 11 ErBt*» und
5 Mehrgebärenden, mid zwar
3 Mal durch rbachitisch y^engtes Becken (2Vs", 3'' uad
3V4" Conjttgata),
3 Mal durch Missvertiältniss zwischen der Grösse des Kindes
und der Weite der Geburtswege,
3 Mal durch Wehenschwäche,
3 Mal durch Kopfgeschwufet,
3 Mal durch Abgang von Kindspedi und Schwächerwerden
der Herztöne der Frucht und
1 Mal durch Vorfall des Nabelstranges.
So wurden 12 Knaben und 4 Mädchen zur Welt gefördert,
davon 10 lebend. und 6 todt, als 4 Knaben und 2 Mädchen.
AI9 Todesursache musste man annehmen, zu starke Compression
des Gehims in Folge zu beträchtlicher Beckenenge 3 Mal,
und wegen zu grossen Kopfes 2 Mal upd Compression der
vorgefallenen Nabelschnur 1 Mal. Das^ Wochenbett verlief
bei 6 Müttern ohne alle Störung, bei 10 traten puerperale
Erkrankungen, .als Endometritis oder Endocolpitis und Peri-
tonitis ein, jedoch ohne leichteren Grades, so dass die
Wöchnerinnen bis auf %wei, «welche am 19. und 20. Tage
des Wodienbettes zvtr weiteren Behandlung an das Stadt-
krsinkenhaus abgegeben wurden, gesund aus der Anstalt
entlassen werden konnten.
i» 4itt IstUadniigsinfllHttto e«e. bq 1>t«s4»tt im J. 1869. I37
»
Die fMT FiBn wen Wendahf md Extr^oUon der
Frucht an den Füssen sind folgendei:
Bei einer Erstgebärenden fadd lean bei der Dntertodiang
den Unterleib sehr ungietcb ausgedehnt und schief und innerlich
den vorgefallenen linken Arm bereits angesdiwollen und neben
demselben eine noch puisirende Schlinge der Nabelschnur;
die Ffisseder.FnuAt lagen in der linken Seite der Mutter,
der hiitferen Gebärmutterwand 3QgekehrL Der angesogene
Unke Fuss wurde mittels der Wendungssiehlinge angeschlungen
und die Wendung durch den doppelten Handgriff vollendet
Wegen Vorfalls der Nabelschnur musste sogleich die Extraction
feigen, wdehe keine Schwierigkeiten machte. So wurde ein
8 Pfund schwerer Knabe extrahirt, wdcher, anfangs asphyklisci^
durch die gewöhnlichen Belebungsmittel bald in's Leben xurück-
gebracht wurde. Mit Ausnahme einer leichten Perimetritis
verlief dae Wochenbett ohne alle Slfiiung.
Eine Zweitgebärende hatte eben ein Kind in erster Pusslage
.geboren, als. sich von Neuem eine Blase stellte, in wekher
bei der gewMinlichen Untersuchung ein vorliegender Kindes-
theil sich nicht erreichen liess. Man ging deshalb mit der
ganxen Hand ein und fand so die linke Schulter vorliegend,
die Fasse- der Frucht nach links und hinten gerichtet Nach
Herahleitung des linken Fusses durch die W^dung liess
man wegen Wehenschwäche sogleich die Extraction folgen,
welche ein nur 4 Pfund schweres Mädchen zwar lebend
xur Welt forderte, das aber schon nach 12 Stunden an
Lebensschwäche starb. Die Mutter wurd^ am neunten Tage
des Wochenbettes gesund entlassen*
Bei einer Drittgebärenden .ging das Wasser ab, als
der Muttermund erst 1 Zoll im. Durchmesser eröffnet war
und man entdeckte inf demselben eine nur noch schwach
puisirende Schlinge der Nabelschnur, aber keinen vorliegenden
Kindestheil. Wir li<fssen deshalb die Gebärende die Seiteiriage
anneiuven und schritten 2 Stunden später zur Wendung, als
der Mutiermund das gefahrlose Eindringen der Hand zuliess. .
Der rechte Ellenbogen der Frucht lag vor,. der Kopf war
nach rechts, der Bauch nach dar vorderen Gebärmutterwand
gerichtet Das Ergreifen und Anziehen des linken Schenkels |
138 IX- GvwMW, 4fr. J«liroBberi«fc% iibiir 4i» KMlgaÜKr:
«
machte nicht unbedeiteade 9cb#ierigkeileB; «boifle gdang
die Extraction nur Biil Mähe. Das Kiiid, ein 8Vt Piuttd
schwerer Knabe, war todt Bei der Section desselben fuid man
an der Lungenpleara and am Herzen zahkaiche Ecchymoaeo.
Das Wochenbett der Mutter Yerlief glAcäidi.
Eine andere Drittgebärende kam in die Anstalt, afe der
Muttermund eben erst anfing, sich x« eröfheh. Zwei Stünden
später erschien der MotteraHind vöibg erweitMt, die Blase «tief
berabgetreten and nur undeatlich liess sich rin kMaererHindcsr
theil IQblen. Die Kreissende wurde deshalb auf das Queitet
gebracht und die ganse Hand ' eingeMhrt, wobei man dte
Meinen Kindestheil als den linken Arm erkannte; die FAsse
lagen der Uterinwand zugekehrt, der Kopf in der halken
Mutterseite. Nachdem die Kreissende auf die linke Seite ge<>
lagert worden war, gelang es mit der rechten Hand die Fasse
zu erreichen und ansuzi^en, wobei der Nabelsiraog forfiel.
Man liess deshalb sofort die Eitraction folgen, wriiei die
Entwickelung des linken Armes Schwieligkeiten ferursachte.
Das Neugeborene, ein 9 Pftmd schweres Mädchen, war be-
deutend asphykti^ch, wurde aber am Leben erhalten. Die
Wöchnerin konnte am neunten Tage gesund entlassen werden.
Nachgebnrlsoperationen kamen bei 7 Erst- und
2 Mehrgebärenden vor. Nur eine dieser Gebärenden war
mittels der Zange entbunden worden, bei den übrigen hatten
die Naturkrädte allein die Kinder ausgetrieben. Bei einer war
schön bei mehreren Torausgegangenen Geburten die künstliche
Lösung und Wegnahme der Secundinen nöthig gewesen. Die
Nacbgeburtsoperationen wurden dies Mal indicirt: 2 Mal durch
Einsackung der Placenla in Folge schlaucbförmiger Contraction
des Uterus, 1 Mal durch feste Adhärenz der Eihftote an den
inneren Gebärmutterwänden und 6 Mal durch zu feste Vei^
wachsung der Placenta. Die Verwachsungen waren sämmtUcfa
nur zellige und Hessen sich leicht trennen. In fünf Fällen
war die Blutung eine sehr reichliche. Nach Wegnahme der
Secondinen zog sich der Uterus stets sehr fest zusammen
und das Wochenbett nahm bei sämmtlichen 9 Wöchnerinnen
einen gesundheitgemässen Verlauf.'
la ittt XmibiiitoM^inttltttte etc. wn Dresden fih ^ ISoO. 189
Anomalien. des Wochenbettes.
. Vorherrscheiid unter den puerperalen Erkrankungen waf
in diesem Jahre die Peritonitis, wobei bei 29 WöcbnerinneB
das Bauchfell in grjperer Ausdehnung, bei 27 nur in der
nächsten Umgebung des Uterus (Perimetritis) lergriffen war.
Die Erkrankungen kamen meist gruppenweise vor, am häufigsten
in den Wintermonaten, doch waren auch die Monate Mai und
Juni bezüglich der GesundbeitsTerhältoisse der Wöchnerinnen
ungünstig. Die Behandlung blieb, dieselbe, wie sie sich uns
erfahrungsmassig noch ais die zweckmässigste bewiesen bat
und in unseren Jahresberichten schon (tfler mitgetheilt worden
ist, daher wir Ton einer Recapitulation derselben hier ab-
sehen. Die sieben tödtlich endenden Fälle von Peritonitis
sind in der Kürze folgende:
Erster Fall. Eine 32jährige Ehefrau, dürftig genährt,
▼on kacbektischem Aussehen, vor 11 Jahren glücklich ent--
bunden, hatle in ihrer letzten Schwangerschaft viel an sehr
heftigen Kopfsdbnerzen und anhaltender Schlaflosigkeit gelitten.
Sie gebar am 9. Februar ziemlich leicht, aber 4 Wochen zu
froh, ein 6 Pfund schweres Mädchen. Am 11. Februar
zeigten sich die ersten Symptome von Peritonitis, welche
sich schnell ausbreitete und von Durchfall, Erbrechen, grosser
Unruhe und Schlaflosigkeit begleitet war. Kalisaturationen
und Opiate innerlich, sowie Senfteige, später ' Cataplasmen
und Einreibungen des Ungnent cinereum äusserlich änderten
wenig an dem Zustande. Zuletzt gesellten sich noch Symptome
von circumscripter Pleuritis und Pneumonie hinzu und so erfolgte
der Tod am 17. Februar früh 5 Uhr. Sectionsbefund.
Das Pericranium zeigt auf dem Scheitel und am Hinterhaupte
einzelne stark injicirte Stellen; Dura Mater stellenweise fest
verwachsen, viel Osteophyten, Pia mater ziemlich blutreich,
Centarallheile des grossen und kleinen Gehirns normal. Die
Pleura der r^ten Lunge, vorzugsweise am unteren Lappen,
mil einer gelbfichen Exsudatmasse überkleidet; das Lungen-
parenchym daselbst luftleer. Der peritonäale Ueberzug der
Leber mit eiterigem Exsudate belegt, die Leber gross, weich,
mäsaig blutreich; Mib vergrössert, die Serosa der Gedärme
]40 1^* ^«i«i«'i 4&- Jabrenbencht Ober die Erpigpit^«!
deutlich injicirt, 8anunUieb6'Ei|ig;e weide von dem erwflhnten
Exsudate yerklebt; die Innenfläche des Uterus mit plastisdiem
Exsudate belegt. Die linke Niere etwas grösser, als die rechte,
Kapsel leicht abstreilbar, Substanz blutreid), im Nierenbecken
eine kleine Menge eiteriger Flflssipeit anatomische
Diagnose: Pleuritis lobuli infer. pulmon. dextr., Pneumonia
bypostatica tat dextr., Endometritis plastica, Peritonitis,
Nephritis.
Zweiter PalL Eine 27jäbrige Handarbeiters Ehefrau,
gut genährt, in den Jahren 1855 und 1857 glücklich ent-
bunden, kam am 18. März früh 2 Chr als Kreissende in die
Anstalt und gebar hier nach wenigen Stunden ganz gesundheit-
gemäss. Am 20. März Klagen über Leibschmerz und Harn-
bescbwerden, weshalb Senfteige und der Katbeter in Anwendung
kamen. Am 22. März: AuflreiHuiig des Unterieibes und
.dünnflüssige StuUausleerungen ; Gataplasmata und ioneriich
Extract tbebaicum. Am 24. März: Delirien und Symptome
von Paralyse. Tod am 26. März. Sectionsbefund: Hirnhäute
etwas serös infiltrirt; Lungen ödematos, in den HershoUeD
viel Fibringerinnsel, welche sich bis in die obere Hohlvene
und bis in die Arteria pulmonaUs erstrecken. Die conveixe
Fläche der Leber mit Exsuds^t bedeckt, Milz vergrössert und
durch alte feste Verwachsungen mit dem Zwerchfell zusammen-
hängend, die Serosa der Gedärme injicirt Im Jejunum eine
ungefähr 4 Zoll lange Invagination; Uterus kindskopfgross,
^n seiner Innenfläche mit flüssigem Exsudate belegt Anato-
mische Diagnose:, Peritonitis und Endometritis.
Dritter Fall. Eine 34 Jahre alte Ehefrau eineö. Theater*
soufileurs aus Warschau, Mutter von sechs Kindern, dürftig
genährt, auf der Reise von Hamburg nach Pestb begriffen,
wurde in Dresden von Wehen überrascht und 'kaum war sie
in das Entbindungsinstitut geschafil worden, als auch schon
die Geburt eines 9 Pfund schweren Knaben erfolgte. Durch
den Abschied vom Manne und den Kindern ,. welche ihre
Reise nach Wien fortsetzten, heftig aufgeregt und von den
Strapazen der Reise sehr angegriffen, zeigte sie schon am
folgenden Tage Symptome von Peritonitis mit sehr frequentem
Pulse, gegen welche Eroubionen und Cataplasmen vergeblich
in dem EatbindiiQgsüiatitiit« eto. an Dresden im J. 18Mh 141
in Anwendung kamen. Schon nach vier Tagen trat der Tod ein.
Seclionsbefund: In beiden PleBrah6hlen einige Unzen trübes,
flüssiges Exsudat; die unteren Lungenlappen etaric ödemaldSf
die feineren Bronehien mit reichlidiem, schmutsig grauem
Schleim erfülh; das Herz gross, schlaff, in den Höhlen flüssiges
Btnt Die Bauchhöhle entbilt im kleinen Becken reidilichesi
eiteriges Exsudat, Lebeir und Milz mit E;isudatflocken bedeckt,
die Milz um das Doppelte vergrössert, sehr schlaff. ' Uterus
faustgross. Das Hnke Ovarium mit Bxsudatmembranen über-
kleidet, sein Siroma dunkelgrauröth, stark ödematös. Ana*
tomische Diagnose: Peritonitis, linkseitige Oophoritis,
doppelseitige Pleuritis, Bronchialkatarrh, Milztumor.
Vierter PalL Eine 28]lhrige Fabrikarbeiterin hatte am
24. Mai fi*üh in der Anstdt gesundheitgemäss geboren, als
sie am S6. von heftigem Sohüttdfi'oste, begleitet von Schmerzen
im Unterleibe, befallen ward. "Seofteige, später Breiumschlfige
und Emulsionen blieben ohne Erfolg. Unter Zunahme der
Peritonitis stari^ sie am 2. JunL Section: Schidddecken
dünn mit sehr entwickelten Osteophyten, Himsubstanz zSh
und miseig blutreich. Beide Lungen blutreich, in ihren oberen
Lappen stark ödematös.. In der Bauchhöhle nur wenig trübes
gdbiicbes Exsudat. Uterus doppeltfaustgross; die Innenfliche
mit einer dünnen Schicht schmutzig brauner, stinkender Jauche
belegt und darunter in grosser Ausdehnung schmutzig grau-
gelbes, plastisches Exsudat Anatomische Diagnose: Peri-
tonitis, Endometritis, Lungenödem.
Fünfter Fall. Ein SOjähriges Dienstmädchen, gut
genährt, vor tO Jahren glücklich entbunden, hatte am 8. Juni
in der Anstalt regelmässig geboren. Am 11. Juni Schmerz
im Unterleibe mit gleichzeitiger Auftreibung desselben und
starkem Fieber. Am 12. auf der rechten unteren Thorax-
hälfte gedämpfter Percussionston und Reibungsgeräuscbe. Tod
am 13. Juni. Section: In beiden Pleurasäcken flüssiges
mit Flocken gemengtes Exsudat, der rechte untere Lungen-
lappen luftleer. In der Bauchhöhle reichliches, mit Eiter-
flocken gemengtes Exsudat, Leber und Milz gross und schlaff'.
Uterus doppeltfaustgross, sein subseröses Zellgewebe eiterig
infiltrirt, einzelne Venen zeigen weiche Thromben und sind
142 UL Qrmtür, 46. idbretberUht iib«r die Eroigniflie
mit Eiter erfdUt Die iooere FUche 4es Dteras mit EaESudatr
acbichten belegt Anatomische Diagaose: Pleuritis, Peri-
tonitis, MetropUd>itis, Endometritis.
Secbttter Fall Ein 24jähriges DieastinädebeD, gut
geDährl, vor zwei Jahren glücklich entbimdeo« kam am
23. Juni als Kreissende in die AhstalL An den Schamlippen
und am Damme hatte sie breite Con<fylome. Sie gebar noch
an demselben Tage einen aasebeincnd gesunden, 8. Pfund
schweren Knaben. Am 25. Juni heftiger Schfittelfrost,
stechender Schmerz im Unterleibe, sehr frequenter Puls. Am
27. Juni ist der Puls kaum fiUilbar, zahlt 140 SchUge in
der Blinute, Hände and Ffisse erscheinen kalt; in der
rechten Thoraxhällte zeigt sich gedämpfter Percussionston und
bronchiales Athmen. Unter diesen Symptomen eriosch das
Leben am 28. JunL Seotiop: In den Pleurahäilen nur sehr
wenig Serum, die Lungen stelknweise stark Mema46s. Hers
ziemlich gross, die Mitralklappe in beiden Zipfeln schfinelig
verdickt Unterleib stark ^u^trieben, reichUdies flüssiges
Exsudat mit Fibringerinnsehi gemengt enthaltend. Leber und
Mib sehr schlaff. Uterus von der GrOsse eines Kindskopfes,
an der Innenfläche mit einar dünnen Lage ein«* schmutzig
braunlichen, breiigen Hasse belegt. Am Cervix einige kleine,
gelbdurchscheinende, im Durchschnitte einen Tropfen einer
gelben, eiterigen Flüssigkeit ergiessende Geßssstränge. An
der Aussenfläche unter der Serosa, «i'der Einmündungssteile
der Tuba ein Paar mit Eiter gefüllte, kleine Lympfgefliss-
stränge. Die Ovarien beide stark geschwellt, sehr schlaff",
das Stroma stark hyperämisch, mit eiterig erweichten In-
filtraten' durchsetzt. Anatomische Diagnose: Peritonitis,
Lyniphangioitis, Oophoritis.
Siebenter Fäll. Eine 22jährige, gut genährte Bauern-
magd hatte am 6. December in der Anstalt gesundheitgemäss
geboren, als sie am fünften Tage des Wochenbettes an Peri-
tonitis erkrankte. Am 13. Decembo* Puls 140, sehr klein,
Athem kurz, Zunge trocken, Delirien und Tod am folgenden
Tage. Section: Auf der Arachnoidea frisches Exsudat
Lungen nur mit ein Paar Strängen an die Pleura costalis
adhärirend, theilweise ödematös, Herzhöhlen mit dünnflüssigem,
in. ^m BBOiindongtinstSliite ele. a« DvMd«» im J. 1M9. 143
mAmaAgexn Bhite erfallt In :der Baiiobh6ble tiei dikm^
Aerigts Bisudat Leber linkerseiU durebaus fiiirAs mit dem
Zwerchfell and die nnlere Fläche durch PatttdoBiembraiM»
iMt dem Magen verwachsen. Bfib vergröasert, echlaff. Magea
enorm ausgedehnt, in der Mitte der Ueiiwn Curratiir eJDe
iitrahlige Narb^ enthaltend. : Ulerus kindshopfgrossi achlafT,
an der Innenfläche mit eiscin schmutxig,. graurolheo, janohigen
Meg. Tnben bis vierfach gesobwoUeu , dunkelblauroth, aas
derÜfindung eine dftnne^ eiterige Plössigheit ergieasend; die
Schleimhaut Mi%elockert, mit Eiter bedeckt. Anatomische
Diagnose: Perilonilis, Salpiftgitis, Magennarben« Residyen
einer abgelaufeneii, früheren umschriebenen Peritonitis«
Von Endometritis kamen amsser den rak Periioniiis
eomplkirten, die ^en erwlfaot worden dnd, noch 15 FAlle
lur Beobaehtuilg, und «war in den Mooaleo Juni, August
und Octeher je 3, in den fibrigeii Monaten, mit Ausnahme
dea nhrvar, Mm und Deoembcr. )e ein Fall. Bei -zwei diesetf
Wöchnerinnen war die- Entbindung mittels der Zange beendet
worden, ein Mal hatte die Nachgeburt kättstttch gelM werd^
möseeD, bei einer -war die Frfihgeburt nach der C7oAan'schen
Methode (s. unseren Jahresbericht vom J. 1858) eingeleitet
worden, eine Wöchnerin hatte kurz nach der Geburt eine
Metrorrhagie erlitten, • zu deren Stillung Injectionen von
Ozykral angewendet worden waren; bei den übrigen war die
Geburl ganz gesundheitgemäss verlaufen. Die Endometritis
kündigte sich gewöhnlich durch Aufregung des Gefasssysteras,
geringe Empfindlichkeit des Uterus und Anomalien der Lochien
an; der Uteras blieb dabei in seiner Verkleinerung und Ruck*
bildung zurück. Eknulsionen, Kalisaturationen und reinigende
Injectionen, denen, wenn die Lochien sehr übelriechend wurden,
Ltndenkohle zugesetzt wurde, reichten zur Heilung bin, so
dass diese Wödinerinnen sämmüich vom 12. bis 15. Tage
gesund aus der Anstalt entlassen werden konnten.
Endocolpitis zeigte sich bei 45 Wöchnerinnen, fast
knmer in Verbindunj^ mit Anschwellung der Schamlippen. In
9 dieser Fädle bildeten sich Ulcera puerperalia. Lange Dauer
der Austreibungsperiode, operative Eingriffe, meist aber
epidemische Einwirkungen mussten als Ursachen angesehen
144 I^* OreH$^t 46. JAkresberiokt flb«r di« Enfgnici« *
werden. Bei höheren Graden wurden erweicbeade faf^cläwieii
in die Seheide und über die geschwollenen Sehamlii^Mii
aromatiflehe Fomentaüonen gemacht, die Gesehwäre mit Cbarpie
bedeckt und öfter gereinigt So gelang die Heilang meial
schon in der zweiten Woche.
• Bei zwei Wöchnerinnen bildete sich Gangrän der
Schamlippen. Die. eine kam. mit beträdrtfichem Oedem
der Schamlippen in die Anstalt, welches, namentlich an dem
rechten Labium während der Geburt sehr sunahnt Unter
dem Gebrauche aromatischer Fomentationen setzte sich zwar-
das Oedem im Wochoibette sehr schnell, doch konnte nicht
verhindert -werden, dass sich am siebenten Tage em Theil
der rechten grossen Sciiamlippe gangränös abstiess. Die zweite
Wöchnerin kkigte erst am zweiten Tage nach der Geburt
Ober grosse EmpfindUchkeit der Schamlippen, welche sich
nur massig geschwollen und gcröthet zeigten. Nachdem jetst
heftiges Fieber eingetreten war, nahmra Röthe, Geschwulst
und Schmerzhaftigkeit der Schamlippen sehr zu und so kam
es schon am vierten Tage zur brandigen Losstossung . der
Epidermis und des Unterhautzellgewebes. Aromatische Fernen*
tationen und Auflegen von Charpie brachten die Geschwöre
allmälig zur Vernarbung.
Harriverhaltung kam im Ganzen bei 38 Wöchnerinnen
vor. In einigen Fällen, wo dieselbe nach leichten und schnelleD
Geburten eintrat, musste ein mechanischer Druck des Uterus
im Wochenbette auf den filasenhals als Ursache angenommen
werden, und dann verlor sich die Harnverhaltung gewöhnlich
am vierten oder fönflen Tage nach der Entbindung, wenn
Stuhlausleerung bewirkt worden war. In den äbrigen Fällen
beruhte die Ischurie auf Entzündung und Anschwellung des
Blasenhalses in Folge längerer Zusammendrückung dieses
während der Geburt, verlor sich aber ebenfalls von selbst,
wenn nur für tägliche Entleerung der Harnblase durch den
Katheter gesorgt wurde.
Metrorrhagien in den ersten Stunden nach Entfernung
der Nachgeburt traten bei 1 1 Wöchnerinnen auf, von denen 6
zum ersteh Male geboren hatten. Sie waren Folgen von
Atonie der Uterin wände und erforderten zunädist Herausnahme
in dem EntbindungsinstUote etc. aa Dresden im J. 1869. 145
der angeUuften Blutcoagula, wo dies zur SiilluDg der Blutung
oieht hinreicbte, nach Einspritzungen yon Oxykrat und die
innere Darreichung der Zimmttinctur. Bei drei dieser Kranken
folgten leichte Grade ?on Perimetritis, die sich bald beseitigen
liesseu.
£ine Wöchnerin litt seit der Mitte ihrer Schwangerschaft
an so beträclitlicher Heiserkeit, dass man, um sie zu ver-
stehen, das Ohr ihrem Munde ganz nahe bringen musste.
Als ursächliches Moment gab sie eine bedeutende Erkältung
bei erhitztem Körper an. Alle dagegen gebrauchten Mittel
waren erfolglos geblieben, während die naturlichen Vorgänge ,
des Wochenbettes so grundliche Heilung herbeiführten, dass
bei der Entlassung der Wöchnerin am neunten Tage deren
Stimme ihren sojioren Klang vollkommen wieder hatte.
Ebenso verschwanden mehrere sehr Inveterirte Lungen-
katarrhe sehr schnell m Folge des Wochenschweisses.
Drei Fälle von Pneumonie endeten günstig unter dem
Gebrauche von erweichenden Breiumschlägen und schwachen
Aufgüssen von Ipecac. mit Zusatz von Aq. laurocerasi.
Die drei tödtlich abgelaufenen Fälle von Pleuritis
compUcirt mit Peritonitis sind bereits oben berichtet worden.
Dagegen erfolgte Genesung nach Pleuritis in folgendem Falle :
Eine 21jährige Wöchnerin, welche in den ersten Tagen nach
der Geburt eine leichte Perimetritis überstanden hatte, behielt
eiaen fortwährend ßeberhaften Puls und klagte am 10. Tage
über Kurzathmigkeit Bei der physikalischen Untersuchung der
Brost fand man rechterseits den Percussionston gedämpft,
broDcbißles Athmen und Reibungsgeräusche, weshalb er-
weichende Breiumschläge und ein {nfusum hb. Digital, purp.
in Anwendung kamen. So verminderte sich alimälig das
pieuritische Exsudat, der Puls wurde ruhig und vesiculäres
Athmen kehrte wieder, so dass die Wöchnerin am 19. Tage
geheilt entlassen werden konnte.
Zwei Wöchnerinnen wurden wegen hartnäckiger rheuma-
tischer Entzündung des Hüftgelenkes an das Stadtkranken-«
haus abgegeben. In 5 anderen Fällen von Rheumatismus
acutus trat nach dem Gebrauehe von Senfleigen und Ein-
wickeluDgen in Flanellbinden Genesung ein.
MoMtMehr. f. Qeburtik. 1861. Bd. XYII., Hft. S. ^^
146 ^' Orenser, 46. Jabresbericht Üher die SreigniMe
Besondere Beacblung verdient der sehen oben erwähnte
Fall Ton Erysipelas bullosum ambulans. Die Beireffende,
ein 24 Jahre altes Dienstmädchen, scrophulös und bis in's
dritte Lebensjahr rhächitisch, klagte nach einer eben glücklich
überstandenen Peritonitis und Endocolpitis über einen heftigen,
brennenden Schmerz in den Hüftge^enden nach den Hinter-
backen zu, welche Theile sich erythematös geröthet zeigten.
Dabei zählte ihr Puls 100 Schläge in der Minute, die Zunge
hatte Neigung zur Trockenheit, und es stellten sich durch-
fallige Ausleerungen ein. Nach einigen Tagen bildeten sich
Blasen an den erythematösen Stellen, so dass über die Natur
des Uebels kein Zweifel mehr obwalten konnte, und das
Erysipelas zog sich an der Aussenfläche der Schenkel mehr
herab. Plötzlich zeigten sich dieselben Erscheinungen auch
am Halse und Nacken und nach und nach ergriff das Erysipel
auch den * behaarten Theil des Kopfes und das Gesicht. An
den früher ergriffen gewesenen Stellen schuppte sich die
Epidermis ab, dabei zog sich aber der Process so in die
Länge, dass wir uns genöthigt sahen, die Kranke zur weiteren
Behandlung an die innere Klinik abzugeben.
Bei einer 22 jährigen Dienstraagd, welche ohne Kunsthälfe
geboren hatte, stellte sich nach einer überstandenen leichten
Peritonitis am 10. Tage des Wochenbettes eine phlegmonöse
Entzündung der Wadengegend des rechten Unterschenkels
ein, welche jedoch durch ruhige horizontale Lage im Bette
in Verbindung mit Einwickelung des Schenkels in Watte und
Flanell binnen fünf Tagen, sich ganz wieder beseitigen liess.
Ein Furunkel an der inneren Fläche des rechten Obef^
schenkeis,- am vierten Tage des Wochenbettes entstanden,
abscedirte unter dem (^brauche von erweichenden Bra*
umschlagen und kam dann schnell zur Heilung.
Prurigo, aus der Schwangerschaft herrührend, ver-
schwand in der Regel sehr bald im Wochenbette ia Folgt
der. jetzt veränderten Vitalität der Haut.
Einen höheren Grad von Intertrigo, in Folge sehr
scharfen Wochenbettsecretes, vom After und den Sehenkel--
bugen bi^ in die Kreuz- und Schamgegend verbreitet, so dass
fieberhafte Aufregung des Geßsssystems dadurch bedingt wurde,
in d«iii Entbinduogsinstitnte etc. im Dresden im J. 1859. 147
beseitigfen wir durch fleisuges ReinigeD mittels eines con^
centrirten Aufgusses ?od Serpillum und Einstreuen von Pulv.
Lycopod.
Anomalien der Neugeborenen.
Von den lebend geborenen Kindern starben in der
Anstalt 28, wovon 14 zu früh, geboren waren. Die übrigen
14 ausgetragenen Kinder starben:
1. an Atelectasis pulmonum scbon nach 10 Stunden;
2 an Anaemia, weiJ sie nicht zum Saugen zu bringen ge-
wesen waren und auch Kuhmilch in nicht hioreichender
Menge nahmen;
2 an Anaemia und Icterus nach vorausgegangenen Blutungen
aus der Nabelschnur. In dem einen Falle hatte die
Mutter das Kind auf der Strasse gehend geboren,
wobei die Nabelschnur 'zerrissen war, in dem anderen
litt das Kind gleichzeitig an Syphilis congenita in der
Form des Pemphigus syphil.
2 an Gonvulsionen in Folge von Hirnhyperämie, gegen
welche kalte Fomentationen des Kopfes und innerlich
Calomel vergeblich angewendet worden waren.
1 an linkseitiger Pleuritis;
1 an doppelseitiger Pleuritis;
1 an Ruptur des Magens in der Gegend der grossen Curvatur
mit consecutivem bedeutendem Blutergusse in die
Bauchhöhle.
1 in Folge gänzlicher Obliteration und Atresie des unteren
Theiles der dünnen Gedärme. Das Kind starb erst
am fünften Tage unter den Symptomen der Tympanitis
und nach vorausgegangenem Erbrechen.
3 aus unbekannten Ursachen, indem selbst die Section
eine bestimmte Todesursache nicht nachzuweisen ver-
mochte.
Ausser den vorstehenden, tödtlich abgelaufenen Er-
krankungen der Neugeborenen, beobachteten wir noch folgende
Krankheitsfalle.
Gonvulsionen bei .einem sieben Tage alten Mädchen,
wdcbes big dahin sich wohlbefunden hatte. Nach Darreichung
10*
148 IX- 0rtn9&r, 45. JahresberSoht fiber die Ereignisse
einiger Gaben von Calomel in Verbindung mit Zinkblumen
kehrten die Convulsionen nicht wieder.
Bei zwei Knaben zeigte sidi auf dem linken Scheitelbeine
Cephalaematoma. Nachdem kalte Fomentatiouen einige
Tage lang fortgesetzt worden waren, fühlte man im ganzen
Umfange der Geschwulst den bekannten Ring, von welcher Zeit
an die Geschwulst nicht mehr zunahm und ihre Zertheilung
der Natur überlassen wurde.
39 Kinder litten an der Ophthalmia neonatorum,
wovon 21 auf beiden Augen, 12 blos am linken und 6 am
rechten Auge. In allen Fällen wurde die Krankheit beseitigt
und nur ein Mal blieb eine kleine Macula zurück, obwohl
die Entzündung nur in leichterem Grade bestanden hatte.
Ein drei Tage altes Kind gab Blut durch Erbrechen
und durch die Darmausleerungen von sich, als dessen
Ursache Schrunden in den Brustwarzen der Mutter sich
herausstellten, aus denen das Kind das Blut gesaugt hatte.
Mit Bildungsfehlern behaftet wurden 5 Kinder geboren,
und zwar: 1 mit Valgus an beiden Füssen, 1 mit voll-
ständiger Verwachsung des dritten und vierten
Fingers der rechten Hand, 1 mit unvollständiger Ent-
Wickelung des Praeputium, 1 mit Spaltung der Ober-
lippe und des harten Gaumens, 1 mit vollständiger
Atresie eines Theiles des Dünndarmes, s. oben.
Geburtshülflichen Unterricht erhielten 14Siadirende
und 31 Lehrtöchter.
iD dem EjDibinaiingaiaatitiiU etc. sa Dresden im J. 1869. 149
n
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8 Schwang, n. 13 Wöcfaner.
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Bestand am 31. Dec. 1868.
Zahl der aufgenommenen
Schwangeren und Ge-
bärenden.
Zahl der Geburten.
Sch&dellagen
Oesichtslagen
StelBslagen
Ftisslagen
Qaerlagen
Unbestimmt
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Zangenoperation
Wendung
Extract. an den Füssen
Perforation
Äcconch. forc^
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Kaiserschnitt
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Nachgebortsoperation.
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abgegeben
wegen anderer Verhftltn,
gestorben
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Beatand ult. Decbr. 1869.
Besondere Bemerkungen.
Stndirende
Sehfllerlnnen S *^ ?*
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150 ^> Motisen ftns der Journal -LitorAtor.
Notizen aus der Journal -Literatur.
Bokittnukjf: ."Ein Fall Ton linkseitiger Tübarabschnfimng
von pseado-raembraiiöfler Adhftsion, mit wabrscbein-
lieber Anfnabme des Eies aas dem linken OTarium
Yon der rechnen Tube.
Am 12. April laufenden Jabres wurde die Leicbe einer
SOjftbrigen Frau, welche am ,1. April geboren hatte und am
11. April im Krankenhause gestorben war, secirt und seigte sich
bei der Eröffnung der Bauchhöhle Folgendes:
Uterus, kindskopfgross , zeigte- an der Placentarinsertions-
stelle , die sich gleich unter dem Fundus gegen das linke Tubar-
ostium hin befand, nekrosirendes Gewebe mit schmntiig gelber
Färbung. Aeusserlich fanden sich am Uterus, namentlich an den
Stellen, an denen die peripheren Venen und Lymphgefasse theils
starre, theils eiterig serfallene Pfropfe führen, gelbliche Ezsudat-
fetzen. Links ist der Uterus mit weisslichen Pseudomembranen
bekleidet, die sich über das Lig. latum längs der gezerrten,
▼erödeten Tube in ansehnlichen Platten und Schnüren auf das
8 roman. fortsetzen.
Die linke Tube zeigte sich in einer Strecke von 4'' als
einen weisslichen, circa 1'" dicken permeablen Strang; an dem
äusseren Ende dieser Strecke ist sie bloss eben merklich ein-
geknickt und in ihrem Lumen verödet und setzt sich in die oben
beschriebenen Adhäsionen in Form weit auseinandertretender
Streifen fort, in denen man die TubarfVanzen erkennt.
Im linken Ovarium sitzt^ gegen dessen äusseres Ende hin
ein erbsengrosses Corpus lut.-, während sich im rechten Ovarium
davon keine Spur findet.
Hieraus folgt: 1) die Adhäsionen wurden nach vollendetem
symmetrischem Wachsthnme der Geschlechtsorgane acquirirt. Die
Verödung der Tube wurde durch die Zerrung vom schwangeren
Uterus (die Frau hatte wiederholt geboren) bewirkt. 2) Von
dem grössten Belange wäre die Entscheidung, in welcher Be>
Ziehung die Adhäsion und Zerrung zu der letzten Schwangerschaft
steht: die Innigkeit und die Art der Adhäsionen lassen glauben,
dass dieselben nicht nach der letzten Conception oder während
der letzten Schwangerschaft zu Stande kam, in welchem Glauben
man noch durch die Verödung der Tube bestärkt wird.
X. Notiien »aa der Joamal^LUeratur. |5X
Iftt dUfl d«r Fall, lo nmss man glaaben, das« das £i aus
dem linken OTarinm von der rechten Tube bei der letaten Con>
eeption aufgenommen worden sei.
(Allgera. Wiener med. Zeitung, No. 20, 1800.)
C Braun: Ueber die Nosogenie der intrauterinen
Placental- Polypen.
Nach Verf. kann Retention der reifen Plaeentaltheile oftmals
die Ursaehe aum Entstehen polypen&hnlxcher K5rper im Uterus
abgeben, jal bei genauer histologischer Prüfung dieses Gegen-
standes dürfte sich herausstellen', dass die meisten sogenannten
fibrinösen Polypen als Placentalpolypen aufxnfassen sind. Verfasser
giebt als Beweisführung folgende Casuistik.
Fall 1. Fünfmonatlicher Abortus einer cum vierten Male
Schwangeren. Vier Wochen später heftige Metrorrhagien. Die
Untersuchung zeigte fiusserlich über dem Becken einen runden,
faustgrossen , leicht verschiebbaren Tumor: 'bei der Indagation
die Port, vagin. verkürzt, Orificinm geöffnet und in diesem einen
schwammigen Korper. Der Singer wurde unter Chloroform-
Anasthesirung der Fat. in den Cervix eingeschoben, der fremde
Korper gelöst und extrahirt. Es war die 2%*' im Durchmesser
haltende Placenta, welche weder von Maceration, Vereiterung,
noch Resorption ergriffen war. Die Metrorrhagie stand nun
vollstXndig. Die Frau wurde sp&ter wieder schwanger.
Fall 2. Geburt eines lebenden reifen Kindes. Sechs-
wöchentliche stetige Blntungen. Bei der Exploration zeigte sich
ein polypenähnlicher Körper aus dem wenig geöffneten Mutter-
munde hervorragen, welcher den faustgross erweiterten Cervix
ausfüllte und dic)it oberhalb des inneren Muttermundes mit einem
fingerdicken Stiele inserirt war. Durch Fingerdruck wurde der
Stiel getrennt und der Tumoi' zu Tage gefördert, der sich als
ein eigrosses Stück einer reifen gesunden Placenta ergab. Die
Blutung stand.
Fall 3. Am achten Tage nach der Geburt eines lebenden,
reifen Kindes stellte sich eine fulminente Blutung ein , die von
heftigen wehenartigen Schmerzen und der Ausstossung eines
faustgrossen fremdartigen Körpers begleitet war, worauf die
Blutung stand. Der abgegangene Körper, 5" lang und 2" breit,
zeigte unter dem Mikroskope eine Ueberkleidung aus Bindegewebe,
w&hrend die ganze Masse aus verkümmarten Placentalzotten
bestand.
Fall 4 ist dem ersten Falle ähnlich, nur dass es nicht die
ganse Plaeenta war, welche den polypenfthnUchen Körper darstellte.
152 ^- Notlsen «ns der Journal- Literatur.
Im 5. Fall« giebt Verfaiser nebst einer genauen Kranken-
geschichte, die Beschreibung eines nussgrossen Theiles einer
unreifen Placenta ohne Embryo und Eih&ute (so^. Mola camosa),
welclier unter den Erscheinungen eines sog. fibrinösen Polypen
drei Jahre nach einer Niederkunft gelöst wurde. Die genauere
Untersucbnng des betreffenden Theiles hier wiedersageben, würde
uns SU weit führen , so viel sei jedoch bemerkt, dass derselbe
ein missgebildetes, d. h. in bindegewebiger Degeneration be-
griffenes Ei sein möchte und sich besonders den neuerdings von
Rokitaruky beschriebenen Fällen anreiht.
Fall 6 und 7 sind swei polypöse Körper in der puerperalen
Uterinhöhle haftend, die Im Wiener pathologisch - anatomischen
Museum aufbewahrt werden, und den Schleim-, Blasen-, fibrösen
und sarcomatös.en Polypen nicht angehören.
(Allgem. Wiener med. Zeitung, Nr. 48, 44, i46, 18fiO.)
C. Bokitanskyi Ein Beitrag >ur Lehre Yom Abortus und
▼ om fibrinösen Uteruspolypen.
In Torliegender Arbeit stellt Verf. die Ansichten KiwUeh^B
und Scanzoni^B über die Entstehung der fibrinösen Uteruspolypen
gegenüber und theilt swei Fälle mit (deren Beferat wir uns hier
▼ersagen müssen), welche die die Entstehung des fibrinösen
Uteruspolypen auf einen Abortus basirende Ansicht iSeonsonTs
Bu erweitem im Stande ist. Aus den angeführten Fällen lassen
sich folgende Sätze entnehmen:
ij Das Ei gelangte nach vollendeter Einhüllung mit der
Tan. reflex. an einen gleichsam aus einem Bündel überaus ver-
lUngerter Uterindrusen bestehenden Stiele aus der Höhle des
Uteruskörpers in den Canalis cervicalis, verweilte darin und
wuchs fort.
2) Frühzeitige Contractionen des Uterus sind es ohne Zweifel,
welche diese Dislocation des Eies bewirken.
8) Das Ei wuchert eine Zeit lang in der Cervicalhöhle fort
und stellt so eine secundäre Cervicalschwangerschaft dar, wobei
der Cervix nur unbedeutend an Masse zunimmt, so, dass seine
Erweiterung überwiegend den Charakter einer passiven darbietet.
4) Die hängende freie von dem erweiterten offen stehenden
Cervix ungenügend gestützte Lage des dislocirton Eies bewirkt
eine fortwährende zu Contractionen auffordernde Zerrung am
Uteruskörper und bedingt endlich Blutungen.
5) Der vollständige Abortus dürfte nur langsam zu Stande
kommen, indem unter solchen Verhältnissen die concentrischen
Zusammenziehungen des Uterus nahezu das Maximum IhrerLeistung
erreicht haben , auf eine ausgiebige Action des Cervix jedoch bei
X. NottseB aiM der Joftmai-Literfitiir. 153
dem wM»Btli«b pmtsiTen Charakter seiner £rweiterang nieht sn
reebnen ist.
6) Es dfirfte in solchen FKlIen , nnehdem die Eih&nte gerissen
nnd der Embryo ansgestossen worden, ein Theil der Eih&nte
tnrüekbleiben und mit der Qlntnng eine gans ansgeseiehnete
Orandlage für einen fibrinösen Polypen abgeben, da das Blnt
sieb fn dem j>assir erweiterten Cerriz nm so leichter anbiUifeB
nnd sofort eosgniiren würde, als eine Aetion anf dasselbe von
Seite des in seinem oberen Theile ohnehin contrahirten Uterus
nnr nngenogend ansgefibt werden konnte.
(Zeitschrift der Aente a« Wien, No. 88, 1860.)
Nmtmann: Ueber die Sklerose der Plaoenta.
Das Placentalgewebe entartet bisweilen in der Weise, dass
an meist scharf begrensteu Abschnitten dasselbe seine schwammig
weiche, blatqaellende Beschaffenheit veHiert und statt dessen
mehr weniger entfärbt hart and trocken wird. Das Wesen dieser
Entartung ist sehr verschieden gedeutet worden. Nach Verf.,'
welcher sich auf die Virehow^ sehe Ansicht, dass die Placenta-
BOtten nackt in die durch cavernöse Ectasie der Gefässe den
betreffenden Decidua - Abschnittes gebildeten BlntrHume hinein-
ragen, stntst, ist denkbar, dass die Wucherung der Zotten so
uberbaifd nimmt, dass genannte cavernöse Räume von denselben
vollständig eingenommen werden. Die Folge davon ist, dass an
solchen Stellen der Stoffwechsel des Fötus unterbrochen wird,
was zunächst auf die Zottenstructur aurückwirken muss. An dem
vom Verf. untersuchten Präparate zeigte sich an den harten,
weissen Stellen der Placenta keine Spur der normalen cavemosen
Bäume, sondern nur eng verfilzte Zotten, durch deren vielfache
Verschlingungen sich ein zartes, von der Decidua gebildetes
Netz von Bindegewebe Balken zog. Die Structur der Zotten
war insofefn verändert, als die normale hyaliue Orundsubstuns
derselben in ein körnig getrübtes, von Fett- und Kalkkömcheu
durchsetztes Bindegewebe umgewandelt war. Wodurch die
Wucherung der Zotten zu Stande kommt, lässt sich nicht sagen;
dieselbe auf einen chronisch -entzündlichen Vorgang zucück-
snfuhren, Jlst kein Grund vorhanden.
(Aerztl. Intelligenz -Blatt, Beilage, No. 40, 1860, u. König«.
berger med. Jahrbücher, II., 2, 1860.J
154 X- Kotisen ans d*r Joiunai^Litdratiir.
W. Hink: Beobachtung' einer gans anflsergewöbnlieh
▼ erlanfend'en Schwangerschaft.
Die 22 Jahre ahe Schwangere will immer getnnd gewesen
sein; ihre Periode, welche seit ^m 16. Jahre immer rechtseitig
eintrat, Metirte Ende Angust 1868 «Um ereten Male. Etwa
6 — 7 Wochen nach der letsten Kenstrnation, .erschien wieider
durch drei Tage Blnt, doch weniger, als gewöhnlich nnd unter
heftigen Krenuohmenen, welche sich am iweiten Tage bis inr
Unertpäglichkeit steigerten : 'das Blnt soll dnnkel, beinahe schwär*-
roth gewesen sein nnd schnell coagnlirt haben. Mit Anfhören der
Blatung, mit welcher sngleich dieSchmersen schwanden, erschienen
die Katamenien nicht mehr nnd wurde hierdurch Patientin in der
schon früher gefassten Meinung einer bestehenden Schwanger-
schaft bestärkt.' Ihr Befinden war ansgeseichnet. Am 18. .De-
cember 1858 (nach schwerer Arbeit und Aerger) stellte sich
plötsHch unter vehementen Kreuz- und geringeren intermittirenden
Bauchschmerzen ein Blutfluss von ansehnlicher Stärke ein, der
in der folgenden Nacht sich zwei Mal erneuerte und auch am
* 19. December wiederkehrte, wobei jedoch das Blut auffallend
lichter und wässeriger wurde und einen ausserordentlich üblen
Geruch bekam.
Am 20. December stellten sich allmälig profus werdende
Diarrhöen ein, welche Patientin, in deren übrigen Befinden
ohnedem keine Besserung eingetreten war, nöthigten, |ich in's
allgemeine Krankenhaus zu begeben. Hier wurde die Diagnose
auf Metritis und Partus imminens gestellt. Noch am selben
Tage wurde die Kranke wegen zu erwartender Geburt in das
k. k. Gebärhaus abgegeben nnd bot hier folgenden Stat. praes.
Puls klein, härtlich, 106. Brüste gespannt, Warzenhof dunkel
pigroentirt, viel Colostrum. Unterleib Tergrössert, Bauchdecken
ausgedehnt; die Palpation desselben, iu der Nabelgegend und
zu beiden Seiten bis herab zum Pou^^arrschen Bände schmerzhaft,
Hess in der ganzen unteren Hälfte ein mehr weniger deutliches
Fluctuiren und Schwappen erkennen. In der Medianlinie fand
sich eine, einem im fünften Monate schwangeren Uterus gleichende,
derb weiche, oben abgerundete Geschwulst, in welcher sehr
schnell ausgleitende Kindestheile wahrzunehmen waren. Die
Consitenz dieser Geschwulst machte den Eindruck, als wäre über
derselben noch eine zweite dünnere, jedoch ziemlich resistente
Decke gespannt. Vor diesem Tumor befand sich, nach links
liegend, eine zweite, durch die gefüllte Harnblase gebildete
Geschwulst, während an der linken Seite desselben etwa 3 bis
4 Finger breit unter dem Nabel, mehr nach rückwärts und in
die Tiefe gekehrt, eine andere kleinere, mit diesem zusammen-
hängende, feste rundliche, etwaSVa'' — 3" im Durchmesser haltende
X; Notiiea vu der Jonnial- Literatur. 155
GesebwiUBt sn föhleli war,. die für ein am Fondoe uteri anf-
•itiendes isteratitielleB Fibroid gehalten wurde. Die Auscultation
leigte starkes Darmgurren, jedoch waren Fotalpole, Placentar-
gei&Qseb, ebenso active Kindesbewegungen nirgends au bemerken.
Die innere Untersuchung seigte die hintere Biasenwand stark
aasgedehnt und bei Berührung empfindlich. Orificium hoeh uud
gegen das Kreuzbein gerichtet, hatte circa Vt' i^o Durchmesser,
dessen Bänder aiemlich derb, biutere Lippe etwas gewulstet.
Kopf lag Tor, jedoch von den EihSuten nicht umgeben; seine
Knochen fühlten sich weich und macerirt an. Aus dem Orificium
ergoss sich eine übelriechende, jauchige Flüssigkeit. Nachdem
mittlerweile die Blase aur grossen Erleichterung für die Patientin
künstlich entleert worden war, seigte- die 4 — 6 Stunden später
angestellte sweite Untersuchung, den Muttermund weniger dehnbar,
Kopf höher stehend und schwerer lu erreichen. Aeusserlioh
aeigte sich jetat nur die dem Uterus angehödge Geschwulst, die
trots der heftigen Kreuzschmärzeu sich auffallend weich und
teigig anfühlte. Die durch die Harnblase gebildete Geschwulst
war bis auf einen kugeligen Rest oberhalb des linken Schambein-
astes Torsohwunden. (Puls 120.) Fäculente unwillkürliche Stuhl-
entleerungen. So dauerte ungefähr der Zustand einige Tage
nnd da sich trotz Seeale, Douche und dreitägiger beinahe un-
unterbrochener Golpeurysis keine Contraotionen einstellten, so
wurde Ton Verm Prof. BarUth aur Manualdilatation des siemlich
weichen Muttermundes gesehritten und ein 6 V^"-» 7'' langerstark
fauliger Fötus extrahirt Die jetzt untersuchende Hand drang in
eine in der Medianlinie des Leibes befindliche, mehr als Kinds-
kopf grosse, mit Jauche erfüllte, beinahe kreisrunde Höhle,
deren Wände namentlich nach vorn und seitlich fehlten, wodurch
grosse Oeffiinngen gebildet wurden, die in ein gemeinschaftliches
JauchecaTum führten, welches sieh bis gegen die Wirbelsäule
bin erstreckte. In dem hinteren Theile der linken Hälfte gelangte
der Finger zu einer tou einem derben Hinge begrenzten Oeffhung,
wodureh miui in einen, von festen Wandungen gebildeten Canal
gelangte, welcher seine Richtung gegen die you ausseih zu fdUende,
ein Uterusfibroid yorspiegelnde Geschwulst nahm. Es bildete sich
daher die Ansicht, die ringförmige Oefihung sei wirklieh der
innere Muttermund, jener Canal führe in den Uterus und die
grosse Höhle sei der abnorm erweiterte Cerriz.
Die Section der vier Tage nach der Entbindung verstorbenen
Wöchnerin zeigte bei der Eröfihung der Bauchhöhle Folgendes:
Der Uterus nebst Anhängen vom pseudomembranösen Binde-
gewebe bekleidet: er bestand aus zwei scharf gesonderten An-
theilen; der Körper gut 2" lang und fast ebenso breit, in seine
Wand A'^'^b'" dick, von einer blntreiehem, schwammigen Schleim,
haut bekleidet und vorn gleich unterhalb des Fuudas im UmCaaga
156 ^' Notisen ftH« der JonrnaNLitprAtoV
eines Zwanii^erstfiokes mit einem PUeentarreste beeetst. Sein
Cavnm nooehte ein kleines Höhnerei fassen. Der Cerrlz bestand
bloss ans der hinteren Wand nnd den beiden Leiien der Vaginal-
portion, Tom nnd in beiden Seiten g^ng er in ein kindskopf-
grosses Jancbeeayam über. Letzteres - nahm wesentlich den
Beekenranm ein nnd bestand ans dem erweiterten, sehr Ter-
dfinnten Cerrix, Terstftrkt dnrch Terdichtetes Bindegewebe, welcher
sieh nach unten nnter das Trigonnm der Blase, nach oben aber
nach dem retroperitonSalen Bindegewebe an den SeftenrXndern
des Uteras und swischen die Ligamenta lata ausdehnte. Er war
Ton einem lottigserreissHchen , nekrosirenden Gewebe aus-
gekleidet und enthielt eine hKmorrhagische , schmutsigbraune,
kriimmliche, stinkende Jauche. Die Diagnose lautete somit:
Nekrosis cerrieis uteri dilatati ez retento foetu.
(Oesterreioh. Zeitschrift f. prakt Heilkunde, No. 15u.l6, 1860.)
Delorme: Behandlung der Amenorrhoe und Dysmenorrhöe
durch das Apiol.
Verf. rühmt die Anwendung des Apiol gegen obige Zustande
und empfiehlt dasselbe als eines der unsch&dlichsten (selbst bei
beginnender Schwangerschaft) und doch sugleich sichersten Mittel
aufs Wärmste. Erfordern genannte Luiden auch meist ein
directes Bekämpfen ihrer Ursachen, so ist es doch oft gut, sur
Zeit der Periode selbst auch ein speciell das Uterinsystem er-
regendes Mittel SU reichen. Es ist daher das Apiol dann an
geben, wenn bei den Frauen durch Ropfschmera, Kreussehmersen,
Völle des Leibes, nerröse Zufälle etc. das Herannaben der
Menstraation sich yerkündigt.
Man giebt das Apiol in gelatinösen Kapseln , welche 26 Ctgr.
davon enthalten, swei Mal täglich und awar während der Dauer
der Menstrnalaeit. Im folgenden Monate giebt man es sur selben
Zeit. Selten hat man es längere Zeit hindurch su gei^rauchen.
Der erste ErfMg ist ein Yollständiges Verschwinden der Schmersen,
welche oft auf das Unerträglichste der menstraellen Eraption
vorausgehen.
(Gaiette des hdpiUnz, No. 111, 1860.)
Rokitaruiky: Ein Fall von acuter Tuberkulisation des
puerperalen Uterus und ein Fall von Tuberkel in
den Ovarien.
Chronische Tuberkniisation der Uterasschleimhaut und von
ihr aus des submueösen Uterusparencjiyms isi sur Oenfige bekannt.
X. Notisen au« der Joiini*l-Literatar. 157
Hoeh Die wurde eine acate Tuberkulose des Uleni$ beebachtet,
fSr deren Ezistens folgender Fall spricht
Die 34jfthrige Frau hatte 8 Mal geboren, wovon 5 Kinder
leben ; am 6. Januar 1860 gebar sie einen acblmonatlichen Knaben.
Am 13. Januar kam sie in's Krankenhans und gab an, seit drei
Monaten an Husten su leiden. Am 26. erfolgte hier der Tod.
Die Section zeigte neben Tuberkelgrannlationen in den Lungen,
namentlich auf dem Gewebe der Uternsschleirohaut eine Menge
kleiner, mobnkorn-, hirsekomgrosser- graulicher und graugelb-
licher discreter Tuberkelgranulationen, welche das Gewebe der
Schleimhaut wie fein zernagt erscheinen Hessen. * Unter ihr war
auch die Uterussubstanz, und zwar in der gaozen Dicke der
Uteruswand, bis an's Peritonäum bin yon denselben Granulationen
besetzt. Auch in der Tubenschleimhaut, namentlich rechts, fanden
sich grauliche Tuberkelgranulationen.
Die Tuberkelbildung in den Oyarien ist ausser-
ordentlich selten.
Im folgenden Falle findet sie sich neben Lungen- und aus-
gebreiteter Darmpbthise. Beide Tuben waren mit der yorderen
Fl&ehe der Oyarien yerklebt, verdickt, geschlängelt; ihre Schleim-
haut, welche die Tubarcanäle pfropfartig ausfüllte, war von gelber
käsiger Tuberkelmasse infiltrirt. Die Uterusschleimhaut blass-
grauröthlich , von einzelned, sehr kleinen Tuberkelgranulationen
besetzt. Das linke Ovarium, 2" lang, 1" hoch und bei 10"' dick,
war von sehr zahlreichen, meist hanfkorng^ossen, in der Tiefe
zu einer bohnengrossen Masse zusammengeflossenen, gelben,
käsigen Tuberkeln durchsest, von denen die peripherischen in
der Albuginea sassen und äusserlich protuberirten. Das rechte
Ovarium, welches um die Hälfte kleiner war, zeigte nur wenige
Tuberkel. Die Frau war 44 Jahre alt
(Allgem. Wiener med. Zeitung , No. 21 , 1860.)
C. Braun: Ueber einen seltenen Meohanismns bei Ge-
sicfatslagen.
Der abweichende Mechanismus bei Gesichtslagen zeigt folgende
Modalitäten des Austretens des Kopfes.
1} Die Gesichtslagen wandeln sich in Hinterhanptslagen um:
kommt fast nur in der ErÖfihungszeit vor.
2) Die normale Rotirung der fCinnspitze von rückwärts nach
vom wird erst durch kräftige Wehen innerhalb der Vulva ver-
spätet bewirkt
3) Die begonnene Botirung wird nicht vollendet, sondern
das Gesieht erreicht querstehend den Beckenbojen und tritt
auch so durch das Vaginalostium durch. Dieser Modus komn^t
aiemlioh oft vor.
158 X* Notisen aas der Joanial*L{teratiir.
4) Das Oesfeht lehnt 8ieb mit dem Kimie an das Steiiibefn
an, während Mnnd nnd Nase auf den Beekenboden anfdrfieken,
die Stirn and die grosse Fontanelle in dem Vaginales tiam alehtbaf
bleiben. Die Calvaria wird darch den Drack der vorderen
Beckenwand abgeplattet and bei der Gebart saerst die Stirn and
die Nase, dann erst die Oberlippe and das Kinn Über den Damm
geboren. Ist sehr selten.
6) Die Stirn bleibt an der Torderen Beckenwand angepresst,
Nase and Aagen werden in der Schamspalte saerst sichtbar,
dann wird der übrige Theil des Gesichtos über den Damm geboren
and saletst die Stirn anter dem Schambogen Torgesehoben.
Letztere zwei Darchtrittsweisen warden bisher meistens als spontan
gar nicht vollendbar angesehen, von dem Verf. jedoch beobachtet.
Fall 1. Spontane Gebart eines reifen Kindes in
einer Gesichtsl'age mit dem Kinne über das Perinftam.
Nach 24stündiger Thätigkeit der Wehen , zeigte die Exploration
das Ostiam bis aaf V-j^' erweitert and den Nasenrücken sammt
der Kinnspitse an die Aashöhlang des Kreazbeins angepresst.
Nach einer Stande war, ohne dass die normale Rotirang des
Kinnes eingetreten war, der Mattermand vollständig erweitert,
die Stirn sammt der grossen Fontanelle an den Schambogen
and die Schambeinfläche angepresst. Später warde die 'Nasen-
warzel and der Nasenrücken zaerst sichtbar, dann beide Aagen,
ein Theil der Stirn and der Oberlippe, während das Frenulam
posterias sich so straff in die Mundwinkel der Fracht drängte,
dass das Kinn mit den Fingern Über den Damm henrorgehoben
werden musste, woraaf erst gleichzeitig mit dem Halse über den
Damm die grosse Fontanelle sammt den abgeplatteten Scheitel*
beinen anter dem Schambogen hervorrückten and schliesslich
erst das Hinterhaapt mit den gleichzeitig aastretenden Schalter-
hohen geboren warde. Der Racken des Kindes blieb nach vom
gewendet. Das Kind war reif, jedoch todt.
Fall 2. Hier warde wegen Schwäche des Kindes die Zange
angelegt nnd das Gesicht in der Weise extrahin« dass zaersl die
Nasenwarzel sichtbar warde, der Ober- and Unterkiefer sammt
dem Kinne über den Damm and dann erst die Calvaria nnd
Hinterhaapt anter dem Schambogen im vollends verkehrten
Mechanismas entwickelt warde. Das Mädchen war reif nnd
lebend, 6 Pfd. schwer, 20" lang and der Schädel walzenförmig
geformt; sein gerader Darchmesser betrag ^"» der hohe nar S".
Matter and Kind befanden sich wohl.
(Wiener Medicinal- Halle, No. 1 a. 2, 1860.)
X. Notisen am der Joiirnftl*Lit«Nitnr. Ifß
Jmeqmmnieri Ueber die Sterling des OebartsTerlanfes bei
Kopflagen, bedingt durch sn grossen Umfang der
Brnst und der Sohaltern des Fötas.
Verfasser giebt in vorliegender Arbeit eine Reihe von
Beobaehtnngen, in denen, die Breite der Schultern und des
oberen Theiles der Brust des Fötus ein gewichtiges Geburts-
hindemiss wurde.
Im ersten Falle kreiste die Frau, eine DrittgebKrende, Seit
18 Stunden. Der Kopf zeigte sich bei Ankunft des Verfassers im
Beckenausgange be6ndlich und sollte nach Aussage der Hebamme
diesen Stand schon seit 10 Stunden einnehmen, ohne trots guten
and kräftigen Wehen zum Durchschneiden zu kommen. Der Damm
war schlaff und nachgiebig, das Becken gut gebildet; auch sollen
die früheren Niederkünfte immer kurz gewesen sein. Die An-
legnng der Zange war leicht und einfach, dagegen war ein halb-
stündiger Kraftaufwand nöthig, um den grössten Durchmesser
des Kopfes zu entwickeln, während, um den Kopf vollständig frei
SU machen, mit der Hand der Damm nach hinten weg gedrängt
werden musste. Der geborene Kopf wurde mit Gewalt gegen
das Perinäum gezogen und Verf. sah sich genöthigt, da er mit
den Zeigefingern nicht in die Achselhöhle gelangen konnte, un-
mittelbar am Kopfe zu ziehen, um die Schultern zu entwickeln,
erreichte jedoch nichts weiter, als dass der Kopf dem Damme
nicht mehr so fest anlag. Die Schultern hatten sich allmälig in
den geraden Durchmesser gedreht, so dass Verf. beide Arme
löste und durch Ziehen an demselben den übrigen Rumpf des
Kindes entwickelte. Obwohl seit der Geburt des Kopfes mehr
als eine Stunde vergangen war, so. wurde doch das asphjetische
Kind, ein Knabe, bald zum vollen Leben gebracht. Leider zeigte
sich der obere Theil des Humerus fracturirt. Das Kind, stark
entwickelt, wog mit der Windel 11 Pfd., Schulterdurchmesser 6".
Wochenbett verlief normal.
Im aweiten Falle wurde bei noch hochstehendem Kopfe wegen
Schwache des Kindes die Zange angelegt und derselbe ohne
besondere Schwierigkeit durch die Beckenhöhle gezogen, worauf
ganz dieselben Erscheinungen eintraten, wie im vorigen Falle.
£s wurde, nachdem durch vorsichtiges Ziehen am Kopfe die
nach hinten gelegene Schulter für den Zeigefinger zugänglich
war und durch Ziehen an derselben kein Erfolg erzielt wurde,
der stampfe Haken in der Achselhöhle eingesetzt und nun erst
dnrcb lange fortgesetzte und kräftige Traotionen ein todtes Kind
eniwlekelt. Die Schultemb reite betrug b^/^'. Zu bemerken ist
hier, dass die Frau früher unter ähnlichen Schwierigkeiten ent-
banden worden war.
Hieran reiht Verf. noch mehrere fremde Beobachtungen,*
welche schon anderwärts ibre Veröffentlichung gefunden haben.
IgO X.Notii«D aas der Joarnal-Literaimr.
Für di«. Praxis sieht der Verf. naa folgeude Regeln ans den
genannten Beobachtangen.
1) Halten die im Beckeneingange befindlichen Schaltern den
bereits im anteren Beckenraome stehenden Kopf surück and
besteht das Hinderniss mehr in dem Umfange der Brnst, als in
der Stellung der Schaltern, so darf «man letztere nicht in ihrer
Stellang sa ftndem sachen, vielmehr mass man sar Zange greifen.
Zeigt sich dieselbe ohne Erfolg, so niuss, sobald die Fracht
abgestorben ist, die Verkleinerung des Kopfes ▼orgenommen
werden, worauf die Arme su lösen und an denselben su sieben,
oder, wenn das Hinderniss fortbesteht, der Rumpf mittels des
Kephalothryptor su comprimiren ist.
2) Ist jedoch der Kopf schon geboren und stark gegen den
Damm gedrückt, so ist das richtigste und gefahrloseste Verfahren,
methodische Tractlonen an dem Kopfe aussuführen und denselben
wenigstens soweit frei su machen, um
3) nnmittelbar an der Achsel zu ziehen und die Arme ent-
wickeln zu können. Das Ziehen am Kopfe ist yollständig ge-
fahrlos und hat weder ein Zerreissen des Bandapparates noch
eine Luxation der Wirbel zur Folge, sobald man eine gleich-
zeitige Torsion der Wirbelsäule Termeidet. Man hüte sich jedoch,
länger am Kopfe zu ziehen, als nöthig ist, um sich die Schaltern
zugänglich zu machen, da sonst die Schultern gegen den Brust-
kasten gedruckt und so den Umfang desselben vergrössern müssen.
Man hat daher, sobald es möglich ist, die Arme ^u lösen, wo-
durch der Umfang der Brust nicht allein um die Dicke der Arme,
sondern in betriichtlicherer Weise dadurch verringert wird, dass
sich die Schultern gegen die Seiten des Halses anlegen, womit
nothwendigerweise eine Verkürzung des Diam. biacromial. ver-
bunden sein muss.
(Gazette h^bdomadaire, No. 40, 41 n. 43, 1860.)
XL
Verhandlungen der Oesellachaft ftür Oeburtshtklfe
In
Berlin.
Sitzong Yom 22. November 1860.
Herr Lücke (Assistent der Langenbecksdieu Klinik, Gast)
wpnch fiber einen
Fall Ton angeborener Verengerung des Uickdarmes
uüd fegte das betreffende Prftparat vor.
Am 5. September 1860 wurde das swei Tage alte Kind
des- Kaofinanns D. von hier in die chirurgische KKnik gdiracht,
weil dasselbe kein Kindspech entleert und seit 24 Stunden
grünliche Massen durch Mond und Nase erbrochen hatte.
Der Hansarsl fand die Afteröffnung normal gebildet und konnte
mit einem Bougie ly« Zoll tief in den Mastdarm eingehen.
Der Knabe seigte ftusserlich keine Art von fifissbildung»
die Nabelschnur war noch mcht abgefallen. Der Leib war
stark aafgetrieben und sehr gespannt; es wurden von Zeit
SU Zeit Kothmassen erbrochen. Die Afteröffnung ist ganz
normal gebildet; beim Einführen eines dii^ken Bougies in
dieselbe entleert sich Schleim und dann auch Wmde. Ein
dünnes Bougie lässt sich bis 3 Zoll tief einfiUiren und stösst
dann auf einen diastischen Widerstand. Beim Einfahren eines
Katheters m die Hase entleert ftich klarer Urin.
Das Kind wird gebadet und bekommt ein Klystier.
Behufs genauerer Exploration wini die Afteröflhung nach dem
Kreuzbeine zu durch emen Schnitt erweitert, so dass man
bequem den kleinen Finger einführen kann, welcher sich in
der nach oben und links vorragenden Röhre des Mastdarmes
ll4Mi»t90etar.f.Q«1mrtek. 1S61. Bd. ZTH., Hft 8. tt
132 XI. Verhaadlangen der GeaelUcliaft
bequem bewegen kann; der in die Blase eingefübrte Kathetei*
wird deutlich gefühlt; roit einer auf dem Finger eingeführten
Kanüle kommt man bis zu SVs Zoll hinauf und stösst dann
auf einen elastischen Widerstand; mehrmals während dieser
Manipulationen gehen Winde ab, eine Injection entleert sich
sofort vollständig wieder.
Der Untersuchung nach kann eine vollständige Ver-
Schliessung des Darmes nicht vorhanden sein, und es fragt
sich nur, ch hier eine angeborene Verengerung dessdben,
wie sie nicht selten in den verschiedensten Theiles des Darm-
rohres vorkommt, anzunehmen ist, oder ob nicht gleich oberhalb
des Mastdarmes, wo das Bougie gegen eine elastische Geschwulst
stösst, eine klappenartige Verschliessung stattfindet Da das
letztere Moment das günstigere ist^. so wird ein Troikart auf
dem Finger eingeführt und vorgestossen. Das Resultat ist
der Abfluss einiger Tropfen Flüssigkeit
Da nun nur noch eine Verengerung des Darmes anzu-
nehmen ist, so wird bei der Unsicherheit der Anatomie bei'
angeborenen Verbildungen von dem Versuche der Colotomie
nach der Methode von AmtMßat sowohl» wie «von der Er-
öffnung eines beliebigen Darmstüokes, als jedenfalls ohw
Mögliohkeit des Erfolgs , abgestanden.
Der Tod trat etwa zehn Stunden später ein.
Die Section ergab, dass der Magen, so wie die sämmt-
lichen dünnen Gedärme mit Kindspecb und Koth ganz aa-
gefällt ond ansaerordeotlicb ausgedehnt waren; das Coecum,
welches vor der Wirbelsäule lag, war sehr klein uod eng
und der einmündende Dickdarm, welcher nur die Dicke einer
Federspule besass und nur füi*. eine feine Sonde durchgängig
war, wurde durch hartes Kindspech, wie durch einen PfiropXen,
verschlossen. Der ganze übrige Dickdann, dessen Wandungen
übrigens verdickt erschienen, war bis zum Mastdarm hin vw
derselben Dimension und demselben Lumen, nur der Mast-
darm von normaler Weite; die Mündung des Colons in da&
Rectum war kaum durchgängig für die feinste Sonde. Auf
dem Mesenterium zeigte sich eine Narbe von wahrscheinUeh
intrauteriner Peritonitis.
Sonst waren alle Organe normal gebildet, bis auf die linke
Nebenniere, welche um das Doppelte grösser war, als die rechte.
für O^bartohilfo in Berlin. 163
Herr Martin, welcher seit der Hittheilung seiner Arbeit
Aber die Salpingitis als Ursache der Peritonitis
puerperalis
im November 1858 wiederholt Gdegenbeit gehabt hat, diese
Form fieberhafter puerperaler Erkrankung an der Lebenden
zu diagnosticiren, und auch einige Male an der Leiche zu
coDstatiren, berichtet der Gesellschaft über zwei Beispiele
langsameren Verlaufes dieser Krankheit unter Vorzeigung des
Präparates von einer derselben.
Der ersle Fall betraf eine 24 Jahre alte Erstgebl&rende,
welche froher an Chlorosis und Fluor albus gelitten und am
15. October T<m zwei Knaben (der erste lebend in erster
Schädellage, der zweite todt in zweiter Steissiage) entbunden
war; die bald nachfolgende Nächgeburt zeigte zwei getrennte
Mutterkueben. Die Wöchnerin klagte schon in den ersten
Tagen ober grosse Empfindlichkeit bei Druck im Hypogastrio,
Schlaflosigkeit und Hitze; Puls stets über 100. Trotz wieder-
holter Api^ication von Blutegeln und Calomel, temperirten
Wassemrasdiiägen und Scheideneinspritzungen stellte sich
sdMMi am 18. ein beträchtliches Exsudat, zumal über der
rsdtten Weiche, starkes Oedem der äusseren Genitalien, Auf-
treibung des Leibes, Atbemnoth, Erbrechen, Unruhe bei heisser
trockener Haut und 124 Pulsen ein. Unter hinzugetretenem
Durchfalle grenzte sich das Exsudat bis zum 23. merklich
ab, na^dem der hinzugetretene sdimerrirnfte Hnsten durch
Morpliiuni beseitigt war. Ganz auffallend verkleinerte sich
aber das Exsudat nach dem 25. October, wo die häufigen
Durchfalle mit Tenesmus zu Anwendung von Stärkeklystieren
mit Opium gendthigt hatten. Damit erfolgte neben starkem
Sehweiftse und Anschwellung der Genitalien allgemeine Besserung,
Schlaf, Sinken des Pulses auf 96 und frischer Muth. Vom
31. October ab trat jedoch eine neue Verschlimmerung mit
SteigeniBg der Pulsü*equenz, vom 6. November erratische
heftige FieberanfSUe, schmerzloses Oe^m der rechten Scham-
lete, Darchfall, Appetitmangel, Erbrechen, Haütblässe u. s. w.
auf, ttiMt unter grösster Erschöpfung erfolgte am 15. November
der Tod. — Die Section am 16. November ergab: reichlich
11*
164 ^I* y«rhaBdlangon der GeseUnchaft
hlutigBeri>sen Erguss in beide Pleurasäcke uo^ 4 — 5 erbsen-
grosse lobuläre Heerde in den Lungen. Herz sehr blass,
oberflächlich verfettet. Die Leber ist mit blassgelbbraunen
zahllosen linsen- und haselnussgrossen gelblichen
Exsudatmassen . und Eiterheerden durchsprengt. Die
Milz sefai^ vergröBsert, gdnz matsch, dunkelroth, ihre Kapsel
▼erdickt, mit eiterigem Exsudat belegt. In der Bauchhöhle
grünlichgelbe Flüssigkeit mit Eiterflocken, zumal im Becken.
Der massig zurückgebildete Uterus mit seinen) Grunde stark
nach rechts verzogen, dadurch schief; an seinem rechten
Winkel mit dem verdickten und gerötLeten gfosseo Netze
und dem Blinddarme verwachsen, so dass bei der En^or-
hebung die Darmwand erweicht und durclibrocben erscheint;
darunter und um den vergrösserten rechten Eierstock eine
Eiteranhäufung, deren Umgebung von der hinteren Wand dea
Uterus, dem Eierstock der rechten Mnttfrröbre und d«iin NeUe
gebildet war und in weiche die mit Eiter getüUte, im äusseren
Drittheil sehr erweiterte rechte Mutterröbre mit ihren ge-
schwellten und gerötheten Franzen hineinläuft Die Utenisr
Substanz blass gesund, frei v^n Thrombosi» und Ljnq>li«ligi<»ti9,
die Schleimbaut, von geringem frischem BlutergusBe gerötbet,
aufgelockert Linke Hälfte der inneren Genitalien niobt aiwonii.
Nieren blass.
Hier war die Peritonitis Fx>lge der chronischen rechts-
seitigen Salpingitis; es bildete sich eine Absonderung d^
massenhaften Exsudates, dann wahrscheinlich £ntleenii|g durcb
den Blinddarm und später Thrombose einer Vene des dea
Eiterbeerd bedeckenden Netzes (Zweig der Pfortader), daher
multiple Abscesse in der Leber.
Der andere Fall ergab sich bei emer 23 Jahi*e alttii.
Erstgebärenden, welche früher mit weissem Fluss bebattei<
nach wiederholten, in grösseren Zwischenzeiten au^etreleiien
Uterinblutungen am 3. November blutend und mit Wehen in
die Entbindungsanstalt gebracht wurde, obschon sie sich an!
in der 34. Schwangerßchaftswoche befand. Nach vergeblicher
Anwendung der kalten Uterusdouche wartete man nach Ein-
legung des Colpeurynter die Erweiterung des Muttermunden
ab, wendete am 4. November das querliegende todte Kipd
Ar G«1>iilrt8li1ilf6 In Berlin. X66
und extrafairle dasselbe. Nach am 5. November aufgetretener
brennender Bitze mit hoher Pulsfrequenz trat am 6. November
fräh ein heftiger Frostanfall ein, dem Leibschmerz in der
rechten Weiche folgte. Durchfall und am 8. Erbrechen.
Wegen der^ Zeichen von Anämie naässige Antiphlogose. Nach
einiger Bessenuig am 12. November Kopfschmerz, Irrereden,
Puls 126, heftiger Durst, kein Leibschmerz, dagegen an den
folgenden Tagen Ekel, Appetitmangel, grosse Mattigkeit,
Durchfall besteht, wShrend geringer Husten am 16. sich
hinzngeseHt Ahwed)selndes Besserbefinden bei fottdauemd
b^schleonigtem Pulse und sdinellem Athmen. Am 20. November
ein neuer heftiger Frostanfall mit nachfolgender gesteigerter
BBsse und grösster Sobwäebe bei vollständigem Appetitmangel
und am 25. November Tod. Die Section am 27. Notember
eiigiebt massige Abmagening, Bronehialschleimhaut geschwelk,
starkes Lungenödem. Im Herzen einige Faserstolfgerinnsel.
Mb 8V9Z0II lang, schmaL Leber und Nieren blass, massig
verfettet» In der Bauchhöhle kein Exsudat, dagegen die rechte
Beckenfaälfte von einem abgesackten Eiterfaeerd ausgefüllt,
welcher umgriwn war von der mit festem Exsudat belegten
rechten Hälfte der Binterfläche des Uterus, dem damit ver-
lölfaeten Mastdarme, der hinteren Fläche deä rechten breiten
Motterbandes, dem rechten Ovario und dem die hintere und
rechte Beckenwand bekieidlenden Bauchfell, mit welchem die
im äusseren Drittheä sehr erweiterte und um das Ovarium
sich herumbiegende rechte Mutterröhre verklebt wan Die aus-
einandergespreizten angelötheten geschwellten rothen Fimbrien
öfllneten sich in den Abscessheerd, mit welchem die erweiterte
AMominalmäniioDg frei com^tonicirle. Der Inhalt der (er-
weiterten Tuba glich dem des abgesackten Heerdes. Der
Utenis, entsprechend zuröckgebildet, zeigte mit Ausnahme
eines an dem Muttergrunde nach dem linken Winkel zu ver-
laufenden, mit graugelher dickeiteriger FIQssigkeit gefüllten
erweiterten Vene eine disrohw'eg gesunde Substanz, die fibrigen
Venenr und Lymphgefässe frei, Schleimhaut des Uterus mit
frisch geröthetem Mutigem Schleime bedeckt; an der Unteren
Wand des Mutterhalses ein vertieftes, aber gereinigtes Ge-
sdiwör von V« ZoH im Durebntesser. * Linke Tuba und Ovarium
zeigten nichts Krankhaftes.
IQQ XI. VerhADdlnngen d«r OMeOichaft
Herr Krutdler legte, eine neue, nach seinen Angaben
verfertigte Zange vor und hielt foigenden Vortrag:
Dynamometrische Vorrichtung an der Gehurtszange
(Hiemu eine Tafel mit Abbildungen.)
Wenn seit der grossen Erfindung des Genter Gebnrta*
helfers Joh. Palfyn Anno 1728 durchschnittlich fast in
jedem Jahre eine Veränderung an der Zange ersonnen worden
ist und doch nur wenige dieser Veränderungen als weseiiüiehe
Verbesserungen zu bezeichnen sind; so fahle ich, wie gewagt
es ist, den überflüssigen Reichtbum vorhandener Zangenmuster
noch zu vergrössem, und befinde mich in der Lage, mir die
Nachsicht der Kunstgenossen, die ftiiher so gern erflehte
Benevolentiam lectomin recht dringend zu erbitten. Vielleicht
mache ich mich dieser Nachsicht würdig, wenn ich von vom
herein bekenne, dass ich an der äusseren Gestalt und den
wesentlichen Einrichtungen der g^äuchlichen Zange nichts
Wesentliches geändert, sondern dass ich nur in die hofal-
gearbeiteten Grifie dynamometrische Spiralfedern angelegt
habe, um die auf den Zangenzng aufgewandte Kraft des
Operateurs objectiv messen zu können.
Bis jetzt ward diese Messung durch das subjeotive
Empfinden des Operateurs vollbracht und unbestimmte Aus-
drücke bildeten die Scala. „Leicht, schwach, roittelmäaaig,
kräftig, schwer*" u. s. w. waren die Bezeichnungen, durdi
welche der Operateur sich die graduelle Verschiedenheit eines
Zangenzuges zur Erkenntniss brachte, oder durch welche die
Lehrbücher diese zu schildern suchten. Derlei Ausdrücke aber
haben keinen absoluten Werlh, i»ondem sind immer in Be-
ziehung zu bringen zu der Körperkraft ehies Operateurs uml
zu seiner zufalligen körperlichen und geistigen Stimmung d^
Frische oder der Emiüdung, — ja sie sind selbst in Be-
ziehung zu bringen zu den geburtsbülflichen Erfahrungen und
Gewohnheiten des Operateurs. Denn man wird mir zugeben,
dass z. B. der Arzt, welcher in einer weniger cuhivirten
Gegend seinen Beruf übt und häufiger verschleppte und da-
durch sehr erschwerte Fälle zur Behandlung bekommt, eine
ganz andere Scala des „Leichten und Schweren'' für den
Zangenzug haben wird, als derjenige Geburtshelfer, wd^her
fttr OebdrteliW« in Berltti. 167
eittes cultivirten PaMieains und bttser gebildeter
Hebammeii praotidrt
Inwieweit omu die neue Voniditimg geeigoet sei, statt
der subjecttven Scb&tflung, eine objective Messung 2u gewähren,
fiöge a«s der Beschreibung des Instnunrats hervoiigehen.
.. Besohreibong des Instruments.
Der Griff jeder Bnnebe besteht ans einem fe^eu und
einen bewe^M^en Theile. Der feste Theil TT ist eine
starke stäUeme Scbieoe^ weiche die Fortsetsung des Löffels
* bildet mA nach innen liegt Der bewegliche llidl FF' ist
ein HattKxyiiuder aus Messing, der out setner planen Fläche
gegen die Äussere Seite der Schiene derart applicirt ist, dass
er an der Schiene «sicher auf- und abgleiten, aber nach keiner
anderen Richtung hin entweichen kann. Nach oben ist der
. messingene Halbcylinder durch einen geschweiften Vorsprung
A und B geschlossen, über den die Fkiger bei der Operation
hakenAmiig übergelegt werden, nach unten geht der Cylinder
in den gewöhnlichen Knauf C und i> über. In dem Halb-
cylinder liegt eine kräftige, stahferae Spiralfeder, die nach
oben gegen den Seitenvorsprong, naeh unten aber gegen
einen oonsolartigen Träger E stösst, welcher mit der Schiene
unbewegUch vw bunden ist Dieser Federträger reicht in die
Höhlung des Halbcylinders hinein und ist so geformt» dass
der Cylinder über ihn weggleiten kann, die Feder aber gegen
ihn auflBestülzt bleibt. VoUfübri man nun behufs der Operation
den Zug mit der rechten Hand an den geschweiften Seilen-
Toreprüngen und mit der linken Hand an den Griffen, so
▼erscbiebt man die Halbcylinder nach unten zu und drückt
dadurch die Spiralfedern so lange zusammen, bis ihre Elasticität
dem von uns beim Zuge aufgewandten Kraftmaasse das Gleicb-
gewicbt hält Eine neben dem Cylinder unterhalb des Schlosses
befindliche Scale ^t zeigt uns die Raumtheile an, um wek^be
wir die Feder zusammendrucken. Hat man nun durch vor-
heriges Belasten der seitlichen Vorsprunge festgesteUt, welche
tirade von Belastung den anzehien TfaeilstricheB der Scale
«itsprecfaen, so kann man währ^d der Operation an -der
Scala jederzeit ersehen, mit welchem Kraftaufwande man
avbeitet.
168 XI- Verbfuidltttif «tt 4«r 0«a«]lMfaAft
Die Tfaeä«lriche bedeuten Mfifim^es und dfe Belaitiiiig
habe ich in Zollpfunden vorgenommen. Wenn ich nun bei-
splelftweise bei einem Zuge die Federn meiner Zange um
17 Millim^tres zusammendröeke, so zeigt mir dies an, data
ich bei diesem Zuge eine Kraft Ton =ss 50 Zdlpftmd eulwiekeie.
Es befindet sieh an der linken Branche nocli eine zweite
Scala kl und an ihr bewegt sich eine Messingschiene op
(nach Art eines Nonius) mit einem nadi oben vorq)nngenden
Knopfe 0, der als Index für die MaximaBriAe des Zuges
dient. Diese Schiene gleitet nftmlich beun Zuge an der
Scala kl parallel mit dem Halbcyiinder F naeb unten, bleibt
aber, wenn der Zug nachlasst, auf dem tiefaten Ponkte, den
sie erreicht hat, stehen und drfickt dadurdi an der Scala die
Maximalhöhe des Zuges aus.
Wo die äusseren Verhältnisse und die Leichtigkeit des
FaBes es gestatten, kann man an der oberen Scala hi zwischen
den gespreizten Fmgern das Anwachsen und Schwächerwerden
der Zugkraft während der TVaction beobachten* Wo dfe
Verhältnisse eine fortwährende Beobachtung nicht gestatten,
kann man an der unteren Scala nach niifhreren Tractionen
ersehen, welche höchste Kraft man bei den rorangegangenen
Zagen angewandt hat. Natfiriich muss man nach dw
Beobachtung den Index wieder auf den Nullpunkt euräck-*
schieben.
feh wiU es noch bemerkon, dass es genügt, die Scala
nur an einer Branebe anzubringMi. Denn da die beklen
ZangengriflSer nach der Art und Weise wie bei der Operation
dieselben fassen, sich gleicfamässig fortbewegen mftssen,
so würde eine zweite Scala an der rechten Branche nur
dieselben Raumdi^e der Fortbewegung angeben wie an der
linken. Demgemäss muss man aidb bei der sogenannten
Abwägung der Federn, d. h. bei der probeweisen Belastang
des Instruments zur Entwerfung der GewichtstabeUe, wdche
der MilUm^tre- Scala entspricht, das Experiment so anstellen,
dass die Gewichte an die beiden seitlichen Von^irAnge mittels
«nes eisernen Hakens angehängt werden, welcher den Fingern
analog beide Griffe gletchmässig niedersieht, so. dass dann
durch die einzehen Theilstriche der Scala die entsprechende
Summe der Belastung beider Griffe ausgedrückt wird.
fttr G«bmrtohllfe in Beiün. 1^
All jeder Branefae befindet «ch «in Sperr- Biegri c,
wefelier sieii mittel» eines Knepfes s dureb den bewagUcheft
tmd unbeweg^ehtn Th«ii de» Gritfei »o durebscbieben Iftset,
dai» beide fe»t mH einender Tarbiiiiden »tnd. Hierdurdi b6rt
natAilieh die d]fuanionieln8che £igenscb«ft der Zange aitf, «md
sie leistet »o die DieDSte riner gewAnliefa«:! Gebnrtszange.
Der ^enr* Riegel der recbten Brancbe Utfgt oben', der der
linken unten und beide sind dureb eine leiehte Bewegung
des Damnen» und Eeigefingerfe zu scbliessen od«r zu Mbeo.
An den Löflebi de» Instrument» findet sieb ein Centim^tre-
Maasstab efaigerissen tur Gontrirte der RaumtheOe, um ^
»eb die Zange beim Zuge aus dem Becken ' berau» bewegt
Das Gewicbt der ganzen Zange ist IVg Pfund.
Vvtsrn das Inatnwienta für die Iiehve und Beaebveibniif
der Zangenoperation.
Bei der exaeten BdunuSung, deren die Geb&rtahOUe ftbig
ist, ja deren sie zu ihrer Cuhnr notfawendig bedarf, erachte
ieb jede Erweiterung imsenpr matbematiscben Erkenntms» der
ficburts- und Operationsmechanisnien fär ersprtesslicb, weil
sie uns statt unbestimmter Begriffe Zahlen gid[>t, deren Be^
dentnng eine unferröckbare ist, deren Wertb man sieb jeder-
zeit dmrdi das Experiment klar machen kann. Namentlich
aber dOrfte es ein Gewinn »ein, die gradu^le Verscbiedenbeit
einer so wichtigen Aetion in der Geburtsbfilfe als die Zangen-
Operation ist, nach einem objecthen Haassstabe definiren
10 kennen.
Um die Schwierigkeit einer ToUzogenen Zangenoperation
zu bestimmen, bedienen wir uns der Mittel ^ dass wir erstens
die dynamisehen und mechanischen Geburtsverbältnisse be-
scbreibeo, zweitens die Zahl und Dauer der Tractionen bezeichnen,
drittens das auf die Operation aufgewandte Kraftmaas» nach
ottseroni subjeetiven' Empfinden . zu taxiren und zu schildern
suchen.
Was den ersten Punkt anbetrifll, die Beschreibung d«B
Geburtehindemisses, so sind es i>esonders die rftumlicben
Verfailtitisse des Beckens und der Frucht, wekbe wir durch
Zahlen beseiehnen ktonen. Aber die Meä^ung dieser Yer-
httnisse reicht moht bin, die Sdvwierigkeil einer Zange»-
170 XI* VeFhftTidlQngen der Gf^salbchaft
Operation zu defiairen, da es sich ja Jedom erMireDen
Gehnitsbelfer besUtigt, dass bei 3V/ «"ngstem Beckfiodareb-
messer. und normaler Kindskopfgrösse eine Zange ziemlieh
lisieht, und dagegen bei uoregelmäsagen Beckendurdmieaaeni
eine Zange sehr sdiwierig sein kann. Es MiH nämlkh zu
der exaeten Definining des Gebunsfoindemisses noch ein
Factor, das ist die Compressibilitit des Kopfes, ein Moment,
dem wir in folgenden Blättern noch einmal begegnen, und
welches mir von so grosser ^chtigkdt scheint, dass ich
sagen möchte: So lange wir für die CompressibilitSt des
Kopfes keine Zahl haben, so lange können wir Becken- und
Kopfmaasse mcht in ihrer vollen BedeutuBg verwerthen, dem
erst aus diesen und der Compressibilitfit oonstruirt sieh die
volle Grösse des Gefourtshindernisses.
Betreffs des zweiten Punktes, so können wir die Tractionen
allerdings nach Zahl und Zeitmaass bestimmen, und viele
Lehrbfich^ benutzen dieses Verhältmss auch, um durth die
Summe der Tractionen die Schwierigkeit einer Operation zu
bezeichnen o<fer eine gev^isse Grenzzahi für die Tractionen
aufzustellen, über welche hinaus man nicht gehen soIL Das
Zintmaass finden wir weniger berdcksichtigt Rdchen aber
beide Momente bin, die Schwierigkeit einer Zangenoperation
zu defiiiiren? Gewiss nicht! Beide siiid bedingt durch den
Kräftezustand des Operateurs, denn es ist selbstverständiidi.
dass für die Erreichung desselben Effectes ein scbwäehlieher
oder ermüdeter^ Operateur mdbrere und wahrscheinlich auch
kürzere Zeit anhaltende Tractionen vollbringen wird, als ein
krifdger und rüstiger.
Was «odlich die Taxirung der auf die Operation auf-
gewandte» Kraft anbetriffi, so wird man wohl gern zugeben^
dass die biaher fiblicfaen, unbestimmten Ausdrücke für eise
wissenscfaafiliehe Definition nicht ausreichen, und daaa mr
bei der Schätzung dieser Kraft vielfachen Irrungen unter-
worfen sind. Es ist ja durchaus nicht Sache der täglichen
Erfahrung, uns in der Taxirung eines in horizontaler Bachtung
ausgeübten Zuges und in der Bezeichnung desselbto nach
Pftmden zu üben, während uns dagegen viel häufiger Gelegen-
heil wird, Raum* und Gevrichtsverhiltnieae nach den rationdieQ
und üblichen Maaeseinheiten schätzen und auedrüekem zu lernen.
für CkburtshUlfe in Berlin. 171
VieUiielie Versuche am Dynsmometer haben noch tterdies
belehrt, dass die suhjecthren EmpfiiHhiDgen bei der Ausöbuitg
«lies horizontalen Zuges uns auch nach häufiger Uebung für
die Tajdrung des Zugwerthes keine sicheren AnhaHspunkle
geben. Ue subjectiv wahrgenomnieae Kraftanstrengung stdit
in keinem constanten Veiiiältnisse zu dem objectiv voUbrachten
Zöge, und auch die Maximalhöfae unserer Zugkraft ist keine
constante, sondern variabel nach unserem jeweiligen körper-
fidien und geistigen Behagen. Das einzige exacte Mittel
zur Messung des von uns ausgeübten Zuges ist die
Eibschaltung eines Dynamometers zwischen uns
and den Gegenstand, auf den wir die Wirkung
unserer Zugkraft übertragen wissen wollen^
Wenn wir also die Schwierigkeit einer Zangenopo^alioD
genau erkennen wollen, so müssen wir neben den dynamischen
und mechanischen Geburtsverhältnissen, neben der Zahl und
der Dauer der Tractionen auch die dynamometrische Grösse
der auf die Operation aufjgewandten Zugkraft wissen. Auf
diese Wdse hesebrieben ist die Operation nach ihrer Wesenheit
definirt und nur so definirt kann sie ein Gegenstand der
Mtltheilttng der Lehrer, kurz der wisseBschaftUefaen Vei^
sttadiguttg werden.
Wir wollen es uns aber nicht verhehlen, dass mit der
Messung des Zuges nicht der ganze Umfang des Mechanismus
einer Znngenoperation definirt ist; denn ungemessen bleiben
noch immer jene Actiomn, welche in der Benützung der
vereinigten Zangenloranchen als eines einzigen Hebels-bestehen,
jene transversellen Pendel- und Rotationsbewegungen, wdcfae,
wie ich in einem früheren Aufsalze „über den Mechanismus
der Zangenoperation'' zu beweisen suchte, nur Mittel zor
Lageverbesserung sind, und welche sparsamer angewendet
werden sollten, als sie es werden. Aber selbst die passienirtesten
Verehrer dieser Hebelbewegungen werden erstens zugeben,
daae sie diese Bewegimgen doch immer ziehend vollbringen,
und zweitens werden sie sich wohl mit den grössten Lehi^rn
unseres Faches darin einverstanden erklären, dass der Zug
die wichtigste Action im Mechanismus der Zangenoperation
äberhaopt ^ei« und dass der grössle Kraftaufwand des
Opwateurs eben auf den Zug verwandt wird.
172 XI. VerhÄtidlnngen der GeseUtchaft
Ich darf es daber wobl seihst im Sinne der gegneriachen
Anficht zu behaupten wagen, dass mit der Messung des
Zangenzuges die Schwierigkeit der Zangenoperation in ihrem
Wesentlichsten Theile definirt ist und dass die gewonnenen
Zahlen ein nidit unwichtiges Mittel fftr Lehre und Beschreibung
des Operationsmechantsmus bieten dfiifen. Inwiefern sieh
die Federzange auch in praktischer Beziehung nutzhar machen
lasse, wollen wir in den folgenden Zeilen betrachten.
Praktischer HutBe« des Xnafrumenta.
Einer unserer gi^öfsten Aotorllüton in der Zangenlehre,
W. J> Schmitt, sagte: „Jeder zangenopermmde Geburts-
helfer sdlte das indiTiduelle Maass der Kraft, das ihm xu
Gebot0 steht, genau kennen/' Heidelberger kiin. Annalen,
Bd. I., p. 69.) ' Schmitt giebt diesen Rath, indem er die
Gefahren eines zu gewaltsamen Zaogeogebraucfaes schildert.
Wenn wir diesem Ansprüche Schmitt*» aus voBer Oeber^
Zeugung beistimmen, so muss es wSlkotnDFien sein, an der
Federzange das Maass der von uns auf die Operation auf-
gewandten Kraft jederzeit ablesen zu können, und namentiidi
muss 'dieser Umstand för den Anßnger von Werth sein.
Für diesen bietet die Federzange ausser dem genannten Nutzen
noch das Mittel, sich die kunsigemisse Ausführung einer
Tractton anzueignen. Bekanntlich soH eine gute Traction langsam
und nicht zu hoch annvaehsen, eine Zeitlang in einer stetigen
Höhe verbleiben und dann wieder langsam sinken. So ahmt
sie ^e Wehe am Besten nach, und mit einer solchen Traction
stört man ancb den Geburtsmechanismus nicht, da sich hierbei
der Kopf innerhalb der Löffel nach den Beckendurchmessern
chrehen kann. Diese Aecrescenz und Decrescenz der Traction
kann der Anflinger mittels der Scala nicht blos exact und
sieh<$r entwickeln, sondern das VerMiren wird ihm noch
dadurch erleichtert, dass sowohl beim Beginn als beim
Nachlasse der Traction die Elaslicität der Dynamometer-
.Federn jedes stosi^artige und ruckweise Ziehen abschwächt
und mildert
Aber auch för den Erfahrenen durfte es wünschenswerth
sein, sich jederzeit der Grösse des ausgeübten Zuges bewnsst
zu werden, und nrcfal nur kamt ihn die Scala Tor* enseni zn
mx G«bttrtBhiUl9 te B«riiii. 173
lBA%ai Zuge warneD, sondeni sie kann ümi hi schwierigen
FätteD Indiden geben, die auf den Fortgang der Operation
TOD grosser Wichtigkeit sind«
Was den ersten Vortheil anbetnflt, so glaube ich^ das»
gar manche V^etzong der Mutter, ja mancher tddtlicbe
Ausgang • nicht yorgekooimea wire^ hMte der Operateor die
Grösse der Gewalt, die er angowendet, erkannt S<dte es
hier keine Grenze geben? „SoUte,'^ .wie Schmitt sagt, „AUes
auf die indindnelle Kraft ekies Operateurs ankommen, der
da triumphirend mit der Gewaltzange von einem tödten Kinde
entbindet, indess die Entbnndeoe stii^?'' Wie gross aber
die Gewalt ist, die ausgedbt werden kann, möge dai:aus
hervorgehen, dass icb^ wenn ich mit memem nicht tut
kriiligeo Körper einen kräftigen Zug mit der Zange thue»
sine Zugkraft von » 100—120 ZoUpftmd (=s 50—60 Kilo*
grammes) entwkkele. Die Erfahrung, hoffe ich, wird
Bit der Zeit gewisse Wartiungszahlen ergeben,
welche zu überschreiten der Operateur nur nach
genauester Erwägung der Sachlage wagen sollte,
and solche WarAungszahlen därften in einer Zeit
um so heilsamer sdin,. wo das Chloroform den'
Warniiagasclipei der geffihrdeten Kreissenden unter-
driiekl.
Doch wir brauchen nicht so weit zu gehen, schon aus
den oberen Zahlen der Scale kann der Operateur gewisse
hidieieD entnehmen, wimn er die Kraft, die er entwidcelt,
mit der Wirkung derselben vergleicht, wemi er also prüft,
ob ond wie der Kopf sich vorwärts bewegt, oder ob dwselbe
gar nicht fortschreitet Um das Niedersteigen des K<^fes
19 ciNDtroüren, bedient man sieb des Gesichts und dos GeAhls.
Beide Unlersucbungsmethoden, welche darauf beruhen, dass
man die Entienuing des' Kopfes « vtom Schambogen misst,
komieD zu dem hrthume verldten, dase man FormverSiidenmg
des Kopfies, namentlich Vorkopfbildung als Zeichen statt-
findender Bewegttig auffiisst Um äne andere Art der Controle
m gewinnen, habe ich in die LöflU» oberhalb des ScMosses
in Geatimtoes-Entfernttiigen grobe Theilstrlcbe, die man mit
dem Fingernagel deutiidi fEdilen kann ehvkerben lassen.
Bähe ich nun b^ Beginn der Operation den Abslttd der
114- XI. ye«>b«adlniis«& der Oeseltocboft
Sdilossaxe von den SchambogeittcheiikelD festgestellt, usd iü
die Zange nach mehreren Traetiooen uro 1: Ceiili0ito*e vor-*
geruckt, so ist mir dies ein Zeichen, dass der Kopf aaeh um
1 Centuuetre in der Beckenaxe niedergestiegen ist. Freilich
muss für diese Beobachtung die Zange gut angelegt s^,
und zweitens darf man nicht das Abgleiten der Zange mit
einer Kopfbewegung verwechsein. Immerhin aber, glaube ich,
durfte sich meine Art, die Bewegung des Kopfes tu messen,
als eine ergänzende Methode zu der bisher üblichen empfehlen.
Doch auf welche Art auch immer wir die Bewegung
eonstatiren: erkennen wir, dass Bewegung stattfindet^ so wird
es unsere Aufgabe sein, die Zugkraft zu verringam, denn
die für einen bestimmten Fall fördersame, möglichst
geringste Zugkraft ist gewiss die heilsamste, im
anderen Falle aber, wo sich , keine Bewegung ergiebt, da
n)$ge doch der Operateur schon bei 30 — 35 Pfund stetiger
Zughöhe jdie Individualität des Falles noch einmal recht
sorgfaltig prüfen und zusehen, ob nicht dynamische Ver*
bältnisse obwalten, die erst durch therapeutische Miltel zu
besiegen waren, ob nicht eine Lageverbessemng des Kopfes
vorzunehmen ^ und ob nicht eine, dahin zu zielende andere
Zangenaction dem Zuge voranzuschicken sei, oder endlich, ob
auch der Zangenzug in der zweckmässigen Richtung vollbracht
worden und ob nicht z.B. Neigungexerhältaisse der ▼orderen
Beckenwand eine Aenderung in der Zugricbtung bedingen n. s. w«
Ja, auch den Umstand wird der Operateur zu erwägen haben,
ob denn seine individuelle Kraft dem Falle gewadiaen ist«
oder auch, ob er nicht, durdi die vorapgegangene Anstrengung
ermüdet, im Fortgange der Operation eine geringere und
also weniger nutzbare Kraft entwickelt, als er bei Begim der
Operation aufgewandt bat. Denn es ist leicht ^ersiditlidi,
wenn bei irgend einer Summe von vorangegangenen Tractioneo
35 Pfond Zugkraft nichts geleistet haben, eine Entwickelft^
von 30 Pfund, den ermüdeten Operateur geiriss nicht zum
Ziele fuhren ipd nichts Anderes bezwecken werden ak Ver-
zögerung, des Falles und nutzlose Quetsehung der.WeiebttMile*
In einem solchen Falle vrird es also Av den Operateor indicirt
sein, von ier Operation vorläufig abzustehen nnd neue Kräfte
zu sammeln, oder wenn Gefahr im Verenge ist, sich doreb
für OebartehOlle i» ßarUn. 175
enen Asmlenlen ablösen zu laasen. Man glaub« aidii, dass
Diaii das Sinken der Kräfte und den Unierscbied einer Leistungs^
faUgkeit. von 35 oder 30 Pfund aueh ohne. dynaroojDaetriscbe
Bkßsung . sicher ' erkeunefi müsse. Ist man erst durch die
Dauer dei* Operation und die Wichtigkeit des Falles körperlich
ermüdet und psychisch alterirt, so lassen uns die ^ubjectiven
Eaipflndungai selbst in der Taxirung, des Mehr oder Wenige*
der objectiren Vorrichtung in Stich. Es kann nun freilich
eio Erwachsener y selbst weim er erniAdet ist, durch plötz-
Mes ^ ruckweises Anziehen einen Maximakug erreichen « dei*
die genannten Zahlen weit abersebreit9t. Aber ich. hebe es
ausdrücklich hervor, dass ich hier scfwobi in Bezug auf das
Eiperimeiit als auch auf die Operation innner nur von einem
stetigen Zuge spreche. Denn ein plötzlich erreichter
Maximalzug bildet keine kunstgeniässe Traction und ist sehr
gefifarlich«. Für eine gut& Traction ist immer nur eine stetige
Kraftentwickelung zu gebrauchen. Und für diese ist die Zahl
35 Pfund keine geringe. Meine Erfahrungen haben mich
wenigsten« belehrt, dass, um llngere Zeit Tractionen von
35 Pfund stetiger Zughöbe auszuüben, es der vollen Körper- .
friacbe bedarf, und dass Tractionen von 40 — 45 Pfund schon
eine recht schwierige Zangenqieralion beKeichnra,
üebcr einen Ifaehtheü, 4er «na der bisherigen Conatrnction
der f eechweiften BeitenTorsprnnge der Zange für den
Operationsmech aniamna entsteht.
Sei es mir gestattet, liier eine Erfahrung nützutheilen
and eine Aendenmg in der Zangenconstruction vorzuscblagen,
deren Nutzbarkeit sich nicht auf die Federzapge allein bezieht,
sandem auf alle solche Zangen, die nnt^^aib des Schfesses
zwei geschweifte Seatenvorsprunge haben, über die man behufs,
des Zoges den Zeige- und Mittdfinger überschUgt Die Vor-
richCmig« welche äch bekanntlich an den Zangen von Bu8c\
Brünmngkdiu^ent Nctegde u. A. befindet, ist eine in
Dentachfamd so gebräuchliche imd an sich so nützliche, • dMS>
es mir doch nicht unwichtig scheint, auf einen Nachtbeil auf-
markaam zu. machen, der aus ihrer bisherigen Construction
Iiervorgebt, «if einen Fehler, den ich aber durch den Ge-
bianch der Federzange angefunden habe.
17() ^I- Verli«adtiin|ren d«r GMelUelutft '
Nachdem ich nfimUch afi&ngs fftr nime F^sArziMige die
Seitenvorspnlnge nach der berkömmficheii Form hatte constnupen
lassen und nun mit der Zange experimentirte. beoimchlete
ich, dass die Spiralfeder in dem Griffe der ' linken ISrandie,
auf die also der Zeigefinger wirkt, zuerst anlsanrniengedrackt
wnrde, und dass erst dann, wenn diese Feder um 8. Millf-
metres' zusammengedrückt war, die Feder der rechten Branche
dur^h den Mittelfinger in Angriff genommen wunte: Und so
machte es sich bei der Verstärkung -des Zuges während der
ganzen Traction, dass die linke Feder um 8 Mülimölres
gegen die redite voraus war. Da die ersten 8 MiUimdires
für bdde Federn 18 Pfund, also Mi* eine Fedeir 8 PAind
anzeigen, so ging mir aus dieser Stellung des Griffes hervinr,
dass auf den Unken Seitenvorsprung bereits eine Zugkraft
Ton 9' Pftind einwirkte, wenn der rechte noch gar nicht in
Angriff genommen war. Dieser Umstand muss aber auf den
Mechanismus der Operation folgende sehr schädliche Wirkungen
haben, nämlich:
1) Dass die Längenaxe der Zange aus der Führungsliiiie
des Beckens nach der rechten Seite des Operateurs
herausgisrQckt wird. Man hänge die Zange perpendiculär
auf, belaste -d^ linkm Seitenfiögel mit 9 Pfund , den
rechten mit 0 Pfund, so wird man den Ausschlag der
Griffe nach rechts hin erkennen.
2) Dass also eine Hebelwirkuog der verbundenen Zangen-
löffel entsteht mit der Drehung des Kopfes um die Axe
eines geraden Beckendurchmessers.' Endlidi
3) dass ' eine stärkere Reibung des rechten ZangeniSflUs
gegen die rechte MutteiMte entsteht
Diese schädHicben Verhältnisse sind nicht bloss an sieb
«ndaueY*nde, sondern potenziren sich noch ' graduell in dem
Maasse als eine stärkere Zugkraft ausgeöbt wird.
Zwar suäi^ wir her der Operation den Fehler dadnrdi
zu' corrigtren, dass wir mit der linken Hand durch ein^
Querzug die Zsmgenaxe wieder die Fdhrungslinie des Beckens
hel*anzi«hen. Aber je stärker wh* mit der linken Hand ziehen,
desto grössere Kraft muss auch die linke Hähd auf ckn
Querzug verwenden. Dies bedingt ein Gegeneinanderwirken
der rechten und linken Hand, bedingt einen * Verlust an
iür Oebnrtohfilfe in Berlin. 177
Zugkraft, mid verleitet wabrsciieinlicb aacb zu einer sUrkeren
ZusammendräcküPg des Kopfes, als eben nätzlich ist Indem
ich nao Ober die Ursache dieser vers^ihiedenartigenZugvertheiluag
auf linke und reehte Branche nachdachte, fand ich dieselbe
darin, dass die erste Phalanx des Zeigefingers um etwa
8 MiUiffi^tres kürzer ist als die erste Phalanx des Mittel^
fiogßrs. Hierdurch geschieht es, dass der Zug unserer Hand
sich vorzögUch durch den Zeigefinger auf den linken Seiten-
vorsprung der Zange übertragt Um diesem Uebelstande
abzuhelfen, habe icb den Seitenvorsprung an der rechten
Branche um 8 Millimetres höher construiren lassen, so dass
«ich nun beide S^itenvorsprunge den anatomischen Verhält-
•issen der Hand gut adaptiren und beide Zangenbranchen
gieichmassig angezogen werden. Da nun diese ungleich-
massige Zugvertheilung für alle die oben benannten Zangen
sieb geltend macht (denn wenn auch der Fehler nicht
sichtbar wird, wie an der Federzange, so ist er dodi factisch
vorband/^n),. so möchte ich mir den Vorschlag erlauben,
entweder dass man an Smep den rechten Seitenvorsprung
um 8 Millimetres höher hinaufsetze, wie ich dies in der
Zeichnung dai^estellt habe, oder dass man sich für solche
Zangeo des Martin^schea Operationsverfahrens bediene. Dieses
Verfahren besteht bekanntlich darin, dass der Mittelfinger
üb«- das Schloss und zwischen die Löfiel gelegt wird, und
dass Zeige -^ und Ringfinger über die Seitenvorsprünge geschlagen
werdeil. Da die ersten Phalangen des Zeige- und Ringfingers
oogeiahr gleich lang sind, so ist hierdurch ebenfalls eine
gleiehinässige Zugverlheilung auf die beiden Zangenbranchen
gesichert
llsisan des InstniiBeiits für die differentieUe Xndicationeiilehre
betreflb Zange und Kei^lialotluryptor.
Das Gesagte bezog sich auf die Zangenoperation als
solche. Gehen wir nun zur Behandlung der Frage über, ob
sich nicht von der Federzange ein Nutzen in jenen zweifel-
haften Fällen erwarten lasse, wo es sich um die Goncurrenz
zwisdien Zange und Kephalothryptor handelt
Bei dieser Untersuchung betrachten wür die Zange nicht
als Lage veri>essemdes Instrument, sondern nur insofern sie
der Extraction dient', der Kephalothryptor dagegen in seiner
iC«M«Mebr. t 0«bnrUk. 1861. Bd. XVII.. Hft. 8. t^
178 XI. yeriwiidlangen clor QesellsehAft
Bigenschaft alsVerkleinemngs- and Extradion^Instniiiienl, und
beide InstrumeDte in ihrer Anwendung auf den Kopf, sei er
vorliegend, sd er nachfolgend mit oder ohne vorausgeschickte
Wendung. '
Liest man die Indieationen, welche die LehrbUcher für
die Verkleinerung des Kopfes aufstellen , so findet man eine
Gruppe von Verhältnissen beschrieben, in denen die Zangen-
operation als sogenanntes schonendes Verfahren der Perfoipation
vorausgeschickt werden soll. Dies schonende Verfahre wird
von Einigen mit Recht in allen den Fällen ausgeschlossen,
wo 'der Tod der Frucht festgestellt ist, denn „wozu sollte
man -die Kindesleiche auf Kosten der lebenden Mutter
schonen?'* — Es wird ferner von Einigen die Zange selbst
bei einem lebenden Kinde in dem Falle der Verkürzung des
engsten Beckendurchmessers von V^j^ bis nahe an 3" aus-
geschlossen, weil sie es für erspriesslicher halten, der durch
die Einkeilung lebensschwach gewordenen Frucht mittels des
Perforatorii den Tod zu geben, und die Mutter schonend
und schnell zu entbinden, als nach O^tancfer'schen Mdxinm
die Frucht mittels der Zange in den tödtenden Engpass des
Beckens hineinzuzwängen und dabei nocli die Mutter der
Gefahr des Todes oder der Verkrfippelung auszusetzen. —
Dagegen bei der Verkürzung des engsten Beckendurehmessers
auf 3" — 3V2" slmimen wohl die mei^n Lehrer übereih, dass
die Zange derKopfVerkleinerung vorausgeschickt werden soll.
Und sehen wir von der Lehre ab, so stellt es sich in Praxi
heraus, dass in den benannten Grenzen und wohl noch (Ar
etwas grössere Verkürzungen selten eine Kindesverkleineniilg
ohno vorausgeschickte Zangeuoperation unternommen wuxl.
Da nun aber auf einen vorliegenden Fall nicht zu gleicher
-Zeit zwei so verschiedenfach wirkende Instrumente passen,
können, sondern die Operationsgebiete beider Instrumente
objectiv getrennt sein müssen , so bleibt es eine sehr wichtige
Aufgabe unserer Kunst, eine wissenschaftliche Auseinander-
haltung dieser Gebiete zu erstreben.
Die Mittel, deren wir uns für die differentieüe Indieationen-
lehre bedienen, sind folgende:
Zuvörderst die Beckenmessung. Es ist die« unstreitig
wohl das wichtigste Mittel, welches uns um so grössere Dienste
fllf Oebartshaife in Berlin. I79
kistet, als wir dasselbe vor und bis zu einem gewissen
Dmfonge auch während der Gehurt anwenden können, und
als wir durch dasselbe zu sehr exacten Resultaten gelangen.
Wegen dieser Nutzbariceit des. Mittels wird auch auf dasselbe
m Theorie und Praxis sehr grosses Gewicht gelegt. Von grossem
Werthe aber ist auch die Würdigung aller der übrigen Factoren,
wdcbe den Geburtsmechanismus bedingen. Es sind dies : von
Seiim der Mutter di^ Neigungsverhältnisse des Beckens,
DamentUch einzelner Wände, das dynamische und mechanische
Verbalten der Weichtheile; — von Seiten der Frucht die
Einstelhmg des Kopfes, die Grösse, Form und endlich die
Corapressibilität desselben. Was diese Factoren anbetrififl,
so ist thdls ihre Messung sehr schwierig, wie z. B. der
NdgiiDgsverhSltnisse der Beckenwände, theils ist es oft gar
nicht mögGeh, dieselben zu messen, wie z. B. die Grösse des
Kindskopfes, theils endlich haben wir noch gar keinen Maassstab
filr ihre gradudlen Verschiedenheiten, z. B. für das Verhatten
der mütterlichen Weichtheile pder für die CompressiMlkSt
des Kopfes, ich stelle endlieh nicht an, die Zange selbst
ab Mittel zur Entscheidung zwischen Zange und Kephalothryptor
tu betrachten. Der Operateur soll eben aus dem Erfolge
der Tractionen prognostisch erkennen, ob es ihm gelingen
werde mittels der Zange das Geburtshinderniss zu über-
winden, oder ob er zum Kephalothryptor werde schreiten
müssen. Mit anderen AVorten, der Operateur soll sich der
Zange hier nicht als ''eines Instrumentes fTir die Extraction,
sondern als eines Messapparates für die Grösse des Geburts-
hindemisses bedienen.^)
1) In dieaem Sinne sollte der Operateur das Instrnment
handhaben. Leider aber nnterseheiden unbesonnene und un-
erfahrene Geburtshelfer swischen diesem zwiefachen Gebrauche
der Zange nicht. Anstatt mit der Zange gleichsam an soudiren,
forciren sie von vom an die Operation und hierdurch wird
nnendlich geschadet. Hütten wir die Zusammenstellung der
▼erstflmnilangen und TSdtnngen, welche durch zu lange fort-
fBetmUi frvehttose Zangeni^rsnehe ▼ollbra^ht worden sind, sie
wflrde das dnnkelste Bliitt in der G^eschichle ftratlieher Verirrungen
bilden. ^. J. Schmitt sagt (Heidelberger klin. Annalen, Bd. I.,
pag. 67) von solchen Entbindern: ^dass sie in einem todten
Keehanismns befangen sind, das gebärende Weib für eine Maschine
12»
180 XI. VerhAndlungen der Oescdltchaft
Vergleichen wir die genannten Mittel naeb dem Werthe,
den die Wissenschaft auf sie legt, so ist es wohl unbestrailbar,
dass die Beckenmessung als das vorzüglichste gilt. Auf das
fieckenmaass werden die Indicationen der verschiedenen Hälfen
ganz besonders basirt, und es giebt Lehrbücher, weiche (fie
Zahl 3V4" als einen Grenzstein der verschiedenen Operations^
gebiete aufstellen, so dass in den Beckenverkärzungen von
Sy/— 2Vs" hauptsachlich der Kephalolhryptor, dagegen in
den Verkürzungen von SVV' — ^^W vorzüglich die Zange
angewendet werden soll, naturlich unter gehöriger Wurdigmig
der übrigen Factoren. Da aber diese übrigen Factoren in
Bezug auf die Grösse ihrer hindernden Potenz nw* der ohn*
gefahren Schätzung unterworfen bleiben, und nach ihren
physikalischen Eigenschaftien durch vieldeutige Bezeichnungen
geschildert werden, als da sind: hart, straff, rigide, weichi,
schlaff, dehnbar u. s. w., so prädominirt das Beckenmaass
doch ohnstreitig in dem ihm von den Lehrbüchern beigelegten
indicalivem Werthe.
Warum wird denn aber das Beckenmaass so vorzüglich
(ür die Indi'cation benutzt? Ist es denn der wichtigste Factor
in der Construirung des Geburtsbindeniisses? oder ist denn
das Becken derjenige Factor, auf den das Heilverfahren gans
besonders gerichtet wird? Beides ist gewiss zu verneinen.
Denn die physikalischen Verhältnisse des Kopfes nnd die Art
seineij; Einstellung sind ebenso wichtige Potenzen wie das
Becken. Es existiren ja Berichte sehr glaubwürdiger Erzähler,
dass compressible Köpfe reifer Kinder selbst noch bei 2%'^
Beckenenge, ohne Schaden zu nehmen, durch die Natur zu
Tage gefördert worden sind, es ist bekannt, dass dieselbe
Frau ein lebendes Kind natürlidi geboren hat, nadidem sie
in einer fHUieren Geburt durch Kephalothrypsie entbunden
worden, und es ist endlich bekannt, dass sehr grosse Köpfe
oder solche mit harten Knochen und festen Nähten, oder*
ansehen, an welcher sie im Operiren onr mechanische Vet>>
baltnisse sa berücksichtigen und an besiegen haben, and dass
sie keinen höheren Zweck des Operirens kennen, als das An-
fertigen der Arbeit, nnbekümmert am die Schlachtopfer, die
n'nter ihrQn Hunden fallen, and ohne Ahüang eines würdigeren
Itr Oebnnshfilfe in Berlin. Igj
firiteb do^ateyie &$pfeBeft>st üAter oorntaldii BeckenmÄassen
da« PerfbraMrioin notbwendig gemacht haben.
Wir sehen also« der Kopf ist^ein gaoz ebenso wichtiger
Factor wie das Becken. Dabei ist überdies der Kopf gerade
daqenige Gebilde, auf das wir unser Heilverfahren direct
nebten, denn ifan fonnen und /rerkleiaem wir, sei es, dass
wir ihn durch die Zange in den Beckenkanal hineinziehen,
sei es,. dass wir ihn durch Trepan und Schraube zertrömmem.
Besdssen wir gar ein Mittel, die Grösse und Gompressibilitöt
des Kapfes in der Geburt zu messen, wekh eine wichtige
Roile würde dieses Mittel in der Entscheidung zwischen
Operationen spielen, welche die Trennung und Reducirung
des Kopfes auf ein geringeres Volumen zum Zwecke haben.
S» lange wir nun aber solche Messungen nicht anstellen
ktenen, ist d^ber in theoretischer Beziehung das Becken für
die Indicationsstellung mit .Recht herrorgeliobeD, eben weil
es sich messen lässt und weil seine mechanische
Influenz durch eine klare undeutbare Zahl fest-
Kastellen ist.
In Praxi aber macht es sich doch anders, da geniesst
das Becken keine so pradominirende Würdigung, denn ver*
^acbt nicht jeder Geburtshelfer in zweifelhstften Fällen erst
seioe ZaiM^e? Natürlksb wird der besonnene Operateur das
Inslniment reit aller Torsicht, und in dem Sinne, wie ich es
oben- bezeichnet habe, anwenden, nämlich als Sonde, als
M<»ssapparat für die Grösse des Geburtshindemisses. Ab^
gewiss wird- er nicht eher den Kopf zertrümmern, bis er
durch Zangenversuche die Ueberzeugung gewonnen hat, dass
das Geburtshinderniss hier ein solches sei, welches eben
durch die Zange picht zu besiegen ist.
Worauf .aber basirt der Operateur diese seme Ud>er*
zevgong? Doch eben nur auf die Dauer der Operation uiid
auf das gcdbs^ctive Gefühl der auf die Operation aufgewandten
Kraft Wenn ich nun aber oben bewiesen zu haben glaube,
dass .diese Criterien keine ricbtigen sind, so dürfte sich zu
diesem Zwecke die Federzange als ein Apparat empfehlen,
der üurch dynamometrische Messung die Gfösse des Geburts-
hindemisses nach seinem graduellen Werthe bez^chnet.
182 XI* VerhandltiBgeii d«r Getelbchaft
Lässl sieb dPDD aber das GdHirtshindeniits, dieses m^
gestaltige VerhältDiss, welches den Terschiedenslen Ursachen
seine Entstehung verdankt ^ als ein einheitliches auflassen
und messen? In Bezug auf seine Aeliologie, in Bezug auf
seine Therapie allerdings nicht! Aber in Bezug auf den
mechanischen Effect und in Bezug auf die mechanischeii
Hülfen ist die Frage zu bejahen! Denn: wenn die^Natiir
den Kopf durch den Geburtskanai hindurchtreiben oder d^
Operateur den Kopf hindurchziehen will, so ist die Reibung
zwischen Kopf und Geburlskanal der mechanische Ausdruck
aller der Wirkungen, welche aus dem Kampfe der aus-
treibenden (respective der ausziehenden) Krifle und der
Widerstandskräfte entstehen.
. Diese Reibung kann das Resultat der verschiedensten
mechanischen und dynamischen Potenzen sein, als da sind:
Entzündung und Krampf des Uterus, Enge der Bex^ken-
durchmesser, Entzündung, Krampf, Straffheit, TrockenhetI
der Scheide und äusseren Geburtstheile, falsche Einstellung,
Grösse, Härte, Geschwulst des Kopfes u. s. w. — Doch
welcher besonderen Art auch immer diese Verhiltnisse in
irgend welchem Falle sein qaögen und durch welche andere
therapeutischen und operativen Mittel sie zu besiegen wären^
ich sage: das Resultat aller concurrirenden Momente,
der letzte mechanische Ausdruck dieser Potenzen
stellt sich für die Treibkraft des Uterus und für
den Zug des Extractions-Iustrumenles dar als
Reibung zwischen Kindesko.pf und Geburlskanal.
Wie ist diese Reibung zu messen?
Wenn ein Körper wie der Kindeskopf durch einen Hohl'-
körper wie der Geburtskanal hjndurchbewegt werden soll, ao
wird die hierbei staitHndende Reibung ausgedrückt: durcli
ein Gewidit, welches gerade hinreicht, die Durchbewegunf
zu bewirken, d. h. durch eine Kraft, welche die Reiliong besiegt.
Wenn, wir z. B. im We^e des Experiments bei einer
im Kreissen Verstorbenen an die ungeborene Frucht ein
Gewicht von 30 Pfund in zweckmässiger Weise applieirtea,
und dieses Gewickt, welclies durch ein allmäliges Belasten
aufzufinden wäre, reichte gerade hin, die Frucht zu Tage zu
fördern, so würde im vorliegenden Falle die Reibung oder
nu GeburUhaife ia Berlin. I83
das Gebartahiiiderniw = 30 Pfund gewesen sein^ Da wur-
oaD autt der allmäligen Belastung die dynamometrische Messung
aoweoden können» so sind wir zu dem Schlüsse berechtigt,
die Scala an der Federzange ist nicht bloss ein
Maa^sstab für die auf die Operation aufgewandte
Kraft, sondern auch für die Grösse des mechanischen
Geburtsbindernisses.
In Fällen, wo die Wehen vollständig fehlen oder wegen
ihrer Schwäche = 0 zu setzen sind, und wo uos die Ex-
traction gelingt, da wird die dynarooroetrische Zahl annähernd
die volle Grösse des Geburtsbindernisses ausdrücken. Solche
Beobachtungen haben ihren grossen physiologischen Werlh
und können unter Feststellung der Kopf- und Beckenmaasse
eine Berechnung der Compressibilität des extrahirten Kopfes
gestatten.
Wichüger in praxi aber sind die Fälle, wo uns, mögen
Wehen stattfinden oder nicht, die Extraction nicht gelingt.
Hier wird ^las Geburtshindemiss grösser sein als die
bereits erreichte dynaroometrische Zahl. Und wie oben glaube
ich wieder die Hoffnung aussprechen zu dürfen: Es werden
«ich durch eine Reihe guter Beobachtungen Zahlen heraus»
stellen» welche einen ähnlichen Werth für die differentielle
lodicationenlehre, wie gewisse Zahlen der fieckenengen haben,
Zahlen, welche ihre Verwerthung am Besten dann finden
werden, wenn man sie mit allen einzelnen Facloren des
Gebttrtshindernisses und. mit dem Kräflezustande der Mutter
und der Frucht in Beziehung bringen wird.
Ich selbst will es vorläufig nicht wagen, solche Zahlen
zu bezeiebnen, da die kleine Reihe von Beobachtungen, die
ich bisher gemacht, mir dafür. nicht ausrekshend ist.
Sei es oiir gestattet, meine Herren Collegen, die An*
gdegeoheit unter Berufung auf die Worte eines der geschätztesten
Lehrer in unserem Fache zu empfehlen. Seanzoni sagt (Lehr-
bocfa der Geburtebülfe, 1852, p. 866):
. ^Schwer fUlt es oft, ja es gebort ein gerechter praktischer
Taci, eioe richtig« Schätzung der hei den Tractionen
mit der Zange angewandten und zulässigen Kraft
dazu nm das gewählte EntbindungsveHahreu nicht vorzeitig
als ein anzureichendes zu verlassen, oder es zum Nachdifil
Ig4 XI. VerhaDdlnngen der Gesellschaft
der Htittcr* allzulange fortzusetzen. Nicht leicht giebt es
eine schwierigere Aufgabe für den praktischen Geburtshelfer
als den Zeitpunkt richtig zu bestimmen, wo der Gebrauch der
Zange der Anwendung des Perforatoriums Platz'roachen muss."
Möge das Princip der Federzange etwas zur Lösung soldi
wichtiger Aufgabe^ beitragen.
Erklärung der Zeichnung.
Fig. I. Ansicht der Zange. FF' bewegliche Theile des
Griffes, rr Fortsetzung des Löffels. Ät obere Scala. 2; 2 untere
Scala. op Index für die .Maximaihöhe des Zuges, der in dieser
Position 10 Miilim^tres anzeigt z Sperr-Riegel. 8 Knopf
desselben, y Schlitz im beweglichen Theile des Griffes, in
den sich der Sperr *- Riegel z hmeinschiebt. xx Centimdtres-
Maass an den Löffeln.
Fig. IL Durchschnitt zeigt den inneren Mechanismus des
Instruments. Der unbewegliche stählerne Theil des Griffes TT
ist in der Gegend von u bis v geschlitzt. Tn diesem Schlitze
liegt oben der Messingwüffel q, welcher nach aussen mit dem
Halbcylinder F nach innen mit den Messingschienen mn
festverbunden ist. Der deutlicheren Ansicht wegen sind die^
Theile etwas auseinandergerückt gezeichnet In natura liegt
mn sowohl als F fest gegen TT an, und auf diese Weise
gleitet F sicher gegen TT auf und ab. r ist ein äbniicher
Würfel wie q^ und op ^ine Messingscfaiene wie m n. Nur
ist r nicht mit F verbunden, r gleitet ebenfalls in dem
Schütz UV und bewegt sich dadurch, dass n gegen o stösst
Während mn durch die Spiralfeder wieder in die Höhe
gehoben wird, bleibt op durch Reibung stehen und bildet ^
den Index für den Maximalzug. irto an Fig. I. ist eine
Messingschiene wie mn, fest verbunden mit dem Halbcylinder jF*'.
Wenn n und o sich berühren, so bildet mnop eine ebenso
lange Schiene wie ww. E ist der Federträger der an T
fest angeschraubt ist.
Fig. III. zeigt wie der Halk;ylinder F sich um das
Consol E lagert und um dasselbe sich bewegen kann. Die
Zeichnung stellt einen Querdurcfaschnitt des Griffes in der
Linie gg' der Fig. IL dar. T, E und F bedeuten dasselbe
wie oben.
I
fBr Geburtflliülf« in Berlin. 185
Dieser Vortrag fand in der Geselfschafl vMen BeifaD
ond verkannte dieselbe nicbt den Werüi, den eine genauere
Pormnlirung der auf die Zangenoperation verwendeten Kraft
far die unschädliche Anwendung derselben, sowie auchr für
die Indication des zu erwählenden Operationsverfahrens mit
sich führen mässe.
Herr Kavffmann erklärte sich mit der verschiedenen
Höhenstellung der beiden Seitenvorsprünge sehr einverstanden,
hielt indess die theoretische Begründung dieser Aenderung
für zu minutiös, da die Hehelkraft bei der geringen Länge
des einen Hebelarms unmöglich einen nachlheiligen Einfluss
auf die Wirkung der Löffel ausüben könne und eine unbedeutende
Schiefstellung der Hand ohnehin hinreiche, die Zugkraft auf
beide Blätter gleichmässig wir|^en zu lassen, doch erkenne er
bereitwillig die grössere Bequemlichkeit dieser Aenderung an.
Herr Kristeller entgegnet hierauf:
1) dass die Differenz an den beiden Armen sich im ersten
Moment der Traction mit 9 Pfund, später aber in
imn}er steigendem Haasse ergebe, und dies sei weder
wissenschafllich noch praktisch rationell;
2) allerdings corrigire man mit der linken H^hd die falsche
Wirkung der rechten, aber dadurch gehe ein Theil der
Zugkraft verloren, weil linke und rechte Hand in sich
kreuzenden' Linien wirken;
3) werde die linke Hand zu einem Drucke auf das Geburts-
object verleitet, der erspart werden könne.
Herr Martin wandte gegen das Instrument ein, dass
es durch eindringende Feuchtigkeit und Schleim etc. leicht
kicorrect werden könne und
Herr Mitscherliek hiek die Federkraft an. mid für sich
mski Hör so uDveränderUch, dass nicht das Instrument' auch
oime störende Eingriffe schon durch hiossen Gebraueb seine
ZoTerUssiglceit einbösse* Doch entkräftete
Herr Kristdler beide letztgenannten Einwendungen durch
die eflifache Weisung, das Instrument vor dem jedesmaligen
Gebraocbe auf seinen richtigen oder unriditigen Dynamometer*
stand (0) tu untersuchen und danach etwaige Abweichungen
in Rechnung zu bringen. Uebrigens sei dies Instrument der
lg($ XI. Verh«ndinDg«n d«r Gonelbchaft
ante Entwarf fär die AuflfOhruDg seiner Jdee und er wnnscbe,
dasB der Gebrauch noch zweckdienliche Afiideningen derselben
ergeben möge.
Herr Louia Mayer sprach über
Sarcoma medulläre des Uterus und Rectum. Ver-
schluss des letzteren. Tod durch Ileus.
Die 45 Jahre alte Madame S, geb. Af., eine Schwedin
Ton Geburt und in ihrem Yaterlande bis zum 37. Jahre an-
sässig, hatte gesunde Eitern, welche im hohen Alter starben.
Sie musste in ihrem Leben viel Gemiithsbewegungen erfahren,
namentlich Mitte . der Dreissiger in Folge einer sich ent-
wickelnden Geisteskrankheit ihrer Schwester, lebte iihrigens
in günstigen, äusseren Verhältnissen.
In der Kindheit litt sie *an einem chronischen Bessern
beider oberen Extremitäten, war sonst gesund. Die Periode
trat im 15. Jahre ohne Beschwerden ein, war regelmässig, den
28. Tag wiederkehrend, aber von Anfang an ausserordentlich
profus. Sie dauerte 8 — 10 Tage. Ausser einer Pebris inter-
miltens tertiana wurde sie bis zu ihrer Verheirathung von
einer Unterlejbsentzündung befallen, in den letzten Jahren
vor derselben war sie gesund ; verehelichte sich im 37. Jahre
und ging nach Deutschland. Seit dieser Zeit litt sie an heftigen
bellenden Hustenanfallen, namentlicli Herbst und Frühjahr ohne
Auswurf, mit Trockenheit und Kitzeln im Halse, g^en welchen
ihr im 38. Lebensjahre der Gebrauch kalter Seebäder verordnet
wurde. Sie zog sich indessen nach den ersten Bädern eine
Lungenentzündung zu, die sdinell gehoben wurde, aber eine
körperliche Schwäche and A^dfiagening zur Folge hatte, ohne
dass der krampfhafte bellende Husten einen anderen Charakter
annahm. Bald danach erkrankte sie an einer Unterleibs-
entzüadong mit sehr langsamer Reconvakacenz, in welcher
noch begriffen «e in ihrem 40. Jahre C^vida worde. Sie
gd^ar leicht nach regelmässiger Schwangerschaft, ein aaa^
getragenes, todtes Kind. Das WocheBhelt verlief ohne Stdning;
die Lochien waren regdmässig. Den 12. Tag verliesa m
das Bett. Sechs Wochen nach der Entbindung stellte sich
regelmässig die Periode ein. Einige Monate q>äter eencipirte
sie wiederum, abortirte im dritten Monate, und lag- darauf
.mr Gebnrtohmi» in B«rlia. 1^7
meiirere Wochen an einer heftigen Mefriiis danieder, worauf tm
gleoas, und bb zum 44. Jahre, auMer den- erwähnten Husten-
aoBllen gesund war. Angeblich durch Erkältung stellte sich
uro diese Zeit, abermals — also zum vierten Male — eine
heftige Entzündung der Unterleibsorgane ein, seit .welcher
sich die erheblichsten Beschwerden datirten. Die Periode
teigte. sich nunmehr dreiwfichenlUch, war noch profuser ^ils
froher; es folgte ihr eine übelriechende, serös- eiterige Ab-
sandening, die alsbald continuirlich wurde und öfters eme
saoguinolenle Beschaffenheit annahm. Der Leib wurde beim
Druck in den Regionib. iliac. schmerzhaft; es fanden sich
wehenartige Schmerzen im Leibe, Kreuz und d^ Genitalien,
lanzinirende, mitten durch den Leib fahrende Stiche, und
nahmen letztere mehr und mehr zu. Dabei hatte die Kranke
Aber Schwindel, Kopfschmerzen, aufsteigende Hitze, Eiseskälte
der Extremitäten, unruhigen Schlaf,' schlechten Geschmack,
trocken^ Zunge, viden Durst, Herzklopfen zu klagen. Der
Appetit war gut; • Stuhlgang meist diarrhoisch; der Uriu,
welcher beim Husten unwillkArlich abfloss, sedimentös, häufig
sandig.
Als ich die Kranke kennen lernte, war sie sehr sta^k
und von blühender Gesichtsfarbe; der Pols gross und weich,
massig frequent, die Zunge trocken, aber nicht belegt; die
Hakschleimhaut leicht geröthet -und granulirt; die Uvula ge*
schwollen; ihre Bnistorgane gesund; der Leib stark auf-
getrieben, die Bauchdecken gespannt, äusserst fettreich, durch
dirselben nichts Abnormes durchzufühlen; die Inguinaldrüsen
bis Erbsengrösse geschwollen, härtlich; die äusseren Genitalien
und deren Umgebung stark geröthet; der Introitus vaginae
weit; die Scheidenscbleimhaut glatt, mit serösem Secret bedeckt;
die Vagioalportion stand schwer beweglich in der mittleren
Beckeoapertur und in der Föhningslinie. Die Muttermunds-
lippen waren owfangreich, fühlten sich glatt, aber härtlich an;
das Orfficiiim rundUeh nach unten und wenig nach hinten
gericblet. Durch das Scheidenge wölbe fühlte man eine mi-
regelmissige, härtliche, knollige Geschwulsi, die den hinteren
Theil des kleinen Beckens ausfüllte und mit denr Uterus,
dessen vordere Wandung verdickt war, in Zusammenhang stand
Der Fondas uteri konnte 2—3 Zoll oberhalb des Schambogen«
f38 ^I- ▼«rbAndlnng^en der Oesdllaehaft
durch die Bauchdecken hei gleichzeilig inneriieh und äusseriich
angestellter Untersudmng constatirt werden. Die Sonde drang
leicht 8 Zoll tief in einer, von der Pfibrtingslinie, nach vorn
wenig abweichenden Richtung in das Cavum uteri ohne
Schmerzen zu erregen, verursachte indessen eine ziemlich
starke Blutung. Im Speculum erschien die Sch^idensclileimhaut
geröthet. Die Yaginalportion Kvid, schmutzig röthlich, aber
glatt. Der untere Theil des Rectum war von normaler
Beschaffenheit. Etwa vom Anus IV2 Zoll entfernt zeigte
sich sein Lumen durch die sich hineinwölbende Geschwulst,
verengt. Die hintere Wand desselben erschien bSrtlich, und
Urat allm&hlig nach oben der vorderen näher, so dass etwa
8 Zoll vom Anus sich eine trichterförmige Strictur ftind, die
den Durchtritt des untei-suichenden Fingers nicht gestattete.
E& wurden der Kranken Bäder mit Pottasche und Mutter^
lauge verordnet, -innerlich Jodeisen, Krankenheiler Georgen-
quelle und Jodkali gegeben, sowie eine Einr^tmg einer
Jodkali-Salbe mit Narcoticis auf den Leib gemacht; ferner
wiederholentlich Blutegel ad perinaeum applksirt. AnfSnglich
schien dies Heilverfahren auf das Befinden der Kranken einen
wohlthätigea Einfluss auszuüben, wie auc^ die Schmerzen zu
vermindern, wenngleich die Geschwulst tiefer nach unten
zwischen hinterer Scheidenwand und Kreuzbein herabwucbs"
und die Strictura' recti enger wurde.
Etwa vier Wocfien später verschlimmerte sich der Zu-
stand. Die Schmerzen nahmen zu und waren namentlich im
Os sacrum sehr heftig. Strangurie und Tenesmus , Schlaf-
losigkeit, Gardialgien quälten die Kranke fast unausgesetzt.
Der Appetit verlor sich. Kopfschmerzen, Schwindel, Be-
ängstigungen, Stuhlverstopfungen und unregelmässige profuse
Metrorriiagien steltteq siich ein. Entleerungen von -Faeces
konnten nur durch die stärksten DrasUca erzielt werden und
waren alsdann dunnflössig zuweilen mit federkielstarfcem ge-
formten Koth und grossen Mengen festen glasigen Schleims
gemiseht Bei den Untersuchungen fand sich das Rectum
mehr nach oben konisch verengert, die Mutterniunddippen
uicerirt. *
Die Kranke wurde hinföllig, konnte das Bett nidit mehr
▼eriassen, magerte aber nicht merkIMi ab. Bei kleinem
für Gebortohiilfe in Berlin. 1^9
frequeMleiii Pttlfr, Auftreibiuigan des Leibes ««tirteii ziileUl
die SUihliiiisleeruiigeD gäiulich und. waren scbliessUch durch
kein Mittel herbeizuführen. Versuche die Mastdarmstrictur
durch fiougies zu erweitern missj^ückten und somit starb
die Kranke qualvoll unter den Erscheinungen des Heus.
Bei der Section,- die '36 Stunden nach dem Tode an-
gestellt wurde, zeigte die sehr fette Leiche iivide Flecke im
Gesicht und auf dem Rücken. Der Leib war stark auf*
getrieben, tympanitisch, die Leistendrüsen bohnengross ge-
schwellt. In den Pleurasäcken fand sich sanguinolentes Fiuiduro;
an den .Lungen lobuläres Emphysem. Das Herz war gesund.
Die Leber überragte den Rippenbogen um IV2 Zoll, war
derbe, brüchig, auf dem Durchschnitte dunkelroth, fettig. Die
Gallenblase apfi^lgross mit grünlich schleimiger Galle gefüllt;
Milz vergrossert mit verdickter KapseJ und brücliigem Parenchym.
b den Nieren fand sich keine auffallende Veränderung. Die
Mesenterialdrusen geschwellt und namentlich an den unteren
Dannpartieen bis zur Grösse einer Wallnuss. Auf dem Durch-
schnitte von gmugelblicher Farbe und markiger Beschaffenheit
Der Magen wie der ganze Darm durch Gase ausgedehnt, ent-
hielten dünnes, hellgelbes kothig riechendes Cootentum. Die
Pflorushälfte des Magens und das Duodenuqi zeigten eine
schiefergraue Färbung un<) sammetartige Auflockerung der
Schleimhaut Im Ueum fänden sich Pe^er'sche Plaques und
Solitardrösen geschwellt, die Schleimhaut von flockigem Ausr
sehen. Im Dickdarm rundliche oberflächliche Erosionen bei
ausgedehnter Hyperämie und Schwellung der Follikel Im
oberen Dritttheil des Rectum die Schleimhaut stark geröthet
Mehr nach unten verlor sich das Rectum in eine daa hintere
kleine Becken vöUig ausfällende harte, knollige Geschwulst
Das Lmnen desselben verengte sich nach unten und Uef in
eine feine Spitze aus, die dadurch entstand, dass die
Wandungen des Rectum sich gleichmässig nach dersdben hin
venikkten, ohne dass der Darm an Umfang zugenommen hatte«
Am übersichtlichsten wurde dies, — wie die Gestaltung
der Geschwulst überhaupt, auf einem von vom. nach hinten
durch den Uterus und den Darm geführten Schnitt
Die erwähnte nach unten zu laufende Spitze entsprach
einer von unten nach, oben gerichteten, breite bei Lebzeiten
190 ^'- VftriiaiiAQDgeii der Oesellucliaft ate.
%,
constatirten, beide fnirden durch eine etwa P/t Linien lange
Brücke getrennt, welche durch den eng aneinander sdiltessenden
Zusammentritt der, in dieser Gegend am meisten — und
zwar gegen V^ Zoll, yerdickten Mastdarmwaodungen entstand.
Es lag somit ein völliger Verschluss des Rectum vor, wenn*
gleich die dicht aneinanderliegenden Wandungen nicht mit-
einander verwachsen, sondern aneinander gepresst waren. Die
Schieimhautfalten des Mastdarmes verstrichen mehr und mehr
nach der Yerschliessungsstelle zu, wobei die Innenfläche
desselben eine hellere Färbung gewann und wellig höckerig,
nirgends Substanzverluste zefgte. Die degenerirten Wandungen
gingen oben wie miten allmdlig in die gesunden über, * von
aussen fülilten sie sich hart und knollig an, zeigten aber
auch hier nirgends Continuitatsstörungen der OberflSbhe. Die
vordere Wandung verlor sich in einem Tumor, der zwischen
Uterus und Rectum als eine, 1 — ly^ breite Verbindung lag.
Die Darmwandung, der Uterusüb6rzug, das Peritonäum und
Zwischenzellgewebe waren in diese Geschwulst völlig auf-
gegangen, wdche ein gelblichweisses markiges Ansehen hatte
und beim Druck heUe Plössigkeit entleerte. Der Uterus, welcher,
wie mitgetheilt, betr&chtlich vergrössert gegen 4 ZoH lang
war, hatte von^der Oberfläche gesehen, eine wenig prominirend
knollige, übrigens von seiner birnenförmigen Gestaltung nicht
abweichende Form. Sein oberer Bäuchfellfiberzug war schmutzig
livid gefUrbt und glatt; die Innenfläche des Cavum uteri, welches
letztere eine Vergrösserung nadi allen Richtungen zeigte, aa
einzelnen SteUen der Schleimhaut entblösst, wo selbst sich
schmutzig' geflhrbte , seichte Ulcerationen fanden; die Mutter-
mundslippen zeigten im Umfange des Orificinm Ulcerationen,
welche den innerhalb der Höhle beschriebenen glichen.
Von normalem Uterusparenchym war Nichts zu finden,
die ganze Substanz vielmehr von markiger Beschafieiriieit und
weisslichgelbem Aussehen, wie die übrigen Theile der Neu-
bildung. In gleicher Weise wareu die Inguinaldrüsen entartet,
Tuben, Ovarien und Blase dagegen frei.
Mikroskopisch fand sich die GescUwulst aus nmdfidien
geschwänzten oder unregelmässigen Zdlen mit zarten Membranen
und grossen Kernen zusammengesetzt Zwisdien diesen lagen
Bindegewebszüge, ohne Anordnung zu einem alveolären Gerüste.
XII. S€t9iu9, Ueber ein im Winter 1859^1860 etc. 191
Dvcb diesen Vortrag wurde die Frage angeregt« ob der
Krehs des Uterus immer zuerst die Vaginalportion ergreife
oder auch primär den Körper der Gebärmutter befallen könne.
HeiT Wegscheider erinnerte an einen schon früher in
der Gesellschafl und ausführlich in Cas^er's Wochenschrift
(1851, No. 45) nütgetheilten Fall, wo dies Verhältniss
stattfand.
Herr Kauffmann hatte ebenfalls eine ältere unverheirathete
Dame längere Zeit an einem fötiden Ausfluss aus der Gebär-
mutter behandelt und bei der Untersuchung eine völlig gesunde
Vaginalportion mit jungfräulichem Orificio vorgefunden. Der
endliche tödtliche Ausgang an Carcinoma uteri bewies, dass
der Anfang des Uebels im Körper des Uterus stattgefunden hatte.
Herr Langenbeck hatte einen Fall von Fibroiden des
Uterus beobachtet, welche, nachdem erst die Mamma, dann
eine Stelle am Kx>pfe c^urdnoraatös entartet war, ebenfalls
krebaig wurden und die Entartung erst später auf die Substans
des Uteras übertrugen.
XII.
Veber ein im Winter 1859—1860 beobachtetes
puerperales Erysipelas phl^monodes.
Von *
Professor IL Retzlas in Stockholm.
Das neue Gebärhaus wurde im Monat Mai 1858 geöflbet
Sedis Monate waren noch nicht verflossen, als einige FäHe
. von Paerperalidiier vorkamen, doch nicht in schneller Reihen-
folge. Mit dem Anfange des Jalures 1869 worden indess die
Fälle häufiger ond wuchsen nach ond nach heran bis zu
40 Proc von der-Gesammtzahl au^nommener Kmdbetterinnen,
flrit einer Mortalitfit von 16 Proc. In den Sommermonaten
veAesserte sieh der Gesundheitszustand in der Anstalt, so
dass nur 3 Proc. vod ' den aufgenommenen Gebärenden
192 ^il- Betsiug^ Ueber ein im Winter 1869— 1860
erkrankten luaul von diesen starben 6,62 Proc, Hit den kalten
Monaten November und December steigerte sieb wieder der
Krankheitszustand bis auf 37 Proc^ während indeas die
Mortalität sich an die niedrigen Ziffern von 6,9 Proc. hielt
im Anfange des folgenden Jahres »1860 war die Witterung
sehr mild, die Kälte unbedeutend und wenig Schnee fiel. Die
Gebäranstalt war schon am Anfange des neuen Jahres ungemein
viel angesprochen, so dass die Zahl der angemeldeten Weiber
grösser war, als nach der Einrichtung bestimmt und nach
den Materialvorräthen berechnet war. Dieser Zulauf nahm mit
jedem Tage zu und dies in dem Grade, dass weder die
Zimmer noch das Bettzeug in gehöriger Weise konnten gelüftet
werden. Die Folgen dieses Gmstandes zeigten sich bald in
dem Erscheinen von rosenarfigcn InÜammationen, obgleich
weder solche noch andere hiermit in Verwandtschaft stehende
Krankhettsformen während der Zeit in der Stadt vorkamen,
oder gar, dass die vorherrschende Constitutio epidemica dazu
hinneigte. An den zwei letzten Tagen d^s Monats Februar
und zu Anfang des Monats März zeigten sich unter den
Wöchnerinnen mehrere Fälle von Erysipelas pblegmonodes
an den oberen so wie an den unteren Gliedmaassen. Das
Symptomatologische der Krankheit war folgendes: Zu Anfang
fand sich ein hefUger Schuttelfrost ein; das nachfolgende
Fieber zeigte keine Neigung zum Hervorrufen des Schweisses.
Die Kranken kls^ten über heftige Schmefzen im ganzen Körper.
Der Unterleib war wenig empfindlich und gar nicht auf-
geschwollen. Die Kräfte lagen tief darnieder. Der Puls' war
weich und beschleunigt Ueber die ganze Körperfläche war
die Empfindlichkeit so gesteigert, dass die leiseste Berührung
Schmerzen hervorbrachte, ja sogar, dass die Schwere der
tuchenen Bettdecken und des Betttuches. nicht ertragen wurde.
Die Kranken konnten nur mit Jusserster Noih die Ajrme uq4
Beine bewegen. Die Zunge, anfangs bel<^i, wurde bald
roth, trocken und glänzend. Der Durst sehr gross. Wenig»
Stunden nach dem Eintreten des Schüttelfrostes zeigten sich
an den. Extremitäten, umschriebene hochcothe harte An-
schwellungen über das ganze Glied und gleichzeitig trat eine
Diarrhoe ein. Nachdem die erysipelatös-ph)egmonösen An*
Schwellungen IQ bis 12 Stunden' angedauert hatten, ward
beobaehtetes paerpeimlet SryaipeUs phle^moaodes. 19$
ihre rolhe Fariie ganz dankd und Haulbrand trat ein. Die
affieirten ExtremltSten wurden kalt, teigig und gefühllos; di«
Sehmerzen hörten auf; der Puls wurde mit jedem Augenblicke
schwaeher und konnte mehrere Stunden vor dem Tode nicht
gefühlt werden. Sopor trat ein, unter welchem die Kranken
Terschieden.
Während des ganzen Verlaufs der Krankheit war die
Lochialsecretion stinkend und' so ätzend, dass die Schleimhaut
der Hulterscheide und der äusseren Geburtstheile excoriirt
wurde, ohne aber brandig zu werden. Bei Einigen sah man
MOch in den Brösten. «
Weder eine individuelle Körperconstitution oder eine
foriiergehende Kränkhchkeil oder gar gegenwärtige- Schwäche
noch eine längere Dauer der Geburtsarbeit zeigten den ge-
TJngslen Eiiifluss auf die Geneigtheit zu dieser Krankheit
Bis zu Ende März kamen die ErkrankungsßUe nur im
unteren Stocke vor, und zwar in den Zimmern, welche zum
Unterrichte der Hebammen angewiesen sind. Keine Wöchnerin,
die in ihrem Zimmer allein lag, mit einem Räume ton
2000 Cubikfttss wurde von der Krankheit ergriffen. In die
gemeinschafUichen Säle, die eigentlich nur ffir drei Personen
bestimmt sind, mit einem Räume von 1150 Cubikfuss filr jede
Person, war man zufolge des Zudranges genöthigt, vier Personen
zu legen ^ wodurch der fireie Raum beschränkt ward und
806 Cubikfuss nicht Aberstieg. Eine solche Beschränkung,
wenn auch während einer kurzen Zeit, vielleicht unschädlich,
wird «doch in der Länge nicht so ertragen, vorausgesetzt
auch, dass dabei eine voUständige Ventilation ununterbrochen
fortgesetzt mrd. In Folge dieser Deberzeugung und weil seit
geraumer Zeit cEe Bettai, das Bettzeug und die wollenen
Decken fortwährend in Gebrauch waren, ohne gelflftet oder
retfigemacfat zu sein, die Zimmeriböden der Scheuerung be«
darflen etc., sah ich mich genöthigt, diese Abtheihmg der
Gebäranstall ausräumen zu lassen und andere Zimmer (Ür
den praktischen Hebammenunterricht anzuweisen. In letzt-
genannten Localen kam dann kein KrankheitsfeU von er-
wälmter Beschaffenheit vor, wohl aber mitunter einige Fälle
von gewöhnlicher Peritonäalform, die Indessen beim Gebrauch
unserer alkalisirenden Hetliode und Darreichen von Morphin
Moa«t«Mbr.f.GebQrUk. 1861. Bd. XVII.. Hfl. 8. tB
194 XII. Ret9iw, üeb«r ©in im Winter IÖ69-*1860
in Verbindung mit ableitenden Scbröpfköpfen und AnwendMiig
von Wasserumschlägen, alle glucklieb endeten.
Ich öberliess mich jetzt der frohen Hoffnung, den bösen
Gast los zu sein; es war aber leider nur eine kurze Frist
eingetreten, denn am 24. April zeigte sich in der anderen
Abtheilung, die nur für den ärztlichen Unterricht bestimm.t ist
und die bisher verschont gewesen war, ej» Krankbeitsrall.
Nach 24 Stunden kam wieder -ein Fall und so kurz darauf
noch zwei andere, alle von einem und demselben Charakter
Pdit der oben beschriebenen Urankheit
Zufolge einer streng durchgefOhc^en Absperrung wurde
die fernere Ausbreitung der Epidemie veitütet. Doch wären
diese Mittel wahrscheinlich unzulänglich gewesen, wem» nicht
zum grossen Glück der starke Zudrang zu der Anstalt zur
seihen Zeit plötzlich abgenommen hätte, wodurch es möglich
wurde, eine gründliche Reinigung der Zimmer und der ganzen
Materialien vorzunehmen* Die Kranken wurden auf folgende
Art behandelt Ein Brechmittel wurde bald nach dem Frost-
anfaUe gegeben, ehe noch die Zunge eine trockene und
glänzende Beschaffenheit angenommen hatte. Darauf sebritit
man zum Gebrauch von Chinin, Mineralsäuren und Campher.
Um den Durchfall zu beschranken, wurden Klystiere von
Stärke und Opium verabreicht und die .Schmerzen mit
Dower*s Pulver beschwichtigt. Um die angegriffenen Körper-:
theUe wurden Umschläge von SpiriL Camphor. gemacbi,
dann und wann auch Bestreichungen mit Tinct Martis ver-
sucht Nachdem diese Bdandlungsmethode eine hiulsffigKcbe
Zeit ohne glückliche Erfolge fortgesetzt war, sdiritt ich zu^i
Gebrauche von Extract Aconiti und Jodkalium, wobei doch
die UmsclUäge von Camphfirspiritus beibehalten wurden. In
drei Fällen zeigte diese Behandlung gute Folge, indem die
phlegmonösen Infarcte eertheilt wurden, kein Brand zum
Vorscbeia kam und die Kranken genaseo. In einem vierten
Falle kam es allerdings zur Zertheilung der rosenartig^n
Anschwellung, der Brand blieb aus, die Kranke aber verschied
unter Erscheinungen eines ausgebildeten Typhus.
Während des Aufenthalts der Kinder im Gebärhause
kam unter ihnen kein einziger Fall von Rose vor, was meia^
Aufmerksamkeit um so viel mehr erregte, als . gewöhnlicher
bftobmchtetes paerperales £!ryBip«la8 phlegmoaodes. 195
Weiat, wenn PeerperaUieber aUda herrschen, Rothlauf unter
den NeugdBorenen sehr häufig vorkommt. Es ist mir aber
spater mitgeibetit worden, dass mehrere Fälle ?on bösartigem
Rodiläuf /Unter den Kindern, deren Mütter an der erwähnten
Krankheit starben, sicb^ zeigten, nachdem diese in's Findel-
baus gebracht waren.
Die LeichenöfiTnungen, gewöhnlich 24 Stunden nach dem
Tode gemacht, erwiesen Folgendes:
In der Bauchhöhle fand man nur zwei Mal kleine Mengen
einer graugelben dünnen sero-purulenten Flüssigkeit. Die
Eingeweide waren weder unter sich agglutinirt, noch mit
plastischen Membranen bedeckt. Das Peritonäum parietale
und viscerale zeigte hier und da kleine umschriebene
aborescH^nde GefSsshijectionen. Der Dünndarm von Luft er-
WMtert; dessen innere Wand mit einem graugelben zähen
Schleime bedeckt Unter der Schleimhaut des Dickdarmes
sab man in drei Fällen kleine submucöse Blutextravasate.
. In den meisten Fällen fand man dünnflüssige, gelbe Fäcal-
massen im Colon. Eine croupöse Darmbekleidung, wie Roser
m den Dickdärmen von Personen, die an einem Rothlaufe
von pyamiscliem Ursprünge gestorben waren, gefunden hat,
ww nielk ni keobacblen. Die Gebärmiitter epschien gross
•od sobiftir; ihre innere Fläche nil einer ddnnen Schicht
VMi einer gelbes rothstreifigen und eüengen stinkenden
Ftdeagfeeit bedeckt, die mit Blolklnmpen untermischt war.
Naeb dem Abwaschei der Jauchigen FMseigkeit waren die
Wände aechgrau. Das Parendarm der Gebärmutter war auf
fie Tiefe ron 2 Linien von der Innenfläche, pulpös aufgelockert,
mii idaffeoden erweifterten GefäMmündongen. Das Herz schlaff
«Mi Maas. DasEnddcardMmpurpttrroth. Die redite Herzkammer
ealkielt ein grösseres, die linke ein kleineres Blutcoaguluni.
Staute Blttlhypostase mit Oedera der Lmigen. Die Leber
aaainiach, zosammengedröckt und märbe. Die Milz grösser
ab im NonDalzustaDde und aufgelockert Die Nieren schlaff
oad blaaa mit violett gefärbten Pyramiden. Beim Einschneiden
in die kranken ExtrenitäleQ floss viel röthliches Serum aus
dem iofiltrirteD Zellgewdie,*das übrigens nur sehr wenig von
dem Brande der Haat angegriffen war. Die Muekeln bis zur
Näie der Knocken wluren dnrchaas breiig erweicht, ohne
13*
196 XII. BtttiM, Ueber ein im WtnUr 1869— ISeO etc.
Verfettung. In den Blutgefässen wurden keine Pfropfen ge*
funden. Die Venenwände zeigten keine entzändijchen Ver-
änderungen und Eiter war weder in dem Venenrohr noch in
deren nächster «Umgebung zu Onden. Nur in der Vena
spermatica fand man purulente Anhäufungen.
Die mikroskopische Untersuchung des Blutes, aus der
Vena iliaca und subclavia geholt, erwies farblose Körperchen
in ungewöhnlich grosser Menge, Gruppen von farbigen Blut-
körperchen, die durch Wasser schnell entfernt wurden,
Epilhelialzellen, vielkömige Zellen und Fettkügelchen.
Leider wurde die Untersuchung des Rückenmarkes nicht
vorgenommen*
Kiwiech v. Rotterau hat in seinen Bemerkungen über
die Krankheiten der Wöchnerinnen, Prag 1840, p. 243 unter
Benennung „ Metastatische Zellgewebs- und HuskelinOammation ''
einen Fall angeführt, der in vielen Verhältnissen Aehnlichkeit
hat mit den Obenerwähnten. Hier kam die ei7sipelatö3e
Anschwellung nur am rechten Arme vor und kein Hautbrand
kam zum Vorschein. In dem linken Arme hatten sich be-
deutende Eiterheerde gebildet
Wenn man genau die Syroptomengruppe der vorerwähnten
Krankheit und die Obductionserscheinungen vergleicht, so
scheint es sehr zweifelhaft, ob die Krankheit eine Septicoämie
oder Pyämie gewesen ist Eratere gebt nämlich gemdniglich
ihre Bahn durch ohne Localisation. Der Charakter der letzteren
aber spricht sich aus in einer Tendenz zu localen Eiter«
bildungen. Hier war allerdings ein deutliches Streben der
zymotischen Blutkrankheiten zur Localisation aber ohne Eiter^
bildung; denn als solche kann man doch nicht die Gegen wtft
von Eiter in der Gebärmutterhohle und in dem spermatischen
Venengeflechte beobachten, weil diese doch eine directe Folge
der Schmelzung von Blutgerinnseln und Placentaresten etc.
war und deren Verwandlung ui Eiter, der nachher in die
erwähnten Venengeflechte übergeführt war. Ich glaube daher«
dass es richtiger sei, die von mir beschriebene Krankheit
nach Angabe Virchow's Septico* Pyämie zu nennen und dem
pyämischen Processe einen septischen Charakter beizulegen,
Sttfolge der ichorösen Beschaflenheit der lochialen Absonderungen«
Xm. SpSndU, Ueber Perforation a. Kephalothrypsio. ^97
Es {st sebr wahrscheialich, dass die Huskekrweichung cfia
Aosgaog gewesen sei einer Inflamination der Muskelfäserb.
leb babe zwei Hai vorher eine solche Halacie in den innereb
Dambeinrouskehi beobachtet, nach langwieriger und schwerer
Geburtsarbeit in Folge von Schieflagen der Kinder und Druck
des Kindeskopfes auf einen dieser Musk«ln. In Betreff der
sero-sangoinolenten Infiltration des subcutanen Zellgewebes,
Usst sich diese Erscheinung durch eine vergrösserte Porosität
und Permeabilität der Gefisswünde, in Folge der Stauungeü
des kranken Blutes, leicht erklären. Ohne Zweifel wirkte
das septische Blut entkräftend, ja lähmend auf das Herz eui.
xm.
Ueber Perforation und Eephalothrypsie.
Zweite Abtheilung.
Von
Dr. Spöndll,
PriyatdoceDt in Zürich.
Seit den Beobachtungen über die in Bede stehende
Operatioosmethode, welche ich im Maihefle 1860 mitzutheileh
die Ehre hatte « ward mir das Gläck, ich möchte eher sagen,
Unglück zu Theil, erstere in dem Grade vervielfältigen zu
können, dass ich nicht umhin kann, nochmals auf dieses
Thema zurückzukommen. Denn kann auch nicht geläugnet
werden, dass in- der zvi^eckmässigen Combination beider Yer^
fabrnngsweisen das beste Auskunftsmittel für schwierige Fälfe
m ÜBiden die meisten deutschen Geburtdielfer schon seit
längerer Zeit übereingekommen seien, so ist doch nicht zu
beslretten, dass es noch der Punkte genug gäbe, über welche
NcifiQiigsversdiiedenheiten obwalten und wo bloss die Erfahrung,
bloss das Material den. richtigen Weg zu zeigen im Slande ist
Ob Kaiserschnitt oder Kqphalotlirypsie, ob Zange oder Kopf-
zertrommerting, ob manuelle oder instrumentale und welche
Bztraeftion? Das sind Fragen, die gewiss nicbt aprioristisdi
198 XUI. 8fS»dU, üeb«r Perforation a. Kophatotaryptn.
rieh beantworten lassen, sondern otir aUodfiig durch die
Statistik aufgekljtet werden können. Wenn es nun schuft bei
leichteren und längst bekminten Operationen, wie-^Zang«,
Wendung und ExlractiMi des «nteren Rümpfendes schwer
blit, aUgemetn göltige Prinoipien au Tereinbaren, welchen
folgend die Indioationenlehre auf in die Asgen springende
Weise festgestellt werden könnte, so ist bei den Fallen, ron
denen wir sprechen, dies geradezu eine UnraögUchkeit lu
nennen. Jeder Fall bildet gewissermaassen ein abgescblossenee
Ganzes, ein Bild, welches in verschiedenen und oft wesent-
lichen Punkten von allen übrigen Bildern differkt, ODgefthr
so, wie eine menschliche Physiognomie zwar immer ähnliche,
aber nie eine ganz gleiche finden wird. Dies ist der eine
Grund, warum ich die VeröffeTillichung vieler Facta för
wunschenswerth halte; es giebt aber noch einen zweiten,
ebenso triftigen, darin liegend, dass die noch nicht völlig
zum Schweigen gebrachten Angriffe auf den Kephalotbryptor
am allerbesten durch Facta zu widerlegen sind. So z. R
hat Simpson in der „Medieal times*' den Versuch gemacht,
an die Stelle unseres Instrumentes neuerdings ein anderes
zu substituiren, wekhem er den Namen „Cranioolast*' beilegt
Ich hege eine gi*osse Verehrung vor Simpson, denn er ist
unstreitig auf unserem Gebiete die geistreichste und wirksamste
Persönlichkeit in Englainl oder vielmehr in Sdiottland. Er
huldigt unbedingt dem Fortschritte in einer Wissenschaft,
wdche leider in Groasbritannien nicht za den vorgeschrittensten
gehört, — aber dies Mal will es mir scheincD, habe Meister
Simpson^ ohne es zo wissen, dem obsCetricischen Geiste
seines Volkes eine Conceasion gemacht; denn genau betrachtet
ist der Craniodast doch nichts anderes als eine modificirte
Knochenpincette und unterscheidet sich von den längst be*
kannten Instrumenten letzteren Charakters nur dadurch, da«
er radikaler und schneUer zu wiriien besthnmt ist und dass
er die Schädelknochen weniger ab« als durchbrechen sciL
Ich Win nicht untersuchen, oh die Anwendung dieses neuen
Instrumentes m der That leichter sei, als die des KephaiXK
thryptors, es mag dies- bei Simpson, der mit dem Eop^
sertrummerer nidit besonders vertraut zu sein schenit, ve
desseu ausgezeichneter operativer Fertigkeit der Fall.
Xllf. J9p9ndli, Uaber Pcpforbtioii u. KepbflloibryiwU. 199
9m IMDiiiig aber glaube ich -beaeimmi aussprachen in dttarfen,
dass bei dem grossen Durchschnitte continentaler und nicht
eoatinenlaler Geburtshelfer eine solche Operationamethode
bnM ttor eben so fiel, awadem ungleich mehr Unglück atiften
wflrde, als die Kephalothrypsie. Ich stötze meine Ansieht
aimlidi darauf, dase eine gewisse Rohheit bei der Anhand*
nähme des Craniociaals nuTerroeidKch ist und es ffir dieselbe
mt weniger Technik erfordert, als für die Kopdertrömmerung.
Nim aber ist jede neue Methode, und wftre sie nodi so
rsdikal, sobald sie der Gewalt und Rohheit bei einseinen
Facbgenoaaen Vorschub leistet, in meinen Aqgen kein F<Hrt-
schritt Niemand wird bestreiten wollen, dass der Cranioelast
itt zerstören im Stande sei; aber etwas anderes ist die Frage,
ob nicht die Möglichkeit gegeben sei, anderes, die mütteiw
liehen Theile nämlich, gleichseitig zu zerstören? Simpsofi
gebt zwar sehr leicht über die Differenz zfrischen Craniodasm
ond Kephalothrypsie hin; er sagt: „It is, perhaps, needless
to contrast it witb cephalolripsy, an Operation which seems
(0 have few or no avocates in this conntry/' Ais ob es
gerade dämm, weil die Kephalothrypsie in England wenig
Anhänger zählt, nicht doppelt nöthig wäre, seine Landslente
auf deren Vorzöge recht aufmerksam zu machen? Aber, fährt
Simpson fort: „Let me merely remark in passing, that the
Operation of cramoclasni requires no such formidable machinery,
as the Operation of cephalothrypsy." Nun frage ich, was ist
sdireeklicher, eine Knocbenzange, die mit einigen Bissen,
wie der Rachen eines Alligators, einen ganzen Schädel durchs
bricht und ans den Fugen hebt,* oder eine Kopfeange, die
auf leicht zu berechnende und auszuführende Weise den Kopf
eomprifdirt und in vielen Fällen auch extraUrt? Dass aber
/flVmpaofi in der That mit der Anwendung des K^balothryptors
tm SpecieUen nteht bekannt sei, geht aus der längst beseitigten
AnnabiDe hervor, dass man bei der Einführung, Compression
und Extraction ausschliesslich auf den Querdorchmesser des
Beckens angewiesen sei. fch bin überzeugt, wenn Simps&n
die Literatur über Kephalottnypsie recht kennen wird, so
wird er selbst der begeistertste Anhänger «fieser Operation
werden nnd gerade seine GeniaMtät wäre dazu geeignet, über
gewtaae UnvoUkomraenheiten des Instininentes, auf welohe
200 XIII. BfOmdU, üeber Perfof«tiom n. KeplwlAlibryfMfo.
JSTttfor und Andere aufmerkttm gemacht luÄeo, liiiiweg-
xuhelfen«
Angegicbts nun soldier Ueen ist es gewiss nicbt ober-
flüssig, der ärEllicheB Well immer tob Neuem Beis^ele
torzuführen, welche, wenn aiidi oft von menschlicher Un^
ToUkommenfaeit zeugend und nicht stets vom Erfolg begünstigt,
doch geeignet sind, die Anwendungsweise des Instrumentes
in*s gehörige Licht zu setzen und die Technik, welche fast
in jedem einzelnen Falle Abweichungen erleidet, zu verfiel-
fälligen. Denn die Brauchbarkeit jedes Hülfsmtttels wird
erhöht durch die Anzahl von Fälle, in denen es zur Anwendung
kommen kann. Die folgenden Geburtsgeschiehten, als eine
Fortsetzung der fOuif früher milgetheilten, sollen hierm einen
Beitrag liefern.
VI.
Den 14. H2rz 1860, Morgens um 2 Uhr^ liess aAA
College N. ersuchen, ihm bei einer schweren Zangeno{>eration
behüldich zu seia Die kleine, noch ziemlich junge Erst^
gebärende bemerkte die ersten Wehen Nachmittags, Abends
sprang die Blase, und als der ursprünglich etwas scharf
aufsitzende Schädel bis Mittemacht keine Miene zum Vor-
rücken machte, ward mein Freund um Beistand gebeten. Da
nun derselbe das Orificium geöffnet und den Kopf ziemlicb
eingetreten fand, legte er die LocAer'sche Zange an, konnte
aber deren Schluss nicht völlig bewerkstelligen. Ich traf die
Frau im Bette liegend, mit bedeutendem Hängebaueh begabi,
in welchem sich, oberflficliHcher Schätzung nach zu urtbeilen,
ein gewaltiges Kind befand. Alle, 4—5 Mmuten trataa
kräftige Weben ein, die aber den Kopf nicht bis zur Beebm*
weite zu fördern Termochten. Ich wollte nun dl>enMls mein
Glück versuchen und applicirte die Zange ohne aufiaUende
Schwierigkeit; die Griffe standen nach bfn^erkstielligtem Sclüusse
weit von einander ab und ich war wider ein alUäUiges Ab*
Hleitea vollkomm^ gesichert Aber mit Aufbietung aller Kräfte
war ich nicht im Stande, den Schädel auch nur um eine
Linie naher zu bringen; die grössere Masse blieb beharrlich
in und über der oberen Apertur stehen. Mein College, der
mich nach einer kleinen Pause aUöste, arbeitete mit niAht
mehr Erfolg, so dass sieh die Unmö^cbkeit der Entbiading
ZUI. Sp9»dU^ Ueber Peii»r»«ioii n. Repbiaolhrypale. 201
«if dieseai Wege klar herausetdile. Qbechon dae Becken
eidit zu den weiten gehörte, war doch keine Verengeniiig
nachzuweisen, und da« Missverhättniss schien baupUfichlicb
dwcfa die Dinienaionen des Schädels Teranlasst zu sein,
weicher in zweiter Lage sich prüsentirte. Sobald wir diese
D^berzeugung gefasst, machte ich dem Ehemann hegreiflich,
dass weitere Zangenversucbe nicht nur Zuchtlos., sondern
auch für seine Frau nachtli^ilig wären, und dass deshalb nv
dttith die Perforation die Entbindung bewerkstelligt werden
könne. Diesen EntacUuss sogleich auszuführen war aber um
so eher gerechtfertigt, als der Fötalpuls schon vor Mitternacht
aufgehört hatte. Ich liess nun eine halbe Stunde verstreiehei^
nahm dann das Perforatorium von Kiwtach zur Hand und
appUcirte dasselbe an der vorliegenden Schädelpartie« Nachdem
dies geschehen und der Abfluss von Gehirn begonnen, liejss
ich durch, die Hebamme zwei Injectionen warmen Wassers
io die Bohrstelle ausfahren, wodurch noch mehr Gehirn ent*
femt vrard und ging dann zur Extraction über. Ich hoffte
mit der Zange ausreichen zu können, und hätte derselben,
aufrichtig gestanden, den Vorzug vor dem Kephalothryptor
gegdMo; denn vor dem Abgleiten war mir bei der Festigkeif
des Schädels nicht bange; aber es zeigte sich bald, dass die
Entwickelung ohne bedeutende Verkleinerung eine Unmöglich-
keit sei. Ich liess deshalb den iScan80fit*8cben Kopf-
•imrümmerer holen, legte denselben im Querdurchmesser
des Schädels an und setzte die Compression in's Werk. Bei
dei* nun folgenden Extraction liess ich die hintere Vaginal-
wand durch meinen CoUegen zurückhallen, weil ich bei einem
früheren Falle, die Erfahrung gemacht« dass dieselbe der
EinkieBiroiuig ausgesetzt sei. Es dauerte ungefähr fünf Minuten,
ehe das Hinterhaupt und der angrenzende Theil der Scheitel-
keine in'« Durchschneiden gelangte; dem weiteren V^orrüeken
jedoch widersetzte sich die enge Beschaffenheit der Genitelien.
fiarum nahm ich^ das Instrument ab und beschränkte mkh
auf maooale Na(chhülfe, indem ich meine Finger in die Per-
forationsatelle und in die Mundhöhle einsetzte. Meine Furcht
auch die Schultern raödHen Schwierigkeiten bereiten, zeigte
äch gtücUicher Weise nngegründet; denn sobald das Gesidit
foUeoda entwickelt war, püäaentirte sich das linke. Händehen
202 'f^*'- 5;»o>wCK, Ueber P«rfomt!on n. Kephnlothrjji«!«.
anf der rechten Seite des Sebädek. leh braiiehte folglich nur
dasselbe anzuriehen und nach links hinflberzufQhren, um an
dieser natfiriichen flandha'be die Entwickelung der Frucht kq
ToHenden. Bald hierauf folgte die Placenta. Das Ritoil,
männlichen Geschlechtes, war von aussergew6hAlieher Grösse
und zeigte nach geschehener Excerebration noch das gewiss
seltene Gewidit Ton IIV2 PAind. Man woUte zwar dies
Resultat bez#etfeln, und ich stand deshalb nicht an, durch
genaue Vergleichung mdnes Bar<ymakromeCers mit ejner guten
Decimalwage dasselbe zu .constatiren. Es scheint mir, bei
diesem Anlasse sei es bemerkt, zu weit gegangen, wenn man
die Federwagen sammt und sonders aus der Praxis verbannen
will; sie empfehlen sich durch ihre leichte Transportffthigkeit,
und es steht ja jederzeit frei, die durch dieselben erhaltenen
Gewichtsbestimmungen zu controiiren. Gewiss sind nicht alle
Federwagen von derselben Genauigkeit, aber ihre Ungenanig-
keit im Allgemeinen ist öberlrieben worden.
Eine nShere Besichtigung des Schädels wies nach, dass
die Perforationsstelle links an die kleine Fontanelle grenzte
und dass die Compression die ganze hintere ScMdeIhSIfte
getroffen hatte. Ein wahres Glück musste es bei alle dem
genannt werden, dass der ursprünglich schief aufeitzende
Schädel nicht abgelenkt worden war und eine Querlage ver-
anlasst hatte; denn eine Wendung auf die Fasse wäre unter
diesen Umständen sehr schwierig gewesen und hätte sehliessHcli
der Kephalothrypsie fflr den nachfolgenden Kopf benölbigt.
Die Mutter, welche während der Operation die grösste Stand*
bafligkeit bewiesen hatte, ward nun einer prophylaktischen
Behandlung übergeben; bakl stellten sich Nachwehen ein und
das Wochenbett nahm einen ganz ungetrübten Verlauf. Dass hier
bei einer allAlligen späteren Scbwangersdiaft die künstlitibe
Frühgeburt angezeigt sei, ist wohl unnöthig zu erörtern.
vn.
Den 23. Mai 1860 Morgens 7 Uhr ersuchte mieh ein
Kaufmann aus einer anderthalb Stunden von Zürich entfernten
Ortschaft, ihn schleunigst zu seiner Frau zu begleiten, welche
seit bald 24 Stunden sich in der neunten Niederkunft befinde!
Frau P., 43 Jahre alt, von zarter Constitution, obsohon im
Ganzen gesund, hatte ttire ersten sieben Kinder normal, aber
XIII. ^8ndHj UebftT PerfontUoii a. Kepbalo^Üirypsie. 203
«Cwas langsam zar WeH ^radvt Bei der achten Gebort,
ik vor einigen Jahren »kh ereignete, fiel neben dem noch
boebstefaenden Kepfe der Nabelstrang tor, was den gerufenen
int SU einer anstrengenden Wendung auf die FQsse ^er*
iBbsste. Dies Mal non, nachdem wie gesagt, den Tag xuvor
skfa Wehen gezeigt hatten, sprang die Blase Morgens uo^
3 Uhr, und da kurz hierauf der linke Arm sdmmt einer
grossen SchlH^e der Nabelschnur vorfiel, so ward zu dem
Bausarste, Herrn Dr. 0., gesandt Dieser reponirte den Arm
und leitete den Kopf ein; doch steht zu vetmuthen, dass
letzterer schon ursprunglich Aber dem Beckeneingange gelegen
habe, sonst bitte dessen Einleitting schwerlich so leicht statte
iloden können. Er entfernte sich sodann 'in der bestimmten
Begiautiigung, die Geburt werde nun ihren ungehinderten
Fortgang nehmen, und war deshalb nicht wenig erstaunt, als
er bei seiner Rdckkehr früh um 5 Uhr den Schädel abgelenkt
imd nichts als den total pulslosen Strang vorliegend fand.
Diese ungflnstige Veränderung war nSmlich ohne Zweifel
dadurch bewirkt worden, dass der ausdrücklichen Instruction
des Arztes zuwider Frao P. ihr Lager provisorisch verlassen
hatte. Da nun Herr Dr. O. keine ändere H(Ufe, als die
Wendoog, vor Augen sah, und diese Angesichts der nicht
zum Beaten aussehenden Kräfte der Gebärenden nicht auf
eigne Paust unternehmen wollte, sandte er zu mir. Um
8 Uhr traf ich daselbst ein und fand bei der sogleich vor-
genommenen Untersuchung die Verhältnisse der obigen Be-
schreibung entsprechend. Da ich auch mit zwei Fingern
keineti voriiegenden Kindestheü zu entdecken vermochte, so
erdffliete icb meinen Entschlbss, die Wendung auf den Pnss
auszirffthren 4ind' liess das Querlager hernisten. Ich war
schlechterdings nicht zu untersdieiden im Stande, auf welcher
Mte des Abdomens die FAsse lagen und ffihrte deshalb
behufs der Operation die linke, weil ddnnere Hand ein.
dicklicher Weise nun traf ich in einiger Entfernung vom
BecKeneingaBge auf den Kopf, und' dies besthnmte nuch,
ebenfalls mit Rdcksicht auf den Zustand der Gebärenden von
raenaem Plane abgehend den Kopf einzuleiten und zuzuwarten ;
denn icb mnsste mir gestehen, dass dies Verfahren jedenfalls
weniger eiligreifeod und geflhrHeber sei, als eilte noch so
204 XlII. SpMUi, Ueber Parforatioii n. Kephalvlbryfici«.
leichle Wendung. Ifidem oub ä«r SchSdel auf dem Becken-
eingange sass, war der Status quo von 3 Uhr Horgees wieder
hergesteUt. Indessen unsere Hofihung, den Kopf bald herunlei^
treten lu sehen, wollte sich nicht bestätigen; biersu trag
wohl nebst der Schwäche der Gdidrenden, die einen ziemUeb
frequenten Puls besass, und dem Tode der Frucht wesentlicii
bei die Verengerung der Conjugata, welche ich auf kaum
3V2 Zoll scbat2te und mich in der Thal verwunderte, wie
sechs Geburten ohne Kunslbulfe hatten Terlaufen können. Es
ist dies wieder ein Bdeg mehr für die Annahme, dass eine
einseitige Beckenmessung zu gar nichts lührt und a priori mit
Bücksicht auf allfallige Operationen URtemommen zu den
irrlhümlidisten uifd schädlichsten Schlüssen verleiten kann.
Von Zeit zu Zeit traten zwar allerdings Wehen ein, und ee
stand uns frei, die Exspeetation zu ergreifen, da der ziemlicb
nachgiebige und locker gefügte Sehadel scfaliessiich vorrücken
musste, — aber in diesem Falle war an der Erhaltung der
Hausmutter Alles gelegen, und die Prognose musste sich
durch längere Dauer des Geburtsgeschäfles hnmer melir trüben.
Einmal zum aciiven Handeln entschlossen gingen wir aber zu
dei* Frage über, in welcher Weise? Mein Freund war der
Ansicht, dass wir mittels der Perforation am sdmdlsten zum
Ziele gelangen würden; er erhidt zwar a posteriori Becht,
aber icfa konnte ihm nicht von vom herein beipflichlea
Denn es handelte sich eigentlich trotz der unbezweifdten
Verepgerung der Conjugata nicht ma die instrumentale Be-
seitigung eines Missverhältnisses zwischen Kopf und Becken,
aondern um wunsdienswerthe Abkürzung der Geburt wegen
bedenklicher Schwäche der Hutler. Um daher unser wissen«
scbafüiches Gewissen zu reften, sdilug ich vor, wenigsteiM
einen Versuch mit der Zange zu machim und wann dieaer
fehlsddagen sollte, — aber dann erst, ungesäomt zur Per^
foration zu schreiten. Nach 9 Uhr ward das Querlagen
welches die Gebärende für einige Zeit verlassen hatte, da*-
selben neuerdings angewiesen, und ich führte mm die
ZocAer'sche Zange an den mehr über als im Beckeneingangi»
befindlichen Schädel; denn letzterer war noch nicbt hinreieliend
fizirt und wich vor dem Instrumente etwas zurück, woher
es kam, dass die Application zwar ganz gut gelang, aber bei
Xm, SpSndHf Oeber Perforation a. Kephalothrypsio. 20&
imt enteo torsiehligen Zügen das Abgleiten in Aussteht stand.
Sobald ich micb von dieser Tbatsache uberzettgt hatte» ent-
fmite kfa die Zange sogleich und leitete den Trepan von
Eiunsch ein; es war kein leichtes Geschäft, denselben an
dem bochsteheiiden SohSdel 2u fiziren, und um dies bewerk^
stelligen zu ktonen, liess ich von aussen die Frucht nach
dem Beckeneingange hindrängen. Bald W9t das SchSdelgewölbe
durchbohrt, worauf ich den Zeigefinger in die Bohrstelle ein-
flhrte und möglichst viel von der Gehimmasse entfernte.
Dnd nun — wird man erwarten, dass ich den Kepbalothryptor
angelegt; hfitte ich denselben bei mir gehabt, so würde ich
gewiss so gehandelt haben. Da dies sber nicht der Fall war,
blieb mir nidits anderes Ckbrig, als mittels des Zeigefingers
die Attraction und Extraction des Schädels zu rollenden. Die
Entwickelung des Rumpfes gescliah ohne Schwierigkeit. Die
gut attagetragene männliche Frucht besass eine doppelte
Hasenscharte mit Wolfsrachen. Entsprechend der zweiten
SohädeUage, welch« zuvor bestanden hatte, sass die Perforations*
stelle etwas links von der Pfeünaht zwischen der kleinen und
grossen Fontanelle. Die Placenta folgte 20 Hinuten später,
and die Wöchnerin, obschon sehr ermattet, freute sich,
endlich eiiöst zu sein; wir hatten die Genugtbuung, ein gutes
Wochenbette UeSrauf folgen und unser actives Verfahren durch
dasselbe gereditfertigt zu sehen. Der Leser aber wird mir
zo Gate lialten, dass er hierbei um die Anwendung des Kopf-
zertrAmmer^^ gekommen; derselbe spielt in der nächsten
Geschiebte eine um so' bedeutendere Rolle.
vm.
Den 17. Juni fr&h 6 Dhr ward ich ersucht, mich sobald
wie md{^ch zu Frau H. in R. zu begeben, wo Herr Dr. St.
sebon seit 1 Uhr Morgens sich befinde. Daselbst angelangt
vemabm ich von dem letzteren, die gesunde 30jährige Erst-
gebärende habe den 16. /nni Abends V2II lihr das Frucht-
wasser Terloren und es seien bald darauf heftige Schneidewehen
aofgelreteo, welche seine Hülfe benöthigten. Er habe das
Gesiebt vorliegend gefunden und, obwohl dassdbe bochstand,
nach einigen Minuten geglaubt, deü dringenden Bitten um
Eridsfuig willfahren zu dörfen; indessen sei ihm zwar gelungen,
den Uttken Zangenldtfel einzubrkigen, nicht aber den rechten,
ihm! deslmlb ersuche er mich um Rath, was weiter ansafiuigeD
sei. Ich stellte mir die Sache keineswegs leicht vor, dena
Herr Dr. 3l .ist als gescbiditer Geburtdidfer bekanat, und
nahm sogleich eine üotersucbuDg vor. Diese ergab das Gesicht
hoch auf dem Beckeneiogaiige stabend in schiefer SteUmig,
so dass lioks überflüssiger,, rechts fast gar keia Baum übrig
gelassen war. Das Kinn schien mir nach liaks und vorn z«
liegen, doch wagte ich noch keinen bestimmten Schhiss' za
ziehen. Die Gebärende lag auf dejo Querbette, alle 4 — 6 Miniiteii
traten lastige Wehen ein, das Kind lebte und das Gesamm^*
befinden der Frau war, ihre Ungeduld abgerechmA, so gut
als möglich. Offenbar war die Entbimtuag nicb^ dringlich,
denn wenn auch das Orificium sich voUkommeo eröffnet zeigte,
so nmsste aij,derseits die Application der Zange mit der
grössten Schwierigkeit verknüpft sein. leb eröffnete daher
den guten Leuleu in eindringlicher Rede meine Ausicht, dass
qoan einstweilen den Naturkraflen zu vertrauen habe, dass aber,
falls binnen ein^ Reibe von Stunden sich kein Portscbrill
im Geburtsgeschäfle ergäbe, dann die Zeit sum Operiren
eintreten könue. Hierauf entfernten wir uns, und mein College
verschrieb nach Vej^abreduog ein krampfstillendes Mittel Dm
10 Uhr wurden wir neuerdings gerufen; der Zustand hatte
im Ganze4i sich nicht veraadert, nur war di^ GesobwuMt dar
vorliegenden Theile bedeutender geworden. Was wir daher
vor vier Stunden für nicht iadicirt gehalten, glaubten war
jetzt versuchen zu dürfen, ich liess das Querlager herridilea
und brachte, wie (ruber mein CoUc^e^ das linke Blatt der
Z>oeAer*schen Zange leicht, das rechte aber nur sehr scUwierig
an den Schädel Das Instrument hielt gut, ich fihrle aber
8 — 10 angestrengte Tractionai aus, ohne Terrain zu gewinnen^
und Herr Dr. St» der mich aljsdann ablöste, erntete ebenso
wenig Erfolg von seinen Bemidhungea Ab vnr acilcher MaasseD
die Ueberzeugung geschöpft, dass ^it der Zange nichts aus-
zurichten sei, erklärte ich, dass ich davioo abatpabire and
nun versuchen wolle, die Wendung auf einen Fuas ausiufihron*
Die Frucht war allerdings vor unserer Ankunft abgestorben^
wie die Auscultatidn nachwies, und es wäre mir lieber gewesen»
perforii^n zu können, aber hierfür stand mir der vorliegende
Theil zu hoch und bot keinen gänstigan Angriffspunkt* Da kh
XQI. x>iwt(<lt, Ueber Perforation u. Kepli»lothrypsift. 207
our liakers«iU Raum fand, mu luit der Bmi m den Uteiu»
cinzugeh^, so Jionote mix die Lage der Fühm böcbst ^eich*
gültig sein; ich versuchte daher zuerst auf dem Querlageir
. mit der Recbien eEDporzudriBg.eQY fand aber den Raum über
dem Beckeneingange von dem enormen Schädelgewölbe, einem
Arme und dem Thorax occupirt, so dass ich schlechterdings
oicht bis zur Hüftbeuge gelangen konnte* Ebenso fruchtlos
war ein hierauf in der KnieeUbogenlage angestellter Versuch;
wohl fühlte ich die Spitzen eines Fusses auf der rechten
Seite des Muttergrundes, aber es war unmöglich, ersteren in
meine Hand zu bekommen. Mittlerweile inun machte ich zwei
wichtige Entdeckungen, welche auf mein nacbbei'iges Verfahren
bestimmend einwirkten. Erstens nämlich, dass das Pro*
montorium nicht unbedeutend und für mefue Hand sehr
beengend in*s Becken hineinrage ; ich schätzte die Verkürzung
der CoDJugata auf Vs Zoll. .Zweitens aber prasentirte sich
das Gesicht nicht so, wie wir ursprünglich geglaubt hatteii^,
sondern was wir für Kinn hieken, war die zu einer dicken
Falle aogescliwolleiie Bedeckung der untersten Stirnpartie«
während das Kinn nach rechts und hiqten, aber schon ex-
reicfabar , schaute. Es wir folglich die widerwärtigste Gesichts-^
läge, die man sich denken kann, gegeben, bei welcher
gewichtige Autoritäten vorschlagen, die Wendung aufdieFüsse
auszuführen. Dass aber letztei*e Operation hier nicht aus-
führbar war, glaube ich bewiesen zu haben. So blieb endlich
nur Eines übrig, die Perforation mit nachfolgender Kephalo«
thrn^sie, und bis mein Kopfzertrümmerer, den ich begreiflicher
Weise nicht immer mitschleppe, zur Hand war, strebte ich,
durch manuelle Handgriffe das Gesicht etwas zu nähern,
respective die Stirn herunterzuziehen, um wenigstens für das
Perforatorium eine passende AngrifTsOäche zu erhalten. Dies
gelang« uod nun fährte ich, durch die linke Hand gedeckt«
den Trepan von Kiwisch gegen die vorliegende Partie, fixirte
denselben und begann zu rotiren. Der erste Versuch miss-
glückte, wohl wurden die Weichtbeile durchgesägt und der
Knochen blosgelegt, aber an der Härte der letzteren scheiterte
die Durchbohrung. Ich führte deshalb das Instrument noch-
mals ein und indem ich dasselbe fest wider den Schädel
aopresste, gelang das Manöver. Das herausfesägte Segment
208 ^l'l- Spdndli, Ueber Perforation n. Rephaloihrjpsie.
war von auffallender Dicke uQd sass etwas niftdi rückwärts
Tom linken Stimhocker. Mit dem Zeigefinger eingehend ent-
fernte ich nun mögliebst viel von der Gehimmasse und ttter-
zeugte mich bei dieser Gelegenhdt genügend ?on der Härte
des Schädels, um die manuale Extraction ganz aus dem Spiele
zii lassen. Ich ging daher soglricb zum letzten Acte über,
fährte den Kephalothryptor von Scamoni ein, setzte die
Compression zur Hälfte in's Werk und begann vorsichtig zu
extrahiren; ich liess hierbei dem Instrumente volle Freiheit,
sich diagonal zu drehen, so dass der durch die Compression
verlängerte Schädeldurchmesser in den zweiten schrägen
Beckendurchmesser zu stehen kam. Die Extraction gelang
ohne Schwierigkeit, das Gesicht drehte sich scbUessliiA nach
rechts, den Rumpf entwickelte ich durch Zug in der rechten
AchselhöhliB und die Placenta folgte nach 10 Bfinuten. Die
Frucht, männlichen Geschlechtes, war sehr gut ausgetragen,
nach der Perforation noch 9 Pfund schwer und besass einen
ausnehmend hartknochigen Schädel. Das Wochenbett nahm
einen durch nichts gestörten Verlauf, und ist es endlich erlaubt,
eine Vermuthung auszasprecheh, so ist es die, es möge die
Gesichtslage in dem beschriebenen Falle durdi schiefes An-
treiben des voluminösen Schädels entstanden sein.
IX.
Obschon bei der folgenden Geschichte nur passiv be-
theiligt, stelle ich doch nicht an, dieselbe hier anzureihen,
da sie einen weiteren Beitrag zur Casuistik der Perforation
liefert Ich will zwar nicht behaupten, dass ich perforüt
hätte; gewiss ist aber, dass mein College bei den Schwierige
keiten, die ihm aufstiessen, Recht hatte, diese Operation
auszuführen.
Ich hatte den 23. Juni bereits einen Vorfall des Nabel-
stranges bei vorliegendem Kopfe zu behandeln gehabt, als
mir Abends vor 5 Uhr die Einladung zukam, mich nach ft.
zu verfügen, wo Dr. G. meiner zur Entbindung einer Frau
benöthige. Letztere, die Ehehälfte eines Landwirthes, hatte
schon sieben Kinder zwar langsam, doch ohne ärztliche HMfe
und stets in Schädellagen geboren. Heute früh nun, nach
der Rechnung 14 Tage über den Termin hinaus, brach das
Prachtwasser, lästige Schneidewehen stellten sieh ein, der
XIII. Sp9ndU, Ueber Perforation n. Kepbalothrypsie. . 209
ganz palslose Nabelstraug fiel vor und längere Zeit Hess sich
kein vorliegender Kindestlieil erraclien; als aber dies endlich
derFatt war, sehien es ein kleiner zu sein. Hierauf schickte
der behandelnde Arzt emen Boten zu mir, und mit diesem langte
ich um 6 Uhr in B. an. Die Gebärende war schon 40 Jahre
ait und ziemlich ermattet, rechte Wehen wollten sich nicht
ODstellen, aber der Puls schlug normal ^und krä(lig. Die
Umersuchong im Liegen ergab ein durchaus negati?es Resultat;
wann aber die Frau sass, so glaubte ich ein Segment des
Schädels über der Symphyse zu fahlen, doch musste ich zu
diesem Behiife die ganze Hand in die Vagina einführen. Da
kfa nun femer den Muttermund noch sehr wenig geöffnet
traf, so erklärte ich den Leuten, dass vor der Hand nichts
zu machen sei, ermahnte zur Geduld und kam mit Dr. O.
§bereiti, ein unschuldiges Wehenmittel reichen zu lassen. Ich
wähnte, die Geburt sei langst vorübergegangen, als ich den
i4^ Abends nochmals gerufen ward mit dem Bemerken, dass
die Niederkunft nicht ?om Flecke wolle. So schnell ich konnte,
fiihr kii wieder nach B., doch vergingen immerhin zwei
Stunden darüber. War ich aber gestern zu froh gekommen,
so kam ich heute zu spät; denn mein College, der an meiner
Ankunft zu zweifeln begann, hatte soeben die Entbindung
mitteis eines scheerenförmigen Perföratoriums und des Hakens
beendigt Der Kopf hatte sich nämlich während des Vor*
mittags in's Becken heruntergemacht und blieb ^^lann stehen;
Dr. G. versuchte wiederholt die Zange anzulegen, glitt aber
jedes Mal ab, und so entsohloss er sicli endlich im Literesse
der Mutter zu dem geschilderten Verfahren. Die Frucht war
todtfaid, weibUchen Gesddechts und ziemlich gross. Ich bin
ftberzeugt, dass hier bei dem tiefen Stande des widerstand-
fosen Schüdels der Kephalothryptor für sich allein zur Ex-
traction genügt hätte, glaube aber auch nicht zu irren, wenn
ich mnehme, dass sowohl der langsame Geburtsverlauf, als
der Vorfall des Nabelstranges und das Abgleiten der Zange
hauptsäciriieh durch das Abgestorbensein der Frucht veranlasst
wurden. Als ich die Wöchnerin verliess, war dieselbe sehr
cnchöpfl und besass einen frequenten schwachen Puls, doch
Buchte sie ein gutes Puerperium« durch.
MonaUsekr. f. Q«bartok. 1861. Bd. XVII., Hft. 8. t4
210 ^ni. SpÖHdU, lieber PerforAÜoii u. KephAlothryfrtie.
X.
Ich hatte vor einigen Jahren in der hiesigen GehsramCalt
Gelegenheit, bei etner OsteoinalaciBcheD wegen Querlage <iie
Wendung auf die Füsse, freilich mit ungfln^gem Erfolge,
auszuführen. Wichtiger als der Ausgang für die Mutter,
schien mir damals die Entscheidung der Frage, ob der Kaiser-
schnitt 9der die Wendung indicirt sei. Die Ausführung der
letzteren Operation bewies deren Möglichkeit zur Genfige,
und wäre die Frau nicht schon vorher sehr leidend gewesen,
so wurde sich dieselbe vermuthlicfa auch erholt haben. lA
glaubte deshalb nichts desto minder den Schluss ziehen zu
dürfen, dass in dergleicfaen Fällen, wo die Mutter schon sehr
heruntergekommen, nicht der Kaiserschnitt, sondern die
Wendung indicirt sei. Djenn der sehr prekäre Ruhm, die
Bauchdecken und den Uterus geöffnet zu haben, wurde mich
nie zu dieser hinsichtlich ihres Erfolges auch bei gesunden
Individuen mehr als zweifelhaften Operation bestimmeB können.
Gewissermaassen ein Analogon zu jenem Falle bildeC
nun der vorzuführende, ebenfalls unglücklich ab^laufeoe, wo
der Kaiserschnitt mit der Perforation und Kephablhrypsie in
die Schranken trat. Indessen nicht allein deshalb verdient
diese Geschichte bekannt zu werd^, sondern auch darum,
weil die Anwendung der Instrumente mit eigenthümUeheu
Schwierigkeiten verknöpft war, und weil idh mich von der
Misslichkeit aprioristischor Indieationsstellung hier mehr wie
je überzeugte.
Den 4. October Nachmittags. 2 Uhr ersuchte aicfa mein
Freund, Dr. B., ihm Bath zu ertheilen weg«ai einer Frau
in R., deren Wehen bei fortwähreod hohem Kopfstande scfaM
am 1. begonnen haben. Frau S,, jetzt 42 lahre alt, hatte
schon acht Kinder gut und rasch geboren, wsa'd aber oack
der letzten Niederkunft, welche vor im Jahren stattbnd«
von rbeumatiacben Scbuerzen, namentlich in den HuftMi
längere Zeit bindnrch gqiilagt, worauf ein erschwerter
wackehider Gang folgte, der unzweitelhaft a«f Osleomalaeie
hinwies. Dem entsprechend zeigte fiicii der Beokenausgang
ixerengt, und mein Freund war leider zu spät von dem Be*
stehen der Schwangerschaft .in Kenntniss gesetzt worden, -uro
«n die Einleitung der künstlichen Frühgeburt denken 7u können;
XIII. SpStM, Üeber Perforation n. Keplialothryp^ie. 211
im Gtgeiitb«il hftttl, aaeb der Rechnung za $chlie»8en, die
Niederkunft schon 14 Tage früher pintreien sollen. Um die
aa sich schwachen Wehen etw^s eoei^scher zu gestalten,
hatte Dr. B. zwei SecaleiNilver gereicht, jedoch ohne weaeat«-
licben Erfolg. Auf dieses Referat hin Uess sich nicht leicht
ein bestimmter Ralhschlag ertheilisn; jedenfalls, so viel stand
sicher, handelte es sieh uin einen schwierigen Fall, wo oichlj»
erzwungen werden konnte, und ich eröffnete daher meine
Ansicht, dass man zwar einstweilen geduldig zuwarten, ander-
seits aber etwas thun müsse, um das Orificium zur völligen
Eröffnung zu bringen und die Wehen auf unschädliche Weise
m verstärken« In dieser Hinsicht schien mir am Passendsten,
die warme Uterusdouche in der Temperatur von 30^ Reaumur
EU appliciren, und bändigte zu diesem BehutB den in meinem
Besitze befindlichen JSraun'schen Apparat aus. Diese Appli-
^ cation «musste indessen wenig geGruchtet haben, denn um
5 Uhr kam der Ehemann selbst zu mir, mit der Bitte, sein^
Frau bald zu besuchen« da noch Alles in demselben Zustand^
sich befinde. Um %6 Uhr daselbst eintreffe]|d traf ich eine
sdiwächlicbe, nicht viel über 4 Fuss hohe Person wehklagend
im Bette; das Fruchtwaeser war vor drei Stunden abgf^ossen
nnd jeden AugenbUck traten ungeoAgBude, kurz ahgebroebeiie
Weben ein. Die Untersuchung ergab einen bedeutenden, hart
HizuliQUeoden Hängebaucb; rechts oben kleine Kindestbeile,
Beckenausgang im Querdurchmeaser auf ungefähr 27« Zoll
verengt, die Schambageaj&cbenkel convez nach innen gekrümmt,
so das» ich zm* Moth zwei Finger in die Höhe ^hiebe»
konnte und über der Synq)hy8e mit der Spitze des Zeige^
fingers erreichbar den ziemlich feststehenden Kopf in erster
Lage. Die Auscultation ergab nur Uteriugeräusch, keine
ftfvztöne und an dem Tode des Kindes war wenig zu zweifeln.
Ich kaan nun mit meinem Freunde überein, dass unser Ein*
scfareiCea allerdings darum höchst wünsehiwsweith sei, weil
wir durch längeres Zuwarten schwerlich etwas gewinnen
würdoi. Wie aber diese Hülfe beschaffea sein sode, dies
machten wir zum GegeuetaiMle unserer Besprechung, während
meine Instrumente geholt wurden. Die.Osteomalacie stand
aasser Zweifel; wenn auch nicht mehr activ, hatte sie doch
ihrProdact gesetzt, eine Beckendeformität, welche wesentlich
212 ^lli' Spöndli^ lieber Perforation n. Kephnlotbrjpste.
den Qaerdarchmesser des Ausganges unJ den Soboossbogeu
rerehgerte; da wir aber keine andere in's GefAhl fallende
Verengerung entdeckten, konnten wir uns vor der Hand den
bleibend hohen Kopfstand nicht erklaren. Und docji saaa
gerade in dem letzteren Umstände die hauptsächlichste Schwierig«
keit. Was üun die yerschiedenen Operationsniethoden betraf,
welche in Frage kommen konnten, do verwarfen wir den
Kaiserschnitt erstens, weil die Frucht wahrscheinlich todt
war, zweitens wegen der offenbar ungunstigen Prognose in
diesem speciellen Falle und drittens, weil sich die Verengerung
wesentlich auf einen Beckendurchmesser zu beschranken
schien, auf dessen Erweiterung während irgendwelcher Operation
wir nach den über Halystheresis cerea festgestellten Thatsachen
hoffen durften. Wir kamen deshalb überein, in erster Linie die
Zange, in zweiter die Wendung auf einen Fuss und in dritter
die Perforation sammt Kephalothrypsie zu versuchen. jBrst
a posteriori waren wir einzusehen ermächtigt, dass es vielleicht
gescheidter gewesen wäre, den dritten Weg gleich von vorn-
herein einzuschlagen. Man macht eben seine Erfahrungen,
um dieselben bei analogen Fällen verwerthen zu können.
Um %7 Uhr nun ward Frau R. auf das Querbeite ge-
lagert, wozu ein Tisch dienen musste. Ich versuchte bei
vollständig geöffnetem Muttermunde und, wie mir schien, etwas
tiefer stehendem Kopfe die Locher'^he Zange einzuführen,
konnte indessen nur das linke Blatt einbringen, indem für
das rechte unter dem Schoossbogen schlechterdings kein Platz
mehr übrig blieb. Die erste Methode war somit beseitigt,
ich nahm das Blatt wieder herum und versuchte behufs der
Wendung die linke Hand einzuleiten. Aber nicht nur das
Einbringen war schwierig und schmerzhaft für die Gel)ärende,
' sondern ich vermochte, über den Beckeneingang gelangt,
durchaus nicht neben dem Kopfe in die Höhe zu dringen,
der nach hinten wenig Raum offen Hess; ein Gebärmutterriss
wäre die unausweichliche Folge gewesen. Ich fährte deshalb
die Hand wieder ein und griff unverweilt zum Trepan von
Kiw%9ch\ gedeckt und tixirt von der linken Hand brachte
ich denselben so genau als möglich an die rechte Parietal-
gegend, während mein Freund von aussen den Schädel ent-
^e^enzudrücken strebte, setzte den Bohrer in Bewegung und
XIII. SpattdU^ Ueber Perforation n. Kephalothrjptie. 213
sog ihn, uacbdem er sein Werk gethan, zurück. Obschon
ich aber zum Zwecke genauer Fixation das Instrument unter
Rflckwärtsdrängung des Dammes beinahe vertikal gesenkt
baue, eetgte sich dennoch bei der Untersuchung, dass der
^hädel in Folge seines hohen Standes nur theilweise an-
gesägt und entblösst worden war; die Hirnhäute waren
anverletzt, und alle Versuche mittels Finger, Eisendraht,
Scheere, dieselben zu durchbohren, scheiterten an der Zähig-
keit der Dura Mater und an der Unmöglichkeit vertikaler
Einffifarung; die Instrumente drangen wohl ein, glitten aber
xwiscben dem Schädeldache und den Gehirnhäuten nach
rückwärts. Das gleiche Schicksal, mein Freund löste mich
gelrenlich ab, hätten wir naturlich bei einer erneuerten An-
wendung des Trepans in dieser Lage der Gebärenden erfahren.
In dieser Verlegenheit nun kam mir der Gedanke, letzterer
die Knieeilbogenlage anzuweisen, und ich kann nur bedauern,
dass ich nicht früher zu diesem Auskunftsmittel gegriffen;
wir hätten die Operation jedenfalls schneller und vielleicht
auch gefahrloser beendigt, und ich mache deshalb den Vor-
schlag, in allen Fällen von Osteomalacie , wo Perforation
nothwendig wird, von vornherein sich dieser Lage zu be-
dienen. Denn es fiel sogleich in die Augen, mit welcher
Leichtigkeit nunmehr die Hand sich einbringen liess, wozu
allerdings nebst der besseren Lage auch das beginnende
Aaseinanderweichen des Schoossbogens das Seinige beitragen
mochte. Ich säumte, hierauf gestützt, deshalb nicht, den
Trepan nochmals einzuführen und zwar in die früher an-
gebohrte Stelle. Die Eröffnung gelang nun vollkommen und
ich begann unmittelbar darauf die Excerebration mittels
des Zeigefingers. So weit waren wir gekommen und es
handelte «eh einzig noch um die Extraction des Schädels.
Schwierige Frage. Man wii*d uns gewiss keinen Vorwurf
daraus machen, dass wir in Berücksichtigung aller operativen
Eingrifle, die schon stattgefunden und die Prognose zu
trüben geeignet waren, nicht sogleich zum Kephalothryptor
ichritteo, sondern auf ähnliche Erfahrungen basu*end zuerst die
mamiale Attraction probirten. Erst nachdem wir den Schade],
einaoder ablösend, ziemlich genähert, und zur Ueberzeugung
fekomoien, dai^s Fortschreiten auf diesem Wege blos zur
214 XI^'- Spondlif Ueber Perforation xl KephalothrTpsi«.
gefährlichen Lösung immer mehrerer Knothenstücke fnhreA
könne, und nachdem wir in Erfohrung gebracht, dass auch
der Beckeneingang nicht die wAttschens^verthe Räumlichkeit
besitze, sondern die Schädelbasis sammt dem Gesichte mehr
oder weniger einkeile, entschlossen wir uns, wiewohl ungerü,
den Kopfzertninraierer zu appliciren.
Da wir die jetzige Lage der Gebärenden, aus welcher
wir so viel Vortheil schöpften, nicht verändern wollten, so
legte ich das Instrument mit abtvärts gerichteter Becken-
krümmung an, setzte den Compressionsfipparat in Bewegung
und begann hierauf, eine behutsame Traction aus2ufRhren.
De^* Schädel wich ziemlich, aber das Instrument drohte bald
abzugleiten und musste entfernt werden. Es kam nun ein
zweiter monualer Extractionsversuch, und als auch dieser
nichts ausrichtete, getraute ich mir nicht, den Rephalolhryptor
nochmals in der Knieellenbogenlage anzulegen, sondern wies
zu diesem Bchufe der Gebärenden die gewöhnliche Ruckenlage
auf dem Querbette, jedoch mit sehr flach liegendem Rflcken,
an. Jetzt gelang die Application vollkommen und ich erstaunte
wirklich darüber, wie weit der Schoossbogen utiter der Zeit
geworden, so dass nun der Kopfzertrömmerer ganz leicht
da sich einbringen liess, wo früher die Einleitung des zweiten
Zangenblattes eine Unmöglichkeit gewesen. Nachdem ich
ungeßhr auf die Hälfte coitoprimirt hatte, gab ich dem
Instrumente eine diagonale Richtung und begann zu ziehen.
Anfangs ging die Sache ganz gut, der Schädel näh^^te sich
dem Beckenausgange und die perforirte Stelle gerieth bereits
in*s Einschneiden, als der Kephalothryptor, veranlasst durch
den weichgedrückten Schädel, neuerdings abzugleiten drohte.
Uro dies tu vermeiden, bat ich nun meinen Freund, mit der
Hand die sichtbar gewordenen Theile zu fassen und krüflig
zti ziehen, während ich gleichzeitig mit Sorgfalt extrahirte.
Dies combinrrte, dem Kritiker vielleicht anstössige Manoeuvre
hatte den gewünschten Erfoi{^; der ganze Schädel sebilitt
durch und die nachfolgenden Theile der Frucht konnten ohne
Schwierigkeit entwickelt werden. Das Rind war weiblichen
Geschlechtes und von mittlerer Grösse. Die Bofarstelle,
natürlich weit klaflfend, sass rechts vor der kleim^n Fontanelle.
Fünf Minuten später folgte die Placenta. Um 9 Uhr veriieMett
XIII. 8p9>UUif Uel>«r Perforattoa u. Ke^halothrypsie. 215
wir die Entbundene in ordentlichem Zustande. Der Pu]$
zählte 58 Schläge. Das Wochenbett schien sich ordentlich
anlassen zu woUen; den 6. October glaubte ich die Frau, ak
ich sie besuchte, der Gefahr enthoben zu sein. Indessen
vernahm ich von meinem Freunde, dass den 8. October eine
schlimme Wendung eingetreten; Brechen, Peritonitis, Tympanie,
stellten sich ein und am 12. October erfolgte der Tod. loh
war dm*cb die Entfernung und andere dringende GeschUle
leider verhindert, der Autopsie beizuwohnen, welche am
folgenden Tage stattfand; Dr. B. hatte indessen die Güte, mir
deren Resultat mitzuthaileo. Er fand Metrohymenitis mit
plastischer Peritonitis; das Knochengeräste war wieder un-
bicgsam geworden, der Schoossbogen spitzwinMig und kaum
für zwei Finger durchgingig. Kreuz- und Steissbein waren
ober Gebühr gekrümmt* Die Conjugata des Einganges betrug
3Vs Zoll, diejenige des Ausganges 3 ZoIL Der Querdurch'*
messer des Einganges zeigte sich gar nicht, derjenige des
Ausganges aber auf 2% Zoll verengt.
So weit reiclien meine Erfahrungen über Perforation und
Kephalothrypsie;. ich hoffe nicht in den Fall zu kommen,
dieselben so bald wieder bereichem zu können. Mein«
Resultate waren im Ganzen genommen nicht ungünstig, denn
ich verlor von 10 Personen 2. Mein Verfahren in jedem
einzekien Falle zu beurtheilen überlasse ich dem Kritiker; ich
habe ihm den Weg dazu mehrfach gezeigt. Je mehr ich aber
mit dem Kepfaalotbryptor und dessen Yerhältniss zum Trepan
in verschiedenen Fällen bekannt wurde, desto melir musste
sich mir d^ Gedanke aufdrängen, dass wir hierin eine com*-
binirte Operationsmethode besitzen, welche durch niolits
anderes, und aoeh nicht durch den Cranioola^, ersetzt
werden hantt.
216 XIV, BM, Bericht fIbM- die Voi^oge
XIV.
Bericht ttber die Vorgange im Eönigl. Entbindungs-
Institute der Universität zu Halle und der damit in
Verbindung stehenden Poliklinik für Gebnrtshttlfe,
Frauen- und Einderkrankheiten im Jahre 18S7.
Dr. A. F. Hohl.
A, Institut.
Aus dem vorigen Jahre war Bestand 16 Schwangere
und eine Wöchnerin mit einem Rinde. Neu aufgenommen
wurden 111, darunter eine Kranke, die gebessert entlassen
wurde, zwei Schwangere verliessen unentbunden die Anstalt
Es kamen 115 Geburten ?or, daruuter zwei Zwilltngsr
geburten; 59 Knaben und 58 Mädchen wurden gd>oren;
tu Wöchnerinnen verliessen gesund die Anstalt, eine stari»
und vier mit drei Kindern und neun Schwangere blieben
Bestand. Von den Kindern wurden 107 lebend geboren, fünf
waren unter der Geburt und fünf schon längere Zeit vorher
gestorben, theil weise frühzeitige, 13 Kinder starben in-dw
Anstalt 91 wurden gesund entlassen.
Es wurde 84 Hai die erste, 23 Mal die zweite Scheitel-
beinßlage beobachtet; 2 Geburten verliefen in unbeobachteten
Schädellagen, 2 in erster Gesichtslage; 2 in erster und 4 in
zweiter Steisslage.
Von den Geburten verliefen 107 regelmässig, 2 wurden
durch Arzneien geregelt, 6 wurden operativ beendet; die
vorgenommenen Operationen waren 3 Mal Anlegung der
Zange, 1 Mal wegen Blutung und 2 Mal wegen Syphilis der
Mutter, 3 Mal Lösung der Placenta.
Von den Schwängern erkrankte 1 an Catarrhbronch. (geh.),
2 an Status gastricus (geb.), 1 an Intermittens tertiana (geh.),
1 an Interm. larvata (geh.), 1 an Erysipelas faciei (geh),
1 an Blepharitis glandularis (geh.), 1 an Urticaria (geh.), .
1 an Tenalgie crepitans (geh.), 1 an Tic spasmodique lat.
im R. RnftbWidfin^ftiBiititiite <l«r UniTernUKt sq Halle etc. 2f 7
(k»tri (ungebeiil), 2 an Sypbüb sec. (der medieiMsobett Klioik
öbergeben).
Von den Wöchnerinnen erkrankten: 10 an Cal. gastricoa
(geb.), 3 an Cat intest (geh.), 4 an Mamill. excotiaU (geb.),
2 an Obstniclio alvi (geb.), 2 an Oophoritis (geh«), 2 an
Periostitis peivis (geb.), 2 an Mastitis glandularis (geh.),
2 an Peritonitis partialis (geh.), 1 an Abseess. regionis
lomb. (geb.), 1 an Dolores post partum nmiii (geh.), 1 an
Variolois (geh.), 1 an Lympbangioitis (geh.), 1 an Phlebitis
emralis (gestorben).
Von den Kindern litten 5 an Ancbyloglosson, 2 an
Aphthen (geb.), 2 an Mastitis (geh.), 10 an Atrophie (gest),
3 an Blennorrboea oculonim (geh.), 1 an Eclampsia (gest),
1 an Variolois (war geimpft und wurde geheilt), 2 an Syphilis
eougenita (gest), 1 an Haemorrhagia ex intestino recto (geheilt).
Januar. 11 Geburten.
Bei einer Primipara von 30 Jahren sahen wir uns sur
Anwendiaig der Zange genöthigt Als nämlich der Kopf in
zweiter Scbeitdlage am Beckenausgange stand, erfolgte eine
fortdaaemde rieselnde Blutung, die nur während der seltenen
Wehes pausirte. Blit der der Geburt des Kindes folgenden
Wehe hörte die Blutung auf; es fand sich aber auch die
Piacenta in der Scheide, so dass sie, wie wir ▼ennuthet
hatten, wahrscheinlich schon während der letzten Zeit der
Geburt tlieilweise gelöst war und so die Blutung veranlasst
hatte. Die betreffende Wöchnerin, die schon in der Schwanger-
schaft an einem Status gastricus behandelt worden war,
bekam einen Catarrhus intestinalis, der erst nach längerer
Zeit unserer Behandlung wich.
VckD den Wöchnerinnen erkrankte eine Primipara von
26 Jahren an Mastitis glandularis, die in Eiterung überging.
Das Kind starb am 17. Tage an Convulsionen. Bei der
SeeüoB konnte keine Veraniassang dazu aufgefunden werden.
Eine Primipara von 24 Jahren und kräftigem Körperbau,
ierea Geburt ganz mrmal verlaufen^ war, erkrankte im
Wodienbette unter Erscheinungen, die auf eine Entzündung
des Sympliysis pubis zu sobliessc» bereehtigten. Es wurde
Calomd gegeben und an die Stelle Blutegel geseUt und dann
218 3C1V. HM, Bericht aber die Vorging;«
OmuentDOi hydrat^r. cinor. emgertebHi, worauf die lunMk«-
haften Erscheinungen bald schwanden.
Februar. 15 Geburten.
Eine Primipara, die Zwillinge gebar, aolke sdioa vor
ihrer Schwangerschaft zu sehr unregeknlssigen Zeiten leichte
epileptische Anfölle gehabt haben, die abec in keiner Beiiefaung
itt den menstrualen Vorgängen standen und in der Schwanger-
schaft auch nicht 'beobachtet wurden. In der ersten Gebort»»
seit traten einige Anfalle leiditer Gonfulsionen wihrand der
Wehen ein, in denen auch das Bewusstsein gesidrt war.
Der Grund schien, zum Theil wenigstens, in einer spaBtischen,
Contractfon des Multermundes zu liegen und besonders fius
diesem Grimde wurden 12 Tropfen Tel. thebaica in wanaeoi
Thee gegeben. Die erwähnten Fälle blieben danach weg,
doch traten zeitweise während der Wehe zuckende Bewegungen
des linken Schenkels ein, die sich manchmal über die ganze
Hnke Eörperhälfte verbreiteten.
Die Zwillinge stellten sich in erster Scheitel^ und sweiler
Steisslage zur GeburL Es waren beides Mädchen von iy^ ^^«^
die beide nach vier und sechs Tagen an Schwäche starben.
Die Nachgeburt liess eine Plaeenta, ein Ghorien, dagegen
zwei Amnios erkennen.
Die andere zweite Steisslage wurde bei einer Mnltipam
von 31 Jahren beobachtet, die in der letzten Zeit der
Schwangerachaft an heftigen halbseitigen Kopfschmerzen litt,
die anfangs durch Chloroform auf Baumwolle in's Ohr gebracht
gelindert wurden, q>äter, als sie ^nen intermittirenden Charakter
annahmen, durch Chinin beseitigt wurden. Der Steiss stand
ziemlich lange in der Schamspalte, ehe die hintere Htifte
ti>er den Damm trat. Da die Pulsationen in der NaMschnar-
aussetzten, so wurde sofort zur Extraction geschritten, di«
ohne Schwierigkeit gehng, aber das Kind, dessen Her« noek
längere Zeit pulsirte, erholte sich trotz aller Belebung»-
versuche nicht
Eine Primipara von 23 Jahren erkrankte im Wochenbette
an partieller Peritonitis, die die Anwendung des Caloniels
und starke örtliche Blutentziebung mit nachfolgender Einreibwig
von Ungt neapolil. und Auflegen von Cataplasmen erforderte.
Im K. EntMndaDgAinititnte der UnWeraltft« mn ff*lU ete. 219
Bei einer Primipara von 23 Jahren war weder bei der
Geburt irgend eine Spur Ton Syphilis bemerkt worden, noch
liess die genaue Untersuchung der Person iro Woeheiibette
irgend etwas auffinden. Trotzdem erkrankte das Kindtin*
Tage nach der Geburt ad einer Haotalfection, kleinen KndidMi«
die nach Sitz, Färbe u. ». w. kernen Zweifel an congenitaier
Syphilis aufkommen Hessen. Dabei wurde das Kind acbneil
atropliisch und starb vierzehn Tage alt, während die Mutter
▼oUständig wohl blieb.
März. 11 einPache und 1 Zwilüngsgd^urt. ~
Bei dieser stellte sich das erste Kind, ein MSdcben in
zweiter, das zweite, ein Knabe, in erster Steisslage zur Gebort
Die Kinder wogen SVs und 6V2 PM., das kleinere, tn^
geborene, war schwächlich und starb nach wenigen Tagen.
Die Nachgeburt bestand aus einer Placenta ton 1 Vz PHL, einem
Chorion, doch aus zwei Amnios.
Bei einer Multipara fanden wir, als der Kopf ^ben in
die obere Apertur antrat, schon die kleine Fontanelle nach
Tom nur wenig links von der Symphyse stehen, so dass die
Pfeilnaht fast im geraden Durchmesser des Beckeneinganges
verlief. In dieser Stellung blieb der Kopf bei seinem dadurch
etwas vergrösserten Durchgänge durch*s Becken bis zum Auik
tritte, wonach die gewöhnliche Drelmng bei einer ersten Lage
mit dem Gesiebte nach rechts erfolgte. Am Becken liess sich
auch nach der Geburt kein Grund für diese Kopfatellung finden.
ßne Multipara von 32 Jahren litt an Tic spasroodique
der rechten Gesichtshflfte und an starken Varicositftten an
den unteren Extremitäten, besonders am linken Untersehenkel,
an dem sie daher auch einen Schnürstrumpf trug. Wenige
Tage nach der leichten Geburt fing die Person an, über
Schmerzen im linken Unterschenkel zu klagen, bei der Be*
rQfarung der Venen nahm der Schmera sehr zn, es flUilten
sidi dieselben hart an und waren hier und da deutlicb ^Ift
röthliche Streiftti in der Haut sichtbar. Es traten auch
SdiQttelfinftste zu unregelmllssigen Zeiten ein und die Lodiien,
die bis dahin regelmüssig geflossen waren, wurden Qbelrieebetid
nnd ikiistfarbrg. Der Uterus fahlte sioh grösser an und weniger
hart. Zu den Erscheinungen der Phlebitis gesellten sich niM^
noch Respiratibnsbeschwerden, die nicht auf eine cntzündliclke
220 XIV. Hohl, Bericht iiber die Vorgüiige
AffieciJmi der Luftwege und Loogen zuiHlokgefMirt werden
konnten, und die endlieh unter den Erscheinungen des Lungen-^
Ödems am 16. Tage des Wochenbettes dem Leben ein Ende
machten. Nd>en der örtlichen Behandlung der Phlebitis wurde
anfangs innerlich Calomel gegeben, dann, als die Schüttelfröste
eintraten, Salzsäure und zuletzt, als die Respirationsbescb werden '
sehr in den Vordergrund traten, Flores Benzoes mit Camplier.
Zu erwähnen ist nur noch, dass der Tic spasmodique trotz
der schweren Krankheit bis zur Agone fortdauerte.
Bei der 20 Stunden darauf angestellten Sectionfianden
wir die oberflächlichen Venen der ganzen linken unteren
Extremität blutleer, ihre Wand, besonders auflallig an der
Saphena verdickt, auf der Innenfläche rötlilich gefärbt
Thromben hier oder in den Beckenvenen aufzuflud<*n, gelang
uns trotz aller Muhe nicht Die Vena cruralis war normaL
Im subcutanen Zellgewebe der linken Wade fand sich ein
Abscess, etwa 2V2 Zoll im Durchmesser, der dünnen jauchigen
Eiter enüiielt Der Uterus war gross und schlafl*, an der
Placentarstelle sassen einzelne schmierige Blutcoagula auf.
Die übrigen Beckenorgane waren normal, im rechten Ovarium
ein frisches Corpus luteum. Die Organe der Unterleibshöhle,
in der nur wenig klare- Flüssigkeit gefunden wurde,- zeigten
keine Abnormität In der Brusthöhle befanden sich beidei*seits
einige Unzen beller Flüssigkeit, die Lungen collabirten bei der
Eröffnung des Thorax nicht und waren durch und dui'ch,
besonders an den hinteren Partieen ödematös; naeh Ein-
schnitten floss das Wasser mit wenig Blut gemischt und
wenig Luftblasen zeigend in grosser Menge aus. Das Herz
war normal. Ebenso fand sich am Gehirne nichtsAuffallendes
und konnte eine Ursache zu dem clonischen Gesichtskrampfe
nicht nachgewiesen werden.
Bei einer Primipara war in der Nachgeburtszeit eine
etwas stärkere Blutung eingetreten , die aber nach dem Weg-
nehmen der Placepta aufhörte. Im Wochenbette erkrankte
die Person anfangs unter den Erscheinungen eines febrilen
gastrischen Catarrhs, welcher letztere unter Anwendung eines
Enieticums ziemlich verschwand, doch dauerte das Fieber
fort und man konnte eine Oophoritis lat. sinist ifiagnosticiren.
im K. Kutbiadnugsmititote der UairerMtlt ku Halle ete. 221
Dieselbe wieh zwar auch unserer örtlichen and attgemeineu
Behandlung, die Wöchnerin erholte sieh aber nur langsam
wieder.
Eine Multipara von 39 Jahren hatte leicht in erster
Scheitelbeinsiage geboren. Im Wochenbette erkrankte sie an
Peritonitis, die aber^ ehe es noch zu einer bedeutcfnderen
Exsttdatabsetzung kam, ausser örtlichen und aMgemeineii
Behandlung wich. Ihr Sitz war mehr in der rechten ^it«;
der Leib sehr at^etrieben und empfindlich gewesen. Darauf
klagte die Person über 'Schmerz im Verlaufe des ganzen
rechten Schenkels, der, wie- aus den objectiven Erscheinungen
bestimmt geschlossen wurde, seinen Grund in einer Lymphangoitis
der betreffenden Extremität hatte. Es wurde längs des Ver»
laufs der gerötheten Gefisse Ungt. neapoht. eingerieben und
das ganze Bein fortwährend mit warmen Fomenten bedeckt.
Trotzdem kam es zur Bildung von Eiter, der sieh längs der
Gelasse an etwa sechs Stellen einen Weg nach aussen bahnte.
Die Ueinen OeSnungen heilten nach und nach wieder zu,
nur eine, etwa in der Hitte des Oberschenkels entleerte
längere Zeit einige Tropfen Eiter. Während dieses Heilungs*
processes klagte die Person Aber Schmerz im linken Vorderarme
und man konnte auf der - hinteren Seite desselben eine
Anschwellung eiwa P/s Zoll im Dnrchroesser ifihlen, die
schmerzhaft war und an der die Haut leicht gerödiet schien.
Einreibungen von Ungt neapolit und warme Fomentationen,
beseitigten nach etwa 15 Tagen das Uebel ganz; es kam
hier nicht zum Aufbruche. Während dem diese erwähnte
Anschwelluug sich noch verlor, trat Oedem der unteren Ez*
tremitäten, zeitweise auch des Gesichtes und der Hände ein*
Es wurde dagegen diaphoretisch verfahren und trotzdem der
Urin Eiweiss enthielt schwanden die Oedeme, auch wurde
d^ Eiweissgehalt des Harns nach wenigen Tagen immer
geringer, bis er endlich ganz fehlte. Bei diesen verschiedenen
Krankheiten war der Wöchnerin natOrUch die Milch versiegt,
das bei der Geburt schon schwächliche . Kind verdaute die
eingeflösste Nahrung schlecht oder gar nicht und starb fflnf
Wochen ab atrophisch, die Mutter konnte aber nach sechs
Wochen ^e Anstalt verlassen.
222 ^IV. EM, Beriebt über die Vorgeage
Eine Schwangere wurde ia diesem Moaale mBrjüfek»
faciei behandett, dem eiBe Febr. imermitteii» tertiana {«Igte.
Geburt und Wodienbett der Person verlief regelmässig.
April. 5 Gebarten*
Bei einer kräfligoa, gesunden Primapara fon 23 Jahren
war die Geburt, bis. der Kopf auf dem Nittelfleiscbe stand,
fanz Domal verlaufen. Jetzt iraten aber convulaivische Be^
wegttngea des Kopfes wahrend der ganzen Dauer 4er Wehen
ein, die Bulbi waren nach oben und innen gerichtet, es zeigte
sich Trismus, der auch in den Wehenpausen nicht ganz
verschwand. Der« Kopf war geröihet und das Seasorium
wahrend des Anfalls nicht frei, nur in den Pausen kehrte
da» Bewussisein wieder. Gs wuirden diese AoiaUe für be-
ginnende Eclampsie gehalten und wir waren zur Anlegung
.der Zange entschlossen. Es erfolgten jedoch j^t ein paar
krafUge Wehen von Jenen Anfillen begleitet, wdlebe die Geburt
beeodeteß. Die Nab^lschfiur war zwei Mal um den Hals ge-
johlongen und obgleich das Herz des Kindes noi^h pulsirle,
gelang es nicht, dasselbe aus dem apoplectischen Scbeintode
itt*s Leben zuröckzurufen.
Eine Primipara, gesund und 24> Jahre alt, kam am
30. April Alorgens, im Anfange des neunten Monates, kreissead
kl die Anetalt* Vor etwa drei Wochen wollte sie 4u mu*^^-
massigen Zeilen leichte Frositschauer emp&aden und darauf
die Bewegungen des Kindes nieht. mehr geföhlt haben. Herzttae
lehken und die Kopfknocben waren ganz auffallend über
einander geschoben und bewegUch. Das todtfauie Kind wurde
sehr bald geboren und schien seit etwa drei Wochen ab-
gestorben;
Eine im Januar entbundene Primipara, die im damali^sn
Wochenbette sdMn an den Erscheinungen einer Entzündung
der Symphysis pubis erkrankt war, wunde wegen einer
Steigerung desselben Leidens wieder au/^noromen. Die Person
konnte bei sonst leidlidbem WohlbeiBnden ^eizt nur unUer
heftigen Schmerzen gehen und stehen, bei der inneren Unter-
suchung fühlte skdi die Scheide feucht, aber beiss an, jeder
Druck gegen die vordere Wand des Beckens war aber hochnt
schmerzhaft, das Kreuzbein und die hinteren ^mphyseo war^i
im K. Kotbiadwigf iaftitale der Ualrenitit bb Halle etc. 22B
Mht empftMilkih. Eine iialipbloipaCisclie, beMidtrs örüiohe
Bchaadhiog beMÜisle ovoh «Iwa föftf Wocb^n aUe Symptom«.
Mai. 16 Gebuiteo.
Bm mw gesuadeo Ibditipara voa ^ lahreo war eine
Stande oaob der regeltiiaeigeii Qebwti «ine heOige Haeniorrbagie
in Folge von Atonie des Uterus aii^etreteo. Aeuaeere Reiie
lud eine krMlige Iiijectioo von kaUem Waaaer, ao«rie drei
Dosen Seeale cornutum bewirkten wieder kräftige Coolnütionen,
ea trat Sdiweisa und keine weitere Siöitmg ein.
Bei einer JVimipara von 21 Jahren, deren grosae Scham-
lippen ▼oUatändig mit breiten, stark seceraireaden Condfloiiiea
besetzt waren, eptwicktlten wir den in s weiter Scbeiidbein»-
Jage tieblehenden Kopf mit der Zange. Das Kind slarb am
achten Tage atrophiach.
Eine Primipara erkrankle im WochenbeUe nach gana
regelmässigem Geburlsf^daAife unter den Erscheinungen eiaea
fieberhaften gastrischen Catarrhs, dar durch wiederfaotte Emetica
beseitigt wurde. Trotzdem dauerte das Fieber fort und ob-
gieich die Person nii^|;end, auch bei äusserem Drucke über
Schmerz im Unterleibe klagte, fand sich bei der innersn
Untersuchung die linke Seite des fiecheoa, besonders ?om
Schambeine bis zum Sitzhöcker sehr empfindlidi und wir
mussten auf eine partielle ^Periostitis achhessen. Dtas Uebel
wich aach einigen Tagen.
Eine Primipara von 26 Jahren g4>ar regelmässig einen
fanitodlen Knaben aus dem neunten Monate, dessen Nabel-
achnnr fest. um den Hals geschlungen war.
Juni 6 Geburten.
Eine Multipara erkrankte im Wochenbette an Varioloia,
wodurch aber der normale Verlauf durchaus nicht geslärt
worde* Das Kind, das schon an leichter Blennorrhoe der
Aogen mit- Erfolg behandelt worden war, wurde von una
soibrt geimpft Ab die Kjihpocken sieb eben zu entwickeln
beganneut bildeten sich am übrigen Körper, doch in massiger
Verbreitung Varioloiseiuptiooen aas, die in der gewöhnlichen
Zeit gfinstig verlirfen.
JnlL 7 Geburten.
Eine geaunde Primiipara gebar nach sehr kurzer Gfdmrts-
daner einen bultodien Knaben aus desfi Ende de» achten
224 >^1V. HoMy Barieht über die VorgXnfpe
Monates in den uuverleUten EiiiateD. Als Ursache des Ab^
Sterbens durfte man eine Strictar der Nabelschnur ansehen,
die unmittelbar über dem Nabel ihren Site hatte.
An einer Nachgebnrt beobachteten wir eine Placenta
succenturiata, ein etwa thalergrosser Lappen war yon der
ti>rigen Placenta fast vollständig getrennt und hing nur durch
rinen schmalen Streifen Placentargewebe mit derselben zusammen.
AugusL 6 GdMirten.
Eine Multipara glaubte am normalen Ende der Schwanger-
schaft zu sein, als sie kreissend ankam. Es wurde jedoch
ein lebendes Kind von 3 Pfd. geboren, mit allen Zeichen der
Frühzeitigkeit Es starb am dritten Tage. Die Mutter wurde
von sehr heftigen Nachwehen befallen, die zur Darreichung
einiger Dosen Opium zwangen, dann litt sie an einem gastrischen
Catarrh, der durch ein Emeticum* beseitigt wurde und verliess
mit einem geringen Puhnonalcatanrb die Anstalt.
September. 8 Geburten.
Bei einer Primipara mussten wir zur künstlichen Losung
der vorn und rechts theilweise adhärirenden Placenta schreiten,
die leicht gelang. ,
October. 7 Geburten.
Eine Person kam im Anfange des sechsten Schwanger-
schaftsmonates mit Wehen in die Anstalt. Der Muttermund
erweiterte sich bald bis zur Grösse eines Thalers und noch
war der vorliegende Thell nicfal zu erkennen. Plötzlich floss
unter einer heftigen W^he eine bedeutende Menge Frucht-
wasser ab und ein weiblicher Fötus von 6 Zoll Länge wurde
mit dem Kopfe voran aus den Genitalien ausgestossen. Es
fand sich eine grosse wassergefüllte Blase auf seinem Kopfe,
doppelte Hasenscharte mit Wolfsrachen und zugleich gespaltene
Brust- und Bauchwände. — Das Präparat iiefiudet sieb in
der Sammlung.
Eine Primipara erkrankte im Wochenbette an Congestionen
zum Kopfe, die sich eines Abends bis zu gelinden Delirien
steigerten und nur die Folge hartnäckiger Verstopfung waren,
nach deren Beseitigung sie verschwanden.
November. 7 Geburten.
Bei einer Multipara mussten wir, da trotz energischen
Contractionen des Uterus die Placenta nicht ansgestossen
im K. BütbiadiugBinatlliite der ITnWersitit ma Halle etc. 225
wurde, obwohl die vorbandene HiiUuig nicht besonders heftig
war, xur kftaisCiidien Entfeniung^ schreiteD. Es fand sich im
DIeniB eioe auch von aussen fllhB>are lingßmiige Einschnflnung
in der Gegend der EimnfindiingBsteUe der rechten Tobe und
in dem dadurch gebildeten Sacke befand sich die Piaeenla,
die Boeh theilweiae dem Uterus adhirirte. Es gelang 'nach
M flhe sie Tollständig au lösen und zu entfernen.
December. 13 Geburten.
Zwei Mal wiarde bei erster Scheitdbeinslage beobachtet»
die rechte Hand dem Kopfe anlag und so bis nach
dem Austritte aus der Scbamspalte liegen blieh, ohne daas
dadurdi irgendwie der Geburtsverlauf gestört worden wäre.
Beide Kinder waren Idein und wogen nur je 6 Pfund.
Eine Multipara von 29 Jahren gebar drei Wochen 9u
Mb einen Knaboi von 4Vs Pf«nd« welcher am zweiten Tage
an ScbwSche starb. Im Wodienbette klagte die Person nun
sofort bei lebhaft bewegtem Pulse über Schmerz in der linken
heg» Jnmbalia, dieselbe fühlte sieh hart, gespanni und heiss
an. Als Ursache gab die Person an, dass sie vor acht Tagen,
cioen schweren Korb auf dem Rucken tragend, gefallen sei,
mid sich an der betreffenden Steile sehr gestoseen habe; der
Sdunerz habe sie schon die ganze Zeit aber beUsligt, sei
aber durch die Geburt sehr verschUmroert worden. Eine
Entzündung ier Weichtbeile war jedenfalls vorhanden, wir
vemehteo dorcb locale Blutentziehung und Einreibung von
Ungtnm hydrarg. einer, dieselbe zu zertheilen und möglichst
zn beschrtaken. Die Schmerzhaftigkeit nahm dabei nicht ab,
die AnndiweHnng nahm zn and der von der Kranken gefdhlte
Uzende Schmerz in der Tiefe Hessen den Ausgang in
Eilerang als onvermeidlicb erscheinen. Wir Hessen Cata»
plasmen machen und nach ein paar Tagen schritten wir, weil
die Grieta iiei derselben Seite auch empfindlicb wurde, also
Senlning de» gebadeten Eiters zu birfiirditen war, zor Oei&iung.
INenelbe wurde mit kleinem Stich gemacht, es entleerte sich
vieler nüt necrotiscben Zellgewebefetzen gemisehter Eiter, der
noch hmge Zeit fortwährend .ausfloss. Nach vier Wochen
war die Wunde geheik und die StcUe imschmerzhait
uf.Oebartak. 1861. Bd. X¥U., HfU 8. 16
•^6 311 V. HM, Bsrieht über die Voi«ftuge
B. Poliklinik.
Es kamen überiunipt 43 Geborten für, wonioier mr
ZnriiliiigfigebiirteD; geliorai wurdtB 47 Kinckr, danwter
27 KoakeiL, luiter deoen «io HydnMephalm Mid «ki ifeiw-
cqfdidas und 15 Mäddien; 6 unbeMinniiifn iGfMeUecbtM.
^Die Kindeslagen waren: Erste SchekaHage L3 Mal; die-
selbe mit VoifaU der PiaMscbnur 3 Mal; di^albe mit mA
hinten gerichteter kleiner Fontanelle 1 Mal Zweite Scbeitei-
.bcanlage 9 Mal; ersfte Sieiaalage 1 Mal; zvMaifte «Adsslage
1 Mal; erste Schntarlage 2 Mal; dieselbe mü VorfaU 4»
jwchten Armes 1 Mal; dieselbe aiit Vorfall des linken Annes
1 Mal. Zweite Sobnlterlage, KhAm nach wom 2 Mai; die-
selbe Rücken nach hinten 1 Mal. 9 Mal kamen mAaBtÜDaee
Kindeslagen ¥or; raad 3 Mal Abortus.
Der Verlauf der fieburten war 8 Mal aeftMidh, 2 wurden
durch Araneien, 1 dia«b Lagerung geragnltv 36.«wden
operativ -beendet.
Die v«rg8|iomnm6n Operationen loestendeo in Wendaeg
wegen .Schulterlage 6 Mal; Wendnng aait falgendar Extraction
I MaL Anlegung der Zange wegen Wehnesobwäohe 8 Mel,
wegen fehlorkaikar KopfiBleUiing 5 Mai, wegen Beck«a-
l^schranbing 3 Mal, wegen VorfaU 4v Nabebctauir S Mal,
wegen filutung 1 MaL *^ W^nahne dbr ganx odertkeilwaiae
edhärirendcQ PlaoeoU « Mal. Wegnataie von Abonten &Md.
Von den Müttern wurden 41 gesund entlaaeen, 3 etarben
bald nach der fieburt in Folge von Anämie.
Von den Küidcm wunden 36 gesund enllaasen, 6 wanan
niofat lebenafifaig, damnler ein flydnaoqihaiua M»d ein Heaie-
oepbahie; todtgeberen wurden 1&, darunter waren 12 imter
•der iGebttRt abgefltorben^ 3 achon Ikagten Zeit vorher.
ianuar. .4 Geburten.
Ehe Midtipaiia von 86 Jabnm, deeen firäbtre iGabjrtni
immer regslmiaBig Tnnlatrfin waren, hatten wir schon in
<der SdnnuigecschBft MbaMbH; sie Gtt an imechiedenen
fiescbrnnden, die aHe aelt^ eehr atariae Anadehnung
des DnterMbas zurüekgefiibrt werden konnten und dareli
das Tragen ekwr LctbUnde grösatantiwils beeeitigt wurde«.
Wir hatten schon da mit grösster V^abrscheinlicblieit das
Vorhandensrfn von Zwillingen angeeosmieH. Wir wurden «ur
im K. BttlUndnngsiiiBtllote der UidvAmitit m HaUo etc. 237
Aebort garafen aafih AiisBtosgang des ersteD Kindes, das bei
userer Ankaalk sdioii vor «iner Stiüide in erster Schekeliage
gdborea war. Unmittelbar .darauf ^rar Mie sehr heftige
Hotaig ekigetinten, iKe indess Tor «»»ner Ankunft sehon
faul voUkommeB aufgehört hatte. Wir Candan t>ei der tuaseren
Uttteraacbung avette Schultarlage, Kopf rechts, Rü^kim nach
tm, der FöUdpuh war eeihr achwadi Aber dem rechten
Sehaaabein au hören. Bei der kuieren Unterauchiuig fiJiden
wir dnen 9*ofl8e» ganz getösten Placentariapp«« Unke und
UnteB üegend und überzeugten uns Yon der Richtigkeit der
•adi der äussere« Untereueliung gesteHten Dia^ose. Wir
gingen sofort mit ider rechten Hand 2ttr Wendung in die
HAhe, die auf einen, den bAen Fuss teichlt gelang. Eine
Wehe 9»har .den Rwnpf des Kindes bis xuin Nabel; wir
Ühllen die :Nabateehnur aieht «mehr pulsiren und Uesaoa dahw
saiwt die Extradio» folgen, die leicttf gelang; das Kind war
aber todt iHid sehr Mass. Der Uterus contrahiiie sich giHr
die N«ehgeburi wunle entfiemt und es fand sich eine gemein-
aaaie Placenta mil einer heinahe centralen losertieoa der
Nabeischnnr, während die andere sieb am Rande fand ak
hsertio velamentosa. Das Wochenbnlt verKef nofUtA
JSiae Primipara halte «ns wenige Tage tot ihrer deburt
geff^faa wegen heitiger Atfiembesohwerden. Wir teden die-
seiben begrfindet in einer insuff. ralyulae mitralia, die ein
flriasignr Langenoatnrrii begleitete und die eüie ödemaftöae
JÜBsebwelhiBg der «untenen Körperiialfte bis ietwas unter
4an Nabel Termraacht kalte. War beachloe&en, wenn sidi
enteprechende therapeutische Naasm^geln dier Euetand
bald wesent&A beaaem solHe, die Geburt ktnstlid)
«mdeiftan. Dieanlhe erfolgte jedoch am dritten Tage, ohne
«na beobacMet »i werden, von selbH «nd soll schnell
senk Wir wurden da»i gerufen, weil nach der
(Ukmri sieb der Uterus nidit weaenttch verideinert hmte,
aw fdon Geintalie« . aber eine griMse blaurothe Geschwulit
bHwsiftgCe. Wir erkamiten darin d»e blutgefQUten Eihäute,
eflChüenan •dureb Oeffnung das Bhit u»d suchten dnnch Eni-
kmtnmg der Pkicenta die iContracticm des Uterus m ermög-
Jkbeo und m Meranlasaen. Wir fanden dabd din PlaceaSa
der rechten vaiideren Wand des Uterus fest adhärirend und
15*
228 ^IV. HM, Berielit fib^r die Vorzüge
musslen sie lAsen, was uns bis auf eioen etwa Ihalergrossen
Lappen gelang. Der letztere war trotz aUer MQhe nicht
follständig zu entfernen und trotzdem der Uterus, lder steh
wie ödemätts anföidte, sich nicht recht contrahirte, sistirle
die Blutung. Wir beschlossen daher die Lösung des Restes
augenblicklich, wo die Person sehr anämisdi und erschöpft
war, nicht zu «erzwingen, sondern abzuwarten, ob wir, wenn
die Person sich erst wieder etwas erholt hStte, dazu ver*
anlasst werden würden. Wir gaben etwas Fleischbrühe und
Wein, auch eine Mixtur mit Tra aromatica adda in Zimmt-
Wasser, aber die Wöchnerin erhblte sich nicht und bekan
keine feuchte warme Haut. Der Uterus blieb in seiner
massigen Contraction; Blut floss aber nur in sehr geringer
Menge ab. Zwei Stunden nach der Geburt wurde der Utems
von Neuem wieder schlaffer, es blutete wieder stärker, wir
gingen ein und entfernten jetzt mit wenig Möhe den Plaeenla-
rest, versuchten aber vergebens durch Reibungen und kalte
Injectionen Contractionen im Uterus hervorzurufen und in
kurzer Zeit starb die Wöchnerin an der Anämie. Leider
wurde uns die Section verweigert.
Februar. 12 Geburten.
Zu einer Multipara kamen wir, als bei stehendem Frucht-
wasser und vollständig erweitertem Muttermunde &er vorliegende
Theil nicht zu fühlen tvar. Nach der äusseren Untersncbong
war fast mit Sicherheit eine fehlerhafte Lage anzunehmen,
der Kopf war mit hoher WahrscheinKchkeit links und der
Bauch des Kindes nach vorn gerichtet. Wir dachten an die
Möglichkeit der Einstellung des Kopfes, brachten die Person
aufs Querbette und sprengten die Bihfiute. Die vermutfaele
Lage, erste Schulteriage, Bauch nach vom War vorbanden,
aber eine zugleich vorgefeüene sehr grosse Nabeladmurachlinge
veranlasste uns, von unserem vorläufigen Plane sofort ab-^
zustehen und zur Wendung auf die Ffisse zu schreiten.
Leider geläng es nur, den linken Fuss zu fassen, der rechte
war selbst dann nicht zu erreichen, als der Steiss schon
etwas herabgezogen war, aber an diesem einen Fusse geling
die Wendung nicht, eben so wenig mit der vdlen Hand den
Steiss herabzuziehen» Durch den doppelten Handgriir gelang
darauf die Wendung, worauf sofort die Puhationen der vor-
im K. EntbiBdongsiBftitttte d«r UnivertHlit sn Halle etc. 229
KagoBdeD Nabdecbtiur scfawach uod unregelmäfisig wurden.
Wir schritten daber, von guten Wehen unterstützt, zur Ex-
bPtction, bei der es misslang, den ursprünglich nach vorn
(gebieten Bauch des Kindes mehr nach hinten zu bringen«
Diei Löaung der Arme, besonders des mehr nach vom liegenden
biken, war sehr schwierig und zeitraubend, der Kopf musste
aui der Zange entwickelt werden und das Kind war während
der Geburt abgestorbea Nachgeburtsperiode und Wochenbett
veriiefen normal
Dieselbe erste Scbulterla^e mit nach vorn gerichtetem
BaHcb beobachteten wir noch einmal bei einer Multipara, die
sich ihrer Angabe und der Untersuchung nach erst Anfang
des achten Schwangerschaftsmonates befand. Wir kamen dazu,
als bei etwa thaleiigro^sem Muttermunde ein mit grünen Flocken
gemischtes übelriechendes Fruchtwasser abgegangen war.
Heratön^ waren nirgend zu hören. Die Wehen -hatten seitdem
last voUet&ndig aufgehört Nach 18 Stunden, während welcher
Zeil nur einige leichte Wehen vorhanden waren, fanden wir
dai Muttermund etwas weiter und ziemlich nachgiebig und
versuchten daher jetzt, die Wendung zu madien. Es gelang
dies aber nicht, weil der Muttermund noch zu wenig dehnbar
war, imd erst nach 30 Stunden war er so weit» dass man
ebne Schwierigkeit mit der Hand eindringen und die Wendung
leicht ausführen konnte. Trotz der schwachen Wehafi wurde
das faultodte Kmd durch die Natur ausgestossen, aber es
Iral sofort eine ziemlich heftige Blutung ein, die auch nach
Wegnahme d^ Pkcenta keineswegs aufhörte. Erst kräftige
Reibangen von aussen und innen, Injectionen von Wasser
iwd Essig verm*ochten mit einigen Dosen Seeale cornutum
enischiedene Contractioneu im Uterus zu wecken, in denen
er auch verharrte. Dabei war die Person ein paar Mal ohn-
michlig gew<Hrden, erholte sich nach einigen Löffehi Wein
bald wieder und auch das Wochenbett verlief günstig.
Bei einer Primipara von 33 Jahren hatten wir wegen
des etwas besohräokten Beckenausganges und gleichzeitiger
WdienMhw&ite die Zange im linken schrägen Durchmesser
aogelagt und mit wenigen Traclionen ein lebendes Kind ent*
wickelt Eine sofort erfolgende heftige Blutung veranlasste
uns die Nachgeburt gleich wegnehmen zu lassen. Dabei hatte
230 X^^- ^M, Bencht über die YorgMt«
die Hebainme forn and rechte iMtn kMüeti LupptfH AMI
[a^ea Wh* tersadiien ibir ztf enCfeiMD^ 4» fticb d^r Uten«
dabei ab^r coiRTdlilrtef m4 nath ehitil* ktjeOtiiiD t^n Wmmt
flMt Eitoig die Bluludg fttäfid, lieftMi' wir davofi. Vorlfiotg ab»
Die P^aeil bcffand sldi kidficb wob), wir pheM Trc «tmimL
aeid. in Zinmitirasäer, cns^ gehn^ «bar ntebl, die HmMMj^isA
in ärwünscbCer Weise ta wedien. 2wei Sumden nadi dar
fiebürt, während welcher 2eil der Vvm» imnier inmüdl
hart, nur etwas grösser gewesen und kein Mai abg«glnigwi '
Wttr, ^^«rde die Person pMzlicb ohnniftc&ü|f, der \h&ruA war
tHeder weid» ond gross y wir gingen ani der Band ein «Md
dntferlen mit vielem coagnlirlen Blute dan ileat der Hac^ita;
(D^r Uterus contrahirte sich leidUch, aber die Motung dafnerte»
In geringen) Grade fort Wir injiejrten daher erst wieder
Wässer mit Essig, dann verdfinnten Uqa. fern sesquieMoratif
worauf die Blutung volbttodig aufhörte, ohne dass der Uten»
t^egelmftssig klein und hart geworden wäre. Der sehr ideiine
Puls hob sich wieder etwas, aber die Krdfte der WöehneriA
lagen sehr darnieder, sie wurden durch dargereiiiiien Wein
nur wenig gehoben, und eine Sttmde nad« der letiten Bhrttti^^
^it der auch kein Tropfen Blut afielir abgegangen war^ starb
die Person. Die Section koimte nicht gemacht werden.
Zu einer Multipara wurden wir gerufen, wo for 8 Stunden
bei noch wenig geMheten Mutt^tnunde dae Fruebtwasaer
abgeflossen war und neben dem in erster ScfaeiteUage slcbendeii
Kopfe eine pidsirende Nabel^chBurschlinge rorlag. Bei unserer
Ankunft w<tr der Muttennund etwa wie ehi Z^itMerstMk
gross und die Nabelschnur putsirte noch gut. Die Hepestta^ii
der aus der torderen Beckenwand berdkgeifallenen Schlinge
gelang auch nüt dem IftcAaeltVsehen ins^omcDte radit.
Die guten Wehen hatten nach '/4 Stunden den Mntteromiid
toiletändig erweitert, die Pulsatiooen der Nabeieelimr hAtton
aber gan2 au%elidrt. Wir legten sefort die Zange. an imd mA
wattigen kräftigeH Traictionen entwickelten wir ei» lodtea Kind.
Bei einer Mnltipara auf dem Lande ÜMidea itir den Kopf
im Becken stehend in erster SGbeitelbeinslage,ab€v die kteiae
Fontanelle nach hinten und dabei einen schon 6 Stflnden
'andauernden ToUatlndigen Wdbenmaitgel. Es gelang uns, den
Uterus wieder etwas zur Thitigkeit aosuregen, wfr legftiw
im K. EalMMvagflnilitvi« dor Ü^TtrMtm so Halle etc. 2S1
die Zange an und moasten mit vielw Hübe den Eopf
aoa BiMerbam^te nach hioten stehend eKtrahireo, da ea
gelang, daaaalbe naeb veni au bewegen und wir bei
im faei g;ftndicb Mdenden Weben eine dnrcb sie bewirkte
BvvlaiBg nicht erfoigen sahen. Das Kind, dessen BuiBiNt
dae Geftaae die Exiractien nicht gana leicht macbkif,
IM oner Pmqiara, die in der Schwangeirftehaft an
t Langioeatacrh mit Haemoptoe litt, kam es Ende,
de» aechite» Monates su einer Frlkbgeburu Das Kind waf
fanitodt und ethnn v«r unserer Ankunfl der Angebe naeb in
einer Schädellage geboren. Die märbe. Nadigeburt wurde
htM leidit entfanat.
Uta. 3 Gebiwten.
Im einer MiiMiwua kamca wir aufs Land vier Stunden,
nachdem die Geburt, der Kopfjgeeohwnlat nach u aehhessen,
im erster Scheitelbge verlaufen war, weil sei|dem eine massige
Bhitnng foütgedanert hatte. Wir fanden die Person» <fie
sehen ein |nar Mal ehnmnahtig gewerden war, ziemlich
den Uterus hart, aber noch, etwas gross, die
dauerte noch an. Von der Placenta, die aur ge-
wJhnMchen Zeit von der Hebamme entfernt sein sollte, fanden
wir recbis und vorn fielleicbt neeb den dritten Theil der
Iheroswand . fest adUbrmid. Wir Iteten den Lappen sofort»
der Diems wurde kleiner, aber die BhiUmg stand noch nicht
Da äe ancb durch lajeetionen von Wass«« mit
niebt ^astiUt wurde, pachten wir eine Einsprittnng mit
Li^ner ferri eesqmcUfar.^ worauf sie aufborte. Durch dar^
gtreiofatfn Wein hatts sich die Person wieder aemlich ediolt
und der Uten» war gut eontrahirt, ab «lir sie ferlieaaen.
Dan Wodianhett verlief regelmässig.
AfriL 1 Geburt. .
Bei einer Primipara, an der wir, nachdem sie der Er-
aihhmg nach hm Mnflen bis sechsten Monate feblgeboren hatte,
geraüan einrden» weil die Blutung mebfr aufhören wollte. Wir
faMbo mmA einaehie Stdeke der Plaeenta in Folge sehmger
¥«8iMBdan0Bn dem Uteras fest anhaften. Nachdem wir die-
sdboa mit viebr Mdhe geKst halten« stand die Blutung und
wiiief dns.Woobenbalt wie gewohaheh.
232 ^^^- ^Mf Bericht aber die V^rgßm^
Mal 8 Geburten.
Zu einer Multipara wurden wir gemfen, nachdem ew'
Kind bereits in erster Scfaeitellage geboren war. Der nödi
vorhandene Zwiltiug stellte sich in xweiter SoliolCerlUge mr
Geburt, die rechte itand lag vor den Genitalien, der ILoft
rechts und der Rücken nach hinten. Mit der reohlcn ttmi
ergriffen wir ohne Mühe den oberen linken Fuas,- an dorn
die Wendung nach Emporheben der vorüegenden Sekuünr
leicht gelang. Die Ausstoesung des Kindes wurde der, während
der Operation wieder erwachten Weheiithfiti^eil öberiassea
und nur der Kopf leicht extrahirt. Das Kind 4ebte.
Juni. 1 Geburt
Eine Multipara, die sich der Rechnung und äoüs^re»
Untersuchung nach am normalen Ende der Schwangerschaft
befand, hatte vor acht Tagen zum ersten Male ohne Schmerzen
eine ziemliche Quantität Blut aus den Genitalis Terioren,
halte daraiuf aber ihre Geschäfte »wie immer besorgt. Am
15. Jum Morgens war wieder Blut d>geflo88en und Abends
▼on Neuem und zwar der Beschreibung nadi s^r vieL
Morgens hatte die zugerufene Hebamme- noch keine Wehmi
bemerkt und bei der inneren Untersuchung in dem weichen
Muttermunde keinen vorliegende Theil gefAhlt Abends waren
deutliche Wehen vorhanden, wir fühlten den Muttermund
etwa so gross, wie ein ViergiroscheDStAck, die ganse vordere
und rechte Partie desselben war von der Placenta bedeckt,
nur links und hinten kam man auf freie Eihäitte und fiUdte
den vorliegenden Kopf, mit der kleinen Fontandie naeh vorn
und links gerichtet. Die Blutung hatte bei unserer Ankunft
schon . fest gänzlich aufgehört. Das Befinden der Frau war
leidlich; wir ordinirten etwas gesäuertes Getränk, ganzmhiges
Verhalten und liessen die Weisung zurück, uns sofort wieder
zu rufen, wenn die Blutung heftiger werden sollte, oder wenn
die Weben, die, wie wir beobachteten, sdir kurz waren, heftiger
werden sollten. Nach etwa 12 Stunden wurden wir wieder
gerufen. Bis dahin waren die Wehen gering und wenig
schmerzhaft gewesen; jetzt waren sie sehr kräftig und häufig
geworden und waren wieder von einen stärkeren Bhitverluele
bereitet. Wir fanden bei noch stehender Blase den Nntter-
mund fast vollständig verstrichen, rechts und vorn einmi
im K. EDtliftMhiiig*iM^^tt^« ^«v UtaTcriüillt eq Il«)le etc. , 233
en Plaoentarlappen. Dabei war der Kopf tiefer
und! die Blutung geriog. Wir dfineten die EiUute,
es floes eine uemiiche MeDge FnHsbtwaseer ab» die Weben
Mgefften aicb nech aietar, die Bhihing winrde durch den
nÜDit feetgealeUten Kopf geetillt, der auch, ehe wir mcfa sor
ApftteatM« der Zange kanen, durch da» BeelieB Undurch
getrieben wmrde. Wir exlrafairten . den Rampf sofort, nad
oabttMii, da der Uteras sich kräftig eoolrahirte und es fast
gar aifdit bklteie> die Pfaicenta erst nach einigen Minuien»
als sie voUslindig gelöst war, weg« Dieselbe war sehr dünn
aad gross, 8^ breit, 13" lang und hatte einen Umfang voa
32 '^ Par. Haass. Das Kind lebte und das Wochenbett verliei
DormaL
JuU. 2 Geburten.
Bei einer Moltqpara fanden wir den Kopf in erster
Selisitelbeinslage am Ausgange des Beckens stehen und neben
ihm eine grosse, aus den finsseren Gesehlecbtstheilen vort-
ragende, mir schwaeb puteirende ScUinge der Nabelschnur«
Wir legten sofort die Zange an und entwickelten mit einer
Tr«cli6n den Kopf; das Kind, ^sen Herz noch pulsirte,
kam aber nicht sum Leben.
Zu einer gesunden Primipara von 19 Jahren kamen wir
vier Stunden nach Abfloss des Fruchtwassers. Wir fanden
die Wehen gut, der Ut«rus, von normaler Gestalt, liess in
aemem Gmnde dentHch kleine Kindestheüe durchföhlen, der
Fftalpub war links deutlieh zu hören* Der Muttermund
hatte die Grösse eines Zweitbalerstäckes, sehr weit vorn fUdte
man in 3mi einen Knochenrand, sonst war er ganz von einer
wäelmn pralien Staue bedeckt Wir mussten nach weiterer
Unleraiicbung den vorn SQhlbaren KnoGh«Q£and für den Pfeil-
ndUraod des redeten Scheitelbeines halten und die pralle
SteBe filr die grosse FonQifteUe und Pfeihiaht eines Hydroa
eefhaktB. Nach vier Stundoi war der Muttermund gänzlich
zorfickgezogen, der oben erwihnte Kuodbenrand war noch in
derselben Höhe zu fUden, die weichen Stellen battea sieb
aber sageqiitzt und ragten bis auf den Boden des Beckens
herab. Wir beschlossen, bei diesem Stande einen Versuch
zu machen, in wie weit die Zatage an dem Kopf halten und
zm* Sztraetffon nötzen könnte. Wir legten sie im Quer*
234 XIV. SiM, Verlebt ühw 4to YMflliife
iliifidiin6M6r sh, lüe GfMk stunden sehr tteit
Hessen sich aber gut {usammendiNksken. Wir mwdkUn Mdm
Tractionen, tfassten flneilvcb aacb jeder, weil die Znge jede»
Mar itt's Gleiten kai», diese^ 6Aien um* toa Mewm «v*
seliiei^. Dannch haftten wir aber Mb so iM fen i^m
Kopfe in die Sdnmapalte fsbra^« das« wir an den» beniat
termig vorgetriebenen Tiieil aelbet nit der Hand ziclien i
Hfld leicht einen KnabM entmekeltcn ' mit einetai
HydroeepheluB, bedeutender Spina hflkia in der Lendengegead
«ml beideraeifs Fes vania befaeflet Das Herae desselben
polsirte noeh eine Zeit iMig, swn ordenUkhen LdKo ]mm
er aSeht
August Keine Gebort
September. 5 Geburten.
Bei einer MuMipera, die einen starkfsn Hängebaueb hatte,
erkannten wir als bei einem Nottenuwide von der Griaae
eines Zweitbalerstilekee das Frucbtwaseer abgeflossen war«
mit vieler Mdhe den sebr ho^ siebenden Kopf, dessen gnaeae
Fontanelle gerade in der Mitte und sehr naeh hinten stand.
Wir hofften bei den sehr guten Wehen durdi passende Unler*-
statzung des Hängebaoches zeitweiser Lage auf der hnlMn
Seite, wo von aussen der Rüeken des Kindes liegend geffiahtt
wurde eine bessere Stellung des Koples und damit EinalelhH^g
dessdben au bewerkstelligen* WM^end 4er 48 folgenden
Stunden blieb jedodi der Stand des Kopfes irat deraeibe,
die Heraitoe des Kindes wurden aber sckwfteiier und das
zeitweise noch abfliessende Fruchtwasser war mit MeconioBi
veranreinigt. Wn- versuchten durch inneraa Ban^riff das
Rinterbaupt tiefer iifs Becken hereinuzaehen, aber aurir ^haa
gelang nicht; der Fötalpuls verschwand endMeh nnd noa «rat
60 Stunden nach unserer ersten Ankunft trat das Bnaurhim^
herab und die Geburt verbef ohA^ weiteres Zutbon da* KnniC
als regelmftssige erste Scheitelbciwilage« Das Kind war lodi;
Nachgeburtsperiode und Wochmbett verKefen normak
lei einer Multipara von 36 Jahren war itaoh
nissigem Sdiwangersdiaflsverhrafe am norinalen fMe i
die Geburt eingetreten. Bei einem Muttamundc von etara
1%" Darthmesser war die Bhse gesprungen und aMhUeiidl
viel Fruchtwasser abgeflossen. Als wir wegen Wehenmangeis
im K. EiitMHd«Bg0fii«titQt6 der U»lterflili(l sn Halle ete. 995
tea tßn$m wurden , haUe die HehimiiM! auB den tcreCuHH
tftif im MutCermoirfe fthlbaren Beutet aof eittiB Steiadag»
gaaddoaaeiL Wir fanden jedoefa, doas dieser BaiiCel aaf deal
MMerM Theü eines HemieepbaiQe aHfsaas, waa aD der paaxM
¥mm der TOrtieBendev Partie and dert enreicfabarett kugm
itf erkennett war. Die- Weben wareia jetat ecAiwadk imd seilen,
eriielteii aieh lasgaam wieder imd trieben das Rind mit desa
MckeB n«ch vom ^xmd recbta gericbtet aus. Die ein wenig
adhSrirende Placenta roussten wir künstlich entferaeii; Das
Sind war todt, die Blase auf dem SehSde) war wibreod der
Geburt geborsten unrd zusannnengefaUen, und ausser dem
^aaieepbato war keine Mtasbädmig au flndenc
Zu einer Multipara auf dem Lande kamea wir, nefadsflH
die recfataeitig eing^airelene Geburt bereits 10 Stusnlen ge*
dauert batle. Schon^ bei der äusseren Untersucbimg war mit
Beatiannthett eine feUerbafte Lage zu erkennen und swar
Isfpf rechte, RAekeu naeh vom. Bei der inneren Unter»
saeiiiaig fand sieh nur vom ein scimialer Saum vom Mutter-
muttde, durch die noch stehenden Eibl^ole fohlte man nur
eine grosse NabelschnurschMnge und einen — den linken ^—
Eleabogen. Wir brachten die Fersen aoTs QiMilMtt und
fibrten die rechte Hand «wischen Uterus und EBiänten in
die flMie bis zu den Fftseeit. Diese wurden ergrüfeii und
nsefc geöfineten Eibiuten herabgezogen. Die Wendimg gelang,
mr lag zugleich Tor de» äusseren Genitalien eine dftnne,
weng puiBirendeNabelscbnorscfatmge, weshsdb wir sofort zur
BtCfactkm scfafitten. Beim Ltoen der Atme stiessen wir auf
SdiwierigbMten und fisnden nachher den Kopf mit dem Rime
auf dem rechten Darmbeine auligestemmi Erst naehdem es
gehugen war, desselben besser zu steten, gelang audi die
Extfaction desselben mit der Hand; das Kind war aber unter
der 6dh«rt abgestorben.
Zu einer Multipara auf dem Lande kamen wir zwei
Stasiden nach rechtzeitigem Bbseospruitge. Indessen hatten
aber sehr kräftige Weben die linke torliegende Schidter lief
in das Becken herabgedrSngt, s6 dass der Oberarm titeilweise
vsr de» Oeinlaliefi lag. Der Hopf lag links, und erst aaeb
zwei Tergeblichen Versuchen gelang es mit der linken Rand
asi der Forderen Wand des Beckens in die Höhe gehend,
XIV. Hold, BeHeht fiber di« Vocfteg«
sie SO erreiehei» iMid an IhneR die Wendung wiMigWhrii,
worattf das Kind mit einer Wehe bis sum Kopfe geiiaren wurde,
der auch bald folgte. Das Kind war bei^eits abgeatorbeo.
Die Nachgeburtaperiode verlief normal, und bi^meriba» wir
nur noch, dass wir bei dieser Frau im Februar 1866 schon
einmal erste Schulterlage mit vorgefallenem linkem Arme saheUf
damals aber, etwas später gerufen, gerade zur rechten Zeit
ankamen ) um die Selbstentwickelung des lodten Kindes zu
beobachten«
October. 4 Geburten.
Zu einer Multipara kamen wir drei Stunden nadi dei*
regelmässigen Geburl eines lebenden Kindes, während welcher
Zeit eine geringe Blutung angedauert hatte. Wir fanden in
dem noch etwas grossen, leidlid) contrahirten üterua die
Hacenta nach voni und rechts fest sitzen* Die Lösung der-
selben war einzelner sehniger Streifen «wegen, die besottders
der Insertioiisstelle der Nabelschnur entspracheu, ziemUdi
mühsam, gelang aber Yoilständig, wonach die Blutung aufUrte.
Zu eine[( Multipara auf dem Lande kamen wir, nachdem
dieselbe, der Rechnung nach, etwa im siebenten Sdiwanger-
sdbaftsmonate schon Tags vorher ein Kind gehorm hatte.
Dassdbe war schon beseitigt, wurde von der Hebamme ab
Mwa handlange pbttgedräckte Frucht, deren Weichtheile zu
schmierigen Fetzen zerfallea gewesen seien, beschriebeB.
Die Weben sollen dabei kaum fühlbar gewesen sein. Wir
iiinden den Uterus etwa bis zum Nabel emporreichend, normal
gestaltet, rechts war ein F6talpuls h6rbar und die PecaM
hatte immer noch zeitweise Kindesbewegungen g^tthil^ Bei
der inneren Untersuchung fonden wir den Muttermund wie
ein AchCgrosehenstttck gross, den Rand ciemlidi derb und
unnachgiebig; in der noch stehenden Blase fühlte man zwei
Ffisse, mit der Ferse nach rechts gerichtet Dabei waren di^
nicht häußgen Wehen ziemlich achmerzhaft. In diesen Zu-
ständen konnten wir keine Indicatiön zu irgend wekheni
Einschreiten finden, wir verliessen daher die Person wieder.
Am anderen Tage wurde uns beridftet, dass 12 Stunden
nach unserem Weggange die Geburt eines todten IHIhieitig«!
Kindes erfolgt sei.
Im K. EfttWadnogiUiiitit«*« ^•r U»iTaMi«ftt mu Halle 6tc. 297'
Eine Muhipani von 39 Jahren, die sich ihrer Reehaimg
'nach Anfiiiig des neunteD SchwaDgerscbaftsmonates befand,
bei der wir aber darcfa die starke Aasdehnung des Ldbes
das VorhandenBein von Zwillingen ▼enmUhelen, was sieb bei
der IlntersuebiiBg auch mit höherer Wahrscheinlichkeil heraoe^
stelHe, liess uns wegen heftiger Krens- undLeibschmeraen
mfes. Dieselben waren nicht regelmässig intermittireiid, doob
Hfstmie ^fk während derselben der Uterus deutlich an. Bei
der inneren Untersudinng fanden wir den Mutterhals noch
y« Zoll lang, den inneren Muttermund noch geschlossen,
konnten aber an der vorderen -Beckenwand einen vorliegenden
Theil erkennen, der sich ds der noch wenig resistente Kopf
ergabt. Wir liessen die Person in der Krenzgegend* schröpfet,
gaben zeitweise kleine Dosen Opium, riethen ihr strenge
Ruhe an und hofften so den Eintritt regelmässiger Wehen'
noch aufzuhalten. Am 20. October war der ZueCand derselbe,
die Sehmerzen wamn geringer geworden und bei der inneren
Untersuehimg liess sich keine Terändening wahrnehmen^ b
der folgend«! Nacht waren die Schmeraen heftiger geworden,
hatten aber der Meinung der Frau nach noch immer nieht
den Charakter von Weben; wir wurden Morgens dazu gerufini
and iuiden bei unserer Ankunft ein Kind bereits todtgeborcn,
das zweite lag, da keine Hebamme da war, noch unabgenabelt
zwischen den Schenkehi der Mutler mit dem Kopf nach unten
gerichtet und machte dann und wann Respirationsbewegungen.
Wir nabelten es sofort ab, lH*acbten es in ein warmes Bad,
sahen aber nicht, dass die einzelnen zuckenden Respirations-
bewegungen in regelmässige übergegangen wären und bald
hörten sie ganz auf. Die gemeinsame Pkcenta wurde bald
entfernt, der Cterus contrahirte sich gut und das Wochenbett
verlief normal.
November» 8 Geburten.
Ztt einer Mnltipapa auf dem Lande kamen wir, nachdem
beretts drei Tage vorher, anfangs ganz ohne Wehen das
Fruchtwasser abgefdssen war. Abends 7 Uhr war der Mutter-
mund thalergross, spastisch contrabirt, die Wehen sehr
schmerzhaft Bei der äusseren Untersuchung, wobei nirgends
der Pdtalpuls zu hören war, stellte sieh die Wahrscheinlichkeit
einer fehlerhaften Lage heraus, che bei der inneren Unter-
aidü als zweite Mudteriage, Rdefcoi nach hjntea
«vgab. Es mwden Dwipn»ifkr an die Genitafian f^ronliiet
und auf die etwas unterdräckte Hantthätiglkeit eingewirkt,
wobei sieh der Zutland Morgens zwei Uhr «• imi geändert
halte, dass der MwttiOTfiwnd vollständig epmilert nnl der
rechte Arn in die Seheide harabgefallen war. Die Sehvilar
«land schon sieodich tief und erschwerte das EindringeB >dar
Sand, siD dass wh* suerot mir den iHteren Fiiae ermscben
koanten and an ihn die WMidmg 7ereud»teii. Da die^ nicht
gebog, holten wir den anderen Eoss, der jetzt gahs leicht
zu erreichen war, auch noch herab, führten darauf die
Wandung ksieht aus und überiesseu die Austneibiing des
Kindes, dessen SpMermis skh schon hier fmd da löste« der
WehenthAtigkeit Machgeburtsperiode und Wochenbett Ter-
' liefen nonnal.
Decenriber« 4 Geburten.
Ein Mal kamen wir swei Stunden nach reditssitig er-
Mgtfln fihisensprungt zu €«ner Muiti|Mra auf dem Land#.
Wir fanden dm in eruier ficheitelbemslage ▼orliegenden Kopf
etwas auf der rechten Seite aufaleheiid, und links und hinten
eine «rosse gut^ fMbkeude NabeisdMmrsohlkige «orgefeilen.
WiriMvchlessen, aunichst einen fie|»oaitioa6iiersuch su machen
•und im F.all «r mieelingen eolte, ^m .Kind zu wenden.
Wfihrend der Reposition, die nicht gelange Irai unter einer
farftfUgiBn Wehe der«Kopf^ dar biidier «twas roohts aufgestonden
hatte, vdletändig in die ohere Ap«rlnr oki and iMirde auch
sofort durch die Wehe hier festgestellt. Die Pulsationen dar
Mabeiaehnur wurden jetzt janregekndasig und wir «oartan die
Zoug« anlegen, mit der wir »ach sechs kraftigen 'EranÜDiien
einen ziemlksh gcossen Knaben lentwiekelten^ .der abef beneils
abgestorben war.
Bei einer Multipara auf dem l^nde war mar aeehlen Zeit
dae Fruchtwasser abgeflossen, über .aueh geizt warderi^angs
ikaum zu erreichende Kopf nur sehr ^angaaiD tiefer herab*
felreten. Wir fanden denselben in sweüer ScheitoHieinalage
iSlehend mit bereits ziemlich iStaiirar Kop^^fcharulst Die
Pfeibiaht verlief sehr weit nach fakstea und ans den Be-
wegungen des Kopfes während der Abrigens krSfligen Wehan
kennte man deutlich erkennen, daas er.ailf dem Prumontorium
im K. CmblqkdoBgaiiistllaU der Univearsiat «a Hulle etc. ggO
Wir schrillen daher zur AaJegoog der Zange und
konnlen bei einer TraelMn deutlich fahlen, «vie der Kopf Ten
der Stelle, wo er aufstand, frei wurde. Nadi der Geburt
des bereits abjjestdrbenen Kindes fand sich auf dein rechten
ScbeiteBieiD eine deutliche Impression der sonsl ziemlich
resistenten Knochen.
Kratik«. •
Ausser den Wöchneciimen^ 4iätm -G^imH von Seiten der
Klinik geleitet wurde, behandelten wkr:
1. Zahl der Kranken.
a) Frauen und H&dclien ... 127
b) Kinder X67
. . JSnmoia 294. . .
8. üebersicht der beh^indelten ICrankheiten.
Oeplialae»«toma 1
AnehylogloasoB '7
Blennorrhoea ecak>ram . . 6
.firjsipelas fac»ei 2
TriMmaa aeonatomm .... 3
Attf^a tonsillaris 6
Noma 1
Congestionea ad capnt ... 2
Meningitis tobercalosa ... 2
Eclampsia infantnm 1
Maaia paerperamm 1
Catarrhus pulmonvui .... 36
ParUusis 10
Bronchitis 1
Pneamonia 4
Tuberculosis pulmonum ». . 3
Atelectasis pulmonum ... 1
Insnflieieatia vatv. mitr. . . 1
Inflaattsa , 8
Croup 1
Catarrhus gastrieus 17
Gastritis chronica 8
Carcinoma Tentricul 2
Catarrhns inleatinalls .... 34
Djaenterie 6
Latus 161
TrMisport IW
Prootiiis 7
Obstruotio alW 6
Taenia 4i
Typhös 4
Ascites 1
Metrorrbagia 13
Prolapsns uteri 1
Carcinoma uteri 1
Infarctus port. rag. uteri . 1
Carcinoma vaginae 1
Syphilis 8
Intertrigo 3
Periostitis pelvis 1
Mastitis 8
Carcinoma mammae 1
Mamillae excoriatae 2
Dolores post partum nimii . 4
Anaemia * , , . 6
Cblorosis 2
Lumbago 2
Rheumatismus 14
Catarrhus vesicae nrin. . . 2
Lymphangioitis 1
Abscessus glandularom ... 7
Latus 248
240
XIV. HM, Bericht ttber die Vor^}kag% «io.
TrMwport 948
Ulene Tsricoeiu» 2
MarbllU 16
VaricelUe 9
Latus 270
TraoipMt BW
VarioUe «
Atrophia . 10
Rhachitia 4
Intermittens gaotidiana . » 2
Summa 291.
8. Aufginge der Krankheiten.
Qetnnd entlawen 284
Ans der Behandlang gegangen 16
In Behandlnng geblieben . . » II
Gestorben 81
Summa 291.
4. Krankheiten, die einen tödtlichen Verlauf nahmen.
Catarrhuf pulmonum 2
Croup 1
Pnenmonia 1
Atelectasis pulmonum . • . • 1.
Cereinoma yentricul 2
Catarrhus intestinal 4
Typhus 1
Atrophia 7
Latus 19
Transport 19
Eclampsia Infant 1
Meningitis tuberculosa ... 2
Trismus neonatorum .... 8
Morbilli 2
Variolae 2
Rhachitis |
Noma l
• Summa 81.
XV.
Verhandlungen der Gesellschaft für OeburtshtÜfe
in
Berlin.
Sitzung vom 11. December 1860.
Herr Z». Mayer giebt folgeade
ILIinische fieobacbtnngen Aber Entwickelung dea
Cancroidt der weiblicben Sexualorgane.
Die AnfltehteD aber das Neojdasma, fitar welches Virchow
den Namen Cancroid eingefflbrt hat, weichen bis auf die
neueste Zeit von einander ab, sowohl was Bau, und somit
Stdlung .in der Geschwolstldhre, ds Vorkommen und Ent-
wickdung ttibetrifft Dies gilt nicht nur für Cancroid im
AUgemeinen, sondern auch Ar das der weibKchen Sexualorgane.
Charles West (Ldirbuch für Frauenkrankheiten, Göttingen
1860) behält den Namen EpidieKalkrebs für die verschiedenen
von ihm beobachteten Cancroidformen bei, will sich aber kein
competentes Urtheil über £ese Geschwulstform erlauben, nur
festgehalten wissen, dass eine Tendenz vorherrsche, sich
während semes Verlaufes mit Mednllarkrebs zu combiniren,
oft sogar die unterscheidenden Charaktere einznbfissen und
in gewöhnlichen Hedullarkrdbs unterzugehen.
Bennet y welcher verschiedene Varietäten des Cancroids
unterscheidet, trennt dasselbe vom wahren Krebs, indem das
Eutscheidende für ihn Anwesenheit oder Fehlen der Krebs-
zelle ist.
Becquerel (Traiti clmique des maladies de Tut^rus et
de ses annexes, Paris 1859) sagt: Si cette maladle existe
rieDement, persoime ne contestera, qu*elle ne doive au moins
ftre trös rare, ou fai 6te tres pen favoris^ par le hasard,
MoiuUMebr. f. 0«bari«k. lS6t. Bd. XVII., UfL 4. 1^
242 ' XV. Verhandlungen der Oesellsehaft
car voilä dix annees, qne je me livre k r^tude des nialadies
de Tut^rus, et je n'ai jainais eu occasion d'en obaenrer un
seul cas.
Ebenso hat Scanzoni in seinem Lehrbuche der Krank-
heiten der weiblichen Sexualorgane, Wien 1857, ober keine
eigenen Beobachtungen zu berichten, sondern bezieht sieh
auf Virchoto und Carl Mayer.
Ernst Wagner (der Gebärmutterkrebs, 1858) zfiblt eine
grosse Reihe beobachteter unzweifelhafter Cancroidformen zu
einer eigenthümlichen Varietät des Markschwammes, welche
sich durch regelmässige Lagerung der periphefischen Zellen
charakterisiren.
Unsere Beobachtungen sdüiessen sich völUg dem an,
was Virchoto bereits an verschiedenen Orten über Cancroid
veröffentlicht hat Ich fasse dies in Kürze zusammen.
Cancroide sind dem wahren Krdise nahestehende Neu-
bildungen von epidermoidalem Baue, bei welchem die Ent-
stehung von makroskopischen, mit Zellen von epidenooidalen
Charakter angef&Ilten Alveolen in die Gewebe diarakteristisch
ist Dieselben treten anfanglich isolirt auf und schmelzen durcli
immer neue Bildungen gleicher Art zu der das Cancroid
constituirender Substanz zusammen. Von den KrdMalveolen
unterscheiden sie sich durch das Fehlen der diesen charakteri-
sirenden Bindegewebsschicbt, wie denn die ganze Geschwulst
durch Armuth an Bindegewebe ausgezeichnet ist. Beim
Sarcoma medulläre fehlt dieser alveoläre Bau. Dasselbe ent^
steht vielmehr durch Neubildungen rein 'fibröser Textur, in
welchen alsbald Zellenbildung beginnt, die allmälig mehr und
mehr prävalirend wird, so dass sie schliesslich den Charakter
der Geschwulst ausmacht Zur Eigenthümlichkeit der Cancroide
gehört die Tendenz, sich in Weise gutartiger Papillargescbwfilste
unter Bildung von Wucherungen fortzuentwickeln, wekhe sich
in Gestalt kleiner einfacher aus epidermoidalen Zellen be-
stehender Säulcheti, mit einer jedesmaligen G^ssschlinge,
baumartig aneinander reihen.
Man würde aber sehr irren, wenn man diese Wuchenmgen
als wesentlich nothwendige Eigenschaft der Cancroide be-
zeichnen wollte, da im Gegentheil, wenn auch' selten, primäre
Cancroide und zwar itn Innern der Gewebe, — ohne papilläre
für OebuFisliiilf« in Berlin. 243
BfldiHig Torkommen, wie Virehao ein derartiges an der
Tibia beeehrieb, und wie man sie an secundär arkrankten
tieferen Organen, x. B. den Lymphdrüsen siebt. Sie sind
Aer Regel for die Cancroide der Ober£fdche, und da diese
bei Wdtem die häufigsten sind, so ist auch papilläre Wucherung
beim Cancroid häufig.
Das Cancroid beiUlt in den weiblichen Geschlechtsorganen
zumeist primir das untere Uterinsegment, seltener sind die
primären Cancroide der Vagina und äusseren Genitalien. In
der Substanz und dem Cavum des Corpus uteri sind äe
prpsär nicht beobachtet. ^) Auf die weitere Verbreitung von
den primären Erkrankungen aus komme ich unten zurück
imd bleibe zunächst bei dem Ausgangspunkte derselben stehen.
Die erste Entwickelung hat ihren Sitz, entgegengesetzt dem
des Krebses in den weibliehen Geschlechtsorganen, nicht ^ in
tieferen Gewebsschiehten, sondern in den oberflächlichen
Geweben: der Schleimhaut und den darunter liegenden Theilen
der Muscitlaris. Es' kommen ddiei' als Ausdruck erster Er-
krankung in dar Regel Hypertrqihien der Oberfläche und
Wucherungen nach aussen zur Beobachtung, welche, in Form
▼OQ hügeligen, lappigen oder zottigen Gebilden, durch mehr
oder woiiger tiefe Furdien getrennt, aus rundlichen, läng-
UdiCT, prominenten oder flachen Körpern zusammengesetzt
sind. Letztere bestehen wiederum aus kleineren Theilen und
erkalten dadurch ein flach granulirtes Aussehen.
Diese Wucherungen können Condylomen nicht unähnliche,
durch Zwisdienräume getrennte, neben einander stehende
Neoplasmen sein, oder zu einer einzigen bis i^felgrossen
Geschwulst zusammenhängen. — Jene Terbreitea sich gleich
aidanglich über grössere Flächen, diese ist auf eine ver-
fafiltmssDiässig kleinere Stelle beschränkt. — In ihren sonstigen
Eigenschaften stinunen sie uberein. Sie sind von einer röth-
liehen, an manchen Stellen in's GelUiche spieloiden Färbung«
i) Virchow machte darauf aufmerksam , dass hi^r das Sarcoma
medulläre, wenngleich es eelten sei, leicht mit Caneroiden ver-
wechselt werden könne, da es zu grossen, lappigen Geschwülsten
in die Höhle hineinwuchere. Carl Mayer theilte hierher gehörige
FSlIe Ton Sarcoma mednllare in unserer Genellschaft mit. Ich
hatte CTelegeahcit, ein derartiges hei einem M&dchen >n beobachten.
16*
244 ^^* Verbandlnngen der Oeflollscbaft
an der OberAädie wenig durchscheinend, dem Gehirne jnnger
Thiere am ehesten vergleichbar. Sie haben auch «ine ihnüche
Consistenz wie dieses, sind weich, von geringer innerer
Gohärenz, daher leicht zu einem Brei zerdröckbar. Auf dem
Durchschnitte frischer Wucherungen zeigte sich deutlich das
baumförmig verästelte papilläre GefQge. Der Oberfläche nahe
liegende Tbeile setzen sich durch eine dunklere, röthlich graue
Färbung von der helleren biassgelblich in*s Rosa fallenden,
speckig erscheinenden, inneren Substanz ab, aus welcher
sich kein Krebssaft ausdrücken iässt. In ihr sieht man oft
auffallend grosse, dünnwandige Gefasse, die aus der Tiefe
nach der Oberfläche verlaufen, sich verästeln und Zweige an
die Lappen und Läppchen abgeben. Die Grenze des Er-
krankten ist scharf, die nächstfolgende Schicht des Gewebes
zeigt, als Ausdruck bereits begangener lifitleidenschaft, kleine
bis Stecknadelknopfgrosse gelblich weisse Punkte, die sich
wie Comedonen ausdrücken lassen und unter dem Mikroskop
aus Zellen von epidermoidalem Charakter bestehen.
Die Neubildung im Innern ergiebt eine Zusammenhäufung
rundlicher,, zuweilen geschwänzt auslaufender oder unregel-
mässiger Zellen von epidermoidaler Natur, mit grossen Kernen,
Kernkörpem und zarten Membranen. Zellen mit endogenen
Kernen, selbst endogenen Zellen Ani nicht selten, Binde-
gewebe ist nur spärlich in feineren Bündeln oder veremzelten
Fasern ohne alveoläre Anordnung dazwischen gelagert Nach
der Oberfläche tritt eine Aneinanderreihung der Zellen zu
Papillen immer deutlielier hervor. Jede Papille enthält eine
oder mehrere Gefässschlingen und ist nach aussen mit platt
geschichtetem Epithel bedeckt.
Die Existenz beginnender Cancroidentwickelung in den
oberen Schichten der Muskulatur ohne Betheiligimg der
Schleimhaut ist durch Virchow constatirt. Die Schleimhaut
erkrankt indessen ohne Zweifd schnell mit und möchte un-
gleich häufiger den Ausgangspunkt der Erkrankung abgeben,
wofür wir einen Grund in den Reizungen finden, denen sie
ausgesetzt ist und welche durch krankhaftes Menstrualblut,
Secretionen aus dem Cavdm uteri, durch Coitus, ferner durch
Mitleidenschaft bei Erkrankungen anderer Organe, namentlich
des Utenis herbeigeführt werden. Die einfache samm^tartige
Air GtbartHhiUfe in Berlin. 245
AuflockeroBg der Schleimhaut mit mehr oder weuiger reich-
lichem schleimigeiteTigem Secrel, nioimt granulirte Beschaffeo-
bat «n; durch Losstossung des Epithels entstehen E-xcoriationen,
besonders hau6g an der Poi*tio vaginalis, directe Reize treffen
die tieferen Schleimbautschicbten und können eine nicht seltene
Veränderung herbeiführen» die sich in Carl Mayer^s blutendem
Gesehwöre findet.
Diese Geschwüre geben dem untersoehenden Fhiger das
Gefühl von sammetartiger Aunockerung, erschdnen im Speculum
von geringem» linienlangem Durchmesser bis zu bedeutend
grö88^*em Umbnge; zuweilen auch sehr blutreiche ge^
schwoUene Mutttirmundslippen, v^reiten sich in schweren
Fällen über die gapze Portio vaginalis, wobei diese durch
Zimahme ihres Umfanges eine pilzförmige, schnauzenartige
Gestalt annimmt Sie haben eine intensiv rothe Färbung in
Folge des grossen Gefassreichthums ihrer Oberfläche, sind
glänzend und glatt, oder aber durch SchweUung der Papillen
von fein gramilirtem Aussehen. Die auf T heile der Vagina)-
portion beschränkten Gesdiwöre setzen sich gegen das um-
hegende Gewebe sdiarf ab und liegen häufig, tiefer. Durch
Wadisthum der Papillen in die Länge^ und Breite bis zu fast
Linien Durchmesser heben sie sich über das Niveau der
gesunden Lippenth^ mid bedingen eine Massenzunahme der
gansen Portio vaginalis. — Charakteristisch ist für diese Ge-
scbwöre, d^aren ausgedehntere Formen als gutartige papilläre
Degeneration der Lippen bezeichnet werden könnte, dass sie
ausaerordentlich leicht und mhaltend bluten, somit den Grund
zu sehr hartnäckigen mehr oder weniger profusen Metrorrhagien
abgeben, femer dass sie mit copiösen Secretionen gelblicher
seröser Fl&ssigkeit eiiihergehen. Diese lässt sich im Speculum
zwar nur mit Schwierigkeit nachweisen, da die Geschwüre
hei Inser Berührung- stark bluten, wenn es aber glückt, sie
ohne Blutung einaifötelleo, leicht constatiren. Maii sieht nämlidi
abdami die glänzende Oberfläche alsbald feuchter werden und
aOmälig aus ihr eine seröse Flüssigkeit mit Blutpunkten hervor-«
queUen, die sich im Speculum ansammelt — Mikroskopisch
finden sich in derseften Epithelial- und Schleirozell^. Die
Diq>08ition zu Hutungen wie die copiösen Absonderungen sind
FolgB der rechlichen Gefässentwiekelungen der (H»erfläche.
246 ^^* VerhaDdlnngen der Gesellschaft
Derartige vorgesdirittene Entartungen der Lippen gebeB
unter dem Mikroskop das Bild von Granulationen: GefSss-
reichtfaunif -Vergrössening der Papillen, Anhäofting jonger
rundlicher Zellen, besonders der Oberfliehe zu, wie ich
Gelegenheit hatte, es an einer amputirten Vagmalportion m
sehen. Dieselbe war einem 22 Jahre alten Maddien ampufcirt,
welches bis znm 21^ Jahre gesund, ?om 15. Jahre an regel-
mässig yierwöchentlich. ohne Schmerzen im Leib oder Racken,
dagegen von Anfang an mit schmerzhafter Anschwellung der
Brüste, mensiruirt war. Vom 21. Jahre an fanden sich — ohnre
anzugebende Ursache — stechende Schmerzen in beiden
Regionibus iliacis und dem Os sacrum und 8 — 14tägige
MetroiTbagien von schleimig wässeriger Beschaffenheit, wechselnd
mit geronnenem und flüssigem dunklem Blute. In den freien
Zeiten hatte sie einen schleimig eiterigen Floor albus, der
zuletzt Fleischwasser ähnlicher wurde. Dazu gesellten sich
Verdauungsstörungen, Appetitlosigkeit, Stuhlverstopfung, Be-
ängstigungen, Schlaflosigkeit und körpeiüche Schwadie. —
Der Leib war aufgetrieben, beim Drucke nicht schmerzhaft,
äussere Genitalien geröthet, Portio vaginalis stand in der
mittleren Beckenapertur, wenig nach hinten von der Führungs-
linie abweichend, Orificium trichterförmig geöffnet; Muttermunds-
lippen äusserst voluminös, pilzförmig umgewulstet, weich und
schwammig, ähnlich denen eines schwangeren Uterus, bluteten
bei der Berührung des untersuchenden Pingers leicht und an-
haltend, zeigten imSpeculum ein dunkelbraunroti^es, glänzendes,
reticulh'tes Aussehen, und secemirten unter der Beobachtung
in kurzer Zeit grosse Mengen seröser, gdUichw Fhlssigkeit.
Beiläufig bemerke ich, dass das Mädchen nach der
Operation völlig genas, die Schnittflädie sich uberhlutete und
die Gestalt einer verkürzten Vaginalportion annahm. Vier Motiate
nach der Operation wurde sie Gravida, kam darauf im fünften
Monate mit einem gut entvrickelten todten Kinde nieder, ver-
heirathete sich 6 Monate später und wurde vor IVs Jahren
mit dem Forceps von einem gesunden, lebenden Kinde ent-
hunden und ist gegenwärtig völlig gesund, wovon ich mich
am 5. December dieses Jahres überzeugte.
Wenn a priori anzunehmen war, dass diese Veränderungen,
die, wie erwähnt, häufig nur als kleine blutende Geschwüre
mr GebartshUlfe iii Berlin. 247
enGheinen, sich in ausgedehnteren Formen als umfangreiche
gutaftige Degenerationen des unteren Uterinsegments darstellen,
Heerd cancroider Entwickelung werden können, so machte
Carl Mofger hierffir zuerst beweisende Beobachtungen, denen
ich in Nachfolgendem eine neue anreihe.
In diesem Falle bestand ein blutendes Geschwür beider
Lippen, mit papBlSren Erhebungen. — Dasselbe war bereits seit*
geraiimer Zeit und zwar mit Erfolg durch örtliche Application
von Addum pyrolignosum, neben localen Blutentzi^ungen
durch Scarifieationen, lauen Injectionen und inneren auflösenden
Mhtekt bdiandelt worden. Die Heilung des Geschwürs hatte
ihren Gang, von dem Süsseren Rande nach innen vorschreitend,
genommen, indem ein bläuliches, plattes Narbengewebe ring-
iorroig das Geschwür verkleinerte, so dass es am 2. November
1859 nur noch groschengross und nicht m^ so hochroth
war, die papillüren Erhebraigen verstrichen mid auch die
Disposition zu Blutungen verringert erschienen.
Inzwischen trat die Periode ein und als ich darauf
19 Tage spät«* (den 21. November) die Kranke untersuchte
und erfahren hatte, dass die Catemenien wieder viel profuser,
als die letzten Male verlaufen waren, fand ich die Geschwürs-
fläche gegen Erwarten grösser und bhitreicher, die papillären
Erhebungen wieder mehr hervorgetreten. — Ausserdem War
eine linsenförmige, weiche Wucherung oberhalb des
reebten Winkels des Orificium extemum an der Uebergangsstelle
der Mutt^rmundelippen in den Cervicalcanal za fühlen. Es
wurde «ifSnglieh auf die Verschlechterung des Geschwürs
mehr Gevncht, ids auf diese ansdieinend nur hypertrophirten
Papillen gelegt, da auch in ihrer Umgebung nichts Auffallendes
ersdiien und der im Speculum sichtbare untere Rand sich
in seinem Aussehen durch Nichts von der Geschwürsfläche,
unterschied, nur durch seine Hervorragung erkannt werden
konnte.
Diese Bildung wuchs in 14 Tagen zu einem, mit seiner
runden Basis auf der vorderen Cervicalwandüng aufsitzenden
Neoplasma von V^ Zoll Durchmesser und in der Mitte einer
Lintenhöhe. Etwa ein linienbreites 6tück wurde aHmälig im
Speculnm sichtbar und gewann in Aussehen und Consistenz
den Charakter mner Caneroidwueherung. Dieselbei wurde am
248 ^^- Terbftndliugen der GeMllschaft
7. December 1860 mit der Scbeere; möglichst tiaf in der
Cervicalsubstanz abgeschnitten. Die Operation war ziemlich
schmerzlos iftid von geringer Blutung begleitet.
Die röthliche Oberflache der Geschwulst war aus weidiso^
theils einfachen, theils verästelten Papillen, maulbeerartig ni^
sammengesetzt Auf der Schnittfläche zeigte sich als unterer
Theil gesundes Uterusparenchym mit «nzdnen kleinen steck*
nadelknopfgrossen helleren Flocken durchsetzt Darüber war
die Substanz speckig röthlich weiss und dieser schloss sich
ebe gefisareichere dunklere Schicht an der Oberfläche an, die
aus zierlichen sich verästelnden Papillen bestand. Diese oberen
Schichten setzten sich unmittelbar in die speckige Substant,
diese mit abgegrenzten kleinen Bogenfiguren in das tJterus-
parenchym hinein. Der mikroskopische Durchschnitt bestand
aus Zusammenhäufiingen meist rundlicher platter Zellen mit
zarten Membranen, grossen Kernen und Kemkörpern, die au
der Oberfläche zu Papillen mit Gefassschlingen angeordnet und
von spärlichen Bindegewebszfigen durchsetzt. waren. Unterhalb
dieser Zeilenanbaufongen verlief das Muskelgewebe ohne be-
merkbare Veränderung, nur dass es an einzelnen Stellen von
Zellenbaufen unterbrochen wurde, die makroskopisch, sich ak
die erwähnten helleren Flecken darstellten.
Obwohl durch mehrmalige Application konischer Giuheisen,
welche in den Gervicalcanal eingeführt und nach vom gegen
die Schnittfläche gedrückt wurden, der Boden des Cancroids
als zerstört angenommen werden kqnnte, so wuchsen noch
bevor. sich der Brandsch(Mrf losgestossen hatte, an den unteren
Parthieen der Cervicalhöhle kleine Wucherungen, denen sich
alsbald ähnliche in dem linken Winkel des Orificiinn und von
da nach oben hinzugeseliten. Alsbald zeigten si^ Härten in
dem der Cervicalhöhle zunächst gelegenen Theile der vorderen
Lippe: die Folge der Degeneration tieferer Gewebe. Die
weichen Fungositäten in dem Canalis servicis wuchsen mit
grosser Schnelligkeit, secernirten eine fßtide, serös sanguinolente
Flüssigkeit und boten in ihrer Structur dieselbe Beschaffenheit
wie die beschriebene erste Geschwulst Am 25. Januar 1860 war
die hintere und vordere Wand des Cervix Und beide Lippen zum
grossen Theil degenerirt. Eine an diesen Tage sehr energisch
gemachte Anwendung des Ferrum candens schien alle kranken
fiir Qebnrtshmf« Ib Berlin. 249
Tbefle serstört zu haben. Jedodi war dies Täuschung, demi
diese wie die oft wiederholte Application ?on Acidum pyro-
lignosum sowie einer starken Lösung von Acidum chromicum
pnnini auf die entarteten Stdlen brachten eine Hemuning in
der Fortentwickehing des Cancroids in der Richtung nach
aossen hervor. Schndl griff es aber in die Tiefe und Breite
um sich, indem es die Form eines tiefgefurchten, lappigen
Geschwürs, mit zottigen fungösen, zerfallenen Anbogen an^
nahm 9. mit einem iudurirten sich scharf absetzenden Rande.
Die Krankengeschichte zu dieser Beobachtung ist in
Konem folgende:
Caroline D., ein 34j5hriges Mädchen, welches aus-
schweifenden Vergnügungen gdiuldigt hatte und seit Jahren
mit einem jüngeren, gesunden Manne lebte, nie concipirt
hatte, auch nie syphilitisch angesteckt, — gab an, in der
Kindheit stets gesund, vom 14. Jahre an regelmässig den
28. Tag, ohne Beschwerden, 4 — 5 Tage lang menstruirt
gewesen zu sein. Mitte der zwanziger Jahre habe sich bei
ihr eine anhaltende stinkende Absonderung aus der Nase
gezeigt Es sei ihr hiergegen mit Erfolg eine Kaltwasserkur
verordnet, nach weicher die Periode zwar regelmässig blieb,
doch 6 — 8 Tage währte und ausserordentlich profus wurde.
Gleichseitig hätten sich nicht unbedeutende eiterig schleimige
AMüsse aus den Genitalien, femer Schmerzen in baden
• Regiooibus. iliacis, dem Os sacrum und von dort über die
Hüften fort in die Schenkel hinunterziehend eingestellt Die^
selben aniingMch nur auf die Zeit der P^iode beschränkt,
hätten sich bald auch über die Zwischenzeiten ausgedehnt. —
Mit dem 30. Jahre wären zu der Blennorrhoe anhakende,
mehr oder weniger heftige Melrorrhagi^ getreten ; der Stuhl-
gang regebnässig, der Urin vermindert, der Appetit wechselnd,
Debelkeiten, schlechter Geschmack und belegte Zunge häufig
vorhanden gewesen. Das frühere lebenslustige, heitere Mädchen
war mebncholisch geworden; inhlte sich sehr matt, hatte
über Kälte der unteren Extremitäten, Schwindel, Zittern,
Fröstelii, Beängstigungen, aufsteigende Hitze, Zusammen-
schitumngen des Halses zu klagen. Am 2. August 1859 fand
sich ein retortenlormig anlevertirter, angeschwolltmer schmerz-
hafter Uterus. Die Portio» vaginalis stand nach hinten. Die
250 XV. VerhandluDgen der Oeseltsohafi
MullermiindsKppen fQhllen sich aufgelockert an, waren vtriumin^^,
stark gewulstet und zeigten im Speculum achtgrofidienstuck-
grosse blutende papilläre Ulcerationen. Die Misseren 6e-
scblechtstfaeile und Scbeidenschleimhaut waren gerftthet, der
Leib aufgetrieben, beim Druck nicht empfindHeh, Hera und
Lungen gesund. Wie i^ben schon erwähnt besserte sich unl^
der ebenfalls angedeuteten Behandlung, das Leiden wie die
Krankheitserscheinungen, bis mit der Entwickelung der
cancroiden Elntartung wieder die heftigsten Blutungen auftraten,
alle 14 Tage wiederkehrten und 9 — 12 Tage dauerten. XTs
Ursache der Erkrankung gab die Kranke bSufigen Coitus an,
der während der Behandlung Monate lang vorher auf ärzt-
lichen Rath gänzlich unterblieben war.
Intensive Scbmeraen und unbedeutende Anschwellungen
der Inguinaldrüsen fanden sich erst nach der zweiten Appli-
cation des Ferrum candens. Seit dieser Zeit datirte auch
eine schnelle Abmagerung und Abnahme der Kräfte, obwohl
die Metrorrhagien, wenn auch profus, doch viel seltener und
ganz unregelmässig eintraten und auch die Verdauung geregelter
als Mher war. Im April 1860 fanden sich Appetitlosigkeit,
Erbrechen, Cardialgien, Schmerzen in der Leber und hart-
näckige Stuhiverstopfungen. Die Kranke collabirte bis zum
äussersten Maasse und starb, nachdem ödematöse An-
schwellungen eingetreten, den 17. September 1860, also
11 Monate nach dem ersten Auftreten des Caiicroids. Section
wurde niciit gestattet —
Wie in diesem Falle die nach aussen wuchernde Ent-
wickelung des CancToids — durch Operation zerstört — sich
in eine andere Art des Fortwadisens und zwar in die Tiefe .
und Breite verwandelte, — so ist dieser Uebergang ftber-
haupt constant Bleiben die wuchernden Fongositäten steh
selbst überlassen, so wird eine Gombination beider Formen
entstehen, und zwar scheint nach allen Beobachtungen die
Dauer des alleinigen Bestehens der ersten Form verhiltniss*
massig kurz' zu sein. Im gunstigsten Fädle Monate, in der
Regel nur Wochen.
Die von J. Clarke zuerst beschriebene, danach von
Simpson, CoH Mayer, Watson, Bennet und Amoldi
(CharhB West, Frauenkrankheiten, S. 480) zum TheU mit
für Qeburtshfilfe in Berlin. 251
gKtekUcheii Erfolge operirte CauUffower Excrescence scheint
Asb 9m Jingsten ia ihrer Eigenüiftmiichkeit zu halten, wenn
flie in den Lippen, ohne Betheiligung der höheren Theile des
unteren Uterinsegments wurzeh, so dass «ne oder beide der
Hattemranddippen den Stiel zu der polypenartigen Geschwulst
abgeben. Diese Fenn ist jedenfalls — wie alle Beobachter
Abereinstininien * — selten. Ich selbst habe sie nur in einem
der Ton Carl Mayer beschriebenen FSOe zu beobachten
Gelegenheit gehabt Alle übrigen von den Cervicalwandungen,
oJer Ton den Muttermondslippen in Gestalt mehrerer getrennter
Fangesitäten ausgehenden Cancroide, setzen sich mit grosser
Schnelligkeit über die Muttermundslippen in die Scheide,
langsamer nach oben in den Uterus fort. Ebenso verbreiteten
sich die in der Literatur bekannten Fälle der primären
Scheidencancroide schnell.
Bei der Fortentwickelung in die Breite können hnmer
wieder neue Wucherungen nach aussen an den oberftachlich
erkrankten Stellen entstehe. Ich habe Cancroide gesehen,
wo die ganze Scheide und der Cerricalcanal mit weichen
Wucherungen erfüllt war.
. Als ein für die Erscheinung des Cancroids wesentliches
Moment ist hervortuheben, dass es bei seiner weichen Be-
schaffenheit leicht Absteril>ung8- und Losstossungsprocessen
der Oberflächen unterworfen ist, wodurch Geschwürsbildung
und somit eine dritte Form der Cancroide entsteht.
Während das Fortwuchem nach allen Seiten um sich
greift und kein geti^ffenes Organ geschont wird, zerfallen
nadi nnd nach die bestehenden Wucherungen und Ursprung-
lidien Heerde, stossen sich ab und geben zu verjauchenden,
leicht blutenden, unregelmässigen, tiefgefurchten, mit zer-
Mienen Trümmern und h*ischeren Wucherungen bedeckten
Geschwdrsflächen Veranlassung. Ihre wulstigen, härtlichen
Ränder kriechen weiter und sind vorwiegend Ausgangspunkt
neuer ftrogöser Wucherungen.
Diese Zerstörungen können sich bis zu dem eintretenden
Tode auBserordentKch weit verbreiten, auf Uterus, Rectum,
Blase übergeben, Perforation und weitere Defecte dieser
Organe herbeiföhren.
XV. yerhRndlangen der Gesellschftft
Trotz dieses deletaren Charakters des Caiicroids — wes-
halb, es fast allgemein vom kliniscben Standpunkt su den
Krebsen gerechnet und die beiden letzten Formen geradezu
als Krebs bezeichnet wurden — weicht es dennoch, wie im
Bau, so auch in der Bösartigkeit von diesem ab.. — Beim
Krebse ist Generahsining Regel,' bei diesem Ausnahme. Daher
cancroide Erkrankungen der Lymphdrusen sowie das Auftreten
desselben an entfernten Punkten zwar vorkommen, doch selten
sind. Schwellungen der Lymphdrüsen kommen allerdings
häufiger vor, sind aber in der Mehrzahl entzündlicher Natur.
Es hat wie alle gutartigen PapillärgeschwAkte Neigung
zum Recidiviren, ist aber anföngbch wie diese eine locale
Erkrankung. Dabei stehen die Beobachtung^Bn in keinem
richtigen Verhältniss zur wirklichen Recidivfahigkeit, da wegen
der ungünstigen Stelle, wo das Neoplasma in der Regel
wuchert, wie wegen seiner weiten Verbreitung nicht alles
«^krankte Gewebe auf operativem Wege zu entfernen, anderer-
seits für gesund gehaltenes bereits erkrankt ist. Es liegt
also die angenommene bösartige Krd)snatur der Cancroide
der weiblichen Sexualorgane, nicht in wirklicher Bösartigkeit,
sondern in dem, für eine ausreichende Operation ungünstigen
Bau der weiblidien Genitalien. Dazu kommt noch, dass es
in seinen ersten Entwickelungen, wo vielleicht eine Operation
möglich wäre, leicht übersehen werden kann, da es in diesem
keine erheblichen Krankheitserscheinungen macht, so das8
die Kranken sich nicht veranlasst fühlen, ärztliche HüKe zu
suchen. Auch hierin weicht es vom Krebs der Sexualorgane
ab. Wäl^rend dieser zumeist mit dem Beginne seiner Ent-
stehung mehr oder weniger heftige Schm^*zen im Kreuze und
Labe, lancinirende Sti.che, Brennen, Schwere, .pressendes
Drängen, bei allgemeinem Unwohlsein erzeugt, so ist bekn
Cancroid in der Regel von Allem Nichts vorhanden. Unregel-*
massige Metrorrhagien und schleimig eitrige, seröse, Blut^
Wasser ähnliche Absonderungen sind die ersten Ersohemungeii,
welche auch bei anderen Erkrankungen, wie beim blutenden
Geschwüre und bei Polypen dieselben sind. Erst wenn die
Ausscheidungen profus werden und einen fötiden, jauchigen
Charakter annehmen, — die Gancroidentwickeiong also weiter
fttr CebartilOltfe in Berlin. 258
Torgescbritten ist, — erregen sie gewöhnlich erst Auftnerk*
samkeit Zamei^t kommt dann die Srztlicbe Höife zu spät.
Schmerzen and funetion^e Störungen finden sich ein. Der
Tod erfolgt ex maemia od^ mit langsam zehrenden Qaalen,
unter Erscheinungen, die auch dem Krebse eigen sind.
Die Therapie beschrfinkt sich in diesen letzten Formen
aof eine rein symptomatische. Niederkämpfbng l)eglettender
Symptome, Erhaltung der Kräfte, Hemmung der Metrorrhagien,
Betäubung der Schmerzen, — während hier die locale Be-
handlung höchstens als Unterstützung jener anzusehen ist.
Indem die directe Application von zusammenziehenden Mitteln
die Wucherungen nach aussen und somit die Blutungen hemmt
Unter diesen Mitteln ist nach Carl Mayer*s ausgedehnten,
durch Versuche begründeten Erfahrungen, wie nach eigenen
Beobachtungen, die Wahl nur klein. Acidum pyrolignosum
steht in erster Reihe, diesem schliesst sich Acidum chromicum
und Kali chromicum an. Andere Medicamente haben im
günstigsten Falle keinen Nutzen oder bringen Schaden.
Es kann von einer erfolgreichen Therapie nur in den
ersten Entwickelungen die Rede sein. Sie beschränkt sich
auf firühzeitige und umfangreiche Excisipn, mit nachfolgender
Application des Ferrum candens. Auf die Schwierigkeiten
hierbei wurde bereits aufmerksam gemacht. Ich fand durch
eigene Erfahrungen bestätigt, wie schwer man ihrer Herr
wird. Denn ich habe verhältnissmässig häufig mit Energie
operirt, dessenungeachtet immer nach längerer oder kürzerer
Zeit tödtlichen Ausgang gesehen.
Unter 1580 an Krankheiten des Sexualsystems leidenden
Frauen beobachtete ich in meiner Privatpraxis
27 Cancroide,
Carcinoma dagegen 8 und Medullarsarcom nur 2. Es bestätigte
sich mir hierdurch die von Virchow ausgesprochene Ansicht,
dass die Mehrzahl der sogenannten Uteruskrebse in die
Kategorie der Cancroide falle.
M. schliesst diesen Miltheilungen die Beschreibung eines
Falles Ton Cancroid der äusseren Gescblechtstheile an und
denionstriit an Zeichnungen den Entwickelungsgang dieses
Neoplasma, als Typus der Cancroidentwickelung der weiblichen
254 ^V. Verhasdliiagen d«r GeMlUchaft
Sexuaiorgane äberhaupL Aus sehwieligei* Hypertrophie der
Haut und papillären Wucherungen entstanden grosse Uumen*
kohlartige Gescliwiilste, die durch Absierbungsprooesse »nd
Losstossung in Geschwüre übergingen. Diese waren in ifanr
äusseren Ersdieinung von eigeitflich krebsigen nicht su unter-
scheiden. M, behält sich eine specielle Mittheihmg dieses
interessanten Falles vor.
Herr Martin bezweifelt, dass alle papillären Hyper-
trophien zu diesen Gancroidfonnen führen. Er habe oft aur
erodirlen Stellen der Vaginalportion dergleichen gesehen und
Tiele lange Zeit hindurch beobachtet, ohne dass ein Uebergang
in Cancroid stattgefunden habe. Dies veranlasse ihn, zwei
Classen der papillären Hypertrophie anzunehmen, deren eine
eben als gutartige nie zur Cancroidforin fQbre, und deren
andere sich indess durch eben diese Weiterentwickelung erst
als solche Consta tiren lasse, und wo die hierher gehörenden
Formen vor augenscheinlicher Degeneration als erstes Kriterium
eine deutliche Prominenz zeigen mussten als erste Andeutung
der späteren excessiven Wucherung.
Was seine Beobachtungen über die Behandlung aus-
gebildeter Cancroide hetrefie, so sei er allerdings Anhänger
der Operation, entweder entferne ei* die Geschwulst durch
den Ecraseur oder durch Galvanocaustik oder bei partielleren
Bildungen ätze er sehr eindringlich mit dem Aetzstifle aus
Calcaria und Kali causl. Letzteres Verfahren namentlich habe
er sehr erfolgreich gefunden; auf die energische Application
des Aetzstiftes folgt gewöhnlich eine sehr feste gute Narben-
bildung, und deshalb sei er bei partiellen Bildungen sehr für
frühzeitige Aetzung, in geeigneten Fällen nach vorheriger
Anwendung des Ecraseur. Ein Fall sei noch erwähnenswerth,
wo eine cancroide Degeneration durch eine durch die Operation
herbeigeführte Verschliessung der Scheide ganz von der Ein-
wirkung der Luft abgesperrt wurde und so das Leben der
Kranken viel länger erhalten blieb, als es unter den gewöhn-
lichen Verhältnissen der Fall gewesen wäre.
Herr L, Mayer verwahrt sich gegen die Anslegmig»
dass alle blutenden Geschwüre von ihm für Vorläufer des
Gancroids erklärt seien. Er habe nur die Blöglichkeit nach-
ISftr Gebarlahfilfe in B«rllB. 255
veiMii woUen, das8 ein oo?ercUiehüg scheinendes blutendes
papiUftres Geschwdr mit der Zeit zur canci^iden Degeneration
föhren ktone. Das einzige sichere Krtterium dieses inne-
wekoenden Charakters sei die mikroskopische Untersuchung
abgetragener Stucke.
Herr Körte findet auch diese nicht ausreichend. Ihm
sei z. B. ein Fall erinnerlich, wo eine derartige Untersuchung
von den bekanntesten Mifcrokopikem eine gute Prognose be-
gründet und dennoch die weitere Entwickelung der Geschwulst
zum Tode gefährt habe.
Herr Mayer giebt die Schwierigkeit der mikroskopischen
Untersuchung zu und findet sie auch zur Zeit noch niclit
ausreichend. Dies sei indess keüi Grund, sie gänzlich' zu
verwerfen. Sie bliebe doch das einzige Mittel, Unterscheidungen
zu begründen und seien die bis jetzt festgestellten auch in
einzelnen Fällen nicht stichhaltig, so müsse man doch dahin
sCreben, durch genauere Beobachtungen noch strengere Unter-
scheidungen zu begninden.
Herr Ohhausen spricht:
Ueber die Ansichten der Entstehung der Spondy-
lolisthesis mit Beschreibung eines derartigen
Präparates.
^Hienn eine Tafel Abbildungen.)
Das Toriiegende zu besehreibende Becken gehört seit
vier Jahren dem Museum der hiesigen Uniyersitäts-Entbindungs-
anstatt. Die Geburt 4>ei der betreffenden 45jährig6n Erst-
gebirenden beobachtete Heeker und hat dieselbe in dieser
Zeitschrift 1856 Deoember» p. 407 beschrieben; er fügte der
Geburtsgeschichte eine kurze Schilderung des Beckens bei
nad behielt sich eine genauere Beschreibung Tor, die jedoch
nicht erfolgt ist Ich halte das Becken für interessant genug,
um es einer genaueren Beobachtung zu würdigen, indem ich
glaube, es iür ein spondylolistbetisches Becken geringsten
Grades ausgeben zu können. Die Wirbelschiebung ist allerdings
eine nobedeotende und deshalb die Difformität mit deijenigen
der bisber beschriebenen Becken nicht vergleichbar; doch
glaiibe ich, dass zur Aufhellung der Aetiologie dieser Ab-
XV. Yerhandlim^B dvr Oeselhchaft
normitflt es zweckmässig ist, jedes derartige Becken gsDaa
zu beschreiben.
Ich will der Beschreibang des Beckens ein kurzes Referat
der bidierigen Ansichten Aber die Aetiologie der Spondy-
lolisthesis vorausschicken. Die kurz ausgesprochene Ansicht,
dass die Abnomütftt angeboren sei, wie Kimsch, Spaeih
und Sejifert sie äussern, «chliesst eine eigenükhe Eriüärung
nicht in sich. Als solche wird nun von Einigen eine Er-
weichung der Zwiscbeowirbelscbeiben, der Ligamente und
Wirbelkörper angegeben, wobei durch irgend eine plötzliche
Bewegung oder durch anhaltend gebückte Stellung etc. die
Lendenwirbelsäule zuerst ihre flxirte Stellung auf- dem Kreuz-
beine ein wenig verändert und dann durch den Druck der
Körperlast ein weiteres Abgleiten, mit Coinpression der er-
weichten Gebilde, zu Stande kommt Diese Erklaruug nimmt
Küian mit Entschiedenljeit in Anspruch für das Paderborner
Becken. Hier lassen die Form des ersten Kreuzwirbels und
der Intervertebralscheibe, die abgerundete Oberfläche der
Superficies articularis afn Kreuzbeine mit Bestimmtheit auf
Compression, respective Usur durch einen Druck schli^ssen,
welcher zum Theil in abnormer Richtung gewii'kt hatte. Dass
in diesem Falle die DiiTormität erst während des Lebens (nach
dem 17. Jahre) entstanden war, ergiebt die Anamnese; die
betrelTende Person hatte Jahre lang, vorzüglich nach ihrem
17. Jahre, an den heftigsten Kreuzschmerzen gelitten und
erst nach dieser Zeit die auffallend gebückte Körperhaltung
und den quadnipedalen Gang angenommen. Als weitere Ursache
der beginnenden Wiii^elschiebung, nachdem durch etwekhen
Krankheitsprocess die Gebilde erweicht waren, nimmt KÜian
hier die anhaltend gebückte Stellung an, weiche die betreffende
Person bei ihren Feldarbeiten einzunehmen pflegte.
Für das Prager Böcken lautet Kutanes Diagnose wegen
der übereinstimmenden Verhältnisse an den Knochen und
Wtrbelscfaeiben mit grosser Wahrscheinlichkeit ebenso, wenn
auch hier die Anamnese nicht der Diagnose auf ähnliche Art
zu Hülfe kommt
Bei dem von Spaeth zuerst beschriebencfn Wiener Becken
No. 1715 (5203) scheint Kutan dieselben Ursachen, aber
schon im Pötalleben entstand«»!, anzunehmen; fftr angdiorenen
I&r G«kiutalifilfe in Berlin. 257
Djflormität sprechen ihm hier zwei an den Seiten des letzten
Lendenwirbels befindliche abnorme Forts&ize, welche ver-
mittels dttwier Knorpel mit ähnlichen Fortsätzen des obersten
Sacndwirbels sich verbinden; diese Fortsätze betrachtet Kutan
als nach dem Be^ne der Luxation entstandene Neubildungen,
welche das völlige Abgleiten verhindert hättoi und glaubt,
iaBs ich ihn recht verstehe, dass ihre Anlage bereits im
finalen Leben erfolgt sein muss.
Bei dem anderen Becken des Wiener pathologisch*
anatomischen Museums No. 1756 (5248) hält Rokitansky
die Gonsnmplion, ixat zwischen Os sacrum und Lendenwirbel-
sättle befindlichen Wirbelscheibe fOr die Ursache der Wirbel*
Schiebung. Lambl sagt hierüber, dass diese Aimahme in
keiner Thatsache einen Stützpunkt finde; einen congenitalen
Mangel dieser Scheibe kenne man bisher eben so wenig, als
einen fireiwilligen Schwund; eine primäre Consumption sei
deshalb eine unbekannte Grösse, welche eine andere unbekannte
nicht erklären könne. — Breslau erklärt sich bei dem von
ihm beschriebenen Mfinchener Becken für eine, erst nach der
Pubertät eingetretene Erweichung der letzten Intervertebral-
Scheibe als Ursache der Wirbelschiebung.
Gegenüber diesen Erklärungen, welche, wenn auch unter
sich verschieden, doch sämmtlich darauf hinauslaufen, eine
Erweichimg oder Schwund der primär erkrankten knorpeligen
und knöchemen Gebilde, sei es vor oder nach der Geburt
entstanden, als erste Ursache der Wiibelschiebung anzunehmen,
hat nun Lambl (SeanzonCs Beiträge zur Geburtskunde und
Gynäkologie, Bd. HI., 1858) ganz andere ätiologische Momente
ZOT Geltang zu bringen gesucht Lambl hat die bisher he*
sdiriebenen fünf spondylolisthetischen Beck«» genau anatomisch
aoalysirt und auf bisher übersehene oder wenig gewürdigte
Abnormitäten an denselben aufmerksam gemacht Er fand
an allen Becken die Spuren -einer früher vorhandenen
Hydrorrhachis, ^) in der partiellen Erweiterung des Wirbel-
■ •
1) Anch an dem neuesten spondylolisthetisohen Becken, welches
Crtd4 auf der Königsberger Versaminlang TorgeEeigt hat, ist ein
hjdrorrhachitischer Spalt vorhanden. Da eine Beschreibong erst
KU erwarten steht, so habe icii davselbe noch unberücksichtigt
lassen mUssen; — Zu erwähnen ist, dass Küian bei dem grossen
Moiiatsfcbr. f. OebarUk. 1861. Bd. XVn.. Hfl. 4. 17
258 X^- Verhftndimigdn der 6e8eIUoh«ft
canals und den dentlicben Ueberresten- einer Spina bifida.
Die Hydrorrbacbi« verwerthet Lambl zur Erkläning der
Spondylolisüieüs auf zweierlei Art: 1) Kann dieselbe zur'
Bildung überzibliger Ossiäcationspunkte und damit zur Anlage
von Scbakwirbeln Veranlassung geben, sowie am SchMel bei
mangelhafter Ossification der Kopfknochen zur Zeit der Geburt
in der Nähe der Fontanellen überzählige Verknöcherungs^
punkte und Ossicula Wormiana gebildet werden. 2) Wo dies
nicht geschieht, kann die Form und Stellung .der Wirbelbögen,
auch wo sie zum völligen Schlüsse kommen, verändert werden,
zwar so, dass die Bögen erweitert und, zumal an ihrem
Ursprünge, verdünnt werden, und dass die articulirenden Prooc.
ohliqui ausser Formveränderung eine Veränderung ihrer Stellung
erleiden; sie steUen sich mit ihren artkulirenden FUcfaen
parallel dem sagittaien Durchmesser (Längendurchschnitt .^es
Körpers), was dem Abgleiten eines Wirbds von don danmter
befindlichen günstig ist, während bei ihr^ normalen. SteUung
die Flächen der Procc. ohliqui inferiores am oberen Wirbel
nach aussen, unten und vom sehen, die Procc. ohliqui superiorea
des imteren Wirbels nadi iimen, oben und hinten, wodurch
dem Abgleiten möglichst entgegen* gewirkt ist
Für die einzelnen Becken stellt Lambl die Diagnose
folgendermaaasen: 1) An dem grossen Wiener Becken No. 1756
findet er als Ursache die abnorme Stellung der Proca ohliqui
des fünften Lendenwirbels und eine so auffallende Verlängerung
des Bogens und Verdünnung seiner Afticularportion, das«
der Zusammenhang mit dem Kreuzbeine ein sehr lockenr
wurde und die Spondylolisthesis eintreten musste; die Folge
war eine Atrophie der Zwischenwirbelscbeibe durch Druek
und eine Synostose «wischen Lenden wärbel. und Kreuabeia,
welche dem weiteren Ableiten em Ziel setzte. 2) Ganz
ähnlich lauitet LambPs Diagnose bei dem zweiten von Späth
beschriebenen Wiener Becken No. 1715. Hier hat sich nach
Lambl der letzte Lendenwirbel in den oberen Theil des Kreuz-
beins derartig eingesenkt, dass die Seit^nränder des Kreuzbeins
Wiener Becken allerdings auf die Hydrorrhachis als etwaige«
Utiologisches Moment schon aufmerksam machte, ohne jedoch
eine n&here Erklftrnng sn geben.
fftr Gebnrtabftlfe in Berlin.
den Wirbelkörper wie zwei Fortsätze umgeben. Diese als
abnorme Fortsätze von Kiliem, Späth und Rokitansky
beschriebenen Knochentheile sind also nach Lambl einfach
die Folgen stattgehabten Druckes. 3) Dieselbe Erklärung
passt, wenn auch etwas gezwungener, fflkr das Paderfoorner
Becken, wo freilieb das Leiden des Gesammtorganismus eine
Textnnrerändening der Knochen gesetzt hatte und den Grad
der Spondylolisthesis gesteigert haben mochte. 4) Bei dem
MAücbener Becken findet Lambl als Rudimente eines über-
zäUigen Schaltwirbels, einen Sechsten Proc. spinosus, einen
sechsten Proc. transvers. dexter; ausserdem die mit dem
Kreud>eiiie yerschmolzenen Procc. obliqui und das Rudiment
eines Worbelkörpers in Form einer dünnen Knochenplatte.
5) Bei dem Prager Becken endlich sind von einem Schalt*
«iiliel ein rudimentärer Körper, alle Fortsätze, freilich rudi-
mentär, und links über den Forr. sacralia ein überzähliges
Foramen intertransversarium vorhanden. In diesen beiden
Fällen hat also die Anlage eines rudimentären Scbaltwirbels
und die Art seiner Einfügung zwischen Kreuzbein und Lenden-
wirbel die Wirbelschiebung zu Stande gebracht. Die Ursache
ist also angeboren, aber nicht die Difformität, denn diese
entwickelte sich erst bei gegebenen Bedingungen durch die
Kärperlast beim aufrechten Gange.
Idi will jetzt die Betrachtung unseres Beckens folgen lassen.
Ueber die Geburt will ich aus Hecken^» angeführtem
Bcriefate nur erwähnen, dass bei unvollkommen erweitertem
Matlermimde die Nabelschnur neben dem Kopfe vorgefallen war;
ihre Reposition misslang; die Geburt wurde, nachdem das
Kind schon abgestorben war, später mit der Zange beendet,
da sich bei der Kreissenden heftiges Fieber und Erbrechen
chocoladefarbener Massen einstellten und die Beendigung der
Gebart verlangten.
Die Wöchnerin starb, nach anfangs scheinbarem Wohlsein,
36 Stunden nach der Gebart in einem eclamptischen Anfalle.
Die Section ergab beträchtlidie Verfettung der Nieren und
wurde die Erkrankung in der Geburt und das schnelle Ende
als Uraemie aufgefasst
Ueber das Becken sagt Hacker (a. a. 0. pag. 412) wörtlich
Fügendes: nlm Allgemeinen regelmässig geformt, zeigt es
17*
XV. Verhandlnng^en der Qesellscbaft
zunächst den schon erwähnten abnorm spitzen Schambogen;
die Entfemang der Tubera ischii von einander beträgt nänriicb
nur 3"6^ während die Spinae ischii 3" 6'" Abstand hAen;
der Raum in dem unteren Theile des Beckens wird aber
noch dadurch beschränkt, dass der erste Wirbel des Stms-
beins mit dem letzten Wirbel des Kreuzbeins knöchern ver-
wachsen ist Das eigenthömUdiste aber ist, dass sowohl der
Körper des letzten Lendenwirbels als der des ersten Kreoz-
beinwirbels zum grösseren Theil durch alte Spondylarihrocace
zu Grunde gegangen sind; in Folge dessen sieht man eine
unter dem Körper des vorletzten Lendenwirbels, der, ent-
sprechend der früher erwähnten linkseitigen Beekenkrümmiuig
stark nach dieser Seite und zugleich etwas nach vom gerichtet
ist, ein Wirbelkörperrudiment von IV«" Höhe, dessen oberer
vorderer Rand uneben in den Beckeneingang vorspringt
und den geraden Durchmesser desselben auf SV«" verkürzt,
während der untere stark nach hinten zurückwek^t und giebt
sich dies Stück als letzter Lendenwirbel durch die dazu
gehörigen Procc. transversi u. s. w. zu erkennen. Unter diesem
Stucke, gleichsam von ihm überragt, so dass man beide als
den in der Mitte geknickten Körper eines Wiiiyels auf den
ersten Blick ansehen könnte, befindet sich der verkümmerte
Körper des ersten Kreuzwirbels, auf den ein normaler zweiter
folgt Ohne an sich etwas Auffallendes xMler von den Residtaten
gewöhnlicher Spondylarthrocace Abwek^endes darzubieten, ist
die Veränderung in dem vorliegaiden Falle nur deshalb be-
merkenswerth, weil sie gerade den letzten Lenden- und ersten
Kreuzbeinwirbel betrifft
Eine genauere Beschreibung soll nun folgen:
Das gut macerirte Becken wiegt mit zwei daran befind*
lieben Lendenwirbeln nur 237« Loth. Die Knochen smd
dem entsprechend ziemlich gracil, gelb von Farbe, übrigens
von normalem Ansehen ; nur an der unteren Hälfte des Kreuz-
beins ist der Knochen etwas porös und zum TheU losgebröckelt
Abgesehen von der difformen Gegend des Promontorium hat
das Becken normale Formen und Verhältnisse; die Acetabula
sehen vielleicht etwas mehr als gewöhnlich nach vorn; der
auffallend spitze Schambogen von 50^ — 55 ^ dessen Hecker
wiederholentlich erwähnt, hat kaum nach aussen umgeworfene
für Gebnrtsbülfe in Berlin. 261
Ränder, also gaoz mämilicbe Form. Die Neigung des Beckens
war nach ITeeier^s Versicherung im Leben eine sehr bedeutende.
Dies darf nicht auffallen, wenn auch bei unserem Becken mit
den Tubera o. ischü und dem unteren Ende des Kreuzbdns auf
den Tisch gestellt, die Beckenneigung fast Null erscheint und
die ¥ordere Beckenwand deutlich etwas erhoben ist; wie bei
den sammtlicben übrigen Becken mit Wirbelschiebung; man
BOSS diese geiriBge Neigung des skelettirten Becken, wenn
ich so sagen darf, von welcher allein die Beschreibungen
siM^echen, nicht mit der wahren Beckenneigung an den Lebende
fcrwechseln. Letztere kann trotz dessen sehr gross gewesen sein.
Die zwei Torfaandenen Lendenwirbel sind von fast normaler
Form und Grösse, bilden aber eine deutliche Lordose, mit
einer sehr merklichen Neigung und geringer Drehung um die
Lingenaxe nach links. Der Körper des oberen Lendenwirbels
ist rechts circa 2'" niedriger, der des unteren links um
3' — 4^» als auf der jedes Mal entgegengesetzten Seite. Das
Becken mit seinen drei untersten Punkten auf den Tisch
gestellt, iaUt das untere Dritthdl des oberen Lendenwirbels
noch in das Bereich des grossen Beckens. Der untere Rand
des letzten Lendenwirbels liegt circa 2"' aber der Ebene des
Beckeneingangs.
Der Körper des unteroi Lendenwiiiiels bildet mit dem
oberen Theüe des Kreuzbeifis — wenn wir uns den difformen
Tbeil vorläufig fehlend denken — kaum einen Winkel, oder
es ist der nach vorn gekehrte Winkel kidner als 180^.
Beim normalen Becken dagegen beträgt der nach hinten
gerichtete Winkel im Mittel 135o, Welleicht sehr selten 150^;
der nach vom gekehrte also 225^ im Mittel, selten nur 210^.
Es wire also in diesem Falle der letzte Wirbel um 30<^ — 45^
nach vom über geneigt gewesen, wenn nicht ein geringer
Thal dieser abnormen Neigung auf eine mit der Maceration
erfolgte Disloeation zu schieben wäre; denn man sidit an
dem Proc. obliq. infmor deiUer dieses Wirbels (Fig. 2) und
seiner Stellung zu dem correspondirenden Proc. obUq. super.,
mit dem er articuhrte, dass eine geringe Disloeation in diesem
Sinne offenbar erst nach dem Tode erfolgt ist. Immerhin
ist nicht zu verkennen, dass eine toruberneigung des Wirbels
sdion im Leben stattgefunden hatte, zugleich aber — und
262 XV. VerhADdlangen der OeseUschaft
dies ist für den Charakter der Spondylolisthesis das Beweisende —
ist der ganze Lendenwirbel, also auch sein unterer Theil, zu
weit nach vorn gerückt, so dass sich sein unterer Rand
circa 4'" von der Vorderfläche des oberen Theils des Krcus-
beins (Fig. 1., 3) befindet, soweit dasselbe normal gebildet ist
Zwischen dem unteren Lendenwirbel und dem obersten
Theil des Kreuzbeins befindet' sich ein hohler Raum von
mehreren Linien Höhe (Fig. L, 2), welcher die sparsamen
Reste einer, entweder im Leben odar bei der Haoeration des
Beckens zu Grunde gegangenen Intervertebralscheibe enthält
Unter diesem Hohlräume, in den man von fem her hinem-
sehen kann, folgt nach abwärts das eigentliche Corpus delicti.
Es ist dies eine Knochenmasse von einigermaassen mandel-
förmiger Gestalt (Fig. L, 1), welche mit dem einen Längs-
rande, ziemlich breit dem vorderen oberen Theile des
Kreuzbeins aufsitzt und mit ihm synostotisch sich verbindet
Ihre grösste Dicke von oben nach unten beträgt 4"' — 5'^;
sie kehrt einen scharfen, unregelmässigen Rand von V/^"
Länge nadi vorn und unten gegen die Beckenböhle zu,
welcher nach links schon V von der Mittellinie in eine ab-
gerundete, gegen die Symphysis sacro-üiaca sinistra gerichtete
Spitze endet Nach rechts jedoch geht der vordere Rand in
einen seitlichen über, welcher bich über die Basis des Kreuz-
beins nach hinten wendet und in ^e später zu beschreibenden
Proc. obliqui und transv^^si übergeht Die Knochenmasse sitzt
also grossentheils rechts, da sie nach links die MittaUinie
nur um 4'" überragt Ihre nach unten gerichtete Fläche ragt
um 6'" über das Kreuzbein hervor; ihre nach oben gerichtete
um 2'" — B"' unter dem letzten Lendenwirbel und letztere
geht nach hinten in der Articulationsfläcbe des Kreuzbeins
mit dem Lendenwirbel über.
An der Stelle, wo das Kreuzbeins und die untore Seite
der beschriebenen Knochenmasse ineinander übergehen, bilden
sie einen Winkel von circa 100^ (Fig. L, 3), so dass sich die
Grenze zwischen beiden Theilen hier recht gut ziehen läset
An der Vorderfläche des Kreuzbeins von hier aus nach abwärts
gehend, triflt man sehr bald, schon nach 2"\ auf die erste
Querfurche des Kreuzbeins^ welche die Verschmelzung zweier
Kreuzbeinwirbel deutlich anzeigt Unteriialb dieser zählt man
för QQburtobüUe in Berlio. 263
Docb vm deutliche Kreiuwkbelkttrper uad einen synostotisch
verbundenen Steissbeinwirbel, der sich durch dieConnia coccygea
als solelier markirt. Die Vorderfläche des Kreuzbeins zeigt
aneaerdem vier Paar Foramina sacralia, deren oberstes rechts
bis in die Höbe der beschriebenen Knochenmasse sich erstreckt,
boks noch darüber hinausreicht.
Um nun diese Knochenmasse in ihrer Bedeutung richtig
zu beurtheilen» betrachten wii* die Hinterfläche des Kreuz-
beins (Fig. U. Durch ein Versehen ist hier in der Zeichnung,
wie man leicht sieht, der Steissbeinwirbel fortgelassen) und
zählen hier von unten nach oben gehend ganz deutlich sechs
Kreuzbeiawiii>el; der unterste hat statt des Proc. spiuos. die
Cornua sacralia (Fig. U., 6), auf welche nach oben fünf be-
soüder^ scharf ausgeprägte Procc. spinös, folgen (Fig. IL, 1 — 5).
Auch die übrigen Wirbeltheiie sind an der Hinterfläche des
Kreuzbeins deutUeher als gewöhnlicli ausgeprägt, so die Procc
obUqpii, die Procc. transversi, die Gruben , welche die Ver-
schmelzungsstellen der Wirbdbdgen andeuten; an dem zweit-
obersten Wirbel ist der Bogen in seiner Form recht deutlich
markiri und zwischen ihm und dem obersten Wirbelbogen
wird linkerseits die Grube zum wirklichen Loche (Fig. IL, 9),
welches rechts nur angedeutet ist. Die Procc transversi des
obersten Wirbels (Fig. H., 7 und 8) sind ziemlich dünn,
6" — 7"' lang und.vülUg selbstständig; sie lassen zwischen sich
und der oberen Fläche des Kreuzbeins einen circa 2"' breiten
Spalt. Unter jedem dieser Proc. transversi befindet sich ein
Foramen int<a1ransversarium, .welches auf der Oberfläche des
Kreuzbeins ausmündet und wodurch die Wurzel des Bogens
voUig selbstständig wird, während an der Hinterseite der
Bogen mit Sem darunter liegenden rechterseits verschmölzen
war. Die Procc. oUiqui inferiores bilden mit den superiores
des zweiten Wirbels verschmolzen die gewöhnlichen Höcker
an der Hinterseite des Kreuzbeins. Die Procc. obliq.'superiores
aber sind völlig ausgebildet und articulirten im Leben mit
den inferiores des letzten Lendenwirbels.
Haben wir nun an der Rückseite des Kreuzbeins sechs
Wirbel mit Sicherheit erkannt, so müssen diese auch an der
Vorderfläche nachgewiesen werden. Unter der ersten Quer-
264 ^^* Verhandlangen der Gesellschaft
furdie am Kreuzbeine hatten wir vier Körper gezähk; dber
derselben müssen also noch zwei hegen; diese beiden KGrpor
sind nun natürlich die unregelmässig geformte, oben be-
schriebene Knochenmasse von mandeU5nniger Gestalt und der
darunter liegende Theil des Kreuzbeins (Fig. L, 3), welcher
letztere in der Mittellinie nur 1*" — 2*", an der rechten Seite
3'" — 4'" hoch ist. Die Trennung beider Körper ist durch
den Winkel von circa 100^ deutlich markirt Der rudimentäre
Körper des obersten Wirbels geht an der rechten Seite, vrie
schon oben p« 262 gesagt wurde , in die obersten Proce.
transversi und obliqui an der Rückseite unmittelbar über.
Bdde so stark rudimentäre Wirbelköri)er, deren Höhe
in der Hittellinie zusammen nur 6"' — T" beträgt, verschwinden
in der linken Beckenseite fast gänzlich; hier entsteht deshalb
unter dem vorspringenden letzten Lendenwirbel eine Lücke
(Fig. L, 2) nach hinten vom Kreuzbeine und dem über ihm
liegenden hohlen Räume begrenzt, nach oben von der unteren
Fläche des vorspringenden Lendenwirbels.
Betreffs des Kreuzbeins muss ich noch erwähnen, dass
dasselbe symmetrisch geformt ist; seine Flügel sind von
gleicher Breite; die Procc. spinosi halten die Blitteflinie ein
zwischen den hinteren Abschnitten der Darmbeinkämme. Eine
scoliotische Krümmung des Knochens ist nicht bemerklich;
die Aushöhlung von oben nach unten ist gering, wenn man
von dem oberen ganz anomalen Theile absieht
In Bezug auf die jetzt folgenden Maasse d^ einzelnen
Durchmesser muss ich bemerken, dass das Becken an seinen
Synchondrosen zwar kunstlich geheftet ist, jedoch so genau
und richtig, dass dies dep Genauigkeit der Maasse, wenigstens
im Beckeneingange, kaum Eintrag thun kann. Nach Kutan'»
Vorgang habe ich überall das Pied-du-roi-Maass zu Grunde
gelegt ^
CIromea Becken:
1. Kleiner QaerdnrcbmeMer , 10".
2. Grosser Qaerdurcbmesser , 10" 8"'.
8. Höhe der Darmbeine (vom Scheitelpunkt der In eis.
ischiad. major zum höchsten Punkte der Crista ilel,
äusserlich gemessen 8" 8'".
4. Tiefe des grossen Beckens 2".
ffir GebuHshülfe in B^rän. 266
Hohe des Erenibeins (yom hSebsten Pnnkte der
Yorderfläche, soweit tfie normal gebildet ist, sur
Spitze) 2" 7'".
Höhe des kleinen Beckens (vom Tuberenl. ileo-
pectin. xur Basis tnberosit oss. iscbii) S" 7*^.
H3he der Schamfage 1" 6'".
Breite des Krensbeias (an der Linea arcnata) . . .v ^"'
Breite des Scbambogens, 1^' unterhalb seiner Spitze . 1" S"\
Peripherie des Beckeneingangs l^Vs''*
Gerader Durchmesser der Beckenenge (vom
unteren Ende des ersten Steissbeinwirbels an ge-
messen) 4" a"'.
Entfernung der Spinae o. iscbii 8'' 6'".
Becbenelngaiig.
Die gebnrtsbfilfliohe Conjngata (fallt swisoben das obere
Ende der Sobamfage nad den oberen Band des lotsten
LendenwirbeU) . 8" 8'".
Entfernung des oberen Endes der Scbamfuge von der
Torspringenden Leiste des oberen rudimentären
Wirbelkörpers 3" 6'"-
Desgleichen rora oberen Ende des vorletzten Lenden-
wirbels 8" 9"'.
Eigentliche Conjugata (vom oberen Ende des normal
gebildeten Kreuzbeins aus gemessen) 4".
1^ bandelt sich nim um ErkläruBg des Präparats. Man
kann zimacbst fragen, ob der obere der zwei rudimentäreD
Wirbe] ein Kreuz- oder Lendenwirbel zu nennen sei. Ich
glaube entschiedmi, dass man ihn als Lendenwirbel betrachten
moss, me dies auch berdts Hecker gethan hat Die linker-
sMts rortaandene Oeffnung unter seinem Bogen (Fig. IL, 9),
welche ihn von dem daruirter liegenden Bogen trennt, spricht
sdion mit Wahrscheinlichkeit daftir; noch mehr thun dies
die gut entwickelten Procc. obHqui superiores und am meisten
die ¥00 den Kreuzbeinflügeln ganz isolirten Procc. transversi
(Fig. n., 7, 8) mit den darunter befindlichen Foramina inter-
transversaria. Die synostotische vollständige Verschmelzung
dieses Lendenwirbels mit dem Kreuzbeine ist aller Wahrsdiein*
licfakeit nach auf denselben Process zurückzufahren, welcher
die Wfa'belkürper zerstörte. Wann hat nun dieser Protess
stattgefunden? Vormuthlich noch im fötalen oder einer frühen
Zeit des extrauterinen Lebens. Hierfiar sprechen zwei Grunde:
266 XV* VerbandhiDi^n der Gesellschaft
1) Die innige Verschmelznng anch am hinteren Tlieile des
Wirbels, an den Procc. obliqui und einem Theile des Bogens.
Eine Verschmelzung der Wirbelkörper hätte zwar zu jedo*
Zeit des extrauterinen Lebens erfolgen können; die Bögen
aber, welche normal gebildet und durch den Krankheitsprocess
in keiner Weise lädirt «nd, konnten wohl nur zu einer Zeit
synostotisch verwachsen, wo die Entwickelung der Knoch^
und ihrer gegenseitigen Verbindungen noch unvoBendet war.
2) Spricht für eine frühzeitige Synostose die Kleinheit des
Bogens ; wäre derselbe^ erst nach völliger Entwickehing ver-
schmolzen, so würde er grösser sein; durch zeitige Synostose
wurde seine Entwickelung aber gehemmt.
lieber die Art und Weise, wie die ganze Diflbrmität
entstanden, lässt sich wohl ein negatives, aber nicht mit
einiger Sicherhät ein positives Urtheil fällen. LambV^ Er-
klärungsweise ist bei unserem Präparate nicht anzuw^den.
Es fehlt jedes Zeichen einer früher dagewesenen Hydrorrhachis,
wie Erweiterung des Wirbelcanals und Spuren einer Spina bifida.
Auch haben Bögen und Gelenkfortsätze die normale Form
und Richtung. Einfach eine Missbildung, ein Vitium primae
formationis anzunehmen scheint mir ebenfalls unstattliaft. Es
kommen zwar nicht selten mangelhafte Entwickelungen von
Wirbeln vor; aber diese haben keine andere Form, fambl
hat in seiner Abhan<Uung mehr solche Wirbdaäulen beschrieben
und abgebildet und Prof. Virchoto zeigte mir ein Präparat
des hiesigen pathologischen Museums, wetdbes hn oberen
Theile der Brustwiii>elsäiile eine Menge solcher rudimentärer
Schaltwirbel ^thält; dies sind die Wirbelstueke von meist
keilförmiger Gestalt, welche, zwischen die ftbrigen Wki>el
eingeschoben, Verkrümmungen der Wirbdsäule bedingen köoneo
oder durch ähnliche andere Sdialtwirbel compenort werden;
sie haben jedoch immer einigermaassen glatte Flächen, er-
scheinen wie Stücke, die aus normalen Wirbehs aus-
geschnitten sind und verbinden sich ziemlich eng mit den
daran stossenden Wirbeln, deren Articulationsflächen dann ^er
Form der Schaltwirbel angepasst sind. Unsere Wirbelrudimente
sind dagegen ganz abnorm geformte Knochenstücke, deren
Gonfiguratiou ziemlich deutlich die Zeichen stattgehabter
Compression an sich tragen. Der Bogen ist hinten an seiner
filr GftburiBMiUe in B«Ttia. 267
nomiideti Stefie; vorn der K/hper okht; er fiberragt den
dieren Theü des Kreusbeiiis um h'" — 6'", weil er einen
Druck von oben ber auszuhalten hatte. Seine Oberfläche,
sowie das nach vorn hervorgequollene Stück sind überdies
so uneben geformt, dass dies auf einen Krankheitsprocess
mit grosser Wahrscheinlichkeit schliessen lässt Ebenso spricht
, dafür der fast vollkommene Schwund der Intervertebralscheibe,
denn dass diese bei der Maceration des Beckens zu Grunde
gegangen sei, ist mir nicht glaublich; es bleiben doch sonst
an allen Becken die Inlervertebralscheiben, wenn sie auch
zusammenschrumpfen, erbalten. Der Schwund ist also wohl
Folge eines Krankheitsprocesses. Welcher Art derselbe gewesen
ist, durfte sich schwerlich näher bestimmen lassen. Gegen
eine fröhzdtig entstandene Fractur und gegen cariöse Zer-
störung der Wirbel spricht der Mangel aller Osteophytbildung
in der Umgebung; selbst die nächsten Knochentheile über
and unter der difformen Stelle sind ganz glatt und normal.
Welchen Process man aber auch annimmt, so waren zuerst
die Wirbelk^Jrper grössten Theils zerstört oder atrophirt. Die
deutlichen Zeichen der Compression an den Wirbelkörper-
rudioienten lassen annehmen, dass wenigstens auf die Reste
der Körper ein Druck formveränderud eingewirkt hat. Dass
der grösste Tfaeil der Wirbelkörper nur durch den Druck
verioren gegangen sei, ist aber unwahrscheinlich; es hätte
sich dann vermuthücb eine bedeutende Lordose sowohl, vde
Wn-belschiebung entwickelt Weil noch vor vollendeter Ent-
Wickelung die Wirbelkörper grösstentheils resorbirt wurden,
konnten sich die Höhendifferenzen der vorderen und hintei*en
Wand besser ausglichen imd der Druck der Wirbelsäule
brachte nur eine kleine. Deviation zu Stande.
Unsere Diagnose lautet also so:
Durch etwelchen Krankheitsprocess ist der grösste Tbeil
des Körpers des letzten Lendenwirbels und ersten Kreuzbein-
Wirbels zerstört worden und schon frühzeitig im extrauterinen
oder noch im fötalen Leben Synostose beider Wirbelkörper-
Tudimente zu Stande gekommen. Zugleich ist dabei die vor-
letzte Intervertebralscheibe zu Grunde gegangen. Die geringen
Reale der zwei Wirbelk^rper hatten spätei* tm extrauterinen
Leben den Druck der Wirbelsäule zu leiden, quoUen zum lliei]
268 XV. VerbandloBgen der Gesellschaft
nach vorn heraus und so kam eine massige Lordose der
Lendenwirbelgäule mit geringer Spondyiolisthesis zu Stande.
Erklärung der Figuren.
Figur L
1. . Körper des letzten Lendenwirbels, atrophirt und com-
primirt, mit dem Kreuzbeine s.ynostotisch verbunden.
2. Grosse Lücke oberhalb des Kreuzbeins, linkerseits, durch
fast völligen Schwund des genannten Lendenwirbels an
dieser Stelle, entstanden,
3. Stelle, wo der rudimentäre Körper mit dem oberen Theile
des Kreuzbeins einen Winkel von circa 100^ bildet
Dicht darunter die erste quere Erhabenheit zwischen
den obersten Foramina sacralia.
Figur IL
1. Proc spinpsus des rudimentären Lendenwirbels.
2 — 4. Procc. spinosi der obersten SacralwirbeL
6. Comua sacralia des letzten Sacralwirbels.
7 u. 8. Procc. transvei'si des rudimentären Lendentirirbeis.
9. Loch zwischen dem Bogen dieses und des ersten Sacral-
wirbels.
Gegm diese Auffasuag erklärt sich namenüich Herr ChirU,
der die Verbildung des Beckens eher auf Caries als auf
Spondyloiisthese zurückführen will. Bei dieser konmie kein
Substanzen Verlust, sondern eine einfache Verschiebung der
Wirbelknocben auf einander vor, bei dem hier in Rede
stehenden Becken indess sei. ein Substanzveriust nachweisbar
und dieser könne nur auf Caries zurückgeführt werden, da
eine Fraktur als Ursache anzunehmen bei dieser isolirten und
verborgenen Lage durchaus unstatthaft sei. Wende man gegen
seine Meinung ein, dass bei Caries auch Osteophylenbildung
nicht .ausbleibe und diese hier nicht vorliegen, so müsse er
darauf hinweisen, dass bei längerer Dauer Osteopfayten wieder
resorbirt würden, und ohnehin sei er geneigt, den scharfen
vorspringenden Rand des letzten Lendenwirbels als Osteopbyten-.
bildung aufzufassen.
Herr Olshausen giebt die Mögüehkeit der EntsleUung
der Hissbildung durch Caries zu und glaubt, dass auch l»er
fltr'QebBrtabittie in BacUji. 269
eine eigeaüidie Wirbelschiebang rtattgefuudeii hd)e, wenn
anch viciieieht aus anderer Ursache als in den bisher als
Spondylolisthesis beschriebenen Fällen. In geburtshulfliclier
Hinsieht, sei dies indess von derselben Bedeutung.
SitauDg vom 8. Januar 1861.
Uerr Martin berichtete über eine von ihm vor einigen Tagen
mit günstigem Erfolge bei einer lebensgefährlichen
Intrauterinblutung vollzogene Transfusion.
Fkau W.y eine 20 Jahre alte Prioüpara, im achten
. Monate schwanger, hatte in Folge eines Schreckes beim
SchlittfiBfahren am 1. Januar mehrere Tage gekränkelt, und
war deshalb von einem CoUegen mit Infusum Semiae u. dergl.
behandelt. Am 5. Januar sollen entzündliche Erscheinungen
am Uterus eine-Venäsection nothwendig gemacht haben. Vor
Mitternacht desselben Tages traten Wehen auf, zu deren
Förderung vom Hausarste Rad. ipecacuanhae und ein Dampfnad
verordnet vnirden, in welchem letzteren das Fruchtwasser
abfloss und eine nicht unerhebUche äussere Blutung eintrat
Da diese fortdauerte und bald Zeichen von Anämie sich ein-
stellten, ward Biein Beiraih verlangt.
Als kh am 6. Januar früh 6 Uhr hinzukam, fand ich
den Muttermund %" im Durchmesser, unnachgiebig, daiiiber
den Kopf der Frucht bereits tief in die Beckenhöble herein-
gesunken; einen anhaltenden massigen Abgang fldssigen Bhites;
keine FötalherztAne; Leib massig ausgedelmt, empfindlich,
zumal im Muttergrunde, wo die Kreissende besonders über
lebhafte Schmerzen klagte. Gesieht verfallen, Augen tiefliegend.
Baut bleich; Puls 108, klein. — Die heftigen, aUmälig zu-
nehmenden Schmerzen am Muttergrunde, welcher merklich
ausgedelmt wurde, die Zeichen von Anämie bei massigem
Blutflnsse aus dem Uterus, die wässerige Beschaffenheit
des abgdienden Blutes ohne Gerinnsel liessen die Diagnose
auf Intrauterinblutung durch vorzeitige Abtrennung
des Mutterkuchens stellen. Die Unnachgiebigkeit des
mangelhaft ei*weiterten Muttermundes verbot eine sofortige
270 ^^- VerhAiidlangeD der OeteHachaft
Entbindung, am so m^br als der vorzeitige Abflnas des
Fruchtwassers* und der feste Stand des Kopfes im Becken &
Wendung auf die Füsse und somit das Accouchement forc^
widerrieth. Es wurde deshalb tamponirt und der Efisatz des
verlorenen Blutes durch Eiertrank, Bouillon u. s. w. versucht,
wogegen jedoch der Hagen durch Erbrechen reagirte. Als
um 8 Uhr Morgens der Muttergrund unter zunehmender
Beängstigung der Kreissenden immer höher stieg und gleich
einer spitzen Geschwulst in der Magengrube hervortrat, der
Puls kaum fühlbar wurde, und der Verfall der Gesichtszüge,
die Ohnmachtanwandlungen, die sinkende Temperatur, die
drohende Lebensgefahr durch innere Verblutung verkündeten,
entschloss ich mich, die Transfusion vorzunehmen, und führte
dieselbe nach Herbeischaifung eines geeigneten Individuums,,
eines kräftigen gesonden Hausdieners, von welchem das Bkit
durch eine VenAsection an der Mediana entlehnt wurde, unter
Assistenz des Hausarztes Herrn Geheimen Sanitätsratfaes
Dr. We$tphal und meines klinischen Assistenten Herrn
Dr. Strassmann gegen 9 Uhr Morgens mit meinem hierzu
früher angegebenen und erprobten Apparate ^) aus« In die
am rechten Arme durch einen etwa 4 — 5'" langen Haut*
schnitt blossgelegte Medianvene stiess ich den flache Troikar
ein und injicirte mit der gehörig erwärmten Glasspritze auf
vier Mal beiläufig 6—7 Unzen des in einer Tasse, welche
in Wasser von -f 80^ R. stand, so eben aufgefangenen Blutes.
Die Operirte klagte über keinerlei unangenehme Empfindung,
zeigte alsbald wieder einen Anflug von Röthe auf den Wangen
und verarbeitete nunmehr die indessen anfgetretenen Treibwehen
kräftig. Nach Wegnahme des Tampon fand sich der Multei^
mund durch den in dritter Schädellage bis zuin Beckenausgange
herabgetliebenen Kopf fast vollständig erweitert, so dass der
Ausziebuttg des Rindes kein Bedenken weiter entgegenstand
Dass dieselbe bei den immerhin mangelhaft vorbereiteten
Genitalis und der ungünstigen KopfsteUung nicht ohne Mühe
mittels der Zange bewirkt werden konnte, stand zu erwarten;
dennoch gelang sie nach drdfaeber bidsion des breketi
i) S. meine Schrift: Ueber Transfasion bei Blutungen Neu-
entbundener. Berlin 1869. Mit Abbildungen. 8. 84.
t
für Geburtobölfe in Berlin. 271
DaBMnes ^ine weitere Liäon desselben. Das Kind, eio wohl-
gebildetes acht Monale altes Madchoo» war, wie bereits die
Auscültation ergeben hatte, todt. Hit der alsbald durch
Druck auf den Uterus herausgeforderten Nachgeburt kamen
ober zwei Pfund schwarses grumoses i^tgerinnsel zu Tage,
und die AussenOäche der Placenta zeigte einen coinprimirteii
Tbeil yron ckca \ der Flädie, an deren Grenze die Cotyledonen
wallartig hervortraten; am comprimirten Rande haftete noch
ein firiscfaeres festeres Blutcoagulum inniger mit dem Placentar*
gewebe zusammen. Das Verhaitniss zum. Eibaütriss war nicht
genauer zu bestimmen; der Nabelstrang erschien odematös.
Obsdion der Gebarmutterkörper sich kräftig zusammen-
zog, folgte doch, nachdem die Entbund^e durch Champagner
erquickt worden war, eine Nachblutung, welche durch wieder«^
holte Einspritzungen von verdünntem Essig und spdter von
Liquor ferri sesquicblorati mit Wasser zum Stillstand gebracht
wuide, allein trotz des inneren Gebrauchs von Spiritus fern
clilorati aethereus wieder einen solchen Grad von Anftinie
veranlasste, dass hei der Unmöglichkeit die Blutbildung durch
NahrttDgsmittel zu unterstützen, eine nochnudige Transfiisiou
onerläsalich erschien. Dieses Hai gab ein gesunder 21 Jahre
alter Jüngling, der Schwager der Wöchnerin, seinen Arm
zum Aderlasse her, und es gelang der wiederholt OhnmAchtigen,
die Aber Dunkelwerden, Schwindel, Brustbeklemmung u. s. w.
gekk^t hatte, und do-en Puls zdtweise nicht mehr zu fühlen
war, nochmals circa 3 Unzen Blut in die Vena basüka des
rechten Armes zu injiciren. Allmälig erholte sich die Kranke,
die jetzt vorzüglich über quälenden Durst klagte, jedoch
nichts als frisches Wasser trinken wollte. Der Puls ward
wieder deutlich fühlbar und die kühlen Extremitäten wärmer.
Von Mittag 2 Uhr an wurde abwechsehid von dem Spir. ferri
chlerali aethereus und von der Tiact opii crocata gegeben
und später langsam eine Tasse laue Milch gereicht Am
Nadranttage stellte sich Schweiss, und ein erquickender Schlaf
rin, damit kehrte Theiluahme und Heiterkeit zurück. Auch
in der folgenden Naeht erquiekte ein ruhiger Schlaf mit
starker Transspiration, und das Wochenbett verlief, abgesehen
von andauernder Pulsfrequenz, einigen Harnbeschwerdeu und
Empfindliehkeit des Unterleibes, ohne erhebliche Störungen,
272 ^^- VerhftiidlaBffeii der GesvIUchaft
so ckiss Fraa W. am vierzeliiitefi Tage das Bett lu ferlassea
im Stande war uod sich allmäUg erholte. —
Da ich in meiner Schrift über die Tranafwsioa bei
Bitttungen Neuendiundener meine Ansichten Aber diese for
den unmittelbaren Wiederersatz des verlorenen Blutes ohne
Zweifel sehr wichtige Operation und detea sicherste Aus-
föhrungsweise ausflQhrlich dargelegt habe, so füge idi hier
nur eine Bemerkung hinzu, welche sieh mir durch nach^
stdienden Fall in meiner hiesigen Praxis aufgedrängt hat
Vor einigen Monaten wurde ich eiligst zu einer Wöchnerin
gerufen, welche in Folge von sehr betrichdicbem Blutverluste
dem Tode nahe sein sollte, um sie durch die Transfusion zu
retteflT. Am Krankenbette angelangt hörte ich von dem be-
handelnden Arzt«, dass die Leidende etwa 20 Stunden zuvor
in der Nachgeburtsperiode eine sehr heftige Blutimg erfitten,
welche allerdings sistirt war, aUein eine so grosse Schwüche
-und Anämie hinterlassen hatte, dass sie die vergangene Naeht
hindurch unruhig, schlaflos, sich hin und herwerfend und
kurzathmig zugebracht hatte. Ich fand die Kranke fast be-
wusstlos mit kaltem Schweisse bedeckt, den Pols kaum zu
fühlen, und erwies durch die Percussion den Erguss von
Serum in die Pleurasäcke, wie man ihn bei späterem un-
glücklichem Ausgange von Blutungen binnen der ersten zwei
Tage nach grossem Blutverluste gewöhnlich lindet Unter
diesen Umständen war begreiflieh von der Transfusion niebts
mehr zu hoffen; ich unterliess dieselbe, denn die si^n be-
gonnene Agone führte in V4 Stunde zum Ende.
Die Transfusion kann nach meiner Ueberzeugung nur
da nützen, wo die seeundären Veränderungen in Folge des
Blutverlustes, insbesondere die serösen Aussehwitzungen m
den serösen Höhlen der Brust und des Schädds noch nicht
eingetreten sind. Hier mag man sie als nutzlos unterlassen.
Herr Brcmdt hatte kürzlich eine Frau entbunden, bei
der er wegen sterker Blutung aus vorzeitiger Lösung der
Nachgeburt sehr frühzeitig zur Wendung schritt. Er dibtirte
den auf 1% Zoll geöffneten Muttermund schonend mit den
Fingern, wendete das Kind, extrahirte es; die Nachgeburt
wurde leicht entfernt und die Contraction des Uterus durdh
f&r OebnrtBhfilfe in Berlin. 27^
einige Dosen Seeale unterstützt/ um die noch andauernde
Blutung zu stillen. Da Patientin im höchsten Grade erschöpft
und anfimisch war und aber grossen Durst klagte, so erhielt
sie, aus Mangel an belebenden Weinen, bairisches Bier,
wdches sie mit sichtlicher Stärkung trank. Herr Brandt
erfuhr am anderen Tage, dass sie seitdem 13 Seidel Bier
consumirt habe, fand durchaus keine abnorme Aufregung und
gestattete deshalb den Weitergebrauch dieses Getränkes. So
belief sich das in drei Tagen verbrauchte Quantum auf
41 Seidel, welche ohne jeglichen Nachtheil von der Kranken
genossen wurden und die bedrohlichen Zeichen der Anämie
beseitigten.
Herr Weber empfiehlt bei vorzeitiger Losung der Placenta
die kalte Douche nach Seifferfs Vorschlage und behauptet
in einem kurzlich beobachteten Falle durch die erste Injection
Stillstand der Blutung und ergiebige Wehen hervorgerufen
zu haben. Ebenso in einem früher beobachteten Falle von
Placenta praevia.
Eerr Martin hat die kalte Douche bisher nur vorüber*
gebend wirksam gefunden und ist deshalb seitdem zum
Tampon zurückgekehrt
Herr Weber delßnirt indess sein Verfahren dahin, dass
er das InjeCtionsrohr bis in den Muttermund führt, so dass
allerdings die Wirksamkeit der so angestellten Injectionen
sieh nach dem (7often*scIien Principe der Einleitung' der
Frühgeburt erklM.
lloafttMehr.r.Oebartok. 18«1. Bd.XVn., HA.4. 18
274 XVI. Crediy Ueber die aweokmilfaigate Methode
XVI.
üeber die zweckmässigste Methode der Entfemcmg
der Nachgeburt.
Von
€rede.
In der Versammlung der Aerzte und Naturforscher in
Königsberg hielt ich am 17. September 1860 einen Vortrag:
,, Ueber die von mir geübte Methode der Entfernung des
Fruchtkuchehs bei natürlicher Geburf" (s. Monatschrift für
Geburtsk., Bd. 16, Heft 5, S. 337). Ich setzte im Wesentlichen
dieselben Grundsätze auseinander, ^reiche ich bereits im
Jahre 1853 in meinem Buche: „Klinische Vorträge über Ge-
burtshülfe, S. 599'' veröffentlicht hatte. Gleichzeitig mit der
Köuigsberger Versammlung hatte ich für «in Programm der
Universität Leipzig (ad memoriam Boiit) vom 22. September
1860 eine kleme Abhandlung: „De optima in partu naturali
placentam amovendi ratione** verfasst, in welcher ich bemüht
war, die von mir empfohlene Methode als etwas Neues, als
einen Fortsehritt nachzuweisen, indem ich einen kurzen
Ueberblick gab über die Vorschläge, welche dem meinigen
am nächsten stehen. Da dieses Programm einem grösseren
PubUkum nicht zugänglich ist, mein Vortrag in Königberg,
wenngleich einerseits lebhs^ Theilnähme und Anerkennung,
andererseits aber auch Zweifel und Bedenken hervorrief,
seitdem auch, wohl aus Anlass meines Vortrages, mehrere
Abhandlungen über denselben Gegenstand der Oeffentlichkeit
übergeben worden sind, weitere, wie ich weiss, noch folgen
werden, so mag es wohl Entschuldigung finden, wenn ich
nochmals hier auf die Sache eingehe, theils um Missverständnisse,
die sich schon bei der mündlichen Besprechung in Königsberg
herausstellten, zu beseitigen, theils um etwas ausführiicher,
als es in Königsberg nach den Vorschriften der Geschäfts-
ordnung geschehen konnte, meine- Ansichten zu begründen.
Es wird manchem Leser von Interesse sein, wenn ich hier
zunächst Jn kurzen und allgemeinen Zügen einen historischen
der Entfernn&g der Nachg^ebnrt 275
Ueberblick über die Methoden 2ur.£ntferninig der Nachgeburt
▼orausBcbicke. Ich folge hierbei theils eigenem Quellenstudium,
namentlich aber zunächst der vortrefflichen und höchst genauen
geschichtlichen Zusammenstellung der hatqitsächlichsten An-
sichten, Lehrsätze und Erfahrungen ober das Nachgeburtsgeschäft
und seine Behandhmg von Riedel (Verhandlungen der Gesellschaft
für Gebortshülfe in Berlin, Jahrg. 2, S. 61—123, Berlin 1847).
Dieser nimmt für die Lehre von der Behandlung des Nach-
geburtsgeschäftes vier Zeitabschnitte an. Der erste umfasst
die Zeit von den geschichtlichen Anfangen geburtsbülflicher
Assistenz bis zu Ettehariue R'öselin 1513. Die Behandlung
der Nachgeburt stand in dieser Zeit auf ihrer niedrigsten
Stufe. Kind und Nachgeburt blieben mit einander in Ver-
bindung, bis die letztere ausgeschieden war ; zögerte dieselbe,
so wurde des Kindes eigene Schwere benutzt, um durch
Hangen an der Nabelschnur das Heraustreten zu befördern;
war das Kind aus einem besonderen Grunde früher abgenabelt, .
so vnirde ein Gewicht an den Nabelstrang befestigt, oder
mit der Hand am Nabelstrang', gezogen; nebenbei mussten
gewaltsame Ersehütteningen des Korpers der Gebärenden nach-
helfen, wie Niesen, Pressen, Husten ^ dann spielten auch
Räncberungen mit den absurdesten Gegenständen, verkehrte
innere Arzneien und Einspritzungen eipe grosse Bolle. Femer
wurden gewaltsame Ablösungen aus der Gebärmutterhöhle
vorgenommen und die sitzen gebliebenen Stücke liess man
durch Fäubiss ausstossen. Es war in dieser Zeit eine
sehr gewaltsame, active und meist höchst unzweckmässige
Behandlung die gebräuchliche.
Der zweite Zeitraum reicht vom Anfange des 16. bis zum
Anfange des 18. Jahrhunderts, von BössUn bis Mauriceau
und Deventer. Man lernt in dieser Zeit einen Theil der
möglichen Abnormitäten näher kennen, man beobachtet Ge-
iahren bei verhaltener Nachgeburt, die früher empfohlenen
Arzneien werden verworfen, man entscheidet sioh zu einem
activen Eingreifen, indem man mit der Hand möglichst schnell
nach der Geburt des Kindes die Nachgeburt aus der Gebär-
mutter entfernt, man lässt sie nur zurück, wenn man die
künstliche Entfernung nicht vollenden kann oder weil man
durch Gewalt zu schaden furchtet Die Selbstbülfe der Natur
18*
276 ^^- Cred4^ Ueber die BweokmftflBigste Methode
ist noch nicht allgemeiner in das VerständniBs der Geburts-
helfer eingedrungen. Nur einzelne Stimmen warnen vor der
zu gewaltsamen Lösung der Nachgeburt, wie QmUemeau (1596),
Mawriceau (1695 und 1708). Es werden auch einzelne
Beobachtungen veröfTentlicht, in denen die Nachgeburt ohne
Schaden für die Fi*auen längere Zeit, Wochen und Monate
lang zurückgeblieben war {Sorlait^ Menaelius, Cummen,
DdiuB u. A.). Der berühmte Deventer (1701) huldigte
der eilig activen Methode.
Der dritte Zeitraum ümfasst die Zeil vom Anfange des
18. bis zum Anfange des 19. Jahrhunderts. Gestützt auf
Beobachtungen älterer Zeit über den unglücklichen Ausgang
unYorsichtiger und übereilter Hinwegnahme der Nachgeburt
und auf Erfährungen über den glücklichen Ausgang solcher
FäUe, in denen der Naturthätigkeit- allein die Ausscheidung
der zögernden Nachgeburt überlassen war, trat jetzt in den
rerschiedenen Ländern eine Parthei auf, welche die misskannte
und misshandelte Natur in ihre Rechte wieder einzusetzen
sich bemühte, und welche,* allmälig immer zahlreicher und
mächtiger geworden, endlich zu Ende des 18. uod zu Anfang
des 19. Jahrhunderts; die Anhänger eines eilig- activen Ver-
fahrens ganz in den Hintergrund treten liess. Am eifrigsten
vertraten diese Parthei Euyach (1725), Aepli (1776) und
Weissenbom (1797), ihnen schlössen sich in gleicher An-
schauungs weise viele berühmte Geburtshelfer an, wie Roederery
Crantz, Steidde, Dionis, de la Motte, Puzos, Levret,
Ould, Smeüie, Hunter, Johnson, TumbuUy Saxtorph,
Katzenberger y. Hirzel, Loder, Stein d. A., Osbom u. A.
Dagegen erhoben sidi noch immer gewichtige Stimmen gegen
diese Lehre {Hqrttrampß, Storch, ThebesiuSy Böhmer,
C. M.Weber, Fried d. J., Berger, Mesnard, Deleurye,
Barbette, Maubrat/, Chapman, Manningham, Bürton,
Pugh, Zeüer, Stark u. A.), Andere suchten zu vermittehi
(Fried d. A.). Aber fast alle Diejenigen, welche sich gegen
das alleinige Waltenlassen der Natur aussprachen, lehrten
nicht mehr so exdusiv das active fänschreiten, sondern suchte
die Indicationen dafür mehr und mehr festzustellen, während
dnzelne Gegner auch unter gewissen Umständen die künstliche
Lösung gestatteten.
der Entfernung der Nachgebart. 277
In dem vierten Zeiträume yom Anfange des 19. Jahr-
hunderts bis jetzt kam die schon am Ende des voraus-
gegangenen Jahrhunderts sich Bahn brechende Ansicht immer
mehr zur Klarheit und Geltung, dass die Ausscheidung der
Nachgeburt, ebenso wie die des Kindes ein physiologischer
Vorgang ist, dass dieser Vorgang aber ein pathologischer
werden kann und dann das Einschreiten geeigneter Kunsthülfe
erfordert Im letzteren Falle kommt es nur darauf an, die
zweckmässigsten, d. i. die naturgemässesten Mittel zu wählen*
„Finden wir freilich auch,'' sagt Jiiedel (a. a. 0., S. 101)
„keine Einheit der Ansichten und Grundsätze hinsichts der
Indlcationen zur künstlichen Hinwegnahme der Nachgeburt,
so lässt sich doch nicht verkennen, dass wir auf gutem
Grunde stehen, um einer endlichen richtigen Würdigung der
känsUichen Nachgeburtslösung im. Verhältnisse zu anderen
Kunstmaassregeln immer näher zu kommen." Die am meisten
beschränkte Anwehdung findet die künstliche Nachgeburts-
lösung bei Boer, Froriep, Wigand, Langermann, Fischer,
Bruch, Wegeier, A. E. von Siebold, Seulen, PiUchaft,
KtMner, C. Mayer , Capuron, Berger u. A.; — eine aus-
gedehntere bei Henschd, Weidmann ^ Carus, Schmitt,
Nägele, Prieger, Siein d. A., Hayn^ Hüter, Ritgen,
Kluge, Busch, Velpeau, Dewees u. A.; — den weitesten
Spielraam gestatten der künstlichen Lösung der Nachgeburt
and wollen dieselbe nicht lange nach der Geburt des Kindes,
meistens auch bei Abwesenheit dringender Zufälle, prophy-
laktisch zur Abwendung möglicher Gefahren ausgeführt wissen :
Oslander, Jörg, Schmidtmann, d^Out^epont, Ulsamer,
KHian, Horny Ed, C. J. von Siebold^ Rieche, J. H, Schmidt,
Hohl, Paetsch, Maygrief, Bjims, Clarke, Merriman,
Rob. Lee u. A.
So weit die nach RiedePs Zusammenstellung gewonnenen
geschichtlichen Resultate bis zum Jahre 1846. —
Befragen wir noch die Literatur der letzten 15 Jahre,
so finden wir eine wesentliche Umgestaltung der Lehre gegen
die vorausgegangenen Jahre nicht, noch immer stehen sich,
theüweise ziemlich schroff die Partheien gegenüber. Den
besten Beweis hierfür gaben schon die Verhandlungen der
GeseUscbaft für Geburtshülfe in Berlin,- welche dem Vortrage
278 X^I- OredS, Ueber die sweckibftssigste Methode
Yön Paetsch am 13. Januar 1846 folgten. Eine Einigung
war bei dieser Gelegenheit nicht zu erreichen und ist Oberhaupt
so lange unmöglich, bis nicht das richtige Verfahren an->
gegeben ist, welches- im Stande ist, gleichzeitig sowohl die
Gefahren einer künstlichen Lösung der Nachgeburt aus der
Gebärmutter als auch die Nachtheile eines längeren Yerweilens
der Placenta in der Gebärmutter zu verbäten. *
Es mussten ganz erheUiche Gefahren sein, welche beide
Methoden in ihrem Gefolge hatten, wenn sie die- tüchtigsten
Geburtshelfer in gegenüberstehende Partheien bringen konnten ;
und in der That sind sie es auch. Die Vertreter der schnellen
Lösung der Placenta fürchten nach vielfacher trauriger Er-
fahrung mit vollem Rechte die eintretende physiologische
Rückbildung der Gebärmutter vor der Entfernung der Placenta,
die Blutungen, welche so häufig noch spät erfolgen, die
Fäulniss der Placenta und daraus hervorgehende Entzündung
der Gebärmutter und Pyämie u. a. m. , und wenn auch
Beobachtungen vorliegen, in welchen eine, längere Zeit zurück-
gebliebene Placenta der Gebärenden keinen Nacl^theil zufugte,
so dürfen wir einen solchen ghicklichen Veriauf nicht als Beweis
benutzen, dass in einem anderen Falle es eben so gut ab-
laufen werde. — Die Vertreter des Waitenlassens der Natur
machen dagegen den Operateuren den durchaus richtigen
Vorwurf, dass Zerreissungen der Nabelschnur und der Placenta,
Verletzungen der Gebärmutter und anderer Eingeweide, heftige
Blutungen, Schmerzen, Entzündungen, Incarcerationen , Um-
stülpungen, Vorfalle und andere Krankheiten nicht immer
vermieden werden können und die Casuistik von altersher bis
in die neueste Zeit und die Criminaluntersuchungen gegen
Hebammen nnd Geburtshelfsr leiiren es mit genügenden Be-
weisen, bis zu welchen schauderhaften Metzeleien das empfohlene
Verfahren führen kann, wenn etwas ungeschicktere oder rohere
Hände die Operation auszuführen haben. Und gestehen wir
es nur, dass leider unter den Hebammen und auch den
Geburtshelfern viel Ungeschick und Roheit zu finden ist.
Welches von beiden Verfahren führt nun aber zu
grösseren Uebeln, das Handeln oder das Zuwarten? Diese
Frage ist trotz gewissenhafter Abwägung nicht zu beantworten,
so lange die Geburtshelfer in einseitiger Weise das Abwarten
der Sntferaong der Nachgeburt. 279
dar NatuiHiräfte. — dem Heraui^holen der Placenta mit der
Band gegenüberstellen ; die Gefahren dieser beiden Verfahren
möcbten sich ungefähr das Gleichgewicht halten. Die Frage
im» viehnehr so gestellt werden, ob 1) das Abwarten dar
Natnrkräfte oder 2) das Entfernen der Placenta überhaupt,
bald nach der Geburt, das richtigere Verfahren sei. Auf
diese Frage wird jeder Geburtshelfer, ohne sich zu bedenken,
die Antwort geben: es ist jedenfalls besser und gefahrloser,
möglichst bald die Nachgebart zu entfernen. Es kommt also
nur darauf an, das Mittel anzugeben, durch welches ohne
Einführen der Hand in die Geschlechtstheile die
Naehgeburt gefahrlos und schnell entfernt wird.
Die Natur lehrt uns nun zwar, dass sie das Nachgeburts-
geschäft ganz allein beendigt, durch dieselbe Tbätigkeit,
wekhe auch das Kind zur Welt bringt, gleichzeitig aber steht
es nach der Erfahrung aller Geburtshelfer fest, dass diese
Naturthatigkeit in vielen Fällen nicht stark genug oder nicht
schDell genug auftritt. Dann aber ist es das richtigste und
natürlichste Verfahren für den (^eburtshelfer, die Tbätigkeit
künstlich zu verstärken oder anzuregen so weit, bis die Gebär-
mutter im Stande ist, die ihr von der Natur gesetzte Aufgabe
vollständig zu erfüllen. Man stelle also den Grundsatz obenan:
die Gebärmutter selbst muss die Nachgeburt vollständig hinaus-
schaffen; je schneller nadi der Geburt des Kindes, desto besser;
thut sie es nicht bald, so muss sie dazu gezwungen werden,
sonst kann es zu spät werden und die mit Recht gefdrchteten
Naditheile und Gefahren einer länger zurückgehaltenen Placenta
stehen in Aussicht.
Dass die künstliche Erregung und Steigerung der Natur-
thatigkeit das wahrhaft zweckmässige Verfahren bei Be-
handlang des Nachgeburtsgeschäfles sei, haben ^lenn auch
schon lange die Geburtshelfer eingesehen und verschiedene
Mittel, diesen Zweck zu erreichen, sind im Laufe der Zeit
vorgeschlagen worden, keins derselben aber war von so
durchgreifender und für fast alle Fälle ausreichender Wirkung,
dass nidit doch umnar wieder die Geburtshelfer viel zu oft
zu dem Liegenlassen oder zu der künstlichen Auslösung der
Phcenta überzagehen gezwungen gewesen wären.
280 ^"^^^ Crsddf Ueber die sweekmttasigste Methode
leb erwähne hier beiläufig die von Mojon vorgeedilageDen
Injectionen von Essigwasser in die Nabelscbnurvene, femer
die Darreichung von Mutterkorn, Zimmt, Borax, das Saugen
an den Brustwarzen mittels eines Kindes oder kpnstlicheo
Säugers, die Compression der Aorta, das Auflegen eines
Sandsackes auf den Uterus oder gegen den Uterus, das Um-
legen einer festen Bauchbinde, das Aufträufeln und Verreiben
von Schwefeläther auf die Bauchdecken, kalte Au&cUäge auf
den Bauch, Einspritzungen in die Scheide und Gebärmutter,
die Electricität und andere mehr. Ohne den Werth aller
dieser Verfahren herabsetzen zu wollen, da sie sich in so
manchen Fällen sehr hülfreidi ei^eisen, werden jnir doch
wohl die Geburtshelfer beistimmen, dass sie keine sidieren
Mittel sind, ja dass sie oft gänzlich im Stiche lassen oder
ihre Wirkung sich zu langsam, zu spät geltend macht; sie
sind nur als gute Nebenhfdfen zu empfeUen.
Das beste, sicherste, schnellste und directeste Mittel zur
Anregung der Gebärmutterzusammenziehungen in der Nach*
geburtsperiode ist das Reizen und Reiben des Gebärmutter-
gruudes und Gebärmutterkörpers von den Bauebdecken aus
mit der Hand. Soll dies Verfahren aber wirklich den schnellen
und ganz sicheren Erfolg herbeiführen, so muss es stets
möglichst bald nach der Geburt des Kindes in Anwendung
kommen. Ist die Gebärmutter durch Blutungen bereits ge-
schwächt, hat sich die Schwäche dem ganzen Körper da*
Gebärenden mitgetheilt, so versagen die Zusammenziehungen
der Gebärmutter leicht.
So einfach und naturgemäss dieses Verfahren ist, so ist
es doch erst ziemlidi spät bei den Geburtshelfern zur Geltung
gekommen und bis in die neueste Zeit immer noch nicht
genügend ausgebeutet worden. In allen Lehrbüchern der
Geburtshulfe für Aerzte sowohl wie für Hebammen finden
wir das auszuführende Verfahren zur Fortnahme der Nach-
geburt ziemlich übereinstimmend im Allgemeinen ungefähr so
dargestellt, dass man nach einer Untersuchung der Gebär-
mutter von aussen her sich zunächst überzeugen solle, ob
wohl die Nachgeburt gelöst sei, was genau zu bestimmen,
oft sehr schwer ist, dass man, wenn die Lösung angenommen
der £i)tferDiiDg der Nmcbgebnrt. 281
wird, unter Leitung des mit der einen Hand gespannten
Nabelstranges, mit den Fingern der anderen Hand in die
Geschlecbtetheile bis über die EinsenkungssteUe der Nabel-
sdmur (also zuweilen recht hoch) eindringen und durch Druck
auf die Placenta gegen das Kreuz und durch sanften Zug an
der Nabelschnur die Nachgeburt herausholen solle. Dieses
directe Fortnehmen wird als die Hauptsache, als wichtigster
Act überall empfohlen und in allen mir bekannten Entbindungs-
schulen prakti^ gelehrt, — auf die gleichzeitige Thätigkeit
und Mitwirkung der Gebärmutter aber nur geringere Rücksicht
genommen, und nur wenige Geburtshelfer, wie ich sogleich
nachweisen werde, legen auf die Zusammenziehungen der
Gebärmutter den grösseren Wertb.
Findet man aber, wird femer gelehrt, die Nachgeburt
noch nicht gelost, so soll man ruhig die nöthigen Weben
abwarten, falls keine Gefahren eintreten; sind letztere aber da
oder drohen sie (Blutungen, Ohnmächten u. s. w«), so soll
man die Placenta mit der Hand aus der Gebärmutter entfernen.
Diese Vorschriften müssen meines Erachtens, theils weil
sie ganz überflüssig sind, theils zu grossen Gefabren führen
können, aus den Lehrbüchern und dem praktischen Unter-
richte entfernt werden, dagegen muss als Hauptsatz für die
Behandlung der Nacbgeburtsperiode die unausgesetzte Be-
wachung der Gebärmutter mit der Hand und die Entfernung
der Nachgeburt mittels natürlicher oder künstlich gesteigerter
Contractionen der Gebärmutter gelehrt werden.
Der erste Geburtshelfer, welcher überhaupt „Reiben des
Bauches'* als Beförderungsmittel zur Entfernung der Placenta
gerathen bat, ist nach RiedeFs geschichtlicher Uebersicht
(a. a. 0., S. 79) Plenk (Anfangsgründe d. Geburtsh., Wien 1768),
aber er empfahl es bei theilweiser Lösung und heiliger Blutung,
also bei einem pathologischen Zustande, und das mögen auch
schon vor ihm Manche .gethan haben, wie es unter gleichen
Umständen auch viele spätere Geburtshelfer zur Anregung
der Wehenthätigkeit anrietben. Im Jahre 1769 beschrieb
Rob. WaUace Johnson^) in seinem „a new System of
1) Diese mir bisher unbekannte Notls schickte mir mein
geschieh takondiger Freund Ed. v, Siebold (am 27. Febmar 1861).
282 X^'I- Creäi, Ucber die sweekmSMigtte Methode
midwifery, p. 200/ seine Methode die Placenta zu entfernen,
folgendermaassen :
„Wie iintersUitzt man die Austreibung der Placenta?
Durch einen äusseren Druck vom Bauche aus.
Sobald der Nabelstrang durchschnitten ist, muss die
Gebärende angewiesen werden, mit ihren beiden Händen
ihren Bauch möglichst gleichmässig von der Magen- und
Nabelgegend her zu drücken.
Durch Anspannen des Nabelstranges.
Sobald der Nabelstrang ungefähr eine halbe Hinute lang
angespannt worden ist, höre man damit auf, während der
Druck auf den Bauch noch fortgesetzt werden muss. Dieser
Druck auf den Bauch muss jetzt sanfter gemacht werden,
aber directer auf der hypogastrischen Gegend; dann wird
gewöhnlich die Placenta 10 — 15 Minuten nach der Geburt
des Kindes herauskommen, falls nicht ihre Anheftung sehr
fest ist SoUte dies sein, so muss jetzt die eine Hand des
Geburtshelfers an Stelle der der Gebärenden, auf die Aussenseite
des Bauches gelegt mid mit ihr ein möglichst gleichroässiger
Druck auf den Uterus ausgeübt ^) und der Gebärmultergrund
^eichzeitig zu den Schambeinen herabgebracbt werden, während
zugleich unten mit der anderen Hand der Nabelstraug an-
gespannt worden ist. Durch diese Methode wird gewöhnlich
die Triebkraft des Uterus so stark unterstätzt, dass die
Placenta in das kleine Becken hineingetrieben wird und durch
die Vagina hindurchgeht, besonders wenn sie schräg oder
mit einem Rande vorauskommt**
Ferner geht C. Mayer (Verhandlungen der Gesellschaft
mr Geburlshülfe in Berlin, Jahrg. 2, 1847, S. 47) in bester
Weise auf die Sache ein, indem er sagt: „Das allgemein
gebräuchliche, noch immer^elehrte Verfahi-en, die Nachgeburt
jedes Mal aus der Scheide, hervorzuziehen, ist ein über-
flüssiges — kann sogar unter gewissen Umständen nachtbalig
werden, insofern es durch ein frühzeitiges, unvorsichtiges
Zerren der Nabelschnur bei noch adhärirender Placenta, gar
1) JbAvwoA füg^ ineiner Annierknn^binza: „Ich habe die Methode
lange aasgenbt und finde mit Vergnügen ihre Zweckmässigkeit durch
die Praxis der Dr. Hunter nnd Dr. Harme bestätigt; letsterer
scheint sie zuerst in seinen Yorlesnbgen empfohlen sn haben.*
der Entfenmng der Nachgeburt. 28S
leicht partielle Lösung derselben und Hlmorrhagien veranlasst«
welche ein operatives Verfahren noth wendig machen, — oder
weil es drarch Reizung des unteren Segments der Gebärmutter
und des Huttemilmdes oder gar durch Abreissen des Nabele
Stranges Nachgeburtszögerungen und bei grösserer Unvor-
sichtigkeit, Einsackung und Umstülpung der Gebärmutter
verursachen kann. — Durchdrungen von der Richtigkeit des
Grundsatzes, man müsse die Naturfaülfe bei Förderung des
Geburtsobjectes so viel als möglich walten lassen, habe ich
seit längerer Zeit das Verfahren aufgegeben und die Aus^
treibung der Nachgeburt grösstentbeils der Natur ganz allein
überlassen. Ich pflege, wenn nach dem Aufhören der Pulsation
des Nabelstranges keine Wehen eintraten, den Fundus der
Gebärmutter mit der Hand in kurzen Intervallen zu reiben
und sah danach immer regelmässige Contcactionen, aber nie,
was von Hanchen behauptet wird, nachtheilige Folgen eintreten.**
Capnron (Cours thewnque et pratique d'accouchemens,
6. Mit, 1832) (8. Riedel a. a. 0., S. 110) empfiehlt in
gewöhnlichen Fällen Frictionen des Bauches.
Cateaux (Traite th^or. et prat de Tart des accouch.,
1853, p. 964 sq.) will gleichfalls bei Nacfageburtszögerung
den Gebärmuttergrund reiben, ChaUly-Honori (Trait6 prat
de Tart des accouch., 1842, p. 305) will unter dem Ziehen
an dem Nabelstrange mit der anderen Hand den Uterusgrund
überwachen, um sicher zu sein, dass selbiger nicht mitgezogen
werde, — Bttmn (Lehrbuch der Geburtshülfe, 1857, p. 195)
sagt: „Nimmt die Gonsistenz des Uterus während der Ex-
traction der Nachgeburt ab, so ist es empfehleuswerth, mit
einer Hand die Uterinkugel von aussen zu umfassen, durch
leichtes Kneten zu Contractionen anzuregen und während der
Uterinerhärtung ihrer Herabsenkung gegen den Beckeneingang
mitzufolgen.'' — HoTd (Lehrbuch der Geburtshülfe, 1855,
p. 594) meint: „Immer ist es der Vorsicht gemäss, die
Entbundene nicht „etwas^' (Lumpe) oder „leicht*' (Scanzont)
mitpressen zu lassen, aondem ihr jede Mithülfe zu verbieten
und den Uterus äusserlich bewachen zu lassen, um bei der
Extraction um so vorsichtiger zu sein, falls er lief in das
Becken folgt.** — Ed, v, Stebold giebt den sehr guten Rath:
„Sehr zweckmäsfflg ist es, gleich nach der Geburt des Kindes
284 ^^'^- Cr^^, Ueber die sweckmUssigste Methode
kräftige Reibungen des Unterleibes vorzunebmen, theils um
durch diese Unterstützungen der Contractionen der Gebär-
mutter jeder Blutung zu steuern, tbeilsum das Herabtreten
des Mutterkuchens zu fördern. Manchmal reichen selbst schon
diese Rdbungen zur spontanen Ausscheidung des Mutter-
kuchens aus, oder es bedarf nur eines sanften Zuges an der
Nabelschnur."
Rügen (Monatsschr. f. Geburtsk., 1856, Bd. 8, S. 233)
will bei der Gebiut des Kindes mehr den Druck von oben
als den Zug nach unten angenommen wissen; er erwähnt
aber den Druck für die Entfernung der Placenta nicht, wo
derselbe doch viel leichter ausführbar ist, als beim Kinde.
Spiegelberg (Würzburger med. Zeitschrift, II., 1861,
S. 39 sq.) geht in der anerkennendsten Weise auf meine
Methode ein, hat aber noch nicht hinreichende eigene Er-
fahrungen über sie sammeln können. Er empfiehlt für die
Diätetik der letzten Geburtsperiode die. in England allgemein
geübten Regeln, welche einfach in einer fortwährenden Ueber-
wachuBg des Uterus mit der Hand ?on den letzten Augen-
blicken der Austreibungsperiode an bis zur letzten Auschliessung
der Eianhange — bestehen. Es ist dies Verfahren zuerst
von White und Jos. Clarke eindringlich in seinem Werthe
hervorgehoben worden. Die Stelle bei Charles White (a treatise
on the menagement of pregnant and lying in women, 5. ediL,
1791, p. 113) lautet: „Auf diese Weise habe ich mehrere
Jahre gehandelt und kann mit Befriedigung aussprechen, dass
ich bei einer natürlichen Geburt niemals Gelegenheit fand,
4ie Placenta. mit der Hand herauszuziehen. Ich habe meine
Patientin niemals früher verlassen, als bis die Placenta heraus-
gekommen war, und bin niemals länger als eine Stunde da-
durch zurückgehalten worden.^' Jos. Clarke (Transactions
of the Association of the King and Queen*s College of
Physicians in Ireland, I. Vol.) (welcher Master des grossen
Dubliner Gebärhauses war) empfiehlt p. 367, die Gehurt des
Fötus wo möglich zu verzögern, dem Uterus mit der Hand
auf seinem Fundus zu folgen bis das Kind ganz geboren ist;
alsdann aber den Druck mit der Hand noch gehörig fort-
zusetzen und p. 370 fügt er hinzu: „Kurz, die sichere und
glückliche Herstellung einer Wöchnerin hängt auf das innigste
der Entfernnng der Neohgebnrt. 285
zasammen mit der allmSligen und ToUkommeDen Zttsaimnen^
Ziehung des Uteius.'' Die „morbid adhesion'' nennt er (p. 386)
„a very rare occunrence/*
Spiegdberg (a. a. O., S. 42) sagt in seinem Aufsätze:
„dass die Piacenta durch die in Rede stehenden Manipulationen
auch aus der Scheide und vor die äusseren Geschlechtstheile
getrieben wurde, wie CredS angiebt, habe ich im Allgemeinen
nicht gefunden. Es kam dies ?or, aber m der Hehrzdil der
Fälle blieb die Nachgeburt in der Scheide liegen und musste
aus ihr entfernt werden,^ deshalb hält er es auch für besser,
die Finger der einen Hand in die Scheide und an die Piacenta
zu bringen, während die andere Hand auf den Grund der
Gebärmutter wirkt.
(yDonovan (Dublin quarterly Journal May, 1860, p. 312)
wurde nach einer natOrlicben Geburt wegen einer Retentio
placentae hinzugerufen. „Ich fand,** sagt er, „den Uterus gross
und schlaiT, diePlacrata in der Höhle zuröckgefaalten. Meine
Patientin war sehr erschrocken und nervös bei ihrem Zustande.
Nachdem ich sie auf den Rücken gelegt und der Uterus sich
in der Mittellinie befand, drückte ich mit beiden Händen
kräftig den' Grund und Körper der Gebärmutter. Zuerst
kamen grosse Blutklumpen hervor,, dann folgte* unmittelbar
darauf die Nachgeburt**
Dasselbe habe ich in regelmässigen und in angeblich
oder vrirklich pathologischen Fällen, zu denen ich hinzu-
geholt war, unzählige Male beobachtet und gewiss erinnern
sich viele Geburtshelfer aus ihrer Praxis ähnlidier Vorgänge,
ohne dass von ihnen bisher aus denselben die richtigen
Consequenzen gezogen worden wären.
So ersehen wir . nach den zuletzt aul|;eführten Citaten,
dass viele Geburtshelfer der neuesten Zeit sich in Bezug auf
die Behandlung der Nachgeburtsperiode auf dem richtigen
Wege befinden, indem sie mit Recht auf die Naturkräfte der
Gebärmutter und auf die Controle derselben hinweisen; den
letzten und entscheidenden . Schritt glaube ich aber gethan zu
haben, wenn ich darauf dringe, bei allen Geburten zu*
nächst zu versuchen,, die vollständige Entfernung
der Nachgeburt bis vor die äusseren Geschlechts-
theile allein durch die Gebärmutier besorgen zu
XVI. Cfredä, Ueber die sweckmäsBigate Methode
lassen nnd aur in den iasserst seltenen Fällen, wo
diese Entfernung durchaus nicht gelingen sollte,
und die. Umstände die Beendigung der Nachgeburts-
periode dringend erheischen, mit der Hand die
Nachgeburt aus den Geschlechtstheilen fortzunehmen.
Es sei mir gestattet, hier die von mir bereits im
Jahre 1853 (Klinische Vorträge über GeburUhulfe, p. 599 sq.)
empfohlene Methode zur Entfernung der Placenta wörtlich am^u-
föhren. Es heisst dort: „Das einfachste und natürlichste Mittel
zur künstlichen Beförderung der Nachgeburt besteht in der
Anregung und Kräftigung der trägen WehenthätigkeiL Eine
einzige energische Zusammenziehung der Gebärmutter macht
dem ganzen Vorgange ein schnelles ^nde. Es ist mir bisher
in unzähligen Fällen ohne Ausnahme stets gelungen, auch
bei noch so träger Wehenthätigkeit, eine Viertel- bis halbe
Stunde nach der Geburt des Kindes durch anßnglich sanftes,
nach und nach etwas verstärktes Reiben des Grundes und
Körpers der Gebärmutter durch die Bauchwandungen hindurch
eine künstliche und kräftige Zusammenziehung zu erzeugen.
Sobald dieselbe zur Höhe ihrer Kraft gelangte, umfasste- ich
uüt der einen vollen Hand so die ganze Gebärmutter, dass
der Grund in der Hohlhand lag und die fünf Finger sich an
allen Seiten des Körpers anlegten, und von hier aus einen
sanften Druck ausübten. Stets fühlte ich unter meinen Fingern
die Placenta aus der Gebärmutter herausschlüpfen, und zwar
geschah es meist mit solcher Gewalt, dass sie sogleich bis
vor die äusseren Geschleditstheile hervortrat, mindestens aber
im untersten Theile der Scheide sich befand. Die Frau hat
von dem Handgriffe keine andere Beschwerde, als den etwas
erhöhten Schmerz, der die kräftiger entwickelte Wehe be-
gleitei, es ist aber dagegen nicht nöthig, die durch die
vorausgegangene gewaltige Zerrung und Spannung höchst
empfindlich^ äusseren und inneren Geschlechtstheile mit dem
Einführen der Finger oder Hand zur Fortnahnle der Placenta zu
belästigen. Die Gebärmutter bleibt nachher auch gut zusammen-
gezogen, es ist deshalb nicht so leicht ein folgender Blutfluss
zu btfürchten, und eine Umstülpung der Gebärmutter kann
während einer regelmässigen Zusammenziehung niemals erfolgen,
während sie bei dem sonst üblichen Verfahren zur Fortnahme
der Entferniiog der Nachgehnrt. 287
#
der Nachgeburt immer möglich bleibt, wenn dasselbe auch
Dodi so vorsichtig ausgeführt wird/'
Seit dem- Jahre 1853 bin ich aber meiner« Methode,
wegen unausgesetzt gunstiger Erfahrungen nicht blos treu
gd)lieben, sondern ich habe sie immer mehr ausgedehnt, und
während ich früher hin . und wieder noch nach der alten
. Methode die Placenta von der Scheide aus wegnahm, ja auch
wohl zuweilen wegen starker Blutung eine künstliche Lösung
d^ Placenta in der Gebärmutter ausführte, so kommt seit
mehreren Jahren dies gar nicht mehr vor, und während ich
früher es für meine Pflicht hielt, nach den Vorschriften der
Lehribucher für Geburtshelfer und für Hebammen die alte Methode
meinen Schülern und Schülerinnen zu lehren, so lasse ich jetzt
seit Jahren immer nur nach meiner Methode die Nachgeburt
entfernen und kann versichern, dass der Handgriff zwar etwas
eingeübt werden muss, aber verhaltnissmässig pchneU sicher
angeeignet isL Seitdem sind denn auch sämmtliche Anomalien
der Nachgeburtszeit, wie Blutungen, Incarcerationen, sogenannte
Verwachsungen u. s, w., so gut wie gänzlich in dem Bereiche'
meiner Thätigkeit verschwunden und ich bin hocherfreut, in
dem Werke von Clarke (s. oben) dieselbe Erfahrung bestätigt
zu finden, wie auch Spiegelberg und Mayer (a. a. 0.) sich
ähnlich äussern.
Wenn mir bei meinem Vortrage in Königsberg (Monats-
schrift für GeburUk., Bd. 16, H. 5, S. 345) der Einwurf
gemacht wurde, dass nicht in der alten Methode die Nach-
geburt fortzunehmen, sondern nur in ihrem Missbrauche die
Ge&hr liege und dass die neue von mir empfohlene Methode
vidleicht auch gemissbraucht werden könne, so räume ich
sehr gern die Richtigkeit dieser Bemerkung ein, gebe aber
doch zu bedenken, dass eine Methode auf schwachen Füssen
stehen muss, welche erfahrungsgeroäss so häufig und in so
gefährlicher Weise zu Missbräuchen führt und dass wir froh
sein ipfissen, wenn an ihre Stelle eine andere Methode gesetzt
wird, welche nach bisheriger Erfahrung keine einzige der
Gefahren, welche der Missbrauch der alten Methode nach
sich zog, aufzuweisen hati
In Königsberg wurde mir femer die Frage gestellt
(a. a. O., S. 345), ob die von mir empfohlene Methode wirklich
288 ^^^- Crediy Ueber die sweckmKssigate Methode
für alle Fälle ausreiche. Ich bekenne offen, dass kh hierauf
die Antwort schuldig bleiben muss, ich kann eben nur sagen,
dass sie mir stets ausgereicht hat und dass ich glaube, sie
werde auch bei anderen Geburtshelfern, wenn richtig ausgeführt,
immer oder fast immer ausreichen. Uebrigens kommt es
auch gar ni€ht darauf an, ob die von mir empfohlene Methode
ohne Ausnahme stets ausreichend sei, sondern darauf, .
ob sie wesentliche Vorzüge vor den bisherigen
Methoden biete.
Zum Schlüsse erlaube ich mir einige Erläuterungen zu
dem Aufsatze HoM& (Deutsche Rlmik, No. 2, 1861) über
„Credi's Methode die Placenta nach der Geburt zu entfernen",
hinzuzufügen. Zunächst war es mir sehr erfreulich, aus ihm
zu entnehmen, dass Hohl meine Methode ernstlich geprüft hat.
Hohl giebt wenigstens' eine theilweise Bestätigung meiner
Angaben und den Rath far die Geburtshelfer, meine Meüiode
nicht von der Hand zu weisen ; namentlich soll sie nach HoU
, angewendet werden: 1) wenn die Placenta bei normaler Ver-
bindung und Beschaffenheit, gelöst oder nicht gelöst, im
Uterus sich befindet und derselbe in dem gewöhnlichen, aber
nicht contrahirteii Zustande sich befindet, sondern, durch Reiben
erregt, sich zu contrahiren beginnt und nun gleichzeitig
der Druck ausgeübt wird ; 2) liegt die Placenta in der Scheide,
so folgt sie nur, wenn der Druck kräftig nach unten erfolgt
Wenn ich, wie Hohl anfährt, in meinem Buche gelehrt
habe, man müsse. mit der ganzen Hand in den Uterus
eingehen, wenn aus irgend einem Grunde die Lösung und
Entfernung der Placenta nöthig sei, was schon zeige, dass
ich meine Methode nicht für alle FäUe ausreichend halte, so
muss ich über diesen Punkt auf das oben bereits Gesagte
verweisen. Zur Zeit, als das Buch veröffentlicht wurde, war
ich allerdings über meine Methode noch nicht zu der Ueber-
Zeugung gelangt, dass sie eine so umfassende Verwendung
finden könne. Jetzt bin ich anderer Ansicht
Hohl führt ferner fünf Arten von Nach'geburtszögenuigen
auf, bei welchen ihm meine Methode nicht ausreichte, nämlich
1) wenn die Placenta über den horizontalen Schambeinästen
in der Vertiefung zwischen diesen und den Bauchdecken an-
gedrückt liegt. Die Entfernung ist leicht, gelingt aber nicht
de» EntferniiDg der Naehgebnrt.
durch Zug an der Nabelgcbnur und reichen häupg auch nicht
zwei Finger aus; 2) wenn sie zum TheQ oder ganz gelöst
Ton dem Muttermunde festgehalten wird und der ganze Uterus
contrahirt ist; 3) wenn sie gelöst öder nicht gelöst in einem
erschöpften oder atonischen auf Reibungen aUein nicht
reagirenden Uterus vom Muttermunde eingeschlossen ist; 4) zu-
weäeD nicht, wenn sie theilweise oder ganz adhärirt und klein
oder dünn, oder weich, nachgiebig ist; 5) Wenn sie zu fest
mit dem Uterus verbunden ist
Ich kanYi darauf nur erwiedem, dass nach meinen Er-
fahrungen die genannfen Arten Tön Zögerungen, die übrigens
sämmtlich sehr selten vorkommen, kein Hindemiss boten, gern
gebe ich aber zu, dass ich vielleicht zufällig in den letzten
Jahren nicht so hartnäckige Fälle, wie Hohlj beobachet habe
und dass sie mir auch noch begegnen können. Jedenfalls aber
ersuche ich meine geehrten Pachgenossen, auch in ähnhchen
Fällen, wie Hohl sie anfährt, meine Methode noch weiter
erproben zu wollen, und ich glaube versprechen zu können,
dass ihnen das Versagen der Methode, je länger sie dieselbe
üben, um so seltener vorkommen wird.
Gegen die Verwachsungen der Placenta, die aDerdings
in meinem Buche noch^eine Rolle spielen, habe ich mich in
Königsberg energisch ausgesprochen und sie für ein Gespenst
erklärt. Dieses Gespenst ist mir früher auch erschienen und
idi habe die Verwachsungen durch die von allen Geburts-
helfern empfohlene Bfethode der kunstlidien Lösung zu be-
seitigen gesucht; je mehr Aufklärung mir aber meine. Methode
verschaffte, desto mehr wurde jenes Gespenst gebannt und
seit lange ist es mir nkht mehr erschienen. Uebrigens werde
ich mir erlauboi» über diesen Punkt in nächster Zeit eine
ausführliche Arbeit den geehrten Lesern vorzulegep.
Die Angabe HoKFs: „Es stiess aber Cred^& Methode
mehr auf Gegner, als auf Vertheidiger,'* bedarf der Berichtigung.
Von Gegnern war wohl keine Rede, wohl aber von Zwdflern,
und das Zweifeln verdenke ich Niemandem, der bisher nach
einer anderen Methode und vielleicht stets genügend glücklich
gehandelt haL Einige hielten meine Methode für etwas
0d>erflüs8ige8, Andere sahen sogar Gefahren darin, Alle' aber
hatten sie noch nicht versucht, befanden sich mir gegenüber
M«utMehr.f.a«biirtek. 1861. Bd. ZVII., Hft. 4. 1^
290 ^^I- Credit Ueber di« «weekmsB8isr«te Methode
#
also auf dem angünstigen Boden der Theorie. Dieselbe Er-
fahrung musste Allen in Bezug auf die Tragweite meiner
Methode fehlen, auch in dieser Beziehung konnten «e nur
theoretische Bedenken erheben und thaten es auch nur.
Hohl giebt zu, dass den Hebammen eine Einschränkung
in der Wegnahme der Nachgeburt recht gut sein werde, trotzdem
aber giebt er den Ratb, den Hebammen meine Methode
lieber nicht zu* lehren, sondern bei der alten zu bleiben.
Das bedauere ich sehr, da ich meine Methode gerade für
Hebammen und angehende Geburtshelfer als die beste, sicherste,
ungefährlichste erklären muss. Es versteht sich natflrlich
von selbst, dass auch sie gut gelehrt und eingeübt werde.
Hätten wir lauter gute Bebammen, die genau nach den Vor-
schriften des Lehrers und Lehrbuches handeln, dann wSore
so mancher Rath unnöthig, so aber liegt unser Hebammen-
wesen noch immer sehr im Argen und da ist es Pflicht,
gerade für Hebammen solche Regebi aufzustellen, bei deren
Ausführung am wenigsten oder gar nicht geschadet werden
kann. Dass aber meine Methode nicht die Gefahren in sich
trägt, wie die alte, hoffe ich genügend dargelegt zu haben,
und dass alle Hebammen -Schülerinnen sie Jeicht und schnell
begreifen und lernen, weiss ich aus langer Erfahrung.
Hätten alle Hebammen meine Methode redit inne; jso
würden schwerlich solche traurige FäUe vorkommen, wie Hold
selbst sie in seiner Poliklinik beobachtet hat (s. Bericht über die
Vorgänge in dem EntbindungsinsUtute zu Halle, 1857, Monats-
schrift für Geburtsk., Bd. 17, H. 3, S. 227, 229, 231).
Die Unterweisung gerade der Hebaromen in meiner
Methode hat aber einen noch weiteren, über die Nachgeburts-
periode hinausgehenden Yortheil. Dadurch, dass die Hebammen
es verlernen, mit den Händen die Nachgeburt aus den Ge-
scfalechtstheilen fortzunehmen, und dass i»e angewiesen werden, .
die Controle über die Gebärmutter und die Regelung und
Stärkung der Thätigkeit demselben von den Bauchdecken aus
als ihr Hauptgeschäft anzusehen, konunen sie von selbst zu
der Erkenntniss, dass auch noch nach der EntfeiTiung der
Nüchgeburt unausgesetzte Controle über die Gebärmutter eine
der Vvichtigsten Beschäftigungen für die Hebammen sein müsse.
Ich weiss sehr wohl, dass alle guten Lehriiücher für Geburts-
der Entfernnag der Nachgeburt. 291
bdfer sowohl als für Hebammen, wenigstens der neueren
und neuesten Zeit» die Gefahren einer Ausdehnung der
Gebarmutter nach vollendeter Geburt genau angeben und die
Weisung ertheilen, mehrere Stunden hindurch die Zusammen*
äehungen der Gebärmutter noch zu überwachen, ich habe
aber oft, wie gewiss auch viele andere Geburtshelfer, die
traurige Erfahrung gemacht, dass die Hebammen kein aus-
reichendes Verstandniss hierüber sich aneignen und höchst
gefahrliche, ja tddtliche Uteriublutungen die Folge sind.
Schon in der Hebammenschule ipuss die Schülerin gewöhnt
werden, während mehrerer Stunden nach vollendeter Gebiyt
die. Gebärmutter der ihrer Pflege übergebenen Wöchnerin
unausgesetzt zu ül)erwachen und Blutungen werden sicherlich
so leicht nicht vorkommen, in dieser Beziehung habe ich
seit Jahren die besten Erfahrungen gesammelt
Wh* wissen aber, dass gerade solche Wöchnerinnen,
welche während oder nach der Geburt Blutverluste gehabt
haben^ zu Erkrankungen, auch zur Entwickdung des Kindbett-
fiebers am meisten geneigt sind und somit trSgt meiner lieber-
Zeugung nach ein schnelles Ausdrucken der Placenta und die
(örtgesetzte Controle der Gebärmutter, weil Blutungen verhütet
werden, zur Erhaltung der Gesundheit cier Wöchnerinnen sehr
wesentlich bei.
Endlidi möchte ich noch eine Vorschrift als unzweck-
mässig rügen, welche in fast allen Lehrbüchern für Hebammen
zu finden ist, nämlich dass die Hebammen angewiesen werden,
das neugeboren^ Kind nach der Abnabelung zu reinigen und
zu kleiden und erst nach Vollendung dieses Geschäftes zur
Entfernung der Placenta überzugehen, nachdem sie inzwischen
ab und zu nach der Gebärenden gesehen haben. Unendlich
viel Unglück ist durch diese Vorschrift bereitet worden, denn
die bedenklidhst^ Blutungen könimn oft sehr schnell und
reichlich eintreten, während die Hebamme sich arglos mit
dem Kinde beschäftigt. Ich möchte deshalb an die Benren
Hebainmenlehrer die ernste Mahnung ergehen lassen, durch
die Hebaaunen der Regel nach imn^er zuerst die Gebärenden
fertig besorgen und erst nach vollständiger Beseitigung der
Nachgeburt die Behandlung des Kindes vornehmen zu lassen.
Durch die Einfühnmg meiner Methode zur Entfernung der
19 •
292 ^VIL Winckel, Die Mesnard^Bche 8ehidelsange
Nachgel)urt, wird übrigens der gerügte Fehler von selbst
schwinden , da nach meiner Vorschrift die Hebamme nach der
Geburt des Kindes ihre Hand nicht eher von der Gebärmutter
entfernen darf, als bis die Placenta heraus ist
xvn.
Die Mesnard'sche Schfldelzange benutzt snu Ex-
* traction des Kopfes nach einer Perforation .
bei osteomalacischem Becken.
Von
Dr. Franz Wlnckel in Berlin.
Am 17. September 1859 Abends 9 Uhr wurde mein
Vater, der Sanitätsrath Dr. Winckel zu Gummersbacji, zu
Frau Wolffekigt in Grossenbemberg (Reg. -Bez. Cöln, Kreis
Gummersbach) durch einen Brief der Hebanune M., welche
keinen vorliegenden Rindestheil fühlen konnte und das Becken
sehr verengt gefunden hatte, gerufen. Frau TT., 42 Jahre alt,
klein und schwächlich, hatte vier Hai leicht und glücklich
geboren, zuerst im Jahre 1843, dann 1846, 1847 und 1850.
In ihrer fünften Schwangerschaft hatte sie stark an „Gicht-
schmerzen*' in beiden Beinen und im Kreuze gelitten, so dass
sie stets zu Bett liegen musste.' Am 12. October 1853 lieas
sie meinen Vater zum ersten Male bei ihrer fünften Nieder-
kunft um Hülfe bitten. Seinen Notizen über die damalige
Entbindung entnehme ich Folgendes: „Ich fand das Becken
schnabelförmig verunstaltet, die Conjugata etwas über zwei Zoll.
Die rechte Beckenhalfte sdir zusammengedrückt,* so dass kaum
zwei Finger zwischen der Synchondrosis sacro-iliaca und dem
Ramus horizontalis ossis pubis dextri Raum fanden. Ich
führte vier Finger in der linken Beckoihälfte ein und erreichte
auf dem rechten horizontalen Schambeinast das Gesicht —
die Nase des Kindes. Die Wehen waren sehr stark, aber
völlig unwirksam. Der Kopf blieb beweglich, der Muttermund
zog sich immer vor demselben zusammen; ich zweifelte an
benntst snr Exiraotion des Kopfes etc. ^93-
der Möglichkeit, das ausgetragene Kind entwickeln zu können.
Durch die Lage auf der linken Seite wurden die Wehen noch
weit kräftiger und trieben den Kopf von 10 bis 2 Uhr Nachts
fest in den Beckeneingang, wobei ich deutlich ein Nachgeben
der noch weichen Schambeine bemerken konnte. Die heftigen
Schmerzen und die Erschöpfung der Kreissenden nöthigten
mich nun die Zange anzulegen und ich hatte die Freude,
mit einigen kräftigen Tractionen den kleinen Kopf eines
lebenden Knaben, mit dem Gesicht nach Tom oben zu ent-
wickeln. Der Körper des Kindes folgte bald nach und auch
die Placenta wurde glücklich geboren.'*
Mit dieser Geburtsgeschicbte schon bekannt, begleitete
ich. dies Mal meinen Vater nach Grossenbemberg , um ihm
zu assistiren. Nach unserer Ankunft gegen 10 Uhr Abends
fanden wir die Frau WolffsloBt am Ende der zweiten Geburts-
periode : den Muttermund vollständig erweitert, in der Vagina
eine pralle etwas gedrehte Blase. Anfangs konnte ich durchaus
keinen vorliegenden Tbeil erreichen, dann aber touchirte ich
in der linken Seitenlage ein Ohr und ein Scheitelbein des
Kindes- (das rechte) über der rechten Beckenhälfte. Das
Becken war bedeutend verunstaltet. Die beiden Schambeine
bildeten einen so starken Schnabel, dass man kaum einen
Fing^ Aschen denselben bringen konnte. Der Schambogen
war dadurch zu einem sehr spitzen Winkel geworden , der es
unmöglich machte, hi der Rückenlage den vorliegenden Kindes-
theil zu erreichen. Das Promontorium stand tief im kleinen
Becken und bei horizontaler Rückenlage mindestens V2 Zoll
tiefer als der obere Rand der Symphysis ossium pübis:
Die innere Beckenroessung ergab für die Diagonal-
conjugata (von der SteBe, bis zu welcher man den Finger
zwischen die Schambeine einklemmen konnte, an bis zu dem
Promontorium gerechnet) = ^" 1"* ; die Conjugata vera war mithin
auf 3^^ zu taxiren. '— Zieht man davon aber den bedeutenden
Schnabel ab, der mindestens % Zoll betrug, so waren ffir
den Raum, den der Kopf eines ausgetragenea Kindes passiren
sollte höchstens 2V4 Zoll im Beckeneingange zu rechnen.
(NB. Nach mer Ende Juni dieses Jahres von mdnem Vater
im Verein mit Herrn Dr. Breisky, Assistenten der Prager
Gdkäranstalt von Neuem bei der Frau WolffsloBi angestellten
294 XVII. Winekelt Die IfetnortTsche BehideUange
BeekenmessuDg hat derselbe Raum kaum 2 Zoll im Durch-
messer?) Die Distanz der Spinae anter. super, betrug 9V4 Zoll,
die Conjugata externa = 7 Zoll, die Entfernung der Trochanteres
lOVs ZoD.
Frau Wolffslast gab an, dass sie Anfangs December 1858
zum letzten Male die Regel gehabt, den 31. Mal 1859 die
erste Kindesbewegung gefühlt habe und dies Mal in der
ganzen Schwangerschaft gesund gewesen sei. Die Wehen
hatten den 16. September Abends 11 Uhr begonnen und
waren nach 24 Stunden zu einer enormen Stärke gediehen.
Patientin hatte einen starken Hängebauch. Fötalherztöne waren
nirgendwo zu hören. Der Kopf über dem Beckeueingange
beweglich. Um ihn über demselben zu fixiren und zu sehen,
ob die Wehen ihn etwas einzukeilen vermöchten, wurde
IOV4 Uhr Abends die Blase gesprengt und das Fruchtwasser
vorsichtig abgelassen, dabei fiel aber eine grosse Nabelschnur-
schlinge in's kleine Becken herab, die ganz pulslos, stark
gedreht war und deren vorderes Ende man bis an den oberen
Rand des rechten Schambeins verfolgen konnte. Das ab-
fliessende Fruchtwasser war durch eine grosse Menge von
Meconium fast breiartig dick geworden. Der Kopf blieb nun
allerdings über dem. Beckeneingange fixirt, ohne aber im
Geringsten in denselben einzutreten. — Da wir überzeugt
waren, dass auch die kräftigsten Wehen nicht im Stande
wären, dies Mal den Kopf des ausgetragenen Kindes durch
das so stark verengte Becken durchzutreiben, da femer das
Leben des Kindes mehr als zweifelhaft, indem Fötalherztöne
nicht zu hören, die Nabelschnurschbnge pulslos; da endlich
die Kräfte der Mutter durch die enorm starken Wehen sehr
erschöpft wurden, so wurde Abends 11 Uhr zunächst die
Perforation durch die Sutura sagittalis gemacht und abgewartet,
ob die Wehen den seines Hirnes beraubten. Schädel in*s
Becken einkeilen und dem Kephalothryptor zugänglicher machen
könnten. Allein auch nach der Perforation trat der Kopf nicht
im Mindesten herab und so wurde gegen Val^ l^i* mittels
des Kephalothryptor der Kopf gewaltsam comprimirt. Unsere
Erwartungen wurden aber sehr getäuscht, als* wir auch den
so verkleinerten Kopf nicht tiefer herabzuziehen vermochten
und der Kephalothryptor zu drei bis vier Malen immer abglitt,
benutai aur Extraotion def jKopfei etc. 295
ohne das mindeste zu nützen. Es wurden nun längere Zeit
Extraetionsversucbe mit dem s|Htzen Haken gemacht, der,
dufth die- linke Bohlhand gedeckt, in der Basis cranii ein-
gcJMikt wurde. — Allein trotz der grössten Anstrengungen blieben
auch di^e erfolglos. Der Kopf wurde nur mit einem kleinen
Segmente . im Beckeneingange festgekeilt und wir zweifelten
fast, dass wir selbst.den t erklein^ten Kopf durch dieses Becken
hindurchbringen wurden. — Da zog ich denn auf Aufforderung
meines Vaters Nac6ts 1 Uhr nach Hause, um die Mesnard^sche
Schädelzange, die er in der Meinung, dass sie neben dem
Kephalothryptor überflüssig sei, vor Kurzem aus seinem
Bestecke herausgelegt hatte, zu holen. Idi gestehe, dass,
als ich * die unscheinbare Zange , die ich nur dem Namen nach
kannte, an dem genau beschriebenen Orte fand, ich sehr
muthlos und höchst zweifelhaft war, ob diese überhaupt viel
helfen würde.. — Um 2^^ Uhr Nachts zurückgekehrt, erzählte
mir mein Vater, dass die Frau, der er unterdess einige Ruhe
gegönnt hatte, die furchtbarsten Wehen gehabt habe. Dennoch
fand ich den Kopf noch auf derselben Stelle. Die Schädel-
zange wurde nun lege artis applicirt und ein Stück der Galea
mit einem Schädelknochen (linkes Scheitelbein) gefasst. Da
durch die. Compresäon und die Versuche mit dem scharfen
Haken die Knochen und Weichtheile mannichfach lädirt waren,
so zog sie anfangs mehrmals kleinere Knochenstückchen und
Stücke der Weichtheile los, fasste aber endlich sehr fest und
den stärksten Anstrengungen meines Vaters gelang es dann
nach' viertelstündiger Ari[>eit — hauptsächlich an der Schädel-
schwarte den Rest des Kopfes zu entwickeln. Jetzt sassen
noch die Schultern fest im Becken und ich musste, da mein
Vater- ganz erschöpft war, alle meine Kraft aufwenden, um
diese durch das -Becken zu ziehen. Zu dem Ende umfasste
ich den Rest des Kopfes und Anfangstheil des Halses wie
einen Zangengriff mit beiden Händen und brachte Schultern und
Becken des Kindes endlich zu Tage. Die Nadigeburt folgte
bald, um 3Va Uhr Morgens war die Frau glücklieh entbunden.
Der Uterus zog sich gut zusammen, kräftige Nachwehen folgten,
der Puls der Entbundenen zählte nur 80 Schläge, die Haut' |
transpirirte reichlich. — Das Kind, ein sehr starkes mindestens i
8 Pfd. schweres, 20 Zoll langes Mädchen, war wahrscheinlich ;
'296 XVII* Winekelj^Die Meanard'gche SchfideUange
im AnfaDge der Geburt, durch den Druck des Kopfes auf die
Nabelschnur, gestorben. Der Rest des Kopfes, den wir nach
dreistündiger Arbeit durch das Becken zu* Tage bef<5rdaffbn,
hatte kaum die Grösse einer massigen Mannsfaust Ein Na^.
geben der Beckenknochen war bei der Entbindung selbst
durchaus nicht zu bemerkeu. Zwei Tage nach derselben liess
uns die Frau sagen, dass sie sich vollkommen wohl befinde
und steht dieselbe noch heute ihr^ Hausgeschäften yor.
Die Mesnard^sche Schädelzange, deren wir uns hier
mit so glucklichem Erfolge bedient hatten, stammt aus der
Mitte des vorigen Jahrhunderts. Im Jahre 1743 gab Jacques
Mesnard, Chirurg und Geburtshelfer in Rouisn, ein geburts*
hulf liebes Lehrbuch heraus, in welchem er auch eine so-
genannte Leitungszange — tenette ä conducteur — abbildete.
Er bediente sich ihrer, wie er ausdrucklich sagt, um nacli
der Perforation des Kopfes diesen zu fassen und an ihm das
ganze Kind zu extrahiren. Seine Beschreibung der Zange i3t
etwas kurz: er nennt das Blatt derselben, wdches in den
Schädel des Kindes eingeführt wird — bec superieür und
dasjenige, welches aussen an die Schädelbedeckungen angelegt
wird — bec inferieur. Das erstere ist nach seiner Zeichnung
leicht umgekehrt S förmig cc, innen schwach convex; das
untere auf der Innenfläche, schwach concav, ist etwas kürzer
als jenes. Ihre Stiele sind beide gleich lang und am Ende
des oberen ein kleiner Ring für den Daumen, am Ende des
unteren ein grösserer für die übrigen vier Finger angebracht
Aus der Abbildung geht zugleich hervor, dass die Blätter auf
ihrer inneren Seite gerieft waren; auch erwähnt Levret in
seinen Observations.sur les causes etc. ebenfalls: dass Mesnard
die Blätter habe riefen lassen (canneller). 0, Wl Stein d. Ä.
giebt in seiner Anleitung zur Geburtshülfe. „eine Abbildung
der Mesnard^schen Himschädelzange nach der letzten Ver-
besserung'*. Die Stiele und Blätter sind nach derselben von
ungleicher Länge, und zwar ist der obere Stiel und das
untere Blatt länger, als das obere Blatt und der untere Stiel.
Beide Blätter sind, wie Stein sagt, auf ihrer Innenfläche
'gezähnt oder gerieft und passen mit ihren „Zähnen genau in
einander"*. Die Stiele haben aber statt der Fingerringe nur
hakenförmige Umbiegungen für die Finger. Busch ^ der in
bamitst inr Extraction des Kopfes «tc. 297
seioem gehurUhdiflicben Atlas diese -Abbildung Stein's aaf-
geaonunen hat, benennl das Insiruinent MestMrd-SUin'scbe
Hirnschädelzange und fuhrt als Verbesserung von Stein an,
dass dieser die Zange mit Sförmtggebogenen Armen und statt
der Zähne mit Furchen verseben habe. Beide Behauptungen
sind, wie aus Obigem erhellt, unrichtig, i^ein bat die Biegung
nur umgekehrt, etwas stärker, "die Stiele ungleich lang gonacht
und statt der Ainge hakenförmige Umbiegungen an denselben
angebracht; ob diese Veränderungen — Verbesserungen sind — ,
werden wir weiter unten sehen.
In grösseren geburtshülflichen Instrumentensammlangen
findet man heutzutage zwei Arten der Mesnard'schen Zange.
Erstlich die von Busch abgebildete Mesnard'SteiiOk&xltk^
und zwar zwei Formen derselben: die grössere schwerere ist
13 Zoll lang, 1 '/^ Pfund schwer; die Blätter bis zum Scbloss*
theil sind 4V2 Zoll lang; die geriefle Parthie, nur 3 Zoll von
der Spitze an, hat 8 Linien in der grössten Breite. Der
Schlosstheil ist IV^ Zoll, der Griff 7 Zoll lang. Ihrer Schwere
wegen und der plumpen Handgriffe ist diese Form wenig
empfehlenswerlh. Die leichtere handlichere Form ist IIV2 Zoll
lang und nur 26 Loth schwer, ihre Blätter sind dV^ Zoll
lang, die geriefte Parthie 2V2. Zoll und die grösste Breite
derselben beträgt 9 Linien; der Schlosstheil ist 174 Zoll und
die Griffe sind 6% und 8 ZoU lang. Aus dieser letzteren
ist offenbar die zweite, der ilfe^narcTschen Zange mehr
ähnliche Art hervorgegangen, die 10 Zoll lang ist, nur
22 Loth wiegt, gleich lange Stiele hat -und an diesen Finger-
ringe. Die Blätter, leicht nach oben concav, 2^4 und 3 Zoll
lang, haben 8 Linien in der grössten Breite. — Merkwürdiger-
weise ist aber der Ring für die vier Finger an dem oberen,
der fiir den Daumen an dem unteren Stiele angebracht Will
man also diese Zange nach den Handringen richtig fassen,
so kommt die Concavität der Blätter nach unten, was weder
in Mesnard^h Absicht lag, noch auch praktisch ist, da dann
die Kegnng derselben umgekehrt ist, wie diejenige der Knochen,
welche sie fassen soll und auch ausserdem der Beckenaxe
gerade entgegengesetzt gekrümmt, mithin nur schwierig mit
Erfolg im Becken zu haben ist. Man verbessert diesen Fehler
einfach dadurch, dass man den grösseren Fingerring an dem
XVII. Winekelf Die Me^nard'ncht SchädelsaDge
unteren Stiele^ den kleineren an dem oberen anbringen U«st,
wie es ursprönglich Me8n(»rd angegeben h^t ; die ConcavitSt der
Blätter ragt dann nach oben. Eine einfache Krömmung über
das Blatt ist aber mindestens eben so gut, wie eine Sf5rmige
Krümmung, — es kommt hauptsächlich nur auf die Länge
und Breite der Blätter an und eine Länge der gerieften
SteUen von 3 Zoll und eine Breite Ton 10 — 12 Linien wird
wohl ausreichend sein. Die Stiele^ an und ffir sich müssen
gleich lang sein, dann ragt der untere grössere Fingerring
über den oberen kleineren hinaus und der Daumen kommt dann,
wie beim Ballen der Faust, fast senkrecht zur ersten Phalanx
der vier übrigen Finger zu liegen; eine Lage, in der-er vereint ^
mit diesen die grösste Kraft entwickeln kann. Nicht so ist
es, wenn, wie bei der Mesncvtd-SteMsdien Zange der obere
Stiel länger ist, indem dann der Daumen so weit hinter den
übrigen Fingern liegt, dass er kaiun die gehörige Kraft zum
Zusammenpressen der Griffe entwickeln kann. Die Ringe für
die Finger geben, wenn sie gehörig weit sind, namentlich
dem Daumen einen bedeutend besseren Halt, als die haken-
fömiigen Umbiegungen Stein'», und da es bei Handhabung
dieser Zange auf Entwickelung einer grossen Kraft ankommt,
sind diese kleinen Umstände wohl zu berücksichtigen. Der
Ring für die vier Finget muss mindestens 3 Zoll lang und
1% Zoll breit sein. — Die leistenartigen Hervorragungen
der Innenfläche dürfen nicht zu scharf sein. Der Preis
eines guten Instrumentes dieser Art wird 3Va Thaler nicht
übersteigen.
Die MesnarcTsche Schädelzange fand bald Anhänger und
hielt sich lange in dem Rüstzeuge der Geburtshelfer. Heutigen
Tages aber ist sie nur wenig bekannt und wird noch weniger
benutzt. Der Grund hierfür liegt zunächst in dem Urtheile
geburtshülflicher Autoritäten über ihre Brauchbarkeit an und
für sich. So hält z. B. Levret sie zwar für ein sehr nützliches
Instrument (Suite des observations, pag. 356, Anm. a.) meint
aber, die Kopftheile, an^denen die Zange das Kind extrahiren
solle, hätten zu wenig Festigkeit, so dass man sie nur da
anwenden könne, wo es eines geringen Kraftaufwandes bedürfe.
Diesem Urtheile werden gewiss von vornherein viele Geburts-
helfer, auch ohne sich selbst davon überzeugt zu haben.
benvtst zur Eztraetion des Köpfet etc. 299
beistiinroen; unsel* Fall zeigt aber deutlich, dass dasselbe
nicht stichhaltig ist. — Man verkannte ferner auch ihre Be*
Stimmung. So nennt Oslander dieselbe „eine gezähnte Brech-
zange fOr SchUdelknochen'S Siehold eine „Knöchenzange'^ eic^
während sie doch nach Mesnceri^ Vorschrift den Schädel
mit der Kopfschwarte fassen und an diesen das ganze Kind
extrahiren sollte! — So kam es, dass sie anderen Instrumenten
weichen mu'sste. Siebold zieht Ihr z. B. JBoer^s zierlichere
Extractionspincette vor; Andere gebrauchten die gewöhnliche
Kopfeange zur Extraction und in der neueren Zeit hat ja der
Kepbalothryptor so vielen Anklang gefunden, dass er jetzt
gewöhnlich zur Extraction des perforirten Kopfes benutzt wird, ja
dass man iü geburtsbülflichen Handbüchern die Lehre aufgestellt
findet (cf. Spiegdberg, Lehrbuch der Geburtshfllfe, p. 845):
„Die nach der Perforation indicirte Extraction wird mittels
des Kephalothryptors ausgeführt und nur in Ermangelung
eines solchen muss man zu anderen Instrumenten greifen !?'' —
Ein Vergleich der ilfe«narc{*schen Zange mit den übrigen zur
Extraction benutzten Instrumenten wird uns aber überzeugen,
dass sie nicht blos den meisten vorzuziehen, sondern ihre
Anwendung selbst neben dem Kepbalothryptor gerecht-
fertigt ist! — -
Das älteste Werkzeug, dessen man sich zur Extraction
des perforirten Kopfes bediente, war der spitze Haken. Die
Gefahren und Mühseligkeiten, die gänzliche Unsicherheit dieser
Art der Extraction sind so hinlänglich bekannt, dass wir di^
Vorzüge des Mesnard'&chen Instrumentes diesem gegenüber
nicht hervorzuheben brauchen. Erwähnt sei nur', dass es
gerade Mesnard^s Zweck bei der Angabe dieses Instrumentes
vrar, den so sehr gefährlichen 'Haken durch dasselbe zu
verdrängen, indem er sagt (1. c. preface, p. 19): „avec cftt
Instrument on est assur^ de sauver toujours la vie ä la
m^re, mais c'est lä ce qu'on ne saurait promettre de l'usage
des crochets.** — Er wollte den Geburtshelfern ein gefahr- •
loseres Werkzeug in die Hand geben und schildert die Ent-
bindungswuth. der damaligen Aerzte und den Missbrauch 'des
Hakens mit den beredten Worten : „ces ignorans, qui ne sont
pas plut6t arrives aupr^s d'une femme en travail d'enfantement
qu*ils prennent sans aucune reflexion le crochet en main pour
300 XVII. Wincka^ Die Me»nard*ache Sobüdelsange
faire l*extraetion d'un enfant, qui n'eiait pas fait pour OKNirir
martyr, atant que de naitrel (1. c. pag. 17.)
Wir haben oben angeführt, dass man der üfe^norcTscben
Schädelzange die Boer'9Ae and ChiarCsche Extractions--
pincette vorgezogen habe. Es wird sich aber Jeder beim
Vergleiche der beiden letzteren mit der ersteren sagen
mössen, dass die einzelnen scharfen Zähne, welche sich an
den Innenflächen jener Pincetten finden, viel eher den ge*
fassten Theil zerbrechen und durchreissen werden» als die
dicht nebeneinanderstehenden Leisten der MesnarcCschen
Zange. Da ausserdem die Blätter jener Knochenzangen auf
ihreA Innenflächen Idcht ausgehöhlt sind und sich mithin nur
an den Rindern und mit den Spitzen der Zähne berühren,
so können dieselben viel weniger sicher und fest den Schädel
fassen, als die mit ihren vielen Leisten und Furchen eng
ineinander greifenden Blätter der JTenette ä conducteur. Da,
wo es eines geringen Kraftaufwandes bedarf, kann man jene
wohl zur Extraction gebrauchen, bei bedeutenderen Hinder-
nissen aber müssen sie der Mesnard'schen Zange nachstehen.
Dasselbe gilt auch vom Gebrauche der gewöhnlichen Kopf-
zange bei der Extraction des perforirten Kopfes ; ihr Abgleiten
ist sehr häuflgt nicht immer gefahrlos, ihre Application um-
ständlicher; ihr .Erfolg viel unsiclierer, wenigstens in den
schwereren Fällen. — Anders ist es mit dem Kephalothryptor:
dieser verkleinert den* Kopf, verringert also die Hindernisse,
er fasst ihn auch fester und mit einer grösseren Fläche als
die Zange, und leistet in manchen - Fällen , besonders auch
beim nachfolgenden Kopfe, ausgezeichnete Dienste. Wo aber
das Beckenhindeririss ein bedeutendes ist, wo der Kopf mehr
hoch steht und nur mit einem kleinen Tbeile von ihm gefasst
wird, da gleitet er sehr leicht ab, sein Wiederanlegeu ist
sehr umständlich und erneutes Abgleiten ganz gewöhnlich.
Das beweist unser obiger Fall, das zeigen ausser vielen
t anderen auch die Fälle von Spöndli (MonatsschriH für Geburts-
kunde, Härzheft 1860). tSpöndli bediente sich (1. c pag. 326)
nach vergeblichem Gebrauche desselben der blossen Hand zur
Extraction des Kopfes und mit Erfolg! Dergleichen Fälle
sind aber selten, der Widerstand kann dann nur ein geringer
sein. Einfacher, sicherer und eben so gefahrlos ist aber die
benatst sar £]Ltr*ction des Kopfes ete. 301
Extraction mittels der MesnartPsehen Schädelzange. Ihre
Application ist von selbst verständlich. — Das so oft befürchtete
Losreissen von Knochenstäcken und die Verletzung der matter-
lieben Theile durch dieselben ist, wenn man vorsichtig zieht,
ganz zu vermeidoi, kommt aUcb, wenn nUM andere Extractions-
versuche vorangegangen oder das Kind tagelang vorher ab-
gestorben ist, selten vor, da die Schädelschwarte eine sehr
grosse Zähigkeit besitzt Mit grossem Vortheile wird man
aber die ife^narcTsche Schäddzange einmal dann anwenden,
wenn nach der Perforation und Compression des Schädels
die Zange oder der Kephalothryptor abgleiten, hauptsächlich
also bei stark verengtem Becken und hochstehenden Kopfe;
besonders aber wird sie, da durch die Entleerung des Gdiinis
der Schädel schon nachgiebiger wird, bei Beekenvereng»iu%
geringeren Grades die Anwendung d^ Zange oder des Kephalo-
thryptors oft geradezu öberAössig machen! Das» sie sehr
fest faBst und die Ausdbung einer Kraftanstrengung erroög^cht,
erhellt aus dem obigen Falle, wo doch das Beckenhindemiss
ein sehr bedeutendes war, das haben bereits zwei ändere
Fälle, in denen sie in der Klmik des Herrn Geh. Raths Martin
angewandt wurde, gezeigt und werden neue Beobachtimglen
bestätigen, wenn sich die Geburtsbdfer dieses Instrumentes
wieder annehmen. Und hoffentlich trägt die mitgethdlte 6e-
burtsgeschicfate dazu bei einem Instrumente, dessen Einfietdi-
hrit, Leichtigkeit und Billigkeit so evident sind, von Neuem
Eingang in die Geburtshülfe zu verschaffen! —
802 XVIII. BOm, Bericht über die Lautoiifan
XVIIl.
Bericht über die LeistaBgen des . E(iiugiiche&
Hebammeninstitats zu Stettin wUhrend der
Jahre 1834-1859.
Vom
Geb. Medidnatrath Dr. Behm.
Seit dem Jahi*e 1834, als Lehrer bei dem Königlichen
Hebammeninstitute zu Stettin angaetellt, erscheint es mir' als
eüie moralische Verpflichtung, über die Leistungen dieser
Lehranstalt während meiner fünfandzwanzigjährigen Stellung
öffenüich Bericht zu erstatten; denn wenngleich die Wirksamkeit
des Instituts nur eine beschränkte genannt werden kann, so
konnte es dennoch nicht Cehlen« dass -im Laufe der Jahre
auch manche Ereignisse von wissenschaftlichem Interesse, oder
selbst wissenschaftlicher Bedeutung eintraten, welche es ver-
dienen, der Vergessenteit entrissen zu werden. Da jedoch
die Leistungen des loslituts mit seiner geschichtliehen Ent*
Wickelung im innigen Zusammenhange stehen,, so möge es
gestattet sein, auch über die letztere einige kurze Notizen
voranzuschicken, wdche ich, soweit sie frühere Jahre betreffen,
dnem ausführlichen von mir erstatteten Berichte entnehme,
welcher sich in dem Provinzial-Sanitäts- Berichte der Provinz
Pommeni für das erste Semester des Jahres 1834 befindet
Nachdem die ersten Anregungen zur Errichtung einer
Hebammenlehranstalt für die Provinz Pommern bereits im
Jahre 1748 stattgefunden hatten, in Ermangelung der nöthigen
Fonds die Sache aber bald wieder * in Vergessenhdt gekommeli
war, geschahen die ersten drängenderen Schritte im Jahre 1769
dadurch, dass das damalige Ober-Coll. med., et san. dem
ProvinziaKCoU. med. et san. zu Stettin auftrug, Vorschläge
darüber zu machen, ob es nicht möglich sei, in Stettin oder
Stargard für eine zweckmässige Unterweisung der Hebammen
Schritte zu thun. Unter den mehrfachen Verhandlungen,
welche in Folge dieses Auftrages zwischen den Königlichen
Behörden, den. Ständen der Provinz und den Hagisträten der
de« K. HebAinaiefiiiisUtato su Stettin etc. 303
Städte gefftbrt werden mussten» und bei welchen die Acten
oll mehrjährige Rahestationen nachweisen, gelangten nach
mehr als einem Menschenalter die gegenseitigen Ziigestäpdniss^
80 weit, .dass im Jahre. 1803 die.Eröffimng einer Lehranstalt
für Hebamo^en in Stettm in's Lek^en treten konnte. Inzwischen
war die ganze Einrichtung noch so beschränkt, dass sie eben.
nur als der Ausgangspunkt einer öffentlichen Lehranstalt he*
trachtet werden kann. In dem städtischen, am Pladrio
belegenei^ Spinnschul- und Lazarethgebäude waren fär . die
jährliche Miethe von fünfzig Thalern einige Stuben und ein
Saal vorläufig auf sechs Jahre' überkommen worden,, in welchen
während der Qlonate November, December, Januar iii)d Februar
der Unterricht ertheilt werden sollte. Die Zahl der Schülerinnen
war auf 24 bestimmt, für aufzunehmende Schwangere sechs ,
Lagerstätten hergestellt Die Schulerinnen erhidten zu ihrem
Unterbalte eine monatliche Unterstützung von 4 Thlrn., wöfSr
si^ sich Wohnung, Beköstigung u. s. w. zu beschaffen hatiten,
aussordero wurden ihnen noch die Kosten der Reise vergütigt.
Die Beköstigung der Schwangeren war dem Spinnschulmeister
gegen eine tägliche Vergütigung von 4 Groschen übertragen.
Das Lehr'erpersonal bestand aus dem ersten Lehrer, welcher
zugläch Director war, dem zweiten Lehrer und einer Instituts-
hebamme, von denen keiner io^ Institute wohnte, die Kassen-
luhntng war einem besonderen Beamten der Königl. Kriegs- und
Domanenkammer übertragen. ' An Gehalten bezog der erste
Ldirer LöO Tbjr., der zweite Lehrer 50 Thlr.; die. Gesammt-
kosten stellten sich auf 1200 Thlr., welche im Belaufe von
1050 Thhr. durch eine neugeschaffene Abgabe von Trauungen
und Kindtaufen aulgebracht wurden; 150 Thhr. zahlte der
aUgemeine Medicinalfonds als Zuschuss. Dem Unterrichte wurde
kein besonderes Lehrbuch zu Grunde gelegt, sondern sowohl
an solches, wie die Unterrichtsmethode dem Ermessen der
Lehrer anheinigegeben, und ihnen nur die allgemeine Rücksicht
auf theoretische und besonders auf praktische Ausbildung der
Scbälerinnen anempfohlen. Die Institutsbebamme sollte die
spedeUe Aufsicht über die Schwangeren lühren, die SchülerinneB
oiit den Zeichen der herapnahenden Geburt bekannt machen,
m in der Behandlung der Wöchnerinnen und neugeborenen
.Kinda* unterrichten, und die natürlich verlaufenden Geburten
304 XVTII. Behm, Rerielit ttber die LeiBtun^en
Bleibst leiten. .Die Oberaafsicht fiber das Institut ffthrte gemSss
der Instruction für die Provinzialbehörden das Coli. med.
et san. zu Stettin.
Die unglücklichen Ereignisse, welche den preussischen
Staat wenige Jahre nach der Errichtung des Instituts trafen,
. welche ihn auf die Haifite seines Umfanges herabsetzten und
seine Hülfsquellen fast bis zum Versiegen erschöpften, mnssten
natdrlich auch für das neugeschaffene Institut von wesentlid)
benachtheihgendem Einflüsse sein. Laut Rescript desiOber-CoU.
med. et san. zu Berlin vom 26. September 1807 konnten
die 150 Thlr. Zuschuss aus Staatskassen nicht mehr gezahlt
werden; durch die Hin- und Herzäge feindlicher und be-
ft*eundeter Heere wurde die richtige Erhebung und Ablieferung
. der Abgaben von Trauungen imd Taufen erschwert, nicht
selten die erhobenen in Verbindung mit anderen öffentlicfaed
Geldern von herumstreifenden Soldaten geraubt, und Klagen,
welche deshalb geführt wurden, konnten aus begreiflichen
Gründen nicht berücksichtigt werden. Der Mangel an Sub-
sistenzmittehi bette die Beschränkung der Ausgaben zur noth-
wendigen Folge, und so wurde denn die Zahl der Schülerinnen
auf acht bis zehn, die der aufzunehmenden Schwängern auf
drei herabgesetzt, auch der Unterricht in die milderen Monate
Januar bis April verlegt. Indessen wirkte die Macht der
Verhältnisse selbst so entmuthigend auf das Publikum ein,
dass im Jahre 1808 nur sieben und im Jahre 1809 gar nur
fünf Frauen zum Unterrichte gemeldet wurden, so dass sogar
über das Fortbestehen des Instituts Zweifel entstanden. Da-
gegen wirkte die grossartige innere Entwicklung des Staates
im Jahre 1808, welche auch eine Umformung der hüheren
Staats- und Provinzialbehörden herbeiführte, wesentlich auf
das Institut ein. In eiher ausserordenüidien Sitzung des Coli,
med. et san. wurde beschlossen, dass das Hebammenlnstitat
beibehalten werden und in Stettin verbleiben solle, dass die
zur Erhaltung desselben erhobenen Abgaben beibehalten werden
und dass wegen Erweiterung und Verbesserung desselben die
Lehrer mit zur Berathung gezogen werden sollten. Dies hatte
zur Folge, dass mehrfache Verbesserungen vorgenommen
wurden, die sich theils auf die allgemeine Verwaltung, theils
auf die Beschafl^ung verschiedener zum Unterrichte erforderlicher
des K. Hebftmmeninslitiits su Siettio etc. 305
Utensilien und die Zurückfubrung auf die frühere ZaM der
Seholerinnen und Schwangeren, sowie auf die Beschaffung einea
besseren Locales bezogen. In letzterer Beziehung wurde daher
im Jahre .1812 in einem Hause der grossen WoUweberstrasse
du Hintergebäude geroiethet, welches ausser einem grösseren
und besseren Local für die Schwangern und Wöchnerinnen
zugleich Raum genug zu Dienstwohnungen für den zweiten
Lehrer und die Institutshebamme darbot Die Beköstigung
der Schwängern wurde dem zweiten Lehrer, welcher Ter«
heirathet war, übertragen, und für die ganze Erweiterung der
erhöhte jährliche Etat von 1600 TUr. bewilligt
Das Jahr 1817 führte eine wesentliche Umgestaltung der
itmeren Verhältnisse des Instituts herbeL Die bisherigen Er-
hebungen von Trauungen und Taufen wurden durch die
Cabmetsordre vom 16. Januar zur Bildung eines Hebammen*
unterstützungsfonds bestimmt, und d^ Etat des Instituts ging
auf die aUgemeine Staatskasse über. Da indess theils die
Eriid>ung jener Abgaben dem Institute noch bis zum Jahre 1819
verblieb, theils im Laufe der Jahre duröh vermehrte Trauungen
und Taufen und durch steigenden Wohlstand der Betheiligten
die Abgaben regelmässiger und reichlicher eingegangen waren,
so hatte sich allmälig ein Reservefonds gebildet, durch dessen
Verwendung im Laufe der Jahre wesentliche Verbesserungen
möglich gemacht werden konnten. Diese bezogen sich theils
auf Ergänzung der verbrauchten Inventarienstücke, Vergrösserung
der Wäschbestände und dergl., theils auf die Erwerbung beim
Unterrichte zu verwendender Bücher, der Heinemann'schen
Wachspräparate über die weiblichen Geschlechtstheile, der
Frariejfwben Hysteroplasmen, eines besseren Phantoms u. s. w.
Als wesentlichere Verbesserung aber ist es anzusehen, dass
der erweiterte Etat auch die Vermehrung der Lagerstätten für
Sdiwangere von sechs auf zehn und im Jahre 1819 bis auf
zwölf ermöglichte. Ebenso wurde wegen des noch immer
drfickeuden Mangels an Hebammen in der Provinz die Zahl
der zum Unterrichte zuzulassenden Schülerinnen auf 48 erhöht,
welche indessen niemals eh^cht worden ist Bei der Er-
weiterung der Geschäfte wurde der Gehalt des ersten I^ehrers ^
auf 200 Thk. erhöht
1loiMtMebr.f.O«bor|ali. 1881. Bd. XVII., Hft. 4. 20
306 XVIII. Bshm, Bericht über die Lcistangen
Obgleich durdi diese Erweiterungen und YerbesseniDgeu
für die gedeihliche Wirksamkeit des Instituts viel gewonnen
war, so zeigten doch die nächsten Jahre Uehelstande in
anderen Gebieten. Klagen über die Verwaltung der ökonomischen
Verhältnisse und Reibungen zwischen den Lehrexen führten
endlich dahin, diesen Widerwärtigkeiten näher nachzuforschen,
die bisherige Stellung der Leiurer zu emander wiederholt zu
prüfen und im Interesse der ganzen Verwaltung Remeduren
vorzunehmen. Die Folge davon war, dass im Jahre 1827
das hohe Oberpräsidium von Pommern die specielle Direction
des Instituts der Königl. Regierung zu Stettin übertrug und
demgemäss die Instructionen der Lehrer änderte, und dass
im Jahre 1832 auch die Verwaltung der Oekonomie dem
zweiten Lehrer entzogen und ein eigener Oekonom angestellt
wurde. Dies Verhältniss blieb bis zum Jahre, 1833 bestehen,
wo der zweite Lehrer plötzlich inmitten des Lehrcursus
verstarb. Da der Unterridit keine Unterbrechung erleiden
konnte, so wurde ich selbst zunächst interimistisch und unterm
8. Februar 1834 definitiv zum zweiten Lehrer ernannt, rückte
im Jahre 1840 nach dem Tode des ersten Lehrers in dessen
Stelle ein, wogegen der praktische Arzi, jetzige Mediqnal-
rath Dr. BraumÜUer^ die zweite Stelle erhielt, und ich wurde
im Jahre 1847 mit der speciellen Direction der Anstalt betraut.
Nachdem ich die erste Zeit meiner Thätigkeit benutzt,
um mich von allen Verhältnissen und Bedürfnissen des Instituts
zu unterrichten, wobei mir eine collegialiscbe beframdete
Stellung zum ersten Lehrer, und noch mehr zu dem damaligen
technischen Mitgliede der Königl. Regierung, welches factisch
die Direction handhabte, wesentlich behülflich war, konnte
es nicht ausbleiben, dass bald viele wesentliche Mängel des
Instituts zur Besprechung kamen. Die Schülerinnen, deren
Zahl noch immer auf 48 als Maximum dastand, wohnten
zerstreut in den verschiedenen Strassen der Stadt, da sie,
der früheren Einrkbtung gemäss, mit Hülfe der ihnen ge-
währten Unterstützung selbst für ihr Unterkomme und ihren
Unterhalt sorgen mussten. Bef vorfallenden Entbindungen
mussten sie daher stets erst herbeigeholt werden, wodurch
unendlich viel Zeil verloren ging, und die Entbindungen nicht
selten beendigt waren, wenn sie beim Institute anlangten.
das K. Hebammeninstitnti su Stettin ete. 307
Sdhiimnier aber war es,' dass dadurch zahllose andere fOr die*
Sitdiebkeit DachthdUge Einflasse herbeigeföbrt wurden. Das
Institatslocal , an und für sich dem Areal nach yielleieht
ausreicbend, war so unbequem aptirt, dass der grösste Thefl
nur zu den Dienstwohnungen des Oekonomen und der Hebamme
verwendet werden konnte; es hatte keinen eigenen Hof, nach
dem zu benutzenden Hofe des Hauptgebäudes nicht einmal
einen Ausgang; für die AnsteUung emes eigenen Oekonomen
war die frühere Wohnung des zweitens Lehrers verwendet
worden 9 und es wohnte daher ' wiederum kein Lehrer im
Institute, wodurch Aufsicht und Verwaltung unendlich erschwert
wurde; das nahe Beisammensein zweier Unterbeamten (des
Oeconom^ und der Hebamme) nicht aUein in demselben
Hause, sondern in derselben Etage führte ebenso, wie früher^
zu Reibungen über die gegenseitige SteOung u. s. w. Endlich
war es eine sehr missliche Lage für das Institut, dass dasselbe
sich in einem Miethsiocal befand, dessen Hauswirth ein alter
Mann war, bei dessen Tode entweder eine bedeutende Er'*
höhung des Miethzinses, oder gar eine Kündigung des Locales
eintreten konnte, wodurdi das Institut in augenblickliche sehr
grosse Verlegenheit hätte gerathen können. Nachdem diese
Uebelstände fai einer Conferenz zwischen den Lehrern und
dem delegirten Director reiflich erwogen worden waren, formirte
ich im Jahre 1886 einen weitgreifenden Antrag zur Reorgani-
sation des Instituts, welcher im Wesentlichen folgende Punkte
iii*s Auge fasste:
1) Es sottte ein eigenes Haus für das Institut erw<»*ben
werden ; '
2) die Schülerinnen sollten sämmtitoh im Hause wohnen
und beköstigt werden;
3) das Haus sollte zugleich eine Dienstwohnung für einen
der Lehrer enthalten;
4) die Zahl der Schwangeren sollte von 12 auf 24 erhöht
werden;
5) die Mehrkosten der jährlichen Verwaltung sollten theil-
weise durch Einziehung der den Schülerinnen bisher
gezahlten Verpflegungsgelder, tbeilweise durch Zuschüsse
* aus Staatskassen gedeckt, die Kosten eines eigenen
Hauses aus Staatsfonds hergegeben werden.
20*
308 XVIII. Behm, Bericht über die Leistnngen
Der Kostenpunkt, welcher ungeachtet der Einziebaiig der
Unterstut2ungsgelder der Schulerinnen immer noch eine be^
deutende Erhöhung des iip Laufe der letzten Jahre bereits
auf 2000 ThJr. gestiegenen Elats nothwendig machte, war
die nächste Ursache, dass diesen Anträgen vorläufig nicht
Gehör gegeben wurde; indess wurde doch so viel dadurch
erreicht, dass die Nothwendigkeit einer Umgestaltung des
Instituts von Neuem in's Auge gefasst und weiteren Anträgen
vorgearbeitet wurde.
Bald danach, zu End6 des Jahres. 1839 bot sidi (Ge-
legenheit zur Erwerbung eines eigenen Hauses dar, wekfaes
nach einem vorgängigen Umbau die nöthigen Räumlichkeiten
darbot, um sowohl die eigentlichen Institutsbedürfnisse zu
befriedigen, als auch 20 bis 24 Schülerinnen unterzubringen
und in einer dritten Etage eine Wohmmg für'einen der Lehrer
zu gewinnen. Ich erneuerte meine früheren Anträge, empfahl
die Erwerbung dieses Hauses und erbot mich, da der Ver-
käufer einen baldigen Abschluss der Verhandlungen dringend
wünschte, als Mittelsperson aufzutreten, einstweilen das Haus
zu erkaufen, den Umbau nach den vorher eingereichten Ent-
würfen, sofern sie die Billigung der vorgesetzten Behörden
erhielten, zu veranlassen und dann die weit^^n Verkaufs-
verbandlungen zu vermitteln. Eine Erschwerung dieser Ver-
handlungen erwuchs nun freilich aus dem Umstände, dass
mit der Einführung des neuen Hebammenlehrbuchs die Ver-
längerung des Lehrcursus von vier auf sechs Monate unerlässlich
wurde, was natürlich eme Vermehrung des Ausgabe -Etats
bedingte, indess war die Erwerbung eines eigenen Grund-
stücks, namentlich unter den allgemeinen Verhältnissen des
Häuserwerthes so einleuchtend, dass das Hohe Ministerium,
obgleich das neu zu erwerbende Grundstück noch manche
Mängel aufzuweisen hatte, dodi auf meinen Antrag in der Art
einging, dass vorläufig die dem Institute bestimmten Localitäten
miethsweise übernommen wurden. Da jedoch wegen des hohen
Preises der Miethe, welche durch den Umbau des Hauses
bedingt wurde, diese Locale nicht vcrilständig, sondern* nur
tbeilweise gemiethet wurden, so entstanden Inconvenienzen,
auf welche gar nicht gerechnet worden war, als der Plan
überhaupt vorgelegt wurde; indess wurde doch bereits der
de« K. UebftmmeniDBtitiitii zu Stettin etc. 309
Lebrctirsus 1840/41 am 1. October mit secbsmonallicber
Erweiieruiig und der Unterbriogung sämmtlidier Schölerinnen
im Institute eröffnet. Zur Deckung der grösseren Kosten wurden
die den Scbülerinnen zu ibrem^ Unterbalte früher gewährten
Unterstützungsgelder eingezogen, wogegen sie hn Institute
fireie Wobnung, Heizung, liebt, Unterriebt, Wäsdie u. s. w.
erbidten, wabrend flire Beköstigung mit dem Oekonomen auf
tiglicb 4 Silbergroscfaen geordnet wurde. Ein aus der
Staatskasse gewährter Zuscbuss erböbte den allgemeinen Etat
auf 2250 Tblm., indem auf Rechnung der Verlängerung des
Unterrichts die Gdialte der beiden Lehrer auf 250 und resp.
150 Tblrn. erhöht wurden;
Nachdem ich im Jahre 1840 in die durch den Tod
erledigte Stelle des # ersten Lehrers eingerückt war, welcher
die Aufnahme der Schwangern statotenmissig oUag, wandte
ich meine Sorge auch der Vermehrung der Geburten zu. Die
Zahl derselben hatte während des viermonatlicben Lehrcursus
sich kaum auf zwanzig belaufen, und da von diesen durch
eintretende Regelwidrigkeiten des Verlaufes oder andere Um-
stände immer noch einzelne für die Behandlung durch die
Schulerinnen verloren gingen, dermi ZaU^ immer noch auf 48
steigen konnte, so ging oft die grösste Zahl der Letzteren
bei der selbstständigen Behandlung der Geburten leer aus.
Selbst die Verlängerung des Lehrcursus auf sechs Monate
brachte keine so grosse Frequenz der Entbindungen als
wünschenswerth war, da die Abneigung der niederen Stände
gegen alle öffenüiche Verpflegungsanstalten sich auch hier
geltend machte, überdies die Aufnahme der Schwangern sich
nur mbeT einen Monat, den März, erstreckte. Ich beantragte
daher die Errichtung einer Poliklinik, bei welcher unter
Anidtung der Institutshebamme die geübteren Schülerinnen
vorzugsweise beschäftigt werden sollten; die Behandlung der
regelvridrigen Geburten übernahm ich selbst. Um endlich den
Unterricht zu einer Art von geistiger Anschauung zu bringen, und
die Schülerinnen über das, was sie beobachtet und gehandelt,
zu einer grösseren Klarheit gelangen zu lassen, musste jede
ScMlerin über die von ihr bebandelten Geburten eine scbrift-
lidie Geburtsgesebichte ausarbeiten, gleichwie jede eigenhändig
310 XVIII. B$hm, Bericht üb«r die LeUtUDgen
die Geburt in das allgemeine Geburtsjournal des Instituts
eintragen musste. Seit 1843 ist diese Poliklinik im Bestände
und hat dem Institute, wie die späteren List^ zeigen werden,
eine Reibe von Geburten, und unter diesen roandies in-
teressante Ereigniss zugeffihrt.
Da es nicht meine Absieht ist, an diesem Orte eine
ersdiöpfende Chronik des hiesigen Hebammeninstitutes zu
liefern, so mögen die mitgetheilten historischen Notizen ge-
nügen, um einen wenigstens oberflächlichen Ueberblick über
den altanäligen Entwickelungsgang desselben zu gewähren. Sind
Zeit and Gelegenheit dazu günstig, so werde ich ?ielleicht
später in einer eigenen Schrift äusiühriichere Mittheilungen
hierüber veröffentUchen. Für jetzt möge es genfigen, nun-
mehr der Leistungen des Instituts zu gedenken.
Das Hebammeninstitut ist, wie alle ähnliche Anstalten,
ausschliesslich eine Lehranstalt, in welcher die Lehrtöchter
vorzugsweise die Grandzüge des normalen Verlaufes von
Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett kennen lernen sollen.
Pathologische Zustände werden ihnen eigentlich nur deswegen
vorgetragen, damit sie vorkommenden Falles die Unzulänglich-
keit ihres eigenen Wissens richtig erkennen und rechtzeitig
wirksamere Hülfe beschaffen. Daher ist ein Hebammeninstitut
nicht gleichbedeutend mit einem Gebärhause, da dieses die
Verpflicbtang hat, jeder Gebärenden eine Znfluchtsstätte zu
gewäiiren; noch weniger aber ist es gleichbedeutend mit einem
Krankenhause, da die umfassende Verpflegung und Behandlung
Kranker dem eigentlichen Hebammenunterricht zu viel Zeit
rauben würde. Die Aufiiahme kranker Personen kann mithin
grundsätzlich nie stattfinden, und im Hause selbst vorfallende
Erkrankungen werden nur insoweit behandelt, als diese Be-
handlung selbst zur Unterweisung der Schülerinnen zweck-
dienlich ist, oder als allgemeine Humanitätsrücksichten den
Transport der Erkrankten in eine geeignete Krankenanstalt
nicht zulässig machen. Aber auch die Aufnahme gesunder
Schwangeren und Gebärenden ist insofern eine beschränkte,
als diese nur zum Zwecke des Unterrichts dienen, unA die
etatsmässigen Bedürfnisse dies zulässig oder nothwendig machen.
Von. diesem Gesichtspunkte der allgemeinen Bestimmung sind
<lefl K. Hebammeoinstitatfl sn Stettin etc. 311
die LeislODgen desselben zu betrachten, und erwähne ich
daher zunächst der
A, LeiBtimgen des InstitutB als Unterrichtsanstalt.
Es leuchtet ein, dass in dieser Beziehung von dem
Director der Anstalt wenig mehr angegeben werden kann,
als die Zahl der ausgebildeten Schülerinnen nebst den Yon
den jedesmialigen Pruftiogscommissarien zogebiUigten Censuren,
indem ein Heryorheben der Qualification der Geprüften leicht
ab. persönliche Bezidiung gedeutet werden könnte. Dagegen
wird es zulässig sein, über den Zustand des Hebammenwesens
überhaupt und besonders mit Rücksicht aul den Unterricht
einige Bemerkungen beizufügen, um so mehr, als diesei*
Punkt mehrfach G^enstand der Besprechung in geburts-
hilflichen Zeitschriften gewesen ist. Tut die Beurtheilung
der Erfolge des Unterrichts kommen aber drei Bedingungen
in Betracht: der Unterricht selbst, das Lehrbuch und die
persönliche Qualification der Schulerinnen. Was den ersten
Punkt betrifil, so kann ich nur versichern, dass der Unterricht
sowohl von mir selbst, als von meinen Mjtlehreru mit Liebe
und Hingebung ertheilt worden ist Bei meiner eigenen An-
stellung als zweiter Lehrer übernahm ich selbst die persönliche
Ldtung aller, auch der natürlich verlaufende Entbindungen,
weil es mir selbst daran lag, hierbei Studien zu macheu
und meine Kenntnisse über die Physiologie der Geburt zu
erweitern. In die Stelle des ersten Lehrers heiördert, behielt
ich diese Function bei, und ich hoffe, es wird meine persönliche
Anwesenheit bei einer grossen Zahl regelmässiger Geburten,
und diemündlidie Erläuterung aller Geburtserscheinungen nicht
ohne Nutzen für die Schülerinnen gewesen sein. Ueberhaupl
v<Hi dem Gesicitfspunkte. ausgehend, dass, jemehr sinnliche
Wahrnehmung geboten wird, eine um so vollständigere innere
Anschauung folg^ müsse, wurden alle Dienstleistungen oder
Enmttelungen, Beckenmessungen, geburtshülfliche Explorationen
und Operationen u. s. w. stets in Gegenwart der Schülerinnen
vorgenommen, diese selbst auf die Ergebnisse aufmerksam
gemacht, die Wirkung der Runsthülfe erläutert Manche der
Vorzeit angehörenden Missbräuche, welche gewohnheitsgemäss
noch in der Hand einer .der früheren Zeit angehörenden
312 XVIII. Beftm, Bericht fiber 4ie LeistQDg^n
Hebamme herrf$chten, mussten hierbei abgestellt neoere sweck>
massig erkamite Elm'ichtungen an deren SteDe geseUt werden,
was nicht immer ohne Schwierigkeiten geschab, indess doch
endlich durchgeführt wurde. Bei Uebemahme meines Amtes
war die Unterrichtszeit auf Wer Monate heschräflkt, als. Lehrbuch
diente das ron Hauk verfasste vom Jahre 1815, der be-
schränkte Umfang desselben liess die viermoaatlicbe Lehrzeit
als ausreichend erscheinen, der ganze Inhalt war dem Bildungs*
grade der damaligen Schülerinnen angemessen. Mit der Ein>
führung des neuen Lehrbuches im Jahre 1840 wurden aber
Anforderungen an die Hebammen der Monarchie gestellt,
welche eine Verlängerung des Unterrichts, gleichwie eine höhere
Befähigung der Schülerinnen, unerlässlich machen. Die erstere
Bedingung wurde durch die sofortige Verlängerung desLehrcursus
erreicht, die letztere konnte erst allmäfa'g errungen werden.
Daher weisen die von mir geführten Listen für die ersten
Jahre der neuen Aera eine verhältnissmässig grosse Zahl un-
fähiger oder wenigstens nicht genügend befähigter Schülerinnen
nach. Im Jahre 1840/41 traten z. B. von 26 angemeldeten
Schülerinnen im Laufe des ersten Monats zehn freiwillig vom
Unterrichte zurück, oder mussten nach der ersten monatlichen
Prüfung zurückgewiesen werden; im Jahre 1841/42 von 25
angemeldeten acht, im Jahre 1842/43 von 27 sieben u. s. w.
Hat sich dies Verhältniss auch in den letztverflossenen Jahren
vermindert, so finden sich doch immer noch Mehrere, deren
Fassungsyermdgen dem Inhalte des Lehrbuchs nicht entspricht
Hiermit soll kein Tadel gegen das Lehrbuch ausgesprochen
werden, denn viele Frauen nehmen den Inhalt desselben mit
Verstand in sich auf, aber die Ansprüche steigern sich im
Laufe der Zeiten mehr und mehr, und manche Schülerinnen,
welche zu Anfange meiner Dienstführung in der Approbations-
prufung mit der Censur „vorzüglich gut*' ausgezeichnet werden
konnten, würden jetzt vielleicht kaum die zweite Gensur
beanspruchen können. Obgleich die Lehrmethode des Lehrers
durchaus individuell ist und Jeder die Wege durch Erfahrung
finden wird, das zu lehrende Material seinen Schülerinnen
mundrecbt und fasslich vorzutragen, so kann ich doch die
Bemerkung nicht unterdrücken, dass mir der Weg der Analogieen,
wo immer nur solche aufzustellen sind, als ein mit gutem
des K. HebammenintHtiitB su Stettin etc. 313
Erfolge zu betretender erschieDen ist. Der grössle Theil des
im Lehrbuciie entbaltenen Materials wird wohl für jetzt nocb
fOD den Schölerinnen lediglich vermittels des Gedächtnisses
erfasst, und dieses gewinnt erhebliche Anhaltspunkte in der
Uebereinstimmung verwandter VerbSltnisse, welche sich gegen-
seitig ergänzen, paralkl stehen, oder selbst entgegenstehen. So
wird z. B. die Anatomie der Geschlechts- und Hamwerkzeuge
verdeutUcht durch die Parailelisirung der Eierstöcke und Nieren
als AbsonderungsgebiMe, der Eierröhren und Harnleiter als
Leitungsrohren, der Gebärmutter und Blase als Aufbewabnings-
resp. Fortbildungabebälter, der Scheide oder Harm*öhre als
Ausfäbrungsgang. Aehnliche Analogieen lassen sich fast in
allen Abschnitten des Lehrbuches aufstellen. Aber die mangel-
haftere Qualificatioji der früheren Schülerinnen betraf nicht
das Fassungsvermögen derselben allein; auch positive Kenntnisse
und sonstige, z. B. moralische und sittliche Eigenschaften
Hessen viel zu wünschen. Lesen und Schreiben gingen oft
so mangelhaft von Statten, dass während der ersten Lehrcurse
meiner Dienstfüfarung Manche nicht einmal lesen, sehr Wenige
schreiben konnten, und was Moralität und Sittlichkeit betrifft,
so gab das Wohnen der Schülerinnen in zerstreuten ärmUchen
Wohnungen ausserhalb des Instituts tausendfache Gelegenheit
zu Contraventionen , so dass polizeiliche Verhaftungen bei
nächtlicher Weile herumschweifender Schülerinnen, gegenseitige
Beeinträchtigung des Eigenthums und dergl. fast alljährlich
vorfielen, ja sogar eine Schülerin vom Unterrichte weg zur
Baft gebracht werden musste, weil sie bei einem schweren,
in der Stadt begangenem Diebstahle persönlich betheiligt war.
Uese den Unterricht auch der besseren Schülerinnen beein-
trächtigenden Uebelstände sind gegenwärtig wenigstens grössten-
theib beseitigt, die wissenschaftliche Vorbildung der Lehrtöchter
ist eine ungleich bessere, und es würde für diejenigen meiner
Leser, welche lebhaften Antheil an dem Gegenstande nehmen,
vidleicbt nicht ohne Interesse sein, die besseren der gegen-
wärtig in meine Hände gdangenden und von den Schülerinnen
verfessten Gebortsgeschichten zu lesen, wenn hier der Ort
zur Veröfientlichung derselben wäre. Aber ein Uebelstand
bleibt es auch jezt immer noch, dass die allgemeine Moral
oder wenigstens das allgemeine Pflichtgefühl der Hebammen
314 . XVlli. £dkm» Bericht ober die Leistangen
noch lauge nicht hoch genug entwickelt ist, um sie in jedem
Falle regelwidriger Geburten zur rechtzeitigen Herbeiholung
ärztlicher Hülfe zu veranlassen. Ich mache hierbei keiifer
einzigen den Vorwurf absichtlicher und böswilliger Yemach-
lassiguug, aber Ueberschätzung des eigenen Wissens und
Könnens, Indolenz, Rücksichten auf höhere Kosten, übel-
▼erstandenes Vertrauen in die Selbsthülfe der Natur lassen
noch oft durch Verabsäumung der besseren Hülfe das Leben
von Mutter und Kind aufs Spiel setzen. Selbst die während
des Unterrichts bei jeder paßsenden Gelegenheit wiederholte
Hinweisung auf die EhrenhafÜgkeit des Standes, auf den Lohn
treuerfüllter Pflicht durch das eigene Bewusstsein, gleichwie
durch das Anerkenntniss der Behörden und Gemeinden, auf
die der Nachlässigkeit folgenden Strafen u. s. w. vermögen
meistens nur für kurze Zeit eine gewissenhafte Befolgung der
Pflichten zu erzielen. Dazu kommt denn noch die Ver-
nachlässigung des Selbststudiums und der öfteren Wiederholung
des Gelernten mit Hülfe des aus dem Lehrbuche beigefQgten
Fragebuchs, dessen zweckmässiger Gebrauch jedes Mal mit
Ausführlichkeit erläutert wird. Um emem Theile dieser Uebel-
stände entgegen zu treten, wurde von mir der vom Verfasser
des Lehrt)uchs vorgeschlagene und in Westphalen ausgeführte
Modus auch für die Sprengel des hiesigen Hebammeninstituts
bei der Königl. Regierung beantragt, und in den beiden
Jahren 1847 und 1848 auch ausgeführt. An vorher be-
stimmten Terminen wurden die Hebammen der einzehien
Kreise durch die Ortsbehörden nach den Kreisstädten oder
anderen schicklichen Sammelplätzen zusammen benifm und
durch die anwesenden Hebammenlehrer geprüft. Bei dieser
Gelegenheit wurde das ganze Lehrbuch .examinatorisch und
eriäutemd mit ihnen durchgenommen, Irrthümer beriditigt,
Unklarheiten im Wissen aufgeklärt, und, aus den von ihnen
geführten und zur Stelle gebrachten Geburtsjournalen einzelne
Fälle zur Besprechung und Belehrung hervorgeschoben; un-
glücklich abgelaufene ursächlich zergliedert. Leider veriiinderte
die Ungunst der Verhältnisse während der folgenden Jahre imd
der leidige stets h(>mmende Kostenpunkt die Wiederholung
und Portsetzung dieses innigeren Verkehrs der Lehrer selbst
mit den ehemaligen Schülerinnen; aber es unterliegt keinem
des E. HebammeniiiBtitatt sn Stettin etc. 315
Zweifel, dass die allgemeioe und consequente Durcbfßbrung
dieser Etmricbtiing, dereo Wii4iUDg allerdings aber erst nach
mehrjähriger Fortführung hervortreten kann, für die Yer-
hessenmg des Hebanunenweseos überhaupt von dem ent-
schiedensten Nutzen sein würde. Würden diese Rundreisen
nach der Zahl der Kreise und der darin lebenden Hebammen
nach Umständen alle drei, vier, fünf Jahre wiederholt, würden
dabei für besonders gute Frauen Belohnungen bewQligt, in
ihren Kenntnissen Verkümmerte gezwungen, dem Lehrcursus
nochmals im Hebammeninstitute beizuwohnen, so .würden
ebensowohl Ehrgefühl, wie Furcht vor der Schande das Ihrige
beitragen, die Frauen zur Erhaltung ihrer Kenntnisse durch
Selbststudium anzuspornen, gleichwie durch Moralität und
Sittlichkeit ihren Stand zu ehren, und dadurch sich selbst
eine bessere bürgerliche Stellung in ihrer Gemeinde zu be-
reiten. Da inzwischen auch die sorgsamsten Ermahnungen
und die redlichsten Entschlüsse immer nicht ausreichen werden,
alle Frauen zur Gewissenhaftigkeit im Amte zu befestigen,
se bleibt nur noch der Weg des einmüthigen Wirkens aller
Aerzte und besonders aller Geburtshelfer übrig, jeden Con-
Uraventionsfall zur Kenntniss der Behörden zu bringen, und
sich hiervon weder durch unzeitige Milde und Nachsicht, noch
durch unedle Motive abhalten zu lassen, damit die Schuldigen
bestraft wcnrden.
Das numerische Verhältniss der in meiner 25jährigen
Thätigkeit unterrichteten Hebammen gestaltet sich folgender-
maassen:
Angemeldet zum Unterrichte waren überhaupt 582
Schülerinnen. Von diesen blieben vom Unterrichte wegen
verschiedener Zwischenfalle zurück : 48. Im Laufe des ersten
Monats traten zurück oder mussten entlassen werden: 131,
so dass 403 wirklich unterrichtet wurden, d. h. dem ganzen
Lehrcursus beiwohnten. Von dicvsen fielen noch bei den
ScUussprüfungen 18 durch, so dass überhaupt . 385 die
Approbationsprüfung bestanden, von denen 30 die erste,
123 die zweite und 232 die drittte Censur erhielten. Die
Tabdle A. enthält die Resultate der einzelnen Jahre.
318 XIX. Kotisen ans der Joamftl-Literatar.
80 rapider Weise zu, dass nach drei Monaten der Tod erfolgte.
Merkwürdig ist in vorliegendem Falle die anstandslose Erweiterung
des Mattermnndes, das Fehlen der Blntnng, sowie das Coincidiren
der Krebse rkrankong and der Conception.
(Oesterreieh. Zeitschrift f. Heilkunde, 1860, No. 48.)
LaborU: Geschichte des Thrombas Talrae et vaginme,
insbesondere nach Niederkünften; Anatomische Be-
trachtungen über den Sits des Thrombus und seine
Behandlung.
Die Hauptpunkte der Arbeit sind folgende:
Der Thrombus rulvae oder vaginae nach Niederkünften ist
immer eine gewichtige Affection, da sie das Leben der Kranken
gef&hrden kann. Die Prognose richtet sieh nach dem Sitie und
der Ausdehnung des Blutergusses.
Den Bluterguss theilt Verf. in drei Kategorien: den perinäaleo,
den in die Wandungen der Scheide und denjenigen, wo sich das
Blut oberhalb des Perinäum angesammelt hat. Jede dieser
Hauptarten besteht aus bestimmten Varietäten; so s. B. kann
bei perinäalen Thromben das Blut seinen Sits ausserhalb der
Aponeuros. superfic. oder swisohen Aponeur. superfic. und media
etc. etc. haben.
Die Aetiologie des Thrombus ist dunkel. Die einsig prä«
disponirenden Ursachen dürften in der anatomischen Beschaffenheit
der Theile su suchen sein, namentlich in dem grossen, während
der Schwangerschaft noch vermehrten Blhtreichthum.
Die Diagnose des Thrombus perinaealis und vagino - intra-
parietalis ist leicht; weniger leicht die des oberhalb des Perinäums
gelegenen. ^
Die Frage, ob der Thrombus su öffnen oder sein Verlauf
der Natur su überlassen sei, beantwortet Verf. dahin, dass die
Incislon ohne Nachtheil verschoben und in einigen Fällen von
Thrombus perinaealis selbst vermieden werden könne; dass sie
aber ohne Verzug vorzunehmen sei in den Fällen, wo sich das
Blut oberhalb des Perinäums befindet.
(Archives g^n^rales, D^cembre 1860.)
Aas dem Berichte der K. K. Qebärklinik an der
medicinisch-chirurgischen Lehranstalt in Graz im
Studienjahre 1858/59.
1817 Wöchnerinnen wurden versorgt, wovon 148 ausser dem
Hause geboren hatten. 1296 einfache, 31 Zwillings-, 1 Driilings-
geburt. Reif 1268 Kinder, 11 unseitig, 68 frühseitlg.
XIX. Notisen aiu der Journal -Literatar. 319
La^en: 1187 Hinttrhaiipts • , 8 Scheitel-, 2 Stirn-, 18 Oe-
fliehte-, 24 Steiaa-, 12 Faselagen; QnerUgen kamen 7 vor.
Lebend geboren: 666 Knaben nnd 616 Mädcben; todt geboren:
28 Knaben, 81 Mädchen; echeintodt: 40 Kinder, ron denen 29
wieder belebt wurden«
Oebnrtsetorangen: a)yon Seiten der Mutter: Oedem
der Labien, Verengong der Schamspalte durch zu breites Mittel-
fleisch oder besondere Rigidität der Labien, Krampf des Mutter-
mundes erheischten bisweilen operatiTcs Eingreifen. Metrorrhagien
unter der Geburt 1 Mal bei Plac. prfty., 1 Mal bei Abortus, standen
durch Tamponade. 16 Mal seigte sieh' Blutung in der Nach-
geburtsperiode. Edampsie 1 Mal, Wehensehwäehe häufig.
6) Von Seiten des Kinder: Vorfall des Armes neben dem
Kopfe 8 Mal, des Fusses 1 Mal, Querlagerung des Kindes 7 Mal;
14 Mal wurden faule Fruchte geboren, 4 Mal Hydroceph. congen.
c) Von Seiten der Nachgeburtstheile: Zu feste Eihäute
21 Mal, Umschlingung der Nabelschnur 100 Mal, wovon 10 Mal
dieselbe durchschnitten werden musste. Vorfall der Nabelsehnur
6 Mal. Theilweise oder total au fester Anhang der Placenta 16 Mal.
Verübte Operationen: Sprengen der Eihäute wegen Derb-
heit 21 Mal, Colpeurysis 2 Mal, Reposit. fun. umb. 1 Mal, Scham-
scbnitt 4 Mal, Lösen der Placenta 16 Mal, Extraotion am Rumpfe
8 Mal, Wendung auf den Kopf 6 Mal; Zange 67 Mal. Fttr die
Kinder yerlief die Operation in 67 Fällen glücklich, 16 wurden
todt oder lebensschwach xur Welt gebracht, 8 seigten Zeichen
der Fäulniss.
Wöchnerinnen erkrankten 121 , davon 106 in das Krankenhaus
transferirt wurden, 2 starben in der Anstalt. Endometritis 26,
Metritis 18, Phlebitis 2, Mania puerperalis 6, Endopericarditis 2.
An Syphilis litten 20 Individuen.
Von Kindern erkrankten 82, 49 starben, 6 wurden geheilt,
27 gebessert abgegeben. Ophthalmoblennorrhoea 37, Catarrh.
intest. 16, Icterus 10, Laryngitis 1 ,. Pneumonien 8, Snffocatio 8,
Sderoma 1, Erysipelas 8, Eclampsia 1, Serofnlosis 2, Syphilis 1.
(Zeitschrift der Gesellschaft der Aerite su Wien, 1860,
No. 42 u. 48.)
Brinkmann: Bericht über die in dem Königl. klinischen
und poliklinischen In'stitute für Geburtshülfe und
Gynäkologie, sowie in der Klinik für Frauenkrank-
heiten in dem Königl. Charitö-Krankenhause während
des Sommersemesters 1860 unter der Leitung des
Geh. Medicinalraths Herrn Prof. Ed, Martin zur Be-
handlung gekommenen Geburten und Erkrankungen.
Vom 16. April bis 16. Ootober h. a. wurden von dein geburta-
bülflichen Institute 60B Gßbarten, darunter 10 Zwillingsgeburten,
320 XIX. Noiiaen ans der Joarnol-Literatar.
behandelt. Im Gänsen wurden 497 leben« fthige Kinder geboren,
nämlich 241 Knaben (damnter 28 todte) und 266 M&dchen (16 todte).
Kindeslagen: Schädellagen 4fiiS, GetichUlagen 9, Steiis*
lagen 12, Fueslagen 9, Querlagen 11. Neon Geburten blieben
unbestimmt. Von den Zwillingskindem stellte sich 4 Hai das>
erste in Schädellage, das zweite in Beckenendlage, 1 Mal das
erste in Sohädellage, das sweite in Querlage, 5 Mal beide in
Sohädellagen.
Von den beobachteten Geburtsanomalien erwähnen wir hier
nur folgende: Plac. praev. later. 3 Mal (2 Mal erfolgte der Tod
im Wochenbette); Beckenenge höheren Grades 6 Mal; Verklebung
des Muttermundes IMal; Tetanus uteri 1; Endometritis in partu 6;
Vorfall der Nabelschnur 12; Eclampsie 2 (tddtlieh) ; Blutungen
nach der Geburt 13.
Operationen: fieposition der Nabelschnur 8, Wendung
auf die Füsse 13, Extractionen an den Füssen 21, Zange 31,
Accouchement forc^ 1 (für die Mutter tödtUch); Perforation 1,
Perforation und Kephalothrypsie 1, Lösung der Placenta 2.
Gynäkologische Abtheilungen. Bemerkenswerth sind
folgende Krankheiten und Operationen:
Hydrops ovarii cystoides 4 (1 tödtlich); Tumor oyarii
oarcinom. 1; Salpingitis in puerperio 1; Uaematocele periuterin. 4 ;
Lageveränderungen der Gebärmutter 29; FibroideS; Polyp, fibrös. 1.
Carcinoma uteri 19; Carcinoma vaginae 18; Fistul. reeic. Tagin. 1;
Fistul. recto-Yagin. 1; Carcinoma vulvae et perinaei 1; Ruptura
perinaei 28; Fungus urethrae 2; Zerreissnng der Harnröhre bis in
den Sphinoter vesicae 1; Mastitis 12; Salivatio in graviditate 1
etc. etc.
Operationen: Operation der Blasensoheidenfistel 1 ; Opera-
tion der Scheiden- Mastdarmfistel 1; Ecrasement einer krebsigen
Vaginalportion 1; Punction eines Hydrops ovarii 2) Abdrehung
eines Follioularpolypen 1.
Erkrankungen bei l^enge boren ens Atresia urethrae
et recti 1; Spina bifida 1; Hemia umbilicalis 8; Hernia inguin.
congen. .1; Hydrocele congen. 1; Anchyloglosson 6; Cephalae-
matoma2; Phlebitis nmbilic. mit Trismus (tödtlich) 1; Pemphigus
neonatorum 4; Enteritis hämorrhagica (tödtlich) 2; Eclampsie
(tödtlich) 2; Uydroceph. acut, (tödtlich) 2; Tetanus und Trismus
(tödtlich) 2; Hämorrhagia ex fnniculo umbilicali 2; Erysipelas
faciei et capitis 1; Parotitis 1; Ophthalmia neonatorum 80; In*
duratio telae cellulosae (tödtlich) 3.
(Deutsche Klinik, 1860, No. 49.)
XX.
Verhandlungen der Oesellschaft ftkr Oeburtshttlfe
in
Berlin.
Sitzung vom 22. Januar 1861.
Herr Martin eraäblt folgenden
Fall von isolirtem Scheidenkrebs
aus seiner gynäkologischen Klinik im Chariti-Krankenhause.
A. W., DiensUnadchen, 25 Jahre alt, massig gross,
ziemlich wohlgenilhrtt von kräftiger Muskulatur, wurde am
20. October 1860 in das König). Charit^-Kraokenhaus auf-
genommen; sie war vom 12. Lebensjahre an regelmässig
mensiruirt, jedes Mal acht Tage lang. Vor zwei Jahren
abortirte sie, wie sie angiebt, nach einem Falle im zweiten
Monate der ersten Schwangerschaft. Vier Wochen darauf.
soUen die Regeln wiedergekehrt sein uiid bis Ostern 1860
ungestört sich gezeigt- haben; von da ab stellte sich mit Aus-
bleiben der Calamenien ein gelblich -schleimiger übelriechender
Aosflusa aus der Scheide ein, ohne dass Schmerzen oder
eine anderweite Störung des Aligemeinbefindens bemerkt
worden. Bei der Aufnahme klagte Pat nur über die profuse
aiinkende Absonderung, befand sich jedoch in einem aulTallend
apathischen, fast somnblenten Zustande, aus welchem erweckt
sie susammenlahrt, jedoch völlig richtige Auskunft ertheilt
Die Exploration ergab die hintere Sdieidenwand mit mehreren
knolligen Geschwölsten besetzt, welche die Scheide so er-
fiUlten, dasB mau den Finger nicht zum Scheidentheil vor-
schieben konnte. Die Consistenz dieser Geschwülste war hart,
die OberOaehe, mit dem Specuium betrachtet, erschien dunkel-
rotb^ stellenweise mit Ezsudat bedeckt, uneben und blutete
Xoii»tMcbr. f. Q«biirtiik. 1861. Bd. ZTII.. Hft 6. Sl
322 XX- Verhandlnng^en der Gesellsebaft
bei derberer Berührung wenig. Im Mastdarme fühlte mau
keine Hervorragung, jedoch an dessen vorderer Wand die
harte Geschwulst der Scheide. Alle übrigen Organe erschienen
gesund; Fieber war nicht zugegen. Diagnose: Carcinoma ?agiiiae.
Reinigende Einspritzungen. — Bis zum 15. November magerte
die Kranke beträchtlich ab, verlor den Appetit, erschien ent-
kräfteter und soronolenter als früher. Ohne Schmerzen und
ohne Blutungen verfielen die Kr&fte bis zum 1. December
immer mehr, so dass Pat. sich nicht mehr im Bette aufsetzen
konnte, in einem steten Halbschlafe dahin lag, in der Nacht
auch wohl delirirte. In den zuletzt verflossenen Tagen hat
sich Fieber, heftiger Durst und Schmerzhaftigkeit der Leber-
gegend beim Drucke hinzugesellt. Innerlich wurde jetzt
Acidum phosphoricum verordnet, örtlich Einspritzungen mit
Chlorwasser. Nachdem der Ausfluas noch f6tider und die
Delirien anhaltender geworden, starb die Kranke am 11. De-
cember soporös.
Das Resultat der am 13. December vorgenommenen
Section theilte unter Vorzeigung des betreffenden Präparates
Herr v. RecJdmghausen in Folgendem mit:
Die Section ergab eine starke Dorchfeuchtung der Gehinv-
häute und der Gehimsobstanz; braune Atrophie des Herzens;
in den durch alte Adhäsionen mit den Rippen verbundeBen
Lungen nichts Abnormes, ausser einer alten bronchektatisoben
Hohle; starke eiterige Pmtonitis, interstitielle Bindegewebs*
entwickelung in beiden Nieren, braune Atrophie der Leber.
Von der Scheide ist nur die vordere Waad noch erinltfln,
die übrigen Theile sind eingenommen von einer Uumenkohl-
artigen, mit nekrotischen Fetzen bedeckten und von zahlreiobeB
Einrissen durchfurchten Geschwulst, welche Ton der hinteran
Commissur bis zum Scheidengewölbe reicht, ohne den Fimdis
des letzteren, sowie das Collum uteri irgend wie zu afficiren.
Der grösste Theil der Geschwulst und der stark eiternden
Ränder zeigt auf der Ober* und Schmitfläche ein weisses,
hirnmarkähnliches Aussehen und lässt beim Drucke emcB
milchigen Saft austreten, nur am oberen und unteren Theile
sind die Ränder flacher und derber und entleeren auf da*
Schnittfläche kleine gelbe Pfropfe. Wlihrend die Bhise intact
ist, prominirt an der vorderen Wand des Rectum die Geschwolal
für Qebartshülfe in Berlin. 323
OBd ÜMt aus zwei kleinen Perforationen der über sie fort-
hitfenden Schleimhaut die Geschwulstmasse hervorquellen.
Der Uterus zeigt eine allgemeine Induration seiner Wände,
zu beiden Seiten verlaufen Lympbgefässe, welche mit derben
weissen Thromben gefüllt sind, die bei der mikroskopischen
Untersuchung grosse Krebszellen und zahlreiche lymphatische
Körperchen in Fibrine eingebettet erkennen lassen. Aebnlich
verhalten sich die Lympbgefässe an den Anheflungsstellen der
Eierstocke. Weiter hinauf sind die Lympbgefässe nicht mehr
wahrzunehmen; einzehie Lymphdrusen an der oberen Becken-
apertur sind markig entartet; weit stärker degenerirt sind
aber beiderseits die Inguinaldrüsen, welche zu grossen Packeten
angeschwoUen und äusserst bruchig sind. Im Dougla$*schen
Räume finden sich einzelne alte membranartige Adhäsionen,
sonst keine Veränderungen. — Die mikroskopische Unter-
suchung der Geschwulst, wie der Lymphdrüsen zeigte meist
sehr grosse, unregelmässige Zellen mit sehr grossen Kernen,
zahlreichen Physaliiden und Bruträumen, welche theils zu
Kngebi, theils zu verzwaigten Zapfen angeordnet die Alveolen
eines ziendich derbra Gerüstes ausfüllten; letzteres war sehr
reich an kleinen, zum Theil stäbchenförmigen Kernen, sehr
wenig fibrillär an einzahlen Stellen mit vielen Fettkörnchen
durchsprengt.
Nach diesem Befunde konnte es keinem Zweifel unter-
liegen, dass die Geschwulst als ein Medullarcarcinom
au^efasat werden müsste, welches von der Scheide ausgegangen
w«r. Da VtrehotD bekanntlich die Behauptung aufgestellt hat,
dass die primären bösartigen Aflectionen des Collum uteri
stets cancroider Natur sind, so durfte dieser Fall insofern
CMUges Interesse bieten, als er die Möglichkeit darthut, dass
die dem Garemom zugerechneten Degenerationen des Collum
uteri auch von der Scheide fortgq>flanzt sein können. Auf-
fallend war noch die Peritonitis bei normaler Beschaffenheit
des Z>oi«jfZa«'schen Raumes und vielleicht nach Art der
puerperalen Peritonitiden in Beziehung zu setzen zu der starken
Affection der Lymphgeflsse. —
Herr v. ReckUnghauaen legt sodann noch ein Präparat
vor, welches eine vollständige Verwachsung der Vorder-
fläche eines fast ganz kindlichen Uterus und beider
21*
324 ' ^^* yerhandlungen der Gesellschaft
Ligg. lata mit der Blase zeigte. Es stauunte von einer
an Luiig(»icatarrh ver&torbeoeQ 2«SjäbrigeQ ScoJiotischen, deren
Peritonäum noch zahlreiche Narben mit theils erdigen, theils
kalkigen Knötchen trug. Es hatte also Tor längerer Zeit eine
chronische Peritonitis bestanden, welche die Verwachsung,
vielleicht auch die mangelhafte Entwickelung herbeigeführt hatte.
Herr Riedel sprach
über Darminvagination.
Dieselbe solle bei Kindern verhältnissujässig Jbäufig vor-
kommen und zwar im ersten Jahre, wo der Dickdarm der
Sitz des Leidens sei ; Invaginationen im späteren Alter beträfen
eher den Dünndarm, kämen überdies seltener zur Beobachtung.
Er verwies auf den von Hecker im Jahre 1855 in der Ge-
sellschaa gehaltenen Vortrag (Verhandl., Bd. VIII., S. 216)
und berichtete über folgenden von ihm beobachteten Fall.
Ein Kind von Sy^ Monaten, welches bisher nur die
Brust erhalten hatte, erbrach seit einigen Tagen häufig und
entleerte Blut mit dem Stuhlgange, der wenig fäculente Stoffe
\ enthielt. Als Herr E. das Kind sah,. fand er es gut genährt,
den Leib weder aufgetrieben noch schmerzhaft und da die
Diagnose ihm nicht recht klar war, verordnete er vorläufig
ein Klystier von Wasser und Essig und Theelöfreiweifle
Inf. sennae comp, und TincL rhei vinos. c. Tinct. ferr. pomat.
Am anderen Tage war das Kind sehr verMen, der Leib
aufgetrieben, schmerzhaft und die rechte Regio iliaca gedämpft;
der Blutabgang hatte aufgehört, nur gelblicher Schleim wurde
ab und zu entleert, dagegen dauerte das Erbrechen fort und
die ausgebrochenen Massen waren übehriechend. Herr E.
diagnosticirte jetzt eine Darminvagination, indess der bald
eintretende Tod des Kindes verhinderte eine, wettere Therapie.
Bei der Section floss bei Eröffnung des Bauches vi^
Serum aus; in der Coecalgegend lag ein grosses Darroconvolut
von blaurother Farbe; bei genauerer Untersuchung fand sich
das Goecum mit Process. vermiformis und dem letzten Ende
des Dünndarms in das Colon adscendens hineingezogen. Die
ganze Länge der Einstülpung betrug etwa 2 ZolL
Herr Riedel legte das betreffende Prä^rat vor, welches
von Herr v, Recklinghausen genauer definirt wurde und
fBr OeburttbUlfe (n Berlin. 325
verwieg dann auf die von JRittiet in der Gazette des hApitaux
(später im Handbuche der Kinderkrankheiten von R. und
Barthez) veröflentlichle Abhandlung über Invagination, indem
er kurz die Aietiologie, Diagnose und Behandlung durchging.
Auch dieser Fall bestätige Sälüfs Angabe, dass die In-
vagination des Dickdarms eine Krankheit des ersten Lebens-
jahres sei, und müsse der Grund dieser Erscheinung wohl
in der losen Anheflung des Coecum liegen, denn auch hier
könne eine Indigestion gänzlich in Abrede gestellt werden,
da das Kind nur mit der Brust ernährt sei und -die Ab-
setzung des Kindes, die allerdings vor einigen Tagen erfolgen
musste, doch erst >nach bereits eingetretener Erkrankung
, vollführt sei.
Herr Wegscheider hat bereits sechs Fälle beobachtet.
In allen Fällen, mit Ausnahme eines einzigen, war der Sitz
der Einstülpung im Colon adscendens an der ValvulaBauhini;
in dem sechsten Falle, der ein dreijähriges Kind betraf, hatte
sich das Colon descendens invaginirt und war bis zum After
berabgetreten.
Herr Olshausen hatte ebenfalls bei einem sechsjährigen
Knaben, der in Folge eines Falles 16. Tage lang unter den
Erscheinungen innerer Einklemmung krank lag und starb, bei
der Section das S. rofmanum bis zum After herab invaginirt
gefunden.
Bei der demnächst vorgenommenen Wahl werden gewählt:
Herr C, Mayer als Präsident,
„ Martin als Vicepräsident,
„ Kauffmann als Secretär und Bibliothekar,
„ Kristeller als Vicesecretär,
„ Louü Mayer als Kassenführer.
Die Kasse wurde von den Herren L. Mayer und KörU
revidirt* und richtig befunden und Herrn Hesse Decharge
«rtheilt.
Zu neuen Mitgliedern werden erwählt
als ordentliche:
Herr Dr. Albert LUcke,
„ Dr. Tobold jun.,
„ Dr. Heinrich Strassmann;
326 ^^* Yerhandlnngen der Gesellschaft
als auswärtige:
Herr Dr. GUsczynshi in Warschau,
„ Dr. Crüger in Cöln,
„ Professor Dr. Aran in Paris,
„ Dr. Seebohm m Pyrmont
Schliesslich wurden die Herren Brandt, Strassmann
und L, Mayer beauftragt, die Feier des Stiftungsfestes
vorzubereiten.
Sitzung Tom 26. Februar 1861.
Herr C Mayer eröffnete die Sitzung mit einer Ansprache •
an die Gesellschaft, indem er ihr seinen Dank för seine
Wiederwahl zum Präsidenten ausdrückte und die Hoffnung
aussprach, künftig wieder recht regelmässig in den Sitzungen
erscheinen zu können.
Herr Riedel sprach über einen
tödtlich verlaufenen Fall von Cephalaematom.
Zu einer Erstgebärenden wegen zögernden Geburts-
verlaufes gerufen, fand er den Kopf in erster Stellung schon
ziemlich tief herabgetreten und nur durch die Strafiheit der
Weichtheile in seinem Vorrücken aufgehalten. Er enthielt
sich deshalb operativen Eingreifens, versuchte durch Oel-
einreibungen eine Erweichung der Schamspalte herbeizuführen
und wartete geduldig auf die natürliche Entwickelung des
Kindes. Dasselbe lebte und war gesund^ zeigte aber eine
starke Kopfgeschwulst, die sich indess am folgenden Tage
fast ganz zertheilt hatte. Dagegen fand Herr Riedel am
zweiten Tage ein bedeutendes Cephalaematom, wekhes, von
der vorhergehenden Geschwulst durchaus verschieden, schon
durch seinen umschriebenen Sitz auf dem einen Scheitelbeine,*
wie auch durch den deutlich fühlbaren Knochenrand sich
deutlich als Blutgeschwulst erwies. Er verordnete zertbeilende
Umschläge; da aber am folgenden Tage die Geschwulst eher
zugenommen hatte, so eröffnete er sie durch einen kleinen
Einstich, drückte das Blut heraus und liess dann die Ge-
schwulst mit Essigumschlägen bedecken. Nach 24 Stunden
fUr Oebuneikiilfe in Berlin. 327
wieder ?iel Blut angesamiueU, er entleerte es abermals,
zog aber statt des einfaehen EioBtichs ein Haarseil durch die
Höhle; doch die AfisaiDiidung des Blutes wiederholte 'sich noch-
mals und am folgenden Morgen starb das sehr anämische Kind.
Herr Riedd regte hiennit abermals die schon in der
Stzung vom 28. September 1852 stattgefündene Discussion
dber Behandlung des Cepbalaematoms an. Durch die dort
ansgesproGhene Ansicht des Herrn Paetsch gestutzt, habe er
die Operation in diesem Falle so zeitig vollzogen, wälzend
er sonst gewöhnlich expectativ verMire oder höchstens Re^
sorbentia anwende, deren Wirkung ihm indess problematisch
erscheine. Habe er dann später sich genöthigt gesehen, wegen
mangelnder Aufsaugung einen Einstich zu machen, so sei
dann die Verheihing zwar meist gut erfolgt, docjfi auch mit-
unter eine langwierige Eiterung eii^^etreten.
I Herr Paasch findet die Einziehung des Haarseils ge*
fShrlich.
Herr C. Mayer, der in jener früheren Sitzung nicht
zugegen war, spricht sich ganz zu Gunsten der baldigen
Eröffnung aus; nach Siebold's Anleitung habe er immer am
folgenden, spätestens am zweiten Tage eine grosse Incision
I gemacht und darauf Essigcompressen fortgesetzt fest andrücken
! lassen, allerdings durch eine genau unterrichtete Wärterin.
1 Der Erfolg sei immer gunstig gewesen und namentlich hervor-
[ zuheben, dass die Heilung stets in 3 — 4 Tagen vollendet war.
Dagegen sprechen sich die Herren Wegschetder und
AbarbaneU abermals zu Gunsten des abwartenden Verfahrens
aus. Iferr Wegecheider, der in seiner Studienzeit in Halle
diesen Grundsatz aflgemein anerkannt gesehen hatte, war in
seiner ganzen Praxis nie davon abgewichen und hatte jederzeit,
freilich mitunter erst nach 10 — 15 Wochen, eine vollständige
Resorption eintreten sehen, so dass er nie einen operativen
Eingriff gemacht hatte.
Eine weitere Debatte über diesen Gegenstand wurde
vertagt,^ da Herr Mayer ihn noch als offeneJi'rage bezeichnen
zu müssen glaubt; jede der beiden vorgetragenen Ansichten
stütze sioh auf günstige Erfolge und eine Entscheidung über
die Vorzüge der einen oder. anderen aei sobwer zu treffen.
328 2^* YerhandliiBfeii der Qea«Ilicliaft
Jedenfalls dürfe indess, wie der oben asg«fflhrle Fall zeige,
nach der frQhzeiligen Operatioo eine foitgeselzte Comptessioa
nicht vernachläesigt werden, damit die Wiederaneamnilung
des Blutes verhindert werde. ^)
Herr Virchot€ gebeten, ober die Nator des Cephalae-
matoms zu sprechen, deßnirte dasselbe folgendennaassen:
Durch irgend eine Ursache löst sich des äussere Periost m
gewissem Umkreise von dem Schädelknoehen ab und nimmt
die oberflächlichen ossificirenden Schichten rak, die sich
namentlich am Rande bald verdicken uAi dort zu der be^
kannten Erscheinung des Knochenringes Veranlassung geben.
£in inneres Cephalaematom wörde sich ebenso auf der inneren
Knochenfläche gestalten. MeckeT« (in jener SitzOng gemachte)
Bemerkung, dass Eiterung wohl nur bei gleichzeiti^m äusserem
und innerem Cephalaetom vorkomme, könne er nur so ver*
stehen, dass Meckel dabei eine durch Necrose bedingte
Eiterung im Sinne gehabt habe, die in diesem Falle durch
Entziehung jeder Ernährungsflüssigkeit allerdings nicht aus-
bleiben würde; indess sei dies ein so seltener Fall, dass er
gar nicht in Betracht kommen könne. Freilich sei die Blutr
zufuhr schon bei äusserem Cephalaematom sehr gering, da
die Dura mater wenig Blut an den Knochen abgebe. Das
auffallendste sei ihm die Nichtgerinnung des ergossenen Blutes
und der Grund derselben ihm zur Zeit noch nicht klar;
denn da das Blut des Fötus gerade sehr faserstoflreich sei,
so sei nicht recht begreiflich, warum gerade an dieser Stelle
eine Ausnahme stattfinde.
Herr Virchow verlas darauf folgende von Herrn
Dr. Kugelmann in Hannover eingeschickte Krankengeschidite:
Frau Catkarina W., geb. Ä, Rentiäne, hat die Kinder*
krankheiten leicht absolvirt. Im Alter von 16 Jahren wurde
sie ohne Beschwerde mensiruirt, doch wurde sie, während
die Menses flössen, durch Kolik und Kopfschmerz belästigt
1) Die BuseJ^ache Lehre, daa Cephalaematooi am sehnten
Tage zu eröffnen, fand an diesem Abende keinen VertReidiger;
Referent kann ihm anch nicht unbedingt das V^ort reden, da er
erst kürzlich in dnem am zehnten Tage operirten Falle eine
langwierige Eiterang hat eintreten aefaen.
IBr G«b«fft8bfilfa in BotUn. 329
MoiseB slmrk, bisweilen mit Klumpen untermteoht, Dauer
6 bis 7 Tage, Typus 3 Ihb 4 Wecken. In diesem Alter
wurde ein dreiw^cbentlicher Typbns gut überstanden, ebenso
die Seabies. Wegen der Kopf^ehmerzen wurden häufige
Ven§ionen ebne wesentUehen Erfolg in Anwendung gesogen.
Zu 27 Jahren yerheiratbet, gebar sie im ersten Jahre das
erste Kind, abortive % Jahre sp&ter im seohsten Monate mit
bedeutendem Blutverluste, gebar ein Jahr spit^r das zweite
Kiad, zwei Jahre spatei* das* dritte und 2V« Jahre darauf
(▼er 26 Jabrep) das vierte and letzte Kind. Befinden wahrend
aHer Sehwangenschaften und Wodieobetten (mit Ausnahme
des letzten, in dem eine dreiwöchenliiehe Inleraitteas tertiana
auftrat) gut. Mit Ausnahme des ersten alle Kinder selbst
genährt ' Im 52. Jahre blieb die Regel aus. Das Befinden
war sechs Jahre lang Tortrefllich, nur litt Patientin, die eefar
zu leichten Erkältungen neigt, hin -und wieder an Stock*
schnupfen und Zahnschmerz.
Im Sommer 1857 wurde ein erwachsener Sohn der
Frau TT. von einem Typhus befallen. Während der Krankheit
wollte er sich nur von seiner Blutter an- und auskleiden
lassen, was oft mit Anstrengung, Knieen, Bücken und dei^L
verbunden war. Frau W. war damals eine stattliche, wohl*
genährte, kräftige Dame von 58 Jahren. Kurz nach der
Genesung des Sohnes stellten sich kleine Blutverhiste aus
dem Uterus ein, die, allmälig, mit grösseren und kleinered .
Pausen, sieh derart steigerten, dass, nach fruchtloser An-
wendung aller sonst gerühmten örtlichen und innerlichen
Mittel (Acid. pyro-lign.; Jod; Ferr. sesqukhlor., alle drei
innerlich und örtUch, letztere beiden auch mtrauterin; Eis;
Seeale com., Ratanh.; Alaun etc.) nur durch eine achttägige
tampooade der Vagina es gelang, der Bhitung Herr - tu
werden. Die Anämie hatte einen sehr heben Grad errekdit^
es trat Oedem der unteren Extremitäten ein. weidies indess
den angewandten Roborantieo wich, ohne wiederzukehren. —
So stand die Sache gegen Ende 1859.
Die zu Anfang der Krankheit, also zwei Jahre zuvor,
vorgf nonwiene genaue innere und äussere Exploration ergab.
zu wiederholten Malen vorgenommen, ein fast negatives ResultaL
Es zriglen sich in einer Ausdehnung von etwa 2^^ Granulationen
SSO XX* VerbMidiiiBgen der Geselltehafl
m der vorderen MulleniNinddippe , am Eingänge m den
Can. oerv. ; die Sonde ergab keine Vergröaserung der HMile,
nur liese eine geringe Änteversion auf VolmneMsunalHDe
scbliessen. Demnach vennulhete icb die Ursache d<H* Bhitimg
in der durch die retrograde Metamorphose bewirkten grösseren
Brnchigkeit der Geßsse des Uterus, wobei als Gelegenfaeits^
Ursache die grosse Sommerhitae und ungewohnte Anstrengungen
und Aufregungen wirkten.
Im Jani 1869, während einer Periode ziemlichen Wohl-
befindens, schickte ich die Kranke zu dem verehrten Vor*
sitzenden, Herrn Geheimrath Ma^^ naoh Berlin« der nach
dreimaliger Untersuchung Hypertrophie des Uterus (Sonde i^U'')
und als Quelle der Blutung papilläre, blutende Excoriationen
des Cervicalcanals angab und inneriich und äusserlich Acid.
pjTo-lign. empfahl, es aber unentschieden liess, ob Wucherungen
in der Höhle vorhanden seien. — Die Erfolglosigkeit dieses
sonst bewährten Mittels habe icb oben bereits gemeldet. Die
dem Auge durch das Speailum zugängigen Granulationen bluteten
nicht leicht und da im Uebrigen die Port. vag. sich normal
verhielt und das Orificium nicht klaffte, konnie ich die Be-
schaffenheit des Can. cerv. nicht ermitteln. Die Sonde wagte
ich der stets sich wiederholenden Blutungen wegen nicht
anzuwenden. Nachdem im September 1869 durch die
Tamponade die Blutung gestillt war, kdbrte diese nie zu
y beträditlicher Höhe wieder, indess stellte sich ein reichlicher
Schleimabgang ein, der sich bisweilra röthlich färbte, aber
nie einen üblen Geruch zeigte. — Von jener Zeit an machte
sich ein dumpfer Schmerz in der rechten Seite bemerklich,
ferner ein wehenartijger Schmerz, der in den ersten Monaten
mit geringerer Beftigl(eit und nur einige Stunden lang während,
allmäKg eine Höhe erreichte, dass man das Geschrei der
unglücklichen Frau hSuserweit hörett konnte. Die Unter-
suchung liess den Fundus uteri dicht über dem rechten
horizontalen Schambeinast föhlen, das Orif. uteri ext em
wenig geöffnet, an der vorderen Wand des Can. cerv. eine
Mstenartig^, durch Berührung leicht blutende Erhöhung. In
den kurzen schmerzensfreien Intervallen war die Kranke heiter
und nahm lebhaft an der Unterfaattung Theil. Die Bdbandiung
beschränkte sich sdiliessiidi auf InfectioBen in die VaginH
Ar Oeburttbiillb in Berlia. 331
and ifMifriicb Morphimn, ikit Aer spater m 8 Gran pro die
keine Erleicfatening mehr bewirkte. Wibrend des letzten
halben Jahres waren einige Male heftige Schwttelflrösle mit
12- bis 24 ständiger Stönmg des Bewasstseiss eingetreten,
die anf ' EüerresorptioD bezogen und mit Chinin erfolgreich
behandelt wvrden. — Ende October t. J. sah der Herr
Geheimrath Mayer die Kranke hier noch einmal und, den
Cerricalcanal für den Sitz des Leidens haltend, wandte er
das Ferrum eandens auf denselben an, d)er ohne irgend
welchen gfinstigen Erfolg. — Aach die örtliche Anwendung des
Chloroforms nach Seanz&nCs Methode leistete gar nidils.
Der Herr Medicinalrath Domme$ hat die Kranke mit^ nnr
behandelt
Acht Tage Tor ihrem Tode wünschte Patientin die Con-
snhation des Oberstabsarzt 8., der Chloroform* Inhalationen
forschlug. Wir konnten uns dazu nicht yerstehen, da wv
davon directe Verkärzung des Lebens fürchteten. — S. über-
nahm die Kranke, die fortwährend in Chloroform -Narcose
erhalten nach acht Tagen starb. — Es wurde nur die Er-;
Öffnung der Bauchhöhle gestattet:
Uterus lag, wie oben angegeben. Rechtes Ovarium in
eine hühnereigrosse Kyste verwandelt Der Uterus an der
Vorderwand geöffnet, zeigte im Can. cerv. noch die Spuren
des Ferr. cand. Die Mocosa des Fund, erodirt und mit
nadelknopfgrossen Bkitgerinnseln bedeckt An der hinteren
Wand des Corpus ein nach innen (d. h. in das Cavum uteri)
sieh öffiiender Abscess, der sich in die Substanz des Uterus '
nach Knks erstreckt — Die Abscesswandung fühlt sidi zum
Theil indorirt an. — Alle übrigen Organe gesund.
Der Herr Professor Virchoiv, dem ich das Präparat znr
Mitfheilong an die verehriiche Gesellschaft filr Geburtshülfe
in Berhn zugesandt habe, wird die Güte haben, dassefte
genauer zu beschreiben.
Herr Virchow legte nun das betreffende Pi*ilparat vor.
Der Uterus zeigte eine beträchtliche YergrösseriHig, die
indess nur den Körper, nicht den Cervix betrifft. Das
rechte Ovarium vergrössert, das linke von normaler Grösse,
aber durdi eine an der entsprechenden Seite des Uterus ein*
332 ^^- YarhftndliingdD dpr Gesellschaft
gebettele kleine fibröse Geschwiikt, welche eine' Veraeboag
der linken Ala vespertilionis herbeigeführt hatte, in etwa»
ttngewdbiilicher Situation. '
Das rechte. Ovarimn entleerte bcdm Erfiffiien enie Weiss-
liebe trftbe Flüssigkeit, deren Träbing hautitoftehlich von
geronnenem Eiwdsse und Epithelialflocken herröhrt. Diese
Fhlssigkeit stammte aus einer Höfale, die auf der freien Bauch-
seite sehr dOnnwandig, auf der anderen vom Ovarialgewebe
gebildet war, welches auf der freien Höhlenwand eine Menge
glatter rundlicher Erhebungen zeigte, die durch kleioe Ab-
theSungen eine lappige Structur darboten. Schnitt man diese
ein, %so lies» sich eine weissliche Flüssigkeit herausdrücken,
die an Colioidgebilde erinnerte. An anderen Stellen zwischen
diesen Erhebungen lagen starke Faserzüge von Bind^ewebe,
die mit stark entwickeltem Cylinderepitheüum bekleidet waren,
so dass das ganze Gebilde als ein Cystoid erschien.
Was den Uterus betraf, so konnte Herr Virchvw den
von Kugdmann erwähnten Abscess nicht recht nachweisen.
Die ganze Wand zeigte überall ein maschiges Ansehen, welches
sich auch in die Tiefe des Grewebes hinein fortsetzte, wie
bei Durchscbiiitten deutlich hervortrat, so dass das Ganze an
cavernöse Bildung erinnerte. Er glaubt deshalb nicht, dass
ein eigentlicher Abscess vorgelegen, sondern eher eine grössere
exolcerirte Stelle', die sich in die Tiefe verbreitet hatte. Die
ganze innere Oberfläche des Uterus zeigte Balkenzuge von
Bbdegewebe, an einzelnen Steilen fettig degenerirt, an deren
Oberfläche Papillen hervorwucherten; an anderen Stellen zellige
Elemente, so dass der Process im Grunde derselbe wie im
Ovarium v^ar und wohl eine maligne Biklung, die aa Zotten*
krebs erinnert.
Die Äussere Oberfläche des Uterus war normal und ebenso
bei seichten Einschnitten von aussen her nichts Regelwidriges
zu sehen. —
Zu einem zweiten Präparate, welches Herr Virchofü der
GeselbehafL vorlegte, gab Herr Kaufmann folgende Einlätung.
Am Ende vorigen Jahres wandte sieh an ihn eine jung
vertieiralbete Frau wegen einer Anschwellung des weichen
Gaumens, ScUingbeschwei*dea und Heiserkeit. Bei Unter-
suehung dieser Tbeile zeigte sich eine Röthong derselben mk
für Q«btiitali{ilfft in Bm^ia. 333
Geschwürsbildoog der Mandeln« die 6o deutlich syphilitiscfae
Zeichen darboten, dass Herr K. sofort eine Unlerauchiuig
der Genitalien vornahm, um den Ausgangspunkt der Infeclion
zu constatiren; indes« es zeigten sich durchaus weder Spuren
vorhandener Geschwäre noch Narben und ein genau an-
gestelltes Examen der Kranken, sowie ihres Ehemwins ergab
nicht die geringsten Anhaltspunkte für die Feststellung der
Natur des Uebels. Nichtsdestoweniger erhielt die Kranke
Jodqifecksüber innerlich und den iZica^'scben Pinselsaft zur
örtlkhen Behandlung der Bachengeschwüre und die günstige
Einwii*kong dieser Behandlung zeigte sich durch vollständige
Beseitigung der früheren Bescliwerden« Bald darauf trat
Schwangerschaft ein, wurde aber im dritten Monate durch
eintretenden Abortus unterbrocben; derselbe verlief normal.
Das ausgeslossene Ei zeigte indess eine so eigenthümliche
Bildung» dass dasselbe Herrn Virckaw zur geOlligen Unter-
suchung überbracht wurde.
Herr Virchov) erklärte das vorgel^te Präparat als excessiv
gewucherte Uterinschleimhaut (Decidua). Er wies an derselben
deutlich die Form der Gebärmutterhöhle nach und madite auf
die sehr vergrösseitsn Utriculardrüsen in der ScUeimhant
anfmerksam. Eine sehr eigenthümliche byperplastiscbe Bildung
zeigte sich auf der inneren dem Fötus zugekehrten Seite
dieser Schleimhattt; an der vorderen» sowie hinteren Wand
derselben fanden sich nämlich mehrere 3 — 4 Linien hohe
zapfenformige Wucherungen, die ähnlich wie grosse breite
Condylome, die noch nicht exulcerirt sind, mit glatter Ober*
fläche frei in die Uterinhöhle hineinragten: Das Gewebe der»
selben war sehr compact, homogen und sehr ge&ssreich«
wie der intensiv geröthete Durchschnitt erwies. Mikroskopisch
liess sich nur eine excessive Wucherung des intentitiellen
Bindegewebes nachweisen.
An der Placenta waren die Chorioozotten ebenfalls sehr
dick und hyperplastisch, Fötus war nicht mehr vorhanden.
Herr Virchow erklärte diese Bildung als eine in diesem
Grade von ihm bisher noch nicht beobachtete. Er sei sehr
geneigt, dieselbe als Ergebniss einer Endometritis anzusehen,
die in diesem Falle aller ^Wahrscheinlichkeit nach doch einer
syphilitischen Affection zuzuschreiben sei, und fordere die
334 ^^' yeriiRiidUmgeii der G««eUMhaft etc.
Ciesellschaft auf, ihr Augenmerk darauf zu riditen, ob sidb
in ähnfidieA Fällen syphilitische Infection als Endometritis
localisire und dadurch Grund des so häutigen Aborürens gebe.
Von zwei anderen Präparaten, welche Herr Virchow
vorlegte, betraf eines den Uterus einer alten Person, der
durch enorme Verdickung der Schleimhaut bei gleichzeitige!*
Verdünnung der muskulösen Wand im htebsten Grade auf-
fallend war. Letztere war durch «gleichzeitige allgemeine
Ossificirung der Arterien, die an einzelnen Stellen fast allein
die Dicke der V^and bildeten, so bruchig, dass sie durch
einfache Knickung eingebrochen werden komte.
Das andere war eine enorme Ausbreitung syphilitischer
Exulceration auf der Schleimhaut des Mastdarms. Während
an den Gesdilechtstheilen nur einzelne Geschwüre, indess
zahlreicbe Narben früherer Eiukerationen ▼orhanden waren,
hatte sich die Afiection im Mastdarme ziemlich einen Fuss
weit hinauf rerbreitet und bot in ein^ grossen Gescfawürsfläobe
die y^rsduedeneten Entwickehingen syphilitischer Schleimhaut-
affection dar. —
Herr OUhauBen stellte der Gesellsdiaft einen acht-
wöchentlichen Knaben Tor, der ausser emer Imperforatio ani
eine auffallende Missbildung der Geschlecfatstheile darbot Der
Nabel lag ungefähr einen Zoll übor der Wurzel des Scrotum,
der Penis war ganz rudhnentär und bestand fast nur aus
tier Eichel, welche vom Präputium bekleidet war. Durch
die gleichzeitige Entleerung von Harn und Fäcalmassen aus
der Hamröhrenüffmuig war die Communioation des Darmes
mit d«r Ifernrdhre erwiesen. Herr OUhauBsn behält sich
eine genauere Besdireibung dieser Missbildung vor.
Herr KötU erwähnte bei dieser Gelegenheit, dass er
kürzlich ein Kind mit Imperforatio penis Herrn Wüms zur
Operation übergeben und diese von demselben nrit günstigem
Erfolgt vollzogen sei. —
Herr (7. Mayer hat kürzlich die Amputation einer eancroid
entarteten Vaginsdportion vollzogen und das Präparat Herrn
Virchow zur Untersuchung übergeben. Dieser legte dasselbe
der Gesellschaft vor und zdgte an einem Längenschnitte den
allmäligen Uebergang der gesunden Gewebe in die krankhafte
Degeneration.
XXI. o. SM^ld , Beirachtnngeii i^b^r da« KlBdbettfieber. 335
XXL
Betrachtungen über das Eindbettfieber.
' Nach Lehmann» ,»£apport8 de la commission d'obsttoique,
CQmmuniqa^s au cerde m^dical d' Amsterdam".
Mitgetheilt
I • von
j Bdaard von Siebold.
1 Vorerionerung.
Die VerheerungeD, welche das Kindbettfieber von Zeit
zu Zeit unter den Wöcbnerinnen zumal in Gebäranstalten an-
stiftet, haben gerade wieder in der neuesten Zeit die Auf-
merksamkeit und die genaueste Forschung der Aerzte und
Geburtshelfer auf sich gezegen, and dieselbe Sichtung, welche
die FerteehriOe der Naturwissenschaften, Chemie, Physiologie,
der pathologischen Anatomie bei so manchen anderen Objecten
d^ praktischen Medicin nothwendig machten, ward auch auf
das Kindbettfieber übergetragen. Ja, man hat es nicht einzelnen
Aerzten allein überlassen, auf diesem Felde ihren ganzen
Scharfsinn und 'alle zu Gebote siebenden Mittel zur näheren
Erforschung der in so manchen Einzebiheiten noch räthsd-
haften Krankheit aufzubieten: es sind ganze Gollegien und
Akademien zusammengetreten, um in vollem Verdne alle ihre
Kräfte zu verwenden und die Fülle ihrer Erfahrungen dahin'
zu verwerthen, im Interesse der Menschheit und der Wissen^
Schaft gegen jene mörderische Krankheit anzukämpfen, die so
häufig jeder HeUbemühung und allen gegen sie in Anwendung
gebrachten Mittdn Trotz bietet.
So Megen uns die merkwürdigen Verhandlungen der Pariaer
; Aeademie de mMecine vor, welche vier Monate hindurch vom
I 23. Februar bis 6. Juli 1868 diese Gesdlschaft beschäftigten
I und an denen sich die berühmtesten Männer des Faches,
Depaui, P. Dubins, Beau, Trousseau, CruveUMery DanyaUy
Casfeaux, BouiBaud, VdptaUj Qu6Hn u. A. betheiligten.
S. Bulletin de l'acadimie imperiale de medecine, tom. 23,
Par. 18&7— 1866, p. 366 u. ff. — Im Auszuge mitgetheilt
in unserer Monatsschrift, Bd. 12, p. 292.
336 ^^I- V* Sitboldt BetrAchtongen üb«r das Kiodbetifi«ber.
Leider waren aber die Resultate dieser VerhandlungeD
Dicht, von der Art, dass sie den Gegenstand nur einiger-
maassen zum gewünschten Abschluss bringen konnten, im
Gegentheil gingen die Meinungen der Aerzte über die Krankheit
so weit auseinander, dass der Berichterstalter Dr. Ed. Auber^
welcher mit der grössten Sorgfalt das Resum^ der langen
Discussion aufgestellt, selbst sagt:
„Sur les treize academiciens, qyi ont kik enteodus on
peut compter „des essentialistes, des demiressentialistes, des
essentialistes sans lo vouloir, des essentialistes sans le savoir;
des locaUsateurs absolus, des demi ou des quart de localisateurs;
des localisateurs avec tendance ä Tessentialisation; des essen-
tialistes avec amour pour la localisation; des spioifiBtes, des
tjphistes, des traumatistes et des neotraumatistes!''
Kam es doch auf diesem „Brillant tounioi'^, wie sich
ein neuerer Schriftsteller über den Pariser Congress ausdrückt,
selbst zur Sprache, die Gebdranstalten ganz aiflzaheben, die
Frauen vorzugsweise in Privatwohnongen zu entbinden oder
wenigstens in der nächsten Umgebung von Paris kleine Enl-
bindungshäuser zu gründen, auf welches „Cartbagtnera esse
delendam'' bereits 1855 C. Hecker hindeutete, indem «r die
Ansicht aussprach, dass man mit der Zeit dahin gelangen
werde, sammtUche Krankenhäuser und Entbindungsanstalten
aufzuheben. S. Veriiandl. der GeseUscbaft für Gebiirtshülfe in
Berlin, 8. Jahrg., p. 204. Ob unser verehrter Freund und
College, seit 1859 Director der grossartigen Gebäranstall in
München, jetzt noch dieser Meinung sei, möchten wir flreund*
hebst fragen. Sehr richtig hat sich darüber Jtfattßt in seinen
trefflichen „l^tudes sur la nature et le traitement des fi^es
puerperales etc., Par. 1858,'* p. 45 mit den Worten geäussert:
„C'est la fi^vre puerperale qu'il taut tftcher de ehasser de
ces ^blissements, et non les malades.^' Auch führen wir
den Aussprach unsers Lebert an, dahin lautend, dass der
Vorschlag alle grösseren Gebäranstalten zu scbliessen, offenbar
eine jener voreiligen und leichtfertigen Inspirationen des
Augenblicks zu sein scheint, welche lebhaft an das banale
Sprichwort „das Kind mit dem Bade ausschütten*' erinnert.
S. dessen Handbuch der prakL Medicin, Tüb. 1860, S. 769.
. XZI. 9. 8UMd, B«tr»ebtangeii über diu Kindbettfieber. 337
Dim geD9flint6D frauzösischen Verhandlungen stellen sich
die holländischen UntersuGhungen einer Commission von Geburts-
helfern zur Seite, weiclie, Dr. L^mann in einer eigenen
Sdirift zusammengestellt hat. Unter dem Titel „Considerations
sur k fi^vre puerperale" hat Dr. DimdonnS in Brüssel die
Schrift aus dem Holländischen übersetzt, und diese letztere
Arbeit liegt uns vor, nach welcher wir unsern Lesern den
folgenden Beriebt erstatten. Es hat diese Abhandlung den
grossen Vorzug, dass sie ihren Gegenstand klar und deutUch
darstellt und dass sie besonders auch auf die Erfahrungen
anderer Lander fussend von jeder einseitigen Behandlung ihres
Thema's entfernt bleibt. Dass da, wo es sich um Erfahrungen
aber diese Krankheit handelt, rorzugsweise grosse Gebär-
anstaiten in's Auge gefasst werden müssen, brauchen wir
hier nicht weiter auseinander zu setzen: Wir fuhren es nur an,
um den Grund darin zu finden, warum Lehmann in seinem,
Werke die Wiener Hlttheilungen von O, Braun fleissig benutzt
hat, welche derselbe in der „Klinik für Geburtshülfe und
Gynäkologie, 3. Lief., Erlangen 1855, p. 423 *" in dem Aufsatze
y^lvT Lehre der Behandlung der Puerperalprocesse und ihrer
Bezidiuiig zu einigen zymotischen Krankheiten'^ bekannt ge-
macht hat Ausserdem aber hat Lehmann auch die Meinungen
anderer Schriftsteller des deutschen Vaterlandes bei seinen
Untersuchungen heröcksichtigt, was schon der französische
Uehersetzer mit den Worten hearvorhebt: „L'auteur s'y montre
tout ä fait ä Ja hauteur des progr^s les plus rteents de la
sdence et y ezpose avec beaucoup de clart^ et de concision
les idees et les opinions des grands maitres que FAllemagne
posaMe dans Part obst^trical, idees et opinions avec lesquelles
neus ne sommes pent-etre pas assez familiarises.'' Wir
müssen an der Lehmann^ s^bßn Arbeit besonders noch das
rühmen, dass dieselbe in bündiger und einfacher Weise den
jetzigen Standpunkt bezeichnet, auf welchen die Lehre von
den Puerperalprocessen in der neuesten Zeit gebracht ist.
Diee daher der Grund, warum wir unsa^n Lesern das Werk
hier vorführen, da wir gewiss nicht von allen voraussetzen
ktanen, dass sie im Besitze der vollständigen Literatur der
Naoieii and in der Lage sich befinden, die oft sehr zerstreuten
Materialien mühsam zusammen zu suchen und solche einem
KoiMtoselir. f. OtbarUk. tS61. Bd. XYII.. Hft. 5. ^«^
338 X^l* «• SMold, BetrachtoDgen tfber da« K!iidbettfieb«r.
tieferen Studium zu uiiterw(n4<eB. Dieseu mag dts Nachfolgende
gewidmet sein. Endlich glauben wir die in unserer Monats-
schrift a. a. 0. bereits mitgetheiltep Verhandlungen der Pariser
Akademie dadurch nur zu vervollständigen, dass wir ober
denselben Gegenstand aus einem anderen Lande die daselbst
gepflogenen Untersuchungen ebenfalls hier veröffentlichen.
Die Abhandlung selbst besteht aus drei Abtheilungen:
1) die Aetiologie und Pathogenese der Krankheit; 2) die
Nosologie der Puerperalprocesse und 8) die Behandlang
derselben.
Betraohtungen über das Kindbettfleber.
Erster Artikel.
Aetielogie nd Pathogenese.
Man sieht im Allgemeinen das Kindbettfieber als eine
der tödtlichsten Krankheiten der Wödinerinnen an. Daher
ist es nicht auffallend, dass die Aerzte schon seit langer Zek
diesem krankhaften Processe ihre vollste AufmerksMEnkeit ge-
schenkt haben. Durch eine genauere Anwendung der Natur-
wissenschaften auf die Medicin, besonders der Chemie und
Mikroskopie, sowie mit Hülfe der grossen Fortschritte der
pathologischen Anatomie hat man in der letzteren Zeit sich
bemäht, in das Geheimnissvolle dieser Krankheit zu dringen,
und dennoch ist man noch nacht im Stande, über die Natu*
derselben ein hinreichendes Licht zu verbreiten. Viele Punkte
bewegen sich noch im Reiche der Hypothesen und erwarten
ihre Lösung von der Zukunft. Es ist selbst nicht - einmal
leicht, eine genaue Beschreibnng dieser Krankheit Hu liefern,
denn man hat unter der Benennung Kindbettfieber eine sehr
grosse Anzahl von Krankheitsformen zusammengeiasst iUk
man sich streng an den Namen, so bedeutet Kindbettfieber
weiter nichts, als .eben nur Fieber im Wochenbette, ohne
dass uns dieser Ausdruck sonst erklärt, in welchen paüio«-
logischen Erscheinungen man die Ursache der Fiebersymptome
zu suchen habe; auf diese Wdse würde jeder krankhafte
Zustand, der von Fieber begleitet bei einer Wöchnerin statte
findet, zum KlndbettGeber gerechnet werden müssen, und
man würde nach dem Vorgange der alten «mpirisehen Mediem,
ZZI. 9.SiAM, B«tjrsehtvngen fiber das Kindbottfieber. 339
nach 4«fiii Verlaufe und Ausgange dag Kindbettfieber entweder
da guUrttgea oder als ein liosartiges zu beseichnen haben.
Aber schon seit langer Zeit hat man diese oberflächlichen
Betrachtimgen verlassen und nur einer bestimmten Reihe von
Krankbeksfonraen den Namen „Kindbettfieber'' gegeben. Die
pathologisebe Anatomie bat das Vorhandenseih verschiedener
Localverletaongen nacligewiesen, welche sich in überein-
stiminender Weise in denjenigen Fällen von Kiodbettfieber
finden lassen, die mit dem Tode geendigt haben. Die Benennung
Kindbettfieber als einfacher Ausdruck eines Symptoms oder einer
Symptonienreihe erschien deipnach unzureichend und musste
dem vid mehr umfassenderen Namen „Puerperal -Krankheiten''
w«M^n. So glaubte man die anatomischen Producte, so ver-
* schieden nach den verschiedenen Organen des Korpers besser
ordnen zu können, und das Resultat davon war die Eintheilung
des Kindbettiehers in eine Menge von Krankheitsfonhen, an
die man die Endsilben „itis" hing und daher in Monographien
handelte von Peritonitis, Metiitis, Metrophlebiüs, Metro-
lympbangitis, Endometritis, Oophoritis, Entero-colitis, Scarlatina
and Phlebitis an den ExtreoMtaten. Aber diese wahre Manie
zu {«N^lisirett hatte auch wieder ihre Unbequemlichkeit^,
indem sie Schwierigkeiten für die Diagnose und Therapie
herbcifilhrte. Denn sdten war das Fieber durch eine einzige
örtlidie Erscheinung charakterisirt; oft sah man m einem
und demselben Falle mehrere der angenommenen Formen
anAreteo. Man fing daher von Neuem an zu generalisiren
und das Kindbettfieber auf drei Hanptformen zurückzuführen :
Peritonitis, Pyaemie und Endometritis puerperalis. Aber in
dieser Eintheilung^ grösstentheiis nach den Localaffectiouen
festgestellt, fenden sich diejenigim Fälle ausgeschlossen, deren
tddtbehem Ausgange eine krankhaft veränderte Blulmischung
ZMB Crundi lag. Daher erfuhr sie bald Einwürfe und man
kam aof eine neue Eintheilung des Kindbettfiebers nach so-
genannten Crasen: ilyperinose, Pyaemie und Sepsis. Es ist
überflüssig, uns hier mit den besonderen Criterien .dieser
Arten auftubalten, aber es muss angeführt werden, dass
unsere Kenntnisse über die Piierperalcrase sehr mangelhaft
sind: dass die chemischen und mikroskopischen Untersuchungen
trotz itorer Fortschritte auf keine befriedigende Weise in das
22*
340 X^I« «. Siebold, BatrAchinngen über d«8 Klftabettfisber.
iDoerste jener Grasen gedrungen, und das» die Usher ge-
wonnenen Resultate nur in einigen Hypothesen, wüihreiid des
Lebens oder nach dem Tode gewonnen, bestdaen, wdehe
für das Urtheil über die anomale Mischung des Buntes a priori
beweisführend sein sollen. So hat der erfmderische Geist
fortwährend Theorien aufgestellt, welche bald als illusorisch
wieder verschwinden, um anderen Platz zu macJien«
Wie dem auch sei, nach dem gegenwärtigen Zustande
der Wissenschaft wird das Kindhettfieber, wie der Typhus,
die Cholera, als eine zymotische Krankheit mit acutem Charakter
betrachtet. Man giebt bekann^icb diesen Namen aUea acuten
Krankheiten, in welchen sich die Blutbeschaffienhett durch die
Bildung Ton Auscheidungsproducten versdiiedener Natur ver-
ändert. Die Benennung ^zymotische Krankheit'' ist denuiaelr
gleichbedeutend mit Gährungskrankheit Man kehrte mit einigen
Modificationen zu der Ansicht der alten Hümoralpatbologie
zurück, dass das Blut einen Gährungsprocess eingehe, be-
sonders in febrilen Krankheiten, wo man Ton einem Stadium
der Crisenkochung sprach. Mit dieser Theorie hat die
Generalisation ein neues Feld gewonnen. Die allgemeine
Affection, die Krankheit des Blutes, betrachtete man als den
Hauptpunkt des Kindbettfiebers; die verschiedenen Localisationeo
oder örtlichen Erscheinungen, welche die pathologische Afiatonue
eine Zeitlang als eigentlich charakt^istische Merkmale aa-
gesehen hatte, sollen als Producte der Gährung oder als Aus-
scheidungsproduGte angesehen werden, und so konnte man «Otter
dem passenden Ausdrucke „Puerperalprocesse'* alle AnomaUen
des Wochenbettes zusammenfassen. Obgleich nun die Meinung,
welche das Wesen des Kindbettfiebers in eiijer BlutTeränderung,
hervorgebracht durch ein Miasma, bestehen lässt, wodurch
die zahbeichen örtlichen Affectionen nur secundär aultaneten,
in unseren Tagen nach dem Vorgange von Kwisch oad
Litzmann zahhreiche Anhänger findet, so kann man doch,
wie wir glauben, zwei wichtige Einwürfe gegen diese Hypothese
nicht^mit Stillschweigen übergehen:
1) Das Kindbettfieber zeigt sich sporadisch und entwickdt
sich in Folge einer Puerperalmetritis, eine Erfahrung, die in
keiner Weise bezweifelt werden kann. Es muss demnach
ein Unterschied zwischen einer. einfachen Puerperal- InAaromalion
XXL «./{i06#M,B«tra€htmigeD über das Kindbettfieber. 341
des DCenis und der Metrilis in Folge yod Puerperalfieber
gemacht werden, so dasa man in leuterem Falle die
Metritis eine secundfire RoUe spielen lässt, wie z. B. die
Angina im Scharlach oder die Bronchitis im broncbitiscben
Tjfphus.
8) Die MeBDung, welche im Kindhettfieber ein Wesen
sin geaeris erkennen will, verträgt sich nicht mit dem gegen-
wirligeB Zustande der Median in ihrem Streben nach exacter
Wissenschaft. Die Physiologie und organische Chemie waren
bis jelxl nicht im Stande, das eigentliche Wesen des krank-
haften Proeesses aofenhellen, und man hat bis heute die
Frage noch nicht beantworten können, worin besteht denn
eigentüch die veränderte Blutmischung, auf die man sich
Mtzt? Man hat noch in keiner Weise eine specifiscbe
Puerperal «-Dyskrasie nachweisen können, und so lange einer
Theorie die positiven Beweise fehlen, muss m«i sie als
Hypothese betrachtea
Auf der anderen Seite. mCbsen wir aber auch die ver-
schiedenen Beweise sur StAtze jener Theorie hervorheben.
Im Allgemeinen wird bei dieser Krankheit eine grosse Anzahl
von Organen zu gleicher Zeit ergriffen und nur ausnahmsweise
localisirt sich die Krankheit auf ein ^ziges Organ oder Gewebe.
Alle Localentzändungen haben eine Neigung zu bedeutenden
Eisudaten und sind mit septischem Zerfall der gebildeten
Eisudate verbunden. Am häufigsten ist Fieber, wekbes den
Locahffectionen vorausgeht und enorme Pulsfrequenz das erste
Symptom der Krankheit. Die in den festen Theilen erkenn-
baren Veränderungen stehen nicht immer mit der Intensität
des Fiebers und der Krankheit in gleichem Verhältnisse und
g^ade in den Fällen, in welchen der Verlauf ein sehr rapider
ist, zeigt oft die Section unbedeutende Sporen, ja nicht selten
nicht das Mindeste von einer Localaffection. Eine künstlich
btifirkte Umänderung des Blutes bringt Phänomene liervor,
ivddie mit denen des Kindbettfiebers identisch sind. Wenn
man in die Venen eines Thieres Eiter einspriut oder souaV
eine sdiäifliche Flüssigkeit, so stellt sich Aufregung, Fieber
ein und es bilden sich in verschiedenen Organen mehr oder
weniger entzündliche Resultate, besonders in den Schleim-
mir wrteen Häuten, oder es tritt mitten unter oervöa^u
342 ^^I* «. iSftV&oIil, Betracfatniigreii über das Kladbettlieber.
Erscheinungen von holier Intensttüt 6er Tod ein, ^ne daM
an irgend einem Organe sirii anlTaUende VerSnderungen zeigen.
Alle Miasmen und conlagiösen Stoffe scheinen ihre Wirkung
durch eine ahnliche Blutalteration zu zeigen.
Im Folgenden wollen wir näher auf die StiologisebeO'
Verhältnisse des Klndheltfieliers eingehen , dann die Pathogenese
und Therapie dieser Krankheit in's Auge fassen und auf die
Untersuchungen und Meinungen der letzteren Zeit über 4k%W
Gegenstand Rücksicht nehmen.
Das Kindhetlfieber hat einen miasmatisehen oder oonfagiosetf
Vrspnmg. Die Ausdrücke Coniagium, Miasma und Infection
müsstm hier als so ziemlich synonym angesehen werden. Si«
zeigen nur nach dem Sinne, den man ihnen hier unterlegt, die
yerschiedenen Wege an, auf welchen die Krankheiten sich fort-
pflanzen. Wenn gleich der miasmatische Ursprung der Krankheit,
d6n man ziemlich allgemein anerkennt, ja sogar als bf^stftndiges
Criterium ansieht, ron atmosphärischen EinflAasen sdiJiingend
angenommen wird, so sind wir dodi in Bezog auf die
Aendenmgen der Atmosphäre, wetehe in ihrem Yereme unter
dem Namen Miasma begriffen werden, yM\% im Ungewissen.
Die Gegenwart eines Miasro.i kann nicht direct bewiesen
werden, sie lässt sich nur an ihren Folgen erkennen. Man
nimmt gewöhnlich an, dass die Luft mit schfidlkiben Stoffen
▼erunreinigt sei, welche von der Verderbnise der Puerperal-
excretionen ausgefiend an die Atmosphäre, zninal bei Ueber-
föilnng und unzureichender Ventilation gebunden seien, und
dass diese Luft der Hauptträger der Verbreitung des Kindbett-
fiebers sei; so glaubte* man erklaren zu ktenen, warum sieb
in Gebäranstalten in Folge der Einathmung solcher Lufl die
Krankheit entwickele.
Zum weiteren Beweise des miasmatisdien Ursprungs der
Krankheit führt man an, dass dieselbe so oft epidemisch uml
zu derselben Zeit in verschiedenen Localititen sich zeigt, idasa
sie einen regelmässigen Verlauf hat, und ohne Untersdiied
auf Individualität, Aher und Stand ihre Opfer fordert Unter
einer Reibe von verschiedenen Ursachen ist es unzweifelhaft,
dass die Hauptrolle der Genius epidemicos spieh. Um sieh
davon zu überzeugen, hat man nur mit Aufmerksamkeit die
Geschichte der Krankheit zu erforadien »d man wM sMl
XXl. 9.Sisbold^ Betr«chtiiiig#n über da« KindbettQeber. 343
äbafeugeu, wie viel Beobachter dario mit einander öbereio-
flünuneD, dass zu gewieeen . Zeiten immer Wöchnerinnen in
bestimmten geographisch mehr oder weniger ausgebreiteten
G^enden in mehr oder weniger betiichtlicher Zahl erkranken.
Diese Tbataachen werden mcht allein durch Berichte aus Gebär-
aastaUeu, sondern auch von Aerzten kleiner Städte beglaubigt,
ja auch häufig wird dieselbe Beobachtung auf dem platten
Lande gemacht Man fühlte daher seit längerer Zeit das
Bedorfniss, die atmosphärisch -cosraisch- tellurischen Einflösse
genau zu studiren, um ihre schädliche Wirkung auf die
WöcbnertAuen kennen zu lernen; aber alle ForscbongeD, auf
diesem Felde angestellt, haben bi^ Jetzlc kein positives Resultat
gehabt Es bat sich herausgestellt, dass eine Kindbetterin^
£|Ndemie unter verschiedenem Clima und Witterungswechsel
aiifkreten könne; Alles, was wir nach unserer Erfahrung als
fesMebend aimehmen. könnea, beschränkt sich darauf, dass
die häufigsten und bösartigsten Epidemien mehr im Winter
und Frühjahre, als im Sommer, auftreten, dass eine im Winter
herrschende Epidemie plötzlich .aufhört, wenn die Witterung
milder und wärmer wird, so wie dann die Krankbeil im Laufe
einer Epidemie hei plötzlichem Eintritte von kaltem und strengem
Wetter bedeutend zununmt. Der epidemische Einfluss giebt
sich aber nicht allein in der Zahl der ergriffenen Individuen
zu erkennen, sondern zeigt sich auch in dem Charakter der
Krankheit, so dass während einer Epidemie in den einzdnen
Fällen bald der Charakter der Hyperinose, bald der Charakter
der Septicämie vorherrscht; ja die Localisationen der ver-
schiedenen Processe scheinen ebenfalls dem. genannten Einflüsse
zu unterliegen, denn in gewissen Epidemien beobachtet man
bei den LeichenunLersuchungen bald nur Fälle von Endometritis,
bald nur von Peritonitis, Lymphaogitis oder von metastatiscbe«
Abscessen.
Man wollte zur Erkiäruiig dieser Epidemien die Parasiten-
Theorie von J2ien2e. heranziehen; aber auch das scheiterte an
dem direeteo Beweise, dsss sich bei den zymotischen Krankhjc^iton
Parasiten im Blute nicht auffinden lassen. Will man indessen
die Idee einer . bestimmten Form des Ansteckuugsstoffes nicht
ganz aufgeben, so wäre vielleicht der Satz aufzustellen, dass
die »ymotischea Processe, welche sich zur Epidemie gestalten.
344 XXI.. V. 8id>oldj Betracbtongen über das Kindbeltfieber.
einen flüchtigen Stoff entwickelten, der die Macht besSsse, bei
einem dazu prädisponirten Individuum eine Gährungskranbheit
hervorzubringen. Die zymotiscben Krankheiten besiüEen besonders
in ihren Secreten, Eiter, Jauche, Lymphe n. s. m. gewisse Stoffs,
weiche in den Organismus eines anderen IndivMuums gebradit,,
unzweifelhaft fähig sind , eine Krankheit zu erzeugen. Jedes Mai
zeigt sich die cataly tische Kraft der Gähmng, geschehe diese
durch Zellen oder durch eine unbekannte diemische Zosamme«-
Setzung der Ausscfaeidungsstoffe. So lange die Secretions*
und Excrelionsstoffe diese cstalytische Kraft im flüssigen
Zustande bebalten, kann man sich auf einen gewissen Punkt
von dem Uebergange in die« zymotischen Processe öberseagee.
Aber wenn die Trager dieser catalytischen Eigenschaften an-
fangen zu vertrocknen und durch den Luftzug in dem uns
unbekannten Zustande weiter getragen werden, muss man
sich mit der Annahme bf^gnugen, dass bei einem prädisponirten
Individuum der Gährungsstoff im trockenen Zustande im Blute
denselben Gährungsprocess hervorbringen kann. Die Frage,
ob das Kindbettfieber einen directen genetisdien Zusammenhang
mit anderen endemischen und epidemisdien Krankhriten habe,
mit welchen man dasselbe so oft zu gleicher Zeit auftreten
sieht, diese Frage ward häufig bejahend beantwortet, besonders
in dem Punkte, der die Identität des Kindbettfiebers- Miasma
mit dem des Erysipelas und des Hospitalbrandes betrifft.
Wir glauben den Beweis, das das Miasma nicht bei WöchneriraaeD
allein seine schädliche Kraft äussert, dadurch liefern zu ktenen,
dass eine grosse Anzahl von Kindern dann todt geboren
werden, dass häufige Blutflusse während und nadi der Gebinl
eintreten, und dass die Kinder von solchen Frauen geboren,
welche später vom Kindbettfieber befallen werden, oft in
Folge eines eigenthümlidien Zustandes von Blutdissolatiod
schnell sterben.
Die Contagiosität des Fiebers hat zu jeder Zeit Aea so
viel Widersacher als Vertheidig^ gefanden, und der Streit
über diesen Punkt ist noch nicht beendigt Um die Contagiosität
zu beweisen, führt man gewöhnlich an, dass die Krankheit
nicht selten auf gewisse Localitäten oder bestimmte Ab*
theilungen einer Gebäranstalt sich m*strecke, dass Frauen, die
sich ganz wohl befunden und aus gesundeh Gegenden kamen,
I
XI3; «.MfroM,Betnelit«ng«ailb«rda8Ki»dbeUfieber. 346
MhM m als GebM*eDde in diese Rduiae einlraleD, wiorl nacita
ihrer Niederknoft yoid Kindbettfieber ergvifien wurden u< & w«
Dagegen wirft iiian ein, dass manche Wöehnennoen in dem*
selben ZinNuer mit vielen Kranken zasammenliegend dewuich
gesund blieben, dass dagegen andere Frauen, in seporirte
ZiDimer allein verlegt, dennoch von der Krankheit ergriffen
wurden. Wir sind der Meinung, dass die in GebäranstaUeo
beobaehlelen Epidemien in keiner Weise zur Ldsimg obiger Frage
beilragen können, weil man hier am wenigsten onterscheidea
kami, auf welebem Wege sich die Krankheit rerhreitet hat
Die Privatpraxis liefert aber «me Menge Tbatsachen, welche
fdt die ContagioaiUtt sprechen. »YerscMedene Male hat man
.beobaclilet, dass die Krankheit sich ausschliesslich auf die
Praxis einzelner Geburtshelfer oder Hebammen beschrinkte,
als wenn jene aüem Anschane nach von da oder dort, oft
vrail her, durch Geburtshelfer, Hebammen mid Wärterinnen
verschleppt worden wäre. In der That muss man zugeben,
dass fast jeder Fall eine andere Erklärung auliess,^ aber nach
eintr genauen Ertorscbung der einzelnen Umstände sdilen
doch immer jede aadere ErUinmg gewagt Was uns ah-^
betrifft, so zählen wir uns zu den Contagionisten und sind
fest überzeugt, dass das Kindbettfieber durch Inoculation
mitgjstheilt und verbreitet werden kann, und dass folglich
gesunde Wöchnerinnen durch Linnenzeug« welches durch
putride Lochien vermveimgt ist, besonders durch solches,
welches zu Umschlägen oder Tampons verwendet war, oder
durch schlecht gereinigte Schwämme, ja selbst durch die
Hände von Geburtshelfern oder Hebammen angesteckt werden
k&nnen, und wir gründen darauf unsere Memung, dass alle
septiflchen Exsudate eingeimpft ihre schädliche Wirkung zu
äussern im Stande seien. Die eiterige oder ichordse Blut-
infectioff des lebenden Organismus durch deletare Stoffe, wie
wir sie besonders im Leichengiflte finden, hat bekanntlich in
der NetiSMt der wissenschaftlichen Untersuchung ein weites
Pdd er5fltaet Semmeiweie sprach im Jahre 1848 die Theorie
der Leicheninfection als Hauptursache, ja sogar als einzige
Ursache der Puerperal -Epidemien aus. Nact) ihm besässen
die Leichen 'Molecule, welche nach Sectionen oder Uebungen
an Gadavern aa den Fingern haften bhehett« ja salbst der
I
846 XXI. «.^SMciId, BetnieliMi«tMiaberdA0 Kliid^«ltfiflber.
Leicheiigerach, der selbst nach Waacfaungea mit Seifdowasscr
zurückbleibe, die Eigeneehaft, die Piierperalprocesae bei oecbber
vorgeDommeiieB inneren Unt^rsuefaungen w&hrend der. Geburt
cÜBZuimpreii. Er empfahl daher Waschungen mit Chhurkaik^ 11«
der lafeetion auf diesem Wege zuvorzukoaunen. Semmdwei^
fand in Skcda canen eifrigen Vertheidiger seiner Ansicht. Es
gehftrt nicht hierher, weiter in die Beweise, welche dieser
Theorie zur. Stütze dienen seilen, einzugehen uüd die ver-
sehtedenea Ansichten der Geburtshelfer über diesen Punkt
anzuführen. Es genüge, zu bemerken, dass die Acadamie
de medecine in Paris unter dem Vorsilze von Orßla durch
eine gründlidie wisseoschafUiche Prüiung sich dagegen er-
klärt hat. 1)
Genug, über die Theorie der. Leicheninfociien ist gegen*
wdrtig das Urth^ gesprochen: sie muss für übertrieben und
für zu excIusiY aageseben werden. Es. istUnliuglich bewiesen,
dass in einigen FäUen die Kranklieit durch eine ühuliche Infection
hervorgebrarcbt wurde, und wir würden diejenigen emsiiicb^
tadeln müssen, welche sich eriauhten, eine ExfdQratiui oder
Operation bei schwangeren, gebärenden oder niedergekoBinienen
1) Dieselbe Widerlegung hat die Semmeltoei*^ ache AnDahme
auch von vielen anderen Seiten erfahren, nnd es i^t nachgewiesen,
dass die Uebertragung voti Leichengift allein dtfn Ausbruch dei
KindbettflebeTs wenigsten« nicht in allen Fftllen «rklärt Wir
nnterscb reiben aber veUkommen, wa« Lehmamm in dem Folgenden
über die Möglichkeit einer solchen Infection anglebt, sumal
wenn solche Verhältnisse obwalten, wie aie Semmehoeit von Wien
aus gemeldet hat, dass aus dem dortigen Leichenhanse das
Leichengift unmittelbar ^nrch Untersuehnng mit nnreinen HZnden
anf QebZrende xu s. w. fibergetragen wurde. Bs kann hier nioki
Vorsicht genug empfohlen werden, und es sind dafür die von S.
angerathejiett nnd. geübten Waschungen mit .Chlorkalklösung in
individuellen Fällen gewiss an ihrer Stelle. Semmehcet» hat über
diesen Gegenstand in einer eben erschienenen Schrift: »Die
Aetiologie, der Begriff und die Prophylaxis des KiAdbettÜebem.
Pest, Wien u. Leipsig 1861. S.** noch einnal su Gunsten teiiier
Anaieht dM Wort eri^riffen., ist aber dabei in ao maassloser Weise
gegen Alle, die nicht seiner Meinung sind oder auch nur Zweifel
über dieselbe zu äussern wagten, zu Felde gezogen, dass wir
solches nur aufrichtig bedauern können, da die Sache selbst
einen gnten*Eern hat, für Wien namentlich von grösser praktiecher
Bedeatnng war nnd nirgend ▼ergesaen wenlnn MÜtCi
XXl. 9.8UiMd, Betraeliniiig«ti Ober das RhiAettfieber. 347
nmucn mit Hftdriko vomindimeD, wtkhe etlbst nuch imder^
holten- Wasehfvngien immer noch eine Sj^uf von Leicbengenich
an sich hügen. Aber es ist lu weit gegangeo, wemi man
<es als die einsige Ursache des Kiodfoettfithers ansehen «nd
dmrclr stedas so hfiifige Auflreten, den Msartigen Gharahter
and die eptdemiscbe Yerbreitong der Krankheit in GebAp-
anstauen erkUren wolMe. Man muss vielmehr die mangelhaften
LoealtHten solcher Ansiriien, ihre nnaareicbende LQfUmg, die
leitweise zu grosse OeherfuUong «it Wöchnerinnen in Betracht
ziehen, weiche bei der Erzengving massenhafter übeiriecbender
Secretionen leicht- jenen cbarakterislisohen PnerperaU Genich
bewirk^, und endlich eine AüzaU anderer Umstände nichl
iM>ersehen, aus weleben sich hinUngiich die Entstehung der
Epidemien im Allgemeinen oder wenigstens in ifnsereu Gobftr-
anstalteo erkMren lassen.
Das Miasma oder Contagium biMet in jedem Falle nur
einen Factor der Entwickeiung des Kindbettfiebers und wir
haben jetzt einen nicht weniger wichtigen anderen Factor in
seinen Eigentfaömlichkeiten zu betrachten, nSmlich die Puerperal»
Constttutibnr. Der biologische Zustand einer Wöchnerin bietet
so viele ihni ^igenthAmlicbe Pliftnomene dar, dase man zu
jeder Zeit aus diesem Zustande den Ursprung des Kindbett-'
fiebere bersnleiten sich bemüht hat Man würde sicti indess«»
einer grossen Uebereilong schuldig ^machen, wenn man diese
Krankheit als das nothwend% erfolgende physiologische Resultat
des Gebäractes und des Wochenbettes ansehen woUte* Die
Puerperal -Gonstilotion hängt nothwendiger Weise von Ver-
ändeHmgen ab, die im Organismus der Frau während der
Schwangerschaft,. Gebart und des Wochenbettes von sich gehen
und die man in der Vermehrten YitditU in den GenMaüen,
m der vertoderten Bhitbildung und der allgemeinen Aufregung
des Nervensystems zn suchen hat Nicht selten beobachlel
man sehen während der Scbwaqgersebaft Erscheinmgen, welche
sorgOMtg geprOft als mit dem Kindbetlieber im Zusammen*
bange st^iend äqgesehen werden müssen. So beobachlet
man zuwdien den )ri6tzlicben Eintritt von Fj^ber mit Frdsten,
begleitet von Sehmerzen m der Uterin- ui^d Inguinalgegend,
wodnrchr Aboitus oder Frdigeburt angeregt wird; später
Sehiwfi4sbe lier Utarb-^idalracCiimen, beMge krankhafte Be^
348. XX]. o.iS»9M<{,B«trMbUiiig*näberd«alUiidb«tlfielNir.
schw«nien mit laagsaniein Verlaufe der Geburt und jeue so
aulTallende Puerperal -Pfayaiogaoiiiie, Blutflfiase im dar fOnftso
Geburtsceit; Geburten tou todten Kindera, die der Epidemiie
beraubt sind oder die bald nach der Geburt unter deli
Symptomen ?on Cachexie sterbe; alle» Umsttade, welche so
beweisen scheinen, dass die Krankheit bereite während der
Schwangerschaft im Anzüge war« Man muae unter andern
bemerken» daaa diese Frauen schon einige Stunden naeh der
Geburt eine intensive Form des Kindbettfiebers darbeten,
welches rasch tödtlich iendete, und dann bei der Seetion di^
selben Ergebnisse finden liess, wie sie bei einem IVecesae
statthaben, welche sich eine bestinonte Zeit nach einer recht*
zeiligen Geburt entwickelte. Das sind solche Falle, wekhe
Kitoüch mit dem Namen Schwangerschaftafieber belegt Daraus
folgt, dass die schädlichen Einflüsse, wenn sie sieh zu gewissen
Blutveränderungen gesellen, sowohl während der Schwanger-
acbaft als während des Wochenbettes rasch eine Störung und
Disharmonie im Blut- und Nervenleben hervcNrbrragen können« '
Man muss die Ansicht einiger Schriftsteller ^uräckweisen,
weiche glauben, dass Plethora, die sich in der Schwangerschdfe
durch das Aufhören der Menstruation bildete, als prädiaponirende
Ursache angesehen w^'den müsse; denn es ist leicht zu
berechnen, dass das Blutcpiantum von zehn Catamenialperieden
kaum das Drittel des Gewichtes eines ausgefragenen wohK
entwickelten Fötus beträgt und dass dieser zu seiner Ent-
Wickelung einer viel grösseren Quantität dieses Fhiidums
bedarf, als diejenige beträgt, welche im Organismus durdi die
Aufhebung der monatliehen Ausscheklung zurückgebalten wird»
Der Geburtaact selbst ist von einer vermehrten Nerven-
(hätigkeit und von verschiedenen Metamorphosen begleitet,
welche auf die prädisponirenden Ursachen der Krankheit Ein*-
fluss haben. Was die Vermehrung der Hyperioo«e .hetriflt,
so hat achon HmU auf die Analogie aufmerksam gemacht»
welche zwischen einem Fieber und den Geburtsschmerzen
stattfindet Durch die rasche Vi^'kleinerung, welche. während
der Geburt die Gebärmutter erfahrt, hört der Druck auf die
Nachbarorgane, welche diesen so lange erfahren haben, auf,
so dass das Blut mit Kraft und Leiehtigk^t denselben wieder
zuströmen kann, aber zuj^eich wM dadurch eiae uftgieififae
ZXI. «.SJfMii, B«tMehtiuigeiiilberdMKliidb«ttfleb«r. 349
VertheihHig dts Bhites bewirkt, sowie Staeen und Hodücation
der lonenration die Poige daron sind. Noch grösser ist der
schiiHiche Bnrfhiss, welchen der Geburtsact auf die EmSbmng
ansäht, sumal wenn derselbe lange dauert Wir stimmen
vollkommen den Erfidurungen von Busch, Simpttm, Settn^soni
bei, weiche geseigt haben, dass die Entwickehmg von Pnerpenü-
Processen und die Sterbliehkek der Wöchnerinnen in geradem
VerfaUtnisse mit <ler Dauer d^ Geburt steht. Den Grund
dieses schädlichen Einflusses muft man auf der einen Srite
in der Erregung, welche die Geburt im Nervensysteme und
mitudbar im Blute bewirkt, auf der anderen Seite in der
fortwStHnenden tranmattschen Rei^ng der Genitalttm suchen,
wie auch der Umstand nidit zu übarseben ist, dass es gerade
die fange dauernden Geburten sind, wdche so hinfig Kunst-
hWe verlangen, deren Folgen nicht immw als unschuldig
angeselM«! werden können. Jedennann weiss, dass durch
schw^e Wendungen oder gewaltsame Zangenoperationen so
kidit Contusionen der GescUecfatstheüe hervorgdiiradit worden,
weidie eine traumatische EntzAndung und Septicaemie im
GdUge haben. Wenn wir daher den Vertauf einer Geburt
ab ein Ätiologisches Moment des Kindbetifiebers betrachten,
so darf man zugleich nicht üb«*s^en, dass nacht selten die
Geburt Anomalien zeigt, weil die veränderte Bhitmisdiung
bereits Sunen schiffichen Einfluss auf geiwisse Functionen vor
der Geburt geäussert hat Die Erfehrong hat uns oft gelehrt,
das» man besonders während einer Epidemie manchmal
scbwacfae und spasmodisehe Wehen, Hämorrhagi^ m der
fünften Gehnrtsperiode und in den ersten Stunden nach der
GdMirt, «idü^ den Ted des Kindes vor oder während der
Geburt beobachtet und dass man einen grossen Fehler be-
geben wörde, wenn man alles Dieses nicht auf Rechnung
des Kindbettfiebers setz^ wollte, welches erst später in Folge
afi«* diefler Gd^urtssiörungen ausbricht Im Gegentheile sind
wir tterzeugt, dass man gerade diese Störungen als Folgen
Jenes krankhaften Processes ansehen muss, der bereits den
Organismus «"griffen, aber vielleicht noch im lebenden Za-
Stande sich bandet
Dagegen treten im Wochenbette die wichtigsten Ver-
äiiderai^$en auf. Eine Wöchnerin bietet iins in der That das
360 ^^I- ti.iSiA9;<ltBetniGki«»8«BÜlierdMKttt4beUflBl>«r.
Bild einer Verwundeten , durch die geistigen und birperiidien
Anstrengungen, durch den Bkitverliist mehr oder wenipr
Ersdiopilen dar; bei ihr geben die orgauieehen Fnneiioiien
neue Ver&nderungen ein, so daas nur die firaste in verA»ehrter
Thäligkeit erscheinen, während das Leben in den Genital-
organen zurodUrilt. Die progreaaive Enlwiokelung d«» einen
Theils und die retrograden Bewegungen dea anderen hallen
aim gleichen Schritt Nach der Gehurt • rouss die groaae
Menge der lAerschuBsigeff Fibrine ausgeaehieden und durch
die Puerperalsecretionen wieder in*s Gleichgewicht gebracht
werden. Koramt diese Ausscheidung nicht zu Stande, ao
erfolgt nach der Meinung der Haematopatb^ogen eine erbdite
Anaaromlung von Faaerfitoff in der Blutbahn, Umwandking in
Fibrinbi- und tritoxyde und eine Diiaposition 2u fiinlgerinnungen
(bopexie), wodurdi der Grund xu den veraehiedenen Puerperal-
Processen gelegt wird. Zengerle (Wurttemk med. Conreap.^BL,
22 — 25, 18ö(>) erklärt sich diese vermehrte Gerinnbarkeit des
Faserstoffes dadürdi, dass das ans dem Albumen des Btiites
mittels Oxydation eines Aiema Schwefel entatehesde Fibrin
immer durch Sauerstoffnitriit höhere Oxyprotsinferbifidnngen
eingehe. Er sucht eine Stätze seiner Theorie im aauen«
SfJiwcBBse UBd der ^»wehnlicben höheren Temperatm* der
Wöchnerin* Nach Muider legen sich 4k m Folge der Geburt
und der efweiterten Respiration der Wöchnerimen dorch
Oxydation gebildeten plastiachen Proleinoxyde um die ZeUen-
membran der Blutkörperchen an^ werden im Gapillarsyateoae
zum Stoffwechsel verwendet, em Tbeil Ueibt nach der Tremmng
des Kindes von der Mutter unverbraiicht im Blute eurAck
und veranlasst die diaproiiartionelfen VerhäUaisse in den weaen^
hoben Blatbestandtheäen der Entbundeneu.
Die Verwundung der innereo Flache des Uterus, bewirkt
durch Abtrennung der oberen Schichte der Decidoa, besonders
aber der Plaoenta, ward von viehm SchriOaleUeni ab eine
der wesentlicbaten Ursachen der Puerperalpracesse angeaeboi.
Eisentnann hat diese Prooesse mit dem WundAeber vergtichen
-und Simpson (Edink monibly Joum., Nov. 1850) hat zu
Gunsten der Analogie der Puei^peralproceaie und des nach
acfawarcn Operationen folgenden Fiebers, Febr. obirargica,
verschiedene Beweise angeführt Die Umstände, wekbe bei
XXI. 9, Sißhcldy BetrachtnogMi fiber das Kinibettfitber. 351
}!?5cliii€nr]f)nen eine allgemeine Blutvergiflung begünstigen, wo*
Airch Eiter und andere krankhafte Stoffe, wekhe in der
HdUe des Uterus angesammelt sind, in den aUgemeinen
fitotstroro Jeieht fibergefUhrt werden kennen, Rind:
1) Die anf der inneren GebärmutterfläiAe vorhandenen
klaffenden Mändungen der {Jtero-Placentar-Gcfösse, weldie
sich niclit immer vollfildndig schlieasen, und sich in beständiger
BerMrang mit den Uterinabsonderungen befinden;
2) Die Uebertragung krankhafter und anateckender Stoffe
aaf die Oberfläche der Scheide;
S) Die zufälligen Bntxündnng^, welche die Sobleimhaut
der Gd>ännulter befallen, die sogenannten Puerpei^Iprocesse.
Nach der jetat allgemein aBgenommenen Meinang, dass
das Kindbettfieber in einer Verderbniss des Blutes bestehe,
ist es viel leichler, das Yerfaältniss, in welchem die Fieber-
bewegwig und die innere Entzündung zu einander stehen,
I zu erklären. Denn nach dieser Meinung ist das Fieber nicht
die Ursache der dasselbe begleitenden Entzündungen, noch
die Entzündung die Ursache des vorhandenen Fiebers, sondern
Fieber und Entzündung sind die Folgen einer gemeinsamen
Ursache, nämlich der prinntiven Mmhungsveränderung des
I Blutes. Daher lässt sich auch erklären, warum in manchen
Epidemien bald das Fieber bald das entzündliche Element
I das vorherrschende ist
Untor den andren nicht minder wichtigen ursäcUichen
I Momenten, besonders denjenigen, welche auf den Ursprung
der sporadischen Poerperalprocesse Einfloss haben, Yerdienep
noch feiende eine besondere Erwähnung: die unvollkommene
Zosamraenziehung mnd Rückbildung des Uterus nach der Geburt,
die atonischen Blutflüsse, die Störungen und Untardrüokung
der Lochien und Milchsecretion.
Die «Ionischen Hämorrhagien stehen, wie bekannt, im
innigsten Zusammenhange mit den Conlractionen der Gebär-
mutter, welche zugleidi eine Znsammenziehung der in ihren
Winden befindlichen G^sse veranlassen. Wenn der Uterus
sehr aasgedehnt bleibt und bei der Untersnehong sich weich
anfühlen lässt, so muss ein Blotfluss ohne oder mit Coagulation
zu Stande kommen, im letzteren Falle mit Tbrorabeid)ikbing
in den zerrissenen Venen ( FiVoiou;)« 'Wenn man die unvolir
352 3^1* ^' SieMd, Betraeliiiingea flb«r da» Kiadbattfieber.
kommene RQckbildmg (luroltttion) des Uterus in Verbtedtiog
mit einer Thrombose, welche um so ISnger aohfilt, je mehr
der Bhitdnick sich mindert, je langsamer das Bhii cirealirt
und so immer neue Stockungen zu Stande bringt, wenn man
diese Verhaltnisse als Ursache der Puerperalprocesse fOrchtet,
so geschieht das aus folgenden Granden:
1) Die Blutpfröpfe, die sich im Innern der Geftsse ge-
bildet haben, können mit der idier5sen inneren Fttche der
Geb&rroutterfaohle in Beröhrong kommen, dadurch eine Neigung
zu inneren Zersetzungen veranlassen und in den grSsseren
entfernten Gefässstämmen Gerinnung (Inopexie) oder Septicämie
bewirken f
2) Thefle von coagulirtem Blute in den Uterinvenen (die
ailtoehthonen Thromben nach Virchoto) können, indem sie
sieh lostrennen, als eingewanderte Thromben (BmboM) im
Capillarsyslem entfernter Organe Obstruotion bewirken und
so Metastasen in den Lungen, der Leber, der Hilz, den
Nieren u. s. w. zu Stande bringen;
8) In* der Nachbarschaft dieser puerperalen Thromben
können die Venen in der Ernährung ihrer Wände eine Ver-
imdecung eingehen, wodurch dann eine wahre Phlebitis uterina
entsteht;
4) Unter gewisse Umständen oder Dispositionen des
Organismns, z. B. bei septischen Einflösse kann naeh VirchßW
der autocbthone Thrombus der Uterinvenen selbst eine gewisse
Menge von catalytischem Stoffe besitien, wodurch diese
puerperalen Thromben eine regressive Metamorphose eingehen
und zu Eiterbildung Veranlassung geben, obgleich nach
Reinhar.iÜ*8 Untersuchungen es nicht festgestellt ist, dass
geronnener Fasevstoff das Cytoblastem (&r neugebildeten Eiter
abgebe.
Eine sehr alte Theorie über die Natur des Kindbettiiebers
war auf die mangelhaften oder stockenden Se- und Excretionen
der Lochien gegründet Eben so, wie die Menstrualstörangen
eine krankhafte Reaction auf den we3[>lichen Organismos fd>en,
glaubte man eine gleiche Wirkung den Lochien zuschreiben
zu müssen, nur nach der Qualität der Ausscheidimg modifidrt;
denn nach Grolen stimmte man darin überein, dass der
weibliche Organismus durch die LocUen sich eines schädbohen
XXL «.i8£f&aM>Betraehtnn|^ii über das Kindbettfieber. 85$
Stalbs endete: dass sie daher eine vergiftende Eigenschaft
besiasen und ihre Ziirückhaltung eine krankhafte Wirkung habe;
die allgemein verbreitete Meinung war, dass ihre Zurückhaltung
oäer Unterdrückung eine bösartige Metritis bewirken könne.
Allein wir wissen^etzt durch die Forschungen He8chV%
(Wien. Wochenschr^ VIII., 9., 1852), dass die normale Involution
des Uterus durch fettiges Zerfallen seiner Muskelfibrillen vor
sich gehe, ein Zustand, unter welchem diese zugleich mit
anderen Stoffen als Lochien ausgefeert werden. Werden aber
die Prodocte dieses Stoffwechsels, die sich ausscheiden müssen,
zurückgehalten, so gehen sie im Organismus Verwandlangen
und Zersetzungen ein, wodurch sie die Blutmasse inüciren.
Die Unt^drückung der Lochien macht aber auch noch jede
schädliche Einwirkung von aussen leichter möglich, weil, so lange
die innere Fläche des Uterus absondert, die älteren Secretions-
IHToducte durch die neuen vorwärts getrieben werden, so dass
die Inoesfläche der Gebärmutter auch dann noch geschützt
ist, wenn Decidua-- und Placenten-UeberUeibsel bereits in
Fäabaiae übergegangen sind. Wenn dagegen die Rückbildung
und Absonderung der Gebärmutter aufhören, so kann die
putride Zersetzung, welche bereits Decidua und Placentenreste
ergrilTea, lekht auf das Gewehe jles Uterus übergehen und
das Blut infieiren, welches in den Gelassen strömt und so
die Resoi^on von septischen und deletären Stoffen veranlassen.
Usabhängig von dieser ganz mechanischen Reizung kommt
auch gewiss noch die chemische Wirkung in Betracht (S. Klinik
der Geburtsh. u. Gynäkologie von Chiari^ Braun u. 8paeth.
Erlangen 1855. Braun, übeir die Puerperalprocesse, p. 461.)
Früher hat man auch die Unterdrückung der Hilchsecretion
als ein wichtiges ätiologisches Moment des Kindbettfiebers
angeaeheo. Heutigen Tages ist diese Meinung sehr in den
Hintergrund getreten, besonders seitdem Kitoisch und Andere
gezeigt haben, dass gerade Frauen, die nicht stillen, von
diesear Krankheit verschont werden. Dass die Zurückhaltung
der Milch in Folge von erschwerter Excretion, schmerzhafte
Anhäufung, Mastitis und Fieber hervorbringen könne, ist längst
anerkannt; aber es ist eben so gewiss, dass eine übermässige
Secretion von Milch das sogenannte Milchfieber allein nicht
M onatMohr. f. OeborUk. 1861. Bd,](VII., Hft.6. 23
354 ^XI. «. Siebdd, BMrachtuigen fiber daa Kindbellfi^b««.
bedingt. Eine Blutinfectioo durch die Mcfastoffe, eine MScb-
crasis, kann man klinisch nicht beweisen, weil die Mikfa*
secreüon bei dem Beginne der Puerperalprocesse gewöhnlich
fortdauert und häufig erst nach dem offenbaren Auftreten des
Fiebers stockt: weil femer die angenommenen Milchmetastasen
nichts anderes enthalten als die gewohnlichen Exsudatstoffe«
unter welchen man freilich manchmal Fett und Milchzucker
antrifit. (S. Braun a. a. 0.)
Bis jetzt war die mikroskopische Untersuchung nicht im
Stande, Milch im Blute zu entdecken. Man findet nur, dass
das Blut der Wöchnerinnen reich an Fettkügelchen ist, welche
man leicht von den weissen Blutkörperchen durch Behandlung
mit Aether unterscheiden kann. Man kann daher das alte
Wort Galactaemie durch das entsprechende Lipaemie (nach
Vogel) ersetzen. Selbst angenommen, dass nach der Unter*
dröckung der Milchsecretion die Milch oder die idi Blute
befindlichen Stoffe derselben zurückgehalten und unter anderen
Formen von Secretionen ausgeschieden werden, so liegt darin
doch noch kein Beweis für den Zusammenhang swisdiea
Milchcrase oder milchartiger Excretion und den Pueiperat-
Processen, denn die Ablagerungen von Milchbestandtheilen auf
ungewöhnlichen Stellen k(binen nicht als Vicariate entslehen,
sondern nur darum, weil eben diese Bestandlheile sich im
Blute nicht vorfinden. Versuche an Thier^ von Donn^ (Coura
de microscop., p. 93) widersprechen eben so der Theorie
der Entwickelung der Pnerperalprocesse ans der Zurückhaltung
der Milchbestandtheile im Blute, denn nach Einspritzungen
dieser Bestandtheile hat man ausser einiger vorübergehenden
Betäubung keinen weiteren schädlichen Erfolg betrachtet Wenn
diese Grunde hinreichend *sind, um die Zmückhaitung der
Milch als Ursache der Puerperalprocesse fallen zu lassen, so
muss man auch der Gewohnheit entsagen, welche sowohl bei
Aerzten wie Laien stattfindet, mit allen erdenklichen und aettist
gewaltsamen Mitteln, um dem Kindbettfieber zuvorzukommen,
die Milchsecretion anzuregen, oder wenn sie berrits ein-
getreten, sie zu massigen. Wenn die Krankheit ausgehrochen
ist, so ist nach unserer Erfahrung das Anlegen des Kindes
ohne allen Nutzen, ja da es schädlich für das Kind und sehr
XXI. «. SUbUd^ BetraeWiangen über das Kindbettfieber. 355
bennniUgeiMl Ar die kranke Mutter ist, so mag man lieber
dayon ahrathen, a)s es fortbestehen lassen.
Es giebt noch einige andere Ursachen, welche sidi zu-
sammen Tereinigen, um manchmal diese Krankheit, freilich
am hiofigslen in sporadischer Form zu bewirken, auf welche
wir hier aufmerksam machen wollen. Gem&thsbewegungen,
zmnal d^ruDirende, Aben auf die bfnerration der Wödmerinnen
offenbar einen schädlichen Einfluss. ' Oeflers haben wir beob*
achtet, das» in solchen GemAthsbewegungen der Grund von
Slörangc» im Wochenbette lag, denn unmittelbar nach ihrem
schädlichen Einflüsse sahen wir gar manchmal ein heftiges
Fieber mit Frost; auffallende Veränderungen im Ausdrucke
des Gesichtes, und mitten in diesem GoUapsus die Symptome
einer Bkitdissohition mit raschem Verlaufe auftreten. Ja selbst
schon während der Schwangerschaft machte sich dieser Ein*
fioss bei einigien unverheirathelen Frauenzimmern geltend.
Was die Individualität anbetrifil, so kann man mit Gewissheit
annehmen, dass keine Epoche des Lehens, keine bestimmte
Constitution, keine Lebensweise W/)chnßrinnen vor den Puer-
peralprocessen Schatz gewährt. In Zeiten von Epiflemien
werden die stärksten und gesundesten eben so gut wie die
achwidisten und cacbektischen Personen vom Kindbettfieber
ergriffen. Die Erstgebärenden erkranken gewöhnlich in grösserer
ZaU als die Mdir^ebärenden. Auf entzündliche Krankheiten
während der Schwangerschaft als Pleuritis, Pneumonie, Peri-
earditis, acute Form der BrighHchen Krankheit folgen sehr
häufig Puerperalprocesse nach der Geburt Indessen werden
nach unserer Erfahrung diejenigen Frauen am häufigsten vom
Kiodbettfieber bedroht, welche bereits länger vor ihrer Nieder-
kunft an Diarrhoe, Cohk oder Gholerine gelitten, sowie dagegen
andere mit Wedbselfieber selten ergriffen w^en. Die Meinung
8eanzQwC% haben wir nicht gegründet geftmden , dass chronische
Tab^culose das Kindbettfieber ausschlösse, wir haben im Gegen-
theil Peritonitis mit Lungenvomica vergesellschaftet beobachtet.
Bemerken wollen wir auch beilänfig, dass die Lungenphthisis
in ihrem Laufe während der Schwangerschaft nicht stUl steht;
wir haben zu oft das Gegentheil erfahren, als dass wir
jener Meinung beitreten könnten. Auch die geburtshülflichen
Opemtionen können die Entwickelung des Kindbettfiebers
28*
356 ^^^- «• SMoldf Botracbtiingeii fib«r dai Kindbattflaber.
begünstigen, wenn nach langer GeborUdauer tu ihnen ge-
schritten wird und sie Verletzungen der Weicbtheile bewiriit
haben. Wenn auch nicht behauptet werden soll, dass
Operationen häufiger Kindbettfieber zur Folge haben, ds
natürlich verlaufende Geburten, so stellt sich nach unseren
statistischen Untersuchungen doch ein ungünstigeres VerhJiltniss
nach Eintritt von Kunsthülfe heraus. DiStfehler können eben-
falls die Entwickelung der Krankheit henromifen, doeh nur
insofern, als sie eine abdominelle Hyperämie bewirken und
so zur Inopexie, zu Stasen und Puerperalprocessen V^nnlassung
geben. Die Störungen in der Digestion hindern unter andern
die Gallensecretion, wodurch das Blut nicht hinreichend Ton
überschüssiger Fibrine befreit, mithin das Gleichgewicht
zwischen den yerschiedenen Elementen gestört wird. (Braun
a. a. 0., p. 464.) Zu hohe Temperatur des Wochenzimmers
übt ebenfalls einen schädlichen Einfluss, weil sie die faulige
Zersetzung der Puerp^^dexcretionen beschleunigt und «-
leichtert. Erkältung, besonders in den ersten Tagoi des
Wochenbettes kann auch nachtheilige Folgen haben, weil das
im Allgemeinen hyperinotische Blut durch die Reinigungswege
zu seiner natürlichen Zusammensetzung zurückgebracht werden
muss und die Vertheilung des Blutes nodi nidit regelmässig
von Statten geht Wenn auch die Transpiration der Wöch-
nerinnen ihrer Natur nach nichts Charakteristisches darbietet,
so kann doch die Unterdrückung derselben durch Erkältung
auf den Organismus nachtheilig wirken. Oefters hat man
darnach traurige Folgen beobachtet: Zuströmen des Blutes
nach den inneren Organen, Hyperämie, Stasen, Blutgerinnmug,
Fieber mit FrostanMen, Puerperalprocesse, selbst den Tod.
(Braun a. a. 0., p. 466.)
Somit haben wir in allgemeinen Zügen die verschiedenen
ätiologischen Momente der Puerperalprocessö gegeben. Wir
müssen nach dem jetzigen Zustande der Wissoischafl an-
nehmen, dass sie aus einer Septicämie entspringen, wdche
unter der Form von Veränderung, von rascher Verderbniss
des Blutes die Frauen schon während der Schwangerschaft,
häufiger noch während der Geburt oder wenige Tage nachher
ergreift und welche sidi primär d. h. unmittelbar im Blute
selbst oder secundär d. h. durch Resorption von septischen
XXn. Leopold, Fall Ton Sp«ltong der Harnblase etc. 357
•der kraukbaftea Stoffen aus dem Uterus übergetragen, erzeugen
kann. Die BtutverderiMÜss kann sich mit dem Tode endigen,
sei es mit oder ohne Localiaati<m des Leidens. Trotz der
saUreichen Untersuchungen fiber die wahre Natur dieser Blut-
verderbniss ist sie noch bis jetzt in tiefe Nacht gebullt
(Fortsataimg folgt)
xxn.
Fall Ton Spaltung der Harnblasei Cloakenbildung
und Hydxonrhachis.
Ton
Dr. Leopold in Meerane.
(Mit Tier Abbildangen.)
Am 28. Mai wurde mir gemeldet, dass vor Kurzem,
Abends %6 Uhr, ein Kind von der unehelich geschwängerten ^
3cL in der Kopflage geboren worden sei, das seiner abnormen
Büdmig halber, welche dem Kinde Lebensgefahr chrobe, die
Nothtaufe erhalten müsse, das man aber der Sicherheit ha]})er
in Bezug auf das Geschlecht erst yon mir untersucht haben
wolle. Die Hebamme hatte es bereits richtig als Mädchen
erkannt; ich konnte diese Diagnose nur bestätigen und so
wurde es noch denselben Abend als Anna Marie Fritz
giBlaoft
Das Kind war zur rechten Zeit schnell geboren, an den
oberen KArpertbeilen gut genährt, insbesondere Ton normaler
Gesicfats« und Kopfbildung und zeigte zunächst am Rücken
oberhalb des Kreuzbeines in der Länge von V/^" nach auf-
wärts eme schwappende, von der Haut gut bedeckte (Ge-
schwulst von der Grösse einer querliegenden Pflaume. Drückte
man mit dem Daumen auf diese Geschwulst, so zog das Kind
die säbelartig gekiümmten, in den Pfannen etwas weiter als
gewdhnUcb von einander stehenden, ziemlich mageren Unter-
eilremitäten nach aufwärts. Die Fusse waren Klumpfüsse.
358 XXII. Leopold, Fall Ton SpaUnng der Harnblase,
Doch war diese Spina bifida nicht bios lumbalis» goDdem
auch sacralis. Denn der Hiatus befand sich nicht Uos zwisi^eii
dem vierten und fünften Lendenwirbel, sondern aaeh Sänjp
der Mitte des Ossis saeri, auf dem eine schwappende Raa^
gescbwulst von der Grösse der ausgebreiteten Hand eines
einjährigen- Kindes auf«ass. Demnach konnte der unterste
Theil des Rückenmarkes mit der Cauda equina nor von den
allgemeinen Bedeckungen bekleidet sein.
Der unterbundene, schwache, blass weissgränliche Nabd-
Strang inserirte unterhalb der Mitte des Leibes nicht in die
allgemeinen Bedeckungen, sondern ging in eine flaschenartig
weiter werdende grün- und grunblaugefärbte Haut über, durch
welche man Dünndärme hindurchfühlte (Omphalocele), die
nach Art der serösen Häute glänzte und nachdem sie den
Umfang von 4%" genommen, scharfirandig endete, indem
oberhalb derselben die allgemeinen Bedeckungen ganz gesund
sich ansetzten, nach abwärts zu eine in der Mitte etwas ge-
spannte, zu beiden Seiten aber wulstartig sich hervordrängende,
ziegelrothgeiarbte, mit feinen Gelassen durchzogene und nach
^ abwärts überall sammetartig werdende, feingefaltete Haut sich
fortsetzte, durch welche zu beiden Seiten ebenfalls Darm-
schlingen sich durchfühlen Hessen. Diese rothe, sammetartige,
gefassreiche Haut musste ich als die hinta'e, bervorgetriebene
Wand der Harnblase (Prolapsus vesicae urin. cong.) ansehen,
an deren linkem, unterem Ende eine Schleimhautfdta (der
Scheide) sich vorfindet.
Unterhalb der Mitte dieses Prolaps, vesio. urin. befand
sich ein kleines Flei schwärzchen (Andeutung der Clitoris),
darunter eine kleine Fleischleiste (Andeutung der linken Seite
des Praeput. ditoridis).
Unterhalb der rechten Wulst und aus der Mitte ragte
ein anderer purpurfarbiger, vielfältiger Wulst ganz in der
Form des Intest, coecum • herfor^ aus dem nach Art eines
aufwärts und links gekrümmten Penis (eines Knaben) ein
Stück Darmrohr (wahrscheinlich Colon adscendens) sich nach
aufwärts und dann nach links (nach der linken Schamlippe
des Kindes) herüberbog, ohngefähr so stark wie der gekrümmte
linke Zeigefinger, von mittlerer Grösse. Es hatte schleimhaal-
artiges Ansehen, war sehr gefaltet und von purpuriiurbigem
Oloakeftbildvif und Py^rorrbi^cbis.
AosebeD, doch nipht so dimkel» wie das coecuoiartige Stück;
am finde sah es schwärzlichroth. Die Sonde ging bis in das
Coecom; in das Luoien konnte man einen starken Bleistift
einfubren und fless aus demselben Meconium ab. Die Länge
dieses Darmrohres, vom Coecum an gemessen, betrug SVs",
dSe Dieke 1 Vt '• Der Umfang des Prolapsus yesic urin. betrug
4V4^ yon einer Seite zur anderen war da& Maass 3". Die
ganze Geschwulst vom Anfange des unteren Austrittes des
Darmstöckes bk» zur Insertion des Nabels 4". Am vierten
Lebenstage und öfters später, als ein Hai in meiner Anwesen-
heit gelber Koth abging, konnte ich ganz gut die peristaltische
Bewegung an einigen Stellen wahrnehmen*, das Darmstück eah
dann aus wie eine dicke Schmetterlingaraupe, wenn sie sich in
kürzeren oder längeren Windungen an einem Stengel aufwärts
bewegt Ob nun der übrige Theil des Colon und des Int rectum
und von welcher Beschaffenheit im Abdomen sich noch vor-
findet, muss dahin gestellt bleiben. Denn der Anus fehlt;
an seiner Stdle befanden sieh zwei kleine Fleischwärzchen
(eines roüi, das andere von gewöhnlicher Hautfarbe). Drückte
man an dieser Stelle mit dem Finger nach aufwärts, so fühlte
man deutlich, dass darüber der innere Raum hold sein müsse.
Die Abnormität sah ohngefihr so aus, wie sie ip Fig. I.
abgd^det ist
Wenn man nun mit der linken Hand das Darmstück,
welches den Prolaps, vesic urin. durchbohrt, in die Höbe
heb, so fühlte man deutlich, dass die horizontalen Aeste der
Schambeine P/« Zoll weit auseinanderstanden und man sah
in diesem Zwischenräume eine Schleimhautwand von unten
nach aufwärts in Form eines Dreiecks, dessen Spitze nach
abwärts lag, steigen. Die vordere Wand derselben nebst
Harnröhre fehlte, dagegen war die vorliegende hintere Wand
mit Urin bespült Wenn man die rechte Hälfte des Prolaps,
vesic Qrin. drückt, kommt Urin herabg^ossen. In der Mitte
der hinteren Schleimhautwand (Cloake) ragte ein kleiner
C^ynder hervor. Das Ganze hatte das Ansehen, wie in Fig« U.
verzeichnet
Bei der Stuhlentleerung, wenn der Darm voll war, macht
d^vdbe eine wirkliche wurmförmige Bewegung.
360 XXII. Leopold^ Fall too Spaltnng dev Harnblase,
Das Kind bekam bis zum 25. Mai Zuckerwasser zum
Getränke, worauf es bis jetzt an der Mutter immer drank.
Gebadet wurde es alle Tage, sowie die Missbildung tSglidk
mdu^ere Male mit in Baumöl getauchten Leinwandllppcben
befeuchtet wurde. Die ersten drei Tage ging Meconium ab,
später bis jetzt gelber Kotb. Das Kind schlief fortwährend
gut, sah am 26. Mai etwas yerfallen und gelblich aus,- jetzt
wieder besser. Vom 28. Mai an nahm die Haut des Nabel-
bruches eine festere Beschaffenheit an und fängt jetzt an
gute Granulation zu zeigen, während die Falten der hinteren
Blasenwand von oben herein und zwischen den seitlichen
Hälften derselben in feinen Striemen eine narbenartige Haut
ansetzen, die allgemeine Bedeckungen nachzuweisen scheinen.
Der vertrocknete, schwarze Nabel wurde heute oberhalb der
Omphalocele abgeschnitten. '
Die Mutter wurde jetzt mit ihrem Kinde von nrir an
Herrn Prof. Cred^ nach Leipzig geschickt, um dort zur
Demonstration benutzt zu werden.
Am folgenden Tage kehrte sie nach Hause zurflck.
Ich föge noch Folgendes über das Kind aus meuiem
Tagebuche bei.
Den 3. Juni. Seit gestern hat das Kind die Schwämmchen.
Das vorgefallene Darmstufck war sehr dick und wulstig und
liess sich ein in dasselbe eingeschobenes Stück (vom Dünn-
darme?) in das Abdomen zurückschieben. Die Vemarbung
der Omphalocele schreitet vorwärts; ehen so vernarbt audi
von oben und in der Mitte die hintere Wand der Blase.
Den 5. Juni. Heute glückte es mir, die Ausgänge beido'
Ureteren auf beiden Seiten der hervorgedrängten hinteren
Blasenwand und zwar ziemlich auf der unteren Hälfte beider
in der Mitte aufzufinden. Die Schleimhaut war hier cylinder-
fSrmig hervorgetrieben und konnte man in beide kleine CyUnder
eine Haarnadel Va Zoll weit einschieben.
Den 6. Juni. Die Schwämmchen nehmen zu. Das Kind
trinkt wenig und ist sehr Verfallen. Die Excretio dvi geht
gut von Statten. Uebrigens muthmaasse ich, dass
das heraushängende Darmstück ein freiliegender
Volvulus des Dünndarmes ist, der nach seiner
OloAk^nbltdaDg nnd Uj^torthmthl». 861
Umkelir am Ende die Natur der Sehleimliaüt zeigt
and am Leibe der Kindes als umgestQIptes Coecam
endiget
Den 8. Juni Die zuletzt angegebene Meinung bestätigt
«idi heute insofern, ab es mir gdang, den vorliegenden unh-
gestflipten Dann, wie ein vorgefallenes Hasidannstflck nach
und nach zn reponiren und in den Unterleib in die Oeflhung
an demselben taineinzusehieben, in welche ^mein kleiner Finger
bis^ur HUfle aaohfelgte. Doch kehrte ein Theil des Darmes
immer wieder zurück, vrie die Abbildung, Fig. III., zeigt
Das Torgefallene DarmstAck mnss kleiner werden, da bei der
Abmagenmg des Kindes der Darminhalt geringer irird und
bei dem geringeren Umfange des Leibes auch die BattdqfNresse
weniger ist
Den 9. JunL Das Kuid bekommt, da es seit zwei Tagen
an der Mutter nicht mehr trinkt, Kuhmikh eingefiM^sst und
wird tä^ich fortgebadet Schwämmchen nehmen ab; Darm-
ausleemngen geringer, Urin tröpfelt nach wie vor ab.
Abmagerung nimmt zu. Das Kind schlift viel und nur mit
halboffenen Augen.
Den 15. JunL Das Kind hat sich aufgelegen. Die
Schleimhaut der hinteren Blasenwand blutet etwas und die
linke Schamlippe eitert da, wo sie in die Cloake übergeht
Das herausgefallene DarmstAck hat dn schwärzliches Ansehen.
Den 16.. JunL Tod Val2 Uhr Mittags, 33 Va Tage
nach der Geburt. Abmagerung sehr gross. -Gewicht des
Kindes sdir leicht Die bräunlichen Krusten aitf dem Darm-
stAcke rAhren von Brodmehl her, welches die Hebamme,
welche sich Abrigens des Kindes sehr gut angenommen, auf
der blutenden Stelle aufgestreut hatte.
Die Leiche wurde an Herrn Prof. Credi geschickt,
welcher die Section machte und das interessante Präparat
m der Sammlung der Entbindungsschnle aufstellte. Er theilte
mir folgende Ergebnisse der Section mit:
Das Netz fshlte; vom Magen aus ging regelmässig der
DAnndarm V3 seiner Länge, dann war eine Stelle von y^
Länge an da* hinteren Wand dö* Blase angeheftet und an
dieser Steile ein YieivroschenstAck grosses nmdes Loch in
deiD Mesenterinm, dordi wekhes das. letzte Vs ^ DAnndarmes
368 XXU. Le^pM^ Fan rw Sp»ltaBg der HarnblMe,
durchgeschkingen und xum TbeO in dem bnißhuligeD Sacke,
deo die geBpalteue Blase bildete» dogelileiiimt war, yoI
Luft aufgetrieben, dunkelroth und braun gefärbt, brandig.
Das eingeklBmmte Ende lieas sich jedoch herausholea und
endete neben dem erwähnten angewacheeoen Stücke des
Dünndarmes mit der aussäen Oeffnung. Daaa diese Steife
gerade das Geecom sei, war nicht aachsuweisen, wenngfeicii
wahrscheinlich. Legte man den gansen Dünndarm bei Seile,
so erschienen auf jeder Seite, etwa V von einander getreimt,
zwei halbe Uterus mit Tuben und Ovarien, jedoch nur die
linke Hälfte war ausgebildet, hatte eine deuäiehe Portio yaginaKB
und endete in einer ziemlich weiten Scheide, die mit einer
kleinen OeflOuing unten links unter der gespaltenen Blase
mündete, die rechte Hälfte des Uterus war nur fibrös, ohne
Höhte und sowohl Tuba als Vagina mdu* strangartig, aber
das Ovarium normal; die rechte Vagina mündete nicht nach
aussen. Zwischen den beiden halben Uterus lag ein etwa 2"
langes blindes Stück Darm, das Rudiment des Mast- imd
Dickdarmes und mündete nach aussen neben der Mündung
des Dünndarmes, war aber nur mit etwas Schleim geSUit
Die redite Niere, von normaler Grösse, enthielt einen erbsen-
grossen Abscess, die Mnke Niere länglich, in der Mitte ge-
schrumpft, der Ureter kam aus der Mitte der oberen Hälfte
und enthielt eine dicke gelbliche Masse (Eiter?), wdche nicht
aufgefangen werden konnte. Jeder Ureter mündete aussen auf
der Mitte jeder Seite der gei^altenen Blase und ging hinter
den halben Uterus heram.
Spma bifida der letzten Lenden- und Kreuzwiihel; mv
der oberste Kreuzwirbei war weniger offen, als oben und
unten, so dass scheinbar zwei Wassersäcke bestanden, die
aber in Verbindung standen. Die Oss. pubis staiden IVa''
von einander entfernt
• Aehnliche Beobachtungen sind bisher sehr. selten ver-
öffentlicht worden.
Die hierher gehörigen Fälle sind zu finden in: Ammon^
Tafehi zu den angeb. chir. Krankheiten des Menschen, TaL 16,
AbbUd 11 (/); — W. Vrolik, Tabtihe ad iUust erabryo-
genesin etc., Amsterd. 1849, Tat 31, Fig. 4 (Fall von A$9d^,
m welchem das Kind 23 Tage lebte); — ebendae. Tat 38 (Fdi
Cio«k«iibiM«ft|p vbA HydrorriisehU,
368
von O. VroKkj 8. auch M^moires sw quelques sujets intäressanto
d*ana(oiuie et de physiolofiei trad. p. FaUoi (Amst 1822,
S. 65); — Verhandlungen der Gesellscbafl für Geburtshülfe
in Beriin, Heft 9, S. 61, 1867 (FaU von Frtedländer, das Kind
lebte 25 Tage); — Annalen der Cbarite, Jahrg. VII., Heft 3,
1856 (Fall von Crede\ das Kind leble 5 Tage); — Gazette
des h6pitaax, No. 147, 1857 (FaU von Hieeh)', — Th^sa
de Jf. Bouisson, 1851 (Fall von Broea).
Jeder dieaer Falle bietet noeb eigentbümlidie kleine Ab-
weichongen, im Allgeoiemen ist die U^ereiostinjuiung aber
höchst auffeilend.
Erklärung der Abbildungen.
Figur I.
a Nabelstrang,
b Nabelbruch,
e hintere Harnblasenwand,
d blinddarmähnlicbes Darm-
stück,
e ausgestülpter Darm,
/ grosse Schamlippen,
g kleine Schamli'ppe,
h Qoake,
I Gegend des Afters.
Figur n.
a hintere HamhlalMiwand,
6 Darm, nach anfwirts ge^
zogen,
e Cloake,
d ScbeideBmfindung,
e kkine Scbattüippen,
/ grosse Schamlippen»
ff Gegend des Afters.
Figur HL
a vernarbte Schleimhaut der
Blase,
b Schleimbaut der Blase,
c Mündungen der Hamlefter,
d Darmstück,
e grosse Schamlippen,
/ Gegend des Afters.'
Figur IV.
a rechte Niere,
b linke Niere,
c linke Eierstock, ^
d rechte Eierstock«
6 rechte GebärmutlerbUfte,
/ Knke GebImutterfaUfte,
ff Muttermund,
h linke Scheidanbftlfte,
i Rudiment der rechten Sdiei^
denUUfte.
k bUndeodendfls Rudiment des
Dickdarmes und Mast-«
darmes (T).
^4 H^IU. BiwUd^y BtriuBirnl^on ^^ Fötus
xxm.
Strangulation des Fötus durch Knotung der
umschlungenen Nabelschnur.
Von
li* Bartscher,
(Mit einer Abbüdnog. Fig. V.)
Wenn schon wirUiche Knoten in der nicht lunscUaBgenen
Nabelschnur selten beobachtet werden; woin Atrophie oder
selbst Amputation eines Gliedes durch eine Nabelschnur-
umschlingung 2u den seltensten geburtshölflichen Beobachtungen
gehüren, so ist wirkliche Strangulation des Fötus durch
Nabelschnurknotuflg in der Weise, wie sie mir Torkam, gewiss
eine ^er interessantesten Beobachtungen, welche man ober
Nabelschnurumschlingung machen kann.
Frau O. hierselbst^ eine gutgebaute, kräftige Dame,
hatte vier Kinder leicht geboren; bei jeder Geburt waar
Nabelschnurumschlingung des Halses beobachtet, die sich
leicht lösen liess.
Die Länge der Nabelschnur betrug in jedem Falle über
22 Zoll; sie enthielt stets geringe Mengen von TTort&on'scher
Sülze.
Frau O. wurde zum fünften Male sdiwanger; Us zum
siebenten Monate befand sie sich sdir woU; die Kindes*
bewegungen boten nichts Abnormes.
Am Ende des siebenten Monats klagte Frau (?. ober
kurz andauernden, aber sehr heftigen Schmerz in der rechten
Regio lumbalis, wobei die Kindesbewegungen tass^st lebhaft
wurden. Diese Schmerzen dauerten nur einige wenige Tage;
nrit dem Nachlassen derselben hörten auch die Koide»-
bewegungen auf.
Die nächsten Tage darauf empfand Frau &. nur eine
lästige Schwere im Leibe; doch klagte sie 10 — 12 Tage
später über grosse Mattigkeit, häufig sich wiederholende
Frostschaner und Ud>elkät
dareb Kaortimg der Qtn^elilvBgeiMii Kftbeltehnor. 885
Se schob diese Ersdidnungen auf das zu firüh statt-
gehabte Stürzen des Kindes und fand völlige Benthigung darin,
zumal ich sie in dem Irrglauben bestärkte.
<H>ige auf Abgestorbensein der Frucht deutende Er-
scheinungen dauerten unter aihnäliger Zunahme einige Wochen
fort, Ms gegen Ende des neunten Monats die Geburt eintrat
Die Geburtsperioden folgten sich trage und schleppend; die
Wässer waren sehr reichlich und tibelriech^nd; das todte
Kind war matsch und an den meisten Stellen von Epidermis
entblösst. Der Kopf des Kindes war übermässig gross.
Die Nabelschnur, Ton 26 Zoll Länge enthielt sehr wenig
Warthon^s Sülze, sie. war an den mefsten Stellen bandartig.
j Sie hatte den Hals des Bandes zwei Hai umschlungen und
sich dann wirklich geknotet
Der Knoten, weldier schwer zu lösen war, hatte die
Umsddingungen so fest zugezogen, dass die Weichtheile des
Halses eng an die Wirbelsäule gepresst waren. Die Ter-
I wesung des Kindes War so weit rorgeschritten, dass die
i Leichenöflhung Nichts mehr ergeben konnte.
I Der Hausarzt, Herr Samtätsrath Dr. Droop hat diesen
Fall mit beobachtet
I
I
XXIY. B«l», B«rMt äkwr di« L«i«ftttnf«n
XXIV.
Berieht ttber die LeiBtangen des Königlichen
HebanimeninstitutB zn Stettin während ^der
Jahre 1834-1859.
Vom
Geh. Medicinalrath Dr. Behm.
(ForttetsiiDg.)
B, Leistungen des Instituts auf dem Gebiete der
Gebnrtshülfe.
Da das Institut aujBschliesslich Lehranstalt ist und die
Aufnahme Schwangerer nur zum Zwecke des Unterrichts ei^-
foigt, so ist an dasselbe ein anderer Maasstab der Beurtheiliing
2tt legen, als an ein eigentliches Gebär- oder Krankenhaus.
Inzwischen liegt es auf der Hand, dass eine strenge Trennung
dieser verschiedenen Kategorieen nicht durchfuhrbar ist, da
theils die Beobachtung pathologischer Vorgänge bei Schwängern,
Gebärenden und Wöchnerinnen einen Zweig des Unterrichts
bildet, theils die Thätigkeit der Hebammen in ihrer praktischen
Wirksamkeit sich auch auf Krankenpflege, als solche, bezieht
oder beziehen kann, wozu im Unterrichte eine genügende
Anleitung gegeben werden muss. Wie aber überall das Lehrbuch
nur eine allgemeine Anleitung enthalten kann, die speciale
Ausfuhrung derselben aber der Individualität des Lehrers
überlassen bleiben muss, so wird ihm auch in der Benutzung
der Schwangern und Wöchnerinnen keine zu enge Schranke
gesetzt werden können. Wird dann der Hauptzweck, der
Lehranstalt — die Ausbildung tüchtiger Hebammen — er^
reicht, so ist der Zweck der Anstalt erfüllt, und mehr zn
fordern ist ungerecht, oder wenigstens unbillig, sowohl von
Seiten der Verwaltung, wie der Wissenschaft
Die Aufnahnie der Schwangern und Gebärenden erfolgt
naturgemäss nach Raum und Bedürfniss, und bej dem geringeren
Andränge in früheren Jahren musste die Aufnahme der
Schwangern oft schon in den früheren Schwangerschafts-
4m K. Helwf<iiriiitmt» m« 6l«ttiB ete. 867
erfolgeo, am Material fär die Explorationsilbiingen
m haben, wodordi aber selbstredend der Personenwechsel
?tnBiiid«rl, die Zahl dar Gebarten baMteinkt wurde. Käs
Yerbältniss hat sich in den letaleren Jahren wesentlich ver-
bessert, und* wShrend in den ersten Jahren roeioer Thätigkeit
od mehrere Schülerinnen approbirt wurden, ohne selbst
GdMirten bebandelt zu haben, hat in den letzten Jahren die
Zahl der Geborten diejenige der Schalerinnen nicht selten
um das Sechsfache und mehr überstiegen, und ist die Zahl
derselben noch fortwährend im Zunehmen begrüfen. Die
Entlassung der gesunden Wöchnerinnen erfolgt statutenmässig
Tierzehn Tage nach der Enthmdung. Fallen während der
^ersten Tage des Wochenbettes Krankheiten vor, welche eine
längere Dauer mit Wahrscheinlichkeit in Aussicht stellen, so
werden die -Erkrankten entweder dem städtischen Kranken-
hauae überwiesen, oder sie verbleiben im Institute. Welche
dieser beiden Alternativen einzutreten hat, das richtet sich
nach meinen eigenen Bestimmungen, för welche ebensowohl
die zur Disposition stehende Räumlichkeit des Instituts, wie
die Gefahr der Kranken oder das Interesse des Falles maass-t
gd>end sind. Einzelne Kranke haben daher bis vier Wochen
und darüber hn Institute behalten werden müssen, während
Andere, deren Veri[)leiben im Institute den übrigen Schwängern
oder Wöchnerinnen gefahriich werden konnte (z. B. ansteckende
Krankheiten) sofort dem Krankenhause überwiesen wurden.
In der nachfolgenden Zusammenstellung werde ich zu-
nädist mehr die allgemeinen summarischen Verhältnisse in
Tabelle B. mittheilen, und aus dieser nur die wichtigeren
der Wissenschaft angehörenden Thatsacben hervorheben. Die-
jenigen Tbatsachen aber, welche nur nach der Fraction einer
fldir gMsoen Zahl Ton RineeIßUen ein hatttares Resultat
gewähren, z. B. die Ergebnisse der Beckenmessungen, des
Gerwiebtes der Kinder und ähnhehe halle i<^ för jetzt noch
da mir die Zahl dersoiben noch nkht genügt, um
ScUussfolgerongen aus den beobachteten Fällen
in können. Das in dieser Hinsicht von mir gesammelte
Material wird vielleicht erst meinem dereinstigen Nachfolger
in Ante an Gute komnen.
S68 ^^IV. £«!»» EMifikl &ber 4ie LcittoBg«»
j8. Tabellarische ZusammeosteUimg der im Insl
Allgemeine YerhSItniOTe.
Kindeslagen.
Lebrcnrsas.
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1853 — 54
1854 — 55
1856 — 56
1856 — 57
1857 — 58
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14
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L Pathologische ZusUnde in Betreff der
Schwangerschaft
Der Bestinodoong des Hebämmeoinslitiits gemäss kom^
die Zahl der in diese Kategorie gehörenden beignisse nur
sehr besckrankt seki, namentlich nur solche vzur Behaadkmg
SU lassen, welche unmittelbar auf die bevorstehende Gebort
von nachthdiigem Einflüsse sein konnten. Ich rechne daUn
insbesondere diejenigen Regelwidrigkeiten, wehshe sich anf
die Lage des Kindes beziehe, insof(mi solche bereits mit
de« K. Hebammeiiliittitnti iu Stettin eto.
•
Kf^oiliieTifiii geburtshlilflichei] EreigiuBsa
insioii.
Ka-chgebnrts*
geaobaft.
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crhlvltiiisse der Kinder '
Todesfäild
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gebeatet, und durch angemessene mechanische Behandlung,
beseiligt su werden vermochten. Auf solche Weise wurden
nichl allein zahlreiche Schieflagen geringeren Grades, sondern
ftiicb mehrere.dersdhen, welche während des letzten Sdiwanger-
•chaftamonates sicher als Schulterbgen erkannt wurden, durch
die entsprechenden Seitenlagerungen der Schwängern in
Geradlagen zur&ckgeföhrt; indessen kann ich nicht unterlassen,
Monatwehr. f. Oeburuk. 1861. Bd. XYH., Hft. 6.
24
874) XXIV. Bskm, B^iieti ftbat «He Leittoa^»!!
auch noch eines anderen Falles za gedenken, bei welchem
zwar die Diagnose der ursprQngUehen Kindeslage nicht bis
zur zweifellosen Gewissheit festgestellt wurde, wddlier jedoch
eine Umänderung der vorhandenen Kindeslage in weiterem
Umfange sehr wahrscheinlich machte und zugleich die Be-
strebungen . der Natur, so viel es möglich die besten Wege
zu. wählen , darthut.
Im Lehrcarsns 1836/36 war die tf ehrgtschwSngerte CfharloiU'W.
(N. 37} am 1. November in das Inatitat eingetreten. Die Unter-
snchangf ergab eine regelmässige, eiförmige Aosdehnting der
Gebärmutter, in deren Grunde ein grosser kugelförmiger harter
Kindestheil zu ffiblen war. Innerlich seigte sich der Scheiden-
theil der Gebärmutter noch sehr hoch, der vorliegende Kindes-
^heil breit und weich auf dem Beckeneiaigange stehend; die
Auscultation seigte den Hersschlag des Kindes n«ben und fiber
dem Nabel der Mutter. So blieb der Zustand während dar beiden
letzten Schwangerschaftsmonate, ohne dass sowohl der Leib sicfi
senkte, noch auch der vorliegende Theil tiefer in das Becken
herabtrat. Es wurde daher sowohl von der Institutshebamme,
als auch von mir selbst und dem ersten Lehrer eine Steisslitge
diagnosticirt. Am Tage vor der Entbindung, welche am 4. Februar
1836 erfolgte, empfand die Schwangere so lebhafte Kindes-
bewegungen, dass sie ihre Stubengenossinnen auf dieselben mit
dem scherzhaften Zusätze aufmerksam machte , diesmal möge das
Kind wohl aus dem Kabel herauswollAi. Als am folgenden Tage
die Geburt begann , fand sich der tief im Becken stehende Kindes-
theil als Kopf erkennbar, und die Geburt verlief als erste
Soheitellage ohne weitere Abnormitäten.
Ich will es nicht in Abrede stellen, dass bei der ersten
Feststellung der Steisslage ein Irrtfaum möglich gewesen ist,
indess waren die diagnostischen Zeichen derselben so über-
wiegend, und bei jeder der 6fter Torgenommenen üntor-
suchungen constant bleibend, dass ich der Annahme eines
Irrthums mich nicht zuneigen kann, um so tnehr, als ähnliche
bedeutende Lageumänderungen der Frucht auch wohl ander-
weitig beobachtet worden sind*
Allgemeine Krankheiten kamen bei den Schwmgera, als
dem Zwecke des Instituts ferner stehend, im AUgeiaeiDeB
nicht sinr Behandlung. Bedeutendere ErknmkiKqfen macbtcn
die Entlassung oder Ueberwelsung der Sohwangem m daf
städtische Krankenhaus erforderiich; insoweit jedoeh einzebe
Krankbeitsfille in der Geschiechtssphäre äuftruten, und, aowett
de» K. HebMiinettlaitftiila sn CHettin ete. 371
ne aaf die Geburt sellist Bemg hatten, för die Schülerinneii
nutzbar gemacht werden konnten, werden sie bei der Pathologie
der Gebort äffe Erwähnung finden.
. 2. Pathologische Zustände in Betreff der Geburt
Was die allgemeinen {»athologischen Zustande Gebärender
betriSt, welche einer medieinischen Behandlung zugänglich
sind, so wurden sie ans den mehrfach angedeuteten Rück-
flkblen sehen oder nie Gegenstand der Beobachtung im
Institute. Dagegen kann die Zahl der in die Rubrik der
dynamischen Geburtsstörungen gehörenden EmzelflUe
im Gemsen eine bedeutende genannt werden. Die eigenthüm-
Ikfae Lage Stettins trägt hierzu einen wesentlichen Theil der
Causafanomenle in sieh. Die nächtliche Sperrung der Tfaore
der Festung, . welche in früheren Jahren noch mit grösserer
Strenge gehandhebt wurde ^ als in neuerer Zeit, und die
wegen der Rayongesetze entfernte Lage der Vorstädte gaben
a^iahrlidl eine hiuige Veranlassung, dass Kreissende, welche
aus feilen entlshiteren Gegenden des Weichbildes dem Institute
zueilten, Ton allen Nachtheilen einer winterlichen Witterung^
oft bei mangelhafter Bekleidung, betroffen, die bedeutendsten
StdnmgeB dar Gehurtsthätigkeit mit sieh brachten, und eine
daumMle geburteärzüiche Behandlung in Anspruch nahmen.
Daher waren Regelwidrigkeiten der Wehenthätigkeit, besonders im
ersten Geburtszeitraume eine der gewöhnlichsten pathologischen
Erscfaeittongen, die jedoch für den Unterridit der Hebaromen-
Sehdierinnen gerade von wesentlichem Nutzen wurden. Jedem
praktischen Geburtshelfer ist es bekannt, wie gerade in dieser
Beziehung selbst von übrigens tüchtigen Hebammen täglich
IrrthQmer begangen werden, indem die noch aus alter Zeit unter
der allgemeinen Bezeichnung- „Krämpfe** zusammengefassten
Regelwidrigkeiten von ftnen gänzlich ignorirt oder mit den
ihnen .zu Gebote stehenden Hüifemitteln nur ungenügend be-
handelt werden, olme dass sie dabei im Entferntesten daran
dsnhien, wie das neue Lehrbuch klar darauf hinweiset, dass
Regelwidrigkeften des vierten Grades zu Regelwidrigkeiten des
ersten Grades werden, wenn die dort empfohlenen Mittel nicht
ansreicbeB. Die Veranschaulicliung der Widcung kräftigerer
Arzneimitld, nachdem die im Lehrbuche vorgeschriebenen
24«
372 XXIV. Bikm, Bericht fiber die Leiitnoffen
erfolgk)» geblieben, bildete daiier in solehen Fällen während
der ersten Geburtsperiode einen- wesentlichen Theil des Vntar-
richts in der Behandlung regelwidriger Gduirten, * wobei das
Bestreben insonderheit jdarauf gerichtet war, die Unterschiede
in den Erscheioungen, so viel es bei dem Bildungsgrade der
Schülerinnen möglich ist, zur Ansdiauung zu bringen. Eben so
wurde wahre Wehenschwäche nicht selten beobachtet, entweder
begründet in allgemeiner Schwäche oder Torpidität der
Kreissenden, oder in verminderter Energie des Gebärorgans
selbst Die Behandlung aller, dieser Geburtsstörungen gesdiah
nach den bekannten Grundsätzen defi veranlassenden Ursachen
gemäss, doch bedurfte es, wenn letztere in grösserer Intensität
eingewirkt hatten, oft einer längeren Zeit, bis die nachtheilig^
Folgen ausgeglichen werden konnten. Im Lehrcursus 1860/51
z. B. hatte eine Person Abends 11 Uhr von dem etwa eine
halbe Meile entfernten Dorfe Pomeränsdorf den Weg zum
Institute angetreten, um wegen der bereits begonnenen Geburt
Aufnahme zu suchen. Wimmernd und klag^d gdangte sie zum
Festungsüiore, nachdem sie unterwegs bei schneidender Kälte
während der sich wiederholenden Wehen, auf Steinen geruht
Durch die Thorwache in die Stadt eingelassen, und unbekannt
mit der Localität des Instituts, trieb sie sich auf den Strassen
umher, bis sie durch die Nachtwächter demselben zugeführt
wurde, wo sie Morgens 4 Uhr eintraf. Höchst mangelhaft
bekleidet und durch die strenge Kälte fast erstarrt, wurde
sie zwar sofort einer erwärmenden Behandlung unterworfen^
aber die Entwickelung eines vollständigen Rheumatismus uteri
war bereits so weit vorgeschritten, dass eine enargische
antiphlogistisch* diaphoretische Behandlung erforderlich wurde,
welche indessen doch erst nach dreitägiger Fortsetzung die
Umwandlung in regelmässige Wehen vermittelte; worauf dann
zwar die Geburt selbst ihren ungehinderten Fortgang nahm,
dais Kind jedoch todt und mit den ersten Zeichen der Ver-
wesung behaftet, geboren wurde, Dass bei solchen und
ähnlichen benachtheiligenden Büiflüssen Unglücksfälle meht
häufiger auftreten, ist iii Wahrheit zu verwundern; dass sie
aber in nicht wenigen Fällen ihre Wirkungen auch noch auf
die Wochenbettszeit fortsetzten, bedarf wohl kaum
Erwähnung.
dM E. H»bMifli«ttliMtflM0 SU atottiD etc. ^73
Daher die vencUedeneoIndicalioiien fttr die Anwendung
der Anneknittel cur Verbeseening regelwidriger Wehen giaubCe
ich meine Erfahrungen dahin aussprechen zu können, dass
von den drei gewöhnlich in Gehrauch genommenen Mitteln
das JDooer'scfae Pulver vorzugsweise nützlich wirkt, wenn
kranpftafteZuMmmensdindning des Muttermundes und unteren
GcbftnmitterabflchBittes die GeburtsthStigkeit hemmt, der Borax
wegen seiner langsameren Wirkung vorzugsweise seine An-
wendung hei Wehenschwäche ^w^rend der ersten Geburts-
zeitrjtaime findet, wenn die Zeit nicht drängt, also nicht
emsige Zufttte ein. «ngreifenderes Verfahren nothwendig
mach^i, flas Seoale cornntum aher vorzugsweise dem vierten
und fünften Gehmlszeitraume angehört, wenn es sich darum
handelt, hinnen kurzer Zeit kräftige Contractionen des Mutler-
grundes ond Mutterkörpers zu erwecken, wo dann zwei his
drei Dosen zu einem Scrupel rascher und entscheidender zu
wirken pflegen, als-radirere kleine Gaben.
Organische und mechanische Störungen des
Dortnalen Verhältnisses lassen sich in der Geburtshölfe nicht
immer strenge von einander sondern, da sie sich nicht selten
gegenseitig bedingen oder wenigstens häufig gemeinschaftlich
auftreten; ich werde mich daher nicht strenge an eine Trennung
beider von einander binden können. In dieser Beziehung
waren zunächst Blutungen bei der Geburt eine nicht ganz
seltene Erscheinung. Traten sie während der ersten Geburts-
Zeiträume auf, bedingt diu'ch 'frühzeitige Trennung des Mutter-
kuchens, so wurden sie nach den bekannten Regeln bebandell,
welche meistens ausreiditen. Dauerten sie in seltneren
Fällen nach dem Blasensprunge noch fort, so wurde einige
Mal die Anlegung der Zange nothwendig. Interessant dürfte
besonders folgender Fall durch die gleichzeitige regelwidrige
Kindeslage und Selbstwendung sein:
Die Schwangere N. 528 war am 3. Febrnar 1856 ' mit einem
sieht «sbedevlendeo Blnt^asse aoii den Genitalien in das Institut
gelangt. Die erste Unterraobang ergab einen fast Terstriehanen
Nabel, sehief geformten Unterleib, dessen Ansdebnong besonders
rechterseita bis gegen die kurzen Bippen emporreicbte , die linke
Oberbaacbgegend leer, dagegen swiscben Nabel und linker
Darmbeiffgr&te eine missige Herrorragang; Kindestheile nicht
devtUäb erkennbar, der Harsschlag des Kindes oberhalb des
374 XXIV. B4hm, Berfoht thtr «• LeisCiiaffeii
NabeU reehta and lioks Auf «inem 8mm* ▼•n 8 bis 4 EoQn
h&rb^r, iUM Placentargejftnsch «bUb und liok«. teiMrUeb teigle
■ich p. p. die Portio Taginalis nahe dem Vorberge, etwaa gegw
die linke Incis. ischiadica gerichtet, V^ Zoll lang, härtlicli,
wenig umfangreich, die Mnttermnndslippen abgerundet, rigide,
der Muttermund etwa in der OrSsse eines yiertelzolles geSfinet,
frei von £inri8fleii; der Beckeoeingang frei nmA nar fi&er des
rechten Schi^mbeine ein Kindestbeil hoch and »o bewesUch fiklbtr,
data die Diagnose noch nicht mit Sicherheit festgestellt werden
konnte. Während der inneren Exploration ergoss sich Blut in
so reichlicher Menge, dass dieselbe durch die Schulerinnen un- ^
geachtet der su gewinnenden Belehrung nicht fortgesetzt werden
konnte. Dieser Blntverlnst, an welchem die Sehwangere sehm
seit längerer Zeit periodisch gelitten an haben ▼ersicherta, settts
sich ungeachtet des Gebranchs von Säuren und der Beobaehtonf
der diätetischen Rücksichten noch längere Zeit hindurch in
periodrsch wiederkehrenden Antillen fort. Dagegen war die
Diagnose einer Schiefläge der 6eb|rmntter einscfaliessltcb der
darin enthaltenen Frucht, sowie dea regelwidrigen Sitaes der
Placenta im unteren Abschnitte der Gebärmutter aa klar, als
dass nicht sofort die geeignete Seitenlago der Schwängern
während der NMchte hätte in Anwendung gesetzt werden sollen.
Nachdem die Blutung noch in spärlichen Ergüssen mehrmals
wiedergekehrt, ergab die Untersuchung schon am 24. Februar eine
bessere Gestaltung des Unterleibes und ein deutliches Herabtreten
eines grösseren und festeren Kindes^eiles, welcher jedoch noch
über dem Beckeneingange nach vom auf dem. rechten Schooss-
beine gestützt stand. Nachdem von dieser Zeit ab die Blutungen
aufgehört hatten, war endlich am 10. März der Unterleib toII-
kommen regelmässig gestaltet, der Kopf des Rindes in den
Beckeneingang herabgetreten, no«b In reichlichem Fruchtwasser
ballotirend. Am 21. März erfolgte die Geburt eines reifen 7- Pfund
schweren Mädchens in der ersten Scheitellage, dem auch die
Nachgeburt in einer Viertelstunde ohne erheblichen Blutverlust
folgte. '
Idi habe dieses FaOes etwas ausfuhriicber erwäfanl im
Hinblick auf die früheren Jahre meiner Thäügkeit beon
Institute, in denen die geringere Frequenz der Schwängern
zugleich eine frühzeitigere Aufnahme derselben zulässig macbfei,
wodurch zugleich die Fälle regelwidriger Kindeslagen, welche
durch Selbstwendung, oder durch Wendung vermittels äusserer
Hangriffe nach Wigand in Geradlagen umgewandelt wurden,
häufiger zur Beobachtung kamen, als in den neueren Zeiten,
wo die Zahl der kreissend dem Institute zulaufenden Personen
«.
4^JL HebMBiMabiftims su Stottiii ete. 375
■^* gidK dirgffrtdl hiiift, ibss oft wir wenige Betten fEur SohwaDgen
^* Mmh der ExplMratioDftftbaogep freigebalten werden k^nn«i.
Ich bebe dieeiNr milderen und eo erfolgreichen Behandhmg
t der Sdiieilageii »teto dn lebhaftes Interesse gewidmet, und
1^ attch in meiner privirtett Tbätig^eit die herrlicbfiten' Erfolge
i^. dafon geseben» Wenn aber im AUgemMnen und naeb grosseren
>^ ZiMenTerbähiiieBen bemessen , SeMeflagen des Kindes bei der
' Gebort doeh nur selten beobachtet werden, so liegt der Grund
gewiss nur darin, dass sie d>en schon vor dem Eintritte der
Geburtsthätigkeit dmreh die Naiur selbst in Geradlagen surück-
geführt werden* In mkn, ja ich m(khte behaupten, in
^ den meisten FiUen bid>eii die Schwängern, bei weMien sich
^ durch iiigend eine äussere Sch&dUcMieit eine Sdiieflage bildet,
durch die regdwidrige Verlheilung des Raumes kleinere oder
i grössere Unbequemhcbkeilen 2U ertnigen, welche skh besonders
um das Ende des neuntm Monats vemlehrea Während des
Dmhergefaeos bei Tage werd^en diese durch die vom über*
geneigte Richtung der Gebarmutter vermindert, liegen die
Schwängern aber im Bette, so werden jene durch die Rückenlage
vermehrt und veranlassen zu .einer entsprechenden Seitenlage,
wekhe die gedruckten Obm4»auchemgeweide frei macht. Kommt
nun im sehnten Monate die natürliche Senkung der Gebär-
mutter hinzu, so stellt sich die Geradiage von selbst wieder
her. Geschieht diese Lageveriiesserung plötzlich, so ist sie
fliebt selten mit einem vordbergehenden Uebelbefinden der
Scinrangem veribunden« und gewiss bezieht sich der unter
dcD HebauHnen gebr&uebliebe Ausdruck: „das Kind habe
eine starke Wendung gemacht'' in den meisten Fällen auf
eine scdcbe WiederhersteUmig der regelmässigen Kindeslage.
Nach dieser kleinen Absdiweifung kehre ich zu den
Bhitnngen zurück und hebe bescmders noch die des ianften
Gebortszeitraumes hervor. . Die einzelnen hierher gehörigen
Fälle lassen sich föghch in zwei Kaiegorieen trennen, nämlich
in Bltttungu durch Atonie der Gdiärmutter, und in solche
dorcfa ragelwidrüge Contraction dieses Qrganes bedingt hi
den der ersten Kategorie angehörigen FäHi», reichte, soweit
sie im Institute zur Bedbachtung kamen, meistentbeSs der
Sandsack aus; wo er die volle Wirkung versagte, wurden
die behamten anderweiligen inneren und äusseren Mittel,
J
376 XXIV. J3«&ffi, Bericht «lier die Leistnogcii
Secale cornut, Acid. phospfaor., Injeolionen 'm die Gebüiv
mutter u. s. w. den einzelne Indicationen gemäss, mit Erfdg
angewendet Waren dagegen regelwidrige Gontraetionen, meist
mit Incarceration dar Placenta die Ursaehe der Blutungen,
so wurde zunächst die Ursache der ungenfigenden Zusammen-
Ziehungen entfernt, worauf meist die Blutung von selbst stand.
Ich darf hierbei wohl mit- wenigen Worten eines Zustandes
gedenken, welcher sowohl in diagnostischer, als in therapeu-
tischer Hinsicht leicht zu Irrungen führen kann. Die eigentliche
Einsperrung der Nachgeburt hat foekanntiich ilffen Grund in
krampfhafter Zusammenscbnurung des inneren oder äusseren
Muttermundes, und nicht selten trägt schon der ganze Verlauf
der Geburt während der ersten Geburtszeiträume alle Elemente
zur Erzeugung dieses pathologischen Processes in sich. Die
Lösung der Einsperrung ist in diesen Fällen oft sehr schwierig,
da die zusammengeschnürte Stelle sich mit Gewalt der ein-
dringenden Hand entgegenstellt,, und iii ihrer Eigenschaft als
Krampf der Kreisfasem durch jeden mechanischen Reiz eher,
vermehrt als vermindert wird. Da jedoch die Contraction
der Gebärmutter, obgleich an sich regelwidrig, dennoch
meistens bis in die Gegend des Sitzes der Placenta empor-
strahlt, so findet man in den meisten Fällen nach Deber^
Windung der Einsperrung den Mutterkuchen gelöst, und mit
der ihn umgebenden Menge flüssigen oder geronnenen Blutes
leicht entfembar; Ausnahmen hiervon machen die Fälle, wo
noch besondere Adhäsionen als pathologisdie Producta früherer
Krankheitsprocesse bestehen. Verschieden . hiervon ist jedoch
der Zustand, wo nach langsamem Geburtsverlaufe und mit
allmäliger Erschöpfung der Webenthäligkeit, nadi Ausschluss
der Frucht die Gebärmutter sich ziemlich passiv um die noch
zurückbleibende Nachgeburt umlagert, ohne sie von ihrer
natürlichen AnheftuDgsstelle losscbälen zu können, wcAei der
Muttermund oder selbst der ganze untere Gebärmutterabschnitt
zwar ebenfalls verengert, aber keineswege krampfhaft zu-
sammengeschnürt wird. Das Eindringen der Hand in die
abgeschlossene Höhle, welche die Nachgeburt enthält, ist hier
durchaus nicht schwer, aber in den meisten Fällen ist hier
der Mutterkuchen noch in seinem grössten Theile innig mit
der Gebärmutter verbunden und erfordert die künstliche Loa-
•dM K. HebftttoMaiMlitiito in SUttin ete. 877
trenmuigrt worauf dtmi nach Entfernttiig des Inhaltes die
Gebinmtter sich meisleDtheils bald vollständig conlrahirt und
solehergestali die BiwitlDg gestillt wird. Anderweitige Blutungen
als die hier besprochenen, namentlich aas geplaitzten Blutader-
kaotea oder aus grosseren Dammrissen sind nicht aur Beob-
achiimg gekommen«
Was die 'oigentliehen mechanischen Geburtsabnor-
mitäteo betrift, so sind Verengerungen des Beckens oder
der mütterfichen Weifihtheile zwar einige Mal beobachtet wiftrden,
doch erreichten sie in keinem Falle eine solche Bedeutung,
dass dadurch jene ^sseren gebortshälflichen Operationen^
wie Perforation oder Kaiserschnitt, oder Oberhaupt ein blutiges
Eingreifen SeU^ns der Kunst erforderlich wurde. Ich kann
mich daher sogletch zu den regelwidrigen. Kindfeslagen
wenden, «ad gedenke auerst der sogenannten dritten und
vierten Seheitellage* Dadurch, dass diese selteneren und
scbwierigerea Lagen im Lehrbuche CÜIr die Hebammen fortr
während den regelmässigen Geburten beigezählt werden, wird
fir dea Unterricht der Hebammen sowotd, als für die Praxis
derselben mancher Uebelstand berrorgerufen. Zunächst stehen
sowohl die Paragraphen 84 und 66 als auch 147 und 192
mit dies« Feststellung in oftnbarem Widersprudie; die ersten,
weil darin anscköcklich ausgesprochen wird, bei der regel-
mässigen Lage liege die Ruckenfläche des Kindes nach vom
und jede andere Lage sei regelwidrig; die letzten aber,
weil die zweite Hälfle des Paragraph 192 es klar und deutlich
sagt, dass bei der dritten und vierten Lage leicht Dammrisse
entstehen, was mit dem Inhalte des Paragraph 147 wenig
harmonirt, wo für die regehnäsaige Geburt vollständige Integrität
von Mutier und Kind geftmdeu wird. Reebnet man hieran
noch, dass diese Lagen oft ganng zu ihrer Beendigung der
Knnstfafilfe bedürfen, so steht auch dieser Umstand dem
Begriffe dear regelmässigen Geburt entgegen. Als Kindeslagen
betrachtet sind zwar aMe vier . sogenannte normale Lagen
JBcbeitfilkigen^, aber als Geburten Ueiben dies nur die dritte
und vierte, während die erste und zweite ds Hinterhaijqpt»-
gebnrten zum Durchschneiden kommen. Dies sind allerdings
Unterschiede, welche jeder Geburtshelfer kennt, aber für
den Staadponkt des Hebammennuieniehts, welehen ich hier
878 VilV^ Bekm^ B«fiiAt J^r iU LeMiuig»n
nieht «08 den Augen Terlienm mag, a^ineB mir dieBe B»*
merkangeo nicht ohne Wichligkeity da in demsriben jeder
Schein emes Widerspruche oder enier Ineoneeqaeni mdgliohst
femueden werden moes.
Was die im Instilute seihet beobaohteten UDgö08lige&
Scheitellagen betrifft, so Itamen 10 dritte und 13 mtta
ScheiCellagen, überiianpt also 23 Fälle vor. Von diesen gingen
7 in die günstigere Scheitellage ihrer Seite tter; eine die
gönstige Drehung zn machen, verliefen 10, unter denen
jedoch 3 frühseitige abgestorbene Fruchte und 2 zweite
ZwiUingskinder waren. Die übrigen 6 bedorflen sämmlheh
der Anlegung der Zange, ohne dass vorher die günstigere
Drehung erfolgt war; und tasserdem wurde die Zange er^
forderlich in zwei der ersterwähnten FUie, nachdem die
Drehung in die günstigere zweite und erste SteUoög bereüs
bewirkt, bei dem langsamen Veriaitfe aber ^ Webentbäligkeit
zu obnmäi^g 'geworden war, um die Hcraustreibung noch
beendigen zu können. Diese einfachen Thatsadien werden
zum Belag der oben ausgesprochenen Ansichten dic^ien können.
Die Lage der Arme neben dem in guter SieUung ge-
gelagerten Kopfe der Frucht kam acht Mal vor. In zww
FäUen, wo die Fröchte sehr klein waren, .und in «eben
Fällen aosgetragener Frdchte von gewttodiGhen Dimensionen
wurde der Geburtsverlauf durch diese ungänslige Lage nicht
beeinträchtigt. In dem achten Falle jedoch, wo der Vorderarm
Aber dem Nacken des Kindes lag, und zwisdien diesi^n und
der Schoossfuge eiogeklenunt wurde, musste die Geburt
mittds der Zange beendigt werden.
Ungewöhnliche Drehungen des Kindeskopfes während
der fieburt erfidgten zwei Mal. in dem einen Fatte drehte
sidi bei einer überaus phlegmatisoiiett, trägen, torpiden Erst-
gdMirenden der Kopf aus der zweiten Scheitellage aUmUig
in die dritte hinüber, und schnitt in dieser Lage, das Gesieiit
der Schoossfuge zugewendet, dureb, in dem anderen Falle
trat der Kopf in der ersten ScheiteBage in den BedEendngang,
und drehte sidi bei ebenftills sehr langsanism y&Mk dnr
Geburt über den geraden Durchmesser hinweg in die zvKite,
und endlich aii» dieser in die dritte ScheiteHage, in wdeher
er zum Durebeebnelden kam* Besondere Abnoraiitäten des
4m K. Hebttumettinilätlit» m Stettin ete. 879
^
Btbk«ns5 mihke dfese uitgewöhnlidien DrelHuigeii verantoMt
hdteD ktantAi, waren in beiden FiUen niciit su entdecken.
Von andenrntigen regelwidrigen Kopfltigen, weldM dM
Ldirbaeh fttr die Hebammen^) annimmt, erwSbne ich zo»
ntekst der Gestehtslagen. ISie kamen in rier F&Uen aar
Beobaebtong. Der erste derselben betraf dne scbwäddiobe
Moltipanr, mit sehr geringer BecIteDneigUDg, welche wfthpend
ivt Schwangerschaft am Typhus gelitten, und danach eine
sehr langsame Reconvalescenz durchgemacht hatte. Bei Eintritt
der Gebart, welche mit dem Masensprunge und der Bnt*
leemng einer copidsen Menge FVuchtwassers begann, ergab
die Untersttehimg zwar im Allgemeinen, eine Geradlage des
Kindes, jedoch war wegen iSangelhafter Entwickelung der
GescMeefatstheile der rerliegende Kindestbdi noch nidit mit
Sicherheit zu erkennen. Nach Eröffhung des Mattermundes
wnrde aber bald die dritte Gesichtslage diagnostictrt, welche
im weiteren Verlaufe der Gebort mit Leichtigkeit in die
zweite überging, in welcher das Durchschneiden erfolgte.
Oas flrAhieitige höclist erbärmlich ernftbrie Kind war todt,
und hatte eine Länge ron 16 Zoll und wog 8Va Pfund. Der
Zweite Fall betraf eine gesunde Zweitgebärende, bei wricher
in der letzten Zeit der Schwangersdiaft durch das Scheiden*
gewölbe sehr deutlich ein gewdlbter Kopfknodien in vielem
Fruchtwasser beweglich ti>er dem Beckeneingange ffitfilbar
gewesen war. Während dw zweiten Gd)urtsperiode hess
sieh durch die erschlalRe Blase mit Sicherheit das Gesicht,
mit der Stirn nach vom und rechts gerichtet erkennen;
doch stand die letztere so leicht bewe^ich, dass de bei
massig starker Berfibrung mit der Fingerspitze vom rechten
Scbeosdl^ine empor gehoben werden konme. Eine Seitcnlage
1) Ich erwähne ausdrücklich, dass, wie die gegenwärtigen
Mittheilnngen Oberhaupt nur die Im ESnigl. Hebammeninstitnte
^obaefaieten Fftlfe betreifen, so dieselben auoh, wenn atieh
«fobt- aaas^JleafUfili, dennoeh vorsi&filch im BinhUcke auf des
HobiS#iii^ea«n|errieht and von meiner Stellnag ala Heb«mme]Jeb;?er
ans». der Oeffentliehkeit übergeben werden. Die ans denselben
an entnehmenden wisseDschaftlichen Resultate bebalte ich mir
vor, in Verbindung mit den aus meiner PriTatprazls gesammelten,
spiter ati ▼«^Sffentlieben»
3g0 XXIV. B^km, Beisdit (lUr die LeiiHuifiiii
Daeh rechts, welche die GebArende wihrMid laehrerer Wehili
beobachten musste, Temiochte jedodi nicht da» Hü&teriMtipt
in den Beckeneingang herabxiileiten und so ^ swebe Scfaeiiel-
läge barztt9teUen, vielmehr drehte Mch die Stirn nach linkb
hinüber, 8o dass der zwdte achrj^ DurchmäMer ded Beekeaa
mit dem ersten gewechselt wurde. Als bald danach die Blase
sprang, sank das Gesicht risch bis in die Beckenmitte, wobei
es zugleich die Dr^ung in den Querdurdmiesser machte,
so dass die Stirn gänzlich nach links, das Kinn nach redits
trat Die nächstfolgenden Wehen trieben dassdbe nun hald
tiefer, indem zugleich das Kinn weiter nach vom und rechts
rdckte, und ohne grosse Sehwierigkeii aus der zweiten Lage
unter dem Schoossbogen hervdbtrat. Der sehr krdRige 8 Pfund
sdbwere Knabe trug eine kaumerbebbch zu nennende Geticfats^
geschwulst Die dritte hierher gehörige Schwangere war eine
sehr kleine, sonst aber wohlgebaute Person, bei welcher sich
wegen der grossen Verkörzung der Unterleibshdhie ein starker
fiängebauch gebildet hatte« so dass der froher hn Btocken^
eingange fühlbar gewesene Kindesfcopf bei Beginn der Geburt
stark nach vom auf dem rechten Schoossbeine angestemmt
gefunden wurde. Neben ihm fand sich mehr nadi der linken
Beckenseite zu in der mit vielem Fruchtwasser gefüllten Blase
ein kleiner beweglicher Theil, mutbmaässlich eine Hand. In
der Hoffnung, mit dem Blasen^runge den Kopf tiefer in das
Becken herabzubringen, wurde cfe Kreissende auf die rechte
Seite. gelagert, und der auch äusserliefa durdi die Baucfadedien
fühlbare Kopf durch eine Sißhälerin mittels der Hamd dei6
Beckeneingange zugedrängt. Dies Manoeuvre gelang indess mchl,
da schon nach wenigen Wehen die Blase qirang, hevor noch
der Kopf wh vom Beckeneingange gelöst hatte. Der vertier
ffthlbar gewesene kleine Kindestheil war jetzt zwar zurückgetreten,
und nicht mehr fühlbar; dagegen aber erwies sich jetzt die Lage
als vierte Gesichtslage, indem über dem rechten Schoossbeine
die Stirn mit ihrer Nath und dem vorderen Winkel der grossen
Fontanelle erkannt wurden, von wo ab das Gesicht nach der
Richtung des. zweiten schrägen Durchmessers sich nach hinten
und Unks fortsetzte. Da noch keine Geschwulst eingetreten war,
so Hessen sich die einzelnen Tbeile desselben sehr deutUch
erkennen. Bei den folgenden Weh^ trat das Gesiebt bald
diM K. HdbaaiMettiiuliteta m Stettin etc. 381
tMer in das Becken berab^ olne daes die Stirn «eh toid
xecblBB Sehoossbeine löste; und es konnte daher nur noeb
daran gedacht werden, durch eine Seitenlagerusg der Kreisenden
nach der linken Seite die vorhandene vierte Gesiebtslage in
die erste umzuwandeln, was auch nach einigen Weh^ voU<-
stindig gelang, indem das Kinn zunächst sieb ganz der hokefi
Beckenseite zu und von dort nach vom und links begab.
Der bald danach geborene sehr kräftige Knabe war zwar
elwae apopiektiseb, wurde ab^ bdd wieder vollkommen in's
Ldien zurdekgebracht. Ganz diesem ähnlich war der Verlauf
andi in dem vierten Patte, indem auch hierbei die Ursprünge
Kcbe vierte Gesiebtslage mit Leichtigkeit in die erste hinüber^
^fiUirt und ein kräftiges MädcAen zu Tage gef5rdert Wurde.
Schieflagen des Kopfes in solchem Grade, dass sie
den Geburtsverfamf wesoitlieb bitten slären können, sind niebt
keobttchtei worden. Wo sie zu Anfinge der Geburt und bei
noch stylenden Wässern sidier zu erkennen waren, wurden
sie dnrdi die geeignete Sdtenhige der Kreissenden rectificiri
Dagegen waren wahre Hinterhauptsla^en alWdings
ciirige Male sicher m diagooslieiren, indem die kleine Fontandle
sehen in der letzten Zeit der Schwangersohaft durch den
geöflbeten Muttermund erkennbar vrurde. Ss ist einleuchtend,
dess eme starke Senkung des Leftes in der letzten Zeit der
Schwangerschaft in Verbindung mit einer nidr massigen Menge
Fruchtwasser bei der ersten und zweiten Scheitellage die
DdierfObrung in eine Hinterhauptslage begründen muss,
gleichwie unter ähnlichen Verhältnissen die dritte und vifurte
SebeiteUage den Uebergang hi die erste und zweite Gesidits-
läge begünstigen wird. Indess kann, di^ V^hftltniss leicht
Aberseben werden, wemi der Muttermund, wie bei Erst^
geschwängerten bis zum Beginn der Geburt geschlossen bleibt,
und der Kopf na^ Eröffnung desselben bereits tiefer in das
Becken berabgedröckt ist Im Debngen haben aber Hinter^
hauptsiagen keinen weiteren Nacbtheil, als dass sie die Geburt
wegen des günstigeren Verhältnisses der Kopfdurchmesser zu
den Beekendnrchmessern bescbleimigen, und daher leieht zu
Blutungen nach der Geburt Veranlassung geben können. Dritte
und Tierte Hidterbauptslagen dürften wohl bei ausgetragenen
FMcbten niemals beobaditet sein;
382 XXIV.. Bdkm^ B#ri«lii üUi die
Indem icb mich Bim mehr 2U des Ualerttattm-»
geburten wende, erwtime ich zoerst der Stersslagen.
Sie wurden Oberhaupt zwölf Mal heobaehttt» Uuier dieaen
befanden sich die erste drei Mal, die zweile fünf Mal,- die dritte
zwei Mal, die vierte ebenMs zwei Mal Die beiden viertcD
Steisslagen gingen im Verlauf« der Cneburt in die erste Lage
Aber; die beiden dritten Lagen verliefen zwar ohne weitere
Umwandhing als dritte Lagen, betrafen aber in beiden Fätteft
fi*ahzeitige Fruchte, von denen die eine, ein Zwülingsknabe,
17 Zoll lang war, und nur 4 Pfund 16 Lotfa wiegend, lebend,
die zweite Aer todt und in Verwesung begriffen^ geboren
wurde. Von all^ auf diese Weise ' geborenen Kindern
konnten nur fänf, also weniger ab die.Bilfte als ausgetragen
betrachtet werden; diese wui4en sämmtUch in erster und
zweiter Steisslage geboren, eim danmier, m^hdem die viertn
in die erste Lage übergegangen w«r. Von den öhrigen aieben«
simmtlich frühzeitig geborenen Früchten waren drei tedt ge-
boren, und zum Tbeil in Verwesung i>egriflen, ein viertes
nur 13 Zoll lang und 2 Pfiind schwer, wurde zwar lebend
gelHNreU) starb aber nach wenigen Alhemnigen. Bei zweien
faihden sich erhehlicho MisebiUnngen» nimikh bei dm eiiien
Spina bifida der materea Lendenwirbel, welche währetad des
Durcbfi^nges durch das miltterliche Becken platzte; das
andere hatte Klumpfüsse und Cunratnr der Bandwurzelgeienke.
Die no<d) übrigen drei firnbzeittg geborenen Früchfte, das
kleinste derselben der vorbin erw&hnte ZwiUin|pknabe, wurden
lebend geboren.
Die zur Beobachtung gt^ommenen Fusslagen gaben
tticht mittder zu interessanten Bemerkungen Veraniassung*
Ueberhaupt wurde diese Lage dreisehn Mal beobaehtet; dariMiter
die erste Lage ein Mal, die zweite zwei Mal, die dritte ftef
Mal, die vierte drei Mal, und in. zwei Fillen, wo die Früchte
todlfaul und sehr klein waren, geschah die Ausschhesaung sa
rasch, dass die Lage nicht. speciell festgeatelU werden konnte;
eine dieser beiden letzten Früchte war so gar in einem so
hohen Grade der Verwesung begriffen, daaa sie keiaor
Messung föhig war. Auch unter diesen dreizehn Früchten war
die Zahl der frühzeitig, todt, verweset oder mit Missbildungen
geborenen gross: ein Knabe, 15 Zoll lang, und drittehalb
Ptaid tdmren wurde todtfaiil mit Klvnipfiteen uiri waaser-
«ickig aBfeetiJAenem üalerieibe geboren; ein MidcbeD,
18 Zoll lang, und drei imd ein viertel Pfund seliwer, war in
kohera Grade in Fäuhiiss ädergegangen; bei einer ZwiUinga-
gebort erschien nach Ausschluss eines ausgetragenen wohK
gefaüdelsD Kiaies, mit nächster Wehe eine neoe Blase weit vor
die GeaeUechtslhiJle der llbtter hervorgetrteben, welche in
dritter Fusslage eine sedismonatliche durchaus Terwesta und
ptettgBdrQckte Frucht enthielt, deren Placestartifilfte verödet j
war; bei einer anderen Swiltiogsgeburt hatte die soerst
kommende Frucht, ein lebendes 17 Zoll langes und 4% Pfund \
schweres Madchen, Pes equinus, und auf dem Schienbeine
eme deutlich erkennbare Narbe» und unter dieser unverkenn^
bare GeUiiawucherung, so dass dso .während der Schwanger^
sdiaft eine Fractur des Untefschenkels Statt gehabt haben i
masste, welche wieder verheilt siiar; neben einem anderen in |
dritter Fusslage geborenen Knaben, welcher nur 16 Zoll lang
und 3 Pfimd schwer war, und der zwar lebend geboren
wurde, aat dritten T^^e nach der'fiebort aber eyanotiscb
starb, lag die Nabelschnur vorgefallen, und ein ebenfdb in
dritter Fasslage gdborener Knabe war hydrocefdialiscb. Ueber-
haupt waüren von aUen dreizehn in einer Fusslage geborenen
Kiodertt neun GrufaaBeitig geboren«
Die Zusammenslellung der Ftasslagen mit den Steisslagen
giate zu interessanten Sehlössen tär die Unterstammgdburten
vrie fmr die KiiMieslagen Oberhaupt Veranlassung, ftringt man
von den fiberfaanpt zur Beobaditung gekommenen Unterstamm-
gefanrten die beiden in Abzug, bei welchen wegen Schnellig-
keit des Veriaufes £e specieBe Stdung nidit ermittelt vrurde^
s» bleiben ikberbäupt 14 FäHe, in welchen der RAcken des
Kindes der linken Beckenwand zugewendet war, (zweite und
Aritte Lage) und nur 9 FäUe, wo das entgegengesetzte Ver-
haltnias Statt fand (erste und vierte Lage); und es dürfte
daher, imgeachtet die geringe Zahl für grössere Mengen*
verhütniase noch nicht maassgebend erachtet werden kann,
der Einauss derjenigen allgemeinen Verhältnisse, wekhe auch
bei nach unten gelegenem Kopfe den Rücken der Fracht der
linken Beckenseite in überwiegender Zahl der Fälle zuführen,
auch bei den Unterstammgeburten eine -überwiegende Geltung
884 XXiy. B^hm, Bttfiolit flirar dto Lei«tiuig«i etc.
gegen d^ Einflass 4er schrlgen BeekendnrdiiiieBi«* bean^
Sprüchen. Was dagegen die SteMung der Rücken* und Baucb-
fläche der Frucht zur vorderen und hinteren Beekenwand
betrifll, so scheint hier die Stellung des [Kindes selbst Ton
Einfluss für das besondere Auftreten der Fuss* und resp.
Steisslagen abzugeben. Es stellten sich nimMeh von den*
jenigen Unterstammgeburten, in denen der Rücken der Frucht
der vorderen Beckenwand zugekehrt war, (erste und zweite
Lage) von den Steisslagen acht unter zwölfen, und von den
Fusslagen nur drei unter elf zur Geburt,, während unter den
Steisslagen nur vier von zwölf, von den Pusslagen dagegen
acht unter elf den Rücken der Unteren Beckenwand zukehrten
'(dritte und vierte Lage). Die Ursache dieses Unters^edes
scheint darin zu liegen, dass bei der gew(>haMchen Lage
der Frucht mit an den Unterleib herangeMgenen Sdi^kebi,
in Gemässbeit der vorn über geneigten Lage der Gebär-
mutter in denjenigen Fällen, wo die Fracht die Baucbfläche
der vorderen Beckenwand zukehrt, leichter die Füi^se den
Eingang des Beckens und den Muttermund passiren, wogegen
in der entgegengesetzten Lage, den RAcken nach vorne« ge-
wendet, die Hinterbacken unmittelbar auf den fieckeneingang
auftreffen, während die Fersen und Füsse höher nach oben
über dem Beckeneingange zurückbleiben, bis der ganze Steiss
tiefer ins Becken herabrückt. Wo ■ Aet bei nach vom
gerichteter Bauchfläche Steisslagen zu Stande kommen, findet
man meistens nodi eine ü^itlang nach der Geburt die Füsse des
Kindes mit Gewalt gegen den Rumpf in die Habe 'gestreckt»
so dass die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass schon längere
Zeit vor dem Eintritte der Geburt diese abnorme Stellung^
möglieherweise durch Hinanfeb^ecken der Scheidbel, wenn im
letzten Monate der Schwangerschaft die Gebärmutter sich
senkt, und der vorliegende Kindestheii sich anschickt, den
Beckeneingang zu passiren, vorbereitet sei. Die Kürze des
ftauroes, welcher den gegenwärtigen Hittheilungen zugebilligt
werden kann, gestattet mir nicht, den Gegenstand weiter
auszuführen, um so weniger, als dies Dinge smd, die jeder
Geburtshelfer kennt.
(Fortsetsung folgt.)
XZV. NotiSMi »Uff 4er JowimiI «Literatur. 385
XXV.
Notiaen aiw der Jonmal-Literator.
VoL H&^erdM: Nene Operationsmethoden der Blasen-
seheideBfisteln mit Metalldraht.
Die Blaseneeheidenfiflteln operirte Jobert 1868 mit bis dabin
nicht ipekanntem Erfolge. Das Prtnoip Beiner Methode, welche
er y Operation' anloplaetique par glisaement^ nannte, bestand
faanpteächlich darin, das» er die Anspannung der vereinigten Fistel-
rSnder« beim Gebrauch seidener Saturen die conditio sine qua non
des glftcklichen Erfolges, ausführte. NaehdeiQ der Uterntf durch
Zangen naeh abw&rts geaogen und durch einen in die Blase geführten
Katbeter die Fistel dem Auge noch mehr genfthert war, wurden
die Fistelränder mit einem schrägen Schnitt hlutig gemacht und
eine triehterförmig. nach der Blase sich verengende Wunde her-
gestellt. Mit Hülfe von Nadelhaltem und stark gekrümmten Nadeln
wurden dann doppelte Sutnren von Seide oder Zwirn, durch die
ganse Dieke der Wandungen hiadnrohgefuhrty V« — 1 Centimeter
vom Wnndrande entfernt. Um jede Spannung an heben wurden
denn in der Sohleimbant der Scheide Seitenschnitte gemacht.
Bisweilen jedoch war es nöthig, die Blase aus ihrer Verbindung
mit der Gebärmutter oder der Harnröhre vom Schambogen theil-
weise abaulösen (•/o6sr<*scher Schnitt). Auf so richtige Prineipien
diese Methode gebant ist, so ist sie doch . einerseits nicht un-
gefährlich, andererseits. snheinen nach Heilnng der ursprünglichen
Fisteln nicht selten neue aa entstehen. Qu$ia» SiuMm gHb ein
einfacheres Verfahren an. Dasselbe besteht in dem Anlegen von
awei Reihen seidener Suturen. Die äussere Spannungsnalit hält
sich iVt— 3 Centimeter, die innere Vereinigungsnaht 1'''— iV,''
vom Wnndrande fem; letstere wird nur durch die Scheiden-
schlaimhaut und das unterliegende Bindegewebe geführt. Wenn
um den fünften bis sechsten -Tag die äusseren Suturen entfernt
werden, ist die Verheiliing erfolgt. Von 19 Kranken wurden
durch diese Methode 10 geheilt.
Hayward in Boston spaltet den Fistelrand im gansen Umkreise
in awei Lamellen, von welchen die eine der Blase, die eine der
Scheide angehört Nor die letatere wird dnrch die Nähte. ver-
einigt, welche liegen bleiben, bis sie auseitem. EMerg bat
nach ähnlicher Präparätioa der Wundränder sich statt Suturen
der Serres fines bedient und ColUtu (Dubl. Quarterly Journ., 1867)
der Sutura elarata. Poneoaci in Philadelphia trennt am hinteren
Theile des Wundraades die Schleimhäute auf Vt" ^^^ einander
lloBAlMe]ir.r.Oe%nrtsk. 1361. Bd-XYII., Hft.6. 26
and sehtebt in diese Spalte den rorderen blati|( gernftobten Wnnd-
rand hinein. Die Vereinigung gesohieht dnrch eine aogenannte
plastische Naht. Die Resultate sind nioht so günstig wie die
Yon Jobert nnd Simon.
Die Methode mit Draht an n&hoB rerdient den Namen
y amerikanische Methode*' nnd übertrifft, wie aaeh iSunfitoii sagt,
weit alle anderen , unter welchen die eben anfgea&hlten die besten
sind. Bleidrähte hatte Schmitt in Wien schon für die Blasen-
scheidenfisteln Torgeschlagen nnd Mattcmer (Amer. Jonm. of
med. Sc, 1847) ersählt yon glücklich mit Bleidraht operirten
FiUlen. G^&$»ety ein Londoner Arst besehreibt in Laneet 1884
einen glücklich mit Qolddraht operirten Fall nnd hebt dort die
Vortheile des edlen Metalls als Material für Sutnren im Allgemeinen
hervor. Marion Sims in Alabama U. S. lUhrte aber erst den
praktischen Beweis, dass das Missglücken der Operationen der
Blasensoheidenfistel hauptsttchlioh in der Anwendnng organischer
Stoffe an den Sntnren ihren Grund hfttte. Die Naohtbeile dieser
Stoffs liegen darin, dass sie aofquellen, dadurch die Stiebkan&te
reisen und snr Eiterung reranlassen, dass sie femer dnreh Capillar-
attraction Flüssigkeiten aufsaugen, welche' sich lersetsen und
nun dieselbe schlimme Folgen haben. So schwüren die Suturen
dnrch, ehe Heilung su Stande kommen kann. Drfthte aus nicht
ozydirbarem Metall werden Ton dem organischen Gewebe sehr
gnt vertragen, ohne Entsendung in erregen* Ihre DnbiegsamknR
trügt ausserdem snr genauen , unverrückten Coaptation der Wnnd-
rinder bei und sichert die Heilung per primam Intentionen.
Diese Eigenschaften der Dr&hte constatirte Simpson durch Ver-
suche an ThierSn.
Die drei hauptsächlichsten Methoden, die Blasenscheiden-
ftsteln durch Metalldriihte su heilen, sind folgende:
1) Million Sim$'9 Methode. Schon 186S machte Sims (on Uie
treatment of vesieo -vaginal fistula by Dr. M. Sims, — Alabama U. S.)
einige glücklieh operirte Fälle von BlasenscheidenÜsteln bekannt.
Er hatte eine modificirte Sutura clavata angewandt, indem er
die wundgemachten Fistelrttnder durch liniendicke Stifte von Mal
oder Silber vermittels Silberdmht vereinigt hatte. Bei den vielen
Operationsversuchen, welche anfangs, beim Gebmuche von Selden-
fKden, stets unglücklich ausfielen, muss man eben so sehr die
Geduld des Operateurs wie die seiner Kranken bewundem, von
denen eine, eine Negersfrau, 29 Mal den Operationstiseh bestieg,
ehe sie, die erste, mit Silbefdraht gehellt wurde. Bims |iess
später seine sogenannte Clamp-sature fsllen und legte seine
bedeutend vereinfachte Methode der New -Torker medieinisehen
Akademie vor: Die Patientin wird an den Hand des Operations^
lagere auf ihre linke Seite gelegt und sieht den rechten Schenkel
stärker als den linken gegen den Leib an; die Brast wird dem
Tische sugekehrt. Diese Lagemng gebraucht auch Simpson. Das
XZY. Hotisaii $mm Ur J«iiiMl*I4toim«ur. fjgj
Übst swt^mteaiffB Bpaouloi« .bestellt aof eineui HalbejKDdev^
desMii eine» Sude abgerundet und wie ein Bntensehnabel ojn-
gebogen ist, wttbrend da« andere unter allmaliger Kxilminang Ton
nngeföhr 30^ in den Griff übergebt. Daa •|>eealiini wird, mit
der eonyexen Fläebe der hinteren Seheidenwand sngekehrt, ein*
geföhrt und diese von der Vorderwand, welche so augleich be-
leuchtet wird, nach Möglichkeit entfernt. Zum Wundraacben der
Eäader gebraucht £»nw ein einfaches, spitses Scalpell, Simp90u
dagegen swei .fiealpelle deren Klingen in einem stumpfen Winkel
snm Heft (nach rechts und- Unks) befestigt sind. £s wird beim
Wundmachen die Scheidensohleimhaut in V4" Breite entfernt und
die grosse Wundfläche trichterförmig gegen die Blase au ein-
gestülpt. Von der Blasenschleimhant wird Nichts fortgenommen,
falls dieselbe nicht degenerirt oder durch Hineinragen in die Fistel
der Operation hinderlich ist.
Fisteln Ton sehr kleinem Lumen werden mit einem Haken
herrorgeaogen und der so gebildete Conus amputirt, wodurch
eine . trichterförmige Wunde gebildet wird. Wenn bei grossen
Fiatein die Blasensohleimhaut sich Tordrttngt, wird sie durch
metallene Katheter yqm. der Blase aus aurückgehalten oder durch
Schwämme , welche von der Scheide ans eingeführt werden. Der
Draht ist von gediegenem eigens geglühtem Silber gearbeitet
und hat die Dicke eines Pferdehaars« Die Sutwven werden, um
Einstülpung der Schleimhaut an rermeiden, nahe dem Bande der
Seheidenschleimhaut eingeführt und der Blasenschleimhant mög-
lichst nah^ gebracht, ohne dieselbe mitsu£assen. Simses und
£osemaA»'s ursprüngliche Methode ist durch eine tou Simpson
angegebene Nadel sehr ▼ereinfacht worden. Diese Nadel ist
ausgehöhlt und .1" vor ihrer Spitse im Winkel gebogen. Die
3pitse ist schräg abgeschnitten und dadurch sehneidend gemacht;
das apdere Ende der Nadel ist dicker. Nachdem dieselbe durch
beide Wundränder gefuhrt ist, wird der Draht von dem hinteren,
dickeren Ende her in den Kanal der Nadel ein- und darcho
geschoben und die Nadel entfernt. Zum Schliessen der Suturen
haben ^oseniaaa undiS»tn«Coaptatören (suture-adjusters) angegeben,
eiserne Stäbe, die eine kleine, darch bohrte Platte tragen. Durch
die Oefl^nungen der Platte werden die Enden des Drahts ge-
schoben und während dieser dann durch das Instrument fizirt
wird, werden. aeine Enden durch eine Zange gefaast und um die
▲ze gedreht. Die Suturen werden erst nach 9 — 12 Tagen ent-
fernt; die Nachbehandlung ist nach Sim» von grossem Einfluss.
Es muss jede Anspannung der Wunde, wie sie darch Husten,
Urin- ond Stuhjentleerung erfolgen kann, Termieden werden.
H. sah bei einer Kranken die hintere Blasenwand sich durch dm
Fistelöffnung bis an. den Scheideneingang heryordrängen. Nach der
Operation wird die Bauchlage inne gehalten und ein Katheter
26*
3^8 XXV. Nötiaeii was der Joutval-LlterAtar.
eingelegt, welcher noch nftch Heraussfthme der Svtarea einige
Tage liegen bleibt In einem Falle tah H. noeh am 10. Tage
die anscheinend starke Narbe beim Uriniren platien.
Eine Operation%aoh dieser Methode sah er durch K&iUer am
Royal infirmary in Edinburgh ausführen. Die 82 jährige Kranke war
vor 6 Wochen mit der Zange entbunden and hatte am 10. Tage
unwillkürlichen Abfluss des Urins bemerkt. Die Operation ^nd den
1. December 18fi8 statt; 6 Suturen waren erforderlich, von denen 4
am achten und 2 am 14. Tage entfernt wurden. Vom 18. Tage an
wurde der Katheter gani entfernt und Fat. am 26. Tage geheilt
entlassen. Sima operirte am 24. Juli 1866 bei einer SOjKhrigen Fat,
die schon wiederholt vergeblich operirt war, eine bedeutende
Fistel; am achten Tage war sie gekeilt Ob die einfache oder
die Klammemaht gfinstiger ist, ist noch nicht au entscheiden;
nach der älteren Methode hatte 5tiiis, der New -York Medic.
Gaa., 1856, su Folge, 80 Mal und ttets mit GlQck operirt.
2) Bozemann^B Methode (on resico • vaginal fistula hj a new
method of suture, by N. Bozemtmn, LouisviUe, Bevlew 1866).
B. nennt seine Methode „button- suture **. Die nach 8ims*8 Methode
eingeführten Silbe rdrähte werden nämlich durch die Löcher einer
dönnen Bleiplatte oder eines Knopfes geführt, Je iwei Enden
Sutnr durch ein Loch und so die Wundrtoder suerst genähert^
dann die Snturen fiber der Bleiplatte geschlossen, entweder duroh
die Finger allein oder mit Hfilfe eines %" von seinem Ende
rechtwinkelig' umgebogenen Eisenstabes. Der Zweck dieser Art
Kaht ist, theils eine Unteretütsung , theils einen Sckuts fSr die
Suturen absugeben; besonders wichtig ist sie, wo mehrere Fisteln
BUgleich vorhanden sind, wie in Bo»emann*B 27 Fällen denn auch
vier Mal eine doppelte und drei Mal eine dreifache Fistel bestand.
Fisteln der Urethra oder des Blasenhalses sind der Heilung
ungünstig, weil der hintere bewegliche Wundnünd stark nach dem
vorderen, oft noch dasu invertirten Rand hingesogen werden
muss; doch sah B. sich nie sur Ablösung der Harnröhre vom
Schambogen veranlasst. Diese Art Fisteln lassen nach der Heilung
öfters Incontinentia urinae surfick', sind aber glücklicherweise selten.
Bei Verletsung der Portio vaginalis können die Suturen ohne
Gefahr durch die Substana der Gebärmutter hindurch geführt
werden. Botemann hat in einem solchen Falle (VIII.), wo die
Fistel iVi'^ lang und 1%" breit war durch 8 Suturen in 9 Tagen
Heilung erzielt Zu Gunsten dieser Methode hat sieh besonders
Baker Brown ausgesprochen (on vesico- vaginal fistula and its
snccessful treatment, read before the British medic association
at Edinburgh, 1868, by J. B. Brown. In 87 Fällen, die nach
dieser Methode von Botemann, Brown, Spencer WeUt, WaÜace u. A.
operirt wurden, fand 26 Mal nach der ersten und 8 Mal nach der
sweiten Heilung statt; 2 Mal wurde keine Heilung enielt und
1 Mal erfolgte der Tod.
XXV* NotlMB aus 4«r Joaraal-LHerstar. ftgO
a) 8imp$9m*9 Heib«4^. 8mp$om wirft der eben bescbriel^eaeB
Meibode Tor, deee der Knopf oder die Bleipleite einen Zug naeb
Uten an den Sninren aneübt, daee eine yersebieblichkeit der
8ntnr naeb den Seiten bin sehr wobl möglieb iBt, dase sich
Seerete Unter der Platte anb&nfen können nnd . die genaue
Behlieeenng der Nftbte nicbt sn eontroUren ist, da man die Wnnde
niebt etebt. Simpwn siebt den EisendriAt anderen Metalldrftbten
Ter, weil er viel •tftrlcer ist n&d folglieb dünner sein kann.
Btatt der Sebeibe nimmt er ein Gefleebt ans Drabt, dnreb welebee
die Sntnrenden gesogen werden irad dnrob welebes bindnrcb man
die Tereinigten' Wnndrilnder eiebt (splint- sntnr), ff, sab m obrere
Operationen der Art Ton Simpmm an^bren. Bei einer 46 jKbrigen
Fran mit einer nngef&br erbsengroftsen , callSsen Fistel wnrde
am 1. October 1868 die Operation yollsogen nnd 6 Nftbte an-
gelegt Die Kranke bekam tftgUeb bis sn 6 Oran Opinm.' Die
Sntnren wnrden am pennten Tage entfernt nnd naeb'^ier Wocben
kebrte die Frau gesund in ibre Heimatb surttck.
Die amerikaniscbe Metbode der Drabtsuturen hat gewiss
sebon 100 geheilte FJUle aufsnweisen.; welche der drei Methoden
die beste ist, muss erst weitere Erfahrung seigen. Die Schwierig-
keiten liegen wohl hauptsitchlieh in Folgendem : die genaue Seari-
fieation ist* sehr schwer; das Aneinanderliegen der Wundrilnder
sn der Seite der Blase ist nicht su eontroUren. Es kann femer
die CapaeitSt der Blase so sehr verringert, }a fast gftnelleh ge-^
sebwnnden sein» daes dies die Heilung unmöglich macht, ffeiberg
seigte, dass die Blase bisweilen nach der Fistel sn eine trichter-
förmige Anessckung bildet, so dass trots des einliegenden Katbeters '
ürinaasammlung su Stande kommt. Die beste Hülfe hierbei ist
die Baucfabige. Endlich bedingt in einigen Füllen die Verkürzung
der Scheide eine ungeheure Anspannung und hier ist «7b6er<*s
oäAT G. iSftsMHi's Metbode, unter Anwendung von Eisendrabt
gewiss sehr su beachten,
(Norsk Magasin for Laegevidenskaben, 1869, XIII., H. 11,
p. 1060 u. Ht 12, p. 1161.) ^ 0.
TffUr Smith: Ueber die Entstehung der Retroversio oder
Retroflexio uteri gravidi.
Kacb einer kursen Darstellung der Entwickelung der Lehre
▼on den LageverSnderungen der Oebftrmutter und der Ansichten
ftlterer und neuerer Autoren, besonders aber William üua^er's, er-
klÜrtVerf., dass des letsteren Meinung, wonach die Hauptursacbe
der Retrovession die Ausdehnung der Harnblase ist, falsch sei.
Durch eine genaue Beobachtung der Fülle, in denen der
rftckgebeugte Uterus geschwüngert wurde, habe er sieb über-
sesgt, dase die gewöhnliche Ursache der Rüekwürtsbeugung
in der Schwangerschaft nicbt im Zustande der Blase oder des
390 XXV. Kotinen ans der Jonnml- Literatur.
BdekenB, Bondem in dem Vorhandensein der Rückbengnng im
nlchtschwanj^eren Zustande au eueben sei. Das dlslocirte Organ
wKchst nach der Befruchtung in derselben Bichtung fdrt, a!l-
inälig entstehen die Erscheinungen des Druckes' auf die Blaae
und den Mastdarm, der Unterleib wölbt sich nicht, ee treten
Schmerzen im Kreuae ein, die consensuellen Schwangerschafto-
erscheinungen sind hftufig ausnehmend stark; durch die mecba-
*nische Reiaung des Uterus entsteht leicht Abortus. — Wenn
man die' genannte Entstehungsart der RfickwHrtsbengung kennt,
so wird man den Eintritt der durch sie bedingten gefähr-
lichen Zust&nde rerhttten können, was nicht der Fall, so lange
man die plötaliche und unerwartete Entstehung des Leidens
annimmt. Im Wochenbette' soll man danii dem WiedereintVitte
des Üebels rorbeugen durch Anordnung der Seitenlage, w'elehe
lange Zeit eingehalten werden muss, hSufige Entleerung des
Urins, Verhütung yon Retardation der Darmlintleerung; aeigt sieh
sp&ter noch eine Neigung des Uterus aar Dislocation, so muss
die Kranke ein Luftpessarium tragen.
(Aus der Obstetr. Society of London, Medioal Times,
17. NoTbr. 1860.)
CanftanUn Paul: Keue Fälle tou Einwirkung der Blei-
Vergiftung auf den Fötus.
Den früheren aahl reichen FSlIen Ober denselben Gegenstand
fagt P. awei neue hinzu.
1) Eine öOjilhrige Frau hatte, 'ehe sie in einer Buehdruokerei
beschäftigt war, eine jetzt SOjlhrige Tochter geboren, seitdem
sie sich mit dem Poliren der Typen beschäftigt, eine primäre
Bleivergiftung ohne Kolik und Lähmung sich sugesogen. In
der Zeit war sie sieben Mal schwanger, die sechs ersten Kinder
sind sämmtlich gegen den vierten Monat abortirt Nachdem sie
ein Jahr die Sohriftgiesserei verlassen, gebar sie einen aus-
getragenen Knaben, welcher nach 11 Monaten starb.
2) Eine 52jährige Frau litt sehr an den Bleizufällen, da sie
stets in einer Bleiatmosphäre lebte. Sie trat mit sieben Jahren
in eine Schriftgiesserei ein und wurde in derselben mit ver-
schiedenen Arbeiten beschäftigt. In ihrem 21. Jahre fingen die
Erscheinungen der Bleivergiftung an, sie hatte mehrere Koliken
und war lange leidend. Im SS. Jahre bekam sie Lähmung des
Strecker des rechten Vorderarmes und des linken Daumen und
Zeigefingers, welche zum Theil noch besteht. Häufig litt sie an
Qliederschmeraen. Die Menstruation war etwas un rege! massig,
aber doch wurde sie zwölf Mal sehwanger und jedes Mal abor-
tirte sie im 2. oder S. Monate. Seit 6 Monaten hat sie die
Menstruation verloren, aber weist noch immer die Spuren der
Bleikrankheit auf.
XXV. »otfMB «US d«r JounMl-LltMätar. S91
Btffde B«ob««lilaiig«ii «iod bemerk^Dswerth «ad erhShea Üt
Toa Paul geaammeltea F&Ue-, ia deaea Aborte die Folgfe der
Bleivergiftaag warea , aaf 89.
Bei 81 Praaea tratea Schwaagersobaftea eia, wShread sie
der Bleieiawirkaag aatgesetst warea; im Gaasea kamea 141
Sebwaagersehafkea ror vad roa dieeea eadetea 82 als Aborte,
4 als Frfthgebartea, 5 mit todtea Kiadera, 20 Kiader starbea im
erstea, 8 im aweitea, 7 im drittea Lebeasjabre. .
Naeh solcbea Erfahrnagea mass aotbweadig die fileiv^ergiftna^
als wicbtigre Sraakheit la Besag anf dea Eiatritt Toa Abortea
aad Tod des FStas aafgea&blt werdea aad die A erste habea die
Pflicht, die Mittel aaebzaweisea , darch welche solcher Schttd-
lidikeit mit Vortheil eatgegea gearbeitet werdea kSaae.
(Gai. des hdpit., Ko. 86, 1861.)
W^ndi: Ueber dea sogeaaaatea Prager Haadgriff.
Verf. wirft sieb sam Yertheidiger dieses so oft aad heftig
aagegriffeaea Haadgriffes aaf. Die Beschreibung desselbea ia
dea meistea Lehrbüchera sei aagenau. Beim Prager Haadgriff
erfasst maa mit der eiaea Haad die Füsse des Kindes aad seakt
sie nach abwärts, ohne dabei irgend welchea Zag aa denselben
aassafuhrea. Zwischea dea gespreiatea, hakenförmig gebogenen
Zeige- and Mittelfiager der anderen Hand nimmt maa sodann
▼om Rücken her dea Hals des Kiades aad zieht mit demselbea
das Kiad aa dea Schaltera so laage aach abwärts, bis das Hinter-
haapt ebea aafaagea will, aater dem Schambogea «sichtbar la
werdea. Alsdaaa erbebt maa ia rascher Bewegaag der aaderea
Haad die Fttsse des Kiades aad führt sie ia einem Bogea dem
üaterleibe der Matter entgegen, wodaroh ia dea meistea Fftllea
der Kopf des Kindes leicht über den Damm hervortritt. Erforder-
lich ist aa diesem Handgriff, dass der gerade Darchmesser
des Kopfes der Conjangata des mütterlichen Beckens parallel
rerlaafe. "Ein Abreissea des Kindeskopfes ist dabei nicht za
fürchten, wie die Versache des Verf. aa Kiadesleicbea zeigtea,
was aameatlich aa Lebeadea am so mehr Terhiadert wird, als
sich, sobald der Zug aa dea Sohnltera beginnt, die Halsmuskeln
eontrahiren, welcher Umstand auch insofern günstig für den Er-
folg der Operation einwirkt, als durch die Fizirung des Kopfes,
während der aächfolgenden Erhebung des Rumpfes., der Kopf
ohne besondere Dehnung und Biegung der Halswirbelsäule leicht
ober dea Damm hervorge wälzt wird. Auch bei 'tief stehendem
Kopfe, räth Verf. ror Einleitung der Rotation die Schultern des
Kindes aazaziehen, am die Halsmaskela desselben zur Reactioa
sa Teraalassea.
(Deatsche Kliaik, No. 44, 1860.)
892 XXV. Kotlae» ans der Jounal-Lttenior.
Lasmulkfff Aosfltovtiiii^ einet Tom Brnnpfe abgeriieeneii
and im Uteros larflckc^ebliebenen Kopfes.
Im vorliegenden Falle hatte die Hebamme bei einer anm
fünften Male Gebärenden die Wendung auf die Füsie mit nach-
folgender Extraction vorgenommen. Das Kind drehte sich beim
weiteren Dnrchtritte dnrch den Beckenkanal mit dem Banche
nach vorQ, der Unterkiefer blieb oberhalb der Scbambeind
hängen nnd der Kopf wurde, da mehrere Weiber eich in ihren
Bemühungen, das Kind herauszuziehen ablösten, endlich bis auf
eine etwa zwei Linien breite Hautfalte vom Rumpfe des Kindes
getrennt. (Nachdem ein Geburtshelfer gerufen, nnd sich ver*
geblich bemüht hatte, den Kopf mit der Zange zu fassen, wnrde
Verf. zu Rathe gezogen und fand bei seiner Ankunft den Unter-
kiefer in der Mitte zerbrochen, den übrigen Theil des Kopfes
sehr hoch stehend und von dem Uterus krampfhaft umschnürt.
Das Promontorium war leicht zu erreichen. Die Versuche des
Verf. den Kopf umzudrehen, gelangen nicht, eben so wenig hatte
die Perforation des rechten Schläfebeins bei Anwendung eines
durch die Bauchwandnngen ausgeübten Gegendruckes, Erfolg,
da die Wunde zu klein war. Da eine Kephalotribe nicht zur
Hand war, so musste die Austreibung des Kopfes der Natur
überlassen bleiben, welche denn auch die Geburt nach einigen
Stunden mit Schonung der Gesundheit des Weibes beendete.
(Wiener Medicinal- Halle, 1860, No. 8.)
Spencer WeXU: VielfiUherige Ovarienkyste:' dreimalige
Funktion, Ovariotomie, Adhäsionen mit der Leber,
vollständige Heilung.
Die 28jährige Frau hatte drei Mal, zuletzt vor 2y, Jahren,
lebende Kinder geboren und bemerkte seit dieser Zeit eine
Geschwulst im Unterleibe, die sich stetig bis zum März 1858
entwickelte. Die damals vorgenommene Punktion entlet^rte circa
18 Litres einer klaren serösen Flüssigkeit, musste jedoch, da
sich letztere bald wieder füllte, 6 Wochen später wiederholt
werden. Auch diese Punktion hatte keinen dauernden Erfolg
und Pat. drang selbst auf Radicaloperation. Dieselbe wurde am
11. August 1858 gemacht. Nachdem Pat., um nach der Operation
Erbrechen zu vermeiden, 2 Stunden vorher kleine Portionen Eis
erhalten hatte,, wurden unter Narkose (6 Theile Aether auf ein
Theil Chloroform) die Bauchdecken getrennt, und die bestehen-
den Adhäsionen, namentlich zwischen den kleineren Kysten und
der unteren Fläche der Leber und der Gallenblase, auf das Vor-
sichtigste getrennt. Der Stiel wurde in vier Abtheilungen anter-
ZX7. KoÜMa «HS dar JonniAl« Literatur. 888
^«id«B, daran jeda dia Diaka aiaat Fattgata baaäa« mid hiaralaliaod
laag^war, lun mit dao Wanditodartt Tereiiiigt wardan an kdiuiaa*
Latatara wvrdaii dttrah' Haaan^hartäiinadaln faaahloMaB «nd
twar ao, data die «alalrsta Nadel av^l^ob den Sfial der Kyala
Biitfaeata.
Dia Kjata wag 1 Pfand 6 ünaen, ihr Inhalt 89 Plbnd.
Dia daranf Zeigende Nacht schlief Fat. gnt nnd gab am
daranf folgenden Morgen an, rieh weniger matt 'an ffihlen, als
nach ihren NIederkfinfien. Da naoh dem OpSnm, welehea Pat. alle
S BtBttdeii granweiee an sieh nehmen mnsata, eiwai Breohneignng
entstand, so wnrde dasselbe dnreh ein ßnppositoriom Ton Hor-
phinm erseist* Drei Mal des Tages wnrde der Urin mit dem
Katheter abgenommen. Am 8. Tage seigte sich eine achnell Tor-
fibergehende DIarrbSe. Die Wnnde heilte per primam intentionem:
bis anm 8. Tage schwankte der Pnls awisehen 120 nnd 140 und
fiel dann schnell anf 100. Am 9. Tage, an welehem sieh Pat. ikn
Bette sitsend leicht beschüftigen konnte, aeigte sich der Rysten-
stiel fast rollsUndig mortifiotrt. Die KrXfte der Kranken kehrten
schnell snriick, so dass sie drei Wochen nach der Operation
geheilt ans dem Hospital entlassen wnrde. Sechs Monate nach
der Operation erfreute sie sieh noch , des besten Wohlseins. Die
Menses haben sich seit ihrer Entlassung nur ein Mal geseigt
nnd glanbt Fat., da anoh die Brüste roUer werden, schwanger
sn sein.
(Gaaetta des h8pitanx, No. 140, 1880.)
SpMewWdU: Oyariotomie; Heilong.
Die 19. Tom Verf. yollführte Exstirpatlon des Eierstocks ist
Im Angnsthefte der M. Times ▼eroffentlicht; yorliegender Fall
betrifft die 20. Operation. — Alter 63 Jahr«, 26 Jahre rerbeirathet,
Tor 24 Jahren ein Kind geboren, seitdem nicht. wieder. Anf-
b5ren der Menses vor drei Jahren. 1^52 begann an der rechten
Seite im Hjpogastrinm sich eine ABSchwellong sn seigen. In
letzter Zeit fing das Allgemeinbefinden an getrübt sn werden.
Umfang des Leibes In der Nabclgegend 51 Zoll, Entfen^mg Ton
der Sehamfnge snm Proc. ensiformis 81 Zoll. — Am 11. Mai 1860
Punktion, Entleerung von 66 Finten heller yiseider Flüssigkeit;
mehrere kleine Kysten in der Wand des Hanptaackes sn er-
kennen. Gegen Ende Septembers der Zustand fast der alte
wieder. Operation am 16. Ootober. Trots ausgedehnter und
fester Adbüaionen mit den Banohwandnngen wurde die ganse
Geschwulst doeh dnreh eine 4"' lange, mitten swischen Nabel
und Sehamfnge gemachte Oefinnng entfernt. Stiel an der rechten
Seite des ütems, lang. Linker Eierstock gesund. Vereinigung
894 XXV. NotUea «tis d»r Jounal-IilteAllir.
der Wsadfiiider eiateblienHch dos Bft«ehf#lls dardi tl^ffftfaesd«
Haf«n8eb»rtsftd«ki nad obarflKehlUh angelegt« DnbtBihte. Nsoh
Schlora der Wunde werd die Torher vm den Stiel gelegte Klamner
entfernt, necüdem nnteili«lb dereelben eine Ligatnr nm den Stiel
gefäbrt war. — Die Genesang erfolgte sebnell nnd ebne ZwiseheB-
fall; am 26. Hovenber sah Verf. die Pat. «detet nnd fttad sie
in jeder Hinsicht wohl.
Die Besnltate der Tom Verf. seit 18A8 geflbten Ovnriett«
ezstirpationen sind folgende:
12 Operationen in Spitalpraxis t 8 Heilöngen vod 4 TodealftUe,
8 „ ,, PriTatpraxis; 6 , ^ » «,
20 Operationen. 18 Heilangen and 7 TodeefKlte.
Berti cksiobtigt man, welcher Art die Kranken waren, an
denen operirt wnrde, so ist dies Ergebniss die beste Antwort
aaf die noch immer wieder gestellte Frage , „ob die OTariotomie
eine an reehtfertigende Operation sei.**
(Medic. Times, 1. Deobr. 1860.)
Lump$: Uterasfibroid (sabmacSses) mit Amennorrhoe.
Verf. warde von der 26jäbrigen gesnndea Fran an Bathege«
sogen, weil sie in ihrer Sjabrigen Ehe nnfraohtbar geUieben nad
bisher noch nie menstrairt hatte. Die Untersachang seifte ein
mannsfanstgroBses sabmncSses Uterasfibroid, welches in der hin-
teren Wand eingebettet and über welches die Tordere Wand wie
eine enganliegende Kapsel gespannt war. Die Taginalportion
war gani normal. Es war also hier das Uterasparenchjm in der
hinteren Wand völlig verdrängt , an der vorderen darch ex-
oentrische Zerrang atrophisch geworden and somit Amenorrhoe
and Sterilitftt die natürlichen Folgen. Interessant ist hierbei,
I dass die Fran nie eine Blatong. gehabt hat.
(Oesterreich. Zeitschrift f. Heilkande, No. 48, 1860.)
Otto V. Franque: Mittheilnngen aas der gebartshtilfliohen
Klinilc an Würsbarg.
Die Erkranknngen sogen sich in den ersten sechs Monaten
des Jahres (60) hin. Nie fehlten während der Epidemie, weiche
Ende April and Anfang Mai ihren Höhepankt erreichte, die für
die Blnterkrankang charakteristischen Zeichen. In den genannten
6 Monaten kamen 188 Oebarten vor: von den Wdehnerinnen
erkrankten 44 an Paerperalfieber, von diesen starben 14, eine
Wöchnerin starb an Pneamonie, 19 von dea Erkrankten wnrdea
transferirt, davott starben 7, die ttbrigea - wurden geheilt von
dort entlassen.
' XXV. Notiien ans derJonnial-LiterAtar. 395
XJnHt den 198 Geburten mnssteB 20 kflnstKeh beendet werden,
14 Ifffti nrH der Zun^ (1 Mal bei imebfelgendeni Kopfe), 4 Mal
wnrde die Wendung gemsMit nnd 9 Mal das-Kfnd an dem nnteren
Knmpfende eittrabirt. Von d^n 14 mit der Zange operirten Hfittem
erkrankten 6, ^on welcfien 8 der Krankheit erlagen. Von den
M€ttem, die dnrehWendnng entbunden worden waren, erkrankten
fwei , die eine davon selir leiclit , obgleich die Wendung eine
schwere war; die andere erlag der Krankheit, obgleich dih
Wendung, die bei dem swelten Zwillingfkittde bei vorliegendem
Kopfe gemacht wurde, sehr leicht war. Blutungen nach der
Oeburt des Kindes und der Placenta in Folge von mangelhafter
^ontraction des Uterus wurden nur selten beobachtet, häufiger
dagegen in Folge einer Verwachsung der Placenta mit der
üterussubstani (7 Fülle).
Auf die Kinder Sowohl im Uterus als auch nach der Oeburt
schien die heurige Epidemte faet gar keinen Einfiuss su haben.
14 Kinder wurden todt geboren, von deren Müttern nur 8 erkrankt
waren. Nach der Geburt starben 11 Rinder, von deren Müttern
8 erkrankt und 2 gestorben waren, ein VerhSUnise, welches sieh
deshalb so ungünstig herausstellt, weil die Kinder mutterlos auf-
gesogen werden mussten. 16 Kinder erkrankten (11 an Ophthalm.
neonat., 8 Mastitis, 2 Soor und Aphthen).
Der Charakter der Epidemie war von Anfang meist ein pyKmi-
scher, der im Verlaufe in den der Blntdissolntion überging; nur
ein Fallwar gleich beim Beginne als Blntdissolntion zu bezeichnen.
Die meisten Erkrankungen nahmen am 5. — 7. Tage nach
der Gcbnrt ihren Anfang, begannen mit mehr weniger heftigem
Schüttelfrost mit folgender Hitze nnd beschleunigtem Pulse. Der
Pols zeigte in, der henrigen Epidemie bed.eutende Schwankungen;
wShrend derselbe an einem Tage zwischen 180 — 140 Schläge in
der Minute hatte, sank er am folgenden auf 90 — 100 herab, um
dann wieder zur vorigen Höhe zu steigen. Dabei wiederholten
sich die Schüttelfröste häufig, so dass das ganze Krankheitsbild
eiAn intermittirenden Charakter annahm.
Der Verlauf der einzelnen Fälle war ein mehr schleichender,
die durchschnittliche Dauer der Krankheit betrug 20 — 44 Tage.
Die Therapie bestand hauptsächlich in Chinin mit Opium;
dabei waren Umschläge auf den Leib und bei heftigen Kopf-
erscheinungen Kälte auf den Kopf.
Vielfältig war das Ergebniss der verschiedenen Sectionen:
Eiterig -seröses Exsudat in der Bauchhöhle in verschiedener Menge
wurde bei allen Sectionen ausser zweien angetroffen; diphtherl-
tilches Exsudat oder Gangränescens der Cervical- und Uterus-
höhle bei allen Fällen, mit Ausnahme eines; Eiter in den Tuben
2 Mal, desgleichen missfarbiger Schleim; Ovarien vergrössert
und serös infiltrirt 8 Mal; Vereiterung des Zellgewebes um den
Uterus und im Becken 8 Mal, Eiter in den Venen des^Uterus und
996 Txn. Ufn.uu.
Plez. pampiniforiD. 2 Mal; Eiter in den Lymplii^eflefeii 1 Mal;
Eiter im KniegeUak 2 Mal; Thromben in den Yenen ^ Mal.
Die Milz war immer rergrösaert» ansgenommen 2 F&lle; Nephritti
parenehym. 2 Mal; Infarct der Nieren 2 Mal. Endoearditie nad
Diphtheritig mit Perforation dea Darmos je ein Fall.
Scbiiasslich war bei einem Falle naeb einem Abortna Im
fünften Monate eine Complication mit Morb. Bricht, nnd Oe-
achwülate in beiden Eieratöcken.
(Würabnrger medio. Zeitachrift, Bd. I., HeftY., 1860.)
XXVI.
Literatur.
Qnelquea conaid^ratlona pratiqnea aar lea aeoonche-
menta en Orient par le Dr. Paul Eram, m^deoin dea
bdpitanz de Oonatantinople. Paria, impr. p. B. Thunot &0.
1860. XVI. Q. 481 8. 8.
Wir erhalten in Toratehendem Werke einen intereaaanten
Beitrag über den Zaatand der Qebnrtabülfe im Orient, welchen
näher zn beachreiben der Verf. nm ao mehr berechtigt war, ala
er einen bleibenden Aufenthalt in Conatantinopel genommen,
daaelbat aeine medicinlachen Stadien darchgemacht, aaf Beiaen
and Feldztigen ala türkischer Arzt das Land hinlfinglich kennen
gelernt, dann noch in' Paria aich beaondera in der Gebartabülfe
aaagebildet, nnd in aein Land zarütikgekehrt aein Bach heraaa-
gegeben hat. Waa wir bis jetzt über die türkische Gebartabülfe
wassten, haben wir nur aas Brachstücken gelernt, ao ana einem
Aafsatze des Fürsten Dem, Mauroeordaio in Hufeland^a Joai^pal,
74. Bd., April 1832, and aas einer 1833 erschienenen Schrift Ton
Oppenheim über den Zastand der Heilknnst in der earopäiachen
and asiatischen Türkei. Nor wenig ist in diesen Arbeiten über
den Zastand der Gebartshülfe im Orient gesagt: daa Nähere aber
finden wir in JE^rom^a Schrift angegeben, ao daaa dieaelbe in
ihrem ersten Theile die Schilderang dea Faches darstellt, wie ea
heatigen Tages in jenen Landen wirklich ist, im zweiten Theile
aber lehrt, wie es eigentlich sein sollte. Der Verf. hat demnach
die Geschichte jer Medicin bei einzelnen Völkern aaf der einen
Seite, aaf der anderen die Wissenschaft selbst gefördert Wir wollen
im Folgenden den Inhalt des Baches in karzen Worten angeben:
Der Verf. betrachtet zaerat die Aerzte im Orient überhaupt:
ea wimmelt daaelbat Ton Pfaacbern aller Art, indem aowohl
XXWh Liften«»* 397
Mianer ali Weiber» weati sie erst In litfliere Jahre freien, flieh
mh den Cvriren «Her mSgliehen Krankheiten abgeben. Damnter
befindet eieh eine besondere Olaese von Chlrargen: diese Üben
aebea ihram Hauptfaohe, Lnxationen nnd Fractnren sn behandeln,
aoch Gebnrftshfilfe, ohne dabei ihr etwaniges Handwerk ^— es
sind Sehmiede, Sohlosser, Tischler n. s. w. -^ aafsngeben. Uebei>
haapft werden die Speeialititen im Orient weit getrieben; so be*
handelt eine gewisse Classe von Speeialisten Frauenkrankheiten ;
sie nennen sieh Gh^ingikgi; mit solcher 9pecialit&t geben sich
gewöhnlich alte Weiber ab, welche mit einer einsigen Arsnei,
einem rothen bittem 8afte , Hysterie , An&mie , Chlorose etc. be-
handeln. Bine andere Clasie yon Speeialisten bilden die Tom
Verf. genannten Medice - reHgionnaires. 6ie schreiben Zauber*
formein auf ein Blatt Papier, werfen dasselbe in ein Glas Wasser
and lassen dieses die Kranken trinken; oder sie Tcrbrennen das
heilige Papier und berftnchexn mit dem Dampfe die Kranken,
auch lassen sie wohl das Papier als Amulet auf der Brust tragen.
Da f&r jedes Leiden bestimmte Formeln angewendet werden, so
hat ein solcher Kranker wohl im Verlauf ron einigen Jahren
20 bis 30 solcher Wische um den Hals hingen. Nun fehlt es
freilich auch nicht an Aeraten, welche ihre Studien in Paris,
Deutschland oder Italien gemacht haben ; sie lassen sich besonders
in Constantittopel nieder, und in der That giebt es daselbst
mehr Aetite als Kranke. Die Vornehmeren der Nation wenden
steh aneh wohl an diese, befolgen ihre Verordnungen 5 bis 6 Tage,
nnd singen ihr Lob, wenn die Gar in dieser Frist gelingt. Ge-
lingt aber die Cur nicht, dann wird ein Specialist gerufen, der
mysteriöse Saft, das heilige Papier werden hinter dem Rficken
des Anrtes gebraucht, und findet nun der Kranke seine Genesung,
dann haben jene Pfoscher den Buhm, während im entgegen*
gesetiten Falle die Schuld doch dem ersteren Arzte sugescfarieben
wird. Es giebt dahet rerschiedene Categorien Ton Aersten:
1) die gebildeten, welche ein Diplom einer Facultät besitzen;
2) die ohne Diplom praoticiren, Fharmaceuten, Apotheker;
8) Plbscher beiderlei Geschlechts, Speeialisten; 4) die unschuldigste
Classe, die Zauberer. So war der Zustand der Medicin im Orient
in den Ter^angenen Jahrhunderten, so Ist er noch beutigen Tages.
Moeh schildert der Verf. die Apotheker nfther: auch diese pfuschen
mächtig mit, Terkaufen das elendeste Zeug um schweres Geld,
Pillen ron blossen Brodkrumen, gef&rbtes Wasser, präparirte
Begenwürmer u. s. w.
Nach dieser Schilderung der Medicin überhaupt gelangt nun
der Verf. su den Hebammen des Orients, deren traurige Unwissen-
heit und maasslose Dummheit er mit den grellsten Farben darstellt.
Mit wenigen Ausnahmen hat der grosste Theil dieser Weiber ein
nnehrbares Leben mit dem Stande einer Hebamme Tertauscht,
908 ?^VL liiteratv.
fo daM »in tttrkUeh^a Spriohwort sa^^t j«de Ff*«, fU« mit 4tr
Proatitation begoan AP , endet mit dem Stwide einer HeJbiun«!«»
Nebenbei treiben »ie Knppelgeachäfte, atiften Heiratben und laaeea
sich an allen mögUcben Dienaten gebjranchen. £a sind gawöhnlicJi
Türkinnen, Griechinnen nnd Armenierinnen; aie geben aehwajra
gekleidet nnd tragen als Zeichen ihrer Würde einen gr^rnnmi Stock
mit silbernem Knopfe, je höher der Bang, de«to dtoker. Sie
rennen stets eiligen Schrittes durch die Straaaan, sXb kftmea aie
überall an spät, sie benebeln Bescheidenheit, Deoens nnd Würd«!
aber: fronti nolla fides J ruft der Verf. mit Juv^nal ans. Ihr eratea
Geschäft, wenn sie au einer Gebärenden gerufen werden, ist -^
das Geschlecht des Kindes au bestimmen, welche« nach all
hippokratiacher Weise das Ausaehen der GeblUreoden heranssteUetf
soll« Zeuge der Wirksamkeit dieser Frauen hat Verf. nie aaia
können. Nur die traurigen Folgen einer solchen Hülfe laaa«n
erkennen, was geschehen; in schweren Fällen Tod des FöCnat
Riss der Gebärmutter, höchst acute Peritonitis, Eiterinfeolionea
und dergl. Glücklich, wenn die Frau nur eine Fistel, oder sonstige
mehr oder weniger bedeutende Leiden, aber doch noch das Leben
da^on getragen. Das Publikum klagt dabei nicht über die Un-
wissenheit der Hebammen, sondern nach acht türkifloher Weiae
über das Qee.ch^ck. Man beweint das Opfer, aber man kla^t di#
Mörderin nicht an, welche in ihrem ruchloscin Treiben weiter
fortwirken kann; man beklagt den Ehemann, welcher kein Glück
hatte, man tröstet ihn und sucht ihm eine neue Gattin ana, mit
welcher pr glücklich sein kann. £s wird freilich in manchen Fälle»
Ton Familien ein Arat an Geburten Teriangt, da aber im Orient
kein Mann die weiblichen Genitalien besehen oder berühren davf|
so lässt sich daraus schon ermessen, welche klägliche Bolle ci»
Arzt bei einer Gebärenden spielt. , £r bäng^ lediglich von der
Hebamme ab und da man gewöhnlich ihr die Wahl des Arataa
überläset, so kann man sich leicht denken, welchen Arat nie
herbeiruft: es ist ein solcher, der noch weniger von der Geburta^
hülfe Tersteht und daher eben so gut wegbleiben konnte; der
Verf. schildert die drolligen Scenen, welche sich aus einem solchen
Zusammensein bei einer Gebärenden entwickeln, und der Leaer
wird kaum entscheiden können, wem der Preis <jLer grössere«
Dummheit zuxuerkennen sei, dem Arate ofer der Hebamme«
Unendlich selten sind die Fälle, wo ein rerständiger Geburta-
helfer seine Kunst aussuüben hat: der Ve^rf» kannte einei^^ M^decjn
acconcheur**, welcher während seiner langen Praxis im Orienle
eine einiige Wendung gen^aeht hatte; die Operation hatte alle
Leute so in Erstaunen gesetat, dass sie ihn eeitdem für eine«
„Dien de Tobst^trique '^ ansehen.
Zur weiteren Erklärung, wie schon Ton Anfang an aA( alle
mögliche Weise gegen jede gesunde Vernunft nnd gegen alle
Kegeln einer gehörigen Diätetik im Oriente gesündigt wird, aetat
ZXYI. liitoffst». 889
4^ Ye«f. 41» Effaieh«a8iwM«e a«f Kiii4w n>B der 0«terc n
•m«ia«Bdftr. A«f d«« ipUttea I«M4e wird das Kiad alWdiaf«
▼•mialllgttr «rsogea; vob d«r wigsaeii Mnlter gsrthrt «ad «b-
^«hftitot ls«im M M«b lu«r %u tinaw loillifMiVBd gMuadtttMeiisekeii
hanabildeB. Ab« aadwi Wl •• in dea Btidtta. HUr wird Miort
•iae AsA« ai^witiaaiea, da dt« Mütter» am ibrer Sühoaheit
k«iaea Eiatrag aathaa, «i«h des 8elbttotillaat eetbaltea; dia
Wahl der Aauaa fibarainrnt — dar Vater, daai eiae soleba alcbt
jaac^y aiobft aehSa saaag aaia kaaa. Um aUa aaderaa Bigaaaobaftaa
ataar Aaiaia wird «iek aiabft bakfiauaert: weaa sia aar Jagaad
aad Scboabait baaitel nad dar Vater aeiaa Fraada aa ikr bat.
Dabai gaaiaaaC «ia Alias aaab aigaaam WoblgaftJlaB, aia wird
aicbt baaafsicbtigt^ teaabt sieb aassar dam Haasa mit dam Kiada
baram, was sia ia jadar Hiasicbt aaf ibcaa Spasiarglnfsa Tcr-
aaeblissigt, bis sia as wiadar ia das eafs Kiadaraimmar sariak-
hkiagt, daaa aaeb bier isl aiebi Ar das BtU gesaigt; aia kaum
aa lafteadaa aagas Gaaiaeb wird dar Amma. aad dam Kiada aa-
gawiasaa, wo dia Luft im boebstea Grade rarpaatol aad Im!
ifraspixabel fawordaa isl. Das Kiad wird dasa Toa Aaiuf aa
ia aaga Biadaa bis aa daa Kopf eiagawiekeli, so dass es dar
Praibait ssiaar GUedar giaalieb baraabt ist aad aiaar ftgTptisebaa
Jdaaiia glaiebt. l>aber Rbacbitis aad Scropbalsaebt. Ist dia
BtiUaagasait Torbai, walcbe nbrigeas oft sebr Isafe aasfsdebat
wird. so«arbält das Kiad festere Sp^ea: allela aaa Tortrigt
as diaaalbaa aiobt, es bekommt Toa aeaem die Brast, waK oft
aoek bei Kiadera Toa swai Jabrea aad darlber gesabiebt. 8iad
die Kiadar aaa wirkliek abgewöhat, so werdea sie eiaer Baaaa
ibargobaa, weloba sie dea gaasea Tag aaf ibraa Armaa berom-
■ebleppt, so daas dia Kiadar ibra eigeae Kraft aiebt ibea kSaaea:
das Kiad ist aia sokwiehliebaSy rbaebitiscbes, seropbalSses ge-
wordea; beim weibliebea GesaUeebte tretea daaa biamcbtlicb
der gasebleabtliebea Faaetioaea alle Folgaa aia, welobe aaf die
boToiatebeade Sebwaagerecbaft aad Gebart so einflassreicb sind,
die der Verf. weiter scbildart. Dasa kommen dann nocb .die
fribaa Baiiatbea, so dass maa Franea Toa 14 bis 16 Jsbrea
SBtrift, ja seihst diese Jahre blUt maa sam Heiratbaa aa wdt
seboa Torgaraokt aad Termäfalt sehr baaig die Töehter im 11. bis
IS. Jahre, wobei die VSaaer ▼iar Mal so alt siad, da im Orieat
eiaa wmbra Maaie herrseht, reebt jaage Midehen sn heiratbaa,
Ia walabam MissTarbilteissa dar Jahre daaa wieder die QneUe
f«a aas&gUobaa Naebtbaitea Uagt^ Wird die Fraa daaa schwaager,
sa Ist die ihr aalgedraageaa I«ebaasweise ebeafalU die sweek-
widrigste Taa dar Welt, aad es kann aiebt aaffisllen, weaa,
sasammanganommaa mit dam sebleebtea Hebammanwesea, der
Angaag dar Gebartea oft am sehr traariger ist.
Alle diese Umstäada babaa ann den Verf. bestimmt, im
sweitea Tboila seiaes Werkes eine Anleitong sa geben, wie aUe
400 XX^I- LHeratar.
die Gefahren nnd Leiden, welehe dem tob wengeren Weibe drohen
oder wirklich eingetreten sind, ea Terhfiten tind eweckmieeig na
behendein eind, nnd eo bildet der sweite Theil des Werices ein
Lehrbneh der Franenkrankheiten nnd Gebnrtshttile. In vier Ab-
schnitten erörtert der Verf. erstens Sterilitftt, Beekenabnonnitilen
nnd die vor der Schwangerschaft etwa varhandenen Krankheiten,
Phthisis, organische Hersleiden, Abdominaltnmoren, Hysterie nnd
£pilepsie. Der sweite Abschnitt handelt von den ZnfUllen nnd
Krankheiten der Sohwangern; der dritte Ton den regelwidrigen
Geburten und der vierte von der Behandhing des Wochenbettes.
Die Darstellnngen aller dieser Zostftnde entsprechen ftfoerall den
wissenschaftlichen Anforderungen und nehmen den Standpnnktf ein,
welchen die Wissenschaft unserer Zeit behauptet. Der Verf. hat
auch bei den einseinen Krankheiten nnd Dystokien die Verhältnisse
des Landes, wo er lebt, genau berfieksichtigt.
Die dritte Abtheilnng des Werkes mit der Ueberschiilt
» L'art des aecouohements appliqu^ en Orient^, enthttlt die Eegeln
nnd die Anweisung, wie im Orient allen den UebelstJlnden ab-
suhelfen sei. Hier giebt der Verf. suerst die ndthige Anleitung
jlber 4» Betragen und die Süsseren Verhaltnisse des Arstes selbst;
er bestimmt den passendsten Ansug desselben, einfaehes sohwarses
Kleid, als Hanptrequistt , sich das Vertrauen des Publikums an
erwerben, einen -^ Bart; surflckgesogenes Leben-, Nid&tbesneh
der Schauspiele, der Caf^s, der Promenaden; eine^ passende
Heivaih. Dann giebt der Verf. die nSthige Anleitung für die
physisehe und psychische Ersiehung der jungen Mftdchen, wobei
er noch einmal vif die Bhachitis lurüekkommt; eben so handelt
er Ton den besten Grundsfttsen, welche in Besug auf die Ver-
heirathung befolgt werden sollen, wobei er darauf dringt, dass
Jedes Mal ein Arst Torher consultirt werden sollte, ehe die
Heirath selbst eingegangen würde. Endlich giebt der Verf. noch
Segeln an, welehe während der Geburt nnd des Wochenbettes
■u beobachten sind, fiberall mit Berücksichtigung der im Orient
herrschenden naohtheiligen Sitten und Gebräuche.
Wir wellen aum Schluss dieser Anaeige nur wünschen, dass
das Buch des Verf. auch in dem Lande , für welches dasselbe
geschrieben, den beabsiehtigten Nutsen leiste, massen aber sehr
Bweifeln, dass bei den eingewurselten MissbrXuchen, bei der
Stabilität, wie diese im Oriente herrscht, so bald Abhülfe ein-
treten wird; es wird aber schon hinreichend sein, wenn sieh
diese Tor der Hand auch nur in einzelnen Fällen geltend maeht,
wosu freilich nicht die Aerste allein ihre Hand bieten künnen,
aondem auch der Staat durch die Einrichtung sweckmässtger
Hebammenanstalten und guter Lehrer an derselben, so wie durch
strengere Medioinalgesetse, als solche im Orient su herrschen
seheinen, das Seinige mit beitragen muss. T. S.
XXVIL
Betrachtungen über das Eindbettfleber.
Nadi Lehmann» ,,£apports de la coxamissio^ d'obst&riqae,
communiqa^ au cerde m^dical d'Amsterdam^^
Miti^etheiU
Ton
fidaard von Sleboid.
(Fortsetsang.)
Zweiter Artikel.
HoBoUgie der Pierperalproceaie.
Wenn man nach dem gegenwärtigen Stande der Wissen-
schaft einer Eintheilung der Puerperalprocesse die anatomischen
Befunde, wie es die Wiener Schule gethau» zu Grunde legt,
so kann man die verschieden^eu Puerperalprocesse in drei
Gruppen zerfallen lassen.
Die erste Gruppe umfasst die Puerperalprocesse mit
dem acutesten Verlaufe, ohne dass sich Localerscheinungen
in den Leichen auffinden lassen (Septicämie im hohen Grfide).
Man weiss, dass manche Puerperalprocesse in wenigen
Stunden oder Tagen mit dem Tode endigen können, nachdem
sie nur von Symptomen begleitet waren, welche eine wichtige
Veränderung des Nervenlebens, Lahmung des Nenrensystems
und allgemeine Dissolution des Blutes kund gaben. Nach
unserer Erfahrung sind das die seltensten Fälle. Ein gewaltiger
Sebüttelfrost, dem unmittelbar Symptome der Hirnreizung oder
der Lähmung folgen, bildet ein charakteristisches Zeichen; man
beobachtet dann eine allgemeine Aufregung und Delirium,
zuweilen sind damit tetanische Con?ulsionen verbunden, oder
es zagtysich unmittelbar darauf Somnolenz und Coma, Er-
scbeimmgent die imoier mit bedeutendem Dainiederliegeu der
M onalMohr. f. Q«butok. 1S61. Bd. XVn., Hft 9. 2^
402 XXYII. V. Sitboldy Betrachtungen über das Kindbettfieber.
y
Kräfte yergesellschaflet sind. Auch zeigen sich an verschiedenen
Stellen der Haut, besonders an den Extremitäten und an
der Sacrolumbar- Gegend zahlreiche schwarze oder blaue
Flecke von mehr oder weniger Ausdehnung. Das sind die
FällQ, welche sich manchmal während des Lebens durch ver-
breitete Hautröthe , durch das sogenannte Puerperal rScharladi
charakterisiren , und wobei man zuweilen im subcutanen Zell-
gewebe, in den Muskeln, an der vorderen Fläche des Thorax
und ah den oberen und unteren Gliedmaassen weit sich ver^ *
breitende Bhitextravasate findet. Mit Ansnabme von Lungen-
Hyperämie und Hypertrophie der Milz, die manchmal so
erweicht ist, dass sie in eine breiartig zerfliessende Masse
verwandelt ist, lässt die Section kein positives Zeichen finden.
Man entdeckt keine Spur von Localaffecti^nen. Die Wände
des Uterus sind sehr erschlafft, seine Höhle enthält schwarzes
Blut in flüssigem Zustande; im Innern seines Gewebes und
auf dem Peritonäum findet man zuweilen kleine ecdiymotiscbe
Stellen und eine missfarbige Flüssigkeit (Braun a. a. 0., p. 4dl).
Von festen Exsudaten und eiterähnlichem Gerinnsel u. dergl.
ist weder auf der inneren Gebärmutterflädie, noch in den
benachbarten Venen nnd Lyrapbgefässen, weder auf der inneren
noch äusseren Fläche des Peritonäalsackes irgend eine Spur.
Selche Fälle, in denen der Tod bei Wöchnerinnen so ptötzli<^
eintritt, rechnete man früher zur Apoplexia nervosa oder zur
Asphyxia idiopatbfica (Ohevallier), oder zur Syncope nach
Dubreüh; oder man dachte an das Eindringen von Luft in
die Herzhöhlen durch die Uterinvenen (LegalloiSy CKntock)y
an ausgebreitete filutcoagula im Herzen (Meiga), oder endlich
an die Obltteration der Arteria pulmonalis (Paget). Jetzt hat
man vollen Grund, die eigentliche Todesursache in der Sepflcämie
zu suchen, und man führt als Beweis au, dass das Blut
solcher Leichen kohlensaures Ammoniak enthält, welches die
Eigenschaft besitzt, die Blutkörperchen zu zersetzen und Faser-
stoff und Hämatin aufzalösoi, dass ausserdem hydrothionsaures
Ammoniak sich vorfindet; man führt an, dass die Bkitkörpercben
die Eigenschaft ^ verloren hab^n, an der Luft sich roth zu
fSrben, und dass das Blut dieser Lachen rasdi in Fäulniss
übergeht So verdienstlich übrigens auch die meisten Unter-
suchungen sind, so darf man doch nicht übersehen» daas
XXVII. r. 9Möld, Betrftchtiingfeii ab«r das Kindbeitfieber. 403
noch keinen directen Beweis für die Septicdmie, d. h.
lür die faule Gähnmg des in den Gefassen circuKrenden
Blutes gefunden. So schwer es ist, für aJle diese Modificationen
den Beweis zu Ähren, so kann man doch so lange an die
Glattbwördigkeit derselben denken, als die wahre Natur der
Blstcrase nodi in tiefes Dunkel gehüllt ist.
Die zweite Gruppe schliesst die Puerperalprocesse mit
acutem Voliiufe in sich, bei welchen deutliche Symptome
der LocaKsation der Krankheit auf der Inneren FiSche der
Gebärmutter, in den Venen und Lymphgefössen dieses Organs
und der Nachbargebilde, in der PeritonäaMhIe und in den
fon dieser Membran bekleideten Organen sich befinden.
Die MHchen Symptome, welche sich am häufigsten auf
der inneren Flficbe der Gebfirmutter zeigen, sind die einer
Endometritis. Diese krankhaften Verwunderungen bilden keines-
wegs das Wesen der Piierperalprocesse , denn sie fehlen oft
ganz, wo die Fille mit dem Tode endigen. Die Endometritis,
welche ein bald rascher, bald langsamer schmelzendes Exsudat
begleitet, ist als Localisation der puerperalen Blutzersetzung
oder als primäre Erkrankung anzusehen. Das Exsudat, welches
auf die eine oder andere Weise sich bildet, verwandelt sich
rasch in Eiter oder Jauche, und zerstört so mehr oder weniger
die unterliegende Mnskelschicht des Uterus. Die Gebärmutter
zeigt sich in Folge der Paralyse der Musk^bem oft noch
sehr ausgedehnt; ihr Gewebe ist weich und die RüdibUdung
erfolgt unToKkommen. Die pathologische Diagnose der Endo*
metritis bietet jedes Mal Schwierigkeiten dar, weil man die
Produde der Entzündung von den Lochial-Secretionen schwer
ontersdieiden kann, da sie sich physisch und anatomisch sehr
ähnlich sind. Endometritis mit lldssiger plastischer Lymphe
ist daher von anatomischer Seite her nicht zu diagnosticiren^
und man kann nur dann auf ihr Vorhandensein schliessen, wenn
Exsudate und Eiter in grösseren Massen ausgeschieden werden.
Nach verschiedenen Modificationen, nach Consistenz und Fari)e
des Exsudats, nach der Ausdehnung des entzündfichen Pro-
cesses bat man nach dem Vorgange von RokitofMky und
KiwUek Endometritis catarriialis, Uterinaroup (Endom. plastica)
Wäi Dtorinrobr (Endom. dysenteriea) angenommen, und um
den höchsten Grad der Krankheit zu bezeichnen, wobei die
26*
404 ZXVII. «.^ta^olil, Betrachtangen über das Kiadbettfiober.
Innenfläche der Gebärmutter eine Art Brei von sdnnutzig-
bläulieber Farbe darbietet, batte man den Ausdruck Putrescentia
uteri nach Boer beibehalten.
Heutigen Tage» legt man auf alle diese Formen nicht
so vielWertb mehr, Mit Engel gezeigt hat, dass die grösste
Zahl der Fälle nur Leichenerscheinungen sind. Die Endo»
metritis kann nur (hircb die ExsudaUnassen auf der inneren
Fläche des Uterus und durch eine grosse Menge von Eiter
erkannt werden. Allein diese pathologischen Producte gestatten
so wenig wie ihre verschiedenartige Färbung während des
Lebens über Grad, Form und Verlauf einer Endometritis ein
Unheil 2u fallen. Bei gunstigem Verlaufe endet die Krankheit
mit Genesung, ohne dass ein anderes Organ sieh daran be-
theiligt; die einzige Complication ist, dass sich häufig Vaginal*
geschwüre zeigen. Diese Geschwüre, Puerperal- Ulcerationen
genannt, haben ihren Sitz zu beiden Seiten und oberhalb des
Scheideneinganges, zur Seite der unteren Conimissur der Scham-
lippen, seltener triill man sie an einer höheren Stelle oder am
Scheidengewülbe. Sie sind gewöhnlich die Folge von kicbteo
Zerrungen während der Geburt; sonst kann man sie wohl
auch mit einer Blutinfiltration in Zusammenhang bringen,
welche durch Druck des vorliegenden Kindestheils während
der Geburt entstanden ist, und in manchen Fällen sind sie
Folge von diphtberitischer secundärer Entzündung der Scheide;
der Grun<l dieser Geschwüre ist häufig mit bräunlichen Membranen
von üblem Aussehen bedeckt und das Secret ist oft eiterig,
seltener ichorös. Sie bewii*ken ödematöse Anschwellungen der
grossen und kleinen Schamlippen und haben unter gewissen
Umständen eine bedeutende Ausdehnung und Tiefe. Nur
ausnahmsweise bewirken sie Verengerung oder Verschliessung
(Atresie) der Scheide und äusseren Scfaamthejle, Perforation
der Urethra oder des Rectums. Wenn die Krankheit einen
höheren Grad von Intensität annimmt, so breitet sich die
Entzündung auf das Peritonäum aus. Unter den Nachbar^
Organen werden am öftesten Schamlippen und Scheide mit
befallen, aber die Entzündung kann sich auch auf die Urethra
und Harnblase fortpflanzen. Die Puerperalratzündung der
Tuben (Metrosalpingitis nach Jörg) kann anatomiseh nur
durch Vorhandene Abscesse und Exsudate erkannt werden.
XXVlI. «.i9Mo?i, Betrachttingeii über das Kindbettfieber. 405
In einer dunklen Färbung, besonders der Tuben und ihrer
Franzen kann nie eine Entzöndungserscheinung gesucht werden,
denn das weiche und lockere Bindegewebe, weiches die Tuben
unigtebt, und der Bau des Morsus diaboli begünstigen das
Aoftrelen von Leichenförbung ungemein. Die Entzündung der
Tuben hat nur eine untergeordnete Rolle, sie ist im Allgemeinen
secundär und hängt von der Ausdehnung der Endometritis ab,
aber sie kann zu Obliterationen, Verengerungen u. s. w. Ver-
anlafisnng geben, welche später ihre schädlichen Folgen äussern.
Vom praktischen Standpunkte aus betrachtet ist die Entzündung
der Seheide von grosser Wieb tigkeit, weil sie ihrem Charakter
nach mit der Endometritis zusammenhängt. Doch ist das
nicht immer direot der Fall; sie zeigt sich aber oft zu gleicher
Zeit und unter dem Einflüsse von Ursachen derselben Art
Die EntBOndmig der Schleimhaut der Harnblase beschränkt
sich gewöhnlich auf einen einfachen Catarrh und ist oft primär,
hervorgerufen durch den Druck auf die Blase während det
Geburt. Zuweilen entwickelt sich in" der Nähe der äussere
Geschlechtstheile m Folge der scharfen Beschaffenheit der
Lochien auf der Haut ein Erythem, das gewöhnlich nichts
zu bedeuten hat; zuweilen bildet sich aber doch ein diphtheri-
tiscber Zustand aus, der mit Ulc^ation endigt und phagedänische
Geschwüre zurücklässt
Man erkennt die Endometritis an Schmerz und unvoU^
kommener Rückbildung des Uterus, an Unterdrückung der
Lochien, an pathologischen Veränderungen und Puerperal-
geschwüren der Scheide, welche man in der Mehrzahl der
Fälle antrifll; endlich an den allgemeinen Fieberersoheinungen,
weic^ nie fehlen. Im Allgemeinen ist der Uterus bei der
Endometritis nicht «ehr schmerzhaft, aber äusserer Druck und
innere Untersuchung erregen schmerzhafte Zusammenziehüngen.
Wenn die Wöchnerinnen strenge Ruhe beobachten, so erstreckt
lieh dieses schmerzhafte Gefühl nicht über die obere Bauch-
gegend. Der Uterus bleibt in Folge der Lähmung seines
Muskelgewebes und der Anhäufung von flössigem Exsudate
in seiner HöUe in bedeutender Ausdehnung befangen, daher
derselbe weich und breiartig sich anfühlen lässt Die Lochien
and einige Zeit lang unterdrückt, an ihre Stelle tritt aber
oft bedeutender Ausfluss reichlicher purulenter Massen von
406 XXVII. «. SMMt Betraebtangen über das Ki&dbettileber.
öblem Gerüche und Ansehoi. Bis jetet hat das Mikroskop
noch keinen Unterschied zwischen den physiologischen und
pathologischen Lochien entdecken können.
In zweiter Reihe zeigen sich die örtlichen Erscheimmgen
des Puerperalprocesses in den Venen und Lyniphgeiassen des
Uterus und der benachbarten Theilel Man weise, daas während
des normalen Verlaufs des Wochenbettes sich Blutgerinnungen
in den Venen derjenigen Stelle, wo die Placenta gesessen,
bilden, und dass dadurch die gewöbnlidie Blutung gestilU wird-,
auch andere Venen fiUlen sich wohl mit solchen BhitpCröpfeo,
was weiter keine öblen Folgen nach sich zieht. Hat aber
dieses Blut, welches sich ausser der Circulalion befindet und
sich in Form von Pfropfen (Thrombi) angesammelt hat, die
Fähigkdt, sich zu zersetzen, so bilden sich durch AnhluiiHig
neue Gerinnsel, welche sich auf die Venen dar breiten Mutter*
btoder, in die Vena spermatica interna, in die Beckenvenen,
Vena cara ascendens, in die Cruralyenen erstrecken. Aber
nicht immer verfolgen diese Thrombi ihren regelmftsaigea
Verlauf, sie bleiben zuweilen unter sich in innigster Verbindung;
zuweilen bilden sie sich auch von selbst (durch Inopetie) an
Stellen, die ymn Uterus weit entfernt sind, in den Venen des
Gehirns, in der Vena ca?a descendens, in den Sinus da*
Dura mater, der Vena jugularis, was Alles auf eine aligefiMiaB
und keineswegs örtliche Ursache scfaliessen läset Das Ge-
rinnsel zeigt sich dem frischen Blutgerinnsel ähnlich, indem
es einen mit der GefSsswand zusammenhängenden Strang
darstellt und zuweilen ^ter in seinem Centrum eine eiterige
Zerfliessung eingeht Wenn das Blut der Wöcbnerimien gesund
ist, so zersetzt es sich nicht, aber der Puerperalthrombus
organisirt sich, schrumpft ein und verwandelt sich in Binde-
gewebe, in welchem sidi neue Gefiisse entwickeb, wodurch
die Venen auf verschiedene Weise verstopft werden, so daas
zuletzt ein bandartiger Strang entsteht Ist das Blut einer
Wöchnerin dagegen krank, oder haben deletäre Stoffe auf
die zerrissenen Venenmündungen eingewirkt, so bikiet sich
im Puerperalthrombus eine jauchige Zersetzung, welche die
innere Gefässhaut erwdcht und eine entzündliche Infiltration
der äusseren Gefasshaut mit ihren verschiedenen Folgen, also
eine secundäre Phlebitis bewirkt Diese von Virchüw^ JEwtedk
XXyil. V. SMold, Betrachtungen über das Eindbettfieber. 407
uod Scanzani verfocbtene Meinung, wonach die Zersetzung
des Puerperalüirombus das primäre, die Entzündung der Venen-
wände aber das secundäre bildet, scheint richtiger zu sein,
als die. frohere, nach welcher eine primäre Phlebitis als Quelle
der Blutvergiftung für den Puerperalprocess angenommen
wurde. Es ist als seltene Ausnahme anzusehen, wenn im
Gegentheil primäre Phlebitis mit secundärer Thrombusbildung
aufzutreten scheint (VirchoWy Handbuch der spec. Pathologie
u. Therapie, 6. Bd., 2. AbtL, 2« H., p. 285). Es hängen
daher d^e wichtigsten Folgen der Thrombi besonders von der
Metamorphose der Blutgerinnsd ab. Ihr eiteriger und jauchiger
j^edall führt eine septische Vergiftung des Blutes herbei und
so entstehen die sogenannten metastatischen Entzündungen
der Schleimhäute und der Haut, so wie die umschriebenen
Eiterablagerungen an verschiedenen Stellen. Wenn auch nodi
nicht mit völliger Bestimmtheit nachgewiesen ist, dass zwischen
Endometritis und der Bildung von Emboli und Eiter in den
Venen und Lymphgefassen ein directer Zusammenhang besteht,
so kann man doch mit grosser Wahrscheinlichkeit annehmen,
dass die unvollkommene Zusammenziehung der Gebärmutter
und die eigenthümhche Qualität des Blutes die wichtigste
Ursache der Thrombose sind und dass sicher diese Blut-
umänderung und der Umstand, dass die Emboli mit dem
eiterigen und jauchigen Exsudate der Entzündung in Berührung
kommen, vorzugsweise die eiterige und ichoröse Zersetzung
der Blutgerinnsel begünstigen. Endlich behaupten wir, auf
unsere Erfahrung gestützt, dass zuweilen und dann unabhängig
von der primären Thrombose der Uterinvenen bei der Endo-
melritis eine faulige Infection des Blutes dadurch allein sich
büden könne, dass die deletären Hesidua der Decidua, welche
in der Uterinhöhle mit den ichorösen Lochien sich befinden,
in die klatfenden Venen am Placentensitze übergehen und
dann weiter in die entfernteren Gefässe geführt werden. Nach
unserer Erfahrung ist in vielen Fällen gerade die Stelle, wo
die Placenta gesessen hat, der Ausgangspunkt der Krankheit,
weil wir hier so häufig Eiter in den Venen gefunden haben.
Bei der Puerperal-Endometritis zeigen sich die Lymph-
geJSsse der Gebärmutter oft sehr erweitert und mit Eiter an-
gefüllt, während man sie im Normalzustande mit unbewaffnetem
408 XXVIl. V. Siebold, Betraobtnngen über das Kindbettfieber.
Auge Dicht sieht; wir haben sie auch mehrmals beobachtet
an der hinteren Wand des Gnmdes der GebUnputter, in der
NShe der Tuben, unter dem Peritonäum, wo sie sich wie
grosse gelbliche Strfinge von dem Umfange emes Gänsekiels
gleich Guirlanden dem Auge darstellten, und in ihrem Ver-
laufe kleine Eiteransammlungen zeigten. Auf diese Metro-
Lymphangitis hat H. Meckel vor einigen Jahren die Auf-
merksamkeit von Neuem gelenkt und seinen Untersuchungen
ist es zu danken, dass man verschiedene Grade und Formen
angenommen hat Wenn die Lymphangitis in hohem Grade
besteht, so erscheinen, nachdem man das Peritonäum ab-
präparirt, die Lymphgeßsse längs der Arter. und Yeni
sperm. intern, bis dahin, wo sie sich oberhalb der Lnmbar*
Lymphdrüsen in zuführende GefSisse theilen, dick wie Gänse-
kiele und mit Eiter angefüllt; auch die letzteren Gefässe sind
noch mit Eiter angefüllt, während die Drüsen nur vergrössert,
erweidit und von weisslidier Farbe sind ; jenseits der Drüsen
findet sich in den zufahrenden Gelassen kein Eiter mehr.
Abwärts nehmen diese LymphgefSsse längs der breiten Mutter-
bänder stets emen gewundenen Lauf an, sind aber durch das
weiche Zellgewebe bis zum Uterus leicht zu verfolgen, in
dessen Umgebung sie ausgedehnter sind und bald kleinere
bald grössere Eiterhöhlen bilden. Die Lymphangitis uterina,
erstreckt sich nicht auf andere Gegenden, nicht einmal auf
die Lympbgefässe der Arter. hypogastr., aber sie ist oft von
einer Vereiterung des Parenchyms im Grunde der Gebärmutter
und im Beckenzellgewebe begleitet. Sie beginnt immer in
den Ulcerationen des Mutterhalses und pflanzt sich nach dem
Uternsgrunde fort, eine immer grössere Ausdehnung annehmend,
vne wir auch in zwei Fällen gesehen haben. Meckel sucht
die Entstehung dieser Metro -Lymphangitis durch die Resorption
von deletären Stoffe, welche sich durch Puerperal -Ulcerationen
als durch vergiftete Wunden gebildet haben, zu erklären, und
ist der Meinung, dass diese Lymphangitis geradezu den
wesentlichen Charakter eines bösartigen Wochenflebers bilde,
während die Phlebitis von ihm für unwesentlich und mehr
zufällig gehalten wird. Nach ihm ist demnach die Cervical-
und Vaginalportion, welche immer entzündet ist, als der
Ausgangspunkt des bösartigen Wochenfiebers anzusehen, weil
XXTII. V, Sishöldf Betraehtongen über das RiDdbettfiebflr. 409
rieh im dieser Stelle stets die LymphangitiB entwickelt. (S. Das
bösart Wocfaenfieber. In den Annalen des Berliner Cbarite-
Krankenh., 5. Jahrg., 1854, S. 290). Wir mdssen daza
bemerken, dass wir bSufig kleine Eiterablagerungen oder
Uicerationen in der NHhe des Muttermundes beobachtet haben, ^
ohne dass wir die mindeste Spur von Lymphangitis entdecken
konnten. Die neuesten Untersuchungen von Engel und Braun
haben ebenfalls gelehrt, dass man .die angenommene Lymphangitis
als Entzändung des die Lympfageßsse umgebenden Bindegewebes
anseilen muss, welche in Folge der durch die Verstoprnng
der Lymphdrüsen bewirkten Stauung und durch Qbermässtge
Aasdehnung der Lymphgefasse entstanden ist. Nach Braun^^
Ansieht würde die Füllung der Lyrophgeßsse ein physiologischer
Zustand der Wöchnerin sein nnd man müsste eine primAre
Lymphangitis puerperalis in Zweifel ziehen, weil die Lymphe
viel wahrscheinlicher coagtiKren müsste und die Zersetzung
des Gerninsels eme secundäre Schmelzung der Gefässwandungen
herfomifen könne; da es aber auch unzweifelhaft ist, dass
Eiter ans dem Peritonaealcävum und dem Uterus von den
LymphgefSssen in grosser Menge aufgenommen werden kanrf,
ohne dass die innere OberflAcbe derselben oder ihr um-
hüllendes Bindegewebe entzündet waren, so ist es nach Braun*^
Meinung nicht möglich, die Ansammlung von Eiter ni den
Lymphgefassen als Ursache der Puerperalprocesse anzunehmen.
(A. a. 0., p. 504.) Es müssen daher nach dieser Ansicht,
die mit der MeekeTschm in directem Widerspruche steht,
die Symptome, welche die Lymphgefösse darbieten, nur unter
dem Gesichtspunkte von zußlligen Erscheinungen oder secnndär
als Folgen der Puerperalprocesse betrachtet werden.
Was die Erscheinungen betrifft, welche eine Metrophlebitis
oder Lymphangitis puerp. begleiten, so sind von diesen für
die klinische Diagnose als die vorzüglichsten hervorzuheben:
ein typhus§hnlicher Verlauf des ganzen Processes, wiederholte
Pieberanf^Qe mit Frösten, ein sogen, pemiciöses Wechselfieber
mit vagem Typus, Phlegmasia dolens und metastatische Abscesse.
Wenn man auch nach 8canzoni diesen Symptomen eine ganz
positive Sicherheit nicht zuschreiben kann, so haben sie doch
eine wichtige praktische Bedeutung und zeigen in jedem FaHe
eine grosse Sttamg im Bhitleben an.
410 XX vir. V, Siebold, BetrachtangeD über das Kfndbettfieber.
Die Localphaoomene des puerperalen Processes zeig«i
sich in dritter Reibe im Peritondalcavam und in den mit dem
Peritonäum bekleideten Organen.
Periton&ales Exsndat gehört zu den häufigsten und zu-
verifissigsten Zeichen, obgleich dasselbe nicht ioimer dei
puerperalen Process begleitet Bei der Eröffnung der Bauch-
höhle fallen die durch Gas aufgetriebenen Gedärme und ein
mehr oder weniger rächliches Exsudat auf, dessen Beschaffen-
heit sehr yerschieden, bald mehr oder weniger dick, bald
flüssig, von sei'öser, eiteriger oder jauchiger Beschafleidieii,
?on gelbgrünhcher, brauner oder rother Farbe ist Lagen
von verschiedeneF Farbe bedecken das Peritonäiun und liMu»
einzdne DarmschUngen aneinander. Zuweilen scheidet sich das
Exsudat in Serum und coagulirten Faserstoff, der gleichsam
aus dem Serum niedergeschlagen ist und gewöhnlich die
Oberfläche der Leber und Milz bedeckt In anderen .Fällen
sammelt sich das Exsudat an den tieferen Steileo der Leiche
und findet sich dann gewöhnlich in dem Douglas'sdmi Baume.
Das Bauchfell zeigt im Allgemeinen um so weniger entzuad-
liche Färbung, in je grösserer Menge das Exsudat zugegen
ist und je mehr Fibrinflocken zu sehen sind.
Die Peritonitis erstreckt sich bekanntlich über alle Theile
des Peritonäums oder beschränkt sich auf den Theil dieser
Membran, welcher die Gebärmutter aberzieht, und auf einige
Darmschlingen, so wie auf einen Theil des Blattes der inneren
Bauchwandung, die sogen. Perimetritis. Hat die Entzündung
das ganze Peritonäum ergriffen, so zeigt sich der Theil,
welcher den Uterus bedecku am intensivsten entzündet, was
man an der stärkeren Gefass-liyection dieses Tbeils erkennt
Bei der beschränkten Entzündung oder der Perimetritis sammeln
sich die flussigen Exsudate in den tiefen Buchtungen des
Peritonäalsackes und liegen hier frei wie in einer Tasche,
weil durch die Verklebung der benachbarten Darmschlingen
siel) hier begrenzte Bäume bilden, wo sich die Exsudate an-
sammeln können, und dann sogen, abgesackte Exsudate oder
Peritonäalabscesse bilden. Das Exsudat dringt aber nicht
immer in das Peritonäalcavum ein, sondern es sammelt sich
in Folge von Infiltration des subserösen Bindegewebes ausser-
halb desselben zwischen dem Peritonium und den angnmzenden
XXYII. t.SMold, BetraohtungeA übar das Kindbettüeber. 411
Gebilden an und biidel so die retro- oder extra -perkonfiden
Exsudate, wetebe «ch tbeilweise organisiren oder sieb err
weicben, aber aticb zum Theil resorptioasfähig werden. Die
abgesaekiMi Exsudate, sowobl die innerbalb als ausserbalb
des PeritoBiums liegen, en^eicben leicht eine . grosee Aus-
dehnung, weil die puerperalen Entzündungen im AUgemeineB
ein belräcbtticbes Exsudat setzen. Was ibren Sitz anlangt,
so finden »ich die intraperitonftalen i»itweder im Dott^Zas'scben
Räume, oder zwischen Uterus und Harnblase, oder an den
Seitenwaadnngen des Beckens, oder sie fällen die BeokenbäUe
ganz aus, so dass der Uterus von allen Seiten davon um-
geben wird; die hintere Wand dieser Absaoknngen ist oft
durch anklebende Sofalingen der dünnen Gedärme gebildet
Die extraperitenäalen Exsudate haben ihren Sitz entweder
zwisdien den beiden Platten der breiten Mutterbander oder
auf dem Musculus JKacus internus, oder aitf dem Boden des
Beckens, oder endlich zwischen den Baucbmuskeki und dem
Feritonaum. Die Intraperitonäal- Exsudate können xiemlich
iange Zeit existiren, ohne andere Erscheinungen als voräber-
gehende Fieberanfalle berbeizuführen; sie können alknäüg durch
Resorption mit Hinterlassung von widematurbchen Verbindungen
durch Pseudomembranen versch winden, wie wir selbst einen
Fall kennen, in welchem nach mehreren Monaten die ganze
vordere Gebarmutterfläche mit der Bauchwand verwachsen
war, oder es ktan«! sich Abscesse bilden. Der Eiter bahnt
sieh dann durch die Gedärme, die Harnblase oder die Scheide,
durch das Hypogastrium, die Lumbar- oder Gesässgegend einen
Weg nach aussen. — Die Extraperitonäal-Exsudale j^den
gewöbidicb nach kürzerer Zeit einen Beckenabscess, welcher
«ch oft in der Inguinalgegend oder am Schenkel unterhalb
des Potfparfschen Bandes, oder in der Lumbar- oder Gesäss-
gegend, in d^ Seheide öffnet; oder wenn sich der Abscess
sn der vorderen Bauchwand befindet, entleert sich der Eiter
durch den Nabel, wie wir solchen Fall bei zwei Frauen zu
gleicher Zeit beobachtet haben, die glücklich genasen»
• Das peritonaale Exsudat erstreckt sich audi nicht selten
airf die Oyarien, wo es aber nicht leicht ist, den physiologischen
Zustand von dem pathologischen zu unterscheiden« Eine
Entzündung des Strome und der serösen Hülle der Ovarien,
412 XXVII. V. 8i§bofdy BetrachtfiTt^PD ftb«r Am Rindbettieber.
Oophoritis, giebt sieb anatomisch nach Braun ^ nur durch di«
Gegenwart von festen, eiterigen oder foserstoffigen ProducleB
zu erkennen, und in diesem Sinne kann man die Einthaiung
▼on Kitoisch m Oophoritis peritonaealis, parenchymatosa und
foUiculosa annehmen. Klinisch ist die Diagnose der Oophoritis
puerperalis unsicher und kann nicht von einer umschnebenen
Peritonitis unterschieden werden. Man betrachtete bisbeT &8t
ausschliesslich die faserstoffigen und albuniinösen im Peritonäai»
ca?um gefundenen Massen der an Puerperalprocessen Ge*
slorbenen nur als Entzöndungsproducte des Periten&ums. ffmh
erklärte zuerst diesen anatomiflchen Befund in d^ Failen, in
welchen das Peritonäum intact, glatt, nuht injicirt ist, durch
eme puerperale Lympbgefilss-Insufficienz und Verstopfung der
Lymphdrüsen mit Blut oder Etterkörperchen. Solcher Deutung
sind besonders jene Fälle ßihig, in welchen man einaehie
Darmscblingen zusammenklebend und das Peritonäum der
Beckenorgane ganz n<H*mai und glatt ohne dentritiache Gefasa-
injectionen antrifil, während die Lymphgefasse des Plexus
jiorticus und renalis mit dicker gelblicher Flässigkeit voll«-
gepfiropft sind. Somit sind die FaserstolllgerinnungeD im
PeritonäalcaTum ^^rs gleichsam als «in Niederschlag auf die
Oberfläche der Gedärme und nicht immer als das Product
einer Peritonitis anzusehen. (Braun a. a. 0., p. 508.)
Was die pathologischen Veränderungen der anderen Bauch*-
«ingeweide betriflt, so ^nd Leber, Milz und das Zwerchfell
durch die Exsudate in der Bauchhdhle und durch den para-
lytischen mit stinkenden Gasen gefüllten Magen und Gedärme
in die Brusthöhle hinaufgedrängt. Die Leber erscheint im
Schnitte muskatnussähnlich, was wabrsdieinlich von der Blut*
stase herrührt, die von der während der Sehwangerschafl
ausgedehnten Gebärmutter in der Vena cava, den Leberveneo,
und im Pfortadersysteroe , oder von cadaveroaen Stauungen
bewirkt wird. Die Milz ist sehr häufig angeschwollen ufld
zwei bis drei Mal grösser als gewöhnlieh; zuweilen ist sie
auch durch das Exsudat der Bauchhöhle comprimirt, was
aber eben so gut von einer Blutstase oder von Septicämie
herrühren kann. Die Nieren sind gewöhnlich Mass und
anämisch, oder sie zeigen jene eigenthümlieh^ Entartung, wie
sie bei Morb. Bright gefunden wird.
XXVII. 9. SitbM, Batraohtiiageii äibw das Kiadbettfieber. 413
Die ErsdieiiHiBgen ia der Brusthöhle mAsseo als mehr
lofiHige, weniger tnr charakierislasche angesehen werden. Die
oberen Lappen der Lungen sind zuweilen ödeoiatös,- die
unteren dureh reicUichen Biutiii^t ausgeseichnet; das Hers
ist weieh und schlaff. Zuweilen findet man in Pleura und
Pmcardioin Exsudat Das Gehirn bietet selten pathologische
Veränderung^ dar.
Die Peritonitis tritt in den ersten Tagen nach der Geburt
auf und ist entweder primär oder secundär. Die ersten
Symptome f an welchen man sie erkennt, sind Schmerzen,
besonders in der Uteringegend und Fieber. Im Anfange
koanen die Schmerzen sehr gering sein und werden nur
durch äusseren Druck auf den Baudi heryorgerufen ; sie
nehmen aber immer an Ausdehnung und Intensität zu, je
mehr sich die Entzündung veitreitet Es ist nichts seltenes,
dass die ersten Schmerzen ganz den Nachweben gleichen,
welche sich allmälig zu stets fortdauernden Schmerzen steigern;
zuweilen aber auch tritt die Entzündung sofort mit Schmerzen
von s^her Ausdehnung auf, dass die geringste Bewegung
oder Beruhroiig für die Kranke unerträglich ist Im Allgemeinen
fingt der Lochienfiuss an geringer zu werden oder hört auch
wohl ganz auf, während die Hikhsecretion oft ohne Störung
fortdauert und nur erst dann sich auffallend und plötzlkh
onndert, wenn ein profitses Exsudat zu Stande gekommen
ist Wenn die Entzündung auf das die Gebärmutter um*
hüilende Pentonäum beschränkt bleibt und demnach eine mehr
amschrid>ette ist,, dann lässt zuweilen das Fieber allmälig nach
OBd die Kranke graest in Folge von Resorption des Exsudats
oder es bleibt ein abgesacktes Exsudat zurück. In diesem
letzteren Falle dauern die fdbrilen Erscheinungen bald mehr
bald weniger .heftig, bald mehr oder weniger lang remiltirend,
mit sehmerzbaften Exacerbationen fort, und man bemerkt zu
gleicher Zeit functionelle Störungen der Beckenorgane, auf
wekhe das Exsudat einen Druck ausübt, so Verstopfung,
Dysurie und mehr dergl. Wenn aber die Exsudate extra-
pmtonäal sind, so kann man oft heftige Neuralgien der
iflchiadisehen und Cruralnerven beobachten. Die Krankheit
kann sich in dieser Weise auf mehrere Monate hinziehen,
und während dieser Zeit schwebt man immer zwischen Furdit
414 XXVII. «. 8ieheld, Betrachtungen über das Kindbettfieber.
und Hoffnung. Wenn diese Exsudate am Ende Abscesse bilden,
so nimmt die Krankheit einen nicfat weniger langsamen und
perfiden Verlauf an. Wenn sich die Entzündung, statt auf
die G^rrautter und ihre Anhange sich zu bescfardttk^, weit
über das Tisoeralblatt des Peritoneums erstreckt, so sind nicht
allein Schmerzen und Fieber vermehrt, sondern der ganze
Zustand verwandelt sich augenblicklich. Der Puls wird un-
gemein frequent und klein, die Extrenutäten werden kalt und
«eigen venöse Stasen, das Gesicht wird entstellt, die Schmerlen
verschwinden, es kommt rasch und unvermeidlich zum Exsudat;
dieses führt zur Paralyse der Muskelhaut des Darrokaoats
oder zur Anhäufung von Gas, Meteorismus; durch den bellen
oder matten Ton der Percussion kann man in den ab«
hSngigsten Stellen der Peritonäalhöhle eine mehr oder weniger
beträchtliche Quantität von flüssigem Exsudat entdecken; ab«*
fast nie füUt man deullicbe Fiuctuation, weil die Ausdehnung
des Bauches viel mehr von dem Zustande der Gedärme, als
von der Quantität des Exsudats abhängt. In Folge des
Meteorismus sind Leber und Zwerchfdl zuweilen in <fie Höhe
bis zur dritten oder vierten Rippe getrieben tflid gegen die
hin4ere Wand des Thorax angedrückt, wodurch Compression
der Lungen und Gefahr der Erstickung entsteht, obgleich die*"
Percussion einen tympanitiscben Ton auf der ganzen vorderen
rechten Seite des Thorax und Bauches vernehmen lässt Man
lasse sich durch das Vernehmen eines matten Tones bei der
Percussion an der hinteren Wand nicht zur irrthümMcben
Diagnose eines Pleuraexsudats verleiten. Zur Paralyse des
Darmkanals gesellt sich auch jenes Erbrechen von grünspan-
artigen Massen, welche «ns eme so grosse Furcht einflössen.
Bei dem Erscheinen dieses Symptoms prognosticiren wir
jedes Mal den Tod der unglflckiichen Kranken und höchst
selten triflt unsere Prognose nicht ein. Im Allgemeinen er*
folgt der Tod dann rasch; die Kranken behalten ihr volles
Bewusstsein. Der Tod ist entweder Folge von Erstickung
durch Lungenödem, welches die Compression bewirkt, oder
TOB Erschöpfung, herrorgebradit durch das profose Ex«idat
und die tiefe Störung, weldie die Ernährung duith die
Paralyse des Darmkanals erfahi*l.
XXVII. «. 8UhoU, Beiraehtnngren fiber das Kindbettfieber. 415
Die dritte finippe endlich umfasftt die Folgekrankheiten
oder die secundären Zustände der Puerperalprocesse, nätnlich
die Septiedmie und Pydmie. Unter dieser Kategorie begreift
man die krankhaften Zustände« welebe skh durch Bildung Ton
lobuliren Abscessen, Eiterheerden in verschiedenen Theilen
des Körpers charakterisiren, in welchen man selten Eiter
Ton guter Beschaffenheit, sondern am hSufigsten Jauche findet.
Man gtebt ihnen auch den aUgemdnen Namen ^Metastasen^
weil man sie als eine Ausscheidung resorbirter deletär^ Stoffe
ansah, und weil sie manchmal auch andere zymotische Pro*
eesse, als den Typhus u. s. w. begleiten. Diese metastatischen ^
Abseesse linden sich sowohl in imieren wie in äusseren
Organen. Was die inneren Organe betrifft, so beobachtet
man am häufigsten Metastasen in den Lungen als lobuläre
Pneumonie und in der Milz, seltener in den Nieren und in
der Leber, im Gehirne als exsudative Meningitis, als Cerebral-
Phlebitis oder als umschriebene Encephalitis. In den Augen
«eigen sie «ch unter der Form der purulenten Choroiditis;
an den Mandeln, am Pancreas und am Bindegewebe des
Beckens als mehr oder weniger ausgebreitele Anschwellungen
mit gangränöser Z^störong der Nachbarschan;; im Ovarium
bewirken diese metastalischen Heerde Destructionen und
Phlhiftis dieses Organs. Carditis und Endocarditis gehören
zu den seltensten Krankheitserscheinungen. Die äusseren
Metastasen haben ihren Sitz vorzüglich in den Gelenken als
nArthropyosen**: sie kommen besonders im Knie-, EUenbogen-
nnd Schultergelenk, seltener in den Hüft- und anderen Ge^
lenken vor; sie erzeugen Necroae der Gelenkknorpel und
Anchylose der Gelenke selbst. Man beobaditet sie auch an
den Synchondrosen und an der Symphysis oss. pubis, wo sie
eine Knochendiastase veranlassen können. Die metastatische
Entzündimg des Bindegewebes localisirt sfch vorzugsweise an
den Gliedmaassen, zumal den unteren, als an den Waden,
an der Becken- und Lumbargegend; solche Abseesse fiilden
sidi nicht selten in den ParoCiden, der Glandpla thyreoidea
und in den Muskeln; auf der äusseren Haut zeigen sieh diese
Metastasen unter der Form von Erythem, Ery8q>elas, Pemphigus,
Pusteln , Furunkehi oder Carbunkeln. Diese Eiterheerde können
ach an den genannten Orten durch spontane Inopexie in den
416 XXVII. «. Subold, Betrachtungen über dee Kindbettfieber.
CapiUargeßssen und durch Zerfall der TbromtMiD bilden, oder
sie entstehen nach der Meinung von Virchow durch losgelöste
Fragmente der autochtbonen Thromben, welche nach näheren
oder entfernteren Punkten überwandem.
Zu diesen secundären Krankheiten gehört auch die
Phlegmasia alba dolens der Wöchnerinnen, welche bereits
White von einer Obliteration oder einem anderen krankhaften
Zustande' der Lymphgefässe, Davy und Vdpeau von einer
(H>literation der Venen hergeleitet haben. A^dral, Bouillaud
und jS. Lee haben dagegen gezeigt, dass diese Affection der
unteren Extremitäten weder als eine specifisehe Krankheits-
form, noch als ein den Wöchnerinnen allein zukommender
Process angesehen werden darf, weil auch sonst die Phleg-
masia alba bei Phthisikem, bei Cardnom, Typhus und bei
cachektischen Subjecten auftreten kann, so dass man dieselbe
jetzt, besonders nach den Mittheilungen von Bauälaud als
eine allgemeine Erscheinung betrachten muss, die sich bei
verschiedenen Krankheiten zeigen kann. Blan pflegt heutigen
Tages mit dem Namen Phlegmasia alba sehr häufig eine
Thrombose oder Phlebitis der Cruralvene und der Saphena
zu bezeichnen; zuweilen ist sie auch weiter nichts als eine
metastatische Entzündung des subculanen Bindegewebes und
eine Lymphangitis der Femoralgegend; am öftesten zeigt sie
sich unter der Form einer ödematosen Anschweihmg, welche
steh bei Wöchnerinnen, die sich sonst wohl befinden, sdbst
bei Scfawangei*en entwickehi kann, sei es durch Inopexie dei*
Cmralvenen, oder durch InsufBcienz der lymphatischen Gefösse,
oder sei es durch Erkaltung. Sie ist besonders sm Wichtig*
keit, wenn sie sich als Foigeki*ankheit eines Poerperalprocesses
zeigt, weil ihr dann immer eine zur Zersetzung geneigte*
Thrombose zu Grunde liegt. Sie giebt sich durch einen
heftigen Scbenkelschmerz, der sich bis zu den Waden herab-
erstreokt und durch eine damit gleichen Schritt haltende An»
Schwellung zu erkennen. Die Anschwellung ist gewöhnhch
hart, häufig weiss, glänzend, zuweilen mit marmorirten Streifen
untersät. Verfolgt man mit dem Finger die GefSssstränge,
so findet man haarte und schmerzhafte Knoten. Wenn die tiefer
liegenden Venen obliterirt sind, so wird die Girculation durch
die oberfi&chiiehen Vencju z. H. durch die Saphena unterhalten;
XXVII. «. Sißbold, BetraobtQBgen fiber da« Kindbettfieber. 417
wenn indesseD diese beiden Veneni*eihen Gerinnungen ent-
halten, sa functioniren allein die Capillaren und es verliert in
solchem Falle das kranke Glied seine weisse Farbe und wird
mehr bläulich; zugleich nimmt der Umfang beträchtlich zu.
Der Tod erfolgt zuweilen rasch durch Vereiterung und jauchige
Erweichung der Weichtheile ; jedes Mal, wenn es gelingt, das
Hindemiss der freien Circulation zu heben, verschwinden allraälig
die angegebenen Erscheinungen, obgleich man noch mehrere
Wochen lang die obliterirten Gefässe knotenartig fühlen kann.
Zu den mehr zufälligen Symptomen , welche einige localisirte
Puerperalprocesse begleiten können, .müssen wir noch die
Mania puerperaiis mit und ohne Fieber, das Erysipel, die«
Scarlatina und das Miliarfieber nehmen.
Aus vorstehender Skizze^ die wir von den verschiedenen
Puerperalprocessen entworfen haben, geht als Schlussfolgerung
hervor, dass die Furcht, welche diese Krankheit so Aerzten
wie Laien einflösst, vollkommen gerechtfertigt ist Es giebt
keine Krankheit, deren Verlauf hartnäckiger, tückischer und
trügerischer ist, und welche so jeder medicinischen Kunst
spottet, als das Kindbettfieber. Man sei demnach in der
Prognose vorsichtig, wenn man nicht im zu grossen Vertrauen
auf die Natur oder Wissenschaft getäuscht werden will. Nfe
kann man die Prognose günstig stellen, selbst nicht in den
leichtesten Fällen; sie muss zum wenigsten als zweifelhaft
bezeichnet werden, weil die Erscheinungen, welche dem Leben
Gefahr bringen, oft wie mit einem Schlage und in ganz un-
erwarteter Weise auftreten.
Im Allgemeinen können die verschiedenen Grade der
Septico-Pyämie, die Intensität und Hartnäckigkeit des Fiebers,
die Ausbreitung und der Charakter der pathologischen Local-
Veränderungmi bis zu einem gewissen Punkt uns für die
Abmessung der Gefahr als Richtschnur dienen.
(Schliue folgt.)
UomßUUhr. f. OebnrUk. . 1861. 3d. XYIL, Hfl. 6. 27
418 XXym. Hegar, Ein Fall tos Haematoeele pftrinterina
xxvm.
Ein Fall von Haematocele perinterina nebst
Beiträgen zur Geschichte und Diagnose
dieses Leidens.
Von
Dr. Alfired Hegar in Dannstadt.
JT. M. aus 0., ein achtzehnjähriges, früher stets gesundes
•Bauennädcben, ist seit ihrem sechszehoten Jahre menstrnirt.
Bei dem Eintritte ihrer Periode hatte sie jedes Mal heftige
Schmerzen im Kreuze und im Leibe. Herbst 1859 setzte
sie sich während derselben einer heftigen Erkältung aus,
indem sie mit blossen Füssen in einem Bache herumging.
Es traten hierauf sehr starke Schmerzen im Unterleibe ein^
die jedoch nach dem Aufhören der nicht zurückgetretenen
Menses wieder nachliessen. Diese stellten sich yon nun an
zwar ganz regelmässig wieder ein, waren jedoch stets ron
sehr bedeutenden Schmerzen begleitet und Pat bemerkte auch
Bald, dass sie durch eine Geschwulst im Sitzen genirt war.
Am 17. Mai 1860 war die Periode wieder eingetreten. Die
Schmerzen waren äusserst intensiv und als der Blutabgang
nach einigen Tagen sistirte, konnte Pat den Drin nicht mehr
entleeren.
Der behandelnde Arzt hatte, wie es scbmnt, den Krankheits-
zustand fbr Prolapsus uteri gehalten und Reposition mit
Bandagen in Anwendung gebracht.
Am 22. Mai sah ich die Kranke zum ersten Male. Das
Aussehen war blass, der Puls schwach, ohne vermehrte
Frequenz. Zunge weisslich belegt Der Stuhlgang, der übrigens
stets ohne alle Beschwerden erfolgt, träge* Zeitweise heftige
Schmerzen in dem aufgetriebenen Unterleibe. Ischurie. Man
fühlt im Abdomen eine feste, compacte Geschwulst, welche
von der Symphyse handbreit emporsteigt, die rechte Seite
ganz ausfüllt, sich jedoch auch etwas über die Mittellinie
nach Unks erstreckt und wenig schmerzhaft gegen Druck ist
Im Scheideneingange liegt eine zapfenförmige Geschwulst,
nebst Beitrftgea sor Geschichte und Diagpnose etc. 419
wdehe etwas vor die äusseren Genitalien ragt. An deren
oberem Rande befindet sich die Hamröhrenmündung. Die
Farbe ist die gewöhnliche der Scheidenschleimhaut. Dieser
Za|rfeB ist das untere Ende einer Geschwulst, welche sich
l&Dgs des ganzen rechtseiUgen Beckenraums nach hinten und
oben erstreckt Tonchirt man nämlich, so findet mau eine
längliche, unten weicher, nach oben häi*ter anzufühlende An-
schwellung, welche, <Ue vordere und rechte Wand der Vagina
stark Yortreibend^ den rechtseitigen Beckenraum ausfüllt.
Toucbirt man durch den Mastdarm, so fühlt man die Ge-
schwulst rechts eben£aJls; doch füllt sie den hinteren Becken-
räum dieser Seite nur Iheilweise aus. — Die linke Beckenhalfte
ist frei. Es gelingt nicht, selbst mit zwei Fingern, die
Vaginalportion zu erreichen. — Die Grenzen, der Uebergang
Ton dem geschwulslfreien zu dem von der Geschwulst ein-
genommenen Theil der Scheid^ ist durchaus nicht scharf,
sondern allmälig. Drückt man von dem Unterletbe aus nach
unten, so tritt der praller gespannte Zapfen weiter vor den
Introitus vaginae; es lässt sich bei Gegendruck die Fluctuation
leicht nachweisen. Auch ist dieselbe mit zwei Fingern an dem
Zapfen allein deutlich sichtbar. Der Katheter dringt leicht
jn die Harnblase ein. Er ist nicht von der Vagina aus durch-
soföhlen^ da sich die Anschwellung auch zwischen vordere
Scheidenwand und Blase erstreckt
Die Diagnose wurde auf einen Bluterguss im periuterinen
Zellgewebe gestellt, der vorzugsweise den rechtseitigen Becken-
raum vorn einnimmt (Haematocele extraperitonaealis periuterina.)
Hierför q>rach die Veranlassung, die periodische Verschlimmerung
während jeder Menstruation, die Fluctuation, die ungleiche
Consistenz an verschiedenen Stellen etc. — Ausserdem war
es leicht, andere Krankheitszustände mit ähnlichen Symptomen
auszusohUessen. Ein Ovarientumor tritt nie so tief herab und
zeigt eine begrenztere Form. Eine Cystocele, coroplicirt mit
irgend einer anderen Geschwulst, wird durch die Untersuchung
mittds des Katheters ausgeschlossen. Das Einzige, was zu
einer Verwachsung hätte führen können, wäre eine in Eiterung
übergegangene Entzündung des periuterinen Bindegewebes
gewesen. Hiergegen sprach jedoch die Anamnese, der Mangel
an Pid>er8ymptomen und stärkerem Allgemeinleiden, wdche
27*
420 XXVIir. Hegar, Ein Fall Ton HaemAtoc^le perinterina
gewiss bei einer so umfangreichen AbscesBbildung nicht ge-
fehlt hätten.
Für einen Erguss ausserhalb des Peritonäums sprach
das tiefe Herabtreten der Anschwellung, die starke Dislocation
der Yaginalportion und die wenig circumscripte Form der
Geschwulst, welche man zu gleicher Zeit im vorderen und
hinteren Beckenraume, seitlich und nach vom fühlen konnte
und deren Begrenzung nur in dem untersten Theile, der vor
den Introitus vaginae ragte, eine scharfe war.
Da die Allgemeinerscheinungen sehr geringfügig waren,
so beschloss ich exspectativ zu verfahren,, verordnete mög-
lichste Ruhe, horizontale Lage und kalte Umschläge während
der Periode, leichte Abführmittel. Die Ischurie verschwand
schon nach einigen Tagen.
Während der folgenden vier Monate sah ich die Kranke
nicht. Ihre Periode soll in dieser Zeit regelmässig eingetreten
und von starken Schmerzen begleitet gewesen sein.
Am 17. September 1860 kam Pat. wieder zu mir. Der
Zustand war wesentlich derselbe; nur war die Anschwellung
bedeutend grösser, ragte fast bis zum Nabel und erstreckte
sich mehr nach der linkien Seite des Abdomens. Auch war
der Zapfen weiter vor den Introitus vaginae getreten. Drin-
besch werden waren gering. Stuhlgang ganz ohne Beschwerde.
Führte man zwei Finger so tief als möglich in die Vagina,
so fühlte man den Muttermund nicht; doch gelang es ohne
besondere Mühe, die Uterussonde um die Länge eines normalen
Uterus in die Höhe zu schieben.
Da bei langer Dauer des Uebels, bei der stufenweisen
Verschlimmerung während der letzten vier Monate wohl an
eine Resorption nicht mehr gedacht werden konnte, stiess ich
gerade auf den vorragenden Zapfen einen Explörativtroikart
ein und erweiterte die OefTnung, da durch Ausfliessen der
Blutmasse die Diagnose gesichert war, mit dem Knopfbistouri.
Es ergossen sich etwa ly^ Schoppen einer sehr dickflüssigen,
zähen, pechartigen Blutflüssigkeit, worauf sogleich die Ge-
schwulst des Abdomens zusammenfiel. Am anderen Tage
(während der Nacht floss noch viel auf die Unterlagen) fühlte
man noch eine Anschwellung bis auf etwa drei Querfinger
oberhalb der Symphyse. Die Geschwulst der Vagina war
nebst Beitragen sar Gesohichte and Diagnose ete. 421
vollständig Yerscbwunden. Die Vaginalportion stand noch hoch
und nach hinten, konnte jedoch mit einem Finger erreicht
werden. Die vordere Muttermundslippe sprang nicht vor,
sondern ging ohne Yorragung 'in die Scheidenwaod über.
Der Muttermund war etwas geöffnet.
Irgend erhebliche Krankheiterscheinungen traten nicht ein.
Pat fohlte wohl zeitweise Schmerz im Leibe, klagte über
Frösteln, konnte jedoch aufstehen und verliess drei Tage
später die Heilanstalt, um zwei Stunden zu Fusse nach Haus
zu gehen. Unterwegs soll noch Blut abgegangen sein.
Am 18. October untersuchte ich die Pat. wieder. Sie
befand sich vollkommen wohl. Deber der Symphyse fühlt
maa eine stärkere Resistenz. Die Percussion ist daselbst auf
drei Querfinger nach oben gedämpft. Die vordere und rechte
Seitenwaod der Vagina ist wulstförmig vorgetrieben und etwas
prolabirt. Eine Geschwulst ist durch dieselbe nicht zu er-
kennen. Der Mottermund steht noch hoch und nach hinten
gerichtet Die Periode war bis jetzt nicht eingetreten.
Wässeriger Fluor albus. — Etwa emen Monat später sah ich
die Pat. wieder. Ihre Periode war inzwischen eingetreten,
ohne das« sie erhebliche Beschwerden dabei empfand. Eine
genaaere Untersuchung nahm ich nicht vor.
NSlaton^) war in neuerer Zeit der erste Schriftsteller,
welcher in seinen klinischen Vorträgen eine Rrankheitsform,
ihre Entstehung, Diagnose und Behandlung näher besprach,
welche er Haematocele retrouterina nannte. Er definirte sie
sehr genau und scharf als einen Bluterguss in die Excavatio
retrouterina, innerhalb des Bauchfells, abgegrenzt nach oben
doreh Pseudomembranen zwischen den Dünndärmen, nach
vom durch die Ligg. lata, nach hinten durch den Hastdarm
und das Bauchfell. Dieser Erguss entsteht bei der Berstung
eines Cfraf sehen Follikels während der Menstruation, bei
erhöhtem Congestivzustand des Ovariums. Schon vor N4laion
existirten Beobachtungen solcher Blutungen, welche er theil-
weise selbst citirt. P. Frank fand bei der Section eines
1) Gas. des Höpitanz, 1861, No. 148—146; 1862, No. 12 a. 16.
422 XXVIII. Hegar, Ein Fall Ton Haematocele perinteiina
jungen Mädchens einen geringen Bluterguss in der Uterinfaöhle
und in den Tuben und ausserdem eine kleine Menge Blules
aur der Oberfläche des Eierstocks. Andral beobachtete bei
der Obduction einer Frau einen Eierstock zerstört, den anderen
brandig und in der Excavation des BauchfeHs einen Blut-
erguss von etwa 2 Unzen. Eecamier und Vßlpeau be-
schrieben ebenfalls Blutansammlungen im Z>oti^{a«'schen Räume.
Ruysch^) führt auch eine Beobachtung an, welche hierher
gehört: Menstruatae olim aperuit cadaver R. RhoonhuyBius,
Chirurgus dexterrimus, in cujus uteri cavitate coagulatum et
utero leviter adhaerentem observayit cruorem, quo tuba
ejusdem lateris quoque non solum erat conspersa, verum etiam
ovarium, in cujus superficie coagulatus copiose firmiterque
haerebat.
Zur Zeit, wo Nilaton seine Aufmerksamkeit diesem
Gegenstand widmete, kam in der Klinik von Mcdgaigne ein
Fall von Haematocele vor. M. irrte sich iii der Diagnose,
hielt die Geschwulst, welclie nicht allein das hintere Scheiden-
gewölbe, sondern auch die hintere Huttermundslippe so vor-
gedrängt hatte, dass sie vollständig verstrichen und mit der
Sdieide nur eine Membran bildete, für ein Fibroid, dilatirte
zuerst seitlich den Cervix und spaltete alsdann innerhalb des
Uteringewebes. Es kam dickflüssiges Blut heraus und die
Kranke starb nach einigen Tagen, in Folge profuser Hämorrba-
gien aus der Uteruswunde.
Nachdem Nüaton die Aufmerksamkeit auf den Gegen-
stand gelenkt hatte, häuften sich die Beobachtungen. NÜaton
selbst veröffentlichte noch mehrere Fälle und hob die Vorzüge
einer exspectativen Behandlung hervor.*) Laborderte theilte
eine Krankengeschichte mit, wo der Bluterguss mit glück-
lichem Ausgange durch den Mastdarm perforirte. ')
Laugier,*) der in der Akademie das Thema besprach,
kam zu derselben Ansicht, wie N^laton, sowohl in Bezug
auf den Sitz, als auf den Ursprung des Extravasats.
1) Observat. anat. chinirg. Observ. 66, Opera omnia, Amster-
dam 1721.
2) Gas. des Höp., 1853, p. 162.
3) Ibid., 1864, p. 148.
4) Ibid., 1865, p. 27.
■etat Bttitiic«B «v Gasekiekte umd DiagaoM ete« 423
Vidal de CoMsi» io adnem Tnite de psth. ext et de
nMeciiie operatoire beschreibl aosfahrüch die Krankheitsfonii.
FoOim ^) xeigte io der Sodete de Chirurgie das Priparat
einer an PfaCbisis gesUNTbenen Frau vor, bei der sich bläuliche
Flecken foo exIraTasirtem Bhit auf dem Bauchfelle fanden.
Beide Tobeo waren Ton Blut» welches eine dickbriunliche
Masse darstellte, aosgedelint Rechts endet die erweiterte
Tubenmündong in eine gelbe Blutmasse von Eigrösse, welche
die hintere Seitengegend der Uterinhohie einnimmt; links
eutirt kein Tumor, ausser der erweiterten Tube. Die Eier-
stteke sind sehr umfangreich, aber man findet kein Extra»
vasat darin.
Hnguier bemerkte in der folgenden Debatte, dass er
Blutergüsse in den Tuben gesehen habe, welche bei einer
Frau die Grösse eines Apfels erreichten.
Es xeigte sich bald, dass die Begriffsbestimmung von
NUaian in zu engen Grenzai gehalten war. Die Beobachtung
von Fottin wies schon nach, dass der Urspning der Bhitung
nidit immer in den Ovarien zu suchen sei. Sehr bald ergab
•s sich auch, dass dieselbe nicht immer in den BauchfdI-
räum erfolge.
Cr^^*) erzählt einen Fall mit tödtlichem Ausgange.
Das grosse Netz war schwarz geförbL Die Eingeweide aus-
gedehnt, injicirt, zwischen den Windungen Exsudatmassen.
Im kleinen Becken eine schwärzliche Flüssigkeit, flinter
dem Uterus, zwischen diesem Organe und dem Mastdarme
existirt ein Sack von Faustgrösse, dessen durch das Bauchfell
gebildete Winde schwarz und erweicht sind. Der Sack er-
streckt sich etwas mehr nach links, als nach rechts. In
seiner oberen Partie finden sich Adhärenzen, ausgebreitet
vom oberen Rande des Uterus zu der Stelle des Bauchfells,
welche die vordere Fläche des Mastdarms überkleide l. Die
Höhle communicirt mit dem Mastdarme durch eine Geschwürs-
ÖflfiDkung mit schwarzen Rändern und 7 — 8 Millim. Durchmesser.
Sie liegt 26 Millim. über dem After und lässt den oberen
1) Gas. des H6p., 1865, No. 66.
2) Ibid., 1866, No. 29. Yergl. Cred4, MonaUsehr. f. Qeb., 9. Bd.,
1. Heft, p. 1.
424 XXVIIT. Hegar, Ein Fall von Haemfttocele perinterina
Theil des Sackes mit dem Darme communiciren. Das linke
Ovarium ist schwarz, mit einem kleinen Eiterheerde von
4 — 5 Millim. Durchmesser. Das rechte Ovarium ist mit dem
Uterus verwachsen. Es enthält zwei Blutbeer de, einen frischen,
durch schwarzes Blut und einen zweiten älteren, durch
Fibringerinnung gebildet Beide hängen mit dem Bkitsacke
hinter dem Uterus zusammen. Man constatirt dies mittels
der Sonde und durch Aufschlitzen des Fistelgangs.
Robert^) machte die Obduction einer plötzlich ver-
storbenen Frau und fand zwischen dem Bauchfelle und d^
Fascia iliaca einen Bluterguss von der Grösse eines Rinds-
kopfes, der sich bis zum Eierstocke erstreckte. Dieser, sowie
der Plexus pampiniformis zeigten keine Veränderung. — Auch
Verneuü^) fand einen Bluterguss unter dem Peritonäum.
Charles West^) stellt acht Sectionsberichte zusammen.
In zwei davon schien das Blut blos aus den Tuben und dem
Uterus zu konunen; in einem aus den zerrissenen Gefassen
des Eierstockes; in einem theils von den Tuben, theils aus
den Gelassen des breiten Mutterbandes. In zwei von den
übrigen Fällen hatte sich das Blut hinter den Uterus, aber
unter das Bauchfell ergossen; in einem unter das BaucbMl,
in die Fossa iliaca; und in einem zwischen die Falten der
Ligg. lata.
Becquerel^) führt nach Sectionsberichten folgende Ursachen
der Hämorrhägie an: Hyperämie des Eierstocks, Platzen einer
Eierstocksvene, Zerreissung eines Varix in der Tube, Ruptur
bei Extraüterinschwangerschaft, Ruptur von Blutkysten in der
Nähe des Ovariums, Ruptur eines Varix in dem Lig. latum,
Zerreissung eines Ovariums.
War so nachgewiesen, dass die Quelle der Blutung eine
sehr verschiedene sein kann, dass ferner der Erguss, bald
im Bauchfellraume, bald alisserhalb desselben sich findet, so
stellte es sich auch bald heraus, dass nicht blos der Raum
hinter dem Uterus, sondern auch die seitlichen und vorderen
1) Gas. des Hdp., i865, No. 51.
2) Ibid.
3) Lehrbach der Frauenkrankheiten, übers. ▼. M» Lang^nheek,
1860, p. 628.
4) Gas. des Hdp., 1858, No. 41.
nebtt Beitrftgen sar Gescbiohte und Diagnose eto. 425
Partien des Beckenraomes der Sitz der BiutuDg sein ktone.
VaReix and Oaüard tauftai daher die H. retrouterina in
H. periuterina am, wdcher Name von Becquerd adoptirt worde.
Eine grössere Zusammenstellung von Krankheitsfällen rührt
von Voirin^) her und bietet in Bezug auf Aetiologie und
Ausgänge vieles Interessante dar. Unter 29 Kranken litten 19
sdion vorher an Dysmenorrhoe oder Amenorrhoe; , bei 1 war
das Hyrora imperforirt. Unter 24 nieht operirten Fällen
folgte 13 Mal Resorption, 5 Mal Durchbruch in den Mast-
darm (und zwar 1 Mal mit tödtUchem Ausgange), 2 Mal
Perforation in die Scheide, 4 Mal in den Bauchfellraum mit
tMtlichem Ausgange.
Nonat^ legte besonderen Werth auf die Unterscheidung
der H. intraperitonaealis und extraperitonaealis und beschäftigte
sich mit der differentiellen Diagnose. Bei letzterer tritt die
Geschwulst tief in das Septum zwischen Mastdarm und Scheide,
so dass sie in extremen Fällen nur 2-— 3 Centim. über der
Afteröfitaung steht Der Uterus ist dabei stark dislocirt, der
Gebärmutterhals gegen die Symphyse angedrückt, der Körper
über dieseB^e erhoben. Mittels des Speculums bemerkt man
eine Itride Farbe (couleur violacee) als das sicherste Zeichen.
Bei der H. intraperitonaealis ragt die Geschwulst nie so tief
herab, der Uterus ist wenig in seiner Lage verändert, sondern
erscheint mehr in der Geschwulst eingebettet, welche unter
Umständen auch vorn und in den Seiten wahrgenommen wird.
Bei Bluterguss ausserhalb des Bauchfells soll man punktiren,
im anderen Falle exspectativ verfahren.
In Deutsehland war es Credä^ welcher zuerst in den
Verhandlungen da* Gesellschaft für Geburtshfllfe in Berlin')
Hittheilungen machte, drei Krankheitsfalle beschrieb und sidi
über Diagnose und Behandlung ausbreitete.
Hertsffdder^) beschreibt einen Fall von Haematocele,
welchen ich hier kurz erwähnen will, weil er mit dem
meinigen viel Aehnlichkeit hat und weil er mit diesem eines
der seltenen Beispiele ist, in welchem die Geschwulst haupt-
1) Gas. h^bdomad., 1868, No. 23.
2) Prag. Vierteljahrflach rift, 22. Bd., Anat., p. 78.
8) Monatflflchrift für Gebnrtflk., 9. Bd., 1. Heft, p. 1.
4) Ibid., 10. Bd., 4. Heft, p. 812.
426 XXVIIL Etgar, Ein Fall von Haemfttoeele perioterina
sachlich im Torderen Beckenraume siUt und bis in die Nfthe
des Fntroitus vaginae herabtritt. Bei einem ISjährigeii Mädchen,
welches früher an Menstruationsstörungen gelitten hatte, fand
sich eine runde, gespannte, unschmerzhafle Geschwobt, bis
zur Mitte zwischen Nabel und Os pubis reichend, mehr nach
rechts gelagert. Hinter dem dehnbaren Hymen iohlt man
eine kegelförmige, nach oben gekehrte Geschwulst, welche
die rechte Beckenhälfte ganz ausfüllte und die Scheide selur
verengte. Die Mundung der Harnröhre bis unter den Scham-
bogen zurückgezerrt. Die Geschwulst prall, deutUch fluctuirend,
mit glatter Oberfläche, am unteren Ende exulcerirt. Dundi
Druck Yon Aussen nach Innen war die Geschwulst etwas
beweglich. Die Vaginalportion konnte nicht erreicht werden.
Durch einen Einstich wurde zähes, dunkehrothes Bhit entleert,
worauf Genesung eintrat
In neuester Zeit hat auch (7. Braun ^) etaige Hit-
theilungen über Haematocele gemacht
Betrachtet man den Standpunkt, auf welchem die Lehre
?on der Haematocele jetzt steht, so erüeht man leicht, das«
das scharfgezeichnete Krankheitsbild, wie es N4lcAon fOr seine
Haematocele retrouterina aufstellte, nicht mehr ads maass-
gebend för die Autoren gilt Sowohl der Sitz des Extrafasats,
als auch sein Ursprung ist ein sehr verschiedener und selbst
das Moment, auf welches die meisten Schriftsteller einen
hohen Werth legen, die Entstehung des Uebels während und
durch die Menstruation, ist von Andern nicht berücksichtigt
worden, wekhe den Namen Haematocele auch einem Blut-
ergusse beilegten, der durch Platzen bei. einer Extrauterin-
Schwangerschaft (OaUard) oder hn Gefolge des Abortus (Wset)
sich bildete. Man ist dabin gelangt, fast alle Blutergüsse im
weiblichen Beckenraume mit dem Namen Haematocele tu
belegen und abstrahirt dabei von der BegriifsbestiaHuung des
ersten Autors.
West ist der Einzige, der eine Haematocele im Gefolge
eines Abortus beschrieb. C. Braun bemerkt ausdrücklich,
dass dieses Leiden höchst selten mit einem normalen Puerperium
oder einem Abort in Zusammeidiang stehe und dass man
1) Zeitschr. d. Qesellschaft d. Aente ira Wien, 1860, Ho. 1 o. 4.
f
nebst BeitrilgeD sar Oeschiehte tind Diagnose etc. 427
äeh wobl hüten mOsse, es nrit dem Haeroatom (Thrombus
▼aginae) in Zusammenhang zu bringen, welches durch ein
Bluteitra?asat um das Vaginalrohr, während der Niederkunft,
zu Stande kommt Ich werde im Folgenden durch Mittheilung
sehr vollständiger und durch Sectionsberichte veriflcirter
Beobachtungen aus der älteren Literatur zeigen, dass unter
dem Namen der Thromben verschiedene Gattungen von Blut-
ergüssen zusaromengefasst wurden, von welchen eine Gattung,
was ihren Stz und Symptomencomples betrilR, in keiner
Weise von der H. extraperitonaealis abweicht Ich führe diese
nUe an, um zu zeigen, dass auch im Gefolge von Geburten
und Wochenbetten Hämatocelen entstehen. Diese Fälle ent*
hahen auch in Bezug auf pathologische Anatomie, Ursprung
.der Blutung, Ausbreitung und Verlauf vieles Interessante.
Zuvor sei es mir erlaubt, einige bekannte anatomische
VerhUtiiisse zu erwähnen, welche mir bei Betrachtung des
Gegenstandes von Belang zu sein scheinen.
Die Excavatio vesicouterina des Bauchfells tritt bekanntlich
viel weniger tief herab, als die hinter dem Uterus Jiefindliche
BauchfeBfalte. Das Bauchfell wird daher Gesdiwulsten und
Ansammhittgen in ersterer stets einen bedeutenden Widerstand
bei ihrer Senkung entgegensetzen. Blutergüsse in derselben
sind anatomisch nicht nachgewiesen. Doch scheinen Fälle,
wie z. B. (7. Braun einen als H. anteuterina beschreibt, als
eine Geschwulst im vorderen Scheidenge wölbe, welche nur
wenig herabsteigt, hierher zu gehören.
Die Excavatio rectouterina des Peritonäums geht viel
tiefer herab und es ist hier auch das Bauchfell einer sehr
bedeutenden Ausdehnung fähig. Es sind Hernien beobachtet
worden, welche die hintere Wand der Scheide vordrängend,
bis zum Introitus vaginae und selbst ausserhalb desselben
hinabhingen.') Seröse Ansammlungen können diese hintere
Bauchfellfalte bis in die Nähe der Vulva vordrängen. Neulich
sah ich in unsere Heilanstalt eine von Dr« Simon behandelte
Kranke, welche an einem Colloidkrebs des Netzes litt. Die
Excavatio retrouterina war durch seröse Flüssigkeit in Form
1) Büff0r, Abhandlongen über die chimrg. Krankheiten, ttbers.
von TesOor, 8. Bd., p. 829.
428 XXVIIJ. Hegar, Ein Fall ▼on Hsematocele perioterina
eines Beutels vorgetrieben, welcher bis zum Anus herabstieg.
(Hydrocele vaginalis.)
Der Abschluss zwischen den äusseren Geschlechtstheilen,
• dem unteren Theile des Mastdarms, der Fossa perinaei und
den höher gelegenen, innerhalb der Beckenhöhle befindlichen
Organen wird durch die Fascia pelvis gebildet, welche, ge-
wissermaassen ein Diaphragma constituirt, das von dem
Blasenhalse, der Scheide und dem Mastdarme durchbohrt wird.
Seitlich von der Vagina und zwischen dieser und dem Mast-
darme wird der Abschluss noch durch den Levator ani ver^
stärkt, dessen obere Fläche die Fascia pelvis, dessen untere
die Perinäalfascie überkleidet. Die Beckenfascie hängt zu-
sammen mit der F. transversalis und Fascia iliaca, daher
Blutergüsse in der Fossa iliaca, unterhalb des Bauchfelis, sidi
senkend, als untere Begrenzung die F. pelvis haben.
Die Beckenbinde muss Geschwülsten oder Ergüssen unter-
halb des Bauchfells einen gewissen Widerstand entgegensetzen.
Folgten sie allein dem Gesetze der Schwere, so würden sie
sich senken und schliesslich im Zellgewebe der äusserea
Genitalien zum Vorschein kommen. Statt dessen bemerken
wir, dass sie die Wandungen d^r Vagina wohl vordrängen, ^)
aber an weiterer Senkung verhindert, sich sehr bedeutend nach
dem Abdominalraum ausbreiten und von den Bauebdecken aus
zu palpiren sind. Die H. extraperitonaealis hat als untere
Grenze die Beckenfascie.
Erinnern wir uns an diese Verhältnisse bei Betrachtung
der sogenannten Thromben, wie sie von den Geburtshelfern
beschrieben sind, so finden wir, dass allerdings die meisten
dieser Extravasate ihren Sitz unterhalb der F. pelvis haben.
So sind in der Literatur zaUreiche Fälle von Blutergüssen
in den grossen und kleinen Schamlippen, in dem Zwischen-
1) KoMrautchj Zar Anat. n. Phys. d. Beckenorgane, Leips. 1854,
giebt an, daas die Beckenfascie vorn awiscben Blaae und Scheide
10'" weit, hinten swiecben Scheide und Mastdarm 20'" weit
herabsteigt. Die Länge der Vagina beträgt nach ihm 27, Par. Zoll
und zwar in der längsten Ansdehnnng an der hinteren Wand. Die
vordere Wand ist 6 — 9"' kürser. Dies tiefe Herabsteigen der
Fascia pelvis bedingt die tiefe Stellang von Blatergüssen ober-
halb derselben.
nebst Beitrugen sar Geschichte nnd Diagnose etc. 429
ramne zwischen dem unteren Theile der Scheide und dem
Mastdärme, 8e0>8t, obgleich sehr seJten zwischen dem
miterea Theile des Mastdarms und dem Os sacrom ver*
zeichnet Auf der yorderen Seite wurden jedoch mit dem
Namen der Thromben auch tiefer gelegene Extrarasate be-
zeichnet, welche zwischen F. pelvis und BauchfeU gelagert,
mit der H. extraperitonaeafis der neueren Autoren, was ihi*en
Sitz, ihre Ausbreitung und Symptome betrifft, vollständig
dbereinstimmen. Zum Beweise hierfiir mögen folgende Fälle
dienen, welche . ich . in der Abhandhmg von L. C. Deneux^
R^herches pratiques sur les Tumeurs sanguines de la vulve
et du vagin, Bruxelles 1855 (als Anhang zu dem Trait^ des
Maladies des Enfants par Capuron) fand. Z>. hat aus den
vtfschiedensten Autoren eine grosse Menge von Beobachtungen
gesammelt, ohne einen Unterschied zwischen den oberflächlidi
und tief«r gelegenen Thromben zu machen.
Peu (Tratte des accoucb., p. 530) erzählt, dass bd
der Frau eines Stickers, in Folge des Wochenbetts und
zurAckgdialtenen Loehialflusses, eine Geschwulst, etwa von
der Grösse einer Scbweinsblase in der Vagina entstand, wdcbe
die hintere Wand derselben einnahm oder in dem Septum
medium zwischen Scheide und Mastdarm lag. Der schmälste
Theil der Gesdiwulst ging nach oben zwischen Uterus und
Mastdarm in die Höhe; ihr tief gelegener Tbe3 am Ende des
Mtttterfaalses nahm fast den ganzen inneren Umfang des
äusseren Muttermundes em. Die Geschwulst war weich und
gleichförmig, sowohl für das Gesicht, als das Auge, von
livider, in's Schwärzliche spielender Farbe, in Folge schwarzen
und verbrannten Blutes, welches durch die einschliessende
Haut durchschimmerte. Man hätte leicht die Geschwulst für
eine Hernie oder für einen Vorfall des Mutterhalses halten
können. Aber was, ausser dem Mangel der diesen Zuständen
eigenthämlichen Symptomen, vollständig aUen Zweifel beseitigte,
war der Umstand, dass man, beim Herflbergehen mit dem
Finger über die Geschwulst nach vorn, den inneren Mutter-
mund geschlossen und in seinem Normalzustande fand. Die
Geschwulst wurde eröffnet, worauf die Heilung in drei Wochen
erfolgte.
430 XXVIII. Hegar^ Ein Fall Ton H«einatoe«le perivtorioa
Das Werk von Pen erschien Ende des 17. JahrboBderte.
Man findet in dieser Beschreibung eine im Wochenbelte eal-
slandene Haematocele reirouterina Nßaton's, von welcher es
übrigens unentschieden bleiben mag, ob sie innerhalb oder
ausseiiialb des Bauchfells ihren Site hatte. Die Verbuchtung
der hinteren HttttermundsUppe ist ihnfich der, wie sie Maigmgne
m seinem ungldcklich abgelaufenen FaHe vor sich hatte.
ChauBsier^) machte die Section einer Mehrschwangem,
welche im fünften Monate der Gravidität, kurz, nadidem sie
auf einem holprigen Wege gefahren war, unter Erscheinungen
der Anämie stari). Der Uterus war ohne alle Läsion. In
der Tiefe des Abdomens, unter dem Bauchfelle, auf der rechten
Seite, zeigte sich eine grosse Menge, theils flüssigen, theiis
coagulirteo Blutes, in einem Heerde vereinigt ond eine Ge-
schwulst bildend, welche sich von der Fossa iliaca dextra
bis zur Höhe der Niere erstreckte und etwa b" Breite besass.
Der Erguss rührte von einer Vene des rechten Eierstocks her.
Boer^) beobachtete kurz nach der nornuil verianfenen
Niederiiunft einer Erstgebärenden eine heftige Bhitung, welche
trotz der Ausstossung des Kuchens und trotz guter Uterin-
contractionen nicht sistirte. Er fend 3* vom Ende der
Scheide entfernt eine zerrissene Oellhung, aus welcher die
Blutung kam. Ueber dieser Oeflnung brfand sich ein sehr
ausgedehnter Tumor, welcher den ganzen oberen Theil der
Scheide einnahm und sich selbst noch weiter auszudehnen
schien. Fat. starb mehrere Wochen später, in Folge copiüser
Verjauchung. Die rechte Seite der Vagina war überall von
den Weichtheilen losgelöst Das Zeügewebe, welches die
Mm. iliacos und psoas umgiebt, das, welches sich zwischen
dem Levator ani, dem Bauchfelle und den and«*en Theilen
bis zur rechten Niere befindet, war durch Eiterung und Ver-
jauchung zerstört. Diese Theile waren so vollständig präparirt,
wie dies der geschickteste Anatom nicht besser hätte ferlig
bringen können. Der Grund dieses Heerdes bot, voll von
Blut und Jauche einen schrecklichen AnbUck dar.
1) M^moiret et Consalt. de m^decine legale etc., Paris 1884,
p. S97. Deneux 1. c, p. 167.
8) Deneux, p. 171.
r
nebst Beifrftgen sur Qeseliiobte und Piagnoie etc. 431
Wir s^m in diesem Falle die Ausbreituag des Extra-
faaata^ eDtsprechend der Beckenfascie. Der SeiteatheU der
Sdieide, die obere Fttche des Levator ani, da» Zellgewebe
auf dem M. iliaeus und paoae sind die uoteren Grenxen der
Gescbwulst Trotz des ungebeueren Extravasats war wohl ein
Diirehbnicb dureh die Tagina, aber keine Senkung, wenigstens
kein toUständiger Durehbriich des untciren Beckenabflchlusses
erfolgt, denn BoSk* erwähnt nur, dass am dritten Tage die Haut
der grossen rechten Schaoriqipe und ein Tbeil der Hinter-
badLen bis zum Anus eine livide Farbe annahm» jedoch nur
sehr wenig Anschwellung zeigte.
Deneux^) erzählt aus seiner eignen Praxis folgendes
BeispieL Eine Erstgebärende kam gluddich nieder. Gleich,
nachher flttdte man auf der rechten Seite der Scheide einen
Tumor, der bald einen solchen Umfang erreichte, dass er
voHstindig den Kanal yerstopfte. Auf. seiner Mitte bildete
sich sehr bald eine Oeifnung, durch welche eine beträchtliche
Bhitnng erfolgie. Die Wöchnerin starb drei Tage später. Bei
der (H)dnGtion fand man, ausser den Zeichen der Peritonitis,
die Scheide in ihrmn oberen Drittheil links perforirt Die runde,
etwa 1" im Durchmesser haltende Oeffnung führte in eine weite
Bluthdhte. Diese Höhle befand sich in dem Zellgewd»e des
anleren Beokenranms und erstreckte sich bis unter das Bauchfell.
ChaH09ier^) berichtet einen Fall, in welchem die Ent-
slriiung der Blutung von besonderem Interesse ist, obgleich
es nicfat zur Bildung eines grossen Blutheerdes kam.
Eine Erstgebärende, von sehr heftiger Gemöthsart, war
bei ihrer Niederkunft, die übrigens gut von Statten ging,
äusserst ungdberdig, warf sich im Bette umher u. s. w. Der Tod
erfolgte einige Tage später. Bei der Section fand man in der
Fossa iliaca, unter dem Bauchfelle eine grosse Menge Blutes,
infkrirt im Zellgewebe und an einigen Punkten in Heerde
vereimgt Der grosse Psoasmuskel war in einem Tbeile seiner
Dicke und an mehreren Punkten ^tzweigerissen. Denmx
bemerkt hi^zu: Dieser Fidl scheint mir in enger Beziehung
zu den Thromben der Vagina und Vulva zu stehen. Wäre die
1) DefMux l. e., p. 184.
9) Bulletin de 1a faealt^ de m^d., tome 11., p. 54. D^m^», p. 176.
432 XXVIII. S^gtnTf Ein Fall Ton Haematoeele perinterina
Hutmenge grösser gewesen und bitte sich das Blut in der
Beckenhöfale gesenkt, so wurde es sich in der UmgAung
des Afters und der Scheide gezeigt haben ; es wäre unmöglich
gev^esen, die Ursache eines solchen Ergusses und seine
Ursprungsstelle zu erkennen!
Deneux^) beobachtete bei einer Erstgebürenden, weiche
ohne Beschwerden niederkam, 9 Stunden nach der Geburt
heftige Schmerzen im Unterleibe. Man entdeckte eine Ge-
schwulst auf der rechten Seite der Vagina, weiche diese
vollständig, verstopfte, so dass der Loehialfluss zuriickblieb
und der Urin nur mit dem Katheter entfernt werden konnte.
Es stdlte sich AnftreibuDg und grosse SchmerzhafUgkeit des
Abdomens ein: Man öfihete die Geschwulst und entfernte
coagulirtes Blut, worauf auch, doch nur massige Quantitäten
flüssigen Blutes ausflosseii. Zwei Mal 24 Stunden nach der
Niederkunft starb die Wöchnerin. Bei der. Section fand man
in dem Bauchfelle, einen serösen Erguss. Das Mesenterium
war in weitem Umfange mit Eechymosen bedeckt, sowie
auch alle Theile, weiche in der Fossa ihaca dextra liegen.
In der Aushöhlung des Beckens ein schwarz gefärbter Blut-
khiropen von sehr bedeutendem Umfange.
Bei sehr enormen Blutergüssen scheint die Beckenfaseie
nicht immer Widerstand leisten zu können. Der Blutbeerd
dringt alsdann in das Zellgewebe der äusseren Geschlechts-
theile, wovon ebenfalls ChausMr^) ein BevBpißl anführt.
Bei einer Erstgebärenden schwoll in der ersten Zeit der
Pfiederkunft die rechte grosse Schamlippe stark an. Die
Geschwukt vergrösserte sich im Wochenbette, wurde am
7. Tage geöffnet und ergöss eine grosse Menge . schwarzen,
dicken Blutes. Tod am 12. Tage durch Erschöpfung. Man
fand unter dem Bauchfelle eine grosse Menge coagulirten
Blutes in den Maschen des Zellgewd»es, welches die rechte
Seite der Vagina und des Mastdarms umgiebt^ Dieser Erguss
beschränkte sich nicht auf die Beckenhöhle, sondern erstreckte
sich bis zu den Körpern der Lendenwirbel und selbst zwischen
die Platten des Mesenteriums.
1) Deneux 1 c, p. 207.
2) M^möires de m^dee. legale, p. 389. Dwm^uv, p. 202.
nebtt Beiirftg«!! suy Gdschichte und Diagnose etc. 433
Ich habe mit Absicht gerade die FSNe ausgewihb, bei
welchen der Sectionsbericht über den Sits der BlutgescbwölsCe
genaue Ankunft giebt. Es finden sich in dieser AUMondliing
noch einige andere, welche auch hierher zu gehören scheinen.
Dieselben nahmen einen günstigen Ausgang und es sind die
Symptome nicht genau beschrieben, um sie mit Sicherheit
hier anreihen zu können. Der häufig unglückliche Ausgang,
das haldige spontane Bersten der Tumoren finden wohl ihre
Eridärung in den Verhältnissen des Wochenbetts, in der
enormen Gefassausdehnung, welche eine einmal entstandene
Blutong so intensiv macht, in der Erschlafliing Und Durch-
tränkung der Theile, welche einen Durchbruch nach Aussen
begünstigen. Im Uebrigen ist ein Untersclned von den Blut-
ergüssen ausserhalb des Wochenbetts nk^ht zu finden.
Zum Schlüsse sei es mir erlaubt, noch einige diagnostische
Bemerkimgen anzureihen, welche sich auf den Unterschied
swiscfaen intra- und extraperitonäaler Blutung beziehen.
Nonat bezeichnet als charakteristische Merkmale der
Blutung ausserhalb des Bauchfells 1) das tiefere Herabtreten
der Gesdiwnlst; 2) die Verdrängung der Vaginalportion; 3) die
ÜTide Farbe.
Schon oben erwähnte ich, dass die Excavatio retroutertna
des BauchfeUs einer sehr bedeutenden Ausdehnung fähig sdl,
dass dieselbe durch Hernien, durch seröse Ergüsse bis zur
Vulva Forgetriehen werden könne. Es liegt kein Grund vor,
warum dies nicht auch durch Blutextravasate, insbesondere
solche von ISngerer Dauer und bedeutenden Dimensionen
stattfinden könne. Was die Excavatio vesicouterlna betrifft,
so ist allerdings, so viel mir bekannt ist, eine so bedeutende
Ausdehnung, eine Vortreibung bis zur Vulva nicht beobachtet
worden. Es würde daher dies diagnostische Unterscheidungs-
zeichen sich blos auf die H. antcMterina anwenden lassen.
Die Dislocalton derVäginalportion wird bei OKtraperiton&aler
Blutung rasch nnd in bedeutendem Maasse antreten, sobald
der Bluterguss sieb entweder auf den vorderen oder hintereu
Becfcenraum beschränkt oder wenigstens vorzugsweise einen
derselben einnimmt. Ob dies Zeichen jedoch unbedingte Geltm|^
hat und ob bei intraperitonäaler Blutung keine Dislocation ^^
UxoiaAm^hT.f^O^y^rMi. 18«. Bd.XVn., Hft.6. 28
434 XXVUI. H^^r, Ein Ftül tob HuttinfttoceU perivterina
Cervix utm eintreten könne, mochte ich bezweifeln. Bei
Hermen im hinteren Scheideogewolbe sind Dislocationen be-
schrieben. In dem obenerwähnten Falle von Ausbuchtung
des hinteren Baucl^fellsacks durch seröses Exsudat fand sich
keine bemerkbare Abweichung in der Stellung des Muttermundes.
Die Bedingungen, unter welchen durch Ergösse Dislocationen
des Cenrix uteri eintreten (welche ja auch LageverSnderungen
des Körpers ihren Ursprung verdanken können) scheinen mir
Oberhaupt noch nicht genau goiug eruirt zu sein, um hieraitf
skhere diagnostische Schlösse bauen zu dörfen, wenn auch
im AUgmeinen anzunehmen ist, dass extraperitonäale Ergüsse,
sobald sie vorzugsweise einen bestimmten Abschnitt des Becken-
raumes einnehmen, bald Veränderungen in der Stellung der
Vaginalportion bedingen werden.
Vfenn jedoch Nanab femer behauptet, dass gerade bei
H. intraperitonaealis die Geschwulst seithdi und nach vnrn
gefühlt* werde, so dass d^ Uterus wie in dieselbe eingebettet
erscheine, so scheint mir dies weder mit den anatomischen
Verhältnissen, noch mit der klinischen Beobachtung überein-
zustimmen« In meinem Falle, welcher fast alle Merkmale
eines extraperitonäalen Ergusses zeigt, welcher* wegen der
enormen Ausdehnung im vorderen Beckenraume nicht gut
anders zu deuten ist, war die Geschwulst vom, seitlich und
hinten im Beckenraume zu fühlen und von sehr unbestimmten
Grenzen. Auch steht der Verbreitung eiqes Bhitargusses im
Zellgewebe des Beckenraumes, weder nach vom, noch nach
hinten irgend ein Hindemiss entgeg^. Es findet sich zwischen
Bauchfell und Fascia pelvis keine senkrechte Zwischenwand,
welche, wie die Ligg. lata innerhalb des Peritanäums, den
vorderen und hinteren Zellgewebsraum trennen. Nehmen
wir an, dn Bluterguss entstünde zwischen den Falten der
Ligg. lata, wie ein solcher anatamisch nachgewiesen worde,
so kann sich derselbe ungehindert nach vom und nach hinten
senken. Er kann hinten, vorn und seithcfa von der Vaginal-
portion zu fühlen sein und der Cervix uiieri wird, wie ein-
gebettet in die Geschwulst erscheinen. Bei der Phlegmone
periuterina, welche denselben Sitz hat, wie die H. extra^
peritonaealis verhält sich der Cervix nicht selten in dieser Art.
Ich beobachtete zwei Fälle dieser Art, einen nach Abort,
oebst BeHrSg^n war Getehiehfce und Dia^oie »tc 486
eiDen in Folge eines idnileoteD Trippers entetandeneD, in
welchen die harte Gesebwulst halbmondförmig den' Cenrix
omgab und im yorderen and hinteren Scbeidengewtibe und
seitlich zu fahlen war. -r- Bei Ergüssen innerhalb des Bauch-
fells stellt der Aosbreitnng nach vom oder nach hinten das
Lig. latum entgegen, und wmui auch das Extravasat dasselbe
nach der anderen Seite vordrängen kann, so erseheint es
dodi onmöghch, dass der Erguss bis auf die entgegengesetzte
Seite gelangt und zugleich nach vorn und nach hinten von
der Vaginalportion zu fäUen isL Ich möchte deshalb gerade
die ungleiche Begrenzung der C^schwulst, den Mangel einer
circumscripten Form, das gleichzeitige Erscheinen derselben
in verschiedenen Stellen des Beekenraums als i^rakteristisch
fitar einen exiraperitonäalen Erguss halten.
Die livide Farbe der Geschwulst endlich ist gewiss
wesentlich bedingt durch die Stärke und Festigkeit der Vaginal-
wand. Bei einer jungfräufichen Schekle oder wenigstens einer
soiefaen, welche noch nicht den Durchtritt eines Kindes erlebt
hat, wird die V^önnung nicht so rasch entstehen, als bei
einer schon durch andere vorausgegangene Umstände in ihrem
Gewebe erschlafiten und gelockerten Vagina. Es wird daher
nicht so leicht zum Durchschimmern der Blutmasse oder zur
Ruptur kommen. In meinem Falle hatte die Scheide ihre
natürliche Farbe. Es ist daher auch diese livide Partie von
zu viel anderen Umständen abhängig, um sie als ein pathogno-
monisches Zeichen einer Blutung ausserhalb des Bauchfells
betrachten zu dürfen.
Die Unterscheidung zwischen intraperitcmäaler und extra-
peritonäaler Blutung unterliegt grossen Schwierigkeiten. Sie
ist selbst an der Leiche nicht immer möglich, wie dies auch
Cred4 erwähnt In einzelnen Fällen wird sich unter günstigen
Umständen em.e genaue Diagnose stellen lassen ; in den zahl-
reicbsten Fällen jedoch wird dies unmöglich sein.
. R e s u m e.
1) Unter dem Namen Haematocele periuterina hat man
Blutergüsse im w^lich^n Beckenraume beschrieben, welche
sowohl ihrem Sitz, als ihrem Ursprünge nach sehr ver-
sdiieden sind.
436 XXIX. Miuifkaimf üeber Behandlung Macher F&lle
2) Der SiU der fflutergässe kann im vorderen und
hinteren Beckenraome, innerhalb des Baudifells und ausser-
halb desselben, zwischen diesem und der Fascia pelvis, sein.
3) Extravasate dieser Art kommen während Jer Sdiwanger-
Schaft, während der Geburt und des Wochenbetts gerade so
gut vor, wie während der Menstruation.
4) Die differentielle Diagnose zwischen H. intraperitonaeaKs
und H. extraperitonaealis ist nicht stets mit Sicheriieit zu
stellen. Tiefes Herabsteigen der Anschwellung spricht Mos
dann fOr einen extraperitonäalen Erguss, wenn dasselbe gleich
von Anfang an beobachtet wurde oder wenn sich die Ge-
schwulst vor dem Uterus beßndet. Was die Disiocatton des
Uterus betrifft, so muss erst nachgewiesen werden, ob Ver^
änderungen in der Stellung der Yaginalportion nidit durch
intraperitonäale Ergüsse hervorgebracht werden können. Die
livide Farbe ist nicht stets bei Blutung ausserhalb des Bauch-
fells vorhanden. — Eine sehr ungleiche Begrenzung der Ge-
schwulst, welche man dabei zugleich vor, neben und hinter
der Vagmalportion fdhlt, spricht für einen Sitz derselben
eitra peritonaeum.
XXIX.
Heber Behandlimg frischer Fälle von Gebflnnutter-
knickungen mittels der Utemssonde.
Von
Dr. Massmaniif
Jüngerem Stadtaccoacbeur zu St. Petersburg.
Allen Geburtshelfern und FrauendrKten ist es cur Genüge
bekannt, wie zahlreich und mannichfaitig die Beschwerden
sind, von welchen die mit Knickungen der Gebärmutter be-
hafteten Frauen, zuweilen während des grössten Theils ihres
Lebens heimgesucht werden und wie viel Mühe und Geduld
es erfordert, ihnen' dauernde Erleichterung ihrer Leiden zu
verschafl^n.- Eine tflngere Zeit fortgesetzte mechanische Be-
handlung mittels intrauteriner Pessarien mag in einzehieii
TOB OebUrrnntterkmokoDgen mittels der Uternssoade. 437
FdlaD von gutem Erfolge gekrdot sejn, immer ist sie es
gewiss nicht, mid bekannt ist es, dass sie nicht immer ohne
Gefahr ist Die Schwierigkeit der Heilung von GebärnHitter-
kaiekuDgen dörfte woU hauptsäcblicb dem Umsitande zu-
zuschreiben sein, dass sie in der Regel im Anfange ihres
Bestehens nur sehr geringe Beschwerden verursachen und
deshalb übersehen werden. Erst wenn die Knickung einen
höheren Grad erreicht und die Kranke sich dann überzeugt
hat, dass die anfangs geringen Beschwerden, statt von selbst
SU verschwinden, albnälig sich verschlimmem und zuletzt sehr
läslig werden, dann erst^ d. k Monate oder Jahre nach ihrer
Entstellung wird die Krankheit erkannt und einer Behandlung
unterworfen.' Dann ab^ ist die Erschlaffung des Uterus-
gewebes, die Verdünnung an der Knickungssteile oft schon
so bedeutend, dass eine radicale Heilung der Krankheit durch
raedianische Hülfe sehr problematisch erschemen muss, wie
denn auch viele Frauenärzte an der wirklich erfolgten Heilung
lange bestandener Uterusknickungen gänzlich zweifeln. Ist
nun die Heilung eines so lästigen und besdiwerlichen Uebels,
wie die Uterusknickungen, wenn sie längere Zeit bestanden
haben, so schwierig, ist der Erfolg der Behandlung so
unsicher, sind die dazu angewandten Mittel selbst nicht un«
gefahrlich, so liegt der Wunsch, . das Uebel in seinem Beginne
zu beseitigen, sehr nahe, und von vom herein lässt sich
wohl erwarten, dass eine Knickung der Gebärmutter bald
nach ihrem Entstehen, wenn noch keine consecutiven Textur-
erkrankungen eingetreten sind, weit leichter und dauernd zu
beseitigen sein muss. Gewiss entstehen die meisten Uterus«
flexionen im Wochenbette, sehr häufig nach Abortus, und wenn
QUA auch ihr Entstehen oft übersehen, die anfangs geringen
disrch sie hervorgerufenen Beschwerden meist auf andere
Ursachen zurückgeführt werden, so ist es um so mehr Pflicht
der Geburtshelfer, bei den von ihnen behandelten Wöchnerinnen
genau nach den Ursachen etwa bei ihnen auftretender Zufalle
zu forschen, es namentlich nicht ausser Acht zulassen, dass
Schmerzen im Unterleibe, Stuhl- und Hambesch werden, lange
anhakepde blutige Lochien nicht selten einer solchen Gebär-
mutterknickung ihre Entstehung verdanken, und unter solchen
Umstanden eine sorgfältige Untersuchung nicht zu verabsäumen.
438 XXIX. Mattmann, Üeb«r B^handlniig frischer Fäll«
Gewiss kann man einc^ solche Knickung, wenn man sie bei
Zeiten entdeckt, dauernd beseitigen und auf diese Weise
manche Frau vor langwierigen Leiden bewahren.
Nur in wenigen Lehrbüchern ist der MhzeitigeD "Be-
handlung der Gebärmutterknickungen gedacht, und es rerlohnt
sich daher wohl, auf die Möglichkeit der Heilungen, sowie
auf die Leichtigkeit, mit welcher dieselben erzielt werden
kdnnen, durdi Mittheilung einiger von mir beobachteten Pille
aufmerksam zu machen. Doch kann ich nicht umhin, vorher
auf die wenigen Worte hinzuweisen, mit welchen sidi Scanzonl
in seinem „Lehrbuch der Geburtshilfe, 2. Aufl., ISSS** ftber
den beregten Gegenstand ausspricht Derselbe sagt nämfich:
„Die Knickungen des Uterus stellen sich im Wochenbette
am häufigsten als Anteflexionen dar und können der
Kranken schon in den ersten Tagen nach ihrer Entbindung
durch, das Auftreten und die ungewdhnKch lange Dauer
schmerzhafter Nachwehen, durch die Begünstigung einer
Metrorrhagie und durc^ den Druck auf die Harnblase
beschwerlich werden. Dasselbe gilt von den seltener vor-
kommenden Retroflexionen.
„Würde eine solche Knickung noch während des Wochen-
bettes diagnosticirt, so beeile man sich, die geeigneten Mittel
noch anzuwenden, bevor die puerperale Verkleinerung des
Uterus ihr Ende erreicht hat; denn versäumt man diese Zeit,
so ist unseren Erfahrungen zufolge die Behandlung dieser
Leiden nur äusserst selten von Erfolg gekrönt. Mögen Kitoi^eh^
C. Mayer u. A. sich der glänzendsten Heiiresultafe zu er-
freuen haben: wir für unseren Theil können uns eines solchen
Glückes nicht rühmen und wollen nur im Vorbeigehen be^
merken, dass wir im Verlaufe eines Jahres fünf von den
Kranken, welche von Kiwisch als geheilt entlassen wurden,
zur Behandhing bekamen, und dass bei Allen die auf dnige
Zeit beseitigten objectiven und subjectiven Symptome der
Gebärmutterknickimgen, bei einigen sogar in höherem C^ade
wiedergekehrt waren. Kes fordert um so mehr auf, die Zeit,
in welcher von einem therapeutischen Einsdtreiten noch Heil
zu erwarten ist, zu benutzen, und wir wurden daher, trenn
die ersten 8 — 10 Tage des Wochenbettes verstrichen und
keine Contrahidicationen gegen das einzuschlagende Verfahren
▼OD GdbftrmatieilcniekaBgen mittela der Uterussonde. 439
vorli'aadeo sind, ntdit s&unien, die RoiekBiig 2u beBeitigen
dureh conseqoent durchgeführtes Einlegen einer Sonde, in
die Uterushöhle, durch die Verabreichung von Seeale cornutum
innerlich und in Klystierform, später durch kalte Injeetionen
in die Vagina und 4—6 Wochen nach der Entbindung durch
adftiringirende Einspritzungen in die Uterushöhle und
durch zeitweilige Cauterisationen ihrer Schleimhaut Das»
man bei der grossen r^eigung des puerperalen Uterus zu
eutinudliehen Affectionen mit all' den angeführten Mitteln vor*
sichtiger zu Werke gehen müsse, als unter den gewöhnlichen
Verhältnissen, bedarf wohl nur der Erwähnung."
In den vier von mir beobachteten Fällen bedurfte es nicht
einmal einer so zusammengesetzten Behandlung, da die ein*
malige Reposition des Uterus mittels der Sonde und einige
Zeit fortgesetzte ruhige horiz(Mitale Lage zur vollständigen
Beseitigung des Uebels ausreichend war.
Erster Fall
Am 2. November 1863 wurde ich zu einer 36 Jahre
aken, früher stets gesunden Schuhmachersfrau gerufen, welche
zwei lebende Kinder, das letzte vor zwei Jahren, geboren
und zwei lAal abortirt hatte, ohne dabei erkrankt zu sein.
V«r 14 Tagen, also etwa am 20. October, hatte sie zum
dritten Male abortirt, nachdem sie etwa. 6 Wochen schwanger
gewesen war. Vor diesem Abortus soll sie an einer Unterleibs-
«otzmkdnng gelitten haben, wegen welcher ihr zwei Venä-
sectionen gemacht und einmal Blutegel gesetzt wurden. Bei
dem Abortus behauptet sie nicht gerade viel Blut verloren zu
haben, hat sich auch bald wieder wohl gefühlt. Am 29. October
ist sie dann plötzlich abermals erkrankt, hat Nachmittags
einen heftigen Schüttelfrost bekommen, der zwei Stunden
gedauert hat, und dem Hitze und Schweiss folgten. Dabei
hat sich heftiger Schmerz im Unterleibe, Auftreibung desselben,
Harndrang mit Schmerz beim Uriniren, Kopfschiperz, namentlich
im Hinterha4q)te und auf .dem Wirbel, Gesichtshallucinationen
und Ohrensausen eingestellt. Es waren bereits abermals
Blutegel auf den Unterleib gesetzt, ferner Pulver, wahr«
scheinlich aus Calomel, gereicht, zugleich gegen die vor-
handene Stuhlverstopfung, Klystiere in Anwendung gezogen
440 S:XIX. MaMsmann^ Ueber Behandlung frischer Ffille
worden, doch war nur wenig harter Stuhlgang erfolgt Am
2. No?ember hatte sich seit Mittag ein Gefühl Yon Wundsein
im Munde und Halse eingestellt, Pat. konnte die Zunge nur
unter grossen Schmerzen bewegen und war nicht im Stande,
verständlich zu sprechen, indem sie ausser den Vocalen fast
nur Zischlaute hervorbrachte. Das Bewusstsein soll immer
ungetrübt gewesen sein. Als ich sie am Abend des 2. November
zum ersten Male sah, klagte sie über Schmerzen in aUen
Theilen ihres Körpers. Der Kopf war heiss und selbst gegen
Berührung sehr empfindlich, die unteren Extremitäten konnte
sie der grossen Schmerzhaftigkeit wegen gar nicht bewegen.
Die Haut war heiss, trocken, der Puls frequent, massig voll
und hart Die Respirationsorgane frei. Die Zunge war belegt
wurde normal vorgestreckt, der Athem übelriechend. Es
fehlten schon viele Zähne^ Der Unterleib vrar mesäg auf-
getrieben, sehr empfindlich gegen Berührung, namentUcb im
unteren Theile. Uebrigeus liess die grosse Schmerzhafügkeit
keine genaue Untersuchung des Unterleibes zu. Der Stuhl war
angehalten, hart, schmerzhaft. Zum Uriniren häufiger Drang.
Das Uriniren selbst schmerzhaft, der Harn sparsam, rotit
Kein Appetit, viel Durst, Schlaflosigkeit Geringe sddeimige
Absonderuqg aus der Scheide. Ich glaubte es mit einer
exsudativen Peritonitis zu thun zu haben, verordnete übrigens,
da bereits eine antiphlogistische Behandlung voransgegangeii
war und wegen der grossen Schmerzhaftigkeit und der
Schlaflosigkeit Morphium aceUcum gr. Vie« dretstündlich, ein
Essigklystier und auf den Kopf kalte Umschläge.
Darauf hatte Pat in der Nacht von Zeit zu Zeit ge-
schlafen und befand sich am anderen Tage (3. Noveodber)
weit wohler. Nach dem Essigklystiere hatte sie zwei Stunden
lang viel brennenden Schmerz im Leibe gehabt und sieh sehr
unwohl gefühlt, dann aber war ihr besser geworden, nachdem
sie eine massige schleimige Ausleerang gehabt hatte. Der
Leibschmerz war danach geringer geworden, der Kopfischminrz
hatte ganz aufhört, Pat hatte viel geschwitzt, der Puls war
weniger frequent und voll. Die Gesichts- und Gehdrs-
hallucinationen waren völlig verschwunden, und bereits nach
dem zweiten Pulver hatte Pat ihre gewöhnliche, vollkommen
deutliche Sprache wieder erlangt. Nur das Uriniren war noch
YMi Qebftrniiitterkiiieknilgdii mhtelfl der Uiefiiaaoikde. 44I
sehr sdiJDereb«fi. Ich Hees sie jetzt das Morphiam vier^
stöndlich nehineD und warme Umschläge auf deil Uiiterieib
appUcireD.
Am 4. NoTembor befand sich Pat. nicht ganz so guL
Es war am Abend vorher wieder Hit^e, Kopfschmerz ein-
getreten, selbst Delirien sollen vorhanden gewesen sein, auch
hatte Pat in der Nacht nicht viel geschlafen. Da kein Stuhl-
gang mehr erfolgt war, so- verordnete ich eine Emulsion aus
Oleum ridni.
In den nfidisten Tagen blieb sich das Befinden der Pat
gleieh. Des Morgens fühlte sie sieh wc^er, des Abends trat
eine Exacerbation ein, dabei namentlich-jetzt vid &reuzschmerz
and Drangen nach dem Becken zu. Obgleich die Emulsion
aus Ol. ricini noch einmal wiederholt wurde, so «rfolgte doch
erst, nadidem am 6. ein Klystier gesetzt worden, StuU-
aoaleenmg. Pat schlief des Nachts nicht, delirirte und stand
sogar eimnal im Dehrium trotz ihrer grossen Schwache au»
dem Bette auf«
Am 8. November Vormittags befand sich Pat ziemlich
woM und klagte jetzt hauptsScUich nur noch über Urin-
beadiwerden, Kreuzschmerz, Stuhlverstopfung. Da sie mir
jetzt mittheüte, dass diese Erscheinungen jeden Abend äusserst
heftig würden, und da sie bemerkt haben wollte, dass bei
dem starken Drängen nach unten etwas aus den Geschlechts^
theileD heraustrete,- so kam ich endlich auf den Gedanken,
eiae Vaginal- Exploration vorzunehmen. Hierbei ergab sich
denn, dass eine Retroflexion des Uterus in so bedeutendem
Grade voitanden war, dass der Utenisgrund etwa in gleicher
H6he mit dem Muttermunde stand, indem er das hintere
Scbeidengewölbe vor sich herabgedrängt hatte. Der Uterus
sdbst war dabei geschwollen und gegen Berührung überall
sehr empfindlich. Ich machte den Versuch, den Uterusgrund
mit zwei Fingern m die Höhe zu heben, musste jedoch der
grossen Scbmerzhaftigkeit wegen davon abstehen. . Ich setzte
nun am Abend fünf Blutegel an die Vaginalportion, wonach
sich Pat etwas erleichtert, namentlich von Kreuzschmerzen
freier fühlte. Ueberhaupt befand sich Pat diesen Abend
wofaler als sonsl, hatte weniger frequenten Puls u. s, w., hatte
442 XXnL. Ma$9mannt Ueber Behuidlimg friseher FfiUe
aber koTB. Torher noch delirirt. Verordnet wurde jeUt ein
EsslftiTel Ol. ricini.
9. November. Es war nur sehr wenig Stuhlgang erfolgt
Pat. hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. Im Uebrigen
derselbe Zustand. Nunmehr rq>onirte ich den Utenis mittels
der Utemssonde, nachdem ich die Kranke vorher cfaioroforonrt
hatte. Die Uterussonde wurde, mit der Concavität nach
hinten gerichtet, eingeführt, die Knickungsstelle mit einiger
Schwierigkeit überwunden, dann aber gelang die Umdrehung
der Sonde und des Utenis leidit und Tollstindig, so dass
der Sondenknopf durch die Bauchdecken deutlich durehzufOUeu
war. Da im Rectum noch beträchtliche Kothmassen angdiäufl
waren, so wurde wieder eine Emulsion aus OL ricini und
em Klysma verordnet und der Kranken unbedingt ruhige Lage
auf dem Rücken anempfohlen.
Bis lum 10. November Mittags war noch kein Stuhlgang
erfolgt, das Harnlassen aber geschah jetzt &st ohne allen
Schmerz, die Kreuzschmerzen waren gSnzlich verschwunden
und ein ziemhch starker Druck auf den Unterteib verursachte
nur geringen Schmerz. Die Untersuchung mittels der Sottde
lehrte, dass der Uterus seine normale Lage beibehalten hMe
und daes die Länge seiner Hdhle 8V4 Zoll betrug.
11. November. Nach emem zweiten Klystier ist endKeh
Stuhlgang erfolgt Pat hat gwt gescUafen, befindet sieh gant
wohl, hat guten Appetit und urinirt ohne allen Schmers.
In den nächsten Tagen bekam Pat des Abends immer
nodi ein geringes Fieber und etwas Kreuzsehmerz, der Stuhl-
gang aber blieb regelmässig und am 14. November überzeugte
ich mich durch Einführung der Sonde von der nornulen
Stellung des Uterus, dessen Hühie jetzt nur noch 2V9 ZoH
lang war. Auch trat jetzt die Menstruation, so reichlich wie
gewühnlich und ohne alle Beschwerden, ein. Am 15. November
stand Pat zum ersten Male auf, sie war jedoch sehr schwach,
und das Gehen wurde ihr sehr sauer. Beim Gebrauche eines
Infus, calami mit Tiuct aromatica aber erholte sie sich allmälig,
war am 24. November völlig von Schmerzen frei und wurde,
nachdem ich mich noch mehrmals durch die Untersuchung
mittels der Sonde davon überzeugt hatte, dass die Lage der
Y0U Gebärmiilterkiitokuigeii mittels der Uteriissonde. 443
Gfibirmiitter normal giebiieben war, Anfangs Decembcr vM%
genesen aus der BehancHnng entlassen.
Zweiter Fall
Ä. «/., Beamtenfrau, etwa 36 Jahre alt, sonst gesund,
hat swei Kinder glücklieb, doch schwer geboren, naeh dem
ersten ist sie drei Monate krank gewesen. Ihre Menses hat
sie regelmässig gehabt, doch sind dieselben stets mit starken
Sehmerzen im Unterleibe und im Kreuze eingetreten, im
October und November 1859 sind sie ausgeblieben, dagegen
haben sieh mancherlei Beschwerden, ähnlich wie in den
frdberen Schwangersdiaften, U<älielkeiten und dergl. eingestellt,
wdcbe yerscfa wunden sind, als im Deceinber sich wieder eine
Blntang aus den Genitalien einstellte. Dies geschah indess
sehr unregehnässig, indem die Blutung zuweilen für 1 — 2 Tage
sofliörte und dami wieder eintrat. Am 27. Januar 1860 trat,
nachdem Pat. einige Tage vorher viel getanzt und sich auch
andere beträchtliche Bewegnngen gemacht hatte, unter heftigen
Kreuz- und Leibschmerzen eine stM*ke Nutung ein, mit
welcher grosse Bhitgerinnsel abgingen, die nicht näher unter*-
sndit worden sind. Die Blutung wurde am folgenden Tage
so stark, dass wiederholt Uebelkeiten und Ohnmächten ein-
Iralen. Naisli Gebrauch von sauren Tropfen und einer ad-
siringtrenden Ifixtur wurde die Blutung sehr massig, aber,
als ich die Kranke am 29. Januar Abends zum ersten Male
sab, hatte sie noch starke Leibschmerzen und ein Gefühl
Ton beständigem heftigem Drängen nach unten. Bei der vor-
genommenen Vaginalexploraüon fand ich den Uterus sehr tief
stehend, die Vaginalportion weich, kurz und dick, den äusseren
Muttermund geöffnet, so dass ich mit dem Finger bis zum
inneren Muttermund eindringen konnte. Der äussere Mutter-
mund war nach vom gerichtet, der innere mehr nach hinten,
der Uterus nach hinten umgebogen, so dass durch das hintere
Scheidengewöibe der Uterusgrund durchzufäfalen war, dessen
Berührung einigen Schmerz verursachte. Ich hob ihn mit
dem Pinger etwas in die H^e, doch verschwand er nicht
vMKg aus dem hinteren Scheidengewölbe. Es war also eine
Retroflexio uteri vorhanden, nachdem wahrscheinlich ein
Abortus vorausgegangen war. Der untersuchende Finger war
444 XZrX. Maarnnamif Ueber BehandlQD|f friseber Falle
wenig mit Blut bescbinutzt. ^kich der Unter«ichiing fäUte
sich Pat. bedeutend vod dem Schmerse und. dem GefäUe von
Drängen erleichtert. Uebrigens war sie sehr anämisch, hatte
einen kleinen, schwachen, beschleunigten Puls und gar keinen
Appetit leb verordnete ihr Bp. Hor{A. acetic. gr^j., Aq.
kiurocer. Sij., mehrmals täglich zu 10 Tropfen zu nehmen,
für den Fall, dass die Schmerzen fortdauern sollten.
30. Januar. Seit gestern Abend hat Pat nur sehr geringe
Sdimerzen ii^ Unterleibe gehabt, aber doch noch das Gefahl
von Drängen im Mastdarme. Ich liess jetzt Pat die Knie-
ellenbogenlage einnehmen 4ind machte die Bepotilion des
Uterus mittels der Uterussonde. Dieselbe gelang sehr lekbt
Die Sonde drang 27« Zoll tief in die Gebärmutteriiöhle ein,
und zwar mit der Concavität nach dem Bectum zu und liess
sich leicht nach vorn umdrehen, so dass Pat über gar keinen
Schmerz dabei klagte und sich wunderte, dass die Operation
so schnell und so leicht beendigt sei. Med.: Oi. rieini iß^
1. Februar. Es hat sich ein Becidiv der Betroflexton
eingestellt, vielleicht weniger bedeutend, als vorher. Pat klagte
über Schmerzen, wie sie sonst bei den Menses gehabt bat
Die Schmerzen der letzten Tage aber sind vergangen, auch
das Gefühl von Drängen zum Mastdarm. Stuhlgang ist gestern
erfolgt Ich machte abermals die Reposition mittels der
Uterussoode, indem ich Pat dieses Mal die Rückenlage bei-
behalten liess, nur mit erhöhtem Becken. Die Reposition
gelang auch dieses Mal sehr leicht, verursachte aber dodi
einigen Schmerz. Die Blutung hatte gänzlich aufgehört
3. Februar. Pat hat noch von Zat zu Zeit Schmerzen
im Unterleibe, die dem Morphium aceticum jedes Mal auf
einige Zeit weii^hen. Der Uterus hat jedoch seine normale
Stellung beibehalten, denn die Uterussonde drang mit der
Concavität. nach vorn leicht und 2Va Zoll tief ein. Pat fühlte
sich noch sehr schwach, zu Ohnmächten geneigt, hatte keinen
Appetit, trägen Stobigaag. Med.: Ap. Rad. rhei, Rad. valerian.
aa 3j., Inf. Aq. ferv. q. s. ad colat 3v., Aether. chlor. 3j.,
S;r. cort aurant 3Jm dreistündlich 1 Esslöffel voll zu nehmen.
5. Februar. Pat war gestern den ganzen Tag, da sie
nichts ass, ohne alle Schmerzen, sobald sie aber am Abend
etwas ass, bekam. sie Schmetten.
Ton OebftrmQtterkiiicInmgeii mittels der ütemssonde. 445
9. Februar. Pat ffiUt sich zwar sehr seh wach, ist aber
ganz ohne alle Schmerzen. Die Untersudmng mit der Utems-
sonde, welche 2 Z»ll tief eindrang, ergab, dass sich die
GebSrraatter in yöUig normaler Lage befand.
13. Februar. Pat. ist so schwach, dass sie bei dem
Versuche, aus dem Bette aufzustehen, ohnmfichtig geworden
ist, hat aber durchaus keine Schmerzen mehr, auch guten
Appetit — Med.: Rp. Acid. phosphor. dil. S/9., Syr. mb.
idaei ^|9., mit Wasser zum Getränke.
Am 18» Februar ist Pat endlich aufgestanden und hat
sich dann unter fortgesetzter robmirender Behandlung allmSiig
erhöh. Am 21. Februar sind die Menses sehr reichlich und
dieses Mal ganz ohne alle Schmerzen eingetreten, sowie Pat.
Aberhaupt ron Schmerzen frei geblieben ist Seitdem sind
die Kataroenien regelmässig und ohne Beschwerden wieder-
gdiehrt bis Ende Mai, wo Pat schwanger geworden ist Am
8. Octobw hat sie die ersten Kindesbewegungen gef&hlt
Dritter Fall.
C. K,y unverheirathete Handschuhnähterin, 18 Jahre alt,
kräftiger Constitution, hatte am 28. December 1858 zum
ersten Male nadi dner normal verlaufenen Schwangerschaft
geboren. Die ersten Tage nach der regelmässig yerlaufenen
Geburt hat sie sich ganz wohl befunden, behauptet auch erst
am neunten Tage aufgestanden zu sein, dann aber hat sich
ein Gefühl von Schwere im kleinen Becken, Stuhlverstopftmgf
so dass sie nur alle 2 — 3 Tage harte und schmerzhafte
Sttthlentleerung hat, und häufiger Drang zum Uriniren ein-
gestellt, welches letztere ebenfalls Schmerzen verursacht Dazu
kommt ziehender Schmerz im Unterleibe, besonders in den
beiden Inguinalgegenden, der die Kranke zuweilen nöthigt,
mit nach vom gebeugtem Oberkörper zu gehen, und grosse
Hattigkdt in den Gliedern. Mit diesen Erscheinungen kam
sie am 10. Februar 1854 in meine Bdiandlung. Der Lochial-
Boss hatte noch nicht ganz aufgehört, war jedoch nur germg
und weiss« Bei der Exploration per vaginam fand ich die
Vaghialportion in normaler Höhe, etwas nach hinten gerftckt,
durdi das vordere Scbeidengewölbe war der Uteruskörper zu
fttden, welcher mit der Vaginalportion einen spitzen WiidLel
446 XXIX. Ma$9mannt Ueber Befattadlmg frifleher FiH«
biMete. NMhdem Pat. zwei Tage lang EnMibio oL ricini
genommen and reichlichere Slnhlansleerangen gehabt hatte,
wurde zur Reposition des anteflectirten Uterus geschritten.
Die Application dei' Uterussonde bestätigte die Diagnose der
Anteflexion, indem die Spitze der Sonde mit plötzlicher
schmerzhafter Ueberwindung der Knickungsstelle' nach rorn
glitt, während der Griff st«rk nach dem Damme zu gesenkt
wurde. Die Sonde drang SVa Zoll tief in die Uterushöhle
ein und der Knopf derselben war durdi die Bauchdeeken
durchzufühlen. Nach der Aufrichtung des Uteraskörpers ward
die Sonde entfernt, der Pat. rohige Ruckonlage durch einige
Tage streng anbefohlen und abermals OL ricini rerordnet,
damit sie immer weichen und leichten Stuhlgang haben sollte
Am 13. Februar befand sich PaL sehr woM, hatte gut
geschlafen und ohne allen Schmerz Stuhlgang gehabt und
Urin gelassen.
Am 14. Februar traten ohne alle Beschwerden die Menses
ein, welche bis zum 17. andauerten. Pat liess den Harn
ohne allen Schmerz, der Stuhlgang blieb aber, so lange sie
das Bett hütete, träge. Am 19. Februar sland sie zum ersten
Male wieder auf, da sie sich völlig wohl fühlte.
Am 20. Februar überzeugte ich mich durdi Eiafühnittg
der Uterussonde, dass der Uterus seine nonrnte Lage bei*
behalten hatte. Zugleich ergab sich, dass die Länge seiner
Höhle 2% Zoll betrug. Er war schmerzlos, sowie seine
ganze Umgebung.
Vierter Fall,
W^O.y ein 37 Jahre altes, früher stete gesundes Frauen*
zimmer, wandte sich am 16. März 1864 an nueh um ang-
lichen Rath. Sieben Wochen nachher war sie nadi normalem
Verlaufe ihrer zweiten Schwangerschaft leicht niedergekommen
und am neunten Tage nach ihrer Niederkunft, wihrend noch
blntige Lochien Torhanden waren, zum ersten Male auf-
gestanden. Bald darauf hatte sidi ein beständiger ziehender
Schmerz in der DtMicöcalgegend, häufiger .Drang zum Uriniren,
Schmerz dabd und StufalTerstopfung eingefunden. Dieselben
Erscheinungen, sowie die blutige Ausschtidmig aus der Gebär-
mutter dauerten noch fort, als sie in meine Behkildhmg kam.
Too 6*1»Aniratt«ilaiiokiuifeii nitt«!« der Uternsaonde. 447
Im Uebrigcü be&nd sieh die Kranke wohl, hatte weder Fieber,
noch soDslige Besdiwerden, gulen Af^etit und stiUte ihr Kind
seihet. Der Schmerz in der rechten Inguinalgegend wurde
durch Druck vermehrt Bei der irnieren Untersuchung ergab
sieh Folgendes: Die V^^aiportion war sehr kurz, mit Ein-
rissen Tersehen, fast noch gar nicbt xuräekgebildet, sie stand
8^ hoch und war mit dem Muttermunde fast horizontal gegen
üe KreuzheinaushdMung gerichtet Der Uteruskdrper liess
sich nadi vom hin verfolgen, er lag fast wagerecht, der
Uteiusgrund um weniges höher, als die Vagindportion, das
vordere Scheidengewölbe vor sich herabdrangend. Druck gegen
den Uterus verursachte Schmerz. Der unterstfcheode Finger
war betpftchtlich mit Blut beschmutzt. Die Diagnose wimle
von mir auf eine Anteflezion der Gebfirmutter gestellt und
vorlittfig ein lofusum sennae compositum verordnet, welches
melffere reichliche Stahlansleerungen zur Folge hatte.
Am 18. März fAbrte ich die üterussonde ein, mit der
Concavität nach vom. Sie drang,' indem ich den Griff allmälig
nach dem Damme hin senkte, TV« Zoll tief ein, und zwar
glitt sie nach einem mehrmals wiederholten , plötzlichen aber
leichtem Buek, wie nach Ueberwindung mehrerer Knickungs-
atdlen, vorwärts und mit ihrer Spitze etwas nach rechts.
Der Uterus wurde dann so weit aufg^icbtet, dass man den
Sondenknopf etwas unterhalb des Nabels und 3 Linien rechts
von der Linea alba durch die Bauchdecken durchfühlen konnte.
Darauf wurde die Sonde wieder entfernt und der Patientin
honzonfiile Rflckenlage anempfohlen und Ol. ricini verordnet,
damit sie inmier weichen und lachten Stuhlgang haben sollte.
Nachdem Pat in den nächsten Tagen ganz frei von
Schmerz und Hambeschwerden geblieben war, bekam sie am
20. März Abends wieder einen heftigen Schmerz in d^r rechten
Inguiualgegend, der sie in der ganzen folgenden Nacht nicht
schlafen liess.
Am 21. März dauerte dieser Schmerz fort, und es war
in der rechten Ingoinalgegend eine kugelige, renitente Ge-
schwulst zu fühlen. Druck auf diese vermehrte den Sdimerz.
.Med.: Gataplatfmala emoDientia.
22. März. Nach den Breiumschlägen haben die Sdimerzen
ai^hört Ich führte abermals die Üterussonde ein. Dieselbe
448 '^SXIX' Maumann t üeber B«haiidlang; fVis6her F&lle
drang leicht in der Beokenaxe SVs ZoU tief ein, so dass der
Sondenknopf sehr deutlich eine starke Handbreit Ober der
Symphyse durch die Bauchdeeken diirchzufUhlen war, fast als
ob er dicht unter der Haut wäre. Die Geschwulst in der
rechten Ingninalgegend verändo'te dabei ihre Lage nicht, auch
war dieselbe bei der inneren Untersuchung rechts neben der
Vaginalportion zu fahlen und schien etwa die CMsse eines
grossen Apfels zu haben. Ihre Berührung yertirsachte Schmers.
Die blutige Absonderung aus der Gebärmutter hatte einer
schleimigen Secretion Platz gemacht. Ich nahm hiernach an,
dass ein Abscess in der rechten' Beckenseite, vielleicht im
Eierstocke vorhanden war, der vieileiclit von vom herein schon
neben der Antefiexion des Uterus bestanden haben mochte,
liess die Kataplasmen fortsetzen, Unguentum hydrargyri cinereum
einreiben und verordnete innerlich Ol. ricini bei schmaler Kost.
Am 27. März drang die Sonde ebenfalls noch SV« Zoll
tief in den Uterus ein und der Sondenknopf war etwas links
von der Linea alba deutlich durchzuffihlen.
Am 30. März klagte Pat. wieder über Harndrang. Med.:
Dect fol. uvae ursi.
Am 2. April war der Harndrang weniger stark, dagegen
hatte sich seit Mittag ein Schmerz über den ganzen Unterleib
eingefunden, der bei Druck zunahm. Pat. fieberte etwas,
hatte Kopfsdmierz, belegte Zunge. ~ Med.: Rp. Calomel gr.ij.,
Opn gr. Ve, Sacch. gr. v., M. f. pulv. D. tal. dos. No. VI., D8.
dreistündlich ein Pulver. Aeusserlich Ol. hyoscyami coct
3. April. Pat. hat etwas geschlafen und fühlt sich wohier.
•Der Schmerz ist nicht mehr so heftig. Sie hat erst drei
Pulver genommen, einmal Stuhlgang gehabt, mit dem Eiter
abgegangen sein soll. Vielleicht war der Abscess in das
Rectum durchgebrochen. Med. contin.
5. April. Pat. bekam gestern Abend, nachdem sie sich
bis dahin ziemlich wohl befunden hatte, wieder heftige
Schmerzen im Unterleibe, dabei häufiges Drängen zum StuMe
mit geringen Ausleerungen (in der Nacht 14 Mai). Kein Fieber,
•warme feuchte Haut, ruhiger Puls. — Med.: Rp. Pulv. Doweri
3j., divid. in p. aeq. No. IV., DS. zweistündlich ein Pulver.
6. April. Nach den Pulvern haben die Schmerzen so-
gleich nachgelassen und Pat hat die- Nacht gut geschlafen.
▼on GobftraimtUrkDiekiiageD mitteli der Uterossonde. 449
StuhlaiideeruDgen noch bfiufig. Med.: Rp, lofus. ipeeac. c.
Tinct opü.
7. April. Pat. hat ziemlicb gut geschlafen uod nur noch
hek Berührung des Unterieibes Sdimerz. Seit gestern kein
Stahlgang. . Hambescbwerden sind nicht mehr vorhanden. Der
Appeüt findet sich wieder ein.
8. April. Sttthlverstopfung und wieder mehr Schmerz.
Rp. Ol. riciai.
9. April. Pat ist ohne allen Sdimerz und befindet sich
ganz wohL
12. ApriL Pat ist aufgestand^ und fühlt sich ganz wohl,
nur etwas schwach.
20. April. Pat ist- völlig genesen und bekommt wieder
ein blähendes Aussehen. Die «Geschwulst in der rechten
Inguinalgegend ist versehwunden, die Vagmalportion inun^
nodi kurz, (loch weniger dick. Die eingeführte Sonde dringt
in normaler Richtung und nur noch 2^/^ Zoll tief in die
Uteruahöhle ein und ihi* Knopf ist dicht über der Schambein-
Symphyse durch die Bauchdecken durchzufühlen.
Es sei mir -vergönnt, an die Mittheilung dieser Beob-
ael^ngen noch einige Bemerkungen anzuknüpfen.
1) Welches in jedem der vier angeführten F&lle die
Ursadhen der Uterusknickungen gewesen seien, ist schwer
mit Bestimmtheit anzugeben. In den beiden letzten Fällen
lässt sich wohl annehmen, dass die voraufgegangene Geburt
zu ihrer Entstehung die Veranlassung gegeben hat Ob in
den beiden ersten Fallen gerade der letzte Abort die Ursache
ihres Entslehens gewesen ist, kann fraglich erscheinen: mög-
licher Weise ist che Knickung schon im Gefolge einer früheren
Gebart entstanden un4 hat ihrerseits zum Abortus geführt.
Es lässt sich das um so melir vermutiien, da die erste Kranke
früher schon zwei Mal abortirt, und die zweite an Dysmenorrhöe
gelitten hatte. Wenn dem so wäre, so liesse sich daraus
folgern^ dass die UteruskniekuDgen nicht bloss im ersten
Anfange ihres Bestehens, sondern dass auch ältere Flexionen
zu der Zeit, wo der Uterus sich in der puerperalen Involuti<m
befindet, auf die beschriebene einfache Weise mit Erfolg
bdiandek werden können.
Monateaelir. f. QebttrUk. 1861. Bd. ZTH., Hft. 6. SO
450 XXIX. Maunuinnt üeber B«lMiidlong Api«oli«r FiU«
2) Wenn die durch die Schwangencbtft herbeigefShrte
Vergröfiserung des Uterns und die Schlaffheit seinea Gewebes
im Wochenbette gewiss mit Recht als die Ursache anzusehen
ist) warum im Wochenbette und namentlich nach Abortus so
häufig Knickungen m Stande kommen, so sind andererseits
diese wieder die Veranlassung zu einer mangdhallea Rdcfc-
hiidung der Gebärmutter. Dies beweist der UmstaDd, dasa,
so lange die Knickung des Uterus bestand, dieser sich nkbt
oder doch nur sehr unvollkommen zurfickbüdete, wlhreod die
Involution sehr schnell Tor . sich ging, sobald die Knickimig
belieben wurde. So betrug im ersten Falle die Länge der
Utenishöhle drei Wochen nach dem in der sechsten Schwangeiv
Schaftswoche erfolgten Abortus noch 3V4 ZoU, fünf Tage
nach der Reposition nur noch 2% ZoU. Im dritten Falle
hatte die Uterushöbie sechs Wochen nach einer normako
Wiederkunft eine lünge von SV^ Zoll, acht Te^gd nach der
Aufrichtung des Uterus fand sich bei der Untersnohoog die
normale Länge von 2% Zoll, welche indessen vielleiGht auch
schon früher dagewesen ist, nur nicht coDStatirt wurde, da
früher keine Untersuchung gemacht ward. Im vierten Falle
betrag die Länge der Uterashöhle sieben Wochen naeh einer
normalen Niederkuft noch 7% Zoll, bereits am vierten Tage
nach der Reposition war die Länge der Utenishöhle bereits
auf 6% Zoll reducirt. Wenn die liuaf Tage später vor-
genommene Untersuchung dieselbe Länge nachwies, so ist
der Grund dieser retardirten Involution wahrscheinlich in der
inzwischen au^^etenen entzündlichen Affection in der NacU)ar-
Schaft des Uterus zu suchen, denn nach Beseitigung dieser
schritt die Ruckbiidnog so schnell fort, dass die eüien Monat
nach der Reposition vorgenonunene Untersuchung die Domaaie
Länge des Uterus von 2% Zoll constatirte. Leider wnrde
inzwischen keine Messung der Gebärmutterhöfale weiter vor-
genommen, sonst hätte sich vielleicht nadiweisen lassen, daas
die Länge derselben schon weit froher auf ihr normales Maaas
reducirt war. Im zweiten Fale könnte es scheinen, afe sei
die Rückbildung des Uterus durch die Knickung desselben nicht
aufgehauen worden, da die Länge 6«ner Höhle drei Tage
nach dem muthmaasslich erfolgten Abortus nnr 2 V« ZoB betrug,
allein es ist zu berücksichtigen, dass die PatientiD ibarhan|pt
▼OD G^VftromtterkfiSckBDgen mittels der UternMonde. 4Ö1
Dv sehr kurze. Zeit sehwanger war, und dasa aaeb erfolgter
Ceradriehtung der Gebärmutter deren ESble sich nocfa um
V^ Zoll Terkürste.
3) Daas die eimnalige Geradatellung der Gebarmatter
miUeis der UerussiHide und nachfolgende mbige bortzoBlale
RAekenlage wirklich zur Beseitigung der Knickung himreidbend
WM^n, gebt daraus faern»r, dass die durch die Flexion hervor-
gerufenen Beschwerden, Schmerzen im Unterleibe und iift
Krmize^ häufiges Drängen zum Uriniren und tum Stuhlgänge,
sdunerzhaftes Hamlasseu und sdinierzbafte Deiacation u. s. w.
nnnittelbar nach der Repo8itk)n sehr bedeutend nachlassen
and sich sehr bald gänzlich verloren, und dass die später
■Mbnoak wiederholte Application der Sonde erwies, dass der
Uterus seine normale Stellung beibehalten hatte und die bis
dahin unteiiirochene Rückhikiung desselben ihren normalen
Fertgang nahm. Nur im zweiten Falle trat nach der ^sten
Reposition ein Reoidiv der Retroflexion ein, welches durch
eine zweite Reposition dauernd beseitigt ward. Man könnte
einwenden, dass in soldien Fällen von Gebärmutterknickungen
eine Naturheilung möglich sei, dass die . Rückbildung des
Utenis auch ohne Anwendung der Sonde zuletzt ihr normales
Ende erreidit haben und damit auch die Knickung beseitigt
sein wurde. Es muss indessen erst noch bewiesen werden,
ob eine solche Naturheiking überhaupt je vorkommt, wahr-
scheinlich aber ist es nicht, dass eine Knickung, die 6 oder
7 Wochen lang bestanden hat, von selbst rückgängig werden
sollte, besonders wenn die Kranken sich ihren gewöhnlichen
Beschäftigungen hingeben. We erste Kranke hatte schon, bevor
die Gebärmutter mittels der Sonde aufgeriditet wurde, längere
Zeit das Bett gehütet, aber die RetroOexion bestand trotzdem in
sehr hohem Grade fori, ja schien sidi sogar während dieser Zeit
verschlimmert zu haben. Dass innere Mittel auf die Geradrichtung
der geknickten Gebärmutter irgend welchen Einfluss haben
sollten, wird woU (ausser Homöopathen und Rademadierianem)
Nieaiand glauben, nur halte ich es allerdings für nothig, für
Entleerang der RIase und des D«rmes nach der Reposition
gehörig Sorge zu tragen, um dadurch RecidiveB vorzubeugen,
die gewiss leicht entstehen können, so lange die Rückbildung
im Ultrtis nicht ihr Ende erreicht hat
29*
452 ^^^* Behm, Bdricht über 4ie LeistaSfen
Ob maß in allen ähnlichen Fällen so glücküdh sein wird,
4ie GebärnmUerknickimgen im Wochenbette oder bald nach
Ablauf desselben auf so einfache nnd leichte Weise daaemd
zu beseitigeo, ist eine andere Frage, wdche ich nach ineinen
wenigen Erfahrapgen zu beantworten nfdit rni Stände Ua.
Uebrigens ' befinden sich gerade jetzt nodi drei Patientinnen
iii meiner Behandlung, welche ich durch «in gleJcbes Yer£aiiren
Von • Gebärmutterknickungen befreit habe, ich behalte mir
indessen die Mittheilung der. hetreifenden Krankengeschicht^i
bis auf eine spätere Zeit vor, wo ich mich überzeugt haben
werde, dass der Erlolg der fiehandhmg ' ein dauernder iat
Sollten die Sonde und die ruhige Ruckenlage in eiozeineii
Fällen nicht ausreichen, so würde es immer nootk Zeit sein,
den von 8camoni empfohlenen Heilplan zu befolgen. Jedenfalls
aber komme ich darauf zurück, den Geburtshelfem die Berück*
sichtigung der auf eine Uterusflexion hindeutenden Symptome
im Wochenbette oder nach Abortus, und falls sich bei der
Untersuchung eine Knickung finden sollte, ihre zeitige Be*
handlung eindringlichst zu empfehlen.
XXX.
Bericht über die Leistungen des Eöniglichen
Hebammeninstituts zu Stettin wftbrend der
Jahre 1834—1859.
Vom
Geh. Medieinalrath Dr. Behm.
(Fortsetzung.)
Weniger zahlreich, aber rielleicbt belehrender noch, ab
die Unterstammgeburten, waren für die Hebammen-Scbfilerinnen
diejenigen Kindeslagen, bei denen der Ljingendurchmesser der
Frucht nicht mit dem Längendurchmesser der Matter uberdn-
sümmt, die Schief- und Querlagen. Die wenig erfreu^
Heben Ausgange, welche diese Kindeslagen init der ihnen
des R. HebammeniDstitats cn Stettin etc. 458
gewidmeten KunsthoUie noch häufig und selbst unter der
Hand genbter Geburtshelfer darbieten, haben dieselben seit
Anfang meiner praktischen Laufbahn zu einem Gegenstände
meiner besonderen Vorliebe gemacht. Die Wiehtigkeit der
Sache möge es entschuldigen, wenn ich derselben etwas
regere Theilnahme schenke. Von der richtigen Erkenntniss
dieser Lagen ist die richtige Behandlung am meisten ab*
hängig, und doch hat die richtige Erkenntniss, d. h. die
genaueste Bestimmung aller für das Handeln nothwendigen
diagnostischen Momente nicht selten ihre Schwierigkeiten.
Geht man aber von dem Gesichtspunkte aus, dass diese Lagen,
sicher wenigstens die Schieflagen, höchst selten primäre sind,
sondern meistens aus Geradiagen hervorgebildet wurden, und
ist man bemäht, den frrweg ausfindig zu machen, auf welchem
die urspröngliche Lage verlassen wurde, so gelingt es meistens,
wenn man rechtzeitig wirken kann, die regeldiässige Lage
wieder herzustellen, dadurch die Geburt zu erleichtern und
das Leben des Kindes sicherer zu erhalten. Da nun bei
Kopflagen, als den halbsten aller Kindeslagea überhaupt,
wenn der Kopf regelwidriger Weise den Beckeneingang ver-
lässt, der Hals als höchst bewegliches Glied am oberen Theile
des Rumpfes sofort seitlfeh eingebogen wird, so gleitet alsbald
die Schulter in den Beckeneingang herab, indem zugleich
das Sleissende des Kindee sich diagonal dem Kopfe gegenüber
in die entgegengesetzte Seite des Muttergnmdes einlagert.
Daher sind unter allen Schieflagen die Schulterlagen die
häufigsten. Da nun ebenso wieder unter den Kopflagen die-
jenigeD die häufigsten sind, bei welchen die Ruckenfläcbe des
Kindes der vorderen Beckenwand zugewendet liegt, so müssen
aus gleichen Ursachen auch wieder diejenigen Schulterlagen
die häufigsten sein, bei welchen die Rückenfläche des Kindes
der vorderen Beckenwand zugekehrt ist, d. h. die sogenannten
ersten Unterarten. Für die Bestimmung, nach welcher Seite
bin der Kopf ausgewichen sei, ist in den meisten Fällen die
Cooformation des Unlerleibes und der Gebärmutter mit Erfolg
zu benutzen, und nach der Lage dieser im ersten oder zweiten
schrägen Durchmesser ergeben sich mit Leichtigkeit einerseits
die erste und vierte, andererseits die zweite und dritte Ai*t
der Scbttlterlagen. Von dem geringsten Werthe ist die Frage,
454 X^^' Btikm, Bericht ttber die lieietnnir«»
ob auf seiner Seite der Kopf mehr nach vom oder mehr
nach hinten ausgewichen sei, d. h. ob einerseits die erste
oder vierte, andererseits die zweite oder dritte Art vorhanden
sei. Nach diesen Wahrscheinlichkeitsgraden fnr die einzelnen
Schnlterlagen, welche im speciellen Falle durch eine sorgfaltige
Untersuchung mit mehr oder minderer Sicheriieit zu ermilteh
sind und welche bei regelmässiger Beckenbildung nicht leicht
irre fähren, wird sich das Handebi leicht bestimmen lassen,
indem zugleich nach Ermittelung derselben bei lebenden
Früchten die Lage der Füsse stets mit Sicherheit zu be-
stimmen ist; und da in den meisten Fällen bei Schieflagen
die Wehen während der ersten Geburtszeiträume sdiwach sind,
so wird man in überwiegender Zahl der Fi8e durch die
nicht genug zu empfehlende Wigand'sche Methode die Gerad-
lage herzustellen im Stande sein, wenn man sich nicht durdi
eine Unklarheit in der Diagnose zu einem übereilten Handein
hinreissen lässt. Von diesen allgemeinen Geaiehtspunkten
machen nur diejenigen Fälle eine Ausnahme, in welchen die
Sdiieflagen sogenannte primäre waren, und dies wieder ist
nur dann der Fall, wenn die Gebänmitter selbst übel coih
formirt und dadurch zu einer ungleichmässigen Ausdehnung
gelangt ist Haben sich auf diesem Wege partielle Aus-
buchtungen in den Wandungen des Fruchthälters gebildet, so
sinken vorspringende oder besonders bewegliche Theife der
Frucht leicht in diese eines geringeren Widei*staodes fiUgen
Stellen hinein und sind nicht leicht wieder aus denselben zu
entfernen; die dadurch sich bildenden Schieflagen bleiben bis
zum Eintritte der Geburt bestehen und erfordern dann metslen-
theils operative Hülfe. Reine Schieflagen der Gebärmutter
stehen zwischen beiden genannten Hauptarten mitten inne,
sind aber meistens rücksichtlich der Behandking de» ersicren
an die Seite zu stellen.
Indem ich von den im Hebammeninstitute beobachteten
hierher gehürenden Geburten diejenigen Fälle übergehe, bei
welchen schon in der Schwangerschaft die regelvridrige Kindes-
lage auf dem angegebenen Wege verbessert, und. in regel-
mässige umgewandelt wurde, möge es gestattet sein, diejenigen,
bei welchen noch nach begonnener Geburtsarbeit die regel-
widrige Lage bestand, näher und einzeln zu erwähnen:
des K. Hebftmmefitiutilutfl un Stettin etc. 455
Schutteriagen kamen seeba Mal vor. Vier davon wurden
noch im Laufe des ersten und zweiten Geburtszeitraums, darunter
eine nach Abflugs des Wassers, in Scheitellagen umgewandelt
und so die Kinder lebend geboren; eine wurde mittels der
Wendiii^, ebenfalls unter Erhaltung des Kindes, beendigt, die
aeebste wurde durch Selbatentwickelung des Kindes beendigt,
wobei Letzteres zu Grunde ging. Querlagen kamen dagegen
nur drei Mal zur Beobachtung; die erste wurde durch Selbst-
wendung in eine Scheitellage umgewandelt und ergab ein
lebendes Kind; die zweite, wobei die Nabelschnur vorgefallen
war , musste durch die Wendung beendigt werden und ergab
ebenfalls ein lebendes Kind; die dritte, ebenfalls mit Vorfall
der Nabelschnur complicirt und mittels der Wendung beendigt,
hatte wegen Beschränkung des Beckens den Tod des Kindes
zur Folge.
1. Die Schwangere N. 18, eine kleine brünette Mnltipara,
24 Jftbre alt, mit etark^m Hftsgebanch, liess beim Beginne der
Gebart darch den noch wenig geöflfneten liuttermand keinen
▼erliegenden Kindestheil, vielmehr lediglich eine reichlich jpiit
Fraebtwas«er erfüllte Blate erkennen. Bei der äasseren Unter-
• ftnebniig seigte «ich der Unterleib gleicbmäesig ansgedefant, der
Mnttergrund wegen des Hiingebau<;hs nur bis xum Nabel empor-
ragend. £rst als nach mehreren Stunden die schwachen Wehen
den Matte rgrond mehr erweitert halten , wurde ausser der Webe
in den erschlafften Eihäuten ein beweglicher randlicher Körper
entdeckt, welchen man für die linke Schulter des Kindes halten
mnsate, da nach yorn in der Gegend des rechten eiförmigen
Loches eine grössere abgerundete Knochenparthie erreichbar
wurde, welche nur der Kopf sein konnte. Es wurde daher eine
Seitenlage nach rechts angeordnet und während der Wehen vor-
sichtig das im zweiten schrägen Durchmesser liegende Kind mit
beiden Händen in die Geradlage hinübergedrängt, was den Erfolg
hatte, daas sehon nach einigen Wehen die Schulter aus dem
Beckeaeingange verschwand und der Kopf in denselben herab-
glitt, woselbst er nun durch Sprengung der Blase fizirt wurde.
Bald danach wurde das Kind, ein kräftiger Knabe aus zweiter
Scheitellage lebend geboren.
2. Die Schwangere N. 142, eine schwächliche, dürftig ge-
nährte. Multipara .zeigte bei den ersten Untersuchungen während
I ihres Aufenthaltes im Hebammeninetitute wiederholte Umänderungen
der Kindeslage. Im achten Schwangerschaftsmonate aufgenommen,
I ergab sich der Kopf als unverkennbar im Beckeneingange vor-
Uegender Kindestheil. Nachdem die Schwangere in Folge einer
456 ^22- Behm, Bericbi über die Lelstan^M
Erk&liang mekrere Tage an einem heftigen Erbrechen gelitten,
welches sie nÖthigte , anausgesetst auf der linken Seite sn liegen,
glitt der Kopf ans dem Beckeneingange empor, and die n&chsten
Untersnchnngen liessen einen breiten fleischigen Kindestheil ent-
decken, an welchem ungleiche,, bewegliehe nnd härtere Theile
nnter der Hant lagen. Die Snssere Gestalt des Unterleibes war
ungeachtet einee massigen HUngebanches »doch dentlieh pack
der Richtung des swelten schrägen Durchmessers vervogen« Un-
geachtet jetzt eine Seitenlage nach rechts angeordnet wurde,
so änderte sich dennoch die Kindeslage nicht wieder um, Tor-
süglich, well die etwas ungebärdige Person die angeordnete
Seitenlage nicht con8e((ttent genug beobachtete. Als bei der
beginnenden Geburt der Muttermund sich genügend- erweitert
hatte, wurde durch die noch stehende Blase die hintere Fläche
des Halses durch die vorspringenden Dornfortsätse der einzelnen
Wirbelbeine, und die Nabelschnur um den Hals liegend und
kräftig pulsirend, erkannt. Nachdem nunmehr während der
nächsten Stunden eine Lage auf der rechten Seite beharrlteh
durchgeführt und während der Wehen in der rechten Weiche und
dem linken Hypochondrie gegen die hier hervorragenden Enden
des Kindes ein anhaltender Druck mit den flachen Händen aus-
geübt war, glitt der Kopf endlich vom rechten Sehoossbeine ab
und stellte sich in der vierten Scheitellage in den Beckeneingang,
welche bald nachher in die erste überging; und da die Wehen
■u cessiren begannen, so wurden einige Gaben See. com« gereiehti
welche bald die Geburt eines lebenden Mädchens vermitteUeni
dem die Nabelschnur zwei Mal um den Hals geschlungen war.
8. Die Schwangere N. 681, eine grosse kräftige Blondine,
kam in den ersten Tagen des Februar 1858 aas dem eine halbe
Meile von der Stadt entfernten Dorfe Bredow Vormittags 11 Uhr
mit Wehen in's Institut. Die sofort vorgenommene Untersuchung
ergab äusserlich einen nach der Richtung des ersten schrägen
Durchmessers verzogenen Unterleib, an dessen Fläche keine
Kindestheil e mit Sicherheit zu erkennen waren. Innerlich zeigte
sich p. p. der Mntterhals verstrichen, der Muttermund von der
Grösse eines Viergroechenstücks erweitert, die Mttttermtandslippen
straff, geschwollen, bei der Berührung schmerzhaft. Dureh das
Scheidengewölbe wurde ein fleischiger, nicht sehr nmfangreioher
Kindestheil noch über dem Beckeneingange stehend, entdeckt,
der jedoch im Muttermunde selbst nicht erreicht werden konnte,
da wegen der grossen Empfindlichkeit des Mutterhalses das
tiefere Eindringen des Fingers au vermeiden , .überdies die noch
stehende Blase sorgsam zu schonen war. Nachdem die Person
in ein warmes Lager gebracht, auch sonst genügend erwärmt war
und einige Dosen Dover^scheB Pulver genommen hatte, verloren
sich die vorhandenen Leibschmerzen mehr und mehr und hörten
de6-K..Heb»mmflBlii8tliatB «i dtettin «tc. 467
^^B Abend gÜBsUeb auf, •• dasi die folgfende Neebt fMt nntM>
deoernd rahigem öeblafe Terbreebt wurde. Bei der am anderen
Ta§^ Yorgenommeneii Untersuebang aeigte sieb die Kiadeelage
siebt verändert. Gegen Abend des «weiten Tages stellten sich
wieder Weben ein, welebe «war auf den Gebnrtsyetlanf fordernd
einwirkten, dabei aber bo nttgrwobnUcb scbmemhaft waren, dnas
anf eine noob sorfickgebliebene rbenraatisoh-spaetisebe TbXtigkeit
ge'sebloseen werden mnsste. Naebdem ein Klistier mit Tr. Opü
gereicht worden war, wnrde die GebnrftstbXtigkeit regelrnttesiger,
and naebdem der Mattermnnd sieb mebr erweitert hatte, wurde
als vorliegender Kindestbeil die* gegen den vorderen Beckenrand
gelagerte rechte. Schulter erkennbar, von welcher aus der Oberarm
nach der- hinteren • rechten Beekengegend verlaufend, verfolgt.
werden kennte. Es fand mithin die erate Scbnlterlage , erste
Unterart, statt. Die Person wurde nun anf die linke Seite
gelagert, und der - im rechten Hypoehondrium Hegende 8teiss
sanft gegen die Heragrabe gelängt , worauf nach einigen Wehen
der Kopf des Kindes vom linken Behoossbeine in*s Becken glitt,
wo er sofort die erste Seheitellage annahm. Der weitere Gebnrtsr
verlauf erlitt nnn keine Störung- mebr, und Morgens gegen 4 Uhr
wurde ein lebende» IfAdchen geboren.
4. Die Schwangere N. 484, Primipara^ kam am (V. Februar 18&4
Morgens 7 Uhr in das InsHtnt , nachdem sie bereits vor mehreren
Standen das Fruchtwasser verloren hatte. Der Unterleib neigte
sieh fast kugelförmig gestaltet, der Muttermund wenig über dem
Nabel emporragend and so fest aasammeageiogen , dass sich das
ganae Gefttge wie ein Brett anfühlte (Tetanus uteri), weshi^b
denn aneb Oberhaupt noeh keine Kindestheile darobsnfiihlen waren»
Innerlich neigte sieh der Scheidentheil verstrichen, der Mutter*
mund linsengross , dicht hinter der Schoossfuge stehend, der
Beekeneingang leer. Erst wenn bei aufrechter Stellung der
Person der etwas nach vom fiberbttngende Leib stark in die Höbe
gehoben wnrde, trat ein rundlicher unebener Kindestheil von der
Sehoossfuge in den BeekeneiDgang herab, der jedoch durch das
Scheidengewölbe nicht mit Sicherheit diagnostlcirt werden konnte*
Nachdem die Person anf- warmer Lagerstätte durch einige warme
Labnngsmitlel von der Brkältnng, welche- sie auf dem Wege num
Institnte erfahren hatt^, restanrirt war, stellten sich Anfangs
schwache, dann allmälig stärker werdende regelmftssige Wehen
ein, die im Laufe des Tages die Geburt so weit förderten, dass
durch den erweiterten Muttermund die erste Sehulterlage, erste
Üntetart, erkannt werden konnte. Obgleich wegen des schon
erfolgten Blasensprunges der Fall su den misslioheren gehörte,
so entsehloss ich mich dech, mit der Wendung noch an warten,
und die Ueberfiibrung in eine Seheitellage eu versuchen. Die
Person wurde auf die linke Seite gelagert und der in der linken
458 ^^X- B^hm, Bericht über die LelsteDgen
Ingalnalgegend aafetobeade Kopf beharriieh dem BeekeneiDgA^e
sugedr&ngt und angleioh d«rch sanften Druck gegen den Siels«
des Kindes dieser dem Epigastrinm augesehoben. Auf diese
Weise gelang es denn wirklich im Laufe des Nachmittags den
Kopf in den Beekeneingang herabauleiten ,' der alsbald die erste
Scheiteilage annahm. Der weitere Verlauf bot keine Begelwidrig*
keiten weiter dar, als dass wegen des su frith abgeflossenon
Fruchtwassers die Tollstilndige Eröffnung des Muttermundes etwa«
langsam erfolgte , so dass die Geburt des kräftigen, lebenden
M&dchens erst 24 Stunden nach Ankauft der Mutter im lastituftei
den folgenden Tag, Morgens früh erfolgte.
6. Die Schwangere N. 627 war erst wenige Tage im Institute
und noch nicht Ton mir untersucht, als sie bereits anfing au
kreisen. Die Untersuchung ergab durch die nec^ stehende Blase
wieder die erste Schulterlage, erste Unterart. Wahrscheinlich
war die ungewöhnliche Menge von Fruchtwaaser die Ursache,
dass die angeordnete Seitenlage ynd das gewöhnliehe Verfahren
aar Ueberfahrung der Schief läge in eine G^radlage nicht aus-
reichte. Da Bugleich die Eihüute sehr dünn waren und hei
Hlngerem Abwarten und YoUstSndiger Eröffnung des Muttermundes
ein Riss derselben unter uagönstigen Umständen möglich war,
fo sog ich es vor, bei noch stehender Blase die Wendnug auf
die Fösse au machen, wodurch binuen wenigen Minuten ein
kräftiges Mädchen entwidcelt wurde.
0. Der letate und interessanteste Fall einer Sohieflage
ereignete sieh bei einer 46 jährigen Wittwe (N. 434) aas der Hefe
des Volkes, die mit einem Strassenbettler in wilder Ehe lebend,
in den Viehställen der Landleute au nächtigen gewohnt was,
endlich aber durch die Winteckalte genöthtgt wurde, menschlicheie
Wohnung an suchen. Von Frost erstarrt, mit LumjMu bedeckt,
halb Terkungert, kam sie In dett lotsten Tagen jdes Februar 1S58
in's Institut. Die Untersnchmig der grossen, hagerea, stark-
kuoehigen Frau bot nichts Ungewöhnliches dar. Der Unterleib
war swar bedeutend, aber doch gleichmässig ausgedehnt, im
Becken der Kopf des Kindes Yorliegend« Am 16. Marx stellten
sich Wehen ein, welche langsam und träge wirkten ond. ohne
weitere Regelwidrigkeiten des Verlaufs eUdUeh am 17. Mäjs
Morgens S Uhr ein 6 Pfund schweres und 18 Zoll langes M&dehen
au Tage fSSrderten, welches sich in der ersten 8oheite41age aur
Oeburt gestellt hatte. Gleich nach der Geburt dieses Kindes
ergab sieh die Anwesenheit eines a weiten in der Gebärmutter.
Die Blase desselben stellte sich sofort in deu Muttermund und
bald wurde der Kopf des sweiten Kindes auf ^em Darmbeine
und neben ihm eine Hand des Kindes gefühlt. Da erwartet werden
konnte, dass bei weiteren regelmässigen Wehen der Kopf in's
Becken herabgleiten würde, so wurde für den Augenblick eine
des K. Hebanmeiiiiislitats xn Stettin etc. 4ßi
weitere KnnatMUfe nlebt nöthigr eiracfatet. Als jedoch beMdeneok
ia einer sehr krftlligeB Wehe die ßlase eprang, stfirste mit dem
reichlieh abfliessenden Fmehtwasser sofort die vorher gefühlte
rechte Hand des Kindes dnrcb den MntterDrand und bis tot- die
ftoeserenr Gescbleebistheile keriror, so dass die «weite Sehalterlafc
sweite Unterart ans der Stellung der Hand ersiohtUoh wnrde*
Angenbli^lieh war ein Wendnngslager bereitet nnd die Ereiesende
anf dasselbe gelagert, indem ich aber eben im Begriffe war, die
Wendttng ▼omnebmen nnd die Finger meiner rechten Hand bis
anm Beckeneingange in die H5he geführt hatte, drängte eine
nene noch stfirmlschere Wehe den Rnnpf des Kindes dergestalt
ia's Becken, dass meine Hand wider Willen mit bervorgepresst
wnrde. Die Selbst entwiekelnng ^s Kindes kam nnn in der
Weiee an Stande, dass die redite AdiselMhle nnd die sich daran
sebtiessende rechte Bmetseite des Kindes in der hinteren Commissnr
der Genitalien erschienen, während die BchnlterwUbnng sich
gans nater den Scheossbogpsa in die rerdere Oommissnr der
SdMunspalte begab. Hierauf erfolgte eine gewaltsame Drehung
des Rumpfes um seine Lftngenaxe in der Art, dass die rechte
Brustaeite des Kindes sich gegen die -linke Seite des Schoess«
bogene emporheb, wobei die Sfickenflftche vom hinteren £n4e
der rechten Scbamiefie her, in die Schamspalte trat, nnd gleich
daMch wutidea Steiss und Füsse Über den Damm hinweg aus der
Schamspalte herrergesohleudert, indem die Schulter sich unter
der Sehoossfttge gleichsam als HypomocMion anstemmte, so dass
nunmehr die Rückenfläciie tfes Kindes der vorderen Beckenwand
sngekelirt lag. Schultern und Kopf folgten dem Rumpfe nach
kaum ein paa^ Seeunden. Die Nabelseimur wmr swei Mal um
den Hals des Kindes geschlungen. Dieses , ein starkes Mädchen
von 6 Vi P^md Gewicht und 19 Zoll LSnge, also erheblicb stärker
als das Buerst geborene, war leider der gewaltsamen Zusammen-
quetsehung dureh den ganzen Geburtsact erlegen.
Aber nicht allein bei den Schienagen zeigte sich die
Macht der Gebärmutter zur Verbesserung der Kindeslage so
wirksam, auch die Querlagen gaben den gleichen Beweis:
1. Die Schwangere N. 22, eine kümmerlich genfthrte,
sebwScbliche Multipara begann am 2. Februar 1886 au kreise».
Die Untersuchung seigte des Unterleib stark in die Breite aus-
gedehnt und über die Sohoossfbge herabgeaenkt» den Nabel quer
gesogen, unter demselben im Vorderbauche kleine Kindestheile
lühlbar. Innerlich seigte sich der Muttermund etwas in die Quere
verzogen , sehr hochstehend , kaum einen Zoll gross eröffnet und
in der sehr wasierreicben Blase keinen Kindestheil auf dem
Becken eingange aufliegend/ Da hiernach entweder auf die An-
wesenheit von Zwillingen oder anf eine Querlage des Kinde«
460 ^S^KX- B$kmy Bericht über äit Leistungen
getehloflsen werden mnmte, die Wehen aber aa^terordentlteh
sparsam and wirknngsles blieben, so wnrde für den Angenblick
¥Gn jedem eingreifenden Verfahren Abstand genommen, der
Kreissenden eine einfaehe RAckenlage mit m&ssig eihShtem Krense
anempfohlen and der weitere Verlanf genau beobaefatet. Unter
sehr m&ssigen Wehen wnrde die Naobt som d» Febraar verbraeht,
und am Vormittage dieses Tages war der Mnttermnnd erst bis
anf die Grösse eines Achtgroschenstäcks erweitert^ über die
Kindeslage noch nichts Bestimmteres an ermitteln, als dass in
der Wehe die Seiten der Gebärmutter etwas h&rter und gespannter
wurden, als der Grund, ein Umstand, welcher das Vorhandensein
einer Querlage wahrscheinlicher machte, als das von Zwillingen«
In den ersten Naohmittagsstunden,- als der Muttermund die. Grösse
eines Thalerstfieks o'der etwas darüber erlangt hatte, wurde
plötalich ein kleiner, sehr spitzer Theil des Kinde^ an der rechten
Seite des Muttermundes fühlbar, der swar bei jeder Berührung
mit dem untersuchenden Finger surüokwieh^ endlich aber doeh
als der rechte Ellenbogen des Kindes bestimmt werden konnte.
Hiemach hatte also da* Kind eine Querlage mit Torliegendoc
rechter Seite, der Kopf -rechts, der Bteiss links. Da bei den
sohwaclien W^hen die Blase eich immer noch .uioht' krftfUg
spannte , so war die Gefahr eines übereilten Wasserabflusses nicht.
Torhanden, und ich besohloss daher, auch weiter den Verianf
durch ruhiges Abwarten au beobaehteu, bis etwa Kunsthfilfe
dringender nothwendig werden würde. Dies trat aber nbdii ein;
▼ielmehr s<diob sich weiter hin der vorher gefÜhUe Ellenbogen
▼on Wehe au Wehe weiter über den Muttermund nach der linken
Seite des Beckens hinüber, bis endlich die Schulter selbst im
Beokeneingange und Muttermunde erschien, wobei lugleioh
üusserlioh die linke Seite der Gebürmutter mit dem dortliegenden
Steisse des Kindes langsam gegen das linke HypochoBdrium in
die Höhe stieg, so dass sich also die Quertage Tollstündig in
eine Schieflage umwandelte. Jetst wurde die Kreissende anf die
rechte Seite gelagert, wodurch mit einer der nächsten Wehen
der Steiss des Kindes ToHstAndig der Mittellinie sasank , während
der- Kopf vom rechten Darmbeine in das Becken hinabglitt und
die vierte Scheitellage aanahm, welche, nachdem nun die Blase
gesprengt und du^ch Abfinss des Wassers der Kopf fizirt worden
war, im weiteren Verlaufe in die erste Scbeitellage überging, im
welcher das Kind ohne weitere Schwierigkeit Abends 9V» Uhr
geboren wurde.
Nicht ganz so eclatant, wie dieser, waren zwei andere
Fälle von Seibstwendung nach Querlage bei Zwillingsfrüchten:
2. Die Schwangere N. 178, eine grosse, brünette, stark-
knoohige Multipara, aeigte bei ihrem Eintritte in das Hebammen*
dw K. H«bamiM«in0titttto so Stettin eto. 461
iiurtitiit «m 7. Fobnuir 1841 einoB sekr bedeutend nnd betondeni
in der Oberbanebgeg^nd aatgedebnten Unterleib. Der Orand
der Oeb&rmntter war breit, bart, abgemndet; naeh unten eebiea
rieb die Qebftrmstter gleieb einem e^r stark sngeepitaten Bi
an TenchnlUem. Innerlicb waren dorob das Sebeldengewölbe
nur aebr nndentlieb Icleine Kindeatbelle an füblen. Drei Tage
aaeb ibrem Eintritte in'a Inatitnt bekam sie Weben nnd alsbald
stilrat« im dicken Strable eine grosse* Menge Fmebtwasser fort.
Mit den näebsten Weben traten dnreb den spärlicb geöffneten
Mntterrannd die Fflsse in die Scheide herab, wobei sie die dritte
öteilaag aanabmen. Die ttaasare Untersnohnng seigte nnn an*
geachtet des Wasserab£asses £sst keine Yeriuidermig gegen den
früheren Befund: der Mnttergrnnd War noch' breit, abgemndet,
noch fast' bis avr Hersgmbe emporragend, in beiden Seiten
starke grosse rnndlicbe Kindestlieiie; unter dem Nabel fsat ein
leerer Kanm. Ungeachtet nnnmebr die Wehen krttftiger wurden,
ruckte das halb geborene Kind nicht weiter als bis anm Stoisse
hervor; yielmehr fingen die Fiisse an zu erbleichen und kühl lu
werden. Ich machte daher die künstliche Eztraction und ent-
wickelte mit glocklichem Erfolge das ziemlich starke Kind raSnn-
lieben Geschlechts. Aber auch jetzt noch änderte sich die
Basebaffenheit der Gebärmutter nicht; der Unterabschnitt blieb
leer, und im Grunde lag ein aweites Kind in ToUkemmener Quer-
lage, Jessen in der rechten Seite liegender Kopf |inn nicht mehr
Terkaant werden, konnte. Sofort wurde derselbe durch Dringen mit
der Hand nach unten geleitet, indem augleieb der in der linken
Seite liegende Steiss unterstfitat und dem Epigastrium lugescboben
wurde. Dieser Handgriff gelang so vollständig , dass nach wenigen
Wehen der Kopf in der aweiten Scheiteilage im Beekeneingange
erschien, in welcher das Kind auch ohne weiteren Aufenthalt
das Becken passirte.
8. Der andere Fall (N. 888) betraf eine kleine, kUmmerlieb
eonstituirte Multipara, welche aus früheren Entbindungen Damm-
riss nnd Prolapsns vagiaae davon getragen hatte. Bei ihrer
Attfiiahme im Kovember 1843 Hessen sich durch den etwas
ge8ffiieten Muttermund vorliegende Extremitäten des Kindes er-
mitteln, während äusserlich die Zeichen der Schief* und Querlage
fehlten. Als am 28. November die Gebnrtothätigkeit rege wurde
und der Muttermund sieh mehr erweiterte, wurde in der sieh
steltenden Mase bald der li^e Fuss einer sehr kleinen Frucht
erkennbar, welcher ungeachtet sehr massiger Wehen rasch tiefer
berabrttekte, und von der Blase umbaut bis vor die äusseren
Gescbleehtstbeile gelangte. Die Blase wurde nun gesprengt und
bald danach ein frähaeitigee Mädchen scheintodt geboren , welches
indess bald wieder aum vollen Athmen gelangte. Die Gebärmutter
blieb' aber ausgedehnt und eine Untersuchung neigte ein aweites
462 H^X. Bßkm^ Beriebt üh%r die Loisttmgeii
Kind in Yellttitndiger Qnerlage, mit der Baoelifllicbe naob ▼orn
gerichtet, der Kopf links, die Fftsse reckte liegend. Da die Wehen
davemd mttesig blieben and mithin ein stfirmiecber Verianf niebt
drohte, so wurde, wie im vorigen Falle, tob aneeeo der Kopf
nach der linken Seite der Matter lum Beoken herabgedri> oad
sngleich der Steise von rechte her der liittellinie des Körpen
angeleitet, wa« bald den Erfolg hatte, dae« der Kopf sich in
▼ierter Scheitellage in'e Becken stellte, die bei den folgenden
Wehen in die erste überging, in welcher dae Kind bald naehher
lebend geboren wurde* Die geringe Umfltngliohkeit des Unter-
leibes rot der Oebnrt nnd der Mangel der Zeiehen einer Zwillings-
sehwangersohaft in Verbindnng . mit der Gebartelage des erst^
geborenen Kindes seigen, dass die beiden Früchte die seltene
Lage an einander hatten, dass sie mit gegeneinander gerichteten
Baachfläehen gekrenst lagen, wodareh in diesem Falle allerdings
eine beträchtliche Baumereparniss in der Qebärmatter erreteM
worden war.
Zwei andere Fälle von Queriage des Kindes mussten
wegen gleichzeitigem Vorfall der Nabelsclniur mittels der
Wendung auf die Füsse beendigt werden:
4. Der eine derselben betraf eine Primipara (N. SM), welche,
so Ende des Norember 1846 anfgenommen, etaeoi starken Häage-
banch and dentlioh qner gesogenen Unterleib darb*i) wogegen
bei der inneren Dntersncbiing niemals mit Sie^rkeit beetimmbM«
Kindestheile gefanden wnrden. Als am 21. Deeember die Oebarts-
' thfttigkeit begann , sturste mit den ersten Wehen bei kaum be-
gonnener Eröffiiang des MnttermuBdes nicht allein eine betifliolU-
Uohe Menge Frachtwasser fort, sondern mit demselben fiel
segleioh «ine NabelscbiMirsehlinge bis vor die Kasseren Gesohlechts-
theile hervor. Ohne über eine aasführliche Bsplorati»n Tief Zelt
wa verlieren , wmrde die Kreiesende sofort anf ein Qnerbett ge-
lagert nnd in die aar Wendnng erforderlicke Stelfauig gebraeht.
Eine jetzt erst vorgenommene genaue Unftennohnng ergab
äosserliek in der linken Seite in dem dicht über das Kind coa-
trahirten Uteras einen harten kngelförmsgen Theil, weldier nichts
anderes als der Kopf sein konnte. ■ Innerlieb entdeckte der in
den Mnttermond vordringende Finger in der reckten Beekeaaeite
den Ünlken Fnes des Kindes mit der Ferse naek rechts and den
Sehen aaeh finks, die grosse Zeke nach der Soheossfege, die
kleine naeh dem Kreaabeine geriokteL Das Kind hatte adthia
eine vollstfaidige Baachlage, nnd der Vorfall der Nabeleehnnr
war ein natnrgem&sees Ereigniss wegen der nach anten ge-
richteten Baachfläohe des Kindes. Da der Iffattermaad in ge-
nttgender Weise nachgiebig war, eo leitete ich sogleich den
sanftchst liegenden Fass in die iMieide herab, ^wlhread eine
a«i K. Hftbaaimenlnslitets fea Blettin etc. 468
8«Ml6rin den in der ÜBken SeUe liegenden Kopf in die Höbe
SU seiliebem bemüht wAt, So gelang bald die Herstellnng der
oaTOllkommenen FueeUge. Die weitere ISntwickeiang dea Kindee
erleigte, indem bei vomiehtiger Bxtmotion deaeelben sogleioh
dnrch Selben dt» Httttergnmdee die Treibkralt der Gebärmutter
angeregt wurde. Das Kind, ein fast 10 Plnnd schwerer KiM^be,
war awar in geringem Grade asphyotUeh, wurde aber bald durch
die gewöhnlichen Wiederbelebongamittel an kräftigem Geichrei '
gebrnohi.
6. Der andere Fall betraf die Schwangere N. 137, eine
Ueine magere Multipara, welche wegen eines in missigem Grade
rhaehitischen Beckens mehrere Kinder unter erschwerenden Um-
standen theils. mit fiölfe der Zange, theils durch die Wendung
geboren hatte. Am 37. November 1839 in das Hebammeninstitnt
aufgenommen, neigte sieh äulserlich der Nabel aiemlich hoch
stehend, dicht über demselben der Muttermund weich und leer,
die Seiten des Unterleibes roll und stark hervorragend. Innerlich
war der Mutterhals weich und locker, der innere Muttermund
▼on der Grösse eines Silbergrosebens geöffnet, auf demselben
die untere Rückengegend des Kindes fdhlbar, sich kund gebend
durch die rauhe äussere Fläche des Kreusbeins, die unteren
Lendenwirbel und die dtTergirenden Hfiftkamme. Am 4. December
hatie der Torliegende Kindestheil den Muttermund verlassen,
dagegen war durch das Scbeidengewölbe ein grosser platter, die
vordere Beckengegend bedeckender Theil fühlbar. Am 11. De*
cember stand die linke Seite des Bauches der Mutter erheblich
höhor als die rechte; durch das Seheidengewölbe war rorn auf
der ScheoesAige der Kopf als grosser runder fester Theil föhlber,
durch den inneren etwas mehr geöfiheten Muttermund selbst
ebenfalls »wei breite Kopfknoohen mit der swischen ihnen ver-
laufenden Naht unterscheidbar, die jedoch den Beckeneingang
nicht vollstSadig ausfüllten^ sondern ui der hinteren BeckenhfiUte
einen freien B«nm Hessen, in welchem innerhalb der Eihäute
eine Hand des Kindes und die lebhaft pnlsirende Nabelschnur
lag. Am 14. December war der Kopf noch deutlicher auf dem
Beckeneingange gelagert, die kleine Fontanelle im inneren
Muttermunde erreichbar; Hand und lebhaft klopfende Nabel-
schnur wie am 11. December. Offenbar hatte die Natur hier
verschiedene Anstrengungen gemacht, das Kind in eine aur
Gebart passende Stellung au. bringen, welche jedoch wegen
des au stark vQrspringendeb Vorbcrgefl vereitelt wurden. Am
16. December ging die Geburt vor sich. Nachdem der Scheiden*
theil vollständig verstrichen und dadurch die innere Untersuchung
in umfassenderer Weise möglich geworden war, auch der Mutter-
mund SU einer grösseren Ausdehnung gelangt war, fknd sich in
den Eihäuten niehto weiter, als die lebhaft klopfende Nabdsehnur
464 XSJi. Bßhm^ Beriebt aber die Leislungen
nnd vorn ttber der Scbooeefoge ein kleiner bewe|^ieber Kindee-
tbeil, der sieb bald als die eine Hand answies. Der Kopf war
mebr in die Höbe gestiegen, eelne Lage aber wegen des reicblicb
vorhandenen Frnehtwassers nicht sicher an ermitteln« Nachdem
der Muttermund unter massigen Wehen Tollständig eröffiiet war,
schritt ich aar Wendung und gab mich der Hoffnung -hin, durch
Herableitung des Kopfes, welcher bei der Wendung auf die
Ffisse wegen des Torspringenden Vorberges leicht Schwierigkeiten
machen konnte, das Leben des Kindes, ndthigenfalls durch An-
legung der Zange sicherer lu erhalten. Beim Einführen meiner
Hand berührte ich zunächst vor Sprengong der Eihttute die vor-
liegende Hand des Kindes, worauf dieselbe in die Höhe geaogen
wurde und nicht wieder hervortrat Beim weiteren Vordringen
der Hand zeigte sich durch die Eihäute alsbald der Kopf aber
dem Beckeneingange im queren Durchmesser in der linken Seite
stehend, das Hinterhaupt an die linke Dannbeingfmbe gelehnt.
Nachdem nunmehr die vorliegende Blase gesprengt werden war,
flössen etwa swei Löffel voll Wasser ab, wie sich jetat ergab,
falsches, denn es stellte sich sofort eine «weite vollere Blase
dem Finger entgegen. Nachdem ancb diese gesprengt worden,
ergriff ich den Kopf; um ihn vollständig in den Beekeneingang
berabanaiehen, in dem Angenblieke jedoch, als «oh ihn wieder
iositess, damit er sich nunmehr besser dem Becken anpaaee,
trat er wieder in seine frQhere Stellung aurüok, und statt seiner
fiel die Nabelschnur tiefer dnrch den Mutiermund, vor. Es blieb
nun nichts weiter übrig, als sogleich anr Wendung überaugeben,
was ohne Schwierigkeiten gelang, indem der nach hinten und
rechts gelegene Fuss des Kindes ohne Schwierigkeit erfasst und
herabgeleitet werden konnte. Bei der weiteren HerausbelSrderung
des Kindes machten die Schultern fast gar keine Schwierigkeiten,
indem sie sich dem etwas verlHagerten Querdurehmesser des
Beckens anpassten. Schwieriger war, wie ieh es auch vermnthet
hatte, die Entwickelung des Kopfes; swar wurde ungesäumt die
Zange angelegt und derselbe schnell und vorsichtig durch das
Becken geleitet, dennoeh aber gelang es nicht, das so vielfach
gefährdete Kind am Leben su erhalten.
Regelwidrigkeiten in Bezug auf die Zahl der Früchte
kamen im Ganzen 17 Mal vor. Alle diese Fälle waren
ZwiUtngsgeburten. Da die sonäligen hierbei beobachteleo
Regelwidrigkeiten in Bezug auf Lage und Geburt derselben
schon im Vorhergehenden erwähnt sind, so erübrigt es nur
noch, folgende statistische Data anzugehen:
Das Geschlecht beider Kinder war in 12 Fällen gleich, und
zwar wurden in je sechs Fällen zwei Knaben und zwei MMcheD
des K. Hebammeninstitnts sn Stettin eto. 465
geboren. Von den fünf übrigen Fällen war das erstgeborene
Kind mSnnlichen Geschlechts, das zweite weiblich. Eine
stärkere körperliche Entwickelung des einen Kindes gegen das
andere sowohl nach Gewichts- als Maassverhaltnissen zeigte
sich in nenn Fällen bei dem erstgeborenen nnd in acht Fällen
bei dem zuletzt geborenen Kinde. Zu den ersteren gehört
der Fall N. 231, wo nach der Geburt eines wohlgebildeten
Mädchens eine sechsmonatliche todtfaule und breitgedrückte
Frucht geboren wurde, zu den letzteren der FaU N. 434, wo
nach der Geburt eines über 6 Pfund schwerea Mädchens die
Selbsteotwiekelung eines V4 Pfund schwereren Mädchens zu
Stande kam. Was . die Lage beider Früchte betrifft, so hatten
diese bei Mun Fällen beide eine Scheiteliage, in zwei Fällen
luitte das erite eine Scbe^Uage, das zweite eine Fueslage;
in je einem Falle hatte das erste eine Scheiteliage, das zweite
eine Quer- resp. Schieflage, und in vier Fällen hatte das
erste Kind eine Unterstammlage, das zweite eine Scheiteliage.
Die Nachgeburt war in 13 Fällesn gemeinschaftlich. Eine
besondere Beschaffenheit bot nur di^enige Nachgeburt dar,
welche der Geburt N. 231 . angehörte, bei welcher das zweite
Kind frühreif abgestorben war. Sie war im Ganzen kreis-
rund, aber die Nabelschnur der abgestorbenen Frucht fühcte
zu einem runden aus dem ganzen Kuchen scharf abgegrenzten
Segmente, welches in eine harte Hasse mit gänzlich obliterurtra
Gelassen umgewandelt war. Der gesunde Theil, welcher dem
lebend geborenen Kinde angehörte, umgab diese Hasse halb-
mondförmig, war aber in dieser Gestalt so beträchtlich ent-
wickelt, dass seine Gesammtgrösse der einer gewöhnlichen
Placenta gleich kam. Herkmale, aus denen hätte entnommen
werden können, ob die Degeneration der Placenta die Ursache
des Todes der Frucht gewesen sei, oder umgekehrt, waren
nicht zu ermitteln. Von den vier getrennten Nachgeburten
ging in einem Falle die des erstgeborenen Kindes unmittelbar
nach der Geburt desselben ab, ohne dass dabei ein erheblicher
Blutverlust erfolgte. Die Gewichts- und Grössenverhältnisse
der Zwillingsfrüchte anlangend, möge es genügen, die Hinima
und die Haxima anzugeben. Jene fanden sich bei der Hehr-
gebäreoden N. 624, indem von den frühzeitig geborenen
MoMtMehr.f.Oebartek. 1881. Bd. XVn., Hft 6. 80
466 XXX. Biehn^ Bericht über die Leistangeii
Kindern das zuerst geborene nur I2V9 Zoll Länge und
1 Pfund 16 Loth Gewicht, das zweitgeborene aber 13 Zoll
Länge und 1 Pfund 24 Lotb Gewicht hatte. Pas erstere-
war todt und in beginnender Verwesung bf^iSen, das zweite
wurde lebend geboren, starb aber naob aed^s Stunden an
Schwäche. Die höchsten Gewichtsverliältnisse fanden sich
dagegen bei N. 178, deren erstgeborenes Rind 20Zoll^ä^ge
und 7 Pfund Gewicht, das z weilgeborene aber 19 Zoll Länge
und 6 Pfund 20 Loth Gewicht hatte.
Regelwidrigkeiten in den Umgebungen der Frucht
zeigten sich in vielen Fällen. Die gewöhnlichsten: zu dünne
Beschaffenheit der Eääute, zu iprosse Menge des Fmeht*
was€kers und aus beiden hervorgehend: zu firibzeiifger Abfiatt»
des Fruchtwassers, oder entgegengesetzten Falles, zu grosse
Dicke der Eihäute und daher nothwendig werdende kunstliche
Sprengung derselben können hier füglidi einem näheren Ein-
gehen entzogen bleiben. Wo sie zu secundären NachtbeileD
fährten, ist ihrer entwed^ schon früher gedachl worden, oder
es wird dennoch fernerhin geschehen. Es niögeta daher hier
nur noch diejenigen Fälle Erwähnung finden, weldie in ver*
schiedenem Grade die Gesundheit der Gebärenden oder ihrer
Kinder bedrohten, und daher mehr oder minder ein direotes
(herapeulisdies oder operatives Eingreifen erforderten.
In Bezug auf die Nabelschnur ist hier zu gedenken,
dass die Umschlingung derselben überhaupt in 133 Fällen
beobachtet wurde, meistens in Folge der zu grossen Länge
derselben. Der äusserste Grad dieser Abweichung war eine
Länge von 43 Zollen, wobei sich eine fünfmalige Umschlingung
um den Hals des Kindes ergab (N. 714), die indess das
Leben desselben nicht im Mindesten gefährdete. Die kürzeste
Nabelschnur maass nur 9 Zoll, so dass nach erfolgter Ab-
nabelung des Kindes der mütterliche Theil derselben un-
mittelbar zwischen den äusseren Geschlechlstheilen der Ent-
bundenen lag. In drei Fällen zeigten sich wahre Knoten
in der Nabelschnur, ebenfalls ohne das Leben der Frucht zu
gefahrdep.
ScbUmmer waren dagog^^n ^ Fälle vom Vorfalle der
Nabelschnur. Sie wurden Qberbaifpi^ fünf M^l beobachtet;
dM K. HebMnmeninstitQta bu Stettin et& 467
ein Mal in Verbind«ng mit einer ziemlich seltenen UlMchlingung
bei grosser Länge derselben:
Fall N. 9. CaroUne Af., eine wohlgebaute Multipara, seigte
am 27. Februar 1835 bei der Exploration einen wohlentwickelten
üterufi; innerlich bei noch nixsht Tollständig^ yerstrichenem
MiitterhaUe durch . den etwas geöffneten Muttermund die erste
Scheitellage im Eingange des Beckens, indem die grosse Fontanelle
mit Sicherheit gegen die rechte Incis. iscb. gerichtet exkannt
wurde. Neben dem £opfe wurde in den Eihäuten noch eiia
anderer Theil fühlbar, der indess wegen des noch hohen Standes
nicht niher bestimmt werden konnte.' Am 8. Müra war die Person,
nachdem sie bereits leichte Krensschmersen. empfunden , ans
denen sie das Herannahen der Geburt yermuthete, noch aus-
gegangen, nm für das an erwartende Kind Bedürfnisse ein-
Boholen. Unterwages ergoss sich plStslich das Fruchtwasser,
ttftd mit dem Abflüsse desselben fiel sogleich eine Nabelschnur-
aehUngc bis yor die itesseren Geschlechtstheile herTor. Sogleich
vmm InstItQte anrackgekehrt, ergab die Untersuchung die frühe re
Kopfstallnng und eine ^etwa IS Zoll ans den Oeschleohtetheilen
herTorhttngeade noch klppfelide Nabelschnursckkinge ;. Wehen im
Bttssigen Grade vorhanden. Es wurde sogleich anr Wendung
geschritten, da an Mne Tollständige Reposition der Nabelschnur,
welche während meiner Herbeiholnng überdies von der Instituts-
Hebamme schon ohne Bifolg veiraucht worden war, kaum mehr
gedacht werden konnte, der hohe Stand des Kopfes überdies
aber der sofort su tintejmehm enden Wendung günstig war. Mit
lieichtigkeit wurde dar linke Fuss des Kindes aus der Gegend
der rechten Incis. isehiad. entwickelt, nachdem suvor der Mutter-
mund in genügender Weise künstlich erweitert worden war. Um
die Entwickelnng des kindlichen Korpora ohne Yeraug bewirken
la köfuien, holte ich anch den aweiten Fuss herab. Als demnach
der Sieiss des Kindes aum Durchschneiden kam, seigten sich in
den Falten beider Hinterbacken tief eingeschnittene Kinnen,
welche sich -bei näherer Untersnchung als durch die Nabelschnur
kervorgebraehi ergaben, welche «wei Mal swischen den Füssen
des Kindes daher laufend, beide Obersehenkel so fest umschlang,
dass der Blntumlanf gänatioh aaf|:ehoft)en war. Die Lösnng war
daher ganz uamögUcli, und es handelte sich daher blos um die
baldige HeranshefÜrdernng des Kindes selbst, wenn dieses am
Leben erhalten werden sollte. Obgleich nun die Entwickelung"
des Kopfes durch Anlegung der Zange nach Möglichkeit be-
schleunigt warde, so war es doch nicht möglich, das ausgetragene
starke aber asphyktische Kind wieder in*s Leben surücksurufen.
Die Nabelschnur lief, wie sich nachträglich ergab, vom Nabel
des Kindes au den Geschlechtsth eilen zwischen die Schenkel
hioiiifdh, nm den rechten Sehenkel herum, quer über den Bauch
80*
468 XXX. Bshmt Berieht fiber die Leistungen
hinweg und fiber die linke Hflfie nach hinten , and tob dort
wieder iwiichen die Schenkel nach Tom inr Plaeenta, welche,
darch die starke Zermng frühxeitig getrennt, sogleich mit dem
Kinde abging.
Ausser den schon bei Gelegenheit der regelwidrigen
Kindeslagen erwähnten beiden Fällen N. 157 und 294 sim)
hier noch folgende zu erwähnen:
N. 648. Bin geenndee kräftiges Banermttdohen war bei starkem
Frost am 6. Deoember 1865 auf einem offenen Milohkarren sor
Stadt gekommen nnd wurde bald nach ihrer Ankunft im Institnte
▼on Leibsobmersen befallen, welche sieh bei näherer ünter-
snchnng als Weben manifesttrten. Der Muttefhals seigte 8i<^
bereits verstrichen, der Mattermund inr OrSsse eines Acht-
groschens tu cks erweitert, in der schlaffen Fruebtblase waren
beide Fasse und eine Nabelsehnursehlinge fUhlban Der wettere
Verlauf wurde einstweilen der Natur überlassen, wobei denn das
Ei mit ungediVheter Blase bis vor die äusseren Geschlechtstlieile
hervordrang. Jetat stellte sich jedoch in Folge der beginnenden
Lösung des Mutterkuchens ein erheblicher Blutverinst ein. Die
Blase wurde daher gesprengt, worauf die nächsten Wehen das
Kind , freilich sngleioh aber auch die Nabelschnur schnell weiter
herabtrieben. Die Dimensionen der Füsse gaben den Beweis
einer friihseitigen Geburt, die dann unter den gewöhnlichen
Drehungen des Kindes aneh bald beendigt war und ein lebendes
Knäbchen von 16 Zoll Lange und 8 Pfund Gewicht au Tage
förderte , welches indess nach drei Tagen an Cjanose wieder starb.
N. 618. Gesunde Multipara hatte bei ihrer Aufnahme am
6. Januar 1867 keinen voriiegenden Kindestheil erkennen lassen,
wogegen eine leichte Schieflage der Gebärmutter nach links
bemerkbar war. Beitenlagerung u. s. w. hatten diese in so weit
gebessert, dass'bei Eintritt der Geburt am 21. Januar der Kopf
in erster Scheitellage vorlag. Als jedoch der Muttermund sieh
stärker eröffnete, wurde neben dem Kopfe eine Nabelsehnur-
sehlinge bemerkbar, welche bei bald nachher erfolgendem Blasen-
sprunge so tief in die Scheide herabfiel, dass eine Reposition
nicht ausführbar erschien, vielmehr wegen des noeh immer
Btemlich hohen Standes des Kopfes die Wendung indicirt war.
Diese wurde auch sofort ausgeführt und ohne grosse Schwierig-
keit ein kräftiges lebendes Mädchen von 20 Zoll Länge nnd
77, Pfund Gewicht entwickelt, dem auch die Nachgeburt in
normaler Weise folgte.
Sonstige Regelwidrigkeiten von Seiten der Nabelschnur,
welche einer besonderen Erwähnung verdienten, sind mit
Ausnahme eines Falles von Insert. velamentaris nicht beobachtet
werden; dass indess exceniriscfae InsertioneD bei ooregelB
dttf K. HebamtneailiBUtiita su Stettin etc. 469
Fonnen des^ Ibtterkttcheiis mebrfocb yorkoDQinen, braucht
kaam erwähnt za werden.
Was die Regelwidrigkeiten von Seiten des Mutter*
kochens betrifit, so ist die schlimmste derselben, das wirk-
liche YorMegen desselben , im Institute nicht ein anziges Mal
Torgekommen. Dagegen wurde die frähzeitige Lostrennung
desselben mehrmals beobachtet und den begleitenden Um-
ständen gemäss bdiandelt. Es gebdrt dahin z. B. der vorhin
erwähnte Fall N. 643, in welchem die frühzeitige Lostrenuung
sieb dem Vorfalle der Nabelschnur zugesellte, fenier der oben
erwähnte Fall N. 9, wo die Lostrennung eine Folge der
heftigen Spannung der Nabelschnur nach der Wendung war,
ausserdem einige andere Fälle von Scheitellagen, welche wegen
eintretender Blutung im vierten Geburtszeitraume mit der
Zange beendigt wefdea mussten, und worüber später berichtet
werden wird. Dagegen kam die Incarceration der Nach-
geburt mit mehr oder minderer fester Adhäsion im Ganzen
20 Mal vor. Wo in einzelnen dieser Falle, die erforderte
Op^ation der kunstlichen Lostrennung und Entfernung noch
nachtbeiligeEinwirkungen auf das Wochenbett äusserte, wird bei
der Befrachtung der Wochenbettsereignisse nähere Erwähnung
geschehen.
Von sonstigen geburtshülflichen Operationen er-
wähne ich nur noch der Zangenanlegungen und der
Wendungen in kurzer Zusammenstellung: Gelegenheit zur
Anlegung der Zange fand sich überhaupt in 25 Fällen, von
denen 18 sich bei Erstgebärenden, die übrigen bei Mehr-
gebärenden ereigneten. Die Indicalion zur Anlegung der Zange
gab in 10 Fällen mangelhafte Wirksamkeit der Wehen bei
trägem Verlaufe der Geburt überhaupt oder des vierten Geburts-
zeitraums allein. Zwei Drittheile der so beendigten Geburten
ereigneten sich bei Erstgebärenden. In zwei Fällen wurde
ein massiger Grad von Beckenverengerung Grund zur An-
legung der Zange, sich kundgebend durch eine massige
Einwärtshiegung der Schoossfuge, wodurch schon im ersten
Geburtszeitraume der Eintritt des Kopfes in den Beckenkanal
erschwert war. Wegen Schiefstand des Kopfes, welcher sich
durch eine Seitenlage der Kreissenden nicht verbesserte,
rnnaste die Zange ein Mal angelegt werden. In fünf Fällen
470 XXX. Bthm^ Berteht Aber die Leietvngeii
masste bei dritte und vierter Schdteliage die Geburt kdnstlidi
beendigt werden, und obgleich alle diese FiHe sich durch einen
langsamen Verlauf auszeichneten, so trat bei einem derselben
die Indication zur Zangenanlegung doch erst nach 90 ständiger
Geburtsarbeit ein. Zwei Mal wurde die Zange angelegt, weil
die neben dem Kopfe gelagerte Hand den Durchtritt ersdiwerte,
und ein Mal wegen der neben dem Kopfe vorgefUlenen Nabd^
schnür. Drei Mal wurde sie an den nach Unterstammgeburten
zuletzt kommenden Kopf gelegt und ein Mal gab Blutung im
Herten Geburtszeitraume die Indication zu dieser Operation.
Der Erfolg Ider Zangenapplication war in 19 Fällen glücklich.
Die 6 unglücklich abgelaufenen JPäUe betrafen:
1. N. 299. Primipara , welche bu Weihnachten t846 einige
Zeit an aiemUch heftigem Rheamatiemn« uteri glitten hatte, der
8 war den Scheid entheil bei der Untersncinnigr sehr empfitfdiioh
mftohte, aber doch die Gebart nicht anmittelbar eialeUete. Zu
Bade des Janaar 1847 begann die Qebart«thätigkeit, welche von
aasserordentlich trägem Verlaofe nach beinahe 48 ständiger Daner
die Anwendung der Zange nothwendig machte, weil bei (In*
ergiebigkeit der Wehen die entstandene Kopfgeschwnlst anfing
welk nnd schlaff an werden. t)as in erster Soheitellage ste&end«'
Kind wurde .ohne erhebliche Schwierigkeit extrahlH, war abar
schlaff, sehr dürftig genährt and ohne Hersschlag, so dasa die
angewandten Wiederbelebangsmittel ohne Erfolg blieben.
2. N. 191. Gesnnde Primipara, bei welcher der etwas schief
stehende Kopf bei sehr trägem Oeburtsyerlanfe weder darch
Seitenlage rang, noch durch Tersiärkte* Wehen (See. com.) in
eine bessere Stellang gebracht werden konnte. Nachdam die
Zange angelegt, warde nicht ohne Schwierigkeit ein 8 Pfofid
schweres Mädchen todt herTorgeaogen.
8. N. 579 betraf die Zangenapplication wegen der neben
dem Kopfe vorliegenden Nabelschnar, deren schon vorher ge-
dacht ist.
Die drei letzten Fälle endlich: N. 9, 137 und 234 betrafen
die drei Geburten, in denen nach Unterstammlagen , resp.
Wandungen, die Zange an den auletst kommenden Kopf angelegt
wurde, welche bereits oben aasfuhrlicher mitgethelU worden sind.
Was die Torgekommenen Fälle von Wendungen betrifft,
so wurde dieselbe überhaupt sechs Mal erforderlich. Ausser
den vier schon früher erwähnten Fällen, in weichen dieselbe
wegen Vorfall der Nabelschnur vorgenommen werden musste,
war dieselbe ein Mal beim zweiten Zwülingskinde nothwendig,
1
de8 K. HebMnmeniiiBtitaia sq Stettin eto. 471
welehes naeh der Geinirt des erden Kmdes eine othräfft
Lage in der GeMnnutter annahm, welche ich mdess doreh
sebnelles Eteschreileii verhiiidme, in eine wirkli^« Sefauller«'
läge (fterzngehen. Äosserdem wurde sie noch bei einer
wirklichen Schulterhge unternMnaien, welche durch Seiten«
higerufig der Kreissenden und iuesere Handgriffe nicht en
ettfer Gera^ge zufilckziinaireA wai*. In beiden Fällen war
der Erfolg für die Hindef gMckliCh, so dass fon den sechs ,
mittds der Wei^mg zu Tage gefSrderten Kindern nur zwei
dae Leben ferloreif, ndMtioh die N. 9 und 157, welche
scUiesfelich mit der Z^nge beendigt werden muasien.
▼erhSUtniAM der Nenf^eborenen.
Unter den- ftbertiaupt wfihrend des fttnfundzwänzlgjabri^n
Zeftraumee beobadkteten und behan^deiten 672 Geburten befanded
^cb', wie Bohon erwilHit, 1^ ZwilÜngsgebnrteu, so dbss die
Zahl der überhaupt geborenen Kindei^ 689 betrug. Dartfenter
waren Mb mdnnKchen und 844 weiblichen Geschlechts, eine
uberrabcbende Ausgleichung des Verh<xiisses beider 6e*
scMechter im. Laufe eines längeren Zeitraums, während in
den einzelnen Jahren die grössten Abweichungen stattfanden.
Es wnrden z. B. im Lehreufsos 1834/36 zwölf Knaben und
zwölf Mädchen, im Lehrcursos 1888/39 zwanzig Knaben und
nur fünf Mädchen; 1839/40 acht Knaben und sechszehn Mädchen
geboren u. s. w. Von Erslgebärenden wurden Oberhaupt geboren
180 Knaben und 165 Mädchen. Unter sämmtltcfaen Kitidem
waren 62 frühzeitig geboren, l^e Ursachen der FriVhgeburcen
zu ertnitteln war schwer, in vielen Fällen unmöglich. Wer
Gelegenheit hut, mit Personen niedeaner Stände reichlich id
Btetührung zti treten, wird die Schwierigkeiten erfahren haben
(fter anamneäti&che Verhältnisse genögende Auskunft zu er*
halten, denn auf Nachrichten, welche durch Suggestiv- Fragen
hervorgelockt, man könnte sagen, hervorgepresst werden,
ist natdrlich kein Werth zu legen. - Mehrere der Mütter waren
vor der Entbindung sypliilitisch gewesen, oder waren es noch;
Andere, dem öffentlichen Ldien Angehörige tmgeii in ihrer
hederiichen Lebensweise hinreichende Motive für die Früh*'
gebort, gleichwie für den Tod der Früchte in sich. Unte^
den frühzeitig geborenen Kindern waren 17 bereite in höheren
472 XXX. B^Afi», Bericht Aber die Leistnngen ete.
Graden der Yerwesimg begriffeu/ ako bereils längere Zeit
abgestorben, ahne daB8 die Mutter nähere Nachricht über
die Zeit und Ursache des Todes der Früchte iu ertheilen
wussten; neun andere waren zwar ohne Yerwesungszeichen
geboren, aber so schwach und elend, dass sie das Leben
nicht über wenige Stunden fortzusetzen vermochten, lieber-
haupt todt geboren wurden 49 Kinder. Von den auBgetragenen»
aber todtgeborenen, trugen wiederum 11 die Zeichen der
Verwesung an. sich, und unter dem Reste befinden sich die
vorher schon erwähnten, durch schwere Geburtsacte, Vorfall
der Nabelschnur, Wendung u. s. w. im Veriaufe der Geburt
selbst Umgekommenen.
Was die Grössen- und Gewichtsverhältnisse der lebend
Geborenen betrifft, so war die grösste Länge 22 Zpli, das
Gewicht desselben Kindes lOy, Pfund. Die geringsten Maasse
betrafen ein frühzeitig geborenes Zwilfingskind und b^rugen
16 ZoU und IV, Pfund.
Missbildungen grösserer Art bei den Kindern kamen
überhaupt 14 Mal vor; nämlich Klumpfüsse fünf Mal, Hydro-
cephalus drei Mal (sämmtlich todt geboren); Monorchisiuus
ein Mal; Spina bifida ein Mal; condylomatöse EicrescoizeB,
die doch nicht tmtschieden den Charakter der Syphilis an
sich trugen, ein Mal; unvollständige Verknöcherung der Kopf-
knochen zwei Mal, und zwar betraf diese in dem Falle N. 163
sämmtliche Kopfknochen in einem solchen Grade, ohne dass
zugleich Wasserkopf vorhanden war, dass bei der präcipitirten
Geburt des 9 Pfund schweren Kindes durch die übermässige
Uebereinanderschiebung derselben Apoplexie und Tod des
Kindes herbeigefQbrt wurde; in dem zweiten Falle aber be-
schränkte sich dieselbe auf den vorderen Rand der Stirnbeine,
so dass der vordere Winkel der grossen Fontanelle sich in
Gestalt einer ofienen, einen halben Zoll breiten Rinne bis zur
Nasenwurzel fortsetzte. In einem Falle zeigten sich bei dem
drei Tage nach der Geburt erfolgten Tode des Kindes be-
deutende Verengerungen des grössten Theils des Dünndarmes,
welche den Durchgang der Darmcontenta unmöglich gemacht
hatten. An kleineren Bildungsfehlern, wie Verlängerung des
Zungenbändchens, kleineren Muttermälern und dergl. hat es
natürlich auch nicht gefehlt.
](XXL Notisen ftus der JohtiiaI- Literatur. 473
Es mAge geiiflg«n, diese AbsoraiiUteD hier kurz erwUurt
zo haben. Die etwanige weitere clrirurgltohe Behandlung wurde
natorlicb in den FäDen, wo sie schon fSr die Woehenbetts^
zeit geboten war, sofort besorgt, für die Falle, wo sie einer
späteren Zeit vorbehalten bleiben musste, gehört sie nicht in
den gegeawMigen Berieht
(Fortselsnng folgt)
XXXL
Notusen aus der Journal-Literatur.
Bicki»: Fftll Ton Ansstossniig der Fracht nach dem
Tode.
Die am Ende des liebenten Monates schwangere Fran empfand,
als eie im Angnst d. J. eines Montage Abende, ohne eich unwohl
so fiiblen, Yon der Feldarbeit nach Hanse snrückgekebEt war,
gegen 8 Uhr heftige krampfhafte Schmersen in der Herzgegend,
welche anfangs alle 5 — lOMinaten, später seltener, anfallsweise
wiederkehrten, so dass sie lant aufschreien mnsste. Bei der
Ton einer Hebamme Torgenommenen Untersnchnng zeigte sich
der Hnttermnnd gans fest geschlossen, der Scheidentheil noch
mindestens V4 Zoll lang, der Kopf Torliegend, noch ballottirend.
Weder Blutung, noch Wasaerabgang, noch sonstige Erscheinungen
waren yorhanden, welche eine beginnende Geburt yermuthen
liessen. Chamillenthee und ein eröfifnendes Cljsma linderten
die Erscheinungen etwas, welche jedoch um Mitternacht wieder
heftiger wnrden und Ton einem bewnsstloBen Zustande gefolgt
waren, der Dienstag früh um 6 Uhr unter stertoröe^m, immer
langsamer werdendem Athmen in den Tod überging.
Bis Bum Abend blieb die Leiche auf ihrem Lager und wurde
beim Waschen und Ankleiden derselben kein Ausflnss aus den
Genitalien oder sonstige Yerftnderung daran bemerkt
Am Donnerstag Abend, also etwa 60 Stunden nach dem Tode,
legte die Leichenfrau, d» sich etwas wasseriger Ausflnss ans den
Gescblechtstheilen eingeatellt hatte, die Obersehenkel ein wenig
auseinander. Die Fäulniss acfigte sich bereits in hohem Grade.
Am Freitag froh, als man die Leiche in den Sarg bringen wollte,
lag awisehen den Sohenkeln ein ebenfalls die Zeichen der Fäulniss
474 XXXt. Notisen aus der Jotfrn*! läteratttr.
«n 0ich tffigetide«, ab«r ▼oüt^tidig' etftwiekoHet, seiiiar ^rÖMo
UAth Am End« ctos ffi«bent«ii Mosatea «ieheades Kindi. Deb«i
Hab«jl4eliimr vnd Plaeenta. Die Epidermis lötte aich leicht ab.
Aas den Genitalien der Matter war etwas Wasser ausgeflossen,
der Leib blaa und noch ron Laft aufgetrieben, doch etwas an-
sammengefallen.
Im vorliegenden Falle ist die ArUttAhmig^^M FMeht doM^
die Verwesungsgase bewirkt worden, oh^a dass eine Torfoereitende
Geburtsthfttigkeit Toraufgegangen war. Wenigstens lassen sich
keine anderen, als rein physikalische Er&fte annehmen, welche
die Aosstossnng der Frucht bq Stande brachten, und somit wird
Ton. Neuem die Ton Caaper gegebene Erklärungsweise der Ans-
stossung der Frucht nach dem Tode erhürtet.
(Tierteljahrsschrift ffiv gerlel^iche Medioin Ton duper,
Bd. XIX., Heft 1, 1861.)
Amann: Aus Simpaon^B klinischen YortrKgen: üeber
Erauioklasma.
Die ungünstigen Resultate, welche Kephalothrjpsie und
Kaiserschnitt in England hatten, Hessen Verf. eine Operation
ersinnen, welche beide genannten Opera tionsweisen au eriretsen
und va verdrängen bestimm« ist. Dicfses ÖpertffidteTeHahreii,
Kranloklasma genannt, verfällt wie jene der Kraniotdmi^ itt dr«l
Theile: 1) die Perforation des Kopfes, 2) dl« a^ei^feehang
(comminutfon) der ScB&delltnochen und 3) die AuMiehung de«
Kopfes und Körpers des Kindes. Man bedarf svr AUslllhroag
desselben nur zweier Instrumente, a) ein^es Perforatorftttts und
h) des Kranioklast sum Zerbrechen der ScBHdelkndcheii utod tnr
Aussiebung d^s Kopfes durch dar Bedkeii. Der Kranioklast Ut
von der gewöhnlichen Llnge und dem CNwIcftte der Kraniotomie*
aangen, ungef&hr 13" larig^ die Lfinge roit der Spitse bis mr
Mitte des Schlosses beträgt 6y,"; sein äusseres Blatt ist dnreh-
schnittlich 1" breit, 8«in innere« etwas schmäler; die Länge des
Fensters des äusseren l^latfleti macht ungefähr 9" autf. D«ls' iM^ere
Blatt ist solid „ content und a'n der Fläche, mllf welcher es iki die
Vertiefung de« äxisseren gefeiisMttlBn Blaittes passt, sl^gtfR^nntg.
Beide haben eine leichte KrOmmung', um der kreikfÖrmigfMi Gestalt
d\98 SchädelgerwOfbers angepaest werden au können: lAe sind beid»
durch ein gewöhnliches 2)an^nschloss mit efnanier -v^erbonden.
Bei Anwendung ätB rnstrumeKtcfs wird ttteret das kleinere i^olide
Blatt dttrbh die Peiforation'söflfating tief in- dai lunei^ der Schädel-
höhle g^fhhi't nnd das gefenstertei ausserhalb d%r KbpfÜant über
das Htni^erhaüpt! geschoben und die Zange geschlossen. Dureh
eine nuA folgendb leichte Drehung nach Verschieden^ Seiten wird
der Knochen auf einmal itf der UiVte rierbrodhen- od^ hinter das
-XXXI. Notiaen ans der Jonmsl-Literatvr. 475
ForAineii msgiraiii r^rrMrt. Dfes 6fii^ in einif^ FttlM \Aa^
reichen, w&hrend in anderen ee ndthig wird, die BHStter d«t
Instrnmente» jun die Stfitenwandbetne so iil schieben, daee die
Sehllfebeine getrennt nnd Berftrflininert werden. Die auf diese
Weise g^ans biegsam gewordene Hiraseliale' giebt Icein ffebnrt«-»
hiudemiss mehr ab, so dass die Wehen oder die aniwiehenden
Anstrengungen des Oebartshelfers das Kind an Tage fördern
kSnnen. Die Kbpfhant bleibt frei yon" Verletsungen.
Hierauf folgt eine Vergleiohang des Kranioklasma mit de«
Kephalothrypsie nnd Kraniotomie, welche im Wesentlichen eine
Polemik gegien leAatganannAe OperatitoiMivelsan^ enthKH^ Da die-
selbe »Iwaa weteentlieh Senea'neohi etfthiil, :•« halten «rfr imm
der Wi«deff«iibe .durtelM» ttbarhbhe*.
(Avnrtl. iateUigMis-BliiM Bslerae, IMO, Neu 84 n. 16.)
E. G. Fxgg: üeber die Wendnng anf die Füsse, ein in
allen Oebarten an übendes Verfahren.
Schon im Jahcgasgf? 1868 der Med. Timea hatte Figg empfohlen,
etna jed» Sloplgabnrt in eina FassUge an y er wandeln nnd dann
die Fvncht an eoBirahiren; er war deshalb Ton yorsohiedenei».
Seiten r am schärfsten yon Bam^Hkam (ibid. 27. Noyember 1868)
suräckgewiesen. Der yorliegende lange und langwellige Aufsats
ist derselben Sache gewidmet. Der Verf. sucht zunächst die
Vorzüge der Wendnng yor der Zangenoperation bei erschwerten
Geburten su beweisen, wobei er sich freilich auf ganz falsche
theoretische Voraassetznngen, in seiner eigenen Fhautasie con-
struirt, stützt und demgemäss nur falsche oder abgethane Dinge
yorbringt. £r geht dann dazu über^ die Ausführung der Wendung
für alle Geburtsfälle zu yertheidigen. Wir können ihm in seinen
nebelhaften Dednctionen nicht folgen und nur anführen , dass er yon
dem Grundsätze ausgeht, die Natur thue nicht daa. Beste
und Zweckmässigste bei der Geburt des Menschen, sie
sei zur Vollendung ihrer Aufgabe ohnmächtig, und
man müsse ihr deshalb zu Hülfe kommen und den
Geburtsyerlauf abkürzen. Mit welchen Sophismen der Verf.
diese yerwerfllchen und uns in das Zeitalter der rohesfen Hülfe
zurückwerfenden Ansichten zu stützen sucht, mSgen folgende
Beispiele aus seinen Sätzen zeigen, p. 23B: „Are the laws of
I^'ature and the laws of Health conyertible terms? Then Death,
being an ineyitable natural eonsequence, mnst b'e also identified
as a law of Health;* p. 284: „Katnre in the 19. Century is a
condttion of anarchy requiring rational supenrlsion for the
rectification of error.* — £9 ist traurig, dass in unserer Zeit
sich solche Dinge in einem wissenschaftlichen Journale breit
476 XXXI. NotfMii an« der JoanMa-Literatvr. •
maoliMi Mnneii; (Us bMle Mittel gegen dieselben dürfte nber
wobl Schweigen sein.
Nicht nnerwtlmt indess wollen wir et laeeen, dmea die Tom
Yerf, rar Aaeffihrnng der Wendung gegebenen Regeln im Gnneen
recht gut eind. £r hat ja B^dnhrong darin I
(Med, Timei, 8., 16. Septbr., 13., 20. Ooibr. 18$0.) 1.
PI099: Znr ZwillingsstatiBtik.
Die beeehrftnkie Ansalil ron Mehrgebnrten beim Menschen
wird ohne Zweifel dnroh pbyslolegische Yerhihaisee bedingt,
deren Erforschung bloss dadurch gelingen kann, dnee wir die
In der Menge der Mehrgebnrten nnter gewisecA umstanden
regelmässig auftretenden procentischen Abweichungen aufenohen.
Einselne Angaben su berichtigen, dann möglichst grosse und
sichere Zahlen ausammeusus teilen, ferner um Mittheilungen bei«
aubringen, schliesslich auf einige physiologische Gesichtspunkte
hinsuweisen, ist der Zweck dieser Zeilen.
Yon 19,930,656 Kindern, welche in den von WappSm» su*
sammengestelUen Ländern geboren wurden, waren unter 10 Millionen
durchschnittlich 9,768,334 Einselgeborene , 227,697 Zwillinge,
8948 Drillinge, 118 Vierlinge und 3 (genauer 3,5) Panflinge.
Dass sich die VerhSltnisse auch in yerschiedenen Perioden
gleichbleiben, zeigen folgende Zahlen. Von 1847—^1866 waren
in Sachsen von 1 Million Neugeborener 975,092 Einselgeborene,
24,582 Zwillinge, 316 Drillinge. In den Jahren 1815 — 1830 kamen
auf 1 Million Neugeborener 11,798 Zwillingsgeburten, also 23,696
Zwillinge; ein siemlich entsprechendes Verhältniss, welches sich
dem ersten aus neuerer Zeit rielleicht noch mehr nähern wfirde,
wenn die Erhebungen der Siteren Zeit eben so genau Yor-
genommen worden wären, wie die der neueren. Von 1847 — 1866
finden sich also
128 Zwillingsgeburten auf 10,000 geborenen Individuen,
1 Drillingsgeburt „ 10,000 , „
1 Vierlingsgeburt „ 400,000 „ „
Von 1834 — 1858 ergeben sich in Sachsen auf 10,000 Indiriduen
126 ZwilUngsgeburten und eine Drillingsgeburt, sowie auf
600,000 geborene Individuen eine Vierlingsgeburt.
Eine sehen mitonter hervorgehobene Erscheinung ist, dass
die Fruchtbarkeit eines Jahres auch die relative Häufigkeit der
Mehrgeburten erhöht, und es hat sich in Sachsen herausgestellt,
dass in den durch Fruchtbarkeit ausgeaeichneten Jahren in der
Regel nicht blos die absolute, sondern auch die relative Zahl
der mehrfachen Qeburten wächst, wie folgende Tabelle seigt:
XXXI. Kötiien /tos der Jovr&al* Literatur. 477
Miftima der Fraebtbarkeit. Mazima der Fmchtbarkeit.
Abcoliite. ItoUttve. Abfolata. RoMIt«.
^ahl der meSHaelieii Gebnrtea. '
1848 818 1 : 88 1843 996 1 : 76
1848 892 1:81 1848 1024 1:80
1866 926 1:79 1867 1116 1:78
1866 988 1 : 82 1868 1161 1 : 78.
Eine dvreb P. eo» 3kik Air Würiembtfrg geAmdene Besiehsng
switeben der grteseren Zabl mebrftu>ber Oebnrtea und eiaesi
bedeutenden Knabenilbereebnsse konnte Terf. bei Znaamme»-
steUnng anderer L&nder nieht finden. Ebensowenii^ Iwist eieb
ein Correepondtrett des Knabenfibenobnsiee mit der 2abl der
llebrgebnrten an den einseinen Beiirkea in Saebeen erkennen.
In Beang anf den Ton BiMarger ansgespre ebenen Batst »Das
ZnaaameaT^rkottunen aweier. Knaben ist beinabe swei Hai ae
bSnfig, alt dae sweler MMdeben, wiibrend Knaben und Mftdeben
snaamnien beinabe 90 bänfig Yorkommen aU Knaben. Die Zabl
der Knaben fibertriffi die der Mädchen fast nm das Doppelte,
während bei einfacher Sehwaagerschaft anf 17 Knaben 16 Mädchen
kommen,'' fand Verf., dass in Sachsen ZwiUbufsgebnrten mit
swei Knaben hSnfiger Torkommen, als solche mit swei Mädchen,
nnd anch solche mit gemischtem Geschlechte. Dass in diesem
Lande aber anch die Geborten mit swei Mädchen im Gänsen
nnd in der Regel nicht häufiger vorkommen, als solche mit ge-
mischtem Geschlechte, dass yielmehr die letsteren sowohl in
einseinen Perioden, als auch im Gänsen die Zwillingsgeburten
mit swei Mädchen überwiegen; dass jedoch dieses Yerhältniss
nicht so bedeutend ist, als Batllarger angab.
Verf. wendet sich nun sur Betrachtung der EihÜllen und ins-
besondere beachtet er, ob diese Theile, die wichtigsten für die erste
Entwickeinng des FStus, unter gewissen GeschlechtsTerhältnissen
der Zwillingspaare , paarig und unpaarig sind und kommt su von
den bisherigen Ansichten nicht abweichenden Resultaten.
(L Beilage sur Deutschen Klinik, No. 4, 1861.)
Spiegelberg: Erfahrungen nnd Bemerkungen über die
Störungen des Nachgeburtsgeschäftes.
Verf. lenkt im Torliegenden Aufsatm die Aufmerksamkeit der
Fachgenossen auf die so höchst wichtige Nacbgebnrtsperiode.
Die Häufigkeit der Torkommenden Kachgeburtsstdmngen in der
PriTatprazis , weicht so auffällig contrastirt mit der Seltenheit,
In welcher Anomalien der Nachgeburtsperlode in GebX ranstalten
beobachtet werden, erklärt Verf. dahin, dass die ihm sur Behandlung
gekommenen Placentarsögerungen snm grSssten Tbeik gemachte,
artitcielle waren, gemaeht voh den Hebammen.
478 XXXI. Matisen »iw der JoanMl-LiUmtar.
Die B««efai, ml«he Yerf« Ür die BUUeAik 40v b^iten ^«b«?««-
Periode empfiehlt, sind die in England «llgemeiii geübten nnd
bestehen in einer fovtwtthrendeti^eberw&ohiii^ des Uterns mit
der Han4. Dabei sind weniger so sehr Reibangea des Fnndof etc.
▼on den Banchdeeken ans , als eiti sanftes gleichoiftssiges Herab-
drucken (sie?) des in seinem oberen Umfange mit der Hohlband
nmfassten Ute ras gtgen das Becken hin notbwendig; ja, die
aehleeht aofgaflUirten fieihimgea körmtm gerade da« Gegontheil
▼on dem, vaa m«n ersieleo will -^ eise gleichrnftsstge Coii-
traotion — herbeiführen. Das« bai dieaeii in Bede etebenden
Manipulationen die Placenta auch an« der fieheide und vor die
änssefett GenitaUen getriebeii wurde » wi« Qr04d sAgiebt» hat
Verf. im AUgemeiaea niefat galtinden.-
(Ref. CfredS legt gerade das Hanptgewieht Mif die Boibnngen
txnd erst, wenn dadnrcli eine ttlehtige Zusamraenstefcuftg herv^or-
gebraeht ist, gestattet er einen leichten Dmek nach unten, wovanf
in den bei weiten hftnfigsten Fftllen die Plaeenta hie W9r die
äoeseren Geftchlechtsthefle getrieben wird. Allerdings kSnnen
Schlecht ausgeführte Reibungen schaden; es iet dios aber kein
Fehler der Methode, als vielmehr der soMechlen AnvfBhraag
desselben.)
Nach Ausstossung der Nachgebnrt miiss man sich noch eine
2eit lang von den genügenden Zusammenziehnngen der Geb&rmntter
üborseugen, worauf man gut thut, eine Binde nm den Batich an
legen, sowohl um einer Belazatiou des Uterus TorEubetigen , als
auch um den erschlafften Bauchdecken eine Stütze zu geben.
Die grösste Zahl der vom Verf. beobachteten Kachgeburts-
sSgerungen war durch anomale Uterusthätigkeit bedingt, welche
erzeugt war entweder indirect, durch Unterlassung der an-
gegebenen Regeln oder direct, durch Misshandlung, durch schäd-
liche Manipulation am Nabelstrange und am Muttermunde. Die
Unterlassung der Ueberwachung der Gebärmutter hatte eine
ungenügende, eine zu schwache Wehenthfttigkeit, die Misshandlung
meist eine unregelmässige, die sogenannte Strictur zur Folge.
Die zu schwachen Contraetionea wurden auch beobachtet, wenn
die letzten Stadien der Austreibung sehr .rasch yerliefen, oder
die Ausdehnung des Uterus eine sehr bedeutende war, oder
endlich die Gebärmutterhöhle auf operativem Wege entleert und
dadurch die Weheathätigkeit gestört wurde. Die Strictaren hält
Verf. mit Douglaß in den zahlreichsten Fällen für secnndäro,
d* h.. bedingt, durch Ziehen am Nabelstrange oder unnützes Betasten
and Erweitem des Oeryix bei momentaner Zurückhaltung dea
Frachtkuchena , daher sie sich auch eataprechend immer an
jatl^mus^tari und nie in des Gegend derTubeamündungen vorfandea.
Sine aboarma faata Adbäaion der PUisentA hält Varf. für
sehr selten; nur aiaiga Mal« amr die Verbindaag dur^h nähr
JXJl. HotUa» »n« der Jounutl-Literi^tttr. 479
i w«Biff /dieka, seboige , yojq üterv« s^r PUc«nU lanfenda Stränge
b9wir|[t Jn einigen FäJilen konnte der Lappen durch die sonst
normale» ßeb&rmnttejrsns^niinenBiebangen nicht getrennt werden,
I weil er in der N&he dea untere« Uteriivegmentee inserirt w»r,
I sj^ welehex die Uterii^o^A^acti^nen nie so aasgiebig sind.
JSine Blotmig war |n den meisten fällen zugegen.
Bei Behandlnng der Nachgeb|irts^Qgerangen sncbte Verf. sn-
nlMhst, w^nn er die. Pi^cei^t« nicht ip der Sebeide fand^ eine
gleiebmSsaige geringere Contri^ction des Uteras berbeisuführen,
mochte die Ucs^oJ^e ^d^ Retention sein» welche sie woUte, mochte
I BJIntiing nngage» sein oder laicht. Nnr wenn letstere sehr heftig
w#r nnd einen deLUtli^ bemerkbaren Einflnss auf das Oesammt-
befinden der Pi^tiepjdn übte^ führte er sogleich die Hand zur
Entlarn^;^ der NAcb^ebnrt in die Utem^böble ein, ohne jedoch
die äusseren Manipulationen aufsugeben. Bemerkenswertb ist,
daas Verf. Ton der Chloroforpirq^g bei vorhandener Strictur
inrnckgekommen ist, da die Anästhesie die Heflezthätigkeit, die
ezoito - motorischen Erscheinungen, die Strictur also nichts weniger
als lu beseitigen scheint.
Nach Entfernung der Nachgeburt gab Verf. 2 — 4 Tage nach
der Geburt Mutterkorn, sowohl um eine Relaxation und einer
«ecttttdären Bkitofig, alt aueh u« einer Metritle vorsubeugen.
Reinigende -fihispritsttngeii in ^e Seheide und gegen den Uteras
- wnf'deB nicht versäumt, ebenso bei fieberJbi^fieD Ersebeimingett
Ohinin in mäesig gi^oesen Doeen (etwa5 gr. BMal <lägUeh) to rabreich«.
Auch naoh Abortus ist unter solchen Umständen die an»
gegebene NaehbebandHing durohaus ebenso ntfthig, wie nAob reehl-
seitiger Gehurt, nnd seigten sich hter^ wenn naoh 10—14 Tagen
die Absonderung a«s der Ckbivmutter sehr miefalioh, thel-
rfechend und sn länge Zef« bluHg tisgtrt blieb, die kalte V«ginal-
donche und epttter die flüchtige fiinf&hvnng des Höllensteteft in
die Uterashö%le top grossem Nutten« Anoh Opium In grossen
Dosen seigte gegen die dnreh Toransgegangene Blutung hevbel-
gefährte Erschöpfung der W^ehnertnnen gute Erfolge.
Eine aus lOPSlien bestehende Casnistik schliesat den vieles
Behemigenswerihe enthaltenden Autetv. '
(Wfirsburger medic. Zeilsehl4ft, Bd; II., H. 1, IMI^
JouUn: Studien über den Pemphigus des Gebärmutter-
halses«
Verf. hat swei Fälle von Pemphigus dc|S Oab^rmiittlrhalses
beobachtet, welche Krankheitsform bis jetst von keinem Gynä-
kologen besehrieben worden IVT/ Er gab ihr den obigen Namen,
wegen der auffallenden Aehnlichkeit mit dem Pemphigus auf der
äusseren Haut. Er eeigt nämliph ei^e runde Form mit sehr
480 XXXI. NottBen aas der Jonnial*Literatar.
reg^elmätsigexn Rande nnd gleiclit einem grossen Aeken Tropfen
klaren und fadensiebenden Sebleimes, welcher ans dem Mntter-
halse strSmt. Zuweilen ist er an der Basis durch einen gans
sehmalen hochrothen Streifen hegrenit, welcher reines Blut sn
sein scheint Die 01>erflache des Collum , auf welcher der
Pemphigus steht, ist gani normal und behält ihre gewöhnliche
Farbe. Das Epithel, welohes die Hülle der Blase bildet, besitst
eine feiemliche Widerstandskraft, lerreisst aber sofort durch Be-
rührung mit Höllenstein. Die ausfliesende Flüssigkeit erscheint
nicht fadensiehend und gleicht dem gewühnlichen Serum. Die
Krankheit ist ohne alle Bedeutung für die Gesundheit, die Frauen
haben keine Beschwerde und deshalb wird sie auch nur aufiUHg
gefiinden. Nach mündlicher Mittheilung hat CaH^tnau in der
Lourcine sechs solcher Beobachtungen, ebenso N4Mon einige
gemacht.
(Gas. des h6pit., No. 40, 1861.)
ÜKU: Ein Fall Ton mangelhafter Knoohenbildung bei
einem Neugeborenen.
Verf. wurde tu einer kräftigen 86jlÜirigen Gebftrenden bei
Beginn ihrer fünften Geburt gerufen wegen Schieflage und Vor-
lagemng einer Hand. Die Wendung war schwierig wegen Ver-
kümmerung der unteren Extremitäten des Kindes und Verf. kam
sehr in Verlegenheit, weil bei jedem kräftigen Angriffe ein
knarrendes Ger&usoh au bemerken war. Das Kind war todt, aber
reif. Die BesJchtigung desselben seigte ein Fehlen der Kopf-
kaochen, wenn man nicht einige sechsergrosse Knochenplättehen,
4ie sieh Tbrfanden, dafür halten wollte. Das Gesiebt war Ter-
sogen, well die Gesiehtskttoehen mehr oder weniger lersplittert
waren. Die Bippen waren fast aämmtlich lerbrochen, die meisten
mehrere Male. Die Extremitäten waren Terkümmert, d. b. viel
zu kurs, ihre Dicke war normal, ebenso die Gelenke. UeberaU
jedoch sersplitterten die Knochen bei Berührung und Hess man
ein Knochenstückchen etwa« troeknen, so konnte man es mit
dem Nagel an Pulrer lerquetsehen.
Im Uebrigen war der Körper gut gebildet und normal gross.
Die Nahrung der Frau während ihrer Schwangerschaft hatte
ausschliesslich in Kartoffeln und Obstmost, keinem Fleische und
keinem Gemüse und wenig Brod bestanden.
(Zeitschrift ivit Wundärste und Geburtshelfer, 18. Jahrg.,
H. IV., 1860.)
Druck ron A. Th. Engelbardt in Lelpsiir*
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ligA
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Monatsscl
0»i;arFur5;fnaw.Ii?ip- ,-
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Uot\at5SC
Oi.iT Punt^ijt l^:y-
Monateschrift
für
GEBURTSKUNDE
und
Frauenkrankheiten.
Im Verein mit der
Gesellschaft für Geburtshtille in Berlin
herausgegeben von
Dr. C. S. F. Cred6,
Hofrath, ord. Prof. und Director der Entbindung« -Anstalt in Leipxlg etc.
Dr. Ed« BKartiiif
Ot^h RAth, ord. Prof. und Director der Entbindnngs-Anstait in Berlin. Rittor etc.
Dr. F. A. von Ritgen,
Geh. Rath, ord. Prof. and Director der Entbindung« -Anstalt in GieKsen,
Comthur etc.
Dr. Ed. C. J. von Biebold,
ilofrntli, ord. Prof. und Director der Entbindung« • Anstalt in Göttlugen
Comthur etc.
Adttzebnter Baiil.
Mit vier Tafeln Abbildungen.
Berlin, 1861.
Vetlac ran Augiut HlMchwald,
68 U. d. Linden, Ecke der Schadow-Strasse.
Inhalt
Heft I.
Seita
I. Verhandlungen der Gesellschaft für Gebnrtshülfe in Berlin 1
Afarttn; Angeborene zQfiammengese täte Kystengeschwnlst
der Sacroperinäalgegend 1
Tobold: Ueber einen Belenchtungsapparat in specie zn
gynäkologischen Zwecken 6
L, Mayer: Ueber das zweckmässigste Specnluin .... 11
C. Mayer: Ueber die Amputation eines Canoroids oder
Blumenkohlgewächses der Yaginalportion 12
II. Betrachtungen über das Kindbettfieber. Nach Lehmann^A
„Rapports de la commission d^obst^trique, communiqu^s
au eercle m^dical d'Amsterdam ^. MitgetheiU von
Eduard v. Siebold. (Schluss.) 19
III. Ueber Rheumatismus uteri gravtdi. Vortrag, gehalten
in der 79. Sitzung der Gesellschaft für Geburtshülfe zu
Leipzig am 8. October 1860 tou Dr. Emil Apollo Meißner 39
IV. Bericht über die Leistungen des Eönigl. Hebammen-
instituts zu Stettin während der Jahre 1834 — 1859. Vom
Geh. Medicinalrath Dr. Behtn. (Fortsetzung.) 60
V. Notizen aus der Journal -Literatur:
Herbert Barker: Ringförmige Zerreissung des Utems-
halses 83
C, WaUer: Excessive Grösse eines Neugeborenen . . 83
W, Boeer: Daa Ectropion am Muttermunde 84
lY Inhalt.
Seite
J, Adamt: Eztranterinschwangerschaft; Bauchs chnitt,
Genesung 84
Qraüy HewiU: üeber die Natur und Entstehung der
Blasenmole 85
Maurer: Ein Fall yon abweichender Ausmändung des
Mastdarms und gänzlichem Fehlen der Harnorgane 85
W. 0, PriesÜey: Merkwürdige intrauterine Verletzung
am Kopfe 86
Tarner: Ovariotomie, Genesung 86
William Baxton HilUard: Neue Instrumente zur
Operation der Blasenscheidenfistel 87
H. Oldham: Retroflexion des schwangeren Uterus,
während der Geburt bestehend 87
Thomas Balfour: Zwei Fälle von Exomphnlus, mit
Bemerkungen 87
Heft n.
VI. Verhandlungen der Gesellschaft für Geburtshtilfe in Berlin.
lieber den Antrag des Dr. B. in B. 89 u. 112
V. Becklinghausen: Krebs im Douglas'' sehen KAunie
mit zahlreichen Metastasen 95
Olshausen: Imperforatio ani mit abnormer Commnni-
cation des Darmes in die Blase; fehlender Penis 98
Mayer: Fall einer vom Uterus ausgehenden geheilten
Epilepsie - 105
Lücke: Uterus mit einem grossen Fibroide 111
VII. Zwei neue Fälle von angeborenem (einfachem) Kysten-
hygrom der Sacroperinäalgegend. Mitgetheilt von
Df. Sirassmann, Secundärarzt an der geburtshälflichc-n
Klinik in Berlin. (Hierzu die drei Abbildungen Ä, B, C
inr halber natürlicher Grösse.) 130
VIII. Ueber die Torsion der Nabelschnur und dadurch be-
dingte Stenosen der Gefässe. Von Dr. JS., Dohrn^
Assistenzarzt der geburtshülflichen Klinik zu Kiel. (Mit
Tier Abbildungen.) 147
IX. Bericht über die Leistungen des Königl. Hcbammen-
instituts zu Stettin während der Jahre 1834 — 1859.
Vom Geh. Medicinalrath Dr. Behm. (Schlnss.) 163
Inhalt. V
Heft in.
Seite
X. Einige Beobachtungen über Schwangerschaft ausser-
halb der Gebärmutter. Von Dr. P. U. Walter, Pro-
fessor emer. in Dorpat. (Mit zwei Tafeln Abbildungen.) 171
XI. Embryotomie mit ungünstigem Ausgange bei unaus-
führbarer Auslösung des Oberarmes aus dem Schulter- '
gelenke. Von Dr. Vogler, Obermedicinalrath, Brun^ien-
und Badearzt in Wiesbaden 204
XII. Zur Behandlnng des Kindbettfiebers. Von Dr. Friedr,
Kehrer, Assistent an der Entbindungsanstalt in Giessen 209
XIII. Ein Fall von Traubenmole neben einem normal ent-
wickelten Eie. Von Dr. Hildehrandt, Assistent der
geburtshülflichen Klinik in Königsberg in Pr. ..... 224
XIV. Fall von Eclampsia pnerperalis in Verbindung mit einem
Fungus durae matris. Mitgetheilt von Dr. F. A, Kehrer
in Giessen 228
XV. Zum Saugapparat der Neugeborenen. Mittheilung von
E, V, Siebold 234
XVI. Ein Blick auf die neuesten Beiträge zur Frage über
das Sexualverhältniss der Neugeborenen. Von Dr. Plose
in Leipzig . . .* 237
XVII. Notizen aus der .lournal- Literatur:
Braxion Hicks: lieber eine neue Wendnngsmethode 247
Legrand: Tod, in Folge einer Jodeinspritzung in
eine Eierstockskyste 248
PolcA: Neue Operationsmethode der Fistnla vesico-
vaginalis 249
Martin: Ueber Chloroforminhal'itionen in der Ge-
burtshülfe 249
Heft IV.
XVIII. Zur Kenntniss eines schottischen von mir modificirten
Hysterophors. Von Professor Dr. Breslau in Zürich.
(Nebst einer Tafel Abbildungen.) . ', 251
XIX. Zwillingsgeburt' mit Placenta praevia. Beobachtet
von Dr. Bernhard Schuchardt, Obergerichts- und
Landphysikus tu Nienburg an der Weser in Hannover 268
VI
Inhalt.
XX.
XXI.
XXII.
BelU
Bemerkungen über die Entfernung der Nachgeburt.
Von Dr. Abegg in Danzig 264
Ueber Anwendung der £lectricität in der Gcburts-
hülfe. Von Dr. A. Baer in Berlin 273
Zehnter Bericht über die in der K. Entbindungs-
unstalt zu Göttingen vorgefallenen Ereignisse in den
Jahren 1867, 1868, 1869 u. 1860. Von Dr. Ed. v. SUbold 296
XXIII. Notizen aus der Journal -Literatur:
Wagner: Neubildung von Drüsengewebe 324
Ziema$en: Fibröser Polyp der Gebärmutter .... 326
Faueoult: Fall von Schamfugenschnitt 326
XXIV. Literatur:.
Aerztlicher Bericht des k. k. Gebär- und Findel-
hauses zu Wien, vom Solarjahre 1868. Im Auf-
trage des k. k. Ministerium des Innern. Wien 1860. 327
Heft V.
XXV. Verhandlungen der Gesellschaft für Gehurtshülfe in
Berlin 331
Birnbaum: Ueber die Bauchhöhlenschwangerschaft
und namentlich die inneren Blutungen dabei, nach
eigenen Beobachtungen 331
Martin: Fall von geheiltem Lupus exulcerans vulvae
(Estiomöne) 348
Lorent: Fall von Lupus hjpertrophicus vulvae . . 850
Mayer: Allmälig zunehmende Beckenenge durch
Entwickelung einer fibrösen Geschwulst am ersten
Sacral- und letzten Lendenwirbel. Einleitung
der Frühgeburt nach Cohen^a Methode 354
OUhaueen: Fibröse Geschwulst im kleinen Becken.
Künstliche Frühgeburt 362
XXVI. Sechsunddreissigste Versammlung deutscher Natur-
forscher und Aerzte in Speier im Jahre 1861. Ver-
handlungen derSection für Gynäkologie. Mitgetheilt
von Dr. F. Hüter 3^
XXVII. Fall von 36 maliger Function einer Ovarialkyste.
Mitgetheilt von Dr. Bertrand , Badearzt in Schlangen-
bad 388
Inhalt. Vll
Seite '
XXVIII. Notizen ans der Journal -I^iteratur:
Ueber den Kaiserschnitt nach deqi Tode der Mutter.
Verhandlungen in der Acad^mie de ni^d. in Paris 396
Lemariey: Eclampsie während der Schwangerschaft,
Tod, Kaiserschnitt zwei Stunden nach dem Tode 402
Mattet: Üeber den Kaiserschnitt nach dem Tode . 402
Otterbourg: Ueber den Kaiserschnitt nach dem Tode 404
Ueber die Beweglichkeit der Gebärmutter 405
XXIX. Literatur:
Die Aetiologie, der Begriff und die Prophylaxis
des Kindbettfiebers von Ignaz Philipp Semmelweia^
Prof. in Pest. Pest, Wien u. Leipzig, Hartleben'a
VerL-Exp., 1861 406
Lehrbuch der Hebammenkunst von Dr. Bernhard
SehultzSy Prof. der Qeburtahülfe-, Director der
Entbindungsanstalt n. Hebammenschule zu Jena.
Mit 68 Holzschn. Leipzig, W. Engelmann , 1860. 407
Nachtrag. Nachricht. Berichtigungen 410
Heft VI.
XXX. Neuer Fall von Spondylolisthesis des Beckens. Un-
vollendet gebliebene Entbindung. Tod des Kindes
und der Mutter. ,Von Prof. Dr. Bretlau in Zürich.
(Mit Abbildung.) 411
XXXI. Zur Diagnose des Fötalgeschlechts. Als Beitrag zu
den von Dr. Frankenhäuser über diesen Gegenstand
mitgetheilten Beobachtungen von Dr. C. Steinbach,
ehemaligem Assistenten der Gebäranstalt in Jena . 428
XXXIL Incarcerirte Haematoroetra in Folge erworbener
Atresie des Os extemum. Von Dr. ü, PreU in
Hamburg 447
XXXI IL Ueber die Extraction der Frucht nach dem Modus
der sogenannten Selbstentwickelung. Von Prof.
ChtBtav Veit in Rostock 457
XXXIV. Eine Replik auf des Herrn Dr. Plote: „Ein Blick
auf die neuesten Beiträge zur Frage über das Sexual -
verhältniss der Neugeborenen.'' Von Prof. Dr, Breslau
in Zürich 470
VIII Inhalt.
Seite
XXXV. Notizen aus der Journal -Literatur:
Meyer: Die Beckenneigung 478
Philipp Harper : Instrumente zur Anbohrung fibröser
Uternsgeschwülste 479
Wagner: Chronischer Uterus- und Tnbenkatarrh;
Haematom des Uterus; Peritonitis 480
Hohl: Die Chloroformnarkose in der Geburtshiilfe 4B1
Caatelain: Fall von Tubo-Ovarial-Schwangerschaft 481
Pauk: Graviditas eztranterina; Entleerung sämmt-
licher Knochenstücke der Frucht durch den
Bauchschnitt; Genesung der Mutter 482
£. Kirhy: Zweimalige Einleitung der künstlichen
Frühgeburt bei einerZwergin mit missgestaltetem
Becken 483
V. Scanzoni: Ein Fall von Gebärmutterblasenfistel
mit epikritischen Bemerkungen 483
Cliaaaagny (Lyon) : Ueber eine Geburtszange mit
gleichmässigem Zuge u. fortschreitendem Drucke 486
XXXVI. Literatur:
Die Pathologie u. Therapie der Placentarretention
für Geburtshelfer u. praktische Aerzte bearbeitet
von Dr. Alfred JSegar in Darmstadt. Berlin,
bei Hirachwald, 1862 486
Die gynäkologische Untersuchung mit diagnosti-
schen Anhaltspunkten für praktische Aerzte und
Studirende der Me^ichi zur Einführung in die
Gynäkologie. Von Dr. Joseph Ämann, Privat-
docent. München 1861 489
Nachricht 490
L
Verhandlungen der Gesellschaft für Oeburtshttlfe
In
Berlia
Sitsong yom 12. MSiz 1861.
Herr Martin legt eine Hissgeburt vor:
Angeborene zusammengesetzte Kystengeschwulst
der Sacroperinäalgegend.
Nach den Mittheilungen des Herrn Dr. Sosenthal, welcher
die Frucht der geburtshCdflichen Klinik übergeben bat, war
dieselbe das 17. Kind einer gesunden Frau. Die Geburt soll
eine normale gewesen sein, wenngleich etwas langsam ver-
laufend. Diese Verzögerung wurde auf Rechnung der sehr
beträchtlichen Ausdehnung des Leibes geschoben, die als
Zwillingsschwangerscbatt imponirte. Bei dem Blasensprunge
zeigte* es sich indessen, dass der aussergewöhnlicfae Leibes-
umfang zumeist durch ein Hydramnios bedingt war, da sich
eine grosse Menge (angeblich 15 Quart) übelriechenden Frucht-
wassers entleerte. Kopf und Rumpf wurden hierauf schnell
geboren, der Steiss aber wollte nicht zum Vorschein kommen,
obschon die Hebamme eine Stunde lang mit aller Kraft an
dem Kinde zog. Da sie sich nun überzeugte, dass das
Beckenende durch einen voluminösen Körper am Herabrücken
gehindert sei und glaubte, dass es sich um Missbildung durch
Verwachsung zweier Früchte handle, liess sie den Arzt rufen.
Wahrscheinlich ist das Kind unter den forcirten Extractions*
versuchen gestorben, denn Dn R. fand es bereits todt,
obwohl die Hebamme angiebt, es habe mehr&ch geulhmet
lIoiMtMQhr. f. Gtobortok. 1S61. Bd. XTIII., Bit. 1 . 1
2 !• Verhandlungen der Gesellschaft
Dr. B, vollendete nur mit grosser Mühe die Extraction, und
es zeigte sich das Geburtsbindemiss in einem grossen Tumor
der Sacroperinäalgegend.
Die acht Stunden nach der Geburt in der geburtshülflichen
Klinik angestellte Section ergab Folgendes : ^) Nicht ganz
ausgetragenes, aber gut entwickeltes Mädchen von 15 V«'' Länge.
Kopfknochen fest, Fontanellen nicht ungewöhnlich gross, Quer-
durchmesser des Kopfes zwischen den Tub. parietal. = 2^^"^
gerader = SV/. Ziemlich viel Lanugo, besonders auf der
Schulterhöhe.
Das Unterhautbindegewebe um die Nabeigefasse stark
ödematös, bis zur Mitte des Sternums. In der Bauchhöhle
eine massige Menge seröser Flüssigkeit. Anderweitige Ab-
normitäten sind tiicht zu ermitteln.
Von der unteren Kreuzbeingegend hängt eine grosse
Geschwulst herab, die bei Aufrechtstellung des Kindes die
Fersen um reichlich V/^' überragt, nach oben in die Haut
des Rückens, nach unten und seitlich in die der Genitalien,
des Dammes und der Schenkel übergeht. Diese länglich ovale
Geschwulst ist von einer d^ben, fast vollkommen kugeligen,
ftiif der Oberfläche leicht höckerigen Masse gebildet An dem
vorderen oberen Umfange des Tumors sieht man die After-
öffnung, senkrecht unter der Synq>hyse und davor die Scham-
Spalte, die in gerader Richtung von oben nach unten veriiuft
Der Damm ist durch diese Verziehüiig der Theile nicht un-
beträchtlich gedehnt Die Beine sind durch die Gesehwiibit
etwas auseinandergedrängt, so dass es aussieht, als bb das
Kind auf der Gesdiwulst reite. Der Längendurchmesser der
Geschwulst beträgt circa 6%", der quere ist etwas kürzer,
der Umfang misst 18^
Die bedeckende Haut hat in Folge der durch das schnelle
Wachsthum der Geschwulst bedinglen Dehnung manmcbbcbe
Veränderungen erlitten. Gegen die Basis hin ist sie noch
völlig normal und oberhalb des Tumors verschiebbar, je weiter
nach abwärts, desto dünner wird sie und verwächst innig
mit dem. darunter liegenden Gebilde. Am unteren Ende ifsigt
1) Die Besehreibtisg des Befundes hatte Herr Dr. Sh^aurnttnUf
Secumd&rant der geburtehfilflichen SJinik, geOUIgtt ttbemoBiiiien.
tat Q«burt8hülfd In Berlin. 3
der Hautoack einen cärc« diieüsoUigen Ri^^ der fast V2'' tief
in die Geschwulstmasse eindringt Dieser Riss ist frisch,
scharfrandig und augenscheiüUteh unter der Geburt entstanden.
Ausser diesem Risse sieht man eine Menge kleiner, an denen
eine. Usur der Cutis ?ieUeicbt langsam zu Stande kam, yon
Linsen- bis Viergroschengrösse yariirend. Die Haut ist hier
nnregelmässig, meist rundlidu durchlöchert, und aus den
Oeflhungen ragt die Geschwulstmasse hervor, die an solchen
Stellen meist verkalkt erscheint. .An noch- anderen Punkten
sieht man den Dorchbruch vorbereitet, indem die Cutis so
verddnnt ist, dass der opalescirende Inhalt kleiner Kysten
odtf die rolhliche Geschwulstmasse durchschimmert. Die Cutis
ist an solchen Stellen auf dem Schmtt von den. darunter
liegenden Gebilden nicht mehr zu trennen. Die durch-
brochenen und verdfinnten Stellen entsprechen zumeist kleineren
Kysten« die sich gegen die Oberfläche entwickelt haben und
ihr dadurch das unebene höckerige Ansehen geben. Zwischen
den veränderten Stellen trifit man ab und zu sdimale Brücken
Donaaler Cutis.
Auf dem Durchschnitte zeigte die Geschwulstmasse em
markiges, röthlich- graues Aussehen, ist sehr gefässreich und
von weissen, sehnig glänzenden, gröberen und ferneren
Bindegewebszugen durchsetzt Dieses Bindegewebsgertot dient
als Stroma für die eingelagerte markige Hasse, ia welcher
ach wiederum eine Menge grösserer und kleinerer Kysten
eingesprengt finden, bie kleinsten sind stecknadelkopfgross,
die meisten haben die Grösse einer Kirsche, nur eine einzige
erreichte den Umbng eines massigen Apfels. Die Wand der
Kysten ist glatt und in der Regel communiciren sie unter
einander nicht Ihr Inhalt ist zähflässig, opalescirend, gerinnt
beim Kochen und wird auf Salpetersäurezusatz flockig.
Die Markmasse besteht aus zahllosen, homogenen, sphäri-
schen, das Licht stark brechenden Körpereben, an denen
flieh Membran und Kern nicht nachweisen lassen. Die
makroskopisch nachweisbare grobtrabekuläre Anordnung des
Bindegeweb|-Siromas ist auch mikroskopisch in feinerem
Maassstabe wahrnehmbar. Das Bindegewebe zeigt eine sehr
derbe Beschaffenheit und. nur spärliche, der Richtung der
Bändel entsprechend angeordnete Körperchen.
1*
4 I. Verhancllangen der Gesellschaft
Ausser der HarknMsse und den Kysten fand sich in der
Geschwulst, und zwar in ziemlicher Menge, der hyaline Knorpel,
sowohl zerstreut in kleineren Plättchen, als auch stellenweise
in grösserer Mächtigkeit, dann meist rundliche Knoten dar-
stellend, von dem Ansehen kleinerer Enchondrone. Unter
dem Mikroskope zeigt der Knorpel keine besondere Eigen-
thümlichkeit, nur liegen die 2eUen sehr dicht, so dass nar
sehr wenig Zwischensubstanz vorhanden ist und sind m starker
Proliferation begriffen. Die Knorpelplättcben, ganz besonders
die Knorpelknötchen, liegen fast im Innern der Kysten.
Verkalkungen finden sich, wie schon erwähnt, durdi die
Geschwulstmasse in grosser Menge zerstreut. Sie erreichen
nie einen grösseren Umfang, sind oberflächlich und den Ein-
sprengungen an der Uterinfläche der Placenta sehr äbnlidi.
Sie finden sich sowohl in der Markmasse, wie an dem Knorpel-
plättcben, ganz besonders aber an den Kystenwandungen.
Nicht ganz selten trifft man auch auf Kysten, deren ganzer
Inhalt verkalkt ist und sich als rundliches Goncrement enucleiren
lässt, während die Kyste als glattwandige Höhle zurückble3>C.
Solche Kysten liegen gewöhnlich der Oberfläche ganz nahe
und sie sind es hauptsächlich, ^oberhalb deren, wie schon
erwähnt, die Cutis perforirt ist
Die Concremente beständen mikrochemisch aus kohlen-
saurem Kalke.
Ton achtem Knochengewebe nirgends eine Spur.
Von der weiteren mikroskopischen Untersuchung will
ich noch erwähnen, dass man die Anfänge der Kysten sehr
hftbsch verfolgen konnte. Man traf nämlich häufig auf Stellen,
an denen das Bindegewebe kreisförmig angeordnet war und
zahllose jener homogenen Körperchen einschloss, die die be-
treffende Alveole vollkommen ausfüllten. An anderen Punkten
zeigte sich das Centrum dieser Alveolen leer oder doch nur
Detritus führend, während an der Peripherie die Körperchen
noch angehäuft lagen. ^ Fassen wir diesen Befund zusammen,
so besteht unsere Geschwulst aus'^inem Bindegewebsgerösie,
Jn welches eine markige (zellige?) Masse eingebettet war, die .
zaUreiche, theils FlQssigkeit, theils Knorpelplättcben oder
verkalkte Massen mit sich führende Kysten einschloss. Nach
fttr Qebnrtshülfe in Berlin. 5
der TenniDologie von Lotzbeek^) wäre üe als eine zu-
sammengesetzte Kystengeschwiilst aufzufassen und dürfte als
Cystosarcom zu bezeichnen sein. Uebrigens wiU ich nicht
zu erwähnen unterlassen, dass selbst beim sorgfältigsten
Nachsuchen keinerlei Bildungen angetroffen wurden, die an
fStale Theile (Inclusion eines zweiten Fötus, Foetus in foetu)
bitten erinnern können.
Was die Beschaffenheit der benachbarten Tlieile betrifft,
so fiel, wie schon angeführt, die Dislocation des Anus und
der Scbamspalte besonders in die Augen. Dem entsprechend
fand sich das Rectum sehr jstark nach vorn gedrängt, und
man konnte durch seine hintere Wand, wie auch von der
Bauchhöhle aus den oberen Umfang* des Tumors als fest-
weidie Hasse vor der vorderen Fläche des Kreuzbeins durch-
fBhlen, dergestalt, dass der grösste Theil der Excavatio
ossis sacri davon erfüllt war. An der hinteren Fläche des
Os sacri reichte die Geschwulst nur bis zu dessen Spilze,
an der sie angeheftet ist Das Kreuzbein selbst ist stark
nach rückwärts gedrängt und zeigt ebensowenig wie die
übrige Wirbelsäule einen Defect im Knochen.
Der Hiatus canalis sacralis ist vollkommen verschlossen;
die Spinalmeningen normal; in der Anordnung der Cauda
equina keine Abweichung.
Die Genitalien sind gleichfalls normal. Ein Volumens*
unterschied der beiden Hinterbacken ist nicht zu conslatiren.
In Betreff der Nacbgeburtsverhältnisse ist zu bemerken,
dass die Placenta sehr gross war; ihr Gewicht betrug
1 Pfd 24 Loth. Die Eihäute stellten einen weiten Sack dar,
waren durch eine mächtige Schicht Gallerte verklebt und der
Riss etwa 2" vom Placentarrande entfernt Die 25'^ lange
Nabelschnur inserirte lateral Schliesslich ist noch zu be-
merken, dass sowohl die Eltern als die Gesohwister der
betreffenden Frucht von Hissbildungen völlig frei sind. ■
Herr t^. Recklinghausen hat vor nicht langer Zeit ein
solches Kystenhygrom beobachtet, welches von der vorderen
Fläche des Steissbeins entsprang und, ohne After oder Blase
1) Die angeborenen GeschwQlete der hinteren Kreuebein-
gegend, 8. 28.
Q I. Verhandlnngen der OeBenschafi
ZU lädircn, sich frei nach unten entwickelt hatte. Er erwähnt,
dass Luschka nach seiner jüngst erschienenen Abhandlung
über die Steissdrüse in dieser den Ausgangspunkt f&r diese
Geschwülste sehe.
Herr Langenheck wendet dagegen ein, dass diese Ansicht
durch den wechsebden Sitz der Kystenhygrome wideriegt würde,
da diese ebensowohl am oberen Ende derWn*belsäule Torkänieii.
Herr Tobold spricht
lieber einen Beleuchtungsapparat in specie zu
gynäkologischen Zwecken,
Wenn es bei Beleuchtungsapparaten überhaupt auf
Intensität des Lichtes ankommt, so ist die quantitatiT.e
Menge des Lichtes bei derartigen Apparaten zu gynäkologischen
wie operativen Zwecken Ton besonderer Wichtigkeit, da man,
abgesehen von der Inspection des Speculums zur gründlichen
Eruirung eines Krankheitsfalles auch die äussere Genitalregiun,
häufig selbst Schenkel und Leib einer genaueren Untersudiung
zu unterwerfen bat.
Ferner ist es hierbei erforderlich, dass der Apparat
einen möglichst zweckmässigen Stand finde, damit der
untersuchende Arzt durch denselben weder in seinen Mani-
pulationen behindert werde, noch auch er selbst namentlich
mit seinem Kopfe das einfallende Licht sich abschneide.
Endlich muss die Stellung des Apparates leicht, mit
einer Hand und ohne Zeitaufwand zu verändern sein, da man
das Speculum in jedem Augenblicke nach rechts, links, oben
oder unten, je nach dem speciell vorliegenden Falle zu ver-
ändern hat
Die Unzulänglichkeit der bisher zu diesem Zwecke ge-
bräucUichen Beleuchtungsapparate hat den CoUegen LouiB
Mayer und mich veranlasst, einen zweckmässigeren Apparat
in Anwendung zu bringen. Wir haben zu dem Ende nach
vielfach angestellten Versuchen den parabolischen Spiegel am
geeignetsten gefunden, der ja längst auf den Telegraphen-
stangen, auf Leuchtthürmen und über den Schaufeln jeder
Locomotive weithin leuchtet und den meines Wissens zur
intensiven Beleuchtung einer bestimmten, kleineren Fläche,
der hiesige durch die Trefflichkeit seiner astronomischen
für Gebortabilfe in BeHio. 7
imtmiiieiit« b«Jiaiuile Optiker Herr McsrtiM bei seinen
Aribeiteo suerst v^wendet bat
Aucb Herr Gek Ralh Lang^nbeck bat in neuester Zeit
bei Operationen diesen Spiegel in Anwendung gebracbt
Die bisher zu unserem Zwecke mehr oder weniger be-
nutzten Apparate bestanden in einer einfachen mit Wasser
gcffiUlen Glaskugel, pder in einem bioonvexen Spiegel, wie
solchen Ploss zuerst für gynäkologische Zwedie empfehlend,
in dem 14. Bande der Monatsschrift für Gel^urtskunde be-
schreibt, — und in d^ zunächst für laryngoskopische Zwecke
auf verscbiedeDe Weise constmirten Beleuchtungsapparaten mit
hiconyexer Linse und Reverb^re. Die Glaskugel giebt zwar
ein recht intensives Licht (daher aolcfae auch bei der
Laryngoskopie gut zu verwenden ist), allein das Beleuchtongs-
object muss sich hierbei in möglichster Ruhe befinden und
-überdies macht die Schwere der mit Wasser gefüllten Kagd
eiqen sehr complicirten und plumpen Apparat erforderlich,
wenigstens, wenn man jede beliebige Stellung und namentlich
eine Neigung der Lampe und Kugel ermöglichen will
Der P2o#a*8che Spiegel ist durch die sowohl quantitativ
als qualitativ geringe Lichtmenge nur jn sehr geringem Ilaasse
ausreichend, jedenfalls ganz unzugänglich bei länger wahrenden
Untersuchungen und der täglichen Abfertigung einer grösseren
Zahl von Kranken.
Was den Linsenapparat mit Reverb^re betrifft, auf diese
oder jene Form dabei kommt es ja nicht an, so wäre aller*
dings die qualitative Lichtmenge am ehesten ausreichend,
ein Specuhim nach Wunsch zu erleuchten und haben wir
denselben auch längere Zeit hindurch benutzt, indessen ist
hierbei jedes Mal ein Refletspiegel erforderUch, um das Licht
beliebig nach den erforderlichen Richtungen hin werfen zu
können. Dabei musste gleichzeitig der Apparat seinen Stand
zur Seite des Operationssttthks und des Kranken finden und
zwar in einer Weise, dass dadurch weder der Kranke genirt
noch der Arzt in seinen Bewegungen behindert werde. Beides
läs^t sich nicht vereinigen, abgesehen von der lästigen BienduDg,
wekher map sich, der Linse gegenüberstehend, ausgesetzt
sieht und 9er quantitativ geringen Lichtmenge, welche der
ReOexspiegel überhaupt über die Genitalien verbreitet
8 I. Verkandlimi^ii der Gef elltehftft
AQe diese Uebel&tände beseitigt die Anwendung des
parabolischen Spiegels. Dass bei diesem Mwohl die Lidii-
Quantität als Intensität grösser als bei dem Linsenaiqiarate ist
oder, wenn ich mich genau ausdrücken soll, bei dem Reverbäre-
apparat, — denn die Linse spielt dabei ein^ ganz untergeordnete
Rolle, sie sammelt nur die von dem Reverb^re kommenden
Lichtstrahlen in einem Punkte, — erfolgt aus deren ein-
facher Theorie.
Wir haben nämlich bei jedem Bilde eines ausgedehnten
Gegenstandes die Eigenschaft der Helligkeit und Deutlichkeit
zu berücksichtigen. Erstere hängt von der Menge der in
einem Punkte sich vereinigenden Lichtstrahlen, sowie von
der Menge der Lichtstrahlen, weldie den Gegenstand treffen,
ab, letztere aber erfordert, wenn sie vollkommen sein soll,
dass die von einem Punkte kommenden Strahlen nach ge-
schehener ReQexion sich wieder in einem Punkte vereinigen.
Bei sphärischen Spiegebi haben nur die nahe an der optisdien
Axe parallel mit derselben auffallenden Strahlen die Eigen-
schaft, nach dem Brennpunkte reflectirt zu werden und um*
gekehrt werden nur die Strahlen, welche von einem leuchtenden
Punkte im Brennpunkte, nahe dem optischen Mittdpnnkte auf
den Hohlspiegel fallen, parallel mit der Axe reflectirt — Die
Stralilen dagegen, welche nahe dem Rande von einer sich
im Brennpunkte befindlichen Flamme auffallen, werden nach
verschiedenen Richtungen zerstreut, reflectirt und sind demnach
nicht geeignet, eine bestimmte Stelle eines Gegenstandes, auf
welchen eine grosse Menge von Lichtstrahlen auffallen soll,
wirksam zu beleuchten, wie die parallel mit der Axe aufTallenden.
Kann man demnach bewirken, dass alle Lichtstrahlen,
welche von einem leuchtenden Punkte ausgehen, reflectirt
werden, dass sie fast sämmtlich parallel werden, so wird
jetzt die gesammte von ihm ausgehende Lichtmenge auf eine
einzige Stelle eines Objectes Concentrin werden, mithin dieser
Gegenstand in einem bedeutend höheren Maasse erhellt werden.
Diese Eigenschaft hat eben der parabolische Spiegel,
welcher als durch Rotation einer Parabel um ihre Axe ent-
standen gedacht werden muss. Da nun bekanntlich nach dem
katoptriscben Grundgesetze ein von einer spiegelnden Fläche
reflectirter Strahl mit dem Einfallsloth denselben Winkel
ftty GebnrUliW« In Beriia. 9
nachts wekhaa der einfaUende Strahl mit cKesem' Lothe
biUet, 80 werden nach Eigenschaft der Parabel alle Strahlen»
welche vom Brennponkte ansgeheu» parallel mit der Axe
reäectirt werden.
Da eip solcher Spiegel zum Enibringen der Lampe hint^
dmrchhohrt sein muss, so würden die Strahlen, welche dorthin
fallen, nicht reflectirt werden, also verloren gehen. Bringt
man jedoch, me es hier der Fall ist, einen anderen spBftrischen
Spiegel, ein Reverb^e von nicht zu grosser Oeffnung an,
dessen optischen Mittelpmikt in der Axe des parabolischeii
Spiegels liegt, so werden auch dÜB auf diesen fallenden Strahlen
von demselben nach dem ob^ Besagten parallel mit der Axe
reflectirt und es wird die Helligkeit bedeutend Vermehrt.
Solch' parabolischer Spiegel bedarf mithin keines Reflex-
spiegels. Seine LicfatintensiUt ist an sich so mäcbtigr dass
er in grösserer Entfernung dem Kranken vis k vis stehen und
direct seine geraden Strahlen auf das zu beleuchtende Object
in beträchtlicher Ausdehnung werfen kann.
Der untersuchende Arzt befindet sich also zwischen dem
Kranken und dem Apparate, indem letzterer 5 — 6 Fuss
entfernt stehen und so jede freie Bewegung dem Arzte ge^
statten kann.
Die Grösse der Parabel, wie wir sie gewählt haben, zeigt
4 Zoll Apertur und dem entsprechend eine Lange von 6 ZoU
von der Flamme bis zur Apertur gerechnet Die mit dem
Lichtkreise angestellten Messungen ergeben ein bestimmtes
Gesetz, indem die jedesmalige Entfernung des Lichtes vom
Objecte der Breite des Lichtkreises entspricht Soldie auf
weissem Grunde aufgefongeaen Lichtkreise zeigen die auf
Interferenz der Lichtstrahlen beruhenden Wellenkreise, was
indessen bei unseren Zwecken als wenig störend ausser Acht
gelasaen werden kann.
Es kam unft faiemacb nur noch darauf an^ dem Apparate
in jedem AugeniiUcke jede beliebige St^lung, je nadi dem
erforderlichen Stande des Speculums geben zu können, damit
der untersuchende Arzt weder eines Assistenten zur Direction
des Beleachtungsapparates bedilrfe, noch ohne solchen, be-
nöthigt werde, Speculum' und Instrumente aus der Hand zu
I6gen und selbst das Stellen zu dberndunen.
10 I. Veriumdlimgeii der GefeUatlutfk
Wir haben dies in «nfaelMr Weise durch ein einnn*
Stativ erreidit, welches an jeden Tisch u. s. w. gesdirobea
werden kann und an welchem der Apparat sich mit Leichtig*
keit bewegt. Es besteht das Stativ aus einer eisernen Rfthre,
worin sich mittels einer FrictionBroUe eine feingeialinte Stange
leicht und doch so sidier auf und ab bewegen Iflaat^ daas
weiter keine besondere jedesmalige Fixirung der Kurbel nöthig
wird. Ah dieser runden Stange befindet sich eine Yorrichtaiig
wie bei der sogenannten Schidielampe, wodurch eine beliebige
Drehung erreicht werden kann und welche seitwSrts mit einer
im rechten Winkel angeschliffenen und horixontalstehenden
Platte versehen ist, worin die Lampe hängt und letztere da-
durch die erforderliche Winkelneigung erßhrt Die Breiten^
Stellung kommt durch eine halbe Umdrehung da* horisontalen
Platte und eme Drehung der Lampe um ihre eigene Axe
KU Stande.
Was noch die verschiedenen Arten des Brennstoffes und
die Lampen mit ihrem verschiedenartigen Brennmateriale be-
triflt, so dArfte ohne Zweifel das Gaslicht oben an .sieben,
demnächst Photogtee und endlich Oel folgen. Indessen das
Gaslicht verbreitet einen höchst intensiven Hitzegrad, wobei
ein dem Apparate entsprechender enger Cylinder sehr lacht
platst and vollends, wenn man den Apparat, was dodi
wönschcnswerth ist, vorwärts oder rückwärts neigt
Eine ähnliche Wirkung, wenn auch in minderem Grade
erzeugt die Photogtoelampe, wobei noch der Umstand in
Betracht kommt, dass diese in ihrer Behandhing sehr empfind-
lich ist und bei nicht ganz genauem Abschneiden des Dochtes
eine sehr unliebe Flamme ze^ und daher schon hierdurch
allefai ein häufiges Sprengen des Cyiinders zur Folge hat
Die Oellampen und in specie die sogenannten Schiebe-
lampen mit den langen Cylindern, welche fast ausacbiiesalich
zu laryngoskopischen Apparaten verwendet 'werden, geben
zwar eine gleicbmässige und ziemlich kräftige Flamme, allein
es findet selbst, wenn der Oelbehäher von Glas ist, vermöge
der leichten MetalUeitung bald eine Erwärmung des Oeles
statt und wir haben in Folge dessen schon nach einer Stunde
ein merklich gelberes Licht, als anfangs. Eine Neigung der
Lampe ist wegen des leicht öberhiufenden Oeles ganz unaoögiich.
fGr OeburtBheife in BerUn. H
Bei den Moderateuriainpeii aHein finden wir die genannten
üebelstilnde beseitigt. Das Oel befindet «eh bei diesen tief
unten, durch die stete Circnlation des Oeies kann eine Er-
winnung desselben nicht statt haben. Das Liebt ist um
Vieles w^ser und man kann endlich eine Neigung der Lampe
XQ Wege bringen, die ffir die vorliegenden Zwecke erwünsdit
und v5lHg ausreichend erscheint
Der Apparat wurde yorgezeigt und als zweckentsprechend
und helUeuchtend anerkannt
Herr Langenbeck führte an, dass er schon im November
vorigen Jahres Versuche mit kunstlicher Beleuchtung der
Scheide angestellt habe, da zur Operation zweier Blasen-
scheidenfisteln bei den dunklen Tagen das Tageslicht nicht
ausreichte. Er habe sich damals von Lütter einen ähnlichen
Apparat, und zwar ebenfalls auf den parabolischen Spiegel
gegründet, verfertigen lassen; zwar nicht so glänzend als der
vorgezeigte, habe er ihm doch trefiliche Dienste geleistet,
aber so hell auch die Beleuchtung gewesen sei und so notb-
wendig er sie auch gefunden habe, da das Tageslicht absolut
unzureichend gewesen, so gestehe er doch, dass bei längerer
Benatzung seine Augen diu*ch dies grelle Licht auf sehr
empfindliche Weise geblendet seien; eine Bemerkung, die auch
Herr (7. Mayer macht, der den vorgezeigten Apparat am
Tage zuvor längere Zeit ^[eprüft hat
Die Herren L. Mayer ^ Tobold und Kauffmann können
diese Wirkung des kunstlidien Lichtes nicht bestätigen.
Herr X. Mayer entwickelte darauf in einem längeren
Vortrage über das zweck massigste Speculum die Ansicht,
dass zum deutlichsten Sehen im Speculum zwar helles Licht
gehöre, dass aber auch das hellste Lidit das deutliche Sehen
vollständig stören könne, wenn es durch Spiegelung in ver-
schiedenen Richtungen auf die Vaginalportion geworfen werde.
Dm cRes auf experimentellem Wege nachzuweisen, legte er
eine Reihe von runden Mutterspiegeln vor, die er auf der
engen Oeffnudg mit einem wässen fdn gerippten und ge-
pressten glänzenden Papiere zugebunden hatte. Je nach der
Beschaffenheit des Speculum zeigten .sich nun auffeilende
Versdiiedenheiten in der Deutlichkeit der sichtbaren Papier-
1^2 I- Terhandlnngen der Gesellschaft
Oberfläche. So zeigte das Fergu89on'»dBie Specukmi ba
stärkster Licbtintensitit ein darchaua nicht unterscheidbares
Bild ebensowenig ein polu'tes schwarzes Syeculoni, wo bd
quantitativ wenig Licht, dies eher zur Verwischung als Klärung
des Bildes diente.
Viel besser waren Milchglas- und Porcellanspecula, die
bei relativ hellem weissen Lichte nicht zu stark spiegehi und
deshalb die Zeichnung des untergebundenen Papiers ziemlich
genau erkennen Hessen.
Noch deutlicher nun erschien dies an den innerlich
mattgeschliffenen Mutterspiegeln. Zwar 'dunkel aber deutlidi
in schwarzen matten Spiegeln, hell und deutlich im matt-
geschliffenen Milchglasspeculum, welches Herr L. Mayer somit
als das beste der Gesellschaft empfahl, da es ausser dem Vorzuge,
den er eben erwähnt, noch durch seine relative Billigkeit (fAr
das Mattschleifen 6 Silbergroschen) und durch seine Indifferenz
gegen chemische und mechanische Beschmutzungen sehr vor-
theilhaft, namentlich gegen das Fergusson^^che SpectAim
abstäche.
Herr C. Mayer spricht über die
Amputation eines Gancroids oder Blumenkohl-
gewächses der Vaginalportion.
Seit meinen schon vor 10 Jahren hier in unserer Gesell*
sdiaft und im vierten Jahrgange unserer Verhandlungen un
Jahre 1851 veröffentlichten ersten Hitüieilungen Gher das
damals fast in Vergessenheit gerathene (72arA;e'sche Blumenkohl-
gewächs ist nicht allein in unserer Gesellschaft öfter von
diesem Gegenstande die Rede, gewesen, sondern es hat dies
eigenthumliche Cancroid der Vaginalportion seitdem in d^
I französischen, englischen und besonders in der deutschen
Literatur eine vielseitige Besprechung in Bezug auf seine
I Natur und seine Behandlung erfahren; doch ist die Zahl der
1 Beobachtungen, welche von den verschiedenen Schriftstellern
mitgetheilt werden, im Ganzen nur gering. Wenn man nun
ausserdem aus den mdndlichen Mittbeüungen der praktischen
Aerzte verschiedener Städte und Länder die noch vorhandene
grosse Unbekanntschaft mit diesem Leiden entninrnit, so kann
man wohl zu dem Schlüsse geführt werden, dass das Cancroid
für Qeliurtshttlfe in Beitin. 13
der Taginalportion im GdDzen zu den seltenen Krankheiu-
forinen gehört, wenn es nicht etwa in Folge unterlassener
oder mangelhafter Untersnchong noch immer häufig fibersehen
oder nicht erkannt wird. Ich selbst habe seit meiner da-
maligen ersten Besprechung sdir oft Gelegenheit gehabt, dies
Leiden in den'yerschiedensten Standen, bei Armen und- bei
Reichen, bei Geringen und bei Vornehmen zu beobachten und
halte sein Vorkommen hier in Berlin nicht för selten. Ich
habe nach meinem schon damals apgegebenen Verfahren in
den zulässigen, nicht zu weit vorgerückten Fällen, bis auf
die neueste ^eit. die Cancroidgesdiwulst der Vaginalportion,
in der Scheide, ohne den Uterus hervorzuziehen, mit einer
gekrOmmten Scheere abgeschnitten und habe leider in der
Mehrzahl der Fälle das Leiden sich gewöhnlich bald wieder
aus den Rändern der Schnittfläche entwickeln imd die Kranken
daran zu Grunde gehen sehen, in gleicher Weise wie die von
anderen Aerzten mit Hülfe des Galvanokauster oder des
Ecraseur Operirten, so dass ich bei der Gleichheit der
Resultate keine Veranlassung gefunden habe, mein nur zur
Gewohnheit gewordenes Verfahren aufzugeben und will mir
erlauben, den letzten dieser Fälle, welcher bis jetzt nach
länger als fünf Monaten einen glücklichen Erfolg zeigt, der
Gesellschaft niitzutheilen.
Der Fall'betri£ft eine früher grösstentheils gesunde, doch
nur zarte Brünette von 52 Jahren, aus den besseren, wohl-
habenden Ständen, die mir am 14. Juli 1860 zum ersten Male
von ausserhalb zugeführt wurde, um ihr -bei ihrer in letzter
Zeit sehr leidenden Gesundheit meinen Rath zu ertheilen.
Ich erfuhr, dass die Kranke in ihrer 19jährigen Ehe sechs
Mal, zuletzt vor sieben Jahren geboren und vor dem letzten
Einde ein Mal abortirt habe. Sie hatte früher in Amerika
gelebt, hatte die weiten Reisen glücklich überstanden, nie
bedeutendere Krankheiten gehabt und hatte ihre früher immer
regelmässige Menstruation seit beinahe 'einem Jahre verloren,
was bei dem Alter, in welchem sie sich befand, keinesweges
auffallen konnte. Nach einer grossen körperlichen mit geistiger
Aufregung verbundenen Anstrengung trat jedoch von Neuem
eine Blutung aus den Genitalien, ein, welche von Zeit zu Zeit
wiederkehrte, mit Blennorrhoe, mit sehr reichlichen, wässerigen,
14 ^' Veriiandlimgea der Ge^elUcbafl
serösen, blutig geürbten AbsoBdeningen wechselte und öfter
14 Tage lang ununterbrochen fortdauerte. Die Kranke wurde
durch den anhaltenden Blutverlust sehr angegriffen, schwach,
reizbar, war in grosser Sorge und Unruhe über ihren Zustand,
hatte jedoch ausser ober Kreuzscbmerzen, die sie selbst
nicht für sehr bedeutend erkliA*te, über nichts Wesenthehes
zu klagen. Ihr Appetit war massig, ihre Stuhlausleeningen
träge, die Uterinsecretion unverändert, der Schlaf im Ganzen
ruhig und ungestört. Die Stuhlausleerungen wurden grössten-
theils durch kalte. Rlystiere befördert, sonst war bisher noch
kein anhaltendes medicinisches Verfahren eingeleitet worden
und die Kranke erwartete umsomehr Gutes von einer Bade-
reise, da sie wohl kaum an ein örtliches 6d[)drmutterieiden~
gedacht und deshalb sich auch firüher gegen eine Exploration
gesträubt hatte. Sie war jedodi in letzter Zeit beträchtlich
abgemagert, welk, hatte ein bleichgelbliches, abdominelles,
anämisches, leidendes Aussehen. * Bei der äusseren Unter-
suchung des Bauches war nichts Krankhaftes zu oitdeckäi,
die äussereu Genitalien waren schlaff, weit in Folge eines
tiefen, vernarbten Einrisses des Perinäums; am Rectum waren
mehrere Hämorrhoidalknoten hervorgetreten. Die Vaginal-
portion stand tief, war nach hinten gegen den unteren Theil
des Os sacrum gerichtet; die vordere Huttermundslippe war
sehr voluminös, die hintere etwas weniger, befde zusammen-
genommen hatten den Umfang eines preussischen Thalers
und eine champignonartige Form, waren von weicher, fungöser,
teigiger Consistenz, hatten eine unebene, gefurchte, lappige
Oberfläche und bluteten bei der Berührung; wie es das
Cancroid der Vaginalportion immer zu thun pflegt. Der
übrige Theil der Vaginalportion und des Cervix des Uterus
war zwar auch von beträchtlichem Umfange, aber glatt und
derber. Im Speculum zeigte die cancroide Geschwulst das
gewöhnliche hochrothe, gelappte, gefurchte Ansehen.
Es war also uhverkennbar ein Cancroid der Vaginal-
portion von schon beträcfallichem Umfange, was sich nach
der Krankengeschichte ziemlich rasch entwickelt haben musste,
und gehörte zu den Fällen, bei denen, ausser der durch die-
anhaltenden Blutungen veranlassten allgemeinen Schwäche und
Anämie, irgend eine Cachexie oder eine Erkrankung eines
für Oeburtahülfe in Berlin. 15
anderen wichtigen Organs nicht aufzufinden war. Ich ver-
fluchte durch den inneren und äusseren Gebrauch von Acidum
pyrolignosam und von anderen slypiischen Mittehi die Bkitungen
zu si^tir^n, was allerdings auch gelang, so dass die Kranke
sich wöhler fühlte und sich etwas erholte, aber man konnte
nicht daran denken, eine so weit vorgeschrittene Entartung von
solchem Umfange zurückzahilden, sondern musste mit Sicherheit
erwarten, dass auf diesem Stadium das Uebel sich rasch weiter
entwickeln und den Untergang d^r Kranken herbeifähren
würde, ich rietb deswegen zur Operation, bei der wenigstens
die Möglichkeit einer Heilung vorhanden war, verschwieg jedoch
dem Ehemanne nicht die mit der Operation verbundene möglicfae
Gefahr der Wiederkehr des Leidens. Ich Uelt es für rathsamer,
die Operation in der Heimath der Kranken, wo sie im eigenen
Hause alle nur denkbaren Bequemlichkeiten fand, vorzunehmen
und sachte sie Ende September dort auf, wo ich die Kräfte
beträchtlich gesunken und das Cancroid auffallend, beinahe
schon um che Hälfte vergrössert fand, so dass die Operation
bei dieser schnellen Zunahme um so dringender erschien.
Am 1. Octöber 1860 machte ich im Beisein und untei^
stützt von dem mit mir übereinstimmenden Hausärzte der
Familie die Operation und durchschnitt, dem Cervicaltheil so
nahe als möglich, den zwar hypertrophirten aber glatten und
noch . derberen Theil der Vaginalportion mit der auf dem
Blatte gekrümmten Scheere und brannte sofort die Schuittfläche
mit dem Glüheisen. Die Blutung war während der Operation
beträchtlich und selbst nach der Anwendung des Glüheisens
sickerte aus den von demselben nicht berührten Rändern
noch etwas Blut hervor, so dasa ich es fQr zweckmässig hielt,
dieselben nachträglich mit Höllenstein energisch zu ätzen.
Die Schnittfläche hatte auf dem abgeschnittenen Theil einen
Dorchmesser von beinahe IVa Zollen, war. ganz glatt und zeigte
ein gesandes Gewebe, ohne irgend eine Spur von cancroiden
InfiltratioiAen. Die der Gesellschaft vom Professor Virchow in
der letzten Sitzung vorgelegte Geschwulst war von länglich runder
Gestalt, hatte einen Längendurchmesser von beinahe 2% Zoll
und einen Querdurchmesser von beinahe 2 Zoll, seine Dicke
betrug gegen IVa Zoll, die äussere Oberfläche hatte, wie die
von mir gleich nach der Operation gemachte Abbildung aeigt.
Jg I. Verhandliiogen der Gesellschaft
noch eine hochrothe, blutreiche Faii)e und das geivdbnikfa
gelappte, dem Gehirae kleiner Thiere ähnliche Aussehen.
Die Structur derselben zeigtiß weder im Durchschnitte, noch
bei der mikroskopischen Untersuchung wesentliche Verschieden-
heiten von früheren ähnlichen Cancroiden der Yaginalportion.
(S. das Protocoll der Sitzung vom 26. Februar 1861.)
Die Kranke war nach der Operation allerdings schwach
und angegriffen, erholte sich jedoch schneU schon nach
einigen Tagen. Die Scheide wurde täglich einige Maie gereinigt
und dann ein -Charpietampon, in Glycerin getaucht, leise
gegen die Wnndfläche geschoben. Die eintretende Reaction
und die damit verbundenen Fieberbewegungen waren unerheblich,
der Brandschorf stiess sich ab und die Heilung schritt unter
der sorgfaltigen Nachbehandlung des umsichtigen und er-
fahrenen Hausarztes langsam vorwärts. Nach den letzten
Nachrichten, fünf Monate nach der Operation, ist das All-
gemeinbefinden der Kranken vortrefflich, die Wundfläche voll-
kommen vernarbt und von neuen blutenden Wucherungen
keine Spur, so dass wohl zu hoffen ist, dieser Fall werde
zu denen gehören, bei welchen ein glücklicher Erfolg der
Operation erzielt worden ist
Herr C. Mayer erwähnte darauf noch kurz eines Falles,
in welchem er durch frühzeitige Amputation eine dauernde
Heilung erzielt hatte. Die Dame stellte sich ihm IB Jahre
nach der Operation gesimd vor und war von einer Tochter
begleitet, die sie in der Zwischenzeit leicht und glücklich
geboren hatte.
Bei der darauf folgenden Discussion nahm Herr Langenbeck
das Wort und q)rach sich sehr zu Gunsten des Ecraseur aus.
Er unterscheide indess zwei Grade der Erkrankung und könne
sich für den Ecraseur nur in den Fällen entscheiden, wo die
Erkrankung der Vaginalportion noch nicht bis an das Scheiden-
gewölbe reiche. Früher habe er mit Messer und Scheere
operirt, die oft excessiven Blutungen indess hätten ihn zur
Anwendung des Ecraseur geführt, der jede, auch die geringste
Blutung verhindere. Solcher Falle könne er zwei berichten
und einen von diesen als vollständig geheilt bezeichnen, da
mehrere Jahre ohne Recidiv vorübergegangen seien.
1
«r Geb«rt.hMfc in Berfhi. j^
ScheidenscWei,»!«,, wfecfc^T äTL ^^ «ne FaJu, der
Betlmig skfa in die Canöle hmeZü'"* *^"'* ""*' "''"•
Anweodong gezogen and ka«e ttTI tl^ ^T" "
gönsüg uptheüen. denn sie «rf-^tT "^ " »eiiwi nur
Wände „«.„rhindere^Teiot^XtrH ^r"^"'-
gerügten üebelstand, Z be-^S^T^Td T
ßfzogen würden, habe er nW-TZTi «»en Ecniseor
dass er sich U.eiu d^h s^^^lÄIl""' ^''*' '"•*•
Öieas dadurch dass ÜTv^ ?^^'*'"« ^*' *••«••
e nereiu zwei Jahre andauernde HeOung durch nachtrüfflk-h.
ÄmI' *'""• "''^'' ^-^ «-«^ ««« Heüung
^ Herr Zan^«,accÄ glaubt, dass diese PsUe eben nicht '
«den von .hm al. zweite Form bezeichneten geht h.b^
Die Fdle. d^e er vorher erwähnt habe, seien Jgende: '
Der erste sei m der Praxis des Herrn Weceheid^
UD^I k7L ^'^•'f"^«*»«»« «-ings herum losgelrem.
Tc^ratir T f " "^" "''" «'''''8' ''«»>«• Nachdem
tt^Z\ '' "'''"^ *"• bei .der Wegnahme de.
^creSche«|enwand sich in die Canüie hineiinjezogen. Sein«
««orgn.88. die Blase möchte verletzt sein, habe sich ^br
gesteigert, ab die Kranke blutigen Urin enüecrt habe; i^"^
•.tO«l«rt.lu laSi. Bd. XVIII.. Hft.l.
J3 X* Yerbandlungen dar Oesellschaft eto.
211 seiner Freude seien keine weiteren Symptome gefolgt und
Patientin sei vollständig genesen.
Hierdurch gewarnt, habe er im zweiten gleichartigen
Falle, wo die Operation in der Klinik vorgenommen wurde,
die erdenklichste Sorgfolt aufgewendet, um diesen übelen Zufall
SU vermeiden. Er selbst habe bei der Operation nichts weiter
gethan, als die Kette zu überwachen; mit vier Fingern habe
er ihren Lauf verfolgt und die Nägel fest auf die Kette ge-
druckt, Assistenten hätten die Schamspalte erweitert, ein
Anderer das Zuschrauben besorgt u. s. w.; doch als die
Operation beendet war, war trotz aller Sorgfalt die hintere
Blasenwand durch den Ecraseur verletzt.
Ob die Schuld an seinem Instrumente liege, könne er
nicht sagen; er habe mit Mattbieu darüber gespi^ocben und
von ihm die Zusicherung erhalten, dass bei den neueren
Insti'umenten der Zufall nicht mehr vorkommen könne; einst*
weilen jedoch warne er aus voller Ueberzeugung, bei hoch-
gehender Degeneration, den Ecraseur anzuwenden. Frage man
ihn, wie er dort operiren wolle, so gestehe er, wieder auf Hesser
und Scheere zurückzukommen, denn auch die Galvanocaustik
sei für diese Fälle nicht passend, da die glühende Schlinge,
um die Blutung zu verhindern, sehr langsam wirken müsse
und die lange dauernde strahlende Hitze in dieser Tiefe bei
der Nähe edler Organe unausbleiblich sehr nachtheilige Folgen
haben müsse.
Herr L. Mayer hat in letzter Zeit öfters den Ecraseur
an total prolabirte Gebärmütter angelegt, wenn eine starke
'Hypertrophie einer und zwar meist der hinteren Lippe und
Eiulceration derselben euier d.'^uemden Reposition und Retention
bindend entgt^enstanden. Er lobt sehr den Erfolg partieller
Ecrasements, doch spricht er sich gegen das Ecrasement der
ganzen Vaginalportion aus, da namentlich die vordere Scheiden-
wand oft eine lederartige Beschaffenheit angenommen habe
und, durch den Ecraseur durchschnitten, sich stark contrahire,
wodurch die Wunde sehr bedeutend werde und sehr zn
Blutungen neige. Auch trete meist die BJIase so tief her^b,
dass eine Verletzung derselben zu furchten sei.
IL 9. SiäbM, Belnkchtoageii ttber das KtndbHtiUb«?. 10
n.
Betrachtungen über das Kindbettfleber.
Nach Lehmann^B ,,fiappoTt8 de la eommisdon d'obstitriqae,
eominamqa& au «ercle m^dical d^Amsterdam'^
Mitgetheilt
Ton
Edaard von Slebold.
(Schla«8.)
Dritter Artikel.
Behandlang des lindbettleben.
E$ giebt vielleicht keineaKrankbeitspn>ce8S, gegen welchen
noan so versebiedeae, sich oft ganz widersprechende Be<-
bandlungsmetboden empfohlen hat, als gegep das Kindbett-
fieber. Bald halte man diese, bald jene Methode gewählt,
ja selbst bestimmte Arzneien aus dem Wüste der Materia medica
hervorgezogen, welche man theils von Seiten der Theorie»
theils von Seiten der Erfahrung, ja sogar in blos empirischer
Weise über die Maassen zur Bekämpfung dieser mörderiscbeo
Krankheit in ihrer proteusähnlichen Form als nülzUch hca^aus*
strich, um sie bald wieder als unnutz und unwirksam zu ver-
werfen. (LitemaTin, das Kindbettfieber» S. 130). Die Erfahrung
einer langen Reihe von Jahren hat endlich dae harte Urtlieil
zu Stande gebracht, dass fast alle Methoden der Behandlung
die Probe der Untruglichkeit nicht bestehen können, und dass
sie für die einzelnen Fälle kern Vertrauen verdienen. Ma$
darf sich daher nicht wundern', wenn der Arzt, zumal in der
Zeit einer Epidemie, voll Verzweiflung und selbst hölflos seine
Blicke rings umher schweifen lässt, um zu sehen, ob er
nicht am entferntesten Horizonte irgend etwas finden könne,
da ihn alle bekannten Methoden, alle versuchten Mittel im
Stiche lassen, und die Krankheit selbst bei dem rationellsten
Verfahren, nichtsdestoweniger dem tödtlichen Ausgange ejitr
gegenscbreitet Hier fallen u^s uqiwiUkärlicb des Crossen
20 n. «. Siehold, Betrachtnnces über das Kindbettfieber.
Ooethe ironische Worte ein, welche er seinem Faust in den
Mund legt:
„Was man nicfat weiss, das eben branchte man,
Und was man weiss, kann man nicht brauchen. **
Es ist eine traurige Wahrheit, dass die Macht unserer Kunst
bei den intensiven Puerperalprocessen nur als sehr schwadi
angesehen werden muss, denn bis jetzt vermögen wir wenig
oder gar nichts gegen das Wesen des Krankheits-Charakters,
von dem die Gefahr ausgeht; aber dies darf kein Grund für
uns sein, dem Indiflerentismus oder dem Nihilismus zu huldigen.
Wir werden stets eine solche Lehre als unerlaubt und ge-
fährlich bekämpfen, welcher oft zahlreiche verderbliche Illusionen
zum Grunde liegen, die aber auch zuweilen als Deckmantel i
dient, in welchen sich die Unwissenheit oder der böse Wille,
sich von neuen wissenschafUiehen Untersuchungen loszusagen,
sei es in Folge von erkaltetem Eifer oder einer Neigung
zur Trägheit, einhüllen. Derjenige, welcher die Diagnose der l
Piierperalprocesse allein in's Auge fassend, mitleidsvoll die
armen Kranken ihrem Schicksale überlässt und sich voll-
kommen zufrieden zeigt, auf dem Leichentische die von ihm
vorausgesagten pathologischen Veränderungen zu fuiden, dieser
hat seine Pflicht als Arzt nur halb erfüllt Unser ganzes
Studium und unsere ganze Wissenschaft über diesen Gegen-
stand, alle unsere Forschungen und Anstrengungen, unser
ganzes Nachdenken und alle unsere Gedanken müssen sich
immer auf einen Punkt concentriren , nämlich auf die praktische
Behandlung. Der Mangel passender Mittel darf so lange einem
indifferenten Zuwarten nicht zur Entschuldigung dienen, als 1
die symptomatische Behandlung der unglücklichsten und ge-
llhrlichsten Ersdieinungen uns immer noch einen sicheren
Hafen bietet
Man muss betrachten und beobachten, aber — man
muss auch behandeln und befehlen.
Die grosse Gefahr, welche das Kindbettfieber mit sich
fuhrt, hat nach Mitteln der Prophylaxis forschen lassen. Die
diesem Zwecke entsprechenden Maassregeln müssen sowohl
gegen jeden Ausbruch von sporadischen Puerperalprocessen
als gegen die epidemische Verbreitung gerichtet sein. In die
erste Reihe gehören Ruhe, Diät, passende Erneuerung der
IL V. Siebold f BetracbtaDgen über das Kindbettfieber. 21
Luft, verbunden mit auflnerksanier Ueberwachung der gewöho«
lieben Wochenauscheidungen, also der Transpiration, derHilch-
secretion und Locbienausscheidung. Es ia/L immer wichtig,
selbst im Verlaufe der Schwangerschaft die diätetischen Regeln
zu beobachten und so gut als möglich alle prädisponirenden
und Gelegenheitsursachen der Puerperalprocesse, weJcbe wir
oben auseinander gesetzt haben, abzuhalten. Demnach muss
eine bedeutende Hyperinose bei Schwängern du^h vegetabilische
Nahrung, durch massige Körperbewegung, durch einen klugen
Gebrauch der Mitte], welche anerkannt auf das Blut und auf
die Verminderung des überflüssigen Faserstoffs wirken; als
durch Neutralsalze, Natr. carbonic, Kali nilric. mid. sulfuric,
Hagnes. sulfuric und alkalische Salze mit vegetabilischen
Sauren bekämpft werden« Nach dem jetzigen Zustande der
Wissenschaft kann man die Meinung, nach wdcher man früher
mit Aderlässen der Hyperämie entgegentrat, für felderhaft
halten, weil die wiederholten Blutentziebungen eine Ver*
minderuDg des Fibrins im Blute Schwangerer nicht zur Folge
haben, wohl aber eine Verminderung der Blutquantitat, be*
sonders der rolhen Blutkörperchen, bewirken, woraus leicht
Oligämie oder Oligocythämie entstehen kann, was dann im
Wochenbette Neigung zur Blutgährung giebt. Stellt sich da-
gegen üydrämie im Verlaufe der Schwangerschaft ein, so
muss dieser durch kräftige animalische Kost; durch Eisen*
Präparate, dtirch Fernhaltung aller deprimirenden Leiden-
schaften begegnet werden, sowie zur Beseitigung der Urämie
alle Mittel versucht werden müssen, um das die Urämie
veranlassende Nierenleiden an seinen Fortschritten zu hindern«
Die Erfahrung hat die Wirksamkeit von prophylaktischen
Mitteln, welche verschiedene Aerzte zur Verhütung des Kindbett»
fiebers angeralhen haben, nicht bestätigt, wie z. B. Levret
das Kali sulfuric*, Wedekind die Salpetersäure, Ootdon^
Richter^ Cederschjöld Purgirmittel, Kennedy das Cuprum
ammoniacale mit Opium, Chaussier das Dotoer'sche Pulver
zu s<dchem Zwecke empfohlen haben. Im Allgemeinen muss
man mit der Anwendung von Purgirmitteln, besonders von
drastischen, bei Schwängern vorsichtig säü. Um die Gefabren
einer Puerperalthrombose abzuwenden, muss man in der Zeit
einer Epidemie während der fünften Geburtszeit und in den
22 n. «. i5t«5o;<i,BetrachtaDgen aber dae Kindb6ttfieb«r.
ersten Stmiden nachher, wenn auch keine bedeutende
Hämorrhagie zugegen ist, recht energische Contraclionen der
Gebärmutter durch Süssere Reibungen, die besonders den
Uterus treffen müssen, hervorrufen und zu gleichem Zwecke
Seeale coniutum oder Ergotin reichen. Wir können besonders
als eine sehr passende Verbmdnng, die wir oft mit Glttek
bei schlaffer Gebärmutter angewendet haben, Seeale cornutmn
in Pulverform mit Extractum opii in gelheilten Gaben oder
Morphium aceticum empfehlen. Der Borax wirkt in solchen
Fällen zu unsicher, als dass wir dazu rathen könnten. Ein
besonderes Augenmerk mnss man auf die Quetschungen der
äusseren Genitalien richten, welche während der Geburt ent-
standen sein können und welche so leicht Gangrän der grossen
Schamlippen und der Scheide an ihrem Eingange veranlassen
oder als Folge Puerperalgeschwüre haben; eben solche Auf-
merksamkeit verdienen die ichorösen oder fauligen Lochien,
sowie die Fiebererschehiungen, welche zugleich mit diesen
Verletzungen auftreten. So viel als möglich muss man der
Resorption des Eiters in diesen Fällen durch örtliche Be-
handlung entgegentreten. Die Mittd, welche sich in diesen
Fällen sehr wirksam zeigen, sind: die Anwendung von Com-
pressen oder Plumasseau's in weissen Wein, Chlorwasser,
Chinadecoct, Alaunauflösung getaucht, die Cauterisation der
Ulcerationen mit Höllenstein, Einspritzungen in die Scheide
und Gdbärmutter von Chlorwasser mit lauem Wasser 4iiluirt,
oder von einer Solution von Chlorzink oder Chinadecoct.
Grosse Vorsicht glauben wir hinsichtlich der Einspritzungen
von reizenden Substanzen in die Gebärmutterhöhle , als von
Jodtinctur, Myrrhe, Sublimat u. s. w. anrathen zu mfissen,
weil diese nidit selten den Ausbruch einer Endometritis
begfinstigen.
Die offenbare Wirkung des schwefelsauren Chinins in
anderen zymotischen Krankheiten, als Typhus, Cholera, Pebris
miliaris epidemica, bat zur prophylaktischen Anwendcmg
desselben Mittels gegen das Kindbettfieber geflihrt, besonders
weil es den Zustand der Irritation nicht vermehrt und die
Vitalität auf eine uns unbekannte Weise unterstützt. Das
Mittel wurde sehr von PUdagnd in Frankreich und von
Faye in Christiania gerühmt, theQs um bei Wöchnerinnen
n. «. Shboldy B^trachtnngeii fiber d«i Rindbettflebdi. 28
denn Gfihrangsproceds zurörzukommeB, der oft so rasdi ehi'-
tritt, theils um die Intensität und den bösartigen Charakt^
der Erankfaeit zu mindern. Der Erstgenannte rühmt als von-
trefllicIiesPriservati? eine Mischung von 6 gr.- des Chinin, sulfurie.
mit 16 gr. Ferrum carbonic, welche Dose man die Neu^
entbundenen tfiglich nehmen lassen soll. Diese Methode kann
imiessen nicht als neu angesehen werden, weil sie schon seit
Ungerer Zeit in die Praxis eingeführt worden, unter anderen von
unserem Landsmanne und Mitbürger KüuwenhuiB. ^) Braun
berichtet a. a. 0. S. 580, er habe in 11 Fällen Chinin sulfurie.
angewendet, und das jedes Mai, wenn sich der Puls in der
Minute zu 100 Schlägen hob, die Körpertemperatur auf 30,
31 bis 82 Grad R. gestiegen und er die Eutwickelung eines
Puerperalprocesses fürchtete; hier wurde das Chinin, sulfurie.
drei Mal täglich zu einer Dose von 5 — 15 gr. angewendet
und zwar mit solchem Erfolge, dass nur ein Fall tödtlich
eifkdigte. Auf diese Beobachtungen sich stützend glaubt
Braun, den prophylaktischen Gebrauch des Chinins vor einer
expectatiren Methode hervorzuheben und das Mittel einer
weiteren PrüAmg empfehlen zu können. Nach unserem Dafür-
halten möchte aber in den meisten PäHen, wo Chiuin oline
Unterschied allen Wöchnerinnen gereicht wird, die Entscheidung
immer sehr schwer sein, ob in der That durch dasselbe das
Wochenleiden verhütet worden sei, weil man nie, so lange
sieh eine Wöchnerin wohl befindet, a priori mit Sicherheit
voraussagen kann, dass sie erkranken werde. Rönnen wir
daher gleich in diesem Mittel eine so grosse prophylaklische
Wirkung nicht erkennen, so glauben wir doch, wie man
später sehen wird, es bei bereits bestehenden Poerperal-
processen empfehlen zu mtissen. Als Surrogat des Chinins
bat Band Chinineisencyanür gerühmt, worüber sich noch die
Erfahrung nicht hinreichend ausgesprochen hat. Die Opiate
haben sich immer als Propbjlactica hülfreich und nützlich
1) Der fraäsösiiche Üebersetzer bemerkt biersn, <1am er «war
sieht wis»d, ia welchem Jahre NieuwenkuU suerst das Chinin ab
Prophylacticnm angewendet habe, dass aber schon 1848 Professor
Plagge das Mittel in gleicher Absicht gegeben habe nnd er ver-
weist dabei anf das Octoberheft des Journ. de m^dec. de chir.
et de pbarmacol. Ton 1857.
24 n* ^' SMoldy BetrachtnogM fiber das Kiadbettfieber.
erwiesen, besonders das Morphium aceticttm. Man beruhigt
durch die Anwendung dieses Mittels nicht allein die lieber-
reizung, in welche der Act einer langen und sclimerzbaflen
Geburt die Frau versetzt hat, sowie man dem Erethismus,
der Aurregung, der Schlaflosigkeit und den lebhaften Gemüths-
bewegungen Schranken setzt, sondern man lindert auch die
so scbmerzhaflen und unbequemen Nachwehen, welche, häufig
die Vorläufer der so gefürchleten Krankheit sind und auf
diese Weise ist in den Opiaten auch ein Mittel gegen das
erste Auftreten der. Krankheit gegeben.
Wir machen datier von diesen Mitteln eine ausgebreitete
Anwendung und pflegen gewöhnlich nach jeder lange dauernden
Geburt, desgleichen sofort bvi dem ersten Erscheinen der
Nach wehen, sie zu reichen und haben uns in diesen Fällen
oft von ihrer heilsamen Wirkung überzeugt Wir können die
Furcht, da SS die Opiate gleich nach der Geburt Conge^tionen
nach den Himcentren und Stase in der allgemeinen Circulation
verursachen, als unbegründet bezeichnen. Die reichliche
Transpiration, welche gewöhnlich nach ihrer Verabreidiuug
eintritt, lasst selbst starke wiederholte Dosen vertragen, ohne
dass die mindeste üble Folge eintritt Alle anderen Mittel,
welche man als Surrogate des Opiums gelobt bat, als
Lactucarium, Borsäure, Extract von Cannabis indica, Extract
oder Tinctur des Aconit, besitzen bei weitem die Wirksamkeit
nicht und stehen daher den Opiaten weit nach. Das Coneine
allein möchte vielleicht eine Ausnabme bilden.
Die epidemischen Einflüsse der Puerperalprocesse sind
uns nur theilweise bekannt; wir können daher nur unsichere
Maassregeln anwenden, um ihnen zuvorzukommen. Ist das
KindbettGeber in einer Gebäranstalt ausgebrochen, so rouss
auf der Stelle jede Entbundene isolirt werden, und wenn es
die Umstände erlauben, muss man dafüjr sorgen, dass die-
jenigen, welche ihre Niederkunft erwarten, in s^^arirte und
solche Locale, die noch nicht belegt waren, transferirt werden.
Durch diese Maassregeb kann man zuweilen noch die Epidemie
bei ihrem ersten Auftreten niederhalten; man kann besonders
dann gute Folgen erwarten, wenn die Ursachen des Miasma
örtlich und an bestimmte Locale gebunden sind; es versteht
sich aber von selbst, dass sie gegen die Verbreitung atmo-
1
^ n. «.iSMoU, Betrachtongen über das Kiodbettfiebar. 25
sphärischer Einflösse aiebts vermögen. Ausserdem rouss man
in jedem einzelnen Falle darüber wachen, dass die Schwämme,
Unterlagen, anderes Leinenzeug, dessen sich die Kranke
bedient, zugleich von einer gesunden nicht gebraucht werden,
ebenso hat man darauf zu sehen, dass die Wärterinnen der
erkrankten nicht mit den gesunden Wöchnerinnen in Belehrung
koounen. Ferner ist es mehr wie je nöthig, für recht frische
'und daher oft erneuerte Luft zu sollen. Besonders darf
man die vollkommenste Desinfeetion derjenigen Locale, welche
wieder für die Aufnähme von Wöchnerinnen bestimmt sind,
nicht versäumen; leider ist das aber nicht so leicht zu
bewerkstelligen. Um diesen Zweck zu erreichen, hat man
bekanntlich gewisse chemische Agentien und eine recht erhöhte
Temperatur in Anwendung gebracht, um die delelären anima-
lischen Stofle und die in der Luft in ihnen schwebenden
Miasmen zu vertilgen. So treulich Räucherungen von Salz-
säure und Salpetersäure, von Chlorgas und Essigdämpfe als
Desinfectionsmittel wirken, so können sie doch in Gebärhäusern
schwer angewendet werden, weil sie nur zu schädlich auf
die Respirationsorgane wirken und daher bei den Neugeborenen
leicht Bronchitis und Pneumonie bewirken« Busch hat neuer-
dings zur Desinfeetion der Wochenzimmer eine sehr erhöhte
Temperatur empfohlen. Nach ihm soll man jedes Wochen-
zimmer, in welchem sich Puerperalkranke befanden, nicht
eher wieder belegen, bevor nicht die Luft mittels Oden zwei
Tage lang bis zu 52 — 60 Grad R, erhöht ward, ohne dass
man dabei nöthig hat, die Höbein u. s. w. auszuräumen.
Freilich kann auch eine so starke Hitze die Zimmer selbst
beschädigen. Die von Bu$ch in der Berliner Klinik und die
später von Dubois (Bullet, de therapeul., Nov. 1853) und
Braun wiederholten Versuche schienen anfangs dem Zwecke zu
ents|irechen, aber auf die Dauer halfen sie doch nicht. Heutigen
Tages, wo man die öffentliche Gesundheitspflege Oberhaupt
mehr in's Auge fasst, hat man darum auch der Errichtung
der G^bärbäuser eine grössere Sorgfalt zugewendet, weil diese
in der That den epidemischen Einflüssen zuweilen so günstig
zu sein scheinen, dass in einigen das Kindbetlfieber endemisch
herrscht Der um diese Angelegenheit hochverdiente Professor
Died hat in seiner berühmten Arbeit (Zeitsdir. d. Gesellschaft
26 n. V. Sieboläf BetraclitiiBgeii aber das Kin^bettfieb^t.
d. Wiener Aerzte, 1848 — 64. Kritische Darstencmg earopiisdiar
Krankenhä.user nach eigenen Reisebeobachtongen) eine Reihe
von wichtigen Beobachtungen mitgetheilt, unter welchen sidi
eine grosse Menge von Winken für die Prophylaxis der Aus-
breitung der Puerperalprocesse in Gebarhäusem findet Er
hat besonders auf die Lage und Bauart dieser Institute Röeksidit
genommen, er bat die Vertheilung der einzekien Localitaten,
die Wochenzimmer, die Heizung, Ldftung und die verschiedeaen
diätetischen Mittel in's Auge gefasst und scharf die Be-
dingungen bezeichnet, welche sich in einem wohl eingerichteten
Gebärhause finden müssen,, um den Bedürfnissen unserer Zeit
zu entsprechen. Die Zukunft muss lehren, ob es nicht
möglich sei, ein Gebärhaus nach allen diesen trefflichen Regeln
zu errichten, von welchem man das Kindbettfieber auf immer
entfernt halten kann ; bis jetzt aber ist das vergebens erstrebt
worden.
Was nun die eigentliche Behandlung des Kindbettfiebers
betrifft, so müssen wir als allgemein gülligen Satz aufsteflen,
dass der günstige Erfolg am häufigsten von der Höglichkeit
abhängt, die Krankheit bei Zeiten zu bekämpfen, dass man
dagegen selten vom Glücke begünstigt wird, wenn sich die
Krankheit weiter entwickelt hat. Wenn also mit Bezug auf
die Therapie bei irgend einer Krankheit die alte Vorschrift
„Principiis obsta"* ihre volle Geltung hat, so ist das recht
bei dem Kindbettfieber der Fall. Daher muss der Arzt gleich
bei dem ersten, wenn auch noch so unscheinbaren Auftreten
der Symptome dieser Krankheit handehi, und nicht als
wie ein „mirabundus naturae autocrateias spectator** oder
wie ein zweiter Fabius Cunctator in zu grosser Indolenz
oder Bescheidenheit auf eine gröss(*re Entwickelung und Aus-
dehnung des Leidens warten. Die Therapie mag ungewiss
sein, aber darum ist sie doch nicht ganz trostlos. Die
fehlerhafte Blutcrase zur Normalität zurückzuführen, die
schädlichen Stoffe herauszubeßrdern, die Intensität des Fiebers
zu mindern und dasselbe ganz zu verscheuchen, den Loeal- <
Störungen entgegenzutreten, das ist die Aufgabe, welche die
Bemühungen der Wissenschaft aufruft und die unsere Kunst
zu lösen versuchen muss. Indem wir uns im Folgenden
damit beschäfligen, die verschiedenen Methoden der Behandhing
n. 9. Siehold, Betrachtangen über das Eindbettfiebdr. 27
dCR'Chziigehen, ufollen wir nach Braunes Vorgang dieselbe
schematischc Eintheilung befolgen, welcher die hauptsäch*
liebsten ätiologischen und pathogenetischen Momente zu Grunde
liegen, wie wir solche oben auseinander gesetzt haben.
Die Therapie der Poerperalprocesse umfasst demnach die
allgemeine Behandlung, ferner diejenige, welche den Local-
erscheinqngen entgegentritt, und endlich diejenige, welche die
Folgekrankheiten bekämpfen muss.
Was die allgemeine Behandlung anbetrifft, so mdssen
vor allen die antifebrile und antizymotische Methode näher
betrachtet werden.
Wie wir schon oben auseinandergesetzt haben, so kennt
man noch gar nichts Positives fiber die Blutcrase der Puerperal
processe, so wenig als über die anderen zymotiscben Krank-
heiten. Am constantesten ist noch das rasche Verschwinden
der rothen Blutkörperchen, eine Folge, welche man von einer
Blutgäirung herleiten zu müssen glaubte, und was daher den
Gedanken an die Hand gegeben hatte, die Puerperalprocesse
durch Antifobrilia und Antizymotica zu heilen. Unter den
ersteren Mitteln sind die gefeiertsten: Chinin, Aconit und
Digitalis. Das bekannte Fiebermittel Chinin, snlfuric, über
dessen prophylaktische Wirkung wir bereits gesprochen haben,
ist besonders in Frankreich von Beau und PiSdagnel an-'
gewendet worden, welche es in starken Dosen geben, sobald
sich die ersten Symptome des Kindbettfiebers zeigen und sie
haben davon gunstige Resultate gesehen; dasselbe Verfahren
haben Andere und wir selbst oft angewendet. Wenn der
Gang der Krankheit nicht sehr rasch ist, und man in den
Symptomen einen intermittire;iden oder stark remittirenden
Charakter erkennt, so kann man caeteris paribus von diesem
Mittel grosse Vortheile erwarten, besonders auch bei pyämiscben
Formen , hinter welchen häufig ein perniciöses intennittirendes
Fieber verborgen liegt. Ist dagegen der Gang der Krankheit
sehr acut und mit häufigem Erbrechen begleitet, so ereignet
es sich häufig, dass das Chinin nicht vertragen wird und
ohne allen Erfolg bleibt. Seine Verbindung mit Arsenik unter
der Form von^ arseniksaurem Chinin zu V20 ST' V^- d^^** ^^^
es Faj/e versucht hat, ist ohne das gehoffte Resultat geblieben.
Digitalis und Aconit, besonders von Dubais als Tincturen
28 II' V, Siehold, BetrachtoDgen fiber da* Eindbettfieber.
empfohlen scheinen im Allgemeinen als Febriruga weniger
wirksam, als das Chinin, können aber nichtsdestoweniger
zuweilen von grossem Nutzen sein.
Unter den antizymotischen Mitteln verdienen besonders
hervorgehoben zu werden: Subliuiat, Argentum nilricum,
Arsenik, Cyaneisen und Ferrum protefnicum. Die Erfahrung,
dass diese Stoflc ausserhalb des Organismus Gährung zurück-
zuhalten und zu hindern im Stande sind, gab die Idee an die
Hand, dass sie resorbirt und in das Blut gebracht vielleicht
eine ähnliche Wirkung auf dieses letztere haben könnten;
allein klinische Versuche haben dieser Erwartung nicht ent-
spröcBfen. Was den Sublimat anbetrifit, so ist er allerdings
innerlich und ausserlich bei Hospitalbrand von Pitha mit
Erfolg angewendet worden, bei Puerperalprocessen wurde das
Mittel aber zu wenig versucht, als dass man ein bestimmtes
Urtheil zu fällen im Stande wäre. Was vielleicht oft von
seinem Gebrauche zurückhalten könnte, ist der Umstand, dass
man es in grossen Zwischenräumen nur in kleinen Dosen
reichen darf, und dass .dadurch die Krankheit mit so acutem
Verlaufe nicht gebrochen werden kann. Wir haben das Mittel
zwei Mal versucht, und zwar nur 6 Gran in zwei Mal
24 Stunden nehmen lassen; es wurde gut vertragen und
•brachte keine schädliche Wirkung hervor, blieb aber auf den
Gang der Krankheit ohne Einfluss, welche tödllich endigte.
Die Meinung, beiläufig gesagt, dass das Cajomel im Magen
und Darmkanale sich in Sublimat verwandle, ist von den
Chemikern noch nicht allgemein angenommen. Die Wirkung
des Höllensteins ist noch ungewisser; wir haben es mehrere
Male ohne alles Resultat angewendet Dies Mittel brachte
einmal ein dipbtheritisch'es Exsudat auf der Schleimhaut des
Schlundes und einen aphthösen Zustand auf der Zunge ganz
zum Verschwinden, allein im.Puerperalprocesse selbst änderte
es durchaus nichts. Arsenige Säure haben wir bis jetzt wegen
ihrer gefährlichen Folgen nidit angewendet, obgleich wir
a priori für die e'ben so energische als sichere Wirkung
dieses heroischen Mittels eingenommen 3ind. Da man in
anderen Ländern gute Resultate erzielt und diese noch dazu
von glaubwürdigen Männern mitgetheilt sind, so würden wir
keinen Anstand nehmen, das Mittel anzuwenden.
II. «.jSt06o/(2,Betraehtnngeiiüber das Kindbettfieber. 29
Wegen Mangel an hinreichender Erfahrung können wir
uns Ober dieWirkung des Cyaneisens und des Proteineisens
nicht ausbrechen. Sie wirken aber sicher zu langsam, als
dass man in sehr acuten Fällen etwas von- ihnen erwarten
könnte, dagegen mögen sie eher för septisch -pyämische
chronische Zustände passen.
Man hat auch später die Heftigkeit des Fiebers durch
Wärmeentziehung mittels der hydro- therapeutischen Ein-
wickelungen des Körpers in leinene oder wollene Decken, die
in kaltes Wasser getaucht sind, zu mildern gesucht Dadurch
entzieht man einen Theil der pathologischen Wäi*me, man
steuert der Wärmebildung selbst und mindert oder beseitigt
mit Erfolg eine Reihe von secundären Störungen und das
Fieber selbst. Indessen können wir nur dann glftcklichen
Erfolg mit dieser Methode erzielen, wenn man dieselbe beim
ersten Auftreten der Krankheit anwendet.
Als allgemein bekannte und daher wichtige Methode haben
wir die antiphlogistische zu nennen, welche besonders auf
Blutentziehungen und den Gebrauch der Mercurialien beruht
Was die allgemeinen Blutentziehungen betrifft, so ward ihr
Nutzen schon in einer Epoche gerühmt, die ziemlich weit
Yon der unserigen entfernt ist, nämlich zur Brousaais'sdten
Zeit Sie wurden ehemals in den meisten Fällen als das
einzige Heilmittel betrachtet, welches, wie man damals glaubte,
direct gegen die Natur der Krankheit wirken sollte. In vielen
Epidemien wellte man die ausgezeichnetsten Erfolge gesehen
haben, die auch der Oeifenüichkeit öbergeben wurden; aber
mit der Zeit änderten sich die Theorien und damit die
Beurtheilung der Methoden. Die Wiener Schule hat jetzt den
absolutesten Bann über die Blutentleerbngen verhängt, welche
einst in so hohem Werlhe standen.
Vom. theoretischen Standpunkte aus, sagt diese Schule,
kann die Anwendung allgemeiner Blutentziehungen bei l'uer-
peralprocessen nicht yertlieidigt werden, und von praktischer
Seite verdient sie ebenfalls wenig Empfehlung. (Braun a. a. 0.,
S. 541.). Diese beiden Argumente sind indessen. nach unserer
bescheidenen Meinung zu schwach, um die Aderlässe so
apodictisch in allen Fällen von Puerperglprocessen zu ver-
werfen. „Grau, Freund, ist alle Theorie, und grün des Lebens
30 XJi* «• Siebold t Betracktniigea über das Rindbettfieber.
gold'ner Baum,"* bleibt für uns eine ewige Wabrbeit und eine
Lehre, die man nicht .genug beherzigen kann. Zeigt uns
doch die "Geschichte unserer Wissenschaft auf jeder- Seite, wie
ein schöpferischer Geist das aufbaut, was ein zerstörendes
Genie wieder einreisst. Eine Meinung macht der anderen
Platz, und überall, wo die Vergangenheit einstürzt, sieht man
unmittelbar auf den Trümmern eine neue Zukunft entstehen.
So sind auch unsere Hypothesen nichts, als momentane
Stützen, welche sofort wieder entfernt werden, sobald an
einem neuen Baue die HauptsMen aufgerichtet sind. Was
unsere eigene Erfahrung über diese Methode betrifft, so
gestehen wir oflen, dass wir früher häufig Gebrauch von
allgemeinen Biutentziehungen gemacht, in der letzten Zeit sie
aber nur selten angewendet haben. Wir haben zuweilen
offenbaren Nutzen ron ihnen gesehen, zuweilen aber war der
Erfolg ungünstig, am öftesten führten dieselben zu gar keinem
Resultate; wir wollen aber bei dieser Gelegenheit daran er-
innern, dass es nicht leicht ist, jedes Mal die Folgen genau
zu erkennen und das Post hoc ergo propter hoc zu unter*
scheiden. Es hat uns oft geschienen, dass das Kindbettfieber
im Allgemeinen den Chai*akter der gerade herrschenden Krank-
heiten behaupte, und wir glauben, dass, wenn diese ein^
allgemeine Bluten tziehung verlangt, sie auch oft im Kindbett-
fieber angezeigt sein kann, wie auch das Gegentbeii stattfindet
Man muss die individuelle Constitution in Betracht ziehen,
sowie den Grad und die Form des Puerperalprocesses. Es
ist schwer, bestimmte diagnostische Merkmale anzugeben, mit
deren Hülfe man mit Gewissheit den Nutzen der allgemeinen
Blutentziehungen im Voraus bestimmen kann, weil in den
meisten Fällen nur erst der Erfolg uns ein Urtheil lallen lässt.
Der Puls, die Temperatur der Haut, die Mienen, die örtlichen
Schmerzen, der allgemeine Zustand der Kranken sind in der
Tbat trügerische Symptome, aber nichtsdestoweniger glauben
wir, dass bei einem frischen Falle und noch dazu hei einem
sporadischen, bei einem jungen Subjecte von sanguinischem
Temperamente, bei vollem, starkem und gespanntem Pulse,
wo das Leiden des Peritonäums vorherrschend ist, man wohl
einen reichlichen Aderlass mit grossem Nutzen anstellen könne ;
hier ist derselbe offenbar zu vertheidigen, da weseiotiiche
II. «• Sisbold^ Betr»chtiuigen ab«r daa Kiodbettfieber. 3}
Besseraog durch denselben eintritt (S. Bemdt, Krankheiten
der Wöchnerinnen, Erlang. 1846, S. 200.). Doch sind solche
Fonnen in den letzteren Jahren seltener geworden; da
nSnilich die grösste Zahl der KrankheitsGiile bei eacbektischen,
faydrämiscben Personen sich ereignet, bei welchen das Fieber
sofort einen adynarcischen Charakter annimmt, so haben wir
die eiterige Resorption, die puerperale Thrombose oder
Septicamie vorherrschen gesehen, Zustünde, bei welchen die
allgemeinen Blutentziehungen unnutz oder geradezu schädlich
wirken; wir können daher den Schluss ziehen, dass der
Aderlass im AUgemeii^n nur selten beim Kindbetlfieber an-
gestellt werden muss.
Mit besonderer Vorliebe hat man seit jeher die Mercurialien
fiist bei allen Formen der Puerperalprocesse in Gebrauch
gezogen und hat günstige Erfolge von ihden gesehen. Zun
inneren Gebrauche bedient man sich vorzugsweise des Calomels
und äusaerlich zu Einreibungen des Unguent. neapolitanum«
Einige Aerzte reichen das Calomel als Laxativum in grossen
Dosen von 15 Gr. bis 1 Scrupel, aber am öftesten giebt man
es in kleinen Gaben zu 3 — 4 Gr., zu 2 Gr., einem Gr. und
selbst nur zu einem halben Gr. in Verbindung mit Hyoscyamus,
Opium, oder mit Antimonalien, um der Diarrhoe vorznb^gen.
Wir sind nicht Anhänger von grossen Dosen, welche unwill*
kürlich an den fTippoJfra^rschett Aphorismus erinnern: „Ad
extremos morbos extrema remedia exquisite optima ^ weil
solche die Diarrhoe und den CoUapsus vermehren: wir 'be-
schränken uns auf einen halben und ganzen Gran. Man
betrachtet die häufigen breiartigen Stähle, besonders die An-
schwellung des Zahnfleisches und die Salivation als sehr
günstige Zeichen und als gewisse Voriäufer der Heilung, worauf
im Allgemeinen Schmerz und Fieber weichen und die Gefahr
des Todes sich verringert. So häufig wir aber auch dies
Mittel anwenden, so haben wir doch nie Anschwellung des
Zahnfleisches, noch weniger. Salivation oder Quecksilbercachexie
hervorbringen können, obgleich wir oft 2 Scrupel und mehr
in wenigen Tagen und daneben mehrere Unzen Unguent neapol.
zum Einreiben verbrauchen liessen. Im Gegenlheil sehen wir
im AUgemeinen breiartige Stühle entstehen, welche aber nid)t
ein so günstiges Zeiche ^ind, ds^ sie ai^cb in den
82 n. «. Steboldy Betrachtungen über das Kindbettfieber.
Fällen beobachtet wurden, welche tödtlich abliefen. Später
bat Retzius Räacherungen von Cinnober empfohlen, um die
Wirkung des Hercur auf den Organismus zu beschleunigen,
ohne aber diesen Zweck zu erreichen. Scanzoni hat sich
in ausgesprochener Weise gegen die Mercurialbebandlung der
Pnerperalprocesse erklärt; seine Gründe sind folgende:
„Wenn man die so gerahmte Anwendung der Mercurial-
Präparate in's Auge fasst; so iässt sich dieselbe nur durch
die Erfahrung rechtfertigen, dass die nachweisbare Einwirkung
der Quecksilberpräparate auf das Blut in einer Verminderung j
des Albumens, des FaserstoflTes und der Blutkörperchen besteht, j
während die wässerigen Bestandtheile zunehmen und hiermit |
die Gerinnungsfähigkeit und Viscosilät des Blutes vermindert '
wird. Es wäre somit das Quecksilber ein ganz geeignetes
Mittel, um allenfalls dem Zustandekommen der Gerinnungen
innerhalb der Uternswände vorzubeugen; da jedoch diese gegen
die früher herrschende Ansicht das Primäre der Krankheit
darstellen, diese letztere nicht früher vorhanden ist, als bis '
sich die Gerinnungen gebildet haben, und daher auch keine |
Therapie erfordert; so fragt es sich, ob das Quecksilber und \
insbesondere das so sehr gerühmte Calomel auch noch nach
der Bildung jener Gerinnsel mit Vortheil angewendet werden
kann, und hier müssen wir absolut mit Nein antworten;
denn eben die durch dasselbe anerkannter Weise erfolgende
Verflüssigung und Resorption aller sowohl normaler als
anomaler Gewebe begünstigt auch die rasche und in grossen i
Mengen stattfmdende Aufnahme der in den Venen enthaltenen |
Eiter- und Janchetlieile und die Folge hiervon ist, dass man, I
sowie nach reichlichen Blutentleerungen, auch nach der
energischen Anwendung der Quecksiiberpräparale sehr häufig
die Erscheinungen der putriden Biutinfection auffallend bald
hervortreten sieht, so dass die IMetrophlebilis in ihrer grossen
Neigung, die Exsudate in eiterige und ichoröse zerfallen zu
lassen, in der grössten Anzahl der Fälle eine Gegenanzeige
gegen den Gebrauch der Mercurialien abgiebt'* {Scanzoni,
Lehrb. d. Geb., S. 955 fl*.)
Was nun diese Argumente betrifft, so kann doch, wie
wir glauben, die auf eine lange Erfahrung gegründete That*
Sache nicht weggcläugnet werden, dass selbst die heftigsten
11. 0. SiebMt Botraehtangen-Über das Kindbettfieber. 33
Piierperalentzdndungen häufig eine günstige Wendung Ton dem
Augenblicke an nehmen, wenn die Mercuriaicachexie eintritt,
und darum wird ein reichlicher und fortgesetzter Gehrauch
der Hercurialien zur Bekämpfung der Puerperaiprocesse sich
immer erhalten.
In dritter Reihe gehören zur allgemeinen Behandlung die
antipyäpriischen Specifica. Es sind Chlorwasser, Creosot, die
Mineralsauren, welche man überhaupt bei miasmatischen und
contagiöseji Blutkrankheiten reicht und die sowohl innerlich
als äusserlich in den septischen Formen des Kindbettfiebers
angewendet werden. Da sie indessen gewöhnlich nur in
Terliallnissinässig kleinen Dosen gegeben werden können, und
ausserdem die Fälle, wo sie passen, an und für sich schon
eine üble Prognose gestatten, so sind die Resultate dieser
Beilmelhode nicht glücklich. Unter den Mineralsäuren ziehen
w^ir die Phosphorsäure vor, weil sie weniger Diarrhoe hervor-
raft. Im Allgemeinen wird das Haüer*sc\ie Sauer wegen der
Empfindlichkeit der Schleimhäute nicht verti'agen. Die China-
rinde passt in Fällen mit mehr chronischem Verlaufe. Das
Ammmiium carbonic, welches Vogel aU Mittel gerühmt hat,
das vielleicht der Gerinnung vorbeugen könne, scheint in
starken Dosen gefährlich und ist in Puerperalprocessen noch
zu wenig angewendet worden. Das zweifach oxalsaure Kali
(Bioxalate de potasse), welclies Welti in der neuesten Zeit
bochgepriesen hat, kann ruhig der Vergessenheit anheim
fallen, denn die Erfahrung hat uns gelehrt, dass seine Y^irkung
null ist. ^) Die Zukunft muss über die antipyamische Wirkung
1) Der Verf. erwähnt hier im Texte noch des Bo2r*sebeti
Specificoms, welches er als Carbonate de potasse oder EaU
cnrbonicam beseiehnet. Dies ist aber ein Trrthum: denn d.*cs von
Boiir einst so sehr gerühmte Pnerperalpulver war ein Antitnou-
präparat, wie er es selbst in sein. Abhamll. n. Vers, g^ebnrtuh. Inh.,
2. Th., Wien 1792, S. 92 ansspricbt und anch sein Biograph
Httaaian^ Leben nnd Wirken Bo'er's, Wien 1838, S. 42, anföhrt.
M^Sglich, dass dieses Specific, das Pniv. antimon. compositns oder
Jame**a powder war, welches im torigen Jahrhundert als Geheim-
mittel dargestellt wurde und das Ba9r in England kennen gelernt
hatte. 9 Es wird darch starkes Erfaltsen Ton .Schwefelantimon
und nomsp&nen dargestellt and besteht fast ganz aas etwa
gleichen Tbeilen antimoniger Säure and phosphorssnrem &alke,
lCoaatM«kr,iaebiirtok. 1861. Bd. XVni., HA. 1. 3
:8^ 11. «. SUbMt B«tracbtiing«ji äb«r d*fi Kindb«ttfieber.
iet Tificlura acooiü eatscheideo. Fär das pasaendate von
alitn Mitteln halten wir ooch deu Campbor, yqü 'welchem
wir in laogsam verlaufttiden F&Uen NuUen g^aeheo« er inag
.1^ oder mit Chlorwaaaer verardnet werden.
Die exspeclaüve oder symptomatische Methode begreift
eine Reihe von Mitteln in aich, deren Wirkung sehr ver-
schieden ist und von welchen das eine oder das andere nur
allein nach den Worten: itAbstke si metbodum nescis"* oder
^Noa profuisse quam nocuisse miAoa ittahim'' gewählt wird.
J)ie Samen- oder Oel-Eoiulaionen mit Aqua lauroeejrasi oder
die Nitrosa spielen unter den Waffen dar Nihilisten eine
Hauptrolle. Die drastischen Abfufansittel, die Einetica und
Diaphoretica zählen jetzt aoch wenige Verehrer oder Liehhaber,
welche ihnen eine vorübergebende Wurkung zuschreiben» Wir
halten im Allgemeinen die Drastica fär gefahrvolle Mittel, und
glauben sie daher nur mit der äussersten Vorsiebt empfeUea
KU müssen, wenn, wie es selten zu sein pflegt, harlnäcUge
Vei'stopfung zuge^^ • ist. Oft bringen sie . eine colUcpaitve
Diarrhoe hervor, worauf bald Collapaus folgt uad begünstige»*
nicht sditen den raschen Uebergang zum sepliachen Zustand.
Die Emetica müssen wir auf das entschiedeMte zurückweisen;
t^ giebt unserer Meiming nach kein Mittel, welches ^ioe
achadlichare Wirkung auf «die Puerperalprocesse hat, als der
Tartar. emetic., was die ErfafaruDg lehrt In allen Fallen,
wo wir uns durch sagen. Conamina naturae verfiitareB Ueasen,
dieses Mittel anzuwenden, haben wir nicht die geringste
Besserung, sondern immer raiK^ben Fort«chiitt des PriKeasei»
und ein schnelles tödlliches Ende beobachtet. Das Oleum
terübrnth. als Conirastimulans ward ferner von Br^nau in
Dublin (1812) ismpfohlen und darauf sehr von den Engländern
g;epriesen; jetzt ist es aber, nnd mit Recht in Misseredit
gekommen, tm AnTange der Krankheit ist es wegen- seiner
zu reizenden Wirkung auf die Schleimhäute schädlich und
^em ktn iunI wieder lieeh •etWM Antimonozyd und einige andere
Yerbindangen MseniselU sind.'' B. Sekuehmrdl, ArEneiuiltteHekr«,
Branntcliw. 1658, & 2S4. ßpKter« mU an« J. Fr. 0»iwi4r in
«. Nnchricliten ▼. Wten, Tübing. 1817, 8. 388 berichtet, hat BOr
keine Anwendung mehr iFoa seinem frötier «ie apeoifisob ^erfthaten
Pulver genndit.
II. 0. Si^bM^ Batrachtaag^n fibi^r dM Kindbettfiebtr. B5
vetin der kraDkbaite Process sich weiter entwickeli hat» iat
ee oft sehr unwirksam. Weniger eingreifend und weniger
achädlicb auf die verändei^te Blutcraae wirken die Diapborelica.
Da aber ein spooti^ier, gelbst allgemeiner Scbweiss nur eine
Yorfibergeheode Linderung bringt, $o muss man die Diaphoretio«
im ersten Stadium der Krankheit angewendet, nur. als ein
unterstutzendes Mittel (Remed. adjuvant) betrachten , was
untergeordneten Werth bat. Die Tonica und Ezcitantia sind
alleift in der -Zeit der Recoovalescenz oder bei astbeniscbet
Formea angezwgt, dann aber sind sie in Verbindung mit der
gehörigen Di$t von unschäUbarera Werthe. Zu den passendstes
Mitteln dieser Art muss man diejenigen zahlen, welche ihre
Wirkung hauptsächlich auf das Nervensystem verbreiten, Hier
treten uns die Opiate, «besonders das Dowef^^che PiiWer
ttttd das Morphium acetic«m\ das Lactucarium, das Extraotpoi
Hyoseyami, das Coneioe und äbnliche Narcotica eutgegeo,
d^nso die BorsSure, welche Mittal alle beruhigen und besänftigen,
den Erethismus und die Hyperaesthesie mindern und die Kräfte
erhalten. Obgieicb alle diese. Präparate nur gegen Symptome
der Krankheit gerichtet sind, so verdienen sie dennoch unfter
grosse! Vertrauen, weil sie in allen Fallen den Zustand er^
träglicher machen und manchen Kranken dif W^bUhat Afr
Euthanasie gewähren.
Die Behandlar^ der loyalen Erscbeioimgen der jPueiperal*
proeesse muss besonders gegen den pathoiogi^clien Zustand
der Gebärmutter gericbfet sein, wekbe daeb der Heerd odur
jkusgaiigapunkt von jenen ist Wenn die Cebärioipttar acbmeni*-
baft oder gegen Druck empfindlich ist, so muas man aeioe
Zuflucht zu warmen Unacblägeo nahmen» welche in leichten
Fällen oll genug Besserung oder gänzliche Derslelhing bewirkeo.
In schwereren Fällen dagegen eind wiederholte iM*tliGhe |Ut|tr
entziebungen, innerlich Morph, acetic^ besondei*ja aber Opiatr
klystiere oft sehr nützlich. Von den kalten Umschläg«|i Am
Bauches, mögen sie aus Wasser oder Eia bestehen, von den
sogen. Neptungfrteln, die man neuerdings empfohlen, koiHien
wir uns keinen Nutzen versprechen, ja wir aimi im Gegpntheil
Qberzeugt, dass sie in der Privatprai^is ai|s Furcht 4er
Unterdnackung der Lociiieo viel Wid«>rs|^ucJb fia4le«» Die
allgeqoieinen BluienuieboQgen mgeo sieb m der £odooi^*i^
36 n. V, Sieholdf Betracbtnngen über das Eindbettfiober.
selten nützlich. Ausserdem muss man fflr grosse Reinlichkeit
der Geschlcchtstbeile sorgen. Es giebt kein besseres Mittel,
um der icliorösen Zersetzung der Exsudate in der UterinböUe
oder in der Scheide zuvorzukommen, als Einspritzungen von
warmem Wasser. Das Bespülen der inneren GebirmuUerliöhle
ist besiondefs . bei der Endometritis sehr nöthig, wenn sich
die Lochien vermindern, oder serös oder fötid werden, oder
wenn man Grund hat, zu vermuthen, ^ass zurückgebliebene
Reste der Nachgeburt sich zersetzen. Statt des warmen
Wassers bedient man sich häufig eines Chamiileninfusuros, des
Chlorwassers, einer leichten Auflösung des Chlorzinks und
selbst des Höllensteins. ,
Auch gegen die Kaltwassereinspritzungen in die Gebär-
mutterhöhle, wie sie Kiwisch empfohlen, müssen wir uns
erklären, sowie gegen die adstringirenden von Alaun, Tannin,
Myrrhentinctur u. s. w., weil sie leicht die Schmerzen ver-
mehren und die Krankheit steigern. Opiaünjectionen in den
Uteinis haben nicht die anodyne Wirkung, wie man wohl
a priori glauben könnte, lieber die Injection einer concentrirten
Lösung von Sublimat, sowie über die Cauterisaüon der inneren
Gebärmutteiiläche nach Retziua erlauben wir uns kein Urtheil.
Gegen warme Bäder herrscht im Allgemeinen bei Laien, eine
ziemlich grosse Antipathie; sie sind am Ende auch zu ent*
behren, da sie durch die viel wirksameren Injeclionen ersetzt
werden. Wie wir schon oben angeführt, ist es unerlässiich,
die äusseren Geschlechtstheile recht rein zu halten, um theils '
die Entwickelung von Ulcerationen zu verhüten, theils um,
wo sie vorhanden, dafür zu sorgen, dass sie nicht weiter
um sich greifen. Die Metroperitonitis, welche man häufig
bei Puerperalprocessen antrifft und die sich gewöhnlich secundär
in Folge von vorhandenen Peritonäalexsudaten zeigt, wobei
mehr oder weitiger lebhafte Schmerzen in der Dterusgegend,
Meteorismus, profuse Diarrhoe, Erbrechen und eine Menge
anderer Störungen vorhanden sind, erfordert ein mehr örtliches
Verfahren. Die leichte Empfindlichkeit des Unterleibes, auf
den Peritonäalüberzug des Uterus sich beschränkend, wird
durch die Anwendung warmer Umschläge oder durch Oel-
und Opiat -Einreibungen bedeutend gemindert, wenn nicht
ganz gehoben. Wenn die Schmerzen heftiger sind, so ist
II. «. Si$bol4t BetraciktaDgea über daf Rindbettfieb«r. 37
oft eine örtliche Blutentl^rang durch Blutegel nölhig, welche
man an die grossen Schamlippen, in die Inguinalgegend,
selbst in die Scheide anlegt. Die Schröprkdpfe werden wegen
der grossen Empfindlichkeit nicht wohl vertragen, dagegen sind
Einreibungen auf den Unterleib von UnguenL neapolit., Opiat-
oder Belladonna-Salben angezeigt, .Wenn der Process eine
grosse Ausdehnung und das ganze Peritonfium eingenommen
hat, wa& man oft an den sehr lebhaften und dttrchdringendep
Schmerzen erkennt; besonders wenn die Peritonitis primär
auflritt, kann man bei einem jugendlichen, starken und
kräfligen Subjecte, dessen Puls sehr entwickelt ist, Ton einem
reichlichen Aderlasse grossen Nutzen sehen. Doch muss man
zu häufig wiederholte Aderlässe vermeiden, weil, wenn sie
auch die Schmerzen zu mildem scheinen, divch sie der
Uebergang in Exsudatbildung begünstigt wird. Eisüberschläge
über den Leib, die man neuerdings angerathen, finden, wie
wir bereits angegeben, von Seiten der Kranken Widerstand und
sind auch gewöhnlich zu unbequem und unerträglich, als dass
sie empfohlen werden könnten. Man verschalTt bei sehr
heftigen Schmerzen viel besser durch sanfte Einreibungen des
Bauches mit einem Liniment von Chloroform und Oliven-
oder Hyoscyamus-Oel Linderung, wovon wir oft die besten
Wirkungen gesehen haben. In der letzten Zeit hat Latour
geralhen, statt der warmen Umschläge eine dicke Lage von
CoUodium auf den Bauch auszubreiten, aber dieses Mittel
scheint nur eine vorübergehende Wirkung zu besitzen. Nach
Retziu8 scheint das CoUodium- nur durch die Verdampfung
des Aetbers und die dabei sich, entwickelnde Kälte zu wirken.
Daher machen wir lieber Einreibungen von einer Mischung der
Jodtinctur und des Aether sulfuricus. Einreibungen von reiner
Jodlinctur, wie sie Fausset angerathen (Dubl. Journ., 1850),
sind zu reizend; setzt man AJkohol zu, so werden sie besser
vertragen. Rasch wird bei diesen Einreibnngen das Jod
resorbirt und in die Blutmasse gebracht; sdion nach 12 Stunden
kann man seine Gegenwart im Hanie nachweisen. Gegenreize
auf den Bauch gebracht sind zur Bekämpfung der Metro«*
Peritonitis ebenfalls wichtig. Die Engländer verwenden dazu
warme Um^iläge mit Terpentinöl. Eine einfache Methode,
dieses Mittel anzuwenden, besteht darin, dass man zuerst
1
d8 II* «• Sieholdf Betr4ehtQ«g;«B über dat Kindbettfleber.
einige Tropfen Terpentinöl auf den Biudi trdpfelt und dann
ein SlQck Flailell in warmei Was^r getaucht darüber legt
Guten Erfolg haben auch die Einreibungen ron Terpentinöl
mit Olivenöl vermischt, um dem zu starken Erythem vor-
zubeugen. Wir empfehlen eine Mischung von Terpentinöl
mit Olivenöl und Chloroform. Die Application eines grossen
Senfleiges Ober den ganzen Bauch oder eines Yesicalors bringt
im Allgemeinen heftige Schmerzen hervor und ist nur an*
gezeigt, wenn man einen raschen und starken G^eAreiz m
ei*zielen wünscht. Als das wirksamste unter allen haben wir
stets ein Liniment von Terpentinöl und Catharidentinktur
geftmden; wegen seiner starken Wirkung pflegen wir es aber
nur in sehr acuten und verzweifelten Ffillen anzuwenden.
Durch Drastica oder Klystiere hat man sich bemüht, den
Meteorismus zu mindern, der oft in sehr hohem Grade auftritt
und bluHg in Folge der Exsudate durch Lähmung der Muskel*
hlute entsteht; allein diese Behandlung hat sich als unwirksam
erwiesen. Bessere Resultate erzielte man durch Opiate inneriich
genomnicn und durch reizende Linimente von Oppodeldoc u. s. w.
Kiwisch und Scanzoni haben Tabaksklystiere angewendet,
aber ohne Erfolg; das Auspumpen der Darmgase mit einem
langen elastischen Rohre, das tief eingeführt wird, ist völlig
zwecklos. Gegen die Function der .Gedärme mit einem Ex-
plorativtrocar muss man sich a priori erklären, noch weniger
sie anwenden.
Profuse Diarrhoen begleiten oft die Puerperalprocesse,
welche tödtlich endigen; daher müssen sie energisch behandelt
werden. Mucilaginosa und Opiate, Alaud, Höllenstein und
Tannin haben manchmal glücklidien und ausdauernden Erfolg,
oft aber ist die Besserung nur vorübergehend. Gegen das
so ominöse grünspanartige Erbrechen hilft fast kein MitteL
Eispillen und Klystiere mit Ochsengalle können zuweilen einige
Erleichterung versebaffen. Das abgesackte Peritonäalexsudat
kann in seltenen Fällen resorbirt werden; man kann, um die
Resorption zu befördern, Linimente von Jodkalium, von reinem
Jod, besonders in Verbindung von Giycerine, ebenso Ein*
rdbungen von Kupferoxydsalbe <>der Unguent neapoltt. an-
wenden. Haben sich Abscesse gebildet, so muss man ihnen
mit dem Bistouri einen Weg nach aussen verschaffen, oder
in. M$i$9nmtf Uaber Bbeasifttiiintts uteri gravJdi 89
kann «ich in denveibeii Zwecke mit Erfolg CnusUca
anwoiden, z. B. die Wiener Paste. Von der Paracenteae
des Bauches kann man nie etwas erwarten. Was endlich die
Behandlung der Folgekraokheit betrifiTt, so dienen uns hier
die gewöhnUchcn Regdn der allgemeinen Therapie zur Rieht*
sdinur, es wurde uns hier zu weit füliren, die einzelnen
Mitlei fSr die specieUen FäUe selbst anzuführen.
In Vorstehendem glauben wir eine Anleitung zur Be*
handlung des Kindhettfiebers gegeben zu haben. An Mittehi
zur Therapie dieses krankhaften Pröcesses fehlt es in der
That nicht, aber sichere Mittel gegen den reisaenden Fort«
sehritt dieser mörderisch«! Krankheit haben wir leider! nicht.
Das ist aber kein Grund zu yerzweifeln und in Muthiosigkeit
and GleichgiUtigkeit zu verfallen; im Gegentheile müssen wir
mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln herzhaft gegen die
Krankheit ankämpfen und uns der Hoffnung hingeben, dass
wir mit der Zeit Besseres erlangen werden. la es nicht der
menschlichen Natur eigen, immer in unruhiger Erwartmig nadi
etwas Besserem zu leben?
IIL
üeber Khemnatismas uteri gravidi.
Vortrsg, gehalten in der 79. Sitsang der Gesellschsft fUr
GebortshUlfe zu Leipzig am 8. October 1860
von
Dr. Emil Apollo Helssner.
Wie im Monat August .die beginnenden akademischen Ferien
und im September die Versammlung deutsdier Naturforscher
und Aerzte in. Königsberg, so ist im laufenden Monate das
in nächster Woche stattfindende 50jährige Jubiläum des Bor
Stehens der Universität Berhn, die Veranlassung dazu gewordeOi
die Sitzung nicht auf den statutenmässig festgesetzten dritten
Montag, sondern schon eine Woche früher anzuberaumen.
Der ZufaD also fügte es, dass wir mit Rücksichtnahme auf
40 m* Mel§mmrt Ueb«r Bbeomattomiu «tori grayiOI.
das SOjäbrige JubiUftam einer der ▼mvögliGfasten BildiiogsstMn
deutscher Wissenschaft uns heute zu einem 50jährigen Jubel-
festläge unserer speciellen Wissenschaft im engeren sächsischen
Vaterlande hier zusammenfinden, denn heute vor 50 Jahren,
am 8. October 1810, erfolgte die factische Eröflhung hiesiger
Königlicher Entbindungsscbule, derjenigen Anstalt, in deren
Räumen wir seit Begründung unserer Gesellschaft bisher imroa*
gastliche Aufnahme, sowie fort und fort seit der Zeit unserer
akademischen Studien immer neue Aufmunterung, neue Ge-
legenheit zu wissenschaftlichen Forschungen, neuer Belehrung
fanden. Wir haben uns zwar schon am 5. Februar d. J. an der
ofliciellen Jubelfeier der durch Rescript des damaligen Kirchen-
raths zu Dresden erfolgten Begründung dieser segensreichen
Anstalt betheiligt und vier der früheren. Hfiifsärzte damals zu
EhreniQitgliedem unserer Gesdlschaft ernannt, eine Festsitzung
unsererseits erschien dagegen damals aus mehreren Gründen
unthunlich. So lassen Sie mich denn heute, meine verehrten
Herren GoUegen, Sie geistig zurückführen in das Jabr 1810
und in die ersten Tage unserer Gebäranstalt, in die ersten
Ergebnisse ihrer Beobachtungen, um wenigstens in unserem
Kreise auch.stiU noch das 50jährige ^) Jubiläum ihrer factischen
Eröffnung zu feiern. —
Zwei Aufnahmen von Schwängern fanden heute vor
50 Jahren statt und schon an demselben Tage gebar die
eine derselben auf normale Weise einen Knaben. Das darüber
von Joerg selbst in die Acten der Anstalt niedergeschriebene
Protokoll ist sehr kurz und giebt uns keinen wesentlichen
Stoff zur Anknüpfung. Dagegen bot die andere Schwangere
bis zu ihrer am 16. December 1810 erfolgten Niederkunft
wiederholt Veranlassung zu aufmerksamen Beobachtungen,
welche auch der erste Assistent, unser Ehrenmitglied Geh. Ratli
Dr. Carl Gustav CaruSj in seiner hierselbst am 20. De-
cember 1811 vertbeidigten Inaugural-Dissertation de uteri
rbeuroatismo zu veröffentlichen für werth erachtete. Auch
Joerg kam bis in die spätesten Jahre seines Lebens oft und
gern auf diesen Fall in seinen klinischen Demonstrationen
1) Das 26jährige Jabil&am der Leipsiger EatbindaDgsschule
war am 8. October 1835 gefeiert worden.
m. JMMiwr, Ueber Bhemnatismiis uteri g^avidl. 41
sorttk, Bei 68, dass tr niir tterliaupt dem Andrängen seiner
Scbfder gegenüber, wie damals in der Lage war, ein vor*
seiüges operatives Einschreiten für unstatüiaft zu erklären
und dafür der sich in der Regel so nützlich erweisenden
Metbodus exspectatifa das Wort zu reden, sei es, dass es
aich wirklich um eine gleicbe Anomalie handelte, wie in dem
Yon Carua beschriebenen Falle, wo vom 26. Oclober bis
2. November und dann am 26. und 27. November den Geburts-
wehen nur einigermaassen ähnliche Schmerzen mit merklicher
EröflnuBg des Muttermundes eingetreten waren, ohne zur
Vollendung des Geburisgeschäiles selbst zu führen.
Ich unterlasse es für jetzt, mich ausführlicfaeir über die
schon 1686 von Oualterua Charleton in seinen Inquisitiones
de causis catameniorum et uteri rheumatismo (Leyden),
Alph. Leroy und Chambon de Moniaux 1780, wie Menz
im seiner DisserL pathologiam rheumatismi puerperaruro sistens
beschrictbene, hauptsächlich aber erst durch Wigand in seinen
Ursachen der Nachgeburtsverzögerung (Hamburg 1808) bekannt
gewordene Anomalie und ihren Symptomencomplex zu ver-
breiten, da ich das Krankheilsbild durchgängig bei Ihnen als
bekannt voraussetzen kann und ohnedies im Folgenden auf
dasselbe wiederholt zu sprechen kommen werde. Je mehr
Sie aber fast Alle hier unter Joerg's Leitung der Anstalt
selbst Gelegenheit hatten, diese eigenthümliche Anomalie
sorgfaltig zu beobachten und zu studiren, um so mehr wird
es auch Sie Alle Wunder genommen haben, dieselbe in den
meisten neueren Lehrbüchern unserer Wissenschaft nicht mehr
aufgeführt und abgehandelt, vielmehr^ von den anerkanntesten
Autoritäten unaerer Disciplin in der Neuzeit, von KiwUch
und Scanzoni die Existenz dieses Leidens als eigenthümliche
Krankheitsform ganz in^Abrede gestellt zu sehen. Da sich
mir nun in der jüngsten Vergangenheit hier Gelegenheit bot,
eine exquisite Beobachtung der genannten Aflection anzustellen
und meinen früheren als Assistent Joerg^s in den Jahren
1651 — 1854 gemachten mehrfachen Erfahrungen anzureihen,
fand ich mich zu einer genauen Prüfung der von den Gegnern
der gedachten Species morbi dargelegten Momenten veranlasst,
die heutzutage fast allgemein maassgebend geworden sind.
Nachdem nuch aber der heutige Tag mit seiner historiscln»
42 UI- Meinn0r, üeber Bbewnatinniis titoH gtaTldL
Erinnenmg auf diesen Gegenstand in unserem Kreise fAbrte,
iassen Sie mich jetzt zunächst die gemacblen Einwörfe be*
spredien, bevor ich meine jQngste Beobachtung selbst raittbeik
und meine Ansicht über die Sache entwickele. —
Kiwüch sagt tn seinen Beiträgen zur Geburtskinide,
Wörzburg 1848, iL AbtheiluDg, S. 83 u. folg.: „Eine häufige
lästige Erscheinung sind die während mancher Schwangerschaft
eintretenden zeitweiligen Schmerz- und WehenanfäUe, die eine
verschiedene Veranlassung haben kennen und zum Theii falsch
gedeutet werden. Wir mAssen in dieser Beziehung ein Leiden
näher berühren, welche als eigenth'ümlicbe Krankheitsform
unter dem Namen Rheumatismus uteri gesdiildert ward. —
Es war filr viele Aerzte eine Beruhigung, dass man mit der
Bezeichnung Rheumatismus •uteri för eine grosse Reihe von
Schnierzanfällen in der Gebärmutter eine bequeme Erklärung
und einen Anhaltspunkt filr die Behandlung geboten hatte.
Man hat es ganz begreiflich gefunden, dass bei dem Absieben
der Kleider vom Unterleibe während der Sdiwangerschaft die
Gebärmutter sich leicht verkdhlen könne, sowie man eine
rheumatische AfTection in einem Muskelgebilde gern zugab. —
Dagegen ist aber zu bemerken, dass rheumatische AATectionen,
namentlich acute, wie schon oben angegeben ward, bei
Schwängern eine grosse Seltenheit sind, dass hartnäckige
rheumatische Leiden manchmal durch die Schwangerschaft
ganz beseitigt werden, und dass, wenn sie während der
Schwangerschaft unter acuten Zufällen exacerbiren, dies meist
eine vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft zur Folge hat
Die Neigung zum Rheumatismus ist demnach bei Schwängern
nichts weniger als gross, zudem wäre es nicht zu begreifen,
warum nicht die von* der Verkühkmg zunächst getroffenen
Bauchdecken, wohl aber die hinreichend geschützte Gebäre
mutter vom Rheumatismus ergriffen würde, und doch ist
unseres Wissens ein Rheumatismus der vorderen Rauchwand
bei Schwängern nicht beobachtet worden, wenn man nidit
etwa jede grössere EmpGndlichkeit dar gezerrten Bauchdecken
so bezeichnen will. — Bei vielen Tausenden von Schwängern,
welche uns zur Beobachtung kamen, hattra wir nie Gelegenheit,
einen Rheumatismus uteri als solchen annehmen zu können,
dagegen liess sich häufig vorhandene Schmerzhaftigkeit durdi
lil. Meißner j XJehet Blienmatismus uteri graridi. 43
folgende Ursachen mebr oder weniger ersichtlich erldftren:
1) Giebt es SteUen an der Gebärmutter, welche durch die
anliegende Fmcht sich in einent anhaltenden Zustande von
Zeming befinden und dadurch schmerzhaft werden. Am
deutlichsten tritt dies bei grossen Frachten, wenig Frucht^
Wasser, bei schlechten Lagen der PrQchte in der letzten Zeh
der Schwangerschaft, nach längerem Stehen und nach Körper-
anstrengungen hervor; 2) giebt es Fälle, wo bei bedeutendem
Hängebauche oder grösserer Ausdehnung des Unterleibes 'die
vordere Bandrwand in Folge der Zerrung des Perftonäums
schmerzhaft wird, wie wir dies bei Bildung von Baochbröchen
antrefTen; 3) giebt es leichtere WehenanfBIle, massige zeit-
weilige Erhärtungen der Gebärmutter, namentlich nach Gemüths-
bewegungen, körperlichen Anstrengungen und anderen schäd-
lichen EinMssen, die gleichFalls Schmerz hervorrufen; 4) giebt
es schmei*zhafte Zerrungen des Peritonliums, welche in Folge
von alten Anwachsungen des Bauchfells oder von Afterbildungen
der Bauch- oder Beckenhöhle entstehen; 6) können um»
schriel)ene Metroperitonitiden, sowie Entzündungen der Innen*
OäChe der Gebärmutter und endlich Placentitis mit örtlicher
0
Schmerzhaftigkeit und unter allgemeinen acuten ZnfaUen auf-
treten; sowie 6) ereignet es sich häufig, dass zu verschieden-
artigen anderen fieberhaften Krankheiten mehr oder weniger
schmerzhafte Contractionen der Gebärmutter hinzutreten. —
Alle diese verschiedenartigen Zustände win*den nicht sehen
unter Rheumatismus uteri begriflen, mit welchem Recfite
durfte sich von selbst ergeben. — Zu diesen örtJichea Er-
scheinungen treten dann die sympathischen, welche schon
grösstentheils erörtert wurden. Sie stellen sich als Zusammen-
ziebungen im Darmkanale, in der Blase, in der Vagina, der
Bauchpresse, als allgemeine Convulsionen und in der grossen
Reihe der hysterischen Zufälle dar." —
In Scanzonf% Lehrbuch der Geburtshilfe, 2. Auflage,
Wien 1853, findet sich die folgende hierher gehörige Stelle:
„Die Annahme des Rheumatismus uteri war für alle Jene ein
guter Ausweg, welche, unbekümmert um die physiologischen
und pathologisch -anatomischen Veränderungen des Uterus
während der Schwangerschaft, eine vage Bezeichnung für die
Zustände suchten, deren Wesenheit ihnen gänzlich uidl^ekannt
44 ni. MeUgntr^ Ueber RbevmatiiiDaB ateri graridi.
war. In allen Fällen, wo uns bei Schwängern und Gebärenden
das für den Rheumatismus uteri vindicirte Krankheitsbild
vorkam, waren wir im Stande, eine dasselbe bedingende
eDtzündUcbe oder spastische AfiTecüon des Uterus aufoufinden,
und wir glauben nicht zu weit zu gehen, wenn wir die ganze
Lehre vom Rheumatismus uteri ffir halt- und grundlos erklären."
Wenn ich diesen Auseinandersetzungen zweier unserer
vorzöglichsten Facbgenossen gegenüber mich in der Lage be-
finde, för die Existenz dieser Anomalie auf Grund meiner
Erfahrungen das Wort zu führen, sehe ich dabei ganz von
der Rechtfertigung des Namens: „Rheumatismus uteri*', als
einer ganz unwesentlichen Nebensache, ab, die je eher je heber
mit einer zu verhofTenden baldigen Neugestaltung der patho-
logischen Rehandlung des Rheumatismus selbst fallen mag.
Denn unter der Rezeichnung Rheumatismus sind in den ver-
schiedenen Zeitaltern der medicinischen Wissenschaft gar zu
sehr verschiedenartige Regriffe und Auffassungen zusammen-
gefasst, bald das eine, bald das andere Merkmal mit auf-
genommen und wieder ausgeschieden worden, als dass dieselbe
als Terminus tecbnicus in der sich glücklicher Weise immer melir
und mehr zur exacten Wissenschaft emporarbeitenden Pathologie
ohne Weiteres auf die Dauer aufrecht erhalten werden könnte.
So lange indessep die Wissenschaft dieser Neugestaltung
noch baiTt und den Ausdruck Rheumatismus für ein ganzes
Genus morbi beibehält, nftig derselbe als eine zwar nicht
unverbesserliche, aber doch allgemein gebräuchliche Rezeichnung
auch für die zeither damit benannten betreffenden Reizzustände
des schwangeren Uterus beibehalten werden, zumal es immerhin
bedenklich ist, neue mit der allgemeinen Pathologie nicht
congniirende Namen ffir die Affectionen > einzelner Organe
einzuführen, und es sicherlich genügt, beim jedesmaligen Ge-
brauche derartiger ungenauer Termini technici der für die
Sache selbst unwesentiichen Redeutung des allgemein gebräuch-
lichen Namens bewusst zu sein.
Dass damit auch der missbräuchlichen Anwendung des
Wortes zur bequemen Erklärung und Rezeichnung wesentlich
verschiexlenartiger Erkrankimgszustände und als gutem Aus-
wege für alle Jene nicht das Wort geredet sein soll, die
unbekfiaunert um physiologische und pathologisch -anatomische
III. Meü$n€r, Ueber SheumaUBmas uteri ^ayidi. 46
Studien und Wahrheiten nur einen Namen ffir Zustände
suchen, die ihrer Wesenheit nach ihnen unbekannt sind, bedarf
dabei wohl kaum der Erwähnung. Abusus npn tollit usum!
Dieser Grundsatz des praktischen Lebens gilt auch hinsichtlich
der ärztlichen Diagnosen, die leider oft allzu leichtsinnig und
oberflächlich gestellt werden, ohne dass darum die in einzelnen
Fällen leichtsinnig gewählten Bezeichnungen der vorliegenden
unerkannten Erkrankungen auch ganz aus der Wissenschaft
eliminirt werden müssten! — Vielmehr erachte ich es im
Allgemeinen, wie namentlich im Hinblick ' auf unseren heutigen
Gegenstand, für eine Grundbedingung jedweder wissenschaft-
lichen Erörterung über einen Krankheitsbegriff, dass nicht
fi'emdartige Zustände und selbst nicht einmal die nächst-
verwandten Anomalien mit in das , Gremium der Casuistik
hineingeworfen, sondern durch exacte Diflerenzialdiagnose aus-
zuschliessen sind. Wenn ich also heule die Existenz des von
Wigand u. A. beschriebenen Rheumatismus MißVi gravidi zu
eon^tatiren imtemehme und mich auf betreffende Erfahrungen
stütze,^ so sind bei der Diagnose dieser Fälle selbstverständlich
die verschiedenen von Kiwiich uud Scanzoni näher bezeich-
neten Ursachen abnormer Schmerzhaftigkeit der schwangeren
Gebärmutter zuvor auszuschliessen gewesen. Ich verlange
ferner aber auch noch, dass bei den als Rheumatismus uteri
zu bezeichnenden Zuständen Schwangerer auch alle Fälle von
einfacher Rückgängigkeit der Geburt auszuscheiden sind, die
vor dem normalen Ende der regelmässigen und selbst zn
verschiedenen Zeilpunkten der verlängerten ^) Schwangerschaft
vorkommen und auf welche Charriere (Gaz. des hdp;, 1858,
No. 12. Monatsschrift für Geburtskunde, Bd. XL, Heft 6)
neuerdings die Aufmerksamkeit der Geburtshelfer wieder ge-
lenkt hat. —
Kiwiseh hat aber das Vorkommen rheumatischer Affectionen,
namentlich acuter, bei Schwangern als eine Sellenheit bezeiclmet;
1) Aeltere Fälle dieser Art sind anfgesfthlt in Jowg^B Zu-
rechnungttfiihigkeit der Schwängern nnd Gebärenden, Leipzig 1887,
Cap. VII., S. 2S4. Neuere Beobachtnngen ron Liigard nnd Tamow
ans Gas des hdp., 1859, 62 nnd 149 ezcerpirt finden sich in
SchmidVa Jahrb., Bd. 103, S. 328 nnd Monatsschrift für Qebnrts-
knnde, Bd. 16, 8. 157. .
46 UI. Meitwer^ lieber Bheaniatifliniis uteri i^aTidi.
eine Bdiaiq^uDg, welcher nicht nur meine BeobachtiugeOA
sondern auch die Aussprücl^ der meisten Autoren über
Schwangerschaft direct entgegenstehen. Hinsichtlich acuter
rheumatischer Erkrankungen beohachtete ich allerdings gleichr
falls mitunter vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft; war
die Erkrankung minder heilig, geschah dies aber nicht, es
trat entweder uterinale Heilung mit oder ohne darauffolgende
Frühgeburt ein, oder es blieben einzelne Muskelgrup|>ent
Gelenke, Bänder, Nerven u. dergl. ohne Röckwirkung auf die
ungestört weiter verlaufende Schwangerschaft, längere Zeit oft
bis zum Eintritte der Wochenschweisse rheumatisch afficirt. —
Dass aber Kiwisch es nicht begreiflich findet, „warum nicht
die von der Verkühlung zunächst getroffenen Bauchdeckea»
wohl aber die hinreichend geschützte Gebärmutter von Rheumar
tismus ergrtffei} würde', und doch ein Rheumaüsrous d^
vorderen Bauchwand bei Schwangern nicht be<ri)acht(et worden,^
ist durchaus nicht als begründete Einwendung gegen die
Möglichkeit der rheumatischen Erkrankung des schwangerea
Uterus selbst zu erachten, ja vermag nicht eitti]^al die
UnWahrscheinlichkeit derselBen zu constatiren. Denn selbst
mit Hülfe der in neuester Zeit, so sehr vervoUkommoetea
Untersuchungs- und wissenschafUicben For^chungsmethodeB
hat es keineswegs bisher gelingen wollen, die xahlreichea
Räthsel zu lösen, welche die tägliclie Erfahrung uns auf dem
Gebiete der Pathologie .immer aufs Neue vorlegt, oder auch
nur die hier im speciellen Falle einfilussreiche Frage xu
beantworten, warum die verschiedenen einzelneii Erkrankungen
sich vorherrschend in dem einen oder anderen Organe k>ca<^
lisiren, so die constitutionelle Syphilis in der Mimd* und
Racheaschleimbaut, die ererbte tuberkulöse Anlage in den
Meningen der Kinder, in den Lungen Erwachsener, die
Krebsdyskrasie im Uterus selbst bei reinen Jungfrauen u. s. f.
Da es aber eine bekannte Thatsache ist, dass riieumatiscbe
Erkrankungen kein anderes inneres Organ so häufig, als das
Herz in direcle Mitleidenschaft ziehen, so finde ich keinen
Grund, daran zu Zweifeln, dass auch der schwangere Uterus
von der gleichen Schädlichkeit leicht ergriffen werde. Denn
der schwangere Uterus zeigt hiusichllich seiner Functioniruug
eine so hochgradig entwickelte Lebenskraft, so sehr abgebildete
m. Mtuan^r, lJ%her Rhewn^unns aUri gravidt. 47
and tn glekh energiscber WirknagsSaeserung fihige orgauiscbe
Haskelfasern, dass ebeo nur das Ilerz ihm vergleichsweise
an die Seite gestellt werden kann. Wäre übrigens Kiwisch's
Dedttclion iiicfatig, so könnte man bit demselben Recbte an^
den so bäufiffon rbeiunatiscben Zahnneuralgien der Scbwangern
zweifehl» da dieVerkühluDg vielmehr die Eunächst der schadliii^en
Gelegenbeitsursache ausgesetzten Haut des Backens oder die
Gesiditarawkehi afiiciren mässte. -— Wenn endlich Kiwisch
sowohl, sisScanzoni bei vielen Tausenden von Scbwangern,
die sie XU beobachten Gele^euheii hatten, nie Rheumatismus
uteri gravidi au fluden in der Lage waren, so könnte dieser
Emwurf allerdifigs ein entscheidendes Moment gegen uns in
die Wag9cbale h^en» wenn es aoeh auf der anderen Seite
nicht hiiiUnglioh bekannt wäre, dass gewisse von e|Mdemische»
und endemischen. fiiaflAssen ganz unabhängige Anomalien
besonders auch in der geburtsbiUflicher Praxis so z. B. abnorme
Lagen, seUemre BuistelluQgen der Frucht, Nabelschnurvorfalle,
Plaoenta praevia «l sl w. an gewissem Orten und zu gewissen
Zeiten . merkwürdig häufig, dann aber. wieder äusserst selten
nur vorkommen. HinsichUich der Blutungen und dfskratischer
ErkrMbingen, vfit namentlich des Rheumatismus, wo di^
Schädhchkeiton des Orte«« der Jahreszeiten, die hier und da
übliche« Trachten und Sitten nicht minder me teUurisebe
ErsehelmHigen von patbeiogisch unbezweifeltem Einflüsse sin4>
kann dah^ das häufigere Erkranken in diesen Gegendea^
das seltenere Erscheinen oder gänxbehe Fehlen einer Anomalie
aa aodaren Orte» aber um so weniger befremden. Ob np
vorliegenden Falle die Umgegend von Wörzburg, die dort
QUiche Lebensweise, namentlich auch die dasige Kleidung
ein besonders wu-ksatues noch unbekanntes Präservativ gegen
Rheomaiisraus uteri birgt, vermag ich hier begreiflicher Weise
nicht zu erörtern. AufTallend ist es mir aber gewesen, dass
während meiner Amtsführung als Assistent an hiesiger Ent-
binduagsscbule» bei den meist armen uneheKcbeo Schwangern«
die zum Theil mangelhaft, und, was die Landmädchen anlangt,
grösstentheils nur mit sehr kurzen Röcken bekleidet in die
AnsUlt einlt*aten, rheumatische Erkrankung der schwangeren
Gebärmutter wiederholt zur Beobachtung gelangte, in der
1
48 'H. Biemner, üeber Rhenmatismiu uteri ^rmridi.
Privatpraxis bei einer ziemlich gleichen Anzahl von Gdiurt»-
fallen aber nur einmal vorkam.') —
Scanzoni Wschränkt sich in seiner Bekämpfung der
Annahme eines Rheumatismus uteri gravidi auf die ErkliiniRg,
„dass er in allen Fällen, wo ihm das für diese Anomiilie
vindicirte Krankheiubild vorkam, im SUnde gewesen sei,
dieselbe bedingende entzündliche oder spastische Affection
aufzufmden/* Es wird nicht schwer halten, darzutbun, dass
gerade in dieser Behauptung nichts weniger, als das direde
Gegentheil von den frOberen Schilderungen und AufTassungea
dieses Krankheilszustandes, wie namentlich der heute hier
vorgelegten Dissertation unseres Carus enthalten ist. § 6 der
genannten Abhandlung finden sich die Worte: Defmimus igilur
rheumatismum ila, ut dicamus eum iuflammatoriam sub-
stantiae muscularis esse affeclionem. In welcher Weise
aber hier der Ausdruck: entzündliche AlTeclion als DefinittoD
für die rheumatische Erkrankung des uterinalejd Muskelgewebes
zu verstehen sei, ist aus einzehien Stellen des Folgenden
näher zu ersehen. So § 8: Pathologi pleriqiio convenioQt
m CO, inflammationem non semper unam eandemque esse,
sed varios eius exstare gradus. lam levissimam lubet in-
fiammationis formam, quae ad nervosi polius systematis
referenda videlun alTectiones, quae medium fere tenet int^
spasmum (conilictum nervorum et fibrae muscularis), et in-
flammationem (conflictum nervorum Tasonimque capillartttm),
et quae facillime in veram inflammationem Uransit, inflammatoriae
affecüonis salutare nomine. § 9: Eiusmodi mflammatoriam
1) Erst Tor Korsem erklKrte Geb. Ratb Prof. Dr. BtUdUtr
in der am 18. September d. J. stattgebabten dritten Sitsung ffir
Oyn&kologie bei der 88. Versammlang deutscher Naturforscher
nnd Aerzte in Königsberg in Pr. die im JoU d. J. in der Breslauer
Klinik nnd Poliklinik in karzem Zoitraame aufeinanderfolgenden
sechs Fälle von Gesichtslage, wie die sahireichen tu gleicher
Zeit auftretenden Frühgeburten in abnormen Zuständen des Uterus,
wie namentlieb epidemischen Rheumatismen des Uterus
begründet. — Vergl. Medizinische Zeitung des Vereins ffir i^eil*
künde in Preussen, neue Folge, 8. Jahrg., No. 42, Tom IT.Octbr. 1860,
8. 209, Monatsschrift für Qeburtskunde und Frauenkrankheiten,
16. Bd., 6. Heft, 8. 842 und Deutsche Klinik, Mo. 47, vom
24. MoTbr. 1860, 8. 464.
III. Ar«tMfi«r, Ueber RhemnatismaB ateri grayidi. 49
affectionem, in subfitaDtia muBculari s^em tenentem, rheuroa-
tisimim coDStniere arbitror etc. § 10: Praeterea rheuma-
Ucoruin symptomattiin fontem latere in leriori fibrae mascularis
mflammatione, patet priinum ex ipsis syniptomatibus, quae
«adem fere sunt ac inflamniationis cuiuscunque; nimirum et
dolor et anctus calor in rheuniatiBmo acuto observantur; neque
desont, si alüorem morbus adipiscitur gradum, ruber, tumor
et febris, Caeteram saepius rMumatiBroura in vehera^tiorem
transire inflammationeni , notuiii est medicis omnibus etc.
§ 16: Sub rhenmatismo uteri intelUgimus inflammatoriam
sobstantiae uterinae muscularis affeetionem , quae a metritide
Don nisi eo differt» quod in hoc omne est inflammatuni uteri
parencbyma, in priori vero, noo nisi fibrae musculares laborant
Facile tarnen inteUigitur, hac ipsa de ^ causa celeriter posse
rheumatismuni in veram inflaimuationefli uteri transire, cum
fibrae muscuhres cum reliqua mätrieis substantia intime sint
mixtae. § 18: Ubi, infante forcipis ope, aKoTe modo e matrice
remoto, rbeumaticus continuat atatos, atoniam saepenumero
uteri ac haemorrbagiam, retardaiionem et incarcerationem
placentae Tidemus insequi partum etc. Am Ende desselben §:
In unirersum experientia docemur, vel rbeumatismum in
poerperis alia potius Organa ac ut^um, r. c. extremitatum
musculos, tubnmve intestinalem occupare, vel admisso refrigerio
afiave iioct¥a potentia veras soscilari inflammationes, peri*
tmitidem, metritidem febremque puerperalem. — Die aus-
föfarliehe Bfittheilung dieser weiteren Auseinandersetzungen
darüber, wie Ccvrus die Definition „entzündliche Afiection**
Ifir Rheumatismus äberhaupt und namentlich bezöglich der
hier in Rede stehenden Erkrankung der schwangeren Gebär*
mutter aofgefasst wissen will, hielt ich aus den folgenden
Gründen für nöthig, bevor ich mich gleichfalls dieser Definition
anznschljessen vermochte: Erstens ist und bleibt der vage
Begriff „entzündliche Affection^' ohne weiteren Zusatz
wissenscfaefUich unzulässig, weil er nur einen schwächeren
Grad von Entzündung andeutet, aber nicht augiebt, in welcher
Beziehung er von der wahren Entzündung abweicht Zudem
ist in der heutigen Pathologie aber auch zweitens der Begriff
der Entzündung ein durchaus anderer, als er in der 2eit war,
da Ccvrus seine treffliche Abhandlung vertheidigte. Hitze,
MonatMchr. f. Oebnrtok. 1861. Bd. XVIII., HfU 1. 4
gO ^n. MeiiMer, üeber Rhenmatisrnns uteri gpraTidi.
Rölhe, Schmerz, Gesebwnlst constrairteB vordem den voiK
ständigen Begriff der Entzündung, während alle die genaimieii
Symptome, der jetzigen pathologiscb-anaiomischen Begriffi»-
bestimraung nach, nur das eingetretene erste Stadium der
Entzündung, die Hyperämie, kennzeichnen; die späteren Stadiien
der Entzündung, als die der Hiitstasis, der Eisudation u. s. w.
kamen als unwesentliche Folgen nicht in Betracht. Wenn
sich nitn auch in den heuestAi pathologische» Werken ') die
rheumatische Erkrankung eines Theiles gleichfafls ids ent-
zändliche Affeclion desselben definirt yorfindet, nichtsdesto*
weniger aber diese von der durch Rheumatismus nur bedingten
oder herbeigeführten wahren Entzündung desselben noch anler-
schieden werden muss, so liegt die Vermuthtmg nahe, das«
durchgehende auch in der neueren Pathologie des Rheumatisnios
durch die Deßnition „entzündliche Affection** fOr die Localisation
in einem bestimmten Organe lediglich das erste Stadium der
Entzündung, die Congestion oder Hyperämie angedeutet werden
soll. Die Schnelligkeit, mit der oft die locaie Erkrankung
beim Rheumatismus plötzlich unter Ueberspringen auf einen
anderen Körpertheil verschwindet» lässt dies« Annahme auch
vollständig gerechtfertigt erscheinen. Ich werde später darauf
EUi*öckkomnien, weshalb ich besonders auch hinsichtüeh der
rlieumatischen Erkrankung des Uterus nur Hyperämie, nicht die
späteren Stadien der Entzündung im pathologisch- anatomischen
Sinne annehmen kann. —
Hinskhtlich der spastischen Affectionen des Uterus, welche
Scanzoni in Fällen aufzuOnden im Stande gewesen sein wiU»
die dem für Rheumatismus uteri vindicirten Krankheitsbild^
entsprachen, vermag ich mich aber um so weniger mit dett
berühmten Herrn Verfasser in Einklang zu versetzen, als er
hier nur für das Wort Rheumatismus die meiner Ansicht nach
um nichts weniger vage Bezeichnung: „spastische Affeclion''
setzte. Qirinam sunt spasmi? Der gelelnrle Herr Verfasser
lässt uns hierüber im Unklaren. Spasmen im engeren Sinne
des Wortes, d. h. tonische Conftracturen, finden sich in dem
für Rlieumatismus uteri vindicirten Krankheilsbilde ebensowenig
1) Dem Vernehmen nach auch Sn Leberfd KHoik des acnteik
Oelenkrh^ttmatisrnns. (Nachschrift d«a V«rf.)
m. JMMfier, Ueber Bheamatbrnus uteri gravidi. 51
ds Uoiiisebe CooTBldonen der MuskulaUir, im GegeDtheil
sag! Carus mit vollem Redite § 18: Contractiooes enim,^
quas insignis coacomitalar dolore consueto longe veiiemenlior,
breves sunt ac lengia sese interTdiis sequuDtur. Siqiui itt-
qoietiido, cdor fd>rilis, dtisque parturieDtom «xcniciant. Posi*
quam capui in&nÜB peMs intravit cavitatem, sensibüitas uteri
eum IQ modaro augetur, at ae abdomen quidem taetam ferat.
Gontraetioii^ autem, quae tiinc; io partu iiormdi fiwit
Tdiementiore» dReacioresqne , hio e eontrario eo rariores
debiliores et breviores redduntur, quo magis capul versoB
exilum pehis deacendit etc. Nadi allem dem moas ich also
▼ermolbeo/dasa Bcanzoni die im gewöhnliciien Leben zumeist
mit dem NäAieu „ Krampfwehen *^ beteichnete abnorme Thätigkeit
deä schwaDgeren Utertts im Sinne gehabt bat, bei welclier
die Energie und der Erfolg der Bluskelconlractronen in keinem
VerMitniaae 2u dem tiberaua befugen Sdimerze steht, mit
dem dieadben auftreten; also ähnlich, nie es bei der Kolik
bn Darrokanale der Fall ist, wo ebenso, wie bdm Rheuma-
tismus uteri, die oi*ganischen Muskelfasern unter abnormer
Sdimerzlifllligkeit meist schnell auf. innere wie Äussere Reise
reagiren und wenigstens oft nur ein warmes diaphoretisches
Verfahren schon vollständige Heilung herbcif&brt Ich muss
dao auch hinsichtlich' der von Seanzoni angenommenen
spastischen Affeotlon zu dem Resultate kommen, dass hier
keineswegs verschiedene pathologische Anschauungen, sondern
nur eine Differenz hinsichtlich der Nomenclatur obwaltet.
fievor ich aber meine Ansicht über die innere Natur
des uns heute hier iieschälUgenden Lddens, insofern dies
nicht bereits im schon Gesagten geschehen, auseinandersetze,
ertaube ich Ihnen hier einen von mir in jüngster Zeit sorg^
faltig beobachteten Fall mitzutheilen, da derselbe nicht ohne
wesentlichen EinOuss auf meine Anscliauung des Leidens
gewesen ist und auch Ihnen dieselbe anschaulidier machen wird.
Madame (7., 24 Jahre alt, litt sdt ihrer^ Pubertäts-
entwickelung häufig an Anämie mit intercurrirendem Magen-
katarrhe, dabei an allgemeiner Hy])erästhesie, auch in den
letzten Jahren häufig an massiger Anschwellung der Tonsillen,
weldie meist auch dann leichte Infiltration der Nackenmuskdn
herbeiführten. Vor fünf Jahren wurde sie am Ende ilirer
4*
52 m* Mei$9n€Ty Ueber Bheamatismns uteri gravidi.
normal verlaufenen Scbwangerschail dureh meinen Vater mit
der Zange von einem noch lebenden kräftigen Knaben ent-
bunden, der von einer Amme gestillt wurde. Im Monat
Januar d. J. cessirten die Maises zum ersten Male wieder.
Am 9. Februar, zur Zeit der Menstniation8e|)oche, trat gegoi
Abend eine heftige Uterinkolik ein, welche nach dem Gebrauche
von warmen Kataplasmen auf das Hypogastrium, einigen kleinen
Gaben von Ipecacuanha und Opitim in Pulverform und dem
Genuss heissen Infus, flor. Sambuci am folgenden Tage äoh
gänzlich wieder verlor, so dass Pat am 11. Februar wieder
ausser Bett war. Die weitere Schwangerschaft verlief ohne
Störung, nur wurde die allgemeine Reizbarkeit und das Hattig-
keitsgefühl des anämischen Körpers durch ziemlich anhaltenden
i^ppetitmangel uud hartnäckige Schlaflosigkat wesentlich erhöht,
und so ihre Disposition zu der Erkrankimg erheblich vermehrt,
die sie Ende August d. J. befallen sollte. Die Veranlassung
dazu bot das heftige Hagelwetter in der siebenten Abendstunde
des 27. August, welches unsere Stadt und Umgegend in seit
Menschengedenken hier nicht so heftig gesehener Weise ver-
wüstete, und, wie Sie sämmtlich mit erfahren haben werden,
nicht ohne den nachtheiligsten Einfluss auf die Gesundheits-
verhältnisse von Kindern, Schwängern und Wöchnerinnen
namentlich gewesen ist. ^) Da die Hauptfront des (?.'scfaen
Hauses nach Südwest, also dem anziehenden verheerenden
1] In hiesiger Entbindnngsschnle wurde 14 Tage später die
Geburt eines faultodten Fötus beobachtet, der sofort nach dem
Hagelwetter abgestorben war. — Eine Schwangei'e (im fünften
Monate stehend) in dem Dorf e Pro bstfaejda wohnhaft, an der ich
am 29. August gerufen wurde, bekam darauf mehrere Tage lang
anhaltende convulsivische Zuckungen in der Muskulatur der Ex-
tremitäten, die sich jedoch heben Hessen. Die Frau gebar an
Weihnachten ein lebendes kräftiges Mädchen. — Eine Zwillings-
mutter, welche ich vor sechs Tagen entbunden hatte, genas nur
langsam von Peritonitis und linksseitiger Pneomonle , welche ihr
dieses Unwetter zusog. — Schneller genas eltLe andere Wöchnerin,
dio ieh nur vier Tage vorher entbafid, und durch die gleiche
Schädlichkeit von einem gastrischen Fieber befHllen wurde. —
Namentlich verdient hier auch die von diesem Ereignisse datirende
ebenso umfangreiche und hartnäckige , wie namentlich auch unter
den Säuglingen so mörderieche Keuchhustenepidemie mit genannt
SU werden.
in. Meissner , üeber Rfaeamatismns uteri gravid!. 53
Unwetter ' zugekehrt und mit dem Dache und sämmtlichen
Fenstern auch die zum möglichsten Schutze der Zimmer
herabgelassenen Marquisen und Rouleaux vollständig zerstört
waren, fand sich der Fussboden der ganzen. Wohnung mit
Eisstöcken und Wasser hedeckt. Wahrend die corpulente und
kräftige Dienstmagd in Ohnmacht fiel, war ein gemiithlicher
Einfluss auf die sonst nicht gerade sehr nervenstarke schwangere
Hausfrau durchaus nicht zu bemerken gewesen, dafür schadete
ihr um so mehr die Erkältung und Durchnässung der nur
mit leichten, dünnen Schuhen bekleideten Fusse. Dem Ge-
(Bhle allgemeiner Abgeschlagenheit und grosser Schmerzen in
den Sehenkeln und Füssen folgte am 29. August Abends
Diarrhoe, die auf Pulv. ipecac. cum opio stand, so dass Patientin
am 30. August gegen V2II Clu* Vormittags einen kleinen
Geschäftsgang in der Stadt wagte, musste sich aber alsbald
wieder nach Haus fahren lassen, da mit einem ängstlichen,^
drohender Erstickung analogen Oppressionsgefühle sie von
heftigem cardialgischem Schmerze unter Auftreten von Marmor-
kähe im Gesichte und an den Extremitäten plötzlich befallen
wurde. Da ich augenblicklich anderweit beschäftigt war, wurde
mein Freund und in der unmittelbarsten Nachbarschaft der
Patientin wohnender CoQege Herr Bezirksgerichtswundarzt
Dr. Berger hinzugerufen, welcher -einen Sinapismus auf das
Epfgastrium appliciren, heisses Infusum valerianae reichen
und für Erwärmung der Kranken sorgen liess, so dass, als
ich bei derselben eintraf, dieser Sturm fast vorüber war, nur
beobachtete ich noch kurze Zeit einige Dyspnoe und einen
100 Schläge in der Minute zählenden Puls, die Haut war
trocken, heiss, der Durst lebhaft Während aber nun der
heftige cardialgische Schmerz im Epigastrio nachliess, stellte
sich eine ungemeine Empfindlichkeit im ganzen Umfange der
Gebärmutter ein, die verschiedenen* Muskelgruppen zeigten
unter lebhaften Schmerzäusserungen abwechselnd leichte Zu*
sammenziehungen, jedoch ohne die bei normalen Geburtswehen
bemerkbare Rundung, Wölbung und Härte des ganzen Organs.
Namenüich klagte Patientin wiederholt über die ungemein^
Sdiroerzhaftigkeit der Kindesbewegungen, was mich veranlasste,
den Uterus dui^ch die sanft aufgelegte «rechte Hand dauernd
zu beobachten. Ich bemerkte wiederholt dabei, durch die
54 III. ifaiMiMr, üeber BhenmfttUmvs uteri ^raTldl.
nicht selir dicken, feilreichen Bauchdeckeii begünstigt, dast
▼on den verschiedenen Stellen ans, welche durch die an
diesem Tage besoadere lebhaflen Kindesbewegungen getrafleil
wurden, in fortschreitend iniiner grösseren Kreisen weilen»
förmige Bewegungen der Uterus -Muskulatur eintraten, ibniidl
einer Wasserfläche, in die dfbers ein Troffen, ein Stein u. dergL
hineinlilit. Auch jede nicht gaoE saalte Betastung d^ s Unter*
leibes oberhalb des Uterus braclite gleich idiomuskubire Be*
wegungen hervor, wie sie Graoes und ßtoksB schon 1880
bei der Percussiön eines Tuberkulösen in der Subeta^icukr*
Region auf dem grossen Brustmuskel beebachCeten. (Vergi.
Dublin ho^ital reports and Communications in mediciiie and
surgery, Vol. V., p. 70 und E. H, Webe^, De motu Cusciculonm
muscularium locali im Programm der hiesigen roedicinischen
Facultal in memoriaro Joann. Oötth. Martini die XXIIL Junii
1860 celebraiam.) büierlich zeigte si€h die reichlieh secemirende
Vagina heiss» aurgeb>ckert wie bei der normalen Vorbereitung
zur Geburt, das untere Geliärmuttersegment noch etwas dick,
aber gleichfalls hciss, sdir aufgelockert, der Matterhals noch
nicht voilständig verstiichen, der Muttermund in ovaler Form
so weit erölTnet, dass bequem die Spitzen kweier aneinander
anliegender Finger eingeführt werden komUeii, in ihm die
Eiliüule unverletzt, nicht gespannt mit dem vorliegenden
ballotirenden Kopfe des Kindes. Bei der VaginaleipJoratioa
glaubte ich das warme Fruchtwasser über den Handrftcken
herablaufen zu fühlen, was aber, wie ich alsbald bemerkte,
nichts als eiue reine Geföblstäuscjbung war, die mir sciion
früher Im Fällen von Rheumatismus uteri gravidi begegnete
und meiner Ansicht nach nur in einer bei diesem Leid«i
stattfindenden grösseren Wärmeausstrahlung des Uterus bentht.
Es ist dies eine Erscheinung, die ich noch nirgends erwähnt
fond und auf die ich deshalb hier aufmerksam zu machen .nicht
unterlassen wollte, obwohl es inimerbin mög^ch ist, dass sie
auch nur auf einer Idiosynkrasie meinerseits beruht Piib 90,
Haut trocken, heiss. Die Therapie bestand im wiederholteD
Auflegen gewärmter Flanelle auf den Unterleib, dem un-
ausgesetzten Darreichen beissen Thees, warmer Kataplaamea
und aus dem Fortgebrauch kleiner Gaben Ipecacuanha mit
Opium. Gegen 10 Uhr Abends Uessen endlich diese Er-
in. Meia$ȧr, Uebar BbeQVfttifmvB uteri ^ravidL g5
•dMtonngtn unter dem Auslinecbeh ejnes kritischep SchweUaes
Bach , in der Nacht trat eioiger Schlaf ein und am folgenden
Morgen fand ich im Urin ein reicliballiges Sediment liaru-
saurer Salze, die Eknpfindiichkeit de« Uterus und das Muskel-
apie| yersch wunden« die Vagina weniger beiss und feucht,
den Muttermund wieder geschlossen. Patientin erholte sich
sehr baU wieder, die Schwangerschaft verlief ungestört weiter.
Am 27. — 30. September littMad. G. aq rechtsseitiger Amygdalltis
mk Infiltration der naheliegenden CerTical4rösen, am 13. October
aliess sie sich eine Häkelnadel bei der Arbeit lief in den
Zeigefinger, weldie durch rotirende fiewegungen alsbald leicht
wieder entfernt wurde. Diese leichten Störungen abgeredmet
bdindet sieb die Schwangere bis zur Stunde wohl und sind
Bamenüicli die Lebenszi^iobeo ihrer Leibesfrucht fortwährend
unt erkennbar. ^)
Es entsteht nun die Frage, wie nun die Natur des-
Rbeumatisrous uteri gra?idi zu deuten sei? Ich halte diese
eigenthumliche Anomalie für eine Sensibilitäts* und
Motilitäts-Neurose des Uterus, bedingt von peripherischer
Beizung durch ErkäUung. Ausser der abstehenden Bekleidung
wirkt ganz besonders disponirend cbroniscber Bronchialkatarrb
bei Hochsebwangfrn, der bei den beeqgten Vexliältnissen des .
Thorax und demgemäss nicht sehr energischen Expectorations-
vermögen meist sehr anstrenigende und erschütternde Husten-
stüsse veranlasst, dabei der schwangere Uterus gegen die
Harnblase angeworfen und der Urin al)gesprengt, die Kleidungs-
stücke aber durchnässt werden. Bei der mangelnden Vorsicht,
welche namentlich unter der arbeitenden Klasse zu Hause ist,
kommen diese- durchnrässten Kleidungsstücke bei jedem Schritte
mit den Körperüieilen in Berührung und die feuchte Kälte
1) Dt« Oebnrt eines cr^oasen krKftigen RcAbeiia erfolgtte
ans 10.. October Vormittag« 7,12 Uhr nach kicnm^dreiatfliullger
Oobnrtsarbeit «iipe «alle Kuptlbulfo; «ino Richte am Morien vor*
handea 'gewesene Diarrhoe sistirte sofort, dafür waren drei Tage
lang sehr «chnierzhafte Nachwehen die stete Klage der Wöchnerin.
Bas Kind starb in Folge halbseitiger, zuletzt allgemeiner Con-
▼nlsionen am 11. November, nachdem es Anfangs unter der Er-
näbmng darek Ainmea keine Anomalien dargeboten hatte. DU
S«etft«A wurde nidU gestattet.
56 ni. IfewÄÄT, üeber Eheuiii»tieinua uteri graTi4i.
wirkt allbekannt selir wesentlich mit bei d«r EntalelHmg
rheumatischer Affectionen. So auch hier. Auch Erkaltoog und
Durchnässung der Fusse erregt sehr häufig, wie in dem
soeben erzählten Falle, diese, wie ich sie deutete, Sensibilttdts*
und Motilltäts- Neurose des schwangeren Uterus. — Di^ Er-
scheinungen dieser Neurose sind erstens Hyperämie des
Uterus und seiner Adne.xa, wie solche sich auch bei
Neuralgien anderer Theile zeigt und hauptsäcUich bei Proso-
palgie im ganzen Bereiche der vom erkrankten Nerven ver-
sorgten Gesichtsprovinz dem Auge deutlich zu erkennen gidit
Wo diese Hyperämie aber nicht in wahre BntzftnduQg über-
geht, was bekanntlich äusserst selten geschieht, folgt derselben
aber keine Stasis, keine Exsudation. Denn wo diese einlritt,
würde keinesweges, wie durchgängig beim Rhenmalismns
uteri gravidi geschieht, eine Auflockerung des Gewebes, sondern
eine Infiltration desselben eintreten, idiomuscuiaire Bewegungen
würden ebenso unmöglich sein, als das auffallend schnelle
Reagiren des Muskelgewebes auf die leiseste Berührimg.
Endlich wurden kritische Ausscheidungen durch Harn und
Schweiss nicht so schnell die ganze Erkrankimg hesdtigen
machen können, wie bei Rheumatismus uteri gravidi wiederholt
beobachtet worden, wenn ein nur annähernd vollständig ent-
zündlicher Process vorläge. Zweitens wird in Gemeinschaft
mit jener Hyperämie eine erhöhete Temperatur und
vermehrte Wärmeausstrahlung mit reichlicherer Ab-
sonderung der Schleimhaut an der Cervicalportion des
Uterus und in der Scheide wahrgenommen^ gleich der ver-
mehrten Schmerzhaftigkeit entweder nur die reine Folge
der Neurose oder auch wohl indirect Ausfluss* und Begleiter
der Hyperämie. Endlich zeigt sich drittens auch eine abnorme
Thätigkeit des Muskelgewebes durch äusserst schmerz-
hafte Bewegungen, wekhe entweder ala reine Folgezustände
der Neurose» Und Begleiter der Hyperämie, oder reflectoriscb
durch die leiseste Berührung von Aussen und die Kindes-
bewegungen von Innen angeregt, unausgesetzt stattfinden,
ohne gleiche Ergiebigkeit zu äussern und gleichen Erfolg auf
die vollständige Eröffnung des Muttermundes und die sonstige
Förderung des Geburtsgeschäftes, wie bei den normalen Wehen
am Ende der ungestört verlaufenen Schwangerschaft, herbei-
m. Mefttmar, Ueber BhavmiitiBmQs vteii graridi. 57
zufilhreiL Der Umstand allete, dass alle Gontractionen des
schwangeren und gebärenden Dteros unwillkflrlicb eintreten
and verlaufen, mag zu der keinesweges gerechtfertigten An-
nahme eines krampfhaften Zustandes Veranlassung gegeben
haben; wirkliche „spastische Affectionen** (um mit Herrn
Hofrath von Seanzoni zu reden) und Conyulsionen sind so
flberaus seltene Begleiter des Rheumatismus uteri gravidi,
dass nur von einem Zusammentreffen verschiedener patho-
logischer Zustände, oder von einem Uebergehen in eine gani
and^are Krankheitsform die Rede sein kann; eben so gut wie
wirkiiche Entzündung des Uteras, desgleichen Puerperalfieber,
Eclampsie nach etwa wirklich ganz abgelaufener Frühgeburt
m Folge des Rheumatismus uteri gravidi nicht weniger leicht
eintreten kann, als nach dem regeknässigsten Geburtsverlaufe;
Eine andere Frage ist allerdings die nach Caussa ultima
jener SensibilitSIs- und Motilttäts -Neurose des Uterus im
Rheumatismus gravidarum, zu deren Lösung wir den weiteren
eiacten Forschungen auf dem Gebiete der allgemeinen Pathologie
nur den baldigsten Abscbluss wünschen können. Denn nur
zu nahe liegt die Annahme, dass eine wesentlich alterirte
Ernihrung d^ einzelnen Nerven bald hier, bald dort die
schnell eintretende Schmerzhafligkeit, Hyperämie auftreten,
auch unter kritischen Ausscheidungen oder unter der Maske
nur-filscblich sogenannter Metastasen, die unter dem Namen:
„localer rtieumatischer Affectionen** (insoweit dieselben nicht
in vollständige Entzündung und Aiisschwitzung übergingen)
zusammengefassten Erscheinungen plötzlich ' wieder schwinden
machen könne. Nachdem schon lange die Annahme eines
Acre rheumaticum discutirt und besonders von Schdnlein
auf die Säurebildung im Rheumatismus als eines der Haupt-
objecte pathologischer Beobachtung hingewiesen worden, auch
unmittelbare Versuche Ward Riehardson*s zu beweisen
suchten, dass die Ursache des Rheumatismus in einer An-
hänfong von Milchsaure im Körper zu suchen sei, wie anderer-
seits diese Ansicht auch mehrfach vertheidigt wurde, haben leider
die neuesten experimentellen Untersuchungen von Prof. Möller
m Königsberg und Rauch in Dorpat (vergl. Vtrehow*s Archiv,
20. Bd., Heft 1 u. 2, S. 211) noch nicht genügend überein-
stimmende Resultate geliefert, um diese Hypothese als bereits
98 lU* MM»n^y lieber IUieitJD»tijmiie uißn i^raviiH^
wiBseiMcbtfUieh äcber begrttndet anoeboieii zu kteieii« Zudem
ni dureh die cbemisdie UiHerMichung des Blutes beim
Rbeumatismuft, dessen aboorme Zusamaieosetzuog als n«ih-
wendiger Vermitller der oben angeDonameueo wesenUicb
alierirten Ernabrung der Nerven fuogiren mösste, nur eine
Zunaborie des FaserstoffreichUuuoAs wie bei zaUreicbeo anderen
Erkrankui^n ermitteU worden, und ^die günsiigen Erfolge
des von Aerzlen verordneten Natrum bicarbonicun) sowie der
kritisclien Ausscheidungen sauer reagiranden Scbirasses und
des in seinen Sedimenten zabireiche bamsaure Salze ent-
haltenden Urines beweisen heutzutage in der Pathologie gluck*
lidier Weise nichts mehr allein; ja ich bin gewiss der Letzte^
der das alte „post hoc, erga propter hoc" nur desiialb wiedfpr
zur Geltung gebracht wissen wollte, um ejne H^fpotbese zu
st&tzen, die, nach den Erfahrungen der jüngsten medicinischen
Tagesereignisse, vielleicht schneller wieder verdrängt ist^ als
sie begründet wurde und Annabme finden konnte. -^
Die von .den ferneren esacten ForschanBen auf dem
Gebiete der Pathologie erst noch zu verboffenden wissenschaft-
Hcben Auflieilungen Aber Natnr und Wesen 4es Rheumatismus
hindern aber ebensowenig, als die schwankenden Begriffe und
Auffassungen des Naipens^ die ich bereits im Eingange unserer
heutigen Erortenmg herzlichst mit beklagte, dass dieser io-
z wischen, bis etwas Besseres gefunden und constalirt sein wird,
beibehalten und als Bezeichnung einer ganzen Spedes morbi,
wie namentlich auch der heute besprochenen entsprechenden
Erkrankung der schwangeren Gebärmutter gebraudit werde.
Was namentlich noch die letzlere Verwendung des Wortes
siieciell anbetrifll, will ich nur ganz kurz noch . erwähnen,
dnss auch die bekannten sogenannten rheumatischen Metastasen
nach Beseitigung der Erkrankung- im Uterus gravidarum vor-
gekommen und durch Eli<t9 von Sübold mehrfach beobachtet
und veröffenüicbt wurden, somit auch die Zweifel an der
etwa vorhandenen Identität mit anderen rheumatischen Er-
krankungen vorläufig als unbegründet zu erachten sind« —
Für die Sache • selbst ist es übrigens auch ganz indifferent,
wenn man die beute besprocliene Anomalie lieber Kolik der
Gebärmutter, oder einlach ^Uterinscbmerz'' nach Krause (die
Theorie und Praxis der GeburtsbiUfe, Berjin 1838, 2. Tbeil,
S. 5 «. folg») nennen will. Meiae Anfigabe konnte nnd Bollie
es nicht sein, für den Namen in die Sdiranfcen cu treten
und mich selbst im Hinblick auf die Feier des heutigen Tages
und seine wissenschaftliche Bedeutung im engeren sächsischen
Vaterlande liielt ich die Existenz der Anomalie nur nach
meiner besten Ueberzeugimg oufrecbt^ ni^ht weil, sondern
obgleich sie schon vor 50 und mehr Jdiren beobachtet und
gut beschrieben wurde. Der Wahrheit und dem Wohle der
leidenden Menschheit gilt mein, gilt auch Ihr Streben, meine
Herren Gollegao, nicht der principiellen Bekämpfung von
Allemv 'Wa6{:S^-«aid der Minden Aonafame jedes Neuen, oad
kääi'e -tea äu<5h toti ausserdem ganz vorzfiglichen Förderern
der Wissenst/b^ft^ und den grössten Zierden unserer Speclal-
discipiin. Und wenn nach 50 Jahren unsere Söhne dereinst
hier wieder tagen, so mögen Sie uns nur das Zeugniss nicht
yersagen, dass es unsere Aufgabe und unser emsigstes Be-
milhen war, der Wahrheit in der Wissenschaft unter Benutzung
alles dessen zu- dienen, waä uns der heutige Standpunkt
derselben bietet, gleichwie wir heute dankbar der fleissigen
Arbeiten unserer Vorgänger mid Väter gedenken, die. uasera
Blicke erst dadurch weiter dringen Hessen, weil es uns be-
scliieden war, auf ihren Schultern stehen zu können und die
Fehler vermeiden zu lernen, durch die sie zu irrigen Ansichten
und Urlheilen gelangten. Und auch wir irren noch in Vielem,
aber per aspera ad astra!
NachschrifL
Alsbald nach Abhaltung des vorstehenden Vortrages theilte
mir Herr Dr. Hennig das fi»]gende Referat über ein dasselbe
Thema neuerdings behandelndes Schriftchen mit.
Dr. E. A. Meissner.
V. Oautier^ dn Rhrnnatisme de rUt^rns envisfig^ spo-
cialement' pendant la. grossesse et Paccoucbement.
GenÄve 185».
ö. hfift' aie „Neurälgia uteri* für rheumatischer Natnr. Aus
einer betrXcht liehen Ansahl kÜfiiseber Beobaohtnngen siebt er
i«lgejide SchlANse: 1) Reizbarkeit der OebRrmatter, Neuralgie
uod übnliche Namen bezeichnen einen Zustand, welcber in ei»inea
Erscheinungen mit denen des Rheumatismus uteri zusammenrollt.
2) Diese im nichtschwangeren Zustande wie gemehlet bezeichnete
Erkrankung kommt rom sweiten Monate der Schwange rackaft bis
60 rV- BAmt Bericht fiber die Leistangen
ram Ende des nennten vor, 8) ist aber Ton dem Bhevinfttinnne
nteri racni nicht wesentlich yersehieden, 4) wird dnber am
besten als Mnscalar-Rhenmatismns beaeichnet; 5) Erethismus,
Hyperaesthesls, Conynlsibilitas, TrismDS, Tetanus, Spasmi uterini
sind nur Abarten davon. 6) Während der Geburt und nach der
Niederkunft TerlSuft Rheumatismus uteri auf gleiche Weise. 7) Er
ist weder einlSaehe Iffetritis, noch Endewetritis. Dieae beides
haben andere Symptome, anderen Verlauf und Terschiedene Dauer.
8) Rheumatismus uteri graYidi et parturientis ist nicht für die
Matter gef&hrlich; stirbt sie, so ist eine Complication schuld;
9) wohl aber kann das Kind davon Gefahr y selbst den Tod leiden.
10) Haaptmittel während der Schwangerschaft sind: Opium und
laue BAder. 1 1) Chloroform • Binathmen ist das beste' Mittel wftlirend
der Wehen eines rheumatischen Fmohthaltera. 12) Die Identität
Ton Hysteralgia und Rheumatismus uteri spricht für Gleich-»
bedentung tou Muskelrheuma und Neuralgien im Allgemeinen.
Dr. (7. Bennig,
IV.
Bericht über die Leiatangeii des EdidgliiAeii
Hebammeniiutitats ni Stettin wftbxend der
Jahre 1834-1859.
Vom
Geh. Medicinalratfa Dr. Bekin.
(Fortsetaung.)
3. Pathologische Zustände in Bezug auf das
Wochenbett.
Wenn die Erfahrung es in genügender Weise darthui,
dass zahlreiche Wöchnerinnen nur um deshalb den Wochenbetts-
processen erliegen, weil die sie behandelnden Hebammen das
Entstehen der Wochenbettskrankheiten nicht gehörig zu würdigen
wissen und daher zu spät auf ernstliche Hülfe dringen, so
muss es als eine wesentlich zum Hebammenunterrichte gehörende
Aufgabe angesehen werden, den Schülerinnen die Bedeutung
des Wochenbettes und die Wichtigkeit der in demselben auf-
tretenden physiologischen Processe klar zu machen. Je weniger
aber der allgemeine Bildungsgrad der Letzteren sie befähigt.
das K. HebstameDiostUatf ta Slottin «tc. 61
sich euie klare Vontelhiog von den physiologischen Lebent-
l^rocessen Oberhaupt zu machen, je weniger die Körze des
Lehrcursus es zuldssi, an jedem betreffendeR Orte ausführliche
Erläuterungen des Lehrbuches eintreten zu lassen , um ao mehr
wird es Aufgabe des immittelbaren mündlichen Unterrichts,
die sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen S4ib»r( vor die
Sinne der Lernenden zu fähren und den unmittelbaren Einfluss
derselben so viel als möglich anschaulich zu madien. Als
sinnliche Erscheinungen treten uns aber zunächst und in
jedem Wochenbette die drei grossen Absonderungen: Schweiss,
Lodual<ibsonderung und Hilchbüdung entgegen. Als Analogien
schliessen sie sich an die drei Klass^m der Schwangerschafts-
zachen i»n, oder stebra ihnen gegenüber: ungewisse Scbwanger-
sdiaftszeichen«=: centrales Leben; Schweiss = peripherisches
Leben) wahrscheinliche Schwangerschaftszeichen =: Evolution
der Gebärmutter, Locbialsecretion = Involution der Gebär-
mutter; gewisse Scbwangerschaftszeichen = Leben des Kindes
in der Gebärmatter, Milchbildung = Leben des Kindes an
der frust der Mutter, wobei natürlidi aber die gegenseitigen
Ausgl^cbongsverhältoisse nicht vergessen werden dürfen«
An diese rein physiologischen Processe schliessen sich
zwei andere an, welchen ich ebenfalls eine weit mehr
physiologische als pathologische Bedeutung beilege, indem sie
wenigstens unbedingt mit in das Gebiet der involutiven (Gebär-
mutter) und evolutiven (Brüste) Thätigkeit des Wochenbettes
gehören, nämlich die Nachwehen und das sogenannte
Milchfieber. Die Nachwehen sind fortgesetzte Zusammen-
ziehungen der G€!bärmutter, welche die Bestimmung haben,
die RückbOdung der Gebärmutter zu vervollständigen, etwanigen
Inhalt der Höhle zu entfernen, die durch die Lostrennung
der Placenta geöflneten Geiasse zu schliessen « und auf solche
Weise Erkrankungen dieses Organs zu verhüten. Je mehr
diese Bedingungen durch den Act der Geburt selbst schon
erreicht worden sind, un) so geringer ist die Aufj^abe, welche
anf die Wocbenbettszeit fallt, daher finden wir sie selten in
den Fällen, wo vor der Entleerung der Gebärmutter die
ezpnlsive Thätigkeit in solchem Maasse erregt war, dass mit
der Ausschliessung der Frucht der grösste Theil dieses Zieles
erreicht wurde, in welchem Falle dann nach vollständiger
62 I^* Bthm^ Bericht ttber dl« Leistnngett
Aasscheidang auch der Nachgeburtstbeile die Gebftrmtitter im
höchsten für den Augenblick erreichbarem Grade der Zn-
sammenziehung angetroffen wird, in welcher sie sich der
ontersachenden Hand als eine harte, ich möcbte sagen:
„steinharte^' Kugel Ton massiger Grösse über der Sdwossfuge
darstellt, der - Grund mit geringen Abweichungen noch um
einen ansehnlichen Theil unterhalb des Nabels stehend, so
dass die untersuchende Hand noch im Stande ist, mit Be^
quemirchkeit zwischen ihm und dem Nabel durch die er-
schlafften Bauchdecken bis zur Wii-belsäiile vorzudringen.
Dies Yerhältniss sind Wir gewohnt nicht allein bei den meisten
Erstgebärenden, sonderiv auch bei denjenigen HebrgebSrenden
anzutreffen, bei denen durch Veriangsamung des vierten
Geburtszeitraums in Folge mechanischer Bindernisse die
Spannkraft der ganzen Gebärmutter auf den heilsten Grad
entwickelt, die expnlsive Wehenthfitigkeit gleiebscimi Aber die
ganze Gebärmutter ausgegossen ist- Wir vermissen es bei
allen präcipitirten Geburten Erstgebarender, insonderheit aber
bei den Geburten MehrgebSrender, wenn die naMrlacben
Hindernisse, welche der Muttermund und die Organe des
Beckenansgangs darbieten, vermindert sind und schon die
ersten mSssigen, sich kaum Aber die Grenzen des HuCter-
grundes hinaberstreckenden Zusammenziehnngen die Frudit
liervorschleudern. Ist in suchen Füllen die krSfÜge Zusamnien-
ziebung der Gebärmutter unmittelbar nacli üirer Entleerung
verabsSunH, so ist jeder Wochenbettskranklieit Thilr und Thor
geuRViet, da zui*flckgebliebenes Geblflt, Offenstehen der GelSsse,
Itesorptran der Secrete, Verderbniss der Deciduareste u. s. w.
die ausreichendsten Causalniomente zu Erkrankungen aller Art
darbieten. Lediglich aus dem riciiligen Verständnisse dieser
Verbältnfsse ist es erklärlich, dass wir oft nach den schwierigslen
Geburten, sofern diese in den ?orfaer angedeuteten Umständen
ihren Grund hatten, die glöckliclrstcn Wochenbetten, nach
den leichtesten Gdliurten aber oft die schwersten Wochenbetts-
krankheiten beobachten. Dass aber dem Geburtsarzte die
letzleren Fälle oft erst zur Behandlung kommen, wenn die
beste Zeit zur Heilung vorüber ist, hat seinen Gmnd oft
genug darin, dass die Hebammen die Functionen des Wochen-
bettes nicht genOgend verstanden haben oder verstehen. Es
4e9 K. HebammeiiinstiUrtfl %u 9tottiik ete. 68
wM daher tadkt befremden, wenn ich bei dem Unterricble
4ßr HebammeB diesem Umstände ein sehr ernstes Augenmerk
ztt widmen gew#bnt bin, imd dass ich in den betreflenden
Fillen die baldige Erweckung geudgender Naehwehen selbst
Termittels der Darreicbung von Seeale corout oder anderen
fthnliohen Milteiln, die ja jeder Geburtshdfer kennt, als eine
DolbweiNKge YorsichtsmaasBregel ansehe. DiRgegen können
atterdings aber auch Nachwelten Gegenstand arztlieber Kunst-
hiUe werden, wem sie ähnlich den regdwidrigeu Geburtsweben
sieb in gleieher Beschaflenheit in*» Wochenbett fortsela^en.
Falle dieser Art, sich kundgebend dorch andauernden Schmerz
im Beckenansgange, dem Mastdarme oder der Masengegend,
je nachdem mehr die vordere oder hintere Wand des unteren
Absebnittes der Gebftrmotter leidet, rmit wehenähnlichen
periodischen Exacerbationen worden im Inslitnte hftnilg beob*
achtet, besonders bei solchen Personen, die mit regelwidrigen
Geburtswehen in dasselbe eintraten und bei denen die Ans*
Schliessung des Eies erfolgte^ beror es gelungen war, diese
gänsiich au beseitigen. Das vollständige Erlösclien dieser
abnormen Thätigkeit erfolgte dann oft erst, nachdem durch
das entsprecl)ende Regime in Verbindong mit den indicirten
wirUiefaen'Beilmitteln durch den eintretenden Wocheoschweiss
die peripberisclie Thätigkeit in Gang gekommen war.
Betilglich der sweiten erwähnten Erscheinung, nämlich
des MilchOebers, scbliesse ich mich vollständig der Ansidit
Derer an, welche dasselbe keinesweges als eine nothwendige
Thätigkeit betrachten. Im Hebammeninstitute gehörte es ent-
schieden zu den höchst seltenen nur ausnalnnsweise anf-
trelenden Erscheinungen bei Denen, wo durch den To«! der
Frucht die frMizeitige Erweckung des Lactationsgeschäftes
vermitteis der Anlegung des Kindes an die Mutlf^rbrusl in
Wegfall kam, und auch bei diesen trat es nur selten auf,
da in solchen Fällen durch eine möglichst knappe Diät die
Erzeugung neuen Nahrungsroaterials beschränkt oder durch
fremde Kinder Abliölfe geschafft wurde. Wird im normalen
Verlaufe des Wochenbettes, zu dessen vollständigem Begriffe
zweifelsohne das Selbstoähren des Kindes gehört, durch
baktige Entleerung, der Hulterbrust die bis zur Geburt an-
gedaiierte Vterinal-Ckmgestion naoh und nach zu den BrUsten
64 IV. Bthm, Bericht Ober dU Leifttongea
hinübergeleitet, so bedarf der gewdhnlich am dritten Tage
des Wochenbettes erfolgende wirkliche Uebertritt der Säfte*
masse (sit venia verbo!) keiner gewaltsamen Reaction, dieselbe
erfolgt vielmehr- in mildester Weise; die Gebärmutter, bis
dahin noch durch die anhaltende Congestion im Voktmen
grösser, umfangreiche, selbst ^DDpfindlicher erfahrt durch die
Ueberführung zu den Brüsten eine wesentliche BegüDstigoog
des ganzen Ruckbildungsprocesses, sie verschwindet oft im.
Verlaufe weniger Stunden aus der Unterbaucbgegeftd bis zum
Rande der Schoossfuge u. s. w» Wird dagegen die Beförderung
der Lactation rechtzeitig verabsäumt, das in d^n Brüsten
enthaltene Colostrum nicht entfernt, so bleibt die UtonnaK
Congestion in voller Kraft fortbestehen, und nach dreitägigem
Kampfe, dessen ScMussaet das Kilchfieber ist,, wird nun in
gewaltsamster Weise die Säftemasse aaoh den Brüsten hin*
getrieben, wobei dann freilich nicht selten in deia gemiss-
handelten Uterus die ersten Keime weiterer Erkrankungen
entweder schon gelegt sein können, oder durch desk Act erst
gelegt werden. Nachweh'en und Blilchfieber stehen daher in
einem bestimmten physiologischen Verhältnisse zu einander.
Je weniger ich nun aber geneigt bin, das Miichfider
als eine nothwmtige Wochenbettserscheinung anztierkenüen,
um so mehr sehe ich jede Störung in dem Rückbildung»-
processe der Gebärmutter als eine bedeutende Gefahr drohende
Abnormität an, und stets hat mich eine solche zu sofortigeoi
Einschreiten in therapeutrscber#Hmsioht veranlasst. Es kann
nicht meine Absi^t sein, an diesem Orte mich in eine aus-
führliche Erörterung über das Kindbettfieber einzulassen. Wie
verschiedene Ansichten darüber bestehen können, haben die
ausführlichen Verhandlungen in der Acadämie d^ mMedne
zu Paris gezeigt, aber dies Eine möge wenigstens nicht ver-
gessen werden: Die Gebärmutter ist jährend einer vierzig-
wöchentlichen Zeit in einem fortwährenden Zustande erhöhter
Lebensthätigkeit gewesen, wekher unmöglich ohne die gefähr-
lichsten Folgen plötzlich abgebrochen werden kann, und zu
dessen allmäliger Zurückführung in möglichst kurzer Zeit die
drei Absonderungen des Wochenbettes: Schweiss, Lochien,
Milch den Weg bahnen, während zugleich jede von ihnen
ihre besondere Bedeutung undfiestimmung hat Je vollständiger
des K. Hebammenmstitnts sa Stettin ete. 65
durch sie die Freimachung der Gebärmutter von plastischen
Stoffen und plastischer Thätigkeit en*eieht wird, desto sicherer
wird sie im Stande sein, binnen der Zeh von vier Wochen,
wdche ihr physiologisch dafür bestimmt ist, in den Zustand
friäherer Ruhe zurflckzukehren , dessen sie sich vor der
Schwangerschaft erfreute; je mehr aber m einer oder gar
mehreren dieser Thätigkeiten (Absonderungen) eine Störung
eintritt, um so stärker wird die Gebärmutter den Schaden
zu büssen haben. Es ist daher bei allen sogenannten Puerperal-
krankheiten zunächst der Zustand der Gebärmutter in*s Auge
zu fassen, und wenn irgend wie normwidrige Zustände in
diesem Bereiche auftreten, sind, sie mit Rücksicht auf das
angegebene Yerhältniss zu beurtheilen und zu behandeln,
Dass aber ausserdem auch während der Wochenbettszeit
anderweitige allgemeine Krankheiten auftreten können, welche
das eigentliche Puerperalgßschäft ganz unberührt lassen, ver-
steht sich von selbst Dieser allgemeine Grundsatz hat mich
nicht allein in meiner gegenwärtig mehr als 35 jährigen ärztlichen
Thätigkeit überhaupt, sondern auch in meiner Wirksamkeit beim
Institute geleitet, und ich glaube nicht der Wahrheit zu nahe
zu treten, wenn ich behaupte, dass ich bei der Befolgung
desselben in der- Behandlung der Wocheubettskrankheiten im
Allgemeinen ziemlidi glücklich gewesen bin, was auch durch
die Ereignisse im Institute bestätigt wird, wo ich unter den
sämmtlichen 672 Wöchnerinnen nur 5 während der ersten
14 Tage des Wochenbettes und diesem zuzurechnende Todesßlle
aufzuweisen habe. Einef Zeit aber angehörend, wo der ent-
zündliche Krankheitsgenius in einer Intensität herrschte, von
welcher wir jetzt kaum mehr schwache Schattenbilder zu sehen
und zu beobachten gewohnt- sind, konnte ich die zweck-
mässigste Behandlung selbstredend nur in einer consequent
durchgeführten, allerdings aber der Individualität dabei an-
gepassten Antiphlogose finden.
Rücksichüich der statistischen Verhältnisse der Er-
krankungen an I^uerperalkrankheiten zeigte sich besonders
der Lehrcursus 1851/52 ungünstig, indem während desselben
acht Fälle schwererer Fieber vorkamen, deren allgemeines
Bild, welches ohne den Charakter einer wahren Epidemie an
sich zu tragen, doch eine grosse Uebereinstimmung der
MoüAtMolir. f. ««bnrtok. tS61. Bd. ZVIU., Hfl. 1. ö
Qß IV. Behmy Berieht aber die LeiBtongen
ErscheiDUDgeo zeigte, in der spedeUen Mktheilung wenigsten«
einer Krankengeschichte dargelegt werden möge.
N. 426. Ida S,, eine geennde krKftige Primipara, war am
6. Februar 1862 Morgens dorebans regelmästig und nicht ebea
schwer von einem M&dcben entbanden worden und befand sieh
während der ersten Tage des Wochenbettes darchaus normaL
Im Laufe des 9. Februar, nachdem bereits das Lactationsges'chäft
krftftig begonnen , bemerkte sie siebende Schmerzen in der
Uterinalgegend, welche sich bis gegen Abend rermehrten und
weiter rerbreiteten. Die locale Untersuchung aeigte die Gebär-
mutter, welche während der vorigen Tage ToUkommen in der
Rfickbildung begrififen und demgemäss contrahirt gewesen war,
wieder beinahe bis zum Nabel ausgedehnt, weicher als an den
vorhergegangenen Tagen und im hohen Grade schmerzhaft, so
dass ein angebrachter Druck mit der £[and ein tiefes inneres
Zusammenfahren der Wöchnerin erregte« Die Empfindlichkeit
erstreckte . sich bis in die seitlichen Anhänge der Gebärmutter,
unter denen besonders die Anfänge der Eierröhren als dicke
Stränge erkannt werden konnten; der ganze Unterleib war auf-
getrieben, die Gedärme mit Gas erfüllt, aber nicht schmerzhaft.
Die Lochialsecretion war noch im Gange,' hatte aber Sm Laufe
des Tages ihre blutige Beschaffenheit etwas verloren. Die weiteren
Erscheinungen seigten eine lebhafte Theiluahme des ganzes
Organismus: der Puls hatte hundert gereizte, kleine spitze
Schläge, der Durst war vermehrt, die Zunge mit einem dünnen
weissllchen Scbleimbelag bedeckt, feucht, Uebelkeit nicht vor-
handen, das Sensorium frei, die Haut trocken und heisd. Die
Diagnose einer beginnenden Gebärmutterentztindung konnte nicht
zweifelhaft sein, und war als ätiologisches Moment, bei der
Abwesenheit jeder anderen Ursache, nur die allgemeine Aufregung
der geschlechtlichen Sphäre überhaupt, bedingt durch' di(s sich
einleitende Lactationsgescbäft , in Anschlag zu bringen. Die
Verordnung nmfasste: 16 Blutegel auf die Un ter bauch jg^egend util
reichliche Unterhaltung der Nachblutung durch warme Kataplaamen.
Den K). Februar. Nach Bchlaflos verbrachter Nacht kein
Nachlass der Erscheinungen; die Gebärmutter ebenso empfindlich
sowohl bei der Berührung als bei jeder Bewegung der Wöchnerin.
Die Haut dagegen mit wässerichtem Schweisse bedeckt; lebhaftes
Angstgefühl, welches sich auch durch den Gesiehtsausdruck
kundgiebt; Loehialsecnetion seit gestern Abend nicht beiberkt,
dagegen die Brüste lebhaft turgescirend , reichlich mit Milch
orfüUt. Verordnung: Wiederholung der örtlichen Blntentsiehung
durch abermalige 16 Blutegel und Beförderung der Nachblutung;
innerlich stündlich ein Gran Calomel.
Hiermit war die Krankheit in ilirem ^esenttfchen Theile
gebroehea. Zwar Mlitt der ruhige Oaag der Geaesuog ii4eb
1
des K. Hebammeninstitnfca sn Stettin eto. 67
dadurch eine kleine ünterbredinng, dass am Abend des 12. Febrnar
eine nochmalige Exacerbation der Scbmeraen in der Gegend der
Ineertioa der linken Taba die nochmalige Anwendnng Ton aehn
Blntegeln erforderte, and dase am 18. wegen eines drückenden
Gefühls, dem übrigens aber keine erhebliche Stömng in 4en
Beckenorganen in Grande lag, noch acht Blutegel an die Labia
majore gesetst werden mnssten; dennoch aber «tdrten diese
Zwischenfälle so wenig, dass die Wöchnerin bereits am 22. Febrnar
als geheilt entlassen werden konnte.
Die fibrigen dem Verlaufe dieser Krankheitsform ähnlichen
Fälle Yertheilten sich dergestalt auf den ganzen Lebrcursus,
dass weder eine Contagiosilät, noch selbst ein endemischer
Einfluss nachweisbar wurde. Dagegen schien eine epidemisohs
Verstimmung zur grösseren Hiii6gkeit der Erscheinung dieser
Krankheiten mitwirkend zu sein, indem auch ausserhalb des
Instituts ähnliche Fälle beobachtet wurden. Uebrigens gehörten
wenigstens die im Institute beobachteten Fälle, wenn maa
von dem allgemeinen zweideutigen Charakter der Puerperal-
krankheiten absieht, noch nicht gerade zu den pemiciösesten
Formen, denn sämmtliche acht Wöchnerinnen, welche davon
befallen wurden, genasen unter der gleichen Behandlung, wie
die im mitgetheilteu Falle befolgte.
War es aber in diesen Fällen ?orzugswejse das Gewebe
der Gebännutter, von welchem der Krankheitoprocess aas-
zugehen schidi, so 'zeigt sich in dem nachstehenden Falte
ein Krankheitsbild, welches man doch eher mit dem Namen
einer Phlebitis uterina belegen möchte, hat Fall gehört dem
Lehreurflos 1857/58 an, welcher sich ebenfalls durch eine
erhebliche Zahl von Erkrankungen auszeichnete.
N. 643. ÄugtisU G., eine etwas pastose, blasse, früher
bleichseehtige Person, begann am 8. November 1867 ihre Geburts-
arbeit mit dem Abflasse des Fruchtwassers bei noch gUnzlich
geschlossenem Matterroande, aber yorliegendem Kindeskopfe.
Der erste Qebartsaeitraam verlief daher etwas langsamer als
gewöhnlich, doch war die bei der schlaffen Maskulatar der
Kreissenden geringere Widerstandsfähigkeit der Weichgebilde die
Ursache, dass schon nach cwölfstündiger Gebnrtsarbeit nnd bei
missig starker Wehenthätigkeit ein kräftiger Knabe geboren wurde,
der sich in der ersten Scheitellage sur Geburt gestellt hatte. Die
Nachgeburt löste sich etwa nach 16 Minuten und die £ntbuDdene
befand sich ohne eine Spur eines Unwohlseins. Bald aber dehnte
sich der (Jtems wieder bis cum Nabel und höher hinauf aus, ein
6*
gg * IV. Behm, Bericht über die Leistangen
copioser Blatfinss trat ein und bald bot die Entbundene alle
Zeichen der YollBtändigen Verblutung dar. Sofortige Entleerung
der Gebärmutter von angehäuften Coagulie , Reizungen derselben
mit der eingefUtirten Hand , Beibungen des Muttergrundee , Sand-
sack und innerlich Acid. phosphor. mit Zimmt beseitigten den
gefährlichen Anfall, und' während der Blutverlust in normaler
Weise fortdauerte, sog sieh die Gebärmutter swar etwas mehr
sueammen, behielt aber immernoch eine weichere Beschaffenheit
ihres Gefüges. Indess wurde das Allgemeinbefinden der Ent-
bundenen durch einen mehrstündigen Schlaf während der folgenden
Nacht beträchtlich gehoben und am folgenden' Tage, den 9. No-
vember, hatte sie eine natürliche Gesichtsfarbe, der Puls war weich,
etwas blutarm, aber doch gehobener, an Frequenz wenig aber
die Norm gehend,' die peripherische Tbätigkeit in Ordnung, der
Blutverlust massig. Die Gebärmutter selbst war noch erheblich
ausgedehnt, bei der Berührung wenig empfindlich, etwas nach
rechts geneigt. Da keine dringenden pathologischen Erscheinungen
vorhanden waren, so wurde lediglich zur Reotification der Gebär-
mutter eine Seitenlage nach links angeordnet, übrigen» für die
gewöhnlichen diätetischen Regeln des Wochenbettes Sorge ge-
tiragen, das Kind an die Brust gelegt.
Während der nächsten Tage änderte sich der Zustand der
Wöchnerin in der Art, dass zwar die Wehenschweisse und das
Lactationsgeschäft in Gang kamen, auch die Lochialsecretion
keine wesentliche Abweichung erfuhr; aber die Gebärmutter blieb
empfindlich beim Drucke, «uflfgedehnter als wünsch enswerth und
mehrfache gastrische Störungen fingen an, das Krankheitsbild
Bu umdüstem, wobei zugleich der Puls -lOCV Schläge überstieg.
Es wurden daher am 13. November 16 Blutegel in die Regio pubis
gesetzt und ein Inf. R. Rhei mit Kali tart. verordnet.
Die nächsten drei Tage brachten hiemach ein sehr erträg-
liches Befinden, aber den 17. November trat ohne nachweisbare
Ursache neue Verschlimmerung der Krankheit ein; die Gebär-
mutter war wieder mehr ausgedehnt, empfindlicher beim Druck,
der Schmerz nach der rechten Seife hinstrablend und bei stärkerem
Drucke bis in die rechte Inguinalgegend zu verfolgen, woselbst
jedoch auch bei der sorgfältigsten. Untersuchung keine Geschwulst,
Barte oder dergl. zu entdecken ist. Dabei ist der Puls wieder
bis auf 116 Schläge gestiegen, aber Milch- und Lochialabsonderung
vollständig im Gange. Verordnung: 16 Blutegel in die rechte
Inguinalgegend, deren Nachblatung durch Kataplasmen zu be-
fördern ist.
Den 18. November. Wenig Veränderung im Zustande der
Beckenorgane. In der Nacht zwischen 3 und 4 Uhr ein ziemlich
starker Frostanfall von mehr als halbstündiger Dauer unter Bleich-
werden der Haut und der Lippen; danach für einige Zeit trockene
Hitze and gegen Morgen ein reichlicher w ässe richte rSchweias. Die
1
des K. HebammeninstitQts bh Stettin ete. 69
gMtrischen Erscbeinimi^Q eber geringer als an den yorigen
Tagen; die Znnge gereinigter, die Scbleimbant derselben natärlicb
geftrbt. Die allgemeine Stimmung der Wöcbnerin ist gedruckt,
aie fühlt siob sehr schwach and elend n. s. w. Da nach diesen
Erseheinnsgen unter Berücksichtignng des bisherigen Verlaufs
des Wochenbettes die weitere Entwiekelnng der Phlebitis nterina
nicht einen Angenbliek sweifelbaft sein konnte, so verordnete ich,
freilich nicht nnter grosser HofTnnng auf einen günstigen Erfolg,
Aq. ozjmnriat., woTon in ü Standen 2 bis 8 Unzen Terbraneht
worden.
19. November. Trots mehrstündigen Schlafes ist das Befinden
hente nicht gebessert, die Mattigkeit so gross, dass die Wöchnerin
fast nicht im Stande ist, die Hand von einer Stelle aur anderen
■a legeiT; der Pols 116 Schlüge; die Localerscheinnngen in den
Beckenorganen etwas geringer, aber doch der Uterns nnd die
rechte Weioheiigegend noch empfindlich , der Fandns uteri immer
noch swei Finger breit über der Schoossläge stehend. Nachdem
Pat. Mittags einige Löffel voll Fleischbrühe genossen, stellte
sieh im Laafe des Nachmittags etwa 85 bis 86 Standen nach dem
ersten Frostanfalle ein aberiQallger stärkerer anter Erschütterung
des glittsen Körpers, Z&hneklappem , Kttlte der Extremitäten eip,
der etwa wieder eine halbe Stande dauerte und' dann einem
reichlieben fast serfliessenden Schweisse Plata machte, bei welchem
der Puls bis über 120 Schläge stieg und die Erschöpfung einen
noch höheren Grad erreichte. Unter geringer Hoffnung eines
gfinstigen Erfolgs wurde gegen den sichtbar fortschreitenden
pjämischen Process Seeale cornut. au 10 Gr. mit V« ^'' Opium
altemirend mit der Aq. ozymur. rerordnet.
Nachdem am folgenden Tage SO Gran Seeale cornut. ver-
braucht worden waren, wurde dasselbe wieder ausgesetzt und
hlos die Aq. oxymur. fortgebraucht. Zwar blieb der Zustand der
Kranken dabei noch sehr bedenklich, soT dass sogar näohtliche
Delirien eintraten; indess setzten die FrostanfäHe ganz aus und
die Revonvalescenz schritt, wenngleich langsam, so doch ohne
Unterbrechung fort, so dass Pat am 8. December nach vier-
wöchentlicher Krankheit entlassen werden konnte, um im Hause
ihrer Angehörigen ihre gänzliche Genesung abzuwarten.
Je -mehr aber in den glücklieb abgelaufenen Fällen die
Ceberzeugung sich befestigte, dass bei den beobachteten
Puerperalfiebern nur in einer frülizeitig angewendeten und
natürlich den jedesmaligen Umständen graduell angepassten
Antiphlogose Heil zu suchen sei, um so schmerzlicher beklage
ich den Verlust einer Wöchnerin, bei welcher die schon
mehrere Tage vorgeschrittene Besserung nur die freundliche
Maske für die um so tückischere Natur der Krankheit wurde
70 IV. B«ftm, Berieht ttber die toistttDgen
Wd Veranlassung gab, den so oft heQsam gefundenen Weg
nicht energisch genug zu betreten.
.N. 786. Älbertine B.^ Primipara, kam in der Naeht yoa
tt. inm 14. Febrsar 1859 kreieeend hi's lostitot, wurde aach
efaigen Stunden nermai entbanden nnd befand sieb, eine leichte
aeteeriatisehe Anftreibnng^ und' geringe Empfindliehkeit des Uster-
leibef abgerechnet, bis snm li» Febrnar wohl.
Den 17. Febrnar. 8eit Mitternacht ist die Nacht sehlafloe
yerbracht worden, indem von dort ftb der Leibschmora nnd
MeteoriBmns ennahai, lo daes Morgens die Beriikrang des ganaen
Unterleibes im höchsten Grade scbmeribaft isV Wegen des rer-
handenen Meteorismva .ist der Mnttergnmd nicht mit dieherheU
dnrch die Baaohdecken in fühlen, doch ist die Re^o pnbis
beim Dracke nicht schmenhafter als der übrige Unterleib,
auch wird dabei nicht über ein etwa nach dem *Beeken hinab-
•trahlendes vnangenehmes Gefühl geklagt und die Lochialeecretion
ist in normaler Men^e nnd Beschaffenheit im Flnsse, die Milch*
*«eeretii»tt beginnend, der Schweiss wenigstens nicht vollständig
unterdrückt. Der Puls hat 120 gereiste, spitse Schlage. Die
Diagnose konnte hiernach nicht sweifelhafi sein; eine Peritonttle
war stark in der Entwickelung begriffen, nnd als Ursache konnte
nur die in der Nacht der Entbindung während des Transports
auf der Strasse erlittene Erkältung angesehen werden, da jede
andere Ursache fehlte. Verordnung: 20 Blutegel auf den Unterleib
«nd Unterhaltung einer reichlichen Nachblutung durch warme
Kataplasmen; innerlich etündlieh ein Oran CalomeL
Im Laufe des Tages stellte sich mehrmaliges stürmisches
Erbrechen ein, verbunden mit wässeriehten Stuhlgängen, wonach
der MeteorisBus sieh etwas verminderte nnd d^e Banchdeeken
weicher und schlaffer wurden. Verordnung: nächst dem Oalomal
alle awei Stunden ein Klysma von Amylum.
Während der nächstfolgenden Tage stellte sich das Krankhelte-
bild noch deutlicher heraus: Steigerung des Fiebers bis auf eine
Pulsfrequens von 140 Schlägen, gänaliches Damiederliegen der
Laotation, fortdauerndes Erbrechen, mit abweohselndem Singnltns
und kaum^ m löschendem Durst , wässerich'te Sohweisse wechselnd
mit trockener brennender Haut vervollstfindigten dasselbe. Eine
Beschränkung des Schmerzes auf die Unterbauchgegend machte
am 19. die nochmalige Anlegung von 10 Blutegeln nöthig und
die danach folgende sehr bemerkbare Besserung aller Erscheinungen
liess einen günstigen Ausgang hoffen, indem am 22. der Schmers
gans gewichen war und selbst diejenigen Körperbewegungen, mit
denen eine Thätigkeit der Bauchmuskeln verbunden ist, mit
einer gewissen Leichtigkeit vollzogen werden konnten, aber der
23. Februar führte plötzlich eine bittere Enttäuschung herbei.
Nachdem nämlich die Nacht wieder unruhig verbracht, aber
des K. H6l>ftminBaiBstltota in fitetUn etc. 71
wvder am Abende noch auch eptter irgend eine besondere Er-
scheinung eingetreten war, seigte sich am Morgen das Krankheits-
bild dnrehaoa ver&ndert. Der Unterleib war' nicht stärker auf-
getrieben als Tages inror, aber der PercQssionston über der
Schoossfage, der gestern noch so löblich war, ist heute gedämpft;
ausserdem seigt sich das Allgemeinbefinden Terftndert: Fat. liegt
in grosser Abspannung im Bette mit yerfallenem Gesichte und
Theilnahmlosigkeit gegen Alles, was sie umgiebt, der Puls ist
wieder auf 130 Schläge Ton kleiner sittemder Beschaffenheit
gestiegen, das Sensorium frei. Nach diesen Erscheinungen konnte
an die Bildung eines Exsudats in der Bauchhöhle nicht mehr
gezweifelt werden und die Kranke war rettungslos. Indess schritt
die Ausschwitsung nur sehr langsam Torwarts; Mittags fingen
die Extremitäten an, kfihl zu werden, der gedämpfte Ton in der
ünterbanchgegend schritt langsam gegen den Nabel hinauf fort,
während in der Oberbauchgegend immer noch ein vollkommen
freier Darmton fortbestand. Flüssige Stähle schienen anzudeuten,
dass die Natur noch nach dieser Richtung hin einen gfinstigeren
Ausgang beabsichtige» allein in der Macht zum 24. Februar stellte
sich Singultus ein, und am Morgen dieses Tages waren die
Extremitäten kfihl, die Nägel bläulich geerbt, kühler Schweiss
auf der Stirn u. s. w. Mittags 1 Uhr erfolgte der Tod.
Die am folgenden Tage unternommene Seetion seigte mit
Uebergehung der unwesentlichen Befunde eine sehr geringe Auf-
treibung des Unterleibes, bei Eröffnung des Peritonäums sehr
wenig flüssiges Exsudat, so dass dasselbe, als die Lappen der
Bauchdecken zurückgeschlagen waren, sich kaum auf 2 Unzen
ergab. Auf den unteren beiden Lappen der Banchdecken und
dem unteren dem Becken näher liegenden Theile der Bauch-^
eingeweide zeigte sich das Peritonäum mit leichten Injectionen
der Oefässe arborescirend yersehen, während die oberhalb der
Nabellinie gelegenen ganz frei davon waren; nur das Netz war
etwas blutreich. Zwischen den Windungen der dünnen OedXrme
und der Beckeneingeweide zeigten sich leichte spinnengewebeartige
dünnfilamentöse Adhäsionen in einer kaum die Dicke des Post-
papiers erreichenden Lage. Ovarien und Tuben waren durchaus
normal, der Uterus so weit zurückgebildet, als es nach der Zeit
des Wochenbettes verlangt Werden konnte, denn die Breite von
einer Tube bis zur anderen betrug nicht merhr volle 8 Zoll, und
die beiden Wände waren bereits so weit formirt, dass die, die-
selben am Grunde vereinigende Querleiste erkennbar war. Das
Geffige der Gebärmutter war ebenfalls normal und auf der die ^
Höhle auskleidenden Schleimhaut zeigten sich kaum noch Spuren
der Deciduareste.
Die Seetion bestätigte also vollständig die im Leben gestellte
Diagnose einer Peritonitis, aber die Geringfügigkeit der materiellen
pathologischen Befunde in der Leiche rechtfertigt auch die
72 IV. Behm, Bericht ttber die Leistnogeii
Annahme > dass eine energischere antiphlogittiaehe BehaadlaAg
den Tod abgewendet haben wurde.
Ich schliesse dieser KraDkengeschichte sofort die Tier
übrigen unglücklich abgelaufenen an.
N. 471. Caroline K., Primipara, kam am 2. Decembor 1853
Vormittags kreiniend in's Institat und wnrde nach etwa zwei
Stunden von einem ansgetragenen lebenden Mädchen entbunden.
Gleich nach der AusechliesBung des Kindes sog sich der äussere
Muttermund krampfhaft zusammen und sperrte die Nachgeburt ein.
Reibungen des Muttergrundes brachten eine genügende Zusnmmen
siehung desselben su Stande, vielmehr trat ein copioser Blut-
verlust ein, welcher im Verlaufe weniger Minuten und bevor ich
von dem Vorgange Kenntniss erhielt, trots der Bemühungen der
Jnstitutshebamroe, die Placenta sn entfernen, die Entbundene
SU einem immensen Grade der Anämie brachte, so dass Ohn
machten y Leichenblässe, kalte Gliedmaassen u. s. w. eintraten.
Als ich selbst herbeikam, fand ich den äusseren Muttermund
in der Grösse eines Vierjgroschenstücks tetanisch suaammen-
gesogen, den Muttermund weich und ausgedehnt, das Blut strom-
weise aus dem Muttermunde hervordringend. Nachdem die Placenta
sammt dem in der Gebärmutter enthaltenen Blutgerinnsel entfernt
worden, gelang es nunmehr bald, durch Beibungen, Sandsack,
Acidum pbosphorio. und Zimmt, regelmässigere Contractionen
und dadurch Stillung der Blutung herbeizuführen; indess war die
Person durch den erlittenen Blutverlust so erschöpft, dass ihr
durch Fleischbrühe mit Eigelb und den Fortgebrauch der ge-
nannten Arzneien, namentlich der Tr. Cinnamomi Aufhülfe ver-
scha£Pt werden musste. Abends befand sie sich den Umständen
angemessen; der Puls hatte sich beträchtlich gehoben, war zwar
nach dem grossen Blutverluste frequent und weich, aber doch
nicht mehr absolut blutleer, die Haut war feucht, der Wochen-
fluss m&ssig im Gange; nirgend Schmerz vorhanden, selbst die
in massiger Ausdehnung begriffene Gebärmutter beim Drucke
nicht mehr empfindlich, als sie nach jeder Entbindung zu sein
pflegt;' Nachwehen hatten sich ab und zu gezeigt.
Am dritten Tage nach der Entbindung stellte sich unter
massiger Fieberbewegung eine lebhafte TurgeScens der Brüste
ein, weshalb das Kind fleissig an dieselben gelegt wurde; die
swischenliegenden Nächte waren unter anhaltendem und er-
quickendem Schlafe verbracht worden. Nachdem in gleicher
Weise noch einige Tage vergangen waren, änderte sich allmälig
das Befinden der Wöchnerin. Während Milch- und Wochen-
absonderung in vollständigster Ordnung verblieben und die Gebär-
mutter in ihrer Rückbildung fortschritt, verlor sich der Appetit,
ohne dass die Zunge belegt wurde, der Schlaf verminderte sich,
das Gesicht nahm eine bleiche wachsarti^e Farbe an und leichte
dM K. Hebammtainstitats sn Stettin etc. 78
Froaitehftiier tob nare^Iiniasiger Periodioft&t «tellttD .«ich eis,
gefolgt von einem w&aaerichtem Schweieee, bei dessen Neehlaee
die Kranke sich angeblich leiobter fühlte.. Da nach der Ent-
bindnag im Inetitute .keine nachtheiligen Einflüsse aaf dieselbe
stattgefunden hatten, so konnte als ursächliches Moment dieses
Krankbeitssnstandes, welcher nicht sofort einen bestimmten
Charakter seigte, nnr eine beim Transport der Kreissenden snm
Institute etwa-rorgefallene Erkältung, sowie die Insultation der
Gebärmutter .durch die gewaltsame Entfernung der Katsbgeburt an-
genommen werden, und konnte ich mich dahor befrechtigt halten,*
das Torhandene Fieber als .ein rheumatisch - traumatisches au
beseiehnen. Es wurde daher am 9. .Deoember eine kühlende
diaphoretische Mixtur Terordnet
Während des 10. und 11. Deoember änderte sich indcss der
Zustand nicht; die Nächte blieben unruhig, die kleinen Frost-
anialle wiederholten sieh in 248tündi^en oder auch kürseren
Zeiträumen, der Puls blieb klein, frequent, der Durst Termehrte
sich. Am Abende des 11. Deoember, also neun Tage nach der
Entbindung, klagte Fat. zum ersten Male über etwas Schmerzen
im Unterleibe. Dieselben gingen, der Beschreibung nach von
dicht über der Sehoossfuge etwas nach links aus und wurden
der Kranken erst nach Sitz und näherer Beschaffenheit fühlbar,
wenn man an dieser Stelle tief mit den Fingerspitzen In die
Tiefe drückte; wurde der Druck fortgesetzt, so schilderte sie
die Wirkung desselben als ein wenig bemerkbares wehes Gefühl;
von flüehtigen, lancinirenden Stichen wollte sie nichts wissen.
Drücfkte man aber die Fingerspitzen tief ein, so entdeckte man
an dem bis hinter die Sehoossfuge herab- und znrnckgebildeten
Muttergrunde nach links hin in der Gegend der Insertion der
linken Eierröhre eine unebene Heryorragung von der Grosse einer
Haselnuss, welche sich nun als den Punkt ergab, von welchem
ans der Schmerz in die Umgegend ausstrahlte. Diese kleine
Anschwellung entsprach nun unverkennbar der Stelle, wo bei
der Entbindung die Nachgeburt adhärent gefunden war, und es
blieb nun über die Natur der Krankheit kein Zweifel mehr; sie
bestand in einer auf diese Stelle begrenzten Metritis traumatica,
deren langsame, fast schleichende Entwickelung nur aus dem
grossen Blutverluste bei der Entbindung abgeleitet werden
konnte , durch welchen eine rapide Entwickelung der Entzündung
Torhindert worden war. Sofort (12. December) wurden 12 Blutegel
an die betreffende Stelle gesetzt, deren Nachblutung eine Stunde
lang unterhalten wurde; innerlich wurde stündlich ein Gran
Calomel gereicht. "
Ich übergehe es , den epeoiellen Verlauf durch die einzelnen
Krankheitstage fortzuführen. Die angegebene locale Auftreibung
wurde weiterhin der Sitz einer tiefgreifenden Entzündung, welche
unter den bekannten Erscheinungen und ungeachtet der wieder-
74 IV* Behm, Bericht über die Leistmi^eB
holten Änwendnng localer BlütentBiebtiiigea allnllif in Efteraog
Überging. Erwähnt m5go nur noeh sein, dass In den leisten
Lebenstagen Erscheinungen eintraten, welche man anf Embolle
der Lnngen hlltte denten kennen, die jedoch die Sectios &i«ht
als solche nachgewiesen hat.
Nachdem nKmlich die wiederholt aufgetretenen Frostanftlle
anch noch in der Nacht anm 17. December dagewesen waren,
stellte sieh an diesem Tage ron Zeit an Zeit Hnsten ein, der
die Bmst siemlich heftig erschütterte nnd tob missigen Schmeraen
in der rechten Seite begleitet war, aber die Schmersen im Leibe
nicht vermehrte. Tiefe Inspirationen, welche ohne Besehwerde
ausgeführt werden konnten, vermehrten den Schmera in der Bmtt
nicht, erregten auch nicht vermehrten Hasten. Dieser Znatand
steigerte sich noch im Lanfe des Tages dermaassen, dass bis
gegen Abend der Pnls wieder anf'136 Schlüge von verschieden
harter Beschaffenheit stieg; die Carotiden lebhaft pnlsirtea, die
Schmerzen in der Brost sich steigerten, die Inapirationen den
Hnsten vermehrten und nicht mit gleicher Leichtigkeit, wie am
Morgen ausgeführt werden konnten. Dabei war der Unterleib,
wie am Morgen weich, die Oeachwnlst nicht schmerzhafter als
früher. Der Kopf war etwas eingenommen, doch nicht schmera-
haft, die Znnge fencht, in der Mitte mit einem leichten, gelb-
lichen Belagstreifen versehen, Stuhlgang war mehrmals erfolgt
Es konnte . keinem Zweifel unterliegen, dass die Bruatorgane
einer entzfindlichen Reizung entgegeng^ingen , und da die Be-
schaffenheit des Pulses sich demgem&ss verhielt, so wurde gegen
Abend ein Aderlass vorgenommen , bis wKhrend des Fllesaens des
Blntes die Einathmungen leichter und schmerzfreier wurden.
Das auf solche Weise entzogene Quantum betrug etwas über
6 Unzen. Dem bisher gebrauchten Calomel wufde stündlich
Vi, Grän Opium zugesetzt.
In der Nacht zum 18. December wieder ein Frostanfall
von massiger Heftigkeit und viertelstündiger Dauer mit nach-
folgendem ScKweisse. Am Morgen grosse Abspannung,- grosses
Schwäch egefUhl bei einem fortwXhrend härtlichen Pnlae von
130 Schlägen. Die 8/chmerzen in der Brust sind besonders beim
Husten von gr<5sserer Lebhaftigkeit nnd verbreiten sich auch
auf die linke Seite. Die Inspirationen sind dagegen weniger
beschwerlich. Der Percussionston ist fast über die ganze Brust
etwas gedämpft, die Auscultation ergiebt dagegen nur eine sehr
geringe Verminderung des Athmungsgeräusches , aber keine fremde
Neben töne. Die Geschwulst an der Gebärmutter i^t weniger
empündlich, aber sie hat beträchtlich an Umfang zugenommen
und rückt mehr nach der linken Seite des Beckena hin, so dass
sie jetzt fast die Stelle des linken Ovarinms einnimmt. Ver-
ordnung: Sinapismus zwischen die Schultern.
des K. HebammenitiititutB in Stettin ete. 75
Dm um Torfgen Tagre ans der Ader gelassene Bint gerann
aehnell; naeh IBsttlndigem Sieben hatte sieh Cmor und Semni
in siemlieli normalem TerhültniBse geaehieden. Der Kuchen hatte
nnr an der unteren Schichte eine etrehbalmdicke Lage dunkler
BlntkSrpereben; die dickere obere Schichte war hellroth, fast
▼on der Faii»e der Preisselbeeren oder Rbreschen , die eigentliche
Crusta inilammatoria war' nicht riel dber papierdick.
Am Abend des 18. waren die Bmstbesefawerden geringer, der
Huaten weniger stoeeend , die Inspiration leichter; derPereussions-
ton flberall geditmpfter als am Morgen.- Dagegen hat die Ge-
schwulst, ohne sehmemhafter geworden zu sein, noch an Grösse
angenommen, so dass sie beinahe den Umfang einer massigen
Faust erreicht. Das Sensorium ist dauernd as^tribt, aber die
Zunge bekommt eine Neigung snm Trocken werden, das Darnieder-
liegen der gesammten Kräftemasse ist enorm, der Puls fortwährend
über 120 Schlüge und wird weicher und fluchtiger. Bs konnte
kein Zweifel über den bevorstehenden üblen Ausgang der Krank-
heit obwalten. Kleine Gaben von Camphor mit Goldschwefel
▼ermochten denselben nicht aufauhalten und fn der Nacht sum
19. Deeember erfolffte der Tod.
Seotion 80 Stunden nach dem Tode. Tn der TJnterleibs-
Mble fand sich nach Zurücklegung der Banchdecken ein reich-
liebes tfübwisserichtee Exsudat, in welchem k&seartige, geronnene
Flocken in reichlicher Menge enthalten waren und welche auch
sn Tertehiedenen Stellen Verklebungen der einaelnen Organe
«frtnreinander, besonders der Darmwindungen, bewirkt hatten.
Dae Peritonünin selbst aeigte nirgend Spuren vorhanden gewesener
Enttdndung, es war vielmehr fiberall natfirlich silbergl&nsend;
die Gedftrme waren mSssig von Lnft ausgedehnt, kaum bemerkbar
mit Geflissinjeetionen versehen; die Leber etwas vergrSssert, die
Mili von mttrber Beschaffenheit, das Netz siemlich fettreich.
Die Gebirmutter war beinahe 4'/, Zoll lang, am Grunde 8Vt Zoll
breit. An der InseVtionsstelle der linken RierrSfare zeigte sich
die vorhandene Geschwulst jetzt bei mangelndem Turgor vitalis
mir noch von der Grösse eines mKssigen Borsdorfer Apfels, aussen
blauroth marmorirt durch das Peritonttum hindurch scbimmemd,
welches einsfig an dieser Stelle mit arborescirenden blutreichen
GeflUtten bezeichnet war, sonst aber keine Zeichen von Knt-
ifindnng darbot. Beim Aufschneiden zeigt sich die Geschwulst
in begfnnender Eiterung begriffen, d.h. das Gewebe ist mit Eiter
inflitrirt und nur an kleinen Punkten von der Grösse eines
Hanfkoms zeigen sieh wirkliche Eiterdepots, eine eigentliche
EiterhShIe ist. aber noch nicht vorhanden. Der Umfang dieser
abscedlrenden Gesehwulst erstreckte sich von der GebSrmutter-
wand, welche selbst mit davon betroffen war, bis in das Zell-
gewebe, welches die beiden Platten des linken breiten Mutter-
bandes verbindet. Das linke Ovarium war mit in den Bereich
76 rV- Behm, Bericbt über dia Leistongea
der kranken Partbie hinein gesogen, obne doeb selbst wasentlieb
mit erkrankt su sein. Die innere FUcbe der Gebürmiitter seigte
noch einige wenige Decidnareste Ton granbranner Farbe, obne
kranken Geruch. Tnbe und OTarinm der rechten Seite normal.
In der Brusthöhle fand sich etwa ein halbes Qnart flüssigen
Exsudates von ähnlicher Beschaffenheit wie in der Bancbböble , die
Pleura sehr massig injicirt, das Lungengewebe Überall bl&ulich
marmorirt, nirgend Stasen Yon Blut oder sogenannte apoplektische
Heerde; die Broncbialschleimhaut kaum geröthet; das Heri in
seinen Wandungen schlaff, etwas yergrSssert, die rechte Kammer
mit wenigem geroni^enem Blute erfüllt, die linke leor. •
Die Schädelhöhle- wurde nicht eröfihet.
Von den übrigen ungiacklich abgelaufenen Wochenbetten
gehören zwei Fälle Yerlangsamter und ein Fall einer übereflten
Geburt an:
N. 101. Johanns L., eine kleine, dicke, untersetste, phlegma-
tische Primipara mit massigem H&ngebauehe bekam am reebtseitigen
Ende ihrer Schwangerschaft am 20. Februar 1889 die ersten Wehen,
welche jedoch ohne nachweisbare Ursache und namentlich ohne
^gentliche Regelwidrigkeit die Geburt so wenig förderten, dass
erst am 22. bei massig erÖffbetem Muttermunde die Geburt« des
Wassers erfolgte. Aber auoh jetst trat noch kein schnellerer
Verlauf ein, und da auch durch Seeale corautum keine ent-
sprechendere Thätigkeit erweckt werden konnte, so wurde am
28. Februar Nachmittags nach 70 stündiger Dauer der Geburts-
arbeit die Zange an den jetst in der Beckenmitte sangenreeht
stehenden Kopf gelegt und ohne grosse Schwierigkeit ein lebender,
6 Pfund 4 Lotb schwerer Knabe entwickelt, dem auch die Nach-
geburt in normaler Weise folgte. Die Entbundene befand sich
während der ersten Tage des Wochenbettes durchaus gut, denn
auch eine unbedeutende kaum einen halben Zoll erreichende
Ruptura perinaei machte wenig oder gar keine Beschwerden.
Den 26. Februar stellte sich jedoch ein mMssiges Fieber
ein, welches aip 27. noch fortdauerte und wobei der Pols auf
lOOSchlftge stieg, welche, nachdem am 26. vermehrte Fülle, und
selbst geringe Härte derselben stattgefunden, schon am 27. kleiner
und weniger hart, auch etwas flüchtiger waren. Zugleich wurde
der Unterleib etwas schmerahaft, Unruhe und Durst störten den
nächtlichen Schlaf und die noch ausgedehnte Gebärmutter war
bei stärkerem Drucke yon aussen empfindlich. Die Brüste , welche
am 26. zu tnrgesciren begonnen hatten, waren hierin am 27. nicht
weiter vorgeschritten und die Milchbildung cossirte daher noch
fast gänsHcb; dagegen war die Lochialseoretion eher reichlicher
SU nennen, als die Norm rerlangt, und begann ihre blutige Be-
schaffenheit SU verlieren. Das Gesicht der Wöchnerin hatte, obgleich
die Wangen geröthet waren, einen ängstlichen, etwas coUabirten
des K. HebammoninstiUita vx Stettin etc. 77
Aiudmok. Die Gering^fügigkeit der localen Ereeheinmigeii , in
Verbindang mit dem tr&gen, energielosen, langsamen Verlaufe
der Gebart, sowie die Bescbafifenheit des Pulses konnten die
Diagnose eines streng- entsündliehen Leidens der Gebärmatter
nicht rechtfertigen, obgleich ein Reisiustand in derselben nn-
▼erkennbar war, weshalb für den Aagenbliok yon BtatenUiehongen
Abstand genommen wurde. Dagegen wurde Calomel mit Magnes.
earbon. Terordnet.
Den 26. Februar war der Zustand unyerSndert.
Den 1. Mars. Nach anruhiger Nacht seigt sieh am Morgen
Btttrkeres Fieber; der Pals hat 110 kleine weiche Schläge; Patientin
klagt ftber kein positires Krankheitsgefahl, aber sie liegt in
gänslicher Apathie gegen Alles, was am sie her yorgeht, das
Gesicht dröckt ein tiefes inneres Leiden ans. Localerscheinungen,
im Unterletbe höchst geringe: kaum nenüenswerther Meteorismus;
Banohdecken sowohl beim Drucke als bei der Percussion schmera*
frei; die noch erheblich ausgedehnte Gebärmutter beim Drucke
ebenfalls kaam empfindlich, das Geffige derselben weich; Lochial-
secretion wie an den yorigen Tagen,, doch etwas fibelriechead;
Mllchseoretion gHnriich fehlend; Haut heiss, trocken; Durst bei
£ut reiner und feuchter Zunge Vermehrt.*
Nach diesen Erscheinungen konnte der krankhafte Process
offenbar nur demjenigen Zustande sngerechnet werden, welcher
•in jener Zeit und froher yiel ron sich reden machte und welcher
mit dem Namen der Putreseenx der Gebärmutter beseichnet
wurden und wobei ich es unentschieden lassen will, ob demselben
immer eine Endometritis mit Neigung snm Brailde «um Grande
lag oder ob er einen eigenthamlichen Charakter besass. Im yor-
liegenden Falle war das ganse Bild sehr wenig mit dem einer
wahren Endometritis antreffend. Die am 1. Mars gemachte Ver-
ordnang bestand in einem Inf. Herb. Digital, mit Acid. pyrolign.
und dilairenden, reinigenden Einspritsungen in die Vagina.
Den 2. Mära. Mit Ausnahme einer noch grösseren Be-
schleunigung des Pulses und grosseren Verfalles der Kräfte keine
Veränderung gegen d?e' yorhergebenden Tage. Da das Verbleiben
der Patientin wegen d^r ungfinstigen Verhältnisse des damaligen
Institntslo'cals für dis übrigen Wöchnerinnen ' gefährlich werden
konnte, der Lehrcursus auch zu Ende war, so wurde die Kranke
anter Beobachtung aller Vorsichtsmaassregeln in das städtische
Krankenhaus traaslocirt. Der Zustand yersohlimmerte sich indess
TOtt Tag au Tage und nachdem am 4. Mars sich Delirien ein-
gestellt, auch der Lochlalflnss immer stinkender geworden^ war,
erfolgte der Tod den 6. März Abends unter allgemeiner Paralyse.
Section den 7. Vormittags. In der Bauchhöhle nirgends
Eztrayasate, oder sonstige Spuren stattgehabter Entzündung des
Peritonäaläbersngs der Baucheingeweide. Der Uterus noch etwa
4 ZoU lang and ft Zoll breit, die äussere. Oberfläche ohne
78 IVh Bekm, Bericht aber die Lelstnngeii
Spuren stottgehabter Entiündang, die . Waadtnigen etwa eisen
Finger dick, kaum blntreicfaer, aU daa normale Yerh<nisa Ter-
langt , nirgends Spnren von Entsündang oder den AuegiLngen der-
f elben in der Snbstans selbst» Dagegen die ganse innere FUehe
der Gebärmutterhöble mit einer asohgranen, sohieferlarbigen,
schmierigen Masse, den verdorbenen Resten der Deeidna, bedeekt,
weiche besonders an den Stellen ^ wo die Placenta adiiärirt halte,
reicbltcber Torhanden war und sich an der rechten Seite mit
Leichtigkeit Ton der Scbleimhaat abschaben liess. Anf der linken
Seite war die Schleimhaut mehr anfgelockert, die schmierige
Masse inniger mit derselben ansammenhängead nnd snm TheÜ
seheinbar in dieselbe übergehend. Die Sishletmhant der Scheide
war swar in geringem Maasse entflirbt, aber nicht degenerirt,
wenigstens nicht abstreifbar* In der Brust- nnd Kopfkohle kaine
pathologischen Befunde weiter, als die gewöhnlichen nnbedentenden
ICxtravasaiionen plastischer Lymphe, welche man ak Prodaete
des Todesaotes anzusehen gewohnt ist.
N. 211. Friederike N., Multipara, seigte hei der Anfnahme
in das Hebammeninstitnt bedeutende Varicositikten an den Schenkeln
bis an den Gescbleohtstheilen hinauf nnd bis in diese hinein,
ausserdem rechterseits eine Hernia ingninalts. Nachdem am
6. December 1842 die ersten Wehen eingetreten, aber noch Ton
geringer Wirkung geblieben waren, wurde sie jam 6. Mittage von
einem heftigen Schüttelfröste befallen, dem nach Darreichung
▼on Borax mit Pulv. Doveri Abends 7 Uhr die Geburt eines
todten 8 Pfund schweren Knaben in der ersten Steisslage folgte
und wobei auch der Abgang der Placenta keine. Schwierigkeiten
machte. WiUirend des 7« und S. December aeigten sich als patbo*
logische Erscheinnng des Wochenbettes lediglich Nachwehen ren
niigewöhnlicber Beschfiffenheit, so dass eine Bcnuls. Sem. papav.
mit Tr. Opii gereicht werden mnsste. Aber schon am 9. nnd Uk
▼erschwanden die freien Zeitr&ume' immer mehr nnd mehr,
nnd eine dauernde Empfindlichkeit der OebSrmntter griff unter
Steigerung der allgemeinen Fiebererscheinnngen Plats. Wieder»
holte örtliche Bluten taiehungen nebst den^ inneren Arsneien be-
seitigten den Zustand nicht, ▼iehnehr strahlten die Schmersen
▼on der Oebftrmntter mehr nnd mehr In die Richtung der rechten
Ingutnalgegend nnd bis in die grossen Schenkelgefässe ans, sa
dass mit Rücksicht auf den kranken Zustand des ganzen Venen«
Systems die Form der Krankheit nur als Ph^bitis heseiduset
werden konnte. Wiederholte örtliche Blutmitziehung, sowie Ein-
reibung von Ung. Hydr. ein. mit Opium ▼ermochten' nicht den
Zustand su besiefen nnd am 15. December Morgens erfolgte
der Tod. Die Leiche wurde aur weiteren Veranlassung nnd
Beerdigung dem Krankenhanse übergeben, nnd die Secüon, an
deren Vornahme ich selbst durch anderweitige Gesch&fte ▼erhindetft
war, war durch ein Missverstftndniss ia der Bestellang aiitarbttahe&.
des K. ^ebanunoniiiflitiots so Steitlii etc. 79
N. 156. Sophie 8.^ Maltipara nnd notorische Brenntweiof-
ellafenn Ton enervirter ConsUtation wnrde in der Nacht Tom
1^. aam 6. Deoember 1B40 In kanm yiertelstündiger Gebnrtsarbeit
von einer frühreifen, etwa 36 Wochen alten Fracht entbanden,
der aach die Nachgebart fast anmittelbar folgte.
Den 6. Deeember war das Befinden im Allgemeinen tadellos ;
sw*r hatte sieh die Gebärmotter, welche gleich nach der Qebart
gut eentraluTt war, merklich wieder aasgedehnt, indess war die
Lioehialsecretion nicht bedenklich rermehrt, die Haut feucht,
der Pttls wenig besehleanigt. Gegen Abend stellte sich Jedoch,
▼ielleicht in jf^olge einer bei der abereilten Entbindung nicht
gana yermledenen Erkältung ein heftiger trockner, die Brost und
den Unterleib ersehütternder Hosten ein, der in der Nacht der
Satbmidenen alle Ruhe raubte ood den 7. Deeember eine voU*
kommen« Erschlaffung der Gebärmutter, Ausdehnung derselben
bis über den Nabel hioaaf nnd einen copiösen Blutfluss cur Folge
hatte. Nachdem eine Emuls. Sem. papar. mit Nitrum und Aq.
lanroeer., äosserlich aber ein Sandsack auf die Gebärmutter an-
gewendet war, Terminderte sich im Laofe des Tages sowohl der
Husten als der Blutfluss; die Haut seigte eine normale Tempefiatar,
der Puls hob sich wieder. Eine jetat möglieh gewordene Unter*
sochung der Brustorgane aeigte weder Schmers noch Beklemmung,
die Bespiration war tief nnd ohne jeglicfie Beschwerde, der
Hosten seigte sich nan als das Symptom eines catarrhalischen
Bronchialreises.
In der Nacht com 8. Deeember vermehrte sich der Hosten
wieder bedeutend nnd brachte durch dio heftige Erschütterung
der Unterleibsorgane einen noch viel bedeutenderen Gebärmutter-
blttiflnss henror, als am vorigen Tage, der Puls sank, das Gesicht
collabirte und Ohnmächten traten ein; Die dringende Lebens-
gefahr machte, trots der su fürchtenden nachtheiligen Wirkung
für den Husten, EisumschUge Aber die Gebärmotter nothwendig,
nnd nachdem Innerlich auch von der' Phosphorsäore im weiteren
Umfange Gebsauch gemacht wordeo war, gelang es swar, den
Bltttstofc periodisch ao hemmen, indess vermehrte er sich gegen
Abend wieder, indem ^er Hosten, gans aholich dem der alten
Säofer, nicht so hemmen war, und bewirkte ein solches Sinken
der Kräfte, dass Jeden Augenblick der Tod erwartet werden
ktinnte. Es wurde jetst verordnet: R. Pulv. Doveri gr. vj^ Moaeh*
or. gr.iij. If. t. dus. S. Alle swei Stunden eijn Pulver abwechselnd
mit einer Mischung von Tr. Cinnamomi nnd Acid. phosphor.
Aeosserlieh: Fortgebraoch der Eisomschläge and Sinapismen auf
das Os sacrom.
Abends 10 Uhr war danach so viel gewonnen, dass der
BIntfloss geringer war, der Pols sich wieder hob, die übrigen
droheadsn Bnnheiattagaii 4er Vecblatoag sieb venninderten.
80 !▼• Bdkfli, Beriet fiber die Leiatmifea
Von hier ab trat niin «war keine profuse BhittiD^ wieder eiiif
aber darcb die bedeutenden Blntrerliitte bildete sieb in den
entnenrten Indiridno ein typbnsartiger Collapsns des gaasen
Körpers tfus, dass schon am 11. Deeember der Tod unter bleaaea
Delirien erfolgte.
'Die Section der Banchht^hle bot keine Ergebnisse
dar, welche über das Wesen der Krankheit n&heren Anfeehlnas
hfttten geben können. Die Geb&rmntter war so weii eontrmhirt,
dass der Grund dicht über der Bchoossfnge stand. Letsterer
war in seiner Snbstani siemlich fest, die Seitenwandungen aber
weicher im Qefüge,^ sonst aber nicht yeründert. Di^ Seitenlinien
der GebSrmutterhÖhle formirten sich bereits wieder als Dreieek,
und der ihnece Muttermund bildete wieder eine erkennbare
Grense swischen der Höhle und dem Kanal des Mntterhalses;
die Port, vagin, war ebenfalls in 'der Rfickbildnng begriffen. Die
Schleimhaut der Höhle war noch mit Declduaresten* bedeckt, aber
diese waren nicht faulig beschaffen, Hessen sich siemlich leicht
abstreifen und die Sehleimhaut selbst bot keine pathologiaehen
Verttnderungen dar. In der Bauchhöhle selbst fanden sieh weder
plastische Exsudate, noch sonstige Zeichen Torhanden gewesener
Entzündung; der Darmkanal bot ausser einer leichten Rdthnng
der Mucosa keine pathologischen Befinde.
Brust- und Kopfhöhlo konnten nicht eröffDet werden.
Man möge es einer gewissen Redseligkeit der * ?oi^
gerückteren Jahre zu Gute halten, wenn ich in der Hiltbeilung
der Torstehenden Krankengeschicblen vielleicht ausführlicher
gewesen bin, als der Raum und Umfang, welcher diesem
Berichte zugebilligt werden kann, es reclttfertigt BerCksk-
sichtigt man aber die verschiedenen Ansichten, welche nodi
über das Wesen und die Formen der Puerperalfieber bestehen,
so konnte ich es nicht für absolut unnutz halten, in diesem
Berichte wenigstens denjenigen EinzeUaUen einen Platz zu
gönäen, welche 'ein ziemlich treffendes Bild einiger Special-
formen darbieten. Dass aber diese FiOe nicht vereinzelt in
der 25jährigen Periode meines Berichtes dastehen, wird man
ohne Versicherung glauben. Bringt man aber dabei die grosse
Zahl der Wöchnerinnen in Anschlag, welche, in voller Geburts-
arbeit begriffen, oft unter den ungunstigsten äusseren Ein-
flüssen in das Institut eintraten, und welche' sich in den
einzelnen Lehrcursen auf 22, 34, 45, ja im Lehrcursus 1859/59
auf 56 Procent aller überhaupt Aufgenommenen und Ent-
bundenen belief, so wird es auch nicht befremden, wenn die
des K. Heb«nmeniD8titiil8 sa Stettin eto. gl
van mir gefohrtea Listen eine bedeutende Zabl ähnlicher
Krankheiten und Krankbeitsrormeu nanüiäft machen, die jedoch
glficklicher Weise nicht immer eine solche Höhe erreichten,
um jedes Mal unglücklich abzulaufen. So brachte z, B. ausser
dem vorher bei der Kranken N. ' 426 erwähnten sehr un*
ginstigen Lehrcursus 1851/62 auch der des Jahres 18d7/58
sechs Fälle, welche der Metritis, einen Fall, welcher der
Phlebitis zugerechnet werden musste, der Lehrcursus 1858/59
noch zwei Fälle von Metriüs, zwei von Peritonitis und von
1854/55 mebi^r^ hierher gehörige Fälle u. s. w. Ausser dep
eben erwähnten Schädlichkeiten, von welchen die Personep
aber meist schon auf dem Transporte in*s Institut betroffeQ
wurden und welche daher als ursächliche Moment^ für die
Erkrankungen zu incidpiren sind, waren es oft lediglich die
beiden extremen Zeitverhältnisse für die Dauer der Geburten,
welche als VeraolassiMgen in die Wagsctude zu werfen waren,
zu träger, langsamer, schleppender oder im Gegenlheile Ober-
eiiter Verlauf der Geburten, letztere nicht selten in Verbindung
mit. heftigem Blutverluste während des fünften Geburtszeitraums
iukI unmittelbar nach demselben.
Von fieberhaften Krankheitsformeo, weldie dem eigent-
lichen Puerperalprocesse entfernter standen, mögen besonders
die häufig auftretenden und in keinem Lehrcursus gänzlich
fehlenden gastrischen Störungen erwähnt werden, deren einzelne
Formen dem einfachen Magenkatarrh, theils der Diphtheritis
oder ähnlichen angehörten. Nächst ihnen waren es ferner
besonders katarrhalische Aflectiouen der Respirationsorgane,
theils als allgemeine Bronchialkatarrhe auftretend, theils sich
bis zur Form der Pleuritis oder Pneumonie steigernd.
Ein Mal wurde Ischias rheumatica acuta in höherem Grade
beobachtet (N. 668), ein Mal Pocken (N. 685). Dieser leUte
Fall betraf eine kreissend aufgenommene Person, bei welcher
am zweitei^ Tage nach der Entbindung das Exanthem zuqi
Ausbruch kam. Sie wurde aus sanitätspolizeUichen Rücksichten
sofort dem allgemeinen Krankenhause überwiesen, welches
sie nach beendigter Krankheit gesund verliess, während das
Neugeborene dort der ebenfalls überkommenen Krankheit erlag.
Die im Instilutslocale sofort vorgenommenen Pesinfections-
MonatMebr. f. Q^bortak. 1861. Bd. XYIU., Hfl. 1. ^ '
Von hier -' ^ ^, ^*^ ^^^^^e weilek^VerbfeifeMg
aber durr
hat
df
rf^t^ ^er in cl6m Lehreürsu« 1851/68
dar. 9fiif^^^'0 *etrel!tende Person (N. 486) war
^^^n!o!^^^a^ ^fl« '6WS*J* ^^'ö fröteeitigen ZwiJiingeii
^iÄ ^^^ .Mgtretn^ Wacbgebmlea waren ote« 6ch wierig!-
^/»^' ^^^;d ilie Entbundene war lA keiner Wewe
iS '^Ifii^t^ iahgögriffen. Vier Stunden nach der
^ «^ ^ff(A ptötztiüh (Aine jede Äussere VeranlaaBmlg
^^r >^^^^ "^^^ eclli»i|)8ie aus, weblri das Cemht
ein '^^pul^ idein, gespannt, die Carotiden ' nur mfitfsfg
l»^'*. ^'ai*OT. Als der Anfall irortfber war, stellte sich
^^A W BewuBStöein wieder ber, der Pols wurde weicber,
^f^fcdt^r; die Zunge zeigte »ich feucht, unverletzt ilMd
^ Krankt klagte nur Mier heftigen Ktipfscbmerz. Naeh
,j^fy Ersofaeinungen gehörte der Anfall mehr d^ 'spiTstrsiib^
.^to^erfsch^n, als d^ echt cerebralen Form an, i)nd ich lP6rthte
0ich daher nicht sofort zu BlutentBiehwigeB ^lachliesbcm^
^U6hrätA^ VfeiM«lhr dte Verördfltmgeti auf Benftei^ zwf scben
tffd Schultern gelegt, kaRe Fdinentationen des RopfeB 'u. 'S. w.
ta^vä eine hälbiB Stunde q)ä€er wiederholte «ich d^ AuMH
in tioch bttrkereibi Maaisse, Indess blieb auch jetM d<fs OesSctt
hlbich, da* Pills klein. Inzwischen flngto i\t angewendetxelk
Senfteige dti *tn wirken, aird ^nacbdeim bowobl illesb Wirkiing
iAm Zeitlafhg fortge^fetzt War, 'aikic/h dib kalt^ti FdmenMoneii
ä^ Kopfes d^n SchmerE be^^tigt hat^n, trat kbin ^eMm#
•Anfall ein und dtfs Wochenbett iiieirlief Weiterhin ohne jeSfe
St^rdng.
Vmi <6hir^rgfsch^ Krankhekdh kdnn ich ^eü PaS yffk
ndpCäfa tp^rioHd illcht üborgishen', iv«Icber<duroh tlfe oflHnbai^
Unvorsichtigkeit dcfr a(fifSiMiiV»id^ Sdbölerin bei der Gebärenden
N. 1*9 im ^ebrcfnidais 1834/86 teranlaust >^urde, wekbä üte
AtiginiblickiB -diäs etms MQrthfsich «erfolgten ihnrchscbneMeiiB'ttn
iertärken fiiddeskopf^s Atfs -Mtttelfli^ittdh ^unböabbdst liM. Dr
Ruptur war isö b^enfend, dla^s 'd^ ^ptaMet^ hni faBtklarair*
gerissen war. Dife «sofort imgetogte NaM hMoMe «keim Vni^
«ilHgwig« zu Standt uaA soIUa da^ef später eiwuert werdeiL
Da indess die Entbundene eine krSftige, fleischige, mit gut
aneinander liegenden Hinterbacken versehene Person war, so
gelang unter Beobachtung einer consequent durchgeführten
Seiten- und Bauchlage die Wiedenrereinigung auf dem Wege
der Eiterung so vellstfindig, dass die Person naeb sechs
tKocliea volüt^g fPibeUt eptil^f^j^n ^^dea Ifioqot^.
(Soklara. folgt.)
V.
Notizen at» der Jonnial-Literatar.
Verf. wurde, Baobden die Geburt eehop. diet Tage gedaued,
SU einer PrinlfMira garalen und fand das Osut. ffüM^tk§woM,
das Beekeu verengt, die UrinUate aufgedekni. Kon darauf
konnte er hinter ^u Sdbambeinen dumh ein^ Qnevriae dea Cervix
bittdoroh ein Okr. lüUen. Da die Zangenaategong nicht gelang,
ward der Kopf perforirt. Naeb der Gebnrt fand sich eine mnde
Masse tu der floheide, bestehend ans dem Uterushalse, der nur
hinten im Umfanga von 1 V«" noob mit der OehKrmuttex snsammeu-
hing. Keine Blutung« Jenes ahgeiisseno Stüek sliew- sieh schon
am drittem Tage ab. Dttneh sieben Tage hindurch war die
Applioation des Katbatoxs ndthig. Genesang. Die Menses er-
schienen spXter wieder.
(Obitetr. Soc. Bondan, Med. Times, llk Becbr* 1800.) 8.
Das dnrcb die Zange lebend sa Tage gebrachte Kind wog gleich
naab Af" Pebnst Ufiffd. l^y^fen, 4i«^ Civv^mferv^f dfs Kppfes
9w4sct^a9 dem nn^r#i| Th^j^ d^f Stixube^p« ^pd df^m Qint^rJhauptf
bfttnig nach dem Vqrf ch^lu^fu der ^i^fgf^chwYilit IQV«'» »ii^»
You 4er. Ql^b^Ua nach 4er ?roti^k o,acip. geaog^n^ I^inie wa(m# 9 V/»
«ib^f^ §fy yi,pl ^ina if^ ^i^m Qhre anj|i «ader^ gfa^gfAe. -rrr
g4 V. Netisen ans der Jovniftl- Literatur.
AebBlieha FHlle werden in groeeer Ansahl enfthlt, aber ea feUt
fast allen dar Nachweis einer ^naoen Beobacfatoni;.
(Transaet Qbstetr. Soo. London » Vol. I., 1860.) 8.
IT. So$»r: Das Eotropion am Muttermande.
Nach Verf. giebt es swelerlei Answftrtskebntngen der Sebleim-
haat des GebSrinatterhalses; die eine dnrch narbige Versiehnng,
die andere durch Schwellung nnd Vordrängen dieser Schleimhant
Beide Formen werden namentlich nach Liiflrane^B Vorgang als
Granulationen des Muttermundes beseichnet und als besondere
Krankheit betrachtet. Man hat auf Ulcerationen geschlossen,
weil man Granulationen sah: ein Irrthum, der namentlich bei
der dnrch entzündliche Schwellung des unteren Theiles der
Gebärmutterschleimhaut bedingten Ectropiumbildung um so leichter
möglich war, als hier das Epitheliam häufig krankhaft erweicht
ist und es nur einer Berührung bedarf, um die biossliegenden
Gefässschlingen cum Bluten su bringen. Zuweilen ist die Schwellung
mehr ödematös, oder sie seigt sich mehr papillenförmig oder mehr
folliculär. Die Granulationen erscheinen somit nur als ein Symptom
der Auswärtskehrung, ja als ein Normalzustand der auswärts
gekehrten Schleimhant nnd statt die Granulationen als die eigent-
liche Krankheit anzusehen, mnss die therapeutisehe Indication
in dem entztindUchen Process, welcher gewöhnlieh die Schwellung
nnd Auswärtskehrung erzengt, ihren Ausgangspunkt finden. Bei
dem narbigen Ectropion der Uterinschleimha.ut wird man sicÜ
kaum veranlasst sehen, einen Heilungsversuch zu unternehmen.
Dass der Litfrano*Bche Schluss: „es sind Granulationen vor«
banden, folglich mnss ein Uloerationsproeess angenommen werden,"
nicht richtig ist, ist klar, und hofft Verf. durch diese Zeilen, das
wesentlich unwahre und forcirte Krankheitabild der £rtir^aae*schen
Schule durch eine aufklärende und naturgemlssere Anachannag
su verdrängen.
(Arohir der Heilkunde, Jahrg. IL, H. 2, 186L)
/. Adam: Extranterinsehwangersohaft; Banehsohnitt,
Genesung.
Die gesunde 2Sjährige Frau wurde Februar 1859 scbw;anger;
besondere Beschwerden zeigten sich nicht. Am rechtzeitigen Ende
der Gravidität trat ein geringer Blntfluss aus den Genitalien ein
und es gingen fleischige Massen in Stückchen ab; Wehen waren
nicht dentlioh in bemerken. Auch die Milchseoretion etablirte
V. Notisen a«f der Journal- Literatur. 85
•ieb; Im Jfebraar 18M traten dielfeneei wieder ein vnd einen
Ifonat später hörte die Maoimaeeeretion anf. Zn dleier Zeit iah
der Verf. mit Ranubciham die Kranke. In der rechten Seite dea
Hjpogaatrinma bis in die Kabelgegend reichend befand sich ein
ovaler , mit seinem längeren Dnrchmesser senkrecht gelagerter
Tumor, über welchen sich die Banchdocken etwas ▼orsohieben
liessen. Einzelne FStaltheile waren nicht sn erkennen. Im Mal
ward der Banchschnitt ▼olIfQhrt, der Fötus am Beckenende
extrahirt, die Plaeenta aber mit dem Frnebtsaeke surOckgelassen,
da sie sehr fest diesem adhlirirte. Die Operirte genas schnell
und Verliese das Hospital mit einer kleinen am unteren Theila
der Narbe befindlichen Fistelöffhnng , aus der eine geringe Menga
fStider Flüssigkeit sieh entleerte; diese OefTnung Ist später auch
tum Schlass gekommen. — Schliesslich rttth Verf. wohl «ur frühen
Operation bei dem in Rede stehenden Leiden » aber doch so
lange damit an warten, bis der Frnchtsaek innig mit dem Bauch-
fell verbunden sei.
(Medlc. and Chlr. Sooietj, Medical Times, 24. Novbr. 18900
GraÜy HewiU: Veber die Katur und Entstehung der
Blasenmole.
Die Untersuchung eines in sehr früher Zeit ausgestossenen
Eies gab Verf. Gelegenheit, seine F'Orschungen über die Blasen«
mole weiter ausandehnen. Ihr Resolut stimmt im Allgemeinen
mit dem Oier9e*B überein und widerlegt die von Mettenheimer
und Paget ausgesprochene Behauptung, dass die 'Blasen aus den
die Chorionsotten bedeckenden Zellen hervorgehen. Vielmehr sind
die die Mole susammensetzenden Blasen nichts als die vergrSsserten
Chorionaotten, zum grSssten Theile noch von den EpiihelaeUen
der letzteren bekleidet. Wie aber diese Erweiterung der Zotten
au mit Serum gefüllten Blasen zu Stande kommt, giebt Verf. nicht
an, obgleieh er G^'sr#a*s Meinung bekämpft. ' Der Tod des Embryo
ist nach Verf. das Primäre, die Degeneration der Zotten eine
aecundäre Erscheinung.
(Transaet. Obstetr. Soc. London, Vol. L, 1860.) S.
Maur&rs Ein Fall von abweichender Ausmündung des
Mastdarms und gänzlichem Fehlen de« Harnorgane.
Das von einer kräftigen und gesunden Frau geborene Mädchen
zeigte einige Zeit nach der Gebart ein starkes Drängen, worauf
Erbrechen eider braungefärbten Flüssigkeit eintrat. Die hierdurch
hervorgerufene nähere Besichtigung des Kindes zeigte die äusseren
Mwk di« Aflemtlndnig. TAlMladÄg (•klles. Ili«r ¥«w«iek, «H.
liADcetie und Trojcar das £M», dof ÜMtdaim «n «nr^leli«»,
nisalang. Dm Brl^aoheo qimL Pr4bBic«n dftu«rt«i ab«i«oli«tJk|d fpit
nnd Oft enüeort«. weh n^oh Ift 8t9«den «in« H«fts# lle^oAAtiiQi
per ▼asioMu, w^s auf eiqe Sinm«Ddiv»g 4€# llaslduinq m dk
Vagia« oder in den Utarq» «ohUaftMii Ma«i.
Kftch 60 8tnad«n starb daa Kind an Convulsionen. Bw
Seotion lelgte na«h Bröfbimg dar BaocbJiöhla daa Cohm nach
dem ganien Yerlaoie erweitert, daa 8. sonanuA »o^ piQh mÜ
dem Eintritte in die BeokenhöUe hinter ^«ua Ufeexna hinab «nd
mündete etwa» auf der rechten Seite mitten in daaselhan ein.
Ovarien und Tnbe linkerseita fehlten. Utem« norennl.. Von Kieren,
Hamleitem nnd des Blaee wnr keine Spur Toihanden.
(ZeiUohr. i Wnn4liPlte n. OabniUhelCar, JFahrg. 18, H,i» IMß.)
W, 0. PtiuiUy: Merkwürdig« intranterine Verletiang
am^opfe.
Das sonst wohlgebildete^ gesunde, leieht geborene Kind seigte
einen scharf begrenzten randen 8nb$^nsTe^liiy yqn d^^ I!(nrcJI|-
messer eines Schillings gerade fiber der kleinen Fontanelle: das
Pericraninm war an der Stelle der Verletsnng erhalten nnd die
▼emarbnng bei der Oehntt sehen in ihram Beginne. Eine Urtaehe
flieht aufenfinden. (Unei^ttrliehl Ref.)
(Transaet. ef the Q^etetr. See. of Lenden, Vol. I., 1890.)
8.
Tamer: Ovariotomle, Genesung.
In der geburtehülfliehen Ge^ellsohal^ in^itondan aai^e V,
den ealloid entarteten Eievetoek einea SOjähiigieA Weihen, die er
▼er 11 Tagien operirt hatte. Fünf Tage T<or. den Ovarintomie
wnrde wegen gleiohaeitigen Asoitee die Pavaefnteee gem%^t pnd
14 Finten entleert; Vei der Qpesttion «alM fanden sich weitere
6 Finten yor. Bei der Abtrennung der QmqIiwaUI WBfde naeh
Anlegnng des Liga^iman . W» dfP Btle} ein Stiink dai ^teren
anrückgelassen nnd ausserhalb des Bauches gelagert; damit wurde
die Application einer Klammer an den Stiel unnöthig, die Gefahr
einer Blutung total beseitigt Die Naht ging nicht durch das
PeritonSum. — In Besng auf letateren Punkt erkUlrten sieh
andere Mitglieder, besonders 8p» TFeZis, dafür, Immer das Bauch-
fell in die Naht hineinsusiehen.
(Medio. Times, 16. Decbr. 1860.) 8<
V. NofUeb w der Jamal- EI*«V»ta)r. S7
WüUam'BäaotomSÜUmrd: ^cue Instminettte snr Opor«tioii
der 'Blaeva^ekeidehfieiel.
Der Verf., Instramentenmacber sa Glasgow, gieht Dach einer
Beyprechanff und Kritik der von Bo*efhan gebrauchten Instrnmente
die Beschreibang einer Anzahl neuer yon ihm erfundener, welche
ihren Zweck besser nnd einfacher als jene erfüllen und vor Allem
die aar Operation nöthige Zeit sehr abkürzen sollen. £in Anszog
der Abhandlung lässt sich nicht geben, da die Abbildung der
neoen Instrumente das Wesentliche derselben ausmachen. — t^ir
machen die. Leser auf die Mittheilung hierdurcli aufmerksam.
(Medic Times, 24. Novbr. 1860.) 8.
res-d dbr Ge4)UT# b%ftehietid.
.Ein Xnsserst seltener uni interessanter Fall. Wir erkenifen
in der Beschreibung unä Abbildung eine Tollkommene Retroflezion
des Uterua, den den Kopf der ll'rncht enthaltenden Kundus im
kleinen Beeken, den Öerril nacli vom ütier die Schamfuge ge-
drangt, oberhalb desselben äas Beckenende des Kindes. Wir
haben also nicht eine blosse Ausbuchtung der hinteren Wand des
nnteren Gebärmuttersegmentes vor uns, wie sie v, Seannoni als
partielle RetroTersion beschreibt, auch nicht eine Steigerung
einer solchen; unerklärlich aber ist es nns, wie 4ie Schwanger-
schaft so regelmässig bis zu ihrem rechtzeitigen Ende Terlaufen
konnte. Die Beobachtung bestätigt die ähnlichen iferriman^B
nnd widerlegt die 'ZweilTel späterer Autoren (Ref.)
(Transact. Ö'bstetr. Soc. London, Vol. I., 1860.) 8.
^fhbnüä Bat/Mir: ^we'i 'Pällb Vöh Fk^o^^phWlUs, Wit iTe-
ib^eVl^dfagen.
Daf erste Kind (ein Knabe) ward im siebenten Sohwanger-
schaftsmonate in Fusslage geboren; die Menge des Fruchtwassers
war bedeutend. Das Kind hatte doppelte Hasenscharte nnd ge-
spaltenen Gaumen. Die Hant an der rechten Vorderfläche des
Halses ist straff gespannt und der Kopf dadurch gegen das rechte
Schlüsselbein gezogen. Am linken Arme befindet sich eine
zwischen Vorderarm nnd Oberarm an der inneren Seite des
Ellenbogens ausgespannte straffe Hantbrücke , welche die gegen-
seitige Bewegung im Gelenke etwas hindert; an derselben Seite
sind nnr Tier Finger Torhanden, die sn je zweien in eine Masse
yereinigt sind; die an der inneren Seite befindliche lässt zwei
▼ollkommen getrennte Finger durchfühlen, an der äusseren Seite
88 V. Noliien muM der Joviiial-LUer«tur.
Ut diese Trennung nur bis bb den Nsgelworseln angedeutet. Von
der Vorderseite des linken Danmenballens entspringt ein y^"
langes Hautstück, welches continnirlich in die durchscheinenden
EihKute übergeht. Der Oberarm Jst durch eine ähnliche Haut-
brücke mit der Seitenfläche des Rampfes verbanden« — Das
Sternam scheint gans za -fehlen; die inneren Bippenenden sind
nach aussen umgeworfeu; die dadurch entstandene Lücke ist
durch Haut ausgefüllt, in deren unterer Partie sich eine Oeffnung
befindet, durch welche die Leber, der Magen und die Eingeweide
her?orgetreten sind. An dem oberen Rande dieser Oeffnung
inserirt sich linkerseits der Nabelstrang. Von seiner unteren
Fläche geht ein Band su der Hauptfnrche der Leber (Lig. suspens.).
Von dem oberen Bande der Oeffnung erstrecken sich pseudo-
membranöse Stränge herab sur Leber, welche von ihnen aum
Thetl gefurcht eraeheint. An der unteren Leberfläehe sind Magen
und Därme innig angeheftet« Die Oeffnung ist iV«" lang und
V4' breit; sie befindet sich siemlich tief unten. — Genitalien
und Anus normal. An der rechten Seite Klumpfuss; an' der
linken Seite ist die kleine Zehe mit der nächstliegenden durch
eine Hautbriicke total vereinigt und nur an der Vorderfläche
die Andeutung einer Spaltung vorhanden.
Die beschriebenen Veränderungen 'sind augenscheinlich theils
die Folge des Stehenbleibens einselner Organe auf einer fötalen
Stufe, theils durch fötale Entzündungen bedingt.
Im zweiten Falle wurde das Kind (ein Mädchen) rechtzeitig
und lebend geboren. Der Nabelstrang loste sich an seinem
fötalen Ende in die ihn überziehenden Eihäute, ähnlich wie er
es gewöhnlich am placentaren Ende thut, auf, und diese Eihäute
ersetzten ein Stuck Bauchwand von einem Durchmesser von 4**;
da wo dieser Defect vorhanden, bedeckten die Häute die Ein-
geweide. Der lipke Vorderarm enthielt nur den Badius, welcher
mit dem Humerus unter einem Winkel fest verbunden war und
am unteren Ende in zwei Finger auslief. Das Kind starb eine
halbe Stunde nach der Geburt. In dem ersten Falle erfolgte
der Tod fast unmittelbar nach derselben.
(Edinburgh Medical Journal, January 1861.) B.
VL
Verhandlungen der Oesellschaft fUr Oeburtshttlfe
Berlin.
Sitzung vom 26. März 1861.
Herr C. Mayer eröfiTDei die Sitzung mit der Vorlesung
räes Aotrages des Dr. jB.... in H.... Dieser, Arzt am dortigen
Wai$euhause, bat mehrere dm* Onanie verdächtige Mädchen
ton 12 — 15 Jahren unteraucbt und erbittet ein Gutachten
der GeäeUachaft, ob die ?on ihm in einer beigefugten Tabelle
▼erzeichneten Veränderungen der Geschlecbtstheile')
ai8 unzweifelhafte Anzeichen getriebener Onanie
betrachtet werden können.
Die beigefftgten Antwortschreiben von Scanzoni und
Credd, denen Hen* B, dieselbe Frage .vorgelegt hatte, wurden
mf Vorschlag des Präsidenten einstweilen uneröflhet zurück-
gdegt, um den Gang der Debatte rodgUcbst frei zu erhalten.
Zuerst erbat . Herr L. Mayer das Wort, da er mit
Herrn B. gemeinschaftlich diese Untersachungen vorgenommen
hätte und entwickelte die Ansichten, die ihn dabei geleitet
halten, foJgendermaassen :
Das Verhältniss der Selbstbefleckung zu den Störungen
auf dem Gebiete der geistigen Sphäre festzustellen, mag seme
1) a) AeQBsere Goschleehtatheile: Klaffende Schamspalte wi«
bei Mädchen im frühesten Eindesalter, ans der die geröthete nnd
geschwellte Clitoris stark prominirt; Nymphen geschwollen and
flügeiförmig entwickelt; Introitas yag^nae intensiv geröthet; Hymen
schlaff oder aerrissen. — b) Innere Geschleehtstheile : Metritis
«hrontea; Ante- nnd Retroversio uteri; Ante- lud Retroflexio
«teri;. Descensna uteri.
If oBatflflcthr. f. Oebortsk. 1861. Bd. XVni., Hft. S. ?
90 VI. Verhandlangen der Gesellschaft
Schwierigkeiten haben, insofern die Frage schwer zu ent-
scheiden ist, ob Geisteskrankheit durch Onanie herbeigeführt
wird oder Onanie in der Geisteskrankheit besondere Anregung
findet. Unzweifelhaft ist es dagegen, dass die Onanie auf
den Organismus den nachtheiligsten Einfluss ausübt
Die Folgen sind primArer und secundärer Natur.
Die secundären manifestiren sich
im Sensorium durch Verstimniung, Unlust und Ui^-
ßhigkeit zu körperlicher und geistiger Thätigkeit,
im Nervensystem durch Hyper-* und Anästhesien,
Hyper- und Acinesen*
im Bereiclie der Nutrition durch mangelhafte Ent-
wickelung und Macies.
Die primären Veränderungen durch Onanie kommen
in den Sexualorganen zur Erscheinung.
Durch immer aufs Neue bei der Onanie herbeigefdhrte
Gongestivzustände entsteht, unterstdtat durch »echaoische
Reize, eine krankhaft gesteigerte Vegelattonethätigkeit unl
Störung in der gleichmässigen, nnturgemässen Entwididuiig
der Sexualapparate.
Besonders sind es in den weiblichen GenitalieD die
kleinen Schamlippen, welche, einem schnellen Wachsthnme
unterworfen, alsbald schialT und welk zwischen den grossen
Labien herabhängen, oder geschwellt und gerödiet den jang^
firaidichen Schluss der grossen Labien hindern. Die beiden
Schenkel der Nymphen umfassen als breite HautfUten die
GKtoris, diese wird äusserst leicht erigirt und ist auch im
nicht erigirten &stande aufTaUend yergrösserL Das Atriun
und die Mündung der Urethra nehmen an der aHgemeinen
Hyperämie der Genitalien Theil. Das Hymen, ursprüig^
eine straffe, dünne Membran, wird zu einer mehr oder weniger
ischlafTen, dicken, weichen HautfUte, die sich bei der Unter»
suchung nicht mehr mit scharfem Rande um den Finger spannt,
fielmebr diesen mehr oder weniger leicht, zumal da häufig die
Oefihung des Introitus erweitert ist, in die Vagina dringen lässt
Ausser diesen Veränderungen tritt in zweiter Linie in
Folge sehr gesteigerter Blutzufuhr und Girculationsstörungen
eine Reihe Ton Erscfaeinangen hervor, die sich auf die tiefionw
Geschlechtsorgane beziehen. Es sind Erkrankungen höherer
ffir Gebnrtshfilfe in Berlin. 91
>
Scheidentheile, des Uterus und der Ovarien, denen sich
Blasenleiden atischliessen. Metritis, Endometritis chronica,
Catarrh der Urethra und Blase, Colpitis, AnschweUungen des
Uterus und der Ovarien mit Menstruationsanomalien und
Blcnnorrhoen im Gefolge.
Sind die Erscheinungen erst so weit gediehen, so sind
'Veränderungen, wie Lage, Abweichungen des Uterus und
Dtslocatidn der Ovarien zu erklären.
Mit diesen Ansichten sei er nun an die Untersuchung
jener Mädchen gegangen und der Befund, wie er in der
Tabelle verzeichnet sei, scheine ihm keinen Zweifel zuzulassen,
dass die Krankheitserscheinungen durch Onanie hervor-
gebracht seien.
Herr KriMeUer behandelt seit zwei Jahren zwei Mädchen
von vier und sechs Jahren, deren Eltern ihm mit Bestioimtheit
die VerndierODg gaben, dass diese Kinder Onanie trieben.
b wollte aüfaigKcfa dieser Angabe keinen Glauben schenken,
da der starke Fhior ribus, den er bei dem einen der Kinder
▼erfend, die Anschuldigung ihm nicht hinreichend begrändete;
dodi die lange Dauer dieser Krankheit, die sich ein halbes
Jahr lang hinzog, die Abmagerung des älteren Mädchens und
dsa endliche Geetändniss der Kinder setzten die Sache ausser
2weifeL Er kann von örtlichem Befunde nur das Klaffen der
ittssenn Scham bekunden, Cliloris und Nymphen waren zwar
fflMthet, aber nicht gescbwoUen.
Herr KriBger macht darauf aufmerksam, dass Fluor albus
eine häufige Krankheit kleiner Mädchen sei, die aus den verr
sehiedetisten Ursachen hervorgehe. Das Klaffen der Scham-
spalte sei ohnehin den kindlichen Genitalien eigenthümUdi
und verliere sich erst in den Späteren Jahren der Entwi^kelung.
Man könne deshaS> erst in dieser Zeit, wo die ' Resistenz
naturgemäss eintreten solle, ein Schlaffsein der Genitalien als
«t#a8 Krankhaftes betrachten.
Die Anklage, dass Männer mit Kindern Unzucht getrieben,
komme nkht selten vor die Gerichte. Abgesehen von den
PUlen, wo durch heftige Einwirkung Verletzungen verursacht
fluid, fanden sich in Folge längere Zeit getriebener Unzucht
oft die von Herrn X. Mayrnr angegebenen Yerändermigen
7*
ß2 ^^' Verbandlnngeo dar Oesellschaft
dei* Gefichlecbtstheilec Reizung der Seliainlippeii, RMbung des
Atrium und der CUtoris bald mit bald obue Fluor albus. Dieser
Befund allein berechtige indess noch nicht, ein Stupmm ?or
Geriebt aniunebmen, da er ebensowohl die Folge von Onanie
oder von anderen Ursachen sein könne. Der Gericbtsant
könne in diesen Fällen mit seinem Ausspruche nidit vorsichtig
genug sein, denn es würden erwiesenermaassen oft Processen
wegen ((otbzucht kleiner Mädchen in gewinnsüchtiger Absicht
gegen Männer angestrengt, die ihre Unschuld beweisen könnten,
so dass die Ursache der dem Processe zu Grunde liegenden
Erkrankung oft zweifelhaft bliebe.
Sei sehier Ansicht nach also der örtliche Befund allein
kein sicheres Criterium getriebener Onanie, so billige er doch
die von Herrn B, angestellten Untersuchungen. In diesen
Fällen wurde xlie Erkennung der Onanie durch andere An-
zeichen unterstätzt, und ein Anstaltsarzt, dem das Wohl der
Kinder verantwortlich an's Herz gelegt sei, habe die Pflicht,
seinen Verdacht durch etwaige weitere Zeichen zu bestätigen,
und möge man über den Werth dieses örtlichen Befuides
denken, wie man wolle, so viel ser sicher, dass verheimtidite
Krankheiten entdeckt seien, die ein ärztUches Einschreiten
erforderten.
Herr Klein aus Bonn (Gast) verweist auf die häufigen
Processe dieser Art, welche vor den Assisen in Bonn ver-
handelt werden. Er selbst habe oft dabei als untersuchender
Arzt fungiren müssen und bei Missbrauch kleiner Mädofaen
durch Männer die Genitalien rotli, schmerzhaft und geschwollen
gesehen. Allerdings seien diese Varänderungen nur vorüber-
gehend gewesen, denn er könne eine ziemliche Anzahl von
Fällen herzählen, wo nach einigen Wochen keine Spur jener
Krankheiten mehr zu sehen gewesen sei.
Auch Herr Frentzd berichtet über zwei Fälle von Ver-
letzungen der Scheide durch Hanostupration: ein Kind von
drei Jahren, die sich mit einem Stücke Holz beschädigt, und
ein Mädchen von 13 Jahren, die sich durch längere Zeit
getriebene Onanie Fluor albus, Harnverhaltung, einen Einriss
der Nymphen und SchweUung d«* CUtoris zugezogen hatte.
Herr Wegscheider bestätigt die von Herrn L. Mayer
angegebenen Veränderungen der GeschlechlstheUe und maAt
für Gebnrtshalfe in Berlin. 93
noch besonders auf ein Zeichen aufoierksain, nämlich die
▼oneitige Entwicklung der Pubertüt und das frühe Keimen
der Schamhaare.
Herr Eörte weist darauf hm, dass die Debatte ihr Ziel
ans den Augen verloren habe. Die der Gesellschaft vorgelegte
Frage drehe sich darum, ob die angegebenen Zeichen positive
Indicien getriebener Onanie seien. Die Vorredner hätten alle
von Fluor albus, Riithe und Klaffen der Gescblecbtsüieife ü. s. w.
als Folge der Onanie gesprochen, es stehe aber (est, dass
diese Erscheinungen ebensowohl aus anderen Ursachen ent^
stehen könnten und es sei leicht möglich, dass sie häufiger
Ursache als Folge der Onanie seien. Er kdnne daher die
örtlichen Veränderungen nicht als sichere Indicien betrachten
und würde sich nur durch allgemeine Anzeichen öberffihren
lassen.
Herr Martin trägt darauf an, dass eine Commission
ernannt werde, welche die von der GeseUschaft. beigebrachten
FiUe kritisch beleuchten und daraus eine sichere Ansicht
formuliren solle. Die Aufforderung, ein Gutachten abzugeben,
welches möglicherweise als ein Beweismittel wider gegen-
theilige Ansichten benutzt werden solle, sei eine ehrenvolle
und verdiene eine eing^ende Besprechung.
DerseH)en Ansicht ist Herr Virehow, der nicht nur die
bisher geäusserten Ansichten, sondern namentlich die Ltteratm*
einer ernsteren Berücksichtigung empfiehlt und ein motivirtes
Gutachten verlangt.
Herr Krütetter will, dass diese Commission sich mit
Directoren von Cretinen- und Idioten -Anstalten in Verbindung
setze, denn dort sei am ehesten Gelegenheil, die Onanie und
ihre Folgen zu beobachten, wo sie unverschleiert auftrete.
Herr C. Mayer hat in seiner ausgedehnten gynäkologischen
Praxis sowohl bei jung verhetratheten als älteren Frauen sehr
häufig Gelegenheit gehabt, Erscheinungen zu beobachten,
welche die davon Befallenen mit unwiderstehlicher Macht zu
Reibungen der Geschlechtstheile zwingt Hierhin rechnet er
den vehementen Pruritus, der sich oft zum Catarrh der
Pttdenda zugesellt, mitunter auch durch Ascariden hervor-
gerufen wird. Dieser Kitzd führt zu Reibungen, die den
Reiz momentan beseitigen, aber Grund zu immer heftigeren
94 VI- YerbAndlmigen der GMellichaft
Anfallen von Jucken geben, so daes die davon BefaUeQen oft
in den jammervoUsten Zustand gerathen und trotz der emelr
lichsten Vorwurfe, die sie sich selbst machen, nicht wider-
stehen können, die Genitalien zu reiben, oft bis das Blut
konuntl In diesen Fäll^ tritt aUmilig eine bedeutende Ver*
grösserung der Nymphen ein, das Hymen, wenn es noch
vorhanden, bleibt unbetfaeiligt, da es bei diesen Reibungen
nicht berährt wird, aber die Vergi^össerung der Nymphen ist
für ihn pathognomonisch und leitet sein Examen auf diesen
Punkt hin»
Von dem Gesichtspunkte ausgehend, .dass die Hyperämie
dieser Theile den Grund zur Onanie lege, beginne er seipe
Behandlung daher mit örtlichen Blutentziebungen, ja öfter habe
er sogar mit Erfolg die hypertrophirten Nymphen abgetragen.
Er glaube also, dass bestimmte Kennzeichen es mehr
als wahrscheinlich machen, dass Onanie durch Reiben getrieben
wird und dass ein Jucken der Geschlechtstheile in den meisten
Fällen den ersten Anlass gebe. Ob dies nun in der Kindheit
durch Ascariden, oder durch wollüstige Reizung in Folge
schlechter Gesellschaft, bei jungen Frauen durch wollüstige
Männer oder bei alten Frauen durch pathische Ablägerungen
in der Zeit der Decrepidität hervoi^ebracht werde, welche
Ursache auch den ersten Anstoss zur Onanie gebe, Ver-
änderungen der Geschlechtstheile wurden nie . ausbleiben und
namentlich die Nymphen in der Form einer erheblichen Ver-
grösserung betreffen und eine Erschlaffung der grossen
Schamlippen herbeiführen, wie sie bei jüngeren Individuen
gewöhnlich nicht gefunden wird; gleichzeitig mit einer be-
trächtlichen oft überaus schmerzhaften Irritation des Scheiden-
einganges und mit vermehrter Absonderung sowohl der
Scheidenschleimhaut als der Cryptae sebaceae in den Falten
zwischen den kleineu und grossen Uppen.
Herr C. Mayer verlas darauf die an Herrn B. gerichteten
Antwortschreiben Y<m Scanzoni und Crede^ welche beide
wegen Mangel an Erfahrungen sich eines positiven Urtheiles
enthalten. Ersterer flQgt indess hinzu, dass er von allen von
Herrn B. in der Tabelle verzeichneten Erscheinungen nur die
in einem Falle vorgefundene Zerreissung des Hymen als
beweiskräftig ansehe.
rar GebBJrtohiUfe in Berlin. 86
, . . Die. Geftellsohaft enräUt darauf eine CoiomiaaioQ «ua
4m .Berrep (7. Mmger^ Martim, Virchow, Wsg$dmder,
£ri$jier und Kri^idler, welche die angeregte Frage einer
CPted&fiheren Beieuchliiog uniersEieben aoM.
"^ . •
Herr v^n . Beckiinghausen legt Präparate von einem
Falle von
Krebs im i>ou^2a«'86ben Räume mit sahireichen
Metastasen
.vpr; die Seetion ergab Folgendes:
Die Leiche seigt stu*ke Abmagerung, geringes Oedem
der unteren Extremitäten. . Im Abdomen gegen 2 Quart trüber
rMilichbrauner Flüssigkeit. Der Dünndarm stark zusammen-
gebogen, ganz .in das Unke Hypochondrium gezent, während
das rechte wesentlich vom Coecum und der rechten HälÜ^
des Colon Irsinsversiitti ausgefüllt wird. Letzteres ist geknickt
Das Nets verläuft itt Gestalt eines derben Stranges, der im
1 kleinen Becken an den daselbst stark «erwadtsenen Ein*
I geweiden adhärirt. Mesenterium etwas lurz, sehr derb, ihre
^ ftawäe die übrige Serosa . mit sahlreieheD Knötchen bedeckt,
i die von Stecknadelknopl- bis Kirscheiigrösse variiren,. zum
^ TheU mit schwacher, nabetfönniger Depressur an der Ober^
^' ttiehe, sewie starker Injaction der Umgebung. YieUaUige
^ Adhäsionen der einzehien Theile der Dickdarmschlingen unter
j. sidi und mit der Bauchwand. Die Adhäsionen sind derb
0 und auch mit krebsigeu Einlagerungen versehen. Sämmtlicbe
^ Beekeneingeweide adhärireu an der Beckenwand und zwar
^ am meisten an der hinteren. Der obere Theil des Rectum
^ and der Fkxura sigmoidea stark gekniekt und gescblängrit,
^ nach vorn verwachsen mit einer derben kaotigen Masse,
^ weldie die inneren Genitahen ganz in sich aufgenommen hat
und nach oben gegen die BaochheUe mit stark nariugem,
steDenweise hyperämischem Gewebe abschliesst. In der FleKur
Z^ kleine Dkerationen. Der D^ugUu'sdus Baum ist ganz ge*
■u seh wunden» angefuUf von derber mit sehnigen Zügen durch-
aetMer Masse, zwischen weicher gebliche und rdtUiche;Stelkil
7 sich finden. Die in dies Convolut eing^Mtteten Ovarien sind
besonders rechts stark vorgräsaert, derb^ grau, bei Druck
tritt eine leicht weissliche Flüesij^eit aus. Der Uterus ist
t0
fifi
96 ^- VerliAiidlimgeii der Geselisehaft
init seiner hinteren Wand an die Masse angetvacfasen, kMo«
Sßrmig. Seine Hötde eng, im Cenricalkanal sitzt ein SdileiBH
pfropf. Die Orificia fast ganz geschwunden, CoUiun retithirt
Die Scheide massig eng, kurz mit zahb-eichen Narbim, besonder»
am Introitus. Der untere hintere Theil des Scheidengewölbet
wird durch die Masse im kleinen Becken vorgewölbt, auf der
Prominenz eine grosse, oberfläctdiche, kaum die Schleimhaut
durchsetzende Ulceration. Die Harnblase ist kkön, ihre
Schleimhaut sehr stark geröthet, besonders an der hintaren
Wand, wo eine mit diphtheritischen Massen belegte Ulceration
mit gewulsteten Rändern sich findet, weiter unter sind nodi
einige kleine Geschwüre.
Die Milz ist sehr klein, mit dem Zwerchfell stark fer*
wachsen, in der Verwachsung krebsige Einlagerungen. Dit
SdmitlflSche zeigt keine Knoten, dicke Balken, das Gewebe
schlaff und blass. Die Nieren etwas derb, an der Kapsel
leicht adhärirend, sonst ohne Abnormitäten. Magen und
Duodenum eng, enthalten eine grünlichgelbe schleimige Masse;
Magenschleimhaut flockig pigmentirL Gerade im Pylonis eine
kirschengrosse flache Ulceration mit schieferiger Umgebung»
der Grund ist sehr stark narbig und ruht auf einer krebsigen
Masse, die sich von hier aus in das grosse Netz fortsetzt
Pankreas wenig adhärirend, Cauda derb, verkleinert^ mit grauen,
kreDsigen Massen durchsetzt Von der Porta her erstreckt
sich ein fiber wallnussgrosser Krebsknoten in die Leber, der
in seinen Verhältnissen übereinstimmt mit kleinen an d«
Oberfläche pfominirenden hier und da mft narbigen Depressionen
versehenen Knoten. In der Brusthöhle ist die Unke Lunge
adhärent, die rechte theilweise. Im rechten Pleurasack V2 0**^
bräunlicher, flockiger Flüssigkeit Beide Lungen sind massig
gross, oben nur theilweise durch Stränge mit der Pleura costaL
verbunden, auf der Pleura pulmonal, sind zahh*eidie stmhKge
stemßrmige Narben mit erbsengrossen krebsigen Knötchen,
ohne Einlagerungen. Die Schnittfläche ist blutarm und zeigt
diffuse graue, luftleere, etwas markig aussehende Züge, im
hinteren Thefle leichtes Oedem, am hinteren Rande unten
schieferige Verdichtung mit einer sehr unregelmässigen etwas
eingezogenen Höhle. In der Spitze alte käsige Knoten.
Bronchialwände etwas verdickt.
für Gebiirt8li«l£e in Berlin. 97
Im H^rxbeutel Tiel klare FItlssigkeit. Herz ist sehr kleio,
das Fleisch stark brüchig. Links an den Klappen leichte
Verdidnmgen. Auf der vorderen Fttche des rechten Ventrikels
einen Zeil von der Spitze proroinirt ein derbes weisses Knötdien
mit staric gerötheter Umgehung.
Die linke Vena sohclav. an der Einmündung in die'
Anonyma sehr stark verengert durch eine weisslidie sehr
derbe schwielige Masse, die grösstentheOs aussertialb ihrer
Wandung gelegen ist In der Umgebung noch viele erbsen-
grosse derbe Knötchen, möglicherweise krebsige Lymphdrüsen.
Innen an der Stelle ein entfärbter fester adhärirender Thrombus.
Der Beweis für den Ausgang der Affection im Dougliut*9die(k
Räume wurde in der stark schwieligen, derben Beschaffenheit
der hier vorhandenen Masse gefunden.
Herr Martin theilte zu diesem Falk folgende Kranken-
geschichte aus dem Journal der gynäkologischen Klinik des
Gharitikrankenhauses mit.
Frau Heintz, 67 Jahre alt, wui*de am 7. Januar 1861
auf die innere Station des Charit^krankenhauses aufgenommen.
Hier klagte sie nur über airiialtende Stuhlverstopfung und
erhielt deshalb ein Infus. Sennae, wonach reichliche dünne
Ausleerungen erfolgten. Da man bei der inneren Untersuchung
eine Anschwellung hinter dem Uterus wahrnahm, wurde sie
am 11. auf die gynäkologische Abtheilung verlegt. Hier waren
die Hauptbeschwerden der Patientin Unregelmässigkeiten der
Stnhlentleenmg, die bald in Verstopfung, bald in Durchfällen
bestanden und stets mit heftigen Kolikschmerzen verbimden
waren. Dabei war der Leib massig aufgetrieben, die Urin-
secretion spärlich, d^ Urin selbst reich an Sedimenten. Die
Exploration ergab den Scheidentheil zierlich,, nicht erodirt,
fixjrt, dahinter durch das Scheidengewölbe eine feste rundUcbe
Geschwulst, der Spitze eines Eies ämlich, unbeweglich. Auch
durch den Mastdarm liess diese Masse sieh nicht bewegen.
Die grosse Schwäche der sehr herab^ekommenen Kranken
verbot eine Untersuchung mit der Sonde, sowie eine ein-
greifende Behandlung. Patientin erhielt Opiate, kalte Klysttere,
Bieinusöl u. s. w. Anfang März zagte sich unter zunehmender
EmpAndliiMeit eine beträchtliche Auftreibung des Leibes, in
98 VI. Yerliandloiigen der Gasellsehaft
dessen unteren Partieen Flactuatioa auftrat, wibmid sieb
Diarrhöe einstellte.
AUmäUg wurden auch die Arme und besonders die Ptae
von Oedem befallen, vorzuglich linkerseits» Endlich eoDabirte
Patientin von Tage zu Tage Hiehr, obechoB in letzter Zeit
die Diarrhöen nachliessen. Der Puls wurde kaum fOhlbar,
Herztöne sehr schwach. Der Tod erfolgte bei völUgem Be-
wusstsein am 24. März.
Herr Olehausen gab folgende Abhandlung über die in
der Sitzung am 26. Februar vorgelegte Missbildung:
Imperforatio ani mit abnormer Communication des
Darmes in die Blase; fehlender Penis.
Das am 27. December 1860 geborene Kind Oreiert wir
bei seiner Geburt, welche um 6 — 8 Wochen zu früh erfolgte,
sehr klein und schwächlich» Man bemerkte an ihm fc^lgende
Missbildungen. Der Anus fehlte; an seiner SteUe befand sieh
eine nur schwach angedeutete Afterkerbe, welche in den
folgenden Wochen sich alhnalig in eine Grube von V«" Tiefe
verwandelte. Das Scrotum war vollkommen normal gebildet
und enthielt beide Testikel, welche nur Anfangs zdtweise in
die Bauchhöhle zurückschlüpften.^ Es fehlte jede ^ur rines
Penis. Der Nabel befand sich aulfaUend tief, ungeßhr zwei
starke Querfinger breit üb^ dem oberen Ende des Scrotmn,
während der Raum oberhalb des Nabels bis zum Scrobicul« cordis
ungefähr das Dreifache maass. Zwischen Nabel und Scrotum
zeigte sich in den glatten Bauebdecken eine nur kleine Oefinung,
welche sich beim Auseinanderziehen der Ränder auf S'" — 4"^
im Durchmesser erweiterte. Aus dieser Oeffinung kamen so-
wohl Urin als Fäces hervor, bisweilen zugleich, meistens jedoch
so getrennt, dass der Urin vollständig rein und klar entleert
wurde. Ob beide Ezcrete aus demselben Blätter flössen,
liess sich. bei der Enge der Oetlhung nicht sicher enoitlehi,
doch schienen die Excrete in verschiedener Richtung aus-
gestossen zu werden. Aus der Oeflnung konnte man einen
Körper hervordrück^, welcher, obgleich ziemlich blas» von
Farbe, wohl für die hintere Blasenwand gehalten weiden
musste. Mit einer in die Oeifnung gebrachten Sonde dhnng
man nadi allen Seiten eine Strecke weit vor« am weitesten
für Gabartshülfe in Berlin. 99
D#ch fanlen und unlen, circa 1" — IV/ weit Bei Druck
auf die AAergegend pflegten in der ersten Zeit Fäces durch
den widernatürlichen Afier entleert zu werden; die den After
Terscfaliessenden Gebilde bestehen, wie . es scheint, nicht in
einer dünnen Membran; auch ist Fluctuation an der Aßer^
gegend nicht bemerklich. Ob bei der vorhandenen Oeffnung
der Blase nach aussen, wie sonst fast inuner bei Blasenspalte,
die Schambeine ua?ereinigt sind, lässt sich durch die Bauch-
decken nicht mit Sicherheit durchfühlen, doch scheinen die
Schambeine nicht vollkommen zusammenzustossen.
Der rechte Fuss des Kindes ist ein exquisiter Pes calcaneus,
unter den angeborenen Verkrümmungen der Füsse wohl eine
der seltensten. Die Hacke ist als Prominenz ganz ver*
•ehwuoden; der innere und äussere Fussrand stehen gleich
hoch. — Da^ schwächliche Kind gedieh an der Brust sehr
gut In der Entleerung der Fäces, welche immer normale
Farbe und ziemlich dünne Consistenz hatten, trat niemals
•me Störung ein. Die Oeffiiung oberhalb des Sero tum, welche
Anfangs im Niveau der Bauchdecken lag, trat mit ihrer Um-
gebung immer mehr hervor und befindet sich jetzt auf einer
y/oia den Bauchdecken gebildeten' kuppeiförmigen Erhebutt|
von i"' — 4'" Höhe. Der Nabel dagegen ist, in Folge dieser
Prominens, ganz verzogen und nur durch eine Narbe in den
Bauchdecken noch angedeutet, so dass Jeder, welcher das Kind
jetzt zum ersten Mal sähe, bei ungenauer Untersuchung glauben
würde, der tiefsitzende Nabel sei nach aussen geöffnet.
Wir haben also in dem vorliegenden Falle, um es kurz
zu sagen, eine Imperforatio ani mit widernatüi'lichem After,
eine freilich unvoUkommene Blasenspalte und einen Mangel
des Pen».
Nur über das, was an dieser Missbildung als seltenes
Vorkommniss bezeichnet werden kann und über die Gon^
binatiojn der vorhandenen Anomalien, will ich «mir erlauben,
ein paar Worte zu sagen und einige ähnliche Fälle aus der
Literatur anzuführen.
Bei der so häufigen Imperforatio ani findet hiaweikn eite
adboonne Oeffnung des Darmes nach anderswohin statt Hier
kommen verschiedene FäUe vor. Es kann der Darm sich
dlBam in die. Scheide, die Harnblase, die Harnröhre oder
100 VI. VerhandloBiva der 6«Mllseh«ft
direct an der Köqieroberilädie. leat Arten bat Papemd&rf
(Difs. acad. obs. sisL de ano mfaitimi imperiörato, Lqgd.
BaUiT. 1781. Uebersetzt in der oeiieD SMmrtmg aoserieaeiMr
Abhandlungen f&r Wondärzle, St 2, S. 186 o. 287) mit dem
Namen Atresia ani vaginalis, vesicalk and arellirafis belegt
Meckd hat auch für solche FäOe den Namen GloakenbiMnig
eingeführt und unterscheidet Gloaca vaginal» elc Abgesdioi
▼on den Fällen, wo Harn, Generationasystem and Dann in einer
gemeinsamen Höhle zusammenkommen — ein StdienMeAm in
der Entwidteümg zur Zeit des vorhandenen Sinus uro-genüaJiA,
welches man vorzugsweise aoakenbikkmg zu nennen pflegt —
findet die Verbindung des Darmes mit einer der genannten
Höhlen auf verschiedene Art statt, z. B. durch einfache
Oeffnung der nahe gelegenen Darmwand, meist aber doreb
einen längeren, gewöhnlich nor engen Kanal, eine Art Damn
dirertikeL Es kommt auch vor, dass ein solches Divertikel
bb an die Blase bmaufreicht, ohne sich in dieselbe zo öfinen.
Die Atresia ani vaginalis ist nicht selten. Fälle der
Art beobachteten Kirsten, Roehard (Backer, Joum. d. m.,
1790, Dec), Bonn (bei Papendorf, S. 251), DeuUeh (Neue
Zeitschr. f. Gebk., 1851,' XXX., S. 281) in zwei Fällen:
desgL zwei Mal Doepp (Abb. der Petersb. Aerzte, 1842, S. 162),
Bednar (Die Krankheiten der Neugeborenen u. Sänglinge, S. 120),
KrauB (Wiener med. Wochenschrift, 1857, No. 6, S. 77),
Krieger (Monatsschrift f. Geb., Sept. 1858, XII., 3, S. 184)
u. A« m. Bei dieser Missbildung ist das Leben am wenigsten
geAhrdel. Juesieu (Mem. de l'acad. des sc, 1719, 12, p. 52),
Petü (Actes de sante, Lyon, T. IL, p. 101), Benieiem (De
abdominis morbor. causis., cap. 86), Deutseh sahen diese
Missbildung an Kranken von respective 8, 10, 16, 29, 30 Jahren.
Cantarini sah sogar eine 100jährige Frau, welche mit dieser
Missbildung behaftet war.
Die Atresia ani vesicalis ist ebenfalls nicht ganz
selten; sie kommt, wie auch die Atresia urethralis, besonder«
bei Knaben vor und ist meistens mit Inversio vesicae complicirt.
Boirie (Mim. de Tacad. des sc., 1755, p. 78), KaJUchmied
(De raro casu ubi intestin. rect in vesicam urinar. insertnm Itait,
Jenae 1756), Liveiüe (DeaeauJtj Joum. de chir., tom. !¥.,
p. 248), BaudOoejue {84diüot, RecueU piriod., vol. 0., p. 108),
fttr Q«bart8httlfe in Berlin. . IQl
Wrigherg (De praeternaturali et raro intesUn. recti cum
vesic uriD. coalitu et inde pendente ani defectu» Gott 1779),
Wagkr (Haarl. Verbandl., Bd. XIX., S. 277), Dubreuäh
(Journ. d. 1. spc. d. mM. d. Bordeaux, Oct. 1840); Cruveiüiier
(Anatom, .patholog. du corps bumain, livre IL, pL 2. —
Abgebildet bei Amman y Angeb. cbirurgische Krankbeiten,
-Tat X., Figg.4, 17 u. 18), BouUet(GdiZ. des höp., 24, 1859),
Amm(m(Tat X., Figg. 2, 15, 16), Vrolik (Tabb. ad illustr.
embryogenesia, Tabb. XXXL u. XXXIL), Eichmann (Zeitacbr.
der deutschen Chirurgen, IX., H. 3, S. 141, Canstt. 1855, 22)
sahen nnd beschrieben solche Fälle. Eiehmann erzählt yon
einem Mädchen, welches mit 17 Jahren an Entkräflung stai*b.
Fast in allen Fällen war vom After nur eine Andeutung vor* ^
banden. Münehmayer beschreibt (Oppenh. Zeitsehr., 1842,
Bd. XXI.) einen Fall, in welchem das S. romanum ganz fehlte,
das sonst normale Colon aber an der hinteren Wand der
Blase mit einer nabelförmigen Vertiefung bUnd endigte» Bei
vorhandener Inversio vesicae urinariae stattfindende Communi-
catioaen bildet Amman mehrfach ab (L c Taf. VUL, Fig. 20
nach Meekd, Tat IX., Fig. 6 u. 7 beobachtet von Flach$ in
Dresden). In einem der ^mmon'schen Fälle war ein After
vorhanden, aber der Darm war, wie so oft, rudimentär ge-
bildet und das obere in die Blase einmundende Stück war
mit dem unteren Theile des Rectum ausser Verbindung.
Atresia ani uretbralis kommt seltener vor als die ge^
uanalen Missbildungen , am häufigsten bei Knaben. Walfstriegd
sah den Darm durch einen erweiterten Raum in die Urethra
übergehen. Bravais sah bei einem 4 V^ Monate alten Kinde
die Fäces durch die Harnröhre abgeben, welche sich bei der
Seetion wie die natärliche Fortsetzung des Darmkanals aus-
nahm. 8paeth erzählt einen Fall, in dem der Mastdarmkanal, '
neben der Urethra eioherlaufend, sich bis an die Glans penis
erstreckte, dort ab^ verschlossen war. Admlich ist der FaU,
weldien Amman Taf. XI., Fig. 1, d u./ abbildet Cruveilhier
hat einen FaU beschrieben (Anat pathol., livre I., pl. 6),
desgL Scanzani (Verhandl. d. Würflmrger Ges., Bd. IL, S. 331),
ferner Otta (Descriptio sexcentor. monstror., Taf. XIIL, Fig. 5)
nnd Amman (Tai. X., Fig. 3, 21 u. 22).
102 VI. Verhandlungen der Gesellsohaft
Die Missbildungen, bei welchen der Darmkanal au einer
abnormen Stelle der Körper<ri)eHHiche selbststindig ansmändet,
sind, wie es scheint, nicht sehr häuOg. Mery (Mim. de
Pacad. des sc, 1716, p. 184, 189) erzählt von einem Kinde,
welchem die vordere Bauchwand fehlte. Am unteren Ende
des Bauchbruchs befand sich eine ovale, vertiefte Steile mit
fdnf Oeffnungen, von welchen eine in den Krummdarm fütiirte,
eine in ein Hastdarmrudiment, welches sich l'^ tiefer noch-
mals öffnete, eine in zwei blinde Höhlen führte, die vierte
und fünfte endlich in zwei getrennte Harnblasen.
Voirin {S4diUot, Recueil period., 26, p. 368—364)
fand bei einem Knaben an der Stelle der Genitalien eine zum
Krummdarme fuhrende Oeflhung. Littre (Mem. de Facad.
ds. sc, 1709, p. 9) sah bei einer totalen Spaltung der
Bauchdecken den Krummdarm etwas über der Schambein-
Verbindung geöflhet. Der rechte Harnleiter Mhete sich circa
4"' über der Stelle, wo der rechte horizontale Schambeinast
sich befinden sollte, der linke Harnleiter ging in die Harnblase
über, welche an derselben Stelle mit einem Halse mündete.
Petit (Mem. de Tacad. des sc, 1716, p. 114, 121. D^scriptien
d*un foetus difforme) fand, bei Mangel der Bauchdecken, über
den Schambeinen im Bauchfelle eine runde Vertiefung von 1*
im Durchmesser. Diese führte in den Krumrodarm. Der After
fehlte, desgl. die äusseren Genitalien bis auf ein 6^ langes
Rudiment des Penis. Die Harnblase fehlte.
In diesen Fallen war also mit dem Anus paeternatoralis
eine Verbildung der Genitalien oder ein Defect der vorderen
Bauchwand oder Harnblase verbunden; doch kommen nudh
anderartige Fälle vor. In einem Falle von Auhery und
de la Faye, welchen Papendorf erzählt, mündete der After
am Os sacnim und entleerte Fäces. Dinmore (bei Meekd,
Paithol. Anat., I., S. 506) sah ein Kind mit Sehr unvoU*
kommener Entwickelung der unteren Körperbälfte, bei welehem
der Darmkanal sich in die Höhe bog und unter der rechten
Schulter sich öffnete. Noch merkwürdiger ist der Fall von
Bus (Spec. anatomica, Roterod. 1661, p. 10), iA welchem
sich der Darmkanal aus der Unterleibshöhle wieder in die
Brusthöhle begab und neben dem Schlünde verlaufend, dufdi
Hit Q^biirtfilifllfe in Berlin. IQg
eine Tollkominene Scheidewand von ihm getrennt, in einer
genieinschsAMehen, sehr engen Mundöffnung endete.
Von diesen Fallen xu trennen sind diejenigen, wo der
Darm, meistens der Dünndarm, sich durch den Nabel nach
anssen dfinele; hierhin gehören die meisten der Ton Papendorf
bescfariebenen FUle. Auch Meckel (Reits Archiv, Bd. ÜL, H. 1)
hat einen soldien Fall beobachtet, wo in die Harnblase sieh
Mastdarm and Scheide Affiieten, ausswiem aber am Nabel
der Dfinndarm durch einen langen Gang mündete. Diese
Ifissbildung sieht man woU mit Recht ftr eine Hemmnngs*
büduttg, einBestehenbläben des Dnctus omphalo-meseraicus an.
Was die Spaltung der Harnblase betritt, so ist diese
Missbfldnng bekannt genog, m» einer ausführlicberen firörtenmg
SU bedürfen. Herr Prof. Virohow machte auf das, auch in
unserem Falle Yorhandene Tiefersteben des Nabels, weiches
bei Hasenspalte eonstant ist, schon neidich aufmerksam. Die
Haltung der Blase sowohl wie der Bauchdeeken ist gewöbnlici
eine »emlieh vollständige und wird der Nabel sehr oft so in
das Bereich der Spalte hineingezogen, dass viele dieser F&lke
früher als Beweise für das Fehlen des Nabels au%eführl
wurden. Die Schamfuge ist fast immer von der Spaltung
ibitbelroffen. Nur CooUb soll nach Ammon'f^ Angabe eine^
FaM mit vereinigter Schamfuge gesehen haben. In einzelnen
FäUen ist bei ^espalten^ Blase die Hautbedeckung iiitact
V%Uaiumi49 (bei Aminon) beobachtete einen solchen von sehr
dtaner Haut überzogenen Prolapsus vesieae inversae.
Erwihming vierdienen noch die seltenen Fälle von Oefflinng
der Harnblase nach anssen durch den Nabel, auf Wegsaml^eiben
des Urachus beruhend. Chaudelux (Gaz. med. de* Lyon»
X^, 1859) beobachtete dies u. A.
£ttdficfa wollen wir noch die kleinheit oder den Mangel
des Tenis in Erwägung ziehen. Bei.Invecsio vesieae smd
Misshilduigen des Penis häufig. Sie bestehen meist in
SpakHQgen des Penis, von den geringsten Graden der Epiqiadie
bis zur voUstindigen Trennung in zwei seitliche UäUteUt
iaderseits mit halber Urethra. Viel seltener ist abnomie Kurse
des Penis« Fimfoni und Detgrcmges isafaen denselben (ver-
mathfich beim Erwaohsenen) 2" lang; le S<$ge will denselben
ly«' lang gesehen haben; Pcietta kaum von der Länge
104 VI. Verhnndlungen der GeselUchaft
halben Fingersdkke. BesaiuH sah vom Penis oiir die gespalteoe
Eichel Voimn fand keine Spur desselben. Bartholin (Hislor.
anatom., cent I., obs. 65, p. 113) sah einen Maim ohne After
und ohne Ruthe. An der Stelle des Nabels befand sich eine
gespaltene Harnblase, aus welcher der Harn floss; der feste
Koth dagegen wurde zu bestimmten Zeiten durch den Hund
ausgeworfen. (Meckel 1. c).
Blicken wir jetzt auf unseren. Fall zurück, so muss be-
sonders Folgendes auffallend erscheinen : Dass bei vorhandener
Blasenspalte fast die ganze vordere Bauchwand gebildet ist
Ufid eigentlich nui* eine Blasenbauchwandfistel gebildet ist Es
muss diese Missbildung auf eine sehr frühe Zeit des embryonalen
Lebens zurückgeführt werden, da die Schttessung der Bauch-
wand etwa in der dritten Wodie erfolgt, abgesehen vom
Nd)ebringe, welcher allerdings noch im dritten Monate einige
Dsormschlingen enthalten soll. — Der spurlose Hangel des
Penis ist jedenfalls etwas sehr Seltenes.
D6r Darm scheint in unserem Falle in die Blase ni
münden, vermuthlich in den oberen Theil derselbwi, und die
Oeffnung des Darmes inuss so gegen die Oeflhung in den
Bauebdecken gerichtet sein, dass die Fäces aus dem Darme
geraden Weges nach aussen gelangen können. Eiae Vef-
meogung des Urins und der Fäces in der Blase scheint
wenigstens nicht zu Stande zu kommen, da der Urin fast
immer ganz klar entleert wird. Die normalen Fäces sprechen
dafür, dass die Dannlistel sich am Dickdarme befindet Die
Behandlung des Falles betreffend ^ halte ich einen operativen
Eingriff bei der völligen Gesundheit des Kindes für un-
geredhfertigt; um so mehr, als gerade in den Fällen von
Imperforatio ani mit abnormer Communication des Dannas
nach anderen Seiten hin, das Rectum oder wenigstens sein
grösster Theil zu fehlen pflegt
In folgenden zwei Fällen von Uisabildung existirlen mü
dem unserigen in Bezug auf die Combination der Abnoimiliten
manche Aehnlichkeiten, so unähnlich diese Kinder dem von
uns beschriebenen im Groben, Aeusseren gewesen mn müssen.
D.elßni (Opuscula scelti sulle scienze ei suUe arti, Hilano,
tom. VI., p. 21—23) fand her einem männlichen, 1 Monat
alten Kinde, vom Nabel bis zum Mittelfleische und von einer
für GebnrtBhttlfd in Berlin. 105
Leistengegend zur anderen eine Geschwulst sich erstreckend,
welche oberflächlich exulcerirt war und in querer Richtung
getheilt schien. Sie schien in ihrem oberen Theile einen
Nabelbruch, im unteren den Hodensack zu bilden. Ruthe
und After fehlten vollständig. In demjenigen Theile der
Gesehwulst, welche den Hodensack darstellte, fanden sich
vier fäne Oeffdungen, Va*^ ▼^^ einander entfernt Die obere
fährte zum Krummdarme; zwei seitliche zu den Barn-
leitem und die unterste zu einem mastdarmähnlidien IVs*
langen Sacke am Kreuzbeine. Hoden und Nebenhoden fanden
sidi vor, aber kerne Samenstränge und Samengefösse. Hier
feUte also die Harnblase völlig, der Defect der Bauch wände
war grösser und es hatte der, Darm noch eine zweite Oeffnung
nach aussen.
Retfolat (bei MeckeV) sah den Nabel tief am Unterleibe
ätzen; ober ihm bestand eii> Nabelbruch; die Ruihe war
unvollkommen, die Aftergrube kaum merklich. Unter dem
Nabel bestand eine Querfurche und unterhalb dieser zwei
glatte Haüterhabenheiten mit den Hoden. Als man an jene
quere Vertiefung die Sonde brachte, zerriss eine dünne Haut
und Harn und Koth flössen aas. Am »ebenten Tage trat
der Tod ein. Der Mastdarm hatte an der Querfurche blind
geendet Die Harnleiter öffneten sich nach unten und hinten
in die zweigetheilte Harnblase.
Sitaiing vom 9. April fö61.
Herr C. Mayer verliest einen
Fall einer vom Uterus ausgehenden geheilten
Epilepsie.
Der Fall, welchen ich heute hier mitzutheilen wünsche,
gebort, soviel ich weiss, zu den seltenen und beweist, welchen
mächtigen Eii^uss der kranke Uterus auf das Nervensystem
ausüben kann, wie wichtig und nothwendig es folglich ist,
bei allen Formen von Nervenkrankheiten der Frauen immer
tunädist an den möglichen Zusammenhang mit dem Uterus
ID denken, statt durch die Anwendung der alten herkömmlichen
Moiiat8iic1ir.f.GobiirttiL 1861. Bd.XVUI., Hn.f. 8
106 - ^^* Yertiaiidluiig^en der Gesellaehaft
Heilmethoden eine fSr die Kranken uneroetzliobe Zeit zu
verlieren.
Frau N, N., eine 26jäbrige, magere, dunkle Blondine,
verlangte Anfangs des vorigen Jahres meinen Rath, wdl «e
seit ihrer letzten Schwangerschaft vor etwa zwei Jahren an
Unterleibsschmerzen und Blasenbeschwerden und seit ihrem
18. Jahre an epileptisdben Anföllen htt, g^e» welche Leiden
sie bisher ohne Erfolg bebandelt worden war. Sie war in
der Kindheit gesund, und weder bei ihren noch lebenden
E!ltem, noch bei ihren Geschwistern waren epileptische Anfille
vorgekommen. Seil ihrem 16. Jahre trat die Menstruation
immer mit Schmerzen ein, die schon am Tage vorher be-
gannen. In ihrem 18. Jahre, noch vor der Verheirathung,
wurde sie in Folge dnes heftigen Schreckes während der
Menstruation plötzlich von dem ersten epileptischen Anfalle
betroffen und von dieser Zeit traten Anfangs die Anfölle alte
vier Wochen entweder vor oder nach der Operation ein;
ausserdem war sie ganz gesund. Sie verheirathete sich vof
neun Jahren und gebar zwei Kinder, das letzte vor 1% Jahren.
Die epileptischen Anfalle traten auch während der Schwanger-
schaften und während des Nührens der Kinder ein, wurdoi
nach und nach häufiger; die Geburten waren leicht, aber
sdion während der zweiten Schwangerschaft fand sich Anfia^ngs
ein «fortwährendes schmerzhaftes Dröngen zum Ebmlassen und
später ein häufig unwillkärhches Abfliessen des Harnes, allmäüg
nahmen die Sdimerzen beim Harnlassen und in der Blase zu,
hörten jedoch nach der Geburt des Kindes sechs Wodien
lang ganz und gar auf; — dann traten sie mit vermehrter
Heftigkeit gleichzeitig mit den epileptischen Krämpfen wieder
ein und trotzten jeder ärztlichen Behandlung. Die Menstruation
erschien nach dem Entw(%nen wie ft*über regelmäßig, dauerte
3 — 4 Tage,. war am ersten Tage mit Hysteralgien verbunden;
in den Zwischenzeiten zeigte sich Blennorrhoe. Dabei, war
die Digestion gestört, der Appetit gering, öfters -zeigten wh
Uebelkeiten, abwecbsehid Erbrechen, besonders nach dem
epileptischen AnEiUe, *die Stuhlausleerungen vraren schwer,
hart und schmerzhaft, mussten durch ausleerende Mittel be-
fördert werden. Der Urin war immer JieU imd klar und diu
Hambeschwerden belästigten die Kranke sowohl bei Tage aift
fttr G«bart8hlllf6 in Berlin. 107
bei Naebt D^ CoHus ifvurde sehen volhogen, war solmiers^
baft, hatte sdkr auf die AnfUle und auf die Blaseobeschwerden
kttDen Einflttss; — der Schlaf war durch das BlasenleideD
gestdrt, welches durch Anstrengungen, durch Gehen und
Sieben vermehrt wurde, ßen epileptiscben AnflUen gmgen
Beängstigungen und nuangenehme Emjpihidungen in der Imken
Hand roraus und ihnen folgte ein längerer dumpfer Schmen
in Verderkopfe.
Die ganae GesdnditserzäUang deutete unverkennbar auf
amen Zusammenbang mt den Sexaalorganen hin und machte
eine Exploration unerlässlich. — Ich fand bei der ersten
Untersuchung den Bauch gespannt, die Regio pubis beim
Drucke schmerzhaft, die äusseren Genitalien, den Introitus,
die Urethra gesund. Die Vaginalportion war etwas nach hinten
gerichtet, massig geschwellt, der Uterus stark nach yom ge-
neigt, die hintere Wand des Uterus beim massigen Drucke
sehr schmerzhaft; die Sonde liess sich leicht einfuhren, ver-
ursachte aber bei leisem Drucke der vorderen Wand sehr
heftige Schmerzen. Die Urinblase war massig geiuUt, die
Appfieation des Katheters war schmerzhaft und nach der
Enäeerung einer geringen Menge eines hellen, klaren Urins
tt^en sehr heftige Blasenschmerzen ein. Im Speculum zeigten
sidi die MuttermundsKppen hyperämisch, dunkehroth und im
Umfange des Orificium scharlacbrotbe Excoriationen, welche
man bis in den Cervicalkanal vom klaffenden Orifieium aus
verfolgen koimte. Es war also eine chronische Entzündung
des antevertirlen Uterus vorhanden und diese hatte sieh
wahrscheinfich auf die Blase forterstreckt.
Die Kranke blieb etwa vier Monate in Berlin, um sich
von mir behandeln zu lassen. Während dieser Zeit liess ich
vier Blutegel an den Uterus setzen, scarificirte dann wegen
der fortdauernden Hyperämie und grossen Schmerzhafligkeit
dm Mal die Lippen und den Cervicalkanal und entleerte
dadurdi sehr bedeutende Quantitäten von Blut, bis endlich
die Byperämäe schwand, die Schmerzhafligkeit des Uterus
naddiess, gleichzeitig liess ich nur durch Magnesia ustä aus-
leeren, liess laue milde Injecäonen von Wasser oder Leinsamen-
thae niacben, ätzte einige Male die excoriirten Lippen und
dan Cervicalkanal mit H^ybasteiSy wandte später Aqua plumbi
10g VI. yerba&dlangen der QeselUchaft
und Sol. Zioci alumioata auf die geschwörigeo Stellen an,
liess als ableitendes Mittel ein Vesicatorium auf den linken
Arm legen und offen erbalten und beilte so das vorbandene
Uterinleiden. — Nacb und nacb verschwanden mit der ekh-
Iretenden Besserung die Blasenbeschwerden und bei ihrer
Abreise war die Kranke vollkommen wohl und hatte seit
10 Wochen keinen epileptischen Anfall mehr gehabt. Im
Anfange des Jahres erhielt ich ein dankbares Sehreiben vom
Ehemanne, worin er mir freudig meldete, dass seine Frau
seit ihrer Rückkeln* nach Hause vollkommen wohl geblieben sei.
Herr M, knüpft an die Hittheilung dieses Falles den
Wunsch, dass Beobachtungen, welche wie diese sowohl durch
Untersuchung als durch den Erfolg der Behandlung, lange
bestehende Nervenkrankheiten als un7.weifelhafl durch . ein
Gebärmutterleiden bedingt erwiesen, in extenso in der Gesell-
schaft milgetheilt würden , um durch weitere Veröffentlichung
die Aufmerksamkeit des grösseren ärztlichen Publikums mehr
und mehr auf diesen so häufigen Causalnexus hinzuleiten.
Herr Bernhardi aus Eilenburg (Gast) erwähnt, dass er
im vorigen Jahre einen^ ganz analogen. Fall beobachtet habe.
Eine junge Frau von 30 Jahren hatte in Folge tiefer geistiger
Erregung bei Abbrechen eines Verlöbnisses Anfalle hysterischer
Krämpfe bekommen, die allmälig die Form der Epilepsie
annahmen. Lange Zeit an diesen periodischen Anfallen leidend
unterwarf sie sich endlich einer Untersuchung und es fand
sich eine chronische Entzündung der Scheide und des Uterus
mit gleichzeitigem Blasenleiden. ' Trotz dagegen eingeleiteter
Behandlung bUeben die Krampfzufalle dieselben, vielleicht in
Folge der inzwischen geschehenen Verheirathung und mangel-
hafter Vollziehung des Beischlafes. Da ihn die localen Mittel
in Stich Hessen, so verordnete Herr Bernhardi nun rusaische
Dampfbäder, von denen er sich einen mächtigen Einfluss auf den
Stoffwechsel und somit Beseitigung der vorhandenen Hyperämien
versprach, und erreichte dadurch nach längerer Zeit -die
Heilung der Epilepsie. Bei später angestellter Untersuchung
seien die Genitalorgane vollständig gesund befunden worden.
Heri^ Pcuisoh fand bei einer sehr heftigen Hemicraote
bei der Exploration eine stark angeschwollene Gebärmutter
rar OebariBhfilfe in Berlin. 109
mit EroBionen der Vaginalportion ; durch dreimalige Aidegufig
¥0D Blutegeln an den Uterus beseitigte er die Gebärmutter^
krankheit und mit ihr die Hemicranie. Dies sei indess der
einzige Fall seiner Beobachtung, wo die Hemicranie in einem
GebSrmutterieiden wurzelte, in anderen Ffllen habe er vor*
geblich diesen Zusammenhang gesucht.
Herr Krieg&r hält es ebenfalls fdr nicht selten, dass
Hemicranie durch Uterinleiden, namentfich durch veraltete
Hetroflexionen henrorgerüfen wird. Er habe in mehreren
FäHen durch wiederholte Blutentziehungen Erweichungen der
Indurationen heii>eigeföhrt, dann vorsichtige Repositionsversudie
gemacht und längere Zeit fortgesetzt und zugleich mit der
Besserung des Uterinleidens seien oft die Anfalle der Hemicranie
weiter auseinander gerückt und in ihrer Intensität schwächer
geworden. Er erkläre sich diesen Zusammenhang durch Fort-
pflanzung des Reizes, den eine geschwollene Gebärmutter
durch Druck auf die Sacralnerven ausübe.
Herr C. Mayer verweist auf die von Henoch am
20. December 1858 in der Gesellschaft für wissenschaftliche
Medicin angefdlirten Fälle von consensuellem Kopfschmerze, die
durch Beseitigung von Uterusleiden gdieilt wurden. (Deutsche
Klinik, 1859, No. 14 u. 15.)
Herr L. Mayer hat bei einer Frau in den Zwanzigern,
die 1 — 2 monatlich zur Zeit der Menstruation von epileptischen
Anfällen befallen wurde, durch Beseitigung einer Metritis und
Anschwellung der Leber, zwar keine Heilung doch eine
Besserung der Epilepsie erzielt.
Herr (7. Mayer hält die Fälle der Heilungen einer vom
Uterus ausgehenden Epilepsie für sehr selten, fhm sei dies
der erste Fall, wiewohl ihm häufig durch Romberg Epileptische
zugeführt seien, bei denen er theils Uterinleiden vorgefunden
habe, theils nicht; habe er jene auch beseitigt, Heilungen der
EpOepsie habe er doch in keinem Falle erreicht.
Hen* Martin hat auch keinen Fall von Epilepsie beobachtet,
der bestimmt als vom Uterus ausgehend zu betrachten gewesen.
Er habe. oft die Untersuchungen bei Epileptischen vorgenommen,
aber bisher nie den causalen Zusammenhang nachzuweisen
vermocht Hemicranie und andere Krampfformen hysterischer
Natur, wie sie namentlich bei Retroflexionen auftreten, habe
'110 ^* Verbandlnngeii der Geielbchafk
er. indefts öfters beobachtet und ancb geb^t. NametitHdi
eriiiiiere er noeb an die tiefe Melancbolie, die sich öfters bei
Uteriokranken finde und unsweifelhaft durch das Utmaleiden
hervorgerufen werde. In diesen Fällen, wo es sich meist
um chronisehe Infarcte der Gebärmutter handle und Blut^
entziehungen, Sitzbäder, auflösende Mineralwasser u. s. w. die
Beseitigung derselben nicht zu Stande brachten, habe er mit
vieiera Erfolge energische Cauterisationen mit dem Aetzstifte
vorgenommen. Auch Simpson habe in neuester Zeit darauf
hingewiesen, dass in gewissen Fällen eine kräftige Anregung
des Uterus, welche die unvollständig abgelaufene Involulion
nach Wochenbetten von Neuem in Gang bringt, sehr geeignet
sei, eine Heilung der Infarcte herbeizufuhren; er müsse dieser
Ansicht nach vielen Beobachtungen mit voller Ueberzeugung
beistimmen.
Herr X. Mayer erinnert sich, dass ihm im Staatsexamen
ein Fall von Epilepsie zur Beurtheilung überwiesen worden,
die durch einen Fall auf das Steissbein entstanden war; er
entsinnt sich noch, dass bei der Untersuchung eine Retro-
flexio uteri vorgefunden wurde, kann indess Über den Verlauf
nichts Weiteres berichten.
Herr Wegscheider kann auch den Prolapsus uteri als
Ursache einer Hemicranie anführen. Eine alte Dame von
75 Jahren wurde von einem sehr heftigen Kopfschmerz be-
fallen, der längere Zeit vergeblich behandelt wurde, bis aich
zufällig herausstellte, dass sie gleichzeitig an einem unvoll-
ständigen Prolapsus uteri litt. Herr Wegscheider applicirte
ihr ein Zu^ani'sches Pessariuni und augenblicklieb schwand
der Kopfschmerz. Interessant ist, dass diese Dame, als das
erste Pessarium zerbrach, sofort wieder ihren Kopfschmerz
empfand imd nicht eilig genug ein neues Instrument beschafft
werden konnte.
Herr KristeUer erinnert daran, dass Schönlein in seinen
Vorträgen eine eigene Epilepsia uterina unterschieden habe,
die namentlich nach Retroflexionen entstehe. Auch frühere
Schriftsteller hätten einzehie analoge Fälle erwähnt und
entsinne er sich namentlich eines interessanten Falles von
van Swieten, der eine Frau behandelte, die Jedes Mal, wenn
sie mit einem Knaben schwanger ging, von epileptischen
fSr GebnrtBhülfe in BerHii. - Hl
Anftllen befallen wähle. Er. Belbst behandele eine Frau mit
Ketroflexio, die viel an ZuckuogeD in den Beinen und Armen
leide. Er stimme der Ansiebt des Herrn Krieger bei, dass-
der Druck auf die Sacrabierren Ursache dieser Krämpfe sei
und habe auch auf Blutentziehungoi jedes Mal eine Besserung
des Uebels einUrelen gesehen.
Sitzung vom 30. April 1861.
Herr jMcke legte ein Präparat vor von. einem
Uterus mit einem grossen Fibroide
nebst einem dazu gehörigen über mannsfaustgrossen ab-
geschnittenen Fibroide. Das Präparat rührt her von einer
Frau» weldie melufach geboren, ein Mal abortirt hatte und
zuerst vor zwei Jahren eine Geschwulst in der Scheide be-
merkte, welche ihr bald beku Stuhlgänge und Urinlassen
bedeutende Beschwerden verursachte. Seit Ende vorigen Jahres
hatten «ich auch bedeutende Blutungen eingefufiden, so dass
die Kranke sich veranlasst sah, sich in die Klinik aufnehmen
zu lassen. Die Kranke war sehr anämisch, sonst aber gesund.
Aus der Sclieide trat, bescmders beim Drängen, eine grosse
glatte Geschwulst hervor, die man bis ziemlich hoch umgehen
konnte und die scheinbar an der hinteren Muttermundslippe
sass; in der That aber war die hintere Lippe nur fast völlig
verstrichen und das Fibroid sass mit einem sehr dünnen
glatten Stiele am hinteren Rande des inneren Muttermundes.
Es wurde mit dem Messer entfernt; Blutung fast gar nicht.
Die Kranke befand sich acht Tage 1mg ganz wohl, ein nicht
zu startier Eiterausfluss fand statt. In der Nacht vom aditen
zum neunten Tage stand die Kranke aus dem Bette auf and
scheint eidi dabei stark erkältet zu haben, am anderen Morgen
Zeichen von Peritonitis, welche trotz der energisch ein*
geleiteten Behandlung am dritten Tage sdion tödtiich verlief.
Bei der Section fand sich eine Stenge Peritonitis. Der
Uterus zeigte in seiner rechten Wand ein grosses inlerstitieiies
Fibroid, die Wandungen sind allerseits sehr verdickt, in der
Höhle eine catarrhalisohe Schleimabsonderung; die linke Tube
112 VI. yerhandlnngen der Gesellscliaft
enorm vergrössert, gespannt, entleerte beim Eutsefaoitte eiroa
Va Unze Eiter und die Eiterung lies8 sieb verfolgen bis ndw
an den Eintritt in den Uterus. Die rechte Tube weniger
yergrössert, zeigte auf dem Durchschnitte ein eigenthümlich
gallertiges Ansehen, welches von der Hypertrophie der Musoulaiis
herrührte ; mehrere kleine stecknadelknopfgrosse Abscesse
waren auch in dieser vorhanden. '
Herr Ma/rtin hält es nicht für unwahrscheinlich, dass
die erwähnte mit Eiter gefüllte Tuba durch Eitererguss den
Grund zu der auftretenden deletären Peritonitis gelegt habe.
Herr LMcke stellt diese Ansicht indess in Abrede, da
die Tuba strotzend mit Eiter gefüllt war und bd etwaigem
Ergüsse jedenfalls ein stärkerer Collapsus des Eiterheerdes
hätte eintreten müssen.
Herr v, ReckUnghaueen erwähnt, dassTubenvereiteningen
überhaupt eine ziemlich häufige Complication von Bauchfell-
entzöndungen seien, ohne immer als bedingende Ursache der^
selben angesehen werden zu können, z. B. bei Peritonitis
nach Operationen, Bruchlösungen u. s. w., so dass dasselbe
umgekehrte Yerhältniss wohl auch hier stattgefunden haben könne.
Herr Martin findet nur die Dauer der ganzen Krankheit
(drei Tage) zu kurz, um eine solche Eiteransammlung in der
Tuba, wenn sie consecutiv sem solle, zu erklären.
Herr J^n^^^r, Berichterstatter der in der £.'schen An-
gelegenheit gewählten G)mmission, verliest den von derselben
gebilligten Entwurf eines Gutachtens, den wir im Auszuge
hier mjttheilen:
Der Entwurf giebt zuerst einen thatsächltchen Bericht
über eine Krampfepidemie der MädchenabtheUung des Waisen-
hauses zuR., welche in dem dirigirenden Arzte den Verdacht
erweckte, dass Onanie als Grund dieser Erscheinungen an*
zusehen sei. Dieser wandte sich deshalb an einen ihm
befreundeten Gynäkologen mit dem Ersuchen, 12 Mädchen
dieser Abtheilung im Alter von 13 — 13 Jahren, welche er
der Onanie verdächtig hielt, zu untersuchen und zu constatiren,
ob sie an Veränderungen der Geschlechtstheile litten; und
wenn dies der Fall sei, ob diese Veränderungen als Indicien
für Gebnrtshfilfe ia Berlin. 113
getriebener Onanie aufoifassen seien. Bei der Unlersiicbuiig
fanden sich nun bei der Mehrzahl der Untersuchten: klaffende
Scbamgpalte, geröthete und geschwellte Clitoris, geschwollene
und flügelförmig entwiciielte Nymphen; der Scheideneingang
intensiv geröthet» das Hymen schlaff, in einem Falle zerrissen.
Ausserdem Iheils Metritis chronica', Descensus uteri, Ante-
und Retroflexio uteri.
Das. Verfährai des Herrn B. fand bei der vorgesetzten
Behörde starke HissbilUgung. Herr B, wandte sich deshalb
an die Professoren Scanzoni und Credi und sdiUesdicb an
die Gesellsdiaft fqr G«burtshülfe und eitittet ein Gutachten
Aber die beiden' Fragen :
1) ob bei unberührten Mädchen von IB-^lö Jahren aus
dem bezeichneten Befunde der Scham die Diagnose auf
Onanie mit positivem Werthe gestellt werden könne;
2) ob anzunehmen, dass die bei jenen Mädchen gefundenen
Geb&rmutterleiden mit der Onanie in causalem Zusammen-
hange stehen.
Der Entwuif wendet . sich dann zum Gutachten selbst
und definirt zuerst den Begriff der Onanie, schildert dann die
verschiedenen Art^n, auf welche dieselbe betrieben werde,
und folgert daraus, dass die dadurch hervorgebrachten örtücben
Wirkungen bei der Ver^iedenheit des Verfiihrens natOrlicfa
nicht in allen Fällen dieselben sein können. Folgende Er-
scheinungen seien indess als die constantesten durch vielfSltige
Beobachtung erwiesen:
„Während des Actes der Masturbation entsteht eine
Röthimg und Erection dar Oitoris, an welcher Röthung
und Schwellung die Nymphen und der Scheideneingang
mehr oder weniger Theil nehmen. Durch solche, immer
aufs Neue berbeigeföhrte Congestivzustände entwickelt
sich unter Mitwirkung des mechanischen Reizes eine
krankhaft gesteigerte Vegefationsthätigkeit und eine
Störung in der gleichmässig fortschreitenden Ausbildung
der Sexualorgane. Vorzugsweise sind es die Nymphen,
welche, einem schnellen Wachsthume unterworfen, als-
bald scUaff und welk zwischen den grossen Schamlippen
herabhängen, oder geschwollen und geröthet den jung-
fräulichen Schluss der grossen Labien hindern. Die beiden
114 VI- Verhandlungen der Gesellschaft
Schenkel der Nymphen umfassen als breite flAgeK&rmige
Hautfalten die zuweilen auffallend grosse und leidit mgir-
bare Clitoris. Die grossen Schamlippen dagegen hakeo
nicht gleichen Schritt mit dieser Entwickelung, sondern
bleiben bei jugendUchen Mädchen vielmehr in derselben
zurück, und stellen nur flache, schlaffe, mitunter madige
Wulstungen dar. Auf dem Schamberge wird em früh-
zeitiges Henrorspriessen der Schamhaare wahrgenommen.
Der Vorhof der Scheide und die Mündung der Harnröhre
nehmen an der aligemeinen Hyperämie der Genitalien
Theil; das Hymen, ursprünglidi eine straffe dünne
Membran, wird zu einer mehr oder weniger schlaffen,
dicken, weichen Hautfalte, die sich bei der Untersuchung
nicht mehr mit scharfem Rande um den Finger spannt,
vielmehr diesen mehr oder weniger leicht, snmal da
> häufig die Oefbiung des Scbeideneinganges erweitert ist,
in die Scheide eindringen iässt Nicht selten ist die
Röthung dieser Theile eine livide, bläuliche und mitunter
wird das Hymen zerrissen gefunden/'
Diese Erscheinungen seien indess sämmtlich nicht der
Onanie allein eigenthümlich. Reizung der Scham durch
w<rilästige Männer, angeborene oder anderweitig erworbene
Krankheiten können ähnliche Zustände hervorbringen u. s. w.,
kurzum als positive Zeichen getriebener Onanie seien sie nicht
zu betrachten, und könnten nur mit WahrsclieinlichkeK die
Diagnose dahin leiten, wenn andere Erscheinungen zugleich
auf dieselbe Ursache hindeuten. Der Entwurf schildert als
solche den allgemeinen Habitus, das scheue Wesen, den un-
sicheren Blick u. s. w., und schlägt vor, die erste Frage
folgendermaassen zu beantworten:
„1) dass aus dem in der oben mitgetheilten Tabelle ersicht-
lichen Befunde der Scham bei unberührten Mädchen
im Alter von 13 — 16 Jahren die Diagnose auf Onanie
mit grosser Wahrscheinlichkeit gestellt werden kann,
wenn gleichzeitig das AUgemeinfinden und das sittliche
Verhalten dieser Mädchen auf einen solchen Zusammen-
hang hindeuten und wenn keine anderen Ursachen für
das locale und allgemeine Leiden vorhanden sind.''
Itr G^bnrtahfitfe in BerUa. 115
Das Gutaditen schildert dann die consecutiven Folgan
der gewohnheiumflssig gelridMiteD Onanie, wie sie sieh als
HamTerhaltung oder schmerzhafter Harnabgang durch Eni-
sQndung der Harnröhre und Blase, Entsündung der Scheide
mit ScUeimflässen» EnUundnng der Gebarmutter und der
Eierstödie darstellen. Retfo- und Anteflexio werden indess
als unabhängig von onanistischen Reizungen erklart.
Alle diese Krankheiten träten zwar keineswegs ledigtioh
bei Onanistinnen "«uf , wir fUnden sie vklmehr häufig auch
bei solchen Frauen, bei denen jeder Verdacht, dass sie sich
diesem Laster ergeben hätten, YöUig fem sei. Mit Rücksicht
auf diesen Punkt kommt das Gutachten in der Beantwortung
der zweiten Frage zu d^n Schlüsse:
„2) dass'in Fällen, wo der Befund der äusseren Geschlechts-
tbeile unter deii ad 1 benaimtMi Modalitäten die Diagnose
auf Onanie gestattet, und wo gleichzeitig die bei jenen
Mädchen Torgeftindenen Gebl^mutterleiden vorhanden
sind, mit Wahrschemlichkeit anzunehosenist, dass diese
Gd>ärmutterleiden mit der Onanie in ursAchlichem Zu-
sammenhange stehen.**
Schliesslich wendet . sich der Entwurf nochmals zu dem
gegebenen Falle zurück und findet in dem Umstände, dass
die vorgefundenen Krankheiten, seien sie auch nkfat aus
Onanie entsprungen, dauernde Nachkrankheiten, lebensläng-
liches Siechthum^ unglückliche Ehen u. s. w. herbeizuführen
Termögen, eine Rechtfertigung des jB.'schen Verfahrens, da
eis eine unabweislidie Pflicht eines gewissenhaften Arztes sei,
diejenigen Mädchen, aus deren allgemeinem Verhalten er den
Verdacht auf Onanie schöpft*, zumal wenn ihn gewisse Krankheits-
erscheinungen, als Krämpfe, Ohnmächten, Anomalien der
Menstruation u. s. w. auf diie Vermuthung führen, dass schon
eine erbebliche Umwandlung der inneren Geschlechtsorgane
▼orgegangoti sei, einer sorgfältigen gynäkologischen Unter-
suchung zu unterwerfen,
gez.: Die Commission der Geselbchaft filr Geburtshfllfe.
Herr Klfrte fragt an, ob die in dem Gutachten auf-
gestettten Bebuiptungen auch durch die Erfahrung begründet
seien. Ihm erschieneD sie mehr als theoretische Abstractienen ;
XX6 ^'* Verhandlungea der QeBallseliafk
denn in der letzten Sitzung habe die Gesdlschafl sich im
Allgemeinen sehr negativ ober die vorgelegten Fragen aus-
gesprochen.
Herr C Mayer verlheidigt den Ausspruch der Commission
und fUnrt durch einzelne Beobachtungen und Citate den Nach-
weis, dass die Coromission mit kritischer Scbfirfe zu Werke
gegangen sei und nichts aufgenommen habe, was nicht glaub-
wördig erwiesen sei.
Herr Leubuscher findet in dem Gutacfat^ zwei getrennte
Dinge vereinigt. Das eine sei eine Rechtfertigung des ^.'schen
Verfahrens, das andere eipe wissenschaftliche Abhandlung
aber die i>ositiven Merkmale der Onanie. Dass er dem ersten
Theile vollständig zustimme, unterliege natfiriich keinem Zweifel,
denn vom ärztlichen Standpunkte könne man das Verfahren
des Dr. B, nur billigen, und diese Ansicht ihm auszusprechen,
sei gewiss coUegial und liebenswürdig, aber dies sei doch
nicht der Zweck des Gutachtens. Was nun den zweiten
Theil, die wissenschaftliche Exposition, betreffe, so begreife
er die reservirte Fassung des Gutachtens, da zwar alle an-
geführten Zeichen mit der Onanie in Verbindung zu selzen
seien, aber doch nur dturch Ausschliessung als' Anzeichen
derselben betrachtet werden durften.
Man möge ihm gestatten, vorher einige Beobaditungen
mitzuth^en, da er leider den früheren Sitzungen nicht bei-
gewohnt habe.
Vor sechs Jahren veranstaltete der Polizeiprisident
V. Hinckeldey eine polizeiliche Recherche nach jungen, halb
erwachsenen Mädchen, von denen ermittelt war, dass sie von
Kupplerinnen verfuhrt waren, sich alten Wüstlingen zu wollüstigen
Handlungen zu ergeben. Da viele derselben noch nicht gänzlich
verderbt waren, so erhielt der untersuchende Arzt, dem sie"
vorgeführt wurden (Herr Leubuscher) viele "wahre Angaben
über die vorangegangenen Oxcesse und konnte somit glaub-
würdige Beobachtungen ansteilen und richtige Schlüsse ziehen.
Viele dieser Mädchen waren verführt zu UnsittKchkeiten,
oü ohne den Coitus ausgeübt zu haben, Onanie lag weniger
vor, bei einzelnen waren die Angriffe nur selten gewesen,
bei allen indess zeigte sich der in dem Gutachten gesdbilderte
Befund: Röthung und Catarrh der Vulva, ersdiwertes Harnlassen
für Gebartshülfe in Berlin. 117
und Urethritia Dieser Befund spreche deutlich aus, dass er"^
eben nicht auf Onanie speciell deute.
Andererseits habe er aber vielfach Gelegenheit gehdit,
Beobachtungen über Onanie zu machen. Geisteskranke treiben
meist Onanie» entweder ans ursprünglich erotischen G Wählen <
oder aus Langeweile; sie dabei zu beobachten, sei schwierig,
wenn nicht die Geisteskrankheit schon erhebliche Fortschritte
gemacht habe; doch habe er vielfältig weibliche Onanisten
untersucht und dort bei Allen das Hymen zerstört, die
Labia minora ver^rossert, Seheideuschleimhaut verdickt und
Catarrh der Scheide mit Erosionen und Geschwüren der
Yaginalportion gefunden. Eine Vergrösserung der Qitoris habe
er nicht beobachtet Eines Curiosums wolle er noch erwähnen.
Auf der Lrrenabtheilung zu Halle sei ihm vor 16 Jahren eine
Blödsinnige vorgefahrt, die awei Tage lang weder Urin gdassen
noch Stuhlgang gehabt hatte. Widerstrebend li^ss sie die
Untersachimg zu, man fand die Harnblase bis zum Nabel
ausgedehnt und bei Application des Katlieters stiess man im*
Iniroitus der Scheide auf eine Geschwulst, die sich als ein
Conglomerat von alten Lumpen, Holz u. s. w. erwies, womit
die Person sich die Scheide bis zur grössten Ausdehnung
vollgestopft hatte.
Fasse er nun jene . beiden Reihen von Beobachtungen
mit ihren fast übereinstimmenden Resultaten zusammen, so
scheine es ihm bedenklich, für die Gesellschaft, die im Gut-
achten ausgesprochenen Ansichten zu festen Grundsätzen zu
stempeln. Es sei sicher, dass das Gutachten der geburts-
httlflichen Gesellschaft in weitere Kreise dringen und rielleicht
als ein Autoritfitsausspruch hingestellt werden würde, er
wünsche den wissenschaftUchen Theil deshalb einfacher und
positiver gefasst zu haben.
Herr Krieger entgegnet auf Herrn Körte's Anfrage, dass
in der Literatur allerdings Beobachtungen verzeichnet seien,
welche die Ansciiwellung der Clitoris während des Actes
selbst constatirten. Es sei eine französische Beobachtung von
van Bambeke (Union mM., No. 48, 1859), welcher bei
drei Kindern onanistische Bewegungen mit den Schenkeln so
lange fortsetzen sah, bis Erection und Röthung der CHtoris
und dann aUgemeine Ermattung eintrat.
118 VI. YtrhAüdlungen der G««elbchaft
Wenn Herr Körte indess das Gutachten etwas gesdiraabt
finde, so stimme er ibm darin voNkomm«! bei« Bei so
unaeheren Anzeichen, die für sich nichts bewiesen und nur
durch begleitende Umstände zu einem wirklichen Werth ge-
langten, könne eine gutachtüche Aeusserung nicht positiver
ausgesteUt werden und roösse deshalb immer etwas Ge-
schraubtes haben.
Herr Leuiu9c7ier föhrt eine Beobachtung aus der
Trüstedfwhen Klinik an, welche zwar einen Knaben betraf,
aber zeigt, dass auch das frCkfaeste Kindesalter (1 Jahr) nicht
▼or dieser traurigen Gewohnheit schötzt.
Herr Orüttn^r hUt die Gesellschaft nicht 'f&r oompetent,
ohne von einer Behörde aufigefordert zu sem, ein Gutachten
abzugeben, welches möglicher oder vielmehr wabrscbeinlii^er
Weise gegen dieselbe als Beweis und Aulorilät gebraodit
werden solle.
Dagegen erhebt sich Herr (7. Mayer, der die GeseUscbaft
'ffir vollständig competent erklärt Was mit dem Gutachten
angefangen werden solle, sei nirgends ausgesprochen; der
Gesellschaft Kege nur der Antrag des Dr. B. vor und diesem
werde die Ansicht der GeseUschaft eingehändigt; ob dieser
dann weiteren Gebrauch davon mache, sei seine Sadie, die
Gesellschaft brauche sich darum nicht zu kdmmem.
Uebrigens freue er sich, dass er schon in dieser Sitzung
eine so lebhafte Debatte ober das Gutaehlen habe entstehen
sehen. Allerdings fasse er dass^e als eine wissenschaftliche
Arbeit auf, die nicfot aBein eine Antwort auf Dr. B.'% Antrag
sei, sondern zug^ich einen weiteren wissenschaftlichen Leser*
kreis finden solle, der sie einer ^rundüehen Kritik unterziehe
und ' seine Bedenken dagegen geltend- madie. Die ArbeMen
der Commission haben erwiesen, dass fast gar keine Vor«
arbeiten fiber diesen Gegenstand existiren; die Gomnrission
habe eine wcAlüberiegte Vorari)eit geliefert, die Gesellschaft
werde die Ueberarbeitung vornehmen und die so red^jirte
Arbeit in die Welt geben, wo sie allerdings einer scharfen
Kritik entgegensehen müsse. Dies sei aber sein Wunsch
und sein Stolz, von unserer GeseUscbaft den ersten ScbritI
zur Lösung dieser Aufgabe gethan zu sehen.
Ifir Gebaitshülfe in. Berlin. 119
Die G«66ll8otiaft beschliesst darauf, das Gutachten aoto-
graphiacfa fervieUUtigeB au lassen, damit jedes Mitglied ?or
der nächsten Sitxuag ein Exemplar davon zur genauen Durchs
sieht erhalte, und beauftragt den Secretär, d«s Weitere «u
v^anhssen.
Sitzung vom 14. Mai 1S61.
Die Diseussion über den in der letzten Woche sänunt-
liehen Mitgliedern eingehändigten Eptwurf eines Gutachtens
über Anzeicl^en der Onanie wird fon Herrn Qöechen
^öffnet Er bittet die GeseUscbaft, einen Ausspruch, wie den
vorliegenden, zwei, drei Mal zu prüfen, ehe sie ihn in die
Welt sendet Ein anderes sei es, ein abgeschlossenes Gut-
achtMi zu geben, ein anderes, eine Ansicht zu äussern,
lediglidi um eine Diseussion anzuregen; soU das erste der
Fall seiii, so könne man nicht umgehen, die Gesellschaft m
zwei Parteien zu spalten, deren eine cjben nicht Sk das
Gutachten sei und die Minorität könne nie so ignorirt werden,
um den Majoritätsaussprueh als Meinung der ganzen Gesell-
schaft hinzustellen.
Was nun seine Bedenken gegen den Entwirf direct
betreffe, so glaube er, dass schon die ganze Einleitung auf
viele Gegner stossen werde. Er persönlich billige das .S.'sche
Verfohren nicht. Die blosse Vermuthung, von einem zu*
ßUigen Besucher der Anstalt ausgesprochen, dass Onanie den
Krämpfen vielleicht zu Grunde liege, berechtige den dirigirenden
Arzt nicht, ohne Weiteres 12 Mädchen zu untersuchen, um
durch den Befund seine An^idit zu begränden. Bei solchem
Verdachte gäbe es durch versteckte Beobachtung von Seiten
der Wärterinnen Wege genug, zur Gewissheit der That zu
kommen, und sei die Onanie dadurch constatirt, so seten
ernste Ansprachen und Züchtigungen, überhaupt pädagogische
Einwirkungen jedenfalls erst heranzuziehen. Er tadele, dass
von diesen in dem ganzen Berichte auch nicht die entfernteste
Rede sei.
Was die Untersuchungen selbst betreffe, so möchten die
Resultate und Schlüsse aus denselben wohl zum Theil auf
120 VI. Verhandlangen der GeBelkchaft
Täuschung beruhen. Kindliche Genitalien seien andere confttniirt
ala die Erwachsener, und um Abweichungen vom normalen oder
gewöhnlichen Vorkommen zu constatiren, haften die ontei^
suchenden Herren erst eine Reihe von- Kindern, die erwei^ch
nicht onanirlen, untersuchen müssen, um zu wissen, ob' sie
nicht vielleicht ähnliche Erscheinungen darböten und ob solche
nicht in die Reihe physiologischer Vorgänge während der
Pubertätsentwickelung fielen. Treffe man aber schon bei
12 Kindern, die man aufs Gerathewohl herausgegriffen, so
exorbitante Erscheinongen, die nach der Ansicht der Be-
treffenden so auffällig von der Norm abwichen, um darauf
die Diagnose getriebener Onanie zu begründen, so sei es
unfassbar, dass ein Mann, wie /Scanroni, bei seiner enormen
Praxis, sich für incompetent erklärt haben solle, ein Drtbeil
in dieser Sache abzugeben.
Herr Ebert spricht sich über die Inoralische Seite dieser
Frage eben so aus wie der Vorredner. Bei so jungen Mädchen,
die eben in der Entwick^long ständen, wo das Gefühl der
Schamhaftigkeit eben zu seiner höchsten Ausbildung heran-
gereift sei, wie sie weder früher noch später in gkicbem
Grade existire, seien Untersuchungen, welche dies Gefühl ver-
letzen, auf die äussersten Grenzen zu beschränken und nur
in den dringendsten durch Krankheit gebotenen Fällen vor-
zunehmen.
Gehe er nun auf die Tabelle, welche die Grundlage des
Entwurfes abgebe, näher ein, so sei in den Fällen 2, 4, 6,
8, 9, 10, 12 angegeben, die Scham nicht geschlossen, wie bei
Mädchen dieses Alters, Glitoris geröthet und geschwellt, Nymphen
vergrössert, geschwollen und flügelf5rmig entwickelt u. s. w.
Um den Werth dieser Zeichen zu constatiren, habe er in
Folge dieses Entwurfes auf seiner Kinderabtheilung 9 Mädchen
von 9 — 11 Jahren unter dem Vorwande, Brust und Unterleib
auf anderweite Krankheiten zu untersuchen, dergCBtalt gelagert^
dass iÜm die Genitalien unbemerkt frei dagelegen hätten.
So habe er durch Ocularinspection folgende Resultate gefunden :
bei fünf die Sdiam nicht geschlossen, bei vier dieselbe ge>
schlössen im unteren Theile, oben die Clitoris stark hervor-
ragend, nach ungefährer Schätzung 5—9 Linien, mehrfach
Röthung. Das Hymen bei Einzelnen fast ganz geschlossen.
für Geburtshülfe in Berlin. 121
bei Anderen so erweitert, dass es eine secbser- bis groschea-
grosse Oefihung darbot. Er bevorworte, dass auf seiner
Abtheilung nicht onanirt werde, denn die beaufsichtigenden
Schwestern seien im höchsten Grade aufmerksam darauf und
bei dem geringsten Verdachte werde das betreffende Kind
sofort entfernt, um kein schlechtes Beispiel zu geben.
Werden nun solche Befunde bei verschiedenen un-
verdächtigen Kindern gefunden, so sei es ein Irrlhum, wenn
man eine geschlossene Scham u. s. w. als nothwendiges Zeichen
eines unberührten Mädchens verlange. Die Tabelle gebe aber an,
dass die untersuchten Mädchen in dem Alter von 14 — 17 Jahren
gestanden haben, also in den Jahren der Pubertätsentwickelung.
In allen Lehrbüchern stehe, dass zu dieser Zeit ein starker
Blutandrang nach den Geschlechtstheilen stattfinde und darauf
die eigenthümliche physische und psychische Umstimmung
beruhe. Fänden wir also bei Untersuchung solcher Mädchen
Böthung und Schwellung einzehier Gebilde, so könne dies
in der Pubertät von keiner Bedeutung sein.
Er gehe nun zu den Krankheiten des Uterus über, die,
dem Entwürfe zu Folge, durch Onanie hervorgebracht werden
könnten. Jeder möchte wohl Bedenken tragen, Ante- und
Retroflexion der Onanie zuzuschreiben. Wie onaniren Mädchen?
Nur durch Reibung der äusseren Genitalien; eine Einführung
des Fingers in die Scheide sei, wie wohl Jeder schon behufs
Exploration bei Krankheiten erprobt, so schmerzhaft und
presse den Mädchen solche Klagen aus, dass es wohl im
höchsten Grade selten sei, dass der Finger oder etwas Anderes
dabei eingeführt werde. Wie aber eine Reizung und Er-
krankung des Uterus durch Reibungen der äusseren Scham
entstehen soll, sei ihm nicht begreiflich. Uebrigens sage
Bokitansky, und diese Meinung adoptire Kiwischi „Die
Anteflexio erscheint als eine übermässige Ausbildung der am
Uterus in der Pubertätsperiode sich entwickelnden bogen-
förmigen Krümmung nach vom und einer mit der vorwiegenden
Volumszunahme des Uteruskörpers zusammenhängenden norm-
gemässen Scheidung und Abschnürung seines Cavums vqm
Canalis cervicfs.'' Dieser Ausspruch fühfe die Knickung
einzig auf die Pubertät zurück und erwähne die Onanie mit
keinem Worte.
MonAtMobr.f.Oebortak. 1861. Bd.ZYIU., Hft.3. ^
123 VI. Verhandlnngen der Qeselltchaft
Dies seien seiqe Einwürfe gegen den theoretischen Theü
des Entwurfes. Dass aber die Krampfepidemio Aberhaupt auf
Onanie gedeutet habe oder damit in Zosanunenhang zu bringen
sei, stelle er gänzlich in Abrede. Krämpfe als Folge häufigen
Onanirens seien zwar constatirt, aber doch in so sehenen
Fällen, dass die epidemische Verbreitung der Krämpfe in
dieser Anstalt sicher nur einer directen Mittheilung und nicht
der Onanie zuzuschreiben sei; und somit spreche er sich
überhaupt gegen die stattgehabten Untersuchungen aus.
Herr Langerhang entgegnet den beiden Vorrednern, dass
die Moralfrage in dem B/schen Antrage gar nicht verlangt
sei und füglich wohl ganz wegfallen könne. Bei diesen
Krämpfen sei indess doch wolil Onanie im Spiele gewesen.
Herr Oöachen hält die Berührung der Moralfrage fnr
nothwendig, da in dem Entwürfe dieselbe direct berührt
würde. Vorausgesetzt aber, dass die Krampfepidemie auch
wirklich durch Onanie hervorgerufen sei, so wiederhole er,
dass erst durch pädagogische Einwirkung die Heilung des
Uebel^ hätte versucht werden müssen. Wären, nachdem dies
geschehen, dann noch Krankheitserscheinungen der Geschlechts-
sphäre zurückgeblieben, so wäre dann immer noch Zeit zu
localen Untersuchungen geblieben. Die GeseUschaft solle nur
bedenken, wohin die öfienüiche Billigung des ^.'schen Ver-
fahrens • schliesslich führen werde. Dass dies Gutachten der
Behörde zugehen werde, sei sehr möglich, so könne es vor
Physikus, MedicinalcoUegium, ja wissenschaftliche Deputation
zur Begutachtung kommen; dann würden ohne Zweifel die
Motive einen wesentlichen Angriff erfahren, und dass diese
(nämlich der Wunsch, Herrn B. zu rechtfertigen) vor einem
andereq Forum nicht stichhaltig seien, möchte wohl Niemand
bestrdten.
Herr Leuhuscher findet ebenfalls die Moralfrage noth-
wendig, denn Herr B. habe direct den Wunsch nach einer
Rechtfertigung seines Verfahrens ausgedrückt; doch diese
schwäche das Gutachten. Er könne indess weder mit Herrn
Göschen noch mit Herrn Ebert übereinstimmen; dass wir
Alle das Sittliche schätzen müssten, bedürfe wohl keiner
Versicherung, und vom rein menschlichen Standpunkte haben
für Gebtirtsbulfe in Berlin. 123
wir wohl Alle eine Scheu, weibliche Schamhaftigkeit zu
beleidigen; vom ärztlichen aus gestalte sich die Frage indess
anders: der Arzt kommt zu der Ueberzeugung, dass Krank-'
heiten durch Missbrauch der Genitalien hervorgerufen seien,
Gewissheit fehlt ihm und nur eine Untersuchung kann ihn
zum Ziele führen. Möglich, dass das Resultat derselben nicht
befriedigend ist, möglich, dass er sie ungeschickt, formell
fehlerhaft u. s. w. ausgeführt hat ; dass er aber als Anstalts-
arzt das Recht zur Untersuchung gehabt habe, .unterliege för
ihn keinem Zweifel. Herr Ebert habe nicht einmal den
Grund des Herrn B. gehabt und erzähle doch offen, dass er
rein ans wissenschaftlichem Interesse neun Mädchen der Reihe
nach untersucht habe; der Unterschied liege eben nur in der
Ausführung, und hätte Herr B. die Sache eben so geschickt
angefangen, so würde Niemand etwas dagegen eingewendet
haben. Wollten wir uns auf dies Kapitel einlassen, so wäre
eine detaillirte Rechtfertigung nöthig; dies sei indess nicht
Sache der Gesellschaft; diese sage weiter nichts als: die
Untersuchung war nöthig, die mehr oder mindere Decenz dabei
gehöre vor ein anderes Forum.
Aufrichtig gesagt, wäre es ihm unerquicklich, dass die
Frage überhaupt an die Gesellschaft gelangt sei; da sie aber
einmal so weit gediehen sei, müsse sie auch weiter geführt
werden.
Wenn behauptet ist, dass die Krämpfe mit der Onanie
nicht zusammenhingen, so sei er darin anderer Meinung.
Nicht blos die Erfahrung eines jeden praktischen Arztes gebe
Beweise dafür, sondern auch durch zahhreiche historische
Erfahrungen über psychische Epidemien durch das Mittelalter
bindurch bis in die neueste Zeit hinein wären sehr viele der
epidemischen Nervenstörungen im unmittelbaren Zusammen-
hange mit geschlechdichen Reizungen nachzuweisen. Die
Phantasien und Visionen der DämonomaniscKen zeigten in
ihrer Eigenthümlichkeit deutlich die geschlechtliche Beziehung.
So sei ihm bei seinen früheren Studien über diesen Gegen-,
stand aufgefallen, dass die VorsteUnng des Incubus bei Nonnen
die des Succubus bei Mönchen vorgekommen sei. Noch
beweisender sei, dass man einen eigenen Namen für diese
Art der Anfechtung erfunden: Oestrus tenereus.
9»
X24 ^^* Yerhandlangen der Gesellschaft
Was nun das Gutachten selbst betreffe, so habe er in
der letzten Sitzung bereits die Resultate seiner Untersucfaungen
im Arbeitshause mitgetheilt. In Beziehung auf den Theil,
der die Folgen der Onanie bespreche, scheine ihm mehr
theoretische Äbstraction als wirkliche Beobachtung zu Grunde
zu liegen; so auch der Vergleich zwischen Onanie und Notb-
zucht, deren Unterschiede ihm nicht stichhaltig schienen.
Herr Krieger, als Berichterstatter der Commission, ent-
gegnet Herrn Ebert^ dass der Entwurf ausdrücklich die
Flexi(Mien der Gebärmutter als nicht erklärbar aus Reizungen
der Schleimhaut von den Folgen der Onanie ausgenommen
habe. Ferner Herrn Leubuaeher^ dass die Unterschiede
zwischen Onanie und Nothzucht nach den Verhandlungen der
letzten Sitzungen bereits etwas modificirt seien und noch
weiter geändert werden könnten, wie überhaupt dieser erste
Entwurf ja nur dazu bestimmt sei, ein Thema für die Be-
sprechung zu bilden.
Was aber Herrn OöBchen'% Frage betreffe, ob das Gut-
achten überhaupt am Platze sei, da es von den Behörden
kritisirt werden würde, so müsse sich die Geseilschaft dem
unterwerfen. Fallen lassen könne man die Sache nicht mehr,
da die Bearbeitung kein Geheimniss mehr seL Es seien aber
Beot>achtungen und Resultate, die zusammengestellt seien.
Eine andere Frage sei, ob nicht überhaupt die beiden
Theile zu trennen seien. Beschränke sich die Gesellschaft
rein auf die wissenschaftliche Ausarbeitung, so falle damit
mancher Stein des Anstosses fort.
Herr Göschen verwahrt sich gegen falsche Auffassung
seiner ausgesprochenen Ansichten, meint aber, dass die
wissenschafüiche Abhandlung nicht so fest in ihrer Begründung
sei, dass eine Corporation wie die Gesellschaft, sie einstimmig
als ihre Meinung und Sache von positivem Werthe hin-
stellen könne.
Er wünsche, dass das Gutachten ausspreche, wie die
jetzigen Beobachtungen unzureichend seien, ein Ur theil zu
fiUlen und die Lösung der Frage einer späteren Zeit vor-
behalten bleiben müsse.
Herr Ebert will einfach die beiden Fragen verneinen.
Er habe die Tabelle (das Fundament der ganzen Arbeit) als
für Gel^nrtehülfe in Berlin. 125
imhaltbar erwiesen und somit stürze das ganze darauf aus-
geführte Gebäude zusammen.
Herr PcMseh findet, dass die Hisslicbkeit der Arbeit in
der Stellung der vorgelegten Fragen liege. Diese müsse die
Gesellschaft einfach mit Nein beantworten. Verlange Herr B.
ausserdem eine Rechtfertigung seines Verfahrens, so möge
die Gesellschaft ihm diese geben.
Derselben Ansicht ist Herr Savoth, der -das Verfahren
auch billigt, denn die rein pädagogische Einwirkung nach
Herrn Gd^cAen's Vorschlage sei nicht allzu hoch anzuschlagen,
ebensowenig wie bei Bettpissern, die auch durch Schläge
nicht curirt werden, da der Grund des Uebels eine ärztliche
Behandlung erheische.
Herr C. Mayer vertheidigt ebenfalls den Standpunkt
der Commission; was die sittliche Seite der Frage betreffe,
so habe er sich darüber wiederholt ausgesprochen und der
Commissionsbericht gebe seine Ansicht wieder. Jedenfalls
könne man die Resultate der Privatpraxis nicht auf eine Anstalt
von dem Umfange wie die in R. anwenden und von Er-
mahnungen .und Züchtigungen nicht viel erwarten. Was
übrigens den Einwand betreffe, Scamoni habe seine Un-
kenntniss erklärt, so möge man auf die erste Sitzung zurück-
gehen, wo die Sache zuerst zur Sprache kam, und dort
würde man dieselbe Unkenntniss gewahren, da ausser Herrn
L, Mayer, der sich schon länger mit der Sache beschäftigt
hatte. Niemand eine bestimmte Ansicht geäussert habe.
Der Präsident fordert nun die Gesellschaft auf, zu ent-
scheiden, in welcher Weise weiter vorgegangen werden soll.
Nach einer längeren Discussion über die Fragestellung wird
vom Präsidenten gefragt:
Will die Gesellschaft überhaupt Herrn B. antworten?
Einstimmig Ja.
Soll die Antwort ein ausführliches Gutachten enthalten
oder einfach das Resultat der bisherigen Verhandlungen, etwa
wie die beiden Schlusssätze des Entvmrfes geben?
Letztere Frage mit Majorität Ja.
Die Bearbeitung dieser Antwort wird der bisherigen
Commission überwiesen, die durch die Herren Leubuscher und
Ehert verstärkt wird.
126 ^- VerhandloDgen der OeselUchaft
SitEnng vom 28. Mai 1861.
Herr Z. Mayer ^ in der vorigen Sitzung nicht zugegen
gewesen, erbittet das Wort und giebt anschliessend an das eben
verlesene Protokoll, die ErkÜrung ab, dass seine BetheiligUDg
an der qu. Untersuchung lediglich durch die ihm gestellte
Aufforderung bedingt gewesen, zu untersuchen, ob die be-
treffenden Mädchen an Krankheiten der Genitalien litten. Die
Frage, ob Onanie d^ Grund der durch die Untersuchung
festgestellten Krankheiten sei, sei erst später durch Herrn Or. B,
aufgeworfen worden; er bitte die Gesellschaft, diese Erklärung
zur Rechtfertigung seiner Beiheiligung aufzunehmen. Uebrigens
habe er allerdings damals die Ueberzeugung ausgesprochen,
dass Onanie im Spiele sei, denn auch neuere Beobachtungen
hätten ihn von der Richtigkeil seiner in der Sitzung vom
26. März d. J. dargelegten Ansichten über die örtlichen
Erscheinungen überzeugt.
Herr Eiert bestreitet die Ansicht des Herrn Z. Mayer,
dass eine sctüiessende Scham ein notbwendiges Zeichen eines
unberührten Mädchens in der Pubertät sei. Durch vielfältige
Untersuchungen habe er folgende Resultate gewonnen: Bei
Neugeborenen ist die Scham geschlossen ; allmälig tritt ein
Auseinanderweicheh der grossen Schamlippen ein und steigert
sich bis zum 9. — 12. Jahre; in diesem Aller fmdet man stets
eine klaffende Scham. Wie solle nun in den folgenden
Jahren, wo die Pubertätsentwickelung eintritt, eine so plötz-
liche Schhessung derselben erfolgen, dass man eine ge-
schlossene Scham als notbwendiges Zeichen eines unberührten
14 — 16jährigen Mädchens verlange?
Da von Herrn Körte der Schluss der Debatte beantragt
und von der Gesellschaft angenommen wird, so verhest
Herr Krieger, als Berichterstatter, folgende von der
Commission entworfene Antwort an Herrn B. :
Herrn Dr. B.
„Auf die in Ihren Zuschriften d. d. gestellten beiden
Fragen hat die Gesellschaft für Geburtshülfe in ihrer heutigen
Sitzung beschlossen, in folgender Weise zu antworten:
ad 1) Dass aus dem in der von Ihnen mitgetheilten Tabelle
ersichtlichem Befunde der Scham bei unberührten
1
für QebarUhfilfe in Berlin. 127
Mädchen iia Alter von 13 — 16 Jahren die Diagnose
auf Onanie nicht gesteUt werden könne, weil ein
ähnlicher Beftind sowohl aus gestörten Entwickelungs-
vorgingen als auch aus verschiedenen anderen Krank-
heitsursachen hervorgehen kann,
dass aber, wenn solche Ursachen nicht vorliegen
und doch das Allgemeinfinden der Mädchen ein krank-
haftes ist, aus einem solchen Befunde wohl der Ver-
dacht der Onanie geschöpft werden könne, namentlich
wenn auch das Benehmen dieser Mädchen einen solchen
Verdacht unterstützt,
ad 2) Dass die wissenschaftlichen Erfahrungen zur Zeit
noch nicht darüber abgeschlossen seien, oh auch
tief<»*e Texturveränderungen und Dislocationen des
Uterus mit der Onanie in einen ursächlichen Zusammen-
hang gebracht werden hönnen«
Herr Ebert findet Alinea IL der Antwort ad 1 nicht
wissenschaftlich begründet. Wie er schon früher gesagt,
leugne er den Werth des localen Befundes, was bleibe dann
für die Allgemeinerscheinungen übrig? Zittern, Muskelmiruhe,
Krämpfe u. s. w. seien so allgemeine Bezeichnungen und kämen
so häufig ohne diese Ursache vor, dass er ihren Werth für
die Diagnose der Onanie nicht einsehe; und sittliches Be-
nehmen! Gerade die Mädchen, die unsittliche Worte nicht
scheuen, seien erfahrungsgemäss oft die am schwersten zu-
gänglichen. Uebrigens sei der Einfluss der Onanie auf den
Körper weit überschätzt; er habe kürzlich das Geständniss
einer alten Dame gehört, die in ihrer Jugend in einem Kreise
gdebt, wo diese Unsitte zur Mode geworden war;' nicht nur
diese Dame habe ein gesundes hohes Alter erreicht, sondern
auch die übrigen Theilnehmerinnen seien,, nach Angabe der-
selben, gesund geblieben, hätten geheiratbet, gesunde Kinder
geboren u. s.'w., so dass wohl der Schluss gerechtfertigt wäre,
der Onanie nicht zugössen verderblichen Einfluss zuzuschreiben.
Herr Kauffmann wendet em, dass der Commissions-
entwurf nicht ein frivoles Benehmen im Smne gehabt, sondern
im Gegentheile ein zurückgezogenes, scheues, unsicheres Wesen
und daraus seine Verdachtsgründe schöpfe.
X28 ^I- Verhandlungen der Gesellschaft
Herr L. Mayer betrachtet die Onanie aOerdings als
Ursache mannichfacher Leiden. Er habe wiederholt bei jung
verheiratbeten Frauen, deren gereizte Genitalien den Coitus
nicht ertragen konnten und die durch den ehelichen Umgang
ernstere Erkrankungen erworben hatten, den Grund der
Reizung auf früher getriebene Onanie zurückführen können.
Erst jetzt beobachte er ein Kind von 8 Jahren; dasselbe
bekomme Anfalle von Angst, flüchte in einen verborgenen
Winkel und reibe sich so lange, bis Erschlaffung eintrete.
Hier sei der Verstand sehr in der Entwickehing zurück-
geblieben, während die übrigen Kinder dieser Familie gesund
und geistig frei entwickelt wären. ^)
Herr Wegecheider findet es zwar schwer, immer einen
directen Zusammenhang nachzuweisen, indess ganz leugnen
lasse er sich doch nicht. Dass ein Anstaltsarzt indess von
vorn herein eher auf eine solche Vermuthung kommen müsse,
sei bei der namentlich in Erziehungshäusem so weit ver-
breiteten Unsitte nur zu erklärlich.
Herr Ebert will nicht gesagt haben, dass Onanie absolut
unschädlich sei, indess ihr EinOuss sei doch zu wenig gekannt
und deshalb billige er jenen Passus nicht — Was den Fall
des Herrn L. Mayer betreffe, so könne er darauf auch nur
entgegnen, dass in vielen Familien bei sonst gesunden Kindern
ein Idiot vorkomme; da aber Idfoten gerade Hang zur Onanie
hätten, so wäre es auch in diesem Falle sehr fraglich, welches
das primäre Uebel sei.
Die Debatte wurde allmälig etwas stürmisch und un-
geregelt, ohne wesentlich neue Punkte zu berühren. Es wurde
1) Herr Fischer hemerkte nachträglich cnm Protokoll, das«
er in dem Berichte über ein hollündiaches Waisenhans ein Zeichen
erwähnt gefanden habe , ans dem die Wärterinnen mit Sicherheit
anf getriebene Onanie schlössen: nämlich grosse Speichelflecken
auf den Kopfkissen, da mit der Erschlaffung des ganzen Körpe/s
und in dem dadarch herbeigeführten tiefen Schlafe ein Offenstehen
des Mnndes eintrete, so dass der Speichel nicht zQr6ck geh alten
und verschlnekt werde.
Von mehreren Seiten wnrde diese Beobachtung indess als
gänzlich werthlos bezeichnet, da nach Beobachtungen an den
Rednern selbst, ein jeder tiefe Schlaf, herbeigeführt durch irgend
eine Abspannung zu unwillkürlichen Speichelverlasten disponire.
für Gebnrtshülfe in BeHin. 1^
deshalb auf Schluss und Abstimmung angetragen und der
Commissionsentwurf der Abstimmung zu Grunde gelegt
Es stellte sich dabei heraus, dass namentlich Alinea II.
des Passus ad 1 eine starke Opposition habe, da von den
Herren Eherty Groschen, Si/rassmann l. u. s. w. nicht nur
der positive Werlh der angeführten Zeichen vollständig geleugnet,
sondern auch gänzlich in Abrede gestellt wurde, dass sie
Oberhaupt auch nur den Verdacht auf Onanie begründen könnten.
Anderen erschien indess das Aussprechen eines Verdachtes,
der auf so positiven Zeichen fusse, durchaus passend, und
so drohte die Abstimmung die Gesellschaft in zwei Parteien
zu spalten , deren jede ein gesondertes Votum abgeben, würde.
Der Gommissionsentwurf blieb mit 9 Stimmen von 25 in
der Minorität, ebenso das Amendement Ebert, welches eine
einfache Negation der aufgestellten Frage verlangte. Durch
Compromiss wurde dann der Passus ad 1 mit Weglassung
des Alinea 11. einstimmig angenommen. Passus ad 2 wurde
in etwas veränderter Fassung angenommen, so dass die be-
schlossene Antwort folgendermaassen lautet:
An Herrn Dr. B., Wohlgeb.
Auf die in Ihren Zuschriften vom 10. März und 10. April
gestellten beiden Fragen liat die Gesellschaft für Geburtshülfe
in ihrer heutigen Sitzung beschlossen, in folgender Weise zu
antworten:
ad 1) Dass aus dem in der von Ihnen mitgetheilten Tabelle
ersichtlichen Befunde der Scham bei unberührten Mädchen
im Alter von 13 — 16 Jahren die Diagnose auf Onanie
mit positivem Werthe nicht gestellt werden könne,
weil ein ähnlicher Befund sowohl aus gestörten Ent-
wickelungSYorgängen, als auch aus verschiedenen anderen
, Krankheitsursachen hervorgehen kann,
ad 2) Dass nach dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaft
nicht -nachzujveisen ist, dass die bei jenen Mädchen ge-
fundenen Gebärmutterleiden mit der Onanie in causalem
Zusammenhange stehen.
' Berlin, den 28. Mai 1861.
gez. (7. MayeTy Dr. gez. Martin^ gez. Dr. KauffmanUy
Präsident. Yicepräsideot. Secretär.
130 V^- ßtraumanh, Zwi neue F&lle
vn.
Zwei neue FflUe von angeborenem (ein&chem)
Eystenhygrom der Sacroperinialgegend.
Mitgetheilt
Dr. H. Strasflinanii,
Svonndlrsrit der geburtohOinielien KUnSk la Berlin.
(HiersQ die drei Abbildaogen Äy B^ C in halber natOrliober Gröisa.)
Die Veröffentlichung der nachfolgenden beiden Beob-
achtungen von angeboreneni Kystenhygrom der hinteren
Kreuzbeingegend erscheint, abgesehen von dem sonstigen
Interesse, welches diese Afterbildungen haben, durch den
Umstand besonders gerechtfertigt, dass in dem einen dieser
Fälle durch eine bis jetzt gegen diese Tumoren noch nicht
angewandte chirurgische Encheirese, wenn auch nicht Radical-
heilung, so doch Reduction des Tumors auf unschädliche
Verhältnisse erzielt worden ist
Beide Fälle stammen aus der Praxis meines älteren
Bruders und haben zwar in meiner Inauguraldisseitation (De
bygromate cystico congenito sacro-perinaeali. Berolini 1859)
bereits eine Besprechung gefunden, dürften aber bei dem
bekannten Schicksale derlei Probeschriften eine weitere Be-
kanntmachung durch diese Zeitschrift verdienen.
Wernber^) war bekanntlich der Erste, der die an-
geborenen Kystengesch Wülste einer monegrapliischen Be*
handlung unterwarf, indem er sie von anderen, äosserlich
ähnlichen Fremdbildungen, mit denen sie bis dahin zusammen-
geworfen waren, in bestimmter Weise abgrenzte. Von den
vielen Benennungen, die damals bei der Beschreibung solcher
Tumoren in Gebrauch, erschien ihm der Name Hygroma cysticum
als der passendste. Nach dem Sitze, welchen diese Geschwülste
1) Die angeborenen Kystenhygrome und die Ihnen verwandten
Gesohwölflte. Giessen 1843.
▼OD angeborenem (einfachem) Kyatenhygrom etc. 131
eionehiiien, und zwar ausschliesslich einnehmen, classificirte
sie Wemher in: 1) Hygroma cysticum congenitum colli,
2) H. c. c. cervicis, 3) H. c. c. axillare, 4) H. c. c. sacrale
odör perinäale. Die erste dieser vier Gruppen ist die häufigst
beobachtete und ist bereits im Jahre 1855 von Gurlt^) im
ersten Kapitel seiner sehr sorgfaltigen Monographie besonders
abgehandelt worden. An zweiter Stelle der Frequenz nach,
obschon sie immerhin beträchtlich seltener vorkommen, als
die des Halses, stehen die angeborenen kystischen Hygrome
der Sacroperinäalgegend. Diese letzteren sind erst im Jahre 1858
Gegenstand besonderer Bearbeitung geworden, und zwar |n
einer Schrift von Lotzbeck^) über eingeborene Tumoren der
hinteren Kreuzbeingegend, in der sie unter der Rubrik der
hohlen Fasergeschwülste ') aufgeführt sind. Uebrigens verwirft
Lotzbeck wegen der Mannichfaltigkeit in der Zusammen-
setzung und in dem histologischen Bau solcher, äusserlich
oft gan? ähnlicher, angeborener kystischer Geschwülste den
von Wemher gewälilten Namen „Kysten-Hygrom" als un-
zweckmässig und theilt die angeborenen kystischen Formationen
der hinteren Kreuzbeingegend behufs genauerer Bezeichnung
ihres histologischen Charakters in folgende drei Classen:^)
1) reine Kystengeschwülste, d. h. solche, die nur einen oder
wenige grosse Kystensacke enthalten, ohne alle Zwischensubstanz
oder doch mir mit einer Spur davon; 2) in gemischte
Kystengeschwülste, wo eine Reihe von isoliften oder commu-
nicirenden Kystea durch eine Zwischensubstanz von beträcht-
licher Mächtigkeit z|] einem grösseren Tumor vereinigt wird,
mag diese Zwischensubstanz nun eine rein zellige (carcinomatöse
z. B.) oder eine bindegewebige (fibröse) sein; und endlich
3) in zusammengesetzte Kystengeschwülste, wo neben den
Kysten und der Zwischensubstauz andere Gewebe, Knochen,
Knorpel u, s. w. in die Bildung der Geschwulst miteingehen.
Zwischen, diesen drei Classen existiren indessen Uebergänge
so mannichfaltiger Art, dass die genannte Eintheilung nur
1) Die angeborenen Kysten gescbwnlste d. Halses. Berlin 1856.
2) Die angeborenen Gesehwülste der hinteren Kreusbein-
gegend. München 1858.
8) L. o. 8. 18.
4) L. c. S. 28.
132 ^^* Straannannt Zwei netie Fälle
Anspruch auf eine gewisse Uebersichtlichkeit, keinesweges
auf scharfe Abgrenzung machen kann, und ist naroentlidi
die dritte Classe so wenig präcisirt, dass es im conci^t^i
Falle meist von dem Belieben des Beobachters abhängen wird,
ob er solche Bildungen zu den zusammengesetzten Kysten-
geschwülsten stellen oder als Intrafötation aufRihren will.
Unsere beiden Beobachtungen gehören in die Kategorie
der eigentlichen (reinen, Lotzheck) kystischen Bildungen, auf
welche der Name Kysten-Hygroro noch am Besten passt,
d. h. sie betreffen Geschwülste, die aus einer (oder wenigen)
grossen Kysten bestehen, welche entweder nur eine Höhle
enthalten oder durch Duplicaturen, Vorsprünge der Innenwand
in mehrere Abtheilungen gebracht sind. Nach Lotzbeck reducirt
sich die Zahl der im Zeiträume von 1843 (von dem Er>
scheinen der l^ernAer'schen Arbeit) bis 1858 veröffentlichten
Fälle von reinen Kystengeschwülsten der Sacroperinäalgegend
auf sieben, nämlich: drei Fälle von Gläser ') in Hamburg (deren
einer von ihm selbst beobachtet ist, während die anderen
von Keller in Philadelphia beobachtet und von O. nur mit-
getheilt sind); ein Fall von Lehmann,^) in der Bonner
Gebärklinik beobachtet; ein Fall von Schindler,^ (dadurch
indessen etwas zweifelhaft, dass man sich an der operirten
Stelle später von der Abwesenheit eines Knochendefects nicht
mit Sicherheit überzeugen konnte); ein Fall von Knöpft)
und endlich ein Fall von Schwarz,^) Rechnet man die
beiden Beobachtungen hinzu, die wir im Nachfolgenden mit-
theilen werden, so haben wir im Ganzen ein Material von
neun Fällen, welches wir am Schlüsse einigen statistischen
Angaben zu Grunde legen wollen. Zu bemerken ist indessen
noch, dass Lotzheck auch die beiden FäDe von Knopf und
Lehmann von den reinen Kystengeschwülsten ausscheidet
und sie den gemischten zuzählt, weil in dem einen FaDe ein
knorpeliges, in dem anderen ein ffl)röses Substrat sich vorfand,
1) Drei nene Fälle von angeborenem Rystenbygrom der Sacro-
perinSalgegend. Virchow]^ Arch., Bd. XITI., 8. 187.
2) Dentsche Klinik, 1852, No. 18.
8) Deatflche Klinik, 1853, No. 19.
4) DeatBcke Klinik, 1863, No. 42.
5) Lottheekt L. c. S. 29 (im Aaszage).
von angeborenem (einfachem] Eysteohygrom etc. 133
in welches die Kysten eiogelagert waren. Ich glaube indessen,
dass man sie, wie auch Oläeer thut, zu den reinen Kysten-
geschwülsten rechnen darf, da die Zwischensubstanz in beiden
Fällen eigentlich so wenig mächtig war, dass sie hmsichtlich
der Prognose und Therapie nicht besonders in Betracht zu
kommen braucht
Seit dem Erscheinen der Lotzbeck' sehen Arbeit sind
mir weitere Hittheilungen in dieser Richtung nicht* bekannt
geworden.
Es folgen nunmehr unsere beiden Beobachtungen.
Erster Fall.
Am 13. Januar 1856 wurde mein Bruder zur Frau K.
gerufen, uro bei deren Entbindung gegenwärtig zu sein. Die
36jährige Kreissende ist voUkommea wohl und wie ihr Mann
von Difformitäten frei. Sie giebt an, ihr erstes Kind leicht
geboren zu haben. Auch die eben abgelaufene (zweite)
Schwangerschaft habe bis auf kleine, sich mehrmals in den
letzten Wochen wiederholende Hämorrhagien aus den Geschlechts-
theilen und ziemUch starken Schmerz in der linken Seite des
Abdomens keine Abnormitäten gezeigt.
Bei der Untersuchung präsentirt sich die Frucht in erster
Schädellage, der Kopf fest mid ziemlich tief im kleinen Becken
stehend, der' Muttermund voUkonmien erweitert. Die noch
intacten Eihäute lagen dem Kopfe ganz dicht an, keine Spur
von Vorwasser.
Die sehr kräftigen Wehen hatten keinen Erfolg, der
Kopf rückte nicht vor. Die Geburt zog sich sehr in die
Länge, bis endUch der Kopf an&ig, herabzurücken, aber
nun sehr rasch, so dass er nach kurzer Zeit von den straff
anliegenden Eihäuten bedeckt geboren wurde. Der übrige
Körper folgte ebenfalls leicht bis zum Steiss. Dieser aber
zögerte trotz sehr energischer Contractionen des Uterus, und
erst einem kräftigen, einige Zeit fortgesetzten Zuge gelang
es, ihn zu Tage zu fardern. Vollkommen entwickeltes, kräftiges
Mädchen, welches bald lebhaft schrie. Die Nachgeburt wurde
kurz darauf leicht aus der Scheide entfernt.
Als Ursache der Verzögerung der Geburt des Beckenendes
fand sich in der Sacroperinäalgegend eine Geschwulst von
134 VII. Streuamanriy Zwei neue PKlle
sehr belräcbtlichem Umfange. Von den unteren Kreuzbein-
wirbeln ausgehend und breilbasig aufsitzend, hatte sie nacb
ungefährer Schätzung die Grösse eines zweijährigen Kinds-
kopfes (s. die Tafel). Sie war von ovaler Gestalt und ihr
längster Durchmesser der Wirbelsäule parallel, welche Gestalt
indess bei den Lageveränderungen des Kindes sich änderte,
wie dies die Abbildungen der Tafel versinnlichen. Die die
Geschwulst bedeckende Haut setzte sich nach oben in die
Haut des Rockens, nach unten und seitlich in die des Dammes
und der Oberschenkel ununterbrochen fort. Sie war stark
verdünnt, beträchtlich gespannt und von erweiterten Venen
durchzogen, sonst von normalem Aussehen und Beschaffenheit
und an keiner Stelle mit dem darunter liegenden Gebilde
verwachsen, welches sich bei der Palpation als ein von
Flössigkeit erfüllter, ziemlich derber Sack erwies. In dem
oberen Theilc dieser grossen Geschwulst konnte man eine
kleinere, taubenoigrosse durchfühlen, die einen etwas hart*
liehen Inhalf hatte, an der Oberfläche des grossen Tumors
in Form eines Knoten prominirte (a der Tafel) und, wie es
schien, mit der grösseren Geschwulst nicht communicirte.
Der Tumor reichte bei aufrechter Stellung des Kindes bis zu
den Fersen; sein Umfang, der Länge nach gemessen, betrug
45 Centim., der Umfang der Basis 39 Centim. Die Geschwulst
bot durchweg exquisite Fluctuation und Transparenz; härtliche
Massen nirgend durchzufühlen. Der flüssige Inhalt liess sich
durch Druck in keiner Weise verdrängen. Uebrigens erregten
die Compressionsversuche weder Schmerz, noch zeigten sich
dabei jene Cerebralerscheinungen, wie sie die Compression von
Hydrorrhachis- Säcken hervorzurufen pflegt. Die Wirbelsäule
war von durchaus normalem Verhalten, nirgend ein Defect
im Knochen.
Bei der Untersuchung per anum constatirte man eine
apfelgrosse kugelige Geschwulst, die beim Schreien des Kindes,
sowie überhaupt bei allen Actionen der Bauchpresse die
Mastdarmwand vor sich herstülpend nach unten bis nahe an
das Orificium ani vorgedrängt wurde. Sie fluctuirte gleichfalls
und bot dem ganzen Befunde nach mit der aussen gelegenen
grösseren Bildung die grösste Aehnlichkeit, war übrigens mit
dem Pinger genau zu umgehen und schien mit dem grösseren
von angeborenem (einfachem) Kystenhygrom etc. 135
Sacke nicht zu communiciren. Ob und in welcher Art diese
innere Geschwulst von der Wirbeisäule ausging, war nicht
festzustellen.
Die unteren Extremitäten, die Blase und der Mastdarm,
soweit dies zu constatiren, vollkommen normal. Das Kind
war überhaupt, wie schon erwähnt, sonst vollkommen wohl-
gebildet, abgesehen davon, dass die Afleröffnung durch den
grossen Tumor nach vom dislocirt und die Schamspalte stark
nach der Seite verzogen war,*)
In den nächsten Tagen befand sich das Kind ganz wohl
und nahm sichtlich zu; indessen resultirten doch aus der
Grösse der Geschwulst so beträchtliche und theilweise so
geßhrliche Störungen, dass eine Reduction derselben baldigst
wünschenswerth erschien. Zunächst konnte das Kind weder
bequem getragen noch gelagert werden, da bei jeder Lage
und Stellung, abgesehen von einer perpetuirlich unmöglich
durchzuführenden Bauchlage, die Geschwulst durch den Arm
der Tragenden oder den Druck des Kindeskörpers selbst mehr
weniger insultirt wurde. Es war femer leicht ersichtlich,
dass, so lange die Geschwulst in der beschriebenen Grosse
fortbestand, das Kind nicht würde gehen lernen, da sie nicht
allein der Entwickelnng der Unterextremitäten, sondern über-
haupt jeder ausgiebigeren Bewegung derselben hinderlich war.
Endlich und hauptsächlich war zu furchten, dass die ohnehin
schon sehr verdünnte und gespannte bedeckende Haut, sowohl
durch Druck und Zerrung, als auch ganz besonders durch
die fortwährende Berührung mit Harn und Fäces exulcerircn
oder gangränesciren , der darunter liegende Sack sich eröffnen
und so ilas Individuum den Gefahren einer lang dauernden,
in diesem Alter so leicht erschöpfenden Eiterung ausgesetzt
werden würde.
Alle diese Umstände brachten uns zu der Ueberzeugung,
dass das operative Vei*fahren nicht länger aufgeschoben werden
könne. Zuvor mnsste jedoch begreiflicherweise die Diagnose
der Geschwulst mit Sicherheit festgestellt sein. Bei genauerer
ErwAgung konnte es sich bei der differentieUen Diagnose nur
um drei Arten von Sacraltumoren handeln, entweder lag eine
1) Dies Verhalten ist in der Tafel sehlecht wiedergegeben.
136 ^^1- Stranmannj Zwei neue. Fälle
Hydrorrhachis vor, oder eine Intrafölaiiou (Foetus in foetu)
oder ein angeborenes Kystenhygrom. Von der Hern, dorsoalis
konnte bei der grossen Seltenheit dieser Fälle, der Beschaffen-
heit und dem Umfange der Geschwulst ganz abgesehen werden.
Hydrorrhachis konnte mit einer an Gewissheit grenzenden
Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, da die Wirbelsäule
nirgend einen Defect zeigte, der Tumor durch Comppession
sich nicht verkleinern liess, also die eingeschlossene Flüssigkeit
beim Drucke nach keiner Seite auswich; da ferner durch
den Druck keinerlei Cerebralerscheinungen hervorgerufen
wurden, da endlich die Functionen der Harnblase, des
Mastdarms, der unteren Extremitäten durchaus normal waren.
Es sprach gegen Hydrorrhachis überdies der tiefe Sitz der
Geschwulst (an den unteren Kreuzhein wirbeln), die relativ
normale Hautdecke und das Vorhandensein mehrerer Ge-
schwülste, mit verschieden consistentem Inhalte, von denen
die eine innerhalb des kleinen Beckens gelegen war. Nachdem
Hydrorrhachis einmal ausgeschlossen war, musste unseres
Bedänkens zur Operation geschritten werden, es mochte die
vorliegende Geschwulst ein reines (einfaches) Kystenhygrom
sein oder neben ihrem flüssigen Inhalte vielleicht noch Bildungen
enthalten, die sie zur Intrafötation stempeln würden, eine
Möglichkeit, die bei der gleichmässigen Fluctuation imd
Transparenz, bei der Abwesenheit zu palpirender festerer
Massen höchst unwahrscheinlich erschien. £s^ wurde deswegen
an der Diagnose des Kystenhygroms festgehalten und die
Entleerung durch die Function beschlossen.
Am 1. März, 47 Tage nach der Geburt wurde mit einem
Troicart ein Einstich gemacht und V/^ Quart eine^ wasser-
hellen, neutral reaglrenden Flüssigkeit entleert, die nur geringen
Eiweissgehalt auswies. Nach Entleerung der Flüssigkeit collabirte
der Sack vollständig, mit Ausnahme jener Stelle, wo der kleinere,
oben erwähnte Tumor sass. Dieser war durch die Function
der grösseren Kyste, ebensowenig wie die innerhalb des Becken-
kanals gelegene, überhaupt nicht verändert worden; nur war
er leichter zugänglich, so dass man jeUt feststellen konnte,
dass er dem Steissbein ziemlich fest angeheftet, beweglich,
aber nicht verschiebbar war. Die noch einmal vorgenommene,
jetzt erleichterte Untersuchung überzeugte uns nochmals von
▼on angeborenem (einfachem) Kystenhygrom etc. 137
der normalen Beschaffenheit der Wirbelsäule und der Abwesen- ^
heit jeglichen anderen Inhalts im Kystenbalge; sie bestätigte
mithin die gestellte Diagnose vollständig.
Das Kind war durch die Function nicht mehr, als zu
erwarten, afScirt worden; nerydse Symptome hatten sich nicht
gezeigt. ^
Die leere Hauttasche wurde mit einer Compresse bedeckt
in die Höhe geschlagen und an die linke Hinterbacke befestigt.
In den nächstfolgenden Tagen befand sich die Kleine
ToUkommen wohl; nur behauptet die Mutter, es sei nach der
Function ein mehrstündiger Tenesmus vorhanden gewesen.
Reichlicliere Stuhlentleerungen fanden auch noch in den nächsten
Tagen statt. Die Hauttasche blieb, wie zu erwarten, nicht
lange leer, bald begann wieder die Ansammlung von Flüssigkeit,
die von Tag zu Tag wuchs und schon am 6. März, fünf Tage
nach der Function, in solcher Menge vorhanden war, dass
der Kystensack sich nicht mehi* hinauf schlagen und an der
Hinterbacke festhalten liess. Da es uns darauf ankam, dass
die Ansammlung nicht ihre frühere Grösse erreichte, so wurde
am 17. März zu einer zweiten Function geschritten, durch
welche ein halbes Quart eines rötblich* gelben, stärker eiweiss-
balligen Serums entleert wurde. ^) Bei der vollkommenen
Sicherheit der Diagnose des vorliegenden Falles glaubten wir
nicht länger von dem Radicalverfahren abstehen zu dürfen
und injicirten zu diesem Behufe eine Jod-Jodkali-Lösung
Oj. Jod, $ij. Jodkali, 3v. Wasser) mittete Kanüle in den
Kystensack. Die injicirte Flüssigkeit wurde circa 5 Minuten
darin gelassen, durch Maciren des Sackes alle Punkte desselben
mit der Injectionsmasse in Berührung zu bringen gesucht,
sodann möglichst voOständig entleert, die Stichöffnung mit
Heftpflaster geschlossen und die leere Hauttasche in ein
Suspensorium gelegt, welches an einer den Leib umgebenden
Binde hing.
Während der Operation hatte das Kind nicht übermässig
geschrien^ Gebimerscheinungen zeigten sicli nicht. In der
nächstfolgenden Nacht jedoch — die Operation war gegen
1) Geformte Elemente konnte ich mit dem Mikroskop darin
nicht auffinden.
Ileiuitaehr.f«0«btir«ik. 1861. Bd. XYIU., Hfl. t. 10
138 ^'^* StraBsmann, Zwei nene Fftlle
Abend vorgenonuuen worden — traten heftige Schmerzen ein,
wie aus dem unaufhörlichen Schreien und der grossen Auf-
regung der kleinen Patientin ersichtlich war; Schlaf fehlte
ganz, Appetit sehr mangelhaft, es nahm zwar gierig die
Brust, liess sie indess nach einigen Zügen wieder fahren, wie
es schien , von Schmerz gepeinigt. Tenesmus soll nach
Angabe der Mutter auch dieser Operation gefolgt sein, aber
weit geringeren Grades als Akifangs, mit reichlichen, dunkelen,
meconiumartigen Stuhlentleeruogen.
18. März. Keine Besserung, zeitweilig ScUaf, Saugen
immer noch sehr mangelhaft. Puls 200, welche Frequem
indess nicht der febrilen Reaction, sondern lediglich dem
Sehmerz zuzuschreiben, da die Haut kühl und das Gesicht
blass war. Die kleine Kranke war durch die Schmerzen
dieser einen Nacht der Erschöpfung nahe. Der Kystensack
hatte sich etwas gefällt, die bedeckende Haut wenig geröthel,
heiss. Ord.: Einige Tropfen TcL op. benz. im Syr. Altbaeae.
In der nächsten Nacht (18./ 19.) war die Kranke sehr
unruhig und hörte am Id. mit Schreien oichi' auf. Dabei
war die Haut kühl, das Gesicht blass, die Augen eingesunken,
kurz der Coilapsus so beträchtlich, dass die Besorgniss eines
baldigen lethalen Ausganges recht ernstlich sich aufdrängte.
Die Sache nahm indess eine günstigere Wendung: das Kind
fiiig an, sich allmälig zu erholen und erlangte beim Gebrauche
des Tokaierweins bald sein früheres Wohlbefinden.
Die auf die Injection der Jodlösung folgende Exsudatien
wuchs bis zum 27. März zur Grösse einer starken MannsfausI
an und blieb dann stationär, hn Kystenbalge konnte man
die bekannte Crepitation wahrnehnsen, wie sie den exsudirten
Pibringerinnseln eigenthümlich. Eine feinere Crepitation, wie
Schneeballknirschen, liess sich auch in der kleineren, auf dem
Steissbein gelegenen Kyste const^Kiren; es hatte also auch
in dieser eine exsudative Entzündung stattgehabt und es
musste dem entsprechend eine Communication mit der grossen
Kyste angenommen werden. In wie weit die innen gelegene
Kyste durch die Injection verändert war, Hess sich damals
nicht feststellen, es ist mir indess sehr wahrscheinlich, dass
auch diese durch das operative Verfahren zum Schrumpfen
gebracht worden sei, da ich sie bei einer 27^ Jahre spater
von angeborenem (einfachem) Kystenhygrom etc. 139
per rectnin anternommenen Untersachung nicht mehr auf-
finden konnte.
Die Crepitation persistirte in der kleineren Kyste Ungere
Zeit, während sie in der grösseren hald verschwand, indem
der Inhalt immec flüssiger wurde. Die Geschwulst Mieb von
da ab an Aussehen und Umfang unverändert, und diie Gefahr
der Gangrän oder Ulceration konnte somit als gänzlich beseitigt
angesehen werden. Da femer die jetzige Grösse die einer
starken Hannsfaust, weder den Bewegungen der unteren
Extremitäten noch der Röckenlage oder einer sonstigen Lage
des Kindes hinderlich war, so wurde von einem weiteren
operativen Eingriff Abstand genommen , . zu welchem das
schwere Ergriffensein des Kindes nach der Jodinjection nichts
weniger als ermuthigte, und eine Wiederholung för den FaU
vorbehalten, dass die Flössigkeitsans^mmlung wieder zunehmen
sollte. Dies ist indess niemals der Fall gewesen.
Im October 1858, drittehalb Jahre nach der Operation,
untersucjite ich die Kleine abermals und fand Folgendes:
Von der linken Hinterbacke hängt ein unregelmässig gestalteter
Hautsack herab, dessen unterer Thril sehr stark gerunzelt
ist; die Haut ist ein wenig welk und gelblich, sonst normal.
Im untersten Theile dieses häutigen Sackes liegt der stark
verdickte und gefaltete Kystafdsalg, dessen Wände pergament-
artig knittern und in welchem man weder einen flössigen
noch sonst einen Inhalt erkennen kann. MH der bedeckenden
Haut ist er nirgend vemvachsen and für Licht undurchgängig.
Er liegt, wie schon bemerkt, nur in dem unteren Theile der
Hauttasche, während deren oberer leerer Tbeii, einen nur wenig
schmäleren Stiel darstellend, in die Röckenhaut übergeht. Der
Umfang des kugeligen Kystensackes beträgt ungeffihr 14 Centim.,
während die ihn beherbergende Hauttasche selbstredend viel
grösser ist, da sie im Schrumpfen mit dem Kystensacke nicht
gleichen Schritt hielt. Auch die kleine Kyste ist noch auf«-
zofinden, nur ein wenig nach links und ^oben verschoben
und sehr hart, etwa haselnussgross. Unterhalb dieses härt-
lichen Knotens gewahrt man die Spitze des schwanzartig,
fast im rechten Winkel mdk afussen gesteiften Steissbeins, ^
welches mit dem Kreuzbein unbeweglich verbunden zu seiil
scheint Bei der Untersuchung durch den Mastdarm
10*
140 VII. StrMsmann, Zwei nene Fälle
habe ich von der früher vorhandenen Kyste nichts
mehr entdecken können. Anus und Scham&palte nicht
didocirt. Beschwerden erwachsen durch diesen Appendix gar
nicht, das Mädchen ist kraftig, körperliche und geistige
Functionen vollkommen normal.
Aus dem geschilderten Befunde ist ersichtlich, dass man
das Residuum der früheren Kyste sehr leicht exsürpiren oder
durch Ecrasement eine radicalß Beseitigung der Geschwulst
herbeiführen könnte. Bei der völligen Unschädlichkeit derselben
und da in diesem Alter mid dieser Körperregion vor der Hand
von einer Operation par complaisance nicht die Rede sein
kann, halten wir einen chirurgischen Eingriff nicht lür indicirt
Zweite Beobachtung.
Dieser Fall bietet therapeutisch kein Interesse, da der
herbeigezogene Arzt das Kind bereits todt fand. Mein Bruder
war bei der Entbindung nicht gegenwärtig gewesen, sondern
erst zur Entfernung der Placenta geholt worden. Die Geburt
soll leicht von Statten gegangen sein, das Kind indess nur
mit schwacher Stimme geschrieen haben und nach wenigen In-
8pirationsve4*suchen verstorben sein. Ich uiuss leider hinzufügen,
dass diese Angaben der Zuverlässigkeit durchaus entbdiren.
Bei der Inspection der Kindesleiche fand sich das um-
hüllende Leinenzeug mit theilweise noch flüssigem Blute befleckt.
Diese Blutung stammte aus einer dem Kreuzbeine mit breiter
Basis aufsitzenden, fast genau halbkugeligen Geschwulst, von
der Grösse einer starken Mannsfaust Die sie bedeckende
Haut ging von der Basis allseitig in die Haut des Rückens
und Dammes ununterbrochen über, nur an der höchsten
Stelle der Geschwulst zeigte sich eine Continuitätstrennung
in der Form einer linsengrossen, vollkommen runden Oeßhung,
durch welche man in eine geräumige Höhle gelangte. Von
dieser OefTnung liefen, wie von einem Centrum radienartig
nach verschiedenen Richtungen längere oder kürzere Furchen,
die durch die Haut und das Dnterhautbindegewebe bis auf den
Kystensack drangen. Dieser Habitus machte ganz den Ein-
druck, als ob die Geschvvulst ducch eine längere Zeit dauernde
Compression und dadurch bedingte Dehnung ihrer Integumente
an der prominentesten und deshalb am meisten gedehnten
Yon ang^eborenem (einfachem) KjBtenhjgrom eto. 141
Stelle geborsten sei, obschon die voQkommen runde Gestalt
der Perforationsöffnung gegen diese Annahme sprach. Leider
liess sich aus der sonstigen Beschaffenheit dieser Oeffnung
nicht mit Sicherheit feststellen , ob dieselbe eine frisch (inter
partum) entstandene oder alte sei. Ersteres ist mu* indess
wahrscheinlicher aus Gründen, die ich weiler unten noch an-
fahren werde. Aus der beschriebenen Oeffnung nun sickerte
bei Rückenlage des Kindes ununterbrochen Blut, welches bei
Compression der Geschwulst zunahm. Bei der Palpation er-
kannte man unter der Haut den nicht sehr dicken Kystensack
und in demselbeji n^ben dem flussigen Blute halbweiche elastische
Massen, wie Blutcoagula. Der ganze Befund war ein solcher,
dass wir die Diagnose des angeborenen Kystenhygroms sofort
mit ziemlicher Sicherheit stellen konnten. Den Tod des Kindes
schoben wir auf die Hämorrhagie aus der geborstenen Ge-
schwulst, um so mehr, als die Anwesenden Tersicherten, das
Kind hätte unmittelbar nachher Geburt aus der Geschwulst
Blut verloren. Die Obduction brachte uns indess zu' einer
anderen Ansicht.
Die 16 Stunden nach dem Tode angestellte Section ergab
folgenden Befund: Vollkommen ausgetragene, gut entwickelte
Leiche weiblichen Geschlechts, ohne sonstige Abnormitäten.
Gehirn und seine Häute sehr hyperämisch, in den
Ventrikebi ziemliche Menge röthlichen Serums.
Lungen roihbraun, sehr blutreich, von ßtalem Volumen.
Lufthaltige Vesikehi nur ganz yereinzelt an den scharfen
Rändern, das ganze übrige Parenchym atelektatisch.
Herz in seiner rechten Hüfte von Blut ausgedehnt, sonst
normal.
Parenchymatöse Organe des Abdomen und Darm-
kanal im Zustande venöser Hyperämie. In den Nieren ein
Hamsäureinfarkt.
Dieser Befund widerlegte unsere ursprüngliche Ansicht,
dass der Tod des Kindes durch die während imd nach der
Geburt erfolgte Hämorrhagie aus der rupturirten Geschwulst
erfolgt sei, einmal durch den Nachweis der Atelektase der
Lungen, sodann aber auch durch die Hyperämie der innereti
Organe.
142 VII. Straatmann, Zwei nea« Fälle
Behufs genauerer Untersuchung wurde nur das Kreuzbeia
aus seinen Verbindungen gelöst, saount den Weiehtbeilen,
soweit sie die Geschwulst begrenzten, herausgenommen und
durch einen Längsschnitt diese letzteren eröffnet. Es zeigte
sich eine Höhle ?on' der Grösse eines mittelgrossen Apfels;
die mit ziemlich frischen Goagulis erfüllt war. Was sonst
von Inhalt die Kyste eingeschlossen hatte, liess sich wegen
der in ihre Cavitat erfolgten Blutung begreiflicherweise nicht
feststellen; mit Sicheriieit war indess die Abwesenheit von
Residuum früher stattgehabter Hämorrhagien nachzuweisen.
Der wenig derbe, genau ovale Kystensack erstreckte sich
mit seinem oberen Ende bis in die Nähe der Kreuzbeinspitze,
eireichle dieselbe jedoch nicht, sondern war an ihr durch
einen ziemlich dichten ßindegewebsstrang, der gegen den
Hiatus canal. sacral. zu verlief, angeheilet. Er sass mithin
an der äusseren Fläche des rudimentären Steissbeins, welches
dadurch nach Innen dislocirt war. Die Höhle der Kyste war
durch eine scharfrandig vorspringende, klappenartige Falte,
eine Duplicatur der Wandung an der dem Kreuzbeine zu-
gewendeten Seite, die sich äusserlich durch eine massige
Einschnürung (beginnende Tbeilung) mariiirte, in eine kleinere
obere und grössere untere Abtlieilung gebracht Kleinere
bis kirschgrosse Ausstülpungen der Kystenwand 'waren in
variabler Grösse ziemlich zahlreich vorhanden. Von diesem
Vorsprunge ausgehend, hing in die untere Cavität, sie fast
ganz erfüllend, eine dichte, röthliche, dem Placentai^ewebe
täuschend ähnliche Masse herab, die aus zahllosen, in einem
dünnen Bindegewebslager verlaufenden Blutgefässen zu bestehen
schien. Ausser dieser grösseren Masse fanden sich kleinere
büschelförmige. Anhäufungen solcher Excrescenzen, welche
stellenweise der Innenfläche der Kyste ein sammetartiges,
villöses Aussehen gaben. Der Kystensack selbst bestand aus
zwei trennbaren Membranen, einer äusseren derberen, fibrösen
und einer inneren dünnen, durchscheinenden, dem kindlichen
Peritonäum sehr ähnlichen (serösen?) Membran.
Parallel verlaufend mit dieser äusseren fanden wir eine
zweite innen, zwischen dem unteren Ende des Kreuzbeins,
dem Os coccyg. und hinteren Rectalwand gelegene Kyste, fast
von aDgeboranem (einfachem) Kyatenbygrom etc. 143
▼on derselben Grö^, die von der äusseren, nur nach oben
durcb die KreuzbeinspiUe und das rudimentäre Steissbein
getrennt, nacb unten dagegen in ganzer Anlehnung mit ihr
▼erwachsen wai*. Diese innere Kysle reichte etwas weiter
hinauf, als die aussen gelegene, etwa bis zum dritten falschen
Kreuzbein Wirbel, an dem sie, wie die der Innenfläche des
Steissbeins durch laxes Bindegewebe angeheftet war. Bei der
Exploration per anum musste man sie nothwendigerweise fühlen.
Was sie enthalten, darüber kann ich leider Nichts angeben«
da sie ganz unvermuthet eröffnet wurde und der Inhalt ausfloss.
Das Kreuzbein zeigte an keiner Stelle einen Defect, auch
sonst keine Anomalie; der HiaU caual. sacral. fest verschlossen.
Der Sacralkanal selbst, wie ein Verticaldurchschnitl durch das
Kreuzbein zeigte, ebensowie die Spiralnieningen und die
MeduUa Yollkommen normal
Bei der- mikroskopischen Untersuchung erwies sich der
Kystensack aus derbem Bmdegewebe bestehend, mit sehr
zabfa*eichen, reihenweise gestellten elastischen Fasern. Die
zottigen Excrescenzen hatten einen trabekulären Bau, indem
Hutgefässe verschiedenen Kalibers mit BindegewebsböndelD
dicht verfilzt waren. Frequenz und Art der Anordnung der
Gefasse entsprachen ganz dem Bilde, welches die mikroskopische
Betrachtung der Plexus chioid. liefert, eine Aehnlichkeit, die,
beiläufig bemerkt, noch dadurch täuschender wurde, dass sich,
ziemlich zahlreich jene concentrischen Bildungen, die so*
genannten Corpuscula amylacea vorfanden, die im Gehirn nicht
etwa selten angetroffen werden.
So weit unsere Beobachtungen, denen ich noch einige
allgemeine Bemerkungen anzuf&g^ mir erlaube.
Zunächst beweisen beide Fälle die schon von den früheren
Autoren ausgesprochene Ansicht, dass derlei Geschwülste am
unteren Rumpfende beim weiblichen Geschlechte häufiger sind.
Unsere beiden Individum waren Mädchen. Unter den sechs
Fällen bei LoUbeck^ bei denen das Geschlecht angegeben,
finden sich vier Mädchen und zwei Knaben: es kommen somit
von acht solchen Fällen sechs auf das weibliche Geschlecht.
Unsere Beobachtungen bestätigen ferner, dass die be-
hafteten Individuen im Uebrigen wohl entwkkelt, kräftig und
144 ^n. Strassmann, Zwei neue Fälle
von Abnormitäten frei sind, ganz im Gegensatz zu den an-
geborenen Axillarhygromen, bei denen ausser diesen bedeutende
und constante Abnormitäten sich finden.^)
Die Grösse der Geschwulst in unserem ersten Falle hatte
ein Hinderniss bei der Geburt des Steisses abgegeben, wdches
sich erst durch eineb länger dauernden kräftigen Zug be-
seitigen liess. In einem Fall von KeUer war das Hinderniss
so beträchtlich, dass* der stumpfe Haken angewendet werden
musste, und in einem zweiten Falle desselben Beobachters
musste sogar die Kyste, mit der das sonst vollständig geborene
Kind noch im Uterus steckte, behuts Vollendung der Geburt
punctirt werden. In diesen drei Fällen lag die Frucht mit
dem Kopfe vor. In einem Falle von Lehmann^ wo es sich
um Beckenendelage handelte, musste die Geburt durdi eine
mühsame Extraction beendet werden. Unter neun Fftlloi
also vier Mal ein Geburtshinderniss durch die Geschwulst,
gleichfalls ' eine Eigenthumlicfakeit der Sacroperinäalhygrome,
da angeborene Kystenhygrome des Nackens nur bei nicht
ausgetragenen und überdies kleinen (mitbin den Beckenkanal
leicht passirenden) Früchten sich finden, und auch von den
angeborenen „Hygromen am Halse es nicht bekannt ist, dass
sie die Geburt jemals erschwert hätten. ^^)
Verschiebung des Anus nach vorn, wie in unserem ersten
Falle, findet sich auch in den Beobachtungen von Lehmann
und JCnogf.
Kysten innerhalb des Beckens (neben der äusseren) finden
sich in unseren beiden Beobachtungen und iii denen von
Knopf und Oläser, Heines Bedünkens ist ein solcher beTund
in den Fällen, wo es sieh um die an Lebenden mitunter
sehr schwierige differentielle Diagnose zwischen Kyst^ihygrom
und Hydrorrhachis handelt, für die erstere von Entscheidung.
Man versäume daher niemals in derartigen Fällen die Unter-
suchung per anum.
Dislocation des Steissbeins (schwanzförmig) nach Aussen,
wie in unserer ersten Beobachtung, wird auch von Qläser
und Knopf berichtet.
1) Cf. Wemher, 1. e. S. 38.
2) Wernhsr, L. o. 8. 42.
▼on aageborenem (einfachem) Kyetenhygrom etc. 145
¥iii$se Excrescenzeii, placentaähnliche Massen an der
Innenwand finden sich in unserem zweiten Falle und in beiden
von Ketter beschriebenen. In allen dreien gaben sie Ver-
anlassung zu Hämorrhagien.
Was die Prognose der erwähnten kystischen Bildungen,
die angeboren in der Sacroperinäalgegend sich finden, betrifft,
so ist dieselbe im Ganzen sehr nngänstig; so behaftete
Individuen erfreuen sich, wenn nicht chirurgisch eingeschritten
wird, in der -grössten. Mehrzahl der ][fälle keiner längeren
Lebensdauer. Aber auch der operative Eingriff hat bis jetzt
in zwei Dritttheilen der Fälle ein ungünstiges Resultat gehabt.
Von den erwähnten 9 Fällen starben 3 (ohne Operation).
Von den 6 Operirten starben 4. Geheilt wurden 2 (Schindler
und unser erster Fall).
Unter den todtlich abgelaufenen Operationen wurde zwei
Mal die Function (Keller), ein Mal die Exstirpation (Schwarz)
und ein Mal Function mit wiederholter Incision (Oläaer)
gemacht.
Von den Operationen mit günstigem Verlaufe war die
eine die Ligatur (Schindler), die andere die Function mit
nachfolgender Jodinjection (unser erster Fall).
Was nun dieses letztere Verfahren betrifft, die Function
mit nachfolgender Jodinjection, so ist unser Fall das einzige
Beispiel einer auf diese Weise versuchten und zu Stande
gebrachten Heilung. Noch Lotzbeck ^) berichtet (1858), dass
ein solcher Versuch a priori zwar nicht zu verwerfen, in
dieser Localitat aber noch nicht angesteUt sei. Der günstige
Erfolg, den wir erzielten, soll indess keine Aufforderung sein,
in allen Fällen in dieser Weise einzuschreiten, zumal wenn
wir an die nach der Jodmjection aufgetretenen schweren Er>
seheinungen denken. Unseres Bedünkens existirt vielmehr
eine Indication zu einem solchen Eingriff nur dann, wenn die
Sacroperinäalgeschwulst eine rein kystische ist oder doch
festeres Gewebe nur in geringerer Menge enthält, wenn sie
rasch wächst oder gleich in solcher Grösse auftritt, dass sie
beträchtlich^ Störungen hervorruft, wenn endlich ulcerativer
1) L. c. S. 68.
146 ^^^' StTMunafm, Zwei neae Falle eto.
oder gangränöser Aufbruch das betreffende Indmdmun den
Gefahren einer lang dauernden Eiterung aussusetzen droht-
In solchen Fällen ist die Function mit Jodinjection unseres
Erachtens allerdings das wenigst ^greifende Verfahren, um
so mehr, als sich vielleicht so bedenkliche Erscheinungen,
wie sie in unserem Falle der Jodinjection folgten, dadurch
vermeiden Hessen, dat^s man mit einer nur schwachen Jod-
lösung beginnt und, wo nöthig, später conceotrirtere in
Anwendung zieht Freilich wird man bei grossen Kysten-
geschwulsten selbst ^nach der Jodinjection später noch lur
Exstirpation schreiten müssen , da die Residuen des ge-
schrumpften Kystenbalges sammt der bedeckenden Haut iranio'
noch einen nicht unbeträchtlichen Appendix constituiren werden;
indess hat man dann den doppelten Vortheil: einmal warten
zu können, bis die Individuen älter und kräftiger sind, anderer-
seits würde die dann erforderliche Verletzung bei dem reducirten
Volumen selbstverständlich viel kleiner ausfallen können.
Was di% sonst in Anwendung gezogenen Verfahren betrifll,
so giebt Ourlt ^) bei der Behandlung der angeborenen Kystaii-
hygrome des Halses der Indsion, nach Bedarf wiederholt, vor
allen anderen Methoden den Vorzug; von der Jodinjection
spricht er indess hierbei nicht. Lotzbeck^) iel mehr lur
die Exstirpation, zumal wenn festere Massen in der Geschwulst
enthalten sind und dieselbe breitbasig aufsitzt
. Die Ligatur dürfte in solchen Fällen nur als Ecrasement
oder mit der galvanischen Schneideschlinge vorgenommen
werden.' Hierzu ist indess nöthig, dass die Geschwulst mitiels
eines Stieles inserirt sei, was nur selten zu beobachten.
Zum Schlüsse urgiren wir noch einmal, dass alle Beob-
achter darin einig sind, dass man, so lange keine Gefahr
vorhanden, mit der Operation durchaus warten soll, dass die
Gefahr allein die Indication zum chirurgischen Eingriffe ab-
giebt und dass andere Rücksichten dabei nicht in Betracht
kommen können.
1) L. c. S. 85.
2) L. c. S. 58.
yni. Dokm, U^ber die Torsion der Nabeüiohnar etc. 147
VIIL
üeber dia Toraion der NabelBchnor imd daduroh
bediB^ Stenosen der Gefässe,
Von
Dr. R. Dohm,
Aulft«nrftrat d#r geborUhülflleh«a Klinik sa Kiel.
(Mit vier Abbildangen.)
Historisches. Vor dem 17. Jahrhundert ist man auf
die Torsion der Nabelschuur als eine Ursache des yorzeitigeu
Absterbens der Frucht nicht aufmerksam geworden. Die erste
hieiiier gehörige Beobachtung machte Ruyach 1691.^) Es
fand sich bei einer todtgeborenen Frucht die Nabelschnur
peitschenförmig zusammengeschlungen, wie wenn bei fixirt£r
Mitte die beiden Nabelstrangenden künstlich um einander ge>
wunden wären. — Aehnlich scheint der, mir nur nach einem
Citate^) bekannte Fall von Lütre gewesen zu sein. Auch
hier war die Nabelschnur durch zahkeiche Windungen bis
auf die Hälfte verkürzt. Bei Burdach (1758) ') begegnen wir
zuerst einer Unterscheidung Von Constiüctio und Contorsiones
nimiae funiculi umbilicalis- und glaubt Burdach den nach*^
theiligen Einfluss der letzteren nicht allein in Behinderung
des Blutlaufes der Umbilicalgefässe, sondern auch in der
Gefahr der Ablösung der Placenta erblicken zu müssen. Diese
Scheidung ist von allen späteren Beobachtern festgehalten
worden. — Einen Fall von zwanzigfacher Windung des Nabel-
Stranges mit Constriction in der Nabelgegend ^ Johnson.^)
Er führt ihre Entstehung darauf zurück, dass die betreffende
1) Fr, Buy$ohiit ObserrT. anat. chir. centuria. Amstelod. 1691.
Obs. XI. .
8) M. Sekurigiui, Embryol. histor. med. Dresdae et Lipsiae
1732, p. 92.
3) D, O. Burdaehf De laesione partium foetns natritioni in-
•ervientiam.« Disa. Lipsiae 1768.
4) R. W. Johnson t Neues System der K&tbindongsk. Aas dem
£ii|pL T. Lod€r. Leipiig 1782 ^ S. 133.
148 VIII. Dohm, lieber die Toreion der NabeUchmir
Schwangere häufig in voiöiber geneigter Stellung gearbeitet
hatte. — Weitere Fälle veröffentlichte D*OutrepofU. *) Der
erste derselben betrifil eine nach kaum begonnener Placentar-
bildung abgestorbene Frucht, an der sich eine dünne, 56 Mal
gewundene und an verschiedenen Stellen zusanunengeschnnite
Nabelschnur von 15" Länge vorfand; der zweite eine ebenfalls
stark gewundene und den Kindskörper umschlingende Nabel-
schnur, der dritte eine längere Zeit vor der Geburt ab-
gestorbene Frucht, deren Nabelschnur 14" lang und vielfach
gewunden war. IfOutrepont knüpft an diese Fälle die Be-
merkung, zweierlei müsse hierbei auffallen, die verhältniss-
mässige Länge der Nabelschnur und der Umstand, dass sich
die erwähnten FäUe in der ersten Schwangerschaftshälfte
ereigneten, wo die relative Menge des Fruchtwassers noch
bedeutend sei. — Landsberger^) unterscheidet Torsiones
nimiae, Con torsiones und Strictur. In den sieben Beobachtungen,
welche er folgen lässt, befand, sich die Strictur stets am
Nabelringe; abnorm grosse Zahl der Windungen war nicht
immer vorhanden. Die Vene fand sich mehr verengt, als die
Arterien. Die Ursache der Strictur sucht Landsberger nebst
der vern)^hrten Windungszahl in Erkrankungen der Geflsse
und Gef^ssscheide, vermelu^lem Drucke von der verhärteten
Wharton*schen Sülze oder voii den Bändern des Nabelringes
aus. Auch hält er für möglich, dass die Strictur in einem
verschiedenen Wachsthume der einzelnen Theile des Nabel-
stranges ihren Grund haben könne. — Gaettens^) lässt es
unbestimmt, ob die Stenose mit der Torsion zusammenhänge,
oder von derselben unabhängig sei, und macht darauf auf-
merksam, dass, wenn die Torsionen durch Bewegungen der
Frucht hervorgebracht wurden,* man nicht einsähe, warum
dieselben sich nicht eben so leicht wieder aufdrehten. Er führt
10 hierher gehörige Beobachtungen an, von denen 7 eine
Stenose am Nabel, 1 eine Verengung der placentaren Hälfte
des Nabelstranges und 1 einen, bei einer Länge von 5", an
vier verschiedenen Stellen perlschnurartig stenosirten Nabel-
1) Nene Zeitechr. f. Geburtsk., 1838, Bd. VI., Heft i; No.84, 8. 40.
2) Dies, de fonicali ambilic. strictura. Vratisl. 1838.
3) H. Gaettwu, Obserw. medieo • obetetxic. Dies. Halae 1841.
und dadaroh bedingte Stenosen der Gefasae. 149
Strang betreffen. — Froedrich ^) führt 4 F5lle von Gontorsion
an, iu deren erstem zahlreiche beschränkte Constriclionen des
Nabelstranges vorhanden gewesen zu sein scheinen. Die An-
gaben über die übrigeti Fälle lassen zweifelhaft/ ob partielle
Verengerungen der Gefasse vorhanden. waren, oder nur die
Zahl der Windungen abnorm vermehrt war. Die Deutung der
Entstehung der Torsionen, welche Froedrich giebt, ist eigen-
thümlich. Er meint, dass durch den Verlauf der Ai;^erien
um die Vene herum und durch den grösseren Blutdruck in
den ersteren anfanglich geringe Grade von Gontorsion bedeutend
v^stärkt werden mussteii und weist zu diesem Zwecke auf
die von Weber beobachtete Thatsache hin, dass bei Injection
von Flüssigkeiten in die Umbilicalarterien sich die Anzahl
ihrer Windungen bedeutend vermehre. — Meckel^) leitet die
Torsionen der Nabelschnur einzig von Umdrehungen des kind-
lichen Körpers ab, und bringt damit die Thatsache in Einklang,
dass sie häufiger bei Früchten männlichen Geschlechts zur
Beobachtung kommen, als beim weiblichen. Etwa '// vom
Nabel, meint ei*, liege der Locus minoris resistentiae, wo
die zu starken Windungen krankhafte Wirkungen hervorrufen
können. Auch scheinen ihm die Fälle, welche über Fruchte
«rzählt werden, die mit Verschluss des Nabels geboren sind,
auf dieselbe Ursache, Torsion mit nachfolgender Abschnürung,
zurückzufuhren zu sein. Unter den Beobachtungen, welche
Meckel folgen lässt, ist namentlich eine hervorzuheb^. Es
fand sich hier die rechte Hand des Fötus in den Nabelstrang
fest hineingewunden. — EUässer^) glaubt, dass der Nach-
theil einer zu starken Drehung des ganzen Nabelstranges
gewöhnlich durch die grössere Dicke dieser Nabelschtiüre wieder
ausgeglichen werde, bei localeir Torsionen dagegen werde die
Sülze verdrängt und der relative Hangel derselben in der
Nähe des Nabels begünstige das Zustandekommen einer Torsion
an diesem Orte. — Braun ^ Chiari und Spaeth^) stellen
1) C. O, Froedrich ^ De tortione et de diamptione fnnic. ambil
DisB. Bonnae 1842.
2) Meeksl v, Senubach, MüUer'e Arohiv, Jahrg. 1860, S. 242.
8) Med. Correspondensbl. wttrtemb. Aerste, 1861, No. 29.
Sehmidt'B Jahrb., Bd. 78, S. 76.
4) Kilnik der.OebnrtBhülfe, 1862, S. 80.
150 V'I'- Dohrtif Ueber die Torsion der Nabelschnar
am Atherom der Arterien und den Fihrinablagenmgen io der
Placenta, als Processen, welche eine Stenose der erfasse
bedingen können, eine Zusammensebnnrmig des Nabelstranges
durch Amniosstränge und zu starke Axendrehung, als selbst
zum völligen Verschluss des Lumens führend, gegenüber.
Dieser letztere Zustand ist nach ihnen ein zweifadier. Enlweder
ist der Nabelstrang in seiner ganzen Ausdehnung zu stark
gedreht, oder die Drehungen sind in der Nähe des Nabels
concentrirt, während der übrige Verlauf des Stranges keine
ungewöhnliche Drehung zeigt. Verfasser beobachteten 19 Fäle
der Art. — Nöggerath^) berichtet fier Fälle, in denen er
die Entstehung der Stenose von heftigen körperlichen Er-
schütterungen abhängig macht, welche die Schwangeren erlitten
hatten. — Spiümann *) schreibt den zu zahlreichen Windungen
und Axendrehungcn des ganzen Nabelstranges wenig Einfluss
auf die Blutcirculation zu, um so mehr dagegen den localen
Stenosen. Da endlich durch Entzündung der Gefässe ein
vöHiger Verschluss des Lumens zu Stande komme. — Hohl ^
setzt die Entstehung der Nabelschnurlorsionen in die Zeit,
wo der Fötus mit seinem Kopfe schon den Boden der Eihöhle
berühre, und meint, die Frucht könne nur so lange leben,
als sie noch weniger Blut zu ihrer Ernährung bedürfe, doch
komme eine Strictur des Nabelstranges auch ausnahmsweise
bei reifen Früchten vor. Er beobachtete zwei Fälle der Art an
lebenden Kindern. — Neugebauer *) hält es für wahrscheinlich,
dass die pathologischen Torsionen der Nabelschnur sich in
der Zeit vom Ende des dritten bis Ende des vierten Monats
ausbilden. Er bemerkt über die Art ihrer Bildung Folgendes:
„Die totale und die auf eine einzelne Stelle beschränkte partieHe
Torsion, welche letztere gewöhnlich mehr nach einem der
beiden Endpunkte dieses Gebildes bin belegen ist, entstehen
beide in Folge kreisförmiger oder besser trichterförmiger
Rotationen der ganzen Nabelschnur mit sammt dem Emlkryo
um die Achse der Eihöhle. Die doppelte partieUe Torsion
1) Deutsche Klinik, 1864, No. 24.
2) A, SpiUtnannf Nonsnlla de fdnie. umbtl. ham. psthologia.
Diu. Vratisl. 1854.
3) Lehrbuch der Gebortshülfe, 1865, S. 461. •
4) Morphologie d. menscbl. Nabebehnnr. Breslau 1868. 8. 67.
und dadurch bediogte Stenoseii der Gefäase. 151
biogegeD entsteht dadurcli, dass sich die zusammengeknäuelte
Nabelschnur bei Verharren des Embryo's in seiner Lage eine
Anzahl von Malen um die ihre beiden Endpunkte mit einander
verbindende Linie herumscbwenkt.''
Ausser den Angeführten haben noch Fälle von Nabelschnur*
torsion beobachtet : Hafner y *) Breity^) Hennig, *) Barkow*)
und Burehard, Die Arbeiten der beiden letzteren Beobachter
haben mir nicht zu Gebote gestanden.
kb reihe denselben den folgenden Fall an:
Eine Mehrgebärende, deren frühere Geburten regelmässig
verlaufen waren, datirte ihre Schwangerschaft seit Mitte
December 1859, zu welcher Zeit die Menses sich zum letzten
Male eingestellt hatten. Nach Ablauf Juni 1860 erloschen
die früher fühlbaren Kindesbewegongen , die Schwangere glaubt,
in Folge eines heftigen Sehreckes, und von dieser Zeit an
ndun der Umfang des Leibes und der Brust stetig ab, ohne
dass sich dabei irgend Zeichen von Unwohlsein eingestellt
hatten. Erst am 12. December v. J. traten Anzeichen be-
ginnender Geburtsthätigkeit auf. Der herbeigerufene Arzt fand
den Uterus glatt, liart, scheibenförmig, nicht kugelig, wie
sonst» die Wdien sehr schwach. Ohne eine Spur von Blutung»
noch Abgang von Fruchtwasser erfolgte die Geburt einer in
Steisslage befindlichen weiblichen Frucht, deren nähere Unter-
suchung Folgendes ergiebt.
Die Frucht ist macerirt und stark geschrumpft, die Ex-
tremitäten mager, die Epidermis runzelig, mit bräunlicher
Schmiere bedeckt; Die Kopfknochen lassen sich leicht über
einander verschieben. Die Augenhöhlen sind leer, die beiden
Hälften des Unterkiefers haben sich von einander abgelöst,
Thorax und Leib stark eingezogen (s. Fig. 1). Die Ent-
Wickelung^ der Frucht lässl auf ein siebenmonatliches Alter
achliessen. Ihre Länge beträgt 13" die Schulternbreite 3'^
die Hüftenbreite 2'\ der gerade Kopfdurchmesser 2%"^ der
quere 1%", der sclüefe 3", das Gewicht 1 Pfund. Der Nabel-
strang ist von mittlerer Dicke, 18'' lang, 28 Mal von rechts
1) Honatssohr. f. Oeburtskande , Bd. VIII., 1866, Heft 1.
2) Archiv f. physiol. Heilk., 1849, S. 619.
3) Monatuchr. f. Geburtsk., 1840, Heft VIII.
4) H. C. L, Barkeuf, Aaatom. ÄbhaadlangeD. Breslaa 1861.
152 Vill. Dohm^ Ueber die Torsion der Nabelschnur
nach links gewunden und zeigt an seinem Fötalende in der
Ausdehnung von 3"' starke Verengerung. Die verengte Stelle
wird nur von einer Spiraltour ausgefüllt. Der Nabel ist
hervorgezerrt (s. Fig. 2). Bei der Injection erwiesen sich
sämmtliche Nabelstranggefasseals durchgängig. Die Nabelvene
zeigte in der Stenose einen Durchmesser von Va"', etwas
oberhalb derselben (s. Fig. 3, c, d) einen Durchmesser von
4^2" y ^ den übrigen Stellen des Nabelstranges von 4'^.
Das Lumen der linken Umbilicalarterie beträgt 2^^, in der
Stenose kaum V2'"» ^^^ rechte Arterie hat überall, auch an
der stenosirten Stelle einen Durchmesser von nahezu 2'".
Die Verengei-ung der Umbilicalgeßsse ist in der Bauchhöhle
nicht mehr nachzuweisen. Die Geßisswände sind, auch in
der Stenose, normal, zeigen keine Verdickung, keine Ab-
lagerung von Hämatoidin. Die Nabelstrangscheide liegt ihnen
in der Stenose eng an. Die Wharton'sdie Sülze fehlt hier
völlig. Die Placenta ist 4" lang, 3V/ breit, ihre grosste Tiefe
in der Blitte V/^'\ das Placentargewebe dicht, eine Spaltung
in Cotyledonen kaum ersichtlich. Mikroskopisch zeigen die
Zotten geringe Verästelung, sie sind breit und brüchig, in
ihrem Innern mit zahlreichen Fetttröpfchen und stellenweise
mit Pigmentkörnchen erfüllt. Spuren von irgend ausgedehnteren
Apoplexien finden sich an der Placenta nicht vor.
Ausser der Abnormität des Nabelstrangs und den von
Maceration und Schrumpfung abhängigen Veränderungen zeigte
die Untersuchung der Frucht nichts Pathologisches. Es ist
daher keinem Zweifel unterworfen, dass auch in diesem Falle
die Torsion der Nabelschnur und zwar insbesondere die
Stenose am^Fötaleude für die Frucht die Ursache des Ab-
Sterbens geworden ist Gleichzeitig war hier die Anzahl der
Windungen des Stranges eine bedeutende und es würde nach
der gewöhnlichen Anschauungsweise ein jedes dieser beiden
Momente als störend für das kindliche Leben angesehen
werden müssen. Es muss indess fraglich erscheinen, ob die
Contorsiones nimiae des Nabelstrangs den nachtlieiligen Ein-
fluss haben, welcher ihnen vop Manchen zugeschrieben wird.
Wir sehen schon normal die Anzahl der Windungen ausser-
ordentlich schwanken, ohne dass der Ernährung der Frucht
irgend ein Schade daraus erwächst und dieser Umstand
iind dadurch bedingte StenoBen der Qefässe. 153
berechtigt zii dem Schlüss, dass vermehrter Reibungs^iderstand
an den GefasswSnden und daraus resultirende Verlangsamung
der Strömung kein wesentliches Hindemiss der Circulalion
während des Eilebens abgiebt, oder, dass doch der daraus
enistdiende Schade auf andere Weise leicht wieder aus-
geglichen wird. Anders gestaltet sich die Sache, wenn zugleich
die Lumina der Umbilicalgeßsse verengt sind. Dies l§sst sieb
aber nicht schlechthin voraussetzen, wenn man die Windungs-
sahl vermehrt findet. Wir wissen von den beobachteten
Fällen Yiicht, wie viele der Windungen in dem verschiedenen
Wachsthume der einzelnen Thcäle der Nabelschnur, und wie
viele in einer Axendrehung des Stranges ihren Entstebungs-
gmnd hatten. Die Grenze zwischen pathologischem und
physiologischem Verhalten ist hier ohne genaue Messung der
Gefasslumina gar nicht festzustellen. Solche Messung ist aber
in den obigen Beobachtungen, welche sich auf Coniorsiones
nimiae beziehen, mit Ausnahme Eines Falles, nicht ausgeffihrt
worden. Fröectrich ist der Einzige, welcher ängiebt, dass
er an einer fünfmonatlichen Frucht einen 30 Mal gewundenen
Nabetstrang gefunden habe , dessen Vene im ganzen Verlauf
durchgängig, aber nur V/^'" weit gewesen sei. Es kömmt
dazu, dass eine Axendrehung des ganzen Nabelstranges selten
eine im ganzen Verlauf des Stranges gleichmässige Wirkung
ausüben wird, da bei etwas längerer Fortsetzung derselben
sich an verschiedenen Stellen der Schnur Drebungspunkte
bilden, um welche sich ein Theil der Nabelschnur mit
kleinerem Halbmesser herumschwingt. Es lässt sich dies
an den Nabelschnüren frühzeitiger, wie reifer Früchte leicht
experimenteU erweisen. Damit stimmt überein, dass nur in
fünf der beobachteten Fälle sich die Angabe findet, dass der
ganze Nabelstrang gleicfamSssig stark gewunden gewesen sei, in
37 Fällen dagegen diese Windungen zu partiellen Stenosirungen
geführt hatten. Ausserdem ist wahrscheinlich, dass partielle
Stenosirungen leicht übersetien werden. Wir erkennen sie
in einzelnen Fällen deutlich aus der Abbildung, während die
Beschreibung nur. von einer vermehrten Windungszahl des
ganzen Stranges spricht. Man darf daher annehmen, dass
die mit vermehrter Windungszahl verbundene locale Con-
ICoii»tofc]ur.f.O«bttrto1i. IflSl. Bd. ZVHI., Hft. S. 11
154 VIII. Dohm^ Ueber die Toriion der Kftbekohnar
fltrictiou weit häufiger für das Kind verderbUcfa wird, ab d«
ersteige für sich alleia - .
Der Umstand, dass eben der zunächst dem Nab^l
liegende Tli^il des Stranges durch seine Axendrehung besonders
lUBanunenge schnürt wird, ist leicht erklärlich. Wenn wir,
und darin stimmen wohl Alle Jetzt ubereiii, den Ausgang»-
t>ankt der Aiendrehüng in der Frucht zu suchen haben, so
ist klar, dass die beiden Fixationspunkte der Nabelschiiur
IBunächst unter der Drehung leiden müssen, vor Allem der dem
Fötus unmittelbar anliegende Theil, weil er der drehenden
Kraft am nächsten liegt. Ausserdem trägt hierzu auch die
häufig zu beobachtende grössere Dünnheit der NabelBchnur
an ihrem Fötalende bei. Keineswegs hat man aber nothig,
wie LandMÖerger dies getban , auf Erkrankungen der Gefasse
.und Gefassscheide oder Druck von den Rändern des Nabe)-
ringes aus zurückzukommen; die Fälle, welche er anführt,
sprechen gerade für eine Torsion. — Das Placentarende dei*
Nabelschnur ist theils wegen seiner Entfernung von dem Aus-
gangspunkte der Drehung, theils wegen seiner grösseren Dicke
und der geringeren Schlängelung der Geisse weniger in Ge-
fahr, eine Constriction zu erfahren. Dennoch ist auch ^
solcher Fall von OaeUens. beobachtet worden, wo die Ver-
dünnung allein die placentare Hälfte des Nabelstranges betraf.
Bisweilen fand sich die Stenose ' an den beiden Enden der
Nabelschnur (s. die Beobachtungen von Nöggeraih und
Hafnsr).
In den bei Weitem meisten Fällen zeigte der Nabel-
strang, an welchem sich eine locale Stenose fand^ audi im
ganzen übrigen Verlauf zahbeiche Windungen. Die höchste
Zahl derselben beobachtete Meckel^ 95 an einer Schnnr von
11" Länge. Auf der anderen Seite werden mehrere Fälle
angegeben, wo der partiell stenosirte Nabelstraiig im weiteren
Verlaule nur wenig gedreht war (so vnn Braun ^ ChitMri nnd
JSj^äth), oder sdbst die Windungen hier fehlten {GaetUns).
Auch hier kann indess eine Axendrebung .der Frucht die
erste Ursache gewesen sein. Es ist keineswegs immer erforder-
lich, dass die am Nabel beginnende Axendrebung sich über
den ganzen Verlauf des Stranges fortpflanzt, es hängt dies
in* jedem einzelnen Fall von versdiiedenen Bedingimgen ab,
xukä dAdnroli b«4tiifte Stenosen der Oeftate. 155
4ie dicht immer an der geboraiea Frucht klar zu Tage treten^
Von besonderem Interesse war mir in dieser Beziehung m
im forigen Sommer zur Beobachtung kommender FalL —
Bine Multipara, TiscUersfrau , die wogen Beckenenge bereits
mehrfach in hiesiger G^ranatalt der kOnstlichen FrübgeburH
«nierworfen worden war, gebur im Juni Torigen Jahres eine
Fnieht in unzerriss^cn Eihäuten. Sie rechnete sich daniate
nadi dem Asabkiben ihrer Menses bis zu Ende des siebenten
Monats ihrer regelntaig reriaufenen Sehwangirschaft « hatte
iiidess noch durchaus keine Kindsbeweguagefi gefühlt Bd
dw Erdflhung des Eies zeigte sich der Fötus, dessen Eolr
wickekmg auf ein viermonatliches Alter schliessen Hess, in d^
Haltung, wie Fig. 4 zeigt Der Nabelstrang ist an zwei Stellen
zwischen Unterschoikd und Körper der Frucht eingeklemmt,
vom Placentarende bis zum rechten Unterschenkel hin ohne
alle Windungen: von hier an beginnt dagegen reichliche
Wmdung und Schlängelung. Seine Länge beträgt lO''. — Es
beweist dieser Fall, dasa bei Fixation irgend einer Stelle dfr
Nabelschnur die Windung und Schl&ngekmg derselben sieb
niobC über den Fixationspuakt hinaus fortzusetzen braucht*
Ganz ähnliche Bedingungen mögen in den seltenen Fällen vor-
handen gewesen sein, wo der Nabelstrang nur am Fötalende
gedreht erschien , im wetteren Verlauf aber windungslos ver>
lief. Damit ist sdbs^verständlich indess die Möglichkeit einer
anderweitigen Entstdiung solcher Stenosen in der Nähe des
Nahehringes nicht ausgeschlossen«
Ein völliger VerscUttss der Gefiaslumiiia, wie Land^hergm'
denselben in den meisten FäBen als durch nachträgliche
Entzündnng der GelBsswände entstanden annimmt, und wie
Sßi^igr ihn in einem Fädle in der ersten Entstehung nach-
gewiesen hat, ist nur höchst ausnahmsweise Folge der durch
Torsion bedingten Venöse; es scheinen vieknehr die ver-
engten ümbiycalgefasse sehr wenig zur völligen Verklebung und
ObUteratton geneigt Unter der Gesammtzahl von 85 Fällen
wekahe ich in der Literatur aufigefauden , findet sich 17 Mal
eine Angabe über diesen Punkt Durchgängig (ur feine
Sonden oder injiGirte Flüssigkeiten waren die Gefässe an den
.atenosirten Stellen 15 Mal, völlig undurchgängig 1 Mal, nur
nach Aufdrehen .der Windungen durchgängiig ebenfalls l Mal.
ti*
156 Vlii. Dohm, Ueber die Tortion der N»beiMli&ar
Bisweilen Eess sieh <fie Slenose bis in die fiaaohhShle hineni
verfolgen. Die Wharton'^che Sube fehlt über den st^osirten
Stella gewöhnlich und die Nabelstrangscbeide liegt eng des
Geflissen an; je nadi der Zeit, in weldier sich die Stenose
entwickelt, wird ihre Ablagermig behindert oder die bereits
abgelagerten Massen werden durch Druck zum Schwund gebracht
sein. Die Yene fand sich häufiger verengt, als die Arterien,
ohne Zweifel eine Folge der gr&sseren Oberfläche, welche sie
dem Drucke. bietet, sowie des geringeren Widerstandes^ den
ihre Wandungen zu leisten Yormöf^n. Die Vereugerusg ihres
Lumens betrug an der Stenose dnrchschnittlicb die HäUte der
normalen Weite. Oberhalb der verengten Stelle hüdet sie,
als Effect der behinderten Girculation, oft eine Anscbwelhmg,
deren geringere oder stärkere Ausdehnung von dem Grade
abhängt, in welchem sich die Spannung auf die der Stenose
zunächst liegenden Theile fortsetzt In zwei Fällen wird die
Vene als allein verengt angegeben. Von den Arterien war
die Unke. häufiger verengt, als die rechte, doch kann dabei
übersehen sein, dass überall, wie Neugebauer angiebt, die
Imke Umbilicalarterie am Fötalende der Nabelschnur häufig
dnen kleineren Durchmesser zeigt.
Man hat mehrfach die Frage aufgeworfen, ob es aetive
oder passive Bewegungen des Fruchtkörpers sind, welche
eine Torsion des Nabelstranges bedingen. Es ist nöthig,
einer jeden dieser Bewegungsarten gewissen Antheil an ihrer
Bildung zuzusprechen, der activen deshalb, weil es unleugbare
Thatsache ist, dass männfiche Früdite häuQgw der Torsion
unterliegen, als weibliche (die Zuscanmenstellung der bis Jetzt
vorliegenden Angaben ergiebt 20 Knaben, 11 Mädchen), der
passiven, weil in manchen Fällen von Torsion der Tod der
Frucht unmittelbar der Einwirkung einer mechanischen
Schädlichkeit auf dem Fusse folgte, imd weil der anatomische
Befund m einzelnen Beobachtungen die Einwirtiuog einer
grösseren Kraft voraussetzt, als dass sie vom Fötus hätte aus*
gehen können. Denn nicht allein, dass wir auf einen kurzen
Raum von wenigen Linien 5 — 8 Spiraltouren zusanmien-
gedrängt sehen, sondern es fand sich bisweilen der Nabel
bervorgezerrt und Hess sich die Stenose der Gefässe bis weit
in die Bauchhöhle hinein verfolgen; dass sie Uer aber Folge einer
und dadarch bedwgt« Stenosen der Qefässe. 157
in das Cavum abdomini8 hineiin fortgesetzten Spannung war,
int aiebt zweifelbafl, denn die. Behinderung der Circulation an
der Stenose allein bedingt, wie die meisten Beobachtungen
zeigen, nicht ebenfalls eine Stenosirung der UmbiUcalgeiasse,
in ifarmn abdominalen Abschnitte. Besonders augenscheinlich
tritt die Wirkung einer starken drehenden Gewalt in den
beiden ersten von Breit gegebenen Abbildungen hervor.
Bedenken wir ferner, dass die Bildung der meisten Torsionen
in eine Zeit flUit, wo der Fötus nodi nicht kräftig entwickelt
ist, so wird um so mehr der grosse Einfluss der passive Be-
wegungen einleuchten. Einzebe der gemachten Beobachtungen
ndtbigen auch geradezu zu der Annahme, dass nicht allein
die Schwere, sondern auch die* active Bewegung des Fötus
der Torsion entgegenwirken musste, so der oben erwähnte
FaU von Meckel, wo die Hand in den Nabelstrang hinein*
gewunden war. Immer wird auch für Diejenigen, welche die
activen Bewegungen allein als Ursache gelten lassen, schwer
ZB deuten sein, wie es möglich wird, dass die Frucht durch
ihre spontanen Bewegungen der Spannung des Nabelstranges
gerade entgegenwirkt; denn die letztere erfordert als fort*
während wirkende Kraft eine ebenso andauernde Muskelaclion
des Fötus nach einer bestimmten Richtung hin zu ihrer
Paralysirung und es ist gewiss gerechtfertigt, wran man
annimmt, dass de.r Fötus, soweit seine Huskelaction dies
vermag, die Lage annimmt, in welcher er am wenigsten Wider-
stand zu überwinden ■ hat Wir kennen nun freilich nicht die
Grösse der Spannung, mit welcher die torquirte Nabelschnur
sich wieder in die durch Anordnung ihrer Theile begründete
iForm zurückzuschnellen strebt ; doch in einzelnen Fällen muss
jrie jedenfalls bedeutend gewesen sein, ich erinnere nur an
die peitschenCörmige Drehung der Nabelschnur, aber welche
Buysck berichtet Unter den beobachteten Fällen wird nur
5 Mal eine mechanische Ersditktterung während der Schwanger-
schaft als Ursache der Torsion angegeben. Es darf dies
nicht Wunder nehmen, deim nur stärkere Ersehätterungen
werden genügend beachtet, und schon solche leichteren
Grades dürften hinreichen, um bei dem im Fruchtwasser
süspendirten Fötus unter günstigen Bedingungen eine Torsion
des Nabelstranges herbeizufahren. Am aoftalligsten trat die
158 ^n. Dokm, Ueber die Toralon der Nabeleelmiir
Wirkung der Er&chdtterungen in den Pillen von NäggeroA
berror. In der ersten Beobachtung wird enSbkj Aus die
Schwangere einen Sprung aus dem Wagen gemacht, in d^
dritten, dass sie einen Fall Ton der Treppe erlitten hafte.
In beiden Fällen erloschen die Kindsbewegmigen bald aacb»
her und die Untersudiung der Fnieht ergab Torsion loü
Stenose.
Zur Erklärung der TM*8ionen reichen Drehungen des
Fötalkörpera um eine den Nabel mit dem gegenftber^eheiid«!
Punkt der Wirbelsäule oder ihrer Verttngerufig verbindende
Axe völlig aus. Wenn Neugeba%$er sagt, dass die lotidea
und einzelnen partiellen Torsionen durch triehterfönnige
Rotationen der ganzen Nabelschnur mit sammt dem Embryo
um die Axe der Eihötde h^mm entständen, so ist dies uieht
richtig, da einen Kegelmantel beschreibende Bewegungen ist
am Nabelstrange aufgehängten Frucht keineswegs eine kxHt-
drehung der Nabelschnur zur Folge haben müssea Dkse
kann sich nur ausbilden, wenn gleichzeitig die Fmdit sieh
um eine Nabel mit Wuitelsäule verbindende Axe rotirt und
diese letztere Bewegung ist nicht mit der anderen als noifa-
wendig gegeben. Ebenso ist es unrichtig, wenn man mciiit,
dass die doppelten partiellen Torsionen dadurch entstehen,
dass sich die zusammengeknäüdte Nabelschnur bei Verharren
des Embryos in seiner Lage eine Anzahl von Malen um eine
ihre beiden Endpunkte verbindende Linie herumschwenkt.
Man mössle hiemach glauben, als ob diese Torsionen von
der Nabelschnur selbst ihren Ausgaogspimkt nähmen, während
es doch zwetfelos ist und auch von Neugebauer stüM
angenommen wird, dass die Drehungen des Kiodskörpers
die Ursache abgeben. Auch bei diesen doppelten partielleo
Torsionen ist die Axendrehung der Frucht das Erste. Der
Effect derselben kann sich, wie dies gewöhnlich der Fall ist,
nur an dem der Frudit zunächst liegenden Abschnitte der
Nabelschnur äussern, oder er kann sich, wie Gaeitena dies
beobachteC hat, über die ganze Länge der Nabelschnur bis
zur Placentarinsertion hin fortpflanzen. Es hindert nidits,
anzunehmen, dass dieser zwiefache Effect in keinem FaUe
zusammentreffen kann, denn an den beiden Endpunkten der
Nabelschnur müssen sich die TorsioneQ am leichtest^a fiifiren.
and dadnreh bedingte Stenosen der Gefaase. JJ^Q
b kaim sonaeh dieselbe Ursache, die Drehung der Frucht
lua eioe Nabel mit Wirbelsäule oder ihrer Verlängerung
lefbiodende Axe» sowohl totale, wie partidle» einbche, wi<
mehrfache Torsionen bewirken.
Nicht ohne Einfluas auf den schädlichen Eflect der kiod-
beben. Rotationen muss der Umstand sein, ob die Drehungen
in einer der jedesmaligen Nabelschnurspirale gleichen oder
fiBigegengesetaten Richtung erfolgen. Im letzteren Falle würde
ihr Nachtheil, Anfangs mindestens, geringer sein. Nach iink#
gewanden war die Nabelschnur in U der angegebenen Fälle,
n«cb rechts 9 Mal, unregehnässig von. einer Seite zur andern
1 Mal Es erfordert dieser letztere Fall, bei welchem sieb
Stenose am Nabel fand, die Annahme ^ dass eine neue
drehende Kraft gewirkt hat, nachdem die Stenose bereits
gdiildet, und zwar in umgekehrter Richtung, oder, dass durch
eine, von Anfang an der bestehenden Spirale entgegengesetzte
Drdiung ein Theil der Spiralwindungen wieder aufgedreht,
an dem» dem rotirenden Körper zunächst liegenden Abschnitt
sogar Stenose herbeigeführt wurde. Im Uebrigen ist die Zahl
der Fälle, wo sich die Richtung der Nabelschuurwkidungen
angegeben findet, nicbt gross genug, um daraus Schlüsse zu
zidhen, wenn es gleich auCEallen. muss, dass die links-
gewundenen Nabelschnüre hier nicbt so an Zahl überwiegen,
wie es nach N^eitmer das gewöhnliche Vorkommen ist,
Die Nabelschnur war in den meisten Fällen- dünn, mit
üur weniger Sülze, doch. fehlt es aueb nicht an entgegen-
gesetzten Beobachtungen.* Die Angabe von Elsästevy dass zu
jstarke Drehung des Nabelstranges meist init grösserer Diqke
desselben coincidire, ist nach dem bis jetzt Vorliegende^
nicht gerechtfertigt. — Die Länge der NabelschifUr schwankte
zwischen 2'/4— 26", übertraf in den meisten Fällen die Län^^
der Frucht um ein Bedeutendes. Mehrere Autoren sehen die
grössere Länge des. Nabeistranges als begünstigendes Moment
lur das Zustandekommen einer Torsion an, und, insofern eine
längore Nabelschnur den Bewegungen des Fötus grösseren
Spielraum verstattet, wird man dies zugestehen müssen,
andererseits wird aber bei einer längeren Nabelschnur sich
die Wirkung Einer Axendrehung mehr vertheUen und "so die
Bildung einer partieDes Gonstriction behindert werden könneq.
160 Vin. Dehrn, Ueber die Tonion der KabeUekanr
VieDeicht wird dadurch die grössere Länge der Nabebdiniir
filr das Kind verderblich, dass sie leichler zwischen den
KindesUieilen, oder zwischen Kindskörper und Uterus in das
Gedränge kömmt, und sich dann die AxMidrehang auf einefi
kleinern Abschnitt derselben concentrirt. In der zweiten
meiner Beobachtungen begflnstigte ohne Zweifel die grössere
Länge der Nabelschnur ihre knäuelförmige Zusamnenballung
an der Bauchseite der Frucht und gab dadurch Gelegenhmt
zu ihrer Compression durch die unteren Extremitäten.
Die Zeit der Torsionsbildung ist von den meisten Autor»
in den dritten bis sechsten Schwangerschaftsmonat gesetst
forden. Es schienen wähi*end dieses Zeitabschnittes säninit«^
liebe Bedingungen gegeben, sowohl die genügend freie Be»
weglichkeit des Fötus in der Eihöble, als auch ein grösseres
Gewicht der Frucht, hinreichend, um das Wiederaufdrehen
der gebildeten Drehungen zu verhindern, für noch belang-
reicher, als das schwerere Gewicht, halte ich .den Reibimgs*
widerstand, welchen die rotirende Frucht bei weiter vor-
geschrittener Entwickelung an den Uterinwänden erföhrt, denn,
da die Haltung der Frucht gewöhnlich eine solche isi, in
welcher sich ihre Muskehi möglichst der Gleichgewichtslage
anpassen , so würde sie die Torsionsspirale wiedo* anfzudrdien^
suchen, falls dieser Bewegung kein besonderer Widerstand
von den Uterinwandungen entgegengesetzt würde. Es wider-
streitet dies nicht der oben ausgesprochenen Annalime, dass
die Torsionen in einzehien Fällen durch active Fötalbewegungea
entstehen können, denn« es lässt sich wohl denken, dass die
Form der Eihöble dem Kindeskörper vorzugsweise nur Rotation
nach Einer Richtung hin gestatte. Um die Entstehung der
Torsion zu bestimmen, giebt uns nur die Entwickelang der
Früchte einigen AnhalL Unter 64 Fällen zeigten ein Alter
von 3 Monaten 13 Früchte
4
n
. 15
5
n
5
6
«»
8
7
♦>
22
8
rt
1
Es ßUt somit die grösste Zahl der Torsionen an ab-
gestorbenen Früchten in den siebenten Monat Ob hier, wie
iiaii da4nve]b iMdisgle filasoMn der Geftsse. 161
HoU meint, die Stenose bereits früber bestanden bat und erat
bei grösserem Nabrungsbedürfniss der Frucbt tödtlicb geworden
ist, mass dahingestellt bleiben, da das Alter einer Slenose
sieb an der untersaebten Nabelschnur schwer bestimmen iSsst
Die Placenta fand sich in denjenigen PiltBii, • wo der
Fötus nach seinem Tode längerem Uterus verweilt, atrophisch
und geschrumpft, bisweilen zeigte sie zahlreiche Apoplexien,
deren Entstehung sowohl durch die stockende Circulation,
wie durch die Zerrung von dem gedrehten Nabelstrang aus
begdnsUgl werden muss. Die folgende Verödung der mütter^
lieben PlacentargefSsse erklärt es, wenn wir sehen, dass die
meisten Geburten mit Stenose behafteter Früchte ohne beträcht*
liehe Mutung verliefen. In einzelnen der beobacbteten Fdlle
war die Fruebt hemicepbaliscb oder zeigte andere Büdungs-
störungen an der obemi Körperhfttfle.
Die meisten Früchte, die an Torsion und Stenose litten,
wivden nach ihrem Tode noch längere Zeit im Uterus zurfldli-
bebalten und kamen macerirt oder stark geschrumpft 2ur Welt..
Die Austreibung der Frucht geschah nach der muthmass-
lieben Zeit ihres Todes
innerhalb 14 Tagen 1 Mal
„ 1 Monat 3 „
n 2 „ 6 „
« 8 „ 1 „
4 1
n ^ »» ■■' »
Als schon vor längerer Zeit abgestorben werden an-
gegeben 21 Fruchte, als ek^st vor kurzer Zeit' abgestorben 1.
Dies aulOUig. lange. Verweilen der abgestorbenen Frucht
im Uteras ISsat vielleicht darauf scbliessen, dass die Nabel-'
Bchnurstenose oft erst allmählich zum Tode der Frucht ftthrte.
Hervorzuheben ist femer, dass bisweifen bei einer und
derselben Frau in sich folgenden Schwangerschaften die Früchte
an Nabebcbnnrtorsion zu Grunde gingen. Ein Einfiuss be-
sonderer Beschäftigung der Schwangeren . ist aus diesen
Beobachtungen lücbt ersichtlich.
IX.
Bericht über die Leiitiuigen des KOniglichea
HabavmeniiurtitiitB an Stetthi wfthrand der
Jahre 18M-1869.
Vom
Geh. Medicinalrath Dr. Behm.
(SehloM.)
VerhältnlMe der Nengeborenen.
Während sich in den einzelnen Jahrgingen d»« Ge*
schlecht der Neugeborenen znweikn sehr abweichend
an Zahl zeigte, wobei besonders die Jahre 1838/39 not
20 Knaben und 5 Mädchen ,1839/40 mit 8 Knaben und
16 Madchen, 1844/46 mit 4 Knaben und 12 MäddicD u. s. w.
hervorragen, glich sich das Gesammtverhältniss in wunder^
barer Weise aus, indem unter der GesammtoW yon 689
geborenen Kindern sich 345 Knaben und 344 Mädchen be-
fanden. Von Erstgebärenden wurden geboren 180 Knaben
und 165 Mädchen, ein Verhähniss, welches mit der gewöhn-
lichen Annahme, dass bei Erstgeburten mehi* Mädchen als
Knaben geboren werden, allerdings nicht im Einklänge steht
Unter dr Gesamrotzahl waren überhaupt frühzeitig
geboren 62 Kinder, todtgeboren 49, Ton denen überhaupt
18 in geringerem oder höherem Grade der Verwesung begriffen
waren. Im Speciellen waren 11 Kinder frühzeitig und todt-
geboren, 7 ausgetragen und todtgeboi^. . Sieben waren an-
scheinend erst im'Geburtsacte gestorben, 2 bei der Wendung ;
die übrigen bei Unterstammgeburten, od«r bei -der Zangen-
Operation. Der Rest wurde zwar noch mit Lebenszeichen,
aber so schwach geboren, dass sie. mnerhalb der nldwteB
zwei Stunden erlagen, weshalb sie hier den ^odtgeborenen
beigerechnet sind. Unter diesen letzteren be&nden sieh
namentlich raehrerere der frühreifen Früchte.
Deformitäten und Monstrositäten der Neugeborenen
wurden mehrmals beobachtet und sind bereits weiter oben
erwähnt worden.
4M K. Hebamaieiiisttidite s« S^tttn eio. 16^
Vmi Todesfällen nach der Gebort und wähneiid der
14tilgigen Wochenbettszeit der Mütter ist zunäcbst mehrerer
friihzeitig geborener Frächte zu gedenken, die schon im
Terlaufe der ersten drei Tage nach der Geburt an allgemeiner
Schwäche, meist unter den Zeichen der Cyanose erlagen^
Ausserdem war besonders in deft ersten Jahren meiner Ver-
waltnng Trismns neonatorum eine ziemlich hfiofige meist
tödüicbe Krankheit, an deren Ents^tehung gp(!tsstentheils die
ungünstige Beschaffenheit des früheren Locales der Anstalt
Antbeil haben modite, da fost immer Erkältung der lünder
die nachweisbare Ursache war. In den letzten Jahren ist diese
Krankheit entschieden seltener geworden and mehrere Lehr-
perioden haben keinen Fall der Art mehr aufzuweisen gehabt
Mehrmals war dürftige Ernährung der Kinder durch die
schwächlichen oder erkrankten Hütter die Ursache der all-
mäügen Verkümmerung und des Todes. Ueberfaaupt aber kamen
in der 25jährigen Periode 27 Todesfölle Neugeborener vor.
Schliesslich kann ich einige Ereignisse im Institute nicht
unerwähnt lassen, welche, obgleich beinahe der Classe der
sogenannteil Coriosa zuzurechnen, doch auch nicht ohne
tieferen wissenschaftlichen Werth sind.
1. Das ersle derselben, die Gebart eines Mohrenbastards,
im Lehrcarsus 1848/49, ist yielleicbt gegenwärtig als der un-
bedentendste anzusehen, da die Frage über die Farbe dei^ neu-
geborenen Kinder der farbigen Racen längst entschieden ist.
Das hier geborene Kind, ein krAftiger Knabe, war im Allgemeinen
▼on danklerer Hautfarbe, als unsere Kinder gewöhnlich sind,
und diese verdunkelte sich besonders an den Innenflächen der
Gelenke, Yorzngsweise aber an den Inguinalgegenden, dem
Perinanm, dem Hodensacke, unter den Achseln. Das Haar war
Bchwars und kraus, die Gesichtszüge durch die aufgeworfenen
Xiippen und aufgestülpte Käse der Negerphjsiognomie bedeutend
angenähert.
2. Nicht ohne Interesse ist die £nH>indung einer Taub-
stummen im Lehroursus 1837/38 durch die merkwürdige instinktive
Weise, mit welcher sich die Person sowohl bei der Geburt, als
bei der nachherigen Behandlung ihres Kindes zu benehmen wusste,
da eine Anleitung oder positive Unterweisung nicht stattfinden
konnte, welche ich auch nach Möglichkeit vermied, um selbst
zu beobachten, wie der natürliche Trieb sich knndgoben würde.
8. Eine wunderliche Verle tauig durch eine Nähnadel er-
eignete sich im Lehroursus 1844/45. IfaWs E, (N. 266) war am
184 ^* Bdm, Berieht «b«r die Leistiliigeii
t2, JuBiiar 1846 inr Abwartnng ibrer Eatbindiing aufgenommen
worden. Einige Tage nacb ibrer Anfnabme war sie Vormittaga mit
Nftben beecbäftigt, als sie Ton ihrem Sitae aufstehend nnd sieb
mit dem Bauche über den vor ihr stehenden Tisch lehnend, nm
eine entfernt liegende Scbeere sa erlangen, plötzlich anter einem
lauten Schrei Auffuhr und sieb gestochen haben wollte. Die
sofortige EntbI5s0ung des Epigastrinms, wo dieVertetsung statl>
gefunden haben sollte, seigte nun ein« tief in die BAuehdeeliea
eingedrungene Kähnadel, welehe mit dem Oehr noch etwa einen
halben Zoll aus den letsteren herTorragte, aber bevor die Ver-
letzte im Stande war» sich ihrer su bemächtigen, unter ihren
Fingern rersebwand, indem sie gleichsam in die Bauchdeekea
bineingezogen wurde. Das* Ereignis! ws^ so schnell beendigt, daas
die alsbald herzugerufene wachhabende Schülerin, gleichwie die
Tnstitutshebamme, der Sache keinen^Glauben schenken wollten und»
ungeachtet der Bestätigung durch die im Zimmer mitanwesenden
Schwängern, sie für eine Täuschung hielten ; und da die Schwangere
sieb danach durchaus wohl fohlte , so kam die ganze Sache in
Vergessenheit) und namentlich empfing ioh snlbat keine Mit-
theilung von derselben. Etwa 14 Tage später, den SO. Januar
Morgens früh wurde die, Person in meiner eigenen, sowie der
Gegenwart der Tnstitutshebamme und der gewöhnlichen Zahl der
Schülerinnen ganz leicht toiI einem 7 Pf^nd 20 Loth schweren
l^naben entbunden, der die zweite Scheltellagogehabt hatte. Kaum
hatte das Kind den Schooss der Mutter verlassen, als mehrere der
Schülerinnen wie aus Einem Munde überrascht ausriefen: „Herr
Gott! die Kadel.*' Schon beschäftigt, die Geburt in mein Journal
einzi^ragen , glaubte ich bei diesem Ausrufe , es sei das Kind durch
die Schülerinnen unvorsichtiger Weise verletzt worden und war
im Begriffe deshalb eine Rüge gegen dieselben auszusprechen, als
ich nun erst von dem ganzen Ereignisse vor 14 Tagen Kunde erhielt.
Die nähere Untersuchung ergab nun Folgendes: Auf der inneren
Fläche des linken Kniees ragtö etwa % Zoll lang die Spitze
einer massig starken stählernen Nadel hervor, welche in schräger
Richtung eine solche Stellang hatte , dass sie von aussen und
vorn schräg in den äusseren Theil des oberen Endes der Tibia
eingedrungen und nach innen und hinten gerichtet wieder hervor-
gedrungen sein musste. Entsprechend der Spitze der Nadel fand
sich am Oberschenkel , da wo der Unterschenkel an^ demselben
angelegen hatte, eine kleine geschwürige Stelle der Haut von
der Grosse einer Erbse oder etwas grösser, hervorgebracht durch
die bei jeder Bewegung des Kindes erfolgte wiederholte öder
nnanterbro ebene Stachelang der Nadelspitze. Die Entfernung
der Nadel musste mittels einer scharf fassenden Zange geschehen,
da sie so fest in dem Knochen steckte, dass sie mit den blossen
Fingern nicht entfernt werden konnte. Das entgegengesetzte
des K. Hebattxiraiiiiistitttto «n Stettin etc. - i^
noch im Knochen steckende En^e der Nadel war noch mit dem
unterletsten Oehre versehen, welche selbst etwa l'/4 Zoll laug
und Ton der entsprechenden Dicke einer Nähnadel war. Der
Vorgang war unzweifelhaft der gewesen, dass die in die Bauch-
decken gestossene Kadel diese, die Gehärmutterwand und die
Eihfillen darchdrang und bis in das hier gelagerte linke Kaie der
Fmcht (sweite Scheitellage) gelangte. Durch Beflezbewegung
sog die Fleucht den verletiten -Fuss fort und die Nadel nach eich,
welche nun ihren weiteren Weg nahm. Auffallend bleibt es aber,
dass der Process, dessen sich die Natur zur Entfernung fremder
Körper aus dem Organismus bedient und den wir bei chirurgischen
Kranken häufig su beobachten Gelegenheit haben, so mächtig
war, um die Nadel ^ welche doch im Augenblicke der Verletiung
schwerlich bis zu einem bedeutenden Theile ihrer Lange in das
Knie des Kindes eingedrungen war, ihren einmal eingeschlagenen
Weg verfolgen und sie nicht vielmehr unmittelbar rückwärts aus-
weichen SU lassen» wosu die nach der Spitze hin stattfindende
konische Verjüngung sie offenbar viel geeigneter machte.
Folgende seltene Fälle dorften endlich auch* noch für die
gerichtliche Medicin nicht ohne Interesse sein^
4. Im Lehrcnrsüs 1839/40 wurde die Ehefrao eines ans
BuBsisch- Polen hierher gekommenen Arbeitsmannes, eines Hols-
flössers, unter N. ISO aüi|genommen. Die Untersuchung seigte
ungeachtet die Frau mit dem sehnten Kinde schwanger ging,
das Fehlen fast aller Erscheinungen, welche auf
frühere Geburten hinweisen; denn die Bauchhaut entbehrte
fast gänzlich der Runzeln und seigte auch bei der Besichtigung
keine Spur von Striemen und aarbenähnlichen Fleokcin^ ebenso
fehlte jede Spur von Varicositäten an den Füssen, Schenkeln
oder Genitalien. Der Mutterhals war, obgleich sie bereits den
achten Monat der Schwangerschaft erreicht hatte, noch hart, der
Muttermund war geschlossen, etwas in die Quere gesogen und
an den Muttermundslippen keine Spur von Einrissen. Mein
College BrawmÜUer^ damals schon als zweiter Lehrer in Thätig-
keit, hatte die Person vor mir untersucht und mich auf den
merkwürdigen Befund aufmerksam gemacht, den ich später bei
meiner eigenen Untersuchung vollständig bestätigt fand. Im Falle
einer gerichtlichen Untersuchung würde die kategorische Ent-
scheidung^ ob die Person früher schon geboren gehabt, bei
Unkenntniss der Anamnese sehr schwierig gewesen sein.
5. |;ndlich gehört hierher der schon früher erwähnte Fall,
in welchem eine Frucht die Spuren einer im Uterus erlittenen
und wieder verheilten Fractur des Unterschenkels an sich trug.
Da das Kind lebend geboren war, so konnte eine nähere Unter-
suchung der Knochen selbst nicht stattfinden.
166
IX. BBkm, BeHeht über äU Leiatmifas
C. Leistnngen in der Poliklinik.
Die Ereignisse in der Poliklinik des Instituts haben bis
jetzt erst einen nocb beschränkteren Umfang erreichen köoneo,
als diejenigen des Instiluts selbst, da diese erst eine ge-
ringere Zahl Ton Jahren umfasst, und die ersten Jabre nach
Errichtung derselben mit mancherlei Hindernissen zu kSmpfen
hatten, welche zum Theil wiederum in der Abneigung der
niederen Stände gegen Alles, was von Seiten der Verwaltung
C. Tabellarische Zusammenstellung der
Lehrcuraus.
Allg^emeine Verhältnisse,
8
BS
OD 0
EindeslageiL
»' I
2»
II
s I
1843 — 44
1844 — 46
1846 — 46
1846 — 47
1847 — 48
1848 — 49
1849—60
1860 — 51
1861 — 62
1852 — 68
1868 — 64
1864 — 65
1865 — 56
1866 — 67
1867 — 68
1858 — 59
Summa
Dasa aas
Tabelle B.
4
6
6
12
14
6
31
21
11
14
23
27
18
16
86
69
5
10
9
22
20
S
44
25
17
17
28
31
24
26
49
41
5
10
9
22
20
8
44
26
17
17
28
31
24
26
49
40
102 j 273
344 I 328
376 I 374 I
I
672 I 665
Total^Samma
446 1601
1047 1 1029
5
9
3
18
16
7
35
17
18
12
19
22
19
20
26
28
267
1
4
2
8
1
5
7
4
6
8
6
3
8
10
7
69
471 148
738 1217
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deB K. HebammenioBtitnt« bq Stettin etc.
167
zor GriekditeruDg ihrer Lage geschieht, sum Tbeil auch in
der feindseligen Thätigkeit der in diesen Regionen wirkenden
Hebanunen, wekbe in dieser neuen EinrichUing eine Geföhr-
duug ihrer eigenen Gerechtsamen erUickten, begründet siA4>
Nachdem voo der Yorgesetzten Behörde die Genehmigung
zur Errichtnng einer Poliklinik ertheilt worden war, konnte
dieselbe im Lehrkursus 1843/44 ins Leben tret^L
Die folgende Tabelle gewährt eine kur2e Uebersicht ober
die in der Poliklinik vorgekommenen Ereignisse.
ünik vorgekommenen geburtshälflichen Ereignisse.
ration.
Nachgebnrti
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28
536
527
216
230
79
70
5
27 .
16g IX. B^hm, Bericht über die Lei8tiiii|^n
Es liegt auf der Hand, da» in der Poliklinik ganze Gruppen
Ton Regelwidrigkeilen dar Geburt, welche bei den im Institute
vorfallenden Geburten seibst fast zu den Alltäglichkeiten ge-
hörten, seltener beobachtet werden nrassten. Theils gab hierzu
Gelegenheit das überwiegende Yerhältniss der Mehrgebarenden
zu den Erstgebärenden, theils das weit Qberwiegende Ver-
hältniss der Verheiratheten zu (}en Ünverheiratheten. Zu den
aus diesen veränderten Verhältnissen sich verändernden Regel-
widrigkeiten gehören zunächst diejenigen, welche durdi den
sorglosen und ohne die gehörigen Gesundheitsrücksichten
unternommenen Transport der Kreissenden zum Institute herbei-
geführt wurden, wogegen die in ihren Wohnungen behandelten
Personen unter der wohllhuenden gewohnheitsgemässeu Ein-
wirkung ihrer ganzen Häuslichkeit dem Gebäracte selbst mit
grösserer Ruhe entgegen gebend, gegen vielfache Erkrankungen
geschfitzt blieben. Regelwidrigkeiten der Wehen kamen daher
in der Poliklinik selten zur Reobachtung. Wo sie auftraten,
wurden sie meist vom Institute aus durch die verabreichten
arzneilichen Verordnungen, deren bereits früher gedacht worden
ist, beseitigt. In Uebereinstimmung mit dem Gesagten stellt«
sich aber auch das Verhältniss der mechanisch^ Hulfs-
leistungen zur Reendigung der Geburten noch günstiger, denn
während z. R. im Institute auf 6.72 Geburten 25 Zangen-
applicationen = 3,87 Proc. kamen, kamen in der Poliklinik
bei 375 Geburten nur 7 Zangenentbindungen = 1,86 Proc. vor.
Rlutungen bei der Geburt wurden im Ganzen zehn Mal
beobachtet; sie waren jedoch in keinem einzigen Falle von
einer solchen Erheblichkeit, dass dadurch eine Lebensgefahr
für Mutter oder Kind herbeigeführt wurde; alle Fälle liefen
vielmehr glücklich ab.
Was unter den mechanischen Geburtserschwerungen zuerst
die Scheitellagen betrifft, so wurden die dritte zwei Mal, die
vierte drei Mal beobachtet. Alle fünf wurden zwar durch die
Kräfte der Natur theils durch Ueberführung in die günstigeren
zweiten und ersten Lagen, theils als selbsständig verlaufend
beendigt, jedoch wurde dabei ein Kind todt geboren, und
war den Erscheinungen zufolge der Tod erst während des
Geburtsactes erfolgt. Die zweite Gesichtslage wurde ein Mal
mit durchaus leichtem Verlaufe beobachtet Ebenso verlief
4m K. Bebamnettittstitiitir sa 9t«fKft «tc. 1^9
der FaU, wobei der Aroi n^ben dem K^^pfe des Kindes lag,
durchaus günstig, da die rfiumlichen VerhälMisse des Beckens
entsprechend und die Wdienihätigl&eit ansreichend war.
?on den Aberhaupt beobachteten twSB Unterstamm-
geburten, nämlich sechs Steiss- und sechs FussJagen li^en
sieben für Mütter und Kinder glücklich ab, ungeachtet eins
der Kinder beim Durchgange des Kopfes durch das Becken
so viel Schwierigkeit machte, dass die Zange angelegt werden
musste. Die fünf übrigen ergaben sammtlich Mhzeitige Früchte,
welche, ungeachtet zwei derselben noch Lebenszeichen von
sich gaben, doch nicht am Leben erhalten werden konnten.
Schief- und Querlagen kamen jede nur ein Mal vor.
Die Schiefläge betraf eine secbsmonatlidie todte Frucht, welche,
nachdem die Schalteriage eben constatirt worden war, durch
Selbstenlwickelung zu Tage gefördert wurde. Bei der Klein-
heit der Frucht und der Schnelligkeit, mit welcher dieselbe
hervorgeschieüdert wurde, war es unmöglich, den genauen
Hergang zu beobachten, und ergab sich das Ereigniss der
Selbstentwickelung daraus, dass vorher die Schulter und der
Arm vorgelegen hatten and bei der nächsten Wehe die Füsse
vor den Geschlechtheilen der Mutter hervorgetrieben lagen.
Die Querlage dagegen ereignete sich bei einer Mtdtipara, bei
welcher durch die kräftigen Wehen die IPüsse neben dem
vorliegenden jBauche des Kindes herabgetrieben wurden, worauf
das Kind, ein kräftiges Mädchen, lebend geboren wurde.
Zwillingsgeburt wurde nur ein Mal beobachtet, bot
aber keinen ungewöhnlichen Verlauf dar. Beide Kinder, aus-
getragene Mädchen, wurden in Scheitellage geboren.
unter den Regelwidrigkeiten Seitens der Um-
gebungen des Eies war es auch in der Poliklinik dCr
fHihzeitige Riss der Eihäute und die UmschKugung der Nabel«
schnür, welche die Haupta^ahl derselben bildeten. Die letzteren
wurden bis zu ?iermaliger Umschlingung um den Hals des
Kindes in mehreren Fällen stets ohne Gefahrdung des Lebens
beobachtet. Dagegen kamen wahre Knoten nicht ein einziges'^
Mal vor. Künstliche Wegnahme der Nachgeburt wegen Üieil-
weiser Trennung und daraus entspringender Blutung wurde
in acht Fällen erforderlich, wobei sich in einigen Fällen
geringere oder höhere Grade der Einsperrung ergaben.
11 •♦
170 12- Bßkm, B« rieht «b«r die LeUtnngtn ete.
Mplenartig d^generirle Eier wurden einige Maie
beobachtei, indem die betreffenden Schwangeren wegen der
damit ?erbundenen Blutungen die BflHe des Instituts nach-
suchten. Sie sind bei der Zahl der firuhseitigen Geburten
mitbegriffen.
▼erhältniMe der Veo^eboreiien.
Die Zahl der neugeborenen Kioder betrug überhaupt 374,
nämlich 191 Knaben und 183 Mädchen. Unter diesen waren
von Erstgebärenden geboren 36 Knaben und 65 Madehen;
eine so überwiegende Zahl der Letzleren/ dass dadurch der
Ueberschuss der im Institute selbst von Erstgebärenden ge-
borenen Knaben aufgewogen wird. Frühzeitige und unzeitige
Geburten kamen überhaupt 17 Mal vor. Todtgeboren über-
haupt, einschliesslich der vor dem siebenten Schwangerschafls-
monate noch mit bestimmbarem Geschlechte geborenen
lebensunfähigen und der molenarüg. verbildeten Eier, waren
überhaupt 21, darunter 3 Molen, 8 frühzeitige und lebens-
unfähige, 2 ausgetragene Kinder, nämlich dasjenige, wobei
Vorfall der Nabelschnur neben dem Kopfe^ stattfand, und ein
in Verwesung begriffener Hydrocephalus; ein in der Fusslage
geborenes und 6 in der Scheitellage aus nicht nachweisbaren
Ursachen abgestorbene«
Kleinere Missbildungen, überzählige Finger, Hasenscharte
und dergL kamen einige Male vor, konnten aber, als der
Bestimmung des Instituts entfernter stehend, nicht in nähere
Behandlung gezogen wernen.
Als eine besonders glückliche Erscheinimg kann es er-
wähnt werden, dass die Wochenbetten sämmtlich', soweit die
Wöchnerinnen während der ersten vierzehn Tage unter der
Beobachtung des Instituts standen, glücklich, wenigstens ohne
irgend nennenswerthe Erkrankungen der Wöchnerinnen verliefen.
Einige Beobachtmigen über Schwangerschaft
ausserhalb der Gebärmutter.
Von
Dr. P. ü. Walter,
ProfoMor em^ritat in Dorpat.
(Mit Bwei Tafeln Abbildongen.)
^ Wenn gleich in der neueren Zeit in Beziehung auf die
Schwangerschaft ausserhalb der Gebärmutter von den ver-
schiedensten Seiten dem ärztlichen Publikum werlhvoUe Mit-
theilungen gemacht, wenn durch dieselben gleich vielfache
Punkte in dieser Art der gesundheitswidrigen Schwangerschaft
aufgeklärt worden sind, so kann man doch die Acten ober
dieselbe keinesweges als geschlossen betrachten. Nur eine viel
grössere Zahl genauer Beobachtungen wird uns ober mehrere
hier noch dunkle Punkte Aufklärung zu gewähren im Stande
sein. Sind doch selbst in der neuesten Zeit von verschiedenen
Seiten mehrere Arten dieser Form der Schwangerschaft nicht
nur bezweifelt, sondern ganz in Abrede gestellt worden, so
von Vdpeau, Thomson, Mayer, WüUgh und Anderen.
Wohl hat HoKL überzeugend die Unhaltbarkeit der von Mayer
für diese Hypothese angegebenen Gründe nachgewiesen und
Hecker hat in seiner Arbeit über diesen Gegenstand das
Ungenügende dieser Ifay^t^schen Ansicht mit Recht hervor-
gehoben und hat den Beifall, mit dem dieselbe aufgenommen
wurde, der mangelhaften Brauchbarkeit der vor-
handenen Beschreibungen und dem Ungenügenden
der bisherigen Leistungen zugeschrieben. Ferner giebt
Hecker an, dass vom heutigen Standpunkte der
IConatMebr.f.Gebartik. 1861. Bd. XVm., HA* &• ^^
172 ^« Walter, Einige Beobachtnngen
Wissenschaft es nicht mehr gerechtfertigt erscheint,
an der Existenz der primären Bauchschwangerschaft
zu zweifeln, da die theoretischen Bedenken gegen
die Möglichkeit derselben als beseitigt betrachtet
werden milssen und die Praxis langst über ihr Vor^
komhien in affirmativem Sinne entschieden hat, es
sich daher nur darum handelt, ob es unzweideutige
Belege für das Vorkommen der Eierstocksschwanger-
Schaft giebt oder nicht. Dabei bezeichnet Zfec/c^r die in
den letzten Jahren von Heiin, Klwi^ch, Virchow erzrJilten
Fälle mit dem Prf.dikat; vermuthlicbe, weil bei der
langen Dauer der Abnormität und bei den hieraus
hervorgegangenen Veränderungen der verschiedenen
Nacbbarorgane nicht mit der nölhigen Schärfe,
sondern immer nur vermuthweise das Ovarium als
der primäre Heerd der Gravidität erkannt wurde. Ja,
sogar von dem von Hecker selbst mitgetheilten Falle äussert
der Verfasser sich dahin, dass das Präparat in ihm die
subjective (Jeherzeugung von dem Vorkommea der
EierslocksschwaDgerschaft erweckt, das aber niclil
so Tollkommen aus der Leiche genommen worden
war, dass es wissenschaftlich verwerlhet werden
konnte. Wenn somit selbst die in der neuesten Zeit von
so ausgezeichneten Beobaditern mitgetheilten Fälle niclit jeden
Zweifel über die wirkliciie Existenz der Eierstockssdiwaoger*
Schaft zu beseitigen im Stande gewesen sind, so glaube ich
ein Aecht .zu haben, unter No. 1 einen von mir beobachteten
Fall hier mitzutheilen und ilm durch die beigefugieo, nach
dem Präparate entworfenen Zeichnungen zu ertäutem, der
von mir und mehreren Aerzten, so namentlich auch von
Anatomen untersucht, in Allen die feste Ucberzeuguog von
einer Eierstocksschwangersdiaft hervorgerufen hat -und der
dadurch, sowie durch das Eigenthümliche im Verlaufe der
Schwangerschaft wohl das Interesse aller Facbgenossen m
beanspruchen ein Recht hat.
Der zweiten Beobachtung, die ich als Bauchschwanger-
schaft bezeichnet habe, fehlt freilich die Leichenöffnung,
da die Frau noch jetzt,. über 38 Jahre nach dem Beginne
der Schwangersdiaft, lebt und sich seit vielen Jahren im
fiber Sbhwang^rschafl ansflerhalb der Gebärmutter. 173
Innern Ton Russland befindet. Es hat aber dieser Fall,
meiner Ansicht nach, dadurch ein eigenes Interesse, dass
derselbe während einer Reihe von 22 Jahren von demselben
Arzte beobachtet und ein sehr sorgfaltiges Journal, oft von
Tage zu Tage, geführt worden ist So treten denn in ihm
namentlich die Erscheinungen einer späteren Periode dieses
krankhaften Zustandes uns genauer entgegen, als dies ge-
wöhnlich in Fällen dieser Art stattzufinden pflegt. Ueber
diesen zweiten Fall muss ich hier noch hinzufügen, dass die
Beobachtung eigentlich nicht mir angehört. Es betraf der
Fall eine Kranke, die von einem mir innigst befreundeten
CoUegen, dem verstorbenen Dr. L. Gtrgejisohn in Wolmar
behandelt wurde. Da ich zu jener Zeit ebenfalls in Wolmar
als praktischer Arzt lebte, so habe ich die Kranke, theils
bei Reisen des behandelnden Arztes, tlieils aber auch aus
Interesse für den Fall selbst, während ihrer Krankheit häufig
besucht In einer Rücksicht kann ich den Fall auch als
mir gehörig in Anspruch nehmen, indem ich zuerst, bei
einem dieser Krankenbesuche, die Diagnose auf Schwanger-
schaft ausserhalb der Gebärmutter stellte, was auch der
jetzt verstorbene behandelnde Arzt, bei seiner grossen Sorgfalt
in Führung seiner Journale, anbemerkt hatte. Das Journal,
nach dem ich hier die Krankengeschichte liefere, ist von dem
verstorbenen Dr. Z. Oirgensohn noch kurze Zeit vor seinem
Tode sorgfältig durchgearbeitet und mir von dem Sohne
desselben, dem Dr. O. Oirgensohn in Riga freundlichst zur
Benutzung mitgetbeilt worden. Es versteht skh von selbst,
dass ich die in einem Journale nicht zu vermeidenden
Wiederholungen weggelassen und nur das auf die Schwanger-
schaft ausserhalb der Gebärmutter Bezughabende hier mit-
getheilt habe.
Der dritte Fall, den ich als Graviditas extrauterina tubaria
oder tttbo-uterma mit einem Fragezeichen kurz angeführt
habe, gehört m das Gebiet derjenigen Fälle, die dem praktischen
Arzt nur zu oll vorkommen, wo er, seiner festen Ueber-
zeugung nach, ein Bestimmtes zu beobachten glaubt, wo er
aber, bei Genesung der Kranken, nie Gewissheit erlangt Die
Kranke lebte ausserdem einige Meilen entfernt von mir, so
dass idi sie nicht täglidi zu sehen im Stande war.
12*
174 ^* Walter f Einige Beobaohtnngen
1. Primäre Eierstocksschwangerschaft; secundäre
Bauchhöhlenschwangerschaft
Die Frau eines estbnischen Arbeiters, 40 Jahre alt, von
mittlerer Körpergrösse, sanguinischem Temperamente, gut
gebaut, in früheren Jahren gesund, hatte die ersten neun
Jahre ihrer Ehe kinderlos yei*lebt Dann gebar sie Yor 10,
8V2 und 3 Jahren gesunde Kinder, ohne an besonderen
Beschwerden während der Schwangerschaft zu leiden. Die
Geburten soUen regelmässig, im Allgemeinen leicht gewesen
sein. Am 31. August alten Styles des Jahres 1857, während
des Flusses der Menstruation, verliess sie mit ihren Kindern
Pernau, wo der Mann noch 6 — 8 Wochen zurückbleiben
musste, um nach ihrem 176 Werst, etwa 26 Meilen ent-
fernten Geburtsort, Dorpat, zurückzukehren. Am Tage ihrer
abreise selbst hätte, ihrer Aussage nach, während des Flusses
der Menstruation, der letzte Beischlaf stattgefunden. Den
Tag nachher, den 1. Februar, stürzte auf der Reise der
Frachtwagen um, in welchem die Frau mit ihren Kindern,
bei gefrorenem Wege und tiefem Schnee, die Reise machen
sollte. Die Frau erschreckte und ängstigte sich sehr und war
zugleich genöthigt, sich beim Aufrichten des schweren Wagens
körperlich sehr anzustrengen, indem sie dabei mit Hand
anlegen musste. In Dorpat angekommen blieb Ende Februar
der erwartete Monatsfluss aus und . erschien auch späterhin
nicht mehr. Dagegen traten Schmerzen im Unterleibe ein,
die besonders im Kreuze und der rechten Leistengegend statt-
fanden, fast ununterbrochen anhielten, von der Frau abo*
so wenig beachtet wurden, dass sie gar keine ärztliche Hülfe
suchte. Dies geschah erst im Anfange des Mai,, ab die
Schmerzen plötzlich einen ungewöhnlichen Grad von Heftigkeit
erreicht hatten, wo ich hingerufen ward und die Kranke zum
ersten Male sah. Eine genaue Untersuchung zeigte dne das
kleine Becken füllende kugelige Härte, Verkürzung und Ver-
dickung des Scheidentheils, sowie eine Völle im Scheidengewölbe.
Diese Erscheinungen, verbunden mit dem ausgebliebenen Monats-
flusse liessen mich auf stattfindende Schwangerschaft schliessen.
Die früheren Schmerzen glaubte ich in d^n Sturze und der
' Anstrengung beun Aufrichten des Wagens' durch Dehnung der
fiber Schwangerschaft aaaaerhalb der Gebttrmntter, 175
Bauchmuskeln und der Gebännutterbdnder herleiten zu mössen,
während ich die jetzt erschienene bedeutende Steigerung des
Schmerzes, die mit Empfindlichkeit bei der Berührung und
Fieber verbunden war, von einer hinzugetretenen örtlichen
Bauchfellentzündung herleitete. Die nach dieser Ansicht durch-
geführte Behandlung beseitigte auch den Schmerz in dem
Grade, 4ass die Kranke Ende* Mai, Juni und mehrmals die
erste Hälfte des Juli -Monat» sich vollkommen wohl befand
und ihrem Haushalte ungestört vorzustehen im Stande war.
Im Juni hatte die Frau die ersten Kindsbewegungen wahr-
genommen,' ohne dass sie ganz genau sich des Tages zu
erinnern vermochte. Ende Juli erschienen die früheren
Schmerzen von Neuem, doch bekam ich die Kranke erst
gegen die Mitte des August- Monats zu sehen, wo sie die
geburtshüMiche Klinik ein Mal ambulatorisch besuchte. Das
Aussehen der Kranken war ziemlich gut, doch hatte in der
letzten Zeit sich Abmagerung einzustellen angefangen; der
Puls war ruhig, zeigte 84 Schläge in der Minute; die Zunge
war rein; die Stuhlentleerung in Ordnung. Die Kranke beklagte
sich über heftige Schmerzen im Unterleibe, die sich wohl
zwischendurch minderten, niemals aber ganz verschwanden,
dagegen bisweilen einen ausnehmenden Grad von Heftigkeit
erlangten, besonders bei den allmälig stärker werdenden und
ungewöhnlich deutlich wahrgenommenen Bewegungen der Frucht
Die bei der Wichtigkeit des Falles zu wiederholten Malen
unternommene äussere Untersuchung zeigte den Unterleib
aufgetrieben, aber weich; auch bei einer längere Zeit an-
dauernden Betastung desselben, in der Rückenlage,* liess sich
kein Gebärmuttergrund , überhaupt keine Gebärmutterkugel
erkennen, auch trat bei einer solchen, eine längere Zeit an-
hakenden Untersuchung keine Härte im Unterleibe auf. Die
Percussion gab in der Mittellinie des Unterleibes einen hellen,
fast tympanitischen Ton, der sich bis fast vier Finger breit
unterhalb des Nabels heraberstreckte; eine Handbreit vom
Nabel entfernt, reichte dieser hohle Ton nur bis zur Nabel-
höhe. Unterhalb dieser angegebenen Punkte war dumpfer,
deutlicher Fleisch -Ton. Der Fötus liess sich mit auftauender
Deutlichkeit ' durdi die verdünnten Bauchdecken durchfühlen.
Links vom Nabel, etwas tiefer als dieser, lag eine Extremität ;
176 2* Walier, Einige Beobaelitniigen
man konnte an derselbe den Fass, die Ferse, sowie den
Unterschenkel auf das Deutlichste erkennen, ja es liess sich
die untere Extremität so umfassen, dass sich die Fmgerq>iUen
hinter derselben deutlich fühlten; es lagen blos die verdümiten
Bauchdecken zwischen ihnen. Etwas oberhalb des Fusses
lag ein grosser, runder, weicher Körper, offenbar der Steiss;
von diesem aus konnte man schräg nach abwärts und rechts
hin, den Körper des Fötus wahrnehmen, der indess nur bis
drei Finger breit Ton der Linea alba, nadi rechts Ton dieser,
zu verfolgen war. Hier nämlich lag, unmittelbar unter den
Bauchdecken, eine festweiche Geschwulst, die an der SchaoH
beinverbindung, .etwas nach rechts von dieser, begann und
sich bogenförmig mit der Conrexität nach aufwärts und links
gerichtet, bis zum oberen vorderen Stachel des rechten Hüftbeines
erstreckte. Dieser convexe Rand der Geschwulst war deutlidi
mit den Fingern durch die Bauchdecken zu umfassen, während
die ganze von der Geschwulst eingenommene Gegend des
Unterleibes bei der Percussion einen dumpfen Ton darbot
Hinter dieser Geschwulst, so den untersuchenden Fingern
entzogen, mussten offenbar die Schultern und der Kopf der
^Frucht liegen, der letztere ohne Widerrede auf dem rechten
Musculus iliacus internus.
Die Auscultation zeigte den Herzschlag des Fötus mit
der gewöhnlichen Frequenz und mit auffallender Deutlichkeit
im ganzen Unterleibe der Mntter, von der Herzgrube bis zur
Scbambeinverbindung und von der linken Seite bis in die
rechte. Das Circulationsgeräusch hörte ich nur ein Mal, in
der rechten Leistengegend.
Die innere Untersuchung zeigte eine erweiterte Scheide,
normalen Stand des Scheidentheils, Auftreibung desselben,
Verkürzung auf 4 Linien, gewulstete Muttermundslippen mit
deutlichen Kerben, klaffende Querspalte des äusseren Mutter-
mundes, in die man den Finger ein paar Linien tief einführen
konnte und leichte Auftreibung des Gebärmutterkdrpers. Von
dem Kinde war durch die Scheide keine Spur zu fühlen.
Oefters wiederholte Untersuchungen efgaben dasselbe
Resultat, nur dass sich die Frucht so um ihre Längenachse
zu drehen schien, dass die Bauchhöhle derselben sich gegen
die .vordere Wand des Unterleibes der Mutter richtete. Man
über SobwADgeracbafl ansserbalb der Geb&rnmtter. 177
konnte nftinlich etwas später beide Fusse des Fdlus deutlich
durchfühlen« so dass statt des bisher nach oben geri<1)leten
Rückens die linke Seitenfläche der Frucht sich der unter-
suchenden Hand darbieten musste. Zugleich nahm allmälig
die Spannung der Bauchdecken mehr und mehr zu, so dass
sich die unteren Extremitäten der Frucht später nicht mehr
so deutlich erkennen und namentlich nicht mit den Fingern
umgreifen liessen. Dabei wurden auch die Bewegungen des
Fötus so heflig und namentlich so ausgedehnt, dass die Fasse
desselben bisweilen in der Herzgrube gefühlt werden konnten,
besonders wenn die Frau sich körperlich angestrengt, gearbeitet
hatte. Auch schwand mit der erwähnten Drehung des Kindes
um seine Längenachse der im Liegen der Frau so deutlich
gewesene Herzschlag, den man jetzt nur im Stehen derselben,
wenn sich die Frucht nach vom senkte, wahrzunehmen im
Stande war.
Ich hatte gleich bei der ersten Untersuchung der Frau
im .August den Fall als Schwangerschaft ausserhalb der Gebär-
mutter bestimmt, mit Lagerung der Frucht in der Peritonäal*
höhle. und Querlage eines lebenden Kindes. Anfangs schien
dabei der Bauch des Kindes abwärts gerichtet zu sein, später
senkte sich die rechte Schulter tiefer und die Bauchfläche
wandte sich nach vom. Die runde Geschwulst rechts unten
im Unterleibe hielt ich für die Placenta und glaubte, dass
dieselbe an der vorderen Fläche des Bauchfelles ihre An-
heftungsstelle gefunden hätte.
Wenn ich, wie bei der gewöhnlichen Berechnung, des
Schwangerschaftstermines, den Anfang der Gravidität auf den
achten oder zehnten Tag vor dem letzten Monatsflusse fest-
.setzte, so waren am 23*. bis 30. October 280 Scbwangerschafts*
tage verflossen und auf diese Zeit hatte ich die Operation
des Bauchschnittes festgesetzt War der letzte Beischlaf am
31. Januar etwa der befruchtende gewesen, so konnte die
Dauer der. Schwangerschaft nur ein paar Tage länger währen,
was daher keinen Eintluss auf die Wahl der Operatiouszeit
ausüben konnte. Die Erscheinungen sprachen so bestimmt
für eine Schwangerschaft ausserhalb der Gebärmutter, dass
ich den Fall als solchen mehreren hiesigen Aerzten, den
Professoren iSam^on v^Hirnfnetsiern, Erdmann^ v. OeUingen
X78 X* WdlUr, Einig« B«ob«ohJtiuigea
und dem hiesigen Kreisarzte Dr. ßekuHz, zeigte. Dieee
Klarheit in der Diagnose des Falles bewog mich auch die
Gebürmuttersonde nicht in Gebrauch zu ziehen, um nicht
unnöthiger Weise durch Reizung der inneren FUche der Gebär-
mutter die schon stattfindenden Schmerzen zu vermehren.
Ich hatte es aber ausgesprochen, dass ich unmittelbar Yor
der Operation die Untersuchung mit der Sonde unteruehmen
wurde, um mich noch vorher auf diese Weise von der
Leerheit der Gd>ärmuttor zu überzeugen.^)
Das im Ganzen ziemlich gute Allgeroeinbefinden der Frau,
sowie die Gewisaheit von dem Leben der Frucht hatten midi
bewogen, an dem oben bemerkten Zeitpunkte die Ausführung
des Bauchschnittes festzusetzen. Absichtlich hatte ich den
möglichst spätesten Termin dazu gewählt, indem ich hoffte,
dass dann die Placenta am meisten vorbereitet sein würde,
entweder durch meine Hand oder durch die Naturkraft gelöst
zu werden, wie dies in der zuerst von ZtoaneJb, dann aber
nochmals von Schreier mitgetheäten Beobachtung der Fall
war. Deshalb wurde die Kranke aus ihrer engen unbequemen
Wohnung in ein eigens für sie besoi^tes helles und geräumiges
Privatquartier gebracht, wo sie mit passender Pflege und
Diät versehen ward und wo sie sich fortwährend unter der
genauesten ärztlichen Aufsicht befand. Herr Dr.' S. RüUr
aus St. Petersburg, damals hier studirend, hatte die grosse
1) Wenn die durch die Uterinsonde mit Sicherheit erkannte
Leerheit und Kleinheit der Gebärmutter mit gleichseitig deutlich
wahrnehmbarem Herzachlage des Fötus gewiss in Beziehung auf
die Diagnose der Schwangerschaft ausserhalb der Gebärmutter
von der höchsten Bedeutung sind^ so kann Ich doch nicht, wie
es wohl geschehen ist, darin Tollkommen sichere Zeichen der^
selben finden. Ich selbst habe einen Fall als consultirter Arst
EU sehe^ Gelegenheit gehabt, wo die Sonde mehrere Male in die
Gebärmutter eingeführt worden war und wo doch Schwangerschaft
in ihr stattfand. Es war ein doppelter Uterus; in der einen
Hälfte lag der Fötus, in dU andere war die Sonde .eingeleitet
worden, (^eaasom, Beiträge cur Qebartskunde und Gynäkologie,
8. Bd., S. 158. Ein Fall von Uterus bilocularis von Dr. v. Hokt).
Ja, bei dem in unseren Tagen nur su häufigen Gebrauch der
Sonde sah ich mehr als einmal die einfache schwangere Gebär-
mutter sondiren, bei vermeintlicher Gebärmutterkrankheit, ohne
Abort SU eneugen.
über 8e]iw«Bg«raebafl anwerbalb der Gebirmntter. 179
Freiin^chkeit, mit wirklieher Aofoirferung die Sorge Mr die
Kranke su AbernebmeD. In die gebortehulfliche Klinik nahm
i<^ die Kranke absichtlich nicht auf, um sie nicht, weder
▼er noch nach der Operation, der nachtheiligen Einwirkung
der Luft eines Krankenhauses auszusetzen.
Die örtlichen Erscheinungen boten anfangs nur geringe
Veränderungen dar, dagegen litt das Allgemeinbefinden aUmälig
mehr und mehr. Die Kranke magerte, <Angeachtet einer gut^
krSftigen Diät, nach und nach 'mehr ab. Nachtruhe konnte
nur durch Opiate, namentlich durch essigsaures Morphium
erzeugt werden, . das .täglich und um zu wirken, in alimälig
sieigender Gabe gegriien werden musste. Die Patientin wurde
tmbr und mehr an das Bett gefesselt; am Kreuzbeine zeigte
sich ein leichter Decubitus. Doch blieb der Puls ruhig, er
zeigte 84 Schläge in der Minute, war dabei ziemlich voU;
die Harnentleerung erfolgte gut, der Stuhlgang wurde durch
Layements unterhalten. Am 12. October traten plötzlich die
Erscheinungen einer acuten Peritonitis auf; hdtiger, an-
hdtender Schmerz im ganzen Unterieibe, bei der leisesten
Berührung sieh steigernd, grosse Schwäche und Hinfälligkeit,
BemShleunigung des Pulses auf 130 Schläge in der Minute,
wobei derselbe zugleiish klein und schwach wurde. Diese
ZufaHe schwanden indess bald nach grossen Gaben Opium,
traten aber am 22. October wiederum auf und zu den früheren
Erscheinungen gesellte sich meteoristische Auttreibung des
Unterleibes, starker Durst und häufiges Erbrechen, das eine
grungallige Flüssigkeit entleerte. Den 27. October hörten die
Bewegungen der Frucht auf und der Herzschlag desselben
verschwand. Am 81. October, an dem zur Operation früher
festgesetzten Tage, starb die Frau, nachdem noch vorher
bei einer Consultation der früher genannten Aerzte einstimmig
die Unzulässigkeit der Operation unter den stattfindenden
Verhältnissen, d. h. bei so deutlich ausgesprochener acuter
Bauchfellentzündung und todtem Kinde, bestimmt worden war.
Die -Section des Leichnams, 26 Stunden nach dem Tode
der Frau durch Herrn Professor Bidder in Gegenwart mehrerer
Professoren derMedidn, praktischer Aerzte und älterer Studirenden
unternommen, lieferte folgende Resultate: Die ZersMung des
Körpers war schon ziemlich stark vorgeschritten ; der Unto^leib
180 ^- WtOUr, fiinigo BeobAehtimgeii
war ineteoristisch anfgetrieben, Ton Maagräner FSrbung und
liess den Fötas nur undeutlich durchföbJen. Die Baucbdecken
zeigten sich beim Durchachneid^ aufTaHead dann, das Fett*
polster war stark geschwunden. Der Darmkanal erscUefi
durch Luft aufgetrieben, gleichförmig dunkel geröthet; die
Darmschlingen unter sidt, sowie mit dem Netse durch ex-
sudirte plastische Massen verklebt; FlOssigkeiten waren, gar
nicht ergossen. Sovne die Bauchdecken durchschnitten waren,
lagen der Steiss, die linke Seite des Unterleibes bis zu den
kurzen Rippen und beide untere Extremitäten des Fötus
zwischen den Darmschlingen da, ohne Eihöllen, ohne. Frucht-
wasser, in der während des Lebens der Frau genau be-
stimmten Lage. Thorax, Arme und Kopf waren, von Darm-
schlingen verdeckt, dem Auge entzogen, der Kopf in der
rechten Fossa Uiaca. .Der Darmkanal musste an melverea
Stellen angestochen werden, um ein Zusammenfallen desselben
zu bewirken, damit die ganze L^ge des Fötus übersehen
werden konnte. Hierauf wurde dieser Torskhtig heraus-
genommen, wobei man ein durdi Druck des Kindskopte
erzeugtes vollkommenes Schwinden des Musculus iliacue internus
wahrnahm. Der Fötus war vollkommen ausgebildet, 6V« Pfund
schwer. Der Schädel zeigte sich durch beginnende Fäuhiiss
stark erweicht und durch den Druck des ausgedehnten Darm-
kanals gegen das Höfthein comprimirt und in seiner Form
verändert, eine Entstellung, die sich auch auf das Gesicht
erstreckte. Die Pfabelschnur war 30 ZoU lang, von normaler
Dicke und regelmässigen Windungen, nur einen falschen
Knoten darbietend. Die Nachgeburt lag an der. früher be-
stimmten Stelle, adhärirte aber nicht, wie ich es während
des Lebens der Frau angenommen hatte, am Bauchfelle der
Unterleibsdecken, sondern erwies sich als das rechte Ovarium,
das in die Placenta verwandelt war.
Die Gebärmutter mit ihren Mutterbändem, den Eileitern,
den Eierstöcken, dem oberen Theile der Scheide und der
hinteren Blasen wand wurden sorgföllig ausgeschält, um sie
genau zu untersuchen und aufzubewahren. Das Präparat
befindet sich in der Sammlung für pathologische Anatomie
der Universität Dorpat und lieferte bei der Untersuchung
folgende Resultate :
übor Schwaageriehftft anuerbalb d^r OebSrmQttor. Jgl
Auf der linken Seite boten die Fallopisciie Rfihre, das
ligamenlum OYarii, der Eierstock selbst und die bezüglichen
Theile des breiten Mutterbandes ausser den Erscheinungen
starker Bluteriftllung und einer durch plastische Auflagerungen
bedingten Verdickung und vtiligen Undurchsicfatigkeit, keine
weiteren Abweichungen dar. Das Ovarium war 1 Zoll 6 Lkiien
bng> 4 — 6 Linien breit, der linke Eileiter seigte eine Lange
▼on 4 ZoB 9 Linien und war vollkommen durchgängig. ^ .
An der vergrösserten Gebärmutter war der Scheidentbeil
aufgetrieben, mit klaffender Querspalte des äusseren Mutter-
mundes. Die Länge dar Gebärmutter, vom Grunde bis zum
äusseren Muttermunde betrug 4 Zoll 11 Linien, die grösste
Breite derselben war 3 Zoll 3 Linien, ihre grösste Dicke,
nahe dem Muttergrunde, 1 Zoll 6 Linien. Die grösste Dicke
der Gebärmutterwandungen betrug 9 Linien. Der äussere
Muttermund hatte eine Länge von 1 Zoll 4 Linien* Die Länge
des Schetdentheils war 6% Linien, die Dicke desselben, von
vom nach hinten, gemessen, 1 Zoll. An der vorderen Fläche
durch einen Längsschnitt «eröffnet, enthielt die Gebärmutter-
böhle in ihrem oberen rechten Winkel Reste einer deutlich
entwickelten hinfälligen Haut
Der rechte Eileiter war blutreich, mit plastischem Exsudat
bedeckt, 5 Zoll 2 Linien lang und vollkommen durchgängig,
nur das Ostium uterinum durch die hier gelagerte erwähnte
Membrana Decidua v^^tppft Die Zacken seiner äusseren
Mündung waren ganz frei, nirgends adhärirend, das Ostium
abdominale selbst ganz offen. Das rechte Ligamentum ovarü
zeigte sich um das Doppelte verdickt, sonst normal gelagert
und beschaffen.
Der rechte Eierstock erschien in eine oblonge Geschwulst
verwandelt, mit ihrem Längendurchmesser der Körperachse
des mütterlichen Leichnams ziemlich parallel veriaufend, mit
ihrem oberen Ende etwa 3 Zoll über den Fundus uteri hinüber*
ragend, auf ihrer vorderen Fläche die Tuba mit ihrem äusseren
gefranzten Ende tragend. Es war diese Geschwulst von
mregelmässig höckerigem oder gelapptem Aussehen und von
tbeils teigiger, theils ziemlich derber Consistenz. Die grösste
Länge dieser Geschwulst war 6 Zoll, die grösste Breite 4 Zoll,
ihre grösste Dick^ 8 ZdL An der nach hinten gerichteteA
182 ^' WaUer, Etnigre BeobachtiiBg«B
Fläche dieser Geschwulst befand sidi eioe Aosb6hlimg,
4 Zoll 3 Linien lang, 3 Zoll 9 Linien breit, 1% Zoll tief;
deutlich vom Chorion und der TunicaAmnios ausgekleidet,
die gerissen waren und deren Ueberreste lappenförmig in die
Bauchhöhle hineinragten. Diese EihOllen Hessen sich mit
Leichtigkeit aus der beschriebenen Qöhlung herauspräpariren,
zu gleicher Zeit aber auch in ihre beiden Membranen, in das
Cthorion.und die Tunica Amnios trennen. In diese EihOUen
senkte sich die Nabelschnur und verlief in ihnen bis in den
Gruud der Höhlung, wo sich ihre Gefasse zertheüten mid
mit dem Parenchym des Eierstocks die Macfagebiut formten.
Die feinere anatomische Untersuchung dieser Piacehta hatte
Herr Professor Bidder die Güte anzustellen und mkr' darüb^
folgende Mittheilung zu machen. Die Geschwulst war nicht
allein ringsum von 'mehrfachen und mit Leichtigkeit abzu-
ziehenden Schichten faserstoffiger geronnener Exsudate bedeckt,
sondern bestand zu ohngefahr einem Drittel, welches deo
ganzen nach rechts gelegenen Theil ausmachte, aus einar
bis 1% Zoll dicken Lage sehr derber aber leicht spaltbarer
Faserstoffgerinnsel, die auch unter dem Mikroskop kein ent*
schiedenes Merkmal der Organisation, sondern nur die gewöhn*
liehen Formen des geronnenen Faserstoifes darboten und mit
einer ziemlich scharfen Grenze in ein die übrige Masse dieses
Körpers ausmachendes schwammiges und lockeres Gewebe
überging, das bei Betrachtung mit. blossem Auge in Farbe,
Form u. s. w. ganz mit dem Gewebe der Placenta überein-
stimmte. Im frischen Zustande drang aus Einschnitten, die
in dasselbe gemacht wurden, sein* reichliches Blut hervor,
nach dessen Entfernung ein aus netzartig verbundenen Fasern
bestehendes, mit grossen Maschenräumen versehenes Gewd)e
sichtbar wurde. Bei der Section des Leichnams hatte Niemand
an die Injection ^er Blutgefässe sSmmtlicher Beckenorgane
gedacht und auch nach Herausnahme der inneren Geschlechts*
Organe hatte dieselbe nicht so^eich stattfinden können, daher
musste das Urtheil über die innere Beschaffenheit dieser Substanz
nur an die Untersuchung der im Weingeist aufbewahrten
Theile sich halten. Aber auch hierbei zeigte jedes Fragment
aus der dem unbewaffneten Auge als ein verfilztes Fadenwerk
mit ziemlich weiten Maschen erscheinenden Gewebe unter
fiber SohwmDgerschaft aoaserhalb der Qebärmntter. 183
dem Mikroskop so Tollstandig die gewöhnlicben Formen der
in die muUerlicben Venenräume firei hinein ragenden Zotten-
bäumdien oder Schlingen der -fötalen Umbilicalgefösse, dass
auch nicht der entfernteste Zweifel darüber obwalten kann,
dass «in dem ursprünglichen Ovarium die Bildung der Placenta
vor sich gegangen. Von dem Ovarium selbst war übrigens
nirgends, auch nicht an dem äusseren Ende des Eierstock-
bandes eine unzweifelhafte Spur aufzufinden, vielmehr schien
das Organ ganz in die Piacentarbildung auf« und unter-
gegangen zu sein.
Beacfattii wir den Fall in seinem ganzen Verlaufe, so
erfolgte der befruchtende Beischlaf Ende Januar. Die Samen-
fäden wurden zum Eierstocke geleitet und die Befruchtung
fand im geborstenen GrcLaf sehen FoMel selbst statt, vor
Ausstossung des Eies. Der am 1. Februar stattfindende Sturz
mit dem Wagen, der Schreck, die Angst, die körperliche
Anstrengung bewirkten Collapsus in den turgescirenden inneren
Gescbkchtslheilen, namentlich den Eileitern und das be^
fruchtete Ei wurde nicht abgeleitet, sondern befestigte sich
durch Ansaugung im Follikel, dem Orte seiner Bildung und
Befruchtung. Da dieser Follikel, um die Befruchtung zu
gestatten, geborsten sein miisste, so wölbten sich die dem
Eie angebüdeten Eihäute, Chorion und Tunica Amnios bei
ihror weiteren Entwickelung durch die M^unde nach aussen
und ragten mehr -und mehr in die Bauchhöhle hinein. Die
an falscher Stelle auftretenden Bildungen und Entwicklungen
waren die Ursache der ersten, noch nicht .sehr heftigen
Schmerzen, einer leichten peritonitiscben Affection« Im Mai
(dem vierten Schwangerschaftsmonate), barsten die EihüUen,
wahrscheinlich durch die stärkere Entwickelung der Contenta
des Ovulums, und Fötus und Fruchtwasser traten in die
PeritMiäalhöhle. Da blos die Eihüllen, nicht aber der Eierstock
gmssen waren, so erfolgte keine Bhitung und Frau und
Frucht überlebten die sonst gewöhnlich durch innere Ver-
blutung tödtliche Ruptur. Dagegen* erzeugte der Austritt des
Ei-Inhaltes in die Unterleibshöhle einen höheren Grad von
Bauchfellentzündung; es war der Krankheitszustand « der die
Kranke bewogen hatte, meine Hülfe zum ersten Male in
184 X. WaUer, Einige BeobaehtODgen
Anspruch zu nehmen. Der in die Peritonäalböhle ergossene
Liquor Anrinii wurde aufgesogen, die Entzündung liess nach
und der kleine Fötus wurde von den Bauchdecken weniger
percipirt; es erfolgte der verhSlUiissmSssig ruhige Zeitraum
im Juni und Juli. Als aber der Fötus ailmalig an Grösse
zunahm, als namentlich seine Bewegimgen starker wurden,
traten die Schmerzeu wiederum attf, als Folge sich ent-
wickelnder schleicliender Eutzfindung, die sich dann zu acuten
Anfällen steigerte, denen die Frucht und die Mutter endlich
erlagen.
Dass wir in dem beschriehenen Falle eine wirkliche
Eierstocksschwangerschaft vor uns haben, möchte wohl nicht
zu bezweifeln sein. Das rechte Ovarium,* mit der Gebärmutter
durch das um das Doppelle verdickte Utero-ovartaKfiand
noch verbunden, enlliieil in seinem Inneni eine Höhlung,
den ursprunglichen Sitz des Fötus, aus der die, die Höhle
auskleidenden zerrissenen Eihfillen, Chorion und Tunica Amnios
lappenförmig in die Bauchhöhle hineinragten und in die Nabel-
schnur mit ihren Gefassen endeten, von denen die letzteren
sich in das Ovarium senkten, um so das Ovariuna seihst
zur Placenia umzubilden. Das so umgestaltete Ovarium
hatte mit den benachbarten Tbeilen, selbst mit der äussereD
Ausmündung des rechten Eileiters, keine Verbindungen ein-
gegangen. Ghorion und Tunica Amnios Hessen sich aus der
Höhlung mit Leichtigkeit bis zur Insertion der Nabdgeflsse
loslösen, sowie man in der Tiefe der Höhle selbst die Tunica
Amnios noch vom Chorion trennen konnte. Ein grosses Gewicht
muss ich darauf legen, dass 'sich die beschriebene Höhiung
im Eierstocke befand, da» sich die Eihullen in denselben
hineinsenkten, um die Höhle- auszukleiden, die Gefasse des
Nabelstranges bis in den Grund der Höhle hineindrangen,
da man sonst wohl den Einwand machen konnte, dass nicht
jeder Fall, wo sich die Placenta mit dem Eierstocke verbindet,
auch eine Eierstocksschwangerschaft zu sein brauche. Denn
bei der Bauchhöhlenschwangerschaft kann sich die Plaeenta
an jedes Organ der Bauchhöhle, das vom Bauchfell über-
zogen ist, so also auch an das Ovarium ansetzen, an seme
äussere Fläche sich anheften und es ist deshalb dodi kerne
Eierstocksschwangerschaft, sondern eine Graviditas abdominalis.
über SchwangerachAft ansserbalb der Gebftrmatter. Ig5
In ßolchem Falle wurde aber die Höhle im Eierstocke fehlen,
die Eihöllen wiu*den sich an das Organ anlagern und nicht
in das Innere desselben eindringen; aurJi wurde der Fötus
dann seine Eibnlleu unzerrissen dargeboten haben, ja, es
würde sieh diesen noch eine neue Membran, ein eigeulhumlich
gebildeter Frudilsack aus Bindegewebe mit mehr oiler weniger
deutlich entwickelten Muskelfasern versehen, angebildel haben,
wie es Meckd und Hold gezeigt haben und wie dies olTenbar
in df*r voo Zwanck und später von iSchreier niitgiaheillen
Beobachtung der Fall war. Ini Beginn der (iravidH^t bestand
somit Eierstockshcbwangerschaft, durch Berstung der Eihfillen
im weiteren Verlaufe derselben bildete sich durch Austritt
des Fötus secuiidare Bauchhöhlenschwangerscbafl. Das Kind
lag frei zwisclien den Darroscblingen und eiilwickeli« sich
hier vollständig ganz ohne Liquor Amnii. Nie war bei der
lebenden Frau im Verlaufe der Schwangerschafl Fluctuation
wahrgenommen worden und bei der Leichenöffnung hatte
sich auch keine Spur von Flüssigkeit in der Bauchhöhle
gezeigt, da selbst die tödlende Bauchfellentzuudung nur
plastisches Exsudat und dadurch Verklebungen der Darm*
sclilingen unter einander und mit dem Neize hinterlasaai
hatten. Wenn die Ethfiilen, namentlich die Tunica Amnios
als das dem Liquor Amnii absondernde Organ zu betrachten
sind, so musste die Ausscheidung desselben bei dem rudi-
mentären Zustande dieser geborstenen Membran an und für
steh eine sehr beschränkte sein. Was aber von den EihuUen
nach der Rupliu* vielieitht noch abgesondert werden mochte,
das ergoss sich natürlich sogleich in die Peritonäalhöhle und
ward, bei der grossen Oberfläche, die dieselbe der geringen
Quantität Flüssigkeit darbot-, sogleich aufgesogen. Wunderbar
ist es freilich, wie unter diesen Verhältnissen, bei der so
sehr genauen Berührung des Fötus mit dem empGndlichen
Bauchfell, bei den übermässig starken Bewegungen der Frucht,
bei denen man die Füsse sogar in der Herzgrube zu fühlen
im Stande war, die entzündliche Reaction während der
Schwangerschaft eine so geringe war und als endlich die
Frau derselben erlag, die Folgen der Entzündung im Leichname
ebenfalls so wenig hervortraten. Ohngeachtet der für den
Fötus zu seiner Entwickelung ungünstigen Verhältnisse, dem
Igß X. Woher ^ Einige Beobachtnogen
erwähnten Mangel des Liquor Amnii, sowie der nnmittelbareii
Berührung desselben mit den Organen der mfitteriichen
Unterleibshöhle, hatte derselbe dennoch seine vollständige
Entwickelung erlangt, indem die Länge und das Gewicht des
ganzen Körpers dem eines zu Ende des zehnten Monds -Monats
geborenen Kindes gleich kamefi. Es starb der Fötus in diesem
FaUe vor voUkommen beendeter Schwangerschaft und in Folge
der darauf eintretenden Zersetzung und Erweichung ent-
wickelte sich durch Druck gegen die HQflbeinplatte die Miss-
form des Kopfes, während die Atrophie des Musculus iiiacus
internus gewiss schon im Verlaufe der Schwangerschaft durch
den ununterbrochen fortdauernden Druck des Kopfes sich
•ausgebildet hatte. Die beginnende Zersetzung des Fötus, der
nicht durch Eihüllen von den mötterlichen Organen gesondert
war, wo also die sich zersetzenden Massen und die so ent-
stehenden Efüuvien unmittelbar mit dem Bauchfelle in Be-
rührung traten, war höchst wahrscheinlich das ursächliche
Moment der gesteigerten und endlich tödtlich werdenden
Entzündung. Es verträgt unter weniger ungünstigen Ver-
hältnissen der mütterliche Organismus die abgestorbene, aber
durch Eihüllen eingehüllte, also isolirte Frucht so häufig
ohne so grosse Beschwerden und üble Folgen, wie dies in
der nächstfolgenden Beobaditung der Fall war.
BrUSrong der Kupfer.
Tab. L, Fig. 1. Ansicht des mütterlichen Unterleibes,
nach Eröffnung der Bauchhöhle, mit dem zwischen den
Darmschlingen sichtbaren Steisde und den unteren Extremitäten
des Fötus.
N. Das Netz.
P. O. Der in die Placenta verwandelte Eierstock der
rechten Seite.
Tab. L, Fig. 2. Hintere Ansicht der aus dem mütter-
lichen Körper . herausgenommenen inneren Geschlechtstheüe.
A. A, Die Gebärmutter.
1. Der Körper derselben.
2. Die hintere Muttermundsiippe.
fiber Sehwangersebaft ansserbalb der Gebftrmiitter. 187
3. 3. 3. Der obere Theil der Scheide; die hintere
Wand ist gespalten und die Lappen sind zurück-
geschlagen.
4. Die Yordere MattermundsUppe.
JB. B. Der rechte Eierstock, in die Placenta umgewandelt
5. 5. 5. Die Masse der Placenta.
6. 6. Der Rand der im Eierstocke gebildeten Böble.
(Vergrösserte Oeffnung des geplatzten Follikels.)
7. Die Eihäute, welche nach Auskleidung dex Höhlung
lappenßrmig aus dieser hervorragen. (Diese Eihäute
liessen siciv mit Leichtigkeit aus der Höhlung heraus-
präpariren; sie sind indess in ihre frühere Lage
zurückgelegt. Der. hervorragende Lappen der Eihäute
deckt das Ligamentum utero -ovariaie dextrum.
8. Placenlar-Ende . der Nabelschnur, sich in den
Eierstock einsenkend.
9. Ein Stück der Tunica Amnios, im Grunde der
Höhlung vom Chorion lospräparirt unid zurück-
geschlagen.
10. 10. 10. Ein Stück des Peritonäums der Unterleibs-
wandungen.
C. Linker Eierstock.
2>. Linker Eileiter, vollkommen durchgängig.
11^ Osüum extemum desselben.
E. E, Nabelstrang.
12.- Ein falscher Knoten.
13. Die beiden Uretheren.
H. Dio Höhle im Eierstock (der erweiterte Follikel).
Tab. n., Fig. 3. Vordere Ansicht der aus dem Leichname
herausgenommenen inneren Geschlechtstheile.
A. A. Die Gebärmutter durch einen Y förmigen Schnitt
an der vorderen Fläche eröffnet.
a. Reste der Decidua.
b. Innere Fläche der Gebärmutter.
c. c. Die runden Gebärmutterbänder.
B. B. B. Vordere Fläche des in die Placenta verwandelten
rechten Eierstockes.
5. Die Hasse desselben.
M<mata«ohr. f. Gebnrtik. 1861. Bd. XVIII., Hfl. 8 18
188 X* WaUer, Eiaig« Beobmchiimg«ii
g. g. Peritotolnlfiberzug des Eierstockes, von den
tiefer gelegenen. Theilen lospräparirt, durch Ex-
sudate verdickt
h. h. Querschnitt in der Substanz des Eierstockes.
lOf 10, 10. Ein Stuck des Peritonauras der Unterleibs-
Wandungen.
C. Das breite Gebärmutterband der linken Seite.
Z>. Z>. Rechter und linker Eileiter; in beide sind Borsten
eingeTQhrt; der rechte ist unmittelbar vor seiner Ein-
mündung in die' Gebärmutterböhle durchschnitten.
11. 11. Ostium externum beider Eileiter.
F. F, Das rechte breite Mutteitand. Die Duplicatur
desselben ist entfaltet
i Zwischen den beiden Platten befindliche
venöse Gelasse.
E. E. Nabelschnur.
13. 13. Die beiden Uretheren.
14 Blasenwand.
2. Bauchhöhlenschwangerschaft
Mad. £, geboren m Lübeek im Jahre 1791« von
mehr kleinem Körperbau, mit röthlichem Haar, sanguinisch-
cholerischen Temperaments, seit ihrem 16. Jahre reichlich
und nach dreiwöchentlicher Zwischenzeit menstruirt, gebar
im Jahre 1811 ihr erstes und einziges Rind. Die Geburt
soll schwer gewesen sein. Im Jahre 1817 ahorthrte sie nach
einem Falle im Anfange des dritten Schwangerschaftsmonats;
ebenso im Jahre 1820 im vierten Hönate nach ßinem Schrecke.
Gegen das Ende des März 1822 erlitt die FVau eine sehr
heftige Gemöthsbewegung, durch Störung während des Bei-
schlafes, wonach die Menstruation ausblieb. Im nächsten
Monat schon, im April, beklagte sich dieselbe über Leib-
schmerzen, sowie über Andringen der Brustdrüsen und der
Lymphgeßsse bis zu den Achselhöhlen. Im Hai steigerten
sich diese Beschwerden, es gesellten sich Beängstigungen,
Schluchzen, Uebelkeiten, Erbrechen, abwechselnd mit Heiss-
hunger, Ohnmächten hinzu. Zwischendurch erschienen noch
Aber 8ehwaDg«rte1iaft auMriialb d«r OeUrmntter. 189
KfSmpfe im Aller und der Blase, ersdi wertes, selbsl ver-
hiodertes Harnen, ein Gefühl von Schwere im Becken, sowie
StubWerstopfung. Am lästigsten waren aber die schon jetzt
sich steigernden Schmerzen im Unterleibe; am stärksten
rechts in der hypogastrischen Gegend, von da herab bis in
das*, rechte Bein sich erstreckend, aber auch bis in die
epigastrische Gegend, bis in die Brust, den Hals sich aus-
dehnend. Diese Schmerzen wurden durch jede Bewegung,
durch Druck, selbst leise Beriihruog erzeugt oder gesteigert,
wenn sie schon <la waren. Mit diesen Schmerzen verband
sich ein Gefühl von Herafadrängen der Gebärmutter, wozu
sich Eiseskälte der GlieUmaassen, kalte Schweisse, lautes
Schreien und eigenthdmiich entstelltes Gesicht hinzugesellten. ^)
Eine Bepoaition der in der That tiefstehenden Gebärmutter
durch eine Hebamme brachte iilr einige Zeit wirkliche Er-
leichterung. Die geburtshöiniche Untersuchung durch Scheide
und Mastdarm zu verschiedenen Malen angestellt zeigte die
äusseren Geschlechtstbeile angedrungen, die Scheide weit, die
Gebärmutter bald tiefer, baM hoher stehend und aufj;etrieben,
sehr empfindlich bei der Berührung, dabei Verkürzung und
Auftreibung des Scheidentheils.
Gegen Ende des Mai flairte sich der Schmerz in der
rechten Leistengegend. Bei der immer mit Schwierigkeit
erfolgenden Harnentleerung hatte der Strahl eine aufiTallend
starke Richtung nach hinten. — Am 1. Juni zeigte die Unter-
suohnng die Gebärmutter in der BeckeohöUe, den Scheidet!-
theil bis auf V4 Zoll verkürzt, den äusseren Muttermund nach
hinten gerichtet und so weit eröffnet, dass der Finger mit
Leichtigkeit in ihn eindringen konnte. Dabei war die Untere
Buchung im höchsten Grade empfindlich, sie erregte nach-
folgende lebhafte, offenbar krampfhafte Schmerzen, namentlich
im Mastdarm und der Blase, kalte Hände, grosse Unruhe,
wilden starren Blick. In der ersten Hälfte dieses Monats
wechselten der Schmerz im Unterleibe, so wie die Ham-
beschwerden mit Hüft- und Knieschmerz. Dagegen befand
1) Dm Geschrei der Kranken w*r so auffallend, daee noch
jetat, nach Verlaaf von £ast 40 Jahren, ich den* damaligen £in-
drack nicht habe ▼ergessen können.
IS*
tgO X. WaU$r, Einig« BeobaditnDgen
sich die Frau id der zweiten Hüfte dieses Monats sehr woU,
so dass man kaum eine Abweichung von einer gesundheiu-
gemässen Schwangerschaft zu bemerken im Stande war.
Im Juli stellten sich die trüberen Harnbeschwerden wieder
ein, namentlich Harnverhaltung. Im August fühlte die FrMi
die ersten Kindsbewegungen, die sich schon früh durch
Heftigkeit und Häufigkeit derselben auszeichneten. In den
ersten Tagen des September trat ohne Wehenschtnerz lachte
Blutung aus den Geschlechtstbeilen ein. Die quälenden
Krankheitserscheinungen des Mai*s waren ganz verschwunden,
die Patientin beschwerte sich nur über Schmerzen in den
Weichen, die sie als schneidend, stechend bezeichnete und
die sich nach vorn gegen die Schambeinverbinduiig hinzogen.
Die Frucht erregte besonders in der rechten Seite das Gefühl
von Druck, auch fing das rechte Bein an ödematös zu schwellen.
Uebelkeiten und Erbrechen hatten ganz nachgelassen. Eine
leichte Gebärmutterblutung wiederholte sich am 17. September,
auch steigerten sich um dieselbe Zeit die Unterleibsschmerzen,
die auch jetzt, wie früher, mit Knieschmerz und Hüflweh
abwechselten. Durch diese Schmerzen, sowie durch die
ödematöse Geschwulst des Beines ward die Bewegung der
unteren Extremität ganz behindert. Selir stark und zugleich
von sehr langer Dauer wurden auch in 'diesem Monat die
Bewegungen der Frucht; stärker noch trat dies^ im October
ein, wo sich auch das Oedem steigerte und ein sehr lebhafter
Durst die Kranke plagte. ') Noch lebhafter wurden - die
1) Es war im Anfange des October, dass ich, von dem
behandelnden Arste aufgefordert, die Kranice wieder besachte
und eine neue genaue geburtshülfliche Untersuchnng nntemahm,
die mich in den Stand setzte, mit Bestimmtheit das Dasein einer
Schwangerschaft ausserhalb der Gebärmutter festzustellen. Ausser
den allgemeinen Erscheinungen, die schon darauf hindeuteten,
war es namentlich der Widerspruch, de'r zwischen der äusseren
und inneren Untersuchung stattfand, das hier das Entscheidende
war. Die äusfere Untersuchung deutete auf das Bestimmteate
auf eine schon weit vorgerückte Schwangerschaft, während bei
der inneren Exploration die Resultate derselben der Art waren,
wie sie sich etwa im dritten Monate darbieten. Während nämlich
grosse Kindstheile sich im Unterleibe wahrnehmen liessen, während
EU gleicher Zeit die Bewegungen des Fötus stark und Tielfacb
fiber Sehwan^rschAft aa88«r1ialb der GebftrmQtter. 191
KindabeweguDgen im November, zu gleicher Zeit auch häufiger,
nameDtlich rechts; es badeten sich dabei an den Seiten des
Unterleibes grosse Yorwölbungen, während die Kranke gleich*
zeitig die Bewegung des Kindes bis hoch in die Brust hinauf
zu fohlen angab. Es vermochte die Frau blos in der Rücken-
lage auszudauern; zugleich ward jetzt die Abmagerung wahr«
nebmbarer. Eine dritte Gebärmutterblutung trat in der Mitte
des Novembers ein, der am nächsten Tage deutliche Wehen
folgten, verbunden mit lebhaften Schmerzen des ganzen
Unterieibes. Diese Wehen schwanden indess bald, worauf die
Frau sich ziemlich wohl befand, doch wiederholten sich diese
wehenartigen Schmerzen Ende November, ohne auch dieses
Mal indess lange anzuhalten.
In der Mitte December empfand die Frau die Bewegungen
der Frucht besonders heftig und schmerzhaft, namentlich in
der Lebergegend; ausserdem litt die Kranke in dieser Zeit
▼orzöglich durch starken Durst, durch Leibesverstopfung und
die Unbeweglichkeit des Körpers, indem jeder Versuch zu
einer Bewegung die Schmerzen im höchsten Grade vermehrte.
Den 20. December erschienen bei sehr heftigen Schmerzen
in der Lebergegend wieder leichte Wehen, doch rasch vorüber-
gehend. Am Kreuzbeine begann sich Decubitus zu entwickeln.
Mit dem Ende dieses Monats war die 40. Woche der Schwangei:-
schaft abgelaufen.
Am 3. Januar 1823 senkte sich die Frucht tiefer und
es stellten sich wieder Wehen ein, die indess nur 24 Stunden
andauerten. Die Bewegungen des Fötus wurden schwächer,
▼erstärkten sich* indess wieder am H., während gleichzeitig
lebhafte Schmerzen im Leibe, dem Kreuze und Beine auf-
traten. Am 9. und 10. wurden die Bewegungen der Frucht
offenbar krampfhaft, waren Anfangs zitternd, daim sdiien sich
g^efiihlt wurden, war der Scbeidentheil nicht mehr ▼erkürst, alt
dies im Anfang^e der Schwangerschaft gewesen war, an gleicher
Zeit aach nicht stHrker erweicht, der Mattermand nicht mehr
eröffnet, der Kanal des' Scheidentheüs gescblo,88en und sowohl
bei der Untersuchung durch die Scheide als auch durch den
Mastdarm erschi n der Körper der Gebärmutter nur schwach
aufgetrieben, wie das gans im Beginne der Schwangerschaft an
sein pflegt.
192 X* WätUTf Einis^ Beobachtui^eii
der Fötus wie in einen KnSuel zusamroenzuriehen, wihrend
jeder Wehenschmerz verschwand, dagegen aber Anftreibang
des Unterleibes mit Yemtopfung eintrat. Nacb diesem Anfalle
▼erminderten sich am 16. Januar die Bewegungen der Fracht
an Stfirke und Häufigkeit, zugleich stellte sich starke MBcb-
absonderung zuerst in der rechten Brustdrfise, spater in
beiden ein; aus den Genitalien wurde viel flüssiges und ge*
ronnenes Blut mit kleinen faserigen und membranösen Stoflen
entleert und der erste Frost trat im Rücken mit nachfolgender
Hitze ein. Dieses Fieber erschien vom 24. Januar aber erst
täglich, meist Nachknittags mit Frösteln im Rücken beginnend.
Am 25., 26. und 27. Januar fanden wieder Wehen statt, za
denen sich drängender Schmerz im Mastdärme gesellte. Am
28., 29. und 30. ziemliches Befinden, doch Kreazschmerz.
Die Bewegungen der Frucht wurden nur selten gespürt
Im ganzen Februar dauerte das hectische Fieber fort,
mit Frösteln, nachfolgender Hitze und nächtlichen Seh weissen,
durch welche die Frau sich erleichtert fühlte, obgleich die
Kräfte sehr abnahmen. Dabei fand Anfangs reichliche Ab*
scheidang in den Brustdrüsen statt und ward viel blutigar
Schleim aus der Scheide abgesondert Obgleich die Kranke
wenig Schmerz empfand, war derselben die Seitenlage an-
möglich; das rechte Bein war kalt und Tertaubt, der Stuhlgang
felüte. Nur selten und sehr schwach wurden die Bewegungen
der Frucht wahrgenommen; es lag dieselbe als schwere Masse
im Mutterleibe, der Kopf jetzt nach links hingeriditet Am
10. Februar erschienen anfallweise kommende kohkartige
Schmerzen, mit Kreuzweh, Drängen, Schweiss, wobei das
GefGUil stattfand, als wenn etwas im Unterleibe zerrisse. Diese
Schmerzen hielten auch die nächsten zwei Tage an, mit
Spannung des Unterleibes, grosser Empfindlichkeit desselben
gegen Berührung, schnellem Athem, veränderten Gesichts-
zügen, Mangel an Schlaf, Verstopfung; sie minderten sich
am 10. nach starkem Sdiweisse und verschwanden ganz nach
reichlichen Stuhlentleerungen. Abends am 14 Februar glaubte
die Frau in einem warmen Bade noch Bewegung der Frucht
zu spuren, es war die letzte. In den nächsten Tagen wechselte
die Abscbeidung aus der Brustdrüse sehr in Rücksicht auf
die Menge, während die nächtlichen Schweisse fortdauertML
über 8c}iWAQg6rBchaft aasserbalb äer Gebärmutter. XQ3
Eine am 21. Februar unternonuneDe ^eburtehälfliehe Unter-
sucbuog zeigte den äusseren Muttermund ly« Zoll vom Ein*
gange der Scbeide entfernt, links konnte man mit dem Finger
hoch am Scbeideagewölbe hinaufgehen und fühlte daselbst
eilten runden Körper (Kindskopf); der Mutterhals und die
Lippen des Muttermundes waren nicht yerslrlchen, die vordere
Huttermundslippe tief herabtretend, dje hintere klein. Die
Bewegungen der Frucht hatten ganz aufgehört, man vermochte
den Fötus im Unterleibe hin und her zu schieben. Vom
22: Februar an steigerte sich die Spannung des Unterleibes,
80 dass die Haut desselben glänzend wurde; es eutwickelte
sich am 23. ein widerlich fauler Geschroackjm Munde, doch
war dabei die Zunge rein. Am 24. Februar zeigte sich rechts
oberhalb der Schambeinfuge eine harte Stelle, in welcher die
Kranke stechende Schmerzen lempfand, während die Seh weisse
aufgehört und der Stuhlgang sich geordnet hatte. Am 25»,
26. und 27. erfolgte eine blutige Ausscheidung aus der
Scheide, ganz wie beim regelmässigen MonatsOusse, obgleich
die Brüste noch Milch absonderten;, nach derselben folgte
Scbleimfluss. Schlaf, Appetit und Ausleerungen ;waren gut;
Scbweisse fanden nicht mehr statt Die Lage auf der Unken
Seite war behindert, indem dann jedes Mal lebhafte, schneidende
Schmerzen rechts im Unterleibe eintraten.
Während der ersten Hälfte des März -Monats hielt das
schleichende Fieber mit wechselnder Stärke an, kam Nach-
mittags, mit Fröstehi, bisweilen selbst mit Schüttelfrost be-
ginnend, mit folgender brennender Hitze und Nachtschweissen.
Der Puls war sehr beschleunigt, klein, schwach; der Durst
lebhaft; die Zunge trpcken; der Geschmack faul; die Mattigkeit
und Abmagerung nahmen zu. Hierzu gesellte skh am 9. und
10. März Schmerz und Vertauben der Füsse, Eibrechen nach
dem Genüsse jeder Speise, heisser aber nicht schmerzhafter
Unterleib. Am 11. März zeigten sich ausserdem schneller
Atbem^ eigenthümlich ängstlicher Blick. Derselbe Zustand
währte am 12. März fort, nur hörte das Erbrechen auf,
dagegen erschien eine eigenthümlich entstellte Physiognomie;
ausserdem Abends sich verstärkender Husten, Speichelfluss
und kühle Schweisse^ Bei der Untersuchung des Unterleibes
im Anfange des Monats März war deutliche Fluctuation
194 X. WdUer, Einige Baobachtnogen
wahraehmbar, dennoch konnte man links die unteren Ex-
tremitäten fohlen and oberhalb der Scharobeinverbindang den
Rücken des Kindes; dabei zeigte sich der Unterleib schmerzlos.
Bei der inneren Untersuchung waren die Geschleditstiieile
empfindlich, der Muttermund höher stehend als am 21. Februar,
mehr geöffnet, die Mutterroundslippen gewulstet, im Scheiden-
gewölbe eine Härte, wie der Kindskopf fühlbar. '
Mit dem 16. März begann das Fieber mehr und mehr
nachzulassen und hörte endlich ganz auf. Die Uebelkeiten,
das Erbrechen, die Schmerzen schwanden; der Husten f5rderte
Anfangs dicken gelben Schleim heraus und liess allmälig ganz
nach, der Appetit kehrte wieder; die Zunge wurde rein, der
Geschmack blieb aber noch faul. Der Unterleib sank mehr
und mehr ein, indem sein Umfang sich verkleinerte, dabei
ffihlte er sich mehr teigig an.' Die Kräfte hoben sich, die
Kranke yerhess allmälig das Bett, das Wundsein am Kreuzbeine
heilte und die Frau fühlte sich zu Ende dieses Monats so
wohl, wie es während der Dauer der ganzeh Schwangerschaft
nicht der Fall gewesen war. Nur die Füsse blieben noöh
lange schwach, schwollen noch mehrere Wochen hindurch
Abends Ödematös an, auch zeigte sich das linke Bein etwas
zusammengezogen. Am 23. März erschien ein schwacher,
kurze Zeit dauernder Honatsfluss.
Im April, Mai, Juni nahm die Grösse des Unterleibes
ab, die Fülle des ganzen Körpers dagegen zu; die Kräfte
steigerten sich, die Frau ging mit grosser Leiditigkeit und
ward von der Frucht in ihrem Unterieibe nicht mehr belästigt
Der Monatsfluss erschien aber erst im Anfange des Juli und
zeigte sich später vollkommen regelmässig.
In den Jahren 1824 und 1825 hatte die Frau nach
körperlichen Anstrengungen oder Erkältungen zuweilen rossende
Schmerzen im Unterleibe, die beim Liegen wieder ver-
schwanden; ein Mal trat dabei eine Ohnmacht ein.
Am 25. März 1826 hob die Frau eine schwere Liast
und hatte die Empfindung, als ob in dem grossen Klumpen,
den die Frucht im Leibe bildete, etwas platzte und durch
den Riss sich dne Flüssigkeit in die Unterleibshöhle ergösse.
Dabei zog sich der Leib krampfhaft zusammen, drängte das
Kind aufwärts, es zeigten sich Uebelkeiten und dann trat
ttber SohwftDgeraehftfl ausserhalb der Gebl&rmiitter. 195
eine Ohnmacht ein, die mehrere Minuten anhielt, wobei der
ganze Körper halt wurde. Der Ohnmacht folgte Fieberfrost
und KolUischmerz,. sowie Empfindlichkeit des Unterleibes gegen
Berfihrung etwas oberhaft des Kindes. Dieser Anfall traf
mit der Zeit zusammen, wo die Frau wahrscheinlich vor ganz
kurzar Zeit condpirt hatte, indem sie in der Mitte des Juni
eine Fehlgeburt erlitt, bei der ein etwa dreimonatlicber F6tus
ausgestossen wurde.
Die folgenden acht Jahre verflossen gesund. Die todte
Frucht hatte in dem Unterleibe aümftlig eine Querlage an«
genommen, sie kann hin und her geschoben werden. Ver-
meidet die Frau Dnitk des Leibes, so empfindet sie keine
Beschwerden. Jeder, selbst jeder nur leichte Druck, z. B.
das Auflegen der Hand im Schlafe, erregt Uebelkeit und
Erbrechen. Im Jahre 1834 hörte der Monatsffuto auf, es
erfolgten öfters Schwindel, Erhredien, Magenkrampf.
1886. Nach einem öberstandenen Katarrhalfieber und
einem darauffolgenden Difttfehlo' im November trat zwanzig*
maliges Erbrechen ein, mit dem Gefähle, als ob die Frudit
in die Herzgrube gedrängt würde.
Im Juli 1837 empfand die Frau lebhaften Schmerz in
der rechten Seite, wohin sich disis Steinkind geschoben hatte,
mit Fröstdn und schmerzhafter Entleerung eines bhitigen
Harnes. Diese Hambescbwerden kamen anfallweise, wechselten
mit Cardiaigien und endeten mit Scbweiss. Vorzfiglich in
diesen AnHIIIen, aber auch aussdlr denselben, empfindet die
Frau ein klopfendes Geriusch im Unterleibe, das sich anf-
nnd abwärts erstreckt, wie den Pulsschlag grösserer Arterien.
Dabei ist das Steinkind mehr in die. Mitte des Unterleibes
gedrängt worden. Erst in der zweiten Hälfte des August
wurden die Harnbeschwerden allmälig seltener und schwächer;
das Steinkind senkte sich und nahm seine frohere Lage wieder
ein; die Kranke erholte sich und war zu Anfang September
genesen.
In den Jahren 1838, 1839 und 1840 kamen einige
Anfille von Strangurie, offmbar durch Druck des Steinkindes
anf die Bkise, wenn dasselbe mehr nach vom gerockt war.
Der Kopf des Kindes lag in der linken Seite der Mutter.
Bei diesen AnMen ' litt die Frau an emer erhöhten TenqperalBr»
j
196 ^* WtOt&r, Eiaig« B«o¥aehiai«ett
wfthrend der Kioddiörper eine hiebst uuangeneluDe LeidieiH
kSile zeigte, die der Frau eiD inneres Grauen erregtA. Ging
der Anfall vorüber, so beiiam das todle Kind allmtiig wieder
dieselbe Tem|»eralur wie der mütterliche Körper.
Im Mai 1841 traten nacb einem melirUgigen Fieber
einige Tage hindurch die früheren Blasenbescbwerden wied«
auf, verbunden mit firbrechen^ faulem GeacbmaGk, Schwindel«
Ohnmacht, denen dann unwillkürlicher Harnabfluss folgte.
Auch jetat zeigte sich das GefüU von Eiseskäte in d^ todten
Frucht. Der Anfall ging vorüber, kehrte aber bis' um
September öfters zurück.
In den Jahren 1842 bis 1849 war das Befinden im
Ganzen recht gut, nur bisweilen zeigte sich Sausen und
Klingen der Ohren, Schwindel, Uebelkeit und Erbrechen.
Bei diesem Erbrechen wurde das Steinkind nach oben ge-
schoben, was der Frau besonders unangenehme Empfindungen
erregte. Mit dem Ende solcher An&lle'trat wieder Senkung
der todten Masse ein und dieser folgten danü die öfters er-
wähnten Harnbeschwerden. In den letzten Jahren bat sidi
indess das Steinkind mehr in der linken Seite befestigt,, ist^
weniger verschiebbar und bettstigt die Frau bei keiner ihrer
Bewegungen und keiner Anstrengung. Kommen aber die
Anfälle, so ist die Lage auf der linken Seile unmöglich. Die
Frau ist zwar nicht mehr so kräftig wie vor der Schwanger-
schaft,'aber noch sehr thätig, lebhaft, nur leicht erregbar.
Im Jahre 1849 veriiess Mad. £ ihren bisherigea
Aufenthaltsort und entzog sich dadurch der Beobachtung des
ihren Zustand genau verfolgenden Arztes. In verhältnissmässig
dürftige Verhaltnisse versetzt, folgte die zur Wittwe gewordene
Frau der einzif^n verheiratheten Tochter und wechselte vielfach
den Wohnort, bis sie endlich in Tambon blieb, wo sie jetzt
sdion eine Reihe von Jahren lebt. Sie ist somit 1600 Werst
oder 236 Meilen von hier entfernt. Zu wiederholten Malen
hatte sie, vor vielen Jahren, schon, dem sie bebaiidehiden
Arzte und mir nach ihrem Tode die Untersuchung ihres
Leichnams versprochen. Die Hoffnung auf eine spätere Sectioa
gebe ich noch nicht auf, da durch Zufall sie die HWfe eines
meiner früheren Zuhörer, des Dr. Haidty in Anspruch genommen
hat, den ich auf die Wichtigkeit des Falles aufioaeiiLsan
über SchirftDgerschaft aaaserlialb der Gebärmutter. 197
gemacht babe. Derselbe Zufall führte diesen Arzt io diesen
Tagen zu mir und ich bin so im Stande, über das jetzige
Befinden der Frau eine Nachricht zu geben. Neunundsecbszig
Jahre alt, soU sie gesund und kräftig sein und soll alleo
Geschäften und oft sehr schweren Arbeiten im Haushalte ihrer
Toditer Yorzustehen im Stande sein.
Die firöheren Hambescbwerden scheinen ganz nachgelassen
zu haben, sie hat wenigstens kein Mal über dieselben sich
beklagt oder Hülfe gegen dieselben gesucht, obgleich der
Arzt vieMJfig in ihrem Hause gewesen ist
Es ist der eben beschriebene Krankheitsfall wohl nicht
mit ünredit Gra^iditas extrauterina abdominalis genannt worden.
An Graviditas extrauterina lässt sich wohl bei dem ganzen
Verlaufe des Falles, sowie namentlich bei den Resultaten der
öfters angestellten äusseren und inneren Untersuchung, nicht
zweifeln, obgleich -die in der neueren Zeit in Fällen dieser
Art Aufklärung und Sicherheit gebenden Hülfsmittel, die
Auscttltation des schwangeren Unterleibes, sowie die Gebär-
muttersonde, im Jahre 1822 nicht in Gebrauch gezogen werden
konnten. Es war dasselbe Jahr, in welchem Kergaradek
seine ersten Untersuchungen über die Anwendung der Auscul-
tation des schwangeren Uterus yeröffentlichte und diese
Untersuchungen waren noch nicht bis zu uns gelangt. Noch
viel weniger konnte damals .yon der Gebärmuttersonde die
Rede sein. — Ebensowenig lässt sich wohl daran zweifeln,
dass der Krankhätsfall eine Bauchschwangerschaft darbot
Die anderen Formen der Schwangerschaft ausserhalb der
Gebärmutter erreichen wohl nicht leicht ohne Berstung des
einhüllenden Sackes das normale Ende der Schwangerschaft,
oder überschreiten es sogar, wie in diesem Falle, in so
bedeutendem Haasse, und wo Berstung eintritt, erfolgt auch
in der Regel rascher Tod durch innere Verblutung, es hätte
denn auch hier, wie in der ersten Beobachtung, das so
seltene Ereigniss stattfinden müssen, dass sich eine secnndäre
Bauchschwangerschaft nach Ruptur ohne Verblutung und bei
fortbestehendem Leben der Fracht, gebildet hätte. Auch
sdieiDl fir die flrbaltong der Eihüllen und dts den Fötus
198 X* Walter ^ Einige BeobachiVDgeii
cJDballenden Sackes die Erscheinung zu spredien, S» am
25. März 1826 stattfand, wo die Frau nach dem Heben einer
schweren Last das Gefühl hatte, als ob £twas im Dnterieibe
platzte und sich eine Flüssigkeit in die BauchhiAile ei^össe,
mit der unmittelbar darauf folgenden Ohnmacht, dem spater
eintretenden Fieber und der Schmerzhaftigkeit des Unterleibes.
Das waren wahrscheinlich die Erscheinungen der Ruptur
und des Austritts einer Flüssigkeit in die Unterteibshöhle mit
ihren Folgen.
Während in der ersten mitgetheilien Beobachtung die
Frucht ein paar Tage vor Tollkommen .beendeter Schwanger-
schaft abstarb, sehen wir in dieser die Frucht länger als
40 Wochen deutliche Lebenszeichen im Unterleibe der Mutter
darbieten. Den ganzen Januar hindurch wurden die Be-
wegungen genau von der Mutter walvgenoramen, während am
14. Februar dies zum letzten Male der Fall war. Doch ist
nicht zu verkennen, dass mit dem Anfange des Januars diese
Bewegungen der Frucht immer seltener -auftraten und von
der Mutter immer schwächer wahrgenommen wurden, bis sie
dach beendigter 46. Schwangerschaftswoche ganz aufhörten.
Offenbar erlosch hier das Leben nach und. nach und es lässt-
sich wohl mit Recht fragen, ob mit dieser letzten von der
Mutter bemerkten Bewegung auch wirklich der vollständige
Tod erfolgte; ob nicht vielleicht auch hier der Fötus nodi
einen geringen Grad von Leben spiter noch darbot, ob er
nicht vielleicht noch schwach .fortvegetirte, ohne zu einer
Bewegung nur im geringsten Grade befilhigt zu sein, wie es
Meckel, Carus und Andere angenommen haben. Die so
nicht vollständig abgestorbene Frucht würde dadurdi weniger
feindselig auf den mütterlichen Körper einwirken, dieser sifch
allmälig an den fremden Körper gewöhnen und dadurch die
Bildung des Steinkindes begünstigen. Dem vollständigen Tode
der Frucht würde rasche Zersetzung schnell folgen, die dann
heftige Entzündung und den Tod .der Mutter hervorrufen würde.
Bemerkenswerth sind hier die Naturbemübungen , "die
Gebärmutter wieder zu ihren vor der Schwangerschaft statt-
findenden Zustande zurückzubUden. Schon in den ersten
Tagen des September- Monats, dann in der Mitte desselben
und in der Mitte des Novembers zeigten sich^leichte Blutungen
fiber Sohwangersobaft ansserlialb der Gobiirmiitter. 199
aas der Gebärmutter, die den 16. Januar sOrker eintraten
und viel Oässiges und geronnenes Biut« mit kleinen faserigen
und membranösen Stoffen ausleerten. Es waren dies offenbar
Tbeile der abgestorbenen und durch Fäulniss zerseUten
Decidua, die auf solche Weise aus der Gebärmutter aus-
gestossen wurde. Dazu gesellten sich ebenfalls schon im
November und Deceraber deutlich ausgesprochene wehenartige
Erscheinungen, die indess, besonders im Januar, sich häufiger
wiederholten, stärker wurden, länger anhielten und mit denen
sich unverkennbar ein bestimmtes Senken der Frucht (Anfang
Januar) verband. Als dritte hierher gehörige Erscheinung
müssen wir die am 16. Januar auftretende starke Absonderung
der Milch rechnen, die sich jetzt erst zeigt«, obgleich die
Vorbereitungen zu derselben, Anschwellung der Brustdrüse
und der Lyrophgefasse bis zur Achselhöhle schon früh in der
Schwangerschaft aufgetreten waren und die reichlich bis zum
Ende des Februars fortdauerte. Unter diesen Erscheinungen
kamen offenbar die Rückbildungsprocesse in der Gebärmutter, '
aber auch im gana^en Geschlechtssysteme zu Stande, so dass
schon am 25. Februar eine Gebännulterblutung eintrat, die
drei Tage hindurch anhielt, von leichtem Scbleimflusse gefolgt
war und vollkommen der früher staltfindenden Menstruation
glich. Eine ähnliche Gebärmutterblutung erschien schwach
am 23. März wieder, also nach 27 Tagen, blieb dann freilicii
mehrere Monate hindurch aus, um vom Ende Juli an, bei der
unterdess kräftiger gewordenen Frau mit vollkommener Regel-
roässigkeit aufzutreten. Drei Jahre später, Anfang Juli 1826
erfolgte der Abort einer dreimonatlichen Frucht. Weder die
Kranke, noch der sie behandelnde Arzt scheinen an Eintritt'
einer neuen Schwangerschaft gedacht zu haben, wenigstens
findet sich in dem genau geführten Journale auch nicht die
leichteste Andeutung, die auf Stattfinden derselben hinweist.
Von der höchsten Bedeutung sind die fieberhaften Er-
scheinungen, die nach Beendigung der Zeit der gesundheits-
gemässen Schwangerschaftsdauer, d. h. nach der 40. Woche
auftrat^. Sie zeigten sich zuerst am 16. Januar, mit deutlichem
Frost beginnend 9 verstärkten sich am 24., jetzt täglich Nach-
mittags auftretend. Sie fingen mit Frösteln an, dem starke
Hilze folgte, die in der Nacht mit Schweiss endete, wozu
200 X. WäUer, Einige BeobachtiLBgeii
sich im späteren Vertsufe gesteigerte Schmcrzbaftigkeit des
Unterleibes, Spannen der BaucfabMit, Durst, trodiene Zunge
und fauler Geschmack binzugesellteh. Erst am 16. Xirz
begann dies Fieber nachzulassen, verschwand dann albnälig
ganz und mit ihm schwiegen zugleich alle begleiteoden Er-
scheinungen, die Krilte hoben sich, so dass die Frau mä
Recht als Genesene betrachtet werden konnte. — Es sind
diese Erscheinungen offenbar Folge der fieaction des mütter-
lichen Körpers auf das Anfangs langsam absterbende, später
abgestorbene Kind, das, gleichzeitig mit seinen Eihöllen
feindlich, als fremder Körper, auf den mütterlichen Organisnuis
einzuwirken begann, im Verlauf dieser fieberhaften ZuUk
kamen aber auch zugleich diejenigen organischen Processe
im Uoterleibe der Mutter zu Stande, die durch Ablagerung
plastischer Stoffe das Ovulum mit der Frucht einhüllten, es
so gleichsam vom mQtterlicben Körper isoUrten und es möglich
machten, dass das Kind im Leibe der Mutter verharren and
allmälig in ein Stemkind umgewandelt werden konnte.
Endlich möchte ich hier noch auf einen Punkt die Auf-
merksamkeit der Aerzte lenken, der sich bei beiden von mir
beobachteten Kranken zeigt Es ist dies nämlich die Gemüths-
bewegung, die bei beiden Frauen stattfand; bei der ersten
24 Stimden nach dem letzten Beischlafe, bei der zweiten im
Beischlafe selbst Wohl hat Heeker mit vollem Rechte gezeigt,
wie bei den meisten Frauen, die an SchwSngerscfaalt ausser^
halb der Gebärmutter litten, schon früher Unregelmässigkeilen
in den höheren Verrichtungen des Sexualsystekns stattgefunden
hatten, wie namentlich eine Unfirachtbarkeit, durch viele Jahre
anhaltend, oder lange Pausen zwischen den sich folgenden
Geburten, oder wiederholte Aborte dagewesen waren. Alle
diese Umstände zeigen sich auch bei beiden von mir belichteten
Kranken. Die erste Frau lebte Anfangs 9 Jahre in einer
unfruchtbaren Ehe, dann gebar sie vor 10, SV2 ^d 3 Jahren
ausgetragene Kinder und endlich folgte die Schwangerschaft
ausserhalb der Gebärmutter. Die zweite Frau gebar 6eilicb
das erste Kind im ersten Jahre ihrer Ehe, erlitt dann zwei
Mal emen Abort und erst im 11. Jahre ihrer Ehe trat die
vierte Schwangerschaft ein, als Schwangerschaft ausserhalb
der Gebärmutter. Es ist nicht zu verkennen, wie meine
über Schw«iig[encbafl aniserlialb d«r Gebärmnttor. 201
•
beiden BeohaebtungeD die Ansicht Hecker's in Beziebiing aoi'
die ursachlichen Momente dieses krankliaflen Zustandes unter-
stutzen. Man darf aber freilich auch nicht übersehen, wie
sehr hanfig die erwähnten Unregelmässigkeiten überhaupt bei
Frauen stattfinden. Aufi'allend ist es meiner Meinung nach
und ferdient gewiss berücksichtigt zu werden, dass in beiden
von mir angeführten Beobachtungen deprimirende Gemuths-
bewegungen auf die Frauen während oder bald nach dem
Beischiafe einwirkten. Wie sehr aber solche Gemöthsafiecte
auf den erhöhten Turgor der verschiedensten Organe einen
herabslimmenden Einfluss ausübeVi, ist ja allgemein bekannt
Wie Schreck die glühende Wange in einem Augenblick er*
bleichen lässt, wie Scham oder Furcht den kräftigen Mann
für den Augenblick impotent macht, so wirkte hier vielleicht
Schreck auf die durch den Beischlaf erhöhte Leb^sthätigkeit
der inneren Geschlechtstfaeile. £& erfolgte CoUapsus in ihnen,
die Aufnahme und Ableitung des Eies durch die Eileiter
wurden verhindert und so der Grund zur Schwangerschaft
ausserhalb der Gebärmutter gelegt
Graviditas extrauterina? tubaria? oder tubo-
uterina?
Frau V. «/., 28 Jahre alt, von mittlerer Körpergrösse,
sehr gut gebaut, sanguinischen Temperaments, von ihrem
16. Lebensjahre an immer re^elmäss^ menstruirt, in ihrem
20. Jahre verheirathet, hatte vier Schwangerscbaflen und
Geburten überstanden. Die ersteren waren ohne auffallende
Beschwerden verlaufen, nur hatte in den früheren Monaten
derselben häutiges Erbrechen, auch wohl öfters Zahnschmerz
stattgefunden«. Die Geburten waren regelmässig und im All-
gemeinen leicht gewesen. Ihre Kinder hatte sie alle selbst
genährt uadi es waren dieselben bei der Mutterbrust alle
kräftig gedieheiL Im Anfange des Octobers 1829 war die
Menstmation zum letzten Male eingetreten, im November blieb
sie ohie äussere Veranlassung ans und es erschienen die
bei den früheren Schwangerschaften der Frau gewöhnlich
folgenden krankhaften ZufSUe, Uebelkeiten, öfteres Würgen,
Erbrechen, Zahaschmerz u. s. w., so dass die Frau selbst foel
202 ^* W«U$r, Einig« fieob«chtiiQgen
Ton einer neuen Scbwangerecbaft überzeugt war. Zu diesen
ZuföUen gesellten sieb aber scbon im November Erscheinungen^
die sich früher nidit gezeigt hatteti. Es trat nämlich Schmerz
ein, Anfangs schwach, mit der Zeit aber sich steigernd, in
der rechten Leistengegend fixirt, der sich besonders bei jeder
Bewegung, noch mehr bei jeder körperlichen Anstrengung
steigerte und nach und nach einen solchen Grad von Heftigkeit
erreichte, dass die Kranke ypro 20. MoVember an, nicht mehr
im Stande war, das Bett zu verlassen, da der Schmerz bei
vollkommener Ruhe sich wenigstens minderte, wenn er gleich
nicht ganz aufhörte. Im Betti musste fast immer die Rückenlage
beobachtet werden, da Seitenlage den Schmerz vermehrte. Das
sonstige Befinden der Kranken war gut; der Puls rubig,
Appetit, Schlaf, Stuhl* und Harnentleerung regelmässig. Eine
am 16. November unternommene geburtshüUliche Untersuchung
zeigte die rechte Leistengegend gegen Druck, selbst gegen
leise Berührung empfindlich, Anschwellung oder Härte waren
nicht zu fühlen, obgleich sich die Bauchdecken schlaff zeigten,
doch verhinderte die grosse Empfindlichkeit der zu unter-
suchenden Gegend eine genauere Erforschung derselben. Bei
der inneren Untersuchung war der Scheidentbeil aufgetrieben,
Vs Zoll lang, mit wulstigen Muttermundslippen, mit Kerben
ui^d einer klaffenden Querspalte. Der Scheidentheil stand
dabei etwas schief nach rechts gerichtet. Im Sclieidengewölbe
keine bemerkliebe Auftreibung der Gebärmutter. So verfioss
bei unverändertem Zustande der Kranken der NoTemberund
der grössle Theil des Decembers, .nur dass sich die Heftigkeit
der Schmerzen mehr und mehr steigerte. Am 27. December
stellte sich plötzhch Blutung ^us den Geschlechtstheilen ein,
die nicht bedeutend war und von der Frau für das Wieder-
erscheinen der unterdi*uckten Menstruation genommen wurde.
Die Schmerzen Hessen indess dabei nicht nach, nahmen im
Gegentheil an Heftigkeit zu und zeigten das Aassehen voll-
ständiger Wehen. Statt dass der Monatsfluss sonst nach
vier Tagen aufzuhören pflegte, verstärkte sich diese Blutung.
Zu gleicher Zeit veränderte sie auch ihre Beschaffenheit, war
bald hellroth, bald dunkelbraunroth, bald dem Schleime, bald
dem Eiter ähnlich, mit sehr übler Ausdünstung. Znglekfa
wurden mit dieser Blutung membranöse Massen und dunkle
fiber Sehwangerscliaft ausserhalb der Gebftrmntter. 203
harte Körperchen, von der Grösse eines Stecknadelknopfes
ausgeleert Auf solche Weise währte der Ausfluss durch den
ganzen Januar 1830 fort. Eine am 4. Januar unternommene
Untersuchung bot nur insofern eine Veränderung dar, als
der äussere Muttermund so weit eröffnet war, das& die
Fingerspilze bequem mehrere Linien tief in den Kanal des
Scheidentheils eindringen konnte. Das Allgemeinbefinden litt
während dieses Bluttlusses auffallend; es fand deutliches
hectiscbes Fieber statt, Nachmittags mit Frösteln beginnend,
mit nachfolgender Hitze und nächtlichen Schweissen, von
denen die letzteren aber nicht constant waren. Der Puls war
sehr schnell i schwach; der Durst stark, der Appetit fehlte;
es entwickelte sich rasch Abmagerung des Körpers. Erst
gegen die Mitte des Februar trat Besserung im Zustande
der Kranken ein. Die Schmerzen schwanden zuerst, der
Ausfluss verlor seinen Ahlen Geruch, wurde rein schleimig,
hörte aber erst gegen Ende März ganz auf; das Fieber liess
nach; die Kräfte hoben sich bei wiederkehrendem Appetit
und die frühere Körperfülle stellte sich, wenn gleich viel
später, wieder ein. Der Monatsfluss erschien erst im Juli
und kehrte dann regelmässig zurück. Die Frau hat nachher
noch drei Schwangerschaften und Geburten überstanden; die
ersteren boten nichts Abweichendes in ihrem Verlaufe, während
die Geburten sich dadurch auszeichneten, dass bei allen dreien
unmittelbar nach der Ausstossung der Nachgeburt, die regel-
mässig von Statten ging, sehr heftige,. auf Atonie der Gebär-
mutter begründete Blutungen sich einstellten, die bei den
Trüberen Geburten nicht stattgefunden hatten und die die
Frau alle Mal in die grösste Lebensgefahr stürzten. Sie lebt
noch, kräftig und wohl, als Gutsbesitzerin und seit vielen
Jahren als Wittwe, einer grossen Wirthschaft mit Leichtigkeit
vorstehend.
Ilonatwclir. f. G«biirt«k. 1861. Bd. XYm., Hft. 8/ 14
204 ^I* Vogler^ Embryotomie mit ODfönsUgem Ansgange
XL
Embryotomie mit ungünstigem Ausgange bei
unausführbarer Auslösung des Oberarmes
aus dem Schultergelenke.
Von
Dr. Togler,
Obenoedldnalrath • Brannen - und Badearzt in Wiecbaden.
Eine unehelicli geschwängerte Erstgeiiärende von 22 Jahnen,
von kräftigem, wohlgenäbrlem Körper, liess mich am 3. Januar
1861 rufen und gleicbzeitig verlangte die ilir beistehende
Hebamme durch den Boten — den Bruder der Kreissenden —
Webeupulver. Die Hebammen hiesiger Gegend nehmen keinen
Anstami, bei mangelnden Wehen Seeale cornulum, wenn sie
sich dasselbe verschaffen können, auf eigene Hand zu ver-
abreichen. Ich Uess der Hebamme sagen, aus ibrer Heidung,
der Muttermund sei noch wenig geöffnet und aus ihrem
Verlangen nach Webenpulver müsse ich auf krampfhafte
Zusammenziehung des Muttermundes und auf fehlende Wehen
schiiessen. Unter diesen Umständen sei ich der Kreissenden
noch durchaus überflüssig und die sogenannten Wehenpulver
seien bei der Kreissenden durchaus nicht am Platze. Die
Hebamme möge der Kreissenden lieber die beifolgende von
mir verordnete Arznei verabreichen (Oelmixtur mit Opium
und Nitrum) und, wenn der Muttermund besser eröffnet sei,
wieder einen Boten schicken. Allein jugendliclie Kreissende
haben unter solchen Umstanden selten Ruhe und nach wenigen
Stunden erschien der Bote wieder mit der Meldung, der
Muttermund sei jetzt liesser geöfihet und ich möge doch
gleich kommen.
Der Weg war eine schmale Schlittenbahn durch, tiefen
Schnee. Indessen bestieg ich sofort den Schlitten. Ich fand
den Muttermund nur für drei Finger geöffnet und die Con-
traction der Gebärmutter um das Kind so stark, dass ich
mir von der Lage desselben keinen Begriff machen konnte.
Ich fühlte nur einen Knochen, blieb aber zweifelhaft, ob es
die Tibia, die Ulna od^ der Unterkiefer des Kindes sei.
bei tmausfilbrbftrer Anslösang des Oberarms etc. 205
Endlich f5rderte ich die linke Hand desselben zu Tage, ohne
damit viel gewonnen zu haben. Obgleich die Kreissende sehr
leicht in die Chloroform -Narcose verfiel und sehr starke
Gaben des Opiates nahm, konnte ich weder zu einem Fusse
gelangen, noch die rechte Hand herabfuhren. Ich liess das
Opiat die Nacht fortnehmen und begab mich sehr erschöpft
und an beiden Armen fas^ gelähmt nach Hause. Den anderen
Vormittag wurde ich bei Zeiten wieder verlangt, aber es
erging mir, wie gestern, nur erschöpften sich meine Kräfte
weit schneller, so dass ich bald die Noth wendigkeit fühlte,
mir Hftife mit ausgeruhten Kräften zu verschaffen. Deutliche
Kindesbewegungen widerriethen noch immer die Zerstückelung
des Kindes, und als dies Bedenken hinwegfiel, dauerten die
Contractionen trotz der Anwendung des Chloroforms in «inem
Grade foi^t, der die Anwendung eines in einem fnlheren Falle
mit Erfolg gebrauchten Manövers untbunlich machte (cf. Med.
Zeitung des Vereins für Heilkunde in Preussen, Jahrg. 1857,
No. 27, S. 117), wo ich nebst dem mir erbetenen jGehfilfen
nach vollzogener Exarticulation des Oberarmes, Schi Asselbein
und oberste Rippe, dann noch einige Rippen lostrennte, mit
der Hand in die Brust- und Bauchhöhle eindrang und beide
so weit entleerte, dass ich den stumpfen Haken zwischen
die Schenkel des Kindes f&hren konnte, und das Kind mittels
einer Steissgeburt zu Tage gefördert wurde. So schnell auch
der von mir gebetene GehQlfe, Herr Assistent Jäger^ zur
SteHe war, so erlahmte doch auch sein Arm beim Versuche,
SU den Füssen zu gelangen, sehr bald, und nicht ganz ohne
Widerstreben begnügte er sich mit dem Herabföhren der
rechten Hand. Auch jetzt war noch nicht an ein Ertlichen
des Fasses zu denken und dies gelang erst, nachdem beide
Arme, soweit sie zu erreichen waren, d. h. bis über die
Ellbogen, entfernt worden. Hierzu legte ich wegen grosser
Erschöpfung keine Hand an und löste nur die Nachgeburt
nach gelungener Wendung und Extraction des Kindes. Ich
brauche wohl kaum zu bemerken, dass die Extraction blos
mittels eines Fusses bewerkstelligt wurde und dass das Kind
todt war. Leider folgte ihm seine Mutter unter meteoristischen
Erscheinungen mit grosser EmpfindUehkeit des Unterleibes in
ftknf Tagen nach.
14*
206 ^I- Vogler y Embryotoiaie mit ungOnstf^^m Ausgange
Dass dieser Fall bei einem so kräfligea, wohlgebaoteii
Mädchen unglücklich endigte, muss ich mit höchster Wahr-
scheinlichkeit der hartnäckigen Strictur der Gebärmutter, dem
Widerstände des Muttermundes und den lange dauernden
Lebensäusserungen des Kindes beimessen, die unseren Ent-
Bchluss, das Hinderniss der zu Tage liegenden Arme zu
beseitigen, so lange verzögerte.
Es ist bemerkenswerth, dass Scamoni in seinen geburls-
hfllflichen Operationen die Wichtigkeit der Auslösung des
Oberarmes aus dem Schultergelenke des Kindes bei der Vorlage
und Einkeilung der Schulter nicht hervorhebt, über welchen
Gegenstand schon 1836 in Siebold's Journal für Geburtshüife
eine Abhandlung vom Kreispbysikus Dr. Wütke in Weissensee
erschien, während dieselbe Operation mir einmal am an-
geführten Orte der Med. Zeitung die Entleerung der Brust-
und Bauchhöhle und in Folge dessen die Entwickeluog des
Kindes durch Steissgeburt möglich machte, in einem anderen
Falle aber die Geburt des Kindes durch Selbstwendung zur
Folge hätte, richtiger gesagt, durch eine von der Wehen-
thäügkeit vollbrachte Wendung.
In dem von meinem Sohne (a. a. 0.) zu Padang an ein«*
polynesischen Frau beobachteten Falle von sogenannter Selbst-
i^endung war freilich die Auslösung des Oberarmes aus dem
Schultergelenke nicht vorher geqdacht worden und der günstige
Ausgang erfolgte dennoch ganz unerwartet, aber welcher
Geburtshelfer möchte auch behaupten, dass jener operative
Eingriff zur Herbeiführung eines so glücklichen Ereignisses
unbedingt nothwendig sei? Unter den von mir in tier
medicinischen Zeitung mitgetheilten fünf Fällen finden sich
freilich auch zwei, welche tödtlich endeten, aber offenbar
wegen vorausgegangener angreifender Wendungsver&ucbe, und
in einem Falle ermöglichte die Chloroform -Narcose sofort die
Wendung auf die Füsse, als ich eben im Begriffe war, die
Zerstückelung durch Auslösen des Oberarmes zu versuchen.
Dass Scamoni meiner geringen Bestrebungen, die Verbesserung
mancher Kopflagen durch die ^ange zu bewirken, in seinem
Lehrbuche der Geburtshüife, wie in seinen gehurtshülOicben
Operationen neben Lange und Kiwisch Erwähnung thut,
von der Auslösung des Oberarmes aus dem Schuttergelenke
bei «laasfBhybarer AttslSsaDg des Oberarmes etc. 207
aber gar nicht spricht und die Entleerung der Brust- und
Baucbeingeweide durch Etnstossen einer starken, mit langen
Griffe nnd scharfen Spitzen versehenen Scheere, deren
Blätter aber die Fläche gebogen sind, und durch das Zer-
schneiden mehrerer Rippen, vielleicht auch durch die An-
wendung des Kephalotbryptors zu yollbringen gedenkt, ohne
die Vortheile des voii Wittke aufs Neue empfohlenen Ver^
fahrens, welches als tiberflüssig und unmenschlieh veriassen
worden war; zu würdigen, kann nicht besonders aufTallen.
F. B, Osiander fiberschrieb sein neuntes Gapitel im zweiten
Theile seines Grundrisses der Entbindungskunsl: von den
heutigen Tages nicht mehr nothwendigen Entbindungs«*
arten durch Tädten, Kopf bohren, Zerstäcken der Frucht u. s. w.
Meiasner (Monatsschrift für Geburtskunde, Bd. 9, Heft 1)
blieb so lange t6u der Noth wendigkeit, eine Embryotomie zu
machen, verschont, dass er schon anfing, die Meinung
Oßiandev^s zu tbeilen, bis seine eigene geburtshölfliche Praxis
ihn eines Anderen belehrte. Ueber die Anwendung des Kephalo-
tbryptors zur Entfernung des in der Beckenhöhle stecken
gebliebenen Rumpfes gesteht Scamoni^ dass uns in dieser
Beziehung noch die nöthigen Erfahrungen fehlen.
In den drei Fällen Wütke's folgte ein Mal der Auslösung
des Oberarmes aus dem Schultergelenke binnen 15 Minuten
die Selbstwendung und zwei Mal gelang nachher die vorher
unmöghcbe Wendung sehr leicht und sämmtliche Mütter wurden
am Leben erhalten.
Es ist' wohl kein Zweifel, dass, wenn der Geburtshelfer
unzw^felhaft die Wahl hat, die Mutter oder das Kind am
Leben zu erhalten, die Mutter bevorzugt werden mus"^. Aber
der Geburtshelfer muss auch Alles aufbieten, dass sich Abscheu
und Sdiauder erregende Fälle so selten als möglich ereignen.
Es macht einen höchst peinlichen Eindruck, wenn Rinder
wegen ungenauer Diagnosen mit absolut tödtlichen Verletzungen
▼ersehen, lebend zur Welt gebracht werden. So wurde vor
siebt langer Zeit im Herzogthume Nassau durch die Perforation
ein schreiendes Kind entwickelt, an dem ein sonst geübter
physikalischer Exidorator sich vom gänzlichen Erloscfaensein
des Fötalpulses überzeugt zu haben glaubte, obgleich ein
208 ^I* VogUr^ Embryotomi« mit nngfinstigem Avagsag« •to.
anderer Creburttlielfer, sowie die Hebamme, noch SpnreD des
kindlichen Lebens zu entdecken gkubten.
Ob die von diesen Beiden erhobenen Bedenken gegen
die frühe Vornahme der Perforation ein gAnstigeres Resultat
gehabt hätten, wenn sie befolgt worden wären, oder ein
schlimmeres, lässt sich freilich mit Gewissheit nicht sagen.
Die rasche Entbindung der Frau Ton einem perforirten noch
lebenden Kinde rettete yielleicht der Mutter das Leben,
aber wer möchte eine solche Beschletmigung dieser für das
Kind absolut tödüichen Operation als Regel empfehlen wollen?
Es ist dies Ereigniss aber ein neuer Beweis, wie misslicfa es
ist, aus dem Erloschensein des Fötalpolses einen sicheren
Schluss zu ziehen, da ein Kind innerhalb der Gebärmutter
auch scheintodt sein kann und der Gehörssinn Täuschungen
unterworfen ist
In Henke' ^ Zeitschria, 1&28, Heft 1 habe ich unter
der Aufschrift: „Eine Ruptur der Huttersdieide und eine
Ruptur der Gebärmutter, nebst einigen Ideen über die Ver-
antwortlichkeit der Hedicinalpersonen für das von ihnen ein-
geschlagene Heilverfahren'^ eine Wendung veröffentlicht, welche
ich am 27. April 1826 wegen Vorlage des Armes und der
Nabelschnur an einer unentbunden verstorbenen Kreissendeo,
also ohne alle Indication verrichtet hatte. Der Grund dieser
nicht indicirten Wendung, nicht indicirt, weil die Section
jedenfalls nachher doch gemacht werden musste und das Rind
jedenfalls nicht zu retten war, da Arm .und Nabdschnur schon
fast 24 Stunden vorgelegen hatten, war der, dass enie alte
Hebamme die rechtzeitige Berufung eines Geburtshelfers ver-
hindert und so durch pflichtwidriges Abwarten das Bersten
der Scheide und den Tod der Kreissenden veranlasst hatte
und ich allen Anwesenden deutlich machen wollte, dass eine
künstliche Entbindung zu rechter. Zeit allerdings auch ohne
Kaiserschnitt möglich gewesen wäre. Ein Auslösen des Ober-
armes aus dem Scimitergelenke wäre hier- natürlicfa 'gans
zwecklos gewesen, da die Ruptur der Scheide sofort erkannt
wurde, mithin an eine Erschwerung der Wendung dnrch
Contractionen des Uterus nicht zu denken war. Dem Ton
mir am 4. Januar zu Hülfe gerufenen Collegen war es etwas
XII. Kehrw, Zar ßehandlang dea Kindbettfiebers. 209
aftffaDend, dass ich auf Entfernung der beiden vorliegenden
Kindesarme drang; er gestand aber sp^er, dass nach dieser
Entfernung das Ergreifen und Anziehen des erreichbaren
Fasses merklich leichter gewesen sei, als es vorher den
Attscheki gehabt habe.
Es wftre sehr zu wfinschen, von Scanzoni eine Dar-
stellung der von ihm vorgekommenen Embryotomien zu be-
sitzen, die steh meines Wissens in seinen Schriften nicht
vorfindet, uro daraus zu entnehmen, warum er dadurch nicht
auf die Vortheile des Anslösens des Oberarmes aus dem
Schultergelenke hingeführt wurde, die sich bei Wittke und
mir aus der Natur der meisten uns vorgekommenen Fälle
%o>fwi von selbst ergaben. Leider war dieser operative Ein-
griff in dem von mir vorgekommenen Falle wegen Strictur
der Gebärmutter und des Muttermundes unausführbar und
wir mussten, Herr Assistent Jäger und ich, eine fär die
Rettung der Kreissenden leider nur zu wichtige Zeit auf
fruchtlose Wendungsversuche verwenden, da wir wegen der
Lebenszeichen des Kindeä nicht so schnell, als es zu wünschen
war, zur Beseitigung der vorliegenden Kindesarme schreiten
konnten.
XII.
Zur Behandlung des Eindbettflebers.
Von
Dr. Frledr. Kelirer,
AMittenten nn der EntbindungsansUlt in Giessen.
Im Jahre 1887 hat Eisenmann eine erschöpfende
literatttr über Kindbettfieber zusammengestellt, und mehr denn
360 Schriftsteller aufgeführt, die ihren Tribut der Wissenschaft
gezollt und ihre Beobachtungen über die furchtbarste Krankheit
niedergelegt haben, welche Frauen in der Zeit des Wochen-
bettes^ betreffen kann. Seitdem ist, zumal durch pathologisch-
aoitoroiacbe Forschungen unterftützt, unsere Kenntniss dieses
Fiebers in seiner Srtfologischen und pathologischen Seite
210 UI* Kehrer ^ Zur Behaadlttng das KiailbettfieiMn. .
wesentlich yorgeschritteD; wenn aber gieichwoM so binfige
Mittheilungen bezöglieb der Mortalität erfolgen, welehe das
epidemische Auftreten der Krankheit veranlasst, möchte mao
fast an jeder Bebandlungsweise, selbst der umsichtigsten ge-
wiegter Aerzte, verz weifein. Diese trtkbe Auffassung ier
Therapie wurde durch die jüngaten Verhandlungen in der
Academie de Medecine zu Paris über den Gegenstand in Nichts
geändert, im Gegentfaeile, man gelangte nach vielen Discnsaionea
ziemlich allgemein zu dem niederscBlagenden Ergebnisse, dass
ein wirksames Verfahren gegen. Puerperalfieber erst gefunden
werden müsse, und dass die Prophylaxis dermalen noch die
meiste Aufmerksamkeit verdiene. — Kaum tröstlieher lautet
. das Urtheil in Deutschland, England und überhaupt allenthalben
und bei Allen, welchen die undankbare PiUcht obliegt, in
bösartigen Epidemien handelnd auftreten zu müssen.
Aber sollen wir darum nur ängstlich das Augenmerk
der Prophylaxis zuwenden und jede curative Bdiandlung als
erfolglos von vorn hqrein aufgeben oder uns höchstens mit
einigen Mittelchen begnügen? Doch wohl nicht, vielmehr dörfie
durch Beharrlichkeit eine bessere Einsicht gewonnen werden,
wenn man anders die schulgerechten Ansichten, welche theü-
weise mehr hinderlich, als förderlich waren, etwas bei Seite
setzt. Sagen wir offen, dass besonders die Entzündungslehre
die Therapie des Kindbettfiebers zum grossen Theiie beherrscht
und dem Misscredite zugeführt hat, in dem sie gegenwärtig
ist, und so lange man in diesem Fieber keine essentielle
Krankheit, keine acute Blutvergiftung, sondern ein von irgend
einer Entzündung abhängiges Fieber erblickt, muss die Be-
handlung eine verkehrte, eine erfolglose sein. Ganz begreiflich I
Nimmt man eine Entzündung des Bauchfelles, der Gebärmutter
oder ein sonstiges entzündliches örtliches Leiden in irgend
einem Eingeweide, namentlich der Becken- und Bauchhöhle,
als Hauptsache an, und das Fieber als ^ecundäres, so wird
das Heilverfahren ein anderes sein, wie umgekehrt, waon man
die Allgemeinerkrankung als wesentlich, die örtliche ab zu-
fällig und untergeordnet auflasst. Sonderbarer Weise ist die
klare Beurtheilung des Sachverhaltes durch die Sectiona-
ergebnisse eher hintangehalten wie gefördert worden, denn
indem sie fast durchweg die Spuren vorausgegangener Ent-
XU. K^iurm', Zur Bebandhiag des Kindbettfiebera. 211
söoduDg lieferten, lag nkfats näher wie eia Ausacbkiss der
Essentialitit des Fiebers und ein Festhaltan der Primär*
QBUundung*
Ohne Zweifel giebt es eine Rdhe von Fällen, bei welchen
eine Entzündung oder eine sonstige bedeutende Localaffection
die ursprüngliche Krankheit ist, das Fieber aber secuüdär
und symptomatiscb sich anreihL Hierher gehören sumeist
die sporadischen Kindbettfieber durch und nach Quetschung
der Vagina und des Uterus durch Zange und Wendung; allein
auch ohne derartige meehauische Beleidigungen stellen sich
so gut im Wochenbette wie ausserhalb desselben Entzündungen
ein, die sich giflerzeugend — iotokisch — veriialten, das
Blut yerderben und endlich ein vollendetes Puerperalfieber
darstellea
Diese Formen entwickeln sich aUmälig aus dem örtlichen
Leiden, steigen und fallim mit demselben, lAd es wird Nie-
manden in den Sinn kommen, dies Fieber behanddn zu wollen ;
im Gegentbeile, man weiss, dass hier die örtliche Behandlung
wesentlich ist
Bei den weitaus häufigsten Erkrankungen in Crebärhäusern
besteht ein durchaus anderes Verhältniss. Hier sind ausser-
ordentlich häufig die Schwangeren schon krank, bei der
Geburt kommt es fast regelmässig zu Unregelmässigkeiten,
nach derselben ist der Puls ungewöhnlich beschleunigt, nach
1, 2 — 3 Mal 24 Stunden entstehen Frost mit bedeutender
Zunahme der Pulsfrequenz, Schmerzen i und Auftreibung des
Unto'leibes, trockener Haut, Verfall der Kräfte, eingesunkenen
gläsernen Augen, höchst leidendem Ausdrucke des Gesichts u. s. w.
Nach wenigen Tagen sterben die Kranken unter äusserster
Sehmerzhaftigkeit des tympanitischen Bauches. Die Section
ergiebt seröses, blutig -seröses, eiteriges, purulent-plaslisclies
Ezsudat in der Unterleibshöhle: War das nicht eine Ent-
zündung? Eine primäre — entschieden nein; eine acute,
constilutionelle Blutvergiftung ohne und mit Exsudaten —
entschieden ja. Der Beweis, hierfür kann gleichwoiil vom
klinischen wie pathologisch«-anatomischen Gesichtspunkte aus
gefiihrt werden; die Erscheinungen an Kranken und Leichen
deuten unabweisbar auf eine allgemeine Krankheit als
den ursprünglichen und stetigen Factor, die sich entweder
212 2^1- ^«^^1 Zur B«h«iidhiag de« Kindbaiifieber«.
aU Fieber allein, oder als Fieber mit LocalzHfili^H
darstellt Die letzteren sind oft nur einfache Erregungs-
zustände in einzelnen Gefössprovinzen, namentlich des Venett-
und Lymphsystems mit Dwehschwitzong. Kommt es aber-
zu Entzäodungen, so entwiokeiD sie sich ebenso gut aus der
allgemeinen filutferderbniss, wie das Fieber selbst, sind dso
Beide — Symptome, coordinirte Erscheinungen einer AUgemein-
erkrankung.
^ In einer dritten 'Reihe der Formen des Kindbettfieb«ns
ist man bo^eehtigt, die Entzündungen rein als secnndäre auf-
zufassen, als Folgen vorausgegangener Exsndate. Durch Harn,
Galle und andere Stoffe, die zuflllig in die Baudihöhle ge-
langen, wird eine rasch verlaufende -Peritonadtis erzeugt; die
gleiche Wirkung haben die Durchschwitzungen am Bauchfdie
im Wodienbette, die ursprünglich aus einer einfachen Reizung
hervorgegangen 'waren.
Mag die Entzün'dung bei einem Puerperalfieber niff ein
Symptom oder ein secundärer Anhang sein, immerhin ist sie
Folge und nicht Ursache der Allgemekierkrankung, und man
handelt gewiss imrecht, sie sowohl wie andere LocaBeiden
bei dem Heilverfahren allzu setur zu beräcksicbtigen. Die
überwiegend meisten Stimmen der Neuzeit sprechen sieh ent-
schieden für ein Allgemeinleiden aus und betrachten die
Localisationen als Nebensache, so z. B. Braun y Bouälaud^
DonderSj Engdy Herds ^ Kiwüeh, Leake^ Piorry^
Eokiiansky^ Vogd^ ßcanzom, Semmdtoeis, und gleich-
wohl hat man sieh bei der Bebandlcmg einer besonderen
Rücksicht auf die LocalzufäUe- im epidemisdien Kindbettfieber
noch nicht entäussert, indem der Gedanke an sie, einem
rothen Faden gleich, durch alle Indicationen zu Tage tritt.
Wh* bemerkten soeben, dass vom klinischen Standpunkte
aus Alles auf eine primäre' Allgeroeinerkrankung hindeute.
In kleinen Gebdrhäusern hat man vieHeicbt eine bessere Ge-
legenheit, einige Verhältnisse näher zu verfolgen, als in grossen,
wo der Zudrang, die Ueberfuilung, die Mass« der Dienst-
obhegenheilen die Einzelbeobacbtung vielfach erschwereiL
Allein in jenen überzeugt man sich bei einem herrschenden
Puerperalfieber, dass die bereits inflcirten, scheinbar noch
ganz gesunden Schwangeren mancherM Klagen fuhren, die
XII. KthrtT, Zur Behandlung des Kindbettfiebers. 213
d>eo Dicht die gewöhnlicbeo am Ende der SchwangarBcbaft,
vidmehr jenen Ibnlich sind, welche dem Ausbruche einer
Malaria* oder Typbua^Iafection Yorhergehen. — Nach der
G^urt ist der Puls öfter achon sehr beachleuoigt, die FrostanfaUe
erscheinen später und damit, selbst noch später, die Schmerzen
im Unterleibe. Wäre die Leealerkrankung Ursache des Fiebers,
so niisste in deren beiderseiligem Auftreten eine bestimmte
Harmonie bestehen, das Eine aus der Anderen sich heraas-
entwickdn. So ist's aber nicht, aondem umgekehrt nach
einer heftigen Ailgemeinerkrankung kommt eine sturmische
Locahffection, welche sich fixtrt, indessen auch wandern ksmn,
heute dieses, morgen jenes Gewebe und Organ ergreifend,
genau so, wie man es auch in bdsartigen Malariaiebern sieht
Der stärkste Grund gegen die Annahme primärer Ent-
Koadangen im Puerperalfieber liegt Aer einerseits in dem
NachtheitB, wenigstens in dem noch sehr fraglichen Nutzen
aller der Mittel, womit gemeinhin eine Entzündung bekämpft
wird und andererseits in dem unverkennbaren Vortheile, den
gewisse Mittel leisten, welche nach den gangbaren BegrilTen
bei Entzündungen wahrhaft gefürchtet sind. Die Juvantia und
Nocentia drängen uns geradezu dahin, entweder die alte,
schulgerechte und tausendfach bewährte Auffassung und Be*
handlung einer Entzündung aufzugeben, oder die neue,
hypothetische, in therapeutischer Verfoiguog höchst unglück-
liche Idee, als besiehe im epidemischen Kindbettfieber der
Gebärhauser räe Primärentzündung.
Es ist in der That nicht leicht^ Angesichts so sprechender
Erscheinungen, ^e sie Krankenbett und Sectionstisch vor*
führen, das Erste zu thwi und das Letzte zu lassen. Darum
haben rodirere Aerzte dem Begriffe der Pueiperalentzündung
jenen der Bösartigkeit, der Lähmung und Adynanüe angereiht,
und darauf einige Modifieationen der Behandlang gegründet.
Die exckisiv antiphlogistische Methode wurde nach diesem
Gesichtspunkte eim; reizende. — Da auch diese nicht zum
Ziele führte und die Priocipien der Schule übertiaupt gar
sehr im Stiche liessen, begannen Andere der Empirie sich
zuzuneigen und Mittel und Wege aufzusuchen, die auch sonst
bei Entzündungen halfen.
214 Xn. JTMrtfT, Zar Bebanainog des Kindbettfiebers.
So etwa steht's am die Behandlung des Kindbettfiebers.
Die Verhdltpisse sind, was die Therapie anlangt, in Tieleii
Jahren nicht wesentlich vorgenickt, und was der erfahrene
Bo*er schon klagte, findet heute noch ein viel- und weit-
tönendes Echo. •
Unserer innigsten üeberzeugung nach liegt die Schuld sn
dieser traurigen Thatsache in der bisi^erigen UnkennUiiss der
Aetiologie, sowie in dem Einflasse, den die Lehre von der
Entzündung gewonnen hat. Erstere liess keine rechte Pro*
phylaxis aufkommen, letztere keine entschiedene, vorzugsweise
und rasche Behandlung der Hauptsache — der AUgeoiei&-
erkrankung. In Bezug auf Aetiologie und Prophylaxis dürfte
die schätzbare Entdeckung, welche SemmdweU mit so vielem
Fleisse vervollständigt hat, für die Zukunft gewiss maäss-
^bend sein, und die Reihe der Todten in Gebärhausem am
ein Erkleckliches verringern. Doch darf man nicht öbersehen,
dass der curativen Behandlung nodi unbegrenzt lange dn
wdter Spielraum gegeben sein wird, in welcher Prognose
die nachstehenden Beobachtungen nicht zu zählen, sondern
zu erwägen sein möchten.
Seit dem etliche vierzigjdhrigen Bestände der hiesigea
Entbindungsanstalt kamen in jedem Jahre sporadische Fälle des
Kindbettfiebers vor, die erste Epidemie aber im Sommer 1830. ')
Obgleich in Folge der schleunigsten Vorkehrungen, Dtslocationen
und der baldigen Schliessung der Anstalt jene Endemie keine
zahlreichen Opfer fordern konnte, so waren doch die kurz
nacheinander beobachteten Fälle von der schlimmsten Art und
endeten fast sämmtlich tödtUch. — Ende der dreissiger and
vierziger Jahre zeigten sich wiederum mildere Epidemien,
darauf aber in zehn Jahren von Zeit zu Zeit nur sporadiedie
Erkrankungen. Bei der RäumUchkeit des Haoses, der Mög-
lichkeit, die unganstigen Verhältnisse zu beseitigen ond das
Ganze gehörig zu überwachen, biieben die KrankheitsßUe,
wenn sie auch mitunter heftig, selbst lödtlich waren ^ imm^inn
vereinzelt, und es durfte das Puerperalfieber in dieser Weise
als eine stehende Krankheit der Anstalt betrachtet werdeo«
1) S. Oismeinsame deutsche Zeitschrift fBr Gebarttknnde,
Bd. 7, S. 681.
XII. Kehrer, Zur Behasdlong des Kindbett6ebers. 215
gegen die man immer auf der strengsten Hat sein musste,
die 'jedoch in verbäknissmässig langen Zwischenräumen einen
wirklich epidemischen Charakter annahm.
Zu Anfang August 1859 erkrankte eine Person am achten
Tage nadi ihrer Niederkunft unter lebhaftem Fieher mit Blut-
husten. Nach zwei Tagen schwand der letztere so plötzlich
wie er eingetreten war, worauf sich ein mehrtägiges Delirium
einstellte, mit dessen Nachlass die äusseren Genitalien sowie die
Vagina anfingen zu schmerzen, zu schweUen und stellenweise
zu gangränesciren. Hierzu gesellten sich Diarrhöe und endlich
am zwölften Tage der Krankheit Petechien. Das Fieber nahm
unter diesen wechselnden Localaffectionen seinen ungestörten
Fortgang und wich ganz allmälig, uaclidem jene längst
vorüber waren.
Dieser Fall, so unerwartet bei den bisher günstigen
Gesulidheit8?erhältnissen der Anstalt auftretend, liess be-
fürchten, dass er nicht vereinzelt bleiben werde. Nachdem
im September und Octol>er häufigere Erkrankungen im Wochen-
bette vorgekommen, zeigte sich in den zwei letzten Monaten
des Jahres, sowie im Januar 1860 das Kindbettfieber in seiner
bösartigstiHi Gestalt, dem im November und Decemfler unter
31 Wöchnerinnen 7 und im Jaribar unter 16 Wöchnerinnen 6
erlagen. Besonders wurde die Epidemie im Januar bedenklich,
da von den 16 Wöchnerinnen 8 erkrankten und Ende des
Monats von den 4 zuletzt Entbundenen 3 an einem Tage
starben.
Der Verlauf war in allen Fällen beinahe derselbe und im
Allgemeinen folgender. Bei der Niederkunft erschienen die
Wehen fast durchgängig gestört, meist träge, erfolglos, sehr
schmerzhaft, spastisch, so dass man ungewöhnUch oft von
Arzneimitteln, selbst, von der Zange Gebrauch machen musste.
Einige Stunden nach der Geburt, oder am ersten, zweiten
Tage, stellte sich Frost von verschiedener Heftigkeit ein, mit
nachheriger äusserst trockner Hitze der Haut, sehr beschleunigtem
Pulse, heftigen Leibschmerzen an verschiedenen Stellen, meist
im ganzen Unterleibe, Auftreibung des Bauches und raschem
CoUapsus. Die Augen wurden in dem eingefallenen Gesichte
gleich von Anfang an eigenthümlich todtenähnlich, die Respi-
ration erschwert, die Zunge trocken; Einige waren verstopft.
216 XII- S:ehr0r, Zar Behandlung dei Rindbeitfiebera.
die Meisten litten an Durchfall. Unter einer ungeroeiD rapiden
Zunaltme der Lähinungserscheinungen erlagen die Krattkea
schon nach 2 — 3 Mal 24 Stunden.
Die Seclionen ergaben ziemlich constant: ein mehr oder
minder reiciiliches Exsudat in der Unterkibsliöhie von seröser,
serös-jauchiger Beschaffenheit und rötiilicber Färbung, oder
einen grünlichen purulenten Erguss mit vielen Ftocken; der
letzte adliärirte dem Netze, sowie den Darmwindungen, die
er fiberzog. Die Gedärme waren durch fibelrieehende Gase
sehr aufgetrieben, der sclilaffe, noch wenig surfickgebiklete
Uterus enthielt dunkles zersetztes Blut, in den Venen stellen-
weise eiterähnlicbe Massen, die Milz war meist angeschwollen
und weicher als gewöhnlieh.
Die Exsudate in der Bauchhöhle waren nicht von den
Merkmalen einer stattgehabten Entzändung im Pai*encbfm des
Uterus oder des Bauchfelles begleitet, namentlti^ wai* das
letztere nicht verändert, nicht injicirt, nidit gerötbet, und
wenn hier und da roissfarbige Stellen vorkamen, mussten
sie offenbar als Letchenproducte angesehen werden.
Diese mörderische Krankheit war offenbar nur ein letztes
Auflodern und Sinken der Kräfte, die Final-Seene einer bereits
vor der Geburt bestandenen, aber bislang noch latenten Blut-
verderbniss. Eine Resorption zersetzter tbierisch -organischer
Stoffe konnte bei jeder Einzelerkrankung stattgefunden haben,
da die Touchiröbungen und der geburtshiilfliche praktische
Unterricht von Studirenden besucht wurden, die sich täglich
mit Anatomie beschäfügen, die Chloi*waschungen aber, obwolil
hin und wieder benutzt, eine allgemeine und regdmässige
Anwendnng nicht fanden. Wir geben eine Infection durch
zersetzte Stoffe recht wohl zu, dürfen jedoch nicht über-
sehen, dess vor und während dieser Epidemie genau die-
selben drei Momente bestanden, welche auch vor und
während der 1830er Epidemie beobachtet wurden, nämUeh
Ueberfullung, sehr feuchte Atmosphäre und der typhöse
Krankheitscharakter. Die Feuchtigkeit der Luft war namentlieh
bedingt durdi die Ueberschwemmung eines Wiesentbak, welches
ziemlich nahe an dem Hause vorbeizieht, und die während
12 — 14 Tage im December und Januar stattfand. Im Sommer
und Herbst zeigten sich in mehreren Ortschaften dieses Thaies
XII. Kehrer ^ Zur BehaD^lnni; des Kindbettfiebera. 217
nichi wenige Typhen, worunter einige reebt bösartige Fälle. —
Will man nun aucb diesen 5tioiogiscben VerbäUnissen keinen
besonderen Eiufluss auf die EnUtebung unserer zwei Epidemien
beimessen, so kann andererseits nicbl verhehit werden, dass
die Mögiicbkeit einer eadaverösen lufeclion viele Jabre iang
stets gegeben war, ohne ungewöbniich zablreiche Erkrankungen
berbeiznlTihren. Vielleicht ist es der nächsten Zukunft vor*
behalten, einzelne Punkte bezilglich der Ansteckung durch
zersetzte Stoffe vollends aufzuklären, wodtvch die einmal ge-
wonnenen praktischen Resultate und die schon jetzt unabweisbaren
Forderungen der Prophylaxis nur noch festere Stolzen erbieltenb
Bei der Behandlung des PueqjeralGebers suchte man hier
in früheren JaluTU den Gitmdsätzen der aUgemeineii Ttierapie
genoäss jeden Fall möglichst zu individualisiren, wobei die «
örtliche Affection ganz besonders im Auge gehalten wurde.
Gewöhnlich kam eine modilictrt antiphlogistische Methode zur
Anwendung mit örtlichen ßlutentleerungen, Uii»chlägen, Ab-
leitungen auf die äussere Haut, gelinden Salzes, Calomel in
kleinen Gaben; allein bei den frfihe ausbrechenden Lähmungs-
erscheinungen wurde schon sehr bald von Reizmittehi ein
ziemlich allgemeiner und ergiebiger Gebrauch gemaclit.
Der Erfolg war mitunter gut, es wurden einzelne Kranke
mit vieler Muhe endlich berausgewunden, andere, wohl besser
gesagt, die meisten, nicht. Hiernach kam die Behandlung
mit Calomel in Aufnahme: Vs — 1 Scr« Morgens und Abends,
lud dann alle 3 Stunden 4 — 5 Gr. Dieses Mittel wurde
mit Vorliebe, wenn nicht ausschliesslich eine Reihe von Jahren
bindurcb gebraucht und lieferte ohne Frage manch' ans«
gezeichneten Erfolg, zumal bei primär* entzündlichen Zu-
ständen, some bei starkem Fieber mit hochrother Zunge,
Verstopfung oder gelinder Diariiiöe und geringen Schmerzen
im Unterleibe. Jedenfalls waren die Ergebnisse der starken
und mittetetarken Calomeldoeen im Allgemeinen weit günstiger,
wie jene der früheren ungleich kostspieligeren und umständ-
licheren Medication. — Bei der letzten Epidemie aber fielen
sdion die ersten Versuche mit Calomel in grossen^, mittleren
und kleinen Gaben, mit und ohne Nebengebrauch anderer
Mittel, sehr unglücklich aus; die Ueberzeugung stand bald
fest, dass hier Calomel das rechte Mittel nicht sei.
218 ^I'- ^«f^r», Zur Behandlnnif des Kiudbettflebert.
In der Rathlosigkeit, worin hob daher die bisberigeo
eigenen Erfahrungen sowohl, wie die ganze und grosse Literatur
bis auf die jüngsten EmpfeUungen berauf, liessen, fingen
wir an zu experimentiren , versteht sich möglichst ralionell,
und Alles in Gebrauch zu ziehen, was nur entfernt geeignet
schien, einen Erfolg zu yersprechen, zumal wenn Mittel und
Methode hier und dort geholfen hatten und von einem Er-
fahrenen befürwortet waren. Brechmittel wirkten in gelinderen
Fällen einige Mal gut, in schwereren veranlasste Ipecacuanha
leicht ein übermässiges Erbrechen, und wo sie gar nicht
wirkte, war der Fall tödtlich.
Säuren, Salz-, Schwefel-, Phosphor- und hauptsächlich
Salpetersaure, wurden ohne bemerkbaren Erfolg, doch auch
ohne Nachtheil gegeben.
Ammon. carbonic, zu dessen Gebrauch man mit einiger
Erwartung schritt, verhielt sich so unbedeutend wie die Säuren
und wurde bald verlassen.
Reizmittel: Valeriana, Amica, Balsam, peruvian., Wein,
sogar in einigen deqieraten Läfamungszuständen Alcohd, Rum,
Terpentinöl rechtfertigten nie das in sie gesetzte Vertrauen;
namentlich Hess Ol. Terebinth., innerlich und äusserlich an-
gewendet, völlig im Stiche, man konnte keine Spur jener
Vortheile sdien, die ihm von Mehreren nachgerühmt werden.
Auf die Zu- oder vielmehr Abnahme der Tympanitis und der
allgemeinen Schwäche hatten sämmtlicbe Reizmittel, in regel-
recht steigender Gabe, oder in hohen Dosen gleidi von vom
herein verabfolgt, so gut wie keinen Einfluss, ebensowenig
konnten die Schmerzhaftigkeit and Auftreibung des Unterleibes
durch aromatisclie Aufschläge, ausgedehnte Vesicatore u. s. w.
im Geringsten gebessert werden. Auch allgemeine Bäder
waren gerade so fruchtlos, wie andere gerühmte und nkht
gerühmte Dinge.
Da erkrankten Ende Januar die vier zuletzt Entbundenen
beinahe an einem Tage. Drei derselben hatten gleich' die
ominösen gläsernen Todtenaugen, einen ausserordentlich
schneUen Puls und eine bedeutende Empfindlidikeit des Unter-
leibes. Sie starben alle Drei. Die vierte, eine schwächliche,
gracile, kleine Person, hatte eine schwierige Geburt, die
mittels der Zange beendigt werden musste, erschien aber,
Zfl. Kehrer, Zar Behandlung des Kindbetttiebers. 219
obwoti] in hobf m Grade von Fieber und Leihsciunerzen er-
griffen, welche Symptome sich so zu sagen während und
gleich nach der Geburt entwickelten, etwas weniger collabirt
als die übrigen, zugleich fohlte sich die äussere Haut nicht
so widerlich trocken an, sondern neigle ganz gpünd zum
Schweisse. Im Veifolge dieser ßeubachlung kam zunächst in
Betracht, dass die Kranke während der Geburt 4 Gr. Opium
als Pulv. üoweri genonnnen halte, und dass möglicher Weise
diesem Umstände der geringere Collapsus zuzuschreiben war.
Zur Beförderung der HautlhStigkeit wurde noch der reichliche
Genuss eines warnv^n diaphoretischen Thees empfohlen und
Camptior mit Liq. Ammon. acetic. verordnet.
Darauf stellten sich in der nächsten Nacht sehr reichliche
Schweisse mit ungemein starkem Urinabgange und einer
schwachen Diarrhöe ein, Lochien und Milch kamen in Gang
und zugleich entwickelte sich um den Mund ein pustulöser
Ausschlag, — alles dieses mit Verminderung der Leibschmerzen
sowie des Meteorismus. Am; folgenden Morgen wurde die
Fieberremission benutzt, und, da der Puls immer noch sehr
frequent war, ein vorsichtiger Versuch mit Chinin, sulphuric.
gewägt. Dies hatte einen unerwartet gänstigen Erfolg; der
Fall aber gab Veranlassung zu dem Vorsatze, demnächst
Opium, Chinin und Camphor mit Liq. Ammon. acetic. gleich
anfanglich in Gebrauch zu nehmen, mit VVeglassung aller
übrigen innerlichen und äusserlichen Mittel, da sie allesammt
das Vertrauen so sehr getäuscht halten.
Schon nach wenigen Tagen fand sich Gelegenheit, die
Wirkung dieser Heilstofle aurs glänzendste bewährt zu sehen.
Eine vor 24 Stunden entbundene, 'bisher gesunde Person
wurde von Frost mit dem charakteristischen schnellen Pulse,
heftigen Schmerzen im ünterleibe, der nicht die leiseste Be-
rührung ertrug, Auftreibung des Leibes und allgemeinem
Collapsus befallen. Milch und Lochien sparsam, Stuhl ver-
stopft Der Krankheitszustand erschien sehr bedenklich, da
bisher derartige Falle als rettungslos betrachtet werden müssten.
Die Kranke erhielt Mittags % Gr. Morph, und darauf zwei-
stündlich 1 Gr. Chinin, abwechselnd mit folgender Arznei:
Rc. Camphor. Scr. %y Gummi mimos. Dr. 1, Aq. Chamomill.
Unc. 3, Liq. Ammon. acetic, Sacch. alb. aa Unc. 1. Abends
Monatstotar. f. Oebartck. 1861. Bd. XVIII., lift.S. 15
220 ^n. Kßhrer, Zur BehandluDg dea Kindb«ttfieberf.
ward nochmals Vs ^^- Morphium gereicht — In der folgenden
Nacht hatte sich viel Schlaf mit bedeutenden Schweissen ein-
gestellt, am Morgen war der Puls ruhiger, der Leih weniger
aufgetriehen , uui* bei tiefem Drucke noch empfindlich, Milch
und Lochien in Ordnung. Forlsetzung der Camphorn)ixlur und
des Chinin, Morgens und Abends jedes Hai Vs ^i** Morphium,
reicliliches Trinken von HoUunderth^e.
In den. fernereu 24 Stunden schwitzte die Kranke un*
• aufhörlich, um die Lippen entwickelte sich ein puslulöser
Ausschlag, die Leibschmerzen schwanden fast ganz, weshalb
der weitere Gebrauch der Arzneien unterblieb und die Schweisse
lediglich mit Lindenblüthenthee unterhalten wurden.
Von nun an behandelte man jedes Puerperalfieber, welches
nicht ofi'enbar primär-entzündlichen Ursprungs war, auf diese
Weise, und wir hatten die Freude, bereits 12 schwere Fälle
rasch und sicher dabei genesen zu sehen. Die Kranken er-
halten zuerst Va ^r* Morphium, welche Gabe in 24 Stunden
2 — 3, selbst 4 Mal wiederholt wird, je nach der Heftigkeit
odei* dem Nachlassen und Stelgen der Leibsdimerzen. Gleich-
zeitig mit Morphium oder wohl auch eine Stunde nachher
wird mit der Camphormixtur begonnen , hierauf in der nächsten
Stunde 1 Gr. Chinin, und so allernirend Tag und Nacht fort-
gefahren bis eine Verminderung der Symptome eintritt, was
bisher immer unter starkem Schweisse mit vermehrter Harn-,
Loctiien- und Milchsecretion nach 1 — 2 Tagen der Fall war.
Nur ein Mal kam die Besserung erst am fünften Tage.
Diarrhöe, die fast häufiger beobachtet wurde als Ver-
stopfung, erforderte keine weitere Rücksichtsnahroe; wenn
jedoch der Stutil länger als zwei Mal 24 Stunden fehlte,
setzte man Klystiere. Bei dem häufig brennenden Durste
wurde der ungeschmälerte Genuss laulich- warmen Thees von
Linden- oder HoUunderblülhen angeordnet, auch bei ent-
schiedenem Verlangen nicht zu kühles Wasser, zuweilen mit
Wein, erlaubt
Wenn der Magen so empfindlich war, dass Alles sogleich
wieder weggehrochen wurde, zeigte sich Argent. nitric. sehr
wirksam und bahnte den Weg für die übrigen Arzneien,
während bej gelinderem Würgen und Erbrechen sogleich mit
Morphium begonnen werden konnte.
XII. KekreTf Zar Behandlang^ des Kindb«ttfiebers. 221
Das eine oder das andere der erwähnten Medicamente
wurde schon häufig bei der Behandlung des Kindbettfiebers
benutzt, eropfohJen und aufgegeben; auch wir sahen von
Opium allein oder Chinin allein u. s. w. nie den überaus
gänaiigen Erfolg, welcher durch eine gleichzeitige Darreichung
dieser drei Mittel erreicht wird. Man durfte daher auf eine
corobinirte Yerabfolgung derselben vorzugsweise
den Werth legen, weil erst dadurch eine Gesaromtwirkung
herauskommt, die der Gefahr und Rascbhelt dieser schreck-
lichen Krankheit entqiricht Da es indessen um allgemeine
Anpreisungen in der Therapie epidemischer Krankheiten eine
missliche Sache ist und leicht Enttäuschungen hei*beigeföhrt
werden, weil keine Epidemie der anderen völlig gleicht, so
soll hienlurch nur mitgetheilt sein, was eben hier geholfen
hat. Möglich, dass diese Reservation gar nicht nöthig, da
das in Gebärbäusern vorkommende Kindbettfieber — wohl
zu unterscheiden von bedeutenderen zufälligen Fiebern im
Puerperium, z. B. Typhus, Sdiarllich — keine so wesentlichen
'Diffm'enzen darbieten möchte, wie man theoretisch gemeinhin
annimmt Die Hunderte der beschriebenen Puerperalfieber-
Epidemien sind sich, im Grunde und Ganzen genommen,
ausserordenüich äbnttch, sie haben gemeinsam, fast aus-
schliesslich Gebärhans -Endemien zu sein, in einem heftigen
Fieber mit oder ohne Loealaffectionen der Bauch- und Becken-
organe zu bestehen und rasch in CoUapsus äberzugehen. Der
Hauptsache nach sind dies auch die Erscheinungen jedes
bösartigen Nosooomialfiebers, wogegen Opium, China und
Gamphor von älteren Aerzten schon längst als die wirksamsten
Heilstoße angewendet wurden. Ohne den heutigen Nihilismus,
ohne das sonst so acfatungswerthe Streben die Sections-
ergebnisse zur Beurtheilung pathologischer Hergänge in erste
Linie zu stefien, ohne unsere vielfach übertriebene und öber-
Ireibende Einfacbheii in der Verordnung der Arzneien wurde
in der Bebandlong des Kindbettfiebers eine Anknüpfung an
jene früheren Beobachtungen gewiss erfolgt sein, und zwar
zum grossen Nutzen der Therapie. Httxham, Pringle,
de Hcteuy neuerdings Larrey u. A. befanden sich offenbar
auf der richtigen Fährte, indem sie schlössen: „Wenn diese
Arzneien beim Brande an einzelnen Theilen des Körpers von
16*
222 XII. JSTdkrar, Zur Bebandlang dos Kindbettfieben.
80 unvergleichlicher Wirkung sind, warum sollten sie es niclit
auch bei einer allgemeinen Verderhniss des Blutes sein, wie
sie den bösartigen Fiebern zu Grunde liegt'' Sie henutzleo
daher die Rinde mit Opium und Camphor als ,,vortrell liehe
Cardiaca hei der in malignen Fiebern sich äusserinten Scbwäche,
als hlulTerhessernde Mittel bei dem höchsten Grade innerlitlier
und äusscrlicher Yerderbniss, zur Hemmung der excessiven
und blutigen Darmausleeruiigen, zur Beförderung der Krisen,
besonders durch die äussere Haut, und en<llich theils zur
Mässigung der allzu hertigen Bewegungen und übermässigen
Hitze, theils zur Vermehrung der allzu schwachen/'
Es ist einleuchtend, dass in einer Krankheit wie das
KindbettOeber, wodurch unter 250 ErgrifTeuen 230 weggerafft
werden können, nur die durchgreifendsten und mdglicbst
schnell wirkenden Mittel, welche uns überhaupt zu Gebote
stehen, Etwas leisten werden, da es hauptsächlich darauf
ankommt, den verderblichen Exsudaten durch eine energisch,
fast gewaltsam hervorgerufene Determination nach aussen zu
begegnen. Zu einer solchen Krisen -Uebernahme erscheint die
äussere Haut viel mehr geeignet als der Darmkanal, da sie
physiologisch im Wochenbette zur allgemeinen Rückbildung
ungleich mehr leistet wie der letztere, und dadurch künstticbe
Darmausleerungen die Exsudate des serösen Ueberzugs der
Därme sogar befördert werden möchten. Calomel, Purganlien
finden daher einige wohlbegründete Gegenanzeigen, während
thunlichst rasch und entschieden wirkende Diaphoretica den
Verhältnissen des Wochenbettes entsprechen.
Eine weitere Gefahr des KindbetUlebers besteht in der
Schnelligkeit, womit die Consumption der Kralle vorschreitet,
beinahe kann man sagen in der Lähmung, die sich whoü
der scheinbar Gesunden bemächtigt Diese hintauzuhalten
muss die zweite Aufgabe sein, und aus keinem anderen
Gesichtspunkte scheint sich hesser die vortreffliche Wirkung
des Chinin und Opium begreifen zu lassen. Beide Mittel
besitzen fiel)erwidrige Eigenschaften; es soll also mit denselben
keine speciüsche Behandlung oder gar eine an Empirie
grenzende Allgemeinbehandlung des Kindbettfiebers vollführt,
sondern nur einer Indicatio vitalis die unabweisbare Rück-
sicht geleistet werden. Der ^gentliche Krankheitprocess wird
XII. Kehrer, Zar fiehandlimg des Kindbettfiebers. 223
dddiircli nicht abgoschnilten , sondern nur Zeit gewonnen zur
ruhigeren Beseitigung der Bhitverderhniss.
Die Prophylaxis des Kindbeilfiebers wurde neuerdings
von Semmelweis so erscliöpfend behandelt, dass vorerst eine
recht allgemeine Anwendung sejner Lehren gewünscht, aber
Nichts zugefitgt werden kann. Nur über zwei Punkte mögen
einige Bemerkungen noch Plalz greifen: den Gebrauch des
Chinin als eines prophylaktischen HiMels- und des von Wilson
empfohlenen Königswassers zur Desinfection.
Wahrend unserer Epidemie wurden die Scliwangeren der
Anstalt durch alle zu Gebole stehende Verhältnisse möglichst
gesund zu erhahen gesucht und erhielten unter Anderem sogar
eine Zeit hindurch taglich Wein, sowie Chinin. Die Meisten
nahmen von letzterem allmältg 1 Scr. bis % Dr. vor dpr
Entbindung. Indessen gelang es weder den Ausbruch des
Puerperalfiebers dadurch zu hemmen, noch einen müderen
Verlauf desselben herbeizufuhren.
Dagegen wurde in dem ganzen Hause ein Zimmer nach
dem anderen mit KönigdwasserdSmpfen desinficirt, indem bei
geschlossenen Thören und Fenstern in ein Gefass Kupferspäne
fioit Salpetersäure und in ein anderes Braunstein mit Salzsäure
gebracht wurden. Die Eni Wickelung dieser Dätnpfe setzte man
in einem Zimmer 2 — 3 Tage lang fort, worauf Fussboden,
Wände und Decke gereinigt, mehrere Tage der Einwirkung
der Atmosphäre ausgeselzt und die Zimmer wieder bezogen
vrurden. Leidet* fanden diese Räuciierungen erst gegen das
Ende der Epidemie statt, doch war es eine bemerkenswerthe
Thatsacbe, dass keine einzige Wöchnerin mehr erkrankte,
nachdem sämmlliche Räume durchräuchert waren. Jedenfalls
bietet dieses Desmfectionsmittel den Vorlheil, dass sein Geruch
nicht lange anhält, die Zimmer also bald wieder benutzt
werden können und möchte sich darum zu wiederholten
Prüfungen sehr empfifihlen.
224 ^>UII* BüdebrandtyEuk Fall Ton TraabenmoU '
XIIL
Ein Fall von Traubenmole neben einem
normal entwickelten Eie.
Von
Dr. midebrandt,
Aasifltent der gebartshfllflichen Klinik eu EBnl^bertr In Pr.
Die 34jährige Frau des ArbeitomanneB Quednau^ vekhe
drei Mal regelmässig geboren, eia Mal abortirt bat, erkrankte,
im Frühjahre 1860 aa einem, schweren Typhus, in dessen
RecoDvalescenz begriffen, sie sich bereits von Neuem schwanger
fühlte. Sie kann den Termin des Beginns der Sebwangerschatl
präci^e nicht angeben, da ihre Menstruation gewöhnlich während
der ersten Monate der Schwangerschaft fortzubestehen pflegte,
glaubt aber im Juli und August, wo sich die'MeBStruatieD
nur noch spärlich und Mass einstellte, bereits schwanger
gewesen zu sein. Dauernd kränklich gelangte sie unter
manchen ihr sonst nicht vorgekommenen Beschwerden bis
zum 17. December, also nach ihrer Rechnung bis zum
6.-7. Monate, wo sie ohne irgend eine nachweislich voran-
gegangene Ursache von einer sehr profusen Blutung ilber-
rascht wurde. Kalte Einspritzungen in die Vagina und kalte
Umschläge auf den Unterleib, Toniken von Essigwasser und
Ruhe im Bette, welche Anordnungen von eüier Hebamme
getroffen wurden, stillten die Haemorrfaagie auf einige Tage,
konnten die Wiederkehr derselben aber nicht verhAten, da
sie am 21. dess. Monats Morgens früh mit erneuter Kraft,
von deutlichen Wehen unterstützt, so lebhaft wieder auftrat,
dass unsere Hülfe beansprucht wurde.
Wir fanden 6 Uhr Morgens den Uterus mit seinem
Grunde handbreit über dem Nabel, wenig gespannt, teigig
anzufühlen,, auf der rechten Seite überall eindrückbar, ohne
dass ein Kindslheil entdeckt werden konnte; links im Grunde
zwei kleine bei stossendem Drucke verschwindende Kindslheile,
darunter, der Uteruswand fest anliegend, unverscfaiebbar,
einen grösseren härteren. Herzschlag liess sich nicht er-
mitteln, zum Theil vielleicht, weil die Frau nicht zu bewegen
neben einem normal entwickelten Eie. 225
war, voD fortwttrendem lautem Stöhnen «ocb nnr f&r *Augen»
Uioke abzulassen : sie behauptete dies Stöhnen und Klagen
wegen eines unausgesetzten Schmerzes im Kreuze und wegen
sebmerzbaften Dranges, nach unten nicht unterdrücken zu
können. Kräftige Contraclionen des Uterus waren trotzdem
nicht zu füblen. Bei der inneren Untersuchung fand sich die
Vaginalportion noch nicht verstrichen, sehr hoch stehend,
gegen die Symphysis osstum pub. gedrängt; auf der rechten
Seite weicher und nachgiebiger, als auf der linken, der
Hultermiind für einen Finger durchgängig: in demselben nach
Entfemupg- einiger Blutgerinnsel eine weiche unebene Masse,
die bei der sehr profusen Bli^tung für Placentarmassc hätte
gebalten werden können, wenn nicht die Weichheit und
Lockerheit derselben dagegen gesprochen hätte; doch liess
sieb bei dem hoben Stande des Muttermundes und der ge-
ringen Eröffnung desselben keine endgiltige Diagnose stellen.
Verordnung: 20 Tropfen Tr. Opii simpl. in kleinem
Klystier, 10 Tropfen derselben innerlich, da die Schmerzen
im Unterleibe für krampfliafl gehalten wurden; danach Ein-
legen einer Gummiblase, die mit kaltem Wasser gefüllt wurde.
10 Uhr Vormittags hatten sich die dauernden Schmerzen
ziemlich gelegt, an deren Stelle regelmässige Wehen getreten
waren. Dem entsprechend wdrde der Muttermund auf Grösse
eines Guldenstucks erweitert, aber noch sehr hochstehend
gefunden; in demselben rechts dieselbe weiche Masse, links
dagegen, eine vollständig normale glatte, während der Wehe
sieb verwölbende Blase; und jetzt zum ersten Male zeigte
sich neben einem grossen ausgestossepen Blutcoagulum ein
gelöstes specitisch geformtes Bläschen einer Mole.
Im weiteren Verlaufe des Tages wurde zu verschiedenen
Malen bei plötzlich auftretendem heftigem Erbrechen der Tampon
aus der Vagina bervorgeschleudert, ihm folgten noch einige
Blutceagula, Molenmassen 'und flüssiges Blut in beträchtlicher
Menge. Jedes Mal danach trat ein recht beängstigender
Collapsus ein, so dass der Frau mit Tr. Ginnamomi und
Ungarwein su Hülfe gekommen werden musste.
Bei nodi nicht vollständig eröflGnctem Muttermunde sprang
Oftch einem sokben Znialle Nachmittags 3 Uhr die Frucht-
bb»e, wonach sich mit reichlichem Blute vermischt etwa
226 ^11^* Eildehrandt, Ein Fall von Traabenmole
ein Quart Fniditwasser aus d«n Gpscblechtotlieflen ergosa,
die Blutung sich, siilite. Auf dem Muttermunde wurde jetxi
nur Molenmasse gefunden.
Erst 6 Uhr Ahends war der MttUa*mund so weit erMhei,
dass man hoffen durfte, zur Entfernung der Frucht mii der
Hand durch denselben gelangen 2u können.
In linker Seitenlage der Frau führte ich nun die rechte
Hand in den Uierus ein, üaind rechts in demselben nur
Molenmasse liegen, links ganz gegen die Uteruswand an-
gepassl, ziemlich weit vom Muttermunde entfernt, den kleinen
Fötus mit dem Kopfe nach abwärts gelagert; ich ei^ff den-
selben bei den Füssen und extrahirte ihn langsam; ihm folgten
einige faustgrosse Massen der Mole, nach % Stunden aber
erst auf Reibungen des Uterus die Phcenta. Dieselbe hatte
einen kürzeren Durchmesser von 13 Cmt. und einen längeren
von 16 Cmt., war recht anämisch, zeigte in der Nähe der
Insertion der Nabelschnur eine bohnengrosse Apoplexie, war
ab^ sonst vollständig normal. Der Fötus hatte eine Länge
von 34 Cmt und ein Gewicht von 2 Pfund, war ziemlieh
hochgradig hydropisch, sonst gut gebildet, männlichen Ge-.
schlechts. Die ausgestossenen Molenmassen zeigten die der
Mola racemosa eigenthümlicben Formen: d. b. ein Aggregat
vieler gestielter, durchscheinend^* dolden- und traubenfönnig-,
mitunter auch rosenartig gruppirter Blasen, welche theils
durch Strickwerke von Fäden unter sich, theils äosserlicb
durch Fetzen einer Membran, welche der Deddua anzugehören
schienen, zusammengehalten wurden, in ihren Zwischenräumen
reichlich durchsetzt .von Blulcoagulis älteren . und jüngeren
Datums. — Die Frau erkrapkte in.den nächsten Tagen, wie
bei ihrer hochgradigen Anämie zu erwarten stand, ap Puerperal-
fieber mit häufig sich wiederholenden Schüttelfrösten, Schmerzen
im linken geschwollenen Schenkel, ist aber berdts, nach
Anwendung von Chinin und Aconit,', das mir m derg^eiehen
Fällen häufig auffallenden Nutzen geschafil hat, bereits in der
Genesung begriffen*
Nach obigem Befunde glaube ich hier zu der Annahme
einer Zwillingsschwangerschaft gezwungen zu seia^ hü der
das eine Ei peripherisch in Placenta und Eihäuten sich normal
entwickelte, der Fötus hydropisch wuräe, während das
aeben einem normal entwickelten £ie. 227
Nachbarei bereite in einer früheren Entwickelungsperiode
hydropii$cb erkrankte und mit Yerhist des Fdlus zur Blasen-
mole degenerirte; beides vielleicht Folgen der Anämie nach
schwerer Erkrankung der Mutter. — Die normalen Eihäute
und Placenta, die weilvorgeschrittene Entwickeiung des Fötus
in dem relativ gesunden Ei, die Lage der Mole auf der einen,
der gesunden Eihöhle auf der anderen Seite des * Uterus
nöthigen zu dieser Annahme.
In derselben Weise sind wohl, gtepbe ich, auch die
wenigen anderen bis jetzt in der Literatur bekannt gewordenen
FWe ati&ufassen, in denen neben einer normal entwickelten
Frucht aus den spateren Monaten eine Traubenmole geboren
wurde, so der Fall in EL v. 8iebold*s Journal, Bd. IX., 1830,
ein anderer in der Gaz. des bdp., 18Ö3, No. 119« von
Melcieul und ein dritter von Majer in dem WOrt. Corresp.-Bl.,
1847, No. 38, beschriebener, der dadurch noch sehr merk-
würdig wu*d, daiss die betrefifende Frau 11 Mal neben einer
normal gebildeten Frucht zwischen dem 5. — 7. Monate eine
Mole gebar. Ausser diesen Fällen sind mir keine aus späteren
Monaten bekannt geworden. Molenschwangerscliaft«» dagegen,
bei denen ein Fdtus von den ersten 6 — 8 Wochen gefunden
wurde, sind häufiger beschrieben; doch scheinen dies Alles
einfache Schwangerschaften gewesen zu sein, bei denen eine
kleine Eihöhle ohne Plaeentarbildung mit dem Fötus von
dem mit blasig degenerirtei^ Zotten rings umgdt»enen Chorion
eingeschlossen wurde, wie z. B, ein Fall der Art sehr ans*
fuhriich in Hohl% Lehrbuch der GeburtshiUfe, S. 393, dar-
gestellt ist*
229 ^^^' K$kr$r^ Fall von Eolampsia paerperalu
XIV.
Fall von Eclampsia pnerperalis in Verbindung
mit einem Fungus durae matris.
Mitgetheilt
▼on
Dr. F. A. Kehrer in Giessen.
Bei dem seltenen Vorkommen einer Hirnbautgeftchwulsi
neben Eclampsie in der weiblichen Fortpflanzungsperiode
dürfte die Mittbeilung nachstehenden Falles,' dessen- V«--*
öffentlicbung ipir der Director der hiesigen Entbindungsanstalt,
Herr Geheimerath v. Ritgeny gefalligst erlaubt hat, nicht
ohne einiges allgemeinere Interesse sein.
Den 13. Januar d. J. wurde eine grosse, schlanke, ziemlicb
wohl genährte, gesund aussehende Person, E. R.^ 29 Jahre
alt, aus U., unter No. 6770, in hiesige geburtshülfliche Klinik
aufgenommen. Dieselbe hatte in ihrer Jugend eine durchaus
gute Gesundheit gehabt, bereits zwei Mal leicht geboren und
war vor mehreren Jahren an einem Typhus erkrankt, nach
dessen Verlauf ihre frühere Gesundheit zurückkehrte. Nach
eingezogenen genauen Erkundigungen hat sie bis zu ihrer
jetzigen Schwangerschaft nie an Kopfweh, Schwindel, Sinnes-
Störungen, Krampfersdieinungen u. dergl. gelitten. Dagegen
klagte sie in ihrer derroaHgto Schwang^schaft, öfters über
Kopfschmerzen, wobei sich ihr Gesicht rötbete und sie ge-
nöthigt wui*de, sich stundenlang durchaus ruhig zu verhalten.
Ausserdem erschien sie auffallend in sich gekehrt, einsylbig,
aber sonst psychisch vollkommen gesund. Ihre Sinnes-
verrichtungen waren ungestört, ihre Bewegungen kräftig und
sicher und legte die Schwangere vier Wochen vor ihrer
Niederkunft noch eine Wegstrecke von sieben Stunden an
einem Tage zu Fusse zurück. An beiden Augen bemerkte
man einen gleichmässigen Strabismus internus. Die Verdauung,
Respiration und Circulation waren normal.
Den 23. Januar 1861 Morgens 2 Uhr wurde.die Schwangere
nach dreistündigem leichtem Kreissen von einem kräftigen
ia VerblBdnng mit eiii«m Fanges dar«« matris. 229
Knaben entbunden. Die Nachgeburt folgte spontan und der
Bkitabgang war gering.
Die ersten zwei Tage des Wochenbettes verliefen obne
Störung, nur erschien die Wöchnerin eiemlich tlieilnabmloa
gegen ihre Umgebong, ihre Aagen starrten fortwährend in
einer Richtung in den Raum, der Strabismus blieb unverändert.
Kopfschmerz, Schwindel u. dergL fehlten auch jetzt gänzlich;
das Gesiebt war Mass, der Puls ruhig, die Haattemperatur
normal, der Appetit gut, der Leib weich und unanpfindlich.
Die Mikbabsondernog stellte sich am ersten Tage ein; die
Lochien w^en blutig.
Den 24. Januar Abends QV« Uhr befiel die Wöeteerin
ein beiger Schüttelfrost mit nachfolgender Hitze und firequentem
kleinem Pulse. Der Leib trieb sich meteoristisch auf uud
achmerzte bei leiser Berührung und spontan sehr heftig. Bei
der periodischen Steigerung der Leibschmerzen schrie Pat laut
auf. Dieee Zufälle, hielten die Nacht über an und verminderten
sich erst gegen den folgenden Morgen. •
Am 25. Januar Biergens noch lebhaftes Fieber. Puls
klein und frequent (120 Schläge per Hin.), Haut beiss und
trocken, Kopf schmerzfrei. Der Leib noch stark aufgetrieben,
gespannt und bei leichtem Drucke schmerzend. Milch- und
Lochifilsecretion unverändert Während des Tages keine
wesentliche Aendemng des Znstandes.
Ordination: ^orpfa. acetie. und Ghinium solphuric alter--
nirend mit einer Emulsio camphorata c Liq. Ammon. acetic
Abends 10 Va Uhr zweiter Frost mit gleich darauffolgenden
allgemeinen Gonvulsionen bei vollkommen aufgehobenem
Bewttsstsein. Der Leib war dabei auffallender Weise ganz
weich, nicht mehr aufgetrieben; em tiefer Druck sdiien
schmerzlos zu sein und übte weder auf den Ausbruch, nodi
auf die Heftigkeit der Kr&mpfe einen Eiidluss. Die Krämpfe
waren clonisch und betrafen vorzugsweise den Kopf, Hals .
und die rechten Extremitäten, während Rumpf und linke
Extremitäten viel weniger convulsivisdi sich bewegten. Der
Kopf wurde ruckweise gewöbidich während einer Inspiratim
naeb der Seite gedreht, anfangs nach links, später nach
rechts; es bestand Nictitatio und Nystagmus bei gleichmäs^ig
engen und gegen Uchtreii nicht reagirenden Pupillen. Miaiis<4ie
230 ^I^- Ktkrtr, Fall ron Eclampsia pnerperalU
GesichtfikrSmpfe verzerrten die Zftge und SeMingkrSmpfe be-
wirkten ein rorlwährendes Atisfliessen des Speichels mis dem
Munde. Die Zunge wurde nielit vorgestreckt Das Gesicht war
gerölbel und aufgetiMf^ben; die Lippen livid. Das Athmen un-
regelmässig, stark rasselnd und schnarchend. Der lialfogebeugte
rechte Arm wurde in SAgebewegungen nach links geruckt,
das rechte Bein ruckweise gegen den Leih angezogen. Krämpfe
der unwillkilrlichen Muskeln fehlten. Der Puls war klein,
frequent (140 Schlage per Min.), die Haut anfangs heiss und
trocken, später von reichlichem, klebrigem Sdiwetsse bedeckt. —
Urin fand sich in der Blase nicht vor; Oedeme fehlten.
Ordination: Morph, acetic. in Klystierform , wegen der
Unmdghcidieit des Schlingens. Die beschriebenen Convulsionen
wiederholten sich in 10 einzelnen Anfallen von durcliaus
gleichartiger Form bis 12 Uhr Nachts, worauf sie währtuid
einer Stunde ausblieben. Dann traten noch sechs wettere
Krampfanrälle bis 3 Uhr Morgens ein, viel schwächer und
von kürzerer Dauer als die früheren. Sie bestanden zuletzt
in einem starken Schütteln des ganzen Körpers. In den
krampffreien Zwischenzeiten Sopor, die Augenlider halb geöffnet,
die Pupillen coutrahirt, die Augäpfel starr; Schaum fioss
fortwährend aus dem Munde. Die Respiration war dabei tief,
hebend, von starken Ronchi begleitet und konnte nur durch
öfteres Umlegen der zu jeder willkürlichen Bewegung unßhigen
Pat. vorübergehend etwas erleichtert werden. Unter Zunahme
der Lähmungserscheinungen trat Nachts 3 Uhr der Tod ein.
Die Pupillen blieben bis zum Aufhören des Herzschlags verengt,
worauf sie sich rasch erweiterten.
Bei der Section, 30 Stunden später, erschienen die Hirn-
venen massig injicirt, die Arachnoideal-, die Subaraebnoideal-
räuroe und die Seiten Ventrikel enl hielten geringe Mengen
farbloser seröser Flüssigkeit. Die Substanz des grossen und
, kleinen Gehirns teigig, nirgends erweicht, ohne Eiter- oder
apoplectische Heerde. Das Bemerkenswertheste fand sich beim
Aufheben der vorderen Hirnlappen. Unmittelbar vor dem
Chiasma nn. optic. ragte nämlich in, die Spalte der vorderen
Hirnlappen, diese nach oben und den Seiten verdrängend«
ein rundlicher, ziemlich derb anzuffihlender, blassrother Tum<n*
von der Grösse emer starken Wallnaes. Er erhob sich mit
in V«rbiiMlnng mit eiiMm Fungue dnrae matrii 231
schnialfT Basis aus der Mitte der Sella tureica, hing Iü^t
fest mit der Dura Dialer, nicht aber mit dem KeiliNfiiie zu-
sammen und erstreckte sich nach vorn und reclits über die
kleinen Keilbeinflägel und die Orbitalplatlen der StirnbiMne.
Hit Ausnahme zweier kleiner, sutimucöser Abscesse im Jinken
Antrum Highmori landen sich in den Highmors- und Keilbein-
höhlen keine Verändei ungen.
Das unterliegende KeH- und Stirnhein waren nicht
necrotisch oder von Hyperostosen bedeckt, die Nn. optici hatten
vor ihrer Kreuzung, durch die Gescliwulst seitwärts verdrängt,
einen bogenförmigen Verlauf angenommen. Der rechte Seli-
nerv wurde auf zwei Drittheile seines oberen Umfanges von
dem Tumor umwuchert, der hnke war frei. Compression
o(ler Texlurverändeitingeu der Optici fehlten. Das Neurilem
der Sehnenren, die Endäste der A. Carotis interna und die
Dura mater der kleinen KeitbeinflOgel und dei* Stirnbeine
wurden durch feine Faserzuge an die angrenzenden Abschnitte
einer feinen Membran geheftet, welche die ganze Geschwulst
unihttllte. Von dem- linken, stark geschrumpften Riechkolben
gingen nur wenige Nervenfaden in die Siebbeinldcher, während
rechleraeits die Zahl der Riechladen die gewöhnliche war«
Bei genauerer Untersuchung der Gesehwulst zeigte sich
dieselbe aus zahlreichen kleinen und grösseren Läppchen zu-
sammengesetzt, welche in ein feines, gefassarmes Bindegewebs-
stroroa eingebettet waren. Die Ergebnisse einer genaueren
anatomischen Untersuchung der Geschwulst gedenkt Herr
Privatdocent Hoffmann demnächst zu verölTefitlichen.
In dem Aracbnoidealraume des Ruckenmarks eine geringe
Quantität seröser Flüssigkeit, die Torderen und hinteren
Rückenmarksgefasse massig gefüllt.
Beide Lungen in ihren hinteren unteren Theilen hypostati^ch
und serös infiltrirt, im Uebrigen unverändert Im Herzen
dunkles Blut, in . der Aorta und PuImonaJis Sterbegerinnsel.
Dicke der linken Ventrikelwand 6 Par. Linien. Im Herzbeutel
etwa '4 ^^^» Serum. Die Klappen normal. Die Gedärme
durch Gas aufgetrieben. Milz weich, nicht brilchig odtf ver-
grösserL Magen, Darmkanal und Leber nicht verändert
Nieren derb, ohne Exsudate oder Eccbymosen, ihre Gefösa«
inyictrt Uterus blass, derb, dickwandig, 9 Zoll lang, ohne
232 ^'V. Kekter, Fftll Ton fidampaU pMrparalis
Eitprbeerde, seine Innenflädie mit scMeimigen, leidit biatig
gef^ri^en Loclüefi bedeckt; nirgends missfarbig. Die Plaeentar-
reste rorn, mitten und oben dunkelroth. hu rechten Ovarium
ein nierenförmiges, wahres Coq)UB luteum. Lig. uteri lata
und rotunda serös intiltrirt Vagina unverändert In dar
PeritAnäalhofale einige Unzen kbres Serum, Das Baochfel]
blass, nicht getrübt, ohne Auflagerangen.
Bei der pathologischen Analyse dieses Falles entsteht
wohl zunächst die Frage nach der Begründung der €ott?ulsionaa,
welche in dem Verlaufe eines Puerperalfiebers bei einem
Individuum eintralen, das vorher noch nie an Krämpfen gelitten
hatte. Als urämische Eclampsie lässt sidi die Kramfitfonn
nidit auffassen, denn es fehlten Oedeme und die anatomischen
Charaktere der Bn^ftt'schen Niere, hysterische oder epileptische
Convulsionen waren es ebenfalls nicbt, weil die Patientin noch
nie an Krämpfen oder anderen Erscheinungen der Hysterie oder
Epilepsie gelitten hatte. Dagegen liegt die Annahme einer be-
stimmten Abhängigkeit der Eclampsia von dem Tumor sehr nahe.
In vielen, in der Literatur verzeichneten Fällen von Fungeo,
welche ähnliche Gestalt und gleichen Sitz mit dem vor-
beschriebenen hatten, entwickelten sich \^brend des chronischen
Verlaufes aUgemeine Krämpfe, in selteneren Fällen wurden sie
vermisst und es gehören hierher u. a. zwei Beobachtungen
Abercrombie^s (Krankheiten des Gehirns und Röckenmarks.
Abschn. org. Birnkrankheitoi.) Auch in unserem Falle reichte
der Anfang der Geschwulst gewiss weit in die letzte Schwanger-
schaft ztinlck und doch trat Eclampsie erst in dem Wochen-
bette ein, em auffallendes Verhalten, das einer verschiedenen
Deutung unterworfen werden kann. Will man annehmen,
dass das Puerperalfieber durch seine Circulationsstöningen eine
Volumenszunahme des Tumor und dadurch stärkeren Druck auf
die angrenzenden Centralorgane, folglich stärlwre Himreiznng
bewirkte; so bleibt zu bedenken, dass während des ganzen
ersten Fiebertages keinerlei Kopferscheinungen bestanden, also
durch das Fieber auch nicht die Anfänge einer Himreizoi^
gesetzt wurden.
Eine Volumenszunahme der Geschwidst durch rasche
Wucherung im Wochenbette liesse sieh wohl vernrnthen, aber
nicht beweisen.
in Verbindang mit einem Fnng^t dnrae matris. 233
Zorn voUkoRunenen Verstandniss der anger^gteD Be-^
Ziehungen muss ich bemerken, dass bei einer Reihe von
Puerperalfieberkranken in der hiesigen Anstalt die interessante
Erscheinung des jedesmaligen Weehsels der LocalaffiM^tionen
mit den einzelnen Pteberexacei*hationen von uns beobachtet
wurde. So traten hei zweies, vor der genannten aufgenommenen,
Wöchnerimieii nach dem ersten Schättelfiroste heftige Schmerzen
in dem aufgetriebenen Abdomen ein, schwanden nach ein-
tägigem Bestehen mit dem zweiten Schdttelfroste vollkommen,
wfihreod die Sacrolumbargegend'oder eine Regio hypochondriaca
schmerzhafl wurde. Bei der folgenden Fieberexac^rbation
wurde wieder das ganze Abdomen ergriffen. In einem froheren
Falle bestand an den beiden ersten Fiebertagen eine Uuterleibs-
affection, dann folgte eine Manta puerperalis, während sich
Spannung und Aufireibung des Leibes verloren und mit dem
Aufhören der Kopferscheiavngen kehrten die anflnglichen
Leibschmerzen zurück. Derartige rasch die Stelle wechselnde
Localprocesse verrathen sich bei Lebzeiten durch eine hohe
Erregung der Nervetn in dem ergriffeiien Thesle, sie
simuliren die heftigsten Entzündungen und sind doch nur als
Congestivzustände aufzufassen, die sich eng anschliessen an
die Localerkrankungen bei anderen acuten Infectionskrankbeiten,
acuten Exanthemen, Intermittens u. s. f. Die Section zeigt
wohl wässerige Ausschwitzungen in den verschiedenen Höhlen,
aber nur geringe oder keine Hyperämie in dem ergriffenen
Organe, keine interstitiellen Exsudate, keine oder nur spärliche
granulirte Zellen. Die in Agonia und am Cadaver sich aus-
bildenden rein physikalischen Infiltrationen und Producte der
chemischen Umsetzung müssen selbstverständlich hierbei un-
berücksichtigt bleiben.
Im vorbeschriebenen Falle bestand offenbar derselbe
Krankbeitscharakter, ein Puerperalfieber mit wechselnden
Localerkrankungen: Anfangs der Unterleib aufgetrieben und
schmerzhaft, bei der zweiten Fieberexacei^ation Aufhören der
Abdomirialaffection und ausgebHdete Kopferscheinungen.
Wenden wir den physiologischeh Satz, dass bei krankhaft
gesteigerter Erregbarkeit der Centralorgane ein gegebener Reiz
\ bedeutende abnorme «Reactionserscheinungen hervorruft (ich
erinaere air die Erscheinungen hei Strydininvergiftung) auf
234 ^^* ^- SMoldf Zam Saugapparat dar KengeboreDen.
untren Fall an, so haben wir bier eine gesteigi^rte Nen-en-
erregung, im Gefolge der Gebiracongestion bei Puerperalfieber,
einen erregenden Körper, den Tumor, der in der Schwanger-
Schaft und am Anfange des WoelienbeUes sieb latent yerbielt,
eben weil die Erregbarkeit der GentraJorgane in diesen Perioden
nie krankhaft gesteigert war und endlich bedeutende Reactions-
ersclieinungen, <fie Eclampsie. So wird es begreiflich, dass
erst bei der pathologischen Erregung des Gehirns
der Tumor, als mechanisc-her Reiz, einfache Reiz-
oder Reflexkrämpfe hervorrief. Ausserdem dürfte die
Gesell wylsl, indem sie Kopfconge^lionen unterhielt, eine
Disposition zur Localerkrankung des Gehirns, im Verlaufe
des Puerperalfiebers, gesetzt haben. Am häufigsten localisirea
sich die Krankbeitsprocesse bei Puerperalfieber in den Organen
der Beckenböhle, welche bei ihrer Involution als Partes
minoris resistentiae sich verhalten.' Besteht aber in seltenen
Fällen eine organische Himkrankheit, so wirkt diese gieichsam
als Derivans, sie leitet die Puerperalprocesse von jenen
Systemen ab und ihrer eigenen Lagerstätte zu.
XV.
Zum Saugapparat der Neugeborenen.
MittheiloBg
▼on
E. Ton SIebold.
Die Herren Ch. Robin und Magitot haben der Societe
de Biologie in Paris neue Untersuchungen über die „Mtiqüeuse
gingivale'' bei dem Fötus und Neugieborenen vorgelegt, von
welchen wir nicht anstehen, Dasjenige bier mitzutheilen, was
sich als besonders interessant fdr das nach der Geburt be-
ginnende Saaggeschäft des Kindes heranssteUt Für dieses
letztere werden sich gewiss aus den mitgetheilten Untersuchungen
mancherlei Folgerungen aufGnden lassen,* wenn eine fortgesetzte *
Beobachtung den Wochenkindern selbst erst von Denjenigen
XY. «. Sisbotdt Znm Sangapparat der Neugeborenen. 285
gewidmet wird, die Gi^egenheit dazu haben; die genannten
Herren haben uns mir das Anatomisch -Histologische mit-
getheilt, was aber einladend genug ist, weitere Forschungen
anzustellen, da das Richtige jener Untersuchungen bei jedem
neugeborenen Kinde sofort in die Augen fölit, wie ich denn auch
gleich, nachdem mir jene Arbeit bekannt geworden war, die
▼olle Bestätigung bei den von mir untersuchten Kindern vorfand.
Bemerken will ich noch dabei, dass ich die erste Hittheilung
Ober den fragHehen Gegenstand von meinem verehrten Freunde
und Collegen ffenle empfing und die ersten Untersuchungen
mit diesem gemeinschafUich vornahm, spater dann jedes neu-
geborene Kind in meiner Anstalt in Bezug auf die von den
genannten Herren gemachten Entdeckungen sorgfSltig unter-
suchte und dieselben vollkommen bestätigt fand. Den Aufsatz
selbst, welchem das Nachstehende entnommen ist, enthält die
Gazette medicale de Paris, 1860, No. 16, pag. 261 u. ff.
„Auf dem Zahnfleischrande (Cartilago dentalis) beider
Maxillen zeigt sieb in der Gegend des Dens caninus auf beiden
Seiten ein membranöser Vorsprung, der deutlicher auf der
unteren MaxiUe, zuweilen nur auf dieser allein zu sehen ist.
Dieser Vorsprung verschwindet im dritten bis vierten Monate
nach der Geburt; wenn er sehr entwickelt ist, zeigt er folgende
Eigentfaümlichkeiten : er ist an seiner Mitte etwas eingedrückt;
er lässt hier oft unter dem Mikroskope fw^i bis drei papilläre
Vorragongen entdecken, eben solche hat er bisweilen an seinem
vorderen Ende. Er ist in allen seinen papillären Hervorragungen
sehr gefässreich. -An der unteren Haxille ist gewöhnlich der
rechte Vorsprung mit dem linken dnrch einen membranösen
Saam verbunden; dieser erhebt sich ein bis drei Millimeter,
ist aber mcht so hervorragend, wie der Vorsprung selbst,
aber ebenso gefkssreich und lässt unter dem MU&roskope
gleichfalls papilläre Hervorragungen entdecken. So bildet sidi
auf dem Rande der unteren Maiille eine Art von kleiner,
sehr dfinner Lippe, von einem Hundszahne zum anderen
gehend, die ohne Zweifel dem Sauggescbäfte dient und in
Folge ihrer vielen Gelasse eine Art von Erection eingehen kann.
Bei einigen Individuen ist die membranöse Falte dicker,
aber dennoch beweglich und kann nichtsdestoweniger vorwärts
und rückwärts bewegt -werden. In diesem Falle sind die
MoBatoMhr.f.a«biirtok. 1861. Bd. XYIII.. Hft. 3. 16
-236 ^V* «• Sißbold, Zum 8«i^«fparjit der Neugeborenen.
Vorspränge • nicht TArhaoden, Muiera md inrch eine Art
von Verdickung der äub84*rsten Enden der Falle selbst er«Hzt,
eine Verdickung , die einem ovalen, weichen, fast ^lemalöseD,
abgeptaUelen Tul»erkel gleicht. Auch an der oberen Maxilie
beiindea sich ähnUehe Tuberkel, die aber weniger breit und
hervorragend sind.
Wenn man die Oberiläche dieser membranösen Falte
genau untersucht, so sieht man, dass dieselbe fein geiniozeh
ist, was daher röhrt, dass einmal' diesefte mit ziemlicli
voluminösen» «l>en abgerundeten Papillen versehen ist, und
dass ferner diese Papillen, wie die mueöse Oberfläche, ölier
welche sie hervorragen, mit einer zarten Epitheiiumlage gleich
dem übrigen Zahnfleische überzogen sind, so dass di^^ses
Epithelium die Spuren der Trennung der Papillen und ihre
Spitzen dunchschimmera lässt, ohne das Ganze mit einer
glatten und mehr oder weniger schimmernden Lage zu be-
decken« Die röthliche Farbe dieser Membran scheidet sich
scharf von der weisslichen Färbung des fibrösen Gewebes in
der UucQsa des Zahnfleisches, über welches dieselbe sich
zieht; ebenso plölzlidi bort die gerunzelte Beschaflenlieit der-
selben da auf, wo sie m die Giogival- Einfassung übergeht
Wenn auch die oben angeführten Vorsprüiige nicht vor-
handen sind, was so selten nicht ist, so fehlt dagegen die
Uembran nie; sie endigt dann in der G<^end der Hundszälme
oder etwas darüber hiuaus. Wenn die Gingival-Voroprünge
auf der unteren MaxiUe fehlen, so sind sie auf der oberen
nicht allein viel kieiuer, sondern fehlen auch wohl hier
gänzlich oder bilden eine oder zw«i kleine Verrohungen in
Gestalt von conischen oder abgeplatteten Papillen, einen
UiUimeter hocli, und stehen ebenfalls im Niveau der Hunds-
zähne. Fehlt auch an der oberen Maxiile jeuer Gingivalsaum
constant zwischen diesen beiden Punkten, so erliebt sich
doch das flbröse Gewebe des Zahnfleisches in der ganzen
Ausdehnung in einen scharfen Rand, welcher dem Saume
der unteren MaxiUe eut^richt''
Xyj. Plo99f Ein Blick auf die neuesten Beiträge eto. 237
XVL
Ein Blick auf die neuesten Beiträge zur Frage
tlber das Sezualverhaltniss äer Neugeborenen.
Von
Dr. PI068 in Leipzig.
Seit Eofachtr*^ and Sadler's Uaiersuchungen Qbpr die
Ureachen, reiche ftir das Gescbleclitsferliältniss der Neu-
geborenen ro«aiis((ebend sind, war bis auf Göhlert^ welcher
1854 die Ergebnisse dieser Forscher zum grossten Theile
bestätigte, kaum eine nennenswerthe Arbeit dber diesen
Gegenaland geliefert'worden. Nur Leuckart fasste in seinem
trefflichen Artikel „die Zeugung*' in Wagner'^ Handwörter-
buch der Pbfsiol^gie die Frage- von einem nei^n Gesichts-
punkte atts in das Auge, intern er die £rnalirungsyerb§itfiisse
berieksichtigte und auf ihnen Einfluss biBwieB. Da ich vor
einiger Zeit die Angelegenheit nach dieser Richtung hin weiter
verfolgte und einige Idr Leuekart's Ansicht spreclieiide Momente
beibrachte, ao habe ich zun9 wenigsten meine Absicht erreicht,
dass auch Andere wiederum angefi»gen haben, sieb mit dieser
hdcbat interesaanten Frage zu beschäftigen.
Vor AHeiD hat Prof. Breslau m Zürich (in Oesierlen's
Zeitacbr. f. Uygieine, 1860, 1., 2, S. 814) meinen Gedankengang
beleucbtet uhd die Berechtigung meiner Beweismittel einer
Kritik unterworfen, kb beabsichtige nun auf einige Thatsachen
htnzBweiaen, welciie zeigen sollen, dass man weit tiefer, als
Breslau gethaa, auf alle BezlehuDgen. eingehen muss, in
denen das Sexuaherhikiuas der Früchte überhaupt steht, um
Licht in die Sache su bringen. Ich selbst hatte vorläufig
Bur die bisher am meisten vernachlässigte Besiebung hervor-
gehoben. Es sollte dieser Arbeit und seH ihr auch nodi
jeUst eine weiter ausgedehnte UnterauclmBg darüber folgen,
wie sich das fiexualverbiiltaiss regelmässig abändert in den
Torachiedenen Landern, Bezirken, Perioden und Jahren, je
nach der verschiedenen Beschaffenheit der Eltern, nach deren
Berufetbätjgkeit, Civilstand, Confesaion und sittlichen Lebens-
verfafltnissen; femer je nach der GnttusfrBqnenz, den Erst-
|6*
238 ^^l' Plo*9, Ein Bliek auf die aeneaten Beitr&ge
und Spätgeburten, den Mebrgeburten, den Todtgeburten, der
Heiratbsfrequenz, der Fruchtbarkeit, nacb Stadt und Land,
Gewerbe, Klima, Jahreszeiten u. s. w. Um hierin vorgehen
zu können, nmss die> vergleichende Statistik sich mit
einem reichhaltigen Material versehen.
So reichhaltig nun schon das Material ist, welches idi
mir neuerlich verschafft habe, so viel Arbeit erfordert es audi,
dasselbe gut zu verwerthen. Indem ich also ausfuhrlicbere
Erörterung mir vorbehalte, muss ich schon jetzt den Vorwurf
zurückzuweisen suchen, dass ich dem Manne nur ,, ungern''
einen Einfluss auf die Geschlechtsbestimmung des Kindes
eingeräumt und dass ich der Mutter „allein*^ die RoBe der
Geschlechtsbestimmung überlassen hätte. Das 4st in der Tfaat
nicht geschehen. Leuekarfs HypotheiSe und die von dem-
'selben für seine Hypothese beigebrachten Stützen habe ich
adoptirt, aber ebensowenig, wie dieser vorsichtige Forscher,
den väterlichen Einfluss ganz läpgnen wollen. Wenn kh von
Breslau^ der mir diesen Vorwurf macht, so verstanden
worden bin, als hätte ich diesen Einfluss zu läugnenversodit,
so hat mich Breslau eben falsch verstanden. Ich kann aber
Breslau den Vorwurf machen, dass er aus Gründen, die ach
nur auf die Vererbung der Aehnlichkeit beziehen, die von
Leuckart und mir aufgestellte Müglidikeit des Emähruogs-
einflüsses während der geschlechtslosen Fdtalperiode weg-
läugnen wiU. Seine theoretischen Grunde (Ür die Unmügliehkeit
oder UnWahrscheinlichkeit dieses Einflusses sind deshalb nicht
stichhaltig, weil die Vererbung der Aehnlichkeiten von den
Eltern auf die Kinder jedenfalls nach aaderen Gesetzen vor
sich geht, als di^ Vererbung des Geschlechts. Breslau will
daran festhalten, dass „aller WabrscheinHcbkeit uach*^ die
Geschlechtsbestimmung defmitiv schon im Momente der Zeugung
gedacht werden müsse. Ich denke, dass diese Anschauungs-
weise ebenso sehr hypothetisch ist, wie die meinige.
Zum mindesten möchte ich f&r eine solche Hypothese
keine Beweismittel darin finden, dass der Same einer Eiche lu
einer Eiche und der Same einer- Pichte zu einer Fichte wird.
Breslau sagt: „so gut wie dies mit Eiche und Fidite ge-
schieht, so gut miss ein menschliches Ei' zum Knaben und
ein andeires sum Mftdchen werden.*' Will man sich auf Pflanzen
snr Frage über die SexuahrerbiltBiese eto.
besMieD, 80 muss man die schon längst und von K. MuUer
in Balle erst neoerlicb wieder beobachtete willkürliche lloi*
wandkang androgyner A«hren in mannücbe oder weibiiciie beim
Mala anlühren. Hier hat man es doch. mit einer Differenz
des Geschlechts zu thiin; aber Breslau beruft sich auf die
Unwandelbarkeit der Artdifferenz, von der gar keine Rede ist.
Ufid was will er aus dem Geschlechtsleben der Vögel als
Analogie iür den Menschen schliessen? Weil bei den Vögeln
der Einfluss der Ernährung durch die Mutter froh aufhört,
kann derselbe auch bei den Menschen nicht vorhanden sein?
Fernere Beweisgründe gegen die von Leuckart und mir
aufgestellte Hypothese nimmt Breslau aus der Zwillingsstatistik.
Leuckart hatte ebenfalls auf die Zwillinge hingewiesen; allein
ich selbst zeigte neuerlich im Monatsbl. f. medic. Statistik, 1861,
No. 1, dass man aus der Zwillingsstatistik noch keine Schlösse
für die Geschleehtsbestimmung des Fötus ziehen könne, weil
die genügende Rubricirung bisher gefehlt hat und die Zahlen
zu klein waren. Ausserdem sind Breslau'^ Zahlen, die er der
Züricher Statistik entnimmt, für die Zwillingsstatistik überhaupt
deshalb nicht zu benutzen, weil in ihnen sämmtliche Mehr-
geburteu ziisammengefasst und die Verhältnisse nicht angegeben
worden sind, wie oft zwei Mädchen, zwei Knaben und beide
Geschlechter vorkamen.
Dass ich mich, wie Leuckart^ auf Oeoffroy St. Hüairs's
Beobachtungen an Menageriethieren, auf Girou'^ Bericht über
deo Einflttss kärglicher und üppiger Nahrung bei Hausthieren,
auf Morel de Vindd*s Erfahrung an Schafen, auf die Angaben
der Fell- (nicht, wie -ich allerdings fälschlich geschrieben hatte,
Rauchwaaren-) Händler und analoge Erscheinungen bei Säuge-
thieren berufen habe, ist mindestens ebenso berechtigt, ab
Breslau*» Berufung auf Blume und VögeL
loh hatte ferner dem Einwurfe begegnen wollen, dass
man den Ernährungseinfluss deshalb nicht gelten lassen könne,
weä. die Knaben „kräftiger'' sind. Insbesondere war von mir
daraof hingewiesen worden, dass der Ausdruck „kräftig'' sehr
relativ ist, die Knaben bei der Geburt häufiger sterilen und
di» Sebädehnessungen der Neugeborenen beider Geseblecbter
sehr wjdersprei^nd sind» Breslau wirft mir vor, Simpson*»
Aitbeii Abcf di^e Frage übersehen zu haben; er hat auch
240 ^^I- Flon^ Ei« BM«k auf di« iwiiestM Beiti%e
eigene SehSdelmeftRiingeii Torgenommen, deren AntaM
seiner Aussuge freilich zu gering ist, um AnsprAcbe auf
unumstössliche Ge^zmAftsigiieit zu machen, und koNmC »ei
dem Schlüsse, da«& die Knaben niciit blos „kräftiger** als die
Madeben, sondern aueb weg^n dieser grosseren »Ki^ftigkeil'*
häufiger bei der Geburt absterben.
Ich entgegne aber, dass ich Simpaon's Arbeit niebi
übersehen, vtelmebr nicht blos diese, sondern aucfa eine
Arbeit von Veit (Geburtsbulfl. Menaisschr., 18fi5, VL, Heft 2,
S. 104) gekannt habe, die Breslau ftberseben haben nrass.
Auch Vek fond bei seinen Wftgungea Neugeborener die beiaonte
Gewichtsdifferenz zwischen Knalien und Mädchen« Er sägt
aber, nachdem er Simpson'^ Arhtii besprechen: „der geringe
Unterschied in der körperlichen Entwickelung des Kindes,
welchen das Geschlecht, desselben bedingt, kann nur einen
geringen Einfliiss und eigentlich nor auf die zweite Geborta*
periode äussern. Kaum wird dieser bei Erstgebärenden ywl
mehr bemerkbar, als bei Mehrgebäreaden und ist Oberhaupt
nur aus dem Vergleiche einer sehr grossen Zahl von Beob-
aditungen ersichtlich/ Veit weist femer mil Cueper die
Ansicht Clarke^s und nunmehr auch Breekm's zurück, dass
die grössere Mortalität der Knaben bei der Geburt durch das
grössere Gewicht und Volumen ihres Kärpers bedingt sei.
Der Ausspruch Catper*», dass die längere LeheMdauer des
weihlichen Geschlechts einen tieferen inneren Grund haben
mftsse, liat nach Veä viel Ar sich. Audi hebt Veä gegen
Chtrke und Simpson hervor, dass die Differenz der Knaben
und Mädchen in Bezug auf ihre kdrperiiclie Entwickehmg zn
unbedeutend m, van einen so grossen EinBoss auf das Leben
des Kindes äussern ru können, la, er weist nach, dass auch
bei gleicher körperlicher Entwickelung immer mehr Knaben
als Mädchen sterben. Wenn ako Veit (1. c & 124) den
Satz aufstellt: „dass auch bei gleicher GeburCsdauer im aK-
gemeinen und der zweiten Periode insbesondere das männKche
Geschlecht mehr gefthrdet ist, als 4as weibiiehe,'' so sieht
er sich dooh zu^ 4^ auch von mir adoplirien Ansieht ge»
nöthigt, dass eine besondere Ursache vorhanden seAi nKiss«
welche die gn&fliseire Mertidität des männlidien GjaecHecbls
bedingt, und besonders zur Zeit der Geburt und unsHtteibar
wr Frag« abe» M« SeKiMilv«rbi(ltiiiMe atc. 341
nach d(>nelhen in Wii-kimg tritt Dies« Ursache ist aber jetzt
Bttdi völlig nobekamit.
Warum bat, sn frage iih, Breslim iliese mit pckt devlaefarr
6nliHBieh4ieit verfassle Arbeit FetVs nicht aiigrfMirt und sidi
nur auf Simpson inid Clarke beruCsii? Die Thalwi«:hen,
die Veit beibringt, und dte Kritik, 4m derseRie iSim'p9im
xmd Clarke angedeihen klsst, koiMtJ»n aUrrdings BresfmiB
Theorie niebts nötzen. -^ Meckel liat gewiss auch die Arbeit
Simpson» gekannt; aber er fand sich durch dieselbe nicht
be^wogen, (las hiMgere Abelerben der Knaben ledigKch durrh
deren Umfang und Gr^se erklirren zu wollent, vielmehr surhte
er die Ursaclie in einer bei ihnen, „die viel reger und be-
weglicher sind,"^ verhMtniasniassig oft antretenden Di'eliung
N der Nabelschnur, die eine Hemmung des Kreisbmfs bedingt
Ohne diese Ansicht zur meinigen machen z» wollen, darf ich
sie doch als Beweis dafür anftlliren, dass Simpson'^ Erklärung
ober den Grund der Häufigkeit münnlichi»r Todtgeburten nicht
attgenein getheilt wird. Auch unter den zu fr6)izeitig Todt-
geborenen herrsciien die Knaben sehr vor; soll man mit
SekrämK als Gi^und fAr diese Ersebefming amiebmen, „well
ihre männliche Natur dem mütterlichen Organismus tds
einem weiblichen zu fremdartig ist?"* Ma0 wäre mit dieser
Frage dann alterdings am schnellsten fertig!
Ich habe manche statistische Thatsachen angefahrt, welche
flr den Einfhiss der Ernährung a«rf das Geschlecht dee Fötus
zu sprechen scheinen (EiiiAuss des^ Civästandes, der Wohnorts-
differenz etc.). Da Breslau, nicht angiebt, anf wekhe Weise
die statistichen Thatsachen besser zu erkßren sind, so ist
nur d^p Einwurf zu berAeksichtige», dass ich bei roeiiien
Schlässen aus den bevölkerungsstalistisehen Erscheinungen den
Vater gar nicht in Betracht ziehe. Es mag die Aufgabe einer
anderen, schon vorbereiteten Arbeit sein, auch den väterlichen
EinOuss so weit als mdglich tu verfolgen. Allein den mdtterUehen,
in der SchwangenBobaft dauernden Einfluss näher betrachten zu
dOrfen, konnte ich mit ebenso grossem Rechte beanspruchen,
wis 4ef l^itholog, welcher durch den Hangel einer dem
Stoffweiotasel unbedingt ndtbigen Substanz bei der jogendüchen
Bei^lbsrung eines Ortss sich bewogen fihk, tnnl^ch9t die
Motlernntab auf 4ßa Gehalt an diesem Stolb z« untersuchen.
248 2^ VI. P/oM, Ein BUok »of dU »«msImi Beitrig«
Wenn nun Brtdau^ ebendowie in demselben Hefte der
Zeitschrift für Hygieine Herr Dr. SchräfnU, an die Unter-
suchung der Geburlsstatistik aus dem Canlon Zürich gebt, am
B>eine Ansiebten zu prüfen, so mnss ich gegen dieses Unter»
nehmen /deshalb protesttren, weil die ?on beiden benutzten
statistischen Unterlagen nicht blos zu kleine Zahlen geben,
sondern auch in ihrer Zuverlässigkeit mehr als zweifelhaft sind.
Schon ITi, Susemann hat in dem Monalsbl. f. medic
Statistik, 1861, No. 1 gezeigt, dass die Zahlen der Cantonal*
Statistik von Zürich in vieler Hinskht zu klein sind, um einen
statistischen Schluss zu erlauben. Br^lau stellt die falsche
Behauptung auf: „das Königreich Sachsen eignet sich zu einem
Vei gleiche der jahrlichen Schwankungen weniger gut, als der
Canton Zurkh, weil in diesem die Schwankungen grösser sind,
als wie in jenem." Im Gegenüieil! Es verschwinden nach
dem Gesetze der grossen Zahlen die nicht zu ermessenden
Störungen, je grösser die Zahlen werden, und die Störungen
lassen ekh um so weniger ermessen und abweisen, je kleiner
die Zahlen sind. Die Wirkung einer bestimmten Ursache wird
um so reiner zur Erscheinung kommen, mit je bedeutenderen
Zahlen der Statistiker operirt. Allein auch von Züricher
Statistikern ist Breslaues Unternehmen getadelt worden, so
kleine Zahlen zu physiologischen Ermittelungen benutzen zu
wollen. Der Redacteur des Schweizer statistischen Archivs
rügt Breßlau's Schlussfolgerung aus diesen Zahlen, dass in
den wärmeren sechs Monaten im. Canton verhaltnissmässig
weniger Knaben erzeugt werden. Mit t?. Eothkirch (md
Hustmtmn acceptire ich den Satz: „Es gehört eine grosse
Kühnheit dazu, aus wenig Tausenden von Geburten ein all-
gemeines Naturgesetz ^kennen zu wollen/'
Der Hauptfehler von Breslaues Beweisfölurung besteht
aber darin, dass die Richtigkeit der von ihm benutzten Zahlen
höchst verdächtig ist Er selbst giebt schon (S. 321 semes
Aufsatzes) an: „Leider findet sidi zwischen den GeburtaUsten
der Hebammen und Pfarrämter keine vollständige Ueberetn-
Stimmung/' Audi Schrämli^ der ebenfalls diese beiden Listen
als Unterlage für seine fiereobnungen benutzt hat, spricht in
seinem Aufsatze, Heft 1, & 32, davon, dass beide in den
Summen abweichen* Das Schlimmste ist jedoch jedenfiiUa»
sur Frage ttbtr Aie SexnalrarhXltniaM »to.
343
dass die dritte Liste, welche aus diesen beiden yott einander
abweicbenden listen von Schräfhü und Breslau zasammen*
gestellt und uns vorgelegt wurde, auch von einer vierten, nämlidi
der jedenfalls ofikäellen Liste im Archiv fOr schwazerische
Statistik, 1860, No. 19 in allen Zahlen ganz wesentlich
abweicht Da es sich hier überhaupt nur um Summen von
wenigen Tausenden handelt und da die Differenz bei einer
Anzahl von S — 4000 Knaben oder Mädchen bisweilen mehrere
Hunderte beträgt, so müssen wir wohl der Zuverlässigkeit der
von BreBlau imd Sehrämli benutzten Quellen misstrauen*
Der Werth der von ihnen erhaltenen Resultate hängt aber
davon ab, dass sie den Beweis zu fuhren im Stande sind»
ihre Liste sei richtiger, als die des Archivs.
Liste des Archiys.
Liste von Brealctu
nnd Sehrämli,
Knab«n.
M&dchen.
Knaben.
Mädchen.
1S27
3496
3218
mmm.
,
1828
3648
3486
3524
3243
1829
8451
3234
3590
3525
1880
8645
8309
-^
1831
8548
3296
8597
3347
1832
3200
3250
3604
3324
1883
8460
8810
8286
3279
1834
3725
3543
3777
3599
1836
3901
3637
1886
3709
8707
8974
8770
1837
3930
3640
3876
3709
1838
3815
3779
3990
3823
1839
8879
3677
8864
3716.
1840
4042
3850
3945
3875
1841
3947
3692
4090
3728
1842
8888
8684
8997
8678
1843
3763
3696
. 3933
3737
1844
3690
3286
3733
3325
1846
8781
3961
8831
3381
1846 -
8711
8487
3768
3626
1847
8436
3249
3469
8279
1848
8671
8486
8642
8680
1^9
3890
3808
3962
3849
1850
8982
3672
4061
3738
1861
8960 1
8060
4027
8708
1852
3827
3667
3889
3711
1858
3917 '
3652
3990
8726
1864
8714 t
8660
8781
8606
1865
8580
8476
3634
3614
1856
8861 '
3714
8908 1
8749
1867
aoii
8680
41U j
874»
1868
4036
3868
1
—
244 X^I- ^i^f £iB Blick Mt dStt Benmte» BteHirii^
Schilf salich . bekenne ich mich zu der Ansiciit, dass es,
wie bei alleu natun^isBeDSchaftiicheii Fragen, msteik fOr die
Frage ul>er die Ursachen des GeschiechlsveriiSltniaaes von
gri)t»ftler Wichtigkeil ist, die Angelegenheit f Imhaeitif; in aUen
ihren Er^heimingen auf atie Hypothesen zo prüfen. Naebdera
ich mir die Mittel zu einer soklien Pröfung verschaA 4i«be,
kann ieb achon jetzt sagen, dass eioiflne atatbtisdie Er-
•cheinimgen, die ich nur aus dem ErnährungseinOuaie erklären
zu k&nnen glaubte, besser mit Hälfe des AlterstsinOasaefl er-
ktarhar sind. Wenn ich also die von mir angenonmiene
Ausdehnung des ErnährungseinfiusdeB selbst einzuschränken
geneigt bin, so tliuc ich das nur auf Grand meiner bi letzter Zeil
angestellten Untersucluingen. Breslau'^ Erörterangen jedoch
sind für die Hy|)olhesefi über die Ursachen de» Gescblechls-
verhaltnieses nur negtrend und abweisend; sie bringen keine
positiven Beitrage für irgend eine Erklärungsweise, und die
statistischen Tliatsacben, die in ihnen berichtet werden, sind
von sehr zweitelhaflem Werthe.
Dennoch bin ich Breslau dafür dankbar, dasa er d^
Sache seine Aufmerksamkeit gewidmet hat; ich hielt dieselbe
ja selbst nicht für abgeschlossen, indem ich ausdräcklicb
sagte^ dass die Studien in meinem Sinne fortgesetzt werden
müssen, wenn wir die Sache mehr und mehr zur Gewissbeit
erheben wollen. Ich freue mich, dass es mir, wie ich wünschte,
gelungen ist, „durch meine Fingerzeige auf grössere Kreise
anregend einzuwirken.***
Einer Meinung, weldie jede Erörterung der Frage auf
dem Wege der vergleichenden Statistik kurz abweist, begegne
ich in einem interessanten Aufsatze Escherich^s (Aerztliches
Intelligenzbl., 1860, No. 51, & 783). Derselbe behauptet,
dass unter den Neugeborenen die Höhe des Knabenüberschusses
über die Mädchen völlig, constant sei und dasa die Ab-
weichungen von der Norm sich durch mangelhafte Erhebungen
erklären lassen. Wir inden aber, dass sich de Abweichungen
von der «Norm bei gewissen Verhältnissen und unter den
möglichst genauen Zählungen in. den verscUedenen Ländern
ganz constant zeigen. Diesen Abweichungen giebt also ihr
sehr beständiges und so oft beobacbtales Erscheinen einen
hohen Wertb für die vergleichende Un(ersuch|ing.
mar Tnge flV«v die SeuulTerhltteitM «to. 246
Die ganaiiralai statigtiscIieD UfUevsochaiigfii stellte in
letster Zeit Wappäus an (AJigvin. Bevölkerungsstaftistik, 2. Tlieil,
1861, & LoO). Mach seinen Angaben, die eine Zahl ven
58V4 Hiiiionen in den grösseren enrop&iscben Lfindera Ge-
borenen umrassen, ist das Mitlelferlidltniss der Mädchen zu
den Knaben lOQ : ^06,3L Sie Abweichungen von «besem
MiUelTerhibnisse, wekhe sich in den einzelnen europäischen
Scsalen zeigen, sind im AUgemcinen nichi becfenteod, md
beim Vergleich yersebiedener Perioden sind die Sehwanliuttgeft
in den einzelnen Staaten durchgängig sehr germg. För die
Todtgeborenen bnd Wappäus das Mittelverbältniss 140,83
Knaben zu 100 Mädchen. Die auch von Wäppäu0 bestätigte
Differenz Yon Stadt und Land, sowie zwischen eheKchen und
unebciichen Geburten hält derselbe för merkwflrdig wegen
ihrer Beständigkeit. Bofaeker*Sy Sadhr's und Oöhlerfs
Untersnchimgen über den Alterseinfluss haben nacli Wt^pätiM*
Ansicht so übereinstimmende Ergebnisse, die auch durch
neuere BeobachtuBgen in Frankreich bestätigt werden, dass
die Emwirkung der Altersdifferenz auf das SeiualFerhältniss
ausgemacht zu sein scheint; darnach wurde das Uebergewicht
des männbchen Geschlechts unter den Geborenen in unseren
Staaten dadurch zu erklären sein, dass in denselben dsrcb-
schwttlicb der Mann später heiratbet ats die Frao.
Man kann aber nicht sagen, dass das Geschiecbterferiifltniss
unter den Neugeborenen ganz allein durch das Altersverhfiltniss
der EHcrn bedingt wird. Lässt sich, auch die geringere Pro*
portion der Knaben anter den unehelichen Geburten vielleicht
voUstäodig dadurch eriLUren, dass bei unehelichen Zeugungen
in der Regel der Vater jong sei und ami Alter die Mutter
nicht so viel übertreffe, als bei Zeugungen in der Ehe, so
bezweifelt doch Wappäus, dass man für die höhere Proportion
der Knaben bei den ackerbauenden Bevölkerungen ein durch-
schnittlich späteres Heirathen der Männer auf dem Lande,
als in den Städten als Grund annehmen dürfe. Bei den
Schwankungen in den verschiedenen Ländern mögen ijach
Wappäus Klima oder Ra^e wenig oder vielmehr gar keinen
EiuQuss haben. Wappäus untersucht dann statistisch die
¥ou mir früher ausgesprochene Meinung über den Ernährungs-
einfluss;. Er kann nicht zugeben, ' dass die von mir bei-
246 ^^^- P^'i £^n ^1^^ <k*^ ^« neiiMteii Baltrige otc.
gebrachten slatistiscben Beispiele den behaupteten Einflues der
Ernährung der Matter auf das Geschlecht des Kindes irgend
bestätigen, obgleich er meine Darlegung des physiologischen
Theiles der Frage einfach und klar nennt und sieh gnnstig
auch aber meine Kenntnisse der statistischen Seite des
Gegenstandes ausspricht. An dem Beispiele von Schwedea
1770 — 1789 weist dann WappäuB nach, dass schlechtere
odei* bessere Ernte nicht mit einem grösseren oder geringerea
Knabenübersehusse parallel geht Er halt deshalb für hin-
länglich bewiesen, dass die Nahrungsverhältnisse keinen
hervorragenden Einfluss auf das Verhältniss der Geschlechter
unter den Geborenen haben. Tn einer späteren Bemerkung
bezieht sich Wappäus auf Breslaues Besprechung der An-
gelegenheit und hält damit die Hypothese des Nahrunga-
einflusses für hinlänglich beseitigt Schon ehe mir das für
die Statistik höchst werthvolle Werk von Wappäus zu
Gesicht gekommen war, und gestützt auf fortgesetzte eigene
Forschungen, die sich nicht blos auf ein einziges Land uad
seine Lebendgeborenen, auch nicht auf die ziemlich unsicheren
Angaben aus dem vorigen Jahrhundert bezogen, hatte idi mich
überzeugt, dass die hier und da bemerkbare, wenn auch
nur scheinbare Beziehung zwischen Nahrungspreisen und Höhe
des Knabenuberschusses auf andere Weise, als durch direct
einwirkenden Nahrungseinfluss zu Stande kommen könne. Die
Darlegung meiner jetzigen Ansicht, die sich namentlich auf
das Studium der Heirathsfrequenz, des Heirathsalters und der
Fruchtbarkeit der Bevölkerung unter den mannichfachsteo
Verhältnissen stützt, muss einer eingehenderen Behandlung
des Gegenstandes vorbehalten bleiben.
gr
XYII. NoÜBMi au dw Joanud-Litoimtar. 247
XVII.
Notizen ans der Journal-Literatur.
Braxton Hieks: Ueber eine neue Wenduogsmethode.
Die ron HielcM empfohlene Methode der Wendang auf des
' untere Kämpfende beruht weeentlich «nf Kueseren Handgriffen.
Von den Thateachen ausgehend, daas 1) bei quer gelagerten und
mit der BauchflAche'dem Cerviz zugewandten Fötne ea auch bei
nur wenig eröffnetem Muttermunde wohl immer gelingt, mit einem
* oder swei Fingern einen Fuss oder ein Knie der Frucht an er-
^ greifen; 2) bei nach unten gekehrter Rückenfläche doch in der
^ Begel eine Seitenflftche des Kindes tiefer als die andere steht,
y somit ein Knie dem Finger über dem Muttermunde zugänglich
ist; dass 3) in Folge der Form der hochschwangeren Gebärmutter
die ersten Wehen den Fötus mit seiner Längenachse in die gleich-
^ namige des Uterus zu drängen suchen, und dass deshalb eine
fe • geringe Unterstützung dieser Neigung zur Längenlage letztere
jjgf laicht zu Stande bringen wird; — von diesen Sätzen ausgehend
empfiehlt Verf., mittels zweier durch den Muttermund geführten
Finger den vorliegenden Kindstheil (Kopf) in die Hohe und vom
^ Cerviz ab znr Seite zu dnlngen, während die freie Hand von
Bi. aussen her zugleich den Steiss in der dem Kopfe entgegen-
^ gesetzten Seite herab- oder abwechselnd den Kopf hinauf* und
; den Steiss berabdrüokt. So gelänge es, ein Knie in die Mähe
* des Muttermundes zu bringen; dieses sei alsdann von den in
letzterem befindlichen Fingern zu ergreifen und so weit herab-
1^^ znstrecken, dass die Hüften im Beoken eingange stehen. Bei
(^ Querlage bedürfe es natürlich einer viel geringeren Nachhülfe
^ von aussen, um die Beckenlage herzustellen.
Diese „ sich durch ihre Sicherheit aaszeichnende '^ Methode
(in welcher Bef. gerade nicht viel Nenes findet, und die wohl
nur selten zur Ansföhrung kommen kann, da sie die Möglichkeit
der Ausführung der Wendung dnrch äussere Handgriffe — ein
seltenen Ereigviss -— voranssetzt) habe folgende Vorzüge vor der
gewöhnlichen Wendnngsart: Durch Vermeidung def fiinfithnuig
der Hand und des. Armes in* die Gebärmutter vermeidet man
Irritation joner, verhindert den Eintritt von Luft in den Uterus (?),
Terringert die Oefahr der Ruptur «ftd erspart sieh selbst viel
Mühe und Last; auch sei es ein Vorzug, dass bei der neuen
Methode man die Eihäute an zerreissen nicbt nöthig habe (?).
Dieses neue Verfahren soll nun in allen Fällen abnormer Lage,
sobald der Finger in den Terviz eingeführt werden kann, geübt
248 ^^11- Notisea aas der Jovraal-Liteffmtvr.
werden; ferner bei schlechter Kopfiitelliiiig; bei Eclampeie, «m
die Gebart su beschlentiigea nnd die hier grosse Gefährlichkeit
der Einführung der Hand in die Gebärmutter su. vermeiden; in
vielen FAÜen von Beckenenge, um den Druck des anteren Uterin-
segmentes RwiHch«»n Kopf und den vorspringenden Partien des
Beukenpinganges ku umgehen. Vor Allem aber emp6ehlt lüdet
seine Methode bei Plac. praevia, besonders bei Plac. pr. lateralis.
Da sie sehr früh, bei nnr wenig offenem Muttermunde auafiihrbar
sei, so besitze man in ihr eiu Mittel, so früh als möglich einen
naturlichen Tampon für die blutende Fläche (durch den herab-
gebrachten und stetig sanft angesogenen äteisn) lu bilden* nnd
habe die etwa nothwendige Beendigung der Geburt schon sehr
früh in der Gewalt. Fünf vom Verf. eraahlte Beobachtnngen Ton
PUc. pr. lateralis scheinen sehr giiusrig für die Methode sa
sprechen, iusufern als die Blutung durch die Kinleitong des
Steisjes in den Muttermund mehr weniger vollständig in allen
fünf Fällen gestillt wurde; indess wurden vier der fünf Kinder
tpdi geboren, das fünfte asph/ctisch, aber wieder sam Athmen
gebracht.
(Lancet, 14. n. 21. Juli 18G0.) 0.
Legrand: Tod, in Folge einer Jodeinspritcung In eine
£ier8tocksky8te.
Bei einer 66 jährigen Frau war im Mai 1800 bereits eine
Function mit nachfolgender Jod- £inspritcttng ausgeführt worden.
Es erfolgte kaum eine Reaction und die Kranke konnte nach
aeht Tagen wieder ausfahren; die Hydropsie kehrte indess schnell
wieder. Die Frau verlangte troca ihrer allgemeinen Schwäche
eine Wiederholung der Operation. Da ein als sehr vorsichtig
bekannter hinzugezogener Arzt sich jedoch dagegen aussprach,
wurde die Puuction durch einen anderen geschickten Arzt voll-
führt. Die erste Puuction hatte der Kranken schon viele Sebmerzen
gemacht; die zweite jedoch noch viel mehr. Es flössen 7-^6 Litres
einer gutartigen Flüssigkeit ab. In dem Augenblicke der Ein-
epritzung der Jodflüssigkeit verfiel die Kranke in eine fzet voll-
ständige Ohnmacht, ein heftiger, nicht zu beseitigender Frost
folgte, dann Uebelkeiten, Peritonitis und 46 Stunden nach der
Operation der Tod.
L. erinnert daran, das« er schon früher (K^vue de th^rap.
m^dico-cbir., Nov. 1860, No 2 et 3) zwei Fälle veröffentlicht
habe, die nh dem oben Berichteten die volUcoaomettste Aeknlidi-
keit darbieten.
(Gaz. des b6pit., No. 80, 1861.)
XVII. Noüseii AQ0 der JonnmJ-LUeratar. 2tö
PbltJt: Nene Operationsmetbode der Fistala yeeico-
▼ agiDalii.
Dnrch neun SteinKchnitte, welche Verf. an Mndelien ansfiihrte,
liberzeiii^te er sich, das8 dns Spalten der Urethra und des HlHHen-
hnlses nach oben und seitlich zum Hehiife des Eintuhrcns des
Fingferd und der Steinxange in die Blase kein besonders gefähr»
lieber Kingriff sei, dass weder die Blutung noch die darauf-
folgende Keaction und Fieber gefahrbringend seien, dass man
genug Raum gewinne, selbst bei ganz jungen Kindern, Steine
von ziemlichem Durchmesser zu entfernen, dass man ferner
durch den eingebrachten Finger ziemlich weit die Blase gegen
den Scheideneingang drängen könne.
' Da nun theils die Unzulänglichkeit oder wenigstens schwere
Zugängliehkeit des tief gelegenen Sub8tanzverlu.<tes, theils das
Fehlen einer unterstützenden Unterlage , bauptsäcjilich aber die
Spannung der vereinigten Theilo dem Gelingen der Operation
einer Blasensch'eidenfistel hinderlich ist, so bestand die Operations-
weise des Verf. darin, dass er, nach eingeführter Hohlsonde,
mit dem Knopfbistourie die Harnröhre und einen Theil des
Blasenhalses diagonaliter nach oben und seitlich spaltete und so
hinlänglich Raum gewann, um mit dem Zeigefinger in die Blase
zu gelangen. Mit dem gekrümmten Zeigefinger wird nun die
Urethra und Blase sammt der Fistel gegen den Scheideneingiing
gedrängt, wo dann der Gehiilfe die Auffrischung der Wund-
ränder und Anlegen der Nähte auf bequeme Weise ausführt.
Um die so erwünschte Unterlage und Stütze herzustellen, wäre
es vielleicht auch möglich, auf beiderseits der Wnudränder
eingelegten elastischen Stäbchen die Zapfenuaht anzulegen und
die Nähte über eine dazwischen gelegte Gutta -percha- Platte zu
knüpfen.
In einem Falle, wo Verf. in der genannten Weise operirte,
der jedoch, da wegen Mangel aller Gebülfen eine genaue
Coaptation der Wuiidränder nicht erzielt werden konnte, miss-
lang, überzeugte sich derselbe selbst durch den misslungenen
Versuch von der praktischen Ausführbarkeit und Gefahrlosigkeit
seiner Methode.
(Wiener med. Wochenschrift, 1861, Ko. 8.)
Martin: Ueber Chloroforminhalationen in der Gebarts-
hülfe.
Martin hielt einen Vertrag über die Anwendung der Chloroform-
iohalationen in der Geburtshülfe nnd ist nach Beobachtung von
nahem 1000 Fällen au folgenden Resultaten gelangt.
260 XXVII. Novaen ans der Journal- Li teraiar.
, 1) Die Narkose tritt bei Oebäresden Tiel leichter ein, als
bei Nicht^ebärenden. Oft war ^ß — 5j. Cbloroform hinreichend,
selten ^ß. pro dosi.
2) Nie trat ein irgendwie bedrohlicher Zufall anf; auch aah
er TOQ den üblichen Dosen keinen störenden Einflnss anf die
Wehenthätigkeit. Diese wnrde höchfitens im Anfange etwas ge-
schwächt, setzte aber nie ganz ans, ja selbst das Verarbeiten
der Wehen erlitt keine Beeinträchtigung.
3) Hinterbleibendes Missbehagen, Uebelkeit, Eingenommen-
heit des Sensorinm etc. treten nicht ein, wenn man den Schlaf
nicht stört, welcher der Narkose zu folgen pflegt, and durch
den eine Elimination aus dem Blute stattzufinden scheint.
Diese 'durchweg günstigen Resultate schreibt Martin haupt-
sächlich seiner Applicationsweise zu, indem er mit kleinen
Dosen beginne, die auf ein kleine% Taschentuch gegossen werden.
Dasselbe wird dann der Kreissenden so an der Stirn festgehalten,
dass es vor Mund und Nase herabhängt und das^ die Kreiseende
stets atmosphärische Luft mit athmet.
Die speciellen Indicationen sind:
Uebermässige Empfindlichkeit; Zangenoperation,
weil hier durch ruhiges Verhalten der Kreissenden das Gelingen
der Operation gefordert wird; Wendung auf die Füsse, indem
hier die Einführung der Hand, das Ergreifen des Fusses und
die Umdrehung des Kindes erleichtert wird. Sehr werthyoll sei
auch die Narkose bei Perforation und Kephalothrypsie, besonders
wenn schon Entzündungsgeschwulst der Genitalien eingetreten
sei; desgl. bei Nachgeburtsoperationen.
Bei Eclampsie sah Verf. die Anfalle sich massigen und
▼ÖUig ausbleiben.
Für weniger nöthig, wenn man von dem psychischen Ein-
drucke absehe, hält Verf. die Narkose beim Kaiserschnitt, weil
derselbe, abgesehen von dem Hautschnitte , nach seinen Er-
fahrungen wenig schmerzhaft, sei.
Vorsicht empfiehlt Verf. bei vorgeschrittener Tnbercnlose,
ausgesprochener Plethora, sowie bei Herzfehlern.
(Verhandlungen der ^^/e{aiuf*schen Gesellschaft in Berlin.
Sitzung am 22. Februar^ 1861. — Allgem. med. . Central-
Zeitnng, 1861, 20. Stück.)
XVIIL
Zur Eenntniss eines schottiflchen von mir.
modiflcirten Hysterophors.
Von
Profesflior Dr. Breslau in Zürich.
(Nebst einer Tafel AbbildangeD.)
Als ich ?or sechs Jahren mich in Edinburg aufhielt,
zeigte mir mein hochgeehrter Freund ßr. Matthetos Dunean
einen kleinen hölzernen Hysterophor (wenn ich mich recht
erinnere von Dr. Weir angegeben) , den er mir seiner Einfach-
heit, Billigkeit und Tauglichkeit wegen sehr empfahl. In der
unvergleichlichen schottischen Hauptstadt war meine Auf-
merksamkeit auf so vielerlei Gegenstände gerichtet, dass ich
das kleine Instrument wenig beachtete, indess entsinne ich
mich noch genau, dass Dr. Duncan meinen Ehiwurf: „das
Instrument müsse doch aller Wahrscheinlichkeit nach immer
Leraiisfallen ,"* nicht gelten lassen wollte, indem er darauf
hinwies, dass die contractile Scheide sibh um seine teller-
förmigen Anschwellungen herumlege und dadurch dasselbe
trage, welches für sich wieder den prolabirt gewesenen,
reponirten Uterus zurückhalte. Gerade* in der grossen Ein-
fachheit des Hysterophors, der keine Unterstützung von aussen
bedürfe, lag nach Dr. Duncan's Meinung sein Hauptvorzug.
Nach Hünchen zuröckgekehrt, wo ich in meiner Stellung als
Assistenzarzt an der medicinischen Poliklinik von Anfang an
vielfach Gelegenheit hatte, Frauen mit Vorfall des Uterus zu
behandeln, säumte ich nicht ein mitgebrachtes Modell aus
Buchsbaumholz (s. Fig. I.) vervielföltigen zu lassen und habe
seitdem sehr häufig den Werth und die Tragkraft des schottischen
Abkömmlings in der poliklinischen Privat- und Hospital -Praxis,
llonMiMbr. f. Oeburtik. 1861. Bd. ZVIJI., Hfl. 4. 17
252 XVIII. Breslau t Zar Kenntniss eines schottUehen
demnach unter den verschiedensten Verhältnissen geprüft
Meine Erfahrungen über diesen Gegenstand gehen zwar nicht
in die Hunderte, aber es sind deren doch viele Dutzende,
und so glaube ich auch mich keiner Uebereilung schuldig zn
machen, wenn ich jetzt meine Erfahrungen in diesen Blättern
niederlege.
Im Anfange habe ich Hysterophore getreu nach dem
Modelle gearbeitet angewendet, bin aber bald zu der lieber-
zeugUQg gekomffien, dass nur bei Jenen Vorfällen, bei welchen
keine Zerreissung des Dammes, keine langdauerode Erschlaffung
der Scheiden wände, keine irgendwie beträchtliche Hypertrophie
des Uterus vorhanden ist, und in jenen, in welchen das
Geschäft der an Uterusvorfall leideadea Frauen eine consequente
Schonung der Bauchpresse möglich macht, somit in einer
verhältnissmässig sehr beschränkten Zahl das Instrument einmal
in die Scheide eingebracht, von selbst trage und getragen
werde, dass aber in bei weitem der grösseren Mehrzahl von
Vorfallen, wie nuin sie insbesondere bei der ärmeren und
schwer arbeitenden Classe zu finden, pflegt, der einfache
Weir^sche Hysterophor keine guten Dienste leistet, indem er
bei schlafler, weiter Scheide, Hypertrophie des Uterus and
zerrissenem Damme schon bei geringer Bewegung und leichter
Anstrengung der Baucbpresse sofort herausfallt
Deswegen habe ich schon bald nach meinen ersten Ver-
suchen das Instrument dahin abändern lassen, dass das untere
Ende des Stieles mit einer hemdknopfartigen Vorrichtung ver-
sehen wurde (s. Fig. It, a), welche dazu dient, das Instrument
bequem mit einer Perinäalbinde in Verbindung zu bringen.
Eine yveitere, ganz natürlich sich daran anreihende Zugabe war
eine circuläre, mit Riemen, Häkchen oder Knöpfen verseliene
Unterleibsbinde, an welche die Perinäalbinde vom und rück-
wärts durch je zwei schmale Fortsätze befestigt wird. Durch
eine solche Bandage wird schon ein recht tauglicher Trag-
apparat hergestellt, der noch verstärkt werden kann; wenn
man an die Leibbinde Tragbänder anbringt, welche über die
Schultern verlaufen und sich rückwärts kreuzen (s. Fig. Vi),
Mit einem solchen Apparate versehen trägt eine Frau ihren
Uterus gleichsam auf den Achseln. In Fällen grosser Er-
schlaffung der Baucbdeckea mit habituellem Meteorismus habe
TOB mir modiflcirten Hyateropbort. 253
ich die Leihbinde durch eine breite Pelote, auch Ceinture
bypogasirique genannt, ersetzl, welche weniger leicht ihren
Platz verändert wie die Leibbinde und den Vortheil gewährt,
das8 sie durch den von ihr ausgeübten, in der Richtung yon
uolea schief nach aufwärts wirkenden Druck die sonst bei
je*dei* Bewegung bedeutenden Dislocationen der Unterleibs*
etngeweide verhütet und dadurch manchen Frauen das Stehen
jind Arbeiten erleichtert.
In einem Falle von Complication eines Uterusvorfalles
mit einer Schenkelhernie habe ich die Ceinture hypogastrique
mit einer Pelote gegen die Hernie verbinden lassen. Die
Perinäalbinde und ihre schmalen Fortsätze nach vorn und
hinten habe ich früher aus Leder verfertigen lassen, in
neuerer Zeit aber lasse ich dazu vulcanisirten Cautchonc ver*
wenden, um sie geschmeidiger und elastischer zu machen
(s. Fig. IV.) Die Bauchbinde besteht aus Flanell, die Trag*
bänder aus elastischem Zeuge.
Dm den hölzernen, mit Löchern zum Ab6usse der Secrete
versehenen Hysterophor für alle Fälle gleich brauchbar zu
machen, mösste man eine grosse Reihe von verschiedener
Grösse bereit hatten, allein ich habe gefunden, dass eine
kleinere und eine grössere Sorte für den gewöhnlichen Ge-
brauch ausreicht und dass man nur selten davon abzuweichen
genölhigt ist Der Unterschied beider Sorten liegt nur in
dem Durchmesser des kreisförmigen Teilers, der bei der
kleineren Sorte V 6'" (Par. Maass) (Fig. IL), bei der grösseren
1" 10'" beträgt (Fig. IIL, a u. b). Die Höhe ist bei beiden
gleich gross, nämlich 3 ". Die mittlere tellerförmige Anschwellung
habe ich in der letzten Zeit ganz weggelassen (s. Fig. III.),
da ich sie für ganz unnöthig halte, wenn der Hysterophor
nicht durch die umklammernde Scheide, sondern durch die
Perinäalbinde (wie in Fig. IV.)' gehalten wird. Der grösseren
Sorte bediene ich mich im Ganzen häufiger als der kleineren,
ila bekanntlich die Cervicalpartie des Uterus bei Vorfall häufig
angeschwollen ist und auf dem breiteren Teller eher eine
Stütze und einen Ruhepunkt findet, als auf einem schmäleren.
Der ganze Apparat, wie ich ihn oben beschrieben habe,
scheint etwas coroplicirter Nator zu sein, aber er ist es in
der That nicht, denn ein Theil fügt sich organisch an den
254 XVIII. BreMlau, Zur KenntiiiM einet sebottiBcheD
anderen, ein Theil ergänzt und verstärkt den anderen ond
da die einzelnen Theile nach Bedürfniss yerlängert oder ver*
kürzt werden können und grossentbeils elastisch sind, so ist
hiermit so * viel Spielraum je nach den wechselnden lemporiren
und individuellen Verhältnissen gegeben, dass das Tragen des
vollständigen Apparates wenigstens keine Last ist, wenn man
auch zugeben muss, dass er, wie die meisten seiner Ver-
wandten, besonders bei Fettleibigkeit und in der heissen
Jahreszeit zu den Unbequemlichkeiten des menschlichen Lebens
gehört.
Ich komme nun darauf zu spreclien, warum ich den
schottischen, von mir modifleirten Hysterophor für zweckmässig
halte. Beim Vorfalle des Uterus ist unsere Aufgabe i^vesentlich
eine doppelte, nämlich 1) den reponirten Uterus durch
mechanische Mittel in seiner natürlichen Lage zu erhalten
und vor äusseren Insulten zu schützen, 2) darauf hinzuwirken«
dass er mit der Zeit auch ohne mechanische Stütze in
seiner natürlichen Lage bleibe, oder mit anderen Worten,
dass der Uterusvorfall geheilt werde. SeheJi wir nun, ob es
möglich ist, diesen doppellen Zweck durch unseren Apparat
zu erreichen.
Was den ersten Theil unserer Aufgabe betrifft, so wird
Jed^r a priori bei Beti*achtung des Apparates zu der Einsicht
gelangen, dass er, wenn richtig angelegt, den Uterus empor-
heben und tragen muss und zwar in einer Höhe und Lage,
die seiner natürlichen Stellung entspricht, dass femer der
Uterus, in die Beckenhöhle S" vom Scheideneingange zurück^
gebracht, vor äusseren Insulten bewahrt ist und bleibt, so
lange der Apparat nicht entfernt wird. Diese aprioristische
Betrachtung wird durch die Erfahrung bestätigt, indem man
sich durch directe Untersuchung mit dem Gefühl- und Gesichts-
sinne überzeugen kann, dass der Apparat auch bei bedeutenden
Anstrengungen und verschiedenen Stellungen des Körpers sich
nicht dislocirt und keine • Dislocation des Uterus und der
Scheide abwärts zulässt, sondern kräftig verhindert
Was den zweiten Theil des zu erfüllenden Zweckes an-
belangt, welcher nicht blos eine temporäre Beseitigung,
sondern eine dauernde Heilung eines bestehenden Vorfalles
verfangt, so steht der Erreichung desselben von Seite unseres
TOD mir modifioirten Hjateropho». 255
Apparates nichts im Wege. Viel hängt dabei freilich Ton
den begleitenden Umstanden, von dem gewissenhaften längeren
Tragen des Apparates, von zeitweiser Ruhe, von dem Ge-
brauche tonisii^ender, kalter Douchen etc. ab, denn es kommt
ja Alles darauf an, dass die erschlafften Weichtheile ihre
frühere Elasticität wieder erhalten, dass der schwere hyper*
trophische Ut^us abschwelle .und sich involvire. Dies zu
erreichen verlangt eine hier nicht weiter zu verfolgende
Therapie, aber so viel darf mit Sicherheit ausgesprochen
werden, dass das Tragen unseres Apparates die Möglichkeit
einer dauernden Heilung uro so eher zulässt, als er nicht wie
andere derartige die Scheidenwände übermässig ausdehnt,
sondern in dem an und für sich weiteren Grande der Scheide
«inen bescheidenen Platz einnimmt.
Betreffend die Einführung des Hysterophors habe ich zu
erwähnen, dass natürlich die Kranken angewiesen werden,
ihn sich selbst ein- und auszubringen. Dies geschieht entweder
im Liegen oder auch im Sitzen, am Besten an den Rand
eines Stuhles halb vorgerückt. Zuerst muss der Vorfall reponirt
werden, dann wird der eingeölte Hysteropbor so in die
Genitalien eingeschoben, dass der Stand des oberen Tellers
parallel mit der Schamspalte verläuft und es wird nun, sobald
der grösste Umfang des obersten Tellers in den Scheiden-
eingang eingedrungen ist, der bis dahin den einen Schenkel
in rechtem Winkel kreuzende Stiel nach abwärts zwischen beide
Schenkel gesenkt und der Hysteropbor somit in der Richtung
gegen das Promontorium vorgeschoben. In umgekehrter Weise
geschieht das Herausnehmen. Dieses Manoeuvre wird auch
von den ungelehrigsten Kranken In kurzer Zeit verstanden
und mit Lekhtigkeit ausgeführt, und ich habe nie gefunden,
dass man dabei auf Schwierigkeilen stösst Bei Nacht lasse
ich den Hysteropbor immer herausnehmen, denn so gering
auch der Reiz ist, den ^ auf die umgebenden Weichtheile
ausübt, so ist es doch besser, wenn dieselben öfters ganz
sich selbst überlassen bleiben; zudem ist in horizontaler Lage
jeder Hysteropbor unnöthig und es können dann früh und
Abends Waschungen und Injectionen.etc. vorgenommen werden.
Mancher Leser dieser Zeilen wird, an diesem Punkte
angekonomen, bei sich denken: „Nun, der PTetr'sche Hysteropbor
258 ^1^* Sehuehardtf ZwUUogtgeburt mit Placeata praeW«.
XIX.
Zwillingsgeburt mit Flacenta praevia.
Beobachtet
Dr. Bernhard Schachardt,
Oberf«rieht8 • and L^ndphyal kn« b« Nlenbarg an dar Weaer tn HaanoTwr.
Die Seltenheit solcher Fälle mag es rechtfertigen, dass
ich einen von mir im vergangenen Jahre beobachteten kuri
veröflenlliche.
Frau H.^ zweite Frau des Brinksitzers H. in Holtorf,
einem Dorfe, welches ^4 Stunden von Nienburg entfernt ist,
hatte sich Anfang des Jahres 1860 im Alter von 37 Jahren
yerheirathet' und bis dahin nicht geboren. Sie war klein,
etwas mager und untersetzt; der Rücken war etwas schief,
was durch einen Fall auf die oberen Lendenwirbel in früher^
Jugend bedingt war, aber auf die Räumlichkeiten des Beckens,
welche ich bei einer späteren Untersuchung ganz normal
beschaffen fand, keinen erheblichen beschränkten Einfluss
ausgeübt hatte. Die Frau will Hitte Mai zum letzten Male ihre
Periode gehabt und gegen Michaelis die ersten Kindesbewegungen
gespürt haben. Den 25. November 1860 erhielt ich die erste
Nachricht von der Frau, welche ich bis dahin nicht kannte,
indem der Mann derselben zu mir kam und mir berichtete,
dass seine Frau, welche seit denf Frühjahre schwanger sei,
vor 14 Tagen zum ersten Male ohne eine nachweisbare
schädliche Veranlassung eine starke Blutung aus den Ge-
schlechtstheilen bekommen habe, dass dieselbe, nachdem die
Frau saure Tropfen genommen, welche ihr von einem anderen
Arzte hiesiger Stadt, Di;. &, verschrieben waren, ohne dass
derselbe sie aber überhaupt gesehen hatte, nicht wiedergekehrt
sei, dass sie aber mit erneuerter Heiligkeit denselben Morgen
des 25. November wieder eingetreten . sei. Ich begab mich
sofort zur Patientin und fand sie in folgendem Zustande.
Die Blutung hatte fast ganz wieder aufgehört, die Frau, vrelche
im Bette lag, war massig blass und hatte einen Puls von
etwa 100 Schlägen in der Minute, welcher weich und klein
XIX. Sehmckaräi, ZwiUingtgebart mit PUoenU praevia. 259
war. Der Fundus uteri sUnd. bis über den Nabel und der
Leib war besonders in die Breile sebr ausgedehnt Man
föbJte lebhaflere Kindesbewegungen links, ganz schwache
rechts vom Nabel. Fötalberzschlag war in der Mitte zwischen
Nabel und Symphyse schwach zu hören; trotz der genauesten
Untersuchung lionnte nur ein Fötalherzschlag wahrgenohamen
werden. Bei der inneren Untersuchung zeigte sich der
Muttermund noch fast ganz geschlossen, so dass man mit
dem Finger nicht eindringen konnte. Die Portio vaginalis
fübhe sich dagegen weicher und aufgelockerter an, als sonst
bei Erstgebärenden dieses Zeitraumes. Es wurde eine fort-
gesetzte ruhige Lage und kühlende Diät angeordnet und die
sauren Tropfen (Elix. acid. Hallt^ri) fortgegeben. In der Nacht
vom 30. November zum 1. December war wieder eine starke
Blutung eingetreten. Als ich die Frau den 2. December be-
suchte, fand ich sie anämischer, die Portio vaginalis war
mehr verkürzt und der Muttermund etwas geöffnet, so dass
ich mit einem Finger ohne Schwierigkeit eingehen und durch
directe Betastung die Existenz einer Placenta praevia nach-
weisen konnte. Obgleich ich, da die Schwangerschaft nach
dem Ausbleiben der Periode und der ersten Kindesbewegungen
kaum viel über die 28. Woche gelangt sein konnte, gern
noch mit der Beendigung ^er Geburt auf künstlichem Wege
in Rücksicht auf die mögliche Erhaltung des oder der Kinder
gewartet hätte, so hatte ich doch bei dem Stande der Dinge
die gewisse Ueberzeugung , dass ich bei^ der nächsten be-
deutenderen Blutung doch zu derselben unverzüglich würde
schreiten müssen und instruirte in diesem Sinne die' An-
gehörigen, mich dann augenblicklich zu holen. Den 3. December
Abends 10 Uhr trat wiederum eine heftige Blutung ein. Ich
traf um 12 Uhr Nachts bei der Frau ein. Sie sah sehr
blass und eingefallen aus, der Puls war sehr klein, frequent,
und seit einiger Zeit wai*en regelmässige, in grösseren Zwischen-
räumen auftretende, schwache Wehen vorhanden. Die Portio
vaginalis war verstrichen, der Muttermund zur Grösse eines
Viergutegroschenstückes erweitert und man fühlte durch den-
{»elben die Lappen der Placenta hindurch. Die Ausdehnung des
Leibes war eine bedeutende, mehr in die Breite entwickelte;
Kindesbewegungen fühlte man deutlichere nach links, ganz
260 XIX- 'SfcAvcAarii^ Zwillingsgebiirt mitPIaeentapraerU.
schwache und unbestiminte nach rechts Tom tiAd. F§tal-
bersschlag war nur einer und zwar nach abwärts v»in Nabel
zo hören. Da die Blutung noch fortdauerte ijind die Blutleere
der Frau schon einen beträchtlichen Grad erreicht hatte, da
ohnehin schon Wehen vorhanden waren and die Erweiterung
des Muttermundes begonnen hatte» so schritt ich am I2V4 Uhr
zur kAnstlichen, raschen Beendigung der Geburt Ich ging
mit der rechten Hand ein, erweiterte den Muttermund, löste
die Placenta nach links von der* inneren Uteruswand, sprengte
oberhalb der Placenta in der linken Seite der Gebärmutter
die Eihäute, ergriff den rechten Fuss, fQhrte denselben herab
und extrahirte das Kind. Die urspröngliche Lage desselben
war erste Scheitellage gewesen. Es lebte, war noch nicht
ausgetragen und hatte ein Gewicht von etwa B^/^ Pfund.
Nachdem die vorliegende Placenta, welche fast ganz central,
etwas mehr nach rechts hin, aufsass, mit ihren Eihäuten
ganz gelöst und entfernt war, wobei die Blutung im Ganzen
nicht sehr stark war, stellte sich in unvollkommener Weise
eine zweite Blase, und es zeigte sich zur vollen Evidenz das
Vorhandensein eines zweiten Kindes. Dasselbe hatte Sieisslage
und zwar zweite. Wegen noch forldauernder Blutung wurden
die Eihäute gesprengt, das zweite Kind extrahirt, was wegen
der Kleinheit desselben mit grosser Leichtigkeit auszufilhren
war, und die Placenta, welche im Fundus xedits aufsass,
sammt den Eihäuten entfernt. Das zweite Kind, ein Mädchen,
war sehr klein, hatte ein greisenhaftes Aussehen, wog kaum
2 Pfund und athmete nur in mühsamer und schnappender
Weise. Die Membrana papillaris war nicht mehr vorbanden.
Die Placenta des ersten Kindes (praevia) 'war von normaler
Grösse und Gewicht und von kreisrunder Gestalt; der Nabel-
strang inserirte sich in der Mitte. Die Placenta des zweiten
Kindes, welche ganz gelrennt von der ersten im Fundus des
Uterus in der Gegend der Einmündung der rechten Tube
sass und deren Eihäute einen för sich ganz geschlossen von
dem ersten Ei getrennten Sack bildeten, war etwa Vs ^ gross,
als die erste, hatte ebenfalls eine kreisrunde Gestalt, und der
Nabelstrang inserirte sich fast in der Mitte. Die Blutung hörte
nach Entleerung des Uterus fast ganz auf, der Uterus zog
sich hinreichend zusammen. Die Frau, welche, als sie wieder
XIX. Sehuehardi^ Zwilling^sgeburt mit Placenta praeria. 261
in ihr Bett gelegt war, einer Ohnmacht nahe war, erhielt
etwas Wein und Zimroettinetur und erholte sieh bald wieder
bis zu einem gewissen Grade. Die ganze Operation hatte
nicht voll ein Viertelstunde gedauert Von den Kindern war
das erste, der Knabe, lebensfähig; allein trotz aller auf*
gewandten MAbe starb dasselbe den vierten Tag. Das zweite
Kind, das M3dchen, war nicht Jebensffihig zu nennen; es
vegeCirte mit wimmerndem, unvollkomm^em Athmen, ohne
im Stande zu sein, Nahrang aufzunehmen, bis zum Nach-
mittage hin und starb etwa 16 — 18 Stunden nach der
Geburt Das Wodienbett verlief im Ganzen gut Gegen
Abend hatte die sehr anämische Wöchnerin eine Ohnmacht
gehabt Als ich sie eine halbe Stunde nachher sah, war
sie wieder ganz bei sich und schwitzte sehr stark. Der
Uterus war gut zusammengezogen, Lochientluss noch un-
bedeutend, Puls 110, die Zunge in der Mitte etwas trocken;
die Brüste waren schlaff und enthielten wenig Milch; Stuhl-
entleerung und Urinabgang waren seit der Entbindung noch
nicht erfolgt Fleischbrähe und etwas Wein wurde weiterhin
dargereicht; verordnet wurde Natri nitrici 3iij., Aq. Amygd.
a. c. 3ij., Aq. dest Sv., Syr. Ruh. Id. 3j., zweistündlich ein
Esslöffel voll zu. nehmen. Den nächsten Tag hatte sich das
Fieber vermehrt, die Hitze war stärker geworden, die Zunge
zeigte sich in grösserer Ausdehnung ürocken; der Leib war
etwas empfindlich und aufgeti*ieben , Stuhlgang und Urin-
entleerung waren in der Nacht erfolgt Es wurde Calomel
mit Opium verordnet Unter dieser Modification minderte
sich in den nächsten Tagen das Fieber, die Schmerzen im
Unterleibe liessen nach, die Zunge reinigte sich und wurde
feucht, der Urin, welcher vorher etwas roth gefärbt war,
wurde normal gelb, allein es blieb trotz fortgesetzter Dar-
reichung von Bouillon u. s. w. eine ausserordentliche Schwäche
und Blutleere zurück. Deshalb verordnete idi den 8. December
eine Chinaemulsion (Infus. Cort Chin. reg. Sv., Ol. Amygdalar.
dulc. tß-y Gummi arab. 3ij., Syrup. emuls. iß,, zweistündlich
ein Esslöflel), welche die Frau beinahe 14 Tage hindurch
nehmen musste. Unter einer ausreichend kräftigen Diät erholte
sich die Wöchnerin allmälig, und jetzt (V^ ^^hr später) ist
262 ^I^« Sehuchardt, Zwillingsgebart mit Placenta praoTi«.
sie wohlauf und gesuod. Die Periode hat sich vor einiger
Zeit wieder eingestellt.
Die Complicalion, zu welcher der eben besehrid)ene Fall
gehört, wird in den Lehrbüchern der Geburtshölfe fast gar
nicht erwähnt Auch in der geburtshülflichen Casuistik sind
Fälle der Art nur sehr spärlicli aufzufinden. Bei den nicht
vollständigen literarischen Hülfsmitteln, welche mir jetzt zu
Gebote stehen, habe ich folgende vier Fälle nachweisen können.
Der erste Fall, welcher vom Prof. Kiemeyer in Halle
beobachtet wurde, ist in der Dissertation von Osius (CaroL
Adolph, Gust OaiuSy De placenta praevia. Diss. Marburg
1831. 4. Caput I. Historia gemellorum partus cum placenta
praevia complicati, quo alia placenta complete orificio, altera
fundo uteri inhaerebat) mitgetheilt. Osiua bemerkt selbst
p. 15 §. 9, dass ein solcher Fall von Niemeyer zuerst
beobachtet worden sei. Die Frau war 32 Jahre alt und hatte
schon drei Mai geboren. Die eine Placenta sass ganz centi*al
auf 'dem Muttermunde, die andere im Fundus des Uterus in
der Gegend der Einmündung der rechten Tube. Das erste
Kind, ein Mädchen, 5 Pfund schwer, lebte, das zweite Kind,
ein Mädchen, gab nach der Geburt nur geringe Lebenszeichen
von sich und starb 10 Minuten nachher. Vierzehn Tage nach
der Geburt befand sich die Wöchnerin ganz gesund, und der
Arzt, hörte seitdem nichts mehr von ihr.
Der zweite Fall wurde im Jahre 1836 von Ricker in
Nassau (Med. Jahrbucher f. d. Herzoglh. Nassau, Heft 11,
S. 107, 1853) beobachteL Das erste Kind lebte, das zweite
war in seiner Entwickelung zurückgeblieben und todt. Die
Mutter überstand das Wochenbett gut. Dem zuerst heraus-
geförderten Kinde war die Nabelschnur des zweiten doppelt
und so fest lim den Hals geschlungen, dass sie nicht gelöst
werden konnte; sie wurde, als dem ersten Kinde angehöhg
betrachtet, nach «vorheriger doppelter Unterbindung durch-
schnitten. Ueber die Beschaffenheit der Placenten und der
Eihäute ist nichts weiter mitgetheilt.
Der dritte Fall ist vom Prof. Trefurt (Abhandlungen
und Erfahrungen aus dem Gebiete der Geburtshülfe und der
Weiberkrankheiten. Erste Decade. Göttingen 1844. S. 223)
aus dem Jahre 1837 mitgetheilL Die Frau war 41 Jahre alt.
XIX. Sehuehardt, Zwillingsgabnrt mit PlacentA praevin. 263
hatte bereits 10 Kinder und darunter das letzte Mal Zwillinge
leicht geboren und ausserdem einige Male abortirt. Die vor-
liegende Placenta bedeckte das Orifidum uteri total. Die
beiden Kinder (Mädchen) waren scheintodt, wurden indess
bald in*8 Leben gebradit. Muttw und beide Töchter befanden
sich nach sedis Jahren noch ganz wohl. Ueber das gegen-
seitige Verhalten der Placenten und der Eihäute ist nichts
Näheres angegeben.
Der vierte Fall ist von H, Spöndli (Monatsschrift för
Geburtskunde u. Frauenkrankheiten, Bd. IV., Heft 1, S. 43,
1854, Juli) veröffentlicht. Die Frau war eine 28jährige Zweir-
gebärende. Das erste Kind (Knabe) war ausgetragen, obschon
etwas unter mittlerer Grösse und leblos. Vor Entfernung
der ersten, vorliegenden Placenta wurde das zweite Kind (Knabe)
eitrahirt; dasselbe war etwas unter Mittelgrösse und todt
Die erste Placenta, welche vom Orifidum uteri an der vorderen
Dteriowand bis etwa zur Mitte reichte, wurde darauf entfernt,
die zweite Placenta, welche höher lag und da begann, wo
die erste aufhörte, wurde einstweilen zurückgelassen. Nach
einer Viertelstunde begannen die Kräfte der Wöchnerin zu
sinken, eine anhaltende Ohnmacht stellte sich ein, und unter
krampfhaften Gontractioneu des Zwerchfells starb die Frau
eine halbe Stunde nach der Entbindung.
Was das statistische Verfaältniss der Placenta praevia
bei Zwillingen anbetrifft, so kommen nach Sickel (Schmidt*»
Jahrbncher d. gesammten Med., 1859, Nov., Bd. 104, S. 105 ff*.)
auf 17,780,674 Geburten in Preussen und Kurhessen 213,330
ZwilUngsgeborten. Da nach demselben unter 575,001 Geburten
Placenta praevia 442 Mal (also 1 Mal auf 1303^%42 Geburten)
beobachtet wird, so würden bei gleichmässiger Vertlieilung
unter jenen 213,330 Zwillingsgeburten sich 163% Mal Pia-
•centa praevia gefunden haben, also überhaupt bei 108,302%
Geburten 1 Mal Placenta praevia bei ZwiUingen sich finden.
Nach der statistischen Ueberdcbt der vom Jahre 1821 bis
incl. 1842 im dritten und vierten Bezirk des Herzogthums Nassau
vorgenommenen geburtshiMflichen Operationen von Ricker
(Nass. med. Jahrb., Heft 11, 1853) waren in dieser Zeit
147,437 Geburten dort vorgekommen, und auf S. 107 findet sieh
die oben erwähnte Placenta praevia bei Zwillingen aufgeführt.
264 ^^* Ahegg^ Bemerkaa^iBii iib«r die Entferniiog^
Ist dies der einzige Fall unter dieser Aiaabl von Geburten
gewesen, so wurde sich die Selteobeir noch viel bedeutender
herausstellen. Eine Statistik der Zwiilingsgeburten in Bezug
auf das Verbuudenscin oder Getrenntsein der bezuglicbeu
Placenten ist mir gegenwärtig nicht zur Hand, um hieran
weitere Betrachtungen in Bezug auf obigen Fall anzuknüpfen.
XX.
Bemerkungen aber die Entformmg der Nachgeburt
Von
Dr. Abegg in Danzig.
So sehr in der Geburtshfilfe die exspectative Methode
am Orte ist, so lange es sich um die Geburt des Kindes
handelt und bestimmte Indicationen zu rascher Beendigung
des Gebaractes vorliegen, so wenig erscheint nach der Aus-
sdiliessung des Kindes ein längeres Zuwarten angemessen,
bevor man sich zur Entfernung der Nachgeburt entschliesat
Gewiss haben viele Geburten, mindestens für das Kind,
einen ungunstigen Ausgang, wenn voreilig eingegriOen wird,
z. B. durch zu frühe Anlegung der Zange an den Kopf, durch
vorzeitige Extractionsversucbe bei Fuss* und Steissiagen ; aber
ebenso gewiss glaube ich, dass nach der Geburt des Kindes
die Entfernung der Nachgeburt künstlich stets dann zu be-
wirken ist, wenn sie nicht durch die eigene Kraft des mütter-
lichen Organismus bald, d. h. biimen höchstens 15 Minuten,
von selbst erfolgt
Wir folgen darin lediglich der treuen Beobachtung der
natürlichen Vorgange, wdche stets der sicherste Leiter unseres
ärztlichen Handelns ist.
' Bei regelmässigen Geburten wird die Placenta binnen
längstens 15 Minuten nach der Geburt des Kindes vom Uterus
ausgesiossen, oft genug aber sofort nach dersdben, ganz
abgesehen von ihrer fast gieicbzeitigen Eliminirung bei den
Geburten mit unverletzten Eihäuten, wie mir ein solcher
seltener Fall im achten Monate der Schwangerschaft vorkam«
der Nachgebart. 265
Zögert die spontane Entfernung also länger, so dürfen
wir sicher auf irgend eine Anomalie scbliessen, sei es nun
mangelnde oder unregekuässige Coutraction des Uteras oder
ungewöhnlich feste Adhäsion der Placenta an demselben.
Wenn, abgesehen von den Früheren MauriceaUf Deventer,
Chapman etc. sich für die schleunigste Entfernung der Nach*
geburt aussprechen, selbst noch, ehe das Kind von der Mutter
getrennt ist, wenn Andere im geraden Gegensatze jeden Eia^-
griff vermeiden und Alles der Natur überlassen wollten, so
ist allmälig seit Smellü, Levreif Boederer, Baudelocque
immer allgemeiner der Mittelweg eingesetdagen worden, erst
dann die Nachgeburt berauszubefördern, wenn einige Zeit
nach Austreibung des Kindes neue Wehen eingetreten sind*^)
Nach ßcanzoni^) soll die Placenta erst entfernt werden,
wenn die Nachgeburtswehen heiliger und schmerzhafter werden
und das Volumen des Uterus so abgenommen hat, dass man
auf völlige oder theilweise Ausstossung der Nachgeburt aus
der Höhle des Uterus scbliessen kann.
Grenser^) will bei sonstigem Wohlbefinden der Ge*
bärenden erst dann die Beschleunigung des Abganges der
Nachgeburt gestatten, wenn diese grösslratbeiis oder mindestens
soweit den Muttermund passirt hat, dass die Insertionsstelle
der Nabelschnur mit zwei Fingern leicht zu erreichen ist
in ähnlicher Weise äussert sich Lumpe.^) Arneth^)
will, wenn nicht Blutung rasches Handeln erfordert, drei
Stunden abwarten, bevor die Placenta künstlich ^döst wird,
bezeichnet aber selbst diesen Zeitraum als einen willkürlich
gewählten, und bestätigt noch, dass die Gebärmutter sich
um so fester um die Placenta zusammenzog, je länger diese
in derselben verweilte. Busch ^) erwähnt nur die Entfernung
der sdion in die Scheide herabgelretenen Placenta. KiwiscW^
1} Riedel in VerhAndl. d. Gesellscb. f. Oebnrtsh. in Berlin, 1847.
2) ae^nwmi, Lelirb. d. GeborUkülfe, 8. AnH., 1865, 8.263.
5) Qrenaer in NägeU'n Lehrb. d. OeburtBbülfe , 4. Aufl., 1864^
S. 238.
4) Lumpe, Compend. d. Geburtshülfe , 3. Aufl., 1864.
by Ärnelh, geburtsbülfl. Praxis, 1851, S. 163.
6) Busohy Lehrbncb der Oebnrtskande, Ö. Anfl., 1849.
7) Kiudech, Geburtskund« , 1851, S. 489.
266 ^^- ^^^99 1 Bemerk an gen über die Entfernunc^
gieht an, dass die Nachgeburtswehen bei Eutokieen 8 bis
15 Minaten nach der Geburt des Rindes eintreten, verbiete
aber die künsdicbe Beseitigung der Placenta, so lange bei
sonst normalen Verhältnissen keine Zusammenziehung des
Uterus erfolgt ist, und will die Operation selbst dann noch
mehrere Stunden aufgeschoben wissen.
Wir' finden also entweder nur unbestimmte, oder dodi
willkürlich bestimmte, stets aber längere Zeilräume angegeben.
Wie aber, wenn der Mutterkuchen eben nicht berabtrilt,
weil er ungewöhnlich gross oder weil er mit dem Uterus
▼erwachsen ist, oder wenn die erwarteten Wehen nicht ein-
treten, weil der Uterus durch lange Geburtsarbeit an Con-
tractionskraft viel verloren hat, die Frau selbst äusserst
erschöpft ist, oder wenn gar Anomalien beider Reihen vei^
bunden sind?
Die Hindemisse werden durch längeres Zuwarten nicht
schwinden, sondern wachsen. Die fehlende oder unregelmässige
Wehenthätigkeit erhebt sich nach weiterem Zögern selten
genug wieder zur Höhe der normalen Kraft, die zur Aus-
stossung der Placenta erforderlich ist, ein fest verwachsener
Mutterkuchen löst sich später sicherlich nicht leichter, wenn
die Gebärmutter sich wieder fest um ihn contrahirt hat, der
Hutterhals wieder verengt ist
Die Gebärende endlich — und dies ist ein sehr wesent-
licher Punkt — sehnt sich nach der- psychischen und körper-
lichen Ruhe. Sie kann diese aber erst nach völliger Beendigtmg
des Gebarens, also nach Entfernung der Placenta erreichen,
deren längeres Zurückbleiben in der Uterushöhie für die
meisten Frauen beunruhigend, für viele eine für das Wochen-
bett walurlich nicht vortheiUiafte Ursaclie der grössten Angst ist
Welchen Erfolg wird man also von stundenlangem Warten
haben? In den meisten Fällen vermehrte Gefahr, in allen
verlätigerte peinigende Unruhe der Gebärenden und sehr oft
die spätere schwierigere und schmerzhaftere Beseitigung der
Placenta, statt deren früherer leichterer und weniger ein-
greifender Herausbeförderung. Zudem ist diese längere Warte-
zeit, wie Ameth es offen ausspricht, eine rein willkürlich
bestimmte, während die Natur uns deutlich lehrt, dass die
sofort oder wenigstens sehr bald der Geburt des Kindes
. der Nachgeburt. 267
folgende Beseitigung der nunmehr öberflüssig gewordenen
Placeuta das Normale ist.
Der einzige, scheinbar triftige Grund des Zögerns ist die
Scheu vor -einem immerhin mitunter bedeutenden Eingriffe,
den ich aber durchaus nicht für gefährlicher halte, als z. B.
denjenigen bei der Wendung.
Indessen ist dieses Motiv jetzt als erledigt zu betrachten.
Wir haben nun eine Art, die Nachgeburt zu entfernen, welche
das Einfuhren der Hand in den Uterus möglichst vermeidet
und auf die wenigen Fälle von wirklich fest verwachsener
Placenta beschränkt
Dies ist die englische Methode, wie sie schon von
C Mayer ^) besprochen, jimgst hauptsächlich von Cred^^)
und Spiegelb&i^g^) mit Recht dringend empfohlen ist, die
beste, weil sie am wenigsten eingreifend und am schnellsten
ihren Zweck erreicht. Sie besteht bekanntlich in andauernder
Ueberwachung des Uterus mit der aufgelegten Hand, von der
Gebuit des Kindes an bis zur völlig erfolgten Ausscheidung
der Placenta, und einfachem Umfassen, dann sanftem, gleich-
massigem Herabdrucken der oberen Partie des Uterus in die
Beckenhöhlung. Von der Vorzöglichkeit dieses Verfahrens bin
ich jetzt um so mehr überzeugt, je mehr ich anfangs daran
zweifelte, weil Cred^ angab, die Placenta werde fast immer
sofort bis vor die äusseren Genitalien ausgestossen. Dieses
sah ich in der That nur ein einziges Mal, hatte aber in den
zahlreichen, in dieser Art behandelten, übrigen Fällen, aller-
dings nur nöthig, die bereits in die Scheide herabgetretene
Placenta mit der Hand zu erfassen und herabzudrücken, ein
Eingriff, der, behutsam ausgeführt, ohne jeden Nachtheil ist.
Aber auch, bevor ich diese treffliche, einfadie und sichere
Manipulation methodisch anwendete, entfernte ich stets, wenn
die Placenta nicht binnen 2 bis 5 Minuten spontan aus-
getrieben war, dieselbe, natürlich nie durch Ziehen, sondern
stets durch vorsichtiges möglichstes Umfassen und langsames
1) Verhandl. d. Ges. f. Geburtshülfe io Berlin, 1847.
2) Monatsschrift f. Gebartskunde, 1860, Bd. XVI., H. 6 and
1861, Bd. XVII., H. 4.
3) Erfahrungen und Bemerkungen Über die Störungen des
Nnchgeburtsgeschäftes in Würzburger Med. Zeitschrift, 2. Bd., 1861.
Hoaatd^chr. f. Oebartsk. 1861. Bd. XVIIIm Uft.i. ^^
268 XX. Abeggy Bemerkungen über die Entfernung
Herabdrucken mittels der eingeföhrten Hand, aus dem Uterus,
und habe es nie, in mehreren Hundert Fällen zu bereuen gehabt,
den Wöchnerinnen recht bald das angenehme Bewusstsein
der vollständig beendeten Geburt und somit l)ehaglicher,
psychischer und körperlicher Beruhigung gewährt, ihnen jede
längere, qualvolle Angst erspart zu haben.
Halte ich die schnelle Wegnahme des Muttericuchens nun
schon bei regulären Geburten für richtig, um wieviel mehr
in Fällen von wirklicher Verwachsung, wo die ein-
fache englische Methode begreiflich aucfi nicht mehr leistet,
als längeres Abwarten. Diese Anomalie ist glücklicherweise
selten, kommt indessen doch immerhin vor. Zwar sagt die
alte Justine Siegmundin in ihrem oft aufgelegten Werke:
„Es geschieht in vielen Jahren nicht, dass eine angewachsene
Nachgeburt gefunden wird ,'' ') Boer ^) sah nur einen einzigen
FaD, Ameth^) berichtet über 11 Fälle unter 6527 in der
zweiten Gebärklinik in Wien (4 Mutter starben); Coüins^)
über 10 FäUe auf 16,632 (alle Mütter genasen), CUntoek
und Hardy^) über 11 Fälle auf 6634. — Spiegdberg er-
wähnt in seinem gediegenen Aufsatze sehnige Verwachsungen.
Solche fand ich zwei Mal, sowie ein Mal die sehr fest
adhärente Uterinoberfläche der Placenta mit vielen ein-
gelagerten, kalkigen, harten, hirsekomgrossen Concrementen
besetzt.
lieber die Gefährlichkeit des Zurückbleibens der Placenta
im Allgemeinen ist man heutzutage wohl einig, wie auch
schon der grosse Boer^) diese Ansicht in seinen Aphorismen
niederlegte mit den Worten: „In welch* immer einer Geburt
der Mutterkuchen nicht ausgesondert wird, eher als der
Mutlerhals sich, gesund oder krankhaft, verenget hat, so sind
1) Churf. Brandenb. Hofwehemutter, S. 221, 1741.
2) Boir, Nfttürl. Gebnrtshülfe, 1817, 3. Bd., ß. 252.
8) Arneihy a. ». O.
4) A pfactical treatise on midwiferj, containing tbe resiilt
of 16,654 ßirths occurring in tbe Dublin Lying < — in Hospit«! etc.
by R, Collina^ London, 1836.
5) Practical observations on midwifery etc. by M* CUntoek aad
Samuel L. Hardy, Dublin .1848.
6) Bo'iT, Nstfirl. QeburtiBhälfe , Bd. 3, S. 60.
der Naehgebnrt. 269
unter 27 solchen Fällen 2 nicht tödtlich.'' Freilich gi^t es
auch Ausnahmen mit günstigem Verlaufe, wie ich deren bisher
drei beobachtete, deren bedenklichster folgender war. Im
Jahre 1855 hatte eine Frau im vierten Monate abortirt,
nachdem sie seit drei Tagen an linkseitiger Pleuro- Pneumonie
erkrankt war. Die Hebamme hatte durch starkes Ziehen am
Nabelstrange diesen nahe an seiner Insertion von der Piacenta
abgerissen. Erst am folgenden Tage wurde ich gerufen und
fand den Uterus so contrahirt', den Muttermund so verengt,
dass ich kaum mit der Spitze des Zeigefingers eindringen
und mich von der Anwesenheit der Piacenta überzeugen konnte. .
Ein bedeutender Eingriff, der in diesem Falle auch unter
Chloroform -Narkose wohl wenig von seiner Gewaltsamkeit
verloren hatte, scliien mir in keiner Beziehung ralhsam; des-
halb beschränkte ich mich auf Anordnung von täglich mehr-
maligen InjectHMien von lauem Wasser, später von schwacher
Chlorkaiklösung in die tlterushöhle, wobei allmälig die Reste
der faulig zerfallenen Piacenta abgingen. Nach etwa vier
Wochen hatte der AusOuss aufgehört und die Frau ihre frühere
Gesundheit wieder erreicht. Ob ohne die Injectioneo der
Ausgang ein gleich guter gewesen wäre, bezweifle ich. Von
dem evidenten Nutzen derselben habe ich mich auch ausserhalb
des geburtshfllflichen Gebietes oft überzeugt bei der Behandlung
von jauchenden Geschwüren, tiefen OperaUonswunden mit
starker Eitersecretion und fistulösen Geschwüren an Stellen,
welche die Anwendung permanenter Localbäder nicht ge-
stalteten, wie sie von Stromeyer zuerst empfohlen und
namentlich von Langenbeck in wohlverdiente Aufnahme ge-
bracht wurden. — Ohne die Complication mit Pleuro -Pneumonie
würde ich im obigen Falle chloroformirt haben. Zwar spricht
sich Spiegdberg bei Stricturen des Uterus gegen dasselbe
aus, weil die blosse Anästhesie die motorischen Erscheinungen
steigere, tiefe Narkose aber bei dem meist vorhandenen
Blntflosse s^ gefahrlich sei. Auch Scaiutoni^) ist nur bei
Abwesenheit jeder Blutung für Chloroformiren, verwirft es
aber bei Blutung, weil die Einleitung der Narkose stets einen
längeren, hier sehr bedeutungsvollen Zeitraum erfordere, weil
1) ScantofU, Beiträge etc., 2. Bd*, 8. 76.
18*
270 XX. Äbegg, Bemerkungen über. die Entfernung
•
der Grad und die Aeusserungen der Anämie sich in der
Narkose der ärztlichen Beurtheflong entziehen und weM
möglicherweise die Erschlaffung der Uteriiswandungen eine
vorher nicht bestimmbare Steigerung der Blutung zur Folge
haben könne. Uebrigens führt Seanzoni selbst (ibid. S. 90)
an, dass es behufs Entfernung der zögernden Nad^dHUt
gewöhnlich keiner so tiefen Narkose bedärfe, als zur Vor-
nahme einer Wendung u. s. w., sondern dass in der Regel
die Herbeiführung eines halbbewusstlosen Zustandes zur Er-
schlaffung des Uterus hinreiche. Es kommt also hier wohl
nicht zur vollständigen Atonie desselben und die Dauer dieser
massigen Chloroformbetaubung ist erfahrungsgemäss eine kurze,
meist nach einigen Minuten schwindende. Um so sicherer
aber wird dann, wie ich glaube, das Seeale cornutum, bd
vorhandener Blutung, oder nur prophylaktisch gereicht, im
Stande sein, kräftige Zusammenziehung des Uterus zu be-
wirken. Diese Wirkung wird neuerdings durch die Mitiheilung
von Pippingskold ^) in Helsingfors und Willibrand bestätigt.
Das Mutterkorn erregt Contraction der Muskulatur, verkleinert
somit die Lumina der Uteringefasse, hindert den staiken
Blutandrang, der zu Hetriüs führen kann; es verkleinert
femer die ganze innere Oberfläche der Gebärmutter, also
auch der Placentarstelle, beschränkt die Venenthrombose an
derseH)en und befördert die schnellere Ausstossung etwaiger
Blutgerinnsel.
Im Frühling d. J. wurde ich behufs Lösung der Placenta,
V/i^ Meilen von hier, aufs Land geholt und traf etwa vier
Stunden nacli der (siebenten) Entbindung der Frau ein. Diese
war bereits sehr anämisch, hatte einen sehr kleinen Puls
von 140, kühles Gesicht, kühle Extremitäten, bläuliche Lippen
und schwemm in ihrem Blute. Der hochstehende Uterus war
sehr schlaff, so dass ich die Hafid leicht einführen und einen
Theil der Placenta erreichen konnte, welcher, etwa in der
Grösse eines Zweithalerstückes, mit der rechten Uterinwand
zellig verwachsen war. lu einigen Minuten löste ich diese
Verbindung, entferule die ganze Placenta und gab dann drei
Dosen Seeale ä gr. x., zweistündlich zu nehmen. Der Uterus
1) Pippingskold^ MonatMchrift f. Qebartskunde, Bd. 16, S. 296.
der Nachgeburt. 271
contrahirte sieb krftftig. Nach 14 Tagen erfuhr ich, dass
die Frau, obwohl reconvalescirend, doch nodi sehr schwach
sei und noch öfter, wenn auch nidit bedeutende, Blutungen
habe« Deshalb liess ich nun drei Tage lang, je mehrere
Dosen, Seeale nehmen, die dies Mal ausreichend wirkten.
Nach weiteren drei Tagen wurde unter wehenartigen Sdimerzen
ein IV2 Lotfa schweres, der Uterusböhle entsprechendes
bimföriniges festes Fibringerinnsel, das sich mikroskopisch
als solches erwies, ansgestossen. Die Blutungen kehrten
nicht wieder und die Frau erholte sich nun rasch.
Willebrand glaubt sogar, dass das PuerperalGeber durch
beschleunigte Involution des Uterus meist ganz abzuwenden
sei und giebt darum unmillelbar nach der Geburt Seeale.
In Deutschland stellte besonders Braun ^) diese Ansicht auf
und Spiegelberg pflichtet ihr ebenfalls bei.
Zieiit sich der Uterus nach Ausstossung der Plaeenta
bald energisch zusammen, und hat man, namentlich bei
kräftigen Primiparis, eine Relaxation desselben nicht zu be-
sorgen, so ist das -Seeale wolil nicht erforderlieh, dagegen
um so mehr in allen denjenigen Fällen dringend anzuempfehlen,
in welchen die Gebärmutter nach Beendigung der Geburt
schlaff bleibt, oder, wo dieselbe zwar zunächst sich contrahirt,
jedoch die allgemeine Erschöpfung der Wöchnerinnen eine
wiederkehrende Erschlaffung des Uterus als nicht unwahr-
scheinlich erscheinen lässt. Aus diesem Grunde gebe ich bei
Mehrgebarenden stets, bei Primiparis je nach den individuellen
Umständen am ersten Tage nach der Geburt einige Dosen
Seeale und glaube diesem einen grossen Antbeil an dem
befriedigenden Verlaufe der allermeisten von mir beobachteten
Wochenbetten zuschreiben zu müssen.
Wenn ich mir früher, als man die Plaeenta noch mittels
der eingeführten Hand herausbeförderte, zur strengen Pflicht
gemacht hatte, dies Geschäft nicht den Hebammen zu über-
lassen, sondern selbst auszufuhren, so glaube ich nun, dass
die englische, von Credd ausführlich gewürdigte Methode,
weil sie rein äusseriieh und ungefährlich ist, allerdings auch
von der Hebamme ausgeführt werden kann, dass aber jeden-
1) Braun ^ KliDik der Gebnrtshttlfe und Gynäkologie.
272 XX. Äbegg^ Bemerkangen über die Entfernung etc.
falls der Geburtshelfer diese überwachen und die Gebarende
keinesfalls vor Beendigung dieses letzten Theiles des Gebäracies
verlassen darf. Nach wie vor werde ich aber denselben
selbst besorgen, wenn auch ein Hauptmotiv dazu durch die
Crede'scha Verfahrungsweise grösstentheib besekigt i^t. Meine
Meinung ist nämlich, dass bisweilen Puerperalfieber ent-
schieden durch Infection und zwar durch Uebertragung miUels
der Hände der Hebammen weiter verbreitet werden, ohne
dass ich deshalb diese directe Ansteckung, wie es Semmelweis^)
thüt, als die einzige Ursache der Puerperalfieberepidemien
betrachte. Es kam aber hier mehrfach vor, dass die von
derselben Hebamme kurz nach einander Entbundenen sämroüich
an Puerperalfieber erkrankten und starben, während alle
übrigen Wöchnerinnen von dieser Krankheit verschont blieben.
Das Herausholen der Placenta mit einer Hand, die kurz vorher
mit der jauchigen Ausscheidung aus dein Uterus einer au
Metritis puerperalis Leidenden in Berührunj; war, muss dabei
ein wesentliches Moment sein können.
Schliesslich ei*kläre ich mich demnach für die künstliche
Entfernung der Nachgeburt binnen 2 bis 15 Minuten nach
der Geburt des Kindes, für die englische, von CredS cultivU*te
Verfahrungsweise und für. die Ausfuhrung derselben durdi
den Geburtshelfer.
1) 8emmelwe%9f Aetiologie, Begriff und Prophylaxis des Kind-
bettfiebers, 1861.
XXI. Baer, Ueber Anwcodang der Electricität etc. 273
XXL
lieber Anwendung der Electricität in der
Oeburtshttlfe.
Von
Dr. A« Baer in Berlin.
Die Electricität ist in der neuesten Zeit in der Geburts-
hülfe vielfach und mit unzweifelhaft gutem Erfolge angewandt
worden. Dieses Resultat konnte a priori erwartet werden,
da der Uleiois, ein vollständig muskulöses Organ, sich un-
möglich der electrischen Einwirkung entziehen kann. Dass
sich aber der Uterus auf den electrischen Strom contrahirt,
haben bereits die Experimente von Ed. Weber bewiesen.
^Der Uterus eines trächtigen Hundes/' sagt Weber^ „zog
sich auf Einwirkung des Galvanismus an allen mit den
Drähten berührten Stellen zusammen und die entstandenen
Einschnürungen dauerten hoch lange fort, nachdem die
Einwirkung aufgehört hatte, aber auch an dem nicht,
trächtigen Uterus eines Kaninchens habe ich nach galvanischer
Reizung «sichtbare Zusammenziehungen wahrgenommen/' Auch
Mackenzie^) überzeugte sich durch wiederholt angestellte
Versuche an Thieren, dass der Uterus sich auf den electrischen
Reiz energisch und momentaq zusammenzog. Aber auch die
Erfahrung hat bereits gelehrt, dass die Electricität, diesen
Anschauungen entsprechend, em zuverlässiges und sicheres
Mittel ist, Contractionen des Uterus hervorzurufen und d^ss
ihre Anwendung demzufolge sich in vielen Fällen von Blutungen
glänzend bewährte, die vor oder nach der Geburt in Folge
mangelhafter Contractionen des Uterus entstanden und nur
auf ein^ schnelle Ausstossung der Contenta des Uterus sisliren.
Hit gleich guten Erfolgen wurde sie bei langhingezögerten
Geburten in Folge ehigetretener Wehenschwäche oder bei
1) Art. Müskelbewegang in Sud, Wagner^s Handwörterbuch
d«T PhysiologM.
2) Tbe Langet, Mars 1868.
274 XXI. Baer, Ueber Anwendung der ElectricitKt
gänzlicher Unthätigkeit des Uterus und scbliesslicfa zur Er-
weckung der künstlichen Frühgeburt versucht Nicbtsdesto*
weniger sehen wir dieses Mittel ganz besonders in Deutschland
fast gar nicht in Anwendung gebracht, ja nicht einmal einer
gründlichen Prüfung unterworfen , obgleich die wenigen
deutschen Geburtshelfer, die sich dieses Mittels bedienU»,
mit den zahhreichen, namhaften englischen Beobacbtem in
dem Urtheile übereinstimmen, dass die Electricität in vielen
geburtshülflichen Fällen einen höchst schätzbaren und in
gewissen Fällen selbst einen unersetzlichen Wa*th haben. —
Der Gegenstand ist unstreitig von so grosser und so ge-
wichtiger Tragweite, dass -es sich der Muhe lohnt, ihn hai4i
langer Zeit wieder einmal zur Sprache zu bringen. Vielleidit
dürfte ein kurz zusammengetragener historischer Ueberblick
der bereits bekannt gewordenen Fälle, .den Mangef selbst-
ständiger Erfahrung ersetzend, dahin führen, dass diese
Methode einer wiederholten und gründlichen Prüfung unierzogen
und ihre Zweckmässigkeit anerkannt werde.
Wir werden demnach in Folgendem die einzelnen Fälle
besprechen, in denen die Electricität indicirt ist, werden uns
aus der Erfahrung anderer Beobachter so viel Belege als
möglich zu verschaffen suchen und werden schliesslich auf
die genauere Erörterung eingehen , auf welciie Wels« wir uns
dieses Mittels nach unseren jetzigen Anschauungen und Er-
fahrungen bedienen müssen.
' * Die künstliche Frühgeburt.
Die Einleitung der künstlichen Frühgeburt ist nach de»^
Ansichten aller (?) neueren Geburtshelfer bauptsäehlich da
indicirt, wo bei constatirter Beckenenge die Gewissheit vor-
handen ist, dass die völlig ausgelragene Frucht weder durch die
Naturkräfte noch durch die gewöhnlichen Kunstmittel lebend zur
Welt kommen wird; öder in Krankheitsfallen, die das Leben
der Mutter aufs Höchste bedrohen und deren Beseitigung nur
durch die baldige Beendigung der Schwangerschaft ermöglicht
wird. Wir leiten alsdann zu einer Zeit der Sdiwangerschaft,
wo die Frucht bereits ausserhalb des Uterus zu leben fähig
ist, die Geburt und zwar dadurch ein, dass wir die Con-
Iractionskraft des Uterus auf eine so nachhaltige Weise
in der Geburtshülfe. 275
erwecken, dass die Geburt durch seine TliStigkeit vollbracht wird.
Zu diesem Zwecke sind vielfache Verfahren angegeben worden,
die theiis durch Zerrung und Ausdehnung des Muttermundes,
tbeils auch auf dem Wege des Reflexes wirken. Aber schon
der Umstand, dass ffir diese Operation so viele und so ver-
schiedenartige Verfahren angegeben sind, beweist, dass keities
von allen irgend welche Souverainität behauptet. Viel sicherer
und dem natArlichen Vorgange der Wehenthätigkeit ganz
analog, mässte die Electricilät, auf den Uterus applicirt, die
Geburt einzuleiten im Stande sein. Und in der tbat hat
schon Schreiber im Jahre 1843 den Vorschlag gemacht,
mittels galvanischer Electricität die kOnslIiche Frühgeburt
hervorzurufen. Unter den vielen Vortheilen dieser Methode
fölirt der Verf. auch ganz richtig an, „dass,*) durch diese
Kraft der Vorgang der Geburt auf eine der natürlichen ganz
entsprechende Weise mit beginnenden geringeren und allmdlig
verstärkten Wehen, anfangs in grösseren, dann in kleineren
Zwischeurdumen eingeleitet werden kann; dass dieser Vorgang
femer ganz in der Hand des Geburtshelfers bleibt, der nach
den eintretenden Zußllen ihn beschleunigen, verzogern oder
ganz sistiren kann."* Dieser Vorschlag ist jedoch in Deutsch-
land nur sehr vereinzelt in Ausführung gekommen und der
Einzige, der, auf eigene Ei*fahrung gestützt, diese Methode
in ihrem Werthe erkannte und sie demgemäss warm empfohlen
J^atte, dürfte woU Benj. Frank sein. Er wandte die Magnet-
eldctricität in vielen Fällen mit den besten und glücklichsten
Erfolgen an, und theilt selbst vier Fälle mit, wo er bei
profusen Nachblutungen, nach vergeblichem Gebrauche anderer
Mittel, die sofortige Sistirung der Blutungen durch die An-
wendung der Electricität erzielte. In einem anderen Falle,
wo die Beendigung der Geburt höchst erwünscht war, besondere
Umstände aber den Gebrauch anderer weheneiTegender Mittel
nicht zuliessen, entschloss er sich zu dem Versuche mit der
Magnetelectricität und der Erfolg war ein so überraschend
günstiger, dass er sich dieses Mittels von Jener Zeit an immer
zur Wehenerregung bediente, so oft eine solche angezeigt
und gegen die Electricität keine Contraindication vorhanden
1) Nene Zeitschrift fviT Geburtsk., XIV., S. 67.
A»*eBdung der ElectricitÄt
,,, Sa^r, veter A
dtheTf ^ fl«ötridUit fiberatt anxuweod«»,
p„r. /Vtf*^ ' gleitet f /)e«chleuBigt oder befi&rdert werden
ii'0 eii><J ^'^"'^^/fodßfl Äwfte aber entweder gar mchi oder
soll, ^ '*" ,tf dem von der Frucht oder den GeburUwegeo
l0 Vei'häif^^' ^y/jerstande zu gering sind oder so unwirksam,
au^«*''"'^^l^y,.^yi.rJauf verzögert und dadurch ein NachtheO
^^u iipr und Äind entstehen kann. „Es muss jedoch/
für »^^''
oa\\c^ nachzuahmen. Bei der normalen Geburt aber
Frank y^) i«^^ unsere Aufgabe sein, der Natur so viel
^1 jjevor noch eigentlich das normale Geburtsgeschäll
beßiniit, J"'*^'^ Einwirkung des Fötus auf die Uterinnerven
Me AfediiUa spinalis allmäüg in einen Zustand erhöhter Thätig-
keit versetzt, welche zur Vollbringung der Fruchtenüeening
erforderlich scheint. Sollte daher die Magnetelectricitat. zur
ßewerkstelligung der könsUichen Frühgeburt angewendet
werden, so wäre zuvor durch einen Presssdiwaram oder durch
eine andere Vorrichtung der Muttermund zu erweitem; ist
das geschehen, so ist gewiss kein Mittel besser im Stande,
kräftige Contractionen in der Gebärmutter zu erwecken, als
eben die Magnetelectricitat'' — In dieser letzten Ansicht wird
Fraiüc gestärkt durch einen Fall von kOnstlicher Frühgeburt,
^ den die DDr. Jacobi und Höniger^) mittheilen. Heftige
asthmatische Anfälle und Krämpfe gaben hier die Indication
zur Frühgeburt ab. Ein eingelegter Pressschwamm und ein
Infus. See. corn. (3j^. auf Svj.) eröffnete das Orific. ut. auf
2 — 2V2 Querfingerbreile, die Weben hörten jedoch auf und
als der Allgemeinzustand der Kreissenden die Beschleunigung
der Geburt nothwendig machte, kam Dr. Höniger zu dem
Entschlüsse, die Magnetelectricitat als wehen^regendes Mittel
zu benutzen. „Der Apparat wirkte kaum eine halbe Minute
ein, als bereits eine lange, anhaltende und kräftigt Wehe
erfolgte, eine Erscheinung, die sich prompt in derselben Weise
wiederholte, so oft die Electricität einwirkte. Der eine Con-
ductor wurde an das Orif. uteri, der andere an die linke
Seite des Bauches angelegt.*" In ungünstiger Weise spricht
1) Diese Zeitsclirift , XXL, S. 8.
2) Diese Zeitschrift» XVI., 8. 428.
in der Geburtsbülfe. 277
^ sich Zr. Hartinff^) über dieses Mittel aus. „Der Galvanismos
^ und Eleciricitit/' sagt er, „wurde zuerst Ton Schreiber 2ur
^ Erweckung der künstlichen Frühgeburt empfohlen. Die wenigen
'^ von Simpson u. A. angestellten Versuche beweisen, dass durch
^''- das gedachte Mittel unter Umstfinden Wehen erweckt und ver-
^ stSrkt werden können. lodess durfte sich der Schreiber'^cbß
^ Vorschlag wohl nie zu einer wirklichen Methode erheben
* können, denn einestheils ist die Beschaffenheit des Apparates
^" für den praktischen Arzt eine kostspielige Ausgabe, andernlheils
h steht zu erwarten, dass ihre Anwendung der ohnehin schon
^ empfindlidien Schwangeren zu grosse Schmerzen verursachen
^^ wird.*' Diesem bloss auf theoretischen Anschauungen ge-
^ gründeten Urtheil Hariing'% ist aber offenbar nicht bei-
^ zupflkditen. Denn die Kostspieligkeit des Apparates ist durch
n neue Constructionen so verringert, dass die Anschaffung
ff desselben sehr leicht ermöglicht ist. Und was die durch
1. unsere Methode verursachten Schmerzen betrifll, so dürfte
t ' doch am Ende nicht ausser Acht gelassen wenden, dass alle
Methoden zur Einleitung der künstlichen Frühgeburt mit mehr
weniger heftigen Schmerzen verbunden sind, dass aber die
% lange Dauer der Procedur neben der Unsicherheit des Erfolges
für die Kreissende wohl unerträglicher sein dürfte, als die
i Application der Electricitat, die nadi der Z>«eA6nn6'schen
Methode um Vieles schmerzloser uiid eine verhältnissmässig
nur sehr kurze Zeit angewandt zu werden braucht — In
neuester Zeit hat Hennig ^) auf der Naturforscberversammlung
in Wien den Vorschlag gemacht. Versuche anzustellen, die
Frühgeburt mittels Indnctionselectricitat einzuleiten. „Der
Uterus müsste sich ganz gewiss contrahiren, wenn man die
beiden Nervenstränge trafo, die vom Plex. nterinus zu ihm
herabsteigen, und dies sei möglich.'* Hennig zeigt ein von
ihm erfundenes Instrument vor, welches aus zwei Kupfer*
drahten besteht, die, in Kautschuk gehüllt, in den Mastdarm
eingeführt werden und innerhalb desselben sich von einander
entfernen sollen. Diese werden hoch in den Mastdarm hinauf-
geschoben und müssen mit ihren Enden die betreffenden
1) Sehmidt'B Jahrbaohar, 186S, Bd. 79.
2) SekmidVn Jahrbfieker, 1866, Bd. 92.
278 XXI. Baevy Uebcr Anwendung der Electricität
Nervenstrange treffen. — Wir werden unten noch
auf diesen Hennig'^chen Vorschlag zurQckkomroen.
Mit viel mehr Energie und daher jnit viel mehr Erfolg
wurde die ElectridUt in England und zwar zuerst von Radford
in der geburtshfilflichen Praxis in Anwendung gehracbt. Er
versuchte diese Methode zuerst bei einer, Patientin, w«
während der Wehen eine enorme innere Blutung eingetreten
war und überzeugte sich, dass der Galvanismns eine Ionische
und selbst periodisch wiederkehrende Contraction hervorrufe,
wenn man jenes Agens von <iner Zeit zur anderen einwirken
lässt. „From Ihe moment the circle was completed,** sagt
Rndford^) ^uterine pains were excited and a beariog-drown
effect produced, the effect was observed to be more or less
intense accoi^ing to tlie length of time the conductors were
allowed to remain applied. — The uterus was feit," fahrt
er fort, „to be lonically coniracted during the intervals and
this effect was increased after each temporary action indnced
by tbe afiplication of Ibe connecting-rod.*^ In einem anderen
F'Hlle,^) wo er die Magnetelectricität wegen profuser Blutung
vor d(*r Gfimrl anwomlen ntusste, sah ei* die Blutung t>ogleiGh
nach der Anlegung der Conducloren schwacher werden und
bald ganz slill stehen. Der Muttermund begann weich zu
werden und war nach Verlauf von sechs Stunden so erweitert,
dass ein lebendiges Kind geboren wurde. Die Piacenta wurde
gleichfalls ohne jegliche Hülfe entfernt; es trat Jieine Blutung
mehr auf und- der Uterus fühlte sich fest und zusammen-
gezogen an. — Gegen diese Beobachtungen Sadford's tritt
Simpson ') mit acht Fällen auf, bei denen er die Electricität
angewandt und keine Contraction des Uterus zu erzielen im
Stande war. Während Radford und andere Beobachter
behaupten, dass die Electricität sogar Wehen in einem noch
unlhättgen Uterus, zu erwecken im Stande ist, wie wir es
zur Erweckung der künstlichen Frühgeburt bedürfen, spricht
Simpson der Electricität jede Wirkung ab, nicht einmal be-
stehende Weben werden durch die Einwirkung des electrischeo
s —
1) London medic. Gazette, 1846, Jannary.
2) London medic. Time«, 1846, Jannary.
8} Dabl. medio. Journal, 1852, Febraary.
in der GcbartshQlfe. 279
Stromes vermdlirt oder yersUirkt Es würde, sagt er, übereilt
und unlogisch sein, nach den vorliegenden Versuchen und
Erfahrungen schliessen zu wollen, dass der Galvanismus unter
keiner Modification und unter keiner Anwendungsweise im
Stande wäre. Wehen beryorzurufen oder die Uterinthätigkeit
zu verstärken. Es können ja neue Methoden, den Galvanismus
zu gebrauchen, entdeckt werden, die möglielierweise zu anderen
Resultaten führen. „But I bdieve, I am justified in infering
from the preceding inquiry, that as employed as the present
time and in its present mode, it is not a means, which can
in any degree be relied uponfor the purpose in question and
is so far practicaUy and extirely as a slimulaut of the parturient
aetion of the Uterus.^' Simpson giebt zu, dass die anderen
Beobachter vermehrte und verstärkte Contractionen des Uterus
gesehen haben, aber es fragt sich, ob der Zuwachs oder
die Verstärkung der Wehen das Resultat des galvanischen
'Agens war. '- Sowie ein psychischer Äffect die Wehenthätigkeil
oft modificirl, sowie Kälte oder eine mechanische Reizung
der Vagina oder des Collum uteri zuweilen starke Wehen
hervorrufen , ebenso können unter Umstanden die- Conductoren
durch die mechanische Irritation die Webenlhätigkeit ver-
stärken. — Gegen dieses der Electricität alle Wirksamkeit
absprechende Urtbeil Simpeon's sprechen nun die Erfahrungen
zahlreicher Beobachter, wie die von Darrington, Demaey^
Qolding Bird, Barnes, Matkenzie, Houghton u« A. So
theilt Th. Dorrington ^) im Jahre 1846 fünf Fälle mit, bei
denen er nach Rcuiford's Angaben den Galvanismus an-
wandte. In allen diesen Fällen wurde der Uterus während
der Einwirkung des electriscben Stromes fest und hart und
augenblicklich traten Contractionen ein, die die besten Erfolge
hatten. Später^) theilt derselbe Beobachter zwei Fälle mit,
von denen der eine wegen Beckenenge die Einleitung der
künstlichen Frühgeburt nöthig madite. Als der in den Mutter-
mund eingelegle Pressschwamm keinen Erfolg hatte, wurde
der Galvanismus 20 Minuten in Absätzen gebraucht Augen-
blicklieh traten tonische Zusammenziehungen und einzelne
1) Schmidl'a Jahrbücher, 1847, Bd. 63.
2) Sehmidl's Jahrbücher, 1849, Bd. 64.
280 XX\. BaeVy Ueber Anwendting^ der KlectriciUit
Wehen ein und nach 43 Stunden wurde ein todtes Kind
geboren. Dorrington erklärt nun den Galvanismas nadi
seiner Ueberzeugung för ein sehr kräftiges Mittel, -weiches
auch bei Yölliger Inertia uteri, wenn alle anderen Mittel ver-
gebens angewandt sind, nicht leicht versagen wird und von
welchem ausserdem keine nachtheiligen Folgen befnrditet
werden dürfen. — Von besonderem Interesse sind die Beob-
achtungen Detnsey^s, ^) welcher in 20 Fällen den gewöbniicheR
electro- magnetischen Rotationsapparat anwandte. Von diesen
waren 7 Metrorrhagien vor und nach der Geburt, 8 Amennorhoen,
1 Verlangsamüug der Geburt in Folge von Atonie des Uten»,
1 Haemorrhagie im dritten Monate der Schwangerschaft ohne
Uterincontractionen, 1 kunstliche Frühgeburt im siebente
Monate, Beckenmissbildung halber, 2 passive MetrorrhagieD
mit Fibroiden am Os und Cervix uteri. Dem^ey glaubt nun
nach seinen Erfahrungen schliessen zu können, „dass 1) der
electrische Strom eine schon bestehende Ut^nthätigkeit ver-
stärken kann, 2) der electrische Strom die Uterinthätigkeit
de novo anzuregen vermag, sobald das Organ hierfür prädispo-
nirt ist, sei es durch Gongestionen, eigenthflmlicfaes Nerven-
verhältniss oder durch mechanische Thätigkeit seiner Content«,
3) es nöthig ist, den Reiz für eine längere Zeit und wie die
Natur mit Pausen anzuwenden, 4) die Anwendung der Ströme
von schädlichen Einwirkungen nicht begleitet ist^ Einen
späteren Fall von Demsey theilt Rob. Barnes*) mit. Es
war nöthig, die künstliche pyühgeburt einzuleiten und m
diesem Zwecke wui-de der Eibautstich gemacht and ein
Pressschwamm in den Muttermund eingelegt. Diesen beiden
Verfahren folgte aber kein Zeichen einer Geburlsthätigkeit Es
wurde dann während einer halben Stunde der Galvanismos
in Anwendung gebracht, bald erweiterte sich der Mutterhiund
und die Geburt wurde glücklidi zu Ende geführt — Einen
nicht minder überzeugenden und von Mackenzie beobaditeten
Fall berichtet derselbe Barnes. Hier hatte eine mangelhafte
Wehenthätigkeit das Orif. ut. nur um ein Geringes erweitert
und als die Wehenthätigkeit eine Zeit lang ganz ausgeblieben
1) Schmidts Jahrbücher, 1850^ Bd. 68.
2) The Lancet, 1853, Vol. II., XX.
in der Geburtshulfe. 281
war, und der- electrische Strom nach Hadfard^s Angaben
in unterbrochenen Zeitabschnitten ungeföhr eine Stunde ein-
gewirkt hatte, wurde unter heftigen Wehen ein lebendes
Kind geboren. „So vigorous') were the expulsive eflects
during the passage of the head through the od externum,
that I was oUiged to take particular pains to prevent rupture
af the perinaeum. The Impression left on my mind by this
case was, that galyanism should not be employed except very
cautiously in Primiparae or in any other instance in which
the perinaeum is rigid or imperrectly developed.'' — Den
wärmsten Vertheidiger der Electricitat als zuverlässiges Mittel
in der Geburtshälfe finden wir in Hougkton, der ganz besonders
auf die misslungenen Fälle von Simpson eingeht und die
JBaeJforcTsche Ansicht durch eigene Erfahrung zu stiltzen
sucht Er theilt von den vielen Fällen, in denen er die
Electricitat anwandte, vier mit, wo Wehenschwäche und
profuse Blutungen die Anwendung der Electricitat erheischten,
und wenn die Wu^kung des Galvanismus in diesen Fällen
weniger glänzend war als in vielen anderen Fällen, so liess
sich doch auch hier mit Entschiedenheit wahrnehmen, dass die
Weben durch die Einwirkung des Galvanismus hervorgerufen
vmrAen, und wenn die Geburten auch nicht so schnell beendigt
waren, als er es hofifen konnte, so zweifelt er doch nicht im
Geringsten, dass »e durch die Anwendung dieses Mittels noch
um Vieles beschleunigt wurde. — Dieses Geständniss, dass
der Erfolg des Galvanismus gerade in diesen mitgetheilten
Päll^ kein überaus gtknstiger war, überzeugt uns von der
Wahrheitsliebe des Verfiissers und macht uns seine Ansichten
und Erfahrungen nur um Vieles werthvoUer. — Indem Houghton
alle die ihm bekannt gewordenen Fälle von acht Beobachtern,
inclusive der acht von Simpson mitgetheilten, auf 32 resumirt,
kann ihm das auffallende Faaum nicht entgehen, dass sieben
von diesen Beobachtern einstimmig den Werth und Nutzen
der Methode anerkennen und nur ein Einziger sie gänzlich
verwirft, dass aUe gunstigen Resultate von den sieben ver-
schiedenen Beobachtern und alle ungünstigen Fälle nur von
einem Einzigen gesehen wurden. Es muss sicher in dem
1) The Lancet, 185.S, Vol. II., XX.
282 XXI. Baer, üeber Anwendung der Electricität
Verfahren von Simpson irgend ein noch unaufgeklärter Irrlhum
vorhanden gewesen sein, denn nur ein solcher könne dieses
überraschend negative Resultat gegenüber jenen positiven
Erfolgen erklären. „I think,'' ') schliesst daher HouylUony
„I am justtfied in infering, that in galvanism we have a new,
safe and powerful agent for exdting the contractile powers
of the Uterus, to which we may with confidence resort in
all cases, where delay or daiiger may arise from want ot
action in the uterus/^ Es Hessen sich hier noch einzelne
Fälle anreihen-, die von Chvetand, Lever, Johnsarij Wilson^)
mitgetheiit sind und deren Resultate mit denen der meisten
Beobachter vollständig übereinstimmen, wir werden uns jedoch
begnügen müssen, zum Schlüsse nocK die Resultate eines
anderen bewährten Beobachters anzufüliren. Robert Bame$
sagt in seinen Vorlesungen über das Verfahren bei ungenügender
Wehen thäligkeiU Der Galvanismus ") ist schon zu wiederholten
Malen und so auch vom Verfasser selbst mit grossem VortheU
zur Einleitung der künstlichen Frühgeburt angewandt worden ;
jedenfalls verdient er hier vor dem See. comut den Vorzug.
Noch augenscheinlicher ist die günstige Wirkung des Galva-
nismus bei Wehenschwäche bei rechtzeitig erfolgten Geburten,
sowohl vor Austreibung des Kindes als auch in der NachgebArts-
Periode." — Vergleicht man den Galvanismus mit dem See. com.,
so ergeben sich nach Barnes für den ersteren folgende Vor-
züge: 1) die ausserordentliche Einfachheit seiner Anwendung,
2) die grosse Zahl von Fällen, in denen sein Gebrauch von
Nutzen ist, 3) der Umstand, dass man es stets in der Hand
hat, seine Wirkung zu verstärken oder zu unterbrechen,
4) dass er bei den höchsten Schwächezuständen der Ge*
bärenden ebenso gut angewandt werden kann, als dort, wo
diese nicht sclilingen können oder wo der Magen alles Ge-
nossene sofort wieder auswirft, 5) der Galvanismus wirkt
weniger nachtheilig auf das Nervensystem, als manche andere
wehenerregende Mittel und naroenüich als das Mutterkorn,
1) Dubl. med. Joarnal, 1862, February.
2) Od the applicAtion and effect of electricity hy JCotorance,
1868, London, p. 37 sequ.
3) Schmidt'B Jahrbucher, 1864, Bd. 88.
in der Gebortshülfe. 283
indem er deinen EidAuss direct auf die Muskelfasern des
Dterus äussert.
Wenn wir nun, von den Simpaon'schen Fällen absehend,
das Ergebniss der oben angeführten Beobachtungen resumiren,
so sehen wir von allen Beobachtern einstinimig zugegeben,
dass die Electricität im Stande. ist, zuverlässig und sicher die
bereits eingeleiteten Wehen zu verstärken, ilire Zahl zu ver-
mehren und die ausbleibenden wieder hervorzurufen. Wir sehen
ferner von der Mehrzahl der Beobachter zugegeben, dass die
Electricität selbst in einem noch ganz unthätigen Uterus Wehen
zu erregen vermag. In den meisten der oben citirten Fälle
von erzielter künstlicher Frühgeburt finden wir jedoch, dass
vor der Anwendung der Electricität bereits ein Pressschwamm
eingelegt war (so bei Dorrington, Honiger u. A.) und wir
durften demnach, mit B, Frank übereinstimmend, den Schluss
ziehen, dass die Electricität ganz bestimmt die Frühgeburt
einleiten wird, sobald ihrer Anwendung eine Art Vorbereitung
vorangeht. Dieser Satz scheint uns um so gerechtfertigter,
je mehr wir die Natur in ihrem Vorgehen bei der regelmässig
zeitigen Geburt nachzuahmen bestrebt sein wollen. Hier sehen
wir beim Ablauf der SchwangerschafI den ganzen Sexuaiapparat
vorbereitet, um die Contraction des Uterus so viel als möglich
zu unterstutzen. Wir müssen aber bei der Einleitung der
kunstlichen Frühgeburt diesem natürlichen Vorgange um so
mehr nachahmen, als wir es hier gewöhnlich mit einem
Sexualapparat zu thun haben, der von der Natur noch gar
nicht für das Geburtsgeschäft vorbereitet ist. Es wh*d demnach
der electrische Strom zur Hervorrufung der künstUchen Früh-
geburt unseres Erachtens am rationellsten da anzuwenden sein,
wo wir künstlich eine Art Vorbereitungsperiode hab'en voraus-
gehen lassen, und dies können wir wiederum gewiss am
besten durch die öftere Anwendung der warmen Douche nach
Kiwiach oder durch die Colpeuryse nach Braun bewerk-
steUigen.
Bevor wir nun zur Erörterung der Fragen übergehen,
auf welche Weise wir die Electricität anwenden sollen, scheint
es uns zweckmässig, hier die Besprechung anderer geeigneter
geburtshülflicher Fälle anzureiben, bei denen die Electricität-
MoiiAttiebr. f. OebvrUk. 1861. Bd. XVni., Hfl. 4. 19
284 X^^- Baer^ Ueber Anwendangder Eleetricit&t
unstreitig die vortrefflichsteD, ja zuweilen unersetzliche ¥01-
theiie darbietet und zwar in den Fällen Ton
Wehenschwäche und Uterinblutungen.
Die Folgen einer durch Wehenscbwäche lang hin ge-
zögerten oder gar unmöglich gewordenen Geburt für Mutter
und Kind sind so mannichfach und bekannt, dass wir ihrer
nicht zu denken brauchen. «Von noch grösseren Gefahren
sind die Metrorrhagien, die vor der Geburt eintreten und oft
erst mit der Beendigung der Geburt aufliören oder die in
der Nacbgeburtsperiode in Folge mangelhafter Contraction des
Uterus. entstehen. In solchen Fällen greifen wir zu inneren
diätetischen und therapeutischen Mitteln, uin die Thätigkeit
des Uterus wiederherzustellen oder zu verstärken, ganz be-
sonders zu dem See. cornutum und, wenn bei noch nicht
^folgler Geburt die Wehen trotz alledem nicht wiederkehren,
zur Extraction des Kindes mittels, des Forceps, sobald das
Orif. uteri weit genug dilatirt ist, um das Instrument anlegen
zu können. Welchen schädlichen Einfluss das Mutterkorn
unter Umständen auf die Mutter und ganz besonders auf das
Kind ausüben kann, brauchen wir nicht zu erwähnen und
ebensowenig wie unsicher seine Wirkung ist, da diese theils
von der BeschaiTenheit des Mittels, theils von der Individualität
der Gebärenden abhängt, indem hier schon eine kleine, dort
erst eine grosse Dosis ausreicht und in einem dritten Falle
endlich die Wirkung gänzlich ausbleibt. Aber auch der
Forceps, der in solchen Fällen das gewöhnlichste und zu-
weilen das einzige Mittel ist, durfte nicht inuner ohne jeg^dien
Nachtheil für Mutter und Kind angewandt sein, abgesehen
von den Fällen, in denen seine AppUcation durch zu geringe
Dilatation des Orif. uteri ganz unmöglich ist. Um wie Vieles
glücklicher müsste nicht die Behandlung solcher Fälle sein,
wenn wir ein Mittel besässen, das constant und augenblicklich
Wehen erregt und ganz auf naturlichem Wege die Geburt
vollendet? Wie viele traurigen und unglücklichen Folgen
Uessen sich besondere bei den leider so gefahrlichen Blutungen
oder bei Eclampsie verhüten, wenn wir den Uterus sofort
. in starke Contractionen versetzen und die Geburt schnell
beendigen könnten? Wie oft würde sich nicht durch dieses
in der Gebnrtshölfe. 285
Mittel die Anwendong der Zange Yomeiden lassen und mit
welchen Vortheilen würde dieses Mittel selbst in den Fällen
zu gebrauchen sein, wo die Zange ohne jeden Erfolg bleiben
mnsste? Während der Foreeps nur durch den einseitigen,*
besdiränkten Zug nach unten wirkt und demnach oft wirkungslos
bleiben muss, wenn es sich um ein Missverhältniss zu den
Durchmessern des Kopfes und denen des Beckens hancfelt,
wurde oin solches Mittel den Uterus von allen Seiten gleich-
massig contrahjfen, wie die Natur den Kopf des Kindes nach
dem Räume des Beckens configuriren. und durch die künstlich
erzeugten Wehen die Geburt möglich machen, wie ja die
Natur oft solche Missverhältnisse durch eine starke Wehen-
thätigkeit compensirt Alles das muss uns die Electricität
sicherlich, wie kein anderes Mittel bieten, da sie richtig und
rationell angewandt die Natur zu ersetzen im Stande ist und
ausserdem den Vortheil bietet, dass wir ihre Wirkung beliebig
steigern und Termindem können. So sagt auch Benj. Frank:
,,Ihren^) Hauptwirkungskreis findet die Magnetelectricität als
Beiorderongsmittel der Geburt bei solchen dynamischen
Störungen, die auf Schwäche, Mangel oder perverser Atonie
der austreibenden Kräfte beruhen. Bei absoluter Schwäche
der austreibenden Kräfte ist sie das souveräne Mittel. —
Ganz besonders aber widitig wird sie in der Nachgeburts-
periode, wenn durch theil weise Trennung der Placenta profuse
Blutungen entstehen, ^ hier ist sie eine wahre Sacra vitae
anchora bene et drcumspecte agentibus. Dasselbe gilt ebenso
sehr und fast noch mehr von den Metrorrhagien nach Ent-
fernung der Nachgeburt und -im Wochenbett überhaupt.'* —
Ganz in diesem Sinne wird als Hauptindication für die An-
wendung electrischer Ströme die Atonie und Metrorrhagfe
hingestellt von Badford, B. Barnes, Demsey, der ja
unter seinen beobachteten Fällen acht Blutungen mittels der
Electricität glücklich behandelte. Nicht so günstig urtheilt
Braun über den Nutzen dieses Mittels. „Bei Haemorrhagien
der Nachgeburtsperiode,'' ^) sagt er, „wurde die Galvano-
Electricität angewandt; der eine Pol in der 'Nabelgegend am
1) L. c. .
2) Klinik fdr Geburtshülfe n. Gynäkologie, 1855, S. 217.
19*
286 X^t* Baer, lieber Anwendung: der Electricität
Fundus uteri, der andere am Kreuze und unzuverlässig ^
fundeu. Man sah allerdings manchmal Contractionen folgen,
während sie das .andere Mal völlig im Stich liess. Folgen
Contractionen, so treten sie jedoch schneller ein,- als durch
interne Mittel/' Dass das eine Mal Contractionen eintraten,
und sogar schnelle und kräftige, und das andere Mal gar
keine Wirkung erzielt wurde, durfte wahrscheinlich nur durch
eine noch nicht vollkommene und gleichmässige Apj^cations-
methode zu erklären, sein. ^) Wir haben^ sagt dagegen
Hotighton^ in dem Gälvanismus ein Mittel, zu welchem ysir
mit dem grössten Vertrauen in allen Fällen von Blutungen
vor und nach der Geburt und auch in allen Fällen von Atonie
des Uterus greifen können. Die Electricitat muss aber nach
Hougkton auch in sehr vielen Fällen den Forceps ersetzen
können, der in der grössten Anzahl der Fälle wegen Atonie
des Uterus gebraucht wird und so oft schlechte Folgen nach
sich zieht. Aber es dürfte der Gälvanismus auch noch den
unendlich grossen Nutzen haben, dass er die Schmerzen und
die Leiden der Kreissenden abkäi*zt und aufhebt, ohne dass
irgend eine Gefahr damit verbunden wäre.
Wir sipd jetzt an der wichtigen Frage angelangt, auf
welche Weise die Electricitat zu unserem Zwecke am be-
quemsten und sichersten angewandt werden soll. Die meisten
englischen Beobachter bedienten sich eines von Radford
angegebenen Apparates, der der Hauptsache nach eine magnet-
electrische Maschine war und mit zwei isolirten Electroden,
von denen der eine an der Spitze mit einer versilberten
Kugel versehen ist. „Bei Anwendung des Apparates,'' sagt
Eadford^^) „wirü die versilberte Kugel des Vaginal -Conduclors
bis an den Muttermund eingeführt und von Zeit zu Zeit mit
einer anderen Stelle dieses Organs in Berührung gebracht
Zugleich muss der andere Conductor auf den Fundus uteri
an die Abdominalwandung angelegt werden. Auch kann mau
Schläge quer durch den Uterus gehen lassen, indem man
die Conductoren gleichzeitig an beide Seiten des Unterleibes
1) Sollte Bich Braun y wie vielleicht auch Simpson ^ des
Constanten Stromes bedient haben? Dann würde sich ihr negatives
Resaltat ans später zu erörternden Gründen bald erklären laasen.
2) FrorUp's Notizen, 1845, No. 729.
in der Geburtshälfe. 28?
anlegt.'' — Die Anwendung dieses Mittels ist nach Houghton
etwas abweichend. Sie geschieht so, dass man den einen
Pol an*s Kreoibein, den andern an die Baacbdecken anlegt,
oder dass man den einen Pol durch die Scheide an den Uterus
selbst führt; es scheint nach ihm am gerathensten, die Ströme
anhaltend wirken zu lassen, bis die Wehen stark genug werden,
dann kann man aufhören und die Erregung nach Umständen
von Neuem beginnen. Ob die £lectricit§t continuirlich oder
§hnlich den Wehen in Pausen angewandt werden soll, hängt
lediglich von dem einzelnen Falle ab. Robert Barnes ^) sagt
über diesen Punkt: „Bei der Anwendung des Galyanismuä,
die am besten mittels eines Rotationsapparates geschieht, ist
es nicht nöthig, den einen Pol an die Wirbelsäule, den anderen
an den Uterushals zu bringen, wie dies gewöhnlich geschieht;
es genfigt, sich zweier mit gehörig angefeuchtetem Flanell be-
deckten Scheiben zu bedienen, die in der Höhe der Gebärmutter
auf dem RCicken und dem jBanChe angebracht werden. Die Dauer
der Application hängt von den Umständen ab, Eisweilen genögt
eine einmalige Anwendung.*' — Das von Hennig angegebene
Instrument wurde bereits oben erwähnt, allein so sicherlich
der Uterus contrahiren müsste, sobald man die zu ihm
gehenden Nerven electrisch reizen wurde, so gewiss wird
die mussliche Application des Instruments durch das Einführen
in den Mastdarm als auch die Unsicherheit, immer die be-
treffenden Nervenstränge zu treffen, dieser Methode wenig
Hoffnung auf praktische Verwerthung geben. — Von grossem
Interesse sind die Ergebnisse der Untersuchungen, welche
Mackenme^) an niederen Thieren angestellt, uro einerseits
die Wirkung, welche die Electricität auf die Uterinfasern
ausübt, zu beobachten und andererseits, um die beste Art der
Anwendung und den sichersten Ort der Application zu finden,
damit der grösstmöglichste Effect erzielt' werde.: Mackenxie
fand nun, dass die Einwirkung des Stromes auf die Uterinfasern
am stärksten und schnellsten eintrat, sobald der Strom von
einer oberen Partie der Wirbelsäule längs des Uterus gerichtet
war. Mackenzie berichtet gleichzeitig, dass er auf diese Weise
1) 8fihmidVB Jshrbüclier, 1864, 83.. Bd.
2) The Lancet, 1858 (Mars).
288 ^^^- BaeTf üeber Anweodoiig der Eleetricität
den Galyanismus in vielen Fällen mit glänzendem Erfolge
rersucht habe und führt beispielsweise die fünf letzten FäDe
an (drei Blutungen, zwei Plac. praev.), bei denen sich diese
Methode ganz vortrefflich bewährt habe. Indess dürfte Jedoch,
bis auch andere Beobachtungen für diese Methode spredien
die locale Application der Ströme, die am meisten zu
empfehlende sein. — Wenn wir nun im Wesentlichen das
Resultat dieser angeführten Beobachtungen als ein einstimmig
sehr günstiges ansehen müssen, so dürfte doch das Verfahren
der verschiedenen Beobachter bald in der Wahl der Apparate,
bald in der Wahl der Stellen, an denen die Electroden an-
gelegt werden sollen, kein so übereinstimmendes sein und
wir werden wohl am besten thun, uns nach unseren heutigen
Anschauungen ein solches vorzuschreiben. — Zuerst würde
nun die Frage zu beantworten sein, ob wir uns eines constanlen
oder eines inducirten Stromes bedienen werden? So unsicho*
auch die Art der Ströme in den oben angeführten Fällen
angegeben sind, so ist doch gewiss, dass in der grössten
Mehrzahl der FäUe entschieden die Magnet -Eleetricität in
Anwepdung gewesen sei; nehmen wir hierzu die Resultate der
Experimente von Weber und Mackensie ^ wo discontinuirliche
Ströme die Uterinfasem contrahirt haben, s(^ dürften wir
uns wohl bald für den inducirten Strom entscheiden, da
ausserdem für den constanten Strom keine anderweitigen
sicheren Erfahrungen vorliegen, der inducirte Strom hingegen
fast überall zu allen therapeutischen Zwecken gebraucht wird.
Wir werden aber ganz gewiss den inducirten Strom wählen,
wenn wir im Auge behalten, dass wir den Uterus contrahiren
wollen und zwar so kräftig und energisch contrahiren wollen,
dass diese künstlichen Conti*actionen die natürlichen Wehen
ersetzen sollen. Der electrische Strom ruft aber — so lehrt ')
die Physiologie — Zuckungen des Muskels nie hervor, so
lange er ihn gleichmässig durchströmt,- sondern nur in dem
Momente, wo er in den Muskel zu strömen beginnt und zu
strömen aufhört, bringt^ der Strom durch die Aenderung seiner
1) Wir verweisen hier auf die medic. Physik von Äd, Fick
und gans besonders auf den Artikel: Physikalische und physio-
logische Bemerkungen aur Eleotrotherapie von Fr BoBenthal,
Deutsche Klinik, 1868, No. 8 u. 4.
in der GeburtshiSlfe. 289
•
Dichtigkdt den Muskel znt ZuckuDg. Je grösser nun diese
Aenderung der Stromdichte ist und mit je grösserer Schnellig-
keit die Stromdichte auf das Maximum steigt und Wiederum
fallt, desto grösser ist auch der Effect des Stromes auf den
Muskel, um so beträchtlicher föUt die Zuckung aus. Und-
gerade deshalh empfehlen sich die durch Induction erzeugten
Ströme, indem wir nur die primäre Kette so schnell hinter-
einander zu schliessen und zu öffnen brauchen, dass d^ Muskel
zwischen je zwei Zuckungen keine Zeit zur Erschlaffung hat
und somit in stetiger Contraction, in Tetanus verharrt.
Contractionen dieser Art würden wir aber mittels des constanten
Stromes gar nicht erreichen können und wir werden somit
den inducirten Strom in Anwendung bringen. Welchen Apparat
werden wir nun gebrauchen? Wir können heutzutage nur
noch zwischen dem magnetelectrischen Rotationsapparat und
dem Magnetelectromotor schwanken. Der beste Induction»-
apparat dieser letzten Art ist Du Bois-Seymoncts Schlitten-
magnetelectromotor, der den grossen .Vortheil bietet, dass
man durch Verschiebung der in einander passenden inducirten
und inducirenden Rollen die Intensität des Strome? verstärken
und vermindern und demnach die Wirkung des Stromes stets
unter Controle haben kann. Allerdings dürfte dem Gebrauche
dieses Apparates in der Privatpraxis doch so Manches im
Wege sein, so die missliche Reförderung der nöthigen Elemente,
der Zeitaufwand für die Vorbereitung, das unangenehme Ver-
dampfen der Säuren u. s. w«, aber auch diese kleinen Nach-
theile sind in der neuesten Zeit durch passende Construction
so viel als möglich beseitigt, so dass er, wie der Rotations-
apparat, sehr bequem transportabel ist« Uebrigens könnte
man in der Privatpraxis dem Rotationsapparat und in der
Spitalpraxis, wo der Apparat immer vorbereitet an einem Orte
stehen bleiben kann, dem Magnetelectromotor den Vorzug
geben. — Eine nicht minder wichtige Frage ist die, an welchen
Stellen wir die Electroden anlegen sollen? Erwägen wir die
Thatsache, dass der electrische Strom niemals auf einen
einzelnen Theil oder gar auf eine einzelnen Muskel beschränkt
bleiben kann, dass vielmdir die -Ströme, so wie sie von den
Electroden heraus sich in den betreffenden Theil ergiessen,
nach aUen möglichen Rahnen hinströmen und so den ganzen
290 . ^^^- B<!^^t Ueber AnwenfluDg der ElectrieitSt
•
Körper in Curven, die, je weiter von den Ansatzpnnkten,
desto grösser werden, durchfliessen ; erwägen wir femer, dass
die Electricitätsmenge kleiner und kleiner wird, je grosser die
durchlaufenden Bahnen werden, dass somit die Stromesdichte
am grössten ist in dem Theile, der zwischen den Electroden
liegt, so kommen wir zu dem Schlüsse, dass wir den Uterus
am sichersten cöntrahiren werden, wenn die Electroden ro
nicht zu grosser Entfernung von einander auf den Uterus
selbst aufgesetzt werden. Wir werden also keinesweges die eine
Electrode an die Wirbelsäule, die andere an den Fundus uteri
anlegen, sondern wir werden am zweckmässigsten — wie
schon i?. Barnes und auch Radford theilweise angiebt —
die beiden Electroden zu beiden Seiten des T'undus und zur
Abwechselung wohl auch der Länge nach die eine in die Mitte
und die andere oberhalb der Symphyse appliciren. Wenn wir
aber beide Electroden an die äusseren Bauchdecken anlegen,
so wird der Strom zuerst die Epidermis durchfliessen müssen,
um die darunter liegenden Theile zu treffen. Die Epiderniis
ist aber bekanntermaassen ein sehr schlechter Leiter für die
Eleclricität* sie bietet einen enormen Widerstand und die
Stromesstärke kann deshalb beträchtlich herabgesetzt werden,
so dass sie nicht hinreicht, eine Contraction in den Uterin-
fasern hervorzurufen; die sensibeln Nerrenfasem der Haut
hingegen werden an den Stellen, wo die Ele'ctroden sitzen
und wo die Ströme die grösste Dichtigkeit haben, so heftig
afficirt werden, dass neben der geringen Wirkung auf den
Uterus die unerträglichsten Schmerzen entstehen werden. Um
die Epidermis so gut leitend als möglich zu machen, werden
wir die mit beiden Schwämmen versehenen Electroden in
lauwarmes Wasser oder in eine Kochsalzlösung tauchen. Auf
diese Weise wird die Wirkung der Ströme sicher erzielt und
der Schmerz auf einen höchst geringen Grad herabgesetzt
werden. — Ganz anders könnte die Art der Application sein
in den Fällen, wo die Frucht bereits aus dem Uterus entfernt
ist, also in allen Fällen ^ von Blutungen in der Nachgeburts-
periode und im Wochenbette. Man könnte hier,, wie wir es
auch für die Anwendung dei^ Electricität bei geeigneten Fällen
von Dislocationen des Uterus vorschlagen wurden, ein Instrument
benutzen, das, nach der Form einer Uterussonde construirt.
in der Oebnrtsbülfe. • 291
aas zwei isolirten Drähten besteht, von denen der eine längere
aber geknöpft und unter Umstanden auch mit einem Schwämme
versehen werden kann, der andere kürzere aber durch einen
sehr leicht herstellbaren Mechanismus sowohl transversal als
auch etwas horizontal geschoben werden kann, so dass der
längere Draht, als Sonde, bis an den Fundus uteri eingeführt,
die eine Eiectrode vertreten kann, während der zweite kürzere
und ebenfalls isolirte Draht, als zweite Eiectrode, an das
Orificium anzulegen wäre. Man würde durch dieses Verfahren
mit der grössten Leichtigkeit die Ansatzpunkte wechseln und
somit immer neue Fasern am stärksten erregen können.
Unser Verfahren wäre demnach dahin zu resumiren, dass wir
die Ströme, eiites Magnetelectromotors oder eines Rotations-
apparates durch zwei Drähte, welche an ihrem Ende in Wasser
oder Kochsalzlösung getauchte Schwämme tragen und an die
beiden Seiten des Fundus uteri an entsprechenden Stellen der
äusseren Bauchwand angelegt worden sind, durch den Uterus
leiten, dass wir die AppUcationsstellen hin und wieder ändern,
dass wir sofort den Strom unterbrechen, sobald der Uterus hart,
fest und zusammengezogen ist, dass wir nach dem Nachlasse
der Contraction dem Organe eine kleine Pause gönnen, dass
wir diese Pausen je nach der Intensität der Contractidnen
einrichten und- zwischen den ersten Contractionen länger
pausiren als zwischen den späteren. Uebrigens dürfte es sich
wohl von selbst verstehen., dass eine E^rankheit des Uterus
selbst, wie Entzündung und Rheumatismus, die ja eine
Atonie u. s. w. bedingen können, den Gebrauch der Electricität'
verbieten würde. Grosse Aufmerksamkeit muss man, wie
schon oben von Mackenzie u. A. erwähnt ist, bei Erst-
gebärenden auf das Perinäum verwenden und bei grosser
Rigidität desselben dürften nur die schwächsten Ströme und
auch dann in grossen Zwischenräumen anzuwenden sein.
Es bleibt uns noch ein Punkt zu besprechen übrig, ob
nicht die electrischen Ströme, direct durch den Uterus geleitet,
einen nachtheiligen Einfluss auf die Frucht ausüben könnten.
Diese Frage lässt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit ver-
neinend beantworten, da erstlich die meisten der durch diese
Methode sowohl bei der künstlichen Frühgeburt als auch bei
der Atonie des Uterus zur Welt gebrächten Kinder lebend
292 ^X^*' Baer, Ueb«r Anwendung der Eleetricität .
geboren worden und da zweitens der Tod einzelner Kinder
nicht direct dem Einflüsse der Eäectridtät zuzusdireiben ist,
da ja ohnehin die Prognose für das Leben der Kinder bei
der künstlichen Frühgeburt lieine günstige ist So finden wir
bei den von Scholz^) gesammelten 196 Operationen, wo die
Frühgeburt bei verschiedenen Graden von Beckenengen und
nach verschiedenen Methoden eingeleitet wurde, 125 lebende
und 71 todte Kinder. In dem Falle aber, wo die Electricitit
wegen Wehenmangel oder Wehenschwäche gebraucht wurde,
ist dieses Mittel als Ultimum refugium nach langem Warira
und vielem Versuchen mit allen anderen Mitteln und somit
ächon unter ungünstiger Prognose in Gebrauch genommen
worden. Wir können unsers Erachtens, nach den bisherigen
Erfahrungen, wohl die Prognose in allen Fällen, wo dieses
Mittel vorsichtig und zur rechten Zeit angewandt ist, mit
Radford u. A. als eine sehr günstige bezeichnen, denn
Radford sagt ausdrücklich, „dass^) er nie beobachtet habe,
dass dem Fötus durch die Anwendung der Eleetricität ein
Nachtbeil erwuchs, was so häufig beim Seeale com. geschieht.^^ —
Wir können diese Abhandlung nicht schliessen, ohne noch
eine anderweitige, gewiss höchst schätzbare Indication für die
Anwendung der Eleetricität zu besprechen und zwar die An-
wendung des Stromes zur Wiederbelebung aspbyctisch ge-
borener Kinder.
Asphyxie der Neugeborenen.
Eine der häufigsten Ursachen der Asphyiie bei Neu-
geborenen ist ein eingetretenes Hinderniss in der Respirations-
thätigkeit. Wir werden demnach diesen Zustand um so
schneller beseitigen, je früher wir die Respirationsthätigkeit
einzuleiten im Stande sind. Die bis jetzt gebräuchlichen Ver-
fahren sind aber leider so unsicher und unzuverlässig, dass sie
noch so energisch angewandt uns zuweilen im Stiche lassen.
Wir würden aber entschieden die Respiration einleiten, wenn
wir das Zwerchfell, den wichtigsten und thätigsten Muskel bei
der Atbmung gleichmässig zu contrahiren im Stande sind und
1) Nägele, Lehrbuch der Oeburtshülfe , IL Th., S. 207.
2) SehmidVB Jahrbücher, 1854, Bd. 88.
in der Gebnrtshaife. 293
dafür giebt es gewiss kein zuverlässigeres Mittel als die
Electricität.
Es durfte wohl JSoer der erste gewesen sein, der die
Electricität zu diesem Zwecke empfohlen und selbst angewandt
hat. So sagt er sdbst, nachdem er alle gegen die Asphyxie
gangbaren Mittel besprochen hat: „Ich dachte') also noch
zu anderen Vorkehrungen schreiten zu müssen und ?ersuchte,
so viel mir bdiannt ist, der erste, in dieser Absicht die
Electricität mit so ervnlnschtem Erfolge, dass ich der Meinung
bin, es gebe keine bessere Erweckungsart als diese.** Boer
verfuhr dabei so, dass er den ersten Schlag von einem Knie
zum anderen, den zweiten vom Knie zur Hand oder dem
Armgelenke der Gegenseite und endlich die folgenden durch
die Achseln, durch die Brust oder nach der Länge des
Ruckgrates leitete. Bei diesen Versuchen beobachtete Boer,
dass bei einzelnen Kindern unter dem electrischen Schlage
die Gliedmaassen, durch welche derselbe geleitet würde, sich
zusammenzogen, bei den anderen aber keine Contractionen
erfolgten. Die Meisten, bei denen eine solche 2usammen-
ziefaung gesehen wurde, seien zum Leben gekommen, aber
nicht, ein einziges von jenen, bei welchen nichts dergleichen
beobachtet wurde. Diese Thatsache trat ihm so oft und so
zuverlässig auf, dass er überall, wo sich dergleichen con-
vulsivische Zusammenziehungen zeigten, dieses als ein Zeichen
des noch vorhandenen Principium vitale betrachtete und die
gegründetste Hoffnung hegte, das scheinbar todte Geschöpf
in's Ldben zurückzubringen. „Für unseren Endzweck,** schlicsst
er, „mag es genügen, zu wissen, dass Electricität eines der
vorzüglichsten Mittel zur Erweckung anscheinend todt geborener
Kinder und unter bedingten Umständen zugleich ein zuveriassiges
Kriterium des noch bestehenden Principium vitale sei.** —
Zu ganz demselben Zwecke empfahl Froriep ^) beim Schein-
tode der Neugeborenen das galvanische Bad, der eine Pol
der Batterie wird in das dazu gehörig eingerichtete Bad, der
andere an das in demselben befindliche Kind geleitet. In
1) Abhandlungen nnd Versnclie etc., von L, J, Boür^ 1701,
n. Th., S, 15.
2) De methodo neonatis aaphyctis anocnrendi, Vimar. 1801.
o
294 XXI. Baer, Ueber AnweDdong der Electricifüt
gleicherweise finden v, Herder, P, Frank, Mende, Devergie^
Henke u. A. dieses Mittel für ganz zuverlässig, nur« meinen
pinige von ihnen, durfte der dazu nöthige Apparat in
seltenen Fallen zu hahen und in der Privatpraxis mit ganz
unüberwindlichen Schwierigkeiten zu gebrauchen sein. Diesem
Vorwurfe dürfte wohl jetzt, wie bereits oben dargethan ist,
abgeholfen sein. — Einen sehr warmen Vertbeidiger dieser
Methode finden wir in der neuesten Zeit an OoUhold Scholz. ^)
„Der electrische Reiz,'' sagt er, „ist eins der kräftigsten Reize
und schon ündertvord räth, wenn alle Mittel erfolglos sind,
galvanische oder electrische Ströme vom Halse nach der
Magengrube oder in der Richtung eines respiratorischen Nerven
gehen zu lassen.** Da der electrische Reiz das Leben des
Kindes nicht mehr als jedes andere diflerente Mittel gefährdet,
so wendet er für gewöhnlich die schwächsten und schwachen,
rasch auf einander folgenden Schläge an, jedoch so, dass er
nach Anwendung von ungefähr 1, höchstens 2 Minuten eine
Pause von 2 — 3 Minuten eintreten, lässt Was nun die Wirk-
samkeit der Electricität betrifft, so versichert Scholz, durch
viele Vei^suche belehrt, dass nichts so schnell und so sicher das
Leben wieder hervorruft, als gerade diese Kraft und dass sie
von aUen Wiederbelebungsmitteln das mächtigste, freilich aber
auch deshalb das aiD vorsichtigsten zu gebrauchende ist Audi
Scholz nimmt an, dass die Electricität in den Fällen, wo
es wunschenswerth ist zu wissen, ob das Kind wirklich
todt sei, als Kriterium dienen könne, indem sicherlich jedes
Leben bereits geschwunden ist, sobald auf die wiederholte
electrische Reizung keine Muskelzuckung eintritt. — Eine
viel sicherere Methode, die Respiration auf das schnellste und
sicherste zu erwecken, die sowohl durch Experimente an
Thieren als durch die Erfahrung an Menschen« die während
der Chloroformnarcose in Asphyxie gerathen sind, vielfach
bestätigt ist, ist die Reizung des N. Phrenicus, indem ja die
Irritation desselben eine Coutraction des Zwerchfells und somit
eine tiefe Inspiration hervorruft. *) Schon Soemmering be-
zeichnete diesen Nerven als denjenigen, der sich am besten
1) Oünahurg'B Zeitschrift, Bd. Tl., S. 26—35, 1851.
2) MoTiU Meyen, Die Electricität in der Medicia, 1857, S. 2.
in der Oebartshülfe. 296
für diesen Zweck eiguen würde, aber erst Ziemssen^) hat
durch exacte Versuche genau die Stelle angegeben, wo der
Phrenicus am sichersten zu treffen und wie die Wirkung des
angebrachten electrischen Reizes sei. „Der N. Phrenicus,''
sagt Ziemasenj „ist am äusseren Rande des Kopfnickers vor
dem M. Scalen, ant. oberhalb des M. Omohyoideus zu finden.
Man suche ihn nicht zu tief und drücke die Electroden sanft
gegen den äusseren I\and des Kopfnickers hinein.'' — Icii
habe die Reizung des N. Phr., sowohl auf einer Seite allein,
als auf beiden Seiten gleichzeitig unzählige Male vorgenommen,
an Gesunden wie. an Kranken, ohne den geringsten Nachtheil
zu bemerken. Nach Duchenne'^ sowie nach meinen Er-
fahrungen muss deshalb EemaJc's Furcht v^r der bedenklichen
Tetanisirung der beiden Phr. als unbegründet bezeichnet werden.
Im Gegentheil halte ich dieselbe nicht bloss für unschädhcb,
sondern sogar in allen Fällen von Asphyxie für dringend
indicirt. Ziemssen räth bei der Application des faradischeu
Stromes in solchen Fällen grosse Schwämme zu nehmen,
damit ausser dem Phr. auch alle vom Plex. cervicalis und
brachialis zu den respiratorischen Muskeln tretenden Zweige
gereizt werden und somit eine möglichst vollständige Er-
weiterung des Thorax erzielt und damit eine entsprechende
Quantität Luft in die Lungen geschafft wird.-
Nach den oben angeführten Angaben verschiedener
Beobachter dürfte festgestellt sein, dass die Electricität mnes
der kräftigsten und sichersten Mittel ist, scheintodt geborene
Kinder in s Leben zurückzurufen. Es würde die Electricität
nach der Methode von Zümssen angewandt, unzweifelhaft
in vielen Fällen, wo die gewöhnlichen Mittel vergebens ver-
sucht sind, noch den gewünschten Erfolg erzielen; nur sollte
man dieses Mittel nicht als das letzte in Versuch bringen,
man sollte es vielmehr, ohne erst alle Methoden erproben zu
wollen, gleich von vorn herein versuchen, da ohne Zweifel
manches Kind durch langes Experimentiren mit den ver-
schiedenen Mitteln den glimmenden Lebensfunken verliert,
während dieser durch einen so mächtigen Reiz, wie der
electrische Strom, sicherlich angefacht und erregt wird.
1) ZitmBsen, Die Electrioität in der Medicin, 1867, S. 49.
296 XXII. V. Siebold, Zehnter Bericht über die in der
•
Fassen wir also am Schlüsse anserer Betrachtong die
Indicationen für die Anwendung der Electricitat in der Geburts*
hölfe zusammen, so ergeben sich folgende: 1) Bei schweren
Geburten in Folge von ungenügender Wehenthätigkeit ; 2) bei
Blutungen vor (PL pr.) und nach der Geburt (Atonie etc.);
3) bei Einleitung der künstlichen Frühgeburt, ganz besonders,
wenn eine Art Vorbereitungsperiode künstlich yoriiergegangen;
(warme Douche); 4) bei Asphyxie der Neugeborenen.
XXIL
Zehnter Bericht ttber die in der E. Entbindungs-
anstalt zu Göttingen vorgefallenen Ereignisse
in den Jahren 1857, ISSS» 1859 und 1860.
Von
Dr. Ed. von SIebold.
Allgemeines.
Nachdem wir in dem zehnten Bande der Monatsschrift den
Bericht der hiesigen Entbindungsanstalt über die Ereignisse
der Jahre 1853—1856 zuletzt mitgetheilt hal>en, geben wir
nachstehend eine Uebersicht des in den folgenden vier Jahren
bis Ende 1860 Vorgefallenen.
In diesem Zeiträume tarnen 541 Geburten vor, welche
sich auf die einzelnen Jahre, wie folgt, vertheilten: 1857: 127,
1858: 129, 1859: 133, 1860: 152. Da unter diesen
541 Geburten fünf Mal Zwillinge geboren wurden, so belauft
sich die Zahl der geborenen Kinder auf 546, und zwar
I 271 Knaben und 275 Mädchen.
Wenn in diesen vier Jahren die Zahl der gdiorenen
I Mädchen die der Knaben übersteigt, mithin dieses Verhältniss
[ dem iaUgemeinen Naturgesetze, nach welchem mehr Knaben
I als itädchen geboren werden, zu widerstreiten scheint, so ist
\ die Zahl der Geborenen zu klein, um daraus Resultate m
I ziehen; bei grösseren Zahlen tritt jenes Gesetz in seine voll-
I kommene Wirksamkeit, wie folgende Mittheilung beweisst:
I
K. Entbindungvanstalt so GOttingen etc. 397
Vom 14. April 1833 (Anfang meines hiesigen Amis-
antriUes) bis 31. December 1860 wurden in der hiesigen
Gebfiranstalt 3414 Kinder geboren: unter diesen waren 1776
männlichen -und 1638 weiblichen Geschlechts.
Die Lagen, in welchen sich die 546 Kinder zur Geburt
stellten, waren folgende:
Erste Scheitelbeinslagen 360
Zweite ^ „ 145
Dritte „ „ als solche verlaufend 6
Vierte » ' »» «9 w »* 8
Stirnlagen 2
Gesichtslagen 4
Unbekannt gebliebene Kopflagen 15
Steisslagen . • 8
Fusslagen 1
Schulteriagen ; . . . . 2
546.
• Von den 546 Kindern wurden durch eigene Naturthfttigkeit
501 geboren; Hölfe der Kunst war bei 45 nothwendig, und
zwar wurden durch die.Zange zur Welt gebracht 37, durch
die Wendung 5, durch die Extraction an den. Füssen 2 und
durch die Sectio caesarea ein Kind.
Von diesen 546 Kindern wucden innerhalb der genannten
vier Jahre 18 todt geboren, unter diesen waren 8 bereits in
Maceralion übergegangen; nach der Geburt und zwar im
Verlaufe -der ersten 14 Tage starben 24 Kinder, und zwar
an Edampsie, Atrophie, Schwäche, Peritonitis, Erysipelas,
Trismus, Pneumonie, Meningitis und ein Kind an fahrloser
Morphiumvergiftung. Diesen letzteren Fall habe ich ausführlich
in der Monatsschrift, XVI. Bd., S. 60 mitgetheilt.
Von den Wöchnerinnen verloren wir im Jahre 1857 zwei,
welche der Peritonitis und Endometritis erlagen; 1858 eben-
falls zwei an denselben Leiden; 1859 starb die durch den
Kaiserschnitt Operirte, und 1860 starb eine Wöchnerin an
bedeutenden Puerperalprocessen, so dass die ganze Anzahl
der innerhalb vier Jahren Verstorbenen sechs beträgt
« Wir lassen nach diesem aUgemeinen Ueberblicke das
Bemerkenswerthe der einzelnen Jahre folgen und beginnen
mit dem Jahre
298 ^^11- V* Biebold, Zebnter Bericht über die in der
1857.
Endometritis bei zwei Wöchnerinneu. Genesang, r—
Carol. Bl. aus W., eine Erstgebärende, hatte am 22. Januar
Abend leicht und glücklich geboren; das Kind war zwar nicht
ganz ausgetragen, es wog nur 4V^ Pfund und war 16% Zoll
lang, bot aber sonst das ßild eines lebensfähigen munteren
Kindes dar. Die ganze Geburt hatte 22 Stunden gedauert
Am 25. Januar traten leichte Fieberbewegungen bei feuchter
Haut und reiner Zunge auf, es war etwas Hustenreiz zugegen,
so dass sich das Ganze als ein leichter Bronchialcatarrh
darstellte; ein sonstiges Localleiden konnte nicht entdeckt
werden: der Bauch war schmerzlos, der Wochenflüss in
Ordnung. Am 26. Januar dauerte das Fieber fort, die
Wöchnerin ist gegen tieferen Druck auf den Unterleib empfind-
lich, doch ist der Uterus nicht eben vergrössert; die Lochien
fliessen reichlich, sind aber sehr übelriechend, die Milch-
secretion nicht gestört, die Haut fortwährend feucht; ein
Senfleig wird auf den Unterleib gelegt. Am 27. Januar hat
der Puls 120; die Respiration ist sehr beschleunigt und
ängstlich, der Gesichtsausdruck nicht verändert, die Haut
feucht, die Zunge wenig weiss belegt, feucht, der Leib massig
gespannt, aber gegen Druck sehr empfindlich. Die Milch-
secretion normal, die LochienT profus und sehr übehriechend,
in der Scheide Ulcerationen, die einen dicken, nicht schlecht
aussehenden Eiter absondern und zackige aufgeworfene Ränder
haben. In den Morgenstunden drei dünne Stähle , der Harn musste
durch den Katheter abgelassen werden. Es wurden 12 Blutegel
aiif den Bauch applicirt; feuchtwarme Cataplasmen, lauwarme
Injectionen; innerUch V2 Gr. Morph, acetic, zum Getränk
Reisswasser. Während die allgemeinen Krankheitssymptome
Nachmittags dieselbefi sind, so haben die localen insofern
nachgelassen, als die Schmerzen im Unterleibe gemindert sind.
Am 28. Januar früh ist der Zustand der Patientin nicht
wesentlich verändert; einmal erfolgte breiige Ausleerung.
Nachmittags trat wieder grössere Empfindlichkeit des Bauches
ein; doch liess diese nach, als durch den Katheter eine grosse
Menge Harns abgelassen wurde. Die eingeschlagene Behandlung
ward forlgesetzt; das Morphium weggelassen. Am 29. Januar
ist das Fieber massiger; Puls 90 bis 100. Der Leib weniger
R. Eutbi^dangBaiistalt sa Göttingen etc. 299
schmerzfaaft ; die Lochien sind reichlich und noch übelriecheDd.
Haut und Zunge feucht; Milchsecretion ungestört. Die ver-
gangene Nacht hat Patientin ziemlich gut geschlafen, während
die früheren Nächte schlaflos und unruhig zugebracht wurden.
Die locale Behandlung wird forlgesetzt, eine Gabe Morphium
gereicht Unter fortgesetzter Anwendung von Umschlägen
und Injectionen besserte sich Patientin von Tag zu Tag; am
3. Februar war sie fieberfrei .und konnte am 12. Februar als
vollkommen genesen angesehen und entlassen werden.
Der zweite Fall ereignete sich um dieselbe Zeit ebenfalls
bei einer Erstgebärenden, Marie K. aus A., bei welcher die
erste Geburtszeit, bis es zur Eröffnung des Muttermundes
kam, sehr lange dauerte. Schon bei ihrer Aufnahme, den
20. Januar, klagte sie über wehenarüge Schmerzen, wobei
der Muttermund die Spitze des Zeigefingers eindringen liess;
am 21. Januar Abends 8 Uhr stellten sich kräftige Wehen
ein, aber erst am 23. Januar früh 5 Uhr ging die Geburt
eines ausgetragenen Mädchens vor sich. Am 24. Januar
fieberte die Wöchnerin leicht, ohne dass sich sonst ein Local-
leiden hätte auffinden lassen. Am 26. und 27. Januar war
die Wöchnerin fieberfrei, als sich am 28. Janusor bei einem
Pulse von 90, feuchter Haut, vermehrtem Durste fünfmaliger
Durchfall einstellte, wobei der Leib frei von Schmerzen, gegen
Druck nicht empfindlich, die Wochensecretionen normal .waren.
Verordnung: Morph, aceticumj V2 Gr. und Reisswasser. Am
29. Januar stellten sich in den Morgenstunden heftige, von
Pausen unterbrochene Schmerzen im Unterleibe ein; beim
Druck auf den Uterus äusserte Patientin besondere Empfind-
lichkeit; namentlich erstreckte sich diese auf die linke Seite
(Ovarium). Haut feucht; Puls 100, Durst vermehrt. Die
Milchsecretion etwas angehalten. Bei der In.spection des
Scheideneingangs gewahrt man grosse Ulcerationen, welche
einen copiösen, übrigens gutartigen Eiter absondern. Ver-
ordnung: Gataplasmen des Bauches, lauwarme Injectionen.
Abends bedeutende Zunahme der Schmerzen; Puls 120; be-
schleunigte ängstliche Respiration, das Gesicht zeigt den Aus-
druck eines tiefen Leidens. Verordnung: 12 Blutegel auf den
Bauch; Morph, aceticum. Am 30. Januar noch keine Besserung;
der Leib ist stärker tympanitisch aufgetrieben; Puls klein, 110.
Mon«to«chr. f. Gebartsk. 1861. Bd. XVni., Hft.4. 20
300 XXII. V. SMoldy Zehnter Bericht Aber die in der
Durst gross, jedoch reichliche «Schweisse. Milchsecretion ist
versiegt, aus der Scheide fliegst ein jauchiges Secret in grosser
Menge ab. Verordnung: Morphium; Einreibungen von üng.
cinereum auf dem Unterleibe. Am 31. Januar auffallender
Nachlass aller Krankheitserscheinungen ; Puls 90; der Leib ist
kleiner geworden, nicht mehr in so hohem Grade tympanitisch.
Patientin hatte In der Nacht einige Stunden geschlafen. Nach-
mittags stellte sich Schüttelfrost mit nachfolgender Hitze ein;
am Abend hatte der Puls 110. Verordnung: Pulver aus
Chinin mit Opium. Am 1. Februar findet sich* der Leib
weniger gespannt, Puls 90, nur Abends' wieder Exacerbation.
DurchfaU den Tag ober' drei Mal Die Brüste fangen wieder
an Milch abzusondern. Es wird mit dem Chinin und Opium
fortgefahren« Die Naokt vom 1. auf den 2. Februar wurde
in ruhigem, erquickendem Schlafe zugebracht; der Bauch ist
bedeutend kleiner geworden und fast schmerzlos. Da sich
Nachmittags wieder Durchfall einstellte, ward Morphium ge-
reicht. Am 7. Februar war Patientin fieberfrei; sie erholte
sich allmälig, so.dass sie am 4. März als gftndich genesen
entlassen werden konnte.
Nach diesen beiden Krankheitsfällen, welche im Januar
auftraten und glücklich endeten, blieb der Gesundheitszustand
miserer Wöchnerinnen ein guter, bis im Anfang April räe
neue Erkrankung eintrat, welche tödtüch endete. Der Fall
ist folgender:
Caroline K, aus R., Erstgebärende, hatte am 8. April
tiach 21 stündiger Geburtsdauer natürlich geboren und befand
sich am anderen Tage ganz wohl. In der. Nacht vom 9. auf
10. April erkrankte sie unter heftigen Schmerzen im Unterleibe.
Die Wochenbettsfunctionen noch nicht angehalten. Puls langsam,
voll, aber unregelmässig. Ein Senfleig und erwärmte Tücher
auf den Bauch gelegt, linderten die Schmerzen nur wenig,
Am 10. April früh hatte der Puls 110, Haut heiss und
trocken, Leib weich, aber sehr empfindlich, Wochenfluss
etwas angehalten. Brüste noch voll Milch. Verordnung:
20 Blutegel, feuchtwarme Ueberschläge, lauwarme Injectionen,
Extract. Hyoscyam., Einreibungen von Ung. cinereum. Am
11. April. Die Nacht hatte Patientin sehr wenig geschlafen,
zwei Mal gebrochen. Der Leib ist fortwährend empfin^icb.
K. EDtbindoii^sanstalt su Göttingen etc. 301
Puls 130, gross und vpll; Durst bedeutend. Es wurde ein
Aderlass unternommen und EispHlen innerlich genommen.
Machmittags drei Mal Durchfall; Morphium. In den folgenden
Tagen steigerte sich das Leiden immer mehr; die Wochen-
Functionen sind unterdrückt; Puls 150. Durchfall dauert
ununterbrochen fort; Opiate linderten ihn theilweise, doch
kehrte er immer wieder. Exsudat war eingetreten und am
16. April starb die Patientin. Die Section am anderen Tage
angestellt, Hess bei der Eröffnung der Bauchhöhle etwa 1 Quart
flüssiges, eiteriges Exsudat finden; Magen und Gedärme- von
Gas~ aufgetrieben, letztere durch fibrinöses Exsudat vielfach
miteinander verklebt. Peritonäum des Darmes wenig injicirt.
Besonders viel, noch, nicht verflüssigtes Exsudat findet sich
ii|i Becken. Der Uterus ist gross; der Muttermund rois$farbig,
durch Druck wird Eiter aus demselben entleert; die Schleimhaut
der Gebärmutter ist theilweise mit croupös-diphtheritischem;
in brandigem Zerfall begriffenem Exsudat bedeckt, theilweise
gesu&d. Die Venen 4es Plexus pampiniformis enthalten flüssiges
Blut, aber keine Thrombi; Tuben und Ovarien gesund,
letztere mit eiterigem Exsudat bedeckt« Die Leber normal,
aber in Exsudatmembrane eingehüllt Die Milz ist vergrössert,
mit Exsudat bedeckt, die Pulpa etwas erweicht; Nieren blut-
reich, sonst normal. Die Schleimhaut des D«*mes ist weich,
blass, Magen gesund. Die Lungen . zeigen in ihren hinteren
Partien hypostatische Hyperämie, auf der Pleura des rechten
unteren Lappens entdeckt man kleine Ecchymosen und etwas
weniges Exsudat. ' Im linken Herzen finden sich grosse
Fibringerinnsel, im rechten Herzen ist das Blut flüssig. Die
Schädelhöhle zeigte nichts Abnormes.
Die zweite Hälfte des April und der Mai brachten keine
neuen Erkrankungen, dagegen verloren wir Ende Juni eine
zweite Wöchnerin an Endometritis und Peritonitis, bei welcher
ebenfalls eine normale Geburt vorausgegangen war. Diese
fand am 7. Juni statt, und erst am 27. Juni erlag die
Wöchnerin dem Puerperalleiden , welches sich ausnahmsweise
erst spät bei ihr eingestellt hatte. Sie fing mehra*e Tage
nach der Geburt an zu klagen ; der Krankheitszustand schleppte
sich längere Zeit hin, war übrigens in seinen allgemeinen
Erscheinungen von den bei der vorigen gesdylderten nicht
20*
302 ^X^}* V, Siebold, Zehnter Bericht über die in der
verschieden. Die am 28. Juni angestellte Secüon ergab
Folgendes; Beim Eröffnen des sehr aufgetriebenen Bauches
ergiesst sich sehr viel flüssiges Exsudat. Der Dickdarm ist
physkonisch aufgetrieben, die übrigen Därme sind durch
eiterig -fibrinöse Exsudate miteinander verklebt Das PeritODäum
parietale ist infiltrirt und tlieilweise verklebt Der Uterus i^
durch die Infiltration der benachbarten Theile comprimirt
Die im Becken liegende Darmportion findet sich injicirt; das
linke Ovarium in eine Kyste verwandelt Der Uterus ist
coUabirt, schlaff, oben mit Exsudat überzogen. Die Portio
vaginalis missfarbig, weich. Die Mucosa des Uterus zeigt sich
dunkel geröthet und mit kleinen gangränösen Stellen versehen.
Die eiterige Infiltration des linken Ovariuros ist durch eine
Oophoritis bedingt. Das recMle Ovarium ist mit mehreren
kleinen Kysten versehen. Der Plexps pampiniformis ist frei,
Venenöffnungen desgleichen. Die Leber mit Exsudatroassen
bedeckt. Die Milz sehr vergrössert, weich. Die- Lungen
zeigen schwache Adhäsionen an die Pleura costalis; das Herz
enthält flüssiges Blut Schädelhöhle normal.
Die Operationen, welche in diesem Jahre ausgeführt
wurden, sind folgende:
Zangenoperationen. — 1. Eine kleine Person, 39 Jabre
alt, zum zweiten Male schwanger, mit Pelvis justo minor,
welche schon bei ihrer ersten Geburt mit der Zange entbunden
werden musste, fing am 9. März früh 2 Uhr an über Wehen
zu klagen, nachdem kurz zuvor das Fruchtwasser abgeflossen
war. Um 9 Uhr früh ist der Muttermund wie 8gGr. geöffnet,
der Kopf steht im Beckeneingange. Um 2 Uhr Muttermund
fast ganz geöffnet, allein der Kopf mit Abrechnung der Kopf-
geschwulst wenig tiefer gerückt; aus dem schrägen Durch-
messer tritt er mehr in den quei'en. Um 3 Uhr wird die
Gebärende von clonischen Krämpfen befallen; der Anfall
währte etwa y^ Stunde bei vollständiger Bewusstlosigkeit
Die Gebärende hatte früher nie an Krämpfen gelitten, und
man beschloss daher, die Geburt durch die Zange zu beenden,
doch zu dem Ende die Wiederkehr der Weben abzuwart^,
welche nach dem Krampfanfalle geschwunden waren. Jedoch
mit der nächsten Wehe, die etwa ^^ Stunde auf sich warten
liess, brachen wieder tetanusartige, heftige Krämpfe aus,
K. EntbindüDg'santtaU zu Göttinnen etc. 303
wobei das Gesicht blau ward, Schaum vor den Mond trat,
das Bewttsstsein verloren ging. Sobald der Anfall voröber
war, wurde zur Anlegung der Zange geschritten und ein
lebender Knabe in der zweiten Scheitelbeinslage extrahirt,
der nur kurze Zeit scheintodt war. Die Mutter befand sich
im Wochenbette wohl und konnte mit dem Kinde am 30. März
entlassen werden. Die Operation verrichtete mein Assistent
Dr. G. DddeBkamp,
2. Bei einer zum zweiten Male Schwangern blieb dier
Kopf über eine Stunde lang bei unwirksamen Wehen im
Beckenausgange stehen; ich schritt zur Anlegung der Zange
und hob mit wenigen Tractionen einen lebenden Knaben hervor.
Mutter und Kind blieben wohl.
3. Carol. 6r.y eine 19jährige Erstgebärende, hatte
am 3. Juni früh 2 Uhr mit Wehen das Haus betreten; das
Wasser war bereits abgegangen, der Kopf stand in erster
Lage im Beckenausgaoge, der Muttermund hatte 1 Zoll im
Umfange; die Wehen waren den Tßg über gut, so dass um
10 Uhr Nachts der Kopf im Beckenausgange stand ; aUein bei
grosser Enge der Schamspalte drang er nicht weiter; ich liess
daher durch den Praktikanten Herrn Simon aus Alzey, nachdem
die Gebärende in Chloroformnarkose versetzt war, die Zange
anlegen, mit welcher derselbe unter wenigen Tractionen
eüi lebendes Mädchen zu Tage förderte. Mutter und Kind
blieben wohl.
4. Amdlte T. aus 0., 27 Jahre alt, zum ersten Male
schwanger, erwartete Ende Juli ihre Niederkunft. Bei ihrer
Aufnahme am 9. Juni klagte dieselbe über Blutungen, welche
sich seit acht Tagen periodisch eingestellt hatten; der Scheiden*
theil war fast verstrichen, man konnte mit dem Finger
durch den Muttermund eingehen, findet aber denselben frei,
so dass der Verdacht von Placenta praevia beseitigt wurde,
vielmehr an dem nächstigen Eintritt einer Frühgeburt gedacht
werden musste. Ein vorliegender Theil konnte nicht entdeckt
werden; die Auscultation liess keine Herztöne vernehmen,
Kindesbewegung ward nicht gefühlt Am 14. Juni Nachts
1 Uhr stelUen sich die ersten Wehen ein, nachdem schon
ein paar Tage vorher die Blutungen sich vermehrt hatten.
Das Fruchtwasser ging früh mit den ersten Wehen ab. Nach
304 XXII. f>, Siebold, Zehnter Bericht über die in der
lOstündiger Dauer der Wehen cessirten dieselben wieder und
stellten sich erst am 15. früh 5 Uhr wieder ein ; die Blutung
war nur noch massig; gegen Mittag abermaliges Cesaren
der Wehen, welche erst Nachmittags 3 Uhr, nun aber kr<ig,
sich wieder einstellten. Die Bhitung hatte ganz nachgelassen;
erst am 16. Juni früh 4 Uhr war der Kopf bis an den
Beckenausgang gelangt, blieb aber hier trotz der heftigen
Wehen stehen, daher ich nun die Zange anlegte, und mit
derselben einen todten, nicht ausgetragenen Knaben in erster
Lage zu Tage förderte. Sem Gewicht war nur SVs Pfund,
die Länge 17", der Kopfumfang 11 V/. Die angestellte
Section ergab ein Fehlen der linken Niere; nur die Neben-
niere dieser Seite war vorhanden. Der Urether der rechten
Niere war bis zur Weite eines Dünndarms ausgedehnt, kreuzte
sich mit dem Rectum, hinter demselben verlaufend und sich
linker Seits in die Harnblase einsenkend ; die Harnblase selbst,
sehr ausgedehnt, nahm fast die ganze Bauchhöhle ein; die
Harnröhre war durchgängig. Die Mutter blieb wohl
5. Bei einer 42 jährigen, zum vierten Male schwangeren
Frau ward wegen langen Standes des Kopfes im Ausgange
die Zange von mir applicirt und ein lebender Knabe extrahirt
Mutter und Kind blieben wohl.
6. Eine 26jährjge Erstgebärende litt an sehr schwachen
und kurz abgebrochenen Wehen; die Eröühung des Mutter*
mundes ging nur sehr langsam vor sich , so dass, nachdem
die Wehen am 16. August Abends sich eingestellt hatten,
am 20. August froh derselbe vollkommen geöffnet war. Das
Wasser war schon am 16. AugUBt abgegangen, am Kopfe,
der langsam vorruckte, hatte sich eine bedeutende Kopf-
gesch Wulst gebildet Die Wehen blieben schwach, indessen
konnten noch Nachmittag 5 Uhr die Fötalharztöne kräftig
gehört werden. Seeale comutum gereicht, hatte auf die Wehen
keinen Einfluss; es ward daher Abends 7 Uhr von meinem
Assistenten Dr. Küneke, zur Application der Zange geschritten,
welche wegen VerschwoUenheit der Theile und der ausser-
ordentlichen Kopfgeschwulst sehr schwer anzulegen war.
Ebenso bedurfte die Extraction bei vollkommenem Weben-
mangel des grössten Kraftaufwandes und einer langen Zeit;
endlich gelang die Extraction eines todten Knaben.
K. EDtbindungsanstalt su Göttingon etc. 305
7 und 8. GlöcMicher endeten die beiden folgenden
Operationen bei Erstgebärenden am 26. September mid 16. Oo»
lober wegen langen Standes des Kopfes im Beckenausgange
unternommen. Die Rinder l^ten. In beiden Fällen hat meiB
Assistent Dr. Küneke operirt.
Die Wendung ward am 20. März von meinem Assi-
stenten Dr. DeUceskamp wegen Vorfall der Nabelschnur bei
einer Zweitgebärenden unternommen; man konnte schon vor
dem Blasensprunge bei noch wenig geöffnetem Muttermunde
neben dem un Eingange stehenden Kopfe eine Schlinge der
Nabdschnur fühlen; nach dem Wassersprunge, wekher bei
einer Ausdehnung des Muttermundes von der Grösse eines
Zweithalerstückes erfolgte, fiel die Schhnge tiefer, die Nabel-
schnur pulsurte und unteir kräftigen Wehen ^ ward sofort die
Wendung auf einen Fuss gemacht und an diesem das Kind
entwickelt; die Arme wurden gelöst, der Kopf hervor-
gehoben; das Kind scheintodt kehrte bald ins Leben zurück.
Sein Gewicht betrug 7Va Pfund, es war 19 Zoll lang, der
Kopfumfang betrug 13 '^ die Nabelschnur war 2" lang. Idx be-
merke dabei, dass diese Person schon früher Gegenstand einer
geburtshülflichen Operation war. Im Jahre 1852 musste sie
von mir durch die Zange entbunden werden, indem die
vordere Lippe des Muttermundes sich in grösster Spannung
vor den Kopf legte und der Entwickelung desselben hindernd
entgegentrat. S. Jahresber. v. 1852 in d. Monatsschr., 2 Bd.,
S. 229, Nr. 6. Man konnte noch in Folge jener Abnormität
bei der Schwängern die vordere Muttermundslippe sehr hyper-
trophisch über die hintere hervorragen fühlen und auch
während der Geburt zeigte sich die vordere Lippe sehr an-
geschwollen.
Endlich machte sich bei einer Steisslage die Lösung
beider Arme und die Entwickelung des Kopfes mit den Händen
nothwendig, da nach der Geburt des Rumpfes eine Verzögerung
eintrat, die dem Kinde ohne Hülfe nachtheilig hätte werden
können: das Kind, nur eine kurze Zeit asphyktisch, kehrte
ins Leben zurück.
Bei eben dieser Wöchnerin musste eine schwierige
Nachgeburtsoperation vorgenommen werden; gleich nach der
Entwickelung des Kindes trat eine sehr starke Hämorrfaagie
306 XXII. V. Sieboldf Zehnter Bericht fiber die in der
ein, wobei sich der Muttermund schloss, so dass derselbe,
um die incarcerirte Placenta zu Tage zu fördern, erst wieder
erweitert . werden musste, was nicht ohne Muhe mit der
Hand gelang; die Placenta fand sich gelöst in der Gebär-
mutterhöhle, ward entfernt und die Blutung zum Stillstand
gebracht. Mutter und Kind .konnten schon am 10. Tage
nach der Geburt gesund und wohl entlassen werden.
Eine zweite Nachgeburtsoperation fand am 13. Juli nach
einer naturlichen Geburt bei einer Erstgebärenden statt
Gleich nach der Ausscheidung des Kindes trat ein bedeutender
Blutfluss ein und da nach den Grundsätzen unserer Schule
jedes Mal in den Fällen, wo die Nachgeburt noch zurück ist,
diese wo möglich entfernt wird, so ging ich mit der ganzen
Hand in die Gebärmutterhöhle, fand die Placenta hier an
einzelnen Stellen noch mit dem Uterus in Verbindung, löste
dieselbe vollständig und führte sie heraus, worauf sich die
Gebärmutter regelmässig contrahirte und weiter keine üblen
Folgen eintraten.
Eklampsie beobachteten wir bei einer 20jährigen Erst-
gebärraden, welche am 9. September die ersten Wehen fühlte.
Sie war vor Eintritt der Geburt 10 Tage im Hause und
befand sich ausser einem Oedem an den unteren Extremitäten
ganz wohl. Die Geburt erfolgte am 10. September in der
zweiten Scheitelbeinslage, nachdem eine Stünde vorher das
Fruchtwasser abgegangen war. Der Hals des Kindes war
einmal von der Nabelschnur umschlungen und konnte erst
nach völliger Geburt des Kindes frei gemacht werden; einige
Minuten war das Kind asphyktisch. Schon in den letzten
Stunden vor der Geburt traten zeitweilig erst schwache, dann
sich steigernde eklamptische Anfölle auf, die Wehen wurden
schwächer und schwanden, endlich ganz. Schon ward alles
bereitet, um den iin Ausgange stehenden Kopf mit der Zange
zu lösen, als plötzlich starke Contractionen eintraten und das
lebende Kind zu Tage brachten. Gleich nach der Wegpahme
der Nachgeburt traten von neuem Krämpfe ein;* durch eine
starke Dose Morphium wurden dieselben beschwichtigt und
die Wöchnerm verfiel in Schlaf. In. der ersten Nacht traten
die Anfälle noch drei Mal auf; gegen Morgen ward eine
tüchtige Venäsection angestellt, worauf kein neuer Anfall sich
K. EDtbindaDgsanstalt %n Göttingen etc. 307
zeigte, das getrübte Sensorium freier wurde und die Wöch-
nerin genas.
Von ungewöhnliche Geburtsfallen kamen kurz aufeinander
noch 4 vor, welche einer Erwähnung verdienen.
Am 6. April gebar eine zum zweiten Male Schwangere,
welche ihre Wehen verheimlicht hatte, auf dem Vorplatze d<»-
Anstalt in halb sitzender Stellung; das Kind fiel vor ihr auf
den Boden, ohne Schaden zu nehmen, die Nabelschnur,
25'' lang, zerriss nicht; die gleich darauf herbeieilende Haus-
hebamme fand die Person auf dem Boden liegend, nabelte
das Kind ab, und brachte die Mutter zu Bette, worauf die
Nachgeburt entfernt wurde. Auch für die Mutter war weiter
kein Nachtheil eingetreten.
Am 3. Mai ward eine Zweitgebärende in der Nähe der
Anstalt auf dem Walle von der Geburt überrascht; sie gebar
ein todtfaules siebenmonatliches Kind, welches sie mit der
Placenta in ihrer Schürze uns zubrachte. Auch bei ihrer
ersten Schwangerschaft hatte sie ein macerirtes nicht aus-
getragenes Kind geboren. Ihr Befinden in der Anstalt blieb
ungetrübt
Am 12. Mai ward unsere Hülfe auf das Feld verlangt,
wo eine Person bei der Gartenarbeit von der Geburt über-
rascht worden war. Wir fanden die Person in einem Graben
liegend, wo sie ohne Hülfe geboren hatte; das Kind hatte
eine hinzugekommene Frau bereits abg^^nabelt. Die Placenta
war ebenfalls bereits abgegangen ; sie ward in das Haus
transportirt und befand sich mit ihrem Kinde ganz wohl.
Endlich ward uns am 19. März eine Person in einem
Wagen zugefahren, welche auf demselben eine Stunde von
hier geboren hatte. Das Kind, männlichen Geschlechts, hatte
einen nicht unterbundenen Nabelschnurrest von 10 Zoll an
sich, lebte aber; wir unterbanden erst hier und entfernten
die Placenta. Die Mutter hatte einen unerheblichen Damm-
riss, befand sich aber sonst mit ihrem Kinde wohl.
Unwillkührlich fallen uns hier Osiander^s Worte ein:
„Aus Noth kann der Mensch, wie das Thier, an jeder Stelle
gebären, auf jedem Fleck der Erde, wie auf der gewöhnlichen
Lagerstätte. Ja heutigen Tages lässt sich der Fall denken, dass
auch einmal eine Luftechifff^rin zwischen Himmel und Erde in
308 XXII. V. Siebold, Zehnter Berieht über die in der
die Wochen kornmt Wie viele Frauen haben aof Schüfen,
auf dem Felde, im Walde, in Höhlen, Ställen, auf öffentlichen
Wegen, auf Wagen und Karren (hätte Os. die heutige Zeit
erlebt, wurde er hinzugefugt haben „in Eis^dbahnwaggons"^),
auf Steinhaufen und Baumstämmen, in Schnee und Frost
geboren". Siehe dessen Handb. d. Entbindk., 2. Bd., 1820,
S. 113 und flg.
Als statistische Notiz zu den Umsohlingungen woUen wir
anführen, dass die Nabelschnur um den Hals unter, den
127 Fällen dieses Jahres 16 Male einfach, 1 Mal zwei- und
1 Mal dreifach geschlungen war. — Als die schwersten Kmder
kamen 4 von 9 Pfund vor.
1858.
Es ward dieses Jahr mit der Beobachtung einer Steiss-
läge eröffnet; eine Erstgebärende betrat mit Wehen die Anstalt,
welche sich ihrer Zeitrechnung nach um 8 Wochen zu früh
eingestellt hatten. Der Leib entsprach einer achtmonatlichen
Schwangerschaft. Herztöne nicht hörbar; die innere Unter-
suchung liess die Steisslage bei noch vorhandenem Frucht-
wasser erkennen. * Nach einigen Stunden war der Muttermund
ganz ausgedehnt, die Blase stand strotzend im Ausgange.
Zugleich mit dem Steisse hatte sich ein Knie eingestellt; ich
liess daher die Gebäiende auf das 0])erationslager bringen
und durch den PraltikanC Heim Wilckens «us Hamburg
das Wasser sprengen, die vorliegende Extremität entwickehi,
und die Extraction an dieser weiter vornehmen. Es zeigte
sich, dass das Kind vöHig macerirt war; vorsichtig wurden
Arme und Kopf gelöst und ein kleines, nur 3 V« pfundiges
Koäbchen zu Tage gefördert. Die kleine Placenta von V« Pfund
folgte von selbst. Die Mutter blieb wohl. Eine Veranlassung
dieser Frühgeburt konnte nicht erforscht werden; Bewegung
des Kindes will sie nicht gefohlt haben.
Eine zweite Steisslage ereignete sich bei einer Zweit-
gebärenden am 19. December. Auch bei dieser waren im
siebenten Monate Wehen eingetreten, nachdem zwei Tage
vorher das Fruchtwasser abgeflossen. In rascher Weise, bei
sehr erweiterten Geschlechtstheilen und kräftigen Wehen er-
folgte die Geburt eines lebenden Mädchens in einer Slteiss-
K. EntbindnDgsanstaU zn Göttingen etc. 309
läge; es wog SV« Pfand und war nur 16" lang. Es war
sehr schwächlich, nahm die Brust nicht, konnte indessen
doch bis zum neunten Tage nach der Geburt erhalten werden,
starb aber dann an Schwäche und Atrophie. Die Mutter
blieb wohL
Femer kamen in diesem Jahre zwei Gesichtslagen
vor, wekhe der eigenen Naturthätigkeit zur Beendigung über-
lassen blieben. Beide Gebärende waren zum ersten Mal
schwanger ; die Eine, Luise S., 26 Jahre alt, kam mit Wehen
in's Haus; der Muttermund war einen Zoll im Umfange geöffnet
und in der obern Beckenöflnung fühlte man das Gesicht in
der ersten Lage vorliegend; SUme nach h'nks yorne gerichtet
Das Fruchtwasser war gleich mit dem Beginn der Wehen
abgeflossen. Nach 27 ständiger Geburtsdauer ward das Kind
geboren, nachdem sieh die Stirne nach links hinten, das
Rinn nach rechts vorne gewendet hatte. Leider wurde das
Kind todt geboren; eine Veranlassung zum Operiren war aber
während des Geburtsyerlaufes nicht vorhanden.
Glücklicher endete die zweite Gesicbtsgeburt, welche am
26. November zur Beobachtung kam. Die Gebärende hatte
bei sehr geneigtem Becken einen starken Hängebauch, so
dass während der Schwangerschaft kein Kindestheil vorliegend
entdeckt werden konnte. Sehr verbreitete Herztöne Hessen
den Verdacht von Zwillingen aufkommen, indem jene in
beiden Seiten des Unterleibes rechts und links vernommen
wurden, während zwischen beiden eine tonlose Stelle sich
befand. Wehenartige Schmerzen hatten schon am 23. November
begonnen, indessen traten die eigentlichen Wehen erst am
26. November in den Morgenstunden ein und nun zeigte
sich deutlich die erste Gesichtslage (Stirne nach links vorne);
abwechselnd mit Wehenpausen zog sich die Geburt bis kurz
vor Mitternacht des 26. November hin, wo daqp. ein schein-
todtes Mädchen mit nach rechts vorne gerichtetem Kinne
geboren wurde. Es konnte belebt werden; eine bei der
Mutter nach der Entfernung der Nachgeburt sich einstellende
Rämorrhagie wich kräftigem Reiben des Uterus und kalten
Injectionen; doch blieb die Mutter lange noch anämisch und
musste im Veriaufe des Wochenbetts China, stärkende Kost,
Wein und dergleichen nehmen. Sie erholte sich allmälig
310 XXII. V. Siebold, Zehnter Bericht fiber die in der
und konnte mit dem Kinde nach yier Wochen gesund und
wohl entlassen werden. Das Kind bekam einige Tage nach
der Geburt auf dem rechten Schulterblatte einen Abscess,
der geöffnet bald zur Heilung kam. Noch war bd dieser
Geburt eine 45 zöllige Nabelschnur bemerkenswerth; Um*
schlingung war nicht Torhanden. Es war aber dieselbe nicht
die längste, welche wir innerhalb der vier Jahre beobachteten;
wir sahen am 21. August eine Nabelschnur von 52 Zoll,
bei welcher eine dreimalige Umschlingung stattfand. Einige
Mal kamen noch Schnüre ?on 83, 35 und 37 Zoll vor; ein-
mal maass eine solche 40 und einmal 42 Zoll; die letzte
zeigte eine dreimalige Umschlingung.
Die in diesem Jahre vorgekommene Zwillingsgeburt
ereignete sich am 23. Juni. ffenrieUe P., 25 Jahre alt,
zum zweiten Mal schwanger, wurde am 31. Mai in die Anstalt
aufgenommen. Sie erwartete ihre Niederkunft Mitte Juni.
Bei der äusseren Untersuchung fand sich der Bauch von un-
gewöhnlich starker Ausdehnung; kleine Theile quer über
der Nabelgegend; die Seiten des Bauches waren sehr voll,
Kindesbewegung wollte sie an verschiedenen Stellen des
Bauches gefühlt haben. Die Fötalherztöne waren laut in der
linken Seite zu vernehmen, schwanden in der ganzen Mitte
des Bauches von oben nach unten vollständig, trat^ aber
in der rechten Seite besonders über der NabeQinie, wenn
auch undeutlicher als in der linken Seite hervor. Die innere
Exploration zeigte bei nicht verstrichener Sdieidenportion
durch das vordere Scheidengewölbe einen schwach renitirenden
Kindestheil, der sich aber nicht näher bestimmen liess. Am
23. Juni traten die ersten Weben ein; früh 8 Uhr war der
Muttermund 1 Zoll. weit geöffnet; man fühlte, dass d^* vor-
liegende Theil der Kopf nicht war; deutliche Zeichen, es sei
der Steiss, |;ewann man nach zwei Stunden, wo der Mutter-
mund die Gfösse eines Zweithalerstückes hatte. Das Kind
lag mit dem Rücken nach links vorn. Um 11^4 Uhr war
das Kind in der Steisslage leicht geboren ; die Grösse des nur
kurze Zeit asphyfctischen Mädchens sprach gerade nicht für
Zwillüige, allein der Bauch blieb voU, man fühlte äusserlich
Kindstheile, innerlich neue Eihäute und durch dieselben den
Kopf. Eine Stunde nach der Geburt des ersten Kindes ward
K. EntbindQDgsanstalt ku Götting^en etc. 311
das zweite noch in den Eihäuten dordigetrieben, zugleich
folgten beide Placenten und eine nicht unbeträchtliche Blutung
trat ein, die aber unter alsbald eintretenden Ulerineontractionen
stille stand. Das zweite, viel kleinere und schwächere Kind,
ein Knabe, war todt; es hatte ein anämisches Ansehen, der
Unterkiefer hing schlotternd herab. Die beiden Placenten
waren mittels der Eihäute miteinander Terwadisen. Wahr-
scheinlich hatte die dem ersten Kinde angehörende Placenta
sich losend die zwefte, mit der ersten adhärirende Placenta
mit gelöst und so den Tod veranlasst, wofAr auch die der
Geburt des zweiten Kindes nachfolgende Blutung sprechen
durfte. Das erste Kind, weiblichen Geschlechts, wog 774 Pfd«,
der Kopfumfang betrug 13" und die Länge 19". Das zweite
Kind, ein Knabe, wog 5% Pfund, Kopfumfang 12", Länge 18".
Die Placenten wogen zusammen 2V^ Pfund.
Zu den zwölf Zangenoperationen gaben in der Mehrzahl
der Fälle Wehenschwäche in der letzten Geburtszeit und langet*
Stand des Kopfes im Beckenausgange Veranlassung; in einem
Falle forderte Querstand des Kopfes, in einem andern Syphilis
zur Operation auf. In diesem letztern Falle erlag das Kind
dem während der Extraction nothwendigem Kraftaufwande,
da dasselbe einen sehr starken Kopf (15" Umfang) hatte,
auch die Geschiechtstheüe bei der sehr rigiden Condyloma-
tosen Beschaffenheit Widerstand leisteien. Die Operationen
yerrichteten die Herren Praktikanten Bülau aus Hamburg,
ßoehrs aus Schnessel im Hannoverschen und Chemnitz aus
Hohenkirchen im Oldenburgschen, theUs ich und mem Assistent
Dr. Kimeke.
Im März forderte das Puerperalfieber zwei Opfer. Wir
lassen die Krankheits--und Sectionsberichte hier folgen.
1. Marie K,^ 32 Jahre alt. Zweitgebärende, meldete
sich am 11. Februar zur Aufnahme. Da sich bei der Unter^
sucbung ausser einem starken Ausflüsse die Imke grosse
Schamlippe bis zur fünffachen Grösse geschwollen und indurirt
fand, ausserdem sich mehrere flache Condylome an den
äusseren Geschleehtstheilen zeigten, so ward sie dem Ernst-
August- l^ital zugewiesen. Von da am 8. März mit Wehen
kommend ward sie aufgenommen und am ' 9. durch eine
schwierige Zangenoperation (siehe oben) von einem todten
312 XXU. V. Siebold, Zehnter Bericht aber die in der
Knabe» entbunden. Am dritten Tage nach der Entbindung
fieberte sie, fing an über Schmerzen im Bauche zu khigeo,
worauf Blutegel, Cataplasmen, Senfteige applicirl, die Lochien
durch Injectionen, und der trage Stuhl durch Clysmata
gefordert wurden. Es trat wohl einige Remission ein, aDein
am 14. März zeigten sich starke Schüttelfröste, die Gesichts-
farbe ward fahl; es traten furchtbar stinkende Ausleerungen
aus Scheide und Mastdarm ein, die schon alBcirte Schamlippe
gangranescirte ; am 18. März starb die Kranke. Section am
19. März. Bei Eröffnung des «tark aufgetriebenen* Bauches
fliesst viel Exsudat ab. Das Colon transversum stark raeteo-
ristiscb aufgetrieben. Das grosse Netz ist mit der Bauclihaut
verklebt. Der Uterus weich und nodi gross. Das Exsudat
im Bauche wird auf 3 — 4 Pfund geschätzt Alle Dann-
schlingen zeigen starke Tympanites. Die Pai*tio vaginalis ist
missfarbig, mit schwarzer lauche überzogen, die ganze Schleim-
haut des Uterus ist schieferfarben-und mit jauchigem Exsudate
bedeckt; streift man dieses ab, .so treten die Muskelfaserzüge
sehr deutlich und schön .hervor. Die rechte Tuba ist mit
Eiter gefüllt, das Ovarium sinistrum ein wenig ödemaiüs.
Plexus pampiniformis frei. Nach hinten befindet sich ein
grosser Zellgewebsabscess. Der untere Theil der Leber ist
mit Exsudat bedeckt. Die Leber selbst anämisch, die Milz
klein, blass, collabirt. Nieren normal. Lungen gedunsen,
nicht eingesunken. Rechte Lunge blutarm, oben und unten
ödematös. Linke Lunge hat viele alte Adhäsionen und ist
in ihrem hintern und untern TheUe blutig und serös infiltnrL
Im Pericardium etwas helles Wasser ; Herz gross ; im rechten
Herzen sind reichliche Fibrincoagula.
2. Ro8. Sikly 28 Jahre alt. Zweitgebärende, erkrankte,
nachdem sie am 19. März leicht geboren hatte, mit Er-
scheinungen von Peritonitis, wozu sich häufig auttretende
katarrhalische Beschw^den gesellten. Blutegel, Gataplasoien,
Expectorantia wurden vergeblich angewendet; das Fieber
ward stets intensiver, der Bauch immer mehr aufgetrieben,
die Oppression auf der Brust nahm zu und am 23. März
Abends starb die Kranke. Bei der Section zeigt sich nach
Eröffnung der Bauchhöhle ein sehr bedeutender Meteorismus;
das flüssige Exsudat ist nicht > sehr gross , viele feste
K. Entbindungsanstalt sn Qöttingen etc. 813
gelbliche Exsudatmassea flotiirAn tbeäs in der Flüssigkeit,
theils adhäriren sie am Peritonäum. Der allerdiogs noch
nicht gehörig zurückgebildete Uterus, seine Anhänge, sowie
die übrigen Baucheingeweide sind gesund. Bei der Er*
öfDaung der Brusthöhle sah man die Lungen wenig cuUabiren,
was theils die Folge sehr bedeutender pleuritischer alter Ad-
häsionen, als auch beträchtlicher seröser Infitrationen beider
Flügel war. Die ausgedruckte Flüssigkeit zeigte sich überall
sehr schaumig; die Bronchien waren etwas geröthet und mit
mucösen Massen bedeckt Jn beiden Pleurasäcken fand sich
ein geringei* seröser Erguss, Herz u. s. w. gesund.
Eine dritte Kranke, welche um dieselbe Zeit von Endo-
metritis und Peritonitis befallen wurde, ward wieder her*
gestellt Ebenso hatten wir die Freude, eine im October
an heftiger Peritonitis Erkrankte wieder herzustellen, die sich
ihr Leiden freilich erst in der dritten Woche post partum
durch Erkältung zugezogen hatte. Blutegel, wiederholte
Horphiumgaben und Cataplasmata waren die angewendeten
Mittel.
Noch wollen wir erwähnen, dass in diesem Jahre unter
131 geborenen Kindern 15 Mal einfache, 2 Mal zweifache
und 1 Mal dreifache Umschlingung um den Hals vorkam.
Das schwerste Kind wog 97, Pfund.
1859.
Von anssergewöhnltchen Geburten kam gleich im Anfange
dieses Jahres wieder eine sogenannte Gassengeburt, welcher
Namen in der Gebäranstalt zu Wien eingeführt ist, zu unserer
Beobachtung. Eine Schwangere hatte in ihrem Wohnorte,
einige Stunden von hier entfernt, Wehen empfunden; man
setzte sie dort auf einen Wagen und Uess sie nach Göttingen
fahren. Vor dem Thore abgebden, sollte sie den Weg nach
der Anstalt zu Fuss zurücklegen; allein auf dem Markte,
nütten in d^ Stadt, kam sie nieder, indem das Khid im
Stehen von ihr stürzte; sie ward nun in einer Senfte zu
uns. gebracht Das Kind hatte keinen Schaden genommen ;
die Nabelschnur, mehrere Zoll vom Nabelringe abgerissen,
ward hier ärst unterbunden, ohne dass eine Blutung erfolgt
war;, ebenso ward die Nachgeburt von der Mutter entfernt
314 XXII. V. Siebold y Zehnter Bericht über die in der
Weitere Folgen hatte diese Geburt nicht; ein Dammriss hatte
sich nicht ereignet.
Ebenso brachte uns am Ende des Jahres eine andere
Person, eine Erstgebärende, ein todtfaules zu früh geborenes
Kind ins Haus, welches sie auf dem Wege hierher in einem
Wagen geboren hatte. Das Kind wog nur S^/^ Pfund und
war 14" lang.
Die in diesem Jahre beobachtete Steisslage kam bei
einer Drittgebärenden vor ; welche mit Wehen das Haus betrat
Das Kind war ebenfalls macerirt.und um 2 Monate zu früh
geboren. Die Mutter gab an, sie habe in ihrer Heiroath das
kalte Fieber gehabt, welches aber seit ein paar Wochen weg-
geblieben; Bewegung wollte sie seit längerer Zeit nicht mehr
gefühlt haben. Im Hause zeigten sich weiter keine Piebei^
paroiysmen. Sie verliess am 14. Tage die Anstalt
Eine Zwiilingsgeb.urt ereignete sich am 30. Aprfl bei
einer zum zweiten Male Schwangeren. Sie war mit Wehen
in die Anstalt eingetreten; die Auscultation liess links und
unten am Bauche exquisite Herztöne vernehmen ; in der Mitte
des Bauches war vollkommene Stille und rechts oben konnte
man, freilich erst nach langem Suchen, schwache, aber sonst
normale Herztöne hören. Das erste ffind war in der zweiten,
und gleich darauf das zweite in der ersten Scbeitelbeinslage
geboren. Beide Kinder waren männlichen Geschlechts; das
erstgeborene wog 4V2, das zweitgeborene 5V2 Pfund. Jedes
Kind war 17 Zoll lang; die Nachgeburt war gemeinschaftlich
und wog IV2 Pfund. Fär jede Eihöhle war ein eigenes
Chorion und Amnion vorhanden. Mutter und Kinder ver-
Hessen gesund die Anstalt; letztere hatten* nach 14 Tagen
jedes V2 Pfund zugenommen.
Von den in diesem Jahre vorgekommenen Operationen
erwähnen wir zuerst die 3 Wendungsföile.
1. Bei einer Zweitgebärenden waren am 21. NoTember
10 Uhr Abends die ersten Wehen eingetreten; ein Toriiegender
Kindestheil war nicht zu fühlen. Das Fruchtwasser entle^te
sich am 22. November früh 6 Uhr und zwar floss dasselbe
in beträchtlicher Menge ab. Nach links, äusserlich, Mhlte
man einen runden härtlidien Theil, den Kopf; der Steiss lag
nach rechts oben; ausserdem konnte man links unter dem
K. Entbindnngsanstolt su Oöttingen ete. 315
Nabelf nahe an der Linea alba, deutlich den Nabelstrang durch
die allerdings sehr dtonen Bauclidecken dürchföhlen; sie
konnte unter den Fingern hin- und hergeschoben werden
und liess deutlich Pulsation erkennen. Sogenanntes Nabel-
schnurgerättsch war nicht zu hören. Herztone waren links
deutlich zu erkennen, jedoch nur unter 100 in einer Minute
und unregelniässig, so dass oft 1 — 3 Schläge ausfielen.
Bei der inneren Untersuchuug fand sich durch den thalergross
geäfineten Muttermund die linke Hand irorgefailen, über der-
selben stand ^ der Kopf und zwar in der erstod Stirnlage.
Ich reponirte die Hand so vollständig, dass dieselbe nicht
wieder vorfiel und nun der Ki^f sich in den Beckeneingang
einstellte. Unter dem weiteren Fortgange der Wehen kam
derselbe wohl etwas tiefer, allein die sich immer mehr ver-
langsamenden Herztöne und der Abgang von Meconium gaben
Indication, die Entbindung vorzunehmen. Ich versuchte zu-
erst die Zange, deren Anlegung zwar gelang, allein bei den
Tractionen drohte dieselbe abzugleiten; ich entfernte daher
die Löffel/ unternahm die Wendung auf einen Fuss und
extrahirte das Kind an demselben, löste dann Arme und
hob den Kopf hervor. Das Kind, weiblichen Geschlechts,
zwar asphyktisch, konnte nach mehrstündiger Bemühung belebt
werden, nahm später die Brust und konnte zur gewöhnlichen
Zeit mit der Mutter gesund entlassen werden. Bei der
Geburt 5% Pfund wiegend hatte es nach 14 Tagen V4 Pfund
zugenommen.
2. Eine Zweitgebärende fing am 6. December Nachts
an zu kreissen. Der Kopf lag hoch im Beckeneingange«
Nachdem der Muttermund gegen Morgen des 7. Decembers
beinahe ganz ausgedehnt war, fühlte man durch die Eihäute
nach links die pulsirende Nahelschnur, nach rechts aber die
rechte untere Extremität. Gegen 8 Uhr sprengte ich die
Blase, ergriff den bereits vorliegenden Fuss, zog ihn herab,
schob, nachdem ich denselben angeschlungen, mittels des
sogenannten doppelten Handgriffs den Kopf in die Höhe,
und extrahirte nun das Kind weiter. Es war scheintodt,
konnte aber belebt werden. Die Mutter litt im Wochenbette
an Oedem der Schamlippe, ward aber bald hergestellt und
mit dem Kinde wohl entlassen.
MonAUtehr. f. Geburtok. 1861. Bd.XVIIT.. HII.4. ^l
316 ^XII. Siebcldy Zehnter Berfeht über «Ue in der
3. Endlich ward am 15. December die WenduDg, eben-
falls wegen prolabirter Nabelschnur Yorgenommen » und das
Kind erhalten. . Die Gebärende war mit Wehen in die Anstalt
gekommen; das Fruchtwasser war noch vorhanden, der
Muttermund einen Zoll im Umfange geöflhet; man fohlte durch
die Eihäute die schwach pulsirende Nabelschnur vor dem
Kopfe liegen. Auch die Herztöne liessen sich nur schwach
durch die Bauchdecken vernehmen. Als 10 Minuten später
das Fruchtwasser abging, der Muttermund von der Grösse
eines Achtgroschenstücks wai^, unternahm ich sofort die
Wendung auf den linken Fuss, extrahirte das Kind, welches
zwar scheintodt, doch bald zu beleben war und qpaler gesund
mit der Mutter uns verliess. Der Strang zeigte eine Länge
von 40'', während er im vorigen Falle nur 19" lang war.
Die Zangenoperationen, deren acht waren, machten
Wehenschwäche, Beckenbeschränkung (1 Mal), Struma (l.Mal)
und Rfgiditäi der Theile nothwendig. Alle brachten lebende
Kinder zur Welt und auch die Mdtter befanden sieb im
Wochenbette wohl. Die Operationen« selbst wurden theSs
von meinen Schülern, Herrn Btadler aus Marburg, Herrn
TrenkU ans dem Badiscfaen, Herrn Baum aus Gdttingen,
und Herrn Koch aus Hildesheim, theils von mir und meinem
Assistenten verrichtet
Einen Fall von Conglutinatio ofis uteri bei einer
Erstgebärenden, welche durch den Finger gehoben wurde,
wobei aber später die Anlegung der Zange wegen Wehen*
schwäche nothwendig wm*,. hab^ ich in dieser Monatsschrift,
XIY. Bd., S. 96 ausführlich mitgetheilt.
Endlkh ward in diesem Jahre die Sectio caesarea
verrichtet, leider für die Mutter mit tödtlichem Ausgange
BKmbeih (7. aus W. in Ghurhessen, 17 Jahre alt, z»m
ersten Male schwanger, kam am 25. Juli in die Anstalt und
wollte ihrer Zeitrechnung nach Anfangs August niederkommen.
Gleich der erste Anblick dieser Person zeigte, dass sie an
Rhachitis litti si^ hatte eine Körperlänge von 4' ^ %"\ dabei
einen verhältnissroässig starken Kopf; die untern. Extremitäten
zeigten. Ober- und Unterschenkel, die den -Rhachitischen
eigentümlichen Krümmungen. Das übrige Scelet zeigte keine
auffallende Abweichung; die Schwangere hatte nadi ihrer
K. EDlbindäD^sftnstalt in Götting^n eto. 317
Aussage erst spät laufen gelernt Die Elteni sollen gesund
und Ton normaler Grosse gewesen sein, desgleichen ein
Bruder; dagegen litt eine jüngere Schwester in der Kindheit
ebenföUs an Rhachitis. Die äussere Untersuchung des Bauches
Hess deuselhen sehr ubeiiiättgend finden; den Kopf des Kindes
entdeckte man in der rechten Bauchseite im grossen Becken ;
Herztdne in der ganzen rechten Seite hörbar. Bei der inneren
Untersuchung konnte der Fing^ bei leerem unterem Becken
mit Leichtigkeit das links gerichtete Promontorium erreichen«
Genau angestellte, von mir und nneinem Assistenten, Dr. Kv^rUke^
öfters wiederholte Messungen, wobei wir die verschiedensten
Messungsmethoden in Anwendung brachten, Hessen eme Con*
jugata von 27/ finden. Im Uebrigen war das Befinden der
Sehwaligern ein durchaus gutes. — Am 28. August traten
wehenartige Erscheinungen ein; die Yaginalportion fand sieh
&6t ganz verstrichen, der Muttermund wie ein Groschen
geöffnet, und in ihm fühlte man die Eihäute. Unter ab-
wediselnder Hube bradi der 29. August an; Nachmittags wurden
die Wehen intensiver, sie verstärkten sich besonders in der
Nacht auf den 30., und bewirkten die Erweiterung des Mutter«
mundes. Einstellung des Kopfes in das kleine Becken oder
nur in die obere Apertur war nicht zu erwarten, und so
unternahm mein Assistent Dr. Küneke (ich war gerade ab*
wesend) den Kaiserschnitt in Gegenwart der wenigen Prakti-
kanten, wdche in den Ferien noch hier geblieben waren,
und von diesen unterstutzt. Die Operation, unter Einflnss
des Chloroforms bewirkt und bei gehörig auf dem Bauch zur
Zurückhaltung der Gedärme vertheilten Händen der Assistenten
in der Linea alba ausgeführt, lief rasch ohne weitere Com-
ptication ab. Die Blutung aus dem durchgeschnittenen Uterus
war nur gering, was besonders dem Umstände zuzuschreiben
war,' dass gerade die Mitte der Gebärmutter durch den Schnitt
getroffen wurde. Es ward ein lebendes Mädchen exü^ahirt,
an Gewicht 6 Pfimd, an Länge 17 Zoll, Kopfumfang 13 Zoll,
gerader Kopfdurchmesser 4^4 ? Diagonaldurchmesser 5 und
Querdurchmesser 3% Zoll betragend. Die Placenta konnte
unmittelbar nach der Wegnahme des Kindes durch einfachen
Zug an der Nabelschnur entfernt werden. Der Uterus con-
trahirte sich sehr stark, und* €i>enso verkleinerte sieh' der
21*
318 XXII. Siebold, Zehnter Bericht fiber die in der
Bauch, so dass nur 3 Hefte angelegt zu werden brauchten,
darüber die üblichen langen Heflpflaftter. Die Anlegung der
blutigen Hefte waren für die 'Operirte der schmerzhafteste
Act; denn während bis dahin keine Schmerzensausserungen
wahrgenommen wurden, so fanden sdche bei der Durchführung
jeder einzehien Nadel trotz der noch fortdauernden Chloroform-
Narkose deutlich statt. Die Wöchnerin wurde hierauf in das
für sie bestimmte und an den Operationstisch herangerückte
Lager mit der gehörigen Vorsicht gebracht und befand sich
ziemlich wohl; es trat bald darauf Schweiss ein; sie erfaiell
gleich nach der Operation V4 Gr. Morph« mur., schlief aber
nicht; nach 2 Stunden dieselbe Dosis. Gegen 3 Uhr Nachts,
den Sl. August, wurde sie unruhig, sprach viel, bekam eine
anämische Gesichtsfarbe, veränderte Züge, und verschied
um 4 Uhr, 9 Stunden nach der Operation. Die Section,
am 1. September angestellt, zeigte alle Organe gesund, aber
anämisch, der Bauch war ungeheuer aufgetrieben, an den
dünnen Därmen fand sich leichte peritonitische Rosenröthe,
der Uterus war selu* gross und vöDig erschlafft, vor ihm
eine Vs" tlicke Schichte coagulirten Blutes, hinter ihm viel
blutig seröse Flüssigkeit Nach aussen war weder durch die
Scheide noch durch den unteren offenen Mundwinkel ein Tropfen
Blut ausgeflossen. Der Schnitt des Uterus war gerade in die
Mitte des unteren Theils desselben gefallen. Das Becken
trägt alle Charaktere euies rhachitischen an sich, die Co^jugata
beträgt im frischen Becken genau 2" 6'"; somit war die
Messung im Leben genau ausgefallen.
Am getrockneten Becken sind die Maasse folgende:
Conjugata des Eingangs 2^W. Das Promontorium etwas
nach links gerichtet und in das Becken stark herein-
ragend.
Der quere Durchmesser 4%", die beiden schrägen 4''.
Conjugata der Beckenmitte 3Va". Querdurchmesser 4^
Conjugata des Ausgangs 2V4". Querdurchmesser des Aus-
gangs 3V4".
Die Breite des Kreuzbeins sehr stark; dieser Knochen
steigt in gerader Richtung herab, ohne die bei gesundem
Becken regelmässige Ausbiegung zu machen ; Querdurchmesser
4es oberen Beckens 9''. Die Oberschenkelknochen zeigen
K. CiitbindnngsaDStalt «u Göttingen etc. 319
den dem rhachitischen Bau eigentbümlichen scharfen Buckel
nach aussen , sind nicht rundlich , sondern haben deutlich
zwei breite Flächen, eine vordere nnd eine hintere, und bilden
nach aussen einen fast scharfen Rand.
Das Kind starb am vierzehnten Tage nach der Operation
an eingetretener Meningitis.
Die nähere Beschreibung dieser Operation hat mein
Assistent, Dr. Küneke, zu liefern versprochen, daher ich
nur kurz diesen Fall erzählte; bemerken will ich nur, dass es
der achte Kaiserschnitt war, welcher seit dem Jahre 1792,
der Eröffnung der . academischen Entbindungsanstalt , unter
8437 Geburten bis zum Jahre 1859 vorkam, ich selbst hatte
zwei Mal die Operation verrichtet; keine einzige Mutter war
erhalten worden. •
Erwähnung verdient zu vorstehendem Falle, dass wir im
laufenden Jahre eine noch viel kleinere verkrüppelte Person
aufnahmen, welche nur 3' 7Va" hoch war — die vorstehende
hatte eine Körperlänge von 4' 3" 6'" — und einen bedeutenden
Buckel hatte, so dass der Kopf im wahren Sinne des Wortes
zwischen den Schultern steckte. Dagegen hatte sie gerade
herabgestreckte untere Extremitäten und verdankte ihre Miss-
gestalt einem in ihrem zweiten Lebensjahre erlittenen Falle
auf den Rücken, der dann auf die Missstaltung desselben, aber
nicht auf das Becken Einfluss hatte. Sie gebar leicht und
glücklich ein lebendes Kind.
Von sonstigen Todesfallen der Wöchnerinnen blieb die
Anstalt in diesem Jahre verschont; eine Wöchnerin litt zwar
an bedeutender Peritonitis, ward aber wieder hergestellt und
konnte geheilt entlassen werden.
Umschlingungen kamen unter den 134 geborenen Kindern
26 Mal vor, darunter 8 zweifache und 1 dreifache.
Ein Mal sahen wir^ ein Cephalaematom auf dem linken
Scheitelbeine bei einem Kinde, welches von einer Erst-
gebärenden. nach 50 stündiger Geburtsdauer, aber doch noch
ohne Kunsthülfe geboren wurde. Wir überliessen dasselbe
der Natur und fanden es bei der Entlassung am sechszehnten
Tage post partum, wenn auch nicht ganz geschwunden, doch
bedeutend verkleinert
320 XXII. Sieboldy Zehnter Bericht fiber d!^ in der
1860.
Die beiden Gesichtslagen, welche in diesem Jahre zur
Beobachtung kamen, verliefen bei der zum zweiten Male Ge-
schwängerten durch eigene Thätigkeit der Natur; die Kinder
wurden lebend geboren, und zwar das eine in der ersten,
das andere in der zweiten Gesichtslage.
Zwei Steisslagen und eine Fusslage konnten ebenfalls
der Natur zur Beendigung überlassen bleiben, und nur einmal
ward eine Steisslage in eine Fusslage verwandelt, um wegen
Nabelschnur Vorfall rasch zu extrahiren. Das Kind kam lebend
zur Welt.
Bei einer Schult er läge, bei welcher zugleich Vorfall
der Nabelschnur zugegen war, wur(^e die Wendung vor-
genommen und ein lebendes Kind gewonnen. Bei einer
anderen Schuherlage beobachteten wir die sogenannte Selbst-
entwickelung d. h. Schulter und der im Halse stark gebeugte
Kopf traten zu gleicher Zeit zu Tage; das Kind war macerirt,
nicht ausgetragen, an Gewicht nur 2V4 Pfund betragend.
Die drei Zwillingsgeburten hatten folgenden Verlauf:
Die erste fand bei einer I^ehrgebärenden statt Beide
Kinder lagen mit dem Steisse vor ; die Geburt des ersten Kindes
hatte 32 Stunden gedauert, dann trat eine Wehenpause von
8 Stunden ein, worauf nach 3 V2 stündiger Geburtsarbeit das
zweite Kind ebenfalls mit dem Steisse voran sich zur Geburt
stellend wegen vorgefallener Nabelschnur an den Füssen
extrahirt wurde. Beide Kinder waren männlichen Geschlechts.
Das erste Kind wog 6, das zweite 5 Pfund. Die Placenten
waren getrennt; jede wog % Pfund. Die Kinder gediehen.
Die zweite Zwillingsgebui*t ereignete sich bei einer Erst-
gebärenden; schon auf dem Gebärbette Hess die Auscultalion
in zwei Seiten deutlich Herztöne vernehmen und Zwillinge
mit grosser Wahrscheinlichkeit vermutben. .Die Geburten der
beiden Kinder, welche mit den Köpf^ vorlagen, erfolgten
rasch hintereinander ; beide Kinder waren * weiblichen Ge-
schlechts; das erste wog 5 Pfund, das zweite nur 3 V4 Pfand.
Die Nachgeburt war gemeinschaftlich und wog 1% Pfund.
Das zweitgeborene Kind stari) am vierten Tage an Lebens-
schwäche, das erstgeborene am zwölften Tage an Atrophie.
K. £|itbindii]ig«an8talt 2a Oöttingen eto. 321
Die dritte Zwiliingsgeburt fand ebenfalls bei einer Erstr
.gebärenden statt; .beide £inder lagen mit den K6pfen vor;
die ganze Geburt dauerte 9 V« Stunden mit V4 Stunde Zwischen-
zeit zwischen der Gebart des ersten und zweiten Kindes.
Das erste Kind, ein Mädeh^, wog 6 Pfand, das zweite ein
Knabe, 4% Pfund. Die Placenta war eine einfache, wog
IV3 Pfund. Die Kinder wurden erhalten.
Die neun Zangenoperationen endigtan aUe für Mütter
und Kinder glücklich. Indicationen dazu waren: schwache
Wehen, zwei Mal; langer Stand des Kopfes im Beckenausgange,
ohne dass die fortdaueri))den Wehen ihn weiter brachten,
sechs Mal ; ein Mal ein bedeutender Hydrocephalus. Der Kopf
dieses letzteren hatte 16'' im Umfange; das Kind ward lebend
extrahirt und starb erst fünf Wochen nach seiner Geburt
Die nähere Untersuchung zeigte die Wasseransammlung ausser-
halb des Gehirns, nicht in den Ventrikeln. Die Zangen-
operationen wurden theiis von meinen Schalem, den Herren
Mariens aus Aurich, Brandes aus Hildesheim, Swartie
aus Emden, Rust aus Sebnde im Hannoverschen, theiis von
mir und meinem Assistenten, Dr. Küneke, verrichtet.
Ausser den oben beschriebenen zwei Fällen von Vorfall
der Nabelschnur bd einer Steiss- und Schulterlage ereignete
sich noch einmal Vorfall der Nabelschnur, welcher aber gar keine
weitere Behandlung erforderte, indem erst nach dem Wasser-
sprunge *der Nabelstrang vor dem Kopfe hervortrat, dieser
aber sofort nach dem Abgange des Fruchtwassers geboren
• wurde, so ' dass nicht im mindesten ein nacbtheiliger Druck
stattfand, das Kind auch sogleich sein Leben durch kräftiges
Schreien kund gab.
Auch in diesem Jahre kamen drei Geburtsüber-
raschungen vor: zwei Mal fielen die Kinder mit dem
Kopfe voran in den Nachtstuhl und ein Mal entfiel das Kind
im Zimmer der stdienden Mutter. In keinem dieser drei Fälle
hatten die Kinder Nachtheil erlitten.
Endlich kam ein Fall von ungeheuer vielem Frucht-
wasser (Hydramnion) zur Beobachtung. Eine zum dritten Male
Schwangere kam mit Wehen in die Anstalt; die Ausdehnung
des Bauches war eine auffallend grosse, der Uterus fällte
nach oben die Herzgrube ganz aus und ragte bedeutend nach
822 XXII. ''Sieboldf Zehnter Bericht aber ^ie in der
beiden Seiten des Bauches hin. Kindestheile konnte man
nirgend durchfühlen, aber auch keine Herztöne yemehmen.
Die innere Untersuchung liess ein kleines, hochballotirendes
Köpfchen finden, dessen Lage nicht zu unterscheiden war,
da es dem Finger stets entwich.* Bei vöUig ausgedehntem
Muttermunde und sehr kräftigen Wehen wurden die übrigens
sehr derben Eihäute gesprengt; es strömte eine ungeheuere
Menge nicht übeUiechenden und qualitativ scheinbar nicht
veränderten klaren Wassers ab, welches bald durch das Bett
in das Zimmer floss und vier Mal aufgenommen werden
musste. Der Kopf in erster Lag^ trat sogleich in den Aus-
gang und 1174 Uhr Nachts des 10. März ward ein todter
Knabe geboren, welcher Ascites und Oedema scroti, ausserdem
am Bauche excoriirte Stellen zeigte. Er wog 5 Pfund, Länge 17^
Kopf umfang llVs''* ^'^^ Nachgeburt wog % Pfund, der
Strang war 18" lang. Die Gebärmutter contrahirte sich gut,
blieb aber gross. Die Section des Kindes ergab bedeutende
Wasseransammlung in der Bauchhöhle. Die Mutter hatte in
den ersten Tagen ihres Wochenbettes starkes Oedem der
unteren Extremitäten, aber kein Eiweiss im Harne. Jenes
verlor sich bald.
Unter den beobachteten Umschlingungen der Nabelschnur
kam einmalige Umschlingung um den Hals 28 Mal, zweimalige
4 Mal und 3. Mal dreimalige vor. - Die längste Nabelschnur
war 42 " lang und dabei drei Mal umschlungep.
Von den Wöchnerinnen verloren wir eine, welche im
Monate Februar bedeutenden Puerperalprocessett* erlag. Sie
hatte, zum ersten Male schwanger, in gewöhnlicher Weise
nach 24 stundiger Geburtsdauer am 4. Februar geboren, ^-
krankte aber schon am zweiten Tage unter den Erscheinungen
einer bedeutenden Endometritis und Peritonitis mit nicht zu
stillenden Durchfallen und . Unterbrechung der Wochenbetts-
functionen. Am fünften Tage' nach der Erkrankung starb sie.
Die Section, von meinem hochverehrten Collegen Herrn
Geh. Hofrathe Hasse angesteUt, ergab Folgendes:
Nach Eröffnung d^ Brusthöhle sieht man die rechte
Lunge wenig, die linke mehr coUabirt, sonst waren, beide
frei. In der rechten Pleurahöhle eine Probe dünner Flüssig-
keit Im Herzbeutel wenig klare Flüssigkeit Bechtes Herz
K. Entbindaogsanstalt bq Göttinnen etc. 32ä
welk und leer, sehr flüssiges Blut haltend; in demselben und
im rechten Hersohre dünnes, wässeriges Gerinnsel; starke
Imbibition der Herzsubstaoz; in der Arteria pulmonalis flüssiges
Blut und sehwaches Gerinnsel Linkes Herz leer, Vorhof
wie rechts dünnes, dunkles, flüssiges Blut enthaltend, sonst
normal. Aorta zeigt keine Imbibition, aber viel dunkles Blut
In den Fauces flndet sich begrenzte Infiltration; unterer
Lappen der rechten Lunge schlaff, mit Blut gefüllt, mittlerer
Lappen etwas emphysematös und ödematös, oberer Lappen
aufgeblasen und stark schaumig ödematös. Der untere Lappen
der linken Lunge zeigt emphysematische Inseln und ist blut-
gefüllt; der obere ödematös. Nirgends in den Lungen findet
sich Pfropfbildung oder Metastase. — Die Bauchhöble ist stark
tympanitisch aufgetrieben, Leber und Zwerchfell in die' Höhe
gedrängt Peritonäalüberzug zeigt zerstreute Injectionen, aber
kein Exsudat, ausser in der Gegend des rechten Ovariums.
Leber ziemlich schlaff*, wenig blutreich, Yon blassgelbem
Ansehen, ihr Gewebe morsch, zum Theil ödematös. Milz
geschwellt, um die Hälfte vergrössert, ihr Gewebe breiigt
Im Magen gallig gefärbte Flüssigkeit, Schleimhaut stark ge-
runzelt, mit Schleim bedeckt Der Uterus ist schlaff; rechtes
Ovarium durch concrete eiterige Exsudate befestigt, rechte
Tuba und breite Mutterbänder geröthet, die Fimbrien sehr
stark geschwellt Die rechte Vena spermalica gefüUt. Vena
Cava voll von flussigem Blute und grosser' in ihrer Mitte bereits
erweichter Gerinnselbildung, das Gerinnsel erstreckt sich in
der rechten Vena spermatica bis zur |ffündung der Vena renalis.
Rechte Niere gross, schlaff, ohne Hyperämie, Nierenbecken
und Kelch weit, keine metastatischen Ablagerungen. Linke
Vena spermatka und renalis frei; die linke Niere normal.
Das Os uteri extern, diphtheritisch exulcerirt, eine ähnliche
umschriebene Stelle in der Scheide. Die innere Oberfläche
des Uterus missfarbig; keine Eiterbildung im Uterus, nur
einige kleine Eiterthromben in den ^Sinus des Körpers. Das
breite Mutterband rechts zeigt eingeschnitten theils flüssigen
theils geronnenen Eiter, welcher sich in die Vena spermatica
Tortsetzt Links nur beschränkte Eiterheerde. Linkes OvariuiH
welk und klein. Rechtes geschwollen, hyperämisch, schlaft,
wässerig infiltrirt, mit Eiter in einer Vene in der Nähe des
324 XXIII. Notiseii ans der Jouniftl* Literatur.
Corp. luteum; alle Venen des Ligam. OTar. erweitert, mit Btor
und Thromben gefüllt. Auch in der Tuba dextra sind die
Venen mit Blutthromben und Eiter gefOilt. Im Schädd-
gewölbe sind geringe Ablagerungen: die Sinus mit Blut und
Gerinnungen geföUt, Dura und Pia Mater blutreieb. Hini-
substanz fest, ziemlich blutreich.
Es blieb dieser Fall der einzige von schweren Wochenbetts-
erkrankungen in dem den Wöchnerinnen sonst so ominösen
Frühjahre; erst im April trat bei einer Erstgebärenden eben-
falls nach der Geburt Endometritis von mehr septischier Form
auf; zugleich bildete sich bei ihr Brustabscess aus, sdur
schwere Diarrhöen traten ein, Decubitus der stärksten Art and
zuletzt ein höchst anämischer Zustand, welcher die kräftigste
Anwendung von Eisenmitteln, Driburger Wasser u. s. w. ei^
forderte. Nichtsdestoweniger ward die Kranke hergestellt,
worüber freilich eine lange Zeit verging; denn erst am 20. Juni,
zwei Monate nach ihrier Niederkunft, konnte sie entlassen
werden.
XXIIL
Notizen aus der Journal -Literatur.
Wagner: Neubildung yod Driiüeugewebe.
Dem in der mikroAKopischen Gesellschaft bu Leipzig ge-
haltenen Vortrage entnehmen wir Folgendes:
Die Polypen auf der Schleimhaut der Genitalion kommen
nicht nur häufig vor, sondern sind auch von gans fiberwiegendem
praktischem Interesse. Selten sind die eigentlichen Schleim-
drüsenpolypen ; sie sind wegen ihres geringen Volumens und ihres
massigen Gefässgehaltes praktisch weniger wichtig, als die fibrösen
Polypen. Letztere sind in ihrer groben und mikroskopischen
Textur hinreichend bekannt und kann deshalb ihre Darstellung
hier übergangen werden. Die häufigste Form Ton Uteruspolypen
ist diejenige, welche Verf. Fibrocystoide nennt. Dieselben sind
gelten bei jungen Individuen, am häufigsten finden sie sich von
den klimakterischen Jahren an bis in*s höchste Alter. Ihr haupt-
sächlichster Sitz ist in der Körperhöhle, selten in der unteren
Hälfte, meist in oder nahe den Hörnern. Nicht selten liegen
XXIII. Notisen ans der Joarnal- Literatur. 325
sie in einer Vertiefang. der Sclileimliant; sekeii werden sie
wallnnsagross nnd darüber. Ihre Oestalt istrerscbieden; bisweilen
sind sie leicht gelappt. Ihre Oberfläche ist heller oder dankler
geröthet; an den meisten Stellen glatt, an anderen, seltener
dnrchans , mit yerschieden xahlreichen kleinen serösen Kosten
besetit, fahlt sich bisweilen schleimig, meist jedoch trocken an
nnd seigt sieh auf ihrer Schnittflftche bald nicht Tersohieden von
dem Durchschnitte der normalen Uternskörperschleimhant, bald
ist sie weicher. Ihr Epithel besteht ans einer ein- oder mehr-
fachen Schicht oylindrischer Zellen, deren freie Fläche sich mit
Flimmern besetst seigre. Die Haaptmasse der Polypen gleicht
meist vollständig dem Qewebe der normalen ütenvschleimhant
nnd enthält ansser den makroskopischen Kysten stets noch zahl-
reiche' mikroskopische. Das Epithel derselben sitst einer nicht
isolirbaren Membrana propria anf, ist einschichtig, meist knrs
oylindriscb, am seltensten flimmernd. Ihr Inhalt ist bald rein
serös, bald schleimig. Die Schleimhant der Körperhöhle des
Utems ist selten normal, sondern meist im Znstande chronischen
Catarrhs. Bisweilen findet sich gleichseitig Eystenentartnng der
üterindrfisen. Der Utems selbst ist fast stets hypertrophisch,
am meisten der iSörpertheil. Diese Polypen celgen alle möglichen
Uebergänge sn den schon lange bekannten sogenannten Kysten-
oder Blasenpolypen.
Am seltensten seheinen diejenigen polypösen Gebilde des
Utems an sein, welche Reste der Plaeenta darstellen nnd .deren
Diagnose meist erst nach der Exstirpation möglich ist.
In der Vagina kommen Polypen selten vor. Die Eiistens von
Schleimdrüsenpolypen daselbst ist noch nicht erwiesen, jedoch
trota des Drüsenmangels der Vsginalschleimhaat wahrscheinlich.
Verf. beschreibt hieran einige Fälle.
iSehmidÜ'B Jahrbücher, Bd. 103, H. 1, 8. 92.)
Ziemsten: Fibröser Polyp der Oebftrmntter.
Die 44jährige Fran von schwächlichem Eörperbane nnd sarter,
bleicher Haut, war seit ihrem 16. Jahre immer regelmässig
menstrnirt nnd hatte awei Mal, vor 13 and 6 Jahren, regelmässige
Gebarten überstanden. Gleich nach der lotsten Niederknnft, noch
während der Lactation, traten Blutungen aus den Geschlechts-
theilen ein, die mehrere Tage anhielten und in Zwischenräumen
von 8 Tagen wiederkehrten, fast jedes Mal jedoch durch wehen-
artige Schmenen eingeleitet wurden. Blennorrhoe ans den Ge-
burtstheilen ist nie beobachtet worden, ebensowenig Abortus.
Verdauung war wenig gestört.
Ein Arst, welcher die Frau in das Stadtlaaareth schickte,
stellte die Diagnose auf efnen Gebftrmntterpolypen; doeh zeigte
326 XXIII. Kotiien ans der Journal -Literatur.
•
die Untersuchung weder den FuudtM uteri b'oclisteheiid ^ noeh
den Muttermund geöffnet oder sonstig rerändert. Erst als wenige
Tage nachher die Blutung eintrat, seigte sich der Muttermund
fünfgroschenstückgross, die Lippen waren etwas yerkürzt, dünn,
schlaff und scharfrandig. Aus dem Muttermunde ragte ein
randlich geformter, glatter, bei Berührung niclit sehmerihafter
Körper, von festem Gewebe, mit einem kleinen Segmente herror.
Der umfang dieses Körpers glich einer mittelgrosaen Citrone und
nur mit Mühe gelang es, ihn mit dem Finger su umgehen und
seine Anheftungsstelle im Fundus uteri an erreichen.
Um den Polypen durch den schlaffen Muttermund durch-
zusieben, wjarde derselbe mit einer Jftisstfx'schen Zange gefasst;
jedoch konnte, da sieh beim Ansiehen der Muttermund straff um
das untere Segment des Polypen spannte, derselbe durch lang-
samen Zug nur sogleich mit der umschliessenden Gebärmutter
in den Yorderen Theil der Scheide gebracht werden. Es wurde
daher die Hakensange abgenommen und während 8 Tage tiglich
grössere Pressschwammstücke swischen Polypen und Muttermund
eingeführt, hierdurch jedoch nur eine geringe Erweiterung des
Muttermundes ersielt. Da die Blutung fortdauerte, die Sehwache
der Patientin aber ein längeres Zuwarten verWt, so wurde der
Polyp von Neuem gefasst, mit der Gebftrmutter herabgesogen
und der nun su Tage liegende Muttermund an swei Stellen
3 — 4 Linien lang eingeschnitten, worauf der Polyp plötslich
nutet klatschendem Geräusche durch den Muttermund heraustrat
und mit der Siebold* sehen Scheere unter kräftigen Schnitten
eutfemt werden konnte. Die geringe Blutung hörte nach Ein-
spritsung kalten Wassers bald auf.
Der Polyp hatte die Form und Grösse einer Citrone, bedeutende
Festigkeit des Gewebes, welches auf der Schnittfläche glatt,
glKnsend weiss war und dem Auge mehrlich versweigte und
anastomosirende Fasorbündel seigte.
Die der Operation folgende Peritonitis wurde bald beseitigt,
ebenso auch durch fortgesetsten Gebrauch der essigsauren £uen-
tinctur die. Anämie. Ungefähr drei Monate nach der Operation
trat die erste normale Menstruation wieder ein.
(Preussische Medicinal- Zeitung, No. 1, 1861.)
FtnicouU: Fall von Schamfugenschnitt.
Die 24jährige ' rhaohitische Erstgebärende hatte das Ende
ihrer Schwangerschaft erpeicht. Die Wehen dauerten schon seit
einigen Tagen, als man erkannte, dass der Torliegende Kindes-
theil der Steiss sei. Das Herabholen der Füsse (weswegen
dieses geschah, ist nicht angegeben. Ref.) war leicht; aber der
Kopf blieb stecken. Nach yergeblichen lange anhaltenden Ex-
XilV. Literatur. 327
tractionsyersncben blieb den Operateuren FoucouU und Daireaux
nur die Wahl swischen Decapitation , Kephalothrjpsie und 87m-
phjBeotomie. Erstere Operation verwarf man als au barbarisch
einestheils, andemtheils auch, weil, um den abgeschnittenen Kopf
BU entfernen, die Kephalotribe , ein sehr gefährliches Instrument
(sie? &ef.)f oder selbst der Kaiserschnitt nöthig werden konnte.
Man entschloss sich dahej snr Syrophyseotomie , welche auch,
nach Auseinanderweichen der Schamknochen um 4 Ctm., die
Entwickelung des Kopfes suliess. Das Kind war natürlich todt,
die Harnblase der Frau perforirt, jedoch konnte Fat. nach swei
Monaten ihrer gewohnten Beschäftigung nachgehen.
(Wunderbar ist es, dass zu yoratehendem Entbindungsberichte
die Mitglieder der medicinischen Akademie schwiegen. Hoffen
wir cum Buhroe der franiSsischen Geburtshelfer, dass dieses
Schweigen nicht eine stille Billigung des genannten operativen
Verfahrens enthält. Bef.)
(Archives g^n^rales, Nov. 1860, p. 6U.)
XXIV.
Literatur.
Aerstlicher Bericht des k. k. Oebär- und Findelhauses
BU Wien, vom Solarjahre 1868. Im Auftrage des k. k,
Ministerium des Innern. Wien 1860. 200 Seiten. S.
Vorstehende Schrift bildet die Fortsetsung früherer Berichte,
wie denn auch der letste von 1867 in dieser Monatsschrift, Bd. 16,
6. 167 bereits angezeigt wurde. Wie nützlich dergleichen Mit-
theilungen sind, besonders wenn sie solchen grossen Gebär-
anstalten, wie die Wiener ist, entnommen werden, leuchtet ein;
wir geben daher in dem Folgenden den Inhalt obigen Berichts
in möglicher Kürze.*
Die Wiener Oebäranstalt besteht aus drei Abtheilungen : der
geburtshälflichen Klinik für Aerzte, der Klinik für Hebammen
und dem sogenannten Zahlgebärhause. Im Ganzen haben in diesen
drei Abtheilungen in der genannten Zeit 8731 Individuen geboren,
wovon auf die erste Klinik 4203, auf die zweite 4179 und auf
die dritte Abtheilung 349 Geburten kamen. Von den 8926 Wöch-
nerinnen, welche 1868 verpflegt wurden, inclusive nämlich der
vom vorigen Jahre verbliebenen, kamen 7846 in*s Findelbaus,
wo sie als Ammen dienen mussten, 744 wurden entlassen und 149
starben, so dass am Ende des Jahres 187 verbliebeu. Geboren
328 XXW. Literatur.
wurden 4383 Knaben and 4201 Mädchen; todt 180 Knaben nnd
114 Mädchen, in welcher Zahl (8878) 143 Zwillinge nnd 2 Drillinge
eich befanden« Geetorbei^ sind 284 Knaben nnd 164 Mftdehen;
in'B Findelhane kamen 8093 Kinder, entlassen warden 97. Ende
des Jahres yerblieben 151 Kinder.
Nach dieser allgemeinen Uebersicht folgt nan der ftnetliche
Berieht der ersten Klinik, 4203 Oel^nrten; darunter 82 Fehl-
gebarten, 226 Frühgebarten, 76 ZwilHngsgebarten. Unter diesen
letzteren hatten die meisten Kinder Scheitelbeinlagen; Beckenend*
nnd Qaerlagen warden meist beim sweiten Kinde beobachtet.
Gesichtslägen kamen 26 vor, unter dieeen 2 Zangenanlegnngen.
BeckenendUgen 124, Querlagen 29. Die spontane £ntwickelung
quer gelegener Früchte wurde 5 Mal bei frühreifen und macerirten
Früchten beobachtet, wobei 2 Mal lebende Kinder. Fehlerhafte
Haltung der Frucht kam 22 Mal vor, nämlich Herabtreten einer
oder mehrerer Extremitäten neben dem Kopfe. Neun Fälle ver-
liefen spontan, 3 Mal half die Sehenlage, 6 Mal wurde reponirt
und 5 Mal gewendet Fehlerhaftes Verhalten der Nabelschnur:
36 Mal Vorfall. Reponirt ward 4 Mal» operirt 14 Mal, 3 Mal
Zange und 11 Mal Wendung. Die übrigen Fälle betrafen Quer-
lagen oder bereits abgestorbene Kinder, oder stürmische Wehen.
Flacenta praevia kam 7 Mal vor. Beckenenge ward 64 Mal
beobachtet, Eklampsie 9 Mal. Jedes Mal wurden die Charaktere
der Bright^Bchen Krankheit nachgewiesen. Die Behandlung: Eis-
fomente auf den Kopf, Succus- citri, Chloroform, Opiate, Be-
schleunigung der Geburt durch künstliches Sprengen der Eihäute,
in i6 Fällen Zange. Von ausgeführten Operationen: 68 Zangen-
applicationen , Wendung auf den Kopf 1 Mal» auf den Fuss 24 Mal.
Manualhülfe "bei Beekenendlagen 80 Mal. Craniotomie 3 Mal wegen
Beckenenge, 2 Mal nach vergeblichen Zangenversuchen. Künstliche
Frühgeburt 13 Mal. Sectio caesar. post mortem matris 4 Mal:
^ kein lebendes Kind. Decapitatio 1 Mal bei vernachlässigter
Querlage; Reposition von Beckentumoren 8 Mal. Hinsichtlich
der Wochenbettsverhältnisse ist angeführt, dass von Puerperal-
processen mit Ende December 1867 neun Fälle verblieben; hinzu-
gekommen sind 248, davon genasen 148, gestorben 76, trans-
ferirt 26. Am unglücklichsten war der März, am günstigsten der
Juni. Die Ge'sammtzahl . der vorgekommenen Todesfälle belief
sich auf 86 Individuen, was im Verbäitniss zu der. Zahl der Ge-
burten ein Mortalitätsverhältniss von 2,0 Procent. Eine herrschende
Typhasepidemie hatte auf die Zahl der Puerperalprocesse keinen
Einfluss. An der Anstalt erkrankten nur 3 Wöchnerinnen am
Typhus. Von den Neugeborenen wurden 76 Knaben und 49 Mädchen
todt geboren. Gestorben 144 Knaben und 102 Mädchen.
Die Zahl der in der Hebammenlehranstalt stattgefundenen
Geburten betrug 4179; todtgeboren 97 Knaben und 62 Mädchen,
gestorben 90 Knaben und 62 Mädchen. Fehl- und Früh-
XXIY. Literatur. 329
gebnrten kam«ii 253 Tor. Mehrfache Qebarten 66, darunter
2 Mal Drillingsgeburten. In der Gesichtslage wurden 21 geboren;
4 Kinder starben bei erschwerten und y(3r85gerten Gebsrten.
Stirnlage 2 Mal; Steissgeburten 62; Fussgeburten 29. Qeburts-
f&lle mit Schief- und Querlage des Kindes sind 88 vorgekommen.
Die Wendung auf den Kopf, theils durch äussere Handgriffe
18 Mal, 20 Mal Wendung auf .die Füsse. Von diesen letzteren
waren nur 8 Kinder lebend, 5 todt. Vorfall der Nabelschnur
neben dem yorliegenden Kopfe ereignete sich bei 16 Geburten.
Darunter 9 Repositionen: 1 Zangenapplication mit todtem Kinde,
1 Wendung mit lebendem Kinde; 2 Mal' war das Kind bereits
todt,' als die Gebftrenden anlangten, daher ward von jeder Hülfe
abgestanden. Schwere Geburtsfälle wegen eines räumlichen
Missverhältnisses swisehen dem mütterlichen Becken und dem
Kopfe des Kindes 26. Eklampsie tO Mal: in der Mehrzahl lag
Morb. Bright., seltener Apoplexia intermeningea zu Grunde.
Ruptura uteri spontanea kam bei 2 Gebärenden vor. Bei beiden
trat der Tod ein. Von Operationen bedeutender Art kamen 143
sur Ausführung: 1) die Reposition der neben dem Kopfe vor-
gefallenen Nabelschnur 9 Mal; die Kinder lebten. 2) Die künst-
liche Frühgeburt 1 Mal; glücklich für beide Theile. 3) Die
Wendung auf den Kopf 18 Mai;- 17 Kinder lebten; die Mütter
entlassen. 5) Zange 49 Mal, darunter 14 Kinder todt. Von den
Müttern starben 9. 6) Perforation 9 Mal. Es starben 5 Mütter.
7) Durchschneidnng eines fleischigen Balkans in der Scheide
1 Mal. Kind todt geboren, Mutter gestorben. 8) Die Episiotomie
wegen zu breitem und unnachgiebigem Mittelfleische 10 Mail.
Mütter und Kinder entlassen. 9) Die Lösung des Mutterkuchens,
24 Mal; 19 Mütter entlassen, 2 transferirt, 1 gestorben. Der
Gesundsheitszustand war überhaupt ein günstiger. Von 4266 ver-
pflegten Wöchnerinnen betrug dfe Zahl der an Puerperalprocessen
Erkrankten 127, von denen 88 geheilt, 3 mit metastatischen
Abscessen transferirt und 36 gestorben sind. An sonstigen Krank-
heiten starben noch 24.
In der Zahlabtheilnng haben 349 Geburten stattgefunden;
von den Wöchnerinnen sind nur 3 gestorben. Frühgeburten
ereigneten sich 18 Mal, Zwillingsgeburten kamen 5 Mal vor;
Steiss- und Fusslagen 5 Mal, Quer- und Schieflagen 2 Mal.
Buptnra uteri, welche sieh noch ausserhalb der Anstalt ereignete,
kam bei einer zum fünften Male Schwangeren vor, wobei die
Geburt eines todten Kindes mittels der Wendung auf die Füsse
bewerkstelligt' wurde. Die Mutter starb, und die Section wies
ausser einem Längenrisse in dem hinteren Cervicaltheile noch
eine kindskopfgrosse Kyste in der rechten Niere nach. Von
Operatiünen kamen vor: Wendung^ auf den Kopf 1, auf die
Füsse 4, Eztraction des Rumpfes 1, Zange 22, Perforation und
Kephalothrypsie 1, Lösung der Placenta 3; der Gesundheits-
330 ^^IV. Literatur.
soBtand der Wöchnerinnen war sehr g^ünitig. Von den 866 Ter-
pflegten Wöchnerinneu erkrankten im höheren Grade 10, wovon 2
starhen. Todt geboren wurden 18 Kinder.
Nach diesem Ausweite über die drei Gebüranstalten wird das
Findelhaus in seinen Vorgängen und Ereignissen näher geschildert;
die Beschreibung dieser Anstalt nimmt den bei weitem grösseren
Theil der Schrift ein. Im Jahre 186ß wurden im Gänsen 9566 Kinder,
und awar 4916 Knaben und 4660 Mädchen aufgenommen. Aus einem
Ueberblicke früherer Jahre ergiebt sich, dass die Aufnahmssiffer
in einer namhaften Grösse im steigen ist. Unter den yerschiedenen
tabellarisch mitgetheilten Verhältnissen heben wir die Todesf&lle
hervor: es sind 1239 Kinder gestorben. £8 folgen hierauf Tabellen,
welche sich auf das Verhältniss der im Findelhause aufgenommenen
Ammen beaiehen. £s werden dann die Krankheiten bezeichnet,
welche die Findelkinder befallen, unter welchen am häufigsten
Gatarrhus bronchialis; 96 Knaben und 84 Mädchen litten an
demselben; Diarrhoea neonat, bei 174 Knaben und 181 Mädchen;
Ophthalmia bei 263 Knaben und 246 Mädchen vorkamen. Dann
folgen besondere Bemerkungen über einselne Krankheitsformen,
sowie in einer eigenen Bnbrik die chirurgischen Krankheitsfälle,
sowohl bei den Kindern wie bei den Ammen, mitgetheilt sind.
Bndlich ist d^s Schutapooken-^Xmpftings- Hauptinstitut näher ge-
schildert.
Nach diesem angegebenen Inhalte der Soh'riffc können wir
dieselbe für eine lehrreiche beseiehnen und müssen daher ihre
Abfassung für eine gerechtfertigte betrachten. Dagegen ist b&
bedauern, dass die Schrift in einem keineswegs erfreulichen
Stile geschrieben ist; denn wenn wir' Sätae lesen, wie S. 6:
„Schmershaftigkeit der Wehen veranlassten ausser den angegebenen
Mitteln 1 Mal die Application des Chloroformapparates von Hardy
per anum, 1 Mal die Application der Belladonnasalbe an den
Muttermundslippen ohne besonderen Erfolgt oder 8. 4: Stenose
und Torsion der Nabelschnur wurde als Todesursache reponirter
Früchte öfters beobachtet; ** wenn bei einem Kinde ^Pappeln*
am Anus und Munde gefunden wurden, wenn wir „ Brisypelas **
oder „Pemphj'gus'' geschrieben lesen, so wiegen die vielen im
Buche gebrauchten griechischen, gelehrt scheinenden Benennungen,
als: Oalantlisis, Apotheter etc., jene Unrichtigkeiten nicht auf,
ganx abgesehen davon, daas solche griechische Ausdrücke, die
so leicht mit Hülfe eines Lexicons oder philologischen Freundes,
und dann doch oft noch falsch gemacht werden können, für
Andere doch häufig gani unverständlich sind und diese sich erst
die Mähe nehmen müssen, sie. ebenfalls wieder mit Hülfe des
Lexicons n. s. w. su entsiffern, um 'den richtigen Sinn heraus-
luflnden. . S. ▼. B.
XXV.
Verhandlnngeii der Oeselltohaft ihr Oebturtslittllb
in
Berlin.
Stanmg vom 11. Juni 1861.
Herr Birnbaum in Cöln bat der Gesellschaft folgenden
Aufsatz eingeschickt:
lieber die Bauchhöhlenschwangerschaft und nament-
lich die inneren Blutungen dabei nach eigenen
, . Beobachtungen.
Durch einen eigenthümUcben Zufall hatte idi Gelegenb^l,
iaaerbalb zweier Jahre zwei Fälle von Graviditas abdomiiialis
mit tödtlicbem Ende zu beobachten ^ welche durcb ma^ch-
fache Vergleichungfijpunkte unter einander nicht un^ignet
scheinen, über mehrere Fragen, .den verschiedenen Verlati|f
.dieser Vorgänge betreffend, Data zu liefern. Die BeobadiUiiigefi
aber waren folgende:
Der erste Fall, welchen ich im Jahre 1858 in Trier
sah, reiht sich an die seltenen F^älle innerer Verblutung bei
Graviditas abdominalis an und betraf, eine unglucUicb ver-
heiratbete,, mittelgrosse y hagere, etwa 38 Jährige Brünette,
Matter zweier Kiiaben von 9 und 8 Jahren, welche nach
dieser 2eit nicht mehr schwanger ge;worden war. Mannichfacbe
Störungen fies hauslichen Friedens bei Kummer und Sorgen
wegen zerrütteter Vermögensyerbältnisse und eine grosse
Schwäche der sexuellen Organe mit starken oft wieder-
kehrenden Blutungen hatten ihre Gesundheit unteigiabe^ unfl
vielfache Verdauungsbeschwerden hervorgerufen, besonders
hartnäckige Verstopfungen mit den heftigsten Leibschmerzen
und Uebelkeiten, oft mit starkem Erbrechen.
Mouataschr. f. GeburUk. 1861 Bd XVIIT., Hft ß. 22
332 X^^- Verhandlongen der GeieUschaft
Kalte Klystiere und Sitzbäder halfen eine Zeit lang, da
aber zu den oben angeföhrten Schädlichkeiten und der höchat
ungeregelten Lebensweise, wie das Geschäft dieselbe mit sich
brachte, noch äbermässige Anstrengung bei Pflege eines
nervenfieberkranken Kindes zutrat und der Knabe an Meningitis
tuberculosa starb, erfolgte ein ToUständiges Recidiv der
Unterleibsstockungen. Die Kälte versagte ihren Dienst und
es miisBte 6(tar zu den stärksten Voinitiven und Purganzen
Zuflucht genommen werden, bis auch die kalten Einspritzungen
und Sitzbäder wiederum wirksam wurden.
Der Frühling 1858 verlief in leidlichem Befinde, bis
auf eine namentlich beim Gehen und Stehen sehr beschwerUebe
Unterleibsschwäch« mit Fluor albua Der Uterus zeigte Hyper-
trophie mit Relaxation, namentlich an dem sehr langen,
umfangreichen, die Fingerspitze tief einlassenden Scheiden-
theile, sonst keine Entartung und Lageabweichung. Ob dieser
Zustand die Conception gebindert, lasse ich dahingestellt.
Genug, die locale Anwendung des Tannin hob den Fluor albus
und wirkte äusserst günstig auf das allgemeine Befinden äin,
bis gegen Mitte Juni die Periode ausblieb und öftere Brech-
anfSille mit Wiederkehr der alten Verstopfung und Anschwellmig
der Brüste die Schwangerschaft andeuteten. Leichte Klystiere
mit kaltem Wasser halfen aber jetzt immer, und ich sah die
Frau den Sommer hindurch oft grosse' Fusstonren machen.
Ihre bekannten Beschwerden erschienen selten, kurz vorüber^
gehend.
Im September spürte sie die ersten Bewegungen, aber
nicht überlästig. Es traten aber wieder die habituellen Ver^
stopfungen hervor, den unmer leicht zu setzenden, auch
lange bleibenden Klystieren Widerstand leistend. Die äussere
Untersuchung ergab in der Mitte des Leibes bis zum Nabel
emporgestiegen den Uterus in scheinbar nonnaler Grösse,
Form und SteUung. Das E^tr. rhei comp, brachte reichliche
Ausleerungen, und ein starker Drang zum After nrit Gefühl
von Anschwellen desselben hob sich auf mehrere Blutegel.
Das beste Befinden kehrte wieder und gestattete die Führung
der Geschäfte und zuweilen grossere Spaziergänge.
Am 18. September hielt sie nadi einem solchen sdu*
heiter und vergnügt eine starke Abendmahlzeit, ffihlte 9b&
fflr Gebnrtshülfe in Berlin. 333
dann beim EinsteigeD in das Bette plötalieh eine Anwandtung
Y«ii. SdwrSofae und Uebelkeit nüt heftigem Magenkrämpfe,
heftigem Leibschmerz und Ertirechen und zunehmender Be*.
ängsUgung und nach wenigen Stundra war sie eine Leiche.
kh kam erst nach dieser Katastrc^e hinzu und es fiel
mir dabei hesonderS die bleiche, wachsartige Farbe der Leiche
auf, wie ich sie bei Verblutungstod zu finden gewohnt war.
Den Uterus f&hhe man in normaler Ausdehnufig, Fprm und
Stellung in dem nichts Regelwidriges bietenden Unterleibe«
Bei der Section fand sich grosse Auftreibung der Ge«
d&rme. in der Unterleibshöhle 8—10 Pfund Blut, theils in
fldssiger Form, theils als breite Coagulumschichte und lange
Coagulumfaden, theils unter dem Nota», theils zwischen den
Gedärmen, bis hinauf in die Milzgegend, bei enormer Blutleere
der Unterleibsemgeweide selbst
Das Coecum war mehr nach einwärts gezogen, der
Processus veftniformis ganz nach innen und derselbe «n
das Ligamentum latum imd den Seitenrand des Uterus fest
angelMiet.
Der bleiche, blutleere Uterus bot 7—8'' Länge, 4—5''
Breite und war in eigenthumlicher Weise über eine hinter
ihm gelagerte, quer verzogene, beiderseits etwas weniges
neben ihm vorragende Geschwulst gezogen, die nach -rediCe
bläiriich bksig aussah und nach oben etwas von ihm überragt
wurde. In der Mitte war der so gleichsam um die -Geschwulst
herumgewickelte Uterus frei, das rechte Franztoende der
Tuba aber und das breite Mutteriband an dieser Stelle, sowie
die Mnke Tuba mit breitem Hutterbande in der ganzen Länge
mit der Geschwulst verwachsen.
Dieselbe war nach rechts von dem Coecmn und der
Flezura sigmoidea verdeckt, hier glatt, Mänüch durch"
schimmemd. Nach links war sie dunkelsch warzblau, un-
durchscheinend, mit rauher, masehenartig netzffirmiger, dmtsh
kleine bedeckende Zotten filzig aussehender Oberfläche. Sie
war fest an den Vorberg angedrückt, nur wenig nach abwärts
in das Becken einragend und die Flexura sigmoidea in ihrer
vollen Länge an diesen Sack angelüthet, glatt, bleich von Fari)e,
ohne Exsudat Nur links, wo sie in den Mastdarm einbiegt,
zeigte sie rauhe Oberfläche und dieselben feinen Zotten und
22*
2(34 ^^^- Verbaadlungen der Gcsetbcbaft
Fetzen. IHe Adbasiou lies» «eh ibrigens aUeiHhilhrii Mclii
ablösen. Hier batte die Ablösung des Mutterkufhit stall-
gefondea und die Blutung hervorgerufen.
Die Flexur und der Mastdarm waren stark mit Kotb
angefüllt. Bei Auslösung dieses Sackes nebst Masidana und
inneren Genitalien aus dem Becken floss kein BtuC
Der Sack selbst ragte in der vollen Hohe der Darmbeio-
kimme quer in beide Seitenlheile des Körpers binöber» links
etwas mehr 9 als rechts, oben etwas vom Uterus überFagt»
an den Seiten neben ihm von den Gedärmen überdeckt. Bei
seiner Eröffnung fand sich ein sechsmonatlicher Fötus eng
ausammeng^resst, bleich, blutleer, weiblichen Geschlechts,
Kopf rechts, Steias links.
Die rechte Tuba war an ihrem Abdominalende gegen
den Eierstock umgebogen und mit den Fimbrien über ihn
hiilausragend eng mit den EihuUeu verwachsen und bildete
sa eine faltig zusammengefallene, weit aufblasbare HöUe.
In dieser Ecke, ebenfalls mit den Fimbrien verwachsen, lag
der platte, runzUche, weiss gelbliche, mit Narben überdeckte^
Eierstock, doch ohne nachweisbares Corpus luteum. Es bildete
so die Tuba einen Trichter von grosser Weite, der in einer
Entfernung von V/^" an cler Fimbrieiimöndung der Tubi^
endete.
Die linke Tuba war dagegen . mit dem Sacke so voll-
kommen in eins verschmolzen, den Eierstock öbeitleckend,
dass dieser nicht mehr nachweisbar erschien. Der Uterus
war in seiner Substanz vollkommen normal beschaffen, sein
Hak» umfangreich, kurz, leicht durchgängig. Das Präparat
habe ich für die Sammlung der Anstalt aufbewahrt.
Den zweiten Fall beobachtete ich hier in Cöb. Er
betraf eine Frau von 42 Jahren, die in erster Ehe mehrere
Male abortin und zwei Mal rechtzeitig geboren hatte. Nach
zehnjähriger Pause war sie in zweiter Ehe zum ersten Male
schwanger. Sie klagte, dass der eheliche Umgang sehr
häufig und von Seiten des kräftigen Mannes in rücksichtslos
stm-n„8cher Weise geübt worden sei und ihrerseiU in einer
üorperhaltung, welche ihr entschiedeneu WiderwiUen dagegen
emgeflüsst habe. Seit Ende December 1859 hatt. sie die
renode verloren.
ffir Gebnrtshfllfe in Berlin. «35
Sie klagte über hüufige SchmerzanfSlle im Kreoze, als
heftiges Ziehen und Drängen und wollte wissen, ob sie
schwanger -sei oder nicht Auch bei einer froheren Schwanger-
schaft habe sie in ähnlicher Weise gelitten und viel gebraucht,
bis sich endlich ihr Zustand als Schwangerschaft heraus-
gestellt habe. Ihrer Berechnung nach musste sie, als ich sie
zuerst sah, im Anfange des yier^en Monats sich befinden.
Der Leib war von unten herauf stark aufgetrieben und
in Richtung der Medianlinie ausgedehnt und fühlte sich auch
angefüllter an, ohne dass weder beim Liegen noch Stdien
eine Geschwulst entdeckt werden konnte, welche mit Be-
stimmtheit als Uterus in Anspruch zu nehmen gewesen wäre.
Bei der inneren Untersuchung fand ich die kleine Becken-
höhle auffallend leer, nur hoch oben durch das Scheiden-
gewölbe in Vorberghöbe eine weiche, ungleichmSssig ausgedehnte,
sehr schwer für den Pinger erreichbare Geschwulst, deren
Umrisse eben wegen des hohen Standes nicht mit Bestimmt-
heit verfolgt werden konnten. Der Mutterhals war ganz nach
vom hinaofgeschoben und so an die vordere Wand des Beckens
angedrückt, dass man ihn nicht genau umschreiben, bloss die
sehr erweichten Lippen fOhlen konnte.
Der Scheidentheil wies demnach seiner ganzen Stellung
nach auf starke Redination des Uterus bin, der jedoch keine
Retro- und Depression des Grundes entsprach; und gerade
diese hätte man hier sehr stark und deutlich ausgebildet
erwarten sollen.
Ich wollte noch kein bestimmtes Urtheil über vorhandene
und nicht vorhandene Schwangerschaft aussprechen und verlor
den Fall, da die Frau für eine kurze Zeit verreiste und dann
ihre Schwangerschaft durch die Kindsbewegimgen unzweideutig
hervortrat, aus den Augen.
Am 10. August 1860 wurde ich wieder zur Behandlung
zugezogen. Von einer kurzen Reise heimkehrend, hatte sie
den grössten Theil der Zeit im Bette zugebracht, mit den
heftigsten Schmerzen sowohl bei den Kindesbewegungen, als
auch in Gestalt höchst schmerzlichen Dranges im Kreuze und
Ünterleibe mit vielem, zuletzt sich immer steigerndem Er-
brechen, mit sehr starker, nur mühsam bekämpfter Neigung
zu VerstopAing. bas Erbrechen trat nach, jedem Genüsse
336 X%V. Verbandlungen der GeselIfchAft
▼on Speisen und Getränken rfn mit aussercH^entlidier Stägening
der SchmerEanfSUe. Auch zeigten sich oft .und anregelmäMig
wiederkebrend heftig exacerbirende Fieberbeweguogeii, mit
starker, hrennender Hitze der Haut Auf das Aeusserste
abgemagert, mit gdblich ikterischer Hautfarbe, nmschrid>e&er
Röthe der Wangen, sc^aifen, eingefallenen, tief gefurchten
Zügen, bot sie das ausgeprägteste Bild des Jammers und
der Verzweiflung.
Der Puls war äusserst frequent, klein, die Stimme heiser,
schwach, die Kräfte durch Schkßosigkeit, anhaltendoi schmerz-
haften Drang und die schmerzhaft wühlenden Bewegungen
des Kindes Töllig erschöpft.
Der Leib war massig aufgetridMsn, mehr in die Quere
ausgedehnt und rechts unter den Bauchdecken der Kopf des
Kindes ungewöhnlich deutlich zu flihlen, während der Rumpf
in der Mitte sich mehr dem Gefühle entzog und links die
Füsse wiederum sehr deutlich fühlbar heryortraten. Die Be-
wegungen waren ebenfalls sehr deutlich und stark wüldend
f&hlbar. Den Herzschlag hörte man nach rechts deutlich,
aber schwach.
. Bei den drängenden. Schmerzanfällen gewahrte man un-
verkennbar eine leise allgemeine Spannung, als Ziehen hin
und her, ohne dass jedoch bestimmte Contouren der Gebär-
mutter zu erkennen gewesen wären. Der Leib war äusserst
empfindlich und die Untersuchung nur mit der grössten Vor-
sicht und Schonung thunlich.
Bei der inneren Untersuchung fand sich der Hutterhals
breit, umfangreich, weit ausgedehnt, noch immer nach rom,
aber deutlich mehr von der vorderen Wand des Beckens ab-
gerückt, etwa einen starken Finger von ihr abstehend, das
Orificium eztemum weit geöffnet, das intemum gesdilossen,
der Mutterhals wie nach rechts mehr verstrichen, nach links
kurz, etwas mehr herabragend.
Der muthmaassliche untere Abschnitt war weich, un-
gleichmässig, mit unebenen, weichen Hassen, hoch oben im
Beckeneingange, wenig herabgedrängt.
Dass hier Bauchhöhlenschwangerschaft vorhanden, trat
mit grösster Wahrscheinlichkeit entgegen, der trosüos ver-
zweifelte Zustand der Mutter liess aber 'jeden Gedanken an
lUr Gebnrtobülfe in Serlin. 337
eine wirksame opereii?e HWe aufgeben, da auch füc Erkaltung
des Kindea, obscbou ea noeh Lebenszeichen gd>, b^i dem
laogen Leiden der Mutter keine begrvndete Aussicht zu-
gegen war.
Vierzehn Tage spiter fand sich auch i^s (kpficium in-
temum geöfiiiet, und hätte man, da der Um£ang hinter dem
Scheidentheile tiefer hm'abgedräagt war, daran denken müsaeni
dass der Uterus selbst redinirt sei und die Frucht vor und
»her ihm liege. Doch ging der Finger und noch cntsdiiedener
die Sonde oben fiber die Schoossfuge weg ganz nach vom.
Das Kind zeigte keine Spur von Leben mehr und zwar
schon seit acht Tagen» Die Schmwzen nahmen einen mehr
anhaltenden Charakter und wichen Mos vorübergehend dem
Morphium und Chloroform. Das Erbrechen folgte bei
jedem Genüsse irgend welcher Art, so. dass zuletzt auch
kaltes Wasser und Eis nidit mehr vertragen wurde. Die
Gesichtszüge und Kräfte verfielen immer mehr, Delirien
wechselten mit klarem Bewufstsein, Kiystiere mit Bouillon
und Eigelb und mit Champagner, der getrunken auch nicht
vertragen wurde, vermochten^ dem raschen Kräfte verfall nur
vorübergehend zu steuern. Die Zunge war roth, trocken, mit
stark entwickelten PapiUen, zeigte später starken, schuppigen,
trockenen Beleg, dei* auch an Zahnfleisch und Zähnen haftete,
der Puls wurde rasch weicher, aashafter Geruch aus dem
Mtmde trat an und am 8. Septeinber unter Sdinoihüpfen
und Zuckungen der Tod.
Zu Eröffnung der Leiche wiurden zwei seitliche Einschnitte
vom oberen vorderen Uuftstachel bis zum vorderen Theile
der letzten Rippen durch einen Querschnitt eine Hand breit
über dem Nabel Yerbunden und der so gebildete Bauchdecken-
lappen zurückgeschlagen. Es lösten sich dabei viele frische
Adhäsionen, mit welchen die Bauchdecken an dem sofort
sichtbaren fölalsacke angeheftet waren.
In einem transparenten, äusserst dünnhäutige Sacke
eingeschlossen zeigte sich nun sogleich ein völlig reifer Fötus
mit nach vorn und etwas nach unten gewendetem Rücken.
Der Eisack war ausser den Bauchdecken nach oben fest an
dem Querdarme anhangend und mit dem ganz fettlosen Netze
in eine unlösbare Masse verschmolzen,
338 XX^* Verhandlnngen d«r Oesellflchaft
Der Kopf lag rechts über der DarHAeiiwchRafel, Ae
linke Schulter tiefer, etwas zuröckgedrückt, die ober^ fedite
etwas mehr nach vom. Der im Ellbogen stark gebogene
linke Arm hatte sich in einem tief in das Becken "For und
neben dem rechten breiten Mutterbande herabgehenden Divertikd
neben Uterus und Harnblase eingebettet, der rechte reiehte
unter den linken Leberiappen. Der Kopf lag mit dem Ge-
sichte nach aufwärts, so dass das rechte Ohr gerade unter
der rechten zehnten Rippe sichtbar wurde, das Gesicht nach
oben, unter die Leber gewendet. Die beiden nach aufwärts
gebogenen und zur Seite geschlagenen Beine lagen in einem
Divertikel des Eies zwischen linker Niere, Curvatur des
Magens und «Milz bis hoch in's linke Hypochondriura.
Vom Bauche des Kindes ging am vorderen Ende des
Eisackes um den Steiss herum querüber der 24zollige Nabel-
strang mit zopfförmiger Ausbiegung, in der rechten Seite in
die Tiefe des Beckens hinabreichend.
Vor dem Rücken des Kindes über die Schoossfuge
hinaufiragend, fest an dieselbe angedruckt, lag der leere Uterus
in der Mitte der vorderen Wand einen dunkelschwarzrothen,
etwa 1 Thaler grossen Fleck zeigend und tief von ihm herab-
gedrückt die leere Blase.
Die Eihäute klebten ohne Spur von Fruchtwasser der
Frucht eng an, besonders am Kopfe. Nach ihrer Zerreissung
bot sich der weibliche Fötus aschfarbig bleich mit grossen
rothblauen Blutblasen auf dem Leibe, aus allen Verbindungen
gelösten Kopfknochen, collabirten Augäpfeln. Die Haut war
mit einer dicken Schichte fettwachsähnlrehen Kindsschleimes
bedeckt.
Das Coecum und die Anfinge des Colon waren sehr
stark eingeschrumpft auf der Darmbeinschaufel unter den
Kopf des Kindes herabgedrückt, der Magen ebenblls sehr
klein hinter dem engen, fest mit dem Ei verschmolzenen
Colon transversum, die Leber nach aufwärts unter die Rippen
hinaufgeschoben, mit gerade nach unten sehender convexer
Fläche. Die verschrumpften dünnen Gedärme waren voll-
kommen von dem Ei überdeckt, dessen ganze Umgebung von
venöser SUse wie mit Blut durchtränkt aussah.
far GebnrtoMlf« in Berlin. 339
Naefa Entfenrang der mit d^m Bauche die drei unteren
Lendenwirbel bedeckenden Fracht sah man hinter dem Uterus
in der rechten breiten Mutterbandecke, die rechte Becken«
Ulfte gatiz ausAUend, in die linke hinflberragend, eine etwa
8" lange, 2V/ hohe, 2'' dicke, isnglich runde Masse, in
welche sich ron oben her und rechts die bedeutend veriängerte
reehte Tuba ganz verlor. Diese Masse klebte leicht lösHeh
afi dem Sebeidengewölbe, der hinteren Fläche des Uterus
lind dem unteren Theile des breiten Mutterbandes an, und in
sie senkte sich rechts und hinten der Nabelstrang ein. Sie
war mit dem unteren Theile des breiten Mutterbandes und
dem Pranzenende der Tuba in eine organische Masse ver-
schmolzen und hatte ober sich eine kleinere, höhneretgrosse,
durch einen tiefen Divertikel von ihr abgegrenzte, weiche,
spongiös sich anfühlende Abtheilung, die in häutiger Ver-
bindung mit der verlängerten Tuba in itsrem Verlaufe stand,
und der hypertrophisirte, schwammartig aufgelockerte Eierstock
zu sein schien. Es zeigte dieser Theil eine feinkörnige,
milzartige Structur und stellenweise an der Oberfläche kleine,
wasserklare Bläschen, auch im Innern einzelne grosse, runde,
mit dunkelroth faserstoffiger Masse gefüllte, ganz in sich
geschlossene Kapseln.
Die grössere runde fleischige Massel zeigte beim Durch-
schndden eine faserig veiiUzte, mit Blutgefässen stark durch'-
setzte Structur, die ganz der einer nur nicht lappigen, sondern
m einen Klumpen zusammengeballten Placenta glich. Am
oberen Ende befand sich eine etwa l*' in die Substanz ein-
dringende, knorpelartig knirschende, gelbe, in Fettmetamorphose
begriffene Faserstoffischichte.
Die runden Mutterbänder waren normal, ebenso die linke
Tnba, die um den leeren, sehr verschrumpften, runzlich
narbigen Eierstock herumging und mit dem Franzenende an
ihm angeheftet war.
Die rauhe, lappige Fläche der Placenta war demnach in
diesem Falle dem erweiterten Fimbrienende der Tuba zu-
gewendet und mit diesem fest verschmolzen und äberkleidet,
so dass eine Blutung hier schlechthin unmöglich war, indem
das Wachsthum des Mutterkuchens theilweise in dem Ostium
abdominale tubae, theilweise aus ihm heraus in die Bancfahöhle
340 XXY, Yeriiaodliuigea d«r Oetellschaft
hinein wcAl durch die Aasdehnung dieses OfltioDi starke
Schmerzanialle, denen der GrayidiUs iubaria Ihidichi aber
keine Raptor veranlasste.
Der erste der beiden Fälle reibt sich an die selteoerea
Beiobachtangen an, in welchen bei Graviditas abdomiaalis
Verblutungstod eintritt Heek&r's Berechnung ergiebt fir
die Ten ihm zusammengestellten Fälle 5,30 Proceot der Fälle
überhaupt, 12,50 Procent der tödtlich abgelaufeMn. Eß ist
aber hier unmöglich, mit Trennung der Graviditas abdomiBafis
pwitona^alis von der tubo- abdominalis eine ganz genane
Statistik zu entwerfen. Fassen wir beide zusammen, so
worden wir ein unterschefidendes Kritenum darin findea, dass
wir alle Fälle, ^ wobei der grössere Theil des Eies sich
ausserhalb der Tuba entwickelt und eine Ablösung ohne
Zerreissung der Tuba erfolgt, oder eine Ruptura des freien
Theiles des Eisackes, zu der Graviditas abdominalis rechnen,
alle jene, wobei die Ruptur in die von der Tuba umschlossoien
Eitfaeile fällt und diese mitbetrÜR, auch wenn ein grosser
Theil des Eisackes frei aus ihr sich hervorentwickelt haben
sollte, zur Graviditas tubaria mit Einschluss der uterina im
verkümmerten Uterushorne. Auch dann bleibt noch die Ver-
blutung bei Graviditas abdominalis seltener, als bei allen
anderen Formen d^r Graviditas extrauterina, häufiger aber,
als Hecker angiebt Es ergeben sich dann folgende Arten
des Zustandekommens:
a) Ablösung des Mutterkuchens aus dem unteren
Tubenende, in welchem er angeheftet war, ohne Zer-
reissung, wie in den Fällen von Oswcdd im zweiten Monate
der Schwangerschaft (Ruet, Mag., XII., 2), Aran (Gaz. d.
Hdp., 1853, 49), Wagner (Mcmatssehr, f. Gebursk., IX., 2, 90).
b) Ablösung des mit seinem Mutterkuchen an
irgend einer Stelle der Ünterleibshöhle angehefteten
Eies, mag es nun ganz frei in der Unterleibshöhle liegen
oder noch mit einem Theile mit dem Abdominalende der Tuba
verbunden sein, von jener Anheftungstelle. Der erste
der von uns erzählten Fälle gehört hierher und reiht sich an
die Beobachtungen von Carganico (N. Z. d. V. f. H. in Pr.,
1865, 33) und Hughes (Schmidts Jahrb., LXIX., 2., 195).
Ein Fall von TiU (Salzb. med. chir. Z., 1829, U., 293) zeigt.
für Oebortshülfe in Berlin. 841
wie di^i der Mutterkueben sich thetlweise Uksen aod die
Biotang sich wieder beschränlien kann.
In Bezug auf die Art der Ablösung bei tiefer An-
heftung im unteren Beckenraume möchte eine Vergleichung
unserer beiden Fälle einige Andeutungen geben. Im Anfange
lagen bei beiden die Eier o£fenbar an den Vorberg angelehnt,
im oberen Theile des Raumes zwischen Uterus und Mastdarm,
und entwickelten sich nach aufwärts aus der Beckenhöble in
die Bauchhöhle. Je mehr weiterhin die Frucht wuchs, desto
mehr wurde in dem zweiten Falle das ganze Ei in die Höhe
gehoben und machte dabei eine ganz entschiedene Axen*
drehung nach vorn diurch bis zur vollkommenen Anteflexio uteri.
Indem die Frucht sich erst an die . Wirbelsäule angelehnt
hatte, nachher an die Bauchdecken sich anlegte. Es liees
dabei der Druck tief unten auf den Hutterhals nach, indem
die Vornübemeiguttg des Grundes zunahm. Der Mutterkuchen
konnte bei seiner Anheflung in der bewegUchen Eiröhre folgen
und Blutung war dabei unmöglich. Bei der Anheftung im
ei^sten Falle musste ab^ diese Erhebung und Vomüberneigung
des Eies nur zu leicht eine Anspannung der Mutterkuchen-
-befestigung bewirken und so eine Disposition zur Ablösung,
welche alsdann spontan zu Stande kam oder durch Abschiebung
durch die Darmbewegung bei gegebener Kothanhäufung oder
durch Druck beim Einsteige in das Bette bewirkt wurde. In
anderen Fällen sind bedeutendere, die Lösung erklärende, äussere
Gewalten angegeben. Als Fall von Graviditas luboabdominalis
gehört audi jener von SaobolacJUschikof (Schmidfs Jahrb.,
LXXXVI., 198) hieher, wo Geburtsanstrengungen den Mutter-
kudien ganz ablösten.
c) Ruptur des Eisackes, wie m den FäUen von
Cottins im zweiten Monate der Schwangerschaft (Salzb. med.
chir. Z., 1831, IV., 125. Dossier und Estenevei im sechsten
Monate (Canst. Jahresb., 1844, 388, Ea. 1), Epting (8chm.
Jahrb., GL, 1, 65), Queyssac {8chm. Jahrb., VI., 162),
HinUrberger (Sehm. Jahrb., I., SuppL, 1836, 326. G. 2),
Fdrbaim {Schm. Jahrb., XXXVII.; 52). Vielleicht audi
O. Braun's als Salpingo - coelio - cyesis bezeichneter Fall
(C. Braun, Lehrb., S. 551). Für diese Fälle ist die Abgrenzung
von GraviAtas'tttbaria und abdominalis am schwersten und
342 XXV. Verlinndlungeti der OenellscliAft
^vürd(* eine monographische Bearbeitung noch die Schwanger-
schaften im unentwiciielten Uterushorne mit hineinziehen
müssen , da hier die anatomischen Beschreibungen am öftersten
Zweifel lassen.
d) Ruptur dem Sacke benachbarter Tbeile, zum
Theil mit äusserer Blutung, welche eben am meisten für
Mitwirkung des Zwerchfelles beim Geburtsdrange spricht und
am wenigsten aus blosser Contraction des Sackes erklärbar
ist. Dass dies schon früh möglich ist, wurde die mit Ge-
nesung verbundene Beobachtung von Cziliak (Scamoni^
Beiträge, IV., 119) beweisen, wenn sie unzweideutig wäre.
Es gehören übrigens bieher die Beobachtungen von Fuchsins
(Schm. Jahrb., IL, 2, 261) mit Ruptur des skirrhösen Uterus,
Thormann (Pr. V. Z., 1845, 16) mit Vorfall eines Armes
durch das zerrissene Scheidengewölbe, Mütter (AerztL Mit-
theilungen aus Baden, 1858, XII., 5) mit Ruptur des Scheiden-
gewölbes und Ablösung des Mutterkuchens von der hinteren
Fläche der Gebärmutter, Franc. Ä&zo (/ScÄm. Jahrb., CIH., 329)
mit Armvortritt durch das Scheidengewölbe. Es scbliesst sieb
an jene Elythrotomie mit Entwicklung eines Kindes durch das
Scheidengewölbe, wo bei Section nach Verblutung em extra-
uteriner zweiter Fötus gefunden wurde (Nonatsschr. f. Geburtsk.,
XVI., 4, 319).
e) Verletzung anderer grösserer Adern, wie in
dem Falle von Schneevogt (Nedcrl. Weekbl. vor Geneesk.,
1851, Jan.), wo Durchschneidung der Arteria hypogastrica
durch ein Scheitelbein stattfand und von Porter (Meck. Arch.,
VIII., I., 176), wo eine Ruptur einer Kranzader (?), an der
unteren Leberfläche als Quelle der Blutung angegeben isL
In dem zweiten Falle war die Hektik als Todesursache
gegeben, welche verhältnissmässig viel häufiger den Tod bei
Graviditas abdominalis herbeiführt Auffallend war hier im
Vergleiche zu dem ersten Falle der so frühe Eintritt so be-
deutender Störungen in dem Digestionsapparate, welcher
einestheils sich als consensuell vom Reize der Ausdehnung
des Tubenendes durch die Placentarentwickelung erklärt,
andererseits wohl in dem möglicherweise dadurch veranlassten
frohen Zutritte peritonitischer Affectionen begründet war und
Mine rasche Steigerung bis zu völliger Incontinenz für alles
für Geburtahülfe in Berlin. 343
GeiKfeftseoe wqU dwrcb den eig?irlliaiiilichen Schwiiad
des üarrokaoals and Uagens eflang4e« Diesei* Schwund muss
offenbar mehr dem anhaltenden Erbrechen zugeschrieben
werden, analog dem gleichen Berunde an den Leichen mancher
durch chronische Magenleiden mit derartigem Erbrechen iixm
Tode gebrachten Personen, alä dem Drucke Seitens dea Eies.
Er mochte wohl den Eintritt dea Todes bei Graviditas abdominalis,
bevor noch die Natur irgend an einer Stelle Anstalten zu
Entfernung des Fruchtkörpers macht, für manche Fälle er-
klären, da in so vielen anderen Fällen die- Hektik erst viel
langsamer durch den starken Säfteverlust hei den Bestrebungen
zur Eliin^inatiott der Fracht eintritt, in den meisten sogar
nach mehrjährigen Leiden noch ein gutes Ende erfolgt.
In diagnostischer Beziehung zeigten beide Fälle
positiv, wie jene in laeiner Abhandlung Ober die Ver-
änderungen des Scheidentheüs, Bonn 1841, S. 1.« mitgetheilte
und die ganz gleiche ifon ffuguier in der Gaz. des h6p^
1852, 59, 63, 64, negativ, wie sehr mal Recht das Un-
verändertbleiben dea Scheidentheils und unteren Abschnittes
ganz aus den Zeichen der Graviditas eztrautarina gestrichen ist«
Eine^ gleiche Bewcmdnisa hat es, wie beide Fäl(e im Ver-
gleiche mit den eben genannten und dem von mir il^ XVL Bande
der Monatsschrift beschrieb^en Kaiaerschntttsfalle lehren, mit
der Fühlbarkeit der Kindestheile dicht unter den
Bauchdecken. Für die erste 2^it der Schwangerschaft,
in welcher die Kindestheile überhaupt fühlbar werden» fehlt
sie gerade bei der.Bauchscbwangerscbaft so oft) auch n^ch
unseren beiden Fällen, indem da häufig die übrigen Unterleibs-
eingeweide, in unserem ei*sten Falle z« B. die Gebärmutter,
in dem anderen die Gedärme vorliegen. In der letzten Zeit
ist sie als Zeichen durch die uugewölmliche Verdünnung der
üterinwände in einzelnen seltenen Fällen ebenfalls zweifelhaft
und oft sehr ungleichmässig an verschiedenen Stellen des Leibes.
Die Dislocation des Uterus war in beiden Fällen,
wie auch in dem neuesten von Nagd beschriebenen (Annalen
der Charite, IX., 1, 35 ff.) anf das Deutlichste, vorhanden,
und scheint, wenn sie anch, wie Scansunjd mit Recht bemerkt,
dem Zustancle nicht eigenthümlich ist, doch selten zu fehlen.
Der Dislocation bei grusseu. Ovaiieiiluinoreii gegenüber
344 XXV. Verh«nd1aiief«B der GeMlIscliaft
mdclite ich hier darauf aninerikMm madieil, daaa sie in
unseren Fällen mit Hypertrophie und Erweichung fertMinden
war, während ich sie bei solchen Tumoren meistODS nA
Atrophie und grösserer Deriiheit verbunden im LAm und in
den Leichen gefanden habe.
Bei gleicher Disloeation des MutteAalses bei Retro-
vers io uteri habe ich immer die RreuKbeinaushöhlung stark
angefftHt gefunden und in ihr die Contowen des Muttergnindes
mehr oder weniger deutlich erkennen können, wMM*ead in
beiden Fällen ii^ Gegend hinter dem Uterus in kaum er-*
reichbarer Höhe angefAilt erschien. Für diese analoge Fille
ist demnach hier ein difierentielles Moment gegeben, welches
freilich ffir Lagerang des Eies tief unten in dem SpatilH»
Donglasii wegfUlt.
Ebenso habe ich bei Phlegmone retrouterina und
Eiteransammlung hinter dem Uterus meistens ^ieb
anfangs oder später durch Eitersenkung die Kreuibein-
aushöhlnng in unregelmässigerForm« oft in voller Breitei
oft mehr in einer Seite von einer anfangs festen, empfindMien
Geschwulst ausgefüllt gefunden, an wel^r MfiHat uMer
Steigerung der Schmerzen einzelne SteHen sich erweichen
und fluctuiren ; — wo aber die Ansammlung höher oben bheb,
statt so tief herabzutreten, fehlte meistens die in unseren
Fällen so bedeutende Disloeation des Motterhalses, oder war
doch vid geringer, indem da die Ausfüllung des Bedcenraumes
sich öfter mehr nach einer oder der anderen Seite Eog,
wenn der Eiter gegen die Leistengegend vordrängte. Ea
ergeben rieh aber auch hier fAr einzelne FäHe mehr oder
weniger nutzbare differentielle Momente, nur keine allgemeineB
diagnostischen Unterschiede. Auch der Umstand, dass in dem
zweiten Falle die innere Untersuchung den Anschein einer
entschiedenen Rückwärtsbeugung des Uterus zeigte, während
die Sonde eine hochgradige Anteflexio nachwies, war. in
unserem gegebenen Falle entscheidend zur Feststellmig der
Diagnose, ist aber auch nicht als irgend aygemein göltiges
Zeichen anzusehen. Entscheidend wurde dieser Umstand nur
dadurch, dass er die Leerheit des Uterus und die
Lagerung des Eisackes nebst Frucht über und hinter dem«
selben auf das fiestiinmleste nachwies.
für Gebartffhiilfe in Berlin. 34g
Ein «ehr #e8eiitKclier Uotersebied der ErsdieiniiDgen ist
in beMeii Fttim in Beaug afiif die Schnfer^haftigkeit
gegeben, weiche in dem ersten noch am Ende des fönften
Monats se gering war, in dem anderen sehen so frfih in so
hohem Grade aoftrat und eine so ftnrehtbare Höhe erreichte.
Der Unterschied war offenbar darin begründet, dass eben in
dem emen Falle die eigenthünilicbe Anheftang tmd Entm^kelnng
der Placenta durch die so gegebene grosse and gewaltsame
Attsdehmmg des Pavillons der Teba den ersten Anfingen der
Sdiwangerschafl mdir den Charakter der Tubfmsohwangersohafit
?erHeh nnd dadorch die gance Kette der fortschreitenden
ßitztodangen in dem BanehfeSe sehen früh hervonufreten
begann, während der andere FaH mehr den Charakter der
remen Graviditas peritonaealis bot, weiche fast schmersloa
sieh eatwidceln kann. Die höchste Steigatmg d'es Sehmeraee
war dann noch in diesem zweiten Falle bei den tiden
Adhfisionen durch die eigenthömhebe Lagerung des Kindes
und die bei «einen Bewegungen gesetzte heftige Zerrung an
den Unterleibseingeweiden gegeben.
Jener eigenthOmlidie wehenartige Drang, welcher
eine so eenstante Erscheinung bei der Gravidüae extsaslmm
bOdet, war in dem^ ersten Falte noA wen^ entwickelt, nur
m Form der schon vorher häufigen HamorrhoidalkoiikMiftUe
gegeben. Um so deutlicher und bestimniter trat er in dem
«iieiten Falle hervor.
Er semt sidi ans sehr verschiedenen Momenten zu^
samnien, welche aus eben so verschiedenen Ursacbei) hervor*
geben können und darum eine gleich verschiedene Auffassung
möglieh machen.
Die einfache wehenartige Drang empfindnng, wie
dieselbe von der betreffi^den mit bald grösserer bald geringerer
Intensität wahrgenommen wird, wurde auf Bewegungen des
dterch Wachsthmn verg^össerten Uteras zurückgefQhrt werden
können. Denn solche wurden m unserem Falle durch die
fbrtsehmtende Ansbreitung des Mutterbabes nach oben, seine
merkHche Verkirznng und die Eröffnung auch des inna*en
Muttermundes, ganz naok Analogie des cbronisch^i Abortus,
welcher auch ohne eigentlich schmerzhafte Empfindung zu
Stande kommen kann, angedeutet
S46 XXV. Verbaudliiiifeii der Geaelischaft
Il|ie $^ deutlidie Spanaung de* gaiuen Leibaa aber,
w<>bei derselbe 'm seinem ganzea Umfange liart wiirde , obae
dass es jedoch gelungen wäre, je bestiijitmte üairisae einer
Gebärmutter analog zu erkennen, lässt skb, wie SoU sehr
.richtig bemerkt, keineswegs auf solche Art arkUren« Wann
Bohl in einzelnea Fällen in dem Eisacke Muskelfasern
nachgewiesen hat, so wqrde diese. Si>aunuAg wohl auf die
selbstständige Contraction des Eisackes zurückgeführt werden
kdnnen und dann • seihst das Zuataadekommeii ulerinartiger
Contouren für das Ge(uhl mdgbch sein. In Fällen aber, wie
der unserige, wo diese Erhärtung und ^lannung mi€ fort*
schreitender Schwangerschaft immer stieg und dabei der
Eisaek eine, ganz ausaerotdentttche Dünne zeigte» ohne dass
jidieik den EibäuCen, weiche ihn bildeten, auch nur die
geringste Sipur eines anderea Elementes. auifin4lhar geweaen
wäre, müssen die Ei wände als ErkUrungsgrund entsehiedeo
unzureichend erklärt werden. Es stimmt damit aueh das
Fehlen jedes bestimmten Umrisses bei der Erhärtung toU*
kommen überein.
Ebenso kann die djritteEracheinung» welche noch
hinzutritt, jenes deulliohe <iud oft sogar starke Mitdrängen,
aus den ComractioBen des Sackes allein nicht erklärt werden,
seihst wenn' er mit deutlichen MuskeUasern ausgestattet sein
sollte, fiass der es veranlassende Reiz oft sehr intenaiv^ sein
muss, erhellt aus jenen Fällen von Zerreissüng des Scheideil-
gewölbes, deren wir oben gedacht. Bedenkt man, wie stark
iKe Bewegungen des Uterus beim Aborte oft sind, ohne irgend
weiches Mitdrängen zu veranlassen, dass die Gebärmutter. am
Ende einer dem Orte nach regelmässigen Sohwangisrsdiaft
sidi oft unter der Empfindung höchst lästigen Drangea nach
abwärts ganz allgemein wehenartig spannt, und in steter
Wiederkehr der Anfalle dies wochenlang thun kann, ohne
je das Bedurfniss, mitzodrängen oder gar wirkliches Müpvesaen
zu Stande kommt^ dass ferner ohne jede Spur eines .solchen
die Wehen in der ersten und zweiten Gdiurtszeit einen hoMn
Grad erreichen können, so muss man anerkennen, dass für
dieses active Mitdrängen und die Empfindungen,, welche es
veranhissen, der Eisaek, selbst wo er Muskelfasern auf*
weist, keinen Erklärungsgrund abgiebu
för Gebnrtffhülfe in Berlin. 347
Da6 bisher Gesagte und der Befand in unserem Falle
uöihigen uns daher, uns mit Scanzoni der Ansieht derer
ansti^chliessen, wdche fnr die angegebene allgemeine Spannung
und Härte reflectoiisdie Zusammenziehungen des Zwerchfells
und der Bauchmuskeln annehmen und als Motoren dieser
reflectorischen Thätigkeit möchten in erster Linie wohl der
Mastdarm und der übrige Darmkanal anzusehen sein, welche
durch den Druck von Seiten des Eies und die mögliche
Zerrung bei den mannichfachen Adhäsionen vielseitig in ihrer
Thätigkeit gehemmt und in gereiztem Zustande gehalten .werden.
Die Bewegungen des Uterus und die Contractionen des Eisackes,
selbst da, wo Muskelfasern in ihm nachgewiesen sind, spielen
dabei theils nur eine ganz secundäre, theils schlechterdings
gar keine Rolle. Wie demnach die Schmerzen bei der
Abdcnninalschwangerschaft aus sehr mannichfachen Quellen
herrühren, aber bei der Frau in eine einzige unbestimmte
Schmerzempfindung verschmelzen, so hat auch dieser
Drang als passive Drangempfindung und actives Mitdrängen
sehr verschiedene Ursachen, die eben auch in einen einzigen
Gesammtausdruck verschmelzen, ohne dass die Frau und
dev Beobaditer die Rolle, welche die einzelnen Motoren dabei
spielen, genau zu trennen und festzusteUen vermöchten.
Es lässt sich aber keine Diagnostik der Extrauterin-
sehwangersdiaften auf aligemeine Principien zuröckgefQhrt
aufstellen, wohl aber ist. eine bald mehr bald weniger bestimmte
casuistische Diagnostik mögHch, welche in beständiger Ver-
gleichnng der einzelnen Erscheinungen vorwiegend auf negativem
Wege fortschreitet, bis die Sicherheit der Gegenwart einer
Frucht und des Leerseins der Gebärmutter die unumstössliehe
Gewissbeit herbeiführen kann.
Und als Andeutungen • fOr eine derartige casuistische
Diagnostik mag auch diese Zusammenstellung der Ergebnisse
unmittelbarer Lebensanschauttng dienen, welche freilich darauf,
neue wesentliche Momente hervorgerufen zu haben, keine An-
sprüche macht und machen kann. Fassen wir die differenttellen
Momente für die Schwangerschaftsperiode, wo die Schwanger-
schaft selbst noch zweifelhaft erscheinen kann, zunächst in's
Auge, und nehmen wir später, wenn durch deutliche Be-
stimmbarkeit der Verhältnisse der Frucht die SchwangerschafL
MonatABchr. f. Oeburtsk. 1861. Bd. XVIII., IIfi.5. 23
348 X^^- Verliandlnagen der Genetlschaft
unzweideutig erwiesen ?oriiegt, die differentiellen Momente
von der Uterinschwangerschaft mit biazu, 8o wird eine sdcfae
Vei'gleiciiuug des Verlaufes der Ersclieinuogen eine Erkeimung
möglidi uiaclien, die in der FesUtellung der Yeriiällnisse
jedes einzelnen Zeitabschnitts der Schwangerschaft amnüglidi
erschemt
Herr Martin theilte folgenden
Fall von geheiltem Lupus exulcerans vulvae
(Esthiomene)
aus dem Tagebuche seiner gynäkologischen Klinik im Cliarite-
Kraukenhause mit.
M. Rohrbach y 25 Jahre alt, zierlich, wohlgestaltet,
von kräftiger Muskulatur, mit schwarzem Haar, war als Kind
vollkommen gesund, will nie an seropbulösen Aflecttooen
gelitten haben. Eltern und Geschwister sind naeh ihrer
Aussage auch vollständig wold. Die Menses traten im 18. Jahre
auf und waren anfangs spärlich und unregelmässig, vom
20. Jahre an jedoch ohne alle Störung und in normaler Weise.
Seit dem 19. Jahre will die Kranke an Fluor albus gelitten
haben, sonst giebt sie keinerlei Infection zu, auch will sie
weder geboren noch abortirt haben. Im Finifai^iiire 1859
bemerkte sie an der Uebergangsstelle von der linken grossen
Schamlippe auf den Damm einen Schorf, der ein Gesdiwär
bedeckte, das immer grösser wurde und auch die rechte grosse
Schamlippe ei'grilT, indem es zugleich auf die Gesässgegead
überging. Dabei bestand eine bedeutende Härte der die
Geschwürsfläche umgebenden benachbarten Theile. Schmerzen
hat die Patientin niemals empfunden, auch ist das Allgemein-
befinden in keiner Weise jemals gestört gewesen. Alle zu
erfragenden Functionen verlaufen normal; die Kranke hat eine
blühende Gesichtsfarbe und ist gut genährt. Nur die Men-
struation ist seit IV2 Jahren ausgeblieben.
Am 12. November 1860 bot der örtliche Zustand folgenden
Befund: Links von dem unteren Theile jder grossen Scham-
lippe nach aussen und unten erstreckt sich auf die Gesäss-
gegend ein Geschwür von der Grösse eines Handtellers,
dasselbe reicht nach vorn bis zum Introitus vaginae, der
durch harte knotige Infiltrationen nach unten gezogen ist.
fi\T Geburtflhülfe in Berlin. $49
Das Geschwör hat abgeschnUtene knotige mit braunen Krusten
belegte Ränder, der vertiefte unebene Grund desselben ist
stellenweise mit gelblichbraunen Massen überzogen, auf dem-
selben erlieben sicli hier und dort erbsen- bis bohnengrosse
harte Knoten. Ein Geschwür von fast doppelter Grösse
erstreckt sich von dem zcrsldrten Introitus vaginae nach
rechts hinüber auf die kleinen und grossen Schamlippen, den
Damm und die rechte Ilinteri)acke. Die vorderen oberen
Partien der grossen Schamlippen, die von dem Geschwüre
selbst nicht ergriffen sind, erscheinen verdickt und infiltriit,
ebenso das Zellgewebe des Mons Veneris, die kleinen Scham-
lippen sind ebenfalls verdickt und fast vollständig durch
Schnimpfung zu Grunde gegangen. Scheide, Uterus und
Rectum sind dagegen vollständig frei. Die Geschwursfiächen
»nd mit einem schmierigen, gelbbraunen Belage bedeckt und
velinreiten einen höchst fötiden Geruch.
Am 19. November wird die liidie Seite des Geschwürs
zuerst mit Baumwolle, welche in Acidum nitricum fumans
gelegen hatte, geätzt und zwar unter Chloroformnarkose der
Patientin. Bis gegen Abend dauerten die heftigen Schmerren
trotz kalter Wasserumscbläge fort, dann trat Wohlbefinden em.
Nachdem der Brandschorf abgestossen, wird die WundQäche
mit Solutio Argent. niti\ Oj.) Svj. verbunden: In den nächsten
8 — H Tagen ziehen sich die Ränder der Wunde zusammen,
es bilden sich trelTiiche Granulationen. — Bereits um die
Mitte December erscheint die Geschwörsfläche mit gesunden
Granulationen bedeckt, zur Hälfte ihres Umfanges verkleinert.
Die rechte Hälfte der grösseren Geschwurafläche wird ebenfalls
unter Chloroformnarkose mit Baumwolle, welche in Acidum
nitricmn fumans gelegt war, am 18. Januar 1861 einige
Minuten lang geätzt und ein hellgelber Schorf gebildet, worauf
zunächst kalte W^asserumschläge, später Fomente mit Argentum
nitricum -Lösung aufgeschlagen werden. Unter fortschreitender
Vernarbung tritt am 80. Januar unter unbedeutenden Kreuz»
schmerzen die Menstruation, seit IV2 Jahren zum ersten Mal,
wieder ein und dauert vier Tage (früher nur drei Tage). Am
1. März 1861. Die Yernarbung ist sehr fortgeschritten, so,
dass links vollständige Ueberfaäutung erfolgt ist und rechts nur
eine kleine längliche Ulceration besteht, welche nochmals
23*
350 XXV. VerhaudlnDgen der GeBellschaft
oberfläcJilich mit A;cid. iiiti*. fiiiD. touchirt wird. 22. M&rz. Die
Vernarbuog schreilel sebr gut foi*t, nur oocb in der Scheide
am Eingang be/inden sieb einige flache Granulationen. Aetzung
mit Argeut. niir. fusum bringt auch diese zui* ToUständigeu
Heilung so, dass Patientin am 10. JMai aus der gynäkologisdieo
Klinik entlassen werden kann. An Stelle der ausgebreiteten
Geschwüre sind flache Narben getreten, welche an den grossen
Scbamlefzen beginnen, den Damm und die Innenfläche der
Hinterbacken bedecken. Die früher knotig verhärteten grossen
Schamlippen und der Schamberg sind abgeschwollen, weicher
geworden, nur der Scheideneingang erscheint nicht unerheblich
durch die Narben verengt Patientin befindet sich bei wiedei*-
kehrender Menstruation auch Ende Mai ganz wohl.
Die von Herrn Dr. v, MecJclinghatieen angestellte
miki^oskopiscbe Untersuchung der Gescbwürsgrundfläche ei^ab
eine Infiltration des Gewebes mit kleuien ländlichen Zelien
von der Gestalt der Eiterzellen, doch wai^n dieselben sehr
inangelhaft entwickelt, uesonders die Kerne sehr eckig. Die
Infiltration verfolgte hauptsächlich die elastischen Zilge des
Haut- imd Unterhautfettgewebes, nui* an einzelnen Stellen
waren grössere Anhäufungen der Zellen mit geringer Zwischen-
substanz vorbanden, hier fand sich zugleich ein feinkörniger
Zerfall in geringem Grade.
Herr Martin reiht an diese Mittheilung den Bericht
über einen
Fall von Lupus hypertrophicus vulvae
an, welchen er 1859 im Krankenhause zu Bremen gesehen
hatte, dessen Abbildung in dem von ihm demnächst heraus-
zugebenden Handatlas för Gynäkologie enthalten sein wird,
und dessen Krankengeschichte der Director des genannten
Krankenhauses, Herr Dr. Lorent, ihm in Folgenden mit-
zutheilen die Güte hatte.
Wittwe iT., 53 Jahre alt, wurde am 21. Juli 1859 mit
einer hypertrophischen Afl'ection der Vulva, welche der be-
handelnde Arzt för Syphilis erklärt hatte, in das Krankenhaus
aufgenommen. Patientin hatte neun Mal geboren, das letzte
Mal vor 17 Jahren; die Kinder waren gesund. Seit 12 Jahren
leidet Patientin an Fluor albus, welcher durcli forcirten Coitus
für Geburtsbülfe in Berlin. 351
des Mannes entstanden sein soll. Seit zwei Jahren haben
die Menses cessirt. Der Mann der Kranken verstarb vor
sieben Jahren an Beingeschwüren und Wassersucht. In den
letzten Jahren seines Lebens vor etwa neun Jahren soll der-
selbe an Tripper und Hodenentziindung gelitten haben.
Bei der Patientin fingen vor etwa fünf Jabren die Labien
abzuschwellen, wo sich zuerst zwei kleine Wunden gebildet
haben sollen. Der Arzt, welcher damals consultirt wurde,
rieth die Aufnahme in das Krankenhaus, wozu Patientin sich
nicht entschliessen konnte, und so unterblieb eine ärztliche
Behandlung. Als die Menses unregelmässig zu werden an-
fingen, bemerkte Patientin zuerst eine Anschwellung der linken
Nymphe, fn den letzten Jahren, als die Menses ganz aufhörten,
schwoll das Labium majus dextnim an. In dem letzten halben
Jahre bildete sich nach unten ein Geschwür und eine An-
schwellung am. After. Vor einem Jahre machte Patientin den
Versuch, die linke hypertrophische Nymphe mit der Scheere
abzuschneiden, es blieb aber bei einem kleinien Einschnitte
am oberen Ende. Diese Angaben basiren auf die Aussagen
der Kranken und sind wohl nicht ganz genau.
Das Allgemeinbefinden der Kranken war bei ihrer Auf-
nahme in das Kraukenhaus im Wesentlichen nicht gestört,
doch war dieselbe abgemagert und erschien matronenhaft, '
im Zustande der Decrepiditat. Die Cervical- und Cubitaldrusen
waren nicht geschwollen, die Inguinaldrüsen aber etwas ver-
grössert. Symptome von Syphilis auf der äusseren Haut oder
auf den äusseren Schleimhäuten des Mundes u. s. w. fehlten ganz.
Das wirkliche Leiden der Vulva stellte sk^h folgender-
maassen dar:
Die rechte grosse Schamlefze war bis zu Enteneigrösse
geschwoDen und zumal in der unteren Hälfte indurirt, fühlte
sich uneben und hart an. Die Färbung der Haut war dunkel-
rotli, in der unteren Hälfte in's Violette , Bläuliche üb^gehend,
mit einzelnen duukelrothen Streifen und Rhagaden. An der
inneren Fläche dieser Schamlefze war die Haut und das
subcutane Bindegewebe am auffaUendsten verdickt und fand
sich am unleren Ende der Labien eine knotenartige derbe
Anschwellung, die durch einen tiefen Einschnitt (Rhagade)
von dem übrigen Theile des Labium geschieden war. Dieser
352 XXV. VerbAndlangen der Gesellschaft
EiDsehniti war excoriirt und niit einer serösen Absondemiig
bedeckt Die rechte Nymphe fehlte ganz und ging das Labkn
nach Ionen mit einem scharfen glatten Rande in eine DlceratioD
über, welche mit einer wulstigen wuchernden Fläche den
Scheideneingang ausfüllte. Der obere Theil der gross»
Schamlippe und das Praeputiuin clitoridis war verdickt und
die Haut derb, infiltrirt, doch von normaler Färiinng. Das
Orifidum uretbrae war unter einer ukerirten» wuchemdeo
und wulstigen Schleirobautflärhe verborgen. Die linke grosse
Schamlefze war normal und klein, weich anzufuhloi. Die
linke Nymphe war dagegen beträchtlich hypertrophirt, indurirt,
rdthlich, violett und bläulich gefaribt und hatte zahfa^iche
Einschnitte, Rhagaden, welche ungleichförmige Enikerbungen
bildeten und der Nymphe ein gelapptes rissiges Ansehen gaben.
In der Nähe der Clitoris am oberen Ende der hyp^trophischeo
Nymphe befindet sich ein Fistdgmig, welcher mit einem
glatten, schleimhautähnlichen, schwach secemirenden Epithd
ausgekleidet ist, durch die ganze Dicke der Nymphe in
schräger Richtung verläuft und auf der inneren Fläche der
Nymphe mündet Letztere Flädie ist weisstich, scheint früher
ein äbnlidies secemirehdes Epithel gehabt zu haben und jetzt
geheilt zu sein. An dem unteren Ende des kolbig endenden,
derben, rechten Labium majus, in welchem die Ulceratimi
des Scheideneinganges sich hinein erstreckt und welches in
das durch einen scharfen glatten Rand von der Ulceration
des Scheideneinganges geschiedenen Residuum des Frenulum
labiorum sich verläuft, geht eme secernirende glatte schleimbaut-
ähnliche Hautfiäche nach dem Anus zu. Um den Anus beöndet
sich eine wallartige indurirte Wucherung, von rother Färbung,
mit Einkerbungen versehen, welche excoriirt sind und secerniren.
Dieser Wulst fühlt sich fest an, hat fast das Aussehen eines
Prolapsus ani und verschliesst den Anus. Bei der Exploration
desselben überwindet man diesen verstopfenden Wall, Gndet
mühsam hinter demselben das Rectum frei und in der Höhe
den Uteruskörper. Die Exploration ist schmerzhaft und ruft
eine kleine Blutung hervor.
Bei der Exploration der Vagina mit dem Finger kann
man etwa IV2 Zoll eindringen, der Finger triSt dann auf
einen festen derben Ring, welcher die Scheide verschliesst
für Geburtshfilfe in Berlin. 353
Bei der Untersuchung mit einem kleinen und bis zu geringer
Tiefe einzuführenden Specuium sieht man nui* eine rothe
wuchernde Ulcerattonsfiäche, welche das Speculum ausfüllt.
Bei der zweiten späteren Untersuchung sah man auch den
die Scheide rerschliessenden Ring. Diese Untersuchung ist
schmerzhaft und ruft eine kleine Blutung hervor.
Die Diagnose war im Anfange zweifelhaft Die Affection
sthnnite nicht mit Syphilis noch mit Carcinom überein, er-
innerte einigermaassen an Elephantiasis Arab. Später ward
von Prof. Martin dieselbe als Esthiom^ne erkannt und stimmen
die Erscheinungen ziemlich genau mit der nach Quibourt
und Huguier Ton Eiwtsch gegebeneu Beschreibung der
Esthiom^ne hyperthrophica und perforans überein. Lang-
dauernde vernachlässigte Blennorrhagie schien Causalmoment
gewesen zu sein. Anfangs wurde eine Solutio kalihydroj.
c. Jodin. innerlich und eine Jodsoiution äusserlich zu Ueber-
schlagen angewandt neben guter Diät und täglichen Sitz-
oder Vollbädern.
Hi(»1>ei nahm das Infiltrat ab und die bläuliche Färbung
mässigte sich. Prof. Martin rieth später den Gebrauch von
Lohsitzbädern und die Auflegung einer Salbe mit Extr. ratanhiae
an. Indessen letztere konnte nicht an alte Stellen hingebracht
werden und machten die Lohbäder eine gewisse unangenehme
reizende Empfindung, waren der Kranken sehr unangenehm,
so dass man zu dem äusserlichen Gebrauche von Jod zurück-
kehrte. Der innerliche Gebrauch der Jodmittel war nicht
sistirt worden. Das Infiltrat des rechten grossen Labium
nahm immer mehr ab, die linke Nymphe war ganz zusammen-
gefallen und schlaff, die Färbung der letzleren war ziemlich
normal geworden und das rechte Labium majus war nur noch
in dem unteren Theile stärker infiltrirt und gerötbet (20. Sept.).
Die Wucherung ad anum blieb ziemlich unverändert, secemirte
ziemlich stark und war die Excretio alvi der Kranken schmerz-
haft. Am 27. September ward diese Wucherung unter der
Chloroformwirkung mit dem Ecraseor abgetragen, wobei fast
gar keine Blutung stalthatte. Die mikroskopische Untersuchung
der abgetragenen Wucherung ergab, dass dieselbe ganz und
gar aus hypertrophischem Bindegewebe bestand. Die Wunde
354 XXV. Verbandlang^en der OeselUchaft
heäte ohne besondere Eiterung und verursachte der firaoken
auch wenig Schmerz.
Am 7. October ward die linke Nymphe, welche ganz
schlaff geworden war, mit dem Bistouri exstirpirt. Eine
spritzende Arterie in dem unteren Ende ward unterbunden
und am oberen Ende, wo noch Härten und Infiltrate ach
befanden, ward die Blutung durch Ferr. chloratum und kalte
Fomente bald gestillt. Die Ulceration im Introitos vs^nae
hat abgenommen, insofern als die Wucherungen sich ver*
kleinerl haben, bei der Exploration mit dem Finger dringt
dieser schon durch die früher festgescblossene Vagina hin*
durch. — Das Allgemeinbefinden der Kranken ist ziemlich
unverändert, hat sich aber wohl etwas gehoben.
Die Therapie ist dieselbe.
Der infiltrirte glatte scharfe Rand, welcher die fnfillraiion
des Scheideneinganges nach unten abschliesst, ist durch Auf-
saugung immer dünner geworden (17. October 1859) und
sind mehrere OelTnungen hineingekommen. Dieser Rand wurde
abgetragen, er fühlte sich beim Schneiden wie knorpelig an.
Die ulcerirende Fläche im Scheideneingange wurde mit dem
modificirten Aetzkalistift betupft.
Nach einer späteren Miltheilung des Dr. Lorent ist die
Kranke durch wiederholte Abtragung und Aelzung geheilt
worden.
Sitzung vom 9. Juli 1861.
Herr L, Mayer spricht Ober eine
Allmälig zunehmende Beckenenge durch Eutwickelung
einer fibrösen Geschwulst am ersten Sacral- und
letzten Lendenwirbel. Einleitung der Frühgeburt
nach Cohen's Methode.
Die 32 Jahre alte Frau 8. in Berlin war in der Kindheil
gesimd, ausser an Masern nie bettlägerig krank. IbreMepse«
hatten sich im 18. Jahre mit regelmässigem Typus von vier
Wochen eingestellt, dauerten drei bis vier Tage und waren
den ersten Tag mit Schmerzen im Leibe und pressendem
für Gebnrtshülfe in Rerlin. 355
GefuUe nach iinten verbunden. Im 26. Jahre heirathete sie
und gebar im darauf folgenden Jahre schwer, aber ebne
Kunslhulfe, ein lebendes Kind unter sehr kräftigen, 25 Ständen
(dauernden Wehen. Das Puerperium veriief ohne Störung.
Die Frau verliess den vierten Tag das Bett und nährte ihr
Kind längere Zeit. Dreiviertel Jahre später wurde sie zum
zweiten Mal Gravida. Hit Ausnahme eines auffallend aus*
gedehnten Leibes in den letzten Monaten zeigten sich in der
Schwangerschaft keine Anomalien. Die Geburt eines ausser-
ordentlich starken Kindes musste dagegen nach vorauf-
gegangener Perforation durch zwölfstündige Zangentractionen
beendet werden. Im Wochenbette litt Frau S. längere Zeit
an heftigen Kreuzschmerzen und Brennen im Rectum. Die
blutigen Lochien waren spärlich, eiterige Secretionen sehr
profus und fortdauernd, als die Frau bereits das Wochenbett
ohne anderweitige Anomalien überstanden hatte« In dieser
Zeit zog sie, der sie ängstigenden Blennorrhoe wegen, meinen
Bruder, Dr. A. Mayer, und später, nach dessen Erkrankung,
mich zu Rathe.
Als Ausgangspunkt der Eiterung fand sieb bei der blassen,
henmtergekommenen Frau in dem oberen Drittheil des linken
hinteren Scheidengewölbes eine Ober 6 Linien lange unregel-
massige Wunde, mit strahlig zusammengezogener, narbiger Um-
gebung und glatten Rändern. Bei näherer Untersuchung ergab
sich diese als FistelöfiTnung. Eine elastische Sonde konnte durch
diese Fistelöffnung in der Richtung nach unten % bis 1 Zoll
in einen schmalen Kanal geschoben werden, welcher zwischen
Vagina und Rectum verlief und blind endigte. Schräg nach oben
gelangte die Sonde in einen zweiten Kanal und fand etwa % Zoll
hoch Widerstand an einer Geschwulst. Diese Geschwulst sass
auf dem ersten Sacral- uyd letzten Lendenwirbel fest und ragte
in die Beckenaperiur hinein. Sie war von Knorpelconsistenz,
hatte einen Querdurchmesser, der etwa dem Abstände der
beiden Kreuzdarmbeinverbindungen entsprach, eine rundliche
Geslahung mit unregelmässigen Hervorfagungen und weicheren,
wie sehnige GebikJe erscheinenden Fortsätzen in die Um-
gebungen. Der obere Theil des hinteren Scheidengewölbes
war an diesen Tumor angelötliet, ebenso das untere hintere
UterinsegmeDt Die Vaginalportion stand unbeweglich nach
356 XXV. VerhfindlnngeD der Gesellschaft
hinten und links. Die Muttermuiidsiippen, besonders die Untere,
waren verkürzt Das Orificium, eine geöffnete Qnerspaite,
richtete sieb nach unten. Der Uterus hatte eine normale Grösse,
war nicht schmerzhaft, der Fundus leicht nach vorn vertirt.
Im Speculum boten Scheidenschleimbaut wie Mutterroands*
lippen ein gesundes Aussehen. Das Rectum verlief bis nahe
an den Tumor in gerader Richtung, wandte sich alsdann
nach links um denselben nach oben.
Die Frau war 4' 10" gross und bis auf eine anbedeutende
Abweichung des vierten bis siebenten Röckenwirbels nach
rechts, normal gebaut. Die äussere Conjugata betrug S" 2*.
der Abstand der Spinae iliacae superiores 11" 6"', der
Trodianteren 12" 9'". Die Conjugata des Reckeneinganges
S" 8 — 9'", die schrägen Durchmesser Jederseits beiläufig
4 — 47/, der quere etwa 4 — 5". Mitliin lag ein geringer
Grad von allgemein zu engem Recken vor, bei welchem die
Conjugata 9 — 10'" verkürzt war.
Wenn das Restehen des Tumor vor den Entbindungen
mit absoluter Sicherheil nicht abzuweisen ist, so erscheint
es doch mehr als wahrscheinlich, dass die Zangenuperation,
welche bei der zweiten Geburt wegen des Miss Verhältnisses
zwischen dem ohnehin allgemein zu engen Recken und dem
auffallend starken Kinde nothwendig wurde, ausser einer
ScheidenzeiTeissung, Quetschungen des Penosls vom ersten
Sacral- und letzten Lendenwirbel, sowie der davor Hegenden
Weichtheile herbeiführte, und dass diese der Ausgangspunkt
för chronisch enlzöndlicbe Processe wurden. Es folgte eine
proftise Eiterung, mit Abfluss aus der Scheidenwunde, gleich-
zeitig Organisationen zu Rindegewebe und Osteophyten in dem
Entzöndungsheerde. Der so gebildete Tumor wuchs in gleicher
Weise langsam weiter, wie aus der .zunehmenden Verkörzung
der Conjugata mit Sicherheit zu folgern war. Nach Jahresfrist
war nämlich diese 3" 6'" und wiederum nach einem Jahre
nur noch 3" 4"^ lang. Auffallend war dabei, dass Frau 8.
ausser der erwähnten profusen Rlennorrboe keine Reschwerden
hatte, und dass wesentliche Naelitheile des Tumor nur bei
den folgenden Geburten hervortraten.
Die dritte Schwangerschaft nahm sieben Monat nach der
zweiten Geburt ihren Anfang. Etwa in der Hälfte derseUien
für GebnrtBhaife in Berlir. 357
entstand spontan, seitlich und links vom Anus eine stark
eiternde Fistelöffnung, welche erst nach der Entbindung einer
exacteren Untersuchung unterworfen wurde, da die Frau
durch diese Fistel keine Störungen in ihrem Wohlbefinden
während der Schwangerschaft boL
Die Einleitung der Frühgeburt erschien unter den ob-
waltenden Verhältnissen indicirt, jedoch willigte Frau S. nicht
in dieselbe. Wie vorauszusehen, war die Entbihdung eines
wiederum sehr starken, ausgetragenen Kindes den 25. Januar
1860 ausserordentlich schwierig. Der Kopf hatte sich an
diesem Tage nach mehrstündiger kräftiger Wehenthätigkeit
bei etwa 3 ZoD im Durchmesser geöffnetem Muttermunde und
schlaffen Huttermundslippen in erster Hinterhauptslage auf
den Beckeneingang festgestellt, dessen Conjugata, wie dben
erwälmt jetzt i" 6"' lang war. Mein Bruder und ich operirten,
in der Hoffnung, mit den Zangenlöffeln den Kopf zu comprimiren
und unter kräftigen Tractionen in das kleine Becken herab-
zuführen, unausgesetzt und zwar unter Chloroformirung eine
Stunde. Sodann standen wir von dem fruchtlosen Bemühen
ab, gönnten der Kreissenden acht Stunden Buhe, machten
darauf, nachdem das Kind bereits abgestorben war, die
Perforation, zerquetschten den Kopf mit dem Kephalotrib
und entwickelten unter angestrengten Tractionen den Kopf
and die darauf ebenfalls Widerstand leistenden Schultern.
Nach der Entbindung klagte die Frau über heftige Schmerzen
im Böcken und Hastdarm. Des anderen Morgens hatten sich
lebhaftes Fieber, Auftreibung und Empfindlichkeit des Leibes,
Kopfschmerz, belegte Zunge, Durst eingestellt Die Scheiden«-
wunde fand sich nicht vergi-össert, aber Geschwulst und Uterus
sehr schmerzhaft. Unter Darreichung von Mineralsäuren,
Anwendung von Cataplasroen und lauen Injectioncn in die
Vagina änderte sich bald der Zustand zum Besseren, so dass
die Frau den 20. Tag ohne Beschwerden das Bett verliess
und alsbald wieder ihren häuslichen Beschäftigungen nach-
gehen konnte. Sie wurde indessen durch die profnsesten
eiterigen serösen Absonderungen aus der erwähnten äusseren
Fistelöffnung sehr belästigt Diese Oeffnung hatte 1%*^ im
Durchmesser und war 1%" ^om Anus in schräger Bichtung
nach unten und links gelegen. Eine ly/' dicke, elastische
358 XXV. Vcrhnndlnn^en der Gesellschaft
5W>ndo in dieselbe eirigehracht, drang in etwas sdirager Richtung
nach rechts und oben in einem schmalen Kanal 6 Zoll hoch
bis gegen das Promontorium. Blosgelegte Knochenlheile trar
sie nicht, war durch das Rectum undeutlich, durch die
Scheidenwandung gar nicht zu fühlen. Beide Fistelöffnungen,
die innere und die äussere, gehörten communicirenden Fistel-
gSngen an, da durch die äussere Oeffnung injicirle Flüssig-
keiten per *vaginam abflössen. Die äussere eiterte beständig
stark, während sich der Vaginalabfhiss mehr und mehr minderte
und zwar in demselben Verhältnisse, als die Scheidenöfibung
kleiner wurde. Nach zweijährigem Bestehen hörte er sogar
mit völliger Verheilung der inneren Scheidenwunde ganz auf.
Dabei waren die Menses mit regelmässigem Typus ohne Be-
schwerden vier Tage dauernd wiedergekehrt; die Verdaunngs-
thätigkeit war ungestört, Stuhlgang regelmässig und trotz des
dicht vor dem Rectum verlaufenden Fistelganges schmerzlos.
Die Frau hatte gute Kräfte nnd ein gesundes Aussehen* Der
Tumor war schmerzlos, in seiner äusseren Gestaltung wie
früher in der Consistenz erschien er härter, war tief«»' in
das Scheidengewölbe hinunter und weiter in die Beckenapertur
hineingewachsen. Als die Frau Mitte April 1860 zum vierten
Mai Gravida wurde, war die Conjugata S" 4 — ö*". Im
dritten Schwangerschaflsmonate hatte an den Schenkehi und
namentlich an den grossen Labien bedeutende Varicenbildung
Platz gegriffen. Die Messung der Conjugata ergab jetzt eine
FJnge von nicht über S" 4"\ Da Frau S, dies Mal in die
Einleitung der Frühgeburt willigte, so wurde Anfang des
neunten Scl^vangerschaflsmonats den 16. December 1860 die
Operation durch laue Wasserinjectionen unternommen.
An diesem Tage fand sich der Leib gleichmässig aus-
gedehnt, nach vorn überhängend, im Umfange vom Process.
spino8i\s des letzten Lendenwirbels ober den Häftbeiukararo
zum Nabel jederseits 17 V/. Der Fundus uteri stand 3*
oberhalb des Nabels. Bewegungen des Fötus waren fühlbar.
Der Kopf lag beweglich in der rechten Bauchbälfle oberhalb
des rechten Arcus pubis, kleine Theile links oben. Der
Fötalpuls war (140) in der Mitte des Leibes unterhalb des
Nabels deutlich. Die Vaginalportion stand nach hinten nicht
beweglich an der Geschwulst. Das Scheidengewölbe war leer.
Ar Qebartsbülfe tu Berlin. 359
Die Coiiiugala erschien seit der leUien Messung niclil mehr
verkürzt, d* i. 3" 4!". Die Frau erfreute sich vöUigeu Wolil-
befiadens.
Um 11 Uhr VormitUigs wurde, nachdem Urin- und Stuhl-*
enlleerungen erfolgt waren, mittels eines elastischen Rohres,
welches durch einen Gummischlaucb mit einer graduirten
Spritze in Verbindung stand, eine Einspritzung von 4 Unzen
30 Grad warmen Wassers zwischen Eihäute und vordere
Uterus Wandung gemacht, der Leib wurde dabei stark nach
üben gezogen. Das Rohr konnte leicht 4" hoch geschoben
werden und entleerte sich die angegebene Wassermenge bei
gelindem Drucke unter Erregung eines Geiuhls von aufsteigender
Wärme, das sich bis zum Fundus erstreckte. Das zurück-
fliessende und aufgefangene Wasser betrug 2 Unzen. Schon
»ach 10 Minuten fand sich eine merkliche Auflockerung der
Scbeidenschleimhaut, sowie das Oriticium wenig geöffnet
Die beginnende Weheoüiätigkeit deutete sich der Frau durcli
periodisches Ziehen im Leibe an. Alsbald hatte es aufgehört,
so dass 3 Uhr Nachmittags, also nach vier Stunden, kein
Fortschritt der Geburt bemerklich war. Es wurden jetzt in
kurzen Zwischenräumen vier Einspritzungen von je 4 Unzen
gemacht^ von denen der grösste Theil des Wassers zurückfloss,
so dass nur 4 — 5 Unzen zurückblieben. Die Frau hatte
dies Mal das Gefühl eines eigenthümlicheu Kribbeins in der
Gegend des Fundus uteri, wiederum periodisches Ziehen im
Leibe, das IV4 Stunden später in eine regelmässige Wehen-
thätigkeit von 5 zu ö Hinuten überging. Wiewold diese noch
V4 Stunden sisürte, so hatte sie dennoch die Oeffnung des
Orificium achtgroschenstückgross zur Folge gehabt.
Eine um 7 Uhr Abends wiederholte Einspritzung von
7 Unzen Wasser bewirkte, obgleich letzteres zum gröbsten
Theile und zwar mit Blut gemischt zurückfloss, nach 5 Minuten
ziemlich kräftige Weben mit 3 — 5 Minuten langen Pausen.
Nach halbstündiger Dauer dei^selben war die Fruchtblase
wurstförmig, Zoll lang aus dem thalergrossen Muttermunde
hervorgetreten. Fortdauernde, kräftige Wehen öffneten letzteren
bis 2Vs Zoll Durchmesser und drängten die Blase bis an
i\ß^\\ Scheideneingang binuutei*. Die Kreissende befand sich
nzwischen seit einigen Stunden in der rechten Seiteniage,
360 ^XV- VerhandluDgeti der Gesellschaft
damit eine Selbstwendung von der Querlage auf den Kopf
emiuglicht würde. Gleichzeitig war auliallend ein Druck auf
den Kindeskopf von aussen nach dem Beckeneingange geQbt
worden. Trotzdem halle sich die Lage nicht geändert.
Bei den vorliegenden BeckenverliäUtniBsen erschien für
Erhaltung des Kindes die Gebiitt in der Kopflage der
einer Fussgeburt vorzuziehen, weil der nachfolgende Kopf
hei bestehendem Missverhäilnisse seiner Durchmesser mit denen
des Beckeneinganges und bei nothwendiger Kunsthillfe, wenn
die Nabelschnur comprimirt war, möglicherweise nicht so
schnell, als für Erhaltung des Kindes nöUiig, durchgeführt
werden konnte. Eine Garantie, ob nach spontanem Blasen-
sprunge die Wendung auf den Kopf noch möglich. lM*.6tai]d
nicht, somit war es ralhsam, diese bei noch stellender Blase
auszuführen. Die Kreissende wurde dabei in der i^editen
Seilenlage belassen; mit der leicht zwischen Eihäute und
vordere Uleruswandung gleitenden linken Hand der durch
einen Assistenten von aussen entgegeugedrückte Kopf erfasse
und auf den Beckeneingang gezogen, indem die rechte Hand
die linke UterushdlRe von unten nach oben schob, um auf
den Rumpf des Kindes eine die Wendung unterstützende
Kraft auszuüben. Darauf wurde die Blase gesprengt. Nachdem
eine reichliche Menge Fruchtwassers abgeflossen, blieb der
Kopf in zweiter Hinterhauptsstellung auf dem Beckeneingange
und wurde nun, da sofort nach der Operation die Wehen
sistirten, zur Verhütung des Vorfalls kleiner Theile durch
Druck von aussen auf denselben fixirt, bis nach einer halben
Stunde einige ziemlich krallige Wehen eintraten und der K<q>f
von selbst fest stehen blieb. Hiernach trat eine neunstündige
völlige Wehenpause ein, und als endlich — nachdem in-
zwischen verschiedene Maassregeln zur Wehenerregung, nämlich
Frottiren des Leibes, Bedecken desselben mit heissen Tüchern»
Darreichung kalten Getränks in Anwendung gebracht, ionerlicb
10 Gran SecaL com. gegeben waren, den 17. Decemfaer
7 Uhr Morgens anfänglich schwächere, allmälig kräftigere
Wehen sich zeigten, — waren es partielle, halbseitige
Contraclionen der linken oder rechten Uterushälfle. Es
wurde ein Infus, radic. ipecac. verordnet, Kalbfleischbntbe und
Weissbrod gereiclit Die Wehen normirten sich indessen bis
für Gebnrtshalfe in ßerltn. 361
il Ulir Morgen» oidit, so dasa am dieM Zeit eine betrfichilicbe
Kopfge9cbwul»t vorhanden, der Kopf aber nicht weiter herab-
getreteo war. Von 11 Uhr an herrschte wiederum bis 9 Uhr
Abends völlige Wehenpause. Das Befinden der Kreissenden
war dabei vorü^efflich; der FölalpnJs aber in den letzten
Stunden langsamer und matter geworden, endlich bis auf
80 Schlage gefallen. Dieser Umstand war es, welcher die
Indication zur Anlegung der Zange um 9 Uhr Abends, also
32 Stunden nach der ersten Inj.eclion gab. Die Zangcnluffel
glitten zwar ohne grosse Mühe an dem Kopfe vorbei, von
der Beckenachse nach vorn abweichend, so dass die Stiele
ganz nach unten gesenkt wai'ea, jedoch stellte sich der
weibliche rechtwinklig auf den queren, der raftnnlrche ebenso
auf den sdu^agen Beckendurchmesser. Trotz vielfacher Be-
mühungen glückte es nicht, die Zange zum Schioss zu bringen,
da ohne Gewalt weder der weä)lidie in den schrägen, noch der
männliche Löffel in den queren Beckendurchmesser zu bringen
war. Die Ursache hiervon schien darin zu liegen, dass der
iBoere Mottermund noch nicht vöHig verstrichen und das
liinlere untere Ulerinsegmeat, an die vorspringende Geschwulst
angelötliet, von unnachgiebiger Rigidität war. Es blieb mcbts
übrig, als von der Operation abzustehen, um die Mutter nicht
in Gefahr zu bringen. Diese scUunuuerte alsbald ein, er»
WMshte um 5 Uhr Morgens unter heftigem Schüttelfrost, welchem
fönfstündige sdir starke Wehen folgten. Diese förderten 10 Uhr
Morgens, also 47 Stunden nach der ersten Einspritzung, ein
todtes Mädchen an das Tageslicht, zehn Minuten später die
Placenta. Letztere war 26 V^ Loth schwer, normal. Das
Kind wog 3 Pfund 28 Loth, war gut entwickdt, seine Schadel«-
knochen übereinander geschoben, die rechte GesichtshaUte
Uau geschwollen, beide Augen aus den Höhlen liervorgetreten,
die Ossa parietalia eingedrückt, auf dem rechten befand sich
ein 2V2 Zoll hinges, IVs Zoll hohes Cephalaematom. Der
grosse gerade Kopfdurchmesser hatte eine Länge vbu 3 Zoll,
der kleine gerade von 2 Zoll 7 Linieu, der quere 3 Zoll 7 Linien,
die sehnigen jederseits 3 Zoll 2 Linien.
Die Mutter befand sich nach der Geburt wohl, ohne
Schmerzen. Das Wochenbett verlief ohne Störung, nach acht
Tagen kennte die Frau bereits das Bett verlassen, und erfreut
362 X^V. Verhandlungen der Gesellscliaft
sieb bis Jieuie der besten Gesuudheil (Ende April). Die
Menses traien schon vierzehn Tage nach der Entbindiuig ein,
kelirten vierwöchenüicb ohne Besehwerden wieder. An der
Beekengeschwukt war keine weitere Verminderung eingetreten,
auch keine Vergrossening derselben zu conslaliren. Die
ausseife Fisteloffuung besteht, die Eiterung aus derselben hat
aber in den letzten Wochen merklich abgenommen.
Herr Ohhausen hat folgenden ähnlichen Fall beobachtet:
Fibröse Geschwulst im kleinen Becken. Künstliche
Frühgeburt.
Frau H^...., 33 Jahre alt, hatte schon yier Mal geboren.
Die erste Geburt (August 1850) war eine Fröhgdiurt; das
Kind starb bald nach dei* Geburt In den beiden anderen
Geburteh (Januar 1852 und November 1853) wurden aus-
getragene, grosse, lebende Kinder geboren. Alle drei Geburten
waren leicht und verliefen ohne Kunsthälfe. Die vierte Geburt
im December 1855 war langwierig und schwer; sie dauerte
angeblich 2Va Tage; nachdem 8 — 10 Stunden lang sehr
kräftige Wehen gewirkt hatten, wurde mit der Zange ein
grosser, tqdter Knabe zur Welt befördert Der behandelnde
Arzt fand damals einen fibrösen Tumor am Becken und
schickte die Frau in ihrer ffinfteii Schwangerschaft zum Zweck
der künstlichen Frühgeburt in die hiesige kdnigl. Entbindungs-
anstalt, mit der Angabe, dass die Geschwulst sich seit der
letzten Entbindung noch vergrössert habe.
In dieser fünften Schwangerschaft ergab sich am 21. Juli
1859 folgender Befund: Statur nicht klein, ziemlich krifUg;
ausgebildeter Hängebanch; der Fundus uteri eine kleine Hand
breit über dem Nabel; kleine Kindestheile rechts oben;
Herztöne links. Bei der Exploratio per vaginam stiess man
auf eine grosse, höckerige Geschwulst, welche ungefähr in
der Mittellinie, vor der hinteren Wand des kleinen Beckens
gelegen, die Beckenhöhle beträchtlich beschränkte. Sie fällte
die Heilung des Kreuzbeins nicht nur vollständig aus, sondern
machte die hintere Beckenwand sogar convex; nach den Seite»
hin überragte sie die Ränder des Kreuzbeins um V«^ — ^"y
nach oben war bei Untersuchung mit der halben Hand das
Ende der Geschwulst nicht zu erreiclien und eine Verjüngung
fHr Gebnrtahülfe in Beiiln.
mcbt bemerkbar; nach abwärts reichte rie bis in die untereii
Beckenrilume hinab, blieb jedoch Tom Damme noch etwas
entfunt. Nach vom prominirte ein Knollen der Geschwulst
derartig, dass seine Entfernung vom unteren Ende der Sdiam»
fuge (also die geburtshäMiche Conjugata) nur 2Vt" betrug.
Der ganze Tum(Mr bestand aus einer Anzahl zusammenhängender
Knollen, baselnussgross und grösser; die einzelnen KnoBen
zeigten eine derbe Consistenz ; nur einige fohlten sich nahezu
fluctoii*end an. Ein Zusammenhang mit dem Uterus war in
keiner Weise nachzuweisen und nicht wahrscheinlich, denn,
indem die Portio vaginalis trotz des vorhandenen Hängebauches
ganz Tom stand, unmittelbar hinter und aber der Schamfoge,
konnte die Untersuchung keine Berahrung der Geschwulst
und des unteren Gebärmutterabschnitts nachweisen; diese
Annahme bestätigte ^die Untersuchung per anuro, welche
zeigte, dass die Geschwulst vollständig hinter dem Rectum
gelegen war und mit dem Kreuzbeine in innigem Zusammen-
bange stand. Das Rectum stieg etwas nach rechts von der
Miitellinie vor der Geschwulst in die Höhe, war also bereits
dislocirt.
Man fühlte innerlich den Kopf, hoch und weit nach
Tom dber den Schambeinen, voriiegen. Eine Messung der
Conjng. diagonalis liess die Geschwulst nicht zu; die äussere
Beekenmessung ergab för die Conjog. extern. 7" 10'"; Spin. il.
9" 6"' und Crist. il. 10" 11", liess also im Verein mit ier
Leichtigkeit froherer Geburten auf normale Beckenweite
schliessen. Da die Menses den 16. und 17. December zum
letzten Male erschienen waren, so war die Geburt gegen
den 24. September zu erwarten; am 27. Juli, also in der
32. Schwangerschaftswoche, wurde ^e künstliche Frühgeburt
instituiri. Neun Uhr Abends führte Geh. Rath Martin einen
9" langen, dicken, elastischen Katheter in den Uterus ein,
so dass nur 1" aus dem Muttermunde hervorragte. Zwei
Stunden später flössen die Wässer ab ; in der Nacht und am
folgenden Tage traten nur wenige, schwache Wehen auf;
am 28. Juli 4 Uhr Nachmittags ein Schüttelfrost von einigen
Minuten Dauer; 7 Uhr Abends noch öfteres Frösteln. Puls der
Mutter 120—130, weich, voU; fötaler Puls 190— 200 Schläge;
11 Uhr Abends waren die Wehen etwas häufiger geworden,
MoaaUschr. f. Oeburtiik. 1861. Bd. XVIII . Hft. 5. 24
364 XXV. VerfaftndlimgeD der Oesellflchaf t' etc.
aber noch immer sehr schwach. Eio nierklicher ForCscbriU
der Geburt war um diese Zeit noch Dicht vorbanden; die
Vagifl^portion war noch nicht verstrichen. Die Kreiasende
klagte um diese Zeit ober etwas K<^web; ihr Gesicht war
stark gerötfaet; sie verkannte ihre Umgebung; stiUe DeiirieD
traten ein. Nach allmajiger Eröffnung des Muttermundes
wurde 2 Uhr Nachts durch zwei kräftige Treibwefaen das Kind
in Kopflage geboren (leider ohne genaue Beobachtung der
letzen Geburtsperioden). Die sehr fette, ein Mal locker um
den Hals geschlungene Nabelschnur war pulslos und alle
Belebuttgsversuclie blieben erfolglos. Die Grösse entspradi
<}em muthmaasslichen Aller der Frucht; die Kopfkooehen
waren bereits sehr fest. Kopfgeschwulst fehlte voUstandig.
Die Wöchnerin zeigte sich gleich nach der Geburt vollständig
besinnlich. Am ersten Tage des Wochenbettes, den 29. Juli
Abends, war der Puls 104; Temperatur 38,2^; am folgenden
T^ge Puls 90; Temperatur 37,9 ^ Der Leib war bisher völlig
schmerzlos gewesen. In der Nacht zun) 31. Juli trat ein
Frostaofall und Schmerzen im Leibe ein; die Temperatur (in
der Achselhöhle und Abends gemessen) stieg an den nun
folgenden Tagen auf 87,5^; 38,9«; 89,7 ^ 40«; dabei ei^
reichte die Pulsfrequenz nur 108 Schläge. Der ganze Leib
wurde sehr empfindlich; Tympanitis stellte sMh ein. Nach
Applicalion von 12 Blutegeln verschwanden jedoch die Schmerzen
und alle anderen Krankheitserscheinungen sehr rasch, so dass
die Wöchnerin am 16. Tage des Wochenbettes (den 13. Juli)
gesund entlassen wurde.
Die Vaginalportion hatte jetzt noch denselben Stand wie
vor der Entbindung, dicht hinter und aber der Schamfuge.
Diese Dislocation des Uterus lässt vermuthen, dass die Ge^
schwulst sieb bis vor die Lendenwii*belsäule hinaaf erstreckt
und so den ganzen Uterus nach vorn drängt. Einzelne Knollen
der Geschwulst waren bei der jetzigen Untersuchung gegen
Druck en^findlicb, was früher nicht der Fall gewesen war.
XXVI. ^i{f0r, 36. VersRintii). deutscher Naturforscher etc. 365
XXVI.
Sechsunddreissigfite yersammlnng deutscher
Naturforscher und Aerzte in Speier
im Jahre 1861.
Verhandlungen der Öection für Gynäkologie.
Mitgretbeilt
Yon
Dr. V. HAter.
Erste Sitzung, am 18. September 10 Uhr Vormittags.
Als Präsident der heutigen Sitzung wird Herr Geh. Ratb
Prof. Dr. BetBcU&r aus Breslau und als ständiger Secretär
Dr. V. Hvter aus Marburg erwählt. Der Herr Präsident
erklärt die Sitzung eröffnet und beantragt, dass jeder Vortrag
nicht über V4 Stunde dauern dürfe und frei gehalten werden
mässe. Beides wird ?on der Versammlung gebilligt.
Herr Dr. Kuby aus Preinsbeim hält darauf den an-
gekÄudigten Vortrag:
lieber prficipitirte Geburten* Tom Standpunkte
der gericbtlichen Medicin.
Er referirt zunächst über folgende zwei Geburtsfölle.
Vor einigen Jahren wurde ein 18 Jahre altes Mädchen
wegen fahrlässiger Tödtung ihres neugeborenen Kindes zu zwei
Jahren Zuchthausstrafe verurlheilt. Die Person hatte Scbwanger-
Schaft und Geburt verheimlicht. Eine auf dem Kircbhofe eines
benachbarten Dorff.s aufgefundene Kindesleiche erweckte den
Verdacht, dass die betreffende Person geboren haben und die
Mörderin ihres eigenen Kindes sein könne. Als das Erstere
durch die ärztliche Untersuchung festgestellt war, gestand
auch die Person, dass sie kilrzlich geboren habe und erkannte
die betref1\snde Kindesleichc als die ihres eigenen Kindes an.
An dem rechten Seiten wandbeine des Kindes, welches gelebt
hatte, fand sich eine Fractur mit Impression des Knochens.
Es wurde deshalb angenommen, die Angeklagte habe ihr Kind
durch Schlagen mit einem stumpfen und kantigen Instrumente
getödtet. Dieselbe behauptete aber, das Kind sei, während
24*
366 XXVI. Hüter f 36,VerBammhiag deutscher Natarforsohftr
sie in aufrechter Stellung an ihrem Waschtische sich stützte,
von ihr geschossen, ohne dass sie daran schon gedacht habe.
Es sei dabei wahrscheinlich mit dem Kopfe an die scharfe
Kante des Tisches gestossen , and daher die Verletzung und
der Tod desselben.
Em Jahr später ereignete sich ein ähnlicher Fall, nur mit
glücklicherem Ausgange und unter etwas anderen Verhältnissen.
Die 1574 Jahre alte Frau C, sah dem finde ihrer ersten
Schwangerschaft, welche regelmässig verlaufen war, entgegen.
Am 20. Januar 10 Uhr Vormittags traf Dr. K., als er die
kranke Mutter der jungen Frau besuchen wollte, diese im
Wohnzimmer stehend und erhielt auf die oberflächliche Frage:
„Wie geht es Ihnen?" die Antwort: „Gut, ich habe nur ein
bischen Kreuzweb.'' Kaum war Dr. K, in das anstossende
Schlafzimmer der Mutter getreten und hatte einige Worte aq
diese gerichtet, als ein ängstlicher Aufschrei der Magd ihn
rasch in das Wohnzimmer zurückrief. Dort sah er die jotige
Frau inmitten der Stube aufrecht stehen, und vor ihr auf
dem Boden kauerte die Magd, beschäftigt, das dem Sqhooss^
der jungen Frau im Stehen entstürzte Kind in ihre Schürze
zu raffen. Nachdem Dr. K. rasch die Frau in ein Bet^
gebracht, wendete er sich zu dem Kinde, welches regelmässig
gebildet war, lebhaft schrie und keinerlei Beschädigung zeigte.
Die Nabelschnur des Kindes war zwei Zoll vom Nabel ab-
gerissen, die Unterbindung des Nabelschnurrestes wurde daher
sofort besorgt. Der Blutverlust bei der Mutter war gering.
Zehn Minuten nach der Geburt des Kindes konnte die Nach-
geburt leicht entfernt werden. Eine Viertelstunde nach der
Geburt ^ trat ein massiger Schüttelfrost ein , welcher zwei
Stunden anhielt Am Abend desselben Tages fand Dr. K.
Kind und Mutter wohl. Letztere empfand etwas Nachweheo.
Das Wochenbett verlief sehr günstig.
Dr. K. stellt darauf den zweiten Geburtsfall wegen seines
rapiden Verlaufs und besonders weil er bei 'einer so jugend-
lichen Erstgebärenden beobachtet wurde, als ein geburts-
hülfliches Curiosum hin. Glonische Uteruskrämpfe, wekjie
als die Bedingungen zu präcipitirten Geburten gelten und von
Wigand genau beschrieben werden, waren in diesem FaUe
durchaus nicht vorhanden.
und Aerete in Speier im Jahre 1861. 367
In gericbtsSrztlicber Beziehung hält Dr. K, den zweiten
Geburtsfiill für bedeutend wiehtiger. Denn von den Scbrift-
'stellern war es bisher als möglich angenommen worden, dass
l>ei präcipitirten Gebarten das Kind mit dem Kopfe voraus
aas den Geschlechtstheilen stürzen, beschädigt und tödtlich
verletzt werden könne, aber in solchen Fällen war nie ein
Arzt zagegen gewesen, sondern der Thatbestand war stets
von mehr oder minder unerfahrenen Personen festgestellt
worden. Die allgemeine Annahme, dass eine Kreissende auch
in aufrechter Stellung von dem letzten Acte der Geburt über-
rascht werden und das Kind dabei aus ihren Geschlechtstheilen
hervorstörzen könne, ist von Hohl entschieden bestritten
worden. Gegen die Ansicht dieses Schriftstellers sprechen
aber die von CoBper mitgetheilten Fälle von plötzlichem
Gebaren in aufrechter Stellung. Nämlich 1) wurde eine
heimlich schwangere Dienstmagd, welche mit einem schweren
Korb bdaden zur Seite ihrer Dienstfrau auf der hart gefrorenen
Strasse ging, Angesichts derselben von der Geburt überrascht,
und das Kind schoss in stehender Stellung von ihr. 2) Gebar
eine erstgebärende Fabrikarbeiterin stehend in Gegenwart einer
Mitarbeiterin zugleich Kind und Mutterkuchen. 3) Wurde
eine Criminalgefangene unter den Augen ihrer Mitgefangenen
vorzeitig in stehender Stellung von einem Kinde entbunden,
das ihr hervorschoss, ehe noch der im Hause wohnende
Chirurg herbeikommen konnte. 4) Wurde eine verheirathete
Dame in ihrer dritten Schwangerschaft am Ofen stehend und
in Gegenwart ihrer Mutter von der Geburt so überrascht,
dass das Kind auf den Teppich stürzte. Ausserdem erzählt
Claugh (The medical Times and Gazette, Febr. 1857), dass
er zu einer verheiratheten Erstgebärenden gerufen wurde und
bei seiner Ankunft erfuhr, dass dieselbe um 7 Uhr Morgens
etwas Schmerz ver^ürt hatte, der ihr jedoch nicht wie
Wehensohmerz voriuun. Kurze Zeit später war sie aufgestanden,
da sie das Gefühl empfand, zu Stuhl zu gehen. Während
sie sich ein wenig anstrengte, fühlte sie einen stark pressendän
Schmerz und im nächsten Augenblick lag das Kind auf dem
Boden. Eine halbe Stunde später fand Dr. Cl. Kind urid
Mutter im besten Wohlsein. Letztere hatte nur einen ziemlich
betrftohtlicben Blutverlust nach Abgang^ der Nachgeburt gehabt.
368 XXVI. Huter, 36. Versammlung deutscher Naturforscher
Wenn nun eine in sorgfaltiger Pflege stehende Frau
— was bei der Frau, an welcher Dr. K. seine zweite
Beobachtung machte, der FdU war — im St^en von der
Geburt des Kindes überrascht werden iiann, so glaubt Dr. K^
dass man die Möglichkeit eines ähnUchen Voiigangs bei
heimUch Gebärenden noch viel eher zugeben könne. WH
man den von Caaper und Clough mitgetheilten Fällen keine
absolute Beweiskraft für das wirkliche Vorkommen von
präcipitirten Geburten in stehender Stellung beimessen, weil
dieselben durch nicht gehörig qualificirte Personen beobachtet
wurden, so fallt dies Bedenken ii! dem von Dr. K. mit*
getheillen Fall ganz weg und dieser constatirt mit Gewissheit
das Vorkommen von Geburten in aufrechter Stellung
ohne objectiy wahrnehmbare Vorbereitung des weib*
liehen Körpers zum bevorstehenden GeburtsacL
Herr Hedicinalrath Prof. Dr. Hayn aus Königsberg
referirt hierauf einen Geburtsfall, in welchem bei einer Person,
welche auf dem Bette sass, unmittelbar, nachdem sie die an
sie gerichtete Frage, ob sie Wehen habe, vernemt hatte, der
Kopf des Kindes durch die Schamspalte sdinitL
Herr Prof. Dr. Hecker aus Manchen, hat etwa 12 Fälle
von präcipitirter Geburt beobachtet; in dreien dieser Fälle
gebaren die Personen im Stehen. In gerichtsarztlicber Be*
Ziehung hebt Prof. H, hervor, dass nur in den seltensten
Fällen ein Partus praecipitatus für Mutter oder Kind einen
uachtbeiligen Ausgang habe, bi einem Falle fiel ein Kind
bei Partus präcipitatus auf den sandigen Fussboden und trug
wahrscheinlich in Folge dessen dn Kephalaematom auf dem
rechten Scheitelbeine davon. In einem anderen Falle glaubt
Prof. H.y dass eine kleine Schädelfissur dmrch den Sturz des
Kindes auf den Fussboden erzeugt worden sei. Metrorrhagien
hat Prof. H. bei präcipitirten Geburten niemals gefunden.
Mehrmals kamen Zerreissungen der Nabelschnur vor; in einigen
Fällen fanden auch Blutungen aus der zerrissenen Nabelschnur
statt, waren aber nicht erheblich.
Herr Geh. Hofrath Prof. Dr. Lange aus Heiddberg hatte
Gelegenheit, in Prag zahlreiche Erfahrungen über sogeaaante
Gassengeburten, d. h. Geburten, welche auf dem Wege zum
Gebärhause vorfielen, zu sammebi. Bei keiner dieser Geborteii
mid Aerite in Speier Im Jahre 1861. 369
ereignete sich ein nachtheiliger Ausgang Ar Mutter oder
Kind. Nabelschnurzerreissungen kamen dabei niemals vor. In
einem Falle, in welchem eine Gebärende im Zimmer umher-
ging, schickte sich Prof. L. zum Untersuchen an. Kaum
hatte er aber die Genitalien mit dem Zeigefinger berührt, so
sprang die Blase und sofort wurde das Kind ausgestossen
und wäre beinahe auf den Fussboden gefallen. Die Frau
befand sich dabei in aufrechter Stellung. In diesem Falle
trat auch eine Metrorrhagie ein.
Herr Prof. Sjnegelberg aus Freiburg referirt hierauf, dass
eine gebärende Frau aus einem Zimmer in das anstossende
andere Zimmer ging, in diesem der Blasensprung alsbald eintrat
ond Kind und Nachgeburt sogleich geboren wurde, während die
Gebärende an der Wand stand. In einem zweiten Falle ging
eine Gebärende heimlich auf den Abtritt, wohin ihr Prof. S.y
nachdem er es erfahren hatte, nachfolgte. Auf dem Abtritte
fand er die Gebärende an dem Fussboden und das Kind sammt
der Nachgeburt zwischen den Schenkeln derselben liegen.
Eine Metrorrhagie trat nicht ein, doch befand sich die Ent-
bundene in einem sehr erschöpften Zustande.
Herr Prof. Hecker hält es für möglich, dass bei prä-
cipitirten Geburten der Eintritt von atmosphärischer Luft in
die Venen des Uterus stattfinden könne. Zu dieser Annahme
hat ihn ein Fall berechtigt, in welchem eine Frau unmittelbar
darauf, nachdem sie von einem macerirten und schon theil-
weise in Fäulniss übergegangenen Kinde mittels der Zange
entbunden war, plötzlich starb. Die Section der Leiche der
Mutter wies eine bestimmte Todesursache nicht nach.
Herr Prof. Dr. Schwartz aus Marburg glaubt, dass in
dem letzterwähnten Falle in Folge des Macerations- und des
danach eingetretenen Fäulnissprocesses eine Entwickelung von
Gasen im Uterus stattgehabt haben, und auf diese Weise der
Lufleiotritt in die Uterinvenen leichter erklärt werden könne.
Dr. C\ Hüter aus Marburg hält den Eintritt von Luft
io die Veneii des Uterus für un wahrscheinlich, weil eine
8<Mie Erscheinung bis jetzt nur an den am Halse gelegenen
Venen, deren Wandungen an ihrer Umgebung fest adhäriren
und weiche unter dem Einflüsse der Respiration stehen,
370 XXVI. J?fil«r, Se.Versaiuiwluiig dentacherNaturforacher
beobachtet worden ist, die genannten Bedingungen aber an
den Venen des Uterus gänzlich mangehi.
Der Herr Präsident stellt darauf als Ergebniss der eben
stattgehabten Discussion fest: Die präcipitirten Geburten bei
aufrechter Stellung der Gebärenden sind als erwiesen zu
betrachten, Verletzungen der Neugeborenen kommen bei prä-
cipitirten Geburten selten vor und noch seltener entstehen
nachtheilige Folgen für die Gebärenden.
Dr. V. Hüter aus Harburg hält darauf den angekündigten
Vortrag:
Beobachtungen über den Fötalpuls.
Bei Hohl, Stoltz, Cazeaux, Kilian und Kiwiscb
findet sich die Angabe, dass eine bedeutend vermehrte Frequenx
des Fötalpulses, deren Ursache nicht in Fruchtbewegungen
liegt, unter der Geburt vorkommt und hierdurch eine grosse
Gefahr für das Kind bekundet wird. Dr. H. bestätigt diese
Thatsache vollkommen, hält sich aber, auf Beobachtungeo
gestützt, für berechtigt, in ätiologischer Beziehung einen
dreifachen Unterschied anzunehmen.
Es sind nämlich 1) fieberhafte Erkrankungen der
Schwangeren, welche die Frequenz des Fötalpulses dauernd
\ermehren. Es vvird dies von vielen Schriftstellern gelängnet,
besonders geschieht es von Nägele^ indem er sagt, dass
weder Pneumonie, Pleuritis noch Lungentuberculose der Mutter
den Fötalpuls ändert. Auch Frankenhäuser sagte neuerdings,
dass der Fötalpuls durch Krankheiten der Mutter nicht ver-
ändert werde. Trotzdem sprechen doch einige Fälle, welche
Dr. JET. in der Literatur zerstreut fand , für seine Behauptung.
Kennedy erwähnt nämlich einen Fall von Pleuritis einer
Gebärenden, in welchem der Fötalpuls auf 180 Schläge in
der Minute stieg und . einen zweiten Fall von Siiffocation
einer Schwangeren, in welchem der Fötalpuls 200 Schläge
in der Minute hatte. Einen dritten Fall fand Dr. H. bei
Bouiüaud. Bei einer Schwangeren, welche von Pneumonie
befallen wurde, stieg der Fötalpuls auf 170 Schläge in der
Minute. Dr. H. selbst beobachtete bei einer Schwangeren,
welche an Lungentuberculose, bei einer zweiten, welche an
Pleuritis litt, bei einer dritten, welche vor Eintritt dar Geburt
DDd Abrate in Speier im Jahre 1861. 371
an «iner heftigen Metroperitonitis erkrankte, bei einer vierten,
welcbe von Pneiunonie befallen wurde, und bei einer fünften,
welche ohne nachweisbare Localerkrankung unter der fiebuit
heftig fieberte, eine erheblich gestmgerte Frequenz des Fötal-
polses. Er zäUte nämheh in diesen Fällen 13, 14 und
15 Schläge des Fötalpulses in 5 Secnnden. Diese Art, den
Fötalpuls innerhalb 5 Secunden su zählen, welche von SchwariB
herrührt, hat Dr. H. ffir sehr zweckmässig gefunden'. Zum
besseren Verständniss der angegebenen Zahlen hält es Dr. H.
für nothwendig, hier einzuschalten, dass die normale Frequenz
des Fötalpalses
bei 10 Procent Schwangeren 12 Schläge in 5 Secunden
„ oo „ „ 11 „ „ O „
» • « »> 1^ w w «^ >i
beträgt
Fiebernde Schwangere, bei welchen der Fölalpuls seine
normale Frequenz beibehielt, beobachtete Dr. H. nicht, und
gtaubt deshalb es als erwiesen betrachten zu dürfen, dass
die fötale Herzaction immer bei fieberhaften Zuständen der
Schwangeren gesteigert wird. WArde der fötale Kreislauf seine
gewöhnliche Schnelligkeit behalten, während das Blut der
fiebernden Mutter in schnellerem Strome die Chorionzotten
umspült, so könnte der wechselseitige Austausch zwischen dem
fötalen und dem mütterlichen Blute nur unvollkommen vor sich
gehen, und es würde somit dem Kinde ein Blut, welches ein
ungenügendes Ernährungsmaterial enthält, zugeführt werden.
2) Es sind Erkrankungen der Frucht im Uterus, welche
eine dauernde Steigerung des Fötalpulses hervorzurufen ver-
mögen. Die erste hierhergehörige Beobachtung findet sich
bei Hohl. Eine Schwangere erkrankte an Pocken. In dem
Stadium exsiccationis trat die Geburt ein, während weicher
man 310 einfache Schläge in der Minute zählte. Vorher
waren nur 260 einfache Sehläge in demselben Zeiträume gehört
worden. Sechs Stunden nach der Geburt trat auf der Haut
des Kindes, weldies nicht lange lebte, eine Eruption von
Pocken hervor. Den zweiten Fall, welcher die obige Be-
hauptung stützt, üEoid Dr. H, bei DepauL Derselbe zählte
constant bei einer Geburt 210 Doppelschläge. Das geborene
Kind starb wenige Stunden nach der Geburt und deshalb
372 ^^ ^ ' • Htttor , 86. Verstunniluiig deutscher Nfttiirfo raeher
ist «JÖe Erkrankung des Kindes mit Gewissheit anzuaehineD.
Der Sectionsbefuod ist nicht angegeben. Den dritten hierher-
gehörigen Fall beobachliete Dr. H. seihst. Er zählte bei einer
Geburt beständig 15 Schläge des Fötalpulses in 5 Secunden.
Das asphyctisch geborane Kind wurde wieder belebt, starb
9ber 14 Stunden nach der Geburt Die Sectien wies eioe
fötale Pneumonie desselben nach.
3)* Kommt bei lange dauernden Geburten eine Steigening
dei* Frequenz des F&taJpulses zu Stande. Dr. H, hat drei
hierhergehörige Beobachtungen gemacht, in welchen die Ge-
burtsverzögerung durch Beckenenge veranlasst war raid alle
drei Kinder Sterbend zur Welt kamen. Das Entstehen der
in solchen Fällen vermehrten Frequenz des Fötalpulses glaubt
Dr. H. auf folgende Weise erklären zu können. Bei den
Kindern y welche durch die lange Geburtsdauer bald in «nen
holderen, bald in einen niederen Grad von Asphyxie versetzt
werden, wird das Athembedürfniss rege, und wenn durch die
Genitaiieo etwas Luft zu dem Munde des Kindes eindriDgen
kann, so vermag das Kind in dem Uterus zu respiriren. Da
aber die Luft nur in ungenügender Quantität in den Uterus
gelangen kann, so ist das Kind gezwungen, seine Respirationen
mit grosser Anstrengung und Häufigkeit auszuführen und dabei
muss eine gesteigerte Herzaction des Kindes stattfindea
Dr. H. macht schliesslich darauf aufmerksam, dass der
Inhalt dieses Vortrags als Abschnitt einer grösseren Abhandhing
über den Fötalpuls zu betrachten sei, dass diese demnächst
in der Monatsschrift veröffentlicht werden wftrde, und man
dort die angeführten Geburtsgeschichten ausführlich noch
lesen könne.
Herr Prof. Hecker hat ebenfalls beobachtet, dass hei
fieberhaften Zuständen Schwangerer die Frequenz des Fötal-
pulses vermehrt wird. Bei lange dauernden Geburten hat er
aber niemals eine Steigerung der Frequenz des Fötalpulses,
sondern ein Langsamerwerden desselben wahrgenonunes,
ausserdem hat er bei vielen Geburten grosse Schwankungen
in der Frequenz des Fötalpulses angetroffen. Wie die Wehe
auf den Fötalpuls einwirkt, ist nach Prof. Hecker's Er-
fahrungen sehr schwierig festzustellen, weil man nur im
Beginn der Wehe den Fötalpuls sicher zählen kann, iq>iler
n&d Aerste in Speis r im Jabfe 1801« 373
tter durch die Uoruiie d«r Gebäreoden umi durch die Spamiuag
des Duros in dem Zählen gestört wird.
Herr Prof. SpUgi&erg hält es wegen der grossen
Schwankoogea in der Frequenz des Fötalpoises fär schwierig,
ein coDStantes Nktelmaass anwiehmen. Erst wenn dieses
festgestellt ist, kann man mit Sicherheit eine Ahnabme oder
eine Zunahme der Frequenz des Fdtalpulses nachweisen.
Herr Prof. Schwartz findet das Zahlen des Föta^ulses
während der Wdie gar nicht so schwierig. Wenn gewisse
Einflüsse während der Wehe auf das Auscultiren störend
einwirken, so kann man doch mit dem Nachlassen der Wehe
sich leicht von der Frequenz des Fötalpulses überzeugen und
auf diese Weise Einsicht über die Wii^kung der Wehe auf
den Fötalpuls erhalten.
Dr. Hüter erwidert darauf dein Herrn Prof» JTeeAwr,
dass die Abnahme der Frequenz des Fötalpulses bei lange
dauernden Geburten als Regel, die Steigerung seiner Freqnei»
als Ausnahme zu betrachten sei, und verweist nochmals auf
seine Abhandlung über den Fötalpuls.
Zweite Sitzung, am 19. September 9 Uhr Vormittags.
Der am Schlüsse der gestrigen Sitzung als Präsident
gewählte Herr Medicinal-Rath Prof. Dr. Hayn aus Königsberg
Lheilt zunächst der Versammlung mit, dass ein Brief von
Herrn Dr. Ber^nhardi aus Eileiiburg, nach welchem ein
7 Jahee altes Mädchen regelmässig menstruire, eingegangen sei.
Herr Prof. Dr. Henker aus Mflnchen bäh darauf seinen
ang^ündigten Vcn'trag:
lieber Ausdehnung der fötalen Harnblase als
Geburtshinderniss.
Ein praktischer Arzt hatte bei einer Geburt mit einem
beträchtlichen Aufwand von Kraft den Kopf des Kindes mit
der Zange entwickelt, konnte aber darauf den Körper des
Kindes auf keine Weise extrahiren und zog deshalb JT*.
2u Ratbe. Dieser fand den Uterus sehr beträchtlich aus-
gedehnt und überall gespannt Der Kopf des Kindes
befand sich ausserhalb der Geschlechtsth^e, war aber
wahrscheinlich in Folge der vielen Versuche, den Rumpf
ta extrahiren, nur noch in sehr lockerer Verbindung mR
374 XXVT. Hai«r,86.Veraaminlaiig:de«tie]Mrlf*tarfoneker
dKsem. Bei der onler CUorofornuiarkose vi
inneren Untersuchung fand H. eine mii dem
Körper fest zusammeohangende Geschwulst, . welche die Ex-
iraction verhinderte. Mittels eines eingeführteD schecRs-
(Srmigen Perforatoriums gelang die Eroffiiung der Geacbwidil.
worauf eine grosse Menge Flüssigkeit den Genitalien der Ge^
bäreoden entstfirzte. Die Extraction des kindlidien Köipcn
mit dem demselben anhangenden entleerten Sacke gdaf
dann leicht. Die Nadigeburtsperiode verlief regelmässig. Dir
Entbundene fieberte im Wochenbette, genas aber. Bei der
Section der Kindeideiche fand man sämmtlicbe Organe «hv
wesentlich pathologische Veränderung. Die unter der Gebsl
entleerte Geschwulst war nichts anderes als die sehr a»-
gedehnte und mit Harn gefällt gewesene Urinblaee« Die
Ursadie ihrer Ausdehnung und AnfuHung mit Urin war durch
den Umstand hervorgerufen, dass die Harnröhre in dem Peaa
undurchgängig war. In die Harnblase mundete audi d»
untere Ende des Mastdarms. Herr Prof. H. zeigt damf
Abbildungen von dem eben beschriebenen Befund vor. b
der französischen Literatur fand Prof. fT. einige wenige, den
eben beschriebenen ähnliche Fälle auf.
Herr Geh. Rath ProL Dr. BetschUr macht darauf auf-
merksam, dass ei* im Jahre 1818 einen ganz ähnlicben Fall
in seiner Inauguraldissertation beschrieben hat
Herr Prof. Hscker bedauert, dass er von dieser Dissertatioi
keine Kenntniss gehabt. Darauf hebt derselbe hervor, dkss
seine mitgetbeilte Beobachtung auch in physiologischer Be-
ziehung wichtig ist, weil aus derselben mit Gewissheit hervor-
geht, dass der Fötus in das Fruchtwasser hinein seinen Urin
entleert, eine Thatsache, die oft auch neuerdings noch be-
stritten worden ist. Ferner begrändet Prof. H. die Tbatsache,
dass der Fötus Fruchtwasser verschluckt., glaubt jedoch nicht,
dass dasselbe zur Ernährung des Fötus ii^eudwie etwas
beitragen könne.
Herr Prof. Spiegelberg fuhrt hierauf an, der Nachweis,
dass der Fötus Fruditwasser verschlucke, werde durch ias
im Darmkanal des Fötus aubufindende Wollhaar gelieferL
Herr Geb. Bath Prof. Dr. Betschier steUt, auf Versuche
gestützt, in Abrede, dass Flüssigkeit, in welcher, der kindliche
»^
K/^rper sdch Befindet, in Mtmd und Nase des Kindes eitt-
dringen kaim.
Herr Prof. Dr. Schwartz hält das Schlucken der Rinder
innerhalb des Uterus für eine Reflexbewegung, welche durch
das bis in den Schlund des Kindes eingedrungene Frucht-
wasser hervorgerufen wird.
find A erste in Speier im Jahre 186 f. 375
nk^
GaÜ
. , Der Präsident Herr Medicinal-Rath Prof. iSv, Hayn fügt
. hinzu, dass, da es als erwiesen angesehen wird, dass das
, Kind im Uterus Saugbewegungen macht, dasselbe deshalb
, auch schlucken muss.
jgjer^ Hierauf wird Herr Geh. Hofratb Prof. Dr. Langem auf-
iii gefordert, seine Ansicht in Betreif
Flu der SemmelweiBs'^zh^n Theorie frber die Ent-
Tttü stebung des Puerperalfiebers,
Yic welches Thema anf der Tagesordnung steht, kund zu geben.
^i Er bekennt sieh zunädist als Anhänger der SemmdfoeisB^w^m
', tt Lelire, weA dieselbe auf sicheren mathematiaehen Zahlen basirt
Hij tat, iHid weft er selbst dureh Erfehmngen die Hiehtigkeii
1% demselben gefumlen bat Prof; Z. führt hierauf die Haupt*«
gründe, «of welche steh Semmdweias in seinem neuesten
^ W«irk 8tdt2t, di9r Versammlung nochmals vor und theit daiin
^ seine eigenen Erflifarungen über das PiM^eralfieber mit. Er
beobachtete biaild nach dem Antritte seines Amtes m Heidelberg
D^ iUhlreif^e Erkrankungen der Wöchnerinnen in dem dortigen
^ Gebäriiause und traf deshalb, öberseugt von der Richtigkeü
■^ der 8e1/l^mdi6ei»i^sdien Theorie, diie Anordnung, dasä jede
^t Leidie einer verstorbenen Wöcluierin sofort aus dem Gebar-«
0 banse entfernt wurde, dass die Nachgeburten nicht niekr,
wie es geschehen war, 'in den Abtritt geworfen, sondern äu9
^ dem Hause gesehafft worden, sorgte für grosse Reinlichkeit
^j nnd führte so diesem Zwecke die Waschungen mit Chlorkalh
ein. Seitdem kam in der Heidelberger GebSranstalt keina
sogenannte Kindbettfieberepidemie mehr vor. Es ereigneteo
^ iich mir einzehie Eärkrankui%en und sehr wenig Wöcbnerinneii
starben, so dass unter 300 Entbundenen nur ein Todesfall im
Wochenbette vorkam. Bei einer W4ychnerin, welche stm*b, waren
dorcb eine Zangenoperation die Geschfechtstheile verletzt und
tn^mfig geworden. Bei einer anderen, welche im Wochenbette
376 X X \' I. ffUUr y 81k VersanHnlnngr «leutecher ^aturforacber
Starb, war eki Btäck vom HuUerfciMshen, weldies in Päutehi
überging und auf diese Weise die Erkrankung benForriet
zurückgeblieben. In der Privatpraxis beobachtete Prof. L.
itwei Mal, dass in Folge von zorAckgebli«benen Plaoenleii-
regten» welche in Faulniss übergingen und dadurch ein sehr
übelriechendes Lochialsecret erzeugten , heftige Pueq>eral-
erkrankungeu zu Stande kamen. In beiden Fällon wurden
die Placentenreste entfernt und Injeclionen angewendet,
worauf die Wöchnerinnen allmälig genasen.
Dritte Sitzung, am 20. September 10 Uhr Vormittags.
Der am Schloss der gestrigen Sitzung gewählte Präsident
Herr Geh. Hofrath Prof. Lange aus Heidelberg, fShrt in
seinem in der vorigen Sitzung nicht zu Ende geiWirten Vorfrag
fort. Seitdem die medtcinische WisBeng^ft in Wira die
pathologisch -an atomische Grundii^ erhielt, d. h. geiuieoi
hüjitiger und fleissiger Sectionen gemadit wurden, wuchs die
Zahl der Puerperälerkrankmigen namentlieh an der Wieacr
GebäraMheilung für Aerzle sehr bedtutead und xogMeb er-
krankten und Rtarben auch sehr viele Kinder. Da in Folge
der in der Wiener Gebftrabthdfamg für Aerzte «kigeföhrteft
Waschungen mit Chlorkalk die Zahl d^ Erlu<»nkang€n unii
der Sterb^äll« bei den W^k^bnerinnen abnahm, gofaieit oieh
ßemmeiweüs för berechtigt anzuiMhmeB, das» die Ef^
krankungen der Wöchnerinnen vmi Leichengift, weldMs in
den IHnden der Untersschenden hafte und den durch «die
Geburt verwundeten Genitalien mitgetheilt wdrde^ herrAbrea.
Diese Ansieht fend, wie bekannt ist, viele Gegner* Spitcr
eiKdeoktß 8emmdwei99, dass zersetzte tbieriaehe Stoffe«
wekhe die Wöchnerinnen infioiren, nicht alleiD ans der Letefte
stammen, sondern auch anderswo entsteb^tt und mk det
Gescblechtstheilen der Entbundenen in Berflhning kommeft
können. £r fand nimlidi die Bettwäsche BcUediC gcreinj|{l,
and glaubte, dass zersetztes Bhit, weiehes in derselbeQ beften
geUaeben, an die verwundeten GeoHaiien der Eatbwideii^
gelangt und auf diese Weise iniicirt wird. Neebtvfiiglicb er*
weit^e 8emmdwei8$ seihe Lehre dahin, dass nicht nof
durch die Leiche die Infection der Wöchnerinnen bewMt
wird, sondern dass alle zersetzLe thierisdie Stoffe^ mögeA
und A erste in dpeier im Jahre 1861. 377
gie von Lebenden, GeguAdeD, Kranken und Todten stanimeD,
dadurch, dass sie an die Gescblechtatbeile der Entbundenen
gebracht würden, die Infection dieser erzeugen. Ja er fand
auch, dass die Quelle der Infection im Innern der Wöchnerin
selbst in gewissen Fällen su sucben ist. Es können nfimlioh
Blutcoagula, Plaoentenreste, StQeke der Eihäute, welebe in
den Geseblecbtstbeilen der Entbundenen zuräckbketben, in Zer*-
Setzung übejrgehen und bierin die Erklüirung der Infection der
Wöchnerinnen gefunden werden. SeimneiwM$ nannte dies«
Art der Entstehung der puerperalen Erkrankung SdbstinfectiaD.
Der Ort, an welchem die zersetzten tbterischen Steffe in
allen Fällen dem raälterlichen Hute mitgetbeilt werden, findet
sich an den durch die Geburt verwundeten Steilen des Utoru%
der Vaginalschieimbattt und des Mittelfleisches.
Herr Prof. Dr. Heoker tadelt zunächst ^ Art and Weise,
wie 8emmelweÜ8 die Gegner seiner Ansicht in der letzten
Zeit angegriffen bat und bestreitet dann, daas Semmelweisi
nrut seiner aofgestelltan Theorie etwas Originäres geschaffen
hat, weil die Infection, wdche durch zersetzte tfaaeriaobe
Stoffe an wunden Flächen zu Stande kommen kan», den
Cliimrgen eine längst bekannte Thatsache ist Prof. IT*
beobachtete im Jahre 1860 in dem Münche&er Gebärbäuse
eine Puerperalfieberepidemie, welche trotz der Anwendung
der verschiedensten Mittel zur Verhütung von netten Er*
krankungen sich weiter ausbreitete. Er venönied sorgfiUtig
jede Ueberüragong dureh Leichengift und sorgte für die aller-
grosste Reiniicbkeit, nichtsdestoweniger steigerte sich iäm
Epidemie. Prof. H. beobachtete gruppenweise Erkhmkung^n,
so fand er öfters an einem Morgen alle Wöchnerinnen in
einem Saal erkrankt, welche an dem Tage zuvor sänimtlich
gesund gewesen waren. Die Erkrankten waren meist von
veraobiedenen Tagen des Wochenbetts. Unter ihneu befimd
sich. auch. eine Wödmerin, welche am zehnten Tage des
Wochenbetts erkrankte und staii». Dieselbe war ab Wöchnerin
nicht wieder untersucht worden. . Die Vebertragtng eines
deletären Stoffes durch die Untersuchung konnte daher un-
möglich als Ursache der Erkrankung, angesehen werden«
Prof. H. beobachtete auch, dasa zugleich mit den Muttern
viele Kinder erkrankten und starben, ja es kamen puerperale
380 XXVI. ffiifer, 36. Versamrolnnj^aentschor Naturforscher
Fieberersclieinungen vorkommen, wahrend die Erkrankung an
dem Ulerus immer mit Fieber verlauft. Eine prim[h-e Blot-
erkraukung nimmt Prof. V, in keinem Falle an. Wäi*e man
im Stande, an dem Uterus locale Mittel, nämlich Incisionen
ebenso wie an der Haut anzuwenden, so wurde man in der
Therapie einen gunstigeren Erfolg erzielen und es käme keine
seeundäre Bluterkrankung hinzu. Prof. V. ist der Meimmg.
dass bei den Wöchnerinnen eine gewisse Disposition zu Er-
krankungen anzunehmen ist. Ebenso wie ein Mensch, der
erhitzt ist, sein Gesicht dem Zuge aussetzt und in Folge
dessen ein Erysipelas faciei bekommt, können die Wöchnerinnen,
weiche durch den Geburtsact erhitzt sind, in Folge von
Erkältung an dem Uterus erkranken.
Herr Prof. Dr. Soser aus Marburg beruft sich zunächst
auf seine Abhandhmgen über die Pyämie. Wenn die in diesen
ausgesprochenen Ansichten nicht angenommen würden, so
tröstet er sich mit dem Gedanken, dass es Jahrsebente ge-
dauert habe, bis die Hüdenbran<f sch^ Theorie über den
Typbus als specifische Krankheitsform sich allgemeine Geltyng
verschafft habe. Er will nämlich die Pyämie ebenso wie den
Typhus als specifische Krankheit, die in sporadisclier, con-
tagiöser und epidemischer Form aultreten könne, angesehen
wissen. Die septischen Infectionen sind von der Pyämie
auszuscbliessen.
Herr Prof. Virchow erwidert hierauf, dass er die patho-
logischen Vorgänge nicht sämmtlich unter dem Namen der
Pyämie begriffen wissen will. Ausserdem kann nach seiner
Ansicht keine Krankheit Pyämie genannt werden, bei weicher
niclit Eiter im Blute nachgewiesen wird.
Herr Geh. Rath Prof. Dr. Betschler aus Breslau glaubt,
es bandele sich darum zu entscheiden, ob alle Fälle voo
Puei*perairieber durch eine und dieselbe Ursache erzeugt
würden oder nicht. Da bekanntlich die allerverscbiedensten
Formen des Puerperalfiebers vorkommen, so müsse es audi
verschiedene Ausgangspunkte der Erkrankung geben. Hieroacti
richtet sich die Behandlung. So muss eine sporadisch
auftretende Metroperitonitis verschieden von jeder anderen
Puerpcralerkrankung behandelt werden. Eine primäre Er-
krankung des Blutes nimmt Prof. B. ebenfalls in keinem
nnd Aerzte in Spoier im Jahro 1861. 381.
Falle von Puerperalfieber an. In den meisten Fällen Idsst
es sich nach den Erfahrungen, welche Prof. B, gemacht hat,
aus dem unregelmässigen Verlaufe der Geburt vorausbestiromen,
dass die betreffende Gebärende im Wochenbette erkranken wird.
Herr Prof. Hecker hat beobachtet, dass in einer Puer-
peraiJSeberepidemie ausschliesslich Lymphangitis vorkam, und
bittet Hen-n Prof. Virchow um die Angabe der Gründe,
warum derselbe die Lymphgefässaffection immer als eine
secundäre Erkrankung betrachtet. Prof. H, hat das Fiebern
der Wöchnerinnen stets als die erste Krankheitserscheinung
auftreten und dieser die Localerkrahkung in den meisten
Fällen, aber nicht immer nachfolgen sehen. Denn es kamen
auch Fieberprpcesse ohne nachweisbare Localerkrankung bei
Wöchnerinnen vor.
Herr Prof. Virchow hat die Fälle von Phlegmone an
dem Uterus und an der Haut bald mit sehr geringer, bald
mit bedeutender Affection der Lyniphgefasse verbunden beob-
achtet und glaubt deshalb, dass nicht die Lymphangitis als
die primäre Erkrankung anzusehen ist, sondern dass sich
stets zuerst die Schwellung des Gewebes ausbildet, und dieser
die beschriebenen pathologischen Veränderungen nachfolgen.
Herr Dr. Arnoldi hat seit einer Reihe von Jahren in
jedem Falle von Erysipelas eine bestimmte Stelle der Wirbel-
säule schmerzhaft gefunden. Und zwar ist jedes Mal die
Schmei^zhaftigkeit an dem einen oder den zwei Wirbeln,
welche die zu der erysipelatösen Hautstelle hinfuhrenden Nerven
austreten lassen. Dr. A, hält diese Schmerzhaftigkeit der
Wirbel ffir nichts anderes als eine rheumatische Wirhelaffection
und betrachtet diese als die Ursache eines jeden Erysipelas.
Die Behandlung besteht deshalb in leichten Hautreizen, be-
sonders sdir kleinen Vesicatoren, welche auf die schmerzhafle
Stelle der Wirbelsäule applicirt werden. Nach den Erfohrungen,
welche Dr. A. mit dieser Behandlung gemacht, wird der
Verlauf des Erysipelas sehr abgekürzt.
Bei Krankheiten des Uterus hat Dr. A, immer den fünften
Lendenwirbel empfindlich gefunden, eine Thatsache, weiche er
als diagnostisches Hülfsmittel dringend empfiehlt. Bei Mastitis,
welche oberhalb der Brustwarze sich entwickelt, hat Ik. A,
den zweiten, wenn die Masütis unterhalb der Brustwarze
25*
382 XXVI. Hiti^r, 3ß. Versammlung deutscher Naturforscher
auflriU, den drilteo Brustwirbel schmerzhaft gefundeo. Auch
in diesem Falle glaubt Dr. A. eine rheumatische Wirbel-
affection als Grundleiden annehmen zu müssen und behandelt
diese ebenfalls mit kleinen Vesicatoren, welche auf'die schmerz-
haften Wirbel gelegt \^ erden.
Die Erkrankungen der Wöchnerinnen leitet Dr. A. von
gestörter Hautthätigkeit ab, bestreitet aber nicht, dass die-
selben in seltenen Fällen auch durch Uebertragung von
Leichengift an die Geschlechtstheile der Gebärenden zu Stande
kommen können.
Vierte Sitzung, «am 21. September 10 Uhr Vormittags.
Der am Schlüsse der gestrigen Sitzung gewählte Präsi<lent
Herr Prof. Dr. Hecker aus München überträgt zunächst das»
Wort dem Herrn Dr. Schupp, welcher einen Vortrag über
Blasenscheidenfistel angekündigt hatte. Herr Dr. Miihl-
häuser erklärt, dass Dr. Schupp habe abreisen müssen.
Sein Vorli*ag habe einen Fall von spontaner Heilung eioer
ßlasenscheideufislel, weiche dadurch zu Stande gekommen,
dass der vordere Rand der Fistel an die Vaginalportion an-
geheilt sei, zum Gegegenstande gehabt
Herr Prof. Roser aus Marburg referirt hierauf
über einen Fall, in welchem eine hochgelegene
Blasenscheidenfistel mit einer Spaltung der Vaginal-^
portion in Verbindung war.
Prof. ß. machte die Fistelränder wund, vereinigte darauf
diese durch Suturen und heilte auf diese Weise die Fistel.
Weil dieselbe in diesem Falle sehr hoch gelegen, und des-
halb das Füssen der durchgezogenen Nadeln sehr ersdiwert
war, so erfand Prof. R. ein neues Instrument zum leichteren
Fassen der Nadeln und zeigt dasselbe der Versammlm)g vor.
Es hat das Instrument Aehnlichkeit mit dem von Civiale
angegebenen Instrumente zum Fassen der in der Harnröhi'e
befindlichen Harnsteine. Es besteht aus einem mannlicben
und einem in der Rinne dieses laufenden weiblichen Theile.
Die Spitzen der beiden Theile an dem vorderen Ende des
Instruments sind in einer Länge von etwa 3 Linien senkrecht
zu dem übrigen Instrumente gestellt. Das ganze Instrument
iiod Aerste in Speier im Jahre 1861.
bat vermöge seiner Dunnheit den Vorzug, sehr wenig Licht
wegzunehmen.
Aus diesem Grunde eignet es sich auch zum Fassen
der durchgezogenen Nadeln bei der Gaumennaht. Dr. Marmel,
der Assistent von Prof. Roser, hat bei einer solchen Operation
das Instrument mit sehr grossem Nutzen augewendet.
Herr Prof. Dr» Simon aus Rostock wird hierauf auf-
gefordert, seine
Erfahrungen in Betreff der Blasenscheidenfistel
der Versammlung mitzutheilen, was derselbe bereitwillig thut.
Er hat die Operation der Blasenscheidenfistel an 41 Individuen
vorgenommen. Das Resultat war, dass 32 derselben voll-
kommen gebeilt, 6 gebessert wurden, 2 starben und eine
nngeheilt entlassen wurde. Vier Patientinnen, bei welchen
die Obliteration dr^r Vagina zu Stande gebracht werden
soU, sind noch in Behandlung. In der letzten Zeit hat
Prof. 8. gehmden, dass die Operation der Blasenscheidenfistel
durch die von Simpson angegebenen Instrumente zum
Herunterziehen der Fisteln wesentlich erleichtert worden ist
und seitdem hat er in Fällen, in welchen die Fistel eine
sehr grosse Ausdehnung hatte, durch die Operation viel
günstigere Resultate als früher erzielt, ohne dass er genuüiigt
war, die Operation der Obliteration der Vagina in Anwendung
zu bringen. Namentlich sind es drei Fisteln, welche auf
diese Weise , trotzdem dass der Substanzverlust sehr bedeutend
war, in der letzten Zeit zur Heilung gelangten.
In dem ersten Falle war die Biasenwand mit der hinteren
Wand der Va^na verwachsen, so dass die Blase unmittelbar
in die Vagina überging, der ganze Urin durch die Vagina
und gar nichts mehr durch die Harnröhre abfloss. Es
wurde zuerst die Blasenwand von der hinteren Wand der
Vagina getrennt Nachdem dann die Fistelränder wund ge-
macht waren, gelang das Vereinigen der Wunde durch Suturen
von beiden Seiten her in longitudinaler Richtung. Vom in
der Nähe der Harnröhre und hinten in der Nähe des Mutter-
munds lagen die Wundränder in querer Richtung, so dass
nach der Vereinigung die ganze Wunde die Gestalt eines I
erhielt! Durch das Vereinen des mittleren Theils der Fistel in
384 XXVI. ZTtUtfr, 36. Versaminlung dentBcher Naturforscher
longttudtnaler Richtung war eine solche Verengerung der Vagina
zu Stande gekommen, dass das Nähen des Wundrandes an
dem Muttermunde unterbleiben musste. Aus diesem Grunde
blieb in der N«ihe des Muttermundes eine kleine Fistel übrig,
welche später durch Äetzen geheilt wurde. Nachdem die
Fäden entfernt waren, war der übrige Theil der Fistel voll-
kommen geheilt. Prof. S. will deshalb in jedem Falle, auch
wenn die Fistel eine sehr beträchtliche Ausdehnung hat,
zuerst versuchen, die Wundränder aneinander zubringen, ehe
er zu der Operation der Obliteration der Vagina schreitet
Die zwei anderen Fälle waren insofern ähnlich, als in
jedem derselben zwei besondere Fisteln bestanden. Das
operative Heilverfahren war jedoch in jedem Falle verschieden.
In dem einen dieser Fälle bestand eine Harnröhrenscheiden-
fistel und eine Blasenscheidenflstel , welche durch ein callöses
Gewebe geschieden waren. Zwischen beiden Fisteln befand
sich eine Hamröhrenstrictur, deren Operation zuorst vor-
genommen wurde. Nachdem die Strictur beseitigt war^ wurde
das zwischen den beiden Fisteln gelegene callöse Gewebe,
weil es für die Heilung ungünstig war, weggenommen. Hier-
durch wurden die zwei Fisteln in eine grosse Fistel vei^
wandelt, deren Ränder nun angefrischt und dann in querer
Richtung durcii Suturen vereinigt wurden. Es kam völlige
Heilung zu Stande. Ein Silberdraht, welcher mit eingeheilt
war, wurde nach mehreren Wochen aus der Blase herausgezogen.
In dem anderen Falle war ebenfalls eine Harnrohren-
scheiden- und eine Blasenscheidenflstel vorhanden. Die Wand
zwischen beiden war viel breiter, als in dem vorigen Falle.
Hinter der Harnröhrenfistel befand sich, wie in dem vorigfn
Falle eine Strictur in der Harm'öhre, welche zunächst beseitigt
wurde. Dann wurden die Ränder der vorderen Fistel wund
gemacht und durch Suturen vereinigt Die Heilung derselben
gelang vollständig. Einige Wochen später wurden die Ränder
der hinteren Fistel angefrischt und dann in Längenrichtung
vereinigt Auch bei dieser Fistel kam eine vollständige Heilung
zu Stande.
In einem vierten Falle, der in der letzten Zeit von
Prof. S. behandelt wurde, musste die Heilung eines starken
Blasenkatarrhs abgewartet werden, bevor die Operation der
nnd Aerssto in Speier im Jabrc 1861. 385
Fistel unteruommen wurde. Ih keinem der beschriebenen
Fälle wurde ein Katheter nach der Operation liegen gelassen.
Herr Prof. Boaer fährt hierauf an, dass die höher
gelegenen Fisteln nicht zuerst von Simpson, wie Herr
Prof. Simon angegeben hat, der Operation leichter zugängig
gemacht wurden, sondern dass dies Wutzer zuerst gethan hat.
Herr Dr. MvMhäuser zeigt hierauf
ein Präparat von Uterus septus mit Vagina septa
und eine Hufeisenniere
vor. Die Organe rühren von einem Mädchen her, welches
nicht menstruirt, 16 Jahre alt an Hirnentzündung starb, und
wurden zufallig bei der Section gefunden. Dr. M, behaujitel,
dass, da die erste Anlage beider Nieren wahrscheinlich eine
gemeinsame sei und die Trennung derselben in dem vor-
liegenden Falle durch unbekannte Zustande verhindert worden
wäre, die Hufeisenniere als eine Hemmungsbildung zu be-
trachten sei. In dem linken Ovarium des vorliegenden Prä-
parates befindet sich eine Kyste, in welcher Haare und Fett
zu sehen sind. Die Fimbrien der linken Tube sind zum Theil
untereinander verwachsen. Dr. M, glaubt, dass die Fimbrien
das Ovarium fest umi>cliliessen, und durch ihre Muskelkraft
sowohl das Platzen des <Traa/*'schen Follikels erzeugen, als
auch die Aufnahme des Eies in die Tube bewerkstelligen.
Wenn eine Erkrankung der Fimbrien, in dem vorliegenden
Falle eine Verwachsung derselben vorhanden ist, so wird
dadurch die Ablösung des Eies von dem Ovarium verhindert.
Das Ei bleibt in diesem Falle in dem Ovarium zurück und
degenerirt zu einer Kyste, in welcher sich, wie bekannt ist,
Haare, Fett, Knochen u. s. w. bilden können. Dr. M. hält
nach dieser Theorie alle Eierstockskysten füi* degenerirte Eier.
Herr Geh. Rath Prof. Dr. Betschier hat kürzlich bei
einer lebenden Person die Geschlechtstheile in einem Zustande
gefunden, welcher mit der Missbildung der Genitalien an
dem vorliegenden- Präparat sehr grosse Aehnlichkeit hat. Die
betreffende Person kam wegen einer Metrorrhagie zur Be-
handlung. Rechterseits im Bauchraume fand man einen Tumor,
welcher bis in die Höhe des Nabels reichte. Bei der Auscultation
vernahm man den Fötalpuls, und das Vorhandensein der
386 XXVJ. Hiae^r, 86. VersammlaDg deutscher Naturforsclier
Schwangerschaft war somit als erwiesen anzusehen. Bei der
inneren Untersuchung, welche mit Sorgfalt und wiedeitiolt
augestellt wurde, konnte man die Vaginalportion nicht er-
reichen. Die Metrorrhagie wurde durch eine zweckmässige
Behandlung beseitigt. Nach einigen Monaten wurde dieselbe
Person als Gebärende wieder untersucht. Man fand jetzt die
Vagina durch ein sehr derbes Septum in zwei besondere
Vaginae geschieden. Die rechte Vagina war geräumiger als
die linke. Am Ende der ersteren fand man jetzt auch den
Muttermund. Dagegen war in der linken Vagina von einem
zweiten Muttermunde keine Spur aufzufinden. Prof. B. hält
es deshalb fär unentschieden, ob in diesem Falle ein Uterus
septus oder ein Uterus unicornis vorhanden. Das Vorhanden-
sein des letzteren ist jedoch am wahrscheinlichsten. Der
beschriebene Zustand der Genitalien übte auf die Geburl,
welche natürlich verlief, keinen Einfluss aus.
Herr Prof. Dr. Schnitze aus Jena ist der Ansicht, dass
die Hufeisenniere keine Hemmungsbildung sei. Er glaubt
vielmehr, dass die Verwachsung beider Nieren früh zu Stande
gekommen sei, dass man aber über die Zeit und die Art
der Entstehung derselben nichts Sicheres angeben könne.
Herr Prof. Dr. Kussmaul aus Heidelberg erklärt das
Vorhandensein des Hymens an dem vorliegenden Präparat für
sehr wichtig, weil das Vorkommen desselben beim Uterus septus
von der Wiener Schule bestritten worden sei. Ausserdem
hebt er als wichtig hervor, dass der Umfang des vorliegenden
Uterus septus kaum dem eines gewöhnlichen Uterus gleich
kommt. In Betreff der von Herrn Geh. Rath Prof. Dr. Betschier
mitgetheilten Beobachtung bemerkt Prof. K., dass, wenn der
Uterus auf einer Seite verkümmeit sei, die Vaginalportion
desselben gewöhnlich fehle.
Herr Prof. Dr. Hecker bestreitet die Richtigkeit der
Gonsequenzen , welche Herr Dr. Mühlhäuser aus seiner mit-
getheilten Beobachtung gezogen habe. Zunächst bezweifelt
Prof. H, die Möglichkeit, dass durch die Kfaft der Fimbrien
das Ei aus dem Eierstocke hervorgedrückt werden könne.
Femer tritt er der von Dr. MüJdhäuser ausgesprochenen
Ansicht über die Entstehung der Ovarienkysten entgegen, weil
er beobachtet hat, dass das Zusammenwachsen der Fimbrien
und Aerst« in Speier Un Jahre 1861. 387
auch ohne Kystenbildung in dem betreifenden Ovarium vor-
kommt. Prof. H. hält, auf Resultate bei Sectionen gestützt,
die Ovarienkysten für angeboren' und glaubt, dass sich die-
selben später, besonders in der Zeit der Pubertät, weiter
entwickeln können.
Herr Dr. Mappes aus Frankfurt bestreitet von physio-
logischem Standpunkte aus, dass das Ei mit Gewalt aus dem
Eierstocke hervorgedrückt wird. Nach seiner Ansicht liegt
es in der natürlichen Entwickelung des Eies begründet, dass
es selbst die Wand des Follikels, aus welchem es heraus-
liitt, zerstört, anstatt dass dieselbe durch eine fremde Ein-
wirkung zerstört wird, weil durch einen solchen gewaltsamen
Act die Fortentwickelung des Eies gestört werden kann.
Herr Medicinal-Rath Prof. Dn Hayn erinnert an eine
Schrift über Uterus duplex von Eisenmann, welcher in den
derselben beigefügten Abbildungen für beide Vaginae ein
Hymen gezeichnet hat Prof. H. bezweifelt, dass das Hymen,
ohne dass es vorhanden gewesen, hinzugezeichuet worden sei.
Herr Prof. Dr. Kussmaul erklärt Eisenmann für einen
glaubwürdigen Schriftsteller und hält es für sehr wahrschein-
lich, dass Hyräy welcher das Vorkommen des Hymens bei
Uterus septus läugnet, die Abbildungen von Eisenmann
nicht gesehen hat Prof. K. verweist femer auf die bekannte
und jetzt allgemein angenommene Theorie, nach welcher das
Ei in die Tube gelangt und in derselben fortgeleitet wird.
Die am Ende der Tube beginnenden Flimmerhaare sind es
nämlich, welche dadurch, dass sie nach einwärts flimmern,
das von dem Eierstock abgelöste Eichen aufnehmen und
fortleiten. Auf welche Art und Weise das Platzen der Follikel
zu Stande kommt, ist bis jetzt noch nicht erklärt worden.
Herr Prof. Dr. SchuÜze erklärt es für eine physiologische
Thatsache, dass ein Einfluss der Tuben auf das Platzen der
Follikel nicht stattfindet. Ferner referirt Prof. &, dass ein
amerikanischer Arzt, dessen Namen ihm nicht in der Erinnerung
geblieben ist, in einem der letzten Jahre bei der Geburt
einer Frau anwesend war, welche nach. Beendigung der Geburt
einen Tumor im Leibe behidt Einige Monate später gebar
dieselbe Frau ein zweites Kind, und bei dieser Geburt wurde
^S8 >^XV1I. Bertrand, Fall von Söoialiger Paoctioo
das \ orhaadenseiii eines Septuius in der Vagina und in dem
Uterus constatirt.
Herr Geh. Rath Prof.* Dr. Betachier führt hierauf an,
dass Madame Boivin einen ähnlichen Fall beschrid>eu hat,
und erinnert dann an einen älteren Fall, in welchem eine
Frau in Schlesien, etwa acht Mal, je in ZwischenräumeD
vun einigen Monaten, ihre Zwillingskinder gebar.
Da die meisten Anwesenden die Absicht, abzureisen,
kundgaben, so erklärt der Herr Präsident die Sitzungen für
geschlossen.
XXVIL
Fall von fbnfanddreissigmaliger Function
einer Ovarialkyste.
Mitgetheilt
von
Dn Bertrand, Badearzt in Schlangenbad.
Ich habe jungst eine Kranke an Hydrops ovarii verloren,
welche ich neun Jahre lang behandelt und innerhalb dieser
Zeit 35 Mal paracentesirt hatte. Obwohl der Fall, abgesehen
von der langen Fristung des Lebens und der grossen Zaiil der
ausgeübten Punctionen, nichts Aussergewöhnliches bietet , so
halte ich denselben doch einer kurzen Miltheilung wertli, weil
auch der kleinste Beitrag zur Geschichte der Eierstockskysten
künftigen Bearbeitern als willkommenes Material dienen kann. ')
Wie sehr die Ansichten, namenüich über Behandlung des
genannten Leidens bis heute divergiren, ist ja bekannt und
recht auffallig in den vor wenigen Jahren statlgefundenen
Discussionen in der Pariser Akademie zu Tage gekommen.
1) „Qne ton8 cenz qni ont en k soigner des kystes ovariqnef
▼OTiillent bien dire qnels sont le resnltats qn*il8 ont obtena, et
oorabien ils connaissent de malades vivant depnls long temt
avec cette maladie.^ BoinU.
fr." einer Ovarialkjstd.
ib.> Wurde doch die Function der Kysten, me A. Dechambrä
sich ausdruckt, von einer Seite der Gegenstand eines „exoes
ki d'honneur"*., w&hrend sie von der anderen niit einem „exoes
Ml d'indignite" beliandelt wixrde (s. Gaz. hä»dona., Bd. 4, No. 6)
^ und konnte erst nach langwährenden heftigen Debatten einige
ci.'^ Verständigung über diese und andere Behandlungsmethoden
(namentlich die Jodinjectionen) erzielt werden!
2^ Im AUgemeinen gilt die Function der Eierstuckskysteu
l2|i< für ein zweideutiges Mittel. Zwar weist die Natur durch
Beispiele spontaner Berstung der Kyste und Entleerung ihres
Inhaltes durch Hastdarm, Scheide oder Baudidecken mil
glöcklichem Ausgange auf die künstliche Function als das
einfachste Heilverfahren gewissermaassen hin. Vor fünf bis
sedis Jahren beobachtete ich dTe Heilung einer grossen links-
seitigen* Ovarialkyste nach spontaner Entleerung des Kysten-
Inhaltes durch den erweiterten Nabelring. ^) Auch hat die
^^ künstlich vorgenommene Entleerung ohne irgend ein weiteres
Verfahren in manchen Fällen radicale Heilung zur Folge
gehabt. Pithay Thomson y Martin u. A. haben solche nach
dn- oder mehrmaliger (Thomson nach 14nialiger) Voll-
.Ziehung dieser Operation eintreten sehen. Ich selbst habe
[ vor nunmehr 20 Jahren eine damals 33jährige Frau zu
Mittelheim im Rheingau an einem mehr als mannskopfgrossen
^''- Hydrops ovarii, welcher sich nach ihrem sechsten Wochen-
^' bette entwickelt hatte« durch einmalige einfache Faracentese
^r radical geheilt, so dass die Frau sich noch heute vollkommen
1^ wohl befindet. Aehnliche glückliche Fälle mögen sich noch
'i^' manche ereignet haben, ohne zur aligemeinen Kenntniss ge-
1^ konmicn zu sein. Aber — sie sind und bleiben Ausnahme-
i^ falle, aves rarissimae, welche der einfachen Function die
\ii . ... _-
1) Die Raptar erfolgte, nachdem ich einige Tage vorher
^ mit meinem Collegen Dr. Lange von Johannisberg über die
B^ etwaige Vornahme der Faracentese mich berathen hatte and
10 nachdem wir wegen bedenklicher Schwäche der Kranken mit
Schmerzhaftigkeit des Leibes einstweilen davon abstrahirt hatten.
Die Kyste füllte nnd entleerte sich wiederholt, so dass der Ans-
'^'' fluss viele Monate lang dauerte. Von der vollständigen Heilnng
^ haben sich mein College Lange und mehrere andere Collegen
t^ tibersengt.
390 XX vn. Bwtxand, Fall von 85maltger Panction
Bedeutung eines Radicaliuittels nicht zu verleihen mögen.
Erfreut sich nun diese Operation einer desto ungetheilteren
Anerkennung als PaUiativ? Seihst dieses nicht. Einmal sind
die Fälle nicht gar zu selten, in welchen sie lebensgefährliche
Blutungen, Entzändung des Peritoneum oder der Kysten-
wand u. dergl zur Folg« hatte. Spiegelberg (Beitrag zur
Anatomie und Pathologie der Eierstockskysten) hat neuerlich
aus mehreren Fällen nachgewiesen, wie die Entzündung der
Kyste ohne alle Betheiligung des Bauchfells schnell tödten
kann lind wie geföhrlich wiederholte Punctionen derselben
dem Leben sind. Abgesehen von so schlimmen Ereignissen
(welche ich in der eigne» Praxis kein Mal zu beklagen hatte)
pflegt aber auch die Punction eines Hydrops ovar. den Gang
der Krankheit und die Erschöpfung der Kranken zu be-
schleunigen, indem nach jeder Punction die entleerte oder
eine benachbarte Kyste sich nur um so rascher wieder füllt
und die Wiederholung der Operation in immer kürzten
Fristen dem Organismus eine Masse brauchbarer Säfte ent-
zieht. Es kann uns deshalb nicht befremden, wenn die
Statistik dieser Operationen eine sehr traurige ist. Nach
S. Lee starben Yon 46 an Eierstocksgeschwülsten leidenden,
mit dem Troikart operii^en Personen 37; nur 9 erholten
sich; von den 87 Gestorbenen starb mehr als die Hälfte
innerhalb der ersten vier Monate nach der ersten 0]>eration,
27 innerhalb des ersten Jahres und von diesen 27 hatten 18
nur Eine Operation untergangen. Langenbeck (Deutsche
Klinik, Jahrg. 1853, No. 46) sah in der allergrössten Zahl
der Fälle von mehrfacher Wiederholung der Punction im
Laufe eines Jahres den Tod eintreten und kann sich nur
ungünstig über dieselbe aussprechen. Nach Schvh (Pathologie
U.Therapie der Pseudoplasmen, 1854), welcher die genannte
Operation ebenfalls für keineswegs geringfügig in ihren Folgen
hält, erstreckt sich die Lebensdauer von der ersten Punction
in günstigen Fällen auf zwei bis vier Jahre; die Kyste soll
sich mitunter in einigen Tagen zum früheren Maasse füllen,
gewöhnlich in einigen Monaten, nur ausnahmsweise langsamer.
Gardiner entleerte bei einer 21jährigen Kranken im Juli 1853
durch den Troikart 52 Schoppen Flüssigkeit; die Op^ation
musste im October 1853, dann im Januar und Februar 1854
einer Ovarialkyste. 391
wiederholt werden. Ich selbst verlor eine öOjdhrige Kranke
innerhalb Jahresfrist nach der im Mai 1857 vorgenomuienen
ersten Function, welche 16 Schoppen einer chocoladefarbigen
Flüssigkeit entleert hatte; die zweite Function fand im August,
die dritte im November und die vierte im December statt;
die beiden letzten Male flössen je 30 Schoppen Kysteniniiall
aus (welcher weniger consistent und heller von Farbe ge-
woixlen war) und das letzte Mal zum Schluss einige Unzen
reines Blut; bald nach der vierten Function* starb Patientin
an Erschöpfung.
So niederschlagend diese Resultate sind, so wird sich
dennoch der Fraktiker nicht ganz der Faracentese entschlageu
können und es muss ihm tröstlich sein, wenn jenen tram*igen
Ergebnissen sich Fälle an die Seite stellen, in welchen die
vorbenannte Operation sich als wahres Falliativ bewährte.
Als ein solcher Fall kann der nachfolgende gelten, bemerkens-
werth durch die bedeutende Zahl der ausgeführten Operationen ^)
und die lange Erhaltung der Operirten.
Frau W. aus Oestinch im Rheingau consultirte mich
zum ersten Male im März 1852^, wie sie sagte wegen einer
starken Geschwulst im Leibe. In der That fiel an der damals
48jährigen Kranken, welche ich bei meinem Besuche ausser
Bette fand, der Unterleib seines Umfanges wegen zuerst in
die Augen; er mochte demjenigen einer Frau gleichen, welche
im siebenten Monate schwanger ist Bei genauerer Unter-
suchung fand ich, dass eine aus dem Becken emporragende
und bis in die Gegend der Hypochondrien reichende Geschwulst
die ganze linke Seite, sowie die Mitte des Bauches ausfüllte,
dagegen die rechte Bauchseite zum Theile frei Hess. Die
Geschwulst war gleichmässig gerundet, ohne Höcker oder
Unebenheiten, ringsum deutlich begrenzt, unempfindlich gegen
Druck und zeigte an allen Stellen gleichmässige Fluctuaüon.
Die Fercussion gab im ganzen Umfange der Geschwulst einen
leeren Ton, in der epigastrischen und rechten Lumbar* Gegend
Darmton. Bei der inneren Exploration fand ich die Scheide
verengt mid voller Narben, den Uterus in die Höhe gezerrt,
1) Allerdings hnben Bunter ^ Lovey^ Latham und Bamherger
Falte von uocb häufigerer Ausübung der Operation mitgetheilt.
392 XXVII. Bertrand, Fall von 36ainliger Punction
die Portio vaginalis, hoch oben und vorn, kaum zu erreichen.
Die Henslniation sparsam, dber regelmässig; das AllgemeiD-
befinden der Kranken, abgesehen von den Beschwerden,
weiche der Druck der Geschwulst auf benachbarte Organe
erregte, ein ziemlich gutes. Am linken Unterschenkel befand
sich ein varicöses Geschwür. Zur Anamnese: Die wohl-
gebaute, mittelgrosse, etwas abgemagerte Frau stammte voo
gesunden Eltern ab, war von Jugend auf gesund, zur richtigen
^eit menslruirt und hatte sich in ibi*em 33 Jahre Yerheira(Jbet
Ein Jahr nachher — 1838 — wurde sie auf sehr schwere
Weise durch Wendung und Zange von einem todten Kinde
entbunden; im Wochenbette stellten sich geföhrhche £nt-
zäudungszufalle ein, sie musste angeblich zwei Mal Ader
lassen, viele Blutegel setzen und ein voHes halbes Jahr das
Bett hfiten. Später hat «ie noch zwei Mal (im Jahre 1840
imd 1842 im letzteren Jahr« frühzeitig) todte Kinder geboren.
Seit dem Jahre 1847 habe sie zuerst eine Geschwulst in der
linken Seile wahrgenommen, welche alhnälig „ heraufgewachsen ^
sei; da sie sich sonst wohl gefühlt, habe ste aus Angst vor
einer mißlichen Operation mich nicht frfther consultiren wollen.
Ich stellte die Diagnose auf eine wahrscheinliche einfache
Ovariaikyste , beobachtete die Kranke einige Wochen lang
und schritt wegen steigender Respirations- und Circulations-
beschwerden am 4. Mai 1852 in Gegenwart meines damaligen
mitberatbenen Collegen Dr. Mandt zur Function der Ge-
schwulst durch die Bauchdecken (da sie durch das Scheiden-
gewölbe nicht zu erreichen war), wobei 18 Schoppen einer
klebrigen, chocoladefarbigcn Flüssigkeit ausflössen. Nach
möglichst vollständiger Entleerung der Kyste wurde in die-
selbe eine Lösung von Jod und Jodkali (deren Stärke ich zu
notiren vergessen habe), injicirt, welche ich durch Drücken
und Lageveränderungen mit der ganzen Innenfläche der Kyste
in Berührung zu bringen suchte. Die nachfolgende leichte
Reaction ging in wenigen Tagen vorüber. Es wurde noch
eine sorgfaltige Compressioo des Unterleibes angeordnet,
tonisches Regime geführt und die Operhrte nach etwa zwei
Monaten aus der Behandlung entlassen, da sie sich wie neu-
geboren fühlte und völlig geheilt glaubte.
eiuer OTarialkyste. 393
Im April 1853 liess sie mich wiedei* rufen. Der Leib
hatte wieder die alte Ausdehnung erreicht und Patientin ver*
langte wegen Athenmoth nach der Operation« obwohl sie
eine tödtliche Angst, vor derselben hatte. Ich punctirte am
16. April (also fast ein volles Jahr nach der ersten Function),
abermals in der Linea alba, entleerte 22 Schoppen Flüssigkeit
von derselben Beschaffenheit wie früher, welcher eine nicht
unbedeutende Quantitai reinen Blutes nachfolgte. Sodann
aherrnaiige Injection einer Jodsolution, auf wekhe sich dies
Mal heftige Schmerzen und convukivtsches Zittern einstellten.
Am anderen Tage war jedoch alle Reaction verschwunden und
Patientin erholte sich ebenso rasch, wie das erste Mal* Der
Urin reaglrte mehrere Tage laug nach der Operation auf Jod.
CoDiprimirende Leibbinde, kräftige Nahrung und Jodeisen
wegen anämischen Aussehens der Kranken.
Dritte Function am 13. März 1854, gerade 11 Monate
nach der zweiten. Erst in den letzten zwei Monaten hatte
sich die Geschwulst rapid wieder angefüllt. Patientin klagt
über heftige Schmerzen im linken H}'pochondriuni, das Gehen
fallt ihr sehr beschwerlich, beide Beine sind bis über die
Knie herauf stark ödemaiös; sie zeigt eine an Vei^asweiflung
grenzende Angst vor der Operation, weshalb ich sie chloro-
formire. Einstich in der Linea alba, Ausfluss von 24 Schoppen
chocoladeähnlicher Flüssigkeit, nachher Injection einer Misdiung
von Aq, dest., Jodtinctur und Jodkali. Im Moment des
Injicirens tobte die Operirte über so beilige brennende
Schmerzen ini Epigasiriom und rechten Hypochoudrium, dass
ich einen Theil der zu injicirenden Flüssigkeit zurückhielt
Puls unverändert. Abends 11 Uhr (acht Siunden nach statlr
gefundener Einspritzung) sind die Sehmerzen nur wenig ge-
lindert^ der Puls ist frequent geworden und es haben sich
mehi'mals Vomituritionen gezeigt. Morph, acet. gr. V«. In
der Nacht einige Stunden Schlaf. Anderen Tages wesentliche
Remission der Schmerzen, der Bauch etwas tympanitisch nach
unten zu gegen Druck em|)findlich, massiger Durst, Kopf-
schmerz, Puls von 90. Die Erscheinungen nehmen fortan
«tetig ab: am 16. März ist Patientin vollkommen wohl, der
Bauch lieigefailen , weich und der Kystensack, wdcben man
394 XXVII. Bertrand, Fall von 36 maliger Punction
links in der Tiefe deutlich umgreifen kann, nichl mehr
empfiiidlich.
Im Jahre 1855 wurde die Kranke drei Mal (im Januar,
Jttli und December) puncürt, jedoch ohne nachfolgende Jod-
injection. Es wurden dabei je 25, 32 und 17 Schoppen
Inhalt entleert. Bei der letzten Punction hatte der Ausfluss
plötzlich gestockt und war nicht wieder in Gang zu bringen
gewesen, obwohl die Entleerung keine vollständige war.
Patientin erholte sich nach jeder Operation sehr rasch, er-
freute sich in den Intervallen eines ganz guten Befindens, ging
leichten häuslichen Arbeiten nach etc.
Im Jahre 1856 wurden el>enfall8 drei Punctionen noth-
wendig (im März, Juli und October) und durch jede derselben
86 bis 38 Schoppen Kysteninhalt entleert, welcher anfingt
heller von Farbe und dännflässiger zu weixien. Zugleich ent-
decke ich nach einer der letzteren Punctionen am oberen
Rande der bisher tur einfach gehaltenen Kyste eine zweite
Kyste, gleichsam einen Anhang der erstehen.
Während des Jahres 1857 wurde Patientin vier Mal
punctirt (im Februar, Juni, September und December) und
durchschnittlich 40 Schoppen Flüssigkeit durch jede Punction
entleert. Nach der im Februar vorgenommenen Punction
injicirte ich noch einmal Jod (Tr. Jodin. und Aq. dest
aä Unc. 1%) und war dies Mal die Reaction höchst un-
bedeutend, fast Null.
Um nicht zu weitläuGg zu werden, sei gesagt, dass Ton
jetzt an die Intervalle zwischen den Punctionen immer kfirzer
worden, so dass im Jahre 1858 fünf und im Jahre 1859 acht
Punctionen stattfanden. Der Unterleib hatte einen enormen
Umfang erreicht, die Hautvenen traten gleich Strängen von
der Dicke eines kleinen Fingers hervor und die durch den
Troikart entleerte Flüssigkeit war auf ein Quantum von jedes
Mal 48 Schoppen gestiegen ; sie halte die frühere Chocolade*
färbe verloren und war molkenähnlich geworden. Ich punctirte
seit einiger Zeit nicht mehr in der Linea alba, sondern in
der linken Bauchseite zwischen Nabel und Crist oss. ilei,
weil sich hier die Kyste vollständiger entleerte. Die zweite
Kyste wurde nach jeder Punction grösser und deutticher
hervortretend gefunden.
einer OTArialkjste. 395
Im Jahre 1860 panclirte ich die Kranke sieben Mal.
Der Kysteninhalt war wieder dunkelfarbiger geworden. Die
zwdte Kyste, welche erst nach Entleerung der ersten deut-
lich zu untersuchen war, hatte den Umfang eines halben
Mannskopfes ^reicht, fluctuirte deutlich, wurde jedoch nicht
angestochen.
Seit Frühjahr 1860 fing d^s Allgemeinbefinden der
Kranken, welche sich bis dahin bei nahrhafter Kost, Wein,
massiger Bewegung in frischer Luft, zeitweiligem Gebrauche
von Chma und Eisen Yorti^efDich gehalten hatte, zu leiden
an. Sie magerte ab, wurde schwächer, verlor an Esslust.
Gegen Ende des Jahres schien es wieder besser zu gehen.
Am 3. Januar 1861 punctirte ich zum 34. Mal (nach zehn
Wochen Interyall) und entleerte 42 Schoppen Fluidum. Die
35. und letzte Function, wobei 10 Schoppen weniger aus-
flössen und die Flüssigkeit wieder chocoladefarbig erschien,
fand am 18. Februar statt Es stellte sich in den nächsten
Tagen eine erschöpfende Diarrhöe ein, welche trotz Opium,
Columb., Tannin, u. s. w. unaufhaltsam zum Tode fährte.
Patientin starb am 11. März 1861* Die Section wurde lei-
der nicht gestattef.
Nur wenige Schlussbemerkungen:
Die Entstehung des Leidens hing wahrscheinlich mit dem
schweren Wochenbette im Jahre 1838 zusammen; jedenfalls
hatte dasselbe schon eine erhebliche Ausbildung erreicht, als
die Kranke im Jahre 1847 zuerst eine Geschwulst im Leibe
entdeckte. Sie hat von da noch 14 Jahre gelebt, deren
letztere 9 nur durch die Function erträglich gemacht und gewiss
auch gefristet wurden. Mehr konnte weder verlangt, noch
gehoHl werden. Ob der Fall zu einer gewissen Zeit sich
für Radicalheilung durch die Ovariotomie geeignet hätte, lasse
ich dahin gestellt sein; die Section hätte darüber Aufscfaluss
geben können.') Was die vorgenommenen Jodinjectionen
1) Ich erinnere mich, vor 6 his 7 Jahren mit dem CoUegen
Dr. Geisse eine Kranke in Johannisberg an einem Ovarientnmor
behandelt zn haben, bei dessen Section wir lebhaft bedaaerten»
nicht aur Ovariotomie geschritten an sein, so günstig erwieaen
sich alle anatomischen Verhältnisse.
Monatsscbr. f. a«b«rtek. 1861. Bd. XYUJ., Hft. 6. 26
396 XZVIIT. Notizen ans der Jonrnal-Literatar.
betrifft, so gab ich micb nicht der Hoffnung hhi, durch die>
selben eine Radicalheihing zu erzielen, dafür hatte das Leiden,
als ich die Kranke zum ersten Mal sah, eine zu hohe Aus-
bildung erreicht ; ich beabsichtigte nur, die Secretion in etwas
zu beschränken und hoffte dies um so eher, als ich die
Kyste anfanglich für eine einfache hielt, was sich später als
(rrthum herausstellte. Das Urtheil Aber die Jodinjectionen
ist in Deutschland kein gunstiges. Scanzoni hält dieselben
für sehr gewagt und fuhrt 2 ungönstig abgelaufene Fälle an.
Linhart theilt diese Bedenklichkeiten (Physik, med. G. in
Wurzb. Bd. 9. Heft 2 u. 3) und in allerjöngster Zeit bat
Dr. Lötoenhardt (Monatsschrift für Geburtsk., Bd. 16, Heft 4)
einen Fall von Jodinjection in eine Ovarialkyste mitgetheilt,
welche nach 14 Stunden den Tod zur Folge hatte, ohne dass
anatomische Veränderungen diesen Ausgang erklärt hätten.
Dr. Orth in Darmstadt theilte dagegen itn October v. J. (auf
der Versammlung mittelrheinischer Aerzte in Frankfurt a. M.)
einen sehr glücklich verlaufenen Fall mit. Bei dieser Ver-
schiedenartigkeit der Ansichten und Erfolge sollte keine
einschlagende Beobachtung der öffentlichen Mittheilung vor-
enthalten bleiben.
XXVIIL
Notizen ans der Journal -Literatur.
Ueber den Kaiserschnitt nach dem Tode der Matter.
Verhandlangen in der Acad^mie de med. in Paris.
Die Verhandlungen über obigen Gegenstand wurden vor
iJingerer Zeit durch einige der Akademie eingereichte Denk-
schriften ron Hatirif später von Kergaradee , Lafargu^, DevilUers
angeregt/ Seitdem sind noch mehrere Aufsätse über denselben
Gegenstand in den Journalen erschienen.
Depaul ergreift zuerst in der Akademie das Wort und will
si«h zunächst auf die Beleuchtung der Schriften von Hatin und
Kergaradec beschränken. Der Kaiserschnitt an der Todten erregt
ein hohes Interesse, nicht nur für die praktische Thätigkeit des
Geburtshelfers , der bei einer kurz Torher noch frisch und kräftig
XXVllI. Notizen aas der Journal- Lite ratnr. 397
lebenden, pIStzlich verstforbenon Fran gezwungen ist, einen
Bcbnellen BDt0ebln«s sn fassen, sondern auch in rein wissen*»
scbaftHcher und in Betiehnng anf die Gmndlehren der katbo-
liscben Religion. fftUin bat besonders die Frage aufgeworfen,
ob der Arzt zar Bettung des Kindes den Kaiserscbnitt machen
mfisse, ob er es könne, obn^ gegen das Gesetz an Verstössen,
welches rorscbreibt, jedes TndiTidnam noch als lebend an be-
trachten, dessen Tod nicht sicher constatlrt ist. RaHn wfiBscht
bierober einen Aussprach der Akademie, um die Unsicherheit
des Praktikers zu beseitigen, um den Gesetzgeber zur Feststellung
anzuregen. —
Der Arzt hat ohne Zweifel das Recht, nach dem Tode der
Mutter den Kaiserschnitt auszuführen, das Gesetz schfitzt die
Matter, aber auch das Kind. Nur muss das Kind lebensflthig
sein. Das Gesetz spricht das Recht des Arztes auch genilgend
deutlich aus. Machen die Geburtshelfer nicht auch an der
Lebenden den Kaiserschnitt, bewirken sie nicht den künstlichen
Abortus, machen die Chirurgen nicht die Castration? Operationen,
welche unter anderen Umständen sämmtlieh rerboten sein würden.
Das Gesetz muss hier dem Wissen und Gewissen des Arztes
freien Spielraum lassen.
Mit der Arbeit yen Kergaradec, ist Depaul in manchen
Punkten einverstanden, in anderen nicht, weil jener sich dabei
auf unwahrscheinliche tfnd unsichere Thatsachen gestützt hat.
Zunächst unterscheidet K. die beiden Zeiträume vor und nach
der Lebensfähigkeit des Fötus und hier muss vor Allem die
Orense zwischen beiden festgestellt werden. Man trenne die
Lebensfähigkeit, wie das Gesetz und die Wissenschaft sie fest-
stellt. Nach K, geht das Gesetz nicht weit genug zurficl^, nach D.
eher zu weit. Jedenfalls mfissten erst ganz sichere Beobachtungen
einer früheren Lebensfähigkeit vorliegen, ehe man K. Recht
geben könne, denn die von ihm angefahrten Beobaebtufigen sind
nicht genügend zum Beweise. Wie schwer ist es ferner in vielen
FUlen, genau den Beginn der Schwangerschaft festzustellen! Das
-Gesetz hat mit dem 180. Tage den ftussersten Termin der Lebens-
fähigkeit mit Redit angesetzt, denn keine sichere Thatsaohe
spricht für eine frühere.
Weitere Fragen sind: 1) Wie lange nach dem Tode der
Mutter kann das Kind fortleben? 2) Wenn dieser Zeitpunkt
bekannt ist, hat die Wissenschaft Zeichen des Lebens des Kindes?
Diese Fragen müssen erst beantwortet sein, ehe der Arzt zur
AusfBhrnng des Kaiserschnittes sehreitet. Nach K, kann das
Kind noch mehrere Tage nach dem Tode der Mutter fortleben,
aber seine Unterlagen hierfür sind ebenso unzuverlässig, wie die
obigen, dagegen liegen zahlreiche andere Beobaobtongen vor,
in denen kurz nach dem Tode der Matter die Kinder todt waren.
398 XXVIII. Notisen aas der Jonrnal- Liters tnr.
Die UnabhKngigkeit des Lebens des Fötus Ton dem der Mntter
ist nicht gross, höchstens anatomisch, aher alolit physiologisch
and deshalb giebt der Kaiserschnitt so selten günstige Besultate.
Sehr wesentlich ist das Leben des Fötas Ton der Todeskrankheit
der Matter abhängig, bei den meisten acaten Krankheiten gebären
die Frauen noch Tor ihrem Tode, nur bei plötslichen, gewalt-
samen Todesarten kann man Tielleicht auf lebende Kinder
rechnen. Solche Fälle sind aber sehr selten. Qenug daa Kind
überlebt nur sehr knrs seine Mutter, nur wenige, 15 höchstens
80 Minuten. Um in der Praxis jedoch noch einen möglichst
weiten Spielraum su lassen, so ist etwa eine Stunde nach dem
Tode der Mutter als Grenie su setsen. Sollte das Gesets noch
später den Kaisorschnitt au machen yorschreiben , so wurde D.
sich dagegen erklären.
Die andere Frage, ob das Kind noch lebe, ist positiv an beant-
worten, durch die Auscultation des fötalen Heraen, welches nach der
Lebeosfähigkeit deutlich su hören ist. Den Tod der Matter wird
der Arat, der dem Todeskampfe beigewohnt hat, auch mit Sicher-
heit bestimmen können und wollte er abwarten» bis die vom
Oesetse yorgeschriebenen Prüfungen des Todes ausgeführt seien,
so werde niemals ein lebendes Kind su erhalten sein. Ist letateres
todt, so enthalte man sich des Kaiserschnittes.
£he man «um Kaiserschnitte schreitet, muss man wissen,
ob nicht auf den natürlichen Wegen das Kind su entwickeln sei.
Es ist nicht nöthig, dass der Muttermund schon erweitert sei;
man kann Einschnitte in seinen Band machen, selbst bei noch
gana geschlossener Oeffhung den Schnitt yon der Scheide aus
yoUfUhren.
Der Kaiserschnitt vor der Lebensfähigkeit des Fötus hat
eine rein religiöse Beziehung. Die Ansichten über die Beseelung
des Fötus, über die Zeit, in welcher solche eintritt, gehen be-
kanntlich weit auseinander, und wenn man schon yon der
Empfiingniss an die Beseelung annimmt, so könnte sur Bettung
solcher Seele der Kaiserschnitt schon in der frühesten Zeit der
Schwangerschaft gewünscht werden. D, würde ihn nie yor dem
yierten Monate machen und dann auch nur, wenn die Mntter
gana sicher todt wäre.
Endlich ist auch die Frage wegen der katholischen Taufe
au beantworten. Sie wurde 1847 der belgischen Akademie Tor-
gelegt, welche sich wohlweislich für incompetent erklärte«
D, fasst seine Ansichten folgendermaassen susammen:
X) Der Arat ist allein competent, su beurtheilen, was in
Besug auf den Kaiserschnitt naeh dem Tode der Mutter geschehen
muss. Das Geseta lässt ihm alle nöthige Freiheit des Handelns,
und ea wäre nicht nur unnöthig, sondern gefährlich, neue Vor-
schriftea in das Qesetabuch aufaunehmen.
XXVIII. Notisen aas der Journal -Literatur.
2) Hit 180 Tagen des Fötallebens steckt man die äusserste
Grense der Lebensfähigkeit. Es giebt keine sicher constatirte
Beobachtung, na^h welcher ein Kind ror dieser Zeit dem Leben
erhalten worden wSre.
8) Stirbt eine Frau in der Schwangerschaft und ist das Kind
nicht schon Tor oder gleichzeitig mit ihr gestorben, so ist sichet*
ein baldiger Tod desselben ansunehmen.
4) Im Allgemeinen genBgen einige Minuten, um Eum Tode
zu flEhren, wie genaue Beobachtungen nachweisen. Das stimntt
auch mit den Lehren der Anatomie und Physiologie.
6) Alle Beobachtungen, in welchen mehrere stunden und
selbst mehrere Tage nach dem Tode einer Schwangeren noch
lebende Kinder entwickelt wurden, verdienen keinen Glauben.
6) Wenn man eine Stunde nach dem wirklichen Tode der
Mutter als äusserste Zeit des Fortlebens des l<^tu8 feststellt, so
gewährt man einen sehr weiten Zeitraum, welchen wed^r Thai-
sachen noch Schlüsse rechtfertigen.
7) Der Arzt darf sich nicht an blosse Vermuthungen halten;
er hat ein Mittel zur Verfügung, welches, richtig gebraucht, fast
untrüglich ist, nämlich die Auscultation.
8) In Schwangerschaftem , welche über den 180. Tag hinaus-
gegangen sind, kann man die Herzschläge des F6tus eonstatfren;
ihr Fehlen beweist den Tod des Fötus, besonders wenn sie
mehrere Minuten lang fehlen.
9) Wenn die Gelegenheit zum Operiren passend erscbeint,
so muss so sicher wie möglich der Tod der Mutter festgestellt sein.
10) Die Todesart der Mutter hat grossen EinÜuss auf den
FStus.
11) Ehe man zum Kaiserffcbnitt schreitet, hat man sich, zu
ttberzeugen, ob das Kind durch die natürlichen Wege entwickelt
werden kann. Die Zange, die Wendung, selbst die blutige OefFnung
des Muttermundes sind dem Kaiserschnitte Torzuziehen, wenn der
Zustand des Fötus es gestattet.
12)' Kur der Sachverständige darf solche Operationen vor-
nehmen und sie müssen sämmtlicb mit derselben Vorsicht und
Sorgfalt wie bei einer Lebenden ausgeführt werden.
13) Sterben die Frauen vor dem 180. Tage der Schwanger-
schaft oder vor der erkannten Lebensfähigkeit, so verliert der
Kaiserschnitt all sein wissenschafiliches Interesse; er stecht nur
noch für die Religion in Frage in Bezug auf die Taufe.
14) Es ist nicht weise und verständig, ihn vor dem finde
des vierten Monates zu machen.
16) Vom 4. — 6. Monate würde man ihn nur ausnahmsweise
ausführen und ^nn das Leben des Fötus sieher bestände.
16) Es wäre wünsch enswe rth , 'wenn die intrauterine Taufe
mit Hälfe einer Einspritzung von der Geistlichkeit als ausreichend
40Q XXVIir. NotUen aus der Journal -Lit«rAtur.
erklftrt wurde. Diese Praxis wurde überall angenomniMi werden
nnd allen Zweifeln und Unmhen ein Ende machen.
Tardfeu, welcher nach Dspaul das Wort ergreift, wünscht,
dass die Akademie sich über die Frage als incompetent erkläre.
D§rv4^^ geht besonders auf die legale Seite der Frage ein,
erkl&rt sie yoUstftndig innerhalb der Competens der Akademie
und bittet sie weiter zu berathen. Das Ungenügende des Gesetzes
liegt in der falschen Anwendung desselben. Man wend^e auf
eine chirurgische Operation an, was auf eine Leichenseotion
passt. Die Verordnung, welche den Kaiserschnitt nicht vor
24 Stunden nach dem Tode gestatten zu wollen seheint, ist Ton
BambuUau vom 25. Juli 1844. Dann wird der Kaiserschnitt
illusorisch und es heisst so viel, wie ihn verbieten. Ktaht der
Buchstabe, sondern der Sinn des Gesetzes muss gedeutet werden.
Die Gesetzgebung hat niemals Operationen verboten, welche den
Zweck haben, ein Leben zu retten. £in Gesetz vom 16. April 1839
legt den Aerzten die Pflicht auf, den Kaiserschnitt zur Rettung
des Kindes zu unternehmen« Das erstere Gesetz bezieht sich auch
nicht auf den Kaiserschnitt, verbietet ihn nicht und dann ist er
erlaubt. Die Rechte des Arztes sind deshalb vollkommen gewahrt.
Uebemimmt der Arzt aber nicht doch eine Verantwortlichkeit,
wenn er den Kaiserschnitt ausführt? Er ist den Folgen der
Artikel 1382, 1383 des Code civil nnd 319 des Code p^nal aus-
gesetzt, wo es sich um unfreiwillige TÖdtnng durch Ungeschick,
Unklugheit, Unaufmerksamkeit, Nachlässigkeit n. s. w. handelt.
Deshalb ist allerdings die allergrösste Vorsicht nöthig. — Was
nun die Grundsätze der Religion anlangt, so fragt es sich 1) ob
ein Priester das Recht hat, nach dem Tode der Frau die
Hysterotomie au verlangen, 2) ob ein Nlchtarzt, sei er Geist-
licher oder nicht, diese Operation ausführen kann. Das Gesetz
giebt dem katholischen Priester kein Recht dazu, es giebt kein
Religionsgesetz neben dem Civilgesetz über diesen Gegenstand.
Beide obige Fragen sind zu verneinen.
Ker^mradse klagt snerst über den bestimmten nnd auveraicht-
liohen Ton, den Depitul in der Angelegenheit angenommen.
Wenn es auch selten vorkommen mag, dass Kinder, die vor
6V, Monaten geboren sind, fortleben, so sprechen doch die
physiologischen Gesetze nicht dagegen. Wie verschieden stark
und gross sind nicht aasgetragene Kinder, warum sollen sie es
nicht auch in den früheren Sehwangersehaftszeiten seini Wenn
aaoh Dspaul viele gebartshülfliche Erfahrungen habe, so seien
doch die von Gar dien, Orßa, V tiptau ^ Capuron gege|iübAr-
>anstellen, die für solche frühzeitige Lebensfähigkeit sieh aus-
spreehan. K. sucht femer die von ihm angeführten Beohachtnngen
gegen die Angriffe A>.*s zu vertheidigen , sowohl was ihre Glaub-
würdigkeit, als Wissensobaftlichkeit betrifft und greift vorsfiglinh
XXVIII. Kotisen ans d«r Joanrnl -Literatur. 401
den Aueprach P/e an^ da«« mit «e knrse' Zeit der FStnk die
^dte Matter «olle überleben können. Eine eineige efitg;egen-
l^esetste Beobacktniig ro«eee diese Behanptnng «o Boden werfen
niid solcher bafftaden sieb vier in seiner Arbeit: l).Ton MiHem,
we 12 Standen, 2) Ton Qardiw^ -3} aas der Gaaette de Mets,
wo drei Tage nach dem Tode der Motter da« Kind noch gelebt
habe, 4) von ihm selbst, wo das Rind noch etwa 12 Standen
noch Lebenflsparen aeigte. Müssen da nicht Zweifel in die
Lehre D.'s entstehen, enthlllt der Schlnss D/s nicht ein Todes-
ortheil gegen fast alle Fötas? In die Anscnltation sei aaeh
nicht der hohe Werth aa legeni den Depmtl beanspraehe. Höre
man den Heraton, dann sei das Zeichen allerdings wichtig, höre
man ihn nicht, so w&re es verwegen, darum auf den Tod des
'Fötus sn schlf essen.
• Tr^hvchei fasst die Frage besonders von der Verwaltnngs-
«nd gerichtsUrstliehen Seite auf. ZunKchst müssen die Aerzte
auf ihre Verantwortlichkeit hin volle Freiheit ihres Handelns
haben, indess besteht ein unterschied für die Aercte von Paris^
welche besonderen Poliseiverördnungen in Bezug anf Beerdigungen
unteipwerfen sind und für die Aerzte des übrigen Landes, welche
.nach den viel freieren Vorschriften des Art. 77 des Code civil
au handeln haben. Die Verordnungen für Paris verbieten eine
Beerdigung vor 24 Stunden nach dem Tode und es liegt diLrin
auch das Verbot, wfihrend der Zeit Operationen auszuführen,
welche aus einem Scheintode einen wirklichen Tod herbeiführen
könnten. Der Kaiserschnitt ist nun zwar keine Autopsie, indess
wird Niemand leugnen, dass er zu den oben gemeinten Operationen
gerechnet werden müsse. Den Kaiserschnitt aber in den ersten
24 Stunden verbieten, heisst ihn voltst&ndig beseitigen. Das
darf aber nicht sein. In das Gesetzbuch nun eine neue Ausnahme-
bestimmung für den Kaiserschnitt einaufügen, wXre unnütz und
selbst gefährlich, die Ak'ademle hat keine Veranlassung bei der
Verwaltung deswegen Schritte zu thnn. Wenn auch das Oesetz
In diesem Umstände nicht genügend die Verantwortlichkeit des
Arstes schützt, so würde er doch eine grössere pefahr darin
sehen, wenn man flir den Kaiserschnitt Anshahmebestimmungen
für die Vorschriften der Beerdigungen aufstellen wollte. Der
Amt soll volle Freiheit des Handelns haben, weil er allein richtig
beurtheilen kann, ob für den Kaiserschnitt die günstigen Um-
stände vorliegen, er darf aueh nicht bei seinem Handeln gänzlich
den Folgen seiner Verantwortlichkeit entaogen sein, falls etwa
nachgewiesen würde, dasa die Operation ohne wissenschaftliche
Begründung od«r gegen die Regeln der Kunst, oder unter dem
Dmeke fremder £inflüsse, gegen die Eingebungen des Gewissens,
ausgeführt worden wäre. Es wäre deshalb zweckmassig, wenn
die für Paris geltenden Bestimmung^ für das ganze Land Geltung
erhielten.
402 XXVIII. Notisen mb d«r Joarnal- Lite rata r.
Schliesslicli einigte man sieh bq dem Satse:
Der Arst, welcher die Hoffinang^ hat, ans den Körper etnaT
TeittorheDen Schwangeren ein Kind sv entwickeln, welches in
der Lage wäre, weiter leben an können, kann and rnnss seibat,
vom medioiaisehen Standpnnkte ans, den Kaiserschnitt nach den
Vorschriften der Wissenschaft ansfiihren.
(Gas. des hdpitanz, Ho. 40, 48, 46, 49, 65, 1861.)
Dtimariey: Eclampsie w&hrend der Schwangerschaft,
Tod, Kaiserschnitt swet Stunden nach dem Tode.
Eine übrigens gesunde Frau hatte schon vor 10 Jahren aehr
schwer ein todtes Kind geboren und eine Blasenacheidenfistri
davongetragen. In ihrer jetaigen Schwangerschaft bekam sie
schnell hintereinander folgende eclamptische Anfalle, die schon
nach einer Stunde snm Tode führten. L. kam swei Stunden nach
dem Tode an, überzeugte sich gewissenhaft Yon dem wahren
Tode, hörte deutlich die Heratöne des Fötus, die verlangsamt
waren. Die innere Untersuchung ergab keine Zeichen der be-
gonnenen Geburt, der Kopf lag nicht Tor, die Schwangerschaft,
war wenigstens bis in den achten Monat vorgerückt, deshalb
wurde der Kaiserschnitt ausgeführt nach allen Regejn der Kunst.
Wie bei langsam verlaufenden Asphjzien erschien das Kind
durchweg blauroth, das Gesicht apoplektisch und geschwollen.
Obwohl wenig Hoffnung vorhanden war, das Leben des Kindes
SU Letten, wurden doch alle Versuche angestellt; aua der Nabel-
schnur floss höchstens ein Löffel voll Blut aus; der Schleim aus
dem Rachen wurde entfernt, Luft eingeblasen, Wasser angespritstj
gebürstet u. s. w., 40 Minuten lang aeigten sich noch immer
Hersschläge, dann wurden sie sehr schwach und hörten bald
gans auf.
Der Fall bietet fUr die Discussionen in der Akademie der
Medicin an Paris Interesse , da dort die Ansichten über die Dauer
des Lebens des Fötus nach dem Tode der Mu^r sehr aus-
einandergehen. Der Fall ist jedoch nicht beweisend, da nur die
Familie angiebt, dass bereits zwei Stunden vor der Ankunft L.*s
der Tod der Fr§u erfolgt sei, dessen Zeitpunkt aber durch einen
Sachverständigen nicht constatirt wurde-
(Gaa. des hdpiUuz, No. 47, 1861.)
MaUsi: Ueber den Kaiserschnitt nach dem Tode.
Die verschiedenen Fälle, wo der Kaiserschnitt nach dem Tode
volIfQhrt werden muss, knüpfen sieh an folgende Vier «Bedingungen.'
1) Die Frau ist todt und* man kann noch active Bewegungen
oder den Heraschlag des Fötus nachweisen, 2) die Frau ist
XX VIII. Kotisen ans der Journal - Li terAtnr. 408
wenig^e Hionten yor der Ankunft des Antes gestorben and dieser
bort bei der Ansenltation die fStalen HerstSne nicbt, 8) die
Fran ist seit 1, 2 oder mebrerea Sftinden todt, 4) sie ist seit-
1 oder 3 Tagen todf.
Ad 1. Die actiren BewegnageB oder die Heratöne sind noe4i
erkennbar. Hier mass jedenftiils das Kind anf die beste und
scbnellste Art gerettet werden, sobald der Tod der Matter fest-
stebt; und da man nicbt immer die 2eit der Schwangerscbaft
and die Lebetsftbigkeit bestimmen kann , so ist der Kaiserscbnftt
aach aaf die GefSsbr bin, ein lebensanf&biges Kind an bekommen,
an maeben. Wenn Devergis, Ttxrdi&u and Tr^bwhet derselben
Ansiebt sind, dass der Arzt gegen den Willen der Angebörigea
den Raiserscbnitt nicbt maeben dürfe, so müsse er sieb dagegea
erklilren and gegen die Weigerang der Angeb($rigen , im Namen
der Hamanit&t protestiren. Sollte er desbalb angeklagt werden;
so gebe es Processe, dnrch welcbe man nur geebrt werde;
FüTcbte man einen Scheintod der Matter, so wird natürlieb der
Arst dieselbe and grössere Sorgfalt anwendea, den Tod fest-
anstellen , als der Maire , der nicbt die Leicben antersache. tfat
der Oesetzgeber 24 Standen Aafscbab bis zar Beerdigang an-
befoblen, so bat er nicbt dabei beabsiebtigen können, dem Ante
die Lebensrettaag eines Kindes za Terbietea and das ist aacb
aiemals gescheben , da stets der Kaiserscbnitt empfoblen worden ist.
Ad 2. Die Frau ist wenige Hinatea yor Ankanft des Arttes
gestorben and dieser findet bei der Ansenltation die Herstöne des
Fötas nicbt. — Kacb Depaul mÜsste man bier yom Raiserscbnitte
Abstand nebmen, weil der Fötas todt wäre. Indess ist' Öfter' kein
Herston sa hörea and der FÖtas lebt doch, wii Vepaül selbst
in seinea Schriften anfiibrt, bei geborenen Kinderh ist saweilea
der Herzschlag kaam bemerkbar aad sie werdea noch sam
krftftigea Lebea gebracht, zaweilea babea geübte and erfahrene
Oebnrtsbelfer Herztöae gehört aad nachher warde ein faaltodter
Fötas geborea. Wenn es schon geübten Fachmännern in Ent-
bindaagsaastalten begegnen kann, am wie yiel leichter angeObteren
in der PriyatpratiS) aamal wenn der Fall dnrch Ansammlung yon
Flüssigkeit oder Geschwülste in der Banchböble yerdankelt ist.
Wenngleich selten ein Rind noch an retten sein wird, so ist das
Unterlassen gefährlicher als das AnsfÖbren. ^
Ad 8. Die Fraa ist seit 1, 2 oder mehreren Standen todt.
Der Zwiespalt der Ansichten ist hier noch grösser. KtrgaradM
aad die Commission halten die Rettang des FÖtas aoeb lat
möglich, V^paul nicht. Die yoa KergaretdeCf DevilUert and Anderea
angeführten Thatsacben (Sdnoeigiäuser , ffammonf ZemoWey) lassen
nicht die Abweisang sa, welcbe Depaul mehr nach theoretlsoben
Ideen ausgesprochen hat. Der Kreislaaf des FÖtas kann viel
iKager gestört oder aaterdrückt werdea, als die Athmnng beicb
geborenen Menschen , ohne den Tod herbeisaführen. £s Ihgtlä
404 XKVHI. Notisen aut der Journal -Literatar.
geDtigend viel ErfahrnDgeo vor, wo viele Standen »och die
Hersthätigkeifc des geborenen KindeB fortdauerte nnd in günetigen
FttUen Athmnng hersnetellea -war. Deelialb i«t wobl anxnnebmeB,
das8 der Fötne 1 — 2 Standen nach dem Toda der Mutter, somal
wenn dieser plötaiiob. erfolgte, noch so viel Lebeoskraflt sich
erbftlftttn kann , utß wiederbelebt werden sn könaen.
Ad 4. Die Frän ist schon 1 — 2 Tage vor der Ankunft des
Arztes todt. Nach einseinen Beobachtungen, welche Kergamäu
und Z>s«iJ2iara aus geistlichen Schriftstellern gea^mmelt haben,
kl^nnte man auch noch an die Rettung des Kindes ia so später
Zeit glauben. Solche Fälle bedürfen der Bestätigung. Insofern
über bei Thieren und erwachsenen Menschen langandauemder
Scheintod beobachtet worden ist, kann auch die Möglichkeit
für den Fötus nicht unbedingt abgeleugnet werden. Zwei Falle
von FlanquB und Baudeloeque geben an , dass lebende Kinder
geboren wurden, obwohl der Nabelstrang schon mehrere Tage
serrissen und der Nabel vernarbt war. Man kai^n diese Fülle
beiweifeln, weil sie der Theorie widersprechen, indes« eine
sichere Beobachtung gilt mehr als alle Theorien «nsammen. *
Demnach folgt, dass der Arzt in allen Fällen, wo er eu
einer todten Schwangeren gerufen wird, nach Feststellung des
Todes der Frau und der ungefübren Lebensthätigkeit des Fötus,
den Kaiserschnitt su machen hat, mögen Minuten, Stunden oder
selbst Tage seit dem Tode verflossen sein. Das Unterlassen ist
immer weniger klug als das Handeln. Der Arnt wird das Kind
erst dann sicher als tedt erklRren können, wenn es geboren ist
nnd nicht belebt werden kann. Nur wegen Fäulniss und LeichMi-
starre dürfen die Belebungsversuche unterbleiben. Der Kaiser*
schnitt darf nur gemacht werden, wenn das Kind nicht durch
die natürlichen Wege ausgezogen werden kann, und stets mit
derselben -Vorsicht, wie bei einer Lebenden.
(Gm* de hdpiUnx, No. 54, 1861.)
Otterbourg: ITeber den Kaiserschnitt nach dem Tode.
Verf. stellt den Satz auf, dess beim Tode Rcbwaogerer nnd
gebarender flauen nur ganz ausnahmsweise der Kaiserschniit
gem'acht werden dürfe, dagegen die Geburt eines lebensfKhigen
Kindes durch die natürlichen Geburtswege ausgeführt werden
müsse. Das letztere Verfahren biete den ungeheueren Vortheil,
dass es ohne Schwierigkeiten von Seiten der Familie der Ver-
storbenen gestattet werde , weil der gewöhnliche geburtshülfliche
Weg nicht verlassen werde; man könne deshalb auch ohne allen
Zeitverlust zur Entbindung- sehreiten und erbalte dadurch dem
Kinde das. Leben; man brauche auch nicht zu warten, bis man
die ganz sicheren Zeichen des Todes der Schwnngcren vorfinde,
XXVIII. Notisen aun der Journal - Literatar. 405
dtnn die iBdication 'sei hier, sofort %u handeln. Dies g^ebarts-
hillfliche Verfabren könne so^ar ancb znr Rettung der Fran dienen,
wie die unten folj^ende Beobachtung lehrt; es schwinden ferner
alle religiösen Bedenken. Die Operation muss mit Schonung
und Buhe gemacht werden, gelingt aber fast immer schon bei
Schwangeren^ namentlich aber, wenn die Geburt bereits begonnen
hat. Sollte mit der Hand allein die künstliche Erweiterung des
Muttermundes nicht gelingen, so sind blutige Einschnitte in den
Band su mac)ien; dann ist die Zange an den Torliegenden Kopf
ansulegen. — Verf. theilt swei lehrreiche Fälle aus seiner Praxis
mit: 1) Eine 22jfihrige gesunde Fran gelangte glücklich bis sur
Geburt; der Muttermund hatte sich bereits gut geöffnet, da«
Wasser war abgeflossen, als plötzlich ein heftiger Anfall von
Eclampsie mit Apoplexie eintrat und der Tod schnell erfolgte.
Das Kind zeigte noch Lebenszeichen. Sofort wurde der Mutter-
mund künstlich erweitert und dann mit der Zange ein zwar
scheintodtes , aber bald belebtes Mädchen geboren. — 2) Eine
sohwächliche Frau erlitt in der 38. Woche der Schwangerschaft
eine heftige Blutung. Verschiedene Mittel, die die Hebamme
sogleich anweudete, blieben ohne Erfolg, die Schwangere wurde
immer schwächer und war, wie man sagte, bereits todt, als zum
Verf. geschickt wurde. Das Kind zeigte noch Lebensspuren,
aber die Schwangere wurde sowohl 7om Verf. als einem anderen
Arzte für todt gehalten. Die Pupille war unveränderlich, weder
Radialpuls, noch Herzthätigkeit waren zu finden. Es wurde
sofort die Zange angelegt und zum Erstaunen bewegte beim
ersten Zuge die Frau ihre Arme und Beine, ihre Wangen rötheten
sich, sie erbrach und bewegte sich so unbändig, dass die Zange
wieder entfernt werden musite. Die Frau erholte sich vollständig
nach dem Gebrauche tonischer Mittel und gebar allein eine lebende
Tochter.
Im ersten Falle würde der Kaiserschnitt das Kind wohl nicht
gerettet haben, im zweiten wäre die Fran durch den Kaiserschnitt
vielleicht nicht wieder zu sieh gekommen, eder z« Grunde gegaagaa.
In Städten und Hospitälern könnte man noch eher die Ans-
fflhrpng des Kaisersehnittes an der Todten mit einiger Aussicht
auf Erfolg ausführen, in der Praxis in kleineren Städten «nd auf
dem Lande ist es dagegen richtiger, erst alle anderen Entbindungs-
versuche zu machen. ^
(Gaz. des höpit., Ko. 106, 1861.)
Ueber die Bewegliehkeit der Oebärmiitter.
Ziemlich häufig empfinden Frauen, obwohl ihre^Niederknnfte
und Wochenbetten ohne Störungen verliefen, sobald sie wieder
gehen und ihre Beschäftigung. wieder aufnehmen, mehr weniger
406 IXIX. Literatur.
heftige SchmerEen entweder im Becken oder in den Lenden oder
im oberen Theile der Schenkel; Schmerzen, welche gewöhnlich
bei ruhiger nnd namentlich horizontaler Lage vollstXndig ver-
schwinden. In Torliegender Arbeit wird als Ursache dieser
Schmerzen die durch Ausdehnung der Bänder während der
Schwangerschaft herbeigeführte Beweglichkeit der Gebärmutter
aufgeführt. Diese Schmerzen lassen gewöhnlich nach zwei
oder drei Monaten nach, weil alsdann die Gebärmutter sowohl
ihr früheres Gewicht und Volumen, als auch, durch Zusammen-
ziehung der verschiedenen Bänder, ihre frühere Festigkeit wieder
erlangt hat. In manchen Fällen dauern jedoch die Schmerzen
länger, als oben angeführt, weil die Erschlaffung der Bänder
und somit auch die Beweglichkeit der Gebärmutter fortbesteht.
Häufig fallen mit der genannten Beweglichkeit Lage- und
Formabweichungen der Gebärmutter zusammen, welche man
allgemein als die Ursache der Schmerzhaftigkeit atiffasste.
Getriel und nach ihm Nonat haben indess gezeigt, dass die ver-
schiedenen mechanisch wirkenden Mittel, welche knan gegen die
genannten Zustände anwendet, nur dadurch günstig wirkett, dass
sie der Gebärmutter eine sichere Lage verleihen. Sind die
Lage- und Formabweichungen des Uterus nicht durch Beweg-
lichkeit desselben complicirt, so fehlt auch in vielen Fällen
jedwede Schmerzhaftigkeit.
(Gazette des hdpitaux, 1860, No. 150.)
XXIX.
Literatur.
Di« Aetlologia, 4tr Bogriff und die Piropfaxlazta des
Kindbettfiebers von Ignam Philipp ^«mmslw«»«« Prof.
in Pest. Pest, Wien n. Leipzig; ^ar<Meii*s Verl.-Ezp., 1861.
8. p. VI o. 689.
^Tn obiger umfangreicher Schrift sucht Verf. mit schärferen
Waffen seine bereits vor 13 Jahren aufgestellte Ansicht über die
Aetlologie des Kindbettfiebers als die allein richtige zu ver-
theidigen und erklärt alle Forscher, welche nicht unbedingt ihm
folgen, f&r Ignoranten und Mörder. Seine Ansicht geht dahin«
dass sämmtliche Puerperalfieber durch EinimpAiBg. elnM putriden
Stoffes entstehen und dass dieser Stoff meist von Leichen^ oder
auch von lebenden, mit jauchigen Geschwürea behafteten Indi-
viduen, endlich von den Kranken selbst herrühre; ietzteife Bnt
llt«hiingsweise nennt er Selbsiinfecticm. feefr^l^. Beweise üt^^^n
XXTX. Literatur. 407
sich anf Beobachtangen im Oeb&rhauee sq Wien and Pest und
•Sud durch eine grosse Zahl Ton statistischen Tabellen belegt.
Obwohl die Kritik des Verfassers über die abweichenden Ansichten
eine sehr scharfe und meist glückliche ist und dem Verf. jedenfalls
das ihm übrigens schon lange allseitig sugesprochene Verdienst
gebührt, sehr riel aar Verhütung des Puerperalfiebers beigetragen
SU haben, ao geht er doch in seinen Behauptungen su weit und
einseitig vor. Er bleibt uns jedenfalls den Beweis schuldig, dass
nur die von ihm angeführten ätiologischen Momente stets an-
anklagen seien. £s bleibt nach dem Urtheile fast aller Geburts-
helfer immer noch eine grössere Zahl ron Erkrankungsfftllen
Übrig, deren Entstehung auf eine andere, uns freilich noch un-
bekannte Ursaehe surüoksuführen ist. Immerhin ist das Buch
der höchsten Beachtung der Fachgenossen werth und wird gewiss
einen weeeatlichen Nntsen für die Wöchnerinnen stiften.
Leider hat sich der Verf. verleiten lassen, eine Form der
Polemik gegen Andersdenkende su wählen, welche die aller-
ernsteste Rüge verdient. Auf jeder Seite sind die widerwHrtigsten
Schimpfereien und Injurien zu lesen, die gar nicht isur Sache
gehören, und im Anfange swar reiben, durch die unerträglichen
Wiederholungen aber höchst langweilig werden. Das ist nicht
4er richtige Weg, eine im Kerne wirklich gute Sache su fördern.
Keinem der im Buche angegriffenen lebenden Geburtshelfer, und
es sind so siemlich alle, welche über Kindbettfieber irgend etwas
gesehrieben haben, wäre es su verdenken, wenn er solchen
persönlichen Schmähungen gegenüber mit Verachtung schwiege.
In den swei offenen Briefen , welche der Verf. seinem Buche
noch folgen Hess, befindet sich wohl nichts, was nicht schon im
Buche selbst in unsähligen Wiederholungen gesagt worden wäre,
die Injurien sind aber wo möglich noch gröber. C.
Lehrbuch der Hebammenknnst von Dr. Bernhard
8ehuline, Prof. der Oebnrtsbülfe , Direetor der EatbindHpgs-
anstatt und Uebammenschule sn Jena. Mit 68 Holaschnittoa.
Leipsig, W. Bngeltnann, 1860. 8. p. XII n. 274.
Jedes neue Hebammenbnch ist freudig su begHissen , welches
dadurch einen kleinen Schritt vorwärts thut, dass es die Beftignisse
der Hebammen besehränkt und wenn ferner auch die Darstellung
das Lehrgegenstandes in einer so einfachen, klaren Sprache ge-
boten wird, wie in dem vorliegenden Lehrbuche. Wir glauben
daaaelbe als eins der besten empfehlen su können und wenn wir
in dam Folgendem näher auf einselne Punkte berichtigend ein-
j^ehen, so geschieht dies nur in achtungsvollster Weise gegen
den Verf. und in der Ueberseugung, dans ihm für eine spätere
Bearbeitung manche unserer Andeutungen willkommen sein können.
408 XXIX. Literatur.
Zunächst hätten wir gern einen nicht ^anz hierhergehSrigeti
AusfAll gegen ein anerkannt gntes Hebammenl^hrbuifh (8. TS)
▼ormissiy dagegen eine wenn auch nur ganz ob6rflftcfali<she Dar-
stellung der Anatomie und namentlich der Physiologie de«
menschlichen Korpers gefunden. In jetziger Zeit sind die Natar^»
Wissenschaften und auch die Anatomie und Phy-siolog^e äe$
Menschen schon so weit Allgemeingut geworden, dass sie bereits
in den Volksschulen gelehrt werden. Für Hebammen' Ist aber
die Kenntniss der gröberen Anatomie und Physiologie unbedingt
nothig sum Verständniss so mancher wichtiger Vorgänge in der
Geburtshulfe und sur Beseitigung vielen Aberglaubens nnd Tor-
gefasster irriger Anschauungen. Ueberhaupt konnten im Lehr-
buche reichlicher neben den Vorschriften des Handelns auch
die kurze Erklärung und die Grunde beigefügt sein. Die Ab-
bildungen, in der Mehrzahl original, sind sehr gvt gew&hh,
künstlerisch vollendet ausgeführt' und tragen wesentiteh zum
Verständniss bei.
Gehen wir zur kurzen Hervorhebung einzelner Stellen aber.
§ 97 ist bei der Husseren Untersuchung das nicht unwichtige
Symptom der Schwellung der Husseren Geschlechtstheile wahrend
der Schwangerschaft nicht angefahrt; g 98 bei der Anscnltation
wären neben den Darmgeräuschen auch die Palsationen der Aona
und lliacae zu nennen gewesen, welche mit den Herasefal&gen
verwechselt werden können; § 126 sagt Verf. mit Unrecht; „die
Frauen haben, obgleich Viele es meinen, bei der befmehtendea
Begattung keine andere Empfindung, als bei der niofat be-
fruchtenden,* denn wie will er dies beweisen, waram sind
solche Empfindungen kurz abzusprechen? Wenngleieh die meieten
Frauen nichts dabei fühlen, so ist das noch kein Grand, das«
überhanpt keine es ffihlen solle. § 129 ist ein den Sinn ent-
stellender Drackfehler, indem es heisst: ,,nach 24 Wochen steht
der Gebärmuttergrund einen Finger breit über dem Nabel,' da
er sa dieser Zeit knapp nnter dem Kabel zu stehen pflegt.
$.118 i«t das Verfahren, die Brostwarzea hervorzasaugen mittels
einer Flasche an roh, und besser durch einen Gammisauger aus-
zuführen. Zum Kapitel über die regelwidrige Lage des Kindes
§ 140 u. f. hätten wir noch einige Abbildungen mehr gewünscht;
§ 154 ist bei Bauchschwangerschaft der Ausgang der Abscess-
bildung nicht erwähnt. § 192 wäre eine kurze Erklärung der
Molen wünschenswerth, ebenso § 208 eine Erklärung des Schmerzes
der Wehen. Der Satz: „ Bei jeder Wehe schlägt der Pols tter
Frau häufiger als vorher; wenn die Wehe aufhört, wird er
seltener" ist, so allgemein, nicht zu behaupten. § 222 sind die
drittletzte und vorletzte Zeilen verdruckt. § 272 halten wir die
Temperatur von 26^ S. für das erste Bad eines neugeborenen
Kindes zu niedrig. § 275 hätten wir die freilich in keinem
Hebammenbuche bisher jgelehrte Vorschrift gewüusciit, -dass -ta
XXIX. Literntur. 409
der Regel .zuerst die Eotbnndene fertig besorgt and erst iiach
der Entfemmig der Nnchgebort das Kind gebadet und angekleidet
werde. Die, Hebammen beobachten trots der Vorschrift nicht
immer genügend die Entbundene, während sie mit dem Kinde
beschäftigt sind und deshalb kommen so hftufig die bedenklichsten
Blutungen in der fünften Geburtsperiode vor, die nach sorgfKltiger
Entfernung der Nachgeburt nicht mehr so leicht sich ereignen.
§ 288 hätte cur Erkenntniss der Oesichtslagen im Beginne der
Geburt die für die Hebammen so wichtige äussere Untersuchung
Erwähnung finden können. In § 289 ist eine bisher in Hebammen-
buchern nicht aufgestellte Beschränkung eingeführt, nämlich
wenn Gesichtslagen bei Erstgebärenden vorkommen, den Geburts«
helfer rufen zu müssen. Wir stimmen dieser Neuerung yollständig
bei. §. 806. Bei Einrichtung eines Qnerbettes das Bett mit dem
einen Seitenrande an die Wand su stellen, wie Verf. vorschreibt,
ist nicht so zweckmässig, wie auch diesen Band frei zu lassen,
damit eine Gehfilfin hinter die Gebärende treten und sie untere
stützen könne. § 333 bei Beurtheilung der Grösse des Kinde^-
kopfes ist die äussere Untersuchung nicht erwähnt. § 423 sq.
handeln vom Scheintode der Kinder. Die Betebungsmittel sind
etwas heroisch und können nach Art der Darstellung leicht zum
Zuvielthun verleiten ; das künstliche Einblasen von Luft, das sich
doch in manchen Fällen so ausserordentlich halfreich zeigt, ist
nicht erwähnt. § 436 wird die vortreffliche Wirkung des Sand^
Backes bei Nachblutungen gerühmt. Die Darstellung ist der im
Preussischen Hebammenbuche gleich. Wir müssen bekennen,
dass wir, nach mehrfachen Erfahrungen, nicht zu den Verehre m
des Sandsaokes gehören, sicherlich aber nicht die Anschauung
unterschreiben, dass „die Gebärmutter formlich, indem sie sich
zusammenzieht, unter dem Sandsack hervorkrieche". § 450 wäre
eine Erklärung* des Wochenflusses erwünscht. §453 ist der Satz:
„so lauge die Milchabsonderung dauert, bleibt die Regel aus''
zu allgemein und deshalb nicht richtig ausgesprochen. § 460 sq.
handeln von der Pflege der Mutter und des Kindes. Es hätte
hier auch die Beleuchtung des Wbchenzimmers besprochen werden
sollen, um dem Missbrauche der finster gemachten Zimmer ent-
gegenzutreten. Den kleinen Kindern möchten wir ' femer 'die
Wärmflaschen erbalten wissen, die Verf. als nnnöthig verwirft.
§ 611 und 516 ist Verf. seinen Ansichten nicht tren geblieben,
indem er den Hebammen ohne ^Noth gestattet, den Kindern
innerlich und äusserliisli Arvnei mxl verabreichen. Es ist sicher-
lich richtiger, alle und jede Arznetdarreichung zu verbieten.
Es mag genügen, diese wenigen Bemerkungen hervorgehoben
lu haben, die keinesweges dem Werthe des Ganzen Eintrag thun
söUen. • Qy
410 Kachtrag. Nachricht. Berichtignogeo.
Nachtrag.
In meinem Aufsätze : , Ueber die narbeoähnlichen Streifen in
der Haut des Bauches, der Brüste und der Oberschenkel der
Schwangeren und Entbundenen '^ (s. Monatsschrift, 1869, Bd. XIV.,
Heft 6) ist eine denselben Gegenstand behandelnde Arbeit yon
Ritgen von mir su meinem Bedauern übersehen und nicht erwähnt
werden. Ritgen hat im Jahre 1830 (Gemeinsame Zeitschrift fiir
Geburtskuiide, Bd. V., S. 612} und später in einem anderen Anfsatse
daraufhingewiesen, dass die rothen Bauchstriemeu Telangiectasien,
die weissen mattsilberfarbenen Striemen Lymphangiectasien seien,
ferner, dass die Striemen auch am Bücken und GesKss yorkommen,
dass sie meistens mit dem fünften Schwangerschaftsmonate er-
scheinen, erst hellroth, dann dunkelroth; dass sie bei Jungfrauen
über dem Tensor fasclae latae während und seltener ausserhalb
der Menstruation zu finden seien, dass er das Vorragen der er-
weiterten Haargefässe und Lymphgefässe über die benachbart«
Haut sehr deutlich gesehen habe, dass die Vorragungen während
der Schwangerschaft, nach der Geburt in Vertiefungen, fiunieln,
übergehen, indem die ausgedehnten Gefässe das benachbarte
Fettgewebe verdrängen und zur Resorption bringen^ so dass später
die Lücken des Gewebes sich nicht wieder füllen und. nach Auf-
hören der Plethora die äusserste Hautdecke in die Lücken
einsinkt. Credi.
Naehricht.
Wir theilen unseren geehrten Leserti die schmerzliche Nach-
richt mit^ dass der langjährige Mitherausgeber unserer Monats-
schrift, Herr Hofrath und Professor Dr. E. C. J. von Siebold
in Göttingen, nach längerer Krankheit, welche ihn aber bis in
die letzten Tage nicht hinderte, seine Thätigkeit und das leb-
hafteste Interesse der Monatsschrift zu widmen, am 27. October
▼erstorben ist. Wir werden den Necrolog unseres theueren, in
den weitesten Kreisen geachteten und beliebten Freundes in
•inem der nächsten Hefte unseren geehrten Lesern vorlegen.
Die Redaction.
Berickticvsseii.
Monatsschrift,. Bd. XVIL, S- 419 Z. 21 ▼. o. lies: «fühlbar« stotl
I, sichtbar«
und ebenda«. S. 421 Z. 19 ▼. o. lies: „ massiger« statt „ wässriger"^
XXX.
Neuer Fall von Spondylolisthesis des Beckens.
Unvollendet gebliebene Entbindung. Tod des
Kindes und der Mutter.
Von
Professor Dr. Breslau in Zürich.
(Mit Abbildung.)
Seitdem Kutan durch zwei kurz einander aich folgende
Schriften: „De spondylolislhesi gravissimae pelvangustiae causa
nuper detecta, Bonn 1853" und „Schilderungen neuer Becken-
formen und ihres Verhaltens im Leben, Mannheim 1854" sich das
Verdienst erworben hat, die Aufmerksamkeit der Geburtshelfer
und Anatomen alif eine bis zu jener Zeit nur durch vier
Exemplare vertretene, höchst eigenthümliche Beckenanomalie
zu lenken, hat es nicht an Nachsuchungen und Forschungen
in dieser Richtung gefehlt, aber es ist bei der wahrscheinlich
sehr grossen Seltenheit der Spondilolisthesis des Beckens nicht
gelungen, mehr denn einige wenige neue Fälle den von Küian
gesammelten hinzuzufügen. Der Zufall hat nun gewollt, dass,
nachdem ich im Jahre 1555 in der Münchener anatomischen
Sammlung ein spondylolisthetisches Becken entdeckt, dessen
Beschreibung in Scamoni^ Beiträgen zur Geburtskunde, Bd. IL,
zu finden ist, vor kurzer Zeit mir die Gelegenheit wurde,
mich mit einer, freilich sehr traurigen Erfahrung zu bereichern,'
deren Gegenstand eine mit einem hochgradigen spondylo*
listhetischen Becken behaftete Frau war.
Mein Assistent, Herr.^tÄ6<ef , wird in der nächsten Zeit
diesen Fall ausführlich für seine Dissertation verwerthen, auf
die ich im Voraus verweise. Da aber Dissertationen in der
Monatasehr. f. Gebartok. 1861. Bd. XVIII.. Hft. 6. 27
412 XXX. Brestlau y Neuer Fall von Spondylolisthesis
Regel einen beschränkten kreis nicht überschreiten, so halte
ich es für meine Pflicht, durch diese weitverbreitete Zeitschrift
ein grösseres ärztliches Publikum mit unserer, in mancher
Beziehung einzig dastehenden Beobachtung bekannt zu machen.
E. Flach. 43 Jahre alt, Bauersfrau, zum ersten Maio
schwanger, wurde in der Nacht vom 17. auf 18. April 1861 in
die hiesige Gebäranstalt mit einer Empfehlung von Dr. M. m
Pfungen gebracht, welcher die nahe bevorstehende Geburt wegen
„grosser Enge des ßeckenausganges in allen seinen Dimensionen*'
auf natürlichem Wege für sehr zweifelhaft hielt. Mein Assistent,
welcher die Schwangere gleich nach ihrer Ankunft untersucfal
und keine Zeichen bereits eingetretener Geburt wahrnahm, liess
mich nicht rufen, und so sah ich dieselbe zum ersten Male
am Morgen des 18. April. Ich fand sie im Bette liegend, vom
Transport und der schlaflosen Nacht ermüdet, über Krämpfe
im Unterleibe klagend, sehr ängslhch wegen der durch den
ominösen Ausspruch ihres Arztes ihr drohenden Gefahr.
Nachdem ich sie etwas zu beruhigeü versucht hatte, nahm
ich die Untersuchung per Vcigüiam vor, und es war natürlich,
dass ich zunächst auf den als sehr enge angeführten Becken-
ausgang mein Augenmerk richtete. . Der Befund war aber
ein ganz negativer, denn in keiner Richtung konnte ich irgend
welche Anomalie des Beckenausgangs entdecken. Das Becken
in toto und speciell den Beckenein^ang zu untersuchen,
unterliess ich für jetzt, nachdem ich gefunden hatte, dass
die Vaginalportion noch fast 1 Zoll lang, der äussere Mutter-
mund beinahe geschlossen war, dass weder Blut noch Frucht-
wasser abging, keine eigentlichen Wehen nachgewiesen werden
konnten, dass somit die Geburt noch nicht im Gange war
und ich beabsichtigte später, wenn die Schwangere sich erst
erholt hatte, eine genaue, immerhin angreifende und mehr
oder minder schmerzhafte Beckenmessung vorzunehmen, um
darauf Therapie und Prognose zu gründen. Ich liess dir
Schwangere die horizontale Lage beibehalten und verordnete
Brausepulver. In der Nacht vom 18. auf 19. April gegen
2 Uhr Morgens begannen wirkliche Wehen in regelmässiger
Weise nach und nach sich verstärkend, aufzutreten und die
Gebärende wurde am 19. Morgens auf das Gebärbett gebracht,
ihrer Angabe gemäss hatte die Schwangerschaft ungefölir erst
des Becken.^. UnvolIeDdet gebliebene Entbindung etc. 413
die 36. Wocbe erreicht; der Grund des Uterus stand eine
Hand breit über dein Nabel, der Umfang desJLeibes war
mäs&ig, Fruchtwasser schien wenig Torhanden zu sein, die
Fötaltone konnten auf der rechten Seite deutlich wahrgeuonunen
werden, kleine Kindestheile waren durch die straffen Bauch-
decken mit Mühe in der Nähe des Nabels zu fühlen. Die
am Ende roitzutheilenden Grössen- und Gewicbtsverhältnisse
des Kindes werden zeigen, dass die Schwangerschaft ihr
normales Ende wahrscheinlich ganz oder nahezu erreicht hatte.
Die am gestrigen Tage unterlassene allseitige ßeckenmessung
wurde nun jetzt mit möglichster Genauigkeit vorgenommen.
Deren Resultat war, sowohl was Art als Grösse der Becken-
difformität betnfil, ein so richtiges, wie man es bei der grossen
Schwierigkeit einer Beckenmessung an der Lebenden nur er-
reichen kann und ich muss, obwohl der Fall ein so trauriges
Ende nahm, obwohl ich den einzigen richtigen Weg zur
Entbindung, den Kaiserschnitt, einzuschlagen unterlassen habe,
dennoch mit einiger Genugthuung hervorheben, dass ich zuerst
eine Spondylolisthesis an einer Gebärenden erkannt haJi>e. Bei
Besichtigung des Körpers der Gebärenden ergab sich:
1) Kleine, 4V2 Pariser Fuss hohe Statur, kräftiger
Knochenbau, starke Muskulatur, Extremitäten nicht verkrümmt,
Thorax gut gewölbt, die falschen Rippen ungewöhnlich stark
vorstehend.
2) Hals- und Brustwirbel regelmässig, die Lendenwirbel*
gegend lordo tisch eingesunken. Die Sehne des durch
die eingesunkenen Lendenwirbel gebildeten Bogens betrug
ungefähr 4", die stärkste Vertiefung nahezu l'^ Die Process.
spinosi undeutlich zu unterscheiden.
3) Das Kreuzbein ungewöhnlich stark vorragend, gut
gewölbt, sein oberster Proc. spinosus durch die mageren
Weichtheile sehr deutlich zu fühlen. (Nachdem das Becken
skelettirt worden, zeigte sich, dass der oberste, vermeintlich
dem Kreuzbeine zugeschriebene Proc. spinosus nicht diesem,
sondern dem letzte^ Lendenwirbel angehört.)^) Die beiden
Hüilbeiustämme, gleichwie das Kreuzbein, ragt^ durch die
an diesen Stellen sehr mageren Weichtheile stark hervor. An
1) Cfr. die Abbildung.
414 XXX. Breslau y Neuer Fall toti Spondylollsthesi«
der Haut der Kreuzbein- und Leudeawirbelgegeod war keine
Narbe, keine Einziehung, keine Farbenveränderung siebtbar,
worauf ich ausdrücklich aufmerksam mache, indem durch
diesen negativen Befund einer der Beweise gegen die iamÄf sehe
Ansicht von der Entstehung der Spondylolisthesis durch con-
genitale Hydrorrhachis geliefert ist.
4) Die Entfernung des oberen Randes der Schambein-
Symphyse bis zur Spitze des am meisten vorragenden Proc
spinös, betrug mit dem Baudeloeque'scher^ Tastercirkel 6" 6*.
Wurde der nach rückwärts befindliche Pol dieses Instrumentes
etwas weiter hinauf in die gmbenföniiige Vertiefung der
lordotischen Lendenwirbel geschoben, so betrug die äussere
Conjugata nur 6".
5) Brachte ich einen Finger in der Richtung gegen das
Promontorium in die Scheide ein, so stiess ich, ohne dass
ich mich bedeutend anstrengen musste, auf die hintere
knöcherne Wand des Beckeneingangs, von der ich freilidi
nicht wissen konnte, ob es das wahre Promontorium oder
ein falsches sei. Von dem Ligamentum arcuatum des Schambein^
bogens bis zu der mit einer Fingerspitze erreichten breiten
hinteren Knochenwand betrug die Entfernung 3" 6'". Brachte
ich den Mittelfinger neben den Zeigefinger, so konnte ich,
wenn ich von dem vorragenden Promontorium gegen die
KreuzbeinhöhJe, also nach hinten und abwärts meine beiden
Finger bewegte, ganz deutlich fühlen, dass die erwähnte breite
Knochenpartie dachförmig über die vordere Krenzbeinfläche
sich herab wölbt, ich gelangte in eine winklige Vertiefung,
ohne aber die hinter» knöcherne Begrenzung (Kreuzbein) ei^
reichen zu können. Der erste Eindruck, den ich auf diese
Weise erhielt, war der, als ob auf dem oberen Drittheil des
Kreuzbeins eine Exostose breit aufsitze, die in den Becken-
eingang hineinrage.
Aus der vorgenommenen Untersuchung ging nun un-
zweifelhaft hervor:
ä) dass das Becken in der Richtung^ der Conjugata vera
verengt ist;
b) dass die Gonjug^ vera keine ganzen 3" betragen
könne, wenn man von dem sub No. 4 ang^ebenen
des Beckens. Unvojlendet gebliebene Entbindung etc. 415
Maasse 3V4" und von dem sub No. 5 angegebeneu
Maasse 8'" (nach MichaeUs) abzog,
c) dass ein grosses mechanisches Hinderniss bei der Geburt,
selbst wenn das Kind seine Reife noch nicht vollständig
erlangt habe, zu erwarten sei.
Zu welcher Gattung von defonnen Becken das unserer
Gebärenden gehöre, darüber konnte im Anfang noch ein
Zweifel sein. Entweder hatte man es mit einem rhachitischen
oder mit einem exostotischen oder mit einem spondylo-
listbetischen Becken zu tbun. Ich entschied mich nach
sorgfältiger Ueberlegung mit grosser Wahrscheinlichkeit für
das letzte, denn indem ich mir die demselben eigenthumlichen
anatomischen Verhältnisse vergegenwärtigte, konnte ich das
Ergebniss der äusseren und inneren Untersuchung vollständig
damit in Einklang bringen und sowohl Rhachitis wie
Exostose ausscbliessen, für welche Einiges des Untersuchungs-
befundes, aber nicht Alles sprach. Für die Diagnose der
Spondylolisthesis sprach auch noch das Wenige, was uns die
Gebärende über das Entstehen ihrer Rückgratsdeformität an-
zugeben wusste. Sie will nämlich in ihrer Jugend stets
gesund und „kerzengerade** gewesen sein, bis sie ungefähr
im 17. oder 18. Jahre beim Tragen schwerer Lasten auf dem
Rücken heftige Schmerzen in der Kreuzgegend empfand,
welchen aUmäüg die Verkrümmung des Rückens folgte. Diese
Angabe der Frau Flach wurde mir später dtvch eine brief-
liche Hittheilung von Herrn Dr. M. in Pfungen wiederholt,
welcher bei deren Verwandten Erkundigungen eingezogen hatte.
Ueber den Gang der Frau Flach, ob er ein vorwärtsgeneigter
gewesen ist oder nicht, weiss ich leider nichts anzugeben.
Als Schwangere sah ich sie nicht gehen, als Gebärende wollte
ich sie aus verschiedenen Gründen nicht gehen lassen, und
zweifle auch, ob man aus dem Gange einer Gebärenden einen
richtigen Schluss auf deren früheren, gewöhnlichen Gang
hätte ziehen können. War nun die Diagnose auf Spondylo-
listhesis mit grösster Wahrscheinlichkeit festgestellt, wussten
wir auch ferner, dass durch das Verschieben des letzten
Lendenwirbels auf die vordere Fläche des obersten Kreuzbein-
wirbels der Beckeneingang in seinem geraden Durchmesser
wesentlich verkürzt ist, konnten wir ferner die Grösse dieses
416 XXX. Breslau j Neuer Fall von Spondyloltsthesis
Darchmessers einige Linien unter S^ schätzen, war hiermit
auch die Gefahr für Mutter und Kind hinlänglich vorauszusehen,
so konnte ich mich doch schon jetzt, bevor noch die Natnr
irgend welche Anstrengungen gemacht hatte, mit dem Ge-
danken, die Geburt kunstlich zu beendigen, nicht befreunden,
denn wenn ich dies thun wollte, so war der Kaiserschnitt
der einzige Weg, der einzuschlagen gewesen wäre. Der
Muttermund war am 19. April gegen 11 Uhr Vormittags
thalergross erweitert, die Blase stand, ein vorliegender Kindes-
theil konnte nicht gefühlt und daher nicht bestimmt werden,
die Wehenthätigkeit war eine kräftige und ganz regelmässige,
die Fötalherztöne waren deutlich auf der rechten Seite zu
hören. Ein Eingehen mit der ganzen oder halben Hand in
den oberen Beckenraum und darüber hinaus war bei der
Enge und Straffheit der Genitalien einer . 43jährigen Erst-*
gebärenden, bei stehender Blase und nicht vollständig er-
weitertem Muttermunde nicht thunlich. Wäre es zu dieser
Zeit möglich gewesen, so hätte ich mich, vielleicht jetzt, in
dem günstigsten Momente, zum Kaiserschnitt entschliessen
können. Ich that es nicht und habe allerdings Grund, es
zu bereuen, denn wie ich die Sache jetzt ansehe, war eine
absolute Indication dazu gegeben. Nachdem ich aber nun
einmal den günstigsten und richtigsten Zeitpunkt zum Kaiser-
schnitte versäumt hatte , trat eine Reihe von unvorhergesehenen
und unglücklichen Ereignissen ein, welche dessen spätere
Ausführung kaum noch als indicirt erscheinen liessen. Um
2 Uhr Nachmittags sprang die Blase bei nicht ganz erweitertem
Muttermunde. Es floss dabei eine ziemlich grosse Menge
trüben mit Meconium gemischten Fruchtwassers ab, und es
fiel auf der linken Seite eine pulsirende Nabelschnursehlinge
in die Scheide vor. Als vorliegender Theil konnte nur mit
Mühe der mehr auf der rechten Beckenseite hoch stehende
Kopf erkannt werden. Von einer Bepostion der Nabelschnur,
sei es mit der Hand, sei es mit einem Omphaloteter, konnte
kein Heil für das Kind erwartet werden, denn wenn auch
die Reposition gelungen wäre, so Hess sich voraussehen,* dass
bei dem hohen seitlichen Stande des Kopfes die einmal vor-
handene Lücke des Beckeneingangs stets von Neuem zum Vorfalle
des Nabelstrangs geführt hätte. Vielleicht konnte das Leben
de» HeckiMis. UnvoIIeuüet g^ebliebeiie Kiitbinduiig otc. 417
des Kindes durch eine giücklich vollbrachte Wendung auf die
Fasse erhalten, vielleicht konnte das bestehende Hinderniss, wenn
die Wendung vollbracht, durch euie geschickte Drehung des
nachfdgenden Kopfes überwunden oder Zange^ Perforatorium
und Kephalotribe an denselben gelegt werden. Nachdem die
Gebärende in Chloroformnarkose verselzt war, versuchte ich
init der rechten Hand auf der linken Mutterseite einzugehen,
um zu den wahrscheinlich hier befindlichen Füssen zu
gelangen. Seit dem Springen der Blase war kaum V^ Stunde
vergangen, aber bereits hatte sich der gross te Theil des
Fruchtwassers entleert, der Uterus war fest um das Kind
zusammengezogen, der Muttermund hatte sich wieder mehr
vei*engert und in Falten gelegt, die Wehen waren sehr stark,
iieinahe continuirlich und die tiefe Chloroformnarkose hatte
fast keinen Einfluss auf dieselben, die Nabelschnur pulsirte
noch lebhaft. Der Einführung der rechten Hand und des
rechten Armes standen von Seite der Weichthcile und von
der in den Beckeneingang hereinragenden Lendenwirbelsäule
so grosse Hindernisse entgegen, dass ich es bald vorzog,
meinen linken dünneren Arm zu versuchen, zumal ich auch
erkannt hatte, »dass wir es mit einer sogenannten dritten
Schädellage zu thun hatten, bei welcher die Füsse gegen die
vordere Bauchseite hin gewendet sind. Nun wurde die Ge-
bäi;ende auf den rechten Schenkel gelegt, ich ging von rück-
wärts mit dem linken Arme ein und eiTeichte nun, an die
vordere Uteruswand mich haltend, mit vieler Muhe den
rechten Fuss. Den linken, ganz in die Hube geschlagenen
und innig an das Kind angepressten Fuss zu erfassen, war
ujir unmöglich. So musste ich mich denn vorläufig mit dem
rechten Fuss begnügen und zog ihn in die Scheide herab.
Sowohl beim Eingehen mit der Hand als beim Herabziehen
des Fusses hatte ich versucht, den Kopf in die Höhe zu
sclueben und das Kind zu wenden, allein bei der festen
Umschnürung des Uterus war es mir nicht gelungen, dies
zu bewerkstelligen. Auch der sogenannte doppelte Handgriff
führte weder zum Zurückweichen des Kopfes, noch zum
tieferen Herabführen des angeschlungenen rechten Fusses; dip
Lage blieb eine gedoppelte und konnte nicht in eine Sleiss-
oder Fnsslage umgewandelt w^deu, so sehr ich mich auch
418 XXX. Breslau^ Neuer Fall von SpondylolistheBia
nach allen Regeln der Kunst bemühte, es zu than. Unterdesseo
hatte die vorgefallene Nabelschnurschlinge zu pulsiren auf-
gebort und es handelte sich jetzt nur mebr darum, auf die
Mutter Bedacht zu nehmen. Unglücklicher Weise für diese
war während der Wendungsversuche eine beträchtliche Blutung
eingetreten, aller Wahrscheinlichkeit nach von einer theil weisen
vorzeitigen Lösung der Placenta herrührend und vielleicht
durch die Wendungsversuche selbst entstanden. Bald nach
dem misslungenen Wenduugsversuche machte ich einen ebenso
vergeblichen die längste unserer Zangen (die Locher'sche)
an den hochstehenden Kopf zu appliciren, allein sie umfasste
ihn nicht einmal, geschweige denn, dass sie zu einem Zuge
geeignet gewesen wäre. Es schien mir nun am gerathensten,
der Gebärenden einige Ruhe zu gönnen, und nachdem ich
Fuss und Nabelschnur reponirt und den Kopf mit der Hand
so viel wie möglich gegen den Beckeneingang herabgeleitet
hatte, zu warten, ob die kräftige Wehenthätigkeit vermöge ihn
zur Anlegung weiterer Instrumente etwas tiefer herabzutreiben.
Im Anfange schien dies auch der Fall zu sein, allein nachdem
von 4 Uhr Nachmittags bis Abends gegen 8 Uhr die Wehen
in ungewöhnlicher Kraft angedauert hatten, ^war der Stand
des Kopfes doch noch immer ein solcher, dass er mit Mühe
mit zwei Fingeni durch den stark angeschwollenen faltigen
Muttermund erreicht werden konnte. Der Kopf stand noch
immer über dem Beckeneingange und nicht auf demselben.
Die Gebärende war Abends 8 Uhr durch die Intensität und
Schmerzhaftigkeit der Wehen allerdings sehr aufgeregt, der
Puls sehr beschleunigt, bisweilen miregelmässig, indess war
trotz des vorausgegangenen und fast ununterbrochen fort-
dauernden Blutverlustes die Erschöpfung keine so bedeutende,
dass man in diesem Momente nicht noch hoffen konnte, ihr
Leben zu erhalten, wenn anders es gelingen werde, die Geburt
bald und auf möglichst schonende Weise zu vollenden. Ob es
aber möglich sei, das todte Kind auf naturlichem Wege, sei
es ganz oder verkleinert zu extrahiren oder ob es durchaus
nothwendig werde, das todte Kind durch den Kaiserschnitt
zu entfernen, um vielleicht jetzt noch die Mutter zu retten,
diese Fragen drängten sich jetzt mit ganzer Macht auf und
sie richtig zu beantworten und darnach zu handeln, war die
des Beckens. Unvollendet gebliebene Entbindung etc. 419
schwierige Aufgabe. Selbst Reconvalescent, noch schwaeh und
von Torausgehender Anstrengung noch angegriffen, wönschie
ich die Ansicht meines erfahrenen Collegen, Herrn Dr. SpöndlU
zu vernehmett und Hess denselben bitten, sich alsbald in die
Gebäranstalt zu verfügen. Derselbe fand sich bereitwilligst
gegen Vs^ ^^ Abends ein und nachdem ich ihn vom Voraus-
gehenden und von meiner Beckendiagnose in Kenntniss gesetzt
hatte y untersuchte er mit grosser Ruhe und Genauigkeit.
Er war zur sofortigen Vornahme des Kaiserschnittes nicht
geneigt, sondern hielt es für angezeigt, noch einmal einen
Versuch der Wendung auf die Füsse zu machen, um den
nachfolgenden Kopf darauf zu verkleinern. Dr. Spöndli ging
nun, nachdem die Gebärende neuerdings chloroformirt war,
mit dem rechten Arme in die Uterushöhle ein und indem er
sich hierbei ganz deutlich von dem starken Vorragen der
Lendenwirbelsäule überzeugt, hielt er es dennoch nicht für
unmöglich, das Kind an den Füssen zu extrahiren, voraus-
gesetzt, dass die Wendung, die Umdrehung vorerst gelinge.
Daran aber scheiterte seine Kunst, so gut wie die meinige.
Er konnte zwar ohne Muhenden bei meinen Wendungsversuchen
herabgeholten und später wieder reponirten rechten Fuss er-
reichen und neuerdings herabholen, allein den Fuss zu ergreifen,
war weder in der Rückenlage, noch in einer der Knieellenbogen-
lage sich nähernden Seitenlage möglich und Versuche der
mannichfalligsten Art, die Wendung auf einen Fuss zu vollenden,
misslangen trotz aller Anstrengung und Mühe. Der bis vor
die äusseren Genitalien herabgezogene rechte Fuss erschien
nun für die weiter vorzunehmenden Versuche, das Perforatorium
und Kephalotrib anzulegen, als Hinderniss und er wurde von
mir mittels der Stein- Mesnard" sehen Knochenzange im
Kniegelenke abgedreht. Jetzt suchte ich das ScamonC»che
Kephalotrib anzulegen. Dies gelang aucli zwei Mal, aber
es konnte immer nur ein so kleines Segment des Schädel-
daches gefasst werden, dass es zwei Mal in horizontaler
Richtung abglitt und keine ergiebige Compression zu Stande
gebracht werden konnte. Ein t^epanförmi^es Perforatorium
durchdrang nur die dicke Kopfschwarte und die äussere
Knochentafel , konnte aber wegen des hohen und immer noch
etwas beweglichen Kopfstandes nicht seine ganze Wirkung
420 XXX. Breslau y Neuer Fnll von ^pondylolUtliests
äussern. Unterdessen war die Erschöpfung der fortwährend
blutenden Gebärenden so gross geworden, dass es rathsam
schien, jeden weiteren Operationsversuch wenigstens momentan
aufzugeben, damit deren Leben nicht unter unseren Händen
orlösche. Verschiedene Analeptica schon vorhergehend und
auch jetzt wieder gereicht, konnten die drohende Katastrophe
nicht lange mehr verhüten. Frau Flach starb unentbunden
Nachts nach V2II ^^r unter Zeichen von Erschöpfung und
Verblutung. Den Kaiserschnitt an der Leiche sofort nach
dem Tode zu machen unterliess ich, weil das Kind unzweifel-
haft todt war und weil nach dem Gesetz der Kaiserschnitt
an während der Schwangerschaft verstorbenen Frauensperaonoi,
wenn die Lebensfähigkeit oder der Tod des Kindes unzweifel-
haft erwiesen ist, nicht ausgeführt zu werden braucht
Bei der am folgenden Tage vorgenommenen Section wurde
durch die Linea alba die Bauchhöhle und dann der Uterus
eröflhet. Nach Durchschneidung der fast blutleeren ungefähr
V2 ' dicken Uterinwand war die linke nach vorn gekehrte Seile
des stark zusammengekrümmten Kindes und zunächst der
linke im Ellenbogengelenk gekrümmte Arm zu sehen. In der
iNähe desselben, mit ihm sich kreuzend an die Vorderfläcbe
des Kindes und nach oben an die vordere Uterinwand an-
gepresst fand man die linke untere Extremität, an welcher
das in dritter Schädellage liegende Kind durch die etwa 6"^
lange Schnittwunde des Uterus ohne Schwierigkeit hervor-
gezogen wurde. Fruchtwasser war gar keines mehr vor-
handen, das Kind war von Meconium, Blut und Vernix caseosa
überzogen, war weibüchen Geschlechtes, 17" lang, 5% Pfd.
schwer und vollkommen reif. Der horizontale Umfang des
Kopfes betrug 35 Centimeter, der gerade Durchmesser 4V4",
der kleine Querdurchmesser 3", der grosse Querdurohinesser
SV/, der diagonale 4V2'- Von der an der hinteren Wand
des Uterus sitzenden Placenta fanden wir das untere Viertheil
gelöst, das übrige plattgedrückte Parenchym noch im Zu-
sammenhang mit der Uteruswand. Nachdem wir uns überzeugt
hatten, dass keiife Ruptur d^s Uterus vorhanden, wm^de behufs
weiterer Untersuchung und Aufbewahrung Uterus sammt eüiem
Stück Scheide etc. herauspräparirt. Nun war es uns gestattet,
von oben herab einen Blick in die Beckenhöhle zu thun, über
des Beckens. Unvollendet fr^bliebene fintbindnn'g ett*. 421
welche die Lendenwirbelsäule in einer Weise vorgeschoben
war, dass sie dadurch wie in zwei Hälften getheilt erschieD.
Ais wir die frische Kindesleiche mit dem Kopfe voran auf
den Heckeneingang gelegt, war nun freilich das enorme Miss-
verhaltniss zwischen diesem und dem Kindesschadel in evidenter
Weise sichtbar. Die engste Stelle des Beckeneingangs in
gerader Richtung wurde an dem eventrirten Becken mittels
eines eingeschobenen Stückchen Holzes zu 2" 10'" bestimmt
und dann das Becken zur Skelettirung aus der Leiche ge-
nommen. Herr Stud. Rebsamen, welcher das Becken heraus-
nahm, machte mich dabei auf die grosse Beweglichkeit in den
Kreuzdarmbeinverbindungen aufmerksam. Man konnte, tvenn
man das Becken unten fixirte und den obersten Lendenwirbel mit
einer Hand ergi'iif, die ganze Lendenwirbelsäule und das Kreuz-
bein in der Richtung von vorn' nach rückwärts und umgekehrt
um einige Linien bewegen. Eine Zerreissung oder Fractur
war nirgends zu finden. Als Ursache des Todes konnte an
der Leiche keine weitere als ausgesprochene Blutleere
erkannt werden.
Zum Verstandnisse unseres Falles wird die beigegebene
naturgetreue und naturgrosse Abbildung der rechten Hälfte
des Beckens, genau in der Mitte von oben nach unten
durchsagt, wesentlich beitragen. Ich unterlasse eine detaiiirte
Beschreibung des Züricher spondylolislhetischen Beckens, indem
ich nochmals auf Herrn Bületer'» Dissertation verweise und
will nur die mir am wichtigsten scheinenden Punkte hervor-
heben und daran einige Bemerkungen knüpfen.
Die Verschiebung des letzten Lendenwirbels über den
obersten Sacralwirbel ist eine vollständige, ja es erstreckt
sich das kegelförmig abgerundete untere Drittheil des letzten
Lendenwirbels über das obere Drittheil des zweitobersten.
Sacralwirbels herüber. Eine so complete und weitgediehene
Verschiebung ist bei keinem der bis jetzt bekannten spondylo-
listhetischen Becken, nicht einmal bei dem Paderborner (ver-
gleiche die Tafeln von Kutan) beobachtet worden. Die
Verschiebung des letzten Lendenwirbelkörpers ist so bedeutend,
dass er an der vorderen Wand des Vertebralcanals fast keinen
Antheil mehr hat. In markanter Weist^ entstand durch das
Ueberhängen des letzten Lendenwirbels eine spitzwinklige
422 X^X- Breslau f Kener Fall von SpondyloUsthesia
Vertiefting zwischen ihm und der vorderen Fläche des zweit*
obersten Kreuzbeinwirbds und führte an der Lebenden, bei
welcher man mit der Fingerspitze an diese Vertiefung gelangte^
ohne jedoch ihr Ende erreichen zu können, neben anderen
bereits angeführten Umständen zur Diagnose. Sowohl der
lutzte Lendenwirbel, wie auch der oberste Sacralwirbel zeigen
in Grösse und Textur autfaUende Verschiedenheiten von dem
gewöhnlichen Bau. Die ganze vordere und theilweise auc^
die untere Partie des Lendenwirbels zeigt ein sehr weiunaschig-
poröses, leicht zerbröckelndes Gewebe, die hintere an den
obersten Kreuzbeinwh*bel sich anlehnende, mit ihm verwachsene
Partie, auf welcher die ganze Last des Körpers ruhen musste,
zeigt ein dichtes, weissliches sclerosirtes Gewebe, wislches
sich in weniger ausgesprochener Weise aber immerhin noch
sehr deutlich an einigen Theiten des obersten Sacralwirbels
lindet Der letzte Lendenwirbel ist mit dem obersten SacraK
Wirbel synostotisch verbunden. Nur eine schmale von oben
nach unten sich herabziehende Linie bildet die Grenze zwischen
beiden Wirbeln und enthält vielleicht noch einige mikroskopische
Reste des geschwundenen Intervertebralknorpds. Beide Wirbel
sind kleiner geworden und haben ihre Form verändert. Der
letzte Lendenwirbel bei einem verticalen Durchschnitte ge-
wöhnlich in der Form eines Viereckes erscheinend, hat
hei unserem Becken die Fonii eines Dreieckes mit der Basis
nach oben mit der Spitze nach unten gerichtet, angenommen.
Diese Form kann man sich durch Abschleifung des hinteren
Eckes des urspninglichen Viereckes entstanden denken,
□
dn Vorgang, wie er bei einem sehr langsamen Herabiiitschen
und andauernder Compression leicht stattfinden konnte. Indem
nun dieser Wirbel diese eigenthümliche dreieckige Fonn an-
4(«nommen hat, findet die gewöhnliche Bezeichnung: hintere
imd untere Seite keine stricte Anwendung mehr auf denselben.
Diese beiden Seiten oder Flächen sind zu einer Seite oder
einer Fläche verschmolzen und man kann daher mit gleichem
Rechte sagen, dass die hintere Fläche des letzten Lenden*
wirbeis, als dass die untere Fläche desselben mit der vorderen
des Beckens. Unvollendet gebliebene Entbindung etc. 423
Fläche des obersten Kreuzbein wirbeis versebmolzeii ist, oder
man wird sieb ausdrücken müssen, dass hintere und vordere
Fläche des letzten Lendenwirbels mit der vorderen Fläche
des obersten Kreuzbeinwirbels verschmolzen sind. Der oberste
Sacralwirbel stellt bei einem normalen Becken an einem
verticalen Durchschnitte ein oblonges ungleichseitiges Viereck
•D
dar, dessen oberes^ck spitzwinklig scharf vorspringt.
An unserem Becken ist die obere winklige Vorragung des
obersten Sacralwirbels abgeschliffen, abgerundet in eine scbieCe
Ebene verwandelt, über welche der letzte Lendenwirbel lieral»-
gerutscbt. W Die Höhe der vorderen Wand des obersten
Kreuzbeinwirbels beträgt gewöhnlich 1"2 — 3"^ Bei unserem
Becken beträgt sie nur 7'". Die obere, gewöhnlich von dem
darauf sitzenden Lendenwirbel bedeckte Fläche des obersten
Kreuzbeinwirhels ragt frei in den Vertebralcanal hinein. Weniger
auffallend wie bei den von Kutan abgebildeten zwei spondylo-
listhetischen Becken ist die Verengerung am Uebergange des
Vertebrakanals zum Sacralcanal, hingegen ebenso ausgesprochen
ist die darüber befindliche Erweiterung des Endstückes des
Vertebralcanales. Wie bei allen Becken gleicher Art, so ist
auch in unserem der Beckeneingang durch die Wirbel-
verschiebung in seinen Durchmessern und insbesondere im
geraden beeinträchtigt. Dem oberen Bande der Schambein-
fuge ist die vordere Fläche der Wirbelsäule an einer Stelle
bis auf 2" 10'" genähert. Diese Entfernung erhält man, wenn
man ungefähr in der Bichtung der Eingangsconjugata zwischen
dem oberen Band der Schambeinfuge und dem unteren Bande
des drittletzten Lendenwirbels eine Linie zieht. Dies ist die
engste SteUe in gerader Bichtung; weiter unten und weiter
oben nimmt die Entfernung der vorderen von der hinteren
Beckenwand um einige Linien zu, schileller nach abwärts, alsnadi
aufwärts. Der untere Band des viertletzten (zweiten) Lenden-
wirbels i^t von dem obwen Bande der Schambeinfuge kaum mehr
als 3" entfernt, obwohl die Lendenwirbelsäule an dieser Stelle
schon ihre gestreckte, gerade Bichtimg nach aufwärts wiede**
424 X.XX. Breslau y Neuer Fall von SpondylolistheMs
eingenommen hat. in unserer Abbildung prägt sich die durch
das Hereinragen der Wirbelsäule in den oberen Beckenraum
bedingte Raumbeschränkung nicht sehr deutlich aus. Bei
einer Betrachtung des Beckens von oben oder ¥on unten
wird dies Verbältniss deutlicher. Am meisten in die Augen
springend ward mir der hohe Grad der Raumbeschi'änkung,
als ich den skelettirten Schädel des Kindes der Frau Flach
zu wiederholten Maien und in verschiedener Richtung auf
deren Becken legte. Da konnte ici] seheg, wie der Schädel
nicht blos in keiner Richtung den Beckeneingang passiren
konnte, sondern wie er nicht einmal mit einem grosseren
Segmente in denselben hineinragen konnte, indem er schon
oberhalb desselben durch die vorstehende Wirbelsäule auf-
gehalten wui'de. Etwas Aehniicbeä. lindet sich wohl bei allen
spondyloUsthetischen Becken. Das dem Eintritte des Kopfes
sich entgegeristellende Hinderniss beginnt hoch oben und ist
für eine lange Sti'ecke vorhanden. Dadurch wird das Er-
reichen des Kopfes und die Application von Zange und
Kephalotribe so sehr erschwert, und es kann, wie in unserem
Falle, bei Fettreichthum und Anschwellung der äusseren
Genitalien und bei unvollständig erweitertem, lappig- faltigem
Muttermunde die Schwierigkeit bis zur UnmögUchkeit sich
steigern. Ein rhachitisches Becken mit 2'' 10'" Conjugata vera
ist weniger gefahrbringend für die Mutter als ein spondylo-
üsthetisches, dessen engste Stelle in gerader Richtung ent-
sprechend der Conjugata vera auch 2" 10"' missU Das
rhachitische Becken ist häufig niedrig, der Kopf gelangt ohne
Hindernisse bis zum Beckenein gange,, kann sich in querer
Stellung in der oberen Apertur feststellen, kann mit zangen-
artigea Instrumenten verhältnissmässig leicht erreicht und
gefasst werden und hat in der Regel nur eine enge Passage
zu überwinden, deren beide Endpunkte sich gegenüberstehejid
in einer Ebene zu liegen pflegen. Ist diese kurze enge
Passage überwunden, so steht dem weiteren Vorrücken kein
weiteres Hinderniss mehr* im Wege. Anders verhält es sich
bei einem spondyloUsthetischen Becken. Der Kopf bleibt
über dem Beckeneingange stehen, hat, bevor er die engste
Stelle von z. B. 2" 10'" erreicht, sich durch einen 1—2"
langen engen Raum von ungefähr 3" Weite durchzudrängen
des Backens. Unvollendet gebliebene Kutbiuduug etc. 42Ö
uud hat er uuu wirklicli die engsle Stelle passiit, so geiaagi
er erst nach und nach in einen verhältnissmassig günstigen
Raum. Wenn man also bei einem rhachitischen Becken von
2'f -^Q/// Conjugata noch mit einiger Wahrscheinlichkeit aul'
einen wenigstens für die Mutter glücklichen Ausgang der
Geburt rechnen kann, so kann darauf bei einem spondylo-
listhetischcn Becken, dessen engste Stelle auch 2" 10''' beträgu
nicht gerechnet werden. Nach den neueren schonenden Grund-
sätzen in der Geburtshulfe wird man bei einem rhachitischen
Becken von 2" 10'" Conjugata zum Kaiserschnitt nur dann
seine Zuflucht nehmen, wenn man von dem Leben des reifen
Kindes überzeugt ist und wenn die Mutter die Erhaltung
desselben ausdrücklich wünscht; bei einem spondylolisthetisdien
Becken von gleicher Beschränkung der Conjugata wird mau
hingegen, wie es Kiwisch gethan hat, ohne Bedenken und
vielleicht unter allen Umständeo den Kaiserschnitt machet)
müssen, und wenn ich es nicht getlian habe, so liegt der
Grund darin, dass ich mit den Eigenthümlichkeiten des
spondylolisthetischen Beckens noch nicht so bekannt war,
wie ich es jetzt bin. Ein die Schwierigkeit des Eintritts des
Kopfes in die obere Beckejiapertur wesentlich vergrössernder
Umstand darf endlich nicht übersehen werden. Er besteht
in dem Mangel von Abüachung, von Auswärtsbiegung des
oberen Drittheils der vorderen Beckenwand. Die horizontalen
Aeste der Schambeine und die obere Partie der Schambein-
fuge sind nämlich nicht blos nicht nach aussen abgeflacht,
wie sie an den meisten gut gebildeten, mitunter aber auch
an deformen Becken zu sein pflegen, sondern sind, wie
es unsere Abbildung recht deutlich wiedergiebt, im Gegen theil
etwas nach einwärts gebogen. Der Kopf ruhte somit nach
vorn nicht auf einer schiefen Fläche, sondern auf einer Kante,
trat mit der Innenfläche der vorderen Beckenwand in keine
nähere Berührung und musste, trotzdem er von den Wehen
möglichst tief hei^abgedrängt worden, doch immer, auch nach
vorn zu, schwer erreichbar bleiben un.d mu.sste eine gewisse
Beweglichkeit beibehalten.
Bei Untersuchung unseres Beckens habe ich mich zu
erforschen bemüht, ob dieser Fall über die noch dunkle
42t) XXX. Brenlauj Neuer Pull von Spondyloltsthesis
Entslehungsweise d^r Wirbelveiscfaiebung einiges Licht ver-
breiten werde. Insbesondere war es mir darum zu thun, ob
icb LambVs mit so vieler Sicherheit in ScamonCs Bei-
tragen, Jil. Bd., niedergelegte Ansichten bestätigen könnr
oder nicht Ich habe vergebens nach einem Schaltwirbel
gesucht und keinen solchen, ja nicht einmal ein Knochen-
plättchen gefunden, welches man künstlich zu einem Rudimente
eines Sehaltwirbels stempeln könnte. Die LambV^ch^ Schalt-
wirbeltheorie hat also auf unser Becken gar keine Anwendung.
Hingegen findet sich allerdings eine im Sinne LambFs
hydrorhachitische Oeffnung auf unserer Abbildung mit a an-
gedeutet, dicht unterlialb des Processus spinosus des lelzten
Lendenwiii)els. Diese OelTnang von etwas unregelmässiger
Gestalt und von der Grösse circa eines Frankstuckes, fiel
mir sofort, als ich das skelettirte präparirte Becken in die
Hände bekam, auf. Sie ist von keiner Membran bedeckt
und fuhrt unmittelbar in den Sacraicanal. Im Anfang glaubte
ich in der That, es sei ein Residuum einer fötalen Hydrorhachis,
aber eine weitere Betrachtung, ein Nachsuchen in anatomischen
Handbüchern und besonders eine Vergleichung mit den anderen
nicht spondylolisthetischen Becken unserer Sammlung brachte
mich bald zu der Ueberzeugung, dass diese hydrorhachitisch
sein sollende Oeffnung eine ganz normale, physiologische, bei
jedem Becken sich vorfindende OelTnung ist, die von manchen
Anatomen Hiatus lumbalis, von anderen Hiatus lumbo-sacralis
genannt wird, von manchen allerdings gar nicht berücksichtigt
wird, eine Oeffnung, die sich manchmal allerdings dem Auge
ganz entzieht, wenn sie von einem dachförmig darüber lagernden
Processus spinosus des letzten Lendenwirbels, von seinem
Ligamentum interspinosum oder der Dura mater spinalis bedeckt
ist, in manchen Fällen wie eine halbmondförmige Incisur er-
scheint, in anderen' hingegen, bei Verkümmerung und mangel-
hafter Entwickelung des Processus* spinosus des letzten
Lendenwirbels oder wenn derselbe eine mehr horizontale auf--
gerichtete Stellung angenommen hat, als eine Apertur sich
zeigt, die um so grösser zu sein pflegt, je vollständiger die
sämmtlichen Häute und Ligamente durch Maceration und sorglose
Präparation zu Grunde gegangen sind.
des Beckens. Unvollendet gebliebene Entbindang etc. 42?
Man könnte nun freilieh sagen, dass gerade an dieser
Stelle, wo an und för sich eine Lücke in der hinteren
knöchernen Begrenzung des Wirbelcanals gegeben ist, eine
Hydrorhachis unter dispontrenden Umstanden leichter zur
Entwickeiung kommt, wie anderswo. Das ist gar nicht zu
läugnen, denn in der That findet sie sich hier -am aller-
häufigsten. Kommt sie aber zu Stande, so Nehmen in allen
Fällen die Weichtheiie daran Theil, sie' werden entweder in
Form eines mit Flfissigkeit gefüllten Sackes vorgestölpt oder
wenn frühzeitig, noch intrauterin, eine spontane Heilung
durch Platzen des Sackes erfolgt ist, wie bisweilen zu ge-
schehen pflegt, so sieht man an dessen Stelle fingerförmige
Appendices mit narbenartiger Veränderung der Haut. Die
Haut, auf die ich schon bei der lebenden Frau Flach und
noch an deren Leiche besonders geachtet hatte, zeigte aber
gar keine Veränderung und ich muss somit mit Bestimmtheit
mich dahin aussprechen, dass in unserem Falle von Hydrorhachis
so wenig eine Spur war, wie von einem Schaltwirbel. Die
Lamdrsche Theorie von der Entstehung der Wirbelverschiebung
passt also auf unseren Fall nicht und ich glaube, dass bei
einer nochmaligen Revision der früheren Fälle die Zam&rsche
Theorie einen argen Stoss erleiden , durfte. Wie kann man
aber in unserem Falle das Herabgleiten des letzten Lenden-
wirbels erklären? Diese Frage vermag ich leider nicht ge-
nügender zu beantworten, als es schon früher geschehen ist.
Wir sehen eben nur das Vollendete vor uns und bewegen
uns, um das Werdende zu erklären, in einer Reihe von Ver-
muthungen. Neue Ansiebten vermag ich nicht beizubringen;
am wahrscheinlichsten dünkt mir immer noch, dass, veranlasst
durch traumatische Einwirkung, durch schweres Tragen eine
entzündliche Erweichung des Knochengewebes des letzten
Lendenwirbels und des obersten Kreuzbein wirbeis, eine Auf-
lockerung und Erweichung des letzten Zwischenwirbelknorpels
entstand, dass bei fortdauerndem Drucke von oben sehr
allmälig die bedeutende Verschiebung mit Verlängerung der
Wirbelbogen zu Stande kam, dass endlich, nachdem der
Zwiscbenwirbelknorpd resorbirt war, der Process des Schiebens
durch die nun. sich ausbildende Synostose sein Ende erreichte.
MonaUacbr. f. GcburUk. 1861. Bd. XYIII., Hrt. 6. 28
428 XXXI. iS<«in2>ac7(, Zur Diagnose des Fö'talgeschlecht«.
Da keine Eiterung vorkandeu wai* und gleicliwolii einige Tbeilc
zweier Wirbel und der ganze Z^vischenknorpci zu Grande
gegangen sind, so kann n^an dem ganzen Vorgang den Namen:
Caries sicca beilegen. So viel ist gewiss, dass die Wirbel-
verscbiebung nicht plötzlich, sondern sehr allmälig geschah,
und dass, es einer besonderen äusseren Veranlassung bedurflA*,
damit sie zu Stande kommen konnte. Die Wirbelverscbiebuiig
am Becken ist ein Vorgang, dem fast gar nichts Analoges
an anderen Theilen des Skelettes an die Seite gestellt werden
kann; er steht einzig da und es ist künftigen Forschungen
vorbehalten, befriedigende Erklärung dazu zu geben.
XXXL
Zur Diagnose des Fötalgeschlechts.
Als Beitrag zu den von Dr. Frankenkäuser zuerst über
diesen Gegenstand mitgetheilten Beobachtungen
Dr. C. Steinbach,
ehemaligem Asaistonten der Qebäranstalt zu Jena.
Der Gegenstand, um welchen es sich hier handelt, ist
verhältnissmässig noch so neu, die Beobachtungen hiember
stehen noch so vereinzelt da und mit der Frankenhäuser'sdben
Behauptung zugleich in solchem Widerspruche (vergl. Dr. HacJce,
„lieber den Werth der Frankenhäuser' ^dien Entdeckung,
aus der Frequenz der Fötalherzsehläge das Geschlecht des
Fötus zu bestimmen" und Prof. Dr. Breslau, „lieber die
Frankenhäuser' Bche Entdeckung, das Geschlecht des Fötus
durch Zählung der Herztöne erkennen zu können "" in der
Monatsschrift für Geburtskunde und Frauenkrankheiten, Bd. XV.,
Heft 6), dass die Acten hierüber keineswegs für abgeschlossen
angesehen werden dürfen. Nur eine lange Reihe sorgfältig
angestellter, von allem Vorurtheile freier Beobachtungen
XXXI. Steinbock, Zur Diagnose des Fötalgescblechtft. 429
können (Mitsclieiden , ob an der . Sache etwas Wahres sei
oder nicht.
Einen, wenn auch nur kleinen Beitrag hierzu will ich
in Folgendem geben.
Dass derartige Beobachtungen überhaupt nur da angestellt
werden können, wo Einem Material genug und jeder Zeit
zu Gebote steht, leuchtet wohl von selbst ein; als Assistenz-
arzt der geburtslirdflichen Klinik zu Jena war mir diese
günstige Gelegenheit geboten. Nicht ohne einiges Misstrauen
begann und setzte ich meine Beobachtungen im Laufe des
Sommers 1859 an 56 Schwangeren fort und konnte ich
bereits damals von weiteren Untersuchungen abstehen, da
meine dazu angelegten Tabellen fast vollständig daß bestätigten,
was Dr. Frankenhäuser damals behauptet hatte und noch
jetzt behauptet, insofern in diesen 56 beobachteten Fällen
die Vorausbestimmung des Geschlechts nur 13 Mal trog,
Falle zugleich, deren Analyse wegen ihrer Eigenthündichkeit
weiter unten nothwendig wird, um ihren Werth für die Ge-
schlechtsbestimmung genauer festzustellen.
Der Uebersichtlichkeit halber will ich die Tabellen gleich
hier einschalten und brauche ich zum Verständniss derselben
weiter Nichts «hinzuzufügen, als dass die mit — ausgefüllten
Zahlenwerthe andeuten sollen , dass zur Zeit der Untersuchung
die betreifende Schwangere entweder abwesend war, oder
dass die Herztöne der Frucht nicht deutlich oder absolut
nicht zu hören waren, oder endlich, dass die Geburt bereits
im Gange, der Fötalpuls also in dieser Beziehung nicht mehi*
zu verwerthen war.
28*
430 XXXI. Steinbarh y Znriyi&gnoHe des Fötaloreschlecht«.
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436 XXXI. SUtnbach, Zur DiagDOse de« Fötalgesohlechts.
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XXXI. Steinbach y Zur Diagnose des Fätolgeschlechts. 437
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438 XXXI. Steinbach f Zur Diagnose des FÖtalgeschlechts.
Unmittelbar hieran anknöpfend schicke ich erst nodi
einige Bemerkungen voraus, die sich theils auf AUgemeines
der Untersuchung beziehen, theils Specielles der bei solchen
Untersuchungen zu beobachtenden Cautelen betreffen, deren
Befolgung mir unejrlässlich erscheint, wenn etwas Erspriess-
liebes zu Tage kommen soll.
So begnügte ich mich nicht mit einer ein- bis drei-
maligen Untersuchung einer Schwangeren. Denn betrachtet
man alle die Fälle, wo ich längere Zeit beobachten konnte,
so fmdet man öfter so beträchtliche Pulsschwankungen, dass
man recht wohl einsieht, dass eine grössere Reihe von
Beobachtungen dazu gehört, um den Mittelwerth der Puls-
frequenz herauszufinden. Ich auscultirte demnach jeden Tag
Morgens und Nachmittags mit Ohr oder Stethoskop, begann
damit erst Tags nach der Aufnahme der betreffenden
Schwangeren in die Anstalt und setzte die Beobachtung ohne
alle Unterbrechung bis zum Eintritte der Geburt fort; die
notirten Einzelzablen eines jeden Falles geben somit zugleich
die Zahl der Tage an, wie lange vor dem regelmässigen Ende
der Schwangerschaft (No. 17^ ausgenommen; siehe übrigens
weitier unten) und wie oft die Untersuchungen gemacht
worden sind. So giebt z. B. No. 1 an, dass die Unter-
suchung 2V2 Tage lang früh und Nachmittags angestellt
werden konnte u. s. w.
Oft faüt die Zeit der Beobachtung nur auf die letzten
Tage der Schwangerschaft, doch sind auch wieder Fälle genug
darunter, die einen Monat lang und noch darüber vor Eintritt
der Geburt beobachtet werden konnten, und gerade diese
bestätigen, um es gleich hier zu erwähnen, die Behauptung
Anderer, dass mit dem Vorrucken der Schwangerschaft eine
mit der fortschreitenden Enlwickelung der Frucht einher-
gehende gleichmässige Abnahme der Frequenz des Fölalpulses
nicht wahrzunehmen ist. Lieb wäre es mir freilich gewesen,
den Fölalpuls auch aus einer viel früheren Zeit der Schwanger-
schaft einer Controle unterworfen zu haben, leider war das
nach den Bestimmungen der hiesigen Gebäranstalt nicht
möglich, da dieselbe mit wenig Ausnahmen den unentgeltlichen
Eintritt vor dem letzten Monate der Schwangerschaft ver-
weigert.
XXXI. SUinb€icht Zur Diagnose des Kötalgeschlecbts. 438
Auch ich zählte nach Viertelminuten, utu weniger Hedactions-
fehler zu erhalten, und fand ich im Vergleich zu früher bereits
notirten Zahlen grössere Pulsschwankungen, so wiederholte ich
das Zählen mehrmals und trug schliesslich die gefundene
Mittelzahi ein.
Was die Pulsschwankungen betrifft, die nach anderen
Beobachtern oft erhebliche Differenzen zeigen, so sind die-
selben hin und wieder nicht zu leugnen, doch gleichen sich
dieselben bei länger fortgesetzter Beobachtung wieder aus
oder ti*eten bei der Summe der gefundenen Zahlenwerthe ganz
in den Hintergrund zurück. Die grössten mir in meinen
56 Fällen vorgekommenen Differenzen ünden sich in Fall 35
und 42, aber auch hier zu den übrigen Zahlen ganz isolirt.
In ersterem, wo die Pulsschwankungen im Ganzen unbedeutend
sind, fand ich den Pötalpuls eines Morgens oluie irgend
welche nachweisbare Ursache während einer ganzen Viertel-
stunde stets auf 108 herabgesunken (es war ein Knabe); im
anderen Falle behauptete derselbe trotz aller beobachteten
Vorsicht die constante Höhe von 192 (es war ein Mädchen).
Kleinere Schwankungen naturlich kommen immer vor,
doch bewegen sich dieselben meist in den Zahlen, um welche
man sich 'auch bei exactem Zählen nach Viertelminuten irren
kann. Beide Umstände veranlassten mich auch, nicht etwa
gleich nach der ersten oder den paar ersten Untersuchungen das
muthmaassliche Gesclilecht sofort einzuzeichnen; darum trug
ich auch in den Fällen, wo die Untersuchung kaum erst einen
oder einige Tage geführt war, das Geschlecht erst nach, als
die begonnene Geburt mir anzeigte, dass weitere Beobachtung
nun vorüber sei, und merkwürdiger Weise befinden sich
gerade unter diesen Fällen einige von denen, wo die gestellte
Diagnose fehl schlug, wahrscheinlich, dass bei so nahe bevor-
gestandener Geburt schon irgend welche Einflüsse derselben
auf das Intrauterinleben der Frucht ihr Recht geltend gemacht
hatten.
In Bezug auf die von Dr. Frankenhäuser bestimmten
Grenzzahlen, von welchen auf- und abwärts man sich für
das eine oder andere Geschlecht entscheiden soll, bin idi
schon nach weiter oben Angedeutetem nicht ganz ein-
verstanden. Auch hier will ich erst die Tabelle naturlicJi
440 ^^^^i^* SUinbaeh, Zar Diagnose des FöUlgefchlecbts.
Dur der Fälle voraussclücken, ki weicheu die Vorausbesiünmung
des GescbiechU zutraf.
Tabelle II.
Knaben.
Mädchen.
Durchschnittszahl der
Durchschnittszahl de.r
No.
Pulsfrequenz.
No.
Pulsfrequenz.
.
Vor-
Nach-
In
Vor- 1 Nach -
In
mittags.
mittags.
Summa.
mittags. 1 mittags.
Summa.
1
126
128
126
4
140 147
143
2
135
134
134
5
143 141
142
3
132
134
133
12
143 147
145
6
128
182
•130
16
144 144
144
8
134
^ 136
134
17
140 142
141
9
130
132
131
19
152 152
152
10
130
130
130
23
146 14»
144
13
133
134
133
24
146 138
142
14
132
134
133
27
137 139
138
15
131
132
131
44
138 139
138
18
130
130
130
50
156
152
154
20
133
131
132
51
142
144
143
21
133
133
138
22
127
130
128
1 12.
143.
144. 1
~ 1447
26
131
135
133
30
134
138
136
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127
129
128
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136
137
136
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130
130
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133
131
35
129
130
129
1
36
134
184
134
37
123
132
127
1
38
138
134
136
41
124 136
130
1
43
130 134
132
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49
125 128
126
63
138 136
136
54
131
132
131
55
134
137
135
56
134
1.^1
132
31.
.131.
i32.
131.
Wenn ich als Hiltelzahl für Knaben 131 und für das
weibliche Geschlecht 144 gefunden habe (der Unterschied
der Mitlelzabl des Fotalpulses von früh und Nachmittag ist
kaum von weiterem Belang), so bewegte sidi meine Grenz-
zahl in den Zahlen von 133—143 auf und ab, fmiich ein
X^XI. 5toift6acA, Znr DiagDOse tles Föt<ilg€dchlecbts. 441
niciit uiibedeüteoder Spielraui^ im Gegeusalz zur Franken*
häuBer'^c\iea Angabe, nach weicher 136 die Terminalxahl ist.
Ich halte es aber auch nicht für notbwendig, sich auf eine
bestimmte Gren2zahl zu stützen, zumal da nach Obigem kleinere
Schwankungen, die in den Zahlen von 1 — 10 auf- und
absteigen, erstens vorkommen, dann aber auch wegen des
Zählens nach Viertelroinuten nie ganz vermieden werden
können. Aber genügt es nicht, wenn es sich nur bestätigt,
dass die höheren Zahlen für Mädchen, die niederen für
Knaben sprechen? Unerwähnt möchte idi hierbei nicht lassen,
dass die Zahlenwerthe unter 136, die. also dem Masculinum
angehören, lange keine solchen Schwankungen zeigen, wie
die von 140 an aufwärts, und ich gestehe offen, dass ich
bei der wiederholt gefundenen Pulsfrequenz zwischen 124 — 182
mit einer viel grösseren Sicherheit einen Knaben notirte.
Dass nach der Frimkenhäu8eT'%d[ketn Andeutung hier
auch nach der Geburt der Puls \w\ Mädchen noch um ein
Merkliches höher bleil)e, als bei Knaben, auch dafür legte
ich eine Tabelle an und nahm nur diejenigen Neugeborenen
vor, die ich schon während ihres Fötallebens beobaditet hatte.
Ich habe aber diese Arbeit bald wieder aufgegeben, weil eine
Menge anderer Zußllle die Untersuchung stören und unter*
brechen können, Im Allgemeinen jedoch möchte ich behaupten,
dass in Bezug auf die Pulsfrequenz beider Geschlechter eher
das umgekehrte Yerhältniss stattfmde.
Bei der Schwierigkeit derartiger Beobachtungen an
Scliwangeren halte icli es der Muhe nicht für unwerth, speciell
noch aut die Technik der Unlcrsucliung zurückzukommen und
zugleich auf die möglichen Störungen und Cautelen anderer-
seits wieder aufmerksam zu machen, die behufs der Möglich-
keit der Zählung der Fötalherzlöne sowohl als auch des
richtigen Zählens zu l^erncksichtigen sind.
Die Schuld unrichtiger oder nicht ganz exacler Beob-
achtung trägt theils der Beobachtende selbst, theils liegt sie
auf Seiten der zu Untersuchenden, theils auf Seiten des
Fötus, oft aber sind alle drei zusammen Ursache davon.
Stets ist daher eine gezwungene Stellung des Unter-
suchenden störend^ welche Einschlafen der Fnsse, daher
Zittern, Kopfcongestion mit Geliörshaliucinationen mit sich
442 XXXI. Sleinbaeh, Zar Diagnose des Pötnlgdachleclittf.
bringt. Die bequemste Stellung ist demnach die, in welcher
sich der Untersuchende sdbst in keinerlei Weise im Wege
steht; darum liege die Schwangere mit massig erhoiitem Kopfe
auf dem Rucken, so bequem als möglich und dem Bettrande
etwas näher, auf welchem der Untersuchende eine halb*
sitzende, nach vorn öbergeneigte Stellung eingenommen hat
Von schon grösserem Belang sind die Störungen auf
Seiten der Schwangeren. Dahin möchte ich rechnen 1) die
unruhige Lage derselben entweder aus Angst vor dem Un-
gewohnten der Untersuchung, oder wegen im Liegen ge*
steigerter Dyspnoe, oder wegen Empfindlichkeit der; Uterus^
gegend, wodurch beim Auf legen des Ohres oder Ansetzen des
Stethoskops letztere und die mit ihnen in Berührung ge-
kommenen Abdominalflächen weg^n Reaction der Bauchmuskeln
immer ihre Lage zu einander wechseln müssen, was störende
Aflergeräusche erzeugt; 2) auftretende Darmgerauscbe oder
auch fortgeleitetes Athmen der Mutter (der Bauchaortenschlag
der Mutter ist von untergeordneter Bedeutung); endlich
3) gleichzeitiges Auftreten des Uteringeräusches, welches alles
Andere übertönen kann.
Complicirter endlich sind die Schwierigkeiten, die der
Fötus der Untersuchung macht. Hierher gehören vor Allem
1) die Reflexbewegungen desselben, die sehr häufig, wenn
nicht fast immer, zuerst wohl durch das sich zu Rechtelegen
der Schwangeren, dann aber auch durch das Aufsetzen des
Stethoskops oder das Anlegen des Ohres auf deren Leib
hervorgerufen die erste und ersten Beobachtungen stören, und
man muss oft Minutenlang warten (während welcher Zeit ich
weder Stethoskop noch Ohr vom Leibe absetzte), bis der
Fötus seine sturmischen Bewegungen und mit ihnen zugleich
seine accelerirten und unrhythmiscfaen Herzactionen einstellt;
2) solche Difierenzen der Pulsfrequenz im Vergleich zu den
schon geroachten Beobachtungen des conei-eten Falles, welche
ohne nachweisbare äussere ursächliche Momente entweder in
uns noch unbekannten Zuständen der Frucht, oder vielleicht
auch des mütterlichen Organismus ihren Grund haben mögen,
wie auch Hauüce richtig, sich gleiclizeitig auf HoU be-
rufend, anführt; 3) plötzliches Auftreten von Nabelsehnur*
geräusch, welches ein Mal in seinen Variationen überhaupt
XXXI. Sinnbach f Zar DU^frnose des Fötalgeschtechts. 443
das Zählen stören kann, dann aber auch, und das ist das
Wichtigere, zugleich Veränderungen in der Pulsfrequenz selbst
hervorinft, was auch mit den Frankenhäuser'^chen Beob-
achtungen übereinstimmt Man thut deshalb am besten, zu
warten, bis dieses Geräusch verschwunden ist, oder wo
es ununterbrochen täglich zu hören bleibt, den Fall auszu-
scbliessen (s. weiter unten); endlich 4) die Verschiedenheit, oder
irielmehr das Umschlagen des Doppelschlages, darin bestehend,
dass ein Mal der erste Herzton, dann wieder der zweite
Gefasston marquirter hervortritt, was den unrhythmiscben
Herzcontractionen nicht unähnlich ist und oft von Neuem zu
zählen zwingt.
So viel hierüber; ich kehre nun zu den 13 FäUen zu-
rück, deren Analyse ich weiter oben bereits versprochen hatte.
Was Fall 7 betrifll, in welchem ich mich für ein Mäd-
chen entscheiden musste, so ist derselbe aus der Reihe der
Untersuchungen zu streichen ; er lieferte Zwillinge, die wegen
starker Ausdehnung des Uterus absolut nicht diagnosttcirt
werden konnten, freilich aber waren beide Früchte Knaben!
Ebenso müssen No. 40 und 46 wegfallen, da zwar nicht
die Mitlelzahi der Pulsfrequenz, wohl aber die Einzejzahlen-
werthe derselben mit gleichem Rechte für beiderlei Geschlecht
sprechen; hier ist, namentlich in Fall 46 der gefundene
Mittelwerth deshalb nicht zu gebrauchen, weil die ganzen im
Uebrigen nur wenigen Beobachtungen Differenzen gaben, die
keiilen Erklärungsgrund haben.
Von 3peciellerem Interesse sind die beiden Fälle 26 und
29 und die Gruppe von No. 11, 28, 42 und 52. Nachträg-
lich habe ich hier noch zu bemerket^, dass ich bei meinen
Beobachtungen gleichzeitig auch für die Pulsfrequenz der
Schwangeren eine Tabelle angelegt hatte. Ich ging dabei von
der Frage aus, ob und in wie weit überhaupt die Quantität
und Qualität des mütterlichen Pulses als Ausdruck des ge-
störten oder auch nicht veränderten Orgam'smus der Mutter
einen Einfluss auf das Leben des Fötus haben könne, und
wie sich derselbe an letzterem geltend mache. Beide erst-
genannten Fälle nun scheinen eine Antwort hierauf zu bringen.
Denn Fall 25 betraf eine zum vierten Male schwangere
MoMt«cebr.f.Gebart«k. 1861. Bd. XVIII., Hft.0. 29
444 XXXI. Steinbaehf Zur Diagnose dett FöUlgeschUcht«.
Frau, welche an eiuer im ForUclirilt iiegnileiieu Tabes dor-
sualis lilt (die Miltelzahl ihrer Pulsfrequenz betrug 92), und
Fall 29 eine Erstschwangere mit Metritis chronica, die tod
Zeit zu Zeit exacerbirto (die durclischnitüiche Puishöhe war
97). In ])eideu Fällen berechtigten die constant hohen Zahleu-
werthe des Fötalpulses zur Annahme eines Mädchens, beides
jedoch waren kräftige Knaben. So übereilt es auf der einen
Seite erscheinen dürfte, aus diesen beiden Fällen den
allgemeinen Schluss ziehen zu wollen, dass Krankheit der
Mutter mit aecclerirter Pulsfrequenz auch den Fötalpuls
beschleunige, so wäre es gewiss andererseits der Mühe werlh
und sogar dringend zu empfehlen, weitere Beobachtungen
hierüber anzustellen, da auch Andere, so namentlich Hohl
(Hohl, die geburtshulfliche Exploration, Tbl. 1., S. 265) an-
führt, dass bei einer an Pocken erkrankten Schwangeren d<T
Fötalpuls 260 Schläge hatte und 6 Stunden nach der Gebüil
eine Pockeneruption am Neugeborenen erfolgte.
Die Gruppe von Fall 11, 28, 42 und 52 dürfte sich
noch interessanter gestalten. Es sind diejenigen Fälle« wo
während der ganzen Beobachtungszoit in Fall 11 und 28
constant (in ersterem wani auch das Kind mit zweimaliger
Umschlingung der Nabelschnur um den Hals, in letzterem
mit einmaUger Umschlingung geboren), in Fall 42 und 52
jedoch, wo sicli bei der Geburt zwar keine Umschlingung der
Nabelschnur nachweisen liess, wohl aber eine sehr magere
Nabelschnur beider Fi-üchte sich vorfand, fast immer Nabel-
schnurgeräusch vorbanden war. Jedenfalls ist in sämmtlichen
4 Fällen Druck der Nabelschnur die Ursache des Nabelschnur-
geräusches gewesen. Dass aber Nabelschnurgeräusch auf
Druck der Nabelschnur basirt unter allen Umständen den
Fu talpuls verlangsame, wie es nach Fall 11, 42 und 52 den
Anschein haben könnte, da Knaben erwartet wurden, dem
widerspräche schon Fall 28, wo das umgekehrte Verhältniss
stattfand. Das aber dürfte weit weniger in Abrede zu stellen
sein, dass Nabelsclmurdruck, wie ich auch bei anderer Ge-
legenheit, so namentlich unter der Geburt, sehr oft beob-
achten konnte, wohl Einfluss auf die Herzaction des Fötus
habe und der Bestimmung des Geschlechts nach dieser
Richtung hin in den Weg trete.
XXXI. Stetnbaeh, Zar Diagnose des FötalgeHchlechfcs. 445
Es bleiben somit nur nocb Fall 39, 45, 47 und 48
übrig, Fälle allerdings, die nach feinen eingezeichneten
Notizen keinen anderen Entschuldigungsgrund der falsch ge-
stellten Diagnose hätten als den, dass die Beobachlungszeit
verhältnissmässig zu kurz war ; im Uebrigen stehen sie un-
erklärt da.
Geben demnach jene eben näher besprochenen Fälle
gewissermassen ein Recht zur Ausnahme von der Regel,
so reducirte sich eigentlich das Fehlschlagen der Voraus-
bestimmung des Fötalgeschlechts nur auf eben diese zuletzt
angeführten vier Fälle und das Resultat meiner angestellten
Beobachtungen spräche somit noch weit mehr für den auf-
gestellten Satz, als ich oben angegeben habe. —
Schliesslich möchte ich noch 2. Fälle erwähnen, die zwar
Nichts mit der Diagnose des Fötalgeschlechts gemein haben,
aber nach anderer Richtung bin nicht von untergeordneter
Bedeutung sein durften. Es sind dies Fall 15 und 17.
In dem einen (No. 15) waren trotz aller Bemühungen
in den 9 letzten Tagen der Schwangerschaft die Herztöne
der Frucht nicht mehr zu hören, obgleich dieselben vorher
3 volle Wochen lang, mit Ausnahme eines Nachmittags, stets
deutlich vernommen wurden, und war, obschon alle ander-
weitigen Zeichen fehlten, die für das Abgestorbensein der
Frucht hätten sprechen können, anzunehmen, dass der Tod
der Frucht eingetreten sei. Bei der Geburt des Knaben löste
sich bereits die Epidermis von manchen Körperstellen in
grösseren Fetzen ab. Ich nenne diesen Fall insofern er-
wähnungswerth , weil derselbe dafür spricht, dass man bei
wiederholt nicht mehr gehörten Herztönen der Frucht, wenn
sie vorher ohne Unterbrechung wahrzunehmen waren, wohl ein
Recht habe, auf das Abgeslorbensein der Frucht zu scbliessen.
Dass die Herztöne aber hin und wieder nicht zu hören sind,
das kommt wohl vor, aber lange nicht so häufig, wie ge-
glaubt wird. Mir z. B. ist es in den 56 Fällen nur 9 Mal
vorgekommen, nämlich in Fall 6, 7, 26, 31, 33, 35, 40, 42
und 52; und die übrigen mit — ausgefüllten Spatien geben,
wie ich schon im Eingange anführte, nur an, dass die zu
Untersuchende entweder abwesend war, oder, was die am
Schlüsse des einen oder anderen Falles mit — angedeuteten
446 XXXI. Steinbach, Znr Diagnose des Fötalgefichlecht«.
Zalilen besagen, dass die Geburt luiiniUeibar bevorstand oder
bereits im Gange wai^.
Was endlich Fall 17 betriflts so habe ich denselben
deshalb mit herangezogen, weil er zugleicli der einzige ist,
bei welchem ich die Herztöne der Frucht schon in einer
froheren Zeil der Schwangerschaft beobachten konnte, insofern
derselbe einem Partus praematurus aus der 34. Schwangi*r-
schaftswoche angehört Auch hier (raf das vorausbestimnile
Geschlecht zu, mit anderen Worten, die Pulsfrequenz des
Fötus scheint auch schon in früherer Zeil seiner Enlwickeluiig
die dem Genus bestimmte Frequenz zu behaupten.
Soll ich am Ende kurz noch einmal alle die Momente
recapiluliren , die nach meinen bisherigen Beobachtungen die'
Skherheil der Vorausbestimmung des Fötalgeschleclits beeiii-
trächtigen, so sind es etwa folgende:
1) zu kurze Beobachtungszeit bei gleichzeitig nicht un-
beträchtlichen Pnlsschwankungen ; 2) die letzten Tage der
Schwangerschaft; 3) nicht gehörige Berücksichtigung der
nöthigen Vorsicht beim Untersuchen selbst; 4) mehrfache
Schwangerschaft (?); 5) diejenigen Fälle, in welchen die Puls-
frequenz nach den festzuhaltenden Kegeln für beide Geschlechter
zugleich sprechen, Fälle also, wo die Mittelzahlen in Frage
kommen; 6) Krankheit der Schwangeren; 7) Nabelschnur-
druck; endlich 8) die Fälle, in weldien die Pulsdifferenzim
bisher noch keinen Erklärungsgrund haben.
Da steht denn freihch noch ein weites Feld offen, auf
welchem sich die fehlgeschlagenen Geschlechtsdiagnosen her-
umtummeln können ! Wahr zwar, das haben auch die anderen
Beobachtungen dargetban, aber ein Mal nicht abzuändern.
Habe ich in Vorliegendem nur die Grenze angedeutet, wie
weil Sicheres reicht und wo des Unsicheren . Gebiet beginnt,
so bin ich schon zufrieden gestellt, denn ich hoffe, dass mit
diesem kleinen Seitenstück zur Frankenh ätLse^*' sehen Arbeit
von Neuem wieder von vielen Seiten die Kritik herantritt, die
nach und nach jenem noch weiten Spielraum immer engere
Grenzen ziehen wird.
XXXII. Ptellj Incarcerirte Haematometra etc. 447
XXXIL
Incarcerirte Haematometra in Folge erworbener
Atresie des Os externum.
Von
Dr. ü. Prell in Hamburg.
Eine 43jabrige Handwerkersfrau lebte in einer 17jälirigen
Ehe, ohne je concipirt zu haben. Die Frau, welche nie
ernsllich erkrankt gewesen, Utt in den ersten Jahren ihrer
Ehe an einem hartnäckigen Fluor; sie erinnert sich indess
nicht, dass nach dieser Zeit die Menses, welche von ihrem
(M'sten Auftreten an im 13. Lebensjahre anomal gewesen, eine
Veränderung gezeigt haben. Im regelmässigen Typus wieder-
kehrend, waren sie im Allgemeinen ziemlich profus, 7 — 9
Tage anhaltend, sehr häufig von Uterinalcoliken begleitet,
unter welchen sich am 3. , 4. Tage der Menses kleine Coagula
entleerten. Im letzten Jahre waren die Menses im All-
gemeinen weniger profus gewesen.
Anfang März 1860 hatten sie sich zuletzt gezeigt; als
sie ohne besondere Ursache im April ausblieben, glaubte die
Frau ein naturgemässes Cessiren derselben annehmen zu
müssen ; bald indess brachten consensuelle Magenerscheinungen
(Erbrechen etc.), sowie eine aufl'allende Anschwellung der
Brüste sie auf den Gedanken, schwanger zu sein imd
steigerte sich ihre Vermuthung zur Gewissheit, als sie im. Juni
und Juli eine fortschreitende Aufti*eibung der Unterbauch-
gegend bemerkte. Während dieser Zeit hatten sich bisweilen
Blutflecke in der Wäsche gezeigt, die Frau hatte an ziehen-
den Schmerzen im Kreuze und Uuterleibe, an Harndrang und
Obstructien gelitten, indeiss wurden ihr diese Erscheinungen
als nicht ungewöhnliche Begleiter der Schwangerschaft von
ihrer Umgebung gedeutet.
Am 23. Juli trägt sie einen Eimer Wasser eine steile
Treppe hinauf, als plötzlich die heiligsten Kreuz- und Unter-
leibsscbmerzen sich einstellen, zugleich mit dem Gefühle, als
dränge sich ein Körper aus der Scheide. Als ich nach einigen
448 XXXII. Prell f Incarcerirte Haematometra
Stunden die mir noch unbekannte Frau sab, klagte sie,
abgesehen von jenen subjectiven Empfindungen über die Un*
möglichkeit, Urin zu lassen und über bestandigen Stublzwang,
ohne dass Excretion erfolge. Bei der Untersuchung fand idi
das kleine Becken von einer kugligen elastischen Ge-
schwulst ausgefüllt, \%elche bis ans Perineum reichte und
den Mastdarm vollständig comprimirte. Nirgends konnte
ich an dem unteren Tbeile der Geschwulst eine Portio vagi-
nalis oder einen Muttermund entdecken. Da die Geschwulst
gegen das Schambein drängte, so war es 'sehr seliwierig
zwischen beiden mit dem Finger in die Höbe zu dringe u, um
die obere Grenze des Tumor zu erreichen. Ich fand hier
indess nirgends die Spitze einer Portio vaginalis und konnte
deshalb die Annahme einer incarcerirten Ovarien-
geschwulst, sowie die Anwesenheit einer seit längerer Zeit
bestandenen Haematocele retrouterina ausschliessen, deren
Inhalt durch die heilige körperliche Anstrengung sich plötz-
lich vermehrt und Incarcerationseracheinungen hervorgerufen
haben konnte. Die Untersuchung brachte mich somit auf
dem Wege der Exclusion zu der Vermuthung, die ich gleich
Anfangs nach den Angaben der Frau gefasst, näratich eine
Retroversio des schwangeren Uterus im 4. Monate vor
mir zu haben. Eine härtere Parthie der Geschwulst in der
Gegend der Symphysis gab allerdings nur ein undeutliches
Bild des Cervix und gelang es mir nicht, den Muttermund
über derselben zu ermitteln, er konnte jedoch in einer
Schleimhautfalte versteckt sein und erinnerte ich mich, FäUe
von Retroversion des höchsten Grades gelesen zu haben , in
welchen auch der Muttermund der nach oben geriditeten
Portio vaginalis nicht zu ermitteln gewesen- war.
Ich beschloss indess, nachdem ich die Frau mit grosser
Muhe catbeterisirt, einen älteren Arzt zu consultiren, der,
wie ich wusste, mehrere Fälle hochgradiger Retroversion in
Behandlung gehabt hatte. Nach genauer Untersuchung hielt
auch dieser College die Diagnose der Retroversieoi für die
wahrscheinlichste und wir versuchten -die Reposition der
Geschwillst durch den Mastdarm in der Knieellbogenlage.
Nach einer Reihe vergeblicher Manipulationen, welche die
Frau sehr ersdiöpften, beschlossen wir, ihr für einige Zeit
in Folgte erworbener Atresie des Ofl extcrnum. 449
Hube zu gönnen, um dann unsere Versuche unter Chloro-
formnarcose zu wiederholen. Kaum war indess eine Stunde
verflossen, als ich wiederum zur Kranken hinbeschieden
wurde. ' Die Schmerzen hatten sich mittlerweile ausserordent*
lieh gesteigert und liess ich mich durch das Jammern der
Frau verleiten, eine forcirte Reposition (abermals in der
Knieellbogenlage durch den Mastdarm) vorzunehmen. Nach-
dem ich mich einige Minuten vergeblich bemüht, bemerkte
ich endlich, dass der Tumor meinem Pingerdrucke nachgab
und gegen das Promontorium hinaufwich, zugleich aber stürzte
eine theerartige Blutmasse aus der Vagina, welche nacli
der oberflächlichen Schätzung ungefähr einen Suppenteller
füllen konnte. Am untersten Ende der Geschwulst
fand ich jetzt eine kleine Oeffnung, aus welcher sich das
ßhit entleerte und um welche sich am andern Tage eine
Portio vaginalis entwickelte.
Durch meinen Repositionsversuch hatte ich also eine
Atresie des äusseren Muttermundes gesprengt, welche
eine beträchtliche Haematometra zur Folge gehabt. Durch
die heftige körperliche Anstrengung war eine plötzliche Sen-
kung entstanden, welche Incarcerationserscheinungen her-
vorgerufen hatte. Letztere schwanden mit der Berstung der
Atresie. Die Frau hatte einen mehrstündigen ruhigen Schlaf
und konnte nach 6 — 8 Stunden wieder von selbst uriniren.
ich zweifle nicht, dass wenn ich bei meiner ersten Unter-
suchung an die Möglichkeit einer Haemetometra und ihrer
Einklemmung gedacht, es mir dann auch wohl gelungep wäre,
am untersten- Ende der Geschwulst die Atresie, so klein sie
auch war, durch das Gefühl zu entdecken, wie in einem
Falle, den ich spater n)ittheiien werde, die Atresie sich auch
dem Gefühle kund gab, während das Speculum sie nicht auf-
finden konnte. Das Eigentbümliche meines Falls bestand
darin, dass die Haematometra in denselben Grössenverhält-
nissen und unter ähnlichen Erscheinungen sich entwickelte,
wie der schwangere Uterus in den ersten Monaten und dass
plötzlich eine Senkung mit Incarceralionserscheinungen auf-
trat, ohne dass in einem früher bestandenen Prolapsus die
Praedisposition gelegen.
'•450 XXXII. Pref/, Incarcerirte Haeiuatometra
Am 25. Juli ergab die innere UntersiicbuDg Folgendes:
Die Portio vaginalis, fast bis ans Perinäum reicbend, stellt
einen Kegel vor, an dessen Basis sieb die ScbeideuiDsertion
durch deutlicbe Hervorragung v^ieder marjiirt. Der Kegd
selbst, ungefähr 1 Zoll hoch und 1 Zoll im Durchmesser,
hat an seiner Spitze eine kreisrunde Oeffnung, deren Durch*
messer circa V« Zoll beträgt, und durch welche sich in den
letzten 24 Stunden nur wenig Blut entleert bat. Der Uterus
ist intumescirt. Die Frau fühlt sich frei von Beschwerden
und ihr Befinden ist so vortrefflich, dass sie trotz meines
Verbotes an demselben Tage aufsteht und einige häusliche Ge-
schäfte besorgt. Als ich sie damals nach 14 Tagen zuletzt
untersuchte, hatte die Portio vaginalis noch immer auffallen-
den Tiefstand, der Uterus war noch intumescirt, es hatten
fast täglich geringe Blutentleerungen stattgefunden, zu denen
sich in der letzten Zeit noch Scbleimfluss hinzugesellt hatte
und diese unregelmässigen Blut- und Schleimsecretionen
dauerten bis zum Herbste fort Vom October an aber
stellten sich die Menses wieder ein und haben sieh bisher
(April 1861) jeden Monat wiederholt, mit eben demselben
Charakter, den sie n*üher gezeigt, nur in weit gering^^r
Menge (wie in dem letzten Jahre vor Bildung der Haemato-
roeti'a).
Am 4. April a. c. nahm ich bei der Frau, welche sich
den ganzen Winter hindurch, abgesehen von den Beschwer-
den des zurückgebliebenen Descen^us uteri, vollkommen wohl
befunden, eine genauere Untersuchung vor. Das Becken
bot keine Abnormität dar; die Portio vaginalis steht etwas
liefer als gewöhnlich; am Uterus ist Nichts Abnormes zu
fühlen, es ist keine Knickung vorhanden; die Portio vagi*
nalis bildet einen derben, % Zoll langen, nicht intumescirten
konischen Zapfen, an dessen glatter Spitze eine Theilung
in Lippen nicht zu bemerken war; das Speculum zeigt nir-
gends Ulcerationen, narbige Einrisse, in der Mitte der Spitze
eine punktförmige Oeffnung, von kaum Stecknaddkopf-
grosse, durch welche ich nur eine feine chirurgische Sonde
einfuhren konnte. Ich wagte nicht, mit derselben die Lange
des Uterus auszumessen und kann deshalb über eine etwaige
Elongation der Gebärmutter Nichts mittheilen. Bei der Unter-
in Folge erworbener Atresie des 0« extemnm. 451
sachung berücksichtigte ich auch die Möglichkeit, dass nach
erfolgter Atresie im vorigen Sommer ein pathologischer Pro-
cess die Fortdauer der Uterinableitung unterhalten; es war
aber, wie oben bemerkt, keine palpable Geschwulst im Uterus
wahrzunehmen; Herzfehler, Unterleibstumoren u. dgl. waren
nicht nachzuweisen. Das wichtigste Resultat der Untersuchung
ist also eine Deformität und hochgradige Stenose des
Os externum.
Ich habe mich nun vergeblich bemüht, in der Litera-
tur einen ähnUchen Fall aufzufinden und überhaupt in Betreff
der Haematometra nach bereits erschienenen Menses,
mit welcher Form der Krankheit wir uns im Folgenden
ausschliesslich beschäftigen woUen, nur spärliche Hit-
theilungen gefunden , während dagegen die Haematometra nach
angeborener Atresie durch zahLreiche Beispiele erläutert bt.
Was die ältere Literatur betrififl, so bemerkt
Spangenberg (über die Blutfiüsse, 1805, S. 401) in dem
Capitel der Blutflüsse zur Zeit des Aufhörens der monatlichen
Reinigung: „Bei Frauen bleiben die Regeh mit einem Male aus,
der Bauch und die Brüste schwellen an und letztere entleeren
oft eine dünne, milchartige Flüssigkeit, die Weiber halten
sich schwanger und spüren bisweilen Bewegungen in der Ge-
bärmutter, die aber Krämpfe sind. Auf diese Weise kann
das Geblüt an 9 Monate ausbleiben und den Verdacht einer
Schwangerschaft unterhalten; plötzlich aber stellen sich Schmel-
zen ein, es erfolgt der Ausfluss eines meist geronnenen
Blutes und die Täuschung der Schwangerschaft schwindet/'
Eine ähnliche Schilderung giebt Eickter, specielle Therapie,
1827, Hl., S. 616. Conradi (specielle Pathologie imd The-
rapie, n., S. 859) bemerkt: „Zur Zeit, wo die Menstruation
aufhört, entsteht bei alten Jungfern und Weibern, die keine
Kinder geboren haben, so wie überhaupt bei denen, welche
in ihren jüngeren Jahren die Reinigung sehr stark hatten
etc. etc., eine Anhäufung des Blutes in der Gebärmutter
und nach 2,3, oder auch 7 — 8 Monaten, während welcher
Zeit sich die Frauen nicht selten schwanger glauben, folgt
der Hutterblutfluss.'- Ulsamer in Landshut (Artikel „Gebär-
mutterblutfiuss'^ im Encyclopädischen Wörterbuche) fügt mit
Bezugnahme auf Riehter^s Schilderung hinzu: „Beim Volke
452 XXXII. Prellf Incuroerirte Haeroatometra
ist in roanclien Gegenden dieser Zustand unter dem Aus-
drucke der ,,Biutkugel'* bekannt.'*
Leider sind in den betreffenden Werken keine specieUen
Krankengeschichten mitgetheilt und es ist um so mehr zu
bedauern, dass von drei älteren Autoren diese populäre Blut-
kugel nicht ausführlicher beschrieben wird, als in den neue-
ren Gynäkologien diese Haematometra zur Involutions-
zeit überhaupt gar keine, sowie die übrigen Formen
derselben eine nur geringe Berücksichtigung finden. Am aus-
führlichsten wird noch die Haematometra nach Abortus^ be-
sprochen, bei Gelegenheit der Ati'esie des Uterus, der
Hydrometra wird allerdings beiläufig erwähnt, dass sidi nach
erworbener Atresie auch Blut im Uterus ansammeln könne;
aber nirgends wird die Haematometra als besondere Krank-
heitsform besprochen nn't Rücksicht auf ihre Ursachen, ihre
Volumensverhältnisse und wenn sie auch nur Folgezustand
ist, so verdient sie doch dieselbe Berücksichtigung, die z. B.
der Hydrometra zu Theil wird.
Betrachten wir nun die in der Casuistik mitgetlieilten
Fälle, so können wir als erste Veranlassung der Haemato-
metra die acute Metritis und exulcerirende Processe
der Portio vaginalis bezeichnen. Durch die stattfindende Ex-
sudation entsteht eine Obliteration des Cervix oder des äus-
sern Os allein, welche bei exulcerirenden Processen durcli
die consecutive Schrumpfung der Portio vaginalis noch mehr
begünstigt wird. Rigby (Medical Times, 13. Sept. 1856,
Monatsschrift 1857, Nov.) theilt einen Fall von Haemato-
metra mit, welche nach Obliteration des Cervix sich eot-
wickelt hatte. Durch Aetzung mit einer starken Säure war
eine Metritis hervorgerufen, durch die Obliteration des Cervix
eine Retention der Menses entstanden und die Frau wandte
sich an Righy in der Meinung, schwanger zu sein. In dem
Berichte von Credit über die Vorgänge in der Leipziger Kli-
nik (Honatsschr. 1860, März und April, S. 290) sind zwei
Fälle von Haematometra mitgetheilt. Der erste war nach
einem Blatternprocesse entstanden, welcher die Portio
vaginalis vollständig zerstörte, so dass der untersuchende
Finger die Stelle des ursprünglichen Muttermundes und der
Vaginalportion nur diu*ch das Gefühl einer grösseren Härte
in Folge erworbener Atreeie des Ob extemtiDi. 453
auffindeD konnte, wäbreDd durch das Speculum der Mutter-
mund nicht ermittelt wurde. Die kuglige Geschwulst war
auefa oberhalb der Symphyse 'zu entdecken. Der zweite Fall
ist dem ersten ganz analog, nur dass die Haematometra nach
einer schweren Zangenentbindung mit consecutiver
Metritis entstanden war. In diesem Falle bildete sich nach
der Operation die Port, vaginalis wieder vollständig zurück.
Ausser der acuten Metritis und den exulcerativen Pro-
cessen können zweitens auch Fälle von Abortus, grössten-
theils durch zuruckgebMebene Eireste, die Veranlassung zur
Entstehung der Haematometra abgeben. Abgesehen von ob-
turireuden Eiresten entsteht in . diesen Fällen die Haemato-
metra auf analoge Weise, wie die Bildung der fibrinösen
Polypen ermöglicht wird, indem der äussere Muttermund sich
früher schüesst, als die Involution des Uterus stattgefunden.
Als die gewöhnliche Ursache des fortdauernden Verschlusses
bezeichnet Seanzoni eine spastische Contraction .des unteren
Uterinsegmentes; es kann aber auch in Folge der Zusammen-
Ziehung des Os und seines Congestivzustandes, welchen der
Durchtritt, des Eies hervorgerufen, durch Exsudation eine
wahre organische Atresie sich entwickeln. Man hat Fälle be-
obachtet, in welchen in Folge mehrmonatlicher Blutretention
der Uterus 5 — 6 Zoll über der Symphyse zu fühlen war.
Die Metrorrhagiej), welche sich dann plötzlich einzustellen
pflegen, sind äusserst profus und können selbst einen letha-
len Ausgang zur Folge haben.
Bevor wir nun versudien, aus unserm Falle eine dritte
Veranlassung der Haematometra abzuleiten, scheint es noth-
wendig, durch Anführung analoger Beispiele die bemerkens-
werthe Thatsache zu erläutern, dass bei noch fortdauernden
Menses eine hochgradige Atresie sich entwickelte, ohne von
besonderen Erscheinungen begleitet zu sein. Zu diesem
Zwecke ist es erforderlich, auch die übrigen Formen der
erworbenen Atresie, welche nicht nach acuter Metritis, exul-
cerativen Processen und Abortus entstehen, mit einigen Wor-
ten zu besprechen, d. h. die Formen der wahren organi-
schen Atresie im Gegensatze zu der mechanischen, welche
durch Knickung verursacht wird, durch Compression von
454 XXXII. Frellf Inearcerirte HaematometrA
Eierstockgeschwülsten, durch Neubildungen, welche das Lumen
des Gervix ausfüllen etc.
Bei den Atresien nach' den climakterischen Jahren,
welche bekanntlich in der Regel das innere Os betfelTen,
müssen wir ausser der durch daa Alter bedingten Schrum-
pfung auch einen örtlichen catarrhalischen Zustand mit nach-
folgender Exsudation annehmen, um die Bildung der Atresie
zu erklären. In Jüngern Jahren kann nach Riwisch (klinische
Vorträge, 2. Auflage, I., S. 114) in folge von langwierigen
intensiven Blennorrhoen eine Aglutination oder innige
>'erwachsung der Wände des Cervicalcanals sich entwickeln."^
lieber das Verhalten der Mens.es in diesen Fällen wird Nichts
mitgetheilt. Derselbe Autor äussert sich an derselben Stelle
(was uns besonders interessiren nmss) : „Der äussere Mutter-
mund kann durch die nach exulcerativen Processen nachträg-
lich eintretende Schrumpfung und Verklebung, oder durch
innige Verschmelzung seiner Lippen in einzelnen
seltenen Fällen vollständig undurchgängig werden." Welche
Fälle er hier vor Augen gehabt, erwähnt Kiwisch eben so
wenig , als die möglichen Folgen , wenn die Menses noch
nicht cessirt haben. Eine besondere- Art bilden endlich die
Atresien in der Schwangei-schaft, welche bekanntlidi eine
solche Derbheit erreichen können, dass sie einen instrumen-
talen Eingriff erfordern.
Wenn nun auch alle diese Atresien (von den starken
Bindegewebsneubildungen bis zu den einfachen Verklebungen
herab) nur durch einen Gongestionszustand hervorgerufen
werden können, welcher eine Exsudation zur Folge hat, so
kann doch die Entwickelung d^selben von so wenig auf-
fallenden Erscheinungen begleitet sein, dass erst, wenn eine
vollständige Atresie vorhanden, dieselbe sich durch die Folge-
zustände verräth. Man findet also eine Hydrometra, ohne
dass die Bildung der Atresie von entzündlichen Symptomen
hegleitet gewesen; man entdeckt unvermuthet als Ursache
einer Geburtszögerung eine Atresie, deren Entwickelung in
der Schwangerschaft sich durch keine auffallenden Erschei-
nungen kundgegeben. Namentlich kann der Fluor, welcher
gewiss jede Cervicalcongestion bei der Atresiebildnng begleitet.
in Folge erworbener AtresiV des Cr externnm. 465
SO uiibedeul^m! gehi, dass er der Beachluug der KrHiikeii
vöüig entgdiL Dass aber auch ohne auffallende Erscheinungen
hochgradige Atresien 8ich Mden können, wahrend der
kurzen Unterbrechung einer noch fortdauernden Utefinal-
secretion beweiset auch ein Fall, den Simon mitgetheilt hat
(Monatsschr., März u. April 1859). Ein Utei*usribroid hatt<*
seit einem Jahre unter wehenartigen Schmerzen den Abgang
blutigen Schleims veranlasst, als im Laufe eines Monats eine
derartige Atresie sich entwickelte, dass eine Operation erfor-
deriieh wurde.
Mach Analogie dieser Beispiele darf es uns also nicht
befremden, dass auch in unserem Falle die Atresie ohne auf-
fallende Erscheinungen und ohne dass eine directe Veran-
lassung nachgewiesen werden kann, sich gebildet hat. Als
prädisponirende Ursache ist jedenfalls die Stenose
des Os externum zu bezeichnen, welche als hoch-
gradige Verengerung um so leichter zur Atresie fuhren konnte.
Wir dürfen wohl annohmen, dass die Stenose angeboren
ist. Die Frau weiss sich nicht zu erinnern, in ihrer Kind-
heit eine Krankheit überstanden zu haben, von welcher man
die Stenose ableiten kann ; die Menses waren von ihrem ersten
Auftreten an von Erscheinungen begleitet, die als Symptome
der Stenose angesehen werden können: profuse Blutungen
mit wehenartigen Schmerzen, wie wir sie auch bei den Knickun-
gen beobachten. Diese Stenose ist auch die wahrscheinliche
Ursache der Sterilität der Frau.
Ob und in welcher Weise die Involution, in welcher
sich unsere Kranke befindet, die Bildung der Atresie befördert
hat, ist eine Frage, welche wii* wegen zu weit führender
Hypothesen unerörtert lassen wollen; jedenfalls aber halte
bei der bereits vorhandenen Atresie die Involution auf die
Entwickelung der Haematometra den wesentlichsten Einfluss.
Jene älteren Beobachtungen von Spangenberg u. s. w. sind
zu ungenau mitgetheilt, als dass man den Involutionsprocess
an sich als Veranlassung der Haematometra aufstellen darf.
Vielleicht sind andere Krankheitszuj»tände, Abortus, Gebär-
mutterleiden u. s. w. im Spiele gewesen; vielleicht hat nur
eine einfache congestive Anschwellung des Uterus und Unter-
'456 XXXII. Prelle Incarcerirfce HaeniatometrH etc.
leibs, wie mau sie iu der Invoiutiouözeil beobaditet, zur An-
nahme einer Haematometra verleitet. Nirgends ist von einer
Untersuchung per vaginam die Rede; es wird allerdings von
einer Blutkugel gesprochen, aber nirgends wird über eiur
genaue Palpation des Unterleibs berichtet. Dennoch aber
müssen wir auch die Möglichkeit zugeben, dass der Involu-
tionsprocess an sich zur Haematometra fuhi*e, dass die Schrum-
pfung der Vaginalportion im Vereine mit der abnehmenden
Oontractionsföhigkeit des Uterus bei der Entleerung des Men-
strualblutes hinreiche, um eine Ansammlung des letzteren
herbeizuführen. Man hört so häufig, dass Frauen in der In-
volution mehrere Monate ihre Menses nicht gehabt, dass diese
dann plötzlich sehr stark wieder aufgetreten; möglicherweise
kann in solchen Fällen eine liaematomelra vorhanden sein,
die aber der Untersuchung entgeht, weil die Frauen im All-
gemeinen keine grossen Beschwerden haben, überdies ihren
Zustand als den normalen Uebergang zur Menopause ansehen,
sich deshalb gar nicht au den Arzt wenden, oder nur wegen
der heftigen Blutung ihn consultiren, d. h. dann, wenn eine
etwaige Haematometra verschwunden ist Diese Frage lässt
sich nur dadurch erledigen, dass man Frauen zur Involutions-
zeit, die mehrere Monate ihre Menses nicht gehabt und über
zieliende Schmerzen im Kreuze und Unterleibe klagen, über-
haupt etwas häufiger untersucht und wenn man einen Tumor
im Unterleibe gefunden, eine genaue Vaginalexploration folgen
lässt. Wenn wir demnach die Involution ao sich als Ursache
der Haematometra nicht anführen dürfen, so ist es dagegen
offenbar von grosser Wichtigkeit, ob bei einer durch Stenose
herbeigeführten Atresie die Frau sich schon in der Invoiu-
tionszeit befindet (wie in unserm Falle), oder noch nicht In
früheren Jahren konnte die etwa entstandene Atresie durch
die ungeschwächten Contractionen des Uterus, um das er-
gossene Menstrualblut zu entleeren, leichter wieder getrennt
werden. Jetzt aber befindet sich die Frau in der Involutions-
zeit und die abnehmende Contractionsfähigkeit des Uterus war
nicht mehr im Stande, bei Entleerung der Menses die Atresie
zu bewältigen, so dass eine Retention des Menstrualblutes
erfolgt Wu* dürfen deshalb wohl als dritte Veranlassung
XXXLII. Veit, lieber die Extraetion der Fruclit etc. 457
der Haeuiatoüielra die Stenosen zur luvolutionszeit be-
zeichnen.
Unser FaU würde, in früherer Zeit zur BehandJung . ge-
kommen, die Dilatation indicirt haben, die jetzt nicht mehr
noth wendig scheint, da, wie gesagt, die Menses sclion
schwächer und wohl hald ganz cessiricn werden.
xxxm. '
üeber die Eztraction der Frncht nach dem Modus
der' sogenannten Selbstentwickelung.
Von
Professor Gustav Yeit in Rostock.
Wenn bei verschleppten Schieflagen, selbst nach vor-
gängiger Anwendung der Chloroformnarkose, der Venäsection
und des Opiums der Versuch, mit der Hand bis zu de»
Füssen oder wenigstens bis zu deui Steisse vorzudringen,
misshngt, und das Kind todt ist oder doch als verloren an-
gesehen werden muss, so handelt es sich um die Ausführung
der Embryotomie. .Ist der Hals des Kindes hinreichend zu-
gänglich, uro die Decapitation zu gestatten, so verdient diese
Operation auch nach meiner Ansicht den Vorzug, weil nach
der Trennung des Halses der vorliegende Arm eine bequeme
Handhabe für die Extraction des Rumpfes gewährt und der
zurückbleibende Kopf seit der Zeit, wo das Armamentarium
durch den Kephalotribe bereichert worden ist, seine Schrecken
verloren hat Leider aber fehlt mindestens in der Mehrzahl
dieser traurigen Fälle die hier verlangte Bedingung; ich selbst
habe bisher noch keine einzige verschleppte Schulterlage
beobachtet, bei welcher ich nicht hatte voraussetzen dürfen,
dass die Application des stumpfen oder schneidenden Hakens
an den Hals auf ungemein grosse Schwierigkeit gestossen
wäre. Aus diesem Grunde fand ich auch bisher noch nicht
Gelegenheit, Scanzonfs Anchenister, obwohl ich denselben
458 XXXin. Veit, Ueber die Extraction der Frucht
sisit sieben Jahren besitze , am Kreissbette zu prüfen. Dieses
Instrument würde uns aller Möhsale, welche nach der An-
lagung des Hakens noch die Trennung des Halses bereiten
kann, überheben; aber seine Application über den Hals er-,
fordert dieselben günstigen Umstände, wie der Gebrauch des
gewöhnlichen Hakens. Zudem wird der praktische Gebarts-
helfer, welchem die Vortheile einer Anstellung an öffentlichen
Instituten abgehen und welcher gerade unter Verhältnissen,
die die Praxis zu einer wenig einträglichen machen, am
häufigsten bei verschleppten Schulterlagen zu helfen berufen
ist, auf die Anwendung des Auchenister verzichten müssen,
weil bei ihm Instrumente, welche nur in seltenen Ausnahme-
ßUen von Nutzen sein und auch hier nicht unentbehrlich
genannt werden können, keinen Platz finden. Aus demselben
Grunde wird auch Braun's Schlüsselhaken schwerlich in die
gebräuchUche geburtshülfliche Tasche eindringen. In Folge
seiner scharfen Krümmung und sehr geringen, nur bis 1 Zoll ^
reichenden Oeffnung muss sich — so sollte man denken —
der Schlüsselhaken allerdings noch bisweilen über den Hals
werfen lassen, wo die Versuche mit dem gewöhnlichen stiunpfen
Haken auf sehr grosse Schwierigkeiten treffen; aber, ob nicht
dieser Vorzug hin und wieder den Nachtheil einschliesst, dass
man den Hals nicht zu umfassen im Stande ist, bleibt eine
nahe liegende Frage, deren Beantwortung von mir wegen
Mangels an eigener Erfahrung nicht versucht werden kann.
In der^ Mehrzahl der Fälle wird sich der Geburtshelfer
zur Evisceration der Brust und Bauchhöhle entschliessen,
weil ihm die Decapitation unmöglich oder zu schwierig er-
scheint, während ein Intercostalraum durch seine bequeme
Lage zu seiner Eröffnung mit der Scheere u. s. w. heraus-
fordert. Die Evisceration erheischt meist ein so geringes
Maass von technischer Fertigkeit, dass wohl nur in den
Schwierigkeiten der nachfolgenden Acte des Kunstverfahrens
die Motive zu suchen sind, aus welchen man sich in neuerer
Zeit der ungleich schwierigeren und mühsameren Decapitation
wieder mehr zugewandt und die letztere zum principiellen
Verfahren zu erheben bemüht hat Während nach geschehener
Trennung des Halses die Extraction des Rumpfes niemals
und die des Kopfes wohl nur selten eine erhebliche Geschick-
nach dem Modus der sogenftnsteii Selbstentwickelang. 459
Itcbkeit und MähwaJtuug in Anspruch nimmt, finden die
Geburtshelfer in der allgemeinen Erfahi'ung zahlreiche that*
säcMiche Belege dafür, dass nach vollbrachter Evisceratian
die Schwierigkeiten der Kunsthülfe erst heginnen; und ihre
Hoffnung beschräiikt sich gewöhnlich darauf, durch die Ver-
kleinerung des Rumpfes etwas Unmögliches (die Wendung)
möglich gemacht, freilich aber eine qualvolle und für die
Mutter gefahiiiche Operation vor sich zu haben. Denn, dass
die Evisceration der Regel nach nichts weiter als das Mittel,
der Hand den Weg zu den Füssen, Knieen oder zum Steisse
zu bahnen, sein soll, ist der Lehrsatz der deutschen Schule.
Die Englander und Franzosen fürchten die mit einer
schwierigen Wendung verbundene Gefahr für die Mutter viel
zu sehr, als dass sie sich die Rathschläge ihrer deutschen
Berufsgenossen hätten aneignen können; sie halten deshalb
an dem sogenannten Z.«e*schen Verfahren pure oder unter
Modificationen, noch in neuester Zeit') fest. Schon 1811
hatte JoAn C. Douglas'^) den'Rath ertheilt, den natürlichen
Heimgang bei der Evolutio spontanea nachzuahmen und durch
Einbringen der Hand in das kindliche B^ken den Rumpf zu
entwickeln. Indessen liess man diesen Vorschlag zunächst auf sich
beruhen, anscheinend deshalb, weil er nicht mit Erfahrungen
belegt war und auch wohl, weil er in Folge des ungemessenen
Eifers Douglas* gegen die Wendung im Allgemeinen eine
küblere Aufnahme gefunden halte. Erst als Robert Lee 1828
in einßro kurzen Aufsätze^) sich in derselben Richtung aus-
gesprochen und vier eigene Beobachtungen zu Gunsten seines
Vorschlages angeführt hatte, brach sich der letztere unt^
L^e's Namen Bahn. Seit dieser Zeit wurde in England die
Extraction des Kindes nach Entleerung der Brust- und Bauch-
höhle regelmässig in der Weise gemacht, dass man den
stumpfspitzeii Haken durch die Perforationsstelle in den Rumpf
1) Cf. n. A. Murjphjf, Lectores on the principles and practice
of midwiferj, p. 287, and Cazeaux^ Trait^ des accouch. , p. 952.
2) An explanation of the process of the „ spontaneons evolution
of the foetus." Dublin 1811. p. 17.
3) On deliver^ in presentations, where tnrning is nnadvisable.
Edinb. med. and snrg. Journ., April 1828.
lConat«8chr. f. Geburtsk. 1881 Bd. XVIII., Hft. 6. . 30
460 XXXIII. Veit, lieber die Extraction der Frucht
des Rindes einführte, an dem unteren Ende der Wirbelsäule
fixirte und damit den Sleiss herabzog.
Auch die deutschen Meister haben diesem Verfeihren
wenigstens insoweit Anerkennung widerfahren lassen müsseD,
als sie dasselbe für die Nothfälle, in welchen auch nach
der Evisceration die Wendung nicht gelingen will, empfahlen.
Der hauptsächlichste Grund, welcher eine ausgedehntere
Anerkennung hinderte, ist wohl die Scheu, dem stumpfspiUen
Haken wiederum einen grösseren Wirkungskreis anzuweisen.
Küian,^) Naegele^) und HohP) verweisen bei dem Lcc'schen
Verfahren ausschliesrtich auf den stumpfen Baken, und
' Rosshirt, '^) Scamonx,^) Spiegelberg ^) u. A. wollen von
dem stumpfspitzen nur, im Falle der stumpfe nicht ausreicht,
Gebrauch gemacht wissen. Die Scheu vor dem stumpfspilze«
Haken erscheint freilich von Tag zu Tage mehr gerechtfertigt,
weil die Zahl derjenigen Geburtshelfer, welche sich mit seiner
Filhrung einigermaassen durch üebung vertraut gemacht haben,
bereits eine sehr geringe ist tfnd stetig abnehmen muss.
Auch die Franzosen haben sich bemüht, den stumpf-
spitzen durch den stumpfen Haken zu ersetzen, und Pamant
suchte für diesen einen besseren Haltepunkt an dem Rippen-
bogen zu fmdeu.
Ein Vergleich der Resultate, welche sich bei dem deutschen
und dem englischen Verfaliren ergeben haben, steht uns nicht zu
Gebote; man kann daher auf diesem Wege den relativen Werth
derselben nicht bestimmen wollen ; ich bin aber der Ansicht,
dass bereits genügende anderweitige Grunde vorliegen, um
die Richtigkeit des Lehrsatzes der deutschen Schule in Frage
zu stellen. Schon vor 23 Jahren sprach sich ein durch
seine vortreiTliche Beobachtungsgabe und seltene technische
Fertigkeit hervorragender deutscher Meister dahin aus, dass
die Extraction des Kindes an den Füssen im AUgemeiaen
der mühsamste Weg nach beendigter Exenteration und diesem
1) Operat. Geburtsh., S. 694.
2) Lehrb., IL, S. 166.
3) Lehrb., S. 1063.
4) Oeburtsb. Operationslehre, 8. 288.
5) Lehrb., IL, S. 893.
6) Lehrb., S. 362.
nach den Modus der sogenannten Selbstentwickelnng. 461
Verfahren die Nachahmung der Natur bei der Selbstwendung
durch Biegung des Rückgrates gewöhnlich vorzuziehen sei.
Diese Ansicht stutzte Michaelia ^} nicht auf theoretische
Erörterungen, sondern auf die Ergebnisse seiner Erfahrung.
Er referirte an dieser Stelle neun Fälle, davon fünf nur un-
vollständig nach den Acten des Sanitatscollegiums. In dem
ersten ist der Weg, der bei der Extraction eingeschlagen
wurde, nicht näher angegeben; in dem fünften die Rreissende,
bevor noch die Evisceration begonnen wurde, unenthunden
gestori)en. In dem zweiten und achten gelang schon in Folge
der Brachiotomie, in dem vierten nach theilweiser Entleerung '
des Rumpfes die Wendung auf die Fösse; diese Operation
war jedoch im achten Falle, wo die vorliegende Schulter von
dem Muttermunde krampfhaft umschlossen gehalten wurde,
nur unter sehr grossen Beschwerden auszuführen. In dem
siebenten Falle hingen beide Arme aus den Geschlechts theilen
und beide Schullerblätter standen zum Einsdineiden ; nach
der Evisceration wurde die Selbstentwickelung fast ohne
Kunsthülfe beendigt. In dem neunten war das Kind acht
Tage vor Beginn der Geburt abgestorben; M. fand die Schulter
fast im Einschneiden begriffen, machte die Evi^eration und
versuchte dann durch einen Druck auf die Lumbarwirbel den
Steiss herabznbringen ; indessen bemerkte er dabei, dass der
Kopf neben der Brust eintreten wollte und förderte deshalb
beide durch einen Zug an dem vorgefallenen Arme gleichzeitig
zu Tage. In dem dritten Falte wurde auch nach der
Embryotomie noch die Wendung fruchtlos versucht, deshalb
unter Schonung der äusseren Bedeckungen die Wirbelsäule
durchgeschnitten und dann das Kind an dem durchtheilten
Ende des Körpers herabgeholt. Ebenso war es in dem
sechsten (von M. selbst behandelten) Falle nöthig, das Rück-
grat zu trennen (an der Stelle, wo es sich immer spitzer
zusammenbog, mit dem stumpfen Haken zu durchbrechen).
Hier war die Schulter so weit herabgetrieben, dass nicht
blos Brust und Unterleib zusammengebogen im kleinen Becken
lagen, sondern auch Steiss und Kopf theil weise in den Eingang
1) Einige FHlle von Embryotomie. Neue Zeitschr. f. Geb.,
VI., 8. 72.
30*
462 XXXIII. Veit, Ueber die Extraction der Frucht
desselben getreten waren. Die Versuche, da» kind condupUcalu
corpore zu extrahireu, mfsslangen iiicht Mos vor, sondern
auch Doch nach der Entleerung ' der Brust- und Bauch-
eingeweide; innerhalb des kindlichen Kapers liess sich die
Hand nicht bis zum kindlichen Becken hinauf führen, weil
der ausgeweidete Rumpf durch den nachgerückten Kopf zu-
sammengepresst wurde.
Dass die Winke, welche Michääis in diesen Beobachtungen
vorfand, seinen Fachgenossen weniger als ihm den Vorzug,
welchen nach der Exenteration die Nachahmung der Selbst-
wendung vor wiederholten Wendungs versuchen habe, deutlich
machten und bewiesen, mag hauptsädilich in zwei Momenten
seine Erklärung finden. Erstens nämlich liegt es in der Natur
der Sache, dass der Einzelne und namentlich der mit der
Landpraxis weniger geplagte Meister ähnliche Erfahrungen zu
macheu nur relativ selten Gflegenheit findet; der eine oder
andere mag also nur Fälle beobachtet haben , in welchen er bei
höherem Stande der Schulter noch keinen Hinweis der Natur
auf begiimende Seibstentwickelung fand und in welchen wieder-
holte Beninhungon doch schliesshch zu der Wendung auf die
Fasse oder zur Herableitung des Steisses führten. Zweitens
aber mochte es Manchem wohl zweifelhaft erscheinen, ob die
resp. fünf und vier Fälle von Michaelis auch die von diesem
aus ihnen entnommene Ansicht zu begründeil geeignet seien.
Denn nur in einem einzigen wurde das Kind in der gewöhn-
lichen Weise der Selbstentwickelung extrahirt, und hier waren
die Verhältnisse besonders günstig, indem die Seibstentwickelung
eigentlich bereits vor der Evisceration begonnen hatte, durch
diese wesentlich erleichtert wurde und schliesslich die Mit-
wirkung des Geburtshelfers kaum noch erforderte. Die Schule
hielt daher ihre Lehre im Allgemeinen fest, wenn gleich die
Aussprüche einzelner Schriftsteller darauf hindeuten, dass
diesen Zweifel au der absoluten Wahrheit der gegdienen
Vorschrift aufgestiegen sein mögen. *)
Wenn ich mir nun erlaube, hier meine Ansicht nieder-
zulegen, so kann ich mich auf eine Reihe eigener Erfahrungen
nicht stützen; dennoch glaube ich, dass dasjenige, was ich
1) Dies gilt iusbesondere von HoMf Lehrb., S. 1063.
nach dem Modas der sogenannten Selbstentwickelung. 468
selbst gesehen habe, in Verbindung mit den bisherigen
Heobachtoogen Anderer ausreicht, um ein annähernd richtiges
Urtheil zu gewinnen.
Der erste Fall von Embryotomie, welcher meine Mit-
wirkung erforderte, kam in der Praxis meines Freundes
Weg8cheider vor ungefähr acht Jahren in einer Vorstadt Berlins
vor. Bei tief in das Becken gepresster rechter Schulter
(Kopf links) und zum grössten Theile aus den Geschlechts-
theilen hervorragendem Arme hatte W., weil der Uterus das
Kirul fest umschlossen hielt, nicht bis zu den Füssen des
letzteren vordringen können, und ein von meiner Seite er-
neuerter Versuch belehrte auch mich, dass mit der erforder-
lichen Schonung die Wendung nicht zu bewirken war. Das
Kind war, wie die Beschaffenheit der Nabelschnur zeigte,
bereits unter dem Wehendrucke gestorben; es bandelte sich
mitbin nicht mehr um die Erhaltung desselben, sondern nur
noch darum, die Mutter auf die möglichst schonende Weise
zu entbinden. Zu diesem Zwecke wurde die Brust- und
Bauchhöhle ohne alle Mühe eviscerirt Beim Abreissen der
fester angehefteten Baucheingeweide, namentlich der Nieren,
bemerkte ich, dass das untere Rumpfende in Folge des Zuges
etwas herabnickte und die vorliegende Schulter hervordrängte.
Deshalb gaben wir unseren ursprünglichen Vorsatz, nach den
Schulregeln die Wendung nochmals zu versuchen, auf, und
zogen an dem vorgefallenen Arme die Schulter unter dem
Scboossbogen hervor und um den linken Schenkel desselben
nach oben und links, während die andere Hand zunächst an
dem biosgelegten Rippenrande und später höher oben befestigt
wurde und das untere Rumpfende herab- und hervorzog.
Dazu war ein nur geringer Kraftaufwand erforderlich, wenn
gleich die Entwickelung des Kindes hauptsächlich durch die
Kunsthulfe beschaut wurde. Das Kind hatte die gewöhnliche
&*ös6e.
Seit dieser Zeit habe ich nur noch einmal Gelegenheit
gefunden, in einem verschleppten Wendungsfalle die Exenteration
auszuführen und zu sehen, dass sich der erwähnte Modus der
Extraction wiederum bewährte. Auch hier wurde die Operation:
bei einer Multipara mit normal weitem Becken nach bereits
erfolgtem Tode der ausgetragenen Frucht zu einer Zeit
464 XXXIII. Veit, Ueber die Extraotion der Frttobt
begonnen, als die vorliegende rechte Schulter (Kopf wiederam
links oberhalb des Beckeneingangs zu fühlen) schon bis g^eB
den Beckenausgang hin herabgedrängt war. Die Zutage-
förderung des Kindes erlieischte eine grössere, aber immer
noch massige Kraftentwickelung. In beiden Fällen wäre
zweifellos ein Wendungsversuch nach der Exenteratioii, auch
int Falle des Gelingens ein ungleich grösserer Eingriff für die
Mutter gewesen, als die von mir gewählte Art der Ent-
bindung. Ich schliesse selbstverständlich aus ihnen nicht,
dass dieses Verfahren immer zum Ziele führen müsse and
stets das am meisten schonende sei. In Beibalt aber mekier
eigenen Erfahrungen über die Sdiwierigkeit und Gefahr der
Wendung unter ungunstigen Verhältnissen, sowie der mir
bekannt gewordenen fremden Beobachtungen über den Her-
gang der sogenannten Sdbstentwickelung und die Extraotion
der Frucht nach der Evisceration bin ich zu der Ansicht
gelangt^ dass man nach der Entleerung der Brust- und
Bauchhöhle von feuerten Wendungsversuchen in der Mehr-
zahl der Fäüe ganz abseben und dad Kind conduplicato corpore
zu Tage föi'dem sollte. Hitunter wird dabei die Extraotion
mühevoUer sein, als in meinen beiden Fällen; in diesen
waren die Kinder zwar ausgetragen und erst in Folge des
Geburlsactes abgestorben, aber in der normalen Beschaffenheit
des Beckens, der Weite der Scheide und Schamspalte und
in dem tiefen Stande der Schulter günstige Bedingungen
gegeben. Unter schwierigeren Verhältnissen könnte es daher
nöthig werden, zum stumpfen od^ stumpfspitzen Haken zu
greifen, weil der Zug mit der unbewaffiieten Hand nicht aus-
reichte. Vor Allem aber wird man den natürlichen Hechanismus
der Selbstentwickelung und die dabei vorkommenden Ab-
weichungen im Auge zu behalten haben.
Je tiefer die Schulter bereits herabgedrängt ist, desto
leichter gelingt die Extraotion, und glücklicherweise kommt
die Evisceration häufig nicht früher in Frage, als bis der
vorliegende Arm völlig oder zum bei weitem grössten Thefle
aus der Schamspalte hervorgetreten ist. In diesen Fällen ist
nach meiner festen Ueberzeugung die Exenteration regel-
mässig nicht als Vorbedingung der Wendung, sondern als
Vorbedingung der Extraotion nach dem Modus der Selbst-
nach dem Modus der sogenannten' Selbttentwickelung. 465
eiitwiGklung aaszufübren, weil die letztere Operation nicht
Mos gelingt, sondern auch voraussichtlich ungleich schonen«
der für die Mutter ist, als ein erneuerter Wendungsversuch.
Wollte man selbst zugestehen — wozu die bisherigen Er-
fahrungen nicht berechtigen — , dass hin und wieder auch
bei tiefem Stande der Schulter der Extractionsversud) am
Rumpfe allein oder am Arme und Rumpfe misslänge, so wäre
damit kein begründeter Einwand gegen die eben aufgestellte
Regel gegeben. Denn man muss die Hand ohnehin zum
Zwecke der Evisceration in den Kinde«kdrper einführen, und
kann daher ohne einen neuen Eingriff sofort mit derselben
Hand den Versuch machen, ob der Steiss bei zweckmässigen
Zügen herabrückt. Folgt letzterer, so gelingt die Extraction;
sollte er aber ausnahmsweise einmal nicht herunterkommen,
so wären nur wenige Minuten Zeit versäumt.
Bei der Extraction gewährt der vorgefallene Arm eine
sehr bequeme Handhabe, deren Benutzung mir in meinen
beiden Fällen die Operation sichtlich erleichterte, nnd überall,
wo die vorliegende Schulter ihren tiefen Stand behält, und
nicht, wie bisweilen beobachtet wurde, beim Eintritte des
Stei^ses in das Becken wieder aufzusteigen beginnt, zu em-
pfehlen ist. In diesem Umstände liegt an und für sich ein
hinreichender Grund, um diesen Arm zu schonen, und bei
der Embryotomie nicht zu eXarticuliren ; ohnehin hindert er
die Evisceration nicht, wenn er die Geschlechtstheile ganz
oder fast ganz verlassen hat. Die Richtung des Zuges an
dem Arme muss dem natürlichen Hergange bei der Selbst-
entwickelung entsprechen, daher dieser Zug so lange, bis
die Schulter unter dem Schoossbogen hervorgetreten ist,
gerade nach unten, demnächst im Bogen aufsteigend und
schliesslich nach oben und nach der Seite, in welcher der
Kopf liegt, wh*ken, wie dies Birnbaum^) auch fSr die
Hülfeleistung bei der Selbstentwickelung ohne Evisceration
fordert. Da der hauptsächlichste Zweck dieser Traction die
möglichste Uerableitung der Schulter und Streckung des Halses
ist, so verlangt sie eine erheblichere Kraftentwickelung
1) Die Selbstentwickelung und ihr Verhältniss zur Wendung.
Monatflschrift f. Qeb., I., 8. 870. .
466 XXXIII. Vtii, Ueber die Eztraction der Fracht
auch mir so lange, bis dieser Zweck eiTeicbt ist. Die
andere Hand des Operateurs findet im Innern des Kindes,
namentlich am Beckenende der Wirbelsäule uod dem Becken
selbst, einen ausreichenden Haltepunkt für kräftige Zuge, so
dass gewiss selten die .Hülfe des, Hakens in Anspruch ge-
nommen werden wird. Die anscheinend abweichenden Er-
fahrungen der Engländer beweisen gegen diese Voraussetzung
deshalb nichts, weil die Zee*sche Methode mit dei* Bracbio- '
' j
tomie beginnt, und somit den Geburtshelfer gei'ade der einen j
wichtigen Handhabe beraubt. Auch eines- Zuges an der
Aussenfläche des Kindeskörpers durch Ansetzen der Finger
oder des stumpfen Hakens an den Steiss wird es sicher nur
selten bedürfen.
Die soeben empfohlene Art der Kunstbülfe setzt selbst-
verständlich eine Lage des Kindes voraus, welche dem ge-
wöhnlichen Hergange bei der Selbstentwickelung entspricht:
mit andren Worten: sie setzt voraus, dass der Kopf auch
nach der Evisceration noch ganz oder grösstentheils oberhalb
des Beckeneinganges auf dem einen horizontalen Schambein-
aste oder der einen Fossa iliaca festgehalten wird. Indessen
nicht in allen Fällen von Selbstentwickelung behält der Kopf
diesen hohen Stand, sondern er wird bisweilen, wie die
Beobachtungen von Stephens und ülmer zeigen, und auch
Simpson^) zweimal selbst gesehen hat, neben der Brust in
das kleine Becken hineingetrieben, und tritt alsdann mit der
Brust vor dem Steisse aus der Schamspalte. Derselbe Vor-
gang kann auch nach der Evisceration eintreten, und ist hier
von Michaelis in dessen 6. und 9. Falle bereits beobachtet
worden. Das Nachrücken des Kopfes kann, wie sich Michaielis
überzeugte, verhindern, dass die Hand einen Haltpunkt im
Inneren des Kindeskörpers findet ; nur liegt in diesem Uebd-
stande noch nicht eine AuiTorderung für den Geburtshelfer,
anstatt der unmittelbaren .Extraction zunächst die Wendung
zu versuchen. Die letztere ist sicher unter solchen Ver-
hältnissen ein sehr eingreifender Act, wenn sie wirklich aus-
geführt werden kann; deshalb wäre selbst das Durchbrechen
der Wirbelsäule nach dem Vorgange von MichaMis vorzuziehen.
1) Obstetric memoirs aod contribntione. Vol. I., p. 646.
nach dem Modus der aogeDAnnten Selbatentwiekelmig. 467
Ich bin aber der Meinung, dass dieses Verfahren als Noth-
bdielf für sehr yereinzelte Fälle reservirt bleiben kann, und
meist ein in der geeigneten Richtung — zuerst gerade nach
unten und dann nach vorn — ausgeführter Zug an dem vor-
gefallenen Arme ausreiclien wird, um das Kind conduplicato
corpore, d. h. hier Kopf und Rumpf zusammen, zu ent-
wickeln. Dafür sprechen mir die erwähnten Beobachtungen von
Stephens und Simpson, sowie der Erfolg, welchen Michaelis
in seinem neunten Falle erreichte. Auch in dem« sechsten
Falle des letztgenannten Heisters würde wohl die Traction am
Arme genügt haben; sie konnte nicht versucht werden, weil
die Brachiotomie gemacht war. Zu dieser Operation aber
führte nur ein Fehlgriff bei der Perforation der Brust; weil
Michaelis die Scheere zu weit nach oben, dicht unter der
Achseigrube emgestossen hatte, konnte er durch die Oeff-
nuttg nicht zu den Eingeweiden gelaogen, ohne vorher den
Arm entfernt zu haben. Sollte wirklich die Extraction am
Arme gelegentlich unmöglich sein, so würde jetzt nachträg-
lich nochmals in Frage kommen, ob nach Lage der Sache
die Decapitation oder die Trennung der Wirbelsäule die leich-
tere und deshalb zweckmässigere Operation sei. Nur scheint
mir Simpson zu weit zu gehen, wenn er in solchen Fällen,
die er zur Unterscheidung von der gewöhnlichen Form der
Sclbstentwickelung (peivic spontaneous evolution) mit dem
Namen: cephalic spontaneous evolution bezeichnet, stets die
Decapitation anstatt der Evisceration empfiehlt. In dem sechsten
Falle von Michaelis war unzweifelhaft die letztere Operation
leichter auszufuhren.
Indem ich mich nach der Evisceration bei tiefem Stande
der Schulter für die unmittelbare Extraction und gegen die
Wendung, als Mittel eine Handhabe für die Zutageförderung
der Frucht zu gewinnen, ausspreche, glaube ich auch die-
jenigen Fälle, in welchen der Rücken des Kindes nach hinten
gerichtet erscheint, nicht von dieser Regel ausnehmen zu
dürfen. Die Erfahrung zeigt, dass die Selbstentwickelung
auch bei dieser Form der Schief läge möglich ist, wenn sie
schon bei nach vorn gekehrtem Rücken häufiger eintritt.
Liegt die Brustfläche nach vom, so wird eben die voran-
gehende Schulter niCbt so leicht und schnell tief in das Becken
468 XXXIII. Vmtf Ueber die Eztraction der Fracht
hereingedrängt Ist die Schulter aber erst einmal in der
Nähe des Beckenausganges angelangt, so lässt sich nach der
Exenteration auch erwarten, dass die Extraction der Frucht
ebensowohl bei nach hinten, wie bei nach vorn gerichtetem
Röcken gelinge. Schwieriger mag die Operation im ersten
Falle manchmal sein, weil die unteren Extremitäten sich
oberhalb der vorderen Beckenwand leichter aufstemmen, fest-
gehalten werden, und dadurch das Herableiten des Steisses
erschweren können.
In Folge ungünstiger Beckenverhäknisse wird der Ex-
(ractions versuch kaum jemals behindert werden , weil ein tiefer
Stand der Schulter gewöhnlk;h ein hinreichender Beweis für
das Vorhandensein eines wenigstens relativ weiten Beckens
ist. Viel eher können durch einen grösseren Widei*stand des
weichen Beckenboden^ solche Schwierigkeiten hervorgerufen
werden; deshalb wird es stets erwünscht sein, die Extraction
bei einer Multipara auszuführen ; aber gelingen wird sie auch
bei Erstgebärenden; denn auch ohne vorgängige Exenteration
hat man bei letzteren das Zustandekommen dei* Selbstent-
wickelung beobachtet.
Einzelne Fälle lassen sich freilich denken, in welchen
die directe Extraction auch bei tiefem Stande der Schulter
weniger zweckdienlich wäre, als das bisher von der Schule
gelehrte Verfahren. So kann, um die Mutter möglichst zu
schonen, bei todtem Kinde die Exenteration angezeigt sein,
obwohl bereits der eine Fuss in dem Muttermunde oder dem
oberen Theile der Scheide gelegen, d. h. gewöhnlich: bei
einem Wendungsversuche, der unvollendet gelassen werden
musste, herabgeleitet ist. Hier mag ein Zug an dem leicht
erreichbaren Fusse nachträglich ohne Schwierigkeiten zur
Wendung des Kindes führen, oder wenigstens durch seine
mittelbare Wirkung auf den Steiss diesen von einer Steile
des Geburtskanales, wo er festgehalten vnrd, loslösen, ond
dadurch die spätere Einwirkung auf das untere Rumpfende
von dem Inneren des Kindes uns erleichtern. Ferner beotn
achtet man, wie schon erwähnt wurde, auch bei tief herab^
gedrängter Schulter ausnahmsweise anstatt einer eigentliehen
Selkstentwickelung eine Selbstwendung; man wird daher auch
den letztei-en Hergang nachzuahmen haben, wo besondere
nach dem Mc^us der iogenaanteB SelbeteDtwiokelang. 469
Umstände auf ibn hinweisen, d. h. wo die Schulter trotz
ihres tiefen Standes unter dem Einfiuss der Naiurkräfte, an*
statt weiter abwärts getrieben zu werden, wieder deutlich
aufzusteigen beginnt. In einem solchen FaUe brachte Schrei*
ber^) -^ welcher erst zur Embryotomie schritt, nachdem
der vorgefallene Arm wieder etwas in die H6he gegangen
war — durch Umfassen der Rückenwirbel mit dem stumpfen
Haken den Steiss so weit herab, dass derselbe sich zuerst
entwickelte.
Ist die Schulter nicht tief in das Becken herabgepresst,
und dennoch die Exenteratioo nethig, so möchte ich zwar
das hier besprochene Verfahren zum Zwecke der Extraction
nicht unbedingt verwerfen, aber doch nur unter Umständen
und mit Vorsicht eiqzuschlageil ratlien. Aus den durch zahl-
reiche anderweitige Beobachtungen bestätigten Mittheilungen
Denman*^ wissen wir, dass bei höherem Stande der Schulter
die Naturhulfe gewöhnlich in der Weise der Selbstwendung
wirkt; das Steissende wird allmälig herabgetrieben, und
die . Schulter aus dem Becken nach oben verdrangt; das
Kind mithin nicht conduplicato corpore, sondern in einer
Beckenendlage geboren. Von vornherein erscheint also unter
solchen Umständen auch nach der Evisceration die Herab-
leitung des Steisses als das zweckmässigere, weil der Natur
abgelauschte Verfahren. Die Herableitung des Steisses kann
durch unmittelbare Einwirkung auf dessen äussere oder innere
Oberfläche, auf die Oberschenkel, Kniee oder Fasse versucht
werden. Je weniger es dabei erforderlich ist, weit in die
Uterushöhle vorzudringen, desto schonender wird im Allge-
meinen die Operation für die Mutter sein. Das mildeste
Mittel bleibt das Eänhaken der Finger in das kindliche Becken
von der Bauchhöhle des Kindes aus, in der sich die Hand
ohnehin beim Ablösen der Baucheingeweide befindet. Ich
zweifle auch nidit, dass ein aufmerksamer Beobachter
entweder schon bei der Evisceration selbst, oder doch bei
eigenen Probezugen ermitteln kann, ob die Entbindung auf dem
Wege der eigentlichen Wendung, oder auf dem der unmittel-
baren Extraction mit grösserer Schonung zu erreichen sei.
1) V. Siebold' a neues Journal f. Geb., VI., S. 616.
470 XXXIV. Bretlau, £ine Replik
Eine von Doherty^) mitgetheilte Geburtsgeschichte liefert
uns bereits den thatsäcblichen Beweis, dass unter Umständen
auch bei oben im Beckeneingange eingekeilter Schulter das
Kind nach dem Modus der Selbstentwickelung extrahirt werden
kann. Der Zug an dem unteren Tbeile der Wirbelsäule
vnittels des Hakens leitete nicht den Steiss ein, sondern blieb
ohne allen Erfolg. Dann aber trat der obere Theil des Kindes
liefer herab und unter Mitwirkung des jetzt hier eingesetzten
Hakens wurde die Schulter zuerst extrahirt.
Ich halte daher einen Probezug an der Innenseite des
kindlichen Beckens alle Mal nach der Exenteration fftr ge-
rechtfertigt und finde es überall, wo die Wahrscheinlichkeit
für das Gelingen der unmittelbaren Extraction spricht nnd
ein Wiederaufsteigen der Schulter nicht bemerkbar ist, ge-
rathen, gleich von vorn herein auch den vorliegenden Arm
als Handhabe mit zu benützen. Eine zweckmässige Gombination
beider Handgriffe wird, wie ich nicht bezweifle, in der Mdir-
zahl der Fälle leichter und besser zum Ziele fähren, als
anderweitige Entbindungsversuche.
XXXIV.
Eine Replik auf des Herrn Dr. Ploss: „Ein Blick
auf die neuesten Beiträge zur Frage über das
Sexualverhältniss der Neugeborenen."
Von
Prof. Dr. Breslau in Zürich.
Herr Dr. PI088 hat in dem 3. Hefte des XVIU. Bandes
dieser, Zeitschiift einen Aufsatz unter dem oben genannten
Titel veröffentlicht, in welchem er sich fast ausschliesslich
mit meiner vor IV2 Jahren in Oesterlen'^ Zeitschrift für
Hygieine, 1860, I., 2 erschienenen kleinen Arbeit: „zur
Frage über die Ursachen des Geschlechtsverhältnisses der
1) Dablin Journ., March. 1842.
aof des Herrn Dr. Ploa»: „Gin BHclc etc.*< 471
Kinder etc.'' beschäftigt und sich bemüht, fast Alies, was in
derselben von meiner Seile gegen seinen früheren Aufsalz'):
^uber die das Geschlechlsverhällniss der Kinder bedingenden
Ursachen'' vorgebracht war, umzustossen und zu vernichten.
Ich würde nun gerne das goldene Schweigen dem silbernen
Reden vorziehen, schon deswegen weil Replik und Duplik in
wissenschaftlichen Dingen in der Regel zu gar keinem Ziele
führen und weil der grössere Theil der Leser sich um Streitig-
keiten, die gewöhnlich sehr bald den Charakter persönlicher
Zwiste anzunehmen pflegen, nicht kümmert, wenn nicht der
neueste „Blick" des Herrn Dr. Ploss ein so giftiger wäiv,
dass er in mir nothwendig den Trieb der Selbslerhaltung
hervorruft und mich zwingt, einige Worte der Abwehr
seinen spitzigen Pfeilen entgegenzusetzen und den Kampf
damit zu beendigen.
Hen* PI088 sucht vorerst den Vorwurf zurückzuweisen,
dass er dem Manne nur „ungern*' einen Einfluss auf die
Geschlcchtsbestimmung des Kindes eingeräumt und dass er
der Mutter „allein" die Rolle der Geschlechlsbestimmung über-
lassen habe. Bloss sagt, er verdiene diesen Vorwurf nicht,
ich hätte ihn falsch verstanden und er habe nie den väter-
lichen EinOuss zu läugnen versucht. Nein, ich habe Herrn
Ploss nicht falsch, sondera ganz richtig verstanden. Ploss
sucht allerdings den väterlichen Einfluss auf die Geschlechts-
beslimmung so viel als nur möglich zu läugnen ; er anerkennt
ihn, nur so weit als er ihn nicht ganz umzustossen vermag,
aber darüber hinaus auch nicht. Alles muss sich seiner
Theorie, seinem Fundaraenlalsatze : „dass beim Thiere wie
beim Menschen die Geschlechtsbeslimmung der Frucht wesent-
lich von der Ernährung der Muller abhänge," beugen,
Alles geht darauf hinaus, der Frau allein oder vorzüglich die
Rolle der Geschlechtsbestinimung zuzuschreiben. Wenn ich
nun Ploss an mehreren Stellen meiner Arbeil auf das Ge-
zwungene in seiner Hypothese aufmerksam machte, wenn ich
z. B. S. 335 sagte : „ Ploss verwerlhet eine Reihe interessanter
Erfahrungen, Mos um seine Theorie über 'den Einfluss der
Ernährung bei der Mutter auf die Geschlechtsbestimmung
1) Oeburtsbülfl. Monats<<(hi-Ift, Bd. XII., H. 6.
472 XXXIV. BtmUku, MiuB Beplik
der Frucht zu bekral'ügan'', so oDtJMireii diese Vorwirfe
Hiebt der Begründung, sondern sind wohlverdienie. Flose
weist aber diese Vorwüi*fe einfach zurück, mir zum Vorwurf
macbend, ich hätte aus Gründen, die sich nur auf die Ver-
erbung der Aehnliclikeiten beziehen, die von Leuckart und
ihm aufgestellte Möglichkeit des Emährungseinflusses währefid
der geschlechtslosen Fötalperiode wegiäugnen wollen, meinr
Gründe seien nicht stichhaltig, weil die Vererbung der Aehn-
Uchkeiten von den Aeltem auf die Kinder jedenfalls nach
anderen Gesetzen vor sich gehe, als die Vererbung des
Geschlechilft^ Diesen Satz zu beweisen, bleibt freilich Ploss
schuldig, ll^ dahin aber scheint es mir keine Absurdität lu
sein, wenn man das Geschlecht eines Kindes zu den aller-
grössten Aehnlichkeiten mit Vater oder Mutter reebnet, und
wenn man in den Moment der Befruchtung durcli die Sper-
matozoon die Geschlechtsbestimmung der Frucht setzt Mag
immerhin Herr PIobs bei seiner Hypothese bleiben, ich bleibe
vorläufig bei der meinigen.
Es wird mir ferner zum Vorwurf gemacht, ich hätte ge-
sagt: „so gut wie der Same einer Eiche zur Eiche und der
einer Fichte zur Fichte wird, so gut muss ein menschliches
Ei zum Knaben und ein anderes zum Mädchen werden.^
Allerdings ich habe das gesagt, aber Herr Flosa hätte auch
den Nachsatz hinzusetzen sollen: „wenn (vorausgesetzt dass)
ihnen durch den Akt der Befruchtung die Entwickelung nach
der männlichen und nach der weiblichen Seite hin vorge-
zeichnet ist.'* Erst durch diesen Nachsatz gewinnt der Vor-
dersatz einen Sinn und bedarf dann keiner Entschukligung.
PI088 fragt mich, was ich aus dem Geschlechtsleben der
Vögel als Analogie für den Menschen zi^eii will, ob der Ein-
fluss der Ernährung durch die Mutter bei den Menschen
nicht vorhanden sein kann , weil er bei den Vögehi früh auf-
hört? Heine Antwort darauf ist: dass ich (S. 319) nichts
weiter gesagt habe, als dass es bei den Vögeln unabweisbar
nothwendig ist, anzunehmen, dass das Geschlecht der Nach-
kommen im Momente der Befeuchtung bestimmt werde. In
Fragen, die die Physiologie berühren, sind bekanntlich
Vergleiche erlaubt; man muss sie aber niu* verstehen und
nicht verdrehen. Wenn ferner Ploss meine, freilich kleine
aaf des Herm Dr. Ploss: „Ein Blick etc.'' 473
ZwilUngS8taüslik als unbenutzbar erklärt, weil in ihnen sämmt-
liehe Mebrgeburten zusauimengefasst und die Verhältnisse
nicht angegeben worden sind, wie oft 2 Mädchen, 2 Ktohen
und beide Geschlechter vorkamen, so ist gegen diesen Ein*
wurf zu bemerken, dass das Zusammenfassen sämmtlichei*
Mebrgeburten der Zwillingsstatistik in diesem Falle keinen
Eintrag that, indem unter 3000 — 4000 Geburten erst eine
Drillingsgeburt sich ereignet, und wenn auch nicht angegeben
ist, wie oft beide Geschlechter zusammen und beide allein
vorkamen, so ist das für meinen Zweck ganz gleichgOltig
gewesen, denn es war mir lediglich darum zu thun, zu
eruiren, wie sich der Knabenuberschuss zu den ^lädchen b(*i
Zwillingsgeburten im Kanton Zürich verhalte. Den voran-
gegangenen, ganz ungerechtfertigten Anschuldigungen folgt
nun eine Entschuldigung, aber welche! Ploss hatte in
seiner ersten Arbeit (Geb. Monatsschr., Bd. XII., S. 340) zu
Gunsten seiner Theorie über den Ernährungseinfluss der Mqtler
auf die Geschlechlsbestimmung der Frucht u. A. auch gesagt,
dass es eine hei den Rauch waarenhändlern feststehende An-
nahme sei, dass fruchtiMre Gegenden mit guten Weideplätzen
vorzugsweise Pelze von weiblichen Thieren, unfruchtbare
Länderstricbe aber mehr solche von männlichen Thieren
liefern. Darauf hatte ich entgegnet, dass die Rauchwaaren«
händler ihre Waare gewöhnlich erst aus dritter und vierter
Hand beziehen und wohl nur selten genau den Standort der
in fernen Gegenden erlegten Thiere kennen ; abgesehen davon
seien die meisten Pelze von Raubthieren herrührend, bei denen
man von Weideplätzen nicht reden könne u. s. w. Wie be-
gegnet nun Plo^s diesem Einwurfe? Er sagt, er habe sich
fälschlich auf die Aussagen von Rauchwaaren-Händler berufen,
es seien die Fell -Händler gemeint. Zufälligerweise handeln
aber die Fell- Händler nicht mit Pelzen, sondern mit Fellen
oder Häuten, oder sollten die Ochsen, Kühe, Hirsche, Rehe,
Rennthiere, Elenthiere etc. auf einmal Pelze besitzen? Ploss
kommt nun auf meine Bestrebungen zu sprechen, die Knaben
als „kräftigeres die Mädchen als von Natur aus „schwächer*'
darzustellen. Ich hatte ausser eigenen Untersuchungen über
Gewicht und Schädelumfang der Mädchen und Knaben noch
die Arbeiten Anderer, u. A. die von Simpson zu Hülfe ge-
474 XXXIV. Brulau, Eine Replik
zogen, nachdem Flosa zur Rettung der „KraH'' der Frauen
Dr. Spöndlfs 28 Scliädelmessungen angeführt halte. 8imp$<m*s
Arbeit wird nun von Ploss verworfen und ich werde auf
Veifs Arbeit (Geb. Monatsschrift, 1855) hingewiesen, in
welcher Simpson'» Arbeit einer strengen Kritik unterzogen
wird. Vei€s Arbeit hatte ich aUerdings leider übersehen und
erst später kennen gelernt. Hätte ich sie gekannt, so wäre
sie mir keineswegs, wie Flosa meint, ohne Nutzen gewesen,
sie hätte mich veranlasst, sie selbst mit Auswahl und Kritik
zu verwerthen, wozu jetzt nicht mehr der passende Ort ist
Nur auf einen Punkt kann ich nicht umhin, aufmerksam
zu machen. Veit hebt gegen Simpson hervor, dass die
Differenz der Knaben und Mädchen in Bezug auf ihre
körperliche Entwickelung zu unbedeutend ist, um einen
so grossen Einfluss auf das Leben des Kindes äussern zu
können, ja er weist nach, dass auch bei gleicher körperlicher
Entwicklung immer mehr Knaben als Mädchen sterben. Was
versteht aber Veit unter „gleicher körperlicher Entwicklung'*?
Offenbar nichts anders als gleiches Körpergewicht (cfr. Geb.
Monat^schr. Bd. VI, S. 121). Er wies nämlich nach, dass
die Mortalität bei Knaben immer noch grösser sei. als die der
Mädchen, selbst wenn beide gleich schwer waren, und zog
daraus den Schluss, dass der Gewichtsunterschied nicht der
einzige Factor ist, welcher bei der Frage, warum die Knaben
mehr als die Mädchen bei der Geburt gefährdet sind, in Be-
tracht kommt. Zu der körperlichen Entwicklung gehört aber
auch noch mehr als blos das Gewicht; es muss die Grösse,
der Umfang einzelner Organe und vorzüglich des Kopfes in
Betracht gezogen werden. Um seinen gegen Simpson auf-
gestellten Satz völlig zu beweisen, hätte Veit untersuchen
müssen, ob eine Anzahl von Knaben mit gleich grossem
Schädelumfang, wie eine gleiche Anzahl von Mädchen doch
noch viel häufiger während der Geburt zu Grunde gehe oder
nicht. Diese Untersuchung hat Veit nicht vorgenommen, und
es ist somit nicht entschieden, ob die Knaben bei der Ge-
burt, seihst bei gleichem Gewicht mit den Mädchen, nicht
deswegen häufiger zu Grunde gehen, weil sie einen umfang-
reicheren Schädel haben, mit andern Worten, weil sie
stärker entwickelt, weil sie kräftiger sind, als die Mädchen.
auf des Herrn Dr. Plots: „Ein Blick etc.^ 475
Wenn aber Ploss die Arbeit von Veit gekannt hat, und
wenn er ihr wegen ihrer deutschen Gründlichkeit einen so
grossen Werth beilegt, warum hat er denn übersehen, dass
Veit durch Messungen an 69 Mädchen und 85 Knaben einen
Unterschied des Kopfumfanges zu Gunsten der Knaben von
6'" gefunden hat, warum hat er denn Veit in seiner ersten
Arbeit nicht genannt, warum hat er sich auf Dr. SpöndWs
28 Schädelmessungen gestützt? Antwort: Weil er Veif&
Arbeit für seine Theorie nicht verwerthen konnte. Im
Folgenden (S. 241) verspricht nun Ploss in einer schon
vorbereiteten Arbeit den väterlichen Einfluss auf das Geschlecht
des Fötus so wert als möghch verfolgen zu wollen, er habe
aber mit eben so grossem Rechte beanspruchen können, den
mütterlichen, in der Schwangerschaft dauernden Einfluss
näher betrachten zu dürfen, wie der Patholog, „welcher
durch den Mangel einer dem Stoffwechsel unbedingt nöthigen
Substanz bei der jugendlichen Bevölkerung eines Ortes sich
bewogen fühlt, zunächst die Muttermilch auf den Gehalt
an diesem Stoffe zu untersuchen/* Ich habe diesen Satz
wenigstens ein Dutzendmal durchlesen, aber es ist mir dabei
wie beim Hexen -Einmal -Eins geworden. „Gewöhnlich glaubt
der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei
doch auch was denken lassen.'' Ploss protestirt zuletzt
gegen meine statistischen Unterlagen aus dem Kanton Zürich,
nicht blos weil sie zu kleine Zahlen geben, sondern auch
weil sie in ihrer Zuverlässigkeit mehr als zweifelhaft sind.
Ploss acceptirt mit v. Rothkirch und Husemann den Satz :
„Es gehört eine grosse Kühnheit dazu, aus wenig Tausenden
von Geburten ein allgemeines Naturgesetz erkennen zu
wollen," er verweist mich auf das Gesetz der grossen Zahlen
und giebt mir recht verdankenswertlie Lehren. Ich kann
mich, was diesen Vorwurf betrifft, kurz fassen, ich verweise
die Herren Ploss, Husemann und v, Rothkirch auf die
Schlusssätze meiner Abhandlung. Dort werden sie finden,
dass ich nicht so kühn gewesen bin, aus wenig Tausenden
(NB. ein paar Mal hundert Tausend) von Geburten all-
gemeine Naturgesetze aufsteUen zu wollen, sondern dass ich
bescheiden genug war, aus meinen statistischen Untersuchungen
MonaUachr. f. GebarUk. 1861. Bd. ZYin., Bit. 6. 81
476 XXXIV. Breslau, Eine Replik
herauszulesen, was Jeder herauslesen kann, naiulich dass
sich das und das und das so und so und so im Canton
Zürich verhält Das nannte ich: Beiträge zur vergleichenden
Statistik. Anerkennen will ich aber, dass meine Behauptung :
„das Königi^eich Sachsen eigne sich zu einem Vergleiche der
jährUchen Schwankungen weniger gut als der Canton Zürich,
weil in diesem die Schwankungen grösser sind, als wie in
Jenem'* falsch ist. Als ich diesen- Satz aufstellte,' hatte ich
unterlassen, Rücksicht auf die Einwohnerzahl beider Staaten
zu nehmen. Den Hauptfehler in meiner Beweisführung er-
blickt PI088 endlich darin, dass die Richtigkeit der von mir
benutzten Zahlen höchst verdächtig ist. Nicht bloss dass sich
PI088 auf meine eigenen Aussagen stützt, welche auf die
unvollständige Uebereinstimmung des pfarramtlichen und
Hebammen - Register hinweisen, nein, er hat sich noch die
Mühe gegeben, tabellarisch nachzuweisen, dass meine und
Dr. Schrämlfs Liste von der jedenfalls officiellen Liste des
Archivs für schweizerische Statistik in allen, das Verhältniss
der Knaben zu den Mädchen betreffenden Zahlen ganz
wesentlich abweiche. Glücklicherweise will aber PI088 den
Wertli meiner Resultate noch davon abhängig machen, dass
ich den Beweis zu führen im Stande bin, meine Liste sei
richtiger als die des Arqjiives (1860, No. 19). Nein, katho-
lischer als der Papst bin ich nicht, richtiger ist meine Liste
nicht, als die des Archivs, aber gleich riditig ist sie, oder
vielmehr sie ist dieselbe. HeiT PI088 hätte sich nur die
Mühe zu geben brauchen, meine und des Archivs Liste richtig
mit einander zu vergleichen, dann hätte er ohne Zweifel
sehr bald gefunden, dass die Verschiedenheit in allen unseren
Zahlen der Knaben* und Mädchengeburten davon herrührt,
dass in dem Archive unter Rubrik 15 u. 16 (männliche und
weibliche Geborene) die todtgeborenen unreifen Kinder be-
reits in Abrechnung gebraclit sind, während ich sie in meiner
Tabelle U. aus der Gesammtzahl der geborenen Mädchen und
Knaben nicht ausgeschieden habe. Das Archiv giebt z. B. Ifir
das Jahr 1850:
Knaben geboren: 3982
Mädchen geboren: 3672
Summa: 7654,
auf des Herrn Dr. Flo9$: »Ein Blick «tc* 477
ich gehe für das Jahr 1850:
Knahen geboren: 4061
Mädchen geboren: 3738
Summa: 7799.
Die Summa beträgt bei mir also 145 Kinder mehr,
nämlich 79 Knaben und 66 Mädchen. So viel wurden in
diesem Jahre unreif geboren und diese 145 unreifen todtge*
borenen sub No. 13 u. 14. des Archivs angegeben, fehlen
sub No. 14 u. 15.
Eine aufmerksame Betrachtung und Vergleichung meiner
Liste mit der des Archivs hätte somit Herrn Ploss sehr
leicht auf die ihm. unerklärliche Differenz bringen müssen
und er hätte sich und mir einige Arbeit ersparen können.
Eines Fehlers in meiner Statistik , so weit sie sich auf die
Tab. II. gründet, muss ich mich aber bei dieser Gelegenheit
selbst anklagen. Er belriflfl die Jahrgänge 1828—1833 (inclus.)
und zwar die erste Columne, die Jahresziflern. Es soll heissen ;
1827 statt 1828,
1828 statt 1829,
1830 statt 1831,
1831 statt 1832,
1832 statt 1833.
Dieser Irrthum, auf welchen mich vor Kurzem Herr
V. Taur, der jetzige Redacteur des Archives für schweize-
rische Statistik aufmerksam gemacht hat, schlich sich beim
Copiren meiner Tabelle aus den ofHciellen Medicinal-Berichten
ein, was nicht durch mich, sondern durch einen etwas zer-
streuten Schreiber geschah, welcher vom Herrn Regierungs-
rath Ott dazu beauftragt gewesen war. Welche Consequenzen
aus dem angegebenen Versehen zu ziehen sind, das auszu-
rechnen, will ich Herrn Flosa überlassen. Dies ist hoffentlich
mein letztes Wort in dieser Angelegenheit. ^)
Zürich, im October 1861.
1) Wir erachten hiermit die Angelegenheit für abgeschlossen.
Die Bed.
31*
478 XXXV. Notieen aus der JournRl- Literatur.
^ XXXV.
Notizen aus der Journal -Literatur.
Meyer: DieBeekenneigung.
Die neuerlieh vom Verf. Angestellten Untersuchungen fiber
die Beckenneigung ergaben folgende Resultate, wobei ftir die
Bestimmung der Conjugataneigung die Stellung der Beinaxen
gegen den Horizont zu 83^ angenommen ist:
1) Die Beekenneigung verschiedener Individuen zeigt grössere
Verschiedenheiten als man bisher geglaubt hat.
2) Bei demselben Individuum zeigt die Beckenneigung sehr
grosse Verschiedenheiten, welche (ausser von der Neigung der
Beinaxe gegen den Horizont) von dem Divergenzgrade und dem
Rotationsgrade der Beinaxen abhängig sind.
3) Unter den verschiedenen Beckenneigungen desselben Idni-
viduums giebt es ein Minimum und vier Maxima.
4) Das Minimum beträgt 40 — 45^ Conjugataneigung (bei
weiblichen etwas mehr als bei männlichen) und ist beim weib-
lichen Becken vorhanden bei 26^ Divergenz und 10® Einwärts-
rotation der Beinaxen.
6) Die vier Maxima, welche durchschnittlich 90 — 100® betragen,
finden sich in den Vereinigungen extremster DivergensstelloDg
(Rnieschluss oder grösste Spreizung) mit den extremsten Rotations-
graden (nach innen oder nach aussen).
6) Beim weiblichen Becken ist die Conjugataneigung fär das
ungezwungene Aufrechtstehen mit parallelen Beinaxen gegen 55 ^
beim männlichen gegen 50".
7) Die bisher angenommenen Werthe für die Conjugataneigung
im aufrechten Stehen gehören einer Spreizstellung (40—60"
Divergenz der Beinaxen) mit Einwärt'srotation an.
(Archiv f. Anatomie , Physiologie u. Wissenschaft!. Medicin,
1861 , Heft 2.)
Virehow: Ueber eine eigenthümlichei vielleicht syphi-
litische Veränderung der Decidaa.
Die in Rede stehenden Eihöllen stammten von einer Fran,
die früher an scheinbar syphilitischen Rachengeschwüren mit
Jodquecksilber erfolgreich behandelt worden war, und mochten
«iaor circa 2 — 3 monatlichen Frucht angehören. Interessant waren
die Veränderungen der mütterlichen Hülle, welche ganz getrennt
* XXXV. Notisen aus der Jouroal- Literatur. 479
von dem eigentlichen £i abgegangen war. Dieselbe war überall
sehr dick, in wechselnder Weise 1 — 4 Linien stark und zeigte
aaf ihrer inneren d. h. freien Seite sich wie. mit polypösen,
grossen Auswüchsen besetzt, die stellenweise eine Länge von
V, Zoll, eine Breite von V^ Zoll und darüber, eine Höhe von
Vs Zoll besitzen» Während die zwischen ihnen liegende Deoidna-
partie glatt ist, etwas gemnzelt, von blassweisslicher Farbe und
nur mit Mühe die sehr engen Utriculardrüsen- Mündungen erkennen
Hess, hatten die grossen, Schleimpapeln und Sohleimtuberkeln
vergleichbaren Höcker eine durchaus glatte und dichte Oberfläche
von mehr röthlicher Farbe ohne jede Spur von Drüaenlöchem.
Auf einem Durchschnitt sieht man die oberflächliche Schicht sehr
dicht, dunkelroth, während die tieferen Theile mehr porös, ganz
nach unten hin fast cavemös erscheinen. Uloerationen, Spuren
von spontanem Zerfall und dergl. fehlen.
Mikroskopisch sieht man das interstitielle Schleimhaetgewebe
im Zusiande der ausgesprochenen HyperpUsie , welche aus einer
Reizung hervorgegangen ist. Dass wir es hier also mit einer
Endometritis papulosa et tuberculosa zu thun haben, die auch
aller Wahrscheinlichkeit nach der Grund des Abortus ist, ist
leicht einzusehen. Ob diese Endometritis jedoch eine syphilitische
war, ob man die gefundenen Papeln und Knoten als eine Art
von Condylomen betrachten muss, lässtsich, obwohl Vieles dafür
sipricht, aus diesem Falle nicht entscheiden.
Mögen durch die Mittheilung vorstehenden Falles weitere
Heobachtungeh angestellt und veröffentlicht werden, um so
vielleicht die Aetiologie des syphilitischen Abortus .bestimmter
zu gestalten.
(Archiv f. patholog. Anatomie U.Physiologie u.f.klin.Me^dioin,
1861, Bd. 21, Heft 1.)
PkiUpp Harper: Instrumente zur Anbohrung fibröser
Uterusgeschwälste.
Die von Baker Brown empfohlenen Instrumente zur Aus-
höhlnng der fibrösen Uterustumoren gleichen äusserlich einem
geburtshülflichen Trepane. Sie bestehen aus einem Hohlcylinder
von 9* Zoll Länge, der äusserlich in Entfernungen von je einem
Zoll Marken besitzt, um genau bestimmen zu können, wie weit
er eingeführt wurde. Am unteren Ende ist dieser Cylinder ge-
schlossen durch eine Capsel, durch deren durchbohrtes Centrum ein
zweiter Stahl cylinder geschoben wird, der am oberen Ende zwei
gerade Messer oder ein gerades und ein rechtwinkelig gebogenes
besitzt, während sein unteres Ende mit einem Handgriffe verseben ist.
Beide Röhren können vermittels eines in der Capsel befindlichen
Schraubenganges eine beliebige Stellung zu einander annehmen.
^gO XXXV. NotiMn ans der Joarnal-Literator.
In die »weite Rohre ntin pftsst ein stählerner Stab, der nach
oben, in »kei Haken endigt and durch eine starke Feder inner-
halb der «weiten Röhre festgehalten wird.
Bei der Anwendung wird das Instrument darch die &QMere
Röhre gedeckt eingeführt und au den Tumor angedruckt, hierauf
durch Vorschieben des stählernen Stabes die Haken in den Tumor
eingedrQckt und nun die sweite, mit den Messern verseheue Rohre
trorgeschraubt. Auf diese Weise wird das Fibroid ausgehöhlt
und die gelöste Masse durch Zurückziehen des stithlerneu Stabes
in die Röhre geführt. Um ein beliebiges Vordringen der Messer
EU ermöglichen, befindet sich ausserhalb der sweiten Röhre ein
Vorsprnng, der nach Belieben hinauf oder herunter gerückt
werden kann.
Für diejenigen Fülle, wo die Geschwulst leicht zu erreichen
und dem Gesichte zugänglich Ist, empfiehlt Verf. ein Instrument,
welches Ton ganz ähnlicher Constructüon ist und, bei Weglaasung
des Hakenstabes , ein gerades und ein rechtwinkelig gekrümmtes
Messer besitzt.
(The Lancet, Bd. 1, No. 12, 1861.)
Wagner: Chronischer Uterus- und Tubenkatarrh; Häma-
tom des Uterus; Peritonitis.
Ein 28 jähriges Dienstmädchen, secirt am- 28. August -1868.
In der Bauchhöhle zeigten sich circa 27, Pfd. in den oberen
Theilen seröser, klarer, in den tiefer liegenden dünneiteriger
B^lüssigkeit, mit reichlichen, gelblichen, sehr weichen, eiterig
fibrinösen Klumpen. Serosa überall schwach getrübt.
Linkes Ovarium durch dicke, feste Adhäsionen an den unteren
Theil des S roman. angeheftet. Beide Ovarien an der Oberfläche
I narbig, stark injicirt; am linken ein kirschengrosser fluctuirender
I Vorsprung, welchem eine Kjste mit serösem Inhalt und glatter
Innenfläche entspricht. Tuben in der äusseren Hälfte stark ge-
wunden, schreibfederkieldick, reichliche dünneiterige Flüssigkeit
enthaltend; Schleimhaut schwarsgrau, etwas wulstig. — Uterus
4 Zoll lang, entsprechend breit und dick, in seiner Höhle reich-
liche graurothe, dünneiterige, übelriechende Flüssigkeit ent-
haltend. An der Hinterfläche des unteren Theiles der Körperhöhle
ein über bohnengrosses, weiches, grau- und braunrothes Blut-
gerinnsel, welches untrennbar fest mit der Schleimhaut zusammen-
hing. Unter letzterer in der Körperhöhle einzelne, l — Slinsengrosse
frische Blutergüsse. Uterus von der Weichheit eines puerperalen
Uterus. Seine Schleimhaut zeigte zerfallendes Cy lind erepithel,
keine Spur tou Drüsen, und bestand hauptsächlich aus spärlichem
Bindegewebe und spindelförmigen Zellen mit breiten Ausläufern
pnd langem Kern. Das Utcruspardnchyni war leicht faserbar und
XXXV. Notisen ans der Journal -Literatur. 481
bestand nirgends aus in räckgHngiger Metamorphose "begriffenen
Muskelfasern. Von Eib&uten u. s. w. keine Spur. ,
Die Genitalkrankheit besteht hier in einem chronischen
Katarrh der Schleimhaut des Uterus und der Tuben nnd in der
Uterinblntang mit Sitzenbleiben eines Blutgerinnsels.
Die Peritonitis konnte nur ITolge jenes Katarrhs, besonders
der Tubenschleimhaut sein.
(Arohir der Heilkunde, 1861, Heft 6.)
Hohl: Die Chlo roformnarkose in der Gebnrtshülfe.
Vorstehender Aufsatz ist hervorgerufen worden dnrch die
Mittheilungen, welche Martin über die Anwendung der Chloroform-
narkose in der Sitzung der Hufeland^ßchen Gesellschaft am
22. Febrnar d. J. gemacht (s. Monatsschr., Bd. 18, Hft. 3, S. 249).
Verf. tritt fast in allen Punkten den Ansichten des genannten
Autors entgegen und hebt namentlich hervor, dass die Geburts-
schmerzen allein den Geburtshelfer nie zar Anwendung des
Chloroforms verleiten dürfen. Nur dann, wenn die Schmerzen
der Geburt aus irgend einem pathologischen Grunde zu einer
nngewöbnlicben Höhe sich steigern, den Verlauf der Geburt
wirklich stören oder die Mutter gefährden, wie z. B. bei Con-
valsionen, ist der Geburtshelfer im Bechte, wenn er zum Chloro-
form greift, keine vollständige Bewusstlosigkeit, sondern nur
Schwächung der Empfindlichkeit herbeiführt, damit die Kreissende
die HülfskrHfte in Thätigkeit setzen kann.
Bei Zangenoperationen giebt es gewiss nur einzelne FKlle,
wo der Gebrauch des Chloroform , zweckmässig und nothwendig
ist, da bei richtiger Einführung der Blätter und bei in richtiger
Richtung ausgeführten Zügen die Zange keine Schmerzen ver-
ursachen darf. Ebenso hält Verf. den Gebrauch des Chloroforms
bei der Wendung nur dann für gerechtfertigt, wenn, besonders
bei einer Erstgebärenden, die Scbamspalte eng ist, die Geschlechts-
theile an sich oder durch operative Eingriffe in einem hohen
Grade empfindlich sind, oder wenn die Wehen, stark und häufig,
die Operation hindern. Bei Perforation und Kephalothrypsie,
überhaupt bei allen geburtshfil fliehen Operationen mit ver-
letzenden Instrumenten dürfte die Chloroformnarkose zu ver-
meiden sein.
(Deutsche Klinik, 1861, No. 31.)
Caatelain: Fall von T ubo-Ovarial-Sohwangerschaft.
Eine 32jährige Frau, welche noch nicht geboren hatte,
wurde wegen heftiger Leibschmerzen in das Hospital zu Lille
482 XXXV. Notisen aus der Journal -Literatur.
gebracht. Man fürchtete einen Abortus in Folge von Stoasen
auf den Bauch. Da aber während der ersten Nacht der Mutter-
mund sich nicht öffnete, Hess der wachhabende Untersrst die
Kranke auf die medicinische Abtheilung bringen, wo sie noeh
am frühen Morgen starb.
Die Seotion ergab Folgendes: In der Bauchhohle grosse
Blutklnmpen, in deren Mitte ein dreimonatlicher Fötus mit ab-
gerissenem Nabelstrange. Die Gebärmutter war gross, wie im
dritten Monate, gelockert, mit einer dicken Decidua ausgekleidet,
im Mutterhalse ein fester Schleimpfropf. Rechte Eileiter und
Eierstock normal. Am Ende des linken Eierleiters die Fruchthohle
in der Grösse einer Faust, mit dem Risse und im Innern die
Flacenta, Vom linken Eierstock findet man kaum eine Spur.
Die Eierleiter sind nicht verstopft. Der Fruchtsack befand sich
hier zwischen dem Tubenende und dem Eierstocke, letzteren
in sich vollständig aufnehmend. Es gehört dieser Sita an den
Seltenheiten.
(Gaa. des h6pit., 1861, Nu. 121.)
Pauk: Grariditas extrauterina; Entleerung s&mmtlicher
Knochenstücke der Frucht durch den Bauchschnitt;
Genesung der Mutter.
Patientin, 28 Jahre alt, will nie krank gewesen sein. Im
sechsten Monate der gegenwärtigen Schwangerschaft, wo sie
Kindesbewegungen verspürt haben will, wurde sie, sowie in den
folgenden Monaten von einer Diarrhoe periodisch befallen, die
jedoch geeigneten Mitteln wich.
Bei der am 26. November 1860 vorgenommenen Susseren
Untersuchung seigte sich der Nabel blasenartig und missfarbig,
das Kind war deutlich, und swar als querliegend, su erkennet»
und schien unmittelbar unter den Bauchdeoken au liegen.
Innerlich seigte sich die Vagina normal, Muttermund in der
Kreusbeingegend gelegen, die Gebärmutter ausam mengesogen,
über der Schambeinvereinigung nicht fühlbar.
Da somit die Diagnose einer Graviditas extrauterine fest-
stand, so wurde sunächst eine im Nabelringe befindliche, taubenei-
grosse , kleine Blase geöffnet, aus welcher sich stinkende Jauche
entleerte, deren Ausfluss sich auf Druck der Kindestheile ver-
mehrte. Durch Eingehen mit dem Finger in die Stichwunde
fühlte man deutlich Schädelknochen. Zwei Tage später wurde
Bur Operation geschritten. Bei unvollkommener Narkose wurde
ein Schnitt vom Nabel bis gegen 3 Zoll sur Schambeinvereinigung
gemacht, und man gelangte so in einen halbmondförmigen, die
Homer nach abwärts gekehrten, dickhäutigen Sack, in welchen
die einseinen Fötusknochen, von ihren Weichtheilen entblösst
XXXy. Notisen ans der Journal- Literatur. 483
la^eD. Nachdem dieselben entfernt, wurde die Wnnde durch
amschlnn^ene Nahte nnd eine gntpassende Bauchbinde geschlossen.
Schon nach acht Tagten verliess Pat. das Bett, nnd nach weiteren
acht Tagen verrichtete sie gans ungestört gana gesnnd ihre
httnsliehen Geschäfte.
(Allgem. Wiener med. Zeitung, 1862, No. 32.)
E. Kirhy: Zweimalige Einleitnng der känstlicben Frtih<
gebart bei einer Zwergin mit missgestaltetem
Becken.
Die Schwangere, welche in ihrer Kindheit an Bbachitis ge-
litten hatte, war 27 Jahre alt nnd anscheinend gesund. Eine
sorgfältig vorgebommene Untersuchung zeigte die Wirbelsäule
vom letaten Halswirbel bis aar Vereinigung des letzten Bticken-
mit dem ersten Lendenwirbel 14 Zoll lang, nur drei Mal, ein Mal
nach vom und zwei Mal seitlich, gekrümmt. Das Becken war in
allen Durchmessern zu eng, namentlich aber von vom nach hinten
zusammengedrückt. Der Vorberg und der letzte Lendenwirbel
'sprangen stark ein, so dass die Conj. vera kaum 2V, Zoll betrug.
Es wurde deshalb die Einleitung der künstlichen Frühgeburt zu
Ende der 32. Schwangerscbaftswoche festgesetzt, konnte jedoch
wegen Lungenkatarrh der Schwangeren erst nach vollendeter
34. Woche ausgeführt werden. Am 30. Januar wurde die Einleitung
begonnen und am 2. Februar die Frau wegen Querlage des Kindes
durch Wendung von einem lebenden Kinde entbunden. Das Wochen-
bett verlief für Mutter und Kind normal. In diesem Falle hatte
die Frau circa 2^^ Unzen Ergotin bekommen ohne Nachtheil für
sie und ihre Frucht.
Die Frau wurde wieder schwanger, konnte jedoch wegen zu
später Meldung, dieses Mal erst Ende der 36. Woche entbunden
werden. Die Geburtsthätigkeit ging langsamer und der Kopf des
Kindes hatte bereits eine solche Entwickelung erlangt, dass an
eine Rettung des Kindes nicht gedacht werden konnte. Für die
Mutter war auch jetzt das Wochenbett vollkommen normal.
Verf« betrachtet als ein wesentliches Bedingniss für den
glücklichen Erfolg der Operation, dass die Eihäute bis zur voll-
ständigen Erweiterung des Muttermundes erhalten bleiben.
(The Lancet, 1861, Bd. I., No. 10.)
V. Scanzoni: Ein Fall von Gebärmutterblasenfistel mit
epikritischen Bemerkungen.
Die 34 jährige Patientin war in ihrer Jugend stets gesund;
mit 20 Jahren zum ersten Male menstruirt, hatte sie drei Geburten
484 XXXV. NotiieB aus der Joornal-Literatnr.
fiberstanden. Säm in tli che Kinder miiBSteii mit der Zaage extrabirt
werden und kamen atets todt snr fWelt. Die leiste Geburt,
welche sechs Wochen vor der Aufnahme der Patientin erfolgte,
erforderte einen solchen Kraftaufwand Ton Seiteu des Oebwts*
helfers, dass während der Operation ein Zangenlöffel sarbraeh.
Die ersten zwei Puerperien yerliefen normal, am siebenten Tage
nach der letzten Entbindung fühlte Patientin, dass der Harn tob
selbst ans der Scheide abfloss nnd zwar anfangs continnirlich,
nach fünf Wochen nnr beim Gehen nnd Stehen. Die Unter-
suchnng zeigte eine allgemeine Verengerung des kleinen Beckens,
die Conjugata maass S" S"\ Nirgends konnte eine Communi-
cation der Blase nnd Scheide entdeckt werden. Der Muttei^nnd
bildete eine lange, mit vielfach zerklüfteten Rändern versehene
Querspalte, namentlich zeigte die hintere Lippe einen tiefen,
bis gegen das Scheidengewölbe hinaufdringenden Riss, so dass
sie gleichsam in zwei seitliche Lappen getheilt erschien.
Es wurden circa *8 Unzen einer roth gefärbten Flüssigkeit
in die Harnblase injicirt und ein Fer^tM^on^schcs Speculum in die
Scheide eingeführt, worauf man, namentlich wenn das Speculnm
etwas zurückgezogen und somit der Druck auf das Laqnear vag^nae
▼ermindert wurde, eine beträchtliche Menge des rothen FlnidlinM
in das Lumen des Spiegels erhielt, die deutlich aus dem rechten
Winkel der queren ^Mntterninndsspalte hervorquoll. Somit stand
die Diagnose einer Blasengebärmutterfistel fest.
Zur Operation wurde die Kranke auf einem Querbett« auf
den Rücken mit möglichst angezogenen nnd festgehaltenen Beinen
gelagert, der Uterus durch Hakenzangen heruntergezogen und
durch zwei feste, durch die dicke vordere Mutterniundslippe ^-
zogene Fadenschlingen üxirt. Hierauf wurde der ganze Umfang
der Muttermundsoffnung auf eine Höhe von etwa 8 Linien wund
gemacht nnd mehrere der hervorspringenden, die Einrisse be-
grenzenden. Lappen abgetragen. Eine quere Obliteration herbei-
zuführen war wegen des tiefen Einrisses nnd Substanzverlusies
in der Mitte der hinteren MuttermundsHppe unmöglich und daher
durch Anlegen von fünf Heften, die von einer Seite naeb der
anderen gingen, eine senkrecht verlaufende Wnndspalte au er-
zielen gesucht. Die nur geringe Blutung wurde einfa<ih durch
kaltes Wasser gestillt. Schmerzen gering, Fieberbewegungen
fehlen. In den ersten drei Tagen konnte der Urin vollkommen
zurückgehalten werden, in der Nacht vom dritten auf den vierten
Tag entleerte sich eine ganz geringe Quantität durch die Scheide,
was auch die folgenden zwei Tage fortdauerte. Am fünften Tage
nach der Operation wurde behufs Vornahme einer genaueren
Untersuchung mittels der liegengelassenen Fadenschlingen der
Uterus herabgezogen und so der Muttermund dem Auge zugäng-
lich gemacht, wobei sich die Ränder der senkrecht verlaufenden
Spalte desselben an den vorderen drei Viertbeilcn vollkommen
XXXV. Notisen ans der Journal -Literatur. 485
rereiiiigt» naeh hinten aber noch eine etwa 6 Linien 'lange
Oeflhiiing sei^e, aus welcher eine in die Blase injicirte gefärbte
Fliiesf gkeit , jedoch nur tropfenweise ausfloss. Die Hefte wurden
entfernt, die Rftnder der erwähnten Oe£Fnuttg neuerdings an-
gefrischt und hierauf drei Hefte mit der grössten Vorsicht an-
gelegt. Nach dieser Operation, welche circa eine Stunde gedauert
hatte, war Pat. mehr angegriffen, es stellte sich leichtes Fieber
und ein rölliges UnTermögen, den Harn zu entleeren, ein. Die
Zustände besserten sich jedoch und zeigte die 14 Tage später
(während welcher Zeit nicht ein Tropfen Urin durch die Scheide
abgeflossen war) vorgenommene genauere Untersuchung den
vorderen Umfang der Muttermnndsspalte fest verwachsen; im
hinteren Mundwinkel war aber die Vereinigung wieder nicht
gelangen, so dass noch^ immer eine etwa 4 Linien im Durch-
messer haltende Oeffnung wahrgenommen wurde. Am vierten
Tage nach Hinwegnahme der Hefte bemerkte die Kranke , welche
bis dahin immer völlig trocken gelegen war, aus der Scheide
ausfliessende Tropfen Harns. Dies wiederholte sich mehrere
Tage hindurch, wo die Menstruation ohne Beschwerde eintrat,
aber nur 24 Stunden anhielt. Das Blut entleerte sich aus dem
Muttermunde. Eine Wiederholnng der Operation Hess die Kranke
nicht vornehmen, sondern kehrte in ihre Heimath zurück. Später
meldete sie brieflich, „dass sie weder im Sitzen, noch im Liegen
Urin verliere, sondern blos, wenn sie etwas sehr Schweres hebe,
einige Tropfen und das wäre sonst auch gewesen, so dass sie
nicht wisse, ob der Urin aus dem Innern kommt.* Ihr Monat-
liches hatte sich öfter wiederholt; das Blut kam jedes Mal aus
der Geburt wie früher.
Diesem von uns ansfOhrlich mitgetheilten Falle schliesst
Yerf. folgende Bemerkungen an.
Verf. Vvählte die Obliteration des Muttermundes, weil sie
einestheils am sichersten und gefahrlosesten die Harnineontinenz
zu beseitigen im Stande war, anderentheils die Möglichkeit einer
neuen Conception hintangehalten worden wäre, die voraussichtlich
bei der vorhandenen Beckenenge der Mutter und dem Kinde mit
neuen Gefahren drohte, ohne jedoch dem normalen Geschlechts-
genusse ein unübersteigliches und bleibendes Hinderniss ent-
gegenzusetzen.
Dass eine beinahe vollständige Hebung der Urinincontinenz
erzielt wurde, ungeachtet der Muttermund vollständige Ver-
schliessung erkennen lässt, ungeachtet die Fistelöffnung in der
Cervicalhöhle keiner operativen Einwirkung ausgesetzt war, er-
klärt Verf. dahin, dass die an den Muttermundslippen ausgeführte
Operation sehr leicht eine Schwellang, Auflockerung, Exsndation
und so mittelbar eine Verkleinerung, selbst Verschliessung der
in der Cervicalhöhle befindlichen Ftstelöffnung herbeiführen kann,
ein Resultat, welches noth wendigerweise durch eine Vereinigung
486 XXXVI. Literatur.
der Mnttermandsränder von vorn nach hinten begünstigt werden
iTinss. Verf. riith daher, ehe man sich znr wirklichen Obliteratioft
des MnttermnndeB entschliesst , erst nach der von ihm in An-
wendung gesogenen Methode eine wirkliche Heilang dor Fistel
SU versuchen, d. h. die vordere Wand des Cerviz auf circa
6 — 8 Linien hoch ansufrischen und dann zwei bis drei Hefte
KO ansulegen, dass sie die Vaginalportion von den Seiten her
durchdringe , um so eine von vom nach hinten verlanfende Wund-
spalte zwischen sich zu lassen.
(Würzburger med. Zeitschr., Bd. I., Heft 6, 1860.)
Chaatagny (Ljou): Ueber eine Geburtszange mit gleich-
massigem Zuge und fortschreitendem Drucke.
In der Sitzung der Akademie der Medicin vom 26. Februar 1861
legte Verf. seine neue Erfindung vor. Er benutzt die nicht ge-
kreuzte Zange von Thdnanee^ modificirt dieselbe zu seinem Zwecke
und bringt sie mit einem complicirten Gestelle in Verbindung,
dessen Jzwei seitliche langen eisernen Arme dicht unterhalb der
Kniee der Gebärenden befestigt werden. In der Mitte des €k-
stelles befindet sich eine Kurbel, durch welche eine Winde mit
ein paar Stricken in Bewegung gesetzt wird, welche letzferen
an der Zange befestigt, dieselbe allmlllig hervorziehen. Eine
Abbildung ist zur ErllCnterung beigegeben und verweisen wir
diejenigen Leser auf das Original, welche für solche abenteuer-
liehe Erfindungen Geschmack haben sollten.
(Gas- h^bdomad., No. 10, 1861.)
XXXVI.
Literatur.
Die Pathologie und Therapie der Placentarretention
für Geburtshelfer und praktische Aerzte bearbeitet
von Dr. Alfred Hegar in Darmstadt. Berlin, bei Hir*cÄ-
roald, 1862. 8. 8. IV, 209.
Der Verf. hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Hetentionen
der Placenta in ihren verschiedenartigsten Beziehungen einer
gründlichen kritischen Bearbeitung zu unterwerfen und giebt
hierbei nicht nur eine Zusammenstellung der Ansichten und Er-
fahrungen bewährter älterer und neuerer Geburtshelfer, sondern
XXXVl. Literatur. 487
hat auch eine gröaaere Zahl eigener Beobachtungen aia Belege
seiner Meinung eingeflochten. Wir besaasen bisher keine Mono-
graphie y welche in einer gleichen Vollständigkeit den Gegenstand
verarbeitete und müssen nicht blos hierfür dem Verf. dankbar
sein, sondern namentlich auch für die klare, scharfe, übersengende
Darstellnngsweiae. Im Ganzen und Allgemeinen ist das Bnch ein
durchaus vrerth volles und wird eine rühmliche Stelle in der
geburtshülflichen Literatur einnehmen. In Einseinheiten werden
sich freilich manche abweichende Ansichten geltend machen.
Der erste grössere Abschnitt handelt über die Anatomie und
Physiologie des Mutterkuchens in Besug auf seine Verbindung
mit der Gebärmutterwand, seine Lockerung und LSsung während
der Geburt, seine Ansstossung in der Nachgeburtsperiode und
die Involution der Placentarinsertionsstelle. Wir finden hier die
neuesten Ansichten unserer Anatomen und Physiologen berück-
sichtigt und gut kritisirt. Nur möchten wir bemerken, dass
mehrere der S. 19 und 20 angefahrten Beobachtungen über die
Involution der Placentarstelle nicht gut gewählt sind, da sie
pathologische Fälle betreffen.
Nach einer kurzen Definition der Placentarretention folgt
ein umfangreicher Abschnitt über die Aeiiologie derselben, in
welchem I. die functionellen Störungen des Uterus (Schwäche,
unregelmässige Contractionen mit unbestimmtem und bestimmtem
Typus) und II. die abnorme Beschaffenheit der Placenta und ihrer
Verbindung mit der Uteriawand besprochen werden» Verf. nimmt
S. 26 mit vielen anderen Geburtshelfern eine stürmische Wehen-
tbätigkelt während der Geburt desselben mit rascher plötzlicher
Ansstossung desselben, wie überhaupt jede rasche Entleerung
der Uterinhöhle als Ursache zur Placentarretention an. Nach
Ref.*s Beobachtungen mit Unrecht, da eine kräftige Wehen-
thätigkeit in den Austreibungsperioden stets auch eine schnelle
und glückliche Entfernung der Nachgeburt folgen lässt. Es
lehren dies unter anderen genügend die sogenannten Gassen-
geburten, die überhaupt und so auch in der fünften Periode
glücklich zu verlaufen pflegen. — In dem Abschnitte über die
Spasmen des Uterus tritt bei einigen Beobachtungen (S. 36, 38)
das Pathologische des Zustandes nicht genügend hervor. — Die
pathologischen Veränderungen der Placenta, namentlich des
Deciduaüberzuges derselben sind ausführlich und klar besprochen,
indess nicht immer scharf beweisend die Wechselwirkung zwischen
Erkrankung der Placenta und der daraus hervorgehenden Ketention
oder gar Adhärenz festgehalten, so dass wir auf einige Wider-
sprüche s wie eben den Behauptungen und den angefugten Beob-
achtungen stossen (S. 64 — 69). Es ist dies überhaupt ein sehr
schwieriges Capitel, welches nach einer sehr sorgfältigen Be-
arbeitung, einer scharfen Sichtung des vorhandenen Materials,
488 XXXVI. Lfteratar.
eioer sehr gewiesen haften üntersuchan^ des suküuftigen dringend
bedarf. Jedenfalls geht ans der Arbeit des Verfassers herror, dass
pathologische Veränderungen der Placenta nur äusserst selten
SU Adhärensen fuhren, yielmehr meist eine leichte und schnelle
Ausstossung beobachten lassen.
Der nSchste Abschnitt handelt von den Folgen und Ana-
gingen der Placentarretention , namentlich in Bezug auf die
Proeeese der Zersetzung, der Fänlniss, der Resorption, de»
totalen Zurückbleibens der Placenta. Es ist in diesem Abschnitte
eine grössere Zahl sehe interessanter Beobachtungen eingefügt.
Nach kurzer Besprechung der Diagnose und Prognose der
Placentarrentionen folgt der letzte, wichtige Abschnitt der
Therapie.
Verf. giebt zuerst eine geschichtliche Uebersicht und kommt
zu dem Geständniss, dass die Lehre von der Placentarretention
noch jetzt, trotz aller darauf verwendeten Mähe, yon einer toU*
ständigen wissenschaftlichen Ausbildung noch weit entfernt sei. —
Die Therapie wird nach den einzelnen ursächlichen Momentes
gründlich besprochen und enthält sehr zweckmässige Lehren,
ohne gerade Etwas wesentlich Neues zu bringen.
Bei der Technik der Placentaroperationen geht Verf. auch
auf die neuerdings vom Bef. empfohlene Methode der Ansdrücknng
der Placeifta näher ein und zwar in anerkennender Weise. Wenn
es dem Verf. nicht immer geglückt ist, dieselben Resultate in
erzielen, wie Bef. in seinen Arbeiten (s. Monatsschrift, Bd. 16,
8. 837 und Bd. 17, 8. 274) angiebt, so kann dies nur in einer
ungenügenden Ausübung des beschriebenen Verfahrens liegen
und weitere Versuche werden jedenfalls zu noch günstigeres
Zielen führen. Verf. rügt, dass Ref. yon einem mangelhaften
Nachweis fester Adhärenzen der Placonta durch „ mikroskopische *
Untersuchungen spreche, da dieser Nachweis kaum zu fubres
sei; hierauf mnss bemerkt werden, dass Ref. in seiner Arbeit
(1. c. Bd. 16, S. 340) keinen mikroskopischen, sondern einen
„anatomischen^ Nachweis yerlangt, d. h. er ist nicht mit dem
blossen Ausspruche des Geburtshelfers, er habe bei der Losung
der Placenta Adhärenzen gefunden, zufriedengestellt, sondern er
will nachträglich in der genauen anatomischen und allerdings
auch mikroskopischen Untersuchung noch den Beweis geliefert
haben. Wo dieser fehlt, ist für ihn der Fall nichts werth und
nichts beweisend.
Schliesslich empfehlen wir die fleissige Arbeit allen Fach-
genossen zum Studium und sind übersengt, dass jeder dasselbe
Interesse dabei empfinden wird, wie Referent. Crtd4.
XXXVI. Literatur. 489
Die gynäkologische Untersuchung mit diagnostischen
Anhaltspunkten für praktische Aerzte und Studi-
reod*e der Medicin zur Einführung in die Gynäko-
logie. Von Dr. Joseph Ämann^ Privatdocent. München 1861.
8. 96 S.
Verf. glauht durch Veröffentlichung der Torliegenden Arbeit,
die von der Mtinchener medicinischen Facultät pro venia legendi
gut geheissen wurde, den Collegen einen Gefallen zu erweisen,
da sie vorzugsweise dein praktischen Standpunkte Rechnung tragen
soll, uiid überdies in den bisherigen Handbüchern der Gynäkologie
nur mehr oder minder grosse Bruchstücke über die gynäkologische-
Untersuchung sich finden.
Die Schrift beginnt mit einem sehr kurzen historischen Ueber-
blick über die Entwickelung der gynäkologischen Exploration,
dem einige allgemeine Vorbemerkungen folgen. In diesen letzteren
wird namentlich hervorgehoben, dass noch immer, obschon die
Crynakologie durch die Fortschritte, die sie in der Diagnostik
und Therapie gemacht, mit jeder medicinischen Specialität sich
in praktischer, wie wissenschaftlicher Bedeutung messen kann,
ein grosser Theil der Aerzte die zu einer bestimmten und sicheren
Diagnose erforderlichen Mittel nicht benutzt, somit nur ein un-
sicheres therapeutisches Verfahren in Anwendung ziehen kann
und dadurch oft Unterlassungssünden mit den traurigsten Folgen
begeht. Nachdem Verf. die Gründe erläutert, die einen grossen
Theil der Collegen zu dieser Passivität in gynäkologischen Fällen
bestimmen, folgen einige Winke über das Benehmen des Arztes
gegenüber sexualkranken Frauen, die stark an den betreffenden
Passus in West^B „Lectures on the diseases of women^ erinnern,
und den Schluss des allgemeinen Theiles bildet eine kurze, fast
populär gehaltene Beschreibung derjenigen anatomischen und
physiologischen Verhältnisse der weiblichen Genitalien, „die von
ärztlichem oder gerichtsärztlichem Interesse sind." —
Im speciellen Theil wird die gynäkologische Untersuchung
als äussere und innere abgehandelt. Unter jener wird zunächst
die Palpation des Abdomens, besonders bezüglich der Uterus-
und Ovarialtumoren, dann die Untersuchung des Leibes mittels
Gesicht und Gehör besprochen. Die innere Untersuchung beginnt
mit der Beschreibung der Digitalexploration, wobei Verf. besonders
die Umstände hervorhebt, die ein mechanisches Hinderniss für
das Touchiren abgeben können, daran schliesst sich die Unter-
suchung der Scheide, des Scheidentheils und der Gebärmutter,
mit kurser Angabe der an diesen Organen mit dem Finger zu
constatirenden pathologischen Veränderungen, und die Unter-
suchung durch den Mastdarm. Hierauf kommt Verf. zur Unter-
suchung mittels der Sonde und stellt mit Recht den diagnostischen
Werth der Ergebnisse der Uterussondirung in den Vordergrund.
490 Nachricht.
Anch der Akidepeirastik wird gelegentlich der Gebärmatter-
geschwülitte gedacht. Den Schlass bildet die OcularinapectioD
mittels des Scheidenspicgels. Verf. erläutert die Vortheile der
verschiedenen Arten des Speculums, die Indicationen su seiner
Anwendung und die Zustände , die mit demselben gesehen werdeo
sollen. In einem Anhange wird noch kurz der chemischen und
mikroskopischen Untersuchung der Vaginal- und Uterussecrete
gedacht.
Wir erkennen an, dass der Verfasser, als der Erste, die
gynäkologische Untersuchung cum Vorwurf einer besonderen
Monographie genommen; es ist dies ein zeitgemässes und be-
rechtigtes Beginnen. Vollständig und übersichtlich geordnet ist
die Abhandlung jedoch nicht. Im Uebrigen kann selbstverständlich
derWerth der vorliegenden Arbeit, wie aller derlei theoretischer
Abhandlungen- über praktisch zu erwerbende Fertigkeiten, nur
ein sehr bedingter sein, denn der einigermaassen Geübte wird
aus dem Büchlein kaum etwas Neues entnehmen, während der
Ungeübte, wie der Verf. selbst zugesteht, die nothigc Gewandtheit
nur am Krankenbett erlernen kann. Str.
Nachricht.
Die reiche Zusendung von Manuscripten für unsere Monats-
schrift, wofür wir unseren geehrten Mitarbeitern zu grössteoi
Danke verpflichtet sind, macht es im Interesse der Leser und
der Mitarbeiter nöthig, dem 18. Bande ein Supplementheft bei-
zufügen, welches spätestens im Anfange des nächsten Jahres er-
scheinen wird.
Zugleich thellen wir unseren geehrten Lesern mit, dass an
Stelle des verstorbenen von Siebold der Herr Prof. Dr. Heeker
in München als Mitherausgeber der Monatsschrift vom nächsten
Jahre ab eintreten wird. Die Herausgeber.
Druck von A. Th. Bngelhardt In Lelpdff.
Monatsschrift
: ^ für
GEBURTSKUNDE
und
Frauenkrankheiten.
Im Verein mit der
Gesellschaft für Geburtshiilfe in Berlin
beransgegeben von
Dr. C. S. F. Cred6,
Hofratb f ord. Prof. und Direetor der £ntbindungA -Anstalt in Leipzig etc.
Dr. Ed. Martin,
Geh. Ratb, ord. Prof. und Direetor der Entblndangs-Anstalt in Borlln, Ritter etc.
Dr. F. A. von Ritgen,
Geb. Rath, ord. Prof. und Direetor der Entbindung« • Anstalt in Glessen,
Comtbur ete.
Dr. Ed. C. J. von Siebold,
Hofratb, ord. Prof. und Direetor der Entbindnngs • Anntalt in GSttinflren
Comtbur etc.
Achtzehnter Band. $a|i]ilement-lleft.
Mit sechs Tafeln Abbildungen.
Berlin, 1862.
▼erlag von Angnst Hirschwald,
08 U. d. Linden, Ecke der Scbadow-Strasse.
Inhalt
Sapplement-Heft
Seite
1. Ueber Eclampsie. Von Geh. Bftth Dr. B^Jm in Stettin 1
IL Ueber den Fötalpnls. Von Dr. F. Hüter, Privatdocent
in Marburg 23
III. Beiträge aar Anatomie des Beekena. Von Dr. Sehwegel,
Districtsphysiker in Wippach (Krain) 67
IV. Subcutane Myotomie des Constrictor cunni eur Ver-
hütung des Dammrisses. Von Dr. H, M. Cohen in Hamburg 106
V. Der Kaiserschnitt an Todten. Vom Medicinalrathe
Dr. Sekroarz in Fulda . 121
VI. Ueber innere Beckenmessiing , nebst Basehreibung
sweier neuen Instrumente für diesen Sweck. < Von
Prof. Dr. Gtirmann in Leipcig. (Hieran 6 Tafeln Abbild.) 174
VII. Notizen aus der Journal -Literatur:
Breuiky: Ueber das Vorkommen der Osteomalacie in
Gummersbach •. . 207
V. EeUy: Ueber Stimlagen 208
0. Franque: I. Fall von ausserordentlicher Beweg-
lichkeit des Fötus. — II. Eclampsie; subcutane
Application von Morphium 210
Laxaretoitsch: Einige Bemerkungen über die Uterin-
injection und drei Fälle künstlicher Frilhgeburten 211
Henri Jamet: Ueber die Einleitung der künstlichen
Frühgeburt 218
Habit: Zwei F&lle von Retentlo placentae nach un-
seitigen Geburten 215
ilV Inhalt.
Seite
Werlhheimer : lieber das physiologische Verhalten des
Loohialsecretes 216
Danyau/a, B4raud: Schädellose Missgeburt mit einer
Geschwulst auf der Regio fronto-parietalis. Meni-
branartiges Band, welches von der Geschwulst
ansgingy und am linken Unterschenkel, denselben
umschlingend, endigte. Theilweise Abschnürung
dieses Gliedes. Insertion dieses Bandes an der
Fötaiaäche der Placenta 217
C. Braun: Ueber die Pathogenese der Hämatokele
retro-uterina 218
Nourse: Ueber Gebärmutterflüsse; ihre Ursachen und
Polgen 224
Singer: £in Beitrag sur Lehre vom Harnröhrentripper
des Weibes 225
Johert: Operation der Scheidenfistel par glissement 226
ElUaume: Merknrielle Salivation in Folge der Kaute-
risation des Collum uteri mit Quecksllbemitrat . . 227
t?. GrÜneioaldt: Das Puerperalfieber im St. Petersburger
Hebammen-Institute vom Novbr. 1858 bis März 1859. 228
Nagel: Bericht über die Vorgänge iui Gebärhaiise der
Charite zu Berlin während der zwei Wintersemester
1856/57 und 18ö7;«8 229
Sirassmann: Bericht über die in der gebnrtshülflichen
und gynäkologischen Klinik des Herrn Geheimraths
Prof. Martin au Berlin im Wintersemester 1860—1861
zur Behandlung gekommenen Geburten und Krank-
heitsfölle 232
Aerztlicher Bericht des k. k. Gebär- und Findelhauses
zu Wien vom Solarjabre 1859'*. 234
VIII. Literatur:
Die Missbildungen des Menschen systematisch dar-
gestellt von Dr. August Förster, Prof. der pathol.
Anatomie in Würzburg. Nebst Atlas mit Erläute-
rungen. 171 Seiten in 4. Jena, bei Fr. Mauke, 1861. 235
Namen- und Sachregister zu Bd. 31 — 83 und 1 — 18 . I
I.
lieber Eclampsie.
Von
Geh. Rath Dr. Behm in Stettin.
Die erhöhte Aufmerksamkeit, welche in neuerer Zeit der
Eclampsie der Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen
Ton allen Geburtshelfern gewidmet worden ist, die ungünstigen
Ausgänge, welche sie noch häufig nimmt, das Dunkel,
welches über ihre Entstehung und Natur trotz der Be-
strebungen der besten Männer unseres Faches noch herrscht,
und die Verschiedenheit der Ansichten über ihre Behandlung
mögen es rechtfertigen, wenn ich die in einer Reihe von Jahren
über diese Krankheit gesammelten Erfahrungen als einen ge-
ringen Beitrag zur näheren Beurtheilung derselben ebenfalls
der Oefientlichkeit übergebe, und zugleich meine eigenen An-
sichten kurz beifüge. Da ich diese Letzteren lediglich aus
der Summe der Erscheinungen, welche ich selbst zu beob-
achten Gelegenheit gehabt, und aus dem Erfolge meiner Be-
handlung entnehme, ohne mich in eine umfassende Contro-
yerse gegen Andere einzulassen, so möge es gestattet sein,
die einzelnen Fälle vorauszuschicken.
Uonatsschr. f. Qebnrttk. 1861. Bd.XyinMSappl.-Hft.
I. Bßkmt Ueber Eolampsie.
No.
Käme eto.
der Kranken.
Ereignisse yor Eintritt
der Eclaropsie.
Entbindung selWt 1
J
Mad. B,, kleine, etwas
corpnlente Primi-
para; den 20. Juni
1886.
2.
Unverehel. F., Primi-
para; 21. October
1837.
8. I Unverehel. F., Primi-
I para;l. October 1838.
Mad. (?., pastose, lenco-
phlegmatische Primi-
para; Januar 1838.
Regelmässiger Verlanf der
Schwangerschaft und
Geburt bis snm vierten
Gebnrtsaeitraume; dann
plötzlicher Eintritt der
Eclampsie.
Nach regelmässigem Ver-
laufe der Schwanger-
schaft trat im siebenten
Monate ohne vorliegende
Placenta ein copiöser
Blutverlust ein; einige
Stunden später heftige
Schmeraen in allen Glie-
dern ; dann Ausbruch der
Eclampsie bei bleichem
Gesichte und wenig er-
regtem Pulse.
Etwa vier Woehen vor
Ablauf der Schwanger-
schaft Beginn der 6e-
burtsthtttigkait, und im
zweiten Geburtsseit-
raume ohne nachweis-
bare Ursache Ausbruch
derEclampsie, aber wäh-
rend der Anfälle kräftiges
Fortschreiten der Ge-
bnrtsthätigkeit.
Etwa 14 Tage vor Ende der
Schwangerschaft ohne
nachweisbare Ursache
stellte sich ein heftiger
Anfall von Eolampsie
ein, welcher durch Ader-
lass und Calomel be-
seitigt wurde.
Zangonapplication, _
dem mehrere siek(
gernde Anfälle
gefunden hatte«, i
Extraction eiaei M
den Kindes.
Nachdem vergeblicbl
spasmodica gen
worden , sonders
edamptischen Aid
fortdauerten, entsl
Wehen, durch \
in Zeit tod kaan i
Stunde die aiebesel
liehe Fracht vimi
ben wurde.
Nach küneUichem
sprengen neue
von Eclampsie;
sofortige Anlegiuf
Zange und Eztm
des Kindes.
Zehn Tage nach
ersten KrampAi
natürliche Gebart
starken , aber i
Knaben.
I. Btkm, lieber Eelampsie.
fachgeburts-
geschaft.
ention der
fcchgebart , da-
rkönatliobe Lö-
Dg unter einem
irken Blntrer-
ite.
ie Kansthülfe.
• Knnstbülfe.
Buräekgebal-
ie Nachgeburt
Büste wegen le-
^nsgefährlicher l
ntung künstlich i
itfemt werden. |
Wochenbett und Nach-
behandlung.
Erfolg für
I Matter.
Im Wochenbette noch meh-
rere, doch allmKlig an
Heftigkeit abnehmende
Anfalle tou Eclampsie.
Den Tag nach der Geburt
noch dauernder Sopor mit
stark geröthetem Ge-
sichte, einem Pulse von 120
SchlKgen und einseinen
eclamptischen Anfällen.
Daher trots des Torher-
gegangenen Blutverlustes
starker Aderlass, und als
das Schlucken möglich
wurde, Calomel. Am drit-
ten Tage Wiederkehr des
Bewusstseins.
Nach der Entbindung noch
mehrstündiger Sopor, mit
heftigen automatischen
Bewegungen der Extremi-
täten, die aber allmälig
geringer wurden. Dann
Ausbruch reichlicher
Transpiration, mehr-
stündiger Schlaf und nach
dem Erwachen keine wei-
teren Anfälle.
Im Wochenbette leichter
entsündlicher Zustand der
Generationsorgane.
glück-
lich.
glück,
lieh.
glück-
lieh.
Kind.
Zusätsliche
Bemerkungen.
glück-
lich.
glück-
lich.
glück-
lich.
Die »weite Entbfo-
dung verlief ohne
Abnormität; bei
der dritten seig-
ten sich im vierten
Geburtsseitraum e
wiederSchwindel,
Flimmern u. s. w.
durch sofortige
Zangenanlegung
wurde ein voll-
ständiger Anfall
jedoch verhütet.
glück- un-
Uch. glück-
lich.
I. Bßhm^ Ueber EeUmpsie.
No.
Käme etc.
der Kranken.
Ereignisse vor Eintritt
der Eclampsie.
Entbindung^ lelbtt
Dieselbe Kranke.
Frau Hauptmann v. N,^
blühende brünette
Primipara; den 1. De-
eember 1848.
7.
Frau Hanptm. v. G.,
Barte hysterische
Multipara, welche
früher drei Aborte
im 8., 4. und 6. Mo-
nate erlitten; 16. Juni
1844.
Frau 8.f eine pletho-
rische Primipara,
hatte sechs Wochen
▼or der Geburt an
heftigen Congestio-
nen gelitten und
daher Eur Ader ge-
lassen; Juli 1844.
Nachdem swei folgende Geburten natürlich, ik
im fünften Geburtsaeitranme mit copiÖ8enBliitu|!
verlaufen waren, wurde sie am 6. August 184äH
vierten Kinde durchaus regelmassig ohoe BloM
entbunden.
BegelmSssigerYerlauf der { BegelmSsaigerVerlufl
Schwangerschaft. Geburt, nur im ticiI
Zeiträume siemlidi|
boriös.
Der Verlauf der vierten
Schwangerschaft war
unter Beobachtung der
umfassendsten di&teti-
schen Vorsichtsmaass-
regeln glücklich bis su
Ende geführt.
Der Anfang der Entbin-
dung ohne Abnormität,
doch schon vor dem
Blasensprungc starke
Röthung des Gesichts,
Klopfen der Carotiden
u. 8. w. Im vierten Ge-
burtsseitraume stärkere
Congestion, Schwindel,
Funkeln vor den Augen
und einielne grosse
Zuckungen des ganzen
Körpers.
Nach anfangs regelii
gemVerlaufe derGd
im vierten GebaitH
räume sehwinden C
gestionen , Edaif
Beim dritten AnfaOii
legung der Zaag«.
Koch bevor ein
diger Anfall von £d
psie in Stande
wurde wegen der
drängenden Voll
die Zange angehgl
I. Behm, Ueber Eolampsie.
BTachgebürts-
geschäft.
;aiig der Nach-
^bnrt unter
Dem starken
ntverluste.
Schwierig-
»ng ohne
nwierigkeit,
er grüne Nabel-
bnur nnd MIbb-
rbigkeit der
Dsen Placenta.
Wochenbett und Naeh-
behandlang.
Vier Tage nach dieser
vierten Entbindung wurde
sie bei Eintritt des Milch-
fiebers Ton einem heftigen
eclamptischen Anfalle be-
fallen, der jedoch keine
weiteren Folgen hatte.
Eine halbe Stande nach
der Geburt grosse Unruhe,
Rothe des Gesichts, Fun-
keln vor den Augen und
Ausbruch eines fürchter-
lich heftigen Anfalles Yon
Eclampsie mit wieder-
kehrender starker Blutung.
Sopor bis 20 Stunden nach
der Geburt. Dann all-
mälige Wiederkehr des
Bewusstseins.
Acht Stunden nach der
Geburt erneuerte Anfälle
von Eclampsie; daher
Aderlass von 12 Unsen,
und bei Fortdauer der
Anfälle Blutegel an die
Schläfe. Innerlich Calomel
mit Castoreum. Dessen-
ungeachtet noch Fort-
dauer der Krämpfe, bis
am Eweiten Tage nach
der Geburt sich eine sehr
reichliche Lochialsecre-
tion einstellt.
Im Wochenbette Phlebitis
uterina durch wiederholte
allgemeine und locale
Blutentsiehungen geheilt.
Erfolg für
Matter. Kind.
glück-
lich.
glück-
lieh.
glück-
Uch.
glück-
lieh.
glück-
lieh.
glück-
lich.
glück-
lich.
un-
glfick-
lich.
Zusätzliche
Bemerkungen.
Schien eine Dispo-
sition zu Venen-
entzündung zu
haben , da auch
nach dem Ader-
lasse vor der Ge-
burt eine locale
Phlebitis auftrat,
gegen welche wie-
derholt Blutegel
angewandt wer-
den mussten.
I. Behmt Ueber Belampsie.
No.
10.
11.
12.
Name eto.
der Kranken.
Frau B, , Primipara;
2. November 1846.
Fr. Fr. v. 3f., larte
hysterisobe blutarme
Multipara; 1. Juni
1846.
Ereignisse tot Eintritt
der Edampeie.
Entbindung t«Ib4
Frau Scbiffflcap. F.,
corpulente vollsaftige
Schwedin, Primipara;
den 81. Juli 1861.
Frau St. A. Br., kräf-
tige gesunde Primi-
para; den 31. Juli
1861.
Im siebenten Monate der
Schwangerschaft plöta-
lieber Eintritt der
Eclampsia ohne jede
nachweisbare Ursache
und ohne jede Spur der
sich einleitenden Geburt
Dauernder Sopor zwi-
schen den Anfällen. Be-
handlung mit wieder-
holten allgemeinen und
örtlichen Blutentleerun-
gen. Innerlieh, soweit
das Schlingen möglich,
mit Calomel und Tart.
stibiat.
Kräftig entwickelte Ge-
burtsthatigkeit bis sum
4. Gebnrtsseitraume, wo
der erste Anfall von
Eclampsie die Herbei-
holung eines Antes
nöthig machte, der ein
starkes Aderlass ver-
ordnete.
Nach vierstündiger tadel-
loser Geburtsth&tigkeit
Ausbruch der Eclampsie
im 4. Geburtsseitraume.
Regeim&ssigerYeiM
Geburt während f
ersten Oeburtsieitdi
Am vierten Tsfe
Krankheit, bei
weise noch fortdoi
dem Sopor Eiotrht
Wehen , nnd raselel
burt eines sieb«
liehen in Yerw«
begriffenen Kns!>ea
Bei meiner Ankunft
dritte stärkere M
von Eclampsie; i
sofortige Appliestid
Zange und Entwickd
eines kraftigen lebcd
Knaben.
Sofortige ApplicatioB I
Zange während dei ll
pors an drn im Beebl
ausgange stehendeif^
und Entwickelong «i
lebenden Kindes.
I, J9dAifi, lieber Eelampsie.
abnrts-
Wochenbett und Nach-
behandlnng.
^«ag der
^bnjrt nnd
^braeb der
»sie starker
38. Kunst-
iintfernnng
acenta.
^ « ^chwierig-
^Hche Entfer-
gderPlacenta
j '^n EiDsper-
Jjg und heftiger
;ttung.
ae Schwierig-
tit.
Im Wochenbette noch meh-
rere Anfalle Ton Edampsie
mit reichlichem Blntver-
Inste ans den Genitalien
nnd in abnehmender Hef-
tigkeit. Behandlung mit
Antispasmod., namentlich
Pulv. Doveri.
Nach der EntbindnngUeb er-
gang des Sopors in rnhigen
Schlaf und danach Wieder-
kehr des Bewnsstseins.
Sechs Tage lang nach der
Entbindung tadelloses Be-
finden; dann in Folge
einer heftigen Oeroüths-
bewegnng Entwickelnng
eines CerebraUjphus, dem
sie später erlag.
Fortdauer der Anfälle bei
dnrchdauerndem Sopor,
daher allgemeine nnd
örtliche Bluten tsiehungcn,
Eisfomentationen des
Kopfes nnd soweit das
Schlucken möglich Calo-
mel. Am dritten Tage
nach der Geburt erste
Spuren des wiederkehren-
den Bewnsstseins.
Erfolg für
Mutter. Kind.
glück-
lich.
glack-
lieh.
glück-
lich.
glück-
lieh.
un-
glück-
lich.
Zusätsliche
Bemerkungen.
glück-
lich.
glück-
lich.
glück-
lieh.
Da der spätere Tod
am Typhus er-
folgte , nachdem
6 Tage tadelloses
Befinden stattge
fnnden hatte, so
mnss rücksicht-
lich der Eclampsie
der Ausgang als
glücklich beseich-
net werden.
I. Behm, lieber Eclampsie.
No.
18.
14.
16.
16.
Käme etc.
der Kranken.
Unrerehel. 8p., Primi-
para ; 28. Jannar 1 862.
Fran TT., kleine unter-
setzte Multipara, mit
starkem Oedem des
^ grausen Körpers; den
4. Januar 1866.
Ereig^nisse Yor Eintritt
der Eclampsie«
Unverehel. R,, kräf-
tige vollsaftige Primi-
para, mit unbedeu-
tendem Oedem eines
Fusses; den 6. Octo-
ber 1869.
Frau J?., junge Primi-
para, mit höchst ge-
ringem Oedem der
Plattfüsse; den 7. No-
vember 1869.
Gegen Ende des neunten
Scbwangerscbaftsmonats
plötslicher Eintritt der
Eclampsie mit mehreren
schnell hinter einander
folgenden Anfällen.
Schieflage des Kindes
bei reichlichem Frucht-
wasser. Behandlung
durch wiederholte reich-
liche allgemeine und ört-
liche Blntentsiehungen.
Neun Stunden nach Beginn
derGebnrtsthätigkeit er-
folgte der Blasensprung
und der Kopf trat tief
in*s Becken; mit stärker
werdender Bauchpresse
Eintritt der Eclampsie.
Nach achtstündiger sehr
massiger Geburtsarbeit
noch während des ersten
Geburtszeitraums Aus-
bruch der Eclampsie.
Behandlung durch Venä-
section, welche bei Fort-
dauer des Krampfes und
Sopors wiederholt wird;
Blutegel in die Schläfe,
Eisfomentationen.
Natürliche Geburt m
achtmonatlicherlii
von denen der
dritter Steisslagi
boren wurde.
Sechssehn Standes i
dem ersten An&IU
daue rudern Sofor i
wachen derWebealU
keitunddadardiWii
herstellungderaon
Kindeslage, Qod i
sechsstündiger Gek
arbeit wahrend
dauerndem SoporGd
eines todten, oieht
getragenen Mideh
Während der 6d
noch einige eelamptil
Anfälle.
Zangenapplicatioo i
im Anfalle and
Wickelung eines l
den Knaben.
Nach ISstündigerOebrt
arbeit Anlegiuig I
Zange undEntwideh
eines kräftig go^^
aber todten Knaben.
I. B«ftm, Ueber Eclampsie.
icbgebnrtfl-
Wochenbett und Kach-
Erfolg für
Zusätzliche
geschäft.
behandlnng.
Bemerkungen.
Mutter.
Kind.
9 Schwierig-
Vier Standen nach der Ent-
glück-
glück-
L
bindung mehrere knrs hin-
ter einander anftretende
eclamptische Anfölle, ohne
starke Congeetionen and
ohne Sopor. Behandlung
mit kalten Fomentationen
des Kopfes nnd nament-
lich Calomel.
lich.
lich.
» Schwierig-
Vierandzwanzig Standen
glück-
un-
t, jedoch mit
nach der Entbindung all-
lich.
glück-
Bhlichem Blat-
mälige Wiederkehr des
Uch.
Inste.
Bewusstseios.
e Schwierig-
Dauernder Sopor mit zwi-
Un-
glück-
Höchst ungünstige
% anter einem
schenlaufenden AnßtUen
glück-
lieh.
äussere Verhält-
rken Blatver-
von Convulsionen, unter-
lieh.
nisse. Kleines,
te.
halten durch die unmittel-
bare Nähe eines glühend
heissen Ofens, in welchem
gekocht worde. Behand-
lung durch Aderlass, Blut-
egel, Eis, Essigklystiere,
kaum 10 Fuss
grosses Kämmer-
chen. Gänzliche
Mittellosigkeit.
Glühender Ofen
in der Nähe des
ohne allen Erfolg. Sechs-
Bettes.
zehn Standen nach der
Gebart des Kindes Tod
der Mutter.
• Schwierig-
Fortdauer der Krampf-
glück-
un-
t
anfalle und des Sopors;
daher wiederholte An-
legung von Blutegeln an
den Kopf. Am dritten
Tage Sparen des wieder-
kehrenden Bewusstseins,
lieh.
glück-
lich.
welches am vierten Tage
deutlicher wird und all-
mälig^in Genesnng fiber-
geht.
10
I. Behmt Ueber EcUmpsie.
adk«!
No.
Name etc.
der Kranken.
Ereignisse vor Eintritt
der Eclampsie.
Entbindnag
17.
18.
19.
20.
Frau Z., aarte, etwap
taberculöse Zweit-
gebärende , welche
▼or einem Jahre eine
todte siebenmonat-
liche Frucht geboren
hat. Kaum nennens-
werthes Oedem eines
Fusses; den 3. De-
cember 1859.
Frau N. , Primipara,
BU Ende der 1840er
Jahre im Monate
November.
Unverehel. £., ge-
sunde, kräftige, etwas i
pastose Primipara, j
ohne jedes Oedem;
den 17. April 1860.
Im siebenten Monate der Zwölf Stunden uckl
Schwangerschaft ohne i tritt der EcUoi]«]
nachweisbare Ursache ! wachende 6ebvuft|
EintrittYon Kopfschmer- { keit ; nach ErofErafl
zen, die schnell steigern , Mattermnndei Eiä
und bald in heftige lung einer SchQkdj
Eclampsie übergehen, des Kindes and sofeil
ohne Zeichen heran- Entbindung mitteki
nahender Geburt]; Be- Wendung,
bandlnng: Aderlass, wo-
nach bemerkbarer Nach-
las 8 eintritt. BeiWied.er-
kehr der Anfälle Blutegel
an die Schläfe, Eis u. s. w.
Im siebenten Schw an ger schaftsmonate osdii«
gegangenem heftigem Kopfschmerie Anibntki
Eclampsie, die schnell in Sopor übergeht, hb^i
die Geburt einsuleiten trotz wiederholtet 1
entziehungen u. s. w. nach 16 Stunden tool
fuhrt.
Unverehel. Maria 8,^
gesunde Primipara,
ohne ödematöse An-
schwellungen ; den
11. Mai 1861, Abends
10 Uhr.
Nach dreistündiger Ge*
burtsarbeit und vor-
gängigem Kopfschmerze
Eintritt der Eclampsie
noch während des ersten
Geburtszeitraums, deren
Anfalle sich so rasch
wiederholen , dass bei
meiner Ankunft bereits
7 — 8 derselben Stattge-
fundenhaben. Im Anfalle
das Gesicht blass, nach
demselben roth; Sopor.
Verordn.: Grosser Ader-
lass, Eisfomentationen,
soweit das Schlucken
möglich Calomel.
Als die Hebamme gerufen
war, fand sie den Steiss
des Kindes vorliegend
und beobachtete bald
nachher den ersten
eclaroptischen Anfall.
Selbst bei ihr angelangt,
fand ich den Steiss in
zweiter Lage im Becken-
ausgange stehend.
Fünf Stunden gpiter
der Kopf sangez
und mit Hfilfe '
wird ein knfti^(<
to dter Knabe entä
Künstliche Entwiek
des massig sUrk«
ben, der iwsr i^
tisch, bald wiederl
wurde; dariafÄ"
lung eines iweit«
des ; heftiger M^i
scher Anfall . du
sofortige Wendfll
mit der rechton 8<*
dem Becken Ue^
Kindes erfordert
Wickelung dei i*
ebenfalls lebendeiJ
ben noch wlbre»
eclamptischen Abb
I. Bekmy lieber Eclampsie.
11
Üachgebarto-
geschftft.
Wochenbett und Nach-
bebandlnng^.
Erfolg für
Mutter. Kind.
Zusätzlich«
Bemerkungen.
Bo Schwierig-
«t.
Fortdauer des Sopors und
der Convulsionen bei be-
merkbarem Verfalle der
KrSfte und des Gesichts-
ausdruckes. Verordnung:
Warmes Bad mit Kali
eausticum und kalten
Uebergiessungen. Tod
der WSchneritt 16 bis 18
Stdnden nach Eintritt der
Eclampsie.
ne Schwierig-
lit, aber unter
erolich starkem
Intverluste.
pang der Nach-
>burt ohne In-
;rceration, aber
iter einem eo-
dsen Blntver-
tttt» , der noch
rtdauerte, wKh-
nd die bewnsst-
le Entbundene
^6 Bett gebracht
^
un-
gltick-
lich.
Zwei Stunden nach der
Geburt bei fortdauerndem
8opor erneuerte Anfälle
von Eclampsie; während
derselben starke Erwei-
terung der Pupillen und
Carotidenpulsation , wes-
halb noch Blutegel an-
gesetzt werden. Später
reichliche Lochien, Haut-
transpiration und nach
zwei Tagen allmälige
Wiederkehr des Bewusst-
seins und Ueb ergang in
Genesung.
In der Nacht noch ein An-
fall Yon Krämpfen, von
geringerer Intensität ; aber
dauernd copiöser Blut-
Terlust bis nach Mitter-
nacht. Am anderen Tage
yoUes Bewusstsein bei
übrigens gutem Befinden.
un«
glück-
lich.
un-
glück-
lich.
glück-
lich.
un-
glück-
lich.
un-
glück-
lich.
Nur zur einmaligen
Consnltation auf-
gefordertfWeshalb
ich in meinem
Journale keine
. ausführlichere
Mittheilung finde.
glück-
lich.
glück-
lich.
12 !• Behnit Ueber Eclampsie.
Wenn die Bedeutsamkeit der in Rede stehenden Krank-
heit die Berechtigung giebt, die vorstehenden, selbst und
genau beobachteten Fälle nach allen Richtungen auszubeuten,
so können folgende Betrachtungen nicht zurückgehalten werden:
Die Zahl der Erstgebärenden oder Erstgeschwängerten
war auch in dieser Reihe von Beobachtungen die bei weitem
überwiegende: sie erreichte fast drei Yiertheile aller Fälle.
Fasst man femer die Zeit des Auftretens des ersten Krampf-
anfalles ins Auge, so gestalten sich als wahre Eclampsia gra-
vidarum, d. h. vor Eintritt der rechtmässigen Geburtsthätig-
keit die Fälle 2, 3, 4, 10, 14, 17, 18 = 7 Fälle, davon
verliefen, ohne dass die Geburt sich einleitete 2 Fälle 4, 18
mit unmittelbar sich anschliessender Frühgeburt verliefen
5 Fälle No. 2, 3, 10, 14, 17.
Als Eclampsia parturientium, d. h. nach vollständig abr
gelaufener Schwangerschaft traten auf 13 Fälle, und zwar:
a) In der sogenannten Eröflhungsperiode, oder vor Abfluss
des Fruchtwassers 2 Fälle, No. 16, 19.
b) Nach Abfluss des Wassers und vor der Geburt des
Kindes 7 Fälle, No. 1, 7. 8, 11, 12, 15, 20.
c) Im fünften Geburtszeitraume 1 Fall, No. 9.
d) Nach vollständig beendigter Geburt oder im eigentlichen
Wochenbette: 3 FäUe, No, 5, 6, 13.
e) Die von der Geburt herrührenden Anfalle setzten sich
noch ys ins Wochenbett fort in 11 Fällen; No. 1, 2,
3, 7, 9, 12, 14, 15, 16, 17, 19.
Die Kindeslagen betreffend, fanden Scheitellagen Statt in
16 Fällen, Unterstammlagen zwei Mal, nämlich bei dem ersten
Zwillingskinde von No. 13 und von No. 20.
Schieflagen in 3 Fällen, No. 14, 17, 20.
Der Ausgang der Geburten überhaupt betrachtet, war:
glücklich für Mutter und Kinder in 11 FäUen; No. 1, 2,
3, 5, 6, 7, 9, 11, 12, 13, 20;
unglücklich für Beide verliefen 2 FäUe, No. 17, 18, von
denen im letzteren Falle die Schwangere unentbunden
starb,
glücklich für die Mutter allein verliefen 6 Fälle; No. 4, 8.
10, 14, 16, 19;
glücklich für die Kinder allein verlief 1 FaD; No. 15.
I. Behm, Ueber EoUmpsie. 13
Deberhaupt glücklich für die Mutter verlieren 17 Fälle;
glücklich für die Kinder 12 Falle;
unter den acht für die Kinder unglücklich abgelaufenen
Fällen befanden sich zwei macerirte und frühzeitige
Früchte.
Die Beendigung der Geburt des Kindes erfolgte durch
die Naturkräfte allein in 8 Fällen: No. 2, 4, 5, 6, 9, 10, 13,
14, durch die Zange in 9 Fällen: No. 1, 3, 7, 8, 11, 12,
15, 16, 19, durch die Wendung 2 Mal: No. 17, 20. Die
Nachgeburt erforderte künstliche Entfernung in 5 Fällen:
No. 1, 4, 6, 9, 11.
Stellt man die Ausgänge der einzelnen Fälle mit der
dabei angewendeten Kunsthülfe zusammen, so ergeben sich
folgende Resultate:
Unter den 17 für die Mütter überhaupt glücklich abge-
laufenen Fällen waren:
7 Fälle (2, 4, 5, 6, 10, 13, 14), welche durch die Natur-
kräfte allein beendigt wurden,
8 FäUe, (1, 3, 7, 8, 11, 12, 16, 19), welche mittels der
Zange beendigt wurden;
1 Fall (20), wo für beide Zwillingsfrüchte die künstliche
Entwickelung eintrat.
1 Fall (No. 9), wo die incarcerirte Nachgeburt künstlich
entfernt wurde.
Unglücklich für die Mutter verliefen:
1 Fall (No. 18), wobei die Mutter unentbunden starb;
1 Fall (No. 15), der durch die Zange beendigt wurde;
. 1 Fall (No. 17), der durch die Wendung beendigt wurde.
Glücklich für die Kinder verliefen:
5 Fälle (No. 2, 5, 6, 9, 13), welche durch die Naturkräfte
beendigt wurden;
6 Fälle (No. 1, 3, 7, 11, 12, 15), welche mit der Zange
beendigt wurden;
1 Fall, wo beide Zwillingskinder künstlich entwickelt wurden.
Unglücklich für die Kinder verliefen:
3 Fälle (4, 10, 14), welche durch die Naturkräfte allein
beendigt wurden, von denen No. 10, 14 frühzeitig und
macerirt waren, No. 4 aber wahrscheinlich bei dem
14 Tag^ zuvor Statt gehabten Krampfanfalle gestorben
14 J* Behm, Ueber GeUmpsie.
war, da es ebenfalls Spuren beginnender Haceration an
sieb trug;
3 Fälle (8, 16, 19), welche mit der Zange beendigt worden;
1 Fall (No. 17), in welchem die Wendung gemacht war:
1 Fall (No. 18), wo' das Kind ungeboren mit der Mutter
starb.
Nachdem man auch bei mehren Kraniüieitsformen, welche
auf den ersten Blick von einem epidemischen Verhältnisse
unabhängig zu sein scheinen, nach dem selteneren oder hän-
figeren Auftreten derselben in einzelnen Perioden ein aolclies
dennoch als möglich angenommen hat, könnte an dasselbe
▼ielleicht auch für die in Rede stehende Krankheit gedacht
werden; indess ist dafür die Zahl der von mir beobachteten Falk
unzweifelhaft zu gering , um so mehr als ich nicht behaupten
kann, dass alle in Stettin vorgekommenen derartigen Fälle zu
meiner Behandlung, oder auch nur zu meiner Kenntniss ge-
kommen seien. Es möge daher nur beiläufig darauf aufmerk-
sam gemacht sein, dass die beobachteten Fälle sich auf
folgende iahre vertheilen:
1836: 1 FaU, 1848: 1 Fall,
1837: 1 „ 1861: 2 Fälle,
1838: 2 FäUe, 1852: 1 Fall,
1843: 1 Fall, 1856: 1 „
1844: 2 Fälle, 1859: 3 FäUe,
1845: 2 „ 1860: 1 Fall,
1846: 1 Fall, 1861: 1 „
Etwas auffallender scheint sich dagegen in der Gesammt-
zahl der Fälle der EinfXnss der Monate geltend gemacht zu
haben. Es trafen nämlich auf
Januar: 3 FäUe, August: 1 FaU,
October: 3 Fälle,
November : 2 „
December: 2 „
so dass es fast scheint, als ob die extremen Temperatur-
oder Licht-Verbältnisse einen Einfluss geäbt hätten; denn der
October, November, December und Januar haben zusaounen
10 Fälle; Juni und Juli zusammen 5 Fälle; wogegen der
Februar, März und September ganz ausfallen. Ueber die
April:
1 Fall,
Hai:
2 FiUe,
Juni:
3 „
JuU:
2 „
1. Btkm^ Ueber Eolampsie. 15
etwa hierbei noch zu berficksichtigeDden Hygrometer- und
Electricitäts- Verhältnisse äteben mir die BeobachtiingeD nicht
augenblicklich zu Gebote.
Die Wichtigkeit und Bedeutsamkeit der Krankheit möge
es rechtfertigen, wenn ich, ohne dem Ideengange Anderer
vorgreifen zu wollen, einige Betrachtungen beifuge:
Wenn man in früheren Zeiten dadurch eine nähere Auf-
klärung des Wesens der Eclampsie zu erreichen glaubte,
dass man sie für eine Metastase der Wehenthätigkeit auf die
motorischen Strange des Rückenmarkes, oder für eine Ver-
allgemeinerung der muskulären Thätigkeit der Gebärmutter
über die gesammte Muskelgruppe des Körpers ansähe, so er-
reichte man damit schwerlich mehr, als wenn man sie heute
überhaupt für eine reflectorische Thätigkeit erklärt; ja es er-
trägt die letztere Auffassung sogar wichtige Einwürfe, wenn
man bei den sogenannten Reflexthätigkeiten überall eine
wesentliche Betheüigung der Gehirnfunction ausschliessL
Unzweifelhaft müs^n nämlich zwei von einander verschiedene
Formen der Eclampsie angenommen werden, eine, welche
mit einem mehr oder minder heftigen, aber andauernden
Sopor verbunden ist, und welche ich die cerebrale oder so-
poröse Form nennen möchte, und eine andere, bei welcher
der dauernde Sopor durchaus fehlt, und welche die hyste-
rische oder convulsive Form genannt werden kann. Diese
beiden Formenvärschiedenheiten stützen sich aber keinesweges
ausschliesslich auf die Individualität der Kranken, oder auf
äussere Einwirkungen, und es kann die soporöse Form eben-
sowohl bei blutarmen, hysterischen Frauen auftreten, wie
umgekehrt die convulsivische Form bei plethorischen, zu Con-
gestionen geneigten. Dennoch ist es nicht in Abrede zu
stellen, dass plethorische Personen der soporösen Form mehr
zuneigen. Rücksichtlich äusserer Verhältnisse oder selbst der
Gemüthsbewegungen scheint es sogar, als ob bedingungsweise
eine gewisse Subjectivität der Willenskraft sowohl benach-
theiligend als auch begünstigend nicht ganz ohne Einfluss sei,
wie folgende Beobachtung zeigt: Eine junge Dame von leb-
haftem Temperamente kreisste in der sechsunddreissigsten
Woche ihrer ersten Schwangerschaft; die dritte und vierte
Geburtsperiode waren laboriös. Möglich, dass der Gedanke
IQ I. Behm^ üeber Eclampsie.
an die zu früh erfolgende Entbindung ihr das Bild etwaniger
zweideutiger Nachrede vorgaukelte, oder dass sie mehr als
Andere zu leiden sich einbildete: kurz, in einem Sturme von
Ungeduld riss sie die Augen auf, stierte ins Weite, verzerrte
das Gesicht, machte stürmische Athembewegungen, und zuckte
einige Mal heftig mit den Extremitäten, so dass ein
eclamptischer Anfall sich einleiten zu wollen schien. Eine
etwas barsche Auffoi*derung der bei der Entbindung anwesenden
Mutter „sich vemunflig zu betragen", und ein gleichzeitiges
kräftiges Aufrütteln der Gebärenden brachten diese wieder
zur Besinnung, worauf weitere beruhigende Zuspräche er-
neuerte Ausbrüche abwendete, und die Geburt ohne Schwie-
rigkeit beendigt wurde.
Dass eine erbliche Disposition dabei mit bestehen könne,
wird, wie bei allen Nervenkrankheiten, Niemand zu bezwei-
feln wagen, doch braucht sich diese keinesweges immer gel-
tend zu machen, wie mir dies ein anderer eclatanter Fall
gezeigt hat, in welchem eine junge Erstgebärende, deren
ältere Schwester in einem eclamptischen Anfalle sehr schwer
mittels der Zange entbunden war], von dem Anfalle verschont
blieb, ungeachtet eine ungewöhnlich starke ödematöse An-
schwellung fast des ganzen Körpers, reichlicher Eiweissgehalt
im Harn, und eine sehr beschwerliche Geburt, welche schliess-
lich nur durch eine ziemlich schwere Zangenoperation been-
digt werden konnte, den Ausbruch der Eclampsie sehr drin-
gend hatten befürchten lassen.
Möge man nun die Theorie des Reflexes für beide For-
men der Eclampsie oder nur für die convulsivische aufrecht
halten, so erklärt sie für sich allein ofienbar wenig, und man
muss, da ja jede Reflex Wirkung nur die Folge eines ausser
ihr liegenden Reizes ist, auf diesen Reiz zurückgehen, um
nähere Einsicht in die Krankheit selbst zu gewinnen. In
dieser Hinsicht ist es nun unzweifelhaft, dass die Eclampsie
nur in der ihr eigenthümlichen Form auftintt, wenn die Ge-
bärmutter in einer bestimmten productiven Thätigkeit, sowohl
vor- als |rückschreitend begriffen ist, und ich glaube nicht
zu irren, wenn ich hinzufüge, dass diese bezeichnete Thätig-
keit nicht vor den letzten zwei bis drei Schwangerschafts-
monaten eintritt Hiemach würde also der Reiz, welcher
I. Bektn, Ueber Eclampsie. 17
auf reflcctorischem Wege die Eclampsie erzeugt, unzweifel-
haft in der Gebärmutter zu suchen sein ; und will man noch
einen Schritt weiter gehen, — Tielleicht speciell im unteren
Abschnitte der Gebärmutter, da dieser erst in den letzten
Schwangerschaflsmonaten, bei der Geburt, und in der ersten
Zeit des Wochenbettes zu einer besonderen Bedeutung ge-
langt Da uns jedoch für jetzt das Specifische dieses Reiz-
zustandes der Gebarmutter auch noch dunkel ist, so bleibt
nichts weiter übrig, als noch einen Schi*itt weiter zurück-
zugreifen, um die äusseren Veranlassungen, soweit wir diese
zu ermitteln vermögen, in Betracht zu ziehen. Als solche
stellte sich z. B. in dem von mir beobachteten 15. Falle
ziemlich sicher die strahlende Wärme eines überheizten Ofens,
in welchem bei der Enge der Wohnung gekocht wurde, und
in dessen unmittelbarer Nähe die plethorische Kreissende mit
dem Kopfe lag, heraus; in dem Falle No. 19 war die Person
unmittelbar vor Ausbruch des Krampfes aus dem warmen
Bette bei stürmischer Witterung zum Hofe hinabgegangen,
um ein natürliches Bedurfniss zu befriedigen, mithin war hier
wahrscheinlich plötzliche Unterdrückung der Haulthäligkeit
anzuklagen; in mehreren der anderen Fälle war es lediglich
eine anstrengende Geburtsarbeit, im vierten Geburtszeitraume
stürmische Bauchpresse bei hoher Temperatur u. dergl., in
andern fand nichts Derartiges statt und die Veranlassung
blieb durchaus dunkel. Dass aber auch materielle Krankheit
der Gebärmutter als Reiz einzuwirken vermag, durch welchen
ähnliche allgemeine Reflexwirkungen erzeugt werden können,
davon giebt ein Fall Zeugniss, den ich nicht geradezu der
Eclampsie beirechne, der ihr aber doch sehr nahe stand,
und den ich seiner Eigenlhürolichkeit halber mitzutheilen, mir
bei dieser Gelegenheit nicht versagen kann. Eine achtbare
junge Frau, welche von ihrem bestialischen Ehemanne
wiederholt blennorrhoisch inficirt war, hatte ihre erste Ent-
bindung wegen einer festen Conglutination des Muttermundes
ziemlich schwer überstanden. Die zweite, etwa ein Jahr
darauf erfolgende Entbindung wurde durch ein ziemlich
heftiges Catarrhalfieber complicirt, welches sie einige Tage
zuvor in Folge epidemischer Einflüsse überkommen. Dies
dauerte während der ersten Tage des Wochenbettes noch
Monfttssehr. f. Gcburstk. 1861. Bd.XVin., Sappl.-Hft. 2
13 1. Bekm, Uober EclRmpsie.
alt, doch wurde der Eintritt der Milchsecretion , und der
Fortgaug des regelmässigen Wochenbettes Anfangs dadurch
nicht gestört Am vierten Tage des Wochenbettes schritt
jedoch die Zurückbiidung der Gebärmutter nicht weiter vor,
dieselbe blieb ausgedehnt, empfindlich, und am siebenten
Tage des Wochenbettes, nachdem etwa zwei Tage lang die
Lochien sehr sparsam gewesen, entleerte sich plötzUch eine
grosse Menge aashaft stinkenden zersetzten Blutgerinnsels.
Reinigende Einspritzungen und innerlich gereichte Antiseptica
schienen weiteren üblen Folgen entgegenzutreten, aber am
nächsten Tage brach plötzlich einer der heftigsten con?ulsi-
yischen Anfälle aus, die ich jemals beobachtet. Das Bewusst-
sein entschwand dabei nicht vollständig, und das ganze Bild
war mehr dasjenige der hysterischen Convulsionen, als der
eigentlichen Eclampsie. Moschus in wiederholten Gaben brachte
endlich einigen Nachlass, und Injectionen von Aq. oxymuria-
tica, Anfangs rein, später verdünnt, traten der septischen
Zerstörung wirksam entgegen, doch wiederholten sich die
convulsivischen Anfälle noch mehrere Tage lang, und die
Genesung war eine sehr langsame.
Aber auch die Theorie der Blutvergiftungen, welche in
neuester Zeit für die Erklärung melirfacher Krankheits-
zustände Anhänger gewonnen hat, giebt für die Eclampsie wenig
Aussicht auf Erfolg. Berücksichtigt man die grosse Zahl von
Fällen, in welchen ungeachtet beträchtlicher ödematöser An-
schwellungen während der Schwangerschaft keine Eclampsie
eintrat, gegenüber den Fällen, in welchen sie erfolgte, unge-
achtet die ödematösen Anschwellungen gänzlich fehlten, oder
in kaum nennenswerther Geringfügigkeit vorhanden waren,
wohin z. B. auch die Beobachtungen von Sinclair und John
gehören, so kann man ihr nur wenig Beifall zollen. Unter
den von mir selbst beobachteten Fällen befinden sich mehrere
sehr eclatante, in denen die Oedeme ebenfalls vermisst
wurden; und wenn bei den vor einer längeren Reihe von
Jahren beobachteten nichts hierüber angeführt wird, so muss
ich annehmen, dass sie auch dort nicht von Bedeutung ge-
wesen seien, da ich gewohnt bin, über wichtige Krankheits-
ßdle genau zu journalisiren. Ueber einzebie jener FsHe er-
gänzt mein Gedächtniss, dass sie nicht vorhanden waren.
I. Behmf ücber Eclampsie. 19
Hierzu kommt noch, dass es als ausgemacht angesehen
werden kann, dass der Urin Schwangerer immer eiweisshaltig
ist, ohne dass über das Normalverhältniss feste Sätze be*
stehen; und es bliebe daher immer noch unerklärt, wie ein
oft sehr geringer Ueberschuss über das etwa anzunehmende
Normalverhältniss eine so gewaltige Kranklieit, wie die
Eclampsie ist, erzeugen könne, während bei Albuminurie
nach Scharlach.. und ähnlichen Krankheiten nichts davon be-
obachtet wird. Ebenso verhält es sich mit den harnsauren
Salzen. Will man daher dieser Theorie wirklich noch eine
ursächliche Beziehung vindiciren, so wird dies immer nur
eine prädisponirende, nicht aber eine essentielle sein können.
Für die Praxis hat sie gar keinen Werth, da eine Umände-
rung der Blutmasse in ihren chemischen Bestandtheilen einen
viel zu lange dauernden Prozess gegenüber der Grösse der
wesentlichen Krankheitserscheinungen, und der Gefahr der*
selben, erfordert; und welche Mittel sollten überhaupt wohl
im Stande sein, eine Neutralisation oder eine Entfernung
jener angeschuldigten feindseligen Stoffe in kurzer Zeit bei
Kranken zu bewirken , welche oft für eine, Reihe von Stun-
den des Schlingens unfähig sind, und bei denen wir sogar
nicht einmal die Ueberzeugung haben können, dass die
Thätigkeit der die Resorption vermittelnden Organe in ihrer
vollen Inte^ität fortbesteht, oder ob diese nicht vielleicht
gänzlich darnieder liegt?
Wenn diese letzten Bemerkungen mich unwillkürlich
dahin fuhren, auch der Therapie mit einigen Worten zu ge-
denken, so geschieht dies nur, um ebenso sehr vor dem
jetzt leider so beliebten Nihilismus, gleichwie vor einem über-
eilten Operationsgeluste zu warnen. Der erstere ist ganz und
gar verwerflich, die letzteren bedürfen sehr der Beschrän-
kung. Zu dem ersteren rechne ich unter Andern die Chloro-
form-Spielerei, von der ich in der mir zu Gebote stehenden
Literatur wohl hin und wieder eine geringfügige palliative
Hülfe, nirgend aber einen wesentlichen Erfolg gerühmt finde.
Hat man die schwereren mit Sopor gepaarten Fälle vor sich,
80 verlasse man sich selbst nicht auf Opium oder Morphium,
die erfahrungsgemäss augenblicklich die Hirncongestionen zu
steigern vermögen. Hier sind reichliche Blutentleerungen,
2*
20 1- Behm^ Ueber Eclanipsie.
uacU üniständen mehrmals wiederholt, das erste und einzige
Mittel, wodurch Rettung möglich wird, fhit die Natur im
fünften Geburtszeitraume durch reichliche Blutung schon den
Weg der Vermittelung eingeschlagen, so sind künstliche Blut-
entziehungeu vielleicht im beschränkteren Maasse ausreichend,
doch vergesse man dabei nicht, welche enorme Blutverlaste
Gebärende und Entbundene ohne erhebliche Nachtheile zu
ertragen vermögen, und lasse sich nicht durch übertriebene
Angst vor Anämie oder Leukämie von der Anwendung de8
einzigen Reltungsmittels abhalten. Nur bei der hysterischen
Form ist eine Beschränkung dieses Hauptmittels zulässig, und
hier findet dann, gleichwie in den soporösen Fällen nacb
vorgängigem Aderlass die weitere Behandlung mittels Calomel,
welches ich als Haupt- Derivans für den Darmkanal in den
Vordergrund stelle, Opium, Castoreum u. s. w. ihre Anwendung,
über die man sieh bald einigen wird; doch ist meistenlheils
eine sehr künstliche Nachbehandlung nicht erforderlich.
Rücksichtlich der operativen Eingriffe in den natürlichen
Verlauf der Geburt muss ich besonders darauf hinweisen, dass
auch hier die Natur gern auf die ihr dargebotene Hülfe ein>
geht, um etwanige Abnormitäten zu beseitigen. Je weniger
vuhierativ die erforderlich scheinende Operation für den Or-
ganismus der Mutter ist, desto leichter wird sie den opera-
tiven Eingrill' ertragen. Vergessen wir es nicht: wir operiren
in einem Organe, dessen Vulnerabilität wir augenblicklich
graduell nicht zu bestimmen vermögen, die aber möglicher-
weise bei dem vorhandenen Krankheilszustande bedeutend
erhöht sein mag, und für welche sich in andern pathologi-
schen Verhiiitnissen des unteren Gebärmutterabscbnittes zahl-
reiche Aualügieen anführen lassen. Ueberdies zeigen zalü-
reiche Fälle, dass neben dem allgemeinen Krankheitszuslande,
die vom Grunde der Gebärmutter ausgehende expulsive
Thätigkeit oft in der regelmässigsten Weise vorwärts schreitet,
so dass man veranlasst werden möchte zu glauben, diese
Thätigkeit weide durch Dasjenige, was im Gesammlorganis-
mus, oder in den Centris des Nervensystems vorgeht, gar
nicht tangirt. Handelt es sich daher bloss um eine Hervor-
hebung des im Beckenausgange stehenden Kopfes, so wird
der Eingriff wohl kaum von benachtheiligendem Einflüsse iur
I. Behm^ Uebcr Eclampsie. 21
die Mutter erachtet werden können. Hiiss dagegen der Mutter-
mund Behufs der auszuführenden Operation erst kunstlich
und mehr oder weniger gewaltsam eröffnet werden, müssen
dabei vielleicht gar krampfhafte Constrictionen manuell über-
wunden werden, und schliessen sich hieran erst die weiteren
Maassregeln zur Entfernung der Frucht, so wird der Eingriff
ungleich vulnerativer , und der giackliche Ausgang zweifelhafter.
Insofern nun alle bisher besprochenen Fragepunkte be-
nutzt werden müssen, wenn ich schliesslich noch über die
Prognose des in Rede stehenden Krankheilszustandes einige
Bemerkungen beizufügen wage, so möchte ich auf Folgendes
hinweisen:
Die Mortalität der Mütter muss in den von mir behan-
delten Fällen ohne alle Frage eine gegen alle sonst bei dieser
Krankheit gemachten Erfahrungen geringe genahnt werden;
von sämmtlichen zwanzig Erkrankungsfallen liefen nur drei
tödtlich ab, und darunter konnte No. 15, wo die Ungunst
der äusseren Verhältnisse wesentlich zur Beförderung des un-
günstigen Ausganges beitrug, vielleicht noch zu einem glück-
licheren Ausgange befähigt erachtet werden , wenn es möglich
gewesen wäre, alle therapeutischen Ilülfsrnittel zur An-
wendung zu bringen. Sondert man aber die glücklich für
die Mfitter abgelaufenen Fälle nach einzelnen Kategorieen, so
betreffen sie theils Frauen, bei denen überhaupt die mildere
(hysterische) Form der Krankheit stattgefunden hatte, theils
diejenigen soporösen (cerebralen) Formen, bei denen im Ver-
laufe der Krankheit, oder der Geburt überhaupt starke Blut-
entleerungen entweder spontan, oder im Wege der thera-
peutischen Behandlung Statt gefunden hatten. Auch scheint
es, als ob in denjenigen Fällen, wo operative Hülfe noth-
wendig wurde, die Gefahr für die Mütter um so geringer
war, in je milderer und weniger vulnerativer Weise diese
ausgeführt wurde, und wohin die Fälle zu rechnen sein würden,
in denen die Zange an den im Einschneiden stehenden
Kopf angelegt wurde, der Fall, in welchem die Schieflage
des Kindes durch Seibstwendung in eine Geradlage über-
geführt wurde, und der Fall No. 20, wo die manuelle Kunst-
hälfe erst erforderlich wurde, als der Widerstand des unleren
Gebärmutterabschnittes durch die Wehenthätigkeit bereits voll-
22 I- Behm^ Ueber Eclflmpsie.
Ständig überwunden war, wobei indess nicht zu übersehen
ist, dass der unglücklich abgelaufene Fall No. 17, weldier
durch einen schwereren operativen Eingriff beendigt wurde,
eine schwächliche tuberculöse Dame vor Ablauf der Schwanger-
schaft betraf, mithin überhaupt mehrere Bedingungen eines
unglücklichen Ausganges in sich schloss.
Was dagegen die Mortalität der Kinder betrifil, so stellte
sich diese nicht viel günstiger als das allgemeine mittlere
Verhältniss anderer Beobachter angiebt Bringt man hierbei
die macerirten, also bereits früher Abgestorbenen in Abzug,
so scheint der Eintritt der Eelampsie in den früheren Ge-
burtsperioden nachtheiliger, • in den spätem jedoch weniger
benachtheiligend auf die Früchte gewirkt zu haben, denn in
den Fällen, wo die Eelampsie schon im Beginne der Geburt,
oder vor dem Blasensprunge eintrat, gingen die Kinder fast
allgemein zu Grunde, wogegen diejenigen erhalten blieben,
wo die Eelampsie erst im vierten Geburtszeitraume ausbrach.
Sollte sich dies Verhältniss bei weiterer Vergleichung zahl-
reicher Fälle bestätigen, so würde daran zu denken sein,
dass Tor dem Abflüsse des Wassers wegen der noch wenig
Yorgeschrittenen Zusammenziehung der Gebärmutter die Ver-
bindung zwischen der Placenta und Gebärmutter, also auch
der physiologische Verkehr zwischen Beiden noch viel inniger
ist, als nach dem Abflüsse des Wassers, dass mithin der Sturm
im Geiasssysteme der Mutter, welcher bei dieser die Eelampsie
hervorruft, sich zugleich im überwiegenden Maasse dem Kinde
miltheilt, und dessen Tod herbeiführt, wogegen der EintriU
der Eelampsie im vierten Geburtszeitraume wegen der stär-
keren Contraction der Gebärmutter, und daraus folgender
Verminderung jenes physiologischen Verkehrs zwischen Pla-
centa und Gebärmutter gefahrloser an der Frucht vorüber-
geht. Die Ursachen des früheren Absterbens der Früchte,
längere Zeit Yor Ablauf der Schwangerschaft, und die sich
hier anschliessende Maceration derselben liegen rücksichtlich
ihres causalen Verhältnisses zur Eelampsie den gegenwärtigen
Untersuchungen entfernter, dürften aber bei Vergleichung
einer grösseren Zahl von Einzelfällen vielleicht noch zu nutz-
baren Ergebnissen fuhren.
II. Hüter, XJehüT den FStalpuls. 23
n.
lieber den Fötalpub.
Von
Dr. V. HAter,
PriTfttdocent In Marburg.
Im Anfange meiner geburtshülflichen Tbätigkeit legte ich
in zwei Fällen, nachdem ich korzYorher den Fötalpuls in der
gewöhnlichen Frequenz und Intensität gehört zu haben glaubte,
wegen Unwirksamkeit der Wehen an den im Becken stehen-
den Kopf die Zange. Die Operation ging beide Male ohne
besonderen Kraftaufwand rasch von Statten, aber die Kinder
kamen, mit Meconium stark beschmutzt, sterbend zur Welt.
Dass die Zangenoperation die Asphyxie der Kinder herbei-
geführt habe, konnte wegen der kurzen Dauer derselben nicht
angenommen werden. Es schien mir vielmehr in der zu
langen Geburtsdauer die Todesursache beider Kinder gelegen
zu haben.
In Folge dieser beiden Beobachtungen vnirde in mir die
Frage rege, bis zu welchem Zeitpunkte man mit dem Anlegen
der Zange — vorausgesetzt, dass die Bedingungen hiezu vor-
handen — warten dürfe, ohne dass das Leben des Kindes
in Gefahr komme. Die Beantwortung dieser Frage schien
mir nur durch ein genaues Studium über das Verhalten des
Fötalpulses möglich zu sem.
ZimSchst stellte ich mir die Aufgabe, das numerische
Verhalten des normalen Fötalpulses einer Prüfung zu unter-
ziehen. Bekanntlich haben nur wenige Schriftsteller bestimmte
Zahlen über die Häufigkeit des Fötalpulses abgegeben. So
fand Dubois (Archives generales de medecine, tom. XXXI.,
Decbr. 1831) am häufigsten 144, Hohl (die geburtshülfliche
Exploration I. Tbl., Halle 1833, p. 85) in der Mehrzahl 140,
Naegde (die geburtshülfliche Auscultation, Mainz 1838, p. 35)
als Blittelzahl 135, Depavi (Traite d*auscultation obst^tri-
cale, Paris 1847, p. 259) am häufigsten 136, 140 und 144,
Framkenhäuaer (Monatsschrift für Geburtskunde XIV. Bd.,
3. Heft, Beriin 1859, p. 171) als DurchschnitUzahl in der
24 H- Hüter, Ueber den Fötalpuls.
Schwangerschaft 134, zu Anfang der Geburt 140 Schlage
des Fötalpulses in einer Hinute. Diese Zahlen differiren noch
so sehr von einander, dass eine Einigkeit über die normale
Frequenz des Fötalpulses noch nicht zu Stande gekommen isL
Anfangs zählte aiich ich die Schläge des Fötalpulses
während einer vollen Minute und erhielt dabei dasselbe Re-
sultat, welches die meisten Schriftsteller angaben, dass näm-
lich das fötale Herz 120 bis zu 150 Schlägen in der Minute
besitze. Später zählte ich den Fötalpuls während V4 Minute,
wodurch eine grössere Harmonie in die gewonnenen Zahlen
kam. Unabweisbar sicher übereinstimmende Resultate erzielte
ich erst, als ich, wie es Schwartz (die vorzeitigen Athem-
bewegungen, Leipzig 1858, S. 242) gethan, den Fötalpuls
während 5 Secunden zählte. Diese Art und Weise des Zählens
befolgte ich genau bei 200 Schwängern, indem ich wöchent-
lich einmal, gewöhnlich Sonntags meist Vormittags, seltner
Nachmittags und am seltensten Abends an den Schwängern
der Marburger Entbindungsanstalt auscultirte. Revor ich das
Ergebniss meiner Forschungen tabellarisch zusammenstelle,
will ich noch bemerken, dass ich mich niemals mit der
Auscultation während 5 Secunden allein begnügte, sondern
dass ich wenigstens zweimal oder dreimal 5 Secunden hinter-
einander fortzählte , um dadurch den gewonnenen Zahlen eine
möglichst grosse Genauigkeit zu verschaffen.
Die Auscultation begann
19 Wochen vor der Geburt einer Schwangern.
14 Mal worden gezählt 12 Schläge, ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zn können.
2 » » „ 11-12 „ desgl.
^ » n „ 11 „ desgl.
19 Zählangen.
17 Wochen vor der Gebart bei 2 Schwängern.
1 Mal wurden gezählt 13 — 1 4 Schläge bei nachweisbaren Bewegungen
der Fracht.
desgl.
desgl.
ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
desgl.
desgl.
3 n
n
»
12—13
1 n
n
«
12
2 «
n
»
11—12
•23 „
n
n
11
4 n
n
n
10-11
34 Zählungen.
If. Hüter, Ueber den FötalpuU. 25
16 Woehen vor der Ckbnrt bei 2 Schwungern.
2 Mal wurden gezählt 18 — 14 Schläge bei nachweisbaren Bewegungen
der Frucht.
^ 9 n . n 12 n ol^^® Bewegungen der Frucht
nachweisen su können.
26 „ , » 11 » desgl.
1 n n n 10-11 „ desgl.
32 Zählungen.
15 Wochen vor der Geburt bei 4 Schwängern.
36 Mal wurden gezählt 12 Schläge , ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen su können.
5 I» I. n 11—12 „ desgl.
20 n »11 » desgl.
60 Zählungen.
14 Wochen vor der Geburt bei 1 Schwangern.
9 Mal wurden gezählt 12 Schläge , ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
2 , » • 11-12 » desgl. .
3 » n n 11 n desgl.
14 Zählungen.
13 Wochen vor der Geburt bei 8 Schwängern.
9 Mal wurden gezählt 12 Schläge, ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
4 „ „ , 11-12 « desgl.
88 « , , 11 » desgl.
8 » , „ 10—11 n desgL
ft r, n „ 10 , desgl.
104 Zählungen.
12 Wochen vor der Geburt bei 6 Schwängern.
4 Mal wurden gezählt 12 Schläge, ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
6 » » n 11—12 n desgl.
ö5 » , „ 11 „ desgl.
6 , „ „ 10—11 n desgl.
8 „ n_ , 10 „ desgl.
72 Zählungen.
11 Wochen vor der Geburt bei 8 Schwapgem.
4 Mal wurden gezählt 13 — 14 Sehläge bei nachweisbaren Be-
• wegungen der Frucht.
8 n
»
12
1»
ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
12 ,
If
11—12
n
desgl.
67 n
n
11
»
desgl.
2 n
n
10—11
ff
desgl.
88 Zählungen.
26 IJ- Hüter, üeber den Pötalpols.
10 Wochen vor der Qeburt bei 8 Schwängern.
6 Mal wurden gesahlt 18—14 Schläge bei nachweifibaren Be-
wegungen der Frucht.
6 « 9 „ 12 „ ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen su können.
9 desgl.
* desgl.
, desgl.
9 desgl.
9 Wochen vor der Geburt bei 12 Schwängern.
6 Mal wurden gezählt 13 — 14 Schläge bei nachweisbaren Be-
wegungen der Frucht.
1 n
n
11—12
6» »
n
11
2 n
n
10—11
7 «
f»
. 10
80 ZRhlungen.
6 n
n
fi
12—13
n
desgl.
18 n
n
»f
12
tt
ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
4 n
•
if
11—12
ff
desgl.
78 „
ff
ff
11
ff
desgl.
8 n
ff
f»
10-11
ff
desgl.
108 Zählungen.
8 Wochen vor der Geburt bei 9 Schwängern.
13 Mal wurden gezählt 13 — 14 Schläge bei nachweisbaren Be-
wegungen der Frucht.
12
f»
n
f»
12
ff
ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
1
n
n
j»
11—12
n
desgl.
43
n
ff
fi
11
ff
desgl.
3
ff
ff_
9
10
n
desgl.
72 Zählungen.
7 Wochen vor der Geburt bei 17 Schwangern.
11 Mal wurden gezählt 13—14 Schläge bei nachweisbaren Be-
wegungen der Frucht.
16 ,
If
ff
12
ff
ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
6 .
ff
ff
11—12
ff
desgl.
86 ,
n
ff
11
ff
desgl.
1 n
ff
ff
10—11
ff
desgl.
V »
ff
ff
10
ff
desgl.
119 Zablnng
an.
II. Hüter y Ueber den Fötalpuls. 27
6 Wochen vor der Gebnrt bei 16 SchwAügern.
8 Mal wurden ges&hlt 12^—14 Bchlftge bei nachweisbaren Be-
wegangen der Fracht.
9 „ „ „ 12 , ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
7 „ , n 11-12 , desgl.
74 , « „ 11 , desgl.
2 , „ n 10-11 « desgl.
1 » n_ n 10 n desgl.
96 Zählungen.
5 Wochen vor der Geburt bei 18 Schwängern.
6 Mal wurden geaählt 18—14 Schläge bei nachweisbaren Be-
wegungen der Frucht.
6 , ^ „ 12 9 ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
4 « „ „ 11-12 „ desgl.
69 » » „ 11 , desgl.
2 . n n n 10— H n desgl.
3_j, n__ n 10 n desgl.
90 Zählungen.
4 Wochen vor der Geburt bei 16 Schwangern.
6 Mal wurden gezählt 18—14 Schläge bei nachweiabaren Be-
wegungen der Frucht.
13 „ „ „ 12 „ ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
ß n n n 11-12 n desgl.
89 „ » » 11 » desgl.
2 n » « 10 » desgl.
64 Zählungen.
3 Wochen vor der Geburt bei 20 Schwangern.
3 Mal wurden geaählt 13—14 Schläge bei nachweisbaren Be-
wegungen der Frucht.
4 „ , „ 12 „ ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
2 n n n 11-12 , desgl.
44 „ „ „ 11 , desgl.
1 n n w 10-11 n desgl.
60 Zählangen.
28 n. Hüter, Ueber den Fötalpuls.
2 Wochen vor der Gebnrt bei 31 Schwängern.
4 Mal wurden gesHhlt 18 — 14 Schläge bei nachweisbaren Be>
wegungen der Frncht.
8 «
'9
»
12
fi
ohne Bewegnngen der Frucht
nachweisen su können.
8 •
n
V
n— 12
n
desgl.
44 n
n
1»
n
»
desgl.
2 n
n
f»
10—11
1»
desgl.
1 n
n
n
10
n
desgl.
62 Zlihlnng
ßn.
1 Woche vor der Geburt bei 21 Schwängern.
l Mal wurden gezählt 13 — 14 Schläge bei nachweisbaren Be-
wegungen der Frucht.
4 „ „ „ 12 „ ohne Bewegungen der Frucht
nachweisen zu können.
1 » n n 11—12 r, desgl.
15 « n r, 11 n ^«Sgl.
22 Zählungen.
Wenn ich bei den 1195 Zählungen des Fötalpulses 825
Mal 11 Schläge, 310 Mal über 11 Schläge (73 Mal war die
Steigerung der Frequenz in nachweisbaren Bewegungen der
Frucht begründet), und 60 Mal unter 11, aber niemals
weniger als 10 Schlage zählte, so ist hieraus zu schliessen,
dass das fötale Herz am bäuligsten 11 Mal in 5 Secunden,
oder 132 Mal in der Minute schlägt. Dieses Resultat, ähn-
lich dem der anderen Schriftsteller, führe ich in dieser Weise
an, um es als Basis für weitere Folgerungen zu verwenden.
Es war natürlich, dass ich auch dem numerischen Ver-
halten des Fötalpulses bei Gebärenden meine Aufmerksamkeit
widmete. Dieselben 200 Personen, an welchen ich, so lange
sie Schwangere waren, auscultirt hatte, dienten mir auch als
AuscuUationsobjecte , während sie Gebärende waren. Durch
sehr häufig wiederholtem Auscultiren gelang es mir zu con-
statiren, dass bei jeder einzelnen Person in der Schwanger-
schaft sowohl, wie im Beginn der Geburt die Frequenz des
Fötalpulses numerisch vollkommen gleich bleibt. Es ergab
sich ferner folgendes Yerhältniss : Unter den 200 Schwangeren
waren 166, bei welchen in der Schwangerschaft und im Beginn
der Geburt die Frequenz des Fötalpulses von 11 Schlägen,
20, bei welchen die Frequenz von 12 Schlägen, und 14,
II. Hüter, Ueber den FötalpaU. 29
bei weicheil die Frequenz von 10 Schlägen als normale Fre-
quenz mit Siclierheit nachzuweisen war. Einen besseren
Ausdruck erhält dieses Resultat in folgender Form:
Der Fötalpuls hat die Frequenz
von 12 Schlägen bei 10 Procent Schwangeren.
10 7
Die Annahme einer individuell verschiedenen Normal-
Frequenz des Fötalpulses, welche auch Schwartz bei seinen
Beobachtungen fand, findet hierdurch ihre volle Bestätigung.
Das von mir gewonnene Ergebniss differirt nur darin von
Schwartz's (1. c. S. 242) Angabe, dass nach seinen Erfah-
rungen in der Mehrzahl der Fälle die Normalfrequenz der
fötalen Herzcontraction 12 Schläge in 5 Secunden beträgt.
Schwartz hat seine Beobachtungen in Kiel, also im höch-
sten Norden des deutschen Vaterlandes angestellt, während
ich an Schwangeren aus Mitteldeutschland auscullirt habe.
Es wäre daher denkbar, dass die Verschiedenheit der Wohn-
orte eine verschiedene Frequenz des Fötalpulses bedingte.
Wenn sich dies bestätigen sollte, so wurden die verschiedenen
Angaben über die Frequenz des Fötalpulses von Zhiboia,
Hokly Naegele u. s. w. hierdurch erklärt werden. Es kann
hierüber jedoch nur durch genaue Beobachtungen, welche in
den verschiedensten Gegenden anzustellen sind, Aufscbiuss
erhalten werden. Zugleich sind dann auch grössere Zahlen
von einem reichlicheren Material, als es mir zu Gebote stand,
wünschenswerth.
Dass die Frequenz des Fötalpulses in Folge von Frucht-
bewegungen vorübergehend gesteigert werde, wird von allen
Schriftstellern übereinstimmend angegeben, Ist bei einer
Schwangeren sicher constatirt, dass die Normalfrequenz des
Fötalpulses 10 Schläge beträgt, so kaun man, wenn sich der
Fötalpuls nur auf 12 Schläge erhebt, Fruchtbewegungen nach-
weisen. Auch halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass,
wenn die Normalfrequenz des Fötalpulses 11 Schläge beträgt,
derselbe sich aber auf 12 Schlage erhebt, geringe Frucht-
bewegungen, welche weder von dem Auscultirenden, noch
von der Schwangeren wahrgenommen werden, stattfinden. Ist
man im Stande stärkere Bewegungen der Frucht nachzuweisen,
30 II. Hüter j Ueber den Fötalpuls.
SO erhebt sich der Fötalpuls stets über die Frequenz von
12 Schlägen, kann bis auf 15 Schläge steigen und sogar
wegen seiner fibergrossen Häufigkeit für Augenblicke unzähl-
bar werden, kehrt aber, wenn die Fruchtbewegungen nicht
zu lange andauern, ziemlich rasch zu seiner gewöhnlichen
Frequenz zurück. Nachträglich sei hier bemerkt, dass in der
obigen Tabelle jedesmal die geringste Frequenz des Fötal-
pulses bei nachweisbaren Fruchtbewegungen angegeben ist.
Ausserdem will ich noch darauf aulmerksam machen, dass
man sich auf die Angaben der Schwangeren in Betreff des
Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins von Kindsbewegungen
nicht verlassen darf, indem es mir öfters begegnete, dass
von Schwangeren selir deutlich hör- und fühlbare Kinds-
bewegungen, die zugleich mit einer Frequenzsteigerung des
Fötalpulses verbunden waren, geläugnet wurden.
In Betreff der Frage, ob die Frequenz des Fötalpulses
auch ohne Kindsbewegungen sich steigern könne, fuhrt Hohl
(1. c. p. 175) an, dass schon im Anfang des fünften Schwanger-
schaftsmonates der schnelle Uebergang zu giösserer Häufig-
keit des dicrotirenden Pulses stattfinde, ohne dass man
äusserlich eine Bewegung der Frucht deutlich fühle. Dass
diese bestehe, bezweifelt Hohl nicht, glaubt aber, dass die
Bewegungen der Frucht noch schwach seien und darum nicht
einmal der Schwangeren fühlbar würden. H, F, Naegele
(1. c. p. 37) giebt in dieser Beziehung Folgendes an: Wenn
nun zwar meist die angegebenen Veränderungen in der Zahl
der Schläge mit der Bewegung der Frucht zusammenfallen
und demnach als abhängig von dieser angesehen werden
müssen, so ist man doch ebenso oft nicht im Stande, irgend
einen Grund davon aufzufinden. Naegele erklärt sich diese
Erscheinung durch die Analogie in dem Verhalten der Herz-
schläge bei Kindern in den ersten Lebensjahren. Die Fre-
quenz der Herzschläge wechselt bei den Kindern zu dieser
Zeit sehr bedeutend, ohne dass pathologische Zustände zu
Grunde lägen.
Ich muss es nach dem oben Gesagten durchaus in Ab-
rede stellen, dass eine Steigerung der Frequenz des Fötal-
pulses, vorausgesetzt, dass pathologische Zustände von Seiten
der Mutter und der Frucht fehlen, ohne gleichzeitige Frucht-
IJ. Hütert Ueber den Fötalpuls. 31
bewegungen möglich isL Nur in Folge von fieberhaften Zu-
ständen, welche bei Schwangeren mit entzündlichen Affectionen,
besonders der Brustorgane vergesellschaftet waren, habe
ich eine dauernde Steigerung der Frequenz des Fötalpulses
constant gefunden, ohne dass ich im Stande war, zugleich
Bewegungen der Frucht nachzuweisen. Die mir in dieser
Beziehung zu Gebote stehenden Beobachtungen werde ich,
nachdem ich die Angaben der anderen Schriftsteller über das
Verhalten des Fötalpulses bei Krankheiten der Schwangeren
angeführt habe, mittheilen. Hohl (1. c. p. 91) glaubt, dass
bei Krankheiten der Schwangeren eine Veränderung des Pulses
derselben nicht immer eine Abweichung im dicrotirenden
Puls in Folge hat „Bei bedeutend vorherrschender Venosität
im Blute der Mutter,'' fahrt HoM fort, „bei unterdrücktem
kleinen Puls, bei irgendwie bedeutend beschränkter Respira-
tion sank und verlor gewöhnlich der dicrotirende Puls an
Stärke wid Frequenz, namentlich in den früheren Monaten,
z. B. vom fünften bis achten, intermittirte wohl je nach der
Dauer und dem Grade der Einwirkung, ja verschwand auch
wohl gänzlich, ohne wieder gehört zu werden. Bei rheuma-
tischen Fiebern, bei Rheumatismus in den Muskeln der Ex-
tremitäten, des Kopfes oder des Bauches fand Hold keine
Veränderung des Fötalpulses, dagegen, wenn die Brustmuskeln
ergriffen wurden, oder gar eine Pleuresie eintrat, kurz, die
Respiration beengt und der Zustand nicht bald beseitigt wurde,
traten die angegebenen Vei*änderungen ein. In zwei Fällen
sah Hohl den dicrotirenden Puls sehr bald, und schneller
noch bei einer Carditis, an welcher auch die von einem
todten Kinde Entbundene starb, verschwinden. V^o sich Auf-
lösungen im Blute zeigten, wurde auch der dicrotirende Puls
schwädier, iulermitlirend , oft verschwand er auf immer. So
hat Hohl bei Schwangern, bei denen die Pocken einen regel-
mässigen Verlauf hatten, den dicrotirenden Puls immer gleich-
bleibend gefunden. Traten aber Petechien hinzu, da zeigte
sich sehr bald eine Veränderung, und sehr schnell war er
dem Gehör ganz entwichen. Hohl führt dann zum Beweise
seiner Angaben zwei Fälle von Pocken an, welche, von Pe-
techien begleitet. Schwangere befielen. Im ersten Falle verlor
ganz unverkennbar merklich der dicrottreude Puls nach und
32 11- Bütery Ueber den Fötalpnls.
nach seine Fülle, wurde immer schwacher und ungleich. Iq
der Nacht vom fünften zum seclisten Tage trat die Geburl ein
und verlief ziemlich rasch. Ein Knabe, der nur mit grosser
Muhe wiederbelebt wurde, und elend und schwach blieb, wurde
geboren. Das Kind erkrankte am zweiten Tage auch an Pocken
und starb der Mutier sehr bald nach. In dem andern Falle
und einem Falle von Haemorrhagia pelecbiaiis wurde der
dicrotirende Puls schwacher, intermillirte und wurde zuletzt
gar nicht mehr gehört. Beide Kinder wurden todt geboren.
Wenn Schwangere in leichlerem Grade von Cholera
befallen wurden, so zeigte der dicrotirende Puls keine
Veränderung. Wenn aber bei den von Cholera befallenen
Schwangeren die Beklommenheit gross und die Angst bedeutend
war, so wurde der dicrotirende Puls ganz bemei*klich schneller,
setzte aus und stockte sehr bald ganz.
Bei leichlen Krämpfen der Schwangeren, Colikschmerzen
derselben fand Hohl am dicrotirenden Pulse keine Abweichung,
wohl aber fand er, dass in einem Falle von heiligen Convul-
sionen, welche die Respiration fast gänzlich hemmten, der
dicrotirende Puls an Stärke verlor und intermillirte. Indessen
verschwanden hier die Schläge nicht ganz, indem die Geburt
eintrat und stürmisch verlief. Das Kind zeigte Spuren von
Leben, wurde aber nicht zum vollen Leben erweckt Wenn
Schwangere in Folge von Plethora an Wallungen nach der
Brust, asthmatischen Zuständen, Beängstigung und Herzklopfen
litten, so fand Hohl, dass der dicrotirende Puls unverkenn-
bar an Stärke verlor und intermillirte. Treten Blutungen aus
der Nase oder aus dem After ein, oder wurde durch einen
zeiligen Aderlass dem Zustande abgeholfen, so zeigte sich im
dicrotirenden Pulse entweder gar keine Veränderung , oder sie
verlor sich wieder.
Bei ziemlich starken Biutflüssen Schwangerer hat Hohl
keine Veränderung im dicrotirenden Pulse bemerkt. War aber
der Blutverlust schon in früheren Monaten stärker, so verlor
er auch ziemlich bald an Kraft, intermillirte, wurde ungleich
und verschwand für alle nächsten Beobachtungen. Kennedy
(Observ. on obstetric auscultation, Dublin 1833; conf. Depaul
1. c. p. 55 et p. 267) hat ebenfalls bei einer starken Metror-
rhagie, welche in Placenta praevia ihren Grund hatte, den
II. Hüter, Ueber den FötalpnlB. 33
Fötalpuls von 108 auf 88 Schläge herabgehen und nach sehr
heftigen Kindsbewegungen ganz verschwinden sehen.
Nach einem Aderlass hat Hohl keine Veränderung im
dicrolirenden Pulse wahrgenommen. Dagegen will Kennedy
bei einer Schwangeren, welche an Pleuritis erkrankt war
und eine sehr behinderte Respiration hatte, in Folge von
wiederholtem Aderlassen ein Seltnerwerden des Fötalpulses
beobachtet haben. Auch Depaul (1. c. p. 269) glaubt, dass
Aderlassen unter gewissen Bedingungen, insofern dadurch
tiefe Ohnmächten hervorgerufen wurden, einen höchst nach-
theiligen Einfluss auf den fötalen Kreislauf hervorbringen
könne. Er gründet diese Ansicht darauf, dass eine Frau,
welcher im sechsten Schwangerschaftsmonate ein Aderlass
gemacht wurde, in Folge dessen in eine tiefe Ohnmacht fiel.
Seit dieser Zeit fühlte die Frau keine Fruchlbewegungen mehr
und gebar nach einiger Zeit eine todle Frucht. Absichtlich
Hess sich die Frau bei ihrer zweiten und dritten Schwanger-
schaft zu derselben Zeit und mit demselben Erfolge einen
Aderlass machen. Beide Mal trat wieder eine tiefe Ohnmacht
ein, die Kindsbewegungen hörten auf und zum zweiten und
dritten Male wurde nach einiger Zeit eine todte Frucht geboren.
Kennedy fuhrt ebenfalls an, dass Gemüthsaffecte, welche
den mütterlichen Kreislauf stören, auch auf den Fötalpuls
eine Wirkung, welche jedoch nicht immer eine gleiche sei,
hervorbrächten.
Für unsere Zwecke erscheint es wichtig, dass in dem
bereits oben voif Kennedy erwähnten Falle, während die an
Pleuritis erkrankte Frau mit 140 Pulsschlägen fieberte, der
Fötalpuls eine Frequenz von IftO Schlägen besass. Nach
wiederholtem Aderlass sank die Frequenz auf 92, später
wechselte sie zwischen 100 und 135 und der Puls ver-
schwand dann gänzlich. Einige Stunden später wurde ein
todtes Kind geboren.
In einem anderen von Kennedy beobachteten Falle, in
welchem eine Frau einem heftigen Anfalle von Su£focation er-
lag, hatte, während der Puls der Mutter 140 Schläge hatte,
der Fötalpuls eine Frequenz von 190 bis 200 Schlägen.
Bouillavd (Traite clinique des maladies du coeur, II. edit.,
Monatuscbr. f. Gebnrtik. 18ßl. Bd. XVIII., Sappl.-Hfl. 8
34 n« Hüter, lieber den FötAlpals.
lum. 1, 1841, conf. Depaul 1. c. p. 125) Iheilt, um zu be-
gründen, wie wicblig es sei, den Fötalpuls nachzuweisen,
folgende Beobachtung mit: Eine im siebenten Monate schwan-
gere Frau, welche seit einigen Tagen keine Kindsbewegungei]
mehr gefühlt hatte, wurde von einer heftigen Pneumonie be-
fallen. Bei der Auscultation vernahm man 170 Schläge des
Fütalpulses. Die Frühgeburt kam bald in den Gang und es
erfolgte die Geburt eines Kindes, welches kein Lebenszeichen
von sich gab. Da jedoch wenige Minuten vor seiner Aus-
stossung der Fötalpuls noch gehört war, so gab man sicli
Mühe, das Kind wieder zu beleben, was auch gelang. In-
dessen lebte das Kind nur einen Tag lang.
Naegele (1. c. p. 40) fand, wenn Schwangere von
leichteren Fiebern befallen waren, den kindlichen Herzschlag
unverändert, und sogar bei Pleuritis, Pneumonie um:
Lungenluberculose der Schwangeren denselben ganz normal.
Frankenhäuser (1. c. p. 167) sagt: Ebensowenig rufen Er-
krankungen der Mutter eine Beschleunigung in der Herzacüon
der Frucht hervor. Im Gegensatze zu den Angaben der
letzten beiden Schriflsteller bieten die beiden Beobachtungen
von* Kennedy und Bouillaud für die folgenden, in der
Marburger Entbindungsanstalt angestellten Beobachtungen einen
sicheren Stützpunkt.
1) A, G, (o6»^8), eine grosse schlanke, bleich aus-
sehende, 20 Jahre alte Person, deren Eltern früh an Lungen-
luberculose starben, menstruirle Anfangs Februar 1859 zum
letzten Mal und fühlte seit Juni dessell)t^n Jahres Kinds-
bewegungen. Seit Beginn dieser ersten Schwangerschaft litt
die Person häufig an Erbrechen, Husten mit Haemoptöe, an
welchen Beschwerden sie im Hospitale zu Hanau behandelt wurde.
Am 26. Oclober 1859 fand man bei der Person 120 Puls-
schläge und 52 Respirationen in der Minute. Links oben
hinten und vorn war der Percussionston etwas matt, und
Bronchialalhmen mit spärlicliem consonirendem Rasseb da-
selbst hörbar. Sonst fand sich auf beiden Lungen sonorer
Percussionston und sehr verbreitetes, nicht consonirendes
Rasseln.
Der Uterus stand 4 Finger breit über dem Nabel und
enthielt eine massige Menge Fruchtwasser. Die Läugenachse
n. Hüter, üeber den FöUlpuls. 35
der Frucht lag mit dem Rücken links vorn in der ersten
Diagonale des Uterus. Den Fölalpuls hörte man ebenfalls
links in einer andauernden Frequenz von 13 — 14 Schlägen
in 5 Sccunden. Dieselbe Frequenz zählte man, ohne dass
Fruchtbewegungen nachzuweisen waren, so oft an der Schwan-
geren auscuitirt wurde. Bei dieser blieb die Zahl der Puls-
schläge, sowie die der Respirationen fast völlig gleich. Auch
die physikalischen Erscheinungen änderten sich nicht bis zur
Geburt, welche am IS. November 1859 natürlich und sehr
rasch verlief. Die Frequenz des Fötalpulses war während
derselben beträchtlich vermehrt. Die Zahl anzugeben, war
unmöglich, weil der Bauch der Gebärenden unter den bis auf
15 in der Quart gesteigerten Respirationen sich fortwährend
hob und senkte und die starken Rasselgeräusche von der
Brust bis auf den Bauch fortgepflanzt wurden. Das Kind,
mit viel Heconium beschmiert, kam sterbend zur Welt.
2) E^ M, (3715), eine mittelgrosse Viertgebärende, welche
anfangs September 1859 zum letzten Mal menstruirte und seit
Januar 1860 die Fruchtbewegungen fühlte, erkrankte am
12. März 1860 mit einem heftigen Schüttelfroste und Stechen
in der linken Seite. Am 16. März kam sie in die Marburger
Entbindungsanstalt, fleberte mit 144 Pulsschlägen und hatte
eine sehr heftige Dyspnoe. Die physikalische Untersuchung
wies ein linksseitiges pleuritisches Exsudat nach. Der Uterus
stand höchstens einen Finger breit über dem Nabel und zeigte
zeitweise Contractionen. Die Frucht war leicht verschiebbar,
der Fötalpuls war links zu hören, man zählte 13 — 14 Schläge,
ohne dass Fruchtbewegungen nachzuweisen waren. Bei der
inneren Untersuchung fand man das Köpfchen tief im Becken
und den 1" langen Cervicalcanal durchgängig.
An den nächsten Tagen blieb die Frequenz des Fötal-
pulses dieselbe. Die Fiebererscheinungen und die Dyspnoe
der Schwangeren wurden geringer.
Am 19. März hatte die Kranke 96 Pulsschläge und man
zählte nur noch 12 Schläge des Fötalpulses. Am 22. März
verlief, während ich abwesend war, die Geburt des nur
2^4 Pfund schweren, lebenden Kindes sehr rasch in Scbädel-
stellung.
36 n. Hüter, Ueber den Fötalpuls.
Im Wochenbette erfolgte fast völlige Resorption des
pleuritischen Exsudates.
3) E. K. (3728), eine grosse, bleich aussehende,
32 Jahre alte Zweilgebärende, welche im Jahre 1855 in Frank-
furt ihr erstes Kind naturlich geboren hatte, wurde am 9. Mai
1860 in die Marburger Entbindungsanstalt aufgenommen.* Die
letzte Menstruation hatte im September 1859 stattgefunden,
und die ersten Kindsbewegungen waren im Januar 1860 ein-
getreten.
Am 11. Mai gegen 5 Uhr Morgens erkrankte die Schwangere
unter einem heftigen Schultelfroste. Um 1 Uhr Mittags
desselben Tages wurde die Person als Kreissende gemeldet.
Sie fieberte mit 27 Pulsschlägen in der Quart, klagte über
Kopfweh, viel Durst und die heftigsten Leibschmerzen. Der
ganze Uterus, dessen Fundus nur drei Finger breit über dem
Nabel stand, zeigte bei der Berührung eine sehr grosse
Schmerzhafligkeit. Die Fruchtwassermenge war die gewöhn-
liche. Die Frucht schien in der ersten Diagonale des Uterus
mit dem Rücken links vorn zu liegen. Ebendaselbst hörte
man auch den Fölalpuls in einer Frequenz von 12 — 13 Schlä-
gen, ohne dass man Bewegungen der Frucht nachweisen
konnte. Bei der inneren Untersuchung durchdrang der Finger
den noch V langen Cervicalcanal und fühlte im inneren
Muttermunde die massig gefüllten Eihäute, welche das im
Beckeneingange beweglich liegende Köpfchen umlagerten.
Um 2% Uhr Nachmittags fand ein neuer Frostanfall statt.
Um 3 Uhr fieberte die Person, wie vorher. Die Fre-
quenz des Fötalpulses betrug 15 Schläge, ohne dass Be-
wegungen der Frucht nachzuweisen waren. Sonst war die
äussere und innere Untersuchung wie vorher.
Um 10 Uhr Abends fieberte die Schwangere, welche
einige Zeit vorher Erbrechen einer grünen Flüssigkeit gehabt
hatte, noch mit 27 Pulsschlägen. Die Schmerzhaftigkeit des
Uterus bei Berührung hatte sehr zugenommen. Man zählte
15 Schläge des Fötalpulses.
Die Vagina war sehr heiss, der Cervicalcanal, dessen
Wandungen etwas weicher geworden, war noch 1" lang.
II. Hüter, lieber den Fötalpnls. 37
Die Kranke nahm um lOy^ Uhr Abends Morph, acet.
gr. %, schlief ein und erwachte am 12. Mai gegen 1 Uhr
Nachts mit vermehrten Klagen über heftige Leibschmerzen.
Um IV2 Uhr Nachts fand man, dass der Uterus überall
sehr schmerzhaft war, sich dabei^aber regelmässig contrahirte.
Die Gebärende, welche 27 Pulsschläge in der Quart hatte,
ertrug kaum die Auscultation, bei welcher man 15 Schläge
des Fötalpulses zählte.
Der Muttermund hatte die Grösse ein<^s Thalerstückes.
Der Kopf, von den Eihäuten umgeben, lag in erster Stellung
im Beckeneingange. Die Vagina hatte eine bedeutende Tem-
peraturerhöhung. Um 2% Uhr ging das Fruchtwasser ab
und schon mit der nächsten Wehe erfolgte die Geburt des
Kopfes.
Das Kind hatte unmittelbar nach der Geburt 12 — 13
Pulsationen an der Nabelschnur, es machte aber nur schwache
Respirationsbestrebungen, welche so selten wurden, dass die
Pulsfrequenz der Nabelschnur auf 5 Scliläge herabsank. Nach-
dem das Kind abgenabelt, die gewöhnlichen Hautreize und
die Catheterisation der Trachea in Anwendung gebracht war,
kam die Respiration des Kindes etwa noch V4 Stunde in
den Gang.
Die Mutter starb am achten Tage des Wochenbetts unter
den fortdauernden Erscheinungen einer heftigen Metro-
Peritonitis. Bei der Section fand sich eine, mit dem Uterus
zusammenhängende, flüssigen Eiter enthaltende, sehr dünn-
wandige, kindskopfgrosse Kyste älteren Ursprungs.
4) M. G. (^799), eine kräftige Erstgeschwängerte, welche
am 26. Februar 1860 zum letzten Mal menstruirt hatte und
seit Juli die Fruchtbewegungen fühlte, erkrankte am 8. Novem-
ber mit einem Schüttelfroste und Stechen in der linken Seite.
Am 9. November fieberte die Schwangere unter sehr
frequenten Respirationen in hohem Grade. Links hinten und
unten war der Percussionston etwas gedämpft und daselbst
knisterndes Athmen zu hören. Der Uterus zeigte eine ge-
ringe Ausdehnung, die Längenachse der Frucht lag in der
ersten Diagonale des Uterus. Rücken und Fötalpuls rechts.
Die Frequenz des letzteren betrug bei wiederholtem Auscul-
tiren 13 Schläge, ohne dass zugleich Fruclitbewegungen
38 n. Hüter, Ueber den Fötalpnls.
nachzuweisen waren. Bei der inneren Untersuchung fand
man den Cervicalcanal durchgängig, noch 1 Zoll lang, und
fühlte den Kopf im Beckeneingange.
Am 10. November 3 Uhr Nachts ging das Fruchtwasser
ab; V2 Stunde später begann die Schwangere Webenschmerz
zu empfinden.
Um 3% Uhr Nachts fand man bei der Gebärenden eine
bedeutende Remission der Fiebererscheinungen. Der Fölal-
puls zeigte die Frequenz von 11 Schlägen, wurde aber wäh- .
rend der Wehe auf 8 Schlage verlangsamt Der Muttermund
war in der Grösse eines Zweithalerstücks eröffnet, der Kopf
lag in zweiter Stellung im Becken. In der Austreibungs-
periode wurde der Fötalpuls während der Wehe auf 6 Schläge
verlangsamt, erhob sich aber in der Wehenpause wieder auf
11 Schläge.
Um 7V4 Uhr Morgens fand die Geburt in II. Schädei-
stellung statt. Das Kind, ein Knabe, an dessen Nabelschnur
man unmittelbar nach der Geburt 7 Pulsationen zählte, be-
gann etwas zögernd zu respiriren. Die Mutter starb am
14. November an linksseitiger Pneumonie.
5) C K, (3814), eine 31 Jahre alte Zweifgeschwängerte,
welche ihr erstes Kind naturlich in Scliädelstellung geboren
hatte, war am 8. April 1860 zum letzten Male menstruirt
und fühlte seit Anfangs August desselben Jalires die Kinds-
bewegungen.
Am 12. December 11 Uhr Nachts verlor die Person
Fruchtwasser, ohne Wehenschmerz zu empfinden, und wurde
bald darauf als Gebärende gelagert. Am 13. December
8 Uhr Morgens fand man bei der Person, welche in der
Nacht mit Unterbrechungen geschlafen hatte, die Längen-
achse der Frucht in der ersten Diagonale des Uterus, wel-
cher die gewöhnliche Menge Fruchtwasaer enthielt Rücken
der Frucht und der Fötälpuls waren rechts, letzterer hatte
eine Frequenz von 11 Schlägen. Der Cervicalcanal war
durchgängig, noch ziemlich lang, der Kopf ragte in den
Beckeneingang, war zurückzuschieben, so dass man das tief-
stehende Promontorium erreichte und eine Conj. diag. von
4 Zoll messen konnte. Die Person ging am Nachmittage,
ohne Wehen zu empfinden, umher.
II. Hüter, üeber den FötalpuU. 39
Aid 14. December 3 Uhr Nachts, bis zu welcher Zeit
die Schwangere geschlafen halte, wurde sie von einem hefti-
gen Schutt elfroste befallen. Um 7 Uhr Morgens fieberte die
Person mit 120 Pulsschlägen, klagte über Kopfweh, Durst
u. s. w.
Man zählte rechterseits 13 — 14 Schläge des Futalpulses,
ohne zugleich Fruchtbewegungeu nachweisen zu können. Der
Kopf lag etwas voller auf dem Beckeneingange, sonst war die
innere Untersuchung wie früher. So oft Vormittags unter-
sucht wurde, fand man die angegebene Zahl der fötalen und .
der mütterlichen Herzpulsalioncn. Zeichen, dass der Eintritt
der Geburt näher liege, waren Mittags 12 V2 Uhr noch nicht
vorhanden. Der Cervicalcanal war noch immer lang, der
Kopf, an welchem das vordere (linke) Scheitelbein etwas
untergeschoben war, lag noch auf dem Beckeneingange. Herr
Prof. Scliwartz schob daher zu der zuletzt angegebenen Zeit
einen elastischen Calheter zwischen den Eihäuten und der
Uterinwand rechterseits in die Höhe.
Um 4 Uhr Nachmittags fand man deutliche Contractio-
nen des Uterus. Die Gebärende fieberte wie vorher. Der
Fölalpuls hatte 13 — 14 Schläge während der Wehe und in
der Wehenpause. Cervicalcanal war nicht mehr vorhanden,
die Miiltermundslippen standen etwas von einander ab. Der
Kopf lag in zweiter Stellung noch auf dem Beckeneingange.
Um 5V4 Uhr Nachmittags zeigte der mütterliche, wie
der fötale Puls das frühere Verhalten. Die Muttermunds-
Öffnung war zweithalerstückgross geworden. Der Kopf ragte
tiefer in den Beckeneingang. Der Catheter wurde entfernt
Um 6V2 Uhr Abends zählte man 13 — 14 Schläge des
Fötalpulses während der Wehe und der Wehenpause. Der
Muttermund war retrahirt, der Kopf stand im Becken, die
kleine Fontanelle rechts, die Pfeilnahl lief noch quer.
Um 7 Uhr Abends schnitt der Kopf, welcher während
einiger Wehen im Einschneiden gewesen war, durch die
Schaamspalte. Nach einer kurzen Pause wurde de^r Rumpf,
nachdem sich das Gesicht nach dem linken Schenkel der
Mutter gewendet hatte, geboren. Das Kind, ein Knabe, des-
sen Haut mit etwas Meconium beschmiert war, begann, wäh-
40 II* Hüter, Ueber den Föialpuls.
rend man unmittelbar nach der Geburt an der Nabelschnur
12 Pulsationen zählte, unter Hüsteln zu respirh*en.
Die Mutter fieberte noch in den ersten Tagen des
Wochenbetts, ohne dass ein örtUcher Entzflndungsprocess
nachzuvveisen war. —
Wenn es scheint, dass diese Beobachtungen mit denen
HohVs in Widerspruch stehen, indem dieser in den meisten
Fällen von fieberhaften Krankheiten Schwangerer statt einer
Steigerung der Frequenz des Fötalpulses ein Schwächer-,
Seltnerwerden, Intermittiren und Verschwinden des Fötal-
pulses wahrnahm, so wird doch jeder Widerspruch beseitigt,
wenn wir diese letzten Veränderungen des Fötalpulses auf
den Vorgang des Absterbens der Frucht im Uterus beziehen.
Hierauf kommen wir später ausfährUcher zui'ück.
Eine fieberhafte Erkrankung einer Schwangeren, bei wei-
cher der Fötalpuls seine gewöhnliche Frequenz behielt, habe
ich nicht beobachtet und nehme daher keinen Anstand, zu
behaupten, durch die angeführten acht Beobachtungen (die
beiden von Kennedy und die eine von BouiUaud mitge-
rechnet), in welchen während des fieberhaflen Zustandes der
Schwangeren die Frequenz des Fötalpulses ohne gleichzeitige
Fruchtbewegungen dauernd vermehrt gefunden wurde, den
Beweis geliefert zu haben, dass der Fötus an der fieberhallen
Erkrankung der Mutter participirt.
Da an der Stelle, au welcher der Mutterkuchen an der
Uterinwand angeheftet ist, das mütterliche und das fötale
Blut in ununterbrochener Wechselbeziehung stehen, so glaube
ich in diesem Vorgange die Ursache suchen zu müssen, dass
das fötale Blut, wenn bei fieberhafter Erkrankung das mütter-
liche Blut schneller durch alle Theile des Körpers fliesst,
also auch in rascherem Strome die Chorionzotten umspült^
ebenfalls in schnellerem Fliessen herbeigezogen wird, damit
der wechselseitige Austausch zwischen dem mütterlichen und
fötalen Blute ungestört fortdauern kann. Würde das fötale
Blut in seiner gewöhnlichen Schnelligkeit das Parenchym
des Mutterkuchens und die Chorionzotten durchströmen, das
mütterliche Blut aber schneller als gewöhnlich an den Chorion-
zotten vorüberQiessen , so würden gewisse Blutmengen des
letzteren vorbeigeführt werden, ohne dass zwischen diesen
II. Hüter, Uebftr den Fötelpnli. 41
und dem (fttaien Blute der wechselseitige Austausch völlig zu
Stande gekommen wäre. Dass dies möglich sei, widerstreitet
des Gesetzen der Exosmose und Endosmose, welche dem«*
nach dem mütterlichen Blute die Fähigkeit verleihen, auf den
totalen Blutlauf accelerirend einzuwirken.
Dieser Hypothese zu Folge hatte ich erwartet , dass,
wenn der Kreislauf bei Schwangeren durch Körperanstren-
gungen in grössere Aufregung gekommen, dies auf den fötalen
Kreislauf ebenfalls von EinOuss sein müsse. Einen solchen
mit Sicherheit nachzuweisen, ist mir indessen nicht gelungen.
Wahrscheinlich kommt die gesteigerte Herzaction der Schwan-
geren, wenn diese nach körperlichen Anstrengungen behufs
der Auscultation sich niederlegen, so schnell wieder zu Ruhe,
dass die Einwirkung auf das fötale Herz, wenn eine solche
überhaupt vorhanden war, beim Beginn des Auscultirens schon
wieder geschwunden ist Einige Mal fand ich bei Schwangern
die Frequenz des Fötalpulses nach Körperanstrengungen einige
Zeit lang gesteigert, ob aber diese als Ursache jener Er-
scheinung zu betrachten waren, blieb unentschieden, weil zu-
gleich auch Fruchtbewegungen vorhanden waren.
Hohl (L c. p. 83) theilt ein ähnliches Resultat von einer
Schwangeren mit, bei welcher er nach einer heftigen Körper-
bewegung im dicrotirenden Pulse nicht die geringste Ver-
änderung fand. Auch Naegele (1. c. p. 39) fand nach mehr
weniger anstrengenden Bewegungen der Schwangeren die oder
normale Stärke und Frequenz des kindlichen Herzschlags.
Carrt^re (Theses de la Faculte de medecine de Strasbourg,
Decbr. 1838, conf. Depaul p. 104) fand bei seinen Unter-
suchungen, dass fieberhafte Zustände ebenso wie lebhafte Be-
wegungen der Mutter auf das kindliche Herz keinen Einfluss
übten, und folgerte daraus die gänzliche Unabhängigkeit zwi-
schen dem mütterlichen und dem fötalen Kreislaufe. Auch
Frankenhäuser (1. c. p. 167) hat durchaus keinen Connex
zwischen der Pulsfrequenz der Mutter und der Frucht bei
seinen Untersuchungen gefunden, obgleich er sorgfaltig darauf
Rücksicht nahm und auch Schwangere nach kräftiger Be-
wegung, vor und nach dem Essen auscultirte.
HohPs \l c. p. 84) Angabe, dass die Frequenz des
Fötalpulses bei schlafenden Schwangeren sich durchaus nicht
42 H- mter, Ueber den Fötnlpuls.
ändere, ist gewiss nicht zu bestreiten. Dagegen kann idi
HohV% (p. 85) Meinung nicht Iheilen, dass der Fötalpuls von
der Temperatur der Schwangeren beeinflusst werde, indem
eine geringe Temperatur die Frequenz des Fölalpulses selt-
ner, eine erhöhte denselben häufiger mache. Zwar habe ich
keine so genaue Temperaturmessungen vorgenommen, wie es
Hohl gethan hat, indessen fand ich an Schwangeren, welclie
durchfroren in die Marburger Entbindungsanstalt kamen und
sich noch dazu in einem kalten Zimmer aufliielten, dieselbe
Frequenz des Fötalpulses, welche einige Stunden später an
denselben Schwangeren, nachdem diese völlig wieder er-
wärmt waren, bei dem Auscultiren sieb herausstellte. Auch
kann ich Hohl nicht beistimmen, wenn er (p. 176) angiebt,
dass die Tageszeit auf die Frequenz des Fötaipulses von Eio-
Ouss sei. Oben habe ich bereits erwähnt, dass ich, je nach-
dem es meine Geschäfte erlaubten, Vormittags, Nachmittags,
seltner Abends an den Schwangeren auscultirte. Niemals
fand ich zu diesen verschiedenen Tageszeiten die Frequenz
des Fötalpulses verändert.
Der Ansicht von Hohl, welche derselbe folgendermassen
(p. 104): „So auch wird der dicrolirende Puls wie geregel-
ter, so auch langsamer mit den steigenden Monaten,'' ferner
(p. 170): „Je junger der Fötus, desto häufiger und kleiner
sind die dicrotirenden Pulse", und (p. 175): ,,Im Allgemeinen
sind die Schläge in den frühern Monaten des FöluslebeDS
auch häufiger'' äusserte, und ferner der Ansicht von Bouil'
laud, dass die Zahl der doppelten Schläge im umgekehrten
Verhältniss zu dem Aller des Kinds ständen, indem die Fre-
quenz eine um so massigere sei, je weniger die Schwanger-
schaft vorgeschritten, trat zuerst Dnbois (Archives generales
de medecine, Tom. XXXI., Decbr. 1831, p. 437) entgegen,
indem derselbe feststellte, dass von dem fünften Schwanger-
schaftsmonate an, zu welcher Zeit man die Herzschläge zähleo
könne, bis zum Ende der Schwangerschaft, der Rhythmus
der doppelten Schläge vollkommen derselbe bleibe. In ähn-
licher Weise äussert sich H. F. Nägele (1. c. p. 35): In
Bezug auf die Häufigkeit des Herzschlags haben wir keinen
bemerkbaren Unterschied gefunden, ob wir bei demselben In-
dividuum das Fötusherz in früherer oder in späterer Zeit der
II. Hüler, Ueber den FotnlpnU. 43
Schwangerschaft beobachteten. Depaul (I. c. p. 257) hat
dieseJben Frauen zu verschiedenen Zeiten der Schwangerschaft
auscultirt und stels denselben Rhythmus der Herzschläge in
den spfiteren, wie in den früheren Schwangerschaftsmonaten
gefunden.
Frankenhäuser (1. c. p. 167) sagt: In der Schwanger-
schaft bleibt sich die Frequenz der Herztöne ziemlich gleich
und nimmt nicht, wie man fiuher glaubte, je mehr man sich
dem Ende derselben nähere, ab.
Dass in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft die Fre-
quenz des Fötalpnlses vollkommen dieselbe bleibt, kann ich
als sicheres Ergebniss meiner Forschungen hinstellen. Will
man sich bicvon überzeugen, so ist darauf aufmerksam zu
machen, dass man von den vorübergehenden Steigerungen in
der Frequenz des Fötalpulses, welche in den Bewegungen der
Frucht iiiren Grund haben, abzusehen hat. Auch will ich
das, was ich oben zu beweisen bemüht gewesen bin, hier
nochmals betonen, dass man niemals bei fiebernden Schwan-
geren die normale Frequenz des Fötalpulses antrelfen wird.
Frankenhäuser (I. c. p. 168), welcher den Fötalpuls
nach 10 Secunden zählte, gelangte dabei zu der Behauptung,
dass man nach der verschiedenen Frequenz des Fötalpulses
das Geschlecht der Kinder vorherbestimmen könne, indem bei
niedrigen Zahlen (124 Schläge im Durchschnitt) Knaben, bei
höheren Zahlen (144 Schläge im Durchschnitt) Mädchen ge-
boren wurden. Die Richtigkeit dieser Behauptung ist von
Breslau, Hennig und Haake (Monatsschrift für Geburts-
kunde, XV. Bd., 6. Pleft, Berlin 1860) zu gleicher Zeit be-
stritten worden, sodass dadurch mir, der ich dasselbe zu
thun beabsichtigte, diese Mühe erspart worden ist.
In Betreff der Zeit, zu welcher der Fötalpuls am früh-
sten wahrzunehmen ist, kann ich keine auf eigenen Beob-
achtungen gestützte Mittheilungen machen; daher muss ich
auf die Angaben, welche sich in dieser Beziehung bei andern
Schriftstellern, z. B. Duboisy Naegele, Depaul u. s. w.
finden, verweisen.
Bei dieser Gelegenheit will ich bemerken, dass es mir
bei allen Schwangeren , bei welchen ichim sechsten Schwanger-
schaftsmonate auscultirte, und überhaupt bei allen Schwan-
44 n. Hüter, Ueber den FStalpnls.
geren, welche in späteren Monaten und mit einem lebenden
Kind schwanger waren, gelang, den Fötalpuls aufzufindeo.
Konnte ich bei dem ersten Versuche durch die unmittelbare
Auscultation denselben nicht hören, so vermochte ich, ihn
stets dadurch vernehmbar zu machen, dass ich mit dem Ste-
thoscop an der betreffenden Stelle tief eindrückte, und so
den Fötus der Uterinwand und zugleich auch der Bauchwand
näher brachte.
Das sogenannte Nabelschnurgeräusch habe ich bei 9 der
200 Schwangeren, an denen ich auscultirte, gefunden. Bei
3 Schwangeren war es während der ganzen Schwangerechaft
und während der Geburt zu hören. Bei 6 Schwangeren hörte
ich es nur einigemal in der Schwangerschaft, während der
Geburt war es bei denselben nicht wahrzunehmen. —
Die Angabe von Hohl (1. c. p. 265), StoÜz (Dictionnaire
des etudes medicales pratiques, t II, Paris 1838, conf. De-
paul 1. c. p. 88), Cazeaux (Traite de Tart des accouche-
ments, IL ^dit. Paris 1844, p. 119), Kutan (Operations-
lehre für Geburtshelfer, 2. Aufl., 4. Lieferung. Bonn 1845,
p. 557) und Kiwisch (die Geburtskunde, I. Abth. Erlangen
1851 , p. 253), dass eine bedeutend vermehrte Frequenz des
Fötalpulses, ohne dass dieselbe durch Fruchtbewegungen ver-
ursacht werde, unter der Geburt vorkomme, und hiedurch
eine grosse Lebensgefahr des Kindes bekundet werde, habe
auch ich durch Beobachtungen bestätigt gefunden. Das an-
geführte Factum ist jedoch in ätiologischer Beziehung bisher
nicht genügend erörtert worden. Es kann nämlich die Stei-
gerung der Frequenz des Fötalpulses, wie oben gezeigt wurde,
in fieberhaften Zuständen der Schwangeren begründet sein,
und unter der Geburt ebenso wie in der Schwangerschaft
nachgewiesen werden, wenn der Fieberzustand bei der Gebä-
renden in demselben Grade wie in der Schwangerschaft fort-
dauert. Gefahrlich für das Kind scheint der fieberhafte Zu- '
stand der Mutter dann zu werden, wenn derselbe mit einer
solchen Erkrankung der Respirationsorgane in Verbindung
steht, dass die Function dieser sehr beeinträchtigt, daher die
Oxydation des mütterlichen und somit auch des f&talen Blutes
sehr vermindert wird. In dieser Beziehung will ich an die
erste von mir mitgetheiite Beobachtung erinnern.
11. hüter, Ueber den Fötalpuls. 45
Es kann ferner die Frequenz des Fölalpulses vom
Beginne bis zum Ende der Geburt sehr vermehrt gefunden
werden, ohne dass Fruchtbewegungen, oder eine fieberhafle
Erkrankung der Mutter diese Erscheinung verursachen. Die drei
zum Belege hiefür dienenden, nachfolgenden Beobachtungen
machen es im höchsten Grade wahrscheinlich, dass eine solche
Steigerung in der Frequenz des Fötalpulses von einer fieber^
haften Erkrankung des Kindes im Uterus lierruhrt. Die erste
hieher gehörige Beobachtung finden wir bei Hohl (1. c. p. 265).
Bei einer Schwangeren, die an Pocken litt, blieb der Herz-
schlag des Fötus immer gleich auf 260 einfachen Schlägen.
Selbst ein nicht unbedeutender Fieberanfall der Kranken hatte
auf den Fötalpuls gar keinen Einfluss. In die Zeit der Ab-
trocknung der Pocken fiel die GeburL Schon kurz vor dem
Eintritte derselben steigerte sich die Zahl der Schläge auf 300
bis 310, und die Bewegungen hatten fast gänzlich aufgehört.
Bemerkenswerth scheint es Hohl auch, dass die Zahl der
Herzschläge selbst bei der grössten Ruhe des Kindes durch-
aus an Häufigkeit nicht abnahm. Das Kind wurde geboren,
und keine Spur von Pocken war sichtbar. Die Herzschläge
aber blieben dieselben, und das Kind wurde von Stunde zu
Stunde unruhiger. Nach Verlauf von 6 Stunden erfolgte eine
Eruption von Pocken, die das schwache Leben des Neulings
bald vernichtete.
Die zweite Beobachtung theilt Depaul (1. c. p. 259) miL
Eine Erstgeschwängerte bekam im siebenten Schwangerschafts-
monate Anfalle von Suffocation. welche sich 8 bis 10 Mal in
24 Stunden wiederholten und nervös zu sein schienen. Der
Zustand wurde so bedenklich, dass man an die Einleitung
der künstlichen Frühgeburt dachte. Im achten Schwanger-
schaftsmonate traten jedoch die Geburtsersclieinungen von selbst
ein. Während der langen Dauer der Geburl ^) vernahm man
> beständig 210 Doppelschläge des Fötalpulses.
Ausser Depaul constatirte auch Dubais diese Frequenz
während mehr als 24 Stunden. Das Kind, welches geboren
1) Ueber das Befinden der Gebärenden mangelt jede Angabe,
eil erscheint deshalb höchst wahrscheinlich, dass dieselbe unter
der Gebnrt frei von Saffocationsanfallen war. Anni. d. Verf.
46 n. Hufer, Uebor den FöUlpaU.
wurde, schien etwas schwächer und zarter als Kinder aus
derselhen Schwangerschaflszeit. Es starb einige StuDÜen
nach der GeburL Vor seinem Tode hörte man zweimal 180
Doppelscliläge seines Herzens. Depaul glaubt, dass diese
ausserordentlich gesteigerte Äction des kindlichen Herzens
durch die vorzeitigen Contractionen des Uterus hervorgerufen
sei, und übersieht gänzlich, dass der Tod des Kindes, wei-
cher einige Stunden nach der Geburt erfolgte, auf eine zwei-
fellose Eriirankung desselben hinweist. Von der Seclion ist
nicht die Rede.
3) C. V. (3617), eine kräftige, gesunde Mehrgeschwän-
gerle, welche Anfangs Januar 1859 zum letzten Mal men-
struirte und kurz darauf concipirte, verlor am 12. October
desselben Jahres 11 Uhr Vormittags das Fruchtwasser ond
empfand seitdem Wehenschmerz.
Um 5V2 Uhr Nachmittags fand man den Uterus v<mi
gewöhnlicher Ausdehnung, mit seinem Fundus nach reclits
neigend, und mit einer reichlichen Menge Fruchtwasser ge-
füllt. Links vorn waren Intestina vor den Uterus gelagert
Die Längenachse der Frucht lag in der ersten Diagonale des
Uterus, Rücken und Fötalpuls waren links. Letzterer zeigte
eine constante Frequenz von 15 Schlägen in 5 Secundea,
ohne dass man im Stande war, zugleich Fruchtbewegungen
nachzuweisen. Bei der Innern Untersuchung fand man noch
ein Stuck Cervicalcanal. Der Kopf lag in erster Stellung
noch beweglich auf dem Beckeneingange.
Um 7 Uhr Abends zeigte der Fötalpuls dasselbe Ver-
halten wie vorher, eine Verlangsamung desselben während
der Wehe fand nicht statt. Der Cervicalcanal war etwas
kürzer geworden, sonst derselbe Befund bei der innern Unter-
suchung.
Um 8 Uhr Abends zählte man, wie früher, 15 Schläge
des Fötalpulses, Fruchtbewegungen waren nicht wahrzuneh-
men. Während der Wehe wurde der Fötalpuls auf 12 Schläge
verlangsamt. Der Muttermund war in der Grösse eines Thaler-
Stücks erweitert Der Kopf stand in erster Stellung im
Beckeneingange.
Um 9 Uhr Abends erfolgte die Geburl des Kindes, eines
Knaben, in erster Schädelstellung. Die Haut des Kindes war
II. Hüter, Ueber den Fötalpub. 47
iuil viel Vernix caseosa bedeckt, nirgends fand sich Meconium.
Das Kind bewegle die Extremitäten, schrie aber erst, nach-
dem es mit kaltem Wasser besprengt war. Die schwachen
Bestrebungen, zu athmen, weiche von Rasseln begleitet waren,
nahmen unter forlgesetzter Anwendung von Hautreizen melir
und mehr ab, sodass man in 5 Secunden nur noch 5 Schläge
de» kindlichen Herzens zählte. Durch Lufteinbiasen mittels
eines in die Trachea geschobenen Catheters wurden die Re«
spii'aliouen häufigei^ tiefer und waren mit stärkerem Rasseln
verbunden. Die Zahl der Herzschläge hob sich auf 6 bis 7
in 5 Secunden. Als * das Kind nach Verlauf einer halben
Stunde im Stande war, mehrmals zu husten und zu schreien,
folgten die Respirationen einander ziemlich häußg. Die Zahl
der Herzschläge hob sich auf 10. Während der Wieder-
belebung entleerte das Kind Meconium. Dasselbe wog 4% Pfund
und war 17 Zoll lang.
Am 13. October Morgens fand man das Kind, welches
die ganze Nacht hindurch gewimmert hatte, häulig und kurz
respirirend. Es nahm die Brust nicht, schluckte auch die
mit dem Löffel gereichte Milch nicht und starb um 11 Uhr
Vormittags.
Die am 14. October angestellte Section wies eine doppel-
seitige fötale Pneumonie nach. Beide Lungen schwammen,
mit den unleren Lappen nach abwärts tendirend, auf der
Oberfläche des Wassers. Der obere Lappen der linken Lunge
und der obere und mittlere Lappen der rechten Lunge waren
völlig, die beiden untern Lappen nur an inselförmigen Sielleu
mit Luft erfüllt. Der grössle Theil des Parenchyms der bei-
den untern Lappen zeigte eine dunkelblutige Infiltration,
welche sich gegen das lufthaltige Parenchym scharf abgrenzte.
Kleine Stücke, aus dem ersteren herausgeschnitten, sanken
in Wasser zu Boden. An den Rändern der beiden untern
Lungenlappen fanden sich einzehie atelectatische Stellen.
Nicht weniger gefährUch für das kindliche Leben, ja ich
möchte nach den bisherigen Erfahrungen fast sagen, das Ab-
sterben des Kinds sicher verkündend ist die Steigerung der
Frequenz des Fötalpulses, welche am Ende von lange dauern-
den Geburten eintritt. Obwohl man, wenn diese erhöhte
Frequenz des Fötalpulses auscultatorisch als dauernd nach-
48 n. HüUr, Ueber den FötalpuU.
zuweisen ist, öfters zu gleicher Zeit Fruchlbewegungeo wahr-
nimmt, so darf man doch nicht diese mit dem verändirten
Fötalpulse in ursächliche Beziehung bringen, weil derselbe die
erhöhte Frequenz auch beibehält, wenn die Fruchtbewegungeo
aufhören, wenigstens durch unsere Sinne nicht mehr wahr-
genommen werden. In Betreff des Entslehens dieser er-
höhten Frequenz sicheren Aufschluss zu geben, bin ich ausser
Stande, halte es aber für möglich, dass bei deno Kinde,
welches durch die lange Dauer der Geburt in einem gewissen
Grade asphyctisch wird, das Bedurfniss zum Aihmen rege
wird, und von demselben, wenn etwas Luft durch die Ge-
burtswege zum Munde des Kindes gelangen kann, mit einigem
Erfolge Respirationsbewegungen gemacht werden. Da die
eindringende Luft wegen ihrer geringen Quantität zum Be-
friedigen des Athembedörfnisses ungenügend ist, so müssen
die Respirationen mit Anstrengung und grosser Häufigkeit aus-
geführt werden und daher von einer erhöhten Herzthätigkeit
begleitet sein. Die Richtigkeit dieser Hypothese durch Sectionen
zu beweisen, hatte ich keine Gelegenheit, weil, wie aus den
drei nachfolgenden Beobachtungen hervorgeht, den Kindern,
welche sterbend zur Welt kamen, behufs der Wieder-
belebung, Luft in die Lungen geblasen war. Der Umstand,
dass bei zwei Sectionen grüner Schleim in den Respirations-
wegen gefunden wurde, gestattet nur den Schluss, dass dieser
Schleim von den Kindern während der Geburt aspirirt wurde.
Ob zugleich auch Luft aspirirt wurde, bleibt aus obigem
Grunde unentschieden. Man könnte einwerfen, dass. wenn
man aus der vermehrten Frequenz des Fötalpulses auf intra-
uterines Athmen scbliesst, als Folge dieses zugleich andauernde
Fruchtbewegungen wahrgenommen werden müssen. Ich glaube
jedoch, dass die Bewegungen des kindlichen Thorax im Uterus
stattfinden, ohne dass wir sie zu hören oder zu fohlen im
Stande sind, dass wir vielmehr nur die Bewegungen der
kindlichen Extremitäten mittels unserer Sinne nachzuweisen
vermögen.
\) E. 8. (3580), eine mittelgrosse Erstgeschwängerte,
welche seit Anfang October 1858 schwanger war, wurde am
17. August 1859 Nachts 1 Uhr als Kreissende gelagert Die
Lungenachse der Frucht lag in der ersten Diagonale des
II. Hüter, Ueber den Fötalpals. 49
Uteras, welcher stark vom überhing. Der Racken der Pracht
uod der Fötalpuls waren links. Letzterer hatte eine Fre-
quenz von 11 Schlägen. Der Muttermund war in der Grösse
eines Silbergroschenstöcks eröffnet, der Kopf wurde hoch
und beweglich aber dem Beckeneingange gefühlt Das massig
hochstehende Promontorium wurde leicht erreicht, die Conj.
diag. betrug 4 Zoll. Seit 2 Uhr Nachts begann das Frucht-
wasser abzufliessen.
Um 4 Ulu* Morgens geringe Wehenthätigkeit, die äussere
Untersuchung wie vorher. Bei der innem Untersuchung fand
man noch die Fruchtblase vor dem Kopfe, der Muttermund
war nicht grösser geworden.
Um 8 Uhr Morgens wurde der Hängebauch der Kreissen-
den, bei welcher die Wehenthätigkeit noch so gering war,
dass sie einige Stunden geschlafen hatte, mit einer Leibbinde
unterstützt. Die Frequenz des Fötalpulses war dieselbe wie
vorher. Am Kopfe, dessen kleine Fontanelle links und ziem-
lich mitten stand, und dessen Pfeilnaht halb in querer, halb
in schräger Richtung nahe dem Promontorium verlief, war
etwas Geschwulst, welche besonders am voraliegenden rechten
Scheitelbein zu fühlen war, entstanden.
Um 1 Uhr Mittags hörte man bei der Kreissenden, welche
mehrmals erbrochen hatte, in der Wehenpause 11 und un-
mittelbar nach der Wehe 9 Schläge des Fötalpulses. Der
Kopf stand noch beweglich auf dem Beckeneingange, die Ge-
schwulst war grösser geworden. Der Muttermund hatte die
Grösse eines Zweisilbergroschenstücks.
Um 6V2 Uhr Abends war dieselbe Verlangsamung des
Fötalpulses während der Wehe wie vorher nachzuweisen. In
der WehenpaCise hob sich derselbe wieder auf 11 Schläge.
Der Muttermund hatte die Grösse eines Fünfsilbergroschen-
stücks. Die Stellung des Kopfes wie fiüher, seine Geschwulst
stärker. Der untersuchende Finger war mit Meconium be-
schmutzt.
9 Uhr Abends war das Verhalten des Fötalpulses wie
vorher. Der Kopf lag jetzt fester auf dem Beckeneingange.
Wegen der Geschwulst waren die Nähte und Fontanellen nicht
mehr zu fühlen. Der Muttermund war in der Grösse eines
Guldenstücks eröffnet
Monat'flchr. f. Qebartak. 1831. Bd. ZYIII., 8appl.-Hft. 4
50 n. Hüter, Ueber den Fötalpuls.
üna 1 1 Va Uhr Nachts das Verhalten des Fötalpulses wie
vorher. Der Muttermund wai* bis zur Grosse eines Zwei-
thalerstucks erweitert, sonst Status idem.
Am 18. August 1 Uhr Nachts zählte man unmittelbar
nach der Wehe 9 Schläge des Fötalpulses, welcher sich in
der Wehenpause wieder auf 11 Schläge erhob. Der Mutter-
mund war bis auf einen vorn zu fühlenden kleinen Saum
retrahirt. Der Kopf stand im Beckeneingange. Meconium ging
fortwährend in reichlicher Menge ab.
Um 2Va Uhr Morgens hörte man in der Wehenpause
dauernd 14 Schläge des Fötalpulses und zuweilen starke
Fruchtbewegungen. Der Kopf stand im Becken, wurde aber
wälirend der Wehe fast gar nicht tiefer bewegt.
Um 3 Uhr zählte man wie vorher 14 Schläge des Fötal-
pulses. Während der Wehe war die Auscultation wegen Un-
ruhe der Gebärenden unmöglich. Der Stand des Kopfes war
unverändert.
3V2 Uhr Morgens zählte man 12 Schläge des Fötal-
pulses. Da die Wehen auf die Yorbewegung des Kopfes
wirkungslos waren, wurde die Zange halb in der Rkhtung des
queren, halb in der des zweiten schrägen Durchmessers an
den Kopf, an welchem man hnks vorn die beiden convergi-
renden Schenkel der liinterhauptsnaht eine kurze Strecke zu
fühlen vermochte, angelegt. Dabei ging in reichlicher Menge
Meconium ab. Mit einer Traction, bei welcher ein beträcht-
licher Kraftaufwand nöthig war, kam der Kopf zum Ein-
schneiden. Während des Durchschneidens wurde in die enge
Schamspalte beiderseits eine Incision gemacht. Das um
3% Uhr Morgens geborene Kind, ein Knabe, war mit sehr
viel Meconium beschmutzt. Trotzdem dass die Nabelschnur,
aus welcher man etwas dunkel aussehendes Blut fliessen liess,
lebhaft pulsirte, trat keine Respirationsbewegung ein. Unter
{ der Anwendung von Hautreizen wurde der Herzschlag seltener.
I Es wurde deshalb mittels eines in die Trachea geführten
I Catheters Luft eingeblasen, worauf der Herzschlag wieder
häufiger wurde, aber keine Bewegung des Kinds eintrat. Um
'4V2 Uhr Morgens hörte man noch immer seltene Schläge des
Herzens, gab aber die Wiederbelebungsversuche als erfolg-
los auf.
]J. HiUer, Ueber den FStalpnU. 51
Die linke Schädelhäfle war beträchtlich abgeflacht, und
das linke Scheitel- und linke Stirnbein unter das rechte
Scheitel- und Stirnbein und etwas nach hinten geschoben.
Von der an demselben Tage um 12 Uhr Mittags ange-
stellten Secüon will ich nur das Ergebniss, welches man in
den Respirationsorganen fand, mittheilen. Im Schlünde und
in der Trachea bis in die feineren Bronchien fand sich grün-
lich gefärbter, zäher Schleim. Beide Lungen mit Ausnahme
des untern Lappens der rechten Lunge waren völlig mit Luft
gefüllt. Dieser, welcher nur an 4 Stellen lufthaltige Bläs-
chen, ausserdem eine fötale Beschaffenheit zeigte, sank in
Wasser zu Boden.
2) A. H, (3688), eine kräftige Erstgeschwängerte,
welche Ende April. 18Ö9 zum letzten Male menstruirt hatte,
wurde am 15. Februar 1860 gegen 6 Uhr Morgens als
Kreissende gelagert Seit 7 Uhr begann das Fruchtwasser
verstohlen abzufliessen.
Um 8% Uhr Morgens fand man den Uterus ziemlich
stark vorn überhängend, etwas nach rechts neigend und nur
wenig Fruchtwasser enthaltend. Die Frucht, von den Uterin*
Wandungen eng umschlossen, lag in der ersten Diagonale jdej^
Uterus. Rücken und Fötalpuls links. Die Frequenz dtes letz-}
teren betrug 11 Schläge in 5 Secunden. Bei der inoerq
Untersuchung erreichte man mit grosser Leichtigkeit d^$
ziemlich tief stehende Promontorium, die Conj. diag. betrag
3" 8 — 9'". Der Muttermund war in der Grösse eines Guld^n-
stücks eröffnet. Durch denselben fühlte man den Kopf ziern-
lich voll auf den Beckeneingang gelagert.
Um 10 V2 Uhr Vormittags wurde die Pfeilnaht des Kopfes,
der noch auf dem Beckeneingange lag, in der RichUuig
des ersten schrägen Durchmessers, und die kleine FofltofiieUe
links und ziemlich in der Führungslinie des Beckens gefühlt»
sonst Status idem.
Um 1 Uhr Mittags zählte man bei der Geb&rendeD,
welche wiederholt Erbrechen einer grünen Flüssigkeit gehabt
hatte, wie früher 11 Schläge des Fötalpulses. Der Mutter^
mund war Thalergross. Der Kopf, welcher mehb auf dem
Beckeneingange fixirt war, zeigte etwas GescbwulsL
4*
52 II* ^(Uert Ueber den Fötalpttitf.
Um 4 Uhr Nachmittags fand man bei der äusseren, wie
bei der inneren Untersuchung keine wesentliche Verändemng.
Um 7 Uhr Abends zählte man constant 13 — 14 Schläge
des Fötalpulses. Fruchtbewegungen wai*en nicht nachzuwei-
sen. Der Muttermund war in der Grösse eines Zweithaler-
stQcks eröffnet. Die Kopfgeschwulst war stärker geworden.
Am 16. Februar 2% Uhr Nachts zählte man 12—13
Schläge des Fötalpulses. Fruchtbewegungen waren nicht Tor-
banden. Der Mutternumd war nicht viel grösser geworden.
Um 5 Uhr Morgens war die Frequenz des Fötalpulses
wie vorher. Der Muttermund war grösser, der Kopf ragte
tiefer in den ßeckeneingang. Wegen der Kopfgeschwuist
fühlte man nur noch einen Schenkel der Hinterhauptsnaht
in der linken Beckeuseite verlaufend.
Um 7 Uhr Morgens zählte man, wie vorher, 12 — 13
Schläge des Fölalpulses. Der Muttermund war noch nicht
völlig retrahirt. Der Kopf stand im Beckeneingange. Es ging
Meconlum ab.
Um 8 Uhr Morgens zählte man 12 Schläge des Fölal-
pulses. Man fühlte noch immer einen schmalen Saum des
Muttermundes. Der Kopf stand noch im Beckeneingange. Es
wurde die Zange angelegt. Mit zwei Tractionen rückte der
Kopf in die Beckenhöhle herab, mit der dritten kam er zum
Einschneiden. Während des Durchschneidens des Kopfes
wurde beiderseits in die Schamspalte eine Incisiou gemacht
Das Kind, ein Knabe, war mit viel Meconium beschmutzt
* An seiner Nabelschnur zählte man unmittelbar nach der Ge-
burt acht Pulsationeu in 5 Secunden. Als die Nabelschnur
durchschnitten wurde, und sehr dunkles Blut herausspritzte,
schien das Kind ,eine kurze Respirationsbewegung zu machen.
Eine zweite wurde trotz der sorgfaltig augewendeten Wieder-
belebungsmittel, zu welchen auch das Einblasen von Luft
mittels des in die Trachea geleiteten Catlieters gehörte, nicht
wahrgenommen. '4 Stunde nach der Geburt wurde das
Wiederbeleben des Kindes als erfolglos aufgegeben, Die ganze
Unke Schädelhälfle war m hohem Grade abgeflacht und das
linke Scheitelbein stark unter das rechte geschoben.
Von der am 17. Februar 4 Uhr Nachmittags angestell-
ten Sectiou erscheint nur folgendes Resultat für unsere Zwecke
II. Bnter, Ueber den Fötalpul». 53
wichtig. In der Speiseröhre, in der Luftröhre und m den
Bronchien; am reichlichsten in denen der rechten Lunge,
welche weniger als die linke mit Luft gefdllt ^ar, fand sich
gran gefärbter, zäher Schleim. Die linke Lunge war völlig
mit Luft geföilt und zeigte an ihrer Oherflache einige emphy-
sematöse Stellen von geringem Umfange.
3) D. S. (3730), eine miltelgrosse, 33 Jahre alte
Zweitgeschwängerte, welche zwei Jahre vorher ihr erstes
Kind zu Haus ohne Kunsthälfe todt geboren hatte, fühlte am
17. Mai 1860 gegen 3 Uhr Morgens die ersten Wehen. Um
5V4 Uhr Morgens fand man bei der Gebärenden den Uterus
mit der gewöhnlichen Menge Fruchtwasser gefüllt. Die Längen-
achse der Frucht hg in der ersten Diagonale des Uterus.
Links vom Nabel fühlte mau kleine Kindslheile und musste
demgemäss den Rücken der Frucht rechts gelagert annehmen.
Doch hörte man hiermit in Widerspruch den Fötalpuls links
vorn in au^Uiger D.eutlichkeit. Seine Frequenz betrug 10
bis 11 Schläge in der Wehenpause und 8 Schläge während
der Wehe. Den Muttermund fand man in der Grösse eines
Fünfsilbergroschenstücks eröffnet und fühlte das auf dem
Beckeneingange liegende Gesicht, welches von der massig ge-
füllten Fruchlblase umgeben war. Die Kinnspitze fühlte man
links und die Sürne rechts. Das Promontorium, welches tief
stand, wurde leicht erreicht, und eine Gonj. diag. von 4 Zoll
gemessen.
Um 7 Uhr Morgens zeigte der Fötalpuls das vorher an-
gegebene Verhalten. Der Muttermund war Guldenstückgross
eröffnet. Das Gesicht stand fester auf dem Beckeneingange.
Um ^ Uhr Morgens ging das Fruchtwasser ah. Unmit-
telbar darauf zählte man in der Wehenpause 11 und wäh-
rend der Wehe 7 Schläge des Fötalpulses. Der Muttermund
war Thalerstückgross. Man fühlte Bewegungen der Lippen,
welche etwas zu schwellen begannen. Es ging Meconium ab.
Um 9 Uhr wurde der Fötalpuls während der Wehe auf
5 — 6 Schläge verlangsamt, hob sich aber in der Wehenpause
wieder auf 11 Schläge. Der Muttermund war grösser als
ein Zweithftlerstöck. Das Gesicht stand im Beckeneingange.
Der Abgang von Meconium dauerte fort.
54 II- Hüter, üeber den Fötalpnls.
Um 10 Uhr zählte man in der Wehenpause constant
13 — 14 Schläge des Fötalpulses, ohne*dass zugleich Kiod»-
bewegungen wahrzunehmen waren. Bei der inneren Unter-
suchung fand man dasselbe Resultat wie vorher.
Um 11 Uhr zählte man in der Wehenpanse 15 Sdiläge
des Fötalpulses. Während der Wehe war wegen der Ihi-
ruhe der Gebärenden die Auscultation unmöglich. Der Mutter-
mund war retrahirt. Das Gesicht stand tiefer im Becken mit
dem Kinne noch mehr links seitwärts. Der Mund des Kindes
stand, wie überhaupt während des ganzen Geburtsverlaufs
offen. Bei statu eodem wurde um IIV2 Uhr Vormittags die
Zange in der Richtung des zweiten schrägen Durchmessers
angelegt Vorher jedoch war die Gebärende, welche sich
sehr unruhig verhielt, chloroformirt worden. Die Zangen-
operation erforderte viel Kraftaufwand und dauerte fast
Vs Stunde , während welcher Zeit man mehrmals 15 Schläge
des Fötalpulses zählte.
Das Kind, ein Mädchen, zeigte Viel Meconium auf der
Haut. Es machte, nachdem der Nabelstrang, an welchem
man unmittelbar nach der Geburt 5 bis 6 schwache Pulsa-
tionen in 5 Secunden zählte, unterbunden war, einige Re-
spirationsbewegungen, welche in seltenen Pausen wiederkehrten.
Das Lufteinblasen mittels des in die Trachea geschobenen
Catheters rief zwar eine frequentere Herzpulsation und sogar
noch um 12*4 Uhr Mittags einige schwache Respirations-
bewegungen hervor, aber die Wiederbelebung des Kindes
gelang nicht Die Section des Kindes unterblieb, weil die
Leiche zu Operationsübungen am Fantom benutzt werden
sollte. —
Viel häufiger als die eben besprochene vermehrte Fre-
quenz des Fötalpulses finden wir das Fortbestehen seiner
normalen Frequenz während der Geburt. Am häufigsten aber,
und es muss dies, wie später durch Zahlen nachgewiesen
werden wird, als Regel betrachtet werden, beobachten wir
ein Seltnerwerden seiner Frequenz unter der Geburt, StoUz
(conf. Depaul 1. c. p. 85) war der erste, welcher angab,
dass die Herzschläge der Frucht unter der Geburt verlang-
samt würden und dass dies in Folge der Weben, besonders
der Treibwehen, geschehe. Mit dem Nachlassen* der Con-
II. Hüter, Ueber den FStalpnlji. 55
tractiön des Uterus beobachtete Stoltz ein Häufiger- und
Stärkerwerden der fötalen Pulsationen. Ein vollkommenes
Aufhören derselben während der Contractionen und die Lang-
samkeit ihrer Wiederkehr sieht Stoltz als ein Zeichen der
Schwäche und der Störung des fötalen Kreislaufs mit schlech-
ter Prognose für das Kind an.
Depaul (1. c. p. 261) sagt, dass im Beginn der Webe,
bevor dieselbe schmerzhaft geworden, oft eine leichte, kurz-
dauernde Beschleunigung des Fötalpulses stattfinde, und dass
dann, wenn die Contraction kräftiger geworden, eine Ver-
langsamung desselben, welche unter normalen Bedingungen
niemals unter 100 Schläge herabgehe, eintrete. Beginne die
Spannung des Uterus zu schwinden, so vermehre sich die
Zahl der fötalen Schläge, und einige Secunden nach der Con-
traction trete die frühere Frequenz, welche für einen kurzen
Augenblick noch etwas gesteigert sei, wieder ein. Dieser
Wechsel in der Frequenz, welcher von der Intensität der
Wehen abhängig sei, kehre mit jeder Wehe bis zur Austrei-
bung des Kindes wieder. Depaul führt (pag. 358) weiter
an, dass man die Frequenz des Fötalpulses unter der Geburt
bis auf 100 Schläge herabgehen sehen könne und es sei dies
die äusserste Grenze des normalen Fötalpulses. Wenn aber
die Frequenz noch weiter progressiv abnehme und dies in
der Wehenpause zu constatiren sei, so werde dadurch eine
Gefahr für das Kind bekundet. Mit der Abnahme der Fre-
quenz des Fötalpulses verringere sich auch die Intensität des-
selben. Die Verminderung der Schallstärke zeige sich zu-
nächst am zweiten Tone, der sogar bei beträchtlicher Abnahme
der Frequenz ganz verschwinden könne. Wenn die Frequenz
des Fötalpnlses in dem Maasse, nach welchem die Wehen
einander folgen, und zugleich seine Intensität in gleicher
Weise abnehme, so könne man sicher sein, dass das fötale
Leben im Uterus gefährdet sei, und hienach die Entschei-
dung über die einzuschlagende Kunsthälfe bestimmen. Es
könne schon Gefahr fiir das Leben des Kinds eintreten, ehe
der Fötalpuls auf 100 Schläge gesunken, und umgekehrt
könne ein exspectatives Verhalten geboten sein, wenn der
Fötalpuls eine Frequenz von 80 und 90 Schlägen besitze.
Wenn die Kupst nicht habe einschreiten können, trete der
56 n. Hüter, Ueber den Fotalpnlfl.
Tod der Frucht ein und zwar unter fortschreitender Abnahme
der Frequenz des Fötalpulses. Die Todesursache könne in
dem Drucke der Nabelschnur oder in dem Drucke der Placenta
liegen. Abgesehen von dem abfliessenden Meconium könne
die Gefahr, in welcher sich das Kind befinde, nur mitteis
der Auscultation erkannt werden, und in Folge dessen die
Operation mit der Zange gd)oten sein. Die Anwendung ?on
Seeale cornutum sei zu verwerfen, weil durch dessen Wir-
kung auf den Uterus die Gefahr fär das Kind vermehrt werde.
Es dürfe höchstens dann von dem genannten Mittel Gebrauch
gemacht werden, wenn man die Gewissheit habe, dass der
Fötalpuls völlig regelmässig sei.
Schtoartz giebt (1. c. p. 248) an, dass in einer erheb-
lichen Anzahl von Fällen weder die vorbereitende, noch die
austreibende Wehe den fötalen Herzschlag ändere. Mit Be-
stimmtheit konnte er diese ungestörte Fortdauer der Normal-
frequenz gewöhnlich nur bis zum beginnenden Austritte der
Frucht verfolgen. In der grösseren Anzahl der Fälle hat
Schwartz eine Störung des fötalen Herzschlags während der
Wehe eintreten sehen. Obwohl in der Regel erst in der
Austreibungsperiode eine Einwirkung der Wehe auf den föta-
len Herzschlag zu Stande komme, so bemerke man doch gar
nicht selten schon in der EröfTnungsperiode und selbst vor
dem Blasensprunge eine Aenderung der fötalen Herzcontrac-
tionen während der Wehe. Diese Aendenmg bestehe ge-
wöhnlich in einer geringen Schwächung und einfachen Yer-
langsamung, welche mit der Wehe steige und mit Nachlass
derselben so rasch zu schwinden pflege, dass in den ersten
fünf Secuuden nach völligem Aufhören .der Uterincontraclion
der normale Rhythmus sich wieder hergestellt habe. Meistens
zähle man während der Wehe 1, 2, 3—4 Schläge in 5 Se*
cunden weniger, als die Normalfrequenz verlange. Zuweilen
und zwar unter besondern, die Entfaltung des Wehendnicks
ungewöhnlich begünstigenden Umständen steigere sich die
vorübergehende Verlangsamung des fötalen Herzschlages der-
gestalt, dass auf der Höhe der Wehe beide Herztöne aus-
bUeben ; erst mit Nachlass der Wehe kehrten dieselben wieder,
gewannen im Verhältniss zum Ablaufe des Stad. decrementi
an Stärke und Frequenz, erreichten meistens im Beginne der
IT. Wüier, üeber den Fötalpols. 57
Pause die frühere Ziffer und behielten diese ungestört für die
Dauer der Wehenpause. Es gehöre zur Regel, dass die wäh-
rend und mit der Wehe gesetzte Aenderung der fötalen Herz^
thStigkeit sich in der Pause immer wieder ausgleiche und
keine Beeinträchtigung des Fötallebens nach sich ziehe, aber
dort, wo nach der Wehe der frühere Rythmus nur zögernd
und langsam wiederkehre, zeige sich über kurz oder lang
eine constante, d. h. auch in der Wehenpause bemerkbare
Verminderung der Herzschläge, die stetig zunehme, falls nicht
die Geburt früher schon ihr Ende finde. Je früher die Ge-
burtsthätigkeit den Fötalherzschlag zu moditiciren beginne, je
öfter und je stärker sie dies thue, um so mehr habe man
zu fürchten, dass im weiteren Verlaufe der Geburt die Energie
und die Häufigkeit der Herzcontractionen einen dauernden
und zunehmenden Verlust zeigen werden. Um den Wehen-
druck rechtzeitig erkennen und bemessen zu können, sei
es nothwendig, während jeder Geburt auch zur Zeit der
Wehe zu auscultiren und dies so oft als thunlich zu wieder-
holen. Nur wenn die Wehen gar keine, oder nur yorüber-
gehende, auf die DBuer der Uterincontraction beschränkte
Aenderungen des Fötalherzschlags bewirkten, könne man dar-
auf rechnen, dass die Frucht, falls sonst kein widriger Zufall
den respiratorischen Placentarverkehr vor der Zeit unter-
breche, ohne Verlust an Lebensenergie zur Welt komme.
Auf welche Art und Weise die Wehe den Fötalpuls än-
dert, beziehungsweise seine Frequenz vermindert, darüber
giebt Schwartz (S. 118) folgende, völligen Aufschluss lie-
fernde Erklärung: Die Wehe verdrängt (vermöge der sich
contrahirenden Uterinmusculatur) den Inhalt der klappenlosen
Uteringefässe nothwendig eineslheils nach aussen in der Rich-
tung der mütterlichen Körpergefasse, andemtheils in der
Richtung nach innen zwischen die Zellen des Placentarparen-
chyms. Letzteres — wenigstens bei vorgeschrittener Ent-
wickelung ohne alle Gewallsamkeit einem Schwämme ver-
gleichbar, dessen Poren mit mütterlichem Blute gefüllt sind,
dessen Balkengerüste aber die fötalen Capillaren führt —
erleidet in Folge der Zusammenziehung des Uterus und der
Raumverminderung seiner Höhle eine Verkleinerung seiner
Haftfläche, eine Zusammendrängung, einen gewissen Grad von
58 n. Hüter, lieber den Fötnipuls.
Pressung. Der auf das Placentarparenchym ausgeübte Druck
fördert zunächst die Aufnahme der mütterlichen InterceBular-
flfissigkeit Ton Seiten des fötalen Blutes, zwingt aber sodann
bei seiner Forldauer und Steigerung auch das fötale Blut
zum Ausweichen in der Richtung gegen die Nabelschnur hin,
hemmt somit das Einströmen aus den Nabelarterien, beschleu-
nigt und vermehrt das Ausströmen durch die Nabelvene. In-
dem auf diese Weise eine Stauung in den Nabelarterien und
folgeweise auch in der Aorta erzeugt, gleichzeitig auch der
Blutstrom in der Nabelvene verstärkt wird, muss eine Blut-
überfullung des Herzens entstehen, welche die Thätigkeit
dieses Organs in rein mechanischer Weise momentan hemmt
Frankenhäuser (1. c. p. 169) hat bei seinen Beobach-
tungen meist mit dem Beginne der Geburt eine von den Weben
unabhängige Steigerung der Frequenz des Fötalpulses gefun-
den. Später bei regelmassigen Wehen beobachtete er, dass
eine Beschleunigung des Pulses vor jeder Wehe eintrete, dass
mit der Contraction der Puls steigend langsamer werde und
nach dem Ende derselben die geringste Zahl erreicht habe.
Die weitere Beschreibung des Einflusses der Wehen auf den
Fötalpuls liefert nichts wesentlich Neues. Frankenhävsm'
giebt ferner an, dass er den Fötalpuls bei einer Gesichtslage
einmal von 20 auf 12 Schläge in 10 Secunden hat fallen
sehen, und fahrt fort: „Letzteres sind im Allgemeinen seltene
Fälle, haben aber selbst bei längerer Dauer keine gefahr-
lichen Folgen für das Kind, wenn die Verlaugsamung nicht
auch in der Wehenpause bleibt Noch in einem anderen
Falle ging der Puls während heftiger Druckwehen von 128
auf 80 und zwar abwechselnd eine ganze halbe Stunde, den-
noch wurden beide Kinder ohne ein Zeichen von Scheintod
geboren und athmeten kräftig. In beiden Fällen war der
Puls auch in der Wehenpause sehr langsam. Ich kann nach
Obigem die Behauptung von Schwartz nicht bestätigen, dass
in allen Fällen, in welchen der Geburtsact nicht störend in
das Fötalleben eingreife, sodass die Frucht ohne Spuren vor-
zeitiger Athemnoth und völlig lebensfrisch zur Welt komme,
die Frequenz des fötalen Herzschlages, abgesehen von kun
voiübergehenden Modificationen, vom ersten Beginne der Ge-
burt bis zum Austritt der Frucht unveränderlich derselbe
II. ffat&Tf Ueber den FöUlpuls. 59
bleibe/' Frankenkäuser liefert hierdurcb den Beweis, dass
er die hinreichende Einsicht in die yerdienstvoUe Arbeit von
Schfvartz nicht besitzt. Es ist nämlich nicht aHein die durch
den häufig sich wiederholenden Act der Verlangsamung des
Fötalpulses während der Wehe erzeugte Störung des fötalen
Kreislaufs, durch welche dem Kinde im Uterus die Athemnoth
erwächst, sondern es kommt wesentlich darauf an, wie der
Austausch zwischen dem mutterlichen und dem fötalen Blute
während der Wehe vor sich geht, besonders aber welche
Qualität das erstere bei diesem Vorgange besitzt Hat näm-
lich (vergl. 8chwartZy S. 119) das die Placenta tränkende
Mutterblut die genugende respiratorische Qualität, hat das-
selbe noch einen grossen Beichthum an Sauerstoff,, so wird
auch während der Wehe dem fötalen Organismus das erfor-
derliche Bespirationsmaterial zugeführt und keine Athemnoth
erzeugt. Im gegentheiligen Falle tritt dieselbe ein.
Die Beschleunigung des Fötalpulses mit Beginn der Wehe,
Ton welcher Depaul und Frankenhäuser übereinstimmend
sprechen, ist gewiss nur als ein vorübergehendes, durch zu-
fäUige Kindsbewegungen bedingtes Ereigniss zu betrachten.
Man kann sich bei längerem Auscultiren hinlän^ch davon
überzeugen.
Da Schwartz das grosse Verdienst zukommt, die wech-
selseitigen Beziehungen zwischen dem Kinde und der Matter
während der Geburt genau dargelegt zu haben, so bin ich
nur im Stande, bestätigende Zusätze zu den Stellen seines
Werkes, welche über den Fötalpuls handeln, zu Uefem.
Schwartz hat, wie bereits oben angegeben ist, in einer er-
heblichen Anzahl von Fällen während des ganzen Verlaufs
der Geburt weder in der Wehenpause, noch während der
Wehe eine Veränderung des Fötalpulses beobachtet Doch
konnte er diese ungestörte Fortdauer der Normalfrequenz ge-
wöhnlich nur bis zum beginnenden Austritte der Frucht mit
Bestimmtheit verfolgen, weil die letzten Momente der Aus-
stossung entweder zu rasch Vor sich zu gehen pflegen oder
von zu vielen äusseren Störungen begleitet sind, sodass man
nur selten Gelegenheit findet, die Wirkung der Schüttelwehen
auscultatorisch zu bemessen. Die Angabe in Betreff der er-
heblichen Anzahl von Fällen, in welchen weder während der
\
60 11- Büter, üeber den F8t«1pnlB.
Wehenpause, noch während der Wehe eine Veränderung im
Fötalpulse beobachtet wird, können wir dahin erweitem, dass
wir unter den bereits öfters erwähnten 200 Geburten 38 Mal
das besprochene Factum constatirten. Diesem Resultate geben
wir eine bessere Form, wenn wir sagen, dass bei 19 Proc.
Geburten keine Aenderung in der Frequenz des Fötalpulses
während des Geburtsverlaufs beobachtet wird. Keineswegs
will ich aber hiermit gesagt haben, dass in diesen FäUen auch
während der Schöttelwehen die Frequenz des Fötalpulses un-
verändert bleibt, vielmehr behaupten, dass gerade die letzten,
die Ausstossung des Kindes bewirkenden Wehen es sind;
welche, wenn auch während des ganzen Geburtsverlaufs keine
Verlangsamung des Fötalpulses nachzuweisen war, die Zahl
dieses wenigstens um die Hälfte seiner Normalfrequenz und
noch tiefer herabdrücken. Man kann sich hiervon bei den
meisten Geburten zwar nicht durch die Auscultation , aber
doch auf die Weise überzeugen, dass man die Pulsationen
der bei der Geburt des Kindes zu Tage kommenden Nabel-
schnur ohne den geringsten Zeitverlust sofort zählt Mit den
ersten Respirationen und Bewegungen der Frucht kehrt die
frühere Frequenz des Fötalpulses, vorausgesetzt, dass kein
hoher Grad von Asphyxie des Kindes vorhanden ist, rasch
wieder und wird sogar noch vermehrt. Dies ist auch der
Grund, dass man bei den Kindern, welche in der Pause
zwischen der Geburt des Kopfes und der des Rumpfes deut-
lich wahrnehmbare Respirationen gemacht haben, die Zahl
der Pulsationen an der zu Tage kommenden Nabelschnur von
der Normalfrequenz des Fötalpulses, welche man unter der
Geburt constatirt hatte, nur unbedeutend verschieden findet.
Die weiteren von mir durch die Auscultation während
der Geburt gewonnenen Resultate sind numerisch zusammen-
gestellt folgende. Unter den 200 Geburten kam die durch
die Wehe erzeugte Verlangsamung des Fötalpulses bei 162
vor. In 69 Fällen trat dieselbe schon in der Eröffnungs-
periode ein, und in S9 von diesen erhob sich der Pötalpuls
während des ganzen Geburtsverlaufs in der Wehenpause stets
wieder auf seine ursprüngliche Frequenz, bei 30 dieser Ge-
burten dagegen kehrte der Fötalpuls während der Wehoi-
pausen in der Austreibungsperiode nicht zu seiner normalen
II. HüUr, Ueber den Fötalpal«. 61
Frequenz zurück, vielmehr sank seine Frequenz naeh dein
Ende der Geburt hin in den Wehenpausen* mehr und mehr.
Bei den übrigen 93 der 162 Geburten machte sich der Ein*
fluss der Wehen auf den Fötalpuls erst in der Austreibungs*
Periode gellend. In 64 Fällen erhob sich der Fötalpuls in
der Wehenpause immer wieder auf seine normale Frequenz,
in 29 Fällen dagegen kehrte der ursprüngliche Numerus des
Fölalpulses in den Wehenpausen nicht wieder.
Fragen wir nun, von welchen Zuständen es abhängt,
dass die Wehen bei 19 Proc. Geburten die Frequenz des
Fötaipulses, .wie wenigstens durch die Auscultation nachzu-
weisen ist, nicht ändern, dass dagegen bei 8.1 Proc. Gebur-
ten die Wehen eine Verlangsamung des Fötalpulses erzeugen,
wai*um dieser Eiufluss der Wehen auf den Fötalpuls in der
grösseren Zahl der Fälle erst in der Austreibungsperiode, in
der geringeren schon in der Eröffnungsperiode nachzuweisen
ist, so finden wii* hierauf ebenfalls bei Schwartz (S. 217)
eine ausführliche Antwort. Folgende Punkte nämlich: 1) die
Energie, die Dauer und die Häufigkeit der Muskelcontraction.
2) Die Menge des ursprünglich vorhandenen uud insbeson-
dere des nach dem Blasensprunge im Eisacke verbleibenden
Fruchtwassers. 3) Der Umfang, in welchem der Frucht-
körper den Uterus verlassen hat. 4) Die Beschaffenheit der
Uterinwandungeu. 5) Dias Galiber und die Vertheilung der
Uterinarterien. 6) Die Grösse, dei* Bau und der Sitz der
Placenta sind es, deren verschiedenes Verhalten maassgebend
ist, ob, in welchem Grade und wann unter der Geburt die
Wehen auf die Frequenz des Fötalpulses Einfluss üben. Um
mich nicht zu oft des Fehlers des Wiederholens schuldig zu
machen, rouss ich den Leser auf die weitere Ausführung
dieser Punkte bei dem genannten Autor verweisen.
Von dem unter der Geburt erfolgenden Absterben der
Frucht erhalten wir nur durch die Auscultation des Fötal-
pulses sichere Kunde. Alle Schriftsteller stimmen darin
überein, dass dieser Vorgang unter allmäligem, in den Wehen-
pausen leicht zu constatirenden Langsamerwerden des Fötal-
pulses stattfinde und von abfliessendem Meconium begleitet
werde. Schwartz fuhrt (S. 251) aus, dass diese Aenderung
des Fötalpulses in Folge der durch die mehr oder weniger
62 II* HUUr, Ueber den FötalpaU.
voIlsUlndige vorzeitige Störung des respiratorischen Placentar-
Verkehrs erzeugten aspbyctischen hHoxication der Fracht zu
Stande komme.
Depaul (1. c. p. 362) behauptet, dass, wenn die Zahl
der Herzschläge bis auf 20, 10 und 8 in der Minute gesuiH
ken wäre, nur ein Herzton, nämlich der erste, noch gehört
werde, der zweite hingegen verschwinde. Schwartz (S. 252)
hat dies weder während, noch nach der Geburt zu consta*
tiren Gelegenheit gehabt Ich habe in einem Geburtsfalle, der
wegen eines rhachitischen Beckens mittels der Perforation
und Kephalotripsie zu Ende gefuhrt werden musste, den Gang
des Absterbens. der Frucht genau verfolgt und bis zu den
letzten Pulsationen beide HerztOne genau unterschieden.
Man wird sich erinnern, dass wir oben drei Geburts-
geschichten mitgetheilt haben, in welchen gegen das Ende
der lange dauernden Geburten die Frequenz des Fötalpulses
dauernd vermehrt wurde, und die drei Kinder sterbend zur
Welt kamen. Es könnte hiemach Jemand fragen, woher es
komme, dass die Kinder ebensowohl bei gesteigerter, wie bei
gesunkener Frequenz des Fötalpulses unter der Geburt ab-
sterben. Der Leser wird sich weiter erinnern, dass wir in
den drei Geburtsfallen die Ursache der gesteigerten Frequenz
des Fötalpulses in Respirationsbewegungen suchten, welche
von dem Kinde, weil nur geringe Mengen von Lufl durch
die Geburtswege zu seinem Mimde gelangen könnten, mit
einiger Anstrengung im Uterus ausgeführt wurden. Die Mög*
lichkeit, dass unter der Geburt etwas Luft durch die Geburts-
wege zum kindlichen Munde dringen kann, scheint mir nur in
der geringeren Anzahl der Fälle, wenn nämlich die ganze
oder halbe Hand, oder Instrumente eingeführt werden, und
der Mund des Kindes der Uterinwand nicht zu fest anliegt,
vorhanden, und es ist daher als Regel anzunehmen, dass in
der grössern Mehrzahl der Fälle die absterbenden Kinder
keine Luft im Uterus zu respiriren vermögen und daher am
hSofigsten unter fortschreitendem Sinken der Frequenz des
Fötalpulses der Tod des Kindes eintritt.
Für mich ist es kein Zweifel, dass in dem oben er-
wähnten Falle von Perforation und Kephalotripsie die in regel-
mässigen Pausen, welche einige Hinuten dauerten, wieder-
II. Etit$r, Ueber den Fötalpuls. 63
kehreoden und über Vs Stunde lang zu constatirenden zucken-
den Kindsbewegungen, welche zu der Zeit, als der Fötalpuls
auf 7 Schläge in der Wehenpause herabgesunken war, ein-
traten und jedes Mal seine Frequenz uro 1 — 2 Schläge für
sehr kurze Zeit zu steigern vermochten, als Aeusserungen
des Respirationsbedürfnisses gedeutet werden mussten. Hin-
zufugen will ich noch, dass die Lungen des Kindes in die-
sem Falle durchaus fötal waren.
Der Geburtshelfer kommt zuweilen in die Lage, mit
ansehen zu müssen, dass der Fötalpuls unter der Gebm*t
beträchtlich an seiner Frequenz verliert, ohne dass derselbe,
weil die Bedingungen zum Operiren noch nicht erffdlt sind,
die Geburt künstlich zu beenden vermag. Dabei hat man
Gelegenheit, wahrzunehmen, dass sich die Frequenz des
Fötalpulses auf dem Numerus, bis zu welchem sie herab-
gesunken, Stunden lang erhalten kann. So beobachtete ich,
dass bei mehreren Geburten der Fötalpuls, dessen Normal-
frequeuz 11 Schläge betrug, auf 9 Schläge in der Wehen-
pause herabsank und diese Frequenz 2 bis 3 Stunden lang
beibehielt. Die Fälle, deren ich eben gedachte, waren Schädel-
geburten. Ein hiervon wesentlich verschiedenes Verbalten
zeigt der Fötalpuls bei Beckenendlagen. Bei diesen sinkt
nämlich oft seine ursprüngliche Frequenz so rasch und be-
trächtlich und erhebt sich nicht wieder, sodass nur ein rasches,
operatives Einschreiten das kindliche Leben retten kann. Es
kommt bei diesen Geburten, bei welchen das untere Rumpf-
ende der vorliegende Theil ist, neben der durch die Wehen
bewirkten Störung des Placentarverkehrs noch der Umstand
in Betracht, dass die Nabelschnur leichter, als dies bei Kopf-
lagen möglich ist, gedrückt werden kann. Mag der Nabelschnur-
druck in der Uterinhöhle zu Stande kommen, oder dadurch
entstehen, dass die Nabelschnur vorliegt oder vorgefallen ist,
immer wird sich derselbe durch ein sehr rasches Sinken der
Frequenz der Fötalpulses, welches auch in der Wehenpause
fortschreitet, kund geben. Es geht daraus hervor, dass man
bei allen Steiss- und Fusslagen wenigstens zu der Zeit, zu
welcher der Muttermund in der Retraction begriffen ist, in
kurzen Zwischenräumen fleissig zu auscultiren anfangen und
auch in der Äustreibungsperiode damit fortfahren muss, um,
64 II. Hüter, Ueber den Fötalpuls.
wenn der Fölaipuls beträchtlich an seiner Frequenz verikrt,
die Extraction des Kindes ungesäumt bewerkstelligen zu
können. Wenn man bei Rindern, welche in Steiss- oder .Fass-
stellungen geboren werden, unter der Geburt ein Sinken der
Frequenz des Fötalpulses um die Hälfte seiner normalen Zahl
von Schlägen, ja ein noch tieferes Sinken desselben beob-
achtet« so vermag man doch die in diesem Falle stets mehr
oder weniger asphyctisch zur Welt kommenden Kinder io
viel grösserer Zahl wieder zu beleben, als die bei Schädel-
geburten asphyctiscli geborenen Kinder, deren Fötalpuls meist
gar nicht so beträchtlich an seiner Frequenz unter der Ge-
burt verloren hatte. Daher scheinen die Folgen eines plölz-
Uch und intensiv eintretenden Wehendinicks , wenn derselbe
von kurzer Dauer ist, von dem kindlichen Leben leichter
ertragen zu werden, als wenn derselbe allmälig zu Stande
kommt und nachhaltig fortwirkt. Dies Letztere ereignet sich
meist bei Schädelgeburten mit langer Geburtsdauer. Veit
(Monatsschrift für Geburtskunde, VL Bd., IL Heft, Berlin 1855,
S. 124) hat die Gefahr, welche dem kindlichen Leben durch
die zu lange Dauer der Geburt erwächst, auf statistiscbeiB
Wege nachgewiesen und gelangte dadurch zu folgenden zwei
wichtigen Resultaten : 1) Dass die Gefahr für das Kind, wenn
die Geburt innerhalb 12 Stunden beendet wird, nur halb so
gross ist, als wenn sie bis zu 24 Stunden lang dauert, und
dass sie bei weiterer Verzögerung des Geburtsgeschäftes noch
mehr wächst. 2) Dass sclion eine mehr als zweistündige
Dauer der Austreibungspenode das Kind sichtbar gefährdet
Seitdem ich dem Verhalten des Fötalpulses unter der
Geburt mehr Aufmerksamkeit zuwendete, durch das Werk
von Schwartz die Gefahr, in welcher das kindliche Leben
unter der Geburt schwebt, besser kennen lernte, und in dem
Sinken der Frequenz des Fötalpulses das wichtigste Zeicbeo
dieser Gefahr erkannte, wurden die Geburten in der Mar-
burger Entbindungsanstalt häufiger, als es früher geschehen
war, durch die Zangenoperation abgekürzt. Die Folge davon
war, dass nicht nur die Zahl der unter der Geburt gestor-
benen und der sterbend geborenen Kinder, sondern auch die
Zahl der nach der Geburt erkrankten und gestorbenen Kinder
sich sehr beträchtlich verminderte.
1
Tl. Hüter f Heber den FötalpnU. g5
Da es sich öfters bei Geburten ereignete, dass Prakti-
kanten, welche ohne Uhr auscuJtirt hatten, mir sagten, der
Fötalpuls, welcher Yon seiner ursprünglichen Frequenz schon
verloren hatte, verhalte sich normal, so geht daraus die
Wichtigkeit, die Zaiil der fötalen Pulsationen genau nach der
Secundenuhr anzugeben, zur Genöge hervor. Nicht minder
wichtig ist es, die normale Frequenz des Fötalpulses, welche,
wie wir oben angegeben haben, je nach dem Individuum ver-
r^chieden ist, in) Beginne der Geburt festzusteUen. Denn, weni^
man z. B. bei einer Geburt in der Auslreibungsperiode
10 Schläge des Fötalpulses während der Wehenpause zählt,
so kann diese Zahl die ursprüngliche Normalfrequenz sein,
aber, wenn diese 12 Schläge betragen hat, eine Verlaug-
samung des Fötalpulses um 2 Schläge manifestiren. Nur
wenn der Auscultirende 9 Schläge und darunter zählt, muss
er, ohne dass er die ursprungliche Normalfrequenz kennt,
wissen, dass der Fötalpuls ein pathologisches Verhalten darbietet.
Da ich die Ueberzeugung gewonnen habe, dass das
Dumeriscbe Verhalten des Fötalpulses zu den meisten Zangen-
und auch zu vielen anderen geburtshülflichen Operationen
die Indication abgiebt, so erachte ich es durchaus für noth-
wendig, dass in jeder Geburtsgescbichte die Zahlen der föta-
len Pulsationen während der Wehenpausen wie während der
Wehen ebenso angegeben werden mässen, wie in jeder Kranken-
geschichte die Zahl der Pulse des P9tienlen verlangt wird.
Ich habe jetzt noch, um der vorliegenden Arbeit ihren
Scbluss zu geben, den Leser auf das Gapitel, w^elches Schwartz
(S. 270) mit Prognose und Therapie überschrieben hat^ hin-
zuweisen.
Als Anhang mögen folgende Bemerkungen, zu welchen
mich die Arbeit von Frankenhäuser über Nabelschnur-
geräusch, Nabelschnurdruck und Hirndruck (Monatsschrift für
Geburtskunde, XV. Bd., 5. Heft, Berlin 1860, S. 354) ver-
anlasst hat, betrachtet werden. Zunächst habe ich meine
früheren 'Angaben über das sogenannte Nabelschnurgeräusch
dahin zu erweitern, dass ich dasselbe bei 4 Personen unter
der Geburt hörte, bei welchen ich es in der Schwangerschaft
nicht gefunden hatte. Es kommen, wenn ich die oben
erwähnten drei Fälle, in welchen das Nabelschnurgeräusch
MonAt«flobr. f. Gebartsk. 1861. Bd. XVin., SuppL-HA. 6
QQ II. Hüter, lieber den Pötalpole.
während der Schwangerschaft und während der Geburt zu hören
war, hinzurechne, somit 7 Fälle von Nabelschnurgerdusch
unter 200 Geburten vor. Frankenhäuser rechnet auf 100 Ge-
burten durchschnittlich 8 Fälle, und sucht ira weiteren Ver-
laufe seiner Arbeit die verlassene Erklärung ober die
Entstehung . des Nabelschnurgeräusches durch Druck der
Nabelschnur wieder zu begründen.
Als wesentliches Resiütat meiner Beobachtungen habe
ich hervorzuheben, dass ich in allen Fällen eme mit dem
Geburtsveriaufe fortschreitende Abnahme der Intensität des so-
genannten Nabelschnurgcräusches gefunden habe. Da Franken-
häuser angiebt, dass das Geräusch gewöhnlich nach dem
Blasensprunge verschwinde, so muss ich betonen, dass
ich dasselbe immer nach dem Blasensprunge, wenn auch
schwächer, forthörte und kurz vor der Ausstossung des Kindes
niemals mehr fand. Würde ein Druck auf die Nabelschnur
das Geräusch bedingen, so wurde derselbe mit dem Fort-
schreiten der Geburt unter der gesteigerten Wehenthätigkeit
eher vermehrt als vermindert werden, und daher die Inten-
sität des Geräusches statt abzunehmen, zunehmen müssen.
Ich theile daher die Ansicht von Schwartz (S. 252), dass
das sogenannte Nabelschnurgeräusch ein systolisches Geräusch
des fötalen Herzens ist, über dessen Entstehung wir noch
keine Erklärung besitzen.
Wenn Frankenhäuser weiter in seiner Arbeil auszu-
führen sucht, dass bei Kindern, deren Kopfknochen eine
pergamentartig knitternde BeschafTenbeit unter der Geburt
zeigten, hierdurch, besonders aber wenn dazu die Zange an-
gelegt werde, Himdruck, welcher eine Verlangsamung des
Herzschlags und dadurch Asphyxie veranlasse, zu Stande
komme, so kann ich diese Ansicht ebenfalls nicht theilen,
weil ich Kinder, welche die vorgenannte BeschalTenheit der
Schädelknochen besassen und bei welchen die Zange angelegt
war, lebensfrisch und andere unter denselben Bedingungen
mehr oder weniger asphyctisch habe zur Welt kommen sehen.
Es muss demnach die Störung des Placentarverkehrs. als Ur-
sache der Asphyxie solcher Kinder aufrecht erhalten werden.
III. Sehwegdj Beitrüge sur Anatomie des Beckens. 87
III.
Beiträge zur Anatomie des Beckens.
Von '
Dr. Schwegel,
Distrietspbysiker in Wippach (Krain), gewesener Proseetor in Prag.
Die Lehre vom Becken ist theils durch die Anatomeo,
theils durch die Geburtshelfer so weit gediehen, dass es scheint,
man werde ober diesen Körpertheil kaum etwas Neues hinzu-
fugen können. Ich war mir dieses Umstandes bei Abfassung
der vorliegenden Arbeit wohl bewusst, und nur die Ueber-
zeugung, dass keine menschliche Kenntniss so abgeschlossen
ist, als dass sich durch Fleiss und Ausdauer nicht neue Be-
ziehungen auflinden Hessen und dass eine genaue Kenntniss
der Beckenanatomie für den praktischen Geburtshelfer das
erste Bedürfniss ist, veranlasste mich zu anhaltenden Studien
über das Becken, deren Resultate ich hier miltheile.
Ich werde die einzehien gemachten Beobachtungen aus-
führlich besprechen und dabei die Beziehungen auf die prak-
tische Geburtskunde hervorheben. Um bereits Bekanntes
nicht auseinanderzusetzen, war ich bemüht das Geleistete in
der Beckenanatomie kennen zu lernen, denn an Wahrheiten
gewinnt man nur, wenn man auf die Vergangenheit und
Gegenwart sich stützt.
In der Auseinandersetzung des Gegenstandes ging meine
Bemühung besonders dahin, über dem Studium der Knochen
im trockenen Zustande jenes der frischen Knochen nicht zu
vernachlässigen. Um ein richtiges Yerständniss der Becken-
knuchen zu erlangen, habe ich die einzelnen Weichtheile, als:
Haut, Muskeln, Fascien, Gefasse, Nerven und Eingeweide mit
beständiger Bezugnahme auf die wechselseitigen Verhältnisse von
den Knochen getrennt. Nur einer solchen methodischen Präpa-
ratiou wird es möglich, die Vertiefungen, Erhabenheiten, Höcker,
Stachel, rauhen Linien, Furchen u. a. in richtige Beziehungen
zu den Muskeln, Bändern, Gelassen, Nerven und anderen Or-
ganen zu bringen. Auf solche Art wird es bestimmt, welche
Knochengegenden subcutan, subaponeurotisch oder submus-
5*
(>^ III. Sehwegelf iSeiträge sur Anatomie de» Beckens.
culös sind, welche zur Abnahme der Beckenmaasse am dien-
lichsten sind, wo ein Druck auf die Gefässe, Nerven, die Gebär-
multcr ausgeübt werden kann. Eine derartige Bearbeitung
der Knochen haben Riolan^) und Monro^) in den vorigen
Jahrhunderten gefordert, und ersterer eine solche als Osteologie
nouvelle bezeichnet. In neuester Zeit bat Struthers^) in
solcher Weise das Schlüsselbein bearbeitet und nicht un-
wichtige Beitrage zur Anatomie desselben geliefert Jene
Präparation der Knochen, wobei die Weichtlieile im Groben
weggeschnitten, alsdann die Beinhäute abgeschabt, weiters die
Knochen ausgewässert und gebleicht werden, ist zwar bequem
aber verschafll nur niangeihaHe Kenntnisse aus der Osteologie;
sie unterscheidet sich nicht von der urzuständlichen, indischen
Präparationsmethode.
Die Beiträge zur Beckenanatomie, welche den Gegenstand
der vorliegenden Abhandlung bilden , werden nach den einzelnen
Knochen geordnet.
I. Das Krenzbein.^)
Unter 350 Kreuzbeinen beobachtete ich fünf männliche
mit sechs und Ein weibliches mit vier Wirbeln. Darunter
sind jedoch weder solche Kreuzbeine begriflen, wo der fünfte
Lenden* oder erste Steisswirbel mit dem Kreuzbeine knöcbeni
verwachsen ist, noch jene, wo der erste KreuzbeinwirbeJ
die BescbalTenheit euies Lendenwirbels oder der Letzte die
eines Steisswirbels angenommen hat. Sieben Kreuzbeiuwirbel,
die F. Faaw,^) Blumenbach ^) gesehen haben soilen, fand
1) Riolanij encheiridiuui anat. et path., 1649.
2) Monro^ Tho anatoniy of the haoiaii bones, 1726.
3) Struihera, The clavic.le, Edinboiirgh 1855.
4) Bei den alten Anatomen hiess es ausser M^yag anovSvlog
und isQog, dann Os latam und cluniuni, auch Os sacruin Anconi
und Portbyris. Der Name Anconon bedeutet wahrscheinlich das
Hüftbein, und ist mit dem veralteten ilalieniscbeu Anca, yod
Dante für Hüftbein gebraucht und mit ayyLog, Biegung, verwandt
Der Karao Porthyris ist wahrscheinlich zusaroniengesetzt aus
noQVT], scrotum, oder noQvog, porus, und ^ga.
5) PetriPaaWj Primitia anatomica; de humani corporis ossibut.
Amstelod. 1633.
6J Yergl. VoigteVs Handbuch der pathol. Anatomie.
III. Schtcegel, Beiträge zur Anatomie des Beckens. 69
ich nie; sie diirfteu «uch nur dann gezählt werden, wenn die
Lenden- oder Sleisswirbel, welche die BeschafTenheit von
Kreuzbeinwirbeln annehmen, zu diesen bezogen werden. Die
Theile eines Wirbels fand ich abnorm gebildet, indem einzelne
davon fehlten, verkümmert oder mangelhaft entwickelt waren.
Wenn einzelne Theile fehlten, so kamen dann auch abnorme
Verschmelzungen vor. So sah ich drei Fälle, wo die rechts-
seitige Bogenhälfle des ersten Rreuzbeinwirbels mit der links-
seitigen des zweiten sich vereinigte und die linksseitige des
ersten und die rechtsseitige Bogenhalfte des zweiten Wirbels
fehlten. In zwei Fällen vereinigte sich die linksseitige Bogen-
halfte des ersten Wirbels mit der rechtsseitigen des zweiten;
die rechtsseitige Bogenhalfte des ersten Wirbels fehlte, die
linksseitige des zweiten war mit der gleichseitigen Bogen-
halfte des ersten Wirbels knöchern verschmolzen. Drei Mal
erstreckte sich eine solche spiralige Vereinigung der Bogen-
hälflen über vier Wirbel; und die anderen Bogenbälften des
obersten und untersten Wirbels dieser spiralig verbundenen
Wirbel fehlten oder ragten frei hervor. Eine ähnliche Ab-
weichung des Kreuzbeines hat nur HyrtU) beschrieben; sie
unterscheidet sich von denen , die ich beobachtet dadurch,
dass in dem Falle HyrtTs die Bogenbälften sich nicht ver-
einigten und daher einen offenen Kanal bildeten. Diese spira-
ligen Verschmelzungen. sind analog jenen der Hals- und Rücken-
wirbel, welche ich^) und Anby^) beschrieben haben.
Wenn die Bogenbälften nach rückwärts verkümmert und
mangelhaft entwickelt sind, so entsteht ein offener Wirbel-
kanal. Solche Spaltungen beobachtete ich unter 350 Becken
37 Mal. Nur die zwei oberen oder unteren Wirbel sind öfter
gespalten als Alle, oder nur die mittleren, woraus hervorzu-
gehen scheint, dass der dritte Wirbelbogen am frühesten zur
Entwickelung komme und diese dann nach oben und unten
fortschreite.
1) Vergl. HyrtV» Lehrbach der Anatomie des Menschen.
2) Knochenvarietäten. Henle nnd Pfeufer*B Zeitschrift für
rationelle Medicin, III. Heft, Bd. V.
3) Ueber eine eigenthümliche Wirbelanamalie. MenU und
P/eufer'B Zeitschrift für rationelle Medicin, Bd. VII., 1. Heft.
70 ni. Sehwegelj BeitrKge xur ADatomie des Beckens.
Einzelne Wirbeltbeile nebmen die Beschaffenbeiteo
Lenden- oder Steisswirbels an. So beobacbtete ich vier
Mal, bald die eine bald die andere Seite des ersten Wirbels
so bescbaffen wie die Seitentbeile des fünften Lendenwirbeb.
Regelwidrige Verbindungen wurden nicht nur bei ?er-
kömmerlen sondern auch bei normal grossen Knochen Tor-
gefunden. Ein Hai war der erste mit dem zweiten Kreuz-
beinwirbel durch Gelenke und Bänder verbunden. Bios die
Flügel und Gelenksfortsatze des ersten und zweiten Wirbels
ligamentös anstatt knöchern vereint beobachtete ich vier Mal
Derartige Fälle haben bereits Albinus und Sandifort^
mitgetheilt. Manchmal sind die Körper der ersten zv?ei, in
seltenen Fällen aller Kreuzbeinwirbel nur knorplig verbunden,
indess ihre Flügel und Querfortsätze knöchern verschmol-
zen sind.
Einige andere beobachtete Beschaffenheiten werden nach
den einzelnen Flächen erörtert werden.
Die vordere Fläche hat eine mittlere und zwei seitliche
Abtheilungen oder Zonen.
Die mittlere Zone ist trapezförmig. Sie wird von den
seitlichen Linien begrenzt, welche an den vorderen Seiten-
rändern der Wirbelkörper — innen zwischen den vorderen
Kreuzbeinlöchern gezogen gedacht werden. Diese Linien nähern
sich einander nach unten; nie sah ich sie unter den vielen
Kreuzbeinen parallel verlaufen, wie sie es doch müssten, wenn
die Breite zwischen den vorderen Kreuzbeinlöchern an allen
Kreuzbeinwirbeln gleich bliebe, wie es Professor Henle^) an-
gegeben hat. Die Breite nimmt von oben nach unten ab;
sie misst an weiblichen Kreuzbeinen nicht mehr als an
männlichen.
Diese mittlere Abtheilung ist nach der Biegung länger
an männlichen als weiblichen Kreuzbeinen: sie beträgt an
Erstem 10 bis 13 Gentim, an Letztern 9 bis 11 Gentim.
Levret ') fand sie an weiblichen Kreuzbeinen 7,5 bis 10 Gentim.
1) J. M, Thierry, De partn difficili a mala conformatione
pelvis, Argent. 1764. Auch in SandiforVs ThesanruB dissertationum.
2) Vergl. Htffile, Knochenlehre d. Menschen, Brannschweig 1855.
3) Levret f L'art d'acconchement demontr^ par des principe«
de physiqne et de m^chaniqne, Paris 1761.
*^ ni. ßehwegsl, Beiträge sur Anatomie ies Beckens. 71
^ lang. Es giebt mitbin minDÜcbe und weibliche Kreuzbeine,
^: welche der Länge dieser Linie nach keinen Unterschied
^1 darbieten.
i^ Die Zone ist von oben nach unten concav.- Die grösste
r k Krümmung fallt an den dritten, selten den zweiten oder vierten
y>. Wirbelkörper. In Frauenbecken fallt sie constant an den
@| dritten Wirbel; in männlichen Becken wird sie sowohl an
g dem zweiten als vierten Wirbel gemessen. Die Krümmung
)ir habe ich durch die Entfernung der Sehne von den Punkten
^ der krummen Ebene bestimmt. Im weiblichen Becken beträgt
:.:-. diese Entfernung 10 bis 14'"; im männlichen nur 6 bis 10'".
^ Levret^) hat im weiblichen nur 6 bis 8'", Crdve^) nur 6"'
^ angegeben. Demnach ist das weibliche Kreuzbein mehr als
.^^ das männliche gekrümmt. Die grössere Krümmung des Letz-
teren ist nur scheinbar und wahrscheinlich dadurch bedingt,
dass am männlichen Kreuzbeine die grösste Krümmung in
das untere Drittel der Zonenlänge versetzt ist. Die Längen-
krümmung dieser Zone ist practisch wichtig: von ihr hängen
ab die Längen der Conjugata in der Beckenweite. Diese ist
im weiblichen Becken länger als im männlichen, was der Ion-
gitudinalen Krümmung der genannten Zone entspricht Geringe
Krümmungen des Kreuzbeines bedingen eine Art flacher
Becken; übermässige Krümmungen erzeugen die bauchigen
Becken. Die Krümmung dieser Zone nach der Breite ist
unerheblich. —
In den Yerscbmelzungslinien der Wirbelkörper kommen
vor manchmal mit breiter Basis aufsitzende 1 bis 4'" hohe
Stachel und Höcker: manchmal verlaufen zwischen den vor-
deren Kreuzbeinlöchern erhabene, 1 bis 2"' hohe Kuochen-
leisten.
Die Stachel und Erhabenheiten dieser Gegend haben eine
praktische Bedeutung, weil sie nur von der Fascia bedeckt
oder subfascial liegend die angedrückten Organe, als Mast-
darm, Gebärmutter \l a. verletzen könnten. Ich halte die
erhabienen Verschmelzungslinien der Wirbel mit den Stacheln
für pathologische Erscheinungen. Letztere sind schon lange
1) Levret 1. c.
2) Vom Baue des weiblichen Beckens, Lelpsig 1794.
72 I^^> Sehicegel j Beiträge zur Äoatomie des Beckens.
t
her bekannt und sowohl von Anatomen als Geburtshelfern
erklärt worden.
Am zweiten und dritten Wirbelkörper seitlich kommen
constant seichte Grübchen vor, welche den Ursprungsstellen
des bimförmigen Muskels entsprechen — Foveola pro musculo
pyriformi. In seltenen Fällen werden anstatt der Foveola
breit aufsitzende, abgeplattete, nach aussen gekehrte 1 bis 2*
lange Stachel beobachtet. Sie dienen gleichfalls dem Muscu-
lus pyriformis zum Ansätze, sie sind als seitliche Stachel von
geringerer Bedeutung als jene der Mittellinie nahen patho-
logischen Stachel.
Ueber diese ganze Gegend sind nur kleine und mittel-
grosse GefassöfTnungen der Knochen verbreitet. An ihr liegen
nur unbedeutende Geiasse und der Beckentheil des Nervus
sympathicus. Ein Druck auf diesen Nerven ist wohl möglich,
weil diese Gegend nur mit einer Fascia bedeckt ist Die seit-
lichen Stachel sind mit Weichtheilen bedeckt und werden
auch desshalb keinen Druck ausüben können.
Die Zone wird in eine obere und eine untere schiefe
Fläche getheilt, die unter einem Winkel von 106 bis 115*>
zusammenstossen. Die obere schiefe Fläche steht zum Hori-
zonte unter einem Winkel von 30 bis 40^, zur Conjugala
des Einganges unter 85 bis 95^. Die untere schiefe Fläche
steht zur unbeweglichen Conjugata des Ausganges unter
90 bis lOO»
Zu jeder Seite der mittleren, subfascialen Zone liegt
eine von Weichtheilen bedeckte, seitliche Zone. Diese Zone
ist um einige Linien kürzer als die mittlere, weil die vorderen
abgerundeten Kanten der Seitentheile des ersten und fünften
Kreuzbeinwirbels ausgeschweift sind.
Sie ist von oben nach unten gerade so gekrümmt wie
die mittlere, dagegen ist sie in die Quere, von innen nach
aussen, stärker als die Mittlere gekrümmt. Die Krümmung
der seitlichen Zone ist auch nach dem Geschlechte verschieden:
sie ist an den männlichen Kreuzbeinen geringer als an den
weiblichen. Deshalb sind auch die rückwärtigen Becken-
winkel, welche aus der Verbindung des Kreuzbeins mit den
Hüftbeinen entstehen, beim Manne fast rechtwinklig, und bei
ITI. Sehwegel, Beiträge zur Anatomie des Beckens. 73
der Frau mehr abgerundet Die Entfernung der Sehne —
gezogen zwischen den erhabensten Punkten der Seitentbeile
— vom tiefsten Punkte der seitlichen Zone beträgt am männ-
lichen 3 bis 6^', am weiblichen 3 bis 8'", zur mittleren Zone
wenigstens 1"' weniger. Das männliche Kreuzbein ist dem-
nach sowohl in die Länge als in die Quere weniger gekrümmt
als das weibliche.
Bezöglich der Breite der mittleren Zone habe ich vorher
angegeben, dass sie von oben nach unten abnimmt, aber nach
dem Geschlechte nicht verschieden ist.
Auch die Breite der seitlichen Zone nimmt von oben
nach unten ab und zwar auffallend. Ueberdies ist die Breite
derselben nach dem Geschlechte verschieden. Sie beträgt am
männlichen oben 2,7 bis 3,5 Centim., unten 1,5 bis 2 Centim.;
am weiblichen 3,5 bis 4,5 Centim. oben und 2 bis 2,6 Centim.
unten. So wie die seitlichen Zonen an den weiblichen
Kreuzbeinen breiter als an den männlichen sind, so sind audi
die weiblichen Kreuzbeine breiter als die männlichen. Nach
meinen Messungen beträgt die obere Kreuzbeinbreite nach der
Biegung — in der Fortsetzung der Grenzlinie zwischen dem
oberen und unteren Becken — am männlichen 3" 6'" bis 4",
am weiblichen 3" 8'" bis 4" 6*'. Die Breite des Kreuzbeins
in der Beckenweite misst am weiblichen 3" bis 3" 10'".
Ungefähr so verhalten sich die Sehnen der oberen Kreuzbein-
breiten nach dem Geschlechte. Sie messen 4 bis 8'" weniger
als die Linien der Biegung.
Die rechts- und linksseitige Zone sind gewöhnlich gleich
breit; doch sind die Unterschiede von V" so häufig, dass sie
nicht für abnorm gehalten werden können. Meist ist dann
die rechtsseitige Zone um 1^' breiter als die linksseitige.
Nebenbei glaube ich auf einen Umstand aufmerksam machen
zu müssen: wie es nämlich komme, dass der linke schräge
Durchmesser gewöhnlich länger als der rechte ist, nachdem
doch^ die rechtsseitige Zone meist um 1 Linie mehr in die
Breite misst?
Ich glaube nicht zu irren, wenn ich das besagte Ver-
hältniss daraus erkläre, dass der linke schräge Durchmesser
mit mehr als der Hälfte seiner Unge in die rechte Becken-
hallte fallt, indem sich die schrägen Durchmesser ungefähr im
74 in. Sehtcegelj Beiträge zur Anatomie des Beckens.
Punkte zMischen dem mittleren und rückwärtigen Drittel der
Coujugata vera kreuzen. Geringere und grössere Breiten-
maasse und bedeutendere Ungleichheiten der Seitentheile als
die angegebenen sind als Entwickelungsabweichungen zu be-
trachten. Mit der Breite des Kreuzbeines steht theilweise die
Breite des Beckens im Zusammenhange; die ungleiche Breite
der Seitentheile bedingt eine Art von schrägverengtem Becken;
dadurch, dass die obere Kreuzbeinbreite auch verbältuiss-
mässig breiter als die untere ist, wird dann und wann das
trichterförmige Becken erzeugt. Schmale Kreuzbeine haben
manchmal auch querverengte Becken zur Folge.
In den seitlichen Zonen liegen die vorderen Kreuzbein-
löcber, welche nach aussen in seichte Halbkanäle auslaufen.
Für den Mastdarm habe ich unter einem grossen Haufen von
Kreuzbeinen nie eine Einbiegung beobachtet.
Jede Seitenfläche hat wie die Mittelfläche eine obere und
eine untere schiefe Fläche, welche von denen der Mittelfläche
auch verschieden sind. Kilian^) unterscheidet nur zwei
schiefe Flächen des Kreuzbeins.
Die Seitentheile des ersten und theilweise des zweiten
Wirbels liegen subfascial. Ueber den ersten Seitentheil ver-
laufen der HüfUochnerv und die vorderen Aeste des vierten
und fünften Lendennerven. Ueber den zweiten Seitentheil
läuft der erste Kreuzbeinnerv; er liegt hier in dem seichten
Halbkanale. In der Nachbarschaft dieser Nerven liegen die
Arteria iliaca interna und glulaea superior. Wenn auf die sub-
fascialen Stellen der genannten zwei Seitentheile ein Druck
ausgeübt wird, so ist es möglich, dass in den Verbreitungs-
feldern des Nervus obturatorius, glutaeus superior, tibialis und
peronaeus dann Störungen in den Nervenfunctionen eintreten,
worauf schon Camper^) aufmerksam gemacht hat Das
zweite und dritte Kreuzbeinloch sind von dem an dem Seiten-
rande der Mittdfläche und den Halbkanälen entspringenden
Musculus pyriformis bedeckt. Die hier austretenden Nerven
sind in dem Muskel eingebettet und ein Druck auf dieselben
1) Kilian, Die Oebnrtshfilfe von Seiten der Wissenschaft uad
Kanst dargestent, Frankfurt 1839.
8) Psi. Camper y Demonstrattones anat. path., Amstelod. 17^.
n/. Sekwsffel, ßeitr&ge evr Anatomie des Beckens. 75
ist wohl kaum möglich. Vom vierten und fünften Seitentheile
entspringen die Ligamenta tuberoso- und spinososacra und der
Steissbeinmuskel, welcher letztere die ersteren anspannt.
Die rückwärtige Fläche ist mit Höckern, Gruben und
Löchern versehen, sie ist im Allgemeinen convex und theils
nur mit Haut und Aponeurosen theils auch mit dicken Fleisch-
massen bedeckt. In der Mittellinie liegen die Dornfortsätze
der verwachsenen Wirbel. Sie haben eine verschiedene Ent-
wickelung.
Es giebt eine Reihe von Kreuzbeinen, an denen die Dorn-
fortsätze von oben nach unten an Grösse abnehmen. In einer
ebenso zahlreichen Reihe sind der erste und zweite Dornfort-
satz kleiner als der dritte und vierte. Nicht selten kommen
vor solche Kreuzbeine, bei welchen die Rogenhälften des vier-
ten und fünften Wirbels einander nicht erreichen. Seltener
sind die Kreuzbeine mit Spaltung des ersten und zweiten
Wirbelbogens. Rei Einigen ist die Zahl der Domfortsätze
vermehrt Dies kommt vor bei der spiraligen Vereinigung
der Wirbelbogen, indem die oben und unten ausser der Ver-
einigung gebliebenen Rogenhälften mit ihren Dornfortsätzen
frei hervorragten. Manchmal ist ihre Zahl vermindert, wenn
die rückwärtigen Rogenhälflen gar nicht entwickelt sind. In
änzelnen Fällen weicht ein oder der andere Dornfortsatz von
der Mittellinie ab. Endlich giebt es auch Kreuzbeine, welche
zwischen den Dornfortsätzen mediane Löcher haben oder den
Kreuzkanal nach rückwärts gänzlich offen lassen. Die oberen
Dornfortsätze, ob gross oder klein, liegen unter dem Niveau
der hinteren oberen Darmbeinhöcker, der Domfortsätze des
vierten Lenden- und des vierten Kreuzbeinwirbels. Sie
können daher weder in der horizontalen Lage nodi beim
Tragen von Rutten und Kraxen dem Drucke ausgesetzt sein.
Die Domfortsätze der zwei oberen Kreuzbein- und des
fünften Lendenwirbels bilden eine Einbiegung — die Leuden-
Kreuzbeinbeuge — . welche von Rändern und Aponeurosen
überbrückt den tiefsten Punkt bildet Die genannte Reuge
ist bei der Abmessung der Conjugata externa des Recken-
einganges aufzusuchen. Sie ist bei der Frau grösser als
beim Manne.
76 ^If* Schfjoegelj BeitrSge zur Anatomie des Beckens.
Sie liegt nicht in der Verbindungslinie der subcutanen
hinteren Darmbeinhöcker, sondern V^ bis 1" höber.
Die Dornfortsätze der unteren Kreuzbeinwirbel — des
vierten und fünften — sind ohne Unterschied ihrer Grösse
am meisten oberflächlich gelegen. Sie werden von der ver-
einten Fascia lumbodorsalis und Aponeurosis des grossen
Gefassmuskels bedeckt. Zwischen diesen und den Dornfort-
sätzen befinden sich regelmässig kleine Schleimbeutel — Bursae
mucosae sacrales subaponeuroticae. In den Fällen, wo die
Bogen der unleren Kreuzbeinwirhel unvollsländig sind und
die Bogenhälflen als Kreuzheinhörner, wie die des letzten
Kreuzbeinwirbels frei hervorragen, sind sie ebenso oberfläch-
lich gelegen und die Srhleimbeutel sind dann paarig vertheilL
In seltenen Fällen wird selbst am dritten Dornfortsatze ein
Schleimbeutel gefunden.
Zwischen den Dornfortsätzen und den rückwärtigen seit-
lichen Kreuzbeinlöchern wechseln seichte Gruben mit niedrigeri
Hügeln ab; jene entsprechen den Wirbelhogen, diese den
Verschmelzungen derselben. Die am inneren Rande der Kreuz-
beinlöcher befindlichen Stachel und Hocker sind aus den Ver-
schmelzungen der Gelenksfortsätze entstanden. Nach aussen
von den Kreuzbeinlöchern wird die rückwärtige Fläche nach
seitwärts von den Höckern begrenzt, welche durch die Ver-
schmelzung der Processus costarii entstanden sind. Die
Höcker sind von einander durch Einschnitte gelrennt.
Die rückwärtige Fläche ist bis zum dritten Kreuzhein-
loche mit dicken Muskelbäuchen, weiter nach unten nur mit
sehnigen Muskelursprüngen bedeckt. Die rückwärtigen Aeste
der Kreuzbeinnerven sind dem Drucke nur unten möglicher-
weise ausgesetzt. In seltenen Fällen sind die Höcker des
vierten und fünften Kreuzbeinwirbels mächtig entwickelt und
dann werden zwischen diesen und der Aponeurosis auch kleine
Schleimbeutel entdeckt.
Die seitlichen Flächen des Kreuzbeines sind dreiseitig
mit oberer Basis und nach vorn unten gebogener abgestumpfter
Spitze. Durch einen S förmig gekrümmten, winkligen Vor-
Sprung wird jede in eine vordere und eine rückwärtige Zone
abgetheilt. Die vordere vermittelt die gelenksartige, die rück-
wärtige, die bandartige Verbindung zwischen Kreuz- und Hüft-
III. Sefiwegel, Beitrage zur Anatomie des Beckens. 77
beiii. Die Gelenkszonen laufen von vorn nach rückwärts
parallel zu einander; die rückwärtigen Bänderzonen conver-
giren unter etwa 100^ nach rückwärts. Nach unten conver-
giren die Gelenkszonen unter 40 bis 45 ^\
Die Gelenksfläche ist etwas concav, und nur selten ganz
plan. Ihre Breite nach der Biegung misst V^ oder 1 Linie
mehr als die entsprechende Ilüflbeinfläche. Sie ist meist
ohrmuschelförmig. Manchmal wird ihr oberes Ende schmal,
dann ist sie zuweilen an der concaven Seite anstatt mit einem
mit zwei oder drei Einschnitten und selbst an der vorderen
Seite mit einem Einschnitte versehen. Sie erscheint ferner
auch durch eine oder zwei rauhe, transversal verlaufende
Linien in zwei oder drei Geleuksfacetten abgetheilt. Die Ge-
lenksfläche wird hernach auch doppelt. Dies trifid gewöhnlich
dann ein, wenn die Seitentheile der Kreuzbeinwirbel unterein-
ander nicht verschmolzen sind oder der fünfte Lendenwirbel
die Beschaffenheit ehies Kreuzbeinwirbels angenommen hat.
Endlich wird sie auch länger und gewinnt eine Biegung nach
oben, wenn der letzte Lendenwirbel — auf einer oder beiden
Seilen — vollständig in einen Kreuzbeinwirbel umgewandelt
ist. Die Gelenksfläche wird von den Seitentheilen der oberen
drei Kreuzbeiuwirbel gebildet. Dies wird angedeutet durch
die transversal verlaufenden Linien, die Einschnitte und Spal-
tungen der Fläche.
Die rückwärtige Zone der seitlichen Fläche umfasst den
Raum zwischen den Enden der wahren und falschen Quer-
fortsätze. Sie nimmt von oben nach unten an Breite ab, und
wird durch stumpfe Erhabenheiten und Vertiefungen quer-
getheilL Die Erhabenheiten entsprechen den Vereinigungen der
Seitentheile, die Gruben den Seitenmassen der Wirbel. Be-
sonders gross ist die zweite Grube. Hat der erste Kreuzbein-
wirbel die Beschaffenheit eines Lendenwirbels angenommen,
so kommt an der Stelle der ersten stumpfen Erhabenheit eine
Spalte vor, und das vordere und rückwärtige Kreuzbeinloch
fliessen dann zusammen.
Die Gruben so wie die Erhabenheiten werden von den
Zwischenknochenrändern eingenommen. Oeflers passen in
diese Gruben auch stunipfpyraniidale Fortsätze des Hüftbeins;
umgekehrt entsprechen die stumpfen Erhabenheiten der Bänder*
78 11^- Sehwegelf Beitrüge zur Anatomie des Beckens.
zone manchmal seichten Vertiefungen am Darmbeine. Einige
Male Tand ich sowohl die eine als die andere mit Gelenks-
knorpel überzogen und gelenksartig untereinander verbunden.
Auch die Enden der falschen Querfortsätze des zweiten
und dritten Kreuzbeinwirbels sind hier und da mit Knorpel
überzogen und gelenksartig mit dem Darmbeine Terbunden.
Der untere Theil der Zone dient den Ligamenta spinoso- nnd
tuberososacra zum Ansätze.
Durch die zackenförmige Aneinanderpassung der Bänder-
zone mit dem Darmbeine gewinnt die Kreuz -Darmbein-
Verbindung an Festigkeit. Aus dem Umstände, dass diese
Zone auch zur Kreuz -Darmbeinverbindung beiträgt, habe ich
sie mit der Gelenkszone zu derselben Fläche einbezogen.
Die Basis des Kreuzbeins steht mit dem fünften Lenden-
wirbel in Verbindung und lässt nur seitliche Flächen frei.
Der aus dieser Verbindung entstandene Vorberg springt vor
mehr beim Manne als bei der Frau. Diese sind nach aussen
ausgeschweift und erweitert, nach vorn abgerundet ihr äusserer
Rand ist zwischen der vorderen und rückwärtigen Ecke
seicht eingeschnitten. Den rückwärtigen Rand bildete der
Gelenksfortsatz, und tiefe Einschnitte, welche diesen vom
Wirbelkörper und der hinteren Ecke des Seitentheils trennen.
Diese Fläche erleidet einige Abänderungen, wenn der Kreuz-
beinwirbel die Beschaffenheit eines Lendenwirbels oder dieser
die von jenen annimmt. Unmittelbar am Knochen verlaufen
die Lendennerven zum grossen Plexus ischiadicus und dann
der Hüftbeinlochnerv. Ueber diesen liegen die Arteria und
Vena iliaca. Den äussern Rand des Knochens bedeckt der
Musculus psoas. Am vorderen Rande könnten die Nerven
und Gefasse einen Druck erleiden.
Die abgestumpfte Spitze des Kreuzbeins bildet der
Körper des letzten Kreuzbeinwirbels. Die Seitentheile des
Letzteren mit denen des ersten Steisswirbels begrenzen die
Kreuz-Steissbeinausschnitle. Nur selten stossen die genannten
Seitentheile zusammen nnd schliessen dann vordere Kreuzbein-
löcher ab.
Sind die Gelenksfortsätze dieser Wirbel untereinander
verschmolzeu, so sind auch die rückwärtigen Kreuzbeinlöcber
vorhanden.
ni. Sehwegelf Beiträge zur Anatomie des Beckens. 79
Es erübrigt nun aach die Dicke und Structur der Kreuz-
beintheile zu besprechen. Im Allgemeinen nehmen die Dicken-
maasse aUer Richtungen von oben nach unlen ab. Der Körper
des ersten Wirbels misst in sagittaler Richtung ungefähr
1 Zoll; des letzten nur noch 3 Linien; in frontaler Richtung
der erste 1 Zoll 4 Linien, der letzte 1 Zoll. Die Wirbel-
bögen sind etwa 3 bis 4 Linien dick. Der Seitentheil des
ersten Wirbels misst 13 — 15 Linien in sagittaler und 1 Zoll
in frontaler Richtung; des letzten 2 — 4 Linien in ersterer
und 4 — 6 Linien in letzterer. Am dünnsten sind die Wurzeln
der Seitentheile: die des ersten misst 10 — 12 Linien, des
letztea 1 — 2 Linien. Mit Rücksicht auf die Dicke der ein-
zelnen Theile werden deshalb Querbrüche des Kreuzbeines
eher an der unteren als oberen Hälfte entstehen, und die
Längenbrüche in den Wurzeln der Seitentheile vorkommen.
Falsch ist es, wenn hier und da noch behauptet wird, dass
Längenbrüche des Kreuzbeins gar nicht vorkommen.^) Es
sind sogar vertikale Brüche der Seitentheile möglich; ich habe
einen solchen an der Leiche beobachtet. Wegen der geringen
Dicke brechen leicht auch die Wirbelbögen und die Dorn-
fortsätze. Insbesonders brechen die Letzteren, wenn sie nicht
gar klein sind, wo sie alsdann zu sehr von den rückwärtigen
Darmbeinhöckeru und den Dornfortsätzen der Lendenwirbel
geschützt sind. Die Structur der Seitentheile ist meist grob-
zellig oder schwammig, die der Körper feinzellig oder netz-
förmig; nur an den seitlichen Zonen der Kreuzbeinbasis, an
den Wirbelbogen und Dornen ist eine compakte und dickere
Rindensubslanz vorhanden, sonst umgiebt eine zarte Knochen-
lamelle den zelligen Theil.
Werden nun Structur, Dicke' und Krümmung zusammen-
gefasst und die Brüchigkeit der Kreuzbeintheile darnach be-
urtheilt, so ergiebt sich, da mit den geringsten Dickendurch-
messem auch die grösste Krümmung zusammenfallt, dass
Querbrüche insbesonders in der unteren Kreuzbeinhälfte,
Längenbrüche am häufigsten an den Wurzeln der Seitentheile
stattfinden. Dass die genannten Stellen des Kreuzbeines
1) Vergl. Crkv€j Von den Kraukheiteu de» weiblichen Beckens.
Berlin 17%.
80 ^1^« Schwegd, Beitrage zur Anatomie des Beckens.
bräciiiger als Andere sind, sprechen ausser der Theorie auch
die Erfahrungen an Todten und Lebenden und dann auch dk
Versuche an trockenen Knochen.
11. Das Steissbein.
Die Verbindung mit dem Kreuzbeine geschieht durch
Faserkiiorpel , der gewöhnlich zwischen dem 30. und 40.
Jahre — ohne Unterschied des Geschledites — ossifidrt
Dies giebt auch schon Levret^) an.
Die Verbindung des ersten und zweiten Wirbels ist faser-
iinorpUg und gelenkig und besteht auch länger als die Trübere.
Die übrigen Steissbeinwirbel verwachsen meist knöchern unter-
einander — und zwar ohne Unterschied des Geschlechtes.
Nicht richtig ist es, dass das weibliche Steissbein mehr Stücke
als das mäiinUche habe, dass bei Erstem die faserknorplige
sacrococcygeale Verbindung permanent bleibe. Aus dem Ge-
sagten ergiebt sich, dass vom anatomischen Standpunkte
aus es keinen Grund gegen das späte Heirathen giebt, wie
Petit^) meinte. Auch wird der Beckenausgang durch die
sacrococcygeale Anchylose kein Hinderniss bei der Geburt
abgeben, wie Trefurt^) meint, weil bei Vorhandensein der
genannten Anchjlose die Verbindung der oberen zwei Steiss-
wirbel biegsam bleibt.
III. Der fünfte Lendenwirbel.
Der unterste Lendenwirbel steht mit dem Kreuz- und
Hüftbeine in so vielen Beziehungen, dass er als Bestandtheil
des Beckens betrachtet werden kann. Petit und Camper*)
haben sogar die zwei untersten Lendenwirbel zum Becken
einbezogen. Der unterste Lendenwirbel füllt theilweise den
Beckenausschnitt aus, welchen die Hüftbeine mit dem Kreuz-
beine rückwärts bilden. Aus der Verbindung desselben mit
dem Kreuzbeine und dem vorletzten Lendenwirbel entstehen
1) Levret 1. c.
2) Trait^ des malndies des femmes encointes, des femmes en
coache r^dig^ sur leg lo^ons d'ÄrUoine Petit par M, Baignkr$t et
Perral, Paris 1806.
3) Trefurt, Ueber Anchylose des Steissbeines, OötUngen 1866.
4) Camper 1. e.
IIT. 8chfO€ff€l^ Beiträge snr Anatomie des Beckens. 81
winklige Vorsprünge — der Vorberg und Obervorberg, von
welchen aus die Conjugata interna des kleinen und grossen
Beckens gemessen werden. Aus der Verbindung desselben
mit dem Kreuz- und Hädtbeine entsteht der Lenden-Hfiftbein-
ausschnitt (Incisura ilio-lumbalis), welchem einige praktische
Bedeutung zukommt. Nach rückwärts bleibt zwischen den
Wirbelbogen des letzten Lenden- und ersten Kreuzbeinwirbels
der grösste Zwischenraum von allen, die zwischen den rück^
wärtigen Bogenabschnitten zweier benachbarter Wirbel vor-
.kommen.
Der Wirbelkörper ist vom merklich höher als rückwärts
und auch relativ höher als dessen 6ogen, wesshalb die Vor-
berge und die Beuge mehr hervortreten. Die vordere Fläche
des Wirbelkörpers liegt subfascial. Die Spaltung der Bauch-
aorta fällt auf die vordere Fläche des vierten Lendenwirbel^
körpers. Die Arleriae und Venae iliacae communes laufen über
die seitlichen Flächen des Wirbelkörpers hinweg. Nach den
Seiten ist der letzte Lendenwirbel mit dem Hüftbeine durch
die Lenden - Darmbeinbänder verbunden. Manchmal wird es
auch möglich, ein vom Querfortsatze des vierten Lenden-
wirbels zum Darmbeine verlaufendes Band darzustellen. Die
genannten Bänder helfen die rückwärtige Wand des grossen
Beckens bilden.
Aber nicht Mos desshalb ist der letzte Lendenwirbel
zum Becken zu beziehen, weil er die rückwärtige Wand des
grossen Beckens, die Vorberge und die Beuge bilden hilft,
sondern auch weil er die wesentlichen anatomischen Gharactere
eines Kreuzbeinwirbels manchmal annimmt. Schon gewöhn-
Kch ist der Querfortsatz des letzten Lendenwirbels sowohl
an Höhe als an Breite beträchtlicher als die Querfortsätze
der übrigen Lendenwirbel. Dazu tritt manchmal der Quer-
fortsatz des Lendenwirbels mit dem Seitentheile des ersten
Kreuzbeinwirbels oder der rückwärtigen Abtheilung der innern
Darmbeinfläche in gelenksartige Verbindung. Dann ist in sel-
tenen Fällen der QueiforlsaVz des Lendenwirbels mit dem
Seitentheile des Kreuzbeins der Art verwachsen, dnss ein
überzähliges vorderes und rückwärtiges Kreuzbeinloch entsteht.
Aber nicht nur mit seinem Querfortsatze, sondern auch
dadurch, dass die vordere Fläche des Wirbelbogens sanft nach
Monatsaehr. f. Gebnrtsk. 1861. Bd. ZVin.« Sappl.-Hft. 6
g2 ni. Sehwegel, Beiträge cur Anatomie des Beckens.
vorwärts geneigt und der Dornfortsatz klein ist, nähert sich
der letzte Lendenwirbel dem Kreuzbeine an.
Der letzte Lendenwirbel bietet alle Arten der Entwick-
lungsabweichungen dar. Es fehlt oder ist verkuninieri der
Wirbelkdrper, eine Bogenhälfte, ein oder der andere Fortsatz.
Beim Fehlen einer Wirbelbogenhälfte beobachtete ich die andere
spiralig mit der gegenseitigen des ersten Kreuzbeinwirbels
vereint. Bei der verkümmerten Entwickelung der Bogentheile
entstehen die rückwärtigen oder interarticulären Spaltungoi
derselben, von denen ich zwei beobachtet habe.
IV. Das Hüftleistenbein. 1)
Im Nachfolgenden wird die Unterscheidung in drei Tbeile
beibchaiten, mehr um die Beschreibung zu erleichtern als
dem praktischen Bedürfnisse zu entsprechen.
A. Das Darmbein.
Aus Verbindungen des Darmbeines mit dem Sitz- und
Schoossbeine entstehen einige Winkel, deren Kenntniss einige
praktische Wichtigkeit hat. Der Winkel, welcher aus der
Verbindung des Darmbeines mit dem Kreuzbeine zwischen
jenem und dem fünften Lendenwirbel, oben am Seitentheile
des ersten Kreuzbeinwirhels entsteht, ist der kleine, seitlidie,
rückwärtige Ausschnitt des grossen Beckens — Angulus Uio-
lunibalis. An den Becken der Neugebornen beträgt er ohne
Unterschied des Geschlechtes 70 bis 80 ^ und im Allgemeinen
weniger als bei Erwachsenen; an weiblichen Becken misst er
80 bis 90^. Der rechtsseitige Winkel ist 2 bis 5^ grosser
als der linksseitige. Die Grösse dieser Winkel bestinmit die
Räumlichkeit des grossen Beckens. Sind sie übermässig gross,
so ist dem Uterus gestattet, sich in die Breite auszudehnen,
was die Querlagerung des Kindes begünstigt. Eine bedeutende
Ungleichheit dieser Winkel nach den Körperhälften ist zuweSen
Ursache, dass die Gebärmutter eine schiefe Stellung einnimmt
und eine Kindskopfstellung in einem schiefen Beckendurch*
mcsser erzeugt. Die gewöhnliche Grössendifferenz zwischen
1) Aach Os coxae — inaominatam, weil e« bei Oalenn^ keinen
Kamen hatte, und Anconon.
III. Sehwegelj Beitrage enr Aoatomie des Beckens. 83
den Winkeln der rechten und linken Seite ist zu gering, um
die Häufigkeit der ersten Kopflage — im rechten schiefen
Durchmesser — daraus zu erklären, wie Cohen ^) that; und
sie wird überdies durch die ungleiche Mächtigkeit der Weich-
theile nach den Seiten, als: Musculus psoas und iliacus inter-
nus, gewöhnlich aufgehoben.
Die Grösse dieses Winkels ist abhängig von der Rich-
tung der Lendcnwirbelsäule und des Darmbeines, dann von
der Breite der Seitentheile des ersten Kreuzbeinwirbels.
Bei den schrägverengten, coxalgischen, scoliotischen Becken
ist der Unterschied dieses Winkels nach den Körperhälflen
grösser als beim normalen. Nehmen die Darmbeine eine
mehr horizontale Stellung an , so werden die Winkel gross ;
sie maassen zwei Mal bis 110^. Bei den querverengten
Becken sind sie kleiner als gewöhnlich. Aus der Verbindung
des Darmbeins mit dem Schoossbeine ensteht jederseits ein
Angulus iliopubicus. Die Beiderseitigen zusammen bilden den
vorderen grossen Beckenausschnitt. In der Mehrzahl der Fälle
beträgt er an männlichen Becken 120 125^, an den weib-*
liehen 125—130^. Rechterseits misst er l — 3^ mehr als
linkerseits. Sind die Winkel relativ gross, so widersteht die
untere Bauchwand dem Drucke der Eingeweide schwächer,
und Ausdehnungen jener, als: Hängebauch, Muskelspalten,
Brüche, kommen häufiger vor als bei kleinen Winkeln. Am
Darmbeine werden eine innere, untere und äussere Fläche,
dann Begrenzungsränder und zwei Verbindungsflächen unter-
schieden.
Die innere Fläche wird von der unteren Fläche durch
den von vorn nach rückwärts verlaufenden Winkelvorsprung
— die Linea arcuata mterna — und von der rückwärtigen
Verbindungsfläche durch eine von der ohrmuschelförmigen
Gelenkszone zum rückwärtigen Drittel des oberen Randes
nach vorne concave Linie abgetheilt. Die Fläche dient dem
Muse, iliacus internus zum Ansätze, welcher die Concavität
fast ganz verwischt. Es besteht daher wohl eine Darmbein-
1) Verg^t. Cohen, Die Motivirung der normalen Kopflage.
Frag. med. Vierteljahrsschr. 1857, 2. Bd.
6*
84 m- Schioegely Beiträge znr Anatomie des Beckens.
grübe aber keine Darmgrube am Hüftbeine. Am röckwäHigoi
convexen Tbeile setzt sich an der Muse, quadratus lumborum.
Die Grube verflacht sich nach vorne zu zwei Ausschoitt^i
des vorderen Randes. Ihre grösste Krümmung von vorn
nach hinten beträgt — durch den Abstand der die convexen
Punkte verbindenden Linie ausgedruckt — 2 — 2,5 Centim.
und fallt in eine Linie, welche vom mittleren Drittel des
Darmbeinkammes zum rückwärtigen Drittel der Linea arcaaU
verläuft. Die Krumn)ung von unten nach oben beträgt nur
1 — 3 Linien und fällt ungefähr in die Mitte zwischen dem
Darmbeinkamme und der Linea arcuata interna. Ernähriings-
löcher findet man an der inneren Fläche 1 — 3 grosse und
mehre kleinere. Die grösseren liegen in der Nähe der Linea
arcuata und der rückwärtigen Verbindungsfläche, die kleineren
in der Nähe des Kammes und der Höcker und verlaufen meist
in der Richtung nach vorn und unten.
Die Neigung der Fläche zum Horizonte beträgt bei der
Frau 40—500, beim Manne 55 — 65<> — nach HyrÜ 47»
bei der Frau und 60 ^ beim Manne. Ihre Neigung zur
unteren Fläche oder der Angulus pelvicus misst bei der Frau
J30— 140*>, beim Manne 150—160«.
Die untere Fläche hilft die 'knöcherne Seitenwand des
kleinen Beckens und den Pfannengrund bilden. Sie ist oben
von der Linea arcuata interna, nach rückwärts vom Gelenks-
flächenrande, nach unten von einem abgerundeten Ausschnitte,
nach vorne von der rauhen, erhabenen oder gefurchten Linie,
welche aus der Verschmelzung des Darmbeins mit dem Sitz-
beine entsteht, begrenzt. Ihre Neigung zum Horizonte beträgt
ungeföhr 95 «.
An ilir kommen vor 1 — 3 mittelgrosse Ernährungslöcber
und verlaufen in der Richtung nach vorn. Rückwärts bedeckt
sie theilweise der bimförmige Muskel und die Nerven und
Gefässe für das Gesäss verlaufen daselbst; vorne ist sie blos
von der Binde- und Knochenhaut bedeckt. Die Ligamenta
spinoso-tuberososacra helfen mit, ihn die seitliche schiefe
Beckenfläche bilden, deren Neigung zum Horizonte 80 — 90«
misst
Mit den vorigen Flächen gleichfalls nach innen gekehrt
ist die rückwärtige oder obere Verbindungsfläche. Sie wird
III. Schtoegelf BeitrS^e zur ÄDatomie des Beckens. §5
von dem rückwärtigen Dritttbeil des oberen Randes und vom
rfickwärtigen Rande begrenzt und umfasst nebst der Gelenks-
zone auch die gewöhnlich zur inneren Darmbeinfläche einbe-
zogene rückwärtige AblheOung. Der Umstand, dass Letztei^
manchmal mit dem Seitentheiie des fünften Lendenwirbels
und der seitlichen Verbindungsfläche des Kreuzbeines in
accessorischer Gelenksverbindung steht und nur zum Ansätze
der Ligamenta interossea (Bichat) und ilio-lumbalia und
sacralia dient, spricht für die obige Begrenzung.
Die Gelenkszone ist convex, selten plan, beträgt 8 — lÖ
Centim. in der Länge und 1 — 3 Centim. in der Breite. In
den Fällen, wo der letzte Lendenwirbel mit dem Darmbeine
articulirte, reichte die Gelenkszone bis nahe an den oberen
Rand. Wenn die Seitentheiie des ersten Kreuzbein- oder
letzten Lendenwirbels mit dem Kreuzbeine nicht verschmolzen
sind und von der Sacroiliacal-Junctur getrennte Verbindungen
mit dem Hüftbeine eingehen, so kommen dann an diesem von
der Gelenkszone scparirte Gelenksflächen vor.
Der rückwärtige Theil der Verbindungsfläche ist unge-
fähr 3 Zoll hoch und l'/^ Zoll von vorn nach hinten breit.
An ihm werden zwei Zonen unterschieden. Die untere ist
ungeßhr 1 Centim. breit, lang und gekrümmt wie die Gelenks-
zone. Von Weichtheilen befreit erscheint sie glatt. In der
Jugend ist sie mit einem dünnen Knorpel bedeckt. Hier findet
der Ansatz der Ligamenta interossea (Bichat) statt.
Die obere Zone ist breiter als diese, rauh und uneben
und dient den Ligam. iliosacralia und iliolumbalia und den
Rückenmuskeln zum Ansätze. Zuweilen wird daran ein
stumpfpyramidaler Fortsatz oder eine concave platte Fläche
beobachtet, ersterer steht mit der Seitenmasse, letzterer mit
einem stumpfen Fortsatze des Kreuzbeins in Verbindung.
Solche abnorme Fortsätze zwischen dem ersten und zweiten
Kreuzbeinloche hat bereits HyrÜ^) beobachtet. Der rück-
wärtige Theil wird grösser als gewöhnlich, wenn der erste
Kreuzbeinwirbel mit dem Darmbeine nicht gelenksartig ver-
bunden ist, imd kleiner als gewöhnlich, wenn der Querfort-
satz des Lendenwirbels ans Darmbein gestossen war. In
1) Eyrtt 1. c.
86 I^^* Sehwegel, Beiträge zur Anatomie des Becken«.
einem Falle iivar der rückwärtige Theil der Verbindungsflicbe
rechterseits schmäler als linkerseits, die Gelcnkszone rechter-
seils mehr nach rückwärts geruckt und das Becken in Folge
dessen schrägverengt und schief.
Die äussere Fläche ist durch zwei rauhe Linien in
drei Zonen abgetheilt Die vordere Zone nimmt den vorderen
convexen Theil ein und wird durch die Linea seroidrcularis
von der zweiten Zone getrennt. Innerhalb der ersten Zone
entspringt der Musculus glutaeus minimus. Von dem rauhen
Pfannenrande entspringen sehnige Bändel des Musculus glo-
taeus minimus, dann der Limbus fibrosus, die Kapsel und
der äussere Kopf des Muse, extensor cruris rectus.
Die zweite Zone ist kleiner als die erste. Nach rück-
wärts wird sie von der dritten Zoiie durch eine rauhe Linie
geschieden, die vom rückwärtigen untern Stachel zum Kamme,
2 Zoll weit vom rückwärtigen Höcker und fast parallel mit
der vorigen verläuft. Die genannten Linien können als Linea
semicircularis anterior und posterior unterschieden werden.
Unmittelbar hinter der Linea anterior steigt auf von der In-
cisura ilioischiadica manchmal ein Halbkanal für die Arteria
glutaea superior. Der Muse glutaeus medius setzt sich hier
an. Die erste und zweite Zone bilden eine äussere Grube,
welche von den Muskeln ganz ausgefüllt wird und verschieden
ist von der Hüftgrube magerer Individuen.
Die dritte Zone ist die kleinste und rauhste; sie wird
vom Muse, glutaeus maximus und den Aponeurosen einiger
Rückenmuskel eingenommen. Von Ernährungslöchern hat
die Fläche zwei grosse nach unten gerichtete und mehrere
kleine in der Nähe der Ränder und Höcker. Der grösste
Abstand der die convexen Punkte der ganzen Fläche be-
rührenden Sehne von den Vertiefungen misst V2 Zoll; am
meisten gekrümmt ist die Fläche zwischen dem mittleren und
rückwärtigen Drittel in der Richtung zum Pfannengrunde.
Die vordere Verbindungsfläche hat im Ganzen die Form
eines gleichschenkeligen Dreieckes mit einer vorderen, äusseren
und inneren Seite, ist 5 — 6 Centim. lang und 4 Centtm.
breit, und liegt im aufrechten Stehen horizontal. An ihr
werden zwei Abtbeilungen unterschieden. Die innere Abthei-
lung ist höckrig, nimmt den 1 Centim. breiten Raum der
III. Sehwegel, Beitrfige zur Anatomie des Beckens. g7
inneren Seite ganz, der vorderen und Susseren theilweiso
ein. Der Saum vom und ein Drittheil der inneren Seite ti'itt
mit dem Schoossbeine, der übrige Theil desselben mit dem
Sitzbeine in Verbindung.
Die äussere Zone ist concav, glatt und bildet einen Theil
der Gel^nkspfanne. An der äusseren Umrangslinie der Pfanne
nimmt Letztere mit einem Drittel, an deinen Fläcbenraumo
mit drei Vierteln Antheil.
Der obere Begrenzungsrand oder Darmbeinkamm (bei
Cheselden^) Spina ilei) bildet eine 20 — 28 Centim. lange
Fläche und in den vorderen zwei Fünflteln 6 — 8 Linien, im
midieren nur 4 Linien, in den rückwärtigen 6 — 12 Linien
breite Fläche. Die drei Facetten entsprechen den Ansätzen
des Muse, abdominis obliquus externus — internus — trans-
versus und latissimus dorsi. Die äussere Facette der vorderen
Kammhälfte ist nur vom Periost, von der Aponeurose, der
Fascia und der Haut bedeckt Ihr drittes Viertel ist zwar
auch von einem Muskel bedeckt, es wird aber durch das
subcutane Fett dem Tastgefulile weniger zugänglich. Das letzte
Viertel ist ganz von Muskeln bedeckt. Es folgt daraus, dass
von den äusseren Quermaassen des oberen Beckens, als:
zwischen den Spinae anter. super, ilii und den Mitten der Crista
ilii nicht gleich grosse Werthe, als 8 Linien nach Michaelis^)
abgezogen werden dürften, um die inneren Quermaassc zu
erbalten, wenn das dritte Viertel des Darmbeinkammes nicht
um so viel dünner wäre als es mit Weicbtheilen mehr bedeckt
ist. Es soll daher, wenn von äusseren Quermaassen die inneren
zu berechnen sind, der Abzug mit Rücksicht der Knochen-
dicke und Mächtigkeit der Weichlheile geschehen.
Der vordere Begrenzungsrand erstreckt sich als schmale
Fläche zwischen der äusseren und inneren Fläche vom vor-
deren Ende des Darmbeinrandes bis zur Verbindungslinie
zwischen Schooss- und Darmbein. Der Rand bat oben und
unten einen Höcker und dazwischen eine Vertiefung. Als
rauhe, niedrige, mit breiter Basis aufsitzende Knockenhugel,
1) CheseläeHy Anatomie des menschlichen Körpers. Uebersotzt
Göttingen 1790.
2) Michaeli* y Das enge Becken, Leipzig 1851.
gg III. Sehtoegel, Beiträge aar Anatomie de« Beckens.
welche aus eigenen Ossificationspunkten entstehen, sind fie
Höcker richtiger mit Tubera, Tubercula als mit Spinae x«
bezeichnen, wie schon Ed. Sandxfort^) bemerkt bat. Bei
Chesdden faeisst der obere Höcker Apex ilii, der untere aber
Processus innominatus. Die Höcker sind breiter als die Ein-
biegung — Incisura iliaca anterior superior, oder minor.
Zwischen dem unteren Höcker und der Eminentia iliopubica liegt
die Incisura iliaca anterior inferior oder major oder iliopubica.
Manchmal ist diese letztere Incisura durch einen kleinen
Höcker — Tuberculum ilii anterius imum, der am äusseren
Ende der Schooss-Darmbeinerhabenheit liegt, in zwei kleinere
Einschnitte abgetheilt. Das Tuberculum imum entsteht aus
einem eigenen Ossificationspunkte, zwischen dem sechsten und
zwölften Jahre.
Das Tuber ilii superius ist mit Facetten für den Husc
sartorius und iliacus, das Inferius mit solchen für den Muse,
rectus yastus und iliacus internus versehen. Zwischen diesen
Muskelpaaren und in der Incisura iliaca minor anterior liegen
unbedeutende Nerven, als: Nerv, cutaneus femoris externus.
In der Incisura iliaca anterior major liegt constant ein Schleim-
beutel; hier verlaufen der Muse, psoas und iliacus internus,
der Nervus cruralis. Die letzteren Muskeln bedecken von
aussen die Eminentia iliopubica.
Der rückwärtige Begrenzungsrand, eigenthch nur eine
Begrenzungslinie zwischen der inneren und äusseren Fläche,
ist selten länger als 1 Zoll, beginnt oben mit einem Hügel,
hierauf folgt eine schwache Einbiegung — Incisura iliaca
posterior — und zu unterst die spitz oder stumpf auslaufende
Ecke, in welcher die rückwärtige Gelenkszone, die untere
Fläche, die Lineae semicirculares der äusseren Fläche zusam-
menÖiessen. Als Messpunkte können der chere stumpfe Hödier
schlecht, weil er zu wenig schaif abgegrenzt, der untere
Stachel gar nicht verwendet werden. Sie werden zwar nicht
von Muskeki bedeckt, aber schon die Haut, die Fasciöi und
Aponeurosen verwischen diese kleinen Höcker derart, dftss sie
an Lebenden nicht genau herausgefühlt werden können.
1) Sandi/ort 1. o.
III. Schwegel, Beitrage snr Anatomie des Beckena. 89
Es bleibt dud übrig, über die Begrenzungslinie der
seitlichen inneren BeckenflSchen Einiges zu bemerken. Die
obere Begrenzungslinie, auch Linea arcuata interna, innomi-
nata, Angulus pelvicus genannt, trennt die obere Flache von
der unteren und ebenso das grosse Becken Tom kleinen. Sie
ist nach innen concav; der Abstand d^ Sehne von ihrer
grössten Krümmung beträgt bei der Frau 1 — 1,4 Centim.,
beim Manne 0,5—0,8 Centim. Bei Neugeborenen misst dieser
Abstand noch weniger. Auch giebt es Frauenhdftbeine, wo
der grdsste Abstand der Sehne nur 0,3 — 0,7 Centim. beträgt
Wenn man bedenkt, dass wegen einer geringeren Krümmung
der genannten Linie der Querdurchmesser des Beckenein-
ganges um 6 Linien bis IV2 Zoll kurzer werden kann, so
wird es ersichtlich, dass geringere Grade von Querverengt-
heit der Becken auch nur durch geringe Krümmung der Linea
arcuata interna erzeugt werden können.
Ich habe einige weibliche Becken untersucht, deren Quer-
durchmesser massig verengt waren und gefunden, dass bei
normalen Kreuz -Darmbeinverbindungen und normaler Breite
des Kreuzbeines, der Grund der massigen Verengung nur in
der regelwidrig geringen Krümmung der Lineae arcuatae lag.
In den geradelliptischen, viereckigen und runden Beckenformen
sind auch die Lineae arcuatae weniger gekrümmt als bei den
querelliptischen und stumpfherzförmigen. Sind die Krüm-
mungen der Grenzlinien beiderseits nicht gleich, so entstehen
asymmetrische Beckenformen. Die Beckenhälfte mit der ge-
ringen Krümmung der Grenzlinie wird schmäler und die
Conjugata wird den Querdurchmesser nicht in dessen Mitte
durchkreuzen.
Hier sei auch ein Ligamentum iliacum proprium oder der
Linea arcuata interna erwähnt. Es ist manchmal an der Con-
cavität dieser Linie wie die Sehne eines Bogens ein 1 Linie
breites, straffes Band ausgespannt Durch die beiderseitigen
Ligamenta wird der Querdurchmesser uro zwei Linien ver-
kürzt« Zum genaueren Vers tändniss sei angeführt, dass dieses
Band mit der Fascia iliaca und pelvica ün Zusammenhange
steht Die Fascia iliaca erstreckt sich vom letzten Lenden-
wirbel, den Psoas major bedeckend, mit dem Psoas minor
90 II'* Schtoegelf Beiträge zur Anatomie des Beckens.
Terschmolzen , zum Eingang des kleinen Beckens, wo sie an
der Linea arcuata mit dem genannten Bande zusammenhängt
Die untere Begrenzungslinie erstreckt sieb von der ab-
gestumpften Spitze des rückwärtigen Bandes zwischen der
äusseren und unteren Fläche his zur VerschroelzungsÜDie
zwischen dem Darm- und Sitzbeine. Sie bildet eine starke
Einbiegung, die durch die rückwärtige Kante des Sitzbeines
noch vergrössert wird. Diese Einbiegung soll Incisura ili«-
ischiadica heissen; und sie verdient diese Bezeichnung um so
mehr, als in der Verschmelzungslinie ein kleiner Höcker oder
Stachel (Spina accessoria iscbii) vorkommt, wodurch die ver-
einte Incisura iltoischiadica in zwei Theile: eine Incisura
iliaca inferior und ischiadica superior abgetheilt wird. Dann
wird auch in der Incisura iliaca inferior ein 1 Linie hoher
Stachel 1 — 2 Centim. unter der Spina ilü posterior inferior
beobachtet Er dient einem überzähligen Bündel des Muse
pyriformis zinn Ursprünge.
Kim werden die Grössen-, Dicken- und Structur-
verhältnisse des Hüftbeines übersichtlich zusammengestellt
Das Hüftbein hat eine Länge, von vorn nach hinten,
und eine Breite von innen unten nach aussen oben. Um das
Hüftbein richtig zu messen, so muss es von seinen Punkten
aus gemessen werden. Zu solchen Maasslinien gehören:
der Umfang des Darmbeinkammes, die Sehne oder der Um-
fang der Begrenzungslinien, die Entfernung der Synostosis
iliopubica von der Kreuzdarmbeinverbindung, die Umfanglinie
oder die Sehne der inneren Fläche. Insbesonders ist die Länge
der Linea arcuata interna von praktischer Bedeutung zur
Erklärung einiger Beckenformen. In den normalen weiblidien
Becken variirt die Umfangslinie der Linea arcuata zwischen
5,5 und 7 Centim., die Sehne dieser Linie zwischen 5 und
6,5 Centim. Im männlichen Becken sind diese Linien kürzer.
Ihre Länge bestimmt tlieilweise die Länge der Conjugata. Die
allgemein zu grossen und einige gerad elliptischen Becken
haben relativ längere, die allgemein zu engen dagegen kür-
zere Lineae arcuatae als gewöhnlich.
Bei einer Art schrägverengter Becken sind die beider-
seitigen Lineae arcuatae nicht gleich lang.
III. Schvoegelf BeitrMge Eur Anatomie des Beckens. 91
Die Breite des DarmbeineB oder die Entfernung Ton der
Mitte der Linea arcuata interna zur Mitte des Darmbeinkam-
mes misst in der Mehrzahl der Fälle, wie Krause angegeben
hat: des männlichen 3 Zoll 9 Linien, des weiblichen 3 Zoll
3 Linien. Nur selten sind die Darmbeine niedriger und be-
dingen dann eine eigene Beckenform, das niedrige obere
Becken, die mit einer anderen Art nicht zu verwechseln ist,
wo die Darmbeine nur mehr als gewöhnlich geneigt sind.
Auf diese zwei Beckenformen ist bei Abnahme äusserer Quer-
durchmesser des oberen Beckens Röcksicht zu nehmen. Jene
Messungen, wo ein Messpunkt am Darmbeine, der andere an
einem nachbarlichen Knochen genommen wird, oder wo kein
Messpunkt am Darmbeine liegt, sind weniger brauchbar zur
Maassabnahme, obgleich sie aus dem Bedürfnisse, die Länge
oder Breite des Darmbeins zu messen, entstanden sind. Zu
solchen Maassen rechne ich: die Entfernung Tom Pro-
montorium zum oberen und unteren Darmbeinhöcker, oder
zur dünnsten Stelle des Schambeins (Microchordae), ferner die
Distanz der Kreuz-Darmbeinverbindung von der Schambein-
verbindung (Macrochordae) des Promontoriums vom Pfannen-
grunde (lineae saci*ocotyloideae , des unteren Kreuzbeins vom
Sitzbeinstachel (Stenochordae), weiter die Distanz des oberen
Darmbeinhöcker vom Darra-Schoossbeinhöcker, des ersteren
von der Schoossbeinverbindung, der rückwärtigen Darmbein-
höcker von einem der . nächsten Dornfortsätze. Die genannten
Haasse bestimmen nicht unmittelbar die Grösse des Darmbems.
Sie sind zugleich Ausdrucke für die Grösse, Krümmung, Dicke,
Neigung und als Durchschnittsmaasse den einfachen Messungen
nicht vorzuziehen, da letztere die Abhängigkeit der Becken-
formen von der Knochengrösse begreidicher machen.
Die Dicke des Darmbeins ist an den verschiedenen Stellen
auch sehr verschieden. Im Allgemeinen sind die Bänder
dicker als die übrigen Punkte. Der Darmbeinkamm ist vom
6 — 9 Linien dick, in der Mitte nur 3 Linien, im rückwärtigen
Theile sogar 1 Zoll dick. Die der Darmbeinschaufel ist im
vorderen Drittheil der longitudinalen Mittellinie 4 — 5 Linien,
im mittleren nur 1 — 3 Linien, im rückwärtigen 9 Linien
bis 1 Zoll dick. Die Dicke von der Linea arcuata zur
92 m* Sehtoegelj Beiträge sur Anatomie des Beckens.
äusseren Fläche beträgt 1 Zoll. Am dicksten ist das Dannbein
in der Nähe der vorderen Vorbindangsfläche. Die Slnictnr
ist feinzellig gegen den Kamm, den vorderen und räckwär-
tigen Rand und die Pfanne hin; in der Mitte ist die Knochen-
Substanz zwischen den Lamellen grosszdlig und selbst an der
dünnsten Stelle sind plattgedrückte grosse Zellen zu bemerken.
Bloss an den Grenzlinien: Linea arcuata interna und Incisura
iliaca inferior ist die compacte Knochensubstanz bis 6 Linien
dick und zwar föllt ihre grösste Dicke vor die vertikale Kröoh
mung des Darmbeines. Die compacteste Stelle wird am spä-
testen corrodirt, sie wird am schwierigsten gebrochen und
kommt bei den Brüchen mit verticaler Bruchlinie immer ins
vordere Bruchstück zu liegen.
Werden nun die Momente, welche auf die Bröcbigkeit
der Knochen von Einfluss sind, aus dem Vorausgeschickten
zusammengestellt, so ergeben sich die Opportunitätsstellen des
Darmbeines für die Bniche. Der grössten Krümmung zu
Folge wird das Darmbein am häufigsten in dessen vorderer
Hälfte brechen, und zwar sowohl vertikal als transversal, weil
die grösste vertikale Krümmung von der rückwärtigen Halfite
der Linea arcuata zum mittleren und vorderen Drittheil des
Darmbeinkamms und die grösste transversale von der Incisura
iliaca anterior zum rückwärtigen Drittheil des Darmbein-
karomes verläuft. Dann sind die genannten Stellen aucli die
dünnsten, und obwohl nicht die porösesten, so doch auch nicht
die compactesten. Ueberdies ist die vordere Darmbeinhälfle
auch oberflächlich gelegen und am meisten beim Falle und
Stosse ausgesetzt. Weiters ist die Darmbeinschaufel in den
besagten Richtungen auch von den Gelenksverbindungen hin-
länglich entfernt, um leichter zu brechen. Die rückwärtige
Darmbeinhälfte ist wenig gekrümmt, von dicker obwolü porö-
ser Knochensubstanz, dagegen mehr von Weichtheilen geschützt
und nahe der Gelenksverbindung: und sie bricht deshalb sel-
tener als die vordere Hälfte. Die theoretisch bestimmten
schwächsten Stellen des Darmbeines^ werden an Lebenden und
Leichen auch am häufigsten gebrochen gefunden. Dass sie
die schwächsten sind, dafür sprechen auch Versuche mit
frischen Knochen.
III. Sehwsg^l, Beiträge sur Anatomie des Beekens. 93
B. Das Sitzbein.
Das Sitzbein entslefat aus einem einzigen Knochen-
kerne, und wird deshalb nur in einen Körper und einen
Ast, der gebogen ist, abgetheiit. Befände sich der Knochen-
kern an der Stelle des Sitzbeinhöckers; so wurde die Unter-
scheidung eines oberen oder aufsteigenden und eines unteren
oder absteigenden Astes richtig sein; allein dies ist nicht der
Fall. Am Sitzbeine werden vordere, rückwärtige, innere und
äussere Flächen und Rändei*, die Ton Weichtheilen bedeckt
werden und dann Flächen zur Verbindung mit dem Oberr
Schenkel-, Darm- und Schoossbeine unterschieden.
Die vordere Fläche erstreckt sich zwischen dem inneren
und äusseren Rande von der Gelenksfläche zu der unteren
Verbindungslinie des Sitz- und Schoossbemes. Durch eine
von oben nach unten, vom unteren Winkel des Hüftbeinloches
zum Sitzbeinhöcker geführte Linie wird die Fläche in eine
obere und untere Zone abgetheiit Jede von diesen ist 1 Zoll
lang, die erstere auch 1 ZoU breit, die zweite nur 6 — 9
Linien. Die obere ist gleich unter der Gelenksfläche mit
einem Halbkanal versehen — Incisura subglenoidalis. In
diesem verläuft der Musculus obturatorius extern. Zwischen
ihm und dem Periost kommt manchmal ein Schleimbeutel vor.
Ein Theil der Hüftgelenksbänder und der Kapsel entspringt
von dieser Zone. Unten in dieser Zone setzt sich der Mus-
culus adductor magnus an. Dieser Theil der Fläche hat viele
kleine und mittelgrosse Emährungslöcher, die meist nach oben
gerichtet sind. Die untere Zone dient gleichfalls dem Muse
adductor magnus zum Ansätze. Nur selten werden an ihr Er-
nährungslöcher bemerkt.
Die rückwärtige Fläche erstreckt sich von der oberen
Verbindungslinie des Sitzbeins mit dem Darmbeine einerseits
und dem Schoosbeine andererseits zwischen dem vorderen
und rückwärtigen Rande zur unteren Verbindungshnie mit dem
Schoossbeine. Um eine leichtere Einsicht in die Verhältnisse
der Fläche zu verschaffen wird sie in drei Zonen abgetheiit.
Die oberste Zone, das Planum inclinatum cotyloideum nach
Burns, bildet den Grund der Gelenkshöhle und wird nach
unten durch eine Linie begrenzt, die vom Sitzbeinstachel zum
94 I^* Sehwegelt Beiträge aar Anatomie des Beckens.
äusseren Höfliochwinkel gezogen wird. Diese Zone nüsst trans-
versal 2 Zoll, vertikal IVa Zoll. Nach ruck- und vorwärts
vertieft sie sich zu den Incisurae ilioischiad. und ischiopubicae.
Längs der vorderen Seite — an der Verschmelzungsiinie des
Sitz- und Schoossbeines verläuft manchmal ein seichter, eine
Linie breiter Halbkanal für die Gefasse und Nerven des Hüft-
beinkanales. Er liegt in einer 6 — 8 Linien breiteren Ver-
tiefung dieser Stelle. Vom vorderen, oberen \Vinkel zum
Sitzbeinstachel ist die Zone concav. Dagegen bildet manch-*
mal der genannte Winkel mit dem Darmbeine eine rauhe
Erhabenheit, die sich nicht selten in der Sitz-Darmbeinver-
bindung zur Incisura ischioiliaca fortsetzt Der Winkel liegt
subfascial und wenn daselbst eine rauhe Erhabenheit vorkommt
(Protuberantia cotyloidea), so können die Nerven und Ge-*
ßisse, welche zum Huftbeinloche verlaufen, gedrückt werden,
und Taubheit, Schmerzen im Oberschenkel bedingen. Dies ge*
sdiieht beim Drucke des Kindskopfes. Mit der Aenderung
der Kopfstellung hören manchmal auch die gedachten Erschei*
nungen auf.
Von unten nach oben zum Pfannentheile führen ein oder
zwei mittelgrosse und mehrere kleine Gefässkanäle. Ausser
der Erhabenheit des Pfannengrundes liegt dann auch noch
der Sitzbeinstachel subfascial; alle übrigen Theile der Zone
dienen dem Musculus obturatorius internus, der Sitzbeinstachel
auch dem Ligam. spinososacrum und Muse, coccygcus zum
Ansätze. Die zwei anderen Zonen entsprechen denen der vor-
deren Fläche; sie sind ebenso lang, aber etwas breiter als
diese. Die mittlere Zone ist nach rückwärts gewöhnlich von
Faserknorpel überzogen und durch knorplige Riffe in 2 — 4
Furchen gelheilL Zuweilen ist auch der Knochen an dieser
Stelle gefurchL Ein mitlclgrosser und mehrere kleine Geiass-
kanäle sind zur Pfannengegend und dem Sitzbeinhöcker nach
oben gerichtet. An dieser Zone setzt sich gleichfalls der
Muse, obturatorius internus an; die Furchen entsprechen der
gespaltenen Sehne des Muskels. Zwischen dem knorpligen
Ueberzuge und dem Muse, obturatorius kommt constant ein
Schleimbeutel vor.
Die unterste Zone ist gleichfalls etwas breiter als die
entsprechende vordere. Sie ist bei Frauen schmaler als bei
III. Sckwegelf Beiträge zur Anatomie des Beckens. 95
Männern. Ihre Crnährungskanäle siud klein und zum Sitz^
beinhöcker gerichtet. Am unteren Rande dieser Zone kommt
ein seichter Halbkanal vor, in welchem die Schamgefasse
und Nerven eingebettet sind. In dieser Zone sind die Nerven
und Gefässe von Weichtheilen wenig geschütz und können
bei der Frau dmxh den Kindskopf in der Geburt und im
Sitzen gedrückt werden, worauf Schmerz, Taubheit in d^
Buthe und weiblichen Scham eintritt. Mit einem geringen
Theile entspringt von hier der Musa obturat. intern.
Aus dem Zusammenstosse der rückwärtigen Fläche des
Sitzbeins mit der unteren des Darmbeins einei*seits und mit
der rückwärtigen des Schoossbeines andererseits gehen zwei
schiefe Beckenllächen hervor. Die Neigung der Ersteren zum
Horizonte beträgt 65 — 75^, der Letzteren 50 — 60®. Die
äussere Fläche wird öfters von der äusseren Darmbeinfläche
durch eine 4 Centim. ober dem Sitzbeinstachel zur Mitte des
Pfannenrandes verlaufende rauhe Erhabenheit getrennt Sie
biegt sich unten nach innen, und fliesst mit der inneren
Fläche des Schoossbeines zusammen. Die Fläche wird in
drei Zonen abgetheilt. Die oberste bildet zum Theil den
Pfannengrund. Von Emährungslöchern kommt ein grosses
und mehre kleinere mit der Richtung nach oben vor. Von
der Zone nehmen Ursprung der Musculus gemellus supei^ior,
theilweise die Hüftgelenksbänder und die Kapsel. Ueber
die Zone verlaufen durch die vordere Incisura der Musculus
obturatoriusexternus, durch die Incisura ischiadica minor(inferior)
der Muse, obturat. extern.; und durch die Incisura ischioiliaca
der Muse, pyriformis, um zur Fossa trochanterica zu gelangen.
Die mittlere Zone ist nach unten gekrümmt, etwa 6 Centim.
lang und 3 Centim. breit, hat zwei Paare aufeinander-
folgender Facetten. Die oberen Facetten sind meist concav
und glatt, die unteren convex und rauh. Die oberen Facetten
fliessen manchmal in eine zusammen, indem die mittlere Er-
habenheit fehlt. Die äussere Facette dient dem Musculus
quadratus femoris, semimembranosus und semitendinosus, die
Innere dem Muscul. biceps femoris und gemellus inferior zum
Ansätze. Die Sehne des Biceps geht über ins Ligamentum
tuberososacrum. Die äussere des unteren Paares dient dem
MuscuL adductor magnus, die innere den Ruthenschwell-
96 lU- Schwegelf BoitrSge zur Anatomie des Becken«.
körpern, dem Muse, ischiocavernosus und (ransversus zum
Ursprünge. An den Facetten kommen mehrere kleine Ei^
näbrung^öcher vor. Die ganze Zone liegt oberflächlich ooler
der Haut, besonders kann deren innerer Rand leicht befühlt
werden, da nur die Sehnen der genannten Muskel sich daseibist
inseriren. Beim Strecken und Abduciren des Oberschenkds
wird der Sitzbeinhöcker dieser Zone dicker von Muskeln aus-
gepolstert als es in der Beugung und Adduction gescbiefaL
Deshalb wird bei der europäischen Sitzweise mit gebeugten
und angezogenen Oberschenkeln der Sitzbeinhöcker oberüäch-
licher als bei der orientalischen zu stehen kommen. Die
unterste Zone ist etwa V lang, beim Weibe 4'", beim Manne
6"' breit. Bei der Frau ist sie überdies sehr zur rückwär-
tigen Fläche geneigt. An ihr setzen sich die Schwellkörper
der Ruthe und des Ritzlers an.
Der vordere Rand besteht aus zwei Cförmigen Krnm-^
mungen, die durch die Incisura subglenoidalis abgetheilt sind.
Der rückwärtige Rand ist ^förmig gekrümmt. Der
Theil über dem Sitzbeinstachel hilft mit der Incisura iliaca
inferior die Incisura ischiadica major oder ischioiliaca bilden.
Unter 200 Hüftbeinen beobachtete ich 25 Mal 2—4 Centim.
über dem Sitzbeinstachel einen breit aufsitzenden, von aussen
nach innen abgeplatteten, 1 — 2'" hohen Stachel — Spina
ischii accessoria. In solchen Fällen trug das Sitzbein gar
nicht zur Incisura ischiadica, besser ischioiliaca bei und es
hatte nur eine Incisura ischiadica superior und inferior oder
die gewöhnliche minor. An frischen Becken hatte ich auch
3 Mal Gelegenheit von der genannten Spina ischii accessoria
ein Ligamentum spinososacrum superius darzustellen, das mit
dem Ligamentum spinososacrum sieb vereinte und ein Fora-
men ischiadicum medium entstehen machte. In den besagten
drei Fällen verliefen durch das Foramen ischiadicum inter-
medium der Musculus pyriformis, der Nervus glutaeus inferior,
cutaneus femoris posterior und ischiadicus und die Arieria
ischiadica zum Gesäss und Oberschenkel hinaus. Der Stachel
entsteht aus einem eigenen Ossificationspunkte.
Der innere Rand, Cförmig gekrümmt, abgerundet, hat
einen oberen und unteren Theil, welche unter einem Winkel
zusammenstossen. Dieser Winkel ist bei den Frauen grösser
III. Schwegelt Beitrafi^e znr Anatomie des Beckens. 97
als bei den Mäiuiern. Nahe der oberen SiU-Schoossbein-
▼erbindung, nur seilen 3 — 4'" unter ihr, kommt manchmal ein
1 — 2"' hoher Stachel vor, welcher den Halbkanal, Semicanalis
puboischiadicus, für die Hüftlochgeiasse und Nerven von unten
begrenzt Ueberdies kommen am inneren Rande sehr oft
Osteophyte und Verknöcherungen vor, welche besonders
dann nicht leicht von den physiologischen Stacheln zu unter-
scheiden sind, wenn sie an Punkten vorkommen, wo die
Letzteren gewöhnlich aufsitzen. Das Sitzbein ist oben mit dem
Darm- und Schoossbein bis zum 18. Jahre knorplig, später
knöchern, auf gleiche Weise unten mit dem Sitzbeine verbun-
den. Die obere Y(»*bindungsfläche ist höckrig, etwa 1 Centim.
breit und winklig gekrümmt. Ihr innerer Theil stösst ans
Schoossbein, ihr oberer, der zugespitzt in den vorderen Ge-
lenksrand ausläuft, ist mit dem Darmbeine verbunden. Die
vordere Fläche ist oben grubenförmig vertieft und bildet einen
Theil der Pfanne. Dieser Theil der Pfanne ist concav, fast
trapezförmig, wenn man von der Krümmung des Gelenks-
randes absieht; er besteht aus zwei Hälften: einer äusseren,
2 Centim. breiten und 5 Centim. langen und einer inneren
tiefern, nach innen mit dem Ausschnitte versehenen Hälfte —
die Pfannengrube — Fossa acetabuli. Nur in sehr seltenen
Fällen wird die Gelenksgrube anstatt des Ausschnittes durch
eine spitzwinklige Kante abgegrenzt. Ich besitze zwei Hüft-
beine, welche keine Ausschnitte der Gelenksgrube darbieten.
In einem davon war auch keine Fossa acetabuli vorhanden.
Bemerkenswerth ist es auch, dass die innere und obere Grenz-
linie der Fossa acetabuli mit den Verbindungslinien des Sitz-
beines mit Schooss- und Darmbeine zusammenfallen. Die Fossa
acetabuli ist 4 Centim. hoch und 3 Centim. breit. An ihr
sind viele Gefasskanäle zu bemerken. Die Dicke des Knochen
zwischen der Pfannengrube und der rückwärtigen Sitzbein-
fläche beträgt 0,ö — 1 Centim. und wird in der Mitte der
Grube auch durchscheinend dünn. Noch bleibt es übrig des
Loches zu erwähnen, das an dem inneren oberen Winkel der
Pfannengrube vorkommt Da in diesem Punkte die drei Hütt-
beintheile zusammenstossen, so betrachte ich es als mangel-
hafte Entwicklung dieser und Fehlen eines interstitiellen
Ossificationspunktes .
MonatMchr. f. Gebartik. 1861. Bd. XVUI., Buppl.-Hfl. 7
93 UI* Sciiwegelt Boitrag^o cur Anatomie des Bcckcri;*.
Die untere Verblndungsfladie des Sitzbeins ist liöckrig.
Die Yerschnielzungslinie vcHaiiflL schief von innen unten nach
nussen oben, gcwübniich unmerklicli , manchmal durch eine
rauhe Erhabenheit bezeiclinet.
Nachdem schon im Vorausgescliickten hier und da über
die Grösse einiger Knochenflächen gesprochen worden , erübrigt
es nur noch Einiges Ober die Grosse, die Dicke und die
Structur hier anzuschliessen.
Die Hube des Sitzbeins wird ziemlich richtig ausgedrückt
durch das Maass vom Sitzbeinhuckor bis zur Grenzlinie
zwischen dem grossen und kleinen Becken. Diese Linie
beträgt, wie Krause auch angiebt, beim Manne 4*^, beim
Weibe 3" 6'". Die Umfangslinie des Sitzbeines in der Beckwi-
weile beträgt biim Manne durchschnittlich 4 Zoll 8 Linien,
beim Weibe 5 Zoll. Die unteren Sitzbeintheilc des mann-
liehen und weiblichen Beckens sind in der Breite nicht, wohl
aber nach der Dicke — von vorn nach hinten, verschieden,
indem die männlichen dicker als die weiblichen sind. Die
Breite zwischen der Incisura subglenoidalis und ischiadica mi-
nor beträgt in beiden Geschlechtern bei 1" 3'*', zwischen In-
cisura ischiadica major und jener l'^ dagegen zwischen der
Incisura obturatoria und ischiadica major beim Manne 1''8*,
und 2" 4'" beim Weibe, am Silzbeinhöcker 1^ Demnach
ist das weibliche Sitzbein niedriger und breiter als das
männliche.
Die Struclur des Sitzbeines ist meist feinzellig. Der Win-
kel des inneren Randes hat eine 1'" dicke compacte Rinden-
substanz; allein der Sitzbeinhucker ist wieder feinzellig. Dann
bclrägl die compacte Rindensubstanz der Incisura ichiadica
major, minor, des Pfannengrundes V2 — l'" Dicke; an den
übrigen Stellen ist die Structur durchaus feinzellig.
Aus dem Gesagten ergiebt es sich, dass das Sitzhein von
Weichtheilen gegen die äusseren Gewaltthäligkeiten meist gut
geschfilzt ist und deshalb wird es überhaupt selten gebrochen.
Am oberflächlichsten liegt der untere Sitzbeintlieil und da er
zugleich dünner und schwächer ist als der obere, so wird er
auch öfters als dieser brechen. Wegen ihrer Dünnheit bre-
chen dann die Pfanne und insbesonders die Pfannengrube.
Der Sitzbeinhucker als gekrümmteste Stelle des Sitzbeines ist
in. Schweffei, Beiträge cur Anatomie des Beckens. 99
deshalb zürn Bruche weniger geeignet, weil er dick ist und
durch compacte Rindeusubslanz Terstärkt wird. Die Stellen
der Sitz-, Darm- und Schoossbeinverbindung brechen insbe-
sondere vor dem vollendeten Wachslhume, so l&n3;c keine
voUkonimeue knöcherne Verschmelzung stattfindet.
C. Das Schoossbcin.
Das Schoossbein ') wird in einen oberen und einen un-
teren Theil abgetheilt, da es meist aus zwei Hauptknochen-
punkten entsteht. Nur für solche Fälle ist es richtig, den
oberen Theil für den Körper, den unleren für den Ast zu
hallen, wo es aus einem Hauptknocbenpunktc entsteht, was
seltener vorkommt. Auch ist es nicht richtig, das mittlere
Slfick als Körper zu erklären, da es aus keinem eigenen Ossi-
ficalionspunkte, sondern nur aus der Verschmelzung der Bei-
den hervorg**gangen ist. Petit^) hat Körper und zwei Aesle
am Schoossbeine unterschieden.
Die Flächen und Ränder der Schoossbeintheile sind — mit
geringem Unterschiede sowohl in der aufrechten als sitzenden
Stellung — vordere, rückwärtige und untere.
Die vordere Fläche zerfiUlt durch den am inneren Vier-
tel der Fläche vorkommenden Höcker (Tuberculum pubicum)
in zwei Abtheilungen. Die äussere Abtheiiung ist von aussen
nach innen concav — bei Frauen mehr als bei Männern, von
unlen nach oben convex, nach aussen breit, rauh und ge-
wulstet, schmal und glalt nach innen. Der Wulst verläuft
von unten längs des Pfannenrandes nach oben, und zwar in-
nen von, der Verschmelzungslinie dos Darm- und Scliooss-
beines, so dass gar nicht oder nur unbedeutend das Darmbein
an der Bildung des genannten Wulstes Anlheil nimmt. Die
Wulslimg reicht nicht bis zm* Linea terminalis, sondern hört
2 — 3 Linien vor ihr auf. Da die rauhe Wulstung eine längere
Ausdehnung hat, so wird sie ricliliger Eminentia iliopubica
als Tuberculum iliopubicum benannt, von welchen die erstere
1) Anstatt dos wenig passenden Nnmens „Schambein'* iTirJ
]i8c1iooss- oder Sclilossbuiu" gebraucht.
2) Petit 1. c.
7*
100 III- Schtjoegel, Beiträge zur Anatomie des Beckens.
Bezeichnung Henle ^) auch beibehalten hat. Diese Eminentia
begrenzt nach innen die Incisura iliaca anterior inferior,
bildet den Boden der Lacuna muscularis. An ihr, meist
in der Mitte zwischen dem Pfannenrande und Schoossbein-
kämme, kommen 1 — 6 Linien hohe Stachel vor. Ich fand
sie vergesellschaftet mit Osteophyten der Umgebung als patho-
logische Erscheinungen eben so häufig, wie als angeborene
Abweichungen aus Bildungsübermaass. Die Eminentia pubica
wird vom Musculus iliopsoas theilweise bedeckt; die Arteria
und Vena femoralis laufen über sie hinweg. Sie dient selbst
keinem Muskel zum Ursprünge und ein zufällig ihr aufsitzen-
der Stachel ist hiemit nicht eine Spina oder ein Processus
muscularis des Muscul. psoas minor, wie Lamll^) meint;
am allerwenigsten aber dann, wenn er durch Zerrung entstan-
den sein soll. Der Psoas minor inserirt sich an die Fascia
iliaca dort, wo diese an die Linea terminalis tritt. Die Sta-
cheln werden, da sie überpolstert und von der Grenzlinie
entfernt sind, nur bei einer abnormen Beckenneigung die
Beckenorgane verletzen können. Uebrigens wären bei einem
Drucke auf die genannten Stachel auch die Schenkeigefasse
gefährdet. Der Wulst am Pfannenrande dient dem Limbus
fibrosus, den Yerstärkungsbändern des Hüftgelenkes zum Aa-
satze. Die untere Hälfte der in Rede stehenden Abtheilung
dient dem Musculus pectineus zum Ansätze. Die obere Hälfte
wird nur von der Beinhaut überzogen, die Fascia iliopectinea
ist über sie ausgespannt, und bildet das Ligamentum pubicum
proprium Cooperi und Gimbernati, wodurch die Concavität
dieser Abtheilung vermindert wird.
Der obere Rand ist meist scharfkantig, seltener abge-
rundet, zuweilen auch mit Stacheln versehen. Auch an diesen
Stacheln setzt sich kein Muskel an, sie sind gewöhnlich Ent-
wickeluGgsabweichungen, und als pathologische Erscheinungen
kommen sie meist nur dem höhern Alter zu. Der scharfkan-
tige Rand mit den Stacheln kann wegen seiner subfascialeo
Lage die angedruckte Gebärmutter verletzen. Darauf hat schon
1) HefOe 1. c.
2) Vierteljahrssohr. f. praktische Heilkunde, 1. Bd., 1855, Prag.
III. Schwegel, Beiträge znr Anatomie des BeckoDS. IQl
Küian^) aufmerksam gemacht. Die Ernährungslöcher dieser
Ahtheilung sind durchaus klem und besonders längs * der
Eminentia pubica zahlreich.^)
Ihre Länge — von innen nach aussen — beträgt 2" bis
2" 6^^; und zwar bei Frauen mehr als bei Männern. Da
diese Abtheilung den Boden der Lacuna vasorum bildet, dem-
nach diese bei den Frauen grösser ist, und das Septum crurale,
die Bindegewebsscheiden der Gefasse und das Ligamentum
Gimbernati deshalb einen grossem Widerstand bei der Frau
als beim Manne zu ertragen haben, da überdies diese die
Lacuna vasorum verstopfenden und überziehenden Theile bei
der Frau auch schwächer als beim Manne sind: so kommen
auch bei Frauen die Schenkelbrüche häufiger als bei Männern vor.
Die innere Abtheilung der vorderen Fläche ist unregel-
mässig vierseitig, 8 — 12'" lang, rauh und mit kleinen Emährungs-
löchern versehen. Nach vorn aussen ragt der Schambein-
höcker — Tuberculum pubicum, bei Crive^) auch spinosum
genannt. In seltenen Fällen ^ist dieser auch zweigetheilt,
indem innen von diesem, nahe der Symphysis oft ein kleiner
Höcker beobachtet wird — Tuberculum pubicum minus oder
internum. Von dieser Abtheilung entspringen der gerade und
p}Tamidenförmige Bauchmuskel, das Ligamentum ihopubicum
mit Sehnen des äusseren schiefen Bauchmuskels, das Liga-
mentum Gimbernati und der Musculus graciHs.
Die rückwärtige Fläche liegt in ihrer ganzen Ausdeh-
nung subfascial, ist glatt, von aussen nach innen concav, von
oben nach unten bald convex bald concav. Der Abstand der
Sehne von dem tiefsten Punkte der transversalen Krümmung
misst 2 — 4"' und zwar beim Manne weniger als beim Weibe.
Die grösste Krümmung fallt in ihr mittleres Drittel. Eine
geringe Krümmung dieser Flächen beim Weibe erzeugt eine
eigene im Eingange verengte Beckenform, die sich dadurch
kennzeichnet, dass die Microchordae um 1 — 2'" kürzer sind.
Ist die Krümmung blos einerseits geringer, so entsteht ein
1) Schilderongen neuer Beckenformen nnd ihres Verhältnistes
im Leben, von Dr. Hermann Franz Kilian. Mit 9 lithogr. Tafeln.
Mannheim 1864.
2) Petit 1. c.
3) Cr4ve 1. c.
102 ni. ScJiucegel, Bcitrugo zur Anatoinio des I^cckcns.
geringerer Grad von Scbragverenglheit. Besonders wird eine
gelinge Krfmimung der gedaclilen Flüchen bei den gerad-
eliipiischen und viereckigen Beckenformen gefunden. Auch
Levrefs^) Femmes barrees hatten wahrscheinlich derartig
flache Schoossbeine.
Die untere Fläche ist spiralfürmig von hinten aussen
nach vorn innen gekrümmt. Ihr äusserer concaver Tbcil
bildet einen von der inneren Seilenwand des kleinen Beckeos
schief nach aussen und vorn fuhrenden Va" breiten Halb-
kanal, in welchem die Huflgefasse und Nerven verlaufen.
Ihr innerer Theil, der in die vordere Fläche übergeht, dient
dem Muse, obturator. extern., Adductor iougus und brevis
und Muscul. gracilis zum Ansalze. Am rückwärtigen Rande
sind nicht selten kleine Stachel zu fmden; zwei Mal erreich-
ten sie die Länge von 1 — IVa"- ^i® kommen meist nur in
hohem Alter vor und sind aus Verknöcherungen der Mem-
brana obluratoria entstanden anzusehen.
Ueber die Länge des oberen Scboossbeintlieiles bleibt
noch zu bemerken, dass sie beim Manne 5 — 7 Centim., beim
Weibe dagegen 7 — 9 Cenlim. beträgt Die längeren oberen
Schoossbeiulheile bewirken theilweise, dass die Beckenqucrdurch-
mcsser und die vorderen oberen Beckenausscbnilte beim Weibe
weiter als beim Manne sind. Die Kürze der oberen Schooss-
beintheile bedingt manchmal die stumpflierzförmige und gerad-
elliplische Beckenform. Eine ungleiche Länge derselben ver-
ursacht eine eigene Art von geringer Beckennsymmelrie.
Die obere Verbindungsfläche ist nach aussen gekehrt,
längs elliptisch. Ihre rückwärtigen zwei Drilttheile sind liöck-
rig und slossen ans Sitz- und Darmbein. Ihr vorderer Dritt-
tlicil ist ausgehöhlt und bildet ein Achtel der Pfannenfläche.
Die vordere Fläche ist oben ly^ — l?/^" beim Weibe
und 1" beim Manne breit. In der Mitte, gleich unter der
Schoossbeinverbindung ist sie beim Weibe 6 — 8 Linien und
unten 8 — 10 Linien, und beim Manne sowohl in der MiUc
als unten 9 — 10 Linien breit. Dann ist diese Fläche von
oben nach unten beim Weibe mehr gekrümmt als beim Manne.
Die Ernährungslöcher kommen meist in der Nähe der Schooss-
1) Levret 1. c.
III. Schwejel, Beiträge zur Anatomie des Beckens. 103
beiuverbindung vor. Zum Ansätze dient sie dem Musculus
gracilis, obluratorius cxternus, adductor longus und brevis.
Die rückwärtige Flache ist mit ihrem oberen breiten
Theile subfascial. Ihr unterer Theil ist 3 — 5 Linien breir,
gegen den äusseren Rand rauh, dient dem Muscul. obturator.
intern, und dem musculosen Beckendiaphragma zum Ansalze.
Die Fläche geht nach oben in die rückwärtige Fläcbe des
oberen Schoossbeinlheils, nach unten in die rückwärtige Fläche
des unteren Silzbeinstückes über und bildet mit den über das
Huflbeinloch ausgespannten Weichiheilen die vonlere schiefe
Beckenüäche, deren Neigung zum Horizonte 50 — 60^ misst.
Die untere Fläche ist nach innen und zugleich nach
rückwärts gekehrt und scheint nur eine Facette der rück-
wärtigen zu bilden. Beim Hanne ist sie breiter als beim
Weibe. Diese Flächen mit den gleichnamigen des unteren
Sitzbeinslückes begrenzen den unteren vorderen Beckenaus-
schnitt. Die Flächen sind zum Horizonte im Weibe 45—50^,
im Manne 40 — 45*^ geneigt; der Winkel, den die beider-
seitigen Flächen bilden, misst beim Manne 80 — 90^, beim
Weibe 90 bis 100^
Die Flächen, welche zur Verbindung der Schoossbeinc
untereinander dienen, sind gleichsam die Fortsetzungen der
unteren Flächen. Sie messen in die Länge 1 Zoll 6 Linien
bis 1 Zoll 9 Linien, in die Breite 6 bis 9 Linien.
Beim Manne sind sie gewöhulich länger als beim Weibe,
nach oben breiter als unten, fast gar nicht gekrümmt oder
nur unbedeutend ausgehöhlt. Ihre Oberfläche ist glatt und
nur iiann, wenn die Epiphysis wegfallt, kleinböckrig.
Der untere Schooi^sbeintheii ist vom Sitzbeine nicht
deutlich geschieden. Die Verschmelzungslinie liegt in der
Mitte zwischen dem obern Rande der Schoossheinverbindung
und dem Sitzbeinhocker; manchmal ist sie durch eine von
aussen oben nach innen unten verlaufende rauhe Erhabenheit
und durch dichte Knochensubstanz bezeichnet Es muss be-
merkt werden, dass nicht die sclmiälslen Stellen der Aus-
schnittschenkcl der unteren Vereinigung des Schooss- und
Sitzbeines entsprechen. Die Länge der unteren Schoossbein-
theilc vom oberen Rande ihrer Verbindung untereinander
bis zu* unteren Schooss - Sitzbeinverbindung beti*ägt beim
X04 ^- Schwegel, Beiträge zar Anatomie des Beckens.
Manne 2", bei der Frau 1%". Aus dem Zusammenflusse des
Schooss- und Sitzbeines entsteht das Hüilbeinloch. Dieses
ist beim Manne höher als bei der Frau, weil bei Ersterem
die dasselbe umschliessenden Knochen höher smd; dagegen
ist es bei der Frau breiter, wegen des längeren oberen Schooss-
beintheils und zugleich auch grösser wegen der schmalem
Knochen. Aus dem gleichen Grunde, wie das Septum crurale
ist auch das Septum des Huftbeinloches bei der Frau weniger
Widerstand einem Drucke zu leisten im Stande.
Die Dicke der Schoosbeintheile variirt zwischen 4 Linien
bis 1 Zoll. Vom inneren Winkel des Huftbeinloches gegen
die Schoossbeinverbindungsfläche nimmt der Knochen von
3 — 8 Linien zu. Der untere Schoossbeintheil ist in der Mitte
von vorn nach rückwärts 4 Linien dick; gegen die untere
Verschroelzungsstelle wird er wieder dicker. Die Dicke des
oberen Theiles nimmt Ton der Symphysis zum mittleren Dritt-
theile ab, diesser misst 6 — 7 Linien, und erreicht an der
oberen Verschmelzung die Dicke von i".
Die Structur ist meist feinzellig, nur das mittlere Drittel
des oberen Theiles hat 1 Linie dicke compacte Substanz.
Mit Rucksicht auf die Krümmung, Dicke und Structur
der einzelnen Schoossbeintheile wird es wahrscheinlich, dass
ein Bruch des oberen Astes in schiefer Linie von oben innen,
als der grössten Krümmung, nach unten aussen zum Semi-
canalis obturatorius verlaufen wird. Diese BruchUnie geht
durchgehends in poröser Knochensubstanz, trült die grössten
Krümmungen und die dünnsten Stellen des Knochens. Die
Brüche des unteren Schoossbeintheils sind meist ti*ansversal,
und kommen 3 — 4 Linien unter der Symphysis vor, weil er
daselbst am dünnsten und schmälsten ist. Ich sah Fracturen
an benannter Stelle und Direction acht Mal an der Leiche.
Darunter war ein Mal blos der untere Schoossbeintheil ge-
brochen, woraus hervorgeht, dass der Bruch des einen Theiles
mit dem des anderen nicht nothwendig complicirt sein müsse.
Wird schliesslich Dasjenige aus der Abhandlung zusam-
mengefasst, was als eine Erweiterung der Beckenanatomie
angesehen werden kann, so besteht es im Folgenden, als:
1) Es werden mehrere bisher unbekannte Abweichungen
der Beckenknochen beschrieben, wie: ein Tuberculum
III. Schwegel, Beiträge sur Anatomie des Beckens. 105
ilii anterias imum, eine Spina accessoria ischii, die
spiralige Vereinigung der Wirbelbogenhälften, die Stachel
der vorderen Kreuzbeinfläche, einige Höcker der seit-
lichen Kreuzbeinflächen, überdies die schiefen Flächen,
die Krümmung und Grösse und die Geschlechtsverschie-
denheiten näher berücksichtigt
2) Auch wird hervorgehoben, dass die Länge, Breite, Höhe
und Krümmung der einzelnen Beckenknochen ein wesent-
liches genetisches Princip der Beckenform sind ; es wird
nachgewiesen, dass eine verschiedene Grössenentwick-
lung der Knochen nicht nur die hohen, niedrigen, gros-
sen, kleinen und querelliptischen Becken bedinge, son-
dern auch geringere Grade von quer-, schräg-, gerad-
verengten Becken und ebenso stumpfherzförmige , ge-
radelliptische, vorn oder rückwärts flache, bauchige,
trichterförmige und rechtwinkelige Becken durch die
verschiedene Grösse oder Krümmung einzelner oder
aller Beckenknochen ohne Textur- und Juncturerkran- ,
kung derselben erzeugt werden.
3) Dann werden aus der Dicke, Krümmung, Textur und
Lage der Knochen die Stellen und Richtungen bestimmt,
in welchen sie am ehesten brechen.
4) Ferner werden einige accessorische Verbindungen zwischen
Kreuz- und Hüftbein, zwischen - diesen und dem fünften
Lendenwirbel, ein Ligamentum iliacum proprium, ein
Ligamentum spinososacrum accessorium und mehrere
Schleimbeutel der rückwärtigen Kreuzbeinfläche und der
Incisura subglenoidalis ischii zum ersten Male angeführt.
5) Hernach werden die subfascialen Knocbenpunkte bestimmt,
wo die Nerven und die Gebärmutter einen Druck erlei-
den können, und wird gezeigt, dass sich die Knochen-
gefasse hauptsächlich um die Verbindungsenden, Ränder,
Höcker der Knochen verästeln.
106 IV. Cohen i SubcatADo Myotomie des Constrictor cnnni
IV.
Subcutane Myotcmie des Constrictor cnnni
zur Verhtltung des Dammrisses.
Von
Dr. H. M. Cohen in Hamburg.
In meiner Arbeit über die Lagerung der Gebärenden
(abgedruckt im Bericht über die 35. Versammlung deutscher
Aerzte in Königsberg im Jahre 1860) habe ich vorläufig mit
wenigen Worten meine Ansicht über die wahre Pathogenese
des Dammrisses veröfTentlicIiL Ich verwarf in derselben die
bis jetzt gültige Lehre, dass der Dammriss primär von der
zu sehr ausgedehnten Perinäalliaut entspringe, als unguUig,
und legte als primäre Ursache das Einreissen der Fascien
und Muskeln aAi Ausgange der Vagina (der Fascia superficia-
lis, des Constrictor cunni und der Fascfa profunda) als den
3 Graden der Dammrisse anatomisch genau entsprechend,
dar. Indem ich die Motivirung dieser meiner Palbogenese
des Dammrisses mir für eine besondere Arbeit über Damm-
risse vorbehalte, habe ich hier nur eine subcutane Myotomie
des Constrictor cunni in Vorschlag zu biingen zur Verhütung
dieses Unfalls, wo er durch fötale Kopflage oder Becken-
beschanenheit der Mutter zu erfolgen droht. Der im selben
Augenblick eintretende Erfolg dieser Myotomie in den beiden
Fällen, in welchen ich sie vornahm, war die Beseitigung einer
jeden Spannung im Perinäum, so dass jede Befürchtung eines
Einreissen des Dammes augenblicklich gehoben war.
Um aber dem Leser, dem vielleicht nicht der oben-
bemeldetc Bericht über die 35. Versammlung in Königsberg zu
Händen ist, meine Ansichten über den Vorgang bei dem Ein-
reissen des Dammes und die hieraus resultirende Gedanken-
folge, zur Verhütung desselben eine subcutane Myotomie des
Constrictor cunni vorzunehmen, darzulegen, erlaube ich mir.
den Salz in dem Berichte der Versammlung, der hierauf Bexug
hat, wörtlich zu wiederholen:
sar Vcrhutnng des Dammrisses, 107
„Der Damroriss, der bisher falscblich dem Einreissen
der Haut abseiten der Durcliroesser des eintretenden Kopfes
beigemessen wurde, basirt auf ganz anderen Ursacben'S —
„Es sind al)er die Muskelpartieen um den Eingang der
Vagina san^nt den beiden Fascien, die ihren Knotenpunkt
in der Clitoris haben, welche zuerst in ihrem unter der Vagina
ließndliclien Tlieile einreissen, und die durch die innige Ver-
bindung der Fascia superficialis mit der bedeckenden Epi-
dermis, femer durch die Verbindung der Fascia profunda mit
dem Reclum die 3 Grade des Darnimrisses bewirken. Es
zerreissen die Fasern und Muskeln zuerst und secundär mit
ihnen die Perinaealhaut. Der Vorgang des Dammrisses ist
nämlich folgender: Schwingt der vorhegende Theii sich nicht
um den Arcus oder drängt der vorliegende Theil in einer
plötzlichen und stürmischen AVehe oder bei mehr männlichem
und spitzem Winkel des Arcus, bei Querlagerung des Längen-
durchmessers des Kopfes, bei Zangenopera lionen und Wen-
dungen, wenn der bis jetzt andauernde Widerstand plötzlich
nachlässt und man nicht genügend auf die Schwingimg und
keine zu grosse Kraftanwendung und Raschlieit bedacht ist,
so ziehen sich die Längenmuskeln des Conslrictor cunni und
Ischiocavernosus sammt den beiden Fascien desto kräftiger
zusammen, je plötzlicher und kralliger die austreibende Ge-
walt ist."
„Der Theil dieser Muskeln und Fascien aber unter und
neben dem Arcus ist dann nicht ausgedehnt, nicht verdünnt,
an Kraft weit den Theil der Muskeln und Fascien überwiegend,
der unter der Vagina sich befindet, und im Durchtreten
des Kopfes durch die äussere contractile Oeffnung
reisst der obere kräftige Theii den unteren und
ausgedehnten ein. Bis dahin hatte die Gontraction der
Längenmuskeln sammt der Fascien antagonistisch die Kraft
der transversellen Muskeln überragt: mit dem Moment der
Zerreissung dei*selben tritt antagonistisch die Kraft der trans-
versellen, des Transversus perinaei, und hei tiefen Einrissen
auch des Levator ani ein , und bilden auf erschreckende Weise
das weite plötzliche Klaffen/*
Diese Gefahren bedrohen mit seltenen Ausnahmen nur
die Erstgebärenden, und wie bei Mehrgebärenden die Eröifnung
108 ^^' Coheriy Sabcntane Myotomie des Constrictor cnnni
des Muttermundes und das Einschneiden sammt der EotwidLe-
lung des Kopfes ein unvergleichlich leichteres ist als bei
Erstgebärenden, so ist auch der Dammriss bei Ersteren fast
nie zu befürchten. Suchen wir nun den Vorgang genau zu
ermitteln, wodurch die Natur den Mehrgebärenden diese Er-
leichterungen yerschaffl, und die Beseitigung der Gefahren des
Dammrisses erwirkt, (denn offenbar ist es ein und derselbe
Process, der diesen einzelnen Momenten zu Grunde liegt) so
wird sich daraus auch ergeben, zu welchen Mitteln die Kunst
greifen müsse, um den Gefahren des Dammrisses vorzubeu-
gen, sie unmöglich werden zu lassen.
Wir sehen nach jeder ersten Geburt, sie mag noch so
leicht vor sich gehen, dass die Form des Muttermundes eine
Umwandlung erlitten hat. Narben und Einrisse sind zuver-
lässige und notliwendige Rückbleibsel einer Geburt. Dass
diese Narben aber nicht durch die Grösse der Durchmesser
oder durch die unnachgiebige Härte des durchdringenden Kör-
pers hervorgebracht worden, ist dadurch zweifellos erwiesen,
dass auch durch Abortus und den Durchgang fibröser Polypen
bei welchen weder die gewaltigen Durchmesser noch die Harte
des eindringenden Theils es bewirken konnten, JNarben und
Einrisse zu Stande kommen. Es sind also diese Einrisse
ein selbstständiger aus der der Muskelfaser eigenthümlichen
Contraction hervorgehender dynamischer Process, ein selbst-
ständiges Einreissen glatter Muskelfasern, wie wir sie auch
bei quergestreiften Muskelfasern beobachtet haben (z. B. am
Rectus femoris, wenn bei einem Ausgleiten des Fusses auf
einer abschüssigen Ebene der hierdurch gebotenen Ver-
längerung dieses Muskels der instinctive Wille durch die Con-
traction desselben heftig entgegentritt.^) Es ist daher das
Einreissen am Muttermunde ein aus dem Wesen der Muskel-
fasern entspringender Process, wenn einem Drängen von oben
vermittels der Längenfasern (also in perpendiculärer Richtung)
die Contraction der Circulartasem von unten her in entgegen-'
gesetzter (transverseller) Richtung sich entgegenstemmt
1) Also derselbe Vorgang, deu ich oben for den Dammriss
beseiohnete, Contraction des Constrictor cnnni im Oegensats
gegen die von der ansireibenden Kraft bezweckte Ausdebnong
(Verlängerung) desselben.
zur Verhütaog des Dammrisses. 109
£s ist aber nur die circulare Endfaser, oder eigentlich
Endfaserbiindel , welche von der Längenfaser nicht bedeckt,
von ihr unbehindert, vor allen übrigen die sphincterische oder
stricturartige Contraction vermittelt, also von der Innervation
der Langenfaser keinen Hemmungs- Apparat enthält, nicht der
gewöhnlichen Stabilitätsneurose unterliegt, sondern einzig und
allein seiner Innervation, seiner Contraction gehorcht,^) und
nur durch, überwiegende Contraction der über ihr hegenden
Längenfasern erweitert oder wie am Os uteri und dem Introitus
vaginae zemssen wird. Anatomisch habe ich dies bisher an
allen Sphincteren makro- und mikroskopisch ohne Ausnahme
vorgefunden, während die Natur zugleich, wie wir es jetzt
chinn^gisch mit Recht nachahmen, durch ein Uebersäumen
der Schleimhaut nach Aussen einer jeden zu strengen Schlies-
sung vorbeugt. Gynäkologisch haben einzelne Fälle, die nur
bei Erstgebärenden vorkommen, mir diesen Satz aufs Kräftigste
bestätigt. Es giebt nämlich bei Erstgebärenden seltene Fälle,
in denen trotz schmerzhafter und häufiger Wehen der Mutter-
mund sich durchaus nicht öffnet, dem nicht sehr geübten
Finger der Muttermund verwachsen scheint.^) Hier ist es
1) Hierher gehört auch die bisher exact nicht vermittelte
Ursache der stetigen CoDtraction der Sphincteren.
2) Die Verwachsung des Muttermundes, über welche sich
Seanzoni vorsichtigerweise sehr reservirt äussert, kann ich nicht
umhin, in diese Fälle einzureihen. Die von Naegele angegebene
Verwachsung habe ich in meiner Erfahrung nie gefunden. Mehrfach
wurde ich aber von nicht ungeübten Geburtshelfern und Hebammen
wegen solcher Verwachsung consultirt. £s erwies sich aber
stets, dass nur das eben Bemeldete der Fall war. Etwas gans
anderes ist es, wenn nach gewaltsamen traumatischen, von einer
früheren Geburt herrührenden Eingriffen, ein festes Narben-
gewebe am ganzen Cerviz und Os ezternum uteri diese Form
der Verwachsung darbietet. Hier giebt es selbst verständlich keine
tetanisch contrahirte Endfaser, sondern nur die allbekannte
Contractionskraft des Tissu innodulaire ist hier zu überwinden.
Aber auch in diesen Fällen wird der abfliessende kalinische
üterinschleim es nie zu einer völligen Verwachsung gelangen
lassen und muss hier rechtzeitig Hülfe geleistet werden, indem
ohne diese es leicht su einer Ruptura uteri oberhalb dieser
hartnäckigen Contraction der Narben der Circularfaser durch
die gewaltsame Contraction der Längenfaser über ihr er-
folgen kann.
110 ^^* Cü/ten, SubcatauoMyotomio dosConstrictor cnnnl
aber nur die üasserste circularc Enc1fasi*r, die in tetanischer
Iransverseller Contraction der perpendicularen Wirkung der
Längenfaser (der austreibenden Faser) widerslelU. Rcisst man
nun mit der Spitze des Fingers diese äusserste circulare
Endraser im Durchmesser von kaum >/4 Linie ein, (der dies
bewirkende Finger ffdilt diesen Vorgang wie den Riss der
dAnnslen Saite ganz deutlich) so ist wie mit einem Zauber-
schlag der ganze bisher so ungünstige Widerstand des Mutter-
mundes gehoben; von dem Momente an ist der idirige Gehurts-
vorgang ein völlig normaler. Der Mutlermund olTuet sich nan
überraschend schnell mit jeder Welie und holt rasch das ein,
was er vorher tagelang mit unnachgiebiger Resistenz ver-
weigerte.
Es findet also bei Erstgebärenden ein Einriss der unter-
sten Circularfaser oder Faserbündel am Muttermunde aus
eigner dynamischer Contraction statt und zieht eine kleinere
oder grössere Zahl von Circularrasern in diesen Riss mit hin-
ein. Dass dieser Einriss sich nicht zu weit erstreckt, haben
wir der Abändenmg in der Richtung des Gewebes der Mus-
kelfasern am Cervix zu Verdanken, denn Wclhrend die Richtung
der Fasern am Os uteri externum eine circulare ist, wird sie
am Cervix mehr netzförmig und ist hiedurch dem weiloi*en
Einreissen bei weitem weniger ausgesetzt. Auch ist nach
Rokitansky, womit die gynaekologischon Thatsachen ülier-
einstimmen, und was mir schon seit vielen Jahren von dieser
Seile lier einleuchtete, das Ovoid des Uterus völlig gelrennt
von dem abseilen der Vagina gebildeten Cervix und konntea
nur traumatische Momente den Einriss des Os uteri externum
mit auf das Os intern, also den Uterus übertragen, wälu*end
aus inneren Vorgängen nur eine Ruptura uteri eintreten konnte,
die den unter ihr befindlichen Verschluss des Os uteri intern,
und extern, unberührt lüsst, wie der centrale Durchtritt des
Kopfes durch das Perinaeum durch die gewaltige Contraclion
des Constrictor cunni bewirkt wird und die Fascia profunda
an ihrer Vereinigung mit der Fascia superficialis am Sphincter
extern, ani den Einriss bewerkstelligt.
Es conlrabiren sich aber notbwendigerweise von der
zweiten Geburt an auch am eingerissenen Theile des Mutter-
mundes wälu*end der Wehe die daselbst zerrisse uen Circular-
snr Verbütnng des Dammrissefl. m
fasern. Diese Contraclion ergiebt aber selbstverslfmdlich «nach
dem Einrisse eine Erweitening, während sie vorher eine Ver-
engerung bewirkte. Die bis an oder über die letzte unzer-
rissene Circularfaser in ununterbrochener Continuität sicli
erstreckende Längenfaser wirkt auf dieselbe als Hemniungs-
apparat, als Slabilitatsneurose, wodurch diese nicht so geeignet
ist zur andauernden überwiegenden Conlraction. Die Wehe
(Conlraction der Langenfasern) bewirkt min vermittels des
Antagonismus der glatten Faser (cf. meine Myodynamik des
Herzens etc.) ehie Erschlaffung i. e. Erweiterung dieser Circular-
fasern und kann daher bei Mehrgebärenden kein solcher
unnachgiebiger Verschluss je wieder stattflnden.
Es ist daher eine Wiederholung jener hartnäckigen Con-
traclion, die anatomisch nur in den untersten von der Längen-
faser nicht regulirten Cervicalschicht stattfinden kann, hiermit
gtihoben, und daher röhrt die leichtere Mutteröffnung der
Mehrgebärenden. ')
Haben wir nun den naturgemässen Vorgang der leich-
teren Eröffnung des Os uteri bei Mehrgebärenden, wie ich
hoffe, auf exacte Weise dargelegt, so ergiebt sich derselbe
Process in der äusseren Vaginalöffnung. In der oben bc-
meldeten Arbeit über die Lagerung der Gebärenden habe ich es
schon dargelegt, dass in der Austreibungsperiode der Fascien^
und der quergestreifte Längenmuskel, der Constrictor cunni,
(in Wirklichkeit ein Circularmuskel, da er die ganze Vagina
umkreist) denselben Widerstand leisten, der austreibenden
Kraft der Längenfasern des Uterus gegenüber, den vorher das
Os uteri gegen diese ausAhtc. Es reissl nun zuerst die scharf
contrahirte Fascia superficialis an de.n von ihr gebildeten
Frenulum durch und mit ihr ein oder mehrere Endfaserbundel
des Constrictor cunni. Bei der zweiten Geburt zieht sich
der eingerissene Theil des Constrictor cunni zusammen und
bildet wie die Circularfaser am Os uteri statt der von der
1) Den pliysiologischcn Vorgang^ der Contraction bei den
auf denselben Gesetzen beralienden natürlichen Sphineteren tind
künstlichen Strictnren habe ich zn Königsberg während der Ver-
sammlung der Natnrforscher in einem Vortrage über die Patho-
genese der Urethralstricturen dargelegt und i.st er an einer anderen
Stelle Bu erörtern.
112 IV. CoAen , Subcutane Myotomie des Constrictor canni
unzerrisseneii bewirkleu circularon CoDtraction eine Enreite-
rungl die vermitlels des das Sarcolemma verbindenden Binde-
gewebes die nächsten Fasern an der Erweiterung behindert
und daher ist bei Mehrgebärenden selten oder nie ein Damm-
riss zu befürchten. Ich habe mich daher bestrebt, wie aus
Folgendem erhellt, diesen Vorgang auf eine Weise nachzu-
ahmen, welche, wahrend sie den für die Mehrgebärenden in
dem häufigsten Falle von der Natur erlangten Schutz, diesen
vermittels der Kunst in vollem Maasse gewährt und dem
Dammrisse vorbeugt, zugleich dessen mögliche Schädlichkeiten
durch die bekannten Vorzüge der subcutanen Methode ver-
meidet. —
Erwägt man nun, dass nach diesser Ansicht die Con-
traction des Constrictor cunni das wesentliche Moment des
Einreissens des Perinäum bildet, dass, während das Einreissen
der übermässig gespannten Fascia superücialis nur die Spal-
tung des mit ihr zusammenhängenden und von ihr mit ge-
bildeten Frenülum (also nur den ersten Grad, diesen durchschnitt-
lich stattOndenden nicht zu beachtenden Einriss) bewerkistelligt.
das Einreissen des Constrictor cunni hingegen den Haupt-
vorgang der übrigen Grade bewirken und ihnen vorangehen
muss, ja sogar bei dem centralen Durchbruche eben durch
seine straffe, unnachgiebige Contraction und Nichteinreissen
den Dammriss vermittels des Einreissens der Fascia super-
ficialis und profunda, hinter sich zu Stande kommen lässt,^)
so ergiebt sich der Gedanke von selbst, durch eine subcutane
1) Die Rüpturae uteri, welche so oft unerkl&rlicher Weise
plötzlich ohne jedweden Süsseren Eingriff stattgefunden haben,
kommen wahrscheinlich auf dieselbe Weise su Stande. Contrahirt
sich nämlich das Os uteri straff, unnachgiebig, w&hrend die
L&ngenfasern des Corpus uteri in ihrer Längen richtung, angeregt
durch die kräftige Bewegung des Fötus sich susammensiehen,
so können eine oder mehrere Langenfasern abreissen, sich in der
Höhe aufrollen, die hierdurch an dieser Stelle geschwächten
Circularfasern geben nach und die Ruptura uteri ist eingetreten.
Bekanntlich ist, wo der Muttermund durch tetanischen Krampf
oder was schlimmer ist, durch Narbengewebe trots kräftiger
Wehen Terschlossen, die Incision des Muttermundes geboten,
und darf sie nicht oberflächlich sein, wenn sie der drohenden
Gefahr vorbeugen soll.
sar Verbtitiing^ d^s Dammrisses. 113
Myotomie dieses Muskels, sobald er von dem einschneidenden
Kopf wie eine Sehne gespannt ist, jeder Gefahr vorzubeugen,
diese unmöglich werden zu lassen. Selbstverständlich ist diese
leichte^ unbedeutende Operation bei der Mehrzahl der Ge-
burten unnöthig, indem einestheiis durch mein in der oben-
benannten Arbeit empfohlenes Zurückschieben der über den
Kopf gespannten Fascia superficialis und des Constrictor cunni
schon ein grosser Theil der Gefahren des Dammrisses be-
seitigt wird, anderentheils die daselbst von mir empfohlene
Unterstützung des Dammes kein Hervortreten des Kopfes in
gerader Linie von hinten nach vorne gestattet, es wird auf
diese Weise eine mehi* gleichmässige Ausdehnung des Con-
strictor cunni sowohl über als unter dem Kopfe durch die
Schwingung bewirkt und so wiederum ein grosser Theil der
Gefahren des Dammrisses beseitigt Wenn man aber dennoch
die nicht seltenen Damnurisse in Betracht zieht, wenn man
andererseits den unbedeutenden Eingriff der von mir zu
schildernden subcutanen Myotomie berücksichtigt, das Gefahr-
lose derselben und die von ihr mit Recht zu erwartende
sichere Abwendung der Gefahr, so hoffe ich die Meinungen
meiner CoUegen von Fach bald dafür zu gewinnen.
Die bisher zur Verhütung des Dammrisses üblichen In-
cisionen (Episiotomie) sind bekanntlich dreierlei Art:
Die erste Methode (nach Michaelis), Einschnitt des
Frenulum und der Raphe.
Die zweite Methode 4 — 5 Zoll tiefe Einschnitte in die
Labia majora, seitlich vom Frenulum, gegen das Tuber ossis
ischii nach Eichelberg von einer Seite, nach Scanzoni von
beiden Seiten.
Die dritte Methode osich Bitgen, 2 — 4 seitliche Scari-
ficationen.
Sämmtliche drei Methoden haben gemeinschaftlich das
Schädliche, dass sie nicht subcutan ausgeführt, also der Luft
und den Lochien zugängliche Wunden liefern, die für das
Durchschnittene (sei es Epidermis, Fascia superfic. oder
Constrictor cunni) keine Restitutio in integrum gestatten.
Speciell ist:
Die erste Methode nach Michaelis (Durchschneiden des
Frenulum und Einschneiden in der Raphe), auch wenn sie
MonaUschr. f.Oeburtak. 1861. Bd. XVUI., Sappl.-Uft. B
114 IV. Cohen f Subcutane Myotomie des Cosstrictor cnnni
nicht übereinstimmend mit der Lehre schräge ausgeführt würde,
schädlich, indem sie erstens das zu Befürchtende ia der
Austreibungsperiode, das Einreissen der Haut und des Con-
strictor cunni unter dem Kopfe anticipirt, herbeiHiihrt, die
Contraction des Constrictor cunni nach oben am Ansatzpunkte
um die Clitoris verstärkt, dem Einreissen also Thür und Thor
geöffnet wird: zweitens, dass das Durchschnittene, wenn nicht
sogleich nach der Geburt durch die Naht wieder vereinigt, von
den Lochien bespült, nicht zusammenhält, der Muskel seine
Functionen nicht wieder übernimmt
Die zweite Methode (seitlich vom Frenulum in der Rich-
tung gegen die Tubera es. ischii 4 — 5 Linien tiefe Einschnitl»)
ist verschieden in ihrer Wirkung, je nachdem sie (wofta*
bisher Nichts bestimmt ist), während oder ausser der Wehe
vorgenommen wird. Ausser der Wehe, wo die dem Perinaeum
angrenzenden Labia nicht verdünnt, ausgedehnt sind, der
Muskel nicht durch seine Contraction der Oberfläche nahe
gerückt ist, werden die Incisionen wohl kaum mehr als Haut
und Fettpolster durchschneiden, aleo unnütz werden: während
der Wehe hingegen werden sie den Gonstrioler cunni anter
dem andringenden Kopfe durchschneiden, die Conlraetion des
Constrictor cunni an dem Knotenpunkte um die Clitoris freilidi
erhöhen, aber dennoch durch das seilMche EinscfaDeid^Ni des
Constrictor cunni das Perinäum retten. Hier tritt aber die
bei dem nichtsubcutanen Durchschneidea un'vermeidKohe SMA-
lichkeit herror, dass der der Luft und den L<»chien zugängliche
Constrictor cunni nicht wieder i» mtegrum hergestellt, der
Introitus vaginae also erschla#t wird: jedenfUls wäre daher
die Scanzonfsche Lehre von beiden Seiten einzusolmeideD^ um
keine einseitige Contraction zu ben^rken, vorzuzidien. Eine
sichere Rettung des Perinäum wäre aber hiebei nicht zu ver-
bürgen, da die eigentliche Sohädüehkeit in der Austi^eibungs-
periode, das Ueberwiegen des nahe der Clitoris in seinem
unverdünnten durch die mangelnde Schwingung nicht ausg«-
dehnten Muskelbauchs des Constrictor cunni über <kn unter
dem andringenden Kopfe ausgedehnteff Theil desselben Muskels
nicht gehoben wird.
Die dritte Methode nach Ritgen^ 4 — 5 Scarificationen
auf beiden Seiten, trifil höchstens die Fascia superficialis:
snr Verlifitaiig des Dammrisses. 115
das Wesentlicfae des Einreissens, die Sprengung des Con-
strictor cunni unter dem andringenden Kopfe wird hierdurch
schlechterdings nicht behindert Meine subcutane Myotomie
des Gonstrictor cunni hingegen muss bei dieses Mnskels eigen*
thümlichem Verlaufe rund um die Vagina und dessen Verbin-
dung mit dem Sphincter ani exterous, wodurch er eine 8
rund um Vagina und Anus bildet, nicht allein eine Erschlaffung
der durchschnittenen Seite des die Vagina umgebenden
Muskels (die zugleich erfolgende Contraction der nicht durch-
schnittenen Seite bedarf nicht nothwendig der Durchschnei-
dung, indem durch die subcutane Operation die Restitutio in
integrum dargeboten ist) sondern zugleich eine Erschlaffung
des Sphincter ani externus bewirken, also eine Erschlaffung des
ganzen Apparats der Längenmuskeln rund um Vagina und
Anus beschaffen. Durch diese Erschlaffung wird aber zugleich
die durch die Contraction der Längenmuskeln in den Hinter-
grund gedrängte Kraft der transversalen Muskeln, des Trans-
versus perinaei und des Levalor ani, gehoben und dieselbe
transverselle Contraction, die nach geschehenem Dammrisse
diesen vergrössern hilft, bevnrkt nach der durch die Myotomie
beschafften Erschlaffung der Längenmuskeln antagonistisch eme
zur Abwendung der Gefahr des Dammrisses nützliche Con^
traction der transversellen Muskeln und hiermit eine desto nach^
haltigere Erschlaffung der Längenmuskeln. Nach der gleich darauf
folgenden Geburt, wo der so eben noch unmässig ausgedehnte
Uterus sich zusammenzieht, ist, da die Vaginalseite dureft die
Myotomie (cf. unten) nicht eröffnet wird, die Wunde weiier
der Luft noch den Lochien zugänglich und auf allbekannte Weise
die Restitutio in integrum des durchschnittenen Muskels mit
Sicherheit zu erwarten.
Die Operation:^)
In der Krönung des Kopfes und während der Wehe,
in welcher sich der sehnenartig gespannte Constrictor cunni
1) Der aHeiQ gänstige Moment zar Operfttion ist, Wenn der
Kopf noch nicht zam Einschneiden gelangt ist, aber während d*r
Anstreibnngswehe über nnd sa beiden Seiten des Kopfes nnter
der Clitoris an der kleinen Nymphe sich die Falte oder deor
schmale Wulst bildet, welcher von aussen nach innen die Schleim-
haut, Fasoia superficialis und Constrictor cunni enthält. Prvherr
8*
116 IV. Cohen y Subcatane Myotomie des Conatrictor canni
dicht um die Clitoris leicht zu erkennen giebt, hebt der Ge-
burtshelfer mit der unbewaffneten linken Hand dicht unter
der Clitoris in der transversellen Mitte der kleinen Nymphe
eine Längenfalte in die Höhe, und sticht mit der rechten Hand
ein schmales Tenotom*) auf der Fläche V^ — Va" unter der
Clitoris von aussen nach innen über dem fühlbaren Con-
strictor cunni bis zur Schleimhaut ohne diese zu durchstechen.
Dauert die Wehe bei diesem unbedeutenden traumatischen
Eingriffe fort, so dreht der Operateur die Schneide des Tenotom
nach unten und spaltet den straff gespannten Muskel un-
gefähr in einer Tiefe von 3 Linien: das Erschlaffen erfolgt
augenblicklich, und man zieht das Tenotom wieder auf der
Fläche zurück, um keinen Kreuzschnitt in der Haut zu be-
wirken. Erlischt die Wehe während oder durch den Einstich,
so lässt man das Messer auf seiner Fläche ruhen, bis eine
neue Wehe beginnt und vollendet dann die Muskeldurch-
schneidung. Hält man, wie ich glaube, mit Recht, und, wie
auch die freilich noch kleine Erfahrung bestätigt, die ein-
seitige Durchschneidung für genügend , so kann der Gdi)urts-
helfer dies, er mag mit der rechten oder linken Hand zunächst
dem Bettrande sitzen, stets mit der rechten Hand am linken
Labium beschaffen. Sollte der Operateur es aber für noth-
wendig erachten, beide Constrictores zu durchschneiden, so
müsste er freilich für das rechte Labium die linke Hand ver-
wenden, um die innere Seite der kleinen Nymphe unverletzt
zu belassen. Nach zurückgezogenem Tenotom bedeckt man
die kleine Wunde bis zur vöUigen Entwickelung des Rindes
mit einem kleinen Stücke Heftpflaster, welches man nach voll-
endeter Geburt entfernt, um sie einige Minuten später, während
welcher man der ausgedehnten Haut Zeit gewährt hat, sich
ist der Constrictor cunni nicht gespannt, die Fascia and Con-
strictor cunni nicht in die Nymphe hineinragend und daher die
subcutane Myotomie des Constrictor cunni nicht ermöglicht,
später während des Einschneidens des Kopfes könnte der Riss
▼or und sogar während der Operation erfolgen. Khe der Kopf
daher zum Einschneiden gelangt ist, während der Anstreibungs-
wehe in der Krönung ist der Moment gegeben, in welchem
rechtseitig der präventive Schluss der Operation einzutreten hat.
1) Indem man den Einstich etwas tiefer anlegt, als man ihn
fortzuführen beabsichtigt, um die Haut zu verschieben.
■nr YerhiiUtDg des Dammrisses. J 117
zusammenzoziehen und d^ Eiiistich völlig zu verschieben,
wieder mit Collodium oder Heftpflaster zu verschUessen.
Die Blutung ist unbedeutend» da Gelasse, wenn genau
nach der angegebenen Vorschrift operirt wird, kaum je ver-
letzt werden können. Zur A. profunda clitoridis könnte man
nur gelangen, wenn man zugleich den Ischiocavernosns durch-
schnitte, also viel tiefer als oben angegeben ist, eindränge,
aber auch die A. dorsalis clitoridis liegt tiefer als der Einstich
empfohlen ist, an der äusseren Seite des Ischiocavernosus
und ist nicht leicht zu verletzen, würde auch, falls sie verletzt
würde, nach der Entwickelung des Kindes durch die Zusammen-
schrumpfung der vorher ausgedehnten Theile von selbst zu
bluten aufhören, während im Nothfalle eine Umstechung nach
aussen von der Wunde leicht die Blutung beendigen würde.
Auch giebl die augenblicklich erfolgende Relaxation des durch-
schnittenen Constrictor cunni dem Operirenden die Anzeige,
seinem Zwecke genügt zu haben und nicht tiefer einzudringen.
Folgende zwei Fälle habe ich auf diese Weise operirt
und war der Erfolg überraschend. Augenblicklich war alle
Spannung verschwunden und war bei weitem weniger als hei
Hehrgebärenden irgend eine Befürchtung eines bevorstehenden
Dammrisses zulässig. Die bis jetzt freilich nur kleine Zahl
der Operationen hat durch die augenblicklich erfolgte Er-
schlaffung des Introitus vaginae und des Perinäum wie auch
durch die einfache Schlussfolge der Motivirung eine nicht
unbedeutende Beweiskraft für sich.
Mad. ..., Erstgebärende, gegen 30 Jahre alt (nach ihrer
eignen Angabe), Arcus etwas spitz zulaufend (männlich), der
Muttermund straff und mehr dick. Die Eröffnung des Mutter-
mundes langsam und schmerzhaft, bedurfte vieler Wehen.
Die Sutura sagittalis des Kindes im Querdurchmesser der
Beckenweite und der dritten Apertur, die Contraction des
Constrictor cunni über dem Kopf hart und unnachgiebig, das
Perinäum scharf gespannt und nicht sattsam zur Verdünnung
geneigt, zwischen Kopfe und Arcus ein spitzer, unausgefuUter
Winkel. Ich brachte nach obiger Angabe das Tenotom wäh-
rend der Austreibungswehe ein, die Wdie hörte augenblicklich
auf. Erst nach circa 5 Minuten trat die Wehe wieder kräftig
ein, ich senkte die Schneide des Tenotom und mit einem
118 I^* Cohen, Sab ontsne Myotomie des CoBStrictor cnnni
unbedeutenden Drucke erfolgte die Myotomie des linken Con-
strictor cunni. Im selben Momente trat die Erschlafiung und
Erweiterung der ganzen Yaginalöfihung ein; der obenbemeldete
gespannte Tbeil des Constrictor cunni vor und über dem Kopfe
glitt sogleicb über den Kopf zurück; die Vagina zog sich
(wie bei halbseitiger Lähmung des Faciabs) rechts in die
Höbe. Das Perinäum unter dem Kopfe wurde schlaff, nach-
giebig. Kaum zeigten sich einige Tropfen BIuL Die Geburt
erlitt yon Seiten des Dammes auch nicht das mindeste Hin-
demiss. Sogleich nach Entwicklung des Kindes war der
Einstich kaum zu bemerken.
Ich untersuchte nach acht Tagen die Resistenz beider
Seiten der Vagina, die noch etwas mehr nach rechts über-
wiegend war. Fünf V^ocben nach der Geburt konnte eine
genaue Untersuchung weder im Anblicke noch im Gefühle eine
überwiegende Kraft der rechten Vaginalseite finden, wie auch
leicht denkbar; der Muskel, während seiner höchsten Verlän-
gerung durchschnitten, war unter der so gunstigen Contrac-
tion rasch aneinander geheilt.
Had...., Erstgebärende, Becken normal, Stimlage, der Ver-
lauf bis zum Einsdineiden zögernd, jedoch nicht ungewöhnlich.
Das Einschneiden des Kopfes mühsam, das Perinäum straff
und unnachgiebig, die Falte über dem Kopfe (Fascia superfi-
cialis und Constrictor cunni) liess sich etwas zurückschieben,
glitt aber nicht über den grössten Durchmesser des eintre-
tenden Kopfes zurück. Ich sass mit meiner rechten Hand
dem Bette zunächst; das Einbringen des Tenotom während
der Wehe störte diese an der nichts argwöhnenden Erstge-
bärenden auf keine Weise: (bekanntlich kann man Erstgebä-
renden alles MögUche als bei jeder Geburt unerlässlich ein-
reden, Mehrgebärende sind schon aufmerksamer), ich konnte
noch während derselben die Myotomie des linken Constrictor
cnnni vollenden, der Erfolg war ganz so wie in der oben
beschriebenen Geburt Die Falte über dem Kopfe j^itt sogldch
zurück über den grössten Durchmesser des Kopfes, das Peri-
näum wurde etwas schief aber nachgiebig, die Entwickeiung
des Kindes hinsichtlich des Dammes lercht, Blut drang nach
der Entwickeiung nicht mehr hervor. Nach ungefähr sechs
Wochen war die Vagina an beiden Seiten gleich.
Bar Verhütung dea DsDimrisBes. 119
Die Voraüge meüier subcutanen Operation des Conatriclor
cunni dicht unter der Clitoris vor den bisherigen oben ange-
führten drei Methoden sind:
1) Die wesentliche Ursache des Dammrisses, nämlieh das
Ueberge wicht des kräftig zusammengezogenen, unverdünnten
Theiles des Constrictor cunni dicht unter der Clitoris, über
den verdünnten, unmassig ausgedehnten und im geschwächten
Zustande befindlichen Tbeil desselben unter der Vagina wird
hierdurch gehoben, das Uebel in seiner Wurzel gefasst,
während die Michaelis^sche Methode diese Schädlichkeit er-
höht, die Scamoni*sche und Eügen'sche sie nicht vermindert.
2) Die bekannten Vorzüge der subcutanen Methode:
a) Dass der durchschnittene Muskel eine Restitutio in
integrum gestattet,^) während die bisherigen Methoden
den Muskel unverletzt belassen oder, wenn sie ihn nach
der ersten und vielleicht nach der zweiten Methode
trennen, keine Wiedervereinigung, keine Wiederaufnahme
seiner Functionen gestatten.
b) Dass nicht, wie bisher, die Wunde von den ätzenden
Lochien bespült wird.
Ich läugne es gar nicht, dass ich bei den oben beschrie-
benen Geburtsfallen, besonders unter der Mithülfe des von
mir in meiner Arbeit „über die Lagerung der Gebärenden*'
empfohlenen Zunick Schiebens der resistenten Falte (Fascia
und Constrictor cunni) über den Kopf und der daselbst von
mir empfohlenen Unterstützung des Damms den Dammriss
vielleicht gleichfalls verhütet hätte; es mag jedoch kaum je
eine Präventiv -Maassregel angewendet worden sein, der man
diesen Einwurf nicht entgegensteUen könnte. Es hat aber
diese subcutane Myotomie, das für sich, dass sie das, was
sie leisten soU, den Schutz vor dem Dammrisse , voraussicht-
lich vollkommen leistet ohne die mit. den bisherigen drei
Methoden verbundenen Schädlichkeiten.
1) Selbstverständlich erlangt der snbcutan darchschnittene
Muskel nie wieder die frühere überwiegende Kraft and erhebt
sich nur sam gänstigen Verhältnisse der Mehrgebärenden.
120 ^^- Cohen ^ Subcutane Myotomie des Gonetrictor cunni etc.
Zweifellos ist es, besonders für den geübten Geburts-
helfer, nur eine kleine Bruchzahl der Geburten, die zur
Myotomie auffordern möchte, jedoch bedenke man, dass
1) es unstreitig weibliche Geschlechtstheile giebt bei
sehr jungen Gebärenden, wo die Vaginal-Oeffnung sehr klein,
bei älteren, wo die Straffheit der weichen Theile den Damm-
riss befürchten lassen und gewisse Kopflagen, Becken-
deformita ten (gesenkter, spitzer Arcus) wie auch schwierige
Zangenoperationen, die diese Verletzungen herbeiführen können.
2) Dass der Eingriff dieser subcutanen Myotomie höchst
unbedeutend ist und der getrennte Muskel sich wieder ver-
einigt, seine Functionen wieder erhält.
3) Dass unmöglich jeder jüngere Geburtshelfer sogleich
geübt sein kann und es diesem besonders darum zu thun sein
muss, den Dammriss zu vermeiden.
Es ist, vde ich hoffe, mit dieser subcutanen Operation
eine dem jetzigen Standpunkt der Wissenschaft angemessene
Präventivmaassregel gegeben für die Fälle, wo wir einen
Dammriss zu befürchten haben, während die bisherigen Me-
thoden weder den Dammriss zweiten und dritten Grades noch
den centralen Durchtritt verhindern konnten.
V. Schwor» f Der KaiserschniU an Todten. 121
V.
Der Kaiserschnitt an Todten.
Vom
Medicinalrathe Dr. Schwarz in Fulda.
Denselben, in der Deberschrift gewählten Titel, führt eine
gekrönte Preis - Abhandlung des Dr. L. F, Reinhardt, mit
einer Vorrede- vom Professor Dr. L, 8. Riecke zu Tübingen
1829. 8. 116.
Wenn ich nun, nach zwei und dreissig Jahren, diesen
Gegenstand wieder zur Discussion zu bringen wage, so glaube
ich nicht nöthig zu haben, mich weitläufig darüber entschul-
digen zu müssen, warum ich diesen, wie es scheint, abgetha-
nen Zankapfel, nach einem Menschenalter, wieder vom Zweige
schüttele?
Warum ich nochmals die Fragen zu erörtern mich un-
terfange: „ist, nach jetzigem Stande der Physiologie,
und nach einer langen Reihe von zuverlässigen Er-
fahrungen, der Kaiserschnitt nach dem Tode der
Mutter, zur Rettung des Kindes, eine zu recht-
fertigende Operation?"
Hat diese Operation praktischen Werth? oder ist sie
nur eine veraltete Humanitäts-Fiction, die, nachdem sie den
Händen der Gesetzgebung verfallen, dem Ansehen der Kunst
und Wissenschaft mehr weniger nachtheilig geworden?
Ist sie dem betheiligten Publikum gegenüber, bei theil-
weiser Ueberzeugung von ihrer Nutzlosigkeit von Seiten
einiger Techniker, nicht ein offener Hohn, dass man den-
selben Techniker zu einer £ncheirese gesetzlich zwinget,
die er nach innerer Ueberzeugung verwirft?
Giebt sie nicht auf der. anderen Seite der Habsucht
Spielraum, eine von vorne herein unnöthige weil nutzlose
Operation vorzunehmen und sich dafür von den ohnehin oft
schwer bedrängten und geprüften Betheiligten, hoch honoriren
zu lassen?
122 V. 86hwar9, Der Kaiserscbnitt an Todten.
Wenn ich eingestehe, dass mich diese Fragen seit vienig
Jahren, so oft ich mich in die traurige Nothwendigkeit Ter-
setzt fühlte, den darüber sprechenden gesetzlichen Be-
stimmungen nachkommen zu müssen, beunruhiget fühlte,
so möchte es nicht ganz als Anmaassung erscheinen, wenn
ich hier ergrauten Vorurtheilen entgegen zu treten und
vielleicht etwas keck den Febdehafidscbuh hinzuwerfen mich
unterfange ; geradezu desshalb, weil eim'ge Gesetze, ohne Mo-
dification, die Eröffnung einer in den letzten Monaten
schwangeren Frau, welche unentbunden verstorben, kurz weg
— befehlen.
Wenn ich nun einen solchen Befehl, auch kurz weg, als
unnöthig, weil erfolglos zu bezeichnen mich unterfange und
dazu auffordere, man möge dabin wirken, dass die darüber
bestehenden und oft nicht motivirten Gesetze, wenigstens
einer Bevision unterworfen werden, wie sie dem Stande
der Wissenschaft und den gemachten Erfahrungen, so wie
den Lebensverhältnissen entsprechen, so habe ich den Zweck
erreichet, den ich durch diese aufgenommene Discussion
beabsichtigte.
Bei früheren CuUurvölkern , Juden, Aegyptern, Chinesen
u. 8. w. findet man, so weit mir meine literarischen Hilfs-
mittel, Aufscbluss zu gewähren im Stande waren, keine An-
deutungen, „dass man zur Bettung einer Leibesfrucht, eine
todte Mutter geöfhiet habe;'' wenigstens in der Bibel, (in den
Büchern Mose) und sonst habe ich keine dahin zielende Steile
auffinden können.
Erst im achten Jahrhundert v. Chr. soll durch die
Lex regia oder julia „die Beerdigung eines in der
Schwangerschaft verstorbenen Frauenzimmers ver-
boten sein, ehe die Frucht aus der Leiche genommen
worden. *)
Diese Bestimmung soll in die zwölf Tafel-Gesetze
aufgenommen gewesen sein und von Numa Fompilius her-
rühren.
1) A. Sehtpeppty Römische Reobtsge schiebte ttn4 Beehts-
aherthümer. 3. Aofl., renn, von Dr. C. A, OründUr. GöHiagen USS.
S. 414.
y. 8tkmaT%y Der Kais^rseluiiU «n Todten. 128
Wir feiden dieses Gesete im „Corpus juris civilis
romani'S wörtlich wiedergegeben, Lx. 2., XL, 8, de mortuo
inferendo et sepulchro aediSeando. ^Negat lex regia mu-
lierem» quae praegnan's mortua sit, humari, antequam
partus ei excidatur; qui contra fecerit, spem ani^
mantis cum gravida peremisse videtur/'
Die Zuwiderhandelnden werden hier schon mit dem
Scheine, die Hoffiiung eines lebenden Wesens mit der
Schwangeren zu Grunde gerichtet zu haben, belastet.
Welche Ausdehnung diese Gesetzes -Bestimmung gehabt?
— wer zur Verrichtung der Ausschneidung der Frucht aus
der todten Schwangeren verpflichtet, berufen oder geeigen-
schaftet? darüber erfahren wir bei den römischen und grie-
chischen Schriftstellern Nichts.
Auffallend ist es ohne Zweifel, dass Hippohrates, der
beiläufig drittehalb hundert Jahre später als Nv/ma
PompiUus lebte und auf dem Höhepunkte damaligen ärzt-
lichen Wissens und Wirkens stand, in seinen Schriften überall
keine Erwähnung von dem Verhallen des Arztes oder der
Hebamme ihut, im Falle eine Schwangere unentbunden
verstorben sei, — was dann zu geschehen habe?
Sollte derselbe von diesem wichtigen Acte keine Kunde
gehabt haben, wenn diese Operation von den Römern in
der Ausdehnung, wie sie das Gesetz verlangt, technisch geübt
worden wäre?
Auch Celsus, der im ersten Jahrhunderte christlicher
Zeitrechnung lebte, schweigt von der s. g. Kaisergeburt, und
wir finden dieselbe nur von Dichtern und Schriftstellern viel-
leicht? mythisch und sagenhaft angeführt, um den Halbgöttern
und Helden, (den Cäsaren) von vorne herein den Typus und
Nimbus des Ungewöhnlichen aufzudrücken, wodurch derer
Wirken, als besonders von den Göttern begünstigt, hin-
gestellt werden mochte. —
Was die Talmudisten über das Verhalten bei Schwan-
geren, welche unentbunden sterben, zur Erhaltung der Leibes-
firucht vorschreiben, und welche Vorschriften, zum Theil für
die Glaubeos-Genosseu verbindliche Kraft hatten, darüber hat
uns Dr. L. Fulda zu OfTenbach — im von Siebol^ssiben
124 V. Sohtoar», Der Kaiserschnitt an Todten.
Journale für Geburtekunde, Bd. 6, S. 1 u. ff. — in einem
besonderen Aufsatze: Beitrag zur Geschichte des Kai-
serschnitts mit besonderer Beziehung auf die Schrift des
Herrn Mansfdd: lieber das Alter des Bauch- und Gebar-
mutterschnitts an Lebenden, — belehrt
Ich glaube berechtiget zu sein, annehmen zu dürfen, dass
erst die Ausbreitung des Christenthums und die Präcision
seiner Lehren, die so ganz besonderen Accent auf das Dogma
der Taufe (wodurch erst die Aufnahme in die Kirche und
die Bedingung der Seligkeit) legen, wegen der Ertheilung der
heiligen Taufe an die Neugeborenen, dem Leben eines Kindes
höhereu Werlh verlieh und dass sich die Priester der Be-
stimmungen des Gesetzes bedienten und demselben grössere
Bedeutung und Befolgung zu verschaffen wussten, um eben
nur den zur Erlangung der Seligkeit unerlässUchen Act
herbeizufuhren. Papst Benedict XIV., in der ersten Hälfte
des vorigen Jahrhunderts , gab die kirchengesetzliche Weisung:
„Si mulier gravida decedat, potest Episcopus
injungere, ut per Sectionem caesaream extrahatur
ex utero infans, qui forte vivus reputatur, ad
hoc, ut Sacrum baptisma conferatur.^' (Synod. Diae-
coesana, Lib. XL, Cap. VIL, No. 13 ex oper. Benedict, XTV.*)
Wir sehen in dieser Vorschrift die facultative Vorsicht
und den Zweck der Operation genau angegeben. — Also
nur — wenn das Kind lebet — um ihm die heilige Taufe
zu spenden. —
Dagegen muss man erstaunen, wenn man sieht, wie der
sonst so humane «7. P. Frank in seinem System einer
vollständigen medizinischen Polizey, Bd. L, S. 600,
jene grosse und harte Verordnung König Carls von Sici-
lien, vom Jahre 1749, als eine weise Verordnung begrüsst,
welche das Unterlassen eines Kaiserschnittes bei einer un-
entbundenen schwangeren Verstorbenen mit den härtesten
Strafen bedrohet.
1) Kurt Sprengelt der im Repertorinm f. d. offentl. u. geriehtl.
Arzneyw., herausg. v. PyZ, 2. Bd., 1. St., 8. 132, meint, CletnenB XI.
habe die Lex regia aaf Anrathe'n MorgagfWs emeoert, sebeiiit
doch hier im Irrtham zu sein.
V. Schwarz^ Der Eaiserflchnitt an Todftea. 125
Nach F. Stoieten Commentaria in H. Boerhaave Apho-
rismos de cogn. et curand. niorbis, pag. 548, S. IV., §. 1316,
beisst es wobl mit Recht: „in mortuo roatris cadavere
Caesaream Sectionem institoi posse, ut servetur infans,''
und nun fuhrt er da& Sicilische- harte Gesetz an: „dass jede
Person, durch deren Schuld, Verhinderung, Nachlässigkeit, der
Kaiserschnitt zum Nachtheile der Leibesfrucht nicht bewirket
oder verzögert worden, oder durch deren Bosheit ein gewalt-
samer Fruchtabgang herbeigeführt würde, solle Todschlä-
gern (Mördern, wie Frank schreibt) gleich geachtet wer-
den,'' — sodann werden alle Richter ermahnt: „dass sie gegen
dergleichen Uebelthäter aufs Strengste vorschreiten, diesel-
ben gefänglich einziehen und nach dem Brauche und den
Gesetzen des Reichs als Capital-Verbrecher verfolgen,
und nach Umständen, wie Todschläger (Mörder) behandeln.'' —
Aus der Verordnung, welche der Rath von Venedig wegen
Eröfihung erblichener Schwangerer erlassen hat, erhellet
schon einigermaassen eine ärztliche bezüglich wundärztliche
Vorsicht, indem sie ausdrücklich verbietet, „der Verstorbenen
mittels eines Kreuzschnittes den Leib zu öffnen, sondern
durch einen geraden und einfachen Einschnitt: „damit, wenn
wider Vermuthen die Mutter wieder zu sich käme, dieselbe
noch erhalten und geheilt werden könnte". Es ordnet auch
dieses Gesetz schon an, dem Rathe diejenigen Männer, welche
zu diesem Geschäfte geeignet seien, zu bezeichnen, um sie
öffentlich bekannt zu machen, damit in dergleichen Unglücks-
fällen man wisse, wo man die nöthige Hilfe zu suchen hätte. —
Schon im Jahre 1740 hatte der Magistrat der Reichs-
stadt Ulm bei schnell dahinsterbenden hochschwangeren
Weibern „zur Salvirung ihrer Leibesfrucht" — angeordnet,
und zwar auf dem Land — (man scheint demnach im
guten Glauben gestanden zu haben, durch den Einfluss der
Aerzte in der Stadt würde schon von selbst das geeignet
Nöthige herbei geführt werden) — 1) dass zur Operation
(durch eine Oeffnung der Mutter) nebst hierzu geschickten
Chirurgen und der Hebammen, der Pastor loci, der Beamte
oder in dessen Abwesenheit ein Gerichtsmann oder andere
taugliche Personen zu solchem Actu berufen werden, dem
126 ^- Schtoarty Der Kaiserschnitt aa Todten.
Cbirurgo Assistenz and Schutz za letsten, auob ein
Zeugniss wegen seiner Operation zu geben/'
2) Der Geistliche hat zuvor dem Ebeflaaime und An-
wesenden die an sich einfaltige Meinung zu benehmen, als ob
solche Weiber htedurch gemartert, od^ übel traktiret wür-
den; und nachdrücklich vorzustellen, wie höchst schuldig man
sei, dem armen noch lebenden Kinde durch mögliche Mittel
zu Hülfe zu kommen, und demselben zur heiligen Taufe
zu verhelfen.
Und wie im widrigen Falle, da man durch Unterlassung
eines vorhandenen Mittels, (?) hierinnen etwas versäumte, das
Gewissen mit schwerem Scrupel beladen würde. Im Falle
aber der Ehemann die Operation mit seinem Eheweibe vorzu-
nehmen, der gethanen Vorstellung unerachtet verweigerte,
solle derselbe dazu nicht gezwungen werden, ge-
stalten solche Kinder insgemein moribundi sein, mithin sie
wohl noch unter der Operation sterben, und dadurch ein
solche Renitent in beschwerUche Ausbrüche verfallen möchte.
J. P. Frank (S. 604 1. c.) macht dazu die Bemerkung:
„Gewiss keine gültige Ursache diese Operation zu unterlasseo;
da bei so vielen Beispielen glücklich (?) aus der todten (?)
Btiirmutter ausgeschnittener lebender (?) Kinder, kein Vater
befugt sein kann, den rettenden Arm der Polizei wegen seinen
Vorurtheilen , innezuhalten und so, wegen einige» (sie?)
fruchtlosen Versuchen, das Kind einem gewissen Tode zu
überlassen.'' Wir werden später auf diese Benierkung zurück-
kommen, und fahren nur fort, die Ansichten des Uliner Ma-
gistrates, denen man ansieht, dass sie acht aus dem Volks-
leben geschöpft sind, weiter mitzutheilen.
3) Haben die Chirurgi mit aller Behutsamkeit zu ver^
fahren und zuvörderst wohl zu überlegen, ob die Mutter
wahrhaftig gestorben oder ob sie nicht in Ohnmacht und
Schwäche darnieder liege? Wenn sie aber waluiiaftig gestor-
ben, ob sie ein Leben an dem Kinde verspüren und
dasselbe muthmaasslich zu retten sein möchte? bie
Vorschrift
4) giebt dem Chirurgen für sein Verfahren Anleitung;
im Absatz
V. SehwarMf Der Kaisersehnitt an Todten. 127
5) wird die Thätigkeit der Hebamme geregelt und die-
selbe angewiesen, das Kind „ — bakiffiöglichsl zur beiligeji
Taufe zu befördern.*'
Die östreichische Verordnung vom 2. April 1757 be-
stimmt, ,,dass in jeaeii Fällen, wenn eine schwangere Weibs-
person stirbt, gleich .nach ihrem Tode die nothige, in solchen
Fällen abliebe EröflTnung und Dissectionsoperirung zm* alleu-
fallsigen Erhaltung der Frucht allerdings, jedoch mit eben
solcher Bescheidenheit und Vorsicht vorgenommen wefden
soll, als ob diese Operirung an einer lebenden Person zu
geschehen hätte,** und in einer weiteren Bestimmuog der
Theresianiscben peinlichen Gerichtsordnung vom 31. De-
cember 1768, Art. 9, 3, §.5 heisat es:
„Wenn ein schwangeres Weib sieb selbst ertödtete, soll
man ihr den Leib so viel möglich aufschneiden und die Leibes-
frucht herausnehmen, damit das Kind entweder erhaUon, oder
im Fall die Selbstendeifoung boshaft geschehen wäre, nicht
zugleich mit der schuldigen Mutter des Begräbnisses berauht
werde.**
Hier ist ein gMiz specieller Zweck des Gesetzes ange-
sprochen und scheint es weniger der Lebenareltung der
Frucht, als der Entziehung des entehrenden s. g. Eselsbe-
gräbnisses zu gelten.
Minder scharf schon, als die Siciiianische Verordnung
lautet die Bestimmung § 17. der hocfafurstlkh Hildesbei-
mischen Medizinal^Ordnung« welche vorschreibt, das& „sollte
die Mutter in der Geburtsarbeit versterben, ohne von dem
Kinde entbunden zu sein, so ist der nächste Medicus oder
Chirurgus eiligst herbeizuholen, um die Verstorbene, auch
wider Willen der Anverwandten ^ zu öffnen «nd das vielleicht
noch lebende Kind durch einen vorsichtig angebrachten Schnitt
zu retten und an das Tageslicht zu bringen.
Die Prediger werden es sich selbst zur Pflicht halten,
die Anwendung dieees fnr die Menschheit unumgänglich nöthi-
gen Rettnngsniittels nach allen Kräften zu unterstützen/*
Dagegen ist in dem „Eid und Pflicht einer Leichen-
frau**, Heilbroutt, den 15. De«ember 1772, S. Scherfs
Archiv der medizinischen Polizei, 4. Bd., 1. Abth., Leipzig
1785, S. 134, vorgeschrieben:
128 ^' Sehwar^t Der Kaiserschnitt an Tod ton.
7) „Weil bei verstorbenen schwangeren Frauen zuweilen
die Leibesfrucht durch einen Schnitt noch gerettet werden
kann, so hat die Leichenfrau dabei Folgendes zu beobachten,
nehmlich:
8) Bei Schwangeren, welche an einer langwierigen und
langsam ertödtenden Krankheit, als an Auszehrung, fauler
Lunge und dergleichen versterben, stirbt die Leibesfrucht
allezeit mit ab, und ist daher die Ausschneidung des Kindes
unnöthig. Hingegen
9) wenn die Schwangere an einem plötzlichen Zufall,
oder auch an einer kurz dauernden tödtüchen Krankheit ge-
storben ist, und ihre Leibesfrucht schon sieben Monat getra-
gen hat, so kann das Kind noch davon gebracht werden.
Daher soll die Leichenfrau
10) in solchen Fällen den Unterleib der VerstorbeneJi
mit beiden Händen anfassen und herzhaft drücken, um zu
erfahren, ob das Kind sich noch bewege. Und wenn m
dieses findet, oder noch den geringsten Zweifel hat, soll sie
ohne allen Verzug die Anzeige bei dem Herrn Amtsbörger^
meister davon machen, damit die Ausschneidung der Leibes-
frucht in Zeiten verordnet werden könne; und
11) an dieser Anzeige soll sie nichts hindern lassen,
wenngleich die Anverwandten der Verstorbenen sich dawider
setzen wollten, sondern nach ihrem Gewissen bedenken, dass
es das Leben oder Tod eines Menschen anbetreffe/'
In diesen Anordnungen sieht man die wichtigsten Vor-
fragen zu EntSchliessungen, in die Hand eüier schlichten
Leichenfrau gelegt und Maassregeln angedeutet, die sicher zu
keinem günstigen Resultate zu führen, angethan sind.
Mit dem Erscheinen J. P. Frank's System einer
vollst, med. PoUzei, Mannheim 1784 erwachte in allen Pro-
vinzen Deutschlands die Partikular - Gesetzgebung , um dieser
humanen Anregung, auch den noch Ungeborenen Schutz- und
Lebenssicherung zu gewähren, Rechnung zu tragen.
Daher befremdete es «/. C. F. Scherf, in seinem Archiv
der med. Polizei und der gemeinnütz. Arzneikunde, Leipzig
1785, Rd. 3, S. 96, wo derselbe S. 26 und ffg. die ChurC
Pfälzische Medizinalordnung für die Herzogthümer Jülich
und Rerg, Dusseldorf, den 8. Juni 1773 bespricht und skh
V. 8ehwar9, Der Kaiserachnitt an Todten. 129
darfiber, dass „der Befehl, jeden Tod einer Kreissenden als-
bald dem Arzt zu melden, ist alsdann Torzüglich nöthig, wenn
die Gebährerinn mientbunden ist, denn alsdann ist es nöthig,
dass der Kaiserschnitt zur Rettung des Kindes vorgenommen
werde und mich nimmts Wunder, dass von dieser Pflicht
unentbundene MQtter zu öffnen, in dieser Medicinalordnung
nichts gedacht wird/* Auch sind in der beigedruckten Taxe
für den Chirurgen, der allenfalls die Eröffnung einer schwan-
geren Verblichenen zu bewirken hätte, keine Ansätze aus-
geworfen. —
In jeder Richtung eingehender ist die im medizinischen
Wochenblatte, Stack XXVII., 1786 mitgetheilte : Verordnung
des H. H. Raths der Reichsstadt Frankfurth a. Main,
die Eröffnung des Leichnams der Schwangeren
betreffend.
„Denmach uns Bürgermeister und Rath der heil. Reichs-
stadt Frankfurth am Mayn vorkommen, dass bei Sterbfällen
schwangerer Weibspersonen auf die nöthige Eröfnung des
Leichnams aus Unachtsamkeit oder Unwissenheit die gehörige
Rücksicht nicht jederzeit genommen worden; dennoch aber,
wenn hiezu zeitig geschritten wird, die Leibesfrucht öfters
bey Leben erhalten, und gerettet werden kann;
Als verordnen Wir hierdurch emstgemessen, und wollen,
dass kfinflighin in allen dergleichen Ereignissen die Hinter-
lassene, oder diejenige, welche um die Verstorbene ge-
wesen* sind,
1) Mittelst augenbUcklicher Zuziehung und Berathung
eines Arztes su^h des würklichen Ablebens der für todt ge-
achteten schwangeren Person versichern. So fort
2) Also gleich und ohne den geringsten Aufschub, es
seye bey Tag oder bey Nacht, unangesehen, ob die Verblichene
ihrer Niederiiunft nahe gewesen, oder nicht, nach Ermessen
des Arztes die Eröfnung des Leichnams vornehmen lassen ;
zu deren Veranstaltung derselbe einem jeden behölflich zu
sein wissen wird.
Wie nun alles auf unverzögerle schnelle Bewerkstellung
der Sektion ankommt, da die Leibesfrucht länger nicht als
eine Viertel- höchstens halbe Stunde in dem Leibe der todten
MoiMtSBohr. f. Qebartsk. i86t. Bd. XYin., Snppl.-Hft. 9
130 V. Söhwam, Der Kaisereolmitt an TodUn.
Mutter lebendig bleiben kann, mithin bei der geringste Ter-
säiunniss das Leben eines Menschen in Gefahr stehet Also
werden auch
3) Die in der Krankheit der Verstorbenen gebrauchte
Aerzte, oder etwa beygezogene Hebammen, nacfadrücklieh an-
gewiesen, ihres Orts in dergleichen TodesfUlen das Nöthige
zu erinnern, und daferne, wider bessere Erwartung, die Hk-
terlassene der Eröfnung des Leiebnams sich ^widersetzen, bey
einem der regierenden Herrn Bui'germeister zu alsbaldiger
nöthiger Vorkehrung auf das schleunigste die Anzeige zu Ühhi.
Wonach in ▼orkoraittenden Fällen atte diejenigen, die
es angehet, sich zu riditen, und fflr der sonst, nach Befinden,
zu gewärtigenden Strafe zu hüten haben. Geschlossen bey
Ratb am 18. Juni 1786. — "
Sowohl die Hedicinal-Ordnung vom 21. December 1767,
Cap. 8, § 2, VI. 474, «ks die Verordnung yom 15. Septem-
ber 1787, § 10, und Anl. S. 8. VH., 190 und 197 fon
Kurbessen, bestimmen: „Schwangere, die der Geburt nahe
sind, oder über dem Gebäfaren sterbende Weiber, sollen nicht
ndt de» Kinde begraben werden, sondern zu dessen Rettung
soll mtC Zuziehung eines Artztes, wenn man sich des whrk-
ichen Ablebens der Schwoingeren Tersichert, ohne den gering-
sten Aufl^hab zum Ka]9ersehnitt geschritten werden, wozu
die Bebammen, wenn die HinterUid[>enen es versäumen soll-
ten, solcbes der Obrigkeit anzeigen, und selbst einen Wund-
arzt herbeyrufen, dieser auch die Operation unversüglkh
vornehmen soll, bey Vermeidung einer scharfen Ahndung.
In der Taxe (Hebammen -Ordnung; von 5. Jan. 1801,
Anl. 2, VIIL 41), pos. 8» w&c^m detti Geburtshelfer „für den
Kaiserschf»Ut nach dem AMebeo der Mutter 5 — 6 Tbaler''
augebilliget.
Die Hochgräil. Lippe-Detmoldtsche Medizkialordnung
vom 23. Februar 1789 schreibt vor im § 9. Von den Ob-
liegenheiten der Geburtshelfer:
„Wenn eine Gebährerin im Kreissen und ohne vom Kind
entbunden zu seyn, oder, wenn eine Schwangere stirbt, die
ober den fünften Monath ihrer Schwangersebaft fortgerückt
ist, so soll jeder Geburtshelfer sogleich, es sey Tag oder
Nacht, in oder ausserhalb des Orts, sobald er davon Nach-
V. Schwarz, Der EaiserBcbnitt an Todten. t31
rieht erhält, auf seine Pflicht gehalten seyn, zu jeder Stunde
die Rettung der Frucht nach den Gesetzen der Kunst zu ver-
suchen. In dergleichen Fällen liegt aber dem Geburtshelfer
vorerst die Pflicht ob, sich von dem vollkommenen Tod der
Mutter zu überzeugen; insbesondere muss er bey Schwangeren
oder Gebährenden, die an solchen Krankheiten und ZuMen
erblasset sind, bey welchen, zufolge der Erfahrung, oft
Asphyxien oder Scheintod stattfindet, z. B. bey Ohnmächten,
Schlag- oder Steckflüssen, bey Blutstürzungen, Hysterie, und
Mutterzufällen, bey Zuckungen und Krämpfen, bey im Wasser
oder durch einen Fall oder Sturz Verunglückten, bey Erstick-
ten, Erfrornen, Erhängten etc. sich durch genaue und voll-
ständüche Untersuchung des Äthemholens, des Pulsschlages,
der natürlichen Wärme, der Augen und der Reizbarkeit der
Unterkiefermuskeln und auch durch die augenblickliche An-
wendung der Erweckungsmittel z. E. des in der Nase, ver-
mittelst Röllchen von Papier, oder im Mund auf Zucker ge-
brachten Salmiakgeists, des aufgelegten Meerrettigs, oder der
scharfen Senfpflaster etc. gewisse Ueberzeugung von dem
wahren Tod der Erblassten zu verschaflen suchea Sobald
er aber durch Zusammenbaltung aller Erscheinungen auf den
wahren Tod der Mutter mit Wahrscheinlichkeit scblieaaen
kann, soll der Geburtshelfer alle seine Kunstkenntnm anwen-
den, die Frucht entweder vermittelst der Zange oder venmit-
telst der Wendung durch die natürlicheo Wege und ohne
Verletzung des mütterlichen Leichnanas zur Welt m bringen,
und nur dann zu einer wichtigen Operation schreiten, wenn
er durch Untersuchung der Gebortswege und der Frucht
überzeugt ist, dass die Heraushohlung der Frucht ohne Ope-
ration nicht statt finden könne; alsdann soll er wohl fiher-
legen, ob im vorliegenden Fall der Schoosbeinirennung oder
dem Kaiserschnitt zur Erreichung des Endzwecks der Vorzug
zu geben sey, und zu welcher Operation er sieh aladaim ent-
schliesst, so soll er selbige allemal auf die behutsamste Weise
und eben so sorgfaltig verrichten» als wenn die Mutter noch
lebendig wäre. Nach verrichteter Operation, die Frucht mag
lebendig oder todt herausgeboblet seyn, soll er alle weüem
Untersuchungen und Betrachtung^ der innem Gehurtalheüe
vermeiden, einen gehörigen Verband anlegen, und dea o|mJr-
132 y* Schwarz, Der Kaiserschnitt an Todten.
ten Leichnam noch wenigstens 48 Stunden, als Scheintod
bebandeln. Ebenso soll auch der Leichnam behandelt werden,
wenn die Frucht noch durch die natürlichen Wege zur Welt
gebracht ist Wäre die durch ein geschicktes Accouchement
forc^ oder durch die Operation entbundene Frucht tod; so
soll sie der Geburtshelfer nach dem im obigen § 8 durch
die gehörigen Rettungsmittel ins Leben zu bringen suchen.
Wenn ein Geburtshelfer entweder verabsäumt, bey einem
solchen Fall zeitig zu Hölfe zu eilen, oder sich bey dem
Rettungsgeschäfte der verschlossenen Frucht, oder bey der zur
Erhaltung der Mutter nöthigen Behutsamkeit irgend etwas
zu Schulden kommen lässt; so soll er nach vorgängiger ge-
nauer Untersuchung in exemplarische Strafe genommen wer-
den. Wäre aber der Todesfall einer Schwangeren so beschaffen,
dass über deren vollkommenen Tod nicht der mindeste Zweifel
statt finden könnte, z. E. bey einer absolut tödtlichen Ver-
wundung oder einem entschieden gewiss tödtlichen Verun-
glücken, so ist die Beobachtung der oben anbefohlenen Vor-
sichtsregeln überflüssig, und der Gebui*tshelfer soll in einem
solchen FaU sogleich eilen, die Frucht durch die Bauchöfhung
des Leichnams von der todten Mutter zu nehmen und gehörig
zu besorgen.
Sobald als sich ein Geburtshelfer zur Lebensrettung der
Fracht bey einer jeden Schwängern oder Gebährenden begid^t;
so soll er in jedem Fall, wo er nicht überzeugt ist, dass die
Angehörigen der Todten jedes Rettungsmittel ohne Widerrede
geschehen lassen werden , sogleich der Obrigkeit des Orts da-
von Nachricht geben, die alsdann verpflichtet ist, ihn und
seine Rettungsgeschäfte gegen alle Angriffe des Vorurtheils
oder der Bosheit kräftig zu schützen. Ueber jeden solchen
Fall, das Rettungsgeschäft sey gelungen oder nicht, soU der
Geburtshelfer jedesmal ohne Ausnahme, ohngesäumt einen
umständlichen Bericht an unsere vormundschaftliche Regierung
erstatten, worinn insbesondere der Zeitpunkt der Schwanger-
schaft, die Ursache und Zeichen des Todes der Schwängern,
die angewandten Wiederbelebungsmittel, die Bewegungsgrönde
zu der gewählten Handaulegung, die Beschaffenheit der Frucht
und der Zeitpunkt ihrer Beerdigung angegeben seyn müssen,"
und im zwei und zwanzigsten Capitel: Von den Pflichten
y, Sebwarz, Der Kaiserschnitt an Todten. I3S
und Obliegenbeiten der HebammeD, § 12. hebst es:
„Jede Hebamme soll bey schwerer mid nach YerhSItniss des
Falls, Zuchthausstrafe gehalten seyn, jedes ihr bekannt ge-
wordene Ableben emer über 5 Monath schwangeren Weibs-
person ihres Orts oder Districts, wie auch jedes Versterben
einer Gebährenden während der Geburtsarbeit unter ihren
Händen, und ehe sie vom Kind entbunden ist, sogleich und
ohne den mindesten Aufschub dem zunächst wohnenden Ge-
burtshelfer durch eine sichere Person, die erforderlichen Falls
aus einer öffentlichen Kasse bezahlt werden soll, melden zu
lassen/'
In der Uocbgräfl. Lippischen Medizinaltaxe vom
21. März 1789, werden dem Geburtshelfer:
Für die Entbindung einer todten Schwängern, sie ge-
schehe durch das Accouchement force, durch die Operation
des Kaiserschnitts oder der Schaambeintrennung, wenn das
Kind noch lebendig zur Welt gebracht wird 6 Thlr.
Wenn es todt geboren wird 2 Thlr. bestimmt.
Bei Abfassung dieser Medizinal -Ordnung ist der Einfluss
und diie Mitwirkung J. C F. Schetf^s unverkennbar.
Die Grossherzogl. badische Verordnung vom 22. Mai
1827 hat zunächst den Zweck, „Wenn eine Kreissende während
der Entbindung oder kurz nach derselben mit Tod abgeht,**
zur Verhütung oder Ermittlung von Pflichtvergessenheiten,
Sorglosigkeit, kunstwidrigen Verfahrens von Seiten der Heb-
aromen und Geburtshelfer, die geeigneten Unt«*suchungen ein-
traten zu lassen, um die Zuwiderhandlungen bestrafen zu können.
Wie es mit der allenfalls in utero noch enthaltenen
Frucht gehen soU, ist aus der Verordnung nicht zu ent-
nehmen?
Die Wir temb ergische Hedidnal- Ordnung vom 1765,
Tit 4, § 9 schreibt vor: „wenn die Mutter todt, und dies
Kind in ihr noch lebendig befunden wird: so soll die Heb-
amme ohne Verzug einen Medicum und Chirurgum kommen
lassen, — wenn sie wirklich und gewiss todt, das in ihr
lebende Kind noch gerettet werde. Und hiebei soUen die
Medici und Chinirgi, nach Pflichten und Gewissen ihr Amt
thun, und sich darin von Niemand hindern lassen, dass ein
solches noch zu errettendes Kind nicht sterben müsse, ehe
134 ^' Sokwarz, Der Kaisersohsitt an Todten.
man ifam mit der Operation tn Hülfe zu kommen entscUosMn
wird/' Diese Bestimmongen haben im Jahre 1828 noch die
Weitenuigen erhalten:
1) Die geeigneten Versuche zur Rettung des (lebenden
und ld)ensßihigen) Kindes nöthigenfalls selbst im Widerspruche
mit den Verwandten unter amtlicher Beihülfe der Polizey-
behörden anzuwenden.
2)--
3) Das Kind ist für lebend anzunehmen, so lange nicht
mehrere der sichereren Kennzeichen seines Todes 7or oder
nach dem Ableben seiner Mutter sich vereinigen, nament-
lich also, wenn nur einzelne blos Wahrscheinlichkeit gewäh-
rende Umstände, wie Mangel an Bewegung des Kindes,
oder Kälte der Integumente der Verstorbenen und dergleicheo
für den Tod des Kindes sprechen. Selbst wenn schon mehrere
Stunden seit dem Tod der Mutter verflossen sind, muss noch
immer reilSich erwogen werden, ob nicht günstige Umstände,
kräftige Lebensäusserungen vor oder nach dem Ableben der
Mutter und die Beschaffenheit der Leiche der letzteren die
Hoffnung begründen, dads das Kind noch am Leben sey.
4) Die Lebensfahigheit des Kindes (die Fähigkeit nach
der Geburt sein Leben fortzusetzen) ist nicht nur vom Ein*
tritt der 28. Schwangerschaftswoche, sondern im Zweifelsfaüe
selbst einige Wochen früher, als vorhanden anzunehmen, da,
abgesehai von den Täuschungen, die in der Schwangerschafts-
Reclmung denkbar sind, nicht selten eine Verschiedenheit in
der Periode statt findet, mit welcher das Kind ein selbstst^-
diges Leben gewinnt.
5) Was die Zeit der Hülfeleistung betrifil, so ist dieselbe,
wo der Tod der Mutter ausser allem Zweifel gesetzt ist, so
schnell als nur immer möglich anzuwenden; wenigstens
nidit über 2 Stunden nach dem sichtbaren Stillstande des
Lebsns der Mutter zuzuwarten.
6) Die Hülfeleistung selbst hat vorzugsweise in der Ent-
bindttng auf dem natürlichen Wege (durch die Zange oder
die Wendung) zu bestehen, so lange diese eine ^eieli sichere
Aussiebt aitf Erhaltung des Lebens des Kindes, wie der
Kaiserschnitt gewährt; wobei auf die frühere oder spätere
Periode der Schwangerschaft, beziehungsweise den grösseren
V. iSetoani, Der Kaiserschnitt m Todten. 185
oder geringeren Portgang des scüon vor dem Tode der Mutter
begonnenen Geburtsgeschäftes, so me auf die sonstigen phy*
siologischen Gründe, für oder gegen die Wahrscheinlichkeit
einer und schnellen Entwicklung der Leibesfrucht (die Aus-
dehnung des MuttenniHids, die Dimensionen des Beckens, die
Grösse des Kindes) pflichtroässige Rücksicht zu nehmen ist
7) Bleibt jedoch nach reiflicher Erwägung aller Umstände
nichts als die Vornahme des Kaiserschnitts übrig, so muss
derselbe gan» nach den Regehi der Kunst mit aller Sorgfalt
und vollständig ausgeführt und nachher an der Leiche der
Verstorbenen ein leiditer Verband der Wunde angelegt werden.
8) Nach diesem §. soll die Hebamme befugt sein, bei
der todten Mutter, unter Umständen, das Kind durch die
Wendung auf die Welt zu fordern.
9) Die Vornahme des Kaiserschnittes hingegen darf in
der Regel nur durch einen berechtigten Geburtshelfer oder
durch einen Wundarzt I Cl. vorgenomiBen werden. Wenn
jedoch die Herbeischaffung desselben voraussichtlich mit so
grossem Zeitverlust verbunden wäre, dass dadurch das mnth-
roassliche Leben des Kindes sehr grosser Gefahr ausgesetzt
würde, so darf und soll die Operation ausnahmsweise, jedoch
nur dann, wenn der Tod der Schwängern durch äussere Ge-
walt erfolgt, oder nach dem Urtbeil eines zur innerlichen
Praxis legitimirten Arztes nicht dem geringsten Zweifel unter-
worfen ist, auch von einem andern in der Nähe befindBchen
Wundarzte nach bestem Wissen und Können auageubC werden,
so «wie dies in einem splehen Fall auch jedem innem Arzt
zukommt'*
Nach dem „landesherrlichen Edicte'* des Herzog-
thum Nassiiu, das Medizwialwesen betreffend, w)m 21. Nirz
1818, wird in der Dienstinstniction für die Hebammen, im
fraglichen Betreffe § 11 angeordnet: „Den Hebammen wird
es zm* Pflicht gemacht, das ihn^ bekannt gewordene A^
sterben einer über fünf Monate schwangern Frauensperson
ihres Wohnortes, so wie das Ableben 610^ Gebärenden wäh-
rend der Geburt vca* ibretr EndnndliBg iinvercigliob dem
Me^nakathe ansuzeigen, dapit derselbe ecbnell das NdlWge
zur etwa möglichen Rettung dos Kindes anordnen kann/' --
136 V* 8tlku)ar%, Der Kftlfenelinitt sn Todten.
Die kdnigl. Sächsischen MedicinaI*Gesetie endiakcii
in der „AUgemeinen Hebammen-Ordnung § 15, die Bestimmung:
^fSoUte die Kreissende vor der Geburt des Rindes versdieideiL»
und die Hebamme das Kind durch die bekannten und fer-
statteten Kunstgriffe nicht zur Welt bringen können, so ist
sie verpflichtet, einen Geburtshelfer oder Arzt herbeirufen zu
lassen, damit, wenn die Mutter wirklich todt ist, das vieDeicht
noch lebende Kind auf eine oder die andere Art gerettet
werden möge. — Auch hat die Hebamme, wenn sie hört,
dass eine Schwangere in den letzten Monaten jhrer Schwanger-
schaft verstorben ist, solches ebenfalls dem Physico oder der
Obrigkeit anzuzeigen.^ —
In Bayern, schreibt die allerhöchste Verordnung „die
Einrichtung des Hebammenwesens betreffend, vom 7. Januar
ISIS** im § 16. vor: „Sie (die Hebamme) hat schleuoigsl
einen Arzt oder Geburtshelfer zu rufen, wenn Schwangere
oder Kreissende unentbunden sterben sollten, oder bis zu
deren Ankunft solche Personen wie Scheintodte zu be-
handeln/'
Das ellgemeine Landrecht in Preussen, 2. Tbl. 20.
§ 713 bestimmt: „Wenn bei einer Geburt schwere <»und un-
gewöhnliche Umstände sich ereignen; so ist die Hebamme
schuldig, einen approbirten Arzt, insofern ein solcher erlangt
werden kann, herbeirufen zu lassen.*'
§ 713. Ein Gleiches muss geschehen, wenn in der
Geburt die Mutter oder das Kind das Leben einbüssen.''
§ 737. Personen, die während ihrer Schwangerschaft
oder vor der Entbindung gestorben sind, dürfen nicht eher
beerdigt werden, als bis wegen Rettung des im Mutterleibe
befindlichen Kindes die erforderlichen Anstalten mit der nö-
thigen Vorsicht getroffen sind.*' —
Der Kaiserschnitt scheint in solchen Fällen nicht
unbedingte Vorschrift zu sein, wie aus dem § 334. hervor-
zugehen scheint:
„Wegen des Verfahrens der gerichtüehen Obdnctionen,
vrird der Chef der Justiz die Gerichtsbehörden anweisen, die
Vorschrift dieser Verordnung (vom 6. November 1811,
Magdeburger Amtsblatt von 1823 S. 102, 103) zu befolgen,
y. Sekwarzt Der Kaiserschnitt an Todten. 137
auch soll die schleunige Operation des Kaiserschnitts hie-
durch (nemlich die Obduction erst 24 Stunden nach dem
Ableben des Individuum's vorzunehmen) nicht eingeschränkt
werden, die ein Sachverständiger vornimmt, sobald die Ent-
bindung einer plötzlich verstorbenen Schwangeren, von einem
lebensfähigen Kinde auf andere Weise nicht bewirkt wer-
den kann."
Die Taxe für den Kaiserschnitt an einer Verstorbenen
ist in Preussen auf 4 — 8 Thlr. , nach Edict vom 21. Juni
1815 normirt.
Die Instruction der Hebammen des Grossherzogthums
Hessen enthält § 7 die Bestimmung:
„Stirbt eine über 5 Monate Schwangere oder eine Ge-
bärende unentbunden, so hat die Hebamme die schleunigste
Herbeirufung des Arztes zu v^anlassen, damit von diesem
die mögliche Rettung der Frucht bewirkt werden kann/'
In der Taxe für operirende Aerzte und Wundärzte, pos.
178, erlassen am 14. August 1822, ist für den Kaiser-
schnitt einer Verstorbenen bei weniger Bemittelten — 5 Fl,
bei Vermögenden 15 Fl. ausgeworfen.
Schon die Verordnung vom 15. Sept. 1787 des Kur f.
Hessen enthielt die Vorschrift § 10:
„Man soll keine schwangere, nahe an der Geburt stehende,
oder über der Geburt und dem Gebären sterbende Weiber
mit dem Kind begraben, sondern nach dem Tod einer solchen
Frau, mittelst augenblicklicher Zuziehung und Berathung eines
Asztes srch des wirklichen Ablebens der für todt geachteten
schwangern Person versichern, die in der Anlage enthaltenen
Erweckungsmittel auf das allerfördersamste, und so geschwind
es sich nur immer thun lässt, bei derselben angewendet, und
wenn diese fruchtlos ablaufen, zur Rettung des Kindes also
gleich ohne den geringsten Aufschub, nach Ermessen des
Arztes, zu der bekannten Operation des sogenannten Kaiser-
schnitts zwar unverzüglich geschritten, jedoch auch hiehey,
so vorsichtig verfahren w^den, als ob der operirt werdende
Körper noch am Leben wäre.
Gleichwie es nun von der äussersten Nothwendigkeit ist,
dass bei dem Tode einer solchen nahe an der Geburt stehen-
den, oder im Gebären sterbenden Frau, der Wundarzt auf
12^ V. Se&toom, Der Kaiiersebiiltt ma Tobten.
der Stelle, um! ia HiögUohsUr Gescbwindigkeit, heibeigdiek
wer^; also sollen auch die Hinterbliebenen, wdche soldies
entweder aus Nachlässigkeit, oder gar aus bösen Absicht«
verabsäumen soUten, mit der schärfsten Ahndung angesehen,
die zugegen seyende Hebamme aber bei Wahrnehmung einer
solchen unveraDtwoi'tlichen Nachlässigkeit, und unmenschlichen
Verfahrens, alsbald und auf das eiligste den ersten den besten
verpflichteten Wundarzt herbeirufen, und der Obrigkeit die
Anzeige faicTon thun, oder sich gewärtigen, dass sie mit einer
gleichmässigen Strafe belegt werden; gestalten denn auch ein
auf solche Art verlangt werdender und zur Besichtigung der
Todten verpflichteter Wundarzt, er mag in dem Hause, wohin
er begehrt wird, sonstige chirurgische Bedienung haben oder
nicht, dem geschehenen Ruf alsbald willige Folge leisten, und
die nöthige Operation unverzüglich vornehmen, in Entstehung
dessen aber einer gleich scharfen Ahndung zu gewarten
haben soll." —
Die Kurhessische Medizinal-Ordnung vom 10. Juli
1830 enthält darüber folgende hier bezügliche Bestimmungoi:
§ 181. „Stirbt eine über den sechsten Sonnen -Monat
Schwangere; so hat der Arzt die künstliche Entbindung
durch den Kaiserschnitt zur möglichen Rettung des Kindes
zeitig zu veranlassen. Im Fall etwa die Angdiörigen der
Verstorbenen dieselbe nicht zulassen wollten, wird er sofort
die Polizei-Behörde davon in Kenntniss setzen.''
§ 190. „Wenn eine über den sechsten Sonnen -Monat
schwangere Frau stirbt; so hat der sie behandelnde Wund-
arzt zur Erhaltung der Frucht, unter Zuaiehung^ eines Geburts-
helfers oder Arztes, alsbald den Kaiserschnitt vorzuneh-
men und sonst nach Vorschrift des § 154 zu verfahren.'*
Der ailegirte § 154 enthält die im § 131 gegebene Vor-
schrift für den Geburtshelfer;
§ 375. „Auch in dem Falle, ^o eine über den sechsten
Sonnen-Monat schwangere Person in augenscheinliche Gefahr
käme, unentbunden zu sterben, oder gestorben wäre, ist für
die augenblickliche Herbeirufung eines Geburtshelfers zu sor-
gen, damit alsdann, wo möglich das Kind noch durch den
Kaiserschnitt erhalten werde. Bis sur Ankunft des Ge-
burlshiBlfers sind von der Hebamme na<A der ihr ^theilten
y. Stihwar», Der Kstffaracbnitt an Todten. 139
Belehrung belebende Mittel anzuwenden, ^r Leib der leblosen
Mutter wann zu bedecken u. 8. w., da statt des ansoheiaen-
den Todes yielleicht blos eine Ohnmacht eingetreten seyn kann.
Der § 7 des kurhessischen Ministerial-AQSschreibens des
Innern vom 15. Mai 1824 über die Besichtigung der Todten,
giebt den Todtenbeschauem auf: „wenn sie finden, daes eine
nach dem 6. Monat Schwangere imentbunden wirklich
verstorben; so hat er sofort einem Geburtshelfer die Anzeige
dayon zu machen, damit ohne den geringsten Aufschub zur
Rettung des Kindes der Kaiserschnitt verrichtet werde. Wür-
den die Hinterbliebenen solches nicht zugeben, so ist davon
unverweilt die Polizeibehörde in Kenntniss zu setzen.'' Das«
zu diesen gesetzlichen Bestimmungen die Aerzte mehr oder
weniger mitgewirkt haben durften, liegt in der Natur der
Sache.
Die Abweiidiungen in den gesetzlich«9i Bestimmungen,
das Schwankende in denselben und Zweifelhafte mag von der
individuellen AufTassung der mitwirkenden Aerzte herröhren.
Bis zum siebenzehnten Jahrhondert scheinen sich Aerzte
und Wundärzte, dem Anscheine nach, wenig mit Geburtshilfe
befasst zu haben und. ihrer Betheiligung beim Kaiserschnitte
wird nur eben beiläufig Erwähnung gethan.
Erst mit den Streitschriften Roussefs^ Bau1iin% Paräut^
u. A. über die Zulässigkeit des Kaiserschnittes oder dessen
Verwerfung, bei einer lebenden Mutter, erwachte das Interesse
fOr diese Lehre wieder und wurden die Indicationen dazu mit
besonderer Schärfe, zuletzt durch Eingreifen der franzdsischen
Akademie der Wundärzte amtlich, fast mit gesetzartiger Kraft»
festgestellt.
Die Aerzte, zunächst die Geburtsärzte schieden ädi nun
in zwei Hauptgruppen, in sokhe, die den Kaiserschnitt nur
an todten Müttern zulässig erklärten, und auch solche,
welche denselben bei lebenden Kreissenden für ausführ-
bar erachteten und vornahmen.
Je nach Maassgabe, wie sich eine oder die andere
Doctrin und Verfahrungsweise, die Entbindung zu bewirken,
Bahn brach, taucht auch eine Andeutung, dieselbe bei der
Entbindung einer todten Schwangeren in Anwendung zu brin-
gen, mit mehr oder weniger Bestimmtheit, auf.
140 ^' 8ehwar%, Der Kaiserschnitt an Todten.
Wir finden dafür Belege bei der Empfehlung der Wen-
dung auf die Füsse, beim SchambeinbogenschniU, beim Accou-
chement force u. dgl.
Nicht auffallend erscheint es uns, wenn sich Geistliche,
wie z. B.
Baynaud^), ein Jesuite, des Kaiserschnittes, nament-
lich bei Todten, mit besonderer Emsigkeit annehmen.
Auf welcher Stufe physiologischer Kenntnisse man noch
zu den Zeiten
Johann Schenke von Gräfenberg^) gestanden hat
und wie man sich die Wechselbeziehungen der schwangeren
Mutter, zu dem in ihr enthaltenen Fötus vorstellen mochte,
erhellet zum Theil aus den Anschauungen und Vorschriften,
die derselbe Lib. IV. Observ. XIV. mittheilt, wo er, „exlra-
hendi fotus vivi ratio matre mortua" — bespricht.
Nach den von ihm gegebenen Vorschriften, soll man,
damit das Kind in utero nicht ersticke, der Dahingeschiedenen
ein Sperrholz zwischen die Zähne schieben; derselbe Zweck
würde auch erreicht, wenn die Hebamme ihre Hand nicht
Yon dem Scheideneingange entferne, bis der Chirurg die Frucht
aus dem Leibe geschnitten hätte.
(Was für ein Zweck durch diese Anleitung erreicht
werden soll, ist nicht ganz klar. Soll dadurch dem Fötus
respirable Luft zugeführt werden?)
Schenk beschreibet, 1. c. auf das Umständlichste das
Verfahren, um einen noch lebenden Fötus aus der todten
Mutter zu schneiden und bemerkte, dass er dieses Verfahren
selbst „ — aliquando felicissime, haud sine adstantium cm-
nium applausu -— " verrichtet hätte.
Näheres aber , wie er dieses sehr wohl bei Observ. XV. 1. c
hätte thun können, wo er Beispiele von anderen Schriftstei-
lem anfuhrt erfahren wir über sein eignes Wirken nicht
Es bleibt sonach das „aliquando felicissime*' nicht anders
erklärlich, als dass es sich auf die Verrichtung der Operation
selbst, keinesweges aber auf den Erfolg derselben, d. h. auf
1) Theoph, Baynaudf De Orta infantum contra nataram per
Sectionem Caesaream. 8. Lngd. 1637.
2) Schenk, Joh. de Cfräfenberg, Observationes medic. rarior.
Lib. VII. Fol. Frankof. 1665.
V. Schwarz f Der Kaiserschnitt an Todten. 141
die Erzielung eines oder des anderen lebenden Kindes be-
ziehen soll, sonst würde der Verf. sich mit grösserer Bestimmt-
heit ausgedrückt haben.
Die französischen Geburtshelfer Guülemeau,'^) Mau-
riceau,^) Dionis^) verwarfen den Kaiserschnitt an Lebenden,
vielleicht etwas voreilig, weil sie selbst eigne unglückliche
Erfahrungen gemacht und erkannten diese Operation nur
bei todten Schwangern als zulässig an.
Auffallend pflichtete der sonst so umsichtige und glück-
liche L. Heister*) den französischen Widersachern des
Kaiserschnittes bei Lebenden bei und erklärte diese Operation
nur noch unter besonderen Vorsichtsmaassregeln bei todten
Schwangern als zulässig.
Die Hauptverwamung geht in der Richtung „nur keine
etwa Scheintodte zu öffnen*'. Wegen der trügerischen Zeichen
des wahren Todes vom Scheintode räth er daher, die Ope-
ration so anzustellen, als wenn dieselbe an einer Lebenden
vorgenommen, und exculpirt den Chirurgen oder Geburtshelfer,
der das unvorhergesehene Unglück gehabt hätte, eine nur
Scheintodte geöffnet zu haben, indem er kein Verbrechen
begangen, sondern im guten Glauben gehandelt habe.
Van Swieten 1. c. rechnet, unter solchen Umständen,
eine derartige Verwundung nicht zu den allgemein tödtlichen,
weil eine seltsame Zahl von lebenden Frauen, die sog. Kaiser-
geburt glücklich überstanden und geheilt worden seien.
Im Jahre 1706 erschien eine anonyme Abhandlung,
S. J. M. D. „Kurze Abhandlung von Erzeugung des Men-
schen und dem Kindergebähren, S. Frankf.'S in welcher der
Verf. den Kaiserschnitt durchaus verwirft und weil das
1) QuüUmMu, i/oc. De la grossesse et acconchement des
femmes. 4. Paris 1619.
2) MaurieeaUf Franc, Trait^ des malad.ies des femmes
grosses et acconch^es. 4. Paris 1668, und MaurieeaUf Franc,
Demiires observations snr les maladies des femmes grosses et
acconch^es. 4. Paris 1706.
a) Dioni9, Feter, Goars d'op^rations de Chirurgie. 8. Paris 1707.
4) Heister, Law., et Defenbach, Dissert. foetam ex utero
matris mortuae mature esse ezscindendum. 4. AUdorf 1720.
142 V* Schwor», ]>er Kaiserschnitt an Todten.
Kind dock gewöhnlich absterbe, auch die Lex regia zu
verwerfen sei.
Man sieht, dass dem Manne es sogar an Nuth gebrach,
sich öffentlich zu nennen, da er es wagte, gegen ein allge-
meines Vorurtheil sich aufzulehnen.
Es wäre auch möglich, der anonyme Verfasser sei ein
Israeiite gewesen, der nach seineu Religions-Grundsätzen eine
Section der todten Hutler nicht für zulässig erachtet hätte.
Die Fälle von Vater, ^) Hutter,^) Bohrt, ^) welche gün-
stige Resultate nach dem Kaiserschnitte der todten Mutter,
d. h. lebende Kinder aus den Leichen erzielt haben wollen,
kann ich keiner näheren Critik unterwerfen, da ich mir die
verzeichneten Schriften zur Einsicht nicht verschaffen konnte. —
Fatiua^) und Deaae^) wollen die Operation des Kaiser-
schnittes nur bei todten Müttern gestatten und KaUr
achmid^) empfiehlt mit grosser Wärme in zwei Abhandlungen
das königliche Gesetz.
In Johannis Timmii Bremensis etc., vermehrtem und
erläutertem Dionis etc., Bremen 1745, 8. wird der Zweck
des Kaiserschnitts bei einer Leiche, S. 4ß9, dahin angegeben,
„L Damit (der Chirurgus) trachten möge, das Leben des
Kindes zu retten. 11. Auf dass es getaufet werden möge.
Darum muss der Leib einer schwangeren Frau, auf was
für eine Art oder in welchem Monath der Schwangerschaflt
sie auch möge gestorben seyn, sogleich geöffnet werden.
Und wenn es gleich nicht möglich wäre, dem Kinde das Leben
zu retten, so hat man doch wenigstens Ursache zu hoffen,
dass man es noch taufen könne.'' —
Maurieeau Fr., in seinen Aphorismen bemerkt 245.
„Weil das Kind ohne das Leben, welches es mit seiner
1) Vater, Christ., De partu hominis poat mortem matris.
Diss. 4. Wittenb. 1714.
2) Hutter, Andr., Fünfzig chirarg. ObseryationeB ans eigener
Erfahrung. 8. Nürnberg 1718.
8) Bohn, Jo., Chirnrgia rationalis. 8. Braan«chw. 1727.
4) FatiOy Joh,, Helvetische Vernunft. Wehmutter. 4. Basel 1762.
6) Dease, W., Bemerk, üb. die Entbindungskunst. 1788.
6) Kaltschmid, C. F., De necessit. ezsecandi foetum ex gravida
mortua. 4. Jena 1764. — 4. 1760.
V. Schwarz, Der Kaiaeraehnilt an Todteo. X43
Mutter gemein bat, auch einen besonderen Ur^rung des
Lebens bey sieb heget (?), so findet man bisweilen das
Kind noch lebendig in dem Leibe seiner verstorbenen Mutter,
wann man dieselbe, sobald sie gestorben ist, öffnet.'' —
Platner, J. Z. etc., Gründl. Einleitung in die Chirurgie
etc., Leipzig 1749, § 1466., sagt vom Kaiserschnitt:
„Auch soll man diesen niemals vorzunehmen vergessen,
wenn die Matter, eke sie das Kind gebähren können, ver-
storben, dieses aber hingegen noch am Leben ist. Doch soll
man sich in dergleichen Falle wohl vorsehen, dass man nicht
irgend eine Frau, welche wegen Verblutung grossen Schmerz
und langer Arbeit, sehr entkräflltet und ohnmächtig worden,
vor tod halte, *und ohne alle Vorsicht und Behutsamkeit in
den Leib schneide.'*
Thebesiiy J. E^ Hebammenkunsl, Liegoitz 1759.
§ 477. Der Kaiserschnitt musa vorgenommen werden:
1) Sobald eine Gebäbrende gestorben, und man glaubt,
dass das Kind, so noch nicbt gd)ohren ist, in ihrem Leib
noch leben könne. .
§ 484. Auf die Frage: Ist bei einer todten Frauen
der Kaiserschnitt unterschieden? lautet die Antwort:
„Wenn ich an einer todten Frauen den Kaiserschnitt
machen soll, so muss ich keine Zeit versäumen, den Unterleib
zu öffnen, massen, wenn gleich das Kind noch lebt, so bald
die Frau stirbt, solches auch mehrentlieüs gleich stirbt.
Ich darf in solchem Fall nur deren Unterleib von den
falschen Rippen an bis an das Schaambein, und hernach die
Mutter auch der Lange nach aufschneiden, das Kind heraus-
ziehen, wann es lebt und schwach ist, gleich taufen, und
solches alsdann von seiner Nabelschnur lösen."
J. P. Frank, in seinem System etc. und schon früher
im Magazin för gerichtl. Arzneikunde und mediz. Polizei,
Stendal 1783, will die Schwangeren, wenn sie vor der ersten
Hälfte der Schwangerschaft verschieden sind, nicht eröffnet haben.
„Es sei nicht zu glauben, dass je ein solcher Fötus
nach dem Tode seiner Mutter ein noch so schwaches Leben
erhalten werde, dass man sich Hoffnung machen könnte, solches
nach dem Gebrauche der römischkatholischen Khxhe zu taufen,
vielweniger, dass es mit dem Leben davon zu bringen wäre."
144 V. Sehtoar», Der Kaiserschnitt an Todten.
Es würde daher die EröffDUDg, welche in einer so dien
erst erblassten Mutter nur mit einiger Ungewissheit über
ihren wirklichen Tod, vorgenommen werden könnte, aUzn
viele Gründe gegen sich haben, wo doch der Nutzen ander-
seits augenscheinlich in Nichts besteht''
Nach Van Swieten (comment. ad H. Boerhavii aphorisoi.
T. IV, pag. 549, soll es sich von selbst verstehen, so schnell
wie thunUch, nach dem Tode der Mutter, den Fötus von der-
selben zu entfernen, da er nach dem Tode der Mutter in
grosser Gefahr schwebe.
• Man solle aber auch nicht an dem Leben des Fötus ver-
zweifeln, da nach dem Tode der Mutter eine namhafte Zeit
verflossen sein könne, (wie aus verschiedenen Beobachtungen
hervorgehe), welche von andern Schriftstellern gesammelt,
wo ein Kind noch lebend angetroffen worden.
Er selbst führt hier ein sehr zweifelhaftes Beispiel an,
wo aus einer, von ihrem Manne erstochenen Frau, 48 Stunden
nach dem Tode, (? soll vielleicht heissen: Verwundung) ein
Kind bei der Section ausgeschnitten wurde, das noch V4
Stunde gelebt habe. —
Er begehrt unterdessen, dass der Tod der Mutter, ehe
man zur Operation schreite, ganz sicher festgestellt sei,
und fiodet den Rath, ehe die Schwangere noch ganz todt sei,
den Bauch zu öffnen, grausam; wogegen auch schon andere
Schriftsteller angekämpft haben.
Van Swieten kann nicht genug zur Vorsicht anratheo,
eine Ohnmächtige von einer wahrhaft Todten zu unterscheiden;
warnt vorzugsweise, bei Solchen, die zu hysterischen Zufallen
hinneigen und zur Zeit der Schwangerschaft in dieselben ver-
fallen, auf seiner Hut zu sein. Er beschreibt die Ohnmachts-
zuflUe, wie da die Gesichter erblassen, collabü^n, leichen-
artig aussehen, ganz kalt und steif werden. Pulse und
Athemzüge stocken.
Aus seinen Erfahrungen erzählt er einen Fall, wie er
zu einer, an Cholera leidenden Schvningeren gerufen, welche,
nachdem sie Krämpfe bekommen , in eine Ohnmacht verfallen,
dass sie ihre Umgebung für todt gehalten, die eben durch
seine Bemühungen wieder hergestellt wurde. S. 550 will er
zwar nicht, dass man das sicherste Zeichen des Todes, die
V. Schwarz f Der KaiserscIiDift an Todten. 145
Fäulniss, abwarten soll, ehe man den Kaiserschnitt mache,
denn da müsste gewiss vorher der Fötus abstpr]>pn — und
doch wurde auch bei eingetretener Fäulniss der Kaisorschuitt
noch vorgenommen ^!).
ÄufTallend ist es, dass die grössten Geburlslieifer Frank-
reichs — Baudelocque, Levret — fast gar keinen Werth
auf den Kaiserschnitt nach dem Tode der Mutter zur Rettung
des Kindes legen, indem sie denselben zu diesem Zwecke in
ihren Werken nicht erwähnen.
Durch den Mahnruf J. F. Frankes, der sowohl der
Gesetzgebung aufs Neue diesen Gegenstand zur Berück-
sichtigung empfahl, als auch die Geburtshelfer anzuspornen
schien, concisere Grundsätze über das wann und wie der
Hulfeleistung ? aufzustellen, wurden später fast in allen Lehr-
buchern mehr oder weniger ausführliche Vorschriften ertheilt.
Noch Steidele, im „Lehrbuch von dem unver-
meidlichen Gebrauch der Instrumente in der Ge-
burtshftlfe, Wien 1785," bemerkt S. 172, wo er vom
Kaiserschnitte handelt: „Die Religion und die Gesetze ver-
binden uns auch das Kind, welches noch leben könnte,
alsobald . durch den Kaiserschnitt aus dem Leichnam einer
plötzlich verstorbenen gebährenden Weibsperson heraus zu
holen."
„Die Pflicht einer Hebamme soll sie erinnern, alsobald
einen Geburtshelfer, oder in Ermangelung dessen einen Wund-
arzt ruflen zu lassen, welcher augenblicklich nach erfolgtem
tödtlichen Hintntt dieser unglücklichen den Kaiserschnitt vor-
nehmen und das Kind, wenn es änderst annoch lebet, da-
durch retten soll. Diess gilt auch bei allen sterbenden
Schwangern, ohne Unterschied der Zeitrechnung ihrer
Schwangerschaft und Krankheit, an welcher sie stirbt.
Findet man bey der Befühlung des Muttermundes denselben
oflen, wie es meistentheils, bei Gebährenden besonders, wahr-
genommen wird, so soll man alsogleich, die gespannte Blase
sprengen, und nach herausgelassenem Wasser, das Kind
nothtaufen, weil es doch ausserordentlich selten seine
Mutter Qberlebet, und nach dem Schnitt fast allzeit
todt, folglich der heil. Taufe unfähig befunden wird."
Monatsschr. f. Qebaritk. 1881. Bd.XVin., Bnppl.Hft. 10
X46 V. Schwor» t Der Kaiserscbnitt an Todtea.
„Leider ist zu bedauren. dass dieser Gebärmutterschniu
meistens fruchtlos ablauft. Sollte denn gar kein Mittel
vorbanden sein, wenigstens einige Kinder zu retten ?*"
Steidele meint durch Zuführen der atmosphärischen Luft
in den, von den Geburtsfeuchtigkeiten entleerten Uterns, mittels
einer Spritze, vielleicht das selbstständige Athmen des Fötus
hervorzurufen, bis die Zeit gegeben, das Kind durch den
Kniserschnitt von der Mutter zu trennen. (?)
Husstt/y Z. G., Diskurs über medizinische Polizei,
Pressb. u. Leipzig, 1786, 2. Bd., »bemerkt § 419: Von der
Eröffnung Schwangerer nach dem Tode:
,,Von viras für einer Ursache sie aber immer erblasse,
so ist es allezeit überaus schwer, sogleich den Zeit-
punkt der wirklichen Entseelung zuverlässig zu
bestimmen. Da der Schlagfluss bei Gebährenden so wenig
als bei andern allzeit gewiss todtlich ist; zu demselben auch
gar leicht noch eine scheinbare Auslöschung der Lebeos-
verrichtungen sich gesellen kann, wird es dann recht schwer
werden, denselben von dem Tod selbsten, in den ersten
Stunden dieser Veränderung zu unterscheiden?
„Wie oft sehen wir auch nicht Schwangere, wegen Mutter-
krankheiten, durch heftige Schmerzen und andere Ursachen,
in anhaltende, dem Tode ähnliche Ohnmächten dabinsinken,
und bald nachher wieder unverletzt zu sich kommen? Wer
wird wohl sagen dürfen, wie viel dieses oder jenes Weib
Blut verlieren müsse, um zu sterben? Da dies allzeit von
einer individuellen Konstitution der Kräfte und des Mechanisinns
des Körpers der Mutter abhängt"
Nun ergeht sich der Verf. in einigen Zweifeln über die
Aufrichtigkeit bei dergleidien Vorgängen, bespricht die Tbat-
sache, dass wirklich nur Scheintodte durch den KaiserscbniU
geöffnet, wieder zu sich gekommen und dergl., und fShrt
dann im § ^20 weiter fort:
„So bald die noch unentbundene Mutter entweder dem
äusseren Ansehen nach (?), oder wirklich todt ist; so ist natür-
licher Weise zu befürchten, dass ihre Leibesfrucht das nämliche
Schicksal erfahren werde; besonders wenn der mütterliche
Tod erst nach langen Geburtsarbeiten erfolgt ist. Inzwischen
aber, obschon in den mehrsten Fällen der Tod des nocb
V. Schwarz f Der Kaiserscbnitt an Todten. 147
verschlossenen Kindes geschwind nachzufolgen scheint;
so hat mau dennoch Fälle, daas das eine merkliche Zeit
verschlossene Kind noch Zeichen des Lebens von sich giebt;
und dass man auch, in Ermangelung dieser, annoch wider
alles Vermuthen noch lebende Kinder aus der todten Gebär-
mutter gezogen hat."
Nachdem der Verf. nun die Zweifel erhoben:
Ǥ421.
1) Dass es leicht sei, eine Schwangere für todt anzusehen,
die es noch nicht ist; und dass man überhaupt vor
Verlauf von zweimal 24 Stunden kein untrügliches
Kennzeichen des gewissen Todes bestimmen könne
(ausgenommen, dass sich bedeutende Merkmale der an-
faugenden allgemeinen Fäulniss, die in den Sommertagen
z.B. zuweilen zu geschehen pfleget, äusserten);
2) dass ein unentbuudenes Kind zwar oft mit, oder bald
nach seiner Mutter zu sterben pfleget; aber
3) zuweilen auch dieselbe um eine merkliche Zeit über-
leben könne;"
kommt er zum Schluss, dass man:
„a) Alles anwenden müsse, um das vielleicht noch lebende
Kind aus dem mütterlichen Schoosse zu ziehen; dass
es aber
b) nicht gleichgültig sei, wie solches geschehe, sondern,
dass Wege einzuschlagen seien, wodurch für das kind-
liche Leben gesorget werde, ohne dass der vielleicht
noch lebenden Mutter dabei eine tödtliche Wunde ver-
setzt werde." —
Im § 422, wo der Verf. von der Lex regia spricht,
bemerkt er aber dasselbe:'
^Inzwischen ist dieses Gesetz in unseren Tagen (1786)
fast überall ausser Uebung gekommen, und es würde
vielleicht noch mehr geschehen sein, wenn nicht die Lehre
der katholischen Kirche, von der Nothwendigkeit der Taufe
zur Seligkeit der Kinder, zu dieser Rettung der Leibesfrüchte-
einen Bewegungsgrund abgegeben hatte.*'
„Aber selbst dieser heilige Eifer hat zuweilen zu bösen
Folgen Anlass gegeben."
10»
148 V. ScUtoart, Der Kaiserscbnitt an Todten,
Im § 425 will der Verf. durch Vorschrift«« genauer
bestimmt haben: wann eigentlich zur regelmässigen
Eröffnung geschritten werden solle? damit man in der
Sache, worin schon so viele Fehler begangen worden
sind, dem Unternehmen aller zu kühner oder gar fanalischer
Geburlshelfer Schranken setze. Nach seinem Rathe sollte
daher nie erlaubt sein, eine Schwangere zu eröffnen, ausser
„1) Wenn eine schwere Krankheit oder sonst tödlliche
Zufalle vor ihrem Dahinscheiden bemerkt worden sind;
2) Wenn das Athemhoien, nach allen desfalls angestellteo
gewöhnlichen Versuchen, gänzlich aufhöret;
3) Wenn weder an den Gliedmassen, noch in der
Gegend des Herzens mehr ein Aderschlag durch erfahrene
Hände zu fühlen ist;
4) Wenn alle, auch die geringste Bewegung, ausser
jener des Unterleibes vom verschlossenen Kinde, verlohreo
gegangen.
5) Wenn auch die natürliche Wärme des Körpers, welche
bei Sterbenden meistens schon vor ihrem Dahinscheiden sich
verlieret, entweder ganz oder wenigstens nach Maassgabe
der Dauer des tödtlichen Zustandes verschwindet — Dieses
Zeichen gilt nur in der Verbindung mit andern , und ist allein
betrüglich.
6) Wenn alle menschlichen Hülfsmittel umsonst ver-
wendet werden, die gegen Ohnmächten und dergl. wirksam zu
sein pflegen. — Es versteht sich aber, dass dergleichen Mitlei
dort weniger nöthig sind, wo eine schwere Krankheit, unter
gewöhnlichen Auftritten, die Schwangere mit mehr Zuver-
lässigkeit getödtet hat, und dass man durch allzu grossen
Verschub der Operazion leicht die Rettung des Kindes ver-
absäumen könne; wesswegen nöthig ist, dem Geburtshelfer
freie Hand zu lassen.
7) Wenn durch Zusammenhaltung aller Erscheinungen
mit grösster Wahrscheinlichkeit auf den wirklichen Tod der
Mutter geschlossen werden mag; welches um so leichter sein
wird, je weniger die Schwangere vormals den Mutterzufallen,
Ohnmächten und dergl. ergeben war."*
Der Verf. ist im § 426 nicht der Meinung, dass un-
bedingt und überall der Kaiserschnitt bei unentbundeu
y. Sehwar», Der Kaiserschniti an Todten. 149
schwangeren Verstorbenen solle vorgenommen werden, sondern,
wo es thunlich, auf natürlichem Wege die Entbindung
herbeizufulu'en, da solle man entweder die Zange gebrauchen
oder die Wendung machen.
„Wegen Ungewissheit des wirklichen Todes der Schwangern
(ist der Verf. der Meinung) sei der Kaiserschnitt nicht anders
vorzunehmen, als auf die behutsamste Weise, sowie man
solchen in einer noch lebenden Mutter vorzunehmen pflegt.*'
Was die Zeit der Schwangerschaft, nach welcher der
Kaiserschnitt vorgenommen werden solle, betrifll, so ist der
Verf. des Dafürhaltens (§ 429), dass der sechste Schwanger-
schaftsmonat maassgebend zu erachten sei. Seine sonstigen
Propositionen, um das Interesse für die zu rettenden Kinder
zu wecken, will ich als unpraktisch übergehen.
Aus dem bisher Mitgetheilten entnehmen wir das Un-
sichere, Verworrene, Widersprechende in Behandfung
concreter Fälle und können es der Gesetzgebung gar nicht
hoch anrechnen, wenn sie bei Feststellung ihrer Bestimmungen
in dieselben Fehler verfallen ist.
Metzger, J. D., „ Handbuch der Staatsarzneykunde, enth.
die med. Policey u. ger. Arznej'wiss., Züllichau 1787,** bemerkt
S. 25, wo vom Kaiserschnitte nach dem Tode die Rede:
§ 82. Folgende Gründe streiten für das Gesetz (Lex regia):
1) Das Leben des Kindes im Hutterleibe ist von dem Leben
der Mutter unabhängig und kann nach ihrem Tode
noch fortdauern.
2) Glückliche Beispiele lehren, dass durch den Kaiserschnitt
lebendige Kinder von todten Müttern erhalten worden.
3) Menschenliebe und Population rechtmässigen dieses Ver-
fahren.
Später wird man Gelegenheit nehmen, diese Gründe,
wenn auch nur kurz, zu beleuchten.
Auch J. P, Weidmann in seinem „Entwurf der Geburts-
hilfe f. s. Vorl., Mainz 1808 ,'* redet § 740 dem Kaiserschnitte
an Todten das WorL
„Die BilUgkeit dieses Gesetzes (Lex regia) ist so ein-
leuchtend, dass man sogar in zweifelhaften Fällen einer
SchwangerschafL, oder der entfernten Möglichkeit, das Leben
eines Kindes zu retten, sie anstellen sollte.**^
150 ^' Schwarz, Der Kaiserschnitt an Todten.
A. G. Richter, ^ Anfangsgründe der Wundarzueikunst,
7. Bd., bemerkt § 90:
„Es giebt nocb einige Fälle, in welchen der Wundarzt
den Kaiserschnitt, oder wenigstens eine ähnliche Operation zu
machen genöthigt ist
Der erste Fall ist: wenn eine Gebärende unentbunden
stirbt und das Kind noch lebt Man macht hier die Operation,
um das Leben des Kindes zu retten; jedoch den Fall aus-
genommen, wenn beym Absterben der Mutter die Geburt so
weit vorgerückt ist, dass das Kind durch die Zange oder
Wendung durch den natürlichen Weg zur Welt gebracht
werden kann. Man macht übrigens in diesem Falle die
Operation mit aller Vorsicht, wie bey einer lebendigen. Da
man, wenn man das Kind lebendig erhalten will, die Operation
sogleich nach dem Absterben der Mutter machen raus»;
könnte es wohl zuweilen geschehen, dass die Mutter nur
scheintodt wäre. Der Fall hat sich wirklich ereignet {Ca88U9\
dass die Mutter nach der Operation wieder zum Leben kam." —
G. W, Stein, Anleitung zur Geburtshülfe etc., Marburg
1805, 2. Tbl. bespricht § 898. in seiner eigenthümlidien
Weise den Kaiserschnitt, einmal als Folge des königl. Gesetzes
(Lex regia): ^ gleich nach dem Ableben der schwangeren
Mütter" — und fahrt dann § 899 fort: „Also verschafll der
Kaiserschnitt der Kunst auch sogar nach dem Tode der Mutter
das letzte und gewisse Mittel , den ihr vorgeschriebenen heil-
samen Entzweck glücklich zu erreichen, und zeichnet sich
sowohl dadurch, als dass sich die Entbindungskunst oft hier,
so wie sonst fast allezeit, mit dem Leben zweier Individuen
auf einmal beschäftigt, vor anderen Theilen der Arzney Wissen-
schaft aus. Was der Verfasser mit dieser affectirten Phrase
eigeiitlich sagen will, ist mir nicht ganz verständlich."
Mit seltsamer Flüchtigkeit berührt Elias von Siebold
in seinem: Lehrbuch der prakt. Entbindungskunde § 542.,
den Kaiserschnitt an Verstorbenen, in dem er sagt:
„Der Zweck des Kaiserschnittes ist, entweder Mutter und
Kind zu gleicher Zeit, oder nur jene oder dieses allein zu
retten. In beiden ersten Fällen wird es allezeit bei einer
y. Sehwarm, Der Kaiserschnitt an Todten. 151
lebenden SchwaDgern, im letxlen Falle aber nur gleich nach
dem Tode der Mutter nach dem königl. Gesetz unternommen/'
Und § 546.
^Bei einer unentbunden gestorbenen Schwangern ist der
Kaiserschnitt unter folgenden Bedingungen indiclrt: 1) wenn
das Kind noch lebtv 2) ^^nn die Frau wirklich todt ist;
3) wenn die Zeit der Schwangerschaft wenigstens schon über
den siebenten Monat vorgerückt war; 4) wenn die Entbindung
nicht auf dem gewöhnlichen Wege möglich ist. Den Kaiser-
schnitt muss man aber hier mit derselben Vorsicht als bei
einer labenden, sowohl in Beziehung auf die Mutter als auf
das Kind unternehmen, man mag noch so spät gerufen wer-
den. Die Idee , das Leben des Kindes zu retten , darf man
nicht ausser Acht lassen, zu dem, da Beobachtungen existiren,
wo die Leibesfrucht nicht nur allein nach 12 Stunden {Bwrton),
sondern sogar 24 Stunden nach dem Tode der Mutter lebend
gefunden wurde. Dass nach drei Stunden das Kind Lebens-
äusserungen Ton sich geben könne, davon hat sich der Ver-
fasser überzeugt, als er zum ersten Male genöthigt war, an
einer plötzlich verstorbenen Schwangeren den Kaiserschnitt
zu machen.**
Auffallend ist es hier, den vielbeschäftigten, einer be-
deutenden Gebäranstalt lange vorstehenden Geburtshelfer, aus
seiner eignen Erfahrung kein Beispiel anfuhren zu hören, in
welchem es ihm gelungen wäre, ein lebendes Kind von einer
todten Mutter durch den Kaiserschnitt zur Welt geüßrdert zu
haben. —
Rügen y F. A., Die Anzeigen der mechanischen Hülfen
bei Entbindimgen etc., Giessen 1820, bemerkt S. 403.
11) „Ist der Tod einer über 26 Wochen Schwangern
erfolgt, so soll man nach meiner Ueberzeugung nicht unbe-
dingt den Kaiserschnitt machen, sondern bei vorliegendem
Kopfe und hinlänglicher Geräumigkeit des Beckens die Zange
anlegen. Bei einer Querlage deä Kindes und hinlänglichem
Fruchtwasser darf die Wendung gemacht werden. Sobald
sich der Durdiführung des Kmdes nur etwas erhebliche
Schwierigkeiten entgegensetzen, werde der Schoossfngenschnitt
ausgeübt. Wenn aber das Becken unter 2V2 Zoll misst,
oder wenn es bei der bestehenden Querlage des Kmdes an
162 ^' Sckv)ar%^ Der Kaiserschnitt ah Todten.
einer reicblicben Menge von Fruchtwasser fehlt; so mag dann
der Leib und Uterus gleich nach dem Aufhören der Aeusserung
von Zeichen des Lebens der Schwangern aufgeschnitten
werden." 20.
CaruSf C. G. , Lehrbuch der Gynäkologie oder systema-
tische Darstellung der Lehren von Erkenntniss etc. etc., Leipz.
1820, 2. Tbl. § 1263, bespricht unsere Angelegenheil:
3) „Endlich ist der Gebärroutterschnitt zu untemehraen
bei plötzlich erfolgtem Tode einer Schwängern, sobald dieselbe
im achten, neunten oder zelmten Monate ihrer Schwanger-
schaft sich befand, und ebenso bei plötzlich erfolgtem
Tode einer angehenden Gebärenden. Auch diese Indicatioo
ist im Allgemeinen so unbedingt, wie die zuerst aufgestellte,
nur muss über den wirklich eingetretenen Tod der Mutter
kein Zweifel mehr übrig seyn, damit man nicht in einem Zu-
stande blossen Scheintodes, durch eine so gefahrliche Operation
den Uebergang in wirklichen Tod veranlasse.
Diese Gewissheit kann aber eines Theils durch Berück-
sichtigung der Todesursache erhalten werden, wo z. B. hef-
tige Blutungen, erlittene gefahrliche Verletzungen u. s. w. als
Ursachen dieser Art zu betrachten sind, anderen Theils bliebe
wohl in zweifelhafteii Fällen noch die entblösste Muskelfiber
zur Ausmitteluug des Todes übrig, da das sicherste Zeichen
des Todes, die eingetretene Fäulniss, hier natürlich nicht ab-
gewartet werden kann. Wo aber immer die Gewissheit des
Todes emgesehen werden kann, verdient durchaus diese Ope-
ration ,vor dem künstlichen Beendigen der Gebuil auf dem
natürlichen Wege, selbst bei schon ziemlich eröffnetem Mutler-
munde, unbedingt den Vorzug, da in allen diesen Fällen durch
Erhaltung des Kindes der einzige Zweck des Geburtshelfers
sein kann, und man fast nie (b^ noch gar nicht geöflnetem
Muttermunde gewiss nicht) erwarten darf, dass bei einem
ohne alle Wehen bewerkstelligten Hindurchziehen des Kindes
durch das Becken, dieses am Leben bleiben könne.'*
Froriep, L. Fr. t?.. Theoretisch praktisches Handbudi
der Geburtshulfe etc., Weimar 1822, bespricht unsem Gegen-
stand im § 505.
„Man unternimmt den Kaiserschnitt entweder bei einer
todten oder bei einer lebenden Frau.
y, 8ekxoar»i D^r Kaiserflehnttt an Todton. 153
1) Bei einer schwangeren Verstorbenen (lex regia) rouss
man alle Mal den Kaiserschnitt machen, wenn sie schon über
den siebenten Monat der Schwangerschaft hinaus, ist, (wo
man hofien muss, das Kind am Leben zu erhalten); wenn
man sicher überzeugt seyn kann, dass die Frau wirklich todt
ist» und wenn man das Kind nicht sehr leicht auf dem na-
türlichen Wege durch Wendung oder Zange herausbefördem
kann.
Hier muss man den Schnitt so bald wie möglich machen,
(wenn es nicht früher geschehen konnte, aber selbst 12 — 24
Stunden nach dem Tode), dabei aber vorsichtig seyn, dass
man ihn nicht etwa bei einer Scheinlodten ?omehme, wo
andere Hülfe, z. E. Wendung, noch stattOndet, die zugleich
oft als ein Wiederbelebungsmittel wirkt''
Sieboldy E. C. J. von, Abbildungen aus dem Gesammt-
gebiete der theoretisch-praktischen Geburtshulfe, mit beschrei-
bender Erklärung derselben, nach dem Französischen des
Maygrier bearbeitet. Berlin 1829, gr. 8., bemerkt zu un-
serem Gegenstande, S. 184 —
„Was die Indicationen zum Kaiserschnitt betrifil, so
muss derselbe , nach der alten lex regia an jeder schwängern
Verstorbenen geübt werden, um wenigstens das Kind noch
zu rettoi. Es smd aber hierbei folgende Cauteien wob] zu
beobachten.
1) Wir müssen von dem wirklichen Tode der Mutter
auch vollkommen überzeugt sein, damit wir nicht durch die
Ausübung dieser Operation bei vermeintlichem Tode, den
wirklichen herbeiführen. In solchen Fällen, wo die Todes-
ursache nicht klar vor Augen liegt, schlägt Carus (s. 0<) vor,
man solle den Metallreiz auf die entblösste Muskelfaser, zur
Ausmittelung des wirklichen Ablebens, anwenden, da das
sicherste Zeichen, die eintretende Fäulniss, hier nicht abge-
wartet werden kann. •
2) Man muss genau untersuchen, ob das Kind, trotz
dem Tode der Mutter, nicht aui natürlichem Wege, noch zur
Welt befördert werden kann, sei es nun durch die Zange,
Extraction mit den Händen, oder durch die Wendung, was
besonders bei solchen Müttern der Fall sein kann, welche
während der Geburt sterben. Es muss aber eine leichte
154 ^' Sckwarxy Der Kaiserschnitt an Todten.
Operation vorausgesehen werden, sonst verdient der Kaiser-
schnitt allemal den Vorzug, da bei dem Herausziehen des
Kindes durch das Becken, wobei uns keine Wehen unter-
stützen, kaum dasselbe am Leben erhalten werden kann.
3) Die Operation muss endlich so bald wie möglich nach
erfolgtem Ableben der Mutter unternommen werden, damit
das Kind, durch Yersäumniss nicht um das Leben komme.
Es sind indessen Beispiele da, dass der Kaiserschnitt 12 — 24
Stunden nach dem Tode der Mutter dennoch einen günstigen
Ausgang für das Kind hatte/'
Nägele, F, K., bespricht in seinem: „Lehrbudi der
Geburlshulfe für Hebammen, Heidelberg 1836" — im Anhang
§ 601. H. Verhalten bei plötzlichem Ableben einer Schwan-
geren, Gebärenden — unseren Gegenstand folgendemaassen.
„Da, wie die Erfahrung vielfältig gelehrt hat, das Kind
im Mutterleibe nach dem Tode seiner Mutter und besonders
wenn dieser plötzlich erfolgt, noch fortleben kann, so ist es,
zur möglichen Rettung des Kindes, durch ein weises Gesetz
verboten, dass eine verstorbene Hochschwangere unentbnndeD
begraben werde.
Wu*d daher die Hebamme zu emer in den letzten drei
Monaten ihrer Schwangerschaft Verstorbenen gerufen, so hat
sie vor AUem zu veranstalten, dass schleunigst ein Geburts-
helfer ieur Verrichtung der künstlichen Entbindung herzo-
gerufeu werde u. s. w."
§ 602. „Hatte die Verstorbene noch nicht ganz aus*
getragen, und sind auch sonst keine Anzeigen, keine natür-
liche Vorbereitungen zur Geburt vorhanden, hatten namentlidi
noch keine Wehen sich eingestellt, und ist der HuttermuBd
noch geschlossen, in diesem Falle muss die Frucht baldmög-
lichst durch die künstliche Eröffnung des Bauches und der
Gebärmutter, welche Operation der Kaiserschnitt genannt
wird, zur Vl^elt gefordert und zur Verrichtung dieser Opera-
tion sogleich der zunächst wohnende Arzt, Wundarzt oder
Geburtshelfer herbeigerufen werden.
Der Kaiserschnitt muss übrigens, in wie fem man ja
nicht völlig gewiss seyn kann, ob die Frau wirklich oder nur
scfaeintodt ist, auf dieselbe Weise und mit der nehmiichen
Vorsicht, wie an einer Lebenden, vorgenonmien werden. Hat
V. SchwarZt Der Kaiserschnitt an Todten. 155
hingegen die Frau ausgetragen, oder sind überhaupt irgend
Anzeigen zur Geburt vorhanden, ist der Muttermund mehr
oder weniger geöffnet, oder doch so beschaffen, dass er sich
zum Durchbringen der Hand erweitern lässt, in diesem, so
wie in den Fällen, wo die Geburt auch schon weiter Torge-
rückt, der Kopf sich aber noch an oder über dem Becken-
eingange beGndet, muss das Kind auf die Fasse gewendet und
durch kunstraässiges Anziehen zur Welt befördert werden,
und zwar hat die Hebamme selbst dies vorzunehmen, wenn
der Gcburtsfielfer nicht bald ankommen kann. — Fände unter
diesen Umständen aber Beckenenge oder durchaus nicht zu
bezweifelnde Gewissheit vom Tode der Mutter statt, so müsste
die Entbindung durch den Kaiserschnitt bewerkstelligt werden.'*
(Auch der Zange soll man sich unter Umständen be-
dienen).
Der § 603 enthält noch Vgrschriften für die Hebamme,
wie sie sich bei Schwangern, Gebärenden oder Wöchnerinnen
zu verhalten habe, „wenn sie plötzlich versterben sollten.'*
Hüter y K, J^., in seinem Lehrbuch der Geburtshtilfe
för Hebammen, Leipzig 1844, bespricht nur ganz kurz den
Umstand, wenn der Tod einer Schwängern eifoigt. „Da bei
wirkhcfaem Tode einer in den letzten drei Monaten der
Schwangerschaft oder im Kreissen befindlichen Person zur
möglichen Erhaltung des Kindes die schnelle Entbindung
vorgeschrieben ist, so muss die Hebamme die Herbeirufung
der Hülfe möglichst beschleunigen."
Derselbe Verf. hatte schon 1839 im „ Encyclopaedischen
Wörterbuche der medic. Wissensdiaften, 9. Bd., Berlin, S. 310,
bemerkt :
2) „Für gestorbene Schwangere und Kreissende
wird der Kaiserschnitt angezeigt, wenn
a) der Tod nach der 28. Woche der Schwangerschaft ein-
tritt, und zwar, wenn der Tod
a) in Folge absolut tödtlicher Verletzungen , z. B. des
Gehirns, des Rückenmarkes, des Herzens, der
Lungen u. s. w. oder
ß) nach langwierigen Krankheiten, welche das Eintreten
des Scheintodes nicht befürchten lassen, erfolgt, wenn
156 ^^' SehißarZf Der Kaiserschnitt an Todten.
y) schon deutliche Kennzeichen des Todes z. B. Kihe,
Todtenfleckeji eingetreten sind, und
d) die zuverlässigen Kennzeichen des Todes der Frucht
noch fehlen. —
b) wenn der nicht zu bezweifelnde Tod im Anfange der
Geburt ehitritt, der Kopf noch hoch über dem Becken-
eingange steht, und die Geburtswege noch nicht ge-
öffnet sind und
c) wenn der Tod auch in den spätem Perioden der Geburt
eintritt, und im Becken solche Verengerungen sich zei-
gen, welche die Entbindung auf natürlichem Wege ent-
weder überhaupt nicht gestalten, oder doch sehr er-
schweren. —
Der Zweck dieser Entbindung gestorbener Schwängern
und Kreissenden, welche zuerst durch die Lex regia, gegeben
von Numa Pampüius, erlangt wurde, und Jetzt allgemein
gesetzlich eiogeführt ist, besteht in der möglichen Erhaltung
des Lebens des Kindes, wobei jedoch stets die etwa vorhan-
dene Täuschung über den Tod der Schwängern zu berück-
sichtigen ist. Er wird aber, wie die Erfahrung lehrt, selten
erreicht; denn dieselbe Ursache, welche den Tod der Mutter
bewirkt, veranlasst nicht selten auch den Tod der Frucht,
sie mag in einer Krankheit oder in einer Gewaltthatigkeit
bestehen, oder selbst nur mit heftiger Gemütbsbewegung;
bey welcher z. B. auf der Stelle Schlagfluss entsteht, ver-
bunden sein; denn bei einer allgemeinen Krankheit kann die
Frucht schon vor der Mutler absterben, oder ihr Tod gleich-
zeitig mit dem dieser erfolgen. Eine den Körper der Schwän-
gern treffende Gewalt kann durch die heftige Erschütterung
so wirken, dass gleichzeitig mit dem Absterben der Mutter
der Tod der Frucht entweder unmittelbar oder durch Lösung
des Mutlerkuchens erfolgt. Etf^flige Gemüthsbewegungen wir-
ken sogar tödtlich für die Frucht, wenngleich für die Mutter
die nachtheilige Wirkung vorüber gehend ist. Kommen die
Kinder unter solchen Umständen auch lebend zur Welt, so
sterben sie doch nach der Erfahrung meistens in den ersten
Stunden oder Tagen, wenn auch die Entbindung fiühe genug
nach dem Tode der Schwängern unternommen wird. Doch
fehlt es auch nicht an Beispielen» dass das Kind mehrere
V. SehwarXf Der Kaiserschnitt an Todten. 157
Stunden nach dem Tode der Mutter lebte. Diese Ereignisse
sind dadurch zu erklären, dass das Leben der Gebärmutter
welches zur Zeit der Schwangerschaft, besonders gegen das
Ende derselben und während der Geburt auf das höchste
gesteigert ist, gleichsam länger als das der öbrigen Organe,
namentlich nach dem Stillstande des Herzens und der Gefasse
noch einige Zeit fortdauern kann, für welche Meinung unter
andern auch die nach dem Tode der Schwängern bisweilen
erfolgende Austreibung der Frucht spricht." (Beispiele).
„Da der angeführte Zweck verlangt, dass die Operation
niögUchst bald nach dem Absterben unternommen wird, und
da die sicheren Merkmale des Todes nicht gleich nach dem
Absterben eintreten {Naumann macht in von SiebolcTs
Journal für Geburtsh., 16. Bd., 3. St., p. 661 auf die perl-
graue Färbung hinter der Pupille, als das sicherste und
früheste Todeszeichen aufmerksam) , so wird der Geburtshelfer
in manchen Fällen, in Verlegenheit kommen, eine scheintodte
Schwangere der Gefahr des Kaiserschnittes auszusetzen, oder
das Kind, wenn er zu lange wartet, damit er über den Tod
der Schwangei*n Gewissheit erhält, dem gewissen Tode preis-
zugeben. In manchen Fällen wird jedoch die Entbindung auf
natürlichem Wege möglich sein, wenn diese vielleicht schon
vor dem Tode nach rk^htigen Anzeigen versucht wurde,
oder, wenn die Geburtswege schon so geöffnet sind, dass
die Wendung und Ausziehung an den Füssen mit leichter
Mühe unternommen oder bei tief stehendem Kopfe die Zange
mit Elfolg angewendet werden kann.
Es versteht sich übrigens von selbst, dass man, um nicht
den Zweck gänzlich zu verfehlen, bei dieser Entbindung auf
natürlichem Wege dem Kinde nicht neue Gefahr bringen darf.
Will man auch nach Heymann's Rath (die Entbindung leb-
loser Schwängern mit Beziehung auf die lex regia, Coblenz
1832, 8) die Entbindung durch Einschneiden des Muttermun-
des erleichtern, (auch Neumann a. a. 0. zieht die Extraction
auf natfurlichero Wege dem Kaiserschnitt vor), so werden sich
ihr doch oft genug solche Schwierigkeiten darbieten, dass das
Leben des Kindes unterliegen muss. Dieser Rath kann um
so weniger allgemeinen Eingang finden, weil auch bei guten
räomlicben Verhältnissen des Beckens die Wendung und Ex-
158 ^' SehtParZf Der Kaisorschnitt an Todteo.
traction an den Füssen bei todten Personen viel schwieriger
ist, als unter denselben Umstanden bei lebenden. Der günstige
Erfolg der in diesem Jahrhunderte auf dem natürlidien Wege
vollendeten Entbindungen lebloser Schwangern, ist wie
d'Outrepont in der gemeinsch. deutsch. Zeitschr. f. Geburtsk^
3. B., 3. H., p. 449 nachweist, so selten, dass man fast in
Versuchung kömmt, den so häufig günstigen Erfolg solcher
in frühern Jahrhunderten unternommenen Entbindungen in
Zweifel zu ziehen. Jedoch darf man diese Anzeige nicht
aufgeben, wenn auch der günstige Erfolg für das Kind oodi
seltener wäre."
Detroit, E., Cursus der Geburtshilfe etc., Berlin 1846,
handelt im § 61 vom Kaiserschnitt.
Die hieher bezügliche Stelle laiftel:
„Der Kaiserschnitt ist diejenige Operation, wobei dem
ausgetragenen todten oder lebenden Fötus, dem der Durch-
gang auf natürlichem Wege versagt ist, durch Bauch- und
Gebärmutterschnitt ein künstlicher Weg eröffnet wird. — Die
Operation an den zu Ende der Schwangerschaft verstor-
benen Frauen zu üben, befiehlt schon die lex regia des
Numa Pompilius 715 v. Chr., ebenso das Preussische
Landrecht, Tb. IL, Tit. XX., § 737^ jedoch lässt der noch
schwebende und nicht in Kraft getretene „Entwurf^' eines
neuen Strafgesetzbuches für Preussen dieses Gebot, wahr-
scheinlich aus wohl erwogenen Gründen, oder als über-
flüssig, forL''
„Angezeigt ist der Kaiserschnitt:
4) beim Tode der Schwangern, nach der 28. Schwanger-
schaftswoche, vorausgesetzt, dass nicht das tief lierabgetretene
Kind, bei weit geöffnetem Muttermunde und hinreichender
Beckenweite, durch Zange oder Extraction rasch und sicher
lebend entwickelt werden könnte. Das Kind zu erretten,
muss der Kaiserschnitt schleunigst unternommen werden,
der Tod der Schwangern aber unbezweifelt sein, damit nicht
eine Scheintodte getödtet werde.''
Braun, C. Ä., Lehrbuch der Geburtshülfe mit Ein-
schluss der operativen Therapeutik etc. etc., Wien, 8. 1857
handelt im XXI. Cap., S. 716. Vom Tod der Schwangern
und Gebärenden, und zwar § 325 legales Benehmen beim
V. Sehwar* f Der Kaiaersohnitt an Todten. 159
Tode der Schwangern. Nachdem er zuerst von dei* Lex regia
das Bekannte mitgetheilt, fahrt er fort:
„Die Oestreichische Instruction für die (nicht gericht-
liche) Todtenschau (niederöstr. Regier.-Verordnung v. 29. Sept.
1798 und 5. Aug. 1800, Bd. IL, S. 22 und 101) lautet in
Rücksicht des Vorgehens bei verstorbenen Schwangern im
§ 11, wie folgt:
„Bei in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft ver-
blichenen Weibspersonen, muss den bestehenden Gesetzen
gemäss der Kaiserschnitt mit aller der Vorsicht und Be-
hutsamkeit, wie bei wirklich lebenden Schwangern kunstmäs-
sig gemacht werden, um, wenn es möglich wäre, die
Frucht noch zu retten, oder bei christlichen Glau-
bensgenossen sie wenigstens doch noch lebend an-
zutreffen und taufen zu können."
Hiemit stimmt auch die neueste Vorschrift für die Vor-
nahme der gerichtlichen Todtenbeschau (Reichs -Gesetz -Blatt
für das Kaiserthum Oesterreich, Jahrg, 1855, VIII. St., § 55,
S. 251) uberein: „Bei weiblichen laichen ist noch insbeson-
dere zu sehen, ob der Unterleib angemessen gewölbt oder
die Haut welk, faltig, mit narbenähnlichen Streifen versehen,
oder ob anderseits eine Ausdehnung des Bauches durch die
bereits fühlbare Gebärmutter, welche sich als eine runde,
harte Kugel über dem Schambeine zu erkennen giebt, wahr-
zunehmen ist, in diesem Falle sodann, ob bereits der Nabel
mehr oder weniger verstrichen ist, und der Grund der
Gebärmutter bis zum Nabel reicht oder ihn wohl
gar überragt, indem letztere Erscheinungen, als Zeichen
theils der Schwangerschaft, tlieils der vorhanden gewese-
nen Anzeige zur Vornahme des Kaiserschnittes an-
zusehen sind.'*
Das Gesetz befiehlt den Kaiserschnitt bei todten, aber
nicht bei Scheintodten oder Sterbenden an, und spricht
sich aber die Zeit der Vornahme dieser Operation
nach erfolgtem Tode nicht näher aus.
Bei jeder in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft
Verstorbenen muss der Tod derselben constatiret sein,
worauf der anwesende Arzt, durch die Scheide genau zu
exploriren hat, ob während des Sterbens der Muttermund
160 V. SehwarSt Der Kaiserschnitt an Todten.
sich nicht so erweiterte oder doch so dilatabel warde, um
durch die Geburtszange oder durch die Wendung auf die
Fasse mit nachfolgender Extraction die Geburt des Kindes anf
natürlichem Wege zu vollenden. Sind diese Exaresen aber
unmöglich, so ist die Sectio caesarea auszuführen. Es wird
vom Gesetz nicht verlangt, dass das Kind lebensfähig sein
müsse, um ein selbst ständiges Leben fortsetzen zu können,
dass es lebend oder gar dessen Herztöne noch hörbar seien,
es genügt demselben, wenn auch die lebendige Frucht im
Alter über 20 Wochen mit Lebensspuren zu Tage gefördert
wird, um der Nothtaufe unterzogen werden zu können.
Bei dem geringsten Zweifel des Scheintodes und bei
wahrnehmbaren Fötalherztönen darf aber der Kaiserschnitt
zum Vortheil des Kindes und zum Nach(heil der Mutter nie-
mals unternommen werden.
Die Unterscheidung des wirklich eingetretenen Todes ist
von dem Scheinlode iu der Zeil, wo der Kaiserschnitt auch
für das Kind einen Erfolg haben kann, d. h. 5 — 10 Minuten
nach dem Ableben der Mutter bisweilen sehr schwierig, ja
ganz unmöglich, weil beim Scheintode auch der Puls die
Herz- und Respiratious - Bewegung durch Stunden unwahr-
nehmbar, die Haut gegen Schnitte und Brennen unempfind-
lich, die Extremität starr und kalt, das Auge gebrochen seien
und auch aus den geöffneten Adern kein Blut fllessen kana
Es ist daher dem wissenschaftlich gebildeten Arzte nur
durch den Symptomen-Complex der vorausgegangenen Krank-
heit aus der Todesursache, aus etwaigen Verletzungen u. s. w.
möglich den Tod vom Scheintode mit Sicherheit zu unter-
scheiden.
Die deutlich walu*nehmbaren Fötalherztöne begründen
den Verdacht des Scheintodes, weil sie 10 Hinuten
nach dem wirklichen Tode der Mutter stets verstummen und
der Fötus abstirbt.
Wenn berichtet wird, dass 6 — 7 Stunden nach dem Tode
der Mutter ein Kind lebend durch den Kaiserschnitt geboren
wurde, so ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Operaüon
dann an einer Scheintodten ausgeführt wurde.
Die Fötalherztöne verstummen aber auch beim Schein*
tode und kehren mit dem Erwachen der Mutter wieder zurudL,
V. SchioarZf Der Raisersclmiti an Todten. 161
worauf dann die spontane Geburt eines lebenden Kindes
vor sich gehen kann.
Der Kaiserschnitt soll bald nach dem eingetretenen Tode
der Mutter gemacht werden, und darf bei constatirter Un-
möglichkeit, ein lebendes Kind zu extrahiren, nicht unterlassen,
aber doch so lange hinausgeschoben werden, bis jeder Zweifel
über einen möglichen Scheintod beim anwesenden Arzte ge-
schwunden ist; denn es sind Fälle bekannt, wo der Kaiser-
schnitt an Scheintodten ausgeführt wurde, welche während
der Operation oder nach mehreren Stunden oder Tagen erst
erwachten, wie Nehr, Neue Zeitschr. d. Geb., Bd. IV., S. 58,
PeUy Trinchinettiy Bodin, Franko EigadeauXy Journal
Savans, 1749, Jan., d^Outrejpont, Neue Zeitschr. f. Geb.,
Bd. Xni., S. 344, Horlxn, /ScÄmiWs Jahrb., Bd. 52, Hohl,
Lehrb., S.. 405 u. A. es beobachteten.
So lange die Möglichkeit eines Scheintodes der
Mutter besteht, setze man die Wiederbelebungsversuche
auf das Emsigste fort, versuche die Geburt auf natürlichem
Wege durch Zange, Wendung zu vollenden, und. lasse sich
im zweifelhaften Interesse der lebensßbigen Frucht durch
eine unüberlegte Hast nicht zu einer der Mutter Verderben
bringenden Operation hinreissen.
So empfehlenswerth ein kluges Zögern mit dem
Kaiserschnitte bei zweifelhaften Zuständen der
Mutter ist, ebenso ist ein rasches Handeln nach dem
gewissen Tode derselben indicirt; aber auch dann noch
ist die Operation und der Verband des Kaiserschnittes nach
allen Regeln der Kunst wie an Lebenden auszuführen.
Nach beendigtem Kaiserschnitte an der Todten mussb
die Leiche bis zum Eintritte der Fäulniss bewacht werden,
und die Beerdigung derselben darf nicht, wie nach einer
Obduction, sondern erst nach dem abgelaufenen Termine
von 48 Stunden gesetzlich beantragt werden.**
Im § 368, der von den Indicationen und Contra-
indicationen des Kaiserschnitts handelt, bemerkt der Verf.:
„2) Die gesetzliche Indication des Kaiser-
schnittes tritt ohne Rücksicht auf ein geburtshülflidies Miss-
verhältniss nach österreichischen Gesetzen nur dann ein, wenn
Monatflielur. f. Gebortok. 1861. Bd. XYUI., Svppl.-Bft. 11
162 V. Schwarz, Der Kaiserschnitt an Todten.
der Tod der Mutter in ihrer zweiten SchwaBger-
Schaftshälfte eingetreten ist, und das Kiod durch den
Beckenkanal kbend nicht extrahirt werden kann.
Es dürfen daher Zweifel über das noch bestehende
Leben und Lebensfähigkeit des Kindes in dieser Zeit nie-
mals von einer Sectio caesarea post mortem abhalten.^
Mit gleich regem Interesse bat Herr Dr. Landsberg
zuerst > in Adolph Henke's Zeitschrift .für die Staalsarzna-
künde, fortges. v. Dr. A. Siebert, Erlangen 1846, viertes
Vierteljahr, S. 367: „Bemerkungen über den Kaiser-
schnitt an der Leiche" und d. Z. 28. Jahrg. drittes Viertel-
jahrb. 1848, S. 1 u. ff.: „Der Kaiserschnitt an der Leiche,''
sowie d. Z. 32. Jahrg., zweites Vierteljabrh. 1852, S. 480:
„In Sachen des Kaiserschnittes an der Leiche und
des Herrn Schneider in Fulda" — sich über den von
mir wieder angeregten Gegenstand verbreitet und hat meiner
Ansicht nach die Nachweisung gebracht, dass die bestehenden
gesetzlichen Yorschriflen, die Anschauungen und Auflassungen
der Techniker, eben so illusorisch als verwirrt, widersprechend,
keiner Controle zu unterwerfen und grossentheils unausfiufar-
bar sind.
Die Veranlassung zu seiner Ausarbeitung gab ihm das
unglückliche Ereigniss, wo zwei achtbare Aerzte das Missge-
schick hatten, an einer scheintodten Schwängern den Kaiser-
schnitt zu machen und über dieses Versehen von der öffent-
lichen Meinung gerichtet zu werden.
'Wer also den Zweck der Operation, die allenfallsige Ret-
tung des Kindes vor Augen hat, kann und wird bis zum Ein-
tiitte der Fäulniss dieselbe nicht verschieben und kann dadurch
ebenwohl in die Lage kommen, an einer Scheintodten einen
Eingriff zu bewirken, der von höchst bedenklichen Folgen
Sern müsste, ist aber die Frau wirklich todt, so ist es auch
das Kind (wie der Verf. S. 381) gewiss mit ihr und ihr
ganz bestimmt im Tode vorangegangen.
Nachdem noch Landsberg die bisher bekannt geworde-
nen Fälle eines sog. günstigen Erfolges für das Kind, einer
Kritik unterworfen hat, welche eben nicht zu Gunsten der
Operation ausgefallen und den gegründetsten Zweifeln volle
Rechnung trägt, ist das Resultat seiner Forschungen, dass
y. StkwarXf Der KAiBerscbaitt an Todteii. 168
die BestimmuDgen der Lex regia als veraltet zu er-
achten seien. —
Welchen unwahrscheinlichen, romanhaften Erzählungen
man Glauben und historischen Werth beigelegt hat, erlaube
ich mir, die in den Tabellen bei Reinhardt,^) S. 14, auf-
geführte Gebnrts- Geschichte des Königs Sancho von Navarra
hier nach zu erzählen.
Auf den ersten Blick wird man das Unwahrscheinliche
und Hähixhenhafte erkennen und zu würdigen wissen, des-
wegen auch sich nicht wundern, warum die Neuzeit kein
Beispiel eines gelungenen, d. h. iur das Leben des Kindes
günstigen Resultats gebracht hat.
Sancho, SancHus, mit dem Zunamen Ccteeo oder
Äbareo (von hökBernen Schuhen s. g.), König Ton Navarra,
war der andere Sohn König Garcias II. und folgte seinem
älteren Bruder, Fortunatua, da derselbe 904 in ein Kloster
ging, in der Regierung. Den Zunamen Caeso bekam er da-
her, weil er aus Mutterleibe geschnitten worden, welches auf
folgende Art geschehen. Sein Vater Qarciaa that mit seiner
Gemahlin Urraca eine Reise, auf welcher er von den Sar-
racenen angefallen, jämmerlich massacrirt wurde.
Urr(ica war gleich hochschwanger mit diesem Sanetius
und weil ihr in dem Blutbade ohne alle Barmherzigkeit der
Leib war aufgehauen worden, so streckte das Kind im Mutter-
leibe einen Arm durch die Wunde heraus.
In solchem Zustande fand ein gewisser Edelmann, &u^
rarea genannt, den todten Körper der Königin; weil nun
das Kind noch lebte, zog er solches heraus, nahm es zu
sicn u. s. w.
Meiisner, Fr. L., in seinen Forschungen des neun-
zehnten Jahrhunderts im Gebiete der Geburtshülfe etc., 1. Tbl.
Was hat das neunzehnte Jahrhundert für die Geburtshülfe ge^
than? Zeitraum 1801 — 1825, bemerkt S. 250: „Endlich
ist auch der Kaiserschiutt öfters bei verstorbenen Schwangern
und Kreissenden gemacht worden, und mehrere Kinder ßind
noch dann gerettet und auch am Leben erhalten worden, so
dass man es jetzt, und mit allem Recht, für Pflicht erachtet,
1) L. c.
166 ^- 8<^war9f Der KaiserRchnitt an Todten.
Die Vorzfige seines Vorschlags, die Entbindung leUostf
Schwangern auf natörlichem Wege zu versuchen, findet der
Verf. darin, dass 1) die Entbindung unverzüglich nach dem
scheinbaren Ableben der Schwängern vorgenommen werden
kann und darf, 2) die Sicherheil der Mutter in dem mög-
licher Weise scheintodten Zustande durch die künstliche Ent-
bindung durch die Geburtstheile nicht gefährdet werde, 3) (fie
Entbindung auf natürlichem Wege selbst ein kräftiges Wieder-
belebungsmittel sei (Mende), 4) dadurch das Gewissen des
Geburtshelfers nicht beunruhigt und die Gemuther der An-
gehörigen nicht verletzt werden ; 5) die Entbindung auch von
jeder unterrichteten Hebamme sogleich vorgenommen werden
könne, während oft Stunden vergingen, bis ein Operateur
zur Stelle geschafft werden könne. —
Die Frage: „ist der Kaiserschnitt in allen FäUen noth-
wendig?*' beantwortet der Verf. mit Nein! Der Verf. will
sogar zur Vermeidung des Kaiserschnittes die künstliche Er-
öffnung und Erweiterung des Muttermundes mit dem Messer
substituiren und nur bei absoluter ßecken-Enge den Kaiser-
schnitt als indicirt erachten.
Seine Indicationen der Entbindung auf natürlichem Wege
Summiren sich für Zange und Wendung: 1) wo die Entbin-
dung durch das eine oder andere dieser Mittel bereits nadi
richtigen Anzeigen begonnen wurde und die Gebärende wäh-
rend des Operirens verschied; 2) wo die Geburt bereits be^
gönnen hat, der Muttermund geöffnet ist, und die Lage der
Frucht die Anzeigen für die Wendung oder die Zange be-
stimmt, oder wo die Beschaffenheit der Geburtstheile .die
Ausführung beider möglich macht und die Wahl vom Ge-
burtshelfer abhängt. — .
Die mittelbare Entbindung auf natürlichem Wege durch
Einschneiden des Muttermundes ist nach dem Verf. indicirt,
in allen Fällen, wo die räumlichen Verhältnisse des Beckens
die Herausförderung des Kindes durch Wendung oder Zange
zulassen, der Muttermund aber noch nicht hinreichend er-
weitert ist, um diese Operationen (Wendung oder Zange)
ohne Weiteres vornehmen zu können.
Der Kaiserschnitt ist demnach nach dem Verf. indknrt
1) in allen Fällen, wo über den Tod der Mutter volle 6e*
y. 8ektoar»y Der Kftisersebnitt an Todten. 167
wissheit besteht; 2) in allen Fällen, wo die räumlichen Ver-
hältnisse des Beckens die Entbindung auf natärlichem Wege
nicht zulassen/'
Dieses wären so beiläufig alle Ansichten nach ihren ver-
schiedenen Abstufungen, welche sich in der Literatur ober
diesen Gegenstand einige Geltung verschafft haben, dazu kom-*
men nun noch eklatante, amtlich festgestellte Erfahrungen
unserer nächsten Umgebung und jüngsten Zeit, die mit zu
durchleben und auf dieselben hingewiesen zu werden, mich
Beruf und besonderes Interesse aufgefordert haben. Wenn in
meinem engern Yaterlande, Kurhessen, vom Jahre 1836 bis
inclusive 1848, sonach in dreizehn Jahren, bei 336,941
Geburten, einhundert und sieben Mal der Kaiserschnitt an
todten Schwangern gemacht worden und kein lebendes
Kind erzielt wurde, wie die darüber erschienenen amtlichen
^achweisungen darthun, so ist das jedenfalls eine merkwür-
dige und höchst aufTallende Erscheinung und man möchte die
Frage mit Recht aufwerfen: „sind die Geburtshelfer wahr-
heitsliebender oder ungeschickter geworden?'* —
Nach den amtlichen Tabellen entilllt ohngefahr auf die
3240. Geburt ein Fall von Entbindung nach dem Tode der
Schwangern durch den Kaiserschnitt, und bei einer Durch-
schnittssumme von beiläufig 25,920 Geburten jährlich, kommen
8%8 derartige GeburtsßUe vor.
Ganz speciell lassen sich, da die vorliegenden Tabellen
nur zum Theil für einzelne Jahre berechnet sind, die An*
gaben über die Jahre 1836 — 8, 1837 — 4, 1838—7
1839 — 16, 1840 — 9, 1841 -.11 und 1842 — 4, angeben,
auf die Jahre 1843 bis incl. 1846 entfallen 40, und auf 1847
und 1848 — 13 Kaisergeburteu.
Vergleicht man die reellen Geburten z. B. von 1836, wo
25,440, und 1839, wo 25,697 Geburten vorfielen und 1836
nur 3, 1839 aber 16 Mal der Kaiserschnitt gemacht werden
musste, während 1837 bei 24,841 und 1842 bei 27,504,
jedes Mal vier Kaisergeburten vorfielen, so ist äberall kein
Grund aufzufinden, wodurch diese Differenz. zu enträthsehi
stehe.
168 V. Sehwar», Der KaiserscbniU as Todten.
Wenn wir hier bemerken, dass im Jahre 1820 Kor-
hessen 66, und im Jahre 1860 150 Geburtshelfer zählte, so
läfist sich mit grosser Bestimmtheit behaupten, dass es da-
selbst wohl manchen Geburtshelfer geben durfte, der noeb
nicht in der traurigen Noth gewesen ist, den Kaiserschnitt
an einer Jodten verrichten zu müssen, wozu wir ihm nur
Glück wünschen können, denn, betrachten wir den Stand der
Wissenschaft und die in derselben reprasentirten Grundsätze,
mit der Aufforderung des Gesetzes, so ist man immer in der
zweifelhaften Lage, entweder, wenn man ein lebendes Rind
durch den Kaiserschnitt erzielt hätte, sich dem Vorwurfe aus-
zusetzen, man habe eine Scheintodte geöffnet, oder man be-
schwert sein Gewissen durch zu langes Zögern bis die
Frucht auch abgestorben ist, aus Furcht eine Scheintodte zu
öfihen. Unter -diesen Umständen dürfte es sich wohl ^er
Muhe lohnen, bisweilen die Lehre vom Kaiserschnitte zu revi-
diren und ohne Rückhalt sich über das Resultat seiner For- •
schungen auszusprechen.
Als Fundamentalsatz wird bei der Lehre vom Kaiser-
schnitte an Todten immer angeführt: der Fötus könne im
Allgemeinen die Mutter wenigstens einige Zeit überldiien. —
Welche Gründe für das Können 'des Ueberlebens ange-
führt werden, wollen wir nun ebenwohl, wie es schon oft
geschehen, einer kurzen Kritik unterziehen.
Es werden für diese Ansicht eine Summe von Schrift-
stellern aller Zeiten und Völker, die Gesetzgebung selbst an-
geführt, als ob dadurch, dass man an Hexen und Gespenster
glaubt, auch die Thalsache gerechtfertigt würde, dass es des-
halb Gespenster und Hexen gäbe!
Es werden Fälle bekannt gemacht, wo die Früchte nach
dem Tode der Mutter im Leibe derselben Bewegungen aus-
führten. Wir wollen diese Thatsache nicht in Abrede steilen«
allein ! wer giebt uns Bürgschaft, ob diese Bewegungen nicht
in scheintodten Müttern stattfanden, oder ob das letzte Todes-
zucken verscheidender Früchte diese Bewegungen bemerken
liess?! —
Dass Kinder nach dem Tt)de der Mutter ausgestossen
worden sind, kann doch wohl unmöglich als Beweis für das
y. Sehiffarx, Der KaiBerBobnUt an Todten. 169
Fortleben der Frucht in der todten Mutter gelten, vielmebr
als ein Zeichen, dass vieUeicht in der scheintodten Mutter die
Lebensthätigkeit der Gebärmutter noch dieses Ausstossen be-
wirken konnte. —
Einige Physiologen machen das Leben des Fötus zum
Tbeil von der Wärme der Mutter abhängig. Sei diese erkal-
tet, dann müsse notbwendig der Tod des Fötus auch ein-
treten. In wie weit bei dieser Auffassung die Anschauungen
über das bebrütete Ei mit von Einfluss sein mögen, wollen
wir hier nicht näher erörtern, keinesfalls kann aber dann
von einem selbstständigen Leben die Rede sein, das noch
einige Zeit nach dem Tode der Mutter bestehen könne.
Die Ansicht, der Fötus sei eine Art Schmarotzerpflanze,
zwar abhängig von dem mütterlichen Stamme , sei er aber
dennoch in einem, gewissen Grade unabhängig, führe sein
eignes Leben, seinen besondem Kreislauf. — Auch diese
Anschauung ist völlig unstichhaltig, indem das Verhältniss des
Fötus zur Mutter ein ganz anderes, als ein blosses Aufleben
in der Mutter, sondern ein förmliches Mitleben mit derselben
darstellt, wie später gezeigt werden wird.
Das hochgesteigerte Vitalitätsverhältniss der Gebärmutter,
in welcher der Fötus eingeschlossen sich zur Reife zu ent-
wickeln bestimmt ist, kann unmöglich einen solchen Grad
von Selbstständigkeit entwickeln und dem Fötus mittbeil^n,
dass man behaupten möchte, dadurch würde es dem Fötus
möglich, längere Zeit selbstständig ein Leben fortzusetzen,
was noch an Bedingungen geknüpft ist, bei deren Abwesen-
heit auch der Erfolg ausbleibL —
Wenn man daher mit Schärfe den Augenblick des wirk-
lichen Todes der Mutter als jenen feststellt, in welchem alle
Lebensäusserungen, sie mögen noch so unmerklich sein,
aufhören und die bisher organischen Vorgänge andern
chemischen und mechanischen Gesetzen gehorchen, so
wird man auch diesen Augenblick als denjenigen bezeich-
nen müssen, nach welchem die Lebensäusserungen im
Fötus erlöschen.
Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, dass, wie
auch SecMzonif F. W., in seinem „Lehrbuch der Ge-
170 ^' Schwarz, Der Kafserscbnitt an Todten.
burtshfilfe** bemerkt, ,,der Fötus, so lange er sich im Leibe
der Matter befindet, eben so gut ein Tbeil derselben ist, als
es irgend ein anderes Organ des mütterlichen Organismus ist/*
Man wird wohl yersdiiedene Stufen der Abhängigkeit des
Lebens des Fötus vom mütterlichen Organismus unterschei-
den müssen, je nachdem die Metamorphosen der Entwidi-
lung des Embryo bis zum selbststSndig lebensfähigen Kinde
durchgelaufen sind.
Von jeher hat man in der späteren Entwicklungsperiode
des Fötus bis zur Geburt die Placenta als ein Organ der Nu-
trition, beziehungsweise Respiration desselben, angesehen.
Unterziehen wir die hier einschlagenden physiologischen
Vorgänge einer näheren Be'trachtung, so finden wir zuerst,
dass, wie eine Trennung des embryonalen und mütteriichen
Geßssapparates dem Anatomen unmögUch ist, so auch eine
Trennung des mütterlichen fötalen Lebens dem Physiologen
schwer gedenkbar sein dürfte.
Der Nabelstrang, der vom 1. Monate der Schwanger-
schaft an die Verbindung und den Stoffwechsel zwischen dem
Uterus (der Mutter) und dem Embryo (dem neu belebten
Wesen) vermittelt, behält seine Wichtigkeit bis zur Zeit des
selbstständigen Lebens des Fötus, d. h. erst nach eingetre-
tenem Athmungsprozesse, hört die vom mütterlichen Blute
bestehende StofTzuführung beim Kinde auf; es tritt ein neuer
Kreislauf und ein neuer Ernährungsprozess des Körpers, ein
neuer Stoffwechsel, ein.
Mich an das Thatsächliche haltend nehme ich hier Um^
gang, von den problematischen Zuständen zu sprechen, in
welchen sich das mütterliche Blut befindet, bis es in der
Placenta zum eigentlichen Kreislaufe durch den Nabelstnmg
mit dem Kinde in Verbindung tritt.
Verfolget man die Nabelstrangvene, welche aus der PI»-
centa das Blut dem Fötus zuführet, so sieht man dieselbe
sich in einen Stamm aus den Placentaästen vereinigen; den
Nabdstrang bis zum Nabelring durchziehen und zum linken
Leberlappen des Kindes treten, sich daselbst in der Leber^
Substanz verzweigen, mit der Pfortader anastomosiren und
durch den Ductus venosus Arantii in die aufsteigende Hohl-
vehe sich ergiessen.
y. Schwtsrty Der Kaiserscbsitt an Todten. 171
Die Blutmasse strömt hier in die Vorkammern des Her-
zens und gelangt während der Diastole in die rechte Herz-
kammer, und während der Systole in die Lungenarterien,
aus welcher eine geringe Menge in die heiden Lungenäste,
die grössere Quantität durch den Botallischen Gang in den
absteigenden Theil des Äortabogens gepresst wird.
Durch die Diiterleibsaorta wird das Blut wieder in die
Arter. hypogastrica und die beiden Nabelarterien getrieben,
welche es bis in die Placenta wieder fortleiten.
In der linken Herzhälite nimmt die linke Vorkammer
von den Lungenvenen das Blut auf und föhrt es zur linken
Herzkammer durch den Bogen der Aorta zur oberen Hälfte
des Fötuskörpers und von da durch die absteigende Hohl-
vene wieder in die rechte Vorkammer.
Man sieht sonach, während der Verbindung der Mutter
mit dem Kinde, strömt durch eine einzige Nabelvene das
Placentablut dem Fötus zu, dagegen fliesst durch zwei hypo*
gastrische und Nabelstrangarterien das Blut aus dem kind-
lichen Köiper wieder weg.
Erfahrungsmässig finden in einer Minute bei dem Fötus
120—140 Herzstösse statt, d. h. wir gewahren einen Fötal-
puls von 120 — 140 Schlägen mittels des Ohres, oder mit-
tels eines Stethoskopes.
Wie viel Blut durch einen Herzstoss jedesmal durch
die Nabelarterien entleert wird? darüber fehlen uns directe
Experimente, ebenso, wie gross überhaupt die Blutmasse
durchschnittlich im Fötus angenommen werden könne? —
Dass aber bei 140, wenn auch nur 120 Herzstössen in
einer Minute eine sehr beträchtliche Menge BIttt aus dem
Fötus weggeschafft werden könne und müsse, das bedarf
wohl schwerlich eines besonderen Beweises. Nimmt man
nun den Fall an, dass die Mutter todt, d. fa. von mütter-
licher Seite der organische Stoffwechsel unterbrochen, dem
fötalen Körper durch die Nabelvene demnach Nichts mehr
zugeführt wird, so liegt die Frage und Antwort sehr nahe:
dass die Zeit, in welcher dem Fötus Nichts mehr zugeführt,
dagegen jede Hmute 120 — 140 Mal durch zwei Arterien das
Blut entströmt, eine sehr kurze sein muss, in wekher ein
solcher Organismus an Erschöpfung zu Grunde gehen muss.
172 ^* 8ekißaT%t Der Kaiserschnitt «n Todtca.
Erst nach der Eotbindung, oder nach Umstanden schon
früher, wo ein selbststandiges Athmen stattfinden konnte, ki-
tep sich andere Lebensbedingungen ein und ist die Möglich-
keit gegeben, dass ein, wenn auch noch so schwach orgaoi-
sirtes Kind , . ein selbstständiges Leben beginnen und fort-
führen könne.
Ein Kind aber, dem in der Minute 120 140 Mal auch
die geringste Blutmenge entzogen wird, kann wohl schwer-
lich einen solchen Zustand länger als fünf bis zehn Minuten
aushalten, wo dann ebenwohl Ohnmacht und Scheintod, wenn
man diesen Zustand als solchen, wo noch kein selbstständiges
Leben eingetreten ist, bezeichnen kann.
Dass aber ein derartiger Zustand vorhanden sein muss,
wenn keine Uerzstösse am Fötus mehr wahrgenommen wer-
den, ist sicher nicht in Zweifd zu ziehen.
Wenn nun dieser Moment, wie es die Ansicht der
Techniker ausspricht, abgewartet werden soll, was für Hoff-
nungen kann man da noch für das Wiedererwecken der Herz-
thätigkeit und das Einleiten des Athmungsprocesses haben ? —
Wem sind nicht Fälle von scheintodt gebornen Kindern
bekannt, wo man noch fast Stunden lang ein Pulsiren an
dem Nabelstrange und ein leises Zittern in der Herzgrube,
auch schwache Pulsationen des Herzens wahrnehmen konnte
und man, trotz aller Wiedei'belebungsmittel keinen günstigen
Erfolg zu erzielen im Stande war?
Fassen wir also die Resultate der uns vorliegenden That-
sachen mit Rücksicht auf 'die Entwicklungsverhältnisse und
den Zusammenhang des Fötus mit der Mutter, und der Ab-
hängigkeit der Lebensbedingungen zusammen, so sehen wir
zuerst, dass da, wo der wirkliche Tod der Mutter ausser
allem Zweifel war, nie ein lebendes Kind durch den Kaiser-
schnitt zur Welt gebracht; dass in vielen Fällen, selbst wo
dieses der Fall gewesen sein soll, man Grund zu erhebUchen
Zweifehl hat; dass von keiner Gebäranstalt, wo doch alle
Hülfsmittel der Diagnose und des schleunigen Einschreitens
zu Gebote stehen, bekannt geworden, wie man in d^iselben
glücklichere Resultate, als in der Privatpraxis gehabt, dass
sonach diese Operation keinen praktischen Werth habe.
y. Schwarz f Der Kaiserschnitt an Todten. 173
Wenn ich daher behaupte, die Operation sei unnö-
thig, weil nutzlos, so fühle ich mich zu dieser Ansicht
durch die sprechenden Zahlenverhätnisse über die erzielten
Resultate in meinem Vaterlande, die einen amtlichen Nach-
weis Yon dreizehn Jahren umfassen und in demselben ein-
hundertundsieben Gebui'tsfalle aufrühren, in welchen kein
Kind durch den Kaiserschnitt lebend erhalten, sonach der
Zweck der Operation verfehlt wurde.
Ich bin daher, bis mir durch klare, unverwerfliche Bei-
spiele das Gegenthefl nachgewiesen wird, der Ansicht, die
Bestimmungen der Gesetze, die dem Arzte, im Falle
des Ablebens einer unentbundenen Schwangeren in
den letzten drei Monaten den Kaiserschnitt unbe-
dingt vorschreiben, sind illusorisch, für die Bethei-
ligten hart und ungerechtfertigt, weil für die Anforderung
keine Garantie des Erfolges gewährt werden kann-, deshalb das
Eingreifen der Gesetzes Vorschriften unnöthig, weil nutzlos.
Wünschenswerth bleibt bei allen diesen Verhältnissen, wo
eine Abschaffung der Gesetze , die das Eröffnen der schwangeren
unentbundenen verstorbenen Frauen gebieten, nicht vorhanden
ist, das Führen sorgfaltiger statistischer TabeUen über
den Erfolg dieser Operationen überall, und das VeröfiTent-
lichen derselben allerwärts, um endlich klare, unverwerfliche
Resultate zu constatiren, und nach Massgabe derselben an
die Organe der Gesetzgebung dann die geeigneten Anträge
richten zu können.'
Dieses der Zweck und die Absicht der hier eröffneten
Discussion.
Diese Bogen waren schon seit vielen Monaten nieder-
geschrieben und 7 um Drucke bereit, doch zögerte ich immer,
mit diesem Zankapfel vor das grössere Publikum zu treten;
da erfuhr ich von einem meiner CoUegen, dass ihn das Un-
glück betroffen, eine Frau, in zweifelhafter Zeit ihrer Schwan-
gerschaft, plötzlich an Eclampsie dahinsterben sehen zu müssen.
Die Bestürzung über diesen eben so unerwarteten, als
höchst schmerzlichen Trauerfall war gross; die Ansicht des
Arztes, die Rechtzeitigkeit, den Kaiserschnitt anordnen zu
müssen, sei nicht vorhanden; die Operation unterblieb.
174 ^I* C^&rmann^ üeber innere Beekenmeseang,
Nach einiger Zeit wurden die tiefbetrubten Angdiörigen
und sonstige Auskunftspersonen , sowie der behandelnde Arzt
vom Pbysikus protocollarisch über den Vorfall vernommen
und bei den Verwandten die .noch irisch blutenden sdimerz-
haften Herzenswunden durch die rauhe ßerührung der an-
scheinend umgangenen Gesetzesbestimmungen wieder um so
fühlbarer, als sich möglicherweise hätten Zweifel erwecken
können : 'es wäre vielleicht die Möglichkeit vorhanden gewesen,
dass man durch eine unternommene Operation ein zartes,
theures Familienandenken hätte retten und erhalten können? ! —
Das Resultat der Untersuchung ist mir noch nicht be-
kannt worden; der Arzt aber hat vorerst den Eclat zu ver-
winden! —
VI
üeber innere Beckenmessung, nebst Beschreibung
zweier neuen Instrumente für diesen Zweck.
Von
Prof. Dr. Germann in Leipzig. ^)
(Hierzu 6 Tafeln Abbildungen.)
Der gegenwärtige Standpunkt der Lehre von der Becken-
messung und die darüber herrschenden Ansichten lassen es
mir als nothwendig erscheinen, der Beschreibung der be-
treffenden beiden Beckenmessungsinstrumente einige Be-
merkungen vorauszuschicken. Eine der Hauptaufgaben beider
Instrumente ist nämlich die innere Beckenmessung. Nim
sprechen sich aber bekanntlich von 10 neueren Handbüchern
der Geburtshüire mindestens 9 von vorn herein gegen alle
innere instrumentale Beckenmessung aus — und das einzige
Handbuch, was entschieden dafür sprach und bis zu diesem
1) 8. Monatsschrift für Geburtsk. u. Frauenkrankh. , Bd. 16,
Heft 6, S. 842, und: Amtlicher Bericht über die 36. Versammlong
deutscher Naturforscher und Aerzte in Königsberg in Pr. im
Sept. 1860, S. 212. Königsberg 1861, H, Hartung'sch^ Bachhandl.
nebst BeacbreiboDg zweier iMnen Tnstrnttente etc. X75
Capitel den allgemeinsten Beifall fand, schliesst mit dem An
fang der Behandlung dieses Themas, und was noch bedauer-
licher ist, das, was der Terstorbene Verfasser (ich meine
Kiwisch von RoUerau) der Wissenschaft und Praiis durch
sein Beckenmessungsinstrument damals bot — es genügte
den zu stellenden Anforderungen abermals nicht; Grund genug
zu ernstem Bedenken, sobald es gilt, ein neues derartiges
Instrument der Oeflentlichkeit zu übergeben.
Worin liegt nun die Veranlassung, dass man sich neuer-
dings so allgemein, so entschieden gf gen alle und jede innere
instrumentale Beckenmessung ausspricht? Zum Theil wohl in
der Eigenthümlichkeit der Verhältnisse der Praxis, in den Müh-
seligkeiten und Widerwärtigkeiten der Ausführung solcher
Messung, vor Allem aber und der Hauptsache nach liegt der
Grund wohl darin, dass man an der Möglichkeit der Lösung
der Aufgabe verzweifelt — und in der That zeigt die Ge-
schichte der Geburtshülfe , wie ein grosser Theil der um
unsere Fachwissenschaft verdientesten Männer im Verlaufe des
letzten Jahrhunderts wieder und immer wieder Zeit und Mühe
an die Lösung dieser Aufgabe setzten, und wie sie dennodi
— sämmtlich scheiterten. Ging aber eine grosse Zahl der
Geburtshelfer unserer Zeit selbst so weit, auch das Bedürfniss,
die Nothwendigkeit genauerer innerer instrumentaler Becken-
messung in Abrede zu stellen, so bleibt hierfür, soll man
nicht an der Wissenschafllichkeit und Gewissenhaftigkeit der-
selben zweifeln, kaum ein anderer Erklärungsgrund übrig, als
dass es denselben an hinreichender praktischer Erfahrung fehlte.
Denn um was handelt es sich denn eigentlich im Wesent-
lichen? Doch wohl darum, durch möglichst genaue, möglichst
allseitige Messung des Beckens, wie des Kindes, möglichst
genau das Verhältniss von Widerstand zur bewegenden Kraft,
worauf der Hergang der Geburt, der Geburtsmechanismus
beruht, in Zahlen auszudrücken. Giebt es aber wohl einen
Geburtshelfer, der die Wichtigkeit' der genauesten Kenntniss
des Geburtsmechanismus, den Nutzen, den eine Vorherberech-
Bung desselben aus seinen einzelnen Factoren für die Praxis
haben muss, ernstlich in Abrede stellt?
Allerdings sind es gar vielfache Bedingungen und Factoren,
theils veränderliche, theils unveränderliche, von denen das
176 V^I^ Germann f üeber iDoere Beekenmessang^,
Verhältniss der austreibenden Kräfte zu dem zu überwinden-
den Widerstände abhängt. Ich erinnere nur an die veränder-
liche Beschaffenheit der Wehen und der Bauchpresse, an die
so Teränderliche Form und wechselnde Nachgiebigkeit und
Grösse des Geburtsobjectes , zumal des Schädels des Kindes,
erinnere an die während der Geburt auf das mannigfaltigste
ihre Consistenz, ihre Raum- und Formverhältnisse wechseln-
den WeichtUeile des Beckencanals, während nur dieser knödierne
Canal allein bei unendlicher Verschiedenheit seines Raumes
und seiner Form während der Geburt als unveränderlich be-
trachtet werden kann.
Wenn man nun in Folge dessen bisher die Neigung des
Beckens , den Raum und die Form desselben bei Betrachtung
des zu beurtheilenden Widerstandes theilweise eben wegen
jener Unveränderlichkeit hauptsächlich in's Auge fasste, während
man dabei für die Mehrzahl der Fälle die übrigen einflnss-
reichen Momente, insbesondere die Wehen und die Beschaffen-
heit des Geburtsobjectes, als der Regel entsprechend, voraus-
setzte, so muss man allerdings zugeben, dass bei solcher Art
der Rechnung, selbst bei der genauesten Kenntniss des Beckens
dennoch sehr oft nur Wahrscheinlichkeitsschlüsse ermöglicht
werden, und dass unter solchen Umständen nur zu häufig
erst der Verlauf der Geburt selbst es ermöglicht, auf die Be-
schaffenheit des Beckens als solcher bestimmte Indicationen
zu den wichtigen Operationen zu begründen. Jedoch setzte
man nicht schon dadurch wirklich eine auf wenige Lioien
genaue Kenntniss der räumlichen Verhältnisse des Beckens
voraus? Und man setzte sie in der That voraus, wenn man
in den Lehrbüchern der Geburtshülfe als Grenze der Zangen-
operation und der Wendung auf die Fasse 3 Zoll , als Grenze
der Frühgeburt 2 Zoll 9 Linien bis 3 Zoll 6 Linien, als
Grenze der Enthimung 2 Zoll 6 Linien angiebt und unterhalb
2 Zoll 6 Linien zum Kaiserschnitt zu schreiten anrathet War
man aber bisher wirklich (auch selbst nur in Bezug auf den
geraden Durchmesser des Beckens) im Stande die Messung
mit solcher Genauigkeit zu vollziehen, dass die Fehlergrenze
mit Gewissheit innerhalb V4 — Vs Zoll lag, wie man doch
voraussetzte ?
nebst Beschreibung sweier netten Instrumente etc. l77
Gewiss nicht, denn es lässt sich (wie Jeder zugestehen
muss) durch jede nur einigermaassen nennenswerthe Becken-
sammlung nachweisen, dass bei dem gewöhnlichen mittlem
Abzug von der Conjugata externa und diagonalis, um die
Conjugata vera zu finden, der Irrthum im speciellen Falle eben
so gut einige Linien, als einen Zoll und darüber betragen
kann. Ich habe eine Menge Beispiele, die diese Möglichkeit
aus der praktischen Erfahrung beweisen, in einer Abhandlung
über die künstliche Frühgeburt (vergl. Monatsschrift für Ge-
burtskunde 1858, Bd. XII., H. 2, p. 94) yeröfTenÜicht. Hängt
aber nicht z. B. gerade bei der Bestimmung des Zeitpunktes
für die Einleitung der künstlichen Frühgeburt der praktische
Erfolg schon von V^ Zoll mehr oder weniger gar bedeutend
ab? Wäre wirklich der Grad und die Alt der Beckenenge,
die zu den sogenannten blutigen Operationen auffordern, immer
so handgreiflich, wie man dies hie und da behauptet, würden
sich dann wohl noch so häufig selbst die erprobtesten Prak-
tiker in die Lage versetzt sehen, nach beendigter Operation
es beklagen zu müssen, dass man nicht im Stande war die
mechanischen Verhältnisse, wie sie sich während des Geburts-
verlaufs endlich herausstellten, schon vorher genauer zu er-
kennen, um schon voriier, schon von Anfang an bereits das
operative Verfahren danadi einzurichten? Ja es giebt sogar
eine absolute Anzeige des Kaiserschnittes bei Beckenver-
engerungen, die nichts weniger als handgreiflich sind. Das
Abwarten desGeburts- oder Entbindungsverlaufes, was Einige
in solchen Fällen einer genauen Beckenmessung vorziehen,
ist zwar bequem, kann aber auch die unheilvoHsten Folgen
haben. Denn es liegt, wie Khoiach mit Recht bemerkt, wohl
Jedem nahe, dass, wenn man ein Weib so lange kreissen lässt,
bis man die Ueberzeug gewonnen hat, dass eine natürliche
Niederkunft nicht möglich ist, es leicht für den guten Erfolg
eines Kunstverfahrens zu spät sein kann, und dass anderer-
seits das blinde Greifen nach einer Operation, welche nicht
zum Zweck führen kann, schon unzählige Male das grösste
Unheil bewirkt hat. Kiwisch erinnert liiebei an die Fälle,
wo nach einer erschöpfenden Zangeuoperation zur Perforation,
endlich zur Embryotomie, ja sogar dann noch zum Kaiser-
Mouatsochr. f. Gebartsk. 1861. Bd. XVIII., Suppl..Hft. 12
178 ^^* Gwmann^ üeber innere Beekenmessan^.
schnitt geschritten wurde u. s. w. Gestehen wir es offen,
sind wir, wie es jetzt steht, nicht selbst noch nach beobach-
tetem Verlauf der Geburt über die speciellen räumlichen Ver-
hältnisse des Beckens zuweilen noch ausserordentlich unsicher?
Und dass selbst dann nodi, wenn wir den Unterschied tod
ohngefahrer Schätzung und genauer Messung vielleicht nidit
so hoch anschlagen, nicht so würdigen, wie ihn die I^-axis
in der That würdigen sollte, die Wissenschaft aber würdigen
muss, will sie anders zu einer umfassenden Erkenntniss des
Zusammenhanges von Ursache und Wirkung in jedem einzel-
nen Falle gelangen.
Es geht daher, wie Kitoisch treffend bem^kt, aus dem
gegen genauere innere (instrumentale) Beckenmessung ge-
machten Einwurfe, dass selbst aus dem genau bestimm-
ten Grade der Beckenenge allein garkeine bestimmte
Indication erwachse, und dass noch andere Momente
zu berücksichtigen seien, nur das hervor, dass man
auch die andern Momente in gleicher Weise zu er-
forschen und zu würdigen habe, wie die Becken-
messung. Andrerseits aber ist nicht zu bezweifeln, dass
wenn auch einzelne der concurrirenden Momente im concreten
Falle vielleicht nicht zu erforschen sind, dies doch nicht immer
der Fall ist, und dass mithin dn Aufgeben der fraglichen
Untersuchung nicht zu rechtfertigen ist.
Von denjenigen Momenten, welche, wie wir bereits zeig-
ten, für den Geburtsfortgang, für den Geburtsmechara'smos
besonders wichtig sind, hätten wir (zunächst absehend von
der Beschaffenheit der Wehen und der Beckenweichtheile)
rücksichtlich der Geburtswege jetzt noch zu betrachten die
Form, Höhe und Neigung des Beckens, und rücksicbt-
lich des Geburtsobjects vor Allem die Grösse und Nach-
giebigkeit der Frucht
Zunächst anlangend die Beckenform, so ist die Beuf-
theilung derselben häufig genug mit grosser Genauigkeit mög-
lidi, zumal wenn man ausser den genugsam bekannten Hfilfs-
mittein derjenigen Methode der äussern Untersuchung und
Messung zu diesem Zwecke sich bedient, welche MichaeUs
in seiner Schrift „Ueber das enge Becken", 1851 p. 96 u. ff.
angiebt.
nebst Besehreibnngf zweier oeuen Instramente etc. 179
Ebenso ergeben sieb fQr die Höhe des Beckens aus
der Grösse des Individuums, aus dem Ergebniss der innerii
Exploration, aus der äussern Höhe der Hüftgegend, noch
mehr, wenn dabei die directe Messung mit meinem In-
strumente zu Hölfe genommen wird, völlig hinreichende
Anhaltspunkte.
Es bleibt somit rücksichtlich des Beckens ausser seiner
Raumbestimmung nur noch die Berücksichtigung und wo-
möglich Messung der Beckenneigung übrig.
Hier kann man entgegnen und hat man entgegnet, die
Neigung des Beckens ist für den Verlauf und die Behandlung
der Geburt von sehr geringem Einfluss. Was soll eine genaue
Messung der Beckenneigung der Praxis wohl nützen? Ich bin
nicht ganz dieser Meinung, und die Praxis, die Behandlung
der Geburt, die die Neigungsverhältnisse des Beckens stets
möglichst berücksichtigt hat, berücksichtigen muss, widerspricht
jener Behauptung durch die That Man berücksichtigte frei-
hch selbstverständlich die Neigung des Beckens hur so weit,
als man sie eben im speciellen Falle bisher zu erkennen, d. h.
auf ohngeföhr anzugeben vermochte.
Vielleicht, dass man hierauf auch entgegnet, dass die
Neigung des Beckens im speciellen Falle wirklich meist ziem-
lich genau, selbst leicht zu erkennen und zu schätzen sei,
nämlich je nach dem stärkern Hervortreten der schwangern
Gebärmutter, je nach dem ungewöhnlichen Nachhintenstehen
des Beckenausganges bei gleichzeitiger starker Neigung der
vordem Beckenwand und relativem Hochstehen des Promon-
torium. Wozu daher solle man die Neigung noch specieil
nach Graden messen?
Nichtsdestoweniger, selbst wenn ich den Äusdinick
„schätzen*^ nicht urgiren will, glaube ich beweisen zu können,
dass es in praxi keineswegs immer so leicht ist, Fehler bei
Beurtheilung der Beckenneigung zu vermeiden, und dies um
so weniger, wenn man nicht nur die Neigung der Becken-
eingangsebene, sondern die entschieden für den Geburtshelfer
noch wichtigere Neigung des gesammten Beckencanals zur
Eingangsebene zu berücksichtigen sich zur Aufgabe stellt;
denn das unveränderliche Neigungsverhältnis^ des Beckencanals
12*
180 ^^* Oermann, Ueber innere Beekcnuiestang,
ist voD der je nach der Körperstellung veranderiicheD söge-
iiauulen Beckenneigung wohl zu unterscheiden.
Man betrachtet gewöhnlich die Grösse des Winkeis, den
die Conjugata vera mit der innern Fläche der Symphyse bildet,
als den Maasstab für den Grad der Neigung des Beckencaoalb
— und das mit RechL Man gründete hierauf die relative
Grösse des Abzugs von der Conjugata diagonalis, wo es galt
aus der Länge der letzeren die Länge der Conjugata rera zu
l)erechnen. Setzte man al)er hier nicht schon die Neigung
der Beckeneingangsebene im speciellen Falle als sehr genau
bekannt voraus, während dieses Neigungsverhältniss, selbst in
der Theorie bei normalem Becken, noch zwischen 50 bis 70
Grad schwankt, wie sich dies leicht nachweisen lässt. Denn
nimmt man z. B. nach KiwiacVs Vorangang (vergl. dessen
Beiträge zur Gebuilskunde , 1840 Abthl. L, p. 4, während
derselbe in seinem Atlas für Geburtskunde, 1851, 3" B'^ für
dies Uöhenverhällniss angiebt) an, dass der Vorberg 3 Zoll
höher stehe, als der obere Rand der Symphyse, und nimmt
man die Länge der Conjugata vera zu 4 Zoll an, so lässl
sich der Neigungswinkel der Beckeneingangsebene, oder (wie
man sich auch ausdrucken kann) der Neigungswinkel der
Conjugata vera zur perpendiculären Körperachse und der
Neigungswinkel der Beckeneingangsebene zur Horizontalebem*
leicht durch zwei Winkel eines Dreiecks darstellen, welclhf»
man auf folgende Weise construirt: x\lan trägt auf eine Linie,
ilie man sich vom obem Rande der Symphyse in horizontaler
Richtung nach dem Beckencanale zu verlaufend denkt, ehie
senkrechte auf, von der Länge von 3 2oll, und verbindet den
Endpunkt der Irtztern mit der gedachten Horizonlallinie durch
eine Linie, deren Länge der Eingangs * Conjugata , hier also
4 Zoll, entspricht.
Je nachdem man nun der Eiugangs-Conjugata eine Längt-
von 4 Zoll oder 4 Zoll 3 Linien giebt und die senkrechte
Entfernung des Vorberges über dem oberen Rande der Sym-
physe zu 3 Zoll oder 3 Zoll 9 Linien annimmt, je nachdem
erhält man (vergl. Tab. VI., Fig. 12 13, Tab. IV. Fig. 14.)
einen verschiedenen Bcckeneingangswinkel von 49^ bis 71 ^\
während Nägele bekanntlich einen Neigungswinkel von un-
gefähr 60^ als die Norm annimmt.
nebat Beschreibung zweier neuen Instrumente etc. 131
Es lasst sich aber ebenso nachweisen, dass diese bedeu-
tende Differenz auch noch in anderer Beziehung für die
Praxis als solche nicht so ganz unwichtig ist. Denn je
nachdem man sich die Neigungsverhältnisse ver-
schieden denkt, und namentlicli je nachdem man
sich den Vorberg in verschiedener Höhe über der
Symphyse denkt, je nachdem wird man sich auch
jedesmal andere Punkte der Beckenhöhle als den
einzelnen Abschnitten der Symphyse horizontal
gegenüber liegend denken müssen, Erwägungen, die
besonders bei Durchleitung des Kindes durch den Beckencanal
uiiter Umständen auf unser ärztliches Verhalten von grossem
Einfluss sein können.
In Bezug auf die Beckenmessung war es Michae-
lis, der zuerst die Wichtigkeit des Neigungsver-
hältnisses der hinlern Fläche der Symphyse zur
Beckeneingangsebene erkannte, indem er ein be-
stimmtes Abhängigkeitsverhältniss evident nachwies,
welches zwischen der Differenz von Gonjugata dia-
gonalis und Gonjugata vera und der verschiedenen
Grösse des betreffenden Neigungswinkels statt hat.
Da es somit nicht unerheblich erscheint, die Folgen der
verschiedenen Neigungs Verhältnisse des Beckens im Allge-
meinen, sowie die Art und Weise ihrer Erkennung für den
speciellen Fall richtig zu würdigen, so will ich mir erlauben,
das anzuführen, was Kiwisch in vortrefflicher Weise in
seinen „Beiträgen zur Geburtskunde (Abth. I., p. 3)" hier-
über äussert. Er sagt unter Anderem:
„Wie schwer es am lebenden Weibe ist, den Neigungs-
winkel mit einiger Genauigkeit zu messen, geht schon daraus
hervor, dass es uns in der Begel unmöglich ist, die Grösse
der hierzu nöthigen 3 Linien mit Sicherheit zu erforschen; un-
sere Messungen bieten daher bis jetzt nur Wahrscheinlich-
keitsresultate.
Als ganz ungenügend ist der Neigungsmesser von Kluge
zu bezeichnen. Er setzt theilweis als bekannt schon voraus,
was eigentlich im gegebenen Falle erst erforscht werden soll-
Die Schwierigkeit der fraglichen Messung wird auch da-
durch vermehrt, dass die Neigung des Beckens im Stehen
182 VI. Germann f Ueber innere Beckemnessang,
willkürlich geändert werden kann« Das Becken ruht auf den
Gelenksköpfen der Schenkelbeine wie auf einer Achse, and
alle Bewegungen des Beckens bei fixirten unteren Extremi-
täten bestehen nur in einer Veränderung seiner Neigung, and
wir können daher allen Menschen, die eben nicht ungewöhn-
Uch verunstaltet sind, bekanntlich willkürlich dieselbe Becken-
neigung geben, wenn wur ihre Körperstellung entsprechend
ändern. Jedes Weib bietet während der Schwangerschaft eine
andere Beckenneigung dar, als im nicht geschwängerten Zu-
stande, da sie nothwendig gedrungen ist, zur Erhaltung des
Gleichgewichts während jenes Ziistandes eine andere Körper-
stellung anzunehmen.
Das haltbarste, obzwar noch immer kein genügendes
Resultat ergiebt sich aus Messungen an Leichen, die man
immer in derselben horizontalen Lage untersuchen kann. Das
Ungenügende dieser Untersuchung geht jedoch daraus hervor,
dass das Verhältniss der einzelnen Körpertheile zu einander
an der liegenden Leiche nie ganz jenem Verhältnisse entspriehl,
welches diese Theile während des Stehens beim Leben dar-
geboten haben.
Wir glauben, sagt Kiwiach, dass man der Wahrheit am
nächsten kommen dürfte, wenn man als Norm eine Neigung
von beiiäuflg 52^ annehmen wurde.
Es fragt sich nun, welche Vortheile erwachsen
dem Geburtshelfer aus einer genauen Erforschung
der fraglichen Beckenneigung im individuellen
Falle?
Kiwisch glaubt nach einer sorgfältigen Betrachtung des
Gegenstandes hierzu Nachstehendes bemerken zu können:
„Aus der alleinigen Messung der Neigung der Conjugata
zum Horizont lassen sich deshalb keine Folgerungen für die
Praxis gewinnen , weil es anderweite Verhältnisse der Körper-
theile zu einander giebt, weiche die Neigungsabweicbungen
wieder ausgleichen, so dass die Nachtheile derselben zur
Gänze verschwinden können.
Bekanntermaassen wird einer zu geringen Beckenneigung
der Nachtheil zugeschrieben, dass der Druck, der in da-
Bauch- und Beckenhöhle gelegenen Theile, sowie jener der
Bauchpresse und der Uteruscontraction den Beckengrond in
nebst Bescbreibuog sweier neuen Instromente etc. 183
einer mehr geraden Richtung, somit kräftigei* treffe, als im
entgegengesetzten Falle, wo voraugsweise die vordere Becken-
wand und die untere Bauchgegend getroffen wird.
Nun ist aber in Anschlag zu bringen, dass eine
verschiedenartige Neigung des fieckencanals (die
wir von der Neigung der Conjugata unterscheiden
müssen), sowie die verschiedene Weite der ohern
Beckenapertur, endlich die Grösse der Krümmung
der Wirbelsäule in der Lendengegend und der Grad
der Straffheit der inneren Bauchwand sehr wich*
tige concurrirende Momente für jene Erscheinungen
abgeben.
Die erwähnte Neigung des Beckencanals steht keines-
wegs in einem geraden Yerhäitniss zur Neigung der Conju-
gata; als Maasstab für dieselbe können wir den Winkel an-
sehen, den die innere Fläche der Schambeine mit der Conjugata
bildet, da diese Fläche es zunächst ist, auf welche der Druck
von oben wirkt, und die dessen Richtung ändert. Wenn nun
bei einer gleichen Neigung der Conjugata die Schambeine in
einem Falle eine mehr perpendiculäre Richtung annehmen,
so trifft begreiflicher Weise jener Druck den Beckenboden
viel unmittelbarer, als bei entgegengesetztem Verbalten der
Schambeine, wo die von oben einwirkende Kraft mehr ge-
brochen wird.
Bieselben Abänderungen erleiden jene Einflüsse durch
die Verschiedenheit der Grösse des fieckeneinganges. Je
weiter derselbe ist, um so leichter und directer wird der
Beckenboden getroffen, während bei engem Eingange dies, bei
übrigens gleicher Beckenneigung, im geraden Verhältnisse immer
weniger der Fall ist Einen gleichen EinOuss zeig.t die an-
geführte Krümmung der Wirbelsäule aus leicht ersichtlichen
Gründen.
Hieraus ergiebt sich, dass die Nachtheile einer ab-
weichenden Beckenneigung leicht durch ein ent-
gegengesetztes Verhalten der Neigung des Becken-
canals, der Weite der oberen Apertur und durch
anderweite Verhältnisse gehoben werden können.
Aus einer einseitigen Beurtheilung der Neigung der Conjugata
ist demnach keine sichere Folgerung abzuleiten, und es treten
184 ^^* Germann, lieber innere BeekenroessuDg,
die oben erwähnten Nachtheile dort am deutlichsten hervor,
wo die angeführten concurrirenden Momente gleichsam in
Bund treten und wechselseitig ihren concurrirenden Einflu^s
steigern. Es wäre demnach immer eine gleichzeitige
Würdigung dieser sämmtlichen Momente als Auf-
gabe zu stellen, und nur so wäre irgend ein erheb-
liches Resultat zu gewinnen.
Die Lösung dieser complicirten Aufgabe aber
zu ermöglichen, ist, nebenbei gesagt, ein specieHer
Zweck der später hier zu beschreibenden Inslra-
roente.
Von den vorher erwähnten dreierlei Becken Verhältnissen,
die hier in Anschlag zu bringen sind, ist übrigens die Nei>
gung der Gonjugata zum Horizonte in allen jenen Fällen , wa
sich ihr Einfluss nur vorübergehend geltend macht (wie z. B.
bei dem Geburtsgeschäfle), von einer nur untergeordneten Be-
deutung, da sie eine willkürliche Veränderung zulässt und es
kann sich nur ]fort, wo das Weib in einer die Unzukömm-
lichkeiten einer abnormen Beckenneigung begünstigenden St^
lung lange verharrt, ihr uacbtheiliger Einfluss geltend machen.
Wichtiger dagegen in der angegebenen Beziehung ist
die Neigung des Beckencauals und die Weite der
obern Apertur. Beide sind unveränderlich, und üben
schon in dessen Folge einen viel bedeutungsvollem Einfluss
auf die erwähnten Erscheinungen aus. *
Die Neigung des Beckencauals wurde bis jetzt
keiner sorgfälligen Forschung unterworfen. Wie
wir schon früher bemerkten, lässt sie sich am zweckmässig-
sten aus dem Verbältnisse der Conjugata zur innern Fläche
der Schambeine bestimmen, und das Ausmaass des an dem
obern Tbeile der Schambeinverbiudung entstehenden Winkels
giebt dann den Neigungsgrad des ßeckencanals. Dieser Winkel
beträgt bei regelmässigem Becken immer mehr als ein rechter,
beiläuUg 100^, doch erleidet er bei Unregelmässigkeiten nicht
ganz unbeträchtliche Abänderungen seiner Grösse. Denken
wh* uns nun die verschiedenen Beckeii so gestellt, dass die
Gonjugata hei allen dieselbe Neigung zum Horizonte annimmt,
so wird der verschiedene Einfluss eines mehr oder weniger
liebst Beschreibung zweier neuen Instrumente etc. Ig5
geneigten Beckencanals leicht ersichtlich. Wir wollen in ge-
burtshülfficher Beziehung nur Nachstehendes heinerken:
1) Je beträchtlicher die Neigung des Beckencanals ist,
um so mehr wird der Einfluss eines von der Bauchhöhle aus-
gehenden Dnicks gebrochen, um so weniger kraftig der Becken-
grund getroffen. 2) Je geneigter der Beckencanal ist, um so
geneigter ist die Stellung der aus der Beckenhöhle sich
erhebenden GebärmuUer, und um so belrächllicber wird die
untere Partie der Bauchdecke ausgedehnt. 3) Je geneigter
der Beckencanal, um so schiefer ist die Stellung der in das
Becken eintretenden Rindestheile , und um so schwieriger
gleiten sie unter übrigens gleichen Verhältnissen in den Becken-
grund herab. 4) Je geneigter der Beckencanal ist, um so
vortbeilhafter werden Instrumente mit stärkerer Beckenkrum-
mung angewendet, und um so mehr ist der auf die im Ein-
gange feststehenden Theile angebrachte Zug nach hinten zu leiten.
Aus diesen Andeutungen gehen die Gegensatze , so wie
die weniger wesentlichen übrigen Folgerungen von selbst
hervor.
Es ergiebt sich hieraus gleichzeitig, dass wohl die meisten
der angegebenen Folgerungen schon für die bestehende Lehre
der Beckenneigung benutzt wurden, und dass es somit, wie
Kiwisch hinzufügt, den Anschem hat, dass er das, was in
der Praxis schon lange anerkannt wurde, nur in eine neue
Beziehung bringen wollte. Allerdings sei nicht zu verkennen,
dass in der Regel die Geburtshelfer das Neigungsverhältniss
der Conjugata zum Theil aus der Stellung der Schambein-
verbindung zu erforschen bemüht waren, und dass somit der
Verlauf des Beckencanals nicht ganz unberücksichtigt blieb;
aber jene angenommene bestimmte Beziehung der
Beckenneigung zur Neigung der Schambeinverbin-
dung bestehe in vielen Fällen nicht, ja es finde
manchmal ein verkehrtes Verhältniss statt, und
deshalb fielen manchmal die Nachtheile einer oder
der andern Unzukömmlichkeit hinweg, indem sie
durch den Gegensatz in dem andern Verhältnisse
gehoben würden.
Zur klaren Erkenntniss dieses Umstandes scheine es
nach Kiwiich* Meinung bei der Mehrzahl der Geburtshelfer
186 ^^' Germann f lieber innere Beekenmesanngf,
noch nicht gekommen zu sein, und, setzt er hinzu, einen
brauchbaren Maasstab für die in Rede stehende
Neigung des Beckencanals giebt es bis jetzt nicht.
Michaelis dagegen, als er die Neigung der hintern Fläche
der Symphyse zur Conjugata vera zu erforschen strebte, kam
es zunächst und vor Allem darauf an, die Bedingungen auf-
zufinden, von denen der grössere oder geringere Unterschied
der Länge zwischen Conjugata vera und Conjugata diagonalis
abhängt. Nachdem er (vergl. Michaelis y über das enge
Becken, p. 135) angeführt hat, dass er bei vielfachen und
genauen Messungen an engen Becken gefunden, dass sich
unter 4 Becken bei 3 zwischen Conjugata vera und Conjugata
diagonalis ein mittlerer Unterschied von 7, 8 oder 9 Linien
ergebe, und dass diese Annahme -auch an 33 engen Becken
seiner eignen Sammlung sich bestätige, fahrt er fort: „Da
aber im einzelnen Falle es höchst wünscbenswerth ist, auch
die Abweichungen von diesem Mittel zu erkennen, da ein
Irrthum von 4 bis 5 Linien allerdmgs schon von wesentHdiem
Einflüsse auf die Beurtheilung des Falles und auf die Bdiand-
lung sein kann, so habe ich mich bemüht, diejenigen Momente
aufzuGnden, die den grösseren oder geringeren Unterschied
bedingen, und wenn mich diese Bemühungen auch
nicht, wie ich es wünschte, ganz zum Ziel führten,
so bin ich demselben wenigstens näher gerückt
Bekanntlich steht das Promontorium bald höher über der
Fläche des Beckeneinganges, bald tiefer im Beckeneingange,
ja selbst unter demselben. Es liegt der Gedanke nahe, dass diese
Verschiedenheit Einfluss haben müsse auf das Yerhältniss der
beiden Conjugaten. Eine Untersuchung aber am trocknen Becken
zeigte, dass diese Voraussetzung durchaus falsch sei,
denn es fanden sich bei ähnlichem Stande des Pro-
montorium in verschiedenen Becken die äussersten
Extreme des Verhältnisses, und umgekehrt, wo dieses Ver-
hältniss gleich war, stand das Promontorium bald tief, bald hoch.
Eben so wenig ist Sie Neigung des Beckens (d. h. die
Neigung der Beckeneingangsebene zur Horizontalebene bei auf-
rechter Stellung des Weibes) von irgend einem Einflüsse, denn
durch die Stellung des Beckens sind die Verhältnisse seiner
Räumlichkeit nicht bedingt Nach mannigfachen Bemühungen
nebst Beschreibung zweier neuen Instrumente etc. Ig7
gewann Michaelis endlich die Ueberzeugung, dass
die Breite der Scharofuge und die Richtung der-
selben gegen die Conjugata den wesentlichsten
Einfluss habe, und die Beantwortung der Frage, ob
der Unterschied der Conjugaten gross oder klein
sei, dahin ausfallen müsse, dass, je höher die
Schamfuge und je grösser der Winkel sei, den sie
mit der Conjugata vera bilde, desto grösser sei der
Unterschied; je schmaler aber die Schamfuge und je kleiner
jener Winkel sei, desto geringer sei der Unterschied der
Conjugaten. Die Grösse der Conjugaten aber an sich
hat auf dieses Verhältniss wenigstens einen so geringen
Einfluss, dass er für die Praxis nicht in Betracht kommen kann.
Wie gross aber der Einfluss der beiden entschei-
denden Momente sei, kam zuerst in Frage; demnächst
aber, wie sie sich am lebenden Körper erforschen
lassen. Hierbei bemerkt Michaelis noch vorläufig, dass er
sich aus von selbst einleuchtenden Gründen veranlasst sah,
nicht die ganze Höhe der Schamfuge in Betracht zu ziehen,
sondern nur eine Linie, die vom Rande des Ligamentum arcua-
tum zu dem Punkte der Schamfuge läuft, der dem Promon-
torium am nächsten steht, denn dieser Punkt ist sachgemäss
der vordere Endpunkt der Conjugata und liegt zwei bis drei
Linien unter dem obern Rande der Schamfuge.
Der Winkel, welchen die Schamfuge mit der Conjugata
bildet, wechselt nach Michaelis zwischen 96^ und 124 ^
Seine mittlere Grösse ist 110^. Bei 16 meist ausgewählten
Becken fand Michaelis folgendes Resultat:
In 12 Fällen harmonirte die Grösse der Differenz von
Conjugata vera und Conjugata diagonalis mit der des Winkels;
in 4 Fällen fand eine Abweichung statt, und die rührte allein
von einer ungewöhnlichen Breite der Schamfuge her. Diese
beträgt nämlich im Diu*chschnitte 17% Linien, wechselt aber
im einzehien Falle von 12 Linien bis zu 21 Linien.
Speciell in Bezug auf die Breite der Symphyse ergab
die Untersuchung der obigen 16 Becken, dass in 10 Fällen
die Breite der Symphyse mit der Differenz zwischen Conju-
gata vera und Conjugata diagonalis harmonirt, dagegen in 6
Fällen sich eine Abweichung zeigt
138 ^'- Germann, Üeber mnere BeckenmeMting',
,,Die Erforschuug beider ^ esrntlirhen Momente
an Lebenden, sagt Michaelis ferner, bat ibre
Scbwierigkeit, und babe ich bisber dieselbe nur
schätzen, nicht aber genauer messen können. Den
Winkel nämlich kann man nach der mehr oder weniger schrä-
gen Lage, die die innere Seite der Schamfuge gegen die Dia-
goualconjugata hat, einigermaassen durch die Untersuchung
erkennen, wenn man, während' die Finger der einen Hand
das Promontorium fixiren, den Zeigefinger der rechten Hand
hinter die Schamfuge einfuhrt Leichter lässt sich die Breite
der Schamfuge schätzen, theils indem man innen bis zum
obern Rande mit dem Finger hinaufgeht, theils nach der Stärke
.des Knocbeiüjaus im Allgemeinen, mit der die Breite der
Schamfuge gewöhnlich im geraden Verhältnisse steht. Be-
sonders auf das Letztere habe ich bei meinen Mes-
sungen mich verlassen, und wenn auch der Schluss
immer einigermaassen unsicher blieb, so bin ich doch
fast immer zu einem Resultate gelangt, das der Wahrheit, so
oft ich es nachher prüfen kennte, viel näher kam, als es
nach den obigen Erörterungen möglich scheint.^'
In der Regel nämlich machte Michaelis einen Abzug
von 8 Linien von der Conjugala diagonalis, um die Conju-
gata vera zu finden; nur bei starkem Knochenbaue zog er
9 Linien, hei schwachem 7 Linien ab. Es wird immer am
gerathensten sein, sagt er, sich innerhalb dieser Crenzen zu
halten und nur selten einen grössern oder geringem Abzug
zu machen.
Dies die Ansicht und die Ergebnisse der Forschungen
von Michaelis. Ich werde später bei Bestimmung der Con-
jugata vera durch mein Messungsinslrument noch einmal
hierauf zurückkommen müssen; ich gab aber hier die An-
sichten beider genannter Autoren deshalb ausführ-
licher wieder, um dadurch die Gesichtspunkte vor
Augen zu legen, die mich bei Constructjon meiner
beiden Instrumente leiteten.
Das aber, was zunächst zu beweisen war, geht aus
Obigem mit Sicherheit hervor, nämlich dass das Bedürf-
niss, die Nothwendigkeit einer genaueren inneren
(instrumentalen)Beckenmessung noch immer in vol-
nebst Beschreibung zweier neuen Instrumente etc. Ig9
lern Maasse besteht Denu kein neueres Instrument,
keine neuere Messungsmetliode ist veröffentlicht
worden, welche bis jetzt die von Kitcisch und Mi-
chaelis gestellten Aufgaben gelöst hätte. Auch das
früher von mir nach deüi Principe von Kiwisch und Van
HiLCvel veröffentlichte Messungsinstrunient (vergl. die Schrift:
„Die geburtshilfliche Pohklinik zu Leipzig, 1853'') leidet an
dem Mangel, dass es den Winkel, den Symphyse und Con-
jugata Vera mit einander bilden, nicht anzugehen vermag.
Dadurch aber wird es unmöglich, den vorderen Endpunkt
der Conjugata semiexterna und den schrägen Dmxhroesser
der Symphyse so zu bestimmen, dass der Abzug der Länge
dieses Durchmessers der Symphyse von der Länge der Con-
jugata semiexterna die Länge der Conjugata yera mit abso-
luter Sicherheit angäbe.
Nach Allem durfte gewiss kein Zweifel mehr an der
Wichtigkeit einer genaueren Messung der Baum wie Neigungs-
verhältnisse des Beckens aufkommen, und eben dadurch
das Bedurfniss eines Instrumentes, welches diese Aufgaben zu
lösen vermag, anerkannt werden. Bevor ich jedoch zur Be-
schr#ibung des vorzuschlagenden Instrumentes übergehe, er-
übrigt es noch, auf einige andere Umstände, die für den
Hergang der Geburt von Wichtigkeit sind, aufmerksam zu
machen. Ich meine die Grösse und Nachgiebigkeit
der Frucht, sowie die Beschaffenheit der Wehen und
Weichtheile des Beckencanales.
Bei hinreichender Uebung in der äusseren Untersuchung
des schwangern Leibes wird es in der Mehrzahl der Fälle
gelingen, ein' bestimmtes Urtlieil darüber zu gewiimen, ob
die Frucht auflallend klein, von gewöhnlicher Stärke, gross
oder ungewöhnlich kräftig entwickelt ist. Besondere Beach-
tung möchte hierbei die sehr häufig durchfühlbare Rücken-
fläche des Kindes verdienen. Auch durfte eine fortgesetzte
Uebung im Vergleichen verschiedener Kinder zu empfehlen
sein, damit nicht der Umfang der Gebärmutter, die verschie-
dene zu grosse oder zu geringe Menge des Fruchtwassers
u. s. w. zu Irrungen verleite. '
Ebenso bleibt für die Bcurtheilung der Grösse und
Nachgiebigkeit des Schädels des Kindes die direcle
190 VI. Germann f Ueber innere Beckenmessnng,
Untersuchung das allein Entscheidende. Der Erfolg der Unter-
suchung wird hier zum Theil davon abhängen, ob wir es mit
einer Schwangeren oder einer schon mehr oder minder weit
in der Geburtsarbeit vorgeschrittenen Gebarenden zu tbun
haben. Der hohe Stand des Kopfes über der Symphyse bei
mit Beckenenge behafteten Schwangeren meist ist der Unter-
suchung auf seine Grösse meist günstig. Steht der Kopf aber
nach Beginn der Geburt bei engem Becken frülizeitig bereits im
Eingange desselben, so ist damit für den speciellen Fall das
relativ günstige Verhältniss zwischen Kopf und Becken, worauf
es ja eben ankommt, auch erwiesen. Der Schhiss von der
Grösse des Rumpfes auf die des Kopfes wird mehr zur Prüfung,
als zur Erlangung eines Resultates zu verwenden sein.
In welcher Weise bei dieser Art der Untersuchung die
zu beschreibenden Instrumente von Nutzen sein können, dar-
über später.
Was aber die Prüfung der Nachgiebigkeit des kindlichen
Schädels anlangt, wobei insbesondere auf die Gegend der
Nähte und Fontanellen zu achten ist, so fuhrt hier in der
Regel bei engem Becken nur die Untersuchung mit der hal-
ben oder ganzen Hand zum Ziele, was wiederum meiSt nar
während des Geburtsverlaufs unbedenklich sich ausführen
lässt. Ebenso wird selbstverständlich erst die längere Beob-
achtung der bereits eingetretenen Wehenthätigkeit ein
Urtheil über dieselbe ermöglichen, letzteres aber, insofern
als Kunsthüife öfters die austreibenden Kräfte mehr oder
minder zu ersetzen vermag, solchenfalls auch eher zu ent-
behren sein.
Die Weichtheile endlich der Geburtswege setzen in
gedachter Beziehung einer directen Untersuchung durchaus
kein Hinderniss entgegen.
Blicken wir jetzt nochmals auf alle die Einwände und
Hindernisse zurück, die sich einer erfolgreichen Anwendung
von Instrumenten zur inneren Beckenmessung bisher entgegen-
stellten, so wird, hofTe ich, doch endlich die Ueberzeugung
siegen, dass, gelingt es nur erst einnial ein Instrument zu
construiren, was Einfachheit und Sicherheit der Messung in
sich vereinigt — so wird man auch, trotz aller jener Schwie-
nebst Besch-reibnng^ zweier neuen Insframente etc. 191
rigkeiten und Mängel es für Pflicht halten , es anzuwenden,
wo es sich nur eben anwenden iässt
Die von Michaelis in seiner Schrift über das enge
Becken angegebene Methode zur Erforschung der Raum-
und Formverhältnisse des weiblichen Beckens halte ich im
Allgemeinen für die empfehlenswertbeste. Von Messungs-
instrumenten benutzte derselbe nur den Baudetocq'&chen
(BurchcMTcfschen) Tasterzirkel. Zur Ausmessung des Becken-
canals, insbesondere zur Bestimmung der Länge der Diagonal-
conjugata bediente er sich bekanntlich zweier Finger,
ausnahmsweise der ganzen Hand.
Die Anwendung der hier zu beschreibenden bei-
den Messungsinstrumente setzt ausdrücklich die Be-
stimmung der Länge der Diagonalconjugata nach
Michaelis' Methode voraus und hat zum Zweck, die
insbesondere durch letztere Methode der Messung
sich im individuellen Falle ergebenden Resultate
theils zu controliren, theils zu Tervollständigen.
Soll ich genauer die Aufgaben bezeichnen, welche die
betrelTenden Instrumente zu lö«en hätten, und meiner Ueber-
zeuguhg nach mit bald mehr, bald weniger hinreichender
Sicherheit zu lösen föhig sind, so würden es folgende sein:
Zunächst dasjenige der beiden Instrumente anlangend,
welches dem Baudelocq'schen Tasterzirkel in seiner äussern
Form entspricht, und als solches dem Instrumente gleicht,
welches ich, wie erwähnt, 1853 veröflentlichte, so lassen sich
mit demselben
1) alle die Messungen vornehmen, welche mit dem ge-
wöhnlichen Baudeloc^schen Tasterzirkel ausführbar
sind, jedoch so, dass dieses Instrument die betreffenden
Maasse nicht nur in Pariser Zollen und Linien, son-
dern auch in Centimetem angiebt. So wird dasselbe
z. B. unter Anwendung der äussern Beckenmessung
zur Bestimmung der Beckenform gebraucht werden
können, nach der Methode, die Michaelis hierfür an-
gegeben bat. Und ebenso wird es gleich dem ge-
wöhnlichen Tasterzirkel gebraucht werden können, um
die Höhe des Beckens nach der bisher gebräuchlichen
Methode genauer zu bestimmen.
192 VI. Gf.rmann^ Ueber innere Bcckenmessnng,
2) Ermöglicht dies Instrument, was mit dem gewöhnlichen
Baiidelocq*schen Tasterzirkel nicht ausführbar ist, als
Tasterzirkel gebraucht, auch die Messung der Dicke
der Wirbelsäule iu der Gegend des Vorbergs, desglei-
chen die Messung der Dicke der Symphyse und des
Schamberges, die Messung der Coujugata semiexterua
und, so weit dies möglich, die Messung der Distantiae
sacrocotyloideae , desgleichen die Messung der Durch-
messer der seitlichen Beckenwände und dadurch iu*
direct, und so weit es möglich, die Messung der Grösse
der Querdurchmesser des Beckens. Führt man einen
Arm des Instrumentes in die Htirnröhre und Blase ein,
so lässt sich auf diese Weise die Dicke der Bauch-
wände in dei* entsprechenden Gegend messen und sich
dadurch auf indirectem Wege annähernd ein Urtheil
über die Breite des Fötalschadels und die Länge und
Breite des kindlichen Rumpfes ermöglichen. Vermöge
seiner compendiösen Form vermag ein so gebauter
Tasterzii'kel leicht in der Tasche, m welchei* der Ge-
burtshelfer seine Instrumente verwahrt, Platz zu finden,
und wii'd daher so leichter zur Hand sein können,
wenn es gilt, bei erst wähi^eud des Geburts Verlaufes
erkannter Beckenenge nicht nur die instrumentale Becken-
messung sogleich noch vorzunehmen, sondern auch den
Rumpf und Schädel des neugebornen Kindes sogleich
nach der Geburt zu messen, um dadmxh Anhaltspunkte
für die nächstfolgenden Geburten zu gewinnen.
Die Hauptaufgabe dieses Instrumentes besteht aber
3; darin, einestheils die Höhe der Symphyse, die Länge
der Conjugata vera und die Grösse der beiden Winkd
zu bestimmen, welche Conjugata diagonalis und Conju-
gata vei*a mit der Symphyse bilden, anderntheils darin,
die Weite des Beckencanals un geraden Durchmesser,
und das Neigungsverhältniss festzustellen, iu welchem
der gesammte Beckencanal zur Beckeneingangsebene,
insbesondere aber die hintere Wand des Beckencanals
zur Symphyse steht.
4) Der an dem Instrumente belindliche männliche Catlieler
lässt sich mit gutem Erfolge nichl nur als weiblicher
Dobflt BMohreibmig iweier nenen iDttinmente etc. 193
Catheter, sondern ausnahmsweise auch als Injections-
röhr für die Geblrmutterhöhle verwenden. Die beige-
gebene seidene Schnur wurde zur Messung des Um-
fangs des Schädels der Neugebomen, zur Messung des'
Beckenumfangs und als Wendungsschlinge benutzt. Die
Einrichtung des Instruments erlaubt es aber auch, diese
Schnur ausnahmsweise und in augenblicklicher Erman*
gelung eines besseren Instrumentes so zu verwenden^
dass der eine Arm des Beckenmessers als Schlingeu-
träger oder als Nabelschnurrepositorium gebraucht
werden kann.
Das zweite Instrument hat eine zweifache Aufgabe:
1) Soll es dieselbe Aufgabe lösen, welche für das ?orh^*
gehende Instrument unter No. 3 gestellt wurde. Es
controlirt daher das sich dort ergebende Resultat der
Beckenmessung.
2) Soll durch dasselbe der Neigungswinkel dex Becken-
eingangsebene, d. h. der Conjugata vera, bestimmt
werden zur perpendiculären Körperachse und zur Ho-
rizontalebne.
Der Bau beider Instrumente, die auf der Litho-
graphie um die Hälfte verjüngt dargestellt wurden,
ist im Allgemeinen ein einfacher. Betrachten wir zunächst
das zuerst erwähnte Messungsinstniment. Tab. I, Fig. 1 zeigt
dasselbe so zusammengelegt, dass es sich leicht transportiren
lässt; Tab. I, Fig. 2 stellt es dar als Tasterzirkel; Tab. II,
Fig. 3 zeigt es in der Einstellung, die nöthig ist, um das
bereits mehrfach erwähnte von Symphyse, Conjugata diago-
nahs und Conjugata vera gebildete Dreieck nach der später
anzugebenden Methode durch Messung der BeckenräumUch-
keiten zu bestimmen. Nur wäre in diesem Falle zuvor die
Schnur zu entfernen, die nur deshalb hier durch den betref-
fenden Arm des Beckenmessers durchgeschlungen ist, um die
Art ihrer Verwendung für die Reposition der Nabelschnur
u. s. w. anzudeuten.
Betrachten wir jetzt die einzelnen Theile des Becken-
messers. Den linken Arm des Instrumentes (vgl. Tab. I,
Fig. 2) bezeichnen wir als Catheterarm A, den rechten als
Sondenarm B. Diese beiden Haqpttheile des Instrumentes
Monatosohr, f. Q«bwtak. 1S61. Bd. XYUI., SappL-Hfl. 18
194 VI. Oermannf lieber innere Beekentaieniiog,
sind durch ein Charniergelenk h verbanden, weldies sich
vermöge Herausnahme der daselbst befindlichen Lappen-
schraube öffnen und beide Theile nöthigenfalls getrennt be-
nutzen lässt.
Der Catheterarm A besteht aus drei Theilen : a) aus der
Basis des Catheters; b) aus der abnehmbaren oberen Hälfie
des Catheters; c) aus einem Schraubenstabe, der in die Ca-
theterbasis eingeschoben wird, und, seinerseits selbst wieder
cylindrisch ausgehöhlt, dazu dient, die obere Hälfte des Ca-
theters unbeweglich auf dessen Basis zu befestigen, ganz in
der Weise wie dies bei jedem zusammengesetzten männlicben
Schraubencatbeier bewerkstelligt zu werden pflegt Die un-
tere Oeffnung des Catheters ist durch ein am Schraubenslab
c befindliches Ventil ce geschlossen. Der Sondenann B be-
steht aus 6 einzebien Theilen (vgl. Tab. I, Fig. 1), nämlich
aus zwei Sonden / und g , zwei Röhren d und e , einem
halbkreisförmigen Maassstabe k, und einem Stabe p, Theile,
die, soweit sie für den Gebrauch des Instruments als Taster-
Zirkel unnöthig sind (vgl. Fig. 2), daselbst entfernt wurden,
am Sondenarm B der Fig. 1 dagegen in ihi^ gewöhnlichen
Einstellung dargestellt sich befinden. Die Basis des Sonden-
arms B (vgl. Fig. 1) wird durch zwei Röhren gebildet d und
e, in welche von ihren oberen bis unteren Enden zwei ana-
log der Uterossonde gebaute Haassstäbe / und g eingescho-
ben sind. Die Sonde / ist stärker gekrümmt, als die Sonde
g, und länger als diese. An ihrer Basis steUt sie einen
Maassstab dar von 1 bis 23 Centim. Länge, während die
• Sonde g an ihrer Basis einen 8 Zoll langen Maassstab dar-
stellt, der nach Pariser Zollen und Linien eingetheilt ist
10 Centim. von dem unteren Ende der Sonde/ entfernt,
findet man eine ringförmige Einkerbung x an derselben.
Diese ringförmige Einkerbung muss das obere Ende der Rohre
d bei dd berühren, wenn das Instrument als TasterziriLel
benutzt werden soll, denn nur bei solcher Einstellung der
Sonde / zeigt der halbkreisförmige Maassstab k die gegen-
seitige Entfernung der Spitzen mn des Tasterzirkels (vgl.
Fig. 2) nach Zollen und Linien oder Centimetem richtig an.
Damit sich aber die Sonde / zeitweilig unverrückbar in die-
ser SteUnng befestigen lasse, ist die Schraube o an der Röhre
nebst BeselireibaBg swei^ neuuu Inatramente oto. 195
d angebradit worden. Die Sonde j^, die als Maassstab und
Utenissonde dienen soll, lässt sich aus ihrer Rohre e ebenso
hervorziehen und in derselben verschieben, wie die Sonde/
in der Röhre d. Die links von der Sonde auf der Litho-
graphie befindliche, in Zolle und Linien eingetheiltc Längs-
fläche entspricht der Fläche der Sonde, die bei der vorlie-
genden Richtung der letzteren hier nicht darstellbar ist. Die
Sonde g als Haassstab hat aber zunächst den Zweck, die
gegenseitige Entfernung der Spitzen m und n (vgl. Tab. L,
Fig. 2 und Tab. 11, Fig. 3) nach Zollen und Linien damit
auszumessen in den Fällen, wo die Sonde/ au der Stelle
ihrer ringförmigen Einkerbung unter oder über den Punkt
dd iü der Rdhre d hinaufgeschoben werden musste, odei*
wo das Hessungsinstrument überhaupt aus andern Theileu
und in anderer Weise zusaounengestellt worden ist, als es
Fig. 2 zeigt. Vermöge der Schraube l lässt sich dei* halb«
kreisförmige Maassstab k, aus dem aufgesetzten Oehre y her-
vorgezogen (vgl. Fig. 2), ;um Zweck leichterer Transportir-
barkeit des Instrumentes, in aufrechter Stellung befestigen
(vgl. Fig. 1). Aut seiner linken Seite ist der halbkreisförmige
Maassstab k nach Pariser Zollen und Linien, auf seiner rech-
ten Seite nach Centimeteru abgetheilt. Der sechste Bestand-
theil endlich des Sondeuarms B ist der Maassstab p (vgl.
Fig. 1 u. S). Er ist dazu bestimmt, nach Entfernung der
Catheterspitze b (vgl. Tab. 1, Fig.. 2) auf die Basis des Ca-
theters aufgeschi'aubt' und daselbst in gleidier Weise befestigt
zu werden, wie dies für die Catheterspitze b bereits ange-
geben wurde. So bildet dann der Catheterarm Ä einen zu-
sammengesetzten Stab, der, wie schon früher erwähnt, mit
Hülfe jener seidenen Schnui* als Nabelschnurrepositorittm oder
Scbiingenträger benutzt werden kann, hauptsächlich aber dazu
zu dienen hat, die Messung des Winkels zu erleichtern, den
Coi^ttgata diagonalis und Symphyse mit einander bilden. Auch
ist der Stab p für diesen Zweck an seiner Innern Fläche von
seiner Spitze aus in dner Länge von 6 Zollen nach Pariser
Zollen und Linien abgetheilt. Da, wo man denselben nicht
bedarf, wird er sammt dei* um ihn zu wickehiden Schnur
mittels einer sogenannten ewigen Schraube q (vgl. Tab. L, Fig. 1)
an der äussern Seite des Sondenarmes B angeschraubt
18 ♦
196 ^^' C^ermann, üeber innere Becken mesean^,
Das zweite zu beschreibende Instrument besteht aus zwei
Haupttheilen, nämlich: 1) aus einer mit Papier überzogenen
Holztafel (vgl. Fig. 4, Tab. III.); 3) aus einem aus Stahl-
stäben zusammengestellten Parallelogramm (rgl. Tab. IV, Fig. 5).
Die Holztafel ist auf eine halbmondförmige messingene
Platte befestigt, in der Weise, wie dies aus der beigegebenen
Zeichnung (vgl. Tab. lü, Fig. 4) ersichtlich ist. Diese Mes-
singtafel aber wird durch seitlich angebrachte, mit Schnallen
und Schenkelriemen versehene, rings um das Becken herum-
zuführende Bänder möglichst fest auf den Schamberg gegen
die knöcherne Unterlage der Symphyse angeschnallt, oder
zugleich während der Messung in unvcrrCkckter Lage daselbst
von einem Gehfllfen gehalten. Längs des obern und untern
Randes der Holztafel, auf deren rechten Seite, findet sieb
je eine Linie verzeichnet. Diese ist durch senkrecht veriau-
fende Linien und durch Punkte in Cenlimeter und Centi-
meterbmchtheile eingetheilt Jeder senkrechten Linie ent-
spricht in fortlaufender Reihe eine Zahl. Am obern Rande
der Holztafel ist ein durch ein Häkchen befestigtes Loth an-
gebracht, welches sich beliebig nach rechts und links ver-
schieben lässt.
Bei dem zweiten Haupttheile dieses Beckenmessers (vgl.
Tab. IV., Fig. 5) hängt von der mathematischen Genauigkeit,
mit welcher die för Bildung des Parallelogramms bestimmten
stählernen Stäbe gearbeitet sind, zum nicht geringen Theil
der mit diesem Instrumente zu erzielende Erfolg ab. Der
Stab a ist an beiden Enden in einer Länge von SVs Pariser
Zollen rund, m der Mitte dagegen in einer Länge von öVs ZoU
viereckig in Quadratform gearbeitet. Sein Durchmesser be-
trägt an dem zum Handgriffe bestimmten, gebogenen Ende
2V^ Linien, in der Mitte 2 Linien , am oberen abgerundeten
Ende IV2 Linien, lieber diesen Stab wird vom Punkte a ans
der Stab b hinweggeschoben, indem sich an dessen unterem
Ende zu diesem Zwecke eine dem qiiadratf5rmig gearbeiteten
Stabe a genau entsprechende quadratförmige Oeflhung befin-
det, in welche zuglcfch von unten her eine Schraube bb
eindringt, um damit den Stab b gegen den Stab a festschrau-
ben zu können. Der in gleicher Weise gearbeitete und in
einem längeren und in einem kürzeren Exemplare vorhandene
nebsl BeachreibiiDg sweier nenen Instrumente etc. ]97
'Stab c wird in ganz gleicher Weise wie der Stab b über
den Stab a vom Punkte b aus über deo Stab b hinweg-
geschoben und an der passenden Stelle dann durch seine
Schraube cc festgestellt.
Um die Befestigung der Holztafel vor der Symphyse mir
zu erleichtern und das Aufschnallen derselben auf die Sym-
physe in der Regel ganz zu umgehen, brachte ich zwischen
den Armlehnen meines Explorationsstuhles, nachdem die Frau
auf dem Stuhle sich fast horizontal niedergelegt hatte, einen
26 Zoll langen, 1 Zoll dicken Querstab a an (vgl Tab. V,
Fig. 6)l, auf welchem letztem die Holztafel b ganz in der-
selben Weise wie früher auf der Hessingtafel befestigt wurde.
Dieser Holzstab ist rechts und links an seinen Enden c und
d 2 Zoll lang, schraubenförmig gewunden, jedoch so, dass
der Durchmesser dieser Schraube nur V4 Zoll beträgt, wäh-
rend der Stab selbst 1 Zoll dick ist Dies letztere hat den
Zweck, über diese Schrauben von rechts und links her je
einen anderen, leistenf5nnigen, mit einem runden Loche am
oberen Ende versehenen Holzstab e und/ bin wegschieben zu
können bis zu dem Punkt, wo der Stab a nicht mehr
schraubenförmig gewunden ist Indem diese Stäbe hierauf
durch je eine Schraubenmutter g und h von rechts und links
her gegen die Armlehne gepresst werden, wird es möglich,
den Querstab a in jeder beliebigen Drehung, jeder beliebigen
Höhe und Weite vor und über den Armlehnen zu befestigen.
Durch den Stab a neben der Holztafel gehen 2 Schrauben
k und Z, die bis auf die Weichen der zu messenden Frau
Yorgeschraubt werden können und jede Lageveränderung
während der Messung erkennen lassen, sobald man die Punkte,
wo sie die Haut berühren, mit dem Rothstiflte anzeichnet.
Die Höhe des oberen Randes der Armlehne an meinem Explora-
tionsstuhl beträgt 39 Zoll, die Höhe des Sitzes 35 Zoll, dessen
Breite 21 Zoll, die Höhe der seitlich angebrachten Fusstritte
22 Zoll. Die'Rücklebne des Stuhls lässt sich in bekannter
Weise nach Belieben senkrechter oder horizontaler stellen.
Um den Preis des zuerst beschriebenen Instru-
mentes zu mindern, kann man dasselbe auch so einrichten
lassen , dass man an Stelle des Catheterarmes A einen Sonder-
arin 4 ßetzt, der äbnlicb wie d^r Catheterarm A zusammengesetzt
198 ^^* öermann^ lieber fnnere Becken messnng,
ist (vgl. Tab. VI., Fig. 7). Auf diese Weise fallt rflcksichtHch
des Koslenpunktes der Catheter weg. Aber auch die Sonde g
ist aoderweit leicht zu ersetzen und kann daher wegfallen.
An die Stelle der Catheterbasis tritt ein solider Stab, an die
Stelle der abnehmbaren CaÜieterspitze theils eine abnehmbare,
ganz so wie die Sondenspitze / gekrümmte, äusserlich ganz
so wie der Catheter gebaute, solide Sondenspitze, theils ge>
legentlich der Winkclmessung der schon bei Fig. 1 und 3
beschriebene Stab p, letzterer hat solchen Falles als Maass-
stab zugleich die Stelle des Maassstabes g zu vertreten. Man
bedient sich nämlich dann statt des Maassstabes g zunächst
jedes beliebigen Bleistifts oder geraden Stabes, misst damit
im betreflenden Falle (vgl. Fig. 3, Tab. II.) z. B. die Entfer-
nung zwischen den Punkten m und n und bestimmt die so
gefundene Grösse durch Uebertragung derselben auf den Maass-
stab p. Die Befestigung des Stabes p an der Basis des
Sondenarmes B, sowie an der Basis r des Armes A (vgl.
Fig. 7), desgleichen die Befestigung der Sondenspitze s an
derselben Basis r des Armes A geschieht durch Einsenkung
der betreffenden Theile in die auf Halbzolltiefe ausgehöhlten
Basen r und t und durch Anschraubung mittels der Schrau-
ben V und tCy sowie dies erwähntermassen bei Fig. 2 mit der
Sonde / durch die Schraube o geschieht. Die HinzuTöguog
der seidenen Schnur und alle übrigen Veriiältnisse der Theik,
wie sie bei Fig. 1, 2 und 3 beschrieben wurden, bleiben un-
verändert dieselben. Nur soll ausdräcklich noch einmal daran
erinnert werden, dass auch bei diesem Instrumente, nur wenn
die Sonde / mit ihrer ringförmigen Einkerbung x die Stelle
dd der Röhre d berührt, der halbkreisförmige Maassstab k
die Entfernung der Spitzen des Tasterzirkels tn und n genau
nach Zollen und Linien angiebt. Auch hier lässt sich der
halbkreisförmige Maassstab k durch die Schraube l (6) in
aufrechter Stellung befestigen.
Aus dem angegebenen Zwecke und der vorstehenden Be-
schreibung beider Instrumente lässt sich die Art und Weise
ihrer Anwendung schon theilweise erschliessen.
1) Die Anwendungsweise des zuerst beschriebenen Instru-
mentes als Tasterzirkel in der durch Tab. L, Fig. 2 und
Tab. VI«, Fig. 7 versinnliditen Einstellung bedarf kemtf
nebit Besebreibnng sweier nenen InstrameiiU etc. 199
weiteren Erläuterung. Von seibst versteht es sich, dass
die Schrauben v und o dabei festgeschraubt sein müs-
sen , sowie dass die nöthige Einstellung der Sonde /
mit ihrer halbkreisförmigen Einkerbung x am Punkte
dd der Röhre d im Auge zu bebalten ist.
2) Soll dagegen durch das erstgenannte Instrument der
Winkel bestimmt werden, welchen Conjugata diagonalis
und Symphyse miteinander bilden, und dadurch zu-
gleich die Länge der Conjugata vera und der Winkel
angegeben werden, welchen Conjugata vera und Sym-
physe mit einander bilden, und soll femer die Weite
des Beckencanals im^ geraden Duixhmesser, sowie das
Neigungsverhältniss erforscht werden, in welchem die
hintere Beckenwand zur vorderen Beckenwand und zur
Beckeneingangsebene steht, so kann man diesen Zweck
am einfachsten durch Consti*uction zweier Dreiecke er-
reichen, welche beide die Conjugata diagonalis zu ihrer
Basis haben, und bringt zu diesem Zwecke das Mes-
sungsinstrument in die Stellung, welche Tab« II, Fig. 3
zeigt. Die Frau aber, deren Becken gemessen werden
soU, muss sich in fast horizontaler Stellung auf einen
Eiplorationsstuhl legen, die Schamtheile dem Tages-
lichte zuwenden, muss die Füsse gehörig von einander
entfernen und im Knie gebogen auf zwei zur Seite
bejBndliche Fusstritte aufstemmen. Soll der Vorbeiig
mögliehst schmerzlos mit 1 oder 2 Fingern erreicht
werden, mässen letztere vor Allem langsam und all-
mählig eingeführt werden. Das Messungsinstrument
wird erst eingebracht, nachdem der Finger sicher den
Vorberg und das Ligamentum arcuatum gefühlt hat
und daselbst angedrückt erhalten werden kann.
Von den drei Eckpunkten des zu bestimmenden ersten
Dreiecks abc (vgl. Fig. 8, Tab. I.) entsprechen, dem Gesag-
ten zufolge, zwei Eckpunkte den Endpunkten der Conjugata
diagonalis, indem der Eckpunkt a auf dem Punkte des Vor-
berges, welcher dem hintern Punkte der Diagonal-Conjugata
entspricht, der Eckpunkt b am Scheitel des Schambogens,
der Eckpunkt c aber auf dem Schamberge sich befindet und
zwar nach oben und aussen von der Mitte des obem innem
200 ^^' G^ermannf Ueber innere Beokenmes^mir,
Randes der Schambeinvereinigung, d. b. am yordeni EndpuDkle
einer Linie, die die ungefabre Dicke der Symphyse und des
Schamberges angiebt Auch von den drei Eckpunkten des
zweiten Dreiecks aßy findet sich der Eckpunkt a an dem
eben bezeichneten Punkte des Vorberges und der Eckpunkt ß
am Scheitel des Schambogens, der Eckpunkt y dagegen Uegl
innerhalb des vorhergehenden Dreiecks abc^ nämlich einige
Linien unter dem inneren obern Rande der Schambeinv^-
einigimg, d. h. er entspricht gleichzeitig dem vorderen End-
punkte der Conjugata vera, dem so angenommenen obern
Endpunkte der Höhe der Symphyse und dem hintern Endpunkte
einer Linie, die von ihrem vordem Endpunkte c aui| die un-
gefähre Dicke der Symphyse und des Schambergs angiebt
Durch vorangehende Construction des Dreiecks abc lässt
sich daher die Lage des letztern Punktes y des Dreiecks aßy
genau bestimmen mittels der genau messbaren Höhe der
Symphyse und mittels der durch den halbkreisförmigeD
Maassstab k bei und nach der Messung genau nachweisbaren
Länge der Linie, welche der ungefähren Dicke der Symphyse
und des Schamberges entspricht.
Rehufs der Construction des erstem Dreiecks abc misst
man zunächst die Länge der CSonjugata diagonalis mit einem
oder zwei Fingern, am besten in der Weise, wie es Michaelis
vorschreibt. Die. gefundene Länge (vgl. Tab/U, Fig. 3) trägt
man auf den geraden Catheterarm A, von dessen Spitze m
aus über, d. h. man merkt sich an dem Zollmaassstab des
Calhelerarmes Ä die Zolle und Linien, welche die Länge der
Conjugata diagonalis ausdrücken. Hierdurch sind die beiden
ersten der Rasis entsprechenden Punkte des gesuchten Drei-
ecks abc (vgl. Tab. I, Fig. 8) gegeben. Man führt nun mit
Hülfe eines oder zweier Finger die Spitze m des geraden
Catheterarmes A auf den Punkt des Vorbergs a, welcher
dem hintern Endpunkte der Conjugata diagonalis entspricht,
erhebt dann die Rasis des Armes A so weit, dass sie gleich-
zeitig im Verlauf den Scheitel des Schambogens b als den
vordem Endpunkt der Conjugata diagonalis berührt und senkt
hierauf den Sondenarm B mit seiner Spitze n so weit herab,
dass letztere einen schon vorher schwarz bezeichneten, oben
näher angegebenen Punkt c auf dem Schamberge berührt -r-
nebsi BMchraibaiig^ aweier nenen lostnuneDte etc. 201
und das zunächst gesuchte Dreieck abe ist constniirt (vgl.
Tab. II., Fig. 9); denn zu gleicher Zeit giebt der hafl>kreis-
förmige Zollstab k die jetzige gegenseitige Entfernung der
beiden Endpunkte m und n des Instruments,, d. h. die Ent-
fernung des gesuchten dritten Punktes c von a und b so
nach Zollen und Linien an, dass das Instrument zurückge-
zogen und dabei vielleicht verschoben, dennoch zu jeder Zeit
wieder in die gleiche Stellung zurückgebracht werden kann.
Um die so gefundene Grösse und Form des Dreiecks
abc (vgl. Tab. I., Fig. 8) sogleich zu verzeichnen, zieht man
das Instrument womöglich unverändert zurück oder stellt
es mit Hülfe des halbkreisförmigen Maassstabes k wieder so,
wie es vorher stand, und legt es so auf einen Bogen Papier.
Hier bezeichnet man die Stelle, wo es a den Vorberg, b
den Scheitel des Schambogens, c den Punkt am Schamberge
berührte, durch Nadelstiche. Hierauf schraubt man (vgl.
Fig. 3) an dem geraden Catheterarm A den ZoUstab p ab
und befestigt statt dessen das Cathetersegment b (vgl. Tab. 1.,
Fig. 2). Dies Cathetersegment (vgl. Tab. Y., Fig. 10) führt
man dann unter Leitung des in die Scheide eingebrachten
Fingers in der Harnröhre empor, bis seine Spitze m einige
Linien unter dem obem Innern Rande der Symphyse ange-
drückt, den Punkt y (Fig. 8) berührt, welcher an der richtigen
Stelle gesucht, wie schon angegeben, gleichzeitig dem vordem
Endpunkte der Conjugata vera, dem so angenommenen obem
Endpunkte der Höhe der Symphyse und dem hinlern Endpunkte
einer Linie entspricht, die von ihrem vordem Endpunkte c
aus die ungefähre Dicke der Symphyse und des Schamberges
angiebt. Hier lässt sich die Gathelerspitze m meist auch von
aussen her fühlen. Zugleich schiebt man die Sonde / in
ihrer Röhre d so weit vor oder zurück, dass ihre Spitze n
abermals den vorher schwarz hezeichneten Punkt c auf dem
Schamberge berührt, stellt sie durch die Schraube o fest und
merkt sich die am halbkreisidrmigen Maassstabe k abzulesende
jetzige Entfernung der Spitzen m und n des Tasterzirkels,
während zu gleicher Zeit der oder die das Instrument in der
Harnröhre (ixirenden Finger den Catheter da, wo er den
Scheitel des Schambogens an dem Punkte b berührt, mit den
Nägehi fassen und gelasst erhalten.
202 ^^'- O^rmanfif Ueber innere BeckenmeMung,
Jetzt wird , jedoch ohne die Sonde / irgend wie in
ihrer Röhre d vor- oder zurückzaschiehen, der Catheter zo-
rückgezogen und mit dem Haassstabe g oder mit dem Maas»-
Stabe p zunächst die Entfernung ?on der Spitze des Cathe-
ters m bis zu der so eben gefassten Stelle (die Höhe der
Symphyse by^ Fig. 8) gemessen. In glächer Weise misst man
darauf auch die unmittelbar vorher durch den Maassstab k
markirte Entfernung der Spitzen m und n des Tasterzirkeis,
d. h. die ohngelahre Dicke des Schamberges und der Sym-
physe cy. Nachdem dies geschehen, giebt man den Spitzen
eines Zirkels eine Entfernung, die der Grösse der eben ge-
fundenen ohngefahren Dicke des Schamberges und der Sym-
physe, d. h. der gegenseitigen Entfeniung der Punkte c und
y gleich ist, setzt dann die eine Spitze des Zirkeis in den
Punkt c des auf dem Papiere bereits verzeichneten Dreiecks
aic, und schlägt mit solchem Radius einen Kreis. Hierauf
giebt man den Spitzen des Zirkels eine Entfernung, die so
gross ist, wie die eben gefundene Höhe der Symphyse, d. h.
eine Entfernung, die der gegenseitigen Entfernung der Punkte
b und / gleich ist, und schlagt mit solchem Radius &oßa
Kreis, indem man die eine Spitze des Zirkels in de» Punkt
b des auf dem Papiere verzeichneten Dreiecks abc setzt Da,
wo sich die beiden Kreise innerhalb des Dreiecks abc schnei-
den, da befindet sich der dritte gesuchte Punkt y des zwei-
ten Dreiecks aßy, wodurch die obige Aufgabe sowohl ruck-
sichtlich der gesuchten Längenmaasse, als der gesuchten
Winkelgrössen gelöst ist.
Als eine weitere Aufgabe des Instrumentes gaben wir an,
dass es bestimmt sei, das Neigungsverhältniss festzustellen,
in welchem die hintere Wand des Beckencanals zur Sym-
physe und zur Beckeneingangsebene steht.
Die Lösung dieser Aufgabe liegt schon in der Mögfidi-
keit der Lösung der vorhergestellten Aufgabe mit enthalten,
wie uns eine genauere Betrachtung der in Fig. 8 vor Augen
gelegten Verhältnisse lehrt. Denn da nichts entgegensteht,
den Vorberg sich beliebig hodi über oder beliebig tief unter
seinem gewöhnlichen Standpunkte gegenüber der Symphyse
gelegen zu denken, oder mit andern Worten, da der Bau des
Instrumentes, soll es auch dieser zweiten Aufgd>e entspre-
nebst Beflchreibnog sweier neuen Tnalrnmente etc. 203
chen, es ermöglichen muss, und wirklich ermöglicht, denje-
nigen Punkt, in welchem rieh Conjugata diagonalis und Con-
jugata Vera am Yorberg schneiden, an jeden beliebigen, höher
oder tiefer an der Aushöhlung des Kreuzbeins befindlichen
Punkt zu verlegen , und da auf diese Weise durch das von
der Symphyse der Conjugata vera und Conjugata diagonalis
jedesmal gebildete Dreieck jeder dieser verschiedenen Puäkte
der Kreuzbeinausböhlnng in seinem Verhältnisse zur Symphyse
festgestellt wii'd, — so niuss sich, will man sich die Mühe
nehmen, die Weite und Neigung des gesammten Beokencana-
les im geraden Durchmesser auf diese Weise erforschen und
verzeichnen liaissen.
Die Möglichkeit der Verwendung des Instrumentes als
Nabelschnurrepositorium , Schiingenträger, Uterussonde, In-
jectionsrohr, Catheter, das Vorhandensein zweier Maassstäbe,
von denen der eine nach Pariser Zoll und Linien,^ der andere
nach Centimetern eingetheilt ist, mag hier nur noch erwähnt
werden. Es steht das Instrument als Nabelschnurrepositorium
und Schiingenträger dem von Varges angegebenen deshalb
an Brauchbarkeit nach, weil gerade insbesondere die Bieg-
samkeit des Fischbeinstabes des Varges*schen Instrumentes
viel dazu beiträgt, die Nabelschnur, die man in die durch die^
seidene Schnur gebildete Schlinge gebracht hat, leicht und
hoch in die Gebärmutterhöhle hinaufbringen zu können. Die
entsprechende schräge Durchbohrung der Löcher am obem
Ende des Reposiloriums, welche wesentlich zur Erieichterung
des Zuruckziehens der Schnur nach vollbrachter Reposition
beiträgt, ist auch hier angebracht worden.
Das zweite früher beschriebene Instrument bezeichneten
wir als geeignet, folgende drei Aufgaben zu lösen:
1) das Dreieck zu verzeichnen, welches im speciellen Falle
durch die Symphyse, die Conjugata diagonalis und die
Conjugata vera gebildet wird;
2) die Weite des Beckencanales im geraden Durchmesser
und. das Neigimgsverhällniss festzustellen, in welchem
der gesammte Beckencanal zur Beckeneingangsebene,
insbesondere aber die hintere Wand des Beckencanals
zur Symphyse steht;
204 ^I* Germann I Ueber innere Beckenmessnon^,
3) den Neigungswinkel der Beckeneingangsebene, d.h. der
Conjugata Yera zu bestimmen zui* perpendiculären Kör-
peraxu und zur Horizontalebene.
Die unter Nr. 1 und Nr. 3 angegebene Aufgabe lassl
sich gleichzeitig lösen. Man benutzt zu diesem Zwecke das
beschriebene stählerne Parallelogramm in der Stellung, die
wir ihm bei Tab. lY., Fig. 5 gegeben haben. Nachdem aian
die Frau auf dem Explorationsstuhle die Horizontallage ein-
nehmen liess, befestigt man die Holztafel, so wie augegeben
wurde, auf dem Schamberge. Nachdem man ferner, falls dies
nicht schon früher geschah, die Länge der Conjugata diago-
nalis mass, bringt man auf dem vom Neuen eingeführten Fin-
ger oder zwei Fingern den Maassstab a (vgl. Tab. H., Fig. 11)
an den Punkt des Vorberges, welcher dem oberen Endpunkte
der Conjugata diagonalis daselbst entspricht, erhebt gleich-
zeilig das untere Ende des Stabes a so weit, dass der Stab,
im Verlaufe nach Umständen fest an das Ligamentum arcuatuni
angedruckt, den Scheitel des Schambogens berührt, und lässt
nun durch einen Gehülfen die Richtung des äusserlich mit
dem Stab^ a parallel laufenden Stabes hc durch einen Blei-
stiftsstrich auf die Holztafel d verzeichnen. Hierauf zieht
man das Instrument zurück, und fülirt unter Leitung eines
oder zweier Finger das obere abgerundete Ende des Stabes
a (al) in der Harnröhre empor, so dass man dabei den Stab
möglichst genau der Längsrichtimg der Symphyse folgen lässt
Ist dies geschehen, verzeichnet ein Gehülfe in gleicher Weise
die Richtung des äusserlich mit dem Stabe a {al) parallel
laufenden Stabes gc auf der Holztafel, und ebenso daselbst
die Richtung des Lothes e zum Verlaufe der Linie gc. Bevor
mau den Stab a aus der Harnröhi*e zurückzieht, misst man
damit noch in gleicher Weise, wie dies früher bei Fig. 10,
Tab. V. für den Cathcter angegeben wurde, die Höhe der
Symphyse. Nun nimmt man die Holztafel ab und legt sie
auf einen Bogen Papier, so dass die Messingplatte der Holz-
tafel über den Rand des Tisches hinaus zu liegen kommt Man
überti^ägt jetzt die gegenseitige Richtung der drei auf der
Holztafel verzeichneten Linien hc, gc und e auf den Papier-
bogen, lässt Äc und ^c im Punkte f (vgl. Tab. H., Fig. 11)
sich schneiden, und trägt von da aus aufwärts auf Ac die
ifebst Bescbrofbimg zweier neues iDstrnmente etc. 206
Länge der Conjugata diagonalis, auf g c die Grösse der Höhe
der Symphyse über, verbindet ferner die beiden Endpunkte
dieser Linien {g und h) durch eine gerade, und das gesuchte
Dreieck, welches dem Dreiecke der Fig. 8 im spedeUen Falle
entsprechen muss, ist construirt, und ebenso ist das Nei-
gungsverhältniss derjenigen Seite desselben (fg), welche der
Symphyse entspricht, zur perpendiculären und somit auch zur
horizontalen Richtung ermittelt — und die unter Nr. 1 und
Nr. 3 gestellte Aufgabe ist daher gelöst
Da es aber für die Ausföluimg der Messung gleichgültig
ist, ob man sich den 3ten Eckpunkt h (resp. a) des Drei-
ecks/^A am wahren Vorberg liegend denkt, oder an jeder
beliebigen andern Stelle der Kreuzbeinaushöhlung, so lässt
sich durch Anwendung des Instrumentes in der oben be-
schriebenen Weise auch die Weite und das Neigungsverhält-
niss feststellen, in welchem der gesammte Beckencanal im
geraden Durchmesser, und insbesondere die hintere Wand
des Beckencanals zur Symphyse und zur Beckeneingangs-
ebene steht.
Drei Umstände .- sind es , die in einzehien Fällen dne
Messung des Beckens in der angegebenen Weise erschweren
und in manchen Fällen selbst unmöglich machen, nämlich:
1) Grosse Empfindlichkeit und Wulstung der Weichtheile in
der Gegend des Scheitels des Schambogens. 2) Grosse Con-
vexität der hintern Fläche der Symphyse. Unter 120 unter-
suchten anomalen Becken verlief jedoch nur bei sehr wenigen
die hintere Symphysenfläche so convex, dass eine Messung
des Winkels, den die Symphyse mit der Conjugata diagonalis
bildet, dadurch unausfahrbar wurde. 3) Auch die Länge und
Richtung des Stabes hc erschwert in einzelnen Fällen die
Messung. Dann rauss entweder an seiner Stelle ein kürzerer
Stab {ck) angeschraubt und zur Messung benutzt werden,
oder man muss sich begnügen, die Richtung des Stabes hc
zunächst nur durch Angabe der Richtung des rechtwinklich
gestellten Stabes bc auf der Holztafel d zu markiren. Die
gesuchte Parallellinie lässt sich dann nachträglich leicht ver-
zeichnen.
Die Aufgabe der Fötus- und Beckenmessung ist, völlig
genügend, zur Zeit wohl kaum lösbar. Auch die hier be-
206 VI. <?«nii«fiii, üeber innere Beokenmessang etc.
schriebenen beiden Instrumente entbinden nicht von der Notb-
wendigkeit der Anwendung möglichst vieler Controlen (vgl.
Monatsschrift für Geburtskunde 1858, Bd. XII, Hft. 2) und
fOhren dabei in mehrfacher Beziehung der Natur der Sache
nach z. B. bei der Fötusmessung gewiss sehr oft nur lu
Wahrscheinlichkeitsschlüssen. Sie selbst aber erleidilem und
vervielfältigen die Controle.
Da ich beide Instrumente bereits seit 1854 bei der Becken-
messung zu benutzen pflege, so habe ich bereits mannichfache
Erfahrungen in dieser Beziehung gesammelt. Der Preis
des zweiten Instrumentes beträgt 4 Thaler, der des ersteren
14 Thaler. Er wird aber durch die angegebene Ver-
einfachung desselben von 14 auf 6 Thaler gemindert.
Das zusammengesetztere Instrument ging ins Besondere aus
dem Bedurfniss hervor, welches sich mir bei Leitung der
hiesigen Poliklinik fühlbar machte. Ein Tasterzirkel, der in
dieser Form bereits mannichfache Verbreitung fand, musste
den Studirenden zu jeder zu beobachtenden und zu leitenden
Entbindung mitgegeben werden, schon deshalb, damit der
Practicant im Stande sei, die Grössenverbältnisse des neu-
gebomen Kindes, die Grössenverbältnisse der Eitheile, die
Länge der etwa verkürzten Conjugata externa oder diagonalis
u. s. w. sogleich bei oder nach der Entbindung zuverlässig
zu bestimmen und zu verzeichnen. Eigne dergleichen Instru-
mente pflegen Studirende meist nicht zu besitzen, oder bei
sich zu fähren. Unter diesen Umständen war der beigegebene
Catheter, die Spnde, die seidene Schnur (auch als Wenduugs-
schlinge brauchbar), der Maassstab, das Injectionsrohr, das
Nabelschnurrepositorium und der Schiingenträger keine über-
flüssige Zugabe, zumal da das Instrument dabei von so ge-
ringem Umfange und Gewicht ist, dass es selbst in dar
Seitentasche des Rockes leicht sich transportiren lässl. Beide
Instrumente fertigte der Instrumenlenmacher 0, Homn zu
Leipzig.
yil. KotiAen au» der Joarnal- Literatur. 207
VIL
Notizen ans der Journal-Literatur.
Breisky: Ueber das Vorkommen der Osteomalaeie in
Gummersbach.
Darch die Gate des Sanit&tsrathes Dr. Winkler war es dem
Verf. rergönnt, während seines fünftägigen Aufenthaltes au
Gummersbach acht exquisite osteomalacische Becken su unter-
suchen, und zwar an Frauen, die alle schon su wiederholten
Malen geboren hatten. Die ersten Symptome traten hier fast
nie mit grosser Acuit&t auf.
Verf. knüpft an die sehr ausführlich mitgetheilte Casuisiik
folgende Betrachtungen.
In der Regel wird der Arat erst wegen dar Sebwierigkeit
der Geburt geholt, da die Kranken, so lange die Krankheit keinen
sehr hohen Grad erreicht hat, immer herumgehen. Er findet
dann gewöhnlich die osteomalacische Beokeuform schon aus*
gebildet, welche wahrscheinlich, weil eben die Kranken noch
nicht bettlägerig sind, durch Einflnsa der Bumpflast auf das in
aufrechter und sitsender Stellung mit der Pfanne auf den Schenkel»
köpfen ruhende Becken entsteht Doch entwickeln sieh wahr-
scheinlich die hochgradigen und asymmetrischen Verkrüppelnngen,
a. B. Knickung des Sacrnm, die EinroUung der Darmbein-
schaufeln etc., erst auf dem Krankenlager bei den weiteren
Exacerbationen der Krankheit, welche meist nach dem Wochen*
bette auftreten. Die osteomalacischen Weiber sind meist sehr
fruchtbar. Die Geburtswehen sind in der Regel sehr kräftig,
was sich aus der auweilen beobachteten ungewöhnlichen Dicke
der Uterinwandungen erklärt. Die Untersuchung der Genitalien etc.
mnss in der Seitenlage rorgenommen werden, da in Folge der
starken Beckenneigung, namentlich aber in Folge der durch den
Schambeinschnabel gesetsten Verengerung des vordersten Becken-
abschnittes, die Genitalien nach hinten abweichen. Die von
Kilian beschriebene Nachgiebigkeit des Beckens während der
Geburt hat auch Dr. Winkel In einseinen Fällen beobachtet; sie
scheint jedoch nicht in der wnnschenswerthen Uäufigkeit vor-
Eukommen.
Eine höhere Disposition au puerperalen Erkrankungen ist
bei osteomalacischen Frauen nicht au bemerken.
Ueber die ätiologischen Momente konnte Verf. nichts Be-
stimmtes eruiren; doch ist die in den JMiederungen des -Rheins
herrschende Sitte erwähneniwerthi die Kinder sehr lange an
208 y^' Notisen ans der Journal -Litentiir.
stillen. Anch über das constante Vorkommen eines Sedimentes
im Harne konnte Verf. nichts Näheres erfahren. Nicht aelton
leiden die Kranken an Diarrhoe nnd Magenbeschwerden nnd
einselne an gewissen Idiosynkrasien«
Charakteristisch für die Krankheit ist die eigenthü milche
Behinderung des Ganges, welche vorzüglich in der Schmen-
haftigkeit der Bewegungen begründet ist, namentlich anr Zeit
einer Ezaoerbation.
Die Therapie ist einzig auf die Verbesserung der diätetischen
Verhältnisse gerichtet In einem der näher besehriebenen Falle
soll auf längerem Gebrauche you Ol. jecor. Asell. eine Besserung
eingetreten sein.
(Vierteljahrsschrift f. prakt. Heilkunde, Bd. H., 1861.)
V, Helly: lieber Stirnlagen.
Die Seheitel- und Stimlagen sind als Mittelglieder zwischen
Hinterhaupts- und Gesichtslagen zu betrachten. In den meisten
Lehrbüchern werden sie nur kurz abgehandelt, während einselne
Geburtshelfer, wie Hüter , NuMeVf Spaeth^ ihnen yoUe Auf-
merksamkeit geschenkt haben. Verf. hatte Gelegenheit, im
Prager Gebärhause acht Fälle von Stimlagen zu beobachten,
welche er am Schlüsse seiner Abhandlung berichtet und die
Seltenheit und praktische Wichtigkeit derselben veranlassen ihn
zu einigen Bemerkungen.
Eine sichere Diagnose der Stirnlagen ist durch die äussere
Untersuchung nicht zu erzielen, da die Erscheinungen denen bei
Gesichtslagen gleichen, auch die innere Untersuchung giebt ge-
wöhnlich erst nach erfolgtem Blasensprunge Aufschluss.
Es kann sich Anfangs, zuweilen auch spät noch eine
Hinterhaupts- oder eine volle Gesichtslage ausbilden. Der Kopf
tritt gewöhnlich quer in den Beokeneingang, die Nase ist meist
noch zu erreichen, nicht aber das Kinn. Nach und nach gelangt
aber die Gesichtsfläche hinter die vordere Beckenwand, das
Hinterhaupt in die Aushöhlung des Kreuzes. Die Stirn und der
obere Theil des Gesichtes bis zum Oberkiefer werden zuletzt
unter dem Schambogen durch die weit klaffende Schamspalte
hervorgedrängt, dann entwickelt sich der Schädel Über dem
Damme und zuletzt der untere Theil des Gesichts unter dem
Schambogen hervor.
In einzelnen Fällen entwickelt sich der Kopf aber auch in
anderer Art, nämlich zuweilen tritt er quer durch das ganze
Becken (Fall 7, 8), oder selten nach Art der gewöhnlichen
Hinterfaauptslage, indem durch eine Drehung des Kopfes um
•eine Queraohse lunäohst das Hinterhaupt tief und nach und
VIT. Notisen aoB der Journal- Literatur. 209
nach nach vorn nnter den Schambogen tritt (Fall 4); aber nnr
bei kleinen Früchten.
An dem geborenen Kinde fallt annächst die hohe sohwars-
blane Stimgefchwnlst aaf, sie ist liemlioh scharf umschrieben
und sitst anf dem während der Qebnrt nach vom gerichteten,
nicht selten anf beiden Stirnbeinen. Der Kopf ist gegen die Stirn
hin tngespitat nnd von hier fallen die Scheitelbeine steil nach
abwärts nnd rückwärts gegen das über den Bücken des Kindes
herrorragende Hinterhaupt. Das Gesicht ist platt gedrückt, die
Nase nicht selten seitlich Torbogen, die Lippen abgeschürft,
blatrönstig , selbst der Alveolarfortsata des Oberkiefers manchmal
eingebrochen. Eine sehr gelnngene naturgetreue Abbildung ver-
sinnlicht die eigenthümliche Formyerschiebung des Kopfes.
Es ist leicht einzusehen , dass die Geburt sehr schwer erfolgen
muss, der Kopf muss biegen oder brechen, ohne die beschriebene
Deformation kann er gar nicht durch das Becken, und die
Deformation kann nur durch eine andauernde kräftige Wehen-
thätigkeit herbeigeführt werden. Lässt diese im Stich, ist das
Becken eng, sind die Kopfknochen unnachgiebig, so werden die
Stirnlagen sehr ungünstig und die Kunst muss su den äussersten
Mitteln ihre Zuflucht nehmen. Das Leben der Frucht ist dann
durch den Druck anf das Gehirn, die Dehnung und Zerrung des
Halses, die lange Dauer der Geburt sehr gefährdet. So wurden
in 18 gesammelten Beobachtungen 8 Kinder lebend und 10 todt
geboren, die Naturkr&fte reichten in 12 Fällen aus, in 2 Fällen
wurde die Zange nöthig, in 4 die Perforation. Für die Mutter
machen sich dieselben Zustände und Folgen geltend, wie nach
anderen schweren Geburten.
För die Behandlung ist es die wichtigste Regel, die Thätig-
keit des Uterus sur ToUen Entfaltung gelangen au lassen, die-
selbe nach Möglichkeit su unterstütsen nnd sieh einer jeden
unnütsen Geschäftigkeit su enthalten; die künstliche Beendigung
der Geburt aber so lange als möglich su verschieben und sich
nur durch die ernstesten Ereignisse hierzu bestimmen su lassen.
Besonders warnt Verf. vor dem su frühen Anlegen der Zange bei
noch hochstehendem Kopfe und führt die Uebelstände und Ge-
fahren auf, welche au entstehen pflegen. Dagegen ist bei notorisch
todter Frucht die Perforation und Extraction das richtige Ver-
fahren, wenn die Geburt ohne Aufschub su Ende geführt werden
muss. Sind dagegen in der Frucht noch Lebensseiohen gefunden
worden und der Zustand der Mutter erforderte die schnelle
Beendigung der Geburt, so wäre allerdings ein Versuch mit der
Zange zu wagen, aber sobald sich die Unwirksamkeit derselben
ergiebt, die Perforation su machen. Dagegen findet bei tief
stehendem Kopfe und lebendem Kinde unter Umständen die Zange
ihre richtige Stelle.
Honatsschr. f. Qel»art«k. 1861. Bd. XVHI., 8uppl.-Hft. 14
210 ^I- Notiten ans der Joninal •Literatur.
Spaeth hat für die Sümlagcii die Wendang auf die Ffiaee als
das passendste Operationsverfahren angec^ebco. Verf. tritt dieser
Ansicht vom theoretischen Standpunkte bei» glanbt jedoch, das«
wenn der Kopf noch bewegüch über dem Becken steht, die jetat
leicht ansauführende Wendong nicht gerechtfertigt sei, weil er-
fahmngsgemass die Stirnlage sich noch in eine Hinterhanpta- oder
Oesichtslage umwandeln könne, dass jedoch bei tieferem und
festerem Stande des Kopfes nach abgeiossenem Fmchtwaaaer
die Wendung kaum mehr ausführbar sei.
(Mediz. Jahrbücher, Zeitschr. der Gesellschaft der Aerste
in Wien; Heft 6, 1861.)
0. Franque: I. Fall von ausserordentlicher Beweglich-
keit des Fötus.
Verf. beschreibt einen Fall 7on äussere rdentlielier Beweg-
lichkeit des Kindes während der Geburt« Beim Beginne der
Geburt hatte man es suerst mit einer Kopflage, dann mit einer
unToUkommenen Fusslage sn thnn, sp&ter bildete wieder der
Kopf den vorliegenden Theil, an seine Stelle traten dann wieder
die Füsse, bis sich schliesslich mit dem Abflüsse des in i^ich-
Uoher Menge Torhandenen Fruohtwasaers am £nde der Gabart
eine Querlage entwiekelte. Die Wehen waren so schwach, daas
man das Erhärten der Uterus Wandungen kaum durch die Ba«ch-
deeken wahrnehmen konnte, welcher Umstand neben der Menge
dee Fruehtwaesers und der Kleinheit des Kindes (8 Pfd. 20 Lothj
als Grund dieser grossen Beweglichkeit angesehen werden darf.
Die behufs der Wendung in die Gebärmutter eingeführte Hand
fohlte deutlich ein Geöffnetsein des kindlichen Mundes, was auf
▼orseitige Athembewegungen schliessen Hess. Das aiemlick
schnell eztrahlrte Kind athmete gleich nach der Geburt, jedoeh
nur mit sichtlicher Anstrengung; die Respiration war rocheted
und rasselnd und es erfolgte ly^ Stunden sp&ter der Tod. Die
Section seigte auch die Ergebnisse, welche für die voraeitige
Hespiration als charakteristische angegeben werden. Ak Trieb-
feder des ersten Athemsuges beeeichnet Verf. den in Folge ge>
störten Placentarkreislaufes herbeigeführten Sauerstoffmangel,
nicht aber den Kinfluss der atmosphärischen Luft, und aucht
dieses au erhärten durch Aufftthrung eines Falles, in welehem
das Kind in Tollen Eihäuten geboren wurde und, ohne Ton der
Luft berührt an werden, Tollständige Bespirationsbewegnngen
machte.
II. Eclampsie; subcutane Application von Morphium.
Die Wöchnerin, welche you Zwillingen entbunden worden
war, wurde awei Stunden nach ihrer Entbindung von Eclampsie
VII. NotUes ans der Journal- Lite ratar. 211
befallen, nachdem sehen naeh der Gebort Eiweiu sieh im Harne
gezeigt hatte. Kalte Umschläge anf den Kopf, acht Blutegel
hinter die Ohren und swei Clysmen Ton 30 und 40 Tropfen
Opiumtinctur waren ohne besondere Wirknng. Naoh dem dritten
Anfalle verfiel die Kranke in einen bewnsstlos soporösen Znstandj
eA wurden drei Injectionen von doppelmeconsaurem Morphium,
15 Gr. Opium entsprechend, unter die Haut gemacht , worauf die
Anfälle weiter auseinander rauchten und unter gleichseitiger
Abnahme an Intensität bald gänslich schwiegen. Die Frau über-
stand noch im Wochenbette eine leichte Endometritis und Peri-
tonitis, konnte jedoch nach vier Wochen gesund entlassen werdem.
Auäser bei Eclampsia wurde die subcutane Application Topi
Morphium auch noch bei vorzeitigen Wehen mehrere Wochen v<»r
dem Ende der Schwangerschaft versucht, und soll von vollständigem
Nachlassen der vorseitigen Wehen begleitet gewesen sein.
(Würzbnrg. med. Zeitschrift, Bd. II. , Heft 2, 1861.)
La%ar€wit$eh: Einige Bemerkungen aber die Uterin.
injection und drei Fälle künstlicher Frühgeburten
naeh der von mir modificirten Methode Cohen^B,
Die Untersuchungen des Verf. mit dem Uterus von Kaninchen
haben gezeigt, dass der Theil der Mutterwände am reisbarsten
war, welcher am dicksten ist; folglich mnss bei sehwangeren
Frauen der Grund und der Körper des Uterus am reisbarsten
sein; während der Geburt erregt man die Contriiction des Uteras
schneller durch eine Reibung seines Grundes, als durch eine
Beisung des unteren Uterinsegmeutes. Es werden demnach auch
diejenigen Methoden der künstlichen Frühgeburten am sichersten
sein, in welchen die Reisung auf den Körper oder den Grund
des Uterus wirkt. Drang bei der Anwendung der Methode Cohen'n
die Flüssigkeit sum Muttergrunde, so war ihre Wirkung um so
sicherer, und in allen Fällen, in welchen die Operirte fühlte, wie
die Flüssigkeit nach oben sum Muttergrunde drang, erfolgte nach
einer solchen Injection immer eine starke Contraetion des Uterus.
Um ein solches Aufsteigen der Flüssigkeit su bewirken und
ein baldiges Zurückfliessen derselben su verhindern, wendet
Verf. bei seinen Injectionen nicht das von Cohen angegebene,
mit äeitenöffnungen versehene Röhrchen an, sondern ein 6^8 Zoll
langes, elastisches, welches an dem einen Ende IV* Linien, an
dem anderen 6 Linien Durchmesser hält; die Spitze desselben
ist zngerundet und hat nur eine einzige Oeffnung. Zur bequemeren
Einführung der Röhre und um ihr eine willkürliche Krümmung
geben zu können, bringt man in dieselbe einen Eisendraht, der
an einem Ende so gebogen ist, dass er einen rechtwinkelige
14*
213 ^n* Notisen ans der Jonroal -Literatur.
Vortprong bildet, welcher fiber den Band der breiteren OefErang
hervorragt nnd so dae Hervordringen des Drahtes durch die
Spttse verhindert. Diese Bohre wird entweder unmittelbar auf
die Spitse der Spritie gesetzt, oder mit der elastiscben BShre
einer Clysopompe vermittels geschmolsener Guttapercha hennetisch
verbunden.
In folgenden Fällen führte Verf. die ebenbesehriebene Me-
thode aus.
Erster Fall. Die 24 jfthrige Schwangere, welche durch tSirl^ehes
Erbrechen sehr erschöpft war, fühlte seit einigen Tagen die
Bewegangen des Kindes, die friiher sehr deutlich gewesen warea,
nicht mehr, und ebensowenig konnten Fdtalherstöne gehört
werden. Der so constatirte Tod des Fötus, die Schwache der
Frau und die durch genaue Messung gefundene Beckenenge
(C. extern. ßVs", C. D. 4'') veranlassten Verf. zur Einleitung der
künstlichen Frühgeburt in der 86. Woche der Schwangerschaft.
Die innere Untersuchung zeigte die Vagina ziemlich eng und
ihr Scheidengewölbe sehr hoch und dehnbar, der Scheidenthefl
war V, Zoll lang, der äussere Muttermund für den Finger geoffiiet,
der innere geschlossen. Der vorliegende Fruchttheil war nicht
zu erreichen. Nachdem das Böhrchen 2'' hoch zwischen Gebar-
mutterwand und Eihäute eingeführt war, injicirte Verf. 6 Unzen
(2B® R.) warmen Wassers. Die Kranke fühlte deutlich die Be-
wegung der Flüssigkeit, welche sich vom Unterleibe bis zum
Nabel und etwas höher hinauf verbreitete. Als die Bohre nach
V4 Stunde entfernt wurde, floss etwas warmes Wasser ab. Bald
begannen regelmässige Wehen, die jedoch während der Nacht
nachliessen und am folgenden Tage eine neue Injection nÖthig
machten. Von nun wurden die Wehen regelmässig und förderten,
nachdem das querliegende Kind auf den Steiss gewendet worden
war, ungefähr 82 Stunden nach der ersten Injection ein 5 Pfund
schweres, todtes Mädchen zu Tage. Die Kranke verliess am
neunten Tage das Bett nnd konnte in vierter Woche nach der
Geburt schon ausgehen. >
Im zweiten Falle war Eclampsie die Indication, bei einer
zum sechsten Male Geschwängerten im neunten Monate die
Schwangerschaft zu unterbrechen. Es bedurfte nur einer Injeetion
und die Geburtsdauer betrug 17 Stunden, doch musste das Kind
wegen Schwäche mit der Zange entwickelt werden. Es wog
8 Pfund und starb nach 8 Tagen an Krämpfen; die Mutter genas.
Auch im dritten Falle war nur eine Injection nxSthig und die
Geburt währte 86 Stunden. Hier wurde bei einer Zweitgebarenden
die künstliche Frühgeburt eingeleitet wegen Beckenenge , welche
bei der ersten Niederkunft eine schwierige Zangenoperation nSthig
machte. Auch hier war der Erfolg ein schneller und günstiger.
Das Wochenbett verlief normal.
VII. Notizen aus der Journal -Literatur. 213
SchlieBsHck giebt Verf. seine Ansichten über die Methode
Cohen* B und über die Uterininjectionen überhaupt, wie folgt:
Die Injection einer Flüssigkeit reizt die Nerven des Uterns,
indem sie hauptsächlich durch die Dehnung der Mutterwände
und folglich auch ihrer Nerven, durch die Temperatur der
PlQssigkeit und durch die momentane Lostrennung der Eih&ute
in einer bedeutenden Ausdehnung wirkt
Da der obere Theil des Uterus am reisbarsten ist, so wird
auch der Beiz und in Folge dessen die Uterincontraction um so
stärker sein, je näher die Flüssigkeit auf den Muttergrund dringt.
Um Letzteres zu ermöglichen, muss man eine fiöhre mit einer
Oeffhung am Ende gebrauchen.
Je grösser die Quantität Flüssigkeit und je verschiedener
ihre Temperatur von der des Uterus ist, desto stärker wirkt die
Injection. In gewöhnlichen Fällen muss man 4 — 6 Unzen warmes
Wasser von 28 '^ — 30^ £. anwenden, bei wenig reizbaren Frauen
an 6 — 12 Unzen warmen Wassers gebrauchen und zu stärkerer
Wirkung sogar 4—6 Unzen kalten Wassers von 20®— 15<> B.
(AUgem. Wien. med. Zeitung, 1861, No. 26, 26 u. 27.)
Henri James: Ueber die Einleitung der künstlichen
Frühgeburt.
Die vom Verf. bisher mit Erfolg angewendete Methode be-
steht wesentlich in Trennung der Eihäute und Beisung des unteren
Uterinsegmentes. Man soll den Zeigefinger der linken Hand,
soweit es möglich ist, in den Muttermund vorschieben, den
Mutterhals hierauf herunterziehen und dann den im Muttermunde
befindlichen Finger, so viel es geht, im Kreise herumführen.
Diese Encheirese ist oft 3 — 4 Mal zu wiederholen, da anfänglich
nur selten der Muttermund für den Finger durchgängig ist. Man
erleichtert sich gedachte Manipulation, wenn man die Frau mit-
pressen lässt oder mit der rechten Hand einen Druck auf den
Uterusgrund ausübt, um so den bei Beckenenge in der Begel
hochstehenden Hals der Gebärmutter tiefer treten zu lassen.
Sollte dieses Verfahren zur Erregung von Wehen nicht hin-
reichen, so empfiehlt Verf. eine Injection von 8 Unzen kalten
Wassers. Auch Secal. comut. hat Verf. in Anwendung gezogen,
kann jedoch von günstigen Besultaten nicht berichten.
Erster Fall. Die Frau war früher durch die Craniotomie
entbunden, und, da das Becken so verengt war, dass ein lebendes
reifes Kind nicht durchtreten konnte, sollte dieses Mal Ende des
siebenten Monates die Frühgeburt eingeleitet werden. Es wurde
obenerwähntes Verfahren eingeschlagen, so dass die Frau acht
Tage später mit einem lebenden Mädchen niederkam. Das
214 VIT. Notizen aus der Jonmal -Literatur.
Woebenbett rerlief normal. Aebnlicb war der Erfolg, als die-
selbe Person acht Jahre spSter anf gleiche Weise entbanden
werden innsste. Die Gebnrfcsthltigkeit (?) danert« hier melirere
Stunden nnd der Kopf des Kindes war stark in die L&nge gesogen.
Im zweiten Falle wurde die Frau, die bei ihrer ersten Nieder-
kunft dnrch Oraniotomie entbnnden werden musste, in einem
Zeiträume von drei Jahren drei Mal zu Ende des siebenten Monates
durch genannte Methode entbunden. Jedes Mal waren circa
ffinf Tage swischen erster Operation und Geburt Terstrichen.
Zwei Kinder wurden lebend geboren. Das dritte, in welchem
Falle mehrere Dosen zur Stärkung der Wehen verabreicht worden
waren, mochte schon seit einigen Stunden abgestorben sein.
Im dritten Falle erlag die Frau, die ein fanltodtes Kind
geboren, am zehnten Tage nach der Niederkunft einer Pjämie,
nachdem sie drei Jahre früher die künstliche Frühgeburt nach
Verfassers Methode glücklich überstanden hatte.
Im vierten Falle war die Frau früher sehr schwierig ent-
bnnden worden. Die Untersuchung ergab ein starkes YorepringeB
des Vorberges. Bebufs Einleitung der Frühgeburt wurde der
Muttermund erweitert und drei Tage später eine Injection gemacht
Nachdem nach siebenständiger Wehenthätigkeit der Muttermund
eine hinreichende Grösse erlangt hatte, der Kopf aber hoch und
beweglich stehen blieb, so wurde die Wendung auf die Fiisse
ausgeführt und ein lebender Knabe extrahirt. Mutter und Kind
wurden gesund entlasjcn. Bin Jahr später wurde bei derselbez
Frau die Frühgeburt eingeleitet, indem vier Tage nach einander
der Muttermund mit dem Finger erweitert und endlich kaltes
Wasser eingespritzt worden war. Auch dies Mal musste das
Kind gewendet werden, kam jedoch, da der Kopf durch die
stark vorspringenden Lendenwirbel zurückgehalten wurde und
dnrch Einsetzen des stumpfen Hakens in den Mund entwickelt
werden musste , todt znr Welt.
In den Fällen 5, 6 und 7 zusammengenommen wurde wegen
Beckenenge die künstliche Frühgebart fünf Mal ausgeführt und
zwar drei Mal durch einfache Dehnungen des Muttermundes, zwei
Mal durch nachfolgende Einspritzungen von kaltem Wasser. Ffir
die Mütter war der Ausgang stets günstig, von den Kindern
wurden zwei, welche mit dem unteren Korperende sich zur Ge-
burt stellten, todtgeboren, eines davon jedoch wieder zum Leben
gebracht. Ein anderes Kind starb am dritten Tage nach der
Geburt an Schwäche.
(The Lancet, 1861, Bd. L, No. IX.)
yil. Notizen ans der Journal -Literatur. 215
HabÜ: Zwei F&lle Ton Betentio placentae naob nn-
seitigen Geburten.
Während die Betention 'der Placenta nach seiiigen Gebarten
immer ein sehr gefahrlicheB Ereignias ist und dnrcb das Leben
bedrohende Blatungen oder darch in Folge der Verjauchung der
Placenta herbeigeführte Entzündungen leicht tödtlich wirkt, kann
nach einer Geburt in der ersten Hälfte der Schwangerschaft oft
die ganze Placenta durch längere Zeit, sogar durch Wochen und
Monate ohne nachtheilige Folgen zurückbleiben. In ersterem
Falle ist daher die active Methode, d. h. baldige künstliche
Entfernung des Piacentarrestes, in letzterem die passive, ex-
spectative Methode in ihrem Bechte. Aber auch nach Abortus
erheischt die Zurückhaltung der Nachgeburt bisweilen ein actives
Einschreiten theils wegen einer starken mit Blut gemischten
Absonderung, theils wegen des nachtheiligen Einflusses eines
solchen Ereignisses auf das Gemüth der betreffenden Kranken.
Verf. theilt folgende zwei Fälle mit:
Die 27jährige Frau hatte schon sechs Mal rechtzeitig ge-
boren. Nach der ersten Niederkunft in ihrem 18. Jahre soll nach
Aussage der Frau die Nachgeburt gar nicht abgegangen , sondern
in einem Zeiträume von drei Monaten unter kaffeesatzähnlichem,
bräunlichem und höchst übelriechendem Ausfluss berausgefault
sein. Ihre dermalige siebente Schwangerschaft wurde ohne
nachweisbare Ursache zu Ende des vierten Monates unterbrochen.
Der Fötus wurde geboren, ohne dass die Placenta nachfolgte.
Da die Frau durch Blutverluste sehr geschwächt war, so gab
Verf. zur Erregung von Wehen und um die Ausstossung der
fehlenden Nachgeburt zu beschleunigen, Seeale. Wehen traten
jedoch nicht ein, der Muttermund sohloss sieh, die Blutung hörte
nach einigen Tagen ganz auf, und da kein Fieber vorhanden
war, Verf. aber aus Erfahrung Placentarverzögerungen nach
Abortus als im Allgemeinen unschädlich kannte, so empfahl er
der Kranken Buhe und Schonung. Nach 18 Tagen wurde Verf.
wiedergerufen, weil sieh unter zunehmender Blutung Wehen ein-
gestellt hatten. Die Untersuchung zeigte den Uterus noch über
der Symphyse und innerlich fand man die mit der vorderen
Gebärmutterwand noch theilweise zusammenhängen de Placenta
theilweise in die Scheide herabgetreten, so dass sie durch Ein*
gehen mit vier Fingern gelöst und entfernt werden konnte. Ihr
Ansehen war ganz frisch; sie hatte eine ovale Gestalt, war 3Vs"
lang und 3" breit. Die Frau erholte sich sehr bald vollkommen.
Im zweiten Falle war der Abortus im fünften Monate erfolgt
und seitdem 100 Tage vergangen, ohne dass die Geburt der
Placenta erfolgte. Die Untersuchung zeigte die Gebärmntter
hochstehend, antevertirt, der mehrfach eingekerbte Muttermund
stand offen und Hess den Finger in die Gebänuutterhöhle gelangen,
216 VII. NotiJBen aus der Journal -Literatur.
wo man einen nach nuten sn abgerundeten fremden KSrper von
der Consistens festen Placentargewebes fand. Dabei entleerte
sich fortwährend ein blutig gefärbter , jedoch nicht öbelriechender
Schleim.
Wegen der ausserordentlich langen Dauer des Zurückbleibens
der Placenta und der gedrückten Gemüthsbeschaffenheit der Frau,
sowie wegen sichtbarer Benachtheiligung der Gesundheit, hielt
sich Verf. in yorliegendem Falle berechtigt, cur activen Method«
zu schreiten. Durch eine Zeit lang fortgesetzte Yerabreichnng
Ton Extract. See. com., durch eine 14stfindige Colpeurese brachte
es Verf. endlich so weit, dass er, nachdem er die ganze Hand
in die Scheide eingeführt hatte, zwei Finger in den Muttermund
▼orschieben konnte, um nach einer namentlich durch die ante-
vertirte Stellung des Uterus erschwerten einstündigen Arbeit die
Placenta in drei , genau aneinander passende Stücke zu entfernen.
Dieselbe war frisch, nicht in Fäulniss begriffen, nur in ihrem
Gewebe derber und blässer. So schwer auch die Entfernung
der Nachgeburt gewesen war, so blieb sie für die Frau doch
ohne alle Reaction. Schon am 11. Tage nach der Operation
stellte sich unter den gewohnlichen Erscheinungen und bei voll-
kommenem Wohlbefinden der Frau die Periode ein.
(Wien. med. Wochenschrift, No. 14 u. 15, 1861.)
Werthheimer : Deber das physiologische Verhalten des
Lochialseretes.
Das Secret, welches durch untergelegte flache, länglichrunde
Teller aufgefangen und sogleich untersucht wurde und von
Wöchnerinnen mit normalem Geburts- und Woohenbettsrerlaafe
stammte, zeigte folgende Beschaffenheit:
Unmittelbar nach der Geburt ist der Ausfluss oft noch mehrere
Stunden, ja sogar bis zu einem Tage ein rein blutiger mit
lockeren Fibringerinnseln. Darauf folgt die Ezsudatlon einer
ser2>ien Flüssigkeit, die mehr oder weniger mit Vaginalschlein
gemengt ist. Sie reagirt alkalisch und zeigt mikroskopisch Blat-
körperchen, Epithelialplättchen , SchleimkÖrperchen, Schleim-
kdmer und grössere Kömeraggregate, bisweilen auch Decidns-
und Pia Centarreste. Die chemischen Bestandtheile sind ausser
Albumin, Mucin und yerseifbarem Fette, eine Chlorverbindung,
phosphorsaures Alkali, Eisen, Ealksalz.
Vom fünften Tage an bis zum siebenten odet achten ist
das Seeret oft noch zum Theil seröser Natur, die Blutkörperchen
nehmen an Menge ab und es treten an deren Stelle die Eiter-
körperchen, wodurch das Secret schliesslich eine weisse oder
graue Farbe erhält. Die Seaction ist meist neutral.
yil. Notiien aus der Journal Literatur. 217
Vom achten oder neunten Tage an bis su Ende der Secretion
behült das Secret, vorausgesetst, dass keine frische Blutung
mehr erfolgt, dieselbe Beschaffenheit; es hat Bahmconsistens
und ist von neutraler oder sanrer Beaction. Mikroskopisch finden
sich ausser den früheren Bestandtheilen spindelförmige, ge-
schwänzte Körperchen jungen Bindegewebes (am achten bis
Bwölften Tage) und Cholestearinkrystalle. .
Ammoniak und Tripelphosphatkrystalle, desgleichen Schwefel-
wasserstoff konnte Verf. nicht nachweisen.
Faserstoffgerinnsel enthält das Lochialsecret nur dann, wenn
eine frische Blutung im Uterus erfolgt.
Ausser gedachten Bestandtheilen^ ist ein nicht constanter,
mehr sufälliger mikroskopischer Bestandtheil des Lochialsecretes
Trichomonas vaginalis.
(Archiv für pathol. Anatomie u. Physiologie u. f. Mediein,
Bd. 21 , Heft 3.)
Danyau und BSraud: Schädellose Missgeburt mit einer
Geschwulst auf der Regio fronto-parietalis. Mem-
branartiges Band, welches von der Geschwulst aus-
ging, und am linken Unterschenkel, denselben um-
schlingend, endigte. Theilweise Abschnürung dieses
Gliedes. Insertion dieses Bandes an der Fötal-
fläche der Placenta.
Die Geburt des in Bede stehenden Kindes war eine voll-
kommen regelmässige. Die Mutter, eine vollkommen gesunde
Erstgebärende, war seit ihrem 18. Lebensjahre immer regel-
mässig menstruirt gewesen. Die Schwangerschaft hatte das Ende
des achten Monates erreicht. Das Elind, ein Mädchen, leigte
folgende Eigenthümlichkeiten.
Es fanden sich in der Gegend der grossen Fontanelle fünf
oder sechs kleine, auf einer gemeinschaftlichen Basis sitzende
Tumoren, welche zusammen die Grösse eines kleinen Apfels mit
höckeriger Oberfläche haben mochten. Die Masse selbst ist fest,
resistent, röthlich und glatt. Die einzelnen Knoten sind im
Umfange verschieden von der Grösse einer kleinen Kirsche bis
zu der einer grossen Nnss. Sie sind mehr oder weniger gestielt,
namentlich der am höchsten liegende, wodurch er einer grossen
Beweglichkeit fähig wird. Sie lassen sich nicht zurückbringen
und zeigen weder Fluctuation noch Durchsichtigkeit. Der Schädel
ist nur rudimentär ausgebildet; die ihn bedeckende Haut ist mit
ziemlich entwickelten Haaren besetzt.
Das Band geht von der höchst gelegenen Partie des Schädel-
tnmor aus, mit welchem es sehr eng verwachsen ist, und um-
218 VII. Notizen aus der Journal -Literatur.
schlingt, nach ab wSrts siebend , in aweimaligen Touren den
unteren Tbeil des linken UnterscbenlcelB. Das Band ist Iftoger
als der kindlicbe K5rper nnd inserirt sieb scbliesslich an die
FötalflScbe der Placenta.
Der linke Unterscbenkei , circa 2 Centimeter oberhalb der
Knöchel, zeigt eine dentlich ausgesprochene Fnrche, die ab-
geschnürten Partien sind ödematSs nnd geschwollen.
Das Kind, dessen physiologische Functionen nichts Abnormes
seigten, starb 24 Stunden nach der Geburt an Conynlsionen.
Die Sectios zeigte die Basis des Gehirns fast intaet, wahrend
alle oberhalb der Ventrikel gelegenen Hirntheile ▼erachwnndea
waren. Die gedachten T|imoren bestanden aus schwammigem
Gewebe und enthielten in ihrer Mitte eine mit dicker Flnssig^eit
gefüllte Höhle, die mit den Hirn Ventrikeln commnnicirte. SSramt-
liche Sohädelknochen sind yorhanden, nnr in ihrer Grosse surSek-
geblieben. Es bestand demnach hier ursprünglich eine Hydroprie
der Hirnyentrikel mit secundärer Ausstülpung der Himmasse
durch die grosse Fontanelle; so dass die Knoten als Tennderte
Himsubstanz aufzufassen sind.
Das membranartige Band besass alle Eigenthnmliehkeitea
des Amnion.
Ueber die Entstehung dieses Bandes stellt Verf. die Ansicht
auf, dass der Sch&deltumor mit den Eihäuten in Verbindanj
getreten sei und durch die Bewegungen des FStua sich dit
amniotische Membran allmftlig verlängert habe.
(Gazette des h6pitauz, 1861, No. 87.)
C Brcmn: Ueber die Fathogenie der Hämatokele rekro-
uterina.
Vorstehende Arbeit bildet eine Fortsetzung derjenigen Mit-
theilnngen, welche Verf. in der Wien. Zeitschrift der Gesollschaft
der Aerzte, 1860 (No. 1) veröffentlichte (s. Monatsschr,, Bd. 15,
S. 476).
Die drei ersten Beobachtungen finden sich dort ausfuhrlicb
besohrieben; die vierte ist folgende:
Hämatokele retro-uterina, wahrscheinlich bedingt
durch eine Blutung des rechten Eileiters. HeiUag
mittels der Function durch Entfernang voi
5 Unzen Blutserum.
Die Kranke, 28 Jahre alt, seit ihrem 16. Jahre regelmässig
menstruirt, hat vor 2V, Jahren ein reifes Kind leicht geboren.
Vor drei Monaten stellte sich Fluor albus ein, und vor seebs
Wochen trat unter heftigen Schmeriempfindungen eine Gesehwnlst
in der rechten Inguinalgegend anf.
yil. Notizen ans der Jonrnal-Literatiir. 219
Bei ihrer Anftifthme zeigte die Palpation eine gänseeigrosse,
ISngliehe, leicht bewegliche Geschwulst, die 2" hoch 8ber dem
Beckenein gange sich erhob (der emporgehobene, leere üterns)
und in einen fingerdicken, geschlängelten Strang (ron 2 — S"
L&nge) nach rechts überging (volle Tuba dextra). Innerlich
zeigte sich die Vaginalportion nach vorn emporgezogen , weich,
1" tief für den Finger offen, im Douglas^Bchen Räume einen
fanstgrossen Tnmor, bei Fingerdrnck empfindlich nnd vollkommen
fixirt. Im ersten Laqnear wurde fiberdies noch eine hühnerei-
grosse, aber leicht bewegliche Geschwulst entdeckt, die nicht
schmerzhaft war nnd mit der aussen rechts fühlbaren Geschwulst
im Zusammenhange stand. Die Sonde drang in das Cavnm uteri
8V," tief ein.
Diagnose: Blutextravasat im Dougtiu* sehen Baume, die
rechte Tube noch mit Blut erfüllt.
Durch drei Wochen blieben die Geschwülste unter dem
Gebrauche von lauen Douchen und Yollbädern so. Am 17. De-
cember 1859 trat eine sehr profuse Menstruation ein und am 20.
war die rechtsseitige strangförmige Geschwulst verschwunden,
wfthrend der im Dougla$* Beben Baume liegende Tumor, wenn
auch etwas verkleinert, doch noch vorhanden war. Es wurde
derselbe deshalb am 8. Januar durch die Vagina punctirt und
versehwand nach Entleernng von fiber 5 Unzen graollch gelber
Flüssigkeit, welche alkalisch reagirte, eine dem Blntserom ent-
sprechende Menge Albumen , sehr viel Natron -Albnminate, wenig
Biliverdin, kein Ammoniak und sehr wenig Zucker enthielt.
Am 23. Januar Fat. wurde geheilt entlassen.
Fünfte Beobachtung. Metrorrhagie während sieben
Wochen, hochgradige Anftmie. Kopfgrosse Hftma-
tokele retro-uterina. Entleerung von einigen
Pfunden nekrotisirten Blutes dnreh die Punetions-
wunde nach vorausgeschickter Akidopeirastik.
Heilung.
Die 87 Jahre alte Kranke wurde am 3. Februar 1860 auf-
genommen. Sie war sehr abgemagert und blass. Mit dem
18. Jahre traten ihre Menses auf, waren stets spKrlich, dauerten
höchstens drei Tage. Sie hat swei Mal regelmässig gebioren.
Anfeng December 1869 will Fat. wfthrend der Menses nach einer
schweren Arbeit plStalfch heftige Schmerzen in der Unterbaueh-
gegend und das Auftreten einer weichen Geschwulst über dem
Beckeneingange bemerkt haben, welche bei leisem Drucke sehr
empfindlich wurde. Sie war bisher mit Blutegeln und warmen
Üeberschlägen behandelt worden. Die ünterauchnng zeigte eine
über der Symphyse und beiden horizontalen Sehambeinftstea
liegende breite, harte und 2" hohe, sehr empfindliche Geechwulst.
Innerlich zeigte sich die Port, vagia. Vi'' l*i>ff bis nun Beekea^
220 ^^^' Notiten ans der Journal -Literatur.
eingaDge emporgesehobeii und an die vordere Beckenwand
angepresst. Hinter derselben, die kleine Beekenhöhle aus-
fällend, ein iDännerfanstgroBser, glatter, derber, nicht deutlich
flnctnirender Tumor. Die Metrorrhagien dauerten fort. Puls
klein, 90. Da die Diagnose zwischen einer Hämatokele und
Ovarienkyste schwankte, so wurde mittels eines Exploratir-
Troikarts panctirt, worauf sich einige Tropfen nekrotisirten Blutea
entleerten. Da somit die Diagnose einer HUmatokele fest stand,
so punctirte man mit einem sUrkeren Troikart und entleerte
über 2 Unsen braunes, theerahnliches , zähflüssiges, nekrotisirtes,
nicht übelriechendes Blut, welches ein geringes Zusammenfallen
des Tumors und Tiefertreten der Port, vagin. lur Folge hatte.
An den folgenden Tagen flössen fortwährend Massen nekrotisirten
Blutes, welches namentlich viel phosphorsaure Ammoniak-Magnesia
enthielt, aus der Stichöffnung ab, bis am yierten Tage plötslieh
die Erscheinungen einer inneren Verblutung auftraten, so dass
mit Qewissheit angenommen werden konnte, dass neuerdingt eine
retro-uterine Bluteztravasation stattgefunden habe. Zwei Tage
spXter zeigten sich denn auch massenhafte, über 2 Pfund betragende
Mengen schwarzbrauner Flüssigkeit, worauf eine plötzliche Ver-
kleinerung der Geschwulst eintrat, die in den folgenden Tagen
übelriechend und schliesslich eiterig wurden, mit dem 14. Tage
jedoch ganz aufhörten. Der durch die Hämatokele zu Stande
gekommene Abscess war somit ganz entleert und von einem
retro- uterin en Tumor auch nichts mehr zu finden.
Fat. wurde, nachdem sie ihre Menses wieder regelmässig
gehabt hatte, gesund entlassen.
Sechste Beobachtung. Hämatokele ante-uterina, durch
die Vulva mit der vorderen Seheidenwand hervor-
I ragend. Heilung durch Function und Entleerung
I von 2 Pfund nekrotisirten bräunlichen Blutes.
Patientin war 24 Jahre alt und hatte ein Mal geboren.
\ Die Untersuchung zeigte in der rechten Unterbauchgegend
eine resistente, bei angebrachtem Drucke schmerzhafte, vom
i Mens veneris im Bogen zum Hüftbeinkamme reichende
Geschwulst. Dieser Tumor, über welchem der Percussiona-
^ schall gedämpft erscheint, liegt neben der Harnblase; ein an
ihm angebrachter Druck pflanzt sich in dem in der Vagina
liegenden Tumot' fort, welcher letztere die Vagina einstülpt, so
dass bei der iiSneren Untersuchung eine cjlindrische, elastische,
fluetuirende Geschwulst gefühlt wird, welche in der Länge der
Seheide verläuft Fort, vagin. stark nach hinten gedrängt, die
Harnröhre straff dem linken queren Schambeinaste anliegend.
Legt man den Katheter ein und drückt man den Tumor von der
Vagina ans, so kommt kein Harn durch den Katheter. Es steht
daher der kystenartige Tumor tiefer als die Hamröbrenmflndung
VIT. Notisen aas der Journal- Literatur. 221
und Bwischen beiden besteht keine offene Communication in die
prolabirte Tordere Yaginalwand. Eine, 1" weit unter der Harn-
röhrenmündung vorgenommene Probepunction, sowie die nach-
herige Entlee rungspunction entleerten bei gleichzeitig auf den
Tumor angebrachten Druck Ober 2 Pfund chocoladenfarbige
Flüssigkeit, die sieh als nekrotisirtes Blut auswies. In die leere
Eyste wurden durch acht Tage hindurch laue Injectionen gemacht.
AllmSlig wurde der Ausfluss eiterig und hörte nach nur fünf
Wochen ganz auf, wo Fat. geheilt entlassen wurde. Die Quelle
der Blutung scheint in einer Gefässberstung des retro-periton&alen
Bindegewebes einer vom Ovarium entfernteren Stelle gesucht
werden zu müssen.
Siebente Beobachtung. Metrorrhagien und Peritonitis
während der Schwangerschaft. Hämatokele, be-
dingt durch Grayiditas eztrauterina. Tod. Au-
topsie. Tubensohwangerschaft.
Wir wollen hier nur den Sectionsbefund anführen:
Im Bauchfelle zeigte sich ein spärliches Exsudat, der Uterus
war über den Beckeneingang nach Torn verschoben und* der
Douglaa^che Raum mit einem mehr als mannsfaustgrossen Tumor,
harter Consistenz, erfüllt. Der Uterus zeigte sich vergrossert,
die Decidna fehlte Tollstandig. (Fat. litt an Ausfluss eines übel-
riechenden Secretes aus dem Uterus.) Ein Zoll weit vom Uterus
erweiterte sich die rechte Tube zu einem männerkopfgrossen
Sacke, der zum grössten Theile ooagulirtes Blut, im geringeren
Umfange die Placenta und einen mumificirten, abgeplatteten,
6" langen Embryo enthielt. Ohne Verletzung des Präparates
konnte Nichts von beiden Ovarien aufgefunden werden. Hier
war demnach eine Tubenschwangerschaft vorhanden, welche einen
retro-uterlnen Tumor erzeugte, Bluteztravasationen in grosser
Ausdehnung veranlasste und durch diese gemeinschaftlich bei
der Lebenden die Symptome einer Hämatokele retro- uterina er-
zeugt wurden.
Achte Beobachtung. Hämatokele ante-uterina sinistra
während der Schwangerschaft, Akidopeirastik
und Entleerung des Beckentnmors von 2 Pfund
Blut vor der Geburt des Kindes. Heilung der
Mutter und ßettung des Kindes.
Die Untersuchung der 21 jährigen Erstgeschwängerten, welche
durch sechs Wochen vor ihrer Aufnahme an häufigen ziehenden
Schmerzen in der Kreuz- und Beckengegend litt, zeigte die
ganze Beckenhöhle ausgefüllt mit einem fluctuirenden , wie eine
Cystocele vaginal, anzufühlenden, unmittelbar hinter der Harn-
röhre liegenden und die vordere Beckenwand einnehmenden
Tumor, der nach rück- und aufwärts bis zum Vorberge reichte.
222 VII. NotiseD aus der Journal- Literatur.
Die sehr kurse Port, vagio. war sach rechts, rück- und aitf-
wärt« yerdrUngt. Die Haruröhre achien nach rechte Terdränft
und war für den Katheter leicht durchgängig. Machdem die
ersten Wehen eingetreten waren, wurde eine Ezplorativpuactipn
des Tumor gemacht, worauf theils flüssiges» theils coagnlirtee
Blut abging. Da somit die Diagnose einer Hftmatocele erwiesen
war und der Tumor ein für den Durchtritt des Fötus gefährliches
Hinderniss abgab, so wurde ein Entleerungstroikart yorgeschoben
und schliesslich die so erhaltene Oeffnung mittels eines ge-
knöpften Bistouri*s erweitert » worauf bei gleichseitig auf den
Tumor angebrachtem Drucke und Einführung des Zeigefingers in
dessen Höhle, der hier deutliches Balkenwerk auffand, eine
reichliche Menge einer nekrotisirten blutigen Flüssigkeit ent-
leerte. Die Geburt erfolgte normal. -Durch laue Injeetionen in
die Höfale des Tumor und bei kräftiger Kost genas Pat bald
vollständig.
Aus diesen Beobachtungen ergiebt sieh:
1) Dass eine Hämatokele während der Schwangerschaft zu
Stande kommeU kann.
' 2) Dass sie ein gefährliches Geburtshindemiss und ein
räumliches Missverhältniss erseugt.
3) Dass die Function mit nachfolgender Entleeraag des
Bluttumors cur Erhaltung der Mutter und des Ki&4es
beitrug.
4) Dass eine Hämatokele ante -uterina mit gleiehseitigar
Verlagerung der Vaginalwand rorkomme und auf eise
sweifellose klinische Beobaohtuiig basirt sei.
Neunte Beobachtung. Hämatokele retro-uterina in der
Grösse eines Mannskopfes, begleitet von Metror-
rhagieen. Entleerung von 2 Pfund nekrotisirten
Blutes nach der Function binnen acht Tagen.
Genesung.
Patientin, 36 Jahre alt, hat drei Mal geboren und war bis
acht Wochen vor der Aufnahme vollkommen gesund, su welcher
Zeit nach sweimonatlioher Cassation der Menses Metrorrhagien
auftraten und von Schmerlen in der Beckengegend und mehr-
tägiger Harnverhaltung begleitet waren. Die Untersuchung zeigte
einen faustgrossen Tumor in der Beckenhöhle und den Uterus
nach vor- und aufwärts verschoben. Die Vaginalschleimhaut fand
man bei der Ocularuntersuchung blass und nicht blauroth ge-
färbt. Der Tumor vergrösserte sich allmälig, so dass er bis sum
Nabel sich erstreckte. Nach wiederholten Explorativpunctionen
wurde ein Entleerungstroikart eingeführt, mit dessen Kanüle
Partien nekrotischen Blutes hervorgehoben wurden; doch musste
schliesslich der Stichkanal mit einem Knopfbistouri erweitert
und durch die Wunde ein Fischbeiostab 1" in die Höhle ein-
VII. Notisen ant der Joum«]- Literatur. 223
gef&hrt werden^ welchen man in versehiedenen Riehtangen herum-
bewegte, nm die balkenartigen Stränge des Blatlnmene dadaroh
au löchern. Der eich allmälig steigernde Ansfiuse bestand aus
übelriechendem nekrotisirtem Blute. Nach einigen Wochen war
Tom Tumor durch die Bauohdecken Nichts mehr zu finden.
Hinter der Vaginalportion bemerkte man nur noch eine baselnuss*
grosse, etwas härtere Stelle. Vorliegende Beobachtung belehrt
uns über das Entstehen der Hftmatokele im I>ott^2a«*schen Baume,
über die Complication derselben mit Metrorrhagien, ober die
Vergrösserung des Bluttumors durch wiederholte Nachschübe und
ferner, dass bei einer sehr wahrscheinlich vorhandenen retro-
peritonäalen Extravasation eine blaurothe Färbung der Yaginal-
schleimhaut nicht immer vorkommt.
Zehnte Beobachtung. Hernia ovario -vaginalis (H&ma-
tokele). Incarceration derselben während der
ersten Geburt Reposition derselben. Kind reif
lebend. — Wanderung des Beckentumors während
eines Jahres ans dem DotfyZas'schen Räume in
das vordere Laquear. Jodglycerin-Einreibungen.
Vollständige Heilung des beweglichen Becken-
tumors. Glücklicher Verlauf bei der sweiten
Niederkunft für Mutter und Kind.
Die Untersuchung zeigte einen in der Mitte des Becken-
kanales liegenden, den Douglaa^Bchen Raum ausfällenden, faust-
grossen, prallen, resistenten KSrper, wodurch eine Verengerung
▼on iVs'' herbeigeführt wurde. Die Reposition gelang und die
Geburt wurde mittels der Zange beendet, lieber ein Jahr nach
der ersten Entbindung bestand der Tumor fort (trotz Jodgl^cerin-
Einreibungen) , wanderte jedoch allmälig in das vordere Laquear
und war da als ein faustgrosser elastischer Tumor zu finden.
Ein Jahr später war er vollends geheilt. Da aber eine Heilung
bei wirklich bestehender Degeneration des Ovariums nicht vor-
kommen soll, so entsteht die Frage, ob der betreffende Tumor
nicht durch Extravasation des Blutes in der Nähe des Ovariums
SU Stande kam und so die Hernia vaginalis auch als Hämatokele
angesehen werden könne?
Verf. giebt nun folgendes Resum^: Die Diagnose einer
Hämatokele extra -uterina konnte acht Mal mit voller Gewissheit
und nur zwei Mal mit Wahrscheinlichkeit gemacht werden. In
neun Fällen erfolgte eine völlige Genesung, ein Mal der Tod,
bedingt durch Graviditas extra- uterina und obsolete Peritonitiden.
Die Function gab sieben Mal befriedigende Resultate und die
•eehs Mal vorgenommene Function und vollständige Entleerung
des Bluttumors hatte stets die Genesung zur Folge. Bei ex-
speotativem Verhalten erfolgte drei Mal die Heilang. Eine
224 ^^- Kotisen ans der Jonrnal-Litoratiir.
HSmatokele retro- uterina wurde secha Mal, eine aiiie>«teriiii
Tier Mal beobachtet. Die Hlimatokele eotfaSlt ein devtKdiet
Balkenwerk, welches mit dem Finger leicht trennbar ist nnd aU
erbsengroBse , gelbe Fettsellen enthaltende Masaen im nekrotisirten
Blnte bisweilen gefanden werden. Die Menge des Blates beKoft
sieh Yon einigen Drachmen bis auf mehrere Pfund.
(Wien. med. Wochenschrift, 1861, No. 28, 29, 30, 84, 36.)
Noune: Ueber Gebärmatterflässe; ihre Ursachen and
Folgen.
Die Gebärmutter- nnd Scheidenflüsse sind bedingt durch
eine locale Völle nnd Th&tigkeit der Blutgefttsse. Verf. tlieUt
dieselben ein in 1) Metrorrhagien (hier sind die in der Schwanger-
schaft und Geburt auftretenden ausgeschlossen), 2) Menorrhagien
und 3) Leukorrhoen.
Erster Fall. Fat. hatte im dritten Monate ihrer Schwaage^
Schaft abortirt, sich jedoch bald wieder erholt. ^ In der yiertes
Woche darauf stellte sich das .Gefühl ron Schwere nnd ün-
behaglichkeit in der Gebärmutter ein, welche Erscheinuagea
sich steigerten, bis wenige Tage darauf ein heftiger nnd ploti-
lieber Blutfluss eintrat, der jedoch nicht wiederkehrte. Der Utenu
aeigte sich frei Ton organischer Veränderung, und moehtea
Tielleicht lurückgebliebene Eireste den Blutfluss herbeigeführt
haben, nachdem durch Bückkehr der Periode eine Hjperämi«
des Uterus eingeleitet war. Wir finden diese Erscheinung hinfi;
vier Wochen nach Aborten, weil hier die Neubildung der Muskel-
fasern viel träger geschieht , als nach rechtzeitigen Niederkünfteo,
somit die Uteringefässe nur einer schwachen Compression unter-
liegen.
Zweiter Fall. Pat. war leicht und schnell im achten
Monate ihrer Schwangerschaft mit einem todten Kinde nieder-
gekommen und hatte ein regelmässiges Wochenbett durchgemacht;
doch blieb eine gewisse Schwäche, Appetitlosigkeit, Neigung n
Hysterie und ein nervöser Kopfschmerz zurück. Die Catamenien
erschienen unregelmässig, waren profus und andauernd und gingen
allmälig in eine Leukorrhoe über. Die Scheide zeigte steh er-
schlafft, der Uterus tiefer stehend, der Muttermund geöffnet nnd
in seinen Rändern verdickt. Genannte Zufälle werden hSttfig
nach Geburten todter Kinder beobachtet und als deren Folgen
angesehen; Verf. glaubt jedoch in ihnen nur eine Fortsetsnng
schon bestandener Gebärmutterläsionen zu erblicken, die das
Absterben der Frucht bedingten und durch Schwänge rschaft nnd
Geburt eine Verschlimmerung eingingen. Im vorliegenden Falle
bestand ursprünglich eine Abdominalplethora, das Kind starb ab,
yil. NotUen ans der Journal -Literatnr. 225
hierauf traten Menorrhagien ein, welche theils auf mangelhafte
Bficfcbildnngy theils auf Hyperämie der Gebärmutter hinweisen:
die Menorrhagie wurde durch einen Schleimflnss ersetst, welcher
eine Erschlaffung der Scheide anr Folge hatte und eine Senkung
der Gebärmutter gestattete.
Dritter Fall. Congestion des Uterus nach der Geburt
eines Kindes: Sehr schwache Menstruation.
Vierter Fall. Beichliche und schmerzhafte Menstruation;
Gebftrmutterschleimfluss: Erschlaffung der Scheidenschleimhaat.
Pat. hat vor fünf Monaten ein todtes Kind geboren, und war schon
früher zwei Mal mit todten Kindern niedergekommen.
. Fünfter Fall. Spontane Trennung eines Uteruspolypen von
der Grösse eines Hühnereies, von Symptomen begleitet, die eine
Menorrhagie vortäuschten.
In den Fällen 6 — 16 sehen wir die Menorrhagie gleichseitig
bei Plethora, Hysterie, Schwäche, Lactation und Trunksucht.
Namentlich letztere muss theilweise zu den ursächlichen Momenten
gerechnet werden, da sie Leberanschoppung herbeifährt, Krank-
heiten der Leber aber häufig mit Vergrössernng der Gebärmutter
und dysmenorrhoischen Zuständen verbunden sind.
Fälle 17 — 22 enthalten die Beispiele, wo Leukorrhoe mit
Menorrhagie und Dysmenorrhoe alternirt, oder sie ersetzt. Die
Folge davon ist alle Mal Erschlaffung der S cheiden wände , die
wiederum von Lageveränderungen des Uterus gefolgt ist
(The Lancet, Vol. L, No. 26, 1861.)
Singer: Ein Beitrag zur Lehre vom Harnröhrentripper
des Weibes.
Verf. hat seine Aufmerksamkeit der Untersuchung der bereits
von Oraf und Morgagni unter dem Namen Prostata des Weibes
beschriebenen, um die weibliehe Harnröhre gelagerten drüsigen
Gebilde zugewendet und giebt folgenden anatomischen Befund:
Ihre Ausfnhrungsgänge , welche bald kaum mit freiem Auge
sichtbare, bald eine runde, klaffende Oeffnung von V^ — 1 Linie
Durchmesser bilden, sitzen meistens im Bande der Harnröhren-
mändung. An Zahl durchschnittlich 2 — 3, seltener 4 — 5 nehmen
sie gewöhnlich den unteren Halbkreis der Mündung ein. In diese
Oeffnungen kann eine Sonde auf 2 — 6 Linien Tiefe eindringen
und wird von der Harnröhre aus unter der Schleimhaut liegend
gefühlt. Oeffnet man diese Gänge, so findet man sie von einer
Schleimhaut ausgekleidet, mit zahlreichen abgehenden Aesten,
die wieder Nebenäste aussenden, welche tief in das snbmucöse
und Muskellager der Harnröhre eindringen. Mikroskopisch unter-
sucht, zeigen sich an den Endpunkten dieser verästigten Bohren
MoDataiichr. f. Qebartsk. 1861. Bd. XYUJ., Suppl.-Hft. 16
226 VII. Kotisen aas der Jonrnal «Literatur.
Ürfisenblasen , von meist bimförinig^er Gestalt, häufig ni S— 5
gmppirt. Somit ist die drüsige Natar dieser Gebilde ausser KweiM.
Verf. fand nun bei Untersnchong der mit HarnrShreiitripper
behafteten Weiber, dass darch den mittels des in die Scheide
eingeführten Zeigefingers auf die Harnröhre aasgeübten Dmek
das Trippresecret in Form begrenster Tropfen ans gedachten Bohren
hervorquoll und selbst noch dann, als das Harnröhrenseoret bei-
nahe ganz versiegt war. Da non in diesen schwersngi&nglichen
Hohlräumen das Trippergift gegen die bei Urethralblenorrhoe
gebränchlichen therapentischen Eingriffe vollkommen geschütst
ist, und von diesen RKnmen aus wieder in die Harnröhre gelangen
kann, so wird hierdurch eine neuerliche Infection ermöglicht und
mag hierin der Grund su den häufigen Becidiven des Hamröhren-
trippers beim Weibe liegen.
Die Therapie wird bei dieser Form der chronischen Urethral-
blenorrhoe bei stark entwickelten Ausführungsgängen in einem
Spalten derselben bestehen, einestheils um den Abflnsa des
Tripperschleims eu beschleunigen, anderentheils die Anwendung
sweckdienlicher Mittel eu ermöglichen. Sind die Ansführnngs-
gänge 2um Spalten su eng, so muss man durch grösstmögliehe
Beinitchkeit den Prozess zum Versiegen zu bringen suchen.
(Allgem. Wien, medic. Zeitung, No. 14 u. 15, 1S61).
Jobert: Operation der Scheidenfistei par glissement.
1) Blasenscheidenfistel, Operation mittels auto-
plastischer Methode par glissement; Heilung.
Die am 14. December im H6tel Dieu aufgenoihmene Frau,
litt seit einem Jahre, su welcher Zeit sie mittels der Zange schwer
entbunden worden war, an anwillkürlichem Urinabflusse, als dessen
Ursache sich eine drei Centimeter von der Harnröhre befindliche
Fistelöffnung, in welche mit Leichtigkeit der Zeigefinger ein-
geführt werden konnte, zeigte. Die hintere Blasenwand war darch
dieselbe derart vorgefallen, dass sie einen leichten Vorsprang in
die Vagina bildete. Der verkleinerte Uterushaie zeigte sich
ly, Centimeter von der Fistel entfernt and war in seiner Mitte
alcerirt.
Die Operation wurde in der Bückenlage der Frau mit an-
gezogenen Schenkeln vorgenommen, die hintere Scheidenwand
durch ein vierklappiges Speculum nach hinten gedrängt, die Bänder
der Fistel mit dem Bistouri angefrischt und die Wunde an vier
Punkten durch Hefte vereinigt. An den Seiten der Fistel wurden
nun zwei Einschnitte gemacht, welche einem etwaigen Zage
entgegenwirken sollen. In die Blase wird ein Catheter eingelegt.
Beaotion gering. Am 22. Tage nach der Operation wird die
VII. Notisen aas der Joarnal- Literatur. 227
leiste Naht entfernt und seigt sich die Wunde yoUkominen ge-
schlossen; fünf Tage später wird dor Catheter entfernt, die
Kranke h< den Urin sehr gnt zurück nnd hat täglich fünf Mal
das Bedürfniss aum uriniren. Sie wird am 6. Februar yollkommen
geheilt entlassen.
2) Blasenscheiden- Gebärmutterfistel; aweimalige
Operation par glissement; Heilung.
Frau P., 33 Jahre alt, war Tor fünf Monaten durch die Zange
entbunden worden und litt seit dieser Zeit an Urinausfluss aus
der Scheide.
Die Untersuchung zeigte an Schamlippen und PerinSum ein
ausgebreitetes Erythem, die Scheide weit, die hintere Mutter-
mundslippe gänslich zerstört, die vordere nur theilweise verloren
gegangen, deren Trümmer die dem hinteren Scheidengewölbe
entsprechende Fistelöffnung verlegen. Am 22. Juli wurden die
Fistelränder angefrischt und durch zwei einfache Knopfnähte
vereinigt, in die Blase ein Catheter eingeführt und liegen gelassen.
Am 27. trat die Menstruation ein und floss durch vier Tage auch
durch den Catheter mit dem Urine etwas Blut ab. Die Nähte
wurden am 3. August entfernt, wobei sich einige Tropfen Urin
im Scheidengrunde zeigten, welche aus einer rundlichen Geschwürs-
öffhung, von der Grösse einer Erbse, die an der Spitze der der
früheren Fistelöffnung entsprechenden winkligen Narbe, nach
links gelegen, ausfliessen. Da durch Aetzen der Fistelöffnung
mit Lapis keine Besserung eintrat, so wurde am 9. December
von Neuem operirt, die Fistelränder mit Bistouri und Kmmm-
scheere wund gemacht, mittels zweier Hefte vereinigt und zur
Verminderung der Spannung oben und unten durch die Dicke
der Schleimhaut gehende Einschnitte gemacht. Nachbehandlung
wie früher. Reaction gering. Nach acht Tagen zeigt sich die
Vereinigung gelungen, in der Scheide kein Tropfen Urin. Am
22. wird die lotete Naht entfernt, die Vernarbung ist ganz zu
Stande gekommen. Die Kranke kann den Urin gut zurückhalten
und hat 4—5 Mal des Tages das Bedürfniss denselben zu ent-
leeren. Die Fistel ist durch das Collum uteri , dessen Beste den
Grund der Scheide bilden, vollkommen geschlossen.
(Allgem. Wiener med. Zeitung, No. 8, 1861.)
EUeaume: Merkurielle Salivation in Folge der Kaute-
risation des Collum uteri mit Quecksilber-Nitrat.
* Im ersten Falle zeigte sich die Vaginalschleimhaut nnd das
Orific. extern, uteri stark geröthet und mit einer gelblichen,
zähen, flüssigen Masse bedeckt. Da ausserdem in. der Umgebung
des Muttermundes seichte Geschwüre sich vorfanden, so wurde
16 •
228 ^11* Notizen aus der Journal- Literatur.
das Collam uteri and die Vagina mit Qaeeksilbernitrat bestrichen.
Schon den folgenden Morgen klagte Pat., ausser über Kolik-
schmensen, auch über ihr Zahnfleisch, welches sich leicht ge-
schwollen seigte , die Zähne hatten am Rande einen grauen Belag,
die Absonderung von Speichel hatte sugenommen und der Athem
war übelriechend. In den nächsten Tagen nahmen diese Er-
scheinungen an, die Vaginalschleirohaut sonderte eine serös-
sanguinolente Flüssigkeit ab und die Salivation wurde bedentend.
Unter Anwendung von Gurgelwässern mit Alaup, erweichenden
Injectionen und Eataplasmen auf den Leib verschwanden in
wenigen Tagen die gedachten Symptome.
Im zweiten Falle, wo das Quecksilbernitrat wegen XJtems-
katarrh und Ulcerationen an der hinteren Muttermundslippe an-
gewendet wurde, traten gleiche Erscheinungen am folgenden Tage
auf, die indess auch hier nach Gargarismen von Borax verschwanden.
Da in beiden Fällen die Erscheinungen der Salivation schon
nach 24 Stunden und nach nur einmaliger Kauterisation auftraten,
so muss man eine gewisse Disposition voraussetsen; es ist aller-
dings die Genitalschleimhaut sehr geeignet, wie z. B. T^auMMtau
einen Fall erwähnt, wo nach einer einmaligen Injection von
30 Ctgrmm. Sublimat auf 600 Grmm. Wassers eine heftige Sali-
vation entstand. Um die gedachten Erscheinungen zu vermeiden
oder wenigstens zu mindern, ist es nothwendig, die kauteriairte
Stelle mit einem Charpiepinsel abzutupfen, der alle Flüssigkeit
von den nicht kranken Stellen wegnimmt, und dann Waaaer-
injectionen in die Scheide zu machen. Bei sehr empfindlichen
Kranken ist es ausserdem noch gut, sich einer verdünnten Solution
zu bedienen.
(Gas. de Uöp., 88, \ 860, n. Schmidt, Med. Jahrb., Bd. 1 1 1, Hft. V)
v. QrÜnewaldt: Die Puerperalerkrankungen im St. Peters-
burger Hebammen-Institute vom November 1858 bis
März 1869.
Nach einem vorausgegangenen sehr günstigen Gesundheits-
zustand begannen im November 1858 zahlreiche Erkrankungen
mit ausserordentlicher Gleichartigkeit der Symptome.
Vom 8. November bis 20. Januar wurden aufgenommen
182 Schwangere und Gebärende, von welchen 76 erkrankten und
18 starben. Vom 20. Januar bis 1. Februar wurden deshalb nur
sehr wenige, nämlich 12 aufgenommen, von denen 4 leichter
erkrankten. Vom 1. Februar ab wurde wieder in der gewohn-
lichen Weise aufgenommen, dennoch kamen vom 1. bis 13. Februar
nur zwei Erkrankungen vor, welche tödtlich endeten. In diesen
24 Tagen waren 40 Frauen aufgenommen, von denen also 6 er-
krankten und 2 starben. Von hier an aber wurden die Erkrankungen
VJI. Notiseo ans der Jonroal- Literatur. 229
so häufig and so bösartig, dass am 21. Febmar das Hans ganz
geschlossen werden mqsstey es waren nämlich in dieser Zeit
19Franen entbunden worden, von denen 13 erkrankten und 6 starben.
Nachdem zwei Wochen die Bänme nnbenntzt geblieben und
eine gründliche Desinfection Torgenommen worden war, kamen
spXter nur nooh einzelne Erkrankungen ror und die Epidemie
konnte als beendet angesehen werden.
Bei fast sftmmtlicheii 21 Seetionen fanden sieh die Zeichen
sehr intensiTer örtlicher Erkrankungen« Die eonstantesten dieser
Erscheinungen fandea sich am Uterus und seineu Anhängen, am
Peritonäum und den Hirnhäuten; um sie grnppirten sich dann
die reränderlichen pathologischen Vorgänge, welche den einzelnen
Fall indiTidualisirten. Nnr in einem einzigen Falle fand sich
Endometritis ohne Peritonitis mit Pneumonie und eiteriger
Meningitis, und in einem anderen Peritonitis und Gesohwürs-
bildung im Colon ohne Endometritis. Die Kranke war schon
mit Zeichen des Typbus aufgenommen worden. Fast ausschliess-
lich konnte die' Innenfläche des Uterus als Ausgangspunkt der
Krankheit angesehen werden, denn es fand sich eiterige Ent*
zfindung, auch croupöses Exsudat. Zuweilen masseuhafte Ex-
sudate in der Bauchhöhle. In keinem Falle wurden Eiterpfropfe
in den grossen Beckenvenen und im Pfortadersystem nach-
gewiesen, nur ein Mal ein metasta tische r Abscess.
Auch bei den Kranken waren die Erscheinungen sehr überein-
stimmend, gewöhnlich an einem der drei ersten Tage ein Schüttel-
frost, starkes Fieber und Empfindlichkeit des Uterus. Die
Temperatur stieg yor den Erkrankungen um mehrere Grade,
auch sogar bei den nachher nicht erkrankenden Wöchnerinnen
zeigte sich eine Temperaturerhöhung.
Verf. nimmt eine Infection von einer Kranken auf die andere
entschieden an. Witterungsyerhältnisse hatten keinen Einflnss,
dagegen eine lange Dauer der Geburt, eine todte Frucht, regel-
widrige Geburt; je früher nach der Geburt die Erkrankung be-
gann, desto schlimmer yerlief sie.
Wahrscheinlich war eine Kranke, welche an Ruptura uteri
wegen Gangrän einer Stelle zu Grunde ging, der Ausgangspunkt
der Epidemie.
Unter den Arzneimitteln fanden Tart. stib. und Digitalis die
meiste Anwendnng, ferner warme Cataplasmen, Blutegel an die
Yaginalportion ; bei Exsudatbildungeu reichliche Frictionen mit
Quecksilber, wonach nur selten Speichelfluss eintrat, ebenso
grosse Blasenpflaster. Verf. glaubt der Anwendnng dieser Mittel
so manchen günstigen Erfolg zuschreiben zu müssen und warnt
vor dem modernen Nihilismus.
(Petersburger media. Zeitschrift, Heft 7, 1861.)
230 VII. Notieen ans der Jonni»!- Literatur.
Nagel: Bericht über die Vorg^änge im Gebarhanse der
Charit^ an Berlin während der zwei WintersemeBier
18Ö6/67 nnd 1857/58.
Entbanden wnrden 664 nnd iwar im Winter 1866/67 810
mit 811 Kindern (167 Knaben, 144 MUdohen), 1867/68 864 mit
357 Kindern (181 Knaben, 178 Madchen).
Die meisten Geburten fielen in den Monat Febinar 1858,
nKmlich 70; die wenigsten in den Monat November 1868, naai-
lieh 83. üeber die Hälfte waren Erstgebärende (888), 2 kum
inm 10., 3 anm IL. Male nieder.
An Kindeslagen wnrden beobachtet: 682 SehSdellagenj IG«-
siohtslage, 6 Fnsslagen, 1 Knielage, 11 Steisalagen, 4 Qaerlagen.
Todtgeboren wnrden von 670 Kindern 66 (|I7 Knaben, 28Mldekei),
61 Kinder (29 Knaben , 22 Mädchen) starben in den ersten Ttgsi
nach der Gebart. Za früh geboren wurden 66, davon 18 lebe&sfiUiig.
Knnsthülfe warde in folgender Weise angewendet:
Zange am yorliegenden Kopfe 20 Mal, am nachfolgendes
2 Mal, an dem Steisse 2 Mal. Kephalotribe 1 Mal, £i-
traotion an den Füssen 1 Mal, Wendung anf die Fftsie
mit nachfolgender Eztraction 6 Mal, Einschnitte in
die grossen Schamlippen 2 Mal, Eihaatstieh 1 Mal
Künstliche Frühgeburt (Hfitor'sche Thierblase) 1 Hil,
künstliche Lösung der Placenta 2 Mal, Tamponade
nach der Entbindung 2 Mal, Banehschnitt an einer
Todten bei Abdominalschwangerschaft 1 Mal.
Der Fall von Abdomlnalschwan gerschaft mag hier knn Er-
wähnung finden.
Die 29jährige Frau hatte schon swei Mal, anletst Yor drei
Jahren, leicht geboren. Seit August 1866 glaubte sich dieselbe
schwanger: doch zeigten sich bald mannichfache Besebwerdes,
die in früheren Schwangerschaften nicht vorhanden gewesen waren:
namentlich seitweiser Abgang stinkenden, theerartigen Blotes
aus der Scheide, Urinbeschwerden n. s. w. KindesbewegUB^eD
stellten sich Ende Januar ein. Die Untersuchung leigte die Fat.
stark abgemagert, von hektischem Aussehen, Puls klein, 80 in der
Minute. Unterleib rechts mehr ausgedehnt als wie links. Nabel
qnergesogen, oberhalb desselben waren die Banehdeoken weniger
gespannt, als unterhalb desselben. Brüste prall, auf Druck reich-
lich Colostrum entleerend. Der Leib war sehr empfindlieh. Die
Auscnltation aeigte starke Abdominalpulsation im Epigastrinn;
Uteringeränsche sowie Heratöne des Kindes waren sehr sweifelbaft;
dagegen die Bewegungen der Fracht dentiich wahrsanehmeD.
Scheide heiss, Orificinm nach vom nnd rechts gerichtet ^ let'elit
erreichbar, Seheidentheil circa % Zoll lang, Orifie. intemam fOr
den Finger durchgängig, etwas dunkles', schmieriges Blat mit
faserigen and häutigen Fragmenten entleerend. Ein weieher,
VII. Notisen ans der Journal -Literatur. 231
sich eigenthümlich knitternd anfühlender Körper feilte die Kreni-
beinanshöhlnng; er lag, wie der in die leere Oeb&rmntterhdhle
vordringende Finger constatiren konnte, hinter der hinteren Gebttr-
mntterwand. Der fragliche Körper wurde für den Kindesköpf
gehalten und die Diagnose auf Abdominal -Schwangerschaft ge-
stellt. Die aus der Gebärmutter abgehenden Hautfetaen seigtea
sieh unter dem Mikroskope als Trümmer einer Decidua.
In der Nacht vom 24. zum 25. Mftra stellte sich ein heftiger
Schüttelfrost ein, die Kindesbewegungen hörten auf, der Puls
stieg auf 120, der Leib wurde empfindlich und trieb auf, so dass
eine acute Peritonitis nicht su verkennen war, welche denn auch
am 27. den Tod herbeiführte.
Die eine halbe Stunde sp&ter vollsogene Laparotomie in der
Linea alba lieferte nach Eröffnung der Bauchhöhle über 1 Quart
eiterigen aashaft stinkenden Exsudates; sogleich drängten sich
die Eihäute in die Wunde , die nach ihrer Eröffnung kein Frucht-
wasser, sondern stinkendes Gas entleerten. Der Kopf des abge-
storbenen Fötus weiblichen Geschlechtes lag tief im kleinen
Becken, der letztere war 14 Zoll lang und trug schon Zeichen der
Fäulniss an sich. Die Section zeigte ausser den der Peritonitis
eigenthümlichen Veränderungen, den Uterus durchweg vergrössert
ö'/s Zoll lang, am Fundus S'/a Zoll breit, 1% Zoll dick, die
Schleimhaut ist verdickt, schmutzig, schwärzlich und theil weise
in Ablösung begriffen. Der Fötalsack ist mannichfach mit den
Eingeweiden verwachsen; die Placenta liegt an der hintern Wand
des linken Ligam. lat. und deckt auch noch einen Theil der
hinteren Aussenfläche der Gebärmutter. Die Nabelschnur ist
beinahe marginal inserirt 974 ^^^^ l^og. Das Kind wog 3 Pfd. —
Die Beckenmessung ergab die äussere Conjngata 6%" in
23 Fällen, 67, in 19, 67^ in 3, 6 in 2, 5V, in 3 Fällen.
Umschlingungen der Nabelschnur kamen zahlreich
und mannichfaltig vor (im März und Februar 1858 zusammen 48 Mal).
Vorfall der Nabelschnur war selten und bedingte in
einigen Fällen den Tod des Kindes.
Der Eihautstich wurde ein Mal wegen zunehmenden
Oedems mit Albuminurie gemacht; während der nachfolgenden
Zangenoperation trat - Eclampsie ein, aus welcher die Kranke
nicht wieder erwachte.
Die künstliche Frühgeburt wurde b«i einer Becken enge
von 6" Conjug. exter. ausgeführt. Erst nach zweitägiger Anwen-
dung der Blase zeigten sich leise Wehen, schliesslich mnsste
noch Pressschwamm zu Hülfe genommen werden, und erst nach
aechs Tagen erfolgte die Geburt eines lebenden Kindes.
Das Durchschnittsgewicht der reifen Kinder betrug bei einer
Länge von 18<— 19'', sieben Pfund; das grösste Kind war 23 Zoll
lang und 12 Va Pfund schwer. Das Gewicht der Placenta schwankte
zwischen 7Va Loth und 2^4 Pfnnd.
232 ^I^* Notisen aus der Joarnal- Literatur.
Bildnngafehler wurden beobachtet je ein Mal: Lippen-
und Gaumenspalt, Encephalocele , Spina bifida, PeB Tarus rinist.,
doppelter Pes varus, verkümmerter linker Arm, NKvns Tascaloens
der linken Wange. Zwei Mal: Schwimmhaut.
An Krankheiten wurden beobachtet: CephalhSmatom drei
Mal, Aephyxia und Aphthae mehrmals, desgleichen leterna und
Ophthalmia neonatorum, Seierom des Unterhautsellge wehes drei
Mal, Pneumonie ein Mal, Bronchitis drei Mal, Variola, Impetigo
capitis, Dacrjocystitis apostematosa je ein Mal, Syphilis häufig.
Vorgänge bei den Wöchnerinnen:
Mastitis kam im Ganzen selten vor. Wundsein der Brust-
warzen wurde mit einer Lösung von Acid. tannic. 3Ü — Si '^^
Jyj. Wasser mit ausserordentlichem Erfolge behandelt HSnfig
waren metritische und peritonitische A£fectionen leichteren Grades.
Gestorben sind im Ganzen 16 Wöchnerinnen; 49 Wöchnerinnen,
als Schwangere aus anderen Abtheilungen zugeführt, wurden am
sechsten Tage nach der Entbindung wieder dahin abgeliefert:
28 syphilitische Schwangere aus der Stadt wurden bald nach der
Entbindung auf die Abtbeilung für syphilitische Kranke gelegt;
desgleichen wurden verlegt 68 Wöchnerinnen wegen Puerperal*
Affectionen«
(Berliner Gharit^-Annalen , Bd. 9, Hft. L, 1860).
Strautntmn: Bericht über die in der geburtshülflichen
und gynäkologischen Klinik des Herrn Geheimraths
Prof. Martin zu Berlin im Wintersemester 1860 — 1861.
zur Behandlung gekommenen Geburten und Krank-
heitsfälle.
In beiden genannten Anstalten wurden 682 Geburten behandelt.
Geboren wurden 693 Kinder , 294 Mädchen (14 todt) und 299 Knaben
(17 todt).
Die Lagen, in denen die Kinder sich zur Geburt stellten,
finden sich in 585 Fällen 'verzeichnet; nämlich: Schädellagen
646 Mal. Gesichtslagen 3 Mal. Steisslagen 17 MaL Fusslagen
1 1 Mal. Querlage resp. Schieflage wurde in 8 Fällen beobachtet.
Von den Geburtsstörungen sind die wichtigsten folgende:
Fehl- und unzeitige Geburten 10 (2 mit Nabelschnurvorfall).
Frühgeburten 13 ,Mal (2 Mal Zwillinge)« Krampfwehen 21 Mal.
Wehensohwäche 31 Mal. Peritonitis vor der Gebart 1 Mal.
Conglntinatio orificii 2 Mal, Beckenenge mittleren und höheren
Graden 8 Mal. Vorliegen einer Hand 8 Mal. Umschlingung der
Nabelschnur 46 Mal. Vorfall derselben 9 MaL Aechte Knoten
demselben 3 Mal.
Eierstocksgeschwulst als Gebartshindenüss 1 MaL
VIT. Notizen ans der Jonrnal- Literatur. 233
Wiederansbleiben begonnener Gebnrtstbiltigkeit S Mal (2 Mal
in Folge psychischer Alteration anf 7 und 11 Tage).
Placenta praevia 4 Mal.
Blutungen in der Nachgebnrtsperiode: wegen Paralyse der
Placentarstelle 11 Mal; ans einem geborstenen Varix der Scheide
1 Mal; ans einem Bammrisse 1 Mal; aas einem Scheidenrisse
1 Mal; mit Yerhaltnng der Placenta: a) in Folge von AdhKsion
6 Mal; h) in Folge von Strictnr 1 Mal.
Von den ansgefährten Operationen nennen wir: Incision des
Scheidenansganges 8 Mal; Reposition der Nabelschnur 2 Mal
(mit ungünstigem Erfolge); Wendung auf die Füsse wegen Quer-
lage 7 Mal; auf den Kopf durch Süssere Handgriffe 1 Mal.
Extraction an den Füssen 19 Mal; Lösung der Arme und
Eztraction des nachfolgenden Kopfes bei Beckenendlagen 17 Mal
(1 Mal Zange am nachfolgenden Kopfe),
Zange an den vorliegenden Kopf 26 Mal.
Kephalothrypsie 2 Mal (1 Mal am nachfolgenden Kopfe)..
Lösung der angewachsenen Placenta 6 Mal.
Frauen- und Kinderkrankheiten.
Die Zahl der Erkrankungen, welche theils in der klinischen
Abtheiluug für Frauenkrankheiten in dem Königl. Charite-
Krankenhause, theils in der Entbindungsanstalt der Universität,
theils ambulant und in der Poliklinik behandelt wurden, betrug 464.
Die wichtigsten sind folgende:
a) Mittelfleisch. Zerreissung des Dammes 13 Mal.
h) Scheide. Ulcus puerperale 10 Mal; Ulcera syphilitica
3 Mal; Cystocele 8; Bectocele 2; Carcinom 6; Lupus 1.
e) Gebärmutter. Beträchtliche Verlängerung 1 Mal ; Enge des
äusseren Muttermundes 3; Senkung 2; Vorfall 8; Anteflexio 6;
Retroflexio 12; Anteversio 5; Betroversio 6 (2 Mal des schwangeren
Uterus); Endometritis colli uteri 46; Endometritis univers. bei
Wöchnerinnen 23; Metrophlebitis 3 (durch die Section nach-
gewiesen); Metrolymphangioitis 19 (alle tödtlich); Follicnlar-
polypen 2 (wurden abgedreht); fibröser Polyp von Gänseeigrösse 1
(durch Ecrasement entfernt); Fibroide 2; Carcinom 11; Caicinom
des Dou^2as*schen Baumes und der Ovarien 1 (ohne Betheiligung
der Vaginalportion); Cancroid des Scheidenthoiles 6.
Mntterröhrenenteündung 1>ei Wöchnerinnen 2 (tödtlich).
Hämatocele periuterina 6 Mal.
Oophoritis acuta 2; chronica 3; Eierstocksgeschwülste 9.
Mastitis 13.
Von sonstigen Erkrankungen während der Schwangerschaft
und des Wochenbettes erwähnen wir :
Convulsionen im Wochenbette 2, Morbus Brightii während
der Schwangerschaft 1, Erysipelas ambulans bei Wöchnerinnen 1,
Phlegmasia alba dolens bei Wöchnerinnen 4 Mal und Peritonäal-
exsudat im kleinen Becken nach dem Wochenbette 10 Mal.
234 ^^* Notisen ans der Journal -Literatar.
Krankheiten der Neugeborenen.
Zu nennen sind: Atresia ani, Hypospadie, Rhachitia con-
genita, Hydrocele congenita, Meningitis, Scleroderma, Fnmncn-
loais je 1 Mal. Cepbalaematom, Otorrboe, Pneuinonie, Erysipelaa
migrans je 2 Mal ; Arteriitis nmbilical. 4 Mal ond Ophthalmie 84 Mal.
(Deutsche Klinik, 1861, No. 26.)
Aeratlicher Bericht des k. k. Geb&r- und Findelhauses
SU Wien vom Solarjahre 1859.
In der Gebäranstalt waren aus dem Jahre 1868 Beataud:
190 Schwangere, 187 W5chnerinnen, 67 Knaben, 84 Mftdcben.
Daau kamen 8882 Schwangere.
Wöchnerinnen waren 8692, welche 4374 Knaben und 4200 Mfidehea
geboren. Todtgeboren wurden 126 Knaben und 102 MXdchea
Qassengeburten kamen 1068, Zwillingsgebnrten 110 Tor.
Gestorben sind 132 Mütter, 226 Knaben, 174 Mädchen.
Bestand blieben 224 Schwangere, 183 Wöchnerinnen, 87 Knaben,
72 Mädchen.
Fehlgeburten: 60, Frühgeburten: 608. Gesichtslagen: 48
(8 Mal Stimlagen), Beckenendlagen: 208, Querlagen: 114.
Stenose mit Torsion der Nabelschnur: 6, Torsion der Nabel-
schnur: 12, wahre Knoten: 9, Vorfall: 69. Flaoenta praevia: 15.
BeckenTerengernngen : 108, Eclampsia: 27, Blutungen: 252,
davon in der Nachgeburtsperiode: 146, im Wochenbette : 76.
Operationen. Zange: 142, Wendung auf den Kopf: 24, aof
den Steiss: 4, anf die Füsse: 84. Craniotomie: 14, kfinstliehe
Frühgeburt: 13, Manualeztraotion bei Beckenendelage: 137,
Beposition oberer Extremitäten: 18, der ▼orgefallenen Nabel-
schnur: 20, eines Cysto ovarin ms : 1. Künstliche Lösung der
Placenta: 62, Episiotomie: 49, Sectio caesarea in mortua: 3.
Unter den Wochenbettserkrankungen heben wir hervor:
Typhus: 11, Mania puerperalis: 1, Variola: 26, Syphilis: 126. —
An Puerperalprocessen erkrankten 377 Wöchnerinnen , davon ge-
heilt: 246, verlegt: 28, gestorben: 99, Bestand: 5.
Auf die geburtshülfliche Klinik für Aerite kamen 4063 Ge-
burten, 280 Puerperale rkrankungen. Von letsteren wurden 186
geheilt, 18 verlegt, 72 endeten mit dem Tode, 4 blieben Bestand.
Auf die zweite Gebärklinik für Hebammen kamen 4242 Ge-
burten, darunter 652 Gassengeburten. 88 Erkrankungen an Puer-
peralprooessen , von denen 68 geheilt, 9 verlegt wurden und 26
mit dem Tode endeten. 1 blieb Bestand.
Auf die Abtheilung für Zahlende kamen 887 Wöchnerinnen.
VIII. Literstnr. 286
VIII.
Literatur.
Die Missbildungen des Menschen systematisch dar-
gestellt von Dt. Äugutt Förster^ Prof. der pathol.
Anatomie in Würzburg. Nebst Atlas mit Erläute-
rungen. 171 Seiten in 4. Jena, bei Fr. Mauken 1861.
Vor sehn Jahren erhielten wir ein Werk Ton Ä, Fr, HM^
„Die Geburten missgestalteter, kranker und todter Kinder,
Halle 1860^, in welchem der Verf. rorcagsweise die für die
Oeburtshfille wichtigen Verhftltnidse berücksichtigte. Der be-
rühmte Lehrer der pathologischen Anatomie in Würsburg hat in
vorstehendem grösserem Werke diesen letzteren Gesichtspunkt
swar nicht im Auge gehabt; nichtsdestoweniger aber hat seine
Arbeit auch fflr die GeburtshSlfe das grösste Interesse, und wir
nehmen daher keinen Anstand, die Aufmerksamkeit unserer
Fachgenossen auf jenes Werk hinanlenken. Während seiner
langjährigen akademischen Wirksamkeit hat der Verf. die Miss-
bildungen mit besonderer Vorliebe behandelt und bei seinen
denselben gewidmeten Studien ein sehr reichhaltiges Material
zusammengebracht, welches er als ein Handbuch der Missbildungen
heraussugeben beschloss, zumal in Deutschland ein solches Hand-
buch fehlt und auch die in Frankreich und Holland erschienenen
längst vergriffen und sum Theil veraltet sind. Ein grosses aus-
fährliches Handbuch mit vollständiger kritischer Bearbeitung des
gesammten literarischen Materials sollte das Werk nicht werden;
der Verf. suchte der Aufgabe sn entsprechen, ein kürzeres
Compendium ftir das Bedürfbiss der in diesem Gebiete nicht
selbst thätigen Collegen, die Aerzte und älteren Studirenden au
bearbeiten. Die grosse Geschicklichkeit des Verf. in der An-
fertigung anatomischer Zeichnungen kam dem Werke trefflich zu
Statten; wir erhalten zugleich einen Atlas mit 264 Figuren auf
26 Tafeln, mithin ein so reichhaltiges Bilderwerk, wie es bis
jetzt noch nicht da war, und da die Zeichnungen auf den mSg-
lichst kleinsten Umfang redueirt sind, ohne dass sie dadurch an
Klarheit und Deutlichkeit verlieren, so ist die Kostspieligkeit
de» Werkes vermieden und die Anschaffung desselben Jedem
ermöglicht worden.
Die Schrift selbst beginnt unter I. mit einer Untersuchung
über das Wesen, die Ursachen und Eintheilung der Missbildungen.
Der Verf. zeigt, dass von dem ersten Augenblick seines Bestehens
der Mensch der Einwirkung krankhafter Btöningen unterworlen
236 VIII. Literatar.
und in jeder Altersstufe seines Lebens im Ei und in der Gebir-
matter eben so gut erkranken kann, als im Verlaufe seioes
Lebens von der Stnnde der Geburt an bis lu seinem Todestage.
Die krankhaften Störungen, welche die menschliche Frucht inner-
halb des Eies behalten, haben aber eine sehr verschiedene End-
Wirkung, je nach der Stufe der Entwickelung, in welcher sie
eintreten , und hiernach zerfallen die Krankheiten der Fracht in
awei wohl zu unterscheidende Reihen. Treten die BediDgnngeo
zur Erkrankung zu einer Zeit ein, in welcher alla Theile der
Frucht schon ihre reife Ausbildung erlangt haben und nun nur
noch zu wachsen brauchen (Anfang d.es vierten Monats oder des
Fötusalters), so gestalten sich die krankhaften Verändeningeo
in ähnlicher oder völlig gleicher Weise, wie sie auch nach der
Geburt auftreten würden, daher sehen wir bei dem Kinde im
Mutterleibe schon Entzündnngen, Hjpertrophien, Atrophien, Nea-
bildungen, Wassersucht u. s. w. Das sind die angeborenen
Krankheiten im engeren Sinne* Ganz anders gestalten sich aber
die Veränderungen, wenn die Bedingnngen zur Erkrankung schon
zu derjenigen Zeit eintreten, in welchen alle oder einzelne Theile
der Frucht noch in der Entwickelung begriffen sind und ihre
reife Form noch nicht erhalten haben (bis zum Ende des drittes
Monates, embryonales Alter); die krankhaften Störungen bewirken
nämlich in dieser Zeit eine Veränderung der Bildung und Form
der Fracht in allen oder einzelnen ihrer Theile, und dies sind
die eigentlichen Missbildungen; mag in dieser frühen Zeit eine
Entzündung, Hypertrophie oder Atrophie, eine NenbilduDg oder
Hydrops eintreten, das wesentlichste Resultat für die Fracht ist
stets dasselbe, die Entwickelung der Theile, die Ansbildang der
Formen wird gehemmt oder in ihrer Richtung verändert, und
wenn die Frucht wirklich zum reifen Alter gelangt, so ist sie
misegebildet. Man versteht daher unter Missbildung jede Ver-
änderung der Form, welche ihren Ursprung einer StÖraog der
ersten Entwickelang des Embryo verdankt.
Die Bedingungen der Missbildungen betreffend, BO herrscht
darüber noch grosses Danket; doch verdient eine Reihe von
Umständen wohl Berücksichtigung. 1) Per Einfluss der Eltern:
erbliche Uebertragung, primäre Veränderung der Zeugungsgebilde,
wie E, Wagner bei Bastarden missgebildete Samenfäden, BMof
missgebildete Eier von Menschen, Hunden, Schweinen Qfl<I
Kaninchen gesehen; 'eben so kann dieser Einfluss der Eltern snf
das Entstehen der Missbildungen darin bestehen, dass Krank-
heiten derselben eine solche Einwirkung auf die Zeugungsgebilde
and den Entwickelan gsgang des Embryo aasüben, dass der
Embryo missgebildet wird. Vor allen ist die Thatsaehe herfor*
saheben, dass manche Weiber mehrmals hintereinander, selbst
nach dem Umgange mit veraebiedenenMäaneni, Kinder larWelt
VIII. Literatur. • 237
bracbten, welche stets mit derselben Missbildniig behaftet waren.
Das spricht doch dafnr, dass hier eine gewisse körperliche Be-
schaffenheit der Fran die Veranlassung enr Missbildnng gegeben
hat. Dasu könnten wohl fehlerhafter Ban des Ovannms, der
€hraaf*8eheu Follikel und der Eier selbst bq Grunde liegen,
Veränderungen der Tuben und des Uterus, der Beckenorgane, de«
Beckens selbst. Es können femer herbeigezogen werden alle
Krankheiten der Mutter, welche eine Ver&nderung der Zusammen-
setsung des Blutes zur Folge haben, femer solche, welche der
Mechanismus der Circulatiou im Allgemeinen, im Becken und in
den Geschlechtsorganen im Besonderen stören; endlich können
wohl auch physische Affecte auf die Entstehung einer Missbildung
einwirken, wenn auch die alte Lehre vom Versehen Schwangerer
als durchaus unstatthaft zurückgewiesen werden muss. Die zweite
Reihe von Umständen, welche zur Erklärung der Entstehung von
Missbildungen in Betracht zu ziehen ist, ist der Einfluss
mechanischer Einwirkungen auf das Ei und den Embryo. Hierher
gehören 1) die Einwirkung einer äusseren Gewalt auf den Embryo
durch einen Schlag, Stoss gegen den Leib der Schwangeren oder
gegen den Uterus durch die Vagina. Ist es doch manchen
Beobachtern gelungen, künstlich durch Verletzungen von Eiern
Missbildungen hervorzub ringen {8t. Hilaire, VtdetUin), 2) Von
nicht geringer Bedeutung ist ferner bei Zwillingsgeburten die
Einwirkung des einen Fötus auf den andern; dieselbe kann eine
rein mechanische sein und in Druck, Stoss u. s. w. bestehen;
es können aber auch noch anderä Ursachen eintreten, wie z. B.
bei den Acardiacis , wo die Anastomosenbildung der Nabelgefässe
Veranlassung zu einer grossartigen Mtssbildung giebt. 8) Sind
hier noch zu erwähnen die Einwirkung der sich abnorm um
den Embryo legenden und ein- oder abschnürend wirkenden
Nabelschnur, Verwachsungen zwischen Embryo und den Eihäuten,
welche die spätere Ausbildung der Yerwachsenen Theile behindern;
die etwaigen Folgen einer übermässig grossen oder abnorm ge-
ringen Menge von Amnionflüssigkeit.
Die Häufigkeit der Missbildungen anlangend, so gehören sie
zu den seltneren Veränderungen; verschieden ist die Häufigkeit
der einzelnen Classen der Missbildungen. Selten sind diejenigen,
welche eine augenfällige Entstellung des Körpers bewirken, die
geringeren Grade sind häufiger, aus den weiteren Angaben des
Verf. geht aber hervor, dass zur festen Bestimmung der Häufig-
keit der Missbildungen noch iveitere nach einem gleichmässigen
Plane angelegte Zusammenstellungen gehören und sich jetzt noch
keine festen Zahlen aufstellen lassen. Mit ziemlicher Gewissheit
zeigt aber die allgemeine Betrachtung der Missbildungen, dass
diese bei weiblichen Embryonen häufiger sind; am auffälligsten
ist dies bei den Doppelmissgeburten , bei welchen zuerst SalUr
238 ' VIIL Literatur.
darauf aufmerksam maehte; aber auch bei den mdisten anderen
Arten wurde das Vorwiegen des weiblichen Geschleehts naeb-
ge wiesen, so von Meekd^ 8t. Hüaire^ Tiedemann^ Otto. Bei
einseinen Arten wiegt das männliche Geschlecht vor.
Was die £intheilung betrifft, welcher der Verf. bei seiner
Darstellung gefolgt ist, so nimmt er drei grosse Abtheilungen an:
1) Missbildnngen, welche dadurch charakterisirt sind, dass die
Bildung über das gewöhnliche Maass der Grösse und Zahl hinaus-
geht und daher grössere oder kleinere Abtheilungen des Korpers
oder der ganse Körper übergross oder überzählig gebildet werden.
Ks ist dies BiachoJTs zweite Classe: „Missbildungen, die etwas
mehr besitzen , als ihnen der Idee ihrer Gattung nach ankommen
sollte.^ 2) Missbildungen, welche dadurch charakterisirt und,
dass die Bildung nnyollständig defect ist, so dass grössere oder
kleinere Abtheilungen des Körpers fehlen oder verkümmert oder
abnorm klein sind. Es ist die erste Classe Bischc(Jpa: »Miss-
bildungen, denen zur Realisation der Idee ihrer Gattung etwas
fehlt.^ 3) Missbildungen, welche dadurch charakterisirt sind, dass
die Umbildung der Keimanlage oder der ersten embryonalen Form
in die reifere fötale Form in abnormer Weise vor sich geht, so
dass die Theile eine qualitativ andere Beschaffenheit erhalten,
während eine Veränderung der quantitativen Verhältnisse nicht
stattfindet oder wenigstens hinter jene zurücktritt; BUehQjjTB
dritte Classe: „Missbildungen, deren Organisation der Idee ihrer
Gattung nicht entspricht, ohne dass ihnen hierzu etwas fehlte
oder sie etwas zu viel besässen.^ Die Unterabtheilungen jeder
der drei Classen gestalten sich am einfachsten und natürlichsten,
wenn man sie nicht nach der besonderen Art, sondern nach der
Ausdehnung der Missbildung auf den ganzen Körper oder die
einzelnen Regionen und Theile desselben bestimmt, indem man
bei Aufstellung besonderer Unterarten, z. B. Verschmelsungs*
bildungen, Spaltbildungen u. s. w, genöthigt ist, Missbildungen,
die ihrer Entstehungsweise nach ganz verschieden sind, ihrer
äusseren Erscheinungsweise nach zusammen zu stellen und um-
gekehrt« Der Verf. beginnt daher bei Betrachtung der einzelnen
Arten der Missbildungen jeder Classe mit denen, welche die
ganze Hauptaze des Embryo betreffen, dann geht er an denen
über, welche den vorderen oder oberen, und den hinteren oder
unteren Theil derselben verändern, und endlich zu denen, welche
einzelne Gegenden, Abtheilungen und Organe betreffen.
Unter II. giebt der Verf. eine kurze Geschichte der Lehren
von den Missbildungen, so wie die Literatur der grösseren Werke
über seinen Gegenstand. Dabei müssen nun freilich diejenigen
Werke der älteren Zeit, welche reine Phantasiegebilde, fabel-
hafte Ausschmückungen de« wirklich Vorgekommenen, aber-
gläubisches Zeug nach unvollständigen Berichten Anderer, oü
Vlil. Literatur. 239
tinr nach Hörengagen ersählt nnd abgebildet, enthalten» tob den
später wirklich wissenschaftlichen Bearbeitungen getrennt werden.
Diese bessere Zeit beginnt erst im 18. Jahrhundert. Von da
yersehwinden die Abbildungen des Lycoathenes und Licetut, wenn
auch noch die Citate derselben bleiben und ihre Autorität noch
nicht völlig erschüttert ist. Man beschrieb je tat nicht allein mehr
die äussere Form, sondern man ging auch näher auf das Anatomische
ein. Die bedeutendsten Männer widmeten sich dem Studium der
Missbildungen. HaUer unternahm eine Tollständige Bearbeitung
derselben und legte dadurch einen gewichtigen Grundstein für
alle künftigen Zeiten. Neben ihm glänzen in diesem Jahrhundert
Wolff, Blumenbaehy 8oemm0rnng, Im 19. Jahrhundert ward der
grösste Fleiss auf das Studium der Missbildungen verwendet;
die grossartigen Forschungen im Qebiete der Entwickelungs-
geschichte wurden die Basis für eine wissenschaftliche Erklärung
der Genese der einselnen Formen* Von dem Augenblicke an,
wo man anfing, die Missbildungen auf die frühesten £iktwickelungs-
phasen des Fötus surückauführen , beginnt eine neue Epoche
dieser Disciplin. Sind auch im Anfange bis in die Tieraiger
Jahre die speeulativ-vitalistischen Ansichten noch vorwiegend,
so macht sich doch allmälig auch in diesem Gebiete die streng
naturhis torische Methode der Forschung geltend, und so tritt
die Lehre von den Missbildungen endlich ebenbürtig in die Reihe
der übrigen Zweige der Pathologie ein. Die grösste Wirkung
durah Bereicherung und Zusammenstellung des Materials übten
Meekel^ Gtoffroy St. Hüairey dessen Sohn IsidorB, Otto und VroUk
aus. Als Richtung gebend sind Meckel und Blumenbaeh au nennen,
als Begründer der le taten Entwickelungsstufe Biaehoff.
Hierauf folgt unter III. die Beschreibung der Missgeburten
nach der vom Verf. angenommenen Eintheilung. In der ersten
Abtheilung, Monstra per ezcessum: 1) Missbildungen mit über-
zähliger Bildung , und zwar: a) Doppelmissbildungen; h) Drillings-
missbildungen; c) überzählige Bildung einzelner Glieder und
Organe. Ueberall die Darstellung der betreffenden Unterarten.
2) Missbildung mit übergrosser Bildung: a) übergrosse Bildung
des ganzen Körpers; b) vorzeitige Reifung des Körpers ; c) über-
grosse Bildung einzelner Glieder und Organe. — Die zweite
Abtheilung: Monstra per defectum ; 1) unvollständige Bildung des
ganzen oder halben Körpers, a) Herzlose Missgebnrten, Amorphus,
Acephalus , Akormus. h) Zwergbildung. 2) Unvollständige Bildung
der einzelnen Abtheilungen des Körpers: a) Unvollständige Bildung
der Extremitäten; b) der Schädel- und Wirbelhöhle; e) des Ge-
sichtes; d) des Halses; e) der Brust (Ectopia cordis u. s. w.);
/) unvollständige Bildung des Bauches, Bauchspalte u. s. w., ein-
fache Defectbildungen der Eingeweide des Bauches: 1) Tractus
intestinorum; 2) Leber, Pankreas, Milz, Nebennieren; 3) Harn-
240 VIH- Literatur.
Organe; 4) Geschlechtsorgane und swar a) GeaehleehtslosigkeH;
h) mftnnliehe, e) weibliche Geschlechtsorgane. 6) Zwerchfell : Mangtl
und Hernia diaphragmatlca. — Die dritte Abtheilnng handelt die
Monstra per fabricam alienam ab: 1) Fehlbildung der gesammtiD
Brust- und Baucheingeweide: Situs transversus. 2) Fehlbildangen
der Brnsteingeweide, Lungen, Hera. 3) Fehlbildungen der Baneh-
eingeweide. a)VerdauungBapparat; b) Harnapparat; e) Geschlechts'
apparat. Männliche Geffchlechtstheile: Hjpospadie. Hermaphro-
ditismus tranSTcrsus virilis. Uterus masculinua und Hermaphrod.
lateralis. Weibliche Geschlechtsorgane, a) Weibliche Zwitter,
Hermaphrod. transrersa mnliebris. b) Persistens der Wolf*Khw
G&nge. e) Mangel und Verkümaierung des Uterus, d) Verdoppeloag
des Uterus. Uterus bicornis und unicornis. e) Schiefheit dw
Uterus. /) Vorzeitige Entwickelung des Uteras. Endlich werdeo
die Sinnesorgane, Auge und Ohr berücksichtigt.
Wir konnten in Vorstehendem nur einen Ueberblick auf deo
reichen Inhalt des Werkes geben, ohne in das Einselne einio-
gehen ; die Beschreibungen der einzelnen Missbildungen sind sehr
genau und gründlich abgefasst, und Torzüglich der anatomiiehe
Bau ausführlich betrachtet. Jeder einzelnen Speeies ist eine
reichhaltige Literatur beigefügt, die Art selbst im Atlas dareh
Abbildungen erlüutert. Dem Atlas ist ausserdem noch eise
erschöpfende Erklärung beigegeben, so dass das ganse Werk
an Gründlichkeit und Genauigkeit nichts zu wünschen fibri;
Iftsst und jedem Faehgenossen auf das Beste empfohlen werdea
kann. Für die äussere treffliche Ausstattung des Buches so wie
für die saubere Ausführung der Abbildungen hat die Verlagi-
handlung die beste Sorge getragen.
E. von SMU.
Druck Ton A. Tb. Engrelhardt In Lelpdf.
Namenregister
des 31. bis 33. Bandes der neuen Zeitschrift fUr Geburts-
konde^ sowie des 1. bis ind. 18. Bandes der Monats-
schrift für G-ebortskunde und Frauenkrankheiten.
(Die remlaehea Zlffera beselebnen den B«nd, die arabiachen die SeitensaUen.)
Abajo. V. 146.
Abarbanell. XIV. 188. XVII. 102.
Abegg. XVI. 424. XVni. 264.
Aberle. XXXTTT. 266. XL 65.
Ackermann. XXXTTT. 128.
Albers. I. 76. V. SS6. XVI. 244.
XVn. 42.
Albertoni. VL 468.
AUen. XI. 396.
Alqoi^. X. 388.
Alt. IV. 86. VI. 161.
Amann. XVI. 390. XVIL 474.
XVni. 489.
'■ Ammon. IX« 318.
, Andrieu. XVI. 478.
; Angolo. rV. 307.
I Annon, Bobert. IX. 879.
Aran. VIII. 227. 457. X.
Xn. 158.
Ameth. L 157.
Arndt. XXXTTT. 262.
Arthur. XV. 64.
Assoc. med. Journ. V. 466.
Atlec. VI. 281. Xm. 148.
Aubinais. HI. 304.
Aolsebrook. V. 73.
877.
B.
Bacchetti. lü. 68. XI. 146.
Baer. XVm. 278.
Bagot. XVI. 72.
BaiUarger. VIL 145.
Bai, de^ XXXTTT. 98.
Balbo. VI. 164.
Balfour. IX. 468. XVin. 87.
Ballard. XXXm. 397.
Bamberger. VH. 60.
Bander. XXXTTI. 110.
Barker, Pordyce. IX. 380.
Barker, Herbert. XVm. 88. .
Monttoschr. f. Deburt^k. 1881. Bd. XVIII.
II
Namenregister.
Barker. XI. 296.
Barlow. XXXII. 425.
Barnes. XXXII. 424. IV. 138.
IX. 280. XIV. 162. XV. 399.
Baron. IX. 866.
Barry, Müner. XIV. 153.
Barth. IX. 311.
Bartholow. XVH. 67.
Bartscher. VI. 847. VII. 188. IX.
294. XIV. 49. XVn. 364.
Battersby. XXXI. 236. XXXHI.
268.
Battlehner. IV. 419. XH. 480.
XVn. 121.
Band. XXXHI. 893.
Banmers. XXXHI. 266.
Baur. III. 162.
Bayne. XU. 74.
Beale. XVI. 157.
Beau. Vin. 290. XIII. 472.
Beauvais. VU. 491.
Beck. XXXn. 426. VH. 226.
XVI. 106.
Becquerel. IX. 486. 470. X. 298.
816. 880. XV. 69.
Beer. XXXIH. 267. 892.
Beigel V. 467.
Beiim. IV. 12. XVU. 80. 866.
462, XVm. 60. 108. Suppl. 1.
Behrend. XXXm. 289. 268. 278.
Bele, le. XXXHI. 266.
Bell, Joseph. XXXH. 486.
BeUetre. VII. 162.
Bennet. XXXI. 268. XXXII. 126.
XXXHI. 404. V. 804.
B^raud. XVHI. Suppl. 217.
Berenguier. XXXHI. 279.
Berg. XXXHI. 258.
Berliner. VIH, 61.
Berlyn. XXXHI. 212.
Bernhard. XI. 899.
Bemut XXXH. 429. XXXIH.
388. X. 147.
Bertin (Nancy) XIH. 382.
Bertrand. IX. 370. XVHI. 388.
Bessems. XXXIH. 401.
Bets. rV. 266.
Beyer. yXXTT. 426.
Biebuyck. XIV. 474.
Bierbaum. XXXH. 311. 4ü.
XXXm. 96. 246. I. 289.
Biesenthal. XXXIII. 108.
Biefel. XV. 401.
Billi. V. 147. Vn. 23.
Billroih. XV. 386.
Binet VI. 226.
Binz. X. 317.
Bird, Nerapath. Will. XXXffl.
272. 403.
Birkett. XXXIH. 405.
Birnbaum. XXXH. 104. 1. m.
V. 168. VH. 89. 103. X 1«
XI. 86. 829. Xn. 476. XV. «.
XVL 67. 363. 402. 427. XVID
381.
BiBchoff. m. 805.
Bison. XI. 396. 897.
Black. IX. 318.
Blankmeister. XXXIH. 198. ID.
18. XVI. 66.
Blaschko. IH. 231.
Blasius. XH. 129. XHL 828.
Blass. IH. 147.
Blodig. XXXH. 429.
Bloedau. XXXIH. 274.
Blot. Vm. 447.
Bockenthai. XV. 313.
Boddaert. XXXHI. 267.
Boeck. H. 283.
Boecker. XXXH. 439.
Boehm, L. XH. 477.
Boens. VIH. 151.
Bogren. HI. 148.
Boinet. XVL 317.
Bolze. XXXIH. 390.
Bond. XXXHI. 895.
Bonifas. XVI. 474.
Bonnafont. XVI. 479.
Bonnet. X. 469.
Borham. Vit. 221.
Born. XV. 161.
Bouchacourt VH. 148. 226.
Bouchut. IH. 476.
Boulard. H. 424.
Namenregister.
m
5,
U.
• U
Li
i
Boufiand. VIIL 205.
Boullay. VI. 477.
Bourdel. V. 76.
Bourgeois. II. 602. VII. 142.
XV. 896.
Bojs delionry. XXXI. 281. VUI.
289.
Bozi^. IX. 886.
Brächet. XXXm. 96. 258. XII.
80.
Bradford. V. 388.
Brandes, m. 283.
Brandt. XV. 90.
Braun, C. I. 470. m. 158. V.
809. VI. 469. Vin..867. 449.
IX. 230. XI. 228. XU. 316.
XTTT. 380. 470. XTV. 78. 286.
XV. 468. XVn. 161. 167.
xvm. Suppi, 218.
Braun, C. B. XV. 472. 476. XVI.
154.
Braun, G. X. 806.
Breisky. XVIII. Suppl. 207.
Breit. XXXTTT. 96. 100.
Brenner, t. Felsach. X2UQIL
189.
Breslau. XXXIII. 281. VI. 467.
IX. 466. X. 156. 274. XI. 21.
89. 868. 468. XU. 67. 76. 478.
Xm. 485. XV. 67. 878. 487.
XVI. 73. 76. 288. 411. XVIU.
261. 411. 470.
Brian. VIU. 284.
Brinkmann. XVU. 319.
Briquet X. 463.
Broca. VU. 228.
Brodie. XXXU. 182.
Bxoers. IX. 220.
Brown, Baker. VIIL 67. XVI,
76.
Brown. XXXIII. 269. 406. lU.
476. Vm. 62. X. 236.
Brück. XI. 262.
Brücke. XU. 79.
Bryan. XIV. 157.
Bühring. XXXU. 487. IV. 469.
Buhl. XIV. 64.
Qulke. XXXm. 288. 256.
BuU. de Th^r. XXXIU. 886.
BuUey. XXXIU. 276.
Buren, yan. IV. 77.
Burnotte. VIU. 466.
Burrows, v. XXXIU. 391.
Busch. XXXU. 818. lU. 861.
486. rV. 61. 121. 197. 269. 868.
Busch, y. dem. XXXL 878. U.
283. 406.
c.
Cabaret. IV. 225.
Caifassi. IV. 228.
Camerer. XXXIU. 260.
Campbell. XXXIU. 268.
Caseaux. V. 463. VI. 291.
Casier. I. 315.
Casper. XXXIU. 241.
Castelain. XVIU. 481.
Cederschjöld. XXXI. 409.
Chailly-Honor^. lU. 835.
ChaUice. XXXU. 135.
Charrier. VII. 484. XI. 465.
Chassagny. XVUI. 486.
Chassaignac. XXXU. 433. V.
296. 305.
Chassinat. XV. 464.
Chayasse. XXXIU. 397.
Ch^villon. XU. 319.
Chiari. I. 470. UI. 158. 467. V.
309.
Churchill. XXXIU. 99. IV. 77.
Clay, Charles. XXXU. 439. 442.
X 151. XI. 899. 407. XVU. 70.
Clemens. II. 114. lU. 16. 822.
326. V. 130. VI. 241. VU. 39.
XIU. 132. 376.
IV
Namenregister.
M'Clintok. XV. 314.
aoquet. VI. 148.
Goals. VI. 390.
Cochran. VI. 294.
Coesfeld. XI. 452.
Coeur de roi. XXXHI, 108.
Cohen. H. 321. IH. 286. V. 42.
241. VI. 41. 294. IX. 378. X.
115. 328. 387. XIII, 149. XIV.
226. XVm. SuppL 106.
Colej. XXXII. 430. XXXIII. 95.
108.
CoUmann. XI. 394.
Concato. X. 62.
Cont^ de Levignac. XXXI. 434.
Cooke. VII. 226.
Cooper, H. XIV. 73.
Coquillard. XXXIH. 262.
Corlieu. V. 385.
CostUhes. XXXI. 231. V. 72.
Cotting. XIV. 289.
Coutenot. DL 153.
Cox. XXXn. 131.
Craigs. VI. 289.
Cramoisy. X. 220. XI. 75.
Cred^. I. 33. 396. 897. UL 811.
392. V. 219. VI. 159. VH. 81.
242. IX. 1. 81. XI. 126. XIH.
141. XTV. 321. XV. 191. XVn.
274.
Crighton. VIII. 468.
Crosse. XXXn. 120.
Crouch. XXXm. 403.
Crüger. XVI. 293. XVIL 1.
Cttllerier. IV. 80.
Camming. IX. 154.
Cummins, W. XV. 462. 467.
Oamman. IX. 149.
Danyau. in. 151. XVIH. Suppl.
217.
Davaine. VIII. 231.
Davidson. VI. 65.
Davis. XIV. 398.
Dawoski. XH. 479.
Debenney. XXXIII. 400.
Decome. I. 72.
Delmonte Lyon. IX. 218.
Delorme. XVH. 154.
Demanet. VH. 145.
Demarquay. VH. 318. X. 64.
XIV. 155. XV. 68. 475.
Denny. Vm. 373.
Depaul. XXXm. 252. HI. 220.
474. Xn. 292. XVI. 234. 390.
D^granges. 11. 234. 813. XV.
310.
Ddtschy. X. 313. XI. 221.
Deutsch. XI. 227.
Deville. XXXm. 894.
DeviUiers. XXXn. 442. III. 284.
' Diamantopulos. X. 373.
Dickinson, Howship. X. 158.
Didot. XXXIII. 257. Vm. 882.
XVL 476.
Dietz. n. 1.
Dieulafoy, XXXIII. 263.
Diez, Rafael. XXXU. 443.
Disse. V. 116. X. 365. XV. 186.
Dohrn. XVin. 147.
Dolbeau. IX. 309.
Domere. XI. 404. 405.
Donkin. XV, 54,
Dor. XI. 455.
Dorvault. XXXm. 97.
Dubois. XXXIII. 99, 894. VL
384. xn. 160.
Dubreuilh. XXXIII. 92. III. 472.
vm. 284.
Duchesne. VIII. 289.
Duckert. XXXII. 135.
Duclos. XXXm. 98. 267. 274.
XII. 73.
Ducrest. XXXII. 312.
Namenregister.
Oudley, Benj. XXXTI. 443.
Dufour. Vm. 378.
Duhamel. L 465. .
Duke. XXXm. 274.
Dumonfpaillier. Vm. 376.
Danal. XI. 405.
Dunglaa. Vm. 230.
Duncan. YII. 45. 48. 153. 314.
IX. 379-
Duncan, Matthew, m. 465. IX.
384. Xy. 55.
Dunlop. VI. 288.
Dupienis. X. 229.
Duplay. I. 316.
Dupuis. XXXITT. 196.
Durand! Fordes. lY. 233.
E.
Edwards, Samuel. XXXII. 436.
XXXnj. 388. 394.
£ichmann. lY. 76.
Eichstedt. XIV. 477.
Elhington. XXXH. 443.
Elleaume. XVm. Suppl. 227.
Elliot. XXXI. 378. 397.
Ellis. m. 232.
ELsaesser. XXXITT. 250. 256. 259.
I. 76. 77. X. 142. 143. 144.
Emmert. XXXI. 236.
Engelhard. X. 238.
Engelmann. VI. 478.
Eram XVn. 396.
Erichsen. IV. 313.
Escher Bahn. XXXm. 252.
Esmarch. XII. 159.
Marc D'Espine. XII. 72.
Esterle. XV. 65.
Eulenberg. X. 478. XI. 68.
Eulenburg. XXXIII. 104.
Paber. IX. 465.
Fairbrother. XXXIII. 272.
Fano. XV. 312.
Farre. XU. 399. XTV. 238.
Faucoult. XVm. 326.
Faure. I. 467.
Faustmann. XXXITT. 142.
Favrot. XXXI. 247.
Faye. 11. 283. 405. IX. 145. 224.
XV. 163. 164.
Feigneaux. XXXTTI. 257.
Feiler. IX. 161. 241.
Feist m. 161. 241.
Ferrario. VII. 148.
Figg, E. G. XVn. 475.
Filhos. XXXTT. 120.
Pinke. L 437.
Fischer. XXXTTF. 109. XTV. 179.
Flamm. XXXI. 248.
Fleischer. IX. 149.
Fleury. XXXTH. 395.
Fliess. XXXm. 275.
Flügel. I. 78.
Fock. VIL 332.
Foerster, XU. 399. XV. 390.
XVm. Suppl, 235.
FoUenius. XVI. 160.
FoUin. IX. 465.
Foucher. XI. 219.
Foumier. VIT. 145.
Poville. Xn. 318.
Frankenhäuser. XTTT. 170. XIV.
161. XV. 354.
Pranque, v. 0. XVI. 227. 236. 400.
xvn. 394. xvm. Suppi. 210.
Freeriokfl. XI. 462.
VI
Namenregister.
Frend. VII. «0.
Frennd, M. B. XIII. 18$. XIV. 31.
Friedlaender. VII. 243.
Friedleben. XXXITI. 268. 268.
Friedrich. I. 821.
Frickhoeffer. XV. 423.
Froriep. XXXIII. 242. m 1.
Fürth. V. 228.
G.
Galante I. 78.
Galewski. n. 811.
Gallari. V. 292. AHDE. 481. XI. 66.
Gariel. I. 78. Vni. 867.
Garrard. VII. 487.
Garreau. 11. 603.
Gauchier. XVH. 70.
Gaurriet. VII. 64.
Gautier. VE. 141.
Gay, John. X. 470.
Gas. h^d. VI. 296.
Gaz. des hop. V. 161. 301. Vm.
464. IX. 298. X. 309. XI. 316.
XVni. 406.
Geddins. VI. 396.
Gegenbaner. DI« 383.
Genth. XVI. 6.
Gerbaud. XXXn. 426.
Germann. n. 422. m. 239. XII.
81. 191. 276. 361. Xm. 209.
XVI. 332. XVm. Suppl. 174.
GeuM. Vn. 61.
Gibbons. XXXm. 269.
Gibbs. XVI. 80.
Gibert. XXXTI. 428.
Gibson. I. 78.
Giesker. XXXITI. 286.
Giessler. IX. 169.
Gilman. V. 382.
Girald^. V. 390.
Giraudet. XI. 146. XII. 166.
Glisczynski. XVII. 81.
Godefroy. X. 61. XIV. 79.
Goldberg. XIV. 160.
Golding, Ray Charles. XXXn.
439.
Goodman. XXXm. 103. 268.
Gomp, ▼. Besanez. XXXITT. 389.
Gosselin. XXXTT. 427. VIII. 288.
Goudower, van. XI. 467.
Goupil. X. 147.
Gradenwitz. VI. 180.
Graf. XVn. 64.
Grandidier. XV. 62.
Gray. HI. 161. IV. 810.
Greenalgh. m. 471. V. 163.
Grenser. XXXm. 268. L 140.
222. 800. n. 126. m. 136.209.
IV. 439. 473. vm. 264. SM.
430. IX. 73. 131. X. 206. XSL
447. XV. 30. XVn. 127.
Grimsdale. XI. 221.
Groeninger. X. 463.
Groesbeck. XI. 461.
Gros. XXXITT. 268.
Grünewald. XVm. SuppL 228.
Gueneau. IX. 229. XV. 396.
Günther. XXXIII. 94.
Guörard. XII. 292.
Guerdan. X. 176.
Guersant. XXXTTT. 276.
Gugin, Mc. XVL 168.
Guibourt. XXXI. 143.
Guichard. VL 163. VIL 220. X
289.
Guillier. X. 240.
Guillot Vn. 222.
Gumprecht XXXIII. 262.
Gurlt. V. 78. IX. 321. 401. XYI.
11.
Guttmann. XXXIIf. 109. 2S7.
Guy's Hosp. Rep. XXXin.8W.
Guyon. XII. 397.
Guyot XXXm. 272.
Guzzo. XXXTTT. 92.
Qyoux. XVI. 478.
Namenregister.
Vir
Haake. XV. 466.
Habit XI. U2. Xu. 320. XVI.
77. 814. XVIII. Suppl. 216.
Haflfeer. V. 460. VI. 142.
Hafner. VHI. 10. IX. 227.
Hahn. XXXTTT. 274.
HaU, Davis. XXXTÜ. 261.
Hake. XXXn. 133.
Hamer. IV. 229,
Hamilton. XIV. 470. XVL 224.
Hamoir. I. 164.
Hamon. Vm. 296. XIV. 77. 168.
Hancock. XXXm. 389.
Hardwick. IX. 312.
Hardy. IL 506. VI. 466.
Harlay. HI. 383.
Harnier. ;XXXI. 36. XXXIII. 1.
Harper. XVm. 47^.
Harris. IX. 384.
Harting. XXXIII. 262. 1. 91. 161.
Hartmann. VI. 141. X. 159.
Harvey. XXXIH. 241.
Hasselt, v. IX. 221.
Hasting, Martin. XXXH. 428.
Hatin. X. 376.
Hauser. X. 469.
Haussmann. XI. 388.
Haydenreich. XXXQ. 120.
Hayn. L 398.
Hayward. 11. 602.
Headland. XXXTH. 388.
Hecker. I. 291. m. 401. IV. 97.
464. Vn. 1. 4. 6. 23. 97. 98.
139. 241. vm. 393. IX. 95.
262. XI. 12. 361. Xn. 287. 401.
Xm. 81. XIV. 476.
Heer. XXXIH. 272.
Hegar, XVII. 418. XVm. 486.
Heidenreich. XXXIII. 239.
Heflaad. X. 248.
Hein. XXXHl 96.
Heine. XXXHl. 276.
Heinemann. IX. 157.
Heinrich. XXXIII. 269.
Heise. XI. 186.
Heiss. XIV. 66.
Helfft. XXX. 372. yy^rn. 225.
234. 276. 277. I. 240. 296. n. ,
8. in. 206. 273, IV. 191. 268.
V. 189. 264.
Helly. XVm. Suppl. 208.
Hemmer. IV. 436.
Hennich. XXXÜI. 272.
Hennig. XXXHL 47. IX. 72. 76.
Xm. 40. 361. XV. 448. XVI.
177.
Hennoch. XXXIII. 239. 274.
Herard. XXXTH. 280.
Herpin. VII. 227.
Herrmann. XXXIL 426.
Hervieux. IV. 236. V. 296.
Herzfelder. XXXn. 138. XXXIH.
94. X. 312.
Hess. xm. 384.
Hewitt, Graily. XVII.317. XVin.
86.
Heyerdahl. IX. 144. XVH. 385.
Heyfelder. V. 165.
Heymann. XXXm. 386.
Hicks, I. B. XV. 395. XVHI. 247.
Higgens. XXXHI. 396.
Hildereth, Chus. C. XXXm. 237.
Hill. XXXm. 104.
Hillairet. IX. 234. X. 60.
Hilliard. XVm. 87.
Hilldebrandt XVHI. 224.
Hillebrand. XXXm. 112.
Hiltscher. XXXIL 441.
Hink. XVn. 74. 168.
Hirsch. XXXIII. 66. VII. 829.
Hirsch, C. VH. 169.
Hoering. XXXHL 109.
Hoertal. X Xm. 108.
Hoeven. XI. 467.
Hofmann. XXXI. 145. 289.
XXXm. 264. L 386. IV. 401.
vm. 218.
Hoffmann, C. XXXin, 181.
vra
Nfunenregiater.
Hofimann, W. XXXn. 442.
Hoffinder. Xm. 162. XVII. 101.
Hohl. XXXn. 1. XXXTTT, 247.
407. I. 78. n. 489. HI. 287.
VI. 45. 140. 211. 229. 302. SM.
X. 280. 279. XI. 218. XV. 123.
. XVn. 216. XVm. 481.
Holst, ▼. XXXii. 85. 1. 1. n. 81.
161. 241. 828. 476. HI. 34.
Xn. 75.
Hoogeweg. I. 75. X. 241.
Hoppe. XIL 480. XTV. 185.
Horlaoher. XXXTTT. 83.
Honel. XI. 402.
Hoaghton. m. 465.
Howie, V. 151.
Haber. XXXil. 93.
Hüter jun., C. XIV. «97. 884.
Hüter Ben., C. Ch. XXXI. 69.
177. 309. XXXn. 17. 166. 316w
Vin. 55. 324. IX. 96. 180. 266.
X. 65. 230. 311. 384.
Hüter, V. Xni. 156. XTV. 33.
XVL 186. 259. XVHL 366.
Siippl. 23.
Haerel. XXXIIT. 257.
Hugier. XXXI. 142. 230. XXXIlT.
396. xn. 480. XTV. 146.
L'HuilUer. V. 150.
Hiis8. IX. 141.
Hutchinson. IX. 315.
Huystiens. XXXTTT. 98.
Hyemaox. XI. 407.
Jacobovics. X. 476.
Jacquemier. IE. 382. IX. 226.
XI. 139. XVn. 159.
Jaeger.XXXm. 97. 392. Vin.374.
James. XVUL Sappl. 213.
Jansen. XXXm. 386.
Jenkins, Foster. XV. 64.
Jenni. VI. 140.
Image. XXXH. 138.
Imbert-Gourbeyre. VHI. 224.
Ingman. XV. 165.
Intelligenzblatt, bayrisches ärzt-
liches. XVn. 73.
Jobert. XXXI. 232. VH. 483.
I XVni. Suppl. 226.
I Johns. VII. 143. X. 150.
Johnston, David. VTH. 369.
I Johnston, Geo. XIV. 387.
; Jones. XXXTTT. 265.
Jouün. XVII. 479.
Joux. I. 157.
Irwin. IV. 308.
Itzingsohn. XXXTTT. 269.
Jungmann. XXXHi: 135.
Kanzow. XTTT. 182.
Kapler. XDX 303.
Kau£fmann. XI. 430. XÜL 10.
XIV. 175. 195. XV. 96.
Kaufmann. 11. 506.
Kehrer. XVm. 209. 228.
Keü. Vn. 482.
Keiller. Vn. 147.
Keller. V. 49.
Kennedy. XXXL 243.
Kennion. XXXTTT. 403.
Kerschensteiner. XIH. 387.
Kieser. V. 156.
Kiestra. VIU. 374.
Kilian. XXXI. 241. 433. XXXTT.
426. 435. AAXIII. 99. 400. IL
315. V. 477. vn. 233. VHI.
447. XI. 77.
Eöng. XXXTTT. 257.
Kirby. XVHL 483.
NameDregivter.
IX
Kirkpatrik. XXXII. 131.
Kirn. XI. 466.
Kirsten, IX. 437. XII. 206. XIV.
278.
Kiwisch. XXXI. 261. XXXIU.
99. Vn. 66.
Klaproth. XI. 81. 86. 91. Xm.
1. 4. 161.
Klein, VIII. 229.
Klusemann. Vm. 286. XI. 241.
Knoes. VI. 72.
Knopf, n. 421.
Knorre. XXXTTT. 403.
Knüppel. I. 397,
Koehler. XXXTTT. 268.
Koelliker. VI. 69.
Koeltsch. X. 13,
KoUock. XV. 476.
Kowalewsky. IV. 14^».
Koyen, XXXTTI. 92.
Ejrassnig. XV. 893.
Krause, A. IV. 142. IX. 77.
Krebel. XXXni. 109.
Krebs. III. 236.
Krieger. XXXHI. 266. VE. 22.
XII. 172.
Kristeller. V. 401. X. 161. 162.
Xin. 896. XrV. 87. XVI. 28.
XVn. 166.
Krjszka. X. 386.
Küchenmeister. XXXm. 241.
266. IX. 234.
Küchler. XL 18.
Kuhn. XrV. 169.
Küneke. Xm. 344.
Küttner. XXXTI. 119.
Kussmaul. XII. 479. 480. XIV.
76. XV. 69.
L. in. 470.
Laborderie. V. 294.
Laborie. XXXIII. 262. XVH. 318.
Laboul^ne. I. 394. Vm. 28i.
Lacage de Thiers. XXXm. 270.
Lacansky. XVII. 392.
Lachmund. XXXTTT. 271.
Lafargue. XV. 310.
Laferta. XXXII. 137.
Lafargue. U. 313.
Lagad. XXXm. 267,
Laloy. XXXra. 270.
Lamballe. n. 604. VI. 68. 220.
vn. 486.
Lambl. L 462. V. 139. 461. XII.
66.
Lamm. n. 237. V. 146.
Lammerts, yan Bneren. AAXIJI.
261.
Lange (Runkel) XXXII. 427. 11.
426.
de Lange, W. G. ter Noute,
IX. 228.
Langenbeck. XI. 402. XID. 160.
XV. 173.
Langer. X. 386.
Langheinrich. H. 422. IV. 139.
VI. 468. 462. 466.
Larcher. Xm. 386.
Latour. VIH. 146.
Latz, XXXm. 276,
Laugier. VL 147.
Lazarewitz8ch.XVin. Suppl. 211.
Leconte. X. 230.
Lee, Ch. A. XVEE. 68.
Lee, F. Stafford. XXXm. 396.
Lee, Robert XXXI. 230. XXXII.
118. XXXTTT. 366. L 317. XH.
316. XTTT. 167.
Legrand. XVHI. 248.
Legroux. IH. 222. Vm. 228.
Lehmann. IV. 167. V. 148. VII.
48. vm. 46. 63. IX. 168. XI.
64. 226. 309. 811. 812. XH. 408.
Lemariey. XVIÜ. 402.
Le&oir. XIV. 76.
fc.]
X
Namenregister.
Lenz. XVI. 66. XVIL 126.
Leon, Jo8^. XXXIII. 262.
Leopold. XXXII. 13. 140.
XXXTTT. 346. X. 361. Xin.
139. 867. XrV. 68. XVII. 857.
LÄ)teiid. XIV. 474.
Leriche. HI. 306.
Lerminier. VIL 223.
Leroj d'Etioles. IX. 311.
Lesauvage. XXXII. 443.
Lespinasse, de. IX. 220.
Lessmann. V. 74.
Letenneur. XIV. 888.
Leudet VIH. 288.
Lever. XXXII. 483. XXXTTI. 247.
260. 390. 391. 397. 406. IX. 387.
Levin. 11. 154.
Levrat-Perroton. XXXm. 237.
Levy. Xin. 166.
Liegard. XXXTII. 268. IV. 136.
Li^ey. X. 68.
Liman. XVI. 26. 30.
Lipihay. XI. 224.
Litzmann. 11. 508. VI. 149. IL
414.
Lobach. XU. 317.
Lodge. XXXU. 137.
Loeffler. XXXU. 442.
Loescher. V. 146. XL 432.
Loewenbardt, iU XVI. 241.
Lorent. XVILL. 360.
Lorrain. n. 2S6. VH. 162.
Ludwig (Hall). H. 428.
Lücke. XVn. 161. XVm. 111.
Lüders. XIL 71.
Lumpe. IX. 471. X. 313. XI. 45L
XII. 240. XVI. 164. 898. XVIL
317. 394.
Luschka. V. 136. XI. 215.
H.
M. XXXm. 289.
Machen. XXXIII. 268.
Mackmurdo. IV. 808.
Madurowicz. XV. 398. XVI. 398.
Maeder. XXXIII. 266.
Maerklin. XV. 811.
Mahy. Vm. 162.
Mainwaring. XXXI. 242.
Maisonneuve. XXXIII. 261. 898.
n. 67. IX. 76. XUL 884.
Majer. XUI. 882.
Malgaigne. I^XXn. 480. XXXIII.
269. I. 240.
Malichecq. XXXIII. 247.
Manec. XIII. 888.
Mangold. Vm. 1. 868.
Marc^. I. 396. IX. 156.
Marchand. IX. 166.
Marlin. XXXIII. 246. XI. 141.
XUL 11.
Martin, A. VI. 146. IX. 286. 381.
X. 28. 268.
Martin, E. XXXTII. 264. IV. 321.
460. VI. 166. 227. 432. VH.
161. Xn. 216. XIV. 80. 81.
XV. 8. 16. 171. XVL 1. 9. 81.
161. 421. XVn. 103. 163. 269.
821. XVm. 249. 348, 364.
Martini. XXXH. 426.
Martyn. VII. 486.
Mascarel. XL 297.
Maschka. IV. 238.
Maslieurat I. 464.
Maslieuret-Lagemard.XXXli.442
Mason. Vn. 222.
Massmann. IV. 81. XVÜ. 486.
Mattei. HI. 469. VH. 68. XUL
886. XVI. 479. XVni. 402.
Mauer. IV. 462.
Maunoir. II. 608.
Maunoury. VIII. 223.
Maunsell. XI. 407.
Maurat. XXXIH. 269.
Maurer. XVIIL 86.
Mauthner. XXXIIL 287.
Maydell, v. XV. 160.
Namenregister.
XI
Mayer, Würzburg. IV. 137.
Mayer, AI. m. 282.
Mayer, Aag. XII. 1.
Mayer, Carl. I. 169, VUI. 313.
XI. 163. xni. 179. xvm 12.
105.
Mayer, L. H. 431. VII. 97. IX.
89. 100. xvn. 186. 241. xvin.
11.
Meckel. XXXm. 887. m. 886.
IV. 467.
Meerstraeten, vau. XVI. 478.
Meigs. XXXTTI. 256.
Meissner. VII. 317.
Meissner, Apollo. VIII. 421. X.
409. XI. 438. XIII. 290. 471.
XIV. 241. 257. XVI. 81. 116.
xvm. 39.
Meissner, Ludw. IX. 19. X. 345.
416. 486. XI. 172. 269. 872.
Melcieul. 11. 424.
Melzer. VL 189.
Menod. XXXm. 262.
Menzies. V. 207.
Merbach. XXXHL 386.
Mercier. VI. 287.
Merinar. VH. 140.
Merinas. X. 379.
Mertens. XXXm. 269. XI. 220.
Mettauer. XXXI. 284.
Mettenheimer. I. 81.
Metzler. XIV.. 166.
Meyer. XVlll. 478.
Meyer, H. W. XXXlll. 268. 384.
Michael. XV. 468.
Mich^a. Vn. 816.
Mikschik. V. 76. 466. VI. 882.
VII. 224. Vm. 291.
Migu^ris. XI. 898.
Mildner. XXXlll. 106.
Miller, Henry. XIV. 470.
Miller, James. XXXTIT. 276.
Mintorn. X. 319.
Miquel. XXXm. 270.
Misley. X. 239.
Mitchell. XXXm. 397.
Monceaux. IX. 226.
Monteils-Pons. VHI. 287.
Montgomery. XXXIII. 264. 376.
Moore. XXXIIl. 260.
Moriz. Xm. 60.
Morris. IX. 148.
Morton. VII. 150.
Moser. XXXII. 416. XXXm. 884.
Mosler. XV. 466. XVI. 188.
Moussaud. VUI. 223.
Müller. XXXm. 107. 267. V.
465.
Müllerklein. XII. 76.
Münchmeyer (Lüneburg). XTV.
870.
Murphy, E. XXXm. 253. 269.
XV. 469.
Murray. XTV. 151. 476.
W.
Naegele. H. 166. IV. 476. X. 370,
Nägele, 0. XXXITT. 268.
Nagel, xvm. Suppl. 229.
Naranowitsch. IX. 146.
Nasse. XXXm. 287. XTO. 147.
N^aton. I. 166. V. 802. Vm.
466. X. 289.
Neubert. XII. 479.
Neugebauer. XXXTIT. 266. 891.
IX. 76. XIV. 817.
Neumann. XVII. 158.
Nevermann. XXXIll. 246. 266.
Newmann. Xm. 880.
Newnham. XXXII. 434.
Nichet. XXXm. 108.
Niess. I. 488.
Noeggerath. IV. 136. 468.
Nonat X. 880. XII. 169. XFV. 78.
Nourse. XVm. Suppl. 224.
N«M6r* XL 72.
XTI
Namenregister.
o.
Obr^, Henry. X. 468.
Ockel. XXXn. 424.
Oldham. XXXI. 253. XXXIL
430. XXXIII. 388. 893. L
166. in. 472. IX. 387. XVIIL
87.
Olshaiuen. XVI. 33. XVU. »&.
XVin. 98. 362.
Oppenheim. XXXHE. 279.
Orth, H. VI. 39.
Otterburg. XVm. 404.
Overton. XTV. 162.
P.
Paasch. XVI. 27.
Pagenstecher. XXXIII. 401. IV.
1. Xn. 146.
Pag^s. V. 290.
Paget, James. XI. 71.
Panas. XVI. 228.
Pannum. XXXTTT. 240.
Parfenenko. Vm. 286.
Parker. VI. 168. VH. 149.
Patruban, v. V. 291.
Pauk. XVm. 482.
Paul, Constantin. XVII. 390.
PauU. in. 280.
Paulus. I. 268. V. 241.
Peaslee. VI. 386. Vn. 489. X.
890.
Pelayo. XXXn. 426.
Pelt, van. XVI. 308.
Penjon. Vni. 372.
Pernice. IX. 393. XI. 146. XV.
179.
Pesch. IX. 93. X. 161.
Pfeiffer. IIL 478.
Philipart. IX. 310.
Piazza. Vin. 297.
Picard. Xn. 240.
Pichart. XXKIL 129.
Pidduch. XXXm. 271.
Pigerlit. XXXin. 93.
Pignaut. IX. 311.
Pillore. V. 160. 217.
Piorry. XV. 393.
Pilz. XXXn. 443.
Pippingskoeld. XV. 296.
Plagge. XIV. 66.
Platzer, v. XTV. 469;
Ploss. xn. 321. XIV. 271. 464.
xvn. 476. xvnL 237.
Polak. XVm. 249.
Poland. XXXin. 263.
Praag, van. n. 198.
Praessart XXXH. 127.
Prell. XVm. 447.
Pretty. X. 169.
Prieger. I. 183. 241.
Priestley, W.O. VI. 396.XVin.86.
Proebsting. XXXIL 426. 426.
427. XXXin. 20.
Pueck. XV. 389.
Puget xn. 69.
Puls, xxxnr. 108.
Postaert. XXXm. 93.
Quatrefages. V. 464.
Namenregister.
XIII
Raciborski. V. »Oö. IX. 163.
Eadfort IV. 136. VH. 316.
Ramis. XI. 463.
Ramsbotham. IV. 76. VIU. 43.
IX. 147. 161.
Raukin. VU. 146.
Ravn. XVI. 238.
Ravoth. V. 112. XI. 340. XH. 167.
Rawitz. I. 316.
Ray, Ch. Golding. XXXH. 439.
XXXm. 266.
Rajer. I. 467.
lUcamier. VIII. 296.
Reclam. XXXII. 436.
Recklinghausen, v. XV. 169.
XVm. 96.
Regnaalt. XXXII. 442.
Reiche. IV. 306. 460.
Reichert XXXTII. 96.
Reid. XXXm. 396. IV. 71.
Rektorzik. XVL 476.
R^mondet. II. 604. HI. 69.
Renaud. XXXU. 433.
Rennert. XXXIII. 104.
RetziuB. XXXI. 392. 416. 423.
I. 441. n. 46. 68. 163. 239.
IX. 74. XVn. 191.
Reybard. V. 383.
Reymann. XIV. 166. 167.
Reynier. XV. 467.
Richard. XXXUI. 276. IV. 281.
VI. 133. Vm. 29* X. 389. XI.
389.
Richardson. XV. 464.
Richelor. V. 304.
Richter. XVU. 473.
Ricker. VI. 84.
Ride. XXXII. 441.
Riedel. V. 1. VH. 92. XL 1. 13.
Xm. 11. XVU. 324. 326.
Rigby. XXXm. 394. VIII. 148.
IX. 162. X. 379. XII. 68.
RiUiet. XXXm. 104.
Ripoll. X. 64. .
Ritchie. XXXTIT. 401.
Rillen, v. XXXI. 1. XXXTIT.
146. n. 4. 68. 269. 433. VI.
1. 266. 321. 404. Vm. 73. 122.
163. 193. 233. 237. IX. 17. 349.
X. 321. 401. XI. 43.
Robert.XXXU.136.431. XXXUI.
406. U. 429. V. 81.
Roberten. XXXUI. 272.
Robin. XXXII. 430. XXXUI.
146. 289. IV. 471. X. 237.
xm 146.
Robiqaet VUI. 289.
Rodler. V. 293.
Roell. XXXIU. 241.
Roesch. XXXUI. 237.
Roger. U. 426.
Rokitansky. XIV. 314. 381. XV.
67. 60. XVL 304. 387. 388.
XVU. 150. 162. 166.
Rombach. VIU. 62.
Roods. XXXUI. 397.
Roper. VIU. 146.
Roser. XVUI. 84.
Rossignol VIU. 230.
Rotter. XVI. 389.
Roosseau. VI. 297.
Rousset. XIU. 382.
Roux, Jules. VIU. 453.
Rouyer. VI. 226.
Rouze. VIU. 148.
Roz^. L 469.
Runge. X. 467.
Rupin. XVI. 319»
Rüssel XXXU. 428.
S.
S. XXXIU. 94. 386.
Sachs. XXXIU. 264.
jSack. L 466. IL 814. UI. 306.
! XI, 37.
XIV
Namenregister.
Salter. XXXU. 140.
Samter. XV. 476. XVI. 80.
Sancerot. XXXm. 108.
Sancery. XXXIII. 889.
Sandras. XXXTTT. 271.
Santesson. 11. 158. XI. 401.
Saurel. V. 161.
Sawyer. XVII. 66.
Sayas. X. 808.
ScanzonL XXXI. 266. XXXII.
421. 426. XXXm. 248. 260.
I. 813. 462. m. 226. 887. 390.
VI. 69. 142. 469. 471. VII. 68.
Vni. 61. IX. 288. X. 810. XII.
70. XIV. 78. 78. XVI. 160. 287.
812. 815. 896. XVIII. 488.
Scharlau. XXXTTT 286.
Schaaenstein. XTV. 154.
Schauer. V. 94.
Schearman. XXXI. 484.
Scherer. XXXIII. 242.
Schieffer. IV. 268. VI. 886.
Schildwächter. XXXm. 121.
Schilling. II. 607. TV. 819.
Schlager. XII. 396.
Schlagintweit. I. 79.
Schmidt, J. (Leipzig). XIV. 426.
Schmidt. XXXU. 144. II. 428.
Xm. 148.
Schmidts Jahrb. XHI. 162.
Schmitt, Gregor. XI. 460.
Schmitt XV. 897.
Schmitz. XVn. 71.
Schnepf. V. .141.
Schnetter. V. 76.
Schnitzer. XXXm. 284.
Schnurrer. XXXIII. 109.
Schoeller. XXXH. 812.
Schoenfeld (Verden). XIV. 878.
Schofield. XXXI. 436.
Scholz, in. 810.
Schrant. VII. 61.
Schreiber. VIII. 326. 386. 866.
Schreier. V. 461. VIIL 116. XTV.
288.
Schnchart. XVIII. 268.
SchÜBsler. XXXIII. 288.
Schuh. V. 294. XV. 478.
Schulz (Wien). Vm. 462.
Schultze. XI. 106.
Schultee, Bemh. VH. 247. IX.
264. 459. X. 5. 141. XI. 170.
866. Xn. 241. 480. XVm. 407.
Schnitzen. XXXIII. 109.
Schulze. MI. 17. 20.
Schwandner. XXXIII. 109.
Schwartz. Xm. 804. XVH. 76.
Schwarz. V. 198. VIII. 108. 111.
260. XVm. Suppl. 121.
Schwegel. X. 469. XI. 895. Xm.
128. 802. XVm. Suppl. 67.
Schweitzer. V. 116
Schwörer. X. 479.
Sdafer. VTI. 61.
See. XXXm. 108.
Seidel. XV. 816.
SemmelweiBs. XXXII. 148. IX.
470. XVni. 406.
Senftleben. Xm. 414.
Sequerc^. IV. 227.
Serre. XIV. 69.
Seydeler. HI. 488.
Seyfert. L 462. 468.
Seyffert. TV. 226,
Sbekelton. 11. 148. 809.
Sickel. m. 829.
Sidey. VH. 146.
Siebold, E. v. IE. 216. IV. 161.
287. VI. 21. 268. 401. X. 84.
Xin. 818. XIV. 96. 401. XV.
887. XVI. 60. XVn. 107. 885.
401. XVin. 19. 284. 296.
Siebold, Th. C. ▼. IX. 472.
Sigmund. XI. 228.
Silbert (D'Aix). X. 879. XI. 70.
Simon. VI. 299.
Simon, Gustav. V. 817. X. 188.
Xn. 42. 74. Xni. 68. 271. 418.
XIV. 1. 48«. XVI. 229. 281.
Simpson. XXKU. 1 19. 189. 422.
437. XXXm. 92. 247. 250.
264. IV. 71. VI. 895. 467. 471.
Vn. 311. Vin. 875. IX. 814.
XIV. 69. 149. XV 806.
Nttmenregister.
XV
Sinclair. XIV. 887.
Öinger. XVm. Snppl. 226.
Skinner. XXXHI. 266.
Smiih,M. D. W. Tyler. XXXm.
96. 242. n. 21. VL 476. XU.
69. XVn. 389.
Snoep PerBant. VU. 69.
Soete. m. 236.
Sorbets, Leon. X. 61.
Southam. XXXII. 130. 439.
Socquet V. 76.
Spaeth. L 470. HI. 163. V. 309.
Vm. 146. X. 471. XI. 316.
XIV. 164. 237. XVI. 809. 392.
Spence. X. 318.
Spengler, m. 184. 237. 268. V.
181. VL 427. XI. 246. XVI.
820.
Spiegelberg. V. 61. VIL 195. 448.
vm. 140. XI. 17. 29. 110. 217.
472. XIL 140. XIV. 60. 101.
200. XVL 228. XVn. 477.
Spitzer. IV. 804.
Spoendli. III. 189. IV. 48. V.
476. VI. 412. 468. X. 154. XIH.
466. XV. 321. XVn. 197.
Sprengler. XIIT. 148.
Stadthagen. XVI. 821.
Stahl. XXXUI. 247.
Stammler. V. 891.
Staub. IX. 148.
Steiger. XVI. 163.
Steinbach. XVIH. 428.
Steincke. XXXm. 104. 107.
Steinthal. XIV. 378. XVL 46.
49.
Steitz. m. 149.
Stephens. XXXII. 426.
Stern. VL 66.
Stersens. XXXII. 427.
Stilling. XXXm. 408.
Stitzenberger. V. 464.
Stoltz. XXXI. 240. n. 310. VL
182. IX. 160. XVI. 169.
Storer, H. R. VI. 896. XV. 3 19.
Strange. Vm. 147.
Strassmann. XVL 421. XVIII.
130. SuppL 232.
Stranss. III. 386.
Streng. L 466. VIIL 66.
Strohl. XXXTL 484.
Stuart Wilkinson. XXXIU. 398.
Sturm, m. 410.
Stute. Vn. 36.
Sjme. XXXm. 269.
Szoborschtschinoff. V. 300.
Szttkits. X. 463.
Tancbon. XXXII. 118.
Tameau. XVI. 167.
Tarner. XVm. 86.
Teala IV. 311.
Te^er. XXXm. 268.
Tenner. V. 820.
Theopold. XVL 894.
Thibierge Vm. 68. IX. 468.
Thielmann. m. 885.
Thode. vm. 29.
Thomas, Simon. XXXÜI. 392.
XIV. 884. XVI. 307.
Thomas, Gaülard. XV. 161.
I Thompson. VH. 487.
Thudichum. V. 174. 272.
Tüanus. VH. 820.
Tilt. XXXTL 487. XXXUI. 401.
Timbart. XXXII. 129.
Times, med. and Gazette. IX.
160. Xn. 818.
Tobold. X\TII. 6.
Tod vn. 314.
Toulmouche. X. 467.
Trask. XXXII. 444.
Trast IX. 382.
Trautwein. XXXIL 128.
XVI
Namenregister.
Tripe. XXXU. 486.
Trousseau. XXXm. 236. 268.
274. I. 470. IV. 186. XI. 76.
Xn. 77.
TrooBset. XXXII. 486.
Tunaley* V. 154.
Tuppert XI. 464.
Tumbull. XXXni. 889.
Tryle. XXXm. 897.
Uettenhoeven. XVI. 817.
ühde. Vin. 18. X. 889.
ühle. XVn. 480.
, Ulrich. IX. 177. X. 163. 170. 178.
XI. 92. 97. Xni. 166. XV. Sg.
V.
Valenta. X. 376. 882. XI. 142.
vaiieix. xxxn. 186. xxxm.
273. m. 280.
Vanoje. XXIQII. 897.
Varlez. XXXI. 262.
Vamont. I. 78.
Vanhuevel. H. 149.
Vaullegeard. XXXII. 488.
Vauthier. XXXIU. 269.
Veit. V. 844. XI. 101. XVHI.
467.
Velpeaa.XXXII. 182.184.XXXIU
896. Vn. 488. Vni. 871. XI.
163.
Venet. XXXm. 96.
Verity. X£V. 240.
Veain. V. 821. XVI. 277.
Vniarfay. XXXBDL 389.
Villeneuve. XXXII. 810. I. 478.
VI. 464. vn. 229.
Virchow. V. 166. 217. IX. «69.
266. X. 2. 4. 242. 244. XL 161.
409. Xm. 168. XrV.315.816.
XV. 177. XVn. 101. 8«8.
Vocke. XV. 892.
Voelkers. IX. 218.
Vogel, xn. 478.
Vogler, xxxn. 146. XXXIfl.
266. n. 312. rV. 384. X. 876.
378. XI. 66. 67. XVHI. SW.
Volkmann. XI. 363.
Vondoerfer. XXXU. 448.
Vrolik. XI. 311.
w.
Wagner. IX. 90. X. 466. 467.
xm. 169. XIV. 486. xvm.
324. 480.
Waller. XXXU. 427. XVHI.
83.
Wallstein. Vm. 186. IX. 441.
Walter. XXXIU. 264. 267. IH.
81. V. 179. xvm. 171.
Walther. XXXU. 426.
Watson. xxxm. 96. 271. 897.
Weber. XVI. 419.
Weber, E. IX. 866.
Weber, J. XL 78.
Webster, John. XXXffi. 276.
Wegscheider. X. 81. XV. 1.
Weickert. XXXI. 144.
Wells Spencer. XII. 69,
226. XVIL 892. 398.
Wendrykowsky. XI. 219.
Wendt. XVn. 891,
KVl
Namenregister.
XVII
Wernher. V. 306.
Werthheim. II. 121. IX. 127.
Wertheimer. XVIII. Suppl. 216.
West. XXXin. 237. I. 239. IV.
97. VI. 290.
White. XV. 313. 471.
Wbitehead. XXXII. 138.
Widerstein. II. 601.
Wieckel. VI. 298.
Widerhold. X. 374.
Wiener. XXXIII. 236. 276.
Wigand. IX. 155.
Willemin. XXXII. 141.
Willigk. XIV. 473.
! Wilson. XXXIII. 103. IV. 231.
[ XVI. 72.
Windsor. VI. 392.
Winkel. XVI. 401. XVU. 27. 29.
292.
Wittig. V. 161.
Wohlgemuth. I. 410. V. 161.
woiff. in. 150.
Wood. XV. 462.
Woodson. XVII. 68.
Wright. I. 466.
Wüstefeld. X. 229.
Watscher. XVI. 397.
T.
Ygonin. XXXIU. 251.
Yvaren. XXXIH. 107. V. 887.
Z.
Zandyk. IX. 228. • Ziehl. XXXIII. 200. 892.
Zeitschrift, Wiener. XVII. 318. | Ziemssen. XVIII. 325.
Zeitung, med. Russ. VI. 66. VIII.
462.
Ziegler. XXXIII. 258.
Zimmermann. XI. 74.
Zwank. I. 215. IV. 184. V. 142.
MonAtsiehr. f. Geburtsk. 1861. Bd. XYIII.
B
Sachregister
des 31. bis 33. Bandes der neuen Zeitschrift für Gebnrt»-
kunde^ sowie des 1. bis incL 18. Bandes der Monats-
schrift für Gebortskunde und Frauenkrankheiten.
(Dto rttmUchen Ziffern besetchnen dm Band, die arftbisehen die geitensaUMj
A.
Abhandlungen, geburtsbülfliche yon Spoendli. m. 189.
Ablösung der Piacent a. Ein neues Zeichen für die, naeh
Geburt des Rindes von Clay. XVII. 70.
Abortivei aus den ersten Monaten der Schwangerschift
von Sackreuter und Mettenheim. I. 81. — Ein sechs MoDtte
altes von Kristeller. XVI. 23.
Abortus ereignen sich häufiger in spateren Schwanger-
schaften von Whitehead. XXXn. 138. — A. in Folge von Krank-
heiten der Placenta von Smith. XXXm. 96.— De F avortement pro-
voqu^ p. Villeneuve. I. 478. und VII. 229. — A. in Folge ron
Hydatiden der Placenta. Fall von Melcieul. n. 424. — A. eines
viermonatlichen Foetus, künstliche Losung der Placenta am zwölften
Tage nachher von Schulze. VH. 20. — A. Fall von, von Kauff-
mann. XTV. 180. — A. Die Indicationen, die in den Lehr-
büchern für Erregung des künstlichen, aufgestellt werden von
Mayer. XI. 100. — A. Beitrag zur Le^re vom, u. vom fibrösen
Uteruspolypen von Rokitansky. XVII. 162.
Abscesse der Scham, deren gewöhnlich ste Ursachen von
Huguler. XXXI. 230. — A. im Perinaeum von Bolze. XXXin.
890. — A. der Mamma. Behandlung von Chassaignac. V ^'
Von Girald^. V. 890. — A. der grossen Schamlippen roo
Velpeau. Vn. 488. — A. in der Thymusdrüse. Fall von Hecker.
Vn. 28. — A. der Schamlippen und die verschiedene Form der ^
Vulvitis vonSimpson. XIV. 149.
Sackregidter. XTX
AbschnÜTung der Tuben und Ovarien und über Stran>
gulation der letzteren durch Achsendrehung von Bokitansky.
XVI. 304.
Absterben, habituelles der Frucht, gegen dasselbe Asa
foetida von Laferta. XXXII. 137. — Fall von habituellem A.
von V. Maydell. XV. 160. — Ein Fall von A. der Frucht im
siebenten Schwangerschaftsmonat in Folge von nur massiger In-
toxication der Mutter durch Rohlenoxydgas von Freund. XIV. 81.
Abtragung der Vaginalportion des Uterus von
Simon. XIII. 418.
Abweichungen in der Lage (und Form) des Uterus.
Ein Beitrag zur Kenntnis» des Grundleidens und zu einer diesem
entsprechenden Behandlung der, von Baur. lU. 152.
Acidum carbonicum, anästhetische Wirkung des, von
Maisonneuve. IX. 76.
Acidum nitricum als Abortivmittel bei Mastitis von
Blaschko. HI. 281.
Acranios, Fall von, mit Spina bifida und Exopthalmos von
Röltsch. X. 19.
Aderlässe bei Kindern empfiehlt Hildereth. XXXUI. 287.
— Mauthner nur in der lobulären Lungenentzündung ibid. —
A« und entziehende Diät influiren auf die Entwicklung des Foetus
und sind nützlich bei Beckenenge von Depaul. XXXITT. 262.
Aether. Ueber die Anwendung des Chloroform in der
Geburtshülfe von Sachs. XXXUI. 263. — Ueber die Fälle, in
denen bei Geburten Aether- und Chloroform -Einathmnngen an-
gewendet werden dürfen, und wo sie zu meiden von Chailly-
Honorö. III. 336.
AetzmitteL Ueber die Anwendung der A. auf die innere
Wand der Uterushöhle von Sigmund. XI. 223.
A et z mittel trag er. Ein neuer Ligatur- oder A. von Didot.
Vin. 232.
Aetzung. Neues Verfahren zur A. der Mutterscheide von
Nonat. X. 380.
Afterpro dukt. Ueber ein A. von Fischer. XTV. 179.
Agalactia einer Amme durch eigenthümliche Kost gehoben
von Cramoisy, XI. 220.
Airtractor von Simpson empfiehlt Krieger. XXXIII. 266.
— Historische Bemerkung zu Simpson's A. von v. Siebold. VL 401.
Alaun. Anwendung des A. bei Behandlung der Krank-
heiten der weiblichen Geschlechtstheile von Gautier. VII. 141«
Albuminurie bei Wöchnerinnen, die im Allgemeinen auf
Laesionen des Nervensystems deutet von Simpson. XXXII. 189.
— Analecta ad gravidarum, parturientium et puerperarum a. von
L. Mayer. II. 431. — Beitrag zur Aetiologie der A. bei Kreis-
senden von Langheinrich. VI. 468. — Ueber puerperale A. und
ihren Zusammenhang mit Eclampsie von J. Gourbeyre. VIII. 224.
B*
;XX Sachregister.
Alter, lieber den Einflus» de« A. der Eltern auf das Ge-
schlecht der Früchte von Nasse/ XIII. 147.
Amenorrhoe, YoUständige. Ersatz der Menstruation durch
periodische Schweisse von Duchesne. VUI. 289. — Behandlung
durch Apiol von Delorme. XVII. 164.
Axnmenwesen. Bemerkungen über Selbstnähren , und künst-
liche Ernährung von Wegscheider. X. 81.
Ammoniak gegen Keuchhusten von Levrat^ - Perroton.
XXXm. 237.
Amniosflüssigkeit. 2 Analysen der A. von Scherer.
XXXin. 242. — A. mit Hamstoffgehalt von Beale. XVI. 157.
Amputatio spontanea im Mutterleibe von E. Martin.
XXXIII. 264. — Fall von A. s. des Oberarmes von Maeder.
Ibid. 265. — A. s. des linken Vorderarmes von Hecker. IlL 401.
— Unvollständige A. s. des Rumpfes und Halses eines 2 Vt monat-
lichen Foetus von Hillairet. IX. 234. — Unvollständige A. s.
des Rumpfes und Halses durch feste Umschlingung der Nabel-
schnur von Hillairet. X. 60. — Ueber A. s. beim Foetus im
Mutterleibe von Kristeller. XIV. 87. — A. oder Ezstirpation
hypertrophischer Vaginalportionen bei Prolapsns uteri von
Mayer sen. XI. 163.
Anaemie der Neugebornen von Hervieuz. IV- 236.
Anaesthesie durch Chloroform während der Geburt von
Spiegelberg. XI. 29.
Anaesthetica. Ueber die Anwendung in der gebnrts-
hülflichen Praxis von Scansoni. VI. 469.
Anasarca. Geschichtliche Bemerkungen su der Frage über
den Zusammenhang von A. schwangerer Frauen mit Edampsie
aus Archives gdnerales de m^d. VII. 146.
Anschwellungen und Lageveränderungen des Uterus von
Band. XXXHI. 393. — Von Dubois. Ibid. 394. — Kalte Douchen
bei A. von Fleury. Ibid. 395. — Von Velpeau. Ibid. 396. —
Von fiuguier. Ibid.
Anteversio oder Retroversio uteri nie beobachtet, aber
Retroflexio und Anteflexio von Deville. Fall von Anteversio von
Edwards. XXXITI. 894. — A. uteri als normale Bildung von
Boulard. H. 424.
Anteversio des Uteruskörpers — innere Metritis —
symptomatische Paralyse, A« uteri — Metritis interna, nervöse
Zufalle in Form von Hysterie von Bison. XI. 397.
Anus imperforatus 12 Tage nach der Geburt mit Erfolg
operirt von Dieulafoy. XXXHI, 263. — A. i. mit Communication
des Darmes in die Blase. Fehlen des Penis von Olshaosen.
XVIU. 98.
Apiol. Behandlung der Amenorrhoe und Dysmenorrhoe
durch A. von Delorme, XVIL 164.
Sachregister. XXI
Apoplexia ovi. Bei A. nnterBcheidet Walther 2 Stadien.
XXXn. 426.
Argentum nitricnm bei entzündlichen Darmeffectionen
der Kinder von Duclos. XXXIII. 267.
Armamentarium Lucinae novum von Kilian. VII. 233.
Arthrogryposis spatisca infantum. Folge von Cryptor-
chidismus von Leopold. XXXIII. 348.
Asa foetida gegen habituelles Absterben der Frucht von
Laferta. XXXII. 137.
Assimilation des letzten Bauchwirbels au das ELreuzbein
von Dürr. XVI. 163.
' Asthma thymicum, 4 Fälle bei Eandern derselben Eltern
von Hennich. XXXIII. 272. — Behandlung mit Arg. nitr. von
Heer. Ibid.
Athembewegung mit Geräusch bei einem Foetus - Fall von
Schnitze. IX. 264. — Die vorzeitigen Athembewegungen von
Schwartz. XTTI. 304.
Athemprobe. lieber einige bei gerichtlichen Obductionen
beobachtete Fälle von Athemproben von Liman. XVI. 26.
Athmen, Wimmern und Schreien der Frucht von Bier-
baum. XXXn. 811.
Atresieen. Ueber die A. der weiblichen Genitalien von
Habit. XI. 142. — A. interna des Darmrohres bei einem Neu-
gebornen, Bildung eines künstlichen Afters nach Littre von Leh-
mann. Ibid. 309. — A.Uteri congenita mit nachfolgender Schwanger-
schaft von Tuppert. Ibid. 454. — A. vaginae von Kim. Ibid.
466. — A. ani u. Uterus bicornis von Krieger. XU. 172. —
Operationen bei A. der weiblichen Genitalien von Simon. XIII.
286. — A. uteri et vaginae bei Duplicität von Rokitansky. XV.
60. — A. uteri d. h. der einen Hälfte eines Uterus bicornis.
XVI. 388. — A. vaginae mit abnormen Menstrualwegen von
Graf. XVn. 64,
Atrophieen der Mamma, schmerzhafte, Cirrhosis mammae
von Wernher. V. 306.
Auftreibung, kjstenförmige, des rechten Ovarium durch
Blutextravasate bei einem todtgeborenen Kinde von Schnitze.
XI. 170.
Angenentzündung, die bösartige, der Neugebomen u. s. w.
von Schlagintweit. I. 79. — Puralente der Nengebomen. Be-
handlung derselben von Socquet. V. 76. — Behandlung durch
die Augendouche von Chassaignac. V. 296.
Ausbuchtung, eine sackartige, des schwangeren Cervix von
Semmelweiss. IX. 470.
Auscultation. Resultate der A. von Schwangeren und
Gebärenden. XXXI T. 426. — Ueber die am Unterleibe Schwangerer
zu hörenden Geräusche von Martin. VII. 1^1.
Ausdehnung des Uterus nach der Geburt nud mehrere
X^TT Sachregister.
Jabre währende MilchsTecretionen. Krankengeschichte von Hera-
felder. XXXin. 94.
Ansmündung, abweichende, des Mastdarms (siehe Mast-
darm).
Ausstossung eines vom Rumpfe abgerissenen und im
Uterus zurückgebliebenen Kopfes von Lucansky. XvII. 392. —
A. der Frucht nach dem Tode von Richter. XVII. 473.
Au s w ü ch s e , die blumenkohlartigen des Uterus unterscheidet
Renaud von Krebs. XXXTT. 483.
Auszug aus den Protokollen der Versammlung deutBchcr
Naturforscher und Aerzte in Göttingen von Spiegelberg. V. 51.
— A. aus geburtshülf liehen Aufzeichnungen von Schwarz. V. 193.
Bad, laues. Heilsame Wirkung gegen Metrorrhagie von
Malgaigne. I. 240.
Bäder, örtliche bei Ulcerationen des Mutterhalses. Zu den-
selben empfiehlt einen von Creuston angegebenen Apparat von
Pichard. XXXH. 129.
Bauchdecken, Abscess In den, über dem schwangeren
Uterus von Schwarz. V. 201.
Bauchfellwas 8 ersucht bedingt durch fibröse Tumoren
des Uterus von Trousseau. XI. 76.
Bauchg es chwulstbei einem jungen Mädchen, die Schwanger-
schaft ähnlich war. Fall von Challice. XXXH. 135.
Bauchgurt Ueber die Anwendung der Ceintures hypo-
gastriques von Remondet. III. 69.
Bauchlage bei ausgetragenem Kinde, Vorfall der Gedärme
des letzteren in die Scheide der Mutter von Penjon. VIH 872.
Bauch schnitt mit glücklichem Erfolge von Decome. I. 72.
— Fall von Rousseau. VI. 297. — Fall von Mason. VH. 222.
— B. wegen Zerreissung des Uterus von Runge. X. 467.
Bauchschwangersohaft. Fall von Duckert. XXXH. 136.
— Fall von Stern, VI. 66. -^ Fall von primitiver B. durch
den Bauchschnitt geheilt von Rousseau. VI. 297. — Fall nach
52 Jahren post mortem bestätigt von Guillot. VIII.* 282. — Fall
von Giessler. IX. 159. — B. nach 29 Monaten durch Peritonitis
tödtlich von Biebuyck. XIV. 474. — Siehe auch Graviditaa ei-
trauterina.
Bauchtuberkeln der Kinder und deren Diagnose von
Mertens. XXXIII. 269.
Becken, ein schrägverengtes rhachitisches v. Huber. XXXII.
93. — Ueber Form und Ursache des schrägverengten B. von
Hillebrand. XXXHE. 112. — Ein exquisit osteomalakisches B.
von Schildwächter. Ibid. 121. — Zur Pathologie des B. von
Sackregister. XXIII
Hohl. Ibid. 407. — Beiträge zur Lehre vom Bchrägovalen B. von
Hajn. I. 398. — Ein querverengtes B. von Lambl und eins
von Seyfert. L 462. — Das alterswidriggebaute B. von v. Ritgen
IL 68. — Osteomalakisches B. von Lange, ü. 426. — Ein quer-
verengtes B. von Bobert. IL 429. — Ueber die Erkenntniss des
coxalgisch schrägen B. von v. Bitgen. n. 483. — Das schräg-
ovale B. von Litzmann. EL. 609. — Das durch Entzündung fehler-
hafte Frauenbecken von Pfeiffer. IIL 478. — Ueber einige durch
Erkrankung der Gelenkverbindungen verursachte Missstaltungen
der B. von Gurlt. V. 78. ~ Schilderungen neuer Beckenformen
von Ealian. V. 477. — Ein schrägverengtes B. mit durch Ent-
zündung bewirkter Synostose der rechten Kreuzdarmbeinfdge von
Hecker. VTI. 6. — Das halisteretische B. in seiner Weichheit
u. s. w. während der Geburt von Eilian. XI. 77. — Ein B. mit
einer massenhaften Enochenwuchemng des Schambeins • u. s. w.
von SchwegeL XI. 896. — Die mechanische Bedeutung des
B. besonders des Kreuzbeins von Spiegelberg. Xu. 140. —
Rhachitisches B. Ueber die Fortpflanzung des Druckes der Rumpf-
last auf das Kreuzbein und den Einfluss desselben auf die Ent-
stehung der Deformitäten an der hinteren Wand des rhachitischen
B. von Freund. XIII. 186. — Das niedrige und breite B. und
dessen praktische Bedeutung von SchwegeL XllL 302. — Ein
cozalgishes B. von Blasius. AIII. 328. — Ueber die Art und
Weise, wie das schrägverengte B. mit Ankylose des üeo-sacral-
Gelenkes entsteht von Thomas. .XVI. 307. — Zur Diagnose des
B. von FoUenius. XVI. 160. — osteomalakisches B. Mittheilungen
über eine Kreissende von Schmitz. XVIL 71. — Beiträge zur
Anatomie des B. von SchwegeL ÄYJLlL SuppL 67.
Beckenabscesse von Battersby. XXXI. 236. — Fälle
von Peaslee. VII. 489.
B ecken articulation im Geburtsmechanismus von Dunoan.
Vn. 46.
Beckenausgang. Geburt durch Uterusinjectionen ein-
geleitet wegen engen B. von v. Ritgen. X. 401.
Beckendeformität. Ueber Craniotomie und äusserste B.
von Greenlagh. III. 471. — Zwei Geburtsfälle in Folge von B.
für Mutter und Kind lethal verlaufend von Feiler. IX. 241.
Beckenenge. Ueber Perforation bei B. von Proebsting.
XXXTT. 426. — Anwendung des Calomel bei B. von Beyer.
XXXn. 426. — Nutzen von Aderlässen und entziehender Diät
bei B. wegen ihres Einflusses auf die Entwickelung des Foetus
von Depaul. XXXQI. 262. — Geburtsstorung in Folge von B. bei
ungewöhnlich grossem Foetus nach verzögerter Schwangerschaft
von Silbert. XI. 76. — Bei Querlage, missglückte Wendung,
Embryotomie, Kaiserschnitt, Tod von van Goudoewer. XI. 467,
— B. Zangenentbindung bei Gesichtslage von Genth. XVI. 6.
Beckengesohwulst. Schwere Geburten in Folge von
XXIV Sachregister.
B. von Eikiiigtou. XXXII. 443. — B. als Gebartshindernw.
Fall von Sbekelton. II. 148.
Beckenexostose, die den Kaiserschnitt bedingte von Behm.
IV. 12.
Beckeu- und Kopflagen. Siehe Kindeslagen.
Beckenmessung. Folgende Art von B. empfiehlt ViUc-
neuve. XXXII. 310. — lieber innere B. und ein neues Instrumeiit
von Germann. XVIII. Suppl. 174.
Beckenneigung. Ueber B. von Meyer. XYIIL 478.
Beckensymphysen. Experimente über die B. von Keller.
Vn. 147.
Beckentumor. Zur Casuistik der B. von Mosler. XVL 138.
Beckenwand. Ueber den Einfiuss der vorderen B. auf den
Geburtsmechanismus, besonders bei Beckenverengeningen ge-
ringeren Grades von Crüger. XVII. 1.
Befruchtung. Beiträge zu der Lehre von der Menstruation
und B. von Bischoff. IH. 306.
Beischlaf. Ueber die Frage, kann der B. nait befruchtender
Wirkung vollzogen werden, ohne dass das Frauenzimmer der
Vollziehung sich bewusst werde von Rawitz. I. 316.
Beiträge zur rationellen geburtshülf liehen Praxis von Paalos.
IV. 241. — B. zur geburtshülflichen Statistik von Veit. V. 344.
— Bydrage tot de Statistik von het Werkfuigelyk beloop der
baring door Thilanus, VII. 320. — B. geburtshülf liehen Inhalts
von Uhde. VIII. 18. — Beiträge zur Gynäkologie und Geburt«-
hülfe von Breslau. Xm. 435.
Beleuchtungs «Apparat. Ueber einen solchen in sp.
zu gynäkologischen Zwecken von Tobold. XVID.. 6.
Belladonna gegen Erbrechen der Schwangeren von Hof-
mann. XXXII. 442.
Beobachtungen aus " der geburtshülflichen Praxis tod
Holst. I. 1. — Beobachtungen, gebui-tshtilfliche von Hafner.
vm. 10.
Bericht über die Vorgänge im Entbindungs- Institut der
Universität zu Halle und der damit in Verbindung stehenden
Poliklinik. fdr Geburtshülfe, Frauen- und Kinderkrankheiten von
Hohl. -^ Für 1849, L 36. — Für 1860, 1. 68. - Für 1861, IL 489. -
Für 1862, m. 287. - Für 1853, VI. 46. — Für 1864, VI. 364. - Für
1856, X. 279. — Für 1866, XV. 128. — Bericht über die Ereignisse in
dem Entbindungs-Institut bei der Königl. sächsischen cfairurgiscb-
medicinischen Akademie zu Dresden von Grenser pro 1847, I-
140. — Pro 1848, I. 222. — Pro 1849, I, 300. — Pro 1860, II
126. — Pro 1861, III. 136. — Pro 1862, HI. 209. - Pro 18«
IV. 439. - Pro 1864, Vm. 264 und 1866, 430. — Pro 1866, X
206. — Pro 1867, XU. 447. — Pro 1868, XV. 30. — Pro 1869,
XVn. 127. — Bericht über die in der Königl. Entbindungs-
Anstalt zu Göttingen vorgekommenen Ereignisse in 1860—1852
Sachregister. XXV
ind. von v. Siebold. ü. 216. — In 1858 — 1866. X. 84. In 1857 bis
1860. Xym. 296. ^ Bericht über die geburtshülfliche Klinik an
der Königl. Friedrich Wilhelms - Universität zu Berlin von Busch
pro 1842 bis 1847. IE. 861. 436. IV. 51. 121. 197. 273. 368. — Bericht
über das Hebammen -Institut in St. Petersborg pro 1850—1864
von Kowalewsky. IV. 140. — Bericht über die geburtshülfliche
Klinik in Jena pro 1848—1864 von Martin. VI. 482. Pro 1856
bis 1857. XIL 216. — Bericht über die VorflQle im Hebammen-
und Entbindungs- Institut zu Osnabrück seit seinem 30jährigen
Bestehen von Bichard und Thoele. Vm. 29. — Bericht über
die Leistungen der geburtshülf liehen Klinik in Prag von Streng,
vom .1. Februar 1852 bis ultimo August 1865. VQI. 66. — Be-
richt über die Gebär - Anstalt der Charit^ in Berlin während der
Wintersemester 1862 — 1866 von Cred^. IX. 81. — Von 1856 bis
1858 von Nagel. XVHI. Supp L 229. — der geburtshülflichen und
gynäkologischen Klinik in Berlin pro 1860 von Brinkmann.
XVII. 319. — Pro Wintersemester 1860—1861 von Strassmann.
XVni. Suppl. 232. — Bericht über das Gebär- und Findelhaus
in Trient pro 1864 von Braun. VI. 469. Pro 1856, IX. 230. — Bericht
über die Geburten in der Gebär -Anstalt des Guy-Hospitals in
London vom October 1847 — 1864 von Lever und Oldham. IX.
387. — Bericht über seine Privat -Entbindungs- Anstalt pro 1866
von Kristeller. X. 161. — Bericht über die 1866 auf der gynä-
kologischen Abtheilung des allgemeinen Krankenhauses beob-
achteten KrankheitsföUe von Hauser. X. 469. — Bericht über
die Ergebnisse der neuen geburtshülflichen und gynäkologischen
Klinik der Josephs - Akademie im ersten Jahre von Spaeth. X.
471. — Bericht über die 84. Versammlung deutscher Naturforscher
und Aerzte zu Carlsruhe. 1858. XU. 479. — In Königsberg 1860
von Germann. XVI. 332. — In Speyer von Hüter. XVHI. 366.
— Bericht über die Vorgänge in der Entbindungsschule in Leipzig
seit ihrer Gründung vom 6. Febr. 1810 bis 80. Sept. 1869 von
Cred^. XV. 191. -— Bericht über die Vorfälle in der „Eastem
Division^^ der Boyal Matemity pro 1868 von Barnes. XV. 399.
— Bericht über die Ereignisse in dem Hebammen- und Ent-
bindungs-Institut zu Cöln vom 1. Januar 1866 bis 1. Januar
1861 von Krüger. XVI. 293. — Bericht von der 2. Gebärklinik in
Wien pro 1860. XVH. 74. — Bericht des Gebär- und Findelhauses
zu Wien von 1856. X. 391. — Von 1867. ^, 167. — Von 1868.
XVm. 327. — Von 1859. XVIH. Suppl. 234.
Berstung des Uterus. Fall einer ungewöhnlichen B. von
Caifassi. IV. 228.
Bettpissen der Kinder. Behandlung von Heidenreich.
XXXni. 239. — Pädagogisches Mittel gegen das B. von Leopold.
XXxm. 361.
Beweglichkeit. Fall von ausserordentlicher B. des Foetus
von 0. V. Franque. XVm. Suppl. 210. — Gaz. des hop. XVIH. 405.
XXVI Sachregister.
Bewegung des Uteras. Experimentelle Untersuchungen über
die Nervenoentren und die B. des Uterus yon Spiegelberg. XI-
217.
Biegung. Sechs Fälle von angeborner B. des Unter-
schenkels von Blasius. Xu. 129.
Bildungsfehler der Vagina von Mauncnr. 11. 608. — B.
der weiblichen Geschlechtstheile von Bossignol. ' VUl. 280. —
Die angebomen B. und die Unabhängigkeit ihres Entstehens
vom Seelenleben der Mutter von Clemens. XI iL 875.
Bindegewebsneubil düngen. Fall ron angebomen hsc-
rigen B. mit innerer Verfettung und Krystallbildung in der Dura
mater, Glandula thymus und Leber von Lehmann. IX. 168.
Blasengebärmutterfis'tel. Fall von B. mit epikritischen
Bemerkungen von Scanzoni. XVIII. 483.
Blasenmale. Ueber die Natur und Entstehung der B. von
GraUy Newitt. XVm. 86.
Blasenscheidenfistel. Einige Fälle vollkommener Hei-
lung von Jobert. XXXI. 232. — Verfahren zur Heilung von
Mettauer. Ibid. 284. — Creosot als Cauterium von Emmert.
Ibid. 236. — Neues Instrument zur Heilung von Hancock, xxxm
889. — B. und Mastdarmscheidenfistel mit bedeutendem Sub-
stanzenverlust durch Verschliessung der Scheide operirt von
Maisonneuve. H. 67. — B. von Boeck. H. 258. — Heilung einer
B. von Brandes. HL 283. — Heilung der B. von Simon. V.
817. — Beschreibung zweier B. von Tenner. V. 220. — B. und
Mastdarmscheidenfistel mit vollständiger Zerstörung des Dammes.
Heilung von Jobert. VI. 220. — B. und B. Uterinfistel von
Jobert. VIL 486. — B. neben Verwachsung der Scheide
von Ulrich. X. 153. — Ueber die Heilung der B. und Blasen-
gebärmutterfisteln von Simon. XH. 42. — Ueber die Operation
der B. von Esmarch. XH. 159. — Heilung einer B. durch vor-
genommene Bougination von Sprengler. XIH. 148. — Grosse 6.
von Breslau. XIII. 485. — B. nebst Beschreibung eines neuen
Operationsverfahrens von Baker Brown. XVI. 76. — Bericht
über 9 Operationen von B. und Blasengebärmutterfisteln mit
epikritischen Bemerkungen über Pathologie und Therapie der-
selben von Simon. XVI. 281. — Neue Operationsmethode mit
Metalldraht von HeyerdahL XVII. 885. — Neue Instrumente
zur Operation von Hilliard. XVDI. 87. — Neue Operations-
methode von Polak. Ibid. 249. — Operation der B. von Jobert
XVm. Suppl. 226.
BlasensteinaLs Geburtshindemiss von Menod. XXXm. 252.
Blasentampon. Ueber eine Vorrichtung zum Füllen und
Schliessen des B. von v. Ritgen. IX. 17.
Blasenziehende Mittel. Ueber die Application von B.
an den Cervix zur Beseitigung gewisser Krankheiten des Uterus
von Johns. X. 156.
Sachregister. XXVH
Blumenkohlgewächs. Zur Pathologie des Clarkeschen
B. von Mickschik. VII. 224. ÜDzeitige Geburt bei blumen-
kohlartigem Gewächs des Uterus von Wallstein. VIII. 186. —
Ueber ein sogenanntes B. mit dem Sitze in der Scheide von
Müllerklein. XII. 76.
Bleivergiftung. Neue Fälle von Einwirkung der B. auf
den Poetus von Constantin Paul. XVII. 390.
Blutcoagula. Seltene Form von B. im Innern der G raaT*
sehen Bläschen von Robin. X. 237.
Blutentziehungen bei Uterinleiden von Tanchou. XXXII.
118. — Ueber Anwendung örtlicher B. während der Schwanger-
schaft von Silbert. X. 874.
Blutkyste in der linken Brustdrüse von der Grosse eines
Kindskopfs durch Exstirpation geheilt von Boullard. Vm. 295.
Blutung aus dem Nabel, nach Ablösung der Nabelschnur.
2 Fälle von Ray, XXXHI. 266. — B. aus dem Nabel, nach
Abfall des Nabelschnurrestes von Roger. 11. 426. — Ueber B
nach der Entbindung und Mittel ihnen vorzubeugen von Liegard.
IV. 136. — TÖdtliche B. in der Bauchhöhle durch Zeireissuug
eines Ovarii von Demarquay. Yll. 318. — B. und Quetschwunden
der weiblichen Genitalien von Spence. X, 318. — B., tödtliche,
aus der Scheide vonObr^. X. 468. — Profuse B. der Vaginalschleim-
haut zwischen Clitoris und Harnröhrenmündung von Klaproth.
XTTT. 1« — S. auch Haemorrhagie.
Blut. Untersuchung des B. und Harnes einer an Hydrops
und Albuminurie leidenden Schwangeren von Harlay und Gegen-
bauer, in. 383.
Briefe über einige Uteruskrankheiten von Richelot und
Bennet. V. 304. — B. aus der Schweiz von Spoendli. VI. 412.
Bronchocele, angeborne, 2 Fälle von Crighton. VIH.
463.
Bruch des Brustbeins in Folge der Geburtsanstrengungen
von Dietz. XXXTT. 443.
Brüste. Weibliche Entwicklung bei einem Manne. XXXHE.
406. — Ueber die Geschwülste der B. von Birkett. Ibid. —
6 Fälle von einhöhligen Kysten der B. von Robert. Ibid. 406.
Brustabscesse. 3 Arten von B. von Velpeau. XXXH.
134. — Diagnose der interlobulären B. von Robert XXXH. 135.
Brustdrüse. Hydatidenbildung in der B. Fall von Garreau.
n. 503. — Trait^ des maladies du sein p. Velpeau. XI. 153.
Brustdrüsengeschwülste. Untersuchungen über den
feineren Bau und die Entwickelung der B. von Billroth. XV. 386.
Brustdrüsenvergrösserung bei einem 21jährigen Mäd-
chen von Image und Hake. XXXII. 133.
Brusterweiterung in der Schwangerschaft von Küchen-
meister, xxxm. 241.
Brustkrebs. Jod-Dämpfe gegen B. Gaz. des hdp. V.
XXVTII Sachregister.
151. — Mittelf um qach der Exstirpation Recidive zn verhindern
von Bennet. X. 469. -- S. auch Krebs,
Brustwarzen. Behandlung der wunden B. bei nährenden
Frauen von Bourdel. V. 76. — Mittel gegen das Wundwerden
von Leon. XXXni. 262.
Busch's Necrolog. XI. 321.
Caladium Seguinum gegen Pruritus vulvae von Schok.
in. 310.
Cancroid des Uterus. Fall von Virchow. X. 244. — • KK-
nische Beobachtungen über Entwicklung des C. der weiblichen
Seiraalorgane von L. Mayer. XVII. 241. ~ Amputation eine«
solchen oder Blumenkohlgewächses der Vaginalportion yod C.
Mayer. XVIH. 12.
Carditis hysterica. Ein Fall von Steinthal. XVI. 45.
Car/luusmariae, Carduus benedictus und Onopordon Acan-
thium. Medicinische Erfahrungen über C. von Lobach. Xu. 317.
Carunkeln, Harnröhren-, — Neurome der Vulva — Hyper-
ästhesie, Neuralgie der Vulva von Simpson. XTV. 69.
Causticum. Ein neues C. zur Behandlung canceröser and
cancroider Erkrankungen von Simpson. IX. 314.
Cautei^isation. Ueber die galvanische C. bei Behandlong
der Krankheiten des Uterus von Ellis. HI. 232. — C. en fleche«
von Maisonneuve. XIII. 884.
Cephalaematom, vereitertes von Baron. IX. 386. — Stun-
geburt, fissura cranii, C. externum und intemum von Olshansen.
XVI. 83. — Ueber einen tödtlich verlaufenen Fall von C von
Riedel. XVII. 826.
Cephalotribe, die perforatorische von Cohen. X. 115.
— Die Hand als C. unter Beihülfe des Perforatorii und de»
scharfen Hakens bei 3 unvermeidlich gewesenen Perforationen
von Richard. XI. 389.
Cerebral- und Meningen Phlebitis von Ducrest. XXXII. S\%
Cervix uteri. Ueber den C . u. in di*r Schwang erschaft
von Duncan. XV. 56.
Chinin. Einiluss des C. auf den schwangeren und nicht
schwangeren Uterus von Cochran. VI. 294, — C. sulphuricuin
beim Puerperalfieber. Gaz. des hop. VIII. 290.
Chloasma uterinum. Beobachtungen über C. u. überdie
braungelbe Färbung der Linea alba bei Schwangeren von El-
saesser. I. 76.
Chlorkalium. Ueber den Gebrauch des C. in der Schwanger-
schaft von Grimsdale. XI. 222.
Chloroform. Ueber die Anwendung des C. in der Geburts
Sachregiseer. XXIX
hülfe von Harnier. XXXI. 36. - Von Vogler. XXXIL 146. —
Von Murphy. XXXIII. 263. — Von Sachs. Ibid. 264. — Ap-
plication der Zange nach der Anwendung des Chloroform yon
Uofmann. Ibid, — Nur bei Operationen von Simpson. Ibid. —
Anwendung des C. zur leichten Ausführung der Wendung auf
den Kopf von Breit. XXXIU. 100. — C. als Emmenagogum von
Gibson. I. 78. -— C.-Dämpfe. Oertliche Anwendung in Uterus-
krankheiten von Uardy. IL 606. — Die in London gebräuchliche
Art der Anwendung des C. bei Greburten von Kaufmann. 11.
606. — lieber die Fälle, in den bei Geburten Aether- und Chloro-
form-Einathmungen ansuwenden, und in welchen nicht, von
Chaillj-Honor^. UI. 386. — C. bei Pnerperalconvulsionen von
van Buren. LV. 77. — C. bei Entbindungen. Statistische Be-
richte über die Wirksamkeit des C. bei Entbindungen von Heifit.
IV. 191. -— Ueber Anwendung des C. in der Geburtshülfe von
Spiegelberg. VIU. 140. — Anwendung des C. bei einem Kaiser-
schnitt von Damman. IX. 149. — Anwendung des C. bei Zangen-
operationen von Duncan. IX. 384. — Anwendung des C. bei
Niederkünften von Pretty. X. 16Q. — C.-Anästhesie während
der Geburt von Spiegelberg. XI. 29. — < C.-Inbalationen in der
Geburtshülfe von Martin. XVHI. 249. — C.-narkose in der Ge-
burtshülfe von Hohl. XVIII. 481.
Chlorosis. Venengeräusche bei C. von Besanez. XXXIII.
389. — Verschwärung der Schleimhäute bei C. von Turnbull. Ibid.
Cholera der Kinder. Bei C. starke Gaben Moschus von
Beer. XXXIH. 267.
Chordapsus und Ileus bei einem Kinde. Fall von Leopold.
XXXIU. 346.
Chorea. Ueber C. gesticulatoria und C. electrica von Hoertel.
— XXXIII. 108. — 2 Fälle von C. bei Schwangeren von Lerer.
Ibid. 247. — Eigenthümliche choreaartige Zufalle während der
Schwangerschaft und Geburt von Hecker. Vin. 417. — C. gra-
vidarum. Fall von Spiegelberg. XI. 116.
Circulationsgeräusch in den GeflUisen der Bauchdecke.
Ueber den Sitz desselben, von Hohl. XXXIU. 247. — Fall von
C. in der Gegend der Vasa iliaca von Malichecq Ibid.
Cloakbildung, die weibliche von Albers. XVI. 244.
Colica scortorum von Martin Hasting. XXXU. 428.
CoUodium. Anwendung des C. bei Nabelbrüchen der Kin der
von Mahy. VIII. 152.
Colloid des Ovarium's. Fall von Pagenstecher. itXXTU.
401. — Fall von Scanzoni. UI. 390.
C 0 1 1 o n e m a der Schamlippen. Fall von Hoogeweg. X. 241,
Collum uteri. Beschreibung der Krankheiten des C von
Fiihos. XXXU. 120. — Entzündung des C. von Bennet Ibid.
126. <- Krankheiten des C. uteri als Geburtahinderniss von
XXX Sachregister.
Heanig. XXXIII. 47. — lieber den Zustand des a a. in der
zweiten Hälfte der Schwangerschaft von Cazeaoz. VI. 291. —
Hypertrophische Verlängerung des C. von Hngoier. XIV. 146.
Colpeurynter. Erfahrungen über die Wirkung des Braun' -
sehen von Schmidt II. 423. — Einfacher billiger und leicht
herstellbarer C. von Stitzenberger. V. 464.
Colpitis puerperalis. Ueber eine im Winter 1869 — 60
beobachtete Epidemie von C. p. und Endometritis von Martin.
XVI. 161.
Compression der Aorta abdominalis als Blutstillungsmittd
von Spiegelberg. XI. 26.
Co nc Option, leichte und schwere von Leopold. XXXm. 354.
Conceptionen. Die Häufigkeit der C. bei Anämie und
anderen constitutionellen Krankheiten der Frauen von Meissner.
XVI. 116.
Conceptionsfähigkeit und Schwangerschaftsdauer des
menschlichen Weibes. Aufforderung an sämmtliche deutsche
Aerzte und Naturforscher zur Sammlung von Beobachtungen
über die C. von Grenser. IX. 131. — Zur Frage über die C.
der Frau, über die Dauer der Schwangerschaft und deren Ab-
hängigkeit vom Menstruationscyklus und ob der Tag der Geburt
von der Menstruationsperiode abhängt von Schwegel. X. 459.
Convulsionen. Fall schwerer C. bei einer Primipara von
Hemmer. IV. 426. — Puerperale geheilt durch Snppositorien
mit Oleum crotonis von Overton. XTV. 162.
Corpus luteum der Kuh zur Brunstzeit. I. 467. — Ueber
Anormitäten des C. 1. von Rokitansky. XIV. 681.
Craniotomie. Fall in dem das Kind am Leben geblieben
von Lagad. XXXIH. 267. — Fall von Greenalgh HI. 471. —
Ueber die neuen Methoden von Braun XIV. 78. —
Creuznacher Mineralwasser. Ueber Hypertrophie und
die harten Geschwülste des Uterus und seiner Anhänge und den
Einfluss des C. auf dieselben von Prieger. I. 183. und 241. —
Wirkung auf Frauenkrankheiten von Engelmann. VI. 478. —
Croup. Wirkungen der Emetica und Mercurialien im C.
geheilte Fälle von Coeurderoi und S^e. XXXUI. 108. — An-
wendung der Narcotica und Antispasmodica von Biesenthal. —
Behandlung durch Calomel. — Klystiere und Chin. sulph. von
Puls. Ibid. — Behandlung mit Argentum nitricum von Brown.
XXXin. 269. — Behandlung Cauterisation und Emetica von
Vauthier. Ibid. ~ Behandlung mit Cuprum sulphuricum von
Itzigsohn. Ibid. — Calomel, Alaun und Aetzung von Miqael.
Ibid. 270. — Contraindicationen der Tracheotomie von Lacage
du Thiers. Ibid. — Zwei Fälle von Tracheotomie mit Erfolg
von Laloy. Ibid. —
Cryptorchidismus. Ursache war Arthrogryposis spastica
infantum von Leopold. XXXIH. 348.
Sachregister. XXXI
Carette Ton Recamier bei einer langwierigen Uterasaffe c-
tion mit £rfolg applieirt, Gaz. des h6p. VIII. 296.
Cyanosis bei einem neugeborenen Kinde in Folge yon Ur-
sprung der Aoita aus dem rechten Ventrikel von Hecker
Vm. 420.
Cystentumor des Cerriz uteri durch den Ecraseur entfernt
von Wells. XU. 89^
Cystosarcoma, über gutartige, der Brustdrüse von Schuh.
V. 294.
Damm. Anschwellung und Zerreissung des D. bei der Ge-
burt von Schnitze. VII. 241.
Dammfistel, nach Durchgang des Kindes durch das Mittel-
fleisch von Simpson. VII. 311.
Dammgeburt und ein Fall von Vagitus uterinus von
Grenser. YIII. 858.
Dammnaht. Zwei Fälle von plastischer D., die von Jobert
nach seiner neuen Methode (par glissement) bei veralteten Damm-
rissen mit Glück ausgeführt wurden von Roz^. I. 469. -— D.-
schnitt von v. Bitgen. VIII. 122.
Dammriss. Operation des von Reybard. V. 388. — D.
geheilt durch den subcutanen Muskelschnitt des Sphincter von
Parker. VII. 142. — Fall von Brown. Vm. 62. — Operationen
zur Wiederherstellung des Dammes bei veralteten Dammrissen
und zur Verschliessung und Verengerung der Scheide (Episior-
raphie) von Simon. Xin. 271. — Subcutane Myotomie zur Ver-
hütung des D. von Cohen. XVni. SuppL 106.
Dammschutz, über die allmählige Vervollkommnung des
D., Methoden von Faustmann. XXXHI. 142. —
Damm schütz verfahren. Ueber sein D., von Ritgen.
VI. 821.
Darmblutungen der Neugeborenen von Rillet. XXXHI. 104*
Darminvagination von Riedel. XVII. 824.
Daucus carotta. Als Nahrungsmittel entwöhnter Kinder
von Gumprecht XXXTTT. 262.
Decapitation des Fötus bei Querlage und unmöglicher
Wendung von Streng. 1. 466. -> Instrument zu D. von Concato,
X. 62. — D. und Instrumente von Scanzoni. XVI. 395.
Decidua des Uterus und ihr Verhältniss zur Placenta ute-
rina von Reichert. XXXIII. 96. — Zur Geschichte der Anatomie
und Pathologie der Uterusschleimhaut , ihres Schleimes, der De-
cidua und Nabofschen Drüsen von Robin und von Ritgen.
XXXm. 146.
XXXTT Sachregister.
Decrepiditäts- Periode und das Verbalten des Arzti«
während nnd nach derselben von Helfft. HI. 20S und 278.
Deformität des Beckens. Ueber Craniotomie nnd äus-
serste von Greenlagh. III. 471, — nnd dadurch lethal verlaufende
Geburtsfälle von Feiler. IX. 241. —
Degeneration, amyloide, des ganzen Sexaalsystems. Fall,
von Virchow. IX. 266.
Deglutitio uterina. Vagitus uterinus mit D., Fall von
Wolff. m. 160.
Dermoidkjste des Uterus, welche Knorpel, Knochen und
Zähne enthielt von Wagner. X. 467.
Deviationen des Uterus nach hinten. Behandlung der D.
von Valleix. III. 230.
Diabetes mellitus, bei xwei Kindern durch Ferr. sulph.
geheilt von Heine. XXXUI. 276. —
Dickdarm. Fall von angeborener Verengerung des Dick-
darms von Lücke. XVII. 161.
Digitalis. Wirkung der D. auf den Uterus von Dlckinaon
X. 163.
Dislaceratio uteri, sechs Fälle von, von Hofinann. XXXL
146 und 289.
Doppelgeburt. Fünf Fälle, in denen die einzelnen Fötus
EU verschiedenen Zeiten in längeren oder kürzeren Zwischen-
räumen ausgestossen wurden, von Brächet. XXXIII. 268. —
Doppelkind von Loescher. V. 146. — D. von Sehoenfeld.
XIV. 378. —
Doppelmissgeburten. Kind mit zwei Köpfen von Niess.
I. 433. — Ueber die Bildung von D., bei den Fischen von Qoa-
trefages. V. 464. — Ueber das Entstehen der D., von Schultze.
Vn. 247. — Ueber die Entstehung von D., auf gemeinsamem
Dotter von v. Bitgen. VIII. 193. — Ueber Doppelmissbildongen von
Wigand. IX. 166.
Doppelmonstra. Ueber die Entstehung der D., Erwide-
rung auf die Bemerkungen des von Ritgen über die Arbeiten
des letzteren von Schultze. IX. 469. — Bescrivelse af et Par ved
Underkroppen sammenhaengende levende födte Tvillingsöstre af
Levy. XIII. 166. —
Doppelnaht zur Episiorraphie von Küchler. VIII. 470. —
Beleuchtung der von Küchler erhobenen Prioritätsansprüche in
Bezug auf die Anwendung der D. bei der Operation der Blasen-
soheidenfistelu von Simon. X. 138. — Ueber die Wirkung der
D. zur Sicherung der Herstellung eines soliden Dammes und
Scheideneinganges bei der Episiorraphie von Küchler. XI. 18.
Douche, warme, bei Eclampsie von Holst. XXXIL 86. —
Driburg. Die Driburger Kur bei Schwangeren von Brück.
XI. 262.
Druck. Entbinden durch D., statt durch Zug von v. Bitten.
Sachregister. XXXUl
VIII« 233. — Wie pflanzt sich der Druck der Bompflast auf das
Kreuzbein fort? von Spiegelberg. XIV. 60.
Drüsengewebs-Neubildung von Wagner. XVIII. 824. —
Dünndarmscheidenfistel. Beschreibung einer bei gleich-
zeitiger Blasenscheidenfistel mit epikritischen Bemerkungen über
erstere von Simon. XIV. 439.
Dura mater. Fall von angeborenen faserigen Bindege-
websneubildungen mit innerer Verfettung und Krystallbildung
in der D., Glandula thymus und Leber von Lehmann. IX. 168.
Durchmesser. Maasse der D. des reifen Fotnskopfes be-
stimmt an 700 Neugeborenen von Van Pelt. STVT. 308.
Diatribe. Instrument zur Verkleinerung des Kindskopfes
von Didot. XXXHI. 267.
D 7 s m en 0 rr h ö e. Ursache der D. , die angeborene Verenge-
rung des Muttermundes und Halses von Edwards. XXXHI. 388.
— Verschiedene Arten der D. von Oldham. Ibid. -« Citronen-
saft gegen D. von Headland. Ibid. — Behandlung der D. und
Amennorrhoe mit Apiol, von Delorme. Xvil. 164. —
E.
Eclampsie. Beschleunigung der Geburt bei E. durch die
warme Donche von Holst. XXXil. 86. — E. 13 Stunden nach der
Geburt eingetreten durch Chloroform gehoben von Gros. XXXHI*.
268. — E. bei einer Wöchnerin von Hoogeweg. I. 76. — E. par-
turientium von Clemens. H. 114. — E. heftige im achten Schwan -
gerschaftsmonate von Bourgeois. H. 602. — E. albuminosa bei
Schwangeren von Legroux. IH. 222. — Ueber E. und ihren Zu-
sammenhang mit Albuminurie von Depaul. Ibid. 226. — E. puer-
peralis von d*Huillier. V. 160. — Ueber die Behandlung der E.
während der Geburt von Cabaret. V. 226. — Neun Fälle
bei Frauen und Kindern durch Chloroform - Einathmungen
geheilt. VI. 296. — E. durch Chloroform geheilt von Latour.
VTH. 146. — Beweise fiir den Zusammenhang mit Uraemie von
Braun. Vlii. 449. — E. ohne Albuminurie von Spiegelberg. XI.
117. - Fall von Puget. XH. 69. — Fall mit glücklichem Aus-
gange von Pesch. XH. 161. — Fall von Hoffmeier. XIH. 162.
— Neunzehn neue Beobachtungen über E. und den Zusammen-
hang mit M. Brightii von Krassnig. XV. 393. — Fall von Mosler.
Ibid. 466. — Subcutane Application des Morplüum, Fall von
Scanzoni. XVI. 237. — Ueber E. von Breslau. Ibid. 411. —
Tödtlicher Fall von Gyoux. Ibid. 473. — Glücklicher Fall von
Bonifas. Ibid. 474. — E. puerperalis von Kehrer. XVIH. 228.
— E., von Behm. XVHI. Suppl. 1. — Subciitane Application
des Morphium bei E. von 0. Franque. XVHI. Suppl. 210.
Monataiichr. f. Oeburtuk. 1861. Bd. ZYin. C
XXXIV Sachregister.
Ecrasement lineaire des cerrix uteri von Breslau. XI.
39. — E. 1. von Langenbeck. Ibid. 402.
Ectropion am Muttermande von Roser. XVni. 84.
Ecthyma-Pusteln am Unteranne eines Gkbortshelfers. Ghu.
m^d. V. 463.
Ei, im fünften Monate abgestorben und bis zu Ende der
Schwangerschaft ohne Fäulniss getragen. Fall von Bide. XXSU.
441. — Pathologie des menschlichen £., von Scanzoni. XXXm.
243. — Athmen und Schreien eines im unversehrten £i gebomen
Kindes von Hüter. VIÜ. 55. — Entwickelung des £. und der
Eierstocksfoliikel der Säugethiere, von Spiegelberg. XYI. 223. ^
Eierstock. S. Ovarien.
Eihäute. Anzeigen zur Eröffnung der £., von v. Bitgen.
Vm. 237.
Eileiter. Eigenthümlicher Zustand und Lage der £., von
Kryszka. X. 386.
Eingewachsensein eines Pessarium im Douglas'scheD
Räume. Entfernung desselben durch den Mastdarm von Laders.
Xn. 71.
Einklemmung der Hemia ovario- vaginalis und deren Be-
handlung von Braun. XV. 472.
Einschneiden in den Mutterhals während der G^ort von
Nichet. XXXTTI. 103.
Einspritzung von Höllensteinlösung in die Gebärmutter
von Retzius. XXXI. 392.
Eireifung: Erscheinungen der jährlichen £. beim Weibe
von Mattei. XTIL 386.
Eiterung beim Abfallen der Nabelschnur von Meckd«
in. 386.
Erweichung des Gehirns. Fall von Guttmann. XXXIIT.
237. Fall von Roesch. Ibid.
Electricität. Einfluss der £. bei unterdrückter Milch-
secretion von BecquereL IX. 470. — Anwendung in der Grebuits-
hülfe von Baer. XVm. 278.
Electropunktur. Neue Anwendung der £. bei £xtraateriii-
schwangerschafb von Bachetti. III. 68.
Elephantiasis der Nymphen und der Harnröhre von Richard.
IV. 231. — E. vulvae von Thompson. VII. 487.
Embryotomie. Bei einem mit der Brust zusammengewach-
senen Doppelkinde von Gosselin. XXXII. 427. — lieber die
praktische Wichtigkeit und. 3 Fälle, in denen der Forcepsscie
gebraucht, von Vanhuevel. 11. 149. — Verfahren von Heyerdahl.
IX. 144. — Methode mittels einer Kettensäge von Faye. Ibid.
145. — E. von Vogler. X. 378. und XI. 67. — Partus praema-
turus und E. von Faye. XV. 164. — Von Vogler. XVEO. «04.
Emetica. Wirkungen der E. und Mercurialien im Ooiq».
5 geheilte Fälle von Coeurderoi und S^. XXXIII. 108.
Sachregißter. XXXV
Empfindlichkeit der Vagiua weheuartige dtets bei Mehr-
gebärenden von Leopold. XXXm. 352.
Emphysema vesictdare polmonam bei einem 18 Wochen
alten Fötus von Schnitzen. XXXDH. 704.
Ems, Mittheilungen über die Thermen von von Spengler.
ni. 237.
Encephalocele. Ueber £., Spina bifida und Hydrocepha-
lus chronicus von Bohrend. XXXIJUL. 263.
Endometritis während der Geburt von Martin. XVI. 81.
— Ueber eine im Winter 1859—1860 beobachtete Epidemie puer-
peraler Colpitis und Endometritis von Martin. XVI. 161.
Enge, abnorme, der Vagina bei der Geburt nicht hinderlich
von Dufour. VIII. 373.
Engorgement chronique des Uterus. Fall von Kilian.
XXXI. 241.
Entartung. Organische Unnachgiebigkeit und E. des
Muttermundes bei der Geburt von Eichmann. IV. 76. •— Die
sog. fettige der Placenta von HelfPt. V. 189. — E. der Ovarien.
Fall von Zimmermann. XI. 74. — Tuberculose E. des Uterus
im dritten Monate von Cooper. XVI. 73. —
Entbinden durch Druck statt durch Zug von v. Bitgen.
Vm. 283. — Von Hohl. X. 230. —
Entbindung mit Emphysem complicirt von Tod. VII. 314,
•— E. einer Zwergin von Schreier. VHI. 116. — Entbindung
einer Frau von einem lebenden Kinde mittels der Zange, nach-
dem in den drei früheren Entbindungen Crani'otomie verrichtet
worden, von Strange. Vlll. 147. — Entbindung, schwere, bei
einem Hydrocephalus congenitus von Heiland. X. 248.
Entbindungen, künstliche. Jahresbericht über die k . E. in
Mittelfranken im Jahre 1856/57 von Major. XHI. 382. — Ueber
die gewaltsamen Mittel, die Eclampsie zu unterbrechen, von Ha-
moir. XIV. 72. —
Entbindnngs-Anstalt zu Christiania in 1851 von Faye.
n. 288 und 405. — - Zu Coeln, zu Stockholm, zu Göttingen, zu
Halle, zu Osnabrück, zu Leipzig siehe Bericht
Enteritis. Merkwürdiger Sectionsbeftmd bei einer an £.
verstorbenen Frau, von Steinthal. XVI. 49.
Enterostenosis bei einem neugeborenen Knaben. Fall
von Hecker. IX. 262.
Entfernung der Placenta. Simpsons Methode zur Stillung
der Haemorrhagien, während der Geburt bei Placenta praevia
von Sayas. X. 308. Gaz. des höp. X. 809.
Enthirnung ohne Erfolg von Lehmann. XI. 54.
Entophyten im Uterus. Fall von Vilkinson. XXXIH. 398
Entwiokelung. Ueber einige Verhältnisse, die Einfluss
auf die stärkere oder schwächere £. der Frucht während der
Schwangerschaft haben, von Frankenhäuser. XHI« 170.
C*
XXXVI SachregiBter.
Entzündung des coUum uteri und Behandlung von Helfii.
XXXI. 372. — £. und VergrösBerung der Leber und Mik bei
Kindern. 7 Fälle von Battersby. XXXIII. 268. — Aphthöse E.
der Vagina von Lever. Ibid. 390. — E. der Ovarien von Tut.
Ibid. 401. — E. des Muttermundes und Halses von Rigby. VULl.
148. — E. des Zellgewebes des Beckens von Aran. Ibid. 237. —
E. des Mutterhalses von Rigbj. IX. 152. — E. um den Utenu
herum von Gudneau. XV. 896. —
Epidemie, lieber eine im Winter 1859/60 beobachtete £•
von puerperaler Colpitis und Endometritis von Martin. XVI. 161.
— Ueber eine in Prag beobachtete Puerperalfieber-Epidemie von
Weber. XVI. 419.
Epidermide, de, in neonatis . soluta a V« Hüter. XQI.
166. —
Epilepsie vom Uterus ausgehend von Mayer. XVHI. 105.
Episiorraphie. Zur Greschichte der E. mit Besiehung auf
Küchler's angebliche Radikalheilung des Prolapsus uteri durdi
E. von Simon. VX 299. — Neue Methode von Breslau. XI. 21.
— Operationen zur Wiederherstellung des Dammes bei veralteten
Dammrissen und zur Verschliessung und Verengerung der Scheide
von Simon. XHI 271.
Erblichkeit. Ueber die Vertheilung und das VerhSitniss
des Geschlechtes und über den Einfluss der £. bei mehr£&chen
Früchten von Baillarger. VH. 145.
Erbrechen, nicht zu stillendes bei einer Schwangeren mit
folgendem Abortus und Tod von Marc^. I. 395. — Eine wenig
gekannte Ursache des E. VIII. 284. — Wichtige Form des bös-
artigen E. in den letzten Monaten von Claj. XI. 399. — £. der
Schwangeren von Bagot. XVI. 72. —
Erinnerungen an Smellie von v. Ritgen. H. 269.
Erkalten. Ueber das allmähüge E. der Neugebomen von
Hervieux. V. 296.
Erkranken der Kinder durch Entziehung von Nasse. XXXill.
237. — Ueber fieberhafte E. nach Operationen von Simpson.
XV. 306. —
Ernährung, künstliche. Bemerkungen über Selbstnfihren,
Ammenwesen und E. von Wegscheider. X. 84.
Eröffnung. Anzeigen zur E. der Eihäute von v. Ritgen.
Vm. 237.
Erosionen und Granulationen des Collum uteri kommen
nicht idiopathisch vor, von Timbart. XXXQ. 129.
Ertrinken des Neugeborenen im Abtritt, von Born. XV.
161. — Einige Fälle von Ertrinkungstod bei Neugeborenen von
Simon. XVI. 30.
Erweiterung. Zur Lehre von der manuellen E. des Mutter-
mundes während der Geburt von Davidson. VI. 66. — Die blu-
tige E. der Schamspalte als Mittel den Dammriss zu verhüten,
Sachregister. XXXVII
von Langheiurich. VI. 462. — Die E. de» Muttermundes wäh-
rend der Geburt von Credd. VII. 242. —
Erysipelas neonatorum bei einem neun Tage alten Mäd-
chen. Heilung durch homöopathische Anwendung der Belladonna
und Fetteinreibungen von Yvaren. XXXTII. 107. — lieber ein
im Winter 1869—1860 beobachtetes puerperales E. phlegmbnodes
von Retzius. XVII. 191. —
Evulsion der Placenta. Entfernung der Placenta in den
ersten Schwangerschaffcsmonaten mittels Ausreissen, von Gibbs.
XVI. 80.
Excision von Ovariumgeschwülsten vonErichsen. IV. 813.
— E. des Uterus durch den Bauchschnitt, von Peaslee. VI. 886.
— E. grosser gestielter Uteruspolypen von Simpson. Ibid. 471, —
Exfoliation der Mucosa des Uterus, von Giraudet. XL 146«
E. des Scheidenepithels in Form von Abdrücken der Vagina
mit Bemerkungen, von Farre. XTV. 238. —
Exomphalus. Zwei Fälle von Thomas Balfour. XVm. 87.
Exophthalmos. Zwei Fälle von Hofmann. IV. 401.
Exostose des Beckens, die den Kaiserschnitt bedingte, von
Behm. IV. 12*
Exstirpation einer fibrösen Geschwulst der linken Scham-
lippe, von Weickert. XXXI. 144. — E. der Ovarien verwirft
Velpeau. XXXII. 132. — E. uteri ausgeführt zur Heilung einer
Inversio uteri, von Higgens. XXXIII. 896. — E. eines grossen
Ovarien-Colloids, von Scanzoni. HI. 390. — E. des Uterus von
Reiche. IV. 460. — Fall, von Windsor. VI. 392. — E. eines in-
vertirten Uterus, von Geddins. Ibid. 395. — E. hypertrophischer
Vaginalportionen bei Prolapsus uteri, von C. Mayer. XI. 163.
— E. der interstitiellen Uterusfibroide , von Langenbeck. XIH.
160. — E. der fibrösen Tumoren des Uterus, von demselben.
Ibid. 152. — E. eines Medullarsarcoms aus der Gebärmutterhöhle
von Mayer. XIII. 179. — E. beider Brüste, von Hess, XHI. 384.
— Zur Casuistik der fibrösen Uteruspolypen und deren E., von
Simon. XIV. 1. — E. eines invertirten Uterus mittels des Ecra-
aeur von M*Clintock. XV. 314. — Ueber die galvano-cau-
stische Exstirpation der intrauterinen Polypen, von Braun. XVI.
164. — E. einer krebsig entarteten Gebärmutter von den Bauch-
decken ans, von Sawyer. AYll. 66. —
Extra et ion. Ueber die Nothwendigkeit nach der Wendung
auf die Füsse, von Proebsting. XXXTTT. 20. — E. der Knochen
eines Foetus durch den After, von Parfenenko. VQI. 286. —
Bemerkungen zur Wendung und E. des Kindes an den Füssen,
von Meissner. X. 342. — E. der Frucht, nach dem Modus der
sogen. Selbstentwickelung, von Veit. XVIH. 457.
Extraperitonaealabscess in der regio pubis, langwieri-
ger Verlauf, Oeffnung nach aussen, Heilung, von Deutsch. XI. 227.
Extrauterinschwangerschaft. Fall von Watson. XXXni.
XXXVni Sachregister.
95. — Fall von Blass. in. 147. — Fall von Bogren. Ibid. 148.
— Abortiv-Beliandlung durcli Electropunktur, von Bacheti. XL
146. -- Von Höven. XI. 467. — Fall von Ch^villon. XII. 319.
— Von Adams. XVIII. 84. — Fall von Entleerung sämmtlicher
Knochen dnrch den Bauchschnitt, Genesung der Matter von Pauk.
XVm. 482. —
Ezulceration und Obliteration der Milchgänge von Boachat
m. 476.
F.
Färbung. Bläuliche F. der inneren Schleimhaut der Scham*
theile in der Schwangerschaft als diagnostisches Zeichen, von
Huguier. XXXI. 14g.
Febris intermittens saugender und ganz junger Kinder,
von Schnitzer. XXMH. 2S4.
Fehlgeburten, habituelle, von Syphilis des Vaters oder der
Mutter herrührend, von Lodge. XXXII. 137.
Fibroid des Uterus, über das Zerstören derselben durch
das Brennen von Betzius. XXXE. 423. — F. der äusseren Geschlechts-
theile. Fall von Neugebauer. XXXITT. 391. — F. und Krebs des
Uterus mehre Fälle von Ballard. Ibid. 397. — Beobachtungen übcr
F. im Uterus und in der Vagina als Geburtshindemiss, von Pillore.
V. 160. — Fall von Fürth. V. 298. — Ueberblutende F., von Albers.
Ibid. 386. — W^lnussgrosses F. der Scheide, von Hecker. VIL
97. — F. der ijuSStf von 62 Pfiind, von Bmm. X. 817. — Ein
grosses interstitielles F. in der vorderen Wand der Port, vagina-
lis uteri ezstirpirt, von Santesson. XI. 401. — Gestieltes Fibr.
auf der Peritonäalfläche des Uterusgrundes, Incarceration dessel-
ben in der Schwangerschaft und Geburt, Reposition, Wendnng,
von Spaeth. XVI, 392. — Seltener Ausgang eines F. des Uteros,
von Lumpe. Ibid. 393. — Submucoses F. des Uterus, von Lumpe.
XVn. 394. — U. f. Fall von Klaproth. XI. 86. 91. — Exstir-
pation der interstitiellen U. f., von Langenbeck. Xm. 160. —
F. Ein grosses F. des Uterus, von Lücke. XVIH 111. —
Fibröse |Uterusgeschwülste. Instrumente zur Anboknmg,
von Harper. XVI. 479. —
Fissura cranii. Sturzgeburt F. c, Cephalaematoma exter-
num und intemum, von Olshausen. XVI. 33.
Fistel. Ein Fall von Vesico-uterin- und Utero-abdominal-F.,
von Stoltz. XXXI. 240, s. Blasenscheidenfistel.
SachregiBter. XXXIX
Flexio uterL Ueber P. u, von Kokitansky. XIV. 314. —
lieber die Entstehung, von Virchow. Ibid. 815 und 316. —
Aufrichtung des fleetirten Uterus durch die Anwendung der Elec-
tridtät, von Fano. XY. 812.
Fluor albus. Ueber die Secrete des F. a., von Beigel.
V. 467.
Fotalgeschlecht. Zur Diagnose des F., von Steinbach.
XVnL 428.
Fötalpuls. Ueber den Zustand des F., als Anzeige zur
künstlichen Entbindung, von Simpson. VI. 467. — Ueber den
P. von V. Hüter. XVm. Suppl. 23.
Fötus. Elf Jahre im Uterus retinirt. Fall von Vondoerfer.
XXXTL 443. — F. im F. geheilt durch Durchbruch der Kiste in
den Darm, von Albertoni. VI, 468. — Foetus velamentis non
rnptis respirans et vagiens, von Heinemann. IX. 157. — Missge-
formter F., von Biedel. XTIT. 11. — Beiträge zur Geschichte
des Fötus im Fötus, von Schwartz. XVH. 75.
Follikel. Ueber die Flüssigkeit der Graafschen F., von
Luschka. XI« 215.
Follicular-Polyp des Uterus, von Follin. VE. 315.
Pomentationen. Ueber prophylaktische Anwendung kal-
ter F., nach schweren Geburtsfällen, von Lenz. XVH. 125.
Forcepsscie bei einem lebenden Kinde angewendet, von
Huevel. XXXTTT. 257. — 12 Fälle von Anwendung zur Beendi-
gung der Geburt, von de Büli. VIL 23. -— Kritische Prüfung
der klinischen Erfolge der F., von Didot. XVI. 476.
Form Veränderungen und Lageabweichungen des Uterus
und ihre Behandlung mitteb Aufrichtungsinstrumente. Verhand-
lungen der Akademie der Medicin in Paris. IV. 370.
Fractur des Schädels mit Depression bei einem 7 Monate
alten Kinde, Trepanation, Tod, von Gay. X. 470.
Frauenkrankheiten mit Profluvien verbunden, von Gibert.
XXXII. 428.
Früchte. Zwei zusammengewachsene F., von Retzius. n.
289. — Sechswöchentliche unversehrte Frucht, von Kaufmann.
Xm. 10.
Fruchtbarkeit, ausserordentliche, von Wood. XV. 462.
Fruchtlagen, s. Kindeslagen.
Frühgeburt, künstliche, 15 Beobachtungen von F., von
Hemnann« XXXn. 426. — Die Uterindouche von Kiwisch em-
pfiehlt zur F., Küian. Ibid. — G«gen k. F. bei Beckenenge
gibt Proebsting zwei Gründe an. Ibid. — F., künstliche, durch
die Uterusdouche, von Kiwisch. XXXÜI. 99. — Zwei Fälle
von k. F. wegen Erbrechens in der Schwangerschaft, von
Churohfll. Ibid. — K. F. ohne Beckenenge, von Dubois Ibid.
— Beobachtungen über die k. F., von Ziehl. XXXTTT. 200. ^
XL Sachregister.
F. durch den Tampon ausgeführt, von Nägele, XXXill. 253. —
Zwei Fälle durch die aufsteigende warme Uterosdouche vm
Grenser. Ibid. — Ueber den practischen Werth aller bis jetzt
empfohlenen Methoden zur Erweckung der F., nebst zweier neuen
praktisch mit günstigem Erfolge geprüften Vorschläge auf höchst
einfache Weise schnell und sicher die künstliche F. zu erzielen,
von Harting. I. 161. — Ein neues Verfahren zur künstlicfaea
Einleitung der F., von Scanzoni. I. 313. — Fall von künsüi^üier
F., wegen Eclampsie, von Casier. I. 315. — F., künstliehe, we-
gen lebensgefährlicher Vereiterung des Bindegewebes des red^ea
Beines, von Credd I. 397. — F., künstliche, durch neueste Me-
thoden, von Sack. 11. 314. — Einige Verbesserungen der Cohen-
schen Methode, von Cohen. 11. 321. — Zwei Fälle durch Reirang
der Brustdrüsen Warzen, von Germann und Langheinricb. EL 4S&
— Fall von Ludwig, n. 42S. — Ueber die Coheu'sche Mediode
der Einleitung der F., von Steitz. III. 149. — F., künstlidie,
Ueber die Injection in den Uterus vonKilian bewirkte. lU. 236«
— F. gegen die 30. Woche mittels der Douche bewirkt, von Au-
binais. III. 304. — F. Wem gebührt die Priorität des Vorschla-
ges intrauterinaler Injection zur Erweckung? von Sack. in. 305.
— F. eingeleitet nach Cohen's Methode, von Strauss. III. 385.
— F., künstliche, in der 30. Woche wegen eines organischen mit
heftigen Zufallen complicirten Herzleidens, von Dubreuilh. DL
472. ~ Beobachtung einer von selbst erfolgten F., 36 Stunden
nach dem vermeintlichen Tode der Mutter, von Mayer. IV. 137.
F., die künstliche, durch Injectionen in den Uterus, von RiedeL
V. 1. — Zwei Fälle der Art von Cohen. V. 42. — Bemerkung
zu der Cohen'schen Methode, von KeUer. V. 49. — F., künet-
liehe ; nach Cohen's Methode. Fall von JennL VI. 140. — F^
künstliche. Fall von Villeneuve. VI. 464. — Zwei FäUe, von
Langheinrich. Ibid. 465. — Ein Fall durch die Wasserdoudke^
von Hardj. Ibid. 466. -- F., künstliche. Der Zustand des Foetal>
pulses als Indication, von Simpson. VI. 467. — Die Indicatioii
zur künstlichen F., gegen Beckenverengerung, von Snoep. VIL
69. — F., künstliche, nach Cohen*s Methode. Zwei Fälle von
Crede. Vn. 87. — Ein Fall von Birnbaum. Vn. 89. — Noch
ein Fall zur Casuistik der F., von Biedel. VII. 92. -r F., künst-
liche, durch die Uterusdouche bewirkt, von Bouchacourt. VII.
148. — F., künstliche, nach der Methode von Schweighäuser-Co-
hen, von Lehmann. VIII. 45. — F. durch Kohlensäure einge-
leitet, von Scanzoni. Vm. 61. — Ueber einen Fall von künst-
licher F., nach Scanzoni's Methode und Beurtheüung des Verfah-
rens nach den bisherigen 12 Erfahrungen, von Spaeth. Vm 146.
— Einleitung der F. mittels Inductions-Electricität, von Hennig.
IX. 75. — F., künstliche, monographisch dargestellt, von A. Krause.
IX. 77. — F., künstliche, durch die aufsteigende Douche, von
Staub. IX. 148. — Ueber einen unglücklichen Fall der kfinst-
Sachregister. XLI
liehen F., nach Gohen'B Metiiode, von Cohen. IX« 878. — F.,
eingeleitet im siebenten Monat, wegen hartnäckigen Erbrechens,
von Elarris. IX. 884. — Kohlensäure als Mittel zur künstlichen
Einleitung der F., von Scanzoni. X. 810. ^ F., künstliche, mit
Erfolg fiir Mutter und EJnd, ausgeführt bei Lungenapoplexie,
von Aran. X. 377. -— F., 8 Fälle von künstlicher, nach der Co-
hen'schen Methode, von.BiedeL XI. 1. — Ein Fall von Heeker.
XI. 12. — Erinnerung an eine Abhandlung über k. F., von
V. Ritgen. XI. 48. — Drei Fälle von künstlicher F., nach der
Cohen*schen Methode, von Cred^. XI. 126. — Ein Fall nach der
Simpson- Krause'schen Methode, von Yalenta. XI. 144. — - Ein
Fall nach Cohen's Methode, von Haussmann. XI. 888. — Vier
Fälle von künstlicher F., nach Cohen's Methode, von Coesfeld.
XI. 452. — Drei Fälle nach Eiwisch's Methode, von Groeningen.
XI. 452. — 28 Fälle von künstlicher Erregung der F., nebst Be-
merkungen darüber , von Germann. XQ. 81. 191. 276. 361. — Ceber
Einleitung der Geburt vor dem siebenten Monate, von Lee. Xn.
818. — Uebersicht der Erfahrungen über Intrauterinal-Injectionen
zum Behufe der k. F. von Birnbaum. XQ. 475. — Drei und
zwanzig Fälle von künstlicher Erregung der F. nebst Bemerkun-
gen darüber, von Germann. Xill. 209. — F., künstliche, von
Reymann. XIV. 157. — F. im 7. oder 8. Monat mit schliess-
lichem Abgange der Knochen des Foetus durch den After, von
Bryan. XIV. 157. — Zwei Fälle von künstlicher F. nach Ki-
wisch's Methode, von Hamon. XIV. 158. -- Drei Fälle von künst*
Ucher F. nach Coben's Methode, von Cohen. XIV. 226. — Er-
regung der künstlichen F. durch Katheterisation, wegen acutem
Lungenödem, von Kirsten. XIV. 278. — F., künstliche, nach
Cohen's Methode, von Lumpe. XVL 154. — Ueber k. F. und
galvano-caustische Ezstirpation der intrauterinen Polypen, von
Braun. XVI. 154. — F., künstliche, nach der Methode von Mer-
rem-Krause, von Hennig. XVI. 177. — Beobachtung einer künst-
lichen F., von v. Meerstraeten. XVI. 478. — F. nach Cohen,
wegen Beckenenge, von Martin. XVUL 854. -— F.. wegen einer
fibrösen Geschwulst im kleinen Becken, von Olshausen. Ibid. 862.
-^ F., künstliche, zweimalige Einleitung bei einer Zwergin, von
Kirby. XVin. 488. — Einige Bemerkungen über Uterininjee-
tionen, von Lazarewitzsch. XVni. Suppl. 211. — von James. Ibid. 218.
Fünftlingsgeburt von Kreber. IH. 286. •- F. von Flei-
scher. IX. 149.
G.
Galactorrhoea. Mittheilung eines Falles, von Ghienean.
IX. 229.
XUI Sachregister.
Galvanismaa in der Greburtshülfe. Ueber die Behandtiug
unmreicheiider WehenthiÜigkeit und Vergleich der Wirksamkeit
des Seeale und des G. in der Geburtshnlfe, von Barnes. IV.
188. — Bemerkungen über G. in der Gebortshulfe, von Radibrt
IV. 188.
Galvano -canstik. Galvanokaostische Ezstirpation dar
intraaterinen Polypen, von Braon. XVL 154.
Gastromalacie. Zwei FäUe von Schwandner. XXXHI.
109. — Zwei Arten der gallertartigen G., von Gattmann. Ibid.
Vier Krankengeschichten nebst Sections- Berichten von G., von
Schnnrrer« Ibid. —
Gastrotomie. 21 Standen nach Zerreissang des Utems,
Entwicklung des todten Kindes und Genesang der Matter, von
Qilmann. V. 882. — G. bei Extrauterinsehwangerschaft, die €
Jahre gedauert, dadurch geheilt wurde, von Ch^vülon. Xii. 319.
Gebären, unbewusstes, von A. K. KL 470.
Gebäranstalt, die neue, in München, ihre Geschichte and
Erfahrongen, von A. Martin. IX. 286.
Gobäranstalt in München. Statistische Tabelle aber die
Vorkomnmisse in d. G., vom 1. Od 1869 bis 80. Septbr. 1860.
XVn. 78. — Von Schmitt, vom 1. Oct 1858 bis 80. Septbr. 1859.
XV. 897.,
Gebärhaus. Bericht über die Ergebnisse in dem unter der
Leitung des Prof. Valenta stehenden Gebär* und Findelhanse üi
Laibach, vom 1. Oct. 1857 bis 80. Sept. 1858, von Watscher.
XVI. 897. — Bericht über das Gebär- und Findelhaus in Triest,
von Braun. VL 469. und IX. 280. —
Gebärklinik. Aus dem Bericht der G., an der med.-diir.
Lehranstalt su Graz im Studienjahr 1858/69. XVII. 818.
Gebärmutter, s. auch Uterus.
Gebärmutter. Exstirpation einer krebsig entarteten 6.,
von den Bauchdecken ans, von Sawjer. XVII. 65.
Gebärmutterblutung. Ueber die noch nicht vollständig
ergründeten Ursachen der G. bei tiefem Sitae der Plaoenta, von
V. Bitgen. IX. 849.
Gebärmutter hals. Ueber den physiologischen Zustand
des G. in der Schwangerschaft, von Costilhes. V. 72.
Gebärmutterriss. Zwei Fälle von Mangold. VIIL 1. —
Bemerkungen über denselben, von Hoffmann. VUI. 218. ^ Ent-
gegnung hierauf, von Mangold. VIIL 868.
Gebärmütterträger: s. Pessarium.
Geburten, schwere. Ueber Ursachen und Behandlung, von
Davis. XXXm. 261.
Geburtsprozess. Beiträge zur Mechanik und Phorono-
mie des normalen G., von Paulus. I. 268. — Geburt ohne Wehen,
von Blankmeister. m. 18. —
Geburten. Ueber freiwillige G., die schnell und ohne
Sachregister. XLDI
Schmensen varlaofen, nebst einigen Beobaohtongen zur möglichen
Erkenntnis! der Ursachen jener, von Mattei. IV. 469.
Geburt. Untersuchung wegen statt gehabter, von Vezin.
V. 321.
Geburtsmechanis mu s. Geschichte der Forschungen über
den G.. von Stammler. V. 891. — Von Knoes. VL 72. —
Geburtsarbelt, schwierige. Peritonitis, Tod, von Trend.
Vn. 60.
Geburt, bei vorliegenden Schultern nach Ghloröfarm, von
Alaonoury. VIH 223.
Geburtsfall, abnormer, von Monteils-Pons. Vm. 387.
Geburt. Bückgängigkeit der G., von Charrier. XI. 466.
Geburten, mehrfache, von Spoendli. Xlll. 456.
Geburt. Verspätete G., Beobachtung von solcher, von Tar-
ueau. XVI. 157. — Ueber die Störung der G. bei Kopflagen,
bedingt durch zu grossen Umfang der Brust und Schultern, von
Jaoquemier. XVII. 169.
Geburtsthätigkeit. Einfiuss der G. auf den Körper der
Frucht, von Birnbaum. VII. 103.
Geburtshülfe und Gynäkologie in Frankreich, Grossbri-
tanien und Irland, von Arneth. L 167.
Geburtshülfe in Kurhessen. Beitrag zur Statistik der G.,
von Schreiber. Vm. 326. — G. in Dublin (The Dublin practice
of Midwiferj bj MaunselL) XI. 407. — Zur gerichtlichen G.,
von V. Siebold. VI. 21. — Bedenken hierüber, von HohL VI.
211. ~ G. und Gynäkologie in London, Edinbnrg und Dublin,
von Spiegelberg. Vn. 196. — Betrachtungen über Sonst und
Jetzt der G., von Meissner. X. 436. — Practical midwifery in
the Dublin Lying-in Hospital by Sinclair et. Johnston. XIV. 387.
— Qnelques consid^ations prat. sur les accouch. en Orient p.
Eram. XVII. 396. —
Geburtshülfliohe Klinik an der Universität zu Palermo,
von Piazza. Vin. 297. — G. K. zu Wien, München, Marburg,
Würzburg. Klinik.
Geburtszange: s. Zange.
Gefässe des schwangeren Uterus von Virchow. X. 242.
Geheimniss. Ueber das Chamberlen'sche und Boonhay-
sen*sche G., von v. Bitgen. VIQ. 73. und 163.
Gelenksrheumatismus, postpuerperaler. Sieben Fälle.
Ann. de thär. XXXTTT. 94.
Gelenkverbindungen. Die G. und deren Verhalten bei
der Geburt, von Schwegel. Xm. 123.
Gerbsäure. Einwirkung der G. auf den menschlichen Ute-
rus, von Hennig. XEQ. 361.
Geschichte des anatomischen und Entbindnngs - Institats
zu Herbom, von Spengler. XI. 246.
XLIV Sachregister.
Geschlechts- Apparat. Zur Pathologie des weiblichen
G-, von HelflPL n. 8.
' Geschlechtdverhältniss. Ueber die Vertheilong und das
Verhältniss des Geschlechtes und über den Einfluss der Erblidi-
keit bei mehrfiEichen Früchten, von Baillarger. YII. 146. — >
Ueber die das Geschlechtsverhältniss des SLindes bedingenden
Ursachen von Ploss. XII. 321. — Zur Frage über die üi^
Sachen des Geschlechtsverhältnisses der Kinder, nebst einigen
anderen Beiträgen zur vergleichenden Statistik mit besonderer
Bücksicht auf den Kanton Zürich, von Breslau. XVI. 73. —
Neue Beiträge, von Ploss. AVlli. 237. — Beplik auf Flosa, von
Breslau. XVIII. 470.
Geschlecht des Foetus. Ueber die Frankenhäuser^sdie
Entdeckung, das Q. durch Zählung der Herztöne erkennen m
können, von Breslau« XV. 437. — Ueber die Häufigkeit der
Herzschläge beim Foetus und bei Neugeborenen von verschiede-
nen Geschlechtern, von Hennig. XV. 448. Von Haake. XV.
456. Von Steinbach. XVm. 428.
Geschwulst. Exstirpation einer fibrösen G. der linken
Schamlippe, von Weickert XXXI. 144. — Nässende Geschwulst
der Schamlippen, von Lee. Ibid. 230. — Uteringeschwülste, bös-
artige, 3 Fälle, von Schearman. XXXI. 434. — Die fibrösen
G. des Uterus und ihre Diagnose, von Lee. XXXII. 118. —
Bei fibrösen G. des schwangeren Uterus verwirft Simpson die
künstliche Frühgeburt. Ibid. 119. — Hydatiden-G. der Brüste,
von Brodie. XXXTI. 132. — G., lymphatische, der weiblichen \
Brust, Aetiologie und Behandlung, von Coley. XXXUL d5. j
— G. der Schamlippen, Fälle von Lever. Ibid. 391. — - G., intcr- •
stitielle des Uterus und Exstirpation. Fall von MaiBonneuve. f
XXXIII. 398. — Bildung zahlreicher G. im Körper einer Schwan-
geren, von Lorrain. H. 236. — Fibröse G. des Uterus, als Com-
plication einer Geburt, von Sequerc^. IV. 227. — Fibröse G. des
Uterus als G^burtshindemiss, von Lehmann. V. 148. — G., in-
trauterine, namentlich Molen, von Mayer. VH.- 97. — Entfernung
fibröser G. des Uterus. Med. Times and Gaz. Vm. 67. ^
Ueber eine eigenthümliche G.^ in dem unteren Ende der Wir-
belsäule eines todtgeborenen Mädchens, von Virchow. IX. 259.
G. Ueber die G. der vorliegenden Kindestheile bei natürlichen
Geburten in forensischer Beziehung, von Elsaesser. X. 144. — G.
im kleinen Becken, von Ulrich. XI. 97. — G. Vergleichende
Diagnostik der Geschwülste des Bauches mit den Ovarienkysten,
von Boinet. XVL 317. — Fall von einer kystenartigen ardc-
nomatösen G. in der hinteren Muttermundslippe, von Martin und
Strassmann. XVI. 421. — Vorlegung einer länglichen wallnuss-
grosdffloiG., von Hoffineyer. XVQ. 101. — G., fibröse vom ersten
Sacral- und Lendenwirbel, hierdurch Beckenenge von Mayer.
Sachregister. XLV
Frühgeburt nach Cohen von Mai-tin. XVUI. 354. — G. fibröse
iin kleinen Becken. Künstliche Frühgeburt von Olshausen.
Ibid. 362.
Geschwür des Uterus, phagedänisches von Ballard,
XXXIU. 397. — Diagnose und Behandlung der G. des Cervix
von Cramoisj. XI. 76. — Von Mascarel. Ibid. 297.
Gesichtsgeburten. Zur Lehre von den G. von v. Siebold.
Xm. 313.
Gesichtslage. Siehe Kindeslage.
Gesichtsschmerz in Folge eines Uterinleidens von Main-
waring. XXXI. 242.
Gewicht des Uterus. Ueber die anatomischen und patho-
logischen Verschiedenheiten im G. d. U. von Gariel. VIII. 867.
Gewicht. Ueber die G^rwichts- und Längenverhältnisse der
Neugeborenen, über die Verminderung ihres Gewichtes in den
ersten Tagen und Zunahme desselben in den ersten Wochen
der Geburt von v. Siebold. .XV. 337. — Veränderungen im
G. der Neugeborenen von Breslau. XVI. 75.
Glandula thjmus. Fall von angebomen faserigen Binde-
gewebsneubildungen mit innerer Verfettung und Krystallbildung
in der Dura mater, der G. th. und Leber von Lehmann. IX. 168.
Glüheisen. Ueber das G. bei Behandlung der chronischen
Uterusleiden und seinen Ersatz durch die Galvanokaustik von
Becquerel. X. 380.
Gljcosurie, die physiologische der Schwangeren, Ge-
bärenden und Wöchnerinnen von Blot VIII. 447. •— Von Kirsten.
IX. 487. — Von Riedel XI. 18. — Von Brücke. XII. 79.
Granulationen und Erosionen des Collum. uteri kommen
nicht idiopathisch vor von Timbart XXXII. 129. — Ueber die
G. des Muttermundes von Bobert. Ibid. 431. — : Behandlung der
extrauterinen G. durch Cauterisation von Chassaignac. Ibid. 433.
Graviditas abdominalis und die inneren Blutungen
dabei von Birnbaum. VIII. 331. — - G. eztraabdominalis von
Rektorzik. XVI. 475.
Graviditas extranterina. Fall von Lamm. II. 237. ^
Fall von Widerstein. 11. 501, — Fall von Blass. HI. 147. —
Fall von Bogren. Ibid. 148. — Fall von Zwank. V. 142. —
Fall von Lamm. Ibid. 145. — Fall von Binet VI. 225. — Muth-
maassliche von Hecker. Vn. 1. — 4 Fälle von Krieger. Ibid. 22.
— Ueber G. extranterina mit Lithopaedion-Bildung in Bezug auf
einen derartigen Fall von van Geuns und Schraut, VIL 51, —
G. extranterina parietalis. (Uteruswandschwangerschaft). Fall
von Ramsbotham. VHI. 48. — Fall von Johnston. Ibid. 369.
— Fall von Velpeau. Ibid. 371. — G. extranterina mit Aus-
treibung der Fruchttheile , durch den Mastdarm von Delmonte
Lyon. IX. 218. — G. extr. mit RUptur der Kyste und glück •
XLVI Sachregister.
lichem Ausgange vou Bertrand. Ibid. 370. — 6. eztr., Eroffimog
des Leibes durch Caastica, Eztraction eines 10 monatlichen Foetos.
Heilung von Martin. IX. 381. — Muthmaassliche tod Ulrich.
X. 170. — G. extr. 38 Monate während von Diamantopnlos. X.
873. — Fall von Reymann. XIV. 166. — Fall von AbarbaneU.
Ibid. 188. — G. eztrauterina. Kurze Mittheilnug einer Gr. eztr.,
die mit glücklichem Erfolge für Mutter und Kind operirt wurde
von Schreyer. XIV. 283. — Von Walter. XVm. 171.
Graviditas ovarii von Uhde. X. 339.
Graviditas tubaria. Vortrag von Schwabe, m. 1.
Graviditas tubo-abdominalis von Wagner. IX. 90.
Graviditas uterina, Absterben des Foetus, Ausstosvung
von Foetusknochen durch die Vagina und durch den Darmkanal,
Tod durch Tuberkulose, Communication zwischen Uterus und
Dünndarm von Ulrich. X. 173.
Grösse, ungewöhnliche, des Foetasmmpfes als Gebnrts-
hhidemisB von Jaequemier. XI. 189. — Ezcessxve eines Neu-
g^iwmen von Waller. XVlll. 83.
Grössenverhältnisse der Uterushöhle von Scfanepf.
V. 141.
Gutta-percha. Anwendung des kaustischen G.-p. bei
Verschwörungen des Collum uteri von Bobiquet und Boys de Lourj.
Vm. 289.
Gymnastik der Kinder von der Geburt an von Jansen.
XXXin. 386.
GynSkologie. Denkwürdigkeiten aus dem Gebiete der
G. von Blankmeister. XXXTTI. 193. — G. und Gebnrtshülfe in
London, Edinburg und Dublin von Spiegelberg. VH. 195. 285. 448.
Gynäkologische Praxis. 2 FSIle aus der g. P. von
Breslau. XI. 363, — G.-Fragmente von Scanzoni. XVI. SI2.
Haematocele retrouterina. Fall von Laborderie. V. 294.
-— Ueber H. von N^ton. V. 30. — Ueber die Entstehungsweise
von Laugier. VI. 147. — Behandlung und Vortheile der ab-
wartenden Methode von Gallard. VIT. 481. — H- retrouterina
von N^ton. Vin. 455. -— Mittheilungen von Cred^. IX. 1. —
Fall von Ulrich. IX. 177. — Fall mit Ruptur in den Peritonaeal-
sack von Breslau. Ibid. 458. ~ H. retrouterina von Engelhard.
X. 238. — Von Herzfelder. Ibid. 312. — H. periuterina von GktUard.
XI. 65. — Bemerkungen von Nonat. XII. 159. — H. retrouterina.
Behandlung von Braun. XV. 476. — Fall von H. retrouterina.
Bildxmg einer Mastdarmscheidenfistel. Heilung von Gauchier.
XVn. 70. — Fall von Hegar. Ibid. 418. — Pathogenie der H.
retrouterina von C. Braun. XVm. Suppl. 218.
SaehregiBter. XLYII
Haematometra, incarceiirte, in Folge erworbener Atresie
des Ob extemum von PrelL XVIII. 447. — H. mit chronischem
Uterus- und Tabencatarrb, Peritonitis von Wagner. XYIII. 480.
Haemorrhagien nach der Geburt wiederholen sich und
werden mit jeder Entbindung stärker» Verhütung derselben
durch Seeale von Li^gard. XXXin. 268. — Gegen H. Kalt-
wasserinjectionen von Machen. Ibid. — H. des Gehirns bei
Kindern von HelfPt. Ibid« 275. -- Ueber die Quelle der IL bei
partieller Lösung der Placenta von Jacquemier. III. 382. — H.
nach der Geburt mit heftigen Nachwehen Ton Ramsbotham. IV.
76. ^ Ueber Blutflüsse nach der Geburt und ein Mittel, ihnen
vorzubeugen von Li^ard. IV. 136. -- H. in das Innere eines
Cystovarium von Patruban. V. 291. — H., heftige, in Folge von
Placenta praevia, frnchtiose Anwendung der Zange und des £r-
gotin. Sprengen der Eihäute, Wendung auf die Füsse von
Sorbets. X. 61. — Simpson's Methode (Entfernung der Pl|icenta)
sor Stillung der H. während der Geburt bei Placenta praevia
. von Sayas. X. 308. — Gas. des h6p. X. 309. — H. während
der Geburt. 2 Fälle von Klaproth. XI. 81. -^ Zur Diagnostik
der Uterinhämorrhagieen und der durch Fleischmolen bedingten
insbesondere von Plagge. XIV. 66. — S. auch Blutung.
Halisteresis. Ein neuer Fall von H. cerea von BresUuu
XV. 67. 373.
Hanföl. Ueber die Wirkung des H. auf cBe Milehabson-
derung von Coutenot. IX. 168.
Harn. Untersuchung des H. und Bluts einer an Hydrops
und Albuminurie leidenden Schwangeren von Harlay und G^en-
bauer. IH. 383.
Harnblase. Anfüllung der H. als Geburtshindemiss von
Leopold. XIV. 63, — Fall von Spaltung der H., Cloakenbildung
und Hydrorrhachis von Leopold. XVIL 367.
Harnleiter-Gebärmutterfistel von Pueck. XV. 389.
Harnleiter-Scheidenfistel. Fall von IL-S. von Panas.
XVI. 228. — Ueber die H.-S. nebst einigen Bemerkungen über
die Blasen-Hamleiter-Sch^denfistel u. die Harnleiter- Gebärmntter-
fistel von Simon. XVI. 229.
Harnröhre. Auswüchse an der Mündung der H. von EUiot.
XXXI. 897.
Harnröhrencarunkeln — Keurome der Vulva — Hyper-
ästhesie und Neuralgie der Vulva von Simpson. XIV. 69.
Harnr Öhren tripp er des Weibes von Singer. XVm.
Suppl. 226.
Harnröhrenschwamm von Cederschjöld XXXI. 409.
Hasenscharte. 3 Fälle von Vernarbung der H. innerhalb
des Uterus von Bennert. XXXIH. 104.
Hautjucken einer Schwangeren von Maslieuret-Lag^mard.
XXXn. 448.
XLVm Sachregister.
Hebammen. Ueber den natorgemassen Umfang des H.-
Geschäftes und die entsprechende Einrichtung des H.-Unterrielits
von Martin. IV. 821. — Die preassischen H., ihre Stellung snin
Staate und zur Geburtshülfe von Cred^. VI. 169.
Hebammeninstitut in Stettin. Beri cht über die Leistangen
während 1834—1869 von Behm. XVH. 302. 366. 452. XVm.
60. 163.
Hebammenlehranstalt in Trier. Bericht über die H.
von 1864^1860 von Birnbaum. XVI. 368. 427.
Hebammenwesen in Sachsen von Kirsten. XH. 206.
Hellsehen einer Schwang er ea Fall von Hiltseher.
XXXn. 441.
Hemicephalus. Geburt eines H. männlichen Gkschlecfates,
der noch 38 Stunden nach der Geburt gelebt von Weber. IX.
366. -— H. weiblichen Greschlechtes, der 39 Stunden lebte von
ElluseijLann. XI. 241.
Hemmungsbildung. Fall von H. als Curiosum von Kdl.
Vn. 482. — Fälle von H. der weiblichen Sexualorgane von-
Lumpe. IX. 471.
Hermap hroditismns bei einem 26 jährigen Mädchen Ton
Waller. XXXH. 427.
Hernia cruralis, eingeklemmte, welche Ovarium und
Tuben enthielt von Parker. VI. 163.
Hernia diaphragmatis congenita. 2 Fälle von Feiler.
IX. 161. — Funic. umbil. von Költsch. X. 18.
Hernia umbilicalis congenita complicirt mit Anus
praeternaturalis von Vrolik und Lehmann. XI. 311. — H. cerebri
bei ausgetragenen lebend geborenen Zwillingen von Lehmann.
Ibid. 312.
Hernien. Ueber congenitale; Bemerkungen über einen
Fall congenitaler Luxation der Patella von Ravoth. XI. 340. —
H. ovario-vaginalis. Ueber Einklemmung und Behandlung von
Braun. XV. 472.
Herniotomie bei einem Kinde. Fall von Ravoth. XH. 167.
Herpes exedens der Genitalien von Guibourt. XXXI. 143.
Her zaffect ion enim kindlichen Alter vonHelffk. XXXnL 284.
Herzschläge. Ueber die Häufigkeit der H. beim Foetos
und bei Neugeborenen von verschiedenen Geschlechtem von
Hennig. XV. 448.
Herztöne der Frucht und ihre Benutzung zur Diagnose
des Lebens, der Stellung, der Lage und des Geschlechts der-
selben von Frankeuhäuser. XIV. 161.
Hirndruck. Ueber Nabelschnurgeräusch , Nabelschnnr druck
und H. von Frankenhäuser. XV. 364.
Hydattdengeschwulst der Brü»te von Brodle. AXXIL
182. — BL im Kehlkopf eines Kindes von Schüssler. XXXIII.
288. — H.-Bildung der Brustdrüse von Garreau. H. 603.
Sachregister. XLIX
Hydatidenwassersucht des Uteras von Moussaud.
Vin. 223. — H.-Kyste im kleinen Becken von Leadet. Ibid.
288. — H.-Bildimg anf den Eihäuten von Michael. XV. 46B.
Hjdramnios mit wässerigem Ausflass ans der Vagina von
Bartholow. XVII. 67.
Hjdrocephalns acntas. Heilung durch die Natur, durch
Kopfausschläge. 3 Fälle von Fischer. XXXm. 109. — 2 Fälle
in denen Heilung nach wirklich erfolgter Ausschwitzung von
Krebel. Ibid. — Fall mit Sarcinaerbrechen von Horing. Ibid.
— Das Cerebralgeräusch ist wesentliches Zeichen des beginnenden
chronischen H. von Bander. XXXTH. 110. •— H. acutus. Be-
handlung von Bloedau. Ibid. 274. — Ueber das sympathetische
Auftreten des H. a. von Latz. Ibid. 275. — H. ehr. bei einer
Schwangeren mit tödtlichem Ausgange von Hecker. I. 291.
Hydrops ascites bei einem neugeborenen Kinde. FaU
von Virchow. XI. 161.
Hydrops gravidarum. Siehe Wassersucht
Hydrops nach Scarlatina. Siehe Wassersucht.
Hydrops ovarii. Paracentese gegen H. o. verwirft Cox
und macht Kirkpatrik. XXXH. 131. — Behandelt mit Injectionen
von Tinct. Jodi. VL 290. — üeher H. o. von Bartscher. VI. 347.
H. o. periodicns von Huss. IX. 141. — Hydropsie des rechten
Ovariums mit Ascites verwechselt, durch Jodinjection behandelt
von Philipart. IX. 310. — 3 Fälle von H. ovarii mit Jodinjec-
tionen behandelt von Hardwick. IX. 312. — H. ovarii. Seltner
Fall von Disse. X. 366. XV. 186. — Radikalheilung des H. durch
die Punction von Preuss. XHI. 79. — Berstung eines H. mit
Erguss des Inhalts in den Bauchfellsack, Resorption, Heilung von
V. Platzer. V. 469.
Hydrorrhaea gravidarum. Zur Pathogenie der H. gr.
von Braun. XH. 316.
Hymen. Geburt bei noch vorhandenem H. von Tgonin.
XXXin. 251.
Hyperästhesie und Neuralgie der Vulva — Hamrohren-
Carunkeln — Neurome der Vulva von Simpson. XIV. 69.
Hypertrophie und Verhärtung des Uterus. Bei H. das
Quecksilberbichlorid von Oldham. XXXH. 430. — H. und die
harten Geschwülste des Uterus und seiner Anhänge, sowie über
den Einfluss des Creuznacher Mineralwassers auf dieselben von
Prieger. I. 183. 241. — Ausserordentliche H. der Brustdrüsen
bei einem 17jährigen Mädchen aus der Gaz. des hop. XHI. 383.
•-- Die normale H. des Herzens während der Schwangerschaft
von Larcher. XHI. 386. — Hypertrophische Verlängerung des
Uterus von Huguier. XH. 480.
Hysterie. 2 Fälle durch Klystiere von kaltem Wasser und
Schwefeläther geheilt von Sancery. XXXIH. 389. •— Die ver-
Monatsicbr. f. Qeburtsk. 1861. Bd. XYin. D
L Sachr^ster.
schiedenen irrigen Aiuiichten über die Prädispositioii zur H. you
Briquet X. 463.
Hysterophor, ein Apparat gegen Prolapsus uteri et ▼»-
ginae von Zwank. L 21ö. IV. 184. — Zweckmässigkeit des
Zwank'schen H. von Mikschik. V. 466. — Zwank'sches H.
Brauchbarkeit desselben und die Verhältnisse, die die Anwendung
erschweren oder unmöglich machen von Majer. XIL 1. — Zor
Geschichte der H. von Breslau. XVI. 238. — H. modi£cirt von
Breslau. XVIII. 251. — Siehe auch Pessarium.
Hysterotom. B eschr eibung eines neuen H. zur Beseitigung
der Dysmenorrhoe von White. XV, 471.
Hysterotomie. Ueber H. von Reiche, IV. 306.
I.
Jahresbericht der geburtshülflichen Klinik in München
von Hofmann. I. 386, — J. der geburtshülflichen Poliklinik in
München von Berliner. Vlii. 61. — Ueber das Entbindung«'
haus in Stockholm von Betzius. L 441. 11. 46. — Ueber die
geburtshülfliche Klinik in Wien von Habit. Xu. 820. — J. der
Gresellschaft für Geburtshülfe zu Leipzig von Meissner. VIIL
421. X. 409. XI. 438. XIH. 290. XIV. 241. XVI. 81.
Jahreszeit. Einfiuss der J. auf die Häufigkeit der Gre-
burten und auf das Geschlechtsverhältniss der neugebomen Eander
von Ploss. XrV. 454.
Incision des Muttermundes ids Mittel zur Geburtsbefor-
derung von Kristeller. X. 162.
Incontinentia urinae. Heilung einer vollkommenen I. o.
durch Abtragung beider hypertropischer Nymphen von Breslau.
Xn. 76.
Indianerin. G^burtsgeschichte und Wochenbett einer I.
von Schwarz. VTH. 111.
Indicationen. Die versdiiedenen, die in den Lehrbüdiem
für Erregung des künstlichen Abortus aufgestellt werden von
L. Mayer. XI. 100.
Inductionselectricität. Beflexwirkungen der I. im All-
gemeinen und deren Benutzung als Heilmittel besonders gegen
Abnormitäten der Menstruation von Schulz. VUI. 452.
Infiltration seröse in der Cellulosa submucosa bei an
Metrolymphangitis Gestorbenen von Betzius. H. 158,
Inflexio uteri. Bemerkungen zu der Lehre über I. uteri
von Lumpe. X. 813.
Injectionen in die Uterushöhle verwirft Oldham. XXXI.
258. — Ueber kalte I. bei einigen Uterusleiden von Faura I.
467. — Warme von Seeale bei Haemorrhagieen von Trousseau.
I. 470. — Von Jod gegen Uterinblutungen nach der Geburt von
Sachregister. LI
l>apierri&. X. 229. — Von Kohlensäure hei Behandlung von
üterinleiden von Bernhard. XI. 399. — Üehersicht der Er-
fahrungen üher intrauterinale I. behu& künstlicher Frühgeburten
von Birnbaum. XTI. 475. — lieber intrauterine von Kaufmann.
XV. 96. — Von Jod bei Ovarienkysten von Schuh. Ibid. 478.
— Tod nach Behandlung einer Ovarienkyste mit L von Jod von
Loewenhardt. XVI. 241.
Inoculation des mütterlichen Organismus mit den Eigen-
thümlichkeiten des väterlichen durch den Foetus von Harvey.
XXXin. 241.
Insertion des Eies. Superfotation, Menstruation im An-
fange der Schwangerschaft von Duncan. VII. 48.
Instrumente, neue, zur Operation der Blasenscheidenfistel
(siehe Blasenscheidenfistel), zur Anbohrung fibröser Uterus-
gesch^vülste (siehe Fibroide).
Intestinalirritation im Wochenbett von Churchill. IV. 77.
Intoxication zweier Schwangeren mit Holzleuchtgas von
Breslau. XHL. 449.
Intrauterinal-Polyp, voluminöser. Spontanes Austreten
in die Scheide. Entfernung durch die Ligatur von BipolL X. 64.
Intrauterinspeculum von Jobert de Lamballe. 11. 604.
Inversio uteri. 109 Fälle von Crosse. XXXTT. 120. —
Durch Exstirpation geheilt von Higgens. XXXIII. 396. — Fall.
VL 384, — Entfernung mittels der Ligatur, Tod von Coats.
VI. 390. — Nach der Geburt von Borham. VII. 221. — Fall
von Hamon. VIII. 296. — Tödtlicher von Jaeger. VIII. 374.
— Fall von vollständiger I. u. nach 12jähriger Dauer geheilt
von Smith. XII. 69. — Fall von Verity. XIV. 240. — Repo-
sition eines seit 15 Jahren invertirten Uterus von White. XV.
313. — Vollständige I. u. innerhalb 6 Jahren geheilt von Bocken -
thal. XV. 313. ,— Exstirpation eines invertirten Uterus mittels
des Ecraseur von M' Clintock. XV. 314. — Ueber Coincidenz von
Polyp und I. von Gurlt. XVI. 11. — . 2 Fälle von I. von
Brandt. XV. 90. — Ueber I. u. lenta completa unter Zugrunde-
legung eines betreffenden Falles von Beck. XVI. 106. — L u.,
vollständige, nach einem Abortus im 4. Schwangerschaftsmonat;
Reposition nach 6 Tagen von Woodson. XVII. 68. — Statistische
Untersuchung der Ursachen, der Pathologie und der Behandlung
dei I. u. von Charles Lee. XVTI. 68.
Inversio vesicae, Afterverschluss, Cloakenbilduog und
Hydrorrhachis bei einem Kinde von Friedlaender. VII, 243.
Joddämpfe gegen Brustkrebs. Gaz. des h6p. V. 161.
Jodkali als Antigalacticum von Rousset. XHI. 382.
Jodquecksilber. Behandlung der Syphilis bei Schwangeren
mit Jod von Bertin. XITT. 382.
Irresein durch Schwangerschaft zu heilen. Gegen dies
Vorurtheil von Aibers. I. 76.
D*
Ln Sachregister.
1 8 ehr 8 Sool- und Salzdampfb&der in Franenkrankheitai
von Brenner. XXXTTT. 189.
Käsen der Kinder. Ueber das K. von Müller. XXXm.
107. 267.
Kaiserschnitt mit unglücklichem Erfolge von MartinL
XXXn. 426. — K. nach dem Tode der Matter zur Bettung des
Kindes von Pelago. Ibid. — K. unter Anwendung des Chloro-
form mit Erfolg für Mutter und Kind von Hamier. XXXIII. 1.
— K. mit Erfolg bei einer Mehrgebärenden wegen Knochen-
erweichung von Goodmann. XXiälL 103. — Von Campbell.
— Von Goodmann. Ibid. 258. — K. nach deutschen Grundsätzen
vollzogen von Sack. I. 466. — K. Fall mit folgendem Tode der
Mutter von Stoltz. II. 310. — Wiederholter K. Fall von Galcwski.
n. 311. — Fall mit tödtlichem Ausgange für Mutter und Kind
von Vogler. II. 312. — K. einer Todten mit glücklichem Aus-
gange für das Kind von La^Eurgue. II. 313. -- K. nach dem
Tode der Mutter von Clemens. EU. 326. — E. bei osteomalaci-
schem Becken mit glücklichem Erfolge für Mutter und Kind von
Pagenstecher. IV. 1. — Fall von Beckenexostose, die den K. be-
dingte von Behm. IV. 12. — Auch ein Wort über den Boccker'-
schen K. von Lehmann. IV. 167. — K. mit glücklichem Erfolge
für Mutter und Kind von Hamer. IV. 229. — Fall von Angulo.
IV. 307. — K. an einer in der 88. Schwangerschaftswoche apo-
piektisch Gestorbenen. Eztraction eines lebenden Kindes von
Walter. V. 179, — Vereinigung der Wunde nach dem K. von
Pillore. V. 217. — K. oder Kephalotripsie. V. 301. — K. zum
zweiten Male an derselben Frau ausgeführt und Zusammenstellung
der in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts veröffentlichten
analogen Fälle von Stoltz. VI. 182. — Zum dritten Male glück-
lich ausgeführt von Winckel. VI. 298. — K. Zweimal an der-
selben Frau ausgeführt von Mermas. VII. 140. — 2 Fälle mit
glücklichem Ausgange von Ferrario. VII. 148. — Die An-
wendung des Chloroform bei einem K. von Damman. IX. 149
— K. an einer lebenden Frau. 2 Fälle an Verstorbenen von |
Wallstein. IX, 441. — K. an einer Lebenden von Martin. X. ;
23. — K. an einer Lebenden. Lendenwirbelbogeneinschaltnng als {
neue Ursache einer Missgestaltung des Beckens mit drei winklicher
symmetrischer Hutform und absolut indicirtem K. während einer
urämischen Eclampsie von Braun. X. 306. — K. zum dritten
Male bei einer Frau von Merinas. X. 379. — K. an einer Lebenden
mit Rettung des Kindes von Aberle. XI. 66. — Becken Verengung,
Querlage, missgltickte Wendung und Embryotomie, K. Tod von
van Goudower. XI. 467. — K. mit glücklichem Erfolge für
Mutter und Kind von Groesbeck. — K. von Freericks. Ibid.
461. 462. — K. mit glücklichem Erfolg für Mutter und Kind von
Sachregister. LIII
Daclos. Xn. 78. — K. bei osteomalacischer BeckenverenguDg
und E. bei rhachitischer Beckenverengong und K. bei osteo-
malacischer Beckenverengung, zum zweiten Male an derselben
Frau ausgeführt, von Pagenstecher. Xu. 161.155. - Unglücklicher
Fall von Simon. XIV. 26. ~ Referat über zwei von Meissner
1858 verrichtete K. nebst epikritischen Beflexionen von Meissner.
XIV. 257. — Perforation der Tuba bei einer Schwangeren, Pe-
ritonitis, Tod, Kaiserschnitt, von Wagner. XIV. 436. — üeber
den K, von Martin. XV. 8. — Fall von Murphy. Ibid. 469. —
K. an einer Todten, von Paasch. XVI. 27. — Ueber 13 K. von
Winckel. Ibid. 401. — K. mit unglücklichem Ausgange bei ver-
engtem Becken und Verwachsung des Uterus, von Birnbaum.
Ibid. 402. — K. von Andrieu. Ibid. 478. — K. bei halistereti-
schem Becken, von Winkel, XVTT. 27, — Bei halisteretischem
Becken mit glücklichem Erfolg für Mutter und Kind, von Winkel.
XVII. 29. — K, mit glücklichem Ausgange, von Gliszynski. Ibid.
81, — K. nach dem Tode der Mutter. Acad. de m^d. de Paris.
XVni. 896. — K, nach dem Tode, von Mattei. Ibid. 402. —
K., zwei Stunden nach dem Tode ausgeführt, von Lemariey.
Ibid. — K. nach dem Tode, von Otterburg. Ibid. 404. — K. an
Todten, von Schwarz. ÄVIU. Suppl. 121.
Kalkablagerung in Lunge, Leber und Nierenkapsel einer
Frucht, von Hüter. X, 311.
Katheterisation. Ueber die uterinale K. mit Darm-
saiten in ihren Beziehungen zur Erweckung der künstlichen Früh-
geburt, von Braun. XLLl. 380. — Ueber das Einlegen des Ka-
theters in den Uterus als wehenerregendes Mittel, von Rejnier. ^
XV. 467. -
Kauterisation. Ueber die methodische K. zur Heilung
der Dammrisse und der eingerissenen Mastdarmscheidewand, von
Cloquet VI. 148.
Kautschuk. Neue Instrumente aus vulkanisirtem K., von
Varnout. I. 78. — K. -Tampon, über die Anwendung des
Brown*schen, von Weber. XI. 731 —
Kephalotripsie. Ueber K. und Perforation und Modifica-
tion des Kephalotribes , von Breit. y'Xxm. 96. -— K. oder
Kaiserschnitt. V. 801, — K. und Perforation, von Faye. IX.
224. — Von Hennig. XTTI. 40. — Geschichtliche Beiträge zur
Lehre von K. und Kephalotriben, von Hüter. XTV. 297. 334. —
K. und Perforation, von Spoendli. XV. 321. und XVII. 197. '
Kephalopelvimeter. Kopf- u. Beckenmesser von A. Martin.
VI. 146.
Keuchhusten. Ueber denselben von Landras. Xxxiii
271. — Behandlung des K., von Pidduck. Ibid. — Die Vaccina
gegen K., von Lachmund. Ibid. — ■ Das Aetzen der Schleimhaut
des Larynx ' mit Arg. nitr., von Watson. Ibi<}. — Kaffeeaufguss
mit Zucker gegen den K., von Guyot. Ibid. 272. — Emphysem
JÄV SachregiBter.
des HaLses nach K., von Herapath. Ibid. — Ammmiiak gegen
K., von Levrat Perroton. XXXIIL 237. —
Kiestein im Urin als Beweis der Schwangerschaft, von
Golding. XXXn. 439.
Kind mit zwei Köpfen, von Niess. I« 433. — Athmen nad
Schreien eines im unversehrten Ei gebomen Kindes, voo Hüter.
Vm. 65. ~
Kindbettfieber. S. Puerperalfieber.
Kindesbewegungen im dritten Monate wahrgenommen, von
Cramoisy. XI. 220.
Kindskopf. Ueber verschiedene Methoden der Verkleiiie-
rung des K. bei der Geburt, von Martin. XVII. 103.
Kinderkrankheiten-, die 1848 in Berlin herrschend gewe-
senen, von Henoch. XXXm. 239.
Kindslagen, Kopf- u. Beckenlageu des Kindes vor und bei der
Geburt. Ueber die Ursachen der K.-B., von v.Eitgen. XXXI. 1. —
Behandlung regelwidriger Kindeslagen, von Hoffimann. XXXHI.
131. — Windegeburt bei Achsellagen, von Jungmann. Xxxiii.
135. — Ueber die Ursachen der Lagen des Fötus, von Simpson.
XXXTTT. 247. — Zwei Fälle von Knielagen, von Elsaesser. Ibid.
256. — Austreibung in der Schulterlage, von Simpson. Ibid. —
Ueber Schulterlagen, von Wright. L 465. — Kindslage, unge-
wöhnliche, von Zwillingen, von Duhamel. I. 465. — Ueber den
Mechanismus der 3. und 4. Gksichtslage, von Flügel. I. 78. —
Warum ist der Sücken des Sandes beivorliegendem Kopfe häu-
figer nach links als nach rechts gewendet? von v. Ritgen. IL
4. — Warum stellt sich die Frucht so unverhältnissmässig oft
mit dem Kopfe voraus zur Geburt? Beitrag zur Beantwortung,
von Battlehner. IV. 419. — Die Fruchtlagen und ihre Verwand-
lungen, von Spöndli. V. 475. — Zur Aetiologie der norma-
len K., von Kristeller. V. 401. -— Die Frucht -Stimlage und
Zange mit veränderlichem Schlosse, von Richard. VI. 183. —
Querlagen des Kindes und ihre Bedeutung, von Melzer. VI. 139.
Ueber Scheitellagen von Gouriet VII. 54. — Ueber die K.
im Uterus, von Völkers« IX. 213. — Kopflagen. Die Moti-
virung der normalen K., von Cohen. X. 387. — Schulterlage mit
Vorfall eines Armes, von Birnbaum. XI. 329. — Schulterlage
von Wendrikowsky. XI. 219. — K. von Zwillingen, von Bart-
scher. XIV. 49. — Ueber die Gesichtslagen, von v. Siebold. XV.
837. — Aeussere Wendung bei Q. der Frucht, von Martin. XVI.
1. — Ueber die Anwendung der Zange bei Gesichtslagen, von
Martin. XVI. 9. — Zangenentbindung bei Gresichtslage , von
Grenth. XVI. 5. — Ueber einen seltenen Mechanismus bei Gro-
sichtslagen von Braun. XVII. 157. — Stirnlagen von Spaeth.
Ibid. 237. — Stirnlagen von Helly. XVIII. SuppL 208. —
Kindesmord. Untersuchung wider die Dienstmagd B. we-
gen K., von Vezin. XVI. 277.
Sachregister. LV
Kleinheit des Uterus. Präparat, von Coley. XXXII.
480. —
Klinik. Die gehortshiilfliche K. in Marburg, vom 17. Aug.
1883 bis Ende 1848, von Hüter. XXXI. 69. 177. u. 809. XXXII.
17. 166. 316. — Climcal reports of ovarian and uterine diseases
von Bobert Lee. I. 817. — K. der Geburtshülfe und Gynäk,,
vonChiari, Braun, Spaeth. I 471. UI. 153. V. 309. — K., die
geburtshülfliche, der Universität in Berlin, von Busch. III. 361.
486. IV. 61. 121. 197. 273. 863. -— Abhandlungen und klinische
Mittheilungen aus dem Gebiete der Geburtshülfe, von Simpson. VI.
396. — Bericht über die Leistungen der geburtshülflichen K. zu
Würzburg, vom 1. Nov. 1863 bis 31. Oct. 1856., von Schmidt.
Xm. 143. — K., geburtshüHiche, in Jena, von Martm. VI. 432.
— Xn. 216. — K., geburtshülfliche, des Prof. Braun in Wien.
Allgemeine Ergebnisse in der K. im Jahre 1858, von Madurowicz.
XV. 398. XVI. 898. XVII. 74, — IL, geburtshülfliche, in Prag,
von Streng, Vm. 56. — K., geburtshülfliche, der Josephs-Aka-
demie in Wien, von Spaeth. X. 471. —
Klinische Vorträge über Geburtshülfe, von Cred^. EI.
311. 393. V. 219. — Klinische Vorträge über sp. Pathol. und
Ther. des weiblichen Greschlechts, von ELiwisch, fortgesetzt von
Scanzoni. VII. 63. —
Knickungen des Uterus. S. Uterusknickungen.
Knieellenbogenlage, Erinnerung an die Entbindung in
der EL, von Költsch. X, 16.
Knielagen: s. Kindeslagen«
Knochenbildung, mangelhafte, eines Neugeborenen, von
Uhle. XVn. 480.
Knochenbrüche des Foetus. Zwei Fälle von Danyau. m.
161. — Ueber K., von Broca. VTI. 223. —
Knochenbrüchigkeit, angeborene, bei einem neugebore-
nen Kinde, von Schmidt. XIV. 426.
Knochenkern. Ueber die forensische Bedeutung des K.
in der unteren Epiphyse des Oberschenkels der Neugeborenen,
von Boehm. XII. 477.
Körper, fremder, in der Vagina und in det Harnblase, von
Jobert, VI. 68.
Kohlensäure, als Mittel zur Einleitung der künstlichen
Frühgeburt, von Scanzoni. VIIL 51. — Ueber die Wirkung der
K, auf die Motilität des Fruchthalters, von Braun. Vm. 367. —
Bemerkungen über die K., als lokales Anästheticum bei Uterin-
krankheiten, von Simpson. Vm, 376. — Kohlensäuredouche,
Einwirkung der K. auf den Uterus. Gaz. h^dom. IX. 465. —
Kohlensäure, als Mittel zur künstlichen Einleitung der Früh-
geburt, von Scanzoni. X. 310. — Versuche mit K. an trächtigen
Kaninchen, von Breslau und Vogel. XII. 478.
LVI Sachregüter.
Kolpolater der, ein gjnäko - balneologiBches InBtranent,
von Spengler. XVL 320.
Kopfabschneider. Ob K.- und Bamp&erstückler noth-
wendig sind und es nicht besser wäre, die Veranlassung ihres
Gebrauches zu beseitigen, von Hohl. XI. 218.
Kopf blutgeschwulst. Behandlung der K., von Nevermann.
XXXin. 266. — 3 Fälle von Vogler. Ibid. —
Kopflagen. S. Kindeslagen.
Kopfstellungen. Betrachtungen über die Ursachen der
verschiedenen K. des Foetus auf dem Beckeneingange, von
Mattei. Vn. 68.
Krämpfe, bei Schwangeren, von Spengler. VI. 427.
Kranioklasma, klinische Vorträge über K., von Simpson.
XVn. 474.
Krebs undFibroid des Uterus, mehrere Fälle, von Ballard.
XXXTTT. 397. — K. der Beckenknochen als Geburtshindemiss,
von Martin. VI. 227. — Krebsaffectionen des Muttermundes, von
Johns, vn. 143. — Krebs der Blase des Uterus und der Va-
gina, von Cooke. VII. 226. — Isolirter Uteruskrebs, von Mon-
ceaux. IX. 225. — Geburt, complicirt mit Cardnom des Gebär-
mutterhalses u. s. w. von Spiegelberg. XI. 110. — Der Gebärmut-
terkrebs, von £. Wagner. XIII. 169. — Von Breslau. XDI. 443.
— Isolirter Scheidenkrebs, von Martin. ÄVll. 321. ~ K. im
Douglas'schen Baume mit zahlreichen Metastasen, von v. Beck-
linghausen. XVm. 95. —
Kreislauf. Beobachtungen über den Zustand der Fotal-
kreblaufswege bei Neugeborenen, von Elsaesser. I. 77. — Zur
Anatomie des fötalen K., von Langer. X. 385. —
Kreuz- und Steissbein. Vollständiger Mangel des K.
bei einem Neugebomen, von Werthheim. IX. 127. — Die me-
chanische Bedeutung des Beckens, besonders des K., von Spiegel-
berg. Xn. 140.
Kreuzbeinfistel. Fall von angebomer K., von Steincke.
XXXni. 104.
Kreuzdarmbeinfuge und die Schambeinfuge des Menschen
von Luschka. V. 136.
Kuhmilch. Einige Mittheilungen über die chemischen Ver-
hältnisse der K., von Hoppe. XTV. 185.
Kysten-Entartung in beiden Ovarien und Punktion durch
die Vagina, von Schnetter. V. 76.
Kysten. Behandlung der angebornen K. des Halses mit
Jod Injection, von Rouz. Vm. 463.
Kystengeschwulst, angeborene, zusammengesetete, der
Sacroperinäalgegend, von Martin vorgelegt. XVHI. S. 1.
Kystenhjgrom, zwei Fälle, in der Sacroperinäalgegend,
von Strassmann. XVIIL 130.
Saehregitter. LVII
Labitom. Schneidezange, von v. Ritgen. VI. 404.
Lfthmung. Muskel- und Gesichts -L. durch Zahnreiz, von
Fliess. XX?mJL 275. — Ueber essentielle L. bei Kindern, von
Richard. Ibid. 276. — L. während der Schwangerschaft und
nach der Entbindung, von Helffl;. IV. 269. —
Lagerung der Gebärenden bei Vorfall der Nabelschnur,
von Kiestra. Vm. 874.
Lageveränderungen des nicht schwangeren Uterus, von
Bell. XXXn. 436. — Ueber die Retroversio, von Simpson
XXXn. 437. — Lageveränderungen des Uterus und Anschwellungen,
von Baud. XXXm. 393. — Von Dübois. Ibid. 894. — Von Deville.
Ibid. — Von Rigby. Ibid. — Von Edwards. Ibid. — Zwei
Fälle von Bond. Ibid. 395. — Von S. Lee. Ibid. — Kalte
Douchen bei L., von Fleury. Ibid. — Lageabweichungen und
Formveränderungen des Uterus und ihre Behandlung mittels
Aufrichtungs- Instrumente. Verhandlungen der Akademie der
Medizin in Paris. IV. 370. — On the displacements of the
Uterus by Duncan. VII. 163. — Von Becquerel. IX. 466. X.
315. ~ Ueber angeborene L. der Baucheingeweide, von Hüter.
X. 384. — Ueber L. des Uterus, von Virchow. Xm. 168. —
Ueber L. des Uterus, über Pessarien und über das utero-perinae-
ale Pessarium, von Piorry. XV. 393.
Laryngismus stridulus, Glottitis, Spasmus. Bei diesen
Leiden sollen die Eänder ins Freie gebracht werden, von Rober-
ton. XXXUI. 272. — Die erste Ursache des L. st ist Zahnreiz
von Fairbrother. Ibid. —
Leben der Neugebomen ohne Athmen, von Maschka. FV.
233. — Bemerkungen von Lafargue und D^granges, von Maerklin.
XV. 310.
Lebensdauer, mittlere, der Brustkrebskranken, von Paget.
XI. 71. —
Leberkrankheiten. Ueber L. im Foetus von Friedleben*
XXXm. 238. 268. — Leber- und Milzentzündung und Ver-
grosserung bei Kindern 7 Fälle, von Battersby. XXXUI. 268.
— Leberearcinom bei Neugeborenen als Geburtshindemiss , von
Noeggerath. IV. 458. — Fall von angeborenen faserigen Binde-
gewebsneubildungen mit innerer Verfettung und Krystallbildung
in der L., der Dura mater und Glandula Thymus, von Lehmann.
IX. 168.
Lehrbach der Gkbartshilfe , von Scanzoni. XXXI. 255. —
Von Nägele, n. 156. IV. 473. — Von Krause. IV. 142. -- Von
V. Siebold. IV. 287. — Für Hebammen, von Martin. \T 156. —
Von Hohl. VI. 229. 302. — Für Hebammen in Hannover. VE.
284. — Der Krankheiten der weiblichen Sezualorgane, von Scan-
USnn Saofaregister.
aoni. IX. 289. — Von Braun. XI. 228. - Von Spaeth. XL
316. — Von Clay. XI. 407. — Lehrbuch der Geburtshülfe, Ton
Hyemaux. XI. 407. — Von Spiegelberg. XI. 472. ^ L- der
Hebammenkunst von Schnitze. XViU. 407.
Lendenwirbelbogeneinschaltung als neue Ursache
einer angeborenen Beckenmissgestaltung mit dreiwinkliger sym-
metrischer Hutform und einem absolut indicirten Elaiserschnitt
an der Lebenden während einer urämischen Eclampsie, von
Braun. X. 306.
Leucorrhoe. Gegen Uterin-L., caustische Injectionen in
den Uterus, von Debenney. XXXm. 400. — L. in pathologischer
und therapeutischer Hinsicht, von Smith. 11. 21. — Verfahren
gegen die einfache, nicht symptomatische L. von NAaton. X. 289.
Li enteric der Kinder, von Trousseau. XXXm« 268.
Ligaturträger. Ein neuer Ligatur- oder AetzmitteltrSger
von Didot. VIII. 232.
Linea alba. Üeber Qiloasma uterinum und die braun-
gelbe Färbung der Linea alba bei Schwangeren, von Elaaesser.
L 76. —
Liquor ferr. muriat. Anwendung des L. bei Haemor-
rhagie, von Schreier. V. 461,
Lithopaedion. Zur Geschichte des L., von Albers.
XVn. 42.
Lochialsecret, über das physiol. Verhalten des L., von
Wertheimer. XVIH. Suppl. 216.
Lordosis congenita, wahrscheinlich bedingt durch eine
Verschiebung des Körpers des letzten Lendenwirbels auf die
vordere Fläche des Kreuzbeinwirbels nebst Bemerkimgen über
die Mechanik dieser Beckenformation, von Robert. V. 81.
Luft, die Lehre von der L. im menschlichen Eie von C.
C. Hüter. X. 65. — Eindringen von L. in das Peritonaeum
durch den Uterus und die Tuben, von Guillier. X. 240. — In-
strument, um Luft in die Lungen Neugebomer einzublasen,
von Wilson. XVI. 72. —
Lumbarlordose in geburtshülflicher Beziehung, von Birn-
baum. XI. 36.
Lungen. Ueber das künstliche Aufblasen der L. Neuge-
bomer, von Eulenburg. XXXHI. 104.
Lungenemphysem. Fall von vesiculärem L. -Emphysem
bei einem achtzehn Wochen alten Foetus, von Schnitzen. XXXTTT.
104. — Zur Frage über das Vorkommen eines intrauterinen
L., von Hecker. XTV. 476.
Lungen -Entzündung des Foetus. Beobachtungen von
Hüter. X. 280.
Lupus vulvae exulcerans geheilt von Martin. XVHI.
348. — L. V. hypertrophicus, von Lorent. Ibid. 360. —
Sacbreguter. LIX
Macrocephalus an4 Microcephalos, von Leopold.
XXXm. 349.
Magenschleimhaut. Eigenthümliche Elntartung der M.
bei einem Elinde, von Hecker. VIL 241.
Mangel des Uterus, Zwei Fälle von Beer und Jaeger. ^
Fall von ZiehL — Fall von Oldham. XXXm. 392. — Fall von
Heyfelder. V. 156* — M. d. U. und rudimentäre Bildung. Ueber-
sicht über 21 Fälle, von Thudichum. V. 278. — Fall von Haffner.
Ibid. 460. — Von dem Mai^el, der Verkümmerung und Ver-
doppelung der Gebärmutter u. s. w., von Kussmaul. XV. 69. —
Fast vollständiger M. der Nabelschnur, von Sdafer. VH. 61. —
Völliger M. des Uterus und der Vagina von Samter. XVI. 80. —
Manie mit Uterusleiden verbunden. Zwei Fälle von Lever.
XXXm. 397. — M. puerperarmn mit Versuch zum Selbstmord,
von Birnbaum. I. 239. —
Mania hysterica intermittens geheilt durch ^Ichdiät
von Marc^. IX. 156.
Mark schwamm des Ovarium. Geschwürshöhlen mit dem
Rectum communicirend, von Mackmurdo. IV. 308.
Masern-Epidemie auf den Farröm 1846, von Fannum.
XXXm, 240.
Mastdarm. Anfiillung des M. als Geburtshindemiss von
Bulke. XAXIU. 262. — Ein Fall von abweichender Ausmündung
des M. und gänzlichem Fehlen der Hamorgane von Maurer.
XVm. 86.
Mastdarmvorfall. Pathologische Anatomie und Therapie
des M., von Behrend. XXXm. 239.
Mastitis. Abortivbehandlung der M. durch Bepinseln mit
Acidum nitricum, von Blaschko. m« 231.
Meconium. Ueber das M., von Foerster. XU. 399.
Medicamente. Uebergang der M. in die Milch der Säu-
genden und in den Foetus, von Schauenstein und Spaeth« XIV.
164. —
Medullarsarcom. Ezstirpation eines M. aus der Uterus-
höhle, von Mayer, xm. 179. — M.-Krebs an der Vaginalportion
und Schwangerschaft, von Lumpe, XVII. 317. —
Meningen- und Cerebral-Phlebitis, von Ducrest.
XXXTT. 312.
Meningitis tuberculosa mit Erweichung und Verhärtung
des Gehirns. Fall von Guttmann. XXXHI. 237. — M. t. bei
Kindern. Behandlung mit Ung. Tart. stib., von Hahn. Ibid. 274*
Menorrhagie, äusserst hartnäckige M. bei vollständig
retroflectirten Uterus, geheilt durch Einspritzung von Liq. ferri
sesquichlorati in den Uterus, von Breslau. X. 274.
LX Sachregister.
Menstruation. Ueber Menstrualretention von Bemntz.
xxxii 429. — Vicariirende M.- Blutung, von Blodig. Ibid. ~
Ueber die anatomischen Verhältnisse der M., von MeckeL
XXXni. 887. — Drei Tage anhaltender Schlaf statt der IL, von
Villartay. Ibid. 889. — Austritt des Menstrualblutes aus einer
grossen Wunde des Beines, Von Hamoir. I. 154. — M. während
der Schwangerschaft und das Säugen menstruirender und kranker
Frauen, von Helfft. I. 240. — Zur Lehre von der M. und Be- j
fruchtnng, von Bischoff. m. 805. -- M« und Superfotation von
Ounkan. m. 465. — Identität der M. mit der Brunst der Thiere,
von Alt. lY. 85. — Beobachtung^ über die Zeit des Wieder- j
eintritts der M. nach Entbindimgen, von Langheinrich. lY. |
189. — Die Theorieen der älteren und neueren Zeit über die
M., von Schauer. V. 94. — Ueber die Bedeutung der IL bei
den Alten, von Alt. VI. 161. — M. im Anfange der Schwan-
gerschaft, Superf5tation und Insertion des Eies, von Duncan.
Vn« 48. — Vicariirende M.- Blutung aus den Fusszeheu. IX.
150. — Ueber die M. während der Schwangerschaft, von Elsaes-
ser. X. 148. — M. in Oesterreich, von Szukits. X. 453. —
Ueber den Werth der die Ursachen der M. erklärenden Theo-
rieen von Giraudet. XU. 155. — M., zurückgehalten durch
Verschluss des Uterus und Hymen, von Picard. XII. 240. —
Die Bedeutung des Menstrualprocesses und seiner Anomalieen
für die Entwickelung und den Verlauf der psychischen Störun-
gen, von Schlager. XII. 896.
Metritis acuta bei Ungeschwängerten, von Mikschik.
VI. 882.
Metritis chronica. Zur Symptomenlehre der M., von |
Jacobowics. X 476. J
Metrolymphangitis. Seröse Infiltration in der Cellulosa I
submucosa bei an M. Gestorbenen, von Betzius. n. 153. I
Metroperitonitis mit Beckenabscessen , von Schmidt I
XXXn. 144. I
Metrophyseterion, neues Instrument, Arzneistoffe in den i
nicht schwangeren Uterus zu bringen, von Kilian. xxxiii. 400. j
Metrorrhagie. Ueber M. von Newnham. XXXII. 434. —
Mehrere Fälle von Hirsch. XXXHI. 65. — Stillung einer durch
örtliche Anwendung von Ergotin, von Eoyen. Ibid. 92. — M.
in Folge von Anheftung der Placenta am Mutterhalse. Ueber die
M. und die Wirkung des Opiums und Tampons hiergegen, von
Venet XXXlH. 96. — M. nach der Geburt in Folge einer Aus- |
dehnung der Harnblase und erst nach Entleerung derselben durch
den Catheter gehoben, von Berg, ^xxiil 258. — M. Thlaspi
bursa pastoris dagegen, von Vanoye. xxxiTT. 897. — Zwei
Fälle durch Injeetionen von kaltem Wasser geheilt von Chavasse
und Tyler. Ibid. — Heilsame Wirkung eines lauen Bades gegen
M., von Malgaigne. I. 240. — M. nach einem Abortus durch
Sachregister. LXI
Tamponade und Injectionen von warmem Wasser gestUlt, von
Trousseau. IV. 136. — M. im Wochenbett. Drei Fälle von Hecker.
Vn. 1. ~ M. und heftige Sjncope nach äusserlicher Anwendung
des Chloroform auf die Uteringegend, von Clemens. VII. 39. —
M., ihre Ursachen und Folgen, von Nourse. XVni. Suppl. 224.
Metrorrhoe. Die seröse M. der Schwangeren, von Chas-
sinat. XV. 464.
Microcephalns und Macrocephalus, von Leopold.
XXXm. 349.
Milch. Ueber die Gerinnbarkeit der menschlichen M. , von
Moore. XXXIII. 260. — Untersuchung der M., von van Bueren.
Ibid. 261.
Milz- und Leberentzündung und Vergrösserung bei Kin-
dern. 7 Fälle von Battersby. XXXIII. 268.
Missbildungen. Fehlerhafte Oeburt durch M. des Fötus,
von Abtgo. V. 146. — M., angeborene des menschlichen Rindes,
von Meissner. X. 416. — Die M. des Menschen, systematisch
dargestellt, von Förster. XVin. Suppl. 286.
Missbildung der Geschlechtstheile. Ein Fall vonLipthay.
XI. 224.
Missbildung der Blase. Congeni&l eztrophy of the uri-
nary bladder and its complications successfully treated by a new
plastic Operation, von Kaufmann. XTV. 196.
Missgeburt. Beschreibung einer M., von Leopold. XXXII.
13. — Geburt eines Monstrum von Lesauvages. XXXII. 443.
— M. Geburt einer doppelleibigen Frucht von Teljer. XXXQI.
263. — Zwei Fälle monströser Zwillinge, von Poland. Ibid. ■—
Ueber Entstehung von M., von v. Ritgen. VI. 1. — M., kopf-
lose, deren theilweise vorhandene Kopfhaut mit dem Amnion an
der Placenta verwachsen ist, aus Gaz. m^d. VIL 223. — Be-
schreibung einer M. (Acrania mit Spina bifida), von Virchow.
X. 2. — Beschreibung einer synotischen M., von Guerdan. X.
176. — Ein zweiköpfiges Monstrum, von Loescher. XI. 482.
— M. Angeborner hochgradiger Defect sämmüicher vier Extre-
mitäten, fehlendes Schwanzbein, und zurückgebliebene Schwanz-
verlängerung bei einem lebenden Neugebornen, von Stadthagen.
XVI. 321. — M. mit strangartigem Band, welches den linken
Unterschenkel einschnürte, von Danyau und B^aud. XVm.
Suppl. 217.
Mittheilunge. n aus der schwedischen Litteratur, von v. d.
Busch. XXXI. 378. — M. aus der geburtshülflichen Praxis,
von Werthheim. 11. 121. -~ M., geburtshülfliche^ von Feist. lU.
161. und 241. — M. von Sturm. Ibid. 410. — M., geburtshülf-
liehe, von Spoendli. IV. 43. -> Von Mertens. XI. 220. — Von
Leopold. XIV. 68. — M. aus Edinburg, von Aman. XVI. 390.
M. aus der geburtshülflichen Klinik in Würzburg, von v. Franqne.
XVn. 894. und XVm. Suppl. 210. —
LXn Sachregister.
Mohnkopfabkochang gegen Praritus vulvaey von Balbo.
VI. 154.
Mole. Traaben-M. neben normal entwickeltem Ei^ von Hilde-
brandt XVm. 224. —
Monstrum. S. Missgeburt.
Morbus Brightii bei einer Frau in zwei auf einander
folgenden Schwangerschaften. Heilung von der ersten, Tod in
der zweiten Krankheit. Section, von Hafner. IX. 227.
Morphium. Fahrlässige Vergiftung eines neugeborenen
Kindes durch M., von v. Siebold. XVI. 60.
Mutterhals. Verzögerung der Geburt durch Krankheit
des M., von Hennig. XXXTTI. 47. — Entzündung des M., von
Rigby. IX. 162. — S. auch Collum uteri.
Mutterkorn. Siehe Seeale.
Mutterkränze. 2 Fälle von seit langer Zeit zurückge-
bliebenen M. von Leopold. XHI. 357. S. Pessarium und Hy-
sterophor.
Mutterkuchen« Siehe Placenta.
Mutter mäler der Kinder. Behandlung der gefassrelchen
M. von Scharlau. XXXJTI. 235.
Muttermund, der, der Erstgebärenden am Ende der Schwan-
gerschaft von Hüter. XIV. 33. — Bösartige Geschwulst des M.
von Arnott. XXXTTf. 262. — Rigidität des M. von Laborie.
XXXin. 252.
Mutterpflichten, die, um die erste Kindespflege u. s. w.
von V. Ammon. IX. 318.
Mutterröhrenentzündung und Erguss des eiterigen Se-
crets derselben in die Bauchhöhle als eine Ursache der Bauch-
fellentzündung bei Wöchnerinnen von Martin. XIU. 11.
W,
Nabelblutung bei einem 8 Tage alten Kinde durch Gips-
brei gestillt von Hill. XXXIH. 104. -^ N. nach dem Ab&ll de#
Nabelschnurrestes von Roger. H. 426. — Ueber die freiwilligen
und secundären N. der Neugeboruen von Grandidier. XV. 152.
— Ueber spontane N. von Foster Jenkins. XV. 64.
Nabelbruch mit dem schwangeren Uterus als Inhalt von
Murray. XIV. 161. — N. in dem der schwangere Uterus lag
von L^taud. XIV. 474. — Von Murray. Ibid. 475.
Nabelgefässe. Ueber das Zurüdkziehen der N. und den
sie ersetzenden bänderigen Apparat von Robin. XTTT. i46. —
N.- Entzündung der Neugeboruen von Mildner. XXXHI. 105.
Saefaregiater. LXUI
Nabelschnur, vorgefaUene. Instroment zur Zurückbringiuig
der N. von Stephens. XXXII. 426. — 677« Zoll lange N. von
Neugebauer. XXXIU^ 266. — Strangulation des Foetus durch
achtfache Umschlingung der N. um den Hals von Cred^. I. 33.
— Beitrag zur Lehre über die Behandlung der vorgefallenen N.
von Finke. I. 487. — N.- Umschlingung von Gray. HL 151.
— N. - Umschlingung bei Zwillingen von Soete. Ibid. 236. —
N.-Eiterung beim Abfallen von Meckel. Ibid. 386. — Beposition
der vorgefallenen N. von Seydeler. Ibid. 433. — Torsion der N.
von Noeggerath. lY. 136. — Fast vollständiger Mangel der N«
von Sclafer. VII. 61. — Ausserordentliche Länge der N. von
Bouz. yni. 148. — Statistische Ergebnisse über N. von Schreiber.
Vin. 855. ~ Umschlingung der N. von Zwillingen von Neumann.
XIII. 380. — Umschlingung als Gkburtahindermss von Kaufinann.
Xiy. 175. — Morphologie der menschlichen N. von Neugebaaer.
Xiy. 317. — Nabelschnurdntck und Hirndmck von Franken-
häuser. XV. 354. — Vorfall der N. und Behandlung von Theopold.
XVL 894.
Nabelschnurgefässe. Geburt eines Kindes durch die N.
von Hüter. Vm. 324.
Nabelschnurgeräusch, das, bestreitet Beck. XXXTI.
425. — Von Spoendli. Hl. 198. — Untersuchungen über die
Erkenntniss und den Werth von Devilliers. HI. 284. — Fall
von Massmann. IV. 81. — Beitrag zur Lehre von der Ent^
stehung und Bedeutung des N. von Schmitt XI. 460. — N.«
Nabelschnurdruck und Hirndruck von Frankenhäuser. XV. 354.
Nabotsche Drüsen. Beitrag zur Geschichte der Anatomie
und Pathologie der Uterusschleimhaut, der Decidua und der
N. D. von Bobin und Bemerkungen von v. Bitgen. XXXITI.
145. 289.
Nachgeburt Siehe Plaeenta. .
Nachgeburtsgeschäft. Die Lehre vom N. von Clemens.
HL 15. — Störungen des N. von Spiegelberg. XVH. 477.
Nächkrankheiten. Bemerkungen über die N» des Wochen-
bettes von Mikschik. VHI. 291.
Nähren der Kinder während der Menstruation und Schwan-
gerschaft; von Jouz. I. 157. — Das Säugen menstruirender und
kranker Frauen von Helfft I. 240.
Nahrungsmittel entwöhnter Kinder. Der Saft von Daucus
carotta von Gumprecht. XXXHI. 262.
Nates duplices von Költsch. X. 82«
Negrities. Angebome partielle Hautfiirbung von Billi.
V. 147.
Nervencentren. Experimentelle Untersuchungen über die
N. und die Bewegung des Uterus von Spiegelberg. XI. 817.
Nervus ischiadicus. Ueber Mitleidenschaft des N. i. in
LXIV SachregMter.
den Terscbiedenen physiologischen und padiologiscben Zastlnd«n
des Uterus von Meissner. VII. 317.
Neuralgia lumbo abdominalis, die eine Krankheit des
Uteras simnlirt von Valleiz. XXXII. 136.
Neuralgie des Matterhalses und deren Behandlung tod
Malgaigne. XXXII. 430. — N. ischiadica puerperalis. 2 gdieihe
Fälle von Puttaert. XXXm. 93. — N. der Vulva von Simpsoa
XIV. 69.
Neurom e. Hamröhrencarunkeln > N. der Vulva — Hyper*
lUthesie und Neuralgie der Vulva von Simpson. XIV. 69.
Nieren. Geburtshindemiss durch ausserordentliche Ver-
grösserung der N. des Fötus von v. Siebold, IV. 161. — Gebuiti-
störung durch fötale Rystennieren von Kancow. Xm. 182.
Nux vomica. Tct. nuc. vomic' gegen Erbrechen der Schwan-
geren von Hoffmann. XXXII. 442.
Nymphomanie. Fall von Faber. IX. 466.
O.
Obliteration. Ezulceration und 0. der Milchgaage von
Bouchut. m. 476. — 0. des Cerviz in Folge fehlerhaften Ge-
brauchs von Caustids von Rigby. X. 879.
Onanie. Untersuchung kleiner Mädchen. XVIII. 112.
Onopordon acanthium. Medidnische Erfiahmngen über
Carduus mariae, Carduus benedictus und O. a. von Lobad).
XII. 317.
Operationen im Fache der Geburtshülfe und Gynäkologie
im Verlaufe von 36 Jahren ausgeführt von Meissner sen. DL 19.
— Operationum in arte obstetricia ezaminatio critica et historica
a Pernice. IX. 393.
Ophthalmie der Neugebomen. Behandlung durch Angen-
douche von Chassaignac. V. 296. — Behandlung von FoviUe
Xn. 818.
Ossificirte Suturen als Geburtshindemiss von KöHsdi.
X. 14.
Osteomalacisches Becken von Lange. U. 426. — Osteo-
malacia cerea von Kilian. VII. 447. — Vorkommen der O. io
Gummersbach von Breisky. XVlll. Snppl. 207 — Siehe Becken.
Ovarien. Seltner Fall von Entartung der 0. von Zimmer-
mann. XI. 74.
Ovarien-Colloid. Ezstirpation eines grossen O.-C. von
Scansoni. in. 390.
Ovarienentzündung von Tilt. XXXITT. 401. — O.-Col-
loid von Pagenstecher. Ibid. •— 0. - Greschwulst in Folge eines
Sachregister. , liXV
Starses geborsten, Peritonitis Tod von Bird. Ibid. 403. — O.-
Wassersacht Fall von Kennion. Ibid.
Ovariengeschwttlst Heilang von Bühring. XXX1I.487.
— Die 0.- Wassersucht Behandlung von Tut Ibid. — O.-G.
complicirt mit Schwangerschaft von Tunalej. V. 164. — Erfolg-
reiche Operation einer 12 Jahre alten, 21 Pfund schweren, eine
umfangreiche Knochenmasse enthaltenden O.-G. von Bradford.
y. 388. — Tumor ovarii als Geburtshindemiss. Fall von Hecker.
Vm. 393. — T. o. von Pesch. IX. 93. — 0., beträchtliche,
aus 10 Embriosäcken bestehend von Alquid X. 888. — 0. mit
Ascites durch einen grossen Einschnitt des Abdomen und In-
jection in den Peritonaealsack geheilt von Peaslei. X. 890. —
Entfernung einer 0. mittels des Ecraseur von Atlee. XUI. 148. —
Znsammenstellung von 26 meist in London ausgeführten Operatio-
nen Eur Radikalheilung von O.-G. von Franque* XVI. S27.
Ovarienhydatiden. Tod durch Zerplatzen der 0. von
Trautwein. XXXH. 128.
Ovarienkrankheit mit erfolgreicher Behandlung von Irwin.
IV. 308.
Ovarienkysten mit Haaren, Zähnen und Knochen bei
einem 16 Jahr alten Mädchen von Helfft. XXXIU. 225. — Be-
handlung der 0. mit Jodinjectionen von Duplay. I. 316. — 0.
von Levin. 11. 164. — Bericht über die Section einer O., die
Hirn enthielt von Gray. IV. 310. -- Excision von Ovarienge-
Bchwülsten von Erichsen. IV. 313. — lieber die operative Be-
handlung der 0. besonders über den Nutzen der Jodinjectionen
zur Kadikaiheilung des Hydrops ovarii von Fock. VII. 332. —
Spontane Ruptur einer 0. Heilung von Marchand. IX. 166. —
Discussion in der Akademie der Medicin in Paris über die Be-
handlung der 0. IX. 298. — Voluminöse 0. -Function und
Anlegung einer permanenten Fistel, Jodinjection, Tod, Autopsie
von Dolbeau. IX. 309. -— Brief an die Akademie über Behand-
lung der 0. von Leroy d'Etioles. IX. 311. -— Einzellige
0. durch eine Jodinjection geheilt von Pignaut IX. 311. —
Ueber einen merkwürdigen Fall von O. mit intercurrirender
Schwangerschaft von Barth. IX. 311. -— Tubo-0. von Bichard.
X. 389. -> 0. von Eulenberg. XI. 68. -— 0. bei einer Wöchnerin
in Folge spontaner Ruptur und Entleerung durch den Dickdarm
geheilt von Lumpe. XH. 240. — Spontane Entleerung in die
Blase von Ulrich. XIII. 166. — Anatomie und Pathologie
der O. von Spiegelberg. XIV. 101. 200. — Ruptur der Kyste,
Besserung, Wiederanfüllung, Tod von Barry. XIV. 163. —
Zur Kenntniss der einfachen 0, und ihre Behandlung von Thomas.
XIV. 384. — 2 Fälle von 0«, geheilt durch Ovariotomie, mit
einem Versuche, die Operation zu rechtfertigen von Miller. XTV.
470. — Ueber die chirurgische Behandlung der 0. von Uetten-
hoeven. XV. 317. — Einkammerige O. , geheilt durch Function
Monatflschr. f. Qobartak. 1861. Bd. XVIII. ßuppl. £
LXVI Sachregister.
und Jodinjectionen von OiUi. XYl. 31*. — Tod nach Behandlang
einer 0. mit Jodinjection von Loewenhardt. XVI. 241. — Ver-
gleichende Diagnostik der GeschwaUte des Bauchs mit O. ron
Boinet. XVI. 317. — Zur Diagnose der 0. von Graily Hewitt.
XVn. 817. — Fall von Kugelmann. Ibid. 328. — Vielfächerige
0., dreimalige Function, Ovariotomie, Adhäsionen mit der Leber.
Heilung von Spencer Wells. Ibid. 392. — O. 36 Mal die Func-
tion gemacht von Bertrand. XVIII. 388.
Ovarienschwangerschaft. Fall von Hein. XXXIH. 95.
— Fall von Willigk. XIV. 473.
Ovarienwassersucht. Fall von Kenniou. XXXIH. 403. —
0. geheilt durch ulcerative Eröffnung der Kyste in die Harnblase
von Bennet Ibid. 404. — Behandlung dnrch Druck, Function
und Diuretica von J. Brown. Ibid. 405. — Fall von Lever. Ibid.
— Differentielle Diagnose zwischen 0. und Ascites. Med. Times.
Xn. 318. — Ueber die Behandlung der 0. durch Function und
Jodinjectionen von Scanzoni. XIV. 78. — Radikale Heilung
einer 0. durch einmalige Function von Steinthal. XTV. 373.
Ovaritis periodica von Huss. IX. 143. — 0. folliculosa.
Peritonitis, Heilung von Rakiborsky. Ibid. 153.
Ovariotomie. Alle seine Fälle berichtet Southam. XXXU.
130. — O. mit glücklichem Erfolge von VauUcgeard. XXXH.
438. — 2 Fälle mit glücklichem Erfolge von Clay. Ibid. 439.
— Unglücklicher Fall von Southain. Ibid. — 0. Für dieselbe
spricht Crouch. XXXIH. 403. — 0. bei einem Mädchen von
24 Jahren mit Erfolg ausgeführt von Knorre. Ibid. ~ O. mit
Erfolg von Stilling. Ibid. - O.-Tod, Section von Teale. IV.
311. — Fall von Howie. V. 152. — O. bei erkranktem Ovarium
von Howie. Ibid. — Ein Fall von Greenhalgh. Ibid. 153. —
Uebersicht über 29 Fälle von O. aus der eignen Praxis von Atlee.
VI. 281. — Von Mercier. Ibid. 287. — Fälle von Dunlop. Ibid.
288. — Von Craigs. Ibid. 289. — Bei Ovarium - Geschwülsten.
The Lancet. Ibid. 290. — Fall von Garrard VH. 487. — Ueber
0. von Hasselt. IX. 221. — Tödtlicher Fall von Black. Ibid.
313. — 0. und ihre Resultate von Clay. X. 151. — Zu-
sammenstellung von 61 in Deutschland ausgeführten oder ver-
suchten 0. von Simon. XII. 74. — Zahl der in Ohio aus-
geführten 0. von Hamilton. XIV. 470. — 0. in Ohio von Hamilton.
XVI. 224. — 8 Fälle von 0. nebst Betrachtungen über die Mittel,
die Mortalität nach jener Operation zu verringern von Wells.
XVI. 225. — 0. von Spencer Wells. XVH. 393. — 0. von Tamer.
XVIII. 86.
Ovulation. Ueber die Fortdauer der 0. während der
Schwangerschaft von Scanzoni. XVT. 150.
Sachregister. LXVII
Paraceutese verwirft Cox bei Hydrops ovarii und empfiehlt .
Kirkpatrik. XXXU. 131.
Paralyse. Ueber fanctionelle P. einiger Bewegungsnerven
des Rückenmarks bei Kindern von Coley. XXXTTT. 108.
Paraplegie bei Kindern in Folge scrophulöser Geschwülste
innerhalb der Wirbelsäule von Wiener. XXXTTT. 285.
Parasiten, pflanzliche, als Ursache entzündiich-ezsudativer
Krankheitssymptome auf der Schleimhaut der weiblichen Qenitalien
von Küehenmeister. IX. 284.
Parthenogenesis, wahre, u. s. w. von C. v. Siebold. IX. 472.
Partus in vaginam bei völliger Verwachsung der Scheide
von Moritz. Xin. 60. — P. praematurus. Embryotomie von
Faye. XV. 164.
Pemphigus des Qebärmutterhalses von Joulin. XVII. 479.
Perforation bei Beckenenge, über die, von Proebsting.
XXXn. 426. — P. ist der Kephalotripsie vorzuziehen von
Stersens. Ibid. 427. — Fall von Proebsting. Ibid. — Ueber P.
und Kephalotripsie und Modification des Kephalotribes von Breit.
XXXm. 96. — Nach der P. die Vollendung der Geburt der
Natur überlassen von Kilian. XXXm. 99. — P. und Kephalo-
tripsie von Faye. IX. 224. — P. und Kephalotripsie von Hennig.
Xin. 40. — P. und Kephalotripsie von Spoendli. XV. 821.
XVH 197.
Perforation der Tuba bei einer Schwangeren, Peritonitb,
Tod,. Kaiserschnitt von Wagner. XIV. 436.
Perinaeoplastik von Biefel. XV. 401.
Peritonitis als Folge von Ovaritis folliculosa. Heilung
von Raciborsky. IX. 163. -^ Ueber P. in Folge purulenter Ent-
wicklung der Eileiter von Foerster. XV^ 890. — Intrauterine,
Nekrose und Abstossung der oberen Epiphyse der Tibia von
Richardson. XV. 464.
Pessarium, ein von Bonneels gefertigtes, modificirt von
Varlez. XXXI. 262. — Ein P. von Porzellan, von Schofield.
XXXI. 486..— Medicamentose P. und Vorschrift hierzu, von
Dorvault* XXXIH. 97. -- P., 20 Jahre zurückgehalten. Fall
von V. Burrows. XXXIII. 391. — P. von Gutta percha, von
Ritschie. Ibid. 401. — Entfernung eines alten P., von Hecker.
IX. 96. — Ueber das utero-perinaeale, von Piorry. XV. 393. --
Von Simpson. XVI. 479.
Phlebitis des Gehirns und der Meningea, von Ducrest.
XXXn. 812. — P. cruralis puerperalis, von Clemens. VI. 241.
— Phlebitis umbilicalis. Entzündung und Vereiterung bei-
der Submaxillar- und Sublingual-Speicheldrüsen , von Schulze.
VII. 17. — Ein Präparat von septischer P. , von Senf leben.
XIII. 414.
E*
Linrni Swshregirter.
Pleginasia alba doleuB pnerperarum. Fall von Bertyn.
XXXin. 212. — Chronische P. des Uterus, von Becquerel.
XV. 69. -
Phlegmone periuterina. Ueber Ph. p.y von GaUard.
V. 292. — Bdiandlong der chronischen Ph. in der Umgebung
des Uterus, von Gosselin. VIII, 228. — Phlegmone peri-uteriBa.
Punktion durch die Scheide mit einem neura Instrument. Hei-
lung von Demarquaj. X. 64. ~ Untersuchungen über P.
periuterina, von Bernutz und Goupil. Ibid. 147.
Pincement der Vagina. Ueber die Behandlung des Pro-
lapsus uteri und das Pincement der Scheide, von Däsgrange«.
n. 284.
Placenta, die angewachsene, ist im vierten Geburtsseitraum
KU erkennen, von Rüchenmeister. XXXIII. 265. — EinMckung
der P. entsteht nur durch krankhafte Zusammenziehung des
Muttermundes von Dupuis. XXXQI. 96. — Placenta, doppelte,
bei einer Erstgebärenden, die nur mit einem Rinde schwanger
gewesen, von Retzins. II. 68. — Das Einsacken der P. an dem
Schambeinkamme, von Betz. IV. 266. — Entwickelung der P.,
von Virchow. V. 217. ^ Ueber den tiefen Sitz der P. und über
die Ausschliessungszeit der P., von v. Ritgen. VI. 266. — Ab>
lösen der P., von Rombach. VIII. 62. — P. von Drillingen,
von Domerc. XI. 405. — P. Fehlerhafte Anheftung der P.,
von Dubois. XII. 160. — Entfernung der P. in den ersten
Schwangerschaftomonaten mittels Ausreissen (Evulsion), von Gibba.
XVI. 80. — P. Zweckmässige Entfernung, von Credd XVn.
274. — Von Abegg. XVIII. 264. —
Placentablutungen. Ueber die Verhütungen der P. von
Guillard Thomas. XV. 161.
Placentamessungen, fortgesetzte, von v. Ritgen. X. 321.
JPlacental-Polypen. Ueber die Nosogenie der intraute-
rinen P., von Braun. XVII. 161.
Placenta praevia. Behandlungsweise der P., von Simp-
son. XXXII. 422. — Beobachtungen hierüber, von RoesseL
XXXII. 423. — Drei Fälle von Blutung vor der Geburt bei P.,
von Barnes. XXXII. 424. — Ueber P. von Ockel. XXXn. 424.
— P. p. centralis, wegen Blutung entfernt, von Skinner. •— Drei
Fälle von Gieske. XXXIII. 256. — P. p. bei Uterus bicornis
mit Zwillingen. Fall von Hohl. I. 73. — P. p. insbesondere,
nebst Untersuchungen über den Bau der Placenta im Allgemei-
nen und deren Verbindung mit dem Uterus, von Holst II. 81.
161. 241. 328. 476. und lU. 34. - P. p. c. Fall von Spengler.
III. 268. — Entbindung bei P. p. c, von Clemens, in. 322. —
P. p. Abortus ohne begleitende Metrorrhagie, von Thudichum.
V. 174. — Geschichte einer P. p., von Spengler. V. 181. —
Methode bei P. p. c, während der Geburtszeit, von Cohen. V.
aaehregiiter. FiXfX
24t. — Erwiederong auf die Bemerkungen von Cred<$ hierüber,
von Cohen. VI. 41. r— Ueber Cohen*8 Methode bei P. p., von
Hohl. VI. 140. — Antwort von Cohen. VI. «94. — P. p. mit
totalem Fehlen der Nabelschnur. Fall von State. Vn. S6. —
Die numerlBchen Verhältnisse des Vorkommens von P. p. in
KurheBsen, von Schwarz. VIII. 106. -* Oerichtsärxtliche Bear«
theilung eines Falles von P. p. zur Feststellong des Verschuldens
der Hebamme an dem Tode von Matter und Kind, von Schreiber.
Vin. 886. -^ Ueber P. p. von Denny. VHL 873. — P. p. Zwei
einander ähnliche Fälle auf dieselbe Weise behandelt, aber mit
ungleichem Ausgange, von Hecker. VIII. 418. — P. p. completa
von Lange. IX. 223.— P. p. c, einige Fälle nach Cohen's Methode
behandelt, von Cohen. X. 828. — * Zwei Fälle von Spiegelberg.
XI. 120. — Fall von Hecker. XI. 161. -* Ein Fall von P. suocen-
tuiiata praevia von Künke. XTTI. 344. ^ Physiologie und Be-
handlung der P. p. von^ Barnes. XTV. 162. •— Fall von R p. mit
unglücklichem Ausgange , von Wegscheider. XV. 1. ^ Beiträge
cur Pathologie und Therapie der P. p., von Donkin. XV. 64. —
Bei Zwillingen, von Schnchardt XVin. 268.
Placentareste. Die P. von Hüter. IX. 96. 180. 266.
Plaeentaretention ist nicht gefährlich, von Gerbao.
XXXn. 426. — P. Beitrag zur Lehre von der Behandlung,
von Spoendli. VL 468. — Fall von zurückgebliebener P., von
Wüstefeld. X. 229. — Die Pathologie und Therapie der P., von
Hegar. XVIU. 486. >- 2 Fälle von P. nach unzeitigen Qeburten
von Habit XVIU. Suppl. 216.
Pleuritis der Kinder. Ueber P., von Henoch. XXXTTI.
274. —
Pneumonie während der Geburt, von Pilz. XXXIT. 448.
— P. der Kinder, von Valleix. XXXIII. 273. — Ueber P. Von
Dnclos. Ibid. 274. —
Pocken. Beobachtung eines Falles von demFoetus im Ute-
rus übertragenen P., von Aubebrook. V. 78.
Poliklinik, geburtshülfliche zu Leipzig, im Vertheidigungs-
kämpfe gegen Jörg, von Germann. UL 289.
Polyp 8. Uterus-Polyp.
Präp ar at emer seltenen krebsartigen Erkrankung des Uterus
von Virchow. X. 4.
Präparate von kürzlich im St. Hedwig8*Hospital in Berlin
verstorbenen Kranken, von Ulrich. XV. 82. — Zwei P. von
Wöchnerinnen, von Becklingshaosen« XV. 169. — P. eines voll»
ständig invertirten Uterus, von Langenbeck. XV. 178.
Praxis. Zehn Jahre geburtshülflicher P. im Departement
der Creuse, von Maslieurat. I. 464. — Erinnerung aus der ge-
buitshülfücfaen P., von Költsoh. X. 18. ~ Von Leopold. Ibid.
361. — Ein Bild aus der geburtshülflichen P., von Blankmeister.
XVI. 66. —
LXX Saeiir^^ister.
Presssohwämme, Der Gebrauoh der P., von Storer.
XV. 319,
ProlapsuB uteri. Neae Bandage gegen P., von Eüiaii.
XXXI. 483, — P. u. InBtmment snr Zurückhaltang, von Beid.
XXKlll. 396. — Während der Geburt von Harting. XXXm.
262. — P. u., geheilt durch Ketroflection von Seyfert I. 468. —
Ueber die Behandlung des P. u. und. das Pincement der Scheide,
von D^granges. 11. 284. 813. — Neues Verfahren, den Gre-
bärmutter- und Scheidenvorfall zu heilen, von Schilling. IL
607. rV. 819. -— Ueber die Behandlung des P. u. von Pauli. HL
280. — P. u. et vaginae während Sohwangerschafitund Geburt,
von Houghton. m. 466. -r P. des Nabelstranges. Aetiologie
und Behandlung, von SeTffert IV. 226. — Neues Verfahren bei
P. u., von Schieffer. VI. 884. — Einfluss des P. u. auf die
Urinwege, von Retadus. IX. 74. — Zur Heilung des P. u. nebst
Beschreibung eines neuen Hysterophors, von Eulenberg. X. 478.
— P. u. et vaginae, die Brauchbarkeit des Zwank'schen
Hysterophors und die Verhältnisse, die die Anwendung desselben
erschweren oder unmöglich machen, von Mayer. XD. 1. — P.
u. durch ein grosses Fibroid der vorderen Lippe bedingt, von
Breslau. XUI. 447. — Ueber die Zurückhaltung und Heilung
des vollständigen P. u. mittels Stützapparaten, von Demarquay.
XIV. 166. — ' Heilbarkeit des P. u. durch die Gabanokaustik,
von Braun. XIV. 286. — P., totaler, eines schwangeren Uterus
und Beendigung der Geburt mittels der Zange, von Seidel. XV.
816. — P. u. bei Schwangeren und Gebärenden, von Hüter.
XVI. 186. 269. — Abtragung der Vaginalportion als Mittel sur
Heilung des P. u. von Scanzoni. Ibid. 316. — Der Vorfidl der
Gebärmutter in anat. und klin. Beziehung von O. v. Franque.
XVI. 400.
Pronatio und Supinatio uteri completa, von Favrat
XXXI. 247. ~ Mehre Fälle von P., von Flamm. XXXI. 248.
Pruritus vulvae mit Caladinm Seguinum behandelt, von
Scholz, m. 810.
Pubertät. Früzeitige P.-Entwickdung bei einem kleinen
Mädchen, von Wilson. IV. 231.
Puerperalconvulsionen, Gemüthsbewegung, von Ra^
ford. Vn. 316. ~ Pathologie und Behandlung. V. 466. — P.-
Edampsie, von Kehrer. XVHI. 228. —
Puerperalfieber. Aetiologie der in den Gtebäranstal-
ten epidemischen P., von Semmelweiss. XXXIT. 148. u. XVIEL
406. — Ueber P., von Dubreuille. XXXIII, 92. — Ueber die
Contagiosität des P. und seinen Zusammenhang mit Rothlanf,
von Syme. XXXIH. 269. ~ Fälle von P., von Elsaesser. Ibid.
— Behandlung des P., von Malgaigne. Ibid. — Prophylacticum
gegen das P., von Gibbons. Ibid. — P., das bl>sartige, von
Meckel. IV. 467. — Puerperal - Epidemie mit septischem Cha-
Sachregister. LXXI
racter. Mittheilimgeo über P.-£., von Diese. V. 116. — Kind-
bettfieber des Foetus und des Neugeborenen, von Lorain. Vn.
162. — Von Belletre. Ibid. — In der Matemit^von Charrier.
Ibid. 484. — P. von Martyn. Ibid. 486. — P.E. in Dünkirchen
von Zandyk. IX. 228. — Erforschung der Ursachen des epide-
mischen P.y von Martin« X. 263. — Studien über die in der
Charit^ vorgekommenen P., von Virchow. XI. 4öi). — Ueber
die Contagiosität, von Dor. XI. 456. — Verhandlungen der Aka-
demie der Medicin in Paris über P. XII. 292. — Bemerkungen
über äie SectionsprotokoUe von- 17 au P. verstorbenen Wöchne-
rinnen von Klaproth. XIII. 161. — Beobachtungen über Kind-
bettfieber in der Pfeufferschen Klinik in München. XIII. 387.
— Die pathologische Anatouiie des P., von Buhl. XIV. 64. —
Aphoristische Bemerkungen über das P., von Heiss. XIV. 66.
— Behandlung des P., von Serre. XIV. 69. — Diagnose und«
Behandlung, von Faje. XV. 163. — Ueber das P. nach Beo-
bachtungen im allgemeinen Hospital zu Helsingfors. XV. 296.
— Betrachtungen über K. nach Lehmann's „Rapports de la
commission d'obst^trique commnniques au cercle m^dical d' Am-
sterdam von V. Ed. Siebold. XVII. 336. 401. und XVIII. 19. —
Behandlung von Kehrer. Ibid. 209. — P. im St Petersburger
Hebammeninstitute vom Novbr. 1868 bis März 1869, von Grüne-
waldt. XVm. Suppl. 928.
Puerperalkrämpfe als Steigerung der Nervenreizung von
Murphy. XXXIH. 269.
Puerperalmanie während der Schwangerschaft. Fall von
Salter. XXXH. 140.
Pnerperalmetritis idiopathlca, von Willemin. XXXH.
141. —
Puerperalmiasma. Ueber die Vertilgung des P. in Ent-
bindungsanstalten, von Busch. XXXH. 318.
Pulserregung. Ueber die mit jeder Wehe steigende und
fallende P., von Martin. IV. 460. und v<m Mauer. IV. 462.
Py r 0 8 i s. Symptom von Uterinleiden, von Boods. XXXHI. 397.
f Querlagen s. Eandslagen.
Quetschwunden und Blutung der weibliehen Genitalien.
Zwei Fälle, von Spence. X. 318.
Reflexerscheinnng, seltene, bei Schwangerschaft, von
CoUmann. XI. 394.
rfXryTr ^ Sachr^ster.
fiegulaior. Ein netter Apparat zur leichteren Scbliessnng
der bei der Anlegung sich werfSenden Zangenblätter von Graden*
wita. VI. 180.
Bepoeition der vorgefallenen Nabelschnur, von Scydelcr.
m. 488.
Bespirationsbewegungen des Kindes im Uterus durch
Auskultation wahrnehmbar, von Schultze. X. 141.
Betentio mensium. Untersuchungen über B. von Bemutz.
XXXTTT. 388. — B. urinae beim Fötus, als Geburtsstörung, von
Depaul. XVI. 284.
Betroflexio über, von Safford Lee. XXXm. 896. — B.
uteri von Lehmann. Vm. 68. — B. des schwangeren Uterus,
während der Geburt, von Oldham. XVin. 87.
Betroversio uteri. Häufigkeit und Diagnose von Simp-
son. XXXTT. 437. — B. und Anteversio uteri nie beobachtet,
aber Betroflexio und Anteflexio von Deville. — B. Ursache von
Unfruchtbarkeit von Bigby. XXXTTI. 394. - Zwei Fälle von B.
von Bond. Ibid. 396. — B. uteri gravid! des höchsten Grades,
von Cred^. 1. 396. — B. u. g. durch Colpeuryse geheilt von Wohl-
gemuth. I. 410. — Von Guichard. VI. 163. — B. des schwan-
geren Uterus von Bamberger. VII. 60. — B. u., während der
Schwangerschaft, von Guichard. Vn. 220. — Fall von Gren-
ser. IX. 73. — Fall von Bamsbotham. Ibid. 147. — Fall von
Morris. IX. 148. — B. u. in der Hälfte des fünften Schwanger-
schaftsmonats nach ftnchtlosen Bepositionsversuqhen , durch die
Lagerung der Kranken gehoben, von €k>de£ro3r. X. 61. — B.
u. Zwei Fälle von v. Misley und Guichard. X. 289. — B. des
schwangeren Uterus von Martin. XI. 141. — Fall von Hecker.
Xn. 287. — Verfahren der Beposition von Godefroy. XTV. 79.
— B. u. Heilung durch Punctio vesicae von Mfinchmeyer. XIV.
370. — Ueber die Entstehung der B. oder Betroflexio uteri gra-
vidi von Tyler Smith. XVII. 389.
Bettung des Kindes beim Tode der Schwangeren von Lange.
XXXn. 427.
Bhachitis. Klinische Vorträge von Trousseau. XXXm.
236. — Ueber den Bau der rhachltischen Knochen von Meyer.
Ibid. 884.
Bheumatismus uteri gravidi von Meissner. • XVIH. 39.
Bichtung, die normale des Uterus im leeren Zustande von
DepauL m. 474.
Biss, s. Zerreissung.
Botationen des E^indskopfes mittels der Zange, von Scan-
zoni vorgeschlagen, verwirft Moser. XXXII. 416. XXXIII. 834.
Bougination. Heilung ehier Blasenscheidenfistel mittels
ein Mal vorgenommener B. von Spengler. XIH. 148.
Bücken mark« Einwirkung des B. für die Oontractionen
des Uterus von Barlow. XXXH. 426.
Sadire^ster. LXXIII
Ruptur des Mittelfleiscbe« und ihr Verhältniss zum Ein-
schneiden und Scarificiren desselben, von Birnbaum. XXXTI.
104. — Raptura uteri spontanea mit angebomem Mangel der Mns-
kelwandung einer Seite. Fall. XXXII. 126. — Fall mit glück-
lichem Ausgange von Praestart. XXXII. 127. — R. u. 800 Fälle
von Trask. XXXII. 444. — Fall des nicht schwangeren Uterus
von Guzzo. XXXm. 02. — Zwei FSUe wegen Hydrocephalus
des Kindes von Simpson. Ibid. — R. der Vagina mit Austritt
des Kindes in die Unterleibshöhle von Knopf. II. 421. — R.
des Scheidengewölbes bei der Geburt von Hartmann. VI. 141.
— R. u. von Hafiher. VI. 142. — R., spontane des Uterus, be-
dingt durch Hjdrocephalus congenitus des Kindes von Hecker.
Vlll. 806. — R., spontane einer Ovarienkyste. Heilung von Mar-
chand. IX. 156. — Fall vonTrast. IX. 882. -^ R. u., während
der Gkburt bei einem verengten Beckeneingange, von Lehmann.
XI. 226. — R. u. von Migu^z. Ibid. 808. — R. des Uterus
während der Geburt bei osteomalacischer Beekenverengerung,
Austritt des Kindes in die Bauchhohle, Bauchschnitt von Pagen-
stecher. Xn. 146. — R. u. und der Vagina. Beitrag zur
Lehre über die R. u. von Lehmann. XII. 408. — Fall von
Klapproth. XIII. 4. — Fall von Kapler. Ibid. 808.
Ruta. Anwendung der R. bei Mutterblutungen von Beau.
Xm. 472.
s.
Sacralgeschwulst bei einer frühzeitigen Frucht von Wittig
und Wohlgemuth. V. 161.
Salivation in Folge der Kauterisation des Collum uteri
mit Queeksilbemitrat von Elleaume» XVIO. Suppl. 227.
Salpingitis. Ueber die S. als Ursache der Peritonitis puer-
peralis von Martin. XVll. 168. ^ S. puerperalis von Vocke.
XV. 392.
läanduhrzusammenziehnng des Uterus vor Ausstossung
des Kindes von Dudley. XXXII. 448.
Sarcina in den ausgebrochenen Massen eines zehnmonat-
lichen Kindes und bei der Section in der Magenflfissigkeit, von
Walter. XXXIIL 267.
Sarcoma. Fall von reddivirendem S. in der grossen Scham-
lippe von Simon. XIII. 68. — Ovarial-S. und Uterusdrüsenneu-
bildung von Rokitansky. XVI. 8S7. — Sarcoma medulläre des
Uterus und Rectum. Verschluss des letzteren, Tod durch Jleus
von Mayer. XVII. 186.
Saugen a& den Brustwarzen als Wehen erregendes Mittel
von Sickel. m. 820.
Saugapparat der Neugebornen von v. Siebold. XVIII. 234.
LXXIV Sachregitter.
. Scbambeinfage imd Kreuzdarmbeiiiiuge des MeudieD
von Luschka. V. 186.
Schädel du r chm es ser. Die S. des Neugebornen tod
Spöndli. X. 154.
Schädeleindruck durch das Promontorium bewirkt voo
Nusser. XI. 72.
Schädelzange. Die Mesnard'sche S. jl>enutKt zur Ez^m.
tion des Kopfes nach einer Perforadon bei osteomalacisehen
Becken von Winkel. XVII. 292.
SchamfugeAschnitt von Faucoult XVIII. 826.
Schanker. Ein Fall von S. am Uterus von Koliock
XV. 476.
Scharlach, geheilt durch warme Wasserumschläge toi
Bulley. XXXIU. 276. — Essigwaschungen verhüten die Ad-
steckung der Umgebung, von Webster. Ibid. — Ueber S. m
Miller. Ibid. — Ueber dje Wassersucht nach S. von HeUEt
Ibid. 277. -- Von Behrend. Ibid. 278. — S. puerperaüs, voü
aemens. V. 130.
Scheidenbildung, künstliche. 2 Fälle von de Bsl und
Huystiens. XXXIII. 98.
Scheidenfisteln. Neue Methode zur Behandlui^ der S.
von Mintum. X. 819.
Scheidenriss. Tod der Entbundenen durch Darm- und
Netzvorfall aus einem S. in Folge unbefugten Eingriffes einer
Hebamme von Rlusemaun. VIII. 286.
Schleimhaut des Uterus. Beitrag zur Geschichte der
Anatomie und Pathologie der S. d. U. und ihres Schleime», der
Decidua und der Nabothschen Drüsen von Bobin und Bemerkungen
von V. Ritgen. XXXIII. 145. 289.
Schliessung, unvollkommene, der Vagina. Fall von an-
gebomer S. und Bildung eines künstlichen Blindsackes von Corbeu.
V. 386. — Geburt, verhindei-t durch Verschliessung der Scheide
von Maisonn euve. XXXIII. 261.
Schneidzange (Labitom) von v. Ritgen. VI. 404.
Schreien der Frucht und Schreien und Wimmenf vor
und in der Geburt von Bierbaum. XXXII. 811.
Schröpfapparat für die Port, vagin. von Mayer. IlL 232
Schulterlage. Siehe Kindeslage.
Schwalbach in seinen Beziehungen zum chronischen Utenor
und Vaginalkatarrh von Frickhoeffer. XV. 428.
Schwamm. Anwendung eines cylinderförmigen S. bei
Uteruskrankheiten von Yvaren. V. 887.
Schwängerung unbewusst, im trunkenen Zustande. Fsll
von Roell. XXXIII. 241.
Schwangerschaft. Untersuchungen über Harn und Blut von
Schwangeren zur Lehre von der S. von Boecker. XXXIL 489. -
Frühe S. bei einem Mädchen von 11 Jahren u. 10 Monaten. Ihid.*^!-
SaAbreguter. LXXV
•— S., mehrfache. 6 Fälle, in denen nur ein theilweiBer Abortus
des einen Foetos erfolgt von. Braohet. XXXIII. 96. ^ Er-
kenntniw der S. in den ersten Monaten von Majrtin. Ibid. 246.
S. heilt Irresein, ist ein .Vorartheii, Ton Albers. I. 76. — S. in
einem rudimentären Utemshom mit wahrscheinlicher Wanderung
des Eies ans dem rechten Ovarium in das linke Uterushom von
Scansoni. I. 462. — S. bei Anomalieen des Uterus von Chiari.
in. 467. — lieber Unregelmässigkeit und Verlängemng der S.
von Simpson und Beid. IV. 71. — 8. durch Uteruskrebs bis zum
17. Monat verlängert von Menzies. V. 207. — Die statischen
Phänomene der S. von Helfft. Ibid. 266. — S. oomplicirt mit
Hydrops ovarii, welche die künstliche Frühgeburt nöthig machte
und im Wochenbette durch Einklemmung der Kyste in einen
8chenkelkaaal tödtlich endete von Hecker. Vn. 98. — S.-Dauer
und Berechnung von Duncan. IX. 879. — S.- Dauer. Beob-
achtungen über die S. von Elsaesser. X. 142. — Heilsame Wirkung
der S. bei Betroversio und Prolapsus utefi von Brächet XQ. 86.
^ On svangerskabtidens Graendser af Bavn. XYI. 288. --
Schwangersehaftsdiagnostik von Hecker. XU. 401. — Schwanger-
schaft ausserhalb der Gebärmutterhöhle. Beiträge zu der Lehre
von der 8. von Hecker. XHI. 81. — Fall von Cohen. XIII.
149. — S., dreizehnmonaüiche, endigend mit der Gebart einer
Blutgeschwulst und eines siebenmonatlichen Kindes von Clemens.
Xni. 182. — S. in einem rudimentären Uterushom von Virchow.
"XV. 177. — Aussergewöhnlich verlaufende Scfawangerschalk von
Hink. XVn. 163.
Schwefeläther. Ueber den Gebrauch des S. in der Ge-
burtshülfe von Cottmg. XIV. 289.
Seeale als Einspritzung bei Fussgeburten, wenn der Mutter-
mund den Hals des Kindes umschliesst von CoquiUard. XXXTTT.
262. — S. in massigen aber rasch auf einander folgenden Dosen
bei Wehenversetsung von Bahn Escher. Ibid. r- S. und warme
Injectionen bei Metrorrhagie von Trousseau. I. 470. — S. gegen
Nachwehen von Leriche. III. 806. — Wirkung des S. und der
Mechanismus bei der Geburt anatomisch-physiologisch von Spitzer.
IV. 304.
Secret, das, der Schleimhaut, der Vagina und des Cervix
von Koelliker und Scanzoni. VI. 69. — Ueber die S. des Fluor
albus von Beigel. V. 467.
Seebäder. Ueber den Nutzen der S. von Heymann.
XXXm. 886.
Seelen ein drücke. Können lebhafte Eindrücke auf die
Seele der Schwangeren bei ihren Früchten Epilepsie erregen?
von Mich^. VII. 816.
Seitensteinsehnitt beim Weibe. Fall von Morton. VII. 160.
Selbste nt Wicklung und ihr Verhältniss zur Wendung
von Birnbaum. I. 821. — -Zur Casuistik der S. bei Querlagn
h^OCVl SadisegiBter.
mit naoh vorn gekehrter Brastfläohe von Vogler. X. «76. —
Fall von 8. von Metfcler. XIV. IW.
Selbstaähren. Bemerkungen über S., Ammenweeen und
ktnstliche ErnKhumg von WegschMder. X. 81.
Selbstwendang. 2 Ffille von Elsaesser. XXXm. 856.
— FÄlle von S. von Spoendli. III. 18». — Fall von Leus.
XVI. 66.
Senkung und Einklemmung des Uterus von Mattei. XVI. 479.
Sitzbad. Ueber das S. bei Frauenknmkbeiten von Saek.
XI. 87.
Sklerose der Placenta von Neumann. XVU. 16S.
Skrophelkrankheit ist mit Tuberculosis nicht identisdi
von HA«rd. XXXIII. 280.
Spasmus, Glottitis, Larjngismus stridulus der Kinder. Bei
S., G., L. s. sollen die Kinder in's Freie gebraeht werden von
Roberten. XXXIII. 272.
Spätgeburten. Eintheilung der S. in wahre, scheinbare
und falsche von Bierbaum. XXXIII. 246. — S. eines Kalbes
von Schieflißr. IV. 268. — S. möglicher Weise durch psydhisehe
Einflüsse bewirkt von Annun. IX. 379.
Speculum. Application, Form und Einrichtung des S. von
Fergussott, von Kennedy. XXXI. 248. ~ Ueber den Gebratteh
des S. bei der Diagnose und Behandlung von Utemricrankhaten
von R. Lee. XXXIII. 365. ^ Das Milcbglas-S. von C. Mayer.
I. 159. — S. für das Innere des Uterus von de Liamballe. n. 504.
— Bade-S. von Rakiborsky. V. 305. ~ S. von Neugebauer. IX.
75. — A treatise on the employment of the specnlmn by Roh. ^
Lee. XIU. 157. — Das^sweckmässigsteS. von L. Mayer. XVIII. 11.
Spina bifida. Ueber S., Encephaloce und Hydroc^halus
chronicus von Bohrend. XXXm. 268.
Spondylolisthesis. De S., gravissimae pelvangustiae
causa von Kilian. IL 315. -- Ein neuer Fall von Breslau. VI.
457. — Muthmassliche S. von L^mann. VII. 48. — Wesen und
Entstehung der S. von Lambl. XJI. 65. — Ueber die Ansichten
der Entstehung der S. mit Beschreibung eines derartigen Prä-
parates von Olshausen. XVII. 255. — Neuer Fall von 8p. des
Beckens. Unvollendet gebliebene Entbindung. Tod des Kindes
und der Mutter von Breslau. XVIII. 411.
Sp r i te e zu Injectionen in die Vagina von Beendet, n. 504.
Squatting uterus. Ueber das Sidisetsen des Utems von
Rigby. Xn. 68.
Stach elbecken. Ueber Kilxan's S. von Lambl. V. 461.
Statik des Uterus. Anatomische und pathologisch <«Ba-
tomische Studien über die S. d. U. von Aran. XII. 158.
Statistik. Geburt^ülfliche Beiträge eur S. von Veit V.
344. VL 101. — S. der operativen Gkburtshülfe vonRioker. VI.
Sachregister. LXXVII
8K — Stutistisehe Uebersicht der rerschiedenen Grebartaarten,
ihres Verlaufes u. s. w. von ^chwörer. X. 479.
Steinkind, das, von Kieser. V. 156.
Sterilität der Frauen. Ueber die dieselbe veraulasseuden
krankhaften Zustände und deren Behandlung Ton Mayer. VIII.
818. — FäHe abhängig von Dysmenorrhoe und Krankheiten des
Mastdarms von Braun, X. 235.
Stirn lagen. Siehe Kindeslagen.
Störung des Wochenbettes. Eigenthümliche S. d. W.
von Uerzfelder. XXXU. 138.
Stomatitis materna von Gugin. XVI. 158.
Strangulation des Foetus durch achtfache Umschiingung
der Nabelschnur um den Hals bei secundär-syphilitischer Mutter
von Credd I. 88. — S. durch Knotung der umschlungenen Nabel-
schnur von Bartscher. XVII. 364.
Streifen. Ueber die narb^ähnlichen Streifen in der Haut
des Bauches, der Brüste und der Oberschenkel bei Schwangeren
und Entbundenen von Credä. XIV. 321.
Strictur, die spastische des Muttermundes während der
Geburt hat ihren Sitz im Orifidum internum von Scanzoni.
XXXII. 421. — S. des Fundus uteri als Ursache von Metrorrhagie
»ach der Geburt von Dietz. II. 1. — S. des Duodenum bei
einem Kinde von Hecker. VII. 241. — Spastische S. des Mutter-
mundes von Domer<i. 'XI. 404.
Strumöse Krankheit des Uterus von Lever. XXXII. 433.
Sturzgeburt, Fissura cranü, Cephalaematoma externum und
internum von Olshanseu. XVI. 38«
Sugillationen. Petechienartige S. auf der Oberfläche des
Herzens und der Lungenpleura bei im Bette erstickten Kindern
von Casper. XXXIU. 241.
Sumatra. 3 Geburtsfälle auf S. von Vogler. XI. 66.
Superfötation von Bierbänm. XXXIII. 96. — Fall von
Thielmann. III. 385. — S. und Menstruation von Duncan. III.
465. -- Menstruation im Aufange der Schwangerschaft, S. und
Insertion des Eies von Duncan. VII. 46. — S. von Jobert. Ibid.
483. — Ueber S. von Dumontpaillier. VIII. 376. — Uterus bi-
comis und S. von Jacquemier. IX. 226. — 8. und Uterus bi-
comis von Barker. Ibid. 380. ~ S. von Naegeli. X. 370. —
Ueber die Beziehungen der S. zur Zwiilingsschwangerschaft von
Braun. XUI. 470. ^ Eine Beobachtung gegen S. von C.Braun.
XV. 463.
Suspensorium perin&eale als Ersatz für Pessarien von
Cont^ de Levignac. XXXJl. 434.
Syncope, heftige und Metrorrhagie nach äusserlicher An-
wendung des Chloroform ai\f die Uteringegend von Clemens.
VU. 39.
LXXVril Sachregister.
Synostosis sacro-iliaca bei querverengtem Beeken toh
Lambl. V. 139.
Syphilis. Ansteckung zwischen Ammen and Saaglingen
von CuUerier. IV. 80. — Uebertragang der S. vom Neugebomen
auf die Amme. VIII. 464. — Uebertragung der 8. vom Foetos
auf die Matter von Hutchinson. IX. 816. — Von Balfoar. Ibid.
468. XI. 816. — Einfluss der S. auf die Schwangersdiaft von
Dunal. XI. 406. >— Uebertragang von der Amme aufs Kind und
vom Kinde auf die Amme von Trousseau. Xu. 77. — S. der
Schwangeren. Behandlung mit Jodquecksilber von Bertin. AlJLi.883.
T.
Tagesstunden. Ueber die T. in welchen die meisten Ge-
burten 2u Ende gehen von West. I. 289.
Tampon ade und ihre Anwendong bei Schwangeren, Gre-
bärenden und Wöchnerinnen von Jaeger. XXXtn. 97.
Tannin als blutstillendes Mittel von Bühring. IV. 469.
Taubstumme. Ueber die Ehen und Nachkommen der T.
von Meissner. XIII. 47 t.
Temperaturbeobachtungen bei Wöchnerinnen von
Hecker. IV. 464.
Tetanus nach Uterus Verletzung von Mikschik. V. 76.
Thlaspi bursa pastoris gegen Metrorrhagie von Vanoje.
XXXin. 897.
Thränen. Deren prognostische Bedeutung bei Kinder-
krankheiten von M. XXXin. 289.
Trans fusion. Ueber eine mit günstigem Erfolge bei einer
lebensgeföhrlichen Intrauterin-Blutung vollzogene T. von Martin.
XVII. 269.
Thrombus der grossen Schamlippe von Nusser. XI. 72.
— Thrombus vulvae et vaginae. Geschichte des T. insbeson-
dere nach Niederkünften. Anatomische Betrachtungen über den
Sitz des T. und seiner Behandlung von Laborie. XVII. 318.
Tod in Folge von Chlorwasserinjectionen in den Uterus von
Bessems. XXXIH. 401. —Ueber plötzliche Todesfalle im Wochen-
bette durch Verstopfung der Lungenarterien von Hecker. VII.
139, — T., plötzlicher einer Gebärenden von Roper. VUI. 146.
— Tod der Entbundenen durch Darm- und Netzvorfall aus einem
Scheidenriss von Klusemann. VIII. 286. — T. nach Operation
der Hasenscharte von Volkmann. XI. 363. — T. durch Ein-
strömen von Kohlensäure in die Uterttshöhle von Scanzoni. XII.
70. — Ueber die Todesfälle im Wochenbette von Marc d'Espine.
Ibid. 72. — T. nach Behandlung einer OvarienkTste mit Jod-
injection von Loewenhardt. XVI. 241. — Fall von Legrand.
XVni. 248.
Sachregister. LXXIX.
Todtgeburten. Zur Statistik der T. in Berlin ron Müller.
V. 466. •
Torsion der Nabelschnur von Noeggerath. IV. 136. —
Von Dohrn. XVm. 147.
Trismas neonatorum glücklich gehoben. Fall von Steincke.
XXXin. 107.
Tubarabschnürung. Fall von linkseitiger T. von pseudo-
membranöser Adhäsion, mit wahrscheinlicher Aufnahme des Eies
aiiis dem linken Ovarium ton der rechten Tuba von Rokitansky.
XVn. 160.
Tubarostien und Tu baran hänge. Ueber accessorische
T. von Rokitansky. XV. 67.
Tubenschwangerschaft. Vortrag von Schwabe. III. 1.
— Fall von SzoboVschtschinoff. V. 800. ■— Fall von Hirsch.
VII. 329. — Fall von Tubo-0 variaisch wangerschaft von Castelain.
XVill. 481.
Tuberkeln. Bauch -T. der Kinder und ihre Diagnose von
Mertens. XXXDI. 269. — T. in den Ovarien. Fall von acuter
Tuberkulisation des puerperalen Uterus und 1 Fall von T. in den
Ovarien von Rokitansky. XVII. 166.
Tuberkulose, acute der ELinder von Merbach. XXXIII.
386. — T. des Uterus von Beck. VII. 225.
Tubo-Ovarienkyste von Richard. X. 389. — 2 Beob-
achtungen von Letenneur. XIV. 388. — T. vaginae in Folge
einer partiellen Erweiterung der Urethra von Foucher. XI. 219.
— T. sacralis congenitus von Bartscher. XVII. 121.
Tympanitis uterina einer Schwangerschaftähnlich.XXXIII.
399. — T. spsBtica. Ueber ein mechanisches Heilmittel bei einer
besonderen Art von T. sp. von Schwarz. VIH. 260. — T. uteri
von Valenta. X. 382. — Von Heise. XI. 136.
Ty ph US. Geburt im Verlaufe des T. von Cummins. XV. 462.
r.
Ueber fr uchtuug. Siehe Superfotation.
Ueberschwäugerung. Siehe Superfotation.
Uebersicht der klinischen Ergebnisse im Gkbär- und
Findelhause in Trient von Brauu. VI. 469.
Ulceration der Uterinschleimhaut während der Schwanger-
schaft, die 7 Monate dauerte von Clay. XXXIl. 442. — U. des
Muttermundes. Ueber deren pathologische Bedeutung von West.
IV. 97.
Umschlinguug der Nabelschnur. Siehe Nabelschnur.
Umstülpuug des Uterus. Siehe Inversio.
r'
LXXX Sachregister.
Unfraciitbarkeit will Tyler Smith durch Beseiti^^ang der
Verstopfung der Fallopischen Tomp^ auflieben. XXXIIL 242.
Unnachgiebigkeit, organische und Entartung des Mutter-
mundes bei der Geburt von £ichmann. IV. 76. — Fall von '^^
Lessmann. V. 74.
Untersuchung wegen stattgehabter Geburt von Verin.
V. 321. — U., die gynäkologische, mit diagnostischen Anhalts-
punkten u. s. w. von Amann. XVHI 489.
Uraemie. lieber den ursächlichen Zusammenhang zwischen
U. und Eclampsie bei Schwangeren, Gebärenden und Wöchner-
innen von Litzmann. VI. 149. — Tödtlich endende U. in Folge
von Retroversio des schwangeren Uterus von Bambergar. VII. 50.
— Beweise für den Nexus der Eclampsia parturientium und U.,
von Braun. VIII. 449. — Neue Beiträge zur Lehre des U. , von
Litzmann. XI. 414.
Urin fisteln des weiblichen Geschlechts mit besonderer Be-
rücksichtigung der Behandlung durch das Glüheisen von Habit
XVL 77.
Urinvergiftung. Om urinförgiftuing hos hafvande etc.
af Ingman. XV. 165.
Uterinblutungen nach der Geburt. Jodinjectionen gegen
U. von Dupierris. X. 229.
Uterindislocationen. Die Instrumentalbehandlung als
Palliativ- und Radical- Verfahren bei abdominalen U. von D^chj.
X. 318. XI. 221.
Uteringeräusch. Ueber den Ort der Entstehung des so-
genannten U. bei Geschwülsten der Bauchhöhle von Pemice.
XV. 179.
Uterinleukorrhöe mit Hautreizen auf den unteren Theil
des Rückenmarks, behandelt von Redam. XXXU. 435.
Uteri nsch leimhaut und ihre Secretion von Robin. mOüI.
430. XXXm. 146. 289. — U. (Decidua). Excessiv gewucherte
U., ein Präparat von Kaufmann vorgelegt. XVn. 332.
Uterus. Beiträge zur Behandlung der Krankheiten des U.
von Montgomery. XXXIU. 37«. — 2 Fälle von Mangel des U.
von Beer und Jaeger. — Fehlen des U. Fall von Oldham. —
Fall von Ziehl. Ibid. 392. — • 2 Fälle von Mangel des U. u. der
Vagina von Ramsbotham. IX. 151. — Fall von Mangel des U. u^
der Vagina von Samter. XVI. 80. — Mittheilungen über die
unvollständige Entwickelung der einen Uterushälfte und ihren
Zusammenhang mit einer ähnlichen Anomalie der Blase von
Stolz. IX. 150. — Uterus and its Appendages by Farre. XII.
399. — Sur le ddveloppement incomplet d'uue des moiti^s de
l'uterus etc. p. Stoltz. XVI. 159.
Uterusabsces. Krankengeschichte vouKugelmann. X VII.328 .
Uterus affection. Heilung einer langwierigen U. durch
Application der Curette von Rdcamier. Gaz. des höp. VIU. 296.
.Sachregister. LXXXI
— Ueber einhörnigen U., ohne und mit verkilmmerten Neben-
faom von Kussmaul. XIV. 76.
Uterus bicornis von S. Thomas. — Verdoppelung des U.
der Scheide Ton Oldhsm. XXXm. 392. — U. b. mit Zwillingen u.
und Placenta praevia. Fall von Hohl. I. 7d. — U. b. und
Superfotation von Jacquemier. IX. 226. — Von Barker. Ibid.
680. — U. b. und Atresia ani. Bemerkungen von Krieger. Xu. 17S.
Atresie der linken Ufilfte eines U. b. von Rokitansky. XVI. 668.
Uterusblasen fistel. Operation von Churchill. XVI. 76.
Uterusblutungen nach der Geburt. Jodinjectionen gegen
U. von Dupierris. X. 229.
Uterus contractionen während der Geburt von Scansoni.
xxxm. 260.
Uterusdouche. Bemerkungen über U. in der Gtoburts-
hfllfe von Bourgeois. VII. 142. — Heilmittel bei Galaktorrhde
von Abegg. XVI. 424.
Uterusdrüsen -Neubildung in Uterus- und Ovarial-Sar-
comen von Rokitansky. XVL 887.
Uterusexstirpation (De totius uteri exstirpatione) vcm
Breslau. XXXUI. 281.
Uterusfibroid. Siehe Fibroid.
Uterusge schwul st. Siehe Geschwulst.
Uterushämorrhagieen. Zur Diagnostik der U. und der
durch t^leischmolen bedingten insbesondere von Plagge. XIV. 66.
Uterushalter. Siehe Pessarium.
Uterushohlen. Untersuchungen über die Höhlen des
Uterus im leeren Zustande von Guyon. XII. 397.
Uterusinversion. Siehe Inversio.
Uteruskatarrh. Behandllung des U. durch Inje<$tiouen
von Strobl. XXXU. 434.
Uternsknickungen entstanden aus einem örtlich und all-
gemein atoni.«ichen Zustande von Kiwisch. XXXI. 261. — Beitrag
zur Pathologie der U. von Scanzoui. UI. 226. — Beitrag i^ur
Lehre der U. von Scanzoni. VI. 142. — Fall von Holst. XU.
76. — Behandlung mit der Uterussonde von Massmann. XVH. 436.
Uteruskrankheiten. Behandlung durch Blutentziehungen
von Tanchon. XXXII. 118. — Die galvanische Cauterisation bei
Behandlung der U. von Ellis. HI. 282. — Ueber den Einfluss
einiger U. auf die Krankheiten des Rectum von Brown. HI. 476.
— Fall «iner schweren U. von Pag^. V. 290. — Behandlung
durch Hydrotherapie von Boullay. VI. 477. — Ueber einige
Krankheiten der Innenflfiche des Körpers und Grundes des U.
von Cumming. IX. 154. — Zur Pathologie und Therapie der
U. von Barnes. Ibid. 230.
Uteruspolyp mit Uleera^on des Matterhalses. Fall von
Bennet. XXXI. 258. — 2 Operationen von U. von EUiot. XXXI.
878. — Ein grosser U. von Küttner. XXXII. 119. — Haydeureich
Monat«ii.cbr. f. Oeburtsk. 1661. Bd. XYlIl. Sappl. p
LXXXn Ö«chregist<».
uatorbiudet sie 48 Stuuden vor der Operation. Ibid. 130. -* U.
fibröser. Fall von Kilian. XXXII. 435. — U. mit krebsartiger
Entaortung toh Trotisset. Ibid. -- U. von seltner GMsse von
Horlacber. XXXIII. 83. — 10 Fälle Ton vesicalSr^n U. von
Lever. XXXIIL 397. — U. während der Scbwangerschaft von
Oldham. I, 166, - Ueber U. von Helft. Ibid. 296. — ü. mil
invereio uteri von Santesiton. II. 153. — Beitrag zur Pathologie
von Scanzoni. VI. 471 . — Excision grosser gestielter von Simpson.
Ibid. Fall mit heftiger Metrorrhagie von Smith.' Ibid. 476. —
IJeber Histologie und Formen der XJ. von Hirsch. VH. 159. —
2 Polypen am Collum uteri durch eine Ausdehnung der Elemente
desselben gebildet von Davaine und Laboul^e. Vni. 231. —
U. von Mayer. IX. 89. — Abtragung desselben. Rückkehr und
Verschlimmerung der vor der Operation vorhandenen nervösen
periodischen Zufalle, Tod von Li^gey. X. 68. -- Zur Casoistik
der fibrösen U. und deren Exstirpation von Simon. XTV. 1 —
Polypns oris intemi uteri bei einer Wöchnerin von Leopold.
XIV. 62. — Fibröser Polyp an der vorderen Fläche des Uterus,
Perforation des Uterus und der Harnblase von Demar^uay. XV.
58. — Erfahrungen über dieselben von Habit Ibid. 314. — Ueber
Coincidenz von Polyp und Inversio uter. von Gurlt XVI. 11. —
Beitrag zur Lehre vom Abortus und vom fibrösen U. von Roki-
tansky. XVU. 152. - Fibröser U. von Ziemsen. XVIH. S25.
Uterusretroflexio. Siehe Retroflexio.
Uterusretroversio. Siehe Retroversio.
Uterusruptur. Siehe Ruptura uteri.
Uterussonde kritisch beleuchtet von Scansoni. III. 887.
— Behandlung frischer Fälle von Ut-erusknickungen mittels der -
U. von Massmann. XVU. 486.
Uterustumoren. Diagnostik der U. ausserhalb der Schwan-
gerschaft und des Wochenbettes von Breslau. X. 156.
V-
Vaccination. Ueber die V. , von B^renguier. XXXIIL 279.
Vagina. Bildungsfehler der V. Fall von Maunoir. ü. 50t.
— Doppelte V. von Dunglas. V^IU, 230. — Zwei Fälle ange-
bomen Mangels des Uterus und der V. von Ramsbotham. IX.
151. — Völliger Mangel der V. und des Uterus von Samter.
XVI. 80.
Vaginalinspection. Ueber einige Hülfsmittel bei der V.
von Ploss. XIV. 271.
Vaginalportion. Beiträge zur normalen und pathologi-
schen Anatomie der V. von Wagner. X. 465« — Ablragong der
V. als Mittel der Heilung des prolapsus uteri, von Scansoni.
X\1. 815.
Sachregister. LXXXIII
VAginiti» der Mftdchen, toi» Boys de Lonrj CostiUies.
XXXI. 231. — V. aphthosa von Lever. XXXm. 890. — Ver-
gleichoBg Terschiedener Mittel in ihrem Ei-folge von Becqaerel
und Rodler. V. 29d. — lieber Y. und deren Behandlung mit
Glycerine tannique von Demarquay. XV. 475.
Vagitus ttterinus. Fall von Köhler. XXXIII. 268. -^
V. u. nach der Wendung auf den Fuss von Knüppel. I. 397. ~
V. u. mit Deglutitio uterina von Wolff. III. 160. - V. u. Ein
Fall von Grenser. Vm. 368. — V. u. von Bartscher. IX. 294.
— Fall von Költsch. X. 18.
Varicositäten. Zur Behandlung der V. und chronischen
Schwellungen des Unterschenkels von Ravoth. V. 112.
Vegetationen an den Genitalien der Schwangeren von
Thibierge. Vm. 68. IX. 468.
VenengeräuBche bei Chlorosis von Besanes. XXXm. 889.
Veränderungen, die graduellen, der Zotten des Chorion
und der Plaoenta von Bobin. IV. 471.
Veratrum viride. Anwendung des V. v. bei Febr. pucr-
peralis von Barker. XI. 296.
Verblutung aus den Eierleitem und Haarbildung im linken
Ovarium von Laboulb^e. I. 394.
Verbrennung. Fall von so gänzlicher V. eines Neugebo-~
renen, dass nur wenige Knochen übrig geblieben. Begutachtet
von v.*Siebold. XVII. 107.
Vereinigung der Wunde nach dem Kaiserschnitt von
Pillore. V. 217.
Vereiterung des Muttermundes und des Mutterhalses von
Tripe. XXXTT. 436. — Beobachtung über die V. des Mutter-
halses von Edwards. XXXII. 436.
Verengerungen des Beckens. Praktische Betrachtungen
über V. von Rouyer. VI. 226.
Verengerung des Mastdarms durch Neubildung in dessen
Umgebung, als Folge eines lange getragenen Pessarium, von
Boene. Vin. 151.
Verfahren bei Rissen und Geschwüren der Brustwarzen
von Legrottz. VIII. 228. — V. bei Prolapsus uteri. Pdiibng
des Schiefer'schen V. von Klein. Ibid. 229.
Vergiftung, fahrlässige, eines neugeborenen Kindes durch
Morphium von v. Siebold. XVI. 60.
Vergrösserung der linken Mamma bei einem 21jährigen
Mädchen von Image und Hake. XXXTI. 133. — V. der ansge*
' tragenen Früchte von Newermann. xxxm. 246.
Verhandlung. Versammlung deutscher Naturforscher und
Aerzte in Königsberg 1860. Verhandlungen der Section für Qj*
näkologie von Germann. XVI. 882. — ^ In Speier 1861 von Hüter.
XVm. 366.
F»
hJOCaV Sachr^ter.
Verklebung des Mqttermundes als GtburUbmdOfSiiMr yon
T. Siebold. XIV. 9e. — Von Leopold XIV. 68.
Verkrümmungen der Wirbelsäule von Oppenheim. XXXIIL
879. — Ueber die Behandlung der V. des Uterus von Henni^.
IX. 72.
Verlängerung. Ueber riisselfÖrmige und polypöse V. der
Muttermundslippen von Virchow. V. 166. — . Ungewöhnliche V.
de« Cerriz von Herpin. VII. 227.
VerletBUngen, über intrauterine, des fötalen Knochen-
gerüstes vor und während der Qeburt in geburtshülflicher und
gerichtlich medicinischer Beziehung von Gurlt. IX. 821. 401. —
Intrauterine V. am Kopie von Pristley. XVIIL 86.
Verschliessuug der O^ffioiUDgen der Tuben in denUtems
als Vorbeugung der Schwangerschaft von Froriep. XXXIII. 84S.
— Erworbene V. der Vagina von Nelaton. L 166 — V. des
Collum uteri durch Operation geheilt von Bumotte. VHI. 466.
— V., vollkommene, der Scheide bei einem 19 jährigen Mädchen
krankhafte Erscheinungen durch verhinderte Menstniat»« von
Bozi^. IX. 386. ~ V. des Muttermundes im 8. Schwanger-
schaftsmonat von Birnbaum. X. 146. — V. der Scheide bei
Blasenscheidenfistel von Roser. XIII. 80.
Verschluss des Afters. Ueber den inneren V. bei Neuge-
bornen mit normalem äusserem Orificium von Beauvais. VIL
491. — V. des Uterus und des Hymen in Folge dessen lurnck-
gehaltenes Menstrualblut von Picard. XII. 240. — V., voDstäa-
diger, des Mutterhalses bei der Schwangeren und die dagegen
nöthige Operation von Depaul. XVI. 390.
Verschwärung der Schleimhaut bei Chlor osis von Tum-
bull. XXXni. 889. — Verschwärungen des Collum mit CoUo*
dium zu überziehen von Mitchell yyyin 397. •- V. am Collum
uteri. Anwendung des caustischeu Chitta-percha bei V. von Bo-
biquet und Boys de Loury. VDI. 289.
Versehen der Schwangeren von Brach. Bemerknngen su
der Abhandlung von v. Praag. II. 198.
Verstopfung der Lungenarterie. Ueber plötzliche Todes-
fälle im Wochenbette durch V. von Heeker. VII. 189.
Vertebralhaken. Ueber den Nutzen eines V. in manchen
■ehweren Geburten von Oldham. HI. 472.
Verunstaltungen des mütterlichen Beckens. HülfiwQge
des Geburtshelfers bei derartigen V., dass «in reifes Kind an-
verkleinert nicht hinduroh geleitet werden kann, von Meissner.
XI. 172. 269. 872. — V. des Beckens durch unregehaissige '
Knechenwaohening nach Fracturen und durch nicht zurückge-
brachte Luiationen der Knochen des Beckens und der beiiaeh:
harten Knochen von Lenoir. XFV. 76.
Verwachsung des Muttermundes als Geburtshindemiss von
Schoeller. XXXn. 812. — V. der Vagina acht Monate nach
Saebr^ter. UQDCV
Bonnaler Geburt voa HottoL XXXin. 890. — V. dar Yagin»
von Saurel. V. 161. — Von Schweiteer. V. U6. — V. der Pia«
ceato oder DihSiite mit daaelDen Tbeiioa dee Fötua von Houel.
XI, iO0. — TheüweiBO V. der Vagina von Samter. XV. 476. —
V. des Muttermimdefl und Scheidengrnndes bei einer Schwange-
ren, sammt den dadurch bedingten Folgen von Rotter. XVI. S89.
Verwnndnng, tödtliche, der Art. iliaca interna durch ein
sur Erregung des künstlichen Abortus bestimmtes Instrument von
Hayward. IL m.
Versögerung der Geburt durch Krankheit des Matter*
haUes von Hennig. XXXTTT. 47.
Vesicantia sind bei Kindern gefährlich von S. XXXIIt
94. 386. — Application von V. auf das Collum uteri von Araa.
Vin. 467.
Vichy. Die Thermen von V. in ihrer Anwendmig gegen
einige Uteruskrankheiten von Durand-Fardel. IV. 288.
Vierlinge. Fall von Rankin. VII. 146.
Vdmitus gravidarum. Ein lethaler Fall, von Ulrich.
XI. 98.
Vorfall der Placenta von v. Siebold. VI. 268. — V. von
Kabelschnur bei Kopflagen; manuelle Reposition in 4 Fällen
glücklich und 8 misslangen. Sieben Fälle von Hecker. VIII.
899. — Geburten mit Vorfall der Extremitäten neben dorn
Kopfe von Pernice. XI. 146. — V. der mit Fruchtwasser ge-
füllten Eihäute von Leopold. XIH. 139. — V. des mit Frucht-
wasser gefuUten Amnion von Credd. XIH. 141.
Vulvitis gangraenosa bei einem Kinde von Guersant.
XXXIII. 276. — Ueber V. und Abscesse der Schamlippen und
verschiedene Form der V. von Simpson. XIV. 149.
W.
Wasserkopf. Fall von angebomem W., Spina bifida lumho*
dorsalis und Klumpfiisse von Schultse. X. 6. — Geburtsge*
schichte und Seetion von Schultze. XI. 106.
Wassersucht bei Schwangeren von De villiers und Reguault
XXXII. 442. ~ Schwangerschaft im Vereine mit Unterleibs-
Wassersucht von Blankmeister. XXXQI. 198. — W. nach Schar«
lach von Heim. XXXIH. 277. - Von Bohrend. Ibid. 278.
Weber*8ches Organ. Beschreibung eines Falles von sehr
hoher Entwickelung' des W. 0. von v. Franque. XVI. 236.
Wehen. Ueber Mechanismus der Geburtswehen von Acker-
mann. XXXni. 128.^— Ein Geburtsfall ohne W. von Blank-
meister, in. 13. — W. - erregendes Mittel ist Saugen an den
Bmstwarten von Sickel. Ibid. 329. -^ Ueber die Behand-
lung unzureichender Wehenthätigkeit und Vergleich der Wirk*
LXXXVI Sachregiftter.
«unkeit des Seeale und des Gkdvanlsnias in der Qeburtshftlfe
von Barnes. IV. 138.
Wendung auf den Kopf, bei schlechter Rindeslage, wenn
die Wässer noch nicht, oder eben abgegangen, von Kilian«
XXXn. 42^ — W. auf den Kopf und ^^woidung von Chloro-
form von Breit. XXXTTT. 100. — W. auf die Füsse bei Becken-
enge zur Verhütung der Perforation von Wilson. XXXm. lOS.
W. auf die Füsse nach vergeblicher Anlegung der Zange bei
Beckenenge von v. Aberle. XXXHI. 266. — Dagegen von King.
Ibid. 267. — Die Selbstentwickelung und ihr Verhältniss our W.
von Birnbaum. I. 821. — W. auf den Kopf durch äussere Kunst-
griffe von Spengler, m. 184. — W. auf die Füsse bei Becken-
enge von Dubreuilh. VIU. 264. — Einige BemeriLungen sor
W. und Extraction des Kindes an den Füssen von Meissner. X.
849. — W. bei Prolapsus vaginae von Kauffinann. XI. 480.
— Neues Hülfsmittel bei W. vor Abfluss des Froehtwassers von
Leopold. XIV. 60. — W. auf einen Foss von Kuhn. XIV. 169.
— W. auf den Fuss als Bettungsmittei des Kindes bei Becken-
enge von Martin. XV. 16. 171. — Beobachtungen üb^ die W.
durch äussere Handgriffe von Esterie. Ibid. 86. — W., Snssere,
bei Querlagen der Frucht von Martin. XVI. 1. — W. anf die
Füsse von Figg. XVII. 476. — Neue Methode v«n Braston
Hicks. XVm. 247.
Wimmern, Athmen und Schreien der Frucht, vor und in
der Geburt, von Bierbaum. , XXXII. 811.
Wirbelsäule. Beobachtungen und Bemerkungen über die
gebnrtshülfliche Bedeutung des Lumbaltheiles der W. von Birn-
baum. XV. 98. — Zusatz zu der hier mitgetheilten Beobachtung
KTphosis des Lendentheiles der Wirbelsäule, von demselben.
XVI. 67.
Wirbelverschiebung. Beitrag zur Aetiologie der W.
von Breslau. XII. 67.
Wochenbett. Heilkraft des W. von Leopold. XXXII.
140. — W. einer Indianerin von Schwans. VHI. 111. — Nach-
krankheit^i des W. von Mikschik. Ibid- 299.
Wunde, schon vernarbte, bei einem Neugebomen von Jones.
XXXni. 206.
Wundsein der Brustwarzen, kann durch fehlerhafte Saog-
werkzeuge der Kinder entstehen, von Günther. XXXUI. 94.
— Wundwerden der Brustwarzen. Mittel dagegen von Leon.
xxxin. 262.
IL.
Xiphodymie, seltener Fall, von Dopp^nissbilduiig von
Bamis und Breslau. XI. 468.
Sachregister* LXXXVn
Zange, eine neue, auf das Blatt gebogene, von Baumers.
XXXTTI. 266. — Ueber die rationelle Anwendung der Z. von
Boddaert. Ibid. 267. — Zangensäge 6 Mal bei Embryotomie an-
gewendet, mit günstigem Resultat von Feigneauz. Ibid. — Z.
zur Extraction des perforirten Kopfes von Ziegler. Ibid. 268. —
Z. Ueber die Anwendung bei zuletzt kommendem Kopfe, von
Walter. lU. 81. ~ Ist die Anwendung der Z. bei zurückblei-
bendem Kopfe nach gebomem Körper des Kindes dem Bandgri£fie
mit Tracdonen an den Schultern vorzuziehen, von Vogler. IV.
384. -7- Z. mit veränderlichem Schlosse von Richard. VI. 188. —
Anlegung der Z. mit Einfuhrung einer einzigen Hand von Hatin.
X. 376. — Ueber den Gebrauch der Z. von Cummins. XV. 467.
— Ueber die Anwendung der Z. bei Gesichtslagen von Martin.
XVI. d. — Dynamometrische Vorrichtungen an der Z. von Kri-
steller. XVn. 166. — Z. mit gleichmässigem Zuge und fort-
schreitendem Druck von Chassagny. XVIII. 486. —
Zangenblätter. Ein neuer Apparat zur leichteren Schlies-
sung der bei der Anlegung sich werfenden Z. von Gradenwitz.
VI. 180.
Zangenentbindung bei Gesichtslage und Beckenenge von
Genth. XVI. 6.
Zangenoperation. Zur Z. von Spiegelberg. XI. 124. —
Ueber Mechanismus der Z. von Kristeller. XIII. 896. — Ueber
die Methode der Z. von Martin. XTV. 81.
Zellgewebsentzündung des Beckens. 6 Fälle von Lever.
XXXm. 260.
Zerreissung der Rectovaginalwand , Vorfall der NabeU
schnür und der linken Hand aus dem After; künstliche Geburt
von Dudos. 'XXXIQ. 98. — Z. des Uterus. 21 Stunden darauf
Gastrotomie, Entwicklung des todten Kindes, Genesung der
Mutter von Gilmann. V. 882. — Z. der Scheide, Tod durch
Hervorziehen der Gedärme bei der Eutbindung von Toulmouche.
X. 467. — Z. des Uterus, Bauchschnitt mit glücklichem Erfolg
von Bayne. XII. 74. — Z. Tuberkulöse Entartung und Zerreis-
sung des Uterus im dritten Monat der Schwangerschaft von Goo-
per. XIV. 73. — Ein Fall von spontaner Z. der rechten Syn-
chondrosis sacroilica während des Geburtsactes von Scanzoni.
XrV. 78. — Z. des Uterus. Fall von Z. während der Schwanger-
8chaft nach irüher vorausgegangenem Kaiserschnitte von Bourgeois.
XV. 896. — Ringförmige Z. des Mutterhalses von Herbert Bar-
ker. XVm. 83.
Zerrung des Uterus. Beobachtungen über Z. während der
Geburt von Braxton Hicks. XV. 896.
LXXXVIIl . Sachregister.
Zeugung, Geburtsmechauitfmus u. s. w. von Eichstedt.
XIV. 477.
Zucker, lieber das Vorkommen von Z. im Harn der
Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen von Kirsten. IX.
437. — Von Leconte. X. 280. — Von Wiederhold. X. 874.
Zufälle, üeber die nervösen Zufälle, welche die Affectionen
des Uterus compliciren und ihre Behandlung durch die trans-
cnrrente Cauterisation von Nonat. XTV. 78.
Zusammengewachsene lebende Rinder. Fall. Med. Zt^.
Bussi. VI. 66.
Zunge. Ueber die angeborenen Fehler der Z. von Meyer.
XXXm. 268.
Zurechnungsfähigkeit der Schwangeren von Bierbanm.
XXXn. 441.
Zwergin. Entbindung einer Z. von Schreier. VIH. 116.
Zwillinge. Zwfllingsgeburt mit beiden Köpfen im Becken
von Hohl. XXXU. 1. — Z. mit Einkeihing beider Köpfe im
Becken von Lidcy. VU. 146. — Fall von Dunkan. Ibid. 814.
— Anatomische Beschreibung von mit den Köpfen zusammenge-
wfpchsenen Z. von Naranowitsch. IX. 146. — Zwei Fälle, wo
beide Köpfe zugleich im Becken eintraten von de Lespinasse. IX.
220. — Z. mit Zangeneztraction des 2. Kindes , wegen ezcessiver
Grösse von Valenta. X. 876. — Z. mit fünf vorliegenden Ex-
tremitäten von Schnitze. XI. 855. <> Zusammengewachsene Z.
von Mamitz. Ibid. 468. — Mehrfache Geburten von Spöndli.
Xin. 456. — Zwillingsschwangerschaft. Ueber die Beziehungen
der Superfötation zur Z. von Braun. XIH 470. — Seltene Z.
von €h>ldberg. XTV, 160. — Beiträge zur Z. von v. Siebold.
Ibid. 401. ■— Studien über Z. von Spaeth. XVI. 809. — Zwil-
lingsschwangerschaft ausserhalb des Uterus von Rupin. XVL
819. — Präparat einer Z. - Missgeburt von Virchow. XVH. 101.
— Z. bei Placenta praevia von Schuchardi XVHX. 2ö8. —
Zwillingsstatistik von Ploss. XVlI. 476.
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