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Full text of "Monatsschrift für Geburtskunde und Frauenkrankheiten"

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Monatesehrift 

für 

GEBÜRTSKÜNDE 

und 

FranenkrankheitexL 

Im  Verein  mit  der 
Gesellschaft  für  Geburtshülfe  in  Berlin 

Dr.  C.  S.  F.  Credi, 

Holrath ,  ord.  Prof.  and  Direetor  der  £lntbi]idiuigt*AiisUU  in  Leipsig  ete. 

Dr*  EcL  Martin^ 

B^h.  Bnth«  ord.  Prof.  and  Direetor  der  Entbindongs-Anstalt  in  Berlin,  Bitter  etc. 

Dr.  F.  A.  TO&  Rltgen, 

Oeb.  Ratli»  ord.  Prof.  und  Direetor  der  Bntbindangs -Anstalt  In  Gietien, 
Gomtbar  ete. 

Dr.  Bd.  O.  J.  Tön  Siebold, 

«    ord.    Prof.    and   Direetor    der   Entbindangi  •  Anstalt  in   OOttingeu, 
Oomthnr  ete. 


Sfolieiiieliiter  BmiL 

Mit  Tier  Tafeln  Abbildungen. 


Berlin,  1861. 

Terlag  to&  August  Hirsehwald, 

60  U.  d.  Linden,  Ecke  der  Sebadow-Strasfo. 


JL  x#  M^ 


^"^    FE8121901   "^ 


Inhalt 


Heft    L 

Seite 
L    Verhandlnogen  der  Gesellschaft  f&r  GeburtshÜlfe  in  Berlin      1 
Crüger:  Ueber  den  Einflass  der  Torderen  Beckenwand 
auf  den  Gebortsmecbanismns,  besonders  bei  Becken- 
▼ereng^emng^n  ^ringeren  Grades.  (Hieran  eine  Tafel 

mit  Abbildnng^.) 1 

WCmckti:  Kaiserschnitt  bei  halisteretischein  Becken  .    27 
Wmnekel:  Kaiserfchnitt   bei    halisteretischem  Becken 
nit  glfiektichem  Erfolge  für  Mutter  nnd  Kind    ...    29 

IL    Zur    Gesehiehte  des  Lithopädion.    Von  J,  F.  H.  AJben 
ia  Bonn 42 

HL    Kotisen  ans  der  Jonmal« Literatur: 

Ghraf:   Atresie   der  Scheide  mit  abnormen  Menstraal- 

wegen 64 

Sotoyar  (San  Franoisco):  Exstirpation  einer  krebsig  (?) 
entarteten  Gebftrmntter  ron  den  Banchdecken  ans  .    65 

Sartkolow:  Hjdramnios  (?)  mit  wässerigem  Aasflasse 
ans  der  Vagina 67 

Woodt&n:  Yollstlndige  In^ersio  uteri  nach  einem 
Abortus  im  vierten  Schwangerschaftsmonate;  Repo- 
sition nach  sechs  Tagen 68 

CkarU9A,Lt€:  Statistische  üntersucbung  der  Ursachen, 
der  Pathologie  und  der  Behandlung  der  Inversion 
der  Gebärmutter 68 

€hmMer:  H«ematocele  retrouterina,  Bildung  einer 
Maetdarmseheidenfistel ,  Heilung 70 

/oft»  Olan:  Ein  neues  Zeichen  für  die  AblSsung  der 
Plaeeoto  naoh  der  Geburt  des  Kindes 70 


IV  Inbrnlt. 

Seite 
8ekmü%:  Miitheilan^en  über  eine  Kreif  sende  mit  osteo- 

malacischem  Becken 71 

SUtistiBcbe   Tabelle   fiber   die  Yorkommniaae  in   der 

Geb&ranstalt  an  München  rom  1.  October  1869  bia 

30.  September  1860     7$ 

Hinki  Aeratlicher  Bericht  von  der  aweiten  GebSrklinik 

an  Wien  1860 74 

IV.    Literatnr: 

Hermann  SehwartB,  Beiträge  aar  Qeachiehte  des  F5taa 

im  Fdtns.    Marbnrg  1860 , 76 

Heft    n. 

V.    Verhandlnngfen  der  Gesellschaft  ftir  GebnrtshSlfe  in  Berlin     81 
QU9c%yn$ki:  Bericht  über  einen  mit  glücklichem  Ana- 
gange Tollführten  Kaiserschnitt 81 

Virchoto:   Präparat  einer  Zwillingsmissgebnrt     ....  101 
Hofmeyer:  Vorlegung  einer  länglichen  wallnoasgrossen 
Geschwulst 101 

Abarbandl:  Inyersio  uteri  durch  einen  Polypen  Ter- 
anlasst    102 

Martin:  Ueber  yerach^pdene  Methoden  der  Ver- 
kleinerung des  Kindskopfes  bei  der  Geburt   ....  103 

VI.  Fall  Ton  so  gänslicher  Verbrennung  eines  Neugeborenen, 
daas  nur  wenige  Knochen  übrig  geblieben.  Begutachtet 
von  Eduard  von  Siebold 107 

Yll.    Tumor  sacralis  congenitus.  Beobachtet  von  L.  Barteeher, 

Gerichtswundarst  und  Geburtshelfer  in  Osnabrück    .  .  121 

Vni.  Ueber  prophylaktische  Anwendung  kalter  Fomentationen 
nach  schweren  Geburtsfftllen.  Von  Dr.  J.  Ign.  Lern», 
prakt.  Arste  in  Warth  bei  Frauenfeld  in  der  Schweia  126 

IX.  FünfundTieraigster  Jahresbericht  über  die  Ereignisse 
in  dem  Entbindungsinstitnte  bei  der  ^onigL  Sachs, 
chirurgisch -medicinischen  Akademie  an  Dreaden  im 
Jahre  1869.  Von  Professor  Dr.  Oreneer,  Konigl.  Sachs. 
Hofrath  etc 127 

X.    Notisen  aus  der  Journal- Literatur: 

Bokiiantkif :  Bin  Fall  Ton  linkaeitiger  Tnbarabaekafirang 
Ton  pseudomembranöser  Adhäsion,  mit  wahrachein- 
lieher  Aulnahme  des  Eies  aus  dem  linken  Ovarinm 
Ton  der  rechten  XubA » 160 


Inhalt  y 

Seile 

C,  Brown:  Ueber  die  Kosogenie  der  intrauterinen 
PUeental- Polypen 151 

RokiioMfk^:  Ein  Beitrag  aar  Lehre  yom  Abortn«  und 
Tom  fibrSaen  Utemapoljrpen 162 

Neumann:   Ueber  die  Sklerose  der  Placenta 163 

TT.  Hink:  Beobachtung  einer  ganz  aussergewdhnlioh 
rerlauf enden  Schwangerschaft 158 

Düorme:  Behandlung  der  Ämennorrh5e  und  Dys- 
menorrhoe durch  das  Apiol 154 

Bckitandcy:  Ein  Fall  yon  acuter  Tuberkulisation  des 
puerperalen  Uterus  und  ein  Fall  Ton  Tuberkel  in 
den  Ovarien 156 

C  Brown:  Ueber  einen  seltenen  Mechanismus  bei 
Gesichtalagen 167 

Jaoq^em^:  Ueber  die  Störung  des  Oeburtsrerlaufes 
bei  Kopflagen,  bedingt  durch  au  grossen  Umfang 
der  Brust  und  der  Schultern  des  F5tus 159 


Heft  m. 

XL    Yerhandlungen   der   Qesellsohaft  fQr  Geburtshiilfe   in 

Berlin 161 

lAUk€:  Fall  tou  angeborener  Yerengerufg  des  Dick- 

dannaa 161 

Mtgrtin:  Ueber  die  Salpin^tis  als  Ursache  der  Peri. 

tonitis  pnerperalis 168 

Kri§UlUr:    Djnamora  et  rieche   Yorriebtoiig    an    der 

Qebartssange.  (Hieran  eine  Tafel  mit  Abbildungen.)  166 
L,  Müiff^r:  Sarcoma  medulläre  des  Uterus  und  Rectum. 

Yerschlns»  des  letiteren.    Tod  durch  Ileus    ....  186 

Xn.  Ueber  ein  im  Winter  1859 — 1860  beobachtetes  puer- 
perales Erysipelas  phlegraonodes.  Yon  Prof.  M.  Bettina 
in  Stoekholm 191 

Xni.   Ueber  Perforation  und  Kephalothrypsie.    Zweite  Ab- 

theilnng.    Yon  Dr.  SpondU,  Privatdocent  in  Zürich  .  .  197 

XIY.  Bericht  Aber  die  Yorgange  im  Köaigl.  Entbindungs- 
inslltaU  der  Unirersitit  au  Halle  und  der  damit  in 
YerbinduBg  atehendea  PoUkUnik  für  OeburtshQlfe, 
FiaMD-  «ad  Kinderkrankheiten  im  Jahre  1857.  Yon 
Dr.  A.  F.  MM 216 


VI  Inhalt. 

Heft    IV. 

Seite 
XV.   Verhandlongen  der  Gesellschaft  für  Gebnrtshfilfo  in 

Berlin    241 

L.Mayer:  Klinische  Beobachtungen  üb.  Entwickelang 
des  Cancroids  der  weiblichen  Seznalorgane    .  .  .  241 

Olshausen:  lieber  die  Ansichten  der  Entstehung  der 
Spondylolisthesis  mit  Beschreibung  eines  derartigen 
Präparates.     (Hierzu  eine  Tafel  AbbilduDgen.)    .  265 

Martin:  Ueber  eine  mit  günstigem  Erfolge  bei  einer 
lebensgefährlichen  Intrauterinblutung  vollzogene 
Transfusion 269 

XVI.  üeber  die  zweckmtlssigste  Methode  der  Entfernung 
der  Nachgeburt.     Von  Cred^ 274 

XVII.  Die  lfs«nar<2*6che  Schädelzange  benutzt  zur  Eztraction 
des  Kopfes  nach  einer  Perforation  bei  osteomalacischem 
Becken.    Von  Dr.  Fran»  Winekel  in  Berlin 292 

XVIII.  Bericht  über  die  Leistungen  des  Königl.  Hebammen- 
instituts zu  Stettin  während  der  Jahre  1834 — 1869. 
Vom  Geh.  Medicinalrath  Dr.  Behm 802 

XIX.    Notizen  «us  der  Journal -Literatur: 

Oraily  ffewitt:  Zur  Diagnose  der  OTarienkysten    .  817 

Lump4:  Schwangerschaft  in  Verbindung  mitMeduIlar- 
krebs  an  der  Vaginalportipa  .  .  .  « 817 

LahorU:  Geschichte  des  Thrombus  Tulyae  etTaginae, 
insbesondere  nach  Niederküuften.  Anatomische 
Betrachtungen  über  den  Sitz  des  Thrombus  und 
seine  Behandlung    818 

Aus  dem  Berichte  der  K.  K.  Gebärklinik  an  der 
medicinisch- chirurgischen  Lehranstalt  in  Graz  im 
Studienjfthre  1858/69     818 

Brinkmann :  Bericht  über  die  in  dem  Königl.  klinischen 
und  poliklinischen  Institute  für  Geburtshülfe  und 
Gynäkologie,  sowie  in  der  Klinik  für  Frauen- 
krankheiten in  dem  KÖnigl.  Charit^ -Krankenhause 
während  des  Sommersemesters  1860  unter  der 
Leitung  des  Geh.  Medicinalratbs  Herrn  Prof. 
Ed.  Martin  zur  Behandlung  gekommenen  Geburten 
und  Eikrankuagen 319 


Inhalt.  yil 

Heft    V. 

Seite 
XX.     Yerbandlangen  der  Gesellschaft  für  Gebnrtshülfe  in 

Berlin 321" 

Jforüii:  Fall  yon  isolirtem  Scheidenkreb« 821 

Miedeil  Ueber  Darminvagination 824 

Btßdeli  Üeber  einen  todtlieh  verlaofenen  Fall  von 

Cephalaeniatom 826 

Ftrc&oio:   Mittheilnng  einer  von  Herrn  Dr.  Kugel- 
mann  eingeschickten  Krankengeschichte 328 

XXL  Betraehtnngen  über  das  Kindbettfieber.  Naeh  Leh- 
flMNm'a  «Bapports  de  la  commission  d'obstötriqne, 
commnniqn^s  an  cercle  m^dical  d'Amsterdam  **.  Mit- 
gatheilt  Ton  Eduard  v.  Siebold 836 

XXII.  Fan  Ton  Spaltug  der  Harnblase,  Cloakenbildnng  nnd 
Hjdrorrhaebis.  Von  Dr.  Leopold  in  Meerane.  (Mit 
Tier  Abbildongen.)     367 

XXHL  StnuBgalatioB  des  Fdtns  durch  Knotnng  der  nm- 
achlangenen  Nabelschnur.  Von  L.  BarUcher,  Wund- 
ant  und  Geburtshelfer  in  Osnabrück.  (Mit  einer 
Abbildung.) .864 

XXIY.  Bericht  fiber  die  Leistungen  des  Königl.  Hebammen- 
instituts SU  Stettin  w&hrend  der  Jahre  1834—1859. 
Vom  Geh.  Medicinalrath  Dr.  Behm.    (Fdrtsetiung.)  .  366 

XXy.    Kotisen  aus  der  Journal -Literatur: 

Vol.    HefferdoM:    Neue    Operationsmethoden    der 

Blaaenscheidenfisteln  mit  Metalldraht 386 

2Vi#r  BmiAi  Ueber  die  Entstehung  der  Betroversio 

oder  Betroflezio  uteri  gravidi 389 

Ckmetaniin  Pauli   Neue  Fälle  von  Einwirkung  der 

BleiTergiftung  auf  den  Fötus 390 

Wendti    Ueber  den  sogenannten  Prager  Handgriff  391 
Laeantkyi    Ausstossung    eines    vom    Bumpfe    ab- 
gerissenen u.  im  Uterus  zurfickgebliebeoen  Kopfes  392 
Spencer  WeUei   Vielfacherige  Orarienkjste :    drei- 
malige Punktion,  Ovariotomie,  Adhäsionen  mit 

der  Leber,  vollständige  Heilung 392 

Spencer  Welle:  OTariotomie;  Heilung 398 

Lympe:  Utemsfibroid  (submucöses)  mit Amennorrhoe  894 
Otto  «.  Franque:   Mitthellnngen  aus  der  geburts- 
halfliehen  Klinik  lu  Wünburg 894 


Vin  InhAlt. 

8«lto 
XXYI.    Literatar: 

QnelqoeB  consid^rstioQs  pratiqnes  aar  les  accouche- 
mentfl  en  Orient  par  le  Dr.  PauCEram^  m^decin 
des  hdpitaax  de  Constantinople.  Paris ,  impr.  p. 
E.  Thunot  &  C.   1800.  XVI.  a.  481  8.  B 896 


Heft    VL 

XXVII.  Betrachtungen  über  das  Eindbettfieber.  Nach  Lel^ 
maiin*8  „Rapports  de  la  commission  d^obst^triqne, 
commaniqa^s  an  eercle  m^dical  d' Amsterdam ''. 
Mitffotheilt  Ton  Eduwrd  v.  BiebM.   (Fortsetsimg.)  .  401 

XXTIII.  Ein  Fall  ron  Haematocele  periaterina  nebst  Bei- 
trägen aar  Geschichte  nnd  Diagnose  dieses  Leidens. 
Von  Dr.  Äffirsd  fls^or  in  Darmstadt 418 

XXIX.  lieber  Behandlang  frischer  Fälle  von  Gebärmntter- 
knicknngen  mittels  der  Utemssonde.  Von  Dr.  Ifcwt* 
mann,  jüngerem  Stadtaoconchear  m  Petersburg  .  .  486 

XXX.  Bericht  über  die  Leistungen  des  KSnigl.  Hebammen- 
instituts 8U  Stettin  während  der  Jahre  1834—1869. 
Vom  Geh.  Hedicinalrath  Dr.  Behm,    (Fortsetzung.)  462 

XXXI.    Kotizen  aus  der  Journal -Literatur: 

Biehter:   Fall  Ton  Ausstossung  der  Frucht  nach 

dem  Tode 473 

Ämann:  Aus  Simpson'B  hlinischen  Vorträgen :  Üeber 

Kranioklasma 474 

E.  G,  Figg:  Ueber  die  Wendung  auf  die  Füsse, 

ein  in  allen  Geburten  lu  übendes  Verfahren  .  .  476 

Plo9a:  Zur  Zwillingsstatistik 476 

Spiegelberg:  Erfahrungen  und  Bemerkungen  über 

die  Störungen  des  l^achgeburtsgeschäftes ....  477 
•/ott2»a>>  Studien  über  den  Pemphigus  des  Geb&r^ 

mutterhalsös 479 

UhU:  Ein  Fall  von  mangelhafter  Knoohenbildung 

bei  einem  Keugeborenen 480 


Vtrhandlimgen  der  Gtesellsohaft  für  OeburtBhttlfe 

in 

Berlin. 

SitEong  vom  9.  October  IMO. 

Herr  MtxrHn  verliest  folgenden   der  GeBellschaft  ein- 
^efldiickten  Aufsatz: 

Deber   den  Einflass  der  vorderen  Beckenwand  auf 
den   Geburtsmechanismus,    besonders    bei  Becken- 
verengerungen geringeren  Grades. 

Dr.  Crüger, 

Bgp^fni  «a  der  ProTfniial-HebaiiuneB-Lelmiittal«  ra  091»  *.  Rh. 

(Hieran  eine  Tafel  mit  Abbildimgen«) 
Bei  AiAteilung  dei^iiliu|iüjmi!ii  J^rdie  wiebtigeren  geborts^ 
bülOicben  Openitioneif,^|[|'man^4%!^  fast  einzig 

die  Länge  der  C<n^Kata  in'iT^Sliige^  g^^  (so  besonders 
Bügen,  JTtW^cftl  j^canH4|f^  ^nd  die  nmgen  keineswegs 
gkicfagülligen  Nebaira^ltnisse,  ma00^s  tnUg,  ausser  Acht 
gdassen.  Gegen  eiB^!^R^^S^^iel:&Aren  jrolRstirt  besonders 
t^Uian  scbarf  in  sein«^qS^^j|pt(eYj^;^murt  a.  M.  1840, 
Bd.  II.,  §.  240<  „ts  geh^rniiffi2ohne  alle  Widerrede 
zo  den  grossen  und  verderblichen  Irrthümem,  sobald  es 
gdingt,  einen  Beckenfehler  zu  entdeckenT  demselben  auch 
sogiMch  schon  die  Rolle  vorauszubestimmen,  welche  derselbe 
in  der  zu  erwartenden  Geburt  qpielen  wird.  Wenn  wir  aber 
die  Pifle  von  absoluter  Beckenverengerung  in  Abzug  bringen, 
so  ist  eine  in  obiger  Weise  gewagte  Vorhersage  ausnahmslos 
ivwerfliGfa;  und  eben  so  leichtfertig  wie  zu  missbilligen  ist 

r.f.Oelrartak.  1S61.  Bd.Zyn.,Hft.l.  ^ 


2  I*    Verhandlnn^n  der  GeBellBchaft 

das  Verfahren  aller  der  Geburtshelfer,  welche  sich  auf  eine 
blosse  Beckendiagnose  in  der  Schwangerschaft  hin, 
ohne  etwa  Erfahrungen  aus  vorhergegangenen  Geburten  zu 
besitzen,  sogleich  über  die  wichtigsten  operativen  Mittel 
entscheiden,  es  verschmähend,  die  heilsame  Vorsicht  zu  ge- 
brauchen, erst  und  vor  allen  Dingen  den  Eintritt  und  die 
Entwickelung  des  Geburtsgeschäftes  abzuwarten,  da  sich,  wie 
jeder  besonnene  Beobachter  weiss,  hier  und  zwar  eben  nidit 
30  selten  bis  in's  Unglaubliche  steigende  Ueberraschungen  heraus- 
stellen/* Aehnlich  spricht  sich  auch  Hohl  in  seinem  Lehrbuche 
der  Geburtshülfe,  S.  664,  aus.  —  Gilt  es  nicht  fast  für  einen 
allgemein  angenommenen  Gründsatz  in  der  Geburtshülfe,  dass 
bei  einer  Conjugata  unter  2^/^  Zoll  und  ausgetragenem  Rinde 
die  absolute  Indication  für  den  Kaiserschnitt  bestehe?  Ferner 
bei  2Vs  —  3  Zoll  die  relative  d.  h.  also  bei  lebendem, 
ausgetragenem  Kinde,  sonst  Perforation,  Kephalothrypsie, 
Embryulcie  oder  künstliche  Frühgeburt,  bei  Beckenenge  übe? 
8  Zoll  Zange,  Zerstückelung  od&c  künstliche  FrOhgebortf 
Wie  oil  gescheht  es  aber,  dass  bei  der  einseitigen  Rücksicht- 
nahme auf  diese  Verhältnisse  man  in  dem  einen  Falle  nicht 
zum  Ziele  kommt  und  in  einem  anderen  Falle  die  Geburt 
viel  leichter  beendet  wird,  als  erwartet  werden  durfte.  Der- 
artige CveburtsfaHe  werden  aber  gewiss  nur  äusserst  selten 
bekannt  gemacht,  da  einerseits  Niemand  gern  mit  einer  miss- 
glflekten,  anbeendet  gebüebemn  Operation  an  die  Oefifendichkeit 
tritt,  noch  anderentheils  Geburtsfalle  mtttheilt,  bei  d^^n  er 
sdiOB  die  Messer  für  den  Kaiserschnitt  schleift,  während 
durch  die  blossen  Naturkräfte  ein  lebendes,  zeitiges  Kind 
geboren  wird,  indem  er-  fürchten  Qiuss,  den  Verdacht  auf 
sich  au  laden,  die  Indicationen  unrich^  und  leichtfertig  gestellt 
zu  haben.  Die  Welt  ist  ja  gewohnt,  nur  nach  dem  Erfolge 
zu  urtheilen.  —  Wilds  theilt  in  seiner  Schrift  über  das 
weibliche  Geb&r- Unvermögen,  Berlin  1838,  im  §.  145  ekie 
Reihe  von  Fällen  aus  der  älteren  Literatur  mit,  wo  trotz 
bedeutender  Beckenbeschränkungen  bis  auf  2%  Zoll  hinunter, 
dennoch  tfaeils  durch  die  blossen  Naturkräfte,  theils  mittels 
leichter  Zangenoperationen  Mutter  und  Kind  erhalten  wurden. 
Wenn  gleich,  wie  Kutan  sehr  treffend  bemerkt,  derartige 
FäUe    fSk    die    Sicherheit    und    Bestimiatheit   der   geburts- 


för  Qebnrtehülfe  in  Berlin«  g 

bttUlicbeQ  IndicatÜMislehre  keineswegs  willkommeii  sind,  sondern 
&  Unsichertieii  nur  erhöhen,  so  können  wir  doch  aus  der 
genauen  Beobachtung  gerade  derartiger  Geburten  die  Be- 
dingoDgen  kennen  lernen,  unter  welchen  bei  scheinbar  überaus 
nngönstigen  VeAältnissen  die  Natur  eine  Geburt  noch  glucklich 
fliEnde  fiihren  kann,  während  oft  bei  scheinbar  viel  günstigerer 
Stuation  unsere  angewandte  Kunsthülfe  erfolglos  bleibt 

Unter  einer  grossen  Anzahl  von  Geburten,  die  ich  in 
der  hiesigen  sehr  beschäftigten  Gebäranstalt  genau  verfolgen 
konnte,  waren  es  besonders  die  drei  unten  ausführlich  nüt- 
g^heiken,  die  auf  das  Deutlichste  bewiesen,  dass  es  keineswegs 
bloss  die  Berücksichtigung  des  kürzesten  Beckendurchmessers 
ist,  die  unser  actives  Eingreifen  bestimmen  darf  und  den 
Erfolg  davon  sicher  stellt  In  dem  einen  Falle  wurde  nämlich 
bei  2  Vs  bis  höchstens  2%  Zoll  Conjugata  ein  lebendes,  fast  völlig 
alisgetragenes  Kind  durch  die  blossen  Naturkräfte  geboren, 
im  zweiten  bei  3Vs  Zoll  einem  frühzeitigen  Kinde  der  Schädel 
geqireDgt,  und  im  dritten  Falle  war  bei  3  Zoll  Conjugata  die 
Entbindung  unmöglich.  Doch  wie  verschieden  waren  hierbei 
die  aoderweiten  Verhältnisse  und  ihnen  ist  einzig  dieser 
Erlolg  zuzuschreiben. 

Z«  diesen  Nebenbedingungen,  die  den  mehr  oder  minder 
günstigen  Verlauf  bei  allzusehr  beschränktem  Becken  bedingen, 
sind  besonders  folgende  zu  rechnen: 

1)  Relative  Grösse  des  Kindskopfes  zum  Becken, 

2)  Compressibilität  seiner  Kopfknochen, 

3)  Verhalten  der  vorderen  Beckenwand, 

4)  Stellung  des  Promontorium  zur  Eingangsebene, 

5)  Form  des  Beckeneinganges, 

6)  Richtung  und  Beschaffenheit  der  austreibenden  Kräfte  und 

7)  Einstellungsweise  des  Kindskopfes  in  den  Beckeneingang. 
Ohne  auf  alle  diese  Verhältnisse  hier  näher  eingehen  zu 

wollen,  möchte  ich  doch  auf  einen  für  den  Geburtsmechanismus 
äusserst  wichtigen  Punkt  aufmerksam  machen,  der  meiner 
Meinung  nach  noch  bei  Weitem  nicht  genug  gewürdigt,  ja 
naai  ganz  ignorirt  worden  ist  Es  ist  dieses  nämlich  das 
Verhaitett  der  vorderen  Beckenwand. 

Betrachten  wir  eine  grössere  Reihe  von  skeletirten  Becken, 
so  sehen  wir,  dass  die  vordere  Wand  derselben,   die  nach 


4  I*    Verhandlnngen  der  GeBellsohaft 

oben  durch  die  Tubercula  pubis,  das  zwischen  beiden  aus- 
gespannte feste  Lig.  arcuatum  sup.  und  die  Crista  pubis 
verlängert  wird,  sehr  verschieden  gestaltet  ist«  Durchschnitte 
durch  die  Symphyse  sind  entweder  vom  und  hinten  nahezu 
parallel  oder  nach  innen  concav,  oder  es  ist,  wie  in  den 
bei  Weitem  meisten  Fällen,  fast  in  allen,  und  daher  als  das 
normale  Verhalten  zu  betrachten,  die  vordere  Beckenwand  in 
ihrem  oberen  Dritttheile,  zuweilen  zur  Hälfte  nach  vorn 
umgebogen,  Fig.  1  und  2.  Die  dadurch  entstandene  gebogene 
obere  Fläche  wird  an  den  Seiten  durch  die  Crista  pubis  und 
nach  vorn  durch  die  Tubercula  pubis  begrenzt,  welche  letzteren, 
bald  mehr  bald  weniger  entwickelt,  bei  einem  normal  geneigten 
Becken  fast  gerade  nach  vom  stehen  und  bei  wenig  ent- 
wickeltem Fettpolster  des  Schoosshügels  zuweilen  durch  die 
äusseren  Bedeckungen  in  dieser  Richtung  durchgefühlt  werden 
können.  Nach  abwärts  wird  diese  etwa  7«  ^^  ^  ^^^  breite 
Fläche  durch  eine  Linie  begrenzt,  die  von  der  Synostosis  ileo 
pubica  dicht  über  dem  oberen  Rande  des  Foramen  ovale 
entlang  geht  und  dann  weniger  scharf  an  einem  Punkte  der 
Symphyse  endet,  der  oft  als  Höcker  nach  mnen  auftritt') 
Der  untere  mehr  gerade  Theil,  der  wiederum  durch  das 
Lig.  arcuatum  infer.  verlängert  wird,  geht  fast  gerade  nach 
abwärts  und  wird  hier  durch  eine  Leiste  begrenzt,  die  von 
dem  unteren  Winkel  des  Foramen  ovale  nach  dem  unteren 
Rande  der  Symphyse  geht.    Unter  dieser  Leiste  biegen  sich 


1]  Interessant  ist  in  dieser  Besiehnng  das  Verhalten  der  vorderen 
Beckenwand  an  einem  mir  Torliegenden  kleinen  thierischen 
Becken  (kleiner  Hand?),  wo  ein  Durchschnitt  durch  die  Symphyse 
folgende  Form  tiat.  Das  V/'  breite  obere,  scharf  abgegrenste 
Planum  indinatum  wird  auch  hier  Ton  der  Crista  pubis 
nach  oben  und  rorn  begrenst  und  nach  unten  durch  eine 
Linie,  die  am  oberen  Bande  des  Foramen  ovale  entlang 
nach  dem  am  meisten  nach  innen  Torspringenden  Funkte 
der  Symphyse  geht.  Der  darunter  liegende  noch  10*" 
hohe  und  6'"  breite  Theil  der  vorderen  Beckenwand 
bildet  eine  aiemlieh  regelmässige  Concavität,  die  nach  den  Seiten 
in  die  Foram.  otuI.  übergeht.  —  Bei  einem  mensehÜGhen  Os  pubia 
finde  ich  den  Grenzpunkt  zwischen  der  oberen,  hier  fast  ebenen 
Fläche  und  der  unteren  in  einen  V/'  langen,  nach  unten  haken- 
förmigen Vorsprang  ausgezogen. 


mr  Gebortshülfe  in  Berlin.  5 

die  Rami  ascend.  oss.  isdni  nach  vom  und  aussen  um,  und 
da  die  Tobera  ischii  etwas  nach  innen  gebogen  sind,  so  biMet 
sich  hier  ein  deutlicher  Schraubenzug,  der  von  dem  unteren 
Wmkei  des  Foramen  ovale  nach  der  Höhe  des  Schoossbogens 
and  nach  aussen  leitet  (Fig.  1  und  4). 

Wenn  Kimsch  in  seinem  Aufsatze  über  die  Becken- 
aeigung  (Beiträge  zur  Geburtskunde,  1.  Abtb.,  Würzburg  1846, 
&  6  u.  fll),  unter  der  er  den  Winkel  versteht,  den  die  vordere 
Beckenwand  mit  der  Conjugata  bildet,  dieselbe  als  etwa  100 <^ 
gros  angiebt,  so  nimmt  er  hierbei  keine  Röcksicht  auf  die 
ZwettheOmig  dieser  Wand,  sondern  fasst  nur  das  Mittel  beider 
in's  Auge.  Da  nun  aber  der  obere  Theil  derselben  zur 
Bogangsebene  einen  Winkel  von  etwa  80^  bildet,  der  untere 
Theil  dag^en  einen  Winkel  von  120^^,  so  muss  der  Winkel 
zwischoi  dem  oberen  Theile  und  dem  unteren  circa  140 
gross  sein  (Fig.  2.). 

Diesen  oberen  Theil  der  vorderen  Beckenwand  finde  ich 
in  einer  Reflie  ^on  Becken  ziemlich  parallel  mit  der  Ebene 
des  ersten  Kreuzhein wiriiels,  wekhes  Verhältniss  jedoch  durch 
die  Stellang  des  Promontorium  zur  Eingangsebene,  auf  die  ich 
unten  näher  zurückkomme,  vorzugsweise  mit  bestimmt  wird. 

Bei  dem  regelmässigen  Becken  tritt  der  Einfluss  der 
vorderen  Beckenwand  auf  die  Geburt  weniger  deutlich  hervor, 
da  der  kindliehe  Schädel  weder  von  dieser  noch  vom  Pro- 
montorium wesentlich  in  seinem  Eintritte  gehindert  wird. 
Viel  entschiedener  tritt  dagegen  der  Einfluss  bei  engen  Becken 
hervor  und  will  ich  hier  nur  die  wenig  verengten  rhachitischen 
betradiien,  bei  denen  die  Geburt  für  die  Naturkräfte  eben 
Doch  möglich  ist. 

Um  die  hierbei  in  Betracht  kommenden  einzelnen  Störungen 
besser  würdigen  zu  können,  müssen  wir  uns  zunächst  den 
Geburtsmechanismus  bei  regelmässigen  Verhält- 
nissen  verg^enwärtigen,  ^)  Fig.  3. 

Schon  während  der  letzten  Schwangerschaftswochen  findet 
man  den  auf  dem  Beckeneingange  aufstehenden  Kopf  ziemlich 


1)  Nur  bei  Kiwiteh  (Die  Gebnrtakunde,  1.  Abth.,  Erlangen  1861, 
8. 390  n.  C)  fuid  Ich  den  GebartsmechsnismuB  in  tthnÜcher  W^eise 
srgeeiellt,  wie  ieb  glaobe  ihn  anifesflen  su  müseen. 


Q  I.    Yerbandlnngen  der  Gesellschaft 

weit  nacb  vorn  gelagert  und  sich  innig  an  den  oberen  Tbeil 
der  vorderen  Beckenwand  anlegend,  so  dass  es  zuweilen 
unmöglich  ist,  ihn  von  derselben  abzudrücken  oder  mit  dem 
Finger  zwischen  ihm  und  der  Symphyse  durchzudringen. 
Hinter  dem  Kopfe,  zwischen  diesem  und  dem  Promontorium 
würden  wir  dagegen  immer  noch  durchkommen,  da  jedoch 
diese  Stelle  schwer  zu  erreichen  ist  und  wegen  des  dem 
untersuchenden  Finger  entgegenstehenden  Kopfes  erschemt  es, 
als  stände  der  Kopf  mehr  am  Yorbei'ge  angelehnt.  Dass  der 
Kopf  schon  während  der  Schwangerschaft  gegen  die  vordere 
Beckenwand  gedrängt  wird,  erkennen  wh*  am  deutlichsten 
bei  etwas  weiterem  Becken,  wo  der  Kopf  schon  früh  in  dasselbe 
heruntertritt  und  den  vorderen  Gebärmutterabschnitt  in  der 
Art  ausdehnt,  dass  der  Muttermund  weit  nach  hinten  und 
oben  gefühlt  wird.  Die  Kreuzbeinaushöhlung  bietet  noch  hin- 
reichenden Spielraum  dar,  während  die  vordere  Beckenhälfte 
ganz  vom  Kopfe  ausgefüllt  ist. 

Während  so  bereits  vor  dem  Einti^itte*  der  eigentlichen 
Geburtsthätigkeit  der  Kopf  auf  die  obere  gebogene  Fläche  der 
vorderen  Beckenwand  herabkommt,  stellt  sich  die  Sut  sagittalis 
(Fig.  3)  fast  in  den  Querdurchmesser,  wobei  die  kleine 
Fontanelle  nur  wenig  tiefer  als  die  grosse  steht  Beginnt 
nun  die  treibende  Kraft  der  Wehen  ihren  Einfluss  auf  den 
kindlichen  Schädel  auszuüben,  was  nicht  auf  die  Mitte  des 
Kopfes,  sondern  durch  die  Wirbelsäule  auf  das  hinter  der 
Mitte  gelegene  Foramen  magnum  als  Angriffspunkt  geschieht, 
so  wird  dadurch  der  auf  der  oberen  Flache  der  vorderen  Becken- 
wand in  der  Gegend  des  linken  Tuberculum  pubis  aufstehende 
rechte  Scheitelbeinhöcker  auf  dieser  Fläche  in  der  Art  herab- 
gedrückt, dass  während  die  Stirn  fast  nahezu  ihren  Stand- 
punkt beibehält,  der  rechte  Scheitelbeinhöcker  schräg  über 
die  Symphyse  geht  und  endlich  hinter  das  rechte  Foramen  ovale 
zu  stehen  kommt,  bis  er  an  dem  nach  einwärts  umgebogenen 
Sitzknorren  und  dem  Lig.  sacrotuberos.  einen  Widerstand 
erfahrt.  Während  so  der  rechte  Scheitelbeinhöcker  an  der 
vorderen  Beckenwand  herabgleitet,  schiebt  sich  das  linke 
Tuber  parietale,  das  bis  dahin  neben  dem  Promontorium 
stand,  von  links  her  unter,  dasselbe,  was  dadurch  erleichtert 
wird,  dass  d^  Vorberg  über  der  Eingaogsebene  steht.    Die 


A]*  G«b«rtehlUf6  in  Berlin.  7 

der  S9L  otNmuJu  sunächrt  gdegene  Stelle  des  linken  Scheitel* 
keine  geht  ?or  dem  Vorberge  vorbei.  Sobald  dieses  giescbeben 
iit,  bat  der  grteste  Querdurchmesser  des  Kopfes,  auf  den 
es  hierbei  Tonugsweise  ansukommen  scheint,  den  Becken- 
einging  paaurt  und  der  Kopf  hat  hinreichend  Spielraum  in 
der  Beckenweile  seine  ferneren  Drehungen  zu  machen.  — 
Erst  in  der  Beckenenge  muss  et  sidi  wieder  mehr  der  Form 
des  Beckens  Ingen.  Hier  steht  der  rechte  Scheitelbeinh6cker 
ful  am  unteren  Winkel  des  Foram.  ovale,  der  rechte  Stimbein- 
hockm*  kommt  auf  den  Schraubenzug,  den  der  absteigende 
Sitzbeinast  im  Innern  des  Bedcens  bildet  und  das  Hinterhaupt 
steht  mü  seiner  Spitze  am  unteren  Winkel  des  Foram.  ovale, 
gleitet  darai  an  der  dort  befindlichen  Ausbiegung  nach  vom 
und  schiebt  sich  an  dem  von  dem  aufsteigenden  Asle  des 
Sitzbeins  gebildeten  Schraubenzuge  mehr  nach  aussen  und 
anfwärts.  Wir  fühlen  daher  die  kleine  Fontanelle  von  seit- 
wärts nnd  mehr  von  unten  her  in  die  Höhe  des  Schoosbogens 
aufsteigen. 

Za  einer  derartigen  Auffassung  des  Geburtsmechanismus 
fuhrt  uns  auch  sdK>n  die  Betrachtung  des  nothwendigen 
mechanischen  Effectes  der  Wehen.  In  Fig.  4  ist  ^j5 
die  Horizontale;  die  Neigung  des  Beckeneinganges  CDA  ist 
zu  56^  angenommen,  die  Neigung  des  Beckenausganges  UFA 
ist  10  ^  —  Den  Winkel,  den  die  Ebene  des  ersten  Kreuzbein- 
wirbds  mit  der  Conjugata  bildet,  finde  ich  an  einem  Muster- 
becken (aus  der  Fleischmann' chen  Papiermache- Fabrik  in 
Nundierg)  nahezu  90^  und  ebenso  gross  auch  den  Winkel, 
den  die  obere  Fläche  der  vorderen  Beckenwand  mit  der 
Conjugata  bildet  Legen  wir  diese  Haasse '  der  Einfachheit 
der  Anschauung  wegen  zu  Grunde,  so  erscheint  der  Anfang 
des  Beckencanals  als  ein  gerade  abgeschnittener,  aber  un- 
regehnässig  begrenztor  Cylinder.  Soll  nun  eine  Kugel,  deren 
Durchmesser  nahezu  eben  so  gross  ist,  wie  die  Oefiiiung 
eines  Cylinders,  durch  diesen  bewegt  werden,  so  muss  dieses 
in  der  Parallele  der  Seitenwände  geschehen  und  da  die  Winkel 
bei  C  und  M  als  rechte  angenommen  sind,  so  wird  der  in 
den  Beckeneingang  eintretende  Kopf  in  der  Richtung  der  auf 
die  Eingangsebene  gezogenen  Senkrechten  GJ  vorrucken 
mössen.    Wird  er  dagegen  in  irgend  einer  anderen  Richtung 


8  I.    Verlutndliingreii  der  OeteÜBcluift 

▼orbewegt,  so  muBs  er  an  der  einen  oder  anderen  Seitoiwaiid 
anstossen.  Denken  wir  uns  nun  femer  den  Uterus  als  ein 
regelmSssiges  Ovoid  mit  gldchmässig  gegen  den  Grund  bin 
verstärkten  Fasern,  so  wird  derselbe  sdne  Wirkung  in  der 
Richtung  seines  grössten  Durchmessers  GK  äussern  müssen. 
Dieser  trifift  aber  die  Eingangsebene  CD  unter  einem  spitzen 
Winkel  COK,  d.  h.  also  der  Kopf  des  Kindes  wird  durch 
die  Wehen  gegen  die  vordere  Beckenwand  und  zwar  zunädhst 
gegen  den  oberen  gewölbten  Theil  derselben  vorbewegt  und 
trifft  diese  in  einem  spitzen  Winkel,  der  unter  den  obigen 
Annahmen,  dass  bei  C  und  M  rechte  Winkel  sind,  eben  so 
gross  wie  Jr(?J'  ist  —  Während  der  Wehe  bestrd[)t  sich 
zwar  stets  der  Oterus  durch  sein  Aufrichten  sich  mehr  der 
Senkrechten  GJ  za  nähern  (was  wohl  hauptsächlich  eine 
Wirkung  der  runden  XJterusbänder  ist),  wird  aber  durch  die 
Wirkung  der  sich  contrahirenden  Bauchmuskeln  mehr  gegen 
die  Längenachse  des  Körpers  gehoben,  so  dass  trotzdem  die 
Richtung  der  Wehen  GK  bleibt.  —  Da  nun  aber  der  runde 
Kopf  gegen  die  gebogene  Fläche  d«*  vorderen  Beckenwand 
in  einem  spitzen  Winkel  angetrieben  wird,  so  muss  das  nad) 
vom  gerichtete  Scheitelbein  an  dieser  abgleiten  und  sich  mehr 
nach  hinten  schieben,  wobei  der  mit  der  Wirbelsäule  beweglich 
verbundene  Kopf  sich  mehr  zur  Seite  legen  muss  und  somit 
rockt  die  Pfeilnaht  mehr  gegen  die  Kreuzbeinaushöhlung  vor. 
Wenngleich  also  der  Kopf  in  einem  nach  hinten  cocaven 
Bogen  in  den  Beckeneingang  vorrückt,  so  ist  doch  nicht 
das  Promontorium  als  Angelpunkt  der  Bewegung 
anzusehen,  um  das  sich  der  Kopf  herumdreht, 
sondern  dieselbe  hängt  von  der  Richtung  des  oberen 
Theiles  der  vorderen  Beckenwand  ab.  —  Ist  der 
Winkel,  den  die  Ebene  des  ersten  Kreuzbeinwirbels  mit  der 
Conjugata  bildet,  ein  stumpfer  und  der  Winkel  der  oberen 
vorderen  Beckenwand  zur  Conjugata  ein  sintzer,.  wie  ich 
dieses  bei  vielen  Becken  finde  und  was  ich  als  Regel  be* 
trachten  möchte,  so  wird  der  Kopf  nur  um  so  entschiedener 
gegen  die  vordere  Beckenwand  angedrückt,  da  er  sich  hierbei 
nicht  in  der  Richtung  der  Senkrechten  HJ  vorbewegen 
müsste,  sondern  parallel  der  Ebene  der  oberen  vorderen 
Beckenwand  und  des  ersten  Sacralwirbds,  d.  h.  also  in  der 


für  Gebnrtsbiilfe  Sn  Berlin.  9 

dar  TeriängerteD  Führangslioie,  die  die  VKurdere 
BaoAwaud  nidit  wie  die  Senkrechte  OJ  2  Zoll  über  dem 
Nabel  trifft,  sondern  fast  eben  so  viel  unter  diesem. 

Ein  häufig  bo  der  Geburt  beobachteter  Vorgang  scheint 
diese  Ansicht  noch  zu  bestätigen.  Wird  nämlich  bei  lange 
dauernden  Geborten  die  Harnblase  stark  ausgedehnt, .  was 
wdil  meist  nicht  gerade  nach  dem  Nabel  hinauf,  sondern 
mdo-  in  die  rechte  Seite  geschieht,  so  zögert  bei  kräftigen, 
sehr  scbmenhaften  Wehen  der  Eintritt  des  Schädels  in  das 
Becken.  Sobald  aber  der  Urin  durch  den  Katheter  entfernt, 
die  vordere  Beckenwand  für  die  Anlagerung  des  Kopfes  frei 
geworden  ist,  so  pflegt  meist  sehr  schnell  der  Eintritt  desselben 
stattzufinden,  während  bei  länger  andauernder  Harnverhaltung 
das  hier  liegende  Tuber  parietale  mehr  zur  Seite  gedrückt 
wird  ond  sich  gern  eine  regelwidrige  Kopfstellung  herausbildet. 

Gehen  wir  von  einer  derartigen  Auffassung  des  Geburts- 
mechanismus  aus,  so  erklären  sich  die  durch  das  Becken 
gegebenen  Geburtsstörungen  sehr  leicht. 

Was  zunächst  das  so  vielfach  als  Störenfried  angeklagte 
Promontorium  betrifft,  so  wird  neben  der  absoluten  Ent- 
fnnnng  seiner  Mitte  vom  oberen  Rande  der  Symphyse  oder 
vielmehr  von  dem  am  meisten  gegen  die  Beckenhöhle  vor- 
springenden Grenzpunkt  zwischen  dem  oberen  gebogenen 
und  unteren  geraden  TheUe  oder  besser  seine  Entfernung 
von  der  Verbindungslinie  der  beiden  Synost.  sacroiliac,  ebenso 
sehr  sdne  Stellung  zur  Eingangsebene  in  den  einzelnen  FäUen 
die  Möglidikeit  odm-  Unmöglichkeit  der  Geburt  bedingen.  — 
Ein  Promontorium,  das  einen  Zoll  über  der  Ebene  des  Becken- 
«nganges  steht,  wird  bei  der  Geburt  bedeutend  weniger 
Schwierigkeiten  madien,  als  ein  genau  ebensoweit  entferntes, 
das  aber  gerade  in  der  Eingangsebene  oder  gar  unter  dieser 
steht,  da  im  ersteren  Falle  das  am  meisten  nach  hinten 
sfebende  linke  Tuber  parietale  leicht  von  der  Seite  her  in 
die  Kreuzbeinaushöhlung  gleiten  kann,  während  es  bei  tiefer 
stritendem  Promontorium  gegen  dieses  resp.  gegen  die  letzten 
Lendenwirbel  getrieben  wird. 

Stdit  das  Promontorium,  wie  fast  immer  bei  rbachitischen 
Becken,  metar  nach  der  einen  oder  anderen  Seite,  so  vrird 
es  vorzugsweise  darauf  ankommen,  ob  das  Hinterhaupt  über 


10  I*    y6rhandliing>6n  der  Oetellsohaft 

(1er  weiteren  Hälfte  (was  das  günstigere  Verhallen  ist)  oder 
Aber  der  engeren  steht,  da  der  grosse  Querdurchmesser  des 
Kopfes  nicht  in  der  Mitte  des  Schädels,  sondern  ?iel  nSber 
am  Hinterhaupte  Hegt  Steht  daher  der  rechte  Sdieitelbein- 
hdcker  auf  der  vorderen  Beckenwand,  so  muss  bei  mdir  nach 
rechts  stehendem  Vori)erge  der  linke  Scheitelbeinhöcker  sich 
ziemlich  weit  nach  links  vom  Vorherge  stellen  und  wird  also 
sehr  bequem  von  hier  aus  unter  denselbm  herabgeschobeii 
werden  können.  Ist  dagegen  das  Hinterhaupt  fiber  der  ongerea 
Beckenhälfte  gelagert,  so  wird  das  nach  hinten  stehende 
Taber  parietale  gerade  gegen  das  ProoMmtorium  sich  an- 
stemmen müssen  und  es  hängt  dann  von  der  £ntiemung 
desselben  von  der  Symphyse  und  von  der  Compressifoilität 
der  Schädelknochen  ab,  ob  der  Kopf  in  dieser  Lage  nodi 
geboren  werden  kann,  während  vielleicht  ein  d)enso  grosser 
Kopf  bei  früheren  Geburten  ohne  die  geringste  Störung  durch 
dasselbe  Becken  gegangen 'ist,  einzig  weil  er  mit  seinem 
Hinterhaupte  damals  über  der  weiteren  Beckenhälfte  stand. 
In  solchen  Fällen  kann  also  die  Wendung  als  die  schonendste 
Operation  erscheinen  und  die  Rettung  des  Kindes  möglich 
machen  (s.  Martin,  Monatsschrift  für  Geburtdtunde  etc., 
Bd.  XV.,  1860,  S.  16). 

Geht  der  Kopf  nur  sehr  schwierig  in  den  Beckoieingang, 
so  wird  er  je  nach  Umständen  Spuren  des  Druckes  an 
den  Stellen  zeigen,  die  durch  den  kleinsten  Beckendurchmesser 
hindurch  gepresst  wurden.  Wie  ich  oben  nachzuweisen  ver- 
sucht habe,  geht  der  zwischen  dem  Tuber  parietale  und  der 
Sutura  coronalis  gelegene  Theil  des  linken  Scheitelbeins  neben 
dem  Vorberge  vori)ei.  An  dieser  SteUe  und  zwar  fast  parallel 
mit  der  Sutura  coronalis  oder  mehr  vom  Tuber  parietale 
gegen  die  Backen  zu  werden  sich  daher  auch  die  Impressionen 
oder  streifenförmigen  Druckstellen  finden  müssen«  Dieses 
Vorkommen  bestätigt  auch  die  Erfahrung.  Da  Michaelis  bei 
Zusammenstellung  der  Druckstellen  (s.  Das  enge  Becken, 
Leipzig  1851,  S.  248)  hier  die  jneisten  und  zwar  genau  in 
der  angegebenen  Richtung  fand.  Da  zur  Zeit,  wo  der  linke 
Scheitelbeinhöcker  am  Vorberge  vorbeigleitet,  eine  Stelle  des 
rechten  Scheitelbeins  zwischen  der  Sutura  squamosa  und  d^m 
Tuber  parietale  auf  der  gebogenen  Fläcbe  der  vorderen  Becken- 


fQr  Oebnrtshfllfe  in  Berlin.  H 

wand  anliegt,  so  wird  hier  zuweilen  eine  viel  undeutlichere 
und  weniger  entschieden  ausgesprochene  DruckateUe  sich 
finden,  wie  soldies  wiederum  die  Erfahrung  lehrt  —  Was 
die  DmcksteUen  an  der  Stirn  betrifll,  so  sind  diese  wohl 
leidiCer  durch  emen  Eindruck  vom  Sitzstachel  zu  erklären, 
wahrend  der  Kopf  in  der  Beckenenge  sich  dreht 

Da  der  Kopf  zunächst  mit  der  vorderen  Beckenwand  in 
innige  Berührung  komml,  so  hängt  es  von  der  Richtung 
des  oberen  Theiles  derselben  gegen  die  Eingangs- 
ebene ab  (d.  h.  also  von  der  Grösse  des  Winkels  bei  ilf.,  Fig.  4), 
ob  der  Kopf  die  Seite  der  vorderen  Beckenwand  zur  An- 
lagerung vorfindet  oder  den  oberen  mehr  scharfen  Rand. 
Ersteres  ist  der  bei  Weitem  günstigere  Fall,  da  hier  der 
kefllSrmige  Kopf  gegen  die  schiefe  Ebene  der  vorderen 
Beckenwand  gelrieben  wird  und  es  ist  ja  bekannt  aus  der 
Mechanik,  wie  gering  die  Kraft  zu  sein  braucht,  um  einen 
Keil  in  einen  Trichter  zu  treiben  (das  berühmte  Experiment 
der  in  einander  gesteckten  Biergläser,  wo  man  bei  einem 
leichten  Drucke  auf  das  obere  keilförmige  das  untere  trichter- 
f5niuge  zersprengt). 

Bietet  dagegen  die  vordere  Beckenwand  dem  herunter- 
rückenden  Kopfe  nicht  seine  Innenfläche  zur  Anlage  dar, 
d.  h.  also ,  ist  der  durch  die  Conjugata  und  den  oberen  Tbeil 
der  vorderen  Beckenwand  gebildete  Winkd  grösser  als  90^, 
wobei  dann  meist  die  Zweitbeilung  in  dne  obere  gebogene 
und  untere  gerade  mehr  gerade  Fläche  weniger  deutlich  aus- 
gesprochen zu  sein  pflegt,  so  wird  der  Kopf  lange  Zeit  hoch 
über  dem  Beckeneingange  stehen  bleiben  müssen  und  wenn 
nach  dem  Wasserabflüsse  derselbe  durch  die  Kraft  der  Wehen, 
wie  oben  nachzuweisen  versucht  wurde,  gegen  den  oberen 
TheD  der  vorderen  Beckenwand  vorgetrieben  wird,  so  wird 
er  sich  nicht  hier  anlegen  können,  sondern  muss  sich  bei 
engem  Becken  auf  den  oberen  Rand  der  Symphyse 
aufstemmen.  Nur  mit  Schwierigkeit  wird  er  alsdann,  so- 
bald er  erst  hinten  durch  das  Hineinschieben  in  die  Kreuzbein- 
aushöbhing  mehr  Raum  gewinnt,  auch  vom  herabgleiten 
können,  was  dann  aber  meist  äusserst  schnell  geschieht 
Dieser  Mechanismus  scheint  ein  häufig  beobachteter  zu  sein, 
da    man    oft   in  Geburtsschilderungen  die  Bemerkung   liest, 


12  I.   Verhandlnngen  der  Gesolkchaft 

dass,  nachdem  der  Kopf  anfangs  immer  hoch  gestanden,  über 
der  vordej*en  Beckenwand  und  sich  alhnäiig  die  Gegend  dicht 
unter  dem  Promontorium  langsam  ausgefüllt,  dann  derselbe 
schnell  bis  zum  Beckenausgangcv  herabgekoinmen  sei  Den 
Grund  dieser  Erscheinung  glaubte  man  dann  in  einem  allmäligen 
Herumrollen  um  das  Promontorium  suchen  zu  müssen. 

Auf  einen  Punkt,  der  an  der  vorderen  Beckenwand  zu- 
weilen von  Wichtigkeit  wird,  möchte  ich  bei  dieser  Gdegenheit 
noch  die  Aufmerksamkeit  lenken;  es  ist  dieses  nämlich  die 
mit  der  Neigung  des  oberen  Theiles  der  vorderen  Beckenwand 
innig  zusammenhängende  Stellung  der  Tubercula  pubis. 
Stehen  dieselben  sehr  entschieden  nach  vom  umgebogen  und 
bieten  dem  herunterkommenden  Kopfe  sofort  ihre  Seitenflache 
dar,  so  wird  derselbe  auf  dieser  schiefen  Ebene  leicht  in 
den  Beckeneingang  herabgleiten  können,-  während  anderseits 
eine  steilere  Stellung  derselben,  zuweiten  mit  stärkerer  Ent- 
Wickelung  verbunden,  überaus  störend  auf  die  Geburt  ein- 
wirken kann,  wie  ich  solches  in  einem  Falle  von  Beckenenge 
beobachtete.  Hier  war  nämlich  bei  fast  3V4  Zoll  Conjugata 
ein  Riss  der  vorderen  Scheidenwand  zwischen  Uterus  und 
Harnblase  entstanden,  durch  den  dtn*  abgerissene  und  zurück- 
gebliebene Kopf  in  die  Bauchhöhle  trat.  Bei  der  Section  fand 
sich,  dass  dieser  Riss,  der  von  einem  Ligamentum  rotundum 
bis  zum  anderen  reichte,  nur  durch  den  andauernden  Druck 
des  eben  durch«  den  Muttermund  getretenen  Kopfes  auf  die 
fast  %  Zoll  hohen,  sehr  spitz  und  steil  nach  oben  stehenden 
Tubercula  pubis  bedingt  sein  konnte. 

In  wie  weit  die  mehr  oder  minder  starke  Entwickelung 
de.s  Symphyaenknorpels  nach  innen,  neben  dem  die 
beiden  absteigenden  Scbambeinäste  oft  bedeutend  nach  innen 
umgebogen  sind,  störend  auf  die  Geburt  einwirken  kann, 
habe  ich  bisher  noch  nicht  beobachten  können,  da  dieser 
Fehler  anscheinend  häufig  durch  die  Form  der  vorderen 
Beckenwand  compensirt  werden  mag.  In  einem  frischen 
Becken,  wobei  wegen  Verwachsung  der  Scheide  und  Becken- 
enge der  Kaiserschnitt  gemacht  worden  war,  fand  sich  der 
Knorpel  als  eine  fast  Y4  Zoll  hohe  scharfe  Leiste  nach  innen 
vorspringend. 


Ar  Gebnrtshülfd  in  Berlin.  13 

Ton  famer  sehr  erheblicher  Wichtigkrit  fi&r  den  regel- 
recht erfolgenden  Eintritt  des  Kopfes  wird  die  Biegung  sein 
müssen,  die  die  vordere  Spitze  der  abgestumpften 
Kartenherzform  bildet  Wie  ich  oben  nachzuweisen  ver- 
sucht habe,  legt  sich  beim  Eintritte  in  das  Becken  der  Kopf 
zunächst  in  der  Art  an  den  oberen  Theil  der  vorderen  Wand, 
dass,  nachdem  der  Scheitelbeinhöcker  hinter  der  Symphyse 
heruntergekommen  und  dann  sich  die  Spitze  des  Hinterhauptes 
in  die  Gegend  der  linken  Synost  puboiliac.  gestellt  hat,  das 
rechte  Tuber  frontale  in  die  Gegend  der  rechten  Synost  puboiliac. 
zu  stehen  kommt,  so  dass  also  eine  Linie,  die  durch  die  Spitze 
des  EDnterfaauptes  und  das  rechte  Tuber  frontale  geht,  zu 
einer  gewissen  Zeit  fast  genau  dem  kleinen  Querdurchmesser 
des  Beckeneinganges  (Verbindung  der  beiden  Synost  puboiliac.) 
atspricht.  Dieser  Durdimesser  wird  daher  nächst  der  Conjugata 
von  viel  grösserer  Wichtigkeit  sein  müssen,  als  der  selten, 
wohl  nie  in  Betracht  kommende  grösste  Querdurchme^ser  des 
Beckeneinganges  (grösste  Entfernung  der  beiden  Bogenünien). 
Welchen  Einfluss  dieser  kleine  Qnerdurchmesser  auf  die  Ein- 
und  Rechtstellung  des  Kopfes  ausübt,  erkennen  wir  am 
deotiichsten  bei  den  alterswidrig  gebauten  Becken  und  den 
rfaachitischen  mit  beginnender  osteomalacischer  Form,  da 
hierbei  gerade  dieser  Durchmesser  verkürzt  ist,  die  vor  dem- 
sdben  liegenden  Horizontaläste  der  Schoossstücke  statt  eines 
flachen  Bogens  eine  mehr  oder  minder  spitze  Schnabelform 
darstellen  und  anderseits  das  Promontorium  dieser  Linie  ge- 
nähert zu  sein  pflegt  Eben  so  wenig,  wie  der  grösste  Quer- 
durchmesser des  Beckeneinganges  von  Wichtigkeit  für  die 
Beckenform  und  die  Möglichkeit  der  Geburt  ist,  eben  so  wenig 
ist  es  die  einfache  Länge  der  Conjugata;  nur  die  Synostosen- 
entfemung  und  der  Abstand  des  Promontorium  einerseits 
und  des  oberen  Symphysenrandes  anderseits  von  dieser  Linie 
darf  in  Betracht  gezogen  werden.  In  Bimbavmi's  Geburts- 
hülflichen  Skizzen,  Trier  1854,  S.  127  u.  fi.  ist  ein  FaD 
mitgetheilt,  wo  bei  3%"  Conjugata  der  Kaiserschnitt  er- 
forderlich wurde,  einzig  deshalb,  weil  der  Synostosenabstand 
nur  drca  Sy^'  betrug  statt  normal  4y^  und  die  Entfernung 
des  Promontorium  von  dieser  Linie  nur  2"  statt  3'^  lieber- 
haopt  mödite.ich  hierbei  bemerken,  dass  es  mir  scheint,  als 


X4  !•    Verhandlungen  der  Gesellschaft 

ob  eine  Bezeichnung  des  Beckens  in  dieser  Weise  viel  deut- 
licher und  rationeller  wäre,  als  die  bisher  übliche,  da  auch 
in  der  Mathematik  unregelmässige  krumme  Linien  durch 
Formeln  pflegen  bezeichnet  zu  werden,  die  die  Absciss^  und 
Ordinat«!  angeben;  doch  hoffe  ich  auf  diesen  Punkt  bei 
anderer  Gelegenheit  ausführlicher  eingeben  zu  können. 

Was  die  Kopf  Stellung  bei  Beckenenge  geringeren 
Grades  betrifft,  so  will  ich,  ohne  über  diesen  Gegenstand 
mich  weiter  auszulassen,  hier  nur  bemerken,  dass  ich  mit 
Michaelis  (Das  enge  Becken,  S.  185)  der  Ansicht  bin,  dass 
in  solchen  Fällen  fast  stets  der  Kopf  im  Querdurchmesser 
in  den  Beckeneingang  sich  stellt,  doch  so,  dass  die  Stirn 
ein  wenig  mehr  nach  hinten  ^[erichtet  ist,  wie  ich  diese 
Kopfstellung  der  obigen  Auseinandersetzung  stets  zu  Grunde 
gelegt  habe.  Die  in  neuerer  Zeit  zuweilen  aufgestellte  Be- 
hauptung, der  Kopf  stände  besonders  in  der  linken  Becken- 
hälfte  viel  häufiger  mit  der  Stirn  mehr  nach  vom,  mag  seinen 
Grund  zuweilen  in  einer  Täuschung  haben,  denn  da  wir  nur 
einen  Theil  der  Sut.  sagittalis  und  zwar  den  der  kleinen 
Fontanelle  zunächst  gelegenen  fühlen,  so  erscheint  es  bei  der 
Wölbung  des  Kopfes,  als  ob  die  dmxh  die  Pfeilnaht  dar- 
gestellte Bogenlinie  in  ihrer  Verlängerung  mehr  nach  vom 
vej*laufe.  In  dieser  Querstellung  bleibt  der  Kopf  meist  bis 
zur  Beckenenge  und  dreht  sich  dort  erst  in  den  geraden 
Durchmesser,  was  zuweilen  überaus  grosse  Kraflanstrengung 
von  Seiten  des  Uterus  erfordert,  während  die  Drehung  mit 
der  Zange,  am  besten  mit  einer  kurzen,  englischen,  äusserst 
leicht  gelingt. 

Auch  auf  das  schwierige  Kapitel  der  fehlerhaften 
Wehenthätigkeit  näher  einzugehen,  muss  ich  mir  für  jetzt 
versagen,  doch  bemerke  ich,  dass  eine  abnorme  Wehen- 
thätigkeit und  Richtung  (die  Fälle  ausgenommen,  bei  denen 
entschieden  rheumatische  Affectionen  des  Gebärorganes  von 
vorn  herein  den  regelmässigen  Geburtsverlauf  störend  auftreten) 
meist  secundärer  Natur  sind,  eben  so  wie  die  regelwidrigen 
Kopfstellungen,  während  als  das  primäre  auch  hierbei  die 
durch  das  Becken  gegebenen  Störungen  zu  betrachten  sind. 

Wie  die  blosse  Berücksichtigung  der  Diagonal- Conjugata 
allein  füs  unser  geburtsfaülfUches  Handehi  nicht  den  Maassstab 


für  GebartohftUe  in  Berlin.  15 

ahgelMn  darf,  seodern  auch  die  m  Yorstebenden  bezeicbneten 
fcrUlUiisse  Berucksicbtiguog  verdieneD,  bewiesen  mir  be- 
isiiders  folgende  drei  GeburtsMe,  durcb  die  icb  zunächgl 
dvanf  aufmerksam  gemacht  wurde,  wie  wenig  man  aus  der 
Diagonal  «CoiqugaU  Schlüsse  für  den  Gebor  tsverlauf  ziehen 
dirfe  lud  das8  noch  andere,  bisher  weniger  berTorgehobene 
Vcrfaaltiiiflse  mehr  zu  würdigen  seien,  zu  denen,  wie  ich 
g|aid>e,  amiehffien  zu  müssen,  das  Verhalten  der  vorderen 
Beckenwand  besonders  in  ihrem  oberen  Theile  gehört. 

I.   Künstliche  Frühgeburt  bei  3Va"  Conjugata,  wobei 
der  Schädel  während  der  Geburt  zersprengt  wird. 

Alwine  «/....,  25  Jahre  alt,  4'  6"  gross,  von  gesunder 

Gesichtsfarbe,  lebhaftem  Temperamente,  ziemlich  kräftigen), 

anteraetztem   Körperbau,    hatte   im   17.   Jahre   zuerst   ihre 

Periode  bekommen,  die  regelmassig  durch  3 — 4  Tage  Üoss. 

Wam  die  J,  zuerst  gehen  gelernt  und  ob  sie  in  der  Jugend 

an  Krankheiten  gelitten,  weiss  dieselbe  nicht  anzugeben,   da 

ihre  Eltem  frühzeitig  gestorben  sind;  nur  im  20.  Jahre  hat 

die  J.  ein  Nervenfieba*  .überstanden,  von  dem  sie  sich  aber 

bald  vollständig  wieder  erholte.    Ihr  unsicherer,  watschelnder 

Gang  wird  vorzugsweise  dadurch  bedingt,  dass  die  linke  Hüfte 

u  1  Zoll  höher  steht,  als  die  rechte  und  viel  stärker  nach 

vom  hervortritt     Anfangs   September  1859   gUubt   die  J. 

sdiwaager  geworden  zu  sein,  doch  kann  sie  den  Zeitpunkt 

des  Eintrittes  der  letzten  Periode  nkht  genau  angeben,  in 

den  letzten  Tagen   des  Januar   hat  sie  zuerst   die   Kindes- 

bewegnngen  geapürt,  so  dass  danach  das  regelmässige  Ende 

der  Schwangerschaft  auf  Mitte  Juni  zu  bestimmen  wäre.    Die 

Beckenmessung  ergab  für  die  äussere  Diagonal -Conjugata  6"  7^^, 

also  (&r  die  innere  circa  S%'\  welches  Haass  auch  die  innere 

Untersuchung  bestätigte,  da   das  Promontorium  bequem  mit 

einem  Finger  erreicht  wird,   wobei  man  jedoch  wegen  der 

starken  Beckenneigung  sehr  steil  nach  aufwärts  dringen  muss; 

dasselbe  weicht  etwas  nach  rechts  ab.    Die  ziemlich  hohen  und 

steilen  Hüftblätter  sind  in  den  Spinis  8''  2'",  in  den  Cristis 

8*5*  entfernt;  die  Trochantere»  stehen  11"  von  einander  ab. 

Dn  Fnndus  «teri  fanden  wir  ziemlich  in  der  Herzgrube,  den 


lg  I.    Veriiandliiikgen  der  Gesellsohafl 

Nabel  den  Bauchdecken  gleich.  Bewegungen  der  gleichen  Kmde»- 
theile  fühlte  man  in  der  rechten  Seite  ziemlich  lebhaft;  die 
Herztöne  links  unterhalb  des  Nabels.  Der  Uterus  ist  dureh 
Fruchtwasser  sehr  bedeutend  ausgedehnt,  so  dass  man  über 
die  Grösse  des  Kindes  nichts  Sicheres  ermitteln  kann,  do€h 
scheint  dieselbe  keineswegs  gering  zu  sein.  Bei  der  inneren 
Untersuchung  bot  die  V4  Zoll  lange,  sehr  hochstdiende,  ziemlich 
feste  Vaginalportion  die  Charaktere  einer  Primipara  dar.  Der 
vorliegende  Kindestheil  ist  nur  zeitweise  und»  sehr  undeutlieh 
zu  erkennen;  es  scheint  der  Kopf  zu  sein. 

Um  bei  der  J.  die  künstliche  Frühgeburt  einzuleiten, 
wurden  zunächst  am  20.  Mai  zwei  Löffel  OL  Ricini  und  gegen 
Abend  ein  Clysma  mit  gutem  Erfolge  gegeben,  dann  Abends 
7  Uhr  ein  Kautschuktampon  in  die  Vagina  gebracht  und  mit 
Wasser  von  32®  R.  angefüllt,  was  wenig  Beschwerden  ver- 
ursacht. Am  Morgen  wird  der  Tampon  entfernt.  Die  Vaginal- 
portion ist  ein  wenig  weicher,  die  Scheide  etwas  mehr 
aufgelockert  und  warmer.  Der  Director  der  hksigen  Hebammen- 
Lehranstalt,  Herr  Dr.  Birnbaum,  brachte  einen  silbernen 
mannlichen  Katbeter,  dessen  Schnabel  etwas  flacher,  mehr 
nach  der  Führungslinie  des  Beckens  gebogen  ist,  mit  Leichtig- 
keit durch  den  Muttermund,  wobei  sich  der  Katheter  so 
drehte,  dass  die  Spitze  nach  der  hinteren  Uterin  wand  sah. 
Hierauf  wurde  durch  denselben  etwa  20  Unzen  30®  warmes 
Wasser  in  den  Uterus  injicirt,  was  fast  gar  nicht  empfunden 
wurde,  erst  gegen  Ende  der  Injection  trat  das  Gefühl  davon 
ein,  während  die  äusserlich  auf  den  Uterus  gelegte  Hand 
denselben  sich  stärker  wölben  fühlte.  Das  Wasser  wird  fast 
vollständig  zurückgehalten.  Nach  zwei  Stunden  tritt  ein 
Schüttelfrost  ein  und  darauf  Erbrechen,  das  aber  bald  aufhört, 
während  sich  sehr  schmerzhafte  und  häufige  Wehen  einstellen, 
die  jedoch  die  Geburt  nur  wenig  fordern.  Gegen  Abend  ist 
der  Muttermund  V4  Zoll  geöffnet,  und  jetzt  kann  d^  vor- 
liegende Tbeil  sicher  als  Kopf  erkannt  werden.  Um  11  Uhi* 
Nachts  tritt  eine  kleine  Blutung  ein.  Sehr  grosse  Unruhe, 
wobei  die  «/.  sich  im  Bette  hin-  und  herwirft,  kaum  auf 
demselben  zu  halten  ist.  Die  äusserst  schnell  aujfeinander- 
folgenden,  sehr  schmerzhaften  und  krängen  Wehen  werden 


für  Gebnrtshfllfe  in  Berlin.  17 

durch  5  gr.  Paly.  Doweri  in  Chamillentbee  etwas  gemindert 
und  weniger  schmerzhaft,  so  dass  grössere  Ruhe  eintritt 
Kach  einor  Stunde  wird  die  Gabe  von  5  gr.  Pulv.  Doweri 
iriederiiolt  Die  Wehenthatigkeit  nimmt  von  jetzt  ab  einen 
mehr  regehnässigen  Verlauf,  so  dass  am  22.  Morgens  um 
6  Uhr  der  Muttermund  um  2  Zoll  weit  geöfinet  ist,  doch 
sind  seine  Ränder  noch  ziemlich  hart  und  dick.  Der  Kopf 
ist  inzwischen  immer  deutlicher  hervorgetreten  und  steht 
jetzt  über  der  Symphyse  leicht  beweglich.  Da  trotz  der 
kräftigen  Wehen  wegen  der  festen  Eihäute  und  des  vielen 
lYuchtwasaers  der  Muttermund  sich  nicht  besser  eröffnen  will 
und  der  Kopf  hoch  stehen  bleibt,  so  wird  um  11%  Uhr 
Morgens  die  Blase  gesprengt;  viel  Fruchtwasser.  Der  Kopf 
legt  sich  bald  an  die  vordere  Beckenwand,  tritt  in  erster 
Scheiteliage  in  den  Beckeneingang  und  dreht  sich  bei  guten, 
aber  weniger  häufigen  Wehen  regdmässig  und  erscheint  um 
12Vt  Uhr  Mittags  in  der  Schoossspalte.  Eine  Umschlinlgung 
der  Nabelschnur  hindert  den  Durchtritt  der  Schultern,  doch 
Ziehen  am  Kopfe  bringt  dieselben  so  weit  hervor,  dass  die 
feste  Nabdschnurschlinge  zurückgeschoben  werden  kann,  worauf 
dann  der  übrige  Rumpf  sofort 'folgt  Das  todte,  sonst  aber 
zienilidi  frisch  und  wohl  aussehende  Kind,  ein  Mädchen,  zeigt 
bereits  die  Spuren  beginnender  Fäuhüss,  da  sich  die  Epidermis 
am  Nacken  und  Rücken  in  Blasen  aufhebt  und  einzelne  Stellen 
von  derselben  entblösst  sind.  Der  Leib  ist  nicht  grün  gefärbt, 
die  Nabelschnur  noch  ziemlich  frisch.  —  Nach  der  Geburt 
des  Rumpfes  folgt  eine  enorme  Menge  Fruchtwasser.  Da 
eine  Blutung  eintritt,  so  ^tferne  ich  sofort  die  mürbe  Placenta; 
hierdurch,  sowie  durch  Reiben  des  Fundus  uteri  stillt  sich 
bald  die  Blatung.  Das  Kind  zeigt,  wie  erwartet,  die  Spuren 
eines  etwa  3 — 4  Wochen  zu  früh  geborenen,  wiegt  5  Pfd.  9  Loth 
und  ist  18''  lang.  Die  Placenta  wiegt  1  Pfd.,  ist  7"  gross. 
Die  Nabelschnur  19''  lang.  Die  Dauer  der  Geburt  betrug 
30  Stunden.    Der  Kopf  zeigt  folgenden  Umfang: 

Um  Süm  und  Spitze  des  Hinterhauptes  13  Zoll. 
Um  Kinn  und  Spitze  des  Hinterhauptes  147«  » 
Um  Nacken  bis  zur  Höhe  des  Scheitds  12      „ 
Das  linke  Scheitelbein  zeigt  in  der  Gegend  des  Angulus 
temporalis  eine  vom  Vorberg  herrührende,  etwa  Va  Zoll  im 

hr.  f.  »«biirtok.   1861.  Bd.  XVII.,  HA.  1.  2 


lg  I.    Vcrhandlungep  der  Gesellftchaft 

Durchmesser  haltende,  seichte,  nicht  scharfVandige  Impression; 
ähnlich,  doch  in  geringerem  Maasse  hat  die  vordere  Beckenwand 
auf  den  rechten  Ang.  tempor.  oss.  bregmat.  eingewirkt,  die  Haut 
zeigt  an  diesen  Stellen  nur  sehr  geringe  Spuren  des  Druckes. 

Bei  der  nach  20  Stunden  angestellten  Section  fanden 
sich  unter  der  Galea  aponeurotica  bedeutende  Blutextravasate, 
ebenso  auch  unter  dem  fast  vollständig  von  dem  Hinterhaupte, 
den  beiden  Scheitel-  und  Stiitibeinen  abgelösten  Pericranium. 
Diese  Extravasate  gehen  von  der  Sut  sagittalis,  den  oberen 
Partieeu  der  Sut.  ocdp.  und  den  unteren  der  Sut  coron.  aus. 
Das  geronnene  Blut  ist  sehr  dunkel,  das  Occiput  ist  über 
die  Scheitelbeine  geschoben  und  an  mehreren  Stellen  ist  die 
Naht  gesprengt;  besonders  gross  ist  aber  die  Spannung  der 
Pfeilnaht  in  ihrem  hinteren  Ende,  wo  die  gezackten  Knochen- 
ninder  der  Scheitelbeine  ganz  frei  gegen  das  abgelöste  Peri- 
cranium hervorstehen.  In  den  Scheitelbeinen  selbst  finden  sich 
entsprechend  den  getrennten  Nähten  oder  den  apoplectischen 
Ergüssen  stark  injicirte  Stellen.  Von  der  Tabula  vitrea  löste 
sich  die  Dura  mater  zum  grössten  Theile  sehr  leicht,  doch 
ist  hier  kein  Extravasat.  Die  Blutleiter  wie  das  ganze  Gehirn 
sind  stark  von  dunklem  Blute  überfüllt,  ebenso  auch  die 
Plex.  choroid.  und  die  MeduUa  oblongata.  —  Der  Darm  isl 
leer,  dagegen  das  Colon  transvers.  und  besonders  descendens 
sehr  stark  mit  Heconium  gefällt;  der  schlaffe,  faltige  Mast- 
darm wieder  leer.  Die  sehr  grosse,  stark  hyperamssche  Leber 
zeigt  an  mehreren  Stellen  Ecchymosen,  ebenso  wie  das 
Mesenterium.  Von  den  besonders  in  ihrer  Corticalsubstanz 
stark  hyperämischen  Nieren  löste  sich  die  Kapsel  leicht,  hier 
finden  sich  mehrere  grössere  apoplectische  Herde.  Die  Milz 
ist  dunkelblau,  nitht  vergrössert,  von  normaler  Consistenz. 
Die  stark  hyperämischen  Lungen  zeigen-  an  vielen  Stellen 
Ecchymosen,  schwimmen  weder  im  Ganzen  noch  in  einzelnen 
Theilen.  Am  Herzen  sind  beide  Venae  coronariae  geborsten 
und  daher  die  entsprechenden  Stellen  voll  extravasirten  Blutes, 
beide  Herzhälflen  leer;  die  Blase  leer';  der  Uterus  stark 
hyperämisch,  besonders  an  seiner  hinteren  Wand. 

Das  Wochenbett  verlief  bei  der  J,  durchaus  regelmässig, 
SD  dass  dieselbe  nach  14  Tagen  gesund  entlassen  werden 
konnte. 


för  GebQrtshiilfe  in  Berlin.  19 

DL  Natürliche  Geburt  eines  lebenden  Kindes  bei  einem 
allgemein  verengten  Becken  von  2'/« — 2^1^  Con- 
jagata. 
Ganz   ^eichzeitig  mit  der  ebengenannten  «7.  wurde  am 
28.  Mai  in  der  hiesigen  Gebäranstalt  Laura  K.^   26  Jahre 
ah,  Erstgebärende,  A'  9"  gross,  entbunden;  dieselbe  hatte 
erst  im  vierten  Jahre  gehen  gelernt,  da  sie  in  der  Jugend 
an  Rhadiitis  litt,   später  ist  sie   stets  gesund  gewesen.    Im 
23.  Jahre  trat  zuerst  die   Menstruation  ein,    die  jedes   Mal 
3  bis  4  Tage  dauerte  und   ohne  Beschwerde  verlief,     lieber 
den  Termin,  wann  die  Periode  sich  zum  letzten  Male  gezeigt 
md  wann   sie   die  Kindesbeweguugen  zuerst  gefühlt,    weiss 
die  K.   nur   anzugeben,    dass   nach   beiden  Merkmalen    die 
Schwangerschaft    mit   Ende    dieses   Monats    zu   Ende    gehe. 
Die  f.  ist  dne  kachectisch  aussehende,  schwächliche,  hagere 
Person  mit  schwarzem  Haar  und  sehr  schlaffer,  welker  Haut 
md  Muskelfaser,    bietet    sonst    aber    in   ihren   aDgemeinen 
KM^oformen  nichts  besonders   Auffallendes   dar,   nur  dass 
die  rechte  Hfifte  etwas  häier  steht,  wodurch  der  Gang  nicht 
wesentlich   alterirt   wird.     Da   unter   der   äusserst   schlaffen 
Haut  das  Fettpolster  nur  sehr  gering  entwickelt  ist,  so  treten 
sämmtlicbe   Knochenvorsprünge    deutlich    erkennbar    hervor, 
so  besonders  die  Dornfortsätze  der  wenig  gebogenen,  mehr 
nach  einwärts  stehenden  Lendenwirbel  und   des  stark  nach 
anssen  vortretenden  Kreuzbeins,   ferner  die   Spinae   oss.  ilei 
posL  sup.   und  die  hinteren  Parthieeu  der  Crista  ilei.    Das 
Stetssbein  ist  leicht  beweglich  und   tritt  wieder  mehr  gegen 
da;   Becken   herein.      Die   Beckenmessung    ergieb^    för    die 
CoDJugata  diag.  exter.  5  Va",  Spinae  oss.  ilei  9Va',  Cristae  lO'/**! 
TkDdianteren  11  ^    Die  H&ftblätter,   sowie  das  ganze,  wenig 
geneigte   Becken    sind  auffallend  niedrig.     Bei   der   inneren 
Untersuchung   finden    sich   die   äusseren  Genitalien   und    die 
Scheide    normal,    das   wenig   in    das   Becken   hineinragende 
Promontorium  ist   auffallend   leicht   erreichbar,    so   dass   die 
Conjogata  vera  auf  27»''  bis  höchstens  2^1^'  geschätzt  werden 
muss.     Vom  Promontorium  aus  kann  mau  mit  der  Finger- 
spitze leicht  die  ganze  Linea  arcuata  verfolgen  und   da  auch 
&  Sjmph.  sacro-iliac.   deutlich,  zu  erkennen  sind,   so  kann 
der  erste   schiefe  Durchmesser   auf  Sy,''  und  der  zweite  auf 


20  I*    Verhandlungen  der  Gesellschaft 

circa  3%^,  der  quere  auf  4"  geschätzt  werden.  Der  erste 
Kreuzbeinwirbel  steht  nur  wenig  zuruckgebogen,-  so  dass  die 
Verbindung  des  ersten  und  zweiten  Kreuzbeinwirbels  scharf 
markirt  vortritt.  Die  Syinph.  pub.  ist  ungewöhnlich  niedrig, 
der  Schoossbogen  gut  gewölbt  —  Die  Vaginalportion  ist  am 
Abend  des  21.  Mai  noch  ^J'  lang,  bietet  «die  Charaktere 
einer  Erstgebärenden  und  steht  sehr  leicht  erreichbar.  Der 
Muttermund  ist  noch  geschlossen,  der  vorliegende  Kindestheil 
erscheint  hoch,  klein,  leicht  beweglich.  —  Der  Fundus  uteri 
wird  eine  Hand  breit  über  dem  blasenförmig  hervorgetriebenen 
Nabel  gefühlt;  der  Umfang  des  Uterus  ist  auffallend  gering; 
das  Kind  anscheinend  sehr  klein.  Die  fötalen  Herztöne  hört 
man  links  unten ,  die  Bewegungen  fühlt  man  rechts  im  Grunde. 
Seit  dem  Morgen  bestehen  leichte  Schmerzen,  die  um  Mittag 
etwas  stärker  wurden  und  dadurch  die  K,  veranlassten,  die 
Aufnahme  in  die  Gebäranstalt  nachzusuchen.  —  Abends  11  Uhr 
beginnt  das  Orificium  uteri  bei  regelmässiger  Wehenthätigkeit 
sich  gehörig  zu  eröffnen,  doch  bleibt  der  in  der  ersten 
Scheitellage  heruntertretende  Kopf  leicht  beweglich  über  der 
Symphyse  stehen. 

Bei  einem  derartigai  Befunde  musste  die  Sectio  caesarea 
als  einzig  mögliches  Rettungsmitte]  für  Mutter  und  Kind  er- 
scheinen. Wegen  der  günstigen  Form  des  Beckens  jedoch 
(allgemein  verengt)  und  des  Verhaltens  des-  Promontorium, 
sowie  wegen  des  kleinen  Kindes  und  der  ganz  regelmässigen 
Wehenthätigkeit  wollten  wir  erst  den  Wasserabfluss  erwarten, 
um  dann  je  nach  dem  Eintritte  des  Kopfes  in  das  Becken 
die  Entscheidung  zu  treffen,  ob  die  Entbindung  per  vias  naturales 
noch  zu  versuchen,  oder  ob  der  directe  Weg  durch  die 
Bauchdecken  zum  Kinde  zu  eröffnen  sei. 

Trotz  der  während  der  übrigen  Nacht  gut  erfolgenden 
Eröffnung  des  Muttermundes  und  der  regelmässigen,  aber 
starken  Wehen  schien  uns  gegen  Morgen  dennoch  der  Kaiser- 
schnitt unvermeidlich,  da  der  Kopf  hoch  und  leicht  beweghch 
stehen  blieb  und  wurde  deshalb  *'Alles  für  denselben  vor- 
bereitet. Von  diesen  Vorbereitungen  zur  Operation  wurde 
ich  des  Morgens  um  6%  Uhr  abgerufen,  da  der  Wasser- 
abfluss erfolgt  sei  und  wer  beschreibt  mein  Erstaunen,  als 
ich  an  das  Gebärbett  kommend  den  "Kopf  im  Einschneiden 


ffir  Geburtshülfe  in  Berlin.  21 

sehe!  Da  wegen  Enge  des  Scheideneinganges  der  Damm  auch 
inner  den  Wehen  stark  kugelförmig  hervorgeinrölbt  bleibt, 
s»  mache  ich  zwei  kleine  seitliche  Incisionen,  worauf  der 
Kopf  sofort  zum  Durchschneiden  kommt.  Um  den  Austritt 
der  etwas  zögernden  Schultern  zu  erleichtern,  gehe  ich  mit 
zwei  Fingern  ein,  doch  ist  auch  dieses  unnöthig,  denn 
nachdem  ich  die  am  Kopfe  anliegende  linke  Hand  aus  der 
Ereuzbeinaashöhlung  gelöst,  folgen  die  Schultern  sofort  nach, 
flnt  nach  dem  rechten  Schenkel  der  Mutter  gewandtem  Gesichte. 
Das  Anfangs  noch  ein  wenig  betäubte  Kind  wird  sehr  bald 
zum  Athmeo  und  bald  audi  zum  Schreien  gebracht. 

Die  ganze  Geburtsdauer  hatte  demnach  etwa  30  bis 
.36  Stunden  gedauert.  —  Der  neugeborene  Knabe  ist  4  Pfund 
schwer,  17  Zoll  lang,  trägt  aber  die  Zeichen  der  Reife  oder 
doch  nahezu,  denn  noch  steht  im  Gesichte  etwas  Wollenhaar, 
das  Sdireies  ist  schwach,  viel  Schlaf.  —  Die  sehr  bald 
Ditörlich  erfolgende  Nachgeburt  wiegt  24  Loth,  hat  7  Zoll 
Durchmesser,  die  Nabelschnur  17  Zoll  Länge.  —  Auf  dem 
linken  Scheitelbeine  des  schief  gedruckten  Kopfes  findet  sich 
eine  etwa  IVa  Quadratzoll  grosse,  scharfrandige,  fast  V4  Zoll 
tiefe  Impression,  herrührend  vom  Promontorium,  dieselbe 
gebt  Tom  Tuber  parietale  einerseits  nach  dem  Obre,  ander- 
seits nach  der  Sut.  coronalis,  so  dass  diese  beiden  Seiten 
unter  änem  Winkel  von  circa  60^  am  Tuber  parietale  zu- 
sammenstossen.  Die  Haut  ist  an  dieser  Stelle  nicht  verletzt.  — 
Do*  rechte  Angul.  temporal  oss.  pariel.  ist  durch  die  Symph.  pub. 
nur  wenig  eingedruckt.  Die  Dprchmesser  des  Kopfes  zeigen 
bald  nach  der  Geburt  gemessen  folgende  Grössen: 

Kleiner  Querdurchmesser  3  Zoll, 

grosser  Querdurchmesser  SV«  „ 

gerader  Durchmesser  .  .  4      „ 

schiefer  Durchmesser  .  .  5      „ 
Der  Umfang  des  Kopfes  ist  gleich  nach  der  Geburt: 
Um  Stirn  und  kleine  Fontanelle     11  Zoll, 
um  Kinn  und  kleine  Fontanelle     11%  „ 
am  Nacken  und  grosse  Fontanelle  127«  „ 
Am  folgenden  Tage    zeigten   sich   die  Kopfdurchmesser 
noch  nahezu   eben   so  gross,    der  Umfang  dagegen   llVa'^ 
Wy/  ond  IS". 


22  '•    Yerbandlangen  der  Gesellschaft 

Mutter  uod  Kind,  befinden  siclr  nach  der  Gebort  ganz 
wohl.  —  Das  Gesiebt  des  Kindes  scheint  während  des  ersten 
Tages  auf  der  linken  Seite  etwas  gelähmt,  doch  verliert  sich 
die  Verzerrung  der  Gesichtszüge  bald  niit  dem  mehr  Rund- 
werden des  ganzen  Kopfes.  —  Das  Kind  trank  gut  an  der 
Brust,  bekam  aber  nach  einigen  Tagen  eine  Ophthalmie  und 
Aphthen.  Ffir  die  Mutter  ?erUef  das  Wochenbett  ungestört, 
nur  am  Tage  nach  der  Entbindung  klagte  sie  etwas  über 
Schmerzen  im  Unterleibe.  Am  14.  Tage  wurden  Mutter  und 
Kind  gesund  entlassen.  Die  Impression  des  Scheitelbeins 
hatte  sich  durchaus  nicht  verändert. 

Sechs  Wochen  nach  der  Entbindung  kam  die  Mutter 
wieder  zu  mir  und  gab  an,  dass  das  Kind  vor  etwa  drei 
Wochen  gestorben  sei,  sie  selbM  klagte,  dass  die  Gebärmutter 
etwa  apfelgross  vor  die  Geschlechlstheile  getreten  sei,  als 
sie  habe  stark  arbeiten  müssen.  Ich  fand  eine  bedeutende 
Retroflexion  mit  Vergrösserung  des  Uterus,  die  sich  aber 
leicht  aufrichten  liess  und  seitdem  habe  ich  die  K,  nicht 
wieder  gesehen. 

III.  Unbeendet  gebliebene  Perforation  und  Kephalo- 
thrypsie  bei  3"  Conjugata;  Geburt  des  Kindes 
nach  dem  Tode  der  Mutter. 

Am  5.  Juni  1859  wurde  gegen  Mittag  die  40jährige 
erstgebärende  Ehefrau  B...  aus  einem  etwa  27^  Stunden 
von  hier  entfernten  Orte  zu  Wagen  in  die  Gebäranstalt  ge- 
bracht. Ein  mitgebrachtes  ärztliches  Attest  sagte  aus,  dass 
die  B.  ein  sehr  enges  rhachitisches  Becken  habe.  —  Die 
überaus  kräftigen  und  lange  andauenid^  Wehen  machen  für 
den  Augenblick  jede  Erkundigung  unmöglich.  Die  Schmerz- 
haftigkeit  der  Wehen  bewog  mich,  zur  Beruhigung  der 
Kreissenden,  ihr  etwas  Chloroform  zu  geben,  wonach  auch 
bald  die  stürmischen  und  äusserst  schmerzhaften  Wehen  sich 
etwas  mässigten  und  kann  dieselbe  dann  folgende  Angaben 
machen:  Wann  sie  gehen  gelernt,  weiss  sie  nicht  anzugeben, 
doch  soll  sie  es  vier  Mal  gelernt  haben ;  später  sei  sie  nie  krank 
gewesen,  nur  habe  ihr  die  seit  dem  15.  Jahre  regelmässig  alle 
vier  Wochen  wiederkehrende  Periode,  die  acht  Tage  dauerte  und 
der  während  der  nächsten  Tage  ein  vermehrter  Schleimabfluss 


för  Gabnrtshfilfe  In  Berlin.  23 

trig^,  Stets  bedeutende  .Schmerzen  verursacht  Mit  27  Jahren 
feiiieiratbete  sich  die  JB.  und  halte  uach  Va  Jahre  einen 
Abort  etwa  Ton  der  Länge  eines  Fingers.  Dann  hat^e  sie 
sich  stets  wohl  befonden  und  auch  während  ihrer  gegen- 
värtigea  Schwangerschaft  habe  sie  nicht  zu  klagen  gehabt 
In  den  ersten  Tagen  des  September  sei  sie  noch  regehnässig 
an  Sire  Periode  gekommen  und  sei  dieselbe  im  Oclober  noch 
einmal  für  einen  halben  Tag  wiedergekehrt  Da  sie  14  Tage 
nach  Weihnachten  zuerst  die  Kindesbewegungen  gefühlt  hat, 
so  hat  die  Schwangerschaft  ihr  regelmässiges  Ende  erreicht 

In  der  Nacht  vom.  2.  zum  3.  Juni  haben  sich  die  ersten 
Cd>iirtswehen  eingestellt,  denen  auch  bald  der  Wasserabfluss 
folgte.  Am  3.  Abends  sei  die  Hebamme  gekommen,  die  sogleich 
erklärte,  dass  die  Entbindung  die  Hinzuziehung  eines  Arztes 
erfordere,  der  auch  am  4.  Morgens  erschien  und  der  B. 
einen  Suppenteller  voll  Blut  aus  dem  Arme  liess;  Abends  sei 
derselbe  wiedergekommen  und,  da  die  Wehen  kräftig  gewesen, 
habe  er  nichts  verordnen  wollen.  Am  Morgen  des  5.  Juni 
sei  er  nochmals  mit  einem  anderen  Geburtshelfer  gekommen, 
wekbe  beiden  nach  wiederholten,  sehr  schmerzhaften  Unter- 
suchungen ^klärten,  dass  sie  die  p.  B,  nicht  entbinden 
könnten  nnd  dass  dieselbe  deshalb  per  Wagen  in  die  hiesige 
Gebäranstalt  geschafft  werden  müsse.  Am  5.  Juni  Mittags 
kam  die  Kreissende  hier  an. 

Die  40Jährige  Kreissende  ist  4'  3"  gross,  von  kräftigem, 
ualersetztem  Körperbau,  sonst  gesundem,  jetzt  sehr  auf- 
geregtem Aussehen.  —  Das  Scelet  zeigt  ausser  in  seinen  kurzen, 
stark  nad)  aussen  gebogenen,  flachen  Oberschenkeln  nichts 
wesentlich  Abnormes.  —  Die  Beckenmessung  ergab  für  die 
beiden  Trocbanteren  12",  für  die  Spinae  oss.  ilei  10",  für 
die  Cristae  ebenfalls  10";  die  äussere  Diagonalcoojugata 
betrug  6V/. 

Bei  der  inneren  Untersuchung  fand  man  den  Muttermund 
etwa  2"  weit  eröffnet,  die  Muttermundslippen  weich  und 
nachgiebig,  den  Kopf  über  dem  Beckeneingange  frei  beweglich, 
anscheinend  in  einer  vierten  ScheiteUage.  Neben  dem  Kopfe 
lag  eine  pulslose  Nabelschnurschlinge;  auch  die  fötalen  Herz- 
tßoe  waren  nicht  mehr  zu  hören.  Das  Promontorium,  sowie 
der  grösate   Theil   des  Kreuzbeins   war*  leicht   zu   erreichen, 


24  ^'    Verhandlimgeii  der  Qesellschaft 

SO  dass  die  Conjugata  auf  etwa  3'  gesdiitzt  werden  durfte. 
Eine  genauere  Eruirung  der  Beckenverhältnisse  war  wegen 
der  durch  häufige  Untersuchungen  äusserst  empfindlidien 
Scheide  unmöglich  gemacht.  —  Die  mehr  in  die  Quere  aus- 
gedehnte  Gebärmutter  ^  war  fest  um  die  Frucht  zusammen- 
gezogen und  liess  die  Kindestheile  nicht  deutlich  erkennen. 

Da  nach  diesem  Befunde  die  Perforation  indicirt  zu  sein 
schien,  so  ersuchte  ich  den  Herrn  Sanitätsrath  Dr.  König 
und  Herrn  Dr.  /Sticker  U.  um  ihre  gütige  Mitwirkung,  die 
sie  mir  auch  dberaus  freundlich  und  bereitwillig  gewährten. 
Nach  wiederholter  genauer  Untersuchung  eihigten  wir  uns 
bald  dahin,  dass  bei  dieser  Beckenbeschränkung  und  dem 
constatirten  Tode  des  Kindes  die  Perforation  zu  madien  seL  — 
Die  chloroformirte  Kreissende  wurde  daher  Nachmittags  4  V«  Uhr 
auf  den  Operationstisch  gehoben  und  zunächst  die  Anlegung 
der  Zange  an  den  hochstehenden  Kopf  versucht,  doch  glitt 
dieselbe  bereits  bei  der  dritten  Traction  ab,  ohne  den  Kopf 
im  Mindesten  weiter  herunter  befördert  zu  haben.  Der  wiedei^ 
holte  Versuch,  die  Zange  zur  Beendigung  der  Geburt  zu 
gebrauchen,  war  eben  so  wenig  von  Erfolg  gekrönt.  Es  wurde 
daher  zur  EröfAiung  des  Kopfes  mit  dem. sonst  sehr  brauch- 
baren Leisnig-KiwiscKsiAien  trepanförroigen  Perforator  ge- 
schritten, doch  versagte  das  Instrument  in  diesem  Falle  seinen 
Dienst,  da  der  Kopf  noch  zu  hoch  und  leicht  beweglich  stand. 
Hit  dem  scheerenförmigen  jBu«c%'schen  Instrumente  gelang 
es  jedoch,  die  Pfeilnaht  zu  eröffnen  und  nachdem  ein  Theil 
des  Gehirnes  entleert  war,  wollten  wir  zur  Compression  des 
Kopfes  die  Kephalotribe  anlegen,  doch  war  es  trotz  wieder- 
holter Versuche  unmöglich  die  Löffel  einer  Scanzon€schen 
Kephalotribe  wegen  ihrer  starken  Kopfkrümmung  und  ihrer 
an  der  Spitze  sitzenden  Beckenkrummung  und  den  hoch  und 
weit  über  der  Symphyse  stehenden  Kopf  zu  schieben.  — 
Versuche  mit  der  Zange  mussten  bei  diesen  Verhältnissen 
ebenso  ungünstige  Resultate  liefern.  —  Da  wir  so  nach  vielen 
vergeblichen  Bemühungen  keine  Aussicht  sahen,  zum  Ziele  zu 
kommen,  so  versuchten  wir  die  Wendung  zu  machen.  Wohl 
gelang  es  nach  Welen  fruchtlosen  Anstrengungen,  endlich  zu 
den  Füssen  zu  gelangen,  doch  eine  schief  von  rechts  oben 
nach  links  unten  gehende  Strictur  hielt  den  Kindesköper  so 


für  Qebnrt9billfe  in  Berlin.  26 

fesi,  dasB  bei  der  durch  die  Beckenenge  beschränkten  Be* 
wegiiehkeit  der  Hand  auch  diese  Versuche  scheiterten.  Nach 
fast  fierständiger  schwerer  Arbeit  mussten  wir  ermattet  von 
fencreo  Yersooben  Ar  jetzt  abstehen,  vielleicht  dass  nach 
einiger  der  Gebärmutter  gegönnten  Ruhe  in  einer  anderen 
Lageniog  der  Kreissenden  die  Wendung  auf  weniger  Schwierig- 
keiten stossoi  würde.  • 

Während  der  darauf  folgenden  Nacht  wurden  daher  Ein-. 
^ritZQDgen  von  Oel  und  Haferschleim  in  den  Uterus  gemacht 
and  der  äusserst  entkräfteten  Kreissenden  Bouillon  mit  Ei 
gegeben,  daneben  eine  Mandelemulsion  mit  Nitrum.  Eine  in 
der  Nacht  eintretende  Blutung  wurde  durch'  kalte  Ueberschläge 
gestilh  und  wegen  der  grossen  Unruhe  und  sehr  schmerzhaften 
Wehen  zeitweise  Morphium  gegeben,  wonach  gegen  Morgen 
durch  niehra*e  Stunden  ein  erquickender  Schlaf  eintrat.  Als 
wir  am  6.  Juni  Morgens  die  Entbindungsversuohe  wieder 
aofhebmeu  wollten,  fanden  wir  die  Kreissende  mit  seltenem, 
.  kaum  fühlbarem  Pulse  und  obgleich  sie  selbst  sich  sehr  wohl 
und  gestärkt  fühlte,  erkannte  man  doch  den  unaufhaltsam 
datretenden  Collapsus,  der  auch  gegen  11  Uhr  Morgens  den 
Tod  heribeiführte.  Bei  der  letzten  Untersuchung  kurze  Zeit 
forfaer  fanden  wir  einen  Arm,  der  theilweise  schon  von  der 
Oberhaupt  entblösst  war,  aus  den  Genitalien  hervoiiiängen, 
neben  dem  eine  überaus  stinkende  Flüssigkeit  hervorquoll. 

Nach  20  Stunden  schritten  wir  zur  Section.  Als  die 
Leiche  aus  dem  Bette  auf  den  Sectionstisch  gelegt  werden 
soll,  finden  wir  das  Kind  mit  nach  oben  gekehrtem  Gesichte 
zwischen  den  Schenkehd  der  Mutter  liegen.  Die  Verwesung 
des  ganz  schwarzblau  aussehenden  Kindes  war  bereits  so 
weit  vorgeschritten,  dass  die  Gelenkbänder  gelöst  waren,  die 
Koochen  des  gehirnlosen  Schädels  frei  beweglicli  in  der  Kopf- 
haut steckten.  Messungen  des  Kindes  und  besonders  seines 
K<^fes  wurden  daher  nicht  mehr  angestellt«  —  Die  Leiche 
der  Mutter  zeigte  eine  so  hochgradige  Verwesung,  wie  sonst 
erst  nach  mehreren  Wochen.  Der  morm  aufgeblähte  Kopf, 
Hals  und  obere  Brusttheil  erscheint  schwarzblau,  die  Epidermis 
ist  besonders  an  den  Armen  und  Beinen  in  colossale,  auf 
dem  Grunde  mit  schmutziger  Jauche  gefällte  Blasen  erhoben. 
Der  missfarbene  Unterleib  ist  enorm  aufgetrieben,  aus  ihm 


26  '•    Verhandlangen  der  Gesellschaft 

i^ntweiobt  beim  EinschuiUe  eine  Menge  sehr  stinkender  Gase. 
Wenig  Flüssigkeit  in  der  Baactihöble,  die  schlaffe,  durch 
Gas  sehr  aufgeblähte  Gebärmutter  zeigte  eben  so  wenig  wie 
die  Scheide  Verletzungen.  —  Die  Conjugata  vera  beträgt  3^ 
der  grosse  Querdurcbmesser  5",  das  Promontorium  steht  unter 
der  Ebene  des  Beckeneinganges  und  ragt  stark  in  diesen 
hinein.  —  Wegen  ^der  hochgradigen  Verwesung  wurde  das 
Herausschälen  des  Beckens  und  die  genauere  Section  unterlassen. 

Entschieden  war  in  diesem  Falle  die  Geburt  post  mortem 
(die,  wie  die  häufigen  derartigen  Hittheilungen  zeigen,  nicht 
zu  den  grössten  Seltenheiten  gehören)  nur  durch  die  Gas- 
entwickelung  eingetreten,  da  von  einer  selbstständigen  Thätigkeit 
der  Gebärmutter  nach  dem  Tode  bei  dieser  Schlaffheit  und 
weitgediehenen  Verwesung  nicht  mehr  die  Rede  sein  konnte. 
Erleichtert  war  der  Durchtritt  des  Kindes,  der  mit  der  Stirn 
voraus  und  neben  dem  vorgefallenen  Arme  erfolgt  war,  durch 
den  Ausfluss  des  Gehirns  und  die  weiche  Beschaffenheit  der 
Gelenke  und  Knochenverbindungen. 

Die  so  überaus  weit  vorgeschrittene  Zersetzung,  20  Stunden 
nach  dem  Tode,  ist,  wenn  gleich  durch  die  damals  herrsdiende 
Hitze  begünstigt,  hauptsächlich  wohl  der  bereits  im  Leben 
vorhandenen  Blutzersetzuug,  wie  wir  solche  an  Leichen  während 
der  Entbindung  Verstorbener  häufig  finden,  zuzuschreiben; 
doch  scheint  das  in  bedeutender  Menge  durch  fast  4  Stunden 
angewandte  Chloroform  sehr  entschieden  zu  der  schnellen 
Verwesung  beigeti*agen  zu  haben,  wie  ich  dieses  auch  m 
einem  anderen  ähnlichen  Falle  sah.  (Vergl.  Casper^s  Handbuch 
der  gericlitlichen  Medicin,  Berlin  1857,  Bd.  L,  8.  619.) 

Anmerkang.  In  Fig.  3  ist  der  in  den  Beokeueingang  eben 
eingetretene  »SchHdel  so  gezeichnet,  wie  wir  ihn  bei  der  Unter- 
snchnng  durch  die  Scheide  fühlen;  also  gewissermaassen  das 
Schädeldach  an  jener  Stelle  abgenommen,  wo  wir  ihn  gewöhnlich 
bei  Sectionen  mit  der  Säge  sn  öffnen  pflegen  und  man  "sieht  also 
in  das  Innere  des  Schädeldache«. 

Herr  Martin  billigt  die  von  Cr.  ausgesprochene  Ansicht, 
dass  die  Hervorragung  der  Schoossfuge  nach  imien  in  manchen 
Fällen  Grund  zu  erheblichen  Störungen  der  Geburt  abgebe 
könne.  Er  selber  habe  wiederholt  Impressionen  am  Kindskopfe 
beobachtet,  die  nur  auf  diese  abnorme  Bildung  zu  beziehen 


fttr  6«biirt8haife  in  Berlin.  27 

I,  da  sie  die  vom  Promontorium  abgewendete  Seite  des 
Kopfes  betrafen.  Auch  glaube  er,  dass  wohl  manche  in  der 
Gebort  ^worbeat  Blaaeoscheideufiatel  durdi  Druck  des  Kopfes 
gegen  eine  solche  Hervorragung  der  Schoossfuge  herbei- 
gefiibrt  scL  — 

Herr  Wegscheidir  zeigt  emen  in  Breslau  sehr  ver- 
breiteten Apparat  vor,  in  welchem  Cataplasmen  mittels  warmer 
Wasserdämpfe  leicht  erhitzt  und  feucht  erhalten  werden  können. 

Herr  L,  Mayer  legt  ein  neues  englisches  Pessarium 
von  homisirtem  Cautcbouc  vor,  das  namentlich  durch  seine 
Leichtigkeit,  Glätte  und  Dauerhaftigkeit  den  Vorzug  vor  den 
bisher  gebräuchlichen  Holz-,  Wachs-  u.  &  w.  Instrumenten 
ZQ  verdienen  Scheint 

Herr  Dr.  F.  Winckd  (Gast)  legt  ein  osteomalacisches 
Becken  vor  und  giebt  folgende  einleitende  Krankengeschichte: 

Kaiserschnitt  bei  halisteretischem  Becken. 

FVau  Fwüce  zu  Büchel  bei  Engelskirchen,  Reg.-Bezirk 
Cän,  32  Jahre  alt,  4  Fuss  7  Zoll  gross,  scbwächlich,  soll 
vor  7  Jahren  zuerst  leicht  und  glücklich  entbunden  worden 
sein.  Erkrankte  bald  nachher  an  „  Gicht  ^,  da  sie  längere 
Zeit  in  einer  sehr  feuchten  Wohnung  und  von  Nichts  als 
Kaflee,  Brod  und  Kartoffeln  lebte.    Hatte  sehr  viel  zu  leiden. 

Qiarfireitag  1859  wurde  sie  zum  zweiten  Male  mittels 
der  Zange  sehr  schwer  von  einem  todlen  Mädchen  entbunden. 

Im  December  v.  J.  concipirte  sie  aufs  Neue.  Am 
14.  S^tembcr  1860  traten  Wehen  ein,  nachdem  schon  am 
13.  Sqitember  Wasser  mit  Blut  abgegangen  sein  sollte.  Am 
Iß.  September  unten^chte  sie  mein  Freund  Heinrich  Wiefd, 
fand  eine  pralle  Blase,  den  Kopf  sehr  hoch,  hörte  keine 
Fötalherztöne  mehr  und  fand  das  Becken  so  bedeutend 
osteomalacisch  verengt,  dass  er  den  kleinsten  Durchmesser 
des  Becke^einganges  auf  l"  ß'"  taxirte.  Die  Frau  war  bereits 
sehr  angegriffen.  Unter  Assistenz  des  Kreiswundarztes  Büren 
uiachte  der  Vater  meines  Freundes  die  Sectio  caesarea.  Die 
Baaehdecken  waren  sehr  dünn.  Der  Uterus  war  ein  Vierte] 
um  seine  Axe  gedreht  von  rechts  nach  links;  am  Fundus 
sehr  dick ,  mehr  nach  unten  dünnrandiger.    Bei  der  Extractiou 


28  '•    Verhandlungen  der  GeseUschaft 

des  Kindes  war  die  Entwickelung  des  Kopfes  etwas  schwierig. 
Dasselbe  war  todt  und  musste  schon  einige  Zeit  todt  sein, 
da  die  Epidermis  sich  leicht  ablösen  liess.  Es  wog  6 — 7  Pfd. 
Wenig  Fruchtwasser  war  vorhanden.  Am  unteren  Wundwinkel 
kamen  einige  Darmschlingen  ?or,  die  jedoch  leicht  zurück- 
gebracht wurden,  der  Uterus  zog  sich  schlecht  zusammen; 
5  Knopfnähte  und  6  Insectennadeln  wurden  angelegt. 

Zwei  Tage  befand  sich  die  Entbundene  ziendich  wohl, 
starb  aber  schon  am  dritten  Tage  ungefähr  65  Stunden  nach 
der  Operation.  — 

Das  Becken  ist  ein  in  hohem  Grade  erweichtes.  Die 
.Knochen  ziemlich  voluminös  —  aber  sehr  porös  —  sehr 
bluthaltig,  sehr  fettreich  und  so  weich,  dass  ich  den  vierten 
Lendenwirbel  bis  auf  das  hintere  Ende  des  Processes  spinosus 
mitten  mit  dem  Messer  durchschneiden  konnte.  Der  Durch- 
schnitt dieses  Wirbels  gleicht  dem  eines  cavernöseu  Körpers 
oder  einer  Blumenknospe.  —  Das  Periost  nicht  besonders 
verdickt,  sehr  schwer  abzulösen.  Grössere  Fissm*en  resp. 
Infractionen  der  Knochen  bis  jetzt  (da  es  noch  nicht  ganz 
macerirt  ist)  nicht  wahrzunehmen.  Die  Pfannengegenden  stark 
einwärts  gedrückt;  das  Promontorium,  in's  Becken  hinabgedrängt, 
st«ht  V2  Zoll  tiefer  als  der  obere  Rand  der  Symphyse.  Beide 
Synchondroses  sacro-iliacae  stark  aufgelockert,  so  dass  nament- 
lich die  linke  sehr  beweglich  ist,  dass  die  ganze  linke  Becken- 
hältle  gegen  das  Os  sacrum  und  die  rechte  Beckenhälfte 
verschoben  werden  kann.  Das  Kreuzbein  von  oben  nach 
unten  zu  einem  spitzen  Winkel  von  vielleicht  85^  zusammen- 
gedrückt Der  sog.  Sulcus  iliacus  auf  beiden  Seiten  gleich 
stark.  Die  beiden  Schenkel  des  Schnabels  fast  ganz  gleich, 
über  der  Mitte  der  Foramina  obturatoria  die  stärkste  Einwärts- 
biegung der  horizontalen  Schambeinäste. 

•  Beckenmaasse. 

Ä.     Grosses  Becken. 

•    Zoll  Linien 

1)  Dist.  Spinae  a.  snp 9        4 

2)  n  „        a.  infer 6        9 

S)      „      cristarum  oss.  il 12        6 

(Breite  der  Darmbeinschanfeln ^V/') 

(Höhe  derselben 8V,") 


för  Geburtshülfe  in  Berlin.  29 

B.    Kleines  Becken. 

a)  Beckeneingang. 

Zoll  Lliii«n 

1)  Coajngata  Tera 8        9 

i)        9  falsa  (von  der  Symphyse  bis  sum  oberen 

Rande  des  ersten  Lendenwirbels 3        4 

5)  erster  schräger  Durchmesser     4        7 

4)  iweiter         ,  ^  l        4 

6)  Distans  swischen  oberen  seitlichen  Rand  des  fünften 

Lendenwirbels  nnd  Synostosis  pubo-iliaca  deztra  1  8 

6)  Dieselbe  —  sinistra 1  10 

7)  Diameter  tranayersa  mazima 5  — 

8)  D.  transv.  vor  dem  Promontorium 4  6 

b)  Beckenhöhle. 

1)  Dittani  de«  Grnndes  beider  Pfannen 3        6 

2)  Orosste  Conjngata  (Mitte  der  Symph.  —  lur  tiefsten 

Stelle  des  Os  sacmm) 6        8 

5)  Spinae  ischiadieae 2       11 

4)  eigentliche  Diagonal- Conjngata 8       11 

6)  aneigentliche  Diagonal- Conjngata  (von  dem  Punkte, 

wo  sich   die  Schambeinäste   am   meisten  nähern, 

bis  anm  Promontorium) 8        8 

e)  Beckenausgang, 
l)  Eigentliche  ConjngaU 8        9 

5)  nnetgentliche  Conjngata  (Spitxe  das  Steissbeins  bis 

dahin,  wo  sich  die  Schambogenschenkel  am  meisten 
nlhem 2      — 

3)  Tnbera  ischiadica  (lab.  int.) «.  .  .  .    2        7 

Länge  des  Schnabels 1  3 

Basis  derselben 2  1 

Sehenkel  des  Schambogens  fast  parallel,  sind 
am   meisten   neben  dem  unteren  Rande  der 

Foramina  obtnrator.  sich  genähert,  bis  auf  .  -^  10 

Höhe  der  Symphyse  des  Schambogeüs 1  7 

„      des  Kreusbeines 8  — 

Tiefe  der  Längenanshbhlnng  derselben S  2 

Derselbe  veriae  darauf  folgenden,  von  seinem  Vater 
Dr.  Winekd  in  Gummersbach  verrichteten 

Kaiserschnitt  bei  halisteretiscbem  Becken  mit 
glücklichem  Erfolge  fQr  Mutter  und  Kind. 

Frau  Wühdmine  Scheuse  zu  Feldbof  bei  Gummersbach 
ist  das  siebente  Kind  einer  sehr  gesunden  uud  kräftigen  Mutter, 
welche   in   ihrem   60.   Lebensjahre,    nachdem   sie   neun  Mal 


30  I-    Yerhandlmi^ii  der  GeselUcliAfl 

geboren,  am  Schlagflusse  gestorben  ist.  Ihren  Vater  hat  sie 
nicht  gekannt,  er  soll  der  Lungenschwindsocht  erlegen  sein. 
Die  Röthehl  abgerechnet,  will  Frao  S.  in  ihren  Kindeijahren 
sich  stets  der  besten  Gesundheit  erfreut  haben,  sie  versichert 
namentlich  mit  Bestimmtheit  nie  an  doppelten  Gliedern,  wie 
die  Rhachitis  hier  zu  Lande  genannt  wird,  gelitten  zu  haben. 
Im  17.  oder  18.  Lebenqahre,  genauer  weiss  sie  es  nicht 
anzugeben,  wurde  sie  zuerst  menstruirt  und  haben  ihre 
Menses  nie  eine  krankhafte  Störung  erlitten.  Sechs  Monate 
nach  ihrer  im  22.  Ldiensjahre  erfc^gten  Yerheirathttng  gebar 
sie  zum  ersten  Male  einen  gesunden,  reifen  und  kräftigen 
Knaben,  ganz  leicht  und  natürlich.  Mehrere  Monate  nach 
dieser  Entbindung  habe  ich  sie  als  grosse  wohlgewachsene 
und  hübsdie  junge  Frau  zuerst  gesehen.  Sie  säugte  dieses 
Kind  ohngefahr  1^/%  Jahre,  war  während  des  Säugegeschäfts 
efaiige  Male  wieder  menstruirt  und  musste  es  dann,  weil  sie 
wieder  schwanger  und  krank  wurde,  entwöhnen.  Durch  eine 
Krankheit  ihres  Mannes  wurde  sie  nämlich  gezwungen,  sich, 
als  gerade  ihre  Menses  flössen,  einer  starken  Erkältung  aus- 
zusetzen, welcher  sie  die  Entstehung  ihres  ganzen  Leidens  zu- 
schreibt Nach  dieser  Erkältung,  die  mit  der  zweiten  Conoeptioa 
zusammenfällt,  bekam  Frau  Schettse  heftige  Gliederschmerzen, 
besonders  im  Kreuze,  starken  übelriechenden,  sehr  scharfen 
Ausfluss  aus  deit  Genitalien  und  allgemeine  Schwäche,  wozu 
sich  periodisch  tonische  Krämpfe  in  Händen  und  Vorderarmen 
gesellten.  Dieser  Zustand  hielt  die  ganze  Schwangerschaft 
bst  ohne  Unterbrechung  an  und  zwang  die  Kranke  häufig 
zum  Hüten  des  Bettes. 

Den  20.  October  1848  erfolgte  die  Geburt  des  zweiten 
Kindes  in  einer  Kopflage  leicht  und  glücklich;  doch  steigerten 
sich  während  und  nach  dem  Wochenbette  alle  Krankheits- 
erscheinungen merklich,  sie  säugte  aber  nichtsdestoweniger 
ihr  Kind  über  ein  Jahr.  Die  dritte  in  einer  Steisslage  am 
26.  Mai  1851  eingetretene  Geburt  eines  mit  einem  Wasser- 
kopfe yersehenen,  todtfaulen  Mädchens  war  so  leicht,  dass 
das  Kind  schon  geboren  war,  als  die  Hebamme  hinzukam. 
Trotz  der  steten  Zunahme  ihrer  Leiden  wurde  sie  bald  wieder 
schwanger  und  hatte  in  den  drei  ersten  Monaten  ihrer 
Schwangerschaft  beständig  mit  einem  geringen  Blutabgange 


für  Geburtahillfe  in  Berlin.  3X 

IDS  deD  Genitalien  zu  schaffen,  wurde  iiidess  am  22.  November 
1852  Ton  einem  zwar  reifen,  aber  sehr  kleinen  und  schwachen 
Kinde,  welches  auch  nach  vier  Wochen  starb,  in  regel- 
nnssiger  Kopflage  ohne  grosse  Anstrengung  und  Kunsthülfe 
entbunden. 

Fortwährend  mit  Leiden  aller  Art  kämpfend  concipirle 
sie  Anfangs  1855  aufs  Nene,  wurde  aber  nun  so  schwach 
und  dend,  dass  sie  im  letzten  Drittel  der  Schwangerschaft 
&st  gar  nicht  mehr  gehen  konnte  und  meist  zu  Bett  liegen 
musste.  Den  7.  Februar  1856  Abends  wurde  ich  aufgefordert, 
ilff  bei  dieser  Geburt  beizustehen.  Sie  war  schon  seit  der 
vergangenen  Nacht  kreisseiid  und  nach  Aussage  der  anwesenden 
Hebamme  das  Fruchtwasser  vor  mehreren  Stunden  abgeflossen. 
Meine  Untersuchung  ergab  mir  eine  so  bedeutende  osteomala- 
dsche  Beckenverengerung,  dass  ich  kaum  hoflen  durfte,  die 
Entbindung  durch  Perforation  zu  bewerkstelligen.  Der  kleinste 
Dorcfamesser  des  Beckeneingangs  maass  unter  2V4  Zoll,  der 
Eopf  des  Kindes  stand  beweglich  auf  dem  Beckeneingange 
und  die  Wehen  waren  ausserordentlich  stark.  Nachdem  ich 
den  Gang  der  Geburt  einige  Zeit  beobachtet  und  mich  in  der 
Seitenlage  der  Kreissenden  durch  hakenförmiges  Einsetzen  der 
KtteU  und  Zeigefinger  beider  Hände  zwischen  die  Tubera 
iscUadiaca  und  Anseinanderziehen  derselben  von  der  noch 
vorhandenen  Weichheit  der  Knochen  überzeugt  hatte,  beschloss 
ich,  das  Geschäft  vor  der  Hand  der  Natur  zu  überlassen 
mid  begab  midi  nach  Ebuse.  Am  folgenden  Morgen  liess 
micb  die  Hebamme  wieder  rufen,  weil  sie  glaubte,  der  Zeit- 
punkt znm  Handeln  sei  gekommen.  Als  ich  ankam,  hatte 
Frau  Scheuse  eben  ein  todtes  Mädchen  mit  einem  auflallend 
in  die  Länge  gezogenen  Kopf  geboren.  Die  Nachgeburt  folgte 
leicht  Nach  diesem  Wochenbette  musste  das  unglückliche 
Weib  über  drei  Monate  das  Bett  hüten  und  konnte  fast  nur 
auf  der  rechten  Seite  liegen.  Selbst  an  dem  Nöthigsten  Mangel 
leidend,  in  einer  obdachlosen,  dem  Einstürze  drohenden, 
beständig  nassen  Wohnung,  ohne  alle  Pflege  und  nachbarliche 
llieilnahme  fiel  sie  endlich  der  Gemeinde  zur  Last,  weil  ihr 
Ehemann,  bei  einem  nächtlichen  Einbrüche  ergriffen,  zu 
mehreren  Jahren  Zuchthaus  Terurtheilt  wurde.  Ihre  beiden 
akestoi  noch  lebenden  Kinder,  leibhaftige  Bilder  des  Elends, 


32  '•    Verhandlang^en  der  Gesellschaft 

* 
Starben  bald  an  Abzehrung,  obwohl  sie  in  eine  gesunde 
Wohnung  versetzt  und  gut  verpflegt  wurden.  Die  unglückliebe 
Mutter  erholte  sich  aber  bald  bei  dem  anhaltenden  Gebrauche 
des  Leberthrans  so  auffallend,  dass  sie  schon  nach  Ablauf 
eines  Jahres  am  Stocke  gehen  und  sogar  ihr  Brod  mit  Nahen 
verdienen  konnte.  Oefter  'ist  sie  mir  später  ohne  Stock  mit 
einem  grossen  Packete  von  ihr  gefertigter  Waaren  auf  dem 
Kopfe  begegnet,  welche  sie  Vs  Stunde  weit  hierher  zur 
Ablieferung  brachte. 

Im  December  v.  J.  erkrankte  Fr^u  Scheuse  kurz  nach 
der  Rückkehr  ihres  Mannes  aus  dem  Zuchthause  an  einem 
leichten  gastrischen  Fieber,  von  welchem  sie  in  circa  14  Tagen 
genas.  Am  1.  Juni  d.  J.  theilte  sie  mir  mit,  dass  sie  wieder 
schwanger  sei  und  bat  mich  um  Einleitung  der  künstlichen 
Frühgeburt  Da  sie  seit  jenem  gastrischen  Fieber  sich  imm^ 
wohl  befunden  und  erst  seit  einigen  Tagen  Kindesbewegung 
verspürt  hatte,  so  wurde  ihre  Untersuchung  bis  nach  meiner 
Zurückkunfl  von  einer  Reise  verschoben.  Am  18.  Juni  dieses 
Jahres  wurde  sie  dann  von  Herrn  Dr.  Breishy^,  Assistenten 
an  der  geburtshülHichen  Klinik  in  Prag,  und  mir  untersucht 
und  folgender  Befund  aufgezeichnet.  Sie  ist  35  Jahre  alt, 
4  Fuss  6  Zoll  gross.  Ihr  ganzer  Habitus  trägt  das  Gepräge 
der  Osteomalacie.  Der  Verlust  der  Schneidezähne  des  Ober- 
kiefers, die  etwas  aufgeworfenen  Lippen  und  die  Haltung  des 
Kopfes  geben  ihrem  Gesichte  einen  mürrischen  unzufriedenen 
Ausdruck,  der  sich  bei  allen  Osteomalacischen  mehr  oder 
weniger  findet  Sie  ist  wohlgenährt,  ja  fett;  ihr  Gang 
zwar  schwerfällig,  doch  ohne  Stütze  zu  bewerkstelligen. 
Obwohl  ihr  Kopf  etwas  vornübergebogen,  ist  an  ihrer  Wirbel- 
säule nur  eine  schwache  S  formige  Krümmung  (Scoliose  der 
Rucken  Wirbel  nach  rechts)  bemerklich,  die  rechte  Schulter 
und  rechte  Hüfte  stehen  etwas  höher  als  die  linke.  Die 
Knochen  der  Extremitäten  sind  normal,  ebenso  die  Schlüssel- 
beine, auch  die  Rippen  nehmen  nur  geringen  Theil  an  der 
Verschiebung.  Die  hintere  Ansicht  der  Beckengegend  ist 
eine  herzförmige,  indem  die  Hüftbeine  in  die  Höhe  geschoben 
und  die  Pfannen  nach  innen  gedrängt  sind.  Schon  aus  der 
äusseren  Form  des  Mons  veneris  erkennt  man  die  schnabel- 
förmige Hervorragung  der  Schambeine.    Der  Hängebauch  *  ist 


mr  Gebnrtshtilfe  in  Berlin.  33 

bedeutend.    Die  Schenkel   können  nicht  weit  aus- 
eiDUidergespreizt  werden. 

Die  Beckenmessung  ergab: 

Conjugata  externa      =    7  Zoll. 

„        diagonalis  =s    SV^  „ 

Dist  spinar.  ant  sup.  =    9V4  „ 

„    cristar.  oss.  iL  =  lOT»  „ 

„    trochantenun     =  11%  « 

Die  aaf$teigenden  Aeste  der  Sitzbeine  und  die  absteigenden 
der  Schambeine  einander  sehr  genähert,  die  Untersuchung 
sehr  erschwerend.  Die  Tubera  ischiadica  V/^  Zoll  von  einander 
entfernt,  das  Heiligenbein  bedeutend  ausgehöhlt,  das  Steiss- 
bein  nach  vorn  und  auh?ärts  gerichtet.  Nur  in  der  Seitenlage 
lies»  sich  eine  erspriessliche  Untersuchung  vornehmen.  Man 
erreicht  in  ihr  den  Vorberg  leicht 

Der  Muttermund  steht  sehr  hoch  nach  links  und  hinten, 
die  Portio  vaginalis  circa  1  Zoll,  wulstig  und  lässt  die  Einrisse 
deutlich  wahrnehmen,  ein  vorliegender  Kindestheil  ist  nur 
uDdeutlich  zu  fühlen. 

Schoa  damals  Hess  es  mir  die  innere  Untersuchung 
zweifelhaft 9  ob  die  künstliche  Frühgeburt  noch  statthaft,  da 
ich  bd  der  schnabelförmigen  Verbiegung  der  Schambeine  den 
kleinsten  Durchmesser  des  Beckeneingangs  unter  2  Zoll  taxirte. 
Herr  Dr.  Breisky  sprach  sich   nicht  bestimmt  darüber  aus« 

Anfangs  Jnli  habe  ich  Frau  Scheuse  nochmals  ^ner 
sorgfältigen  Untersuchung  und  zwar  mit  vier  Fingern  der 
rechten  Hand  unterzogen,  wobei  sich  mir  die  Ueberzeugung 
aufdrängte ,  dass  der  kleinste  Durchmesser  des  Beckeneinganges 
kaum  1%  Zoll  messe,  weshalb  ich  denn  von  der  Einleitung 
der  künstlichen  Frühgeburt  Abstand  nahm. 

Gegen  den  Abend  des  1.  September  wurde  ich  nun 
eiligst  zur  Frau  8,  beschieden.  Schon  seit  verwichener  Nacht 
kreissend  hatten  sich  ihre  Schmerzen  am  Nachmittage  sehr 
gesteigert,  weshalb  die  Hebamme  um  3  Uhr  gerufen  worden 
war.  Idi  fand  den  Muttermund  gehörig  erweitert,  schlaff, 
die  Fruchtblase  wurstförmig,  tief  in  die  Scheide  getrieben, 
während  der  Wehe  sehr  prall,  den  Kopf  beweglich  auf  dem 
Beckeneingaiige,  die  Herzttoe  kraftig.  Wiederholt  überzeugte 
ich  nach  von  der  bedeutenden  Verbildung  des  Beckens,  wodurch 

1l«tttMebr.f.Oebartak.  1S61.  Bd.  XVn.,  Hft.  i.  3 


34  I-    Verband! angen  der  Gesellschaft 

eine  Enge  von  kaum  1%  Zoll  zwischen  dem  Ramus  horizontalis 
oss.  pub.  dexlr.  und  dem  Promontorium  gebildet  warde, 
wohingegen  auf  der  linken  Seite  etwas  mehr  Raum  zu  sein 
schien. 

Das  Verarbeiten  der  Wehen  wurde  deshalb  widerrathen, 
eine  rechtsseitige  Lage  angeordnet  und  ein  expresser  Bote 
zum  Collegen  Wiefei  geschickt,  um  denselben  mit  dem 
kommenden  Tage  zur  Consiiltation  zu  bitten.  Am  2.  September 
Morgens  7^7  Uhr  bei  der  Kreissenden  angelangt,  hörten  wir, 
dass  die  Fruchtwässer  schon  Abends  11  Uhr  abgeflossen,  die 
Wehen  in  der  Nacht  sehr  stark  gewesen  und  einige  dünne 
Stuhle  eingetreten  seien.  College  Wiefei  und  dessen  Sohn, 
Herr  med.  cand.  H.  Wiefd^  nahmen  nun  ebenfalls  eine  sorg- 
faltige Beckenmessung  vor,  welche  meine  Resultate  namentlich 
in  Beziehung  auf  den  kleinsten  Durchmesser  vollkommen 
bestätigte.  Herr  Cand.  Wiefei  fand  blos  eine  J)ifierenz  in  der 
Conjugata  externa,  die  er  auf  7^4  Zoll  angab. 

Da  Frau  S.  mit  den  Verhältnissen  bekannt  gemacht, 
sofort  ihre  Einwilligung  zum  Kaiserschnitte  gab,  so  schritten 
wir,  nachdem  die  nöthigen  Vorbereitungen  getroffen  und  die 
Kreissende  auf  einen  Tisch  gelagert  war,  augenblicklich  zur 
Ausfuhining  desselben.  Nach  Application  des  Katheters,  wo- 
durch nur  wenig  Harn  entleert  wurde,  chloroformirte  Herr 
Candidat  Wiefei  die  Kreissende.  Dieser  Act  dauerte  sehr 
lange  und  wurde  leider  immer  durch  heftiges  Erbrechen 
unterbrochen,  woran  ohne  Zweifel  der  kurz  zuvor  genossene 
Kaffee  Schuld  war.  Der  Fundus  uteri  lag  in  der  rechten 
Seite  und  der  Raum  zwischen  Nabel  und  Symphyse  war  sehr 
schmal.  Ich  musste  daher  (auf  der  linken  Seite  der  Frau 
stehend)  den  Schnitt  IV2  ZoU  über  dem  Nabel  beginnen  und 
ihn  bis  auf  1  Zoll  oberhalb  der  Symphyse  herabfuhren.  Die 
Bauchdecke  hatte  eine  ziemliche  Fettlage  und  die  weisse 
Linie  war  sehr  stark.  Bei  ihrer  Durchschneidung  vmrde  im 
oberen  Wundwinkel  eine  kleine  Arterie  verletzt,  welche  ich 
torquirte.  Nachdem  das  Bauchfell  durchschnitten,  zeigte  sich 
eine  über  dem  Blasengrund  ruhende  dicke  Fettmasse,  von 
welcher,  da  sie  den  Raum  sehr  beeinträchtigte,  ein  Theil 
abgetragen  wurde.  Die  dicke  Uterinalwand  musste  wegen 
sehr   starker  Blutung,    welche  mich  den  Sitz   der  Placenta 


för  Qebnrtshfllfe  in  Berlin.  35 

TBL  treffen  fürchten  Hess,  schnell  durchdrungen  werden. 
Nachdem  ich  daher  mit  einigen  kräftigen  Messerzflgen  bis 
auf  die  Eihäute  gedrungen  war,  erweiterte  ich  die  Wunde 
mit  dem  geraden  Knöpfbistouri  auf-  und  abwärts,  wobei  sich 
aber  nicht  die  Nachgeburt,  sondern  der  mit  den  Eihäuten 
dbenogene  Rücken  des  Kindes  in  der  Wunde  präsentirte. 
inbngs  glaubte  ich  mich  in  der  Lage  des  Kindes  geirrt  imd 
den  Steiss  im  unteren  Wundwinkel  zu  haben,  nach  Durch* 
reissung  der  Eihäute  zeigte  sich  aber,  dass  es  die  linke 
Schulter  war;  ich  ging  daher  mit  der  rechten  Hand  in  den 
Uterus,  umfasste  in  seinem  Grunde  den  Steiss  und  schob  ihn 
herrorhebend  die  linke  Hand  um  den  Hinterkopf,  um  die 
jäbe  Zusammenziehung  des  Fruchthalters  um  den  Hals  des 
Kindes  zu  yerhüten.  Trotzdem  ich  der  Wunde  eine  möglichst 
grosse  Ausdehnung  gegeben,  war  die  Entwickelung  des  Kindes 
noch  schwierig.  Dasselbe  gab  alsbald  Lebenszeichen  von  sich, 
wurde  sogleich  abgenabelt  und  der  Hebamme  zur  Pflege  über- 
geben. Der  Uterus  zog  sich  unter  massigem  Bluterguss  zu- 
sammen und  die  Placenta  folgte  nach  etwa  5  Minuten  einem 
leichten  Zuge  an  der  starken  sulzigen  Nabelschnur  durch  die 
Uterus-  und  Bauchwunde. 

Nach  Entfernung  der  Placenta  legte  sich  eine  grosse 
Menge  des  Netzes  in  die  äussere  Wunde,  wodurch  das  Anlegen 
der  blutigen  Naht  sehr  erschwert  wurde.  Auch  die  dicke 
Pettlage  erschwerte  die  Naht  ausserordentlich.  Einige  Darm- 
schiingen, welche  sich  im  unteren  Drittel  der  Wunde  vom 
Netze  bedeckt  hervordrängten,  wurden  leicht  zurückgehalten. 
Während  ich  die  Wunde  durch  sieben  Knopfnähte  imd  drei 
hsectennadeln,  die  die  ganze  Dicke  der  Bauchwand  mit  dem 
Peritonäum  umfassten,  vereinigte,  ergoss  der  Uterus  noch 
fiel  Blut,  welches  wir  nach  Beendigung  der  blutigen  Naht, 
diunfichst  durch  ihre  Zwischenräume  herausdrängten.  Als 
sich  der  Uterus  kugelförmig  zusammengezogen  hatte  und  kein 
Blut  melu*  ausfloss,  schob  ich  zwei  Fadenbourdonnets,  eins 
aufwärts  hinter  die  Bauchwunde  und  eins  abwärts  nach  der 
Uteruswunde  gerichtet,  durch  den  unteren  einen  Zoll  weit 
oflfen  gelassenen  Wundwinkel  ein,  legte  zwei  Longuetten  zu 
beiden  Seiten  der  Wunde  —  darüber  lange  sich  auf  der 
Wunde   kreuzende  Heftpflaster  von  einer  Seite  zur  anderen 

8* 


36  *    I-    VerhAndlungen  der  Gesellschaft 

und  unterstützte  den  ganzen  Verband  durch  eine  gut  schliessende 
ziemlich  fest  angelegte  Bauchbinde.  Alsdann  wurde  ein  Finger 
möglichst  hoch  in  die  Scheide  geschoben,  wobei  sich  gleidi 
einiges  Blut  entleerte. 

Mittlerweile  war  die  Entbundene  aus  der  Narcose  erwacht 
und  befand  sich  ziemlich  wohl.  Es  wurden  ihr  10  Tropfen 
Tinctur.  thebaic.  gereicht,  und  die  sich  ihres  Kindes  herzlich 
Freuende  zu  Bett  gebracht.  Da  nach  einiger  Zeit  Erbrechen 
eintrat,  wurde  die  Gabe  Opium  wiederfiolt 

Der  neugeborene  Knabe  ist  20  Zoll  lang,  7  Pfd.  schwer, 
der  Querdurchmesser  seines  Kopfes  SVa  Zoll,  der  sagittale 
4V2  Zoll,  der  diagonale  5  Zoll;  von  einer  Einwirkung  des 
Beckens  auf  den  Kopf  war  nichts  wahrzunehmen.  Nach  einer 
Stunde  verliessen  wir  Beide  in  ganz  zufriedenstellendem  Zu- 
stande. Frau  S.  sagte  mir  beim  Abschiede,  dass  sie  bei 
dieser  Entbindung  nicht  halb  so  viel  gelitten,  als  bei  der 
vorigen;  ihr  Puls  schlug  92  Mal  in  der  Minute  und  war 
ziemlich  kräftig.  Zur  Nahrung  wurde  Wassersuppe,  Milch 
und  GrQtzschleim  empfohlen. 

Abends  6  Uhr.  Das  Befinden  ist  leidlich.  Die  Ent- 
bundene hat  einige  Mal  Urin  gelassen,  einige  Stunden  ruhig 
geschlafen  und  sehr  wenig  Schmerz  im  Leibe.  Es  ist  etwas 
Blut  durch  die  Scheide  und  auch  durch  den  unteren  Wund- 
winkel abgeflossen.  Der  Puls  ist  kleiner,  etwas  schnell,  hat 
124  Schläge  in  der  Mitte.  Erbrechen  ist  nicht  mehr  erfolgt, 
doch  wird  Frau  Scheuse  durch  einen  festen  Husten  gequält, 
woran  sie  schon  lange  gelitten  haben  will.  Das  Kind 
trinkt  schon. 

Den  3.  September.  Heute  Morgen  xim  7  Uhr  kam  der 
Ehemann  und  berichtete,  dass  seine  Frau  wenig  geschlafen 
habe.  Husten  und  Schleimrasseln  hätten  ihr  keine  Ruhe 
gelassen  und  sie  sei  jetzt  sehr  kurzathmig.  Ich  verordnete: 
Morph,  acet  grj  Aq.  amygd.  amar.  iß  zweistündlich  10  Tropfen 
in  Brustlhee  zu  nehmen.  Gegen  10  Uhr  fand  ich  den  Husten 
erleichtert  und  lose,  die  Haut  feucht,  nur  beim  Husten 
Schmerz  in  der  Wunde.  Urin  zwei  Mal  entleert;  massiger 
Blutabgang  per  vaginam.  Etwas  Meteorismus.  Puls  120,  klein. 
Das  Kind  saugt  gut.  Den  Husten  abgerechnet  ist  der  Zustand 
befriedigend. 


für  Geburtsbülfe  in  Berlin.  37 

Abends  7  Uhr.  Ziemlich  starke  Dyspnoe.  Husten  zwar 
Wse^  aber  sebr  anstrengend  und  Schmerz  im  Leibe  veranlassend. 
Die  Haut  feucht,  Urin  entleert  Frau  S,  hat  etwas  geschlafen, 
3ir  Pub  bat  128  Schläge,  ist  klein  und  schwer  zu  zählen, 
kein  Durst,  kein  Erbrechea  Der  Meteorismus  hat  zugenommen 
und  da  durchaus  kein  Abgang  von  Blähungen  erfolgt,  so  wird 
ein  Qjsma  mit  einigen  Löffeln  Essig  und  Oel  applicirt,  wonach 
eine  Masse  Darmgase  unter  grosser  Erleichterung,  aber  keine 
Faeces  abgeben.  Das  Kind  trinkt  gut,  in  der  linken  Brust 
findet  sieb  Milcb.  Einige  Nachwehen  mit  Abgang  blutiger 
Lochien. 

4  September.  Verwichene  Nacht  hat  Frau  8.  gut  ge- 
schlafen; gestern  Abend  ist  mit  dem  Reste  des  Klystiers 
Dodi  etwas  Stuhlgang  erfolgt  Husten  und  Dyspnoe  haben 
sich  sebr  gebessert  Die  Haut  ist  feucht,  die  Zunge  fast  rein. 
Locfaialflttss  und  Lactation  naturgemäss.  Der  Puls  schlägt 
116  Mal  und  ist  kräftiger;  auch  der  Meteorismus  geringer, 
Schmerz  fast  nicht  vorhanden.  Die  Operirte  hat  etwas  dünne 
Fleiscbbnibe,  sowie  eine  Tasse  schwachen  Kaffee  nebst  einem 
Zwieback  mit  Appetit  genossen. 

5.  September.  Heute  Morgen  ist  der  Husten  quälender, 
ebenso  der  Meteorismus,  der  sich  nach  einem  Clysma  gestern 
Abend  wiederum  sehr  vermindert  hatte.  Stuhlgang  ist  noch 
nicfat  erfolgt;  Urin  aber  entleert  120  Pulse.  Lochien  weniger 
rotb  gefärbt  Der  Schmerz  im  Leibe  ist  gering.  Ausfluss  aus 
der  Wunde  bat  nicht  stattgefunden.  Der  Schlaf  war  heute 
Nacht  weniger  gut,  doch  ist  die  Zunge  rein,  etwas  Appetit 
vorhanden.     Das  Kind  gedeiht  gut 

Da  beute  Abend  noch  kein  Stuhl  erfolgt  war,  wurde 
abermals  ein  Clysma  applicirt,  welches  erst  nach  einer  Stunde 
mit  wenig  Faeces,  aber  vielen  Flatus  abging.  Die  Kranke 
klagte  mehr  über  wehenartigen  Leibschmerz.  Deshalb  ver- 
ordnete ich:  Ol.  Ricini  Sj>  Gummi  arab.  3ij,  Aq.  Chamomill.  Siv, 
Extr.  hyoscyami  9/3,   Syr.  simpl.  B/?,   stundlich  ein  Esslöffel. 

6.  September.  Die  Nacht  war  wider  Erwarten  gut, 
ruhiger  Schlaf,  weniger  Schmerz.  -Gegen  7  Uhr  Morgens 
erfolgte  eine  gehörige  Stuhlentleerung  mit  viel  Blfihungen, 
darnach  grosse  Erleichterung.  Die  Lochien  iliessen  regelmässig» 
auch  aus  dem  unteren  Wundwinkel  fliesst  etwas  lochienartige 


38  !•    Verhandlnngen  der  Gesellflchaft 

FMssigkett  Heute  wurden  die  Pflaster  abgenommen.  Die 
Wunde  ist  sehr  gut  vereinigt,  einige  der  unteren  Nadelstiche 
geben  wenige  Tropfen  schönen  dicken  Eiters.  Nur  die  unterste 
Ligatur  erscheint  etwas  gespannt.  Der  Leib  ist  weich,  nicht 
besonders  empfindlich.  Die  Zunge  ist  rein,  auch  etwas  Appetit 
auf  Fleischbrühe  und  dünnen  Kaffee.  Leider  ist  der  Puls 
sehr  klein,  kaum  fühlbar,  hat  120  Schläge,  doch  ist  die 
Haut  duftend  und  das  Allgemeinbefinden  zin*  Zufriedenheit 
der  Operirten.    Auch  die  Milch  hat  sich  vermehrt 

6.  September.  Frau  S.  hat  wenig  geschlafen  und  wieder 
mehr  gehustet;  der  Leib  ist  selbst  bei  der  Betastung  wenig 
empfindlich.  Das  unterste  Bourdonnet  hat  sich  gelöst,  es 
wurde  durch  ein  neues  ersetzt.  Der  Ausfluss  aus  dem  unteren 
Wundwinkel  ist  massig.  Der  übrige  Theil  der  Wunde  ist 
fest  verklebt.  Der  Appetit  ist  heute  weniger  gut,  die  Zunge 
etwas  belegt.  Puls  124,  klein.  Die  Schwäche  grösser.  — 
Die  Haut  feucht;  das  Allgemeinbefinden  leidlich.  Urinenüeerung 
ist  erfolgt,  aber  kein  Stuhlgang.  Die  Lactation  geht  gut  von 
Statten.  Verordnet  wurde:  Chinii  sulfur.  S/3,  Eliz.  add.  Hall, 
q.  s.  Morph,  acet.  griij,  Succi  Liquirit  q.  s.  ut  fiant  piiul., 
Nr.  30,  3  Mal  täglich  eine  Pille.  Wenn  bis  gegen  Abend 
kein  Stuhl  erfolgt,  soll  ein  EJystier  gegeben  werden,  da  noch 
immer  etwas  Meteorismus  vorhanden  ist 

Auch  dem  Kinde  wurde,  weil  es  keine  Ausleerung  gehabt, 
ein  Clysma  verordnet 

8.  September.  Die  Nacht  war  gut,  der  Schlaf  erquickend; 
der  Husten  besser.  Stuhlgang  war  gestern  Abend  und  heute 
Morgen  ohne  Clysma  erfolgt  Die  Zunge  ist  wieder  rein, 
auch  mehr  Esslust  vorhanden.  Heute  wurden  die  drei  Insecten- 
nadeln  und  auch  vier  Knopfnähte  von  oben  herab  entfernt. 
Die  Wunde  scheint  fest  vereinigt;  der  Leib  ist  gar  nicht 
empfindlich,  selbst  bei  leichtem  Druck  nicht;  der  Meteorismus 
ganz  geschwunden.  Aus  dem  unteren  Wundwinkel  fliesst 
wenig  dünnflüssiger  Eiter.  Heute  Nacht  ist  noch  etwas  Blut 
per  vaginam  abgegangen.  Der  Puls  hat  124  Schläge,  ist  noch 
sehr  klein  und  schwach,  doch  ist  das  Allgemeinbefinden  ganz 
erwünscht  und  Frau  S.  munter  und  zufrieden. 

9.  September.  Wäre  der  kleine  Knabe  nicht  etwas  unruhig 
gewesen,  würde  Frau  S.  gut  geschlafen  haben,  dennoch  befindet 


für  Geburtahfilfe  in  Berlin.  39 

sie  steh  heute  wohl;  ihr  Appetit  bessext  sich,  Stuhl  erfolgt 
regfdmässig,  die  Lochien  fliessen  naturgemäss;  die  Haut  ist 
feucht,  der  Husten  lose,  der  Meteorismus  ganz  geschwunden 
und  der  Leib  fast  gar  nicht  mehr  empfindlich. 

Die  drei  letzten  Ligaturen  wurden  entfernt  Die  Wunde 
ist  bis  auf  den  unteren  Wund  Winkel,  in  weldiero  das  eine 
Bourdonnet,  welches  nach  aufwärts  gerichtet  war,  noch  fest 
hegt,  ganz  geschlossen,  nur  die  Stichwunden  eitern  noch  etwas. 
Aus  dem  unteren  Wundwinkel  fliesst  wenig  mehr  aus,  doch. 
ist  seine  Umgebung  durch  die  Schärfe  des  Secrets  etwas 
excoriirt  Der  Puls  ist  kräftiger,  aber  immer  noch  120  Schläge 
in  der  Minute  zählend.  Frau  S.  ist  übrigens  recht  vergnügt, 
hat  grosse  Freude  an  ihrem  Kinde  und  erinnerte  mich  selbst 
mit  leuchtenden  Augen  an  den  Unterschied  zwischen  dem 
heutigen  und  dem  yorigen  Sonntage. 

10.  September.  Gestern  Nachmittag  hat  sich  die  Operirte 
nicht  so  wohl  befunden,  sie  will  viel  „Fieber''  gehabt  haben 
und  plötzlich  wieder  von  Dyspnoe  und  grosser  Schwäche 
beiallen  worden  sein,  so  dass  ihr  Mann  die  Fenster  öffnen 
musste.  In  der  Nacht  hat  sie  leidlich  geschlafen  und  seit  heute 
Morgen  ist  ihr  Kopf  nicht  mehr  so  schmerzhaft  und  eingenommen 
wie  gestern.  Leibschmerz  ist  nicht  vorhanden.  Ich  nahm  das 
letzte  Bourdonnet  heute  weg,  wobei  einige  Tropfen  guten 
Eiters  ausflössen.  Die  Wunde  ist  bis  auf  die  kleine  untere 
Oeffnung  fest  geschlossen.  Stuhlgang,  Lochialfluss  und  Milch- 
absonderung sind  normal,  die  Haut  feucht  Der  Puls  zählt 
noch  immer  120  Schläge,  doch  ist  er  kräftiger,  besonders 
am  rechten  Arme. 

13.  September.  Gestern  und  vorgestern  wurde  die 
Wöchnerin  von  meinem  Freunde  Wiefd  verbunden,  welcher 
,  berichtet,  dass  sie  gut  geschlafen  habe  und  wenig  vom  Husten 
gestört  worden  sei,  doch  klage  sie  noch  über  Schmerzhaftigkeit 
und  Eingenommenheit  des  Kopfes.  Der  Leib  sei* nicht  mehr 
sdmierzhaifl,  der  Appetit  gering,  der  Puls  124,  die  Haut 
feucht  Die  Lochien  sind  reichlich  und  normal.  Urin-  und 
Dannentleerung  ist  erfolgt.  Die  ganze  Wunde  ist  bis  auf  den 
unteren  Wundwinkel  geschlossen,  die  Eiterung  gering,  die 
Umgebung  stark  geröthet 


40  I-    Verhandlungen  der  OeselUchftft 

Ich  traf  Frau  8.  heute  sehr  wohl,  sie  hatte  ihr  Kind 
an  der  Brust.  Der  Husten  ist  weit  besser,  die  Expectoration 
leicht;  Stuhl-  und  Harnentleerung  normal;  Haut  feucht;  Lochien 
nicht  mehr  geröthet;  Appetit  und  Schlaf  gut;  Milch  für  das 
Kind  genug  vorhanden.  Die  Wunde  ist  bis  auf  eine  kleine 
Va  Zoll  im  Durchmesser  haltende,  trichterförmige  Oeffnung 
am  unteren  Wundwinkel,  in  welche  sich  das  Bourdonnet 
kaum  %  Zoll  tief  einschieben  lässt,  und  welche  sehr  wenig 
eitert,  so  fest  und  derb  vernarbt,  dass  es  fast  unnöthig  er- 
scheint, sie  noch  durch  Pflaster  zu  stützen,  doch  nässen  einige  ' 
Nadelstiche  noch.  Der  Puls  ist  viel  kräftiger,  schlägt  Aev 
immer  noch  116  Mal.    Das  Kind  gedeiht  zusehends. 

14.  September.  Als  ich  heute  die  Pflaster  entfernte, 
fand  ich  das  Bourdonnet  aus  der  Wunde  herausgedrängt  und 
dieselbe  durch  Granulationen  geschlossen,  ich  konnte  kaum 
einen  Sondenknopf  einführen,  doch  eitert  die  Stelle  noch 
etwas,  ebenso  einige  Nadelstiche.  Die  Empfindlichkeit  des 
Leibes  ist  so  völlig  gewichen,  dass  man  denselben  von  allen 
Seiten,  selbst  in  der  nächsten  Umgebung  der  Narbe,  drücken 
kann,  ohne  Schmerz  zu  veranlassen.  Der  Puls  hatte  heute 
nur  112  Schläge,  alle  Secretionen  und  Excretionen  sind  normal. 

15.  September.  Das  Befinden  der  Frau  S,  ist  im  All- 
gemeinen treßlich,  selbst  der  Rest  der  Wunde  ist  geschlossen, 
wenn  auch  gerade  noch  nicht  vernarbt.  Der  Kräftezustand 
hat  sich  sehr  gehoben  und  es  bliebe  nichts  zu  wünschen 
übrig,  wenn  nicht  das  Geßsssystem  noch  immer  sehr  reizbar 
und   der  Puls   eine  Frequenz  von  112 — 116  Schlägen  hätte. 

16.  September.  Vergangene  Nacht  hat  Frau  Ä,  wie  ihr 
Mann  berichtet  stark  geschwitzt  und  wenig  geschlafen,  befindet 
sich  aber  leidlich. 

17.  September.  Heute  fand  ich  die  Operirte  sehr  wohl; 
der  Puls  ist  bis  92  Schläge  gefallen,  ihre  Kräfte  nehmen  zu 
und  die  Wunde  ist  bis  auf  eine  erbsengrosse  Stelle  am 
unteren  Winkel  fest  vernarbt 

1 8.  September.  Seit  beute  Nacht  leidet  Frau  S.  wieder 
an  Husten  und  Dyspnoe,  auch  ist  der  Puls  wieder  auf  100 
gestiegen.  Ich  gab  ihr  daher  wieder:  Chinii  sulfur.  iß,  Elix. 
acid.  Hall.  q.  s.,  Sulph.  aur.  grx.,  Succi  liquirit  q.  s.  ut  fiant  pil., 
No.  30,  4  Mal  täglich  eine  Pille. 


für  Qebortshfilfe  in  Berlin.  41 

20.  September.  Der  Hustet)  hat  sich  gebessert,  er  ist 
lose,  die  Expectoration  leicht.  '  Frau  S.  hat  sich  an  Kräften 
eiiiolt,  Appetit  und  Stuhlgang  sind  gut,  der  Schlaf  -  gesund. 
Der  Puls  kräftiger,  90  Schläge  machend.  Die  Wunde  ist 
ganz  vernarbt,  die  Narbe  sehr  fest  und  derb.  Milch  ist  in 
den  Brösten  genug,  das  Kind  gedeiht  gut.  Das  Allgemein- 
befinden ist  durchaus  befirtedigend,  auch  ist  Frau  S.  schon 
einige  Male  aufgestanden.  Der  Lochialfluss  hat  fast  aufgehört ; 
Gliederschmerzen  sind  nicht  bemerkbar. 

22.  September.  Frau  S.  hustet  wieder  mehr  und  hat 
durch  die  heftige  Anstrengung  der  untere  Theil  der  Narbe 
heute  Nacht  wieder  etwas  genässt.  Puls  90  Schläge,  voll. 
Rc:  Morph,  acet.  grj,  Aquae  Laurocer.  iß,  zweistündlich 
10  Tropfen. 

25.  September.  Der  Husten  ist  bedeutend  besser,  die 
Kräfte  haben  zugenommen;  der  Lochialfluss  hat  aufgehört. 
Alle  Se-  und  Excretionen  sind  normal.  Puls  90.  Am  unteren 
Ende  der  Narbe  etwas  Caro  luxurians  von  der  Grösse  eines 
Nadelknopfes.  Die  Sonde  kann  nicht  mehr  eindringen, 
Touchiren  mit  Lapis  infemalis. 

29.  September.  Bei  meinem  heutigen  Besuche  fand  ich 
Frau  S'  vollkommen  hergestellt.  Ihr  Husten  ist  auf  seinem 
alten  Standpunkt,  eher  noch  etwas  besser,  ihre  Kräfte  sind 
zurückgekehrt,  ihre  körperlichen  Functionen  in  guter  Ordnung. 
Der  Puls  zählt  84  Schläge.  Sie  i>flegt  ihren  prächtigen  Knaben 
selbst  Die  Wunde  ist  vollständig  vernarbt.  Ein^  grossen 
Theil  des  Tages  bringt  Frau  S.  ausserhalb  des  Bettes  zu. 

Seit  Anfangs  October  geht  sie  schon  wieder  wie  froher 
ihren  Hausgeschäften  nach. 


4ä  n.    Albir9,  Zar  Geschichte  des  Lithopldion. 


IL 
Zur  Geschichte  des  Lithopftdion. 

Von 

Prof.  J.  F.  H.  Albera  in  Bonn. 

Zu  den  interessanten  Ausgängen  der  GraYiditas  extrauterina 
gehört  der,  in  welchem  das  Kind  innerhalb  des  Bauchfellsackes 
eine  Umbildung  zu  einem  Lithopädion  erleidet  Das  wissen- 
schaftliche Interesse  beruht  nicht  allein  auf  der  gewiss 
beachtenswerthen  Entwickelung  des  Kindes  ausserhalb  der 
Gebärmutter,  sondern  auch  der  späteren  Umwandlung  desselben, 
nachdem  es  in  die  Bauchhöhle  geboren  war,  zu  einem  Litho- 
pädion oder  Steinkind.  Wenn  auch  die  Literatur  eine  gewisse 
Anzahl  von  Beobachtungen  dieser  Umbildung  des  Kindes  be- 
wahrt hat,  so  fehlt  es  doch  an  einer  eingehenden  Unter- 
suchung über  die  Art  und  Bedeutung  dieser  Umbildung  selbst, 
und  doch  gewähren  sie,  unter  einander  verglichen,  eine  Aehnlicb- 
keit  des  Schwangerscbaftsverlaufes,  des  Geburtsberganges  und 
der  Einwirkung  des  umgebildeten  Fötus  auf  den  Mutterkörper, 
dass  man  einen  gleichmässigen  Fortgang  in  der  Umwandlung 
des  Kindes  in  allen  diesen  Fällen  nicht  übersehen  kann.  Den 
ersten  Fall  erzählt  Albosius  (Lithopaedion  portentosuni  seu 
embryon  petrefactum  urbis  'senonensis  in  utero  per  28  annos 
portatum,  1528),  in  welchem  das  Lithopädion  im  oder  viel- 
mehr am  Uterus  vorhanden  war.  ^-*  Den  zweiten  Fall  berichtet 
Bartholin,  Histor.  anatomic.  cent.  VL,  Observ.  92.  Er  betrifft 
eine  Frau  von  60  Jahren,  die  seit  30  Jahren  Wittwe  war 
und  nie  geboren  hatte.  In  dem  vorgefundenen  Lithopädion 
waren  die  äusseren  Theile  verknöchert,  Gehirn  und  Häute 
aber  noch  deutlich  erkennbar.  Es  lag  auf  den  dünnen  Ge- 
därmen von  einer  Kapsel  umfasst,  welche  an  diesen  Theilen 
verwachsen  war.  Den  dritten  Fall  verdanken  wir  Bouchardt 
{Walter^  Geschichte  einer  Frau  u.  s.  w.).  In  diesem  Falle 
stellten  sich  im  neunten  Monate  der  Schwangerschaft  Wehen 
ein,  ohne  dass  ein  Kind  geboren  ward.  Die  Frau  befand 
sich  seit  dieser  Zeit  nicht  ganz  wohl,  lebte  aber  noch  17  Jahre. 


n.    ASbtn,  Zar  Goscbicbte  des  Lithopftdion.  43 

Baudioiuskeln  und  Gebäimutter  waren  zu  einer  Hasse  zu- 
sammengewachsen. Die  Unterleibshöhle  enthielt  16  Pfund 
gelhlidies  Wasser  und  ein  Kind  von  der  Grosse  eines  Neun- 
monatlichen. Die  weichen  Theile  waren  verhärtet,  die  inneren 
Eingeweide  erkennbar,  doch  ohne  Blut,  die  Nabelgefösse  ver- 
schlossen. Den  vierten  Fall  erzählt  BagU^  Philosophical 
transactions,  VoL  VIT.,  p.  134.  Eine  Frau  (Johanna  Pugett) 
erlitt  gegen  Ende  des  neunten  Schwangerschaftsmonates  Wehen, 
ohne  zu  gebären.  Später  erträglich  wohl,  starb  sie  25  Jahre 
nachher.  In  dem  eröffneten  Unterleibe  fand  man  einen  Fötus, 
dessen  Stirn,  Ohren,  Nase  mit  einer  fast  knorpelichten  Masse 
bedeckt  war.  Als  diese  beseitigt  war,  fand  man  die  Schädel- 
knochen zerbrochen,  die  Muskeln  sehr  verschieden  gefärbt, 
die  Eingeweide  blutleer  und  schwarz.  —  In  den  Ephemeriden 
N.  C.  o^t  X.,  Observ.  48,  p.  337  wird  der  Fall  einer  Frau 
berichtet,  die  sich  vor  46  Jahren  schwanger  fühlte,  zur 
rechten  Zeit  Wehen  erlitt,  die  sieben  Wochen  lang  sich 
wiederholten,  ohne  dass  eine  Geburt  stattfand.  Dann  hörten 
sie  auf,  während  die  Anschwellung  des  Unterleibes  und  die 
Schwere  in  demselben  fortbestanden.  Nach  dem  Tode  fand 
man  in  ihm  eine  knöcherne  Kugel,  einer  Kegelkugel  an  Grösse 
gleich  kommend,  welche  an  der  linken  Seite  des  Uterus  mit 
Bändern  befestigt  war.  Als  man  sie  theilte,  kam  ein  reifer 
Fötus  zum  Vorschein,  dessen  Körper  und  Eingeweide  ver- 
härtet und  trocken  waren.  Diese  Frau  wurde  noch  zwei  Mal 
schwanger,  trotzdem,  dass  das  Litbopädion  vorhanden  war. 
Den  vierten  Fall  beobachtete  Walter  (Geschichte  einer  Frau, 
S.  11).  Eine  Frau,  Namens  Beyer ^  spurte  1752  im  dritten 
Monate  der  Schwangerschaft  Wehen.  Diese  gingen  indess 
vorüber,  ohne  dass  eine  Geburt  erfolgte.  Dann  befand  sie 
sich  ^e  Reihe  von  Jahren  hindurch  wohl.  In  den  letzten 
Ldltensjahran  erlitt  sie  mancherlei  Beschwerden  und  starb  an 
Erschöpfung  1773  in  der  Charite  zu  Beriin.  In  der  geöffneten 
Unterleibshöhle  fand  man  alle  Theile  gesund.  Das  Kind  ohne 
Härte,  Mutterkuchen  und  Nabelschnur  war  mit  dem  Kopfe 
nach  der  Blase  und  Gebärmutter  gerichtet  und  füllte  die 
Beekenhöhle  aus.  Das  C^sicht  sah  nach  dem  heiligen  Beine; 
Rücken  .und  Hintere  waren  über  dem-  Schambeine  und  von 
dem  grossen  Netze  bedeckt,  welches  das  Kind  so  einscfaloss, 


44  n.    Aüters,  Zar  Oeschichte  des  Lithop&dion. 

dass  man  dieses  nicht  lösen  kohnte,  ohne  jenes  zu  zerreissen. 
Von  diesem  Netze  gingen  Gefasse  zu  dem  Kinde  hin,  welche 
Walter  für  jene  hielt,  durch  welche  das  Kind  seine  Nahrung 
während  des  Lebens  erhallen  hatte.  Das  Kind  war  in  allen 
seinen  Theilen  durch  eine  steinartige  Materie  yerhärteU 
WcUter  löste  diese  Incrustation  vom  Gesichte,  Halse  und 
dem  oberen  Brusttheile.  Die  Muskeln  des  Gesichts  waren 
steinhart;  An  dem  Munde  und  an  der  Nase  liess  die  Kruste 
sich  nicht  lösen,  so  fest  hing  sie  an  diesen  an  und  gab  dem 
ganzen  Kopfe  ein  monströses  Ansehen.  Die  inneren  Theile 
wurden  wegen  gänzlicher  Verhärtung  nicht  untersucht  —  Einen 
anderen  Fall  theilte  Mühlbach  ^  Act.  academiae  Josephinae, 
Tom.  1,'  p.  202,  mit.  Eine  Frau  wurde  zwei  Jahre  nach 
dem  ersten  Wochenbette  schwanger.  Gegen  die  Mitte  der 
Schwangerschaft  wurden  die  ersten  Kindesbewegungen  noch 
schwach  gefühlt,  dann  hörten  sie  auf  und  liessen  das  Gefühl 
von  einem  schweren  Körper  zurück,  der  seinen  Ort  nach 
den  Stellungen  verliess.  Gegen  den  11.  Monat  der  präsumirten 
Schwangerschaft  entstanden  W^hen,  aber  kurze  und  schwache 
in  längeren  Zwischenzeiten.  Mühlbach  hmzugerufen  fand 
keine  Zeichen  der  Niederkunft  und  empfald  ruhige  Lage. 
Bald  liessen  die  Wehen  nach.  —  Die  Kranke  lebte  noch 
I4V2  Jahre,  ohne  dass  die  Regeln  zurückkehrten,  hatte  keine 
Schmerzen  und  konnte  allen  häuslichen  Arbeiten  obliegen. 
Sie  starb  1786  im  46.  Lebensjahre  an  einem  Fieber.  Bei 
der  Leichenöffnung  fand  man  den  Uterus  im  Becken,  zwischen 
Blase  und  Mastdarm.  Beide  waren  umfangsreich  und  hart  und 
umschlossen  fest  den  Körper  des  Fötus.  Die  Tuba  Fallopiana 
konnte  man  von  dem  Eierstocke  nicht  unterscheiden.  Der 
Uterus,  die  Häute  und  der  Fötus  waren  so  mit  einander 
verwachsen,  dass  man  mit  Mühe  zwei  Arme  und  drei  Füsse 
an  dem  Fötus  erkennen  konnte.  Von  dem  Mutterkuchen 
keine  Spur.  Alle  äusseren  Theile  waren  petreficirt  und  von 
den  Augen  konnte  man  nichts  mehr  erkennen.  —  In  dem 
von  Denman  (Cruveühier,  Anat  pathol.,  livraison  18,  p.  6) 
beobachteten  Fall  stellten  sich  in  dem  neunten  Monate  Wehen 
ein,  welche  dann,  ohne  dass  der  Leib  sehr  abnahm,  ver- 
schwanden. Die  Frau  wurde  wieder  menstruirt,  heirathete 
wieder,  ohne  jedoch  Kinder  zu  bekommen  und  starb  32  Jahre 


11.    Alben,  Zur  Geschichte  des  Lithop&dion.  45 

nach  der  Schwangerschaft,  die  ohne  Geburt  nach  aussen 
endete.  Der  vorhandene  *  Fötus  war  7  Pfund  schwer,  mit 
dönnen  Krusten  bedeckt,  keine  Piacenta  erkennbar,  wohl 
aber  6  ZoU  von  dem  Nabelstrange.  —  Ein  anderer  Fall  ist 
von  Bourdon  und  Chomereau  (Histoire  de  l'academie  royale 
des  sdences,  1748)  erzählt.  Eine  arme  Frau  wurde,  nachdem 
sie  vorher  abortirt  hatte,  wieder  schwanger,  erlitt  zwei  Tage 
hindurch  zur  rechten  Zeit  Wehen,  die  sehr  stark  waren. 
Bei  der  Untersuchung  fand  der  Geburtshelfer  den  Uterus  leer. 
Ton  jetzt  an  bestanden  acht  Monate  hindurch  heftige  Leib- 
schmerzen. Dann  Genesung.  Tod  im  61.  Jahre  an  Brustleiden. 
Die  Section  ergab  eine  kopfgrosse  Geschwulst  in  dem  grossen 
Netze,  das  mit  der  Gebärmutter  verwachsen  war.  Die  theils 
knöcherne,  theils  knorpelichte  Geschwulst  mochte  8  Pfund 
wiegen  und  in  ihr  war  ein  erkennbares  pretreficirtes  Kind 
vollständig  vorhanden.  Die  Gebärmutter  und  anliegenden 
Theile  normal.  —  Der  Fall  von  Cn$veilhier,  Anat.  patholog., 
livrais.  18,  p.  10  betrifft  eine  77jährige  Frau,  welche  35  Jahre 
den  Fötus  bei  sich  getragen  hatte.  Madame  Semtco,  77  Jalire 
alt,  [wurde  am  25.  August  1829  wegen  eines  eingeklemmten 
Braches  in  das  Hospital  aufgenommen,  um  wegen  desselben 
eine  Operation  zu  überstehen.  Diese  hatte  einen  tödüichen 
Ausgang.  Die  Frau  war  zwei  Mal  verheirathet  und  hatte  in 
der  ersten  Ehe  zwei  Mal  glücklich  geboren.  In  der  zweiten 
Ehe  gebar  sie  ebenfalls  das  erste  Mal  ganz  normal;  das 
zweite  Mal  erlitt  sie  bei  allen  Zeichen  der  Schwangerschaft 
nur  lebhafte  Schmerzen  in  der  Regio  hypogastrica  und  glaubte 
dort  einen  fremdartigen  Körper  wahrzunehmen  und  frug  des- 
halb bei  einer  Hebamme  an,  die  ihr  sagte,  solche  Zufalle 
seien  bei  Schwangeren  gewöhnlich.  Im  vierten  bis  fünften 
Monate  erlitt  sie  heftige  Schmerzen  und  Bewegungen  in  der 
Gesdiwulst,  welche  sie  einen  fremden  Körper  nannte.  Bis 
zu  dem  sechsten  Monate  wurden  die  Schmerzen  und  Be- 
wegungen heftiger;  dann  verschwanden  diese  Zufalle,  der 
Unterleib  fiel  ein  und  die  Regeln  erschienen  wieder.  Sie  gebar 
seit  dieser  Zeit  noch  zwei  Kinder  und  befand  sich  wohl;  doch 
hatte  sie  das  ganze  Leben  hindurch  das  Gefühl  eines  dumpf- 
drückenden Körpers  an  der  Stelle,  wo  der  Schmerz  und  die 


46  I^*    Älhers)  Zur  Geschichte  des  LithopSdion. 

Bewegungen  waren.  Bei  der  Leichenöffnung  fand  man  einen 
knorpelichten  Sack,  der  mit  pbosphörsaurer  Kalkerde  über- 
zogen, sich  an  dem  Ende  des  rechten  Eileiters  vorfand.  In 
der  Mitte  des  letzteren  fand  sich  bandartiges  Gewebe  zwischen 
Fötus  und  Gebärmutter.  Der  Eierstock  war  mit  dem  Kopfe 
des  Lithopädion  verwachsen.  Gebärmutter,  linker  Eierstock 
und  Eileiter  waren  normal.  Der  ganze  petrificirte  Fötus  war 
mit  einer  Kruste  von  phosphorsaurer  Kalkerde  bedeckt,  die 
sehr  compact,  leicht  brüchig  war  und  keine  Spur  von 
Organisation  zeigte.  Der  an  Farbe  und  Consistenz  sehr  ver- 
änderte Fötus  zeigte  keine  Spur  von  Flüssigkeit.  In  den 
Höhlen  konnte  man  leicht  die  Gestalt  eines  jeden  Eingeweides 
erkennen.  Die  Schädelknochen  waren  deutlich:  auch  unter- 
schied man  die  Dura  Mater,  die  Sichel  und  das  Tentorium 
cerebelU,  die  Vertiefungen  an  der  Basis  cranii  und  den  Meatus 
narium.  In  dem  Schädel  fand  man  eine  trockene  brüchige, 
in  Stücken  zerfallene  Hasse,  welche  auf  dem  Bruche  einem 
zerbrochenen  Gallensteine  nicht  unähnlich  war.  Sie  war 
offenbar  auf  Kosten  der  eingetrockneten  Himsubstanz  gebildet. 
Die  Wirbel  waren  erkennbar  und  in  ihnen  das  eingetrocknete 
Rückenmark,  das  in  einer  fibrösen  Kapsel  enthalten  war. 
Der  obere  Theil  der  Wirbelsäule  war  stark  gekrümmt.  Das 
Zwerchfell  schied  Brust  und  Unterleib.  Herz  und  Lungen 
bfldeten  dünne  Lamellen.  Die  eingeschwundene  Leber  war 
in  Zellgewebe  verwandelt.  Auch  der  Darm  war  erkennbar 
und  schien  den  Unterleib  in  mehrere  Fächer  zu  theilen. 
Tibia  und  Fibula  deutlich  erkennbar,  aber  beträchtlich  ein- 
geschwunden. Hier  ist  auch  der  Fall  noch  zu  erwähnen, 
welchen  Prael,  De  foetu  28  annos  in  utero  deserto, 
Gottingae  1821,  beschrieben  hat. 

Durch  unseren  CoUegen,  Herrn  Geh.  Rath  Kutan  ^  wurde 
ich  auf  ein  Lithopädion  aufmerksam,  welches  die  Sammlung 
der  geburtshülfüchen  Klinik  bewahrt.  Es  war  mir  vergönnt, 
dasselbe  näher  zu  untersuchen.  Durch  die  Aufschrift  wurde 
ich  belehrt,  dass  dasselbe  von  Herrn  Dr.  de  Berghes  in 
Honnef  eingesendet  war.  Dieser  hatte  die  Güte,  mir  nach- 
stehende Krankengeschichte  mitzutheilen: 

Die  Frau  war  bei  ihrem  Tode  34  Jahre  alt  und  hatte 
acht  Jahre   lang   das   Lithopädion    getragen,    während   der 


IL   ÄlberM^-^vLT  Geschichte  des  Lithop&dion.  47 

LithopUionscbwangerscbaft  aber  noch  vier  Kinder  geboren. 
Die  wohlgebaute  Frau  war  als  Mädchen  gesund  und  kräftig 
gewesen  nnd  hatte  im  25.  Jahre  gebeirathet  Ein  Jahr 
nachher  fohlte  sie  sich  zum  ersten  Male  schwanger,  empfand 
deutliche  Kindesbewegungen  und  war  den  Umständen  nach. 
wohL  Nach  ihrer  Berechnung  mochte  die  Schwangerschaft 
wohl  se<^8  Monate  gedauert  haben,  als  eines  Abends  nach 
dem  Nachtessen  auf  dem  Abtritte  während  des  starken  Drückens 
auf  den  Stuhl  plötzlich  ein  heftig  reissender  Schmerz  entstand 
und  bald  darauf  die  Frau  Ton  den  Ihrigen,  welche  auf  das 
Geschrei  herbeigekommen  waren,  auf  der  Seite  liegend  ohn- 
mächtig gefunden  wurde.  Von  da  an  dauerten  die  anhakenden 
sehr  heiligen  Leibschmerzen  bei  ungemein  aufgetriebenem  und 
empfindlichem  Unterieibe  neun  Tage  fast  ohne  Naclilass  fort 
Herr  Dr.  Weber  in  Königswinter  verordnete  gleich  mehrere 
rasch  auf  einander  folgende  Aderlässe,  auf  den  Unterleib 
wurden  15  Schröpf  köpfe  gesetzt,  kalte  Umschläge  auf  den- 
selben gemacht  und  viele  Arzneien  gebraucht,  was  Alles  aber 
nur  sehr  wenig  Erleichterung  zu  Wege  brachte.  Am  10.  Tage 
nach  der  Anwendung  eines  starken  Kräutersitzbades  erfolgte 
starker  Schweiss  und  in  der  darauf  folgenden  Nacht  Abgang 
eines  Hutcoaguli  durch  die  Scheide,  welche  bisher  sehr 
trocken  gewesen  war.  Jetzt  Hessen  die  Schmerzen  fast  augen- 
blicklich nach;  ruhiger  Schlaf  erfolgte  und  die  Kranke  besserte 
sich  bald  so,  dass  sie  wieder  arbeiten  konnte.  Sie  behielt 
indess  einen  etwas  aufgetriebene  Unterleib,  in  welchem  man 
neben  der  linken  HQfte  deutlich  eine  grosse  harte  Geschwulst 
fühlen  konnte.  Einen  Monat  nach  dem  Eintritte  der  Besserung 
traten  die  Regeln  wieder  ein  und  kehrten  noch  ein  paar  Mal 
regelmässig  wieder.  Dann  ward  die  Frau  von  Neuem  wieder 
schwanger.  Die  Schwangerschaft  endete  nach  einer  lang- 
wierigen schmerzhaften  Geburt  mit  dem  Erscheinen  eines 
vollkommen  ausgetragenen  Mädchens,  welches  fünf  Jahre  alt 
geworden  isL  Fünfzehn  Monate  nach  dieser  Geburt,  kam 
die  Frau  mit  einem  jetzt  noch  lebenden  Knaben  nieder;  dann 
gebar  sie  in  Perioden  von  15  bis  18  Monaten  einen  Knaben, 
wekher  früh  starb  und  zuletzt  ein  Mädchen,  welches  jetzt 
Sy«  Jahre  alt  ist    Während  jeder  Schwangerschaft   trat  die 


48  ^'    Älbers,  Zur  Gesebtobte  des  LttbopftdioQ. 

erwähnte  Geschwulst  an  der  linken  Seite  deutlicher  hervor ,  so 
dass  man  dieselbe  in  den  letzten  Monaten  sogar  sehen  konnte. 
Dr.  de  Berghes  sah  die  Frau  Harhausen  etwa  acht  Monate 
vor  ihrem  Tode  zum  ersten  Male.  Sie  litt  an  einem  trockenen, 
schmerzhaften  Husten,  fast  beständiger  Hartleihigkeit  und 
periodischem  Abgange  von  Blutklumpen  aus  der  Scheide, 
von  denen  ihm  einer  gezeigt  ward,  welcher  fingergross  war 
und  ein  fleischähnliches  Aussehen  hatte,  wobei  sie  nur  vor- 
erwähnte Thatsachen  aus  ihrer  Lebensgeschichtö  erzählte. 
Sie  glaubte  in  diesen  Coagulis  der  Abgänge  Reste  ihres  ersten 
Kindes  zu  sehen.  Der  ihr  verordnete  Gebrauch  von  OL  jecoris 
aselli  schaffte  ihr  grosse  Erleichterung.  Als  Dr.  de  Berghes 
sie  kurze  Zeit  vor  ihrem  Tode  wieder  sah,  war  sie  hectisch 
und  litt  an  Ascites,  welches  sie  für  Schwangerschaft  hielt. 
Der  Ehemann  wünschte  nun,  dass  der  Arzt  sich  bereit  haltep 
möge,  gleich  nach  unverkennbar  bald  bevorstehendem  Tode 
den  Kaiserschnitt  zu  unternehmen.  Bei  der  Untersuchung 
fand  sich  keine  Spur  von  Schwangerschaft,  und  die  früher 
fühlbare  Geschwulst  neben  der  linken  Hüfte  war  nicht  zu  fühlen 
wegen  der  Menge  der  Ergiessung  im  Unterleibe. 

Nach  erfolgtem  Tode  wurde  die  Untersuchung  der 
Unterieibshöhle  vorgenommen,  welche  gerade  vor  dem  ab- 
steigenden Grimmdarm  und  fast  mit  demselben  verwachsen, 
ohne  weitere  Einkapselung  mit  dem  Kopfe  abwärts  liegend, 
ein  von  glatter  dünner  Hautschichte  theilweise  überzogenes 
Lithopädion  ergab.  Es  hatte  offenbar  die  Stuhlentleerung 
erschwert,  und  der  Darminhalt,  der  Koth,  war  in  dem  mit 
dem  Darme  festverwachsenen  Theile  desselben,  welches  der 
Kopf  war,  in  die  Schädeldecke,  das- Vorderhauptsbein  vor 
sich  herdrängend,  in  diesen  eingedrungen.  Es  hatte  somit 
eine  Fistelbildung  zwischen  Lithopädion  und  Mastdarm  statt- 
gefunden. Das  Präparat  wird  in  der  geburtshülflichen  Klinik 
dahier  aufbewahrt,  dessen  Director,  Herr  Geh.  Rath  Kilicm^ 
mir  die  Untersuchung  und  Abbildung  desselben  gestattete. 
Die  letztere  ist  auf  Tab.  LXXXX.,  Abth.  4  meines  Atlasses 
für  pathologische  Anatomie  zu  sehen. 

Das  Lithopädion  stellt  eine  472  Zoll  lange  fast  bimf&rmige 
Masse  dar,   an  der  man  sogleich  deutlich  die  Gliedmaassen, 


n.    AlbefBf  Zur  Geschichte  dea  Lithopftdion.  49 

Rippen  f  Wirbelsäule  und  Dannbeine,  die  äusserlich  sichtbar 
&ind,  sogleich  erkennt.  Die  oberen  Gliedmaassen  sind  nach 
oben  ober  den  Kopf  so  zurückgeschlagen,  dass  die  Hände 
hinter  das  Hinterhauptsbein  zu  liegen  kommen,  in  allen 
Theilen,  an  denen  sie  anliegen,  fest  angewachsen;  die  unteren 
Giiedmaassen  liegen  ganz  gerade,  nach  oben  gebogen,  zu 
beiden  Seiten  des  Rumpfes,  wo  sie  ebenfalls  angewachsen 
sind.  Rumpf  und  Glieder  sind  gegen  den  Kopf  ungewöhnlich 
klein.  AIA  diese  Theile  sind  von  einer  dünnen,  wasserhellen« 
dorcbsichtigen  Haut  überzogen,  welche  einem  sehr  durch- 
scheinenden Amnion  nicht  unähnlich  ist,  aber  nur  die  Reste 
der  veränderten  Oberhaut  zu  sein  scheinen.  —  An  den 
grossen  Kopfknochen,  welche  ihre  ursprüngliche  Gestalt  bei- 
behalten zu  haben  scheinen,  erkennt  man  die  Hinterhaupts* 
beine  in  ihrer  ursprünglichen  Lage  und  untereinander  befestigt. 
Sie  sind  ziemlich  fest  und  nach  aussen  von  einer  noch  ziemlich 
dicken  Haut  und  Galea  aponeurotica  bekleidet  und  nach  innen 
von  einer  Dura  Mater,  welche  ganz  weich  und  beweglich, 
einer  fibrösen  Haut  ganz  ähnlich,  überzogen.  Die  Vorder- 
]iai4)tsknochen  sind  stark  in  den  Schädel  zurückgedrängt, 
noch  m  ihrer  Form  vorhanden,  aber  sehr  mürbe.  Auch 
diese  sind  an  der  äusseren  Seite  von  d^  Galea  aponeurotica 
und  von  der  inneren  vop  der  Dura  Mater,  welche  etwas 
diddicb,  aber  sonst  normal  ist,  überkleidet.  Diese  tiefe  Lage 
der  Yorderfaauptsbeine  in  der  Tiefe  eines  Beutels  ist  dadurch 
entstanden,  dass  die  Haut  des  Kopfes  mit  dem  Mastdarme 
verwadisen  war  und  eine  aUmälige  Durchbohrung  des  letzteren 
stattfand,  worauf  Koth  durch  die  Fistel  gegen  die  Stirnbeine 
des  Kindes  durch  Druck  wirkte,  diese  zurückdrängte ^  wodurch 
ein  Beutel  für  seine  Aufnahme  entstand,  in  dem  auch  jetzt 
noch  Reste  des  Kothes  sichtbar  sind.  Die  äussere  mit  kleinen 
Erhabenheiten  und  Granulationen  bedeckte  Haut  des  Beutels 
ist  ungemein  dick,  lässt  aber  deutliche  Hautfasem  und  Haut- 
schichten erkennen,  welche  mit  vielen  Fettkömern  und  Fasern 
um-  und  überiegt  sind.  Aus  diesen  Hauttheilen  und  nach 
hinten  aus  der  Galea  aponeurotica,  welche  auf  den  mürben 
Ossa  frontalia  lagert,  gehen  eine  Menge  falscher  Häute  hervor, 
die  eine  feste  Haut  bildend,   sich  zum  Hastdarme  begeben 

MonAta«chr.  f.  Geburtsk.  1861.  Bd.  XVII.,  Hfl.  1.  4 


50  H.    Älhßrs^  Zar  Geschichte  des  Lithopfidion. 

und  den  Fötus  an  diesen  anhefteten  und  verbanden,  mit  ihm 
eine  zusammenhängende  Masse  bildeten,  wodurch  die  Mastdarm- 
fistel ein  Weg  wurde,  der  Kothmasse  in  die  Schädelböhle 
und  auf  die  zurückgedrängten  Scheitelbeine  leitete.  Das 
Gesicht  fehlte  ganz  entweder  ursprunglich  oder  entfernt  durch 
allmälige  Resorption  der  Gewebe  bei  Bildung  des  koth- 
aufnehmenden  Beutels.  Hinter  dem  zurückgedrängten  Os  frontale 
sali  man  zuerst  die  Dura  Mater  und  hinter  dieser  die  Reste 
des  sehr  veränderten  kaum  erkennbaren  Gehirns.  ÄUe  Theile 
des  Rumpfes  sind  gleichmässig  hart  Der  Oberschenkel  ist 
in  der  Nähe  des  Acetabulum  zerbrochen  und  von  diesem 
Bruche  an  in  gerader  Linie  nach  oben  gd)ogen.  Der  Fuss 
scheint  luxirt  und  ist  sonst  in  seinen  einzelnen  Fusswurzeln 
und  Phalangen  deutlich  zu  erkennen.  Ebenso  sind  die  Arm- 
knochen, die  Handwurzelknochen,  die  Ossa  metacarpi  und 
und  digitorum  deutlich,  aber  in  Verhältniss  klein;  nicht  minder 
sind  die  Rippen,  die  Wirbel-  und  Beckenknocben  in  ihren 
Umrissen  deutlich,  aber  ungemein  klein.  Nirgends  findet 
man  eine  Spur  von  Blut  oder  Feuchtigkeit  in  den  emzeiiien 
Geweben.  Ueberall  ist  der  Fötus  von  dem  durchsichtigen 
Häutchen  ubpriMSR.  j^^>;tte  mikroskopische  Beschaffenheit 
der  Knoch^^^^eigt  und  ^aver'sche 

Gänge,  rapgen  fehlen  die  CanlOEcki  o^i  fast  gänzlich.  Die 
KnocheimörperMARi^  d^l^ürbenlKnochen  sind  sehr  durch- 
sichtig, Vfe  mau  sie  in  der  KM^en'- Atrophie  findet  Die 
^Veichtheil^s^^/^^^njp^n^JJ^  fehlen  gänzlid>.  Das 
Häutchen,  wdfehe»-  8le  Mwt^n  unmittelbar  öberkleidet  und 
diese  in  ihrer  Lage  befestigt,  zeigt  'sich  nidit  verschieden 
von  jener  Häutcheubildung,  welche  das  Lithopädion  in  seiner 
Lage  an  den  Mastdarm  befestigt  Die  Eingeweide  des  Unter- 
leibes und  der  Brust  werden,  um  das  Präparat  dicht  zu  zer- 
stören, nicht  untersucht  Die  falschen  Häute,  welche  das 
Lithopädion  mit  dem  anliegenden  Mastdarme  verbanden,  waren 
von  einer  körnigen,  zum  Theil  kömig  agglomerirten  Masse 
durchzogen;  nur  kleine  Theile  einer  vollständigen  serösen 
Haut  ähnlich.  Was  noch  an  organischen  weichen  Geweben 
besteht,  wird  beim  Zusatz  von  Essigsäure  durchscheinend. 
Beim  Zusatz  von  Salpetersäure  erfolgt  ziemlich  starkes  Auf- 


n.    Albert,  Zar  Geschichte  des  Lithopädion.  51 

brausen.  Ebenso  verbalten  sich  die  Galea  aponeuroüca  und  die 
Dura  Mater.  Die  Masse,  welche  sich  als  Reste  des  Getdins 
Torfand,  enthielt  viel  Fett  und  Fettblasen,  Cbolestearinkrystalle 
und  war  weidi  und  breiig,  einem  Atherom  nicht  unähnlich.  Dabei 
entwickelte  sie  beim  Aufträufeln  von  Salpetersäure  viele  Blasen, 
so  dass  man  an  dem  Vorhandensein  des  kohlensauren  Kalkes 
nidit  zweifeln  konnte.  Die  Knochen  enthielten  in  der  Mark- 
häile  viel  Fett,  welches  schwärzlich  *  aussah.  Sonst  konnte 
man  einen  Theil  der  Knochensalze  durch  Salzsäure  und 
Salpetersäure  ausziehen,  worauf  ein  mürbes  Gewebe  zurück- 
blieb, welches  sehr  reichUch  mit  langen,  ziemlich  dicken 
Fasern  versehen  war,  gleichwie  die  mikroskopische  Abbildung 
in  meinem  Atlas  sie  zeigt,  wo  sie  die  Säume  um  die  Knochen- 
räume bilden.  Es  schien  auch  eine  gewisse  Menge  phosphor- 
saurer Kalk  vorhanden  zu  sein.  Eine  Spur  von  Magnesia 
liess  sich  beim  Zusatz  der  Schwefelsäure  nicht  .verkennen,  die 
den  Kalk  niederschlug  und  die  nadelformigen  Krystalle  des 
Bittersalzes  zugleich  erkennen  liess.  Silicate  vnirden  nicht 
gefunden. 

Der  bei  diesem  Lithopädion  vorgefundene  Uterus  ist  in 
allen  seinen  Theilen  atrophisch  und  ohne  jede  Naii)e  in  seinem 
Körper.  An  seiner  Oberfläche  sind  mehrere  falsche  Häute 
vorhanden,  durch  welche  «er  mit  den  benachbarten  Theilen 
verwachsen  war.  Beide  Enden  der  Tuben  wie  abgeschnitten, 
was  sie  wahrscheinlich  auch  waren.  An  dem  Uterinende  der 
rechten  Tube  sieht  man  eine  kleine  Geschwulst,  die  in  ihrem 
Grunde  eine  derbe  feste  Masse  hat,  von  der  Grösse  eines 
Zweigroschenstückes,  nach  oben  aber  ein  Uäutchen,  als  wäre 
hier  ein  Sack  gebildet  gewesen.  In  dem  festen  Gewebe  des 
Grundes  findet  man  die  unverletzte  Tube  (nahe  dem  Uterus) 
und  den  angrenzenden  Theil  des  runden  Mutterbandes,  sonst 
ist  die  Grundfläche  des  Sackes  granulirt.  Man  kann  diesen 
Sack  als  den  Rest  des  ursprünglichen  Ansatzes  des  Eies 
ansehen,  aus  welchem  das  Lithopädion  hervorging. 


4* 


52 


II.    Albers f  Zar  Geacbiehte  des  Lithop^ldion. 


Taiiellartsche  Vekcrsiciit  tlmlgt 


Beobachter 

und  wo 

aofgezelchnet. 


ÄlbositUjLiihO' 
paediam  por- 
tentosatn,1582, 

Th.  Bariholini, 

Obs.  92, 

centur.  VI. 

WulUr,  Ge- 
schichte einer 
Frau  n.  b.  w. 

Bayle,    Philo- 

sophical 

Tranftactiona, 

Vol.  VII. 

Ephemerid. 
Datar.  carios. 
cent.X.,  obs.48. 

Walter'a  Ge- 
schichte 
einer  Frau. 

Mühlbach,  kctSL 

acad. 

Josephinae. 

Denman  und 
Oruveilhier, 
Anat.  pathol. 

Oruveilhier. 


Entstanden 

in  der  ernten 

oder  sweiten 

Ehe? 


De  Berghes 
und  ÄU>era. 


30  Jahre 

Wittwe. 


Entstand  in 

der  ersten 

Ehe. 

Entstand  in 
der  zweiten 
Schwanger- 
schaft und  in 
der  Eweiten 

Ehe. 
In  der  ersten 
Ehe  und     | 
Schwanger- 
schaft. 


Slts  dea 
LitbopKdion. 


An  dem 
Uterus. 


Auf  den 

dünnen  Ge- 

därnren. 

Am  Grunde 
des  Uterus. 


An  der  linken 

Seite  des 

Uterus. 

Grosses  Nets 
u.  am  Uterus 
u.  Os  pubis 

Am  Mast- 
darme. 


Alter, 
in  dem  die 
Schwanger- 
schaft 
stattfand. 


Im  30.  Jahre 


Zwischen 
Gebärmutter 
u.  Eierstock. 


Am  ab- 
steigenden 
'  Grimm- 
darme. 


Alter 
beim  Tode. 


Vor 
aiy,  Jahren 


Im  35.  Jahre. 


28  Jahre 

nach  der 

Schwanger 

Schaft. 

60  Jahre. 


17  Jahre  nach 

d.Schwanger- 

schaft. 

26  Jahre 
nach  der 
Schwanger- 
schaft. 

Starb  46  Jahre 
n.  d.  Schwan- 
gerschaft 

23  Jahre  nach 

d.  Seh  wanger 

Schaft. 

46  Jahre. 


32 Jahre  nach 

d.Schwanger- 

schaft. 

77  Jahre. 


Wie  oft  as 

dem  ant* 

standeaei 

Litfaopldii 

noeb  !  abor« 


Im  26.  Jahre.!     34  Jahre. 


U.    Älbersj  Znr  Geschichte  des  Lithop&dion. 


53 


HlkpMi^B-ScbwaigcrsckaftCB. 


•Befdanaeb 
IrBatstekasf 

wMerf 

Qcsnnder 
1    Körper  oder 
krInkUeb? 

Wieviel  Monate 
•ehwanfrer,  als 
dasLithopädion 
Knr  Geburt  sich 
•teUte? 

Fanden 
regelm&ssige 
Wehen  statt? 

Ob  incrnstlrt 
oder  nieht? 

Erschienen 

Lochien 

bei  der 

Llthopldton. 

schwanger- 
schaft? 

- 

— 

9.  Monat  der 
Schwanger- 
schaft. 

Begel- 
massige 
Wehen. 

— 

— 

' 

■~ 

9;  Monat  der 
Schwanger- 
schaft. 

Kegel- 

massige 

Wehen. 

"^ 

■■" 

— 

Gesund. 

9.  Monat. 

— 

— 

— 

- 

— 

7.  Monat. 

Regelm&ss. 
Wehen  wäh- 
rend 7  Woch. 

— 

— 

— 

9.  Monat. 

Wehen. 

Incrnstlrt. 

— 

Inehienen 
aicbt 
wieder. 

Anfangs  ge- 
sund, später 
kranklich. 

— 

Wehen. 

Icastniirt. 

— 

9.  Monat. 

Wehen. 

Incrnstlrt. 

— 

he^tmirt. 

— 

4.— 6.  Monat. 

Wehen. 

Incrnstlrt. 

— 

iMtnürt. 

Gesnnd, 

dann 

kribiklich. 

6.  Monat. 

Wehen. 

Nicht 
incrnstlrt. 

Lochien. 

54  n.    Albers  f  Zur  Geschiclite  des  Litfaopädion. 

Sucht  man  in  den  oben  mitgetheiltea  Fällen  nadi  den 
Bedingungen»  unter  denen  das  Lithöpädion  ausgebildet  wird, 
so  findet  man  sehr  wenige  Anhaltspunkte,  welche  diese  Fälle 
von  jenen  unterscheiden,  in  denen  keine  Lithöpädion -Bildung 
stattfand.  Nach  der  oben  aufgeführten  Tabelle  dürfen  vielleicfat 
folgende  Verhältnisse  für  künftige  genauere  Beobachtungen 
und  Untersuchungen   als  beachtenswerthe  hergestellt  werden: 

1)  Von  allen  oben  mitgetheiltep  Fällen  gehört  keiner  der 
Graviditas  uterina  und  tubaria  an,  sondern  alle  sind  aus  einer 
Graviditas  tubo- Ovaria  oder  aus  einer  Graviditas  abdominalis 
primaria  hervorgegangen.  Es  hat  sich  in  keinem  jener  Fälle 
ein  Riss  oder  eine  Narbe  des  Uterus  oder  der  Tuben  nach- 
weisen lassen.  Wo  diese  Theile  bei  den  Lithopädien  genauer 
untersucht  wurden,  fand  man  sie  unverletzt.  Auch  in  dem 
von  mir  untersuchten  Falle  ist  der  Uterus  unverletzt,  die 
Tuben  als  solche  unverändert;  nur  äusserlich  an  denselben 
fand  man  eine  Stelle,  welche  nach  aussen  hin  eine  halb- 
geöffnete Blase,  die  becherförmig  über  den  Tuben  hervorragte, 
aus  welcher  der  Fötus  hervorgetreten,  bevor  er  die  Lage  am 
absteigenden  Grimmdarme  erhielt,  mit  welchem  er  beim  Tode 
der  Frau  in  so  inniger  Verbindung  gefunden  ward,  dass  er 
diesen  Theil  durchbohrend  von  ihm  hätte  entleert  werden 
können.  Eine  Ortsveränderung  mag  der  Fötus  bei  den  meisten 
Geburten  erlitten  haben,  in  denen  sich  ein  Lithöpädion  ent- 
vrickelt  hat.  Wo  man  das  Lithöpädion  an  den  Gedärmen, 
am  Netze  fand ,  kann  man  annehmen ,  dass  es  hier  nicht  den 
ursprünglichen  Sitz  hatte,  sondern  dass  es  zur  Zeit  der  Wehen 
sich  von  seinem  ursprünglichen  Sitze  trennte  und  an  die 
Stelle  hingelangte,  an  welcher  man  ihn  als  Lithöpädion  vorfand. 
Der  Grund,  auf  welchen  sich  diese  Ansicht  stützt,  ist  der, 
dass  man  unter  dem  Vorgange  der  fast  in  allen  Fällen 
eingetretenen  Wehen  eine  Ortsverändemng  der  Geschwulst 
beobachtete,  welche  den  Fötus  enthielt.  Dieser  Hergang  ist 
oft  in  den  Geschichten  deutlich  erwähnt  Dass  die  Orts- 
veränderung bei  einer  Graviditas  abdominalis  primaria  und 
bei  der  Graviditas  tubo- Ovaria  leichter  vor  sich  gehen  kann, 
als  bei  der  Graviditas  uterina  und  Graviditas  utero -tubaria 
ist  leicht  einzusehen.  Es  ist  aber  nicht  nachgewiesen,  dass 
stets  das  Kind   sich   bei   dieser  Ortsveränderung  sogleich  aus 


IL    iißtfrt,  Zar  Qeschichte  des  Lithopädioo.  56 

dcD  V^rbiodnogen  trennte,  welche  es  bisher  mit  der  Mutter 
hatte.  Dass  die  Wehen  mehrere  Wochen  hindurch  anhielten  und 
unter  ihnen  die  Bewegungen  des  Kindes  noch  hin-  und  wieder 
erwähnt  werden,  deutet  darauf  hin,  dass  das  Kind  noch  längere 
Zeit  hindurch  mit  dem  Mutterboden  in  Verbindung  blieb. 
Dass  das  Lithopädion  aus  einer  Graviditas  uterina  oder  utero- 
tubaria  nicht  hervorgegangen  ist,  wird  auch  aus  der  Geschichte 
des  Wochenbettes  selbst  bestätigt.  Es  erfolgte  keine  Blutung 
nach  aussen,  noch  eine  Blutung  nach  innen,  welche  bei  dem 
Riss  der  Uterus  und  der  Tuben  wohl  kaum  zu  vermeiden 
gewesen  wäre.  Diese  inneren  Blutungen  sind  ja  todbringende 
Ereignisse  in  der  Graviditas  tubaria  und  beim  Risse  der 
Gebärmutter.  —  Man  muss  somit  die  Vorstellung,  dass  ein 
Lithopädion  aus  der  Graviditas  utero -tubaria  oder  uterina 
hervorgehen  könne,  ganz  autgeben,  um  so  mehr,  als  keine 
Thatsache  zeigt,  dass  diese  bei  Lithopädion -Bildung  wirklich 
vorhanden  gewesen  sei.  Ein  Riss  des  Uterus  und  des  Bauch- 
fells, das  ihn  bedeckt,  ist  an  sich  eine  so  gewöhnlich  tod- 
bringende Krankheit  (Verletzung),  dass,  abgesehen  von  der 
Blutung,  die  stets  enorm  ist,  schon  die  nachfolgende  Ent- 
zündung den  Tod  herbeifuhren  musste,  gesetzt,  dass  die 
Wunde  des  Uterus  und  der  Tuben  so  gross  sei,  dass  ein 
Kind  hindurch  in  die  Bauchhöhle  hätte  dringen  können.  Es 
ist  auch  kein  Fall  bekannt,  in  weichem  unter  diesem  Vor- 
gange das  Leben  erhalten  wäre.  Siehe:  Bums,  Handbuch 
der  Gd)urt8hülfe.  Herausgegeben  vod  Dr.  H.  F.  Kutan. 
Bonn  1834,  S.  507.  Ein  an  dieser  Stelle  aufgeführter  Fall 
zeigt,  dass  nicht  stets  innerhalb  24  Stunden  nach  geschehenem 
Risse  der  Tod  erfolgt,  sondern  dieser  sich  unter  den  Zufallen 
einer  schleichenden  Peritonäitis  bis  drei  Monal^e  nach  der 
Geburt  verziehen  kann. 

Da  nun  die  Graviditas  abdominalis  primaria  und  die 
Graviditas  im  Franzenende  der  Tuben,  welche  dann  mit  detn 
Eierstocke  verwachsen,  und  deshalb  den  Namen  Graviditas 
tubo- Ovaria  fuhrt,  bisher  zur  Bildung  eines  Lithopaedii  Anlass 
vFurden,  so  ist  es  auch  erklärlich,  wie  in  den  meisten  Fällen, 
in  denen  die^e  Schwangerschaften  mit  der  Bildung  eines 
Lithopaedii  endeten,  bald  nach  der  durch  die  Bildung  des 
letzteren  zum  Abscbluss  gelangten  Schwangerschaft,  eine  reine 


^  II.    AlberBf  Zur  Geschichte  des  Täthopftclion. 

Schwangerschaft  des  Uterus  stattfand,  welche  in  normaler 
Zeit  mit  der  Geburt  eines  normalen  Kindes  endete,  der  nicbt 
selten  nodi  mehrere  solche  Gebärmutterschwangerschaft^n 
mit  normalem  Verlaufe  und  Ausgange  folgten. 

2)  Eine  sehr  in  die  Augen  fallende  Thatsache  ist  die 
Lebenszeit,  in  welcher  die  Schwangerschaft  eintrat,  welche 
mit  dem  Ausgange  -in  Lithopädion  endete.  Die  Tabelle  giebt 
hier  das  30.,  31 V^.,  35.  und  26.  Lebensjahr.  Von  den 
übrigen  FäUen  ist  das  Alter  nicht  angegeben.  Diejenigen,  von 
denen  das  Alter  bekannt  ist,  fallen  in  die  gesetztere  Lebenszeit, 
in  welcher  das  weibliche  Ge3chlecht  weniger  geneigt  wird  zu 
fieberhaften  Krankheiten  und  Reizungen,  die  zu  Entzündungen, 
mit  nachtheiligem  Ausgange  so  leicht  den  Anlass  abgeben. 
Wenn  also  das  Kind  innerhalb  der  Bauchhöhle  in  dieser 
Lebenszeit  vorhanden  ist,  so  wird  es  nicht  so  leicht  Ver- 
anlassung zu  einer  allgemeinen  Entzündung  des  Bauchfells, 
wie  in  einer  anderen  Lebenszeit  und  ebenso  nicht  Anlass  zu 
einem  durch  dieselbe  herbeigeführten  tödtlichen  Ausgange, 
als  in  einer  früheren  Lebenszeit. 

Dass  aber  die  Frauen,  bei  deiien  man  ein  LilhopAdion 
fand,  zu  solcher  Krankheit  nicht  auffallend  geneigt  waren, 
lehren  die  Lebensgeschichten  derselben.  In  denselben  findet 
man,  dass  solche  Krankheiten  meistens  nicht  vorkamen,  und 
wo  sie  vorkamen,  doch  einen  gunstigeren  Verlauf  nahmen, 
woher  die  späteren  Geburten  ganz  normal  verliefen  und  die  Frauen 
selbst  meistens  ein  sehr  hohes  Alter  erreichten.  Die  Tabelle 
weist  beim  Tode  der  Frauen  ein  Alter  von  60,  46,  77,  34 
nach;  und  der  Tod  erfolgte  erst  17,  25,  23,  32,  177«  Jahre 
nach  der  Schwangerschaft,  welche  mit  der  Geburt  in  den 
Bauchfellsack  und  in  der  Lithopädien- Bildung  endete. 

3)  Die  Lithopädien- Schwangerschaft  endete  in  fQnf  Fällen 
am  Ende  des  neunten,  in  einem  Falle  im  siebenten,  in  einem 
anderen  im  sechsten  und  zuletzt  in  einem  Falle  im  vierten 
bis  fünften  Monate  der  Schwangerschaft.  Auf  den  regel- 
mässigen Verlauf  hat  der  Sitz  des  Kindes  hier  keinen  Einfluss; 
denn  bei  denen,  die  mit  dem  neunten  Monate  endeten,  sass 
das  Kind  äusserlich  am  Grunde  des  Uterus,  lauf  den  dünnen 
Gedärmen,  am  grossen  Netze.  In  den  Fällen,  in  denen  die 
Schwangerschaft  früher  endete,  fand  der  Sitz  des  Kindes  statt 


II.    ÄiberB,  Zur  Geschichte  des  Lithopädion.  57 

an  der  linken  Seite  (7.  Monat),  zwischen  Gebinnutter  und 
dem  Eierstocke  (in)  4.  —  5.  Monat),  am  absteigenden  Grimm- 
darme  (im  6.  Manat).  Es  hängt  somit  von  dem  Sitze  und  der 
früheren  Beendigung  der  Schwangerschaft  nicht  ab,  ob  aus 
einem  in  die  Bauchhöhle  geborenen  Kinde  ein  Lithopädion 
werden  soll  oder  nicht.  Ich  müsste  mich  sehr  irren,  oder 
die  Fälle  von  abdominelle!*  Schwangerschaft,  in  denen  der 
Fötus  durch  den  Mastdarm,  die  Harnblase'  oder  durch  die 
Bauchwand  entleert  wird,  verhalten  sich  in  Bezug  auf  Sitz 
and  Schwangerschaftsdauer,  nicht  anders.  Die  zu  verschiedenen 
Zeiten  beendeten  abdominellen  Schwangerschaften  verhielten 
sich  in  Bezug  auf  das  Ausstossen  der  Kindesreste  fast  gleich. 
4)  Die  Verwandlung  der  Gewebe,  welche  der  Fötus  bei 
seiner  Umwandlung  in  ein  Lithopädion  erleidet,  sind  jene, 
welche  man  beim  Abschluss  erkrankter  Gewebe  als  regressive 
Metamoq)hose  vorfindet,  und  zwar  keine  andere,  als  die  in 
Verkalkung  und  Fettumwandlung,  während  ein  grosser  Theil 
der  Weichtheile  seines  flüssigen  Inhalts  gänzlich  und  seiner 
festen  Bestandtheile  theilweise  beraubt  wird  und  dabei  ein- 
schrumpft. In  den  von  mir  untersuchten  Theilen  der  noch 
am  meisten  erhaltenen  Kopfhaut  erkannte  man  deutlich  die 
Richtung  und  Lagerung  einzehier  Hautschichten,  aber  alle 
mit  einer  grossen  Menge  von  Fettkörnern,  Felttröpfchen  und 
eingetrockneten  Fettzellen  durchsetzt  und  umlagert  Stellen- 
weise, besonders,  wo  die  falschen  Häute  sich  ansetzten,  war 
die  Kopfschwarte  verdickt  durch  Einlagerung  einer  fest- 
gewordenen exosmirten  Masse,  welche  aber  nicht  minder,  als 
das  übrige  Haulgewebe  eine  Umwandlung  in  jene  Fettgebilde, 
die  bekannte  Fettmetamorphose  erlitten  halte.  An  den  meisten 
Stellen  der  Glieder  und  über  den  Rumpf  hin  konnte  man  in 
den  dünnen  Häutchen  keine  Spur  des  Hautgewebes  mehr 
erkennen.  Die  Haut  schien  hier  vollständig  absorbirt  zu  sein, 
und  in  dem  die  Knochen  überdeckenden  durchsichtigen  Häutchen 
war  nichts  mehr  von  einem  Gewebe  zu  erkennen.  An  den 
Stellen,  an  welchen  die*UuskeIn  die  Knochen  des  Unter-  und 
Oberschenkelbeins  bedecken,  war  nach  aussen  hin  nichts  ausser 
einer  dünnen  Haut  zu  sehen,  durch  welche  die  Knochen  hindurch 
sichtbar  waren,  an  der  inneren  Seite  dagegen  nahm  man 
noch  euizelne  Fasern  wahr,  welche  man  als  Reste  der  Muskeln 


58  ^I-    •^Mer«,  Znr  Geschichte  des  Lithopädioo. 

ansehen  konnte,  aber  ebenfalls  mit  Felttropfen  und  ein- 
gescbnunpften  Fettzellen  durchsetzt,  ja  stellenweise  unterbrochen. 
Aebnüche  Faserbildungen  aber  ebenfalls  mit  Fettmassen  durch- 
setzt, fanden  sich  hin  und  wieder  an  dem  Theile,  welcher 
dem  Gesichte  anzugehören  schien.  Die  Masse,  welche  von 
der  deutlich  erkennbaren  Arachnoidea  umschlossen  war,  und 
welche  man  für  nichts  anderes  als  die  Hirnmasse  halten 
konnte,  zeigte  nur  eine  grosse  Menge  Fettkörner,  Fetttröpfchen 
und  Fettblasen,  an  denen  auch  nicht  eine  Spur  des  normalen 
Hiruge  wehes  mehr  zu  erkennen  war.  Auch  konnte  man  von 
grauer  und  weisser  Substanz,  wie  von  den  in  den  Seiten* 
Ventrikeln  lagernden  Himtheilen  nichts  mehr  erkennen.  Von 
Nerven  war  an  den  Gliedmaassen  nichts  mehr  zu  finden. 
Die  Knochen  hatten  ihre  Structur  noch  am  meisten  bei- 
behalten. Die  Stückchen  aus  dem  Stirnbeine  zeigten  deutliche, 
ziemlich  durchsichtige  Knochenkörperchen,  aber  ohne  Knochen- 
canalchen.  Ebenso  verhielt  es  sich  mit  dem  Schhffe  aus  dem 
Hinterhauptsbein.  Die  Eaver'schen  Ganäle  waren  an  einigen 
Stellen  undeutlich,  an  anderen  gar  nicht  mehr  vorhanden. 
Die  seröse  Haut,  welche  wir  Arachnoidea  nennen,  hatte  noch 
deutlich  die  normale  Faserbildung.  Von  Geissen  war  in  allen 
diesen  Geweben  auch  nicht  mehlr  eine  Spur  zu  erkennen. 
An  den  Stellen,  an  welchen  das  Bindegewebe  gefunden  wird, 
erkannte  man  ebenfalls  eine  grosse  Menge  Kömer,  wie  sie 
sich  noch  zwischen  den  übrigen  Geweben  vorfanden.  Wenn 
man  sie  mit  Salzsäure  betupfte,  so  entstand,  wie  unter  dem 
Deckgläschen  deutlich  zu  sehen  war,  eine  Entwickelung  von 
Bläschen ,  während  die  Körner  verschwanden.  Es  waren  somit 
kohlensaure  Alkalien  (Kalk)  zugegen.  Da  indess  einzelne 
Körner  noch  verschwanden,  ohne  Bläschenbildung  zur  Folge 
zu  haben,  so  liess  sich  die  Anwesenheit  von  phosphorsaurem 
Kalk  vermuthen.  Beide  Kalkarten  kommen  in  den  Verkalkungen 
pathologischer  Producte,  so  wie  in  den  Blasensteinen  sehr 
reichlich  vor  und  sind  offenbar  Abscheidungen  in  Folge  ver- 
änderter Thätigkeit  der  kranken  Stellen  und  der  Schleimhäute. 
Diese  Kalkmassen  kamen  auch  hin  und  wieder  in  anderen 
erhärteten  Geweben  vor  und  waren  selbst  in  einzelnen  Schichten 
der  Kopfhaut  zu  erkennen,  wo  sicli  dieselben  hier  angegebenen 
Veränderungen  in  ihnen  einstellten,  die  man  an  den  Körnern 


n.   Alber»,  Zar  OoBcbichte  des  Lithop&dioo.  59 

des  Bindegewebes  beobachtete,   wenn  man  sie  mit  Saksäiire 
betupfte. 

5)  Aus  diesen  Untersuchungen,  welche  in  anderen  Fällen 
dieselben  Ergebnisse  lieferten,  kann  man  zu  einzelnen  Schlüssen. 
über  die  Entstehung  des  Lithopaedii   gelangen,   welche  den 
Hergang    diesar    dgenthümlichen    Umbildung    verständlicher 
machen.    In  den  veränderten  Gewehen  und  Organen,  welche 
das  Lithopadion  zeigt,  erkennt  man  bis  auf  einen  Theil  nur 
verödete  Bildungen,    welche    ähnlich  jenen   sind,    in    denen 
vollständig  organisirte  und  nicht  vollständig  organisirte  Krank- 
beitsproducte  und  Bildungen  einen  Abschluss  ihrer  Organisation 
und   Bildung   und  Zurückbildung   erlangen,   und   dadurch  in 
einen  Zustand  der  Beständigkeit  versetzt  werden,  in  denen 
sie  unter  dem  Einflüsse  der  benachbarten  und  meist  sie  um- 
gebenden   lebenden    Gebilde    keine    besondere   Veränderung 
weder  in  ihrer  Grosse  noch   in  ihrer  Beschaffenheit  erleiden. 
Dass  hier  die  Verfettung  und  Verkalkung,  die  beiden  Abschlüsse 
der  Verödung,  der  regressiven  Bildung  so  vieler  Gewebe  und 
Geschwülste   gemeint   sind,    wird   man    einsehen.     Wie    die 
Fasergeschwulst,  das  Sarcom   und  selbst  die  Fettgeschwulst 
in  diese  verödeten  Umwandlungen  eintreten,   so  ist  auch  der 
Fötus  eben  diesen  Vorgängen  innerhalb  der  Bauchhöhle  unter- 
worfen.   Wie  aber  die  Geschwülste  nur  dann  diesen  regressiven 
Verwandlungen   anheimfallen,    wenn   sie   mit   den   normalen 
belebten  Geweben  und  Organen  in  Verbindung  bleiben,  so  ist 
es   auch    erforderlich,    dass    der  Fötus,    welcher   sich   zum 
Lithopadion    umgestalten    soll,    in   organischer  und   belebter 
Verbindung    mit  den   Geweben   vorfindet,    die   ihn  umgeben. 
Ein   von    der   organischen  Verbindung,    von   der  Ernährung 
aosgesdilossener  Körper  kann  keine  Verödung  erleiden,  indem 
sich  aus  ihm  kein  Leben  zurückziehen  kann;  denn  eben  aus 
diesem  Zurückziehen,  dem  allmäligen  Entschwinden  des  Lebens 
eines  Thefls  bei  normaler  Ernährung  der  übrigen  umgebenden 
Tbeile   geht   Ae  Productenbildung   hervor,   welche    man    als 
Verkalkung  und  Verfettung  vorfindet. 

Der  Fötus,  welcher  diese  Verödung  eingehen  soll,  muss 
somit  mit  jenen  Theilen  der  Uuterleibshöhle,  zwischen  denen 
er  sich  zum  Lithopadion  gestalten  soll,  in  organischer,  d.  h. 
belebter  Verbindung  befinden,  was  voraussetzt,  dass  er  entweder 


60  '^-    Alhers,  Znr  Geschichte  des  LithopAdion. 

an  der  Stelle  vorhanden  bleibt,  au  der  er  sich  aus  dem 
Keime  entwickelte  und  ausgewachsen  ist,  oder  wenn  er  sich 
davon  trennte,  er  wieder  mit  den  umlagernden  Geweben  zu- 
sammenwuchs. Das  Vorhandensein  einer  organischen  Ver- 
bindung zwischen  dem  aich  zum  Lithopädion  gestaltenden 
Kinde  und  den  umgebenden  Theilen  ist  mehrfach  nachgewiesen. 
Deutsch  fand  die  Gefässverbindung  in  der  Unterleibs- 
schwangerschaft; Walter  j  Geschichte  einer  Frau  u.  s.  w.,  fand 
Gefasse,  welche  von  dem  Netze,  in  dem  sich  das  Lithopädion 
befand,  zu  diesem  selbst  sich  hin  erstreckten.  Ich  sdbst 
konnte  in  dem  von  mir  untersuchten  Lithopädion  nicht  ver- 
kennen, dass  die  falschen  Häute  am  Kopfe,  wodurch  das 
Kind  an  den  Mastdarm  angewachsen  war,  vollständig  organisirt 
waren,  und  somit  gewiss  auch^  der  Theil,  zu  dem  sie  hin- 
gingen, sich  noch  am  meisten  in  organischer  Structur  erhalten 
hatte  und  durch  Blut  von  dem  Mutterboden  längere  oder 
kürzere  Zeit  hindurch  ernährt  ward. 

Es  ist  wohl  in  allen  Fällen  von  Lithopädion  angegeben, ' 
dass  sie  an  einzelnen  Stellen  angewachsen  waren.  Es  kann 
aber  kein  Theil  mit  einem  anderen  verwachsen,  sich  mit  ihm 
in  dieselben  Verhältnisse  der  Ernährung  stellen,  wenn  sie 
nicht  belebt  sind.  Eine  Kugel  wird  von  lebendigen  Theilen 
umschlossen,  erleidet  aber  nur  eine  chemische  Veränderung 
an  ihrer  Aussenfläche,  das  Gewebe  des  umgebeinlen  Theils 
dringt  nicht'  in  sie  ein.  Ein  Knochensluck ,  welches  nicht 
wieder  organisch  sich  mit  den  übrigen  Knochen  verbindet,  wird 
von  den  belebten  Knochen  theilen  und  einem  von  der  Knochen- 
haut ergossenen  Callus  umschlossen,  eingekapselt.  Das  be- 
lebte und  lebensfähige  Knochenstück  kann  verwachsen,  dann 
erhält  es  von  der  Umgebung  Gefasse,  welche  sich  mit  den 
Gelassen  des  Knochens  verbinden  und  das  System  der  ge- 
störten Ernährung  wiederherstellen.  Wenn  also  organische 
Bildungen  den  Fötus  mit  dem  Boden  seiner  Ernälirung  ver- 
binden, so  muss  der  Fötus  selbst  in  das  System  organischer 
Ernährung  eingetreten  sein.  Es  wird  daher  der  angewachsene 
Fötns  anfänglich  ernährt  und  erleidet  dann  allmälig  den  Process 
der  Verödung,  wovon  Aufsaugung,  Verfettung  und  Verkalkung 
die  einzelnen  Vorgänge  und  Erscheinungen  sind. 


11.    Alberßf  Zar  Geschichte  des  Lithopftdion.  gl 

Bei  dem  Kinde,  welches  an  dem  Orte  seiner  Entwickelung 
bleibt,  kaoD  luao  dieses  alles  wohl  zugestehen;  wie  al)er 
verhält  es  sich,  wenn  das  Kind  sich  von  dem  Orte  seiner 
Entwickelung  trennt?  Dass  das  Kind  sich  zuweilen  von  diesem 
Orte  trennt,  scheint  nicht  geläugnet  werden  zu  können.  Das 
Utbopadion,  welches  ich  untersuchte,  -fand  sich  am  ab* 
steigenden  Dickdarme,  hatte  denselben  schon  durchbohrt  und 
war  mit  diesem  Theile  durch  Calsche  Haute  organisch  ver- 
wachsen. Man  musste  ihn  aus  diesen  Verbindungen,  welche 
besonders  am  Kopfe  noch  deutlich  zu  sehen  waren,  trennen. 
Der  Fötus,  welcher  die  Umwandlung  in  ein  Lithopädion  er* 
litten,  hatte  wahrscheinlich  seine  erste  Ausbildung  an  der 
äusseren  Seite  des  Uterinabrandes  der  Tube  erhalten,  wo 
man  noch  deutlich  eine  halbe  Kyste  mit  derbem  Grund  als 
den  Rest  des  Ansatzes  der  Placenta  vorfand.  Es  ist  denn 
nun  die  Frage,  ob  ein  solcher  von  seinem  Entstehungsorte 
getrennter  und  in  die  Bauchhöhle  geborener  Fötus  mit  der 
ihn  aufnehmenden  Fläche  des  Bauchfells  verwachsen  kann. 
Idi  glaube,  dass  man  diese  Frage  bejahend  beantworten  darf. 
Nicht  allein,  dass  der  von  mir  untersuchte  Fall  diesen  Vorgang 
wirklich  nachzuweisen  scheint,  sondern  es  machen  auch  jene 
Thatsachen  denselben  wahrscheinlich,  welche  lehren,  dass 
lebende,  in  die  Bauchhöhle  hineingepOanzte  Theile  hier  an- 
wachsen, somit  organische  Verbindungen  mit  den  umgebenden 
Theilen  eingehen.  Die  Versuche  Berthold' &,  welche  darin 
bestanden,  dass  er  die  Hoden  der  Thiere  gleich  nach  ihrer 
Abtrennung  in  die  Unterleibshöhle  verpflanzte,  hatten  den  Erfolg, 
dass  man  nach  einiger  Zeit  fand,  dass  diese  Theile  an  das 
Bauchfell  wirklich  angewachsen  waren.  V\^enn  also  lebende 
Gewebe  mit  dem  Bauchfelle  verwachsen,  so  lässt  sich  gar 
nicht  einsehen,  warum  der  lebende  Fötus  eino  solche  Ver- 
wachsung zu  erleiden  nidit  im  Stande  sein  sollte.  Dass  er 
sie  wirklich  erleidet,  bezeugen  die  falschen  Häute,  welche 
man  beim  Lithopädion  an  irgend  einem  Theile,  am  gewöhn- 
lichsten an  dem  nach  abwärts  liegendem  und  von  den  um- 
liegenden Theilen  am  engsten  umschlossenen  Kopfe  findet, 
und  die  den  organischen  Zusammenhang  zwischen  Mutterboden 
und  Fötus  vermittelu.  Es  bleibt  also  nach  dem  Geburtsaete 
noch  eine  Zeitläng  der  Fötus  in  seinen  Theilen  belebt,   aber 


62  n.    Albers  f  Zar  Geschichte  des  Lithop&dion. 

in   anderer  Weise,    als    er   es   vor   dem    Gebortsacte    war. 
Bestand  vor  dem  Gebwtsacte  der  Kreislauf  des  Kindes,  sowie 
dessen  Ernährung  und  Entwickelung  selbstständig  bis  auf  die 
Blutzuleitung  der  Mutter,  so  ist  der  Biutlauf  des  Kindes  nach 
der  Geburt  in  die  Bauchhöhle   gauz  abhängig  geworden  von 
dem  Kreisslaufe  der  Mutter,  so  dass  die  Gefasse  des  mit  dem 
Mutterboden  verwachsenen  Kindes  mit  denen,  welche  in  dieses 
hineingehen,    nur   eine    und    dieselbe   Blutbahn   bilden.     Die 
Mutter  sendet  direct  ihre   Gefasse   in   das   Kind   durch   die 
zusammengewachsenen  Theile,  der  Fötus  ist  ein  vollständiger 
Theil  des  MuUerkörpers  geworden,  indem   zwischen   beiden 
keine  Placenta  mehr  vorhanden  isL    Der  Fötus  ist  an  das 
Bauchfell  angewachsen.    Diese  Verbindung  tritt  vorzugsweise 
an  den  Theilen  ein,  welche  mit  dem  Mutterboden  verwachsen 
sind;  die  nicht  angewachseneu  Theile  verhalten  sich  wie  ein 
fremder  Körper,   welcher  in   ganz  eigenthümlicher  Art,    als 
nothwendiger  Anhang  des  ihm  gleich  organisirten  mit  dem 
Multerboden   gewachsenen  Theiles  zu  dem  belebten  Mutter- 
boden in  Beziehung  tritt    Die  angewachsenen  und  organisirten 
Theile  werden  ernährt  und  erhalten,   die  diesen  anhängenden 
werden   nach    und   nach   resorbirt    und    marasmirt     Daraus 
erklärt   sich    die    bei    allen    Lithopädien   vorkommende    Er- 
scheinung, dass  einige  Theile  fast  in  normaler  Grösse  erhalten 
sind,  während  die  übrigen  bis  auf  ein  Drittel  und  mehr  ihrer 
normaler  Grösse  eingeschwunden  sind.    Die  verwachsenen  und 
organisirten   Theile   werden    erhalten,    während    andere   die 
Aufsaugung  und  Umwandlung  wie  ein  fremder  Körper  erleiden. 
Sie   können   nur  nicht  faulen,   weil   sie  mit  den  lebendigen 
Theilen   in  Verbindung    stehen    und   von    ihnen   noch  einen 
gewissen  Einfluss   erfahren.     Der  Theil,    welcher   mit   dem 
Bauchfelle,  Mutterboden  in  Zusammenhang  tritt  und  verwächst, 
ist  meistens  der  Kopf,   woher  dieser  auch  noch  am  meisten 
erkennbar  und  dem  Normal  an  Grösse  entsprechend  erhalten 
wird.    Es  scheint,  dass  der  schwere  Kopf  durch  sein  Abwärts- 
hängen mehr  als  die  anderen  Theile  mit  der  berührten  Fläche 
in  nähere  Veitindung  tritt  und   deshalb  leichter  verwächst. 
Er  war  in  dem  von  mir  untersuchten  Lithopädion  am  meisten 
in  Form   und   Structur  eiiialten.    Die  übrigen  Körpertheile 
erleiden  mehr  oder  weniger  die  Einwirkung  lebendiger  Flächen. 


II.    Atter$,  Zar  Geschichte  des  LithopSdion.  63 

Sie  werden  von  aOen  Seiten  gleichmässig  umschlossen  und 
erieiden  die  aufsaugende  Einwirkung,  welche  das  Lebendige 
auf  das  Todte  ausübt,  und  schwinden  daher  von  allen  Seiten 
gleichmässig  ein,  ähnlich  wie  ein  in  die  Bauchhöhle  ein- 
geschobenes Knochenstück  eme  gleichmässige  Aufsaugung 
«"leidet;  and  wie  hier  die  Aufsaugung  in  allen  Theiien  des 
Knochens  gleichmässig  wirkt,  so  auch  in  dem  Fötus  in  jenen 
Theiien,  die  nicht  unmittelbar  verwachsen  sind.  Wie  man 
in  einem  atrophischen  Knochen  zuerst  die  Knochencanälchen 
sdiwinden  und  die  Knochenkörperchen  heller  werden  sieht, 
so  ist  dieses  auch  in  diesen  Theiien  des  Fötus  d^  Fall  Die 
Weichtheile  nehmen  unterdessen  die  vom  .  lebendigen  Boden  • 
abgesonderte  Fett-  und  Kalkmasse  ein.  Die  Resorption  ist 
glächseitig  eine  Verkalkung  und  Verfettung. 

Der  angewachsene*  Theü  wird  aUroälig  dem  Mutterboden 
acGominodirt.  Das  Exsudat,  welches  ihn  umgab,  wird  zu 
einem  serösen  oder  fibrösen  Gewebe  organlsirt,  welches  mit- 
unter ailmälig  so  einschwindet,  dass  nur  eine  dünne  Haut 
übrig  bleibt,  die  den  Fötus  wie  ein  Sack  umschliesst;  oder 
die  fibröse  Gewebsmasse  der  Kapsel  geht  eine  Wucherung 
ihres  Gewebes  ein  und  bildet  ein  gleichmässiges  festes  Gewebe« 
Es  scheint,  dass  dieses  Gewebe  isogar  verknöchert;  denn  in 
einem  Falle  (Ephemerid.  N.  C.  Cent.  X.)  fand  man  die  Kapsel 
so  hart  wie  eine  knöcKerne  KegelkugeL  Gleichzeitig  beginnt 
der  Malterboden  auf  den  Fötus  zu  wirken,  während  in  den 
entfernten  Theiien  die  Ernährung  ailmälig  stockt,  wird  die 
Flüssigkeit,  das  Blut  resorbirt  und  die  Geßsse  veröden. 

Die  Verödung  der  Gefasse  erfolgt  nach  und  nach  auch 
in  dem  angewachsenen  Körper.  So  erklärt  es  sich,  dass 
man  in  dem  Lithopädion  weder  Blut  noch  Blutgefässe  findet 
Hierauf  schwinden  auch  in  Folge  der  aufsaugenden  Thätigkeit 
des  umschliessenden  Mutterbodens  die  festen  Theile  ein,  ver- 
öden und  nehmen  eben  von  diesem  Boden  Fett  und  Kalk  auf, 
welche  von  der  umschliessenden  Fläche  ausgeschieden  werden. 
Nachdem  der  ganze  Fötus  diese  Umwandlung  erfahren  hat, 
so  erstreckt  sich  derselbe  Vorgang  auf  die  falschen  Häute, 
welche  früher  diesen  Vorgang  vermittelten.  Sie  zeigen  unter 
dem  Mikroskop  dieselben  Kalk-  und  Fetteinlagerungen  wie 
der  Fölufl  selbst.    Hi^nach  zeigt  sich  die  Bildung  des  Litho- 


64  III.   Notiien  ans  der  Journal -Literatur. 

pädions  als  eine  wahre  organische  Verödung,  wie  sie  bei  den 
Parasiten  und  auf  den  Organismus  übergepflanzten  Tbeiien 
vorkommen.  Wie  der  Parasit  einschrumpft,  indem  seine 
Gefasse  veröden,  theil weise  aufgesaugt  und  mit  Kalk  und  Fett 
durchsetzt  wird,  so  erleidet  denselben  Vorgang  der  in  den 
Unterleib  geborene  Fötus,  welcher  an  dem  Mutterboden  aufs 
Neue  angewachsen,  einen  wahren  Parasiten  darstellt  Beide 
haben  das  Gemeinschaftliche,  dass  sie,  einmal  in  diese  Um- 
wandlung eingegangen,  nicht  mehr  reizend  auf  den  Mutterboden 
einwirken  und  als  ein  schadloser  Anhang  im  Körper  bestehen. 
Der  angewachsene  Fötus  geht  alle  Verwandlungen  der  Involution 
.  durch,  welche  eine  gutartige  Geschwulst  erleidet  und  wird 
hierdurch  zum  Lithopädion. 


IIL 
Notizen  aus  der  Journal -Literatur. 


Graf:    Atresie    der    Scheide    mit   abnormen    Menstrual- 
wegen. 

Die  25jährige,  hysterische  R,  litt  im  Mni  1856  an  einer 
nlcerativen  Entzündung  der  Scheide,  deren  Ursache  und  Verlauf 
nicht  näher  bekannt  ist  und  welche  eine  Verwachsung  des  grössten 
Theiles  der  Scheide  zur  Folge  hatte.  £s  stellte  'sich  mit  der 
Betention  und  Ansammlung  des  Menstrualblutes  eine  Reihe  der 
gräs8lich8ten*Beschwerden  ein,  die  jedoch  momentan  nachliessen, 
als  im  August  ein  Blutabgang  durch  den  Mastdarm  stattfand, 
der  sich  auch  regelmässig  jeden  Monat  wiederholte  und  den 
Zustand  der  Pat.  jedes  Mal  für  einige  Wochen  erträglich  machte. 
Wiederholte  Operationsversuche  mussten  aus  Furcht  vor  wichtigeren 
Verletzungen  sistirt  werden.  Im  October  1857  bekam  Verf.  die 
Kranke  zu  sehen;  in  der  schmerzensfreien  Zeit  war  weder  der 
Uterus  durch  die  Bauchdecken  durchzufühlen  noch  durch  den 
Mastdarm  nachweisbar.  In  der  Exacerbationszeit  jedoch,  wo  die 
genannten  Beschwerden  auftraten,  war  der  Leib  stark  aufgetrieben, 
der  sehr  geschwellte  Uterus  hoch  im  grossen  Becken  durch  die 
Banchdecken,  sowie  auch  durch  den  sehr  comprimirten  Mastdarm 
zu  fühlen.    Weder  durch  Finger  noch  durch  Specnlnm  gelang  es. 


III.    Notisen  aas  der  Jaomal- Literatur.  Q5 

eioe  Commiiiiicatton  swischen  Uterus  and  Beetam  naehsaweisen 
and  es  blieb  deswegen  dahingestellt,  ob  die  in  Bede  stehende 
Blntofig  eine  directe  aterinale  oder  eine  sogenannte  ▼icarirende 
hämorrhoidale  sei.  Im  December  1857  blieb  die  Blntang  aas 
dem  Mastdärme  weg,  die  Leiden  der  Pat.  erreichten  eine  nie 
gekannte  Hohe  and  der  Tod  schien  unvermeidlich,  als  sich  im 
Februar  1868  anter  gleichseitiger^  Erleichterung  der  Kranken 
eine  starke  Blntonterlaufang  and  Schwellang  in  der  linken  Hftffte 
der  Nates  zeigte.  Die  Schmersen  der  Pat.  verloren  sich  in 
ihnlicher  Weise,  wie  früher  nach  den  Mastdarm blutnngen ;  die 
Geschwalst  verschwand  allmHlig;  desgleichen  zeigte  sie  sich  im 
MScs  and  April.  Im  Mai,  wo  sie  mehr  circamscript  war  und 
Ploetaation  leigte,  wurde  die  Geschwulst  geöffnet  and  entleerte 
sine  enorme  Quantität  eines  sehr  danklen  syrupartigen  Blutes. 
IHese  Oe€bang  persistirte  und  es  ergiesst  sich  aus  ihr  zu  den 
regelmässigen  Menstrualzeiten  eine  ziemliche  Menge  danklen 
schmierigen  Blutes.  Dieser  künstliche  Weg  befindet  sich  etwa 
1  Zoll  von  der  Mastdarmöffnung  in  der  linken  Hinterbacke;  ein 
in  denselben  eingeführter  elaetisoher  KHtheter  dringt  ohne  Mühe 
etwas  nach  rechts  und  innen  sich  krümmend,  circa  4"  vor. 
(Virchaw's  Archiv,  1860,  Bd.  19,  Heft  6  u.  6.) 


Somyer   (San    Francisco):    Exstirpation    einer    krebsig    (?) 
entarteten  Gebarmatter  von   den  Bauchdecken  aus. 

Als  die  in  den  Vierrigern  l^efindliche  Kranke  in  die  Behandlung 
des  Verfassers  gerieth  (1866),  hatte  sie  vier  Mal  geboren;  nach 
der  letzten  Entbindong  (vor  sechs  Jahren)  bemerkte  sie  zuerst 
die  Geschwulst  im  Abdomen,  den  Gegenstand  ihrer  Klagen.  Der 
Tumor  hatte  die  Grösse  von  zwei  Fäusten,  lag  an  der  Stelle  der 
Gebärmutter,  welcher  er  in  Form  und  Beweglichkeit  glich,  wes- 
halb er  als  Uterustnmor,  wahrscheinlich  fibröser  Natur,  diagnosticirt 
wurde.  —  Ein  Jahr  später  (1856)  trat  Schwangerschaft  ein  und 
verlief,  wie  die  rechtzeitig  eingetretene  Geburt,  ganz  regelmässig. 
Während  derselben  erschien  die  zugleich  an  Grösse  zunehmende 
Gesehwulst  sowohl  dem  Gefühle,  als  dem  Gesichte,  als  von  der 
Gebärmatter  getrennt  und  nach  oben  und  rechts  verdrängt,  wes- 
halb Verf.  die  Gedanken ,  als  ginge  sie  von  letzterer  aas,  aufgab 
and  einen  soliden  Ovarientamor  diagnosticirte.  —  Nach  jener 
letaten  Gebart  nahm  die  Geschwulst  rasch  an  Umfang  zu, 
StöroBgen  der  Function  der  Nachbar^rgane  traten  ein,  zu  denen 
sieh  heftige  Schmersen  gesellten,  so  dass  die  Kranke  in  den 
nächsten  Jahren  relativ  rasch  verfiel.  Verf.  entschloss  sich  deshalb 
aar  ExstirjSation  des  vermeintlichen  Ovarientumors  (1869).  Nach 
Eröffinnng  der  Bauchhöhle  in  der  Linea  alba  zeigte  sich  aber 
Uonatosehr.  f.  Oeburtak.  1861.  Bd.  XVII.,  Hft.  1.  6 


Qß  ni.    Notiseii  AU«  der  Journal- Literatur. 

der  Irrthnm;  die  Geachwalit  geborte  dem  ütertie  an,  in  deeiien 
Wand  sie  eingebettet  lag;  auf  den  ersten  Anblick  schien  sie  eine 
Gebärmutterhypertrophie  darsnstellen.  Die  Orarien  lagen  der 
Geschwulst  seitlich  dicht  an,  das  linke  augenscheinlich  gesund, 
das  rechte  sehr  atrophisch.  Unterhalb  des  Cervix  ut.  wird  jetst 
eine  starke  Ligatur  um  die  den  Uterus  nach  unten  befestigenden 
Partieen  gelegt  und  nach  Einschnürung  der  letsteren  die  ganze 
Masse  über  der  Ligatur  amputirt.  Die  freien  Enden  der  Ligatur 
wurden  durch  die  Wunde  nach  aussen  geführt,  diese  dnreh  Nähte 
und  Heftpflaster  geschlossen. 

Die  entfernte  Geschwulst  hatte  die  Form  des  ausgedehnten 
Uterus,  maaes  9'/,''  in  der  Länge  und  ungefähr  5"  in  der  Breite; 
das  Gewicht  betrug  TV«  Pfd.;  die  Oberfläche  glatt,  von  sahl* 
reichen  weiten  Gefässen  Übertogen,  welche  in  die  dea  breiten 
Mutterbandes  mündeten.  Die  Fremdbildung  hatte  ihren  Sita  im 
Gewebe  des  Fundus  ut.,  welches  sie  von  allen  Seiten  in  der 
Dicke  von  2''' umgab;  die  äusseren  Partieen  derselben  bestanden 
ans  knorpeligen  mit  Kalkplatten  durchzogenen  Massen;  die  inneren 
waren  weich,  saftig,  Ton  verschiedener  Consistens  und  Farbe 
au  verschiedenen  Stellen  und  von  un regelmässigen  Zfigen  eines 
knorpeligen  Gewebes  und  von  Kalkpartikelehen  durchsetzt.  — 
Die  hintere  Wand  der  Gebärmutter  war  nicht  von  der  Entartung 
ergriffen,  ebenso  war  die  Schleimhaut  der  durchgängigen  Höhle 
frei.  Cervicalcanal  gesund,  linke  Tube  durchgängig,  die  rechte 
3'"  von  ihrem  Uterinende  geschlossen. 

Bis  zum  vierten  Tage  nach  der  Operation  war  der  Zustand 
der  Kranken  ein  günstiger;  dann  ,aber  stellten  sich  die  Zeichen 
der  Peritonitis  ein,  welche  am  sechsten  Tage  den  Tod  herbei- 
führten. Bei  der  Autopsie  zeigte  sich  ein  Blutergnss  von  circa 
lOUnzenin  den  tief  gelegenen  Theilen  derBanohböhle,  die  Ligaturen 
gelockert,  die  Gefässmündungen  am  Stumpfe  geöffnet;  ausserdem 
die  Zeichen  der  Peritonitis.  Wahrscleinlich  war  letztere  durch  die 
am  vierten  Tage  erfolgte  Blutung  aus  dem  Stumpfe  hervorgerufen. 

Verf.  giebt  schliesslich  eine  Zusammenstellung  aller  Fälle 
(wie  er  glaubt)  von  Bauchschnitten,  welche  tn  Califomien 
ausgeführt  sind.  Sie  geben,  11  an  der  Zahl,  im  Verein  mit  dem 
eben  erzahlten,  ein  trauriges  Bild  amerikanische!*  Operationslust: 
7  Ovariotomieen,  darunter  6  mit*lethalem  Ausgange  (t);  in  8  Fällen 
konnte  die  Geschwulst  wegen  ungewöhnlicher  Complicationen  nicht 
entfernt  werden.  Ein  Fall  von  Exstirpation  eines  Uterusfibroids 
von  NeUon^  mit  glücklichem  Ausgange;  ein  Fall  von  Entfernung 
einer  krebsigen  Gebärmutter  (der  oben  erzählte).  Ein  Kaiser- 
schnitt von  Cooper^  mit  Ausgang  in  Genesung.  Ein  Fall  von  Ent- 
fernung eines  Fnngus  hämatodes  der  Nieren  (1)  mit  lethalem  Erfolge. 
(The  American.  Joum.  of  Med.  Scienc.,  July  1860.)     8p. 


m.    Kotisen  aas  der  Journal -Literatw.  67 

Bartkolaw'.    Hydramnioi«    (?)    mit    wässerigem    Ansflnsse 
ans  der  Vagina. 

Die  Mittheilang  betrifft  eine  sum  vierten  Male  schwangere 
Frau,  deren  letzte  Schwangerschaft  vor  nicht  langer  Zeit  mit 
einem  Abortus  endete.  Im  vierten  Monate  der  jetzigen  GrayiditKt 
trat  nnter  dem  Gefühle  von  Drängen  nach  abwärts  ein  ziemlich 
profuser  wässeriger  Ausflnss  aas  den  Qeschiechtstheilen  auf,  in 
Folge  dessen  der  Baach  zwar  etwas  in  Umfang  abnahm,  am 
folgenden  Tage  aber  seine  vorherige  Grösse  wieder  angenommen 
hatte.  Solche  AnßUle  wiederholten  sich  durch  14  Tage  hindurch 
jeden  Tag.  Als  dann  Verf.  die  Patientin  sah,  fand  -er  sie  über 
grosse  Mattigkeit,  über  nervöse  Gesichts-  und  Kopfschmerzen, 
sowie  über  beschwerliches  Ziehen  im  Becken  und  Kreuze  klagend. 
Sie  zeigte  alle  Symptome  der  Anämie.  Der  Bauch  war  enorm 
ausgedehnt,  der  Uterus  füllte  denselben  fast  vollständig  aus; 
undeutliche  Fluctuation  vorhanden;  Fötalbewegungen  lebhaft. 
Urin  spärlich,  aber  häufiger  Drang  zur  Entleerung  desselben. 
Trots  der  Verabreichung  von  Purgantien  und  Narcoticis  hält 
der  Zustand  an;  der  Ausfluss  blieb  und  verstärkte  sich  bisweilen 
unter  wehenartigen  Schmerzen  zu  einem  bedeutenden  Grade. 
Nach  solchen  Anfällen  sank  der  Baach  etwas  zusammen  und  die 
Gebärmutter  nahm  einen  tieferen  Stand  ein.  Ungefähr  zwei 
Monate  nach  dem  Erscheinen  des  Uebels  trat  die  Geburt  ein. 
Eine  Blase  stellte  sich  nicht.  Das  quer  gelagerte  Kind  musste 
aaf  die  Fasse  gewendet  werden.  Es  lebte  12  Stunden.  Die 
Placenta  wurde  mit  einiger  Mühe  entfernt;  sie  hatte  ein  ausser- 
ordentliches Volumen  pnd  ihre  Austreibung  verursachte  mehr 
Schmerz  als  die  des  Kindes.  Der  Uterus  blieb  lange  Zeit  hin- 
durch sehr  gross;  die  Lochien  waren  profus  und  hielten  lange  an. 
Unter  dem  Gebrauche  kalter  Injectionen  in  die  Scheide  und  des 
Seeale  erholte  Fat.  sich  langsam. 

Der  Verf.  glaubt,  dass  der  Ausfluss  im  vorliegenden  Falle 
aus  der  Amnioshöhle  stammte  und  zwar  aus  folgenden  Gründen: 
Die  Flüssigkeit  hatte  den  Geruch  und  die  Consistenz  des  Frucht- 
wassers, war  durch  Partikelchen,  die  von  der  Vernix  caseosa 
herrührten  (woraus  Verf.  dies  schliesst,  giebt  er  nicht  an)  getrübt; 
die  Entleerung  erfolgte  meist  stoss weise  unter  Gebärmutter« 
zusammenziehungen ;  nach  derselben  verringerte  sich  der  Umfang 
des  Leibes  immer  etwas.  Bei  der  Geburt  stellte  sich  keine  Blase 
und  nach  Zerreissung  der  Eihäute  ging  kein  Wasser  ab.  (Abgesehen 
von  letzterem  Punkte,  der  wohl  in  einer  sehr  geringen  Menge 
Fruchtwassers  seine  Erklärung  finden  kann,  sprechen  alle  obigen 
Gründe  nur  dafür,  dass  die  entleerte  Flüssigkeit  aus  der  Uterus- 
hohle  stammte;  es  wird  sich  also  wohl  nur  um  einen  Fall  der 
sogenannten  fiydrorrhoea  uteri  grav.  gehandelt  haben.    Kef.) 

7* 


gg  III.    Notizen  4iifl  der  Journal -Literatur. 

Aafnillig  ist  die  enorme  Grösse  der  Placenta,  welche  nva  ein 
Dritttheil  umfangreicher  als  die  normale  Placenta  eines  reifen 
Kindes  gewesen  sein  soll. 

(Americ.  Journ.  of  Med.  Sclenc,  Octbr.  1860.)  '  8p. 


Woodson:  Vollständige  Inversio  uteri  nach  einem 
Abortus  im  vierten  Schwangerschaftsmonate;  Repo- 
sition  nach  sechs  Tagen. 

Die  Patientin  wurde  im  vierten  Monate  der  Schwangerschaft 
aiemlich  entfernt  von  ihrer  Wohnung  beim  Waschen  von  Wehen 
überrascht.  Da  die  Frucht  schnell  ans  der  Vagina  vortrat,  ehe 
die  Frau  ihre  Wohnung  erreichen  konnte,  so  erfasste  sie  in  ihrer 
Aufregung  dieselbe  und  riss  sie  vollständig  aus  den  Gesehlechts- 
theilen  hervor.  In  Folge  dessen  trat  die  Gebärmutter  mit  der 
adbärirenden  Placenta  su  Tage,  ward  aber  von  der  Kranken  in 
die  Scheide  zarückgebracht,  nachdem  die  Nachgeburt  zum  grössten 
Theile  leicht  von  ihr  entfernt  werden  konnte.  —  Gef&hrliche 
oder  nur  bedrohliche  Symptome  scheinen  zunächst  nicht  ein- 
getreten zu  sein,  wenigstens  wandte  sich  die  Kranke  erst  am 
fünften  Tage  nach  dem  Unfälle  an  Verfasser.  Dieser  fand  den 
Uterus  mit  nach  unten  gekehrtem  Fundus  in  der  Vagina;  er  hatte 
den  Umfang  einer  grossen  Birne;  ein  in  Fänlniss  begriffener  Theil 
der  Placenta  adhärirte  ihm  noch.  Ein  Versuch  zur  Reposition  mit 
der  Hand  misslang  wegen  der  dadurch  verursachten  Schmerzen. 
Verf.  verordnete  warme  Vaginalinjectionen  und  Opiate,  führte 
am  nächsten  Tage  durch  das  Speculum  ein  der  Uterinsonde 
ähnliches,  mit  einer  kleinen  Kugel  an  der  Spitze  versehenes 
Instrument  gegen  die  tiefste  Stelle  des  umgestülpten  Gebärmntter- 
grundes  und  drückte  diesen  einige  Zeit  anhaltend  damit  nach 
oben.  Anfänglich  gab  das  Gewebe  des  Fundus  ein  wenig  nur 
nach,^  plötzlich  indess  ging  der  ganze  Tumor  mit  einem  Rucke 
in  die  Höhe,  so  dass  die  Sonde  2V, — 3"  aufwärts  dringen  konnte. 
Die  Kranke  fühlte  sich  hiernach  sehr  erleichtert,  frei  von 
Schmerzen  und  erholte  sich  relativ  schnell.  —  In  Bezug  auf 
etwaige  Blutung  wird  erwähnt,  dass  solche  von  Anfang  an  vor- 
handen, aber  zu  keioer  Zeit  bedeutend  gewesen  sei. 

(Americ.  Journ.  of  Med.  Scienc,  Octbr.  1860.)  8p. 


CharUi  A.  Lee:  Statistische  Untersuchung  der  Ursachen, 
der  Pathologie  und  der  Behandlung  der  Inversion 
der  Gebärmutter. 

Die    vorliegende,   ziemlich    umfangreiohe    Abhandlung  Jcann 
night    im   Geringsten   Anspruch   auf  Genauigkeit   oder  gar  Voll- 


III.    Notlsen  ans  der  Journal  -  Literatur.  39 

•ULndiglceit  beangltch  des  Materials  macbeo.  Der  Verfasser  bat 
14S  Fillle  von  UternsumBtülpQng  zusammengestellt,  wie  er  sie  in 
der  amerikaniscben  und  engliscben  Literatur  vorgefunden  hat;  aber 
aucb  letstere  bat  er  nicht  erschöpft  und  die  übrige  europäische 
Literatur  gar  nicht  berücksichtigt.  Von  einer  umfassenden  Statistik 
kann  deshalb  in  diesem  Aufsatse  keine  Rede  sein.  Derselbe 
iHirde  aber  immer  noch  Werth  haben,  wenn  die  susammen- 
gcstellten  Falte  hübsch  geordnet  und  nach  KrSften  Scblässe  aus 
ilinen  gesogen  wären.  Auch  das  ist  nicht  der  Fall.  Man  findet  in 
den  kurien  Bemerkungen  des  Verfassers  nur  das  Bekannte ,  und 
nur  aus  dem,  was  er  tiber  die  Ursachen  der  Umstülpung  mit 
Tielen Wiederholungen  sagt,  möchte  Folgendes  hervorzuheben  sein: 
In  62  jener  148  Fälle  sind  die  Ursachen  des  Leidens  angegeben, 
und  es  wird  ausdrücklich  bemerkt,  dass  39  Mal  die  betreffenden 
Geburten  von  Hebammen  allein  besorgt  wurden.  In  wenigen 
der  Fälle  waren  die  anstreibenden  Wehen  sehr  heftig  und  es 
folgte  die  Placenta  mit  dem  invertirten  Uterus  dem  Rinde  fast 
unmittelbar;  7  Mal  wird  der  Versuch,  die  adhärente  Nachgeburt 
zu  entfernen,  39  Mal  wird  voreiliges  und  unnützes  Ziehen  am 
Mabelstrange  als  ursächliches  Moment  beschuldigt.  Wo  die  Geburt 
vollständig  spontan  verlief,  waren  doch  immer  Zeichen  der  so- 
genannten Adynamia  ut.  zugegen.  Sehr  richtig  wird  bemerkt, 
dass  in  vielen  Fällen,  in  denen  von  einer  spontanen  Entstehung 
der  Inversion  berichtet  wird,  die  erregende  äus8>*re  Ursache 
absichtlich  oder  unabsichtlich  angegeben  ist.  In  den  verworrenen 
theoretischen  Auseinandersetzungen  wird  (p.  856)  die  Meinung, 
dass  nnre  gel  massige  Contraction  des  Uterus  zur  Inversion  fuhren 
kann,  verworfen,  „weil  der  Uterus  nicht  contrahirt  sein  kann, 
während  seine  Gestalt  auf  so  auffällige  Weise  sich  ändert,  da 
Contractionen  die  Gebärmutterfasern  verkürzen,  sie  bei  der  De- 
pression eines  Theils  de^  Org^ans  aber  verlängert  sein  müssen;**  (I) 
an  einer  anderen  Stelle  dagegen  (p.  360)  wird  die  Art  und  Weise, 
wie  durch  partielle  Zusammenziehungen  am  Fundus  bei  gleich- 
zeitiger Belaxation  der  übrigen  Partieen  des  Organs  eine  Ein- 
stülpung entstehen  kann,  ganz  richtig  geschildert.  Die  Ansicht, 
dass  die  Inversion  am  erschlafften  Cervix  zuerst  beginne,  wird 
als  nicht  durch  Beobachtungen  erwiesen,  verworfen.  --  Die  ganze 
Arbeit  kann  Ref.  nur  insofern  als  von  Belang  ansehen,-  als  in 
Ihr  verschiedene  Beobachtungen  zusammengestellt  sind,  welche, 
als  in  wenig  bei  uns  bekannten  amerikanischen  Zeitschriften 
niedergelegt,  für  uns  schwer  zugängig  sein  möchten. 

(Amerie  Jonrn.  of  Med.  Soienc,  Octbr.  1860,  p.  818—368.) 

Bp. 


70  ni.    Notizen  ans  der  Journal -Literatur. 

Gauchier:     Haematocelc     retrontertna,     Bildung    einer 
MaBtdarmscheidenfistel,  Heilung. 

Die  vom  Verf.  beobachtete  Haematocele  retro- uterina  bietet 
insofern  ein  besonderes  Interesse ,  als  nach  stattgefandenem 
Dnrchbmche  in  die  Scheide,  einen  Tag  später  eine  Perforation 
des  Mastdarms  eintrat  nnd  so  die  Entstehung  einer  Recto- vaginal- 
Fistel  herbeigeführt  wurde.  Nachdem  sieben  Tage  hindurch  sich 
Fäces  dureh  die  Scheide  entleert  hatten,  hörte  der  Ausfluss 
plötzlich  auf,  um  nie  wiederzukehren.  Die  Fistel  hatte  sich 
spontan  geschlossen  und  Patientin  erfreut  sich  noch  gegenw&rtig, 
nachdem  auch  ihre  Periode  zur  früheren  Regelm&ssigkeit  gelangt 
ist,  des  besten  Wohlseins. 

(Gazette  des  hdpitauz,  No.  106,  1860.) 


John   Clay:    Ein    neues    Zeichen    für    die   Ablösung    der 
Placenta  nach  der  Geburt  des  Kindes. 

Wenn  man  sogleich  nach  gentigend  fester  doppelter  Unter- 
blndong  und  darauf  folgender  Durchschneidung  der  Nabelschnur 
den  mütterlichen  Tlieil  derselben  untersucht ,  so  findet  man  diesen 
schlaff  und  fast  ganz  blutleer;  nach  einigen  (1  —  3)  Minuten  indess 
erscheint  er  dem  Gefühle  viel  schwerer  und  seine  Gefässe  praller 
und  gefdllter.  Letztere  Erscheinung  kann  man  leicht  dadurch 
constatiren,  dass  man  mit  Daumen  und  Zeigefinger  einer  Hand  den 
Nabelstrang  in  der  Nähe  der  Genitalien  fasst  und  mit  den  Fingern  der 
andereuHand  ihn  plötzlich  comprimirt;  dieFinger  jener  Hand  werden 
dann  deutlich  eine  gewisse  Fluctuation  wahrnehmen,  ähnlich  der 
in  einer  elastischen  mit  Flüssigkeit  gefüllten  Röhre  durch  Druck 
erzeugten.  Tst  dann  die  Placenta  vom  Uterus  getrennt,  so  verliert 
die  Nabelschnur  ihre  grössere  Schwere ,  ihre  stärkere  Prallbeit  und 
Füllung.  Diese  Erscheinungen  nun  erfolgen  nach  dem  Verf.  in  der 
angegebenen  Reihenfolge  (1.  Schlaffheit,  2.  Füllung,  3.  Wieder- 
erschlaffung) so  constant  am  Nabelstrange,  dass  man  aus  dem 
Verluste  der  kurz  vorher  eingetretenen  stärkeren 
Füllung  auf  die  stattgehabte  Abtrennung  der  Placenta 
mit  Sicherheit  schliessen  kann.  Verf.  konnte  in  mehr  als 
900  Fällen  die  Richtigkeit  dieses  Satzes  bestätigen.  Allerdings 
ist  das  Zeichen  nicht  in  jedem  Falle  gleich  deutlich  ausgebildet 
und  es  bedarf  oft  eines  feinen  Gefühles,  es  zu  erkennen;  so,  wenn 
der  Uterus  sich  in  einem  schlaffen  Zustande  befindet.  Dagegen 
ist  es  sehr  auffällig,  wenn  der  Uterus  fest  um  die  Placenta  zu- 
sammengezogen ist. 

(Die  praktische  Wichtigkeit  der  vom  Verfasser  mitgetheilten 
Thatsachen  —  wenn  sie  sich  bestätigen  sollten  —  leuchtet  ein; 
es  ist   deshalb   wünschenswerth,    dass  Andere    recht   bald   durch 


ni.    KotiBtn  9MB  der  Journal- Literatur.  7| 

eigeoe  B^obaisbtiing  an  beatimjnwk  suchen  mögen,  ob  sich  die 
Dinge  wirklich  in  der  beschriebenen  Weise  yerhalteu.    Ref.)     . 
(The  Dublin  Quart  Jonm.  pf  M.  Sc,  Noybr.  1860.)    Sp. 


Sckmit»:  Mittheilnngen  über  eine  Kreissende  mit  osteo- 
malacischem  Becken. 

Patientin,  circa  37  Jahre  a]t,  wurde  in  ihrem  16.  Jahre 
Buerst,  und  swar  unter  den  heftigsten  Schmerzen  im  Ünterleibe^ 
menstruirt.  Hierauf  stellte  sich  jedoch  die  Periode  in  Eiemlich 
regelmässigen  ▼ierwöchentlichen  Zwischenräumen  leicht  ein  und 
dauerte  durchschnittlich  8  — 4  Tage.  Patientin  ist  nie  wesentlich 
krank  gewesen,  obgleich  sie,  als  ^ie  Tom  13. — 16.  Jahre  im  Dienste 
stand,  der  härtesten  Arbeit  und  den  ungünstigsten  Witterungs- 
Terhältniesen  ausgesetst  war,  was  auch  in  ursächlichem  Zusammen- 
hange mit  den  um  diese  Zeit  manchmal  aufgetretenen  heftigen 
Schmerzen  in  den  unteren  Extremitäten  und  im  Kreuze  zu  stehen 
seheint.  Patientin  hat  bereits  vier  Mal  geboren.  Das  erste  Mal 
ein  noch  lebendes,  gesundes  Mädchen,  welches  sie  acht  Monate 
an  ihrer  Brust  nährte.  Im  30.  Jahre  gebar  sie  zum  zweiten  Male 
leicht  und  glücklich;  doch  zeigte  das  Wochenbett  mehrere  Ab- 
weichungen. Am  neunten  Tage  nämlich  nach  der  Geburt  stellten 
sich  die  heftigsten  tonischen  Krämpfe  in  den  Fingern  beider 
Hände  ein,  welche  tou  Schmerz  und  dem  Gefühle  der  Taubheit 
in  den  genannten  Theilen  gefolgt  waren.  Als  Pat.  vier  Tage  darauf 
das  Bett  verlassen  wollte ,  konnte  sie  nur  mit  Hülfe  eines  Stockes 
gehen.  Weder  in  den  Beinen  noch  im  Becken  verspürte  sie  den 
mindesten  Schmerz. 

Ung'efäbr  ein  Jahr  nach  der  letzten  Niederkunft  trat  von 
Neuem  Schwangerschaft  ein,  welche  sich  mit  Ausnahme  einer 
hochgradigen  Schwäche  günstig  hinzog.  Die  Geburt,  welche  eine 
Woche  zu  früh  eintrat,  war  präcipitirt;  die  Nachgeburt  musste 
gelost  werden.  Im  Wochenbette  nahm  der  Schwächezustand  zu, 
und  es  traten  in  der  zweiten  Woche  nach  der  Geburt  Schmerzen 
in  beiden  Knieen,  in  der  Gegend  der  rechten  Scbenkelbenge  und 
an  den  falschen  Rippen  beiderseits  auf.  Sechs  Wochen  später 
hatte  die  Schmerzhaftigkeit  ziemlich  wieder  abgenommen  und 
Pat.  konnte  etwas  gehen  und  allein  stehen.  Die  Abmagerang 
aber  nahm  zu.  Im  36.  Jahre  wurde  Pat.  zum  vierten  Male 
schwanger.  Die  fast  ganz  verschwundenen  Schmerzen  traten  von 
Neuem  auf  und  wurden  durch  Auftreten  des  Fusses  auf  den 
Boden,  im  Kreuze  und  zu  beiden  Seiten  des  Beckens  zur  Un- 
ertrftgllchkeit  gesteigert.  Die  Geburt  sowohl,  als  auch  das 
Wochenbett  verliefen  regelmässig.  Mit  dem  Gehen  besserte  es 
sieh  wieder  etwas,  die  Schmerzen  hingegen,  besonders  am  Becken, 
verliessen  Pat.  nicht  mehr.   Die  erste  Hälfte  ihrer  jetzigen  fünften 


72  ni.    Notizen  ans  der  Jonrnal-LiterattiT. 

'Schwangerschaft  vingf  glncklich  vorüber;  in  der  sweiten  änderte 
efch  der  Zustand  der  Patientin  so.  dass  sie  nnn  weder  ta  gehen 
noch  zu  stehen  im  Stande  war.  Am  2.  Febmar  Abends  11'/,  Uhr 
wurde  Patientin,  nachdem  die  Wehen  schon  seit  zwei  Tagen 
gewirkt  hatten,  in  die  Gebärklinik  aafgenommen  und  zeigte 
folgenden  8tat.  praes.:  Skelett&rtige  Abmagerang  des  4'  6''  rhein. 
grossen  Korpers.  Respiration  beschleanigt.  Pnls  112.  Die  Rippen 
sind  auf  beiden  Seiten  des  Thorax  von  ihrem  Ansätze  an  die 
Knorpel  bis  zur  stärksten  seitlichen  Convexität  schmerzhaft.  Der 
Gebärmuttergrund  steht  etwa  drei  Finger  breit  über  dem  etwas 
hochstehenden  Nabel;  die  unteren  £xtremitHten  sucht  Patientin 
möglichst  nahe  aneinander  zu  halten,  und  verarsacht  die  geringste 
Bewegung  die  heftigsten  Schmerzen. 

Die  vorgenommene  BeckeniAessung  ergab   folgende  Maasse: 

Grosses  B.  Kleiner  Querdurchmesser  1"  6"'  Par.;  grosse? 
Querdurchmesser  8"  9'",  Höhe  der  Darmbeine  3"  7"'. 

Kleines  B.  Beckeneingang,  Conj.  ext.  7"  2'";  Becken- 
ausgang, gerader  Durchmesser  3",  querer  Durchmesser  1"  9'". 

Maasse  des  Schambogens:  1)  tiefste  Stelle  der  denselben 
bildenden  Schenkel  1''  5 — 6"";  2)  Vereinigungsstelle  des  Ram. 
descend.  ossis  pub.  und  Ram.  ascend.  oss.  ischii  7'";  Höhe  der 
Schamfuge  1"  6'". 

Nur  mit  Mühe  gelang  es,  den  Zeigefinger  durch  die  enge 
Schamspalte  zu  führen  und  konnte  derselbe  nur  bis  zum  zweiten 
Phalangengelenk  vorgeschoben  werden.  Der  Muttermund  zeigte 
sich  tiefstehend  und  circa  V/'  geöffnet.  Setzte  Verf.  beide  Zeige- 
finger mit  einander  zugekehrter  Dorsalfläche  hakenförmig  an  den 
unteren  Theil  der  iSchambogenäBte  und  übte  nun  einen  kräftigen 
Zug  nach  entgegengesetzter  Richtung  aus,  so  zeigte  sich  eine 
deutliche  Nachgiebigkeit  der  Knochen.  Die  Wehen  waren  von 
wechselnder  Beschaffenheit,  so  dass  erst  am  3.  Februar  Abends 
9  Uhr  bei  2'/«"  grossem  Orificinm,  die  Blase  sprang  und  das 
Wasser  von  gelbbrUunlicher,  fauliger  Beschaffenheit  schleichend 
abging.  Da  schon  früher  die  Herztöne  nicht  gehört  worden 
waren,  die  Kreisseude  auch  vorgab j  seit  31.  Januar  Abends 
Kindesbewegungen  nicht  mehr  verspürt  zu  haben,  so  wurde  der 
Tod  der  Frucht  hierdurch  um  so  wahrscheinlicher.  Mit  Abfiuss 
des  Wassers  trat  der  Kopf,  dessen  Knochen  eindrfickbar  wie 
Pergament  waren,  tiefer  in  den  Beckencanal  herab,  und  wurde, 
nachdem  die  fast  erloschenen  Wehen  nach  einigen  Dosen  Mutter- 
korn von  Neuem  erwacht  waren,  in  der  Nacht  vom  3. — 4.  Febmar 
in  der  Schamspalte  sichtbar.  Die  Nachgiebigkeit  der  Becken- 
knochen, besonders  der  vorderen  Wand  des  Beckens,  erschien 
jetzt  mit  jeder  Wehe  deutlicher.  Trotzdem  blieb  jedoch  das 
Geburtshinderniss  ein  bedeutendes,  wie  sich  aus  der  allmäligen 
Bildung  eines  Schmalkopfes  und  dem  bedeutenden  Exophthalmus, 


in.   Nottseo  ans  der  Journal -Literatur.  73 

«ler  sieb  auf  der  reehten  Seite  bildete,  erkennen  Hess.  Als  der 
Kopf  mit  seiner  g^rSssten  Circamferenz  in  der  Scbamspalte  steckte, 
betrag  die  Entfernung  der  beiden  Sitsknorren  3".  Die  Gebnh 
des  Kopfes  erfolgte  in  19  Minuten  und  musste  wegen  Wehen- 
mangel der  fibrige  Rumpf  entwickelt  werden.  Das  Kind  war  ein 
aasgetragenes, '6%  Pfand  schwer  nnd  19"  lang.  Die  Nachgeburt 
musste  gelöst  werden  und  die  Hand  konnte  hiersu  ohne  grosse 
>  Behinderang  in  die  Scheide  eingehen.  Die  queren  Durchmesser 
waren  in  allen  Räumen  so  Terengt,  dass  Verf.  mit  der  Hand,  nur 
die  Radialseite  nach  vorn  gerichtet,  yorgehen  konnte.  Das 
Kreasbein  war  stark  concay  nnd  der  Vorberg  ragte  massig  in 
den  Beekeneingang  herein.  Am  müchtigsten  ausgehöhlt  war  das 
Kreusbein  circa  in  der  Gegend  des  sweiten  und  dritten  falschen 
Wirbels;  dem  entsprechend  seigre  der  Knochen  hinten  einen 
etwas  vorspringenden  Winkel.  Das  Wochenbett  verlief  ganz 
glücklich  und  fand  Verf.  die  Dehnbarkeit  der  Beckenknochen 
wie  nach  dar  Gebart. 

(v.  Scantontf  Beiträge  sur  Geburtshfilfe  und  Gynäkologie, 

Bd.  IV.,  1860.) 


Statistische  Tabelle  über  die  Vorkommnisse  in  der 
Gebäranstalt  so  München  vom  1.  October  1859  bis 
30.  September  1860. 

Es  kamen  1164  Geburten  vor,  die  meisten  im  Februar, 
nämlich  151;  Erstgebärende  waren  418,  Mehrgebärende  751; 
7  nnzeitige,*73  frühzeitige  Geburten;  1090  Schädellagen,  14  Gc- 
sichtslagen,  36  Steiss-,  Fuss-  und  Knielagen,  12  Schulterlagen; 
4  Mal  vorliegender  Fruchtkuchen,  13  Mal  Vorfall  der  Nabelschnur. 
Von  Operationen  wurden  gemacht:  1  künstliche  Frühgeburt, 
15  Wendungen  auf  die  Füsse,  14  einfache  Extractionen,  9  nach 
der  Wendung,  28  Extractionen  des  vorangehenden  Kopfes,  1  des 
nachfolgenden  Kopfes  mittels  der  Zange,  1  Kaiserschnitt,  7  Repo- 
sitionen der  Nabelschnur,  13  Nachgeburts Operationen.  Im  Wochen- 
bette kamen  vor  117  Erkrankungen,  davon  genasen  64,  wurden 
transferirt  40,  starben  13.  Von  den  Neugeborenen  waren  todt- 
gi»boren  47,  davon  19  vor,  28  während  der  Geburt  abgestorben; 
31  starben  nach  der  Geburt  an  Schwäche,  68  erkrankten  upd 
von  ihnen  starben  41. 

(Aerstliches  Intelligenzblatt  baierscher  Aerzte,  No.  49,  1860.) 


74  ni.    Notisen  ans  der  Jonnial>Literat«r* 

Hink:  Aeratlioher  Bericht  von  der  sweiten  OebSrkliiiik 
ka  Wien  1869. 

\^  4242  Gebarten  fanden  statt,  ^darunter  552  Gassengeburteu, 
4190  einfache  und  52  Zwillingsgebarten.  Geboren  warden  4294 
Kinder. 

Abortas  wurde  30  Mal,  Frühgebart  292  Mal  beobachtet 
(5  Mal  war  dieselbe  wegen  fehlerhaftem  Sitze  der  Placenta 
künstlich  eingeleitet,  3  Mal  wurde  wegen  eingetretenem  Tode 
der  Matter  der  Kaiserschnitt  gemacht),  40  von  den  frühgeborenen 
Kindern  kamen  todt  zur  Welt. 

Zwillinge  52  Mal  und  in  folgenden  Lagen: 

Beide  Kinder  eine  Hinterhanptslage 24  Mal. 

Erstes  Kind  Kopflage,  zweites  Kind  Steisslage    8     „ 
n         n  n  n  n     Passlage.     7      , 

„        „      Steisslage,     „  „     Kopflage.    5     „ 

Beide  Kinder  eine  Steisslage 8     , 

,  ,  ,     Fasslage 1      „ 

Erstes  Kind  Steisslage ,  zweites  Kind  Querlage  3  , 
In  83  Fällen  waren  die  Kinder  gleichgeschlechtig. 
Kindeslagen:  4109  Scheitelbeinlagen;  20  Qesichtalagen ; 
8  Stirnlagen;  103  Beckenendlagen  und  59  Schief-  und  Querlagen, 
nämlich  38  Querlagen  und  26  Schieflagen;  8  Mal  wurde  hierbei 
die  Wendung  auf  den  Kopf  durch  Knssere  Handgriffe  ausgeführt, 
3  Mal  die  Wendung  auf  den  Steiss,  8  Mal  Wendung  auf  den  Kopf 
durch  innere  Handgriffe,  2  Mal  Wendung  auf  die  Füsse;  com- 
plicirt  waren  diese  Lagen  2  Mal  durch  Vorliegen  einer  Hand  und 

6  Mal  durch  Vorfall  der  Nabelschnur.  25  Kinder  kamen  lebend 
zur  Welt.  Die  Querlagen  kamen  29  Mal  bei  einfachen  und  4  Mal 
bei  Zwillingskindem  vor  und  erforderten  18  Mal  die  Wendung 
auf  einen  und  15  Mal  die  Wendung  auf  beide'  Füsse.  25  Kinder 
wurden  lebend  geboren. 

Fehlerhnfte  Haltung  der  Frucht.  Vorliegen  pder 
Vorfall  einer  oder  mehrerer  Extremitäten  kam  bei  14  Fällen  zur 
Beobachtung;  Vorfall  der  Nabelschnur  wurde  in  23  Fällen  beob- 
achtet! Umschlingungen  der  Nabelschnur  ziemlich  bäu6g,  Knoten 

7  Mal  und  zwar  ein  dreifacher,  3  doppelte  und  3  einfache. 

Placenta  praevia  zeigte  sich  in  5  Fällen.  4  Mütter  starben 
(1  an  Endocarditis,  1  an  Pericarditis ,  2  an  Anämie). 

Metrorrhagien  116  Mal;  nämlich  5  Mal  während  der 
Schwangerschaft,  40  Mal  während  der  Geburt  (3  Mal  bei  Ruptur, 
uteri  spontan.);  58  Mal  bei  Neuentbnndenen  und  18  Mal  bei 
Wöchnerinnen. 

Operationen:  Repositio  fun.  umb.  7,  Reposition  von  Ex* 
tremit&t  10,  blutige  Erweiterung  der  Schamspalte  4  Mal.  W  endung: 
auf  Kopf  21  Mal,  den  Steiss  3  Mal;  auf  die  Ffisse  42  Mal.    Per- 


/ 


IV.    Literatur.  75 

loration   4,   künstliche  Frühgebnrt  6,   Sect.  oaesar.  in 
nort.  3  Mal,  knnatliche  Lösung  der  Plaeenta  17. 

Von  4856  Wöchnerinnen  erkrankten  an  Pnerperalproeessen  89 
ond  63  geheilt  entlassen,  26  starben,  9  transferirt,  1  verblieb. 

Kengeboren:  lebend  geboren  2137  Knaben  and  2062 
Mädchen.  Es  starben  in  den  ersten  9  Tagen  112  Knaben  and 
76  MSdeben;  todtgeboren:   60  Knaben  and  45  Mädchen.    . 

Unter  angeborenen  Missbildangen  sind  herrorsabeben: 

1  Hjdroceph.  congen.,  1  Hydrooeph.  et  spin.  bif.,  1  Derenceph. 
et  spin. 'bif.,  1  Spin.  bif. ,  1  Anencephalie,  1  Bannia  cong., 
1  Atresia  inter.  recti,  etc. 

(Al)g.  Wien.  med.  Zeitang,  No.  32,  83,  84,  38  n.  40,  1860.) 


IV. 
Literatur. 


Hermann  8ehu>art%j  Beiträge  snr  Geschichte  des  FÖtns 
im  Fotns.     87  Seiten.     4.    Marbarg  1860. 

Diese  Schrift  ist  in  einem  Prorectoratsprograrame  enthalten, 
wie  solche  anf  der  Universität  Marbarg  beim  jedesmaligen  Wechsel 
dieser  höchsten  Behörde  Ton  einzelnen  Professoren  geschrieben 
werden.  So  schön  nnd  anregend  für  manchen  Lehrer  diese  alte 
Sitte  ist,  indem  sie  ihm  Gelegenheit  darbietet,  Arbeiten  der  Oeffent- 
lichkeit  za  übergeben,  mit  denen  er  vielleicht  anter  anderen  Um- 
ständen länger  enrückgehalten  hätte;  so  hat  dicRelbe  doch  ^ach 
wieder  insofern  ihre  Schattenseite,  als  das  in  solchen  Programmen 
Enthaltene  nicht  so  allgemein  in  der  literarischen  Welt  ver* 
breitet  wird,  als  es  vielleicht  der  abgehandelte  Gegenstand  selbst 
verdient.  Wir  machten  dies  anf  den  oben  stehenden  Beitrag 
des  Verfassers  angewendet  wissen,  nnd  wollen  wenigstens  das 
Unsrige  dasa  beitragen,  anf  jenes  Programm  aufmerksam  so 
machen ,  welches  einen  allgemein  interessirenden  nnd  selten  vor- 
kommenden Gegenstand  enthält,  welcher  mit  der  rühmlichsten 
Genanigkeit,  wie  wir  solche  an  dem  Verfasser  der  schätzbaren 
Untersaehnngen  über  die  vorzeitigen  Athembewegangen  der  Fracht 
niebt  anders  gewohnt  sind,  beschrieben  and  gedentet  ist. 

An  der  Spitze  der  Abhandlang  beschreibt  der  Verfasser  einen 
Kall  von  angeborener  Steissgesehwalst  mit  Brachstücken  der 
Fraeht,  welcher  in  der  Gebäranstalt  za  Marbarg  im  Anfange  dea 


76  IV-    Literatur. 

Jahres  1860  beobachtet  wnrde.  Dan  Kincl,  weiblichen  Geschlechts, 
hatte  am  GesHes  eine  unreg^elmässig^e,  biraförniige  Geschwulst, 
welche  mit  ihrem  dicken  Theile  nach  oben  gekehrt  war  und 
breit  gestielt  anfsass.  Nach  unten  ging  sie  in  einen  randlichen 
durchscheinenden  fluctnirenden  Beutel  über.  Sie  Terlor  sich  mit 
ihrer  Basis  in  den  allgemeinen  Decken  der  hinteren  Steiss-  und 
Krenzbeingegend  und  endigte  links  mit  einem  taubeneigrossen 
Knollen.  Man  bemerkte  auf  der  Rückenfl&che  und  am  rechten 
Seitenrande  der  Geschwulst  mehrere  warzenförmige  Cutisvorsprünge, 
von  denen  einer  eine  spaltförmige  Mündung  deckte;  mtfn  kannte 
^1^'  tief  einen  Katheter  einschieben,  und  war  das  Lumen  dieser 
Oeffnung  schleimhüutig  ausgekleidet.  Dicht  neben  dieser  Oeffnung 
fand  sich  noch  ein  kleines  Grübchen,  welches  7,''  tief  blind 
endigte.  An  der  Grenze  der  Hauptmasse  und  des  unteren 
fluctuirenden  Endes  der  Geschwulst  sah  man  einige  spärliche  Vs" 
lange  Haare. 

Da  die  Geschwulst  eine  operative  Entfernung  gestattete,  so 
führte  der  Verfasser  47  Stunden  nach  der  Geburt  die  Abtragung 
derselben  aus,  welche  sehr  gut  gelang.  Bei  der  Entfernung  der 
Geschwulst  ward  ausser  dem  sonstigen  Inhalte  derselben  auch 
ein  eigenthümlicher  Hohlraum  durchschnitten,  dessen  oberes, 
anscheinend  kanalförmiges  Ende  sich  dicht  unter  der  Haut  in 
einen  der  Knollen  fortsetzte,  während  das  untere  blindsackige 
Ende  an  der  Schnittfläche  der  abgetragenen  Geschwulstmasse 
haften  blieb.  Dieser  Hohlraum  entsprach  seiner  Lichtung  nach 
ungefähr  dem  Dickdarme  einer  reifen  Frucht,  schien  auf  den 
ersten  Blick  schleimhäutig  ausgekleidet  zu  sein  und  war  mit 
einer  an  Farbe  und  Consistenz  dem  Meconium  täuschend  ähnlichen 
Masse  angefüllt.  Eine  Communication  mit  dem  Darmkanale  des 
wohlgebildeten  Kindes  war  nicht  vorhanden.  Nachdem  ein  Haut- 
stück jenes  Knollen  mit  einem  beträchtlichen  Theile  des  er- 
wähnten Hohlraumes  fortgenommen  war,  wurde  hier  ein  unregel- 
mässiges  ruadlicheckiges  Knorpel-  und  Knochenstück  ausgeschält, 
worauf  die  ganze  Wunde  durch  Knopfnähte  geschlossen  ward. 
Die  Wunde  heilte  und  in  der  sechsten  Woche  nach  der  Gebuit 
konnte  das  Kind  gesund  entlassen  werden.  Später  sah  der  Ver- 
fasser das  Kind  noch  einmal;  die  Narbe  war  zwar  etwas  unregel- 
mässig und  uneben,  lag  jedoch  grösstentheils  in  der  mehr  und 
mehr  sich  formirenden  Afterkerbe  versteckt.    Das  Kind  gedieh  gut. 

Die  Untersuchung  des  Inneren  der  Geschwulst  ergab  Folgendes : 
Der  angefühi-te  mit  Flüssigkeit  erfüllte  Sack  setzte  sich  in  seinen 
Wandungen  aus  der  Cutis  und  einem  starken  entwickelten  Untcr- 
hautbindegewebe  zusammen.  Der  Inhalt  zeigte  sich  als  eine 
Auflösung  des  sogenannten  Paralbumin.  Was  die  solide  Haupt- 
masse der  Geschwulst  betrifft,  so  bemerkte  man  zunächst  an 
der  Schnittfläche  derselben   das  blinddsackige  Ende   des  bei  der 


IV.    Literatur.  77 

Operation  darobschnitteneOi  mit  meconiaiiiartigem  Inhalte  erfüllten 
Hohlraumes,  das  blinde  Ende  eines  radinientüren  Darms,  and 
endlich  die  Oeffiaong  eines  Kanals,  der  in  schr&ger  Richtung 
abwärts  verlaufend  nach  aussen  mundete.  Dieser  iCanal  war 
nicht  mit  Schleimhaut  ausgekleidet,  sondern  die  Wandungen 
nahmen  gleich  hinter  der  äusseren  Mündung  den  Charakter  des 
anliegenden  Bindegewebes  an.  Weder  aus  der  Strnctur  noch 
aus  der  Lage  des  Kanals,  der  einen  Theil  der  rudimentären 
Fmeht  dnrchsog,  liess  sich  seine  Bedeutung  erkennen.  Möglich, 
dass  dieser  Kanal  ans  einer  mit  Flüssigkeit  gefüllten  Kyste  entr 
standen,  die  in  Folge  eines  Stosses  bei  Bewegungen  des  normalen 
Fötus  platste  und  sich  nicht  wieder  schloss.  Das  rudimentäre 
Darmstück,  welches  zum  Theil  in  eine  Höhlung  eines  vorhandenen 
Knorpelgerüstes  eintrat,  war  ein  gewundenes,  5''  langes,  3"'  im 
Durelunesser  haltendes  Bohr,  welches  an  beiden  Enden  blind 
endigte.  Ein  undurchsichtiges  festes  Mesenterium  war  längs  des 
ganaen  Darmes  angeheftet,  und  der  ganie  Baui|i,  in  welchem 
das  Darmstück  lag,  war  mit  Feptonäum  ausgekleidet  und  um-  , 
schloss  das  Intestinum  genau,  ohne  sonst  etwas  au  enthalten. 
Die  Schleimhaut  des  Darmstückes  war  mit  Cylinderepithel  be- 
kleidet, aeigte  jedoch  keine  Zotten.  Im  Uebrigen  setste  sich 
die  Geschwulst  zusammen  aus  einer  von  zahlreichen,  sehr  feinen 
Blntysfltesen  und  stärkeren  sehnigen  Fäden  durchzogenen,  stark 
fetthaltigen  Bindegewebsmasse,  einem  complicirten  Gerüste  von 
grösstentheils  knorpeliger  Substanz  und  einem  ganz  aus  Knochen- 
masse bestehenden  Stücke.  Von  Muskeln  und  Nerven  ward  nirgends 
eine  Spur  aufgefunden.  Die  Verfolgung  der  vor  der  Untersuchung 
i^jicirten  Gefässe  lieferte  kein  nennenswerthes  Resultat. 

Diesem  mitgetheilten  Falle  reihte  nun  der  Verfasser  den 
zweiten  Theil  seiner  Arbeit  „über  die  Entwickelung  der  Steiss- 
parasiten**  an,  welchen  er  mit  musterhaftem  Fleisse  und  unter 
Benntsung  einer  sehr  reichhaltigen  Literatur  ausgeführt  hat. 
Leider  lassen  sich  die  erheblichen  Verschiedenheiten,  wie  sie 
hinsichtlich  des  Entwickelungsgrades  der  Steissparasiten,  ihrer 
Form  und  Struotur,  ihrer  Lagerung  und  Verbindung  mit  dem 
Träger  im  Einzelnen  Torkomraen,  zur  Zeit  noch  nicht  so  voll- 
ständig übersehen,  wie  für  das  sichere  Versttindniss  der  Ent- 
wickelnngsgeschichte  wünschenswerth  wäre.  Man  hat  es  hier 
mit  einem  nicht  nur  sehr  serstreuten,  sondern  auch  mit  einem 
nur  unsicher  abzugrenzenden  Beobachtungsmaterial  zu  thun. 
Zwar  ist  die  Casuistik  der  angeborenen  Sacral-  nnd  Ferinäal- 
tnmoren  sehr  zahlreich,  allein  die  Untersuchung  ist  oft  sehr 
unklar,  die  Entscheidung  sehr  schwierig.  Es  sind  vom  Verfasser 
nur  die  mdgUchst  unzweifelhaften  Fälle  in  Betracht  gesogen 
worden,  und  zwar  rechnet  er  nur  diejenigen  angeborenen  Ge- 
schwülste   und  Anhängsel    der  Kreuz-    und   Dammgegend  dahin, 


78  IV-    Literatar. 

welche  nicht  oar  vereinselte  Gewebe  in  nnregelmlsBiger  An- 
ordnung, sondern  Gebilde  eeigen,  die  in  ihrer  anatottiisehen 
Oestaltting  und  Stmctur  erkennbare  Theilreete  eines  individnellea 
mensehlischen  Organismus  darstellen.  Als  derartige  Gebilde  finden 
sich  nan  bald  im  Vereine  mit  einander,  bald  auch  einaeln  und 
als  einzig  sichere  Merkmale  für  den  gegebenen  Fall  folgende: 
a)  Brachstacke  von  Darmkanal:  11  Fälle.  6)  Theile  von  Kopf-  und 
Stammskelett:  6  Fälle,  c)  Eztremitätenstdcke.  Sind  es  obere  Ex- 
tremitäten, so  ist  das  Vorhandensein  eines  rerkfimmertenDoppelfStns 
nnaweifelhaft:  dazn  8  Fälle.  Hinsichtlich  der  unteren  Extremitäten 
ist  die  Entscheidung  schon  missiicher:  der  Verfasser  hat  6  be- 
stimmte Fälle  aufgesählt.  Im  Ganzen  incl.  der  eigenen  Beobachtung 
Hegen  demnach  32  Fälle  als  Grundlage  weiterer  Erörterungen 
vor.  In  der  Regel  sind  es  wohlgestaltete  Individuen,  bei  denen 
die  in  Bede  stehende  Monstrosität  vorkommt.  Dagegen  seheint 
die  Dauer  des  Fötallebens  so  wie  der  Geburtsaot  eine  Störung  zu 
erleiden.  In  12>Fällen  nämlich  kamen  die  Träger  todt  oder  sterbend 
zur  Welt;  5  von  diesen  wurden  2-^8  Monate  zu  frOh  und  2  Mal 
auch  im  macerirten  Zustande  geboren;  einer  betraf  einen  bei  der 
intrauterinen  Ernährung  beträchtlich  zu  kurz  gekommenen  Zwilling, 
und  bei  secha  läset  sich  eine  durch  die  Steissgeschwulst  bedingte 
mechanische  Erschwerung  des  Gebnrtsactes  als  Todesursache 
annehmen.  Der  Verfasser  betrachtet  dann  die  Gestalt  dieser 
parasitischen  Gebilde,  die  äusserst  verschieden  sein  kann;  er 
berichtet  über  ihren  inneren  Bau,  wo  er  besonders  das  Skelett 
in*s  Auge  fasst.  Es  pflegt  dieses,  so  dürftig  es  auch  sein  kann, 
doch  von  allen  Systemen  des  Körpers  noch  am  reichhaltigsten 
vertreten  zu  sein,  kann  aber  neben  einem  vorhandenen  Darm- 
rudiment ganz  formlose ,  in  keiner  Weise  bestimmende  Bildungen 
zeigen.  Sein  Verknöcherungsgrad  ist  natürlich  sehr  verschieden 
und  steht  im  Allgemeinen  theils  zum  Lebensalter,  theils  zur 
Ausgiebigkeit  der  Ernährung  im  Verhältnisse.  Von  den  einzelnen 
bestimmt  geformten  Theilen  desselben  treten  vorzugsweise  Ex- 
tremitäten auf,  welche  der  Verfasser  dann  weiter  beschreibt.  Vom 
Kopf-  und  Stammskelett  finden  sich  innere  nur  undeutliche  8puren. 
Von  bestimmbaren  Eingeweiden  kommt  bei  den  Steissparasiten 
höchstens  ein  kurzes  Darmrudiment  zur  Entwickelnng.  Am 
.dürftigsten  entwickelt  ist  das  Nerven-  und  Muskelsystem.  Ein 
eigenthnmliches  Gefässsystem  giebt  sich  bei  den  Steissparasiten 
insofern  niemals  zu  erkennen,  als  dasselbe  in  jedem  Falle  eines 
eigenen  Centralapparates  eutbehrt,  mit  den  Körpergefassen  des 
Trägers  in  directer  Verbindung  steht  und  lediglich  von  diesen 
aus  versorgt  wird.  —  Was  nun  die  Veranlassung  zur  einseitigen 
Verkümmerung  eines  ursprünglich  regelmässig  angelegten  Monstrum 
pygodidymum  betrifft,  so  entspricht  wohl  die  Annahme  von 
B,   SehuUze   im    Wesentlichen    der   Wirkliehkeit.     Dieser    fährt 


IV.     LHeratur.  79 

nftmlieh  weiter  aus,  dass  die  seiner  Bfeinung  nach  in  einem 
anprfinglichen  relativen  Dottermangpel  begründete  Entwickelnngs- 
hemmiing  des  einen  Pypopagcm  schon  in  einer  früheren  Periode 
des  £mbryonallebens  eq  Stande  kommen  müsse.  Er  rerlegt 
diese  Periode  in  die  Zeit  ror  der  Erhebung  der  Schwanzenden 
▼on  der  Keimhant  nnd  sagt:  „^^i^i^  *u  dieser  Zeit  der  eine 
Pypopage  in  der  Entwickelang  znrttckbleibt,  so  wird  der 
andere  bald  mit  seinem  Schwansende  über  ihn  hinauswachsen, 
ibn  entweder  mit  der  oberen  oder  unteren  Pl^iche  berührend. 
Der  an  der  oberen  FlKche  gelegene  zweite  Fötus  wird  in  die 
allgemeinen  Bedeckungen  auf  der  Rückseite  des  Kreuzbeins»  der 
an  der  unteren  Fläche  gelegene  an  der  vorderen  Seite  des 
Kreuzbeins  In  die  Beckenhöhle  eingeschlossen  werden.  Das 
Hinanswachsen  des  grösseren  Fötus  über  den  anderen  ist  so  zu 
denken,  dass  das  kraftig  sich  entwickelnde  Schwanzende  eine 
Falte  der  beiden  oberen  oder  aller  drei  Blätter  vor  sich  her 
schiebt.  In  welcher  dann  der  kleinere  Fötus  mit  seiner  ent- 
sprechenden Fläche  der  Bauch-  oder  Rttckenfläche  anliegt;  wenn 
der  rudimentäre  Fötus  Darmgebilde  enthält,  so  geht  daraus  hervor, 
dass  das  vegetative  Blatt  an  der  Bildung  jener  Falte  Theil  nahm.* 
Der  Verfasser  fügt  noch  hinzu,  dass  sich  nach  seiner  Meinung 
die  Verkümmerung  des  einen  Steisszwillings  auf  denselben  Vor- 
gang gründet,  welcher  dem  letzteren  eine  parasitische,  vom 
Träger  abhängige  Fortexistenz  theil  weise  gestattet,  und  dies 
ist  eine  Anastomose  der  Embryonalgefässe ,  die  bei  ihrer  Ent- 
stehung auf  einander  stiessen.  Ist  diese  Gefässverbindung  aus- 
iriohig  genug,  so  muss  sie  dieselbe  Folge  haben,  wie  die 
Placentaranaatomose  bei  den  herzlosen  Missgeburten.  Der  von 
verschiedenen  Centren  aus  in  entgegengesetzter  Richtung  ge- 
triebene Blutstrom  begegnet  und  hemmt  sich  gegenseitig  unter 
Rüekstaunng  zum  Herzen  hin.  Auf  derjenigen  Seite,  wo  die 
geringere  Triebkraft  wirkt,  wird  selbstfolglich  die  Hemmung  air 
gröBSten  ausfallen  und  mehr  und  mehr  zunehmen  bis  zum  schliess- 
.Uchen  Stillstande  des  schwächeren  Centralapparates,  nach  dessen 
Untergang  lediglich  vom  siegenden  Embryo  aus  die  Gefässe  des 
vernichteten  Zwillings  versorgt  werden  können.  Es  begreift  sich, 
dass  diese  Versorgung  nur  eine  unvollkommene  sein  kann  und 
um  so  dürftiger  ausfallen  muss,  je  weniger  Zu-  und  Abfluss  des 
Blutes  sieh  in  entsprechender  Weise  regeln  könne.  Wie  das 
Herz  so  müssen  auch  eine  Reihe  von  Gefässen  des  unterliegenden 
Embryo  nach  vorgängiger  Coagulation  ihres  Inhaltes  oder  weil 
sie  gar  kein  Blut  mehr  enthalten ,- veröden  und  sammt  ihrem 
Inhalte  f^nzlich  atrophiren.  Von  den  übrigen  Gefässen  müssen 
einige  mehr  oder  weniger  Blut  vom  fortlebenden  Embryo  zn- 
getheilt  bekommen  und  können  dann  eine  der  Quantität  und 
Qualität  des  zuströmenden  Blutes  adäquate  Ernährung  und  Fort- 


80  IV.    Lit^rator. 

entwickelung  des  versorgtes  Besirkes  eroiÖgUchen,  soweit  eben 
in  diesem  noch  keimfähige  Gebilde  enthalten  sind.  Hinsichtlich 
der  Frage,  wo  kommt  die  in  dieser  Weise  wirksame  Gef&ss- 
anastomose  der  Steissswillinge  la  Stande:  aosserhalb  der  £m- 
brjonalanlagen  auf  der  gemeinsamen  Dotterblase  oder  innerhalb 
derselben  an  der  Yereinigangsstelle  der  Schwansenden?  scheint 
von  beiden  Möglichkeiten  die  letstere  die  meiste  Wahrscheinlich 
kjeit  für  sich  sn  haben.  Das  rasche  Eingehen  der  Dotterblase 
und  der  Vasa  omphalo-meseraica,  sowie  die  öfters  gefundene 
mächtige  Ent  Wickelung  der  autositischen  Beckenge  fasse  sprechen 
wenigstens  dafür,  dass  es  die  beiderseitigen  Aortenendigungen 
waren,  welche  mit  einander  in  Verbindung  traten. 

In  Vorstehendem  haben  wir  Tersueht»  den  Inhalt  der  Com- 
mentation  ansugeben,  welche  in  präciser  Weise  ihrem  Thema, 
einen  Beitrag  anr  Geschichte  de«  Fötus  im  Fötus  tu  liefern, 
nachgekommen  ist.  Noch  sei  bemerkt,  das«  der  Fall,  welchen 
der  Verfasser  beobachtet  hat,  auf  drei  Tafeln  bildlich  dargestellt 
ist,  auf  deren  Einsicht  in  der  Beschreibung  selbst  Terwiesen  ist. 

▼.  8. 


V. 
Verhandlungen  der  Oesellschaft  für  Oeburtshülfe 

in 

Berlin. 

Sitzung  vom  23.  October  18G0. 

Herr  Martin  eröffnet  die  Sitzung  mit  folgendem 
Bericht  über  einen  mit  glücklichem  Ausgange 
Tollführten  Kaiserschnitt 

▼on 

Dr.  Olisezynski  in  Warschau. 
T:  B.,  28  Jahre  alt,  befand  sich  am  24.  Februar  d.  J. 
am  rechtzeitigen  Ende  ihrer  ersten  Schwangerschaft  und  fühlte 
an  demselben  Tage  um  9  Uhr  früh  die  ersten  Wehen,  die 
Anfangs  nur  schwach,  alle  Stunden  und  noch  seltener  wieder- 
kehrten.  Am  Abend  und  die  ganze  Nacht  hindurch  waren  die 
Wehen  stärker  und  kehrten  häufiger  wieder.  Die  hinzugerufene 
Hebamme  fand  bei  der  inneren  Untersuchung  den  Kopf  als  den 
voraDgehendm  Kindestheil  und  beruhigte  die  Umgebung  wegen 
des  weiteren  Geburtsverlaufs.  Am  25.  und  26.  dauerten  die 
Wehen  fort,  bald  stärker,  bald  wiederum  schwächer  werdend 
und  gönnten  der  Gebärenden  eine  selbst  stundenlange  Ruhe. 
Da  sich  am  27.  der  Zustand  in  Nichts  geändert  hatte,  so 
wurde  die.  Hülfe  eines  Arztes  in  Anspruch  genommen;  als 
derselbe  jedoch  die  Nothwendigkeit  einer  Operation  in  Aussicht 
stellte  und  sich-  an  einen  jüngeren  CoUegen  wenden  Hess, 
so  wartete  man  noch  bis  zum  näch^en  Tage.  Am  28.  er- 
folgte der  Blasensprung  und  der  Abgang  des  Fruchtwassers 
und  da  auch  jetzt  trotz  kräftigen  und  häufigen  Wehen  und 
fersdiiedenen  von  Seiten  der  Hebamme  angestellten  Hanipu-- 
lationen  die  Geburt  keine  Fortschritte  machte,  wurde 'College 

MoBAtatehr.  f.  Qebartek.  1861.  Bd.  XVn.,  Rfi.  9.  0 


82  ^*    Verhandlangen  der  GeselUchaft 

Bruner  hiDzugerufen.  Nach  sorgfältiger  Untersuchung  der 
Kreissenden  gewann  College  B,  die  üeberzeugung,^  dass 
mindestens  die  Perforation  wird  vorgenommen  werden  müssen 
und  erbat  sich  meinen  und  des  CoUegen  Darewski  Beistand. 

Gegen  8  Uhr  Abends  begab  ich  mich  im  Beisein  des 
Collegen  JBrt^n^r  in  die  Wohnung  der  Gebärenden.  Dr.  Darewski 
war  schon  vorher  dort,  man  hatte  ihm  es  jedoch  aus  Furcht 
vor  der  stattzufindenden  Operation  die  Kreissende  zu  unter- 
suchen nicht  erlaubt.  Es  felüte  nicht  viel,  so  hätte  auch 
uns  dasselbe  Schicksal  getroffen,  allein  wir  liessen  uns, 
voraussehend  die  Wichtigkeit  des  Falles,  nicht  so  leicht  ab- 
fertigen. Es  gelang  mir  endlich  nach  langem  Zureden,  die 
Erlaubniss  zur  Untersuchung  zu  erhalten.  Ich  erfuhr,  dass 
die  betreffende  Person  in  dem  Alter  von  einem  Jahre  schon 
anfing,  gehen  zu  lernen  und  bis  zum  dritten  Lebensjahre 
völlig  gesund  war.  Drei  Jahre  alt  bekam  sie  die  englische 
Krankheit  (Rhachitis),  welche  vier  Jahre  lang  anhielt  Durch 
diesen  ganzen  Zeitraum  konnte  das  Kind  weder  gehen  noch 
auch  sich  auf  den  Füssen  aufrecht  erhalten  und  kroch  nur 
auf  allen  Vieren  auf  der  Erde  herum.  Im  siebenten'  Lebens- 
jahre tvurde  sie  wieder  gesund,  ihr  Gang  jedoch  blieb  immer 
unsicher  und  wackelnd.  Achtzehn  Jahre  alt  bekam  sie  zum 
ersten  Mal  ihre  Regeln,  die  von  nun  an  alle  vier  Wodien 
regelmässig  wiederkehrteik 

Die  Gebärende,  von  niedriger  Statur  und  schlankem 
Körperbaue,  bot  an  den  unteren  Extremitäten,  deren  Schien- 
beine sehr  bedeutend  verkrümmt  waren,  unverkennbare 
Zeichen  überstandener  Rhachitis.  Der  Umfang  des  mit  sehr 
gespannter  Haut  bedeckten  Unterleibes,  war  massig;  der  Grund 
der  Gebärmutter  mehr  nach  links  gerichtet  ragte  gegen  4  Zoll 
über  den  Nabel  hinauf  und  unterhalb  desselben  ebenfalls 
linkerseits  hörte  man  ganz  deutlich  die  Herztone  .des  Kindes, 
etwa  140  Schläge  in  der  Minute.  Die  Temperatur  der  Scheide 
war  etwas  erhöht,  ihre  Innenfläche  jedoch  feucht  mit  reich- 
lichem Schleime  bedeckt.  Der  in  dieselbe  eingebrachte  Finger 
fühlte  hoch  oben  dßn  beutelformig  herabbangenden  und  leeren 
unteren  Abschnitt  der  Gebärmutter.  Die  Ränder  des  für 
beinahe  drei  Finger  ziemlich  leicht  zugängigen  Muttermundes 
waren  etwas  wulstig  und  rechterseits   wahrscheinlich  durch 


fUr  Qebarishülfe  in  Berlin.  83 

die  Ton  der  Hebamme  angestellten  Manipulationen  etwas  ein- 
gerissen. Nach  unten  und  hinten  vom  unteren  Abschnitte 
der  Gebärmutter  erreichte  man  mit  der  grussten  Leichtigkeit 
den  kaum  2  Zoll  von  der  Schambeinverbindung  entfernten 
Vorberg,  der  gleichzeitig  etwas  nach  links  verschoben  war. 
Die  linke  obere  Beckenapertur  war  ganz  leer;  in  der  rechten 
etwas  grösseren  fühlte  man  einen  ganz  kleinen  Abschnitt 
eines  rundlichen,  an  den  Seiten  hart  sich  anfühlenden  Körpers, 
den  man  leicht  als  den  mit  einem  leicHten  Vorkopf  versehenen 
ganz  beweglich  auf  dem  Beckeneingange  ruhenden  Schädel 
erkannte. . 

Der  allgemeine  Znstand  war  gut,  der  UjQterleib  nicht 
schmerzhaft;  der  Puls  sddug  120  in  der  Minute.  Die  Geburts- 
wehen waren  häufig  und  kräftig.  —  Die  Länge  der  Diagonal- 
conjugata  betrug  2"  6'",  die  der  äusseren  Conjugata  4''  11'". 
Zieht  man  also  im  ersten  Falle  6 — 8'",  im  zweiten  auf  die 
Dicke  der  Knochen  und  Weichtheile  3  Zoll  ab,  so  bleibt  für  den 
geraden  Durchmesser  des  Beckeneinganges  knapp   zwei  Zoll. 

Da  es  mir  einerseits  klar  wurde,  dass  hier  ein  mechanisches 
Geburtshinderniss  obwalte,  das  in  der  durch  Rhachitis  ent- 
standenen höchsten  Verengerung  des  Beckeneinganges  begründet 
sei;  andererseits  aber  kein  Zweifel  obwaltete,  dass  ein  aus- 
getragenes Kind  selbst  nach  geschehener  grösstmöglicher  Ver- 
kleinerung seines  Umfanges  durch  ein  so  verengtes  Becken 
nicht  wird  zu  Tage  gefördert  werden;  so  erklärte  ich  dem 
Collegen  Bruner,  dass  nach  meinem  Dafürhalten  eine  absolute 
Indication  zum  Kaiserschnitt  obwalte,  was  derselbe  auch 
zugab.  —  Der  verhältnissmässig  gute  Zustand  der  Gebärenden, 
der  noch  geeignete  Zeitpunkt  zur  Ausführung  der  Operation, 
die  Gegenwart  kräftiger  und  gesunder  Wehen  und  die  vom 
bestehenden  Leben  des  Kindes  erlangte  Gewissheit;  alles  das 
forderte  uns  auf,  ohne  Zeitverlust  unseren  Plan  in  Ausführung 
zu  bringen.  Zu  dem  Ende  theilten  wir  der  nächsten  Familie 
der  Gebärenden  unsere  Meinung  mit  und  stellten  vor,  dass, 
falls  sie  unserem  Rathe  nicht  folgen  würden,  die  Mutter  sich 
zu  Tode  quälen  und  das  Kind  sicher  untergehen  werde;  dass 
aber  durch  den  Kaiserscimitt  das  Kind  höchst  wahrscheinlicii 
gerettet  und  die  Mutter  wenigstens  dem  sicheren  Untergange 
nicht  preisgegeben  werde.  —  Nur  mit  vieler  Mühe   gelang 

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84  V.    yerhandlnngen  der  Gesellschaft 

es  uns  der  Familie  begreiflich  zu  machen,  um  was  es  sich 
handelt  und  welche  Gefahr  für  jeden  Fall  bevorsteht  Da  die 
Gebärende  vor  der  Hand  auf  keine  Operation  einwilligen  wollte, 
mit  der  Behauptung,  sie  sei  entschlossen,  am  Morgen  des 
darauf  folgenden  Tages  sich  derselben  zu  unterziehen  und 
nur  bat,  ihr  zur  Linderung  der  Schmerzen  etwas  einzugeben, 
so  beschlossen  wir,  sie  unter  diesem  Vorwande  zu  chloro- 
formiren  und  die  Operation  auszuführen.  Obgleich  wir  auf 
diese  Weise  die  allgemein  angenommene  Regel,  ohne  aus- 
drückUche  Erlaubniss  von  Seiten  der  Gebärenden  die  Operation 
nie  zu  unternehmen,  zu  umgehen  suchten^  so  war  dennoch 
unser  Handeln  in  diesem  Falle  vollkommen  gerechtfertigt. 
Die  Operation  war  absolut  angezeigt  und  musste  als  das 
einzige  Rettungsmittel  für  Mutter  und  Kind  angesehen  werden ; 
da  die  Gebärende  sich  selbst  überlassen  in  Folge  des  noth- 
wendig  zu  erfolgenden  Gebärmutterrisses  oder  Brandes  sicher 
untergehen  musste  und  ein  anderes  milderes  Verfahren  dicht 
ausführbar  war.  Nur  der  sofort  und  ohne  Zeitverlust  in 
Ausführung  gebrachte  Kaiserschnitt  bot  die  Möglichkeit  dar, 
sowohl  Mutter  als  Kind  retten  zu  können.  Andererseits  aber 
würde  die  Nachricht  von  der  sofortigen  Nothwendigkeit  einer 
so  gefahrlichen  Operation  gewiss  einen  sehr  nachtheiligen 
Einfluss  auf  das  Gemüth  der  durch  fünftägige  Geburtsarbeit 
und  Schlaflosigkeit  ermatteten  Gebärenden  ausgeübt  haben.  — 
Nachdem  wir  die  Einwilligung  zur  Operation  von  den  nächsten 
Anverwandten  erhalten,  beschlossen  wir,  unseren  Plan  sofort 
in. Ausführung  zu  bringen.  Nachdem  wir  die  nöthigen  Vor- 
bereitungen getroffen,  Chloroform,  die  nöthigen  Heftpflaster- 
streifen, Instrumente,  Schwämme  und  Alles,  was  für  die 
Ausführung  der  Operation  oder  nach  derselben  zur  Anwendung 
kommen  könnte,  hergeschafft,  erbaten  wu*  uns  die  Assistenz  der 
Herren  CoUegeh  Lebrun,  Konüz,  Darewski  und  Dorautotviez, 
In  Gegenwart  dieser  Herren  und  hn  Beisein  zweier  Hebammen 
schritt  ich  zur  Operation,  nachdem  vorher  der  Mastdarm 
durch  Klystiere  und  die  Blase  durch  den  Katheter  von  ihrem 
Inhalte  entleert  waren.  Dem  CoUegen  Dorautowiez  gelang 
es  in  sehr  kurzer  Zeit,  die  Gebärende  vollständig  zu  chloro- 
formiren,  worauf  sie  auf  den  wohl  erleuchteten  Operations- 
tisch horizontal  auf  den  Rücken  gelegt  wurde.     Die  Collegea 


fBr  Oebnrtsbfilfe  in  Berlin.  g5 

Konüz  und  Darewski  untersuchten  sie  noch  einmal  und 
überzeugten  sich  yon  der  Nothwendigkeit  des  Kaiserschnittes. 
Hierauf  traten  die  Assistenten  an  ihre  Plätze  und  ich  unter* 
sachte  die  vordere  Bauchwand  ganz  genau  durch  Percussion 
and  Palpation  und  überzeugte  mich,  dass  zwischen  der  Gebär- 
mutter und  der  vorderen  Bauchwand  keine  Eingeweide  sich 
befanden.  Zur  rechten  stehend  fährte  ich  den  Schnitt  in  der 
Richtung  der  weissen  Linie  vom  Nabel  abwärts  bis  einen  Zoll 
oberhalb  der  Schambeinverbindung  und  zwar  aus  freier  Hand. 
Nachdem  ich  so  alle  Schichten  bis  auf  das  BauchfeU  getrennt, 
machte  ich  in  demselben  eine  kleine  Oeffnung  und  vergrösserte 
dieselbe  auf  dem  Zeigefinger  nach  oben  und  nach  unten. 
Das  wem'ge  zum  Vorschein  gekommene  Blut  wurde  mit 
Schwämmen  entfernt,  worauf  ich  die  Durchschneidung  der 
Gebärmutter  in  derselben  Richtung  vornahm,  den  zuerst  ge- 
machten kleinen  Einschnitt  nach  oben  und  unten  auf  dem 
Zeigefinger  verlängernd.  —  Die  ganze  Oberfläche  der  auf 
diese  Weise  zum  Vorschein  gekommenen  Frucht  bedeckten 
die  unversehrten  Eihäute  und  nach  ihrer  Durchreissung  zeigte 
sich  in  der  Wunde  die  rechte  Schulter  als  der  am  meisten 
vorragende  Tbeil.  Ich  eritwickelte  die  zugehörige  obere 
Extremität,  darauf  nicht  ohne  Schwierigkeit  den  Kopf  und 
dann  auch  alle  übrigen  Theile  des  Kindes, 'übergab  es 
def  Hebamme,  und  unterband  und  durchschnitt  die  Nabel- 
schnur. —  Fast  unmittelbar  darauf  löste  ich  die  Nachgeburt 
und  entfernte  sie  durch  die  Wunde,  während  die  Herren 
CoHegen  so  gut  die  Gedärme  zurückhielten,  dass  wir  das 
Hervordrängen  von  Darmscblingen  nicht  zu  befurchten  hatten. 
Nachdem  nun  die  Wunde  gereinigt,  die  wenigen  Blutgerinnsel 
entfernt  waren  und  die  Gebärmutter  sich  gehörig  zusammen- 
gezogen hatte,  wozu  .das  Auftröpfehi  von  Schwefeläther  auf 
den  Unterleib  das  Seim'ge  auch  beigetragen  haben  mag,  ver- 
einigte ich  die  Bauchwunde  mit  vier  Knopf-  und  zwei  um- 
schlungenen Nähten.  Dabei  fasste  ich  das  Bauchfell  nicht 
mit,  obgleich  im  Allgemeinen  das  Gegentheil  angerathen  wird; 
und  zwar  that  ich  es  in  der  Absicht,  um,  da  die  Hefte  länger 
liegen  bleiben  sollten,  das  verletzte  Bauchfell  nicht  noch  mehr 
zu  reizen.  Den  Bauch  umgab  ich  mit  Heftpflasterstreifen  in 
der  Art,  dass  sie  von  hinten  und  oben  nach  unten  und  vorn 


gg  y.    Yerhandlnngen  der  Gesellschaft 

verliefen  und  während  ihre  Mitte  am  Röcken  befestigt  war, 
ihre  Enden  ölier  der  Wunde  sich  kreuzten;  auf  die  Wunde 
legte  ich  etwas  Charpie,  darauf  eine  Compresse  und  be- 
festigte das  Alles  mit  einem  Handtuche.  Die  Operirte  wurde 
noch 'halb  betäubt  auf  das  vorher  zubereitete  Wochenlager 
gebracht  und  mit  m  den  Knieen  gebeugten  und  an  den  Bauch 
genäherten  Schenkeln  auf  den  Rucken  gelegt,  wo  sie  bald 
darauf  vollständig  zu  sich  kam,  ohne  eine  Ahnung  davon  zu 
haben,  was  mit  ihr  vorgegangen  war.  Der  neugeborene, 
ausgetragene  und  wohlgebildete  Knabe  fing  auch  gleich  an, 
ki'äflig  zu  schreien,  wurde  gebadet,  gereinigt  und  angezogen. 

Der  Operirten  wurde  die  grösste  Ruhe  anempfohlen  und 
eine  Eisblase  auf  den  Unterleib  gelegt  und  innerlich  zur  Stillung 
des  Durstes  Eispillen  verordnet.  Die  Hebamme  bekani  von 
mir  die  Weisung,  bei  ihr  unaufhörlich  zu  wachen,  Niemanden 
zu  ihr  zuzulassen  und  nach  einigen  Stunden  das  Kind  afi 
die  brüst  zu  legen. 

Die  Nacht  verging  wider  Erwarten  gut;  es  waren  weder 
.  Schluchzen  noch  Erbrechen  eingetreten;  die  Operirte  scldief 
einige  Stunden  und  hatte  auch  etwas  geschwitzt.  Als  wir  sie 
am  29.  des  Morgens  mit  dem  Collegen  J5.  besuchten,  fanden 
wir  sie  in  einem  befriedigenden  Zustande,  die  Temperatur 
der  Haut  war  massig  erhöht;  der  Puls  schlug  112  in  der 
Minute,  die  Brüste  wären  gespannt,  der  Wochenfluss  blutig 
und  in  ziemlich  reichlicher  Menge;  die  Zunge  feuclit,  der 
Bauch  weich  und  nicht  schmerzhaft,  der  Gebärmuttergrund 
zwei  Finger  breit  oberhalb  des  Nabels,  etwas  nach  links 
gerichtet  und  der  Durst  massig.  —  Am  Abende  war  der 
Zustand  derselbe,  der  Puls  sclilug  112  in  der  Minute,  der 
Wochenfluss  war  reicMich,  das  Kind  hatte  mehrere  Male  am 
Tage  die  Brust  genommen,  auch  hatte  die  Operirte  eine 
ziemlich  bedeutende  Menge  Harn  ohne  alle  Schmerzen  gelassen. 
Die  Nacht  konnte  sie  nicht  schlafen^  weil  das  Kind  fort- 
während schrie  und  dennoch  war  ihr  Zustand  am  Morgen  des 
1.  März  eben  so  befriedigend;  der  Puls  war  112  und  im 
Uebrigen  hatte  sich  nichts  geändert.  Die  Eisumschläge  wurden 
unaufhörlich  fortgesetzt,  denn  so  wie  man  sie  nur  auf  einen 
AugenbHck  wegnahm,' um  die  Blase  mit  frischem  Eise  zu  füllen, 
verlangte   sie   die  Operirte   mit  Ungeduld.     Ein  verabreichtes 


für  Gebnrtsliülfe  in  Berlin.  g7 

Klystier  führte  keine  Ausleerung  herbei. .  Am  Abende  fanden 
wir  die  Wöchnerin  etwas  unruhig,  der  Puls  schlug  120,  die 
Haut  war  heiss,  dagegen  der  Bauch  weich  und  schmerzlos, 
der  Gebännuttergrund  an  derselben  Stelle  wie  gestern.  Es 
wurden  fünf  Tropfen  Opiumtinctui*  verordnet,  worauf  die 
Wöchno^in  ruhiger  wurde  und  besser  schlief  als  die  vorige  Nacht. 

Am  2.  März  schlug  der  Puls  des  Morgens  112  und  des 
Abends  120.  Gegen  5  Uhr  Nachmittags  empfand  die  Operirte 
wehenartige  Schmerzen,  wobei  durch  die  Scheide  zwei  übel- 
riechende Blutgerinnsel  abgingen,  der  eine  von  der  Grösse 
eines  Hühnereies,  der  andere  von  der  iBiner  welschen  Nuss; 
und  Abends  fanden  wir  den  Gebännuttergrund  beinahe  unter- 
halb des  Nabels  immer  mehr  nach  links  gerichtet.  Die  Zunge 
war  feucht,  die  Wöchnerin  jedoch  mehr  reizbar  und  empfindlich. 
Wir  verordneten  sechs  Tropfön  Opiumtinctur  und  Hessen  die 
Eisumscbläge  fortsetzen. 

Die  Nacht  verg^ig  ziemlich  gut,  das  Kind  nahm  einige 
Male  die  Brost  und  am  Morgen  des  3.  März  war  die  Wöchnerin 
um  Vieles  ruhiger,  obgleich  noch  sehr  empfindlich;  die  Wochen-- 
reinigung  war  blutig  und  iloss  in  reichlichem  Menge^  Wir 
verordneten  fünf  Tropfen  Opiumtinctur,  ein  Klystier,  Eis- 
umschläge, welche  dieWödmerin  auch  nicht  auf  einen  Augen- 
blick entbehren  konnte  und  Haferschleim  ab  Nahrung.  Nach 
dem  Klystier  gingen  viele  Winde  ab,  aber  es  erfolgte  keine 
Ausleerung.  Am  Abend  schlug  der  Puls  120,  der  Bauch 
war  schmerzlos  und  weich,  der  Gebärmutiergrund  befand 
sich  zwei  Finger  breit -unterhalb  des  Nabels,  nachdem  kurz 
vorher  wiederum  zwei  kleine  Blutgerinnsel  durch  die  Scheide 
abgegangen  waren.  Der  untere  durch  die  Naht  nicht  vereinigte 
Wund  Winkel  verklebt,  die  Zunge  feucht,,  der  Durst  massig. 
Da  die* Wöchnerin  nicht  schlafen  konnte,  so  gab  mau  ihr 
laut  unserer  Verordnung  sechs  Tropfen  Opiumtinctur,  — 
was  auch  seine  Wirkung  nicht  verfehlte. 

Am  4.  März  des  Morgens  war  der  Puls  120,  die  Gesichts- 
züge mehr  belebt,  der  Unterleib  nicht  schmerzhaft,  die 
WodienreiDigung  etwas  bräunlich  gefärbt  und  übelriechend. 
Gegen  Mittag  wechselte  ich  die  Heftpflasterstreifen  und  über- 
zeugte mich,  dass  die  Wunde  mit  Ausnahme  des  untersten 
Wondwinkels'  verklebt   war;    nur    drei   Hefte   waren   etwas 


gg  V.    Verhandlung«!!  der  Gesellschaft 

gelockert,  die  übrigen  sasseu  fest.  Am  Abend  fand  ich  die 
Temperatur  der  Haut  bedeutend  erhöht,  der  Puls  schlug  132 
in  der  Minute,  die  Brüste  waren  hart  und  gespannt,  die 
MilchgSnge  sehr  entwickelt;  der  Wochenfluss  wieder  reichlich, 
jedoch  ohne  Geruch;  der  Unterleih  schmerzlos,  nur  in  der 
Gebärmuttergegend  etwas  empfindlich,- die  Zunge  feucht.  Wir 
verordneten  eine  Saturation,  liessen  mit  Eisumschlägen  fort- 
fahren und  das  Kind  öfter  an  die  Brust  ansetzen.  In  der 
Nacht  war  die  Wöchnerin  unnihig,  der  Schlaf  war*  unter- 
brochen, erst  gegen  Morgen  schlief  sie  etwas  ruhiger. 

Am  5.  März  der  Puls  116,  die  Zunge  feucht,  kein 
Kopfschmerz,  der  Unterleib  etwas  aufgetrieben  und  schmerz- 
haft, der  Wochenfluss  reichlich,  die  Brüste  weniger  gespannt. 
Da  Stuhlau^leerungen  dringend  'angezeigt  waren  und  wir  bei 
der  Application  einer  geringen*  Menge  Medicin  einen  reich- 
lichen Erfolg-  erstrebten,  so  wurde  ein  zweigräniges  Polver 
Cal^mel  und  eine  Drachme  Ricinusöl.  in  Emulsion  verordnet. 
Zwei  Stunden  darauf  hatte  die  Wöchnerin  vier  Ausleerungen, 
die  zwei  ersteren  mehr  compact,  die  zwei  letzteren  mehr 
flüssig.  —  Am  Abende  war  der  Puls  120,  die  Haut  warm, 
der  Unterleib  weich,  nicht  schmerzhaft,  der  Wochenfluss 
reichlich,  und  im •  Allgemeinen  fühlte  sich  die  Operirte  wohl. 
Für  den  Fall,  dass  kein  Schlaf,  eintreten  sollte,  wurden  sechs 
Tropfen  Opiumtinctur  verordnet. 

Am  Morgen  des  6.  März  und  am  siebenten  Tage  nach 
der  Operation  wurden  alle  Nähte  herausgenommen  und  frische 
Heftpflasterstreifen  angelegt.  Die  Wunde  war  mit  Ausnahme 
des  unteren  Wundwinkels  ganz  verklebt;  nur  aus  den  Oefinungen, 
wo  die  Seidenfaden  durchgeführt  waren,  zeigten  sich  wenige 
Tropfen  guten  Eiters.  Der  Puls  schlug  116,  die  Zunge  war 
feucht,  der  Unterleib  nicht  schmerzhall.  Die  Wt^chnerin  bekam 
wegen  der  durch  die  Herausnahme  der  Nähte  hervorgerufenen 
Reizung  sechs  Tropfen  Opiumtinctur. 

Der  vollständige  Mangel  einer  Bauchfellentzündung,  die 
vollkomfnene  Verklebung  der  Wunde,  die  gut  entwickelte 
Thätigkeit  der  in  der  Involution  begriffenen  Gebärmutter  und 
der  befriedigende  Allgemeinzusland  der  Wöchnerin,  die  bis 
jetzt  noch  keine  Ahnung  davon  hatte,  wie  sie  zu  dem  Kinde 
gekommen  war;   alles  das  liess  möglicherweise'  voraussetzen, 


fBr  Oebnrtohülfe  in  Berlin.  g9 

dass  die  Operation  mit  gutem  Erfolge  gehr&it  werden  wird* 
Obgleich  wir  überzeugt  waren,  dass  die  Wöchnerin  durchaus 
noch  nicht  ausser  aller  Gefahr  war,  so  stellten  wfr  doch  be 
Gelegenheit  der  Beschreibung  dieses  Falles  in  der  Sitzung 
der  hiesigen  medicinischen  Gesellschaft  keine  üble  Prognose 
und  konnten  es  gewiss  nicht  voraussehen,  dass  die  Wöchnerin 
noch  so  viel  wird  auszustehen  haben. 

Am  Abend  desselben  Tages  war  die  Hitze  sehr  bedeutend ; 
der  Puls  schlug  145  in  der  Minute;  das  Gesicht  war  stark 
geröthet,  die  Haut  fast  brennend  heiss;  auf  der  liuken  Brustdruse 
und  oberhalb  des  ersten  Heftpflasterstreifens  zeigte  sich  eine 
ziemlich  bedeutende  Anschwellung  und  erysipelatöse  Röthe.  — 
Der  Unterleib  war  aufgetrieben,  aber  nicht  schmerzhaft;  die 
Wochenreinigung  normal;  die  Zunge  feucht  und  missig  belegt 
Es  wurden  nun  die  Eisumschlage  weggelassen,  die  von  der 
Rose  eingenommenen  Hautstellen  mit  Oleum  camphoratum 
bepinselt  und  mit  Watte  bedeckt  und  ein  Klystier  verordnet. 

Am  darauffolgenden  Tage  änderte  sich  der  Zustand  der 
Operirten  fast  gar  nicht;  nur  war  der  Unterleib  weniger  auf- 
getrieben, da  das  Klystier  ein^  Ausleerung  und  den  Ausgang 
von  Winden  zur- Folge  gehabt. 

Den  8.  März.  Der  Puls  etwas  weniger  frequent,  130  in 
der  Minute;  die  Rose  hatte  die  ganze 'obere  Bauchgegend  und 
das  Gesäss  eingenommen.  Alle  'diese  Hautstellen  bepinselten 
wir  mU  einer  Höllensteinlösung  in  Glyzerin  (V2  Drachme  auf 
Vs  Unze).  Im  unteren  Wundwinkel  und  gegen  die  Mitte  der 
Wunde  zeigte  sich  Eiterung;  die  Zunge  war  rölhlicb  und  fast 
trocken,  die  Haut  heiss  und  im  Harne  entdeckten  wir  Gallen- 
farbestoffe  und  bedeutende  Mengen  von  Harnsalzen.  Eine 
Oelemulsion  wurde  zum  inneren  Gebrauche  verordnet 

Den  9.  März.  Der  Puls  debr  klein,  aber  weniger  frequent 
(120  in  der  Minute);  die* Rose  wie  gestern;  sehr  ausgesprochene 
Gelbsucht  am  ganzen  %[öq)er;  die  Zunge  röthlich  und  fast 
trocken;  der  Wodienfluss  blutig  und  sparsam;  die  Kranke, 
sehr  unruhig,  kann  fast  ^ar  nicht  schlafen.  Es  wurde  eine 
Abkochong  von  Leinsamen  mit  Salzsäure  verordnet  und  das 
Kind  wegen  der  schweren  Erkrankung  der  Mutter  und  voll> 
ständigen  MUchmangels  abgesetzt  und  dem  hiesigen  Findel- 
baoae  Qbergeben. 


90  V.    Verbandlung^n  der  Gesellsebaft 

Am  10.  März  fanden  wir  die  Rose  in  grosserer  Aus- 
dehnung. Im  Munde  und  auf  der  Zunge  zeigten  sich  Schwämme 
in  bedeutender  Menge,  weshalb  der  Kranken  Kali  chloricum 
und  mehrere  Male  am  Tage  Bouillon  verordnet  wurden. 

Den  11.,  12.  und  13.  März  war  der  Zustand  wiederum 
etwas  besser  geworden,  obgleich  die  sehr  beimruhigende 
Schwäche  der  Kranken  sich  immer  mehr  kund  gab.  Der  Puls 
fiel  bald  auf  100  in  der  Minute,  bald  wieder  stieg  er  auf  120; 
während  die  Rose  stationär  blieb.  Den  Harn  Hess  die  Kranke 
öfters  selbst  und  Klystiere  bewirkten  die  nöthigen  Ausleerungen. 
Unter  dem  Gebrauche  von  Kali  chloricum  und  ein^  nährenden, 
meist  flüssigen  Nahrung  fingen  die  Schwämme  an,  allmälig 
zu  verschwinden;  dafür  aber  zeigte  sich  am  Kreuze  ein  zwei- 
siJbergroschengrosser  Decubitus. 

Die  darauf  folgenden  Tage  nahm  die  Rose  an  Ausdehnung 
zu,  'hatte  das  Gesicht  und  den  Kopf  und  am  15.  März  fast 
den  ganzen  Rücken  eingenommen,  während  der  Zustand  dei* 
Kranken  ein  hoffnungsloser  war.  Sie  war  bis  zum  höchsten 
Grade  erschupft;  der  Puls,  fadenförmig  und  kaum  fühlbar, 
schlug  140  in  der  Minute;  die  Gesichtszüge  hatten  sich  ganz 
geändert;  die  Wunde  sonderte  eine  übelriechende  dünne  Jauche; 
die  sehr  ausgedehnte  Harnblase  konnte  deutlich  über  der 
Sohambeinverbindung  g'efiUilt  werden;  der  Unterleib  war  auf^ 
getrieben,  und  die  Dccubituswunde  am  Kreuz  hatte  sich 
bedeutend  vergrössert  und  ein  bleiches  Aussehen  angenonunen. 
Um  die  fliehenden  Kräfte  der  Kranken  aufrecht  zu  erhalten, 
verordneten  wir  Extractum  Chinae  frigide  päratum  mit  Malaga- 
wein und  um  Stuhlausleerung  herbeizuführen,  da  seit  "zwei  Tagen 
Verstopfung  zugegen  war,  einen  halben  Esslöflel  Oleum  Rtcini; 
die  Decubituswunde  wurde  mit  Plumbum  tannicum  verbunden. 

Am  16.  März  fanden  wir  die  Operirte  um  Vieles  besser. 
Das  Ricinusöl  führte  copiöse  Sluhlausleerungen  mit  sichtlicher 
Linderung  für  die  Kranke  herbei.  Die  Rose  nahm  an  Umfang 
etwas  ab  pnd  der  Zustand  war  unzweifelhaft  besser  als  gestern. 

Vom  17.  bis  einschliesslich  zum  23.  März  besserte  sich 
der  Zustand  der  Kranken  von  Tage  zu  Tage  unter  dem  Ein- 
flüsse einer  nährenden  Diät  und  dem  Gebrauche  der  C!hina; 
der  Puls  fiel  auf  94  in  der  Minute ;  die  Kräfte  kehrtoi 
sichtlich  zurück;  nur  konnte  die  Kranke  den  Harn,  noch  nicht 


f&r  GebnrtBhfilfe  in  Berlin.  91 

selbst  lassen  und .  musste  derselbe  mit  dem  Katbeter  ab- 
gezapft werden. 

Am  24:  März  fing  sie  wieder  an,  obne  bekannte  Ver- 
anlassung sehr  reizbar  und  empfindlich  zu  werden;  die  Hitze 
wurde  bedeutender;  der  Puls  stieg  auf  120,  und  schon 
fürchteten  wir  ein  neues  Uebel,  als  am  darauffolgenden  Tage 
sich  die  Menstruation  einstellte  und  die  Mutter  der  Kranken 
uns  erklärte,  ihre  Tochter  sei  auch  früher  um  die  Zeit  ihrer 
Periode  leidend  gewesen.  Nach  Verlauf  von  drei  Tagfen  hörte 
die  blutige  Aussonderung  auf,  die  Operirte  wurde  wieder 
heiter  und  am  28.  März  schlug  der  Puls  nur  noch  76  in 
der  Mmute.  Gegen  Abend  Hess  -  sie  wiederum  zum  ersten 
Male  Ton  selbst  Harn  und  am  30.  hatte  sie  die  erste  Stuhl- 
ausleenmg  ohne  Beihülfe  eines  Klystiers,  dessen  sie  sich  bis 
jetzt  stets  bedienen  musste.  Obgleich  sie  früher  die  Milch 
'nicht  vertrug,  gewann  sie  dieselbe  jetzt  so  lieb,  dass  sie 
davon  mehr  als  ein  Quart  täglich  trank,  nebenbei  aber  Bouillop, 
Vl^ein-  und  Biersuppen  ass.  V<Jm  4.  April  an  fing  sie  Fleisch 
und  Weissbrod  an  zu  geniessen ,  obgleich  die  ihr  dargereichten 
Speisen  nur  selten  den  von  Tage  zu  Tage  sich  steigernden 
Hunger  zu  befriedigen  vermochten.  Da  am  17.  April  die 
Wunde  vollständig  vemart)t  War  und  die  Operirte  sich  auch 
sonst  der  besten  Gesundheit  erfreute,  so  fing  sie  albnälig 
an  ihre  früheren  Beschäftigungen  wieder  aufzunehmen.  Drei 
Monate  nach  der  Operation  erschien  die  Menstruation  zum 
zweiten  Male  und  da  die  Frau  so  gesund  war,  dass  nur  die 
sehr  schmale  zurückgebliebene  Bauchnarbe  sie  an  die  lebens- 
gefahrliche Operation  und  überstandene  Krankheit  erinnerten, 
so  entliess  ich  sie  als  geheilt  ans  meiner  Behandlung.  Ich 
gab  ihr  jedoch  die  V^eisung,  stets  eine  Bauchbinde  zu  tragen 
und  unbedingt  eine  zweite  Schwangerschaft  zu  meiden. 

Am  5.  Juni  habe  ich  die  Operirte  im  besten  Wohlsefn 
in>  der  hiesigen  medicinischen  Gesellschaft  vorgestellt  imd 
befindet  sie  sich  heute  eben  so  wohl,  nachdem  bereits 
5V2  Monate  seit  der  Operation  verflossen  sind.  — 

Noch  sei  es  mir  erlaubt,  ziim  Schlüsse  eim'ge  Bemerkungen 
hinzuzufügen,  um  die  Abweichungen  zu  rechtfertigen,  die  ich 
sowohl  bei  der  Ausführung  der  Operation  selbst  als  auch  bei 
der   NachbehanAung   eingeführt   und   die   Momente   hervor- 


92}  V.     Verhandliingen  der  Oesellschaft 

ZQhebe»,  die  in  diesem  Falle  den  glöcklicfaen  Erfolg  herbei- 
geführt haben.  Denn  wie  bei  einer  jeden  Operation,  so  reicht, 
auch  hier  ein  kunstgerechtes  Ausfuhren  derselben  zum  glück- 
lichen Ausgange  nicht  hin.  Einen  eben  so  grossen,  wenn 
nicht  grösseren  Einfluss  auf  den  guten  Erfolg  üben:  die  Wahl 
des  richtigen  Zeitpunktes  zur  Operation,  der  Zustand  der 
Gebärenden  unmittelbar  vor  derselben  und  die  Nachbehandlung. 
In  wie  weit  es  mir  gelungen  ist,  allen  diesen  Bedingungen 
gerecht -zu  werden,  wird  es  nicht  schwer  sein,  einzgsehen. 

Der  Zustand  der  in  Rede  stehenden  Gebärenden  war  ein 
befriedigender;  denn  obgleich  die  fast  fünftägige  fruchtlose 
Geburtsarbeit  und  die  Schlaflosigkeit  sie  bedeutend  geschwächt 
und  moralisch  gedrückt  hatten:  so  war  dennoch  die  Thätigkeit 
der  •Gebärmutter  in  keiner  Weise  alterirt;  der  Bauch  war 
nicht  schmerzhaft  und  der  beweglich  auf  dem  Beckeneingange 
ruhende  Kopf  übte  keinen  Druck  auf  das  untere  Gebärmutter- ' 
Segment  aus.  Die  Fruchtwässer  waren  zwar  vor  der  ersten, 
durch  mich  vorgenommenen  ^Untersuchung  der  Gebärenden 
bereits  abgegangen,  allein  dies  war  nur  einige  Stunden  vorher 
geschehen.  Nachdem  ich  die  Nothwendigkeit  des  Kaiserschnittes 
eingesehen,  erklärte  ich  mich  entschieden  gegen  alle  anderen 
Operationen ,  die  vorher  versuchsweise  in  Anwendung  gezogen 
werden  könnten  und  schritt  sofort  zur  Operation. 

Dass  die  Ausführung  der  Operation  ohne  ausdrückliche 
Einwilligung  der  Gebärenden  in  diesem  Falle  gerechtfertigt  ist, 
scheint  mir  keines  Beweises  zu  bedürfen.  Wo  nur  ein  solches 
Verfahren  zwei  lebende  Wesen  reiten  konnte ,  die  sonst  unter- 
gehen müssten;  da  -war  es  unsere  Pflicht,  zumal  im  Besitze 
eines  solchen  Mittels  wie  das  Chloroform,  seihst  ohne  aus- 
drückliche Einwilligung  der  Gebärenden,  die  Operation  zu 
unternehmen,  besonders  mit  Rücksicht  darauf,  das»  die  Person 
nur  um  Vorschub  bat  und  am  anderen  Tage,  wo  es  vielleicht 
schon  zu  spät  gewesen  wäre,  sich  der  Operation  unterziehen 
wollte.  Ueberdies  geistig  sowohl  als  körperlich  durch  die 
fruchtlose  Geburtsarbeit  zerrüttet,  war  sie  gewiss  nicht  im 
Stande,  die  Folgen  'des  operativen  Eingriffes  zu  beurtheilen. 
Denn  wie  oft  ist  es  mir  vorgekommen,  dass  sonst  geduldige 
und  gebildete  t^rauen,  erschöpft  und  ermattet  durch  mehrtägige 
Geburtsarbeit,  auf  das  dringendste  mich  baten,  sie  zu  tödten 


T&r  Geburtobfilfe  in  Beriin.  93 

oder  durch  deü  Tod  ihres  Kindes  ihre  Erlösung  zn  be- 
Bcbleunigen.  Und  dennoch  waren  dieselben  Frauen,  nach 
geschehener  Entbindung,  ganz  anderer  Meinung.  Anders 
hätten  sich  die  Verhältnisse  gestaltet,  hätte  man  durch  Auf- 
opferung des  Kindes  die  Mutter  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit 
retten  können,  dann  wäre  der  Kaiserschnitt  nur  dann  erlaubt, 
wenn .  die  geistesgesunde  Mutter  zu  seiner  Ausführung  ihre 
vollste  Zustimmung  ertheilt  haben  würde.  Dort  ist  der  Klusei*- 
schnitt  das  einzige  Mittel,  hier  kann  die  Mutter  wenigstens 
durch  Enthirnung  und  Zerstückelung  des  Kindes  gerettet  werden. 

Die  Anwendung  des  Chloroforms  hat  der  Gebärenden  die 
unangenehme  und  deprimirende  Einwirkung  der  Operation 
erspart;  sie  wurde  dadurch  in  den  Zustand  der  Unempfind- 
lichkeit  versetzt,  die  Operation  yerlief  für  sie  ohne  alle 
Schmerzempfindung,  was  sie  jedenfalls  nur  noch  ntehr  ge- 
schwächt hätte.  Gleichzeitig  wurden  dadurch  die  Bewegungen 
des^Zwerchfells  und  der  Bauchpresse  sehr  bedeutend  beschränkt, 
die  sich  gegentheilig  bei  beschleunigter  Respiration  und  unter 
dem  Einflüsse  von  Angst  und  Geschrei  viel  mehr  steigern. 
Und  nicht  zu-  läugnen  ist  es,  dass  dieser  Umstand  die  Zurück- 
haltung der  Gedärme  besser  ermöglicht  und  dieselben  am 
Hinaustreten  aus  der  Bauchh^e  gehindert  hat  Auch  mag  nicht 
minder  dazu  beigetragen  haben  die  deprimirende  Emwirkung 
des  Chloroforms  auf  die  peristalUschen  Bewegungen  der  Gedärme. 

Bei  der  Schnittffihrung  habe  ich  mich  an  die  Richtung 
der. weissen  Linie  gehalten,  um  der  Nothwendigkeit,  grössere 
Gelasse  zu  unterbmden  und  eine  dickere  Moskelscbicht  zu 
durchschneiden,  dadurch  entgehen  zu  können.  Ferner  habe  ich 
den  Schnitt  in  der  Gebärmutter  in  ihrem  unteren  Abschnitte 
gemacht;  denn  es  war  mir  wohl  bewusst,  dass  alle  Ver- 
letzungen des  Gebärmuttergrundes  viel  gefährlicher  smd  und 
dass  der  Mutterkuchen  zumeist  in  der  Gegend  desselben  an- 
geheftet getrofff»!  wird. 

Beim  Anlegen  der  Nähte  führte  ich  die  Nadeln  blos 
durch  die  Dicke  der  Bauchwandungen,  ohne  das  Bauchfell 
mitzufassen;  obgleich  fast  alle  Geburtshelfer  der  entgegen- 
gesetzten Meinung  sind.  Denn  von  allen  mir  bekannten  Autoren 
ist  nur  Cred4  derselben  Ansicht.  .Ich  that  dies  absichtlich 
in  der  Voraussetzung,  dass  die  Seidenfäden  durch  einige  Tage 


94  ^*   Verhandlmigen  der  GeseUscbaft 

hindiurch  im  Bauchfelle  liegen  gelassen,  leicht*  eine  EaUündudg 
dieser  Membran  hervorzurufen  im  Stande  wären,  die  man 
dann  ungei^chterweise  der  Operation  selbst  zuschreiben  würde. 
Auch  stimmen  .Alle  dafür,  in  dem  unteren  Wundwinkel  eine 
Gharpie-Sindon  in  die  Bauchhöhle^  Einige  sogar ,  selbst  in  die 
Gebärmutterhöhle  einzuführen,  um  den  Wundsecreten  den 
Abfluss  zu  erleichtern.  Dieser  Vorschrift  bin  ich  ebenfalls 
nicht  gefolgt,  denn  ich  begreife  es  nicht,  warum  man  das 
eigentlich  thun  soll.  Die  Wunde  der  Gebärmutter  wird  nach 
Entleerung  des  Inhaltes  derselben  um  Vieles  kleiner  werden; 
'  die  Wundflächen  werden  mit  einander  in  Berührung  treten 
und  wenigstens  die  inneren  sich  bald  verkleben,  und  die 
Secrete  aus  der  Gebärmutter  werden  durch  den  Muttermund 
und  die  Scheide  nach  aussen  abfliessen.  Die  Bauchwunde 
verklebt  auch  in  ziemlich  kurzer  Zeit  und  je  schneller  dies 
geschieht  desto  besser,  denn  der  Ejnfluss  der  atmosphärischen 
Luft  auf  das  Innere  der  Bauchhöhle  ist  bekanntlich  sehr  schädlich. 
Sollte  es  sich  aber  darum  handeln,  den  Wundsecreten  auf  diese 
Weise  den  Abfluss  nach  aussen  zu  erleichtem,  so  zweifle  ich 
daran  sehr,  dass  ein  derartiger  Sindon,  bei  der  gewöhnlichen 
Rü.cken]age  der  Operirten,.  das  auszufuhren  vermag.  Wozu  also 
auf  diese  Weise  das  Bauchfell  noch  mehr  reizen  oder  gar  in  die 
Gebärmutter  durch  die  Wunde  Wieken  einführen?  In  unserem 
Falle  hat  ihre  Abwesenheit  gewiss  dazu  beigetragen,  dass 
die  Vernarbung  der  Wunde  ziemlich  schnell  zu  Stande  ge- 
kommen ist  und  keine  Bauchfellentzündung  vorhanden  w^r. 

Die  Operation  selbst  hat  nicht  lange  gedauert  und  die 
Assistenten,  die  gewiss  nicht  besser  gewälüt  werden  konnten, 
haben  ihre  Aufgabe  aufs  Beste  gelöst. 

Trotz  der  Anwendung  des  Chloroforms,  was,  wie  all- 
gemein behauptet  wird,  zu  Blutflüssen  disj)onire,  war  dennoch 
weder  während  der  Operation  noch  später  eine  Blutung  ein- 
getreten; und  gewiss  haben  dazu  viel  beigetragen:  die  Wahl 
des  richtigen  Zeitpunktes  zur  Operation,  wo  die  Thätigkeit  der 
Gebärmutter,  in  voUem  Gange  war;  die  Schnittfuhrung  in  der 
Richtung  der  weissen  Linie  und  im  unteren  Abschnitte  der 
Gebärmutter  und  die  Unterlassung  anderer  Operationsversuche. 

Hätte  ich-  die  Operation,  dem  Wunsche  der  Gebärenden 
gemäss,  bis  zum  anderen  Tage  verschoben;  so  hätte  ich,  den 


fttr  GebartBhülfe  in  Berlin.  95 

DoA  richligen  Zeitpunkt  verfehlend^  den  unteren  Gebännutter- 
abschnitt  dem  Drucke  von  Seiten  des  lünd^skopfes  ausgesetzt, 
was  leicht,  entweder  noch  während  der- Operation  oder  bald 
nach  derselben,  zu  Blutungen  aus  diesem  Theile  veranlassen 
konnte,  weil  er  dadurch  der  schnellen  Contractionsfahigkeit 
beraubt  worden  wäre.  Auch  wäre  durch  die  fortdauernden 
fruchtlosen  Contractionen  der  tiebärmutter  nicht  nur  das  Leben 
des  Kindes,  sondern  auch  das  der  Mutter  der  grössten  Gefahr 
ausgesetzt. 

Die  Nothwendigkeit  der  Anlegung  der  blutigen  Naht  zur 
Vereinigung  der  Bauchwunde  braucht  wohl  nicht  erst  hervor- 
gehoben zu  werden,  da  die  trockene  Naht  sowohl  früher  als 
auch  Jetzt  nur  wenige  Anhänger  zählte.  Bemerken  will  ich 
nur,  das«  ich  als  eine  noth wendige  Bedingung  zur  Erlangung 
der  genauen  Vereinigung  der  Bauchwundränder  die  Anlegung 
der  umscUongenen  oder  Kndpfnaht  ansehe,  die  die  Heftpflaster- 
streifen als  eine  nicht  zu  umgehende  Zugabe  sehr  erleichtem, 
indem  sie  zugleich  dem  Ausreissen  der  Hefte  vorbeugen. 
Denn  wir  müssen  immer  darauf  bedacht  sem,  däss  wir  es 
hier  mit  einer  Wunde  zu  thun  haben,  die  keine  feste  Unterlage 
und  keinen  fixen  Stützpunkt  hat.  Eben  aus  demselben  Grunde 
muss  man  die  Nähte  so  lange  liegen  lassen,  als  die  Wunde 
noch  nicht  ganz  verblebt  ist,  mit  Ausnahme  natürlich  des 
durch  die  blutige  Naht  nicht  vereinigten  unteren  Wundwinkel, 
der  auch  später  noch  etwas  eitert.  Auch  ist  es  leicht  voraus- 
zusehen, dass,  wenn  wir  bei  der  Anlegung  der  Nähte  das 
Bauchfell  mitgefasst  hätten,  und,  wie  es  allgemein  geschieht, 
dieselben  sieben  Tage  lang  liegen  gelassen  hätten,  leicht  eine 
Entzündung  des  Bauchfells  zu  Stande  kommen  konnte;  während 
hier  keine  Rede  davon  war.  Das  von  Lebas  vorgeschlagene 
Zunähen  der*Gebärmutterwunde  übergehe  ich  mit  Stillschweigen; 
denn  ich  glaube  nicht,  dass  es  noch  je  in  Anwendung  ge- 
zogexk  werden  wird.  Zwar  hat  Scanzoni  1847  es  einmal  in 
Anwendmig  gezogen,  allein  der  Erfolg  war  ungünstig  und  er 
verdammte  es  seit  der  Zeit  vollkommen.  In  neuester  Zeit 
endlich  hat  Pülore  in  Ronen  den  Vorschlag  ertheilt,  beide 
Wundränder  der  Gebärmutter  mit  den  entsprechenden  des 
Bauches  zu  vereinigen;  zu  dem  Ende,  um  ihre  gegenseitige 
Verwachsung   zu   erleichtern.     Dieser  Vorschlag    ist   meiner 


96  V.    Verhandlangen  der  Gesellfchaft 

Ansicht  nach  ganz  zu  verwerfen,*  da  er  sich  nicht  ansfUireB 
Iftsst:  wShrend  nämlich  die  Bauchwunde  in  der  ersten  Zeit 
wenigstens  dieselbe  Lage  und  Ausdehnung  bdiält,  die  man 
ihr  bei  der  Operation  ertheOt,  wechselt  die  Gebärmutterwunde 
ihre  Lage  und  wird  bald  etwas  grösser,  bald  wiederum  etwas 
kleiner,  je  nachdem  die  Gebärmutter  sich  mehr  ausdehnt  oder 
zusammenzieht.         * 

Ein  anderer  Vorschlag  E.  Martinas  betiüR  die  Gegend 
und  die  Richtung  des  Schnittes.  Derselbe  behauptet  nämlich, 
es  sei  nicht  rathsam,  bestimmte  Linien  an  der  Bauehdecke 
festzuhalten,  in  denen  für  alle  Fälle  operirt  werden  solle, 
sondern  man  solle  auf  die  Lage  der  Gebarmutter  achten  und 
den  Schnitt  so  föhren,  dass  eine  Contiguität  zwischen  Bauch- 
deckenwunde und  Gebärmutterschnitt  erzielt  wird,  damit  beide 
Wunden  sich  decken  und  eine  Verwachsung  zwischen  den 
Wundrändern  des  Uterus  und  den  Bauchdecken  antritt  Diesem 
Vorschlage  trete  ich  gern  bei,  denn  er  ist  sehr  plausibel  und 
man  wird  ihm  nur  den  einen  Vorwurf  machen  können,  dass 
man  bei  der  Durchschneidung  der  Bauchdecken  seitlich  von 
der  weissen  Linie  eine  viel  dickere  Muskelschicht  durch* 
schneidet  und  oft  noch  grössere  Gefasse  treffen  kann,  deren 
Unterbindung  die  schnelle  Vereinigung  der  Wunde  behindert 

Die  Eisumschläge  sind  auch  noch  nicht  so  allgemein  in 
Anwendung,  wie  sie  es  verdienen.  So  viel  ich  weiss,  werden 
sie  nui*  von  Kutan,  Metz  und  Braun  ganz  entschieden 
gleich  nach  der  Operation  angerathen,  und  soll  man  sie  nach 
ihrer  Meinung  so  lange  anwenden,  als  •  sie  die  Wöchnerin 
verträgt  Meiner  Ansicht  nach  verdienen  sie  im  hohen  Grade 
eine  allgemeine  Beachtung  und  sind  wohl  im  Stande,  einer 
Bauchfellentzöndung  vorzubeugen.  Die  innerlich  gereichten 
Eispillen  wirken  sowohl  prophylactisch  als  auch  Ifaerapeutisch 
gegen  Uebelkeiten  und  Erbrechen  und  das  so  oft  lästige 
Schluchzen,  die  ^  sich  nach  Kaiserschnittsoperationen  häufig 
einzustellen  pflegen,  bald  als  Nachwirkung  des  Chloroforms, 
bald  wiederum  als  Vorläufer  oder  Begleiter  einer  Bauchfell- 
entzündung oder  endlich  durch  noch  unbekannte  Einflüsse 
einer  so  wichtigen  Operation  auf  das  Nervensystem  hervor- 
gerufen. Die  wohlthuenden  Wirkungen  der  Eisumschläge,  die 
ich  öfters  bei  traumatischen  Entzündungen  der  grossen  Gelenke 


für  Oebiirteliülfe  in  Bexlin.  97 

erprobt  habe«  machen  es  nur  begreiflich,  dass  ihre  Anwendung 
hier  eher  der  Bauchfellentznndung  vorzubeugen,  als  sie  hervor^ 
zumfen  im  Stande  ist,  wie  es  wohl  so  Manche  behauptet 
baben.  Auch  in  unserem  Falle  wurden  sie  gleich  nach  der 
Operation  in  Anwendung  gezogen  und  haben  wir  keinen  Grund 
gehabt,  es  bereuen  zu  müssen.  Die  Operirte  vertrug  sie  vom 
ersten  Angenbücke  an  so  gut,  dass  sie  ihr  unentbehrlich 
wurden;  legte  man  sie  auch  nur  auf  sehr  kurze  Zeit  bei 
Seite,  so  empfand  die  Operirte  sofort  Hitze,  Brennen  und 
klagte  Ober  Sehroerzas,  die  nach  dem  Wiederauflegen  der 
Umschläge  augenblicklich  verschwanden.  Dass  es  hier  zu 
keiner  Bauchfellentztkndung  gekommen  ist,  haben  wir  gewiss 
am  meisten  den  £isumschlagen  zu  verdanken.  J)esgleichen 
ftbftHi  sie  emen  wolilthdtigen  Einfluss  auf  die  Unterhaltung 
der  Thätigkeit  der  Gebärmutter,  zumal  wir  ihre  Wu*kung  in 
dieser  Beziehung  durch  das  fleissige  Ansetzen  des  Kmdes  an 
die  Brust  unterstützten,  bis  zu  dem  Augenbhck,  wo  wegen 
einer  schweren  Erkrankung  der  Mutter  dasselbe  abgesetzt 
werden  musste.  Zwar  hätte  man  vielleicht  annehme^  können, 
dass  der  Gebrauch  der  Eisumschläge  auf  die  schnelle  Ver- 
einigung  der  Wunde  und  den  Wochenbettsverlauf  nicht  günstig 
einwirken  werde;  dennoch  aber  vernarbte  die  Wunde  ziemlich 
schnell  und  die  Wodienbettsfunctionen  vertiefen  normal,  wie 
wir  es  leicht  aus  der  Gegenwart  des  stets  reichlichen  Wochen* 
flusses^  der  Milch  in  den  Brüsten  und  der  in  vier  Wochen  nach 
der  Operation  sich  einstellenden  Menstruation  ersehen  können. 
Da  man  uns  bei  Gelegenheit  der  Mittheilung  dieses  Be* 
richtes  den  Vorwurf  gemacht  hat,  als  hätten  wir  der  Operirten 
ohne  Grund  so  oft  Opinm  gegeb^i  und  minder  zweckmässig 
ans  eines  die  Zasammenziehungen  der  Gebärmutter  herab- 
stiaimenden  Mittels  bedient,  so  weisen  wir  den  Vorwurf  noch 
einmal  mit  dem  Bemerken  zurück,  dass  wir  hier  das  Opium 
niemais  ohne  Anzeige  verordnet  80  oft  die  Operirte  unruhig 
und  empfindlich  war  oder  nicht  schlafen  konnte,  brachte  das 
Opium  die  beste  Wirkung  hervor  und  nur  unter  solchen 
Umständen  bekam  sie  es.  Wie  bekannt,  haben  wir  ja  auch 
kein  besseres  MiUel,  um  den  Kranken  zu  beruhigen,  zu  stärken 
and  Schlaf  herbeizuführen,  der  nach  so  eingreifenden  Operationen 
gewiss  sehr  wohltbätig  wirkt    Andererseits  brauchten  wir  den 

MoiuUuehr.  r.  0«burtak.  1861.  Bd.  ZVII.,  Hft.  2.  7 


gg  V.    Verbandlnngen  der  GeselUcbaft 

auf  die  Thäügkeit  der  Gebäi-mutter  berabstimiuend  wirkeodfii 
£influ8s  des  Opium  beim  Gebrauch  der  Eisnmschlage  uad 
beim  Ansetzen  des  Kindes  an  die  Mutterbrast  nicht  zu 
fürchten.  Als  ein  sehr  wichtiges  Moment  bei  der  Nach^ 
behandlung  sehen  wir  das  frühzeitige  Herbeiführen  von  Stuhl* 
ausieerungen  an.  Zu  dem  Ende  empfelüen  wir  im  Anfange 
kalte  oder  gewöhnliche  Klystiere  und  erst  wenn  diese  sich 
erfolglos  zeigen  Ricinusol  oder  eine  einmalige  grössere,  etwa 
zwei-  oder  dreigränige  Gabe  Calomel. 

Es  ist  nämlich  bekannt,  dass  die  Frauen  in  den  letzten 
Monaten  der  Schwangerschaft  wenig  Bewegung  haben  und, 
theils  deslialb,  tlieils  aber  auch  in  Folge  des  Druckes  der 
schwangeren  Gebärmutter  auf  den  Mastdarm,  gewöhnlieh. an 
Harlleibigkeit  leiden;  andererseits  aber  oft,  ja  fast  immer 
viel  zu  essen  pflegen.  Es  ist  daher  klar,  dass  die  in  grösserer 
Menge  in  den  Gedärmen  angehäuHen  Kothmassen  (obgleich 
ein  Theil  davon  vor  der  Geburt  und  besonders  vor  einer 
so  wichtigen  Operation  durch  Klystiere  entfernt  wird)  durcli 
ihr  längeres  Verweilen  zu  Auftreibungen  des  Unterleibes, 
Koliken,  ja  selbst  zu  einer  Darmentzündung  die  Veranlassung 
geben  können;  indem  sie  im  besten  Falle  zu  ifarei*  Entleerung 
übermässiger  Anstrengungen  der  Bauchpresse  benötbigen.  Dass 
man  aber  suchen  muss,  alles  Dieses  nach  einer  Kaiaerscfanitt* 
Operation  zu  vermeiden,  braucht  wohl  nicht  erst  bewiesen 
zu  werden. 

Wie  für  eine  jede  Wöchnerin,  so  ist  besonders  für  eine 
Kaiserschnittoperirte  ein  geräumiges,  luftiges,  trockenes  und 
massig  erwärmtes  Wochenzimmer  sehr  wünschenswerth,  wobei 
natürlich  eine  sehr  sorgfaltige  Pflege  der  Wunde,  ein  reines 
und  gut  gehaltenes  Lager  in  Betracht  kommen  muss.  Der 
ersten  Bedingung  konnten  wir  beim  besten  Willen  in  unserem 
Falle  nicht  Genüge  leisten,  da  das  dunkle,  niedrige,  feuchte 
und  kalte  Wochenzimmer  den  nöthigen  Anforderungen  durchaus 
nicht  entsprach.  Um  so  gewissenhafter  erfüllten  wir  die 
anderen  Bedingungen,  einmal  mit  Rücksicht  auf  die  Wichtigkeit 
des  Falles  und  dann  das  Unvermögen  der  Operirten,  die  selbst 
die  geringste  Nachlässigkeit  unsererseits  doppell  so  unangenehm 
berührt  hätte  und  Ursache  der  Verschlimmerung  der  Krankheit 
werden   konnte.    Wir   pflegten    sie   daher  mit  der  grösslen 


für  Gebnrtflbfilfe  in  Berlin.  99 

Sorgfalt  und  vertauschten  anfangs  and  auch  später  wenigstens 
emen  Tag  um  den  anderen  das  bereits  unbequem  gewordene 
Wochenlager  nnt  einem  frischen  gut  gemachten  und  massig 
erwärmten,  indem  wir  stets  unser  Augenmerk  darauf  richteten, 
dass  die  Unterlagen  rein  und  trocken  seien.  Auch  wurde  die 
grösste  Sorgfalt  darauf  verwendet,  dass  die  Eisumschläge 
weder  die  Wäsche  noch  die  Betten  nass  machen  konnten. 

Unter  dem  Einflüsse  welcher  Schädlichkeiten  die  Rose  und 
die  Gelbsucht  entstanden  seien,  ist  schwer  zu  entscheiden. 
Wir  wissen  zwar  recht  wohl,  dass  die  Veränderungen,  welche 
im  Augenblicke  der  Geburt  im  Organismus  des  Weibes  vorgehen, 
fast  in  allen  Organen  Vorgänge  herbeiführen,  die  ganz  verschieden 
TOD  denen  in  der  Schwangerschaft  sind,  besonders  in  den 
Ctfterieibsorganen  und  der  Haut,  deren  Thätigkeit  im  Wochen- 
bette sichtlicb  erhöht  ist;  allein  alles  Dieses  reicht  nicht  hin  zur 
Erklärung  dieser  Erscheinungen.  Gewiss  scheint  es  nur,  dass  die 
kalte  und  feuchte  Wohnung  zum  Auftreten  der  Rose  Veranlassung 
gegeben  haben  mag,  und  das  um  so  sicherer,  als  den  Ausgangs- 
punkt nicht  die  Wunde  bildete  und  die  Rose  den  ganzen  Körper 
mit  Ausnahme  der  Wunde  und  ihrer  nächsten,  mit  Heftpflaster- 
Streifen  bedeckten  Umgebung  durchwanderte.  Andererseits  aber 
hat  ein  Katarrh  des  BTagens,  des  Zwölflingerdarmes  und  der 
Gallengänge  die  nächste  Ursache  zur  Entstehung  der  Gelbsucht 
abgegeben.  In  derselben  Quelle  würden  wir  auch  die  Gutstehung 
der  Schwämme  suchen,  die  bei  Hagenkatarrhen  geschwächter 
und  herabgekommener  Individuen  keine  seltene  Erscheinung  sind. 

In  wie  weit  die  von  uns  gebrauchten  Mittel  passend 
gewählt  waren  und  zur  Herbeiführung  des  giinsligcn  Ausganges 
beigetragen  haben,  wäre  wohl  schwer  zu  beweisen.  So  viel 
sieht  indessen  fest,  dass  sowohl  der  Gebrauch  des  Chlorkali 
als  auch  der  China  -anfangs .  in  Verbindung  mit  Wein  und 
später  mit  Säuren  streng  wissenschaftlich  angezeigt  war  und 
dass  sie  der  Kranken  besser  bekoinmen  sind  als  andere  mehr 
energische  oder  vermeintliche  specifische  Mittel,  die  sie  nur 
noch  mehr  geschwächt  oder  in  den  erkrankten  Organen  eine 
üodk  grössere  Reizung  hervorgerufen  hätten. 

Noch  wiH  ich  erwähnen,  dass  das  Kind  wohlgebildet 
und  ausgetragen  war  und  dass  alle  seine  Durchmesser  die 
eines  von  gewöhnlicher  Grösse  im  normalen  Termine  geborenen 

7* 


100  V.    Verhandlungen  der  Oesellichaft 

Kindes  waren.  Das  Becken  der  Operirten  haben  wir  in 
Gemeinschaft  mit  Herrn  Collegen  Konitz  untersucht  und 
gefunden,  dass  nicht  nur  der  gerade  DurchAiesser  des 
Beckeneinganges  um  die  Hälfte  kürzer  ist  als  im  Normal- 
zustände, sondern  dass  auch  die  Conüguration  des  Beckens 
in  Folge  der  uberstandenen  Rhachitis  und  die  dadurch  ver* 
ursachte  gehemmte  Ausbildung  einiger  sie  zusammensetzenden 
Knochen,  eine  bedeutende  Veränderung  erlitten  hat  Das  linke 
Hüftbein  liegt  etwas  höher  als  das  rechte,  ist  zugleich  flacher 
und  schmaler;  die  vordere  Fläche  des  Kreuzbeins  ist  mehr 
nach  links  gewendet  und  dem  linken  Hudbeine  mehr  genähert, 
weshalb  auch  der  linke  Kreuzbeinflugel  gleichsam  verkfimmert 
erscheint  Das  Becken  gehört  also  in  die  Reibe  der  sdiiefen 
asymmetrischen  mit  einer  sehr  bedeutenden  Verengerung*  in 
der  Richtung  des  geraden  Durchmessers  des  Beckeneinganges. 

1)  Der  linke   vordere   obere  Huftbeinstachel   liegt  am  l"  ^'*' 

höber  als  der  entsprechende  rechte. 

2)  Die  Länge  des  Kreuzbeins  beträgt  4"  3"'. 

8)  Der  Abstand  des  einen  vorderen  oberen  Hüftbeinstachels 
vom  andern  misst  9". 

4)  Die  Entfernung  zwischen  den  beiden  Hüftbeinkftmmeny  da 
wo  diese  am  weitesten  von  einander  abstehen,  8"  8'". 

6)  Der  Abstand  swischen  den  grossen  Bollbägeln  der  Sehenkel- 
beine 11"  3".'. 

6)  Der  «gerade  Durchmesser  der  Beckenenge,   von  der  Spitse 

dos  Kreuzbeins  zum  unteren  Rande  der  Schoossfnge,  3"  8"'. 

7)  Der   gerade   Durchmesser  des  Bcckenausganges,   von  der 

Spitze    des   Steissbeins    bis   zum    Scheitel   des    Schooas* 
bogens,  2"  9'". 

8)  Die  Entfernung  vom  rechten  Sitzknorren  zum  linken  oberen 

und  hinteren  Huftbeinstachel,  8";  vom  linken  Sitzknorren 
zum  rechten  hinteren  Huftbeinstachel  7"  4'". 
9)*  Die   Entfernung    vom    rechten   vorderen    oberen   HQftbeln- 
stachel  zum  linken  hinteren  oberen  7"  9'";  dieselbe  Ent- 
fernung auf  der  andern  Seite  7". 

10)  Die  Entfernung  vom. Stachelfortsatze   des  letzten  Lenden- 

wirbels zum  vorderen  oberen  Huftbeinstachel  rechterseits 
6"  10*';  linkerseits  5"  6'". 

11)  Die  Entfernung  vom  rechten  grossen  Rollhfigel  zum  linken 

hinteren  oberen  Huftbeinstachel  9''  ^'"\  des  linken  Boll- 
biigel  vom  rechten  Huftbeinstachel  8"  8'". 

12)  Die  Entfernung  von  der  Mitte  am' unteren  Rande  der  Schooss- 

fnge zum  hinteren  oberen  Huftbeinstachel  rechterseits  6"; 
linkerseits  6"  3'". 


mr  Gebnrtshülfe  in  Berlin.  IQl 

In  Statistischer  Beziehung  wiU  ich  noch  bemerken,  dass 
das  der  erste  Kaiserschnitt  ist,  der  im  Königreich  Polen  mit 
glöcldicbem  Erfolge  gekrönt  wurde.  — 

Herr  Virchow  legt  der  Gesellschaft  ein  ihm  von  Professor 
Hohl  zur  Untersuchung  übersandtes  Präparat  einer 
Zwillingsmissgeburt  vor. 

Beide  Früchte  waren  in  ihrer  oberen  Halfle  normal  ge- 
bildet, indess  von  der  Nabelgegend  abwärts  fand  sich  eine 
vollständige  £ventration  hervorgerufen  durch  Fehlen  der 
v<Nrderen  Bauch-  und  Beckenwände,  welche  durch  eine  Blase 
ersetzt  waren,  die  unmittelbar  von  den  Früchten  zur  Placenta 
verlief  und  die  Nafoelgefasse  in  ihren  Wandungen  einschloss. 
Vielleicbt  sdion  bei  der  Geburt  zerrissen.  Hess  sie  sich  am 
Präparate  nur  in  ihren  Rudimenten  nachweisen  und  machte 
Herr  Virehotv  namentlich  auf  eine  grosse  Zalil  plastischer 
Neubildungen  aufmerksam,  die  als  dünne  Fäden  und  Balken 
auf  einen  stattgefundenen  entzündlichen  Process  hindeuteten 
und  durch  Einschnürungen  der  Organe,  an  die  sie  sich  hefteten, 
roanmchfache  Verbtldungen  derselben  herbeigeführt  hatten. 
Eine  nähere  Beschreibung  können  wir  nicht  liefern,  da  sie 
Herr  HoM  sich  vorbehalten  hat. 

Herr  Hof mey er  legte  eine  längliche  wallnussgrosse 
Geschwulst  vor,  die  er  bei  einer  älteren  Jungfrau  exstirpirt 
hatte,    da    sie    aus    den    Geschlechtstheilen    heraushängend, 
Patientin    sehr   beunruhigt   hatte.     Herr  Hofmeyer   hielt   sie"- 
für  einen  Polypen  der  hinteren  Muttermundslippe. 

Herr  Virchow  hingegen  erklärte  das  Präparat  für  die 
lÜDtere  Mutterroundslippe  selbst  und  gab  an,  dass  diese  öfter 
durch  abnormes  Wachsthum  sich  so  beträchtlich  verlängere 
uod  dabei  an  der  vorderen  gleichsam  herabgleite,  dass  sie 
rnsseUormig  bis  zum  Seheideneingange  und  darüber  hinaus 
herabrage  und  den  Namen  „col  de  tapir''  erlangt  habe. 
Dass  es  nicht  als  (olyp  aufzufassen  sei,  sehe  man  auch  an ' 
diesem  Präparate,  da  die  Schldmhautfalten  des  Cervicalkanals 
auf  der  einen  Seite  dieser  Geschwulst  deutlich  zu  unter- 
schaden  seien. 


102  V.    Verhandlnogen  der  Gesellschaft 

Herr  Wegsckeider  gab  der  Geseilscbaft  eine  Idiendige 
SchilderuDg  der  Naturforscherv«*sainin]ung  in  Königsberg  und 
theilte  n<imentlich  die  in  der  gyiiakologischen  Abtheilung  ge- 
pflogenen Verhandlungen  im  Auszuge  mit. 


Sitzung  vom  18.  November  1860. 

Herr  Abarbanell  referirte  fiber  eine 
Inversio  uteri  durch  einen  Polypen  veranlasst 
Vor  mehreren  Monaten  besuchte  er  in  Gesellschaft  eines 
Freundes,  des  Dr.  Schlesinger  in  Luckenwalde,  eine  Patientin, 
die  bereits  seit  einiger  Zeil  wegen  heftiger  Gebärmutter- 
blutnngen  die  ärztliche  Hülfe  desselben  in  Anspruch  genommen 
hatte.  Frau  K,,  45  Jahre  alt,  früher  stets  gesund  und 
ziemlich  kräftig,  hatte  vier  Mal,  das  letzte  Mal  Yor  acht 
Jahren,  geboren  und  in  den  beiden  letzten  Jahren  Unregel- 
mässigkeiten der  Menstruation  bemerkt.  Die  Ausscheidungen 
wurden  reichlicher  und  von  heftigen  ziehenden  Schmerzen  in 
der  Gebärmutter  und  Kreuzbeingegend  begleitet.  Patientin 
war  durch  die  profusen  ßlutungen,  die  in  letzter  Zeit  ein- 
getreten, in  einem  äusserst  anamischeu  Zustande;  bei  der 
Untersuchung  per  vaginam  fand  sich  eine  faustgrosse  Geschwulst 
aus  dem  Cavuni  uteri  herausrageud,  von  glatter  Oberfläche 
und  ziemlich  fester  Consistenz,  die  von  den  Muttermundslippen 
fest  umschlossen  war  und  .die  Höhle  des  Uterus  so  wie  die 
Scheide  ganz  ausfüllte.  Da  es  sich  hier  um  einen  fibrösen 
Polypen  handelte,  der  durch  die  Operation  beseitigt  werden 
musste,  so  wurde  diese  beschlossen,  indess  einige  Zeit  ver- 
schoben, da  Patientin  zu  der  Zeit  gerade  sich  in  einem  Zu- 
stande äusserster  Schwäche  befand.  Vierzehn  Tage  später 
wurde  Dr.  Schlesinger  eiügst  zur  Kranken  gerufen  und  fand, 
dass  unter  heftigen  wehenartigen  Schmerzen  bei  massiger 
Blutung  der  Polyp  bis  vor  die  äussergi  Geschlechtstheile 
herabgeirieben  war  und  die  Gebärmutter  vollständig  invertirt 
halte.  In  einer  leicht  zu  Stande  gebuchten  Chloroforni- 
Narcose  amputirte  er  denselben  mit  Zurucklassung  einer  dfionen 
Schicht  des  Stieles  am  Fundus  uteri,  worauf  sich  der  Uterus 


ffir  Gebnrtobülfe  in  Berlfn.  103 

scbnen  selbst  reponirte.  Schon  nach  mehreren  Wochen  ^ar 
die  Kraoke  im  Stande,  das  Bell  zu  verlassen  und  ihren  Be* 
achäfügongen  nachzugehen. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  des  Flbroids,  welches 
Herr  ÄbarbaneU  der  Gesellschaft  vorlegte,'  ergab  Binde* 
geWebsfasem,  welche  sich  in  unregelmässigen  Zögen  durch- 
kreuzten  und  zahlreiche  Muskelfasern. 

Herr  Martin  sprach: 
üeber  verschiedene  Metboden  der  Verkleinerung  des 
Kindskopfes  bei  der  Geburt. 

Die  Verkleinerung  des  Kindskopfes  sei  eine  der  ältesten 
gebnrtshülflichen  Operationen,  deren  Nothwendigkeit  indess 
im  vorigen  Jahrhundert  mehr  und  mehr  in  Frage  gestellt  und 
namentlich  von  Oslander  ganz  geleugnet  sei,  doch  habe  die 
neuere  Zeit  Ihre  Berechtigung  wieder  anerkannt  und  aus  ihr 
stammen  die  jetzt  allgemein  gebräuchlichen  Instrumente  und 
Metiioden,  -deren  Schilderung  und  Kritik  Gegenstand  seiner 
Besprechung  sein  sollte. 

Im  Allgemeinen  könne  man  alle  die  dahin  einsdilagenden 
Operationen  in  zwei  Classen  theilen.  Die  eine  Reihe  bereite 
nämlich  die  Verkleinerung  nur  vor  und  bedürfe  dann  weiterer 
Verfahren,  um  sie  wirklich  herbeizuführen;  die  andere  indess 
strebe  direct  nach  der  Verkleinerung. 

Zu  der  ersteren  gehöre  die  Perforation,  denn  diese 
bewirke  nur  die  Eröffnung  der  Schädelfaöble,  bedürfe  dann 
aber  eines  weiteren  Momentes,  um  die  Verkleinerung  wirklich 
zu  Stande  kommen  zu  lassen.  Diese  könne  nun  in  gunstigen 
PäHen  freilich  durch  die  treibende  Kraft  der  Wehen  herbei- 
geführt werden,  da  die  Verhältnisse  indess  meist  nicht  so 
gfinstig  seien,  so  müsse  entweder  die  Extractiou  mit  der  Hand 
oder  die  Application  der  Zange,  scharfer  Haken  u.  s.  w.  folgen, 
um  den  Kopf  durch  den  Beckenkanal  zu  zwingen  und  dadurch 
die  Verkleinerung  herbeizufuhren.  Der  Hauptzweck  sei  somit 
dem  Gdrirne  möglichst  freien  Ausfluss  zu  verschaffen  und 
die  Perforattonswunde  deshalb  so  gross  wie  möglich  anzulegen. 
Er  spreche  deshalb  den  trepanförmigen  Perforationen  den 
Vorrang  vor  den  scheerenförmigen  zu,  denn  während  letzlere 
nur   in   den   Nähten  erfolgreich   verwendet   werden   könnten 


104  V.   Väiiiandlimgeii  der  Oeaellichaft 

I 

and  immer  scharfe  Rnochenrander  an  der  Wtiilde  harvor- 
brächten,  liesse  sich  der  Trepan  auf  jede  beliebige  Stelle 
appliciren  und  bringe  leicht  eine  beträchtliche  OefliiuDg  zu 
Stande.  Herr  Martin  empfidhh  das  von  ihm  der  Gesellschaft 
vorgelegte  treftanformige  Perforatorium  (nach  Weszekf»  Angabe 
gefertigt),  welches  durch  eine  Verdünnung  des  Stieles  unter- 
halb der  Trepankrone  eine  freiere  Beweglichkeit  im  Scheiden- 
eingange gestattet  und  somit  das  nothwendige  senkrechte 
Aufsetzen  des  Trepans  auf  den  Schädel  bedeutend  erleichtert. 

Demnächst  legte  Herr  M.  die  von  van  Huevd  an- 
gegebene Forceps  scie  vor  und  veranschaulichte  durch  eine 
fingirte  Anlegung  an  den  Kindskopf  die  zwar  etwas  umständ- 
liche, aber,  einmal  eingeleitet,  dann  auch  entschieden  eriblg- 
reiche  Operation,  da  bei  günstiger  Stellung  der  Kopf  in  zwei 
ziemlich  gleiche  Stücke  zerschnitten,  bei  ungünstiger  indess 
immerhin  ein  Segment  des  Schädels  abgesägt  wird,  wetehes 
oft  schon  hinreicht,  die  Extraction  möglich  zu  machen. 
Diese  kann  indess  mit  dem  Instrumente  selbst  nicht  vollführt 
werden.  Die  Form  der  Zange  dient  nur,  den  Kopf  genau 
zu  umfassen  und  der  Säge  den  richtigen  Weg  anzugeben. 
Ist  die  Zerschneidung  vollendet,  so  mnss  das  Instrument 
entfernt  und  die  Entwickelung  der  beiden  Hälften  mit  einer 
eigenen  Knochenzange  bewirkt  werden,  die  ähnlich  den  ge- 
bräuchlichen fi^fein'schen  Zangen  construirt  ist. 

Um  die  Extraction  mit  dem  die  Zertrümmerung  be- 
wirkenden Instrumente  sofort  ausführen  zu  können,  habe 
Dr.  Cohen  eine  starke  Zange  construhrt,  von  ihm  perforirende 
Kephalotribe  benannt,  deren  Griffe  nach  Art  der  Kephalotriben 
durch  eine  Schraube  genähert  werden  und  bei  deren  Schliessung 
von  der  Innenfläche  der  Löffel  zwei  starke  Messer  in  den 
gefassten  Kopf  eindringen  und  alles  zwischen  ihnen  Befindliehe 
zerschndden.  Herr  M.  legte  das  betreffende  Instrument  vor, 
setzte  indess  daran  aus,  dass  durch  diese  Messer  der  Kopf 
zwischen  den  beiden  Blättern  so  fixirt  werde,  dass  er  auch 
nicht  die  kleinste  Drehung  in  ihnen  zu  machen  im  Stande  sei. 

Noch  eine  neue  Methode  der  Schädelverkleinerung,  die 
Simpson  angegeben  und  mit  dem  Namen  Cranioclasma  be- 
zeichnet hatte,  müsse  hier  erwähnt  werden.  Da  nämlich  bei 
dem   älteren  Verfahren    der  Perforation  nach  der  Eröfiiiung 


für  QeburtBhalfe  in  Berlin.  105 

des  Schädels  die  El^ctraction  einzelner.  Knochen  mit  der 
Knochenzaiige  leicht  zu  bedenkiiclien  Lasionen  der  Scheide 
Veranlassung  gebe,  so  suche  Simpson  nach  angelegter  Per- 
foraüiNDSwunde  darch  diese  mit  einer  Zange  so  in  den  Schädel 
zu  gdangeDy  dass  er  innerhalb  der  Schädelbedeckungen  einen 
angrenzenden^  Knochen  erfasse.  Statt  diesen  aber  hervor* 
zuziehen,  suche  er  ihn  nur  aus  seinen  Verbindungen  aus- 
zurenken und  wiederhole  diese  Operation  an  allen  den  Knochen, 
die  er  auf  diese  Weise  erreichen  könne.  So  verwandele  er 
allmälig  den  festen  Kdpf  in  einen  weichen  Sack,  gebildet  von 
der  Kopfhaut,  in  welchem  die  Kopfknochen  beweglich  umher- 
liegen und  schütze  durch  diese  Umhüllung  die  mütterlichen 
Theile  bei  der  nachfolgenden  Extraction  gegen  jede  Ver- 
letzung. Herr  Martin  billigt  dies  Verfahren  vom  theoretischen 
Standpunkte  aus  vollkommen,  hegt  aber  das  Bedenken,  ob 
bei  einigermaassen  fester  Bildung  des  Schädels  die  Luxation 
so  leicht  zu  bewerkstelligen  sein  mOchte. 

Herr  M.  ging  nun  zur  Kephalothrypsie  über  und  legte 
den  von  ihm  gebrauchten  Kephalothryptor  vor,  der  im 
Wesentlichen  den  neueren  Instrumenten  nachgebildet  ist,  nur 
bebttfe  einer  grösseren  Raumersparniss  eine  einfachere  zer- 
legbare Schrauhenvorrichtung  fuhrt,  um  bequemer  in  die 
geburt^ölfliche  Instrumententasche  zu  passen. 

In  Bezug  auf  die  Operation  der  Kephalothrypsie  stimmt 
Herr  M,  mit  den  billigenden  Urtheilen  der  meisten  deutschen 
Geliurtsheifer  überein.  Er  verkeime  nicht,  dass  das  Instrument 
die  Gefahren  der  Zange  theile,  dass  die  Ränder  der  LöGfe] 
Läsionen  der  Mutter  veranlassen  könnten,  dass  in  einzelnen 
FäSen  die  ExtracUen  mit  dem  bereits  festgeschraubten  In- 
strunaente  nicht  gelinge,  doch  entkräftet  er  diese  Vorwürfe 
durch  die  Weisung,  die  Anlegung  recht  sorgfaltig  vorzunehmen, 
den  Kopf  nicht  in  einer  noch  zu  hohen  und  beweglichen 
Stellung  zu  erfassen,  so  dass  man  nicht  genöthigt  sei,  die 
Zusammendrüekung  und  Exti*action  im  ungünstigsten  Durch- 
messer auszuführen.  Er  habe  die  Erfahrung  gemacht,  dass 
der  Kephalothryptor,  an  den  zuletzt  kommenden  Kopf  gelegt. 
ui^eich  schonender  wirke,  als  bei  der  Schädeistellung  und 
ratbe  deshalb,  den  Kephalothryptor  nur  dann  in  den  vor- 
liegenden Kopf  anzulegen,  wenn  dieser  schon  fest  im  Becken 


106  V.    Verhandlungen  der  Geaellschaft  etc. 

stehe.  Liessen  es  die  VerhältDisse  nur  irgend  zu,  6o  ziehe 
er  unbedingt  vor,  erst  die  Wendung  zu  machen  und*  dann 
den  Kephalothryptor  anzulegen. 

Um  schliesslich  noch  einmal  sein  ürtfaeil  ober  die  an«* 
gegebenen  Methoden  zusanmienzafassen,  so  erkUre  er  sich 
für  den  Kephalothryptor  n 

1)  bei  zuletztkommendem  Kopfe, 

2)  bei  feststehendem  vorliegendem  Kopfe  nach  geschehener 
Perforation,  wenn  die  Möglichkeit  der  Luxation  nach 
Simpson^s  Vorschlage  zweifelhaft  sein  sollte.' 

Für  letztere  indess  bei  todten  und  schon  in  Zersetzung 
Obergegangenen  Kindern. 

Herr  Ebert  erwähnte,  dass  er  häufig  die  Kephalothrypsie 
ausgeführt  habe;  dabei  habe  er  allerdings  oft  gesehen,  dass 
bei  der  Extraction  der  Kephalothryptor  sich  mit  dem  Kopfe 
gedreht  habe,  so  dass  er  sogar  bis  in  den  geraden  D.urch- 
messer  gelangt  sei,  eine  Drehung  des  Kopfes  im  Kephalo* 
thryptor  habe  er  indess  nie  beobachtet.  Herr  M,  habe  nun 
bei  dem  Coken*schen  Instrumente  ausgesetzt,  dass  es  die 
Drehungen  des  Kopfes  hindere  und  könne  er  diesen  Vorwurf 
nicht  recht  einsehen. 

Herr  M,  entgegnete  hierauf,  dass  er  bei  Anlegung  des 
Kephalothryptors  nach  geschehener  Perforation  häufig  beobachtet 
habe,  dass  die  Perforationswunde  während  der  Zusamnien- 
schraubung  des  Instrumentes  aus  ihrer  ursprünglichen  Lage 
weiche  und  an  einer  oder  au  der  anderen  Seite  des  Schädels 
in  die  Höhe  gehe.  Diese  Drehung  habe  er  im  Sinne  gehabt, 
eine  weitere  bei  fest  geschlossenem  Instrumente,  so  wie  in 
der  Zange  sei  allerdings  unmöglich.  Auch  tadle  er  an  dem 
Cohen*schen  Instrumente,  dass  wenn  es  'Uöthig  wäre,  die 
Lage  desselben  zu  ändern,  die  Abnahme  schlecht  zu  bewerk- 
stelligen sei. 


VI.    V.  Sißboldf  Fall  Von  to  gftnalloher  Verbrennung  etc.    107 

VI. 

Fall  von  so  gftnzUcher  Verbrennmig  eines  Neu- 

geborenen»  dass  nur  wenige  Knochen 

ttbrig  geblieben« 

Bes^niachtet 

Bdaard  tchi  Siebold. 

Vorerinncrung. 

Die  Fälle«  in  wdchen  Mütter  nach  verbeimlichter  Schwanger* 
fchaft  und  Geburt  sicli  ihrer  geborenen  Kinder  dadurch  zu 
entäusseru  gesucht,  dass  sie  dieselben  der  Gewalt  des  Feuers 
aussetzten,  gehören  zu  den  sehr  seltenen.  Bei  der  auf  diese 
Weise  bewirkten  gänzlichen  Vertilgung  und  Zerstörung  des 
Corpus  delicti  ist  die  Entscheidung  so  mancher  Fragen»  die 
beim  Kindermorde  aufgeworfen  werden  müssen,  sehr  schwer 
oder  geradezu  uimiöglich :  es  fehlen  dem  Arzte  die  wichtigsten 
Anhaltepunk te,  so  dass  er  für  seine  Behauptungen  den  nöthigen 
Beweis  nicht  herbeibringeu  kann.  Ob  ein  Kind  lebend  oder 
todt  den  Flanunen  überliefert  worden  sei,  darüber  wird  der 
Arzt  keinen  Aufschloss  geben  können;  denn  aus  den  wenigen 
üebeAleibseln  des  Kindes,  welches  das  Feuer  nicht  ganz 
zerstört  hat,  kann  diese  Frage  nicht  beantwortet  werden.  Zu 
Vermuthungen  bleibt  freilidi  in  diesen  Fällen  ein  weiter 
Spietraum;  allein  mit  sofehen  ist  den  Gerichtshöfen  nkht  gedient, 
wekbe  sichere  und  bestimmte  Antworten  verlangen.  Mag 
sich  auch  den  Aerzten  nach  der  Durchlesung  solcher  Acten, 
nach  den  Ergebnissen  der  riditerlichen  Verhöre,  nach  der  ge- 
woDoeoen  Einsicht  der  ganzen  Individualität  der  Inculpatin  u.  s.  w. 
eine  moralische  Uefoerzeugung  über  diesen  oder  jenen  fraglichen 
Punkt  herausgestellt  haben:  sie  muss  dem  Mangel  des  Beweises 
weichen  und  darf  in  keiner  Weise  geltend  gemacht  werden. 

In  diesen  angegebenen  Beziehungen  stehen  wir  nicht  an, 
einen  Füll  hiermit  der  Oeffentlichkeit  zu  übergeben,  welcher 
das  eb<»i  Ausgesprochene  bestätigen  soll;  ähnliche  Fälle  kommen 
in  der  gefiebtsärstlichen  Praxis  nur  äusserst  selten  vor,  wie 


10^       VI,    v.Sieboldj  Fall  von  so  ic^otl^cber  Verb  renn  ang 

denn  überhaupt  die  Verbrenoung  als  Todesart  Neugeborener 
kaum  in  den  Lehrbüchern  der  gerichtlichen  Medicin  aufgezahlt 
wird,  obgleich  schon  der  alte  treffliche  Chr,  G.  Büttner  in 
seiner  «^Vollständigen  Anweisung,  wie  ein  verübter  Kindermord 
auszuniitteln.  Königsb.  und  Leipz.  1771.  4."  pag.  3  dieser 
Todesart  Erwähnung  thut. 

Hinsichtlich  der  in  unserem  Gutachten  nothwendig  ge> 
wordenen  Untersuchungen  der  wenigen  übrig  gebliebenen 
Knochen  machen  wir  auf  eine  schätzbare  Untersuchung  von 
Ollivier  (d* Angers)  aufmerksam:  Des  inductions  qu'on  peut 
tirer  du  seul  p^amen  des  os  du  foetus  (Annal.  d'byg.  publ. 
et  de  medec.  16g.  1842,  Avril).  —  Aehnliche  Fälle,  wo  blosse 
Knochen  von  Kindejn  Gegenstand  gericbtsärztlicher  Unter- 
suchungen waren,  s.  bei  Büttner  a.  a.  0.,  p.  151,  und  ia 
Henke's  Zeitschrift,  32.  Ergänzungsheft,  1843,  p.  215.  In 
beiden  Fällen  rührten  aber  die  Knochen  nicht,  wie  in  unserem 
Falle,  von  verbrannten  Kindern  her,  sondern  bildeten  die 
Ueberbleibsel  solcher,  welche  vor  längerer  Zeit  in  der  Erde 
verscharrt  waren  und  den  Verwesungsprocess  bis  anf  die 
Knochen  durchgemacht  hatten. 

Noch  wollen  wir  bemerken,  dass  als  andere  eben  so 
seltene  Art  von  Verniditung  des  ganzen  kindlichen  Körpers 
das  Aufgefressenwerden  desselben  von  Schweinen  u.  s.  w.  an- 
gesehen werden  muss.  Es  gilt  in  Beziehung  auf  das  ärztliche 
Urtheil  über  solche  Fälle  dasselbe,  was  wir  oben  von  der 
gänzlichen  Verbrennung  ausgesprochen  haben.  Einen  solchen 
Fall  lesen  wir  in  der  Gazette  des  tribunaux,  1840,  27.  Februar. 

„Die  Wittwe  Saiüot  hatte  im  November  1839  heimlich 
geboren  und  gleich  darauf  das  Kind  zwei  Schweinen  vor* 
geworfen,  welche  dasselbe  bis  auf  einige  Fragmente  des 
Schädels  aufgefressen  hatten.  Die  Thai  ward  bald  nichbar 
(ind  am  3.  November  begab  sich  das  Gericht  nach  der  Wahnung 
der  SaiUot,  untei*suchte  den  Schweinestall,  fand  jene  Schädel- 
reste  und  Hess  die  Thiere  schlachten.  Man  fand  in  ihrem 
Hagen  die  Ueberreste  des  kindlichen  Körpers  und  namentlich 
die  Lungen.  Ein  Arzt,  Namens  Anquetin,  legte  letztere  in 
einen  Eimer  mit  Wasser,  um  sie  zu  reinigen  und  bemerkte, 
dass  dieselben  schwammen.  Bei  wiederholten  Untersuchimgeo 
gewann   er   dasselbe  Resultat   und  schloss  nun  daraus,   dass 


eine«  Neiigebor«nen,  das»  nur  wenige  Knochen  etc.       109 

4aft  Kind  nach  der  Geburt  gelebt  babe.  Am  andern  Tage 
bealätigte  ein  anderer  Arzt  dasselbe  Urtheil  und  beide  folgerten: 
1)  dass  die  Fragmente  und  Stucke  de»  Fötus  einem  reifen 
Kinde  angehörten;  2)  dass  dasselbe  lebensfähig  geboren  worden' 
sei;  3)  dass  das  Kind  geathmet  habe,  dass  aber  did  Respiration 
und  folglich  auch  das  Leben  nur  von  kurzer  Dauer  gewesen  sei.*" 

Wir  enthalten  uns  jeder  weiteren  Bemerkung  über  diese 
,,  interessante  Thatsache  für  Medicina  forensis",  wie  der  Fall 
in  Froriep'^  ^k>tizen,  MSrz  1840,  p.  288  bezeicbriel  ist; 
imd  verweisen  auf  das  treffliche  Urtheil  von  Klose,  welches 
derselbe  über  diese  „medicinische  Gaskonade''  in  der  preuss. 
medic.  Zeitung,  1840,  No.  86  gefallt  hat'.  Dagegen  müssen 
wir  noch  anfuhren,  dass  auf  jene  unverantwortlichen  Be- 
hauptungen der  Aerzte  hin  die  Jury  die  Inculpatin  für  schuldig 
erklart  und  der  Gerichtshof  dieselbe  zu  „Travaux  forces'* 
auf  lebenslang  verurtheilt  bat! 

Ein  Vergleich  mit  dem  Rechtsausspruch  unseres  deutscheu  . 
Gerichtshofes  in  dem   gleich  näher  anzufahrendem  Falle  mit 
dieser  französischen  Criminalsache   giebt   gewiss   zu  ernsten 
Betrachtungen  Veranlassung,   welche   der  französischen  Justiz 
wahrlich  nicht  zum  Vortheil  gereichen  werden. 

Den  •  von  uns  begutachteten  Fall  lassen  wir  nun  folgen 
und  leiten  denselben  ein  mit  einer  kurzen 

Geschichtserzählung. 

Den  28.  April  1860  ward  zu  Z.  in  der  Gosse  neben 
dem  R,  Hanse  eine  Nachgeburt  gefunden;  der  Verdacht  einer 
heimlichen  Gebtdrt  fiel  auf  die  in  dem  Hause  dienende  Magd 
Henriette  P.,  23  Jahre  alt,  auf  deren  Kammer  unter  einem 
Kofler  em  blutiges  Hemd  und  neben  dem  Koffer  eine  schwarze 
Masse,  welche  sich  als  Kindespech  (Meconium)  auswies, 
entdeckt  Wurde.  Bei  näherer  Nachforschung  und  angestellten 
Verhören  der  P.  gestand  dieselbe,  in  der  Nacht  vom  25.  —  26. 
geboren  zu  haben;  die  eigentlichen  Wehen  hätten  am  26.  ftvdi 
5  Uhr  begonnen  und  über  ehiem  Eimer  in  der  Küche  sitzend 
habe  sie  das  Kind  gdlioren,  welches  todt  gewesen  sei.  Sie 
babe  es  erst  in  ihre  Kammer  getragen,  in  Tücher  ein- 
gewickelt auf  den  daselbst  befindlichen  Koffer  gelegt,  dann 
nach  ehier  Stunde   es  wieder  in  die  Küche  getragen,   es  da 


110       VI.    V.  SUboldt  Fall  ▼oti  so  gftnslieher  Verbreiiii«ag 

unter  dem  eingemaaerten  Kessel  deponirl,  das  Kind  dum 
noch  einmal  denselben  Abend  in  ihre  Kanuner  gebracht,  und 
es  am  Freitag  den  27.  früh  wied^  in  die  Köche  getragen, 
^es  in  den  Ofen  der  R.  Wohntsube  gesteckt  and  es  daseHbst 
durch  ein  laogeroachies  und  wohl  unteriialtenes  Feuer  ver- 
brannt Nachsuchungen  liessen-  auch  die  uhrig  gebliebeneo 
Knochenreste  des  Kindes  auffinden,  welche  gesammelt  und 
den  Sachverstandigen  zu  weiterer  Beurtheihmg  vorgelegt  wurden. 
Diese  Knochen  waren  theils  noch  bestimmbar,  theils  bildeten 
sie  bröckliche  mit  Asche  vermischte  Fragmente,  die  nicht 
weiter  erkennbar  waren,  lieber  den  AJ)gang  der  Nachgeburt 
berichtete  die  P, ,  dass  dieselbe  am  Donnerstag  firöh  (26.  April), 
nachdem  sie  das  Kind  in  ihre  Kammer  gebracht  und  wieder 
in  die  Küche  gekommen,  von  ihi*  gegangen,  nachdem  sie  sich 
wieder  auf  den  Eimer  gesetzt.  Sie  schattete  hierauf  den 
Inhalt  des  Eimers  in  die  Gosse  unter  dem  Kächenfensto*, 
wo  er  dann  gefunden  wurde.  Der  Strang,  an  welchem  das 
Kind  mit  der  Nachgeburt  verbunden,  ist  nach  ihrer  Aussage 
von  selbst  losgegangen.  Bei  dem  starken  Feuer,  welches 
die  P,  den  ganzen  Tag  hindurch  im  Ofen  unterhidi  —  es 
wurden  Bolzen  zum  Plätten  der  Wäsche  heiss  gemacht  — 
war  das  Kind  am  Freitag  Abend  gftnzlich  verbrannt,  wie 
die  P.  angab. 

K.  Amtsgericht  zu  Z.  sah  sich  veranlasst,  nachdem  die 
dortigen  Gerichtsärzte  bereits  ihr  Gutachten  abgegeben,  unter 
Einsendung  der  Acten  und  der  Ueberreste  von  Kindesknochen 
das  hiesige  Amtsgericht  unter'm  22.  Mai  d.  zu  ersuchen, 
durch  eine  von  einem  Mitgliede  der  hiesigeu  me.dicinischen 
Facultät  einzuholende  Begutachtung  näher  feststellen  zu  wollen, 
wie  weit  das  ?on  der  Beschuldigten  geborene  Kind  ausgetragen 
gewesen,  ob  nach  dem  Umstände,  dass  sich  in  der  Kammer 
der  Beschuldigten  Kindespech  gefunden  und  nach  den  AngdMm 
der  Beschuldigten  über  den  Act  der  Geburt  sieh  für  das 
Leben  des  Kindes  Schlüsse  ziehen  lassen. 

Unterem  25.  Mai  übei^gab  der  Duterauchungsrichter  des 
K.  Amtsgerichtes  dahier  mir  die  Acten  und  die  dabei  befindliche 
Schachtel  mit  den  fraglichen  Kindesknochen  mit  der  Auf* 
forderung,  mich  der  Begutachtung  des  Falles  zu  imterziehen, 
was  ich  in  Folgendem  gethan  habe. 


•ine^  Heageboreoeo,  das*,  oar  wenige  Knochen  eto.      1X1 

Gutachten. 
Der  AuffbrderuDg  u.  s.  w.,  caein  Urtheil  über  die  vom 
IL  Affitsgerichlc  zu  Z.  vorgelegten  Fragen  'abzugeben,  verfehle 
ich   nicht   nachzukommen.     Die  Fragen  selbst  sind  folgende : 

1)  Wie  weit  das  von  der  Beschuldigten  geborene  Kind 
ausgetragen  gewesen? 

2)  Ob  nach  dem  Umstände,  dass  sich  in  der  Kammer 
der  Beschuldigten  Kindespech  gefunden  und  den  Angaben 
der  Beschuldigten  über  den  Act  der  Geburt  sich  für 
das  Leben  des  Kindes  Schlüsse  ziehen  lassen? 

Ad  1.  Zur  Beantwortung  der  Frage  über  die  Zeit,  wie 
lange  ein  geborenes  Kind  von  der  Mutter  getragen  wurde, 
ob  es  daher  bei  semer  Geburt  als  ein  ausgetragenes  anzusehen 
sei  oder  nicht,  ob  es  in  letzterem  Falle  zu  den  lebensfähigen 
zu  rechnen  oder  nicht,  stehen  .dem  Sachverständigen  in  ge* 
wöholiehen  Fällen  zwei  Anhaltpuuj^te  zu  Gebote,  Der  £ine 
gründet  sich  auf  die  Aussagen  der  Mutter,  wann  sie  schwanger 
geworden»  um  welche  Zeit  sie  zuerst  Kindesbewegung  gefühlt, 
ob  sie  bestimmte  Veränderungen  an  ihrem  Unterleibe  bemerkt, 
als:  Senkung  d^  Bauches,  welches  der  Erfahrung  nach  mit 
mit  dem  Anfange  des  letzten  (zehnten)  Mondsmonates  sich 
einzust^en  pflegt  Es  ist  dieser  Weg  freilich  ein  unsicherer, 
da  der  Sachverständige,  nur  auf  die  Worte  der  zu  Unter- 
sochenden  angewiesen  ist,  welche  oft  sowohl  mit  Absicht  die 
Wahrheit' verhehlt,  als  auch  willenlos  als  Unerfahrene  Falsches 
berichtet  und  dah^r  jeder  Glaubwürdigkeit  ermangelt  Der 
.  zweite  Anhaltpunkt  ist  das  geborene  Kind,  welches  in  Bezug 
auf  die  Zeichen,  die  charakteristisch  genug  die  Ze-it  der 
verflossenen  Schwangerschaft  angeben,  zu  prüfen  ist  Der 
Sachverständiga  benutzt  daher  die  Resultate  dieser  zweiten 
Untersuchung  zur  Bestätigung,  Berichtigung  oder  zur  Wider- 
legung des  von  der  Mutter  Ausgesagten,  und  es  führt  ihn 
gerade  dieser  zweite  Weg  sicher  zum  Ziel,  da  er  es  hier  -mit 
der  Natur  selbst  zu  thun  hat,  die  nach  bestimmten  fest- 
stehenden Normen  die  Ausbildung  des  Kindes  allmälig.  der 
Reife  entgegengefahrt,  was  siph,  es  mag  letztere  erreicht  sein 
oder  nicht,  an  gewissen  Kennzeichen  des  kindliehen  Körpers, 
an  Gewicht,  Länge,  Verhältnisse  der  einzelnen  Kindestheile  zu 
einaader  u.  s.  w.  erkennen  iässt. 


112      ^*    v.Siebcldf  Fall  von  so  gänslicher  Verbrennimg 

Nun  sind  wir  aber  in  vorliegendem  Falle  in  dieser  lebsteren 
Beziehung  nur  auf  die  Untersuchung  weniger  Knochen  als  die 
einzigen  Ueherreste'  der  stattgefundenen  Zerstörung  des  kind- 
lichen Körpers  beschränkt,  die  noch  dazu  der  Einwirkung 
heftigen  Feuers  ausgesetzt  mehr  oder  weniger  zerstört  und 
zerbröckelt,  ja  selbst  in  ihrer  Gestalt  verändert  uus  yorUegea, 
so  dass  nur  der  kleinste  Theil  erkannt  und  f&r  bestimmte 
Knochen  erklärt  wei*den  ka&n.  Es  wird  sich  aber  dennoch 
ein  Urtheä  aus  diesen  Knochenresten  bilden  lassen,  da  die 
Eutwickelung  des  kindlichen  Skelets  mit  dem  Wachsthume 
der  weichen  Körperlheiie  gleichen  Schritt  halt  und  vor  allen 
die  Erfahrung,  der  Vergleich  mit  Kinderskeletten,  deren  Alter 
man  bestimmt  kennt,  zu  Hülfe  kommen  kann. 

Es  sind  uns  in  der  bei  den  Acten  angeschlossenen 
Schachtel  zwei  Packete,  Knodien  enthaltend,  vorgelegt  worden 
und  zwar  haben  die  begutachtenden  Aerzte  diese  zwei  Packete 
gesondert:  in  blauem  Papier  mit  der  Ueberschrtfl  „Untersuchte 
Knochen''  befinden  sich  die  pag.  70  Actor.,  von  den  Aerzteo 
richtig  bestimmten  Knochen.  Das  zweite  Packet,  in  grauem 
Papier,  ist  übei*schrieben :  „Nicht  bestimmbar''  und  entbätt 
die  grossere  Zahl  der  Knochenreste.  Unter  den  von  den 
Aerzten  bestimmten  Knochen  befanden  sich  zwei  Rölu^n» 
knocben  und  die  Pars  petrosa  des  ein^  Schlafenbeins. 

Vom  Packete  No.  2  haben  wir  als  erkennbar  noch  ge- 
sondert und  in  röthliches  Papier  eingewickelt,  dem  wir  die 
Ueberschrift  gaben  „nachträglich  bestimmte  Knochen''.  Es 
sind  folgende: 

1)  Das  andei*e  Felsenbein.  2)  Ein  Stück  Keilbein.  3)  Die 
Pars  basilaris  des  Hinterhauptbeins.  4)  Fragment  eines 
Os  ilium.  5)  Eine  halbe  Ulna.  6)  und  7)  Zwei  Reste  der 
Schenkelbeine  und  zwar  der  unteren  Theile.  8)  Einen  Reftt 
^s  oberen  Theils  eines  Schenkelbeins.  9)  Das  untere  Ende 
eines  Oberarmknochens. 

Vergleichen  wir  die  einzelnen  KnochenstcKcke  mit  uns 
vorgelegten  Kinderskeleten,  deren  Alter  uns  genau  bekannt  ist, 
wie  wir  solche  unserer  Sammlung  entnommen  haben,  so  ent- 
sprechen sie  nicht  den  Knochen  vollkommen  ausgetragener 
Kinder,  dagegen  sind  sie  entwickelter,  als  die  gleichem  Knochen 
au  siebenmonatlichen  Kindern,  und  wenn  wir  auch  annehmen 


Hettfeboreneni  dast  nar  wenige  Knoehen  eto.      113 

I,  dass  sie  durch  die  ffinwirkmig  des  Feuers  an  ihrem 
DmCuige  etwas  yerioren  haben,  indem  sie  poröser  geworden 
and,  so  stimmen  sie  immer  noch  mit  den  Knochen  derjenigen 
Kinder  llberein,  welche  sich  am  Ende  des  achten  und  Anfang 
des  neunten  (Monds^)  Monates  befinden:  somit  hätte  das  Kind 
die  32.  Woche  Aberschritten  und  wärde  demnach,  wenn  auch 
nicht  zu  den  au^fragenen,  doch  %u.  den  lebensOhigen  Kind«m 
su  reduQO^eki. 

w4&  diel$^T  Annahme,  das  Kind  sei  vor  dem  gesetz* 
mitesigen  Ablaufe  der  Schwangerschaft  zur  Welt  gekommen, 
(maami  auch  die  Beschaffenheit  des  yorgefundenen  Mutter- 
knchens  überein«  S.  pag.  11  act  Bei  der  yerschiedeoartigen 
Gestalt  des  Mutterkuchens  können  wir  auf  seine  Durchmesser 
päd  Peripherie  kein  Gewicht  legen:  dagegen  lehrt  die  Er- 
fehrung,  dass  die  Mutterkuchen  ausgetragener  Kinder  gewöhnlich 
1  bis  IVtPfnnd  Gewicht  betragen;  die  Schwere  des  Mutter- 
kttdiens  quaest  betrug  7  Neuloth  6  Quint,  was  circa  '/«  Pfund 
ausmacht;  somit  stimmt  das  Gewicht  dieses  Gebildes  ganz 
mit  dem  derjenigen  Placenten  ikberein,  welche  sich  bei  nicht 
ausgelragenen  Kindern  finden.  Da  die  Biklung  des  Mutter- 
kuchens eine  sehr  verschiedene  ist,  so  gewährt  seine  Be- 
trachtang  allem  zwar  nicht  die  Sicherheit,  aus  derselben  die 
Zeit,  wie  lange  das  Kind  getragen,  zu  bestimmen:  jedenfalls 
zeigt  aber  der  in  Rede  stehende  Mutterkuchen,  dass  das 
Kind,  dem  er  angehörte;  weit  über  die  Hälfte  der  Schwanger- 
schaft im  Mutterleibe  getragen,  wenn  auch  nicht  ganz  um 
die  gesetzmässige  Zeit  geboren  worden  sei. 

Vorstehend  haben  wir  demnach  den  einen  Weg  verfolgt, 
um  die  uns  vorgelegte  Frage,  wie  weit  das  Kind  quaest  aus- 
getragen gewesen,  zu  beantworten,  und  mussten  nach  den 
Torgefundenen  noch  erkennbaren  Knochen  die  Zeit,  in  welcher 
das  Kind  geboren,  auf  das  Ende  des  achten  oder  den  Anfang 
des  neunten  (Monds-)  Monates  feststellen,  welcher  Annahme 
anch  die  Beschaffenheit  des  Mutterkuchens  nicht  widerspriöht 

Vergleichen  wir  damit  2.  die  Aussagen  der  Mutter,  so 
sind  wir  hier  von  jedem  auch  nur  annäherndem  Urtheile 
vcriassen,  indem  diese  selbst  über  den  Termin  der  begonnenen 
Schwangerschaft  durchaus  nichts  Bestimmtes  verkünden  kann, 

lf«uiMC(kr.f.Q«tarttk.  1861«  Bd.  ZVXL,  Hft.  3.*  B 


114     '^'   ^»BMoldt  Fall  voa  so  g%nili«faar  VerlnrteMUig 

und  das,  was  sie  darftber  «}giebt;.in  au  greUem  WiAerspmd» 
mit  Dem  steht,  was  in  Bezug*  auf  die  Bescbaffenbeit  des 
geboreDen  Kind^  aus  den  vorgelegten  Knochen  geschlossen 
werden  muss.  i&iebt  sie  doch  immer  an;  dass  sie  erst  seh 
8  bis  12  Wochen  ihre  Periode  verloren  habe;  pag.  6  und 
40  act.  Wir  sind  hier  auf  ein  paar  Angaben  des  ScbwSngerers 
«igewieseo,  welcher  pag.  53  and  68  aussagt:  ,^Seit  einem 
halben  Jahre  oder  etwas  länger  habe  ich  laicb  mit  ihr  ab- 
gegeben"^, und  wenn  wir  auch  dem  GedS^tnisse  der  Leute 
solchen  Standes  nieht  viel  zutrauen  können,  so  geht  doch 
so  viel  aus  diesen  Angaben  herror,  dasft  eine  geraume  Zeit 
▼or  dem  Vorgeiallenen  eine  fleischUbhe  Vermischung  statt«* 
gefunden,  wie  denn  auch  Inquisitin  selbst  pag.  40  sugestebt, 
dass  sie  sich  vor  nicht  ganx  %' Jahren  mit  ihrem  Liebhabei; 
näher  eingelassen  habe.  '-  ■ 

Etwas  mehr  Gewicht  legen  wir  auf  die  Aussagen  dreier 
Zeugen,  welche  übereinetimmend  behaupten,  dass  es  ifaneB 
schon  ToV  einem  Vierteljahre  vorgekommen,  die  P:  befkide  sieb 
in  anderen  Umständen.  Gewöhnlich  tritt  mit  der  Hälfle  der 
Schwangerschaft  schon  eine  soklie  Ausdehnung  des  Bauches 
ein,  dass  diese  nicht  leicht  mehr  verborgen  iieSbea  kann: 
wenn  nun  ein  Vierteljahr  vor  dem  Vorgefallenen  das  äussere 
Aussehen  der  P.  Verdacht  der  Schwangerschaft  erregte,  so 
mag  wohl  damals  die  Hälfte  der  Schwangerschaft  (Ende  des 
fünften  Monats)  eingetreten  sein,  und  da  noch  drei  Monate 
bis  zur  erfolgten  Geburt  verstrichen,  so  sind  wkr  auch  von 
dieser  Seite    auf  die  von  uns  angenommenen  acht  Monate 


Wir  wiederholen  demnach  zum  Sdduss  dieser  Unter- 
suchung unser  Unheil,  dass  wir  das  von  der  P.  geborene 
Kind  f&r  ein  lebensßhiges,  wenn  auch  nicht  ausgetragenes, 
acht-  oder  neunmonatlicbes  halten. 

Die  zweite  uns  vorgelegte  FVage  lautet: 

„Ob  nach  dem  Umstände,  dass  sidi  in  der  Kammer  der 
Beschuldigten  Kindespeeh  gefunden  und  den  Angaben  derselben 
Ober  den  Act  der  Geburt  sich  fOr  das  Leben  des  Kindes 
Schlüsse  ziehen  lassen?** 

Wir  müssen  hier  gleich  Eingangs  dieser  Frage  bevor- 
worten,  dass  die  Beantwortung  derselben  grossen  Schwierigkeiten 


Han^borenen,  das»  imr  wonige  Kaoehwi  «te.     115 

unterlieg:!,  da  von  dem  eigentüclien  Corpus  delicti  nichts 
ttrig  geblieben  ist,  als  wenige  KD0<ihen,  abgegangenes  Kindes- 
pech und  die  Placenta,  diese  Objecte  aber  nicht  von  der 
Art  sind,  daas  sie  uns  irgend  einen  sicheren  Anhalt  geben, 
ob  das  Kind  lebend  oder  todt  geboren  worden  sei.  Wir 
kennen  daher  dem  in  dem  ftrztlicben  Schlussgutachten  p.  109 
Ausgesprochenen  ^Wir  sind  ausser  Stande,  auf  Leben  oder 
Tod  des  Kindes  bestimmte  Schlflsse  asu  ziehen''  unsere  Bei* 
Stimmung  um  so  weniger  versagen,  als  die  Untersuchung  des 
liindes  selbst,  wie  sie  sich  sonst  in  Sbnlichen  FäUen  von 
verdächtigem.  Kindesmorde  darbietet,  hior  gänzlich  wegfUlt 
Wir  sind  hier  nur  auf  die  Aussagen  der  Inquisitin  angewiesen, 
und  wmien  zu  untersuchen  haben,  ob  diese  glaubwürdig 
erscheinen,  oder  ob  sich  Widerspräche,  grobe  Lügen  u.  s.  w. 
in  deaselbai  erkennen  lassen:  wir  werden  femer  die  Placenta, 
namentlich  das  an  derselben  befindliche  abgetrennte  Nabelschnur- 
ende naher  in's  Auge  zu  fassen  haben  und  müssen  endlich 
das  vorgefundene  Kindespech  (Meconium)  berücksichtigen,  so 
das»  VW  uns  folgende  drei  l^ragen  aufwerfen  können: 

1)  Welches  war  nach  den  Aussagen  der  Beschuldigten 
der  Vorgang  der  Geburt?  Ist  denselben  Glauben  bei* 
zumessen? 

2)  Wie  ist  die  Trennung  der  Nabelschnur  zu  Stande  ge- 
kommen? 

3)  Kann  aus  dem  abgegangenen  Kindespech  auf  statt* 
gefundenes  Leben  des  Kindes  geschlossen  werden? 

Die  Beantwortung  der  uns  vorgelegten  Hauptfrage:  ^ob 
sich  für  das  Leben  des  Kindes  überhaupt  Schlüsse  ziehen 
lassen,''  ist  dann  in  der  Untersuchung  der  uns  vorgelegten 
drei  Fragen  involvirt. 

Ad  1.    Welches  war  wohl  der  Vorgang  der  Geburt? 

Die  Geburt  trat  nach  Aussage  der  Beschuldigten  in  den 
Moigenstunden  des  26.  April  (Donner^g)  ein:  die  eigent- 
heben  Geburtswehen  sollen  nicht  sehr  lange  gedauert  haben 
(p»  80  act):  sie  wül  dieselben  um  5  Uhr  firüh  verspürt  und 
fegen  Vs?,  also  innerhalb  1  %  Stunden  das  Kind  gd>oren  babea 
t  Es  kann  eine  solche  kurze.  Dauer  der  Geburt  der  Erfahrung 

[  nach  nicht  von  der  Hand  gewiesen  werden,  wie  denn  auch 

1  8* 


116      VI.    V.  Siebold  f  Fall  von  so  gttnsltcher  yerbMmnng 

schon  das  ärztliche  Gutachten  p.  101  durch  <Me  genaae  Unter* 
«ichuDg  der  Inquisitin  selbst,  namentlich  ihres  Beckens, 
ergeben  hat,  dass  der  Annahme  einer  kurzen  Gebiurtsdauer 
nichts  im  Wege  steht  Whr  legen  aber  besonders  noch  auf 
eine  Aussage  der  Beschuldigten  Gewicht,  wo  sie  behauptet^ 
dass  sie  in  der  Nacht  vom  Mittwoch  auf  Donnerstag  25"— 26.  AprB 
über  heftige  Schmerzen  in  der  Brust  geklagt,  worin  ein  Er- 
wachen der  Geburtsthätigkeit  nicht  verkannt  werden  kann, 
so  dass  schon  vor  5  Uhr  fräh  die  GeburtsthAtigkeit  rege 
geworden  sein  konnte,  die  ja,  wie  bekannt,  nicht  immer 
bloss  allein  auf  schmerzhafte  Gefühle  im  Unterleäe,  an  der 
Kreuzgegend  u.  s.  w.  sich  erstreckt,  sondern  zuweilen  sich 
auch  in  entfernteren  Gegenden  äussert,  bis  sie  sich  endlich  auf 
die  genannten  Stellen  concentrirt:  eine  Untersuchung  würde 
▼ielleieht  gelehrt  haben,  dass  schön  um 5  Uhr  die  VorbereitODgen 
zur  Geburt  so  weit.yorgeschritten,  dass  nmi  die  letztere  nach 
Verlauf  von  1%  Stunden  leicht  erfolgen  konnte. 

Wir  können  daher  in  den  Angaben  der  Bescfaulägteii 
über  den  Hergang  der  Geburt  nichts  finden,  was  der  Wahriieii 
widerstreiten  könnte. 

Eben  so  wenig  können  wir  in  den  weiteren  Angaben 
der  Inquisitin,  sie  habe  über  einem  Eimer  sitzend  das  Kind 
geboren,  einen  Widerspruch  finden,  da  bekanntUch  die  Gi^urt 
eines  Kindes  in  jeder  Lage  der  Gebärenden  vor  sich  gehen 
kann,  und  gerade  die  sitzende  oder  hockende  SteUung  bei 
heimlich  Gebärenden,  oder  auch  bei  solchen,  die  von  der 
Ausscheidung  des  Kindes  überrascht  werden,  so  häufig  zur 
Beobachtung  kommt.  Das§  in  unserem  Falle  der  Act  der 
Geburt  oder  die  Entwickelung  des  Kindes  aus  den  mütter- 
lichen Theilen  rasch  von  Statten  gegangen  ist,  können  wir 
ausser  den  günstigen  Beckenverhältnissen  auch  auf  Rechnung 
des  gewiss  nicht  starken  Kindes  bringen,  von  dem  wir  ja 
annehmen  mussten,  dass  dasselbe  nicht  zu  den  ausgetragenen 
gehörte.  S.  oben.  Was  demnach  von  der  Beschuldigten  hin- 
sichtlich der  Art  der  vorgegangenen  Geburt  vorgebracht  wird, 
kann  immer  als  glaubwürdig  angenommen  werden,  wenigstens 
liegt  kein  Widerspruch  gegen  die  Möglichkeit  emes  solche« 
Gebarens  in  Üiren  Angaben. 


f^Mi  HMgeboreneo ,  daas  nnr  wenige  KB04>ben  et«.      117 

Ad  2.  Wie  ibI  die  Trennung  der  Nabelschnur  zu  Stande 
gdioinnien? 

Die  Beantwortung  dieser  Frage  unterliegt  schon  grösseren 
Scbirierigkeitea,  da  uns  nur  der  an  der  Placenta  anhängende 
eine  Real  der  getrennten  Nabelsdbnur,  nicht  aber  der  andere 
am  Kinde  befindliche  Theil  Torliegt,  und  ,wir  hier  lediglich 
auf  die  Aussagen  der  Beschuldigten  angewiesen  bleuen.  So 
ml  steht  fest,  dass  die.  Nabelschnur  nicht  abgeschnitten, 
sondern  abgerissen  war.  Ist,. nun  die  Trennung  der  Schnur 
durch  die  Hand  der  Inquisitin  oder  von  selbst  unmittelbar 
nach  dem  Durchtritte  des  Kindes  geschehen?  Mit  Gewissheit 
Bsst  sich  weder  das  Eme  noch  das  Andere  behaupten:  wenn 
aber  die  Trennung  durch  die  Hand  der  Inquisitin  geschah,  so 
ward  sie  wenigstens  nicht  mit  einem  scharfen  Instrumente 
Twgenonnnen;  gegen  diese  Annahme  spricht  die  Beschaffenheit 
des  getrennten  Stückes  pag.  10.  Es  kann ,  also  nur  mit 
einem  stumpfen  Werkzeuge  oder  mit  der  blossen  Hand  die 
Trennung  bewirkt  worden  sein.  Die  Angabe  in  den  Acten, 
es  seien  an  der  Trennungsstelle  ausgezackte  Rander  Tor* 
gefimd^i  worden,  lässt  die  sichere  Annahme  eines  gebrauchten 
stumpfen  Werkzeuges  fallen,  denn  wenn  auch  weiter  daselbst 
lu  lesen:  „gequetschte  Ränder'',  so  ist  doch  dabei  gesagt: 
„anscheinend  gequetscht*',  wie  denn  überhaupt  bei  einer  solchen 
Beschaffenheit  der  Schnur  nichts  mit  Sicherheit  bestimmt 
werden  kann.  Eben  so  wenig  kann  aber  mit  Bestimmtheit 
nachgewiesen  werden,  dass  Beschuldigte  mit  blossen  Händen 
die  Dnrdureissung  bewirkt  habe,  was  auch  bei  der  Zähigkeit 
und  Glätte  einer  gewöhnlichen  Nabelschnur  schwer  zu  bewerk- 
stelligen ist,  und  bei  dergleichen  Versuchen  wenigstens  nicht 
ans  der  Hitte,  sondern  eher  an  der  Insertion  des  Nabel- 
strangs am  Bauche  des  Kindes  oder  an  der  Einpflanzung 
desselben  in  den  Mutterkuchen  leichter  geschehen  kann. 

Es  entsteht  nun  zweitens  die  Frage,  ob  die  Trauung 
Ton  selbst  geschehen  sei,  resp.  ob  die  Nabelschnur  bei  der 
Geburt  spontan  abgerissen  sei?  Wir  würden  keinen  Augen- 
blick anstehen,  uns  unbedingt  dafür  zu  erklären,  wenn  die 
Gebart  im  Stehen  der  Inquisitin  vor  sich  gegangen,  da  bei 
solche  Stellung  der  Gebärenden  der  Nabelstrang  dann,  wenn 
er  nidit  zu  lang  ist  und  die  Nachgebivt  nicht  gleich  mit 


118      VI.   «.  iSiVftoId,  Fall  Ton  80  gftiiilioherVttrbremiimg 

ausgeschieden  wird,  leieht  abreissen  kam,  wie  wk*  dies  in 
ganz  unverdächtigen  Fällen  in  unseren  Gebftranstalten,  wcnm 
die  Gebärenden  zufällig  im  Stehen  von  der  Geburt  resp.  deor 
Durchtreten  des  Kindes  durch  die  mütlerHchen  Theile  Aber- 
rascht  werden,  nicht  selten  beobachtet  haben.  Nun  giebt 
aber  die  Inquisitin  an,  sie  habe  über  einem  Eimer  sitzend 
das  Kind  geboren:  der  Eimer  ist  nach  der  Untersuchung  der 
Sachverständigen  nur  97^  Zoll  hoch  gewesen,  das  an  der 
Placenta  ansitzende  Stack  Nabelschnur  betrug  aber  9  Zoll. 
Unter  diesen  Verhältnissen  ist  das  Abreissen  des  Nabelstrangs 
schwer  einzusehen',  wenn  es  auch  gerade  nicht  als  umaög^ch 
erklärt  werden  kann:  letzteres  würden  wir  nicht  anstehen 
anzuerkennen,  wenn  wir  wüssten,  wie  lang  das  am  Kinde 
befindliche  Stuck  Nabelschnur  gewesen  ist.  Es  feUt  uns  Aet 
hier  jeder  Beweis,  und  wenn  wir  auch  die  gewöhnliche  Länge 
einer  Nabelschnur  auf  18  bis  23  Zoll  festsetzen  mAssen,  so 
kommen  doch  auch  Ausnahmen  von  bedeutender  Kfirze  vor, 
oder  die  sonst  regelmässig  lange  Nabelschnur  kann  durch 
Ufflschlingung  des  Kindes  verkürzt  werden  und  so  das  Ab* 
reissen  in  v(Nrliegendem  FaUe  ermöglicht  worden  sein.  Wir 
können  also  auf  die  obige  Frage:  „Wie  ist  die  Trennung  der 
Nabelschnur  entstanden?''  nur  antworten,  dass  wir  unter  den 
angegebenen  Verhältnissen  es  nicht  für  unmöglich  halten,  sie 
sei  von  selbst  abgerissen,  dass  aber  dann  vorausgesetzt 
werden  muss,  sie  sei  sehr  kurz  gewesen,  wofür  wir  den 
Beweis  nicht  führen  können. 

Schliesslich  wollen  wir  noch  bemerken,  dass  die  Annahme 
der  Möglichkeit  der  spontanen  Durchreissung  noch  durch  den 
Umstand  begünstigt  wird,  dass  die  Beschaff<Hiheit  der  Nabel- 
schnur p.  10.  als  nicht  sehr  saftreich  und  überhaupt  als 
eine  dünne  geschildert  wird,  welche  Umstände  die  Durch- 
reissung des  Sbranges  gendgter  tnadien,  wobei  freilich  audi 
wieder  daran  zu  denken  ist,  dass  dann  auch  die  Durchreissung 
mit  der  blossen  Hand  leichter  bewerkstelligt  werden  kann. 

Ad  3.  Kann  aus  dem  abgegangenen  Kindspeche  auf  das 
Leben  des  Kindes  geschlossen  werden? 

Ausser  den  vorgefundenen  Knochenfragmenten,  weldie 
nur  die  LebensCahigkeit  des  Kindes  beurkunden,  ist  das  vor- 
gefundene Meconium  der  einzige  Uebeirest  eines  vorbänden 


eiiMiJSlMigelrarenfiii,  dasa  nur  wenige  Knodieii  etc.      119 

geweMDen- Kindes.  Eb  ward  dieses  naeb  allen  Angaben  der 
Inqniatio,  die  sicii  stets  gleich  geblieben  sind,,  in  den  Eimer 
hinein  geboren,  welcher  in  der  Küche  stand.  Das  Meconium 
üdA  sich  aber .  in  der  Kanuner  des  Mädchens  neben  einem 
daselbst  befindlichen  KofTer.  Die  Erklärung,  wie  es  dahin 
gekommen,  findet  sich  in  den  act.  p.  84.  „Als  ich  das  Kind 
(auf  dem  Eimer  in  der  Küche)  geboren,  trocknete  ich  es 
mit  einem  Scheuertuche  ab,,  nahm  es  dami  mit  auf  mdne 
Kammer,  wo  ich  es  auf  meinen  Koffer  auf  Tücher  legte; 
hier  hatte  e»  etwa  eine  Stunde  gelegen,  dann  holte  ich 
es  wieder  herunter  und  legte  e^in  die  Oeflnung  unter  dem 
eingemauerten  Kessel.  Ich  holte  das  Kind  deshalb  wieder 
herunter,  weil  ich  es  bei  mir  haben  wollte,  indem  ich  hoffte, 
es  werde  lebendig  werden.  Am.  Donnerstag  Abend  habe  ich 
es  wieder  auf  meine  Kammer  genommen,  und  am  Freitag 
Morgen  wieder  mit  in  die  Küche  gebracht  Hier  habe  ich 
es  in  den  Ofen  der  B.  Wohnstube  gesteckt  und  darauf  ein- 
geheizt'^ Das  macht  erklärlich,  waiiun  sich  Meconium  an 
dem  besagten  Orte  vorgefonden  hat 

Fassen  wir  die  uns  gestellte  Frage  in's  Auge,  ob  der 
Abgang  des  Meconium  auf  Leben  des  Kindes  schliessen  lasse, 
so  steht  eine  solche  Entleerung  unmittelbar  nach  der  Geburt 
allerdings  iii  vielen  Fällen  mit  dem  beginnenden  Respirations- 
proeesse  in  Verbindung,  indem  durch  das  Heruntertreten  des 
Zw^chfells  und  die  Cdntractionen  der  Bauchmuskeln  der 
Darmkanal  des  Kindes  diejenige  Wirkung  erfahrt,  welche  ihn 
dam  bringt,  das  angehäufte  Meconium  zu  entleeren.  Allein 
ein  sicheres  Urtheil  kann  man  darum  nicht  a|if  diese  Er- 
scheinung gründen,  weil  auch  unter  anderen  Verhältnissen 
Meconium  abgehen  kann.  Lange  ror  der  Geburt  des  Kindes 
abfiiessendes  Fruchtwasser  ist  manchmal  mit  Meconium  ver^ 
ndscht,  welches  demnach  das  Kind  schon  in  der  Gebärmutter 
Tor  dem  Risse  der  Eihäute,  also  noch  vom  Fruchtwasser 
arogd>en,  entleert  haben  kann,  und  welches  in  Folge,  des 
Abgestorbenseins  des  Kindes  im  Mutterleibe  und  durch  die 
danach  stattfindende  Relaxation  der  Schliessmuskeln  des  Afters 
abgegangen  ist  Desgleichen  wird  Meconium  durch  einen 
änsserüch  i^uf  den  Bauch  ausgeübten  Druck  zur  Entleerung 
kommen,  wie  es  fast  etwas  Constantes  ist,   dass  diejenigen 


120     VI.  V,  8MM,  Fmll  toh  so  gfaiilioher  y«rbr«aaitiig  ete. 

Kinder,  welche  mit  dem  Steisse  Torangeboren  werden,  wibrend 
der  Steiss  durch  den  Beckenkanal  getrieben  wird,  MeconiiaD 
entleeren,  indem  der  Bauch,  während  das  Kind  gedoppelt, 
d.  h.  die  unteren  Extremitäten  den  Unterleib  hinauf  geschlageii, 
durch  die  engen  Theile  durchgetrieben .  wird ,  einen  Druck 
erfahrt,  ja  diese  Entleerung  geschieht  auch  dann,  wenn  die 
Kinder  bereits  im  Mutterleibe  abgestorben  sind,  wie  wir 
solches  öfters  bei  todtfaulen  (macerirten)  Kindern  gesehen 
haben.  Aber  auch  bei  solchen  Kindern,  welche  nicht  in 
Steisslagen  geboren  sind,  kann  sich,  wenn  dieselben  auch  todt 
zur  Welt  kamen,  vermöge  .der  Schlaffheit,  in  welcher  sich 
die  Muskeln  des  Kindes  befinden,  Meconium  entleeren,  wie 
wir  das,  zumal  bei  nicht  ausgetragenen  Kindern,  zum  öfteren 
gesehen  haben,  ja  wir  haben  es  beobachtet,  dass  bei  solchen, 
die  unter  unseren  Augen  todt  geboren  wurden,  sich  nach 
einiger  Zeit,  wenn  sie  auch  an  den  Hintertheilen  gehörig 
gereinigt  weggelegt  wurden,  doch  wieder  Meconium,  spontan 
abgegangen,  befand,  zum  besten  Beweis,  dass  der  Abgang 
des  Meconiums  nicht  immer  mit  der  Respiration  zusammen- 
hängt. So  kann  daher  in  vorliegendem  Falle  durch  das  Zu- 
fassen der  Inquisitin  und  vielleicht  etwas  stärkeres  Eindrucken 
auf  den  Bauch  dem  Kinde  Meconium  entflossen  sein,  welclies 
daher  die  nach  der  Geburt  eingetretene  Respiration  des  Kindes 
nicht  anzeigen  kann,  so  dass  wir  nach  diesem  Zeichen  allein 
einen  irgend  sicheren  Schluss  auf  nach  der  Geburt  statt- 
gehabtes Leben  nicht  machen  können. 

So  würde  sich  denn  mit  Bezug  auf  die  Hauptfrage: 
„Ob  nach  dßm  Umstände,  dass  sich  in  der  Kammer  der  Be- 
schuldigten Kindespech  gefunden  und  der>  Angabe  derselben 
Ober  den  Act  der  Geburt  sich  für  das  Leben  des  Kindes 
Schlüsse  ziehen  lassen?'^  die  Antwort  herausstellen,  dass  ein 
irgend  sicherer  Schluss,  das  Kind  der  P.  habe  nach  der 
Geburt  gelebt,  nicht  gezogen  werden  kann,  ja  dass  bei  dem 
völligen  Mangel  der  kindlichen  Leiche  über  den  fraglichen 
Punkt  nicht  einmal  zu  Vermuthungen  Raum  gegeben  ist 

Dass  vorstehendes  Gutachten  u.  s.  w.  u.  s.  w. 
Götüngen,  den  30.  Mai  1860. 


YJL    BmrtHktr,  TnmQT  Menili»  eongenitn«.  121 

hk  NadMtelMiidein  geben  wir  noch  das  ridHerliebe  Urtheil, 
Miltlieiiiuig  wir  der  Gate  unsers  hochverehrte  Freundes, 
des  Heim  Obergerichts-VJGe-Director  Ritter  Niepir  ver^ 
danken.  JSogieidi  sind  wir  durch  gütige  Verwendung  desselben 
in  den  Besitz  der  fraglichea  Knochenfragmente  gekommen, 
welche  wir  im.  Interesse  dei^  Wissenschaft  bei  unseren  jfihr- 
lieben  Voriesungen  über  geridküiche  Medicin  verwertheii  ktonen. 
Auch  dafür  sprechen  wir  demselben  unseren  innigsten  Dank 
hiermit  aus» 

Hinsiehtlich  des  Uftheils  in  obiger  Sache  schrieb  Herr 
Obergerichts-Vice-Birector  Nüper  uns  Folgendes:. 

„Die  P.  ist  am  25.  Juni  1860  von  dem  Strafsenate 
des  K.  Oberappellationsgerichtes  in  Celle  wegen  des  Ver- 
brechens  „der  vorsätzlich  veranstalteten  hälfloisen  Niederkimft 
mit  einem  unehelichen  Kinde**  vor  das  hiesige  Obergericfat 


(Man  nahm  dort  also  den  FaU  des  Kindesmordes  nicht 
ab  indicirt  an.  JSonst  würde  die  Sache  an  den  Schwur- 
geriehtsbof  vorwiesen  sein.) 

Von  dem  ersten  kleinen  Senate*  des  hiesigen  Obergerichts 
ist  die  Sache  am  19.  Juli  1860  verhandelL 

Das  Urtheil  lautete  auf  Freisprechung,  weil,  wenngldeh 
faälflose  Niederkunft,  doch  nicht  vors&tzliche  Veranstaltung 
letzterer  erwiesen  sei.** 


VIT. 
Tnmor  saoralis  oongenitas. 

Beobachtet 

L.  Bartscher, 

OerichUwnndAnst  and  Geburtshelfer  in  Oanabrück. 

Die  Tumores  coccygei  oder  sacrales  gehören  zu  den 
seltensten  angeborenen  Krankheiten;  sie  haben  ihren  Sitz  an 
den  untersten  Lenden wirbdn,  dem  Os  sacrum,  den  Oss«  coccygis 
and  der  Regio  vertebro-lumbalis. 


132  VII.    ^«rtedUr,  Tumor  Mcrali«  coogenitnV. 

So  verscMeden  ihr  SMi  ist,-  so  TeraehMbi  ist'  auch 
ihr  Contentum'  und  ihre  Structiir;  ihre  Diagnose  kann  oft  den 
erffthrensten  Chirurgen  in  Zweifei  lassen. 

In  einem  Tumor  sacralis  hat  man  beobachtet: . 

1)  Eine  Hernia  ventralis,  d.  h.  eine  Vorlagerung  eines 
Contentum  der  Bauchhöhle,  welches  swischen  dem  Latissim.  dorai 
und  dein  Obliq.  extom.  hervortritt 

*  Solehe  Tumoren  sind  .gewöhnlich  wei((h  und  rapönibel» 
sie  geben,  da  der  vorgelagerte  Theil  hier  stets  Darmist, 
steti  tympanitischen  Ton;  ausgenommen;  wcbn  eine  faicarceratio 
stercoralis  vorhanden  ist,  die  jedoch  bei  SSugUngen  zu  den 
ailergrössten  Seltenheiten  gehören  durfte. 

2)  Cysten  mit  serös -lymphatischer  FIftssigkeii  oder 
zusammengesetzte  €yl8toide  oder  Cystösarcome,  Steatome, 
Füngus  etc. 

Das  hauptsächliche  diagnostische  Merkmal  der  einfiftdien 
Cyste  ist  das  Durchscheinen  des  hinter  gehaltenen  Lichtes, 
dann  ferner  die  deutliche  Fhictuation,  die  heim  Jflifler^schen 
Cystoide  eine  zitternde  ist;  fUe  einfachen  und  zusammen^ 
gesetzten  Cysten  geben  dumpfen  Ton,  sind  unbewegUcfa  und 
unterscheiden  sich  dadurch  von  Hydrorhachis,  dass  sie  beim 
Drucke  nicht  schmerzen,  auch  Druck  auf  sie  die  Geschwulst 
nkht  verkleinert. 

Während  die  einfachen  Cysten  blasig,  glatt  erscheinen, 
sind  die  Steatonie  und  Cystosarcome  fast  immer  höckerig;  sie 
fühlen  sich  durchweg  fest  an,  nur  ist  hier  und  da  manchmal 
undeutlich  Fluctuation  durchzufühlen. . 

Am  häufigsten  findet  man  das  Cystosarcom  im  Tum.  saciral., 
jene  aus  fibroider,  gefässreiclier  Masse  bestehende  Geschwulst, 
in  der  vereinzelte  Cysten  vorkommen.  Diese  Cysten  sind 
entweder  einfache,  innen  mit  einer  glatten  Membran  aus- 
gekleidete Höhlen;  oder  die  innere  Wand  der  Muttercyste 
enthält  an  dünnen  Stielen  frei  hereinragende  kleine  Cysten 
oder  polypenartige  kleine  Geschwülste  (Cystosarcoma  pro- 
liferum);  oder  von  der  glatten,  derben  Wand  der  Cyste  ragen 
blatt-  oder  kämm-  oder  condylotnartige  Excrescenzen  in  die 
Höhle  der  Cyste  hinein  (Cystosarcoma  phyUodes).  Die  in  dem 
Tumor  vorkommenden  Ca(rdnome,  als  Sctrrhus,  oder  Pungus 


VIL    BmUchm*,  Tumor  amcrmUi  ebttg[6nitti:i.  123 

UmatiMieB  UBgen  stets  mit  dem  Periost  und  dbin  Koochen 


Der  Prebe-Troikar  und  die  mikroakopiadie  Unlersadnu^ 
kfonteD  hier  am  besten  Aufschhiss  geben. 

3)  Der  Tamor  saeraMs  >  kann  eine  intrafeetation  enthalten. 
IMeser  Foetus  in  foetu  wird  vielleicht  durdi  das  Durchfühlen 
einzelner  harter  Thmle  etc«  leichter  zu  diagnostidren  sein, 

4)  Hydrorhachia  bildet  in  aelfenen  Fällen  einen  Tumor 
aacralis;  sie  kann  hier  out  oder  ohne  Spina  bifida  VoriLomlnen. 

Bildet  Hydroriiacbis  einen  Tunior  coccygeos,  so  enthät 
er  da»  Filnm  terminale  and  C^ebro- spinal  FlösBigkeit)'  ein« 
geschlossen  yon  der  Endigung  der  Dura  mater;  bildet  sie 
emen  Tumor  sacralis,  so  können  iii  dem  fiimor  Slrftoge  des 
Flexas  sacrdis  vorkommen. 

Die  Symptome  sind  die  der  Spina  bifkia  der  Rücken^ 
Wirbel  aiid  oberen  Lend^mirbeL 

Durch  Druck  verkleinert  sidi  der  Tumor,  indem  die 
Gerelvo*8pinal-Flfissigkeit  in  den  Arachnoidealsack  zurdck«^ 
gedrängt  wird;  die  Folgen  dieses  Experiments  sind  in  den 
meisten  Fällen  Zuckungoi,  klom'sche  Krämpfe,  Bewusstlosigkeit, 
Zittern,  Schmerz  etc. 

Die  äusseren  Bedeckungen  sind  in  allen  vier  Fällen  normal; 
die  Haut  ist  von  normaler  Farbf  und  behn  Fungus  stärker  injicirt 

Die  Prognose  ist  im  ersten  und  letzten  Falle  günstiger, 
ab  in  den  übrigen  Fällen,  da  im  ersten  Falle  Retentions-  und 
Dnickverbäode,  im  letzten  Schutzverbände  anzubringen  sind. 

Im  zweiten  und  dritten  Falle  ist  die  Prognose  durchweg 
ungünstig,  da  man  von  der  Exstirpation  der  Tumoren  selten 
guten  Erfolg  bat.  Gewöhnlich  ertragen  die  Kinder  die  Operation 
oder  die  nachfolgende  Reaction  nicht;  die  Statistik  weist  nach, 
daes  %  ^  kleinen  Operirten  schon  in  den  ersten  Tagen 
nach  der  Operation  sterben.  Man  muss  diese  Tumoren 
exstirpiren,  weil  sie  mehr  oder  weniger  dem*  Organismus 
Sftfle  entliehen;  ferner  weil  sie  sich  entzünden  und  so  ge- 
iihrden  können;  und  weil  das  leichte  Excoriiren  der  Tumoren 
an  dieser  Steile  dem  Kinde  ^osse  Last  machen  kann. 

Ich  habe  in  meiner  bedeutenden  geburtshülfUchen  Praxis 
während  einer  Reibe  von  30  Jahren  nur  einen  Tumor  sacralis 
beobachtet»  dea  ich  hier  mitlheüen  yvilL 


^Am  11.  April  1837  imrde  ioh  zu  der  Ebefraa  ScUoaser  R 
hierselbst  gerufen,  um  geburtshülfficben  Beistand  zu  leistea 
Die  Primipara  ^bar  mit  Hölfe  der  Zange  einen  kräftigen  Kraben. 

Er  trug  einen  bedeutenden  Tumor  saoralia,  welcher  Ton 
der  Synchondroris  Bacro-iliaca  rechter  Seite  begann,  die 
ersten  folschen  Wirbel  des  Os  sacrum  Ims  über  den  Hiatua 
sacraKs  nach  links  deckte  und  nach  unten  sich  ti>er  die 
Ossa  coccygis  in  den  Anus  erstreckte.  Dies^  eigentUche 
Stiel  der  Geschwulst  hatte  den  halben  Umfang  des  Fundus 
derselbed,  welcher  bis  an  die  Didphyse  des  Femur  reichte. 
Der  Anus  und  die  Geschlechtstbeile  wurden  durch  die  Ge* 
schwulst  nadi  vom  gedrängt 

Der  Tumor '  war  durchweg  hart  anzufiiblen ;  nirgends 
war  Fluctuation  zu  entdecken;  nur  am  tiefeten  Theile  war 
die  Geschwulst  höckerig;  im  Uehrigen  gleichmäsrig  hart;  sie 
schmerzte  bei  Druck  nicht,  war  nidit  reponibel,  nidit  durdi- 
scheinend.  Der  Stiel  sass  nicht  fest  auf,  sondern  war  massig 
Terschiebbar;  einzelne  harte  Theile,  wie  bei  der  Interfo^tion, 
waren  nicht  durchzufühlen. 

Ich  hielt  den  Tumor  demnach  für  em  gewöhnliches 
Sarcom  und  beschloss  die  baldige  Exstirpation,  die  ich  schon 
am  li.Tage  vorzunehmen  gezwungen  war,  weil  der  Fundus 
zu  excorüren  begann. 

Um  möglichst  viel  Haut  zu  sparen,  führte  ich  auf  den 
Rand  des  Stieles  zwei  halbmondförmige  Schnitte  bis  auf  die 
Fascia  sacralis,  präparirte  die  Haut  dann  vom  Rande,  wie 
beim  Manschetten -Schnitte  ab  uiid  trennte  den  Stid  dann 
mit  wenigen  Messerzugen. 

Die  aus  drei  Arterienstämmchen  entstehende  Blutung  war 
sehr  beträchtlich;  ich  unterband  jedoch  nicht,  sondern  nähte 
die  zu  diesem  Zwecke  möglichst  reichlich  erhaltenen  Haut* 
ränder  mittels  der  Sutur.  circumvol.,  Compressen  imd  die 
Spica  cox,ae  vervollständigten  den  Verband. 

.  Die  Geschwulst  wog  6  3*  (alt  Gewicht),  sie  war  bedeckt 
von  der  Haut,  wenigem  Zellgewebe  und  einer  der  Albuginea 
des  Hodens  ähnlichen  cellulösen  Membran.  Die  Geschwulst, 
von  oben  bis  unten  gespalten,  bot  ein  festes  Gbröses  Gewebe, 
in  dessen  Mitte  eine  einzige  Cyste  sich  befand,  die  mit  einer 
knorpelartigen  Membran  ausgekleidet  war  und  etwa  Sij  eines 


Tin.    Lemsy  Ueber  prophylaktiaehe  Anwendung  ete.      125 

serteen,  trüben  Fluidtiins  enthaiten  mochte.  Die  Aussen^ 
sduekt  der  fflutsea  Mmw  war  unregeliDässig  Terfilzt;  die 
inneniicbidit  bestand  aus  concentrischen  Lagerungen,  deren 
Centnun  die  kleine  Cyste  bildete.  Die  InQenschichi  war 
knorpdig  hart^  so  dass  die  concentrische  Lagerung,  verbunden 
mit  der  knorpeligen  Beschaffenheit,  leicht  an  Enchondrom 
denken  lassen  konnte;  doch  erwies  die  nähere  Untersuchung« 
dass  wir  es  durchweg  mit  fibröser  Masse  eu  thun.  hatten.  - 

Die  ziemfich  beträehtfiche  Wuüde  war  in  12  Tagen  völlig 
gebeilt  Die  Reaction  war  in  diesem  Falle  keine  sein*  be- 
deutende; der  Knabe  genas  voBständig  und  erfreut  sich  jetzt 
der  besten  Geaundheil. 

.Die  hiesige  Hebamme  J3.  und  der  verstorbene  Dr.  M. 
haben  mir  bei  dar  Operation  assistirt 


VIEL 

üeber  prophylaktiBche  Anwendung  kalter  Fomen« 
tatioaen  nach  seliweiren  Gebnrtsfitllen. 

Von 

Dr.  J.  Ign.  LenZv 

praktisdiexD  Arxte  in  Wftrth  bei  Franeofeld  In  der  Schweiz. 

Wohl  ist  es  jedem  praktischen  Arzte  bekannt,  welche 
vielfaGfae  Anwendung  seit  einer  grossen  Reihe  von  Jdiren 
die  Kdte  in  der  Medicin  gefunden  hat,  doch  ddrfte  selbe, 
nach  meinem  Dafürhalten,  in  viden  Fällen  noch  mehr  speciell 
in  Gebrauch  gezogen  werden;  namentlich,  glaube  ich,  sollte 
dieselbe  auch  als  prophylaktisches  Mittel  in  diesen  und  jenen 
Zuständen  mehr  stattfinden,  von  denen  ich  nur  diejenigen 
der  Neuentbundenen,  die  schwere  Zangengeburten,  Wendungen 
und  Piacenta- Ablösungen  erlitten  haben,  hervorhebeii  will. 
Wie  gerne  und  oft  auf  solche  Entbindungen  im  Wochenbette 
Metritis  und  andere  heilige  Entzündungen  folgen,  ist  jedem 
|»iiktischen  Geburtshelfer  bekannt,  auch  bekannt,  wie  gerne 
solche,    ungeachtet   der   möglichst   sorgfältigen   Behandlung, 


126      VIII.    iMM^  Uaber  prophyMtUelia  Anwendang  äU. 

Üblen  tödtlichen  Ausgang  nehmen.  Um  solchen  Auflgtagen 
wo  mögUch  in  Zukunft  vomibeugen,  begann  ich  in  wiedor 
Torkommenden  Fällen  erwähnter  Art,  kalte  UeberscUäge  in 
Anwendung  zu  bringen,  und  zwar  nach  folgender  Weise: 
3—4  Stunden  nach  gänzlich  beendigter  Geburt«  nachdem 
die  Entbundene  etwas  ausgeruhet  bat,  werden  der  Unterleib 
(bis  einige  Finger  breit  oberhalb  des  Nabels)  und  die  Scham- 
theile  mit .  halblauem  Wasser  (dieses  um  nicht  gerade  zu 
empfindlich  einzuwiriien),  3 — 4  Stunden  darauf  ebenso  lange 
Zeit  mit  stubenlauem  und  wieder  nach  3-— ^4  Stunden  niit 
küchekaltem  und  endlich  mit  ganz  kaltem  Wasser  (gerade 
vom  Brunnen)  alle  halbe  Viertelstunden  bis  alle  5  Hinuten, 
2—3  Tage  (Tag  und  Nacht,  auch  während  des  Sdilafes) 
fomentirt.  In  Fällen  nach  Placenta-AUftsungen  lasse  ioh  an 
ersten  Tage  3 — 4  Hai  yon  einem  schwach  lauwarmen 
Cbamillenaufguss,  um  etwa  in  der  Scheide  gd>liebenes  VhA 
zu  entfernen,  und  nach  Zangenoperationen  von  einem  DecocL 
H.  hfosc.  (mit  Milch  und  Wasser  bereitet)  Einspritzungen 
in  die  Scheide  machen.  Nebenbei  wird  antiphlogistische  Diät 
beobachtet,  versteht  sich  nach  Maassgabe  des  Kräftezustandes, 
Wobei  besonders  auf  diejenigen  Rücksicht  zu  nehmen  ist, 
welche  durch  Blutyeriust  in  einen  hohen  Sehwächezustand 
versetzt  werden. 

Diese  prophylaktische  Behandlungsweise  habe  ich  in  einer 
Reihe  von  Jahren  in  4  WetidungsfSUen,  nach  10  Zangen- 
operationen und  12  Placienta-Entwickelungen  (alle  waren,  wie 
schon  erwähnt,  sehr  schwere  Fälle)  mit  ganz  glücklichem 
Erfolge  geübt;  nie  trat  Entzündung  oder  Fieber  ejn,  die 
Wochenbetten  verliefen  ganz  gut,  ein  einziges  Mal  Uieb  der 
Wochenflttss  zurück,  ward  aber  baU  wiederhergesteUt  IKe 
Mikhsecretion  blieb  meistens ,  wie  es  in  solchen  Fällen  g^ 
wohnlich  der  Fall  ist,  zurück,  und  wo  sie  eintrat,  war  sie 
nur  schwach  und  machte  keine  krankhafte  Störung.  Ich  wiH 
zwar  diese  Behandlungsweise  nicht  gerade  als  untrügUcb 
bezeichnen,  indem  der  Beobachtungen  noch  zu  wenige  vor- 
liegen, möchte  nur  meine  Collegen  auf  Beachtung  derselben 
aufonerksam  machen. 


DL   Gnmm,  46.  Jftli»etb«riebt  fiber  .df»  EMipilsse  ^etc.    1^7 


IX. 

FtthfoiidTierzigster  Jahresbericht  llber  die   Er- 
eignisse  in   dem   Entbindnngsinstittite   bei   der 
KönigL  Sachs,  chirurgisch-medicinischen  Akademie 
zu  Dresden  im  Jahre  1859. 

Von'  •    .     . 

Professor  Dr.  Grenser, 

Königl.  S&cba.  Hofirnth  ete.  '     " 

Die  CeeamiiittaU  der  im  l^aufe  dea  ^abi^  verpfleEgte» 

Sehwaogera  «ad  Wöebtieriwifabetnig  589,  wpvon  B  Schwangere 

I  und  1 3  WöehoMWieii  .yom, Yoi^i^n  Jaiwß  in  Bßitayyd  v^rfalieben 

waren,  wfthrend.die  übrigen  erat,  in  dieaeoi  .aufgemHomen 

wflnksn. 

Geboren  haben  550,  upd .  aswar  im  Januar  46t  im 
Pehra«)  48,  in  mn  48,  im  April- 36,.  im  Mai  63,  im 
Jni  57,  im  Juli  49,  im  August  39,  «tn  September  46,  in» 
October  31 ,  im.  November  42,  im  December  50. 

Von  den  Gd^lrende«  wurden  274  amp  ersten  Male, 
185  aom  sweüen,  45  tum  dritten,  12  zum  vierten,  7  zum 
■nften,  9  aum  aecbsten,  6  zum  siebenten,   7  zum  acbte% 

5  zum  nennten,  1  zvm  zehnten  und  1  zum  zwölften  Haie 
entbunden«     Davon    waren   56   verheirathet,    14   verwittwet, 

6  geaehieden,  474  ledigen  Standes.  142  hatten  ihre  Hehnaths- 
angebörigkeit  in  Dresden,  349  in  anderen  Orten  des  König-^ 
«ncha  und  59  im  Auslände.  531  bekennten  sich,  zur 
evangeyacben  und  19  zur  katholischen  Confession.  Die  jüngste 
Wöchnerin  zählte  ein  Alter'  von  16  Jahren,  die  älteste  von 
46  Jahren;  die  meisten  standen  in  dem  Alter  von  24  und 
25  Jahren. 

542  Geburten  waren  einfache,  8-Mal  wurden  Zwillinge 
geboren.  522  Geburten  wurden  durch  die  Naturkräfte 
▼oBendet,  bei  28  machte  sich  Kunsthülfb  nöthig,  und  zwar 
16  Mal  die  Anlegung  der  Zange,  4  Mal*  die  Wendung  mü 
nachfolgender  Extraction  an  den  Füssen  und  9  Mal  die  künst-* 
hebe  Wegnahme  der  Nachgeburt 


128      nL.    6i^*«iw«r,  45.  Jaliretb«rieht  «bar  die  BraigttiMe 

Den  GeburtsmecbanimujB  anlangend,  ao  atditan  aich 
zur  Geburt: 

388  in  erster  Schädellage, 

148  m  zweiter         „        (6  Mal  ohne  Drehong),    * 

4  in  erster  Gesichtslagey 

1  in  zweiter  „ 

7  in  erst^  Steisslage, 

1  in  zweiter       „ 

4  in  erster  Fussiage, 

1  in  zweiter       „ 

4  in  Querlage, 

5  unennittelt 

Die  Geburtsdaiier  dehnte  sich  wegen  langsamer  Er-^ 
Weiterung  des  Muttermundes  bei  einer  Erstgebärenden,  ohne 
Nachtheil  für  Mutter  und  Kind,  auf  85  Stunden,  bei  dner 
anderen  sogar  auf  102  Stunden  aus. .  Die  kCkrzeste  Geinirt»» 
dauer  Ton  nur  einer  Stunde  kam  bei  S  Dritt-  und  1  zum 
neunten  Male  Gebärenden  vor« 

Der  Anfang  der  Geburt  fiel  am  hiofigsten  in  die  Zeit 
Ton  10  bis  11  Uhr  Abends,  am  seltensten  10  bis  U  Uhr 
Vormittags. 

Entlassen  wurden  545  W((chherinnen,  und  zwar  531 
gesund,  abgegeben  an  das  Stadtkrankenhaus  6,  jn  die 
innere  Klinik  1.  In  der  Anstalt  starben  7  Wöchnerinnen  an 
Peritonitis,  meist  complicirt  mit  Endometritis,  2  mit  Oophoritis 
und  3  mit  Pleuritis. 

Geboren  wurden  566  Kinder,  da?on  275  männliciien 
tmd  281  weiblichen  Geschlechts.  Bei  2  Abortus  liess  sieh 
das  Geschlecht  der  Früchte  noch  nicht  bestimmen.  Von  den 
Kindern  waren  ausgetragen  530,  als  282  Knaben  und 
268  Mfidchen;  frühzeitig  12  Knaben  und  13  M«dcfaen; 
unzeitig  1  Knabe,  abortiv  im  dritten  Monate  2.  —  Scfaein- 
todt  kamen  zur  Welt  16  Knaben  und  8  Mädchen;  todt* 
geboren  wurden  im  Ganzen  25,  als  9  Knaben  und  16  Mädchen; 
dayon  5  in  bereits  macerirtem  Zustande,  3  wegen  Unzeitigkeit 
und  mangelhafter  Entwickelung,  8  in  Folge  von  Druck  der 
Nabelschnur,  1  wegen  Syphilis  congenita,  2  wegen  Apoplexia 
sanguinea  mening.,   6  wegen   zu  starker  Compression   des 


Gdnnis  bei  rhadiiltteb*  Tereiigtem  Becken  und  wthrend  Zangen- 
opentioetea. 

Die  L&nge  der  NeugelMtrenen  schwankte  zwiechen  6  und 
SO  Per.  Zeil»  die  Schwere  zwischen  1  und  11  Pfund.  — 
Der  koneete  Nabelelrang  maass  8  Per.  Zoll,  der  langete 
46  Par.  ZdL  129  Mal  war  der  Nabelstrang  central,  425  Mal 
mehr  oder  weniger  seitlich  in  die  Placenta  inserirt  und  2  Mal 
in  die  EihinU.  —  Der  gr^sste  Mutterkuchen  ha^te  8  und 
9  Zoll  in  seinen  Durehnessem. 

Die  8  Zwillingsgeburten  ergaben  3  Mädchenpaare,  1  Knaben- 
paar und  4  Mal  einen  Knaben  und  ein  Mädchen«  Zwei  Mal 
kamen  beide  ZwilUnge  in  erster  Schadeilage,  1  Mal  der  erste 
in  zweiter,  der  zweite  in  erster  Schädeüpige,  1  Mal  der  erst^ 
in  erster  Schädellage,  der  zweite  in  zweiter  Steisslage  zur 
Wek;  1  Mai  ging  heim  ersten  Kinde  der  Steiss,  bei  dem 
zweiten  der  Schädel  in  erster  Lage  voraus;  1  Mal  wurde  das 
srste  Kind  in  erster,  das- zweite  in  zweiter  Fusslage,  ein  anderes 
Mal  das  .erste  in  ers^  Fass-,  .das  zweite  in  erster  St^sslag€( 
geboren.  Endlich  stellten  sich  von  Zwillingen  der  erste  in 
erster  Fusslage,  der  zweite  in  erster  Scbulterlage  zur  Geburt 
Besfiglich  der  Nachgeburten  ist  zu  beqyrken,  dass  3  Mal 
Hacente  und  Eihäute  doppelt,  5  Mal  Placenta  und  Cborion 
einfach,  das  Amnion  aber  doppelt  vorhanden  waren. 

Anomalien  der  Schwangerschaft 

Von  zwei  Abortus,  die  beide  gegen  das  Ende  des 
zweiten  Monats  eintraten  und  mit  ziemlich  starken  Metrorrl|agien 
verbunden  waren,  wurde  in  dem  .einen  Falle  das  Ei  ganz 
und  unversehrt,  in  dem  anderen  nur  stückweise  ausgestossen. 
Letzteres  gab  Veranlassung,  dass  einzelne  Eireste  in  Fäuhiiss 
übergingen  und  Symptome  von  Jaucheresorption  auftraten, 
welche  durch  reinigende  Injectionen  und  die  innere  Dar» 
reicbung  des  Acidum  muriaticum  dilutum  glucklich  bekämpft 
worden. 

Eine  unzeitige  GebuEt  erlitt  eine  29jäbrige,  zum  fünften 
Male  gebärende  Handarbäterin,  die  fünf  Jahre  lang  bis  vor 
drei  Monaten  an  einer  scrophulösen  Entzündung  des  Knie- 
gelenkes gelitten  «hatte.  Der  Fötus  w^  männlichen  Geschlechts, 
6  Par.  Zoll  lang.     Das  Wochenbett  verlief  ohne.  Störung.. 

Mft—tMohr.  L  »•barUk.   IStt.  Bd.XVIL,  HA.1.  9 


130       IX*    GrMMr,  45.  Jtdirftiib«ri«1it  «^r  df«- 

Fräbgebnrten  ereigneten  Mb  im  Lautb  4ie8  Mhr«i  di^ 
mitbin  4  Procent  der  Gesaramtzatil  der  Geburten.  Die¥ertileikiog 
derselben  auf  die  einzelnen  Monate  war  enie  sehr  tmqgleicbe; 
denn  während  jm  Januar  aUelA  6  vorkflmen,  ereigneten  sieb  im 
October  3,  im  April,  Hai,  Jali  imd  Augost  je  2,  im  Pebroar,  H9nE, 
Juni,  September  und  Norember  je  eine  und  nur  der  Dezember 
blieb  frei.  Von  diesen  Frühgeburten  erfolgte  eine  in  der  S9., 
eine  in  der  30.,  7  in  der  32.,  8  in  der  34.  tind  10  üi  der 
36.  Woche.  Von  den  Gebärenden  waren  19  Erstgebärende, 
die  übrigen  Mdirgebärende.  Rezflglieli  der  Ursachen  liess 
sich  in  6  PMlen  nicbtsr  ermittehi,  1  Mal  schien  Syphilis  der 
Mutter  die  Veranlaseung  gegeben  zu  haben,  1  Mil  trat  die 
Frfifageburt  uniAittelÜr  nach  einer  fOnfWöcbentlichen  antf^ 
syphilitischen  Cur  ein,  3  Mal  mosste  ZwittngS8chwangersdi«fl 
als  Ursache  angesehen  werden,  3  Mnä  frMxeitiger  Abgang 
des  Fruchtwassers,  2  Mal  IHspositie  aboftiva,  I  Mal  heftige, 
aOen  Schlaf  raubende  Ropf^cht,  1  MAt  hochgradige  Hydrilmie 
ior  Folge  von  Morbus  Bi-ightii,  2  Miail  Metrorrhagie,,  bedingt 
durch  (heilweise  Ab^^ennung  der  Placenta' und  2' Mal  erfolgter 
Tod  der  Frucht  Anlangend  den  G^fburtsmecbahismus,  so 
kamen  Ton  den  Ku#fWlh  geborenen  Kindern  17  in  Kopflage 
2ur  Welt,  4  in  Steisslage,  3  in  Rieslage  und  1  Mal  machte 
sich  wegen  Schulterlage  die  Wendung  nothwend'g.  Gaboren 
wurden  12  Knaben  und  13  Mädchen,  davon  21  lebend, 
4  todt,  wovon  2  im  Zustande  der  Maceration.  Von  den 
frfibzeitig  lebend  geborenen  Kindern  starben  aber  noch  13 
innerhalb  der  ersten  neun  Tage.  Die  Wöchnerinnen,  welche 
frühzeitig  entbunden  worden  waren,  konnten  bis  auf  eine, 
die  an  Peritonitis  starb,  gesund  aus  der  Anstalt  entfess^ 
werden. 

Bemerkenswerth  war  ferner  d^e  Conception  einer 
23jährigen  Ehefrau,  welche  noch  nie  menstruirt  ge^ 
wesen  war.    Die  Schwangerschaft  verlief  ohne  rite  Stdnmg. 

Bei  9  Schwängern  waren  die  Catamenien  auch  nach 
erfolgter  Conception  noch  wiedergekehrt,  und  zwar 
bei  5  noch  ein  Mal,  bei  einer  zwei  Mai,  bei  ehier  drei  Mal, 
bei  einer  vier  Mal  und  bei  einer  gar  fünf  Mal,  ohne  dass  eine 
Beeinträchtigung  der  Ernährung  an .  den  Khldern  bemerkliell 
gewesen  wäre. 


in  dem  Bntbindnngsiiistitvte  ete.  ra  Presdeo  im  J.  1859.    13t 

Metrorrhagien  erlitten  4  Schwangere,  wovon  2  im 
fierten  Monate  abortirten.  Dagegen  siatirten  die  Blutungen 
bei  «ner  im  siebenten  und  bei  einer  im  neunten  Monate 
Scbwangeni  imter  Beobachtung  hioser  ruhiger  horizontaler  Lage. 

Eine  Eröffnung  des  Muttermundes  bis  zur  Grösse 
eines  ZweineugroschenstAcJGs  fand  sich  bei  -2  Erstschwangem, 
7  und  14  Tage  vor  der  Geburt,  ohne  dass  sich  eine  Spinr 
fon  Weben  entdecken  liess. 

Ein  Abseess  in  der  Gegend,  wo  die  linke  kldne  Scham«' 
Mppe  sich  in  die  grosse  verliert,  zeigte  sich  bei  einer  Haus* 
schwängern  wenige  Tage  vor  dem  Eintritte  der  Geburt.  Nach 
Anwendung  von  Cataplasmen  wurde  der  Abseess  mittels  des 
Bbtoun*8  geöffnet  und  sehr  viel  Eiter  entleert  Kurz  darauf 
erfolgte  die  Geburt  und  im  Wochenbette  kam  der  Abseess  in 
wenigen  Tagen  zur  Vemarfoung. 

Eine  zum  zweiten  Male  Schwangere,  welche  wegen 
seenadärer  Syphilis  zwei  Monate  lang  in  der  inneren 
Klinik  mit  Mercurialien  behandelt  worden  war,  deseenangeachtet 
aber  das  Septum  narium  einbüsste,  trug  ihr  Kind  vöUig  aus 
und  gebar  einen  gesunden  Knaben  von  8  Pfd.  Schwere  und 
18  ZoU  Länge. 

Anomalien  der  Geburt. 

Neunundzwanzig  Gebärende,  wovon  17  zum  ersten  Male, 
9  zum  zweiten,  1  zum  dritten  und  2  zum  sechsten  Male 
ffbcrea^  hatten  während  ihrer  Kindheit  an  Rbachitis  von 
verschiedener  Dauer  und  verschiedener  btensitäl  gelitten. 
13  davon  gaben  an  bis  in*s  dritte,  5  bis  in's  vierte,  3  bis 
in's  fünfte,  1  bis  jn's  sechste,  3  bis  in's  siebente  und  4  bis 
in*8  achte  Lebensjahr  mit  genannter  Krankheit  behaftet  gewesen 
zu  sein.  Dessenungeachtet  fand  sich  bei  diesen  29  Schwängern 
nur  '9  Mal  eine  auf  die  Geburt  einfiussreicfae  Verengung  des 
Beckens  vor,  und  zwar  I  Mal'  eine  Conjugata  von  2Vs', 
3  Mal  von  S",  2  Hai  von  3V/  und  3  Mal  von  3Vs'  Par.  M. 
Nichtsdestoweniger  reichten  noch  in  6  Fällen  der  genannten 
Beckenverengung  und  selbst  bei  dreizoUiger  Conjugata,  die  Natur- 
kralle  zur  Vollendung  der  Geburt  hin,  was  dadurch  möglich 
worde,  dass  bei  zwei  dieser  Gebärenden  die  Wehen  eine 
ausserordentliche  Energie  zeigten,  zwei  Mal  die  Geburt  fräh- 

9* 


132        I^-    Oi*en8&rj  45.  Jahredberielit  aber  die  EreigniMe 

zeitig  eintrat  und  twei  Mal  eine  betrftohdidie  Erweichung 
des  Kindskopfes  nach  erfolgtem  Tode  der  Frucht  zu  Hülfe 
kam.  In  3  Fällen  (bei  2»/«",  8"  und  3V4''  Conjugata)  machte 
sich  die  Application  der  Zange  nöthig,  welche  aber  das  Leben 
der  Frächte  nicht  zu  retten  vermochte.  Bei  16  dieser 
Wöchnerinnen  verlief  das  Wochenbett  ohne  alle  Störung,  bei 
den  übrigen  kamen  leichtere  Grade,  von  Perimetritis,  Endo- 
metritis, Peritonitis,  Endocolpitis  und  ein  Mal  wanderndes 
Erysipelas  biillosum  zur  Beobachtung;  doch  konnten  sämmtliche 
mit  Ausnahme  von  zwei,  wovon  die  eine  am.  20.  Tage  des 
Wochenbett»  wegen  hartnackiger  Ischuria  an  das  Stadt- 
krankenhaus, die  andere  am  24.  Tage  wegen  Erysipf^as 
bullosum  ambulans  afh  die  innere  Klinik  abgegeben  wurden, 
gesund  aus  der  Anstalt  entlassen  werden. 

Skoliose  bestand  bei  zwei  Gebärenden  in  der  Gegend 
der  mittleren  Bückenwirbel,  welche  nach  rechts  hin  ausgewichen 
waren.  In  dem  einen  Falle  war  die  Skoliose  Folge  von 
Bhachitrs  und  im  Zusammenhange  mit  verengtem  Becken  und 
EinwSrtsstellung  der  Kniee,  in  dem  anderen  Folge  von  Muskel- 
schwäche, durch  schiefe  Haltung  am  Stickrahmen  veranlasst, 
und  blieb  ohne  EinQuss  auf  das  Becken. 

Hängebauch  beobachteten  wir,  ausser  bei  verengtem 
Becken,  noch  bei  llJ  Mehrgebärenden.  Der  voriiegende 
Rindestheil,  11  Mai  der  Schädel,  1  Mai  der  Steiss  und  1  Mal 
die  rechte  Schulter,  stand  ia  allen  Fällen  zu  Anfange  der 
Geburt  so  hoch,  dass  er  sich  nur  schwer  erreichen  liess. 
Aeussere,  manuelle  Hülfe,  bestehend  in  Emporhaiten  des 
Fundus  uteri,  während  mit  der  flach  aufgelegten  Hand  der 
Rindskopf  von  der'  Schambeinverbindung .  abgehoben  wurde, 
bewirkte  stets,  dass  der  vorliegende  Ropf  oder  Steiss  in  den 
Beckeneingang  rückte.  Die  Schulterlage  erforderte  die  Wendung, 
s.  unter  den  geburtshülflichen  Operationen. 

Schiefheit  der  Gebärmutter  massigen  Grades  ver- 
zögerte die  Erweiterung  des  Muttermundes,  so  dass  dieselbe 
in  dem -einen  Falle  erst  nach  .14,  in  dem  anderen  erst  nach 
26  Stunden  erfolgte;  um  so  kürzer  war  dann  gewöhnlich  die 
Austreibungsperiode. 

Bei  zwei  Erstgebärenden  wurde  diu*ch  Rigidität  des 
Muttermundes  die  ErweiterungspeKode   sehr  in  die  Länge 


üi  dem  Botbindnngfliostfitiite  ete«  so  Dresden  im  J.  1869.     133 

I,  flo  dass  dieaeike  58  und  84  Standen  in  Ansprach 
oalmi.  In  beiden  Fällen  erwiesen .  sich  warme  erweichende 
Sitzbäder  als  bölliieich. 

Ebenso  vo^ögerte  Harnverhaltung  in  einem  Falle  die 
Enreilenuig  des  Muttermundes  und  machte  deshalb  die 
Apphcation  des  Katheters  nothwendig,.  welche  nur  unter 
Schwierigketlen  bei  stark  gesenktem  Griffe  des  Katheters^ 
während  swei  Finger  der  anderen  Hand  den  vorliegenden 
Kindskopf  ein  wenig  ertdien,  gdang,  • 

Bei  2  Zweitgebarenden  zeigten  sich  die  Scheidenwftnde 
in  der  ganzen  Peripherie  herabgesunken  und  fingen 
an  anzuaefaweHen,  jedoch  verliefen  die  Geburten  noch  schnell 
genug,  als  dass  daraus  Illachtheil  hätte  hervorgehen  können. 

Eine  Ehefrau,  die  schon  sechs  Mal  glücklich  gebore 
hatte,  kam  mit  beiderseitigem  Leistenbruche,  welcher 
durch  ein  doppeltes  Bruchband  zuruckgdialten  vrurde,  in  die 
Anstalt  Wir  liessen  während  der  Geburt  das  BruddMind 
abnehmen  und  comprimirten  die  Brudipfortien  mit  den  Fingern, 
bis  das  Kind  geboren  war. 

Hochgradiges  Oedem  der  Schamlippen  in  Folge 
von  Morbus  firightü  vefursaehte  in  einem  Talle*  während  der 
Gd>urt  heftige  Schmerzen  und  erschwerte,  obgleich  die  Geburt 
firAhzeitig  eintrat  und  ein  nur  4  y^  Pfd.  schweres  Kind  geboren 
wurde,  doch  das  Ein-  und  Durchschneiden  des  Kopfes  so, 
dass  dieses  2Vs  Stunden  währte.  Unter  Mithülfe  aromatischer 
Pomentationen  verlor  sich  das  Oedem  im  Wochenbette  sehr 
schnell. 

Hysterische  Convalsionen  während  der  Erweiterung 
des  Muttermundes,  ohne  Trübung  des  Bewusstseins  und  ohne 
Eiweisagehalt  des  Urins,  beobachteten  wir  bei  einer  gut* 
genährten  Zweitgebärenden,  welche  .  wohl  in  der  Kindheit, 
aber  von  ihrem  12.  Lebensjahre  an  nicht  wieder  an  Krämpfen 
gelitten  haben  wollte.  Nach  vollständiger  Erweiterung  des 
Muttermundes  nahmen  die  Wehen  nien  Charakter  der  Treib- 
wehen an  und  die  Convnlsionen  hörten  ohfie  alle  Medication 
auf.  Das  Kind,  sdieinbar  gesund  geboren,  starb  an  Con- 
vnlsionen am  siebenten  Tage. 

Beträchtliche  Varicositäten  an  den  Schenkeln,  die 
sidi  in  einem  Fde  bis  zu  den  äusseren  Schamlippen  er- 


134      ni.   Qrmu^t  45.  Jahre tberiebt  «ber  die  EreigaMe 

streckteii,  kamen  »vier  Ma)  vor,  oime  dass  es  iiir  RapCiar 
gekommen  wäre.  Dagegen  berstete  ein  tiefer  liegeiider 
Varix  in  der  rechten  äusseren  Schamltppe  bei  einer  Erst^ 
gebärenden  während  des  DurchscHneidens  des  Kindskopfes, 
wodurch  diese  Schamlippe  mit  biaurother  FäAung  sehr  scbneB 
ansdiwoll  und  blasenförmig  ausgedehnt  wurde,  bis  der  SaüA 
pt6tzlich  berstete  und  sich  eine  beträchtliche  Menge  Hutes 
ergoss.  Da  die  Rissöflhung  so  weit  war,  dass  man  hequem 
den  Zeigefinger  einlegen  konnte,  wurde  die  gaue  HöUe  des 
Sackes  mit  Cbarpie  fest  ausgestopft  und  kalt  fomentirt,  worauf 
die  Blutung  stand.  Nach  mehreren  Tagen  kam  es  sur  Eiterung, 
so  dass  der  ganze  Sack  mit  der  Soheere  gespalten  werden 
musste.  Die  Vemarbung  des  Abscesses  wm*  bis  sum  15.  Tafpe 
so  weit  vorgeschritten,  dass  die  Wöchnerin  entlassen  werden 
konnte. 

Bei  drei  Erstgebärenden  traten  in  den  beideD  ersten 
Gebiirtaperioden  Metrorrhagien,  ein.  In  den  einen  Falk 
sistirte  die  Blutung  nach  vorzeitigem  Abgange  des  Fniciii* 
Wassers  bei  bioser  horizontaler  Lage.  In  dem  zweite  Falle 
zeigte  sich  das  untere  Uterinsegment  so  dick  und  aufgebckert, 
dass  der  noch  iehr  hochstehende  vorliegende  *  Schädel  nur 
undeutlich  gefühlt  werden  konnte  und  zu  tiefer  Sitz  der 
P'lacenta  als  Ursache  der  Blutung  angenommen  werden 
musste.  Als  der  Muttermund  bis  zur  Grösse  eines  Thaler- 
Stücks  erweitert  war,  sprengten  wir  wegen  fortdauernder 
Blutung  die  Blase,  was  zur  gänzlichen  Stillung  der  Blutung 
hinreichte.  Die  dritte  Gebärende  kam  in  die  Anstalt,  nachdem 
sie  unterweges  schon  sdir  viel  Blut  verloren  hatte.  Der 
Muttiermund  war  1  2oll  im  Durchmesser  erweite^,  .die  Blase 
stand  noch  und  der  Kopf  lag  vor.  Zwischen  Blase  und 
unterem  Gebärmutterabschnitle  nach  rechts  und  vom  fohlte 
man  die  seitlich  vorliegende  Placenta.  Da  bei  ruhiger 
Backenlage  die  Blutung  sich  massig  erhielt  und  bald  ganz 
aufhörte,  sah  man  vom  Sprengen  der  Blase  ganz  ab;  es 
wurde  ein  7  Pfund  schwerer  Knabe  in  erster  Sehädellage 
geboren.  An  der  Placenta  bemerkte  man  die  Spuren  theil- 
weiser  vorzeitiger  Lostrennung. 

Bei  einer  Zwieitgebäreoden  war  -in  Folge  vorsaitigen 
Wasserabgangs  die  Geburt  in  der  29.  Woche  eingftlreten  and 


ifjdfHPiJ^lilbiiiAiugkgiliialiiale  «tc.  s«  Dteal^ii  im  J.  W9.     135 


HD  9  Pfiin^  flCibweres  MMcfaen  in  tin^erriaseora 
£UiAiiiA|i  geboren.  Nach  Erdflbung  derselben  schrie  zwar 
das  Kind  auf,  starb  aber  schon, nach  f(nf  Stunden  an  all- 
gpmiaw  Iiebeosschwäofae. 

Erste  Gesichtslage  mit  Vorfall  des  Armes  (fehler- 
hafte Haltung  der  Frucht)  so,  dass  die  Hand  sich  in  der 
Sehamspalte  aeigte,  musste,  weil  die  Weben  sich  sehr  3chnell 
Jind,  kräftig  folgten  uod  die  B^osition  des  Armes  unmöglich 
oiaohleii,  den  Naturiuftßen  Oberlassen,  bleiben.  Da  gleichzeitig 
das  Becken  sehr  weit  und  die  weichen  Geburtswege  schlaff 
waren,  trieben  die  Weben  den  Kopf  ib  erster  Gesichtslage 
mk  den»  xeobten  Arme  zugleich-  olme  Schwierigkeiten  durch 
die  Seham^palle  und  das  Kind,  ein  7%  Pfund  schweres 
Mldcben,  siobrie  alsbald  kräftig  auf.  Der  Hamm  blieb  unversehrt. 

Bei  6  £rst-  und  5  Mebrgebärendei)  kam  Vorfall  des 
Nabelatranges'vor.  la  8  dieser  Fälle  imaren  di^  Uiqstande 
so  ungünstig,  dass  der  Vorfall  des  Nabe)stranges  den  Tod 
der  Frucht  zur  Folge  hatte.  Vier  Mal  nämücb  fiel  der  Nabel- 
strang vor,  als  der  Muttermund  im  Dnrcbmesser  kaum  1  Zoll 
eröffiottt  war,  und  wurde  schien  jetzt. sq  comprimirt,  dass  die 
Pnlsation  vollkommen  auibörtö;  zwei  Mal  versuchten  wir  ver- 
geblich die  Beposition  und  zwei  Mal  wurde  zwar  die  Zange 
schnell,  angelegt,  allein  die  Extraetion  der  Frucht  liess  sich 
nicht  .sehnell  genug  bew^kstelligen.  In  den  drei  übrigen 
Fällen  dagegen  gelang  es«  das  Leben  der  Kinder  zu  retten, 
und  zwar  zwei  Mal*  durch  die  Wendung  und  Eztraction  bei 
SebuUerlage,  ein  Mal»  weil  nacB  Vorfall  des  Nabelstranges 
die  kräftigen  Wehen  das  Kind  scluiell  ai^triabeii. 

Insertion  der  Nabdlsobnur  in  die  Eihäute  beob- 
achteten wir  zwei  MaL  bl  dem  einen  Falle  verlief  blos  die 
Vena  umbilicalis  ein  Stück  in  den  Eihäuten  längs  des  Bandes 
der  Placenta,  in  )em  anderen  nahmen  anch  die  bddeh 
Arteriae  urabilicales  ihren  Verlauf  durch  die  Eihäute  und  <äe 
Vene  ein  Stuck  längs  des  Randes  des  Mutterkuchens.  Da  der 
Riss  der  Eihäute  die  Gefisse  niobt  traf,  verliefen  die  Gebarten 
ahne  aBe  Störung. 

In  6  Fällen  war  der  Geburtsverlattf  ein  präcipitirter; 
die  Geburten  erfolgten  4  Mal  ayf  dem  Wege  nach  der  Anstalt, 
2  Mal  in  einer  Droschke,  2  Mal  auf  oiBener  Strasse,  ohne 


136      IX-   Ortmer,  45.  Jahresbericht  ftbet  Ale  EMiK«tii« 

Nachtbeil  für  Matter  und  Kind,  trotz  der  2erreiMiilg  d^ 
Nabelschnur,  und  nur  in  einem  Falle  erreichte  die  Krmaende 
noch  zur  rechten  Zeit  die  «Anstalt. 

Dammrisse  entstanden  bei  6  Erstgebärenden  wegdn  »i 
schnellen  Durchschneidens  des  Kindskopfes  und  m  enger 
Schamspalte,  wo^  in  einem  Falle  noch  Gesohwörsnavben 
und  indurirte  syphilitische  Gesdiwüre  kamen.  Bei  keiner 
erstreckte  sich  der  Riss  bis  über  die  Mitte  des  Dammes  hinaiis 
und   nur  in  zwd  FSllen  schritten  wir  zum  CoUodiumTerbmid. 

Geburtshüifliche  Operationen. 

Von  geburtshülflichen  Operationen  machten  sich  16  Mal 
die  Zangenoperation,  4  Mal  die  Wendung  mit  naobfolgender 
Extraction  des  Kindes  an  den  Füssen  und  9  Mal  die  künatr 
liehe  Wegnahme  der  Nachgeburt  nothwendig. 

Die  Zangenoperation  war  indicirt  bei  11  ErBt*»  und 
5  Mehrgebärenden,  mid  zwar 

3  Mal  durch  rbachitisch  y^engtes  Becken  (2Vs",  3''  uad 

3V4"  Conjttgata), 
3  Mal  durch  Missvertiältniss  zwischen  der  Grösse  des  Kindes 

und  der  Weite  der  Geburtswege, 
3  Mal  durch  Wehenschwäche, 
3  Mal  durch  Kopfgeschwufet, 
3  Mal  durch  Abgang  von  Kindspedi  und  Schwächerwerden 

der  Herztöne  der  Frucht  und 
1  Mal  durch  Vorfall  des  Nabelstranges. 
So  wurden  12  Knaben  und  4  Mädchen  zur  Welt  gefördert, 
davon  10  lebend. und  6  todt,  als  4  Knaben  und  2  Mädchen. 
AI9  Todesursache  musste  man  annehmen,  zu  starke  Compression 
des  Gehims  in  Folge  zu  beträchtlicher  Beckenenge  3  Mal, 
und  wegen  zu  grossen  Kopfes  2  Mal  upd  Compression  der 
vorgefallenen  Nabelschnur  1  Mal.  Das^  Wochenbett  verlief 
bei  6  Müttern  ohne  alle  Störung,  bei  10  traten  puerperale 
Erkrankungen,  .als  Endometritis  oder  Endocolpitis  und  Peri- 
tonitis ein,  jedoch  ohne  leichteren  Grades,  so  dass  die 
Wöchnerinnen  bis  auf  %wei,  «welche  am  19.  und  20.  Tage 
des  Wodienbettes  zvtr  weiteren  Behandlung  an  das  Stadt- 
krsinkenhaus  abgegeben  wurden,  gesund  aus  der  Anstalt 
entlassen  werden  konnten. 


i»  4itt  IstUadniigsinfllHttto  e«e.  bq  1>t«s4»tt  im  J.  1869.     I37 
» 

Die  fMT  FiBn  wen  Wendahf  md  Extr^oUon  der 
Frucht  an  den  Füssen  sind  folgendei: 

Bei  einer  Erstgebärenden  fadd  lean  bei  der  Dntertodiang 
den  Unterleib  sehr  ungietcb  ausgedehnt  und  schief  und  innerlich 
den  vorgefallenen  linken  Arm  bereits  angesdiwollen  und  neben 
demselben  eine  noch  puisirende  Schlinge  der  Nabelschnur; 
die  Ffisseder.FnuAt  lagen  in  der  linken  Seite  der  Mutter, 
der  hiitferen  Gebärmutterwand  3QgekehrL  Der  angesogene 
Unke  Fuss  wurde  mittels  der  Wendungssiehlinge  angeschlungen 
und  die  Wendung  durch  den  doppelten  Handgriff  vollendet 
Wegen  Vorfalls  der  Nabelschnur  musste  sogleich  die  Extraction 
feigen,  wdehe  keine  Schwierigkeiten  machte.  So  wurde  ein 
8  Pfund  schwerer  Knabe  extrahirt,  wdcher,  anfangs  asphyklisci^ 
durch  die  gewöhnlichen  Belebungsmittel  bald  in's  Leben  xurück- 
gebracht  wurde.  Mit  Ausnahme  einer  leichten  Perimetritis 
verlief  dae  Wochenbett  ohne  alle  Slfiiung. 

Eine  Zweitgebärende  hatte  eben  ein  Kind  in  erster  Pusslage 
.geboren,  als. sich  von  Neuem  eine  Blase  stellte,  in  wekher 
bei  der  gewMinlichen  Untersuchung  ein  vorliegender  Kindes- 
theil sich  nicht  erreichen  liess.  Man  ging  deshalb  mit  der 
ganxen  Hand  ein  und  fand  so  die  linke  Schulter  vorliegend, 
die  Fasse- der  Frucht  nach  links  und  hinten  gerichtet  Nach 
Herahleitung  des  linken  Fusses  durch  die  W^dung  liess 
man  wegen  Wehenschwäche  sogleich  die  Extraction  folgen, 
welche  ein  nur  4  Pfund  schweres  Mädchen  zwar  lebend 
xur  Welt  forderte,  das  aber  schon  nach  12  Stunden  an 
Lebensschwäche  starb.  Die  Mutter  wurd^  am  neunten  Tage 
des  Wochenbettes  gesund  entlassen* 

Bei  einer  Drittgebärenden  .ging  das  Wasser  ab,  als 
der  Muttermund  erst  1  Zoll  im.  Durchmesser  eröffnet  war 
und  man  entdeckte  inf  demselben  eine  nur  noch  schwach 
puisirende  Schlinge  der  Nabelschnur,  aber  keinen  vorliegenden 
Kindestheil.  Wir  li<fssen  deshalb  die  Gebärende  die  Seiteiriage 
anneiuven  und  schritten  2  Stunden  später  zur  Wendung,  als 
der  Mutiermund  das  gefahrlose  Eindringen  der  Hand  zuliess. . 
Der  rechte  Ellenbogen  der  Frucht  lag  vor,. der  Kopf  war 
nach  rechts,  der  Bauch  nach  dar  vorderen  Gebärmutterwand 
gerichtet     Das  Ergreifen  und  Anziehen  des  linken  Schenkels  | 


138       IX-   GvwMW,  4fr.  J«liroBberi«fc%  iibiir  4i»  KMlgaÜKr: 

« 
machte  nicht  unbedeiteade  9cb#ierigkeileB;  «boifle  gdang 
die  Extraction  nur  Biil  Mähe.  Das  Kiiid,  ein  8Vt  Piuttd 
schwerer  Knabe,  war  todt  Bei  der  Section  desselben  fuid  man 
an  der  Lungenpleara  and  am  Herzen  zahkaiche  Ecchymoaeo. 
Das  Wochenbett  der  Mutter  Yerlief  glAcäidi. 

Eine  andere  Drittgebärende  kam  in  die  Anstalt,  afe  der 
Muttermund  eben  erst  anfing,  sich  x«  eröfheh.  Zwei  Stünden 
später  erschien  der  MotteraHind  vöibg  erweitMt,  die  Blase  «tief 
berabgetreten  and  nur undeatlich  liess  sich rin kMaererHindcsr 
theil  IQblen.  Die  Kreissende  wurde  deshalb  auf  das  Queitet 
gebracht  und  die  ganse  Hand '  eingeMhrt,  wobei  man  dte 
Meinen  Kindestheil  als  den  linken  Arm  erkannte;  die  FAsse 
lagen  der  Uterinwand  zugekehrt,  der  Kopf  in  der  halken 
Mutterseite.  Nachdem  die  Kreissende  auf  die  linke  Seite  ge<> 
lagert  worden  war,  gelang  es  mit  der  rechten  Hand  die  Fasse 
zu  erreichen  und  ansuzi^en,  wobei  der  Nabelsiraog  forfiel. 
Man  liess  deshalb  sofort  die  Eitraction  folgen,  wriiei  die 
Entwickelung  des  linken  Armes  Schwieligkeiten  ferursachte. 
Das  Neugeborene,  ein  9  Pftmd  schweres  Mädchen,  war  be- 
deutend asphykti^ch,  wurde  aber  am  Leben  erhalten.  Die 
Wöchnerin  konnte  am  neunten  Tage  gesund  entlassen  werden. 

Nachgebnrlsoperationen  kamen  bei  7  Erst-  und 
2  Mehrgebärenden  vor.  Nur  eine  dieser  Gebärenden  war 
mittels  der  Zange  entbunden  worden,  bei  den  übrigen  hatten 
die  Naturkrädte  allein  die  Kinder  ausgetrieben.  Bei  einer  war 
schön  bei  mehreren  Torausgegangenen  Geburten  die  künstliche 
Lösung  und  Wegnahme  der  Secundinen  nöthig  gewesen.  Die 
Nacbgeburtsoperationen  wurden  dies  Mal  indicirt:  2  Mal  durch 
Einsackung  der  Placenla  in  Folge  schlaucbförmiger  Contraction 
des  Uterus,  1  Mal  durch  feste  Adhärenz  der  Eihftote  an  den 
inneren  Gebärmutterwänden  und  6  Mal  durch  zu  feste  Vei^ 
wachsung  der  Placenta.  Die  Verwachsungen  waren  sämmtUcfa 
nur  zellige  und  Hessen  sich  leicht  trennen.  In  fünf  Fällen 
war  die  Blutung  eine  sehr  reichliche.  Nach  Wegnahme  der 
Secondinen  zog  sich  der  Uterus  stets  sehr  fest  zusammen 
und  das  Wochenbett  nahm  bei  sämmtlichen  9  Wöchnerinnen 
einen  gesundheitgemässen  Verlauf.' 


la  ittt  XmibiiitoM^inttltttte  etc.  wn  Dresden  fih  ^  ISoO.     189 

Anomalien. des  Wochenbettes. 

.  Vorherrscheiid  unter  den  puerperalen  Erkrankungen  waf 
in  diesem  Jahre  die  Peritonitis,  wobei  bei  29  WöcbnerinneB 
das  Bauchfell  in  grjperer  Ausdehnung,  bei  27  nur  in  der 
nächsten  Umgebung  des  Uterus  (Perimetritis)  lergriffen  war. 
Die  Erkrankungen  kamen  meist  gruppenweise  vor,  am  häufigsten 
in  den  Wintermonaten,  doch  waren  auch  die  Monate  Mai  und 
Juni  bezüglich  der  GesundbeitsTerhältoisse  der  Wöchnerinnen 
ungünstig.  Die  Behandlung  blieb,  dieselbe,  wie  sie  sich  uns 
erfahrungsmassig  noch  ais  die  zweckmässigste  bewiesen  bat 
und  in  unseren  Jahresberichten  schon  (tfler  mitgetheilt  worden 
ist,  daher  wir  Ton  einer  Recapitulation  derselben  hier  ab- 
sehen. Die  sieben  tödtlich  endenden  Fälle  von  Peritonitis 
sind  in  der  Kürze  folgende: 

Erster  Fall.  Eine  32jährige  Ehefrau,  dürftig  genährt, 
▼on  kacbektischem  Aussehen,  vor  11  Jahren  glücklich  ent-- 
bunden,  hatle  in  ihrer  letzten  Schwangerschaft  viel  an  sehr 
heftigen  Kopfsdbnerzen  und  anhaltender  Schlaflosigkeit  gelitten. 
Sie  gebar  am  9.  Februar  ziemlich  leicht,  aber  4  Wochen  zu 
froh,  ein  6  Pfund  schweres  Mädchen.  Am  11.  Februar 
zeigten  sich  die  ersten  Symptome  von  Peritonitis,  welche 
sich  schnell  ausbreitete  und  von  Durchfall,  Erbrechen,  grosser 
Unruhe  und  Schlaflosigkeit  begleitet  war.  Kalisaturationen 
und  Opiate  innerlich,  sowie  Senfteige,  später '  Cataplasmen 
und  Einreibungen  des  Ungnent  cinereum  äusserlich  änderten 
wenig  an  dem  Zustande.  Zuletzt  gesellten  sich  noch  Symptome 
von  circumscripter  Pleuritis  und  Pneumonie  hinzu  und  so  erfolgte 
der  Tod  am  17.  Februar  früh  5  Uhr.  Sectionsbefund. 
Das  Pericranium  zeigt  auf  dem  Scheitel  und  am  Hinterhaupte 
einzelne  stark  injicirte  Stellen;  Dura  Mater  stellenweise  fest 
verwachsen,  viel  Osteophyten,  Pia  mater  ziemlich  blutreich, 
Centarallheile  des  grossen  und  kleinen  Gehirns  normal.  Die 
Pleura  der  r^ten  Lunge,  vorzugsweise  am  unteren  Lappen, 
mil  einer  gelbfichen  Exsudatmasse  überkleidet;  das  Lungen- 
parenchym daselbst  luftleer.  Der  peritonäale  Ueberzug  der 
Leber  mit  eiterigem  Exsudate  belegt,  die  Leber  gross,  weich, 
mäsaig  blutreich;  Mib  vergrössert,  die  Serosa  der  Gedärme 


]40       1^*    ^«i«i«'i  4&-  Jabrenbencht  Ober  die  Erpigpit^«! 

deutlich  injicirt,  8anunUieb6'Ei|ig;e weide  von  dem  erwflhnten 
Exsudate  yerklebt;  die  Innenfläche  des  Uterus  mit  plastisdiem 
Exsudate  belegt.  Die  linke  Niere  etwas  grösser,  als  die  rechte, 
Kapsel  leicht  abstreilbar,  Substanz  blutreid),  im  Nierenbecken 
eine  kleine  Menge  eiteriger  Flflssipeit  anatomische 
Diagnose:  Pleuritis  lobuli  infer.  pulmon.  dextr.,  Pneumonia 
bypostatica  tat  dextr.,  Endometritis  plastica,  Peritonitis, 
Nephritis. 

Zweiter  PalL  Eine  27jäbrige  Handarbeiters  Ehefrau, 
gut  genährt,  in  den  Jahren  1855  und  1857  glücklich  ent- 
bunden, kam  am  18.  März  früh  2  Chr  als  Kreissende  in  die 
Anstalt  und  gebar  hier  nach  wenigen  Stunden  ganz  gesundheit- 
gemäss.  Am  20.  März  Klagen  über  Leibschmerz  und  Harn- 
bescbwerden,  weshalb  Senfteige  und  der  Katbeter  in  Anwendung 
kamen.  Am  22.  März:  AuflreiHuiig  des  Unterieibes  und 
.dünnflüssige  StuUausleerungen ;  Gataplasmata  und  ioneriich 
Extract  tbebaicum.  Am  24.  März:  Delirien  und  Symptome 
von  Paralyse.  Tod  am  26.  März.  Sectionsbefund:  Hirnhäute 
etwas  serös  infiltrirt;  Lungen  ödematos,  in  den  HershoUeD 
viel  Fibringerinnsel,  welche  sich  bis  in  die  obere  Hohlvene 
und  bis  in  die  Arteria  pulmonaUs  erstrecken.  Die  conveixe 
Fläche  der  Leber  mit  Exsuds^t  bedeckt,  Milz  vergrössert  und 
durch  alte  feste  Verwachsungen  mit  dem  Zwerchfell  zusammen- 
hängend, die  Serosa  der  Gedärme  injicirt  Im  Jejunum  eine 
ungefähr  4  Zoll  lange  Invagination;  Uterus  kindskopfgross, 
^n  seiner  Innenfläche  mit  flüssigem  Exsudate  belegt  Anato- 
mische Diagnose:,  Peritonitis  und  Endometritis. 

Dritter  Fall.  Eine  34  Jahre  alte  Ehefrau  eineö.  Theater* 
soufileurs  aus  Warschau,  Mutter  von  sechs  Kindern,  dürftig 
genährt,  auf  der  Reise  von  Hamburg  nach  Pestb  begriffen, 
wurde  in  Dresden  von  Wehen  überrascht  und  'kaum  war  sie 
in  das  Entbindungsinstitut  geschafil  worden,  als  auch  schon 
die  Geburt  eines  9  Pfund  schweren  Knaben  erfolgte.  Durch 
den  Abschied  vom  Manne  und  den  Kindern ,.  welche  ihre 
Reise  nach  Wien  fortsetzten,  heftig  aufgeregt  und  von  den 
Strapazen  der  Reise  sehr  angegriffen,  zeigte  sie  schon  am 
folgenden  Tage  Symptome  von  Peritonitis  mit  sehr  frequentem 
Pulse,  gegen  welche  Eroubionen  und  Cataplasmen  vergeblich 


in  dem  EatbindiiQgsüiatitiit«  eto.  an  Dresden  im  J.  18Mh     141 

in  Anwendung  kamen.  Schon  nach  vier  Tagen  trat  der  Tod  ein. 
Seclionsbefund:  In  beiden  PleBrah6hlen  einige  Unzen  trübes, 
flüssiges  Exsudat;  die  unteren  Lungenlappen  etaric  ödemaldSf 
die  feineren  Bronehien  mit  reichlidiem,  schmutsig  grauem 
Schleim  erfülh;  das  Herz  gross,  schlaff,  in  den  Höhlen  flüssiges 
Btnt  Die  Bauchhöhle  entbilt  im  kleinen  Becken  reidilichesi 
eiteriges  Exsudat,  Lebeir  und  Milz  mit  E;isudatflocken  bedeckt, 
die  Milz  um  das  Doppelte  vergrössert,  sehr  schlaff. '  Uterus 
faustgross.  Das  Hnke  Ovarium  mit  Bxsudatmembranen  über- 
kleidet, sein  Siroma  dunkelgrauröth,  stark  ödematös.  Ana* 
tomische  Diagnose:  Peritonitis,  linkseitige  Oophoritis, 
doppelseitige  Pleuritis,  Bronchialkatarrh,  Milztumor. 

Vierter  PalL  Eine  28]lhrige  Fabrikarbeiterin  hatte  am 
24.  Mai  fi*üh  in  der  Anstdt  gesundheitgemäss  geboren,  als 
sie  am  S6.  von  heftigem  Sohüttdfi'oste,  begleitet  von  Schmerzen 
im  Unterleibe,  befallen  ward.  "Seofteige,  später  Breiumschlfige 
und  Emulsionen  blieben  ohne  Erfolg.  Unter  Zunahme  der 
Peritonitis  stari^  sie  am  2.  JunL  Section:  Schidddecken 
dünn  mit  sehr  entwickelten  Osteophyten,  Himsubstanz  zSh 
und  miseig  blutreich.  Beide  Lungen  blutreich,  in  ihren  oberen 
Lappen  stark  ödematös..  In  der  Bauchhöhle  nur  wenig  trübes 
gdbiicbes  Exsudat.  Uterus  doppeltfaustgross;  die  Innenfliche 
mit  einer  dünnen  Schicht  schmutzig  brauner,  stinkender  Jauche 
belegt  und  darunter  in  grosser  Ausdehnung  schmutzig  grau- 
gelbes, plastisches  Exsudat  Anatomische  Diagnose:  Peri- 
tonitis, Endometritis,  Lungenödem. 

Fünfter  Fall.  Ein  SOjähriges  Dienstmädchen,  gut 
genährt,  vor  tO  Jahren  glücklich  entbunden,  hatte  am  8.  Juni 
in  der  Anstalt  regelmässig  geboren.  Am  11.  Juni  Schmerz 
im  Unterleibe  mit  gleichzeitiger  Auftreibung  desselben  und 
starkem  Fieber.  Am  12.  auf  der  rechten  unteren  Thorax- 
hälfte gedämpfter  Percussionston  und  Reibungsgeräuscbe.  Tod 
am  13.  Juni.  Section:  In  beiden  Pleurasäcken  flüssiges 
mit  Flocken  gemengtes  Exsudat,  der  rechte  untere  Lungen- 
lappen luftleer.  In  der  Bauchhöhle  reichliches,  mit  Eiter- 
flocken gemengtes  Exsudat,  Leber  und  Milz  gross  und  schlaff'. 
Uterus  doppeltfaustgross,  sein  subseröses  Zellgewebe  eiterig 
infiltrirt,   einzelne  Venen   zeigen  weiche  Thromben  und   sind 


142       UL   Qrmtür,  46.  idbretberUht  iib«r  die  Eroigniflie 

mit  Eiter  erfdUt  Die  iooere  FUche  4es  Dteras  mit  EaESudatr 
acbichten  belegt  Anatomische  Diagaose:  Pleuritis,  Peri- 
tonitis, MetropUd>itis,  Endometritis. 

Secbttter  Fall  Ein  24jähriges  DieastinädebeD,  gut 
geDährl,  vor  zwei  Jahren  glücklich  entbimdeo«  kam  am 
23.  Juni  als  Kreissende  in  die  AhstalL  An  den  Schamlippen 
und  am  Damme  hatte  sie  breite  Con<fylome.  Sie  gebar  noch 
an  demselben  Tage  einen  aasebeincnd  gesunden,  8.  Pfund 
schweren  Knaben.  Am  25.  Juni  heftiger  Schfittelfrost, 
stechender  Schmerz  im  Unterleibe,  sehr  frequenter  Puls.  Am 
27.  Juni  ist  der  Puls  kaum  fiUilbar,  zahlt  140  SchUge  in 
der  Blinute,  Hände  and  Ffisse  erscheinen  kalt;  in  der 
rechten  Thoraxhällte  zeigt  sich  gedämpfter  Percussionston  und 
bronchiales  Athmen.  Unter  diesen  Symptomen  eriosch  das 
Leben  am  28.  JunL  Seotiop:  In  den  Pleurahäilen  nur  sehr 
wenig  Serum,  die  Lungen  stelknweise  stark  Mema46s.  Hers 
ziemlich  gross,  die  Mitralklappe  in  beiden  Zipfeln  schfinelig 
verdickt  Unterleib  stark  ^u^trieben,  reichUdies  flüssiges 
Exsudat  mit  Fibringerinnsehi  gemengt  enthaltend.  Leber  und 
Mib  sehr  schlaff.  Uterus  von  der  GrOsse  eines  Kindskopfes, 
an  der  Innenfläche  mit  einar  dünnen  Lage  ein«*  schmutzig 
braunlichen,  breiigen  Hasse  belegt.  Am  Cervix  einige  kleine, 
gelbdurchscheinende,  im  Durchschnitte  einen  Tropfen  einer 
gelben,  eiterigen  Flüssigkeit  ergiessende  Geßssstränge.  An 
der  Aussenfläche  unter  der  Serosa,  «i'der  Einmündungssteile 
der  Tuba  ein  Paar  mit  Eiter  gefüllte,  kleine  Lympfgefliss- 
stränge.  Die  Ovarien  beide  stark  geschwellt,  sehr  schlaff", 
das  Stroma  stark  hyperämisch,  mit  eiterig  erweichten  In- 
filtraten' durchsetzt.  Anatomische  Diagnose:  Peritonitis, 
Lyniphangioitis,  Oophoritis. 

Siebenter  Fäll.  Eine  22jährige,  gut  genährte  Bauern- 
magd  hatte  am  6.  December  in  der  Anstalt  gesundheitgemäss 
geboren,  als  sie  am  fünften  Tage  des  Wochenbettes  an  Peri- 
tonitis erkrankte.  Am  13.  Decembo*  Puls  140,  sehr  klein, 
Athem  kurz,  Zunge  trocken,  Delirien  und  Tod  am  folgenden 
Tage.  Section:  Auf  der  Arachnoidea  frisches  Exsudat 
Lungen  nur  mit  ein  Paar  Strängen  an  die  Pleura  costalis 
adhärirend,  theilweise  ödematös,   Herzhöhlen  mit  dünnflüssigem, 


in.  ^m  BBOiindongtinstSliite  ele.  a«  DvMd«»  im  J.  1M9.    143 

mAmaAgexn  Bhite  erfallt  In  :der  Baiiobh6ble  tiei  dikm^ 
Aerigts  Bisudat  Leber  linkerseiU  durebaus  fiiirAs  mit  dem 
Zwerchfell  and  die  nnlere  Fläche  durch  PatttdoBiembraiM» 
iMt  dem  Magen  verwachsen.  Bfib  vergröasert,  echlaff.  Magea 
enorm  ausgedehnt,  in  der  Mitte  der  Ueiiwn  Curratiir  eJDe 
iitrahlige  Narb^  enthaltend.  :  Ulerus  kindshopfgrossi  achlafT, 
an  der  Innenfläche  mit  eiscin  schmutxig,.  graurolheo,  janohigen 
Meg.  Tnben  bis  vierfach  gesobwoUeu ,  dunkelblauroth,  aas 
derÜfindung  eine  dftnne^  eiterige  Plössigheit  ergieasend;  die 
Schleimhaut  Mi%elockert,  mit  Eiter  bedeckt.  Anatomische 
Diagnose:  Perilonilis,  Salpiftgitis,  Magennarben«  Residyen 
einer  abgelaufeneii,  früheren  umschriebenen  Peritonitis« 

Von  Endometritis  kamen  amsser  den  rak  Periioniiis 
eomplkirten,  die  ^en  erwlfaot  worden  dnd,  noch  15  FAlle 
lur  Beobaehtuilg,  und  «war  in  den  Mooaleo  Juni,  August 
und  Octeher  je  3,  in  den  fibrigeii  Monaten,  mit  Ausnahme 
dea  nhrvar,  Mm  und  Deoembcr.  )e  ein  Fall.  Bei  -zwei  diesetf 
Wöchnerinnen  war  die- Entbindung  mittels  der  Zange  beendet 
worden,  ein  Mal  hatte  die  Nachgeburt  kättstttch  gelM  werd^ 
möseeD,  bei  einer  -war  die  Frfihgeburt  nach  der  C7oAan'schen 
Methode  (s.  unseren  Jahresbericht  vom  J.  1858)  eingeleitet 
worden,  eine  Wöchnerin  hatte  kurz  nach  der  Geburt  eine 
Metrorrhagie  erlitten,  •  zu  deren  Stillung  Injectionen  von 
Ozykral  angewendet  worden  waren;  bei  den  übrigen  war  die 
Geburl  ganz  gesundheitgemäss  verlaufen.  Die  Endometritis 
kündigte  sich  gewöhnlich  durch  Aufregung  des  Gefasssysteras, 
geringe  Empfindlichkeit  des  Uterus  und  Anomalien  der  Lochien 
an;  der  Uteras  blieb  dabei  in  seiner  Verkleinerung  und  Ruck* 
bildung  zurück.  Eknulsionen,  Kalisaturationen  und  reinigende 
Injectionen,  denen,  wenn  die  Lochien  sehr  übelriechend  wurden, 
Ltndenkohle  zugesetzt  wurde,  reichten  zur  Heilung  bin,  so 
dass  diese  Wödinerinnen  sämmüich  vom  12.  bis  15.  Tage 
gesund  aus  der  Anstalt  entlassen  werden  konnten. 

Endocolpitis  zeigte  sich  bei  45  Wöchnerinnen,  fast 
knmer  in  Verbindunj^  mit  Anschwellung  der  Schamlippen.  In 
9  dieser  Fädle  bildeten  sich  Ulcera  puerperalia.  Lange  Dauer 
der  Austreibungsperiode,  operative  Eingriffe,  meist  aber 
epidemische  Einwirkungen   mussten  als  Ursachen  angesehen 


144       I^*   OreH$^t  46.  JAkresberiokt  flb«r  di«  Enfgnici«    * 

werden.  Bei  höheren  Graden  wurden  erweicbeade  faf^cläwieii 
in  die  Seheide  und  über  die  geschwollenen  Sehamlii^Mii 
aromatiflehe  Fomentaüonen  gemacht,  die  Gesehwäre  mit  Cbarpie 
bedeckt  und  öfter  gereinigt  So  gelang  die  Heilang  meial 
schon  in  der  zweiten  Woche. 

•  Bei  zwei  Wöchnerinnen  bildete  sich  Gangrän  der 
Schamlippen.  Die.  eine  kam.  mit  beträdrtfichem  Oedem 
der  Schamlippen  in  die  Anstalt,  welches,  namentlich  an  dem 
rechten  Labium  während  der  Geburt  sehr  sunahnt  Unter 
dem  Gebrauche  aromatischer  Fomentationen  setzte  sich  zwar- 
das  Oedem  im  Wochoibette  sehr  schnell,  doch  konnte  nicht 
verhindert  -werden,  dass  sich  am  siebenten  Tage  em  Theil 
der  rechten  grossen  Sciiamlippe  gangränös  abstiess.  Die  zweite 
Wöchnerin  kkigte  erst  am  zweiten  Tage  nach  der  Geburt 
Ober  grosse  EmpfindUchkeit  der  Schamlippen,  welche  sich 
nur  massig  geschwollen  und  gcröthet  zeigten.  Nachdem  jetst 
heftiges  Fieber  eingetreten  war,  nahmra  Röthe,  Geschwulst 
und  Schmerzhaftigkeit  der  Schamlippen  sehr  zu  und  so  kam 
es  schon  am  vierten  Tage  zur  brandigen  Losstossung .  der 
Epidermis  und  des  Unterhautzellgewebes.  Aromatische  Fernen* 
tationen  und  Auflegen  von  Charpie  brachten  die  Geschwöre 
allmälig  zur  Vernarbung. 

Harriverhaltung  kam  im  Ganzen  bei  38  Wöchnerinnen 
vor.  In  einigen  Fällen,  wo  dieselbe  nach  leichten  und  schnelleD 
Geburten  eintrat,  musste  ein  mechanischer  Druck  des  Uterus 
im  Wochenbette  auf  den  filasenhals  als  Ursache  angenommen 
werden,  und  dann  verlor  sich  die  Harnverhaltung  gewöhnlich 
am  vierten  oder  fönflen  Tage  nach  der  Entbindung,  wenn 
Stuhlausleerung  bewirkt  worden  war.  In  den  äbrigen  Fällen 
beruhte  die  Ischurie  auf  Entzündung  und  Anschwellung  des 
Blasenhalses  in  Folge  längerer  Zusammendrückung  dieses 
während  der  Geburt,  verlor  sich  aber  ebenfalls  von  selbst, 
wenn  nur  für  tägliche  Entleerung  der  Harnblase  durch  den 
Katheter  gesorgt  wurde. 

Metrorrhagien  in  den  ersten  Stunden  nach  Entfernung 
der  Nachgeburt  traten  bei  1 1  Wöchnerinnen  auf,  von  denen  6 
zum  ersteh  Male  geboren  hatten.  Sie  waren  Folgen  von 
Atonie  der  Uterin  wände  und  erforderten  zunädist  Herausnahme 


in  dem  EntbindungsinstUote  etc.  aa  Dresden  im  J.  1869.    145 

der  angeUuften  Blutcoagula,  wo  dies  zur  SiilluDg  der  Blutung 
oieht  hinreicbte,  nach  Einspritzungen  yon  Oxykrat  und  die 
innere  Darreichung  der  Zimmttinctur.  Bei  drei  dieser  Kranken 
folgten  leichte  Grade  ?on  Perimetritis,  die  sich  bald  beseitigen 
liesseu. 

£ine  Wöchnerin  litt  seit  der  Mitte  ihrer  Schwangerschaft 
an  so  beträclitlicher  Heiserkeit,  dass  man,  um  sie  zu  ver- 
stehen, das  Ohr  ihrem  Munde  ganz  nahe  bringen  musste. 
Als  ursächliches  Moment  gab  sie  eine  bedeutende  Erkältung 
bei  erhitztem  Körper  an.  Alle  dagegen  gebrauchten  Mittel 
waren  erfolglos  geblieben,  während  die  naturlichen  Vorgänge  , 
des  Wochenbettes  so  grundliche  Heilung  herbeiführten,  dass 
bei  der  Entlassung  der  Wöchnerin  am  neunten  Tage  deren 
Stimme  ihren  sojioren  Klang  vollkommen  wieder  hatte. 

Ebenso  verschwanden  mehrere  sehr  Inveterirte  Lungen- 
katarrhe sehr  schnell  m  Folge  des  Wochenschweisses. 

Drei  Fälle  von  Pneumonie  endeten  günstig  unter  dem 
Gebrauche  von  erweichenden  Breiumschlägen  und  schwachen 
Aufgüssen  von  Ipecac.  mit  Zusatz  von  Aq.  laurocerasi. 

Die  drei  tödtlich  abgelaufenen  Fälle  von  Pleuritis 
compUcirt  mit  Peritonitis  sind  bereits  oben  berichtet  worden. 
Dagegen  erfolgte  Genesung  nach  Pleuritis  in  folgendem  Falle : 
Eine  21jährige  Wöchnerin,  welche  in  den  ersten  Tagen  nach 
der  Geburt  eine  leichte  Perimetritis  überstanden  hatte,  behielt 
eiaen  fortwährend  ßeberhaften  Puls  und  klagte  am  10.  Tage 
über  Kurzathmigkeit  Bei  der  physikalischen  Untersuchung  der 
Brost  fand  man  rechterseits  den  Percussionston  gedämpft, 
broDcbißles  Athmen  und  Reibungsgeräusche,  weshalb  er- 
weichende Breiumschläge  und  ein  {nfusum  hb.  Digital,  purp. 
in  Anwendung  kamen.  So  verminderte  sich  alimälig  das 
pieuritische  Exsudat,  der  Puls  wurde  ruhig  und  vesiculäres 
Athmen  kehrte  wieder,  so  dass  die  Wöchnerin  am  19.  Tage 
geheilt  entlassen  werden  konnte. 

Zwei  Wöchnerinnen  wurden  wegen  hartnäckiger  rheuma- 
tischer Entzündung  des  Hüftgelenkes  an  das  Stadtkranken-« 
haus  abgegeben.    In  5  anderen  Fällen  von  Rheumatismus 
acutus  trat  nach  dem  Gebrauehe  von  Senfleigen  und  Ein- 
wickeluDgen  in  Flanellbinden  Genesung  ein. 

MoMtMehr.  f.  Qeburtik.  1861.  Bd.  XYII.,  Hft.  S.  ^^ 


146       ^'    Orenser,  46.  Jabresbericht  Üher  die  SreigniMe 

Besondere  Beacblung  verdient  der  sehen  oben  erwähnte 
Fall  Ton  Erysipelas  bullosum  ambulans.  Die  Beireffende, 
ein  24  Jahre  altes  Dienstmädchen,  scrophulös  und  bis  in's 
dritte  Lebensjahr  rhächitisch,  klagte  nach  einer  eben  glücklich 
überstandenen  Peritonitis  und  Endocolpitis  über  einen  heftigen, 
brennenden  Schmerz  in  den  Hüftge^enden  nach  den  Hinter- 
backen zu,  welche  Theile  sich  erythematös  geröthet  zeigten. 
Dabei  zählte  ihr  Puls  100  Schläge  in  der  Minute,  die  Zunge 
hatte  Neigung  zur  Trockenheit,  und  es  stellten  sich  durch- 
fallige Ausleerungen  ein.  Nach  einigen  Tagen  bildeten  sich 
Blasen  an  den  erythematösen  Stellen,  so  dass  über  die  Natur 
des  Uebels  kein  Zweifel  mehr  obwalten  konnte,  und  das 
Erysipelas  zog  sich  an  der  Aussenfläche  der  Schenkel  mehr 
herab.  Plötzlich  zeigten  sich  dieselben  Erscheinungen  auch 
am  Halse  und  Nacken  und  nach  und  nach  ergriff  das  Erysipel 
auch  den  *  behaarten  Theil  des  Kopfes  und  das  Gesicht.  An 
den  früher  ergriffen  gewesenen  Stellen  schuppte  sich  die 
Epidermis  ab,  dabei  zog  sich  aber  der  Process  so  in  die 
Länge,  dass  wir  uns  genöthigt  sahen,  die  Kranke  zur  weiteren 
Behandlung  an  die  innere  Klinik  abzugeben. 

Bei  einer  22  jährigen  Dienstraagd,  welche  ohne  Kunsthälfe 
geboren  hatte,  stellte  sich  nach  einer  überstandenen  leichten 
Peritonitis  am  10.  Tage  des  Wochenbettes  eine  phlegmonöse 
Entzündung  der  Wadengegend  des  rechten  Unterschenkels 
ein,  welche  jedoch  durch  ruhige  horizontale  Lage  im  Bette 
in  Verbindung  mit  Einwickelung  des  Schenkels  in  Watte  und 
Flanell  binnen  fünf  Tagen,  sich  ganz  wieder  beseitigen  liess. 

Ein  Furunkel  an  der  inneren  Fläche  des  rechten  Obef^ 
schenkeis,-  am  vierten  Tage  des  Wochenbettes  entstanden, 
abscedirte  unter  dem  (^brauche  von  erweichenden  Bra* 
umschlagen  und  kam  dann  schnell  zur  Heilung. 

Prurigo,  aus  der  Schwangerschaft  herrührend,  ver- 
schwand in  der  Regel  sehr  bald  im  Wochenbette  ia  Folgt 
der.  jetzt  veränderten  Vitalität  der  Haut. 

Einen  höheren  Grad  von  Intertrigo,  in  Folge  sehr 
scharfen  Wochenbettsecretes,  vom  After  und  den  Sehenkel-- 
bugen  bi^  in  die  Kreuz-  und  Schamgegend  verbreitet,  so  dass 
fieberhafte  Aufregung  des  Geßsssystems  dadurch  bedingt  wurde, 


in  d«iii  Entbinduogsinstitnte  etc.  im  Dresden  im  J.  1859.    147 

beseitigfen  wir  durch  fleisuges  ReinigeD  mittels  eines  con^ 
centrirten  Aufgusses  ?od  Serpillum  und  Einstreuen  von  Pulv. 
Lycopod. 


Anomalien  der  Neugeborenen. 

Von   den   lebend   geborenen  Kindern   starben   in  der 
Anstalt  28,  wovon  14  zu  früh,  geboren  waren.    Die  übrigen 
14  ausgetragenen  Kinder  starben: 
1.  an  Atelectasis  pulmonum  scbon  nach  10  Stunden; 
2  an  Anaemia,  weiJ  sie  nicht  zum  Saugen  zu  bringen  ge- 
wesen waren  und  auch  Kuhmilch  in  nicht  hioreichender 
Menge  nahmen; 
2  an  Anaemia  und  Icterus  nach  vorausgegangenen  Blutungen 
aus   der  Nabelschnur.     In   dem   einen  Falle  hatte  die 
Mutter    das   Kind    auf  der  Strasse    gehend   geboren, 
wobei  die  Nabelschnur  'zerrissen  war,  in  dem  anderen 
litt  das  Kind  gleichzeitig  an  Syphilis  congenita  in  der 
Form  des  Pemphigus  syphil. 

2  an   Gonvulsionen   in  Folge   von   Hirnhyperämie,    gegen 

welche  kalte  Fomentationen  des  Kopfes  und  innerlich 
Calomel  vergeblich  angewendet  worden  waren. 

1   an  linkseitiger  Pleuritis; 

1  an  doppelseitiger  Pleuritis; 

1  an  Ruptur  des  Magens  in  der  Gegend  der  grossen  Curvatur 
mit  consecutivem  bedeutendem  Blutergusse  in  die 
Bauchhöhle. 

1  in  Folge  gänzlicher  Obliteration  und  Atresie  des  unteren 
Theiles  der  dünnen  Gedärme.  Das  Kind  starb  erst 
am  fünften  Tage  unter  den  Symptomen  der  Tympanitis 
und  nach  vorausgegangenem  Erbrechen. 

3  aus   unbekannten   Ursachen,    indem   selbst   die   Section 

eine  bestimmte  Todesursache  nicht  nachzuweisen  ver- 
mochte. 
Ausser    den    vorstehenden,    tödtlich    abgelaufenen    Er- 
krankungen der  Neugeborenen,  beobachteten  wir  noch  folgende 
Krankheitsfalle. 

Gonvulsionen  bei  .einem  sieben  Tage  alten  Mädchen, 
wdcbes  big  dahin  sich  wohlbefunden  hatte.   Nach  Darreichung 

10* 


148       IX-    0rtn9&r,  45.  JahresberSoht  fiber  die  Ereignisse 

einiger  Gaben  von  Calomel  in  Verbindung  mit  Zinkblumen 
kehrten  die  Convulsionen  nicht  wieder. 

Bei  zwei  Knaben  zeigte  sidi  auf  dem  linken  Scheitelbeine 
Cephalaematoma.  Nachdem  kalte  Fomentatiouen  einige 
Tage  lang  fortgesetzt  worden  waren,  fühlte  man  im  ganzen 
Umfange  der  Geschwulst  den  bekannten  Ring,  von  welcher  Zeit 
an  die  Geschwulst  nicht  mehr  zunahm  und  ihre  Zertheilung 
der  Natur  überlassen  wurde. 

39  Kinder  litten  an  der  Ophthalmia  neonatorum, 
wovon  21  auf  beiden  Augen,  12  blos  am  linken  und  6  am 
rechten  Auge.  In  allen  Fällen  wurde  die  Krankheit  beseitigt 
und  nur  ein  Mal  blieb  eine  kleine  Macula  zurück,  obwohl 
die  Entzündung  nur  in  leichterem  Grade  bestanden  hatte. 

Ein  drei  Tage  altes  Kind  gab  Blut  durch  Erbrechen 
und  durch  die  Darmausleerungen  von  sich,  als  dessen 
Ursache  Schrunden  in  den  Brustwarzen  der  Mutter  sich 
herausstellten,  aus  denen  das  Kind  das  Blut  gesaugt  hatte. 

Mit  Bildungsfehlern  behaftet  wurden  5  Kinder  geboren, 
und  zwar:  1  mit  Valgus  an  beiden  Füssen,  1  mit  voll- 
ständiger Verwachsung  des  dritten  und  vierten 
Fingers  der  rechten  Hand,  1  mit  unvollständiger  Ent- 
Wickelung  des  Praeputium,  1  mit  Spaltung  der  Ober- 
lippe und  des  harten  Gaumens,  1  mit  vollständiger 
Atresie  eines  Theiles  des  Dünndarmes,   s.  oben. 

Geburtshülflichen  Unterricht  erhielten  14Siadirende 
und  31  Lehrtöchter. 


iD  dem  EjDibinaiingaiaatitiiU  etc.  sa  Dresden  im  J.  1869.    149 


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Bestand  am  31.  Dec.  1868. 


Zahl  der  aufgenommenen 
Schwangeren    und    Ge- 
bärenden. 


Zahl  der  Geburten. 


Sch&dellagen 


Oesichtslagen 


StelBslagen 


Ftisslagen 
Qaerlagen 


Unbestimmt 


0    c^ 


Zangenoperation 


Wendung 


Extract.  an  den  Füssen 
Perforation 


Äcconch.  forc^ 


»  IM. 

P   B 
5  »T 


Acconob.  provoqtttf 


Kaiserschnitt 


2     • 

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Nachgebortsoperation. 


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gestorben 
wegen  Krankheit 


M  M  M  M  M  M 


6  Schwang, 

fci    *   CD 

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u.l8Wöohner. 


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abgegeben 


wegen  anderer Verhftltn, 
gestorben 


go    'S 

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Beatand  ult.  Decbr.  1869. 


Besondere  Bemerkungen. 


Stndirende 


Sehfllerlnnen  S  *^  ?* 


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150  ^>   Motisen  ftns  der  Journal -LitorAtor. 

Notizen  aus  der  Journal -Literatur. 


Bokittnukjf:  ."Ein  Fall  Ton  linkseitiger  Tübarabschnfimng 
von  pseado-raembraiiöfler  Adhftsion,  mit  wabrscbein- 
lieber  Anfnabme  des  Eies  aas  dem  linken  OTarium 
Yon  der  rechnen  Tube. 

Am  12.  April  laufenden  Jabres  wurde  die  Leicbe  einer 
SOjftbrigen  Frau,  welche  am  ,1.  April  geboren  hatte  und  am 
11.  April  im  Krankenhause  gestorben  war,  secirt  und  seigte  sich 
bei  der  Eröffnung  der  Bauchhöhle  Folgendes: 

Uterus,  kindskopfgross ,  zeigte-  an  der  Placentarinsertions- 
stelle ,  die  sich  gleich  unter  dem  Fundus  gegen  das  linke  Tubar- 
ostium  hin  befand,  nekrosirendes  Gewebe  mit  schmntiig  gelber 
Färbung.  Aeusserlich  fanden  sich  am  Uterus,  namentlich  an  den 
Stellen,  an  denen  die  peripheren  Venen  und  Lymphgefasse  theils 
starre,  theils  eiterig  serfallene  Pfropfe  führen,  gelbliche  Ezsudat- 
fetzen.  Links  ist  der  Uterus  mit  weisslichen  Pseudomembranen 
bekleidet,  die  sich  über  das  Lig.  latum  längs  der  gezerrten, 
▼erödeten  Tube  in  ansehnlichen  Platten  und  Schnüren  auf  das 
8  roman.  fortsetzen. 

Die  linke  Tube  zeigte  sich  in  einer  Strecke  von  4''  als 
einen  weisslichen,  circa  1'"  dicken  permeablen  Strang;  an  dem 
äusseren  Ende  dieser  Strecke  ist  sie  bloss  eben  merklich  ein- 
geknickt und  in  ihrem  Lumen  verödet  und  setzt  sich  in  die  oben 
beschriebenen  Adhäsionen  in  Form  weit  auseinandertretender 
Streifen  fort,  in  denen  man  die  TubarfVanzen  erkennt. 

Im  linken  Ovarium  sitzt^ gegen  dessen  äusseres  Ende  hin 
ein  erbsengrosses  Corpus  lut.-,  während  sich  im  rechten  Ovarium 
davon  keine  Spur  findet. 

Hieraus  folgt:  1)  die  Adhäsionen  wurden  nach  vollendetem 
symmetrischem  Wachsthnme  der  Geschlechtsorgane  acquirirt.  Die 
Verödung  der  Tube  wurde  durch  die  Zerrung  vom  schwangeren 
Uterus  (die  Frau  hatte  wiederholt  geboren)  bewirkt.  2)  Von 
dem  grössten  Belange  wäre  die  Entscheidung,  in  welcher  Be> 
Ziehung  die  Adhäsion  und  Zerrung  zu  der  letzten  Schwangerschaft 
steht:  die  Innigkeit  und  die  Art  der  Adhäsionen  lassen  glauben, 
dass  dieselben  nicht  nach  der  letzten  Conception  oder  während 
der  letzten  Schwangerschaft  zu  Stande  kam,  in  welchem  Glauben 
man  noch  durch  die  Verödung  der  Tube  bestärkt  wird. 


X.    Notiien  »aa  der  Joamal^LUeratur.  |5X 

Iftt  dUfl  d«r  Fall,  lo  nmss  man  glaaben,  das«  das  £i  aus 
dem  linken  OTarinm  von  der  rechten  Tube  bei  der  letaten  Con> 
eeption  aufgenommen  worden  sei. 

(Allgera.  Wiener  med.  Zeitung,  No.  20,  1800.) 


C   Braun:     Ueber     die    Nosogenie     der     intrauterinen 
Placental- Polypen. 

Nach  Verf.  kann  Retention  der  reifen  Plaeentaltheile  oftmals 
die  Ursaehe  aum  Entstehen  polypen&hnlxcher  K5rper  im  Uterus 
abgeben,  jal  bei  genauer  histologischer  Prüfung  dieses  Gegen- 
standes dürfte  sich  herausstellen',  dass  die  meisten  sogenannten 
fibrinösen  Polypen  als  Placentalpolypen  aufxnfassen  sind.  Verfasser 
giebt  als  Beweisführung  folgende  Casuistik. 

Fall  1.  Fünfmonatlicher  Abortus  einer  cum  vierten  Male 
Schwangeren.  Vier  Wochen  später  heftige  Metrorrhagien.  Die 
Untersuchung  zeigte  fiusserlich  über  dem  Becken  einen  runden, 
faustgrossen ,  leicht  verschiebbaren  Tumor:  'bei  der  Indagation 
die  Port,  vagin.  verkürzt,  Orificinm  geöffnet  und  in  diesem  einen 
schwammigen  Korper.  Der  Singer  wurde  unter  Chloroform- 
Anasthesirung  der  Fat.  in  den  Cervix  eingeschoben,  der  fremde 
Korper  gelöst  und  extrahirt.  Es  war  die  2%*'  im  Durchmesser 
haltende  Placenta,  welche  weder  von  Maceration,  Vereiterung, 
noch  Resorption  ergriffen  war.  Die  Metrorrhagie  stand  nun 
vollstXndig.    Die  Frau  wurde  sp&ter  wieder  schwanger. 

Fall  2.  Geburt  eines  lebenden  reifen  Kindes.  Sechs- 
wöchentliche  stetige  Blntungen.  Bei  der  Exploration  zeigte  sich 
ein  polypenähnlicher  Körper  aus  dem  wenig  geöffneten  Mutter- 
munde hervorragen,  welcher  den  faustgross  erweiterten  Cervix 
ausfüllte  und  dic)it  oberhalb  des  inneren  Muttermundes  mit  einem 
fingerdicken  Stiele  inserirt  war.  Durch  Fingerdruck  wurde  der 
Stiel  getrennt  und  der  Tumoi'  zu  Tage  gefördert,  der  sich  als 
ein  eigrosses  Stück  einer  reifen  gesunden  Placenta  ergab.  Die 
Blutung  stand. 

Fall  3.  Am  achten  Tage  nach  der  Geburt  eines  lebenden, 
reifen  Kindes  stellte  sich  eine  fulminente  Blutung  ein ,  die  von 
heftigen  wehenartigen  Schmerzen  und  der  Ausstossung  eines 
faustgrossen  fremdartigen  Körpers  begleitet  war,  worauf  die 
Blutung  stand.  Der  abgegangene  Körper,  5"  lang  und  2"  breit, 
zeigte  unter  dem  Mikroskope  eine  Ueberkleidung  aus  Bindegewebe, 
w&hrend  die  ganze  Masse  aus  verkümmarten  Placentalzotten 
bestand. 

Fall  4  ist  dem  ersten  Falle  ähnlich,  nur  dass  es  nicht  die 
ganse  Plaeenta  war,  welche  den  polypenfthnUchen  Körper  darstellte. 


152  ^-    Notlsen  «ns  der  Journal- Literatur. 

Im  5.  Fall«  giebt  Verfaiser  nebst  einer  genauen  Kranken- 
geschichte, die  Beschreibung  eines  nussgrossen  Theiles  einer 
unreifen  Placenta  ohne  Embryo  und  Eih&ute  (so^.  Mola  camosa), 
welclier  unter  den  Erscheinungen  eines  sog.  fibrinösen  Polypen 
drei  Jahre  nach  einer  Niederkunft  gelöst  wurde.  Die  genauere 
Untersucbnng  des  betreffenden  Theiles  hier  wiedersageben,  würde 
uns  SU  weit  führen ,  so  viel  sei  jedoch  bemerkt,  dass  derselbe 
ein  missgebildetes,  d.  h.  in  bindegewebiger  Degeneration  be- 
griffenes Ei  sein  möchte  und  sich  besonders  den  neuerdings  von 
Rokitaruky  beschriebenen  Fällen  anreiht. 

Fall  6  und  7  sind  swei  polypöse  Körper  in  der  puerperalen 
Uterinhöhle  haftend,  die  Im  Wiener  pathologisch  -  anatomischen 
Museum  aufbewahrt  werden,  und  den  Schleim-,  Blasen-,  fibrösen 
und  sarcomatös.en  Polypen  nicht  angehören. 

(Allgem.  Wiener  med.  Zeitung,  Nr.  48,  44,  i46,  18fiO.) 


C.  Bokitanskyi   Ein  Beitrag  >ur  Lehre  Yom  Abortus  und 
▼  om  fibrinösen  Uteruspolypen. 

In  Torliegender  Arbeit  stellt  Verf.  die  Ansichten  KiwUeh^B 
und  Scanzoni^B  über  die  Entstehung  der  fibrinösen  Uteruspolypen 
gegenüber  und  theilt  swei  Fälle  mit  (deren  Beferat  wir  uns  hier 
▼ersagen  müssen),  welche  die  die  Entstehung  des  fibrinösen 
Uteruspolypen  auf  einen  Abortus  basirende  Ansicht  iSeonsonTs 
Bu  erweitem  im  Stande  ist.  Aus  den  angeführten  Fällen  lassen 
sich  folgende  Sätze  entnehmen: 

ij  Das  Ei  gelangte  nach  vollendeter  Einhüllung  mit  der 
Tan.  reflex.  an  einen  gleichsam  aus  einem  Bündel  überaus  ver- 
lUngerter  Uterindrusen  bestehenden  Stiele  aus  der  Höhle  des 
Uteruskörpers  in  den  Canalis  cervicalis,  verweilte  darin  und 
wuchs  fort. 

2)  Frühzeitige  Contractionen  des  Uterus  sind  es  ohne  Zweifel, 
welche  diese  Dislocation  des  Eies  bewirken. 

8)  Das  Ei  wuchert  eine  Zeit  lang  in  der  Cervicalhöhle  fort 
und  stellt  so  eine  secundäre  Cervicalschwangerschaft  dar,  wobei 
der  Cervix  nur  unbedeutend  an  Masse  zunimmt,  so,  dass  seine 
Erweiterung  überwiegend  den  Charakter  einer  passiven  darbietet. 

4)  Die  hängende  freie  von  dem  erweiterten  offen  stehenden 
Cervix  ungenügend  gestützte  Lage  des  dislocirton  Eies  bewirkt 
eine  fortwährende  zu  Contractionen  auffordernde  Zerrung  am 
Uteruskörper  und  bedingt  endlich  Blutungen. 

5)  Der  vollständige  Abortus  dürfte  nur  langsam  zu  Stande 
kommen,  indem  unter  solchen  Verhältnissen  die  concentrischen 
Zusammenziehungen  des  Uterus  nahezu  das  Maximum  IhrerLeistung 
erreicht  haben ,  auf  eine  ausgiebige  Action  des  Cervix  jedoch  bei 


X.    NottseB  aiM  der  Joftmai-Literfitiir.  153 

dem  wM»Btli«b  pmtsiTen  Charakter  seiner  £rweiterang  nieht  sn 
reebnen  ist. 

6)  Es  dfirfte  in  solchen  FKlIen ,  nnehdem  die  Eih&nte  gerissen 
nnd  der  Embryo  ansgestossen  worden,  ein  Theil  der  Eih&nte 
tnrüekbleiben  und  mit  der  Qlntnng  eine  gans  ansgeseiehnete 
Orandlage  für  einen  fibrinösen  Polypen  abgeben,  da  das  Blnt 
sieb  fn  dem  j>assir  erweiterten  Cerriz  nm  so  leichter  anbiUifeB 
nnd  sofort  eosgniiren  würde,  als  eine  Aetion  anf  dasselbe  von 
Seite  des  in  seinem  oberen  Theile  ohnehin  contrahirten  Uterus 
nnr  nngenogend  ansgefibt  werden  konnte. 

(Zeitschrift  der  Aente  a«  Wien,  No.  88,  1860.) 


Nmtmann:   Ueber  die  Sklerose  der  Plaoenta. 

Das  Placentalgewebe  entartet  bisweilen  in  der  Weise,  dass 
an  meist  scharf  begrensteu  Abschnitten  dasselbe  seine  schwammig 
weiche,  blatqaellende  Beschaffenheit  veHiert  und  statt  dessen 
mehr  weniger  entfärbt  hart  and  trocken  wird.  Das  Wesen  dieser 
Entartung  ist  sehr  verschieden  gedeutet  worden.  Nach  Verf.,' 
welcher  sich  auf  die  Virehow^ sehe  Ansicht,  dass  die  Placenta- 
BOtten  nackt  in  die  durch  cavernöse  Ectasie  der  Gefässe  den 
betreffenden  Decidua  -  Abschnittes  gebildeten  BlntrHume  hinein- 
ragen, stntst,  ist  denkbar,  dass  die  Wucherung  der  Zotten  so 
uberbaifd  nimmt,  dass  genannte  cavernöse  Räume  von  denselben 
vollständig  eingenommen  werden.  Die  Folge  davon  ist,  dass  an 
solchen  Stellen  der  Stoffwechsel  des  Fötus  unterbrochen  wird, 
was  zunächst  auf  die  Zottenstructur  aurückwirken  muss.  An  dem 
vom  Verf.  untersuchten  Präparate  zeigte  sich  an  den  harten, 
weissen  Stellen  der  Placenta  keine  Spur  der  normalen  cavemosen 
Bäume,  sondern  nur  eng  verfilzte  Zotten,  durch  deren  vielfache 
Verschlingungen  sich  ein  zartes,  von  der  Decidua  gebildetes 
Netz  von  Bindegewebe  Balken  zog.  Die  Structur  der  Zotten 
war  insofefn  verändert,  als  die  normale  hyaliue  Orundsubstuns 
derselben  in  ein  körnig  getrübtes,  von  Fett-  und  Kalkkömcheu 
durchsetztes  Bindegewebe  umgewandelt  war.  Wodurch  die 
Wucherung  der  Zotten  zu  Stande  kommt,  lässt  sich  nicht  sagen; 
dieselbe  auf  einen  chronisch -entzündlichen  Vorgang  zucück- 
snfuhren,  Jlst  kein  Grund  vorhanden. 

(Aerztl.  Intelligenz -Blatt,  Beilage,  No.  40,  1860,  u.  König«. 

berger  med.  Jahrbücher,  II.,  2,  1860.J 


154  X-    Kotisen  ans  d*r  Joiunai^Litdratiir. 

W.   Hink:    Beobachtung'   einer   gans    anflsergewöbnlieh 
▼  erlanfend'en  Schwangerschaft. 

Die  22  Jahre  ahe  Schwangere  will  immer  getnnd  gewesen 
sein;  ihre  Periode,  welche  seit  ^m  16.  Jahre  immer  rechtseitig 
eintrat,  Metirte  Ende  Angust  1868  «Um  ereten  Male.  Etwa 
6 — 7  Wochen  nach  der  letsten  Kenstrnation,  .erschien  wieider 
durch  drei  Tage  Blnt,  doch  weniger,  als  gewöhnlich  nnd  unter 
heftigen  Krenuohmenen,  welche  sich  am  iweiten  Tage  bis  inr 
Unertpäglichkeit  steigerten : 'das  Blnt  soll  dnnkel,  beinahe  schwär*- 
roth  gewesen  sein  nnd  schnell  coagnlirt  haben.  Mit  Anfhören  der 
Blatung,  mit  welcher  sngleich  dieSchmersen  schwanden,  erschienen 
die  Katamenien  nicht  mehr  nnd  wurde  hierdurch  Patientin  in  der 
schon  früher  gefassten  Meinung  einer  bestehenden  Schwanger- 
schaft bestärkt.'  Ihr  Befinden  war  ansgeseichnet.  Am  18.  .De- 
cember  1858  (nach  schwerer  Arbeit  und  Aerger)  stellte  sich 
plötsHch  unter  vehementen  Kreuz-  und  geringeren  intermittirenden 
Bauchschmerzen  ein  Blutfluss  von  ansehnlicher  Stärke  ein,  der 
in  der  folgenden  Nacht  sich  zwei  Mal  erneuerte  und  auch  am 
*  19.  December  wiederkehrte,  wobei  jedoch  das  Blut  auffallend 
lichter  und  wässeriger  wurde  und  einen  ausserordentlich  üblen 
Geruch  bekam. 

Am  20.  December  stellten  sich  allmälig  profus  werdende 
Diarrhöen  ein,  welche  Patientin,  in  deren  übrigen  Befinden 
ohnedem  keine  Besserung  eingetreten  war,  nöthigten,  |ich  in's 
allgemeine  Krankenhaus  zu  begeben.  Hier  wurde  die  Diagnose 
auf  Metritis  und  Partus  imminens  gestellt.  Noch  am  selben 
Tage  wurde  die  Kranke  wegen  zu  erwartender  Geburt  in  das 
k.  k.  Gebärhaus  abgegeben  nnd  bot  hier  folgenden  Stat.  praes. 
Puls  klein,  härtlich,  106.  Brüste  gespannt,  Warzenhof  dunkel 
pigroentirt,  viel  Colostrum.  Unterleib  Tergrössert,  Bauchdecken 
ausgedehnt;  die  Palpation  desselben,  iu  der  Nabelgegend  und 
zu  beiden  Seiten  bis  herab  zum  Pou^^arrschen  Bände  schmerzhaft, 
Hess  in  der  ganzen  unteren  Hälfte  ein  mehr  weniger  deutliches 
Fluctuiren  und  Schwappen  erkennen.  In  der  Medianlinie  fand 
sich  eine,  einem  im  fünften  Monate  schwangeren  Uterus  gleichende, 
derb  weiche,  oben  abgerundete  Geschwulst,  in  welcher  sehr 
schnell  ausgleitende  Kindestheile  wahrzunehmen  waren.  Die 
Consitenz  dieser  Geschwulst  machte  den  Eindruck,  als  wäre  über 
derselben  noch  eine  zweite  dünnere,  jedoch  ziemlich  resistente 
Decke  gespannt.  Vor  diesem  Tumor  befand  sich,  nach  links 
liegend,  eine  zweite,  durch  die  gefüllte  Harnblase  gebildete 
Geschwulst,  während  an  der  linken  Seite  desselben  etwa  3  bis 
4  Finger  breit  unter  dem  Nabel,  mehr  nach  rückwärts  und  in 
die  Tiefe  gekehrt,  eine  andere  kleinere,  mit  diesem  zusammen- 
hängende, feste  rundliche,  etwaSVa'' — 3"  im  Durchmesser  haltende 


X;   Notiiea  vu  der  Jonnial- Literatur.  155 

GesebwiUBt  sn  föhleli  war,. die  für  ein  am  Fondoe  uteri  anf- 
•itiendes  isteratitielleB  Fibroid  gehalten  wurde.  Die  Auscultation 
leigte  starkes  Darmgurren,  jedoch  waren  Fotalpole,  Placentar- 
gei&Qseb,  ebenso  active  Kindesbewegungen  nirgends  au  bemerken. 

Die  innere  Untersuchung  seigte  die  hintere  Biasenwand  stark 
aasgedehnt  und  bei  Berührung  empfindlich.  Orificium  hoeh  uud 
gegen  das  Kreuzbein  gerichtet,  hatte  circa  Vt'  i^o  Durchmesser, 
dessen  Bänder  aiemlich  derb,  biutere  Lippe  etwas  gewulstet. 
Kopf  lag  Tor,  jedoch  von  den  EihSuten  nicht  umgeben;  seine 
Knochen  fühlten  sich  weich  und  macerirt  an.  Aus  dem  Orificium 
ergoss  sich  eine  übelriechende,  jauchige  Flüssigkeit.  Nachdem 
mittlerweile  die  Blase  aur  grossen  Erleichterung  für  die  Patientin 
künstlich  entleert  worden  war,  seigte-  die  4 — 6  Stunden  später 
angestellte  sweite  Untersuchung,  den  Muttermund  weniger  dehnbar, 
Kopf  höher  stehend  und  schwerer  lu  erreichen.  Aeusserlioh 
aeigte  sich  jetat  nur  die  dem  Uterus  angehödge  Geschwulst,  die 
trots  der  heftigen  Kreuzschmärzeu  sich  auffallend  weich  und 
teigig  anfühlte.  Die  durch  die  Harnblase  gebildete  Geschwulst 
war  bis  auf  einen  kugeligen  Rest  oberhalb  des  linken  Schambein- 
astes Torsohwunden.  (Puls  120.)  Fäculente  unwillkürliche  Stuhl- 
entleerungen. So  dauerte  ungefähr  der  Zustand  einige  Tage 
nnd  da  sich  trotz  Seeale,  Douche  und  dreitägiger  beinahe  un- 
unterbrochener Golpeurysis  keine  Contraotionen  einstellten,  so 
wurde  Ton  Verm  Prof.  BarUth  aur  Manualdilatation  des  siemlich 
weichen  Muttermundes  gesehritten  und  ein  6  V^"-»  7''  langerstark 
fauliger  Fötus  extrahirt  Die  jetzt  untersuchende  Hand  drang  in 
eine  in  der  Medianlinie  des  Leibes  befindliche,  mehr  als  Kinds- 
kopf grosse,  mit  Jauche  erfüllte,  beinahe  kreisrunde  Höhle, 
deren  Wände  namentlich  nach  vorn  und  seitlich  fehlten,  wodurch 
grosse  Oeffiinngen  gebildet  wurden,  die  in  ein  gemeinschaftliches 
JauchecaTum  führten,  welches  sieh  bis  gegen  die  Wirbelsäule 
bin  erstreckte.  In  dem  hinteren  Theile  der  linken  Hälfte  gelangte 
der  Finger  zu  einer  tou  einem  derben  Hinge  begrenzten  Oeffhung, 
wodureh  miui  in  einen,  von  festen  Wandungen  gebildeten  Canal 
gelangte,  welcher  seine  Richtung  gegen  die  you  ausseih  zu  fdUende, 
ein  Uterusfibroid  yorspiegelnde  Geschwulst  nahm.  Es  bildete  sich 
daher  die  Ansicht,  die  ringförmige  Oefihung  sei  wirklieh  der 
innere  Muttermund,  jener  Canal  führe  in  den  Uterus  und  die 
grosse  Höhle  sei  der  abnorm  erweiterte  Cerriz. 

Die  Section  der  vier  Tage  nach  der  Entbindung  verstorbenen 
Wöchnerin  zeigte  bei  der  Eröfihung  der  Bauchhöhle  Folgendes: 
Der  Uterus  nebst  Anhängen  vom  pseudomembranösen  Binde- 
gewebe bekleidet:  er  bestand  aus  zwei  scharf  gesonderten  An- 
theilen;  der  Körper  gut  2"  lang  und  fast  ebenso  breit,  in  seine 
Wand  A'^'^b'"  dick,  von  einer  blntreiehem,  schwammigen  Schleim, 
haut  bekleidet  und  vorn  gleich  unterhalb  des  Fuudas  im  UmCaaga 


156  ^'    Notisen  ftH«  der  JonrnaNLitprAtoV 

eines  Zwanii^erstfiokes  mit  einem  PUeentarreste  beeetst.  Sein 
Cavnm  nooehte  ein  kleines  Höhnerei  fassen.  Der  Cerrlz  bestand 
bloss  ans  der  hinteren  Wand  nnd  den  beiden  Leiien  der  Vaginal- 
portion,  Tom  nnd  in  beiden  Seiten  g^ng  er  in  ein  kindskopf- 
grosses  Jancbeeayam  über.  Letzteres  -  nahm  wesentlich  den 
Beekenranm  ein  nnd  bestand  ans  dem  erweiterten,  sehr  Ter- 
dfinnten  Cerrix,  Terstftrkt  dnrch  Terdichtetes  Bindegewebe,  welcher 
sieh  nach  unten  nnter  das  Trigonnm  der  Blase,  nach  oben  aber 
nach  dem  retroperitonSalen  Bindegewebe  an  den  SeftenrXndern 
des  Uteras  und  swischen  die  Ligamenta  lata  ausdehnte.  Er  war 
Ton  einem  lottigserreissHchen ,  nekrosirenden  Gewebe  aus- 
gekleidet und  enthielt  eine  hKmorrhagische ,  schmutsigbraune, 
kriimmliche,  stinkende  Jauche.  Die  Diagnose  lautete  somit: 
Nekrosis  cerrieis  uteri  dilatati  ez  retento  foetu. 

(Oesterreioh. Zeitschrift  f. prakt Heilkunde,  No.  15u.l6, 1860.) 


Delorme:  Behandlung  der  Amenorrhoe  und  Dysmenorrhöe 
durch  das  Apiol. 

Verf.  rühmt  die  Anwendung  des  Apiol  gegen  obige  Zustande 
und  empfiehlt  dasselbe  als  eines  der  unsch&dlichsten  (selbst  bei 
beginnender  Schwangerschaft)  und  doch  sugleich  sichersten  Mittel 
aufs  Wärmste.  Erfordern  genannte  Luiden  auch  meist  ein 
directes  Bekämpfen  ihrer  Ursachen,  so  ist  es  doch  oft  gut,  sur 
Zeit  der  Periode  selbst  auch  ein  speciell  das  Uterinsystem  er- 
regendes Mittel  SU  reichen.  Es  ist  daher  das  Apiol  dann  an 
geben,  wenn  bei  den  Frauen  durch  Ropfschmera,  Kreussehmersen, 
Völle  des  Leibes,  nerröse  Zufälle  etc.  das  Herannaben  der 
Menstraation  sich  yerkündigt. 

Man  giebt  das  Apiol  in  gelatinösen  Kapseln ,  welche  26  Ctgr. 
davon  enthalten,  swei  Mal  täglich  und  awar  während  der  Dauer 
der  Menstrnalaeit.  Im  folgenden  Monate  giebt  man  es  sur  selben 
Zeit.  Selten  hat  man  es  längere  Zeit  hindurch  su  gei^rauchen. 
Der  erste  ErfMg  ist  ein  Yollständiges  Verschwinden  der  Schmersen, 
welche  oft  auf  das  Unerträglichste  der  menstraellen  Eraption 
vorausgehen. 

(Gaiette  des  hdpiUnz,  No.  111,  1860.) 


Rokitaruiky:  Ein  Fall  von  acuter  Tuberkulisation  des 
puerperalen  Uterus  und  ein  Fall  von  Tuberkel  in 
den  Ovarien. 

Chronische  Tuberkniisation  der  Uterasschleimhaut  und  von 
ihr  aus  des  submueösen  Uterusparencjiyms  isi  sur  Oenfige  bekannt. 


X.    Notisen  au«  der  Joiini*l-Literatar.  157 

Hoeh  Die  wurde  eine  acate  Tuberkulose  des  Uleni$  beebachtet, 
fSr  deren  Ezistens  folgender  Fall  spricht 

Die  34jfthrige  Frau  hatte  8  Mal  geboren,  wovon  5  Kinder 
leben ;  am  6.  Januar  1860  gebar  sie  einen  acblmonatlichen  Knaben. 
Am  13.  Januar  kam  sie  in's  Krankenhans  und  gab  an,  seit  drei 
Monaten  an  Husten  su  leiden.  Am  26.  erfolgte  hier  der  Tod. 
Die  Section  zeigte  neben  Tuberkelgrannlationen  in  den  Lungen, 
namentlich  auf  dem  Gewebe  der  Uternsschleirohaut  eine  Menge 
kleiner,  mobnkorn-,  hirsekomgrosser- graulicher  und  graugelb- 
licher discreter  Tuberkelgranulationen,  welche  das  Gewebe  der 
Schleimhaut  wie  fein  zernagt  erscheinen  Hessen.  *  Unter  ihr  war 
auch  die  Uterussubstanz,  und  zwar  in  der  gaozen  Dicke  der 
Uteruswand,  bis  an's  Peritonäum  bin  yon  denselben  Granulationen 
besetzt.  Auch  in  der  Tubenschleimhaut,  namentlich  rechts,  fanden 
sich  grauliche  Tuberkelgranulationen. 

Die  Tuberkelbildung  in  den  Oyarien  ist  ausser- 
ordentlich selten. 

Im  folgenden  Falle  findet  sie  sich  neben  Lungen-  und  aus- 
gebreiteter Darmpbthise.  Beide  Tuben  waren  mit  der  yorderen 
Fl&ehe  der  Oyarien  yerklebt,  verdickt,  geschlängelt;  ihre  Schleim- 
haut, welche  die  Tubarcanäle  pfropfartig  ausfüllte,  war  von  gelber 
käsiger  Tuberkelmasse  infiltrirt.  Die  Uterusschleimhaut  blass- 
grauröthlich ,  von  einzelned,  sehr  kleinen  Tuberkelgranulationen 
besetzt.  Das  linke  Ovarium,  2"  lang,  1"  hoch  und  bei  10"'  dick, 
war  von  sehr  zahlreichen,  meist  hanfkorng^ossen,  in  der  Tiefe 
zu  einer  bohnengrossen  Masse  zusammengeflossenen,  gelben, 
käsigen  Tuberkeln  durchsest,  von  denen  die  peripherischen  in 
der  Albuginea  sassen  und  äusserlich  protuberirten.  Das  rechte 
Ovarium,  welches  um  die  Hälfte  kleiner  war,  zeigte  nur  wenige 
Tuberkel.     Die  Frau  war  44  Jahre  alt 

(Allgem.  Wiener  med.  Zeitung ,  No.  21 ,  1860.) 


C.  Braun:   Ueber  einen  seltenen  Meohanismns  bei  Ge- 
sicfatslagen. 

Der  abweichende  Mechanismus  bei  Gesichtslagen  zeigt  folgende 
Modalitäten  des  Austretens  des  Kopfes. 

1}  Die  Gesichtslagen  wandeln  sich  in  Hinterhanptslagen  um: 
kommt  fast  nur  in  der  ErÖfihungszeit  vor. 

2)  Die  normale  Rotirung  der  fCinnspitze  von  rückwärts  nach 
vom  wird  erst  durch  kräftige  Wehen  innerhalb  der  Vulva  ver- 
spätet bewirkt 

3)  Die  begonnene  Botirung  wird  nicht  vollendet,  sondern 
das  Gesieht  erreicht  querstehend  den  Beckenbojen  und  tritt 
auch  so  durch  das  Vaginalostium  durch.  Dieser  Modus  komn^t 
aiemlioh  oft  vor. 


158  X*    Notisen  aas  der  Joanial*L{teratiir. 

4)  Das  Oesfeht  lehnt  8ieb  mit  dem  Kimie  an  das  Steiiibefn 

an,  während  Mnnd  nnd  Nase  auf  den  Beekenboden  anfdrfieken, 
die  Stirn  and  die  grosse  Fontanelle  in  dem  Vaginales tiam  alehtbaf 
bleiben.  Die  Calvaria  wird  darch  den  Drack  der  vorderen 
Beckenwand  abgeplattet  and  bei  der  Gebart  saerst  die  Stirn  and 
die  Nase,  dann  erst  die  Oberlippe  and  das  Kinn  Über  den  Damm 
geboren.     Ist  sehr  selten. 

6)  Die  Stirn  bleibt  an  der  Torderen  Beckenwand  angepresst, 
Nase  and  Aagen  werden  in  der  Schamspalte  saerst  sichtbar, 
dann  wird  der  übrige  Theil  des  Gesichtos  über  den  Damm  geboren 
and  saletst  die  Stirn  anter  dem  Schambogen  Torgesehoben. 
Letztere  zwei  Darchtrittsweisen  warden  bisher  meistens  als  spontan 
gar  nicht  vollendbar  angesehen,  von  dem  Verf.  jedoch  beobachtet. 

Fall  1.  Spontane  Gebart  eines  reifen  Kindes  in 
einer  Gesichtsl'age  mit  dem  Kinne  über  das  Perinftam. 
Nach  24stündiger  Thätigkeit  der  Wehen , zeigte  die  Exploration 
das  Ostiam  bis  aaf  V-j^'  erweitert  and  den  Nasenrücken  sammt 
der  Kinnspitse  an  die  Aashöhlang  des  Kreazbeins  angepresst. 
Nach  einer  Stande  war,  ohne  dass  die  normale  Rotirang  des 
Kinnes  eingetreten  war,  der  Mattermand  vollständig  erweitert, 
die  Stirn  sammt  der  grossen  Fontanelle  an  den  Schambogen 
and  die  Schambeinfläche  angepresst.  Später  warde  die  'Nasen- 
warzel  and  der  Nasenrücken  zaerst  sichtbar,  dann  beide  Aagen, 
ein  Theil  der  Stirn  and  der  Oberlippe,  während  das  Frenulam 
posterias  sich  so  straff  in  die  Mundwinkel  der  Fracht  drängte, 
dass  das  Kinn  mit  den  Fingern  Über  den  Damm  henrorgehoben 
werden  musste,  woraaf  erst  gleichzeitig  mit  dem  Halse  über  den 
Damm  die  grosse  Fontanelle  sammt  den  abgeplatteten  Scheitel* 
beinen  anter  dem  Schambogen  hervorrückten  and  schliesslich 
erst  das  Hinterhaapt  mit  den  gleichzeitig  aastretenden  Schalter- 
hohen geboren  warde.  Der  Racken  des  Kindes  blieb  nach  vom 
gewendet.    Das  Kind  war  reif,  jedoch  todt. 

Fall  2.  Hier  warde  wegen  Schwäche  des  Kindes  die  Zange 
angelegt  nnd  das  Gesicht  in  der  Weise  extrahin«  dass  zaersl  die 
Nasenwarzel  sichtbar  warde,  der  Ober-  and  Unterkiefer  sammt 
dem  Kinne  über  den  Damm  and  dann  erst  die  Calvaria  nnd 
Hinterhaapt  anter  dem  Schambogen  im  vollends  verkehrten 
Mechanismas  entwickelt  warde.  Das  Mädchen  war  reif  nnd 
lebend,  6  Pfd.  schwer,  20"  lang  and  der  Schädel  walzenförmig 
geformt;  sein  gerader  Darchmesser  betrag  ^"»  der  hohe  nar  S". 
Matter  and  Kind  befanden  sich  wohl. 

(Wiener  Medicinal- Halle,  No.  1  a.  2,  1860.) 


X.    Notisen  am  der  Joiirnftl*Lit«Nitnr.  Ifß 

Jmeqmmnieri  Ueber  die  Sterling  des  OebartsTerlanfes  bei 
Kopflagen,  bedingt  durch  sn  grossen  Umfang  der 
Brnst  und  der  Sohaltern  des  Fötas. 

Verfasser  giebt  in  vorliegender  Arbeit  eine  Reihe  von 
Beobaehtnngen,  in  denen,  die  Breite  der  Schultern  und  des 
oberen  Theiles  der  Brust  des  Fötus  ein  gewichtiges  Geburts- 
hindemiss  wurde. 

Im  ersten  Falle  kreiste  die  Frau,  eine  DrittgebKrende,  Seit 
18  Stunden.  Der  Kopf  zeigte  sich  bei  Ankunft  des  Verfassers  im 
Beckenausgange  be6ndlich  und  sollte  nach  Aussage  der  Hebamme 
diesen  Stand  schon  seit  10  Stunden  einnehmen,  ohne  trots  guten 
and  kräftigen  Wehen  zum  Durchschneiden  zu  kommen.  Der  Damm 
war  schlaff  und  nachgiebig,  das  Becken  gut  gebildet;  auch  sollen 
die  früheren  Niederkünfte  immer  kurz  gewesen  sein.  Die  An- 
legnng  der  Zange  war  leicht  und  einfach,  dagegen  war  ein  halb- 
stündiger Kraftaufwand  nöthig,  um  den  grössten  Durchmesser 
des  Kopfes  zu  entwickeln,  während,  um  den  Kopf  vollständig  frei 
SU  machen,  mit  der  Hand  der  Damm  nach  hinten  weg  gedrängt 
werden  musste.  Der  geborene  Kopf  wurde  mit  Gewalt  gegen 
das  Perinäum  gezogen  und  Verf.  sah  sich  genöthigt,  da  er  mit 
den  Zeigefingern  nicht  in  die  Achselhöhle  gelangen  konnte,  un- 
mittelbar am  Kopfe  zu  ziehen,  um  die  Schultern  zu  entwickeln, 
erreichte  jedoch  nichts  weiter,  als  dass  der  Kopf  dem  Damme 
nicht  mehr  so  fest  anlag.  Die  Schultern  hatten  sich  allmälig  in 
den  geraden  Durchmesser  gedreht,  so  dass  Verf.  beide  Arme 
löste  und  durch  Ziehen  an  demselben  den  übrigen  Rumpf  des 
Kindes  entwickelte.  Obwohl  seit  der  Geburt  des  Kopfes  mehr 
als  eine  Stunde  vergangen  war,  so. wurde  doch  das  asphjetische 
Kind,  ein  Knabe,  bald  zum  vollen  Leben  gebracht.  Leider  zeigte 
sich  der  obere  Theil  des  Humerus  fracturirt.  Das  Kind,  stark 
entwickelt,  wog  mit  der  Windel  11  Pfd.,  Schulterdurchmesser  6". 
Wochenbett  verlief  normal. 

Im  aweiten  Falle  wurde  bei  noch  hochstehendem  Kopfe  wegen 
Schwache  des  Kindes  die  Zange  angelegt  und  derselbe  ohne 
besondere  Schwierigkeit  durch  die  Beckenhöhle  gezogen,  worauf 
ganz  dieselben  Erscheinungen  eintraten,  wie  im  vorigen  Falle. 
£s  wurde,  nachdem  durch  vorsichtiges  Ziehen  am  Kopfe  die 
nach  hinten  gelegene  Schulter  für  den  Zeigefinger  zugänglich 
war  und  durch  Ziehen  an  derselben  kein  Erfolg  erzielt  wurde, 
der  stampfe  Haken  in  der  Achselhöhle  eingesetzt  und  nun  erst 
dnrcb  lange  fortgesetzte  und  kräftige  Traotionen  ein  todtes  Kind 
eniwlekelt.  Die  Schultemb reite  betrug  b^/^'.  Zu  bemerken  ist 
hier,  dass  die  Frau  früher  unter  ähnlichen  Schwierigkeiten  ent- 
banden worden  war. 

Hieran    reiht   Verf.    noch    mehrere    fremde   Beobachtungen,* 
welche  schon  anderwärts  ibre  Veröffentlichung  gefunden  haben. 


IgO  X.Notii«D  aas  der  Joarnal-Literaimr. 

Für  di«.  Praxis  sieht  der  Verf.  naa  folgeude  Regeln  ans  den 
genannten  Beobachtangen. 

1)  Halten  die  im  Beckeneingange  befindlichen  Schaltern  den 
bereits  im  anteren  Beckenraome  stehenden  Kopf  surück  and 
besteht  das  Hinderniss  mehr  in  dem  Umfange  der  Brnst,  als  in 
der  Stellung  der  Schaltern,  so  darf  «man  letztere  nicht  in  ihrer 
Stellang  sa  ftndem  sachen,  vielmehr  mass  man  sar  Zange  greifen. 
Zeigt  sich  dieselbe  ohne  Erfolg,  so  niuss,  sobald  die  Fracht 
abgestorben  ist,  die  Verkleinerung  des  Kopfes  ▼orgenommen 
werden,  worauf  die  Arme  su  lösen  und  an  denselben  su  sieben, 
oder,  wenn  das  Hinderniss  fortbesteht,  der  Rumpf  mittels  des 
Kephalothryptor  su  comprimiren  ist. 

2)  Ist  jedoch  der  Kopf  schon  geboren  und  stark  gegen  den 
Damm  gedrückt,  so  ist  das  richtigste  und  gefahrloseste  Verfahren, 
methodische  Tractlonen  an  dem  Kopfe  aussuführen  und  denselben 
wenigstens  soweit  frei  su  machen,  um 

3)  nnmittelbar  an  der  Achsel  zu  ziehen  und  die  Arme  ent- 
wickeln zu  können.  Das  Ziehen  am  Kopfe  ist  yollständig  ge- 
fahrlos und  hat  weder  ein  Zerreissen  des  Bandapparates  noch 
eine  Luxation  der  Wirbel  zur  Folge,  sobald  man  eine  gleich- 
zeitige Torsion  der  Wirbelsäule  Termeidet.  Man  hüte  sich  jedoch, 
länger  am  Kopfe  zu  ziehen,  als  nöthig  ist,  um  sich  die  Schaltern 
zugänglich  zu  machen,  da  sonst  die  Schultern  gegen  den  Brust- 
kasten gedruckt  und  so  den  Umfang  desselben  vergrössern  müssen. 
Man  hat  daher,  sobald  es  möglich  ist,  die  Arme  ^u  lösen,  wo- 
durch der  Umfang  der  Brust  nicht  allein  um  die  Dicke  der  Arme, 
sondern  in  betriichtlicherer  Weise  dadurch  verringert  wird,  dass 
sich  die  Schultern  gegen  die  Seiten  des  Halses  anlegen,  womit 
nothwendigerweise  eine  Verkürzung  des  Diam.  biacromial.  ver- 
bunden sein  muss. 

(Gazette  h^bdomadaire,  No.  40,  41  n.  43,  1860.) 


XL 
Verhandlungen  der  Oesellachaft  ftür  Oeburtshtklfe 

In 

Berlin. 

Sitzong  Yom  22.  November  1860. 

Herr  Lücke  (Assistent  der  Langenbecksdieu  Klinik,  Gast) 
wpnch  fiber  einen 

Fall   Ton  angeborener  Verengerung  des  Uickdarmes 

uüd  fegte  das  betreffende  Prftparat  vor. 

Am  5.  September  1860  wurde  das  swei  Tage  alte  Kind 
des-  Kaofinanns  D.  von  hier  in  die  chirurgische  KKnik  gdiracht, 
weil  dasselbe  kein  Kindspech  entleert  und  seit  24  Stunden 
grünliche  Massen  durch  Mond  und  Nase  erbrochen  hatte. 
Der  Hansarsl  fand  die  Afteröffnung  normal  gebildet  und  konnte 
mit  einem  Bougie  ly«  Zoll  tief  in  den  Mastdarm  eingehen. 

Der  Knabe  seigte  ftusserlich  keine  Art  von  fifissbildung» 
die  Nabelschnur  war  noch  mcht  abgefallen.  Der  Leib  war 
stark  aafgetrieben  und  sehr  gespannt;  es  wurden  von  Zeit 
SU  Zeit  Kothmassen  erbrochen.  Die  Afteröffnung  ist  ganz 
normal  gebildet;  beim  Einführen  eines  dii^ken  Bougies  in 
dieselbe  entleert  sich  Schleim  und  dann  auch  Wmde.  Ein 
dünnes  Bougie  lässt  sich  bis  3  Zoll  tief  einfiUiren  und  stösst 
dann  auf  einen  diastischen  Widerstand.  Beim  Einfahren  eines 
Katheters  m  die  Hase  entleert  ftich  klarer  Urin. 

Das  Kind  wird  gebadet  und  bekommt  ein  Klystier. 
Behufs  genauerer  Exploration  wini  die  Afteröflhung  nach  dem 
Kreuzbeine  zu  durch  emen  Schnitt  erweitert,  so  dass  man 
bequem  den  kleinen  Finger  einführen  kann,  welcher  sich  in 
der  nach  oben  und  links  vorragenden  Röhre  des  Mastdarmes 

ll4Mi»t90etar.f.Q«1mrtek.  1S61.  Bd.  ZTH.,  Hft  8.  tt 


132  XI.    Verhaadlangen  der  GeaelUcliaft 

bequem  bewegen  kann;  der  in  die  Blase  eingefübrte  Kathetei* 
wird  deutlich  gefühlt;  roit  einer  auf  dem  Finger  eingeführten 
Kanüle  kommt  man  bis  zu  SVs  Zoll  hinauf  und  stösst  dann 
auf  einen  elastischen  Widerstand;  mehrmals  während  dieser 
Manipulationen  gehen  Winde  ab,  eine  Injection  entleert  sich 
sofort  vollständig  wieder. 

Der  Untersuchung  nach  kann  eine  vollständige  Ver- 
Schliessung  des  Darmes  nicht  vorhanden  sein,  und  es  fragt 
sich  nur,  ch  hier  eine  angeborene  Verengerung  dessdben, 
wie  sie  nicht  selten  in  den  verschiedensten  Theiles  des  Darm- 
rohres vorkommt,  anzunehmen  ist,  oder  ob  nicht  gleich  oberhalb 
des  Mastdarmes,  wo  das  Bougie  gegen  eine  elastische  Geschwulst 
stösst,  eine  klappenartige  Verschliessung  stattfindet  Da  das 
letztere  Moment  das  günstigere  ist^.  so  wird  ein  Troikart  auf 
dem  Finger  eingeführt  und  vorgestossen.  Das  Resultat  ist 
der  Abfluss  einiger  Tropfen  Flüssigkeit 

Da  nun  nur  noch  eine  Verengerung  des  Darmes  anzu- 
nehmen ist,  so  wird  bei  der  Unsicherheit  der  Anatomie  bei' 
angeborenen  Verbildungen  von  dem  Versuche  der  Colotomie 
nach  der  Methode  von  AmtMßat  sowohl»  wie  «von  der  Er- 
öffnung eines  beliebigen  Darmstüokes,  als  jedenfalls  ohw 
Mögliohkeit  des  Erfolgs ,  abgestanden. 

Der  Tod  trat  etwa  zehn  Stunden  später  ein. 
Die  Section  ergab,  dass  der  Magen,  so  wie  die  sämmt- 
lichen  dünnen  Gedärme  mit  Kindspecb  und  Koth  ganz  aa- 
gefällt  ond  ansaerordeotlicb  ausgedehnt  waren;  das  Coecum, 
welches  vor  der  Wirbelsäule  lag,  war  sehr  klein  uod  eng 
und  der  einmündende  Dickdarm,  welcher  nur  die  Dicke  einer 
Federspule  besass  und  nur  füi*.  eine  feine  Sonde  durchgängig 
war,  wurde  durch  hartes  Kindspech,  wie  durch  einen  PfiropXen, 
verschlossen.  Der  ganze  übrige  Dickdann,  dessen  Wandungen 
übrigens  verdickt  erschienen,  war  bis  zum  Mastdarm  hin  vw 
derselben  Dimension  und  demselben  Lumen,  nur  der  Mast- 
darm von  normaler  Weite;  die  Mündung  des  Colons  in  da& 
Rectum  war  kaum  durchgängig  für  die  feinste  Sonde.  Auf 
dem  Mesenterium  zeigte  sich  eine  Narbe  von  wahrscheinUeh 
intrauteriner  Peritonitis. 

Sonst  waren  alle  Organe  normal  gebildet,  bis  auf  die  linke 
Nebenniere,  welche  um  das  Doppelte  grösser  war,  als  die  rechte. 


für  O^bartohilfo  in  Berlin.  163 

Herr  Martin,  welcher  seit  der  Hittheilung  seiner  Arbeit 

Aber    die    Salpingitis    als    Ursache    der   Peritonitis 
puerperalis 

im  November  1858  wiederholt  Gdegenbeit  gehabt  hat,  diese 
Form  fieberhafter  puerperaler  Erkrankung  an  der  Lebenden 
zu  diagnosticiren,  und  auch  einige  Male  an  der  Leiche  zu 
coDstatiren,  berichtet  der  Gesellschaft  über  zwei  Beispiele 
langsameren  Verlaufes  dieser  Krankheit  unter  Vorzeigung  des 
Präparates  von  einer  derselben. 

Der  ersle  Fall  betraf  eine  24  Jahre  alte  Erstgebl&rende, 
welche  froher  an  Chlorosis  und  Fluor  albus  gelitten  und  am 
15.  October  T<m  zwei  Knaben  (der  erste  lebend  in  erster 
Schädellage,  der  zweite  todt  in  zweiter  Steissiage)  entbunden 
war;  die  bald  nachfolgende  Nächgeburt  zeigte  zwei  getrennte 
Mutterkueben.  Die  Wöchnerin  klagte  schon  in  den  ersten 
Tagen  ober  grosse  Empfindlichkeit  bei  Druck  im  Hypogastrio, 
Schlaflosigkeit  und  Hitze;  Puls  stets  über  100.  Trotz  wieder- 
holter Api^ication  von  Blutegeln  und  Calomel,  temperirten 
Wassemrasdiiägen  und  Scheideneinspritzungen  stellte  sich 
sdMMi  am  18.  ein  beträchtliches  Exsudat,  zumal  über  der 
rsdtten  Weiche,  starkes  Oedem  der  äusseren  Genitalien,  Auf- 
treibung  des  Leibes,  Atbemnoth,  Erbrechen,  Unruhe  bei  heisser 
trockener  Haut  und  124  Pulsen  ein.  Unter  hinzugetretenem 
Durchfalle  grenzte  sich  das  Exsudat  bis  zum  23.  merklich 
ab,  na^dem  der  hinzugetretene  sdimerrirnfte  Hnsten  durch 
Morpliiuni  beseitigt  war.  Ganz  auffallend  verkleinerte  sich 
aber  das  Exsudat  nach  dem  25.  October,  wo  die  häufigen 
Durchfalle  mit  Tenesmus  zu  Anwendung  von  Stärkeklystieren 
mit  Opium  gendthigt  hatten.  Damit  erfolgte  neben  starkem 
Sehweiftse  und  Anschwellung  der  Genitalien  allgemeine  Besserung, 
Schlaf,  Sinken  des  Pulses  auf  96  und  frischer  Muth.  Vom 
31.  October  ab  trat  jedoch  eine  neue  Verschlimmerung  mit 
SteigeniBg  der  Pulsü*equenz,  vom  6.  November  erratische 
heftige  FieberanfSUe,  schmerzloses  Oe^m  der  rechten  Scham- 
lete,  Darchfall,  Appetitmangel,  Erbrechen,  Haütblässe  u.  s.  w. 
auf,  ttiMt  unter  grösster  Erschöpfung  erfolgte  am  15.  November 
der  Tod.  —  Die  Section  am  16.  November  ergab:  reichlich 

11* 


164  ^I*    y«rhaBdlangon  der  GeseUnchaft 

hlutigBeri>sen  Erguss  in  beide  Pleurasäcke  uo^  4 — 5  erbsen- 
grosse  lobuläre  Heerde  in  den  Lungen.  Herz  sehr  blass, 
oberflächlich  verfettet.  Die  Leber  ist  mit  blassgelbbraunen 
zahllosen  linsen-  und  haselnussgrossen  gelblichen 
Exsudatmassen  .  und  Eiterheerden  durchsprengt.  Die 
Milz  sefai^  vergröBsert,  gdnz  matsch,  dunkelroth,  ihre  Kapsel 
▼erdickt,  mit  eiterigem  Exsudat  belegt.  In  der  Bauchhöhle 
grünlichgelbe  Flüssigkeit  mit  Eiterflocken,  zumal  im  Becken. 
Der  massig  zurückgebildete  Uterus  mit  seinen)  Grunde  stark 
nach  rechts  verzogen,  dadurch  schief;  an  seinem  rechten 
Winkel  mit  dem  verdickten  und  gerötLeten  gfosseo  Netze 
und  dem  Blinddarme  verwachsen,  so  dass  bei  der  En^or- 
hebung  die  Darmwand  erweicht  und  durclibrocben  erscheint; 
darunter  und  um  den  vergrösserten  rechten  Eierstock  eine 
Eiteranhäufung,  deren  Umgebung  von  der  hinteren  Wand  dea 
Uterus,  dem  Eierstock  der  rechten  Mnttfrröbre  und  d«iin  NeUe 
gebildet  war  und  in  weiche  die  mit  Eiter  getüUte,  im  äusseren 
Drittheil  sehr  erweiterte  rechte  Mutterröbre  mit  ihren  ge- 
schwellten und  gerötheten  Franzen  hineinläuft  Die  Utenisr 
Substanz  blass  gesund,  frei  v^n  Thrombosi»  und  Ljnq>li«ligi<»ti9, 
die  Schleimbaut,  von  geringem  frischem  BlutergusBe  gerötbet, 
aufgelockert  Linke  Hälfte  der  inneren  Genitalien  niobt  aiwonii. 
Nieren  blass. 

Hier  war  die  Peritonitis  Fx>lge  der  chronischen  rechts- 
seitigen Salpingitis;  es  bildete  sich  eine  Absonderung  d^ 
massenhaften  Exsudates,  dann  wahrscheinlich  £ntleenii|g  durcb 
den  Blinddarm  und  später  Thrombose  einer  Vene  des  dea 
Eiterbeerd  bedeckenden  Netzes  (Zweig  der  Pfortader),  daher 
multiple  Abscesse  in  der  Leber. 

Der  andere  Fall  ergab  sich  bei  emer  23  Jahi*e  alttii. 
Erstgebärenden,  welche  früher  mit  weissem  Fluss  bebattei< 
nach  wiederholten,  in  grösseren  Zwischenzeiten  au^etreleiien 
Uterinblutungen  am  3.  November  blutend  und  mit  Wehen  in 
die  Entbindungsanstalt  gebracht  wurde,  obschon  sie  sich  an! 
in  der  34.  Schwangerßchaftswoche  befand.  Nach  vergeblicher 
Anwendung  der  kalten  Uterusdouche  wartete  man  nach  Ein- 
legung des  Colpeurynter  die  Erweiterung  des  Muttermunden 
ab,  wendete  am  4.  November  das  querliegende  todte  Kipd 


Ar  G«1>iilrt8li1ilf6  In  Berlin.  X66 

und  extrafairle  dasselbe.    Nach  am  5.  November  aufgetretener 
brennender  Bitze  mit  hoher  Pulsfrequenz  trat  am  6.  November 
fräh   ein  heftiger  Frostanfall   ein,   dem  Leibschmerz   in   der 
rechten   Weiche    folgte.      Durchfall    und    am    8.    Erbrechen. 
Wegen  der^  Zeichen  von  Anämie  naässige  Antiphlogose.     Nach 
einiger  Bessenuig  am  12.  November  Kopfschmerz,  Irrereden, 
Puls  126,  heftiger  Durst,  kein  Leibschmerz,  dagegen  an  den 
folgenden    Tagen    Ekel,    Appetitmangel,    grosse    Mattigkeit, 
Durchfall   besteht,    wShrend   geringer   Husten    am    16.    sich 
hinzngeseHt    Ahwed)selndes   Besserbefinden  bei   fottdauemd 
b^schleonigtem  Pulse  und  sdinellem  Athmen.   Am  20.  November 
ein  neuer  heftiger  Frostanfall  mit  nachfolgender  gesteigerter 
BBsse  und  grösster  Sobwäebe  bei  vollständigem  Appetitmangel 
und  am  25.  November  Tod.     Die  Section   am  27.  Notember 
eiigiebt  massige  Abmagening,  Bronehialschleimhaut  geschwelk, 
starkes  Lungenödem.    Im   Herzen  einige  Faserstolfgerinnsel. 
Mb  8V9Z0II  lang,  schmaL    Leber  und  Nieren  blass,  massig 
verfettet»    In  der  Bauchhöhle  kein  Exsudat,  dagegen  die  rechte 
Beckenfaälfte    von    einem   abgesackten   Eiterfaeerd   ausgefüllt, 
welcher  umgriwn  war  von   der  mit  festem  Exsudat  belegten 
rechten  Hälfte  der  Binterfläche  des  Uterus,   dem  damit  ver- 
lölfaeten  Mastdarme,   der  hinteren  Fläche  deä  rechten  breiten 
Motterbandes,  dem  rechten  Ovario  und  dem  die  hintere  und 
rechte  Beckenwand  bekieidlenden  Bauchfell,  mit  welchem  die 
im    äusseren  Drittheä  sehr  erweiterte  und   um  das  Ovarium 
sich  herumbiegende  rechte  Mutterröhre  verklebt  wan    Die  aus- 
einandergespreizten angelötheten  geschwellten  rothen  Fimbrien 
öfllneten  sich  in  den  Abscessheerd,  mit  welchem  die  erweiterte 
AMominalmäniioDg  frei  com^tonicirle.    Der  Inhalt   der   (er- 
weiterten  Tuba    glich   dem    des   abgesackten  Heerdes.     Der 
Utenis,    entsprechend    zuröckgebildet,   zeigte   mit   Ausnahme 
eines  an  dem  Muttergrunde  nach  dem  linken  Winkel  zu  ver- 
laufenden,  mit  graugelher  dickeiteriger  FIQssigkeit  gefüllten 
erweiterten  Vene  eine  disrohw'eg  gesunde  Substanz,  die  fibrigen 
Venenr  und  Lymphgefässe  frei,  Schleimhaut  des  Uterus  mit 
frisch  geröthetem  Mutigem  Schleime  bedeckt;  an  der  Unteren 
Wand   des  Mutterhalses  ein  vertieftes,  aber  gereinigtes  Ge- 
sdiwör  von  V«  ZoH  im  Durebntesser.  *  Linke  Tuba  und  Ovarium 
zeigten  nichts  Krankhaftes. 


IQQ  XI.    VerhADdlnngen  d«r  OMeOichaft 

Herr  Krutdler  legte,  eine  neue,  nach  seinen  Angaben 
verfertigte  Zange  vor  und  hielt  foigenden  Vortrag: 

Dynamometrische  Vorrichtung  an  der  Gehurtszange 
(Hiemu  eine  Tafel  mit  Abbildungen.) 

Wenn  seit  der  grossen  Erfindung  des  Genter  Gebnrta* 
helfers  Joh.  Palfyn  Anno  1728  durchschnittlich  fast  in 
jedem  Jahre  eine  Veränderung  an  der  Zange  ersonnen  worden 
ist  und  doch  nur  wenige  dieser  Veränderungen  als  weseiiüiehe 
Verbesserungen  zu  bezeichnen  sind;  so  fahle  ich,  wie  gewagt 
es  ist,  den  überflüssigen  Reichtbum  vorhandener  Zangenmuster 
noch  zu  vergrössem,  und  befinde  mich  in  der  Lage,  mir  die 
Nachsicht  der  Kunstgenossen,  die  ftiiher  so  gern  erflehte 
Benevolentiam  lectomin  recht  dringend  zu  erbitten.  Vielleicht 
mache  ich  mich  dieser  Nachsicht  würdig,  wenn  ich  von  vom 
herein  bekenne,  dass  ich  an  der  äusseren  Gestalt  und  den 
wesentlichen  Einrichtungen  der  g^äuchlichen  Zange  nichts 
Wesentliches  geändert,  sondern  dass  ich  nur  in  die  hofal- 
gearbeiteten  Grifie  dynamometrische  Spiralfedern  angelegt 
habe,  um  die  auf  den  Zangenzng  aufgewandte  Kraft  des 
Operateurs  objectiv  messen  zu  können. 

Bis  jetzt  ward  diese  Messung  durch  das  subjeotive 
Empfinden  des  Operateurs  vollbracht  und  unbestimmte  Aus- 
drücke bildeten  die  Scala.  „Leicht,  schwach,  roittelmäaaig, 
kräftig,  schwer*"  u.  s.  w.  waren  die  Bezeichnungen,  durdi 
welche  der  Operateur  sich  die  graduelle  Verschiedenheit  eines 
Zangenzuges  zur  Erkenntniss  brachte,  oder  durch  welche  die 
Lehrbücher  diese  zu  schildern  suchten.  Derlei  Ausdrücke  aber 
haben  keinen  absoluten  Werlh,  i»ondem  sind  immer  in  Be- 
ziehung zu  bringen  zu  der  Körperkraft  ehies  Operateurs  uml 
zu  seiner  zufalligen  körperlichen  und  geistigen  Stimmung  d^ 
Frische  oder  der  Emiüdung,  —  ja  sie  sind  selbst  in  Be- 
ziehung zu  bringen  zu  den  geburtsbülflichen  Erfahrungen  und 
Gewohnheiten  des  Operateurs.  Denn  man  wird  mir  zugeben, 
dass  z.  B.  der  Arzt,  welcher  in  einer  weniger  cuhivirten 
Gegend  seinen  Beruf  übt  und  häufiger  verschleppte  und  da- 
durch sehr  erschwerte  Fälle  zur  Behandlung  bekommt,  eine 
ganz  andere  Scala  des  „Leichten  und  Schweren''  für  den 
Zangenzug  haben  wird,  als   derjenige  Geburtshelfer,   wd^her 


fttr  OebdrteliW«  in  Berltti.  167 

eittes   cultivirten  PaMieains   und   bttser  gebildeter 
Hebammeii  praotidrt 

Inwieweit  omu  die  neue  Voniditimg  geeigoet  sei,  statt 
der  subjecttven  Scb&tflung,  eine  objective  Messung  2u  gewähren, 
fiöge  a«s  der  Beschreibung  des  Instnunrats  hervoiigehen. 

..  Besohreibong  des  Instruments. 

Der  Griff  jeder  Bnnebe  besteht  ans  einem  fe^eu  und 
einen  bewe^M^en  Theile.  Der  feste  Theil  TT  ist  eine 
starke  stäUeme  Scbieoe^  weiche  die  Fortsetsung  des  Löffels 
*  bildet  mA  nach  innen  liegt  Der  bewegliche  llidl  FF'  ist 
ein  HattKxyiiuder  aus  Messing,  der  out  setner  planen  Fläche 
gegen  die  Äussere  Seite  der  Schiene  derart  applicirt  ist,  dass 
er  an  der  Schiene  «sicher  auf-  und  abgleiten,  aber  nach  keiner 
anderen  Richtung  hin  entweichen  kann.  Nach  oben  ist  der 
.  messingene  Halbcylinder  durch  einen  geschweiften  Vorsprung 
A  und  B  geschlossen,  über  den  die  Fkiger  bei  der  Operation 
hakenAmiig  übergelegt  werden,  nach  unten  geht  der  Cylinder 
in  den  gewöhnlichen  Knauf  C  und  i>  über.  In  dem  Halb- 
cylinder liegt  eine  kräftige,  stahferae  Spiralfeder,  die  nach 
oben  gegen  den  Seitenvorsprong,  naeh  unten  aber  gegen 
einen  oonsolartigen  Träger  E  stösst,  welcher  mit  der  Schiene 
unbewegUch  vw bunden  ist  Dieser  Federträger  reicht  in  die 
Höhlung  des  Halbcylinders  hinein  und  ist  so  geformt»  dass 
der  Cylinder  über  ihn  weggleiten  kann,  die  Feder  aber  gegen 
ihn  auflBestülzt  bleibt.  VoUfübri  man  nun  behufs  der  Operation 
den  Zug  mit  der  rechten  Hand  an  den  geschweiften  Seilen- 
Toreprüngen  und  mit  der  linken  Hand  an  den  Griffen,  so 
▼erscbiebt  man  die  Halbcylinder  nach  unten  zu  und  drückt 
dadurch  die  Spiralfedern  so  lange  zusammen,  bis  ihre  Elasticität 
dem  von  uns  beim  Zuge  aufgewandten  Kraftmaasse  das  Gleicb- 
gewicbt  hält  Eine  neben  dem  Cylinder  unterhalb  des  Schlosses 
befindliche  Scale  ^t  zeigt  uns  die  Raumtheile  an,  um  wek^be 
wir  die  Feder  zusammendrucken.  Hat  man  nun  durch  vor- 
heriges Belasten  der  seitlichen  Vorsprunge  festgesteUt,  welche 
tirade  von  Belastung  den  anzehien  TfaeilstricheB  der  Scale 
«itsprecfaen,  so  kann  man  währ^d  der  Operation  an -der 
Scala  jederzeit  ersehen,  mit  welchem  Kraftaufwande  man 
avbeitet. 


168  XI-    Verbfuidltttif «tt  4«r  0«a«]lMfaAft 

Die  Tfaeä«lriche  bedeuten  Mfifim^es  und  dfe  Belaitiiiig 
habe  ich  in  Zollpfunden  vorgenommen.  Wenn  ich  nun  bei- 
splelftweise  bei  einem  Zuge  die  Federn  meiner  Zange  um 
17  Millim^tres  zusammendröeke,  so  zeigt  mir  dies  an,  data 
ich  bei  diesem  Zuge  eine  Kraft  Ton  =ss  50  Zdlpftmd  eulwiekeie. 

Es  befindet  sieh  an  der  linken  Branche  nocli  eine  zweite 
Scala  kl  und  an  ihr  bewegt  sich  eine  Messingschiene  op 
(nach  Art  eines  Nonius)  mit  einem  nadi  oben  vorq)nngenden 
Knopfe  0,  der  als  Index  für  die  MaximaBriAe  des  Zuges 
dient.  Diese  Schiene  gleitet  nftmlich  beun  Zuge  an  der 
Scala  kl  parallel  mit  dem  Halbcyiinder  F  naeb  unten,  bleibt 
aber,  wenn  der  Zug  nachlasst,  auf  dem  tiefaten  Ponkte,  den 
sie  erreicht  hat,  stehen  und  drfickt  dadurdi  an  der  Scala  die 
Maximalhöhe  des  Zuges  aus. 

Wo  die  äusseren  Verhältnisse  und  die  Leichtigkeit  des 
FaBes  es  gestatten,  kann  man  an  der  oberen  Scala  hi  zwischen 
den  gespreizten  Fmgern  das  Anwachsen  und  Schwächerwerden 
der  Zugkraft  während  der  TVaction  beobachten*  Wo  dfe 
Verhältnisse  eine  fortwährende  Beobachtung  nicht  gestatten, 
kann  man  an  der  unteren  Scala  nach  niifhreren  Tractionen 
ersehen,  welche  höchste  Kraft  man  bei  den  rorangegangenen 
Zagen  angewandt  hat.  Natfiriich  muss  man  nach  dw 
Beobachtung  den  Index  wieder  auf  den  Nullpunkt  euräck-* 
schieben. 

feh  wiU  es  noch  bemerkon,  dass  es  genügt,  die  Scala 
nur  an  einer  Branebe  anzubringMi.  Denn  da  die  beklen 
ZangengriflSer  nach  der  Art  und  Weise  wie  bei  der  Operation 
dieselben  fassen,  sich  gleicfamässig  fortbewegen  mftssen, 
so  würde  eine  zweite  Scala  an  der  rechten  Branche  nur 
dieselben  Raumdi^e  der  Fortbewegung  angeben  wie  an  der 
linken.  Demgemäss  muss  man  aidb  bei  der  sogenannten 
Abwägung  der  Federn,  d.  h.  bei  der  probeweisen  Belastang 
des  Instruments  zur  Entwerfung  der  GewichtstabeUe,  wdche 
der  MilUm^tre- Scala  entspricht,  das  Experiment  so  anstellen, 
dass  die  Gewichte  an  die  beiden  seitlichen  Von^irAnge  mittels 
«nes  eisernen  Hakens  angehängt  werden,  welcher  den  Fingern 
analog  beide  Griffe  gletchmässig  niedersieht,  so.  dass  dann 
durch  die  einzehen  Theilstriche  der  Scala  die  entsprechende 
Summe  der  Belastung  beider  Griffe  ausgedrückt  wird. 


fttr  G«bmrtohllfe  in  Beiün.  1^ 

All  jeder  Branefae  befindet  «ch  «in  Sperr- Biegri  c, 
wefelier  sieii  mittel»  eines  Knepfes  s  dureb  den  bewagUcheft 
tmd  unbeweg^ehtn  Th«ii  de»  Gritfei  »o  durebscbieben  Iftset, 
dai»  beide  fe»t  mH  einender  Tarbiiiiden  »tnd.  Hierdurdi  b6rt 
natAilieh  die  d]fuanionieln8che  £igenscb«ft  der  Zange  aitf,  «md 
sie  leistet  »o  die  DieDSte  riner  gewAnliefa«:!  Gebnrtszange. 
Der  ^enr*  Riegel  der  recbten  Brancbe  Utfgt  oben',  der  der 
linken  unten  und  beide  sind  dureb  eine  leiehte  Bewegung 
des  Damnen»  und  Eeigefingerfe  zu  scbliessen  od«r  zu  Mbeo. 

An  den  Löflebi  de»  Instrument»  findet  sieb  ein  Centim^tre- 
Maasstab  efaigerissen  tur  Gontrirte  der  RaumtheOe,  um  ^ 
»eb  die  Zange  beim  Zuge  aus  dem  Becken '  berau»  bewegt 
Das  Gewicbt  der  ganzen  Zange  ist  IVg  Pfund. 

Vvtsrn  das  Inatnwienta  für  die  Iiehve  und  Beaebveibniif 
der  Zangenoperation. 

Bei  der  exaeten  BdunuSung,  deren  die  Geb&rtahOUe  ftbig 
ist,  ja  deren  sie  zu  ihrer  Cuhnr  notfawendig  bedarf,  erachte 
ieb  jede  Erweiterung  imsenpr  matbematiscben  Erkenntms»  der 
ficburts-  und  Operationsmechanisnien  fär  ersprtesslicb,  weil 
sie  uns  statt  unbestimmter  Begriffe  Zahlen  gid[>t,  deren  Be^ 
dentnng  eine  unferröckbare  ist,  deren  Wertb  man  sieb  jeder- 
zeit dmrdi  das  Experiment  klar  machen  kann.  Namentlich 
aber  dOrfte  es  ein  Gewinn  »ein,  die  gradu^le  Verscbiedenbeit 
einer  so  wichtigen  Aetion  in  der  Geburtsbfilfe  als  die  Zangen- 
Operation  ist,  nach  einem  objecthen  Haassstabe  definiren 
10  kennen. 

Um  die  Schwierigkeit  einer  ToUzogenen  Zangenoperation 
zu  bestimmen,  bedienen  wir  uns  der  Mittel ^  dass  wir  erstens 
die  dynamisehen  und  mechanischen  Geburtsverbältnisse  be- 
scbreibeo,  zweitens  die  Zahl  und  Dauer  der  Tractionen  bezeichnen, 
drittens  das  auf  die  Operation  aufgewandte  Kraftmaas»  nach 
ottseroni  subjeetiven' Empfinden  .  zu  taxiren  und  zu  schildern 
suchen. 

Was  den  ersten  Punkt  anbetrifll,  die  Beschreibung  d«B 
Geburtehindemisses,  so  sind  es  i>esonders  die  rftumlicben 
Verfailtitisse  des  Beckens  und  der  Frucht,  wekbe  wir  durch 
Zahlen  beseiehnen  ktonen.  Aber  die  Meä^ung  dieser  Yer- 
httnisse   reicht  moht  bin,   die   Sdvwierigkeil  einer  Zange»- 


170  XI*    VeFhftTidlQngen  der  Gf^salbchaft 

Operation  zu  defiairen,  da  es  sich  ja  Jedom  erMireDen 
Gehnitsbelfer  besUtigt,  dass  bei  3V/  «"ngstem  Beckfiodareb- 
messer.  und  normaler  Kindskopfgrösse  eine  Zange  ziemlieh 
lisieht,  und  dagegen  bei  uoregelmäsagen  Beckendurdmieaaeni 
eine  Zange  sehr  sdiwierig  sein  kann.  Es  MiH  nämlkh  zu 
der  exaeten  Definining  des  Gebunsfoindemisses  noch  ein 
Factor,  das  ist  die  Compressibilitit  des  Kopfes,  ein  Moment, 
dem  wir  in  folgenden  Blättern  noch  einmal  begegnen,  und 
welches  mir  von  so  grosser  ^chtigkdt  scheint,  dass  ich 
sagen  möchte:  So  lange  wir  für  die  CompressibilitSt  des 
Kopfes  keine  Zahl  haben,  so  lange  können  wir  Becken-  und 
Kopfmaasse  mcht  in  ihrer  vollen  BedeutuBg  verwerthen,  dem 
erst  aus  diesen  und  der  Compressibilitfit  oonstruirt  sieh  die 
volle  Grösse  des  Gefourtshindernisses. 

Betreffs  des  zweiten  Punktes,  so  können  wir  die  Tractionen 
allerdings  nach  Zahl  und  Zeitmaass  bestimmen,  und  viele 
Lehrbfich^  benutzen  dieses  Verhältmss  auch,  um  durth  die 
Summe  der  Tractionen  die  Schwierigkeit  einer  Operation  zu 
bezeichnen  o<fer  eine  gev^isse  Grenzzahi  für  die  Tractionen 
aufzustellen,  über  welche  hinaus  man  nicht  gehen  soIL  Das 
Zintmaass  finden  wir  weniger  berdcksichtigt  Rdchen  aber 
beide  Momente  bin,  die  Schwierigkeit  einer  Zangenoperation 
zu  defiiiiren?  Gewiss  nicht!  Beide  siiid  bedingt  durch  den 
Kräftezustand  des  Operateurs,  denn  es  ist  selbstverständiidi. 
dass  für  die  Erreichung  desselben  Effectes  ein  scbwäehlieher 
oder  ermüdeter^  Operateur  mdbrere  und  wahrscheinlich  auch 
kürzere  Zeit  anhaltende  Tractionen  vollbringen  wird,  als  ein 
krifdger  und  rüstiger. 

Was  «odlich  die  Taxirung  der  auf  die  Operation  auf- 
gewandte»  Kraft  anbetriffi,  so  wird  man  wohl  gern  zugeben^ 
dass  die  biaher  fiblicfaen,  unbestimmten  Ausdrücke  für  eise 
wissenscfaafiliehe  Definition  nicht  ausreichen,  und  daaa  mr 
bei  der  Schätzung  dieser  Kraft  vielfachen  Irrungen  unter- 
worfen sind.  Es  ist  ja  durchaus  nicht  Sache  der  täglichen 
Erfahrung,  uns  in  der  Taxirung  eines  in  horizontaler  Bachtung 
ausgeübten  Zuges  und  in  der  Bezeichnung  desselbto  nach 
Pftmden  zu  üben,  während  uns  dagegen  viel  häufiger  Gelegen- 
heil  wird,  Raum*  und  Gevrichtsverhiltnieae  nach  den  rationdieQ 
und  üblichen  Maaeseinheiten  schätzen  und  auedrüekem  zu  lernen. 


für  CkburtshUlfe  in  Berlin.  171 

VieUiielie  Versuche  am  Dynsmometer  haben  noch  tterdies 
belehrt,  dass  die  suhjecthren  EmpfiiHhiDgen  bei  der  Ausöbuitg 
«lies  horizontalen  Zuges  uns  auch  nach  häufiger  Uebung  für 
die  Tajdrung  des  Zugwerthes  keine  sicheren  AnhaHspunkle 
geben.  Ue  subjectiv  wahrgenomnieae  Kraftanstrengung  stdit 
in  keinem  constanten  Veiiiältnisse  zu  dem  objectiv  voUbrachten 
Zöge,  und  auch  die  Maximalhöfae  unserer  Zugkraft  ist  keine 
constante,  sondern  variabel  nach  unserem  jeweiligen  körper- 
fidien  und  geistigen  Behagen.  Das  einzige  exacte  Mittel 
zur  Messung  des  von  uns  ausgeübten  Zuges  ist  die 
Eibschaltung  eines  Dynamometers  zwischen  uns 
and  den  Gegenstand,  auf  den  wir  die  Wirkung 
unserer  Zugkraft  übertragen   wissen   wollen^ 

Wenn  wir  also  die  Schwierigkeit  einer  Zangenopo^alioD 
genau  erkennen  wollen,  so  müssen  wir  neben  den  dynamischen 
und  mechanischen  Geburtsverhältnissen,  neben  der  Zahl  und 
der  Dauer  der  Tractionen  auch  die  dynamometrische  Grösse 
der  auf  die  Operation  aufjgewandten  Zugkraft  wissen.  Auf 
diese  Wdse  hesebrieben  ist  die  Operation  nach  ihrer  Wesenheit 
definirt  und  nur  so  definirt  kann  sie  ein  Gegenstand  der 
Mtltheilttng  der  Lehrer,  kurz  der  wisseBschaftUefaen  Vei^ 
sttadiguttg  werden. 

Wir  wollen  es  uns  aber  nicht  verhehlen,  dass  mit  der 
Messung  des  Zuges  nicht  der  ganze  Umfang  des  Mechanismus 
einer  Znngenoperation  definirt  ist;  denn  ungemessen  bleiben 
noch  immer  jene  Actiomn,  welche  in  der  Benützung  der 
vereinigten  Zangenloranchen  als  eines  einzigen  Hebels-bestehen, 
jene  transversellen  Pendel-  und  Rotationsbewegungen,  wdcfae, 
wie  ich  in  einem  früheren  Aufsalze  „über  den  Mechanismus 
der  Zangenoperation''  zu  beweisen  suchte,  nur  Mittel  zor 
Lageverbesserung  sind,  und  welche  sparsamer  angewendet 
werden  sollten,  als  sie  es  werden.  Aber  selbst  die  passienirtesten 
Verehrer  dieser  Hebelbewegungen  werden  erstens  zugeben, 
daae  sie  diese  Bewegimgen  doch  immer  ziehend  vollbringen, 
und  zweitens  werden  sie  sich  wohl  mit  den  grössten  Lehi^rn 
unseres  Faches  darin  einverstanden  erklären,  dass  der  Zug 
die  wichtigste  Action  im  Mechanismus  der  Zangenoperation 
äberhaopt  ^ei«  und  dass  der  grössle  Kraftaufwand  des 
Opwateurs  eben  auf  den  Zug  verwandt  wird. 


172  XI.    VerhÄtidlnngen  der  GeseUtchaft 

Ich  darf  es  daber  wobl  seihst  im  Sinne  der  gegneriachen 
Anficht  zu  behaupten  wagen,  dass  mit  der  Messung  des 
Zangenzuges  die  Schwierigkeit  der  Zangenoperation  in  ihrem 
Wesentlichsten  Theile  definirt  ist  und  dass  die  gewonnenen 
Zahlen  ein  nidit  unwichtiges  Mittel  fftr  Lehre  und  Beschreibung 
des  Operationsmechantsmus  bieten  dfiifen.  Inwiefern  sieh 
die  Federzange  auch  in  praktischer  Beziehung  nutzhar  machen 
lasse,  wollen  wir  in  den  folgenden  Zeilen  betrachten. 

Praktischer  HutBe«  des  Xnafrumenta. 

Einer  unserer  gi^öfsten  Aotorllüton  in  der  Zangenlehre, 
W.  J>  Schmitt,  sagte:  „Jeder  zangenopermmde  Geburts- 
helfer sdlte  das  indiTiduelle  Maass  der  Kraft,  das  ihm  xu 
Gebot0  steht,  genau  kennen/'  Heidelberger  kiin.  Annalen, 
Bd.  I.,  p.  69.)  '  Schmitt  giebt  diesen  Rath,  indem  er  die 
Gefahren  eines  zu  gewaltsamen  Zaogeogebraucfaes  schildert. 
Wenn  wir  diesem  Ansprüche  Schmitt*»  aus  voBer  Oeber^ 
Zeugung  beistimmen,  so  muss  es  wSlkotnDFien  sein,  an  der 
Federzange  das  Maass  der  von  uns  auf  die  Operation  auf- 
gewandten Kraft  jederzeit  ablesen  zu  können,  und  namentiidi 
muss  'dieser  Umstand  för  den  Anßnger  von  Werth  sein. 
Für  diesen  bietet  die  Federzange  ausser  dem  genannten  Nutzen 
noch  das  Mittel,  sich  die  kunsigemisse  Ausführung  einer 
Tractton  anzueignen.  Bekanntlich  soH  eine  gute  Traction  langsam 
und  nicht  zu  hoch  annvaehsen,  eine  Zeitlang  in  einer  stetigen 
Höhe  verbleiben  und  dann  wieder  langsam  sinken.  So  ahmt 
sie  ^e  Wehe  am  Besten  nach,  und  mit  einer  solchen  Traction 
stört  man  ancb  den  Geburtsmechanismus  nicht,  da  sich  hierbei 
der  Kopf  innerhalb  der  Löffel  nach  den  Beckendurchmessern 
chrehen  kann.  Diese  Aecrescenz  und  Decrescenz  der  Traction 
kann  der  Anflinger  mittels  der  Scala  nicht  blos  exact  und 
sieh<$r  entwickeln,  sondern  das  VerMiren  wird  ihm  noch 
dadurch  erleichtert,  dass  sowohl  beim  Beginn  als  beim 
Nachlasse  der  Traction  die  Elaslicität  der  Dynamometer- 
.Federn  jedes  stosi^artige  und  ruckweise  Ziehen  abschwächt 
und  mildert 

Aber  auch  för  den  Erfahrenen  durfte  es  wünschenswerth 
sein,  sich  jederzeit  der  Grösse  des  ausgeübten  Zuges  bewnsst 
zu  werden,   und  nrcfal  nur  kamt  ihn  die  Scala  Tor*  enseni  zn 


mx  G«bttrtBhiUl9  te  B«riiii.  173 

lBA%ai  Zuge  warneD,  sondeni  sie  kann  ümi  hi  schwierigen 
FätteD  Indiden  geben,  die  auf  den  Fortgang  der  Operation 
TOD  grosser  Wichtigkeit  sind« 

Was  den  ersten  Vortheil  anbetnflt,   so  glaube  ich^  das» 

gar  manche  V^etzong    der   Mutter,    ja   mancher   tddtlicbe 

Ausgang  •  nicht  yorgekooimea  wire^   hMte  der  Operateor  die 

Grösse  der  Gewalt,  die  er  angowendet,  erkannt    S<dte  es 

hier  keine  Grenze  geben?   „SoUte,'^  .wie  Schmitt  sagt,  „AUes 

auf  die  indindnelle  Kraft  ekies  Operateurs  ankommen,   der 

da  triumphirend  mit  der  Gewaltzange  von  einem  tödten  Kinde 

entbindet,  indess  die  Entbnndeoe  stii^?''    Wie  gross  aber 

die  Gewalt  ist,   die   ausgedbt   werden   kann,   möge  dai:aus 

hervorgehen,    dass  icb^    wenn   ich    mit    memem    nicht   tut 

kriiligeo  Körper  einen  kräftigen  Zug  mit  der  Zange  thue» 

sine  Zugkraft  von  »  100—120  ZoUpftmd  (=s  50—60  Kilo* 

grammes)  entwkkele.    Die  Erfahrung,  hoffe  ich,  wird 

Bit    der    Zeit    gewisse    Wartiungszahlen    ergeben, 

welche    zu   überschreiten   der   Operateur    nur   nach 

genauester   Erwägung    der    Sachlage   wagen    sollte, 

and   solche   WarAungszahlen   därften   in   einer  Zeit 

um    so     heilsamer    sdin,.  wo    das    Chloroform    den' 

Warniiagasclipei  der  geffihrdeten  Kreissenden  unter- 

driiekl. 

Doch  wir  brauchen  nicht  so  weit  zu  gehen,  schon  aus 
den  oberen  Zahlen  der  Scale  kann  der  Operateur  gewisse 
hidieieD  entnehmen,  wimn  er  die  Kraft,  die  er  entwidcelt, 
mit  der  Wirkung  derselben  vergleicht,  wemi  er  also  prüft, 
ob  ond  wie  der  Kopf  sich  vorwärts  bewegt,  oder  ob  dwselbe 
gar  nicht  fortschreitet  Um  das  Niedersteigen  des  K<^fes 
19  ciNDtroüren,  bedient  man  sieb  des  Gesichts  und  dos  GeAhls. 
Beide  Unlersucbungsmethoden,  welche  darauf  beruhen,  dass 
man  die  Entienuing  des'  Kopfes « vtom  Schambogen  misst, 
komieD  zu  dem  hrthume  verldten,  dase  man  FormverSiidenmg 
des  Kopfies,  namentlich  Vorkopfbildung  als  Zeichen  statt- 
findender Bewegttig  auffiisst  Um  äne  andere  Art  der  Controle 
m  gewinnen,  habe  ich  in  die  LöflU»  oberhalb  des  ScMosses 
in  Geatimtoes-Entfernttiigen  grobe  Theilstrlcbe,  die  man  mit 
dem  Fingernagel  deutiidi  fEdilen  kann  ehvkerben  lassen. 
Bähe  ich   nun  b^  Beginn  der  Operation  den  Abslttd  der 


114-  XI.    ye«>b«adlniis«&  der  Oeseltocboft 

Sdilossaxe  von  den  SchambogeittcheiikelD  festgestellt,  usd  iü 
die  Zange  nach  mehreren  Traetiooen  uro  1:  Ceiili0ito*e  vor-* 
geruckt,  so  ist  mir  dies  ein  Zeichen,  dass  der  Kopf  aaeh  um 
1  Centuuetre  in  der  Beckenaxe  niedergestiegen  ist.  Freilich 
muss  für  diese  Beobachtung  die  Zange  gut  angelegt  s^, 
und  zweitens  darf  man  nicht  das  Abgleiten  der  Zange  mit 
einer  Kopfbewegung  verwechsein.  Immerhin  aber,  glaube  ich, 
durfte  sich  meine  Art,  die  Bewegung  des  Kopfes  tu  messen, 
als  eine  ergänzende  Methode  zu  der  bisher  üblichen  empfehlen. 
Doch  auf  welche  Art  auch  immer  wir  die  Bewegung 
eonstatiren:  erkennen  wir,  dass  Bewegung  stattfindet^  so  wird 
es  unsere  Aufgabe  sein,  die  Zugkraft  zu  verringam,  denn 
die  für  einen  bestimmten  Fall  fördersame,  möglichst 
geringste  Zugkraft  ist  gewiss  die  heilsamste,  im 
anderen  Falle  aber,  wo  sich ,  keine  Bewegung  ergiebt,  da 
n)$ge  doch  der  Operateur  schon  bei  30 — 35  Pfund  stetiger 
Zughöhe  jdie  Individualität  des  Falles  noch  einmal  recht 
sorgfaltig  prüfen  und  zusehen,  ob  nicht  dynamische  Ver* 
bältnisse  obwalten,  die  erst  durch  therapeutische  Miltel  zu 
besiegen  waren,  ob  nicht  eine  Lageverbessemng  des  Kopfes 
vorzunehmen ^  und  ob  nicht  eine,  dahin  zu  zielende  andere 
Zangenaction  dem  Zuge  voranzuschicken  sei,  oder  endlich,  ob 
auch  der  Zangenzug  in  der  zweckmässigen  Richtung  vollbracht 
worden  und  ob  nicht  z.B.  Neigungexerhältaisse  der  ▼orderen 
Beckenwand  eine  Aenderung  in  der  Zugricbtung  bedingen  n.  s.  w« 
Ja,  auch  den  Umstand  wird  der  Operateur  zu  erwägen  haben, 
ob  denn  seine  individuelle  Kraft  dem  Falle  gewadiaen  ist« 
oder  auch,  ob  er  nicht,  durdi  die  vorapgegangene  Anstrengung 
ermüdet,  im  Fortgange  der  Operation  eine  geringere  und 
also  weniger  nutzbare  Kraft  entwickelt,  als  er  bei  Begim  der 
Operation  aufgewandt  bat.  Denn  es  ist  leicht  ^ersiditlidi, 
wenn  bei  irgend  einer  Summe  von  vorangegangenen  Tractioneo 
35  Pfond  Zugkraft  nichts  geleistet  haben,  eine  Entwickelft^ 
von  30  Pfund,  den  ermüdeten  Operateur  geiriss  nicht  zum 
Ziele  fuhren  ipd  nichts  Anderes  bezwecken  werden  ak  Ver- 
zögerung, des  Falles  und  nutzlose  Quetsehung  der.WeiebttMile* 
In  einem  solchen  Falle  vrird  es  also  Av  den  Operateor  indicirt 
sein,  von  ier  Operation  vorläufig  abzustehen  nnd  neue  Kräfte 
zu  sammeln,  oder  wenn  Gefahr  im  Verenge  ist,  sich  doreb 


für  OebartehOlle  i»  ßarUn.  175 

enen  Asmlenlen  ablösen  zu  laasen.  Man  glaub«  aidii,  dass 
Diaii  das  Sinken  der  Kräfte  und  den  Unierscbied  einer  Leistungs^ 
faUgkeit.  von  35  oder  30  Pfund  aueh  ohne.  dynaroojDaetriscbe 
Bkßsung .  sicher '  erkeunefi  müsse.  Ist  man  erst  durch  die 
Dauer  dei*  Operation  und  die  Wichtigkeit  des  Falles  körperlich 
ermüdet  und  psychisch  alterirt,  so  lassen  uns  die  ^ubjectiven 
Eaipflndungai  selbst  in  der  Taxirung,  des  Mehr  oder  Wenige* 
der  objectiren  Vorrichtung  in  Stich.  Es  kann  nun  freilich 
eio  Erwachsener y  selbst  weim  er  erniAdet  ist,  durch  plötz- 
Mes  ^  ruckweises  Anziehen  einen  Maximakug  erreichen «  dei* 
die  genannten  Zahlen  weit  abersebreit9t.  Aber  ich.  hebe  es 
ausdrücklich  hervor,  dass  ich  hier  scfwobi  in  Bezug  auf  das 
Eiperimeiit  als  auch  auf  die  Operation  innner  nur  von  einem 
stetigen  Zuge  spreche.  Denn  ein  plötzlich  erreichter 
Maximalzug  bildet  keine  kunstgeniässe  Traction  und  ist  sehr 
gefifarlich«.  Für  eine  gut&  Traction  ist  immer  nur  eine  stetige 
Kraftentwickelung  zu  gebrauchen.  Und  für  diese  ist  die  Zahl 
35  Pfund  keine  geringe.  Meine  Erfahrungen  haben  mich 
wenigsten«  belehrt,  dass,  um  llngere  Zeit  Tractionen  von 
35  Pfund  stetiger  Zughöbe  auszuüben,  es  der  vollen  Körper- . 
friacbe  bedarf,  und  dass  Tractionen  von  40 — 45  Pfund  schon 
eine  recht  schwierige  Zangenqieralion  beKeichnra, 

üebcr  einen  Ifaehtheü,  4er  «na  der  bisherigen  Conatrnction 

der  f  eechweiften  BeitenTorsprnnge  der  Zange  für  den 

Operationsmech  aniamna  entsteht. 

Sei  es  mir  gestattet,  liier  eine  Erfahrung  nützutheilen 
and  eine  Aendenmg  in  der  Zangenconstruction  vorzuscblagen, 
deren  Nutzbarkeit  sich  nicht  auf  die  Federzapge  allein  bezieht, 
sandem  auf  alle  solche  Zangen,  die  nnt^^aib  des  Schfesses 
zwei  geschweifte  Seatenvorsprunge  haben,  über  die  man  behufs, 
des  Zoges  den  Zeige-  und  Mittdfinger  überschUgt  Die  Vor- 
richCmig«  welche  äch  bekanntlich  an  den  Zangen  von  Bu8c\ 
Brünmngkdiu^ent  Nctegde  u.  A.  befindet,  ist  eine  in 
Dentachfamd  so  gebräuchliche  imd  an  sich  so  nützliche,  •  dMS> 
es  mir  doch  nicht  unwichtig  scheint,  auf  einen  Nachtbeil  auf- 
markaam  zu.  machen,  der  aus  ihrer  bisherigen  Construction 
Iiervorgebt,  «if  einen  Fehler,  den  ich  aber  durch  den  Ge- 
bianch  der   Federzange  angefunden  habe. 


17()  ^I-    Verli«adtiin|ren  d«r  GMelUelutft  ' 

Nachdem  ich  nfimUch  afi&ngs  fftr  nime  F^sArziMige  die 
Seitenvorspnlnge  nach  der  berkömmficheii  Form  hatte  constnupen 
lassen  und  nun  mit  der  Zange  experimentirte.  beoimchlete 
ich,  dass  die  Spiralfeder  in  dem  Griffe  der '  linken  ISrandie, 
auf  die  also  der  Zeigefinger  wirkt,  zuerst  anlsanrniengedrackt 
wnrde,  und  dass  erst  dann,  wenn  diese  Feder  um  8.  Millf- 
metres'  zusammengedrückt  war,  die  Feder  der  rechten  Branche 
dur^h  den  Mittelfinger  in  Angriff  genommen  wunte:  Und  so 
machte  es  sich  bei  der  Verstärkung -des  Zuges  während  der 
ganzen  Traction,  dass  die  linke  Feder  um  8  Mülimölres 
gegen  die  redite  voraus  war.  Da  die  ersten  8  MiUimdires 
für  bdde  Federn  18  Pfund,  also  Mi*  eine  Fedeir  8  PAind 
anzeigen,  so  ging  mir  aus  dieser  Stellung  des  Griffes  hervinr, 
dass  auf  den  Unken  Seitenvorsprung  bereits  eine  Zugkraft 
Ton  9'  Pftind  einwirkte,  wenn  der  rechte  noch  gar  nicht  in 
Angriff  genommen  war.  Dieser  Umstand  muss  aber  auf  den 
Mechanismus  der  Operation  folgende  sehr  schädliche  Wirkungen 
haben,  nämlich: 

1)  Dass  die  Längenaxe  der  Zange  aus  der  Führungsliiiie 
des  Beckens  nach  der  rechten  Seite  des  Operateurs 
herausgisrQckt  wird.  Man  hänge  die  Zange  perpendiculär 
auf,  belaste  -d^  linkm  Seitenfiögel  mit  9  Pfund ,  den 
rechten  mit  0  Pfund,  so  wird  man  den  Ausschlag  der 
Griffe  nach  rechts  hin  erkennen. 

2)  Dass  also  eine  Hebelwirkuog  der  verbundenen  Zangen- 
löffel entsteht  mit  der  Drehung  des  Kopfes  um  die  Axe 
eines  geraden  Beckendurchmessers.'    Endlidi 

3)  dass '  eine  stärkere  Reibung  des  rechten  ZangeniSflUs 
gegen  die  rechte  MutteiMte  entsteht 

Diese  schädHicben  Verhältnisse  sind  nicht  bloss  an  sieb 
«ndaueY*nde,  sondern  potenziren  sich  noch '  graduell  in  dem 
Maasse  als  eine  stärkere  Zugkraft  ausgeöbt  wird. 

Zwar  suäi^  wir  her  der  Operation  den  Fehler  dadnrdi 
zu'  corrigtren,  dass  wir  mit  der  linken  Hand  durch  ein^ 
Querzug  die  Zsmgenaxe  wieder  die  Fdhrungslinie  des  Beckens 
hel*anzi«hen.  Aber  je  stärker  wh*  mit  der  linken  Hand  ziehen, 
desto  grössere  Kraft  muss  auch  die  linke  Hähd  auf  ckn 
Querzug  verwenden.  Dies  bedingt  ein  Gegeneinanderwirken 
der   rechten   und   linken   Hand,   bedingt   einen  *  Verlust   an 


iür  Oebnrtohfilfe  in  Berlin.  177 

Zugkraft,  mid  verleitet  wabrsciieinlicb  aacb  zu  einer  sUrkeren 
ZusammendräcküPg  des  Kopfes,  als  eben  nätzlich  ist  Indem 
ich  nao  Ober  die  Ursache  dieser  vers^ihiedenartigenZugvertheiluag 
auf  linke  und  reehte  Branche  nachdachte,  fand  ich  dieselbe 
darin,  dass  die  erste  Phalanx  des  Zeigefingers  um  etwa 
8  MiUiffi^tres  kürzer  ist  als  die  erste  Phalanx  des  Mittel^ 
fiogßrs.  Hierdurch  geschieht  es,  dass  der  Zug  unserer  Hand 
sich  vorzögUch  durch  den  Zeigefinger  auf  den  linken  Seiten- 
vorsprung  der  Zange  übertragt  Um  diesem  Uebelstande 
abzuhelfen,  habe  icb  den  Seitenvorsprung  an  der  rechten 
Branche  um  8  Millimetres  höher  construiren  lassen,  so  dass 
«ich  nun  beide  S^itenvorsprunge  den  anatomischen  Verhält- 
•issen  der  Hand  gut  adaptiren  und  beide  Zangenbranchen 
gieichmassig  angezogen  werden.  Da  nun  diese  ungleich- 
massige  Zugvertheilung  für  alle  die  oben  benannten  Zangen 
sieb  geltend  macht  (denn  wenn  auch  der  Fehler  nicht 
sichtbar  wird,  wie  an  der  Federzange,  so  ist  er  dodi  factisch 
vorband/^n),.  so  möchte  ich  mir  den  Vorschlag  erlauben, 
entweder  dass  man  an  Smep  den  rechten  Seitenvorsprung 
um  8  Millimetres  höher  hinaufsetze,  wie  ich  dies  in  der 
Zeichnung  dai^estellt  habe,  oder  dass  man  sich  für  solche 
Zangeo  des  Martin^schea  Operationsverfahrens  bediene.  Dieses 
Verfahren  besteht  bekanntlich  darin,  dass  der  Mittelfinger 
üb«-  das  Schloss  und  zwischen  die  Löfiel  gelegt  wird,  und 
dass  Zeige -^  und  Ringfinger  über  die  Seitenvorsprünge  geschlagen 
werdeil.  Da  die  ersten  Phalangen  des  Zeige-  und  Ringfingers 
oogeiahr  gleich  lang  sind,  so  ist  hierdurch  ebenfalls  eine 
gleiehinässige  Zugverlheilung  auf  die  beiden  Zangenbranchen 
gesichert 

llsisan  des  InstniiBeiits  für  die  differentieUe  Xndicationeiilehre 
betreflb  Zange  und  Kei^lialotluryptor. 

Das  Gesagte  bezog  sich  auf  die  Zangenoperation  als 
solche.  Gehen  wir  nun  zur  Behandlung  der  Frage  über,  ob 
sich  nicht  von  der  Federzange  ein  Nutzen  in  jenen  zweifel- 
haften Fällen  erwarten  lasse,  wo  es  sich  um  die  Goncurrenz 
zwisdien  Zange  und  Kephalothryptor  handelt 

Bei  dieser  Untersuchung  betrachten  wür  die  Zange  nicht 
als  Lage  veri>essemdes  Instrument,  sondern  nur  insofern  sie 
der  Extraction  dient',  der  Kephalothryptor  dagegen  in  seiner 

iC«M«Mebr.  t  0«bnrUk.  1861.  Bd.  XVII..  Hft.  8.  t^ 


178  XI.    yeriwiidlangen  clor  QesellsehAft 

Bigenschaft  alsVerkleinemngs-  and  Extradion^Instniiiienl,  und 
beide  InstrumeDte  in  ihrer  Anwendung  auf  den  Kopf,  sei  er 
vorliegend,  sd  er  nachfolgend  mit  oder  ohne  vorausgeschickte 
Wendung. ' 

Liest  man  die  Indieationen,  welche  die  LehrbUcher  für 
die  Verkleinerung  des  Kopfes  aufstellen ,  so  findet  man  eine 
Gruppe  von  Verhältnissen  beschrieben,  in  denen  die  Zangen- 
operation  als  sogenanntes  schonendes  Verfahren  der  Perfoipation 
vorausgeschickt  werden  soll.  Dies  schonende  Verfahre  wird 
von  Einigen  mit  Recht  in  allen  den  Fällen  ausgeschlossen, 
wo  'der  Tod  der  Frucht  festgestellt  ist,  denn  „wozu  sollte 
man  -die  Kindesleiche  auf  Kosten  der  lebenden  Mutter 
schonen?'*  —  Es  wird  ferner  von  Einigen  die  Zange  selbst 
bei  einem  lebenden  Kinde  in  dem  Falle  der  Verkürzung  des 
engsten  Beckendurchmessers  von  V^j^  bis  nahe  an  3"  aus- 
geschlossen, weil  sie  es  für  erspriesslicher  halten,  der  durch 
die  Einkeilung  lebensschwach  gewordenen  Frucht  mittels  des 
Perforatorii  den  Tod  zu  geben,  und  die  Mutter  schonend 
und  schnell  zu  entbinden,  als  nach  O^tancfer'schen  Mdxinm 
die  Frucht  mittels  der  Zange  in  den  tödtenden  Engpass  des 
Beckens  hineinzuzwängen  und  dabei  nocli  die  Mutter  der 
Gefahr  des  Todes  oder  der  Verkrfippelung  auszusetzen.  — 
Dagegen  bei  der  Verkürzung  des  engsten  Beckendurehmessers 
auf  3" — 3V2"  slmimen  wohl  die  mei^n  Lehrer  übereih,  dass 
die  Zange  derKopfVerkleinerung  vorausgeschickt  werden  soll. 
Und  sehen  wir  von  der  Lehre  ab,  so  stellt  es  sich  in  Praxi 
heraus,  dass  in  den  benannten  Grenzen  und  wohl  noch  (Ar 
etwas  grössere  Verkürzungen  selten  eine  Kindesverkleineniilg 
ohno  vorausgeschickte  Zangeuoperation  unternommen  wuxl. 

Da  nun  aber  auf  einen  vorliegenden  Fall  nicht  zu  gleicher 
-Zeit  zwei  so  verschiedenfach  wirkende  Instrumente  passen, 
können,  sondern  die  Operationsgebiete  beider  Instrumente 
objectiv  getrennt  sein  müssen ,  so  bleibt  es  eine  sehr  wichtige 
Aufgabe  unserer  Kunst,  eine  wissenschaftliche  Auseinander- 
haltung dieser  Gebiete  zu  erstreben. 

Die  Mittel,  deren  wir  uns  für  die  differentieüe  Indieationen- 
lehre  bedienen,  sind  folgende: 

Zuvörderst  die  Beckenmessung.  Es  ist  die«  unstreitig 
wohl  das  wichtigste  Mittel,  welches  uns  um  so  grössere  Dienste 


fllf  Oebartshaife  in  Berlin.  I79 

kistet,  als  wir  dasselbe  vor  und  bis  zu  einem  gewissen 
Dmfonge  auch  während  der  Gehurt  anwenden  können,  und 
als  wir  durch  dasselbe  zu  sehr  exacten  Resultaten  gelangen. 
Wegen  dieser  Nutzbariceit  des.  Mittels  wird  auch  auf  dasselbe 
m  Theorie  und  Praxis  sehr  grosses  Gewicht  gelegt.  Von  grossem 
Werthe  aber  ist  auch  die  Würdigung  aller  der  übrigen  Factoren, 
wdcbe  den  Geburtsmechanismus  bedingen.  Es  sind  dies :  von 
Seiim  der  Mutter  di^  Neigungsverhältnisse  des  Beckens, 
DamentUch  einzelner  Wände,  das  dynamische  und  mechanische 
Verbalten  der  Weichtheile;  —  von  Seiten  der  Frucht  die 
Einstelhmg  des  Kopfes,  die  Grösse,  Form  und  endlich  die 
Corapressibilität  desselben.  Was  diese  Factoren  anbetrififl, 
so  ist  thdls  ihre  Messung  sehr  schwierig,  wie  z.  B.  der 
NdgiiDgsverhSltnisse  der  Beckenwände,  theils  ist  es  oft  gar 
nicht  mögGeh,  dieselben  zu  messen,  wie  z.  B.  die  Grösse  des 
Kindskopfes,  theils  endlich  haben  wir  noch  gar  keinen  Maassstab 
filr  ihre  gradudlen  Verschiedenheiten,  z.  B.  für  das  Verhatten 
der  mütterlichen  Weichtheile  pder  für  die  CompressiMlkSt 
des  Kopfes,  ich  stelle  endlieh  nicht  an,  die  Zange  selbst 
ab  Mittel  zur  Entscheidung  zwischen  Zange  und  Kephalothryptor 
tu  betrachten.  Der  Operateur  soll  eben  aus  dem  Erfolge 
der  Tractionen  prognostisch  erkennen,  ob  es  ihm  gelingen 
werde  mittels  der  Zange  das  Geburtshinderniss  zu  über- 
winden, oder  ob  er  zum  Kephalothryptor  werde  schreiten 
müssen.  Mit  anderen  AVorten,  der  Operateur  soll  sich  der 
Zange  hier  nicht  als ''eines  Instrumentes  fTir  die  Extraction, 
sondern  als  eines  Messapparates  für  die  Grösse  des  Geburts- 
hindemisses  bedienen.^) 


1)  In  dieaem  Sinne  sollte  der  Operateur  das  Instrnment 
handhaben.  Leider  aber  nnterseheiden  unbesonnene  und  un- 
erfahrene Geburtshelfer  swischen  diesem  zwiefachen  Gebrauche 
der  Zange  nicht.  Anstatt  mit  der  Zange  gleichsam  an  soudiren, 
forciren  sie  von  vom  an  die  Operation  und  hierdurch  wird 
nnendlich  geschadet.  Hütten  wir  die  Zusammenstellung  der 
▼erstflmnilangen  und  TSdtnngen,  welche  durch  zu  lange  fort- 
fBetmUi  frvehttose  Zangeni^rsnehe  ▼ollbra^ht  worden  sind,  sie 
wflrde  das  dnnkelste  Bliitt  in  der  G^eschichle  ftratlieher  Verirrungen 
bilden.  ^.  J.  Schmitt  sagt  (Heidelberger  klin.  Annalen,  Bd.  I., 
pag.  67)  von  solchen  Entbindern:  ^dass  sie  in  einem  todten 
Keehanismns  befangen  sind,  das  gebärende  Weib  für  eine  Maschine 

12» 


180  XI.    VerhAndlungen  der  Oescdltchaft 

Vergleichen  wir  die  genannten  Mittel  naeb  dem  Werthe, 
den  die  Wissenschaft  auf  sie  legt,  so  ist  es  wohl  unbestrailbar, 
dass  die  Beckenmessung  als  das  vorzüglichste  gilt.  Auf  das 
fieckenmaass  werden  die  Indicationen  der  verschiedenen  Hälfen 
ganz  besonders  basirt,  und  es  giebt  Lehrbücher,  weiche  (fie 
Zahl  3V4"  als  einen  Grenzstein  der  verschiedenen  Operations^ 
gebiete  aufstellen,  so  dass  in  den  Beckenverkärzungen  von 
Sy/— 2Vs"  hauptsachlich  der  Kephalolhryptor,  dagegen  in 
den  Verkürzungen  von  SVV' — ^^W  vorzüglich  die  Zange 
angewendet  werden  soll,  naturlich  unter  gehöriger  Wurdigmig 
der  übrigen  Factoren.  Da  aber  diese  übrigen  Factoren  in 
Bezug  auf  die  Grösse  ihrer  hindernden  Potenz  nw*  der  ohn* 
gefahren  Schätzung  unterworfen  bleiben,  und  nach  ihren 
physikalischen  Eigenschaftien  durch  vieldeutige  Bezeichnungen 
geschildert  werden,  als  da  sind:  hart,  straff,  rigide,  weichi, 
schlaff,  dehnbar  u.  s.  w.,  so  prädominirt  das  Beckenmaass 
doch  ohnstreitig  in  dem  ihm  von  den  Lehrbüchern  beigelegten 
indicalivem  Werthe. 

Warum  wird  denn  aber  das  Beckenmaass  so  vorzüglich 
(ür  die  Indi'cation  benutzt?  Ist  es  denn  der  wichtigste  Factor 
in  der  Construirung  des  Geburtsbindeniisses?  oder  ist  denn 
das  Becken  derjenige  Factor,  auf  den  das  Heilverfahren  gans 
besonders  gerichtet  wird?  Beides  ist  gewiss  zu  verneinen. 
Denn  die  physikalischen  Verhältnisse  des  Kopfes  nnd  die  Art 
seineij;  Einstellung  sind  ebenso  wichtige  Potenzen  wie  das 
Becken.  Es  existiren  ja  Berichte  sehr  glaubwürdiger  Erzähler, 
dass  compressible  Köpfe  reifer  Kinder  selbst  noch  bei  2%'^ 
Beckenenge,  ohne  Schaden  zu  nehmen,  durch  die  Natur  zu 
Tage  gefördert  worden  sind,  es  ist  bekannt,  dass  dieselbe 
Frau  ein  lebendes  Kind  natürlidi  geboren  hat,  nadidem  sie 
in  einer  fHUieren  Geburt  durch  Kephalothrypsie  entbunden 
worden,  und  es  ist  endlich  bekannt,  dass  sehr  grosse  Köpfe 
oder   solche  mit  harten  Knochen   und   festen   Nähten,    oder* 


ansehen,  an  welcher  sie  im  Operiren  onr  mechanische  Vet>> 
baltnisse  sa  berücksichtigen  und  an  besiegen  haben,  and  dass 
sie  keinen  höheren  Zweck  des  Operirens  kennen,  als  das  An- 
fertigen der  Arbeit,  nnbekümmert  am  die  Schlachtopfer,  die 
n'nter  ihrQn  Hunden  fallen,    and   ohne  Ahüang  eines  würdigeren 


Itr  Oebnnshfilfe  in  Berlin.  Igj 

firiteb  do^ateyie  &$pfeBeft>st  üAter  oorntaldii  BeckenmÄassen 
da«  PerfbraMrioin  notbwendig  gemacht  haben. 

Wir  sehen  also«  der  Kopf  ist^ein  gaoz  ebenso  wichtiger 
Factor  wie  das  Becken.  Dabei  ist  überdies  der  Kopf  gerade 
daqenige  Gebilde,  auf  das  wir  unser  Heilverfahren  direct 
nebten,  denn  ifan  fonnen  und  /rerkleiaem  wir,  sei  es,  dass 
wir  ihn  durch  die  Zange  in  den  Beckenkanal  hineinziehen, 
sei  es,. dass  wir  ihn  durch  Trepan  und  Schraube  zertrömmem. 
Besdssen  wir  gar  ein  Mittel,  die  Grösse  und  Gompressibilitöt 
des  Kapfes  in  der  Geburt  zu  messen,  wekh  eine  wichtige 
Roile  würde  dieses  Mittel  in  der  Entscheidung  zwischen 
Operationen  spielen,  welche  die  Trennung  und  Reducirung 
des  Kopfes  auf  ein  geringeres  Volumen  zum  Zwecke  haben. 
S»  lange  wir  nun  aber  solche  Messungen  nicht  anstellen 
ktenen,  ist  d^ber  in  theoretischer  Beziehung  das  Becken  für 
die  Indicationsstellung  mit  .Recht  herrorgeliobeD,  eben  weil 
es  sich  messen  lässt  und  weil  seine  mechanische 
Influenz  durch  eine  klare  undeutbare  Zahl  fest- 
Kastellen  ist. 

In  Praxi  aber  macht  es  sich  doch  anders,  da  geniesst 
das  Becken  keine  so  pradominirende  Würdigung,  denn  ver* 
^acbt  nicht  jeder  Geburtshelfer  in  zweifelhstften  Fällen  erst 
seioe  ZaiM^e?  Natürlksb  wird  der  besonnene  Operateur  das 
Inslniment  reit  aller  Torsicht,  und  in  dem  Sinne,  wie  ich  es 
oben-  bezeichnet  habe,  anwenden,  nämlich  als  Sonde,  als 
M<»ssapparat  für  die  Grösse  des  Geburtshindemisses.  Ab^ 
gewiss  wird-  er  nicht  eher  den  Kopf  zertrümmern,  bis  er 
durch  Zangenversuche  die  Ueberzeugung  gewonnen  hat,  dass 
das  Geburtshinderniss  hier  ein  solches  sei,  welches  eben 
durch  die  Zange  picht  zu  besiegen  ist. 

Worauf  .aber  basirt  der  Operateur  diese  seme  Ud>er* 
zevgong?  Doch  eben  nur  auf  die  Dauer  der  Operation  uiid 
auf  das  gcdbs^ctive  Gefühl  der  auf  die  Operation  aufgewandten 
Kraft  Wenn  ich  nun  aber  oben  bewiesen  zu  haben  glaube, 
dass  .diese  Criterien  keine  ricbtigen  sind,  so  dürfte  sich  zu 
diesem  Zwecke  die  Federzange  als  ein  Apparat  empfehlen, 
der  üurch  dynamometrische  Messung  die  Gfösse  des  Geburts- 
hindemisses nach  seinem  graduellen  Werthe  bez^chnet. 


182  XI*   VerhandltiBgeii  d«r  Getelbchaft 

Lässl  sieb  dPDD  aber  das  GdHirtshindeniits,  dieses  m^ 
gestaltige  VerhältDiss,  welches  den  Terschiedenslen  Ursachen 
seine  Entstehung  verdankt  ^  als  ein  einheitliches  auflassen 
und  messen?  In  Bezug  auf  seine  Aeliologie,  in  Bezug  auf 
seine  Therapie  allerdings  nicht!  Aber  in  Bezug  auf  den 
mechanischen  Effect  und  in  Bezug  auf  die  mechanischeii 
Hülfen  ist  die  Frage  zu  bejahen!  Denn:  wenn  die^Natiir 
den  Kopf  durch  den  Geburtskanai  hindurchtreiben  oder  d^ 
Operateur  den  Kopf  hindurchziehen  will,  so  ist  die  Reibung 
zwischen  Kopf  und  Geburlskanal  der  mechanische  Ausdruck 
aller  der  Wirkungen,  welche  aus  dem  Kampfe  der  aus- 
treibenden (respective  der  ausziehenden)  Krifle  und  der 
Widerstandskräfte  entstehen. 

.  Diese  Reibung  kann  das  Resultat  der  verschiedensten 
mechanischen  und  dynamischen  Potenzen  sein,  als  da  sind: 
Entzündung  und  Krampf  des  Uterus,  Enge  der  Bex^ken- 
durchmesser,  Entzündung,  Krampf,  Straffheit,  TrockenhetI 
der  Scheide  und  äusseren  Geburtstheile,  falsche  Einstellung, 
Grösse,  Härte,  Geschwulst  des  Kopfes  u.  s.  w.  —  Doch 
welcher  besonderen  Art  auch  immer  diese  Verhiltnisse  in 
irgend  welchem  Falle  sein  qaögen  und  durch  welche  andere 
therapeutischen  und  operativen  Mittel  sie  zu  besiegen  wären^ 
ich  sage:  das  Resultat  aller  concurrirenden  Momente, 
der  letzte  mechanische  Ausdruck  dieser  Potenzen 
stellt  sich  für  die  Treibkraft  des  Uterus  und  für 
den  Zug  des  Extractions-Iustrumenles  dar  als 
Reibung  zwischen  Kindesko.pf  und  Geburlskanal. 

Wie  ist  diese  Reibung  zu  messen? 

Wenn  ein  Körper  wie  der  Kindeskopf  durch  einen  Hohl'- 
körper  wie  der  Geburtskanal  hjndurchbewegt  werden  soll,  ao 
wird  die  hierbei  staitHndende  Reibung  ausgedrückt:  durcli 
ein  Gewidit,  welches  gerade  hinreicht,  die  Durchbewegunf 
zu  bewirken,  d.  h.  durch  eine  Kraft,  welche  die  Reiliong  besiegt. 

Wenn,  wir  z.  B.  im  We^e  des  Experiments  bei  einer 
im  Kreissen  Verstorbenen  an  die  ungeborene  Frucht  ein 
Gewicht  von  30  Pfund  in  zweckmässiger  Weise  applieirtea, 
und  dieses  Gewickt,  welclies  durch  ein  allmäliges  Belasten 
aufzufinden  wäre,  reichte  gerade  hin,  die  Frucht  zu  Tage  zu 
fördern,   so   würde   im   vorliegenden  Falle   die  Reibung   oder 


nu  GeburUhaife  ia  Berlin.  I83 

das  Gebartahiiiderniw  =  30  Pfund  gewesen  sein^  Da  wur- 
oaD  autt  der  allmäligen  Belastung  die  dynamometrische  Messung 
aoweoden  können»  so  sind  wir  zu  dem  Schlüsse  berechtigt, 
die  Scala  an  der  Federzange  ist  nicht  bloss  ein 
Maa^sstab  für  die  auf  die  Operation  aufgewandte 
Kraft,  sondern  auch  für  die  Grösse  des  mechanischen 
Geburtsbindernisses. 

In  Fällen,  wo  die  Wehen  vollständig  fehlen  oder  wegen 
ihrer  Schwäche  =  0  zu  setzen  sind,  und  wo  uos  die  Ex- 
traction  gelingt,  da  wird  die  dynarooroetrische  Zahl  annähernd 
die  volle  Grösse  des  Geburtsbindernisses  ausdrücken.  Solche 
Beobachtungen  haben  ihren  grossen  physiologischen  Werlh 
und  können  unter  Feststellung  der  Kopf-  und  Beckenmaasse 
eine  Berechnung  der  Compressibilität  des  extrahirten  Kopfes 
gestatten. 

Wichüger  in  praxi  aber  sind  die  Fälle,  wo  uns,  mögen 
Wehen  stattfinden  oder  nicht,  die  Extraction  nicht  gelingt. 

Hier  wird  ^las  Geburtshindemiss  grösser  sein  als  die 
bereits  erreichte  dynaroometrische  Zahl.  Und  wie  oben  glaube 
ich  wieder  die  Hoffnung  aussprechen  zu  dürfen:  Es  werden 
«ich  durch  eine  Reihe  guter  Beobachtungen  Zahlen  heraus» 
stellen»  welche  einen  ähnlichen  Werth  für  die  differentielle 
lodicationenlehre,  wie  gewisse  Zahlen  der  fieckenengen  haben, 
Zahlen,  welche  ihre  Verwerthung  am  Besten  dann  finden 
werden,  wenn  man  sie  mit  allen  einzelnen  Facloren  des 
Gebttrtshindernisses  und.  mit  dem  Kräflezustande  der  Mutter 
und  der  Frucht  in  Beziehung  bringen  wird. 

Ich  selbst  will  es  vorläufig  nicht  wagen,  solche  Zahlen 
zu  bezeiebnen,  da  die  kleine  Reihe  von  Beobachtungen,  die 
ich  bisher  gemacht,  mir  dafür. nicht  ausrekshend  ist. 

Sei  es  oiir  gestattet,  meine  Herren  Collegen,  die  An* 
gdegeoheit  unter  Berufung  auf  die  Worte  eines  der  geschätztesten 
Lehrer  in  unserem  Fache  zu  empfehlen.  Seanzoni  sagt  (Lehr- 
bocfa  der  Geburtebülfe,  1852,  p.  866): 

.  ^Schwer  fUlt  es  oft,  ja  es  gebort  ein  gerechter  praktischer 
Taci,  eioe  richtig«  Schätzung  der  hei  den  Tractionen 
mit  der  Zange  angewandten  und  zulässigen  Kraft 
dazu  nm  das  gewählte  EntbindungsveHahreu  nicht  vorzeitig 
als   ein    anzureichendes  zu  verlassen,   oder  es  zum  Nachdifil 


Ig4  XI.    VerhaDdlnngen  der  Gesellschaft 

der  Htittcr*  allzulange  fortzusetzen.  Nicht  leicht  giebt  es 
eine  schwierigere  Aufgabe  für  den  praktischen  Geburtshelfer 
als  den  Zeitpunkt  richtig  zu  bestimmen,  wo  der  Gebrauch  der 
Zange  der  Anwendung  des  Perforatoriums  Platz'roachen  muss." 
Möge  das  Princip  der  Federzange  etwas  zur  Lösung  soldi 
wichtiger  Aufgabe^  beitragen. 

Erklärung   der  Zeichnung. 

Fig.  I.  Ansicht  der  Zange.  FF'  bewegliche  Theile  des 
Griffes,  rr  Fortsetzung  des  Löffels.  Ät  obere  Scala.  2;  2  untere 
Scala.  op  Index  für  die  .Maximaihöhe  des  Zuges,  der  in  dieser 
Position  10  Miilim^tres  anzeigt  z  Sperr-Riegel.  8  Knopf 
desselben,  y  Schlitz  im  beweglichen  Theile  des  Griffes,  in 
den  sich  der  Sperr *- Riegel  z  hmeinschiebt.  xx  Centimdtres- 
Maass  an  den  Löffeln. 

Fig.  IL  Durchschnitt  zeigt  den  inneren  Mechanismus  des 
Instruments.  Der  unbewegliche  stählerne  Theil  des  Griffes  TT 
ist  in  der  Gegend  von  u  bis  v  geschlitzt.  Tn  diesem  Schlitze 
liegt  oben  der  Messingwüffel  q,  welcher  nach  aussen  mit  dem 
Halbcylinder  F  nach  innen  mit  den  Messingschienen  mn 
festverbunden  ist.  Der  deutlicheren  Ansicht  wegen  sind  die^ 
Theile  etwas  auseinandergerückt  gezeichnet  In  natura  liegt 
mn  sowohl  als  F  fest  gegen  TT  an,  und  auf  diese  Weise 
gleitet  F  sicher  gegen  TT  auf  und  ab.  r  ist  ein  äbniicher 
Würfel  wie  q^  und  op  ^ine  Messingscfaiene  wie  m  n.  Nur 
ist  r  nicht  mit  F  verbunden,  r  gleitet  ebenfalls  in  dem 
Schütz  UV  und  bewegt  sich  dadurch,  dass  n  gegen  o  stösst 
Während  mn  durch  die  Spiralfeder  wieder  in  die  Höhe 
gehoben  wird,  bleibt  op  durch  Reibung  stehen  und  bildet  ^ 
den  Index  für  den  Maximalzug.  irto  an  Fig.  I.  ist  eine 
Messingschiene  wie  mn,  fest  verbunden  mit  dem  Halbcylinder  jF*'. 
Wenn  n  und  o  sich  berühren,  so  bildet  mnop  eine  ebenso 
lange  Schiene  wie  ww.  E  ist  der  Federträger  der  an  T 
fest  angeschraubt  ist. 

Fig.  III.  zeigt  wie  der  Halk;ylinder  F  sich  um  das 
Consol  E  lagert  und  um  dasselbe  sich  bewegen  kann.  Die 
Zeichnung  stellt  einen  Querdurcfaschnitt  des  Griffes  in  der 
Linie  gg'  der  Fig.  IL  dar.  T,  E  und  F  bedeuten  dasselbe 
wie  oben. 


I 


fBr  Geburtflliülf«  in  Berlin.  185 

Dieser  Vortrag  fand  in  der  Geselfschafl  vMen  BeifaD 
ond  verkannte  dieselbe  nicbt  den  Werüi,  den  eine  genauere 
Pormnlirung  der  auf  die  Zangenoperation  verwendeten  Kraft 
far  die  unschädliche  Anwendung  derselben,  sowie  auchr  für 
die  Indication  des  zu  erwählenden  Operationsverfahrens  mit 
sich  führen  mässe. 

Herr  Kavffmann  erklärte  sich  mit  der  verschiedenen 
Höhenstellung  der  beiden  Seitenvorsprünge  sehr  einverstanden, 
hielt  indess  die  theoretische  Begründung  dieser  Aenderung 
für  zu  minutiös,  da  die  Hehelkraft  bei  der  geringen  Länge 
des  einen  Hebelarms  unmöglich  einen  nachlheiligen  Einfluss 
auf  die  Wirkung  der  Löffel  ausüben  könne  und  eine  unbedeutende 
Schiefstellung  der  Hand  ohnehin  hinreiche,  die  Zugkraft  auf 
beide  Blätter  gleichmässig  wir|^en  zu  lassen,  doch  erkenne  er 
bereitwillig  die  grössere  Bequemlichkeit  dieser  Aenderung  an. 

Herr  Kristeller  entgegnet  hierauf: 

1)  dass  die  Differenz  an  den  beiden  Armen  sich  im  ersten 
Moment  der  Traction  mit  9  Pfund,  später  aber  in 
imn}er  steigendem  Haasse  ergebe,  und  dies  sei  weder 
wissenschafllich  noch  praktisch  rationell; 

2)  allerdings  corrigire  man  mit  der  linken  H^hd  die  falsche 
Wirkung  der  rechten,  aber  dadurch  gehe  ein  Theil  der 
Zugkraft  verloren,  weil  linke  und  rechte  Hand  in  sich 
kreuzenden' Linien  wirken; 

3)  werde  die  linke  Hand  zu  einem  Drucke  auf  das  Geburts- 
object  verleitet,  der  erspart  werden  könne. 

Herr  Martin  wandte  gegen  das  Instrument  ein,  dass 
es  durch  eindringende  Feuchtigkeit  und  Schleim  etc.  leicht 
kicorrect  werden  könne  und 

Herr  Mitscherliek  hiek  die  Federkraft  an.  mid  für  sich 
mski  Hör  so  uDveränderUch,  dass  nicht  das  Instrument' auch 
oime  störende  Eingriffe  schon  durch  hiossen  Gebraueb  seine 
ZoTerUssiglceit  einbösse*    Doch  entkräftete 

Herr  Kristdler  beide  letztgenannten  Einwendungen  durch 
die  eflifache  Weisung,  das  Instrument  vor  dem  jedesmaligen 
Gebraocbe  auf  seinen  richtigen  oder  unriditigen  Dynamometer* 
stand  (0)  tu  untersuchen  und  danach  etwaige  Abweichungen 
in  Rechnung  zu  bringen.     Uebrigens   sei  dies  Instrument  der 


lg($  XI.    Verh«ndinDg«n  d«r  Gonelbchaft 

ante  Entwarf  fär  die  AuflfOhruDg  seiner  Jdee  und  er  wnnscbe, 
dasB  der  Gebrauch  noch  zweckdienliche  Afiideningen  derselben 
ergeben  möge. 

Herr  Louia  Mayer  sprach  über 
Sarcoma  medulläre   des  Uterus   und  Rectum.    Ver- 
schluss des  letzteren.    Tod  durch  Ileus. 

Die  45  Jahre  alte  Madame  S,  geb.  Af.,  eine  Schwedin 
Ton  Geburt  und  in  ihrem  Yaterlande  bis  zum  37.  Jahre  an- 
sässig, hatte  gesunde  Eitern,  welche  im  hohen  Alter  starben. 
Sie  musste  in  ihrem  Leben  viel  Gemiithsbewegungen  erfahren, 
namentlich  Mitte  .  der  Dreissiger  in  Folge  einer  sich  ent- 
wickelnden Geisteskrankheit  ihrer  Schwester,  lebte  iihrigens 
in  günstigen,  äusseren  Verhältnissen. 

In  der  Kindheit  litt  sie  *an  einem  chronischen  Bessern 
beider  oberen  Extremitäten,  war  sonst  gesund.  Die  Periode 
trat  im  15.  Jahre  ohne  Beschwerden  ein,  war  regelmässig,  den 
28.  Tag  wiederkehrend,  aber  von  Anfang  an  ausserordentlich 
profus.  Sie  dauerte  8 — 10  Tage.  Ausser  einer  Pebris  inter- 
miltens  tertiana  wurde  sie  bis  zu  ihrer  Verheirathung  von 
einer  Unterlejbsentzündung  befallen,  in  den  letzten  Jahren 
vor  derselben  war  sie  gesund ;  verehelichte  sich  im  37.  Jahre 
und  ging  nach  Deutschland.  Seit  dieser  Zeit  litt  sie  an  heftigen 
bellenden  Hustenanfallen,  namentlicli  Herbst  und  Frühjahr  ohne 
Auswurf,  mit  Trockenheit  und  Kitzeln  im  Halse,  g^en  welchen 
ihr  im  38.  Lebensjahre  der  Gebrauch  kalter  Seebäder  verordnet 
wurde.  Sie  zog  sich  indessen  nach  den  ersten  Bädern  eine 
Lungenentzündung  zu,  die  sdinell  gehoben  wurde,  aber  eine 
körperliche  Schwäche  and  A^dfiagening  zur  Folge  hatte,  ohne 
dass  der  krampfhafte  bellende  Husten  einen  anderen  Charakter 
annahm.  Bald  danach  erkrankte  sie  an  einer  Unterleibs- 
entzüadong  mit  sehr  langsamer  Reconvakacenz,  in  welcher 
noch  begriffen  «e  in  ihrem  40.  Jahre  C^vida  worde.  Sie 
gd^ar  leicht  nach  regelmässiger  Schwangerschaft,  ein  aaa^ 
getragenes,  todtes  Kind.  Das  WocheBhelt  verlief  ohne  Stdning; 
die  Lochien  waren  regdmässig.  Den  12.  Tag  verliesa  m 
das  Bett.  Sechs  Wochen  nach  der  Entbindung  stellte  sich 
regelmässig  die  Periode  ein.  Einige  Monate  q>äter  eencipirte 
sie   wiederum,  abortirte  im  dritten  Monate,  und  lag-  darauf 


.mr  Gebnrtohmi»  in  B«rlia.  1^7 

meiirere  Wochen  an  einer  heftigen  Mefriiis  danieder,  worauf  tm 
gleoas,  und  bb  zum  44.  Jahre,  auMer  den- erwähnten  Husten- 
aoBllen  gesund  war.  Angeblich  durch  Erkältung  stellte  sich 
uro  diese  Zeit,  abermals  —  also  zum  vierten  Male  —  eine 
heftige  Entzündung  der  Unterleibsorgane  ein,  seit  .welcher 
sich  die  erheblichsten  Beschwerden  datirten.  Die  Periode 
teigte.  sich  nunmehr  dreiwfichenlUch,  war  noch  profuser  ^ils 
froher;  es  folgte  ihr  eine  übelriechende,  serös- eiterige  Ab- 
sandening,  die  alsbald  continuirlich  wurde  und  öfters  eme 
saoguinolenle  Beschaffenheit  annahm.  Der  Leib  wurde  beim 
Druck  in  den  Regionib.  iliac.  schmerzhaft;  es  fanden  sich 
wehenartige  Schmerzen  im  Leibe,  Kreuz  und  d^  Genitalien, 
lanzinirende,  mitten  durch  den  Leib  fahrende  Stiche,  und 
nahmen  letztere  mehr  und  mehr  zu.  Dabei  hatte  die  Kranke 
Aber  Schwindel,  Kopfschmerzen,  aufsteigende  Hitze,  Eiseskälte 
der  Extremitäten,  unruhigen  Schlaf,'  schlechten  Geschmack, 
trocken^  Zunge,  viden  Durst,  Herzklopfen  zu  klagen.  Der 
Appetit  war  gut; •  Stuhlgang  meist  diarrhoisch;  der  Uriu, 
welcher  beim  Husten  unwillkArlich  abfloss,  sedimentös,  häufig 
sandig. 

Als  ich  die  Kranke  kennen  lernte,  war  sie  sehr  sta^k 
und  von  blühender  Gesichtsfarbe;  der  Pols  gross  und  weich, 
massig  frequent,  die  Zunge  trocken,  aber  nicht  belegt;  die 
Hakschleimhaut  leicht  geröthet  -und  granulirt;  die  Uvula  ge* 
schwollen;  ihre  Bnistorgane  gesund;  der  Leib  stark  auf- 
getrieben, die  Bauchdecken  gespannt,  äusserst  fettreich,  durch 
dirselben  nichts  Abnormes  durchzufühlen;  die  Inguinaldrüsen 
bis  Erbsengrösse  geschwollen,  härtlich;  die  äusseren  Genitalien 
und  deren  Umgebung  stark  geröthet;  der  Introitus  vaginae 
weit;  die  Scheidenscbleimhaut  glatt,  mit  serösem  Secret  bedeckt; 
die  Vagioalportion  stand  schwer  beweglich  in  der  mittleren 
Beckeoapertur  und  in  der  Föhningslinie.  Die  Muttermunds- 
lippen  waren  owfangreich,  fühlten  sich  glatt,  aber  härtlich  an; 
das  Orfficiiim  rundUeh  nach  unten  und  wenig  nach  hinten 
gericblet.  Durch  das  Scheidenge wölbe  fühlte  man  eine  mi- 
regelmissige,  härtliche,  knollige  Geschwulsi,  die  den  hinteren 
Theil  des  kleinen  Beckens  ausfüllte  und  mit  denr  Uterus, 
dessen  vordere  Wandung  verdickt  war,  in  Zusammenhang  stand 
Der  Fondas  uteri  konnte  2—3  Zoll  oberhalb  des  Schambogen« 


f38  ^I-    ▼«rbAndlnng^en  der  Oesdllaehaft 

durch  die  Bauchdecken  hei  gleichzeilig  inneriieh  und  äusseriich 
angestellter  Untersudmng  constatirt  werden.  Die  Sonde  drang 
leicht  8  Zoll  tief  in  einer,  von  der  Pfibrtingslinie,  nach  vorn 
wenig  abweichenden  Richtung  in  das  Cavum  uteri  ohne 
Schmerzen  zu  erregen,  verursachte  indessen  eine  ziemlich 
starke  Blutung.  Im  Speculum  erschien  die  Sch^idensclileimhaut 
geröthet.  Die  Yaginalportion  Kvid,  schmutzig  röthlich,  aber 
glatt.  Der  untere  Theil  des  Rectum  war  von  normaler 
Beschaffenheit.  Etwa  vom  Anus  IV2  Zoll  entfernt  zeigte 
sich  sein  Lumen  durch  die  sich  hineinwölbende  Geschwulst, 
verengt.  Die  hintere  Wand  desselben  erschien  bSrtlich,  und 
Urat  allm&hlig  nach  oben  der  vorderen  näher,  so  dass  etwa 
8  Zoll  vom  Anus  sich  eine  trichterförmige  Strictur  ftind,  die 
den  Durchtritt  des  untei-suichenden  Fingers  nicht  gestattete. 

E&  wurden  der  Kranken  Bäder  mit  Pottasche  und  Mutter^ 
lauge  verordnet,  -innerlich  Jodeisen,  Krankenheiler  Georgen- 
quelle und  Jodkali  gegeben,  sowie  eine  Einr^tmg  einer 
Jodkali-Salbe  mit  Narcoticis  auf  den  Leib  gemacht;  ferner 
wiederholentlich  Blutegel  ad  perinaeum  applksirt.  AnfSnglich 
schien  dies  Heilverfahren  auf  das  Befinden  der  Kranken  einen 
wohlthätigea  Einfluss  auszuüben,  wie  auc^  die  Schmerzen  zu 
vermindern,  wenngleich  die  Geschwulst  tiefer  nach  unten 
zwischen  hinterer  Scheidenwand  und  Kreuzbein  herabwucbs" 
und  die  Strictura'  recti  enger  wurde. 

Etwa  vier  Wocfien  später  verschlimmerte  sich  der  Zu- 
stand. Die  Schmerzen  nahmen  zu  und  waren  namentlich  im 
Os  sacrum  sehr  heftig.  Strangurie  und  Tenesmus ,  Schlaf- 
losigkeit, Gardialgien  quälten  die  Kranke  fast  unausgesetzt. 
Der  Appetit  verlor  sich.  Kopfschmerzen,  Schwindel,  Be- 
ängstigungen, Stuhlverstopfungen  und  unregelmässige  profuse 
Metrorriiagien  steltteq  siich  ein.  Entleerungen  von  -Faeces 
konnten  nur  durch  die  stärksten  DrasUca  erzielt  werden  und 
waren  alsdann  dunnflössig  zuweilen  mit  federkielstarfcem  ge- 
formten Koth  und  grossen  Mengen  festen  glasigen  Schleims 
gemiseht  Bei  den  Untersuchungen  fand  sich  das  Rectum 
mehr  nach  oben  konisch  verengert,  die  Mutterniunddippen 
uicerirt.  * 

Die  Kranke  wurde  hinföllig,  konnte  das  Bett  nidit  mehr 
▼eriassen,    magerte   aber    nicht   merkIMi   ab.     Bei    kleinem 


für  Gebortohiilfe  in  Berlin.  1^9 

frequeMleiii  Pttlfr,  Auftreibiuigan  des  Leibes  ««tirteii  ziileUl 
die  SUihliiiisleeruiigeD  gäiulich  und.  waren  scbliessUch  durch 
kein  Mittel  herbeizuführen.  Versuche  die  Mastdarmstrictur 
durch  fiougies  zu  erweitern  missj^ückten  und  somit  starb 
die  Kranke  qualvoll  unter  den  Erscheinungen  des  Heus. 

Bei  der  Section,-  die '36  Stunden  nach  dem  Tode  an- 
gestellt wurde,  zeigte  die  sehr  fette  Leiche  iivide  Flecke  im 
Gesicht  und  auf  dem  Rücken.  Der  Leib  war  stark  auf* 
getrieben,  tympanitisch,  die  Leistendrüsen  bohnengross  ge- 
schwellt. In  den  Pleurasäcken  fand  sich  sanguinolentes  Fiuiduro; 
an  den  .Lungen  lobuläres  Emphysem.  Das  Herz  war  gesund. 
Die  Leber  überragte  den  Rippenbogen  um  IV2  Zoll,  war 
derbe,  brüchig,  auf  dem  Durchschnitte  dunkelroth,  fettig.  Die 
Gallenblase  apfi^lgross  mit  grünlich  schleimiger  Galle  gefüllt; 
Milz  vergrossert  mit  verdickter  KapseJ  und  brücliigem  Parenchym. 
b  den  Nieren  fand  sich  keine  auffallende  Veränderung.  Die 
Mesenterialdrusen  geschwellt  und  namentlich  an  den  unteren 
Dannpartieen  bis  zur  Grösse  einer  Wallnuss.  Auf  dem  Durch- 
schnitte von  gmugelblicher  Farbe  und  markiger  Beschaffenheit 
Der  Magen  wie  der  ganze  Darm  durch  Gase  ausgedehnt,  ent- 
hielten dünnes,  hellgelbes  kothig  riechendes  Cootentum.  Die 
Pflorushälfte  des  Magens  und  das  Duodenuqi  zeigten  eine 
schiefergraue  Färbung  un<)  sammetartige  Auflockerung  der 
Schleimhaut  Im  Ueum  fänden  sich  Pe^er'sche  Plaques  und 
Solitardrösen  geschwellt,  die  Schleimhaut  von  flockigem  Ausr 
sehen.  Im  Dickdarm  rundliche  oberflächliche  Erosionen  bei 
ausgedehnter  Hyperämie  und  Schwellung  der  Follikel  Im 
oberen  Dritttheil  des  Rectum  die  Schleimhaut  stark  geröthet 
Mehr  nach  unten  verlor  sich  das  Rectum  in  eine  daa  hintere 
kleine  Becken  vöUig  ausfällende  harte,  knollige  Geschwulst 
Das  Lmnen  desselben  verengte  sich  nach  unten  und  Uef  in 
eine  feine  Spitze  aus,  die  dadurch  entstand,  dass  die 
Wandungen  des  Rectum  sich  gleichmässig  nach  dersdben  hin 
venikkten,  ohne  dass  der  Darm  an  Umfang  zugenommen  hatte« 

Am  übersichtlichsten  wurde  dies,  —  wie  die  Gestaltung 
der  Geschwulst  überhaupt,  auf  einem  von  vom. nach  hinten 
durch  den  Uterus  und  den  Darm  geführten  Schnitt 

Die  erwähnte  nach  unten  zu  laufende  Spitze  entsprach 
einer  von  unten  nach,  oben  gerichteten,  breite  bei  Lebzeiten 


190  ^'-    VftriiaiiAQDgeii  der  Oesellucliaft  ate. 


%, 


constatirten,  beide  fnirden  durch  eine  etwa  P/t  Linien  lange 
Brücke  getrennt,  welche  durch  den  eng  aneinander  sdiltessenden 
Zusammentritt  der,  in  dieser  Gegend  am  meisten  —  und 
zwar  gegen  V^  Zoll,  yerdickten  Mastdarmwaodungen  entstand. 
Es  lag  somit  ein  völliger  Verschluss  des  Rectum  vor,  wenn* 
gleich  die  dicht  aneinanderliegenden  Wandungen  nicht  mit- 
einander verwachsen,  sondern  aneinander  gepresst  waren.  Die 
Schieimhautfalten  des  Mastdarmes  verstrichen  mehr  und  mehr 
nach  der  Yerschliessungsstelle  zu,  wobei  die  Innenfläche 
desselben  eine  hellere  Färbung  gewann  und  wellig  höckerig, 
nirgends  Substanzverluste  zefgte.  Die  degenerirten  Wandungen 
gingen  oben  wie  miten  allmdlig  in  die  gesunden  über,  *  von 
aussen  fülilten  sie  sich  hart  und  knollig  an,  zeigten  aber 
auch  hier  nirgends  Continuitatsstörungen  der  OberflSbhe.  Die 
vordere  Wandung  verlor  sich  in  einem  Tumor,  der  zwischen 
Uterus  und  Rectum  als  eine,  1 — ly^  breite  Verbindung  lag. 
Die  Darmwandung,  der  Uterusüb6rzug,  das  Peritonäum  und 
Zwischenzellgewebe  waren  in  diese  Geschwulst  völlig  auf- 
gegangen, wdche  ein  gelblichweisses  markiges  Ansehen  hatte 
und  beim  Druck  heUe  Plössigkeit  entleerte.  Der  Uterus,  welcher, 
wie  mitgetheilt,  betr&chtlich  vergrössert  gegen  4  ZoH  lang 
war,  hatte  von^der  Oberfläche  gesehen,  eine  wenig  prominirend 
knollige,  übrigens  von  seiner  birnenförmigen  Gestaltung  nicht 
abweichende  Form.  Sein  oberer  Bäuchfellfiberzug  war  schmutzig 
livid  gefUrbt  und  glatt;  die  Innenfläche  des  Cavum  uteri,  welches 
letztere  eine  Vergrösserung  nadi  allen  Richtungen  zeigte,  aa 
einzelnen  SteUen  der  Schleimhaut  entblösst,  wo  selbst  sich 
schmutzig' geflhrbte ,  seichte  Ulcerationen  fanden;  die  Mutter- 
mundslippen zeigten  im  Umfange  des  Orificinm  Ulcerationen, 
welche  den  innerhalb  der  Höhle  beschriebenen  glichen. 

Von  normalem  Uterusparenchym  war  Nichts  zu  finden, 
die  ganze  Substanz  vielmehr  von  markiger  Beschafieiriieit  und 
weisslichgelbem  Aussehen,  wie  die  übrigen  Theile  der  Neu- 
bildung. In  gleicher  Weise  wareu  die  Inguinaldrüsen  entartet, 
Tuben,  Ovarien  und  Blase  dagegen  frei. 

Mikroskopisch  fand  sich  die  GescUwulst  aus  nmdfidien 
geschwänzten  oder  unregelmässigen  Zdlen  mit  zarten  Membranen 
und  grossen  Kernen  zusammengesetzt  Zwisdien  diesen  lagen 
Bindegewebszüge,  ohne  Anordnung  zu  einem  alveolären  Gerüste. 


XII.    S€t9iu9,  Ueber  ein  im  Winter  1859^1860  etc.      191 

Dvcb  diesen  Vortrag  wurde  die  Frage  angeregt«  ob  der 
Krehs  des  Uterus  immer  zuerst  die  Vaginalportion  ergreife 
oder  auch  primär  den  Körper  der  Gebärmutter  befallen  könne. 

HeiT  Wegscheider  erinnerte  an  einen  schon  früher  in 
der  Gesellschafl  und  ausführlich  in  Cas^er's  Wochenschrift 
(1851,  No.  45)  nütgetheilten  Fall,  wo  dies  Verhältniss 
stattfand. 

Herr  Kauffmann  hatte  ebenfalls  eine  ältere  unverheirathete 
Dame  längere  Zeit  an  einem  fötiden  Ausfluss  aus  der  Gebär- 
mutter behandelt  und  bei  der  Untersuchung  eine  völlig  gesunde 
Vaginalportion  mit  jungfräulichem  Orificio  vorgefunden.  Der 
endliche  tödtliche  Ausgang  an  Carcinoma  uteri  bewies,  dass 
der  Anfang  des  Uebels  im  Körper  des  Uterus  stattgefunden  hatte. 

Herr  Langenbeck  hatte  einen  Fall  von  Fibroiden  des 
Uterus  beobachtet,  welche,  nachdem  erst  die  Mamma,  dann 
eine  Stelle  am  Kx>pfe  c^urdnoraatös  entartet  war,  ebenfalls 
krebaig  wurden  und  die  Entartung  erst  später  auf  die  Substans 
des  Uteras  übertrugen. 


XII. 

Veber  ein  im  Winter  1859—1860  beobachtetes 
puerperales  Erysipelas  phl^monodes. 

Von    * 

Professor  IL  Retzlas  in  Stockholm. 

Das  neue  Gebärhaus  wurde  im  Monat  Mai  1858  geöflbet 
Sedis  Monate  waren  noch  nicht  verflossen,  als  einige  FäHe 
.  von  Paerperalidiier  vorkamen,  doch  nicht  in  schneller  Reihen- 
folge. Mit  dem  Anfange  des  Jalures  1869  worden  indess  die 
Fälle  häufiger  ond  wuchsen  nach  ond  nach  heran  bis  zu 
40  Proc  von  der-Gesammtzahl  au^nommener  Kmdbetterinnen, 
flrit  einer  Mortalitfit  von  16  Proc.  In  den  Sommermonaten 
veAesserte  sieh  der  Gesundheitszustand  in  der  Anstalt,  so 
dass    nur    3    Proc.    vod  '  den    aufgenommenen   Gebärenden 


192        ^il-    Betsiug^  Ueber  ein  im  Winter  1869— 1860 

erkrankten  luaul  von  diesen  starben  6,62  Proc,  Hit  den  kalten 
Monaten  November  und  December  steigerte  sieb  wieder  der 
Krankheitszustand  bis  auf  37  Proc^  während  indeas  die 
Mortalität  sich  an  die  niedrigen  Ziffern  von  6,9  Proc.  hielt 
im  Anfange  des  folgenden  Jahres  »1860  war  die  Witterung 
sehr  mild,  die  Kälte  unbedeutend  und  wenig  Schnee  fiel.  Die 
Gebäranstalt  war  schon  am  Anfange  des  neuen  Jahres  ungemein 
viel  angesprochen,  so  dass  die  Zahl  der  angemeldeten  Weiber 
grösser  war,  als  nach  der  Einrichtung  bestimmt  und  nach 
den  Materialvorräthen  berechnet  war.  Dieser  Zulauf  nahm  mit 
jedem  Tage  zu  und  dies  in  dem  Grade,  dass  weder  die 
Zimmer  noch  das  Bettzeug  in  gehöriger  Weise  konnten  gelüftet 
werden.  Die  Folgen  dieses  Gmstandes  zeigten  sich  bald  in 
dem  Erscheinen  von  rosenarfigcn  InÜammationen,  obgleich 
weder  solche  noch  andere  hiermit  in  Verwandtschaft  stehende 
Krankhettsformen  während  der  Zeit  in  der  Stadt  vorkamen, 
oder  gar,  dass  die  vorherrschende  Constitutio  epidemica  dazu 
hinneigte.  An  den  zwei  letzten  Tagen  d^s  Monats  Februar 
und  zu  Anfang  des  Monats  März  zeigten  sich  unter  den 
Wöchnerinnen  mehrere  Fälle  von  Erysipelas  pblegmonodes 
an  den  oberen  so  wie  an  den  unteren  Gliedmaassen.  Das 
Symptomatologische  der  Krankheit  war  folgendes:  Zu  Anfang 
fand  sich  ein  hefUger  Schuttelfrost  ein;  das  nachfolgende 
Fieber  zeigte  keine  Neigung  zum  Hervorrufen  des  Schweisses. 
Die  Kranken  kls^ten  über  heftige  Schmefzen  im  ganzen  Körper. 
Der  Unterleib  war  wenig  empfindlich  und  gar  nicht  auf- 
geschwollen. Die  Kräfte  lagen  tief  darnieder.  Der  Puls'  war 
weich  und  beschleunigt  Ueber  die  ganze  Körperfläche  war 
die  Empfindlichkeit  so  gesteigert,  dass  die  leiseste  Berührung 
Schmerzen  hervorbrachte,  ja  sogar,  dass  die  Schwere  der 
tuchenen  Bettdecken  und  des  Betttuches. nicht  ertragen  wurde. 
Die  Kranken  konnten  nur  mit  Jusserster  Noih  die  Ajrme  uq4 
Beine  bewegen.  Die  Zunge,  anfangs  bel<^i,  wurde  bald 
roth,  trocken  und  glänzend.  Der  Durst  sehr  gross.  Wenig» 
Stunden  nach  dem  Eintreten  des  Schüttelfrostes  zeigten  sich 
an  den.  Extremitäten,  umschriebene  hochcothe  harte  An- 
schwellungen über  das  ganze  Glied  und  gleichzeitig  trat  eine 
Diarrhoe  ein.  Nachdem  die  erysipelatös-ph)egmonösen  An* 
Schwellungen   IQ  bis   12  Stunden'  angedauert  hatten,   ward 


beobaehtetes  paerpeimlet  SryaipeUs  phle^moaodes.       19$ 

ihre  rolhe  Fariie  ganz  dankd  und  Haulbrand  trat  ein.  Die 
affieirten  ExtremltSten  wurden  kalt,  teigig  und  gefühllos;  di« 
Sehmerzen  hörten  auf;  der  Puls  wurde  mit  jedem  Augenblicke 
schwaeher  und  konnte  mehrere  Stunden  vor  dem  Tode  nicht 
gefühlt  werden.  Sopor  trat  ein,  unter  welchem  die  Kranken 
Terschieden. 

Während  des  ganzen  Verlaufs  der  Krankheit  war  die 
Lochialsecretion  stinkend  und' so  ätzend,  dass  die  Schleimhaut 
der  Hulterscheide  und  der  äusseren  Geburtstheile  excoriirt 
wurde,  ohne  aber  brandig  zu  werden.  Bei  Einigen  sah  man 
MOch  in  den  Brösten. « 

Weder  eine  individuelle  Körperconstitution  oder  eine 
foriiergehende  Kränkhchkeil  oder  gar  gegenwärtige- Schwäche 
noch  eine  längere  Dauer  der  Geburtsarbeit  zeigten  den  ge- 
TJngslen  Eiiifluss  auf  die  Geneigtheit  zu  dieser  Krankheit 

Bis  zu  Ende  März  kamen  die  ErkrankungsßUe  nur  im 
unteren  Stocke  vor,  und  zwar  in  den  Zimmern,  welche  zum 
Unterrichte  der  Hebammen  angewiesen  sind.  Keine  Wöchnerin, 
die  in  ihrem  Zimmer  allein  lag,  mit  einem  Räume  ton 
2000  Cubikfttss  wurde  von  der  Krankheit  ergriffen.  In  die 
gemeinschafUichen  Säle,  die  eigentlich  nur  ffir  drei  Personen 
bestimmt  sind,  mit  einem  Räume  von  1150  Cubikfuss  filr  jede 
Person,  war  man  zufolge  des  Zudranges  genöthigt,  vier  Personen 
zu  legen  ^  wodurch  der  fireie  Raum  beschränkt  ward  und 
806  Cubikfuss  nicht  Aberstieg.  Eine  solche  Beschränkung, 
wenn  auch  während  einer  kurzen  Zeit,  vielleicht  unschädlich, 
wird  «doch  in  der  Länge  nicht  so  ertragen,  vorausgesetzt 
auch,  dass  dabei  eine  voUständige  Ventilation  ununterbrochen 
fortgesetzt  mrd.  In  Folge  dieser  Deberzeugung  und  weil  seit 
geraumer  Zeit  cEe  Bettai,  das  Bettzeug  und  die  wollenen 
Decken  fortwährend  in  Gebrauch  waren,  ohne  gelflftet  oder 
retfigemacfat  zu  sein,  die  Zimmeriböden  der  Scheuerung  be« 
darflen  etc.,  sah  ich  mich  genöthigt,  diese  Abtheihmg  der 
Gebäranstall  ausräumen  zu  lassen  und  andere  Zimmer  (Ür 
den  praktischen  Hebammenunterricht  anzuweisen.  In  letzt- 
genannten Localen  kam  dann  kein  KrankheitsfeU  von  er- 
wälmter  Beschaffenheit  vor,  wohl  aber  mitunter  einige  Fälle 
von  gewöhnlicher  Peritonäalform,  die  Indessen  beim  Gebrauch 
unserer   alkalisirenden  Hetliode  und  Darreichen  von  Morphin 

Moa«t«Mbr.f.GebQrUk.    1861.   Bd.  XVII..  Hfl. 8.  tB 


194         XII.    Ret9iw,  üeb«r  ©in  im  Winter  IÖ69-*1860 

in  Verbindung  mit  ableitenden  Scbröpfköpfen  und  AnwendMiig 
von  Wasserumschlägen,  alle  glucklieb  endeten. 

Ich  öberliess  mich  jetzt  der  frohen  Hoffnung,  den  bösen 
Gast  los  zu  sein;  es  war  aber  leider  nur  eine  kurze  Frist 
eingetreten,  denn  am  24.  April  zeigte  sich  in  der  anderen 
Abtheilung,  die  nur  für  den  ärztlichen  Unterricht  bestimm.t  ist 
und  die  bisher  verschont  gewesen  war,  ej»  Krankbeitsrall. 
Nach  24  Stunden  kam  wieder  -ein  Fall  und  so  kurz  darauf 
noch  zwei  andere,  alle  von  einem  und  demselben  Charakter 
Pdit  der  oben  beschriebenen  Urankheit 

Zufolge  einer  streng  durchgefOhc^en  Absperrung  wurde 
die  fernere  Ausbreitung  der  Epidemie  veitütet.  Doch  wären 
diese  Mittel  wahrscheinlich  unzulänglich  gewesen,  wem»  nicht 
zum  grossen  Glück  der  starke  Zudrang  zu  der  Anstalt  zur 
seihen  Zeit  plötzlich  abgenommen  hätte,  wodurch  es  möglich 
wurde,  eine  gründliche  Reinigung  der  Zimmer  und  der  ganzen 
Materialien  vorzunehmen*  Die  Kranken  wurden  auf  folgende 
Art  behandelt  Ein  Brechmittel  wurde  bald  nach  dem  Frost- 
anfaUe  gegeben,  ehe  noch  die  Zunge  eine  trockene  und 
glänzende  Beschaffenheit  angenommen  hatte.  Darauf  sebritit 
man  zum  Gebrauch  von  Chinin,  Mineralsäuren  und  Campher. 
Um  den  Durchfall  zu  beschranken,  wurden  Klystiere  von 
Stärke  und  Opium  verabreicht  und  die  .Schmerzen  mit 
Dower*s  Pulver  beschwichtigt.  Um  die  angegriffenen  Körper-: 
theUe  wurden  Umschläge  von  SpiriL  Camphor.  gemacbi, 
dann  und  wann  auch  Bestreichungen  mit  Tinct  Martis  ver- 
sucht Nachdem  diese  Bdandlungsmethode  eine  hiulsffigKcbe 
Zeit  ohne  glückliche  Erfolge  fortgesetzt  war,  sdiritt  ich  zu^i 
Gebrauche  von  Extract  Aconiti  und  Jodkalium,  wobei  doch 
die  UmsclUäge  von  Camphfirspiritus  beibehalten  wurden.  In 
drei  Fällen  zeigte  diese  Behandlung  gute  Folge,  indem  die 
phlegmonösen  Infarcte  eertheilt  wurden,  kein  Brand  zum 
Vorscbeia  kam  und  die  Kranken  genaseo.  In  einem  vierten 
Falle  kam  es  allerdings  zur  Zertheilung  der  rosenartig^n 
Anschwellung,  der  Brand  blieb  aus,  die  Kranke  aber  verschied 
unter  Erscheinungen  eines  ausgebildeten  Typhus. 

Während  des  Aufenthalts  der  Kinder  im  Gebärhause 
kam  unter  ihnen  kein  einziger  Fall  von  Rose  vor,  was  meia^ 
Aufmerksamkeit  um   so  viel  mehr  erregte,   als  . gewöhnlicher 


bftobmchtetes  paerperales  £!ryBip«la8  phlegmoaodes.       195 

Weiat,  wenn  PeerperaUieber  aUda  herrschen,  Rothlauf  unter 
den  NeugdBorenen  sehr  häufig  vorkommt.  Es  ist  mir  aber 
spater  mitgeibetit  worden,  dass  mehrere  Fälle  ?on  bösartigem 
Rodiläuf /Unter  den  Kindern,  deren  Mütter  an  der  erwähnten 
Krankheit  starben,  sicb^  zeigten,  nachdem  diese  in's  Findel- 
baus  gebracht  waren. 

Die  LeichenöfiTnungen,  gewöhnlich  24  Stunden  nach  dem 
Tode  gemacht,  erwiesen  Folgendes: 

In  der  Bauchhöhle  fand  man  nur  zwei  Mal  kleine  Mengen 

einer    graugelben    dünnen    sero-purulenten  Flüssigkeit.     Die 

Eingeweide    waren   weder   unter   sich   agglutinirt,    noch   mit 

plastischen  Membranen    bedeckt.     Das  Peritonäum  parietale 

und    viscerale    zeigte    hier    und    da    kleine    umschriebene 

aborescH^nde  GefSsshijectionen.    Der  Dünndarm  von  Luft  er- 

WMtert;    dessen    innere  Wand    mit  einem   graugelben   zähen 

Schleime  bedeckt     Unter    der  Schleimhaut  des  Dickdarmes 

sab   man   in   drei  Fällen   kleine    submucöse   Blutextravasate. 

.  In  den    meisten  Fällen   fand  man  dünnflüssige,   gelbe  Fäcal- 

massen  im  Colon.    Eine  croupöse  Darmbekleidung,  wie  Roser 

m  den    Dickdärmen  von  Personen,   die   an  einem  Rothlaufe 

von   pyamiscliem  Ursprünge  gestorben  waren,   gefunden  hat, 

ww  nielk  ni  keobacblen.     Die  Gebärmiitter  epschien  gross 

•od   sobiftir;  ihre  innere  Fläche  nil  einer  ddnnen  Schicht 

VMi    einer    gelbes    rothstreifigen    und    eüengen    stinkenden 

Ftdeagfeeit  bedeckt,    die  mit  Blolklnmpen   untermischt  war. 

Naeb   dem  Abwaschei  der  Jauchigen  FMseigkeit  waren   die 

Wände    aechgrau.    Das  Parendarm  der  Gebärmutter  war  auf 

fie  Tiefe  ron  2  Linien  von  der  Innenfläche,  pulpös  aufgelockert, 

mii  idaffeoden  erweifterten  GefäMmündongen.   Das  Herz  schlaff 

«Mi  Maas.  DasEnddcardMmpurpttrroth.  Die  redite  Herzkammer 

ealkielt  ein  grösseres,  die  linke  ein  kleineres  Blutcoaguluni. 

Staute    Blttlhypostase  mit  Oedera   der  Lmigen.     Die  Leber 

aaainiach,   zosammengedröckt  und  märbe.    Die  Milz  grösser 

ab  im  NonDalzustaDde  und  aufgelockert    Die  Nieren  schlaff 

oad  blaaa  mit  violett  gefärbten  Pyramiden.    Beim  Einschneiden 

in  die    kranken  ExtrenitäleQ  floss  viel  röthliches  Serum  aus 

dem  iofiltrirteD  Zellgewdie,*das  übrigens  nur  sehr  wenig  von 

dem  Brande  der  Haat  angegriffen  war.    Die  Muekeln  bis  zur 

Näie    der    Knocken  wluren  dnrchaas   breiig  erweicht,   ohne 

13* 


196      XII.    BtttiM,  Ueber  ein  im  WtnUr  1869— ISeO  etc. 

Verfettung.  In  den  Blutgefässen  wurden  keine  Pfropfen  ge* 
funden.  Die  Venenwände  zeigten  keine  entzändijchen  Ver- 
änderungen und  Eiter  war  weder  in  dem  Venenrohr  noch  in 
deren  nächster  «Umgebung  zu  Onden.  Nur  in  der  Vena 
spermatica  fand  man  purulente  Anhäufungen. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  des  Blutes,  aus  der 
Vena  iliaca  und  subclavia  geholt,  erwies  farblose  Körperchen 
in  ungewöhnlich  grosser  Menge,  Gruppen  von  farbigen  Blut- 
körperchen, die  durch  Wasser  schnell  entfernt  wurden, 
Epilhelialzellen,  vielkömige  Zellen  und  Fettkügelchen. 

Leider  wurde  die  Untersuchung  des  Rückenmarkes  nicht 
vorgenommen* 

Kiwiech  v.  Rotterau  hat  in  seinen  Bemerkungen  über 
die  Krankheiten  der  Wöchnerinnen,  Prag  1840,  p.  243  unter 
Benennung  „  Metastatische  Zellgewebs-  und  HuskelinOammation '' 
einen  Fall  angeführt,  der  in  vielen  Verhältnissen  Aehnlichkeit 
hat  mit  den  Obenerwähnten.  Hier  kam  die  ei7sipelatö3e 
Anschwellung  nur  am  rechten  Arme  vor  und  kein  Hautbrand 
kam  zum  Vorschein.  In  dem  linken  Arme  hatten  sich  be- 
deutende Eiterheerde  gebildet 

Wenn  man  genau  die  Syroptomengruppe  der  vorerwähnten 
Krankheit  und  die  Obductionserscheinungen  vergleicht,  so 
scheint  es  sehr  zweifelhaft,  ob  die  Krankheit  eine  Septicoämie 
oder  Pyämie  gewesen  ist  Eratere  gebt  nämlich  gemdniglich 
ihre  Bahn  durch  ohne  Localisation.  Der  Charakter  der  letzteren 
aber  spricht  sich  aus  in  einer  Tendenz  zu  localen  Eiter« 
bildungen.  Hier  war  allerdings  ein  deutliches  Streben  der 
zymotischen  Blutkrankheiten  zur  Localisation  aber  ohne  Eiter^ 
bildung;  denn  als  solche  kann  man  doch  nicht  die  Gegen wtft 
von  Eiter  in  der  Gebärmutterhohle  und  in  dem  spermatischen 
Venengeflechte  beobachten,  weil  diese  doch  eine  directe  Folge 
der  Schmelzung  von  Blutgerinnseln  und  Placentaresten  etc. 
war  und  deren  Verwandlung  ui  Eiter,  der  nachher  in  die 
erwähnten  Venengeflechte  übergeführt  war.  Ich  glaube  daher« 
dass  es  richtiger  sei,  die  von  mir  beschriebene  Krankheit 
nach  Angabe  Virchow's  Septico*  Pyämie  zu  nennen  und  dem 
pyämischen  Processe  einen  septischen  Charakter  beizulegen, 
Sttfolge  der  ichorösen  Beschaflenheit  der  lochialen  Absonderungen« 


Xm.  SpSndU,  Ueber  Perforation  a.  Kephalothrypsio.      ^97 

Es  {st  sebr  wahrscheialich,  dass  die  Huskekrweichung  cfia 
Aosgaog  gewesen  sei  einer  Inflamination  der  Muskelfäserb. 
leb  babe  zwei  Hai  vorher  eine  solche  Halacie  in  den  innereb 
Dambeinrouskehi  beobachtet,  nach  langwieriger  und  schwerer 
Geburtsarbeit  in  Folge  von  Schieflagen  der  Kinder  und  Druck 
des  Kindeskopfes  auf  einen  dieser  Musk«ln.  In  Betreff  der 
sero-sangoinolenten  Infiltration  des  subcutanen  Zellgewebes, 
Usst  sich  diese  Erscheinung  durch  eine  vergrösserte  Porosität 
und  Permeabilität  der  Gefisswünde,  in  Folge  der  Stauungeü 
des  kranken  Blutes,  leicht  erklären.  Ohne  Zweifel  wirkte 
das  septische  Blut  entkräftend,  ja  lähmend  auf  das  Herz  eui. 


xm. 

Ueber  Perforation  und  Eephalothrypsie. 
Zweite  Abtheilung. 

Von 

Dr.  Spöndll, 

PriyatdoceDt  in  Zürich. 

Seit  den  Beobachtungen  über  die  in  Bede  stehende 
Operatioosmethode,  welche  ich  im  Maihefle  1860  mitzutheileh 
die  Ehre  hatte «  ward  mir  das  Gläck,  ich  möchte  eher  sagen, 
Unglück  zu  Theil,  erstere  in  dem  Grade  vervielfältigen  zu 
können,  dass  ich  nicht  umhin  kann,  nochmals  auf  dieses 
Thema  zurückzukommen.  Denn  kann  auch  nicht  geläugnet 
werden,  dass  in-  der  zvi^eckmässigen  Combination  beider  Yer^ 
fabrnngsweisen  das  beste  Auskunftsmittel  für  schwierige  Fälfe 
m  ÜBiden  die  meisten  deutschen  Geburtdielfer  schon  seit 
längerer  Zeit  übereingekommen  seien,  so  ist  doch  nicht  zu 
beslretten,  dass  es  noch  der  Punkte  genug  gäbe,  über  welche 
NcifiQiigsversdiiedenheiten  obwalten  und  wo  bloss  die  Erfahrung, 
bloss  das  Material  den.  richtigen  Weg  zu  zeigen  im  Slande  ist 
Ob  Kaiserschnitt  oder  Kqphalotlirypsie,  ob  Zange  oder  Kopf- 
zertrommerting,  ob  manuelle  oder  instrumentale  und  welche 
Bztraeftion?    Das  sind  Fragen,  die  gewiss  nicbt  aprioristisdi 


198     XUI.   8fS»dU,  üeb«r  Perforation  a.  Kophatotaryptn. 

rieh  beantworten  lassen,  sondern  otir  aUodfiig  durch  die 
Statistik  aufgekljtet  werden  können.  Wenn  es  nun  schuft  bei 
leichteren  und  längst  bekminten  Operationen,  wie-^Zang«, 
Wendung  und  ExlractiMi  des  «nteren  Rümpfendes  schwer 
blit,  aUgemetn  göltige  Prinoipien  au  Tereinbaren,  welchen 
folgend  die  Indioationenlehre  auf  in  die  Asgen  springende 
Weise  festgestellt  werden  könnte,  so  ist  bei  den  Fallen,  ron 
denen  wir  sprechen,  dies  geradezu  eine  UnraögUchkeit  lu 
nennen.  Jeder  Fall  bildet  gewissermaassen  ein  abgescblossenee 
Ganzes,  ein  Bild,  welches  in  verschiedenen  und  oft  wesent- 
lichen Punkten  von  allen  übrigen  Bildern  differkt,  ODgefthr 
so,  wie  eine  menschliche  Physiognomie  zwar  immer  ähnliche, 
aber  nie  eine  ganz  gleiche  finden  wird.  Dies  ist  der  eine 
Grund,  warum  ich  die  VeröffeTillichung  vieler  Facta  för 
wunschenswerth  halte;  es  giebt  aber  noch  einen  zweiten, 
ebenso  triftigen,  darin  liegend,  dass  die  noch  nicht  völlig 
zum  Schweigen  gebrachten  Angriffe  auf  den  Kephalotbryptor 
am  allerbesten  durch  Facta  zu  widerlegen  sind.  So  z.  R 
hat  Simpson  in  der  „Medieal  times*'  den  Versuch  gemacht, 
an  die  Stelle  unseres  Instrumentes  neuerdings  ein  anderes 
zu  substituiren,  wekhem  er  den  Namen  „Cranioolast*'  beilegt 
Ich  hege  eine  gi*osse  Verehrung  vor  Simpson,  denn  er  ist 
unstreitig  auf  unserem  Gebiete  die  geistreichste  und  wirksamste 
Persönlichkeit  in  Englainl  oder  vielmehr  in  Sdiottland.  Er 
huldigt  unbedingt  dem  Fortschritte  in  einer  Wissenschaft, 
wdche  leider  in  Groasbritannien  nicht  za  den  vorgeschrittensten 
gehört,  —  aber  dies  Mal  will  es  mir  scheincD,  habe  Meister 
Simpson^  ohne  es  zo  wissen,  dem  obsCetricischen  Geiste 
seines  Volkes  eine  Conceasion  gemacht;  denn  genau  betrachtet 
ist  der  Craniodast  doch  nichts  anderes  als  eine  modificirte 
Knochenpincette  und  unterscheidet  sich  von  den  längst  be* 
kannten  Instrumenten  letzteren  Charakters  nur  dadurch,  da« 
er  radikaler  und  schneUer  zu  wiriien  besthnmt  ist  und  dass 
er  die  Schädelknochen  weniger  ab«  als  durchbrechen  sciL 
Ich  Win  nicht  untersuchen,  oh  die  Anwendung  dieses  neuen 
Instrumentes  m  der  That  leichter  sei,  als  die  des  KephaiXK 
thryptors,  es  mag  dies-  bei  Simpson,  der  mit  dem  Eop^ 
sertrummerer  nidit  besonders  vertraut  zu  sein  schenit,  ve 
desseu    ausgezeichneter   operativer  Fertigkeit  der  Fall. 


Xllf.   J9p9ndli,  Uaber  Pcpforbtioii  u.  KepbflloibryiwU.      199 

9m  IMDiiiig  aber  glaube  ich  -beaeimmi  aussprachen  in  dttarfen, 

dass  bei   dem  grossen  Durchschnitte  continentaler  und  nicht 

eoatinenlaler   Geburtshelfer    eine    solche    Operationamethode 

bnM  ttor  eben  so  fiel,  awadem  ungleich  mehr  Unglück  atiften 

wflrde,  als  die  Kephalothrypsie.     Ich  stötze  meine  Ansieht 

aimlidi  darauf,  dase  eine  gewisse  Rohheit  bei  der  Anhand* 

nähme  des  Craniociaals  nuTerroeidKch  ist  und  es  ffir  dieselbe 

mt  weniger  Technik  erfordert,  als  für  die  Kopdertrömmerung. 

Nim   aber  ist  jede  neue  Methode,   und  wftre  sie  nodi  so 

rsdikal,    sobald   sie  der  Gewalt   und  Rohheit  bei  einseinen 

Facbgenoaaen  Vorschub  leistet,  in  meinen  Aqgen  kein  F<Hrt- 

schritt    Niemand  wird  bestreiten  wollen,  dass  der  Cranioelast 

itt  zerstören  im  Stande  sei;  aber  etwas  anderes  ist  die  Frage, 

ob  nicht  die  Möglichkeit   gegeben  sei,  anderes,  die  mütteiw 

liehen  Theile  nämlich,  gleichseitig  zu  zerstören?    Simpsofi 

gebt  zwar  sehr  leicht  über  die  Differenz  zfrischen  Craniodasm 

ond  Kephalothrypsie  hin;  er  sagt:  „It  is,  perhaps,  needless 

to  contrast  it  witb  cephalolripsy,   an  Operation  which  seems 

(0  have   few   or  no  avocates  in  this  conntry/'    Ais   ob  es 

gerade    dämm,   weil  die   Kephalothrypsie  in  England   wenig 

Anhänger  zählt,  nicht  doppelt  nöthig  wäre,   seine  Landslente 

auf  deren  Vorzöge  recht  aufmerksam  zu  machen?   Aber,  fährt 

Simpson  fort:  „Let  me  merely  remark  in  passing,  that  the 

Operation  of  cramoclasni  requires  no  such  formidable  machinery, 

as  the  Operation  of  cephalothrypsy."    Nun  frage  ich,  was  ist 

sdireeklicher,    eine  Knocbenzange,   die   mit   einigen   Bissen, 

wie  der  Rachen  eines  Alligators,  einen  ganzen  Schädel  durchs 

bricht   und  ans  den  Fugen  hebt,*  oder  eine  Kopfeange,   die 

auf  leicht  zu  berechnende  und  auszuführende  Weise  den  Kopf 

eomprifdirt  und  in  vielen  Fällen   auch  extraUrt?    Dass  aber 

/flVmpaofi  in  der  That  mit  der  Anwendung  des  K^balothryptors 

tm  SpecieUen  nteht  bekannt  sei,  geht  aus  der  längst  beseitigten 

AnnabiDe  hervor,  dass  man  bei  der  Einführung,  Compression 

und  Extraction  ausschliesslich  auf  den  Querdorchmesser  des 

Beckens  angewiesen  sei.    fch  bin  überzeugt,  wenn  Simps&n 

die  Literatur  über  Kephalottnypsie  recht  kennen  wird,  so 

wird   er    selbst  der  begeistertste   Anhänger  «fieser  Operation 

werden  nnd  gerade  seine  GeniaMtät  wäre  dazu  geeignet,  über 

gewtaae    UnvoUkomraenheiten   des   Instininentes,    auf  welohe 


200     XIII.   BfOmdU,  üeber  Perfof«tiom  n.  KeplwlAlibryfMfo. 

JSTttfor   und   Andere   aufmerkttm    gemacht  luÄeo,    liiiiweg- 
xuhelfen« 

Angegicbts  nun  soldier  Ueen  ist  es  gewiss  nicbt  ober- 
flüssig,  der  ärEllicheB  Well  immer  tob  Neuem  Beis^ele 
torzuführen,  welche,  wenn  aiidi  oft  von  menschlicher  Un^ 
ToUkommenfaeit  zeugend  und  nicht  stets  vom  Erfolg  begünstigt, 
doch  geeignet  sind,  die  Anwendungsweise  des  Instrumentes 
in*s  gehörige  Licht  zu  setzen  und  die  Technik,  welche  fast 
in  jedem  einzelnen  Falle  Abweichungen  erleidet,  zu  verfiel- 
fälligen.  Denn  die  Brauchbarkeit  jedes  Hülfsmtttels  wird 
erhöht  durch  die  Anzahl  von  Fälle,  in  denen  es  zur  Anwendung 
kommen  kann.  Die  folgenden  Geburtsgeschiehten,  als  eine 
Fortsetzung  der  fOuif  früher  milgetheilten,  sollen  hierm  einen 
Beitrag  liefern. 

VI. 

Den  14.  H2rz  1860,  Morgens  um  2  Uhr^  liess  aAA 
College  N.  ersuchen,  ihm  bei  einer  schweren  Zangeno{>eration 
behüldich  zu  seia  Die  kleine,  noch  ziemlich  junge  Erst^ 
gebärende  bemerkte  die  ersten  Wehen  Nachmittags,  Abends 
sprang  die  Blase,  und  als  der  ursprünglich  etwas  scharf 
aufsitzende  Schädel  bis  Mittemacht  keine  Miene  zum  Vor- 
rücken  machte,  ward  mein  Freund  um  Beistand  gebeten.  Da 
nun  derselbe  das  Orificium  geöffnet  und  den  Kopf  ziemlicb 
eingetreten  fand,  legte  er  die  LocAer'sche  Zange  an,  konnte 
aber  deren  Schluss  nicht  völlig  bewerkstelligen.  Ich  traf  die 
Frau  im  Bette  liegend,  mit  bedeutendem  Hängebaueh  begabi, 
in  welchem  sich,  oberflficliHcher  Schätzung  nach  zu  urtbeilen, 
ein  gewaltiges  Kind  befand.  Alle,  4—5  Mmuten  trataa 
kräftige  Weben  ein,  die  aber  den  Kopf  nicht  bis  zur  Beebm* 
weite  zu  fördern  Termochten.  Ich  wollte  nun  dl>enMls  mein 
Glück  versuchen  und  applicirte  die  Zange  ohne  aufiaUende 
Schwierigkeit;  die  Griffe  standen  nach  bfn^erkstielligtem  Sclüusse 
weit  von  einander  ab  und  ich  war  wider  ein  alUäUiges  Ab* 
Hleitea  vollkomm^  gesichert  Aber  mit  Aufbietung  aller  Kräfte 
war  ich  nicht  im  Stande,  den  Schädel  auch  nur  um  eine 
Linie  naher  zu  bringen;  die  grössere  Masse  blieb  beharrlich 
in  und  über  der  oberen  Apertur  stehen.  Mein  College,  der 
mich  nach  einer  kleinen  Pause  aUöste,  arbeitete  mit  niAht 
mehr  Erfolg,  so  dass  sieh  die  Unmö^cbkeit  der  Entbiading 


ZUI.   Sp9»dU^  Ueber  Peii»r»«ioii  n.  Repbiaolhrypale.      201 


«if  dieseai  Wege  klar  herausetdile.    Qbechon  dae  Becken 
eidit  zu  den  weiten  gehörte,   war  doch  keine  Verengeniiig 
nachzuweisen,  und  da«  Missverhättniss  schien  baupUfichlicb 
dwcfa    die   Dinienaionen    des  Schädels   Teranlasst   zu    sein, 
weicher  in  zweiter  Lage  sich  prüsentirte.    Sobald  wir  diese 
D^berzeugung  gefasst,  machte  ich  dem  Ehemann  hegreiflich, 
dass   weitere  Zangenversucbe   nicht  nur  Zuchtlos.,   sondern 
auch  für  seine  Frau  nachtli^ilig  wären,  und  dass  deshalb  nv 
dttith  die  Perforation  die  Entbindung  bewerkstelligt  werden 
könne.    Diesen  EntacUuss  sogleich  auszuführen  war  aber  um 
so  eher  gerechtfertigt,  als  der  Fötalpuls  schon  vor  Mitternacht 
aufgehört  hatte.    Ich  liess  nun  eine  halbe  Stunde  verstreiehei^ 
nahm   dann  das  Perforatorium  von  Kiwtach  zur  Hand  und 
appUcirte  dasselbe  an  der  vorliegenden  Schädelpartie«  Nachdem 
dies  geschehen  und  der  Abfluss  von  Gehirn  begonnen,  liejss 
ich  durch,  die  Hebamme  zwei  Injectionen  warmen  Wassers 
io  die  Bohrstelle  ausfahren,  wodurch  noch  mehr  Gehirn  ent* 
femt  vrard  und  ging  dann  zur  Extraction  über.    Ich  hoffte 
mit  der  Zange  ausreichen  zu  können,  und  hätte  derselben, 
aufrichtig  gestanden,    den  Vorzug  vor  dem  Kephalothryptor 
gegdMo;  denn  vor  dem  Abgleiten  war  mir  bei  der  Festigkeif 
des  Schädels  nicht  bange;  aber  es  zeigte  sich  bald,  dass  die 
Entwickelung  ohne  bedeutende  Verkleinerung  eine  Unmöglich- 
keit   sei.      Ich    liess    deshalb    den    iScan80fit*8cben    Kopf- 
•imrümmerer   holen,   legte   denselben   im   Querdurchmesser 
des  Schädels  an  und  setzte  die  Compression  in's  Werk.    Bei 
dei*  nun    folgenden  Extraction  liess  ich  die  hintere  Vaginal- 
wand  durch  meinen  CoUegen  zurückhallen,  weil  ich  bei  einem 
früheren    Falle,  die   Erfahrung   gemacht«   dass   dieselbe   der 
EinkieBiroiuig  ausgesetzt  sei.   Es  dauerte  ungefähr  fünf  Minuten, 
ehe  das  Hinterhaupt  und  der  angrenzende  Theil  der  Scheitel- 
keine  in'«  Durchschneiden  gelangte;  dem  weiteren  V^orrüeken 
jedoch  widersetzte  sich  die  enge  Beschaffenheit  der  Genitelien. 
fiarum   nahm  ich^  das  Instrument  ab  und  beschränkte  mkh 
auf  maooale  Na(chhülfe,  indem   ich  meine  Finger  in  die  Per- 
forationsatelle  und  in  die  Mundhöhle  einsetzte.    Meine  Furcht 
auch   die  Schultern  raödHen  Schwierigkeiten  bereiten,   zeigte 
äch  gtücUicher  Weise  nngegründet;  denn  sobald  das  Gesidit 
foUeoda  entwickelt  war,  püäaentirte  sich  das  linke.  Händehen 


202      'f^*'-    5;»o>wCK,  Ueber  P«rfomt!on  n.  Kephnlothrjji«!«. 

anf  der  rechten  Seite  des  Sebädek.  leh  braiiehte  folglich  nur 
dasselbe  anzuriehen  und  nach  links  hinflberzufQhren,  um  an 
dieser  natfiriichen  flandha'be  die  Entwickelung  der  Frucht  kq 
ToHenden.  Bald  hierauf  folgte  die  Placenta.  Das  Ritoil, 
männlichen  Geschlechtes,  war  von  aussergew6hAlieher  Grösse 
und  zeigte  nach  geschehener  Excerebration  noch  das  gewiss 
seltene  Gewidit  Ton  IIV2  PAind.  Man  woUte  zwar  dies 
Resultat  bez#etfeln,  und  ich  stand  deshalb  nicht  an,  durch 
genaue  Vergleichung  mdnes  Bar<ymakromeCers  mit  ejner  guten 
Decimalwage  dasselbe  zu  .constatiren.  Es  scheint  mir,  bei 
diesem  Anlasse  sei  es  bemerkt,  zu  weit  gegangen,  wenn  man 
die  Federwagen  sammt  und  sonders  aus  der  Praxis  verbannen 
will;  sie  empfehlen  sich  durch  ihre  leichte  Transportffthigkeit, 
und  es  steht  ja  jederzeit  frei,  die  durch  dieselben  erhaltenen 
Gewichtsbestimmungen  zu  controiiren.  Gewiss  sind  nicht  alle 
Federwagen  von  derselben  Genauigkeit,  aber  ihre  Ungenanig- 
keit  im  Allgemeinen  ist  öberlrieben  worden. 

Eine  nShere  Besichtigung  des  Schädels  wies  nach,  dass 
die  Perforationsstelle  links  an  die  kleine  Fontanelle  grenzte 
und  dass  die  Compression  die  ganze  hintere  ScMdeIhSIfte 
getroffen  hatte.  Ein  wahres  Glück  musste  es  bei  alle  dem 
genannt  werden,  dass  der  ursprünglich  schief  aufeitzende 
Schädel  nicht  abgelenkt  worden  war  und  eine  Querlage  ver- 
anlasst hatte;  denn  eine  Wendung  auf  die  Fasse  wäre  unter 
diesen  Umständen  sehr  schwierig  gewesen  und  hätte  sehliessHcli 
der  Kephalothrypsie  fflr  den  nachfolgenden  Kopf  benölbigt. 
Die  Mutter,  welche  während  der  Operation  die  grösste  Stand* 
bafligkeit  bewiesen  hatte,  ward  nun  einer  prophylaktischen 
Behandlung  übergeben;  bakl  stellten  sich  Nachwehen  ein  und 
das  Wochenbett  nahm  einen  ganz  ungetrübten  Verlauf.  Dass  hier 
bei  einer  allAlligen  späteren  Scbwangersdiaft  die  künstlitibe 
Frühgeburt  angezeigt  sei,  ist  wohl  unnöthig  zu  erörtern. 

vn. 

Den  23.  Mai  1860  Morgens  7  Uhr  ersuchte  mieh  ein 
Kaufmann  aus  einer  anderthalb  Stunden  von  Zürich  entfernten 
Ortschaft,  ihn  schleunigst  zu  seiner  Frau  zu  begleiten,  welche 
seit  bald  24  Stunden  sich  in  der  neunten  Niederkunft  befinde! 
Frau  P.,  43  Jahre  alt,  von  zarter  Constitution,  obsohon  im 
Ganzen  gesund,  hatte  ttire  ersten  sieben  Kinder  normal,  aber 


XIII.    ^8ndHj  UebftT  PerfontUoii  a.  Kepbalo^Üirypsie.     203 

«Cwas  langsam  zar  WeH  ^radvt    Bei  der  achten  Gebort, 
ik  vor  einigen  Jahren  »kh  ereignete,   fiel  neben  dem  noch 
boebstefaenden  Kepfe  der  Nabelstrang  tor,  was  den  gerufenen 
int  SU  einer  anstrengenden  Wendung  auf  die  FQsse  ^er* 
iBbsste.    Dies  Mal  non,  nachdem  wie  gesagt,  den  Tag  xuvor 
skfa  Wehen  gezeigt  hatten,   sprang  die  Blase  Morgens  uo^ 
3  Uhr,    und  da  kurz  hierauf  der  linke  Arm   sdmmt  einer 
grossen  SchlH^e  der  Nabelschnur  vorfiel,   so  ward  zu  dem 
Bausarste,  Herrn  Dr.  0.,  gesandt    Dieser  reponirte  den  Arm 
und  leitete  den  Kopf  ein;  doch  steht  zu  vetmuthen,   dass 
letzterer  schon  ursprunglich  Aber  dem  Beckeneingange  gelegen 
habe,  sonst  bitte  dessen  Einleitting  schwerlich  so  leicht  statte 
iloden   können.    Er  entfernte  sich  sodann 'in  der  bestimmten 
Begiautiigung,    die   Geburt   werde   nun   ihren   ungehinderten 
Fortgang  nehmen,  und  war  deshalb  nicht  wenig  erstaunt,  als 
er  bei  seiner  Rdckkehr  früh  um  5  Uhr  den  Schädel  abgelenkt 
imd  nichts  als  den  total  pulslosen   Strang  vorliegend  fand. 
Diese    ungflnstige   Veränderung    war    nSmlich    ohne   Zweifel 
dadurch  bewirkt  worden,  dass  der  ausdrücklichen  Instruction 
des  Arztes  zuwider  Frao  P.  ihr  Lager  provisorisch  verlassen 
hatte.     Da   nun  Herr  Dr.   O.   keine    ändere   H(Ufe,   als  die 
Wendoog,  vor  Augen  sah,   und   diese  Angesichts  der  nicht 
zum   Beaten   aussehenden  Kräfte    der  Gebärenden  nicht  auf 
eigne   Paust   unternehmen  wollte,    sandte   er   zu   mir.    Um 
8  Uhr   traf  ich  daselbst  ein  und  fand  bei  der  sogleich  vor- 
genommenen Untersuchung  die  Verhältnisse  der  obigen  Be- 
schreibung  entsprechend.     Da   ich    auch   mit  zwei  Fingern 
keineti  voriiegenden  Kindestheü  zu  entdecken  vermochte,   so 
erdffliete   icb  meinen  Entschlbss,  die  Wendung  auf  den  Pnss 
auszirffthren  4ind'  liess   das  Querlager   hernisten.     Ich   war 
schlechterdings  nicht  zu  untersdieiden  im  Stande,  auf  welcher 
Mte    des   Abdomens  die  FAsse   lagen    und   ffihrte  deshalb 
behufs    der  Operation   die   linke,    weil   ddnnere   Hand   ein. 
dicklicher  Weise  nun  traf  ich  in   einiger  Entfernung  vom 
BecKeneingaBge   auf  den  Kopf,    und'  dies   besthnmte  nuch, 
ebenfalls  mit  Rdcksicht  auf  den  Zustand  der  Gebärenden  von 
raenaem  Plane  abgehend  den  Kopf  einzuleiten  und  zuzuwarten ; 
denn  icb  mnsste  mir  gestehen,  dass  dies  Verfahren  jedenfalls 
weniger   eiligreifeod  und  geflhrHeber  sei,  als  eilte  noch  so 


204      XlII.   SpMUi,  Ueber  Parforatioii  n.  Kephalvlbryfici«. 

leichle  Wendung.  Ifidem  oub  ä«r  SchSdel  auf  dem  Becken- 
eingange  sass,  war  der  Status  quo  von  3  Uhr  Horgees  wieder 
hergesteUt.  Indessen  unsere  Hofihung,  den  Kopf  bald  herunlei^ 
treten  lu  sehen,  wollte  sich  nicht  bestätigen;  biersu  trag 
wohl  nebst  der  Schwäche  der  Gdidrenden,  die  einen  ziemUeb 
frequenten  Puls  besass,  und  dem  Tode  der  Frucht  wesentlicii 
bei  die  Verengerung  der  Conjugata,  welche  ich  auf  kaum 
3V2  Zoll  scbat2te  und  mich  in  der  Thal  verwunderte,  wie 
sechs  Geburten  ohne  Kunslbulfe  hatten  Terlaufen  können.  Es 
ist  dies  wieder  ein  Bdeg  mehr  für  die  Annahme,  dass  eine 
einseitige  Beckenmessung  zu  gar  nichts  lührt  und  a  priori  mit 
Bücksicht  auf  allfallige  Operationen  URtemommen  zu  den 
irrlhümlidisten  uifd  schädlichsten  Schlüssen  verleiten  kann. 
Von  Zeit  zu  Zeit  traten  zwar  allerdings  Wehen  ein,  und  ee 
stand  uns  frei,  die  Exspeetation  zu  ergreifen,  da  der  ziemlicb 
nachgiebige  und  locker  gefügte  Sehadel  scfaliessiich  vorrücken 
musste,  —  aber  in  diesem  Falle  war  an  der  Erhaltung  der 
Hausmutter  Alles  gelegen,  und  die  Prognose  musste  sich 
durch  längere  Dauer  des  Geburtsgeschäfles  hnmer  melir  trüben. 
Einmal  zum  aciiven  Handeln  entschlossen  gingen  wir  aber  zu 
dei*  Frage  über,  in  welcher  Weise?  Mein  Freund  war  der 
Ansicht,  dass  wir  mittels  der  Perforation  am  sdmdlsten  zum 
Ziele  gelangen  würden;  er  erhidt  zwar  a  posteriori  Becht, 
aber  icfa  konnte  ihm  nicht  von  vom  herein  beipflichlea 
Denn  es  handelte  sich  eigentlich  trotz  der  unbezweifdten 
Verepgerung  der  Conjugata  nicht  ma  die  instrumentale  Be- 
seitigung eines  Missverhältnisses  zwischen  Kopf  und  Becken, 
aondern  um  wunsdienswerthe  Abkürzung  der  Geburt  wegen 
bedenklicher  Schwäche  der  Hutler.  Um  daher  unser  wissen« 
scbafüiches  Gewissen  zu  reften,  sdilug  ich  vor,  wenigsteiM 
einen  Versuch  mit  der  Zange  zu  machim  und  wann  dieaer 
fehlsddagen  sollte,  —  aber  dann  erst,  ungesäomt  zur  Per^ 
foration  zu  schreiten.  Nach  9  Uhr  ward  das  Querlagen 
welches  die  Gebärende  für  einige  Zeit  verlassen  hatte,  da*- 
selben  neuerdings  angewiesen,  und  ich  führte  mm  die 
ZocAer'sche  Zange  an  den  mehr  über  als  im  Beckeneingangi» 
befindlichen  Schädel;  denn  letzterer  war  noch  nicbt  hinreieliend 
fizirt  und  wich  vor  dem  Instrumente  etwas  zurück,  woher 
es  kam,  dass  die  Application  zwar  ganz  gut  gelang,  aber  bei 


Xm,   SpSndHf  Oeber  Perforation  a.  Kephalothrypsio.     20& 

imt  enteo  torsiehligen  Zügen  das  Abgleiten  in  Aussteht  stand. 
Sobald  ich  micb  von  dieser  Tbatsache  uberzettgt  hatte»  ent- 
fmite  kfa  die  Zange  sogleich  und  leitete  den  Trepan  von 
Eiunsch  ein;  es  war  kein  leichtes  Geschäft,  denselben  an 
dem  bochsteheiiden  SohSdel  2u  fiziren,  und  um  dies  bewerk^ 
stelligen  zu  ktonen,  liess  ich  von  aussen  die  Frucht  nach 
dem  Beckeneingange  hindrängen.  Bald  W9t  das  SchSdelgewölbe 
durchbohrt,  worauf  ich  den  Zeigefinger  in  die  Bohrstelle  ein- 
flhrte  und  möglichst  viel  von  der  Gehimmasse  entfernte. 
Dnd  nun  —  wird  man  erwarten,  dass  ich  den  Kepbalothryptor 
angelegt;  hfitte  ich  denselben  bei  mir  gehabt,  so  würde  ich 
gewiss  so  gehandelt  haben.  Da  dies  sber  nicht  der  Fall  war, 
blieb  mir  nidits  anderes  Ckbrig,  als  mittels  des  Zeigefingers 
die  Attraction  und  Extraction  des  Schädels  zu  rollenden.  Die 
Entwickelung  des  Rumpfes  gescliah  ohne  Schwierigkeit.  Die 
gut  attagetragene  männliche  Frucht  besass  eine  doppelte 
Hasenscharte  mit  Wolfsrachen.  Entsprechend  der  zweiten 
SohädeUage,  welch«  zuvor  bestanden  hatte,  sass  die  Perforations* 
stelle  etwas  links  von  der  Pfeünaht  zwischen  der  kleinen  und 
grossen  Fontanelle.  Die  Placenta  folgte  20  Hinuten  später, 
and  die  Wöchnerin,  obschon  sehr  ermattet,  freute  sich, 
endlich  eiiöst  zu  sein;  wir  hatten  die  Genugtbuung,  ein  gutes 
Wochenbette  UeSrauf  folgen  und  unser  actives  Verfahren  durch 
dasselbe  gereditfertigt  zu  sehen.  Der  Leser  aber  wird  mir 
zo  Gate  lialten,  dass  er  hierbei  um  die  Anwendung  des  Kopf- 
zertrAmmer^^  gekommen;  derselbe  spielt  in  der  nächsten 
Geschiebte  eine  um  so' bedeutendere  Rolle. 

vm. 

Den  17.  Juni  fr&h  6  Dhr  ward  ich  ersucht,  mich  sobald 
wie  md{^ch  zu  Frau  H.  in  R.  zu  begeben,  wo  Herr  Dr.  St. 
sebon  seit  1  Uhr  Morgens  sich  befinde.  Daselbst  angelangt 
vemabm  ich  von  dem  letzteren,  die  gesunde  30jährige  Erst- 
gebärende habe  den  16.  /nni  Abends  V2II  lihr  das  Frucht- 
wasser Terloren  und  es  seien  bald  darauf  heftige  Schneidewehen 
aofgelreteo,  welche  seine  Hülfe  benöthigten.  Er  habe  das 
Gesiebt  vorliegend  gefunden  und,  obwohl  dassdbe  bochstand, 
nach  einigen  Minuten  geglaubt,  deü  dringenden  Bitten  um 
Eridsfuig  willfahren  zu  dörfen;  indessen  sei  ihm  zwar  gelungen, 
den  Uttken  Zangenldtfel  einzubrkigen,  nicht  aber  den  rechten, 


ihm!  deslmlb  ersuche  er  mich  um  Rath,  was  weiter  ansafiuigeD 
sei.  Ich  stellte  mir  die  Sache  keineswegs  leicht  vor,  dena 
Herr  Dr.  3l  .ist  als  gescbiditer  Geburtdidfer  bekanat,  und 
nahm  sogleich  eine  üotersucbuDg  vor.  Diese  ergab  das  Gesicht 
hoch  auf  dem  Beckeneiogaiige  stabend  in  schiefer  SteUmig, 
so  dass  lioks  überflüssiger,,  rechts  fast  gar  keia  Baum  übrig 
gelassen  war.  Das  Kinn  schien  mir  nach  liaks  und  vorn  z« 
liegen,  doch  wagte  ich  noch  keinen  bestimmten  Schhiss'  za 
ziehen.  Die  Gebärende  lag  auf  dejo  Querbette,  alle  4 — 6  Miniiteii 
traten  lastige  Wehen  ein,  das  Kind  lebte  und  das  Gesamm^* 
befinden  der  Frau  war,  ihre  Ungeduld  abgerechmA,  so  gut 
als  möglich.  Offenbar  war  die  Entbimtuag  nicb^  dringlich, 
denn  wenn  auch  das  Orificium  sich  voUkommeo  eröffnet  zeigte, 
so  nmsste  aij,derseits  die  Application  der  Zange  mit  der 
grössten  Schwierigkeit  verknüpft  sein.  leb  eröffnete  daher 
den  guten  Leuleu  in  eindringlicher  Rede  meine  Ausicht,  dass 
qoan  einstweilen  den  Naturkraflen  zu  vertrauen  habe,  dass  aber, 
falls  binnen  ein^  Reibe  von  Stunden  sich  kein  Portscbrill 
im  Geburtsgeschäfle  ergäbe,  dann  die  Zeit  sum  Operiren 
eintreten  könue.  Hierauf  entfernten  wir  uns,  und  mein  College 
verschrieb  nach  Vej^abreduog  ein  krampfstillendes  Mittel  Dm 
10  Uhr  wurden  wir  neuerdings  gerufen;  der  Zustand  hatte 
im  Ganze4i  sich  nicht  veraadert,  nur  war  di^  GesobwuMt  dar 
vorliegenden  Theile  bedeutender  geworden.  Was  wir  daher 
vor  vier  Stunden  für  nicht  iadicirt  gehalten,  glaubten  war 
jetzt  versuchen  zu  dürfen,  ich  liess  das  Querlager  herridilea 
und  brachte,  wie  (ruber  mein  CoUc^e^  das  linke  Blatt  der 
Z>oeAer*schen  Zange  leicht,  das  rechte  aber  nur  sehr  scUwierig 
an  den  Schädel  Das  Instrument  hielt  gut,  ich  fihrle  aber 
8 — 10  angestrengte  Tractionai  aus,  ohne  Terrain  zu  gewinnen^ 
und  Herr  Dr.  St»  der  mich  aljsdann  ablöste,  erntete  ebenso 
wenig  Erfolg  von  seinen  Bemidhungea  Ab  vnr  acilcher  MaasseD 
die  Ueberzeugung  geschöpft,  dass  ^it  der  Zange  nichts  aus- 
zurichten sei,  erklärte  ich,  dass  ich  davioo  abatpabire  and 
nun  versuchen  wolle,  die  Wendung  auf  einen  Fuas  ausiufihron* 
Die  Frucht  war  allerdings  vor  unserer  Ankunft  abgestorben^ 
wie  die  Auscultatidn  nachwies,  und  es  wäre  mir  lieber  gewesen» 
perforii^n  zu  können,  aber  hierfür  stand  mir  der  vorliegende 
Theil  zu  hoch  und  bot  keinen  gänstigan  Angriffspunkt*   Da  kh 


XQI.   x>iwt(<lt,  Ueber  Perforation  u.  Kepli»lothrypsift.      207 

our  liakers«iU  Raum  fand,  mu  luit  der  Bmi  m  den  Uteiu» 
cinzugeh^,  so  Jionote  mix  die  Lage  der  Fühm  böcbst  ^eich* 
gültig   sein;  ich  versuchte   daher  zuerst  auf  dem  Querlageir 
.    mit  der  Recbien  eEDporzudriBg.eQY  fand  aber  den  Raum  über 
dem  Beckeneingange  von  dem  enormen  Schädelgewölbe,  einem 
Arme  und  dem  Thorax  occupirt,  so  dass  ich  schlechterdings 
oicht  bis  zur  Hüftbeuge  gelangen  konnte*    Ebenso  fruchtlos 
war  ein  hierauf  in  der  KnieeUbogenlage  angestellter  Versuch; 
wohl  fühlte   ich  die  Spitzen  eines  Fusses   auf  der  rechten 
Seite  des  Muttergrundes,  aber  es  war  unmöglich,  ersteren  in 
meine  Hand  zu  bekommen.    Mittlerweile  inun  machte  ich  zwei 
wichtige  Entdeckungen,  welche  auf  mein  nacbbei'iges  Verfahren 
bestimmend    einwirkten.     Erstens    nämlich,    dass   das   Pro* 
montorium    nicht    unbedeutend    und    für   mefue   Hand   sehr 
beengend  in*s  Becken  hineinrage ;  ich  schätzte  die  Verkürzung 
der  CoDJugata   auf   Vs  Zoll.  .Zweitens  aber  prasentirte  sich 
das  Gesicht   nicht  so,   wie  wir  ursprünglich  geglaubt  hatteii^, 
sondern  was  wir  für  Kinn  hieken,   war  die  zu  einer  dicken 
Falle    aogescliwolleiie   Bedeckung    der   untersten    Stirnpartie« 
während  das  Kinn  nach  rechts  und  hiqten,   aber  schon  ex- 
reicfabar ,  schaute.   Es  wir  folglich  die  widerwärtigste  Gesichts-^ 
läge,    die    man   sich   denken   kann,    gegeben,    bei    welcher 
gewichtige  Autoritäten  vorschlagen,  die  Wendung  aufdieFüsse 
auszuführen.    Dass   aber  letztei*e  Operation   hier   nicht  aus- 
führbar war,  glaube  ich  bewiesen  zu  haben.    So  blieb  endlich 
nur  Eines  übrig,  die  Perforation  mit  nachfolgender  Kephalo« 
thrn^sie,  und  bis  mein  Kopfzertrümmerer,  den  ich  begreiflicher 
Weise  nicht  immer  mitschleppe,  zur  Hand  war,  strebte  ich, 
durch    manuelle   Handgriffe    das    Gesicht  etwas   zu   nähern, 
respective  die  Stirn  herunterzuziehen,  um  wenigstens  für  das 
Perforatorium  eine  passende  AngrifTsOäche  zu  erhalten.    Dies 
gelang«    uod  nun   fährte  ich,  durch  die  linke  Hand  gedeckt« 
den  Trepan  von  Kiwisch  gegen  die  vorliegende  Partie,  fixirte 
denselben    und  begann  zu  rotiren.     Der  erste  Versuch  miss- 
glückte,    wohl  wurden  die  Weichtbeile  durchgesägt  und  der 
Knochen  blosgelegt,  aber  an  der  Härte  der  letzteren  scheiterte 
die  Durchbohrung.    Ich  führte  deshalb  das  Instrument  noch- 
mals   ein    und    indem   ich    dasselbe   fest  wider   den   Schädel 
aopresste,    gelang  das  Manöver.     Das  herausfesägte  Segment 


208     ^l'l-   Spdndli,  Ueber  Perforation  n.  Rephaloihrjpsie. 

war  von  auffallender  Dicke  uQd  sass  etwas  niftdi  rückwärts 
Tom  linken  Stimhocker.  Mit  dem  Zeigefinger  eingehend  ent- 
fernte ich  nun  mögliebst  viel  von  der  Gehimmasse  und  ttter- 
zeugte  mich  bei  dieser  Gelegenhdt  genügend  ?on  der  Härte 
des  Schädels,  um  die  manuale  Extraction  ganz  aus  dem  Spiele 
zii  lassen.  Ich  ging  daher  soglricb  zum  letzten  Acte  über, 
fährte  den  Kephalothryptor  von  Scamoni  ein,  setzte  die 
Compression  zur  Hälfte  in's  Werk  und  begann  vorsichtig  zu 
extrahiren;  ich  liess  hierbei  dem  Instrumente  volle  Freiheit, 
sich  diagonal  zu  drehen,  so  dass  der  durch  die  Compression 
verlängerte  Schädeldurchmesser  in  den  zweiten  schrägen 
Beckendurchmesser  zu  stehen  kam.  Die  Extraction  gelang 
ohne  Schwierigkeit,  das  Gesicht  drehte  sich  scbUessliiA  nach 
rechts,  den  Rumpf  entwickelte  ich  durch  Zug  in  der  rechten 
AchselhöhliB  und  die  Placenta  folgte  nach  10  Bfinuten.  Die 
Frucht,  männlichen  Geschlechtes,  war  sehr  gut  ausgetragen, 
nach  der  Perforation  noch  9  Pfund  schwer  und  besass  einen 
ausnehmend  hartknochigen  Schädel.  Das  Wochenbett  nahm 
einen  durch  nichts  gestörten  Verlauf,  und  ist  es  endlich  erlaubt, 
eine  Vermuthung  auszasprecheh,  so  ist  es  die,  es  möge  die 
Gesichtslage  in  dem  beschriebenen  Falle  durdi  schiefes  An- 
treiben des  voluminösen  Schädels  entstanden  sein. 

IX. 

Obschon  bei  der  folgenden  Geschichte  nur  passiv  be- 
theiligt, stelle  ich  doch  nicht  an,  dieselbe  hier  anzureihen, 
da  sie  einen  weiteren  Beitrag  zur  Casuistik  der  Perforation 
liefert  Ich  will  zwar  nicht  behaupten,  dass  ich  perforüt 
hätte;  gewiss  ist  aber,  dass  mein  College  bei  den  Schwierige 
keiten,  die  ihm  aufstiessen,  Recht  hatte,  diese  Operation 
auszuführen. 

Ich  hatte  den  23.  Juni  bereits  einen  Vorfall  des  Nabel- 
stranges bei  vorliegendem  Kopfe  zu  behandeln  gehabt,  als 
mir  Abends  vor  5  Uhr  die  Einladung  zukam,  mich  nach  ft. 
zu  verfügen,  wo  Dr.  G.  meiner  zur  Entbindung  einer  Frau 
benöthige.  Letztere,  die  Ehehälfte  eines  Landwirthes,  hatte 
schon  sieben  Kinder  zwar  langsam,  doch  ohne  ärztliche  HMfe 
und  stets  in  Schädellagen  geboren.  Heute  früh  nun,  nach 
der  Rechnung  14  Tage  über  den  Termin  hinaus,  brach  das 
Prachtwasser,   lästige  Schneidewehen   stellten  sieh  ein,    der 


XIII.   Sp9ndU,  Ueber  Perforation  n.  Kepbalothrypsie.  .   209 

ganz  palslose  Nabelstraug  fiel  vor  und  längere  Zeit  Hess  sich 

kein  vorliegender  Kindestlieil  erraclien;  als  aber  dies  endlich 

derFatt  war,  sehien  es  ein  kleiner  zu  sein.    Hierauf  schickte 

der  behandelnde  Arzt  emen  Boten  zu  mir,  und  mit  diesem  langte 

ich  um  6  Uhr  in  B.  an.    Die  Gebärende  war  schon  40  Jahre 

ait  und  ziemlich  ermattet,  rechte  Wehen   wollten  sich  nicht 

ODstellen,   aber  der  Puls   schlug    normal  ^und   krä(lig.     Die 

Umersuchong  im  Liegen  ergab  ein  durchaus  negati?es  Resultat; 

wann   aber  die  Frau   sass,   so   glaubte  ich  ein  Segment  des 

Schädels  über  der  Symphyse  zu  fahlen,  doch  musste  ich  zu 

diesem  Behiife  die  ganze  Hand  in  die  Vagina  einführen.    Da 

kfa  nun   femer   den   Muttermund   noch   sehr   wenig  geöffnet 

traf,   so  erklärte   ich  den  Leuten,   dass  vor  der  Hand  nichts 

zu  machen  sei,   ermahnte   zur  Geduld   und   kam  mit  Dr.  O. 

§bereiti,  ein  unschuldiges  Wehenmittel  reichen  zu  lassen.    Ich 

wähnte,   die  Geburt   sei  langst  vorübergegangen,   als  ich  den 

i4^  Abends  nochmals  gerufen  ward  mit  dem  Bemerken,  dass 

die  Niederkunft  nicht  ?om  Flecke  wolle.   So  schnell  ich  konnte, 

fiihr   kii   wieder   nach   B.,    doch    vergingen    immerhin   zwei 

Stunden  darüber.    War  ich  aber  gestern  zu  froh  gekommen, 

so  kam  ich  heute  zu  spät;  denn  mein  College,  der  an  meiner 

Ankunft   zu  zweifeln  begann,    hatte  soeben  die  Entbindung 

mitteis  eines  scheerenförmigen  Perföratoriums  und  des  Hakens 

beendigt     Der  Kopf  hatte  sich  nämlich   während  des  Vor* 

mittags  in's  Becken  heruntergemacht  und  blieb ^^lann  stehen; 

Dr.  G.    versuchte  wiederholt  die  Zange  anzulegen,  glitt  aber 

jedes  Mal  ab,  und  so  entsohloss  er  sicli  endlich  im  Literesse 

der  Mutter  zu  dem  geschilderten  Verfahren.     Die  Frucht  war 

todtfaid,    weibUchen  Gesddechts  und  ziemlich  gross.    Ich  bin 

ftberzeugt,    dass  hier  bei  dem  tiefen  Stande  des  widerstand- 

fosen  Schüdels  der  Kephalothryptor  für  sich  allein  zur  Ex- 

traction  genügt  hätte,  glaube  aber  auch  nicht  zu  irren,  wenn 

ich  mnehme,  dass  sowohl  der  langsame  Geburtsverlauf,  als 

der  Vorfall   des  Nabelstranges  und  das  Abgleiten  der  Zange 

hauptsäciriieh  durch  das  Abgestorbensein  der  Frucht  veranlasst 

wurden.      Als  ich  die  Wöchnerin  verliess,   war  dieselbe  sehr 

cnchöpfl  und  besass  einen  frequenten  schwachen  Puls,  doch 

Buchte  sie  ein  gutes  Puerperium«  durch. 

MonaUsekr.  f.  Q«bartok.  1861.  Bd.  XVII.,  Hft.  8.  t4 


210     ^ni.   SpÖHdU,  lieber  PerforAÜoii  u.  KephAlothryfrtie. 

X. 

Ich  hatte  vor  einigen  Jahren  in  der  hiesigen  GehsramCalt 
Gelegenheit,  bei  etner  OsteoinalaciBcheD  wegen  Querlage  <iie 
Wendung  auf  die  Füsse,  freilich  mit  ungfln^gem  Erfolge, 
auszuführen.  Wichtiger  als  der  Ausgang  für  die  Mutter, 
schien  mir  damals  die  Entscheidung  der  Frage,  ob  der  Kaiser- 
schnitt 9der  die  Wendung  indicirt  sei.  Die  Ausführung  der 
letzteren  Operation  bewies  deren  Möglichkeit  zur  Genfige, 
und  wäre  die  Frau  nicht  schon  vorher  sehr  leidend  gewesen, 
so  wurde  sich  dieselbe  vermuthlicfa  auch  erholt  haben.  lA 
glaubte  deshalb  nichts  desto  minder  den  Schluss  ziehen  zu 
dürfen,  dass  in  dergleicfaen  Fällen,  wo  die  Mutter  schon  sehr 
heruntergekommen,  nicht  der  Kaiserschnitt,  sondern  die 
Wendung  indicirt  sei.  Djenn  der  sehr  prekäre  Ruhm,  die 
Bauchdecken  und  den  Uterus  geöffnet  zu  haben,  wurde  mich 
nie  zu  dieser  hinsichtlich  ihres  Erfolges  auch  bei  gesunden 
Individuen  mehr  als  zweifelhaften  Operation  bestimmeB  können. 

Gewissermaassen  ein  Analogon  zu  jenem  Falle  bildeC 
nun  der  vorzuführende,  ebenfalls  unglücklich  ab^laufeoe,  wo 
der  Kaiserschnitt  mit  der  Perforation  und  Kephablhrypsie  in 
die  Schranken  trat.  Indessen  nicht  allein  deshalb  verdient 
diese  Geschichte  bekannt  zu  werd^,  sondern  auch  darum, 
weil  die  Anwendung  der  Instrumente  mit  eigenthümUeheu 
Schwierigkeiten  verknöpft  war,  und  weil  idh  mich  von  der 
Misslichkeit  aprioristischor  Indieationsstellung  hier  mehr  wie 
je  überzeugte. 

Den  4.  October  Nachmittags.  2  Uhr  ersuchte  aicfa  mein 
Freund,  Dr.  B.,  ihm  Bath  zu  ertheilen  weg«ai  einer  Frau 
in  R.,  deren  Wehen  bei  fortwähreod  hohem  Kopfstande  scfaM 
am  1.  begonnen  haben.  Frau  S,,  jetzt  42  lahre  alt,  hatte 
schon  acht  Kinder  gut  und  rasch  geboren,  wsa'd  aber  oack 
der  letzten  Niederkunft,  welche  vor  im  Jahren  stattbnd« 
von  rbeumatiacben  Scbuerzen,  namentlich  in  den  HuftMi 
längere  Zeit  bindnrch  gqiilagt,  worauf  ein  erschwerter 
wackehider  Gang  folgte,  der  unzweitelhaft  a«f  Osleomalaeie 
hinwies.  Dem  entsprechend  zeigte  fiicii  der  Beokenausgang 
ixerengt,  und  mein  Freund  war  leider  zu  spät  von  dem  Be* 
stehen  der  Schwangerschaft  .in  Kenntniss  gesetzt  worden, -uro 
«n  die  Einleitung  der  künstlichen  Frühgeburt  denken  7u  können; 


XIII.  SpStM,  Üeber  Perforation  n.  Keplialothryp^ie.      211 

im  Gtgeiitb«il  hftttl,  aaeb  der  Rechnung  za  $chlie»8en,  die 
Niederkunft  schon  14  Tage  früher  pintreien  sollen.    Um  die 
aa  sich  schwachen  Wehen  etw^s   eoei^scher  zu  gestalten, 
hatte  Dr.  B.  zwei  SecaleiNilver  gereicht,  jedoch  ohne  weaeat«- 
licben  Erfolg.    Auf  dieses  Referat  hin  Uess  sich  nicht  leicht 
ein  bestimmter  Ralhschlag  ertheilisn;  jedenfalls,  so  viel  stand 
sicher,  handelte  es  sieh  uin  einen  schwierigen  Fall,  wo  oichlj» 
erzwungen  werden  konnte,    und  ich  eröffnete  daher  meine 
Ansicht,  dass  man  zwar  einstweilen  geduldig  zuwarten,  ander- 
seits aber  etwas  thun  müsse,  um  das  Orificium  zur  völligen 
Eröffnung  zu  bringen  und  die  Wehen  auf  unschädliche  Weise 
m  verstärken«   In  dieser  Hinsicht  schien  mir  am  Passendsten, 
die  warme  Uterusdouche  in  der  Temperatur  von  30^  Reaumur 
EU  appliciren,  und  bändigte  zu  diesem  BehutB  den  in  meinem 
Besitze  befindlichen  JSraun'schen  Apparat  aus.   Diese  Appli- 
^  cation  «musste   indessen   wenig   geGruchtet  haben,   denn  um 
5  Uhr  kam  der  Ehemann  selbst  zu  mir,  mit  der  Bitte,  sein^ 
Frau  bald  zu  besuchen«  da  noch  Alles  in  demselben  Zustand^ 
sich  befinde.    Um  %6  Uhr  daselbst  eintreffe]|d  traf  ich  eine 
sdiwächlicbe,  nicht  viel  über  4  Fuss  hohe  Person  wehklagend 
im  Bette;  das  Fruchtwaeser  war  vor  drei  Stunden  abgf^ossen 
nnd  jeden  AugenbUck  traten  ungeoAgBude,  kurz  ahgebroebeiie 
Weben  ein.    Die  Untersuchung  ergab  einen  bedeutenden,  hart 
HizuliQUeoden  Hängebaucb;  rechts  oben  kleine  Kindestbeile, 
Beckenausgang   im  Querdurchmeaser  auf  ungefähr  27«  Zoll 
verengt,  die  Schambageaj&cbenkel  convez  nach  innen  gekrümmt, 
so   das»    ich   zm*  Moth  zwei  Finger  in  die  Höhe   ^hiebe» 
konnte    und   über  der  Synq)hy8e  mit  der  Spitze  des  Zeige^ 
fingers   erreichbar  den  ziemlich  feststehenden  Kopf  in  erster 
Lage.      Die   Auscultation    ergab    nur   Uteriugeräusch,    keine 
ftfvztöne  und  an  dem  Tode  des  Kindes  war  wenig  zu  zweifeln. 
Ich  kaan  nun  mit  meinem  Freunde  überein,  dass  unser  Ein* 
scfareiCea   allerdings  darum  höchst  wünsehiwsweith  sei,   weil 
wir    durch    längeres    Zuwarten    schwerlich    etwas   gewinnen 
würdoi.     Wie  aber  diese  Hülfe  beschaffea  sein  sode,   dies 
machten  wir  zum  GegeuetaiMle  unserer  Besprechung,  während 
meine    Instrumente  geholt  wurden.    Die.Osteomalacie  stand 
aasser  Zweifel;  wenn  auch  nicht  mehr  activ,  hatte  sie  doch 
ihrProdact  gesetzt,  eine  Beckendeformität,  welche  wesentlich 


212     ^lli'    Spöndli^  lieber  Perforation  n.  Kephnlotbrjpste. 

den  Qaerdarchmesser  des  Ausganges  unJ  den  Soboossbogeu 
rerehgerte;  da  wir  aber  keine  andere  in's  GefAhl  fallende 
Verengerung  entdeckten,  konnten  wir  uns  vor  der  Hand  den 
bleibend  hohen  Kopfstand  nicht  erklaren.  Und  docji  saaa 
gerade  in  dem  letzteren  Umstände  die  hauptsächlichste  Schwierig« 
keit.  Was  üun  die  yerschiedenen  Operationsniethoden  betraf, 
welche  in  Frage  kommen  konnten,  do  verwarfen  wir  den 
Kaiserschnitt  erstens,  weil  die  Frucht  wahrscheinlich  todt 
war,  zweitens  wegen  der  offenbar  ungunstigen  Prognose  in 
diesem  speciellen  Falle  und  drittens,  weil  sich  die  Verengerung 
wesentlich  auf  einen  Beckendurchmesser  zu  beschranken 
schien,  auf  dessen  Erweiterung  während  irgendwelcher  Operation 
wir  nach  den  über  Halystheresis  cerea  festgestellten  Thatsachen 
hoffen  durften.  Wir  kamen  deshalb  überein,  in  erster  Linie  die 
Zange,  in  zweiter  die  Wendung  auf  einen  Fuss  und  in  dritter 
die  Perforation  sammt  Kephalothrypsie  zu  versuchen.  jBrst 
a  posteriori  waren  wir  einzusehen  ermächtigt,  dass  es  vielleicht 
gescheidter  gewesen  wäre,  den  dritten  Weg  gleich  von  vorn- 
herein einzuschlagen.  Man  macht  eben  seine  Erfahrungen, 
um  dieselben  bei  analogen  Fällen  verwerthen  zu  können. 

Um  %7  Uhr  nun  ward  Frau  R.  auf  das  Querbeite  ge- 
lagert, wozu  ein  Tisch  dienen  musste.  Ich  versuchte  bei 
vollständig  geöffnetem  Muttermunde  und,  wie  mir  schien,  etwas 
tiefer  stehendem  Kopfe  die  Locher'^he  Zange  einzuführen, 
konnte  indessen  nur  das  linke  Blatt  einbringen,  indem  für 
das  rechte  unter  dem  Schoossbogen  schlechterdings  kein  Platz 
mehr  übrig  blieb.  Die  erste  Methode  war  somit  beseitigt, 
ich  nahm  das  Blatt  wieder  herum  und  versuchte  behufs  der 
Wendung  die  linke  Hand  einzuleiten.  Aber  nicht  nur  das 
Einbringen  war  schwierig  und  schmerzhaft  für  die  Gel)ärende, 
'  sondern  ich  vermochte,  über  den  Beckeneingang  gelangt, 
durchaus  nicht  neben  dem  Kopfe  in  die  Höhe  zu  dringen, 
der  nach  hinten  wenig  Raum  offen  Hess;  ein  Gebärmutterriss 
wäre  die  unausweichliche  Folge  gewesen.  Ich  fährte  deshalb 
die  Hand  wieder  ein  und  griff  unverweilt  zum  Trepan  von 
Kiw%9ch\  gedeckt  und  tixirt  von  der  linken  Hand  brachte 
ich  denselben  so  genau  als  möglich  an  die  rechte  Parietal- 
gegend,  während  mein  Freund  von  aussen  den  Schädel  ent- 
^e^enzudrücken  strebte,  setzte  den  Bohrer  in  Bewegung  und 


XIII.    SpattdU^  Ueber  Perforation  n.  Kephalothrjptie.      213 

sog  ihn,   uacbdem  er  sein  Werk  gethan,  zurück.     Obschon 
ich  aber  zum  Zwecke  genauer  Fixation  das  Instrument  unter 
Rflckwärtsdrängung    des   Dammes    beinahe   vertikal    gesenkt 
baue,  eetgte   sich  dennoch  bei  der  Untersuchung,  dass  der 
^hädel   in  Folge  seines  hohen   Standes  nur  theilweise  an- 
gesägt   und    entblösst    worden    war;    die    Hirnhäute    waren 
anverletzt,    und    alle   Versuche    mittels   Finger,    Eisendraht, 
Scheere,  dieselben  zu  durchbohren,  scheiterten  an  der  Zähig- 
keit der  Dura  Mater   und   an  der  Unmöglichkeit  vertikaler 
Einffifarung;  die  Instrumente   drangen  wohl  ein,   glitten  aber 
xwiscben    dem    Schädeldache    und    den    Gehirnhäuten    nach 
rückwärts.    Das  gleiche  Schicksal,   mein  Freund   löste   mich 
gelrenlich  ab,   hätten  wir   naturlich  bei  einer  erneuerten  An- 
wendung des  Trepans  in  dieser  Lage  der  Gebärenden  erfahren. 
In  dieser  Verlegenheit  nun  kam  mir  der  Gedanke,  letzterer 
die  Knieeilbogenlage  anzuweisen,  und  ich  kann  nur  bedauern, 
dass  ich  nicht  früher  zu   diesem   Auskunftsmittel   gegriffen; 
wir  hätten  die  Operation  jedenfalls   schneller  und   vielleicht 
auch  gefahrloser  beendigt,   und  ich  mache  deshalb  den  Vor- 
schlag,   in   allen   Fällen   von    Osteomalacie ,    wo    Perforation 
nothwendig   wird,   von   vornherein   sich  dieser  Lage  zu   be- 
dienen.    Denn   es  fiel   sogleich  in   die  Augen,    mit  welcher 
Leichtigkeit  nunmehr  die  Hand   sich  einbringen  liess,   wozu 
allerdings    nebst   der   besseren    Lage    auch    das   beginnende 
Aaseinanderweichen  des  Schoossbogens  das  Seinige  beitragen 
mochte.     Ich   säumte,   hierauf  gestützt,   deshalb   nicht,   den 
Trepan   nochmals   einzuführen   und   zwar  in  die   früher  an- 
gebohrte Stelle.    Die  Eröffnung  gelang  nun  vollkommen  und 
ich    begann    unmittelbar    darauf   die    Excerebration    mittels 
des  Zeigefingers.     So    weit   waren   wir   gekommen    und    es 
handelte   «eh  einzig   noch   um   die   Extraction  des  Schädels. 
Schwierige  Frage.     Man    wii*d    uns    gewiss   keinen  Vorwurf 
daraus  machen,  dass  wir  in  Berücksichtigung  aller  operativen 
Eingrifle,    die    schon    stattgefunden    und    die   Prognose    zu 
trüben   geeignet  waren,   nicht  sogleich  zum  Kephalothryptor 
ichritteo,  sondern  auf  ähnliche  Erfahrungen  basu*end  zuerst  die 
mamiale  Attraction  probirten.    Erst  nachdem  wir  den  Schade], 
einaoder   ablösend,  ziemlich  genähert,   und  zur  Ueberzeugung 
fekomoien,   dai^s   Fortschreiten    auf  diesem  Wege   blos   zur 


214     XI^'-   Spondlif  Ueber  Perforation  xl  KephalothrTpsi«. 

gefährlichen  Lösung  immer  mehrerer  Knothenstücke  fnhreA 
könne,  und  nachdem  wir  in  Erfohrung  gebracht,  dass  auch 
der  Beckeneingang  nicht  die  wAttschens^verthe  Räumlichkeit 
besitze,  sondern  die  Schädelbasis  sammt  dem  Gesichte  mehr 
oder  weniger  einkeile,  entschlossen  wir  uns,  wiewohl  ungerü, 
den  Kopfzertninraierer  zu  appliciren. 

Da  wir  die  jetzige  Lage  der  Gebärenden,  aus  welcher 
wir  so  viel  Vortheil  schöpften,  nicht  verändern  wollten,  so 
legte  ich  das  Instrument  mit  abtvärts  gerichteter  Becken- 
krümmung an,  setzte  den  Compressionsfipparat  in  Bewegung 
und  begann  hierauf,  eine  behutsame  Traction  aus2ufRhren. 
De^*  Schädel  wich  ziemlich,  aber  das  Instrument  drohte  bald 
abzugleiten  und  musste  entfernt  werden.  Es  kam  nun  ein 
zweiter  monualer  Extractionsversuch,  und  als  auch  dieser 
nichts  ausrichtete,  getraute  ich  mir  nicht,  den  Rephalolhryptor 
nochmals  in  der  Knieellenbogenlage  anzulegen,  sondern  wies 
zu  diesem  Bchufe  der  Gebärenden  die  gewöhnliche  Ruckenlage 
auf  dem  Querbette,  jedoch  mit  sehr  flach  liegendem  Rflcken, 
an.  Jetzt  gelang  die  Application  vollkommen  und  ich  erstaunte 
wirklich  darüber,  wie  weit  der  Schoossbogen  utiter  der  Zeit 
geworden,  so  dass  nun  der  Kopfzertrömmerer  ganz  leicht 
da  sich  einbringen  liess,  wo  früher  die  Einleitung  des  zweiten 
Zangenblattes  eine  Unmöglichkeit  gewesen.  Nachdem  ich 
ungeßhr  auf  die  Hälfte  coitoprimirt  hatte,  gab  ich  dem 
Instrumente  eine  diagonale  Richtung  und  begann  zu  ziehen. 
Anfangs  ging  die  Sache  ganz  gut,  der  Schädel  näh^^te  sich 
dem  Beckenausgange  und  die  perforirte  Stelle  gerieth  bereits 
in*s  Einschneiden,  als  der  Kephalothryptor,  veranlasst  durch 
den  weichgedrückten  Schädel,  neuerdings  abzugleiten  drohte. 
Uro  dies  tu  vermeiden,  bat  ich  nun  meinen  Freund,  mit  der 
Hand  die  sichtbar  gewordenen  Theile  zu  fassen  und  krüflig 
zti  ziehen,  während  ich  gleichzeitig  mit  Sorgfalt  extrahirte. 
Dies  combinrrte,  dem  Kritiker  vielleicht  anstössige  Manoeuvre 
hatte  den  gewünschten  Erfoi{^;  der  ganze  Schädel  sebilitt 
durch  und  die  nachfolgenden  Theile  der  Frucht  konnten  ohne 
Schwierigkeit  entwickelt  werden.  Das  Rind  war  weiblichen 
Geschlechtes  und  von  mittlerer  Grösse.  Die  Bofarstelle, 
natürlich  weit  klaflfend,  sass  rechts  vor  der  kleim^n  Fontanelle. 
Fünf  Minuten  später  folgte  die  Placenta.   Um  9  Uhr  veriieMett 


XIII.    8p9>UUif  Uel>«r  Perforattoa  u.  Ke^halothrypsie.     215 

wir  die  Entbundene  in  ordentlichem  Zustande.  Der  Pu]$ 
zählte  58  Schläge.  Das  Wochenbett  schien  sich  ordentlich 
anlassen  zu  woUen;  den  6.  October  glaubte  ich  die  Frau,  ak 
ich  sie  besuchte,  der  Gefahr  enthoben  zu  sein.  Indessen 
vernahm  ich  von  meinem  Freunde,  dass  den  8.  October  eine 
schlimme  Wendung  eingetreten;  Brechen,  Peritonitis,  Tympanie, 
stellten  sich  ein  und  am  12.  October  erfolgte  der  Tod.  loh 
war  dm*cb  die  Entfernung  und  andere  dringende  GeschUle 
leider  verhindert,  der  Autopsie  beizuwohnen,  welche  am 
folgenden  Tage  stattfand;  Dr.  B.  hatte  indessen  die  Güte,  mir 
deren  Resultat  mitzuthaileo.  Er  fand  Metrohymenitis  mit 
plastischer  Peritonitis;  das  Knochengeräste  war  wieder  un- 
bicgsam  geworden,  der  Schoossbogen  spitzwinMig  und  kaum 
für  zwei  Finger  durchgingig.  Kreuz-  und  Steissbein  waren 
ober  Gebühr  gekrümmt*  Die  Conjugata  des  Einganges  betrug 
3Vs  Zoll,  diejenige  des  Ausganges  3  ZoIL  Der  Querdurch'* 
messer  des  Einganges  zeigte  sich  gar  nicht,  derjenige  des 
Ausganges  aber  auf  2%  Zoll  verengt. 

So  weit  reiclien  meine  Erfahrungen  über  Perforation  und 
Kephalothrypsie;.  ich  hoffe  nicht  in  den  Fall  zu  kommen, 
dieselben  so  bald  wieder  bereichem  zu  können.  Mein« 
Resultate  waren  im  Ganzen  genommen  nicht  ungünstig,  denn 
ich  verlor  von  10  Personen  2.  Mein  Verfahren  in  jedem 
einzekien  Falle  zu  beurtheilen  überlasse  ich  dem  Kritiker;  ich 
habe  ihm  den  Weg  dazu  mehrfach  gezeigt.  Je  mehr  ich  aber 
mit  dem  Kepfaalotbryptor  und  dessen  Yerhältniss  zum  Trepan 
in  verschiedenen  Fällen  bekannt  wurde,  desto  melir  musste 
sich  mir  d^  Gedanke  aufdrängen,  dass  wir  hierin  eine  com*- 
binirte  Operationsmethode  besitzen,  welche  durch  niolits 
anderes,  und  aoeh  nicht  durch  den  Cranioola^,  ersetzt 
werden  hantt. 


216  XIV,     BM,  Bericht  fIbM-  die  Voi^oge 


XIV. 

Bericht  ttber  die  Vorgange  im  Eönigl.  Entbindungs- 
Institute  der  Universität  zu  Halle  und  der  damit  in 
Verbindung  stehenden  Poliklinik  für  Gebnrtshttlfe, 
Frauen-  und  Einderkrankheiten  im  Jahre  18S7. 


Dr.  A.  F.  Hohl. 

A,    Institut. 

Aus  dem  vorigen  Jahre  war  Bestand  16  Schwangere 
und  eine  Wöchnerin  mit  einem  Rinde.  Neu  aufgenommen 
wurden  111,  darunter  eine  Kranke,  die  gebessert  entlassen 
wurde,  zwei  Schwangere  verliessen  unentbunden  die  Anstalt 

Es  kamen  115  Geburten  ?or,  daruuter  zwei  Zwilltngsr 
geburten;  59  Knaben  und  58  Mädchen  wurden  gd>oren; 
tu  Wöchnerinnen  verliessen  gesund  die  Anstalt,  eine  stari» 
und  vier  mit  drei  Kindern  und  neun  Schwangere  blieben 
Bestand.  Von  den  Kindern  wurden  107  lebend  geboren,  fünf 
waren  unter  der  Geburt  und  fünf  schon  längere  Zeit  vorher 
gestorben,  theil weise  frühzeitige,  13  Kinder  starben  in-dw 
Anstalt     91  wurden  gesund  entlassen. 

Es  wurde  84  Hai  die  erste,  23  Mal  die  zweite  Scheitel- 
beinßlage  beobachtet;  2  Geburten  verliefen  in  unbeobachteten 
Schädellagen,  2  in  erster  Gesichtslage;  2  in  erster  und  4  in 
zweiter  Steisslage. 

Von  den  Geburten  verliefen  107  regelmässig,  2  wurden 
durch  Arzneien  geregelt,  6  wurden  operativ  beendet;  die 
vorgenommenen  Operationen  waren  3  Mal  Anlegung  der 
Zange,  1  Mal  wegen  Blutung  und  2  Mal  wegen  Syphilis  der 
Mutter,  3  Mal  Lösung  der  Placenta. 

Von  den  Schwängern  erkrankte  1  an  Catarrhbronch.  (geh.), 
2  an  Status  gastricus  (geb.),  1  an  Intermittens  tertiana  (geh.), 
1    an   Interm.   larvata   (geh.),    1    an   Erysipelas   faciei   (geh), 
1    an   Blepharitis   glandularis   (geh.),   1    an   Urticaria   (geh.),    . 
1    an   Tenalgie   crepitans  (geh.),    1    an  Tic  spasmodique  lat. 


im  R.  RnftbWidfin^ftiBiititiite  <l«r  UniTernUKt  sq  Halle  etc.     2f  7 

(k»tri  (ungebeiil),  2  an  Sypbüb  sec.  (der  medieiMsobett  Klioik 
öbergeben). 

Von  den  Wöchnerinnen  erkrankten:  10  an  Cal.  gastricoa 
(geb.),  3  an  Cat  intest  (geh.),  4  an  Mamill.  excotiaU  (geb.), 
2  an  Obstniclio  alvi  (geb.),  2  an  Oophoritis  (geh«),  2  an 
Periostitis   peivis   (geb.),   2    an  Mastitis   glandularis   (geh.), 

2  an  Peritonitis  partialis  (geh.),  1  an  Abseess.  regionis 
lomb.  (geb.),  1  an  Dolores  post  partum  nmiii  (geh.),  1  an 
Variolois  (geh.),  1  an  Lympbangioitis  (geh.),  1  an  Phlebitis 
emralis  (gestorben). 

Von  den  Kindern  litten  5  an  Ancbyloglosson,  2  an 
Aphthen  (geb.),  2  an  Mastitis  (geh.),  10  an  Atrophie  (gest), 

3  an  Blennorrboea  oculonim  (geh.),  1  an  Eclampsia  (gest), 
1  an  Variolois  (war  geimpft  und  wurde  geheilt),  2  an  Syphilis 
eougenita  (gest),  1  an  Haemorrhagia  ex  intestino  recto  (geheilt). 

Januar.     11  Geburten. 

Bei  einer  Primipara  von  30  Jahren  sahen  wir  uns  sur 
Anwendiaig  der  Zange  genöthigt  Als  nämlich  der  Kopf  in 
zweiter  Scbeitdlage  am  Beckenausgange  stand,  erfolgte  eine 
fortdaaemde  rieselnde  Blutung,  die  nur  während  der  seltenen 
Wehes  pausirte.  Blit  der  der  Geburt  des  Kindes  folgenden 
Wehe  hörte  die  Blutung  auf;  es  fand  sich  aber  auch  die 
Piacenta  in  der  Scheide,  so  dass  sie,  wie  wir  ▼ennuthet 
hatten,  wahrscheinlich  schon  während  der  letzten  Zeit  der 
Geburt  tlieilweise  gelöst  war  und  so  die  Blutung  veranlasst 
hatte.  Die  betreffende  Wöchnerin,  die  schon  in  der  Schwanger- 
schaft an  einem  Status  gastricus  behandelt  worden  war, 
bekam  einen  Catarrhus  intestinalis,  der  erst  nach  längerer 
Zeit  unserer  Behandlung  wich. 

VckD  den  Wöchnerinnen  erkrankte  eine  Primipara  von 
26  Jahren  an  Mastitis  glandularis,  die  in  Eiterung  überging. 
Das  Kind  starb  am  17.  Tage  an  Convulsionen.  Bei  der 
SeeüoB  konnte  keine  Veraniassang  dazu  aufgefunden  werden. 
Eine  Primipara  von  24  Jahren  und  kräftigem  Körperbau, 
ierea  Geburt  ganz  mrmal  verlaufen^  war,  erkrankte  im 
Wodienbette  unter  Erscheinungen,  die  auf  eine  Entzündung 
des  Sympliysis  pubis  zu  sobliessc»  bereehtigten.  Es  wurde 
Calomd  gegeben  und  an  die  Stelle  Blutegel  geseUt  und  dann 


218  3C1V.     HM,  Bericht  aber  die  Vorging;« 

OmuentDOi  hydrat^r.  cinor.  emgertebHi,   worauf  die  lunMk«- 
haften  Erscheinungen  bald  schwanden. 

Februar.     15  Geburten. 

Eine  Primipara,  die  Zwillinge  gebar,  aolke  sdioa  vor 
ihrer  Schwangerschaft  zu  sehr  unregeknlssigen  Zeiten  leichte 
epileptische  Anfölle  gehabt  haben,  die  abec  in  keiner  Beiiefaung 
itt  den  menstrualen  Vorgängen  standen  und  in  der  Schwanger- 
schaft auch  nicht  'beobachtet  wurden.  In  der  ersten  Gebort»» 
seit  traten  einige  Anfalle  leiditer  Gonfulsionen  wihrand  der 
Wehen  ein,  in  denen  auch  das  Bewusstsein  gesidrt  war. 
Der  Grund  schien,  zum  Theil  wenigstens,  in  einer  spaBtischen, 
Contractfon  des  Multermundes  zu  liegen  und  besonders  fius 
diesem  Grimde  wurden  12  Tropfen  Tel.  thebaica  in  wanaeoi 
Thee  gegeben.  Die  erwähnten  Fälle  blieben  danach  weg, 
doch  traten  zeitweise  während  der  Wehe  zuckende  Bewegungen 
des  linken  Schenkels  ein,  die  sich  manchmal  über  die  ganze 
Hnke  Eörperhälfte  verbreiteten. 

Die  Zwillinge  stellten  sich  in  erster  Scheitel^  und  sweiler 
Steisslage  zur  GeburL  Es  waren  beides  Mädchen  von  iy^  ^^«^ 
die  beide  nach  vier  und  sechs  Tagen  an  Schwäche  starben. 
Die  Nachgeburt  liess  eine  Plaeenta,  ein  Ghorien,  dagegen 
zwei  Amnios  erkennen. 

Die  andere  zweite  Steisslage  wurde  bei  einer  Mnltipam 
von  31  Jahren  beobachtet,  die  in  der  letzten  Zeit  der 
Schwangerachaft  an  heftigen  halbseitigen  Kopfschmerzen  litt, 
die  anfangs  durch  Chloroform  auf  Baumwolle  in's  Ohr  gebracht 
gelindert  wurden,  q>äter,  als  sie  ^nen  intermittirenden  Charakter 
annahmen,  durch  Chinin  beseitigt  wurden.  Der  Steiss  stand 
ziemlich  lange  in  der  Schamspalte,  ehe  die  hintere  Htifte 
ti>er  den  Damm  trat.  Da  die  Pulsationen  in  der  NaMschnar- 
aussetzten,  so  wurde  sofort  zur  Extraction  geschritten,  di« 
ohne  Schwierigkeit  gehng,  aber  das  Kind,  dessen  Her«  noek 
längere  Zeit  pulsirte,  erholte  sich  trotz  aller  Belebung»- 
versuche  nicht 

Eine  Primipara  von  23  Jahren  erkrankte  im  Wochenbette 
an  partieller  Peritonitis,  die  die  Anwendung  des  Caloniels 
und  starke  örtliche  Blutentziebung  mit  nachfolgender  Einreibwig 
von  Ungt  neapolil.  und  Auflegen  von  Cataplasmen  erforderte. 


Im  K.  EntMndaDgAinititnte  der  UnWeraltft«  mn  ff*lU  ete.      219 

Bei  einer  Primipara  von  23  Jahren  war  weder  bei  der 
Geburt  irgend  eine  Spur  Ton  Syphilis  bemerkt  worden,  noch 
liess  die  genaue  Untersuchung  der  Person  iro  Woeheiibette 
irgend  etwas  auffinden.  Trotzdem  erkrankte  das  Kindtin* 
Tage  nach  der  Geburt  ad  einer  Haotalfection,  kleinen  KndidMi« 
die  nach  Sitz,  Färbe  u.  ».  w.  kernen  Zweifel  an  congenitaier 
Syphilis  aufkommen  Hessen.  Dabei  wurde  das  Kind  acbneil 
atropliisch  und  starb  vierzehn  Tage  alt,  während  die  Mutter 
▼oUständig  wohl  blieb. 

März.     11  einPache  und  1  Zwilüngsgd^urt.  ~ 

Bei  dieser  stellte  sich  das  erste  Kind,  ein  MSdcben  in 
zweiter,  das  zweite,  ein  Knabe,  in  erster  Steisslage  zur  Gebort 
Die  Kinder  wogen  SVs  und  6V2  PM.,  das  kleinere,  tn^ 
geborene,  war  schwächlich  und  starb  nach  wenigen  Tagen. 
Die  Nachgeburt  bestand  aus  einer  Placenta  ton  1  Vz  PHL,  einem 
Chorion,  doch  aus  zwei  Amnios. 

Bei  einer  Multipara  fanden  wir,  als  der  Kopf  ^ben  in 
die  obere  Apertur  antrat,  schon  die  kleine  Fontanelle  nach 
Tom  nur  wenig  links  von  der  Symphyse  stehen,  so  dass  die 
Pfeilnaht  fast  im  geraden  Durchmesser  des  Beckeneinganges 
verlief.  In  dieser  Stellung  blieb  der  Kopf  bei  seinem  dadurch 
etwas  vergrösserten  Durchgänge  durch*s  Becken  bis  zum  Auik 
tritte,  wonach  die  gewöhnliche  Drelmng  bei  einer  ersten  Lage 
mit  dem  Gesiebte  nach  rechts  erfolgte.  Am  Becken  liess  sich 
auch  nach  der  Geburt  kein  Grund  für  diese  Kopfatellung  finden. 

ßne  Multipara  von  32  Jahren  litt  an  Tic  spasroodique 
der   rechten  Gesichtshflfte   und  an  starken  Varicositftten  an 
den  unteren  Extremitäten,  besonders  am  linken  Untersehenkel, 
an   dem   sie  daher  auch  einen  Schnürstrumpf  trug.    Wenige 
Tage    nach  der  leichten   Geburt  fing  die  Person  an,    über 
Schmerzen  im  linken  Unterschenkel  zu  klagen,   bei  der  Be* 
rQfarung  der  Venen  nahm  der  Schmera  sehr  zn,  es  flUilten 
sidi   dieselben  hart  an  und  waren  hier  und  da  deutlicb  ^Ift 
röthliche   Streiftti   in   der   Haut    sichtbar.     Es   traten   auch 
SdiQttelfinftste  zu  unregelmllssigen  Zeiten  ein  und  die  Lodiien, 
die  bis  dahin  regelmüssig  geflossen  waren,  wurden  Qbelrieebetid 
nnd  ikiistfarbrg.    Der  Uterus  fahlte  sioh  grösser  an  und  weniger 
hart.    Zu  den  Erscheinungen  der  Phlebitis  gesellten  sich   niM^ 
noch  Respiratibnsbeschwerden,  die  nicht  auf  eine  cntzündliclke 


220  XIV.     Hohl,  Bericht  iiber  die  Vorgüiige 

AffieciJmi  der  Luftwege  und  Loogen  zuiHlokgefMirt  werden 
konnten,  und  die  endlieh  unter  den  Erscheinungen  des  Lungen-^ 
Ödems  am  16.  Tage  des  Wochenbettes  dem  Leben  ein  Ende 
machten.  Nd>en  der  örtlichen  Behandlung  der  Phlebitis  wurde 
anfangs  innerlich  Calomel  gegeben,  dann,  als  die  Schüttelfröste 
eintraten,  Salzsäure  und  zuletzt,  als  die  Respirationsbescb werden  ' 
sehr  in  den  Vordergrund  traten,  Flores  Benzoes  mit  Camplier. 
Zu  erwähnen  ist  nur  noch,  dass  der  Tic  spasmodique  trotz 
der  schweren  Krankheit  bis  zur  Agone  fortdauerte. 

Bei  der  20  Stunden  darauf  angestellten  Sectionfianden 
wir  die  oberflächlichen  Venen  der  ganzen  linken  unteren 
Extremität  blutleer,  ihre  Wand,  besonders  auflallig  an  der 
Saphena  verdickt,  auf  der  Innenfläche  rötlilich  gefärbt 
Thromben  hier  oder  in  den  Beckenvenen  aufzuflud<*n,  gelang 
uns  trotz  aller  Muhe  nicht  Die  Vena  cruralis  war  normaL 
Im  subcutanen  Zellgewebe  der  linken  Wade  fand  sich  ein 
Abscess,  etwa  2V2  Zoll  im  Durchmesser,  der  dünnen  jauchigen 
Eiter  enüiielt  Der  Uterus  war  gross  und  schlafl*,  an  der 
Placentarstelle  sassen  einzelne  schmierige  Blutcoagula  auf. 
Die  übrigen  Beckenorgane  waren  normal,  im  rechten  Ovarium 
ein  frisches  Corpus  luteum.  Die  Organe  der  Unterleibshöhle, 
in  der  nur  wenig  klare-  Flüssigkeit  gefunden  wurde,-  zeigten 
keine  Abnormität  In  der  Brusthöhle  befanden  sich  beidei*seits 
einige  Unzen  beller  Flüssigkeit,  die  Lungen  collabirten  bei  der 
Eröffnung  des  Thorax  nicht  und  waren  durch  und  dui'ch, 
besonders  an  den  hinteren  Partieen  ödematös;  naeh  Ein- 
schnitten floss  das  Wasser  mit  wenig  Blut  gemischt  und 
wenig  Luftblasen  zeigend  in  grosser  Menge  aus.  Das  Herz 
war  normal.  Ebenso  fand  sich  am  Gehirne  nichtsAuffallendes 
und  konnte  eine  Ursache  zu  dem  clonischen  Gesichtskrampfe 
nicht  nachgewiesen  werden. 

Bei  einer  Primipara  war  in  der  Nachgeburtszeit  eine 
etwas  stärkere  Blutung  eingetreten ,  die  aber  nach  dem  Weg- 
nehmen der  Placepta  aufhörte.  Im  Wochenbette  erkrankte 
die  Person  anfangs  unter  den  Erscheinungen  eines  febrilen 
gastrischen  Catarrhs,  welcher  letztere  unter  Anwendung  eines 
Enieticums  ziemlich  verschwand,  doch  dauerte  das  Fieber 
fort  und  man  konnte  eine  Oophoritis  lat.  sinist  ifiagnosticiren. 


im  K.  Kutbiadnugsmititote  der  UairerMtlt  ku  Halle  ete.     221 

Dieselbe  wieh  zwar  auch  unserer  örtlichen  and  attgemeineu 
Behandlung,  die  Wöchnerin  erholte  sieh  aber  nur  langsam 
wieder. 

Eine  Multipara   von  39  Jahren    hatte   leicht   in    erster 

Scheitelbeinsiage  geboren.     Im  Wochenbette  erkrankte  sie  an 

Peritonitis,  die  aber^  ehe  es  noch  zu  einer  bedeutcfnderen 

Exsttdatabsetzung   kam,    ausser    örtlichen    und   aMgemeineii 

Behandlung  wich.    Ihr  Sitz  war  mehr  in  der  rechten  ^it«; 

der  Leib  sehr  at^etrieben  und  empfindlich  gewesen.    Darauf 

klagte    die   Person   über  'Schmerz    im  Verlaufe   des  ganzen 

rechten  Schenkels,  der,  wie-  aus  den  objectiven  Erscheinungen 

bestimmt  geschlossen  wurde,  seinen  Grund  in  einer  Lymphangoitis 

der  betreffenden  Extremität  hatte.    Es  wurde  längs  des  Ver» 

laufs  der  gerötheten  Gefisse  Ungt.  neapoht.  eingerieben  und 

das  ganze  Bein  fortwährend   mit  warmen  Fomenten  bedeckt. 

Trotzdem  kam  es  zur  Bildung  von  Eiter,  der  sieh  längs  der 

Gelasse  an  etwa  sechs  Stellen  einen  Weg  nach  aussen  bahnte. 

Die  Ueinen  OeSnungen  heilten  nach  und  nach  wieder  zu, 

nur   eine,    etwa   in   der  Hitte   des  Oberschenkels    entleerte 

längere  Zeit  einige  Tropfen  Eiter.    Während  dieses  Heilungs* 

processes  klagte  die  Person  Aber  Schmerz  im  linken  Vorderarme 

und    man    konnte    auf   der  -  hinteren   Seite    desselben   eine 

Anschwellung   eiwa    P/s  Zoll   im    Dnrchroesser   ifihlen,   die 

schmerzhaft  war  und  an  der  die  Haut  leicht  gerödiet  schien. 

Einreibungen  von  Ungt  neapolit  und  warme  Fomentationen, 

beseitigten   nach  etwa    15  Tagen  das   Uebel  ganz;  es  kam 

hier   nicht  zum   Aufbruche.     Während   dem   diese  erwähnte 

Anschwelluug  sich  noch  verlor,   trat  Oedem  der  unteren  Ez* 

tremitäten,   zeitweise  auch  des  Gesichtes  und  der  Hände  ein* 

Es  wurde   dagegen  diaphoretisch  verfahren  und  trotzdem  der 

Urin  Eiweiss  enthielt  schwanden  die  Oedeme,    auch   wurde 

d^   Eiweissgehalt  des   Harns   nach  wenigen  Tagen   immer 

geringer,  bis  er  endlich  ganz  fehlte.   Bei  diesen  verschiedenen 

Krankheiten  war  der  Wöchnerin  natOrUch  die  Milch  versiegt, 

das  bei   der  Geburt  schon   schwächliche .  Kind  verdaute  die 

eingeflösste  Nahrung  schlecht  oder  gar  nicht  und  starb  fflnf 

Wochen   ab  atrophisch,   die  Mutter   konnte   aber  nach  sechs 

Wochen  ^e  Anstalt  verlassen. 


222  ^IV.    EM,  Beriebt  über  die  Vorgeage 

Eine  Schwangere  wurde  ia  diesem  Moaale  mBrjüfek» 
faciei  behandett,  dem  eiBe  Febr.  imermitteii»  tertiana  {«Igte. 
Geburt  und  Wodienbett  der  Person  verlief  regelmässig. 

April.    5  Gebarten* 

Bei  einer  kräfligoa,  gesunden  Primapara  fon  23  Jahren 
war  die  Geburt,  bis. der  Kopf  auf  dem  Nittelfleiscbe  stand, 
fanz  Domal  verlaufen.  Jetzt  iraten  aber  convulaivische  Be^ 
wegttngea  des  Kopfes  wahrend  der  ganzen  Dauer  4er  Wehen 
ein,  die  Bulbi  waren  nach  oben  und  innen  gerichtet,  es  zeigte 
sich  Trismus,  der  auch  in  den  Wehenpausen  nicht  ganz 
verschwand.  Der«  Kopf  war  geröihet  und  das  Seasorium 
wahrend  des  Anfalls  nicht  frei,  nur  in  den  Pausen  kehrte 
da»  Bewussisein  wieder.  Gs  wuirden  diese  AoiaUe  für  be- 
ginnende Eclampsie  gehalten  und  wir  waren  zur  Anlegung 
.der  Zange  entschlossen.  Es  erfolgten  jedoch  j^t  ein  paar 
krafUge  Wehen  von  Jenen  Anfillen  begleitet,  wdlebe  die  Geburt 
beeodeteß.  Die  Nab^lschfiur  war  zwei  Mal  um  den  Hals  ge- 
johlongen  und  obgleich  das  Herz  des  Kindes  noi^h  pulsirle, 
gelang  es  nicht,  dasselbe  aus  dem  apoplectischen  Scbeintode 
itt*s  Leben  zuröckzurufen. 

Eine  Primipara,  gesund  und  24>  Jahre  alt,  kam  am 
30.  April  Alorgens,  im  Anfange  des  neunten  Monates,  kreissead 
kl  die  Anetalt*  Vor  etwa  drei  Wochen  wollte  sie  4u  mu*^^- 
massigen  Zeilen  leichte  Frositschauer  emp&aden  und  darauf 
die  Bewegungen  des  Kindes  nieht.  mehr  geföhlt  haben.  Herzttae 
lehken  und  die  Kopfknocben  waren  ganz  auffallend  über 
einander  geschoben  und  bewegUch.  Das  todtfauie  Kind  wurde 
sehr  bald  geboren  und  schien  seit  etwa  drei  Wochen  ab- 
gestorben; 

Eine  im  Januar  entbundene  Primipara,  die  im  damali^sn 
Wochenbette  sdMn  an  den  Erscheinungen  einer  Entzündung 
der  Symphysis  pubis  erkrankt  war,  wunde  wegen  einer 
Steigerung  desselben  Leidens  wieder  au/^noromen.  Die  Person 
konnte  bei  sonst  leidlidbem  WohlbeiBnden  ^eizt  nur  unUer 
heftigen  Schmerzen  gehen  und  stehen,  bei  der  inneren  Unter- 
suchung fühlte  skdi  die  Scheide  feucht,  aber  beiss  an,  jeder 
Druck  gegen  die  vordere  Wand  des  Beckens  war  aber  hochnt 
schmerzhaft,  das  Kreuzbein  und  die  hinteren  ^mphyseo  war^i 


im  K.  Kotbiadwigf iaftitale  der  Ualrenitit  bb  Halle  etc.    22B 

Mht  empftMilkih.  Eine  iialipbloipaCisclie,  beMidtrs  örüiohe 
Bchaadhiog  beMÜisle  ovoh  «Iwa  föftf  Wocb^n  aUe  Symptom«. 

Mai.     16  Gebuiteo. 

Bm  mw  gesuadeo  Ibditipara  voa  ^  lahreo  war  eine 
Stande  oaob  der  regeltiiaeigeii  Qebwti  «ine  heOige  Haeniorrbagie 
in  Folge  von  Atonie  des  Uterus  aii^etreteo.  Aeuaeere  Reiie 
lud  eine  krMlige  Iiijectioo  von  kaUem  Waaaer,  ao«rie  drei 
Dosen  Seeale  cornutum  bewirkten  wieder  kräftige  Coolnütionen, 
ea  trat  Sdiweisa  und  keine  weitere  Siöitmg  ein. 

Bei  einer  JVimipara  von  21  Jahren,  deren  grosae  Scham- 
lippen ▼oUatändig  mit  breiten,  stark  seceraireaden  Condfloiiiea 
besetzt  waren,  eptwicktlten  wir  den  in  s weiter  Scbeiidbein»- 
Jage  tieblehenden  Kopf  mit  der  Zange.  Das  Kind  slarb  am 
achten  Tage  atrophiach. 

Eine  Primipara  erkrankle  im  WochenbeUe  nach  gana 
regelmässigem  Geburlsf^daAife  unter  den  Erscheinungen  eiaea 
fieberhaften  gastrischen  Catarrhs,  dar  durch  wiederfaotte  Emetica 
beseitigt  wurde.  Trotzdem  dauerte  das  Fieber  fort  und  ob- 
gieich  die  Person  nii^|;end,  auch  bei  äusserem  Drucke  über 
Schmerz  im  Unterleibe  klagte,  fand  sich  bei  der  innersn 
Untersuchung  die  linke  Seite  des  fiecheoa,  besonders  ?om 
Schambeine  bis  zum  Sitzhöcker  sehr  empfindlidi  und  wir 
mussten  auf  eine  partielle  ^Periostitis  achhessen.  Dtas  Uebel 
wich  aach  einigen  Tagen. 

Eine  Primipara  von  26  Jahren  g4>ar  regelmässig  einen 
fanitodlen  Knaben  aus  dem  neunten  Monate,  dessen  Nabel- 
achnnr  fest. um  den  Hals  geschlungen  war. 

Juni    6  Geburten. 

Eine  Multipara  erkrankte  im  Wochenbette  an  Varioloia, 
wodurch  aber  der  normale  Verlauf  durchaus  nicht  geslärt 
worde*  Das  Kind,  das  schon  an  leichter  Blennorrhoe  der 
Aogen  mit-  Erfolg  behandelt  worden  war,  wurde  von  una 
soibrt  geimpft  Ab  die  Kjihpocken  sieb  eben  zu  entwickeln 
beganneut  bildeten  sich  am  übrigen  Körper,  doch  in  massiger 
Verbreitung  Varioloiseiuptiooen  aas,  die  in  der  gewöhnlichen 
Zeit  gfinstig  verlirfen. 

JnlL     7  Geburten. 

Eine  geaunde  Primiipara  gebar  nach  sehr  kurzer  Gfdmrts- 
daner  einen  bultodien  Knaben  aus  desfi  Ende  de»  achten 


224  >^1V.     HoMy  Barieht  über  die  VorgXnfpe 

Monates  in  den  uuverleUten  EiiiateD.  Als  Ursache  des  Ab^ 
Sterbens  durfte  man  eine  Strictar  der  Nabelschnur  ansehen, 
die  unmittelbar  über  dem  Nabel  ihren  Site  hatte. 

An  einer  Nachgebnrt  beobachteten  wir  eine  Placenta 
succenturiata,  ein  etwa  thalergrosser  Lappen  war  yon  der 
ti>rigen  Placenta  fast  vollständig  getrennt  und  hing  nur  durch 
rinen  schmalen  Streifen  Placentargewebe  mit  derselben  zusammen. 

AugusL    6  GdMirten. 

Eine  Multipara  glaubte  am  normalen  Ende  der  Schwanger- 
schaft zu  sein,  als  sie  kreissend  ankam.  Es  wurde  jedoch 
ein  lebendes  Kind  von  3  Pfd.  geboren,  mit  allen  Zeichen  der 
Frühzeitigkeit  Es  starb  am  dritten  Tage.  Die  Mutter  wurde 
von  sehr  heftigen  Nachwehen  befallen,  die  zur  Darreichung 
einiger  Dosen  Opium  zwangen,  dann  litt  sie  an  einem  gastrischen 
Catarrh,  der  durch  ein  Emeticum*  beseitigt  wurde  und  verliess 
mit  einem  geringen  Puhnonalcatanrb  die  Anstalt. 

September.    8  Geburten. 

Bei  einer  Primipara  mussten  wir  zur  künstlichen  Losung 
der  vorn  und  rechts  theilweise  adhärirenden  Placenta  schreiten, 
die  leicht  gelang.  , 

October.     7  Geburten. 

Eine  Person  kam  im  Anfange  des  sechsten  Schwanger- 
schaftsmonates  mit  Wehen  in  die  Anstalt.  Der  Muttermund 
erweiterte  sich  bald  bis  zur  Grösse  eines  Thalers  und  noch 
war  der  vorliegende  Thell  nicfal  zu  erkennen.  Plötzlich  floss 
unter  einer  heftigen  W^he  eine  bedeutende  Menge  Frucht- 
wasser ab  und  ein  weiblicher  Fötus  von  6  Zoll  Länge  wurde 
mit  dem  Kopfe  voran  aus  den  Genitalien  ausgestossen.  Es 
fand  sich  eine  grosse  wassergefüllte  Blase  auf  seinem  Kopfe, 
doppelte  Hasenscharte  mit  Wolfsrachen  und  zugleich  gespaltene 
Brust-  und  Bauchwände.  —  Das  Präparat  iiefiudet  sieb  in 
der  Sammlung. 

Eine  Primipara  erkrankte  im  Wochenbette  an  Congestionen 
zum  Kopfe,  die  sich  eines  Abends  bis  zu  gelinden  Delirien 
steigerten  und  nur  die  Folge  hartnäckiger  Verstopfung  waren, 
nach  deren  Beseitigung  sie  verschwanden. 

November.     7  Geburten. 

Bei  einer  Multipara  mussten  wir,  da  trotz  energischen 
Contractionen   des   Uterus   die   Placenta   nicht   ansgestossen 


im  K.  BütbiadiugBinatlliite  der  ITnWersitit  ma  Halle  etc.     225 

wurde,  obwohl  die  vorbandene  HiiUuig  nicht  besonders  heftig 
war,  xur  kftaisCiidien  Entfeniung^  schreiteD.  Es  fand  sich  im 
DIeniB  eioe  auch  von  aussen  fllhB>are  lingßmiige  Einschnflnung 
in  der  Gegend  der  EimnfindiingBsteUe  der  rechten  Tobe  und 
in  dem  dadurch  gebildeten  Sacke  befand  sich  die  Piaeenla, 
die  Boeh  theilweiae  dem  Uterus  adhirirte.  Es  gelang 'nach 
M flhe  sie  Tollständig  au  lösen  und  zu  entfernen. 

December.    13  Geburten. 

Zwei  Mal  wiarde  bei  erster  Scheitdbeinslage  beobachtet» 
die  rechte  Hand  dem  Kopfe  anlag  und  so  bis  nach 
dem  Austritte  aus  der  Scbamspalte  liegen  blieh,  ohne  daas 
dadurdi  irgendwie  der  Geburtsverlauf  gestört  worden  wäre. 
Beide  Kinder  waren  Idein  und  wogen  nur  je  6  Pfund. 

Eine  Multipara  von  29  Jahren  gebar  drei  Wochen  9u 
Mb  einen  Knaboi  von  4Vs  Pf«nd«  welcher  am  zweiten  Tage 
an  ScbwSche  starb.  Im  Wodienbette  klagte  die  Person  nun 
sofort  bei  lebhaft  bewegtem  Pulse  über  Schmerz  in  der  linken 
heg»  Jnmbalia,  dieselbe  fühlte  sieh  hart,  gespanni  und  heiss 
an.  Als  Ursache  gab  die  Person  an,  dass  sie  vor  acht  Tagen, 
cioen  schweren  Korb  auf  dem  Rucken  tragend,  gefallen  sei, 
mid  sich  an  der  betreffenden  Steile  sehr  gestoseen  habe;  der 
Sdunerz  habe  sie  schon  die  ganze  Zeit  aber  beUsligt,  sei 
aber  durch  die  Geburt  sehr  verschUmroert  worden.  Eine 
Entzündung  ier  Weichtbeile  war  jedenfalls  vorhanden,  wir 
vemehteo  dorcb  locale  Blutentziehung  und  Einreibung  von 
Ungtnm  hydrarg.  einer,  dieselbe  zu  zertheilen  und  möglichst 
zn  beschrtaken.  Die  Schmerzhaftigkeit  nahm  dabei  nicht  ab, 
die  AnndiweHnng  nahm  zn  and  der  von  der  Kranken  gefdhlte 
Uzende  Schmerz  in  der  Tiefe  Hessen  den  Ausgang  in 
Eilerang  als  onvermeidlicb  erscheinen.  Wir  Hessen  Cata» 
plasmen  machen  und  nach  ein  paar  Tagen  schritten  wir,  weil 
die  Grieta  iiei  derselben  Seite  auch  empfindlicb  wurde,  also 
Senlning  de»  gebadeten  Eiters  zu  birfiirditen  war,  zor  Oei&iung. 
INenelbe  wurde  mit  kleinem  Stich  gemacht,  es  entleerte  sich 
vieler  nüt  necrotiscben  Zellgewebefetzen  gemisehter  Eiter,  der 
noch  hmge  Zeit  fortwährend  .ausfloss.  Nach  vier  Wochen 
war  die  Wunde  geheik  und  die  StcUe  imschmerzhait 


uf.Oebartak.  1861.  Bd.  X¥U.,  HfU  8.  16 


•^6  311 V.    HM,  Bsrieht  über  die  Voi«ftuge 

B.    Poliklinik. 

Es  kamen  überiunipt  43  Geborten  für,  wonioier  mr 
ZnriiliiigfigebiirteD;  geliorai  wurdtB  47  Kinckr,  danwter 
27  KoakeiL,  luiter  deoen  «io  HydnMephalm  Mid  «ki  ifeiw- 
cqfdidas  und  15  Mäddien;  6  unbeMinniiifn  iGfMeUecbtM. 

^Die  Kindeslagen  waren:  Erste  SchekaHage  L3  Mal;  die- 
selbe mit  VoifaU  der  PiaMscbnur  3  Mal;  di^albe  mit  mA 
hinten  gerichteter  kleiner  Fontanelle  1  Mal  Zweite  Scbeitei- 
.bcanlage  9  Mal;  ersfte  Sieiaalage  1  Mal;  zvMaifte  «Adsslage 
1  Mal;  erste  Schntarlage  2  Mal;  dieselbe  mü  VorfaU  4» 
jwchten  Armes  1  Mal;  dieselbe  aiit  Vorfall  des  linken  Annes 
1  Mal.  Zweite  Sobnlterlage,  KhAm  nach  wom  2  Mai;  die- 
selbe Rücken  nach  hinten  1  Mal.  9  Mal  kamen  mAaBtÜDaee 
Kindeslagen  ¥or;  raad  3  Mal  Abortus. 

Der  Verlauf  der  fieburten  war  8  Mal  aeftMidh,  2  wurden 
durch  Araneien,  1  dia«b  Lagerung  geragnltv  36.«wden 
operativ  -beendet. 

Die  v«rg8|iomnm6n  Operationen  loestendeo  in  Wendaeg 
wegen  .Schulterlage  6  Mal;  Wendnng  aait  falgendar  Extraction 
I  MaL  Anlegung  der  Zange  wegen  Wehnesobwäohe  8  Mel, 
wegen  fehlorkaikar  KopfiBleUiing  5  Mai,  wegen  Beck«a- 
l^schranbing  3  Mal,  wegen  VorfaU  4v  Nabebctauir  S  Mal, 
wegen filutung  1  MaL  *^  W^nahne  dbr  ganx  odertkeilwaiae 
edhärirendcQ  PlaoeoU  «  Mal.   Wegnataie  von  Abonten  &Md. 

Von  den  Müttern  wurden  41  gesund  entlaaeen,  3  etarben 
bald  nach  der  fieburt  in  Folge  von  Anämie. 

Von  den  Küidcm  wunden  36  gesund  enllaasen,  6  wanan 
niofat  lebenafifaig,  damnler  ein  flydnaoqihaiua  M»d  ein  Heaie- 
oepbahie;  todtgeberen  wurden  1&,  darunter  waren  12  imter 
•der  iGebttRt  abgefltorben^  3  achon  Ikagten  Zeit  vorher. 

ianuar.    .4  Geburten. 

Ehe  Midtipaiia  von  86  Jabnm,  deeen  firäbtre  iGabjrtni 
immer  regslmiaBig  Tnnlatrfin  waren,  hatten  wir  schon  in 
<der  SdnnuigecschBft  MbaMbH;  sie  Gtt  an  imechiedenen 
fiescbrnnden,  die  aHe  aelt^  eehr  atariae  Anadehnung 
des  DnterMbas  zurüekgefiibrt  werden  konnten  und  dareli 
das  Tragen  ekwr  LctbUnde  grösatantiwils  beeeitigt  wurde«. 
Wir  hatten  schon  da  mit  grösster  V^abrscheinlicblieit  das 
Vorhandensrfn  von  Zwillingen  angeeosmieH.    Wir  wurden  «ur 


im  K.  BttlUndnngsiiiBtllote  der  UidvAmitit  m  HaUo  etc.     237 

Aebort  garafen  aafih  AiisBtosgang  des  ersteD  Kindes,  das  bei 
userer  Ankaalk  sdioii  vor  «iner  Stiüide  in  erster  Schekeliage 
gdborea  war.  Unmittelbar  .darauf  ^rar  Mie  sehr  heftige 
Hotaig  ekigetinten,  iKe  indess  Tor  «»»ner  Ankunft  sehon 
faul  voUkommeB  aufgehört  hatte.  Wir  Candan  t>ei  der  tuaseren 
Uttteraacbung  avette  Schultarlage,  Kopf  rechts,  Rü^kim  nach 
tm,  der  FöUdpuh  war  eeihr  achwadi  Aber  dem  rechten 
Sehaaabein  au  hören.  Bei  der  kuieren  Unterauchiuig  fiJiden 
wir  dnen  9*ofl8e»  ganz  getösten  Placentariapp««  Unke  und 
UnteB  üegend  und  überzeugten  uns  Yon  der  Richtigkeit  der 
•adi  der  äussere«  Untereueliung  gesteHten  Dia^ose.  Wir 
gingen  sofort  mit  ider  rechten  Hand  2ttr  Wendung  in  die 
HAhe,  die  auf  einen,  den  bAen  Fuss  teichlt  gelang.  Eine 
Wehe  9»har  .den  Rwnpf  des  Kindes  bis  xuin  Nabel;  wir 
Ühllen  die  :Nabateehnur  aieht  «mehr  pulsiren  und  Uesaoa  dahw 
saiwt  die  Extradio»  folgen,  die  leicttf  gelang;  das  Kind  war 
aber  todt  iHid  sehr  Mass.  Der  Uterus  contrahiiie  sich  giHr 
die  N«ehgeburi  wunle  entfiemt  und  es  fand  sich  eine  gemein- 
aaaie  Placenta  mil  einer  heinahe  centralen  losertieoa  der 
Nabeischnnr,  während  die  andere  sieb  am  Rande  fand  ak 
hsertio  velamentosa.     Das  Wochenbnlt  verKef  nofUtA 

JSiae  Primipara  halte  «ns  wenige  Tage  tot  ihrer  deburt 
geff^faa  wegen  heitiger  Atfiembesohwerden.  Wir  teden  die- 
seiben  begrfindet  in  einer  insuff.  ralyulae  mitralia,  die  ein 
flriasignr  Langenoatnrrii  begleitete  und  die  eüie  ödemaftöae 
JÜBsebwelhiBg  der  «untenen  Körperiialfte  bis  ietwas  unter 
4an  Nabel  Termraacht  kalte.  War  beachloe&en,  wenn  sidi 
enteprechende  therapeutische  Naasm^geln  dier  Euetand 
bald  wesent&A  beaaem  solHe,  die  Geburt  ktnstlid) 
«mdeiftan.    Dieanlhe  erfolgte  jedoch  am  dritten  Tage,   ohne 

«na  beobacMet  »i  werden,  von  selbH  «nd  soll  schnell 
senk  Wir  wurden  da»i  gerufen,  weil  nach  der 
(Ukmri  sieb  der  Uterus  nidit  weaenttch  verideinert  hmte, 
aw  fdon  Geintalie«  .  aber  eine  griMse  blaurothe  Geschwulit 
bHwsiftgCe.  Wir  erkamiten  darin  d»e  blutgefQUten  Eihäute, 
eflChüenan  •dureb  Oeffnung  das  Bhit  u»d  suchten  dnnch  Eni- 
kmtnmg  der  Pkicenta  die  iContracticm  des  Uterus  m  ermög- 
Jkbeo  und  m  Meranlasaen.  Wir  fanden  dabd  din  PlaceaSa 
der  rechten  vaiideren  Wand  des  Uterus  fest  adhärirend  und 

15* 


228  ^IV.     HM,  Berielit  fib^r  die  Vorzüge 

musslen  sie  lAsen,  was  uns  bis  auf  eioen  etwa  Ihalergrossen 
Lappen  gelang.  Der  letztere  war  trotz  aUer  MQhe  nicht 
follständig  zu  entfernen  und  trotzdem  der  Uterus,  lder  steh 
wie  ödemätts  anföidte,  sich  nicht  recht  contrahirte,  sistirle 
die  Blutung.  Wir  beschlossen  daher  die  Lösung  des  Restes 
augenblicklich,  wo  die  Person  sehr  anämisdi  und  erschöpft 
war,  nicht  zu  «erzwingen,  sondern  abzuwarten,  ob  wir,  wenn 
die  Person  sich  erst  wieder  etwas  erholt  hStte,  dazu  ver* 
anlasst  werden  würden.  Wir  gaben  etwas  Fleischbrühe  und 
Wein,  auch  eine  Mixtur  mit  Tra  aromatica  adda  in  Zimmt- 
Wasser,  aber  die  Wöchnerin  erhblte  sich  nicht  und  bekan 
keine  feuchte  warme  Haut.  Der  Uterus  blieb  in  seiner 
massigen  Contraction;  Blut  floss  aber  nur  in  sehr  geringer 
Menge  ab.  Zwei  Stunden  nach  der  Geburt  wurde  der  Utems 
von  Neuem  wieder  schlaffer,  es  blutete  wieder  stärker,  wir 
gingen  ein  und  entfernten  jetzt  mit  wenig  Möhe  den  Plaeenla- 
rest,  versuchten  aber  vergebens  durch  Reibungen  und  kalte 
Injectionen  Contractionen  im  Uterus  hervorzurufen  und  in 
kurzer  Zeit  starb  die  Wöchnerin  an  der  Anämie.  Leider 
wurde  uns  die  Section  verweigert. 

Februar.     12  Geburten. 

Zu  einer  Multipara  kamen  wir,  als  bei  stehendem  Frucht- 
wasser und  vollständig  erweitertem  Muttermunde  &er  vorliegende 
Theil  nicht  zu  fühlen  tvar.  Nach  der  äusseren  Untersncbong 
war  fast  mit  Sicherheit  eine  fehlerhafte  Lage  anzunehmen, 
der  Kopf  war  mit  hoher  WahrscheinKchkeit  links  und  der 
Bauch  des  Kindes  nach  vorn  gerichtet.  Wir  dachten  an  die 
Möglichkeit  der  Einstellung  des  Kopfes,  brachten  die  Person 
aufs  Querbette  und  sprengten  die  Bihfiute.  Die  vermutfaele 
Lage,  erste  Schulteriage,  Bauch  nach  vom  War  vorbanden, 
aber  eine  zugleich  vorgefeüene  sehr  grosse  Nabeladmurachlinge 
veranlasste  uns,  von  unserem  vorläufigen  Plane  sofort  ab-^ 
zustehen  und  zur  Wendung  auf  die  Ffisse  zu  schreiten. 
Leider  geläng  es  nur,  den  linken  Fuss  zu  fassen,  der  rechte 
war  selbst  dann  nicht  zu  erreichen,  als  der  Steiss  schon 
etwas  herabgezogen  war,  aber  an  diesem  einen  Fusse  geling 
die  Wendung  nicht,  eben  so  wenig  mit  der  vdlen  Hand  den 
Steiss  herabzuziehen»  Durch  den  doppelten  Handgriir  gelang 
darauf  die  Wendung,  worauf  sofort  die  Puhationen  der  vor- 


im  K.  EntbiBdongsiBftitttte  d«r  UnivertHlit  sn  Halle  etc.     229 

KagoBdeD  Nabdecbtiur  scfawach  uod  unregelmäfisig  wurden. 
Wir  schritten  daber,  von  guten  Wehen  unterstützt,  zur  Ex- 
bPtction,  bei  der  es  misslang,  den  ursprünglich  nach  vorn 
(gebieten  Bauch  des  Kindes  mehr  nach  hinten  zu  bringen« 
Diei  Löaung  der  Arme,  besonders  des  mehr  nach  vom  liegenden 
biken,  war  sehr  schwierig  und  zeitraubend,  der  Kopf  musste 
aui  der  Zange  entwickelt  werden  und  das  Kind  war  während 
der  Geburt  abgestorbea  Nachgeburtsperiode  und  Wochenbett 
veriiefen  normal 

Dieselbe  erste  Scbulterla^e  mit  nach  vorn  gerichtetem 
BaHcb  beobachteten  wir  noch  einmal  bei  einer  Multipara,  die 
sich  ihrer  Angabe  und  der  Untersuchung  nach  erst  Anfang 
des  achten  Schwangerschaftsmonates  befand.  Wir  kamen  dazu, 
als  bei  etwa  thaleiigro^sem  Muttermunde  ein  mit  grünen  Flocken 
gemischtes  übelriechendes  Fruchtwasser  abgegangen  war. 
Heratön^  waren  nirgend  zu  hören.  Die  Wehen  -hatten  seitdem 
last  voUet&ndig  aufgehört  Nach  18  Stunden,  während  welcher 
Zeil  nur  einige  leichte  Wehen  vorhanden  waren,  fanden  wir 
dai  Muttermund  etwas  weiter  und  ziemlich  nachgiebig  und 
versuchten  daher  jetzt,  die  Wendung  zu  madien.  Es  gelang 
dies  aber  nicht,  weil  der  Muttermund  noch  zu  wenig  dehnbar 
war,  imd  erst  nach  30  Stunden  war  er  so  weit»  dass  man 
ebne  Schwierigkeit  mit  der  Hand  eindringen  und  die  Wendung 
leicht  ausführen  konnte.  Trotz  der  schwachen  Wehafi  wurde 
das  faultodte  Kmd  durch  die  Natur  ausgestossen,  aber  es 
Iral  sofort  eine  ziemlich  heftige  Blutung  ein,  die  auch  nach 
Wegnahme  d^  Pkcenta  keineswegs  aufhörte.  Erst  kräftige 
Reibangen  von  aussen  und  innen,  Injectionen  von  Wasser 
iwd  Essig  verm*ochten  mit  einigen  Dosen  Seeale  cornutum 
enischiedene  Contractioneu  im  Uterus  zu  wecken,  in  denen 
er  auch  verharrte.  Dabei  war  die  Person  ein  paar  Mal  ohn- 
michlig  gew<Hrden,  erholte  sich  nach  einigen  Löffehi  Wein 
bald  wieder  und  auch  das  Wochenbett  verlief  günstig. 

Bei  einer  Primipara  von  33  Jahren  hatten  wir  wegen 
des  etwas  besohräokten  Beckenausganges  und  gleichzeitiger 
WdienMhw&ite  die  Zange  im  linken  schrägen  Durchmesser 
aogelagt  und  mit  wenigen  Traclionen  ein  lebendes  Kind  ent* 
wickelt  Eine  sofort  erfolgende  heftige  Blutung  veranlasste 
uns  die  Nachgeburt  gleich  wegnehmen  zu  lassen.    Dabei  hatte 


230  X^^-    ^M,  Bencht  über  die  YorgMt« 

die  Hebainme  forn  and  rechte  iMtn  kMüeti  LupptfH  AMI 
[a^ea  Wh*  tersadiien  ibir  ztf  enCfeiMD^  4»  fticb  d^r  Uten« 
dabei  ab^r  coiRTdlilrtef  m4  nath  ehitil*  ktjeOtiiiD  t^n  Wmmt 
flMt  Eitoig  die  Bluludg  fttäfid,  lieftMi'  wir  davofi.  Vorlfiotg  ab» 
Die  P^aeil  bcffand  sldi  kidficb  wob),  wir  pheM  Trc  «tmimL 
aeid.  in  Zinmitirasäer,  cns^  gehn^  «bar  ntebl,  die  HmMMj^isA 
in  ärwünscbCer  Weise  ta  wedien.  2wei  Sumden  nadi  dar 
fiebürt,  während  welcher  2eil  der  Vvm»  imnier  inmüdl 
hart,  nur  etwas  grösser  gewesen  und  kein  Mai  abg«glnigwi  ' 
Wttr,  ^^«rde  die  Person  pMzlicb  ohnniftc&ü|f,  der  \h&ruA  war 
tHeder  weid»  ond  gross  y  wir  gingen  ani  der  Band  ein  «Md 
dntferlen  mit  vielem  coagnlirlen  Blute  dan  ileat  der  Hac^ita; 
(D^r  Uterus  contrahirte  sich  leidUch,  aber  die  Motung  dafnerte» 
In  geringen)  Grade  fort  Wir  injiejrten  daher  erst  wieder 
Wässer  mit  Essig,  dann  verdfinnten  Uqa.  fern  sesquieMoratif 
worauf  die  Blutung  volbttodig  aufhörte,  ohne  dass  der  Uten» 
t^egelmftssig  klein  und  hart  geworden  wäre.  Der  sehr  ideiine 
Puls  hob  sich  wieder  etwas,  aber  die  Krdfte  der  WöehneriA 
lagen  sehr  darnieder,  sie  wurden  durch  dargereiiiiien  Wein 
nur  wenig  gehoben,  und  eine  Sttmde  nad«  der  letiten  Bhrttti^^ 
^it  der  auch  kein  Tropfen  Blut  afielir  abgegangen  war^  starb 
die  Person.    Die  Section  koimte  nicht  gemacht  werden. 

Zu  einer  Multipara  wurden  wir  gerufen,  wo  for  8  Stunden 
bei  noch  wenig  geMheten  Mutt^tnunde  dae  Fruebtwasaer 
abgeflossen  war  und  neben  dem  in  erster  ScfaeiteUage  slcbendeii 
Kopfe  eine  pidsirende  Nabel^chBurschlinge  rorlag.  Bei  unserer 
Ankunft  w<tr  der  Muttennund  etwa  wie  ehi  Z^itMerstMk 
gross  und  die  Nabelschnur  putsirte  noch  gut.  Die  Hepestta^ii 
der  aus  der  torderen  Beckenwand  berdkgeifallenen  Schlinge 
gelang  auch  nüt  dem  IftcAaeltVsehen  ins^omcDte  radit. 
Die  guten  Wehen  hatten  nach  '/4  Stunden  den  Mntteromiid 
toiletändig  erweitert,  die  Pulsatiooen  der  Nabeieelimr  hAtton 
aber  gan2  au%elidrt.  Wir  legten  sefort  die  Zange. an  imd  mA 
wattigen  kräftigeH  Traictionen  entwickelten  wir  ei»  lodtea  Kind. 

Bei  einer  Mnltipara  auf  dem  Lande  ÜMidea  itir  den  Kopf 
im  Becken  stehend  in  erster  SGbeitelbeinslage,ab€v  die  kteiae 
Fontanelle  nach  hinten  und  dabei  einen  schon  6  Stflnden 
'andauernden  ToUatlndigen  Wdbenmaitgel.  Es  gelang  uns,  den 
Uterus  wieder  etwas  zur  Thitigkeit  aosuregen,   wfr  legftiw 


im  K.  EalMMvagflnilitvi«  dor  Ü^TtrMtm  so  Halle  etc.     2S1 


die  Zange  an  und  moasten  mit  vielw  Hübe  den  Eopf 
aoa  BiMerbam^te  nach  hioten  stehend  eKtrahireo,  da  ea 
gelang,  daaaalbe  naeb  veni  au  bewegen  und  wir  bei 
im  faei  g;ftndicb  Mdenden  Weben  eine  dnrcb  sie  bewirkte 
BvvlaiBg  nicht  erfoigen  sahen.  Das  Kind,  dessen  BuiBiNt 
dae  Geftaae  die  Exiractien  nicht  gana  leicht  macbkif, 


IM  oner  Pmqiara,  die  in  der  Schwangeirftehaft  an 
t  Langioeatacrh  mit  Haemoptoe  litt,  kam  es  Ende, 
de»  aechite»  Monates  su  einer  Frlkbgeburu  Das  Kind  waf 
fanitodt  und  ethnn  v«r  unserer  Ankunfl  der  Angebe  naeb  in 
einer  Schädellage  geboren.  Die  märbe.  Nadigeburt  wurde 
htM  leidit  entfanat. 

Uta.    3  Gebiwten. 

Im  einer  MiiMiwua  kamca  wir  aufs  Land  vier  Stunden, 
nachdem  die  Geburt,  der  Kopfjgeeohwnlat  nach  u  aehhessen, 
im  erster  Scheitelbge  verlaufen  war,  weil  sei|dem  eine  massige 
Bhitnng  foütgedanert  hatte.  Wir  fanden  die  Person»  <fie 
sehen  ein  |nar  Mal  ehnmnahtig  gewerden  war,  ziemlich 
den  Uterus  hart,  aber  noch,  etwas  gross,  die 
dauerte  noch  an.  Von  der  Placenta,  die  aur  ge- 
wJhnMchen  Zeit  von  der  Hebamme  entfernt  sein  sollte,  fanden 
wir  recbis  und  vorn  fielleicbt  neeb  den  dritten  Theil  der 
Iheroswand .  fest  adUbrmid.  Wir  Iteten  den  Lappen  sofort» 
der  Diems  wurde  kleiner,  aber  die  BhiUmg  stand  noch  nicht 
Da  äe  ancb  durch  lajeetionen  von  Wass««  mit 
niebt  ^astiUt  wurde,  pachten  wir  eine  Einsprittnng  mit 
Li^ner  ferri  eesqmcUfar.^  worauf  sie  aufborte.  Durch  dar^ 
gtreiofatfn  Wein  hatts  sich  die  Person  wieder  aemlich  ediolt 
und  der  Uten»  war  gut  eontrahirt,  ab  «lir  sie  ferlieaaen. 
Dan  Wodianhett  verlief  regelmässig. 

AfriL    1  Geburt.    . 

Bei  einer  Primipara,  an  der  wir,  nachdem  sie  der  Er- 
aihhmg  nach  hm  Mnflen  bis  sechsten  Monate  feblgeboren  hatte, 
geraüan  einrden»  weil  die  Blutung  mebfr  aufhören  wollte.  Wir 
faMbo  mmA  einaehie  Stdeke  der  Plaeenta  in  Folge  sehmger 
¥«8iMBdan0Bn  dem  Uteras  fest  anhaften.  Nachdem  wir  die- 
sdboa  mit  viebr  Mdhe  geKst  halten«  stand  die  Blutung  und 
wiiief  dns.Woobenbalt  wie  gewohaheh. 


232  ^^^-     ^Mf  Bericht  aber  die  V^rgßm^ 

Mal     8  Geburten. 

Zu  einer  Multipara  wurden  wir  gemfen,  nachdem  ew' 
Kind  bereits  in  erster  Scfaeitellage  geboren  war.  Der  nödi 
vorhandene  Zwiltiug  stellte  sich  in  xweiter  SoliolCerlUge  mr 
Geburt,  die  rechte  itand  lag  vor  den  Genitalien,  der  ILoft 
rechts  und  der  Rücken  nach  hinten.  Mit  der  reohlcn  ttmi 
ergriffen  wir  ohne  Mühe  den  oberen  linken  Fuas,- an  dorn 
die  Wendung  nach  Emporheben  der  vorüegenden  Sekuünr 
leicht  gelang.  Die  Ausstoesung  des  Kindes  wurde  der,  während 
der  Operation  wieder  erwachten  Weheiithfiti^eil  öberiassea 
und  nur  der  Kopf  leicht  extrahirt.    Das  Kind  4ebte. 

Juni.     1  Geburt 

Eine  Multipara,  die  sich  der  Rechnung  und  äoüs^re» 
Untersuchung  nach  am  normalen  Ende  der  Schwangerschaft 
befand,  hatte  vor  acht  Tagen  zum  ersten  Male  ohne  Schmerzen 
eine  ziemliche  Quantität  Blut  aus  den  Genitalis  Terioren, 
halte  daraiuf  aber  ihre  Geschäfte  »wie  immer  besorgt.  Am 
15.  Jum  Morgens  war  wieder  Blut  d>geflo88en  und  Abends 
▼on  Neuem  und  zwar  der  Beschreibung  nadi  s^r  vieL 
Morgens  hatte  die  zugerufene  Hebamme-  noch  keine  Wehmi 
bemerkt  und  bei  der  inneren  Untersuchung  in  dem  weichen 
Muttermunde  keinen  vorliegende  Theil  gefAhlt  Abends  waren 
deutliche  Wehen  vorhanden,  wir  fühlten  den  Muttermund 
etwa  so  gross,  wie  ein  ViergiroscheDStAck,  die  ganse  vordere 
und  rechte  Partie  desselben  war  von  der  Placenta  bedeckt, 
nur  links  und  hinten  kam  man  auf  freie  Eihäitte  und  fiUdte 
den  vorliegenden  Kopf,  mit  der  kleinen  Fontandie  naeh  vorn 
und  links  gerichtet.  Die  Blutung  hatte  bei  unserer  Ankunft 
schon .  fest  gänzlich  aufgehört.  Das  Befinden  der  Frau  war 
leidlich;  wir  ordinirten  etwas  gesäuertes  Getränk,  ganzmhiges 
Verhalten  und  liessen  die  Weisung  zurück,  uns  sofort  wieder 
zu  rufen,  wenn  die  Blutung  heftiger  werden  sollte,  oder  wenn 
die  Weben,  die,  wie  wir  beobachteten,  sdir  kurz  waren,  heftiger 
werden  sollten.  Nach  etwa  12  Stunden  wurden  wir  wieder 
gerufen.  Bis  dahin  waren  die  Wehen  gering  und  wenig 
schmerzhaft  gewesen;  jetzt  waren  sie  sehr  kräftig  und  häufig 
geworden  und  waren  wieder  von  einen  stärkeren  Bhitverluele 
bereitet.  Wir  fanden  bei  noch  stehender  Blase  den  Nntter- 
mund    fast    vollständig   verstrichen,   rechts   und    vorn   einmi 


im  K.  EDtliftMhiiig*iM^^tt^«  ^«v  UtaTcriüillt  eq  Il«)le  etc. ,     233 


en  Plaoentarlappen.  Dabei  war  der  Kopf  tiefer 
und!  die  Blutung  geriog.  Wir  dfineten  die  EiUute, 
es  floes  eine  uemiiche  MeDge  FnHsbtwaseer  ab»  die  Weben 
Mgefften  aicb  nech  aietar,  die  Bhihing  winrde  durch  den 
nÜDit  feetgealeUten  Kopf  geetillt,  der  auch,  ehe  wir  mcfa  sor 
ApftteatM«  der  Zange  kanen,  durch  da»  BeelieB  Undurch 
getrieben  wmrde.  Wir  exlrafairten .  den  Rampf  sofort,  nad 
oabttMii,  da  der  Uteras  sich  kräftig  eoolrahirte  und  es  fast 
gar  aifdit  bklteie>  die  Pfaicenta  erst  nach  einigen  Minuien» 
als  sie  voUslindig  gelöst  war,  weg«  Dieselbe  war  sehr  dünn 
aad  gross,  8^  breit,  13"  lang  und  hatte  einen  Umfang  voa 
32 '^  Par.  Haass.  Das  Kind  lebte  und  das  Wochenbett  verliei 
DormaL 

JuU.    2  Geburten. 

Bei  einer  Moltqpara  fanden  wir  den  Kopf  in  erster 
Selisitelbeinslage  am  Ausgange  des  Beckens  stehen  und  neben 
ihm  eine  grosse,  aus  den  finsseren  Gesehlecbtstheilen  vort- 
ragende, mir  schwaeb  puteirende  ScUinge  der  Nabelschnur« 
Wir  legten  sofort  die  Zange  an  und  entwickelten  mit  einer 
Tr«cli6n  den  Kopf;  das  Kind,  ^sen  Herz  noch  pulsirte, 
kam  aber  nicht  sum  Leben. 

Zu  einer  gesunden  Primipara  von  19  Jahren  kamen  wir 

vier  Stunden   nach  Abfloss  des  Fruchtwassers.     Wir  fanden 

die  Wehen  gut,  der  Ut«rus,   von  normaler  Gestalt,   liess  in 

aemem  Gmnde  dentHch  kleine  Kindestheüe  durchföhlen,  der 

Fftalpub   war  links   deutlieh   zu   hören*     Der   Muttermund 

hatte  die  Grösse  eines  Zweitbalerstäckes,  sehr  weit  vorn  fUdte 

man  in  3mi  einen  Knochenrand,  sonst  war  er  ganz  von  einer 

wäelmn  pralien  Staue  bedeckt    Wir  mussten  nach  weiterer 

Unleraiicbung  den  vorn  SQhlbaren  KnoGh«Q£and  für  den  Pfeil- 

ndUraod   des   redeten  Scheitelbeines  halten  und  die  pralle 

SteBe  filr  die  grosse  FonQifteUe  und  Pfeihiaht  eines  Hydroa 

eefhaktB.    Nach  vier  Stundoi  war  der  Muttermund  gänzlich 

zorfickgezogen,  der  oben  erwihnte  Kuodbenrand  war  noch  in 

derselben  Höhe   zu  fUden,  die  weichen  Stellen  battea  sieb 

aber  sageqiitzt  und  ragten  bis  auf  den  Boden  des  Beckens 

herab.     Wir  beschlossen,  bei   diesem  Stande  einen  Versuch 

zu  machen,   in  wie  weit  die  Zatage  an  dem  Kopf  halten  und 

zm*  Sztraetffon    nötzen   könnte.     Wir  legten   sie   im  Quer* 


234  XIV.     SiM,  Verlebt  ühw  4to  YMflliife 

iliifidiin6M6r  sh,  lüe  GfMk  stunden  sehr  tteit 
Hessen  sich  aber  gut  {usammendiNksken.  Wir  mwdkUn  Mdm 
Tractionen,  tfassten  flneilvcb  aacb  jeder,  weil  die  Znge  jede» 
Mar  itt's  Gleiten  kai»,  diese^  6Aien  um*  toa  Mewm  «v* 
seliiei^.  Dannch  haftten  wir  aber  Mb  so  iM  fen  i^m 
Kopfe  in  die  Sdnmapalte  fsbra^«  das«  wir  an  den»  beniat 
termig  vorgetriebenen  Tiieil  aelbet  nit  der  Hand  ziclien  i 
Hfld  leicht  einen  KnabM  entmekeltcn '  mit  einetai 
HydroeepheluB,  bedeutender  Spina  hflkia  in  der  Lendengegead 
«ml  beideraeifs  Fes  vania  befaeflet  Das  Herae  desselben 
polsirte  noeh  eine  Zeit  iMig,  swn  ordenUkhen  LdKo  ]mm 
er  aSeht 

August    Keine  Gebort 

September.    5  Geburten. 

Bei  einer  MuMipera,  die  einen  starkfsn  Hängebaueb  hatte, 
erkannten  wir  als  bei  einem  Nottenuwide  von  der  Griaae 
eines  Zweitbalerstilekee  das  Frucbtwaseer  abgeflossen  war« 
mit  vieler  Mdhe  den  sebr  ho^  siebenden  Kopf,  dessen  gnaeae 
Fontanelle  gerade  in  der  Mitte  und  sehr  naeh  hinten  stand. 
Wir  hofften  bei  den  sehr  guten  Wehen  durdi  passende  Unler*- 
statzung  des  Hängebaoches  zeitweiser  Lage  auf  der  hnlMn 
Seite,  wo  von  aussen  der  Rüeken  des  Kindes  liegend  geffiahtt 
wurde  eine  bessere  Stellung  des  Koples  und  damit  EinalelhH^g 
dessdben  au  bewerkstelligen*  WM^end  4er  48  folgenden 
Stunden  blieb  jedodi  der  Stand  des  Kopfes  irat  deraeibe, 
die  Heraitoe  des  Kindes  wurden  aber  sckwfteiier  und  das 
zeitweise  noch  abfliessende  Fruchtwasser  war  mit  MeconioBi 
veranreinigt.  Wn-  versuchten  durch  inneraa  Ban^riff  das 
Rinterbaupt  tiefer  iifs  Becken  hereinuzaehen,  aber  aurir  ^haa 
gelang  nicht;  der  Fötalpuls  verschwand  endMeh  nnd  noa  «rat 
60  Stunden  nach  unserer  ersten  Ankunft  trat  das  Bnaurhim^ 
herab  und  die  Geburt  verbef  ohA^  weiteres  Zutbon  da*  KnniC 
als  regelmftssige  erste  Scheitelbciwilage«  Das  Kind  war  lodi; 
Nachgeburtsperiode  und  Wochmbett  verKefen  normak 

lei  einer  Multipara  von  36  Jahren  war  itaoh 
nissigem  Sdiwangersdiaflsverhrafe  am  norinalen  fMe  i 
die  Geburt  eingetreten.  Bei  einem  Muttamundc  von  etara 
1%"  Darthmesser  war  die  Bhse  gesprungen  und  aMhUeiidl 
viel  Fruchtwasser  abgeflossen.    Als  wir  wegen  Wehenmangeis 


im  K.  EiitMHd«Bg0fii«titQt6  der  U»lterflili(l  sn  Halle  ete.      995 

tea  tßn$m  wurden ,  haUe  die  HehimiiM!  auB  den  tcreCuHH 
tftif  im  MutCermoirfe  fthlbaren  Beutet  aof  eittiB  Steiadag» 
gaaddoaaeiL  Wir  fanden  jedoefa,  doas  dieser  BaiiCel  aaf  deal 
MMerM  Theü  eines  HemieepbaiQe  aHfsaas,  waa  aD  der  paaxM 
¥mm  der  TOrtieBendev  Partie  and  dert  enreicfabarett  kugm 
itf  erkennett  war.  Die- Weben  wareia  jetat  ecAiwadk  imd  seilen, 
eriielteii  aieh  lasgaam  wieder  imd  trieben  das  Rind  mit  desa 
MckeB  n«ch  vom  ^xmd  recbta  gericbtet  aus.  Die  ein  wenig 
adhSrirende  Placenta  roussten  wir  künstlich  entferaeii;  Das 
Sind  war  todt,  die  Blase  auf  dem  SehSde)  war  wibreod  der 
Geburt  geborsten  unrd  zusannnengefaUen,  und  ausser  dem 
^aaieepbato  war  keine  Mtasbädmig  au  flndenc 

Zu  einer  Multipara  auf  dem  Lande  kamea  wir,  nefadsflH 
die  recfataeitig  eing^airelene  Geburt  bereits  10  Stusnlen  ge* 
dauert  batle.  Schon^  bei  der  äusseren  Untersucbimg  war  mit 
Beatiannthett  eine  feUerbafte  Lage  zu  erkennen  und  swar 
Isfpf  rechte,  RAekeu  naeh  vom.  Bei  der  inneren  Unter» 
saeiiiaig  fand  sieh  nur  vom  ein  scimialer  Saum  vom  Mutter- 
muttde,  durch  die  noch  stehenden  Eibl^ole  fohlte  man  nur 
eine  grosse  NabelschnurschMnge  und  einen  —  den  linken  ^— 
Eleabogen.  Wir  brachten  die  Fersen  aoTs  QiMilMtt  und 
fibrten  die  rechte  Hand  «wischen  Uterus  und  EBiänten  in 
die  flMie  bis  zu  den  Fftseeit.  Diese  wurden  ergrüfeii  und 
nsefc  geöfineten  Eibiuten  herabgezogen.  Die  Wendimg  gelang, 
mr  lag  zugleich  Tor  de»  äusseren  Genitalien  eine  dftnne, 
weng  puiBirendeNabelscbnorscfatmge,  weshsdb  wir  sofort  zur 
BtCfactkm  scfafitten.  Beim  Ltoen  der  Atme  stiessen  wir  auf 
SdiwierigbMten  und  fisnden  nachher  den  Kopf  mit  dem  Rime 
auf  dem  rechten  Darmbeine  auligestemmi  Erst  naehdem  es 
gehugen  war,  desselben  besser  zu  steten,  gelang  audi  die 
Extfaction  desselben  mit  der  Hand;  das  Kind  war  aber  unter 
der  6dh«rt  abgestorben. 

Zu  einer  Multipara  auf  dem  Lande  kamen  wir  zwei 
Stasiden  nach  rechtzeitigem  Bbseospruitge.  Indessen  hatten 
aber  sehr  kräftige  Weben  die  linke  torliegende  Schidter  lief 
in  das  Becken  herabgedrSngt,  s6  dass  der  Oberarm  titeilweise 
vsr  de»  Oeinlaliefi  lag.  Der  Hopf  lag  links,  und  erst  aaeb 
zwei  Tergeblichen  Versuchen  gelang  es  mit  der  linken  Rand 
asi   der   Forderen  Wand  des  Beckens  in  die  Höhe  gehend, 


XIV.     Hold,  BeHeht  fiber  di«  Vocfteg« 

sie  SO  erreiehei»  iMid  an  IhneR  die  Wendung  wiMigWhrii, 
worattf  das  Kind  mit  einer  Wehe  bis  sum  Kopfe  geiiaren  wurde, 
der  auch  bald  folgte.  Das  Kind  war  bei^eits  abgeatorbeo. 
Die  Nachgeburtaperiode  verlief  normal,  und  bi^meriba»  wir 
nur  noch,  dass  wir  bei  dieser  Frau  im  Februar  1866  schon 
einmal  erste  Schulterlage  mit  vorgefallenem  linkem  Arme  saheUf 
damals  aber,  etwas  später  gerufen,  gerade  zur  rechten  Zeit 
ankamen )  um  die  Selbstentwickelung  des  lodten  Kindes  zu 
beobachten« 

October.    4  Geburten. 

Zu  einer  Multipara  kamen  wir  drei  Stunden  nadi  dei* 
regelmässigen  Geburl  eines  lebenden  Kindes,  während  welcher 
Zeit  eine  geringe  Blutung  angedauert  hatte.  Wir  fanden  in 
dem  noch  etwas  grossen,  leidlid)  contrahirten  üterua  die 
Hacenta  nach  voni  und  rechts  fest  sitzen*  Die  Lösung  der- 
selben war  einzelner  sehniger  Streifen  «wegen,  die  besottders 
der  Insertioiisstelle  der  Nabelschnur  entspracheu,  ziemUdi 
mühsam,  gelang  aber  Yoilständig,  wonach  die  Blutung  aufUrte. 

Zu  eine[(  Multipara  auf  dem  Lande  kamen  wir,  nachdem 
dieselbe,  der  Rechnung  nach,  etwa  im  siebenten  Sdiwanger- 
sdbaftsmonate  schon  Tags  vorher  ein  Kind  gehorm  hatte. 
Dassdbe  war  schon  beseitigt,  wurde  von  der  Hebamme  ab 
Mwa  handlange  pbttgedräckte  Frucht,  deren  Weichtheile  zu 
schmierigen  Fetzen  zerfallea  gewesen  seien,  beschriebeB. 
Die  Weben  sollen  dabei  kaum  fühlbar  gewesen  sein.  Wir 
iiinden  den  Uterus  etwa  bis  zum  Nabel  emporreichend,  normal 
gestaltet,  rechts  war  ein  F6talpuls  h6rbar  und  die  PecaM 
hatte  immer  noch  zeitweise  Kindesbewegungen  g^tthil^  Bei 
der  inneren  Untersuchung  fonden  wir  den  Muttermund  wie 
ein  AchCgrosehenstttck  gross,  den  Rand  ciemlidi  derb  und 
unnachgiebig;  in  der  noch  stehenden  Blase  fühlte  man  zwei 
Ffisse,  mit  der  Ferse  nach  rechts  gerichtet  Dabei  waren  di^ 
nicht  häußgen  Wehen  ziemlich  achmerzhaft.  In  diesen  Zu- 
ständen konnten  wir  keine  Indicatiön  zu  irgend  wekheni 
Einschreiten  finden,  wir  verliessen  daher  die  Person  wieder. 
Am  anderen  Tage  wurde  uns  beridftet,  dass  12  Stunden 
nach  unserem  Weggange  die  Geburt  eines  todten  IHIhieitig«! 
Kindes  erfolgt  sei. 


Im  K.  EfttWadnogiUiiitit«*«  ^•r  U»iTaMi«ftt  mu  Halle  6tc.     297' 

Eine  Muhipani  von  39  Jahren,  die  sich  ihrer  Reehaimg 
'nach  Anfiiiig  des  neunteD  SchwaDgerscbaftsmonates  befand, 
bei  der  wir  aber  darcfa  die  starke  Aasdehnung  des  Ldbes 
das  VorhandenBein  von  Zwillingen  ▼enmUhelen,  was  sieb  bei 
der  IlntersuebiiBg  auch  mit  höherer  Wahrscheinlichkeil  heraoe^ 
stelHe,  liess  uns  wegen  heftiger  Krens-  undLeibschmeraen 
mfes.  Dieselben  waren  nicht  regelmässig  intermittireiid,  doob 
Hfstmie  ^fk  während  derselben  der  Uterus  deutlich  an.  Bei 
der  inneren  Untersudinng  fanden  wir  den  Mutterhals  noch 
y«  Zoll  lang,  den  inneren  Muttermund  noch  geschlossen, 
konnten  aber  an  der  vorderen  -Beckenwand  einen  vorliegenden 
Theil  erkennen,  der  sich  ds  der  noch  wenig  resistente  Kopf 
ergabt.  Wir  liessen  die  Person  in  der  Krenzgegend*  schröpfet, 
gaben  zeitweise  kleine  Dosen  Opium,  riethen  ihr  strenge 
Ruhe  an  und  hofften  so  den  Eintritt  regelmässiger  Wehen' 
noch  aufzuhalten.  Am  20.  October  war  der  ZueCand  derselbe, 
die  Sehmerzen  wamn  geringer  geworden  und  bei  der  inneren 
Untersuehimg  liess  sich  keine  Terändening  wahrnehmen^  b 
der  folgend«!  Nacht  waren  die  Schmeraen  heftiger  geworden, 
hatten  aber  der  Meinung  der  Frau  nach  noch  immer  nieht 
den  Charakter  von  Weben;  wir  wurden  Morgens  dazu  gerufini 
and  iuiden  bei  unserer  Ankunft  ein  Kind  bereits  todtgeborcn, 
das  zweite  lag,  da  keine  Hebamme  da  war,  noch  unabgenabelt 
zwischen  den  Schenkehi  der  Mutler  mit  dem  Kopf  nach  unten 
gerichtet  und  machte  dann  und  wann  Respirationsbewegungen. 
Wir  nabelten  es  sofort  ab,  lH*acbten  es  in  ein  warmes  Bad, 
sahen  aber  nicht,  dass  die  einzelnen  zuckenden  Respirations- 
bewegungen in  regelmässige  übergegangen  wären  und  bald 
hörten  sie  ganz  auf.  Die  gemeinsame  Pkcenta  wurde  bald 
entfernt,  der  Cterus  contrahirte  sich  gut  und  das  Wochenbett 
verlief  normal. 

November»    8  Geburten. 

Ztt  einer  Mnltipapa  auf  dem  Lande  kamen  wir,  nachdem 
beretts  drei  Tage  vorher,  anfangs  ganz  ohne  Wehen  das 
Fruchtwasser  abgefdssen  war.  Abends  7  Uhr  war  der  Mutter- 
mund thalergross,  spastisch  contrabirt,  die  Wehen  sehr 
schmerzhaft  Bei  der  äusseren  Untersuchung,  wobei  nirgends 
der  Pdtalpuls  zu  hören  war,  stellte  sieh  die  Wahrscheinlichkeit 
einer   fehlerhaften  Lage  heraus,  che  bei  der  inneren  Unter- 


aidü  als  zweite  Mudteriage,  Rdefcoi  nach  hjntea 
«vgab.  Es  mwden  Dwipn»ifkr  an  die  Genitafian  f^ronliiet 
und  auf  die  etwas  unterdräckte  Hantthätiglkeit  eingewirkt, 
wobei  sieh  der  Zutland  Morgens  zwei  Uhr  «•  imi  geändert 
halte,  dass  der  MwttiOTfiwnd  vollständig  epmilert  nnl  der 
rechte  Arn  in  die  Seheide  harabgefallen  war.  Die  Sehvilar 
«land  schon  sieodich  tief  und  erschwerte  das  EindringeB  >dar 
Sand,  siD  dass  wh*  suerot  mir  den  iHteren  Fiiae  ermscben 
koanten  and  an  ihn  die  WMidmg  7ereud»teii.  Da  die^  nicht 
gebog,  holten  wir  den  anderen  Eoss,  der  jetzt  gahs  leicht 
zu  erreichen  war,  auch  noch  herab,  führten  darauf  die 
Wandung  ksieht  aus  und  überiesseu  die  Austneibiing  des 
Kindes,  dessen  SpMermis  skh  schon  hier  fmd  da  löste«  der 
WehenthAtigkeit  Machgeburtsperiode  und  Wochenbett  Ter- 
'  liefen  nonnal. 

Decenriber«    4  Geburten. 

Ein  Mal  kamen  wir  swei  Stunden  nach  reditssitig  er- 
Mgtfln  fihisensprungt  zu  €«ner  Muiti|Mra  auf  dem  Land#. 
Wir  fanden  dm  in  eruier  ficheitelbemslage  ▼orliegenden  Kopf 
etwas  auf  der  rechten  Seite  aufaleheiid,  und  links  und  hinten 
eine  «rosse  gut^  fMbkeude  NabeisdMmrsohlkige  «orgefeilen. 
WiriMvchlessen,  aunichst  einen  fie|»oaitioa6iiersuch  su  machen 
•und  im  F.all  «r  mieelingen  eolte,  ^m  .Kind  zu  wenden. 
Wfihrend  der  Reposition,  die  nicht  gelange  Irai  unter  einer 
farftfUgiBn  Wehe  der«Kopf^  dar  biidier  «twas  roohts  aufgestonden 
hatte,  vdletändig  in  die  ohere  Ap«rlnr  oki  and  iMirde  auch 
sofort  durch  die  Wehe  hier  festgestellt.  Die  Pulsationen  dar 
Mabeiaehnur  wurden  jetzt  janregekndasig  und  wir  «oartan  die 
Zoug«  anlegen,  mit  der  wir  »ach  sechs  kraftigen  'EranÜDiien 
einen  ziemlksh  gcossen  Knaben  lentwiekelten^  .der  abef  beneils 
abgestorben  war. 

Bei  einer  Multipara  auf  dem  l^nde  war  mar  aeehlen  Zeit 
dae  Fruchtwasser  abgeflossen,  über  .aueh  geizt  warderi^angs 
ikaum  zu  erreichende  Kopf  nur  sehr  ^angaaiD  tiefer  herab* 
felreten.  Wir  fanden  denselben  in  sweüer  ScheitoHieinalage 
iSlehend  mit  bereits  ziemlich  iStaiirar  Kop^^fcharulst  Die 
Pfeibiaht  verlief  sehr  weit  nach  fakstea  und  ans  den  Be- 
wegungen des  Kopfes  während  der  Abrigens  krSfligen  Wehan 
kennte  man  deutlich  erkennen,  daas  er.ailf  dem  Prumontorium 


im  K.  CmblqkdoBgaiiistllaU  der  Univearsiat  «a  Hulle  etc.      ggO 


Wir  schrillen  daher  zur  AaJegoog  der  Zange  und 
konnlen  bei  einer  TraelMn  deutlich  fahlen,  «vie  der  Kopf  Ten 
der  Stelle,  wo  er  aufstand,  frei  wurde.  Nadi  der  Geburt 
des  bereits  abjjestdrbenen  Kindes  fand  sich  auf  dein  rechten 
ScbeiteBieiD  eine  deutliche  Impression  der  sonsl  ziemlich 
resistenten  Knochen. 


Kratik«.  • 

Ausser  den  Wöchneciimen^  4iätm  -G^imH  von  Seiten  der 
Klinik  geleitet  wurde,  behandelten  wkr: 

1.    Zahl  der  Kranken. 

a)  Frauen  und  H&dclien  ...  127 

b)  Kinder X67 


.  .  JSnmoia  294.  .  . 

8.    üebersicht  der  beh^indelten  ICrankheiten. 


Oeplialae»«toma 1 

AnehylogloasoB '7 

Blennorrhoea  ecak>ram     .  .  6 

.firjsipelas  fac»ei 2 

TriMmaa  aeonatomm  ....  3 

Attf^a  tonsillaris 6 

Noma 1 

Congestionea  ad  capnt  ...  2 

Meningitis  tobercalosa  ...  2 

Eclampsia  infantnm 1 

Maaia  paerperamm 1 

Catarrhus  pulmonvui  ....  36 

ParUusis 10 

Bronchitis 1 

Pneamonia 4 

Tuberculosis  pulmonum  ».  .  3 

Atelectasis  pulmonum    ...  1 

Insnflieieatia  vatv.  mitr.  .  .  1 

Inflaattsa , 8 

Croup 1 

Catarrhus  gastrieus 17 

Gastritis  chronica 8 

Carcinoma  Tentricul 2 

Catarrhns  inleatinalls ....  34 

Djaenterie 6 

Latus  161 


TrMisport  IW 

Prootiiis 7 

Obstruotio  alW     6 

Taenia 4i 

Typhös 4 

Ascites 1 

Metrorrbagia 13 

Prolapsns  uteri 1 

Carcinoma  uteri 1 

Infarctus  port.  rag.  uteri    .  1 

Carcinoma  vaginae 1 

Syphilis 8 

Intertrigo 3 

Periostitis  pelvis 1 

Mastitis 8 

Carcinoma  mammae 1 

Mamillae  excoriatae 2 

Dolores  post  partum  nimii  .  4 

Anaemia *  ,  ,  .  6 

Cblorosis 2 

Lumbago 2 

Rheumatismus 14 

Catarrhus  vesicae  nrin.    .  .  2 

Lymphangioitis 1 

Abscessus  glandularom  ...  7 

Latus  248 


240 


XIV.     HM,  Bericht  ttber  die  Vor^}kag%  «io. 


TrMwport  948 

Ulene  Tsricoeiu» 2 

MarbllU 16 

VaricelUe 9 


Latus  270 


TraoipMt  BW 

VarioUe « 

Atrophia    . 10 

Rhachitia 4 

Intermittens  gaotidiana    .  »      2 
Summa  291. 


8.    Aufginge   der  Krankheiten. 

Qetnnd  entlawen 284 

Ans  der  Behandlang  gegangen  16 
In  Behandlnng  geblieben  .  .  »  II 
Gestorben 81 


Summa  291. 


4.    Krankheiten,  die  einen  tödtlichen  Verlauf  nahmen. 


Catarrhuf  pulmonum 2 

Croup 1 

Pnenmonia 1 

Atelectasis  pulmonum  .  •  .  •  1. 

Cereinoma  yentricul 2 

Catarrhus  intestinal 4 

Typhus 1 

Atrophia 7 

Latus  19 


Transport  19 

Eclampsia  Infant 1 

Meningitis  tuberculosa    ...  2 

Trismus  neonatorum    ....  8 

Morbilli 2 

Variolae 2 

Rhachitis | 

Noma l 

•  Summa  81. 


XV. 
Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  OeburtshtÜfe 

in 

Berlin. 

Sitzung  vom  11.  December  1860. 

Herr  Z».  Mayer  giebt  folgeade 
ILIinische   fieobacbtnngen    Aber    Entwickelung    dea 
Cancroidt  der  weiblicben  Sexualorgane. 

Die  AnfltehteD  aber  das  Neojdasma,  fitar  welches  Virchow 
den  Namen  Cancroid  eingefflbrt  hat,  weichen  bis  auf  die 
neueste  Zeit  von  einander  ab,  sowohl  was  Bau,  und  somit 
Stdlung  .in  der  Geschwolstldhre,  ds  Vorkommen  und  Ent- 
wickdung ttibetrifft  Dies  gilt  nicht  nur  für  Cancroid  im 
AUgemeinen,  sondern  auch  Ar  das  der  weibKchen  Sexualorgane. 

Charles  West  (Ldirbuch  für  Frauenkrankheiten,  Göttingen 
1860)  behält  den  Namen  EpidieKalkrebs  für  die  verschiedenen 
von  ihm  beobachteten  Cancroidformen  bei,  will  sich  aber  kein 
competentes  Urtheil  über  £ese  Geschwulstform  erlauben,  nur 
festgehalten  wissen,  dass  eine  Tendenz  vorherrsche,  sich 
während  semes  Verlaufes  mit  Mednllarkrebs  zu  combiniren, 
oft  sogar  die  unterscheidenden  Charaktere  einznbfissen  und 
in  gewöhnlichen  Hedullarkrdbs  unterzugehen. 

Bennet  y  welcher  verschiedene  Varietäten  des  Cancroids 
unterscheidet,  trennt  dasselbe  vom  wahren  Krebs,  indem  das 
Eutscheidende  für  ihn  Anwesenheit  oder  Fehlen  der  Krebs- 
zelle ist. 

Becquerel  (Traiti  clmique  des  maladies  de  Tut^rus  et 
de  ses  annexes,  Paris  1859)  sagt:  Si  cette  maladle  existe 
rieDement,  persoime  ne  contestera,  qu*elle  ne  doive  au  moins 
ftre  trös  rare,   ou  fai  6te  tres  pen  favoris^  par  le  hasard, 

MoiuUMebr.  f.  0«bari«k.   lS6t.  Bd.  XVII.,  UfL  4.  1^ 


242       '  XV.    Verhandlungen  der  Oesellsehaft 

car  voilä  dix  annees,  qne  je  me  livre  k  r^tude  des  nialadies 
de  Tut^rus,  et  je  n'ai  jainais  eu  occasion  d'en  obaenrer  un 
seul  cas. 

Ebenso  hat  Scanzoni  in  seinem  Lehrbuche  der  Krank- 
heiten der  weiblichen  Sexualorgane,  Wien  1857,  ober  keine 
eigenen  Beobachtungen  zu  berichten,  sondern  bezieht  sieh 
auf  Virchoto  und  Carl  Mayer. 

Ernst  Wagner  (der  Gebärmutterkrebs,  1858)  zfiblt  eine 
grosse  Reihe  beobachteter  unzweifelhafter  Cancroidformen  zu 
einer  eigenthümlichen  Varietät  des  Markschwammes,  welche 
sich  durch  regelmässige  Lagerung  der  periphefischen  Zellen 
charakterisiren. 

Unsere  Beobachtungen  sdüiessen  sich  völUg  dem  an, 
was  Virchoto  bereits  an  verschiedenen  Orten  über  Cancroid 
veröffentlicht  hat    Ich  fasse  dies  in  Kürze  zusammen. 

Cancroide  sind  dem  wahren  Krdise  nahestehende  Neu- 
bildungen von  epidermoidalem  Baue,  bei  welchem  die  Ent- 
stehung von  makroskopischen,  mit  Zellen  von  epidenooidalen 
Charakter  angef&Ilten  Alveolen  in  die  Gewebe  diarakteristisch 
ist  Dieselben  treten  anfanglich  isolirt  auf  und  schmelzen  durcli 
immer  neue  Bildungen  gleicher  Art  zu  der  das  Cancroid 
constituirender  Substanz  zusammen.  Von  den  KrdMalveolen 
unterscheiden  sie  sich  durch  das  Fehlen  der  diesen  charakteri- 
sirenden  Bindegewebsschicbt,  wie  denn  die  ganze  Geschwulst 
durch  Armuth  an  Bindegewebe  ausgezeichnet  ist.  Beim 
Sarcoma  medulläre  fehlt  dieser  alveoläre  Bau.  Dasselbe  ent^ 
steht  vielmehr  durch  Neubildungen  rein  'fibröser  Textur,  in 
welchen  alsbald  Zellenbildung  beginnt,  die  allmälig  mehr  und 
mehr  prävalirend  wird,  so  dass  sie  schliesslich  den  Charakter 
der  Geschwulst  ausmacht  Zur  Eigenthümlichkeit  der  Cancroide 
gehört  die  Tendenz,  sich  in  Weise  gutartiger  Papillargescbwfilste 
unter  Bildung  von  Wucherungen  fortzuentwickeln,  wekhe  sich 
in  Gestalt  kleiner  einfacher  aus  epidermoidalen  Zellen  be- 
stehender Säulcheti,  mit  einer  jedesmaligen  G^ssschlinge, 
baumartig  aneinander  reihen. 

Man  würde  aber  sehr  irren,  wenn  man  diese  Wuchenmgen 
als  wesentlich  nothwendige  Eigenschaft  der  Cancroide  be- 
zeichnen wollte,  da  im  Gegentheil,  wenn  auch'  selten,  primäre 
Cancroide  und  zwar  itn  Innern  der  Gewebe,  —  ohne  papilläre 


für  OebuFisliiilf«  in  Berlin.  243 

BfldiHig  Torkommen,  wie  Virehao  ein  derartiges  an  der 
Tibia  beeehrieb,  und  wie  man  sie  an  secundär  arkrankten 
tieferen  Organen,  x.  B.  den  Lymphdrüsen  siebt.  Sie  sind 
Aer  Regel  for  die  Cancroide  der  Ober£fdche,  und  da  diese 
bei  Wdtem  die  häufigsten  sind,  so  ist  auch  papilläre  Wucherung 
beim  Cancroid  häufig. 

Das  Cancroid  beiUlt  in  den  weiblichen  Geschlechtsorganen 
zumeist  primir  das  untere  Uterinsegment,  seltener  sind  die 
primären  Cancroide  der  Vagina  und  äusseren  Genitalien.  In 
der  Substanz  und  dem  Cavum  des  Corpus  uteri  sind  äe 
prpsär  nicht  beobachtet.  ^)  Auf  die  weitere  Verbreitung  von 
den  primären  Erkrankungen  aus  komme  ich  unten  zurück 
imd  bleibe  zunächst  bei  dem  Ausgangspunkte  derselben  stehen. 
Die  erste  Entwickelung  hat  ihren  Sitz,  entgegengesetzt  dem 
des  Krebses  in  den  weibliehen  Geschlechtsorganen,  nicht ^ in 
tieferen  Gewebsschiehten,  sondern  in  den  oberflächlichen 
Geweben:  der  Schleimhaut  und  den  darunter  liegenden  Theilen 
der  Muscitlaris.  Es'  kommen  ddiei'  als  Ausdruck  erster  Er- 
krankung in  dar  Regel  Hypertrqihien  der  Oberfläche  und 
Wucherungen  nach  aussen  zur  Beobachtung,  welche,  in  Form 
▼OQ  hügeligen,  lappigen  oder  zottigen  Gebilden,  durch  mehr 
oder  woiiger  tiefe  Furdien  getrennt,  aus  rundlichen,  läng- 
UdiCT,  prominenten  oder  flachen  Körpern  zusammengesetzt 
sind.  Letztere  bestehen  wiederum  aus  kleineren  Theilen  und 
erkalten  dadurch  ein  flach  granulirtes  Aussehen. 

Diese  Wucherungen  können  Condylomen  nicht  unähnliche, 
durch  Zwisdienräume  getrennte,  neben  einander  stehende 
Neoplasmen  sein,  oder  zu  einer  einzigen  bis  i^felgrossen 
Geschwulst  zusammenhängen.  —  Jene  Terbreitea  sich  gleich 
aidanglich  über  grössere  Flächen,  diese  ist  auf  eine  ver- 
fafiltmssDiässig  kleinere  Stelle  beschränkt.  —  In  ihren  sonstigen 
Eigenschaften  stinunen  sie  uberein.  Sie  sind  von  einer  röth- 
liehen,  an  manchen  Stellen  in's  GelUiche  spieloiden  Färbung« 


i)  Virchow  machte  darauf  aufmerksam ,  dass  hi^r  das  Sarcoma 
medulläre,  wenngleich  es  eelten  sei,  leicht  mit  Caneroiden  ver- 
wechselt werden  könne,  da  es  zu  grossen,  lappigen  Geschwülsten 
in  die  Höhle  hineinwuchere.  Carl  Mayer  theilte  hierher  gehörige 
FSlIe  Ton  Sarcoma  mednllare  in  unserer  Genellschaft  mit.  Ich 
hatte  CTelegeahcit,  ein  derartiges  hei  einem  M&dchen  >n  beobachten. 

16* 


244  ^^*     Verbandlnngen  der  Oeflollscbaft 

an  der  OberAädie  wenig  durchscheinend,  dem  Gehirne  jnnger 
Thiere  am  ehesten  vergleichbar.  Sie  haben  auch  «ine  ihnüche 
Consistenz  wie  dieses,  sind  weich,  von  geringer  innerer 
Gohärenz,  daher  leicht  zu  einem  Brei  zerdröckbar.  Auf  dem 
Durchschnitte  frischer  Wucherungen  zeigte  sich  deutlich  das 
baumförmig  verästelte  papilläre  GefQge.  Der  Oberfläche  nahe 
liegende  Tbeile  setzen  sich  durch  eine  dunklere,  röthlich  graue 
Färbung  von  der  helleren  biassgelblich  in*s  Rosa  fallenden, 
speckig  erscheinenden,  inneren  Substanz  ab,  aus  welcher 
sich  kein  Krebssaft  ausdrücken  iässt.  In  ihr  sieht  man  oft 
auffallend  grosse,  dünnwandige  Gefasse,  die  aus  der  Tiefe 
nach  der  Oberfläche  verlaufen,  sich  verästeln  und  Zweige  an 
die  Lappen  und  Läppchen  abgeben.  Die  Grenze  des  Er- 
krankten ist  scharf,  die  nächstfolgende  Schicht  des  Gewebes 
zeigt,  als  Ausdruck  bereits  begangener  lifitleidenschaft,  kleine 
bis  Stecknadelknopfgrosse  gelblich  weisse  Punkte,  die  sich 
wie  Comedonen  ausdrücken  lassen  und  unter  dem  Mikroskop 
aus  Zellen  von  epidermoidalem  Charakter  bestehen. 

Die  Neubildung  im  Innern  ergiebt  eine  Zusammenhäufung 
rundlicher,,  zuweilen  geschwänzt  auslaufender  oder  unregel- 
mässiger Zellen  von  epidermoidaler  Natur,  mit  grossen  Kernen, 
Kernkörpem  und  zarten  Membranen.  Zellen  mit  endogenen 
Kernen,  selbst  endogenen  Zellen  Ani  nicht  selten,  Binde- 
gewebe ist  nur  spärlich  in  feineren  Bündeln  oder  veremzelten 
Fasern  ohne  alveoläre  Anordnung  dazwischen  gelagert  Nach 
der  Oberfläche  tritt  eine  Aneinanderreihung  der  Zellen  zu 
Papillen  immer  deutlielier  hervor.  Jede  Papille  enthält  eine 
oder  mehrere  Gefässschlingen  und  ist  nach  aussen  mit  platt 
geschichtetem  Epithel  bedeckt. 

Die  Existenz  beginnender  Cancroidentwickelung  in  den 
oberen  Schichten  der  Muskulatur  ohne  Betheiligimg  der 
Schleimhaut  ist  durch  Virchow  constatirt.  Die  Schleimhaut 
erkrankt  indessen  ohne  Zweifd  schnell  mit  und  möchte  un- 
gleich häufiger  den  Ausgangspunkt  der  Erkrankung  abgeben, 
wofür  wir  einen  Grund  in  den  Reizungen  finden,  denen  sie 
ausgesetzt  ist  und  welche  durch  krankhaftes  Menstrualblut, 
Secretionen  aus  dem  Cavdm  uteri,  durch  Coitus,  ferner  durch 
Mitleidenschaft  bei  Erkrankungen  anderer  Organe,  namentlich 
des  Utenis  herbeigeführt  werden.     Die  einfache  samm^tartige 


Air  GtbartHhiUfe  in  Berlin.  245 

AuflockeroBg  der  Schleimhaut  mit  mehr  oder  weuiger  reich- 
lichem schleimigeiteTigem  Secrel,  nioimt  granulirte  Beschaffeo- 
bat  «n;  durch  Losstossung  des  Epithels  entstehen  E-xcoriationen, 
besonders  hau6g  an  der  Poi*tio  vaginalis,  directe  Reize  treffen 
die  tieferen  Schleimbautschicbten  und  können  eine  nicht  seltene 
Veränderung  herbeiführen»  die  sich  in  Carl  Mayer^s  blutendem 
Gesehwöre  findet. 

Diese  Geschwüre  geben  dem  untersoehenden  Fhiger  das 
Gefühl  von  sammetartiger  Aunockerung,  erschdnen  im  Speculum 
von  geringem»  linienlangem  Durchmesser  bis  zu  bedeutend 
grö88^*em  Umbnge;  zuweilen  auch  sehr  blutreiche  ge^ 
schwoUene  Mutttirmundslippen,  v^reiten  sich  in  schweren 
Fällen  über  die  gapze  Portio  vaginalis,  wobei  diese  durch 
Zimahme  ihres  Umfanges  eine  pilzförmige,  schnauzenartige 
Gestalt  annimmt  Sie  haben  eine  intensiv  rothe  Färbung  in 
Folge  des  grossen  Gefassreichthums  ihrer  Oberfläche,  sind 
glänzend  und  glatt,  oder  aber  durch  SchweUung  der  Papillen 
von  fein  gramilirtem  Aussehen.  Die  auf  T heile  der  Vagina)- 
portion  beschränkten  Gesdiwöre  setzen  sich  gegen  das  um- 
hegende Gewebe  sdiarf  ab  und  liegen  häufig,  tiefer.  Durch 
Wadisthum  der  Papillen  in  die  Länge^  und  Breite  bis  zu  fast 
Linien  Durchmesser  heben  sie  sich  über  das  Niveau  der 
gesunden  Lippenth^  mid  bedingen  eine  Massenzunahme  der 
gansen  Portio  vaginalis.  —  Charakteristisch  ist  für  diese  Ge- 
scbwöre,  d^aren  ausgedehntere  Formen  als  gutartige  papilläre 
Degeneration  der  Lippen  bezeichnet  werden  könnte,  dass  sie 
ausaerordentlich  leicht  und  mhaltend  bluten,  somit  den  Grund 
zu  sehr  hartnäckigen  mehr  oder  weniger  profusen  Metrorrhagien 
abgeben,  femer  dass  sie  mit  copiösen  Secretionen  gelblicher 
seröser  Fl&ssigkeit  eiiihergehen.  Diese  lässt  sich  im  Speculum 
zwar  nur  mit  Schwierigkeit  nachweisen,  da  die  Geschwüre 
hei  Inser  Berührung-  stark  bluten,  wenn  es  aber  glückt,  sie 
ohne  Blutung  einaifötelleo,  leicht  constatiren.  Maii  sieht  nämlidi 
abdami  die  glänzende  Oberfläche  alsbald  feuchter  werden  und 
aOmälig  aus  ihr  eine  seröse  Flüssigkeit  mit  Blutpunkten  hervor-« 
queUen,  die  sich  im  Speculum  ansammelt  —  Mikroskopisch 
finden  sich  in  derseften  Epithelial-  und  Schleirozell^.  Die 
Diq>08ition  zu  Hutungen  wie  die  copiösen  Absonderungen  sind 
FolgB  der  rechlichen  Gefässentwiekelungen  der  (H»erfläche. 


246  ^^*    VerhaDdlnngen  der  Gesellschaft 

Derartige  vorgesdirittene  Entartungen  der  Lippen  gebeB 
unter  dem  Mikroskop  das  Bild  von  Granulationen:  GefSss- 
reichtfaunif  -Vergrössening  der  Papillen,  Anhäofting  jonger 
rundlicher  Zellen,  besonders  der  Oberfliehe  zu,  wie  ich 
Gelegenheit  hatte,  es  an  einer  amputirten  Vagmalportion  m 
sehen.  Dieselbe  war  einem  22  Jahre  alten  Maddien  ampufcirt, 
welches  bis  znm  21^  Jahre  gesund,  ?om  15.  Jahre  an  regel- 
mässig yierwöchentlich.  ohne  Schmerzen  im  Leib  oder  Racken, 
dagegen  von  Anfang  an  mit  schmerzhafter  Anschwellung  der 
Brüste,  mensiruirt  war.  Vom  21.  Jahre  an  fanden  sich  —  ohnre 
anzugebende  Ursache  —  stechende  Schmerzen  in  beiden 
Regionibus  iliacis  und  dem  Os  sacrum  und  8 — 14tägige 
MetroiTbagien  von  schleimig  wässeriger  Beschaffenheit,  wechselnd 
mit  geronnenem  und  flüssigem  dunklem  Blute.  In  den  freien 
Zeiten  hatte  sie  einen  schleimig  eiterigen  Floor  albus,  der 
zuletzt  Fleischwasser  ähnlicher  wurde.  Dazu  gesellten  sich 
Verdauungsstörungen,  Appetitlosigkeit,  Stuhlverstopfung,  Be- 
ängstigungen, Schlaflosigkeit  und  körpeiüche  Schwadie.  — 
Der  Leib  war  aufgetrieben,  beim  Drucke  nicht  schmerzhaft, 
äussere  Genitalien  geröthet,  Portio  vaginalis  stand  in  der 
mittleren  Beckenapertur,  wenig  nach  hinten  von  der  Führungs- 
linie abweichend,  Orificium  trichterförmig  geöffnet;  Muttermunds- 
lippen äusserst  voluminös,  pilzförmig  umgewulstet,  weich  und 
schwammig,  ähnlich  denen  eines  schwangeren  Uterus,  bluteten 
bei  der  Berührung  des  untersuchenden  Pingers  leicht  und  an- 
haltend, zeigten  imSpeculum  ein  dunkelbraunroti^es,  glänzendes, 
reticulh'tes  Aussehen,  und  secemirten  unter  der  Beobachtung 
in   kurzer  Zeit  grosse  Mengen  seröser,  gdUichw  Fhlssigkeit. 

Beiläufig  bemerke  ich,  dass  das  Mädchen  nach  der 
Operation  völlig  genas,  die  Schnittflädie  sich  uberhlutete  und 
die  Gestalt  einer  verkürzten  Vaginalportion  annahm.  Vier  Motiate 
nach  der  Operation  wurde  sie  Gravida,  kam  darauf  im  fünften 
Monate  mit  einem  gut  entvrickelten  todten  Kinde  nieder,  ver- 
heirathete  sich  6  Monate  später  und  wurde  vor  IVs  Jahren 
mit  dem  Forceps  von  einem  gesunden,  lebenden  Kinde  ent- 
hunden  und  ist  gegenwärtig  völlig  gesund,  wovon  ich  mich 
am  5.  December  dieses  Jahres  überzeugte. 

Wenn  a  priori  anzunehmen  war,  dass  diese  Veränderungen, 
die,   wie  erwähnt,  häufig  nur  als  kleine  blutende  Geschwüre 


mr  GebartshUlfe  iii  Berlin.  247 

enGheinen,  sich  in  ausgedehnteren  Formen  als  umfangreiche 
gutaftige  Degenerationen  des  unteren  Uterinsegments  darstellen, 
Heerd  cancroider  Entwickelung  werden  können,  so  machte 
Carl  Mofger  hierffir  zuerst  beweisende  Beobachtungen,  denen 
ich  in  Nachfolgendem  eine  neue  anreihe. 

In  diesem  Falle  bestand  ein  blutendes  Geschwür  beider 
Lippen,  mit  papBlSren  Erhebungen.  —  Dasselbe  war  bereits  seit* 
geraiimer  Zeit  und  zwar  mit  Erfolg  durch  örtliche  Application 
von  Addum  pyrolignosum,  neben  localen  Blutentzi^ungen 
durch  Scarifieationen,  lauen  Injectionen  und  inneren  auflösenden 
Mhtekt  bdiandelt  worden.  Die  Heilung  des  Geschwürs  hatte 
ihren  Gang,  von  dem  Süsseren  Rande  nach  innen  vorschreitend, 
genommen,  indem  ein  bläuliches,  plattes  Narbengewebe  ring- 
iorroig  das  Geschwür  verkleinerte,  so  dass  es  am  2.  November 
1859  nur  noch  groschengross  und  nicht  m^  so  hochroth 
war,  die  papillüren  Erhebraigen  verstrichen  mid  auch  die 
Disposition  zu  Blutungen  verringert  erschienen. 

Inzwischen  trat  die  Periode  ein  und  als  ich  darauf 
19  Tage  spät«*  (den  21.  November)  die  Kranke  untersuchte 
und  erfahren  hatte,  dass  die  Catemenien  wieder  viel  profuser, 
als  die  letzten  Male  verlaufen  waren,  fand  ich  die  Geschwürs- 
fläche gegen  Erwarten  grösser  und  bhitreicher,  die  papillären 
Erhebungen  wieder  mehr  hervorgetreten.  —  Ausserdem  War 
eine  linsenförmige,  weiche  Wucherung  oberhalb  des 
reebten  Winkels  des  Orificium  extemum  an  der  Uebergangsstelle 
der  Mutt^rmundelippen  in  den  Cervicalcanal  za  fühlen.  Es 
wurde  «ifSnglieh  auf  die  Verschlechterung  des  Geschwürs 
mehr  Gevncht,  ids  auf  diese  ansdieinend  nur  hypertrophirten 
Papillen  gelegt,  da  auch  in  ihrer  Umgebung  nichts  Auffallendes 
ersdiien  und  der  im  Speculum  sichtbare  untere  Rand  sich 
in  seinem  Aussehen  durch  Nichts  von  der  Geschwürsfläche, 
unterschied,  nur  durch  seine  Hervorragung  erkannt  werden 
konnte. 

Diese  Bildung  wuchs  in  14  Tagen  zu  einem,  mit  seiner 
runden  Basis  auf  der  vorderen  Cervicalwandüng  aufsitzenden 
Neoplasma  von  V^  Zoll  Durchmesser  und  in  der  Mitte  einer 
Lintenhöhe.  Etwa  ein  linienbreites  6tück  wurde  aHmälig  im 
Speculnm  sichtbar  und  gewann  in  Aussehen  und  Consistenz 
den  Charakter  mner  Caneroidwueherung.    Dieselbei  wurde  am 


248  ^^-    Terbftndliugen  der  GeMllschaft 

7.  December  1860  mit  der  Scbeere;  möglichst  tiaf  in  der 
Cervicalsubstanz  abgeschnitten.  Die  Operation  war  ziemlich 
schmerzlos  iftid  von  geringer  Blutung  begleitet. 

Die  röthliche  Oberflache  der  Geschwulst  war  aus  weidiso^ 
theils  einfachen,  theils  verästelten  Papillen,  maulbeerartig  ni^ 
sammengesetzt  Auf  der  Schnittfläche  zeigte  sich  als  unterer 
Theil  gesundes  Uterusparenchym  mit  «nzdnen  kleinen  steck* 
nadelknopfgrossen  helleren  Flocken  durchsetzt  Darüber  war 
die  Substanz  speckig  röthlich  weiss  und  dieser  schloss  sich 
ebe  gefisareichere  dunklere  Schicht  an  der  Oberfläche  an,  die 
aus  zierlichen  sich  verästelnden  Papillen  bestand.  Diese  oberen 
Schichten  setzten  sich  unmittelbar  in  die  speckige  Substant, 
diese  mit  abgegrenzten  kleinen  Bogenfiguren  in  das  tJterus- 
parenchym  hinein.  Der  mikroskopische  Durchschnitt  bestand 
aus  Zusammenhäufiingen  meist  rundlicher  platter  Zellen  mit 
zarten  Membranen,  grossen  Kernen  und  Kemkörpern,  die  au 
der  Oberfläche  zu  Papillen  mit  Gefassschlingen  angeordnet  und 
von  spärlichen  Bindegewebszfigen  durchsetzt. waren.  Unterhalb 
dieser  Zeilenanbaufongen  verlief  das  Muskelgewebe  ohne  be- 
merkbare Veränderung,  nur  dass  es  an  einzelnen  Stellen  von 
Zellenbaufen  unterbrochen  wurde,  die  makroskopisch,  sich  ak 
die  erwähnten  helleren  Flecken  darstellten. 

Obwohl  durch  mehrmalige  Application  konischer  Giuheisen, 
welche  in  den  Gervicalcanal  eingeführt  und  nach  vom  gegen 
die  Schnittfläche  gedrückt  wurden,  der  Boden  des  Cancroids 
als  zerstört  angenommen  werden  kqnnte,  so  wuchsen  noch 
bevor. sich  der  Brandsch(Mrf  losgestossen  hatte,  an  den  unteren 
Parthieen  der  Cervicalhöhle  kleine  Wucherungen,  denen  sich 
alsbald  ähnliche  in  dem  linken  Winkel  des  Orificiinn  und  von 
da  nach  oben  hinzugeseliten.  Alsbald  zeigten  si^  Härten  in 
dem  der  Cervicalhöhle  zunächst  gelegenen  Theile  der  vorderen 
Lippe:  die  Folge  der  Degeneration  tieferer  Gewebe.  Die 
weichen  Fungositäten  in  dem  Canalis  servicis  wuchsen  mit 
grosser  Schnelligkeit,  secernirten  eine  fßtide,  serös  sanguinolente 
Flüssigkeit  und  boten  in  ihrer  Structur  dieselbe  Beschaffenheit 
wie  die  beschriebene  erste  Geschwulst  Am  25.  Januar  1860  war 
die  hintere  und  vordere  Wand  des  Cervix  Und  beide  Lippen  zum 
grossen  Theil  degenerirt.  Eine  an  diesen  Tage  sehr  energisch 
gemachte  Anwendung  des  Ferrum  candens  schien  alle  kranken 


fiir  Qebnrtshmf«  Ib  Berlin.  249 

Tbefle  serstört  zu  haben.  Jedodi  war  dies  Täuschung,  demi 
diese  wie  die  oft  wiederholte  Application  ?on  Acidum  pyro- 
lignosum  sowie  einer  starken  Lösung  von  Acidum  chromicum 
pnnini  auf  die  entarteten  Stdlen  brachten  eine  Hemuning  in 
der  Fortentwickehing  des  Cancroids  in  der  Richtung  nach 
aossen  hervor.  Schndl  griff  es  aber  in  die  Tiefe  und  Breite 
um  sich,  indem  es  die  Form  eines  tiefgefurchten,  lappigen 
Geschwürs,  mit  zottigen  fungösen,  zerfallenen  Anbogen  an^ 
nahm  9.  mit  einem  iudurirten  sich  scharf  absetzenden  Rande. 
Die  Krankengeschichte  zu  dieser  Beobachtung  ist  in 
Konem  folgende: 

Caroline  D.,   ein  34j5hriges  Mädchen,   welches   aus- 
schweifenden Vergnügungen  gdiuldigt  hatte  und  seit  Jahren 
mit   einem  jüngeren,   gesunden  Manne  lebte,   nie  concipirt 
hatte,  auch  nie  syphilitisch  angesteckt,  —  gab  an,  in  der 
Kindheit  stets  gesund,   vom   14.  Jahre  an  regelmässig  den 
28.  Tag,    ohne  Beschwerden,   4 — 5  Tage   lang  menstruirt 
gewesen  zu  sein.    Mitte   der  zwanziger  Jahre  habe  sich  bei 
ihr   eine   anhaltende   stinkende  Absonderung   aus   der  Nase 
gezeigt     Es  sei  ihr  hiergegen  mit  Erfolg  eine  Kaltwasserkur 
verordnet,  nach  weicher  die  Periode  zwar  regelmässig  blieb, 
doch  6 — 8  Tage  währte  und  ausserordentlich  profus  wurde. 
Gleichseitig  hätten  sich  nicht  unbedeutende  eiterig  schleimige 
AMüsse    aus   den    Genitalien,   femer  Schmerzen   in   baden 
•  Regiooibus.  iliacis,  dem  Os  sacrum  und  von   dort  über  die 
Hüften  fort  in  die  Schenkel  hinunterziehend  eingestellt    Die^ 
selben  aniingMch  nur  auf  die  Zeit  der  P^iode  beschränkt, 
hätten  sich  bald  auch  über  die  Zwischenzeiten  ausgedehnt. — 
Mit  dem  30.  Jahre  wären  zu  der  Blennorrhoe   anhakende, 
mehr  oder  weniger  heftige  Melrorrhagi^  getreten ;  der  Stuhl- 
gang regebnässig,  der  Urin  vermindert,  der  Appetit  wechselnd, 
Debelkeiten,  schlechter  Geschmack  und  belegte  Zunge  häufig 
vorhanden  gewesen.    Das  frühere  lebenslustige,  heitere  Mädchen 
war  mebncholisch  geworden;   inhlte   sich  sehr  matt,   hatte 
über    Kälte   der   unteren   Extremitäten,    Schwindel,   Zittern, 
Fröstelii,    Beängstigungen,    aufsteigende    Hitze,    Zusammen- 
schitumngen  des  Halses  zu  klagen.    Am  2.  August  1859  fand 
sich  ein  retortenlormig  anlevertirter,  angeschwolltmer  schmerz- 
hafter Uterus.    Die  Portio»  vaginalis  stand  nach  hinten.    Die 


250  XV.    VerhandluDgen  der  Oeseltsohafi 

MullermiindsKppen  fQhllen  sich  aufgelockert  an,  waren  vtriumin^^, 
stark  gewulstet  und  zeigten  im  Speculum  achtgrofidienstuck- 
grosse  blutende  papilläre  Ulcerationen.  Die  Misseren  6e- 
scblechtstfaeile  und  Scbeidenschleimhaut  waren  gerftthet,  der 
Leib  aufgetrieben,  beim  Druck  nicht  empfindHeh,  Hera  und 
Lungen  gesund.  Wie  i^ben  schon  erwähnt  besserte  sich  unl^ 
der  ebenfalls  angedeuteten  Behandlung,  das  Leiden  wie  die 
Krankheitserscheinungen,  bis  mit  der  Entwickelung  der 
cancroiden  Elntartung  wieder  die  heftigsten  Blutungen  auftraten, 
alle  14  Tage  wiederkehrten  und  9 — 12  Tage  dauerten.  XTs 
Ursache  der  Erkrankung  gab  die  Kranke  bSufigen  Coitus  an, 
der  während  der  Behandlung  Monate  lang  vorher  auf  ärzt- 
lichen Rath  gänzlich  unterblieben  war. 

Intensive  Scbmeraen  und  unbedeutende  Anschwellungen 
der  Inguinaldrüsen  fanden  sich  erst  nach  der  zweiten  Appli- 
cation des  Ferrum  candens.  Seit  dieser  Zeit  datirte  auch 
eine  schnelle  Abmagerung  und  Abnahme  der  Kräfte,  obwohl 
die  Metrorrhagien,  wenn  auch  profus,  doch  viel  seltener  und 
ganz  unregelmässig  eintraten  und  auch  die  Verdauung  geregelter 
als  Mher  war.  Im  April  1860  fanden  sich  Appetitlosigkeit, 
Erbrechen,  Cardialgien,  Schmerzen  in  der  Leber  und  hart- 
näckige Stuhiverstopfungen.  Die  Kranke  collabirte  bis  zum 
äussersten  Maasse  und  starb,  nachdem  ödematöse  An- 
schwellungen eingetreten,  den  17.  September  1860,  also 
11  Monate  nach  dem  ersten  Auftreten  des  Caiicroids.  Section 
wurde  niciit  gestattet  — 

Wie  in  diesem  Falle  die  nach  aussen  wuchernde  Ent- 
wickelung des  CancToids  —  durch  Operation  zerstört  —  sich 
in  eine  andere  Art  des  Fortwadisens  und  zwar  in  die  Tiefe  . 
und  Breite  verwandelte,  —  so  ist  dieser  Uebergang  ftber- 
haupt  constant  Bleiben  die  wuchernden  Fongositäten  steh 
selbst  überlassen,  so  wird  eine  Gombination  beider  Formen 
entstehen,  und  zwar  scheint  nach  allen  Beobachtungen  die 
Dauer  des  alleinigen  Bestehens  der  ersten  Form  verhiltniss* 
massig  kurz'  zu  sein.  Im  gunstigsten  Fädle  Monate,  in  der 
Regel  nur  Wochen. 

Die  von  J.  Clarke  zuerst  beschriebene,  danach  von 
Simpson,  CoH  Mayer,  Watson,  Bennet  und  Amoldi 
(CharhB  West,  Frauenkrankheiten,  S.  480)  zum  TheU  mit 


für  Qeburtshfilfe  in  Berlin.  251 

gKtekUcheii  Erfolge  operirte  CauUffower  Excrescence  scheint 
Asb  9m  Jingsten  ia  ihrer  Eigenüiftmiichkeit  zu  halten,  wenn 
flie  in  den  Lippen,  ohne  Betheiligung  der  höheren  Theile  des 
unteren  Uterinsegments  wurzeh,  so  dass  «ne  oder  beide  der 
Hattemranddippen  den  Stiel  zu  der  polypenartigen  Geschwulst 
abgeben.  Diese  Fenn  ist  jedenfalls  —  wie  alle  Beobachter 
Abereinstininien  * —  selten.  Ich  selbst  habe  sie  nur  in  einem 
der  Ton  Carl  Mayer  beschriebenen  FSOe  zu  beobachten 
Gelegenheit  gehabt  Alle  übrigen  von  den  Cervicalwandungen, 
oJer  Ton  den  Muttermondslippen  in  Gestalt  mehrerer  getrennter 
Fangesitäten  ausgehenden  Cancroide,  setzen  sich  mit  grosser 
Schnelligkeit  über  die  Muttermundslippen  in  die  Scheide, 
langsamer  nach  oben  in  den  Uterus  fort.  Ebenso  verbreiteten 
sich  die  in  der  Literatur  bekannten  Fälle  der  primären 
Scheidencancroide  schnell. 

Bei  der  Fortentwickelung  in  die  Breite  können  hnmer 
wieder  neue  Wucherungen  nach  aussen  an  den  oberftachlich 
erkrankten  Stellen  entstehe.  Ich  habe  Cancroide  gesehen, 
wo  die  ganze  Scheide  und  der  Cerricalcanal  mit  weichen 
Wucherungen  erfüllt  war. 

.  Als  ein  für  die  Erscheinung  des  Cancroids  wesentliches 
Moment  ist  hervortuheben,  dass  es  bei  seiner  weichen  Be- 
schaffenheit leicht  Absteril>ung8-  und  Losstossungsprocessen 
der  Oberflächen  unterworfen  ist,  wodurch  Geschwürsbildung 
und  somit  eine  dritte  Form  der  Cancroide  entsteht. 

Während  das  Fortwuchem  nach  allen  Seiten  um  sich 
greift  und  kein  geti^ffenes  Organ  geschont  wird,  zerfallen 
nadi  nnd  nach  die  bestehenden  Wucherungen  und  Ursprung- 
lidien  Heerde,  stossen  sich  ab  und  geben  zu  verjauchenden, 
leicht  blutenden,  unregelmässigen,  tiefgefurchten,  mit  zer- 
Mienen Trümmern  und  h*ischeren  Wucherungen  bedeckten 
Geschwdrsflächen  Veranlassung.  Ihre  wulstigen,  härtlichen 
Ränder  kriechen  weiter  und  sind  vorwiegend  Ausgangspunkt 
neuer  ftrogöser  Wucherungen. 

Diese  Zerstörungen  können  sich  bis  zu  dem  eintretenden 
Tode  auBserordentKch  weit  verbreiten,  auf  Uterus,  Rectum, 
Blase  übergeben,  Perforation  und  weitere  Defecte  dieser 
Organe  herbeiföhren. 


XV.    yerhRndlangen  der  Gesellschftft 

Trotz  dieses  deletaren  Charakters  des  Caiicroids  —  wes- 
halb, es  fast  allgemein  vom  kliniscben  Standpunkt  su  den 
Krebsen  gerechnet  und  die  beiden  letzten  Formen  geradezu 
als  Krebs  bezeichnet  wurden  —  weicht  es  dennoch,  wie  im 
Bau,  so  auch  in  der  Bösartigkeit  von  diesem  ab.. —  Beim 
Krebse  ist  Generahsining  Regel,'  bei  diesem  Ausnahme.  Daher 
cancroide  Erkrankungen  der  Lymphdrusen  sowie  das  Auftreten 
desselben  an  entfernten  Punkten  zwar  vorkommen,  doch  selten 
sind.  Schwellungen  der  Lymphdrüsen  kommen  allerdings 
häufiger  vor,  sind  aber  in  der  Mehrzahl  entzündlicher  Natur. 

Es  hat  wie  alle  gutartigen  PapillärgeschwAkte  Neigung 
zum  Recidiviren,  ist  aber  anföngbch  wie  diese  eine  locale 
Erkrankung.  Dabei  stehen  die  Beobachtung^Bn  in  keinem 
richtigen  Verhältniss  zur  wirklichen  Recidivfahigkeit,  da  wegen 
der  ungünstigen  Stelle,  wo  das  Neoplasma  in  der  Regel 
wuchert,  wie  wegen  seiner  weiten  Verbreitung  nicht  alles 
«^krankte  Gewebe  auf  operativem  Wege  zu  entfernen,  anderer- 
seits für  gesund  gehaltenes  bereits  erkrankt  ist.  Es  liegt 
also  die  angenommene  bösartige  Krd)snatur  der  Cancroide 
der  weiblichen  Sexualorgane,  nicht  in  wirklicher  Bösartigkeit, 
sondern  in  dem,  für  eine  ausreichende  Operation  ungünstigen 
Bau  der  weiblidien  Genitalien.  Dazu  kommt  noch,  dass  es 
in  seinen  ersten  Entwickelungen,  wo  vielleicht  eine  Operation 
möglich  wäre,  leicht  übersehen  werden  kann,  da  es  in  diesem 
keine  erheblichen  Krankheitserscheinungen  macht,  so  das8 
die  Kranken  sich  nicht  veranlasst  fühlen,  ärztliche  HüKe  zu 
suchen.  Auch  hierin  weicht  es  vom  Krebs  der  Sexualorgane 
ab.  Wäl^rend  dieser  zumeist  mit  dem  Beginne  seiner  Ent- 
stehung mehr  oder  weniger  heftige  Schm^*zen  im  Kreuze  und 
Labe,  lancinirende  Sti.che,  Brennen,  Schwere,  .pressendes 
Drängen,  bei  allgemeinem  Unwohlsein  erzeugt,  so  ist  bekn 
Cancroid  in  der  Regel  von  Allem  Nichts  vorhanden.  Unregel-* 
massige  Metrorrhagien  und  schleimig  eitrige,  seröse,  Blut^ 
Wasser  ähnliche  Absonderungen  sind  die  ersten  Ersohemungeii, 
welche  auch  bei  anderen  Erkrankungen,  wie  beim  blutenden 
Geschwüre  und  bei  Polypen  dieselben  sind.  Erst  wenn  die 
Ausscheidungen  profus  werden  und  einen  fötiden,  jauchigen 
Charakter  annehmen,  —  die  Gancroidentwickeiong  also  weiter 


fttr  CebartilOltfe  in  Berlin.  258 

Torgescbritten  ist,  —  erregen  sie  gewöhnlich  erst  Auftnerk* 
samkeit  Zamei^t  kommt  dann  die  Srztlicbe  Höife  zu  spät. 
Schmerzen  and  funetion^e  Störungen  finden  sich  ein.  Der 
Tod  erfolgt  ex  maemia  od^  mit  langsam  zehrenden  Qaalen, 
unter  Erscheinungen,  die  auch  dem  Krebse  eigen  sind. 

Die  Therapie  beschrfinkt  sich  in  diesen  letzten  Formen 
aof  eine  rein  symptomatische.  Niederkämpfbng  l)eglettender 
Symptome,  Erhaltung  der  Kräfte,  Hemmung  der  Metrorrhagien, 
Betäubung  der  Schmerzen,  —  während  hier  die  locale  Be- 
handlung höchstens  als  Unterstützung  jener  anzusehen  ist. 
Indem  die  directe  Application  von  zusammenziehenden  Mitteln 
die  Wucherungen  nach  aussen  und  somit  die  Blutungen  hemmt 
Unter  diesen  Mitteln  ist  nach  Carl  Mayer*s  ausgedehnten, 
durch  Versuche  begründeten  Erfahrungen,  wie  nach  eigenen 
Beobachtungen,  die  Wahl  nur  klein.  Acidum  pyrolignosum 
steht  in  erster  Reihe,  diesem  schliesst  sich  Acidum  chromicum 
und  Kali  chromicum  an.  Andere  Medicamente  haben  im 
günstigsten  Falle  keinen  Nutzen  oder  bringen  Schaden. 

Es  kann  von  einer  erfolgreichen  Therapie  nur  in  den 
ersten  Entwickelungen  die  Rede  sein.  Sie  beschränkt  sich 
auf  firühzeitige  und  umfangreiche  Excisipn,  mit  nachfolgender 
Application  des  Ferrum  candens.  Auf  die  Schwierigkeiten 
hierbei  wurde  bereits  aufmerksam  gemacht.  Ich  fand  durch 
eigene  Erfahrungen  bestätigt,  wie  schwer  man  ihrer  Herr 
wird.  Denn  ich  habe  verhältnissmässig  häufig  mit  Energie 
operirt,  dessenungeachtet  immer  nach  längerer  oder  kürzerer 
Zeit  tödtlichen  Ausgang  gesehen. 

Unter  1580  an  Krankheiten  des  Sexualsystems  leidenden 
Frauen  beobachtete  ich  in  meiner  Privatpraxis 

27  Cancroide, 
Carcinoma  dagegen  8  und  Medullarsarcom  nur  2.   Es  bestätigte 
sich  mir  hierdurch  die  von  Virchow  ausgesprochene  Ansicht, 
dass    die    Mehrzahl    der    sogenannten    Uteruskrebse    in    die 
Kategorie  der  Cancroide  falle. 

M.  schliesst  diesen  Miltheilungen  die  Beschreibung  eines 
Falles  Ton  Cancroid  der  äusseren  Gescblechtstheile  an  und 
denionstriit  an  Zeichnungen  den  Entwickelungsgang  dieses 
Neoplasma,  als  Typus  der  Cancroidentwickelung  der  weiblichen 


254  ^V.    Verhasdliiagen  d«r  GeMlUchaft 

Sexuaiorgane  äberhaupL  Aus  sehwieligei*  Hypertrophie  der 
Haut  und  papillären  Wucherungen  entstanden  grosse  Uumen* 
kohlartige  Gescliwiilste,  die  durch  Absierbungsprooesse  »nd 
Losstossung  in  Geschwüre  übergingen.  Diese  waren  in  ifanr 
äusseren  Ersdieinung  von  eigeitflich  krebsigen  nicht  su  unter- 
scheiden. M,  behält  sich  eine  specielle  Mittheihmg  dieses 
interessanten  Falles  vor. 

Herr  Martin  bezweifelt,  dass  alle  papillären  Hyper- 
trophien zu  diesen  Gancroidfonnen  führen.  Er  habe  oft  aur 
erodirlen  Stellen  der  Vaginalportion  dergleichen  gesehen  und 
Tiele  lange  Zeit  hindurch  beobachtet,  ohne  dass  ein  Uebergang 
in  Cancroid  stattgefunden  habe.  Dies  veranlasse  ihn,  zwei 
Classen  der  papillären  Hypertrophie  anzunehmen,  deren  eine 
eben  als  gutartige  nie  zur  Cancroidforin  fQbre,  und  deren 
andere  sich  indess  durch  eben  diese  Weiterentwickelung  erst 
als  solche  Consta tiren  lasse,  und  wo  die  hierher  gehörenden 
Formen  vor  augenscheinlicher  Degeneration  als  erstes  Kriterium 
eine  deutliche  Prominenz  zeigen  mussten  als  erste  Andeutung 
der  späteren  excessiven  Wucherung. 

Was  seine  Beobachtungen  über  die  Behandlung  aus- 
gebildeter Cancroide  hetrefie,  so  sei  er  allerdings  Anhänger 
der  Operation,  entweder  entferne  ei*  die  Geschwulst  durch 
den  Ecraseur  oder  durch  Galvanocaustik  oder  bei  partielleren 
Bildungen  ätze  er  sehr  eindringlich  mit  dem  Aetzstifle  aus 
Calcaria  und  Kali  causl.  Letzteres  Verfahren  namentlich  habe 
er  sehr  erfolgreich  gefunden;  auf  die  energische  Application 
des  Aetzstiftes  folgt  gewöhnlich  eine  sehr  feste  gute  Narben- 
bildung, und  deshalb  sei  er  bei  partiellen  Bildungen  sehr  für 
frühzeitige  Aetzung,  in  geeigneten  Fällen  nach  vorheriger 
Anwendung  des  Ecraseur.  Ein  Fall  sei  noch  erwähnenswerth, 
wo  eine  cancroide  Degeneration  durch  eine  durch  die  Operation 
herbeigeführte  Verschliessung  der  Scheide  ganz  von  der  Ein- 
wirkung der  Luft  abgesperrt  wurde  und  so  das  Leben  der 
Kranken  viel  länger  erhalten  blieb,  als  es  unter  den  gewöhn- 
lichen Verhältnissen  der  Fall  gewesen  wäre. 

Herr  L,  Mayer  verwahrt  sich  gegen  die  Anslegmig» 
dass  alle  blutenden  Geschwüre  von  ihm  für  Vorläufer  des 
Gancroids  erklärt  seien.    Er  habe  nur  die  Blöglichkeit  nach- 


ISftr  Gebarlahfilfe  in  B«rllB.  255 

veiMii  woUen,  das8  ein  oo?ercUiehüg  scheinendes  blutendes 
papiUftres  Geschwdr  mit  der  Zeit  zur  canci^iden  Degeneration 
föhren  ktone.  Das  einzige  sichere  Krtterium  dieses  inne- 
wekoenden  Charakters  sei  die  mikroskopische  Untersuchung 
abgetragener  Stucke. 

Herr  Körte  findet  auch  diese  nicht  ausreichend.  Ihm 
sei  z.  B.  ein  Fall  erinnerlich,  wo  eine  derartige  Untersuchung 
von  den  bekanntesten  Mifcrokopikem  eine  gute  Prognose  be- 
gründet und  dennoch  die  weitere  Entwickelung  der  Geschwulst 
zum  Tode  gefährt  habe. 

Herr  Mayer  giebt  die  Schwierigkeit  der  mikroskopischen 
Untersuchung  zu  und  findet  sie  auch  zur  Zeit  noch  niclit 
ausreichend.  Dies  sei  indess  keüi  Grund,  sie  gänzlich' zu 
verwerfen.  Sie  bliebe  doch  das  einzige  Mittel,  Unterscheidungen 
zu  begründen  und  seien  die  bis  jetzt  festgestellten  auch  in 
einzelnen  Fällen  nicht  stichhaltig,  so  müsse  man  doch  dahin 
sCreben,  durch  genauere  Beobachtungen  noch  strengere  Unter- 
scheidungen zu  begninden. 

Herr  Ohhausen  spricht: 

Ueber   die  Ansichten   der  Entstehung   der  Spondy- 

lolisthesis  mit  Beschreibung  eines  derartigen 

Präparates. 

^Hienn  eine  Tafel  Abbildungen.) 

Das  Toriiegende   zu  besehreibende  Becken   gehört   seit 

vier  Jahren  dem  Museum  der  hiesigen  Uniyersitäts-Entbindungs- 

anstatt.    Die  Geburt  4>ei  der  betreffenden  45jährig6n  Erst- 

gebirenden  beobachtete  Heeker  und  hat  dieselbe  in  dieser 

Zeitschrift  1856  Deoember»  p.  407  beschrieben;  er  fügte  der 

Geburtsgeschichte  eine  kurze  Schilderung  des  Beckens  bei 

nad  behielt  sich  eine  genauere  Beschreibung  Tor,  die  jedoch 

nicht  erfolgt  ist    Ich  halte  das  Becken  für  interessant  genug, 

um  es  einer  genaueren  Beobachtung  zu  würdigen,  indem  ich 

glaube,    es   iür  ein  spondylolistbetisches  Becken   geringsten 

Grades  ausgeben  zu  können.    Die  Wirbelschiebung  ist  allerdings 

eine  nobedeotende  und  deshalb  die  Difformität  mit  deijenigen 

der   bisber   beschriebenen  Becken   nicht  vergleichbar;   doch 

glaiibe   ich,  dass  zur  Aufhellung  der  Aetiologie  dieser  Ab- 


XV.    Yerhandlim^B  dvr  Oeselhchaft 

normitflt  es  zweckmässig  ist,  jedes  derartige  Becken  gsDaa 
zu  beschreiben. 

Ich  will  der  Beschreibang  des  Beckens  ein  kurzes  Referat 
der  bidierigen  Ansichten  Aber  die  Aetiologie  der  Spondy- 
lolisthesis  vorausschicken.  Die  kurz  ausgesprochene  Ansicht, 
dass  die  Abnomütftt  angeboren  sei,  wie  Kimsch,  Spaeih 
und  Sejifert  sie  äussern,  «chliesst  eine  eigenükhe  Eriüärung 
nicht  in  sich.  Als  solche  wird  nun  von  Einigen  eine  Er- 
weichung der  Zwiscbeowirbelscbeiben,  der  Ligamente  und 
Wirbelkörper  angegeben,  wobei  durch  irgend  eine  plötzliche 
Bewegung  oder  durch  anhaltend  gebückte  Stellung  etc.  die 
Lendenwirbelsäule  zuerst  ihre  flxirte  Stellung  auf- dem  Kreuz- 
beine ein  wenig  verändert  und  dann  durch  den  Druck  der 
Körperlast  ein  weiteres  Abgleiten,  mit  Coinpression  der  er- 
weichten Gebilde,  zu  Stande  kommt  Diese  Erklaruug  nimmt 
Küian  mit  Entschiedenljeit  in  Anspruch  für  das  Paderborner 
Becken.  Hier  lassen  die  Form  des  ersten  Kreuzwirbels  und 
der  Intervertebralscheibe,  die  abgerundete  Oberfläche  der 
Superficies  articularis  afn  Kreuzbeine  mit  Bestimmtheit  auf 
Compression,  respective  Usur  durch  einen  Druck  schli^ssen, 
welcher  zum  Theil  in  abnormer  Richtung  gewii'kt  hatte.  Dass 
in  diesem  Falle  die  DiiTormität  erst  während  des  Lebens  (nach 
dem  17.  Jahre)  entstanden  war,  ergiebt  die  Anamnese;  die 
betrelTende  Person  hatte  Jahre  lang,  vorzüglich  nach  ihrem 
17.  Jahre,  an  den  heftigsten  Kreuzschmerzen  gelitten  und 
erst  nach  dieser  Zeit  die  auffallend  gebückte  Körperhaltung 
und  den  quadnipedalen  Gang  angenommen.  Als  weitere  Ursache 
der  beginnenden  Wiii^elschiebung,  nachdem  durch  etwekhen 
Krankheitsprocess  die  Gebilde  erweicht  waren,  nimmt  KÜian 
hier  die  anhaltend  gebückte  Stellung  an,  weiche  die  betreffende 
Person  bei  ihren  Feldarbeiten  einzunehmen  pflegte. 

Für  das  Prager  Böcken  lautet  Kutanes  Diagnose  wegen 
der  übereinstimmenden  Verhältnisse  an  den  Knochen  und 
Wtrbelscfaeiben  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  ebenso,  wenn 
auch  hier  die  Anamnese  nicht  der  Diagnose  auf  ähnliche  Art 
zu  Hülfe  kommt 

Bei  dem  von  Spaeth  zuerst  beschriebencfn  Wiener  Becken 
No.  1715  (5203)  scheint  Kutan  dieselben  Ursachen,  aber 
schon  im  Pötalleben  entstand«»!,  anzunehmen;  fftr  angdiorenen 


I&r  G«kiutalifilfe  in  Berlin.  257 

Djflormität  sprechen  ihm  hier  zwei  an  den  Seiten  des  letzten 
Lendenwirbels  befindliche  abnorme  Forts&ize,  welche  ver- 
mittels dttwier  Knorpel  mit  ähnlichen  Fortsätzen  des  obersten 
Sacndwirbels  sich  verbinden;  diese  Fortsätze  betrachtet  Kutan 
als  nach  dem  Be^ne  der  Luxation  entstandene  Neubildungen, 
welche  das  völlige  Abgleiten  verhindert  hättoi  und  glaubt, 
iaBs  ich  ihn  recht  verstehe,  dass  ihre  Anlage  bereits  im 
finalen  Leben  erfolgt  sein  muss. 

Bei  dem  anderen  Becken  des  Wiener  pathologisch* 
anatomischen  Museums  No.  1756  (5248)  hält  Rokitansky 
die  Gonsnmplion,  ixat  zwischen  Os  sacrum  und  Lendenwirbel- 
sättle  befindlichen  Wirbelscheibe  fOr  die  Ursache  der  Wirbel* 
Schiebung.  Lambl  sagt  hierüber,  dass  diese  Aimahme  in 
keiner  Thatsache  einen  Stützpunkt  finde;  einen  congenitalen 
Mangel  dieser  Scheibe  kenne  man  bisher  eben  so  wenig,  als 
einen  fireiwilligen  Schwund;  eine  primäre  Consumption  sei 
deshalb  eine  unbekannte  Grösse,  welche  eine  andere  unbekannte 
nicht  erklären  könne.  —  Breslau  erklärt  sich  bei  dem  von 
ihm  beschriebenen  Mfinchener  Becken  für  eine,  erst  nach  der 
Pubertät  eingetretene  Erweichung  der  letzten  Intervertebral- 
Scheibe  als  Ursache  der  Wirbelschiebung. 

Gegenüber  diesen  Erklärungen,  welche,  wenn  auch  unter 
sich  verschieden,  doch  sämmtlich  darauf  hinauslaufen,  eine 
Erweichimg  oder  Schwund  der  primär  erkrankten  knorpeligen 
und  knöchemen  Gebilde,  sei  es  vor  oder  nach  der  Geburt 
entstanden,  als  erste  Ursache  der  Wiibelschiebung  anzunehmen, 
hat  nun  Lambl  (SeanzonCs  Beiträge  zur  Geburtskunde  und 
Gynäkologie,  Bd.  HI.,  1858)  ganz  andere  ätiologische  Momente 
ZOT  Geltang  zu  bringen  gesucht  Lambl  hat  die  bisher  he* 
sdiriebenen  fünf  spondylolisthetischen  Beck«»  genau  anatomisch 
aoalysirt  und  auf  bisher  übersehene  oder  wenig  gewürdigte 
Abnormitäten  an  denselben  aufmerksam  gemacht  Er  fand 
an    allen   Becken    die    Spuren  -einer    früher    vorhandenen 

Hydrorrhachis,  ^)  in  der  partiellen  Erweiterung  des  Wirbel- 

■  • 

1)  Anch  an  dem  neuesten  spondylolisthetisohen  Becken,  welches 
Crtd4  auf  der  Königsberger  Versaminlang  TorgeEeigt  hat,  ist  ein 
hjdrorrhachitischer  Spalt  vorhanden.  Da  eine  Beschreibong  erst 
KU  erwarten  steht,  so  habe  icii  davselbe  noch  unberücksichtigt 
lassen  mUssen;  —  Zu  erwähnen  ist,  dass  Küian  bei  dem  grossen 
Moiiatsfcbr.  f.  OebarUk.  1861.  Bd.  XVn..  Hfl.  4.  17 


258  X^-    Verhftndimigdn  der  6e8eIUoh«ft 

canals  und  den  dentlicben  Ueberresten-  einer  Spina  bifida. 
Die  Hydrorrbacbi«  verwerthet  Lambl  zur  Erkläning  der 
Spondylolisüieüs  auf  zweierlei  Art:  1)  Kann  dieselbe  zur' 
Bildung  überzibliger  Ossiäcationspunkte  und  damit  zur  Anlage 
von  Scbakwirbeln  Veranlassung  geben,  sowie  am  SchMel  bei 
mangelhafter  Ossification  der  Kopfknochen  zur  Zeit  der  Geburt 
in  der  Nähe  der  Fontanellen  überzählige  Verknöcherungs^ 
punkte  und  Ossicula  Wormiana  gebildet  werden.  2)  Wo  dies 
nicht  geschieht,  kann  die  Form  und  Stellung  .der  Wirbelbögen, 
auch  wo  sie  zum  völligen  Schlüsse  kommen,  verändert  werden, 
zwar  so,  dass  die  Bögen  erweitert  und,  zumal  an  ihrem 
Ursprünge,  verdünnt  werden,  und  dass  die  articulirenden  Prooc. 
ohliqui  ausser  Formveränderung  eine  Veränderung  ihrer  Stellung 
erleiden;  sie  steUen  sich  mit  ihren  artkulirenden  FUcfaen 
parallel  dem  sagittaien  Durchmesser  (Längendurchschnitt  .^es 
Körpers),  was  dem  Abgleiten  eines  Wirbds  von  don  danmter 
befindlichen  günstig  ist,  während  bei  ihr^  normalen. SteUung 
die  Flächen  der  Procc.  ohliqui  inferiores  am  oberen  Wirbel 
nach  aussen,  unten  und  vom  sehen,  die  Procc.  ohliqui  superiorea 
des  imteren  Wirbels  nadi  iimen,  oben  und  hinten,  wodurch 
dem  Abgleiten  möglichst  entgegen*  gewirkt  ist 

Für  die  einzelnen  Becken  stellt  Lambl  die  Diagnose 
folgendermaaasen:  1)  An  dem  grossen  Wiener  Becken  No.  1756 
findet  er  als  Ursache  die  abnorme  Stellung  der  Proca  ohliqui 
des  fünften  Lendenwirbels  und  eine  so  auffallende  Verlängerung 
des  Bogens  und  Verdünnung  seiner  Afticularportion,  das« 
der  Zusammenhang  mit  dem  Kreuzbeine  ein  sehr  lockenr 
wurde  und  die  Spondylolisthesis  eintreten  musste;  die  Folge 
war  eine  Atrophie  der  Zwischenwirbelscbeibe  durch  Druek 
und  eine  Synostose  «wischen  Lenden wärbel.  und  Kreuabeia, 
welche  dem  weiteren  Ableiten  em  Ziel  setzte.  2)  Ganz 
ähnlich  lauitet  LambPs  Diagnose  bei  dem  zweiten  von  Späth 
beschriebenen  Wiener  Becken  No.  1715.  Hier  hat  sich  nach 
Lambl  der  letzte  Lendenwirbel  in  den  oberen  Theil  des  Kreuz- 
beins derartig  eingesenkt,  dass  die  Seit^nränder  des  Kreuzbeins 


Wiener  Becken  allerdings  auf  die  Hydrorrhachis  als  etwaige« 
Utiologisches  Moment  schon  aufmerksam  machte,  ohne  jedoch 
eine  n&here  Erklftrnng  sn  geben. 


fftr  Gebnrtabftlfe  in  Berlin. 

den  Wirbelkörper  wie  zwei  Fortsätze  umgeben.  Diese  als 
abnorme  Fortsätze  von  Kiliem,  Späth  und  Rokitansky 
beschriebenen  Knochentheile  sind  also  nach  Lambl  einfach 
die  Folgen  stattgehabten  Druckes.  3)  Dieselbe  Erklärung 
passt,  wenn  auch  etwas  gezwungener,  fflkr  das  Paderfoorner 
Becken,  wo  freilieb  das  Leiden  des  Gesammtorganismus  eine 
Textnnrerändening  der  Knochen  gesetzt  hatte  und  den  Grad 
der  Spondylolisthesis  gesteigert  haben  mochte.  4)  Bei  dem 
MAücbener  Becken  findet  Lambl  als  Rudimente  eines  über- 
zäUigen  Schaltwirbels,  einen  Sechsten  Proc.  spinosus,  einen 
sechsten  Proc.  transvers.  dexter;  ausserdem  die  mit  dem 
Kreud>eiiie  yerschmolzenen  Procc.  obliqui  und  das  Rudiment 
eines  Worbelkörpers  in  Form  einer  dünnen  Knochenplatte. 
5)  Bei  dem  Prager  Becken  endlich  sind  von  einem  Schalt* 
«iiliel  ein  rudimentärer  Körper,  alle  Fortsätze,  freilich  rudi- 
mentär,  und  links  über  den  Forr.  sacralia  ein  überzähliges 
Foramen  intertransversarium  vorhanden.  In  diesen  beiden 
Fällen  hat  also  die  Anlage  eines  rudimentären  Scbaltwirbels 
und  die  Art  seiner  Einfügung  zwischen  Kreuzbein  und  Lenden- 
wirbel die  Wirbelschiebung  zu  Stande  gebracht.  Die  Ursache 
ist  also  angeboren,  aber  nicht  die  Difformität,  denn  diese 
entwickelte  sich  erst  bei  gegebenen  Bedingungen  durch  die 
Kärperlast  beim  aufrechten  Gange. 

Idi  will  jetzt  die  Betrachtung  unseres  Beckens  folgen  lassen. 

Ueber  die  Geburt  will  ich  aus  Hecken^»  angeführtem 
Bcriefate  nur  erwähnen,  dass  bei  unvollkommen  erweitertem 
Matlermimde  die  Nabelschnur  neben  dem  Kopfe  vorgefallen  war; 
ihre  Reposition  misslang;  die  Geburt  wurde,  nachdem  das 
Kind  schon  abgestorben  war,  später  mit  der  Zange  beendet, 
da  sich  bei  der  Kreissenden  heftiges  Fieber  und  Erbrechen 
chocoladefarbener  Massen  einstellten  und  die  Beendigung  der 
Gebart  verlangten. 

Die  Wöchnerin  starb,  nach  anfangs  scheinbarem  Wohlsein, 
36  Stunden  nach  der  Gebart  in  einem  eclamptischen  Anfalle. 
Die  Section  ergab  beträchtlidie  Verfettung  der  Nieren  und 
wurde  die  Erkrankung  in  der  Geburt  und  das  schnelle  Ende 
als  Uraemie  aufgefasst 

Ueber  das  Becken  sagt  Hacker  (a.  a.  0.  pag.  412)  wörtlich 
Fügendes:    nlm  Allgemeinen   regelmässig  geformt,    zeigt  es 

17* 


XV.    Verhandlnng^en  der  Qesellscbaft 

zunächst  den  schon  erwähnten  abnorm  spitzen  Schambogen; 
die  Entfemang  der  Tubera  ischii  von  einander  beträgt  nänriicb 
nur  3"6^  während  die  Spinae  ischii  3"  6'"  Abstand  hAen; 
der  Raum  in  dem  unteren  Theile  des  Beckens  wird  aber 
noch  dadurch  beschränkt,  dass  der  erste  Wirbel  des  Stms- 
beins  mit  dem  letzten  Wirbel  des  Kreuzbeins  knöchern  ver- 
wachsen ist  Das  eigenthömUdiste  aber  ist,  dass  sowohl  der 
Körper  des  letzten  Lendenwirbels  als  der  des  ersten  Kreoz- 
beinwirbels  zum  grösseren  Theil  durch  alte  Spondylarihrocace 
zu  Grunde  gegangen  sind;  in  Folge  dessen  sieht  man  eine 
unter  dem  Körper  des  vorletzten  Lendenwirbels,  der,  ent- 
sprechend der  früher  erwähnten  linkseitigen  Beekenkrümmiuig 
stark  nach  dieser  Seite  und  zugleich  etwas  nach  vom  gerichtet 
ist,  ein  Wirbelkörperrudiment  von  IV«"  Höhe,  dessen  oberer 
vorderer  Rand  uneben  in  den  Beckeneingang  vorspringt 
und  den  geraden  Durchmesser  desselben  auf  SV«"  verkürzt, 
während  der  untere  stark  nach  hinten  zurückwek^t  und  giebt 
sich  dies  Stück  als  letzter  Lendenwirbel  durch  die  dazu 
gehörigen  Procc.  transversi  u.  s.  w.  zu  erkennen.  Unter  diesem 
Stucke,  gleichsam  von  ihm  überragt,  so  dass  man  beide  als 
den  in  der  Mitte  geknickten  Körper  eines  Wiiiyels  auf  den 
ersten  Blick  ansehen  könnte,  befindet  sich  der  verkümmerte 
Körper  des  ersten  Kreuzwirbels,  auf  den  ein  normaler  zweiter 
folgt  Ohne  an  sich  etwas  Auffallendes  xMler  von  den  Residtaten 
gewöhnlicher  Spondylarthrocace  Abwek^endes  darzubieten,  ist 
die  Veränderung  in  dem  vorliegaiden  Falle  nur  deshalb  be- 
merkenswerth,  weil  sie  gerade  den  letzten  Lenden-  und  ersten 
Kreuzbeinwirbel  betrifft 

Eine  genauere  Beschreibung  soll  nun  folgen: 
Das  gut  macerirte  Becken  wiegt  mit  zwei  daran  befind* 
lieben  Lendenwirbeln  nur  237«  Loth.  Die  Knochen  smd 
dem  entsprechend  ziemlich  gracil,  gelb  von  Farbe,  übrigens 
von  normalem  Ansehen ;  nur  an  der  unteren  Hälfte  des  Kreuz- 
beins ist  der  Knochen  etwas  porös  und  zum  TheU  losgebröckelt 
Abgesehen  von  der  difformen  Gegend  des  Promontorium  hat 
das  Becken  normale  Formen  und  Verhältnisse;  die  Acetabula 
sehen  vielleicht  etwas  mehr  als  gewöhnlich  nach  vorn;  der 
auffallend  spitze  Schambogen  von  50^ — 55  ^  dessen  Hecker 
wiederholentlich  erwähnt,  hat  kaum  nach  aussen  umgeworfene 


für  Gebnrtsbülfe  in  Berlin.  261 

Ränder,  also  gaoz  mämilicbe  Form.  Die  Neigung  des  Beckens 
war  nach  ITeeier^s  Versicherung  im  Leben  eine  sehr  bedeutende. 
Dies  darf  nicht  auffallen,  wenn  auch  bei  unserem  Becken  mit 
den  Tubera  o.  ischü  und  dem  unteren  Ende  des  Kreuzbdns  auf 
den  Tisch  gestellt,  die  Beckenneigung  fast  Null  erscheint  und 
die  ¥ordere  Beckenwand  deutlich  etwas  erhoben  ist;  wie  bei 
den  sammtlicben  übrigen  Becken  mit  Wirbelschiebung;  man 
BOSS  diese  geiriBge  Neigung  des  skelettirten  Becken,  wenn 
ich  so  sagen  darf,  von  welcher  allein  die  Beschreibungen 
siM^echen,  nicht  mit  der  wahren  Beckenneigung  an  den  Lebende 
fcrwechseln.  Letztere  kann  trotz  dessen  sehr  gross  gewesen  sein. 

Die  zwei  Torfaandenen  Lendenwirbel  sind  von  fast  normaler 
Form  und  Grösse,  bilden  aber  eine  deutliche  Lordose,  mit 
einer  sehr  merklichen  Neigung  und  geringer  Drehung  um  die 
Lingenaxe  nach  links.  Der  Körper  des  oberen  Lendenwirbels 
ist  rechts  circa  2'"  niedriger,  der  des  unteren  links  um 
3' — 4^»  als  auf  der  jedes  Mal  entgegengesetzten  Seite.  Das 
Becken  mit  seinen  drei  untersten  Punkten  auf  den  Tisch 
gestellt,  iaUt  das  untere  Dritthdl  des  oberen  Lendenwirbels 
noch  in  das  Bereich  des  grossen  Beckens.  Der  untere  Rand 
des  letzten  Lendenwirbels  liegt  circa  2"'  aber  der  Ebene  des 
Beckeneingangs. 

Der  Körper  des  unteroi  Lendenwiiiiels  bildet  mit  dem 
oberen  Theüe  des  Kreuzbeifis  —  wenn  wir  uns  den  difformen 
Tbeil  vorläufig  fehlend  denken  —  kaum  einen  Winkel,  oder 
es  ist  der  nach  vorn  gekehrte  Winkel  kidner  als  180^. 
Beim  normalen  Becken  dagegen  beträgt  der  nach  hinten 
gerichtete  Winkel  im  Mittel  135o,  Welleicht  sehr  selten  150^; 
der  nach  vom  gekehrte  also  225^  im  Mittel,  selten  nur  210^. 
Es  wire  also  in  diesem  Falle  der  letzte  Wirbel  um  30<^ — 45^ 
nach  vom  über  geneigt  gewesen,  wenn  nicht  ein  geringer 
Thal  dieser  abnormen  Neigung  auf  eine  mit  der  Maceration 
erfolgte  Disloeation  zu  schieben  wäre;  denn  man  sidit  an 
dem  Proc.  obliq.  infmor  deiUer  dieses  Wirbels  (Fig.  2)  und 
seiner  Stellung  zu  dem  correspondirenden  Proc.  obUq.  super., 
mit  dem  er  articuhrte,  dass  eine  geringe  Disloeation  in  diesem 
Sinne  offenbar  erst  nach  dem  Tode  erfolgt  ist.  Immerhin 
ist  nicht  zu  verkennen,  dass  eine  toruberneigung  des  Wirbels 
sdion  im  Leben   stattgefunden  hatte,   zugleich  aber  —  und 


262  XV.    VerhADdlangen  der  OeseUschaft 

dies  ist  für  den  Charakter  der  Spondylolisthesis  das  Beweisende — 
ist  der  ganze  Lendenwirbel,  also  auch  sein  unterer  Theil,  zu 
weit  nach  vorn  gerückt,  so  dass  sich  sein  unterer  Rand 
circa  4'"  von  der  Vorderfläche  des  oberen  Theils  des  Krcus- 
beins  (Fig.  1.,  3)  befindet,  soweit  dasselbe  normal  gebildet  ist 

Zwischen  dem  unteren  Lendenwirbel  und  dem  obersten 
Theil  des  Kreuzbeins  befindet'  sich  ein  hohler  Raum  von 
mehreren  Linien  Höhe  (Fig.  L,  2),  welcher  die  sparsamen 
Reste  einer,  entweder  im  Leben  odar  bei  der  Haoeration  des 
Beckens  zu  Grunde  gegangenen  Intervertebralscheibe  enthält 
Unter  diesem  Hohlräume,  in  den  man  von  fem  her  hinem- 
sehen  kann,  folgt  nach  abwärts  das  eigentliche  Corpus  delicti. 
Es  ist  dies  eine  Knochenmasse  von  einigermaassen  mandel- 
förmiger Gestalt  (Fig.  L,  1),  welche  mit  dem  einen  Längs- 
rande,  ziemlich  breit  dem  vorderen  oberen  Theile  des 
Kreuzbeins  aufsitzt  und  mit  ihm  synostotisch  sich  verbindet 
Ihre  grösste  Dicke  von  oben  nach  unten  beträgt  4"' — 5'^; 
sie  kehrt  einen  scharfen,  unregelmässigen  Rand  von  V/^" 
Länge  nadi  vorn  und  unten  gegen  die  Beckenböhle  zu, 
welcher  nach  links  schon  V  von  der  Mittellinie  in  eine  ab- 
gerundete, gegen  die  Symphysis  sacro-üiaca  sinistra  gerichtete 
Spitze  endet  Nach  rechts  jedoch  geht  der  vordere  Rand  in 
einen  seitlichen  über,  welcher  bich  über  die  Basis  des  Kreuz- 
beins nach  hinten  wendet  und  in  ^e  später  zu  beschreibenden 
Proc.  obliqui  und  transv^^si  übergeht  Die  Knochenmasse  sitzt 
also  grossentheils  rechts,  da  sie  nach  links  die  MittaUinie 
nur  um  4'"  überragt  Ihre  nach  unten  gerichtete  Fläche  ragt 
um  6'"  über  das  Kreuzbein  hervor;  ihre  nach  oben  gerichtete 
um  2'" — B"'  unter  dem  letzten  Lendenwirbel  und  letztere 
geht  nach  hinten  in  der  Articulationsfläcbe  des  Kreuzbeins 
mit  dem  Lendenwirbel  über. 

An  der  Stelle,  wo  das  Kreuzbeins  und  die  untore  Seite 
der  beschriebenen  Knochenmasse  ineinander  übergehen,  bilden 
sie  einen  Winkel  von  circa  100^  (Fig.  L,  3),  so  dass  sich  die 
Grenze  zwischen  beiden  Theilen  hier  recht  gut  ziehen  läset 
An  der  Vorderfläche  des  Kreuzbeins  von  hier  aus  nach  abwärts 
gehend,  triflt  man  sehr  bald,  schon  nach  2"\  auf  die  erste 
Querfurche  des  Kreuzbeins^  welche  die  Verschmelzung  zweier 
Kreuzbeinwirbel  deutlich  anzeigt    Unteriialb  dieser  zählt  man 


för  QQburtobüUe  in  Berlio.  263 

Docb  vm  deutliche  Kreiuwkbelkttrper  uad  einen  synostotisch 
verbundenen  Steissbeinwirbel,  der  sich  durch  dieConnia  coccygea 
als  solelier  markirt.  Die  Vorderfläche  des  Kreuzbeins  zeigt 
aneaerdem  vier  Paar  Foramina  sacralia,  deren  oberstes  rechts 
bis  in  die  Höbe  der  beschriebenen  Knochenmasse  sich  erstreckt, 
boks  noch  darüber  hinausreicht. 

Um  nun  diese  Knochenmasse  in  ihrer  Bedeutung  richtig 
zu  beurtheilen»  betrachten  wii*  die  Hinterfläche  des  Kreuz- 
beins (Fig.  U.  Durch  ein  Versehen  ist  hier  in  der  Zeichnung, 
wie  man  leicht  sieht,  der  Steissbeinwirbel  fortgelassen)  und 
zählen  hier  von  unten  nach  oben  gehend  ganz  deutlich  sechs 
Kreuzbeiawiii>el;  der  unterste  hat  statt  des  Proc.  spiuos.  die 
Cornua  sacralia  (Fig.  U.,  6),  auf  welche  nach  oben  fünf  be- 
soüder^  scharf  ausgeprägte  Procc.  spinös,  folgen  (Fig.  IL,  1 — 5). 
Auch  die  übrigen  Wirbeltheiie  sind  an  der  Hinterfläche  des 
Kreuzbeins  deutUeher  als  gewöhnlicli  ausgeprägt,  so  die  Procc 
obUqpii,  die  Procc.  transversi,  die  Gruben ,  welche  die  Ver- 
schmelzungsstellen der  Wirbdbdgen  andeuten;  an  dem  zweit- 
obersten Wirbel  ist  der  Bogen  in  seiner  Form  recht  deutlich 
markiri  und  zwischen  ihm  und  dem  obersten  Wirbelbogen 
wird  linkerseits  die  Grube  zum  wirklichen  Loche  (Fig.  IL,  9), 
welches  rechts  nur  angedeutet  ist.  Die  Procc  transversi  des 
obersten  Wirbels  (Fig.  H.,  7  und  8)  sind  ziemlich  dünn, 
6" — 7"'  lang  und.vülUg  selbstständig;  sie  lassen  zwischen  sich 
und  der  oberen  Fläche  des  Kreuzbeins  einen  circa  2"'  breiten 
Spalt.  Unter  jedem  dieser  Proc.  transversi  befindet  sich  ein 
Foramen  int<a1ransversarium,  .welches  auf  der  Oberfläche  des 
Kreuzbeins  ausmündet  und  wodurch  die  Wurzel  des  Bogens 
voUig  selbstständig  wird,  während  an  der  Hinterseite  der 
Bogen  mit  Sem  darunter  liegenden  rechterseits  verschmölzen 
war.  Die  Procc.  oUiqui  inferiores  bilden  mit  den  superiores 
des  zweiten  Wirbels  verschmolzen  die  gewöhnlichen  Höcker 
an  der  Hinterseite  des  Kreuzbeins.  Die  Procc.  obliq.'superiores 
aber  sind  völlig  ausgebildet  und  articulirten  im  Leben  mit 
den  inferiores  des  letzten  Lendenwirbels. 

Haben  wir  nun  an  der  Rückseite  des  Kreuzbeins  sechs 
Wirbel  mit  Sicherheit  erkannt,  so  müssen  diese  auch  an  der 
Vorderfläche  nachgewiesen  werden.     Unter  der  ersten  Quer- 


264  ^^*   Verhandlangen  der  Gesellschaft 

furdie  am  Kreuzbeine  hatten  wir  vier  Körper  gezähk;  dber 
derselben  müssen  also  noch  zwei  hegen;  diese  beiden  KGrpor 
sind  nun  natürlich  die  unregelmässig  geformte,  oben  be- 
schriebene Knochenmasse  von  mandeU5nniger  Gestalt  und  der 
darunter  liegende  Theil  des  Kreuzbeins  (Fig.  L,  3),  welcher 
letztere  in  der  Mittellinie  nur  1*" — 2*",  an  der  rechten  Seite 
3'" — 4'"  hoch  ist.  Die  Trennung  beider  Körper  ist  durch 
den  Winkel  von  circa  100^  deutlich  markirt  Der  rudimentäre 
Körper  des  obersten  Wirbels  geht  an  der  rechten  Seite,  vrie 
schon  oben  p«  262  gesagt  wurde ,  in  die  obersten  Proce. 
transversi  und  obliqui  an  der  Rückseite  unmittelbar  über. 

Bdde  so  stark  rudimentäre  Wirbelköri)er,  deren  Höhe 
in  der  Hittellinie  zusammen  nur  6"' — T"  beträgt,  verschwinden 
in  der  linken  Beckenseite  fast  gänzlich;  hier  entsteht  deshalb 
unter  dem  vorspringenden  letzten  Lendenwirbel  eine  Lücke 
(Fig.  L,  2)  nach  hinten  vom  Kreuzbeine  und  dem  über  ihm 
liegenden  hohlen  Räume  begrenzt,  nach  oben  von  der  unteren 
Fläche  des  vorspringenden  Lendenwirbels. 

Betreffs  des  Kreuzbeins  muss  ich  noch  erwähnen,  dass 
dasselbe  symmetrisch  geformt  ist;  seine  Flügel  sind  von 
gleicher  Breite;  die  Procc.  spinosi  halten  die  Blitteflinie  ein 
zwischen  den  hinteren  Abschnitten  der  Darmbeinkämme.  Eine 
scoliotische  Krümmung  des  Knochens  ist  nicht  bemerklich; 
die  Aushöhlung  von  oben  nach  unten  ist  gering,  wenn  man 
von  dem  oberen  ganz  anomalen  Theile  absieht 

In  Bezug  auf  die  jetzt  folgenden  Maasse  d^  einzelnen 
Durchmesser  muss  ich  bemerken,  dass  das  Becken  an  seinen 
Synchondrosen  zwar  kunstlich  geheftet  ist,  jedoch  so  genau 
und  richtig,  dass  dies  dep  Genauigkeit  der  Maasse,  wenigstens 
im  Beckeneingange,  kaum  Eintrag  thun  kann.  Nach  Kutan'» 
Vorgang  habe  ich  überall  das  Pied-du-roi-Maass  zu  Grunde 
gelegt     ^ 

CIromea  Becken: 

1.  Kleiner  QaerdnrcbmeMer ,    10". 

2.  Grosser  Qaerdurcbmesser ,    10"  8"'. 

8.    Höhe  der  Darmbeine  (vom  Scheitelpunkt  der  In  eis. 

ischiad.  major  zum  höchsten  Punkte  der  Crista  ilel, 

äusserlich  gemessen 8"  8'". 

4.    Tiefe  des  grossen  Beckens 2". 


ffir  GebuHshülfe  in  B^rän.  266 


Hohe  des  Erenibeins  (yom  hSebsten  Pnnkte  der 
Yorderfläche,   soweit  tfie  normal  gebildet  ist,  sur 

Spitze) 2"  7'". 

Höhe    des    kleinen   Beckens    (vom  Tuberenl.    ileo- 

pectin.  xur  Basis  tnberosit  oss.  iscbii) S"  7*^. 

H3he  der  Schamfage 1"  6'". 

Breite  des  Krensbeias  (an  der  Linea  arcnata)  .  .  .v    ^"' 
Breite  des  Scbambogens,  1^' unterhalb  seiner  Spitze   .  1"  S"\ 

Peripherie  des  Beckeneingangs l^Vs''* 

Gerader  Durchmesser  der  Beckenenge  (vom 
unteren  Ende  des  ersten  Steissbeinwirbels  an  ge- 
messen)       4"  a"'. 

Entfernung  der  Spinae  o.  iscbii 8''  6'". 

Becbenelngaiig. 

Die  gebnrtsbfilfliohe  Conjngata  (fallt  swisoben  das  obere 
Ende  der  Sobamfage  nad  den  oberen  Band  des  lotsten 
LendenwirbeU) .     8"  8'". 

Entfernung  des  oberen  Endes  der  Scbamfuge  von  der 
Torspringenden  Leiste  des  oberen  rudimentären 
Wirbelkörpers 3"  6'"- 

Desgleichen  rora  oberen  Ende  des  vorletzten  Lenden- 
wirbels       8"  9"'. 

Eigentliche  Conjugata  (vom   oberen  Ende   des  normal 

gebildeten  Kreuzbeins  aus  gemessen) 4". 

1^  bandelt  sich  nim  um  ErkläruBg  des  Präparats.  Man 
kann  zimacbst  fragen,  ob  der  obere  der  zwei  rudimentäreD 
Wirbe]  ein  Kreuz-  oder  Lendenwirbel  zu  nennen  sei.  Ich 
glaube  entschiedmi,  dass  man  ihn  als  Lendenwirbel  betrachten 
moss,  me  dies  auch  berdts  Hecker  gethan  hat  Die  linker- 
sMts  rortaandene  Oeffnung  unter  seinem  Bogen  (Fig.  IL,  9), 
welche  ihn  von  dem  daruirter  liegenden  Bogen  trennt,  spricht 
sdion  mit  Wahrscheinlichkeit  daftir;  noch  mehr  thun  dies 
die  gut  entwickelten  Procc.  obHqui  superiores  und  am  meisten 
die  ¥00  den  Kreuzbeinflügeln  ganz  isolirten  Procc.  transversi 
(Fig.  n.,  7,  8)  mit  den  darunter  befindlichen  Foramina  inter- 
transversaria.  Die  synostotische  vollständige  Verschmelzung 
dieses  Lendenwirbels  mit  dem  Kreuzbeine  ist  aller  Wahrsdiein* 
licfakeit  nach  auf  denselben  Process  zurückzufahren,  welcher 
die  Wfa'belkürper  zerstörte.  Wann  hat  nun  dieser  Protess 
stattgefunden?  Vormuthlich  noch  im  fötalen  oder  einer  frühen 
Zeit  des  extrauterinen  Lebens.    Hierfiar  sprechen  zwei  Grunde: 


266  XV*    VerbandhiDi^n  der  Gesellschaft 

1)  Die  innige  Verschmelznng  anch  am  hinteren  Tlieile  des 
Wirbels,  an  den  Procc.  obliqui  und  einem  Theile  des  Bogens. 
Eine  Verschmelzung  der  Wirbelkörper  hätte  zwar  zu  jedo* 
Zeit  des  extrauterinen  Lebens  erfolgen  können;  die  Bögen 
aber,  welche  normal  gebildet  und  durch  den  Krankheitsprocess 
in  keiner  Weise  lädirt  «nd,  konnten  wohl  nur  zu  einer  Zeit 
synostotisch  verwachsen,  wo  die  Entwickelung  der  Knoch^ 
und  ihrer  gegenseitigen  Verbindungen  noch  unvoBendet  war. 

2)  Spricht  für  eine  frühzeitige  Synostose  die  Kleinheit  des 
Bogens ;  wäre  derselbe^  erst  nach  völliger  Entwickehing  ver- 
schmolzen, so  würde  er  grösser  sein;  durch  zeitige  Synostose 
wurde  seine  Entwickelung  aber  gehemmt. 

lieber  die  Art  und  Weise,  wie  die  ganze  Diflbrmität 
entstanden,  lässt  sich  wohl  ein  negatives,  aber  nicht  mit 
einiger  Sicherhät  ein  positives  Urtheil  fällen.  LambV^  Er- 
klärungsweise ist  bei  unserem  Präparate  nicht  anzuw^den. 
Es  fehlt  jedes  Zeichen  einer  früher  dagewesenen  Hydrorrhachis, 
wie  Erweiterung  des  Wirbelcanals  und  Spuren  einer  Spina  bifida. 
Auch  haben  Bögen  und  Gelenkfortsätze  die  normale  Form 
und  Richtung.  Einfach  eine  Missbildung,  ein  Vitium  primae 
formationis  anzunehmen  scheint  mir  ebenfalls  unstattliaft.  Es 
kommen  zwar  nicht  selten  mangelhafte  Entwickelungen  von 
Wirbeln  vor;  aber  diese  haben  keine  andere  Form,  fambl 
hat  in  seiner  Abhan<Uung  mehr  solche  Wirbdaäulen  beschrieben 
und  abgebildet  und  Prof.  Virchoto  zeigte  mir  ein  Präparat 
des  hiesigen  pathologischen  Museums,  wetdbes  hn  oberen 
Theile  der  Brustwiii>elsäiile  eine  Menge  solcher  rudimentärer 
Schaltwirbel  ^thält;  dies  sind  die  Wirbelstueke  von  meist 
keilförmiger  Gestalt,  welche,  zwischen  die  ftbrigen  Wki>el 
eingeschoben,  Verkrümmungen  der  Wirbdsäule bedingen  köoneo 
oder  durch  ähnliche  andere  Sdialtwirbel  compenort  werden; 
sie  haben  jedoch  immer  einigermaassen  glatte  Flächen,  er- 
scheinen wie  Stücke,  die  aus  normalen  Wirbehs  aus- 
geschnitten sind  und  verbinden  sich  ziemlich  eng  mit  den 
daran  stossenden  Wirbeln,  deren  Articulationsflächen  dann  ^er 
Form  der  Schaltwirbel  angepasst  sind.  Unsere  Wirbelrudimente 
sind  dagegen  ganz  abnorm  geformte  Knochenstücke,  deren 
Gonfiguratiou  ziemlich  deutlich  die  Zeichen  stattgehabter 
Compression  an  sich  tragen.    Der  Bogen  ist  hinten  an  seiner 


filr  GftburiBMiUe  in  B«Ttia.  267 

nomiideti  Stefie;  vorn  der  K/hper  okht;  er  fiberragt  den 
dieren  Theü  des  Kreusbeiiis  um  h'" — 6'",  weil  er  einen 
Druck  von  oben  ber  auszuhalten  hatte.  Seine  Oberfläche, 
sowie  das  nach  vorn  hervorgequollene  Stück  sind  überdies 
so  uneben  geformt,  dass  dies  auf  einen  Krankheitsprocess 
mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  schliessen  lässt  Ebenso  spricht 
,  dafür  der  fast  vollkommene  Schwund  der  Intervertebralscheibe, 
denn  dass  diese  bei  der  Maceration  des  Beckens  zu  Grunde 
gegangen  sei,  ist  mir  nicht  glaublich;  es  bleiben  doch  sonst 
an  allen  Becken  die  Inlervertebralscheiben,  wenn  sie  auch 
zusammenschrumpfen,  erbalten.  Der  Schwund  ist  also  wohl 
Folge  eines  Krankheitsprocesses.  Welcher  Art  derselbe  gewesen 
ist,  durfte  sich  schwerlich  näher  bestimmen  lassen.  Gegen 
eine  fröhzdtig  entstandene  Fractur  und  gegen  cariöse  Zer- 
störung der  Wirbel  spricht  der  Mangel  aller  Osteophytbildung 
in  der  Umgebung;  selbst  die  nächsten  Knochentheile  über 
and  unter  der  difformen  Stelle  sind  ganz  glatt  und  normal. 
Welchen  Process  man  aber  auch  annimmt,  so  waren  zuerst 
die  Wirbelk^Jrper  grössten  Theils  zerstört  oder  atrophirt.  Die 
deutlichen  Zeichen  der  Compression  an  den  Wirbelkörper- 
rudioienten  lassen  annehmen,  dass  wenigstens  auf  die  Reste 
der  Körper  ein  Druck  formveränderud  eingewirkt  hat.  Dass 
der  grösste  Tfaeil  der  Wirbelkörper  nur  durch  den  Druck 
verioren  gegangen  sei,  ist  aber  unwahrscheinlich;  es  hätte 
sich  dann  vermuthücb  eine  bedeutende  Lordose  sowohl,  vde 
Wn-belschiebung  entwickelt  Weil  noch  vor  vollendeter  Ent- 
Wickelung  die  Wirbelkörper  grösstentheils  resorbirt  wurden, 
konnten  sich  die  Höhendifferenzen  der  vorderen  und  hintei*en 
Wand  besser  ausglichen  imd  der  Druck  der  Wirbelsäule 
brachte  nur  eine  kleine. Deviation  zu  Stande. 

Unsere  Diagnose  lautet  also  so: 

Durch  etwelchen  Krankheitsprocess  ist  der  grösste  Tbeil 
des  Körpers  des  letzten  Lendenwirbels  und  ersten  Kreuzbein- 
Wirbels  zerstört  worden  und  schon  frühzeitig  im  extrauterinen 
oder  noch  im  fötalen  Leben  Synostose  beider  Wirbelkörper- 
Tudimente  zu  Stande  gekommen.  Zugleich  ist  dabei  die  vor- 
letzte Intervertebralscheibe  zu  Grunde  gegangen.  Die  geringen 
Reale  der  zwei  Wirbelk^rper  hatten  spätei*  tm  extrauterinen 
Leben  den  Druck  der  Wirbelsäule  zu  leiden,  quoUen  zum  lliei] 


268  XV.    VerbandloBgen  der  Gesellschaft 

nach   vorn  heraus   und   so  kam   eine  massige  Lordose  der 
Lendenwirbelgäule  mit  geringer  Spondyiolisthesis  zu  Stande. 

Erklärung  der  Figuren. 

Figur  L 

1.  .  Körper  des  letzten  Lendenwirbels,   atrophirt  und   com- 

primirt,  mit  dem  Kreuzbeine  s.ynostotisch  verbunden. 

2.  Grosse  Lücke  oberhalb  des  Kreuzbeins,  linkerseits,  durch 

fast  völligen  Schwund  des  genannten  Lendenwirbels  an 
dieser  Stelle,  entstanden, 

3.  Stelle,  wo  der  rudimentäre  Körper  mit  dem  oberen  Theile 

des   Kreuzbeins  einen  Winkel   von   circa   100^  bildet 
Dicht  darunter  die   erste  quere  Erhabenheit  zwischen 
den  obersten  Foramina  sacralia. 
Figur  IL 

1.    Proc  spinpsus  des  rudimentären  Lendenwirbels. 

2 — 4.    Procc.  spinosi  der  obersten  SacralwirbeL 

6.    Comua  sacralia  des  letzten  Sacralwirbels. 

7  u.  8.    Procc.   transvei'si  des  rudimentären  Lendentirirbeis. 

9.    Loch  zwischen  dem  Bogen  dieses  und  des  ersten  Sacral- 
wirbels. 

Gegm  diese  Auffasuag  erklärt  sich  namenüich  Herr  ChirU, 
der  die  Verbildung  des  Beckens  eher  auf  Caries  als  auf 
Spondyloiisthese  zurückführen  will.  Bei  dieser  konmie  kein 
Substanzen  Verlust,  sondern  eine  einfache  Verschiebung  der 
Wirbelknocben  auf  einander  vor,  bei  dem  hier  in  Rede 
stehenden  Becken  indess  sei. ein  Substanzveriust  nachweisbar 
und  dieser  könne  nur  auf  Caries  zurückgeführt  werden,  da 
eine  Fraktur  als  Ursache  anzunehmen  bei  dieser  isolirten  und 
verborgenen  Lage  durchaus  unstatthaft  sei.  Wende  man  gegen 
seine  Meinung  ein,  dass  bei  Caries  auch  Osteophylenbildung 
nicht  .ausbleibe  und  diese  hier  nicht  vorliegen,  so  müsse  er 
darauf  hinweisen,  dass  bei  längerer  Dauer  Osteopfayten  wieder 
resorbirt  würden,  und  ohnehin  sei  er  geneigt,  den  scharfen 
vorspringenden  Rand  des  letzten  Lendenwirbels  als  Osteopbyten-. 
bildung  aufzufassen. 

Herr  Olshausen  giebt  die  Mögüehkeit  der  EntsleUung 
der  Hissbildung  durch  Caries  zu  und  glaubt,  dass  auch  l»er 


fltr'QebBrtabittie  in  BacUji.  269 

eine  eigeaüidie  Wirbelschiebang  rtattgefuudeii  hd)e,  wenn 
anch  viciieieht  aus  anderer  Ursache  als  in  den  bisher  als 
Spondylolisthesis  beschriebenen  Fällen.  In  geburtshulfliclier 
Hinsieht,  sei  dies  indess  von  derselben  Bedeutung. 


SitauDg  vom  8.  Januar  1861. 

Uerr  Martin  berichtete  über  eine  von  ihm  vor  einigen  Tagen 

mit  günstigem  Erfolge   bei   einer  lebensgefährlichen 
Intrauterinblutung    vollzogene   Transfusion. 

Fkau  W.y  eine  20  Jahre  alte  Prioüpara,  im  achten 
.  Monate  schwanger,  hatte  in  Folge  eines  Schreckes  beim 
SchlittfiBfahren  am  1.  Januar  mehrere  Tage  gekränkelt,  und 
war  deshalb  von  einem  CoUegen  mit  Infusum  Semiae  u.  dergl. 
behandelt.  Am  5.  Januar  sollen  entzündliche  Erscheinungen 
am  Uterus  eine-Venäsection  nothwendig  gemacht  haben.  Vor 
Mitternacht  desselben  Tages  traten  Wehen  auf,  zu  deren 
Förderung  vom  Hausarste  Rad.  ipecacuanhae  und  ein  Dampfnad 
verordnet  vnirden,  in  welchem  letzteren  das  Fruchtwasser 
abfloss  und  eine  nicht  unerhebUche  äussere  Blutung  eintrat 
Da  diese  fortdauerte  und  bald  Zeichen  von  Anämie  sich  ein- 
stellten, ward  Biein  Beiraih  verlangt. 

Als  kh  am  6.  Januar  früh  6  Uhr  hinzukam,  fand  ich 
den  Muttermund  %"  im  Durchmesser,  unnachgiebig,  daiiiber 
den  Kopf  der  Frucht  bereits  tief  in  die  Beckenhöble  herein- 
gesunken; einen  anhaltenden  massigen  Abgang  fldssigen  Bhites; 
keine  FötalherztAne;  Leib  massig  ausgedelmt,  empfindlich, 
zumal  im  Muttergrunde,  wo  die  Kreissende  besonders  über 
lebhafte  Schmerzen  klagte.  Gesieht  verfallen,  Augen  tiefliegend. 
Baut  bleich;  Puls  108,  klein.  —  Die  heftigen,  aUmälig  zu- 
nehmenden Schmerzen  am  Muttergrunde,  welcher  merklich 
ausgedelmt  wurde,  die  Zeichen  von  Anämie  bei  massigem 
Blutflnsse  aus  dem  Uterus,  die  wässerige  Beschaffenheit 
des  abgdienden  Blutes  ohne  Gerinnsel  liessen  die  Diagnose 
auf  Intrauterinblutung  durch  vorzeitige  Abtrennung 
des  Mutterkuchens  stellen.  Die  Unnachgiebigkeit  des 
mangelhaft   ei*weiterten  Muttermundes   verbot    eine   sofortige 


270  ^^-    VerhAiidlangeD  der  OeteHachaft 

Entbindung,  am  so  m^br  als  der  vorzeitige  Abflnas  des 
Fruchtwassers*  und  der  feste  Stand  des  Kopfes  im  Becken  & 
Wendung  auf  die  Füsse  und  somit  das  Accouchement  forc^ 
widerrieth.  Es  wurde  deshalb  tamponirt  und  der  Efisatz  des 
verlorenen  Blutes  durch  Eiertrank,  Bouillon  u.  s.  w.  versucht, 
wogegen  jedoch  der  Hagen  durch  Erbrechen  reagirte.  Als 
um  8  Uhr  Morgens  der  Muttergrund  unter  zunehmender 
Beängstigung  der  Kreissenden  immer  höher  stieg  und  gleich 
einer  spitzen  Geschwulst  in  der  Magengrube  hervortrat,  der 
Puls  kaum  fühlbar  wurde,  und  der  Verfall  der  Gesichtszüge, 
die  Ohnmachtanwandlungen,  die  sinkende  Temperatur,  die 
drohende  Lebensgefahr  durch  innere  Verblutung  verkündeten, 
entschloss  ich  mich,  die  Transfusion  vorzunehmen,  und  führte 
dieselbe  nach  Herbeischaifung  eines  geeigneten  Individuums,, 
eines  kräftigen  gesonden  Hausdieners,  von  welchem  das  Bkit 
durch  eine  VenAsection  an  der  Mediana  entlehnt  wurde,  unter 
Assistenz  des  Hausarztes  Herrn  Geheimen  Sanitätsratfaes 
Dr.  We$tphal  und  meines  klinischen  Assistenten  Herrn 
Dr.  Strassmann  gegen  9  Uhr  Morgens  mit  meinem  hierzu 
früher  angegebenen  und  erprobten  Apparate  ^)  aus«  In  die 
am  rechten  Arme  durch  einen  etwa  4 — 5'"  langen  Haut* 
schnitt  blossgelegte  Medianvene  stiess  ich  den  flache  Troikar 
ein  und  injicirte  mit  der  gehörig  erwärmten  Glasspritze  auf 
vier  Mal  beiläufig  6—7  Unzen  des  in  einer  Tasse,  welche 
in  Wasser  von  -f  80^  R.  stand,  so  eben  aufgefangenen  Blutes. 
Die  Operirte  klagte  über  keinerlei  unangenehme  Empfindung, 
zeigte  alsbald  wieder  einen  Anflug  von  Röthe  auf  den  Wangen 
und  verarbeitete  nunmehr  die  indessen  anfgetretenen  Treibwehen 
kräftig.  Nach  Wegnahme  des  Tampon  fand  sich  der  Multei^ 
mund  durch  den  in  dritter  Schädellage  bis  zuin  Beckenausgange 
herabgetliebenen  Kopf  fast  vollständig  erweitert,  so  dass  der 
Ausziebuttg  des  Rindes  kein  Bedenken  weiter  entgegenstand 
Dass  dieselbe  bei  den  immerhin  mangelhaft  vorbereiteten 
Genitalis  und  der  ungünstigen  KopfsteUung  nicht  ohne  Mühe 
mittels  der  Zange  bewirkt  werden  konnte,  stand  zu  erwarten; 
dennoch    gelang   sie   nach   drdfaeber  bidsion   des  breketi 


i)  S.  meine  Schrift:    Ueber  Transfasion  bei  Blutungen  Neu- 
entbundener.     Berlin  1869.    Mit  Abbildungen.    8.  84. 


t 
für  Geburtobölfe  in  Berlin.  271 

DaBMnes  ^ine  weitere  Liäon  desselben.  Das  Kind,  eio  wohl- 
gebildetes acht  Monale  altes  Madchoo»  war,  wie  bereits  die 
Auscültation  ergeben  hatte,  todt.  Hit  der  alsbald  durch 
Druck  auf  den  Uterus  herausgeforderten  Nachgeburt  kamen 
ober  zwei  Pfund  schwarses  grumoses  i^tgerinnsel  zu  Tage, 
und  die  AussenOäche  der  Placenta  zeigte  einen  coinprimirteii 
Tbeil  yron  ckca  \  der  Flädie,  an  deren  Grenze  die  Cotyledonen 
wallartig  hervortraten;  am  comprimirten  Rande  haftete  noch 
ein  firiscfaeres  festeres  Blutcoagulum  inniger  mit  dem  Placentar* 
gewebe  zusammen.  Das  Verhaitniss  zum.  Eibaütriss  war  nicht 
genauer  zu  bestimmen;  der  Nabelstrang  erschien  odematös. 

Obsdion  der  Gebarmutterkörper  sich  kräftig  zusammen- 
zog, folgte  doch,  nachdem  die  Entbund^e  durch  Champagner 
erquickt  worden  war,  eine  Nachblutung,  welche  durch  wieder«^ 
holte  Einspritzungen  von  verdünntem  Essig  und  spdter  von 
Liquor  ferri  sesquicblorati  mit  Wasser  zum  Stillstand  gebracht 
wuide,  allein  trotz  des  inneren  Gebrauchs  von  Spiritus  fern 
clilorati  aethereus  wieder  einen  solchen  Grad  von  Anftinie 
veranlasste,  dass  hei  der  Unmöglichkeit  die  Blutbildung  durch 
NahrttDgsmittel  zu  unterstützen,  eine  nochnudige  Transfiisiou 
onerläsalich  erschien.  Dieses  Hai  gab  ein  gesunder  21  Jahre 
alter  Jüngling,  der  Schwager  der  Wöchnerin,  seinen  Arm 
zum  Aderlasse  her,  und  es  gelang  der  wiederholt  OhnmAchtigen, 
die  Aber  Dunkelwerden,  Schwindel,  Brustbeklemmung  u.  s.  w. 
gekk^t  hatte,  und  do-en  Puls  zdtweise  nicht  mehr  zu  fühlen 
war,  nochmals  circa  3  Unzen  Blut  in  die  Vena  basüka  des 
rechten  Armes  zu  injiciren.  Allmälig  erholte  sich  die  Kranke, 
die  jetzt  vorzüglich  über  quälenden  Durst  klagte,  jedoch 
nichts  als  frisches  Wasser  trinken  wollte.  Der  Puls  ward 
wieder  deutlich  fühlbar  und  die  kühlen  Extremitäten  wärmer. 
Von  Mittag  2  Uhr  an  wurde  abwechsehid  von  dem  Spir.  ferri 
chlerali  aethereus  und  von  der  Tiact  opii  crocata  gegeben 
und  später  langsam  eine  Tasse  laue  Milch  gereicht  Am 
Nadranttage  stellte  sich  Schweiss,  und  ein  erquickender  Schlaf 
rin,  damit  kehrte  Theiluahme  und  Heiterkeit  zurück.  Auch 
in  der  folgenden  Naeht  erquiekte  ein  ruhiger  Schlaf  mit 
starker  Transspiration,  und  das  Wochenbett  verlief,  abgesehen 
von  andauernder  Pulsfrequenz,  einigen  Harnbeschwerdeu  und 
Empfindliehkeit  des  Unterleibes,  ohne  erhebliche  Störungen, 


272  ^^-    VerhftiidlaBffeii  der  GesvIUchaft 

so  ckiss  Fraa  W.  am  vierzeliiitefi  Tage  das  Bett  lu  ferlassea 
im  Stande  war  uod  sich  allmäUg  erholte.  — 

Da  ich  in  meiner  Schrift  über  die  Tranafwsioa  bei 
Bitttungen  Neuendiundener  meine  Ansichten  Aber  diese  for 
den  unmittelbaren  Wiederersatz  des  verlorenen  Blutes  ohne 
Zweifel  sehr  wichtige  Operation  und  detea  sicherste  Aus- 
föhrungsweise  ausflQhrlich  dargelegt  habe,  so  füge  idi  hier 
nur  eine  Bemerkung  hinzu,  welche  sieh  mir  durch  nach^ 
stdienden  Fall  in  meiner  hiesigen  Praxis  aufgedrängt  hat 
Vor  einigen  Monaten  wurde  ich  eiligst  zu  einer  Wöchnerin 
gerufen,  welche  in  Folge  von  sehr  betrichdicbem  Blutverluste 
dem  Tode  nahe  sein  sollte,  um  sie  durch  die  Transfusion  zu 
retteflT.  Am  Krankenbette  angelangt  hörte  ich  von  dem  be- 
handelnden Arzt«,  dass  die  Leidende  etwa  20  Stunden  zuvor 
in  der  Nachgeburtsperiode  eine  sehr  heftige  Blutimg  erfitten, 
welche  allerdings  sistirt  war,  aUein  eine  so  grosse  Schwüche 
-und  Anämie  hinterlassen  hatte,  dass  sie  die  vergangene  Naeht 
hindurch  unruhig,  schlaflos,  sich  hin  und  herwerfend  und 
kurzathmig  zugebracht  hatte.  Ich  fand  die  Kranke  fast  be- 
wusstlos  mit  kaltem  Schweisse  bedeckt,  den  Pols  kaum  zu 
fühlen,  und  erwies  durch  die  Percussion  den  Erguss  von 
Serum  in  die  Pleurasäcke,  wie  man  ihn  bei  späterem  un- 
glücklichem Ausgange  von  Blutungen  binnen  der  ersten  zwei 
Tage  nach  grossem  Blutverluste  gewöhnlich  lindet  Unter 
diesen  Umständen  war  begreiflieh  von  der  Transfusion  niebts 
mehr  zu  hoffen;  ich  unterliess  dieselbe,  denn  die  si^n  be- 
gonnene Agone  führte  in  V4  Stunde  zum  Ende. 

Die  Transfusion  kann  nach  meiner  Ueberzeugung  nur 
da  nützen,  wo  die  seeundären  Veränderungen  in  Folge  des 
Blutverlustes,  insbesondere  die  serösen  Aussehwitzungen  m 
den  serösen  Höhlen  der  Brust  und  des  Schädds  noch  nicht 
eingetreten  sind.    Hier  mag  man  sie  als  nutzlos  unterlassen. 

Herr  Brcmdt  hatte  kürzlich  eine  Frau  entbunden,  bei 
der  er  wegen  sterker  Blutung  aus  vorzeitiger  Lösung  der 
Nachgeburt  sehr  frühzeitig  zur  Wendung  schritt.  Er  dibtirte 
den  auf  1%  Zoll  geöffneten  Muttermund  schonend  mit  den 
Fingern,  wendete  das  Kind,  extrahirte  es;  die  Nachgeburt 
wurde  leicht  entfernt  und  die  Contraction  des  Uterus  durdh 


f&r  OebnrtBhfilfe  in  Berlin.  27^ 

einige  Dosen  Seeale  unterstützt/ um  die  noch  andauernde 
Blutung  zu  stillen.  Da  Patientin  im  höchsten  Grade  erschöpft 
und  anfimisch  war  und  aber  grossen  Durst  klagte,  so  erhielt 
sie,  aus  Mangel  an  belebenden  Weinen,  bairisches  Bier, 
wdches  sie  mit  sichtlicher  Stärkung  trank.  Herr  Brandt 
erfuhr  am  anderen  Tage,  dass  sie  seitdem  13  Seidel  Bier 
consumirt  habe,  fand  durchaus  keine  abnorme  Aufregung  und 
gestattete  deshalb  den  Weitergebrauch  dieses  Getränkes.  So 
belief  sich  das  in  drei  Tagen  verbrauchte  Quantum  auf 
41  Seidel,  welche  ohne  jeglichen  Nachtheil  von  der  Kranken 
genossen  wurden  und  die  bedrohlichen  Zeichen  der  Anämie 
beseitigten. 

Herr  Weber  empfiehlt  bei  vorzeitiger  Losung  der  Placenta 
die  kalte  Douche  nach  Seifferfs  Vorschlage  und  behauptet 
in  einem  kurzlich  beobachteten  Falle  durch  die  erste  Injection 
Stillstand  der  Blutung  und  ergiebige  Wehen  hervorgerufen 
zu  haben.  Ebenso  in  einem  früher  beobachteten  Falle  von 
Placenta  praevia. 

Eerr  Martin  hat  die  kalte  Douche  bisher  nur  vorüber* 
gebend  wirksam  gefunden  und  ist  deshalb  seitdem  zum 
Tampon  zurückgekehrt 

Herr  Weber  delßnirt  indess  sein  Verfahren  dahin,  dass 
er  das  InjeCtionsrohr  bis  in  den  Muttermund  führt,  so  dass 
allerdings  die  Wirksamkeit  der  so  angestellten  Injectionen 
sieh  nach  dem  (7often*scIien  Principe  der  Einleitung'  der 
Frühgeburt  erklM. 


lloafttMehr.r.Oebartok.  18«1.  Bd.XVn.,  HA.4.  18 


274        XVI.     Crediy  Ueber  die  aweokmilfaigate  Methode 


XVI. 

üeber  die  zweckmässigste  Methode  der  Entfemcmg 
der  Nachgeburt. 

Von 

€rede. 

In  der  Versammlung  der  Aerzte  und  Naturforscher  in 
Königsberg  hielt  ich  am  17.  September  1860  einen  Vortrag: 
,,  Ueber  die  von  mir  geübte  Methode  der  Entfernung  des 
Fruchtkuchehs  bei  natürlicher  Geburf"  (s.  Monatschrift  für 
Geburtsk.,  Bd.  16,  Heft  5,  S.  337).  Ich  setzte  im  Wesentlichen 
dieselben  Grundsätze  auseinander,  ^reiche  ich  bereits  im 
Jahre  1853  in  meinem  Buche:  „Klinische  Vorträge  über  Ge- 
burtshülfe,  S.  599''  veröffentlicht  hatte.  Gleichzeitig  mit  der 
Köuigsberger  Versammlung  hatte  ich  für  «in  Programm  der 
Universität  Leipzig  (ad  memoriam  Boiit)  vom  22.  September 
1860  eine  kleme  Abhandlung:  „De  optima  in  partu  naturali 
placentam  amovendi  ratione**  verfasst,  in  welcher  ich  bemüht 
war,  die  von  mir  empfohlene  Methode  als  etwas  Neues,  als 
einen  Fortsehritt  nachzuweisen,  indem  ich  einen  kurzen 
Ueberblick  gab  über  die  Vorschläge,  welche  dem  meinigen 
am  nächsten  stehen.  Da  dieses  Programm  einem  grösseren 
PubUkum  nicht  zugänglich  ist,  mein  Vortrag  in  Königberg, 
wenngleich  einerseits  lebhs^  Theilnähme  und  Anerkennung, 
andererseits  aber  auch  Zweifel  und  Bedenken  hervorrief, 
seitdem  auch,  wohl  aus  Anlass  meines  Vortrages,  mehrere 
Abhandlungen  über  denselben  Gegenstand  der  Oeffentlichkeit 
übergeben  worden  sind,  weitere,  wie  ich  weiss,  noch  folgen 
werden,  so  mag  es  wohl  Entschuldigung  finden,  wenn  ich 
nochmals  hier  auf  die  Sache  eingehe,  theils  um  Missverständnisse, 
die  sich  schon  bei  der  mündlichen  Besprechung  in  Königsberg 
herausstellten,  zu  beseitigen,  theils  um  etwas  ausführiicher, 
als  es  in  Königsberg  nach  den  Vorschriften  der  Geschäfts- 
ordnung geschehen  konnte,  meine- Ansichten  zu  begründen. 

Es  wird  manchem  Leser  von  Interesse  sein,  wenn  ich  hier 
zunächst  Jn  kurzen  und  allgemeinen  Zügen  einen  historischen 


der  Entfernn&g  der  Nachg^ebnrt  275 

Ueberblick  über  die  Methoden  2ur.£ntferninig  der  Nachgeburt 
▼orausBcbicke.  Ich  folge  hierbei  theils  eigenem  Quellenstudium, 
namentlich  aber  zunächst  der  vortrefflichen  und  höchst  genauen 
geschichtlichen  Zusammenstellung  der  hatqitsächlichsten  An- 
sichten, Lehrsätze  und  Erfahrungen  ober  das  Nachgeburtsgeschäft 
und  seine  Behandhmg  von  Riedel  (Verhandlungen  der  Gesellschaft 
für  Gebortshülfe  in  Berlin,  Jahrg.  2,  S.  61—123,  Berlin  1847). 
Dieser  nimmt  für  die  Lehre  von  der  Behandlung  des  Nach- 
geburtsgeschäftes vier  Zeitabschnitte  an.  Der  erste  umfasst 
die  Zeit  von  den  geschichtlichen  Anfangen  geburtsbülflicher 
Assistenz  bis  zu  Ettehariue  R'öselin  1513.  Die  Behandlung 
der  Nachgeburt  stand  in  dieser  Zeit  auf  ihrer  niedrigsten 
Stufe.  Kind  und  Nachgeburt  blieben  mit  einander  in  Ver- 
bindung, bis  die  letztere  ausgeschieden  war ;  zögerte  dieselbe, 
so  wurde  des  Kindes  eigene  Schwere  benutzt,  um  durch 
Hangen  an  der  Nabelschnur  das  Heraustreten  zu  befördern; 
war  das  Kind  aus  einem  besonderen  Grunde  früher  abgenabelt, . 
so  vnirde  ein  Gewicht  an  den  Nabelstrang  befestigt,  oder 
mit  der  Hand  am  Nabelstrang',  gezogen;  nebenbei  mussten 
gewaltsame  Ersehütteningen  des  Korpers  der  Gebärenden  nach- 
helfen, wie  Niesen,  Pressen,  Husten ^  dann  spielten  auch 
Räncberungen  mit  den  absurdesten  Gegenständen,  verkehrte 
innere  Arzneien  und  Einspritzungen  eipe  grosse  Bolle.  Femer 
wurden  gewaltsame  Ablösungen  aus  der  Gebärmutterhöhle 
vorgenommen  und  die  sitzen  gebliebenen  Stücke  liess  man 
durch  Fäubiss  ausstossen.  Es  war  in  dieser  Zeit  eine 
sehr  gewaltsame,  active  und  meist  höchst  unzweckmässige 
Behandlung  die  gebräuchliche. 

Der  zweite  Zeitraum  reicht  vom  Anfange  des  16.  bis  zum 
Anfange  des  18.  Jahrhunderts,  von  BössUn  bis  Mauriceau 
und  Deventer.  Man  lernt  in  dieser  Zeit  einen  Theil  der 
möglichen  Abnormitäten  näher  kennen,  man  beobachtet  Ge- 
iahren bei  verhaltener  Nachgeburt,  die  früher  empfohlenen 
Arzneien  werden  verworfen,  man  entscheidet  sioh  zu  einem 
activen  Eingreifen,  indem  man  mit  der  Hand  möglichst  schnell 
nach  der  Geburt  des  Kindes  die  Nachgeburt  aus  der  Gebär- 
mutter entfernt,  man  lässt  sie  nur  zurück,  wenn  man  die 
künstliche  Entfernung  nicht  vollenden  kann  oder  weil  man 
durch  Gewalt  zu  schaden  furchtet    Die  Selbstbülfe  der  Natur 

18* 


276        ^^-     Cred4^  Ueber  die  BweokmftflBigste  Methode 

ist  noch  nicht  allgemeiner  in  das  VerständniBs  der  Geburts- 
helfer eingedrungen.  Nur  einzelne  Stimmen  warnen  vor  der 
zu  gewaltsamen  Lösung  der  Nachgeburt,  wie  QmUemeau  (1596), 
Mawriceau  (1695  und  1708).  Es  werden  auch  einzelne 
Beobachtungen  veröfTentlicht,  in  denen  die  Nachgeburt  ohne 
Schaden  für  die  Fi*auen  längere  Zeit,  Wochen  und  Monate 
lang  zurückgeblieben  war  {Sorlait^  Menaelius,  Cummen, 
DdiuB  u.  A.).  Der  berühmte  Deventer  (1701)  huldigte 
der  eilig  activen  Methode. 

Der  dritte  Zeitraum  ümfasst  die  Zeil  vom  Anfange  des 
18.  bis  zum  Anfange  des  19.  Jahrhunderts.  Gestützt  auf 
Beobachtungen  älterer  Zeit  über  den  unglücklichen  Ausgang 
unYorsichtiger  und  übereilter  Hinwegnahme  der  Nachgeburt 
und  auf  Erfährungen  über  den  glücklichen  Ausgang  solcher 
FäUe,  in  denen  der  Naturthätigkeit-  allein  die  Ausscheidung 
der  zögernden  Nachgeburt  überlassen  war,  trat  jetzt  in  den 
rerschiedenen  Ländern  eine  Parthei  auf,  welche  die  misskannte 
und  misshandelte  Natur  in  ihre  Rechte  wieder  einzusetzen 
sich  bemühte,  und  welche,*  allmälig  immer  zahlreicher  und 
mächtiger  geworden,  endlich  zu  Ende  des  18.  uod  zu  Anfang 
des  19.  Jahrhunderts;  die  Anhänger  eines  eilig- activen  Ver- 
fahrens ganz  in  den  Hintergrund  treten  liess.  Am  eifrigsten 
vertraten  diese  Parthei  Euyach  (1725),  Aepli  (1776)  und 
Weissenbom  (1797),  ihnen  schlössen  sich  in  gleicher  An- 
schauungs weise  viele  berühmte  Geburtshelfer  an,  wie  Roederery 
Crantz,  Steidde,  Dionis,  de  la  Motte,  Puzos,  Levret, 
Ould,  Smeüie,  Hunter,  Johnson,  TumbuUy  Saxtorph, 
Katzenberger y.  Hirzel,  Loder,  Stein  d.  A.,  Osbom  u.  A. 
Dagegen  erhoben  sidi  noch  immer  gewichtige  Stimmen  gegen 
diese  Lehre  {Hqrttrampß,  Storch,  ThebesiuSy  Böhmer, 
C.  M.Weber,  Fried  d.  J.,  Berger,  Mesnard,  Deleurye, 
Barbette,  Maubrat/,  Chapman,  Manningham,  Bürton, 
Pugh,  Zeüer,  Stark  u.  A.),  Andere  suchten  zu  vermittehi 
(Fried  d.  A.).  Aber  fast  alle  Diejenigen,  welche  sich  gegen 
das  alleinige  Waltenlassen  der  Natur  aussprachen,  lehrten 
nicht  mehr  so  exdusiv  das  active  fänschreiten,  sondern  suchte 
die  Indicationen  dafür  mehr  und  mehr  festzustellen,  während 
dnzelne  Gegner  auch  unter  gewissen  Umständen  die  künstliche 
Lösung  gestatteten. 


der  Entfernung  der  Nachgebart.  277 

In  dem  vierten  Zeiträume  yom  Anfange  des  19.  Jahr- 
hunderts bis  jetzt  kam  die  schon  am  Ende  des  voraus- 
gegangenen Jahrhunderts  sich  Bahn  brechende  Ansicht  immer 
mehr  zur  Klarheit  und  Geltung,  dass  die  Ausscheidung  der 
Nachgeburt,  ebenso  wie  die  des  Kindes  ein  physiologischer 
Vorgang  ist,  dass  dieser  Vorgang  aber  ein  pathologischer 
werden  kann  und  dann  das  Einschreiten  geeigneter  Kunsthülfe 
erfordert  Im  letzteren  Falle  kommt  es  nur  darauf  an,  die 
zweckmässigsten,  d.  i.  die  naturgemässesten  Mittel  zu  wählen* 
„Finden  wir  freilich  auch,''  sagt  Jiiedel  (a.  a.  0.,  S.  101) 
„keine  Einheit  der  Ansichten  und  Grundsätze  hinsichts  der 
Indlcationen  zur  künstlichen  Hinwegnahme  der  Nachgeburt, 
so  lässt  sich  doch  nicht  verkennen,  dass  wir  auf  gutem 
Grunde  stehen,  um  einer  endlichen  richtigen  Würdigung  der 
känsUichen  Nachgeburtslösung  im.  Verhältnisse  zu  anderen 
Kunstmaassregeln  immer  näher  zu  kommen."  Die  am  meisten 
beschränkte  Anwehdung  findet  die  künstliche  Nachgeburts- 
lösung bei  Boer,  Froriep,  Wigand,  Langermann,  Fischer, 
Bruch,  Wegeier,  A.  E.  von  Siebold,  Seulen,  PiUchaft, 
KtMner,  C.  Mayer ,  Capuron,  Berger  u.  A.;  —  eine  aus- 
gedehntere bei  Henschd,  Weidmann  ^  Carus,  Schmitt, 
Nägele,  Prieger,  Siein  d.  A.,  Hayn^  Hüter,  Ritgen, 
Kluge,  Busch,  Velpeau,  Dewees  u.  A.;  —  den  weitesten 
Spielraam  gestatten  der  künstlichen  Lösung  der  Nachgeburt 
and  wollen  dieselbe  nicht  lange  nach  der  Geburt  des  Kindes, 
meistens  auch  bei  Abwesenheit  dringender  Zufälle,  prophy- 
laktisch zur  Abwendung  möglicher  Gefahren  ausgeführt  wissen : 
Oslander,  Jörg,  Schmidtmann,  d^Out^epont,  Ulsamer, 
KHian,  Horny  Ed,  C.  J.  von  Siebold^  Rieche,  J.  H,  Schmidt, 
Hohl,  Paetsch,  Maygrief,  Bjims,  Clarke,  Merriman, 
Rob.  Lee  u.  A. 

So  weit  die  nach  RiedePs  Zusammenstellung  gewonnenen 
geschichtlichen  Resultate  bis  zum  Jahre  1846.  — 

Befragen  wir  noch  die  Literatur  der  letzten  15  Jahre, 
so  finden  wir  eine  wesentliche  Umgestaltung  der  Lehre  gegen 
die  vorausgegangenen  Jahre  nicht,  noch  immer  stehen  sich, 
theüweise  ziemlich  schroff  die  Partheien  gegenüber.  Den 
besten  Beweis  hierfür  gaben  schon  die  Verhandlungen  der 
GeseUscbaft  für  Geburtshülfe  in  Berlin,-  welche  dem  Vortrage 


278        X^I-     OredS,  Ueber  die  sweckibftssigste  Methode 

Yön  Paetsch  am  13.  Januar  1846  folgten.  Eine  Einigung 
war  bei  dieser  Gelegenheit  nicht  zu  erreichen  und  ist  Oberhaupt 
so  lange  unmöglich,  bis  nicht  das  richtige  Verfahren  an-> 
gegeben  ist,  welches-  im  Stande  ist,  gleichzeitig  sowohl  die 
Gefahren  einer  künstlichen  Lösung  der  Nachgeburt  aus  der 
Gebärmutter  als  auch  die  Nachtheile  eines  längeren  Yerweilens 
der  Placenta  in  der  Gebärmutter  zu  verbäten.     * 

Es  mussten  ganz  erheUiche  Gefahren  sein,  welche  beide 
Methoden  in  ihrem  Gefolge  hatten,  wenn  sie  die-  tüchtigsten 
Geburtshelfer  in  gegenüberstehende  Partheien  bringen  konnten ; 
und  in  der  That  sind  sie  es  auch.  Die  Vertreter  der  schnellen 
Lösung  der  Placenta  fürchten  nach  vielfacher  trauriger  Er- 
fahrung mit  vollem  Rechte  die  eintretende  physiologische 
Rückbildung  der  Gebärmutter  vor  der  Entfernung  der  Placenta, 
die  Blutungen,  welche  so  häufig  noch  spät  erfolgen,  die 
Fäulniss  der  Placenta  und  daraus  hervorgehende  Entzündung 
der  Gebärmutter  und  Pyämie  u.  a.  m. ,  und  wenn  auch 
Beobachtungen  vorliegen,  in  welchen  eine,  längere  Zeit  zurück- 
gebliebene Placenta  der  Gebärenden  keinen  Nacl^theil  zufugte, 
so  dürfen  wir  einen  solchen  ghicklichen  Veriauf  nicht  als  Beweis 
benutzen,  dass  in  einem  anderen  Falle  es  eben  so  gut  ab- 
laufen werde.  —  Die  Vertreter  des  Waitenlassens  der  Natur 
machen  dagegen  den  Operateuren  den  durchaus  richtigen 
Vorwurf,  dass  Zerreissungen  der  Nabelschnur  und  der  Placenta, 
Verletzungen  der  Gebärmutter  und  anderer  Eingeweide,  heftige 
Blutungen,  Schmerzen,  Entzündungen,  Incarcerationen ,  Um- 
stülpungen, Vorfalle  und  andere  Krankheiten  nicht  immer 
vermieden  werden  können  und  die  Casuistik  von  altersher  bis 
in  die  neueste  Zeit  und  die  Criminaluntersuchungen  gegen 
Hebammen  nnd  Geburtshelfsr  leiiren  es  mit  genügenden  Be- 
weisen, bis  zu  welchen  schauderhaften  Metzeleien  das  empfohlene 
Verfahren  führen  kann,  wenn  etwas  ungeschicktere  oder  rohere 
Hände  die  Operation  auszuführen  haben.  Und  gestehen  wir 
es  nur,  dass  leider  unter  den  Hebammen  und  auch  den 
Geburtshelfern  viel  Ungeschick  und  Roheit  zu  finden  ist. 

Welches  von  beiden  Verfahren  führt  nun  aber  zu 
grösseren  Uebeln,  das  Handeln  oder  das  Zuwarten?  Diese 
Frage  ist  trotz  gewissenhafter  Abwägung  nicht  zu  beantworten, 
so  lange  die  Geburtshelfer  in  einseitiger  Weise  das  Abwarten 


der  Sntferaong  der  Nachgeburt.  279 

dar  NatuiHiräfte.  —  dem  Heraui^holen  der  Placenta  mit  der 
Band  gegenüberstellen ;  die  Gefahren  dieser  beiden  Verfahren 
möcbten  sich  ungefähr  das  Gleichgewicht  halten.  Die  Frage 
im»  viehnehr  so  gestellt  werden,  ob  1)  das  Abwarten  dar 
Natnrkräfte  oder  2)  das  Entfernen  der  Placenta  überhaupt, 
bald  nach  der  Geburt,  das  richtigere  Verfahren  sei.  Auf 
diese  Frage  wird  jeder  Geburtshelfer,  ohne  sich  zu  bedenken, 
die  Antwort  geben:  es  ist  jedenfalls  besser  und  gefahrloser, 
möglichst  bald  die  Nachgebart  zu  entfernen.  Es  kommt  also 
nur  darauf  an,  das  Mittel  anzugeben,  durch  welches  ohne 
Einführen  der  Hand  in  die  Geschlechtstheile  die 
Naehgeburt  gefahrlos  und  schnell  entfernt  wird. 

Die  Natur  lehrt  uns  nun  zwar,  dass  sie  das  Nachgeburts- 
geschäft ganz  allein  beendigt,  durch  dieselbe  Tbätigkeit, 
wekhe  auch  das  Kind  zur  Welt  bringt,  gleichzeitig  aber  steht 
es  nach  der  Erfahrung  aller  Geburtshelfer  fest,  dass  diese 
Naturthatigkeit  in  vielen  Fällen  nicht  stark  genug  oder  nicht 
schDell  genug  auftritt.  Dann  aber  ist  es  das  richtigste  und 
natürlichste  Verfahren  für  den  (^eburtshelfer,  die  Tbätigkeit 
künstlich  zu  verstärken  oder  anzuregen  so  weit,  bis  die  Gebär- 
mutter im  Stande  ist,  die  ihr  von  der  Natur  gesetzte  Aufgabe 
vollständig  zu  erfüllen.  Man  stelle  also  den  Grundsatz  obenan: 
die  Gebärmutter  selbst  muss  die  Nachgeburt  vollständig  hinaus- 
schaffen; je  schneller  nadi  der  Geburt  des  Kindes,  desto  besser; 
thut  sie  es  nicht  bald,  so  muss  sie  dazu  gezwungen  werden, 
sonst  kann  es  zu  spät  werden  und  die  mit  Recht  gefdrchteten 
Naditheile  und  Gefahren  einer  länger  zurückgehaltenen  Placenta 
stehen  in  Aussicht. 

Dass  die  künstliche  Erregung  und  Steigerung  der  Natur- 
thatigkeit das  wahrhaft  zweckmässige  Verfahren  bei  Be- 
handlang  des  Nachgeburtsgeschäfles  sei,  haben  ^lenn  auch 
schon  lange  die  Geburtshelfer  eingesehen  und  verschiedene 
Mittel,  diesen  Zweck  zu  erreichen,  sind  im  Laufe  der  Zeit 
vorgeschlagen  worden,  keins  derselben  aber  war  von  so 
durchgreifender  und  für  fast  alle  Fälle  ausreichender  Wirkung, 
dass  nidit  doch  umnar  wieder  die  Geburtshelfer  viel  zu  oft 
zu  dem  Liegenlassen  oder  zu  der  künstlichen  Auslösung  der 
Phcenta  überzagehen  gezwungen  gewesen  wären. 


280       ^"^^^     Crsddf  Ueber  die  sweekmttasigste  Methode 

leb  erwähne  hier  beiläufig  die  von  Mojon  vorgeedilageDen 
Injectionen  von  Essigwasser  in  die  Nabelscbnurvene,  femer 
die  Darreichung  von  Mutterkorn,  Zimmt,  Borax,  das  Saugen 
an  den  Brustwarzen  mittels  eines  Kindes  oder  kpnstlicheo 
Säugers,  die  Compression  der  Aorta,  das  Auflegen  eines 
Sandsackes  auf  den  Uterus  oder  gegen  den  Uterus,  das  Um- 
legen einer  festen  Bauchbinde,  das  Aufträufeln  und  Verreiben 
von  Schwefeläther  auf  die  Bauchdecken,  kalte  Au&cUäge  auf 
den  Bauch,  Einspritzungen  in  die  Scheide  und  Gebärmutter, 
die  Electricität  und  andere  mehr.  Ohne  den  Werth  aller 
dieser  Verfahren  herabsetzen  zu  wollen,  da  sie  sich  in  so 
manchen  Fällen  sehr  hülfreidi  ei^eisen,  werden  jnir  doch 
wohl  die  Geburtshelfer  beistimmen,  dass  sie  keine  sidieren 
Mittel  sind,  ja  dass  sie  oft  gänzlich  im  Stiche  lassen  oder 
ihre  Wirkung  sich  zu  langsam,  zu  spät  geltend  macht;  sie 
sind  nur  als  gute  Nebenhfdfen  zu  empfeUen. 

Das  beste,  sicherste,  schnellste  und  directeste  Mittel  zur 
Anregung  der  Gebärmutterzusammenziehungen  in  der  Nach* 
geburtsperiode  ist  das  Reizen  und  Reiben  des  Gebärmutter- 
gruudes  und  Gebärmutterkörpers  von  den  Bauebdecken  aus 
mit  der  Hand.  Soll  dies  Verfahren  aber  wirklich  den  schnellen 
und  ganz  sicheren  Erfolg  herbeiführen,  so  muss  es  stets 
möglichst  bald  nach  der  Geburt  des  Kindes  in  Anwendung 
kommen.  Ist  die  Gebärmutter  durch  Blutungen  bereits  ge- 
schwächt, hat  sich  die  Schwäche  dem  ganzen  Körper  da* 
Gebärenden  mitgetheilt,  so  versagen  die  Zusammenziehungen 
der  Gebärmutter  leicht. 

So  einfach  und  naturgemäss  dieses  Verfahren  ist,  so  ist 
es  doch  erst  ziemlidi  spät  bei  den  Geburtshelfern  zur  Geltung 
gekommen  und  bis  in  die  neueste  Zeit  immer  noch  nicht 
genügend  ausgebeutet  worden.  In  allen  Lehrbüchern  der 
Geburtshulfe  für  Aerzte  sowohl  wie  für  Hebammen  finden 
wir  das  auszuführende  Verfahren  zur  Fortnahme  der  Nach- 
geburt ziemlich  übereinstimmend  im  Allgemeinen  ungefähr  so 
dargestellt,  dass  man  nach  einer  Untersuchung  der  Gebär- 
mutter von  aussen  her  sich  zunächst  überzeugen  solle,  ob 
wohl  die  Nachgeburt  gelöst  sei,  was  genau  zu  bestimmen, 
oft  sehr  schwer  ist,  dass  man,  wenn  die  Lösung  angenommen 


der  £i)tferDiiDg  der  Nmcbgebnrt.  281 

wird,  unter  Leitung  des  mit  der  einen  Hand  gespannten 
Nabelstranges,  mit  den  Fingern  der  anderen  Hand  in  die 
Geschlecbtetheile  bis  über  die  EinsenkungssteUe  der  Nabel- 
sdmur  (also  zuweilen  recht  hoch)  eindringen  und  durch  Druck 
auf  die  Placenta  gegen  das  Kreuz  und  durch  sanften  Zug  an 
der  Nabelschnur  die  Nachgeburt  herausholen  solle.  Dieses 
directe  Fortnehmen  wird  als  die  Hauptsache,  als  wichtigster 
Act  überall  empfohlen  und  in  allen  mir  bekannten  Entbindungs- 
schulen prakti^  gelehrt,  —  auf  die  gleichzeitige  Thätigkeit 
und  Mitwirkung  der  Gebärmutter  aber  nur  geringere  Rücksicht 
genommen,  und  nur  wenige  Geburtshelfer,  wie  ich  sogleich 
nachweisen  werde,  legen  auf  die  Zusammenziehungen  der 
Gebärmutter  den  grösseren  Wertb. 

Findet  man  aber,  wird  femer  gelehrt,  die  Nachgeburt 
noch  nicht  gelost,  so  soll  man  ruhig  die  nöthigen  Weben 
abwarten,  falls  keine  Gefahren  eintreten;  sind  letztere  aber  da 
oder  drohen  sie  (Blutungen,  Ohnmächten  u.  s.  w«),  so  soll 
man  die  Placenta  mit  der  Hand  aus  der  Gebärmutter  entfernen. 

Diese  Vorschriften  müssen  meines  Erachtens,  theils  weil 
sie  ganz  überflüssig  sind,  theils  zu  grossen  Gefabren  führen 
können,  aus  den  Lehrbüchern  und  dem  praktischen  Unter- 
richte entfernt  werden,  dagegen  muss  als  Hauptsatz  für  die 
Behandlung  der  Nacbgeburtsperiode  die  unausgesetzte  Be- 
wachung der  Gebärmutter  mit  der  Hand  und  die  Entfernung 
der  Nachgeburt  mittels  natürlicher  oder  künstlich  gesteigerter 
Contractionen  der  Gebärmutter  gelehrt  werden. 

Der  erste  Geburtshelfer,  welcher  überhaupt  „Reiben  des 
Bauches'*  als  Beförderungsmittel  zur  Entfernung  der  Placenta 
gerathen  bat,  ist  nach  RiedeFs  geschichtlicher  Uebersicht 
(a.  a.  0.,  S.  79)  Plenk  (Anfangsgründe  d.  Geburtsh.,  Wien  1768), 
aber  er  empfahl  es  bei  theilweiser  Lösung  und  heiliger  Blutung, 
also  bei  einem  pathologischen  Zustande,  und  das  mögen  auch 
schon  vor  ihm  Manche  .gethan  haben,  wie  es  unter  gleichen 
Umständen  auch  viele  spätere  Geburtshelfer  zur  Anregung 
der  Wehenthätigkeit  anrietben.  Im  Jahre  1769  beschrieb 
Rob.  WaUace  Johnson^)   in   seinem    „a    new  System   of 


1)   Diese    mir    bisher  unbekannte  Notls    schickte    mir    mein 
geschieh takondiger  Freund  Ed.  v,  Siebold  (am  27.  Febmar  1861). 


282        X^'I-     Creäi,  Ucber  die  sweekmSMigtte  Methode 

midwifery,  p.  200/  seine  Methode  die  Placenta  zu  entfernen, 
folgendermaassen : 

„Wie  iintersUitzt  man  die  Austreibung  der  Placenta? 
Durch  einen  äusseren  Druck  vom  Bauche  aus. 

Sobald  der  Nabelstrang  durchschnitten  ist,  muss  die 
Gebärende  angewiesen  werden,  mit  ihren  beiden  Händen 
ihren  Bauch  möglichst  gleichmässig  von  der  Magen-  und 
Nabelgegend  her  zu  drücken. 

Durch  Anspannen  des  Nabelstranges. 

Sobald  der  Nabelstrang  ungefähr  eine  halbe  Hinute  lang 
angespannt  worden  ist,  höre  man  damit  auf,  während  der 
Druck  auf  den  Bauch  noch  fortgesetzt  werden  muss.  Dieser 
Druck  auf  den  Bauch  muss  jetzt  sanfter  gemacht  werden, 
aber  directer  auf  der  hypogastrischen  Gegend;  dann  wird 
gewöhnlich  die  Placenta  10 — 15  Minuten  nach  der  Geburt 
des  Kindes  herauskommen,  falls  nicht  ihre  Anheftung  sehr 
fest  ist  SoUte  dies  sein,  so  muss  jetzt  die  eine  Hand  des 
Geburtshelfers  an  Stelle  der  der  Gebärenden,  auf  die  Aussenseite 
des  Bauches  gelegt  mid  mit  ihr  ein  möglichst  gleichroässiger 
Druck  auf  den  Uterus  ausgeübt  ^)  und  der  Gebärmultergrund 
^eichzeitig  zu  den  Schambeinen  herabgebracbt  werden,  während 
zugleich  unten  mit  der  anderen  Hand  der  Nabelstraug  an- 
gespannt worden  ist.  Durch  diese  Methode  wird  gewöhnlich 
die  Triebkraft  des  Uterus  so  stark  unterstätzt,  dass  die 
Placenta  in  das  kleine  Becken  hineingetrieben  wird  und  durch 
die  Vagina  hindurchgeht,  besonders  wenn  sie  schräg  oder 
mit  einem  Rande  vorauskommt** 

Ferner  geht  C.  Mayer  (Verhandlungen  der  Gesellschaft 
mr  Geburlshülfe  in  Berlin,  Jahrg.  2,  1847,  S.  47)  in  bester 
Weise  auf  die  Sache  ein,  indem  er  sagt:  „Das  allgemein 
gebräuchliche,  noch  immer^elehrte  Verfahi-en,  die  Nachgeburt 
jedes  Mal  aus  der  Scheide,  hervorzuziehen,  ist  ein  über- 
flüssiges —  kann  sogar  unter  gewissen  Umständen  nachtbalig 
werden,  insofern  es  durch  ein  frühzeitiges,  unvorsichtiges 
Zerren  der  Nabelschnur  bei  noch  adhärirender  Placenta,   gar 


1)  JbAvwoA  füg^  ineiner  Annierknn^binza:  „Ich  habe  die  Methode 
lange  aasgenbt  und  finde  mit  Vergnügen  ihre  Zweckmässigkeit  durch 
die  Praxis  der  Dr.  Hunter  nnd  Dr.  Harme  bestätigt;  letsterer 
scheint  sie  zuerst  in  seinen  Yorlesnbgen  empfohlen  sn  haben.* 


der  Entfenmng  der  Nachgeburt.  28S 

leicht  partielle  Lösung  derselben  und  Hlmorrhagien  veranlasst« 
welche  ein  operatives  Verfahren  noth wendig  machen,  —  oder 
weil  es  drarch  Reizung  des  unteren  Segments  der  Gebärmutter 
und  des  Huttemilmdes  oder  gar  durch  Abreissen  des  Nabele 
Stranges  Nachgeburtszögerungen  und  bei  grösserer  Unvor- 
sichtigkeit, Einsackung  und  Umstülpung  der  Gebärmutter 
verursachen  kann.  —  Durchdrungen  von  der  Richtigkeit  des 
Grundsatzes,  man  müsse  die  Naturfaülfe  bei  Förderung  des 
Geburtsobjectes  so  viel  als  möglich  walten  lassen,  habe  ich 
seit  längerer  Zeit  das  Verfahren  aufgegeben  und  die  Aus^ 
treibung  der  Nachgeburt  grösstentbeils  der  Natur  ganz  allein 
überlassen.  Ich  pflege,  wenn  nach  dem  Aufhören  der  Pulsation 
des  Nabelstranges  keine  Wehen  eintraten,  den  Fundus  der 
Gebärmutter  mit  der  Hand  in  kurzen  Intervallen  zu  reiben 
und  sah  danach  immer  regelmässige  Contcactionen,  aber  nie, 
was  von  Hanchen  behauptet  wird,  nachtheilige  Folgen  eintreten.** 

Capnron  (Cours  thewnque  et  pratique  d'accouchemens, 
6.  Mit,  1832)  (8.  Riedel  a.  a.  0.,  S.  110)  empfiehlt  in 
gewöhnlichen  Fällen  Frictionen  des  Bauches. 

Cateaux  (Traite  th^or.  et  prat  de  Tart  des  accouch., 
1853,  p.  964  sq.)  will  gleichfalls  bei  Nacfageburtszögerung 
den  Gebärmuttergrund  reiben,  ChaUly-Honori  (Trait6  prat 
de  Tart  des  accouch.,  1842,  p.  305)  will  unter  dem  Ziehen 
an  dem  Nabelstrange  mit  der  anderen  Hand  den  Uterusgrund 
überwachen,  um  sicher  zu  sein,  dass  selbiger  nicht  mitgezogen 
werde,  —  Bttmn  (Lehrbuch  der  Geburtshülfe,  1857,  p.  195) 
sagt:  „Nimmt  die  Gonsistenz  des  Uterus  während  der  Ex- 
traction  der  Nachgeburt  ab,  so  ist  es  empfehleuswerth,  mit 
einer  Hand  die  Uterinkugel  von  aussen  zu  umfassen,  durch 
leichtes  Kneten  zu  Contractionen  anzuregen  und  während  der 
Uterinerhärtung  ihrer  Herabsenkung  gegen  den  Beckeneingang 
mitzufolgen.''  —  HoTd  (Lehrbuch  der  Geburtshülfe,  1855, 
p.  594)  meint:  „Immer  ist  es  der  Vorsicht  gemäss,  die 
Entbundene  nicht  „etwas^'  (Lumpe)  oder  „leicht*'  (Scanzont) 
mitpressen  zu  lassen,  aondem  ihr  jede  Mithülfe  zu  verbieten 
und  den  Uterus  äusserlich  bewachen  zu  lassen,  um  bei  der 
Extraction  um  so  vorsichtiger  zu  sein,  falls  er  lief  in  das 
Becken  folgt.**  —  Ed,  v,  Stebold  giebt  den  sehr  guten  Rath: 
„Sehr  zweckmäsfflg  ist  es,  gleich  nach  der  Geburt  des  Kindes 


284        ^^'^-     Cr^^,  Ueber  die  sweckmUssigste  Methode 

kräftige  Reibungen  des  Unterleibes  vorzunebmen,  theils  um 
durch  diese  Unterstützungen  der  Contractionen  der  Gebär- 
mutter jeder  Blutung  zu  steuern,  tbeilsum  das  Herabtreten 
des  Mutterkuchens  zu  fördern.  Manchmal  reichen  selbst  schon 
diese  Rdbungen  zur  spontanen  Ausscheidung  des  Mutter- 
kuchens aus,  oder  es  bedarf  nur  eines  sanften  Zuges  an  der 
Nabelschnur." 

Rügen  (Monatsschr.  f.  Geburtsk.,  1856,  Bd.  8,  S.  233) 
will  bei  der  Gebiut  des  Kindes  mehr  den  Druck  von  oben 
als  den  Zug  nach  unten  angenommen  wissen;  er  erwähnt 
aber  den  Druck  für  die  Entfernung  der  Placenta  nicht,  wo 
derselbe  doch  viel  leichter  ausführbar  ist,  als  beim  Kinde. 

Spiegelberg  (Würzburger  med.  Zeitschrift,  II.,  1861, 
S.  39  sq.)  geht  in  der  anerkennendsten  Weise  auf  meine 
Methode  ein,  hat  aber  noch  nicht  hinreichende  eigene  Er- 
fahrungen über  sie  sammeln  können.  Er  empfiehlt  für  die 
Diätetik  der  letzten  Geburtsperiode  die.  in  England  allgemein 
geübten  Regeln,  welche  einfach  in  einer  fortwährenden  Ueber- 
wachuBg  des  Uterus  mit  der  Hand  ?on  den  letzten  Augen- 
blicken der  Austreibungsperiode  an  bis  zur  letzten  Auschliessung 
der  Eianhange  —  bestehen.  Es  ist  dies  Verfahren  zuerst 
von  White  und  Jos.  Clarke  eindringlich  in  seinem  Werthe 
hervorgehoben  worden.  Die  Stelle  bei  Charles  White  (a  treatise 
on  the  menagement  of  pregnant  and  lying  in  women,  5.  ediL, 
1791,  p.  113)  lautet:  „Auf  diese  Weise  habe  ich  mehrere 
Jahre  gehandelt  und  kann  mit  Befriedigung  aussprechen,  dass 
ich  bei  einer  natürlichen  Geburt  niemals  Gelegenheit  fand, 
4ie  Placenta.  mit  der  Hand  herauszuziehen.  Ich  habe  meine 
Patientin  niemals  früher  verlassen,  als  bis  die  Placenta  heraus- 
gekommen war,  und  bin  niemals  länger  als  eine  Stunde  da- 
durch zurückgehalten  worden.^'  Jos.  Clarke  (Transactions 
of  the  Association  of  the  King  and  Queen*s  College  of 
Physicians  in  Ireland,  I.  Vol.)  (welcher  Master  des  grossen 
Dubliner  Gebärhauses  war)  empfiehlt  p.  367,  die  Gehurt  des 
Fötus  wo  möglich  zu  verzögern,  dem  Uterus  mit  der  Hand 
auf  seinem  Fundus  zu  folgen  bis  das  Kind  ganz  geboren  ist; 
alsdann  aber  den  Druck  mit  der  Hand  noch  gehörig  fort- 
zusetzen und  p.  370  fügt  er  hinzu:  „Kurz,  die  sichere  und 
glückliche  Herstellung  einer  Wöchnerin  hängt  auf  das  innigste 


der  Entfernnng  der  Neohgebnrt.  285 

zasammen  mit  der  allmSligen  und  ToUkommeDen  Zttsaimnen^ 
Ziehung  des  Uteius.''  Die  „morbid  adhesion''  nennt  er  (p.  386) 
„a  very  rare  occunrence/* 

Spiegdberg  (a.  a.  O.,  S.  42)  sagt  in  seinem  Aufsätze: 
„dass  die  Piacenta  durch  die  in  Rede  stehenden  Manipulationen 
auch  aus  der  Scheide  und  vor  die  äusseren  Geschlechtstheile 
getrieben  wurde,  wie  CredS  angiebt,  habe  ich  im  Allgemeinen 
nicht  gefunden.  Es  kam  dies  ?or,  aber  m  der  Hehrzdil  der 
Fälle  blieb  die  Nachgeburt  in  der  Scheide  liegen  und  musste 
aus  ihr  entfernt  werden,^  deshalb  hält  er  es  auch  für  besser, 
die  Finger  der  einen  Hand  in  die  Scheide  und  an  die  Piacenta 
zu  bringen,  während  die  andere  Hand  auf  den  Grund  der 
Gebärmutter  wirkt. 

(yDonovan  (Dublin  quarterly  Journal  May,  1860,  p.  312) 
wurde  nach  einer  natOrlicben  Geburt  wegen  einer  Retentio 
placentae  hinzugerufen.  „Ich  fand,**  sagt  er,  „den  Uterus  gross 
und  schlaiT,  diePlacrata  in  der  Höhle  zuröckgefaalten.  Meine 
Patientin  war  sehr  erschrocken  und  nervös  bei  ihrem  Zustande. 
Nachdem  ich  sie  auf  den  Rücken  gelegt  und  der  Uterus  sich 
in  der  Mittellinie  befand,  drückte  ich  mit  beiden  Händen 
kräftig  den'  Grund  und  Körper  der  Gebärmutter.  Zuerst 
kamen  grosse  Blutklumpen  hervor,,  dann  folgte*  unmittelbar 
darauf  die  Nachgeburt** 

Dasselbe  habe  ich  in  regelmässigen  und  in  angeblich 
oder  vrirklich  pathologischen  Fällen,  zu  denen  ich  hinzu- 
geholt  war,  unzählige  Male  beobachtet  und  gewiss  erinnern 
sich  viele  Geburtshelfer  aus  ihrer  Praxis  ähnlidier  Vorgänge, 
ohne  dass  von  ihnen  bisher  aus  denselben  die  richtigen 
Consequenzen  gezogen  worden  wären. 

So  ersehen  wir  .  nach  den  zuletzt  aul|;eführten  Citaten, 
dass  viele  Geburtshelfer  der  neuesten  Zeit  sich  in  Bezug  auf 
die  Behandlung  der  Nachgeburtsperiode  auf  dem  richtigen 
Wege  befinden,  indem  sie  mit  Recht  auf  die  Naturkräfte  der 
Gebärmutter  und  auf  die  Controle  derselben  hinweisen;  den 
letzten  und  entscheidenden .  Schritt  glaube  ich  aber  gethan  zu 
haben,  wenn  ich  darauf  dringe,  bei  allen  Geburten  zu* 
nächst  zu  versuchen,,  die  vollständige  Entfernung 
der  Nachgeburt  bis  vor  die  äusseren  Geschlechts- 
theile   allein    durch    die    Gebärmutier   besorgen    zu 


XVI.     Cfredä,  Ueber  die  sweckmäsBigate  Methode 

lassen  nnd  aur  in  den  iasserst  seltenen  Fällen,  wo 
diese  Entfernung  durchaus  nicht  gelingen  sollte, 
und  die.  Umstände  die  Beendigung  der  Nachgeburts- 
periode dringend  erheischen,  mit  der  Hand  die 
Nachgeburt  aus  den  Geschlechtstheilen  fortzunehmen. 
Es  sei  mir  gestattet,  hier  die  von  mir  bereits  im 
Jahre  1853  (Klinische  Vorträge  über  GeburUhulfe,  p.  599  sq.) 
empfohlene  Methode  zur  Entfernung  der  Placenta  wörtlich  am^u- 
föhren.  Es  heisst  dort:  „Das  einfachste  und  natürlichste  Mittel 
zur  künstlichen  Beförderung  der  Nachgeburt  besteht  in  der 
Anregung  und  Kräftigung  der  trägen  WehenthätigkeiL  Eine 
einzige  energische  Zusammenziehung  der  Gebärmutter  macht 
dem  ganzen  Vorgange  ein  schnelles  ^nde.  Es  ist  mir  bisher 
in  unzähligen  Fällen  ohne  Ausnahme  stets  gelungen,  auch 
bei  noch  so  träger  Wehenthätigkeit,  eine  Viertel-  bis  halbe 
Stunde  nach  der  Geburt  des  Kindes  durch  anßnglich  sanftes, 
nach  und  nach  etwas  verstärktes  Reiben  des  Grundes  und 
Körpers  der  Gebärmutter  durch  die  Bauchwandungen  hindurch 
eine  künstliche  und  kräftige  Zusammenziehung  zu  erzeugen. 
Sobald  dieselbe  zur  Höhe  ihrer  Kraft  gelangte,  umfasste-  ich 
uüt  der  einen  vollen  Hand  so  die  ganze  Gebärmutter,  dass 
der  Grund  in  der  Hohlhand  lag  und  die  fünf  Finger  sich  an 
allen  Seiten  des  Körpers  anlegten,  und  von  hier  aus  einen 
sanften  Druck  ausübten.  Stets  fühlte  ich  unter  meinen  Fingern 
die  Placenta  aus  der  Gebärmutter  herausschlüpfen,  und  zwar 
geschah  es  meist  mit  solcher  Gewalt,  dass  sie  sogleich  bis 
vor  die  äusseren  Geschleditstheile  hervortrat,  mindestens  aber 
im  untersten  Theile  der  Scheide  sich  befand.  Die  Frau  hat 
von  dem  Handgriffe  keine  andere  Beschwerde,  als  den  etwas 
erhöhten  Schmerz,  der  die  kräftiger  entwickelte  Wehe  be- 
gleitei,  es  ist  aber  dagegen  nicht  nöthig,  die  durch  die 
vorausgegangene  gewaltige  Zerrung  und  Spannung  höchst 
empfindlich^  äusseren  und  inneren  Geschlechtstheile  mit  dem 
Einführen  der  Finger  oder  Hand  zur  Fortnahnle  der  Placenta  zu 
belästigen.  Die  Gebärmutter  bleibt  nachher  auch  gut  zusammen- 
gezogen, es  ist  deshalb  nicht  so  leicht  ein  folgender  Blutfluss 
zu  btfürchten,  und  eine  Umstülpung  der  Gebärmutter  kann 
während  einer  regelmässigen  Zusammenziehung  niemals  erfolgen, 
während  sie  bei  dem  sonst  üblichen  Verfahren  zur  Fortnahme 


der  Entferniiog  der  Nachgehnrt.  287 

# 

der  Nachgeburt  immer  möglich  bleibt,  wenn   dasselbe  auch 
Dodi  so  vorsichtig  ausgeführt  wird/' 

Seit  dem-  Jahre  1853  bin  ich  aber  meiner«  Methode, 
wegen  unausgesetzt  gunstiger  Erfahrungen  nicht  blos  treu 
gd)lieben,  sondern  ich  habe  sie  immer  mehr  ausgedehnt,  und 
während  ich  früher  hin  .  und  wieder  noch  nach  der  alten 
.  Methode  die  Placenta  von  der  Scheide  aus  wegnahm,  ja  auch 
wohl  zuweilen  wegen  starker  Blutung  eine  künstliche  Lösung 
d^  Placenta  in  der  Gebärmutter  ausführte,  so  kommt  seit 
mehreren  Jahren  dies  gar  nicht  mehr  vor,  und  während  ich 
früher  es  für  meine  Pflicht  hielt,  nach  den  Vorschriften  der 
Lehribucher  für  Geburtshelfer  und  für  Hebammen  die  alte  Methode 
meinen  Schülern  und  Schülerinnen  zu  lehren,  so  lasse  ich  jetzt 
seit  Jahren  immer  nur  nach  meiner  Methode  die  Nachgeburt 
entfernen  und  kann  versichern,  dass  der  Handgriff  zwar  etwas 
eingeübt  werden  muss,  aber  verhaltnissmässig  pchneU  sicher 
angeeignet  isL  Seitdem  sind  denn  auch  sämmtliche  Anomalien 
der  Nachgeburtszeit,  wie  Blutungen,  Incarcerationen,  sogenannte 
Verwachsungen  u.  s,  w.,  so  gut  wie  gänzlich  in  dem  Bereiche' 
meiner  Thätigkeit  verschwunden  und  ich  bin  hocherfreut,  in 
dem  Werke  von  Clarke  (s.  oben)  dieselbe  Erfahrung  bestätigt 
zu  finden,  wie  auch  Spiegelberg  und  Mayer  (a.  a.  0.)  sich 
ähnlich  äussern. 

Wenn  mir  bei  meinem  Vortrage  in  Königsberg  (Monats- 
schrift für  GeburUk.,  Bd.  16,  H.  5,  S.  345)  der  Einwurf 
gemacht  wurde,  dass  nicht  in  der  alten  Methode  die  Nach- 
geburt fortzunehmen,  sondern  nur  in  ihrem  Missbrauche  die 
Ge&hr  liege  und  dass  die  neue  von  mir  empfohlene  Methode 
vidleicht  auch  gemissbraucht  werden  könne,  so  räume  ich 
sehr  gern  die  Richtigkeit  dieser  Bemerkung  ein,  gebe  aber 
doch  zu  bedenken,  dass  eine  Methode  auf  schwachen  Füssen 
stehen  muss,  welche  erfahrungsgeroäss  so  häufig  und  in  so 
gefährlicher  Weise  zu  Missbräuchen  führt  und  dass  wir  froh 
sein  ipfissen,  wenn  an  ihre  Stelle  eine  andere  Methode  gesetzt 
wird,  welche  nach  bisheriger  Erfahrung  keine  einzige  der 
Gefahren,  welche  der  Missbrauch  der  alten  Methode  nach 
sich  zog,  aufzuweisen  hati 

In  Königsberg  wurde  mir  femer  die  Frage  gestellt 
(a.  a.  O.,  S.  345),  ob  die  von  mir  empfohlene  Methode  wirklich 


288        ^^^-     Crediy  Ueber  die  sweckmKssigate  Methode 

für  alle  Fälle  ausreiche.  Ich  bekenne  offen,  dass  kh  hierauf 
die  Antwort  schuldig  bleiben  muss,  ich  kann  eben  nur  sagen, 
dass  sie  mir  stets  ausgereicht  hat  und  dass  ich  glaube,  sie 
werde  auch  bei  anderen  Geburtshelfern,  wenn  richtig  ausgeführt, 
immer  oder  fast  immer  ausreichen.  Uebrigens  kommt  es 
auch  gar  ni€ht  darauf  an,  ob  die  von  mir  empfohlene  Methode 
ohne  Ausnahme  stets  ausreichend  sei,  sondern  darauf,  . 
ob  sie  wesentliche  Vorzüge  vor  den  bisherigen 
Methoden  biete. 

Zum  Schlüsse  erlaube  ich  mir  einige  Erläuterungen  zu 
dem  Aufsatze  HoM&  (Deutsche  Rlmik,  No.  2,  1861)  über 
„Credi's  Methode  die  Placenta  nach  der  Geburt  zu  entfernen", 
hinzuzufügen.  Zunächst  war  es  mir  sehr  erfreulich,  aus  ihm 
zu  entnehmen,  dass  Hohl  meine  Methode  ernstlich  geprüft  hat. 
Hohl  giebt  wenigstens'  eine  theilweise  Bestätigung  meiner 
Angaben  und  den  Rath  far  die  Geburtshelfer,  meine  Meüiode 
nicht  von  der  Hand  zu  weisen ;  namentlich  soll  sie  nach  HoU 
,  angewendet  werden:  1)  wenn  die  Placenta  bei  normaler  Ver- 
bindung und  Beschaffenheit,  gelöst  oder  nicht  gelöst,  im 
Uterus  sich  befindet  und  derselbe  in  dem  gewöhnlichen,  aber 
nicht  contrahirteii  Zustande  sich  befindet,  sondern,  durch  Reiben 
erregt,  sich  zu  contrahiren  beginnt  und  nun  gleichzeitig 
der  Druck  ausgeübt  wird ;  2)  liegt  die  Placenta  in  der  Scheide, 
so  folgt  sie  nur,  wenn  der  Druck  kräftig  nach  unten  erfolgt 

Wenn  ich,  wie  Hohl  anfährt,  in  meinem  Buche  gelehrt 
habe,  man  müsse. mit  der  ganzen  Hand  in  den  Uterus 
eingehen,  wenn  aus  irgend  einem  Grunde  die  Lösung  und 
Entfernung  der  Placenta  nöthig  sei,  was  schon  zeige,  dass 
ich  meine  Methode  nicht  für  alle  FäUe  ausreichend  halte,  so 
muss  ich  über  diesen  Punkt  auf  das  oben  bereits  Gesagte 
verweisen.  Zur  Zeit,  als  das  Buch  veröffentlicht  wurde,  war 
ich  allerdings  über  meine  Methode  noch  nicht  zu  der  Ueber- 
Zeugung  gelangt,  dass  sie  eine  so  umfassende  Verwendung 
finden  könne.    Jetzt  bin  ich  anderer  Ansicht 

Hohl  führt  ferner  fünf  Arten  von  Nach'geburtszögenuigen 
auf,  bei  welchen  ihm  meine  Methode  nicht  ausreichte,  nämlich 
1)  wenn  die  Placenta  über  den  horizontalen  Schambeinästen 
in  der  Vertiefung  zwischen  diesen  und  den  Bauchdecken  an- 
gedrückt liegt.     Die  Entfernung  ist  leicht,  gelingt  aber  nicht 


de»  EntferniiDg  der  Naehgebnrt. 

durch  Zug  an  der  Nabelgcbnur  und  reichen  häupg  auch  nicht 
zwei  Finger  aus;  2)  wenn  sie  zum  TheQ  oder  ganz  gelöst 
Ton  dem  Muttermunde  festgehalten  wird  und  der  ganze  Uterus 
contrahirt  ist;  3)  wenn  sie  gelöst  öder  nicht  gelöst  in  einem 
erschöpften  oder  atonischen  auf  Reibungen  aUein  nicht 
reagirenden  Uterus  vom  Muttermunde  eingeschlossen  ist;  4)  zu- 
weäeD  nicht,  wenn  sie  theilweise  oder  ganz  adhärirt  und  klein 
oder  dünn,  oder  weich,  nachgiebig  ist;  5)  Wenn  sie  zu  fest 
mit  dem  Uterus  verbunden  ist 

Ich  kanYi  darauf  nur  erwiedem,  dass  nach  meinen  Er- 
fahrungen die  genannfen  Arten  Tön  Zögerungen,  die  übrigens 
sämmtlich  sehr  selten  vorkommen,  kein  Hindemiss  boten,  gern 
gebe  ich  aber  zu,  dass  ich  vielleicht  zufällig  in  den  letzten 
Jahren  nicht  so  hartnäckige  Fälle,  wie  Hohlj  beobachet  habe 
und  dass  sie  mir  auch  noch  begegnen  können.  Jedenfalls  aber 
ersuche  ich  meine  geehrten  Pachgenossen,  auch  in  ähnhchen 
Fällen,  wie  Hohl  sie  anfährt,  meine  Methode  noch  weiter 
erproben  zu  wollen,  und  ich  glaube  versprechen  zu  können, 
dass  ihnen  das  Versagen  der  Methode,  je  länger  sie  dieselbe 
üben,  um  so  seltener  vorkommen  wird. 

Gegen  die  Verwachsungen  der  Placenta,  die  aDerdings 
in  meinem  Buche  noch^eine  Rolle  spielen,  habe  ich  mich  in 
Königsberg  energisch  ausgesprochen  und  sie  für  ein  Gespenst 
erklärt.  Dieses  Gespenst  ist  mir  früher  auch  erschienen  und 
idi  habe  die  Verwachsungen  durch  die  von  allen  Geburts- 
helfern empfohlene  Bfethode  der  kunstlidien  Lösung  zu  be- 
seitigen gesucht;  je  mehr  Aufklärung  mir  aber  meine. Methode 
verschaffte,  desto  mehr  wurde  jenes  Gespenst  gebannt  und 
seit  lange  ist  es  mir  nkht  mehr  erschienen.  Uebrigens  werde 
ich  mir  erlauboi»  über  diesen  Punkt  in  nächster  Zeit  eine 
ausführliche  Arbeit  den  geehrten  Lesern  vorzulegep. 

Die  Angabe  HoKFs:  „Es  stiess  aber  Cred^&  Methode 
mehr  auf  Gegner,  als  auf  Vertheidiger,'*  bedarf  der  Berichtigung. 
Von  Gegnern  war  wohl  keine  Rede,  wohl  aber  von  Zwdflern, 
und  das  Zweifeln  verdenke  ich  Niemandem,  der  bisher  nach 
einer  anderen  Methode  und  vielleicht  stets  genügend  glücklich 
gehandelt  haL  Einige  hielten  meine  Methode  für  etwas 
0d>erflüs8ige8,  Andere  sahen  sogar  Gefahren  darin,  Alle' aber 
hatten  sie  noch  nicht  versucht,  befanden  sich  mir  gegenüber 

M«utMehr.f.a«biirtek.  1861.  Bd.  ZVII.,  Hft.  4.  1^ 


290        ^^I-     Credit  Ueber  di«  «weekmsB8isr«te  Methode 

# 
also  auf  dem  angünstigen  Boden  der  Theorie.    Dieselbe  Er- 
fahrung  musste  Allen   in  Bezug  auf  die  Tragweite  meiner 
Methode  fehlen,   auch  in  dieser  Beziehung  konnten  «e  nur 
theoretische  Bedenken  erheben  und  thaten  es  auch  nur. 

Hohl  giebt  zu,  dass  den  Hebammen  eine  Einschränkung 
in  der  Wegnahme  der  Nachgeburt  recht  gut  sein  werde,  trotzdem 
aber  giebt  er  den  Ratb,  den  Hebammen  meine  Methode 
lieber  nicht  zu*  lehren,  sondern  bei  der  alten  zu  bleiben. 
Das  bedauere  ich  sehr,  da  ich  meine  Methode  gerade  für 
Hebammen  und  angehende  Geburtshelfer  als  die  beste,  sicherste, 
ungefährlichste  erklären  muss.  Es  versteht  sich  natflrlich 
von  selbst,  dass  auch  sie  gut  gelehrt  und  eingeübt  werde. 
Hätten  wir  lauter  gute  Bebammen,  die  genau  nach  den  Vor- 
schriften des  Lehrers  und  Lehrbuches  handeln,  dann  wSore 
so  mancher  Rath  unnöthig,  so  aber  liegt  unser  Hebammen- 
wesen noch  immer  sehr  im  Argen  und  da  ist  es  Pflicht, 
gerade  für  Hebammen  solche  Regebi  aufzustellen,  bei  deren 
Ausführung  am  wenigsten  oder  gar  nicht  geschadet  werden 
kann.  Dass  aber  meine  Methode  nicht  die  Gefahren  in  sich 
trägt,  wie  die  alte,  hoffe  ich  genügend  dargelegt  zu  haben, 
und  dass  alle  Hebammen -Schülerinnen  sie  Jeicht  und  schnell 
begreifen  und  lernen,  weiss  ich  aus  langer  Erfahrung. 

Hätten  alle  Hebammen  meine  Methode  redit  inne;  jso 
würden  schwerlich  solche  traurige  FäUe  vorkommen,  wie  Hold 
selbst  sie  in  seiner  Poliklinik  beobachtet  hat  (s.  Bericht  über  die 
Vorgänge  in  dem  EntbindungsinsUtute  zu  Halle,  1857,  Monats- 
schrift für  Geburtsk.,  Bd.  17,  H.  3,  S.  227,  229,  231). 

Die  Unterweisung  gerade  der  Hebaromen  in  meiner 
Methode  hat  aber  einen  noch  weiteren,  über  die  Nachgeburts- 
periode hinausgehenden  Yortheil.  Dadurch,  dass  die  Hebammen 
es  verlernen,  mit  den  Händen  die  Nachgeburt  aus  den  Ge- 
scfalechtstheilen  fortzunehmen,  und  dass  i»e  angewiesen  werden,  . 
die  Controle  über  die  Gebärmutter  und  die  Regelung  und 
Stärkung  der  Thätigkeit  demselben  von  den  Bauchdecken  aus 
als  ihr  Hauptgeschäft  anzusehen,  konunen  sie  von  selbst  zu 
der  Erkenntniss,  dass  auch  noch  nach  der  EntfeiTiung  der 
Nüchgeburt  unausgesetzte  Controle  über  die  Gebärmutter  eine 
der  Vvichtigsten  Beschäftigungen  für  die  Hebammen  sein  müsse. 
Ich  weiss  sehr  wohl,  dass  alle  guten  Lehriiücher  für  Geburts- 


der  Entfernnag  der  Nachgeburt.  291 

bdfer  sowohl  als  für  Hebammen,  wenigstens  der  neueren 
und  neuesten  Zeit»  die  Gefahren  einer  Ausdehnung  der 
Gebarmutter  nach  vollendeter  Geburt  genau  angeben  und  die 
Weisung  ertheilen,  mehrere  Stunden  hindurch  die  Zusammen* 
äehungen  der  Gebärmutter  noch  zu  überwachen,  ich  habe 
aber  oft,  wie  gewiss  auch  viele  andere  Geburtshelfer,  die 
traurige  Erfahrung  gemacht,  dass  die  Hebammen  kein  aus- 
reichendes Verstandniss  hierüber  sich  aneignen  und  höchst 
gefahrliche,  ja  tddtliche  Uteriublutungen  die  Folge  sind. 
Schon  in  der  Hebammenschule  ipuss  die  Schülerin  gewöhnt 
werden,  während  mehrerer  Stunden  nach  vollendeter  Gebiyt 
die.  Gebärmutter  der  ihrer  Pflege  übergebenen  Wöchnerin 
unausgesetzt  zu  ül)erwachen  und  Blutungen  werden  sicherlich 
so  leicht  nicht  vorkommen,  in  dieser  Beziehung  habe  ich 
seit  Jahren  die  besten  Erfahrungen  gesammelt 

Wh*  wissen  aber,  dass  gerade  solche  Wöchnerinnen, 
welche  während  oder  nach  der  Geburt  Blutverluste  gehabt 
haben^  zu  Erkrankungen,  auch  zur  Entwickdung  des  Kindbett- 
fiebers am  meisten  geneigt  sind  und  somit  trSgt  meiner  lieber- 
Zeugung  nach  ein  schnelles  Ausdrucken  der  Placenta  und  die 
(örtgesetzte  Controle  der  Gebärmutter,  weil  Blutungen  verhütet 
werden,  zur  Erhaltung  der  Gesundheit  cier  Wöchnerinnen  sehr 
wesentlich  bei. 

Endlidi  möchte  ich  noch  eine  Vorschrift  als  unzweck- 
mässig  rügen,  welche  in  fast  allen  Lehrbüchern  für  Hebammen 
zu  finden  ist,  nämlich  dass  die  Hebammen  angewiesen  werden, 
das  neugeboren^  Kind  nach  der  Abnabelung  zu  reinigen  und 
zu  kleiden  und  erst  nach  Vollendung  dieses  Geschäftes  zur 
Entfernung  der  Placenta  überzugehen,  nachdem  sie  inzwischen 
ab  und  zu  nach  der  Gebärenden  gesehen  haben.  Unendlich 
viel  Unglück  ist  durch  diese  Vorschrift  bereitet  worden,  denn 
die  bedenklidhst^  Blutungen  könimn  oft  sehr  schnell  und 
reichlich  eintreten,  während  die  Hebamme  sich  arglos  mit 
dem  Kinde  beschäftigt.  Ich  möchte  deshalb  an  die  Benren 
Hebainmenlehrer  die  ernste  Mahnung  ergehen  lassen,  durch 
die  Hebaaunen  der  Regel  nach  imn^er  zuerst  die  Gebärenden 
fertig  besorgen  und  erst  nach  vollständiger  Beseitigung  der 
Nachgeburt  die  Behandlung  des  Kindes  vornehmen  zu  lassen. 
Durch  die  Einfühnmg  meiner  Methode  zur  Entfernung  der 

19  • 


292         ^VIL    Winckel,  Die  Mesnard^Bche  8ehidelsange 

Nachgel)urt,  wird  übrigens  der  gerügte  Fehler  von  selbst 
schwinden ,  da  nach  meiner  Vorschrift  die  Hebamme  nach  der 
Geburt  des  Kindes  ihre  Hand  nicht  eher  von  der  Gebärmutter 
entfernen  darf,  als  bis  die  Placenta  heraus  ist 


xvn. 


Die  Mesnard'sche  Schfldelzange  benutzt  snu  Ex- 

*  traction  des  Kopfes  nach  einer  Perforation . 

bei  osteomalacischem  Becken. 

Von 

Dr.  Franz  Wlnckel  in  Berlin. 

Am  17.  September  1859  Abends  9  Uhr  wurde  mein 
Vater,  der  Sanitätsrath  Dr.  Winckel  zu  Gummersbacji,  zu 
Frau  Wolffekigt  in  Grossenbemberg  (Reg. -Bez.  Cöln,  Kreis 
Gummersbach)  durch  einen  Brief  der  Hebanune  M.,  welche 
keinen  vorliegenden  Rindestheil  fühlen  konnte  und  das  Becken 
sehr  verengt  gefunden  hatte,  gerufen.  Frau  TT.,  42  Jahre  alt, 
klein  und  schwächlich,  hatte  vier  Hai  leicht  und  glücklich 
geboren,  zuerst  im  Jahre  1843,  dann  1846,  1847  und  1850. 
In  ihrer  fünften  Schwangerschaft  hatte  sie  stark  an  „Gicht- 
schmerzen*' in  beiden  Beinen  und  im  Kreuze  gelitten,  so  dass 
sie  stets  zu  Bett  liegen  musste.'  Am  12.  October  1853  lieas 
sie  meinen  Vater  zum  ersten  Male  bei  ihrer  fünften  Nieder- 
kunft um  Hülfe  bitten.  Seinen  Notizen  über  die  damalige 
Entbindung  entnehme  ich  Folgendes:  „Ich  fand  das  Becken 
schnabelförmig  verunstaltet,  die  Conjugata  etwas  über  zwei  Zoll. 
Die  rechte  Beckenhalfte  sdir  zusammengedrückt,*  so  dass  kaum 
zwei  Finger  zwischen  der  Synchondrosis  sacro-iliaca  und  dem 
Ramus  horizontalis  ossis  pubis  dextri  Raum  fanden.  Ich 
führte  vier  Finger  in  der  linken  Beckoihälfte  ein  und  erreichte 
auf  dem  rechten  horizontalen  Schambeinast  das  Gesicht  — 
die  Nase  des  Kindes.  Die  Wehen  waren  sehr  stark,  aber 
völlig  unwirksam.  Der  Kopf  blieb  beweglich,  der  Muttermund 
zog  sich   immer  vor  demselben  zusammen;  ich  zweifelte  an 


benntst  snr  Exiraotion  des  Kopfes  etc.  ^93- 

der  Möglichkeit,  das  ausgetragene  Kind  entwickeln  zu  können. 
Durch  die  Lage  auf  der  linken  Seite  wurden  die  Wehen  noch 
weit  kräftiger  und  trieben  den  Kopf  von  10  bis  2  Uhr  Nachts 
fest  in  den  Beckeneingang,  wobei  ich  deutlich  ein  Nachgeben 
der  noch  weichen  Schambeine  bemerken  konnte.  Die  heftigen 
Schmerzen  und  die  Erschöpfung  der  Kreissenden  nöthigten 
mich  nun  die  Zange  anzulegen  und  ich  hatte  die  Freude, 
mit  einigen  kräftigen  Tractionen  den  kleinen  Kopf  eines 
lebenden  Knaben,  mit  dem  Gesicht  nach  Tom  oben  zu  ent- 
wickeln. Der  Körper  des  Kindes  folgte  bald  nach  und  auch 
die  Placenta  wurde  glücklich  geboren.'* 

Mit  dieser  Geburtsgeschicbte  schon  bekannt,  begleitete 
ich.  dies  Mal  meinen  Vater  nach  Grossenbemberg ,  um  ihm 
zu  assistiren.  Nach  unserer  Ankunft  gegen  10  Uhr  Abends 
fanden  wir  die  Frau  WolffsloBt  am  Ende  der  zweiten  Geburts- 
periode :  den  Muttermund  vollständig  erweitert,  in  der  Vagina 
eine  pralle  etwas  gedrehte  Blase.  Anfangs  konnte  ich  durchaus 
keinen  vorliegenden  Tbeil  erreichen,  dann  aber  touchirte  ich 
in  der  linken  Seitenlage  ein  Ohr  und  ein  Scheitelbein  des 
Kindes-  (das  rechte)  über  der  rechten  Beckenhälfte.  Das 
Becken  war  bedeutend  verunstaltet.  Die  beiden  Schambeine 
bildeten  einen  so  starken  Schnabel,  dass  man  kaum  einen 
Fing^  Aschen  denselben  bringen  konnte.  Der  Schambogen 
war  dadurch  zu  einem  sehr  spitzen  Winkel  geworden ,  der  es 
unmöglich  machte,  hi  der  Rückenlage  den  vorliegenden  Kindes- 
theil  zu  erreichen.  Das  Promontorium  stand  tief  im  kleinen 
Becken  und  bei  horizontaler  Rückenlage  mindestens  V2  Zoll 
tiefer  als  der  obere  Rand  der  Symphysis  ossium  pübis: 

Die  innere  Beckenroessung  ergab  für  die  Diagonal- 
conjugata  (von  der  SteBe,  bis  zu  welcher  man  den  Finger 
zwischen  die  Schambeine  einklemmen  konnte,  an  bis  zu  dem 
Promontorium  gerechnet) = ^"  1"* ;  die  Conjugata  vera  war  mithin 
auf  3^^  zu  taxiren. '—  Zieht  man  davon  aber  den  bedeutenden 
Schnabel  ab,  der  mindestens  %  Zoll  betrug,  so  waren  ffir 
den  Raum,  den  der  Kopf  eines  ausgetragenea  Kindes  passiren 
sollte  höchstens  2V4  Zoll  im  Beckeneingange  zu  rechnen. 
(NB.  Nach  mer  Ende  Juni  dieses  Jahres  von  mdnem  Vater 
im  Verein  mit  Herrn  Dr.  Breisky,  Assistenten  der  Prager 
Gdkäranstalt  von  Neuem  bei  der  Frau  WolffsloBi  angestellten 


294         XVII.    Winekelt  Die  IfetnortTsche  BehideUange 

BeekenmessuDg  hat  derselbe  Raum  kaum  2  Zoll  im  Durch- 
messer?) Die  Distanz  der  Spinae  anter.  super,  betrug  9V4  Zoll, 
die  Conjugata  externa  =  7  Zoll,  die  Entfernung  der  Trochanteres 
lOVs  ZoD. 

Frau  Wolffslast  gab  an,  dass  sie  Anfangs  December  1858 
zum  letzten  Male  die  Regel  gehabt,  den  31.  Mal  1859  die 
erste  Kindesbewegung  gefühlt  habe  und  dies  Mal  in  der 
ganzen  Schwangerschaft  gesund  gewesen  sei.  Die  Wehen 
hatten  den  16.  September  Abends  11  Uhr  begonnen  und 
waren  nach  24  Stunden  zu  einer  enormen  Stärke  gediehen. 
Patientin  hatte  einen  starken  Hängebauch.  Fötalherztöne  waren 
nirgendwo  zu  hören.  Der  Kopf  über  dem  Beckeueingange 
beweglich.  Um  ihn  über  demselben  zu  fixiren  und  zu  sehen, 
ob  die  Wehen  ihn  etwas  einzukeilen  vermöchten,  wurde 
IOV4  Uhr  Abends  die  Blase  gesprengt  und  das  Fruchtwasser 
vorsichtig  abgelassen,  dabei  fiel  aber  eine  grosse  Nabelschnur- 
schlinge in's  kleine  Becken  herab,  die  ganz  pulslos,  stark 
gedreht  war  und  deren  vorderes  Ende  man  bis  an  den  oberen 
Rand  des  rechten  Schambeins  verfolgen  konnte.  Das  ab- 
fliessende  Fruchtwasser  war  durch  eine  grosse  Menge  von 
Meconium  fast  breiartig  dick  geworden.  Der  Kopf  blieb  nun 
allerdings  über  dem.  Beckeneingange  fixirt,  ohne  aber  im 
Geringsten  in  denselben  einzutreten.  —  Da  wir  überzeugt 
waren,  dass  auch  die  kräftigsten  Wehen  nicht  im  Stande 
wären,  dies  Mal  den  Kopf  des  ausgetragenen  Kindes  durch 
das  so  stark  verengte  Becken  durchzutreiben,  da  femer  das 
Leben  des  Kindes  mehr  als  zweifelhaft,  indem  Fötalherztöne 
nicht  zu  hören,  die  Nabelschnurschbnge  pulslos;  da  endlich 
die  Kräfte  der  Mutter  durch  die  enorm  starken  Wehen  sehr 
erschöpft  wurden,  so  wurde  Abends  11  Uhr  zunächst  die 
Perforation  durch  die  Sutura  sagittalis  gemacht  und  abgewartet, 
ob  die  Wehen  den  seines  Hirnes  beraubten.  Schädel  in*s 
Becken  einkeilen  und  dem  Kephalothryptor  zugänglicher  machen 
könnten.  Allein  auch  nach  der  Perforation  trat  der  Kopf  nicht 
im  Mindesten  herab  und  so  wurde  gegen  Val^  l^i*  mittels 
des  Kephalothryptor  der  Kopf  gewaltsam  comprimirt.  Unsere 
Erwartungen  wurden  aber  sehr  getäuscht,  als* wir  auch  den 
so  verkleinerten  Kopf  nicht  tiefer  herabzuziehen  vermochten 
und  der  Kephalothryptor  zu  drei  bis  vier  Malen  immer  abglitt, 


benutai  aur  Extraotion  def  jKopfei  etc.  295 

ohne  das  mindeste  zu  nützen.  Es  wurden  nun  längere  Zeit 
Extraetionsversucbe  mit  dem  s|Htzen  Haken  gemacht,  der, 
dufth  die-  linke  Bohlhand  gedeckt,  in  der  Basis  cranii  ein- 
gcJMikt  wurde.  —  Allein  trotz  der  grössten  Anstrengungen  blieben 
auch  di^e  erfolglos.  Der  Kopf  wurde  nur  mit  einem  kleinen 
Segmente .  im  Beckeneingange  festgekeilt  und  wir  zweifelten 
fast,  dass  wir  selbst.den  t erklein^ten  Kopf  durch  dieses  Becken 
hindurchbringen  wurden.  —  Da  zog  ich  denn  auf  Aufforderung 
meines  Vaters  Nac6ts  1  Uhr  nach  Hause,  um  die  Mesnard^sche 
Schädelzange,  die  er  in  der  Meinung,  dass  sie  neben  dem 
Kephalothryptor  überflüssig  sei,  vor  Kurzem  aus  seinem 
Bestecke  herausgelegt  hatte,  zu  holen.  Idi  gestehe,  dass, 
als  ich  *  die  unscheinbare  Zange ,  die  ich  nur  dem  Namen  nach 
kannte,  an  dem  genau  beschriebenen  Orte  fand,  ich  sehr 
muthlos  und  höchst  zweifelhaft  war,  ob  diese  überhaupt  viel 
helfen  würde.. —  Um  2^^  Uhr  Nachts  zurückgekehrt,  erzählte 
mir  mein  Vater,  dass  die  Frau,  der  er  unterdess  einige  Ruhe 
gegönnt  hatte,  die  furchtbarsten  Wehen  gehabt  habe.  Dennoch 
fand  ich  den  Kopf  noch  auf  derselben  Stelle.  Die  Schädel- 
zange wurde  nun  lege  artis  applicirt  und  ein  Stück  der  Galea 
mit  einem  Schädelknochen  (linkes  Scheitelbein)  gefasst.  Da 
durch  die.  Compresäon  und  die  Versuche  mit  dem  scharfen 
Haken  die  Knochen  und  Weichtheile  mannichfach  lädirt  waren, 
so  zog  sie  anfangs  mehrmals  kleinere  Knochenstückchen  und 
Stücke  der  Weichtheile  los,  fasste  aber  endlich  sehr  fest  und 
den  stärksten  Anstrengungen  meines  Vaters  gelang  es  dann 
nach'  viertelstündiger  Ari[>eit  —  hauptsächlich  an  der  Schädel- 
schwarte den  Rest  des  Kopfes  zu  entwickeln.  Jetzt  sassen 
noch  die  Schultern  fest  im  Becken  und  ich  musste,  da  mein 
Vater- ganz  erschöpft  war,  alle  meine  Kraft  aufwenden,  um 
diese  durch  das -Becken  zu  ziehen.  Zu  dem  Ende  umfasste 
ich  den  Rest  des  Kopfes  und  Anfangstheil  des  Halses  wie 
einen  Zangengriff  mit  beiden  Händen  und  brachte  Schultern  und 
Becken  des  Kindes  endlich  zu  Tage.  Die  Nadigeburt  folgte 
bald,  um  3Va  Uhr  Morgens  war  die  Frau  glücklieh  entbunden. 
Der  Uterus  zog  sich  gut  zusammen,  kräftige  Nachwehen  folgten, 
der  Puls  der  Entbundenen  zählte  nur  80  Schläge,  die  Haut'  | 

transpirirte  reichlich.  —  Das  Kind,  ein  sehr  starkes  mindestens  i 

8  Pfd.  schweres,  20  Zoll  langes  Mädchen,  war  wahrscheinlich  ; 


'296         XVII*    Winekelj^Die  Meanard'gche  SchfideUange 

im  AnfaDge  der  Geburt,  durch  den  Druck  des  Kopfes  auf  die 
Nabelschnur,  gestorben.  Der  Rest  des  Kopfes,  den  wir  nach 
dreistündiger  Arbeit  durch  das  Becken  zu*  Tage  bef<5rdaffbn, 
hatte  kaum  die  Grösse  einer  massigen  Mannsfaust  Ein  Na^. 
geben  der  Beckenknochen  war  bei  der  Entbindung  selbst 
durchaus  nicht  zu  bemerkeu.  Zwei  Tage  nach  derselben  liess 
uns  die  Frau  sagen,  dass  sie  sich  vollkommen  wohl  befinde 
und  steht  dieselbe  noch  heute  ihr^  Hausgeschäften  yor. 

Die  Mesnard^sche  Schädelzange,  deren  wir  uns  hier 
mit  so  glucklichem  Erfolge  bedient  hatten,  stammt  aus  der 
Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts.  Im  Jahre  1743  gab  Jacques 
Mesnard,  Chirurg  und  Geburtshelfer  in  Rouisn,  ein  geburts* 
hulf liebes  Lehrbuch  heraus,  in  welchem  er  auch  eine  so- 
genannte Leitungszange  —  tenette  ä  conducteur  —  abbildete. 
Er  bediente  sich  ihrer,  wie  er  ausdrucklich  sagt,  um  nacli 
der  Perforation  des  Kopfes  diesen  zu  fassen  und  an  ihm  das 
ganze  Kind  zu  extrahiren.  Seine  Beschreibung  der  Zange  i3t 
etwas  kurz:  er  nennt  das  Blatt  derselben,  wdches  in  den 
Schädel  des  Kindes  eingeführt  wird  —  bec  superieür  und 
dasjenige,  welches  aussen  an  die  Schädelbedeckungen  angelegt 
wird  —  bec  inferieur.  Das  erstere  ist  nach  seiner  Zeichnung 
leicht  umgekehrt  S  förmig  cc,  innen  schwach  convex;  das 
untere  auf  der  Innenfläche,  schwach  concav,  ist  etwas  kürzer 
als  jenes.  Ihre  Stiele  sind  beide  gleich  lang  und  am  Ende 
des  oberen  ein  kleiner  Ring  für  den  Daumen,  am  Ende  des 
unteren  ein  grösserer  für  die  übrigen  vier  Finger  angebracht 
Aus  der  Abbildung  geht  zugleich  hervor,  dass  die  Blätter  auf 
ihrer  inneren  Seite  gerieft  waren;  auch  erwähnt  Levret  in 
seinen  Observations.sur  les  causes  etc.  ebenfalls:  dass  Mesnard 
die  Blätter  habe  riefen  lassen  (canneller).  0,  Wl  Stein  d.  Ä. 
giebt  in  seiner  Anleitung  zur  Geburtshülfe.  „eine  Abbildung 
der  Mesnard^schen  Himschädelzange  nach  der  letzten  Ver- 
besserung'*. Die  Stiele  und  Blätter  sind  nach  derselben  von 
ungleicher  Länge,  und  zwar  ist  der  obere  Stiel  und  das 
untere  Blatt  länger,  als  das  obere  Blatt  und  der  untere  Stiel. 
Beide  Blätter  sind,  wie  Stein  sagt,  auf  ihrer  Innenfläche 
'gezähnt  oder  gerieft  und  passen  mit  ihren  „Zähnen  genau  in 
einander"*.  Die  Stiele  haben  aber  statt  der  Fingerringe  nur 
hakenförmige  Umbiegungen   für  die  Finger.     Busch  ^   der   in 


bamitst  inr  Extraction  des  Kopfes  «tc.  297 

seioem  gehurUhdiflicben  Atlas  diese -Abbildung  Stein's  aaf- 
geaonunen  hat,  benennl  das  Insiruinent  MestMrd-SUin'scbe 
Hirnschädelzange  und  fuhrt  als  Verbesserung  von  Stein  an, 
dass  dieser  die  Zange  mit  Sförmtggebogenen  Armen  und  statt 
der  Zähne  mit  Furchen  verseben  habe.  Beide  Behauptungen 
sind,  wie  aus  Obigem  erhellt,  unrichtig,  i^ein  bat  die  Biegung 
nur  umgekehrt,  etwas  stärker,  "die  Stiele  ungleich  lang  gonacht 
und  statt  der  Ainge  hakenförmige  Umbiegungen  an  denselben 
angebracht;  ob  diese  Veränderungen  —  Verbesserungen  sind  — , 
werden  wir  weiter  unten  sehen. 

In  grösseren  geburtshülflichen  Instrumentensammlangen 
findet  man  heutzutage  zwei  Arten  der  Mesnard'schen  Zange. 
Erstlich  die  von  Busch  abgebildete  Mesnard'SteiiOk&xltk^ 
und  zwar  zwei  Formen  derselben:  die  grössere  schwerere  ist 
13  Zoll  lang,  1  '/^  Pfund  schwer;  die  Blätter  bis  zum  Scbloss* 
theil  sind  4V2  Zoll  lang;  die  geriefle  Parthie,  nur  3  Zoll  von 
der  Spitze  an,  hat  8  Linien  in  der  grössten  Breite.  Der 
Schlosstheil  ist  IV^  Zoll,  der  Griff  7  Zoll  lang.  Ihrer  Schwere 
wegen  und  der  plumpen  Handgriffe  ist  diese  Form  wenig 
empfehlenswerlh.  Die  leichtere  handlichere  Form  ist  IIV2  Zoll 
lang  und  nur  26  Loth  schwer,  ihre  Blätter  sind  dV^  Zoll 
lang,  die  geriefte  Parthie  2V2.  Zoll  und  die  grösste  Breite 
derselben  beträgt  9  Linien;  der  Schlosstheil  ist  174  Zoll  und 
die  Griffe  sind  6%  und  8  ZoU  lang.  Aus  dieser  letzteren 
ist  offenbar  die  zweite,  der  ilfe^narcTschen  Zange  mehr 
ähnliche  Art  hervorgegangen,  die  10  Zoll  lang  ist,  nur 
22  Loth  wiegt,  gleich  lange  Stiele  hat  -und  an  diesen  Finger- 
ringe. Die  Blätter,  leicht  nach  oben  concav,  2^4  und  3  Zoll 
lang,  haben  8  Linien  in  der  grössten  Breite.  —  Merkwürdiger- 
weise ist  aber  der  Ring  für  die  vier  Finger  an  dem  oberen, 
der  fiir  den  Daumen  an  dem  unteren  Stiele  angebracht  Will 
man  also  diese  Zange  nach  den  Handringen  richtig  fassen, 
so  kommt  die  Concavität  der  Blätter  nach  unten,  was  weder 
in  Mesnard^h  Absicht  lag,  noch  auch  praktisch  ist,  da  dann 
die  Kegnng  derselben  umgekehrt  ist,  wie  diejenige  der  Knochen, 
welche  sie  fassen  soll  und  auch  ausserdem  der  Beckenaxe 
gerade  entgegengesetzt  gekrümmt,  mithin  nur  schwierig  mit 
Erfolg  im  Becken  zu  haben  ist.  Man  verbessert  diesen  Fehler 
einfach  dadurch,  dass  man  den  grösseren  Fingerring  an  dem 


XVII.    Winekelf  Die  Me^nard'ncht  SchädelsaDge 

unteren  Stiele^  den  kleineren  an  dem  oberen  anbringen  U«st, 
wie  es  ursprönglich  Me8n(»rd  angegeben  h^t ;  die  ConcavitSt  der 
Blätter  ragt  dann  nach  oben.  Eine  einfache  Krömmung  über 
das  Blatt  ist  aber  mindestens  eben  so  gut,  wie  eine  Sf5rmige 
Krümmung,  —  es  kommt  hauptsächlich  nur  auf  die  Länge 
und  Breite  der  Blätter  an  und  eine  Länge  der  gerieften 
SteUen  von  3  Zoll  und  eine  Breite  Ton  10 — 12  Linien  wird 
wohl  ausreichend  sein.  Die  Stiele^  an  und  ffir  sich  müssen 
gleich  lang  sein,  dann  ragt  der  untere  grössere  Fingerring 
über  den  oberen  kleineren  hinaus  und  der  Daumen  kommt  dann, 
wie  beim  Ballen  der  Faust,  fast  senkrecht  zur  ersten  Phalanx 
der  vier  übrigen  Finger  zu  liegen;  eine  Lage,  in  der-er  vereint  ^ 
mit  diesen  die  grösste  Kraft  entwickeln  kann.  Nicht  so  ist 
es,  wenn,  wie  bei  der  Mesncvtd-SteMsdien  Zange  der  obere 
Stiel  länger  ist,  indem  dann  der  Daumen  so  weit  hinter  den 
übrigen  Fingern  liegt,  dass  er  kaiun  die  gehörige  Kraft  zum 
Zusammenpressen  der  Griffe  entwickeln  kann.  Die  Ringe  für 
die  Finger  geben,  wenn  sie  gehörig  weit  sind,  namentlich 
dem  Daumen  einen  bedeutend  besseren  Halt,  als  die  haken- 
fömiigen  Umbiegungen  Stein'»,  und  da  es  bei  Handhabung 
dieser  Zange  auf  Entwickelung  einer  grossen  Kraft  ankommt, 
sind  diese  kleinen  Umstände  wohl  zu  berücksichtigen.  Der 
Ring  für  die  vier  Finget  muss  mindestens  3  Zoll  lang  und 
1%  Zoll  breit  sein.  —  Die  leistenartigen  Hervorragungen 
der  Innenfläche  dürfen  nicht  zu  scharf  sein.  Der  Preis 
eines  guten  Instrumentes  dieser  Art  wird  3Va  Thaler  nicht 
übersteigen. 

Die  MesnarcTsche  Schädelzange  fand  bald  Anhänger  und 
hielt  sich  lange  in  dem  Rüstzeuge  der  Geburtshelfer.  Heutigen 
Tages  aber  ist  sie  nur  wenig  bekannt  und  wird  noch  weniger 
benutzt.  Der  Grund  hierfür  liegt  zunächst  in  dem  Urtheile 
geburtshülflicher  Autoritäten  über  ihre  Brauchbarkeit  an  und 
für  sich.  So  hält  z.  B.  Levret  sie  zwar  für  ein  sehr  nützliches 
Instrument  (Suite  des  observations,  pag.  356,  Anm.  a.)  meint 
aber,  die  Kopftheile,  an^denen  die  Zange  das  Kind  extrahiren 
solle,  hätten  zu  wenig  Festigkeit,  so  dass  man  sie  nur  da 
anwenden  könne,  wo  es  eines  geringen  Kraftaufwandes  bedürfe. 
Diesem  Urtheile  werden  gewiss  von  vornherein  viele  Geburts- 
helfer,   auch    ohne   sich    selbst  davon   überzeugt  zu   haben. 


benvtst  zur  Eztraetion  des  Köpfet  etc.  299 

beistiinroen;  unsel*  Fall  zeigt  aber  deutlich,  dass  dasselbe 
nicht  stichhaltig  ist.  —  Man  verkannte  ferner  auch  ihre  Be* 
Stimmung.  So  nennt  Oslander  dieselbe  „eine  gezähnte  Brech- 
zange fOr  SchUdelknochen'S  Siehold  eine  „Knöchenzange'^  eic^ 
während  sie  doch  nach  Mesnceri^  Vorschrift  den  Schädel 
mit  der  Kopfschwarte  fassen  und  an  diesen  das  ganze  Kind 
extrahiren  sollte!  —  So  kam  es,  dass  sie  anderen  Instrumenten 
weichen  mu'sste.  Siebold  zieht  Ihr  z.  B.  JBoer^s  zierlichere 
Extractionspincette  vor;  Andere  gebrauchten  die  gewöhnliche 
Kopfeange  zur  Extraction  und  in  der  neueren  Zeit  hat  ja  der 
Kepbalothryptor  so  vielen  Anklang  gefunden,  dass  er  jetzt 
gewöhnlich  zur  Extraction  des  perforirten  Kopfes  benutzt  wird,  ja 
dass  man  iü  geburtsbülflichen  Handbüchern  die  Lehre  aufgestellt 
findet  (cf.  Spiegdberg,  Lehrbuch  der  Geburtshfllfe,  p.  845): 
„Die  nach  der  Perforation  indicirte  Extraction  wird  mittels 
des  Kephalothryptors  ausgeführt  und  nur  in  Ermangelung 
eines  solchen  muss  man  zu  anderen  Instrumenten  greifen !?''  — 
Ein  Vergleich  der  ilfe«narc{*schen  Zange  mit  den  übrigen  zur 
Extraction  benutzten  Instrumenten  wird  uns  aber  überzeugen, 
dass  sie  nicht  blos  den  meisten  vorzuziehen,  sondern  ihre 
Anwendung  selbst  neben  dem  Kepbalothryptor  gerecht- 
fertigt ist!  — - 

Das  älteste  Werkzeug,  dessen  man  sich  zur  Extraction 
des  perforirten  Kopfes  bediente,  war  der  spitze  Haken.  Die 
Gefahren  und  Mühseligkeiten,  die  gänzliche  Unsicherheit  dieser 
Art  der  Extraction  sind  so  hinlänglich  bekannt,  dass  wir  di^ 
Vorzüge  des  Mesnard'&chen  Instrumentes  diesem  gegenüber 
nicht  hervorzuheben  brauchen.  Erwähnt  sei  nur',  dass  es 
gerade  Mesnard^s  Zweck  bei  der  Angabe  dieses  Instrumentes 
vrar,  den  so  sehr  gefährlichen 'Haken  durch  dasselbe  zu 
verdrängen,  indem  er  sagt  (1.  c.  preface,  p.  19):  „avec  cftt 
Instrument  on  est  assur^  de  sauver  toujours  la  vie  ä  la 
m^re,  mais  c'est  lä  ce  qu'on  ne  saurait  promettre  de  l'usage 
des  crochets.**  —  Er  wollte  den  Geburtshelfern  ein  gefahr-  • 
loseres  Werkzeug  in  die  Hand  geben  und  schildert  die  Ent- 
bindungswuth.  der  damaligen  Aerzte  und  den  Missbrauch 'des 
Hakens  mit  den  beredten  Worten :  „ces  ignorans,  qui  ne  sont 
pas  plut6t  arrives  aupr^s  d'une  femme  en  travail  d'enfantement 
qu*ils  prennent  sans  aucune  reflexion  le  crochet  en  main  pour 


300        XVII.    Wincka^  Die  Me»nard*ache  Sobüdelsange 

faire  l*extraetion  d'un  enfant,  qui  n'eiait  pas  fait  pour  OKNirir 
martyr,  atant  que  de  naitrel  (1.  c.  pag.  17.) 

Wir  haben  oben  angeführt,  dass  man  der  üfe^norcTscben 
Schädelzange  die  Boer'9Ae  and  ChiarCsche  Extractions-- 
pincette  vorgezogen  habe.  Es  wird  sich  aber  Jeder  beim 
Vergleiche  der  beiden  letzteren  mit  der  ersteren  sagen 
mössen,  dass  die  einzelnen  scharfen  Zähne,  welche  sich  an 
den  Innenflächen  jener  Pincetten  finden,  viel  eher  den  ge* 
fassten  Theil  zerbrechen  und  durchreissen  werden»  als  die 
dicht  nebeneinanderstehenden  Leisten  der  MesnarcCschen 
Zange.  Da  ausserdem  die  Blätter  jener  Knochenzangen  auf 
ihreA  Innenflächen  Idcht  ausgehöhlt  sind  und  sich  mithin  nur 
an  den  Rindern  und  mit  den  Spitzen  der  Zähne  berühren, 
so  können  dieselben  viel  weniger  sicher  und  fest  den  Schädel 
fassen,  als  die  mit  ihren  vielen  Leisten  und  Furchen  eng 
ineinander  greifenden  Blätter  der  JTenette  ä  conducteur.  Da, 
wo  es  eines  geringen  Kraftaufwandes  bedarf,  kann  man  jene 
wohl  zur  Extraction  gebrauchen,  bei  bedeutenderen  Hinder- 
nissen aber  müssen  sie  der  Mesnard'schen  Zange  nachstehen. 
Dasselbe  gilt  auch  vom  Gebrauche  der  gewöhnlichen  Kopf- 
zange bei  der  Extraction  des  perforirten  Kopfes ;  ihr  Abgleiten 
ist  sehr  häuflgt  nicht  immer  gefahrlos,  ihre  Application  um- 
ständlicher; ihr  .Erfolg  viel  unsiclierer,  wenigstens  in  den 
schwereren  Fällen.  —  Anders  ist  es  mit  dem  Kephalothryptor: 
dieser  verkleinert  den*  Kopf,  verringert  also  die  Hindernisse, 
er  fasst  ihn  auch  fester  und  mit  einer  grösseren  Fläche  als 
die  Zange,  und  leistet  in  manchen  -  Fällen ,  besonders  auch 
beim  nachfolgenden  Kopfe,  ausgezeichnete  Dienste.  Wo  aber 
das  Beckenhindeririss  ein  bedeutendes  ist,  wo  der  Kopf  mehr 
hoch  steht  und  nur  mit  einem  kleinen  Tbeile  von  ihm  gefasst 
wird,  da  gleitet  er  sehr  leicht  ab,  sein  Wiederanlegeu  ist 
sehr  umständlich  und  erneutes  Abgleiten  ganz  gewöhnlich. 
Das  beweist  unser  obiger  Fall,  das  zeigen  ausser  vielen 
t  anderen  auch  die  Fälle  von  Spöndli  (MonatsschriH  für  Geburts- 
kunde, Härzheft  1860).  tSpöndli  bediente  sich  (1.  c  pag.  326) 
nach  vergeblichem  Gebrauche  desselben  der  blossen  Hand  zur 
Extraction  des  Kopfes  und  mit  Erfolg!  Dergleichen  Fälle 
sind  aber  selten,  der  Widerstand  kann  dann  nur  ein  geringer 
sein.     Einfacher,  sicherer  und  eben  so  gefahrlos  ist  aber  die 


benatst  sar  £]Ltr*ction  des  Kopfes  ete.  301 

Extraction  mittels  der  MesnartPsehen  Schädelzange.  Ihre 
Application  ist  von  selbst  verständlich.  —  Das  so  oft  befürchtete 
Losreissen  von  Knochenstäcken  und  die  Verletzung  der  matter- 
lieben  Theile  durch  dieselben  ist,  wenn  man  vorsichtig  zieht, 
ganz  zu  vermeidoi,  kommt  aUcb,  wenn  nUM  andere  Extractions- 
versuche  vorangegangen  oder  das  Kind  tagelang  vorher  ab- 
gestorben ist,  selten  vor,  da  die  Schädelschwarte  eine  sehr 
grosse  Zähigkeit  besitzt  Mit  grossem  Vortheile  wird  man 
aber  die  ife^narcTsche  Schäddzange  einmal  dann  anwenden, 
wenn  nach  der  Perforation  und  Compression  des  Schädels 
die  Zange  oder  der  Kephalothryptor  abgleiten,  hauptsächlich 
also  bei  stark  verengtem  Becken  und  hochstehenden  Kopfe; 
besonders  aber  wird  sie,  da  durch  die  Entleerung  des  Gdiinis 
der  Schädel  schon  nachgiebiger  wird,  bei  Beekenvereng»iu% 
geringeren  Grades  die  Anwendung  d^  Zange  oder  des  Kephalo- 
thryptors  oft  geradezu  öberAössig  machen!  Das»  sie  sehr 
fest  faBst  und  die  Ausdbung  einer  Kraftanstrengung  erroög^cht, 
erhellt  aus  dem  obigen  Falle,  wo  doch  das  Beckenhindemiss 
ein  sehr  bedeutendes  war,  das  haben  bereits  zwei  ändere 
Fälle,  in  denen  sie  in  der  Klmik  des  Herrn  Geh.  Raths  Martin 
angewandt  wurde,  gezeigt  und  werden  neue  Beobachtimglen 
bestätigen,  wenn  sich  die  Geburtsbdfer  dieses  Instrumentes 
wieder  annehmen.  Und  hoffentlich  trägt  die  mitgethdlte  6e- 
burtsgeschicfate  dazu  bei  einem  Instrumente,  dessen  Einfietdi- 
hrit,  Leichtigkeit  und  Billigkeit  so  evident  sind,  von  Neuem 
Eingang  in  die  Geburtshülfe  zu  verschaffen!  — 


802  XVIII.    BOm,  Bericht  über  die  Lautoiifan 


XVIIl. 

Bericht  über   die   LeistaBgen    des  .  E(iiugiiche& 

Hebammeninstitats  zu  Stettin  wUhrend  der 

Jahre  1834-1859. 

Vom 

Geb.  Medidnatrath  Dr.  Behm. 

Seit  dem  Jahi*e  1834,  als  Lehrer  bei  dem  Königlichen 
Hebammeninstitute  zu  Stettin  angaetellt,  erscheint  es  mir' als 
eüie  moralische  Verpflichtung,  über  die  Leistungen  dieser 
Lehranstalt  während  meiner  fünfandzwanzigjährigen  Stellung 
öffenüich  Bericht  zu  erstatten;  denn  wenngleich  die  Wirksamkeit 
des  Instituts  nur  eine  beschränkte  genannt  werden  kann,  so 
konnte  es  dennoch  nicht  Cehlen«  dass -im  Laufe  der  Jahre 
auch  manche  Ereignisse  von  wissenschaftlichem  Interesse,  oder 
selbst  wissenschaftlicher  Bedeutung  eintraten,  welche  es  ver- 
dienen, der  Vergessenteit  entrissen  zu  werden.  Da  jedoch 
die  Leistungen  des  loslituts  mit  seiner  geschichtliehen  Ent* 
Wickelung  im  innigen  Zusammenhange  stehen,,  so  möge  es 
gestattet  sein,  auch  über  die  letztere  einige  kurze  Notizen 
voranzuschicken,  wdche  ich,  soweit  sie  frühere  Jahre  betreffen, 
dnem  ausführlichen  von  mir  erstatteten  Berichte  entnehme, 
welcher  sich  in  dem  Provinzial-Sanitäts- Berichte  der  Provinz 
Pommeni  für  das  erste  Semester  des  Jahres  1834  befindet 

Nachdem  die  ersten  Anregungen  zur  Errichtung  einer 
Hebammenlehranstalt  für  die  Provinz  Pommern  bereits  im 
Jahre  1748  stattgefunden  hatten,  in  Ermangelung  der  nöthigen 
Fonds  die  Sache  aber  bald  wieder  *  in  Vergessenhdt  gekommeli 
war,  geschahen  die  ersten  drängenderen  Schritte  im  Jahre  1769 
dadurch,  dass  das  damalige  Ober-Coll.  med.,  et  san.  dem 
ProvinziaKCoU.  med.  et  san.  zu  Stettin  auftrug,  Vorschläge 
darüber  zu  machen,  ob  es  nicht  möglich  sei,  in  Stettin  oder 
Stargard  für  eine  zweckmässige  Unterweisung  der  Hebammen 
Schritte  zu  thun.  Unter  den  mehrfachen  Verhandlungen, 
welche  in  Folge  dieses  Auftrages  zwischen  den  Königlichen 
Behörden,  den.  Ständen  der  Provinz  und  den  Hagisträten  der 


de«  K.  HebAinaiefiiiisUtato  su  Stettin  etc.  303 

Städte  gefftbrt  werden  mussten»  und  bei  welchen  die  Acten 
oll  mehrjährige  Rahestationen  nachweisen,  gelangten  nach 
mehr  als  einem  Menschenalter  die  gegenseitigen  Ziigestäpdniss^ 
80  weit,  .dass  im  Jahre.  1803  die.Eröffimng  einer  Lehranstalt 
für  Hebamo^en  in  Stettm  in's  Lek^en  treten  konnte.  Inzwischen 
war  die  ganze  Einrichtung  noch  so  beschränkt,  dass  sie  eben. 
nur  als  der  Ausgangspunkt  einer  öffentlichen  Lehranstalt  he* 
trachtet  werden  kann.  In  dem  städtischen,  am  Pladrio 
belegenei^  Spinnschul-  und  Lazarethgebäude  waren  fär .  die 
jährliche  Miethe  von  fünfzig  Thalern  einige  Stuben  und  ein 
Saal  vorläufig  auf  sechs  Jahre'  überkommen  worden,,  in  welchen 
während  der  Qlonate  November,  December,  Januar  iii)d  Februar 
der  Unterricht  ertheilt  werden  sollte.  Die  Zahl  der  Schülerinnen 
war  auf  24  bestimmt,  für  aufzunehmende  Schwangere  sechs  , 
Lagerstätten  hergestellt  Die  Schulerinnen  erhidten  zu  ihrem 
Unterbalte  eine  monatliche  Unterstützung  von  4  Thlrn.,  wöfSr 
si^  sich  Wohnung,  Beköstigung  u.  s.  w.  zu  beschaffen  hatiten, 
aussordero  wurden  ihnen  noch  die  Kosten  der  Reise  vergütigt. 
Die  Beköstigung  der  Schwangeren  war  dem  Spinnschulmeister 
gegen  eine  tägliche  Vergütigung  von  4  Groschen  übertragen. 
Das  Lehr'erpersonal  bestand  aus  dem  ersten  Lehrer,  welcher 
zugläch  Director  war,  dem  zweiten  Lehrer  und  einer  Instituts- 
hebamme,  von  denen  keiner  io^  Institute  wohnte,  die  Kassen- 
luhntng  war  einem  besonderen  Beamten  der  Königl.  Kriegs-  und 
Domanenkammer  übertragen. '  An  Gehalten  bezog  der  erste 
Ldirer  LöO  Tbjr.,  der  zweite  Lehrer  50  Thlr.;  die.  Gesammt- 
kosten  stellten  sich  auf  1200  Thlr.,  welche  im  Belaufe  von 
1050  Thhr.  durch  eine  neugeschaffene  Abgabe  von  Trauungen 
und  Kindtaufen  aulgebracht  wurden;  150  Thhr.  zahlte  der 
aUgemeine  Medicinalfonds  als  Zuschuss.  Dem  Unterrichte  wurde 
kein  besonderes  Lehrbuch  zu  Grunde  gelegt,  sondern  sowohl 
an  solches,  wie  die  Unterrichtsmethode  dem  Ermessen  der 
Lehrer  anheinigegeben,  und  ihnen  nur  die  allgemeine  Rücksicht 
auf  theoretische  und  besonders  auf  praktische  Ausbildung  der 
Scbälerinnen  anempfohlen.  Die  Institutsbebamme  sollte  die 
spedeUe  Aufsicht  über  die  Schwangeren  lühren,  die  SchülerinneB 
oiit  den  Zeichen  der  herapnahenden  Geburt  bekannt  machen, 
m  in  der  Behandlung  der  Wöchnerinnen  und  neugeborenen 
.Kinda*  unterrichten,  und  die  natürlich  verlaufenden  Geburten 


304  XVTII.    Behm,  Rerielit  ttber  die  LeiBtun^en 

Bleibst  leiten.  .Die  Oberaafsicht  fiber  das  Institut  ffthrte  gemSss 
der  Instruction  für  die  Provinzialbehörden  das  Coli.  med. 
et  san.  zu  Stettin. 

Die  unglücklichen  Ereignisse,  welche  den  preussischen 
Staat  wenige  Jahre  nach  der  Errichtung  des  Instituts  trafen, 
.  welche  ihn  auf  die  Haifite  seines  Umfanges  herabsetzten  und 
seine  Hülfsquellen  fast  bis  zum  Versiegen  erschöpften,  mnssten 
natdrlich  auch  für  das  neugeschaffene  Institut  von  wesentlid) 
benachtheihgendem  Einflüsse  sein.  Laut  Rescript  desiOber-CoU. 
med.  et  san.  zu  Berlin  vom  26.  September  1807  konnten 
die  150  Thlr.  Zuschuss  aus  Staatskassen  nicht  mehr  gezahlt 
werden;  durch  die  Hin-  und  Herzäge  feindlicher  und  be- 
ft*eundeter  Heere  wurde  die  richtige  Erhebung  und  Ablieferung 
.  der  Abgaben  von  Trauungen  imd  Taufen  erschwert,  nicht 
selten  die  erhobenen  in  Verbindung  mit  anderen  öffentlicfaed 
Geldern  von  herumstreifenden  Soldaten  geraubt,  und  Klagen, 
welche  deshalb  geführt  wurden,  konnten  aus  begreiflichen 
Gründen  nicht  berücksichtigt  werden.  Der  Mangel  an  Sub- 
sistenzmittehi  bette  die  Beschränkung  der  Ausgaben  zur  noth- 
wendigen  Folge,  und  so  wurde  denn  die  Zahl  der  Schülerinnen 
auf  acht  bis  zehn,  die  der  aufzunehmenden  Schwängern  auf 
drei  herabgesetzt,  auch  der  Unterricht  in  die  milderen  Monate 
Januar  bis  April  verlegt.  Indessen  wirkte  die  Macht  der 
Verhältnisse  selbst  so  entmuthigend  auf  das  Publikum  ein, 
dass  im  Jahre  1808  nur  sieben  und  im  Jahre  1809  gar  nur 
fünf  Frauen  zum  Unterrichte  gemeldet  wurden,  so  dass  sogar 
über  das  Fortbestehen  des  Instituts  Zweifel  entstanden.  Da- 
gegen wirkte  die  grossartige  innere  Entwicklung  des  Staates 
im  Jahre  1808,  welche  auch  eine  Umformung  der  hüheren 
Staats-  und  Provinzialbehörden  herbeiführte,  wesentlich  auf 
das  Institut  ein.  In  eiher  ausserordenüidien  Sitzung  des  Coli, 
med.  et  san.  wurde  beschlossen,  dass  das  Hebammenlnstitat 
beibehalten  werden  und  in  Stettin  verbleiben  solle,  dass  die 
zur  Erhaltung  desselben  erhobenen  Abgaben  beibehalten  werden 
und  dass  wegen  Erweiterung  und  Verbesserung  desselben  die 
Lehrer  mit  zur  Berathung  gezogen  werden  sollten.  Dies  hatte 
zur  Folge,  dass  mehrfache  Verbesserungen  vorgenommen 
wurden,  die  sich  theils  auf  die  allgemeine  Verwaltung,  theils 
auf  die  Beschafl^ung  verschiedener  zum  Unterrichte  erforderlicher 


des  K.  Hebftmmeninslitiits  su  Siettio  etc.  305 

Utensilien  und  die  Zurückfubrung  auf  die  frühere  ZaM  der 
Seholerinnen  und  Schwangeren,  sowie  auf  die  Beschaffung  einea 
besseren  Locales  bezogen.  In  letzterer  Beziehung  wurde  daher 
im  Jahre  .1812  in  einem  Hause  der  grossen  WoUweberstrasse 
du  Hintergebäude  geroiethet,  welches  ausser  einem  grösseren 
und  besseren  Local  für  die  Schwangern  und  Wöchnerinnen 
zugleich  Raum  genug  zu  Dienstwohnungen  für  den  zweiten 
Lehrer  und  die  Institutshebamme  darbot  Die  Beköstigung 
der  Schwängern  wurde  dem  zweiten  Lehrer,  welcher  Ter« 
heirathet  war,  übertragen,  und  für  die  ganze  Erweiterung  der 
erhöhte  jährliche  Etat  von  1600  TUr.  bewilligt 

Das  Jahr  1817  führte  eine  wesentliche  Umgestaltung  der 
itmeren  Verhältnisse  des  Instituts  herbeL  Die  bisherigen  Er- 
hebungen von  Trauungen  und  Taufen  wurden  durch  die 
Cabmetsordre  vom  16.  Januar  zur  Bildung  eines  Hebammen* 
unterstützungsfonds  bestimmt,  und  d^  Etat  des  Instituts  ging 
auf  die  aUgemeine  Staatskasse  über.  Da  indess  theils  die 
Eriid>ung  jener  Abgaben  dem  Institute  noch  bis  zum  Jahre  1819 
verblieb,  theils  im  Laufe  der  Jahre  duröh  vermehrte  Trauungen 
und  Taufen  und  durch  steigenden  Wohlstand  der  Betheiligten 
die  Abgaben  regelmässiger  und  reichlicher  eingegangen  waren, 
so  hatte  sich  allmälig  ein  Reservefonds  gebildet,  durch  dessen 
Verwendung  im  Laufe  der  Jahre  wesentliche  Verbesserungen 
möglich  gemacht  werden  konnten.  Diese  bezogen  sich  theils 
auf  Ergänzung  der  verbrauchten  Inventarienstücke,  Vergrösserung 
der  Wäschbestände  und  dergl.,  theils  auf  die  Erwerbung  beim 
Unterrichte  zu  verwendender  Bücher,  der  Heinemann'schen 
Wachspräparate  über  die  weiblichen  Geschlechtstheile,  der 
Frariejfwben  Hysteroplasmen,  eines  besseren  Phantoms  u.  s.  w. 
Als  wesentlichere  Verbesserung  aber  ist  es  anzusehen,  dass 
der  erweiterte  Etat  auch  die  Vermehrung  der  Lagerstätten  für 
Sdiwangere  von  sechs  auf  zehn  und  im  Jahre  1819  bis  auf 
zwölf  ermöglichte.  Ebenso  wurde  wegen  des  noch  immer 
drfickeuden  Mangels  an  Hebammen  in  der  Provinz  die  Zahl 
der  zum  Unterrichte  zuzulassenden  Schülerinnen  auf  48  erhöht, 
welche  indessen  niemals  eh^cht  worden  ist  Bei  der  Er- 
weiterung der  Geschäfte  wurde  der  Gehalt  des  ersten  I^ehrers  ^ 
auf  200  Thk.  erhöht 

1loiMtMebr.f.O«bor|ali.  1881.  Bd.  XVII.,  Hft.  4.  20 


306  XVIII.    Bshm,  Bericht  über  die  Lcistangen 

Obgleich  durdi  diese  Erweiterungen  und  YerbesseniDgeu 
für  die  gedeihliche  Wirksamkeit  des  Instituts  viel  gewonnen 
war,  so  zeigten  doch  die  nächsten  Jahre  Uehelstande  in 
anderen  Gebieten.  Klagen  über  die  Verwaltung  der  ökonomischen 
Verhältnisse  und  Reibungen  zwischen  den  Lehrexen  führten 
endlich  dahin,  diesen  Widerwärtigkeiten  näher  nachzuforschen, 
die  bisherige  Stellung  der  Leiurer  zu  emander  wiederholt  zu 
prüfen  und  im  Interesse  der  ganzen  Verwaltung  Remeduren 
vorzunehmen.  Die  Folge  davon  war,  dass  im  Jahre  1827 
das  hohe  Oberpräsidium  von  Pommern  die  specielle  Direction 
des  Instituts  der  Königl.  Regierung  zu  Stettin  übertrug  und 
demgemäss  die  Instructionen  der  Lehrer  änderte,  und  dass 
im  Jahre  1832  auch  die  Verwaltung  der  Oekonomie  dem 
zweiten  Lehrer  entzogen  und  ein  eigener  Oekonom  angestellt 
wurde.  Dies  Verhältniss  blieb  bis  zum  Jahre,  1833  bestehen, 
wo  der  zweite  Lehrer  plötzlich  inmitten  des  Lehrcursus 
verstarb.  Da  der  Unterridit  keine  Unterbrechung  erleiden 
konnte,  so  wurde  ich  selbst  zunächst  interimistisch  und  unterm 
8.  Februar  1834  definitiv  zum  zweiten  Lehrer  ernannt,  rückte 
im  Jahre  1840  nach  dem  Tode  des  ersten  Lehrers  in  dessen 
Stelle  ein,  wogegen  der  praktische  Arzi,  jetzige  Mediqnal- 
rath  Dr.  BraumÜUer^  die  zweite  Stelle  erhielt,  und  ich  wurde 
im  Jahre  1847  mit  der  speciellen  Direction  der  Anstalt  betraut. 

Nachdem  ich  die  erste  Zeit  meiner  Thätigkeit  benutzt, 
um  mich  von  allen  Verhältnissen  und  Bedürfnissen  des  Instituts 
zu  unterrichten,  wobei  mir  eine  collegialiscbe  beframdete 
Stellung  zum  ersten  Lehrer,  und  noch  mehr  zu  dem  damaligen 
technischen  Mitgliede  der  Königl.  Regierung,  welches  factisch 
die  Direction  handhabte,  wesentlich  behülflich  war,  konnte 
es  nicht  ausbleiben,  dass  bald  viele  wesentliche  Mängel  des 
Instituts  zur  Besprechung  kamen.  Die  Schülerinnen,  deren 
Zahl  noch  immer  auf  48  als  Maximum  dastand,  wohnten 
zerstreut  in  den  verschiedenen  Strassen  der  Stadt,  da  sie, 
der  früheren  Einrkbtung  gemäss,  mit  Hülfe  der  ihnen  ge- 
währten Unterstützung  selbst  für  ihr  Unterkomme  und  ihren 
Unterhalt  sorgen  mussten.  Bef  vorfallenden  Entbindungen 
mussten  sie  daher  stets  erst  herbeigeholt  werden,  wodurch 
unendlich  viel  Zeil  verloren  ging,  und  die  Entbindungen  nicht 
selten  beendigt  waren,    wenn    sie  beim   Institute  anlangten. 


das  K.  Hebammeninstitnti  su  Stettin  ete.  307 

Sdhiimnier  aber  war  es,'  dass  dadurch  zahllose  andere  fOr  die* 
Sitdiebkeit  DachthdUge  Einflasse  herbeigeföbrt  wurden.  Das 
Institatslocal ,  an  und  für  sich  dem  Areal  nach  yielleieht 
ausreicbend,  war  so  unbequem  aptirt,  dass  der  grösste  Thefl 
nur  zu  den  Dienstwohnungen  des  Oekonomen  und  der  Hebamme 
verwendet  werden  konnte;  es  hatte  keinen  eigenen  Hof,  nach 
dem  zu  benutzenden  Hofe  des  Hauptgebäudes  nicht  einmal 
einen  Ausgang;  für  die  AnsteUung  emes  eigenen  Oekonomen 
war  die  frühere  Wohnung  des  zweitens  Lehrers  verwendet 
worden  9  und  es  wohnte  daher '  wiederum  kein  Lehrer  im 
Institute,  wodurch  Aufsicht  und  Verwaltung  unendlich  erschwert 
wurde;  das  nahe  Beisammensein  zweier  Unterbeamten  (des 
Oeconom^  und  der  Hebamme)  nicht  aUein  in  demselben 
Hause,  sondern  in  derselben  Etage  führte  ebenso,  wie  früher^ 
zu  Reibungen  über  die  gegenseitige  SteOung  u.  s.  w.  Endlich 
war  es  eine  sehr  missliche  Lage  für  das  Institut,  dass  dasselbe 
sich  in  einem  Miethsiocal  befand,  dessen  Hauswirth  ein  alter 
Mann  war,  bei  dessen  Tode  entweder  eine  bedeutende  Er'* 
höhung  des  Miethzinses,  oder  gar  eine  Kündigung  des  Locales 
eintreten  konnte,  wodurdi  das  Institut  in  augenblickliche  sehr 
grosse  Verlegenheit  hätte  gerathen  können.  Nachdem  diese 
Uebelstände  fai  einer  Conferenz  zwischen  den  Lehrern  und 
dem  delegirten  Director  reiflich  erwogen  worden  waren,  formirte 
ich  im  Jahre  1886  einen  weitgreifenden  Antrag  zur  Reorgani- 
sation des  Instituts,  welcher  im  Wesentlichen  folgende  Punkte 
iii*s  Auge  fasste: 

1)  Es  sottte  ein  eigenes  Haus  für  das  Institut  erw<»*ben 
werden ; ' 

2)  die  Schülerinnen  sollten  sämmtitoh  im  Hause  wohnen 
und  beköstigt  werden; 

3)  das  Haus  sollte  zugleich  eine  Dienstwohnung  für  einen 
der  Lehrer  enthalten; 

4)  die  Zahl  der  Schwangeren  sollte  von  12  auf  24  erhöht 
werden; 

5)  die  Mehrkosten  der  jährlichen  Verwaltung  sollten  theil- 
weise  durch  Einziehung  der  den  Schülerinnen  bisher 
gezahlten  Verpflegungsgelder,  tbeilweise  durch  Zuschüsse 

*  aus   Staatskassen   gedeckt,    die    Kosten   eines   eigenen 
Hauses  aus  Staatsfonds  hergegeben  werden. 

20* 


308  XVIII.    Behm,  Bericht  über  die  Leistnngen 

Der  Kostenpunkt,  welcher  ungeachtet  der  Einziebaiig  der 
Unterstut2ungsgelder  der  Schulerinnen  immer  noch  eine  be^ 
deutende  Erhöhung  des  iip  Laufe  der  letzten  Jahre  bereits 
auf  2000  ThJr.  gestiegenen  Elats  nothwendig  machte,  war 
die  nächste  Ursache,  dass  diesen  Anträgen  vorläufig  nicht 
Gehör  gegeben  wurde;  indess  wurde  doch  so  viel  dadurch 
erreicht,  dass  die  Nothwendigkeit  einer  Umgestaltung  des 
Instituts  von  Neuem  in's  Auge  gefasst  und  weiteren  Anträgen 
vorgearbeitet  wurde. 

Bald  danach,  zu  End6  des  Jahres.  1839  bot  sidi  (Ge- 
legenheit zur  Erwerbung  eines  eigenen  Hauses  dar,  wekfaes 
nach  einem  vorgängigen  Umbau  die  nöthigen  Räumlichkeiten 
darbot,  um  sowohl  die  eigentlichen  Institutsbedürfnisse  zu 
befriedigen,  als  auch  20  bis  24  Schülerinnen  unterzubringen 
und  in  einer  dritten  Etage  eine  Wohmmg  für'einen  der  Lehrer 
zu  gewinnen.  Ich  erneuerte  meine  früheren  Anträge,  empfahl 
die  Erwerbung  dieses  Hauses  und  erbot  mich,  da  der  Ver- 
käufer einen  baldigen  Abschluss  der  Verhandlungen  dringend 
wünschte,  als  Mittelsperson  aufzutreten,  einstweilen  das  Haus 
zu  erkaufen,  den  Umbau  nach  den  vorher  eingereichten  Ent- 
würfen, sofern  sie  die  Billigung  der  vorgesetzten  Behörden 
erhielten,  zu  veranlassen  und  dann  die  weit^^n  Verkaufs- 
verbandlungen zu  vermitteln.  Eine  Erschwerung  dieser  Ver- 
handlungen erwuchs  nun  freilich  aus  dem  Umstände,  dass 
mit  der  Einführung  des  neuen  Hebammenlehrbuchs  die  Ver- 
längerung des  Lehrcursus  von  vier  auf  sechs  Monate  unerlässlich 
wurde,  was  natürlich  eme  Vermehrung  des  Ausgabe -Etats 
bedingte,  indess  war  die  Erwerbung  eines  eigenen  Grund- 
stücks, namentlich  unter  den  allgemeinen  Verhältnissen  des 
Häuserwerthes  so  einleuchtend,  dass  das  Hohe  Ministerium, 
obgleich  das  neu  zu  erwerbende  Grundstück  noch  manche 
Mängel  aufzuweisen  hatte,  dodi  auf  meinen  Antrag  in  der  Art 
einging,  dass  vorläufig  die  dem  Institute  bestimmten  Localitäten 
miethsweise  übernommen  wurden.  Da  jedoch  wegen  des  hohen 
Preises  der  Miethe,  welche  durch  den  Umbau  des  Hauses 
bedingt  wurde,  diese  Locale  nicht  vcrilständig,  sondern*  nur 
tbeilweise  gemiethet  wurden,  so  entstanden  Inconvenienzen, 
auf  welche  gar  nicht  gerechnet  worden  war,  als  der  Plan 
überhaupt  vorgelegt  wurde;   indess   wurde  doch    bereits  der 


de«  K.  UebftmmeniDBtitiitii  zu  Stettin  etc.  309 

Lebrctirsus  1840/41  am  1.  October  mit  secbsmonallicber 
Erweiieruiig  und  der  Unterbriogung  sämmtlidier  Schölerinnen 
im  Institute  eröffnet.  Zur  Deckung  der  grösseren  Kosten  wurden 
die  den  Scbülerinnen  zu  ibrem^  Unterbalte  früher  gewährten 
Unterstützungsgelder  eingezogen,  wogegen  sie  hn  Institute 
fireie  Wobnung,  Heizung,  liebt,  Unterriebt,  Wäsdie  u.  s.  w. 
erbidten,  wabrend  flire  Beköstigung  mit  dem  Oekonomen  auf 
tiglicb  4  Silbergroscfaen  geordnet  wurde.  Ein  aus  der 
Staatskasse  gewährter  Zuscbuss  erböbte  den  allgemeinen  Etat 
auf  2250  Tblm.,  indem  auf  Rechnung  der  Verlängerung  des 
Unterrichts  die  Gdialte  der  beiden  Lehrer  auf  250  und  resp. 
150  Tblrn.  erhöht  wurden; 

Nachdem  ich  im  Jahre  1840  in  die  durch  den  Tod 
erledigte  Stelle  des  #  ersten  Lehrers  eingerückt  war,  welcher 
die  Aufnahme  der  Schwangern  statotenmissig  oUag,  wandte 
ich  meine  Sorge  auch  der  Vermehrung  der  Geburten  zu.  Die 
Zahl  derselben  hatte  während  des  viermonatlicben  Lehrcursus 
sich  kaum  auf  zwanzig  belaufen,  und  da  von  diesen  durch 
eintretende  Regelwidrigkeiten  des  Verlaufes  oder  andere  Um- 
stände immer  noch  einzelne  für  die  Behandlung  durch  die 
Schulerinnen  verloren  gingen,  dermi  ZaU^  immer  noch  auf  48 
steigen  konnte,  so  ging  oft  die  grösste  Zahl  der  Letzteren 
bei  der  selbstständigen  Behandlung  der  Geburten  leer  aus. 
Selbst  die  Verlängerung  des  Lehrcursus  auf  sechs  Monate 
brachte  keine  so  grosse  Frequenz  der  Entbindungen  als 
wünschenswerth  war,  da  die  Abneigung  der  niederen  Stände 
gegen  alle  öffenüiche  Verpflegungsanstalten  sich  auch  hier 
geltend  machte,  überdies  die  Aufnahme  der  Schwangern  sich 
nur  mbeT  einen  Monat,  den  März,  erstreckte.  Ich  beantragte 
daher  die  Errichtung  einer  Poliklinik,  bei  welcher  unter 
Anidtung  der  Institutshebamme  die  geübteren  Schülerinnen 
vorzugsweise  beschäftigt  werden  sollten;  die  Behandlung  der 
regelvridrigen  Geburten  übernahm  ich  selbst.  Um  endlich  den 
Unterricht  zu  einer  Art  von  geistiger  Anschauung  zu  bringen,  und 
die  Schülerinnen  über  das,  was  sie  beobachtet  und  gehandelt, 
zu  einer  grösseren  Klarheit  gelangen  zu  lassen,  musste  jede 
ScMlerin  über  die  von  ihr  bebandelten  Geburten  eine  scbrift- 
lidie  Geburtsgesebichte  ausarbeiten,  gleichwie  jede  eigenhändig 


310  XVIII.    B$hm,  Bericht  üb«r  die  LeUtUDgen 

die  Geburt  in  das  allgemeine  Geburtsjournal  des  Instituts 
eintragen  musste.  Seit  1843  ist  diese  Poliklinik  im  Bestände 
und  hat  dem  Institute,  wie  die  späteren  List^  zeigen  werden, 
eine  Reibe  von  Geburten,  und  unter  diesen  roandies  in- 
teressante Ereigniss  zugeffihrt. 

Da  es  nicht  meine  Absieht  ist,  an  diesem  Orte  eine 
ersdiöpfende  Chronik  des  hiesigen  Hebammeninstitutes  zu 
liefern,  so  mögen  die  mitgetheilten  historischen  Notizen  ge- 
nügen, um  einen  wenigstens  oberflächlichen  Ueberblick  über 
den  altanäligen  Entwickelungsgang  desselben  zu  gewähren.  Sind 
Zeit  and  Gelegenheit  dazu  günstig,  so  werde  ich  ?ielleicht 
später  in  einer  eigenen  Schrift  äusiühriichere  Mittheilungen 
hierüber  veröffentUchen.  Für  jetzt  möge  es  genfigen,  nun- 
mehr der  Leistungen  des  Instituts  zu  gedenken. 

Das  Hebammeninstitut  ist,  wie  alle  ähnliche  Anstalten, 
ausschliesslich  eine  Lehranstalt,  in  welcher  die  Lehrtöchter 
vorzugsweise  die  Grandzüge  des  normalen  Verlaufes  von 
Schwangerschaft,  Geburt  und  Wochenbett  kennen  lernen  sollen. 
Pathologische  Zustände  werden  ihnen  eigentlich  nur  deswegen 
vorgetragen,  damit  sie  vorkommenden  Falles  die  Unzulänglich- 
keit ihres  eigenen  Wissens  richtig  erkennen  und  rechtzeitig 
wirksamere  Hülfe  beschaffen.  Daher  ist  ein  Hebammeninstitut 
nicht  gleichbedeutend  mit  einem  Gebärhause,  da  dieses  die 
Verpflicbtang  hat,  jeder  Gebärenden  eine  Znfluchtsstätte  zu 
gewäiiren;  noch  weniger  aber  ist  es  gleichbedeutend  mit  einem 
Krankenhause,  da  die  umfassende  Verpflegung  und  Behandlung 
Kranker  dem  eigentlichen  Hebammenunterricht  zu  viel  Zeit 
rauben  würde.  Die  Aufiiahme  kranker  Personen  kann  mithin 
grundsätzlich  nie  stattfinden,  und  im  Hause  selbst  vorfallende 
Erkrankungen  werden  nur  insoweit  behandelt,  als  diese  Be- 
handlung selbst  zur  Unterweisung  der  Schülerinnen  zweck- 
dienlich ist,  oder  als  allgemeine  Humanitätsrücksichten  den 
Transport  der  Erkrankten  in  eine  geeignete  Krankenanstalt 
nicht  zulässig  machen.  Aber  auch  die  Aufnahme  gesunder 
Schwangeren  und  Gebärenden  ist  insofern  eine  beschränkte, 
als  diese  nur  zum  Zwecke  des  Unterrichts  dienen,  unA  die 
etatsmässigen  Bedürfnisse  dies  zulässig  oder  nothwendig  machen. 
Von.  diesem  Gesichtspunkte  der  allgemeinen  Bestimmung  sind 


<lefl  K.  Hebammeoinstitatfl  sn  Stettin  etc.  311 

die  LeislODgen  desselben   zu  betrachten,   und   erwähne  ich 
daher  zunächst  der 

A,    LeiBtimgen  des  InstitutB  als  Unterrichtsanstalt. 

Es  leuchtet  ein,  dass  in  dieser  Beziehung  von  dem 
Director  der  Anstalt  wenig  mehr  angegeben  werden  kann, 
als  die  Zahl  der  ausgebildeten  Schülerinnen  nebst  den  Yon 
den  jedesmialigen  Pruftiogscommissarien  zogebiUigten  Censuren, 
indem  ein  Heryorheben  der  Qualification  der  Geprüften  leicht 
ab.  persönliche  Bezidiung  gedeutet  werden  könnte.  Dagegen 
wird  es  zulässig  sein,  über  den  Zustand  des  Hebammenwesens 
überhaupt  und  besonders  mit  Rücksicht  aul  den  Unterricht 
einige  Bemerkungen  beizufügen,  um  so  mehr,  als  diesei* 
Punkt  mehrfach  G^enstand  der  Besprechung  in  geburts- 
hilflichen Zeitschriften  gewesen  ist.  Tut  die  Beurtheilung 
der  Erfolge  des  Unterrichts  kommen  aber  drei  Bedingungen 
in  Betracht:  der  Unterricht  selbst,  das  Lehrbuch  und  die 
persönliche  Qualification  der  Schulerinnen.  Was  den  ersten 
Punkt  betrifil,  so  kann  ich  nur  versichern,  dass  der  Unterricht 
sowohl  von  mir  selbst,  als  von  meinen  Mjtlehreru  mit  Liebe 
und  Hingebung  ertheilt  worden  ist  Bei  meiner  eigenen  An- 
stellung als  zweiter  Lehrer  übernahm  ich  selbst  die  persönliche 
Ldtung  aller,  auch  der  natürlich  verlaufende  Entbindungen, 
weil  es  mir  selbst  daran  lag,  hierbei  Studien  zu  macheu 
und  meine  Kenntnisse  über  die  Physiologie  der  Geburt  zu 
erweitern.  In  die  Stelle  des  ersten  Lehrers  heiördert,  behielt 
ich  diese  Function  bei,  und  ich  hoffe,  es  wird  meine  persönliche 
Anwesenheit  bei  einer  grossen  Zahl  regelmässiger  Geburten, 
und  diemündlidie  Erläuterung  aller  Geburtserscheinungen  nicht 
ohne  Nutzen  für  die  Schülerinnen  gewesen  sein.  Ueberhaupl 
v<Hi  dem  Gesicitfspunkte.  ausgehend,  dass,  jemehr  sinnliche 
Wahrnehmung  geboten  wird,  eine  um  so  vollständigere  innere 
Anschauung  folg^  müsse,  wurden  alle  Dienstleistungen  oder 
Enmttelungen,  Beckenmessungen,  geburtshülfliche  Explorationen 
und  Operationen  u.  s.  w.  stets  in  Gegenwart  der  Schülerinnen 
vorgenommen,  diese  selbst  auf  die  Ergebnisse  aufmerksam 
gemacht,  die  Wirkung  der  Runsthülfe  erläutert  Manche  der 
Vorzeit  angehörenden  Missbräuche,  welche  gewohnheitsgemäss 
noch   in   der  Hand   einer  .der   früheren   Zeit   angehörenden 


312  XVIII.    Beftm,  Bericht  fiber  4ie  LeistQDg^n 

Hebamme  herrf$chten,  mussten  hierbei  abgestellt  neoere  sweck> 
massig  erkamite  Elm'ichtungen  an  deren  SteDe  geseUt  werden, 
was  nicht  immer  ohne  Schwierigkeiten  geschab,  indess  doch 
endlich  durchgeführt  wurde.  Bei  Uebemahme  meines  Amtes 
war  die  Unterrichtszeit  auf  Wer  Monate  heschräflkt,  als.  Lehrbuch 
diente  das  ron  Hauk  verfasste  vom  Jahre  1815,  der  be- 
schränkte Umfang  desselben  liess  die  viermoaatlicbe  Lehrzeit 
als  ausreichend  erscheinen,  der  ganze  Inhalt  war  dem  Bildungs* 
grade  der  damaligen  Schülerinnen  angemessen.  Mit  der  Ein> 
führung  des  neuen  Lehrbuches  im  Jahre  1840  wurden  aber 
Anforderungen  an  die  Hebammen  der  Monarchie  gestellt, 
welche  eine  Verlängerung  des  Unterrichts,  gleichwie  eine  höhere 
Befähigung  der  Schülerinnen,  unerlässlich  machen.  Die  erstere 
Bedingung  wurde  durch  die  sofortige  Verlängerung  desLehrcursus 
erreicht,  die  letztere  konnte  erst  allmäfa'g  errungen  werden. 
Daher  weisen  die  von  mir  geführten  Listen  für  die  ersten 
Jahre  der  neuen  Aera  eine  verhältnissmässig  grosse  Zahl  un- 
fähiger oder  wenigstens  nicht  genügend  befähigter  Schülerinnen 
nach.  Im  Jahre  1840/41  traten  z.  B.  von  26  angemeldeten 
Schülerinnen  im  Laufe  des  ersten  Monats  zehn  freiwillig  vom 
Unterrichte  zurück,  oder  mussten  nach  der  ersten  monatlichen 
Prüfung  zurückgewiesen  werden;  im  Jahre  1841/42  von  25 
angemeldeten  acht,  im  Jahre  1842/43  von  27  sieben  u.  s.  w. 
Hat  sich  dies  Verhältniss  auch  in  den  letztverflossenen  Jahren 
vermindert,  so  finden  sich  doch  immer  noch  Mehrere,  deren 
Fassungsyermdgen  dem  Inhalte  des  Lehrbuchs  nicht  entspricht 
Hiermit  soll  kein  Tadel  gegen  das  Lehrbuch  ausgesprochen 
werden,  denn  viele  Frauen  nehmen  den  Inhalt  desselben  mit 
Verstand  in  sich  auf,  aber  die  Ansprüche  steigern  sich  im 
Laufe  der  Zeiten  mehr  und  mehr,  und  manche  Schülerinnen, 
welche  zu  Anfange  meiner  Dienstführung  in  der  Approbations- 
prufung  mit  der  Censur  „vorzüglich  gut*'  ausgezeichnet  werden 
konnten,  würden  jetzt  vielleicht  kaum  die  zweite  Gensur 
beanspruchen  können.  Obgleich  die  Lehrmethode  des  Lehrers 
durchaus  individuell  ist  und  Jeder  die  Wege  durch  Erfahrung 
finden  wird,  das  zu  lehrende  Material  seinen  Schülerinnen 
mundrecbt  und  fasslich  vorzutragen,  so  kann  ich  doch  die 
Bemerkung  nicht  unterdrücken,  dass  mir  der  Weg  der  Analogieen, 
wo   immer   nur   solche  aufzustellen   sind,  als  ein  mit  gutem 


des  K.  HebammenintHtiitB  su  Stettin  etc.  313 

Erfolge  zu  betretender  erschieDen  ist.  Der  grössle  Theil  des 
im  Lehrbuciie  entbaltenen  Materials  wird  wohl  für  jetzt  nocb 
fOD  den  Schölerinnen  lediglich  vermittels  des  Gedächtnisses 
erfasst,  und  dieses  gewinnt  erhebliche  Anhaltspunkte  in  der 
Uebereinstimmung  verwandter  VerbSltnisse,  welche  sich  gegen- 
seitig ergänzen,  paralkl  stehen,  oder  selbst  entgegenstehen.  So 
wird  z.  B.  die  Anatomie  der  Geschlechts-  und  Hamwerkzeuge 
verdeutUcht  durch  die  Parailelisirung  der  Eierstöcke  und  Nieren 
als  AbsonderungsgebiMe,  der  Eierröhren  und  Harnleiter  als 
Leitungsrohren,  der  Gebärmutter  und  Blase  als  Aufbewabnings- 
resp.  Fortbildungabebälter,  der  Scheide  oder  Harm*öhre  als 
Ausfäbrungsgang.  Aehnliche  Analogieen  lassen  sich  fast  in 
allen  Abschnitten  des  Lehrbuches  aufstellen.  Aber  die  mangel- 
haftere Qualificatioji  der  früheren  Schülerinnen  betraf  nicht 
das  Fassungsvermögen  derselben  allein;  auch  positive  Kenntnisse 
und  sonstige,  z.  B.  moralische  und  sittliche  Eigenschaften 
Hessen  viel  zu  wünschen.  Lesen  und  Schreiben  gingen  oft 
so  mangelhaft  von  Statten,  dass  während  der  ersten  Lehrcurse 
meiner  Dienstfüfarung  Manche  nicht  einmal  lesen,  sehr  Wenige 
schreiben  konnten,  und  was  Moralität  und  Sittlichkeit  betrifft, 
so  gab  das  Wohnen  der  Schülerinnen  in  zerstreuten  ärmUchen 
Wohnungen  ausserhalb  des  Instituts  tausendfache  Gelegenheit 
zu  Contraventionen ,  so  dass  polizeiliche  Verhaftungen  bei 
nächtlicher  Weile  herumschweifender  Schülerinnen,  gegenseitige 
Beeinträchtigung  des  Eigenthums  und  dergl.  fast  alljährlich 
vorfielen,  ja  sogar  eine  Schülerin  vom  Unterrichte  weg  zur 
Baft  gebracht  werden  musste,  weil  sie  bei  einem  schweren, 
in  der  Stadt  begangenem  Diebstahle  persönlich  betheiligt  war. 
Uese  den  Unterricht  auch  der  besseren  Schülerinnen  beein- 
trächtigenden Uebelstände  sind  gegenwärtig  wenigstens  grössten- 
theib  beseitigt,  die  wissenschaftliche  Vorbildung  der  Lehrtöchter 
ist  eine  ungleich  bessere,  und  es  würde  für  diejenigen  meiner 
Leser,  welche  lebhaften  Antheil  an  dem  Gegenstande  nehmen, 
vidleicbt  nicht  ohne  Interesse  sein,  die  besseren  der  gegen- 
wärtig in  meine  Hände  gdangenden  und  von  den  Schülerinnen 
verfessten  Gebortsgeschichten  zu  lesen,  wenn  hier  der  Ort 
zur  Veröfientlichung  derselben  wäre.  Aber  ein  Uebelstand 
bleibt  es  auch  jezt  immer  noch,  dass  die  allgemeine  Moral 
oder  wenigstens  das  allgemeine  Pflichtgefühl  der  Hebammen 


314    .         XVlli.    £dkm»  Bericht  ober  die  Leistangen 

noch  lauge  nicht  hoch  genug  entwickelt  ist,  um  sie  in  jedem 
Falle  regelwidriger  Geburten  zur  rechtzeitigen  Herbeiholung 
ärztlicher  Hülfe  zu  veranlassen.  Ich  mache  hierbei  keiifer 
einzigen  den  Vorwurf  absichtlicher  und  böswilliger  Yemach- 
lassiguug,  aber  Ueberschätzung  des  eigenen  Wissens  und 
Könnens,  Indolenz,  Rücksichten  auf  höhere  Kosten,  übel- 
▼erstandenes  Vertrauen  in  die  Selbsthülfe  der  Natur  lassen 
noch  oft  durch  Verabsäumung  der  besseren  Hülfe  das  Leben 
von  Mutter  und  Kind  aufs  Spiel  setzen.  Selbst  die  während 
des  Unterrichts  bei  jeder  paßsenden  Gelegenheit  wiederholte 
Hinweisung  auf  die  EhrenhafÜgkeit  des  Standes,  auf  den  Lohn 
treuerfüllter  Pflicht  durch  das  eigene  Bewusstsein,  gleichwie 
durch  das  Anerkenntniss  der  Behörden  und  Gemeinden,  auf 
die  der  Nachlässigkeit  folgenden  Strafen  u.  s.  w.  vermögen 
meistens  nur  für  kurze  Zeit  eine  gewissenhafte  Befolgung  der 
Pflichten  zu  erzielen.  Dazu  kommt  denn  noch  die  Ver- 
nachlässigung des  Selbststudiums  und  der  öfteren  Wiederholung 
des  Gelernten  mit  Hülfe  des  aus  dem  Lehrbuche  beigefQgten 
Fragebuchs,  dessen  zweckmässiger  Gebrauch  jedes  Mal  mit 
Ausführlichkeit  erläutert  wird.  Um  emem  Theile  dieser  Uebel- 
stände  entgegen  zu  treten,  wurde  von  mir  der  vom  Verfasser 
des  Lehrt)uchs  vorgeschlagene  und  in  Westphalen  ausgeführte 
Modus  auch  für  die  Sprengel  des  hiesigen  Hebammeninstituts 
bei  der  Königl.  Regierung  beantragt,  und  in  den  beiden 
Jahren  1847  und  1848  auch  ausgeführt.  An  vorher  be- 
stimmten Terminen  wurden  die  Hebammen  der  einzehien 
Kreise  durch  die  Ortsbehörden  nach  den  Kreisstädten  oder 
anderen  schicklichen  Sammelplätzen  zusammen  benifm  und 
durch  die  anwesenden  Hebammenlehrer  geprüft.  Bei  dieser 
Gelegenheit  wurde  das  ganze  Lehrbuch  .examinatorisch  und 
eriäutemd  mit  ihnen  durchgenommen,  Irrthümer  beriditigt, 
Unklarheiten  im  Wissen  aufgeklärt,  und,  aus  den  von  ihnen 
geführten  und  zur  Stelle  gebrachten  Geburtsjournalen  einzelne 
Fälle  zur  Besprechung  und  Belehrung  hervorgeschoben;  un- 
glücklich abgelaufene  ursächlich  zergliedert.  Leider  veriiinderte 
die  Ungunst  der  Verhältnisse  während  der  folgenden  Jahre  imd 
der  leidige  stets  h(>mmende  Kostenpunkt  die  Wiederholung 
und  Portsetzung  dieses  innigeren  Verkehrs  der  Lehrer  selbst 
mit  den  ehemaligen  Schülerinnen;   aber  es  unterliegt  keinem 


des  E.  HebammeniiiBtitatt  sn  Stettin  etc.  315 

Zweifel,  dass  die  allgemeioe  und  consequente  Durcbfßbrung 
dieser  Etmricbtiing,  dereo  Wii4iUDg  allerdings  aber  erst  nach 
mehrjähriger  Fortführung  hervortreten  kann,  für  die  Yer- 
hessenmg  des  Hebanunenweseos  überhaupt  von  dem  ent- 
schiedensten Nutzen  sein  würde.  Würden  diese  Rundreisen 
nach  der  Zahl  der  Kreise  und  der  darin  lebenden  Hebammen 
nach  Umständen  alle  drei,  vier,  fünf  Jahre  wiederholt,  würden 
dabei  für  besonders  gute  Frauen  Belohnungen  bewQligt,  in 
ihren  Kenntnissen  Verkümmerte  gezwungen,  dem  Lehrcursus 
nochmals  im  Hebammeninstitute  beizuwohnen,  so  .würden 
ebensowohl  Ehrgefühl,  wie  Furcht  vor  der  Schande  das  Ihrige 
beitragen,  die  Frauen  zur  Erhaltung  ihrer  Kenntnisse  durch 
Selbststudium  anzuspornen,  gleichwie  durch  Moralität  und 
Sittlichkeit  ihren  Stand  zu  ehren,  und  dadurch  sich  selbst 
eine  bessere  bürgerliche  Stellung  in  ihrer  Gemeinde  zu  be- 
reiten. Da  inzwischen  auch  die  sorgsamsten  Ermahnungen 
und  die  redlichsten  Entschlüsse  immer  nicht  ausreichen  werden, 
alle  Frauen  zur  Gewissenhaftigkeit  im  Amte  zu  befestigen, 
se  bleibt  nur  noch  der  Weg  des  einmüthigen  Wirkens  aller 
Aerzte  und  besonders  aller  Geburtshelfer  übrig,  jeden  Con- 
Uraventionsfall  zur  Kenntniss  der  Behörden  zu  bringen,  und 
sich  hiervon  weder  durch  unzeitige  Milde  und  Nachsicht,  noch 
durch  unedle  Motive  abhalten  zu  lassen,  damit  die  Schuldigen 
bestraft  wcnrden. 

Das  numerische  Verhältniss  der  in  meiner  25jährigen 
Thätigkeit  unterrichteten  Hebammen  gestaltet  sich  folgender- 
maassen: 

Angemeldet  zum  Unterrichte  waren  überhaupt  582 
Schülerinnen.  Von  diesen  blieben  vom  Unterrichte  wegen 
verschiedener  Zwischenfalle  zurück :  48.  Im  Laufe  des  ersten 
Monats  traten  zurück  oder  mussten  entlassen  werden:  131, 
so  dass  403  wirklich  unterrichtet  wurden,  d.  h.  dem  ganzen 
Lehrcursus  beiwohnten.  Von  dicvsen  fielen  noch  bei  den 
ScUussprüfungen  18  durch,  so  dass  überhaupt .  385  die 
Approbationsprüfung  bestanden,  von  denen  30  die  erste, 
123  die  zweite  und  232  die  drittte  Censur  erhielten.  Die 
Tabdle  A.  enthält  die  Resultate  der  einzelnen  Jahre. 


318  XIX.    Kotisen  ans  der  Joamftl-Literatar. 

80  rapider  Weise  zu,  dass  nach  drei  Monaten  der  Tod  erfolgte. 
Merkwürdig  ist  in  vorliegendem  Falle  die  anstandslose  Erweiterung 
des  Mattermnndes,  das  Fehlen  der  Blntnng,  sowie  das  Coincidiren 
der  Krebse rkrankong  and  der  Conception. 

(Oesterreieh.  Zeitschrift  f.  Heilkunde,  1860,  No.  48.) 


LaborU:  Geschichte  des  Thrombas  Talrae  et  vaginme, 
insbesondere  nach  Niederkünften;  Anatomische  Be- 
trachtungen über  den  Sits  des  Thrombus  und  seine 
Behandlung. 

Die  Hauptpunkte  der  Arbeit  sind  folgende: 

Der  Thrombus  rulvae  oder  vaginae  nach  Niederkünften  ist 
immer  eine  gewichtige  Affection,  da  sie  das  Leben  der  Kranken 
gef&hrden  kann.  Die  Prognose  richtet  sieh  nach  dem  Sitie  und 
der  Ausdehnung  des  Blutergusses. 

Den  Bluterguss  theilt  Verf.  in  drei  Kategorien:  den  perinäaleo, 
den  in  die  Wandungen  der  Scheide  und  denjenigen,  wo  sich  das 
Blut  oberhalb  des  Perinäum  angesammelt  hat.  Jede  dieser 
Hauptarten  besteht  aus  bestimmten  Varietäten;  so  s.  B.  kann 
bei  perinäalen  Thromben  das  Blut  seinen  Sits  ausserhalb  der 
Aponeuros.  superfic.  oder  swisohen  Aponeur.  superfic.  und  media 
etc.  etc.  haben. 

Die  Aetiologie  des  Thrombus  ist  dunkel.  Die  einsig  prä« 
disponirenden  Ursachen  dürften  in  der  anatomischen  Beschaffenheit 
der  Theile  su  suchen  sein,  namentlich  in  dem  grossen,  während 
der  Schwangerschaft  noch  vermehrten  Blhtreichthum. 

Die  Diagnose  des  Thrombus  perinaealis  und  vagino  -  intra- 
parietalis  ist  leicht;  weniger  leicht  die  des  oberhalb  des  Perinäums 
gelegenen.  ^ 

Die  Frage,  ob  der  Thrombus  su  öffnen  oder  sein  Verlauf 
der  Natur  su  überlassen  sei,  beantwortet  Verf.  dahin,  dass  die 
Incislon  ohne  Nachtheil  verschoben  und  in  einigen  Fällen  von 
Thrombus  perinaealis  selbst  vermieden  werden  könne;  dass  sie 
aber  ohne  Verzug  vorzunehmen  sei  in  den  Fällen,  wo  sich  das 
Blut  oberhalb  des  Perinäums  befindet. 

(Archives  g^n^rales,  D^cembre  1860.) 


Aas  dem  Berichte  der  K.  K.  Qebärklinik  an  der 
medicinisch-chirurgischen  Lehranstalt  in  Graz  im 
Studienjahre  1858/59. 

1817  Wöchnerinnen  wurden  versorgt,  wovon  148  ausser  dem 
Hause  geboren  hatten.  1296  einfache,  31  Zwillings-,  1  Driilings- 
geburt.    Reif  1268  Kinder,  11  unseitig,  68  frühseitlg. 


XIX.    Notisen  aiu  der  Journal -Literatar.  319 

La^en:  1187  Hinttrhaiipts • ,  8  Scheitel-,  2  Stirn-,  18  Oe- 
fliehte-,  24  Steiaa-,  12  Faselagen;  QnerUgen  kamen  7  vor. 
Lebend  geboren:  666  Knaben  nnd  616  Mädcben;  todt  geboren: 
28  Knaben,  81  Mädchen;  echeintodt:  40  Kinder,  ron  denen  29 
wieder  belebt  wurden« 

Oebnrtsetorangen:  a)yon  Seiten  der  Mutter:  Oedem 
der  Labien,  Verengong  der  Schamspalte  durch  zu  breites  Mittel- 
fleisch oder  besondere  Rigidität  der  Labien,  Krampf  des  Mutter- 
mundes erheischten  bisweilen  operatiTcs  Eingreifen.  Metrorrhagien 
unter  der  Geburt  1  Mal  bei  Plac.  prfty.,  1  Mal  bei  Abortus,  standen 
durch  Tamponade.  16  Mal  seigte  sieh'  Blutung  in  der  Nach- 
geburtsperiode.   Edampsie  1  Mal,  Wehensehwäehe  häufig. 

6)  Von  Seiten  des  Kinder:  Vorfall  des  Armes  neben  dem 
Kopfe  8  Mal,  des  Fusses  1  Mal,  Querlagerung  des  Kindes  7  Mal; 
14  Mal  wurden  faule  Fruchte  geboren,  4  Mal  Hydroceph.  congen. 

c)  Von  Seiten  der  Nachgeburtstheile:  Zu  feste  Eihäute 
21  Mal,  Umschlingung  der  Nabelschnur  100  Mal,  wovon  10  Mal 
dieselbe  durchschnitten  werden  musste.  Vorfall  der  Nabelsehnur 
6  Mal.    Theilweise  oder  total  au  fester  Anhang  der  Placenta  16  Mal. 

Verübte  Operationen:  Sprengen  der  Eihäute  wegen  Derb- 
heit 21  Mal,  Colpeurysis  2  Mal,  Reposit.  fun.  umb.  1  Mal,  Scham- 
scbnitt  4  Mal,  Lösen  der  Placenta  16  Mal,  Extraotion  am  Rumpfe 
8  Mal,  Wendung  auf  den  Kopf  6  Mal;  Zange  67  Mal.  Fttr  die 
Kinder  yerlief  die  Operation  in  67  Fällen  glücklich,  16  wurden 
todt  oder  lebensschwach  xur  Welt  gebracht,  8  seigten  Zeichen 
der  Fäulniss. 

Wöchnerinnen  erkrankten  121 ,  davon  106  in  das  Krankenhaus 
transferirt  wurden,  2  starben  in  der  Anstalt.  Endometritis  26, 
Metritis  18,  Phlebitis  2,  Mania  puerperalis  6,  Endopericarditis  2. 
An  Syphilis  litten  20  Individuen. 

Von  Kindern  erkrankten  82,   49  starben,   6  wurden   geheilt, 

27   gebessert    abgegeben.     Ophthalmoblennorrhoea   37,    Catarrh. 

intest.  16,  Icterus  10,  Laryngitis  1 ,. Pneumonien  8,  Snffocatio  8, 

Sderoma  1,  Erysipelas  8,  Eclampsia  1,  Serofnlosis  2,  Syphilis  1. 

(Zeitschrift   der  Gesellschaft   der  Aerite   su  Wien,    1860, 

No.  42  u.  48.) 

Brinkmann:  Bericht  über  die  in  dem  Königl.  klinischen 
und  poliklinischen  In'stitute  für  Geburtshülfe  und 
Gynäkologie,  sowie  in  der  Klinik  für  Frauenkrank- 
heiten in  dem  Königl.  Charitö-Krankenhause  während 
des  Sommersemesters  1860  unter  der  Leitung  des 
Geh.  Medicinalraths  Herrn  Prof.  Ed,  Martin  zur  Be- 
handlung gekommenen  Geburten  und  Erkrankungen. 

Vom  16.  April  bis  16.  Ootober  h.  a.  wurden  von  dein  geburta- 
bülflichen  Institute  60B  Gßbarten,  darunter  10  Zwillingsgeburten, 


320  XIX.    Noiiaen  ans  der  Joarnol-Literatar. 

behandelt.    Im  Gänsen  wurden  497  leben« fthige  Kinder  geboren, 
nämlich  241  Knaben  (damnter  28  todte)  und  266  M&dchen  (16  todte). 

Kindeslagen:  Schädellagen  4fiiS,  GetichUlagen  9,  Steiis* 
lagen  12,  Fueslagen  9,  Querlagen  11.  Neon  Geburten  blieben 
unbestimmt.  Von  den  Zwillingskindem  stellte  sich  4  Hai  das> 
erste  in  Schädellage,  das  zweite  in  Beckenendlage,  1  Mal  das 
erste  in  Sohädellage,  das  sweite  in  Querlage,  5  Mal  beide  in 
Sohädellagen. 

Von  den  beobachteten  Geburtsanomalien  erwähnen  wir  hier 
nur  folgende:  Plac.  praev.  later.  3  Mal  (2  Mal  erfolgte  der  Tod 
im  Wochenbette);  Beckenenge  höheren  Grades  6  Mal;  Verklebung 
des  Muttermundes  IMal;  Tetanus  uteri  1;  Endometritis  in  partu  6; 
Vorfall  der  Nabelschnur  12;  Eclampsie  2  (tddtlieh) ;  Blutungen 
nach  der  Geburt  13. 

Operationen:  fieposition  der  Nabelschnur  8,  Wendung 
auf  die  Füsse  13,  Extractionen  an  den  Füssen  21,  Zange  31, 
Accouchement  forc^  1  (für  die  Mutter  tödtUch);  Perforation  1, 
Perforation  und  Kephalothrypsie  1,  Lösung  der  Placenta  2. 

Gynäkologische  Abtheilungen.  Bemerkenswerth  sind 
folgende  Krankheiten  und  Operationen: 

Hydrops  ovarii  cystoides  4  (1  tödtlich);  Tumor  oyarii 
oarcinom.  1;  Salpingitis  in  puerperio  1;  Uaematocele  periuterin.  4 ; 
Lageveränderungen  der  Gebärmutter  29;  FibroideS;  Polyp,  fibrös.  1. 
Carcinoma  uteri  19;  Carcinoma  vaginae  18;  Fistul.  reeic.  Tagin.  1; 
Fistul.  recto-Yagin.  1;  Carcinoma  vulvae  et  perinaei  1;  Ruptura 
perinaei  28;  Fungus  urethrae  2;  Zerreissnng  der  Harnröhre  bis  in 
den  Sphinoter  vesicae  1;  Mastitis  12;  Salivatio  in  graviditate  1 
etc.  etc. 

Operationen:  Operation  der Blasensoheidenfistel  1 ;  Opera- 
tion der  Scheiden- Mastdarmfistel  1;  Ecrasement  einer  krebsigen 
Vaginalportion  1;  Punction  eines  Hydrops  ovarii  2)  Abdrehung 
eines  Follioularpolypen  1. 

Erkrankungen  bei  l^enge boren ens  Atresia  urethrae 
et  recti  1;  Spina  bifida  1;  Hemia  umbilicalis  8;  Hernia  inguin. 
congen.  .1;  Hydrocele  congen.  1;  Anchyloglosson  6;  Cephalae- 
matoma2;  Phlebitis  nmbilic.  mit  Trismus  (tödtlich)  1;  Pemphigus 
neonatorum  4;  Enteritis  hämorrhagica  (tödtlich)  2;  Eclampsie 
(tödtlich)  2;  Uydroceph.  acut,  (tödtlich)  2;  Tetanus  und  Trismus 
(tödtlich)  2;  Hämorrhagia  ex  fnniculo  umbilicali  2;  Erysipelas 
faciei  et  capitis  1;  Parotitis  1;  Ophthalmia  neonatorum  80;  In* 
duratio  telae  cellulosae  (tödtlich)  3. 

(Deutsche  Klinik,  1860,  No.  49.) 


XX. 
Verhandlungen  der  Oesellschaft  ftkr  Oeburtshttlfe 

in 

Berlin. 

Sitzung  vom  22.  Januar  1861. 

Herr  Martin  eraäblt  folgenden 

Fall  von   isolirtem   Scheidenkrebs 
aus  seiner  gynäkologischen  Klinik  im  Chariti-Krankenhause. 

A.  W.,  DiensUnadchen,  25  Jahre  alt,  massig  gross, 
ziemlich  wohlgenilhrtt  von  kräftiger  Muskulatur,  wurde  am 
20.  October  1860  in  das  König).  Charit^-Kraokenhaus  auf- 
genommen;  sie  war  vom  12.  Lebensjahre  an  regelmässig 
mensiruirt,  jedes  Mal  acht  Tage  lang.  Vor  zwei  Jahren 
abortirte  sie,  wie  sie  angiebt,  nach  einem  Falle  im  zweiten 
Monate  der  ersten  Schwangerschaft.  Vier  Wochen  darauf. 
soUen  die  Regeln  wiedergekehrt  sein  uiid  bis  Ostern  1860 
ungestört  sich  gezeigt-  haben;  von  da  ab  stellte  sich  mit  Aus- 
bleiben der  Calamenien  ein  gelblich -schleimiger  übelriechender 
Aosflusa  aus  der  Scheide  ein,  ohne  dass  Schmerzen  oder 
eine  anderweite  Störung  des  Aligemeinbefindens  bemerkt 
worden.  Bei  der  Aufnahme  klagte  Pat  nur  über  die  profuse 
aiinkende  Absonderung,  befand  sich  jedoch  in  einem  aulTallend 
apathischen,  fast  somnblenten  Zustande,  aus  welchem  erweckt 
sie  susammenlahrt,  jedoch  völlig  richtige  Auskunft  ertheilt 
Die  Exploration  ergab  die  hintere  Sdieidenwand  mit  mehreren 
knolligen  Geschwölsten  besetzt,  welche  die  Scheide  so  er- 
fiUlten,  dasB  mau  den  Finger  nicht  zum  Scheidentheil  vor- 
schieben konnte.  Die  Consistenz  dieser  Geschwülste  war  hart, 
die  OberOaehe,  mit  dem  Specuium  betrachtet,  erschien  dunkel- 
rotb^  stellenweise  mit  Ezsudat  bedeckt,  uneben  und  blutete 

Xoii»tMcbr.  f.  Q«biirtiik.   1861.  Bd.  ZTII..  Hft  6.  Sl 


322  XX-    Verhandlnng^en  der  Gesellsebaft 

bei  derberer  Berührung  wenig.  Im  Mastdarme  fühlte  mau 
keine  Hervorragung,  jedoch  an  dessen  vorderer  Wand  die 
harte  Geschwulst  der  Scheide.  Alle  übrigen  Organe  erschienen 
gesund;  Fieber  war  nicht  zugegen.  Diagnose:  Carcinoma  ?agiiiae. 
Reinigende  Einspritzungen.  —  Bis  zum  15.  November  magerte 
die  Kranke  beträchtlich  ab,  verlor  den  Appetit,  erschien  ent- 
kräfteter und  soronolenter  als  früher.  Ohne  Schmerzen  und 
ohne  Blutungen  verfielen  die  Kr&fte  bis  zum  1.  December 
immer  mehr,  so  dass  Pat.  sich  nicht  mehr  im  Bette  aufsetzen 
konnte,  in  einem  steten  Halbschlafe  dahin  lag,  in  der  Nacht 
auch  wohl  delirirte.  In  den  zuletzt  verflossenen  Tagen  hat 
sich  Fieber,  heftiger  Durst  und  Schmerzhaftigkeit  der  Leber- 
gegend beim  Drucke  hinzugesellt.  Innerlich  wurde  jetzt 
Acidum  phosphoricum  verordnet,  örtlich  Einspritzungen  mit 
Chlorwasser.  Nachdem  der  Ausfluas  noch  f6tider  und  die 
Delirien  anhaltender  geworden,  starb  die  Kranke  am  11.  De- 
cember soporös. 

Das  Resultat  der  am  13.  December  vorgenommenen 
Section  theilte  unter  Vorzeigung  des  betreffenden  Präparates 
Herr  v.  RecJdmghausen  in  Folgendem  mit: 

Die  Section  ergab  eine  starke  Dorchfeuchtung  der  Gehinv- 
häute  und  der  Gehimsobstanz;  braune  Atrophie  des  Herzens; 
in  den  durch  alte  Adhäsionen  mit  den  Rippen  verbundeBen 
Lungen  nichts  Abnormes,  ausser  einer  alten  bronchektatisoben 
Hohle;  starke  eiterige  Pmtonitis,  interstitielle  Bindegewebs* 
entwickelung  in  beiden  Nieren,  braune  Atrophie  der  Leber. 
Von  der  Scheide  ist  nur  die  vordere  Waad  noch  erinltfln, 
die  übrigen  Theile  sind  eingenommen  von  einer  Uumenkohl- 
artigen,  mit  nekrotischen  Fetzen  bedeckten  und  von  zahlreiobeB 
Einrissen  durchfurchten  Geschwulst,  welche  Ton  der  hinteran 
Commissur  bis  zum  Scheidengewölbe  reicht,  ohne  den  Fimdis 
des  letzteren,  sowie  das  Collum  uteri  irgend  wie  zu  afficiren. 
Der  grösste  Theil  der  Geschwulst  und  der  stark  eiternden 
Ränder  zeigt  auf  der  Ober*  und  Schmitfläche  ein  weisses, 
hirnmarkähnliches  Aussehen  und  lässt  beim  Drucke  emcB 
milchigen  Saft  austreten,  nur  am  oberen  und  unteren  Theile 
sind  die  Ränder  flacher  und  derber  und  entleeren  auf  da* 
Schnittfläche  kleine  gelbe  Pfropfe.  Wlihrend  die  Bhise  intact 
ist,  prominirt  an  der  vorderen  Wand  des  Rectum  die  Geschwolal 


für  Qebartshülfe  in  Berlin.  323 

OBd  ÜMt  aus  zwei  kleinen  Perforationen  der  über  sie  fort- 
hitfenden  Schleimhaut  die  Geschwulstmasse  hervorquellen. 
Der  Uterus  zeigt  eine  allgemeine  Induration  seiner  Wände, 
zu  beiden  Seiten  verlaufen  Lympbgefässe,  welche  mit  derben 
weissen  Thromben  gefüllt  sind,  die  bei  der  mikroskopischen 
Untersuchung  grosse  Krebszellen  und  zahlreiche  lymphatische 
Körperchen  in  Fibrine  eingebettet  erkennen  lassen.  Aebnlich 
verhalten  sich  die  Lympbgefässe  an  den  Anheflungsstellen  der 
Eierstocke.  Weiter  hinauf  sind  die  Lympbgefässe  nicht  mehr 
wahrzunehmen;  einzehie  Lymphdrusen  an  der  oberen  Becken- 
apertur sind  markig  entartet;  weit  stärker  degenerirt  sind 
aber  beiderseits  die  Inguinaldrüsen,  welche  zu  grossen  Packeten 
angeschwoUen  und  äusserst  bruchig  sind.  Im  Dougla$*schen 
Räume  finden  sich  einzelne  alte  membranartige  Adhäsionen, 
sonst  keine  Veränderungen.  —  Die  mikroskopische  Unter- 
suchung der  Geschwulst,  wie  der  Lymphdrüsen  zeigte  meist 
sehr  grosse,  unregelmässige  Zellen  mit  sehr  grossen  Kernen, 
zahlreichen  Physaliiden  und  Bruträumen,  welche  theils  zu 
Kngebi,  theils  zu  verzwaigten  Zapfen  angeordnet  die  Alveolen 
eines  ziendich  derbra  Gerüstes  ausfüllten;  letzteres  war  sehr 
reich  an  kleinen,  zum  Theil  stäbchenförmigen  Kernen,  sehr 
wenig  fibrillär  an  einzahlen  Stellen  mit  vielen  Fettkörnchen 
durchsprengt. 

Nach  diesem  Befunde  konnte  es  keinem  Zweifel  unter- 
liegen, dass  die  Geschwulst  als  ein  Medullarcarcinom 
au^efasat  werden  müsste,  welches  von  der  Scheide  ausgegangen 
w«r.  Da  VtrehotD  bekanntlich  die  Behauptung  aufgestellt  hat, 
dass  die  primären  bösartigen  Aflectionen  des  Collum  uteri 
stets  cancroider  Natur  sind,  so  durfte  dieser  Fall  insofern 
CMUges  Interesse  bieten,  als  er  die  Möglichkeit  darthut,  dass 
die  dem  Garemom  zugerechneten  Degenerationen  des  Collum 
uteri  auch  von  der  Scheide  fortgq>flanzt  sein  können.  Auf- 
fallend war  noch  die  Peritonitis  bei  normaler  Beschaffenheit 
des  Z>oi«jfZa«'schen  Raumes  und  vielleicht  nach  Art  der 
puerperalen  Peritonitiden  in  Beziehung  zu  setzen  zu  der  starken 
Affection  der  Lymphgeflsse.  — 

Herr  v.  ReckUnghauaen  legt  sodann  noch  ein  Präparat 
vor,  welches  eine  vollständige  Verwachsung  der  Vorder- 
fläche  eines  fast  ganz  kindlichen  Uterus  und  beider 

21* 


324  '   ^^*    yerhandlungen  der  Gesellschaft 

Ligg.  lata  mit  der  Blase  zeigte.  Es  stauunte  von  einer 
an  Luiig(»icatarrh  ver&torbeoeQ  2«SjäbrigeQ  ScoJiotischen,  deren 
Peritonäum  noch  zahlreiche  Narben  mit  theils  erdigen,  theils 
kalkigen  Knötchen  trug.  Es  hatte  also  Tor  längerer  Zeit  eine 
chronische  Peritonitis  bestanden,  welche  die  Verwachsung, 
vielleicht  auch  die  mangelhafte  Entwickelung  herbeigeführt  hatte. 

Herr  Riedel  sprach 

über   Darminvagination. 

Dieselbe  solle  bei  Kindern  verhältnissujässig  Jbäufig  vor- 
kommen und  zwar  im  ersten  Jahre,  wo  der  Dickdarm  der 
Sitz  des  Leidens  sei ;  Invaginationen  im  späteren  Alter  beträfen 
eher  den  Dünndarm,  kämen  überdies  seltener  zur  Beobachtung. 
Er  verwies  auf  den  von  Hecker  im  Jahre  1855  in  der  Ge- 
sellschaa  gehaltenen  Vortrag  (Verhandl.,  Bd.  VIII.,  S.  216) 
und  berichtete  über  folgenden  von  ihm  beobachteten  Fall. 

Ein  Kind  von  Sy^  Monaten,  welches  bisher  nur  die 
Brust  erhalten  hatte,  erbrach  seit  einigen  Tagen  häufig  und 
entleerte  Blut  mit  dem  Stuhlgange,  der  wenig  fäculente  Stoffe 
\  enthielt.  Als  Herr  E.  das  Kind  sah,. fand  er  es  gut  genährt, 
den  Leib  weder  aufgetrieben  noch  schmerzhaft  und  da  die 
Diagnose  ihm  nicht  recht  klar  war,  verordnete  er  vorläufig 
ein  Klystier  von  Wasser  und  Essig  und  Theelöfreiweifle 
Inf.  sennae  comp,  und  TincL  rhei  vinos.  c.  Tinct.  ferr.  pomat. 
Am  anderen  Tage  war  das  Kind  sehr  verMen,  der  Leib 
aufgetrieben,  schmerzhaft  und  die  rechte  Regio  iliaca  gedämpft; 
der  Blutabgang  hatte  aufgehört,  nur  gelblicher  Schleim  wurde 
ab  und  zu  entleert,  dagegen  dauerte  das  Erbrechen  fort  und 
die  ausgebrochenen  Massen  waren  übehriechend.  Herr  E. 
diagnosticirte  jetzt  eine  Darminvagination,  indess  der  bald 
eintretende  Tod  des  Kindes  verhinderte  eine,  wettere  Therapie. 

Bei  der  Section  floss  bei  Eröffnung  des  Bauches  vi^ 
Serum  aus;  in  der  Coecalgegend  lag  ein  grosses  Darroconvolut 
von  blaurother  Farbe;  bei  genauerer  Untersuchung  fand  sich 
das  Goecum  mit  Process.  vermiformis  und  dem  letzten  Ende 
des  Dünndarms  in  das  Colon  adscendens  hineingezogen.  Die 
ganze  Länge  der  Einstülpung  betrug  etwa  2  ZolL 

Herr  Riedel  legte  das  betreffende  Prä^rat  vor,  welches 
von   Herr  v,  Recklinghausen   genauer   definirt  wurde   und 


fBr  OeburttbUlfe  (n  Berlin.  325 

verwieg  dann  auf  die  von  JRittiet  in  der  Gazette  des  hApitaux 
(später  im  Handbuche  der  Kinderkrankheiten  von  R.  und 
Barthez)  veröflentlichle  Abhandlung  über  Invagination,  indem 
er  kurz  die  Aietiologie,  Diagnose  und  Behandlung  durchging. 
Auch  dieser  Fall  bestätige  Sälüfs  Angabe,  dass  die  In- 
vagination des  Dickdarms  eine  Krankheit  des  ersten  Lebens- 
jahres sei,  und  müsse  der  Grund  dieser  Erscheinung  wohl 
in  der  losen  Anheflung  des  Coecum  liegen,  denn  auch  hier 
könne  eine  Indigestion  gänzlich  in  Abrede  gestellt  werden, 
da  das  Kind  nur  mit  der  Brust  ernährt  sei  und  -die  Ab- 
setzung des  Kindes,  die  allerdings  vor  einigen  Tagen  erfolgen 
musste,  doch  erst  >nach  bereits  eingetretener  Erkrankung 
,  vollführt  sei. 

Herr  Wegscheider  hat  bereits  sechs  Fälle  beobachtet. 
In  allen  Fällen,  mit  Ausnahme  eines  einzigen,  war  der  Sitz 
der  Einstülpung  im  Colon  adscendens  an  der  ValvulaBauhini; 
in  dem  sechsten  Falle,  der  ein  dreijähriges  Kind  betraf,  hatte 
sich  das  Colon  descendens  invaginirt  und  war  bis  zum  After 
berabgetreten. 

Herr  Olshausen  hatte  ebenfalls  bei  einem  sechsjährigen 
Knaben,  der  in  Folge  eines  Falles  16.  Tage  lang  unter  den 
Erscheinungen  innerer  Einklemmung  krank  lag  und  starb,  bei 
der  Section  das  S.  rofmanum  bis  zum  After  herab  invaginirt 
gefunden.  

Bei  der  demnächst  vorgenommenen  Wahl  werden  gewählt: 
Herr  C,  Mayer  als  Präsident, 
„     Martin  als  Vicepräsident, 
„    Kauffmann  als  Secretär  und  Bibliothekar, 
„    Kristeller  als  Vicesecretär, 
„    Louü  Mayer  als  Kassenführer. 
Die  Kasse  wurde  von  den  Herren  L.  Mayer  und  KörU 
revidirt*  und   richtig   befunden    und  Herrn   Hesse  Decharge 
«rtheilt. 

Zu  neuen  Mitgliedern  werden  erwählt 
als  ordentliche: 
Herr  Dr.  Albert  LUcke, 
„    Dr.  Tobold  jun., 
„    Dr.  Heinrich  Strassmann; 


326  ^^*    Yerhandlnngen  der  Gesellschaft 

als  auswärtige: 
Herr  Dr.  GUsczynshi  in  Warschau, 
„     Dr.  Crüger  in  Cöln, 
„     Professor  Dr.  Aran  in  Paris, 
„     Dr.  Seebohm  m  Pyrmont 
Schliesslich   wurden   die  Herren  Brandt,  Strassmann 
und    L,    Mayer   beauftragt,    die    Feier   des   Stiftungsfestes 
vorzubereiten. 


Sitzung  Tom  26.  Februar  1861. 

Herr  C  Mayer  eröffnete  die  Sitzung  mit  einer  Ansprache  • 
an    die   Gesellschaft,    indem    er   ihr    seinen  Dank   för   seine 
Wiederwahl  zum   Präsidenten    ausdrückte    und   die   Hoffnung 
aussprach,  künftig  wieder  recht  regelmässig  in  den  Sitzungen 
erscheinen  zu  können. 

Herr  Riedel  sprach  über  einen 
tödtlich   verlaufenen  Fall  von   Cephalaematom. 

Zu  einer  Erstgebärenden  wegen  zögernden  Geburts- 
verlaufes gerufen,  fand  er  den  Kopf  in  erster  Stellung  schon 
ziemlich  tief  herabgetreten  und  nur  durch  die  Strafiheit  der 
Weichtheile  in  seinem  Vorrücken  aufgehalten.  Er  enthielt 
sich  deshalb  operativen  Eingreifens,  versuchte  durch  Oel- 
einreibungen  eine  Erweichung  der  Schamspalte  herbeizuführen 
und  wartete  geduldig  auf  die  natürliche  Entwickelung  des 
Kindes.  Dasselbe  lebte  und  war  gesund^  zeigte  aber  eine 
starke  Kopfgeschwulst,  die  sich  indess  am  folgenden  Tage 
fast  ganz  zertheilt  hatte.  Dagegen  fand  Herr  Riedel  am 
zweiten  Tage  ein  bedeutendes  Cephalaematom,  wekhes,  von 
der  vorhergehenden  Geschwulst  durchaus  verschieden,  schon 
durch  seinen  umschriebenen  Sitz  auf  dem  einen  Scheitelbeine,* 
wie  auch  durch  den  deutlich  fühlbaren  Knochenrand  sich 
deutlich  als  Blutgeschwulst  erwies.  Er  verordnete  zertbeilende 
Umschläge;  da  aber  am  folgenden  Tage  die  Geschwulst  eher 
zugenommen  hatte,  so  eröffnete  er  sie  durch  einen  kleinen 
Einstich,  drückte  das  Blut  heraus  und  liess  dann  die  Ge- 
schwulst mit  Essigumschlägen  bedecken.    Nach  24  Stunden 


fUr  Oebuneikiilfe  in  Berlin.  327 

wieder  ?iel  Blut  angesamiueU,  er  entleerte  es  abermals, 
zog  aber  statt  des  einfaehen  EioBtichs  ein  Haarseil  durch  die 
Höhle;  doch  die  AfisaiDiidung  des  Blutes  wiederholte  'sich  noch- 
mals und  am  folgenden  Morgen  starb  das  sehr  anämische  Kind. 

Herr  Riedd  regte  hiennit  abermals  die  schon  in  der 
Stzung  vom  28.  September  1852  stattgefündene  Discussion 
dber  Behandlung  des  Cepbalaematoms  an.  Durch  die  dort 
ansgesproGhene  Ansicht  des  Herrn  Paetsch  gestutzt,  habe  er 
die  Operation  in  diesem  Falle  so  zeitig  vollzogen,  wälzend 
er  sonst  gewöhnlich  expectativ  verMire  oder  höchstens  Re^ 
sorbentia  anwende,  deren  Wirkung  ihm  indess  problematisch 
erscheine.  Habe  er  dann  später  sich  genöthigt  gesehen,  wegen 
mangelnder  Aufsaugung  einen  Einstich  zu  machen,  so  sei 
dann  die  Verheihing  zwar  meist  gut  erfolgt,  docjfi  auch  mit- 
unter eine  langwierige  Eiterung  eii^^etreten. 
I  Herr  Paasch  findet  die  Einziehung  des   Haarseils  ge* 

fShrlich. 

Herr   C.  Mayer,   der  in  jener  früheren   Sitzung  nicht 

zugegen   war,    spricht    sich    ganz   zu   Gunsten   der  baldigen 

Eröffnung  aus;  nach  Siebold's  Anleitung  habe  er  immer  am 

folgenden,   spätestens  am   zweiten  Tage   eine  grosse  Incision 

I  gemacht  und  darauf  Essigcompressen  fortgesetzt  fest  andrücken 

!  lassen,    allerdings   durch   eine   genau  unterrichtete  Wärterin. 

1  Der  Erfolg  sei  immer  gunstig  gewesen  und  namentlich  hervor- 

[  zuheben,  dass  die  Heilung  stets  in  3 — 4  Tagen  vollendet  war. 

Dagegen    sprechen    sich    die   Herren  Wegschetder    und 

AbarbaneU  abermals  zu  Gunsten  des  abwartenden  Verfahrens 

aus.     Iferr  Wegecheider,  der  in  seiner  Studienzeit  in  Halle 

diesen  Grundsatz  aflgemein  anerkannt  gesehen  hatte,  war  in 

seiner  ganzen  Praxis  nie  davon  abgewichen  und  hatte  jederzeit, 

freilich  mitunter  erst  nach  10 — 15  Wochen,  eine  vollständige 

Resorption  eintreten  sehen,  so  dass  er  nie  einen  operativen 

Eingriff  gemacht  hatte. 

Eine  weitere  Debatte  über  diesen  Gegenstand  wurde 
vertagt,^  da  Herr  Mayer  ihn  noch  als  offeneJi'rage  bezeichnen 
zu  müssen  glaubt;  jede  der  beiden  vorgetragenen  Ansichten 
stütze  sioh  auf  günstige  Erfolge  und  eine  Entscheidung  über 
die  Vorzüge  der  einen  oder. anderen  aei  sobwer  zu  treffen. 


328  2^*    YerhandliiBfeii  der  Qea«Ilicliaft 

Jedenfalls  dürfe  indess,  wie  der  oben  asg«fflhrle  Fall  zeige, 
nach  der  frQhzeiligen  Operatioo  eine  foitgeselzte  Comptessioa 
nicht  vernachläesigt  werden,  damit  die  Wiederaneamnilung 
des  Blutes  verhindert  werde.  ^) 

Herr  Virchot€  gebeten,  ober  die  Nator  des  Cephalae- 
matoms  zu  sprechen,  deßnirte  dasselbe  folgendennaassen: 
Durch  irgend  eine  Ursache  löst  sich  des  äussere  Periost  m 
gewissem  Umkreise  von  dem  Schädelknoehen  ab  und  nimmt 
die  oberflächlichen  ossificirenden  Schichten  rak,  die  sich 
namentlich  am  Rande  bald  verdicken  uAi  dort  zu  der  be^ 
kannten  Erscheinung  des  Knochenringes  Veranlassung  geben. 
£in  inneres  Cephalaematom  wörde  sich  ebenso  auf  der  inneren 
Knochenfläche  gestalten.  MeckeT«  (in  jener  SitzOng  gemachte) 
Bemerkung,  dass  Eiterung  wohl  nur  bei  gleichzeiti^m  äusserem 
und  innerem  Cephalaetom  vorkomme,  könne  er  nur  so  ver* 
stehen,  dass  Meckel  dabei  eine  durch  Necrose  bedingte 
Eiterung  im  Sinne  gehabt  habe,  die  in  diesem  Falle  durch 
Entziehung  jeder  Ernährungsflüssigkeit  allerdings  nicht  aus- 
bleiben würde;  indess  sei  dies  ein  so  seltener  Fall,  dass  er 
gar  nicht  in  Betracht  kommen  könne.  Freilich  sei  die  Blutr 
zufuhr  schon  bei  äusserem  Cephalaematom  sehr  gering,  da 
die  Dura  mater  wenig  Blut  an  den  Knochen  abgebe.  Das 
auffallendste  sei  ihm  die  Nichtgerinnung  des  ergossenen  Blutes 
und  der  Grund  derselben  ihm  zur  Zeit  noch  nicht  klar; 
denn  da  das  Blut  des  Fötus  gerade  sehr  faserstoflreich  sei, 
so  sei  nicht  recht  begreiflich,  warum  gerade  an  dieser  Stelle 
eine  Ausnahme  stattfinde. 

Herr  Virchow  verlas  darauf  folgende  von  Herrn 
Dr.  Kugelmann  in  Hannover  eingeschickte  Krankengeschidite: 

Frau  Catkarina  W.,  geb.  Ä,  Rentiäne,  hat  die  Kinder* 
krankheiten  leicht  absolvirt.  Im  Alter  von  16  Jahren  wurde 
sie  ohne  Beschwerde  mensiruirt,  doch  wurde  sie,  während 
die  Menses  flössen,  durch  Kolik  und  Kopfschmerz  belästigt 

1)  Die  BuseJ^ache  Lehre,  daa  Cephalaematooi  am  sehnten 
Tage  zu  eröffnen,  fand  an  diesem  Abende  keinen  VertReidiger; 
Referent  kann  ihm  anch  nicht  unbedingt  das  V^ort  reden,  da  er 
erst  kürzlich  in  dnem  am  zehnten  Tage  operirten  Falle  eine 
langwierige  Eiterang  hat  eintreten  aefaen. 


IBr  G«b«fft8bfilfa  in  BotUn.  329 

MoiseB  slmrk,  bisweilen  mit  Klumpen  untermteoht,  Dauer 
6  bis  7  Tage,  Typus  3  Ihb  4  Wecken.  In  diesem  Alter 
wurde  ein  dreiw^cbentlicher  Typbns  gut  überstanden,  ebenso 
die  Seabies.  Wegen  der  Kopf^ehmerzen  wurden  häufige 
Ven&sectionen  ebne  wesentUehen  Erfolg  in  Anwendung  gesogen. 
Zu  27  Jahren  yerheiratbet,  gebar  sie  im  ersten  Jahre  das 
erste  Kind,  abortive  %  Jahre  sp&ter  im  seohsten  Monate  mit 
bedeutendem  Blutverluste,  gebar  ein  Jahr  spit^r  das  zweite 
Kiad,  zwei  Jahre  spatei*  das*  dritte  und  2V«  Jahre  darauf 
(▼er  26  Jabrep)  das  vierte  and  letzte  Kind.  Befinden  wahrend 
aHer  Sehwangenschaften  und  Wodieobetten  (mit  Ausnahme 
des  letzten,  in  dem  eine  dreiwöchenliiehe  Inleraitteas  tertiana 
auftrat)  gut.  Mit  Ausnahme  des  ersten  alle  Kinder  selbst 
genährt  '  Im  52.  Jahre  blieb  die  Regel  aus.  Das  Befinden 
war  sechs  Jahre  lang  Tortrefllich,  nur  litt  Patientin,  die  eefar 
zu  leichten  Erkältungen  neigt,  hin  -und  wieder  an  Stock* 
schnupfen  und  Zahnschmerz. 

Im  Sommer  1857  wurde  ein  erwachsener  Sohn  der 
Frau  TT.  von  einem  Typhus  befallen.  Während  der  Krankheit 
wollte  er  sich  nur  von  seiner  Blutter  an-  und  auskleiden 
lassen,  was  oft  mit  Anstrengung,  Knieen,  Bücken  und  dei^L 
verbunden  war.  Frau  W.  war  damals  eine  stattliche,  wohl* 
genährte,  kräftige  Dame  von  58  Jahren.  Kurz  nach  der 
Genesung  des  Sohnes  stellten  sich  kleine  Blutverhiste  aus 
dem  Uterus  ein,  die,  allmälig,  mit  grösseren  und  kleinered  . 
Pausen,  sieh  derart  steigerten,  dass,  nach  fruchtloser  An- 
wendung aller  sonst  gerühmten  örtlichen  und  innerlichen 
Mittel  (Acid.  pyro-lign.;  Jod;  Ferr.  sesqukhlor.,  alle  drei 
innerlich  und  örtUch,  letztere  beiden  auch  mtrauterin;  Eis; 
Seeale  com.,  Ratanh.;  Alaun  etc.)  nur  durch  eine  achttägige 
tampooade  der  Vagina  es  gelang,  der  Bhitung  Herr  -  tu 
werden.  Die  Anämie  hatte  einen  sehr  heben  Grad  errekdit^ 
es  trat  Oedem  der  unteren  Extremitäten  ein.  weidies  indess 
den  angewandten  Roborantieo  wich,  ohne  wiederzukehren.  — 
So  stand  die  Sache  gegen  Ende  1859. 

Die  zu  Anfang  der  Krankheit,  also  zwei  Jahre  zuvor, 
vorgf  nonwiene  genaue  innere  und  äussere  Exploration  ergab. 
zu  wiederholten  Malen  vorgenommen,  ein  fast  negatives  ResultaL 
Es  zriglen  sich  in  einer  Ausdehnung  von  etwa  2^^  Granulationen 


SSO  XX*    VerbMidiiiBgen  der  Geselltehafl 

m  der  vorderen  MulleniNinddippe ,  am  Eingänge  m  den 
Can.  oerv. ;  die  Sonde  ergab  keine  Vergröaserung  der  HMile, 
nur  liese  eine  geringe  Änteversion  auf  VolmneMsunalHDe 
scbliessen.  Demnach  vennulhete  icb  die  Ursache  d<H*  Bhitimg 
in  der  durch  die  retrograde  Metamorphose  bewirkten  grösseren 
Brnchigkeit  der  Geßsse  des  Uterus,  wobei  als  Gelegenfaeits^ 
Ursache  die  grosse  Sommerhitae  und  ungewohnte  Anstrengungen 
und  Aufregungen  wirkten. 

Im  Jani  1869,  während  einer  Periode  ziemlichen  Wohl- 
befindens, schickte  ich  die  Kranke  zu  dem  verehrten  Vor* 
sitzenden,  Herrn  Geheimrath  Ma^^  naoh  Berlin«  der  nach 
dreimaliger  Untersuchung  Hypertrophie  des  Uterus  (Sonde  i^U'') 
und  als  Quelle  der  Blutung  papilläre,  blutende  Excoriationen 
des  Cervicalcanals  angab  und  inneriich  und  äusserlich  Acid. 
pjTo-lign.  empfahl,  es  aber  unentschieden  liess,  ob  Wucherungen 
in  der  Höhle  vorhanden  seien.  —  Die  Erfolglosigkeit  dieses 
sonst  bewährten  Mittels  habe  icb  oben  bereits  gemeldet.  Die 
dem  Auge  durch  das  Speailum  zugängigen  Granulationen  bluteten 
nicht  leicht  und  da  im  Uebrigen  die  Port.  vag.  sich  normal 
verhielt  und  das  Orificium  nicht  klaffte,  konnie  ich  die  Be- 
schaffenheit des  Can.  cerv.  nicht  ermitteln.  Die  Sonde  wagte 
ich  der  stets  sich  wiederholenden  Blutungen  wegen  nicht 
anzuwenden.  Nachdem  im  September  1869  durch  die 
Tamponade  die  Blutung  gestillt  war,  kdbrte  diese  nie  zu 
y  beträditlicher  Höhe  wieder,  indess  stellte  sich  ein  reichlicher 
Schleimabgang  ein,  der  sich  bisweilra  röthlich  färbte,  aber 
nie  einen  üblen  Geruch  zeigte.  —  Von  jener  Zeit  an  machte 
sich  ein  dumpfer  Schmerz  in  der  rechten  Seite  bemerklich, 
ferner  ein  wehenartijger  Schmerz,  der  in  den  ersten  Monaten 
mit  geringerer  Beftigl(eit  und  nur  einige  Stunden  lang  während, 
allmäKg  eine  Höhe  erreichte,  dass  man  das  Geschrei  der 
unglücklichen  Frau  hSuserweit  hörett  konnte.  Die  Unter- 
suchung liess  den  Fundus  uteri  dicht  über  dem  rechten 
horizontalen  Schambeinast  föhlen,  das  Orif.  uteri  ext  em 
wenig  geöffnet,  an  der  vorderen  Wand  des  Can.  cerv.  eine 
Mstenartig^,  durch  Berührung  leicht  blutende  Erhöhung.  In 
den  kurzen  schmerzensfreien  Intervallen  war  die  Kranke  heiter 
und  nahm  lebhaft  an  der  Unterfaattung  Theil.  Die  Bdbandiung 
beschränkte   sich  sdiliessiidi  auf  InfectioBen  in   die  VaginH 


Ar  Oeburttbiillb  in  Berlia.  331 

and  ifMifriicb  Morphimn,  ikit  Aer  spater  m  8  Gran  pro  die 
keine  Erleicfatening  mehr  bewirkte.  Wibrend  des  letzten 
halben  Jahres  waren  einige  Male  heftige  Schwttelflrösle  mit 
12-  bis  24  ständiger  Stönmg  des  Bewasstseiss  eingetreten, 
die  anf '  EüerresorptioD  bezogen  und  mit  Chinin  erfolgreich 
behandelt  wvrden.  —  Ende  October  t.  J.  sah  der  Herr 
Geheimrath  Mayer  die  Kranke  hier  noch  einmal  und,  den 
Cerricalcanal  für  den  Sitz  des  Leidens  haltend,  wandte  er 
das  Ferrum  eandens  auf  denselben  an,  d)er  ohne  irgend 
welchen  gfinstigen  Erfolg.  —  Aach  die  örtliche  Anwendung  des 
Chloroforms  nach  Seanz&nCs  Methode  leistete  gar  nidils. 
Der  Herr  Medicinalrath  Domme$  hat  die  Kranke  mit^  nnr 
behandelt 

Acht  Tage  Tor  ihrem  Tode  wünschte  Patientin  die  Con- 
snhation  des  Oberstabsarzt  8.,  der  Chloroform* Inhalationen 
forschlug.  Wir  konnten  uns  dazu  nicht  yerstehen,  da  wv 
davon  directe  Verkärzung  des  Lebens  fürchteten.  —  S.  über- 
nahm die  Kranke,  die  fortwährend  in  Chloroform -Narcose 
erhalten  nach  acht  Tagen  starb.  —  Es  wurde  nur  die  Er-; 
Öffnung  der  Bauchhöhle  gestattet: 

Uterus  lag,  wie  oben  angegeben.  Rechtes  Ovarium  in 
eine  hühnereigrosse  Kyste  verwandelt  Der  Uterus  an  der 
Vorderwand  geöffnet,  zeigte  im  Can.  cerv.  noch  die  Spuren 
des  Ferr.  cand.  Die  Mocosa  des  Fund,  erodirt  und  mit 
nadelknopfgrossen  Bkitgerinnseln  bedeckt  An  der  hinteren 
Wand  des  Corpus  ein  nach  innen  (d.  h.  in  das  Cavum  uteri) 
sieh  öffiiender  Abscess,  der  sich  in  die  Substanz  des  Uterus ' 
nach  Knks  erstreckt  —  Die  Abscesswandung  fühlt  sidi  zum 
Theil  indorirt  an.  —  Alle  übrigen  Organe  gesund. 

Der  Herr  Professor  Virchoiv,  dem  ich  das  Präparat  znr 
Mitfheilong  an  die  verehriiche  Gesellschaft  filr  Geburtshülfe 
in  Berhn  zugesandt  habe,  wird  die  Güte  haben,  dassefte 
genauer  zu  beschreiben. 

Herr  Virchow  legte  nun  das  betreffende  Pi*ilparat  vor. 

Der  Uterus  zeigte  eine  beträchtliche  YergrösseriHig,  die 
indess  nur  den  Körper,  nicht  den  Cervix  betrifft.  Das 
rechte  Ovarium  vergrössert,  das  linke  von  normaler  Grösse, 
aber  durdi  eine  an  der  entsprechenden  Seite  des  Uterus  ein* 


332  ^^-   YarhftndliingdD  dpr  Gesellschaft 

gebettele  kleine  fibröse  Geschwiikt,  welche  eine'  Veraeboag 
der  linken  Ala  vespertilionis  herbeigeführt  hatte,  in  etwa» 
ttngewdbiilicher  Situation. ' 

Das  rechte.  Ovarimn  entleerte  bcdm  Erfiffiien  enie  Weiss- 
liebe  trftbe  Flüssigkeit,  deren  Träbing  hautitoftehlich  von 
geronnenem  Eiwdsse  und  Epithelialflocken  herröhrt.  Diese 
Fhlssigkeit  stammte  aus  einer  Höfale,  die  auf  der  freien  Bauch- 
seite sehr  dOnnwandig,  auf  der  anderen  vom  Ovarialgewebe 
gebildet  war,  welches  auf  der  freien  Höhlenwand  eine  Menge 
glatter  rundlicher  Erhebungen  zeigte,  die  durch  kleioe  Ab- 
theSungen  eine  lappige  Structur  darboten.  Schnitt  man  diese 
ein,  %so  lies»  sich  eine  weissliche  Flüssigkeit  herausdrücken, 
die  an  Colioidgebilde  erinnerte.  An  anderen  Stellen  zwischen 
diesen  Erhebungen  lagen  starke  Faserzüge  von  Bind^ewebe, 
die  mit  stark  entwickeltem  Cylinderepitheüum  bekleidet  waren, 
so  dass  das  ganze  Gebilde  als  ein  Cystoid  erschien. 

Was  den  Uterus  betraf,  so  konnte  Herr  Virchvw  den 
von  Kugdmann  erwähnten  Abscess  nicht  recht  nachweisen. 
Die  ganze  Wand  zeigte  überall  ein  maschiges  Ansehen,  welches 
sich  auch  in  die  Tiefe  des  Grewebes  hinein  fortsetzte,  wie 
bei  Durchscbiiitten  deutlich  hervortrat,  so  dass  das  Ganze  an 
cavernöse  Bildung  erinnerte.  Er  glaubt  deshalb  nicht,  dass 
ein  eigentlicher  Abscess  vorgelegen,  sondern  eher  eine  grössere 
exolcerirte  Stelle',  die  sich  in  die  Tiefe  verbreitet  hatte.  Die 
ganze  innere  Oberfläche  des  Uterus  zeigte  Balkenzuge  von 
Bbdegewebe,  an  einzelnen  Steilen  fettig  degenerirt,  an  deren 
Oberfläche  Papillen  hervorwucherten;  an  anderen  Stellen  zellige 
Elemente,  so  dass  der  Process  im  Grunde  derselbe  wie  im 
Ovarium  v^ar  und  wohl  eine  maligne  Biklung,  die  aa  Zotten* 
krebs  erinnert. 

Die  Äussere  Oberfläche  des  Uterus  war  normal  und  ebenso 
bei  seichten  Einschnitten  von  aussen  her  nichts  Regelwidriges 
zu  sehen.  — 

Zu  einem  zweiten  Präparate,  welches  Herr  Virchofü  der 
GeselbehafL  vorlegte,  gab  Herr  Kaufmann  folgende  Einlätung. 

Am  Ende  vorigen  Jahres  wandte  sieh  an  ihn  eine  jung 
vertieiralbete  Frau  wegen  einer  Anschwellung  des  weichen 
Gaumens,  ScUingbeschwei*dea  und  Heiserkeit.  Bei  Unter- 
suehung  dieser  Tbeile  zeigte  sich  eine  Röthong  derselben  mk 


für  Q«btiitali{ilfft  in  Bm^ia.  333 

Geschwürsbildoog  der  Mandeln«  die  6o  deutlich  syphilitiscfae 
Zeichen  darboten,  dass  Herr  K.  sofort  eine  Unlerauchiuig 
der  Genitalien  vornahm,  um  den  Ausgangspunkt  der  Infeclion 
zu  constatiren;  indes«  es  zeigten  sich  durchaus  weder  Spuren 
vorhandener  Geschwäre  noch  Narben  und  ein  genau  an- 
gestelltes Examen  der  Kranken,  sowie  ihres  Ehemwins  ergab 
nicht  die  geringsten  Anhaltspunkte  für  die  Feststellung  der 
Natur  des  Uebels.  Nichtsdestoweniger  erhielt  die  Kranke 
Jodqifecksüber  innerlich  und  den  iZica^'scben  Pinselsaft  zur 
örtlkhen  Behandlung  der  Bachengeschwüre  und  die  günstige 
Einwii*kong  dieser  Behandlung  zeigte  sich  durch  vollständige 
Beseitigung  der  früheren  Bescliwerden«  Bald  darauf  trat 
Schwangerschaft  ein,  wurde  aber  im  dritten  Monate  durch 
eintretenden  Abortus  unterbrocben;  derselbe  verlief  normal. 
Das  ausgeslossene  Ei  zeigte  indess  eine  so  eigenthümliche 
Bildung»  dass  dasselbe  Herrn  Virckaw  zur  geOlligen  Unter- 
suchung überbracht  wurde. 

Herr  Virchov)  erklärte  das  vorgel^te  Präparat  als  excessiv 
gewucherte  Uterinschleimhaut  (Decidua).  Er  wies  an  derselben 
deutlich  die  Form  der  Gebärmutterhöhle  nach  und  madite  auf 
die  sehr  vergrösseitsn  Utriculardrüsen  in  der  ScUeimhant 
anfmerksam.  Eine  sehr  eigenthümliche  byperplastiscbe  Bildung 
zeigte  sich  auf  der  inneren  dem  Fötus  zugekehrten  Seite 
dieser  Schleimhattt;  an  der  vorderen»  sowie  hinteren  Wand 
derselben  fanden  sich  nämlich  mehrere  3 — 4  Linien  hohe 
zapfenformige  Wucherungen,  die  ähnlich  wie  grosse  breite 
Condylome,  die  noch  nicht  exulcerirt  sind,  mit  glatter  Ober* 
fläche  frei  in  die  Uterinhöhle  hineinragten:  Das  Gewebe  der» 
selben  war  sehr  compact,  homogen  und  sehr  ge&ssreich« 
wie  der  intensiv  geröthete  Durchschnitt  erwies.  Mikroskopisch 
liess  sich  nur  eine  excessive  Wucherung  des  intentitiellen 
Bindegewebes  nachweisen. 

An  der  Placenta  waren  die  Chorioozotten  ebenfalls  sehr 
dick  und  hyperplastisch,  Fötus  war  nicht  mehr  vorhanden. 

Herr  Virchow  erklärte  diese  Bildung  als  eine  in  diesem 
Grade  von  ihm  bisher  noch  nicht  beobachtete.  Er  sei  sehr 
geneigt,  dieselbe  als  Ergebniss  einer  Endometritis  anzusehen, 
die  in  diesem  Falle  aller  ^Wahrscheinlichkeit  nach  doch  einer 
syphilitischen  Affection   zuzuschreiben   sei,    und   fordere  die 


334  ^^'    yeriiRiidUmgeii  der  G««eUMhaft  etc. 

Ciesellschaft  auf,  ihr  Augenmerk  darauf  zu  riditen,  ob  sidb 
in  ähnfidieA  Fällen  syphilitische  Infection  als  Endometritis 
localisire  und  dadurch  Grund  des  so  häutigen  Aborürens  gebe. 

Von  zwei  anderen  Präparaten,  welche  Herr  Virchow 
vorlegte,  betraf  eines  den  Uterus  einer  alten  Person,  der 
durch  enorme  Verdickung  der  Schleimhaut  bei  gleichzeitige!* 
Verdünnung  der  muskulösen  Wand  im  htebsten  Grade  auf- 
fallend war.  Letztere  war  durch  «gleichzeitige  allgemeine 
Ossificirung  der  Arterien,  die  an  einzelnen  Stellen  fast  allein 
die  Dicke  der  V^and  bildeten,  so  bruchig,  dass  sie  durch 
einfache  Knickung  eingebrochen  werden  komte. 

Das  andere  war  eine  enorme  Ausbreitung  syphilitischer 
Exulceration  auf  der  Schleimhaut  des  Mastdarms.  Während 
an  den  Gesdilechtstheilen  nur  einzelne  Geschwüre,  indess 
zahlreicbe  Narben  früherer  Eiukerationen  ▼orhanden  waren, 
hatte  sich  die  Afiection  im  Mastdarme  ziemlich  einen  Fuss 
weit  hinauf  rerbreitet  und  bot  in  ein^  grossen  Gescfawürsfläobe 
die  y^rsduedeneten  Entwickehingen  syphilitischer  Schleimhaut- 
affection  dar.  — 

Herr  OUhauBen  stellte  der  Gesellsdiaft  einen  acht- 
wöchentlichen  Knaben  Tor,  der  ausser  emer  Imperforatio  ani 
eine  auffallende  Missbildung  der  Geschlecfatstheile  darbot  Der 
Nabel  lag  ungefähr  einen  Zoll  übor  der  Wurzel  des  Scrotum, 
der  Penis  war  ganz  rudhnentär  und  bestand  fast  nur  aus 
tier  Eichel,  welche  vom  Präputium  bekleidet  war.  Durch 
die  gleichzeitige  Entleerung  von  Harn  und  Fäcalmassen  aus 
der  Hamröhrenüffmuig  war  die  Communioation  des  Darmes 
mit  d«r  Ifernrdhre  erwiesen.  Herr  OUhauBsn  behält  sich 
eine  genauere  Besdireibung  dieser  Missbildung  vor. 

Herr  KötU  erwähnte  bei  dieser  Gelegenheit,  dass  er 
kürzlich  ein  Kind  mit  Imperforatio  penis  Herrn  Wüms  zur 
Operation  übergeben  und  diese  von  demselben  nrit  günstigem 
Erfolgt  vollzogen  sei.  — 

Herr  (7.  Mayer  hat  kürzlich  die  Amputation  einer  eancroid 
entarteten  Vaginsdportion  vollzogen  und  das  Präparat  Herrn 
Virchow  zur  Untersuchung  übergeben.  Dieser  legte  dasselbe 
der  Gesellschaft  vor  und  zdgte  an  einem  Längenschnitte  den 
allmäligen  Uebergang  der  gesunden  Gewebe  in  die  krankhafte 
Degeneration. 


XXI.   o.  SM^ld ,  Beirachtnngeii  i^b^r  da«  KlBdbettfieber.    335 

XXL 
Betrachtungen  über  das  Eindbettfieber. 

'  Nach  Lehmann»  ,»£apport8  de  la  commission  d'obsttoique, 

CQmmuniqa^s  au  cerde  m^dical  d' Amsterdam". 

Mitgetheilt 

I  •  von 

j  Bdaard  von  Siebold. 

1  Vorerionerung. 

Die  VerheerungeD,  welche  das  Kindbettfieber  von  Zeit 
zu  Zeit  unter  den  Wöcbnerinnen  zumal  in  Gebäranstalten  an- 
stiftet, haben  gerade  wieder  in  der  neuesten  Zeit  die  Auf- 
merksamkeit und  die  genaueste  Forschung  der  Aerzte  und 
Geburtshelfer  auf  sich  gezegen,  and  dieselbe  Sichtung,  welche 
die  FerteehriOe  der  Naturwissenschaften,  Chemie,  Physiologie, 
der  pathologischen  Anatomie  bei  so  manchen  anderen  Objecten 
d^  praktischen  Medicin  nothwendig  machten,  ward  auch  auf 
das  Kindbettfieber  übergetragen.  Ja,  man  hat  es  nicht  einzelnen 
Aerzten  allein  überlassen,  auf  diesem  Felde  ihren  ganzen 
Scharfsinn  und  'alle  zu  Gebote  siebenden  Mittel  zur  näheren 
Erforschung  der  in  so  manchen  Einzebiheiten  noch  räthsd- 
haften  Krankheit  aufzubieten:  es  sind  ganze  Gollegien  und 
Akademien  zusammengetreten,  um  in  vollem  Verdne  alle  ihre 
Kräfte  zu  verwenden  und  die  Fülle  ihrer  Erfahrungen  dahin' 
zu  verwerthen,  im  Interesse  der  Menschheit  und  der  Wissen^ 
Schaft  gegen  jene  mörderische  Krankheit  anzukämpfen,  die  so 
häufig  jeder  HeUbemühung  und  allen  gegen  sie  in  Anwendung 
gebrachten  Mittdn  Trotz  bietet. 

So  Megen  uns  die  merkwürdigen  Verhandlungen  der  Pariaer 

;  Aeademie  de  mMecine  vor,  welche  vier  Monate  hindurch  vom 

I  23.  Februar  bis  6.  Juli  1868  diese  Gesdlschaft  beschäftigten 

I  und   an   denen  sich  die  berühmtesten  Männer  des  Faches, 

Depaui,  P.  Dubins,  Beau,  Trousseau,  CruveUMery  DanyaUy 

Casfeaux,  BouiBaud,  VdptaUj  Qu6Hn  u.  A.  betheiligten. 

S.  Bulletin  de  l'acadimie  imperiale  de  medecine,  tom.  23, 

Par.  18&7— 1866,  p.  366  u.  ff.  —  Im  Auszuge  mitgetheilt 

in  unserer  Monatsschrift,  Bd.  12,  p.  292. 


336    ^^I-   V*  Sitboldt  BetrAchtongen  üb«r  das  Kiodbetifi«ber. 

Leider  waren  aber  die  Resultate  dieser  VerhandlungeD 
Dicht,  von  der  Art,  dass  sie  den  Gegenstand  nur  einiger- 
maassen  zum  gewünschten  Abschluss  bringen  konnten,  im 
Gegentheil  gingen  die  Meinungen  der  Aerzte  über  die  Krankheit 
so  weit  auseinander,  dass  der  Berichterstalter  Dr.  Ed.  Auber^ 
welcher  mit  der  grössten  Sorgfalt  das  Resum^  der  langen 
Discussion  aufgestellt,  selbst  sagt: 

„Sur  les  treize  academiciens,  qyi  ont  kik  enteodus  on 
peut  compter  „des  essentialistes,  des  demiressentialistes,  des 
essentialistes  sans  lo  vouloir,  des  essentialistes  sans  le  savoir; 
des  locaUsateurs  absolus,  des  demi  ou  des  quart  de  localisateurs; 
des  localisateurs  avec  tendance  ä  Tessentialisation;  des  essen- 
tialistes avec  amour  pour  la  localisation;  des  spioifiBtes,  des 
tjphistes,  des  traumatistes  et  des  neotraumatistes!'' 

Kam  es  doch  auf  diesem  „Brillant  tounioi'^,  wie  sich 
ein  neuerer  Schriftsteller  über  den  Pariser  Congress  ausdrückt, 
selbst  zur  Sprache,  die  Gebdranstalten  ganz  aiflzaheben,  die 
Frauen  vorzugsweise  in  Privatwohnongen  zu  entbinden  oder 
wenigstens  in  der  nächsten  Umgebung  von  Paris  kleine  Enl- 
bindungshäuser  zu  gründen,  auf  welches  „Cartbagtnera  esse 
delendam''  bereits  1855  C.  Hecker  hindeutete,  indem  «r  die 
Ansicht  aussprach,  dass  man  mit  der  Zeit  dahin  gelangen 
werde,  sammtUche  Krankenhäuser  und  Entbindungsanstalten 
aufzuheben.  S.  Veriiandl.  der  GeseUscbaft  für  Gebiirtshülfe  in 
Berlin,  8.  Jahrg.,  p.  204.  Ob  unser  verehrter  Freund  und 
College,  seit  1859  Director  der  grossartigen  Gebäranstall  in 
München,  jetzt  noch  dieser  Meinung  sei,  möchten  wir  flreund* 
hebst  fragen.  Sehr  richtig  hat  sich  darüber  Jtfattßt  in  seinen 
trefflichen  „l^tudes  sur  la  nature  et  le  traitement  des  fi^es 
puerperales  etc.,  Par.  1858,'*  p.  45  mit  den  Worten  geäussert: 
„C'est  la  fi^vre  puerperale  qu'il  taut  tftcher  de  ehasser  de 
ces  ^blissements,  et  non  les  malades.^'  Auch  führen  wir 
den  Aussprach  unsers  Lebert  an,  dahin  lautend,  dass  der 
Vorschlag  alle  grösseren  Gebäranstalten  zu  scbliessen,  offenbar 
eine  jener  voreiligen  und  leichtfertigen  Inspirationen  des 
Augenblicks  zu  sein  scheint,  welche  lebhaft  an  das  banale 
Sprichwort  „das  Kind  mit  dem  Bade  ausschütten*'  erinnert. 
S.  dessen  Handbuch  der  prakL  Medicin,  Tüb.  1860,  S.  769. 


.  XZI.  9. 8UMd,  B«tr»ebtangeii  über  diu  Kindbettfieber.    337 

Dim  geD9flint6D  frauzösischen  Verhandlungen  stellen  sich 
die  holländischen  UntersuGhungen  einer  Commission  von  Geburts- 
helfern zur  Seite,  weiclie,  Dr.  L^mann  in  einer  eigenen 
Sdirift  zusammengestellt  hat.  Unter  dem  Titel  „Considerations 
sur  k  fi^vre  puerperale"  hat  Dr.  DimdonnS  in  Brüssel  die 
Schrift  aus  dem  Holländischen  übersetzt,  und  diese  letztere 
Arbeit  liegt  uns  vor,  nach  welcher  wir  unsern  Lesern  den 
folgenden  Beriebt  erstatten.  Es  hat  diese  Abhandlung  den 
grossen  Vorzug,  dass  sie  ihren  Gegenstand  klar  und  deutUch 
darstellt  und  dass  sie  besonders  auch  auf  die  Erfahrungen 
anderer  Lander  fussend  von  jeder  einseitigen  Behandlung  ihres 
Thema's  entfernt  bleibt.  Dass  da,  wo  es  sich  um  Erfahrungen 
aber  diese  Krankheit  handelt,  rorzugsweise  grosse  Gebär- 
anstaiten  in's  Auge  gefasst  werden  müssen,  brauchen  wir 
hier  nicht  weiter  auseinander  zu  setzen:  Wir  fuhren  es  nur  an, 
um  den  Grund  darin  zu  finden,  warum  Lehmann  in  seinem, 
Werke  die  Wiener  Hlttheilungen  von  O,  Braun  fleissig  benutzt 
hat,  welche  derselbe  in  der  „Klinik  für  Geburtshülfe  und 
Gynäkologie,  3.  Lief.,  Erlangen  1855,  p.  423 *"  in  dem  Aufsatze 
y^lvT  Lehre  der  Behandlung  der  Puerperalprocesse  und  ihrer 
Bezidiuiig  zu  einigen  zymotischen  Krankheiten'^  bekannt  ge- 
macht hat  Ausserdem  aber  hat  Lehmann  auch  die  Meinungen 
anderer  Schriftsteller  des  deutschen  Vaterlandes  bei  seinen 
Untersuchungen  heröcksichtigt,  was  schon  der  französische 
Uehersetzer  mit  den  Worten  hearvorhebt:  „L'auteur  s'y  montre 
tout  ä  fait  ä  Ja  hauteur  des  progr^s  les  plus  rteents  de  la 
sdence  et  y  ezpose  avec  beaucoup  de  clart^  et  de  concision 
les  idees  et  les  opinions  des  grands  maitres  que  FAllemagne 
posaMe  dans  Part  obst^trical,  idees  et  opinions  avec  lesquelles 
neus  ne  sommes  pent-etre  pas  assez  familiarises.''  Wir 
müssen  an  der  Lehmann^ s^bßn  Arbeit  besonders  noch  das 
rühmen,  dass  dieselbe  in  bündiger  und  einfacher  Weise  den 
jetzigen  Standpunkt  bezeichnet,  auf  welchen  die  Lehre  von 
den  Puerperalprocessen  in  der  neuesten  Zeit  gebracht  ist. 
Diee  daher  der  Grund,  warum  wir  unsa^n  Lesern  das  Werk 
hier  vorführen,  da  wir  gewiss  nicht  von  allen  voraussetzen 
ktanen,  dass  sie  im  Besitze  der  vollständigen  Literatur  der 
Naoieii  and  in  der  Lage  sich  befinden,  die  oft  sehr  zerstreuten 
Materialien  mühsam  zusammen  zu  suchen  und  solche  einem 

KoiMtoselir.  f.  OtbarUk.   tS61.  Bd.  XYII..  Hft.  5.  ^«^ 


338    X^l*   «•  SMold,  BetrachtoDgen  tfber  da«  K!iidbettfieb«r. 

tieferen  Studium  zu  uiiterw(n4<eB.  Dieseu  mag  dts  Nachfolgende 
gewidmet  sein.  Endlich  glauben  wir  die  in  unserer  Monats- 
schrift a.  a.  0.  bereits  mitgetheiltep  Verhandlungen  der  Pariser 
Akademie  dadurch  nur  zu  vervollständigen,  dass  wir  ober 
denselben  Gegenstand  aus  einem  anderen  Lande  die  daselbst 
gepflogenen  Untersuchungen  ebenfalls  hier  veröffentlichen. 

Die  Abhandlung  selbst  besteht  aus  drei  Abtheilungen: 
1)  die  Aetiologie  und  Pathogenese  der  Krankheit;  2)  die 
Nosologie  der  Puerperalprocesse  und  8)  die  Behandlang 
derselben. 

Betraohtungen  über  das  Kindbettfleber. 

Erster  Artikel. 

Aetielogie  nd  Pathogenese. 

Man  sieht  im  Allgemeinen  das  Kindbettfieber  als  eine 
der  tödtlichsten  Krankheiten  der  Wödinerinnen  an.  Daher 
ist  es  nicht  auffallend,  dass  die  Aerzte  schon  seit  langer  Zek 
diesem  krankhaften  Processe  ihre  vollste  AufmerksMEnkeit  ge- 
schenkt haben.  Durch  eine  genauere  Anwendung  der  Natur- 
wissenschaften auf  die  Medicin,  besonders  der  Chemie  und 
Mikroskopie,  sowie  mit  Hülfe  der  grossen  Fortschritte  der 
pathologischen  Anatomie  hat  man  in  der  letzteren  Zeit  sich 
bemäht,  in  das  Geheimnissvolle  dieser  Krankheit  zu  dringen, 
und  dennoch  ist  man  noch  nacht  im  Stande,  über  die  Natu* 
derselben  ein  hinreichendes  Licht  zu  verbreiten.  Viele  Punkte 
bewegen  sich  noch  im  Reiche  der  Hypothesen  und  erwarten 
ihre  Lösung  von  der  Zukunft.  Es  ist  selbst  nicht  -  einmal 
leicht,  eine  genaue  Beschreibnng  dieser  Krankheit  Hu  liefern, 
denn  man  hat  unter  der  Benennung  Kindbettfieber  eine  sehr 
grosse  Anzahl  von  Krankheitsformen  zusammengeiasst  iUk 
man  sich  streng  an  den  Namen,  so  bedeutet  Kindbettfieber 
weiter  nichts,  als  .eben  nur  Fieber  im  Wochenbette,  ohne 
dass  uns  dieser  Ausdruck  sonst  erklärt,  in  welchen  paüio«- 
logischen  Erscheinungen  man  die  Ursache  der  Fiebersymptome 
zu  suchen  habe;  auf  diese  Wdse  würde  jeder  krankhafte 
Zustand,  der  von  Fieber  begleitet  bei  einer  Wöchnerin  statte 
findet,  zum  KlndbettGeber  gerechnet  werden  müssen,  und 
man  würde  nach  dem  Vorgange  der  alten  «mpirisehen  Mediem, 


ZZI.  9.SiAM,  B«tjrsehtvngen  fiber  das  Kindbottfieber.    339 

nach  4«fiii  Verlaufe  und  Ausgange  dag  Kindbettfieber  entweder 
da  guUrttgea  oder  als  ein  liosartiges  zu  beseichnen  haben. 
Aber  schon  seit  langer  Zeit  hat  man  diese  oberflächlichen 
Betrachtimgen  verlassen  und  nur  einer  bestimmten  Reihe  von 
Krankbeksfonraen  den  Namen  „Kindbettfieber''  gegeben.  Die 
pathologisebe  Anatomie  bat  das  Vorhandenseih  verschiedener 
Localverletaongen  nacligewiesen,  welche  sich  in  überein- 
stiminender  Weise  in  denjenigen  Fällen  von  Kiodbettfieber 
finden  lassen,  die  mit  dem  Tode  geendigt  haben.  Die  Benennung 
Kindbettfieber  als  einfacher  Ausdruck  eines  Symptoms  oder  einer 
Symptonienreihe  erschien  deipnach  unzureichend  und  musste 
dem  vid  mehr  umfassenderen  Namen  „Puerperal -Krankheiten'' 
w«M^n.  So  glaubte  man  die  anatomischen  Producte,  so  ver- 
*  schieden  nach  den  verschiedenen  Organen  des  Korpers  besser 
ordnen  zu  können,  und  das  Resultat  davon  war  die  Eintheilung 
des  Kindbettiehers  in  eine  Menge  von  Krankheitsfonhen,  an 
die  man  die  Endsilben  „itis"  hing  und  daher  in  Monographien 
handelte  von  Peritonitis,  Metiitis,  Metrophlebiüs,  Metro- 
lympbangitis,  Endometritis,  Oophoritis,  Entero-colitis,  Scarlatina 
and  Phlebitis  an  den  ExtreoMtaten.  Aber  diese  wahre  Manie 
zu  {«N^lisirett  hatte  auch  wieder  ihre  Unbequemlichkeit^, 
indem  sie  Schwierigkeiten  für  die  Diagnose  und  Therapie 
herbcifilhrte.  Denn  sdten  war  das  Fieber  durch  eine  einzige 
örtlidie  Erscheinung  charakterisirt;  oft  sah  man  m  einem 
und  demselben  Falle  mehrere  der  angenommenen  Formen 
anAreteo.  Man  fing  daher  von  Neuem  an  zu  generalisiren 
und  das  Kindbettfieber  auf  drei  Hanptformen  zurückzuführen : 
Peritonitis,  Pyaemie  und  Endometritis  puerperalis.  Aber  in 
dieser  Eintheilung^  grösstentheiis  nach  den  Localaffectiouen 
festgestellt,  fenden  sich  diejenigim  Fälle  ausgeschlossen,  deren 
tddtbehem  Ausgange  eine  krankhaft  veränderte  Blulmischung 
ZMB  Crundi  lag.  Daher  erfuhr  sie  bald  Einwürfe  und  man 
kam  aof  eine  neue  Eintheilung  des  Kindbettfiebers  nach  so- 
genannten Crasen:  ilyperinose,  Pyaemie  und  Sepsis.  Es  ist 
überflüssig,  uns  hier  mit  den  besonderen  Criterien  .dieser 
Arten  auftubalten,  aber  es  muss  angeführt  werden,  dass 
unsere  Kenntnisse  über  die  Piierperalcrase  sehr  mangelhaft 
sind:  dass  die  chemischen  und  mikroskopischen  Untersuchungen 
trotz  itorer  Fortschritte  auf  keine  befriedigende  Weise  in  das 

22* 


340    X^I«  «.  Siebold,  BatrAchinngen  über  d«8  Klftabettfisber. 

iDoerste  jener  Grasen  gedrungen,  und  das»  die  Usher  ge- 
wonnenen Resultate  nur  in  einigen  Hypothesen,  wüihreiid  des 
Lebens  oder  nach  dem  Tode  gewonnen,  bestdaen,  wdehe 
für  das  Urtheil  über  die  anomale  Mischung  des  Buntes  a  priori 
beweisführend  sein  sollen.  So  hat  der  erfmderische  Geist 
fortwährend  Theorien  aufgestellt,  welche  bald  als  illusorisch 
wieder  verschwinden,  um  anderen  Platz  zu  macJien« 

Wie  dem  auch  sei,  nach  dem  gegenwärtigen  Zustande 
der  Wissenschaft  wird  das  Kindhettfieber,  wie  der  Typhus, 
die  Cholera,  als  eine  zymotische  Krankheit  mit  acutem  Charakter 
betrachtet.  Man  giebt  bekann^icb  diesen  Namen  aUea  acuten 
Krankheiten,  in  welchen  sich  die  Blutbeschaffienhett  durch  die 
Bildung  Ton  Auscheidungsproducten  versdiiedener  Natur  ver- 
ändert. Die  Benennung  ^zymotische  Krankheit''  ist  denuiaelr 
gleichbedeutend  mit  Gährungskrankheit  Man  kehrte  mit  einigen 
Modificationen  zu  der  Ansicht  der  alten  Hümoralpatbologie 
zurück,  dass  das  Blut  einen  Gährungsprocess  eingehe,  be- 
sonders in  febrilen  Krankheiten,  wo  man  Ton  einem  Stadium 
der  Crisenkochung  sprach.  Mit  dieser  Theorie  hat  die 
Generalisation  ein  neues  Feld  gewonnen.  Die  allgemeine 
Affection,  die  Krankheit  des  Blutes,  betrachtete  man  als  den 
Hauptpunkt  des  Kindbettfiebers;  die  verschiedenen Localisationeo 
oder  örtlichen  Erscheinungen,  welche  die  pathologische  Afiatonue 
eine  Zeitlang  als  eigentlich  charakt^istische  Merkmale  aa- 
gesehen  hatte,  sollen  als  Producte  der  Gährung  oder  als  Aus- 
scheidungsproduGte  angesehen  werden,  und  so  konnte  man  «Otter 
dem  passenden  Ausdrucke  „Puerperalprocesse'*  alle  AnomaUen 
des  Wochenbettes  zusammenfassen.  Obgleich  nun  die  Meinung, 
welche  das  Wesen  des  Kindbettfiebers  in  eiijer  BlutTeränderung, 
hervorgebracht  durch  ein  Miasma,  bestehen  lässt,  wodurch 
die  zahbeichen  örtlichen  Affectionen  nur  secundär  aultaneten, 
in  unseren  Tagen  nach  dem  Vorgange  von  Kwisch  oad 
Litzmann  zahhreiche  Anhänger  findet,  so  kann  man  doch, 
wie  wir  glauben,  zwei  wichtige  Einwürfe  gegen  diese  Hypothese 
nicht^mit  Stillschweigen  übergehen: 

1)  Das  Kindbettfieber  zeigt  sich  sporadisch  und  entwickdt 
sich  in  Folge  einer  Puerperalmetritis,  eine  Erfahrung,  die  in 
keiner  Weise  bezweifelt  werden  kann.  Es  muss  demnach 
ein  Unterschied  zwischen  einer. einfachen  Puerperal- InAaromalion 


XXL  «./{i06#M,B«tra€htmigeD  über  das  Kindbettfieber.    341 

des  DCenis  und  der  Metrilis  in  Folge  yod  Puerperalfieber 
gemacht  werden,  so  dasa  man  in  leuterem  Falle  die 
Metritis  eine  secundfire  RoUe  spielen  lässt,  wie  z.  B.  die 
Angina  im  Scharlach  oder  die  Bronchitis  im  broncbitiscben 
Tjfphus. 

8)  Die  MeBDung,  welche  im  Kindhettfieber  ein  Wesen 
sin  geaeris  erkennen  will,  verträgt  sich  nicht  mit  dem  gegen- 
wirligeB  Zustande  der  Median  in  ihrem  Streben  nach  exacter 
Wissenschaft.  Die  Physiologie  und  organische  Chemie  waren 
bis  jelxl  nicht  im  Stande,  das  eigentliche  Wesen  des  krank- 
haften Proeesses  aofenhellen,  und  man  hat  bis  heute  die 
Frage  noch  nicht  beantworten  können,  worin  besteht  denn 
eigentüch  die  veränderte  Blutmischung,  auf  die  man  sich 
Mtzt?  Man  hat  noch  in  keiner  Weise  eine  specifiscbe 
Puerperal «-Dyskrasie  nachweisen  können,  und  so  lange  einer 
Theorie  die  positiven  Beweise  fehlen,  muss  m«i  sie  als 
Hypothese  betrachtea 

Auf  der  anderen  Seite.  mCbsen  wir  aber  auch  die  ver- 
schiedenen Beweise  sur  StAtze  jener  Theorie  hervorheben. 
Im  Allgemeinen  wird  bei  dieser  Krankheit  eine  grosse  Anzahl 
von  Organen  zu  gleicher  Zeit  ergriffen  und  nur  ausnahmsweise 
localisirt  sich  die  Krankheit  auf  ein  ^ziges  Organ  oder  Gewebe. 
Alle  Localentzändungen  haben  eine  Neigung  zu  bedeutenden 
Eisudaten   und   sind   mit   septischem  Zerfall  der  gebildeten 
Eisudate  verbunden.    Am  häufigsten  ist  Fieber,   wekbes  den 
Locahffectionen  vorausgeht  und  enorme  Pulsfrequenz  das  erste 
Symptom  der  Krankheit.    Die  in  den  festen  Theilen  erkenn- 
baren Veränderungen  stehen  nicht  immer  mit  der  Intensität 
des  Fiebers  und  der  Krankheit  in  gleichem  Verhältnisse  und 
g^ade  in  den  Fällen,  in  welchen  der  Verlauf  ein  sehr  rapider 
ist,  zeigt  oft  die  Section  unbedeutende  Sporen,  ja  nicht  selten 
nicht  das  Mindeste  von  einer  Localaffection.     Eine  künstlich 
btifirkte  Umänderung  des  Blutes  bringt  Phänomene  liervor, 
ivddie  mit  denen  des  Kindbettfiebers  identisch  sind.     Wenn 
man  in  die  Venen  eines  Thieres  Eiter  einspriut  oder   souaV 
eine  sdiäifliche  Flüssigkeit,   so  stellt  sich  Aufregung,    Fieber 
ein  und  es  bilden  sich  in  verschiedenen  Organen  mehr   oder 
weniger  entzündliche  Resultate,  besonders   in   den  Schleim- 
mir  wrteen  Häuten,   oder   es   tritt    mitten   unter  oervöa^u 


342    ^^I*   «.  iSftV&oIil,  Betracfatniigreii  über  das  Kladbettlieber. 

Erscheinungen  von  holier  Intensttüt  6er  Tod  ein,  ^ne  daM 
an  irgend  einem  Organe  sirii  anlTaUende  VerSnderungen  zeigen. 
Alle  Miasmen  und  conlagiösen  Stoffe  scheinen  ihre  Wirkung 
durch  eine  ahnliche  Blutalteration  zu  zeigen. 

Im  Folgenden  wollen  wir  näher  auf  die  StiologisebeO' 
Verhältnisse  des  Klndheltfieliers  eingehen ,  dann  die  Pathogenese 
und  Therapie  dieser  Krankheit  in's  Auge  fassen  und  auf  die 
Untersuchungen  und  Meinungen  der  letzteren  Zeit  über  4k%W 
Gegenstand  Rücksicht  nehmen. 

Das  Kindhetlfieber  hat  einen  miasmatisehen  oder  oonfagiosetf 
Vrspnmg.  Die  Ausdrücke  Coniagium,  Miasma  und  Infection 
müsstm  hier  als  so  ziemlich  synonym  angesehen  werden.  Si« 
zeigen  nur  nach  dem  Sinne,  den  man  ihnen  hier  unterlegt,  die 
yerschiedenen  Wege  an,  auf  welchen  die  Krankheiten  sich  fort- 
pflanzen. Wenn  gleich  der  miasmatische  Ursprung  der  Krankheit, 
d6n  man  ziemlich  allgemein  anerkennt,  ja  sogar  als  bf^stftndiges 
Criterium  ansieht,  ron  atmosphärischen  EinflAasen  sdiJiingend 
angenommen  wird,  so  sind  wir  dodi  in  Bezog  auf  die 
Aendenmgen  der  Atmosphäre,  wetehe  in  ihrem  Yereme  unter 
dem  Namen  Miasma  begriffen  werden,  yM\%  im  Ungewissen. 

Die  Gegenwart  eines  Miasro.i  kann  nicht  direct  bewiesen 
werden,  sie  lässt  sich  nur  an  ihren  Folgen  erkennen.  Man 
nimmt  gewöhnlich  an,  dass  die  Luft  mit  schfidlkiben  Stoffen 
▼erunreinigt  sei,  welche  von  der  Verderbnise  der  Puerperal- 
excretionen  ausgefiend  an  die  Atmosphäre,  zninal  bei  Ueber- 
föilnng  und  unzureichender  Ventilation  gebunden  seien,  und 
dass  diese  Luft  der  Hauptträger  der  Verbreitung  des  Kindbett- 
fiebers sei;  so  glaubte*  man  erklaren  zu  ktenen,  warum  sieb 
in  Gebäranstalten  in  Folge  der  Einathmung  solcher  Lufl  die 
Krankheit  entwickele. 

Zum  weiteren  Beweise  des  miasmatisdien  Ursprungs  der 
Krankheit  führt  man  an,  dass  dieselbe  so  oft  epidemisch  uml 
zu  derselben  Zeit  in  verschiedenen  Localititen  sich  zeigt,  idasa 
sie  einen  regelmässigen  Verlauf  hat,  und  ohne  Untersdiied 
auf  Individualität,  Aher  und  Stand  ihre  Opfer  fordert  Unter 
einer  Reibe  von  verschiedenen  Ursachen  ist  es  unzweifelhaft, 
dass  die  Hauptrolle  der  Genius  epidemicos  spieh.  Um  sieh 
davon  zu  überzeugen,  hat  man  nur  mit  Aufmerksamkeit  die 
Geschichte  der  Krankheit  zu  erforadien  »d  man  wM  sMl 


XXl.   9.Sisbold^  Betr«chtiiiig#n  über  da«  KindbettQeber.    343 

äbafeugeu,  wie  viel  Beobachter  dario  mit  einander  öbereio- 
flünuneD,  dass  zu  gewieeen .  Zeiten  immer  Wöchnerinnen  in 
bestimmten  geographisch  mehr  oder  weniger  ausgebreiteten 
G^enden  in  mehr  oder  weniger  betiichtlicher  Zahl  erkranken. 
Diese  Tbataachen  werden  mcht  allein  durch  Berichte  aus  Gebär- 
aastaUeu,  sondern  auch  von  Aerzten  kleiner  Städte  beglaubigt, 
ja  auch  häufig  wird  dieselbe  Beobachtung  auf  dem  platten 
Lande  gemacht  Man  fühlte  daher  seit  längerer  Zeit  das 
Bedorfniss,  die  atmosphärisch -cosraisch- tellurischen  Einflösse 
genau  zu  studiren,  um  ihre  schädliche  Wirkung  auf  die 
WöcbnertAuen  kennen  zu  lernen;  aber  alle  ForscbongeD,  auf 
diesem  Felde  angestellt,  haben  bi^  Jetzlc  kein  positives  Resultat 
gehabt  Es  bat  sich  herausgestellt,  dass  eine  Kindbetterin^ 
£|Ndemie  unter  verschiedenem  Clima  und  Witterungswechsel 
aiifkreten  könne;  Alles,  was  wir  nach  unserer  Erfahrung  als 
fesMebend  aimehmen.  könnea,  beschränkt  sich  darauf,  dass 
die  häufigsten  und  bösartigsten  Epidemien  mehr  im  Winter 
und  Frühjahre,  als  im  Sommer,  auftreten,  dass  eine  im  Winter 
herrschende  Epidemie  plötzlich  .aufhört,  wenn  die  Witterung 
milder  und  wärmer  wird,  so  wie  dann  die  Krankbeil  im  Laufe 
einer  Epidemie  hei  plötzlichem  Eintritte  von  kaltem  und  strengem 
Wetter  bedeutend  zununmt.  Der  epidemische  Einfluss  giebt 
sich  aber  nicht  allein  in  der  Zahl  der  ergriffenen  Individuen 
zu  erkennen,  sondern  zeigt  sich  auch  in  dem  Charakter  der 
Krankheit,  so  dass  während  einer  Epidemie  in  den  einzdnen 
Fällen  bald  der  Charakter  der  Hyperinose,  bald  der  Charakter 
der  Septicämie  vorherrscht;  ja  die  Localisationen  der  ver- 
schiedenen Processe  scheinen  ebenfalls  dem. genannten  Einflüsse 
zu  unterliegen,  denn  in  gewissen  Epidemien  beobachtet  man 
bei  den  LeichenunLersuchungen  bald  nur  Fälle  von  Endometritis, 
bald  nur  von  Peritonitis,  Lymphaogitis  oder  von  metastatiscbe« 
Abscessen. 

Man  wollte  zur  Erkiäruiig  dieser  Epidemien  die  Parasiten- 
Theorie  von  J2ien2e. heranziehen;  aber  auch  das  scheiterte  an 
dem  direeteo  Beweise,  dsss  sich  bei  den  zymotischen  Krankhjc^iton 
Parasiten  im  Blute  nicht  auffinden  lassen.  Will  man  indessen 
die  Idee  einer .  bestimmten  Form  des  Ansteckuugsstoffes  nicht 
ganz  aufgeben,  so  wäre  vielleicht  der  Satz  aufzustellen,  dass 
die  »ymotischea  Processe,  welche  sich  zur  Epidemie  gestalten. 


344    XXI..  V.  8id>oldj  Betracbtongen  über  das  Kindbeltfieber. 

einen  flüchtigen  Stoff  entwickelten,  der  die  Macht  besSsse,  bei 
einem  dazu  prädisponirten  Individuum  eine  Gährungskranbheit 
hervorzubringen.  Die  zymotiscben  Krankheiten  besiüEen  besonders 
in  ihren  Secreten,  Eiter,  Jauche,  Lymphe  n.  s.  m.  gewisse  Stoffs, 
weiche  in  den  Organismus  eines  anderen  IndivMuums  gebradit,, 
unzweifelhaft  fähig  sind ,  eine  Krankheit  zu  erzeugen.  Jedes  Mai 
zeigt  sich  die  cataly tische  Kraft  der  Gähmng,  geschehe  diese 
durch  Zellen  oder  durch  eine  unbekannte  diemische  Zosamme«- 
Setzung  der  Ausscfaeidungsstoffe.  So  lange  die  Secretions* 
und  Excrelionsstoffe  diese  cstalytische  Kraft  im  flüssigen 
Zustande  bebalten,  kann  man  sich  auf  einen  gewissen  Punkt 
von  dem  Uebergange  in  die«  zymotischen  Processe  öberseagee. 
Aber  wenn  die  Trager  dieser  catalytischen  Eigenschaften  an- 
fangen zu  vertrocknen  und  durch  den  Luftzug  in  dem  uns 
unbekannten  Zustande  weiter  getragen  werden,  muss  man 
sich  mit  der  Annahme  bf^gnugen,  dass  bei  einem  prädisponirten 
Individuum  der  Gährungsstoff  im  trockenen  Zustande  im  Blute 
denselben  Gährungsprocess  hervorbringen  kann.  Die  Frage, 
ob  das  Kindbettfieber  einen  directen  genetisdien  Zusammenhang 
mit  anderen  endemischen  und  epidemisdien  Krankhriten  habe, 
mit  welchen  man  dasselbe  so  oft  zu  gleicher  Zeit  auftreten 
sieht,  diese  Frage  ward  häufig  bejahend  beantwortet,  besonders 
in  dem  Punkte,  der  die  Identität  des  Kindbettfiebers- Miasma 
mit  dem  des  Erysipelas  und  des  Hospitalbrandes  betrifft. 
Wir  glauben  den  Beweis,  das  das  Miasma  nicht  bei  WöchneriraaeD 
allein  seine  schädliche  Kraft  äussert,  dadurch  liefern  zu  ktenen, 
dass  eine  grosse  Anzahl  von  Kindern  dann  todt  geboren 
werden,  dass  häufige  Blutflusse  während  und  nadi  der  Gebinl 
eintreten,  und  dass  die  Kinder  von  solchen  Frauen  geboren, 
welche  später  vom  Kindbettfieber  befallen  werden,  oft  in 
Folge  eines  eigenthümlidien  Zustandes  von  Blutdissolatiod 
schnell  sterben. 

Die  Contagiosität  des  Fiebers  hat  zu  jeder  Zeit  Aea  so 
viel  Widersacher  als  Vertheidig^  gefanden,  und  der  Streit 
über  diesen  Punkt  ist  noch  nicht  beendigt  Um  die  Contagiosität 
zu  beweisen,  führt  man  gewöhnlich  an,  dass  die  Krankheit 
nicht  selten  auf  gewisse  Localitäten  oder  bestimmte  Ab* 
theilungen  einer  Gebäranstalt  sich  m*strecke,  dass  Frauen,  die 
sich  ganz  wohl  befunden  und  aus  gesundeh  Gegenden  kamen, 


I 
XI3;  «.MfroM,Betnelit«ng«ailb«rda8Ki»dbeUfieber.    346 

MhM  m  als  GebM*eDde  in  diese  Rduiae  einlraleD,  wiorl  nacita 
ihrer  Niederknoft  yoid  Kindbettfieber  ergvifien  wurden  u<  &  w« 
Dagegen  wirft  iiian  ein,  dass  manche  Wöehnennoen  in  dem* 
selben  ZinNuer  mit  vielen  Kranken  zasammenliegend  dewuich 
gesund  blieben,  dass  dagegen  andere  Frauen,  in  seporirte 
ZiDimer  allein  verlegt,  dennoch  von  der  Krankheit  ergriffen 
wurden.  Wir  sind  der  Meinung,  dass  die  in  GebäranstaUeo 
beobaehlelen  Epidemien  in  keiner  Weise  zur  Ldsimg  obiger  Frage 
beilragen  können,  weil  man  hier  am  wenigsten  onterscheidea 
kami,  auf  welebem  Wege  sich  die  Krankheit  rerhreitet  hat 
Die  Privatpraxis  liefert  aber  «me  Menge  Tbatsachen,  welche 
fdt  die  ContagioaiUtt  sprechen.  »YerscMedene  Male  hat  man 
.beobaclilet,  dass  die  Krankheit  sich  ausschliesslich  auf  die 
Praxis  einzelner  Geburtshelfer  oder  Hebammen  beschrinkte, 
als  wenn  jene  aüem  Anschane  nach  von  da  oder  dort,  oft 
vrail  her,  durch  Geburtshelfer,  Hebammen  mid  Wärterinnen 
verschleppt  worden  wäre.  In  der  That  muss  man  zugeben, 
dass  fast  jeder  Fall  eine  andere  Erklärung  auliess,^  aber  nach 
eintr  genauen  Ertorscbung  der  einzelnen  Umstände  sdilen 
doch  immer  jede  aadere  ErUinmg  gewagt  Was  uns  ah-^ 
betrifft,  so  zählen  wir  uns  zu  den  Contagionisten  und  sind 
fest  überzeugt,  dass  das  Kindbettfieber  durch  Inoculation 
mitgjstheilt  und  verbreitet  werden  kann,  und  dass  folglich 
gesunde  Wöchnerinnen  durch  Linnenzeug«  welches  durch 
putride  Lochien  vermveimgt  ist,  besonders  durch  solches, 
welches  zu  Umschlägen  oder  Tampons  verwendet  war,  oder 
durch  schlecht  gereinigte  Schwämme,  ja  selbst  durch  die 
Hände  von  Geburtshelfern  oder  Hebammen  angesteckt  werden 
k&nnen,  und  wir  gründen  darauf  unsere  Memung,  dass  alle 
septiflchen  Exsudate  eingeimpft  ihre  schädliche  Wirkung  zu 
äussern  im  Stande  seien.  Die  eiterige  oder  ichordse  Blut- 
infectioff  des  lebenden  Organismus  durch  deletare  Stoffe,  wie 
wir  sie  besonders  im  Leichengiflte  finden,  hat  bekanntlich  in 
der  NetiSMt  der  wissenschaftlichen  Untersuchung  ein  weites 
Pdd  er5fltaet  Semmeiweie  sprach  im  Jahre  1848  die  Theorie 
der  Leicheninfection  als  Hauptursache,  ja  sogar  als  einzige 
Ursache  der  Puerperal -Epidemien  aus.  Nact)  ihm  besässen 
die  Leichen 'Molecule,  welche  nach  Sectionen  oder  Uebungen 
an  Gadavern  aa  den  Fingern  haften  bhehett«  ja  salbst  der 


I 
846    XXI.   «.^SMciId,  BetnieliMi«tMiaberdA0  Kliid^«ltfiflber. 

Leicheiigerach,  der  selbst  nach  Waacfaungea  mit  Seifdowasscr 
zurückbleibe,  die  Eigeneehaft,  die  Piierperalprocesae  bei  oecbber 
vorgeDommeiieB  inneren  Unt^rsuefaungen  w&hrend  der.  Geburt 
cÜBZuimpreii.  Er  empfahl  daher  Waschungen  mit  Chhurkaik^  11« 
der  lafeetion  auf  diesem  Wege  zuvorzukoaunen.  Semmdwei^ 
fand  in  Skcda  canen  eifrigen  Vertheidiger  seiner  Ansicht.  Es 
gehftrt  nicht  hierher,  weiter  in  die  Beweise,  welche  dieser 
Theorie  zur. Stütze  dienen  seilen,  einzugehen  uüd  die  ver- 
sehtedenea  Ansichten  der  Geburtshelfer  über  diesen  Punkt 
anzuführen.  Es  genüge,  zu  bemerken,  dass  die  Acadamie 
de  medecine  in  Paris  unter  dem  Vorsilze  von  Orßla  durch 
eine  gründlidie  wisseoschafUiche  Prüiung  sich  dagegen  er- 
klärt hat.  1) 

Genug,  über  die  Theorie  der.  Leicheninfociien  ist  gegen* 
wdrtig  das  Urth^  gesprochen:  sie  muss  für  übertrieben  und 
für  zu  excIusiY  aageseben  werden.  Es.  istUnliuglich  bewiesen, 
dass  in  einigen  FäUen  die  Kranklieit  durch  eine  ühuliche  Infection 
hervorgebrarcbt  wurde,  und  wir  würden  diejenigen  emsiiicb^ 
tadeln  müssen,  welche  sich  eriauhten,  eine  ExfdQratiui  oder 
Operation  bei  schwangeren,  gebärenden  oder  niedergekoBinienen 

1)  Dieselbe  Widerlegung  hat  die  Semmeltoei*^ ache  AnDahme 
auch  von  vielen  anderen  Seiten  erfahren,  nnd  es  i^t  nachgewiesen, 
dass  die  Uebertragung  voti  Leichengift  allein  dtfn  Ausbruch  dei 
KindbettflebeTs  wenigsten«  nicht  in  allen  Fftllen  «rklärt  Wir 
nnterscb reiben  aber  veUkommen,  wa«  Lehmamm  in  dem  Folgenden 
über  die  Möglichkeit  einer  solchen  Infection  anglebt,  sumal 
wenn  solche  Verhältnisse  obwalten,  wie  aie  Semmehoeit  von  Wien 
aus  gemeldet  hat,  dass  aus  dem  dortigen  Leichenhanse  das 
Leichengift  unmittelbar  ^nrch  Untersuehnng  mit  nnreinen  HZnden 
anf  QebZrende  xu  s.  w.  fibergetragen  wurde.  Bs  kann  hier  nioki 
Vorsicht  genug  empfohlen  werden,  und  es  sind  dafür  die  von  S. 
angerathejiett  nnd.  geübten  Waschungen  mit  .Chlorkalklösung  in 
individuellen  Fällen  gewiss  an  ihrer  Stelle.  Semmehcet»  hat  über 
diesen  Gegenstand  in  einer  eben  erschienenen  Schrift:  »Die 
Aetiologie,  der  Begriff  und  die  Prophylaxis  des  KiAdbettÜebem. 
Pest,  Wien  u.  Leipsig  1861.  S.**  noch  einnal  su  Gunsten  teiiier 
Anaieht  dM  Wort  eri^riffen.,  ist  aber  dabei  in  ao  maassloser  Weise 
gegen  Alle,  die  nicht  seiner  Meinung  sind  oder  auch  nur  Zweifel 
über  dieselbe  zu  äussern  wagten,  zu  Felde  gezogen,  dass  wir 
solches  nur  aufrichtig  bedauern  können,  da  die  Sache  selbst 
einen  gnten*Eern  hat,  für  Wien  namentlich  von  grösser  praktiecher 
Bedeatnng  war  nnd  nirgend  ▼ergesaen  wenlnn  MÜtCi 


XXl.  9.8UiMd,  Betraeliniiig«ti  Ober  das  RhiAettfieber.    347 

nmucn  mit  Hftdriko  vomindimeD,  wtkhe  etlbst  nuch  imder^ 
holten- Wasehfvngien  immer  noch  eine  Sj^uf  von  Leicbengenich 
an  sich  hügen.  Aber  es  ist  lu  weit  gegangeo,  wemi  man 
<es  als  die  einsige  Ursache  des  Kiodfoettfithers  ansehen  «nd 
dmrclr  stedas  so  hfiifige  Auflreten,  den  Msartigen  Gharahter 
and  die  eptdemiscbe  Yerbreitong  der  Krankheit  in  GebAp- 
anstauen  erkUren  wolMe.  Man  muss  vielmehr  die  mangelhaften 
LoealtHten  solcher  Ansiriien,  ihre  nnaareicbende  LQfUmg,  die 
leitweise  zu  grosse  OeherfuUong  «it  Wöchnerinnen  in  Betracht 
ziehen,  weiche  bei  der  Erzengving  massenhafter  übeiriecbender 
Secretionen  leicht- jenen  cbarakterislisohen  PnerperaU Genich 
bewirk^,  und  endlich  eine  AüzaU  anderer  Umstände  nichl 
iM>ersehen,  aus  weleben  sich  hinUngiich  die  Entstehung  der 
Epidemien  im  Allgemeinen  oder  wenigstens  in  ifnsereu  Gobftr- 
anstalteo  erkMren  lassen. 

Das  Miasma  oder  Contagium  biMet  in  jedem  Falle  nur 
einen  Factor  der  Entwickeiung  des  Kindbettfiebers  und  wir 
haben  jetzt  einen  nicht  weniger  wichtigen  anderen  Factor  in 
seinen  Eigentfaömlichkeiten  zu  betrachten,  nSmlich  die  Puerperal» 
Constttutibnr.  Der  biologische  Zustand  einer  Wöchnerin  bietet 
so  viele  ihni  ^igenthAmlicbe  Pliftnomene  dar,  dase  man  zu 
jeder  Zeit  aus  diesem  Zustande  den  Ursprung  des  Kindbett-' 
fiebere  bersnleiten  sich  bemüht  hat  Man  würde  sicti  indess«» 
einer  grossen  Uebereilong  schuldig  ^machen,  wenn  man  diese 
Krankheit  als  das  nothwend%  erfolgende  physiologische  Resultat 
des  Gebäractes  und  des  Wochenbettes  ansehen  woUte*  Die 
Puerperal -Gonstilotion  hängt  nothwendiger  Weise  von  Ver- 
ändeHmgen  ab,  die  im  Organismus  der  Frau  während  der 
Schwangerschaft,.  Gebart  und  des  Wochenbettes  von  sich  gehen 
und  die  man  in  der  Vermehrten  YitditU  in  den  GenMaüen, 
m  der  vertoderten  Bhitbildung  und  der  allgemeinen  Aufregung 
des  Nervensystems  zn  suchen  hat  Nicht  selten  beobachlel 
man  sehen  während  der  Scbwaqgersebaft  Erscheinmgen,  welche 
sorgOMtg  geprOft  als  mit  dem  Kindbetlieber  im  Zusammen* 
bange  st^iend  äqgesehen  werden  müssen.  So  beobachlet 
man  zuwdien  den  )ri6tzlicben  Eintritt  von  Fj^ber  mit  Frdsten, 
begleitet  von  Sehmerzen  m  der  Uterin-  ui^d  Inguinalgegend, 
wodnrchr  Aboitus  oder  Frdigeburt  angeregt  wird;  später 
Sehiwfi4sbe  lier  Utarb-^idalracCiimen,  beMge  krankhafte  Be^ 


348.    XX].   o.iS»9M<{,B«trMbUiiig*näberd«alUiidb«tlfielNir. 

schw«nien  mit  laagsaniein  Verlaufe  der  Geburt  und  jeue  so 
aulTallende  Puerperal -Pfayaiogaoiiiie,  Blutflfiase  im  dar  fOnftso 
Geburtsceit;  Geburten  tou  todten  Kindera,  die  der  Epidemiie 
beraubt  sind  oder  die  bald  nach  der  Geburt  unter  deli 
Symptomen  ?on  Cachexie  sterbe;  alle»  Umsttade,  welche  so 
beweisen  scheinen,  dass  die  Krankheit  bereite  während  der 
Schwangerschaft  im  Anzüge  war«  Man  muae  unter  andern 
bemerken»  daaa  diese  Frauen  schon  einige  Stunden  naeh  der 
Geburt  eine  intensive  Form  des  Kindbettfiebers  darbeten, 
welches  rasch  tödtlich  iendete,  und  dann  bei  der  Seetion  di^ 
selben  Ergebnisse  finden  liess,  wie  sie  bei  einem  IVecesae 
statthaben,  welche  sich  eine  bestinonte  Zeit  nach  einer  recht* 
zeiligen  Geburt  entwickelte.  Das  sind  solche  Falle,  wekhe 
Kitoüch  mit  dem  Namen  Schwangerschaftafieber  belegt  Daraus 
folgt,  dass  die  schädlichen  Einflüsse,  wenn  sie  sieh  zu  gewissen 
Blutveränderungen  gesellen,  sowohl  während  der  Schwanger- 
acbaft  als  während  des  Wochenbettes  rasch  eine  Störung  und 
Disharmonie  im  Blut-  und  Nervenleben  hervcNrbrragen  können« ' 
Man  muss  die  Ansicht  einiger  Schriftsteller  ^uräckweisen, 
weiche  glauben,  dass  Plethora,  die  sich  in  der  Schwangerschdfe 
durch  das  Aufhören  der  Menstruation  bildete,  als  prädiaponirende 
Ursache  angesehen  w^'den  müsse;  denn  es  ist  leicht  zu 
berechnen,  dass  das  Blutcpiantum  von  zehn  Catamenialperieden 
kaum  das  Drittel  des  Gewichtes  eines  ausgefragenen  wohK 
entwickelten  Fötus  beträgt  und  dass  dieser  zu  seiner  Ent- 
Wickelung  einer  viel  grösseren  Quantität  dieses  Fhiidums 
bedarf,  als  diejenige  beträgt,  welche  im  Organismus  durdi  die 
Aufhebung  der  monatliehen  Ausscheklung  zurückgebalten  wird» 
Der  Geburtaact  selbst  ist  von  einer  vermehrten  Nerven- 
(hätigkeit  und  von  verschiedenen  Metamorphosen  begleitet, 
welche  auf  die  prädisponirenden  Ursachen  der  Krankheit  Ein*- 
fluss  haben.  Was  die  Vermehrung  der  Hyperioo«e  .hetriflt, 
so  hat  achon  HmU  auf  die  Analogie  aufmerksam  gemacht» 
welche  zwischen  einem  Fieber  und  den  Geburtsschmerzen 
stattfindet  Durch  die  rasche  Vi^'kleinerung,  welche. während 
der  Geburt  die  Gebärmutter  erfahrt,  hört  der  Druck  auf  die 
Nachbarorgane,  welche  diesen  so  lange  erfahren  haben,  auf, 
so  dass  das  Blut  mit  Kraft  und  Leiehtigk^t  denselben  wieder 
zuströmen  kann,  aber  zuj^eich  wM  dadurch  eiae  uftgieififae 


ZXI.   «.SJfMii,  B«tMehtiuigeiiilberdMKliidb«ttfleb«r.    349 

VertheihHig  dts  Bhites  bewirkt,  sowie  Staeen  und  Hodücation 
der  lonenration  die  Poige  daron  sind.  Noch  grösser  ist  der 
schiiHiche  Bnrfhiss,  welchen  der  Geburtsact  auf  die  EmSbmng 
ansäht,  sumal  wenn  derselbe  lange  dauert  Wir  stimmen 
vollkommen  den  Erfidurungen  von  Busch,  Simpttm,  Settn^soni 
bei,  weiche  geseigt  haben,  dass  die  Entwickehmg  von  Pnerpenü- 
Processen  und  die  Sterbliehkek  der  Wöchnerinnen  in  geradem 
VerfaUtnisse  mit  <ler  Dauer  d^  Geburt  steht.  Den  Grund 
dieses  schädlichen  Einflusses  muft  man  auf  der  einen  Srite 
in  der  Erregung,  welche  die  Geburt  im  Nervensysteme  und 
mitudbar  im  Blute  bewirkt,  auf  der  anderen  Seite  in  der 
fortwStHnenden  tranmattschen  Rei^ng  der  Genitalttm  suchen, 
wie  auch  der  Umstand  nidit  zu  übarseben  ist,  dass  es  gerade 
die  fange  dauernden  Geburten  sind,  wdche  so  hinfig  Kunst- 
hWe  verlangen,  deren  Folgen  nicht  immw  als  unschuldig 
angeselM«!  werden  können.  Jedennann  weiss,  dass  durch 
schw^e  Wendungen  oder  gewaltsame  Zangenoperationen  so 
kidit  Contusionen  der  GescUecfatstheüe  hervorgdiiradit  worden, 
weidie  eine  traumatische  EntzAndung  und  Septicaemie  im 
GdUge  haben.  Wenn  wir  daher  den  Vertauf  einer  Geburt 
ab  ein  Ätiologisches  Moment  des  Kindbetifiebers  betrachten, 
so  darf  man  zugleich  nicht  üb«*s^en,  dass  nacht  selten  die 
Geburt  Anomalien  zeigt,  weil  die  veränderte  Bhitmisdiung 
bereits  Sunen  schiffichen  Einfluss  auf  geiwisse  Functionen  vor 
der  Geburt  geäussert  hat  Die  Erfehrong  hat  uns  oft  gelehrt, 
das»  man  besonders  während  einer  Epidemie  manchmal 
scbwacfae  und  spasmodisehe  Wehen,  Hämorrhagi^  m  der 
fünften  Gehnrtsperiode  und  in  den  ersten  Stunden  nach  der 
GdMirt,  «idü^  den  Ted  des  Kindes  vor  oder  während  der 
Geburt  beobachtet  und  dass  man  einen  grossen  Fehler  be- 
geben wörde,  wenn  man  alles  Dieses  nicht  auf  Rechnung 
des  Kindbettfiebers  setz^  wollte,  welches  erst  später  in  Folge 
afi«*  diefler  Gd^urtssiörungen  ausbricht  Im  Gegentheile  sind 
wir  tterzeugt,  dass  man  gerade  diese  Störungen  als  Folgen 
Jenes  krankhaften  Processes  ansehen  muss,  der  bereits  den 
Organismus  «"griffen,  aber  vielleicht  noch  im  lebenden  Za- 
Stande  sich  bandet 

Dagegen   treten   im  Wochenbette   die  wichtigsten  Ver- 
äiiderai^$en  auf.    Eine  Wöchnerin  bietet  iins  in  der  That  das 


360    ^^I-  ti.iSiA9;<ltBetniGki«»8«BÜlierdMKttt4beUflBl>«r. 

Bild  einer  Verwundeten ,  durch  die  geistigen  und  birperiidien 
Anstrengungen,  durch  den  Bkitverliist  mehr  oder  wenipr 
Ersdiopilen  dar;  bei  ihr  geben  die  orgauieehen  Fnneiioiien 
neue  Ver&nderungen  ein,  so  daas  nur  die  firaste  in  verA»ehrter 
Thäligkeit  erscheinen,  während  das  Leben  in  den  Genital- 
organen zurodUrilt.  Die  progreaaive  Enlwiokelung  d«»  einen 
Theils  und  die  retrograden  Bewegungen  dea  anderen  hallen 
aim  gleichen  Schritt  Nach  der  Gehurt  •  rouss  die  groaae 
Menge  der  lAerschuBsigeff  Fibrine  ausgeaehieden  und  durch 
die  Puerperalsecretionen  wieder  in*s  Gleichgewicht  gebracht 
werden.  Koramt  diese  Ausscheidung  nicht  zu  Stande,  ao 
erfolgt  nach  der  Meinung  der  Haematopatb^ogen  eine  erbdite 
Anaaromlung  von  Faaerfitoff  in  der  Blutbahn,  Umwandking  in 
Fibrinbi-  und  tritoxyde  und  eine  Diiaposition  2u  fiinlgerinnungen 
(bopexie),  wodurdi  der  Grund  xu  den  veraehiedenen  Puerperal- 
Processen  gelegt  wird.  Zengerle  (Wurttemk  med.  Conreap.^BL, 
22 — 25,  18ö(>)  erklärt  sich  diese  vermehrte  Gerinnbarkeit  des 
Faserstoffes  dadürdi,  dass  das  ans  dem  Albumen  des  Btiites 
mittels  Oxydation  eines  Aiema  Schwefel  entatehesde  Fibrin 
immer  durch  Sauerstoffnitriit  höhere  Oxyprotsinferbifidnngen 
eingehe.  Er  sucht  eine  Stätze  seiner  Theorie  im  aauen« 
SfJiwcBBse  UBd  der  ^»wehnlicben  höheren  Temperatm*  der 
Wöchnerin*  Nach  Muider  legen  sich  4k  m  Folge  der  Geburt 
und  der  efweiterten  Respiration  der  Wöchnerimen  dorch 
Oxydation  gebildeten  plastiachen  Proleinoxyde  um  die  ZeUen- 
membran  der  Blutkörperchen  an^  werden  im  Gapillarsyateoae 
zum  Stoffwechsel  verwendet,  em  Tbeil  Ueibt  nach  der  Tremmng 
des  Kindes  von  der  Mutter  unverbraiicht  im  Blute  eurAck 
und  veranlasst  die  diaproiiartionelfen  VerhäUaisse  in  den  weaen^ 
hoben  Blatbestandtheäen  der  Entbundeneu. 

Die  Verwundung  der  innereo  Flache  des  Uterus,  bewirkt 
durch  Abtrennung  der  oberen  Schichte  der  Decidoa,  besonders 
aber  der  Plaoenta,  ward  von  viehm  SchriOaleUeni  ab  eine 
der  wesentlicbaten  Ursachen  der  Puerperalpracesse  angeaeboi. 
Eisentnann  hat  diese  Prooesse  mit  dem  WundAeber  vergtichen 
-und  Simpson  (Edink  monibly  Joum.,  Nov.  1850)  hat  zu 
Gunsten  der  Analogie  der  Puei^peralproceaie  und  des  nach 
acfawarcn  Operationen  folgenden  Fiebers,  Febr.  obirargica, 
verschiedene  Beweise  angeführt    Die  Umstände,  wekbe  bei 


XXI.    9,  Sißhcldy  BetrachtnogMi  fiber  das  Kinibettfitber.    351 

}!?5cliii€nr]f)nen  eine  allgemeine  Blutvergiflung  begünstigen,  wo* 
Airch  Eiter  und  andere  krankhafte  Stoffe,  wekhe  in  der 
HdUe  des  Uterus  angesammelt  sind,  in  den  aUgemeinen 
fitotstroro  Jeieht  fibergefUhrt  werden  kennen,  Rind: 

1)  Die  anf  der  inneren  GebärmutterfläiAe  vorhandenen 
klaffenden  Mändungen  der  {Jtero-Placentar-Gcfösse,  weldie 
sich  niclit  immer  vollfildndig  schlieasen,  und  sich  in  beständiger 
BerMrang  mit  den  Uterinabsonderungen  befinden; 

2)  Die  Uebertragung  krankhafter  und  anateckender  Stoffe 
aaf  die  Oberfläche  der  Scheide; 

S)  Die  zufälligen  Bntxündnng^,  welche  die  Sobleimhaut 
der  Gd>ännulter  befallen,  die  sogenannten  Puerpei^Iprocesse. 
Nach  der  jetat  allgemein  aBgenommenen  Meinang,  dass 
das  Kindbettfieber  in  einer  Verderbniss  des  Blutes  bestehe, 
ist  es  viel  leichler,  das  Yerfaältniss,  in  welchem  die  Fieber- 
bewegwig  und   die  innere  Entzündung  zu  einander  stehen, 

I  zu  erklären.    Denn  nach  dieser  Meinung  ist  das  Fieber  nicht 

die  Ursache  der  dasselbe  begleitenden  Entzündungen,  noch 
die  Entzündung  die  Ursache  des  vorhandenen  Fiebers,  sondern 
Fieber  und  Entzündung  sind  die  Folgen  einer  gemeinsamen 
Ursache,  nämlich  der  prinntiven  Mmhungsveränderung  des 

I  Blutes.     Daher  lässt  sich  auch  erklären,   warum  in  manchen 

Epidemien  bald  das  Fieber  bald  das  entzündliche  Element 

I  das  vorherrschende  ist 

Untor  den  andren  nicht  minder  wichtigen  ursäcUichen 

I  Momenten,  besonders  denjenigen,  welche  auf  den  Ursprung 

der  sporadischen  Poerperalprocesse  Einfloss  haben,  Yerdienep 
noch  feiende  eine  besondere  Erwähnung:  die  unvollkommene 
Zosamraenziehung  mnd  Rückbildung  des  Uterus  nach  der  Geburt, 
die  atonischen  Blutflüsse,  die  Störungen  und  Untardrüokung 
der  Lochien  und  Milchsecretion. 

Die  «Ionischen  Hämorrhagien  stehen,  wie  bekannt,  im 
innigsten  Zusammenhange  mit  den  Conlractionen  der  Gebär- 
mutter, welche  zugleidi  eine  Znsammenziehung  der  in  ihren 
Winden  befindlichen  G^sse  veranlassen.  Wenn  der  Uterus 
sehr  aasgedehnt  bleibt  und  bei  der  Untersnehong  sich  weich 
anfühlen  lässt,  so  muss  ein  Blotfluss  ohne  oder  mit  Coagulation 
zu  Stande  kommen,  im  letzteren  Falle  mit  Tbrorabeid)ikbing 
in  den  zerrissenen  Venen  ( FiVoiou;)«   'Wenn  man  die  unvolir 


352    3^1*   ^'  SieMd,  Betraeliiiingea  flb«r  da»  Kiadbattfieber. 

kommene  RQckbildmg  (luroltttion)  des  Uterus  in  Verbtedtiog 
mit  einer  Thrombose,  welche  um  so  ISnger  aohfilt,  je  mehr 
der  Bhitdnick  sich  mindert,  je  langsamer  das  Bhii  cirealirt 
und  so  immer  neue  Stockungen  zu  Stande  bringt,  wenn  man 
diese  Verhaltnisse  als  Ursache  der  Puerperalprocesse  fOrchtet, 
so  geschieht  das  aus  folgenden  Granden: 

1)  Die  Blutpfröpfe,  die  sich  im  Innern  der  Geftsse  ge- 
bildet haben,  können  mit  der  idier5sen  inneren  Fttche  der 
Geb&rroutterfaohle  in  Beröhrong  kommen,  dadurch  eine  Neigung 
zu  inneren  Zersetzungen  veranlassen  und  in  den  grSsseren 
entfernten  Gefässstämmen  Gerinnung  (Inopexie)  oder  Septicämie 
bewirken  f 

2)  Thefle  von  coagulirtem  Blute  in  den  Uterinvenen  (die 
ailtoehthonen  Thromben  nach  Virchoto)  können,  indem  sie 
sieh  lostrennen,  als  eingewanderte  Thromben  (BmboM)  im 
Capillarsyslem  entfernter  Organe  Obstruotion  bewirken  und 
so  Metastasen  in  den  Lungen,  der  Leber,  der  Hilz,  den 
Nieren  u.  s.  w.  zu  Stande  bringen; 

8)  In*  der  Nachbarschaft  dieser  puerperalen  Thromben 
können  die  Venen  in  der  Ernährung  ihrer  Wände  eine  Ver- 
imdecung  eingehen,  wodurch  dann  eine  wahre  Phlebitis  uterina 
entsteht; 

4)  Unter  gewisse  Umständen  oder  Dispositionen  des 
Organismns,  z.  B.  bei  septischen  Einflösse  kann  naeh  VirchßW 
der  autocbthone  Thrombus  der  Uterinvenen  selbst  eine  gewisse 
Menge  von  catalytischem  Stoffe  besitien,  wodurch  diese 
puerperalen  Thromben  eine  regressive  Metamorphose  eingehen 
und  zu  Eiterbildung  Veranlassung  geben,  obgleich  nach 
Reinhar.iÜ*8  Untersuchungen  es  nicht  festgestellt  ist,  dass 
geronnener  Fasevstoff  das  Cytoblastem  (&r  neugebildeten  Eiter 
abgebe. 

Eine  sehr  alte  Theorie  über  die  Natur  des  Kindbettiiebers 
war  auf  die  mangelhaften  oder  stockenden  Se-  und  Excretionen 
der  Lochien  gegründet  Eben  so,  wie  die  Menstrualstörangen 
eine  krankhafte  Reaction  auf  den  we3[>lichen  Organismos  fd>en, 
glaubte  man  eine  gleiche  Wirkung  den  Lochien  zuschreiben 
zu  müssen,  nur  nach  der  Qualität  der  Ausscheidimg  modifidrt; 
denn  nach  Grolen  stimmte  man  darin  überein,  dass  der 
weibliche  Organismus  durch  die  LocUen  sich  eines  schädbohen 


XXL  «.i8£f&aM>Betraehtnn|^ii  über  das  Kindbettfieber.    85$ 

Stalbs  endete:  dass  sie  daher  eine  vergiftende  Eigenschaft 
besiasen  und  ihre  Ziirückhaltung  eine  krankhafte  Wirkung  habe; 
die  allgemein  verbreitete  Meinung  war,  dass  ihre  Zurückhaltung 
oäer  Unterdrückung  eine  bösartige  Metritis  bewirken  könne. 

Allein  wir  wissen^etzt  durch  die  Forschungen  He8chV% 
(Wien.  Wochenschr^  VIII.,  9.,  1852),  dass  die  normale  Involution 
des  Uterus  durch  fettiges  Zerfallen  seiner  Muskelfibrillen  vor 
sich  gehe,  ein  Zustand,  unter  welchem  diese  zugleich  mit 
anderen  Stoffen  als  Lochien  ausgefeert  werden.  Werden  aber 
die  Prodocte  dieses  Stoffwechsels,  die  sich  ausscheiden  müssen, 
zurückgehalten,  so  gehen  sie  im  Organismus  Verwandlangen 
und  Zersetzungen  ein,  wodurch  sie  die  Blutmasse  inüciren. 
Die  Unt^drückung  der  Lochien  macht  aber  auch  noch  jede 
schädliche  Einwirkung  von  aussen  leichter  möglich,  weil,  so  lange 
die  innere  Fläche  des  Uterus  absondert,  die  älteren  Secretions- 
IHToducte  durch  die  neuen  vorwärts  getrieben  werden,  so  dass 
die  Inoesfläche  der  Gebärmutter  auch  dann  noch  geschützt 
ist,  wenn  Decidua--  und  Placenten-UeberUeibsel  bereits  in 
Fäabaiae  übergegangen  sind.  Wenn  dagegen  die  Rückbildung 
und  Absonderung  der  Gebärmutter  aufhören,  so  kann  die 
putride  Zersetzung,  welche  bereits  Decidua  und  Placentenreste 
ergrilTea,  lekht  auf  das  Gewehe  jles  Uterus  übergehen  und 
das  Blut  infieiren,  welches  in  den  Gelassen  strömt  und  so 
die  Resoi^on  von  septischen  und  deletären  Stoffen  veranlassen. 
Usabhängig  von  dieser  ganz  mechanischen  Reizung  kommt 
auch  gewiss  noch  die  chemische  Wirkung  in  Betracht  (S.  Klinik 
der  Geburtsh.  u.  Gynäkologie  von  Chiari^  Braun  u.  8paeth. 
Erlangen  1855.    Braun,  übeir  die  Puerperalprocesse,  p.  461.) 

Früher  hat  man  auch  die  Unterdrückung  der  Hilchsecretion 
als  ein  wichtiges  ätiologisches  Moment  des  Kindbettfiebers 
angeaeheo.  Heutigen  Tages  ist  diese  Meinung  sehr  in  den 
Hintergrund  getreten,  besonders  seitdem  Kitoisch  und  Andere 
gezeigt  haben,  dass  gerade  Frauen,  die  nicht  stillen,  von 
diesear  Krankheit  verschont  werden.  Dass  die  Zurückhaltung 
der  Milch  in  Folge  von  erschwerter  Excretion,  schmerzhafte 
Anhäufung,  Mastitis  und  Fieber  hervorbringen  könne,  ist  längst 
anerkannt;  aber  es  ist  eben  so  gewiss,  dass  eine  übermässige 
Secretion  von  Milch  das  sogenannte  Milchfieber  allein  nicht 

M onatMohr.  f.  OeborUk.  1861.  Bd,](VII.,  Hft.6.  23 


354    ^XI.   «.  Siebdd,  BMrachtuigen  fiber  daa  Kindbellfi^b««. 

bedingt.  Eine  Blutinfectioo  durch  die  Mcfastoffe,  eine  MScb- 
crasis,  kann  man  klinisch  nicht  beweisen,  weil  die  Mikfa* 
secreüon  bei  dem  Beginne  der  Puerperalprocesse  gewöhnlich 
fortdauert  und  häufig  erst  nach  dem  offenbaren  Auftreten  des 
Fiebers  stockt:  weil  femer  die  angenommenen  Milchmetastasen 
nichts  anderes  enthalten  als  die  gewohnlichen  Exsudatstoffe« 
unter  welchen  man  freilich  manchmal  Fett  und  Milchzucker 
antrifit.     (S.  Braun  a.  a.  0.) 

Bis  jetzt  war  die  mikroskopische  Untersuchung  nicht  im 
Stande,  Milch  im  Blute  zu  entdecken.  Man  findet  nur,  dass 
das  Blut  der  Wöchnerinnen  reich  an  Fettkügelchen  ist,  welche 
man  leicht  von  den  weissen  Blutkörperchen  durch  Behandlung 
mit  Aether  unterscheiden  kann.  Man  kann  daher  das  alte 
Wort  Galactaemie  durch  das  entsprechende  Lipaemie  (nach 
Vogel)  ersetzen.  Selbst  angenommen,  dass  nach  der  Unter* 
dröckung  der  Milchsecretion  die  Milch  oder  die  idi  Blute 
befindlichen  Stoffe  derselben  zurückgehalten  und  unter  anderen 
Formen  von  Secretionen  ausgeschieden  werden,  so  liegt  darin 
doch  noch  kein  Beweis  für  den  Zusammenhang  swisdiea 
Milchcrase  oder  milchartiger  Excretion  und  den  Pueiperat- 
Processen,  denn  die  Ablagerungen  von  Milchbestandtheilen  auf 
ungewöhnlichen  Stellen  k(binen  nicht  als  Vicariate  entslehen, 
sondern  nur  darum,  weil  eben  diese  Bestandlheile  sich  im 
Blute  nicht  vorfinden.  Versuche  an  Thier^  von  Donn^  (Coura 
de  microscop.,  p.  93)  widersprechen  eben  so  der  Theorie 
der  Entwickelung  der  Pnerperalprocesse  ans  der  Zurückhaltung 
der  Milchbestandtheile  im  Blute,  denn  nach  Einspritzungen 
dieser  Bestandtheile  hat  man  ausser  einiger  vorübergehenden 
Betäubung  keinen  weiteren  schädlichen  Erfolg  betrachtet  Wenn 
diese  Grunde  hinreichend  *sind,  um  die  Zmückhaitung  der 
Milch  als  Ursache  der  Puerperalprocesse  fallen  zu  lassen,  so 
muss  man  auch  der  Gewohnheit  entsagen,  welche  sowohl  bei 
Aerzten  wie  Laien  stattfindet,  mit  allen  erdenklichen  und  aettist 
gewaltsamen  Mitteln,  um  dem  Kindbettfieber  zuvorzukommen, 
die  Milchsecretion  anzuregen,  oder  wenn  sie  berrits  ein- 
getreten, sie  zu  massigen.  Wenn  die  Krankheit  ausgehrochen 
ist,  so  ist  nach  unserer  Erfahrung  das  Anlegen  des  Kindes 
ohne  allen  Nutzen,  ja  da  es  schädlich  für  das  Kind  und  sehr 


XXI.  «.  SUbUd^  BetraeWiangen  über  das  Kindbettfieber.    355 

bennniUgeiMl  Ar  die  kranke  Mutter  ist,  so  mag  man  lieber 
dayon  ahrathen,  a)s  es  fortbestehen  lassen. 

Es  giebt  noch  einige  andere  Ursachen,  welche  sidi  zu- 
sammen Tereinigen,  um  manchmal  diese  Krankheit,  freilich 
am  hiofigslen  in  sporadischer  Form  zu  bewirken,  auf  welche 
wir  hier  aufmerksam  machen  wollen.  Gem&thsbewegungen, 
zmnal  d^ruDirende,  Aben  auf  die  bfnerration  der  Wödmerinnen 
offenbar  einen  schädlichen  Einfluss. '  Oeflers  haben  wir  beob* 
achtet,  das»  in  solchen  GemAthsbewegungen  der  Grund  von 
Slörangc»  im  Wochenbette  lag,  denn  unmittelbar  nach  ihrem 
schädlichen  Einflüsse  sahen  wir  gar  manchmal  ein  heftiges 
Fieber  mit  Frost;  auffallende  Veränderungen  im  Ausdrucke 
des  Gesichtes,  und  mitten  in  diesem  GoUapsus  die  Symptome 
einer  Bkitdissohition  mit  raschem  Verlaufe  auftreten.  Ja  selbst 
schon  während  der  Schwangerschaft  machte  sich  dieser  Ein* 
fioss  bei  einigien  unverheirathelen  Frauenzimmern  geltend. 
Was  die  Individualität  anbetrifil,  so  kann  man  mit  Gewissheit 
annehmen,  dass  keine  Epoche  des  Lehens,  keine  bestimmte 
Constitution,  keine  Lebensweise  W/)chnßrinnen  vor  den  Puer- 
peralprocessen Schatz  gewährt.  In  Zeiten  von  Epiflemien 
werden  die  stärksten  und  gesundesten  eben  so  gut  wie  die 
achwidisten  und  cacbektischen  Personen  vom  Kindbettfieber 
ergriffen.  Die  Erstgebärenden  erkranken  gewöhnlich  in  grösserer 
ZaU  als  die  Mdir^ebärenden.  Auf  entzündliche  Krankheiten 
während  der  Schwangerschaft  als  Pleuritis,  Pneumonie,  Peri- 
earditis,  acute  Form  der  BrighHchen  Krankheit  folgen  sehr 
häufig  Puerperalprocesse  nach  der  Geburt  Indessen  werden 
nach  unserer  Erfahrung  diejenigen  Frauen  am  häufigsten  vom 
Kiodbettfieber  bedroht,  welche  bereits  länger  vor  ihrer  Nieder- 
kunft an  Diarrhoe,  Cohk  oder  Gholerine  gelitten,  sowie  dagegen 
andere  mit  Wedbselfieber  selten  ergriffen  w^en.  Die  Meinung 
8eanzQwC%  haben  wir  nicht  gegründet  geftmden ,  dass  chronische 
Tab^culose  das  Kindbettfieber  ausschlösse,  wir  haben  im  Gegen- 
theil  Peritonitis  mit  Lungenvomica  vergesellschaftet  beobachtet. 
Bemerken  wollen  wir  auch  beilänfig,  dass  die  Lungenphthisis 
in  ihrem  Laufe  während  der  Schwangerschaft  nicht  stUl  steht; 
wir  haben  zu  oft  das  Gegentheil  erfahren,  als  dass  wir 
jener  Meinung  beitreten  könnten.  Auch  die  geburtshülflichen 
Opemtionen    können    die   Entwickelung    des   Kindbettfiebers 

28* 


356    ^^^-   «•  SMoldf  Botracbtiingeii  fib«r  dai  Kindbattflaber. 

begünstigen,  wenn  nach  langer  GeborUdauer  tu  ihnen  ge- 
schritten wird  und  sie  Verletzungen  der  Weicbtheile  bewiriit 
haben.  Wenn  auch  nicht  behauptet  werden  soll,  dass 
Operationen  häufiger  Kindbettfieber  zur  Folge  haben,  ds 
natürlich  verlaufende  Geburten,  so  stellt  sich  nach  unseren 
statistischen  Untersuchungen  doch  ein  ungünstigeres  VerhJiltniss 
nach  Eintritt  von  Kunsthülfe  heraus.  DiStfehler  können  eben- 
falls die  Entwickelung  der  Krankheit  henromifen,  doeh  nur 
insofern,  als  sie  eine  abdominelle  Hyperämie  bewirken  und 
so  zur  Inopexie,  zu  Stasen  und  Puerperalprocessen  V^nnlassung 
geben.  Die  Störungen  in  der  Digestion  hindern  unter  andern 
die  Gallensecretion,  wodurch  das  Blut  nicht  hinreichend  Ton 
überschüssiger  Fibrine  befreit,  mithin  das  Gleichgewicht 
zwischen  den  yerschiedenen  Elementen  gestört  wird.  (Braun 
a.  a.  0.,  p.  464.)  Zu  hohe  Temperatur  des  Wochenzimmers 
übt  ebenfalls  einen  schädlichen  Einfluss,  weil  sie  die  faulige 
Zersetzung  der  Puerp^^dexcretionen  beschleunigt  und  «- 
leichtert.  Erkältung,  besonders  in  den  ersten  Tagoi  des 
Wochenbettes  kann  auch  nachtheilige  Folgen  haben,  weil  das 
im  Allgemeinen  hyperinotische  Blut  durch  die  Reinigungswege 
zu  seiner  natürlichen  Zusammensetzung  zurückgebracht  werden 
muss  und  die  Vertheilung  des  Blutes  nodi  nidit  regelmässig 
von  Statten  geht  Wenn  auch  die  Transpiration  der  Wöch- 
nerinnen ihrer  Natur  nach  nichts  Charakteristisches  darbietet, 
so  kann  doch  die  Unterdrückung  derselben  durch  Erkältung 
auf  den  Organismus  nachtheilig  wirken.  Oefters  hat  man 
darnach  traurige  Folgen  beobachtet:  Zuströmen  des  Blutes 
nach  den  inneren  Organen,  Hyperämie,  Stasen,  Blutgerinnmug, 
Fieber  mit  FrostanMen,  Puerperalprocesse,  selbst  den  Tod. 
(Braun  a.  a.  0.,  p.  466.) 

Somit  haben  wir  in  allgemeinen  Zügen  die  verschiedenen 
ätiologischen  Momente  der  Puerperalprocessö  gegeben.  Wir 
müssen  nach  dem  jetzigen  Zustande  der  Wissoischafl  an- 
nehmen, dass  sie  aus  einer  Septicämie  entspringen,  wdche 
unter  der  Form  von  Veränderung,  von  rascher  Verderbniss 
des  Blutes  die  Frauen  schon  während  der  Schwangerschaft, 
häufiger  noch  während  der  Geburt  oder  wenige  Tage  nachher 
ergreift  und  welche  sidi  primär  d.  h.  unmittelbar  im  Blute 
selbst  oder  secundär  d.  h.  durch  Resorption  von  septischen 


XXn.   Leopold,  Fall  Ton  Sp«ltong  der  Harnblase  etc.     357 

•der  kraukbaftea  Stoffen  aus  dem  Uterus  übergetragen,  erzeugen 
kann.  Die  BtutverderiMÜss  kann  sich  mit  dem  Tode  endigen, 
sei  es  mit  oder  ohne  Localiaati<m  des  Leidens.  Trotz  der 
saUreichen  Untersuchungen  fiber  die  wahre  Natur  dieser  Blut- 
verderbniss  ist  sie  noch  bis  jetzt  in  tiefe  Nacht  gebullt 
(Fortsataimg  folgt) 


xxn. 

Fall  Ton  Spaltung  der  Harnblasei  Cloakenbildung 
und  Hydxonrhachis. 

Ton 

Dr.  Leopold  in  Meerane. 
(Mit  Tier  Abbildangen.) 

Am  28.  Mai  wurde  mir  gemeldet,  dass  vor  Kurzem, 
Abends  %6  Uhr,  ein  Kind  von  der  unehelich  geschwängerten  ^ 
3cL  in  der  Kopflage  geboren  worden  sei,  das  seiner  abnormen 
Büdmig  halber,  welche  dem  Kinde  Lebensgefahr  chrobe,  die 
Nothtaufe  erhalten  müsse,  das  man  aber  der  Sicherheit  ha]})er 
in  Bezug  auf  das  Geschlecht  erst  yon  mir  untersucht  haben 
wolle.  Die  Hebamme  hatte  es  bereits  richtig  als  Mädchen 
erkannt;  ich  konnte  diese  Diagnose  nur  bestätigen  und  so 
wurde  es  noch  denselben  Abend  als  Anna  Marie  Fritz 
giBlaoft 

Das  Kind  war  zur  rechten  Zeit  schnell  geboren,  an  den 
oberen  KArpertbeilen  gut  genährt,  insbesondere  Ton  normaler 
Gesicfats«  und  Kopfbildung  und  zeigte  zunächst  am  Rücken 
oberhalb  des  Kreuzbeines  in  der  Länge  von  V/^"  nach  auf- 
wärts eme  schwappende,  von  der  Haut  gut  bedeckte  (Ge- 
schwulst von  der  Grösse  einer  querliegenden  Pflaume.  Drückte 
man  mit  dem  Daumen  auf  diese  Geschwulst,  so  zog  das  Kind 
die  säbelartig  gekiümmten,  in  den  Pfannen  etwas  weiter  als 
gewdhnUcb  von  einander  stehenden,  ziemlich  mageren  Unter- 
eilremitäten  nach  aufwärts.    Die  Fusse  waren  Klumpfüsse. 


358      XXII.  Leopold,  Fall  Ton  SpaUnng  der  Harnblase, 

Doch  war  diese  Spina  bifida  nicht  bios  lumbalis»  goDdem 
auch  sacralis.  Denn  der  Hiatus  befand  sich  nicht  Uos  zwisi^eii 
dem  vierten  und  fünften  Lendenwirbel,  sondern  aaeh  Sänjp 
der  Mitte  des  Ossis  saeri,  auf  dem  eine  schwappende  Raa^ 
gescbwulst  von  der  Grösse  der  ausgebreiteten  Hand  eines 
einjährigen-  Kindes  auf«ass.  Demnach  konnte  der  unterste 
Theil  des  Rückenmarkes  mit  der  Cauda  equina  nor  von  den 
allgemeinen  Bedeckungen  bekleidet  sein. 

Der  unterbundene,  schwache,  blass  weissgränliche  Nabd- 
Strang  inserirte  unterhalb  der  Mitte  des  Leibes  nicht  in  die 
allgemeinen  Bedeckungen,  sondern  ging  in  eine  flaschenartig 
weiter  werdende  grün-  und  grunblaugefärbte  Haut  über,  durch 
welche  man  Dünndärme  hindurchfühlte  (Omphalocele),  die 
nach  Art  der  serösen  Häute  glänzte  und  nachdem  sie  den 
Umfang  von  4%"  genommen,  scharfirandig  endete,  indem 
oberhalb  derselben  die  allgemeinen  Bedeckungen  ganz  gesund 
sich  ansetzten,  nach  abwärts  zu  eine  in  der  Mitte  etwas  ge- 
spannte, zu  beiden  Seiten  aber  wulstartig  sich  hervordrängende, 
ziegelrothgeiarbte,  mit  feinen  Gelassen  durchzogene  und  nach 
^  abwärts  überall  sammetartig  werdende,  feingefaltete  Haut  sich 
fortsetzte,  durch  welche  zu  beiden  Seiten  ebenfalls  Darm- 
schlingen  sich  durchfühlen  Hessen.  Diese  rothe,  sammetartige, 
gefassreiche  Haut  musste  ich  als  die  hinta'e,  bervorgetriebene 
Wand  der  Harnblase  (Prolapsus  vesicae  urin.  cong.)  ansehen, 
an  deren  linkem,  unterem  Ende  eine  Schleimhautfdta  (der 
Scheide)  sich  vorfindet. 

Unterhalb  der  Mitte  dieses  Prolaps,  vesio.  urin.  befand 
sich  ein  kleines  Flei  schwärzchen  (Andeutung  der  Clitoris), 
darunter  eine  kleine  Fleischleiste  (Andeutung  der  linken  Seite 
des  Praeput.  ditoridis). 

Unterhalb  der  rechten  Wulst  und  aus  der  Mitte  ragte 
ein  anderer  purpurfarbiger,  vielfältiger  Wulst  ganz  in  der 
Form  des  Intest,  coecum  •  herfor^  aus  dem  nach  Art  eines 
aufwärts  und  links  gekrümmten  Penis  (eines  Knaben)  ein 
Stück  Darmrohr  (wahrscheinlich  Colon  adscendens)  sich  nach 
aufwärts  und  dann  nach  links  (nach  der  linken  Schamlippe 
des  Kindes)  herüberbog,  ohngefähr  so  stark  wie  der  gekrümmte 
linke  Zeigefinger,  von  mittlerer  Grösse.  Es  hatte  schleimhaal- 
artiges  Ansehen,  war  sehr  gefaltet  und  von  purpuriiurbigem 


Oloakeftbildvif  und  Py^rorrbi^cbis. 

AosebeD,  doch  nipht  so  dimkel»  wie  das  coecuoiartige  Stück; 
am  finde  sah  es  schwärzlichroth.  Die  Sonde  ging  bis  in  das 
Coecom;  in  das  Luoien  konnte  man  einen  starken  Bleistift 
einfubren  und  fless  aus  demselben  Meconium  ab.  Die  Länge 
dieses  Darmrohres,  vom  Coecum  an  gemessen,  betrug  SVs", 
dSe  Dieke  1  Vt '•  Der  Umfang  des  Prolapsus  yesic  urin.  betrug 
4V4^  yon  einer  Seite  zur  anderen  war  da&  Maass  3".  Die 
ganze  Geschwulst  vom  Anfange  des  unteren  Austrittes  des 
Darmstöckes  bk»  zur  Insertion  des  Nabels  4".  Am  vierten 
Lebenstage  und  öfters  später,  als  ein  Hai  in  meiner  Anwesen- 
heit gelber  Koth  abging,  konnte  ich  ganz  gut  die  peristaltische 
Bewegung  an  einigen  Stellen  wahrnehmen*,  das  Darmstück  eah 
dann  aus  wie  eine  dicke  Schmetterlingaraupe,  wenn  sie  sich  in 
kürzeren  oder  längeren  Windungen  an  einem  Stengel  aufwärts 
bewegt  Ob  nun  der  übrige  Theil  des  Colon  und  des  Int  rectum 
und  von  welcher  Beschaffenheit  im  Abdomen  sich  noch  vor- 
findet, muss  dahin  gestellt  bleiben.  Denn  der  Anus  fehlt; 
an  seiner  Stdle  befanden  sieh  zwei  kleine  Fleischwärzchen 
(eines  roüi,  das  andere  von  gewöhnlicher  Hautfarbe).  Drückte 
man  an  dieser  Stelle  mit  dem  Finger  nach  aufwärts,  so  fühlte 
man  deutlich,  dass  darüber  der  innere  Raum  hold  sein  müsse. 
Die  Abnormität  sah  ohngefihr  so  aus,  wie  sie  ip  Fig.  I. 
abgd^det  ist 

Wenn  man  nun  mit  der  linken  Hand  das  Darmstück, 
welches  den  Prolaps,  vesic  urin.  durchbohrt,  in  die  Höbe 
heb,  so  fühlte  man  deutlich,  dass  die  horizontalen  Aeste  der 
Schambeine  P/«  Zoll  weit  auseinanderstanden  und  man  sah 
in  diesem  Zwischenräume  eine  Schleimhautwand  von  unten 
nach  aufwärts  in  Form  eines  Dreiecks,  dessen  Spitze  nach 
abwärts  lag,  steigen.  Die  vordere  Wand  derselben  nebst 
Harnröhre  fehlte,  dagegen  war  die  vorliegende  hintere  Wand 
mit  Urin  bespült  Wenn  man  die  rechte  Hälfte  des  Prolaps, 
vesic  Qrin.  drückt,  kommt  Urin  herabg^ossen.  In  der  Mitte 
der  hinteren  Schleimhautwand  (Cloake)  ragte  ein  kleiner 
C^ynder  hervor.  Das  Ganze  hatte  das  Ansehen,  wie  in  Fig«  U. 
verzeichnet 

Bei  der  Stuhlentleerung,  wenn  der  Darm  voll  war,  macht 
d^vdbe  eine  wirkliche  wurmförmige  Bewegung. 


360      XXII.   Leopold^  Fall  too  Spaltnng  dev  Harnblase, 

Das  Kind  bekam  bis  zum  25.  Mai  Zuckerwasser  zum 
Getränke,  worauf  es  bis  jetzt  an  der  Mutter  immer  drank. 
Gebadet  wurde  es  alle  Tage,  sowie  die  Missbildung  tSglidk 
mdu^ere  Male  mit  in  Baumöl  getauchten  Leinwandllppcben 
befeuchtet  wurde.  Die  ersten  drei  Tage  ging  Meconium  ab, 
später  bis  jetzt  gelber  Kotb.  Das  Kind  schlief  fortwährend 
gut,  sah  am  26.  Mai  etwas  yerfallen  und  gelblich  aus,- jetzt 
wieder  besser.  Vom  28.  Mai  an  nahm  die  Haut  des  Nabel- 
bruches eine  festere  Beschaffenheit  an  und  fängt  jetzt  an 
gute  Granulation  zu  zeigen,  während  die  Falten  der  hinteren 
Blasenwand  von  oben  herein  und  zwischen  den  seitlichen 
Hälften  derselben  in  feinen  Striemen  eine  narbenartige  Haut 
ansetzen,  die  allgemeine  Bedeckungen  nachzuweisen  scheinen. 
Der  vertrocknete,  schwarze  Nabel  wurde  heute  oberhalb  der 
Omphalocele  abgeschnitten. ' 

Die  Mutter  wurde  jetzt  mit  ihrem  Kinde  von  nrir  an 
Herrn  Prof.  Cred^  nach  Leipzig  geschickt,  um  dort  zur 
Demonstration  benutzt  zu  werden. 

Am  folgenden  Tage  kehrte  sie  nach  Hause  zurflck. 

Ich  föge  noch  Folgendes  über  das  Kind  aus  meuiem 
Tagebuche  bei. 

Den  3.  Juni.  Seit  gestern  hat  das  Kind  die  Schwämmchen. 
Das  vorgefallene  Darmstufck  war  sehr  dick  und  wulstig  und 
liess  sich  ein  in  dasselbe  eingeschobenes  Stück  (vom  Dünn- 
darme?) in  das  Abdomen  zurückschieben.  Die  Vemarbung 
der  Omphalocele  schreitet  vorwärts;  ehen  so  vernarbt  audi 
von  oben  und  in  der  Mitte  die  hintere  Wand  der  Blase. 

Den  5.  Juni.  Heute  glückte  es  mir,  die  Ausgänge  beido' 
Ureteren  auf  beiden  Seiten  der  hervorgedrängten  hinteren 
Blasenwand  und  zwar  ziemlich  auf  der  unteren  Hälfte  beider 
in  der  Mitte  aufzufinden.  Die  Schleimhaut  war  hier  cylinder- 
fSrmig  hervorgetrieben  und  konnte  man  in  beide  kleine  CyUnder 
eine  Haarnadel  Va  Zoll  weit  einschieben. 

Den  6.  Juni.  Die  Schwämmchen  nehmen  zu.  Das  Kind 
trinkt  wenig  und  ist  sehr  Verfallen.  Die  Excretio  dvi  geht 
gut  von  Statten.  Uebrigens  muthmaasse  ich,  dass 
das  heraushängende  Darmstück  ein  freiliegender 
Volvulus    des    Dünndarmes    ist,    der    nach    seiner 


OloAk^nbltdaDg  nnd  Uj^torthmthl».  861 

Umkelir  am  Ende  die  Natur  der  Sehleimliaüt  zeigt 
and  am  Leibe  der  Kindes  als  umgestQIptes  Coecam 
endiget 

Den  8.  Juni  Die  zuletzt  angegebene  Meinung  bestätigt 
«idi  heute  insofern,  ab  es  mir  gdang,  den  vorliegenden  unh- 
gestflipten  Dann,  wie  ein  vorgefallenes  Hasidannstflck  nach 
und  nach  zn  reponiren  und  in  den  Unterleib  in  die  Oeflhung 
an  demselben  taineinzusehieben,  in  welche  ^mein  kleiner  Finger 
bis^ur  HUfle  aaohfelgte.  Doch  kehrte  ein  Theil  des  Darmes 
immer  wieder  zurück,  vrie  die  Abbildung,  Fig.  III.,  zeigt 
Das  Torgefallene  DarmstAck  mnss  kleiner  werden,  da  bei  der 
Abmagenmg  des  Kindes  der  Darminhalt  geringer  irird  und 
bei  dem  geringeren  Umfange  des  Leibes  auch  die  BattdqfNresse 
weniger  ist 

Den  9.  JunL  Das  Kuid  bekommt,  da  es  seit  zwei  Tagen 
an  der  Mutter  nicht  mehr  trinkt,  Kuhmikh  eingefiM^sst  und 
wird  tä^ich  fortgebadet  Schwämmchen  nehmen  ab;  Darm- 
ausleemngen  geringer,  Urin  tröpfelt  nach  wie  vor  ab. 
Abmagerung  nimmt  zu.  Das  Kind  schlift  viel  und  nur  mit 
halboffenen  Augen. 

Den  15.  JunL  Das  Kind  hat  sich  aufgelegen.  Die 
Schleimhaut  der  hinteren  Blasenwand  blutet  etwas  und  die 
linke  Schamlippe  eitert  da,  wo  sie  in  die  Cloake  übergeht 
Das  herausgefallene  DarmstAck  hat  dn  schwärzliches  Ansehen. 

Den  16..  JunL  Tod  Val2  Uhr  Mittags,  33 Va  Tage 
nach  der  Geburt.  Abmagerung  sehr  gross.  -Gewicht  des 
Kindes  sdir  leicht  Die  bräunlichen  Krusten  aitf  dem  Darm- 
stAcke  rAhren  von  Brodmehl  her,  welches  die  Hebamme, 
welche  sich  Abrigens  des  Kindes  sehr  gut  angenommen,  auf 
der  blutenden  Stelle  aufgestreut  hatte. 

Die  Leiche  wurde  an  Herrn  Prof.  Credi  geschickt, 
welcher  die  Section  machte  und  das  interessante  Präparat 
m  der  Sammlung  der  Entbindungsschnle  aufstellte.  Er  theilte 
mir  folgende  Ergebnisse  der  Section  mit: 

Das  Netz  fshlte;  vom  Magen  aus  ging  regelmässig  der 
DAnndarm  V3  seiner  Länge,  dann  war  eine  Stelle  von  y^ 
Länge  an  da*  hinteren  Wand  dö*  Blase  angeheftet  und  an 
dieser  Steile  ein  YieivroschenstAck  grosses  nmdes  Loch  in 
deiD  Mesenterinm,  dordi  wekhes  das.  letzte  Vs  ^  DAnndarmes 


368      XXU.   Le^pM^  Fan  rw  Sp»ltaBg  der  HarnblMe, 

durchgeschkingen  und  xum  TbeO  in  dem  bnißhuligeD  Sacke, 
deo    die  geBpalteue   Blase  bildete»    dogelileiiimt   war,    yoI 
Luft   aufgetrieben,    dunkelroth   und  braun  gefärbt,   brandig. 
Das   eingeklBmmte  Ende  lieas  sich  jedoch  herausholea  und 
endete   neben   dem    erwähnten    angewacheeoen   Stücke    des 
Dünndarmes  mit  der  aussäen  Oeffnung.    Daaa   diese  Steife 
gerade  das  Geecom  sei,  war  nicht  aachsuweisen,  wenngfeicii 
wahrscheinlich.    Legte  man  den  gansen  Dünndarm  bei  Seile, 
so  erschienen  auf  jeder  Seite,  etwa  V  von  einander  getreimt, 
zwei  halbe  Uterus  mit  Tuben   und  Ovarien,  jedoch  nur  die 
linke  Hälfte  war  ausgebildet,  hatte  eine  deuäiehe  Portio  yaginaKB 
und  endete  in  einer  ziemlich  weiten  Scheide,  die  mit  einer 
kleinen  OeflOuing  unten   links  unter  der  gespaltenen  Blase 
mündete,   die  rechte  Hälfte  des  Uterus  war  nur  fibrös,  ohne 
Höhte  und  sowohl  Tuba  als  Vagina  mdu*  strangartig,  aber 
das  Ovarium  normal;  die  rechte  Vagina  mündete  nicht  nach 
aussen.   Zwischen  den  beiden  halben  Uterus  lag  ein  etwa  2" 
langes  blindes  Stück  Darm,  das  Rudiment  des  Mast-  imd 
Dickdarmes  und  mündete  nach  aussen  neben  der  Mündung 
des  Dünndarmes,   war  aber  nur  mit  etwas  Schleim  geSUit 
Die  redite  Niere,  von  normaler  Grösse,  enthielt  einen  erbsen- 
grossen  Abscess,   die  Mnke  Niere  länglich,  in  der  Mitte  ge- 
schrumpft, der  Ureter  kam  aus  der  Mitte  der  oberen  Hälfte 
und  enthielt  eine  dicke  gelbliche  Masse  (Eiter?),  wdche  nicht 
aufgefangen  werden  konnte.   Jeder  Ureter  mündete  aussen  auf 
der  Mitte  jeder  Seite  der  gei^altenen  Blase  und  ging  hinter 
den  halben  Uterus  heram. 

Spma  bifida  der  letzten  Lenden-  und  Kreuzwiihel;  mv 
der  oberste  Kreuzwirbei  war  weniger  offen,  als  oben  und 
unten,  so  dass  scheinbar  zwei  Wassersäcke  bestanden,  die 
aber  in  Verbindung  standen.  Die  Oss.  pubis  staiden  IVa'' 
von  einander  entfernt 

•    Aehnliche  Beobachtungen  sind  bisher  sehr. selten  ver- 
öffentlicht worden. 

Die  hierher  gehörigen  Fälle  sind  zu  finden  in:  Ammon^ 
Tafehi  zu  den  angeb.  chir.  Krankheiten  des  Menschen,  TaL  16, 
AbbUd  11  (/);  —  W.  Vrolik,  Tabtihe  ad  iUust  erabryo- 
genesin  etc.,  Amsterd.  1849,  Tat  31,  Fig.  4  (Fall  von  A$9d^, 
m  welchem  das  Kind  23  Tage  lebte);  —  ebendae.  Tat  38  (Fdi 


Cio«k«iibiM«ft|p  vbA  HydrorriisehU, 


368 


von  O.  VroKkj  8.  auch  M^moires  sw  quelques  sujets  intäressanto 
d*ana(oiuie  et  de  physiolofiei  trad.  p.  FaUoi  (Amst  1822, 
S.  65);  —  Verhandlungen  der  Gesellscbafl  für  Geburtshülfe 
in  Beriin,  Heft  9,  S.  61, 1867  (FaU  von  Frtedländer,  das  Kind 
lebte  25  Tage);  —  Annalen  der  Cbarite,  Jahrg.  VII.,  Heft  3, 
1856  (Fall  von  Crede\  das  Kind  leble  5  Tage);  —  Gazette 
des  h6pitaax,  No.  147,  1857  (FaU  von  Hieeh)',  —  Th^sa 
de  Jf.  Bouisson,  1851  (Fall  von  Broea). 

Jeder  dieaer  Falle  bietet  noeb  eigentbümlidie  kleine  Ab- 
weichongen,  im  Allgeoiemen  ist  die  U^ereiostinjuiung  aber 
höchst  auffeilend. 

Erklärung  der  Abbildungen. 


Figur  I. 
a  Nabelstrang, 
b  Nabelbruch, 
e  hintere  Harnblasenwand, 
d  blinddarmähnlicbes    Darm- 
stück, 
e  ausgestülpter  Darm, 
/  grosse  Schamlippen, 
g  kleine  Schamli'ppe, 
h  Qoake, 
I  Gegend  des  Afters. 

Figur  n. 
a  hintere  HamhlalMiwand, 
6  Darm,    nach  anfwirts  ge^ 

zogen, 
e  Cloake, 

d  ScbeideBmfindung, 
e  kkine  Scbattüippen, 
/  grosse  Schamlippen» 
ff  Gegend  des  Afters. 


Figur  HL 
a  vernarbte   Schleimhaut   der 

Blase, 
b  Schleimbaut  der  Blase, 
c  Mündungen  der  Hamlefter, 
d  Darmstück, 
e  grosse  Schamlippen, 
/  Gegend  des  Afters.' 

Figur  IV. 
a  rechte  Niere, 
b  linke  Niere, 

c  linke  Eierstock,  ^ 

d  rechte  Eierstock« 
6  rechte  GebärmutlerbUfte, 
/  Knke  GebImutterfaUfte, 
ff  Muttermund, 
h  linke  Scheidanbftlfte, 
i  Rudiment  der  rechten  Sdiei^ 

denUUfte. 
k  bUndeodendfls  Rudiment  des 

Dickdarmes    und    Mast-« 

darmes  (T). 


^4  H^IU.    BiwUd^y  BtriuBirnl^on  ^^  Fötus 


xxm. 

Strangulation  des  Fötus  durch  Knotung  der 
umschlungenen  Nabelschnur. 

Von 

li*  Bartscher, 

(Mit  einer  Abbüdnog.    Fig.  V.) 

Wenn  schon  wirUiche  Knoten  in  der  nicht  lunscUaBgenen 
Nabelschnur  selten  beobachtet  werden;  woin  Atrophie  oder 
selbst  Amputation  eines  Gliedes  durch  eine  Nabelschnur- 
umschlingung 2u  den  seltensten  geburtshölflichen  Beobachtungen 
gehüren,  so  ist  wirkliche  Strangulation  des  Fötus  durch 
Nabelschnurknotuflg  in  der  Weise,  wie  sie  mir  Torkam,  gewiss 
eine  ^er  interessantesten  Beobachtungen,  welche  man  ober 
Nabelschnurumschlingung  machen  kann. 

Frau  O.  hierselbst^  eine  gutgebaute,  kräftige  Dame, 
hatte  vier  Kinder  leicht  geboren;  bei  jeder  Geburt  waar 
Nabelschnurumschlingung  des  Halses  beobachtet,  die  sich 
leicht  lösen  liess. 

Die  Länge  der  Nabelschnur  betrug  in  jedem  Falle  über 
22  Zoll;  sie  enthielt  stets  geringe  Mengen  von  TTort&on'scher 
Sülze. 

Frau  O.  wurde  zum  fünften  Male  sdiwanger;  Us  zum 
siebenten  Monate  befand  sie  sich  sdir  woU;  die  Kindes* 
bewegungen  boten  nichts  Abnormes. 

Am  Ende  des  siebenten  Monats  klagte  Frau  (?.  ober 
kurz  andauernden,  aber  sehr  heftigen  Schmerz  in  der  rechten 
Regio  lumbalis,  wobei  die  Kindesbewegungen  tass^st  lebhaft 
wurden.  Diese  Schmerzen  dauerten  nur  einige  wenige  Tage; 
nrit  dem  Nachlassen  derselben  hörten  auch  die  Koide»- 
bewegungen  auf. 

Die  nächsten  Tage  darauf  empfand  Frau  &.  nur  eine 
lästige  Schwere  im  Leibe;  doch  klagte  sie  10 — 12  Tage 
später  über  grosse  Mattigkeit,  häufig  sich  wiederholende 
Frostschaner  und  Ud>elkät 


dareb  Kaortimg  der  Qtn^elilvBgeiMii  Kftbeltehnor.        885 

Se  schob  diese  Ersdidnungen  auf  das  zu  firüh  statt- 
gehabte Stürzen  des  Kindes  und  fand  völlige  Benthigung  darin, 
zumal  ich  sie  in  dem  Irrglauben  bestärkte. 

<H>ige  auf  Abgestorbensein  der  Frucht  deutende  Er- 
scheinungen dauerten  unter  aihnäliger  Zunahme  einige  Wochen 
fort,  Ms  gegen  Ende  des  neunten  Monats  die  Geburt  eintrat 
Die  Geburtsperioden  folgten  sich  trage  und  schleppend;  die 
Wässer  waren  sehr  reichlich  und  tibelriech^nd;  das  todte 
Kind  war  matsch  und  an  den  meisten  Stellen  von  Epidermis 
entblösst.    Der  Kopf  des  Kindes  war  übermässig  gross. 

Die  Nabelschnur,  Ton  26  Zoll  Länge  enthielt  sehr  wenig 
Warthon^s  Sülze,  sie.  war  an  den  mefsten  Stellen  bandartig. 

j  Sie  hatte  den  Hals  des  Bandes  zwei  Hai  umschlungen  und 

sich  dann  wirklich  geknotet 

Der  Knoten,  weldier  schwer  zu  lösen  war,  hatte  die 
Umsddingungen  so  fest  zugezogen,  dass  die  Weichtheile  des 
Halses   eng   an  die  Wirbelsäule   gepresst  waren.    Die  Ter- 

I  wesung   des  Kindes  War   so   weit   rorgeschritten,  dass   die 

i  Leichenöflhung  Nichts  mehr  ergeben  konnte. 

I  Der  Hausarzt,  Herr  Samtätsrath  Dr.  Droop  hat  diesen 

Fall  mit  beobachtet 

I 
I 


XXIY.   B«l»,  B«rMt  äkwr  di«  L«i«ftttnf«n 


XXIV. 

Berieht  ttber  die   LeiBtangen    des   Königlichen 

HebanimeninstitutB  zn  Stettin  während  ^der 

Jahre  1834-1859. 

Vom 

Geh.  Medicinalrath  Dr.  Behm. 
(ForttetsiiDg.) 

B,    Leistungen  des  Instituts  auf  dem  Gebiete  der 
Gebnrtshülfe. 

Da  das  Institut  aujBschliesslich  Lehranstalt  ist  und  die 
Aufnahme  Schwangerer  nur  zum  Zwecke  des  Unterrichts  ei^- 
foigt,  so  ist  an  dasselbe  ein  anderer  Maasstab  der  Beurtheiliing 
2tt  legen,  als  an  ein  eigentliches  Gebär-  oder  Krankenhaus. 
Inzwischen  liegt  es  auf  der  Hand,  dass  eine  strenge  Trennung 
dieser  verschiedenen  Kategorieen  nicht  durchfuhrbar  ist,  da 
theils  die  Beobachtung  pathologischer  Vorgänge  bei  Schwängern, 
Gebärenden  und  Wöchnerinnen  einen  Zweig  des  Unterrichts 
bildet,  theils  die  Thätigkeit  der  Hebammen  in  ihrer  praktischen 
Wirksamkeit  sich  auch  auf  Krankenpflege,  als  solche,  bezieht 
oder  beziehen  kann,  wozu  im  Unterrichte  eine  genügende 
Anleitung  gegeben  werden  muss.  Wie  aber  überall  das  Lehrbuch 
nur  eine  allgemeine  Anleitung  enthalten  kann,  die  speciale 
Ausfuhrung  derselben  aber  der  Individualität  des  Lehrers 
überlassen  bleiben  muss,  so  wird  ihm  auch  in  der  Benutzung 
der  Schwangern  und  Wöchnerinnen  keine  zu  enge  Schranke 
gesetzt  werden  können.  Wird  dann  der  Hauptzweck,  der 
Lehranstalt  —  die  Ausbildung  tüchtiger  Hebammen  —  er^ 
reicht,  so  ist  der  Zweck  der  Anstalt  erfüllt,  und  mehr  zn 
fordern  ist  ungerecht,  oder  wenigstens  unbillig,  sowohl  von 
Seiten  der  Verwaltung,  wie  der  Wissenschaft 

Die  Aufnahnie  der  Schwangern  und  Gebärenden  erfolgt 
naturgemäss  nach  Raum  und  Bedürfniss,  und  bej  dem  geringeren 
Andränge  in  früheren  Jahren  musste  die  Aufnahme  der 
Schwangern   oft   schon   in   den   früheren   Schwangerschafts- 


4m  K.  Helwf<iiriiitmt»  m«  6l«ttiB  ete.  867 

erfolgeo,  am  Material  fär  die  Explorationsilbiingen 
m  haben,  wodordi  aber  selbstredend  der  Personenwechsel 
?tnBiiid«rl,  die  Zahl  dar  Gebarten  baMteinkt  wurde.    Käs 
Yerbältniss  hat  sich  in  den  letaleren  Jahren  wesentlich  ver- 
bessert, und*  wShrend  in  den  ersten  Jahren  roeioer  Thätigkeit 
od    mehrere   Schülerinnen    approbirt    wurden,    ohne    selbst 
GdMirten  bebandelt  zu  haben,  hat  in  den  letzten  Jahren  die 
Zahl  der  Geborten  diejenige   der  Schalerinnen  nicht  selten 
um  das  Sechsfache  und  mehr  überstiegen,   und  ist  die  Zahl 
derselben    noch   fortwährend   im    Zunehmen   begrüfen.     Die 
Entlassung  der  gesunden  Wöchnerinnen  erfolgt  statutenmässig 
Tierzehn  Tage   nach   der  Enthmdung.     Fallen  während  der 
^ersten  Tage  des  Wochenbettes  Krankheiten  vor,  welche  eine 
längere  Dauer  mit  Wahrscheinlichkeit  in  Aussicht  stellen,  so 
werden   die  -Erkrankten  entweder  dem  städtischen  Kranken- 
hauae  überwiesen,  oder  sie  verbleiben  im  Institute.    Welche 
dieser  beiden  Alternativen   einzutreten  hat,   das  richtet  sich 
nach  meinen  eigenen  Bestimmungen,   för  welche  ebensowohl 
die   zur  Disposition  stehende  Räumlichkeit  des  Instituts,  wie 
die  Gefahr  der  Kranken  oder  das  Interesse  des  Falles  maass-t 
gd>end  sind.     Einzelne  Kranke  haben  daher  bis  vier  Wochen 
und  darüber  hn  Institute  behalten  werden  müssen,   während 
Andere,  deren  Veri[)leiben  im  Institute  den  übrigen  Schwängern 
oder  Wöchnerinnen  gefahriich  werden  konnte  (z.  B.  ansteckende 
Krankheiten)  sofort  dem  Krankenhause  überwiesen  wurden. 
In  der  nachfolgenden  Zusammenstellung  werde  ich  zu- 
nädist  mehr  die  allgemeinen  summarischen  Verhältnisse  in 
Tabelle  B.   mittheilen,   und   aus   dieser  nur  die  wichtigeren 
der  Wissenschaft  angehörenden  Thatsacben  hervorheben.    Die- 
jenigen Tbatsachen  aber,  welche  nur  nach  der  Fraction  einer 
fldir   gMsoen   Zahl  Ton   RineeIßUen   ein   hatttares  Resultat 
gewähren,   z.  B.  die  Ergebnisse  der  Beckenmessungen,   des 
Gerwiebtes  der  Kinder  und  ähnhehe  halle  i<^  för  jetzt  noch 
da  mir  die  Zahl  dersoiben  noch  nkht  genügt,  um 
ScUussfolgerongen   aus   den   beobachteten  Fällen 
in  können.   Das  in  dieser  Hinsicht  von  mir  gesammelte 
Material  wird  vielleicht  erst  meinem  dereinstigen  Nachfolger 
in  Ante  an  Gute  komnen. 


S68  ^^IV.   £«!»»  EMifikl  &ber  4ie  LcittoBg«» 


j8.    Tabellarische  ZusammeosteUimg  der  im  Insl 


Allgemeine  YerhSItniOTe. 

Kindeslagen. 

Lebrcnrsas. 

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1834-^35 

1836  —  36 
1836  —  37 
1837-38 

1838  —  39 

1839  —  40 

1840  —  41 

1841  —  42 

1842  —  43    i 

1843  —  44 
1844-^45 
1846-^46 

1846  — 4T 

1847  —  48 
I84ß_4a 

1849  —  50 

1850  —  51 

1851  —  52 
1862  —  53 

1853  —  54 

1854  —  55 
1856  —  56 

1856  —  57 

1857  —  58 
1868  —  59 

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665 

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148 

10 

13 

7 

5 

11 

14 

' 

L    Pathologische  ZusUnde  in  Betreff  der 
Schwangerschaft 

Der  Bestinodoong  des  Hebämmeoinslitiits  gemäss  kom^ 
die  Zahl  der  in  diese  Kategorie  gehörenden  beignisse  nur 
sehr  besckrankt  seki,  namentlich  nur  solche  vzur  Behaadkmg 
SU  lassen,  welche  unmittelbar  auf  die  bevorstehende  Gebort 
von  nachthdiigem  Einflüsse  sein  konnten.  Ich  rechne  daUn 
insbesondere  diejenigen  Regelwidrigkeiten,  wehshe  sich  anf 
die  Lage  des  Kindes  beziehe,  insof(mi  solche  bereits  mit 


de«  K.  Hebammeiiliittitnti  iu  Stettin  eto. 


• 


Kf^oiliieTifiii  geburtshlilflichei]  EreigiuBsa 


insioii. 

Ka-chgebnrts* 
geaobaft. 

V 

crhlvltiiisse  der  Kinder  ' 

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27 

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gebeatet,  und  durch  angemessene  mechanische  Behandlung, 
beseiligt  su  werden  vermochten.  Auf  solche  Weise  wurden 
nichl  allein  zahlreiche  Schieflagen  geringeren  Grades,  sondern 
ftiicb  mehrere.dersdhen,  welche  während  des  letzten  Sdiwanger- 
•chaftamonates  sicher  als  Schulterbgen  erkannt  wurden,  durch 
die  entsprechenden  Seitenlagerungen  der  Schwängern  in 
Geradlagen  zur&ckgeföhrt;  indessen  kann  ich  nicht  unterlassen, 


Monatwehr.  f.  Oeburuk.  1861.  Bd.  XYH.,  Hft.  6. 


24 


874)  XXIV.   Bskm,  B^iieti  ftbat  «He  Leittoa^»!! 

auch  noch  eines  anderen  Falles  za  gedenken,  bei  welchem 
zwar  die  Diagnose  der  ursprQngUehen  Kindeslage  nicht  bis 
zur  zweifellosen  Gewissheit  festgestellt  wurde,  wddlier  jedoch 
eine  Umänderung  der  vorhandenen  Kindeslage  in  weiterem 
Umfange  sehr  wahrscheinlich  machte  und  zugleich  die  Be- 
strebungen .  der  Natur,  so  viel  es  möglich  die  besten  Wege 
zu.  wählen ,  darthut. 

Im  Lehrcarsns  1836/36  war  die  tf  ehrgtschwSngerte  CfharloiU'W. 
(N.  37}  am  1.  November  in  das  Inatitat  eingetreten.  Die  Unter- 
snchangf  ergab  eine  regelmässige,  eiförmige  Aosdehnting  der 
Gebärmutter,  in  deren  Grunde  ein  grosser  kugelförmiger  harter 
Kindestheil  zu  ffiblen  war.  Innerlich  seigte  sich  der  Scheiden- 
theil der  Gebärmutter  noch  sehr  hoch,  der  vorliegende  Kindes- 
^heil  breit  und  weich  auf  dem  Beckeneiaigange  stehend;  die 
Auscultation  seigte  den  Hersschlag  des  Kindes  n«ben  und  fiber 
dem  Nabel  der  Mutter.  So  blieb  der  Zustand  während  dar  beiden 
letzten  Schwangerschaftsmonate,  ohne  dass  sowohl  der  Leib  sicfi 
senkte,  noch  auch  der  vorliegende  Theil  tiefer  in  das  Becken 
herabtrat.  Es  wurde  daher  sowohl  von  der  Institutshebamme, 
als  auch  von  mir  selbst  und  dem  ersten  Lehrer  eine  Steisslitge 
diagnosticirt.  Am  Tage  vor  der  Entbindung,  welche  am  4.  Februar 
1836  erfolgte,  empfand  die  Schwangere  so  lebhafte  Kindes- 
bewegungen, dass  sie  ihre  Stubengenossinnen  auf  dieselben  mit 
dem  scherzhaften  Zusätze  aufmerksam  machte ,  diesmal  möge  das 
Kind  wohl  aus  dem  Kabel  herauswollAi.  Als  am  folgenden  Tage 
die  Geburt  begann ,  fand  sich  der  tief  im  Becken  stehende  Kindes- 
theil  als  Kopf  erkennbar,  und  die  Geburt  verlief  als  erste 
Soheitellage  ohne  weitere  Abnormitäten. 

Ich  will  es  nicht  in  Abrede  stellen,  dass  bei  der  ersten 
Feststellung  der  Steisslage  ein  Irrtfaum  möglich  gewesen  ist, 
indess  waren  die  diagnostischen  Zeichen  derselben  so  über- 
wiegend, und  bei  jeder  der  6fter  Torgenommenen  üntor- 
suchungen  constant  bleibend,  dass  ich  der  Annahme  eines 
Irrthums  mich  nicht  zuneigen  kann,  um  so  tnehr,  als  ähnliche 
bedeutende  Lageumänderungen  der  Frucht  auch  wohl  ander- 
weitig beobachtet  worden  sind* 

Allgemeine  Krankheiten  kamen  bei  den  Schwmgera,  als 
dem  Zwecke  des  Instituts  ferner  stehend,  im  AUgeiaeiDeB 
nicht  sinr  Behandlung.  Bedeutendere  ErknmkiKqfen  macbtcn 
die  Entlassung  oder  Ueberwelsung  der  Sohwangem  m  daf 
städtische  Krankenhaus  erforderiich;  insoweit  jedoeh  einzebe 
Krankbeitsfille  in  der  Geschiechtssphäre  äuftruten,  und,  aowett 


de»  K.  HebMiinettlaitftiila  sn  CHettin  ete.  371 

ne  aaf  die  Geburt  sellist  Bemg  hatten,  för  die  Schülerinneii 
nutzbar  gemacht  werden  konnten,  werden  sie  bei  der  Pathologie 
der  Gebort  äffe  Erwähnung  finden. 

.  2.   Pathologische  Zustände  in  Betreff  der  Geburt 

Was  die  allgemeinen  {»athologischen  Zustande  Gebärender 
betriSt,  welche  einer  medieinischen  Behandlung  zugänglich 
sind,  so  wurden  sie  ans  den  mehrfach  angedeuteten  Rück- 
flkblen  sehen  oder  nie  Gegenstand  der  Beobachtung  im 
Institute.  Dagegen  kann  die  Zahl  der  in  die  Rubrik  der 
dynamischen  Geburtsstörungen  gehörenden  EmzelflUe 
im  Gemsen  eine  bedeutende  genannt  werden.  Die  eigenthüm- 
Ikfae  Lage  Stettins  trägt  hierzu  einen  wesentlichen  Theil  der 
Causafanomenle  in  sieh.  Die  nächtliche  Sperrung  der  Tfaore 
der  Festung, .  welche  in  früheren  Jahren  noch  mit  grösserer 
Strenge  gehandhebt  wurde ^  als  in  neuerer  Zeit,  und  die 
wegen  der  Rayongesetze  entfernte  Lage  der  Vorstädte  gaben 
a^iahrlidl  eine  hiuige  Veranlassung,  dass  Kreissende,  welche 
aus  feilen  entlshiteren  Gegenden  des  Weichbildes  dem  Institute 
zueilten,  Ton  allen  Nachtheilen  einer  winterlichen  Witterung^ 
oft  bei  mangelhafter  Bekleidung,  betroffen,  die  bedeutendsten 
StdnmgeB  dar  Gehurtsthätigkeit  mit  sieh  brachten,  und  eine 
daumMle  geburteärzüiche  Behandlung  in  Anspruch  nahmen. 
Daher  waren  Regelwidrigkeiten  der  Wehenthätigkeit,  besonders  im 
ersten  Geburtszeitraume  eine  der  gewöhnlichsten  pathologischen 
Erscfaeittongen,  die  jedoch  für  den  Unterridit  der  Hebaromen- 
Sehdierinnen  gerade  von  wesentlichem  Nutzen  wurden.  Jedem 
praktischen  Geburtshelfer  ist  es  bekannt,  wie  gerade  in  dieser 
Beziehung  selbst  von  übrigens  tüchtigen  Hebammen  täglich 
IrrthQmer  begangen  werden,  indem  die  noch  aus  alter  Zeit  unter 
der  allgemeinen  Bezeichnung- „Krämpfe**  zusammengefassten 
Regelwidrigkeiten  von  ftnen  gänzlich  ignorirt  oder  mit  den 
ihnen  .zu  Gebote  stehenden  Hüifemitteln  nur  ungenügend  be- 
handelt werden,  olme  dass  sie  dabei  im  Entferntesten  daran 
dsnhien,  wie  das  neue  Lehrbuch  klar  darauf  hinweiset,  dass 
Regelwidrigkeften  des  vierten  Grades  zu  Regelwidrigkeiten  des 
ersten  Grades  werden,  wenn  die  dort  empfohlenen  Mittel  nicht 
ansreicbeB.  Die  Veranschaulicliung  der  Widcung  kräftigerer 
Arzneimitld,   nachdem   die   im  Lehrbuche  vorgeschriebenen 

24« 


372  XXIV.    Bikm,  Bericht  fiber  die  Leiitnoffen 

erfolgk)»  geblieben,  bildete  daiier  in  solehen  Fällen  während 
der  ersten  Geburtsperiode  einen- wesentlichen  Theil  des  Vntar- 
richts  in  der  Behandlung  regelwidriger  Gduirten,  *  wobei  das 
Bestreben  insonderheit  jdarauf  gerichtet  war,  die  Unterschiede 
in  den  Erscheioungen,  so  viel  es  bei  dem  Bildungsgrade  der 
Schülerinnen  möglich  ist,  zur  Ansdiauung  zu  bringen.  Eben  so 
wurde  wahre  Wehenschwäche  nicht  selten  beobachtet,  entweder 
begründet  in  allgemeiner  Schwäche  oder  Torpidität  der 
Kreissenden,  oder  in  verminderter  Energie  des  Gebärorgans 
selbst  Die  Behandlung  aller,  dieser  Geburtsstörungen  gesdiah 
nach  den  bekannten  Grundsätzen  defi  veranlassenden  Ursachen 
gemäss,  doch  bedurfte  es,  wenn  letztere  in  grösserer  Intensität 
eingewirkt  hatten,  oft  einer  längeren  Zeit,  bis  die  nachtheilig^ 
Folgen  ausgeglichen  werden  konnten.  Im  Lehrcursus  1860/51 
z.  B.  hatte  eine  Person  Abends  11  Uhr  von  dem  etwa  eine 
halbe  Meile  entfernten  Dorfe  Pomeränsdorf  den  Weg  zum 
Institute  angetreten,  um  wegen  der  bereits  begonnenen  Geburt 
Aufnahme  zu  suchen.  Wimmernd  und  klag^d  gdangte  sie  zum 
Festungsüiore,  nachdem  sie  unterwegs  bei  schneidender  Kälte 
während  der  sich  wiederholenden  Wehen,  auf  Steinen  geruht 
Durch  die  Thorwache  in  die  Stadt  eingelassen,  und  unbekannt 
mit  der  Localität  des  Instituts,  trieb  sie  sich  auf  den  Strassen 
umher,  bis  sie  durch  die  Nachtwächter  demselben  zugeführt 
wurde,  wo  sie  Morgens  4  Uhr  eintraf.  Höchst  mangelhaft 
bekleidet  und  durch  die  strenge  Kälte  fast  erstarrt,  wurde 
sie  zwar  sofort  einer  erwärmenden  Behandlung  unterworfen^ 
aber  die  Entwickelung  eines  vollständigen  Rheumatismus  uteri 
war  bereits  so  weit  vorgeschritten,  dass  eine  enargische 
antiphlogistisch* diaphoretische  Behandlung  erforderlich  wurde, 
welche  indessen  doch  erst  nach  dreitägiger  Fortsetzung  die 
Umwandlung  in  regelmässige  Wehen  vermittelte;  worauf  dann 
zwar  die  Geburt  selbst  ihren  ungehinderten  Fortgang  nahm, 
dais  Kind  jedoch  todt  und  mit  den  ersten  Zeichen  der  Ver- 
wesung behaftet,  geboren  wurde,  Dass  bei  solchen  und 
ähnlichen  benachtheiligenden  Büiflüssen  Unglücksfälle  meht 
häufiger  auftreten,  ist  iii  Wahrheit  zu  verwundern;  dass  sie 
aber  in  nicht  wenigen  Fällen  ihre  Wirkungen  auch  noch  auf 
die  Wochenbettszeit  fortsetzten,  bedarf  wohl  kaum 
Erwähnung. 


dM  E.  H»bMifli«ttliMtflM0  SU  atottiD  etc.  ^73 

Daher  die  vencUedeneoIndicalioiien  fttr  die  Anwendung 
der  Anneknittel  cur  Verbeseening  regelwidriger  Wehen  giaubCe 
ich  meine  Erfahrungen  dahin  aussprechen  zu  können,  dass 
von  den  drei  gewöhnlich  in  Gehrauch  genommenen  Mitteln 
das  JDooer'scfae  Pulver  vorzugsweise  nützlich  wirkt,  wenn 
kranpftafteZuMmmensdindning  des  Muttermundes  und  unteren 
GcbftnmitterabflchBittes  die  GeburtsthStigkeit  hemmt,  der  Borax 
wegen  seiner  langsameren  Wirkung  vorzugsweise  seine  An- 
wendung hei  Wehenschwäche  ^w^rend  der  ersten  Geburts- 
zeitrjtaime  findet,  wenn  die  Zeit  nicht  drängt,  also  nicht 
emsige  Zufttte  ein.  «ngreifenderes  Verfahren  nothwendig 
mach^i,  flas  Seoale  cornntum  aher  vorzugsweise  dem  vierten 
und  fünften  Gehmlszeitraume  angehört,  wenn  es  sich  darum 
handelt,  hinnen  kurzer  Zeit  kräftige  Contractionen  des  Mutler- 
grundes  ond  Mutterkörpers  zu  erwecken,  wo  dann  zwei  his 
drei  Dosen  zu  einem  Scrupel  rascher  und  entscheidender  zu 
wirken  pflegen,  als-radirere  kleine  Gaben. 

Organische  und  mechanische  Störungen  des 
Dortnalen  Verhältnisses  lassen  sich  in  der  Geburtshölfe  nicht 
immer  strenge  von  einander  sondern,  da  sie  sich  nicht  selten 
gegenseitig  bedingen  oder  wenigstens  häufig  gemeinschaftlich 
auftreten;  ich  werde  mich  daher  nicht  strenge  an  eine  Trennung 
beider  von  einander  binden  können.  In  dieser  Beziehung 
waren  zunächst  Blutungen  bei  der  Geburt  eine  nicht  ganz 
seltene  Erscheinung.  Traten  sie  während  der  ersten  Geburts- 
Zeiträume  auf,  bedingt  diu'ch 'frühzeitige  Trennung  des  Mutter- 
kuchens, so  wurden  sie  nach  den  bekannten  Regeln  bebandell, 
welche  meistens  ausreiditen.  Dauerten  sie  in  seltneren 
Fällen  nach  dem  Blasensprunge  noch  fort,  so  wurde  einige 
Mal  die  Anlegung  der  Zange  nothwendig.  Interessant  dürfte 
besonders  folgender  Fall  durch  die  gleichzeitige  regelwidrige 
Kindeslage  und  Selbstwendung  sein: 

Die  Schwangere  N.  528  war  am  3.  Febrnar  1856 '  mit  einem 
sieht  «sbedevlendeo  Blnt^asse  aoii  den  Genitalien  in  das  Institut 
gelangt.  Die  erste  Unterraobang  ergab  einen  fast  Terstriehanen 
Nabel,  sehief  geformten  Unterleib,  dessen  Ansdebnong  besonders 
rechterseita  bis  gegen  die  kurzen  Bippen  emporreicbte ,  die  linke 
Oberbaacbgegend  leer,  dagegen  swiscben  Nabel  und  linker 
Darmbeiffgr&te  eine  missige  Herrorragang;  Kindestheile  nicht 
devtUäb   erkennbar,   der  Harsschlag  des  Kindes   oberhalb    des 


374  XXIV.    B4hm,  Berfoht  thtr  «•  LeisCiiaffeii 

NabeU  reehta  and  lioks  Auf  «inem  8mm*  ▼•n  8  bis  4  EoQn 
h&rb^r,  iUM  Placentargejftnsch  «bUb  und  liok«.    teiMrUeb  teigle 
■ich  p.  p.  die  Portio  Taginalis  nahe  dem  Vorberge,  etwaa  gegw 
die    linke    Incis.    ischiadica    gerichtet,    V^   Zoll    lang,    härtlicli, 
wenig  umfangreich,    die  Mnttermnndslippen  abgerundet,   rigide, 
der  Muttermund  etwa  in  der  OrSsse  eines  yiertelzolles  geSfinet, 
frei  von  £inri8fleii;   der  Beckeoeingang  frei  nmA  nar  fi&er  des 
rechten  Schi^mbeine  ein  Kindestbeil  hoch  and  »o  bewesUch  fiklbtr, 
data   die  Diagnose   noch  nicht  mit  Sicherheit  festgestellt  werden 
konnte.     Während   der   inneren  Exploration  ergoss  sich  Blut  in 
so  reichlicher  Menge,  dass   dieselbe   durch  die  Schulerinnen  un-  ^ 
geachtet  der  su  gewinnenden  Belehrung  nicht  fortgesetzt  werden 
konnte.    Dieser  Blntverlnst,   an  welchem  die  Sehwangere  sehm 
seit  längerer  Zeit  periodisch  gelitten  an  haben  ▼ersicherta,  settts 
sich  ungeachtet  des  Gebranchs  von  Säuren  und  der  Beobaehtonf 
der    diätetischen    Rücksichten    noch    längere    Zeit    hindurch   in 
periodrsch    wiederkehrenden    Antillen    fort.     Dagegen    war    die 
Diagnose    einer  Schiefläge    der  6eb|rmntter   einscfaliessltcb  der 
darin   enthaltenen  Frucht,   sowie   dea   regelwidrigen   Sitaes   der 
Placenta   im  unteren  Abschnitte  der  Gebärmutter  aa  klar,  als 
dass    nicht    sofort    die    geeignete    Seitenlago    der    Schwängern 
während  der  NMchte  hätte  in  Anwendung   gesetzt  werden  sollen. 
Nachdem    die   Blutung    noch    in    spärlichen    Ergüssen    mehrmals 
wiedergekehrt,  ergab  die  Untersuchung  schon  am  24.  Februar  eine 
bessere  Gestaltung  des  Unterleibes  und  ein  deutliches  Herabtreten 
eines  grösseren  und  festeren  Kindes^eiles,  welcher  jedoch  noch 
über  dem  Beckeneingange   nach  vom   auf  dem.  rechten  Schooss- 
beine  gestützt  stand.    Nachdem  von  dieser  Zeit  ab  die  Blutungen 
aufgehört  hatten,   war  endlich   am   10.  März  der  Unterleib  toII- 
kommen    regelmässig    gestaltet,    der   Kopf   des   Rindes    in    den 
Beckeneingang  herabgetreten,  no«b  In  reichlichem  Fruchtwasser 
ballotirend.   Am  21.  März  erfolgte  die  Geburt  eines  reifen  7- Pfund 
schweren  Mädchens   in   der   ersten  Scheitellage,    dem   auch   die 
Nachgeburt  in  einer  Viertelstunde  ohne  erheblichen  Blutverlust 
folgte.  ' 

Idi  habe  dieses  FaOes  etwas  ausfuhriicber  erwäfanl  im 
Hinblick  auf  die  früheren  Jahre  meiner  Thäügkeit  beon 
Institute,  in  denen  die  geringere  Frequenz  der  Schwängern 
zugleich  eine  frühzeitigere  Aufnahme  derselben  zulässig  macbfei, 
wodurch  zugleich  die  Fälle  regelwidriger  Kindeslagen,  welche 
durch  Selbstwendung,  oder  durch  Wendung  vermittels  äusserer 
Hangriffe  nach  Wigand  in  Geradlagen  umgewandelt  wurden, 
häufiger  zur  Beobachtung  kamen,  als  in  den  neueren  Zeiten, 
wo  die  Zahl  der  kreissend  dem  Institute  zulaufenden  Personen 


«. 


4^JL  HebMBiMabiftims  su  Stottiii  ete.  375 

■^*  gidK  dirgffrtdl  hiiift,  ibss  oft  wir  wenige  Betten  fEur  SohwaDgen 

^*  Mmh  der  ExplMratioDftftbaogep  freigebalten  werden  k^nn«i. 

Ich  bebe  dieeiNr  milderen  und  eo  erfolgreichen  Behandhmg 
t  der  Sdiieilageii  »teto  dn  lebhaftes  Interesse  gewidmet,  und 

1^  attch  in  meiner  privirtett  Tbätig^eit  die  herrlicbfiten'  Erfolge 

i^.  dafon  geseben»  Wenn  aber  im  AUgemMnen  und  naeb  grosseren 

>^  ZiMenTerbähiiieBen  bemessen ,  SeMeflagen  des  Kindes  bei  der 

'  Gebort  doeh  nur  selten  beobachtet  werden,  so  liegt  der  Grund 

gewiss  nur  darin,  dass  sie  d>en  schon  vor  dem  Eintritte  der 
Geburtsthätigkeit  dmreh  die  Naiur  selbst  in  Geradlagen  surück- 
geführt  werden*    In  mkn,  ja  ich  m(khte  behaupten,   in 
^  den  meisten  FiUen  bid>eii  die  Schwängern,  bei  weMien  sich 

^  durch  iiigend  eine  äussere  Sch&dUcMieit  eine  Sdiieflage  bildet, 

durch  die  regdwidrige  Verlheilung  des  Raumes  kleinere  oder 
i  grössere  Unbequemhcbkeilen  2U  ertnigen,  welche  skh  besonders 

um  das  Ende  des  neuntm  Monats  vemlehrea  Während  des 
Dmhergefaeos  bei  Tage  werd^en  diese  durch  die  vom  über* 
geneigte  Richtung  der  Gebarmutter  vermindert,  liegen  die 
Schwängern  aber  im  Bette,  so  werden  jene  durch  die  Rückenlage 
vermehrt  und  veranlassen  zu  .einer  entsprechenden  Seitenlage, 
wekhe  die  gedruckten  Obm4»auchemgeweide  frei  macht.  Kommt 
nun  im  sehnten  Monate  die  natürliche  Senkung  der  Gebär- 
mutter hinzu,  so  stellt  sich  die  Geradiage  von  selbst  wieder 
her.  Geschieht  diese  Lageveriiesserung  plötzlich,  so  ist  sie 
fliebt  selten  mit  einem  vordbergehenden  Uebelbefinden  der 
Scinrangem  veribunden«  und  gewiss  bezieht  sich  der  unter 
dcD  HebauHnen  gebr&uebliebe  Ausdruck:  „das  Kind  habe 
eine  starke  Wendung  gemacht''  in  den  meisten  Fällen  auf 
eine  scdcbe  WiederhersteUmig  der  regelmässigen  Kindeslage. 

Nach  dieser  kleinen  Absdiweifung  kehre  ich  zu  den 
Bhitnngen  zurück  und  hebe  bescmders  noch  die  des  ianften 
Gebortszeitraumes  hervor.  .  Die  einzelnen  hierher  gehörigen 
Fälle  lassen  sich  föghch  in  zwei  Kaiegorieen  trennen,  nämlich 
in  Bltttungu  durch  Atonie  der  Gdiärmutter,  und  in  solche 
dorcfa  ragelwidrüge  Contraction  dieses  Qrganes  bedingt  hi 
den  der  ersten  Kategorie  angehörigen  FäHi»,  reichte,  soweit 
sie  im  Institute  zur  Bedbachtung  kamen,  meistentbeSs  der 
Sandsack  aus;  wo  er  die  volle  Wirkung  versagte,  wurden 
die  behamten  anderweiligen  inneren   und   äusseren  Mittel, 


J 


376  XXIV.    J3«&ffi,  Bericht  «lier  die  Leistnogcii 

Secale  cornut,  Acid.  phospfaor.,  Injeolionen  'm  die  Gebüiv 
mutter  u.  s.  w.  den  einzelne  Indicationen  gemäss,  mit  Erfdg 
angewendet  Waren  dagegen  regelwidrige  Gontraetionen,  meist 
mit  Incarceration  dar  Placenta  die  Ursaehe  der  Blutungen, 
so  wurde  zunächst  die  Ursache  der  ungenfigenden  Zusammen- 
Ziehungen  entfernt,  worauf  meist  die  Blutung  von  selbst  stand. 
Ich  darf  hierbei  wohl  mit-  wenigen  Worten  eines  Zustandes 
gedenken,  welcher  sowohl  in  diagnostischer,  als  in  therapeu- 
tischer Hinsicht  leicht  zu  Irrungen  führen  kann.  Die  eigentliche 
Einsperrung  der  Nachgeburt  hat  foekanntiich  ilffen  Grund  in 
krampfhafter  Zusammenscbnurung  des  inneren  oder  äusseren 
Muttermundes,  und  nicht  selten  trägt  schon  der  ganze  Verlauf 
der  Geburt  während  der  ersten  Geburtszeiträume  alle  Elemente 
zur  Erzeugung  dieses  pathologischen  Processes  in  sich.  Die 
Lösung  der  Einsperrung  ist  in  diesen  Fällen  oft  sehr  schwierig, 
da  die  zusammengeschnürte  Stelle  sich  mit  Gewalt  der  ein- 
dringenden Hand  entgegenstellt,,  und  iii  ihrer  Eigenschaft  als 
Krampf  der  Kreisfasem  durch  jeden  mechanischen  Reiz  eher, 
vermehrt  als  vermindert  wird.  Da  jedoch  die  Contraction 
der  Gebärmutter,  obgleich  an  sich  regelwidrig,  dennoch 
meistens  bis  in  die  Gegend  des  Sitzes  der  Placenta  empor- 
strahlt, so  findet  man  in  den  meisten  Fällen  nach  Deber^ 
Windung  der  Einsperrung  den  Mutterkuchen  gelöst,  und  mit 
der  ihn  umgebenden  Menge  flüssigen  oder  geronnenen  Blutes 
leicht  entfembar;  Ausnahmen  hiervon  machen  die  Fälle,  wo 
noch  besondere  Adhäsionen  als  pathologisdie  Producta  früherer 
Krankheitsprocesse  bestehen.  Verschieden .  hiervon  ist  jedoch 
der  Zustand,  wo  nach  langsamem  Geburtsverlaufe  und  mit 
allmäliger  Erschöpfung  der  Webenthäligkeit,  nadi  Ausschluss 
der  Frucht  die  Gebärmutter  sich  ziemlich  passiv  um  die  noch 
zurückbleibende  Nachgeburt  umlagert,  ohne  sie  von  ihrer 
natürlichen  AnheftuDgsstelle  losscbälen  zu  können,  wcAei  der 
Muttermund  oder  selbst  der  ganze  untere  Gebärmutterabschnitt 
zwar  ebenfalls  verengert,  aber  keineswege  krampfhaft  zu- 
sammengeschnürt wird.  Das  Eindringen  der  Hand  in  die 
abgeschlossene  Höhle,  welche  die  Nachgeburt  enthält,  ist  hier 
durchaus  nicht  schwer,  aber  in  den  meisten  Fällen  ist  hier 
der  Mutterkuchen  noch  in  seinem  grössten  Theile  innig  mit 
der  Gebärmutter  verbunden  und  erfordert  die  künstliche  Loa- 


•dM  K.  HebftttoMaiMlitiito  in  SUttin  ete.  877 

trenmuigrt  worauf  dtmi  nach  Entfernttiig  des  Inhaltes  die 
Gebinmtter  sich  meisleDtheils  bald  vollständig  conlrahirt  und 
solehergestali  die  BiwitlDg  gestillt  wird.  Anderweitige  Blutungen 
als  die  hier  besprochenen,  namentlich  aas  geplaitzten  Blutader- 
kaotea  oder  aus  grosseren  Dammrissen  sind  nicht  aur  Beob- 
achiimg  gekommen« 

Was  die 'oigentliehen  mechanischen  Geburtsabnor- 
mitäteo  betrift,  so  sind  Verengerungen  des  Beckens  oder 
der  mütterfichen  Weifihtheile  zwar  einige  Mal  beobachtet  wiftrden, 
doch  erreichten  sie  in  keinem  Falle  eine  solche  Bedeutung, 
dass  dadurch  jene  ^sseren  gebortshälflichen  Operationen^ 
wie  Perforation  oder  Kaiserschnitt,  oder  Oberhaupt  ein  blutiges 
Eingreifen  SeU^ns  der  Kunst  erforderlich  wurde.  Ich  kann 
mich  daher  sogletch  zu  den  regelwidrigen.  Kindfeslagen 
wenden,  «ad  gedenke  auerst  der  sogenannten  dritten  und 
vierten  Seheitellage*  Dadurch,  dass  diese  selteneren  und 
scbwierigerea  Lagen  im  Lehrbuche  CÜIr  die  Hebammen  fortr 
während  den  regelmässigen  Geburten  beigezählt  werden,  wird 
fir  dea  Unterricht  der  Hebammen  sowotd,  als  für  die  Praxis 
derselben  mancher  Uebelstand  berrorgerufen.  Zunächst  stehen 
sowohl  die  Paragraphen  84  und  66  als  auch  147  und  192 
mit  dies«  Feststellung  in  oftnbarem  Widersprudie;  die  ersten, 
weil  darin  anscköcklich  ausgesprochen  wird,  bei  der  regel- 
mässigen Lage  liege  die  Ruckenfläche  des  Kindes  nach  vom 
und  jede  andere  Lage  sei  regelwidrig;  die  letzten  aber, 
weil  die  zweite  Hälfle  des  Paragraph  192  es  klar  und  deutlich 
sagt,  dass  bei  der  dritten  und  vierten  Lage  leicht  Dammrisse 
entstehen,  was  mit  dem  Inhalte  des  Paragraph  147  wenig 
harmonirt,  wo  für  die  regehnäsaige  Geburt  vollständige  Integrität 
von  Mutier  und  Kind  geftmdeu  wird.  Reebnet  man  hieran 
noch,  dass  diese  Lagen  oft  ganng  zu  ihrer  Beendigung  der 
Knnstfafilfe  bedürfen,  so  steht  auch  dieser  Umstand  dem 
Begriffe  dear  regelmässigen  Geburt  entgegen.  Als  Kindeslagen 
betrachtet  sind  zwar  aMe  vier .  sogenannte  normale  Lagen 
JBcbeitfilkigen^,  aber  als  Geburten  Ueiben  dies  nur  die  dritte 
und  vierte,  während  die  erste  und  zweite  ds  Hinterhaijqpt»- 
gebnrten  zum  Durchschneiden  kommen.  Dies  sind  allerdings 
Unterschiede,  welche  jeder  Geburtshelfer  kennt,  aber  für 
den  Staadponkt  des  Hebammennuieniehts,  welehen  ich  hier 


878  VilV^   Bekm^  B«fiiAt  J^r  iU  LeMiuig»n 

nieht  «08  den  Augen  Terlienm  mag,  a^ineB  mir  dieBe  B»* 
merkangeo  nicht  ohne  Wichligkeity  da  in  demsriben  jeder 
Schein  emes  Widerspruche  oder  enier  Ineoneeqaeni  mdgliohst 
femueden  werden  moes. 

Was  die  im  Instilute  seihet  beobaohteten  UDgö08lige& 
Scheitellagen  betrifft,  so  Itamen  10  dritte  und  13  mtta 
ScheiCellagen,  überiianpt  also  23  Fälle  vor.  Von  diesen  gingen 
7  in  die  günstigere  Scheitellage  ihrer  Seite  tter;  eine  die 
gönstige  Drehung  zn  machen,  verliefen  10,  unter  denen 
jedoch  3  frühseitige  abgestorbene  Fruchte  und  2  zweite 
ZwiUingskinder  waren.  Die  übrigen  6  bedorflen  sämmlheh 
der  Anlegung  der  Zange,  ohne  dass  vorher  die  günstigere 
Drehung  erfolgt  war;  und  tasserdem  wurde  die  Zange  er^ 
forderlich  in  zwei  der  ersterwähnten  FUie,  nachdem  die 
Drehung  in  die  günstigere  zweite  und  erste  SteUoög  bereüs 
bewirkt,  bei  dem  langsamen  Veriaitfe  aber  ^  Webentbäligkeit 
zu  obnmäi^g  'geworden  war,  um  die  Hcraustreibung  noch 
beendigen  zu  können.  Diese  einfachen  Thatsadien  werden 
zum  Belag  der  oben  ausgesprochenen  Ansichten  dic^ien  können. 

Die  Lage  der  Arme  neben  dem  in  guter  SieUung  ge- 
gelagerten Kopfe  der  Frucht  kam  acht  Mal  vor.  In  zww 
FäUen,  wo  die  Fröchte  sehr  klein  waren,  .und  in  «eben 
Fällen  aosgetragener  Frdchte  von  gewttodiGhen  Dimensionen 
wurde  der  Geburtsverlauf  durch  diese  ungänslige  Lage  nicht 
beeinträchtigt.  In  dem  achten  Falle  jedoch,  wo  der  Vorderarm 
Aber  dem  Nacken  des  Kindes  lag,  und  zwisdien  diesi^n  und 
der  Schoossfuge  eiogeklenunt  wurde,  musste  die  Geburt 
mittds  der  Zange  beendigt  werden. 

Ungewöhnliche  Drehungen  des  Kindeskopfes  während 
der  fieburt  erfidgten  zwei  Mal.  in  dem  einen  Fatte  drehte 
sidi  bei  einer  überaus  phlegmatisoiiett,  trägen,  torpiden  Erst- 
gdMirenden  der  Kopf  aus  der  zweiten  Scheitellage  aUmUig 
in  die  dritte  hinüber,  und  schnitt  in  dieser  Lage,  das  Gesieiit 
der  Schoossfuge  zugewendet,  dureb,  in  dem  anderen  Falle 
trat  der  Kopf  in  der  ersten  ScheiteBage  in  den  BedEendngang, 
und  drehte  sidi  bei  ebenftills  sehr  langsanism  y&Mk  dnr 
Geburt  über  den  geraden  Durchmesser  hinweg  in  die  zvKite, 
und  endlich  aii»  dieser  in  die  dritte  ScheiteHage,  in  wdeher 
er  zum  Durebeebnelden  kam*    Besondere  Abnoraiitäten  des 


4m  K.  Hebttumettinilätlit»  m  Stettin  ete.  879 

^ 

Btbk«ns5  mihke  dfese  uitgewöhnlidien  DrelHuigeii  verantoMt 
hdteD  ktantAi,  waren  in  beiden  FiUen  niciit  su  entdecken. 
Von  andenrntigen  regelwidrigen  Kopfltigen,  weldM  dM 
Ldirbaeh  fttr  die  Hebammen^)  annimmt,  erwSbne  ich  zo» 
ntekst  der  Gestehtslagen.  ISie  kamen  in  rier  F&Uen  aar 
Beobaebtong.  Der  erste  derselben  betraf  dne  scbwäddiobe 
Moltipanr,  mit  sehr  geringer  BecIteDneigUDg,  welche  wfthpend 
ivt  Schwangerschaft  am  Typhus  gelitten,  und  danach  eine 
sehr  langsame  Reconvalescenz  durchgemacht  hatte.  Bei  Eintritt 
der  Gebart,  welche  mit  dem  Masensprunge  und  der  Bnt* 
leemng  einer  copidsen  Menge  FVuchtwassers  begann,  ergab 
die  Untersttehimg  zwar  im  Allgemeinen,  eine  Geradlage  des 
Kindes,  jedoch  war  wegen  iSangelhafter  Entwickelung  der 
GescMeefatstheile  der  rerliegende  Kindestbdi  noch  nidit  mit 
Sicherheit  zu  erkennen.  Nach  Eröffhung  des  Mattermundes 
wnrde  aber  bald  die  dritte  Gesichtslage  diagnostictrt,  welche 
im  weiteren  Verlaufe  der  Gebort  mit  Leichtigkeit  in  die 
zweite  überging,  in  welcher  das  Durchschneiden  erfolgte. 
Oas  flrAhieitige  höclist  erbärmlich  ernftbrie  Kind  war  todt, 
und  hatte  eine  Länge  ron  16  Zoll  und  wog  8Va  Pfund.  Der 
Zweite  Fall  betraf  eine  gesunde  Zweitgebärende,  bei  wricher 
in  der  letzten  Zeit  der  Schwangersdiaft  durch  das  Scheiden* 
gewölbe  sehr  deutlich  ein  gewdlbter  Kopfknodien  in  vielem 
Fruchtwasser  beweglich  ti>er  dem  Beckeneingange  ffitfilbar 
gewesen  war.  Während  dw  zweiten  Gd)urtsperiode  hess 
sieh  durch  die  erschlalRe  Blase  mit  Sicherheit  das  Gesicht, 
mit  der  Stirn  nach  vom  und  rechts  gerichtet  erkennen; 
doch  stand  die  letztere  so  leicht  bewe^ich,  dass  de  bei 
massig  starker  Berfibrung  mit  der  Fingerspitze  vom  rechten 
Scbeosdl^ine  empor  gehoben  werden  konme.   Eine  Seitcnlage 


1)  Ich  erwähne  ausdrücklich,  dass,  wie  die  gegenwärtigen 
Mittheilnngen  Oberhaupt  nur  die  Im  ESnigl.  Hebammeninstitnte 
^obaefaieten  Fftlfe  betreifen,  so  dieselben  auoh,  wenn  atieh 
«fobt-  aaas^JleafUfili,  dennoeh  vorsi&filch  im  BinhUcke  auf  des 
HobiS#iii^ea«n|errieht  and  von  meiner  Stellnag  ala  Heb«mme]Jeb;?er 
ans». der  Oeffentliehkeit  übergeben  werden.  Die  ans  denselben 
an  entnehmenden  wisseDschaftlichen  Resultate  bebalte  ich  mir 
vor,  in  Verbindung  mit  den  aus  meiner  PriTatprazls  gesammelten, 
spiter  ati  ▼«^Sffentlieben» 


3g0  XXIV.   B^km,  Beisdit  (lUr  die  LeiiHuifiiii 

Daeh  rechts,  welche  die  GebArende  wihrMid  laehrerer  Wehili 
beobachten  musste,  Temiochte  jedodi  nicht  da»  Hü&teriMtipt 
in  den  Beckeneingang  herabxiileiten  und  so  ^  swebe  Scfaeiiel- 
läge  barztt9teUen,  vielmehr  drehte  Mch  die  Stirn  nach  linkb 
hinüber,  8o  dass  der  zwdte  achrj^  DurchmäMer  ded  Beekeaa 
mit  dem  ersten  gewechselt  wurde.  Als  bald  danach  die  Blase 
sprang,  sank  das  Gesicht  risch  bis  in  die  Beckenmitte,  wobei 
es  zugleich  die  Dr^ung  in  den  Querdurdmiesser  machte, 
so  dass  die  Stirn  gänzlich  nach  links,  das  Kinn  nach  redits 
trat  Die  nächstfolgenden  Wehen  trieben  dassdbe  nun  hald 
tiefer,  indem  zugleich  das  Kinn  weiter  nach  vom  und  rechts 
rdckte,  und  ohne  grosse  Sehwierigkeii  aus  der  zweiten  Lage 
unter  dem  Schoossbogen  hervdbtrat.  Der  sehr  krdRige  8  Pfund 
sdbwere  Knabe  trug  eine  kaumerbebbch  zu  nennende  Geticfats^ 
geschwulst  Die  dritte  hierher  gehörige  Schwangere  war  eine 
sehr  kleine,  sonst  aber  wohlgebaute  Person,  bei  welcher  sich 
wegen  der  grossen  Verkörzung  der  Unterleibshdhie  ein  starker 
fiängebauch  gebildet  hatte«  so  dass  der  froher  hn  Btocken^ 
eingange  fühlbar  gewesene  Kindesfcopf  bei  Beginn  der  Geburt 
stark  nach  vom  auf  dem  rechten  Schoossbeine  angestemmt 
gefunden  wurde.  Neben  ihm  fand  sich  mehr  nadi  der  linken 
Beckenseite  zu  in  der  mit  vielem  Fruchtwasser  gefüllten  Blase 
ein  kleiner  beweglicher  Theil,  mutbmaässlich  eine  Hand.  In 
der  Hoffnung,  mit  dem  Blasen^runge  den  Kopf  tiefer  in  das 
Becken  herabzubringen,  wurde  cfe  Kreissende  auf  die  rechte 
Seite. gelagert,  und  der  auch  äusserliefa  durdi  die  Baucfadedien 
fühlbare  Kopf  durch  eine  Sißhälerin  mittels  der  Hamd  dei6 
Beckeneingange  zugedrängt.  Dies  Manoeuvre  gelang  indess  mchl, 
da  schon  nach  wenigen  Wehen  die  Blase  qirang,  hevor  noch 
der  Kopf  wh  vom  Beckeneingange  gelöst  hatte.  Der  vertier 
ffthlbar  gewesene  kleine  Kindestheil  war  jetzt  zwar  zurückgetreten, 
und  nicht  mehr  fühlbar;  dagegen  aber  erwies  sich  jetzt  die  Lage 
als  vierte  Gesichtslage,  indem  über  dem  rechten  Schoossbeine 
die  Stirn  mit  ihrer  Nath  und  dem  vorderen  Winkel  der  grossen 
Fontanelle  erkannt  wurden,  von  wo  ab  das  Gesicht  nach  der 
Richtung  des.  zweiten  schrägen  Durchmessers  sich  nach  hinten 
und  Unks  fortsetzte.  Da  noch  keine  Geschwulst  eingetreten  war, 
so  Hessen  sich  die  einzelnen  Tbeile  desselben  sehr  deutUch 
erkennen.    Bei  den  folgenden  Weh^  trat  das  Gesiebt  bald 


diM  K.  HdbaaiMettiiuliteta  m  Stettin  etc.  381 

tMer  in  das  Becken  berab^  olne  daes  die  Stirn  «eh  toid 
xecblBB  Sehoossbeine  löste;  und  es  konnte  daher  nur  noeb 
daran  gedacht  werden,  durch  eine  Seitenlagerusg  der  Kreisenden 
nach  der  linken  Seite  die  vorhandene  vierte  Gesiebtslage  in 
die  erste  umzuwandeln,  was  auch  nach  einigen  Weh^  voU<- 
stindig  gelang,  indem  das  Kinn  zunächst  sieb  ganz  der  hokefi 
Beckenseite  zu  und  von  dort  nach  vom  und  links  begab. 
Der  bald  danach  geborene  sehr  kräftige  Knabe  war  zwar 
elwae  apopiektiseb,  wurde  ab^  bdd  wieder  vollkommen  in's 
Ldien  zurdekgebracht.  Ganz  diesem  ähnlich  war  der  Verlauf 
andi  in  dem  vierten  Patte,  indem  auch  hierbei  die  Ursprünge 
Kcbe  vierte  Gesiebtslage  mit  Leichtigkeit  in  die  erste  hinüber^ 
^fiUirt  und  ein  kräftiges  MädcAen  zu  Tage  gef5rdert  Wurde. 

Schieflagen  des  Kopfes  in  solchem  Grade,  dass  sie 
den  Geburtsverfamf  wesoitlieb  bitten  slären  können,  sind  niebt 
keobttchtei  worden.  Wo  sie  zu  Anfinge  der  Geburt  und  bei 
noch  stylenden  Wässern  sidier  zu  erkennen  waren,  wurden 
sie  dnrdi  die  geeignete  Sdtenhige  der  Kreissenden  rectificiri 

Dagegen  waren  wahre  Hinterhauptsla^en  alWdings 
ciirige  Male  sicher  m  diagooslieiren,  indem  die  kleine  Fontandle 
sehen  in  der  letzten  Zeit  der  Schwangersohaft  durch  den 
geöflbeten  Muttermund  erkennbar  vrurde.  Ss  ist  einleuchtend, 
dess  eme  starke  Senkung  des  Leftes  in  der  letzten  Zeit  der 
Schwangerschaft  in  Verbindung  mit  einer  nidr  massigen  Menge 
Fruchtwasser  bei  der  ersten  und  zweiten  Scheitellage  die 
DdierfObrung  in  eine  Hinterhauptslage  begründen  muss, 
gleichwie  unter  ähnlichen  Verhältnissen  die  dritte  und  vifurte 
SebeiteUage  den  Uebergang  hi  die  erste  und  zweite  Gesidits- 
läge  begünstigen  wird.  Indess  kann,  di^  V^hftltniss  leicht 
Aberseben  werden,  wemi  der  Muttermund,  wie  bei  Erst^ 
geschwängerten  bis  zum  Beginn  der  Geburt  geschlossen  bleibt, 
und  der  Kopf  na^  Eröffnung  desselben  bereits  tiefer  in  das 
Becken  berabgedröckt  ist  Im  Debngen  haben  aber  Hinter^ 
hauptsiagen  keinen  weiteren  Nacbtheil,  als  dass  sie  die  Geburt 
wegen  des  günstigeren  Verhältnisses  der  Kopfdurchmesser  zu 
den  Beekendnrchmessern  bescbleimigen,  und  daher  leieht  zu 
Blutungen  nach  der  Geburt  Veranlassung  geben  können.  Dritte 
und  Tierte  Hidterbauptslagen  dürften  wohl  bei  ausgetragenen 
FMcbten  niemals  beobaditet  sein; 


382  XXIV..  Bdkm^  B#ri«lii  üUi  die 

Indem  icb  mich  Bim  mehr  2U  des  Ualerttattm-» 
geburten  wende,  erwtime  ich  zoerst  der  Stersslagen. 
Sie  wurden  Oberhaupt  zwölf  Mal  heobaehttt»  Uuier  dieaen 
befanden  sich  die  erste  drei  Mal,  die  zweile  fünf  Mal,-  die  dritte 
zwei  Mal,  die  vierte  ebenMs  zwei  Mal  Die  beiden  viertcD 
Steisslagen  gingen  im  Verlauf«  der  Cneburt  in  die  erste  Lage 
Aber;  die  beiden  dritten  Lagen  verliefen  zwar  ohne  weitere 
Umwandhing  als  dritte  Lagen,  betrafen  aber  in  beiden  Fätteft 
fi*ahzeitige  Fruchte,  von  denen  die  eine,  ein  Zwülingsknabe, 
17  Zoll  lang  war,  und  nur  4  Pfund  16  Lotfa  wiegend,  lebend, 
die  zweite  Aer  todt  und  in  Verwesung  begriffen^  geboren 
wurde.  Von  all^  auf  diese  Weise  '  geborenen  Kindern 
konnten  nur  fänf,  also  weniger  ab  die.Bilfte  als  ausgetragen 
betrachtet  werden;  diese  wui4en  sämmtUch  in  erster  und 
zweiter  Steisslage  geboren,  eim  danmier,  m^hdem  die  viertn 
in  die  erste  Lage  übergegangen  w«r.  Von  den  öhrigen  aieben« 
simmtlich  frühzeitig  geborenen  Früchten  waren  drei  tedt  ge- 
boren, und  zum  Tbeil  in  Verwesung  i>egriflen,  ein  viertes 
nur  13  Zoll  lang  und  2  Pfiind  schwer,  wurde  zwar  lebend 
gelHNreU)  starb  aber  nach  wenigen  Alhemnigen.  Bei  zweien 
faihden  sich  erhehlicho  MisebiUnngen»  nimikh  bei  dm  eiiien 
Spina  bifida  der  materea  Lendenwirbel,  welche  währetad  des 
Durcbfi^nges  durch  das  miltterliche  Becken  platzte;  das 
andere  hatte  Klumpfüsse  und  Cunratnr  der  Bandwurzelgeienke. 
Die  no<d)  übrigen  drei  firnbzeittg  geborenen  Früchfte,  das 
kleinste  derselben  der  vorbin  erw&hnte  ZwiUin|pknabe,  wurden 
lebend  geboren. 

Die  zur  Beobachtung  gt^ommenen  Fusslagen  gaben 
tticht  mittder  zu  interessanten  Bemerkungen  Veraniassung* 
Ueberhaupt  wurde  diese  Lage  dreisehn  Mal  beobaehtet;  dariMiter 
die  erste  Lage  ein  Mal,  die  zweite  zwei  Mal,  die  dritte  ftef 
Mal,  die  vierte  drei  Mal,  und  in.  zwei  Fillen,  wo  die  Früchte 
todlfaul  und  sehr  klein  waren,  geschah  die  Ausschhesaung  sa 
rasch,  dass  die  Lage  nicht. speciell  festgeatelU  werden  konnte; 
eine  dieser  beiden  letzten  Früchte  war  so  gar  in  einem  so 
hohen  Grade  der  Verwesung  begriffen,  daaa  sie  keiaor 
Messung  föhig  war.  Auch  unter  diesen  dreizehn  Früchten  war 
die  Zahl  der  frühzeitig,  todt,  verweset  oder  mit  Missbildungen 
geborenen  gross:   ein  Knabe,    15  Zoll  lang,  und  drittehalb 


Ptaid  tdmren  wurde  todtfaiil  mit  Klvnipfiteen  uiri  waaser- 

«ickig    aBfeetiJAenem    üalerieibe   geboren;    ein   MidcbeD, 

18  Zoll  lang,  und  drei  imd  ein  viertel  Pfund  seliwer,  war  in 

kohera  Grade  in  Fäuhiiss  ädergegangen;  bei  einer  ZwiUinga- 

gebort  erschien  nach  Ausschluss  eines  ausgetragenen  wohK 

gefaüdelsD  Kiaies,  mit  nächster  Wehe  eine  neoe  Blase  weit  vor 

die  GeaeUechtslhiJle  der  llbtter  hervorgetrteben,  welche  in 

dritter  Fusslage  eine  sedismonatliche  durchaus  Terwesta  und 

ptettgBdrQckte  Frucht  enthielt,  deren  Placestartifilfte  verödet  j 

war;    bei    einer    anderen   Swiltiogsgeburt  hatte   die   soerst 

kommende  Frucht,  ein  lebendes  17  Zoll  langes  und  4%  Pfund  \ 

schweres  Madchen,  Pes  equinus,  und  auf  dem  Schienbeine 

eme  deutlich  erkennbare  Narbe»  und  unter  dieser  unverkenn^ 

bare  GeUiiawucherung,  so  dass  dso  .während  der  Schwanger^ 

sdiaft  eine  Fractur  des  Untefschenkels  Statt  gehabt  haben  i 

masste,  welche  wieder  verheilt  siiar;  neben  einem  anderen  in  | 

dritter  Fusslage  geborenen  Knaben,  welcher  nur  16  Zoll  lang 

und  3  Pfimd  schwer   war,   und  der  zwar  lebend   geboren 

wurde,  aat  dritten  T^^e  nach  der'fiebort  aber  eyanotiscb 

starb,  lag  die  Nabelschnur  vorgefallen,  und  ein  ebenfdb  in 

dritter  Fasslage  gdborener  Knabe  war  hydrocefdialiscb.   Ueber- 

haupt  waüren  von  aUen  dreizehn  in  einer  Fusslage  geborenen 

Kiodertt  neun  GrufaaBeitig  geboren« 

Die  Zusammenslellung  der  Ftasslagen  mit  den  Steisslagen 
giate  zu  interessanten  Sehlössen  tär  die  Unterstammgdburten 
vrie  fmr  die  KiiMieslagen  Oberhaupt  Veranlassung,  ftringt  man 
von  den  fiberfaanpt  zur  Beobaditung  gekommenen  Unterstamm- 
gefanrten  die  beiden  in  Abzug,  bei  welchen  wegen  Schnellig- 
keit des  Veriaufes  £e  specieBe  Stdung  nidit  ermittelt  vrurde^ 
s»  bleiben  ikberbäupt  14  FäHe,  in  welchen  der  RAcken  des 
Kindes  der  linken  Beckenwand  zugewendet  war,  (zweite  und 
Aritte  Lage)  und  nur  9  FäUe,  wo  das  entgegengesetzte  Ver- 
haltnias  Statt  fand  (erste  und  vierte  Lage);  und  es  dürfte 
daher,  imgeachtet  die  geringe  Zahl  für  grössere  Mengen* 
verhütniase  noch  nicht  maassgebend  erachtet  werden  kann, 
der  Einauss  derjenigen  allgemeinen  Verhältnisse,  wekhe  auch 
bei  nach  unten  gelegenem  Kopfe  den  Rücken  der  Fracht  der 
linken  Beckenseite  in  überwiegender  Zahl  der  Fälle  zuführen, 
auch  bei  den  Unterstammgeburten  eine  -überwiegende  Geltung 


884        XXiy.    B^hm,  Bttfiolit  flirar  dto  Lei«tiuig«i  etc. 

gegen  d^  Einflass  4er  schrlgen  BeekendnrdiiiieBi«*  bean^ 
Sprüchen.  Was  dagegen  die  SteMung  der  Rücken*  und  Baucb- 
fläche  der  Frucht  zur  vorderen  und  hinteren  Beekenwand 
betrifll,  so  scheint  hier  die  Stellung  des  [Kindes  selbst  Ton 
Einfluss  für  das  besondere  Auftreten  der  Fuss*  und  resp. 
Steisslagen  abzugeben.  Es  stellten  sich  nimMeh  von  den* 
jenigen  Unterstammgeburten,  in  denen  der  Rücken  der  Frucht 
der  vorderen  Beckenwand  zugekehrt  war,  (erste  und  zweite 
Lage)  von  den  Steisslagen  acht  unter  zwölfen,  und  von  den 
Fusslagen  nur  drei  unter  elf  zur  Geburt,,  während  unter  den 
Steisslagen  nur  vier  von  zwölf,  von  den  Pusslagen  dagegen 
acht  unter  elf  den  Rücken  der  Unteren  Beckenwand  zukehrten 
'(dritte  und  vierte  Lage).  Die  Ursache  dieses  Unters^edes 
scheint  darin  zu  liegen,  dass  bei  der  gew(>haMchen  Lage 
der  Frucht  mit  an  den  Unterleib  herangeMgenen  Sdi^kebi, 
in  Gemässbeit  der  vorn  über  geneigten  Lage  der  Gebär- 
mutter in  denjenigen  Fällen,  wo  die  Fracht  die  Baucbfläche 
der  vorderen  Beckenwand  zukehrt,  leichter  die  Füi^se  den 
Eingang  des  Beckens  und  den  Muttermund  passiren,  wogegen 
in  der  entgegengesetzten  Lage,  den  RAcken  nach  vorne«  ge- 
wendet, die  Hinterbacken  unmittelbar  auf  den  fieckeneingang 
auftreffen,  während  die  Fersen  und  Füsse  höher  nach  oben 
über  dem  Beckeneingange  zurückbleiben,  bis  der  ganze  Steiss 
tiefer  ins  Becken  herabrückt.  Wo  ■  Aet  bei  nach  vom 
gerichteter  Bauchfläche  Steisslagen  zu  Stande  kommen,  findet 
man  meistens  nodi  eine  ü^itlang  nach  der  Geburt  die  Füsse  des 
Kindes  mit  Gewalt  gegen  den  Rumpf  in  die  Habe 'gestreckt» 
so  dass  die  Annahme  gerechtfertigt  erscheint,  dass  schon  längere 
Zeit  vor  dem  Eintritte  der  Geburt  diese  abnorme  Stellung^ 
möglieherweise  durch  Hinanfeb^ecken  der  Scheidbel,  wenn  im 
letzten  Monate  der  Schwangerschaft  die  Gebärmutter  sich 
senkt,  und  der  vorliegende  Kindestheii  sich  anschickt,  den 
Beckeneingang  zu  passiren,  vorbereitet  sei.  Die  Kürze  des 
ftauroes,  welcher  den  gegenwärtigen  Hittheilungen  zugebilligt 
werden  kann,  gestattet  mir  nicht,  den  Gegenstand  weiter 
auszuführen,  um  so  weniger,  als  dies  Dinge  smd,  die  jeder 

Geburtshelfer  kennt. 

(Fortsetsung  folgt.) 


XZV.    NotiSMi  »Uff  4er  JowimiI  «Literatur.  385 

XXV. 
Notiaen  aiw  der  Jonmal-Literator. 


VoL  H&^erdM:   Nene    Operationsmethoden   der  Blasen- 
seheideBfisteln  mit  Metalldraht. 

Die  Blaseneeheidenfiflteln  operirte  Jobert  1868  mit  bis  dabin 
nicht  ipekanntem  Erfolge.  Das  Prtnoip  Beiner  Methode,  welche 
er  y Operation'  anloplaetique  par  glisaement^  nannte,  bestand 
faanpteächlich  darin,  das»  er  die  Anspannung  der  vereinigten  Fistel- 
rSnder«  beim  Gebrauch  seidener  Saturen  die  conditio  sine  qua  non 
des  glftcklichen  Erfolges,  ausführte.  NaehdeiQ  der  Uterntf  durch 
Zangen  naeh  abw&rts  geaogen  und  durch  einen  in  die  Blase  geführten 
Katbeter  die  Fistel  dem  Auge  noch  mehr  genfthert  war,  wurden 
die  Fistelränder  mit  einem  schrägen  Schnitt  hlutig  gemacht  und 
eine  triehterförmig.  nach  der  Blase  sich  verengende  Wunde  her- 
gestellt. Mit  Hülfe  von  Nadelhaltem  und  stark  gekrümmten  Nadeln 
wurden  dann  doppelte  Sutnren  von  Seide  oder  Zwirn,  durch  die 
ganse  Dieke  der  Wandungen  hiadnrohgefuhrty  V« — 1  Centimeter 
vom  Wnndrande  entfernt.  Um  jede  Spannung  an  heben  wurden 
denn  in  der  Sohleimbant  der  Scheide  Seitenschnitte  gemacht. 
Bisweilen  jedoch  war  es  nöthig,  die  Blase  aus  ihrer  Verbindung 
mit  der  Gebärmutter  oder  der  Harnröhre  vom  Schambogen  theil- 
weise  abaulösen  (•/o6sr<*scher  Schnitt).  Auf  so  richtige  Prineipien 
diese  Methode  gebant  ist,  so  ist  sie  doch .  einerseits  nicht  un- 
gefährlich, andererseits. snheinen  nach  Heilnng  der  ursprünglichen 
Fisteln  nicht  selten  neue  aa  entstehen.  Qu$ia»  SiuMm  gHb  ein 
einfacheres  Verfahren  an.  Dasselbe  besteht  in  dem  Anlegen  von 
awei  Reihen  seidener  Suturen.  Die  äussere  Spannungsnalit  hält 
sich  iVt— 3  Centimeter,  die  innere  Vereinigungsnaht  1'''— iV,'' 
vom  Wnndrande  fem;  letstere  wird  nur  durch  die  Scheiden- 
schlaimhaut  und  das  unterliegende  Bindegewebe  geführt.  Wenn 
um  den  fünften  bis  sechsten  -Tag  die  äusseren  Suturen  entfernt 
werden,  ist  die  Verheiliing  erfolgt.  Von  19  Kranken  wurden 
durch  diese  Methode  10  geheilt. 

Hayward  in  Boston  spaltet  den  Fistelrand  im  gansen  Umkreise 
in  awei  Lamellen,  von  welchen  die  eine  der  Blase,  die  eine  der 
Scheide  angehört  Nor  die  letatere  wird  dnrch  die  Nähte. ver- 
einigt, welche  liegen  bleiben,  bis  sie  auseitem.  EMerg  bat 
nach  ähnlicher  Präparätioa  der  Wundränder  sich  statt  Suturen 
der  Serres  fines  bedient  und  ColUtu  (Dubl.  Quarterly  Journ.,  1867) 
der  Sutura  elarata.  Poneoaci  in  Philadelphia  trennt  am  hinteren 
Theile  des  Wundraades  die  Schleimhäute  auf  Vt"  ^^^  einander 
lloBAlMe]ir.r.Oe%nrtsk.  1361.  Bd-XYII.,  Hft.6.  26 


and  sehtebt  in  diese  Spalte  den  rorderen  blati|(  gernftobten  Wnnd- 
rand  hinein.  Die  Vereinigung  gesohieht  dnrch  eine  aogenannte 
plastische  Naht.  Die  Resultate  sind  nioht  so  günstig  wie  die 
Yon  Jobert  nnd  Simon. 

Die  Methode  mit  Draht  an  n&hoB  rerdient  den  Namen 
y amerikanische  Methode*'  nnd  übertrifft,  wie  aaeh iSunfitoii  sagt, 
weit  alle  anderen ,  unter  welchen  die  eben  anfgea&hlten  die  besten 
sind.  Bleidrähte  hatte  Schmitt  in  Wien  schon  für  die  Blasen- 
scheidenfisteln  Torgeschlagen  nnd  Mattcmer  (Amer.  Jonm.  of 
med.  Sc,  1847)  ersählt  yon  glücklich  mit  Bleidraht  operirten 
FiUlen.  G^&$»ety  ein  Londoner  Arst  besehreibt  in  Laneet  1884 
einen  glücklich  mit  Qolddraht  operirten  Fall  nnd  hebt  dort  die 
Vortheile  des  edlen  Metalls  als  Material  für  Sutnren  im  Allgemeinen 
hervor.  Marion  Sims  in  Alabama  U.  S.  lUhrte  aber  erst  den 
praktischen  Beweis,  dass  das  Missglücken  der  Operationen  der 
Blasensoheidenfistel  hauptsttchlioh  in  der  Anwendnng  organischer 
Stoffe  an  den  Sntnren  ihren  Grund  hfttte.  Die  Naohtbeile  dieser 
Stoffs  liegen  darin,  dass  sie  aofquellen,  dadurch  die  Stiebkan&te 
reisen  und  snr  Eiterung  reranlassen,  dass  sie  femer  dnreh  Capillar- 
attraction  Flüssigkeiten  aufsaugen,  welche'  sich  lersetsen  und 
nun  dieselbe  schlimme  Folgen  haben.  So  schwüren  die  Suturen 
dnrch,  ehe  Heilung  su  Stande  kommen  kann.  Drfthte  aus  nicht 
ozydirbarem  Metall  werden  Ton  dem  organischen  Gewebe  sehr 
gnt  vertragen,  ohne  Entsendung  in  erregen*  Ihre  DnbiegsamknR 
trügt  ausserdem  snr  genauen ,  unverrückten  Coaptation  der  Wnnd- 
rinder  bei  und  sichert  die  Heilung  per  primam  Intentionen. 
Diese  Eigenschaften  der  Dr&hte  constatirte  Simpson  durch  Ver- 
suche an  ThierSn. 

Die  drei  hauptsächlichsten  Methoden,  die  Blasenscheiden- 
ftsteln  durch  Metalldriihte  su  heilen,  sind  folgende: 

1)  Million  Sim$'9  Methode.  Schon  186S  machte  Sims  (on  Uie 
treatment  of  vesieo -vaginal  fistula  by  Dr.  M. Sims,  —  Alabama  U.  S.) 
einige  glücklieh  operirte  Fälle  von  BlasenscheidenÜsteln  bekannt. 
Er  hatte  eine  modificirte  Sutura  clavata  angewandt,  indem  er 
die  wundgemachten  Fistelrttnder  durch  liniendicke  Stifte  von  Mal 
oder  Silber  vermittels  Silberdmht  vereinigt  hatte.  Bei  den  vielen 
Operationsversuchen,  welche  anfangs,  beim  Gebmuche  von  Selden- 
fKden,  stets  unglücklich  ausfielen,  muss  man  eben  so  sehr  die 
Geduld  des  Operateurs  wie  die  seiner  Kranken  bewundem,  von 
denen  eine,  eine  Negersfrau,  29  Mal  den  Operationstiseh  bestieg, 
ehe  sie,  die  erste,  mit  Silbefdraht  gehellt  wurde.  Bims  |iess 
später  seine  sogenannte  Clamp-sature  fsllen  und  legte  seine 
bedeutend  vereinfachte  Methode  der  New -Torker  medieinisehen 
Akademie  vor:  Die  Patientin  wird  an  den  Hand  des  Operations^ 
lagere  auf  ihre  linke  Seite  gelegt  und  sieht  den  rechten  Schenkel 
stärker  als  den  linken  gegen  den  Leib  an;  die  Brast  wird  dem 
Tische  sugekehrt.    Diese  Lagemng  gebraucht  auch  Simpson.  Das 


XZY.   Hotisaii  $mm  Ur  J«iiiMl*I4toim«ur.  fjgj 

Übst  swt^mteaiffB  Bpaouloi«  .bestellt  aof   eineui  HalbejKDdev^ 

desMii  eine»  Sude  abgerundet  und  wie  ein  Bntensehnabel  ojn- 
gebogen  ist,  wttbrend  da«  andere  unter  allmaliger  Kxilminang  Ton 
nngeföhr  30^  in  den  Griff  übergebt.  Daa  •|>eealiini  wird,  mit 
der  eonyexen  Fläebe  der  hinteren  Seheidenwand  sngekehrt,  ein* 
geföhrt  und  diese  von  der  Vorderwand,  welche  so  augleich  be- 
leuchtet wird,  nach  Möglichkeit  entfernt.  Zum  Wundraacben  der 
Eäader  gebraucht  £»nw  ein  einfaches,  spitses  Scalpell,  Simp90u 
dagegen  swei  .fiealpelle  deren  Klingen  in  einem  stumpfen  Winkel 
snm  Heft  (nach  rechts  und-  Unks)  befestigt  sind.  £s  wird  beim 
Wundmachen  die  Scheidensohleimhaut  in  V4"  Breite  entfernt  und 
die  grosse  Wundfläche  trichterförmig  gegen  die  Blase  au  ein- 
gestülpt. Von  der  Blasenschleimhant  wird  Nichts  fortgenommen, 
falls  dieselbe  nicht  degenerirt  oder  durch  Hineinragen  in  die  Fistel 
der  Operation  hinderlich  ist. 

Fisteln  Ton  sehr  kleinem  Lumen  werden  mit  einem  Haken 
herrorgeaogen  und  der  so  gebildete  Conus  amputirt,  wodurch 
eine  .  trichterförmige  Wunde  gebildet  wird.  Wenn  bei  grossen 
Fiatein  die  Blasensohleimhaut  sich  Tordrttngt,  wird  sie  durch 
metallene  Katheter  yqm.  der  Blase  aus  aurückgehalten  oder  durch 
Schwämme ,  welche  von  der  Scheide  ans  eingeführt  werden.  Der 
Draht  ist  von  gediegenem  eigens  geglühtem  Silber  gearbeitet 
und  hat  die  Dicke  eines  Pferdehaars«  Die  Sutwven  werden,  um 
Einstülpung  der  Schleimhaut  an  rermeiden,  nahe  dem  Bande  der 
Seheidenschleimhaut  eingeführt  und  der  Blasenschleimhant  mög- 
lichst nah^  gebracht,  ohne  dieselbe  mitsu£assen.  Simses  und 
£osemaA»'s  ursprüngliche  Methode  ist  durch  eine  tou  Simpson 
angegebene  Nadel  sehr  ▼ereinfacht  worden.  Diese  Nadel  ist 
ausgehöhlt  und  .1"  vor  ihrer  Spitse  im  Winkel  gebogen.  Die 
3pitse  ist  schräg  abgeschnitten  und  dadurch  sehneidend  gemacht; 
das  apdere  Ende  der  Nadel  ist  dicker.  Nachdem  dieselbe  durch 
beide  Wundränder  gefuhrt  ist,  wird  der  Draht  von  dem  hinteren, 
dickeren  Ende  her  in  den  Kanal  der  Nadel  ein-  und  darcho 
geschoben  und  die  Nadel  entfernt.  Zum  Schliessen  der  Suturen 
haben  ^oseniaaa  undiS»tn«Coaptatören  (suture-adjusters)  angegeben, 
eiserne  Stäbe,  die  eine  kleine,  darch bohrte  Platte  tragen.  Durch 
die  Oefl^nungen  der  Platte  werden  die  Enden  des  Drahts  ge- 
schoben und  während  dieser  dann  durch  das  Instrument  fizirt 
wird,  werden. aeine  Enden  durch  eine  Zange  gefaast  und  um  die 
▲ze  gedreht.  Die  Suturen  werden  erst  nach  9  — 12  Tagen  ent- 
fernt; die  Nachbehandlung  ist  nach  Sim»  von  grossem  Einfluss. 
Es  muss  jede  Anspannung  der  Wunde,  wie  sie  darch  Husten, 
Urin-  ond  Stuhjentleerung  erfolgen  kann,  Termieden  werden. 
H.  sah  bei  einer  Kranken  die  hintere  Blasenwand  sich  durch  dm 
Fistelöffnung  bis  an.  den  Scheideneingang  heryordrängen.  Nach  der 
Operation  wird  die  Bauchlage  inne  gehalten   und  ein  Katheter 

26* 


3^8  XXV.   Nötiaeii  was  der  Joutval-LlterAtar. 

eingelegt,  welcher  noch  nftch  Heraussfthme  der  Svtarea  einige 
Tage  liegen  bleibt  In  einem  Falle  tah  H.  noeh  am  10.  Tage 
die  anscheinend  starke  Narbe  beim  Uriniren  platien. 

Eine  Operation%aoh  dieser  Methode  sah  er  durch  K&iUer  am 
Royal  infirmary  in  Edinburgh  ausführen.  Die  82  jährige  Kranke  war 
vor  6  Wochen  mit  der  Zange  entbunden  and  hatte  am  10.  Tage 
unwillkürlichen  Abfluss  des  Urins  bemerkt.  Die  Operation  ^nd  den 
1.  December  18fi8  statt;  6  Suturen  waren  erforderlich,  von  denen  4 
am  achten  und  2  am  14.  Tage  entfernt  wurden.  Vom  18.  Tage  an 
wurde  der  Katheter  gani  entfernt  und  Fat.  am  26.  Tage  geheilt 
entlassen.  Sima  operirte  am  24.  Juli  1866  bei  einer  SOjKhrigen  Fat, 
die  schon  wiederholt  vergeblich  operirt  war,  eine  bedeutende 
Fistel;  am  achten  Tage  war  sie  gekeilt  Ob  die  einfache  oder 
die  Klammemaht  gfinstiger  ist,  ist  noch  nicht  au  entscheiden; 
nach  der  älteren  Methode  hatte  5tiiis,  der  New -York  Medic. 
Gaa.,  1856,  su  Folge,  80  Mal  und  ttets  mit  GlQck  operirt. 

2)  Bozemann^B  Methode  (on  resico  •  vaginal  fistula  hj  a  new 
method  of  suture,  by  N.  Bozemtmn,  LouisviUe,  Bevlew  1866). 
B.  nennt  seine  Methode  „button- suture  **.  Die  nach  8ims*8  Methode 
eingeführten  Silbe rdrähte  werden  nämlich  durch  die  Löcher  einer 
dönnen  Bleiplatte  oder  eines  Knopfes  geführt,  Je  iwei  Enden 
Sutnr  durch  ein  Loch  und  so  die  Wundrtoder  suerst  genähert^ 
dann  die  Snturen  fiber  der  Bleiplatte  geschlossen,  entweder  duroh 
die  Finger  allein  oder  mit  Hfilfe  eines  %"  von  seinem  Ende 
rechtwinkelig'  umgebogenen  Eisenstabes.  Der  Zweck  dieser  Art 
Kaht  ist,  theils  eine  Unteretütsung ,  theils  einen  Sckuts  fSr  die 
Suturen  absugeben;  besonders  wichtig  ist  sie,  wo  mehrere  Fisteln 
BUgleich  vorhanden  sind,  wie  in  Bo»emann*B  27  Fällen  denn  auch 
vier  Mal  eine  doppelte  und  drei  Mal  eine  dreifache  Fistel  bestand. 

Fisteln  der  Urethra  oder  des  Blasenhalses  sind  der  Heilung 
ungünstig,  weil  der  hintere  bewegliche  Wundnünd  stark  nach  dem 
vorderen,  oft  noch  dasu  invertirten  Rand  hingesogen  werden 
muss;  doch  sah  B.  sich  nie  sur  Ablösung  der  Harnröhre  vom 
Schambogen  veranlasst.  Diese  Art  Fisteln  lassen  nach  der  Heilung 
öfters  Incontinentia  urinae  surfick',  sind  aber  glücklicherweise  selten. 

Bei  Verletsung  der  Portio  vaginalis  können  die  Suturen  ohne 
Gefahr  durch  die  Substana  der  Gebärmutter  hindurch  geführt 
werden.  Botemann  hat  in  einem  solchen  Falle  (VIII.),  wo  die 
Fistel  iVi'^  lang  und  1%"  breit  war  durch  8  Suturen  in  9  Tagen 
Heilung  erzielt  Zu  Gunsten  dieser  Methode  hat  sieh  besonders 
Baker  Brown  ausgesprochen  (on  vesico- vaginal  fistula  and  its 
snccessful  treatment,  read  before  the  British  medic  association 
at  Edinburgh,  1868,  by  J.  B.  Brown.  In  87  Fällen,  die  nach 
dieser  Methode  von  Botemann,  Brown,  Spencer  WeUt,  WaÜace  u.  A. 
operirt  wurden,  fand  26  Mal  nach  der  ersten  und  8  Mal  nach  der 
sweiten  Heilung  statt;  2  Mal  wurde  keine  Heilung  enielt  und 
1  Mal  erfolgte  der  Tod. 


XXV*   NotlMB  aus  4«r  Joaraal-LHerstar.  ftgO 

a)  8imp$9m*9  Heib«4^.  8mp$om  wirft  der  eben  bescbriel^eaeB 
Meibode  Tor,  deee  der  Knopf  oder  die  Bleipleite  einen  Zug  naeb 
Uten  an  den  Sninren  aneübt,  daee  eine  yersebieblichkeit  der 
8ntnr  naeb  den  Seiten  bin  sehr  wobl  möglieb  iBt,  dase  sich 
Seerete  Unter  der  Platte  anb&nfen  können  nnd .  die  genaue 
Behlieeenng  der  Nftbte  nicbt  sn  eontroUren  ist,  da  man  die  Wnnde 
niebt  etebt.  Simpwn  siebt  den  EisendriAt  anderen  Metalldrftbten 
Ter,  weil  er  viel  •tftrlcer  ist  n&d  folglieb  dünner  sein  kann. 
Btatt  der  Sebeibe  nimmt  er  ein  Gefleebt  ans  Drabt,  dnreb  welebee 
die  Sntnrenden  gesogen  werden  irad  dnrob  welebes  bindnrcb  man 
die  Tereinigten' Wnndrilnder  eiebt  (splint-  sntnr),  ff,  sab  m obrere 
Operationen  der  Art  Ton  Simpmm  an^bren.  Bei  einer  46  jKbrigen 
Fran  mit  einer  nngef&br  erbsengroftsen ,  callSsen  Fistel  wnrde 
am  1.  October  1868  die  Operation  yollsogen  nnd  6  Nftbte  an- 
gelegt Die  Kranke  bekam  tftgUeb  bis  sn  6  Oran  Opinm.'  Die 
Sntnren  wnrden  am  pennten  Tage  entfernt  nnd  naeb'^ier  Wocben 
kebrte  die  Frau  gesund  in  ibre  Heimatb  surttck. 

Die  amerikaniscbe  Metbode  der  Drabtsuturen  hat  gewiss 
sebon  100  geheilte  FJUle  aufsnweisen.;  welche  der  drei  Methoden 
die  beste  ist,  muss  erst  weitere  Erfahrung  seigen.  Die  Schwierig- 
keiten liegen  wohl  hauptsitchlieh  in  Folgendem :  die  genaue  Seari- 
fieation  ist*  sehr  schwer;  das  Aneinanderliegen  der  Wundrilnder 
sn  der  Seite  der  Blase  ist  nicht  su  eontroUren.  Es  kann  femer 
die  CapaeitSt  der  Blase  so  sehr  verringert,  }a  fast  gftnelleh  ge-^ 
sebwnnden  sein»  daes  dies  die  Heilung  unmöglich  macht,  ffeiberg 
seigte,  dass  die  Blase  bisweilen  nach  der  Fistel  sn  eine  trichter- 
förmige Anessckung  bildet,  so  dass  trots  des  einliegenden  Katbeters  ' 
ürinaasammlung  su  Stande  kommt.  Die  beste  Hülfe  hierbei  ist 
die  Baucfabige.  Endlich  bedingt  in  einigen  Füllen  die  Verkürzung 
der  Scheide  eine  ungeheure  Anspannung  und  hier  ist  «7b6er<*s 
oäAT  G.  iSftsMHi's  Metbode,  unter  Anwendung  von  Eisendrabt 
gewiss  sehr  su  beachten, 

(Norsk  Magasin  for  Laegevidenskaben,  1869,  XIII.,  H.  11, 
p.  1060  u.  Ht  12,  p.  1161.)  ^         0. 


TffUr Smith:  Ueber  die  Entstehung  der  Retroversio  oder 
Retroflexio  uteri  gravidi. 

Kacb  einer  kursen  Darstellung  der  Entwickelung  der  Lehre 
▼on  den  LageverSnderungen  der  Oebftrmutter  und  der  Ansichten 
ftlterer  und  neuerer  Autoren,  besonders  aber  William  üua^er's,  er- 
klÜrtVerf.,  dass  des  letsteren  Meinung,  wonach  die  Hauptursacbe 
der  Retrovession  die  Ausdehnung  der  Harnblase  ist,  falsch  sei. 
Durch  eine  genaue  Beobachtung  der  Fülle,  in  denen  der 
rftckgebeugte  Uterus  geschwüngert  wurde,  habe  er  sieb  über- 
sesgt,  dase  die  gewöhnliche  Ursache  der  Rüekwürtsbeugung 
in  der  Schwangerschaft  nicbt  im  Zustande  der  Blase  oder  des 


390  XXV.  Kotinen  ans  der  Jonnml- Literatur. 

BdekenB,  Bondem  in  dem  Vorhandensein  der  Rückbengnng  im 
nlchtschwanj^eren  Zustande  au  eueben  sei.  Das  dlslocirte  Organ 
wKchst  nach  der  Befruchtung  in  derselben  Bichtung  fdrt,  a!l- 
inälig  entstehen  die  Erscheinungen  des  Druckes'  auf  die  Blaae 
und  den  Mastdarm,  der  Unterleib  wölbt  sich  nicht,  ee  treten 
Schmerzen  im  Kreuae  ein,  die  consensuellen  Schwangerschafto- 
erscheinungen  sind  hftufig  ausnehmend  stark;  durch  die  mecba- 
*nische  Reiaung  des  Uterus  entsteht  leicht  Abortus.  —  Wenn 
man  die'  genannte  Entstehungsart  der  RfickwHrtsbengung  kennt, 
so  wird  man  den  Eintritt  der  durch  sie  bedingten  gefähr- 
lichen Zust&nde  rerhttten  können,  was  nicht  der  Fall,  so  lange 
man  die  plötaliche  und  unerwartete  Entstehung  des  Leidens 
annimmt.  Im  Wochenbette'  soll  man  danii  dem  WiedereintVitte 
des  Üebels  rorbeugen  durch  Anordnung  der  Seitenlage,  w'elehe 
lange  Zeit  eingehalten  werden  muss,  hSufige  Entleerung  des 
Urins,  Verhütung  yon  Retardation  der  Darmlintleerung;  aeigt  sieh 
sp&ter  noch  eine  Neigung  des  Uterus  aar  Dislocation,  so  muss 
die  Kranke  ein  Luftpessarium  tragen. 

(Aus    der    Obstetr.   Society    of  London,    Medioal   Times, 

17.  NoTbr.  1860.) 


CanftanUn  Paul:  Keue  Fälle    tou  Einwirkung   der  Blei- 
Vergiftung  auf  den  Fötus. 

Den  früheren  aahl reichen  FSlIen  Ober  denselben  Gegenstand 
fagt  P.  awei  neue  hinzu. 

1)  Eine  öOjilhrige  Frau  hatte, 'ehe  sie  in  einer  Buehdruokerei 
beschäftigt  war,  eine  jetzt  SOjlhrige  Tochter  geboren,  seitdem 
sie  sich  mit  dem  Poliren  der  Typen  beschäftigt,  eine  primäre 
Bleivergiftung  ohne  Kolik  und  Lähmung  sich  sugesogen.  In 
der  Zeit  war  sie  sieben  Mal  schwanger,  die  sechs  ersten  Kinder 
sind  sämmtlich  gegen  den  vierten  Monat  abortirt  Nachdem  sie 
ein  Jahr  die  Sohriftgiesserei  verlassen,  gebar  sie  einen  aus- 
getragenen  Knaben,  welcher  nach  11  Monaten  starb. 

2)  Eine  52jährige  Frau  litt  sehr  an  den  Bleizufällen,  da  sie 
stets  in  einer  Bleiatmosphäre  lebte.  Sie  trat  mit  sieben  Jahren 
in  eine  Schriftgiesserei  ein  und  wurde  in  derselben  mit  ver- 
schiedenen Arbeiten  beschäftigt.  In  ihrem  21.  Jahre  fingen  die 
Erscheinungen  der  Bleivergiftung  an,  sie  hatte  mehrere  Koliken 
und  war  lange  leidend.  Im  SS.  Jahre  bekam  sie  Lähmung  des 
Strecker  des  rechten  Vorderarmes  und  des  linken  Daumen  und 
Zeigefingers,  welche  zum  Theil  noch  besteht.  Häufig  litt  sie  an 
Qliederschmeraen.  Die  Menstruation  war  etwas  un rege! massig, 
aber  doch  wurde  sie  zwölf  Mal  sehwanger  und  jedes  Mal  abor- 
tirte  sie  im  2.  oder  S.  Monate.  Seit  6  Monaten  hat  sie  die 
Menstruation  verloren,  aber  weist  noch  immer  die  Spuren  der 
Bleikrankheit  auf. 


XXV.   »otfMB  «US  d«r  JounMl-LltMätar.  S91 

Btffde  B«ob««lilaiig«ii  «iod  bemerk^Dswerth  «ad  erhShea  Üt 
Toa  Paul  geaammeltea  F&Ue-,  ia  deaea  Aborte  die  Folgfe  der 
Bleivergiftaag  warea ,  aaf  89. 

Bei  81  Praaea  tratea  Schwaagersobaftea  eia,  wShread  sie 
der  Bleieiawirkaag  aatgesetst  warea;  im  Gaasea  kamea  141 
Sebwaagersehafkea  ror  vad  roa  dieeea  eadetea  82  als  Aborte, 
4  als  Frfthgebartea,  5  mit  todtea  Kiadera,  20  Kiader  starbea  im 
erstea,  8  im  aweitea,  7  im  drittea  Lebeasjabre. . 

Naeh  solcbea  Erfahrnagea  mass  aotbweadig  die  fileiv^ergiftna^ 
als  wicbtigre  Sraakheit  la  Besag  anf  dea  Eiatritt  Toa  Abortea 
aad  Tod  des  FStas  aafgea&blt  werdea  aad  die  A erste  habea  die 
Pflicht,  die  Mittel  aaebzaweisea ,  darch  welche  solcher  Schttd- 
lidikeit  mit  Vortheil  eatgegea gearbeitet  werdea  kSaae. 
(Gai.  des  hdpit.,  Ko.  86,  1861.) 


W^ndi:   Ueber  dea  sogeaaaatea  Prager  Haadgriff. 

Verf.  wirft  sieb  sam  Yertheidiger  dieses  so  oft  aad  heftig 
aagegriffeaea  Haadgriffes  aaf.  Die  Beschreibung  desselbea  ia 
dea  meistea  Lehrbüchera  sei  aagenau.  Beim  Prager  Haadgriff 
erfasst  maa  mit  der  eiaea  Haad  die  Füsse  des  Kindes  aad  seakt 
sie  nach  abwärts,  ohne  dabei  irgend  welchea  Zag  aa  denselben 
aassafuhrea.  Zwischea  dea  gespreiatea,  hakenförmig  gebogenen 
Zeige-  and  Mittelfiager  der  anderen  Hand  nimmt  maa  sodann 
▼om  Rücken  her  dea  Hals  des  Kiades  aad  zieht  mit  demselbea 
das  Kiad  aa  dea  Schaltera  so  laage  aach  abwärts,  bis  das  Hinter- 
haapt  ebea  aafaagea  will,  aater  dem  Schambogea  «sichtbar  la 
werdea.  Alsdaaa  erbebt  maa  ia  rascher  Bewegaag  der  aaderea 
Haad  die  Fttsse  des  Kiades  aad  führt  sie  ia  einem  Bogea  dem 
üaterleibe  der  Matter  entgegen,  wodaroh  ia  dea  meistea  Fftllea 
der  Kopf  des  Kindes  leicht  über  den  Damm  hervortritt.  Erforder- 
lich ist  aa  diesem  Handgriff,  dass  der  gerade  Darchmesser 
des  Kopfes  der  Conjangata  des  mütterlichen  Beckens  parallel 
rerlaafe.  "Ein  Abreissea  des  Kindeskopfes  ist  dabei  nicht  za 
fürchten,  wie  die  Versache  des  Verf.  aa  Kiadesleicbea  zeigtea, 
was  aameatlich  aa  Lebeadea  am  so  mehr  Terhiadert  wird,  als 
sich,  sobald  der  Zug  aa  dea  Sohnltera  beginnt,  die  Halsmuskeln 
eontrahiren,  welcher  Umstand  auch  insofern  günstig  für  den  Er- 
folg der  Operation  einwirkt,  als  durch  die  Fizirung  des  Kopfes, 
während  der  aächfolgenden  Erhebung  des  Rumpfes.,  der  Kopf 
ohne  besondere  Dehnung  und  Biegung  der  Halswirbelsäule  leicht 
ober  dea  Damm  hervorge wälzt  wird.  Auch  bei  'tief  stehendem 
Kopfe,  räth  Verf.  ror  Einleitung  der  Rotation  die  Schultern  des 
Kindes  aazaziehen,  am  die  Halsmaskela  desselben  zur  Reactioa 
sa  Teraalassea. 

(Deatsche  Kliaik,  No.  44,  1860.) 


892  XXV.   Kotlae»  ans  der  Jounal-Lttenior. 

Lasmulkfff  Aosfltovtiiii^  einet  Tom  Brnnpfe  abgeriieeneii 
and  im  Uteros  larflckc^ebliebenen  Kopfes. 

Im  vorliegenden  Falle  hatte  die  Hebamme  bei  einer  anm 
fünften  Male  Gebärenden  die  Wendung  auf  die  Füsie  mit  nach- 
folgender  Extraction  vorgenommen.  Das  Kind  drehte  sich  beim 
weiteren  Dnrchtritte  dnrch  den  Beckenkanal  mit  dem  Banche 
nach  vorQ,  der  Unterkiefer  blieb  oberhalb  der  Scbambeind 
hängen  nnd  der  Kopf  wurde,  da  mehrere  Weiber  eich  in  ihren 
Bemühungen,  das  Kind  herauszuziehen  ablösten,  endlich  bis  auf 
eine  etwa  zwei  Linien  breite  Hautfalte  vom  Rumpfe  des  Kindes 
getrennt.  (Nachdem  ein  Geburtshelfer  gerufen,  nnd  sich  ver* 
geblich  bemüht  hatte,  den  Kopf  mit  der  Zange  zu  fassen,  wnrde 
Verf.  zu  Rathe  gezogen  und  fand  bei  seiner  Ankunft  den  Unter- 
kiefer in  der  Mitte  zerbrochen,  den  übrigen  Theil  des  Kopfes 
sehr  hoch  stehend  und  von  dem  Uterus  krampfhaft  umschnürt. 
Das  Promontorium  war  leicht  zu  erreichen.  Die  Versuche  des 
Verf.  den  Kopf  umzudrehen,  gelangen  nicht,  eben  so  wenig  hatte 
die  Perforation  des  rechten  Schläfebeins  bei  Anwendung  eines 
durch  die  Bauchwandnngen  ausgeübten  Gegendruckes,  Erfolg, 
da  die  Wunde  zu  klein  war.  Da  eine  Kephalotribe  nicht  zur 
Hand  war,  so  musste  die  Austreibung  des  Kopfes  der  Natur 
überlassen  bleiben,  welche  denn  auch  die  Geburt  nach  einigen 
Stunden  mit  Schonung  der  Gesundheit  des  Weibes  beendete. 
(Wiener  Medicinal- Halle,  1860,  No.  8.) 


Spencer  WeXU:  VielfiUherige  Ovarienkyste:' dreimalige 
Funktion,  Ovariotomie,  Adhäsionen  mit  der  Leber, 
vollständige  Heilung. 

Die  28jährige  Frau  hatte  drei  Mal,  zuletzt  vor  2y,  Jahren, 
lebende  Kinder  geboren  und  bemerkte  seit  dieser  Zeit  eine 
Geschwulst  im  Unterleibe,  die  sich  stetig  bis  zum  März  1858 
entwickelte.  Die  damals  vorgenommene  Punktion  entlet^rte  circa 
18  Litres  einer  klaren  serösen  Flüssigkeit,  musste  jedoch,  da 
sich  letztere  bald  wieder  füllte,  6  Wochen  später  wiederholt 
werden.  Auch  diese  Punktion  hatte  keinen  dauernden  Erfolg 
und  Pat.  drang  selbst  auf  Radicaloperation.  Dieselbe  wurde  am 
11.  August  1858  gemacht.  Nachdem  Pat.,  um  nach  der  Operation 
Erbrechen  zu  vermeiden,  2  Stunden  vorher  kleine  Portionen  Eis 
erhalten  hatte,,  wurden  unter  Narkose  (6  Theile  Aether  auf  ein 
Theil  Chloroform)  die  Bauchdecken  getrennt,  und  die  bestehen- 
den Adhäsionen,  namentlich  zwischen  den  kleineren  Kysten  und 
der  unteren  Fläche  der  Leber  und  der  Gallenblase,  auf  das  Vor- 
sichtigste getrennt.    Der  Stiel  wurde  in  vier  Abtheilungen  anter- 


ZX7.  KoÜMa  «HS  dar  JonniAl«  Literatur.  888 

^«id«B,  daran  jeda  dia  Diaka  aiaat  Fattgata  baaäa«  mid  hiaralaliaod 
laag^war,  lun  mit  dao  Wanditodartt  Tereiiiigt  wardan  an  kdiuiaa* 
Latatara  wvrdaii  dttrah'  Haaan^hartäiinadaln  faaahloMaB  «nd 
twar  ao,  data  die  «alalrsta  Nadel  av^l^ob  den  Sfial  der  Kyala 
Biitfaeata. 

Dia  Kjata  wag  1  Pfand  6  ünaen,  ihr  Inhalt  89  Plbnd. 

Dia  daranf  Zeigende  Nacht  schlief  Fat.  gnt  nnd  gab  am 
daranf  folgenden  Morgen  an,  rieh  weniger  matt 'an  ffihlen,  als 
nach  ihren  NIederkfinfien.  Da  naoh  dem  OpSnm,  welehea  Pat.  alle 
S  BtBttdeii  granweiee  an  sieh  nehmen  mnsata,  eiwai  Breohneignng 
entstand,  so  wnrde  dasselbe  dnreh  ein  ßnppositoriom  Ton  Hor- 
phinm  erseist*  Drei  Mal  des  Tages  wnrde  der  Urin  mit  dem 
Katheter  abgenommen.  Am  8.  Tage  seigte  sich  eine  achnell  Tor- 
fibergehende  DIarrbSe.  Die  Wnnde  heilte  per  primam  intentionem: 
bis  anm  8.  Tage  schwankte  der  Pnls  awisehen  120  nnd  140  und 
fiel  dann  schnell  anf  100.  Am  9.  Tage,  an  welehem  sieh  Pat.  ikn 
Bette  sitsend  leicht  beschüftigen  konnte,  aeigte  sich  der  Rysten- 
stiel  fast  rollsUndig  mortifiotrt.  Die  KrXfte  der  Kranken  kehrten 
schnell  snriick,  so  dass  sie  drei  Wochen  nach  der  Operation 
geheilt  ans  dem  Hospital  entlassen  wnrde.  Sechs  Monate  nach 
der  Operation  erfreute  sie  sieh  noch ,  des  besten  Wohlseins.  Die 
Menses  haben  sich  seit  ihrer  Entlassung  nur  ein  Mal  geseigt 
nnd  glanbt  Fat.,  da  anoh  die  Brüste  roUer  werden,  schwanger 
sn  sein. 

(Gaaetta  des  h8pitanx,  No.  140,  1880.) 


SpMewWdU:   Oyariotomie;  Heilong. 

Die  19.  Tom  Verf.  yollführte  Exstirpatlon  des  Eierstocks  ist 
Im  Angnsthefte  der  M.  Times  ▼eroffentlicht;  yorliegender  Fall 
betrifft  die  20.  Operation.  —  Alter  63  Jahr«,  26  Jahre  rerbeirathet, 
Tor  24  Jahren  ein  Kind  geboren,  seitdem  nicht. wieder.  Anf- 
b5ren  der  Menses  vor  drei  Jahren.  1^52  begann  an  der  rechten 
Seite  im  Hjpogastrinm  sich  eine  ABSchwellong  sn  seigen.  In 
letzter  Zeit  fing  das  Allgemeinbefinden  an  getrübt  sn  werden. 
Umfang  des  Leibes  In  der  Nabclgegend  51  Zoll,  Entfen^mg  Ton 
der  Sehamfnge  snm  Proc.  ensiformis  81  Zoll.  —  Am  11.  Mai  1860 
Punktion,  Entleerung  von  66  Finten  heller  yiseider  Flüssigkeit; 
mehrere  kleine  Kysten  in  der  Wand  des  Hanptaackes  sn  er- 
kennen. Gegen  Ende  Septembers  der  Zustand  fast  der  alte 
wieder.  Operation  am  16.  Ootober.  Trots  ausgedehnter  und 
fester  Adbüaionen  mit  den  Banohwandnngen  wurde  die  ganse 
Geschwulst  doeh  dnreh  eine  4"'  lange,  mitten  swischen  Nabel 
und  Sehamfnge  gemachte  Oefinnng  entfernt.  Stiel  an  der  rechten 
Seite  des  ütems,  lang.    Linker  Eierstock  gesund.    Vereinigung 


894  XXV.   NotUea  «tis  d»r  Jounal-IilteAllir. 

der  Wsadfiiider  eiateblienHch  dos  Bft«ehf#lls  dardi  tl^ffftfaesd« 
Haf«n8eb»rtsftd«ki  nad  obarflKehlUh  angelegt«  DnbtBihte.  Nsoh 
Schlora  der  Wunde  werd  die  Torher  vm  den  Stiel  gelegte  Klamner 
entfernt,  necüdem  nnteili«lb  dereelben  eine  Ligatnr  nm  den  Stiel 
gefäbrt  war.  —  Die  Genesang  erfolgte  sebnell  nnd  ebne  ZwiseheB- 
fall;  am  26.  Hovenber  sah  Verf.  die  Pat.  «detet  nnd  fttad  sie 
in  jeder  Hinsicht  wohl. 

Die   Besnltate   der  Tom  Verf.    seit   18A8   geflbten   Ovnriett« 
ezstirpationen  sind  folgende: 
12  Operationen  in  Spitalpraxis t  8  Heilöngen  vod  4  TodealftUe, 
8  „  ,,   PriTatpraxis;  6  ,  ^     »  «, 

20  Operationen.  18  Heilangen  and  7  TodeefKlte. 

Berti cksiobtigt   man,   welcher  Art   die   Kranken   waren,    an 
denen  operirt  wnrde,   so  ist  dies  Ergebniss  die  beste  Antwort 
aaf  die  noch  immer  wieder  gestellte  Frage ,  „ob  die  OTariotomie 
eine  an  reehtfertigende  Operation  sei.** 
(Medic.  Times,  1.  Deobr.  1860.) 


Lump$:  Uterasfibroid  (sabmacSses)  mit  Amennorrhoe. 

Verf.  warde  von  der  26jäbrigen  gesnndea  Fran  an  Bathege« 
sogen,  weil  sie  in  ihrer  Sjabrigen  Ehe  nnfraohtbar  geUieben  nad 
bisher  noch  nie  menstrairt  hatte.  Die  Untersachang  seifte  ein 
mannsfanstgroBses  sabmncSses  Uterasfibroid,  welches  in  der  hin- 
teren Wand  eingebettet  and  über  welches  die  Tordere  Wand  wie 
eine  enganliegende  Kapsel  gespannt  war.  Die  Taginalportion 
war  gani  normal.  Es  war  also  hier  das  Uterasparenchjm  in  der 
hinteren  Wand  völlig  verdrängt ,  an  der  vorderen  darch  ex- 
oentrische  Zerrang  atrophisch  geworden  and  somit  Amenorrhoe 
and  Sterilitftt  die  natürlichen  Folgen.  Interessant  ist  hierbei, 
I  dass  die  Fran  nie  eine  Blatong.  gehabt  hat. 

(Oesterreich.  Zeitschrift  f.  Heilkande,  No.  48,  1860.) 


Otto  V.  Franque:  Mittheilnngen  aas  der  gebartshtilfliohen 
Klinilc   an  Würsbarg. 

Die  Erkranknngen  sogen  sich  in  den  ersten  sechs  Monaten 
des  Jahres  (60)  hin.  Nie  fehlten  während  der  Epidemie,  weiche 
Ende  April  and  Anfang  Mai  ihren  Höhepankt  erreichte,  die  für 
die  Blnterkrankang  charakteristischen  Zeichen.  In  den  genannten 
6  Monaten  kamen  188  Oebarten  vor:  von  den  Wdehnerinnen 
erkrankten  44  an  Paerperalfieber,  von  diesen  starben  14,  eine 
Wöchnerin  starb  an  Pneamonie,  19  von  dea  Erkrankten  wnrdea 
transferirt,  davott  starben  7,  die  ttbrigea  -  wurden  geheilt  von 
dort  entlassen. 


'    XXV.  Notiien  ans  derJonnial-LiterAtar.  395 

XJnHt  den  198  Geburten  mnssteB  20  kflnstKeh  beendet  werden, 
14  Ifffti  nrH  der  Zun^  (1  Mal  bei  imebfelgendeni  Kopfe),  4  Mal 
wnrde  die  Wendung  gemsMit  nnd  9  Mal  das-Kfnd  an  dem  nnteren 
Knmpfende  eittrabirt.  Von  d^n  14  mit  der  Zange  operirten  Hfittem 
erkrankten  6,  ^on  welcfien  8  der  Krankheit  erlagen.  Von  den 
M€ttem,  die  dnrehWendnng  entbunden  worden  waren,  erkrankten 
fwei ,  die  eine  davon  selir  leiclit ,  obgleich  die  Wendung  eine 
schwere  war;  die  andere  erlag  der  Krankheit,  obgleich  dih 
Wendung,  die  bei  dem  swelten  Zwillingfkittde  bei  vorliegendem 
Kopfe  gemacht  wurde,  sehr  leicht  war.  Blutungen  nach  der 
Oeburt  des  Kindes  und  der  Placenta  in  Folge  von  mangelhafter 
^ontraction  des  Uterus  wurden  nur  selten  beobachtet,  häufiger 
dagegen  in  Folge  einer  Verwachsung  der  Placenta  mit  der 
üterussubstani  (7  Fülle). 

Auf  die  Kinder  Sowohl  im  Uterus  als  auch  nach  der  Oeburt 
schien  die  heurige  Epidemte  faet  gar  keinen  Einfiuss  su  haben. 
14  Kinder  wurden  todt  geboren,  von  deren  Müttern  nur  8  erkrankt 
waren.  Nach  der  Geburt  starben  11  Rinder,  von  deren  Müttern 
8  erkrankt  und  2  gestorben  waren,  ein  VerhSUnise,  welches  sieh 
deshalb  so  ungünstig  herausstellt,  weil  die  Kinder  mutterlos  auf- 
gesogen werden  mussten.  16  Kinder  erkrankten  (11  an  Ophthalm. 
neonat.,  8  Mastitis,  2  Soor  und  Aphthen). 

Der  Charakter  der  Epidemie  war  von  Anfang  meist  ein  pyKmi- 
scher,  der  im  Verlaufe  in  den  der  Blntdissolntion  überging;  nur 
ein  Fallwar  gleich  beim  Beginne  als  Blntdissolntion  zu  bezeichnen. 

Die  meisten  Erkrankungen  nahmen  am  5. — 7.  Tage  nach 
der  Gcbnrt  ihren  Anfang,  begannen  mit  mehr  weniger  heftigem 
Schüttelfrost  mit  folgender  Hitze  nnd  beschleunigtem  Pulse.  Der 
Pols  zeigte  in,  der  henrigen  Epidemie  bed.eutende  Schwankungen; 
wShrend  derselbe  an  einem  Tage  zwischen  180 — 140  Schläge  in 
der  Minute  hatte,  sank  er  am  folgenden  auf  90 — 100  herab,  um 
dann  wieder  zur  vorigen  Höhe  zu  steigen.  Dabei  wiederholten 
sich  die  Schüttelfröste  häufig,  so  dass  das  ganze  Krankheitsbild 
eiAn  intermittirenden  Charakter  annahm. 

Der  Verlauf  der  einzelnen  Fälle  war  ein  mehr  schleichender, 
die  durchschnittliche  Dauer  der  Krankheit  betrug  20  —  44  Tage. 

Die  Therapie  bestand  hauptsächlich  in  Chinin  mit  Opium; 
dabei  waren  Umschläge  auf  den  Leib  und  bei  heftigen  Kopf- 
erscheinungen Kälte  auf  den  Kopf. 

Vielfältig  war  das  Ergebniss  der  verschiedenen  Sectionen: 
Eiterig -seröses  Exsudat  in  der  Bauchhöhle  in  verschiedener  Menge 
wurde  bei  allen  Sectionen  ausser  zweien  angetroffen;  diphtherl- 
tilches  Exsudat  oder  Gangränescens  der  Cervical-  und  Uterus- 
höhle bei  allen  Fällen,  mit  Ausnahme  eines;  Eiter  in  den  Tuben 
2  Mal,  desgleichen  missfarbiger  Schleim;  Ovarien  vergrössert 
und  serös  infiltrirt  8  Mal;  Vereiterung  des  Zellgewebes  um  den 
Uterus  und  im  Becken  8  Mal,  Eiter  in  den  Venen  des^Uterus  und 


996  Txn.  Ufn.uu. 

Plez.  pampiniforiD.  2  Mal;  Eiter  in  den  Lymplii^eflefeii  1  Mal; 
Eiter  im  KniegeUak  2  Mal;  Thromben  in  den  Yenen  ^  Mal. 
Die  Milz  war  immer  rergrösaert»  ansgenommen  2  F&lle;  Nephritti 
parenehym.  2  Mal;  Infarct  der  Nieren  2  Mal.  Endoearditie  nad 
Diphtheritig  mit  Perforation  dea  Darmos  je  ein  Fall. 

Scbiiasslich  war  bei  einem  Falle  naeb  einem  Abortna  Im 
fünften  Monate  eine  Complication  mit  Morb.  Bricht,  nnd  Oe- 
achwülate  in  beiden  Eieratöcken. 

(Würabnrger  medio.  Zeitachrift,  Bd.  I.,  HeftY.,  1860.) 


XXVI. 
Literatur. 


Qnelquea  conaid^ratlona  pratiqnea  aar  lea  aeoonche- 
menta  en  Orient  par  le  Dr.  Paul  Eram,  m^deoin  dea 
bdpitanz  de  Oonatantinople.  Paria,  impr.  p.  B.  Thunot  &0. 
1860.     XVI.  Q.  481  8.     8. 

Wir  erhalten  in  Toratehendem  Werke  einen  intereaaanten 
Beitrag  über  den  Zaatand  der  Qebnrtabülfe  im  Orient,  welchen 
näher  zn  beachreiben  der  Verf.  nm  ao  mehr  berechtigt  war,  ala 
er  einen  bleibenden  Aufenthalt  in  Conatantinopel  genommen, 
daaelbat  aeine  medicinlachen  Stadien  darchgemacht,  aaf  Beiaen 
and  Feldztigen  ala  türkischer  Arzt  das  Land  hinlfinglich  kennen 
gelernt,  dann  noch  in' Paria  aich  beaondera  in  der  Gebartabülfe 
aaagebildet,  nnd  in  aein  Land  zarütikgekehrt  aein  Bach  heraaa- 
gegeben  hat.  Waa  wir  bis  jetzt  über  die  türkische  Gebartabülfe 
wassten,  haben  wir  nur  aas  Brachstücken  gelernt,  ao  ana  einem 
Aafsatze  des  Fürsten  Dem,  Mauroeordaio  in  Hufeland^a  Joai^pal, 
74.  Bd.,  April  1832,  and  aas  einer  1833  erschienenen  Schrift  Ton 
Oppenheim  über  den  Zastand  der  Heilknnst  in  der  earopäiachen 
and  asiatischen  Türkei.  Nor  wenig  ist  in  diesen  Arbeiten  über 
den  Zastand  der  Gebartshülfe  im  Orient  gesagt:  daa  Nähere  aber 
finden  wir  in  JE^rom^a  Schrift  angegeben,  ao  daaa  dieaelbe  in 
ihrem  ersten  Theile  die  Schilderang  dea  Faches  darstellt,  wie  ea 
heatigen  Tages  in  jenen  Landen  wirklich  ist,  im  zweiten  Theile 
aber  lehrt,  wie  es  eigentlich  sein  sollte.  Der  Verf.  hat  demnach 
die  Geschichte  jer  Medicin  bei  einzelnen  Völkern  aaf  der  einen 
Seite,  aaf  der  anderen  die  Wissenschaft  selbst  gefördert  Wir  wollen 
im  Folgenden  den  Inhalt  des  Baches  in  karzen  Worten  angeben: 

Der  Verf.  betrachtet  zaerat  die  Aerzte  im  Orient  überhaupt: 
ea    wimmelt   daaelbat   Ton    Pfaacbern    aller   Art,    indem    aowohl 


XXWh    Liften«»*  397 

Mianer  ali  Weiber»  weati  sie  erst  In  litfliere  Jahre  freien,  flieh 
mh  den  Cvriren  «Her  mSgliehen  Krankheiten  abgeben.  Damnter 
befindet  eieh  eine  besondere  Olaese  von  Chlrargen:  diese  Üben 
aebea  ihram  Hauptfaohe,  Lnxationen  nnd  Fractnren  sn  behandeln, 
aoch  Gebnrftshfilfe,  ohne  dabei  ihr  etwaniges  Handwerk  ^—  es 
sind  Sehmiede,  Sohlosser,  Tischler  n.  s.  w.  -^  aafsngeben.  Uebei> 
haapft  werden  die  Speeialititen  im  Orient  weit  getrieben;  so  be* 
handelt  eine  gewisse  Classe  von  Speeialisten  Frauenkrankheiten ; 
sie  nennen  sieh  Gh^ingikgi;  mit  solcher  9pecialit&t  geben  sich 
gewöhnlich  alte  Weiber  ab,  welche  mit  einer  einsigen  Arsnei, 
einem  rothen  bittem  8afte ,  Hysterie ,  An&mie ,  Chlorose  etc.  be- 
handeln. Bine  andere  Clasie  yon  Speeialisten  bilden  die  Tom 
Verf.  genannten  Medice  -  reHgionnaires.  6ie  schreiben  Zauber* 
formein  auf  ein  Blatt  Papier,  werfen  dasselbe  in  ein  Glas  Wasser 
and  lassen  dieses  die  Kranken  trinken;  oder  sie  Tcrbrennen  das 
heilige  Papier  und  berftnchexn  mit  dem  Dampfe  die  Kranken, 
auch  lassen  sie  wohl  das  Papier  als  Amulet  auf  der  Brust  tragen. 
Da  f&r  jedes  Leiden  bestimmte  Formeln  angewendet  werden,  so 
hat  ein  solcher  Kranker  wohl  im  Verlauf  ron  einigen  Jahren 
20  bis  30  solcher  Wische  um  den  Hals  hingen.  Nun  fehlt  es 
freilich  auch  nicht  an  Aeraten,  welche  ihre  Studien  in  Paris, 
Deutschland  oder  Italien  gemacht  haben ;  sie  lassen  sich  besonders 
in  Constantittopel  nieder,  und  in  der  That  giebt  es  daselbst 
mehr  Aetite  als  Kranke.  Die  Vornehmeren  der  Nation  wenden 
steh  aneh  wohl  an  diese,  befolgen  ihre  Verordnungen  5  bis  6  Tage, 
nnd  singen  ihr  Lob,  wenn  die  Gar  in  dieser  Frist  gelingt.  Ge- 
lingt aber  die  Cur  nicht,  dann  wird  ein  Specialist  gerufen,  der 
mysteriöse  Saft,  das  heilige  Papier  werden  hinter  dem  Rficken 
des  Anrtes  gebraucht,  und  findet  nun  der  Kranke  seine  Genesung, 
dann  haben  jene  Pfoscher  den  Buhm,  während  im  entgegen* 
gesetiten  Falle  die  Schuld  doch  dem  ersteren  Arzte  sugescfarieben 
wird.     Es    giebt   dahet   rerschiedene    Categorien   Ton   Aersten: 

1)  die  gebildeten,   welche  ein  Diplom  einer  Facultät  besitzen; 

2)  die  ohne  Diplom  praoticiren,  Fharmaceuten,  Apotheker; 
8)  Plbscher  beiderlei  Geschlechts,  Speeialisten;  4)  die  unschuldigste 
Classe,  die  Zauberer.  So  war  der  Zustand  der  Medicin  im  Orient 
in  den  Ter^angenen  Jahrhunderten,  so  Ist  er  noch  beutigen  Tages. 
Moeh  schildert  der  Verf.  die  Apotheker  nfther:  auch  diese  pfuschen 
mächtig  mit,  Terkaufen  das  elendeste  Zeug  um  schweres  Geld, 
Pillen  ron  blossen  Brodkrumen,  gef&rbtes  Wasser,  präparirte 
Begenwürmer  u.  s.  w. 

Nach  dieser  Schilderung  der  Medicin  überhaupt  gelangt  nun 
der  Verf.  su  den  Hebammen  des  Orients,  deren  traurige  Unwissen- 
heit und  maasslose  Dummheit  er  mit  den  grellsten  Farben  darstellt. 
Mit  wenigen  Ausnahmen  hat  der  grosste  Theil  dieser  Weiber  ein 
nnehrbares  Leben  mit  dem  Stande  einer  Hebamme  Tertauscht, 


908  ?^VL    liiteratv. 

fo  daM  »in  tttrkUeh^a  Spriohwort  sa^^t  j«de  Ff*«,  fU«  mit  4tr 
Proatitation  begoan AP ,  endet  mit  dem  Stwide  einer  HeJbiun«!«» 
Nebenbei  treiben  »ie  Knppelgeachäfte,  atiften  Heiratben  und  laaeea 
sich  an  allen  mögUcben  Dienaten  gebjranchen.  £a  sind  gawöhnlicJi 
Türkinnen,  Griechinnen  nnd  Armenierinnen;  aie  geben  aehwajra 
gekleidet  nnd  tragen  als  Zeichen  ihrer  Würde  einen  gr^rnnmi  Stock 
mit  silbernem  Knopfe,  je  höher  der  Bang,  de«to  dtoker.  Sie 
rennen  stets  eiligen  Schrittes  durch  die  Straaaan,  sXb  kftmea  aie 
überall  an  spät,  sie  benebeln  Bescheidenheit,  Deoens  nnd  Würd«! 
aber:  fronti  nolla  fides J  ruft  der  Verf.  mit  Juv^nal  ans.  Ihr  eratea 
Geschäft,  wenn  sie  au  einer  Gebärenden  gerufen  werden,  ist  -^ 
das  Geschlecht  des  Kindes  au  bestimmen,  welche«  nach  all 
hippokratiacher  Weise  das  Ausaehen  der  GeblUreoden  heranssteUetf 
soll«  Zeuge  der  Wirksamkeit  dieser  Frauen  hat  Verf.  nie  aaia 
können.  Nur  die  traurigen  Folgen  einer  solchen  Hülfe  laaa«n 
erkennen,  was  geschehen;  in  schweren  Fällen  Tod  des  FöCnat 
Riss  der  Gebärmutter,  höchst  acute  Peritonitis,  Eiterinfeolionea 
und  dergl.  Glücklich,  wenn  die  Frau  nur  eine  Fistel,  oder  sonstige 
mehr  oder  weniger  bedeutende  Leiden,  aber  doch  noch  das  Leben 
da^on  getragen.  Das  Publikum  klagt  dabei  nicht  über  die  Un- 
wissenheit der  Hebammen,  sondern  nach  acht  türkifloher  Weiae 
über  das  Qee.ch^ck.  Man  beweint  das  Opfer,  aber  man  kla^t  di# 
Mörderin  nicht  an,  welche  in  ihrem  ruchloscin  Treiben  weiter 
fortwirken  kann;  man  beklagt  den  Ehemann,  welcher  kein  Glück 
hatte,  man  tröstet  ihn  und  sucht  ihm  eine  neue  Gattin  ana,  mit 
welcher  pr  glücklich  sein  kann.  £s  wird  freilich  in  manchen  Fälle» 
Ton  Familien  ein  Arat  an  Geburten  Teriangt,  da  aber  im  Orient 
kein  Mann  die  weiblichen  Genitalien  besehen  oder  berühren  davf| 
so  lässt  sich  daraus  schon  ermessen,  welche  klägliche  Bolle  ci» 
Arzt  bei  einer  Gebärenden  spielt.  ,  £r  bäng^  lediglich  von  der 
Hebamme  ab  und  da  man  gewöhnlich  ihr  die  Wahl  des  Arataa 
überläset,  so  kann  man  sich  leicht  denken,  welchen  Arat  nie 
herbeiruft:  es  ist  ein  solcher,  der  noch  weniger  von  der  Geburta^ 
hülfe  Tersteht  und  daher  eben  so  gut  wegbleiben  konnte;  der 
Verf.  schildert  die  drolligen  Scenen,  welche  sich  aus  einem  solchen 
Zusammensein  bei  einer  Gebärenden  entwickeln,  und  der  Leaer 
wird  kaum  entscheiden  können,  wem  der  Preis  <jLer  grössere« 
Dummheit  zuxuerkennen  sei,  dem  Arate  ofer  der  Hebamme« 
Unendlich  selten  sind  die  Fälle,  wo  ein  rerständiger  Geburta- 
helfer  seine  Kunst  aussuüben  hat:  der  Ve^rf»  kannte  einei^^ M^decjn 
acconcheur**,  welcher  während  seiner  langen  Praxis  im  Orienle 
eine  einiige  Wendung  gen^aeht  hatte;  die  Operation  hatte  alle 
Leute  so  in  Erstaunen  gesetat,  dass  sie  ihn  eeitdem  für  eine« 
„Dien  de  Tobst^trique '^  ansehen. 

Zur  weiteren  Erklärung,  wie  schon  Ton  Anfang  an  aA(  alle 
mögliche  Weise  gegen  jede  gesunde  Vernunft  nnd  gegen  alle 
Kegeln  einer  gehörigen  Diätetik  im  Oriente  gesündigt  wird,  aetat 


ZXYI.   liitoffst».  889 

4^  Ye«f.  41»  Effaieh«a8iwM«e  a«f  Kiii4w  n>B  der  0«terc  n 
•m«ia«Bdftr.  A«f  d««  ipUttea  I«M4e  wird  das  Kiad  alWdiaf« 
▼•mialllgttr  «rsogea;  vob  d«r  wigsaeii  Mnlter  gsrthrt  «ad  «b- 
^«hftitot  ls«im  M  M«b  lu«r  %u  tinaw  loillifMiVBd  gMuadtttMeiisekeii 
hanabildeB.  Ab«  aadwi  Wl  ••  in  dea  Btidtta.  HUr  wird  Miort 
•iae  AsA«  ai^witiaaiea,  da  dt«  Mütter»  am  ibrer  Sühoaheit 
k«iaea  Eiatrag  aathaa,  «i«h  des  8elbttotillaat  eetbaltea;  dia 
Wahl  der  Aauaa  fibarainrnt  —  dar  Vater,  daai  eiae  soleba  alcbt 
jaac^y  aiobft  aehSa  saaag  aaia  kaaa.  Um  aUa  aaderaa  Bigaaaobaftaa 
ataar  Aaiaia  wird  «iek  aiabft  bakfiauaert:  weaa  sia  aar  Jagaad 
aad  Scboabait  baaitel  nad  dar  Vater  aeiaa  Fraada  aa  ikr  bat. 
Dabai  gaaiaaaC  «ia  Alias  aaab  aigaaam  WoblgaftJlaB,  aia  wird 
aicbt  baaafsicbtigt^  teaabt  sieb  aassar  dam  Haasa  mit  dam  Kiada 
baram,  was  sia  ia  jadar  Hiasicbt  aaf  ibcaa  Spasiarglnfsa  Tcr- 
aaeblissigt,  bis  sia  as  wiadar  ia  das  eafs  Kiadaraimmar  sariak- 
hkiagt,  daaa  aaeb  bier  isl  aiebi  Ar  das  BtU  gesaigt;  aia  kaum 
aa  lafteadaa  aagas  Gaaiaeb  wird  dar  Amma.  aad  dam  Kiada  aa- 
gawiasaa,  wo  dia  Luft  im  boebstea  Grade  rarpaatol  aad  Im! 
ifraspixabel  fawordaa  isl.  Das  Kiad  wird  dasa  Toa  Aaiuf  aa 
ia  aaga  Biadaa  bis  aa  daa  Kopf  eiagawiekeli,  so  dass  es  dar 
Praibait  ssiaar  GUedar  giaalieb  baraabt  ist  aad  aiaar  ftgTptisebaa 
Jdaaiia  glaiebt.  l>aber  Rbacbitis  aad  Scropbalsaebt.  Ist  dia 
BtiUaagasait  Torbai,  walcbe  nbrigeas  oft  sebr  Isafe  aasfsdebat 
wird.  so«arbält  das  Kiad  festere  Sp^ea:  allela  aaa  Tortrigt 
as  diaaalbaa  aiobt,  es  bekommt  Toa  aeaem  die  Brast,  waK  oft 
aoek  bei  Kiadera  Toa  swai  Jabrea  aad  darlber  gesabiebt.  8iad 
die  Kiadar  aaa  wirkliek  abgewöhat,  so  werdea  sie  eiaer  Baaaa 
ibargobaa,  weloba  sie  dea  gaasea  Tag  aaf  ibraa  Armaa  berom- 
■ebleppt,  so  daas  dia  Kiadar  ibra  eigeae  Kraft  aiebt  ibea  kSaaea: 
das  Kiad  ist  aia  sokwiehliebaSy  rbaebitiscbes,  seropbalSses  ge- 
wordea;  beim  weibliebea  GesaUeebte  tretea  daaa  biamcbtlicb 
der  gasebleabtliebea  Faaetioaea  alle  Folgaa  aia,  welobe  aaf  die 
boToiatebeade  Sebwaagerecbaft  aad  Gebart  so  einflassreicb  sind, 
die  der  Verf.  weiter  scbildart.  Dasa  kommen  dann  nocb  .die 
fribaa  Baiiatbea,  so  dass  maa  Franea  Toa  14  bis  16  Jsbrea 
SBtrift,  ja  seihst  diese  Jahre  blUt  maa  sam  Heiratbaa  aa  wdt 
seboa  Torgaraokt  aad  Termäfalt  sehr  baaig  die  Töehter  im  11.  bis 
IS.  Jahre,  wobei  die  VSaaer  ▼iar  Mal  so  alt  siad,  da  im  Orieat 
eiaa  wmbra  Maaie  herrseht,  reebt  jaage  Midehen  sn  heiratbaa, 
Ia  walabam  MissTarbilteissa  dar  Jahre  daaa  wieder  die  QneUe 
f«a  aas&gUobaa  Naebtbaitea  Uagt^  Wird  die  Fraa  daaa  schwaager, 
sa  Ist  die  ihr  aalgedraageaa  I«ebaasweise  ebeafalU  die  sweek- 
widrigste  Taa  dar  Welt,  aad  es  kann  aiebt  aaffisllen,  weaa, 
sasammanganommaa  mit  dam  sebleebtea  Hebammanwesea,  der 
Angaag  dar  Gebartea  oft  am  sehr  traariger  ist. 

Alle    diese    Umstäada   babaa    ann   den  Verf.    bestimmt,    im 
sweitea  Tboila  seiaes  Werkes  eine  Anleitong  sa  geben,  wie  aUe 


400  XX^I-    LHeratar. 

die  Gefahren  nnd  Leiden,  welehe  dem  tob wengeren  Weibe  drohen 
oder  wirklich  eingetreten  sind,  ea  Terhfiten  tind  eweckmieeig  na 
behendein  eind,  nnd  eo  bildet  der  sweite  Theil  des  Werices  ein 
Lehrbneh  der  Franenkrankheiten  nnd  Gebnrtshttile.  In  vier  Ab- 
schnitten erörtert  der  Verf.  erstens  Sterilitftt,  Beekenabnonnitilen 
nnd  die  vor  der  Schwangerschaft  etwa  varhandenen  Krankheiten, 
Phthisis,  organische  Hersleiden,  Abdominaltnmoren,  Hysterie  nnd 
£pilepsie.  Der  sweite  Abschnitt  handelt  von  den  ZnfUllen  nnd 
Krankheiten  der  Sohwangern;  der  dritte  Ton  den  regelwidrigen 
Geburten  und  der  vierte  von  der  Behandhing  des  Wochenbettes. 
Die  Darstellnngen  aller  dieser  Zostftnde  entsprechen  ftfoerall  den 
wissenschaftlichen  Anforderungen  und  nehmen  den  Standpnnktf  ein, 
welchen  die  Wissenschaft  unserer  Zeit  behauptet.  Der  Verf.  hat 
auch  bei  den  einseinen  Krankheiten  nnd  Dystokien  die  Verhältnisse 
des  Landes,  wo  er  lebt,  genau  berfieksichtigt. 

Die  dritte  Abtheilnng  des  Werkes  mit  der  Ueberschiilt 
» L'art  des  aecouohements  appliqu^  en  Orient^,  enthttlt  die  Eegeln 
nnd  die  Anweisung,  wie  im  Orient  allen  den  UebelstJlnden  ab- 
suhelfen  sei.  Hier  giebt  der  Verf.  suerst  die  ndthige  Anleitung 
jlber  4»  Betragen  und  die  Süsseren  Verhaltnisse  des  Arstes  selbst; 
er  bestimmt  den  passendsten  Ansug  desselben,  einfaehes  sohwarses 
Kleid,  als  Hanptrequistt ,  sich  das  Vertrauen  des  Publikums  an 
erwerben,  einen  -^  Bart;  surflckgesogenes  Leben-,  Nid&tbesneh 
der  Schauspiele,  der  Caf^s,  der  Promenaden;  eine^ passende 
Heivaih.  Dann  giebt  der  Verf.  die  nSthige  Anleitung  für  die 
physisehe  und  psychische  Ersiehung  der  jungen  Mftdchen,  wobei 
er  noch  einmal  vif  die  Bhachitis  lurüekkommt;  eben  so  handelt 
er  Ton  den  besten  Grundsfttsen,  welche  in  Besug  auf  die  Ver- 
heirathung  befolgt  werden  sollen,  wobei  er  darauf  dringt,  dass 
Jedes  Mal  ein  Arst  Torher  consultirt  werden  sollte,  ehe  die 
Heirath  selbst  eingegangen  würde.  Endlich  giebt  der  Verf.  noch 
Segeln  an,  welehe  während  der  Geburt  nnd  des  Wochenbettes 
■u  beobachten  sind,  fiberall  mit  Berücksichtigung  der  im  Orient 
herrschenden  naohtheiligen  Sitten  und  Gebräuche. 

Wir  wellen  aum  Schluss  dieser  Anaeige  nur  wünschen,  dass 
das  Buch  des  Verf.  auch  in  dem  Lande ,  für  welches  dasselbe 
geschrieben,  den  beabsiehtigten  Nutsen  leiste,  massen  aber  sehr 
Bweifeln,  dass  bei  den  eingewurselten  MissbrXuchen,  bei  der 
Stabilität,  wie  diese  im  Oriente  herrscht,  so  bald  Abhülfe  ein- 
treten wird;  es  wird  aber  schon  hinreichend  sein,  wenn  sieh 
diese  Tor  der  Hand  auch  nur  in  einzelnen  Fällen  geltend  maeht, 
wosu  freilich  nicht  die  Aerste  allein  ihre  Hand  bieten  künnen, 
aondem  auch  der  Staat  durch  die  Einrichtung  sweckmässtger 
Hebammenanstalten  und  guter  Lehrer  an  derselben,  so  wie  durch 
strengere  Medioinalgesetse,  als  solche  im  Orient  su  herrschen 
seheinen,  das  Seinige  mit  beitragen  muss.  T.  S. 


XXVIL 
Betrachtungen  über  das  Eindbettfleber. 

Nadi  Lehmann»  ,,£apports  de  la  coxamissio^  d'obst&riqae, 
communiqa^  au  cerde  m^dical  d'Amsterdam^^ 

Miti^etheiU 
Ton 

fidaard  von  Sleboid. 

(Fortsetsang.) 

Zweiter  Artikel. 
HoBoUgie  der  Pierperalproceaie. 

Wenn  man  nach  dem  gegenwärtigen  Stande  der  Wissen- 
schaft einer  Eintheilung  der  Puerperalprocesse  die  anatomischen 
Befunde,  wie  es  die  Wiener  Schule  gethau»  zu  Grunde  legt, 
so  kann  man  die  verschieden^eu  Puerperalprocesse  in  drei 
Gruppen  zerfallen  lassen. 

Die  erste  Gruppe  umfasst  die  Puerperalprocesse  mit 
dem  acutesten  Verlaufe,  ohne  dass  sich  Localerscheinungen 
in  den  Leichen  auffinden  lassen  (Septicämie  im  hohen  Grfide). 

Man  weiss,  dass  manche  Puerperalprocesse  in  wenigen 
Stunden  oder  Tagen  mit  dem  Tode  endigen  können,  nachdem 
sie  nur  von  Symptomen  begleitet  waren,  welche  eine  wichtige 
Veränderung  des  Nervenlebens,  Lahmung  des  Nenrensystems 
und  allgemeine  Dissolution  des  Blutes  kund  gaben.  Nach 
unserer  Erfahrung  sind  das  die  seltensten  Fälle.  Ein  gewaltiger 
Sebüttelfrost,  dem  unmittelbar  Symptome  der  Hirnreizung  oder 
der  Lähmung  folgen,  bildet  ein  charakteristisches  Zeichen;  man 
beobachtet  dann  eine  allgemeine  Aufregung  und  Delirium, 
zuweilen  sind  damit  tetanische  Con?ulsionen  verbunden,  oder 
es  zagtysich  unmittelbar  darauf  Somnolenz  und  Coma,  Er- 
scbeimmgent  die  imoier  mit  bedeutendem  Dainiederliegeu  der 

M onalMohr.  f.  Q«butok.  1S61.  Bd.  XVn.,  Hft  9.  2^ 


402     XXYII.    V.  Sitboldy  Betrachtungen  über  das  Kindbettfieber. 


y 


Kräfte  yergesellschaflet  sind.  Auch  zeigen  sich  an  verschiedenen 
Stellen  der  Haut,  besonders  an  den  Extremitäten  und  an 
der  Sacrolumbar- Gegend  zahlreiche  schwarze  oder  blaue 
Flecke  von  mehr  oder  weniger  Ausdehnung.  Das  sind  die 
FällQ,  welche  sich  manchmal  während  des  Lebens  durch  ver- 
breitete Hautröthe ,  durch  das  sogenannte  Puerperal rScharladi 
charakterisiren ,  und  wobei  man  zuweilen  im  subcutanen  Zell- 
gewebe, in  den  Muskeln,  an  der  vorderen  Fläche  des  Thorax 
und  ah  den  oberen  und  unteren  Gliedmaassen  weit  sich  ver^  * 
breitende  Bhitextravasate  findet.  Mit  Ansnabme  von  Lungen- 
Hyperämie  und  Hypertrophie  der  Milz,  die  manchmal  so 
erweicht  ist,  dass  sie  in  eine  breiartig  zerfliessende  Masse 
verwandelt  ist,  lässt  die  Section  kein  positives  Zeichen  finden. 
Man  entdeckt  keine  Spur  von  Localaffecti^nen.  Die  Wände 
des  Uterus  sind  sehr  erschlafft,  seine  Höhle  enthält  schwarzes 
Blut  in  flüssigem  Zustande;  im  Innern  seines  Gewebes  und 
auf  dem  Peritonäum  findet  man  zuweilen  kleine  ecdiymotiscbe 
Stellen  und  eine  missfarbige  Flüssigkeit  (Braun  a.  a.  0.,  p.  4dl). 
Von  festen  Exsudaten  und  eiterähnlichem  Gerinnsel  u.  dergl. 
ist  weder  auf  der  inneren  Gebärmutterflädie,  noch  in  den 
benachbarten  Venen  nnd  Lyrapbgefässen,  weder  auf  der  inneren 
noch  äusseren  Fläche  des  Peritonäalsackes  irgend  eine  Spur. 
Selche  Fälle,  in  denen  der  Tod  bei  Wöchnerinnen  so  ptötzli<^ 
eintritt,  rechnete  man  früher  zur  Apoplexia  nervosa  oder  zur 
Asphyxia  idiopatbfica  (Ohevallier),  oder  zur  Syncope  nach 
Dubreüh;  oder  man  dachte  an  das  Eindringen  von  Luft  in 
die  Herzhöhlen  durch  die  Uterinvenen  (LegalloiSy  CKntock)y 
an  ausgebreitete  filutcoagula  im  Herzen  (Meiga),  oder  endlich 
an  die  Obltteration  der  Arteria  pulmonalis  (Paget).  Jetzt  hat 
man  vollen  Grund,  die  eigentliche  Todesursache  in  der  Sepflcämie 
zu  suchen,  und  man  führt  als  Beweis  au,  dass  das  Blut 
solcher  Leichen  kohlensaures  Ammoniak  enthält,  welches  die 
Eigenschaft  besitzt,  die  Blutkörperchen  zu  zersetzen  und  Faser- 
stoff und  Hämatin  aufzalösoi,  dass  ausserdem  hydrothionsaures 
Ammoniak  sich  vorfindet;  man  führt  an,  dass  die  Bkitkörpercben 
die  Eigenschaft  ^  verloren  hab^n,  an  der  Luft  sich  roth  zu 
fSrben,  und  dass  das  Blut  dieser  Lachen  rasdi  in  Fäulniss 
übergeht  So  verdienstlich  übrigens  auch  die  meisten  Unter- 
suchungen sind,  so  darf  man  doch  nicht  übersehen»  daas 


XXVII.   r.  9Möld,  Betrftchtiingfeii  ab«r  das  Kindbeitfieber.    403 


noch  keinen  directen  Beweis  für  die  Septicdmie,  d.  h. 
lür  die  faule  Gähnmg  des  in  den  Gefassen  circuKrenden 
Blutes  gefunden.  So  schwer  es  ist,  für  aJle  diese  Modificationen 
den  Beweis  zu  Ähren,  so  kann  man  doch  so  lange  an  die 
Glattbwördigkeit  derselben  denken,  als  die  wahre  Natur  der 
Blstcrase  nodi  in  tiefes  Dunkel  gehüllt  ist. 

Die  zweite  Gruppe  schliesst  die  Puerperalprocesse  mit 
acutem  Voliiufe  in  sich,  bei  welchen  deutliche  Symptome 
der  LocaKsation  der  Krankheit  auf  der  Inneren  FiSche  der 
Gebärmutter,  in  den  Venen  und  Lymphgefössen  dieses  Organs 
und  der  Nachbargebilde,  in  der  PeritonäaMhIe  und  in  den 
fon  dieser  Membran  bekleideten  Organen  sich  befinden. 

Die  MHchen  Symptome,  welche  sich  am  häufigsten  auf 
der  inneren  Flficbe  der  Gebfirmutter  zeigen,  sind  die  einer 
Endometritis.  Diese  krankhaften  Verwunderungen  bilden  keines- 
wegs das  Wesen  der  Piierperalprocesse ,  denn  sie  fehlen  oft 
ganz,  wo  die  Fille  mit  dem  Tode  endigen.  Die  Endometritis, 
welche  ein  bald  rascher,  bald  langsamer  schmelzendes  Exsudat 
begleitet,  ist  als  Localisation  der  puerperalen  Blutzersetzung 
oder  als  primäre  Erkrankung  anzusehen.  Das  Exsudat,  welches 
auf  die  eine  oder  andere  Weise  sich  bildet,  verwandelt  sich 
rasch  in  Eiter  oder  Jauche,  und  zerstört  so  mehr  oder  weniger 
die  unterliegende  Mnskelschicht  des  Uterus.  Die  Gebärmutter 
zeigt  sich  in  Folge  der  Paralyse  der  Musk^bem  oft  noch 
sehr  ausgedehnt;  ihr  Gewebe  ist  weich  und  die  RüdibUdung 
erfolgt  unToKkommen.  Die  pathologische  Diagnose  der  Endo* 
metritis  bietet  jedes  Mal  Schwierigkeiten  dar,  weil  man  die 
Produde  der  Entzündung  von  den  Lochial-Secretionen  schwer 
ontersdieiden  kann,  da  sie  sich  physisch  und  anatomisch  sehr 
ähnlich  sind.  Endometritis  mit  lldssiger  plastischer  Lymphe 
ist  daher  von  anatomischer  Seite  her  nicht  zu  diagnosticiren^ 
und  man  kann  nur  dann  auf  ihr  Vorhandensein  schliessen,  wenn 
Exsudate  und  Eiter  in  grösseren  Massen  ausgeschieden  werden. 
Nach  verschiedenen  Modificationen,  nach  Consistenz  und  Fari)e 
des  Exsudats,  nach  der  Ausdehnung  des  entzündfichen  Pro- 
cesses  bat  man  nach  dem  Vorgange  von  RokitofMky  und 
KiwUek  Endometritis  catarriialis,  Uterinaroup  (Endom.  plastica) 
Wäi  Dtorinrobr  (Endom.  dysenteriea)  angenommen,  und  um 
den  höchsten  Grad  der  Krankheit  zu  bezeichnen,  wobei  die 

26* 


404    ZXVII.   «.^ta^olil,  Betrachtangen  über  das  Kiadbettfiober. 

Innenfläche  der  Gebärmutter  eine  Art  Brei  von  sdnnutzig- 
bläulieber  Farbe  darbietet,  batte  man  den  Ausdruck  Putrescentia 
uteri  nach  Boer  beibehalten. 

Heutigen  Tage»  legt  man  auf  alle  diese  Formen  nicht 
so  vielWertb  mehr,  Mit  Engel  gezeigt  hat,  dass  die  grösste 
Zahl  der  Fälle  nur  Leichenerscheinungen  sind.  Die  Endo» 
metritis  kann  nur  (hircb  die  ExsudaUnassen  auf  der  inneren 
Fläche  des  Uterus  und  durch  eine  grosse  Menge  von  Eiter 
erkannt  werden.  Allein  diese  pathologischen  Producte  gestatten 
so  wenig  wie  ihre  verschiedenartige  Färbung  während  des 
Lebens  über  Grad,  Form  und  Verlauf  einer  Endometritis  ein 
Unheil  2u  fallen.  Bei  gunstigem  Verlaufe  endet  die  Krankheit 
mit  Genesung,  ohne  dass  ein  anderes  Organ  sieh  daran  be- 
theiligt; die  einzige  Complication  ist,  dass  sich  häufig  Vaginal* 
geschwüre  zeigen.  Diese  Geschwüre,  Puerperal- Ulcerationen 
genannt,  haben  ihren  Sitz  zu  beiden  Seiten  und  oberhalb  des 
Scheideneinganges,  zur  Seite  der  unteren  Conimissur  der  Scham- 
lippen, seltener  triill  man  sie  an  einer  höheren  Stelle  oder  am 
Scheidengewülbe.  Sie  sind  gewöhnlich  die  Folge  von  kicbteo 
Zerrungen  während  der  Geburt;  sonst  kann  man  sie  wohl 
auch  mit  einer  Blutinfiltration  in  Zusammenhang  bringen, 
welche  durch  Druck  des  vorliegenden  Kindestheils  während 
der  Geburt  entstanden  ist,  und  in  manchen  Fällen  sind  sie 
Folge  von  diphtberitischer  secundärer  Entzündung  der  Scheide; 
der  Grun<l  dieser  Geschwüre  ist  häufig  mit  bräunlichen  Membranen 
von  üblem  Aussehen  bedeckt  und  das  Secret  ist  oft  eiterig, 
seltener  ichorös.  Sie  bewii*ken  ödematöse  Anschwellungen  der 
grossen  und  kleinen  Schamlippen  und  haben  unter  gewissen 
Umständen  eine  bedeutende  Ausdehnung  und  Tiefe.  Nur 
ausnahmsweise  bewirken  sie  Verengerung  oder  Verschliessung 
(Atresie)  der  Scheide  und  äusseren  Scfaamthejle,  Perforation 
der  Urethra  oder  des  Rectums.  Wenn  die  Krankheit  einen 
höheren  Grad  von  Intensität  annimmt,  so  breitet  sich  die 
Entzündung  auf  das  Peritonäum  aus.  Unter  den  Nachbar^ 
Organen  werden  am  öftesten  Schamlippen  und  Scheide  mit 
befallen,  aber  die  Entzündung  kann  sich  auch  auf  die  Urethra 
und  Harnblase  fortpflanzen.  Die  Puerperalratzündung  der 
Tuben  (Metrosalpingitis  nach  Jörg)  kann  anatomiseh  nur 
durch  Vorhandene  Abscesse  und  Exsudate  erkannt  werden. 


XXVlI.    «.i9Mo?i,  Betrachttingeii  über  das  Kindbettfieber.    405 

In  einer  dunklen  Färbung,  besonders  der  Tuben  und  ihrer 
Franzen  kann  nie  eine  Entzöndungserscheinung  gesucht  werden, 
denn  das  weiche  und  lockere  Bindegewebe,  weiches  die  Tuben 
unigtebt,  und  der  Bau  des  Morsus  diaboli  begünstigen  das 
Aoftrelen  von  Leichenförbung  ungemein.  Die  Entzündung  der 
Tuben  hat  nur  eine  untergeordnete  Rolle,  sie  ist  im  Allgemeinen 
secundär  und  hängt  von  der  Ausdehnung  der  Endometritis  ab, 
aber  sie  kann  zu  Obliterationen,  Verengerungen  u.  s.  w.  Ver- 
anlafisnng  geben,  welche  später  ihre  schädlichen  Folgen  äussern. 
Vom  praktischen  Standpunkte  aus  betrachtet  ist  die  Entzündung 
der  Seheide  von  grosser  Wieb tigkeit,  weil  sie  ihrem  Charakter 
nach  mit  der  Endometritis  zusammenhängt.  Doch  ist  das 
nicht  immer  direot  der  Fall;  sie  zeigt  sich  aber  oft  zu  gleicher 
Zeit  und  unter  dem  Einflüsse  von  Ursachen  derselben  Art 
Die  EntBOndmig  der  Schleimhaut  der  Harnblase  beschränkt 
sich  gewöhnlich  auf  einen  einfachen  Catarrh  und  ist  oft  primär, 
hervorgerufen  durch  den  Druck  auf  die  Blase  während  det 
Geburt.  Zuweilen  entwickelt  sich  in"  der  Nähe  der  äussere 
Geschlechtstheile  m  Folge  der  scharfen  Beschaffenheit  der 
Lochien  auf  der  Haut  ein  Erythem,  das  gewöhnlich  nichts 
zu  bedeuten  hat;  zuweilen  bildet  sich  aber  doch  ein  diphtheri- 
tiscber  Zustand  aus,  der  mit  Ulc^ation  endigt  und  phagedänische 
Geschwüre  zurücklässt 

Man  erkennt  die  Endometritis  an  Schmerz  und  unvoU^ 
kommener  Rückbildung  des  Uterus,  an  Unterdrückung  der 
Lochien,  an  pathologischen  Veränderungen  und  Puerperal- 
geschwüren  der  Scheide,  welche  man  in  der  Mehrzahl  der 
Fälle  antrifll;  endlich  an  den  allgemeinen  Fieberersoheinungen, 
weic^  nie  fehlen.  Im  Allgemeinen  ist  der  Uterus  bei  der 
Endometritis  nicht  «ehr  schmerzhaft,  aber  äusserer  Druck  und 
innere  Untersuchung  erregen  schmerzhafte  Zusammenziehüngen. 
Wenn  die  Wöchnerinnen  strenge  Ruhe  beobachten,  so  erstreckt 
lieh  dieses  schmerzhafte  Gefühl  nicht  über  die  obere  Bauch- 
gegend. Der  Uterus  bleibt  in  Folge  der  Lähmung  seines 
Muskelgewebes  und  der  Anhäufung  von  flössigem  Exsudate 
in  seiner  HöUe  in  bedeutender  Ausdehnung  befangen,  daher 
derselbe  weich  und  breiartig  sich  anfühlen  lässt  Die  Lochien 
and  einige  Zeit  lang  unterdrückt,  an  ihre  Stelle  tritt  aber 
oft  bedeutender  Ausfluss  reichlicher  purulenter  Massen   von 


406    XXVII.  «.  SMMt  Betraebtangen  über  das  Ki&dbettileber. 

öblem  Gerüche  und  Ansehoi.  Bis  jetet  hat  das  Mikroskop 
noch  keinen  Unterschied  zwischen  den  physiologischen  und 
pathologischen  Lochien  entdecken  können. 

In  zweiter  Reihe  zeigen  sich  die  örtlichen  Erscheimmgen 
des  Puerperalprocesses  in  den  Venen  und  Lyniphgeiassen  des 
Uterus  und  der  benachbarten  Theilel  Man  weise,  daas  während 
des  normalen  Verlaufs  des  Wochenbettes  sich  Blutgerinnungen 
in  den  Venen  derjenigen  Stelle,  wo  die  Placenta  gesessen, 
bilden,  und  dass  dadurch  die  gewöbnlidie  Blutung  gestilU  wird-, 
auch  andere  Venen  fiUlen  sich  wohl  mit  solchen  BhitpCröpfeo, 
was  weiter  keine  öblen  Folgen  nach  sich  zieht.  Hat  aber 
dieses  Blut,  welches  sich  ausser  der  Circulalion  befindet  und 
sich  in  Form  von  Pfropfen  (Thrombi)  angesammelt  hat,  die 
Fähigkdt,  sich  zu  zersetzen,  so  bilden  sich  durch  AnhluiiHig 
neue  Gerinnsel,  welche  sich  auf  die  Venen  dar  breiten  Mutter* 
btoder,  in  die  Vena  spermatica  interna,  in  die  Beckenvenen, 
Vena  cara  ascendens,  in  die  Cruralyenen  erstrecken.  Aber 
nicht  immer  verfolgen  diese  Thrombi  ihren  regelmftsaigea 
Verlauf,  sie  bleiben  zuweilen  unter  sich  in  innigster  Verbindung; 
zuweilen  bilden  sie  sich  auch  von  selbst  (durch  Inopetie)  an 
Stellen,  die  ymn  Uterus  weit  entfernt  sind,  in  den  Venen  des 
Gehirns,  in  der  Vena  ca?a  descendens,  in  den  Sinus  da* 
Dura  mater,  der  Vena  jugularis,  was  Alles  auf  eine  aligefiMiaB 
und  keineswegs  örtliche  Ursache  scfaliessen  läset  Das  Ge- 
rinnsel zeigt  sich  dem  frischen  Blutgerinnsel  ähnlich,  indem 
es  einen  mit  der  GefSsswand  zusammenhängenden  Strang 
darstellt  und  zuweilen  ^ter  in  seinem  Centrum  eine  eiterige 
Zerfliessung  eingeht  Wenn  das  Blut  der  Wöcbnerimien  gesund 
ist,  so  zersetzt  es  sich  nicht,  aber  der  Puerperalthrombus 
organisirt  sich,  schrumpft  ein  und  verwandelt  sich  in  Binde- 
gewebe, in  welchem  sidi  neue  Gefiisse  entwickeb,  wodurch 
die  Venen  auf  verschiedene  Weise  verstopft  werden,  so  daas 
zuletzt  ein  bandartiger  Strang  entsteht  Ist  das  Blut  einer 
Wöchnerin  dagegen  krank,  oder  haben  deletäre  Stoffe  auf 
die  zerrissenen  Venenmündungen  eingewirkt,  so  bikiet  sich 
im  Puerperalthrombus  eine  jauchige  Zersetzung,  welche  die 
innere  Gefässhaut  erwdcht  und  eine  entzündliche  Infiltration 
der  äusseren  Gefasshaut  mit  ihren  verschiedenen  Folgen,  also 
eine  secundäre  Phlebitis  bewirkt    Diese  von  Virchüw^  JEwtedk 


XXyil.   V.  SMold,  Betrachtungen  über  das  Eindbettfieber.    407 

uod  Scanzani  verfocbtene  Meinung,  wonach  die  Zersetzung 
des  Puerperalüirombus  das  primäre,  die  Entzündung  der  Venen- 
wände aber  das  secundäre  bildet,  scheint  richtiger  zu  sein, 
als  die.  frohere,  nach  welcher  eine  primäre  Phlebitis  als  Quelle 
der  Blutvergiftung  für  den  Puerperalprocess  angenommen 
wurde.  Es  ist  als  seltene  Ausnahme  anzusehen,  wenn  im 
Gegentheil  primäre  Phlebitis  mit  secundärer  Thrombusbildung 
aufzutreten  scheint  (VirchoWy  Handbuch  der  spec.  Pathologie 
u.  Therapie,  6.  Bd.,  2.  AbtL,  2«  H.,  p.  285).  Es  hängen 
daher  d^e  wichtigsten  Folgen  der  Thrombi  besonders  von  der 
Metamorphose  der  Blutgerinnsd  ab.  Ihr  eiteriger  und  jauchiger 
j^edall  führt  eine  septische  Vergiftung  des  Blutes  herbei  und 
so  entstehen  die  sogenannten  metastatischen  Entzündungen 
der  Schleimhäute  und  der  Haut,  so  wie  die  umschriebenen 
Eiterablagerungen  an  verschiedenen  Stellen.  Wenn  auch  nodi 
nicht  mit  völliger  Bestimmtheit  nachgewiesen  ist,  dass  zwischen 
Endometritis  und  der  Bildung  von  Emboli  und  Eiter  in  den 
Venen  und  Lymphgefassen  ein  directer  Zusammenhang  besteht, 
so  kann  man  doch  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  annehmen, 
dass  die  unvollkommene  Zusammenziehung  der  Gebärmutter 
und  die  eigenthümhche  Qualität  des  Blutes  die  wichtigste 
Ursache  der  Thrombose  sind  und  dass  sicher  diese  Blut- 
umänderung  und  der  Umstand,  dass  die  Emboli  mit  dem 
eiterigen  und  jauchigen  Exsudate  der  Entzündung  in  Berührung 
kommen,  vorzugsweise  die  eiterige  und  ichoröse  Zersetzung 
der  Blutgerinnsel  begünstigen.  Endlich  behaupten  wir,  auf 
unsere  Erfahrung  gestützt,  dass  zuweilen  und  dann  unabhängig 
von  der  primären  Thrombose  der  Uterinvenen  bei  der  Endo- 
melritis  eine  faulige  Infection  des  Blutes  dadurch  allein  sich 
büden  könne,  dass  die  deletären  Hesidua  der  Decidua,  welche 
in  der  Uterinhöhle  mit  den  ichorösen  Lochien  sich  befinden, 
in  die  klatfenden  Venen  am  Placentensitze  übergehen  und 
dann  weiter  in  die  entfernteren  Gefässe  geführt  werden.  Nach 
unserer  Erfahrung  ist  in  vielen  Fällen  gerade  die  Stelle,  wo 
die  Placenta  gesessen  hat,  der  Ausgangspunkt  der  Krankheit, 
weil  wir  hier  so  häufig  Eiter  in  den  Venen  gefunden  haben. 
Bei  der  Puerperal-Endometritis  zeigen  sich  die  Lymph- 
geJSsse  der  Gebärmutter  oft  sehr  erweitert  und  mit  Eiter  an- 
gefüllt, während  man  sie  im  Normalzustande  mit  unbewaffnetem 


408     XXVIl.   V.  Siebold,  Betraobtnngen  über  das  Kindbettfieber. 

Auge  Dicht  sieht;  wir  haben  sie  auch  mehrmals  beobachtet 
an  der  hinteren  Wand  des  Gnmdes  der  GebUnputter,  in  der 
NShe  der  Tuben,  unter  dem  Peritonäum,  wo  sie  sich  wie 
grosse  gelbliche  Strfinge  von  dem  Umfange  emes  Gänsekiels 
gleich  Guirlanden  dem  Auge  darstellten,  und  in  ihrem  Ver- 
laufe kleine  Eiteransammlungen  zeigten.  Auf  diese  Metro- 
Lymphangitis  hat  H.  Meckel  vor  einigen  Jahren  die  Auf- 
merksamkeit von  Neuem  gelenkt  und  seinen  Untersuchungen 
ist  es  zu  danken,  dass  man  verschiedene  Grade  und  Formen 
angenommen  hat  Wenn  die  Lymphangitis  in  hohem  Grade 
besteht,  so  erscheinen,  nachdem  man  das  Peritonäum  ab- 
präparirt,  die  Lymphgeßsse  längs  der  Arter.  und  Yeni 
sperm.  intern,  bis  dahin,  wo  sie  sich  oberhalb  der  Lnmbar* 
Lymphdrüsen  in  zuführende  GefSisse  theilen,  dick  wie  Gänse- 
kiele und  mit  Eiter  angefüllt;  auch  die  letzteren  Gefässe  sind 
noch  mit  Eiter  angefüllt,  während  die  Drüsen  nur  vergrössert, 
erweidit  und  von  weisslidier  Farbe  sind ;  jenseits  der  Drüsen 
findet  sich  in  den  zufahrenden  Gelassen  kein  Eiter  mehr. 
Abwärts  nehmen  diese  LymphgefSsse  längs  der  breiten  Mutter- 
bänder stets  emen  gewundenen  Lauf  an,  sind  aber  durch  das 
weiche  Zellgewebe  bis  zum  Uterus  leicht  zu  verfolgen,  in 
dessen  Umgebung  sie  ausgedehnter  sind  und  bald  kleinere 
bald  grössere  Eiterhöhlen  bilden.  Die  Lymphangitis  uterina, 
erstreckt  sich  nicht  auf  andere  Gegenden,  nicht  einmal  auf 
die  Lympbgefässe  der  Arter.  hypogastr.,  aber  sie  ist  oft  von 
einer  Vereiterung  des  Parenchyms  im  Grunde  der  Gebärmutter 
und  im  Beckenzellgewebe  begleitet.  Sie  beginnt  immer  in 
den  Ulcerationen  des  Mutterhalses  und  pflanzt  sich  nach  dem 
Uternsgrunde  fort,  eine  immer  grössere  Ausdehnung  annehmend, 
vne  wir  auch  in  zwei  Fällen  gesehen  haben.  Meckel  sucht 
die  Entstehung  dieser  Metro -Lymphangitis  durch  die  Resorption 
von  deletären  Stoffe,  welche  sich  durch  Puerperal -Ulcerationen 
als  durch  vergiftete  Wunden  gebildet  haben,  zu  erklären,  und 
ist  der  Meinung,  dass  diese  Lymphangitis  geradezu  den 
wesentlichen  Charakter  eines  bösartigen  Wochenflebers  bilde, 
während  die  Phlebitis  von  ihm  für  unwesentlich  und  mehr 
zufällig  gehalten  wird.  Nach  ihm  ist  demnach  die  Cervical- 
und  Vaginalportion,  welche  immer  entzündet  ist,  als  der 
Ausgangspunkt  des  bösartigen  Wochenfiebers  anzusehen,   weil 


XXTII.   V,  Sishöldf  Betraehtongen  über  das  RiDdbettfiebflr.    409 

rieh  im  dieser  Stelle  stets  die  LymphangitiB  entwickelt.  (S.  Das 
bösart  Wocfaenfieber.  In  den  Annalen  des  Berliner  Cbarite- 
Krankenh.,  5.  Jahrg.,  1854,  S.  290).  Wir  mdssen  daza 
bemerken,  dass  wir  bSufig  kleine  Eiterablagerungen  oder 
Uicerationen  in  der  NHhe  des  Muttermundes  beobachtet  haben,  ^ 
ohne  dass  wir  die  mindeste  Spur  von  Lymphangitis  entdecken 
konnten.  Die  neuesten  Untersuchungen  von  Engel  und  Braun 
haben  ebenfalls  gelehrt,  dass  man  .die  angenommene  Lymphangitis 
als  Entzändung  des  die  Lympfageßsse  umgebenden  Bindegewebes 
anseilen  muss,  welche  in  Folge  der  durch  die  Verstoprnng 
der  Lymphdrüsen  bewirkten  Stauung  und  durch  Qbermässtge 
Aasdehnung  der  Lymphgefasse  entstanden  ist.  Nach  Braun^^ 
Ansieht  würde  die  Füllung  der  Lyrophgeßsse  ein  physiologischer 
Zustand  der  Wöchnerin  sein  nnd  man  müsste  eine  primAre 
Lymphangitis  puerperalis  in  Zweifel  ziehen,  weil  die  Lymphe 
viel  wahrscheinlicher  coagtiKren  müsste  und  die  Zersetzung 
des  Gerninsels  eme  secundäre  Schmelzung  der  Gefässwandungen 
herfomifen  könne;  da  es  aber  auch  unzweifelhaft  ist,  dass 
Eiter  ans  dem  Peritonaealcävum  und  dem  Uterus  von  den 
LymphgefSssen  in  grosser  Menge  aufgenommen  werden  kanrf, 
ohne  dass  die  innere  OberflAcbe  derselben  oder  ihr  um- 
hüllendes  Bindegewebe  entzündet  waren,  so  ist  es  nach  Braun*^ 
Meinung  nicht  möglich,  die  Ansammlung  von  Eiter  ni  den 
Lymphgefassen  als  Ursache  der  Puerperalprocesse  anzunehmen. 
(A.  a.  0.,  p.  504.)  Es  müssen  daher  nach  dieser  Ansicht, 
die  mit  der  MeekeTschm  in  directem  Widerspruche  steht, 
die  Symptome,  welche  die  Lymphgefösse  darbieten,  nur  unter 
dem  Gesichtspunkte  von  zußlligen  Erscheinungen  oder  secnndär 
als  Folgen  der  Puerperalprocesse  betrachtet  werden. 

Was  die  Erscheinungen  betrifft,  welche  eine  Metrophlebitis 
oder  Lymphangitis  puerp.  begleiten,  so  sind  von  diesen  für 
die  klinische  Diagnose  als  die  vorzüglichsten  hervorzuheben: 
ein  typhus§hnlicher  Verlauf  des  ganzen  Processes,  wiederholte 
Pieberanf^Qe  mit  Frösten,  ein  sogen,  pemiciöses  Wechselfieber 
mit  vagem  Typus,  Phlegmasia  dolens  und  metastatische  Abscesse. 
Wenn  man  auch  nach  8canzoni  diesen  Symptomen  eine  ganz 
positive  Sicherheit  nicht  zuschreiben  kann,  so  haben  sie  doch 
eine  wichtige  praktische  Bedeutung  und  zeigen  in  jedem  FaHe 
eine  grosse  Sttamg  im  Bhitleben  an. 


410    XX vir.   V,  Siebold,  BetrachtangeD  über  das  Kfndbettfieber. 

Die  Localphaoomene  des  puerperalen  Processes  zeig«i 
sich  in  dritter  Reibe  im  Peritondalcavam  und  in  den  mit  dem 
Peritonäum  bekleideten  Organen. 

Periton&ales  Exsndat  gehört  zu  den  häufigsten  und  zu- 
verifissigsten  Zeichen,  obgleich  dasselbe  nicht  ioimer  dei 
puerperalen  Process  begleitet  Bei  der  Eröffnung  der  Bauch- 
höhle fallen  die  durch  Gas  aufgetriebenen  Gedärme  und  ein 
mehr  oder  weniger  rächliches  Exsudat  auf,  dessen  Beschaffen- 
heit sehr  yerschieden,  bald  mehr  oder  weniger  dick,  bald 
flüssig,  von  sei'öser,  eiteriger  oder  jauchiger  Beschafleidieii, 
?on  gelbgrünhcher,  brauner  oder  rother  Farbe  ist  Lagen 
von  verschiedeneF  Farbe  bedecken  das  Peritonäiun  und  liMu» 
einzdne  DarmschUngen  aneinander.  Zuweilen  scheidet  sich  das 
Exsudat  in  Serum  und  coagulirten  Faserstoff,  der  gleichsam 
aus  dem  Serum  niedergeschlagen  ist  und  gewöhnlich  die 
Oberfläche  der  Leber  und  Milz  bedeckt  In  anderen  .Fällen 
sammelt  sich  das  Exsudat  an  den  tieferen  Steileo  der  Leiche 
und  findet  sich  dann  gewöhnlich  in  dem  Douglas'sdmi  Baume. 
Das  Bauchfell  zeigt  im  Allgemeinen  um  so  weniger  entzuad- 
liche  Färbung,  in  je  grösserer  Menge  das  Exsudat  zugegen 
ist  und  je  mehr  Fibrinflocken  zu  sehen  sind. 

Die  Peritonitis  erstreckt  sich  bekanntlich  über  alle  Theile 
des  Peritonäums  oder  beschränkt  sich  auf  den  Theil  dieser 
Membran,  welcher  die  Gebärmutter  aberzieht,  und  auf  einige 
Darmschlingen,  so  wie  auf  einen  Theil  des  Blattes  der  inneren 
Bauchwandung,  die  sogen.  Perimetritis.  Hat  die  Entzündung 
das  ganze  Peritonäum  ergriffen,  so  zeigt  sich  der  Theil, 
welcher  den  Uterus  bedecku  am  intensivsten  entzündet,  was 
man  an  der  stärkeren  Gefass-liyection  dieses  Tbeils  erkennt 
Bei  der  beschränkten  Entzündung  oder  der  Perimetritis  sammeln 
sich  die  flussigen  Exsudate  in  den  tiefen  Buchtungen  des 
Peritonäalsackes  und  liegen  hier  frei  wie  in  einer  Tasche, 
weil  durch  die  Verklebung  der  benachbarten  Darmschlingen 
siel)  hier  begrenzte  Bäume  bilden,  wo  sich  die  Exsudate  an- 
sammeln können,  und  dann  sogen,  abgesackte  Exsudate  oder 
Peritonäalabscesse  bilden.  Das  Exsudat  dringt  aber  nicht 
immer  in  das  Peritonäalcavum  ein,  sondern  es  sammelt  sich 
in  Folge  von  Infiltration  des  subserösen  Bindegewebes  ausser- 
halb desselben  zwischen  dem  Peritonium  und  den  angnmzenden 


XXYII.  t.SMold,  BetraohtungeA  übar  das  Kindbettüeber.    411 

Gebilden  an  und  biidel  so  die  retro-  oder  extra -perkonfiden 
Exsudate,  wetebe  «ch  tbeilweise  organisiren  oder  sieb  err 
weicben,  aber  aticb  zum  Theil  resorptioasfähig  werden.  Die 
abgesaekiMi  Exsudate,  sowobl  die  innerbalb  als  ausserbalb 
des  PeritoBiums  liegen,  en^eicben  leicht  eine  .  grosee  Aus- 
dehnung, weil  die  puerperalen  Entzündungen  im  AUgemeineB 
ein  belräcbtticbes  Exsudat  setzen.  Was  ibren  Sitz  anlangt, 
so  finden  »ich  die  intraperitonftalen  i»itweder  im  Dott^Zas'scben 
Räume,  oder  zwischen  Uterus  und  Harnblase,  oder  an  den 
Seitenwaadnngen  des  Beckens,  oder  sie  fällen  die  BeokenbäUe 
ganz  aus,  so  dass  der  Uterus  von  allen  Seiten  davon  um- 
geben wird;  die  hintere  Wand  dieser  Absaoknngen  ist  oft 
durch  anklebende  Sofalingen  der  dünnen  Gedärme  gebildet 
Die  extraperitenäalen  Exsudate  haben  ihren  Sitz  entweder 
zwisdien  den  beiden  Platten  der  breiten  Mutterbander  oder 
auf  dem  Musculus  JKacus  internus,  oder  aitf  dem  Boden  des 
Beckens,  oder  endlich  zwischen  den  Baucbmuskeki  und  dem 
Feritonaum.  Die  Intraperitonäal- Exsudate  können  xiemlich 
iange  Zeit  existiren,  ohne  andere  Erscheinungen  als  voräber- 
gehende  Fieberanfalle  berbeizuführen;  sie  können  alknäüg  durch 
Resorption  mit  Hinterlassung  von  widematurbchen  Verbindungen 
durch  Pseudomembranen  versch winden,  wie  wir  selbst  einen 
Fall  kennen,  in  welchem  nach  mehreren  Monaten  die  ganze 
vordere  Gebarmutterfläche  mit  der  Bauchwand  verwachsen 
war,  oder  es  ktan«!  sich  Abscesse  bilden.  Der  Eiter  bahnt 
sieh  dann  durch  die  Gedärme,  die  Harnblase  oder  die  Scheide, 
durch  das  Hypogastrium,  die  Lumbar-  oder  Gesässgegend  einen 
Weg  nach  aussen.  —  Die  Extraperitonäal-Exsudale  j^den 
gewöbidicb  nach  kürzerer  Zeit  einen  Beckenabscess,  welcher 
«ch  oft  in  der  Inguinalgegend  oder  am  Schenkel  unterhalb 
des  Potfparfschen  Bandes,  oder  in  der  Lumbar-  oder  Gesäss- 
gegend,  in  d^  Seheide  öffnet;  oder  wenn  sich  der  Abscess 
sn  der  vorderen  Bauchwand  befindet,  entleert  sich  der  Eiter 
durch  den  Nabel,  wie  wir  solchen  Fall  bei  zwei  Frauen  zu 
gleicher  Zeit  beobachtet  haben,  die  glücklich  genasen» 

•  Das  peritonaale  Exsudat  erstreckt  sich  audi  nicht  selten 
airf  die  Oyarien,  wo  es  aber  nicht  leicht  ist,  den  physiologischen 
Zustand  von  dem  pathologischen  zu  unterscheiden«  Eine 
Entzündung  des  Strome  und  der  serösen  Hülle  der  Ovarien, 


412    XXVII.   V.  8i§bofdy  BetrachtfiTt^PD  ftb«r  Am  Rindbettieber. 

Oophoritis,  giebt  sieb  anatomisch  nach  Braun ^  nur  durch  di« 
Gegenwart  von  festen,  eiterigen  oder  foserstoffigen  ProducleB 
zu  erkennen,  und  in  diesem  Sinne  kann  man  die  Einthaiung 
▼on  Kitoisch  m  Oophoritis  peritonaealis,  parenchymatosa  und 
foUiculosa  annehmen.  Klinisch  ist  die  Diagnose  der  Oophoritis 
puerperalis  unsicher  und  kann  nicht  von  einer  umschnebenen 
Peritonitis  unterschieden  werden.  Man  betrachtete  bisbeT  &8t 
ausschliesslich  die  faserstoffigen  und  albuniinösen  im  Peritonäai» 
ca?um  gefundenen  Massen  der  an  Puerperalprocessen  Ge* 
slorbenen  nur  als  Entzöndungsproducte  des  Periten&ums.  ffmh 
erklärte  zuerst  diesen  anatomiflchen  Befund  in  d^  Failen,  in 
welchen  das  Peritonäum  intact,  glatt,  nuht  injicirt  ist,  durch 
eme  puerperale  Lympbgefilss-Insufficienz  und  Verstopfung  der 
Lymphdrüsen  mit  Blut  oder  Etterkörperchen.  Solcher  Deutung 
sind  besonders  jene  Fälle  ßihig,  in  welchen  man  einaehie 
Darmscblingen  zusammenklebend  und  das  Peritonäum  der 
Beckenorgane  ganz  n<H*mai  und  glatt  ohne  dentritiache  Gefasa- 
injectionen  antrifil,  während  die  Lymphgefasse  des  Plexus 
jiorticus  und  renalis  mit  dicker  gelblicher  Flässigkeit  voll«- 
gepfiropft  sind.  Somit  sind  die  FaserstolllgerinnungeD  im 
PeritonäalcaTum  ^^rs  gleichsam  als  «in  Niederschlag  auf  die 
Oberfläche  der  Gedärme  und  nicht  immer  als  das  Product 
einer  Peritonitis  anzusehen.     (Braun  a.  a.  0.,  p.  508.) 

Was  die  pathologischen  Veränderungen  der  anderen  Bauch*- 
«ingeweide  betriflt,  so  ^nd  Leber,  Milz  und  das  Zwerchfell 
durch  die  Exsudate  in  der  Bauchhdhle  und  durch  den  para- 
lytischen mit  stinkenden  Gasen  gefüllten  Magen  und  Gedärme 
in  die  Brusthöhle  hinaufgedrängt.  Die  Leber  erscheint  im 
Schnitte  muskatnussähnlich,  was  wabrsdieinlich  von  der  Blut* 
stase  herrührt,  die  von  der  während  der  Sehwangerschafl 
ausgedehnten  Gebärmutter  in  der  Vena  cava,  den  Leberveneo, 
und  im  Pfortadersysteroe ,  oder  von  cadaveroaen  Stauungen 
bewirkt  wird.  Die  Milz  ist  sehr  häufig  angeschwollen  ufld 
zwei  bis  drei  Mal  grösser  als  gewöhnlieh;  zuweilen  ist  sie 
auch  durch  das  Exsudat  der  Bauchhöhle  comprimirt,  was 
aber  eben  so  gut  von  einer  Blutstase  oder  von  Septicämie 
herrühren  kann.  Die  Nieren  sind  gewöhnlich  Mass  und 
anämisch,  oder  sie  zeigen  jene  eigenthümlieh^  Entartung,  wie 
sie  bei  Morb.  Bright  gefunden  wird. 


XXVII.   9.  SitbM,  Batraohtiiageii  äibw  das  Kiadbettfieber.    413 

Die  ErsdieiiHiBgen  ia  der  Brusthöhle  mAsseo  als  mehr 
lofiHige,  weniger  tnr  charakierislasche  angesehen  werden.  Die 
oberen  Lappen  der  Lungen  sind  zuweilen  ödeoiatös,-  die 
unteren  dureh  reicUichen  Biutiii^t  ausgeseichnet;  das  Hers 
ist  weieh  und  schlaff.  Zuweilen  findet  man  in  Pleura  und 
Pmcardioin  Exsudat  Das  Gehirn  bietet  selten  pathologische 
Veränderung^  dar. 

Die  Peritonitis  tritt  in  den  ersten  Tagen  nach  der  Geburt 
auf  und  ist  entweder  primär  oder  secundär.  Die  ersten 
Symptome f  an  welchen  man  sie  erkennt,  sind  Schmerzen, 
besonders  in  der  Uteringegend  und  Fieber.  Im  Anfange 
koanen  die  Schmerzen  sehr  gering  sein  und  werden  nur 
durch  äusseren  Druck  auf  den  Baudi  heryorgerufen ;  sie 
nehmen  aber  immer  an  Ausdehnung  und  Intensität  zu,  je 
mehr  sich  die  Entzündung  veitreitet  Es  ist  nichts  seltenes, 
dass  die  ersten  Schmerzen  ganz  den  Nachweben  gleichen, 
welche  sich  allmälig  zu  stets  fortdauernden  Schmerzen  steigern; 
zuweilen  aber  auch  tritt  die  Entzündung  sofort  mit  Schmerzen 
von  s^her  Ausdehnung  auf,  dass  die  geringste  Bewegung 
oder  Beruhroiig  für  die  Kranke  unerträglich  ist  Im  Allgemeinen 
fingt  der  Lochienfiuss  an  geringer  zu  werden  oder  hört  auch 
wohl  ganz  auf,  während  die  Hikhsecretion  oft  ohne  Störung 
fortdauert  und  nur  erst  dann  sich  auffallend  und  plötzlkh 
onndert,  wenn  ein  profitses  Exsudat  zu  Stande  gekommen 
ist  Wenn  die  Entzündung  auf  das  die  Gebärmutter  um* 
hüilende  Pentonäum  beschränkt  bleibt  und  demnach  eine  mehr 
amschrid>ette  ist,,  dann  lässt  zuweilen  das  Fieber  allmälig  nach 
OBd  die  Kranke  graest  in  Folge  von  Resorption  des  Exsudats 
oder  es  bleibt  ein  abgesacktes  Exsudat  zurück.  In  diesem 
letzteren  Falle  dauern  die  fdbrilen  Erscheinungen  bald  mehr 
bald  weniger  .heftig,  bald  mehr  oder  weniger  lang  remiltirend, 
mit  sehmerzbaften  Exacerbationen  fort,  und  man  bemerkt  zu 
gleicher  Zeit  functionelle  Störungen  der  Beckenorgane,  auf 
wekhe  das  Exsudat  einen  Druck  ausübt,  so  Verstopfung, 
Dysurie  und  mehr  dergl.  Wenn  aber  die  Exsudate  extra- 
pmtonäal  sind,  so  kann  man  oft  heftige  Neuralgien  der 
iflchiadisehen  und  Cruralnerven  beobachten.  Die  Krankheit 
kann  sich  in  dieser  Weise  auf  mehrere  Monate  hinziehen, 
und  während  dieser  Zeit  schwebt  man  immer  zwischen  Furdit 


414    XXVII.   «.  8ieheld,  Betrachtungen  über  das  Kindbettfieber. 

und  Hoffnung.  Wenn  diese  Exsudate  am  Ende  Abscesse  bilden, 
so  nimmt  die  Krankheit  einen  nicfat  weniger  langsamen  und 
perfiden  Verlauf  an.  Wenn  sich  die  Entzündung,  statt  auf 
die  G^rrautter  und  ihre  Anhange  sich  zu  bescfardttk^,  weit 
über  das  Tisoeralblatt  des  Peritoneums  erstreckt,  so  sind  nicht 
allein  Schmerzen  und  Fieber  vermehrt,  sondern  der  ganze 
Zustand  verwandelt  sich  augenblicklich.  Der  Puls  wird  un- 
gemein frequent  und  klein,  die  Extrenutäten  werden  kalt  und 
«eigen  venöse  Stasen,  das  Gesicht  wird  entstellt,  die  Schmerlen 
verschwinden,  es  kommt  rasch  und  unvermeidlich  zum  Exsudat; 
dieses  führt  zur  Paralyse  der  Muskelhaut  des  Darrokaoats 
oder  zur  Anhäufung  von  Gas,  Meteorismus;  durch  den  bellen 
oder  matten  Ton  der  Percussion  kann  man  in  den  ab« 
hSngigsten  Stellen  der  Peritonäalhöhle  eine  mehr  oder  weniger 
beträchtliche  Quantität  von  flüssigem  Exsudat  entdecken;  ab«* 
fast  nie  füUt  man  deullicbe  Fiuctuation,  weil  die  Ausdehnung 
des  Bauches  viel  mehr  von  dem  Zustande  der  Gedärme,  als 
von  der  Quantität  des  Exsudats  abhängt.  In  Folge  des 
Meteorismus  sind  Leber  und  Zwerchfdl  zuweilen  in  <fie  Höhe 
bis  zur  dritten  oder  vierten  Rippe  getrieben  tflid  gegen  die 
hin4ere  Wand  des  Thorax  angedrückt,  wodurch  Compression 
der  Lungen  und  Gefahr  der  Erstickung  entsteht,  obgleich  die*" 
Percussion  einen  tympanitiscben  Ton  auf  der  ganzen  vorderen 
rechten  Seite  des  Thorax  und  Bauches  vernehmen  lässt  Man 
lasse  sich  durch  das  Vernehmen  eines  matten  Tones  bei  der 
Percussion  an  der  hinteren  Wand  nicht  zur  irrthümMcben 
Diagnose  eines  Pleuraexsudats  verleiten.  Zur  Paralyse  des 
Darmkanals  gesellt  sich  auch  jenes  Erbrechen  von  grünspan- 
artigen  Massen,  welche  «ns  eme  so  grosse  Furcht  einflössen. 
Bei  dem  Erscheinen  dieses  Symptoms  prognosticiren  wir 
jedes  Mal  den  Tod  der  unglflckiichen  Kranken  und  höchst 
selten  triflt  unsere  Prognose  nicht  ein.  Im  Allgemeinen  er* 
folgt  der  Tod  dann  rasch;  die  Kranken  behalten  ihr  volles 
Bewusstsein.  Der  Tod  ist  entweder  Folge  von  Erstickung 
durch  Lungenödem,  welches  die  Compression  bewirkt,  oder 
TOB  Erschöpfung,  herrorgebradit  durch  das  profose  Ex«idat 
und  die  tiefe  Störung,  weldie  die  Ernährung  duith  die 
Paralyse  des  Darmkanals  erfahi*l. 


XXVII.   «.  8UhoU,  Beiraehtnngren  fiber  das  Kindbettfieber.    415 

Die  dritte  finippe  endlich  umfasftt  die  Folgekrankheiten 
oder  die  secundären  Zustände  der  Puerperalprocesse,  nätnlich 
die  Septiedmie  und  Pydmie.  Unter  dieser  Kategorie  begreift 
man  die  krankhaften  Zustände«  welebe  skh  durch  Bildung  Ton 
lobuliren  Abscessen,  Eiterheerden  in  verschiedenen  Theilen 
des  Körpers  charakterisiren,  in  welchen  man  selten  Eiter 
Ton  guter  Beschaffenheit,  sondern  am  hSufigsten  Jauche  findet. 
Man  gtebt  ihnen  auch  den  aUgemdnen  Namen  ^Metastasen^ 
weil  man  sie  als  eine  Ausscheidung  resorbirter  deletär^  Stoffe 
ansah,  und  weil  sie  manchmal  auch  andere  zymotische  Pro* 
eesse,  als  den  Typhus  u.  s.  w.  begleiten.  Diese  metastatischen  ^ 
Abseesse  linden  sich  sowohl  in  imieren  wie  in  äusseren 
Organen.  Was  die  inneren  Organe  betrifft,  so  beobachtet 
man  am  häufigsten  Metastasen  in  den  Lungen  als  lobuläre 
Pneumonie  und  in  der  Milz,  seltener  in  den  Nieren  und  in 
der  Leber,  im  Gehirne  als  exsudative  Meningitis,  als  Cerebral- 
Phlebitis  oder  als  umschriebene  Encephalitis.  In  den  Augen 
«eigen  sie  «ch  unter  der  Form  der  purulenten  Choroiditis; 
an  den  Mandeln,  am  Pancreas  und  am  Bindegewebe  des 
Beckens  als  mehr  oder  weniger  ausgebreitele  Anschwellungen 
mit  gangränöser  Z^störong  der  Nachbarschan;;  im  Ovarium 
bewirken  diese  metastalischen  Heerde  Destructionen  und 
Phlhiftis  dieses  Organs.  Carditis  und  Endocarditis  gehören 
zu  den  seltensten  Krankheitserscheinungen.  Die  äusseren 
Metastasen  haben  ihren  Sitz  vorzüglich  in  den  Gelenken  als 
nArthropyosen**:  sie  kommen  besonders  im  Knie-,  EUenbogen- 
nnd  Schultergelenk,  seltener  in  den  Hüft-  und  anderen  Ge^ 
lenken  vor;  sie  erzeugen  Necroae  der  Gelenkknorpel  und 
Anchylose  der  Gelenke  selbst.  Man  beobaditet  sie  auch  an 
den  Synchondrosen  und  an  der  Symphysis  oss.  pubis,  wo  sie 
eine  Knochendiastase  veranlassen  können.  Die  metastatische 
Entzündimg  des  Bindegewebes  localisirt  sfch  vorzugsweise  an 
den  Gliedmaassen,  zumal  den  unteren,  als  an  den  Waden, 
an  der  Becken-  und  Lumbargegend;  solche  Abseesse  fiilden 
sidi  nicht  selten  in  den  ParoCiden,  der  Glandpla  thyreoidea 
und  in  den  Muskeln;  auf  der  äusseren  Haut  zeigen  sieh  diese 
Metastasen  unter  der  Form  von  Erythem,  Ery8q>elas,  Pemphigus, 
Pusteln ,  Furunkehi  oder  Carbunkeln.  Diese  Eiterheerde  können 
ach  an  den  genannten  Orten  durch  spontane  Inopexie  in  den 


416    XXVII.  «.  Subold,  Betrachtungen  über  dee  Kindbettfieber. 

CapiUargeßssen  und  durch  Zerfall  der  TbromtMiD  bilden,  oder 
sie  entstehen  nach  der  Meinung  von  Virchow  durch  losgelöste 
Fragmente  der  autochtbonen  Thromben,  welche  nach  näheren 
oder  entfernteren  Punkten  überwandem. 

Zu  diesen  secundären  Krankheiten  gehört  auch  die 
Phlegmasia  alba  dolens  der  Wöchnerinnen,  welche  bereits 
White  von  einer  Obliteration  oder  einem  anderen  krankhaften 
Zustande'  der  Lymphgefässe,  Davy  und  Vdpeau  von  einer 
(H>literation  der  Venen  hergeleitet  haben.  A^dral,  Bouillaud 
und  jS.  Lee  haben  dagegen  gezeigt,  dass  diese  Affection  der 
unteren  Extremitäten  weder  als  eine  specifisehe  Krankheits- 
form,  noch  als  ein  den  Wöchnerinnen  allein  zukommender 
Process  angesehen  werden  darf,  weil  auch  sonst  die  Phleg- 
masia alba  bei  Phthisikem,  bei  Cardnom,  Typhus  und  bei 
cachektischen  Subjecten  auftreten  kann,  so  dass  man  dieselbe 
jetzt,  besonders  nach  den  Mittheilungen  von  Bauälaud  als 
eine  allgemeine  Erscheinung  betrachten  muss,  die  sich  bei 
verschiedenen  Krankheiten  zeigen  kann.  Blan  pflegt  heutigen 
Tages  mit  dem  Namen  Phlegmasia  alba  sehr  häufig  eine 
Thrombose  oder  Phlebitis  der  Cruralvene  und  der  Saphena 
zu  bezeichnen;  zuweilen  ist  sie  auch  weiter  nichts  als  eine 
metastatische  Entzündung  des  subculanen  Bindegewebes  und 
eine  Lymphangitis  der  Femoralgegend;  am  öftesten  zeigt  sie 
sich  unter  der  Form  einer  ödematosen  Anschweihmg,  welche 
steh  bei  Wöchnerinnen,  die  sich  sonst  wohl  befinden,  sdbst 
bei  Scfawangei*en  entwickehi  kann,  sei  es  durch  Inopexie  dei* 
Cmralvenen,  oder  durch  InsufBcienz  der  lymphatischen  Gefösse, 
oder  sei  es  durch  Erkaltung.  Sie  ist  besonders  sm  Wichtig* 
keit,  wenn  sie  sich  als  Foigeki*ankheit  eines  Poerperalprocesses 
zeigt,  weil  ihr  dann  immer  eine  zur  Zersetzung  geneigte* 
Thrombose  zu  Grunde  liegt.  Sie  giebt  sich  durch  einen 
heftigen  Scbenkelschmerz,  der  sich  bis  zu  den  Waden  herab- 
erstreokt  und  durch  eine  damit  gleichen  Schritt  haltende  An» 
Schwellung  zu  erkennen.  Die  Anschwellung  ist  gewöhnhch 
hart,  häufig  weiss,  glänzend,  zuweilen  mit  marmorirten  Streifen 
untersät.  Verfolgt  man  mit  dem  Finger  die  GefSssstränge, 
so  findet  man  haarte  und  schmerzhafte  Knoten.  Wenn  die  tiefer 
liegenden  Venen  obliterirt  sind,  so  wird  die  Girculation  durch 
die  oberfi&chiiehen  Vencju  z.  H.  durch  die  Saphena  unterhalten; 


XXVII.   «.  Sißbold,  BetraobtQBgen  fiber  da«  Kindbettfieber.    417 

wenn  indesseD  diese  beiden  Veneni*eihen  Gerinnungen  ent- 
halten, sa  functioniren  allein  die  Capillaren  und  es  verliert  in 
solchem  Falle  das  kranke  Glied  seine  weisse  Farbe  und  wird 
mehr  bläulich;  zugleich  nimmt  der  Umfang  beträchtlich  zu. 
Der  Tod  erfolgt  zuweilen  rasch  durch  Vereiterung  und  jauchige 
Erweichung  der  Weichtheile ;  jedes  Mal,  wenn  es  gelingt,  das 
Hindemiss  der  freien  Circulation  zu  heben,  verschwinden  allraälig 
die  angegebenen  Erscheinungen,  obgleich  man  noch  mehrere 
Wochen  lang  die  obliterirten  Gefässe  knotenartig  fühlen  kann. 

Zu  den  mehr  zufälligen  Symptomen ,  welche  einige  localisirte 
Puerperalprocesse   begleiten  können,  .müssen  wir   noch   die 
Mania  puerperaiis  mit  und  ohne  Fieber,   das  Erysipel,   die« 
Scarlatina  und  das  Miliarfieber  nehmen. 

Aus  vorstehender  Skizze^  die  wir  von  den  verschiedenen 
Puerperalprocessen  entworfen  haben,  geht  als  Schlussfolgerung 
hervor,  dass  die  Furcht,  welche  diese  Krankheit  so  Aerzten 
wie  Laien  einflösst,  vollkommen  gerechtfertigt  ist  Es  giebt 
keine  Krankheit,  deren  Verlauf  hartnäckiger,  tückischer  und 
trügerischer  ist,  und  welche  so  jeder  medicinischen  Kunst 
spottet,  als  das  Kindbettfieber.  Man  sei  demnach  in  der 
Prognose  vorsichtig,  wenn  man  nicht  im  zu  grossen  Vertrauen 
auf  die  Natur  oder  Wissenschaft  getäuscht  werden  will.  Nfe 
kann  man  die  Prognose  günstig  stellen,  selbst  nicht  in  den 
leichtesten  Fällen;  sie  muss  zum  wenigsten  als  zweifelhaft 
bezeichnet  werden,  weil  die  Erscheinungen,  welche  dem  Leben 
Gefahr  bringen,  oft  wie  mit  einem  Schlage  und  in  ganz  un- 
erwarteter Weise  auftreten. 

Im  Allgemeinen  können  die  verschiedenen  Grade  der 
Septico-Pyämie,  die  Intensität  und  Hartnäckigkeit  des  Fiebers, 
die  Ausbreitung  und  der  Charakter  der  pathologischen  Local- 
Veränderungmi  bis  zu  einem  gewissen  Punkt  uns  für  die 
Abmessung  der  Gefahr  als  Richtschnur  dienen. 
(Schliue  folgt.) 


UomßUUhr.  f.  OebnrUk. .  1861.  3d.  XYIL,  Hfl.  6.  27 


418     XXym.   Hegar,  Ein  Fall  tos  Haematoeele  pftrinterina 


xxvm. 

Ein   Fall    von  Haematocele    perinterina    nebst 

Beiträgen  zur  Geschichte  und  Diagnose 

dieses  Leidens. 

Von 

Dr.  Alfired  Hegar  in  Dannstadt. 

JT.  M.  aus  0.,  ein  achtzehnjähriges,  früher  stets  gesundes 
•Bauennädcben,  ist  seit  ihrem  sechszehoten  Jahre  menstrnirt. 
Bei  dem  Eintritte  ihrer  Periode  hatte  sie  jedes  Mal  heftige 
Schmerzen  im  Kreuze  und  im  Leibe.  Herbst  1859  setzte 
sie  sich  während  derselben  einer  heftigen  Erkältung  aus, 
indem  sie  mit  blossen  Füssen  in  einem  Bache  herumging. 
Es  traten  hierauf  sehr  starke  Schmerzen  im  Unterleibe  ein^ 
die  jedoch  nach  dem  Aufhören  der  nicht  zurückgetretenen 
Menses  wieder  nachliessen.  Diese  stellten  sich  yon  nun  an 
zwar  ganz  regelmässig  wieder  ein,  waren  jedoch  stets  ron 
sehr  bedeutenden  Schmerzen  begleitet  und  Pat  bemerkte  auch 
Bald,  dass  sie  durch  eine  Geschwulst  im  Sitzen  genirt  war. 
Am  17.  Mai  1860  war  die  Periode  wieder  eingetreten.  Die 
Schmerzen  waren  äusserst  intensiv  und  als  der  Blutabgang 
nach  einigen  Tagen  sistirte,  konnte  Pat  den  Drin  nicht  mehr 
entleeren. 

Der  behandelnde  Arzt  hatte,  wie  es  scbmnt,  den  Krankheits- 
zustand fbr  Prolapsus  uteri  gehalten  und  Reposition  mit 
Bandagen  in  Anwendung  gebracht. 

Am  22.  Mai  sah  ich  die  Kranke  zum  ersten  Male.  Das 
Aussehen  war  blass,  der  Puls  schwach,  ohne  vermehrte 
Frequenz.  Zunge  weisslich  belegt  Der  Stuhlgang,  der  übrigens 
stets  ohne  alle  Beschwerden  erfolgt,  träge*  Zeitweise  heftige 
Schmerzen  in  dem  aufgetriebenen  Unterleibe.  Ischurie.  Man 
fühlt  im  Abdomen  eine  feste,  compacte  Geschwulst,  welche 
von  der  Symphyse  handbreit  emporsteigt,  die  rechte  Seite 
ganz  ausfüllt,  sich  jedoch  auch  etwas  über  die  Mittellinie 
nach  Unks  erstreckt  und  wenig  schmerzhaft  gegen  Druck  ist 
Im    Scheideneingange    liegt    eine   zapfenförmige    Geschwulst, 


nebst  Beitrftgea  sor  Geschichte  und  Diagpnose  etc.       419 

wdehe  etwas  vor  die  äusseren  Genitalien  ragt.  An  deren 
oberem  Rande  befindet  sich  die  Hamröhrenmündung.  Die 
Farbe  ist  die  gewöhnliche  der  Scheidenschleimhaut.  Dieser 
Za|rfeB  ist  das  untere  Ende  einer  Geschwulst,  welche  sich 
l&Dgs  des  ganzen  rechtseiUgen  Beckenraums  nach  hinten  und 
oben  erstreckt  Tonchirt  man  nämlich,  so  findet  mau  eine 
längliche,  unten  weicher,  nach  oben  häi*ter  anzufühlende  An- 
schwellung, welche,  <Ue  vordere  und  rechte  Wand  der  Vagina 
stark  Yortreibend^  den  rechtseitigen  Beckenraum  ausfüllt. 
Toucbirt  man  durch  den  Mastdarm,  so  fühlt  man  die  Ge- 
schwulst rechts  eben£aJls;  doch  füllt  sie  den  hinteren  Becken- 
räum  dieser  Seite  nur  Iheilweise  aus.  —  Die  linke  Beckenhalfte 
ist  frei.  Es  gelingt  nicht,  selbst  mit  zwei  Fingern,  die 
Vaginalportion  zu  erreichen.  —  Die  Grenzen,  der  Uebergang 
Ton  dem  geschwulslfreien  zu  dem  von  der  Geschwulst  ein- 
genommenen Theil  der  Scheid^  ist  durchaus  nicht  scharf, 
sondern  allmälig.  Drückt  man  von  dem  Unterletbe  aus  nach 
unten,  so  tritt  der  praller  gespannte  Zapfen  weiter  vor  den 
Introitus  vaginae;  es  lässt  sich  bei  Gegendruck  die  Fluctuation 
leicht  nachweisen.  Auch  ist  dieselbe  mit  zwei  Fingern  an  dem 
Zapfen  allein  deutlich  sichtbar.  Der  Katheter  dringt  leicht 
jn  die  Harnblase  ein.  Er  ist  nicht  von  der  Vagina  aus  durch- 
soföhlen^  da  sich  die  Anschwellung  auch  zwischen  vordere 
Scheidenwand  und  Blase  erstreckt 

Die  Diagnose  wurde  auf  einen  Bluterguss  im  periuterinen 
Zellgewebe  gestellt,  der  vorzugsweise  den  rechtseitigen  Becken- 
raum vorn  einnimmt  (Haematocele  extraperitonaealis  periuterina.) 
Hierför  q>rach  die  Veranlassung,  die  periodische  Verschlimmerung 
während  jeder  Menstruation,  die  Fluctuation,  die  ungleiche 
Consistenz  an  verschiedenen  Stellen  etc.  —  Ausserdem  war 
es  leicht,  andere  Krankheitszustände  mit  ähnlichen  Symptomen 
auszusohUessen.  Ein  Ovarientumor  tritt  nie  so  tief  herab  und 
zeigt  eine  begrenztere  Form.  Eine  Cystocele,  coroplicirt  mit 
irgend  einer  anderen  Geschwulst,  wird  durch  die  Untersuchung 
mittds  des  Katheters  ausgeschlossen.  Das  Einzige,  was  zu 
einer  Verwachsung  hätte  führen  können,  wäre  eine  in  Eiterung 
übergegangene  Entzündung  des  periuterinen  Bindegewebes 
gewesen.  Hiergegen  sprach  jedoch  die  Anamnese,  der  Mangel 
an  Pid>er8ymptomen  und  stärkerem  Allgemeinleiden,  wdche 

27* 


420     XXVIir.  Hegar,  Ein  Fall  Ton  HaemAtoc^le  perinterina 

gewiss  bei  einer  so  umfangreichen  AbscesBbildung  nicht  ge- 
fehlt hätten. 

Für  einen  Erguss  ausserhalb  des  Peritonäums  sprach 
das  tiefe  Herabtreten  der  Anschwellung,  die  starke  Dislocation 
der  Yaginalportion  und  die  wenig  circumscripte  Form  der 
Geschwulst,  welche  man  zu  gleicher  Zeit  im  vorderen  und 
hinteren  Beckenraume,  seitlich  und  nach  vom  fühlen  konnte 
und  deren  Begrenzung  nur  in  dem  untersten  Theile,  der  vor 
den  Introitus  vaginae  ragte,  eine  scharfe  war. 

Da  die  Allgemeinerscheinungen  sehr  geringfügig  waren, 
so  beschloss  ich  exspectativ  zu  verfahren,,  verordnete  mög- 
lichste Ruhe,  horizontale  Lage  und  kalte  Umschläge  während 
der  Periode,  leichte  Abführmittel.  Die  Ischurie  verschwand 
schon  nach  einigen  Tagen. 

Während  der  folgenden  vier  Monate  sah  ich  die  Kranke 
nicht.  Ihre  Periode  soll  in  dieser  Zeit  regelmässig  eingetreten 
und  von  starken  Schmerzen  begleitet  gewesen  sein. 

Am  17.  September  1860  kam  Pat.  wieder  zu  mir.  Der 
Zustand  war  wesentlich  derselbe;  nur  war  die  Anschwellung 
bedeutend  grösser,  ragte  fast  bis  zum  Nabel  und  erstreckte 
sich  mehr  nach  der  linkien  Seite  des  Abdomens.  Auch  war 
der  Zapfen  weiter  vor  den  Introitus  vaginae  getreten.  Drin- 
besch werden  waren  gering.  Stuhlgang  ganz  ohne  Beschwerde. 
Führte  man  zwei  Finger  so  tief  als  möglich  in  die  Vagina, 
so  fühlte  man  den  Muttermund  nicht;  doch  gelang  es  ohne 
besondere  Mühe,  die  Uterussonde  um  die  Länge  eines  normalen 
Uterus  in  die  Höhe  zu  schieben. 

Da  bei  langer  Dauer  des  Uebels,  bei  der  stufenweisen 
Verschlimmerung  während  der  letzten  vier  Monate  wohl  an 
eine  Resorption  nicht  mehr  gedacht  werden  konnte,  stiess  ich 
gerade  auf  den  vorragenden  Zapfen  einen  Explörativtroikart 
ein  und  erweiterte  die  OefTnung,  da  durch  Ausfliessen  der 
Blutmasse  die  Diagnose  gesichert  war,  mit  dem  Knopfbistouri. 
Es  ergossen  sich  etwa  ly^  Schoppen  einer  sehr  dickflüssigen, 
zähen,  pechartigen  Blutflüssigkeit,  worauf  sogleich  die  Ge- 
schwulst des  Abdomens  zusammenfiel.  Am  anderen  Tage 
(während  der  Nacht  floss  noch  viel  auf  die  Unterlagen)  fühlte 
man  noch  eine  Anschwellung  bis  auf  etwa  drei  Querfinger 
oberhalb   der  Symphyse.     Die  Geschwulst   der  Vagina   war 


nebst  Beitragen  sar  Gesohichte  and  Diagnose  ete.       421 

vollständig  Yerscbwunden.  Die  Vaginalportion  stand  noch  hoch 
und  nach  hinten,  konnte  jedoch  mit  einem  Finger  erreicht 
werden.  Die  vordere  Muttermundslippe  sprang  nicht  vor, 
sondern  ging  ohne  Yorragung  'in  die  Scheidenwaod  über. 
Der  Muttermund  war  etwas  geöffnet. 

Irgend  erhebliche  Krankheiterscheinungen  traten  nicht  ein. 
Pat  fohlte  wohl  zeitweise  Schmerz  im  Leibe,  klagte  über 
Frösteln,  konnte  jedoch  aufstehen  und  verliess  drei  Tage 
später  die  Heilanstalt,  um  zwei  Stunden  zu  Fusse  nach  Haus 
zu  gehen.     Unterwegs  soll  noch  Blut  abgegangen  sein. 

Am  18.  October  untersuchte  ich  die  Pat.  wieder.  Sie 
befand  sich  vollkommen  wohl.  Deber  der  Symphyse  fühlt 
maa  eine  stärkere  Resistenz.  Die  Percussion  ist  daselbst  auf 
drei  Querfinger  nach  oben  gedämpft.  Die  vordere  und  rechte 
Seitenwaod  der  Vagina  ist  wulstförmig  vorgetrieben  und  etwas 
prolabirt.  Eine  Geschwulst  ist  durch  dieselbe  nicht  zu  er- 
kennen. Der  Mottermund  steht  noch  hoch  und  nach  hinten 
gerichtet  Die  Periode  war  bis  jetzt  nicht  eingetreten. 
Wässeriger  Fluor  albus.  —  Etwa  emen  Monat  später  sah  ich 
die  Pat.  wieder.  Ihre  Periode  war  inzwischen  eingetreten, 
ohne  das«  sie  erhebliche  Beschwerden  dabei  empfand.  Eine 
genaaere  Untersuchung  nahm  ich  nicht  vor. 


NSlaton^)  war  in  neuerer  Zeit  der  erste  Schriftsteller, 
welcher  in  seinen  klinischen  Vorträgen  eine  Rrankheitsform, 
ihre  Entstehung,  Diagnose  und  Behandlung  näher  besprach, 
welche  er  Haematocele  retrouterina  nannte.  Er  definirte  sie 
sehr  genau  und  scharf  als  einen  Bluterguss  in  die  Excavatio 
retrouterina,  innerhalb  des  Bauchfells,  abgegrenzt  nach  oben 
doreh  Pseudomembranen  zwischen  den  Dünndärmen,  nach 
vom  durch  die  Ligg.  lata,  nach  hinten  durch  den  Hastdarm 
und  das  Bauchfell.  Dieser  Erguss  entsteht  bei  der  Berstung 
eines  Cfraf sehen  Follikels  während  der  Menstruation,  bei 
erhöhtem  Congestivzustand  des  Ovariums.  Schon  vor  N4laion 
existirten  Beobachtungen  solcher  Blutungen,  welche  er  theil- 
weise   selbst  citirt.     P.  Frank  fand  bei   der  Section  eines 


1)  Gas.  des  Höpitanz,  1861,  No.  148—146;  1862,  No.  12  a.  16. 


422     XXVIII.    Hegar,  Ein  Fall  Ton  Haematocele  perinteiina 

jungen  Mädchens  einen  geringen  Bluterguss  in  der  Uterinfaöhle 
und  in  den  Tuben  und  ausserdem  eine  kleine  Menge  Blules 
aur  der  Oberfläche  des  Eierstocks.  Andral  beobachtete  bei 
der  Obduction  einer  Frau  einen  Eierstock  zerstört,  den  anderen 
brandig  und  in  der  Excavation  des  BauchfeHs  einen  Blut- 
erguss von  etwa  2  Unzen.  Eecamier  und  Vßlpeau  be- 
schrieben ebenfalls  Blutansammlungen  im  Z>oti^{a«'schen  Räume. 
Ruysch^)  führt  auch  eine  Beobachtung  an,  welche  hierher 
gehört:  Menstruatae  olim  aperuit  cadaver  R.  RhoonhuyBius, 
Chirurgus  dexterrimus,  in  cujus  uteri  cavitate  coagulatum  et 
utero  leviter  adhaerentem  observayit  cruorem,  quo  tuba 
ejusdem  lateris  quoque  non  solum  erat  conspersa,  verum  etiam 
ovarium,  in  cujus  superficie  coagulatus  copiose  firmiterque 
haerebat. 

Zur  Zeit,  wo  Nilaton  seine  Aufmerksamkeit  diesem 
Gegenstand  widmete,  kam  in  der  Klinik  von  Mcdgaigne  ein 
Fall  von  Haematocele  vor.  M.  irrte  sich  iii  der  Diagnose, 
hielt  die  Geschwulst,  welclie  nicht  allein  das  hintere  Scheiden- 
gewölbe, sondern  auch  die  hintere  Huttermundslippe  so  vor- 
gedrängt hatte,  dass  sie  vollständig  verstrichen  und  mit  der 
Sdieide  nur  eine  Membran  bildete,  für  ein  Fibroid,  dilatirte 
zuerst  seitlich  den  Cervix  und  spaltete  alsdann  innerhalb  des 
Uteringewebes.  Es  kam  dickflüssiges  Blut  heraus  und  die 
Kranke  starb  nach  einigen  Tagen,  in  Folge  profuser  Hämorrba- 
gien  aus  der  Uteruswunde. 

Nachdem  Nüaton  die  Aufmerksamkeit  auf  den  Gegen- 
stand gelenkt  hatte,  häuften  sich  die  Beobachtungen.  NÜaton 
selbst  veröffentlichte  noch  mehrere  Fälle  und  hob  die  Vorzüge 
einer  exspectativen  Behandlung  hervor.*)  Laborderte  theilte 
eine  Krankengeschichte  mit,  wo  der  Bluterguss  mit  glück- 
lichem Ausgange  durch  den  Mastdarm  perforirte. ') 

Laugier,*)  der  in  der  Akademie  das  Thema  besprach, 
kam  zu  derselben  Ansicht,  wie  N^laton,  sowohl  in  Bezug 
auf  den  Sitz,  als  auf  den  Ursprung  des  Extravasats. 

1)  Observat.  anat.  chinirg.  Observ.  66,  Opera  omnia,  Amster- 
dam 1721. 

2)  Gas.  des  Höp.,  1853,  p.  162. 

3)  Ibid.,  1864,  p.  148. 

4)  Ibid.,  1865,  p.  27. 


■etat  Bttitiic«B  «v  Gasekiekte  umd  DiagaoM  ete«       423 

Vidal  de  CoMsi»  io  adnem  Tnite  de  psth.  ext  et  de 
nMeciiie  operatoire  beschreibl  aosfahrüch  die  Krankheitsfonii. 

FoOim  ^)  xeigte  io  der  Sodete  de  Chirurgie  das  Priparat 
einer  an  PfaCbisis  gesUNTbenen  Frau  vor,  bei  der  sich  bläuliche 
Flecken  foo  exIraTasirtem  Bhit  auf  dem  Bauchfelle  fanden. 
Beide  Tobeo  waren  Ton  Blut»  welches  eine  dickbriunliche 
Masse  darstellte,  aosgedelint  Rechts  endet  die  erweiterte 
Tubenmündong  in  eine  gelbe  Blutmasse  von  Eigrösse,  welche 
die  hintere  Seitengegend  der  Uterinhohie  einnimmt;  links 
eutirt  kein  Tumor,  ausser  der  erweiterten  Tube.  Die  Eier- 
stteke  sind  sehr  umfangreich,  aber  man  findet  kein  Extra» 
vasat  darin. 

Hnguier  bemerkte  in  der  folgenden  Debatte,  dass  er 
Blutergüsse  in  den  Tuben  gesehen  habe,  welche  bei  einer 
Frau  die  Grösse  eines  Apfels  erreichten. 

Es  xeigte  sich  bald,  dass  die  Begriffsbestimmung  von 
NUaian  in  zu  engen  Grenzai  gehalten  war.  Die  Beobachtung 
von  Fottin  wies  schon  nach,  dass  der  Urspning  der  Bhitung 
nidit  immer  in  den  Ovarien  zu  suchen  sei.  Sehr  bald  ergab 
•s  sich  auch,  dass  dieselbe  nicht  immer  in  den  BauchfdI- 
räum  erfolge. 

Cr^^*)  erzählt  einen  Fall  mit  tödtlichem  Ausgange. 
Das  grosse  Netz  war  schwarz  geförbL  Die  Eingeweide  aus- 
gedehnt, injicirt,  zwischen  den  Windungen  Exsudatmassen. 
Im  kleinen  Becken  eine  schwärzliche  Flüssigkeit,  flinter 
dem  Uterus,  zwischen  diesem  Organe  und  dem  Mastdarme 
existirt  ein  Sack  von  Faustgrösse,  dessen  durch  das  Bauchfell 
gebildete  Winde  schwarz  und  erweicht  sind.  Der  Sack  er- 
streckt sich  etwas  mehr  nach  links,  als  nach  rechts.  In 
seiner  oberen  Partie  finden  sich  Adhärenzen,  ausgebreitet 
vom  oberen  Rande  des  Uterus  zu  der  Stelle  des  Bauchfells, 
welche  die  vordere  Fläche  des  Mastdarms  überkleide  l.  Die 
Höhle  communicirt  mit  dem  Mastdarme  durch  eine  Geschwürs- 
ÖflfiDkung  mit  schwarzen  Rändern  und  7 — 8  Millim.  Durchmesser. 
Sie  liegt  26  Millim.   über  dem  After  und  lässt  den  oberen 


1)  Gas.  des  H6p.,  1865,  No.  66. 

2)  Ibid.,  1866,  No.  29.  Yergl.  Cred4,  MonaUsehr.  f.  Qeb.,  9.  Bd., 
1.  Heft,  p.  1. 


424     XXVIIT.    Hegar,  Ein  Fall  von  Haemfttocele  perinterina 

Theil  des  Sackes  mit  dem  Darme  communiciren.  Das  linke 
Ovarium  ist  schwarz,  mit  einem  kleinen  Eiterheerde  von 
4  —  5  Millim.  Durchmesser.  Das  rechte  Ovarium  ist  mit  dem 
Uterus  verwachsen.  Es  enthält  zwei  Blutbeer  de,  einen  frischen, 
durch  schwarzes  Blut  und  einen  zweiten  älteren,  durch 
Fibringerinnung  gebildet  Beide  hängen  mit  dem  Bkitsacke 
hinter  dem  Uterus  zusammen.  Man  constatirt  dies  mittels 
der  Sonde  und  durch  Aufschlitzen  des  Fistelgangs. 

Robert^)  machte  die  Obduction  einer  plötzlich  ver- 
storbenen Frau  und  fand  zwischen  dem  Bauchfelle  und  d^ 
Fascia  iliaca  einen  Bluterguss  von  der  Grösse  eines  Rinds- 
kopfes, der  sich  bis  zum  Eierstocke  erstreckte.  Dieser,  sowie 
der  Plexus  pampiniformis  zeigten  keine  Veränderung.  —  Auch 
Verneuü^)  fand  einen  Bluterguss  unter  dem  Peritonäum. 

Charles  West^)  stellt  acht  Sectionsberichte  zusammen. 
In  zwei  davon  schien  das  Blut  blos  aus  den  Tuben  und  dem 
Uterus  zu  konunen;  in  einem  aus  den  zerrissenen  Gefassen 
des  Eierstockes;  in  einem  theils  von  den  Tuben,  theils  aus 
den  Gelassen  des  breiten  Mutterbandes.  In  zwei  von  den 
übrigen  Fällen  hatte  sich  das  Blut  hinter  den  Uterus,  aber 
unter  das  Bauchfell  ergossen;  in  einem  unter  das  BaucbMl, 
in  die  Fossa  iliaca;  und  in  einem  zwischen  die  Falten  der 
Ligg.  lata. 

Becquerel^)  führt  nach  Sectionsberichten  folgende  Ursachen 
der  Hämorrhägie  an:  Hyperämie  des  Eierstocks,  Platzen  einer 
Eierstocksvene,  Zerreissung  eines  Varix  in  der  Tube,  Ruptur 
bei  Extraüterinschwangerschaft,  Ruptur  von  Blutkysten  in  der 
Nähe  des  Ovariums,  Ruptur  eines  Varix  in  dem  Lig.  latum, 
Zerreissung  eines  Ovariums. 

War  so  nachgewiesen,  dass  die  Quelle  der  Blutung  eine 
sehr  verschiedene  sein  kann,  dass  ferner  der  Erguss,  bald 
im  Bauchfellraume,  bald  alisserhalb  desselben  sich  findet,  so 
stellte  es  sich  auch  bald  heraus,  dass  nicht  blos  der  Raum 
hinter  dem  Uterus,  sondern  auch  die  seitlichen  und  vorderen 


1)  Gas.  des  Hdp.,  i865,  No.  51. 

2)  Ibid. 

3)  Lehrbach  der  Frauenkrankheiten,  übers.  ▼.  M»  Lang^nheek, 
1860,  p.  628. 

4)  Gas.  des  Hdp.,  1858,  No.  41. 


nebtt  Beitrftgen  sar  Gescbiohte  und  Diagnose  eto.       425 

Partien  des  Beckenraomes  der  Sitz  der  BiutuDg  sein  ktone. 
VaReix  and  Oaüard  tauftai  daher  die  H.  retrouterina  in 
H.  periuterina  am,  wdcher  Name  von  Becquerd  adoptirt  worde. 

Eine  grössere  Zusammenstellung  von  Krankheitsfällen  rührt 
von  Voirin^)  her  und  bietet  in  Bezug  auf  Aetiologie  und 
Ausgänge  vieles  Interessante  dar.  Unter  29  Kranken  litten  19 
sdion  vorher  an  Dysmenorrhoe  oder  Amenorrhoe; ,  bei  1  war 
das  Hyrora  imperforirt.  Unter  24  nieht  operirten  Fällen 
folgte  13  Mal  Resorption,  5  Mal  Durchbruch  in  den  Mast- 
darm (und  zwar  1  Mal  mit  tödtUchem  Ausgange),  2  Mal 
Perforation  in  die  Scheide,  4  Mal  in  den  Bauchfellraum  mit 
tMtlichem  Ausgange. 

Nonat^  legte  besonderen  Werth  auf  die  Unterscheidung 
der  H.  intraperitonaealis  und  extraperitonaealis  und  beschäftigte 
sich  mit  der  differentiellen  Diagnose.  Bei  letzterer  tritt  die 
Geschwulst  tief  in  das  Septum  zwischen  Mastdarm  und  Scheide, 
so  dass  sie  in  extremen  Fällen  nur  2-— 3  Centim.  über  der 
Afteröfitaung  steht  Der  Uterus  ist  dabei  stark  dislocirt,  der 
Gebärmutterhals  gegen  die  Symphyse  angedrückt,  der  Körper 
über  dieseB^e  erhoben.  Mittels  des  Speculums  bemerkt  man 
eine  Itride  Farbe  (couleur  violacee)  als  das  sicherste  Zeichen. 
Bei  der  H.  intraperitonaealis  ragt  die  Geschwulst  nie  so  tief 
herab,  der  Uterus  ist  wenig  in  seiner  Lage  verändert,  sondern 
erscheint  mehr  in  der  Geschwulst  eingebettet,  welche  unter 
Umständen  auch  vorn  und  in  den  Seiten  wahrgenommen  wird. 
Bei  Bluterguss  ausserhalb  des  Bauchfells  soll  man  punktiren, 
im  anderen  Falle  exspectativ  verfahren. 

In  Deutsehland  war  es  Credä^  welcher  zuerst  in  den 
Verhandlungen  da*  Gesellschaft  für  Geburtshfllfe  in  Berlin') 
Hittheilungen  machte,  drei  Krankheitsfalle  beschrieb  und  sidi 
über  Diagnose  und  Behandlung  ausbreitete. 

Hertsffdder^)  beschreibt  einen  Fall  von  Haematocele, 
welchen  ich  hier  kurz  erwähnen  will,  weil  er  mit  dem 
meinigen  viel  Aehnlichkeit  hat  und  weil  er  mit  diesem  eines 
der  seltenen  Beispiele  ist,  in  welchem  die  Geschwulst  haupt- 

1)  Gas.  h^bdomad.,  1868,  No.  23. 

2)  Prag.  Vierteljahrflach rift,  22.  Bd.,  Anat.,  p.  78. 

8)  Monatflflchrift  für  Gebnrtflk.,  9.  Bd.,  1.  Heft,  p.  1. 
4)  Ibid.,  10.  Bd.,  4.  Heft,  p.  812. 


426     XXVIIL   Etgar,  Ein  Fall  von  Haemfttoeele  perioterina 

sachlich  im  Torderen  Beckenraume  siUt  und  bis  in  die  Nfthe 
des  Fntroitus  vaginae  herabtritt.  Bei  einem  ISjährigeii  Mädchen, 
welches  früher  an  Menstruationsstörungen  gelitten  hatte,  fand 
sich  eine  runde,  gespannte,  unschmerzhafle  Geschwobt,  bis 
zur  Mitte  zwischen  Nabel  und  Os  pubis  reichend,  mehr  nach 
rechts  gelagert.  Hinter  dem  dehnbaren  Hymen  iohlt  man 
eine  kegelförmige,  nach  oben  gekehrte  Geschwulst,  welche 
die  rechte  Beckenhälfte  ganz  ausfüllte  und  die  Scheide  selur 
verengte.  Die  Mundung  der  Harnröhre  bis  unter  den  Scham- 
bogen  zurückgezerrt.  Die  Geschwulst  prall,  deutUch  fluctuirend, 
mit  glatter  Oberfläche,  am  unteren  Ende  exulcerirt.  Dundi 
Druck  Yon  Aussen  nach  Innen  war  die  Geschwulst  etwas 
beweglich.  Die  Vaginalportion  konnte  nicht  erreicht  werden. 
Durch  einen  Einstich  wurde  zähes,  dunkehrothes  Bhit  entleert, 
worauf  Genesung  eintrat 

In  neuester  Zeit  hat  auch  (7.  Braun  ^)  etaige  Hit- 
theilungen  über  Haematocele  gemacht 

Betrachtet  man  den  Standpunkt,  auf  welchem  die  Lehre 
?on  der  Haematocele  jetzt  steht,  so  erüeht  man  leicht,  das« 
das  scharfgezeichnete  Krankheitsbild,  wie  es  N4lcAon  fOr  seine 
Haematocele  retrouterina  aufstellte,  nicht  mehr  ads  maass- 
gebend  för  die  Autoren  gilt  Sowohl  der  Sitz  des  Extrafasats, 
als  auch  sein  Ursprung  ist  ein  sehr  verschiedener  und  selbst 
das  Moment,  auf  welches  die  meisten  Schriftsteller  einen 
hohen  Werth  legen,  die  Entstehung  des  Uebels  während  und 
durch  die  Menstruation,  ist  von  Andern  nicht  berücksichtigt 
worden,  wekhe  den  Namen  Haematocele  auch  einem  Blut- 
ergusse beilegten,  der  durch  Platzen  bei.  einer  Extrauterin- 
Schwangerschaft  (OaUard)  oder  hn  Gefolge  des  Abortus  (Wset) 
sich  bildete.  Man  ist  dabin  gelangt,  fast  alle  Blutergüsse  im 
weiblichen  Beckenraume  mit  dem  Namen  Haematocele  tu 
belegen  und  abstrahirt  dabei  von  der  BegriifsbestiaHuung  des 
ersten  Autors. 

West  ist  der  Einzige,  der  eine  Haematocele  im  Gefolge 
eines  Abortus  beschrieb.  C.  Braun  bemerkt  ausdrücklich, 
dass  dieses  Leiden  höchst  selten  mit  einem  normalen  Puerperium 
oder  einem  Abort  in  Zusammeidiang   stehe  und  dass  man 


1)  Zeitschr.  d.  Qesellschaft  d.  Aente  ira  Wien,  1860,  Ho.  1  o.  4. 


f 


nebst  BeitrilgeD  sar  Oeschiehte  tind  Diagnose  etc.       427 

äeh  wobl  hüten  mOsse,  es  nrit  dem  Haeroatom  (Thrombus 
▼aginae)  in  Zusammenhang  zu  bringen,  welches  durch  ein 
Bluteitra?asat  um  das  Vaginalrohr,  während  der  Niederkunft, 
zu  Stande  kommt  Ich  werde  im  Folgenden  durch  Mittheilung 
sehr  vollständiger  und  durch  Sectionsberichte  veriflcirter 
Beobachtungen  aus  der  älteren  Literatur  zeigen,  dass  unter 
dem  Namen  der  Thromben  verschiedene  Gattungen  von  Blut- 
ergüssen zusaromengefasst  wurden,  von  welchen  eine  Gattung, 
was  ihren  Stz  und  Symptomencomples  betrilR,  in  keiner 
Weise  von  der  H.  extraperitonaealis  abweicht  Ich  führe  diese 
nUe  an,  um  zu  zeigen,  dass  auch  im  Gefolge  von  Geburten 
und  Wochenbetten  Hämatocelen  entstehen.  Diese  Fälle  ent* 
hahen  auch  in  Bezug  auf  pathologische  Anatomie,  Ursprung 
.der  Blutung,  Ausbreitung  und  Verlauf  vieles  Interessante. 

Zuvor  sei  es  mir  erlaubt,  einige  bekannte  anatomische 
VerhUtiiisse  zu  erwähnen,  welche  mir  bei  Betrachtung  des 
Gegenstandes  von  Belang  zu  sein  scheinen. 

Die  Excavatio  vesicouterina  des  Bauchfells  tritt  bekanntlich 
viel  weniger  tief  herab,  als  die  hinter  dem  Uterus  Jiefindliche 
BauchfeBfalte.  Das  Bauchfell  wird  daher  Gesdiwulsten  und 
Ansammhittgen  in  ersterer  stets  einen  bedeutenden  Widerstand 
bei  ihrer  Senkung  entgegensetzen.  Blutergüsse  in  derselben 
sind  anatomisch  nicht  nachgewiesen.  Doch  scheinen  Fälle, 
wie  z.  B.  (7.  Braun  einen  als  H.  anteuterina  beschreibt,  als 
eine  Geschwulst  im  vorderen  Scheidenge  wölbe,  welche  nur 
wenig  herabsteigt,  hierher  zu  gehören. 

Die  Excavatio  rectouterina  des  Peritonäums  geht  viel 
tiefer  herab  und  es  ist  hier  auch  das  Bauchfell  einer  sehr 
bedeutenden  Ausdehnung  fähig.  Es  sind  Hernien  beobachtet 
worden,  welche  die  hintere  Wand  der  Scheide  vordrängend, 
bis  zum  Introitus  vaginae  und  selbst  ausserhalb  desselben 
hinabhingen.')  Seröse  Ansammlungen  können  diese  hintere 
Bauchfellfalte  bis  in  die  Nähe  der  Vulva  vordrängen.  Neulich 
sah  ich  in  unsere  Heilanstalt  eine  von  Dr«  Simon  behandelte 
Kranke,  welche  an  einem  Colloidkrebs  des  Netzes  litt.  Die 
Excavatio  retrouterina  war  durch  seröse  Flüssigkeit  in  Form 


1)  Büff0r,  Abhandlongen  über  die  chimrg.  Krankheiten,  ttbers. 
von  TesOor,  8.  Bd.,  p.  829. 


428      XXVIIJ.    Hegar,  Ein  Fall  ▼on  Hsematocele  perioterina 

eines  Beutels  vorgetrieben,  welcher  bis  zum  Anus  herabstieg. 
(Hydrocele  vaginalis.) 

Der  Abschluss  zwischen  den  äusseren  Geschlechtstheilen, 
•  dem  unteren  Theile  des  Mastdarms,  der  Fossa  perinaei  und 
den  höher  gelegenen,  innerhalb  der  Beckenhöhle  befindlichen 
Organen  wird  durch  die  Fascia  pelvis  gebildet,  welche,  ge- 
wissermaassen  ein  Diaphragma  constituirt,  das  von  dem 
Blasenhalse,  der  Scheide  und  dem  Mastdarme  durchbohrt  wird. 
Seitlich  von  der  Vagina  und  zwischen  dieser  und  dem  Mast- 
darme wird  der  Abschluss  noch  durch  den  Levator  ani  ver^ 
stärkt,  dessen  obere  Fläche  die  Fascia  pelvis,  dessen  untere 
die  Perinäalfascie  überkleidet.  Die  Beckenfascie  hängt  zu- 
sammen mit  der  F.  transversalis  und  Fascia  iliaca,  daher 
Blutergüsse  in  der  Fossa  iliaca,  unterhalb  des  Bauchfelis,  sidi 
senkend,  als  untere  Begrenzung  die  F.  pelvis  haben. 

Die  Beckenbinde  muss  Geschwülsten  oder  Ergüssen  unter- 
halb des  Bauchfells  einen  gewissen  Widerstand  entgegensetzen. 
Folgten  sie  allein  dem  Gesetze  der  Schwere,  so  würden  sie 
sich  senken  und  schliesslich  im  Zellgewebe  der  äusserea 
Genitalien  zum  Vorschein  kommen.  Statt  dessen  bemerken 
wir,  dass  sie  die  Wandungen  d^r  Vagina  wohl  vordrängen,  ^) 
aber  an  weiterer  Senkung  verhindert,  sich  sehr  bedeutend  nach 
dem  Abdominalraum  ausbreiten  und  von  den  Bauebdecken  aus 
zu  palpiren  sind.  Die  H.  extraperitonaealis  hat  als  untere 
Grenze  die  Beckenfascie. 

Erinnern  wir  uns  an  diese  Verhältnisse  bei  Betrachtung 
der  sogenannten  Thromben,  wie  sie  von  den  Geburtshelfern 
beschrieben  sind,  so  finden  wir,  dass  allerdings  die  meisten 
dieser  Extravasate  ihren  Sitz  unterhalb  der  F.  pelvis  haben. 
So  sind  in  der  Literatur  zaUreiche  Fälle  von  Blutergüssen 
in  den  grossen  und  kleinen  Schamlippen,   in  dem  Zwischen- 


1)  KoMrautchj  Zar  Anat.  n.  Phys.  d.  Beckenorgane,  Leips.  1854, 
giebt  an,  daas  die  Beckenfascie  vorn  awiscben  Blaae  und  Scheide 
10'"  weit,  hinten  swiecben  Scheide  und  Mastdarm  20'"  weit 
herabsteigt.  Die  Länge  der  Vagina  beträgt  nach  ihm  27,  Par.  Zoll 
und  zwar  in  der  längsten  Ansdehnnng  an  der  hinteren  Wand.  Die 
vordere  Wand  ist  6 — 9"'  kürser.  Dies  tiefe  Herabsteigen  der 
Fascia  pelvis  bedingt  die  tiefe  Stellang  von  Blatergüssen  ober- 
halb derselben. 


nebst  Beitrugen  sar  Geschichte  nnd  Diagnose  etc.       429 

ramne  zwischen  dem  unteren  Theile  der  Scheide  und  dem 
Mastdärme,  8e0>8t,  obgleich  sehr  seJten  zwischen  dem 
miterea  Theile  des  Mastdarms  und  dem  Os  sacrom  ver* 
zeichnet  Auf  der  yorderen  Seite  wurden  jedoch  mit  dem 
Namen  der  Thromben  auch  tiefer  gelegene  Extrarasate  be- 
zeichnet, welche  zwischen  F.  pelvis  und  BauchfeU  gelagert, 
mit  der  H.  extraperitonaeafis  der  neueren  Autoren,  was  ihi*en 
Sitz,  ihre  Ausbreitung  und  Symptome  betrifft,  vollständig 
dbereinstimmen.  Zum  Beweise  hierfiir  mögen  folgende  Fälle 
dienen,  welche  . ich .  in  der  Abhandhmg  von  L.  C.  Deneux^ 
R^herches  pratiques  sur  les  Tumeurs  sanguines  de  la  vulve 
et  du  vagin,  Bruxelles  1855  (als  Anhang  zu  dem  Trait^  des 
Maladies  des  Enfants  par  Capuron)  fand.  Z>.  hat  aus  den 
vtfschiedensten  Autoren  eine  grosse  Menge  von  Beobachtungen 
gesammelt,  ohne  einen  Unterschied  zwischen  den  oberflächlidi 
und  tief«r  gelegenen  Thromben  zu  machen. 

Peu  (Tratte  des  accoucb.,  p.  530)  erzählt,  dass  bd 
der  Frau  eines  Stickers,  in  Folge  des  Wochenbetts  und 
zurAckgdialtenen  Loehialflusses,  eine  Geschwulst,  etwa  von 
der  Grösse  einer  Scbweinsblase  in  der  Vagina  entstand,  wdcbe 
die  hintere  Wand  derselben  einnahm  oder  in  dem  Septum 
medium  zwischen  Scheide  und  Mastdarm  lag.  Der  schmälste 
Theil  der  Gesdiwulst  ging  nach  oben  zwischen  Uterus  und 
Mastdarm  in  die  Höhe;  ihr  tief  gelegener  Tbe3  am  Ende  des 
Mtttterfaalses  nahm  fast  den  ganzen  inneren  Umfang  des 
äusseren  Muttermundes  em.  Die  Geschwulst  war  weich  und 
gleichförmig,  sowohl  für  das  Gesicht,  als  das  Auge,  von 
livider,  in's  Schwärzliche  spielender  Farbe,  in  Folge  schwarzen 
und  verbrannten  Blutes,  welches  durch  die  einschliessende 
Haut  durchschimmerte.  Man  hätte  leicht  die  Geschwulst  für 
eine  Hernie  oder  für  einen  Vorfall  des  Mutterhalses  halten 
können.  Aber  was,  ausser  dem  Mangel  der  diesen  Zuständen 
eigenthämlichen  Symptomen,  vollständig  aUen  Zweifel  beseitigte, 
war  der  Umstand,  dass  man,  beim  Herflbergehen  mit  dem 
Finger  über  die  Geschwulst  nach  vorn,  den  inneren  Mutter- 
mund geschlossen  und  in  seinem  Normalzustande  fand.  Die 
Geschwulst  wurde  eröffnet,  worauf  die  Heilung  in  drei  Wochen 
erfolgte. 


430     XXVIII.   Hegar^  Ein  Fall  Ton  H«einatoe«le  perivtorioa 

Das  Werk  von  Pen  erschien  Ende  des  17.  JahrboBderte. 
Man  findet  in  dieser  Beschreibung  eine  im  Wochenbelte  eal- 
slandene  Haematocele  reirouterina  Nßaton's,  von  welcher  es 
übrigens  unentschieden  bleiben  mag,  ob  sie  innerhalb  oder 
ausseiiialb  des  Bauchfells  ihren  Site  hatte.  Die  Verbuchtung 
der  hinteren  HttttermundsUppe  ist  ihnfich  der,  wie  sie  Maigmgne 
m  seinem  ungldcklich  abgelaufenen  FaHe  vor  sich  hatte. 

ChauBsier^)  machte  die  Section  einer  Mehrschwangem, 
welche  im  fünften  Monate  der  Gravidität,  kurz,  nadidem  sie 
auf  einem  holprigen  Wege  gefahren  war,  unter  Erscheinungen 
der  Anämie  stari).  Der  Uterus  war  ohne  alle  Läsion.  In 
der  Tiefe  des  Abdomens,  unter  dem  Bauchfelle,  auf  der  rechten 
Seite,  zeigte  sich  eine  grosse  Menge,  theils  flüssigen,  theiis 
coagulirteo  Blutes,  in  einem  Heerde  vereinigt  ond  eine  Ge- 
schwulst bildend,  welche  sich  von  der  Fossa  iliaca  dextra 
bis  zur  Höhe  der  Niere  erstreckte  und  etwa  b"  Breite  besass. 
Der  Erguss  rührte  von  einer  Vene  des  rechten  Eierstocks  her. 

Boer^)  beobachtete  kurz  nach  der  nornuil  verianfenen 
Niederiiunft  einer  Erstgebärenden  eine  heftige  Bhitung,  welche 
trotz  der  Ausstossung  des  Kuchens  und  trotz  guter  Uterin- 
contractionen  nicht  sistirte.  Er  fend  3*  vom  Ende  der 
Scheide  entfernt  eine  zerrissene  Oellhung,  aus  welcher  die 
Blutung  kam.  Ueber  dieser  Oeflnung  brfand  sich  ein  sehr 
ausgedehnter  Tumor,  welcher  den  ganzen  oberen  Theil  der 
Scheide  einnahm  und  sich  selbst  noch  weiter  auszudehnen 
schien.  Fat.  starb  mehrere  Wochen  später,  in  Folge  copiüser 
Verjauchung.  Die  rechte  Seite  der  Vagina  war  überall  von 
den  Weichtheilen  losgelöst  Das  Zeügewebe,  welches  die 
Mm.  iliacos  und  psoas  umgiebt,  das,  welches  sich  zwischen 
dem  Levator  ani,  dem  Bauchfelle  und  den  and«*en  Theilen 
bis  zur  rechten  Niere  befindet,  war  durch  Eiterung  und  Ver- 
jauchung zerstört.  Diese  Theile  waren  so  vollständig  präparirt, 
wie  dies  der  geschickteste  Anatom  nicht  besser  hätte  ferlig 
bringen  können.  Der  Grund  dieses  Heerdes  bot,  voll  von 
Blut  und  Jauche  einen  schrecklichen  AnbUck  dar. 


1)  M^moiret  et  Consalt.  de  m^decine  legale  etc.,  Paris  1884, 
p.  S97.    Deneux  1.  c,  p.  167. 
8)  Deneux,  p.  171. 


r 


nebst  Beifrftgen  sur  Qeseliiobte  und  Piagnoie  etc.       431 

Wir  s^m  in  diesem  Falle  die  Ausbreituag  des  Extra- 
faaata^  eDtsprechend  der  Beckenfascie.  Der  SeiteatheU  der 
Sdieide,  die  obere  Fttche  des  Levator  ani,  da»  Zellgewebe 
auf  dem  M.  iliaeus  und  paoae  sind  die  uoteren  Grenxen  der 
Gescbwulst  Trotz  des  ungebeueren  Extravasats  war  wohl  ein 
Diirehbnicb  dureh  die  Tagina,  aber  keine  Senkung,  wenigstens 
kein  toUständiger  Durehbriich  des  untciren  Beckenabflchlusses 
erfolgt,  denn  BoSk*  erwähnt  nur,  dass  am  dritten  Tage  die  Haut 
der  grossen  rechten  Schaoriqipe  und  ein  Tbeil  der  Hinter- 
badLen  bis  zum  Anus  eine  livide  Farbe  annahm»  jedoch  nur 
sehr  wenig  Anschwellung  zeigte. 

Deneux^)  erzählt  aus  seiner  eignen  Praxis  folgendes 
BeispieL  Eine  Erstgebärende  kam  gluddich  nieder.  Gleich, 
nachher  flttdte  man  auf  der  rechten  Seite  der  Scheide  einen 
Tumor,  der  bald  einen  solchen  Umfang  erreichte,  dass  er 
voHstindig  den  Kanal  yerstopfte.  Auf.  seiner  Mitte  bildete 
sich  sehr  bald  eine  Oeifnung,  durch  welche  eine  beträchtliche 
Bhitnng  erfolgie.  Die  Wöchnerin  starb  drei  Tage  später.  Bei 
der  (H)dnGtion  fand  man,  ausser  den  Zeichen  der  Peritonitis, 
die  Scheide  in  ihrmn  oberen  Drittheil  links  perforirt  Die  runde, 
etwa  1"  im  Durchmesser  haltende  Oeffnung  führte  in  eine  weite 
Bluthdhte.  Diese  Höhle  befand  sich  in  dem  Zellgewd»e  des 
anleren  Beokenranms  und  erstreckte  sich  bis  unter  das  Bauchfell. 

ChaH09ier^)  berichtet  einen  Fall,  in  welchem  die  Ent- 
slriiung  der  Blutung  von  besonderem  Interesse  ist,  obgleich 
es  nicfat  zur  Bildung  eines  grossen  Blutheerdes  kam. 

Eine  Erstgebärende,  von  sehr  heftiger  Gemöthsart,  war 
bei  ihrer  Niederkunft,  die  übrigens  gut  von  Statten  ging, 
äusserst  ungdberdig,  warf  sich  im  Bette  umher  u.  s.  w.  Der  Tod 
erfolgte  einige  Tage  später.  Bei  der  Section  fand  man  in  der 
Fossa  iliaca,  unter  dem  Bauchfelle  eine  grosse  Menge  Blutes, 
infkrirt  im  Zellgewebe  und  an  einigen  Punkten  in  Heerde 
vereimgt  Der  grosse  Psoasmuskel  war  in  einem  Tbeile  seiner 
Dicke  und  an  mehreren  Punkten  ^tzweigerissen.  Denmx 
bemerkt  hi^zu:  Dieser  Fidl  scheint  mir  in  enger  Beziehung 
zu  den  Thromben  der  Vagina  und  Vulva  zu  stehen.   Wäre  die 


1)  DefMux  l.  e.,  p.  184. 

9)  Bulletin  de  1a  faealt^  de  m^d.,  tome  11.,  p.  54.  D^m^»,  p.  176. 


432     XXVIII.   S^gtnTf  Ein  Fall  Ton  Haematoeele  perinterina 

Hutmenge  grösser  gewesen  und  bitte  sich  das  Blut  in  der 
Beckenhöfale  gesenkt,  so  wurde  es  sich  in  der  UmgAung 
des  Afters  und  der  Scheide  gezeigt  haben ;  es  wäre  unmöglich 
gev^esen,  die  Ursache  eines  solchen  Ergusses  und  seine 
Ursprungsstelle  zu  erkennen! 

Deneux^)  beobachtete  bei  einer  Erstgebürenden,  weiche 
ohne  Beschwerden  niederkam,  9  Stunden  nach  der  Geburt 
heftige  Schmerzen  im  Unterleibe.  Man  entdeckte  eine  Ge- 
schwulst auf  der  rechten  Seite  der  Vagina,  weiche  diese 
vollständig,  verstopfte,  so  dass  der  Loehialfluss  zuriickblieb 
und  der  Urin  nur  mit  dem  Katheter  entfernt  werden  konnte. 
Es  stdlte  sich  AnftreibuDg  und  grosse  SchmerzhafUgkeit  des 
Abdomens  ein:  Man  öfihete  die  Geschwulst  und  entfernte 
coagulirtes  Blut,  worauf  auch,  doch  nur  massige  Quantitäten 
flüssigen  Blutes  ausflosseii.  Zwei  Mal  24  Stunden  nach  der 
Niederkunft  starb  die  Wöchnerin.  Bei  der. Section  fand  man 
in  dem  Bauchfelle,  einen  serösen  Erguss.  Das  Mesenterium 
war  in  weitem  Umfange  mit  Eechymosen  bedeckt,  sowie 
auch  alle  Theile,  weiche  in  der  Fossa  ihaca  dextra  liegen. 
In  der  Aushöhlung  des  Beckens  ein  schwarz  gefärbter  Blut- 
khiropen  von  sehr  bedeutendem  Umfange. 

Bei  sehr  enormen  Blutergüssen  scheint  die  Beckenfaseie 
nicht  immer  Widerstand  leisten  zu  können.  Der  Blutbeerd 
dringt  alsdann  in  das  Zellgewebe  der  äusseren  Geschlechts- 
theile,  wovon  ebenfalls  ChausMr^)  ein  BevBpißl  anführt. 

Bei  einer  Erstgebärenden  schwoll  in  der  ersten  Zeit  der 
Pfiederkunft  die  rechte  grosse  Schamlippe  stark  an.  Die 
Geschwukt  vergrösserte  sich  im  Wochenbette,  wurde  am 
7.  Tage  geöffnet  und  ergöss  eine  grosse  Menge .  schwarzen, 
dicken  Blutes.  Tod  am  12.  Tage  durch  Erschöpfung.  Man 
fand  unter  dem  Bauchfelle  eine  grosse  Menge  coagulirten 
Blutes  in  den  Maschen  des  Zellgewd»es,  welches  die  rechte 
Seite  der  Vagina  und  des  Mastdarms  umgiebt^  Dieser  Erguss 
beschränkte  sich  nicht  auf  die  Beckenhöhle,  sondern  erstreckte 
sich  bis  zu  den  Körpern  der  Lendenwirbel  und  selbst  zwischen 
die  Platten  des  Mesenteriums. 


1)  Deneux  1   c,  p.  207. 

2)  M^möires  de  m^dee.  legale,  p.  389.    Dwm^uv,  p.  202. 


nebtt  Beiirftg«!!  suy  Gdschichte  und  Diagnose  etc.       433 

Ich  habe  mit  Absicht  gerade  die  FSNe  ausgewihb,  bei 
welchen  der  Sectionsbericht  über  den  Sits  der  BlutgescbwölsCe 
genaue  Ankunft  giebt.  Es  finden  sich  in  dieser  AUMondliing 
noch  einige  andere,  welche  auch  hierher  zu  gehören  scheinen. 
Dieselben  nahmen  einen  günstigen  Ausgang  und  es  sind  die 
Symptome  nicht  genau  beschrieben,  um  sie  mit  Sicherheit 
hier  anreihen  zu  können.  Der  häufig  unglückliche  Ausgang, 
das  haldige  spontane  Bersten  der  Tumoren  finden  wohl  ihre 
Eridärung  in  den  Verhältnissen  des  Wochenbetts,  in  der 
enormen  Gefassausdehnung,  welche  eine  einmal  entstandene 
Blutong  so  intensiv  macht,  in  der  Erschlafliing  Und  Durch- 
tränkung  der  Theile,  welche  einen  Durchbruch  nach  Aussen 
begünstigen.  Im  Uebrigen  ist  ein  Untersclned  von  den  Blut- 
ergüssen ausserhalb  des  Wochenbetts  nk^ht  zu  finden. 

Zum  Schlüsse  sei  es  mir  erlaubt,  noch  einige  diagnostische 
Bemerkimgen  anzureihen,  welche  sich  auf  den  Unterschied 
swiscfaen  intra-  und  extraperitonäaler  Blutung  beziehen. 

Nonat  bezeichnet  als  charakteristische  Merkmale  der 
Blutung  ausserhalb  des  Bauchfells  1)  das  tiefere  Herabtreten 
der  Gesdiwnlst;  2)  die  Verdrängung  der  Vaginalportion;  3)  die 
ÜTide  Farbe. 

Schon  oben  erwähnte  ich,  dass  die  Excavatio  retroutertna 
des  BauchfeUs  einer  sehr  bedeutenden  Ausdehnung  fähig  sdl, 
dass  dieselbe  durch  Hernien,  durch  seröse  Ergüsse  bis  zur 
Vulva  Forgetriehen  werden  könne.  Es  liegt  kein  Grund  vor, 
warum  dies  nicht  auch  durch  Blutextravasate,  insbesondere 
solche  von  ISngerer  Dauer  und  bedeutenden  Dimensionen 
stattfinden  könne.  Was  die  Excavatio  vesicouterlna  betrifft, 
so  ist  allerdings,  so  viel  mir  bekannt  ist,  eine  so  bedeutende 
Ausdehnung,  eine  Vortreibung  bis  zur  Vulva  nicht  beobachtet 
worden.  Es  würde  daher  dies  diagnostische  Unterscheidungs- 
zeichen sich  blos  auf  die  H.  antcMterina  anwenden  lassen. 

Die  Dislocalton  derVäginalportion  wird  bei  OKtraperiton&aler 
Blutung  rasch  nnd  in  bedeutendem  Maasse  antreten,   sobald 
der  Bluterguss  sieb  entweder  auf  den  vorderen  oder  hintereu 
Becfcenraum    beschränkt  oder  wenigstens  vorzugsweise   einen 
derselben  einnimmt.   Ob  dies  Zeichen  jedoch  unbedingte  Geltm|^ 
hat  und  ob  bei  intraperitonäaler  Blutung  keine  Dislocation  ^^ 

UxoiaAm^hT.f^O^y^rMi.  18«.  Bd.XVn.,  Hft.6.  28 


434     XXVUI.  H^^r,  Ein  Ftül  tob  HuttinfttoceU  perivterina 

Cervix  utm  eintreten  könne,  mochte  ich  bezweifeln.  Bei 
Hermen  im  hinteren  Scheideogewolbe  sind  Dislocationen  be- 
schrieben. In  dem  obenerwähnten  Falle  von  Ausbuchtung 
des  hinteren  Baucl^fellsacks  durch  seröses  Exsudat  fand  sich 
keine  bemerkbare  Abweichung  in  der  Stellung  des  Muttermundes. 
Die  Bedingungen,  unter  welchen  durch  Ergösse  Dislocationen 
des  Cenrix  uteri  eintreten  (welche  ja  auch  LageverSnderungen 
des  Körpers  ihren  Ursprung  verdanken  können)  scheinen  mir 
Oberhaupt  noch  nicht  genau  goiug  eruirt  zu  sein,  um  hieraitf 
skhere  diagnostische  Schlösse  bauen  zu  dörfen,  wenn  auch 
im  AUgmeinen  anzunehmen  ist,  dass  extraperitonäale  Ergüsse, 
sobald  sie  vorzugsweise  einen  bestimmten  Abschnitt  des  Becken- 
raumes einnehmen,  bald  Veränderungen  in  der  Stellung  der 
Vaginalportion  bedingen  werden. 

Vfenn  jedoch  Nanab  femer  behauptet,  dass  gerade  bei 
H.  intraperitonaealis  die  Geschwulst  seithdi  und  nach  vnrn 
gefühlt*  werde,  so  dass  d^  Uterus  wie  in  dieselbe  eingebettet 
erscheine,  so  scheint  mir  dies  weder  mit  den  anatomischen 
Verhältnissen,  noch  mit  der  klinischen  Beobachtung  überein- 
zustimmen« In  meinem  Falle,  welcher  fast  alle  Merkmale 
eines  extraperitonäalen  Ergusses  zeigt,  welcher*  wegen  der 
enormen  Ausdehnung  im  vorderen  Beckenraume  nicht  gut 
anders  zu  deuten  ist,  war  die  Geschwulst  vom,  seitlich  und 
hinten  im  Beckenraume  zu  fühlen  und  von  sehr  unbestimmten 
Grenzen.  Auch  steht  der  Verbreitung  eiqes  Bhitargusses  im 
Zellgewebe  des  Beckenraumes,  weder  nach  vom,  noch  nach 
hinten  irgend  ein  Hindemiss  entgeg^.  Es  findet  sich  zwischen 
Bauchfell  und  Fascia  pelvis  keine  senkrechte  Zwischenwand, 
welche,  wie  die  Ligg.  lata  innerhalb  des  Peritanäums,  den 
vorderen  und  hinteren  Zellgewebsraum  trennen.  Nehmen 
wir  an,  dn  Bluterguss  entstünde  zwischen  den  Falten  der 
Ligg.  lata,  wie  ein  solcher  anatamisch  nachgewiesen  worde, 
so  kann  sich  derselbe  ungehindert  nach  vom  und  nach  hinten 
senken.  Er  kann  hinten,  vorn  und  seithcfa  von  der  Vaginal- 
portion  zu  fühlen  sein  und  der  Cervix  uiieri  wird,  wie  ein- 
gebettet in  die  Geschwulst  erscheinen.  Bei  der  Phlegmone 
periuterina,  welche  denselben  Sitz  hat,  wie  die  H.  extra^ 
peritonaealis  verhält  sich  der  Cervix  nicht  selten  in  dieser  Art. 
Ich    beobachtete   zwei  Fälle  dieser  Art,   einen  nach  Abort, 


oebst  BeHrSg^n  war  Getehiehfce  und  Dia^oie  »tc       486 

eiDen  in  Folge  eines  idnileoteD  Trippers  entetandeneD,  in 
welchen  die  harte  Gesebwulst  halbmondförmig  den'  Cenrix 
omgab  und  im  yorderen  and  hinteren  Scbeidengewtibe  und 
seitlich  zu  fahlen  war.  -r-  Bei  Ergüssen  innerhalb  des  Bauch- 
fells stellt  der  Aosbreitnng  nach  vom  oder  nach  hinten  das 
Lig.  latum  entgegen,  und  wmui  auch  das  Extravasat  dasselbe 
nach  der  anderen  Seite  vordrängen  kann,  so  erseheint  es 
dodi  onmöghch,  dass  der  Erguss  bis  auf  die  entgegengesetzte 
Seite  gelangt  und  zugleich  nach  vorn  und  nach  hinten  von 
der  Vaginalportion  zu  fäUen  isL  Ich  möchte  deshalb  gerade 
die  ungleiche  Begrenzung  der  C^schwulst,  den  Mangel  einer 
circumscripten  Form,  das  gleichzeitige  Erscheinen  derselben 
in  verschiedenen  Stellen  des  Beekenraums  als  i^rakteristisch 
fitar  einen  exiraperitonäalen  Erguss  halten. 

Die  livide  Farbe  der  Geschwulst  endlich  ist  gewiss 
wesentlich  bedingt  durch  die  Stärke  und  Festigkeit  der  Vaginal- 
wand. Bei  einer  jungfräufichen  Schekle  oder  wenigstens  einer 
soiefaen,  welche  noch  nicht  den  Durchtritt  eines  Kindes  erlebt 
hat,  wird  die  V^önnung  nicht  so  rasch  entstehen,  als  bei 
einer  schon  durch  andere  vorausgegangene  Umstände  in  ihrem 
Gewebe  erschlafiten  und  gelockerten  Vagina.  Es  wird  daher 
nicht  so  leicht  zum  Durchschimmern  der  Blutmasse  oder  zur 
Ruptur  kommen.  In  meinem  Falle  hatte  die  Scheide  ihre 
natürliche  Farbe.  Es  ist  daher  auch  diese  livide  Partie  von 
zu  viel  anderen  Umständen  abhängig,  um  sie  als  ein  pathogno- 
monisches  Zeichen  einer  Blutung  ausserhalb  des  Bauchfells 
betrachten  zu  dürfen. 

Die  Unterscheidung  zwischen  intraperitcmäaler  und  extra- 
peritonäaler  Blutung  unterliegt  grossen  Schwierigkeiten.  Sie 
ist  selbst  an  der  Leiche  nicht  immer  möglich,  wie  dies  auch 
Cred4  erwähnt  In  einzelnen  Fällen  wird  sich  unter  günstigen 
Umständen  em.e  genaue  Diagnose  stellen  lassen ;  in  den  zahl- 
reicbsten  Fällen  jedoch  wird  dies  unmöglich  sein. 

.  R  e  s  u  m  e. 

1)  Unter  dem  Namen  Haematocele  periuterina  hat  man 
Blutergüsse  im  w^lich^n  Beckenraume  beschrieben,  welche 
sowohl  ihrem  Sitz,  als  ihrem  Ursprünge  nach  sehr  ver- 
sdiieden  sind. 


436     XXIX.   Miuifkaimf  üeber  Behandlung  Macher  F&lle 

2)  Der  SiU  der  fflutergässe  kann  im  vorderen  und 
hinteren  Beckenraome,  innerhalb  des  Baudifells  und  ausser- 
halb desselben,  zwischen  diesem  und  der  Fascia  pelvis,  sein. 

3)  Extravasate  dieser  Art  kommen  während  Jer  Sdiwanger- 
Schaft,  während  der  Geburt  und  des  Wochenbetts  gerade  so 
gut  vor,  wie  während  der  Menstruation. 

4)  Die  differentielle  Diagnose  zwischen  H.  intraperitonaeaKs 
und  H.  extraperitonaealis  ist  nicht  stets  mit  Sicheriieit  zu 
stellen.  Tiefes  Herabsteigen  der  Anschwellung  spricht  Mos 
dann  fOr  einen  extraperitonäalen  Erguss,  wenn  dasselbe  gleich 
von  Anfang  an  beobachtet  wurde  oder  wenn  sich  die  Ge- 
schwulst vor  dem  Uterus  beßndet.  Was  die  Disiocatton  des 
Uterus  betrifft,  so  muss  erst  nachgewiesen  werden,  ob  Ver^ 
änderungen  in  der  Stellung  der  Yaginalportion  nidit  durch 
intraperitonäale  Ergüsse  hervorgebracht  werden  können.  Die 
livide  Farbe  ist  nicht  stets  bei  Blutung  ausserhalb  des  Bauch- 
fells vorhanden.  —  Eine  sehr  ungleiche  Begrenzung  der  Ge- 
schwulst, welche  man  dabei  zugleich  vor,  neben  und  hinter 
der  Vagmalportion  fdhlt,  spricht  für  einen  Sitz  derselben 
eitra  peritonaeum. 


XXIX. 

Heber  Behandlimg  frischer  Fälle  von  Gebflnnutter- 
knickungen  mittels  der  Utemssonde. 

Von 

Dr.  Massmaniif 

Jüngerem  Stadtaccoacbeur  zu  St.  Petersburg. 

Allen  Geburtshelfern  und  FrauendrKten  ist  es  cur  Genüge 
bekannt,  wie  zahlreich  und  mannichfaitig  die  Beschwerden 
sind,  von  welchen  die  mit  Knickungen  der  Gebärmutter  be- 
hafteten Frauen,  zuweilen  während  des  grössten  Theils  ihres 
Lebens  heimgesucht  werden  und  wie  viel  Mühe  und  Geduld 
es  erfordert,  ihnen'  dauernde  Erleichterung  ihrer  Leiden  zu 
verschafl^n.-  Eine  tflngere  Zeit  fortgesetzte  mechanische  Be- 
handlung  mittels   intrauteriner   Pessarien   mag   in    einzehieii 


TOB  OebUrrnntterkmokoDgen  mittels  der  Uternssoade.     437 

FdlaD  von  gutem  Erfolge  gekrdot  sejn,  immer  ist  sie  es 
gewiss  nicht,  mid  bekannt  ist  es,  dass  sie  nicht  immer  ohne 
Gefahr  ist  Die  Schwierigkeit  der  Heilung  von  GebärnHitter- 
kaiekuDgen  dörfte  woU  hauptsäcblicb  dem  Umsitande  zu- 
zuschreiben sein,  dass  sie  in  der  Regel  im  Anfange  ihres 
Bestehens  nur  sehr  geringe  Beschwerden  verursachen  und 
deshalb  übersehen  werden.  Erst  wenn  die  Knickung  einen 
höheren  Grad  erreicht  und  die  Kranke  sich  dann  überzeugt 
hat,  dass  die  anfangs  geringen  Beschwerden,  statt  von  selbst 
SU  verschwinden,  albnälig  sich  verschlimmem  und  zuletzt  sehr 
läslig  werden,  dann  erst^  d.  k  Monate  oder  Jahre  nach  ihrer 
Entstellung  wird  die  Krankheit  erkannt  und  einer  Behandlung 
unterworfen.'  Dann  ab^  ist  die  Erschlaffung  des  Uterus- 
gewebes, die  Verdünnung  an  der  Knickungssteile  oft  schon 
so  bedeutend,  dass  eine  radicale  Heilung  der  Krankheit  durch 
raedianische  Hülfe  sehr  problematisch  erschemen  muss,  wie 
denn  auch  viele  Frauenärzte  an  der  wirklich  erfolgten  Heilung 
lange  bestandener  Uterusknickungen  gänzlich  zweifeln.  Ist 
nun  die  Heilung  eines  so  lästigen  und  besdiwerlichen  Uebels, 
wie  die  Uterusknickungen,  wenn  sie  längere  Zeit  bestanden 
haben,  so  schwierig,  ist  der  Erfolg  der  Behandlung  so 
unsicher,  sind  die  dazu  angewandten  Mittel  selbst  nicht  un« 
gefahrlich,  so  liegt  der  Wunsch, .  das  Uebel  in  seinem  Beginne 
zu  beseitigen,  sehr  nahe,  und  von  vom  herein  lässt  sich 
wohl  erwarten,  dass  eine  Knickung  der  Gebärmutter  bald 
nach  ihrem  Entstehen,  wenn  noch  keine  consecutiven  Textur- 
erkrankungen  eingetreten  sind,  weit  leichter  und  dauernd  zu 
beseitigen  sein  muss.  Gewiss  entstehen  die  meisten  Uterus« 
flexionen  im  Wochenbette,  sehr  häufig  nach  Abortus,  und  wenn 
QUA  auch  ihr  Entstehen  oft  übersehen,  die  anfangs  geringen 
disrch  sie  hervorgerufenen  Beschwerden  meist  auf  andere 
Ursachen  zurückgeführt  werden,  so  ist  es  um  so  mehr  Pflicht 
der  Geburtshelfer,  bei  den  von  ihnen  behandelten  Wöchnerinnen 
genau  nach  den  Ursachen  etwa  bei  ihnen  auftretender  Zufalle 
zu  forschen,  es  namentlich  nicht  ausser  Acht  zulassen,  dass 
Schmerzen  im  Unterleibe,  Stuhl-  und  Hambesch werden,  lange 
anhakepde  blutige  Lochien  nicht  selten  einer  solchen  Gebär- 
mutterknickung  ihre  Entstehung  verdanken,  und  unter  solchen 
Umstanden  eine  sorgfältige  Untersuchung  nicht  zu  verabsäumen. 


438      XXIX.    Mattmann,  Üeb«r  B^handlniig  frischer  Fäll« 

Gewiss  kann  man  einc^  solche  Knickung,  wenn  man  sie  bei 
Zeiten  entdeckt,  dauernd  beseitigen  und  auf  diese  Weise 
manche  Frau  vor  langwierigen  Leiden  bewahren. 

Nur  in  wenigen  Lehrbüchern  ist  der  MhzeitigeD  "Be- 
handlung der  Gebärmutterknickungen  gedacht,  und  es  rerlohnt 
sich  daher  wohl,  auf  die  Möglichkeit  der  Heilungen,  sowie 
auf  die  Leichtigkeit,  mit  welcher  dieselben  erzielt  werden 
kdnnen,  durdi  Mittheilung  einiger  von  mir  beobachteten  Pille 
aufmerksam  zu  machen.  Doch  kann  ich  nicht  umhin,  vorher 
auf  die  wenigen  Worte  hinzuweisen,  mit  welchen  sidi  Scanzonl 
in  seinem  „Lehrbuch  der  Geburtshilfe,  2.  Aufl.,  ISSS**  ftber 
den  beregten  Gegenstand  ausspricht  Derselbe  sagt  nämfich: 
„Die  Knickungen  des  Uterus  stellen  sich  im  Wochenbette 
am  häufigsten  als  Anteflexionen  dar  und  können  der 
Kranken  schon  in  den  ersten  Tagen  nach  ihrer  Entbindung 
durch,  das  Auftreten  und  die  ungewdhnKch  lange  Dauer 
schmerzhafter  Nachwehen,  durch  die  Begünstigung  einer 
Metrorrhagie  und  durc^  den  Druck  auf  die  Harnblase 
beschwerlich  werden.  Dasselbe  gilt  von  den  seltener  vor- 
kommenden Retroflexionen. 

„Würde  eine  solche  Knickung  noch  während  des  Wochen- 
bettes diagnosticirt,  so  beeile  man  sich,  die  geeigneten  Mittel 
noch  anzuwenden,  bevor  die  puerperale  Verkleinerung  des 
Uterus  ihr  Ende  erreicht  hat;  denn  versäumt  man  diese  Zeit, 
so  ist  unseren  Erfahrungen  zufolge  die  Behandlung  dieser 
Leiden  nur  äusserst  selten  von  Erfolg  gekrönt.  Mögen  Kitoi^eh^ 
C.  Mayer  u.  A.  sich  der  glänzendsten  Heiiresultafe  zu  er- 
freuen haben:  wir  für  unseren  Theil  können  uns  eines  solchen 
Glückes  nicht  rühmen  und  wollen  nur  im  Vorbeigehen  be^ 
merken,  dass  wir  im  Verlaufe  eines  Jahres  fünf  von  den 
Kranken,  welche  von  Kiwisch  als  geheilt  entlassen  wurden, 
zur  Behandhing  bekamen,  und  dass  bei  Allen  die  auf  dnige 
Zeit  beseitigten  objectiven  und  subjectiven  Symptome  der 
Gebärmutterknickimgen,  bei  einigen  sogar  in  höherem  C^ade 
wiedergekehrt  waren.  Kes  fordert  um  so  mehr  auf,  die  Zeit, 
in  welcher  von  einem  therapeutischen  Einsdtreiten  noch  Heil 
zu  erwarten  ist,  zu  benutzen,  und  wir  wurden  daher,  trenn 
die  ersten  8 — 10  Tage  des  Wochenbettes  verstrichen  und 
keine  Contrahidicationen  gegen  das  einzuschlagende  Verfahren 


▼OD  GdbftrmatieilcniekaBgen  mittela  der  Uterussonde.     439 

vorli'aadeo  sind,  ntdit  s&unien,  die  RoiekBiig  2u  beBeitigen 
dureh  conseqoent  durchgeführtes  Einlegen  einer  Sonde,  in 
die  Uterushöhle,  durch  die  Verabreichung  von  Seeale  cornutum 
innerlich  und  in  Klystierform,  später  durch  kalte  Injeetionen 
in  die  Vagina  und  4—6  Wochen  nach  der  Entbindung  durch 
adftiringirende  Einspritzungen  in  die  Uterushöhle  und 
durch  zeitweilige  Cauterisationen  ihrer  Schleimhaut  Das» 
man  bei  der  grossen  r^eigung  des  puerperalen  Uterus  zu 
eutinudliehen  Affectionen  mit  all'  den  angeführten  Mitteln  vor* 
sichtiger  zu  Werke  gehen  müsse,  als  unter  den  gewöhnlichen 
Verhältnissen,  bedarf  wohl  nur  der  Erwähnung." 

In  den  vier  von  mir  beobachteten  Fällen  bedurfte  es  nicht 
einmal  einer  so  zusammengesetzten  Behandlung,  da  die  ein* 
malige  Reposition  des  Uterus  mittels  der  Sonde  und  einige 
Zeit  fortgesetzte  ruhige  horiz(Mitale  Lage  zur  vollständigen 
Beseitigung  des  Uebels  ausreichend  war. 

Erster  Fall 

Am  2.  November  1863  wurde  ich  zu  einer  36  Jahre 
aken,  früher  stets  gesunden  Schuhmachersfrau  gerufen,  welche 
zwei  lebende  Kinder,  das  letzte  vor  zwei  Jahren,  geboren 
und  zwei  lAal  abortirt  hatte,  ohne  dabei  erkrankt  zu  sein. 
V«r  14  Tagen,  also  etwa  am  20.  October,  hatte  sie  zum 
dritten  Male  abortirt,  nachdem  sie  etwa.  6  Wochen  schwanger 
gewesen  war.  Vor  diesem  Abortus  soll  sie  an  einer  Unterleibs- 
«otzmkdnng  gelitten  haben,  wegen  welcher  ihr  zwei  Venä- 
sectionen  gemacht  und  einmal  Blutegel  gesetzt  wurden.  Bei 
dem  Abortus  behauptet  sie  nicht  gerade  viel  Blut  verloren  zu 
haben,  hat  sich  auch  bald  wieder  wohl  gefühlt.  Am  29.  October 
ist  sie  dann  plötzlich  abermals  erkrankt,  hat  Nachmittags 
einen  heftigen  Schüttelfrost  bekommen,  der  zwei  Stunden 
gedauert  hat,  und  dem  Hitze  und  Schweiss  folgten.  Dabei 
hat  sich  heftiger  Schmerz  im  Unterleibe,  Auftreibung  desselben, 
Harndrang  mit  Schmerz  beim  Uriniren,  Kopfschiperz,  namentlich 
im  Hinterha4q)te  und  auf  .dem  Wirbel,  Gesichtshallucinationen 
und  Ohrensausen  eingestellt.  Es  waren  bereits  abermals 
Blutegel  auf  den  Unterleib  gesetzt,  ferner  Pulver,  wahr« 
scheinlich  aus  Calomel,  gereicht,  zugleich  gegen  die  vor- 
handene Stuhlverstopfung,  Klystiere  in  Anwendung  gezogen 


440     S:XIX.   MaMsmann^  Ueber  Behandlung  frischer  Ffille 

worden,  doch  war  nur  wenig  harter  Stuhlgang  erfolgt  Am 
2.  No?ember  hatte  sich  seit  Mittag  ein  Gefühl  Yon  Wundsein 
im  Munde  und  Halse  eingestellt,  Pat.  konnte  die  Zunge  nur 
unter  grossen  Schmerzen  bewegen  und  war  nicht  im  Stande, 
verständlich  zu  sprechen,  indem  sie  ausser  den  Vocalen  fast 
nur  Zischlaute  hervorbrachte.  Das  Bewusstsein  soll  immer 
ungetrübt  gewesen  sein.  Als  ich  sie  am  Abend  des  2.  November 
zum  ersten  Male  sah,  klagte  sie  über  Schmerzen  in  aUen 
Theilen  ihres  Körpers.  Der  Kopf  war  heiss  und  selbst  gegen 
Berührung  sehr  empfindlich,  die  unteren  Extremitäten  konnte 
sie  der  grossen  Schmerzhaftigkeit  wegen  gar  nicht  bewegen. 
Die  Haut  war  heiss,  trocken,  der  Puls  frequent,  massig  voll 
und  hart  Die  Respirationsorgane  frei.  Die  Zunge  war  belegt 
wurde  normal  vorgestreckt,  der  Athem  übelriechend.  Es 
fehlten  schon  viele  Zähne^  Der  Unterleib  vrar  mesäg  auf- 
getrieben, sehr  empfindlich  gegen  Berührung,  namentUcb  im 
unteren  Theile.  Uebrigeus  liess  die  grosse  Schmerzhafügkeit 
keine  genaue  Untersuchung  des  Unterleibes  zu.  Der  Stuhl  war 
angehalten,  hart,  schmerzhaft.  Zum  Uriniren  häufiger  Drang. 
Das  Uriniren  selbst  schmerzhaft,  der  Harn  sparsam,  rotit 
Kein  Appetit,  viel  Durst,  Schlaflosigkeit  Geringe  sddeimige 
Absonderuqg  aus  der  Scheide.  Ich  glaubte  es  mit  einer 
exsudativen  Peritonitis  zu  thun  zu  haben,  verordnete  übrigens, 
da  bereits  eine  antiphlogistische  Behandlung  voransgegangeii 
war  und  wegen  der  grossen  Schmerzhaftigkeit  und  der 
Schlaflosigkeit  Morphium  aceUcum  gr.  Vie«  dretstündlich,  ein 
Essigklystier  und  auf  den  Kopf  kalte  Umschläge. 

Darauf  hatte  Pat  in  der  Nacht  von  Zeit  zu  Zeit  ge- 
schlafen und  befand  sich  am  anderen  Tage  (3.  Noveodber) 
weit  wohler.  Nach  dem  Essigklystiere  hatte  sie  zwei  Stunden 
lang  viel  brennenden  Schmerz  im  Leibe  gehabt  und  sieh  sehr 
unwohl  gefühlt,  dann  aber  war  ihr  besser  geworden,  nachdem 
sie  eine  massige  schleimige  Ausleerang  gehabt  hatte.  Der 
Leibschmerz  war  danach  geringer  geworden,  der  Kopfischminrz 
hatte  ganz  aufhört,  Pat  hatte  viel  geschwitzt,  der  Puls  war 
weniger  frequent  und  voll.  Die  Gesichts-  und  Gehdrs- 
hallucinationen  waren  völlig  verschwunden,  und  bereits  nach 
dem  zweiten  Pulver  hatte  Pat  ihre  gewöhnliche,  vollkommen 
deutliche  Sprache  wieder  erlangt.   Nur  das  Uriniren  war  noch 


YMi  Qebftrniiitterkiiieknilgdii  mhtelfl  der  Uiefiiaaoikde.     44I 

sehr  sdiJDereb«fi.  Ich  Hees  sie  jetzt  das  Morphiam  vier^ 
stöndlich  nehineD  und  warme  Umschläge  auf  deil  Uiiterieib 
appUcireD. 

Am  4.  NoTembor  befand  sich  Pat.  nicht  ganz  so  guL 
Es  war  am  Abend  vorher  wieder  Hit^e,  Kopfschmerz  ein- 
getreten, selbst  Delirien  sollen  vorhanden  gewesen  sein,  auch 
hatte  Pat  in  der  Nacht  nicht  viel  geschlafen.  Da  kein  Stuhl- 
gang mehr  erfolgt  war,  so-  verordnete  ich  eine  Emulsion  aus 
Oleum  ridni. 

In  den  nfidisten  Tagen  blieb  sich  das  Befinden  der  Pat 
gleieh.  Des  Morgens  fühlte  sie  sieh  wc^er,  des  Abends  trat 
eine  Exacerbation  ein,  dabei  namentlich-jetzt  vid  &reuzschmerz 
and  Drangen  nach  dem  Becken  zu.  Obgleich  die  Emulsion 
aus  Ol.  ricini  noch  einmal  wiederholt  wurde,  so  «rfolgte  doch 
erst,  nadidem  am  6.  ein  Klystier  gesetzt  worden,  StuU- 
aoaleenmg.  Pat  schlief  des  Nachts  nicht,  delirirte  und  stand 
sogar  eimnal  im  Dehrium  trotz  ihrer  grossen  Schwache  au» 
dem  Bette  auf« 

Am  8.  November  Vormittags  befand  sich  Pat  ziemlich 
woM  und  klagte  jetzt  hauptsScUich  nur  noch  über  Urin- 
beadiwerden,  Kreuzschmerz,  Stuhlverstopfung.  Da  sie  mir 
jetzt  mittheüte,  dass  diese  Erscheinungen  jeden  Abend  äusserst 
heftig  würden,  und  da  sie  bemerkt  haben  wollte,  dass  bei 
dem  starken  Drängen  nach  unten  etwas  aus  den  Geschlechts^ 
theileD  heraustrete,-  so  kam  ich  endlich  auf  den  Gedanken, 
eiae  Vaginal- Exploration  vorzunehmen.  Hierbei  ergab  sich 
denn,  dass  eine  Retroflexion  des  Uterus  in  so  bedeutendem 
Grade  voitanden  war,  dass  der  Utenisgrund  etwa  in  gleicher 
H6he  mit  dem  Muttermunde  stand,  indem  er  das  hintere 
Scbeidengewölbe  vor  sich  herabgedrängt  hatte.  Der  Uterus 
sdbst  war  dabei  geschwollen  und  gegen  Berührung  überall 
sehr  empfindlich.  Ich  machte  den  Versuch,  den  Uterusgrund 
mit  zwei  Fingern  m  die  Höhe  zu  heben,  musste  jedoch  der 
grossen  Scbmerzhaftigkeit  wegen  davon  abstehen.  .  Ich  setzte 
nun  am  Abend  fünf  Blutegel  an  die  Vaginalportion,  wonach 
sich  Pat  etwas  erleichtert,  namentlich  von  Kreuzschmerzen 
freier  fühlte.  Ueberhaupt  befand  sich  Pat  diesen  Abend 
wofaler  als  sonsl,  hatte  weniger  frequenten  Puls  u.  s,  w.,  hatte 


442     XXnL.   Ma$9mannt  Ueber  Behuidlimg  friseher  FfiUe 

aber  koTB.  Torher  noch  delirirt.  Verordnet  wurde  jeUt  ein 
EsslftiTel  Ol.  ricini. 

9.  November.  Es  war  nur  sehr  wenig  Stuhlgang  erfolgt 
Pat.  hatte  die  ganze  Nacht  nicht  geschlafen.  Im  Uebrigen 
derselbe  Zustand.  Nunmehr  rq>onirte  ich  den  Utenis  mittels 
der  Utemssonde,  nachdem  ich  die  Kranke  vorher  cfaioroforonrt 
hatte.  Die  Uterussonde  wurde,  mit  der  Concavität  nach 
hinten  gerichtet,  eingeführt,  die  Knickungsstelle  mit  einiger 
Schwierigkeit  überwunden,  dann  aber  gelang  die  Umdrehung 
der  Sonde  und  des  Utenis  leidit  und  Tollstindig,  so  dass 
der  Sondenknopf  durch  die  Bauchdecken  deutlich  durehzufOUeu 
war.  Da  im  Rectum  noch  beträchtliche  Kothmassen  angdiäufl 
waren,  so  wurde  wieder  eine  Emulsion  aus  OL  ricini  und 
em  Klysma  verordnet  und  der  Kranken  unbedingt  ruhige  Lage 
auf  dem  Rücken  anempfohlen. 

Bis  lum  10.  November  Mittags  war  noch  kein  Stuhlgang 
erfolgt,  das  Harnlassen  aber  geschah  jetzt  &st  ohne  allen 
Schmerz,  die  Kreuzschmerzen  waren  gSnzlich  verschwunden 
und  ein  ziemhch  starker  Druck  auf  den  Unterteib  verursachte 
nur  geringen  Schmerz.  Die  Untersuchung  mittels  der  Sottde 
lehrte,  dass  der  Uterus  seine  normale  Lage  beibehalten  hMe 
und  daes  die  Länge  seiner  Hdhle  8V4  Zoll  betrug. 

11.  November.  Nach  emem  zweiten  Klystier  ist  endKeh 
Stuhlgang  erfolgt  Pat  hat  gwt  gescUafen,  befindet  sieh  gant 
wohl,  hat  guten  Appetit  und  urinirt  ohne  allen  Schmers. 

In  den  nächsten  Tagen  bekam  Pat  des  Abends  immer 
nodi  ein  geringes  Fieber  und  etwas  Kreuzsehmerz,  der  Stuhl- 
gang aber  blieb  regelmässig  und  am  14.  November  überzeugte 
ich  mich  durch  Einführung  der  Sonde  von  der  nornulen 
Stellung  des  Uterus,  dessen  Hühie  jetzt  nur  noch  2V9  ZoH 
lang  war.  Auch  trat  jetzt  die  Menstruation,  so  reichlich  wie 
gewühnlich  und  ohne  alle  Beschwerden,  ein.  Am  15.  November 
stand  Pat  zum  ersten  Male  auf,  sie  war  jedoch  sehr  schwach, 
und  das  Gehen  wurde  ihr  sehr  sauer.  Beim  Gebrauche  eines 
Infus,  calami  mit  Tiuct  aromatica  aber  erholte  sie  sich  allmälig, 
war  am  24.  November  völlig  von  Schmerzen  frei  und  wurde, 
nachdem  ich  mich  noch  mehrmals  durch  die  Untersuchung 
mittels  der  Sonde  davon  überzeugt  hatte,  dass  die  Lage  der 


Y0U  Gebärmiilterkiitokuigeii  mittels  der  Uteriissonde.     443 

Gfibirmiitter  normal  giebiieben  war,  Anfangs  Decembcr  vM% 
genesen  aus  der  BehancHnng  entlassen. 

Zweiter  Fall 

Ä.  «/.,  Beamtenfrau,  etwa  36  Jahre  alt,  sonst  gesund, 
hat  swei  Kinder  glücklieb,  doch  schwer  geboren,  naeh  dem 
ersten  ist  sie  drei  Monate  krank  gewesen.  Ihre  Menses  hat 
sie  regelmässig  gehabt,  doch  sind  dieselben  stets  mit  starken 
Sehmerzen  im  Unterleibe  und  im  Kreuze  eingetreten,  im 
October  und  November  1859  sind  sie  ausgeblieben,  dagegen 
haben  sieh  mancherlei  Beschwerden,  ähnlich  wie  in  den 
frdberen  Schwangersdiaften,  U<älielkeiten  und  dergl.  eingestellt, 
wdcbe  yerscfa wunden  sind,  als  im  Deceinber  sich  wieder  eine 
Blntang  aus  den  Genitalien  einstellte.  Dies  geschah  indess 
sehr  unregehnässig,  indem  die  Blutung  zuweilen  für  1 — 2  Tage 
sofliörte  und  dami  wieder  eintrat.  Am  27.  Januar  1860  trat, 
nachdem  Pat.  einige  Tage  vorher  viel  getanzt  und  sich  auch 
andere  beträchtliche  Bewegnngen  gemacht  hatte,  unter  heftigen 
Kreuz-  und  Leibschmerzen  eine  stM*ke  Nutung  ein,  mit 
welcher  grosse  Bhitgerinnsel  abgingen,  die  nicht  näher  unter*- 
sndit  worden  sind.  Die  Blutung  wurde  am  folgenden  Tage 
so  stark,  dass  wiederholt  Uebelkeiten  und  Ohnmächten  ein- 
Iralen.  Naisli  Gebrauch  von  sauren  Tropfen  und  einer  ad- 
siringtrenden  Ifixtur  wurde  die  Blutung  sehr  massig,  aber, 
als  ich  die  Kranke  am  29.  Januar  Abends  zum  ersten  Male 
sab,  hatte  sie  noch  starke  Leibschmerzen  und  ein  Gefühl 
Ton  beständigem  heftigem  Drängen  nach  unten.  Bei  der  vor- 
genommenen Vaginalexploraüon  fand  ich  den  Uterus  sehr  tief 
stehend,  die  Vaginalportion  weich,  kurz  und  dick,  den  äusseren 
Muttermund  geöffnet,  so  dass  ich  mit  dem  Finger  bis  zum 
inneren  Muttermund  eindringen  konnte.  Der  äussere  Mutter- 
mund war  nach  vom  gerichtet,  der  innere  mehr  nach  hinten, 
der  Uterus  nach  hinten  umgebogen,  so  dass  durch  das  hintere 
Scheidengewöibe  der  Uterusgrund  durchzufäfalen  war,  dessen 
Berührung  einigen  Schmerz  verursachte.  Ich  hob  ihn  mit 
dem  Pinger  etwas  in  die  H^e,  doch  verschwand  er  nicht 
vMKg  aus  dem  hinteren  Scheidengewölbe.  Es  war  also  eine 
Retroflexio  uteri  vorhanden,  nachdem  wahrscheinlich  ein 
Abortus  vorausgegangen  war.    Der  untersuchende  Finger  war 


444     XZrX.   Maarnnamif  Ueber  BehandlQD|f  friseber  Falle 

wenig  mit  Blut  bescbinutzt.  ^kich  der  Unter«ichiing  fäUte 
sich  Pat.  bedeutend  vod  dem  Schmerse  und.  dem  GefäUe  von 
Drängen  erleichtert.  Uebrigens  war  sie  sehr  anämisch,  hatte 
einen  kleinen,  schwachen,  beschleunigten  Puls  und  gar  keinen 
Appetit  leb  verordnete  ihr  Bp.  Hor{A.  acetic.  gr^j.,  Aq. 
kiurocer.  Sij.,  mehrmals  täglich  zu  10  Tropfen  zu  nehmen, 
für  den  Fall,  dass  die  Schmerzen  fortdauern  sollten. 

30.  Januar.  Seit  gestern  Abend  hat  Pat  nur  sehr  geringe 
Sdimerzen  ii^  Unterleibe  gehabt,  aber  doch  noch  das  Gefahl 
von  Drängen  im  Mastdarme.  Ich  liess  jetzt  Pat  die  Knie- 
ellenbogenlage einnehmen  4ind  machte  die  Bepotilion  des 
Uterus  mittels  der  Uterussonde.  Dieselbe  gelang  sehr  lekbt 
Die  Sonde  drang  27«  Zoll  tief  in  die  Gebärmutteriiöhle  ein, 
und  zwar  mit  der  Concavität  nach  dem  Bectum  zu  und  liess 
sich  leicht  nach  vorn  umdrehen,  so  dass  Pat  über  gar  keinen 
Schmerz  dabei  klagte  und  sich  wunderte,  dass  die  Operation 
so  schnell  und  so  leicht  beendigt  sei.    Med.:  Oi.  rieini  iß^ 

1.  Februar.  Es  hat  sich  ein  Becidiv  der  Betroflexton 
eingestellt,  vielleicht  weniger  bedeutend,  als  vorher.  Pat  klagte 
über  Schmerzen,  wie  sie  sonst  bei  den  Menses  gehabt  bat 
Die  Schmerzen  der  letzten  Tage  aber  sind  vergangen,  auch 
das  Gefühl  von  Drängen  zum  Mastdarm.  Stuhlgang  ist  gestern 
erfolgt  Ich  machte  abermals  die  Reposition  mittels  der 
Uterussoode,  indem  ich  Pat  dieses  Mal  die  Rückenlage  bei- 
behalten liess,  nur  mit  erhöhtem  Becken.  Die  Reposition 
gelang  auch  dieses  Mal  sehr  leicht,  verursachte  aber  dodi 
einigen  Schmerz.    Die  Blutung  hatte  gänzlich  aufgehört 

3.  Februar.  Pat  hat  noch  von  Zat  zu  Zeit  Schmerzen 
im  Unterleibe,  die  dem  Morphium  aceticum  jedes  Mal  auf 
einige  Zeit  weii^hen.  Der  Uterus  hat  jedoch  seine  normale 
Stellung  beibehalten,  denn  die  Uterussonde  drang  mit  der 
Concavität.  nach  vorn  leicht  und  2Va  Zoll  tief  ein.  Pat  fühlte 
sich  noch  sehr  schwach,  zu  Ohnmächten  geneigt,  hatte  keinen 
Appetit,  trägen  Stobigaag.  Med.:  Ap.  Rad.  rhei,  Rad.  valerian. 
aa  3j.,  Inf.  Aq.  ferv.  q.  s.  ad  colat  3v.,  Aether.  chlor.  3j., 
S;r.  cort  aurant  3Jm  dreistündlich  1  Esslöffel  voll  zu  nehmen. 

5.  Februar.  Pat  war  gestern  den  ganzen  Tag,  da  sie 
nichts  ass,  ohne  alle  Schmerzen,  sobald  sie  aber  am  Abend 
etwas  ass,  bekam. sie  Schmetten. 


Ton  OebftrmQtterkiiicInmgeii  mittels  der  ütemssonde.     445 

9.  Februar.  Pat  ffiUt  sich  zwar  sehr  seh  wach,  ist  aber 
ganz  ohne  alle  Schmerzen.  Die  Untersudmng  mit  der  Utems- 
sonde,  welche  2  Z»ll  tief  eindrang,  ergab,  dass  sich  die 
GebSrraatter  in  yöUig  normaler  Lage  befand. 

13.  Februar.  Pat.  ist  so  schwach,  dass  sie  bei  dem 
Versuche,  aus  dem  Bette  aufzustehen,  ohnmfichtig  geworden 
ist,  hat  aber  durchaus  keine  Schmerzen  mehr,  auch  guten 
Appetit  —  Med.:  Rp.  Acid.  phosphor.  dil.  S/9.,  Syr.  mb. 
idaei  ^|9.,  mit  Wasser  zum  Getränke. 

Am  18»  Februar  ist  Pat  endlich  aufgestanden  und  hat 
sich  dann  unter  fortgesetzter  robmirender  Behandlung  allmSiig 
erhöh.  Am  21.  Februar  sind  die  Menses  sehr  reichlich  und 
dieses  Mal  ganz  ohne  alle  Schmerzen  eingetreten,  sowie  Pat. 
Aberhaupt  ron  Schmerzen  frei  geblieben  ist  Seitdem  sind 
die  Kataroenien  regelmässig  und  ohne  Beschwerden  wieder- 
gdiehrt  bis  Ende  Mai,  wo  Pat  schwanger  geworden  ist  Am 
8.  Octobw  hat  sie  die  ersten  Kindesbewegungen  gef&hlt 

Dritter  Fall. 

C.  K,y  unverheirathete  Handschuhnähterin,  18  Jahre  alt, 
kräftiger  Constitution,  hatte  am  28.  December  1858  zum 
ersten  Male  nadi  dner  normal  verlaufenen  Schwangerschaft 
geboren.  Die  ersten  Tage  nach  der  regelmässig  yerlaufenen 
Geburt  hat  sie  sich  ganz  wohl  befunden,  behauptet  auch  erst 
am  neunten  Tage  aufgestanden  zu  sein,  dann  aber  hat  sich 
ein  Gefühl  von  Schwere  im  kleinen  Becken,  Stuhlverstopftmgf 
so  dass  sie  nur  alle  2 — 3  Tage  harte  und  schmerzhafte 
Sttthlentleerung  hat,  und  häufiger  Drang  zum  Uriniren  ein- 
gestellt, welches  letztere  ebenfalls  Schmerzen  verursacht  Dazu 
kommt  ziehender  Schmerz  im  Unterleibe,  besonders  in  den 
beiden  Inguinalgegenden,  der  die  Kranke  zuweilen  nöthigt, 
mit  nach  vom  gebeugtem  Oberkörper  zu  gehen,  und  grosse 
Hattigkdt  in  den  Gliedern.  Mit  diesen  Erscheinungen  kam 
sie  am  10.  Februar  1854  in  meine  Bdiandlung.  Der  Lochial- 
Boss  hatte  noch  nicht  ganz  aufgehört,  war  jedoch  nur  germg 
und  weiss«  Bei  der  Exploration  per  vaginam  fand  ich  die 
Vaghialportion  in  normaler  Höhe,  etwas  nach  hinten  gerftckt, 
durdi  das  vordere  Scbeidengewölbe  war  der  Uteruskörper  zu 
fttden,  welcher  mit  der  Vaginalportion  einen  spitzen  WiidLel 


446     XXIX.   Ma$9mannt  Ueber  Befattadlmg  frifleher  FiH« 

biMete.  NMhdem  Pat.  zwei  Tage  lang  EnMibio  oL  ricini 
genommen  and  reichlichere  Slnhlansleerangen  gehabt  hatte, 
wurde  zur  Reposition  des  anteflectirten  Uterus  geschritten. 
Die  Application  dei'  Uterussonde  bestätigte  die  Diagnose  der 
Anteflexion,  indem  die  Spitze  der  Sonde  mit  plötzlicher 
schmerzhafter  Ueberwindung  der  Knickungsstelle'  nach  rorn 
glitt,  während  der  Griff  st«rk  nach  dem  Damme  zu  gesenkt 
wurde.  Die  Sonde  drang  SVa  Zoll  tief  in  die  Uterushöhle 
ein  und  der  Knopf  derselben  war  durdi  die  Bauchdeeken 
durchzufühlen.  Nach  der  Aufrichtung  des  Uteraskörpers  ward 
die  Sonde  entfernt,  der  Pat.  rohige  Ruckonlage  durch  einige 
Tage  streng  anbefohlen  und  abermals  OL  ricini  rerordnet, 
damit  sie  immer  weichen  und  leichten  Stuhlgang  haben  sollte 

Am  13.  Februar  befand  sich  PaL  sehr  woM,  hatte  gut 
geschlafen  und  ohne  allen  Schmerz  Stuhlgang  gehabt  und 
Urin  gelassen. 

Am  14.  Februar  traten  ohne  alle  Beschwerden  die  Menses 
ein,  welche  bis  zum  17.  andauerten.  Pat  liess  den  Harn 
ohne  allen  Schmerz,  der  Stuhlgang  blieb  aber,  so  lange  sie 
das  Bett  hütete,  träge.  Am  19.  Februar  sland  sie  zum  ersten 
Male  wieder  auf,  da  sie  sich  völlig  wohl  fühlte. 

Am  20.  Februar  überzeugte  ich  mich  durdi  Eiafühnittg 
der  Uterussonde,  dass  der  Uterus  seine  nonrnte  Lage  bei* 
behalten  hatte.  Zugleich  ergab  sich,  dass  die  Länge  seiner 
Höhle  2%  Zoll  betrug.  Er  war  schmerzlos,  sowie  seine 
ganze  Umgebung. 

Vierter  Fall, 

W^O.y  ein  37  Jahre  altes,  früher  stete  gesundes  Frauen* 
zimmer,  wandte  sich  am  16.  März  1864  an  nueh  um  ang- 
lichen Rath.  Sieben  Wochen  nachher  war  sie  nadi  normalem 
Verlaufe  ihrer  zweiten  Schwangerschaft  leicht  niedergekommen 
und  am  neunten  Tage  nach  ihrer  Niederkunft,  wihrend  noch 
blntige  Lochien  Torhanden  waren,  zum  ersten  Male  auf- 
gestanden. Bald  darauf  hatte  sidi  ein  beständiger  ziehender 
Schmerz  in  der  DtMicöcalgegend,  häufiger  .Drang  zum  Uriniren, 
Schmerz  dabd  und  StufalTerstopfung  eingefunden.  Dieselben 
Erscheinungen,  sowie  die  blutige  Ausschtidmig  aus  der  Gebär- 
mutter dauerten  noch  fort,  als  sie  in  meine  Behkildhmg  kam. 


Too  6*1»Aniratt«ilaiiokiuifeii  nitt«!«  der  Uternsaonde.    447 

Im  Uebrigcü  be&nd  sieh  die  Kranke  wohl,  hatte  weder  Fieber, 
noch  soDslige  Besdiwerden,  gulen  Af^etit  und  stiUte  ihr  Kind 
seihet.  Der  Schmerz  in  der  rechten  Inguinalgegend  wurde 
durch  Druck  vermehrt  Bei  der  irnieren  Untersuchung  ergab 
sieh  Folgendes:  Die  V^^aiportion  war  sehr  kurz,  mit  Ein- 
rissen Tersehen,  fast  noch  gar  nicbt  xuräekgebildet,  sie  stand 
8^  hoch  und  war  mit  dem  Muttermunde  fast  horizontal  gegen 
üe  KreuzheinaushdMung  gerichtet  Der  Uteruskdrper  liess 
sich  nadi  vom  hin  verfolgen,  er  lag  fast  wagerecht,  der 
Uteiusgrund  um  weniges  höher,  als  die  Vagindportion,  das 
vordere  Scheidengewölbe  vor  sich  herabdrangend.  Druck  gegen 
den  Uterus  verursachte  Schmerz.  Der  unterstfcheode  Finger 
war  betpftchtlich  mit  Blut  beschmutzt.  Die  Diagnose  wimle 
von  mir  auf  eine  Anteflezion  der  Gebfirmutter  gestellt  und 
vorlittfig  ein  lofusum  sennae  compositum  verordnet,  welches 
melffere  reichliche  Stahlansleerungen  zur  Folge  hatte. 

Am  18.  März  fAbrte  ich  die  üterussonde  ein,  mit  der 
Concavität  nach  vom.  Sie  drang,'  indem  ich  den  Griff  allmälig 
nach  dem  Damme  hin  senkte,  TV«  Zoll  tief  ein,  und  zwar 
glitt  sie  nach  einem  mehrmals  wiederholten ,  plötzlichen  aber 
leichtem  Buek,  wie  nach  Ueberwindung  mehrerer  Knickungs- 
atdlen,  vorwärts  und  mit  ihrer  Spitze  etwas  nach  rechts. 
Der  Uterus  wurde  dann  so  weit  aufg^icbtet,  dass  man  den 
Sondenknopf  etwas  unterhalb  des  Nabels  und  3  Linien  rechts 
von  der  Linea  alba  durch  die  Bauchdecken  durchfühlen  konnte. 
Darauf  wurde  die  Sonde  wieder  entfernt  und  der  Patientin 
honzonfiile  Rflckenlage  anempfohlen  und  Ol.  ricini  verordnet, 
damit  sie  inmier  weichen  und  lachten  Stuhlgang  haben  sollte. 

Nachdem  Pat  in  den  nächsten  Tagen  ganz  frei  von 
Schmerz  und  Hambeschwerden  geblieben  war,  bekam  sie  am 
20.  März  Abends  wieder  einen  heftigen  Schmerz  in  d^r  rechten 
Inguiualgegend,  der  sie  in  der  ganzen  folgenden  Nacht  nicht 
schlafen  liess. 

Am  21.  März  dauerte  dieser  Schmerz  fort,  und  es  war 
in  der  rechten  Ingoinalgegend  eine  kugelige,  renitente  Ge- 
schwulst zu  fühlen.  Druck  auf  diese  vermehrte  den  Sdimerz. 
.Med.:   Gataplatfmala  emoDientia. 

22.  März.  Nach  den  Breiumschlägen  haben  die  Sdimerzen 
ai^hört   Ich  führte  abermals  die  Üterussonde  ein.   Dieselbe 


448     '^SXIX'   Maumann t  üeber  B«haiidlang;  fVis6her  F&lle 

drang  leicht  in  der  Beokenaxe  SVs  ZoU  tief  ein,  so  dass  der 
Sondenknopf  sehr  deutlich  eine  starke  Handbreit  Ober  der 
Symphyse  durch  die  Bauchdeeken  diirchzufUhlen  war,  fast  als 
ob  er  dicht  unter  der  Haut  wäre.  Die  Geschwulst  in  der 
rechten  Ingninalgegend  verändo'te  dabei  ihre  Lage  nicht,  auch 
war  dieselbe  bei  der  inneren  Untersuchung  rechts  neben  der 
Vaginalportion  zu  fahlen  und  schien  etwa  die  CMsse  eines 
grossen  Apfels  zu  haben.  Ihre  Berührung  yertirsachte  Schmers. 
Die  blutige  Absonderung  aus  der  Gebärmutter  hatte  einer 
schleimigen  Secretion  Platz  gemacht.  Ich  nahm  hiernach  an, 
dass  ein  Abscess  in  der  rechten' Beckenseite,  vielleicht  im 
Eierstocke  vorhanden  war,  der  vieileiclit  von  vom  herein  schon 
neben  der  Antefiexion  des  Uterus  bestanden  haben  mochte, 
liess  die  Kataplasmen  fortsetzen,  Unguentum  hydrargyri  cinereum 
einreiben  und  verordnete  innerlich  Ol.  ricini  bei  schmaler  Kost. 

Am  27.  März  drang  die  Sonde  ebenfalls  noch  SV«  Zoll 
tief  in  den  Uterus  ein  und  der  Sondenknopf  war  etwas  links 
von  der  Linea  alba  deutlich  durchzuffihlen. 

Am  30.  März  klagte  Pat.  wieder  über  Harndrang.  Med.: 
Dect  fol.  uvae  ursi. 

Am  2.  April  war  der  Harndrang  weniger  stark,  dagegen 
hatte  sich  seit  Mittag  ein  Schmerz  über  den  ganzen  Unterleib 
eingefunden,  der  bei  Druck  zunahm.  Pat.  fieberte  etwas, 
hatte  Kopfsdmierz,  belegte  Zunge.  ~  Med.:  Rp.  Calomel  gr.ij., 
Opn  gr.  Ve,  Sacch.  gr.  v.,  M.  f.  pulv.  D.  tal.  dos.  No.  VI.,  D8. 
dreistündlich  ein  Pulver.    Aeusserlich  Ol.  hyoscyami  coct 

3.  April.  Pat.  hat  etwas  geschlafen  und  fühlt  sich  wohier. 
•Der  Schmerz  ist  nicht  mehr  so  heftig.  Sie  hat  erst  drei 
Pulver  genommen,  einmal  Stuhlgang  gehabt,  mit  dem  Eiter 
abgegangen  sein  soll.  Vielleicht  war  der  Abscess  in  das 
Rectum  durchgebrochen.     Med.  contin. 

5.  April.  Pat.  bekam  gestern  Abend,  nachdem  sie  sich 
bis  dahin  ziemlich  wohl  befunden  hatte,  wieder  heftige 
Schmerzen  im  Unterleibe,  dabei  häufiges  Drängen  zum  StuMe 
mit  geringen  Ausleerungen  (in  der  Nacht  14  Mai).  Kein  Fieber, 
•warme  feuchte  Haut,  ruhiger  Puls.  —  Med.:  Rp.  Pulv.  Doweri 
3j.,   divid.  in  p.  aeq.  No.  IV.,  DS.  zweistündlich  ein  Pulver. 

6.  April.  Nach  den  Pulvern  haben  die  Schmerzen  so- 
gleich nachgelassen  und  Pat  hat  die-  Nacht  gut  geschlafen. 


▼on  GobftraimtUrkDiekiiageD  mitteli  der  Uterossonde.     449 

StuhlaiideeruDgen  noch  bfiufig.    Med.:   Rp,  lofus.  ipeeac.  c. 
Tinct  opü. 

7.  April.  Pat.  hat  ziemlicb  gut  geschlafen  uod  nur  noch 
hek  Berührung  des  Unterieibes  Sdimerz.  Seit  gestern  kein 
Stahlgang. .  Hambescbwerden  sind  nicht  mehr  vorhanden.  Der 
Appeüt  findet  sich  wieder  ein. 

8.  April.  Sttthlverstopfung  und  wieder  mehr  Schmerz. 
Rp.  Ol.  riciai. 

9.  April.  Pat  ist  ohne  allen  Sdimerz  und  befindet  sich 
ganz  wohL 

12.  ApriL  Pat  ist  aufgestand^  und  fühlt  sich  ganz  wohl, 
nur  etwas  schwach. 

20.  April.  Pat  ist- völlig  genesen  und  bekommt  wieder 
ein  blähendes  Aussehen.  Die  «Geschwulst  in  der  rechten 
Inguinalgegend  ist  versehwunden,  die  Vagmalportion  inun^ 
nodi  kurz,  (loch  weniger  dick.  Die  eingeführte  Sonde  dringt 
in  normaler  Richtung  und  nur  noch  2^/^  Zoll  tief  in  die 
Uteruahöhle  ein  und  ihi*  Knopf  ist  dicht  über  der  Schambein- 
Symphyse  durch  die  Bauchdecken  durchzufühlen. 


Es  sei  mir  -vergönnt,  an  die  Mittheilung  dieser  Beob- 
ael^ngen  noch  einige  Bemerkungen  anzuknüpfen. 

1)  Welches  in  jedem  der  vier  angeführten  F&lle  die 
Ursadhen  der  Uterusknickungen  gewesen  seien,  ist  schwer 
mit  Bestimmtheit  anzugeben.  In  den  beiden  letzten  Fällen 
lässt  sich  wohl  annehmen,  dass  die  voraufgegangene  Geburt 
zu  ihrer  Entstehung  die  Veranlassung  gegeben  hat  Ob  in 
den  beiden  ersten  Fallen  gerade  der  letzte  Abort  die  Ursache 
ihres  Entslehens  gewesen  ist,  kann  fraglich  erscheinen:  mög- 
licher Weise  ist  che  Knickung  schon  im  Gefolge  einer  früheren 
Gebart  entstanden  un4  hat  ihrerseits  zum  Abortus  geführt. 
Es  lässt  sich  das  um  so  melir  vermutiien,  da  die  erste  Kranke 
früher  schon  zwei  Mal  abortirt,  und  die  zweite  an  Dysmenorrhöe 
gelitten  hatte.  Wenn  dem  so  wäre,  so  liesse  sich  daraus 
folgern^  dass  die  UteruskniekuDgen  nicht  bloss  im  ersten 
Anfange  ihres  Bestehens,  sondern  dass  auch  ältere  Flexionen 
zu  der  Zeit,  wo  der  Uterus  sich  in  der  puerperalen  Involuti<m 
befindet,  auf  die  beschriebene  einfache  Weise  mit  Erfolg 
bdiandek  werden  können. 

Monateaelir.  f.  QebttrUk.  1861.  Bd.  ZTH.,  Hft.  6.  SO 


450     XXIX.   Maunuinnt  üeber  B«lMiidlong  Api«oli«r  FiU« 

2)  Wenn  die  durch  die  Schwangencbtft  herbeigefShrte 
Vergröfiserung  des  Uterns  und  die  Schlaffheit  seinea  Gewebes 
im  Wochenbette  gewiss  mit  Recht  als  die  Ursache  anzusehen 
ist)  warum  im  Wochenbette  und  namentlich  nach  Abortus  so 
häufig  Knickungen  m  Stande  kommen,  so  sind  andererseits 
diese  wieder  die  Veranlassung  zu  einer  mangdhallea  Rdcfc- 
hiidung  der  Gebärmutter.  Dies  beweist  der  UmstaDd,  dasa, 
so  lange  die  Knickung  des  Uterus  bestand,  dieser  sich  nkbt 
oder  doch  nur  sehr  unvollkommen  zurfickbüdete,  wlhreod  die 
Involution  sehr  schnell  Tor .  sich  ging,  sobald  die  Knickimig 
belieben  wurde.  So  betrug  im  ersten  Falle  die  Länge  der 
Utenishöhle  drei  Wochen  nach  dem  in  der  sechsten  Schwangeiv 
Schaftswoche  erfolgten  Abortus  noch  3V4  ZoU,  fünf  Tage 
nach  der  Reposition  nur  noch  2%  ZoU.  Im  dritten  Falle 
hatte  die  Uterushöbie  sechs  Wochen  nach  einer  normako 
Wiederkunft  eine  lünge  von  SV^  Zoll,  acht  Te^gd  nach  der 
Aufrichtung  des  Uterus  fand  sich  bei  der  Untersnohoog  die 
normale  Länge  von  2%  Zoll,  welche  indessen  vielleiGht  auch 
schon  früher  dagewesen  ist,  nur  nicht  coDStatirt  wurde,  da 
früher  keine  Untersuchung  gemacht  ward.  Im  vierten  Falle 
betrag  die  Länge  der  Uterashöhle  sieben  Wochen  naeh  einer 
normalen  Niederkuft  noch  7%  Zoll,  bereits  am  vierten  Tage 
nach  der  Reposition  war  die  Länge  der  Utenishöhle  bereits 
auf  6%  Zoll  reducirt.  Wenn  die  liuaf  Tage  später  vor- 
genommene Untersuchung  dieselbe  Länge  nachwies,  so  ist 
der  Grund  dieser  retardirten  Involution  wahrscheinlich  in  der 
inzwischen  au^^etenen  entzündlichen  Affection  in  der  NacU)ar- 
Schaft  des  Uterus  zu  suchen,  denn  nach  Beseitigung  dieser 
schritt  die  Ruckbiidnog  so  schnell  fort,  dass  die  eüien  Monat 
nach  der  Reposition  vorgenonunene  Untersuchung  die  Domaaie 
Länge  des  Uterus  von  2%  Zoll  constatirte.  Leider  wnrde 
inzwischen  keine  Messung  der  Gebärmutterhöfale  weiter  vor- 
genommen, sonst  hätte  sich  vielleicht  nadiweisen  lassen,  daas 
die  Länge  derselben  schon  weit  froher  auf  ihr  normales  Maaas 
reducirt  war.  Im  zweiten  Fale  könnte  es  scheinen,  afe  sei 
die  Rückbildung  des  Uterus  durch  die  Knickung  desselben  nicht 
aufgehauen  worden,  da  die  Länge  6«ner  Höhle  drei  Tage 
nach  dem  muthmaasslich  erfolgten  Abortus  nnr  2  V«  ZoB  betrug, 
allein  es  ist  zu  berücksichtigen,  dass  die  PatientiD  ibarhan|pt 


▼OD  G^VftromtterkfiSckBDgen  mittels  der  UternMonde.     4Ö1 

Dv  sehr  kurze.  Zeit  sehwanger  war,  und  dasa  aaeb  erfolgter 
Ceradriehtung  der  Gebärmutter  deren  ESble  sich  nocfa  um 
V^  Zoll  Terkürste. 

3)  Daas  die  eimnalige  Geradatellung  der  Gebarmatter 
miUeis  der  UerussiHide  und  nachfolgende  mbige  bortzoBlale 
RAekenlage  wirklich  zur  Beseitigung  der  Knickung  himreidbend 
WM^n,  gebt  daraus  faern»r,  dass  die  durch  die  Flexion  hervor- 
gerufenen  Beschwerden,  Schmerzen  im  Unterleibe  und  iift 
Krmize^  häufiges  Drängen  zum  Uriniren  und  tum  Stuhlgänge, 
sdunerzhaftes  Hamlasseu  und  sdinierzbafte  Deiacation  u.  s.  w. 
nnnittelbar  nach  der  Repo8itk)n  sehr  bedeutend  nachlassen 
and  sich  sehr  bald  gänzlich  verloren,  und  dass  die  später 
■Mbnoak  wiederholte  Application  der  Sonde  erwies,  dass  der 
Uterus  seine  normale  Stellung  beibehalten  hatte  und  die  bis 
dahin  unteiiirochene  Rückhikiung  desselben  ihren  normalen 
Fertgang  nahm.  Nur  im  zweiten  Falle  trat  nach  der  ^sten 
Reposition  ein  Reoidiv  der  Retroflexion  ein,  welches  durch 
eine  zweite  Reposition  dauernd  beseitigt  ward.  Man  könnte 
einwenden,  dass  in  soldien  Fällen  von  Gebärmutterknickungen 
eine  Naturheilung  möglich  sei,  dass  die .  Rückbildung  des 
Utenis  auch  ohne  Anwendung  der  Sonde  zuletzt  ihr  normales 
Ende  erreidit  haben  und  damit  auch  die  Knickung  beseitigt 
sein  wurde.  Es  muss  indessen  erst  noch  bewiesen  werden, 
ob  eine  solche  Naturheiking  überhaupt  je  vorkommt,  wahr- 
scheinlich aber  ist  es  nicht,  dass  eine  Knickung,  die  6  oder 
7  Wochen  lang  bestanden  hat,  von  selbst  rückgängig  werden 
sollte,  besonders  wenn  die  Kranken  sich  ihren  gewöhnlichen 
Beschäftigungen  hingeben.  We  erste  Kranke  hatte  schon,  bevor 
die  Gebärmutter  mittels  der  Sonde  aufgeriditet  wurde,  längere 
Zeit  das  Bett  gehütet,  aber  die  RetroOexion  bestand  trotzdem  in 
sehr  hohem  Grade  fori,  ja  schien  sidi  sogar  während  dieser  Zeit 
verschlimmert  zu  haben.  Dass  innere  Mittel  auf  die  Geradrichtung 
der  geknickten  Gebärmutter  irgend  welchen  Einfluss  haben 
sollten,  wird  woU  (ausser  Homöopathen  und  Rademadierianem) 
Nieaiand  glauben,  nur  halte  ich  es  allerdings  für  nothig,  für 
Entleerang  der  RIase  und  des  D«rmes  nach  der  Reposition 
gehörig  Sorge  zu  tragen,  um  dadurch  RecidiveB  vorzubeugen, 
die  gewiss  leicht  entstehen  können,  so  lange  die  Rückbildung 
im  Ultrtis  nicht  ihr  Ende  erreicht  hat 

29* 


452  ^^^*    Behm,  Bdricht  über  4ie  LeistaSfen 

Ob  maß  in  allen  ähnlichen  Fällen  so  glücküdh  sein  wird, 
4ie  GebärnmUerknickimgen  im  Wochenbette  oder  bald  nach 
Ablauf  desselben  auf  so  einfache  nnd  leichte  Weise  daaemd 
zu  beseitigeo,  ist  eine  andere  Frage,  wdche  ich  nach  ineinen 
wenigen  Erfahrapgen  zu  beantworten  nfdit  rni  Stände  Ua. 
Uebrigens '  befinden  sich  gerade  jetzt  nodi  drei  Patientinnen 
iii  meiner  Behandlung,  welche  ich  durch  «in  gleJcbes  Yer£aiiren 
Von  •  Gebärmutterknickungen  befreit  habe,  ich  behalte  mir 
indessen  die  Mittheilung  der.  hetreifenden  Krankengeschicht^i 
bis  auf  eine  spätere  Zeit  vor,  wo  ich  mich  überzeugt  haben 
werde,  dass  der  Erlolg  der  fiehandhmg '  ein  dauernder  iat 
Sollten  die  Sonde  und  die  ruhige  Ruckenlage  in  eiozeineii 
Fällen  nicht  ausreichen,  so  würde  es  immer  nootk  Zeit  sein, 
den  von  8camoni  empfohlenen  Heilplan  zu  befolgen.  Jedenfalls 
aber  komme  ich  darauf  zurück,  den  Geburtshelfem  die  Berück* 
sichtigung  der  auf  eine  Uterusflexion  hindeutenden  Symptome 
im  Wochenbette  oder  nach  Abortus,  und  falls  sich  bei  der 
Untersuchung  eine  Knickung  finden  sollte,  ihre  zeitige  Be* 
handlung  eindringlichst  zu  empfehlen. 


XXX. 

Bericht   über   die   Leistungen    des   Eöniglichen 

Hebammeninstituts  zu  Stettin  wftbrend  der 

Jahre  1834—1859. 

Vom 

Geh.  Medieinalrath  Dr.  Behm. 

(Fortsetzung.) 

Weniger  zahlreich,  aber  rielleicbt  belehrender  noch,  ab 
die  Unterstammgeburten,  waren  für  die  Hebammen-Scbfilerinnen 
diejenigen  Kindeslagen,  bei  denen  der  Ljingendurchmesser  der 
Frucht  nicht  mit  dem  Längendurchmesser  der  Matter  uberdn- 
sümmt,  die  Schief-  und  Querlagen.  Die  wenig  erfreu^ 
Heben   Ausgange,   welche   diese  Kindeslagen   init   der  ihnen 


des  R.  HebammeniDstitats  cn  Stettin  etc.  458 

gewidmeten  KunsthoUie  noch  häufig  und  selbst  unter  der 
Hand  genbter  Geburtshelfer  darbieten,  haben  dieselben  seit 
Anfang  meiner  praktischen  Laufbahn  zu  einem  Gegenstände 
meiner  besonderen  Vorliebe  gemacht.  Die  Wiehtigkeit  der 
Sache  möge  es  entschuldigen,  wenn  ich  derselben  etwas 
regere  Theilnahme  schenke.  Von  der  richtigen  Erkenntniss 
dieser  Lagen  ist  die  richtige  Behandlung  am  meisten  ab* 
hängig,  und  doch  hat  die  richtige  Erkenntniss,  d.  h.  die 
genaueste  Bestimmung  aller  für  das  Handeln  nothwendigen 
diagnostischen  Momente  nicht  selten  ihre  Schwierigkeiten. 
Geht  man  aber  von  dem  Gesichtspunkte  aus,  dass  diese  Lagen, 
sicher  wenigstens  die  Schieflagen,  höchst  selten  primäre  sind, 
sondern  meistens  aus  Geradiagen  hervorgebildet  wurden,  und 
ist  man  bemäht,  den  frrweg  ausfindig  zu  machen,  auf  welchem 
die  urspröngliche  Lage  verlassen  wurde,  so  gelingt  es  meistens, 
wenn  man  rechtzeitig  wirken  kann,  die  regeldiässige  Lage 
wieder  herzustellen,  dadurch  die  Geburt  zu  erleichtern  und 
das  Leben  des  Kindes  sicherer  zu  erhalten.  Da  nun  bei 
Kopflagen,  als  den  halbsten  aller  Kindeslagea  überhaupt, 
wenn  der  Kopf  regelwidriger  Weise  den  Beckeneingang  ver- 
lässt,  der  Hals  als  höchst  bewegliches  Glied  am  oberen  Theile 
des  Rumpfes  sofort  seitlfeh  eingebogen  wird,  so  gleitet  alsbald 
die  Schulter  in  den  Beckeneingang  herab,  indem  zugleich 
das  Sleissende  des  Kindee  sich  diagonal  dem  Kopfe  gegenüber 
in  die  entgegengesetzte  Seite  des  Muttergnmdes  einlagert. 
Daher  sind  unter  allen  Schieflagen  die  Schulterlagen  die 
häufigsten.  Da  nun  ebenso  wieder  unter  den  Kopflagen  die- 
jenigeD  die  häufigsten  sind,  bei  welchen  die  Ruckenfläcbe  des 
Kindes  der  vorderen  Beckenwand  zugewendet  liegt,  so  müssen 
aus  gleichen  Ursachen  auch  wieder  diejenigen  Schulterlagen 
die  häufigsten  sein,  bei  welchen  die  Rückenfläche  des  Kindes 
der  vorderen  Beckenwand  zugekehrt  ist,  d.  h.  die  sogenannten 
ersten  Unterarten.  Für  die  Bestimmung,  nach  welcher  Seite 
bin  der  Kopf  ausgewichen  sei,  ist  in  den  meisten  Fällen  die 
Cooformation  des  Unlerleibes  und  der  Gebärmutter  mit  Erfolg 
zu  benutzen,  und  nach  der  Lage  dieser  im  ersten  oder  zweiten 
schrägen  Durchmesser  ergeben  sich  mit  Leichtigkeit  einerseits 
die  erste  und  vierte,  andererseits  die  zweite  und  dritte  Ai*t 
der  Scbttlterlagen.   Von  dem  geringsten  Werthe  ist  die  Frage, 


454  X^^'    Btikm,  Bericht  ttber  die  lieietnnir«» 

ob  auf  seiner  Seite  der  Kopf  mehr  nach  vom  oder  mehr 
nach  hinten  ausgewichen  sei,  d.  h.  ob  einerseits  die  erste 
oder  vierte,  andererseits  die  zweite  oder  dritte  Art  vorhanden 
sei.  Nach  diesen  Wahrscheinlichkeitsgraden  fnr  die  einzelnen 
Schnlterlagen,  welche  im  speciellen  Falle  durch  eine  sorgfaltige 
Untersuchung  mit  mehr  oder  minderer  Sicheriieit  zu  ermilteh 
sind  und  welche  bei  regelmässiger  Beckenbildung  nicht  leicht 
irre  fähren,  wird  sich  das  Handebi  leicht  bestimmen  lassen, 
indem  zugleich  nach  Ermittelung  derselben  bei  lebenden 
Früchten  die  Lage  der  Füsse  stets  mit  Sicherheit  zu  be- 
stimmen ist;  und  da  in  den  meisten  Fällen  bei  Schieflagen 
die  Wehen  während  der  ersten  Geburtszeiträume  sdiwach  sind, 
so  wird  man  in  überwiegender  Zahl  der  Fi8e  durch  die 
nicht  genug  zu  empfehlende  Wigand'sche  Methode  die  Gerad- 
lage herzustellen  im  Stande  sein,  wenn  man  sich  nicht  durdi 
eine  Unklarheit  in  der  Diagnose  zu  einem  übereilten  Handein 
hinreissen  lässt.  Von  diesen  allgemeinen  Geaiehtspunkten 
machen  nur  diejenigen  Fälle  eine  Ausnahme,  in  welchen  die 
Sdiieflagen  sogenannte  primäre  waren,  und  dies  wieder  ist 
nur  dann  der  Fall,  wenn  die  Gebänmitter  selbst  übel  coih 
formirt  und  dadurch  zu  einer  ungleichmässigen  Ausdehnung 
gelangt  ist  Haben  sich  auf  diesem  Wege  partielle  Aus- 
buchtungen in  den  Wandungen  des  Fruchthälters  gebildet,  so 
sinken  vorspringende  oder  besonders  bewegliche  Theife  der 
Frucht  leicht  in  diese  eines  geringeren  Widei*staodes  fiUgen 
Stellen  hinein  und  sind  nicht  leicht  wieder  aus  denselben  zu 
entfernen;  die  dadurch  sich  bildenden  Schieflagen  bleiben  bis 
zum  Eintritte  der  Geburt  bestehen  und  erfordern  dann  metslen- 
theils  operative  Hülfe.  Reine  Schieflagen  der  Gebärmutter 
stehen  zwischen  beiden  genannten  Hauptarten  mitten  inne, 
sind  aber  meistens  rücksichtlich  der  Behandking  de»  ersicren 
an  die  Seite  zu  stellen. 

Indem  ich  von  den  im  Hebammeninstitute  beobachteten 
hierher  gehürenden  Geburten  diejenigen  Fälle  übergehe,  bei 
welchen  schon  in  der  Schwangerschaft  die  regelvridrige  Kindes- 
lage auf  dem  angegebenen  Wege  verbessert,  und. in  regel- 
mässige umgewandelt  wurde,  möge  es  gestattet  sein,  diejenigen, 
bei  welchen  noch  nach  begonnener  Geburtsarbeit  die  regel- 
widrige Lage  bestand,  näher  und  einzeln  zu  erwähnen: 


des  K.  Hebftmmefitiutilutfl  un  Stettin  etc.  455 

Schutteriagen  kamen  seeba  Mal  vor.  Vier  davon  wurden 
noch  im  Laufe  des  ersten  und  zweiten  Geburtszeitraums,  darunter 
eine  nach  Abflugs  des  Wassers,  in  Scheitellagen  umgewandelt 
und  so  die  Kinder  lebend  geboren;  eine  wurde  mittels  der 
Wendiii^,  ebenfalls  unter  Erhaltung  des  Kindes,  beendigt,  die 
aeebste  wurde  durch  Selbatentwickelung  des  Kindes  beendigt, 
wobei  Letzteres  zu  Grunde  ging.  Querlagen  kamen  dagegen 
nur  drei  Mal  zur  Beobachtung;  die  erste  wurde  durch  Selbst- 
wendung in  eine  Scheitellage  umgewandelt  und  ergab  ein 
lebendes  Kind;  die  zweite,  wobei  die  Nabelschnur  vorgefallen 
war ,  musste  durch  die  Wendung  beendigt  werden  und  ergab 
ebenfalls  ein  lebendes  Kind;  die  dritte,  ebenfalls  mit  Vorfall 
der  Nabelschnur  complicirt  und  mittels  der  Wendung  beendigt, 
hatte  wegen  Beschränkung  des  Beckens  den  Tod  des  Kindes 
zur  Folge. 

1.  Die  Schwangere  N.  18,  eine  kleine  brünette  Mnltipara, 
24  Jftbre  alt,  mit  etark^m  Hftsgebanch,  liess  beim  Beginne  der 
Gebart  darch  den  noch  wenig  geöflfneten  liuttermand  keinen 
▼erliegenden  Kindestheil,  vielmehr  lediglich  eine  reichlich  jpiit 
Fraebtwas«er  erfüllte  Blate  erkennen.    Bei  der  äasseren  Unter- 

•  ftnebniig  seigte  «ich  der  Unterleib  gleicbmäesig  ansgedefant,  der 
Mnttergrund  wegen  des  Hiingebau<;hs  nur  bis  xum  Nabel  empor- 
ragend. £rst  als  nach  mehreren  Stunden  die  schwachen  Wehen 
den  Matte rgrond  mehr  erweitert  halten ,  wurde  ausser  der  Webe 
in  den  erschlafften  Eihäuten  ein  beweglicher  randlicher  Körper 
entdeckt,  welchen  man  für  die  linke  Schulter  des  Kindes  halten 
mnsate,  da  nach  yorn  in  der  Gegend  des  rechten  eiförmigen 
Loches  eine  grössere  abgerundete  Knochenparthie  erreichbar 
wurde,  welche  nur  der  Kopf  sein  konnte.  Es  wurde  daher  eine 
Seitenlage  nach  rechts  angeordnet  und  während  der  Wehen  vor- 
sichtig das  im  zweiten  schrägen  Durchmesser  liegende  Kind  mit 
beiden  Händen  in  die  Geradlage  hinübergedrängt,  was  den  Erfolg 
hatte,  daas  sehon  nach  einigen  Wehen  die  Schulter  aus  dem 
Beckeaeingange  verschwand  und  der  Kopf  in  denselben  herab- 
glitt, woselbst  er  nun  durch  Sprengung  der  Blase  fizirt  wurde. 
Bald  danach  wurde  das  Kind,  ein  kräftiger  Knabe  aus  zweiter 
Scheitellage  lebend  geboren. 

2.  Die  Schwangere  N.  142,  eine  schwächliche,  dürftig  ge- 
nährte. Multipara  .zeigte  bei  den  ersten  Untersuchungen  während 

I  ihres  Aufenthaltes  im  Hebammeninetitute  wiederholte  Umänderungen 

der  Kindeslage.   Im  achten  Schwangerschaftsmonate  aufgenommen, 

I  ergab  sich  der  Kopf  als  unverkennbar  im  Beckeneingange  vor- 

Uegender  Kindestheil.    Nachdem  die  Schwangere  in  Folge  einer 


456  ^22-    Behm,  Bericbi  über  die  Lelstan^M 

Erk&liang  mekrere  Tage  an  einem  heftigen  Erbrechen  gelitten, 
welches  sie  nÖthigte ,  anausgesetst  auf  der  linken  Seite  sn  liegen, 
glitt  der  Kopf  ans  dem  Beckeneingange  empor,  and  die  n&chsten 
Untersnchnngen  liessen  einen  breiten  fleischigen  Kindestheil  ent- 
decken, an  welchem  ungleiche,,  bewegliehe  nnd  härtere  Theile 
nnter  der  Hant  lagen.  Die  Snssere  Gestalt  des  Unterleibes  war 
ungeachtet  einee  massigen  HUngebanches  »doch  dentlieh  pack 
der  Richtung  des  swelten  schrägen  Durchmessers  vervogen«  Un- 
geachtet jetzt  eine  Seitenlage  nach  rechts  angeordnet  wurde, 
so  änderte  sich  dennoch  die  Kindeslage  nicht  wieder  um,  Tor- 
süglich,  well  die  etwas  ungebärdige  Person  die  angeordnete 
Seitenlage  nicht  con8e((ttent  genug  beobachtete.  Als  bei  der 
beginnenden  Geburt  der  Muttermund  sich  genügend-  erweitert 
hatte,  wurde  durch  die  noch  stehende  Blase  die  hintere  Fläche 
des  Halses  durch  die  vorspringenden  Dornfortsätse  der  einzelnen 
Wirbelbeine,  und  die  Nabelschnur  um  den  Hals  liegend  und 
kräftig  pulsirend,  erkannt.  Nachdem  nunmehr  während  der 
nächsten  Stunden  eine  Lage  auf  der  rechten  Seite  beharrlteh 
durchgeführt  und  während  der  Wehen  in  der  rechten  Weiche  und 
dem  linken  Hypochondrie  gegen  die  hier  hervorragenden  Enden 
des  Kindes  ein  anhaltender  Druck  mit  den  flachen  Händen  aus- 
geübt war,  glitt  der  Kopf  endlich  vom  rechten  Sehoossbeine  ab 
und  stellte  sich  in  der  vierten  Scheitellage  in  den  Beckeneingang, 
welche  bald  nachher  in  die  erste  überging;  und  da  die  Wehen 
■u  cessiren  begannen,  so  wurden  einige  Gaben  See.  com«  gereiehti 
welche  bald  die  Geburt  eines  lebenden  Mädchens  vermitteUeni 
dem  die  Nabelschnur  zwei  Mal  um  den  Hals  geschlungen  war. 

8.  Die  Schwangere  N.  681,  eine  grosse  kräftige  Blondine, 
kam  in  den  ersten  Tagen  des  Februar  1858  aas  dem  eine  halbe 
Meile  von  der  Stadt  entfernten  Dorfe  Bredow  Vormittags  11  Uhr 
mit  Wehen  in's  Institut.  Die  sofort  vorgenommene  Untersuchung 
ergab  äusserlich  einen  nach  der  Richtung  des  ersten  schrägen 
Durchmessers  verzogenen  Unterleib,  an  dessen  Fläche  keine 
Kindestheil e  mit  Sicherheit  zu  erkennen  waren.  Innerlich  zeigte 
sich  p.  p.  der  Mntterhals  verstrichen,  der  Muttermund  von  der 
Grösse  eines  Viergroechenstücks  erweitert,  die  Mttttermtandslippen 
straff,  geschwollen,  bei  der  Berührung  schmerzhaft.  Dureh  das 
Scheidengewölbe  wurde  ein  fleischiger,  nicht  sehr  nmfangreioher 
Kindestheil  noch  über  dem  Beckeneingange  stehend,  entdeckt, 
der  jedoch  im  Muttermunde  selbst  nicht  erreicht  werden  konnte, 
da  wegen  der  grossen  Empfindlichkeit  des  Mutterhalses  das 
tiefere  Eindringen  des  Fingers  au  vermeiden ,  .überdies  die  noch 
stehende  Blase  sorgsam  zu  schonen  war.  Nachdem  die  Person 
in  ein  warmes  Lager  gebracht,  auch  sonst  genügend  erwärmt  war 
und  einige  Dosen  Dover^scheB  Pulver  genommen  hatte,  verloren 
sich  die  vorhandenen  Leibschmerzen  mehr  und  mehr  und  hörten 


de6-K..Heb»mmflBlii8tliatB  «i  dtettin  «tc.  467 

^^B  Abend  gÜBsUeb  auf,  ••  dasi  die  folgfende  Neebt  fMt  nntM> 
deoernd  rahigem  öeblafe  Terbreebt  wurde.  Bei  der  am  anderen 
Ta§^  Yorgenommeneii  Untersuebang  aeigte  sieb  die  Kiadeelage 
siebt  verändert.  Gegen  Abend  des  «weiten  Tages  stellten  sich 
wieder  Weben  ein,  welebe  «war  auf  den  Gebnrtsyetlanf  fordernd 
einwirkten,  dabei  aber  bo  nttgrwobnUcb  scbmemhaft  waren,  dnas 
anf  eine  noob  sorfickgebliebene  rbenraatisoh-spaetisebe  TbXtigkeit 
ge'sebloseen  werden  mnsste.  Naebdem  ein  Klistier  mit  Tr.  Opü 
gereicht  worden  war,  wnrde  die  GebnrftstbXtigkeit  regelrnttesiger, 
and  naebdem  der  Mattermnnd  sieb  mebr  erweitert  hatte,  wurde 
als  vorliegender  Kindestbeil  die*  gegen  den  vorderen  Beckenrand 
gelagerte  rechte. Schulter  erkennbar,  von  welcher  aus  der  Oberarm 
nach  der-  hinteren  •  rechten  Beekengegend  verlaufend,  verfolgt. 
werden  kennte.  Es  fand  mithin  die  erate  Scbnlterlage ,  erste 
Unterart,  statt.  Die  Person  wurde  nun  anf  die  linke  Seite 
gelagert,  und  der  -  im  rechten  Hypoehondrium  Hegende  8teiss 
sanft  gegen  die  Heragrabe  gelängt ,  worauf  nach  einigen  Wehen 
der  Kopf  des  Kindes  vom  linken  Behoossbeine  in*s  Becken  glitt, 
wo  er  sofort  die  erste  Seheitellage  annahm.  Der  weitere  Gebnrtsr 
verlauf  erlitt  nnn  keine  Störung-  mebr,  und  Morgens  gegen  4  Uhr 
wurde  ein  lebende»  IfAdchen  geboren. 

4.  Die  Schwangere  N.  484,  Primipara^  kam  am  (V.  Februar  18&4 
Morgens  7  Uhr  in  das  InsHtnt ,  nachdem  sie  bereits  vor  mehreren 
Standen  das  Fruchtwasser  verloren  hatte.  Der  Unterleib  neigte 
sieh  fast  kugelförmig  gestaltet,  der  Muttermund  wenig  über  dem 
Nabel  emporragend  and  so  fest  aasammeageiogen ,  dass  sich  das 
ganae  Gefttge  wie  ein  Brett  anfühlte  (Tetanus  uteri),  weshi^b 
denn  aneb  Oberhaupt  noeh  keine  Kindestheile  darobsnfiihlen  waren» 
Innerlich  neigte  sieh  der  Scheidentheil  verstrichen,  der  Mutter* 
mund  linsengross ,  dicht  hinter  der  Schoossfuge  stehend,  der 
Beekeneingang  leer.  Erst  wenn  bei  aufrechter  Stellung  der 
Person  der  etwas  nach  vom  fiberbttngende  Leib  stark  in  die  Höbe 
gehoben  wnrde,  trat  ein  rundlicher  unebener  Kindestheil  von  der 
Sehoossfuge  in  den  BeekeneiDgang  herab,  der  jedoch  durch  das 
Scheidengewölbe  nicht  mit  Sicherheit  diagnostlcirt  werden  konnte* 
Nachdem  die  Person  anf-  warmer  Lagerstätte  durch  einige  warme 
Labnngsmitlel  von  der  Brkältnng,  welche- sie  auf  dem  Wege  num 
Institnte  erfahren  hatt^,  restanrirt  war,  stellten  sich  Anfangs 
schwache,  dann  allmälig  stärker  werdende  regelmftssige  Wehen 
ein,  die  im  Laufe  des  Tages  die  Geburt  so  weit  förderten,  dass 
durch  den  erweiterten  Muttermund  die  erste  Sehulterlage,  erste 
Üntetart,  erkannt  werden  konnte.  Obgleich  wegen  des  schon 
erfolgten  Blasensprunges  der  Fall  su  den  misslioheren  gehörte, 
so  entsehloss  ich  mich  dech,  mit  der  Wendung  noch  an  warten, 
und  die  Ueberfiibrung  in  eine  Seheitellage  eu  versuchen.  Die 
Person  wurde  auf  die  linke  Seite  gelagert  und  der  in  der  linken 


458  ^^X-    B^hm,  Bericht  über  die  LelsteDgen 

Ingalnalgegend  aafetobeade  Kopf  beharriieh  dem  BeekeneiDgA^e 
sugedr&ngt  und  angleioh  d«rch  sanften  Druck  gegen  den  Siels« 
des  Kindes  dieser  dem  Epigastrinm  augesehoben.  Auf  diese 
Weise  gelang  es  denn  wirklich  im  Laufe  des  Nachmittags  den 
Kopf  in  den  Beekeneingang  herabauleiten ,'  der  alsbald  die  erste 
Scheiteilage  annahm.  Der  weitere  Verlauf  bot  keine  Begelwidrig* 
keiten  weiter  dar,  als  dass  wegen  des  su  frith  abgeflossenon 
Fruchtwassers  die  Tollstilndige  Eröffnung  des  Muttermundes  etwa« 
langsam  erfolgte ,  so  dass  die  Geburt  des  kräftigen,  lebenden 
M&dchens  erst  24  Stunden  nach  Ankauft  der  Mutter  im  lastituftei 
den  folgenden  Tag,  Morgens  früh  erfolgte. 

6.  Die  Schwangere  N.  627  war  erst  wenige  Tage  im  Institute 
und  noch  nicht  Ton  mir  untersucht,  als  sie  bereits  anfing  au 
kreisen.  Die  Untersuchung  ergab  durch  die  nec^  stehende  Blase 
wieder  die  erste  Schulterlage,  erste  Unterart.  Wahrscheinlich 
war  die  ungewöhnliche  Menge  von  Fruchtwaaser  die  Ursache, 
dass  die  angeordnete  Seitenlage  ynd  das  gewöhnliehe  Verfahren 
aar  Ueberfahrung  der  Schief  läge  in  eine  G^radlage  nicht  aus- 
reichte. Da  Bugleich  die  Eihüute  sehr  dünn  waren  und  hei 
Hlngerem  Abwarten  und  YoUstSndiger  Eröffnung  des  Muttermundes 
ein  Riss  derselben  unter  uagönstigen  Umständen  möglich  war, 
fo  sog  ich  es  vor,  bei  noch  stehender  Blase  die  Wendnug  auf 
die  Fösse  au  machen,  wodurch  binuen  wenigen  Minuten  ein 
kräftiges  Mädchen  entwidcelt  wurde. 

0.  Der  letate  und  interessanteste  Fall  einer  Sohieflage 
ereignete  sieh  bei  einer  46  jährigen  Wittwe  (N.  434)  aas  der  Hefe 
des  Volkes,  die  mit  einem  Strassenbettler  in  wilder  Ehe  lebend, 
in  den  Viehställen  der  Landleute  au  nächtigen  gewohnt  was, 
endlich  aber  durch  die  Winteckalte  genöthtgt  wurde,  menschlicheie 
Wohnung  an  suchen.  Von  Frost  erstarrt,  mit  LumjMu  bedeckt, 
halb  Terkungert,  kam  sie  In  dett  lotsten  Tagen  jdes  Februar  1S58 
in's  Institut.  Die  Untersnchmig  der  grossen,  hagerea,  stark- 
kuoehigen  Frau  bot  nichts  Ungewöhnliches  dar.  Der  Unterleib 
war  swar  bedeutend,  aber  doch  gleichmässig  ausgedehnt,  im 
Becken  der  Kopf  des  Kindes  Yorliegend«  Am  16.  Marx  stellten 
sich  Wehen  ein,  welche  langsam  und  träge  wirkten  ond.  ohne 
weitere  Regelwidrigkeiten  des  Verlaufs  eUdUeh  am  17.  Mäjs 
Morgens  S  Uhr  ein  6  Pfund  schweres  und  18  Zoll  langes  M&dehen 
au  Tage  fSSrderten,  welches  sich  in  der  ersten  8oheite41age  aur 
Oeburt  gestellt  hatte.  Gleich  nach  der  Geburt  dieses  Kindes 
ergab  sieh  die  Anwesenheit  eines  a weiten  in  der  Gebärmutter. 
Die  Blase  desselben  stellte  sich  sofort  in  deu  Muttermund  und 
bald  wurde  der  Kopf  des  sweiten  Kindes  auf  ^em  Darmbeine 
und  neben  ihm  eine  Hand  des  Kindes  gefühlt.  Da  erwartet  werden 
konnte,  dass  bei  weiteren  regelmässigen  Wehen  der  Kopf  in's 
Becken  herabgleiten  würde,  so  wurde  für  den  Augenblick  eine 


des  K.  Hebanmeiiiiislitats  xn  Stettin  etc.  4ßi 

weitere  KnnatMUfe  nlebt  nöthigr  eiracfatet.  Als  jedoch  beMdeneok 
ia  einer  sehr  krftlligeB  Wehe  die  ßlase  eprang,  stfirste  mit  dem 
reichlieh  abfliessenden  Fmehtwasser  sofort  die  vorher  gefühlte 
rechte  Hand  des  Kindes  dnrcb  den  MntterDrand  und  bis  tot-  die 
ftoeserenr  Gescbleebistheile  keriror,  so  dass  die  «weite  Sehalterlafc 
sweite  Unterart  ans  der  Stellung  der  Hand  ersiohtUoh  wnrde* 
Angenbli^lieh  war  ein  Wendnngslager  bereitet  nnd  die  Ereiesende 
anf  dasselbe  gelagert,  indem  ich  aber  eben  im  Begriffe  war,  die 
Wendttng  ▼omnebmen  nnd  die  Finger  meiner  rechten  Hand  bis 
anm  Beckeneingange  in  die  H5he  geführt  hatte,  drängte  eine 
nene  noch  stfirmlschere  Wehe  den  Rnnpf  des  Kindes  dergestalt 
ia's  Becken,  dass  meine  Hand  wider  Willen  mit  bervorgepresst 
wnrde.  Die  Selbst entwiekelnng  ^s  Kindes  kam  nnn  in  der 
Weiee  an  Stande,  dass  die  redite  AdiselMhle  nnd  die  sich  daran 
sebtiessende  rechte Bmetseite  des  Kindes  in  der  hinteren  Commissnr 
der  Genitalien  erschienen,  während  die  BchnlterwUbnng  sich 
gans  nater  den  Scheossbogpsa  in  die  rerdere  Oommissnr  der 
SdMunspalte  begab.  Hierauf  erfolgte  eine  gewaltsame  Drehung 
des  Rumpfes  um  seine  Lftngenaxe  in  der  Art,  dass  die  rechte 
Brustaeite  des  Kindes  sich  gegen  die  -linke  Seite  des  Schoess« 
bogene  emporheb,  wobei  die  Sfickenflftche  vom  hinteren  £n4e 
der  rechten  Scbamiefie  her,  in  die  Schamspalte  trat,  nnd  gleich 
daMch  wutidea  Steiss  und  Füsse  Über  den  Damm  hinweg  aus  der 
Schamspalte  herrergesohleudert,  indem  die  Schulter  sich  unter 
der  Sehoossfttge  gleichsam  als  HypomocMion  anstemmte,  so  dass 
nunmehr  die  Rückenfläciie  tfes  Kindes  der  vorderen  Beckenwand 
sngekelirt  lag.  Schultern  und  Kopf  folgten  dem  Rumpfe  nach 
kaum  ein  paa^  Seeunden.  Die  Nabelseimur  wmr  swei  Mal  um 
den  Hals  des  Kindes  geschlungen.  Dieses ,  ein  starkes  Mädchen 
von  6 Vi  P^md  Gewicht  und  19  Zoll  LSnge,  also  erheblicb  stärker 
als  das  Buerst  geborene,  war  leider  der  gewaltsamen  Zusammen- 
quetsehung  dureh  den  ganzen  Geburtsact  erlegen. 

Aber  nicht  allein  bei  den  Schienagen  zeigte  sich  die 
Macht  der  Gebärmutter  zur  Verbesserung  der  Kindeslage  so 
wirksam,   auch  die  Querlagen  gaben  den  gleichen  Beweis: 

1.  Die  Schwangere  N.  22,  eine  kümmerlich  genfthrte, 
sebwScbliche  Multipara  begann  am  2.  Februar  1886  au  kreise». 
Die  Untersuchung  seigte  des  Unterleib  stark  in  die  Breite  aus- 
gedehnt und  über  die  Sohoossfbge  herabgeaenkt»  den  Nabel  quer 
gesogen,  unter  demselben  im  Vorderbauche  kleine  Kindestheile 
lühlbar.  Innerlich  seigte  sich  der  Muttermund  etwas  in  die  Quere 
verzogen ,  sehr  hochstehend ,  kaum  einen  Zoll  gross  eröffnet  und 
in  der  sehr  wasierreicben  Blase  keinen  Kindestheil  auf  dem 
Becken eingange  aufliegend/  Da  hiernach  entweder  auf  die  An- 
wesenheit von  Zwillingen   oder  anf  eine  Querlage   des  Kinde« 


460  ^S^KX-     B$kmy  Bericht  über  äit  Leistungen 

getehloflsen  werden  mnmte,  die  Wehen  aber  aa^terordentlteh 
sparsam  and  wirknngsles  blieben,  so  wnrde  für  den  Angenblick 
¥Gn  jedem  eingreifenden  Verfahren  Abstand  genommen,  der 
Kreissenden  eine  einfaehe  RAckenlage  mit  m&ssig  eihShtem  Krense 
anempfohlen  and  der  weitere  Verlanf  genau  beobaefatet.  Unter 
sehr  m&ssigen  Wehen  wnrde  die  Naobt  som  d»  Febraar  verbraeht, 
und  am  Vormittage  dieses  Tages  war  der  Mnttermnnd  erst  bis 
anf  die  Grösse  eines  Achtgroschenstäcks  erweitert^  über  die 
Kindeslage  noch  nichts  Bestimmteres  an  ermitteln,  als  dass  in 
der  Wehe  die  Seiten  der  Gebärmutter  etwas  h&rter  und  gespannter 
wurden,  als  der  Grund,  ein  Umstand,  welcher  das  Vorhandensein 
einer  Querlage  wahrscheinlicher  machte,  als  das  von  Zwillingen« 
In  den  ersten  Naohmittagsstunden,- als  der  Muttermund  die. Grösse 
eines  Thalerstfieks  o'der  etwas  darüber  erlangt  hatte,  wurde 
plötalich  ein  kleiner,  sehr  spitzer  Theil  des  Kinde^  an  der  rechten 
Seite  des  Muttermundes  fühlbar,  der  swar  bei  jeder  Berührung 
mit  dem  untersuchenden  Finger  surüokwieh^  endlich  aber  doeh 
als  der  rechte  Ellenbogen  des  Kindes  bestimmt  werden  konnte. 
Hiemach  hatte  also  da*  Kind  eine  Querlage  mit  Torliegendoc 
rechter  Seite,  der  Kopf -rechts,  der  Bteiss  links.  Da  bei  den 
sohwaclien  W^hen  die  Blase  eich  immer  noch  .uioht'  krftfUg 
spannte ,  so  war  die  Gefahr  eines  übereilten  Wasserabflusses  nicht. 
Torhanden,  und  ich  besohloss  daher,  auch  weiter  den  Verianf 
durch  ruhiges  Abwarten  au  beobaehteu,  bis  etwa  Kunsthfilfe 
dringender  nothwendig  werden  würde.  Dies  trat  aber  nbdii  ein; 
▼ielmehr  s<diob  sich  weiter  hin  der  vorher  gefÜhUe  Ellenbogen 
▼on  Wehe  au  Wehe  weiter  über  den  Muttermund  nach  der  linken 
Seite  des  Beckens  hinüber,  bis  endlich  die  Schulter  selbst  im 
Beokeneingange  und  Muttermunde  erschien,  wobei  lugleioh 
üusserlioh  die  linke  Seite  der  Gebürmutter  mit  dem  dortliegenden 
Steisse  des  Kindes  langsam  gegen  das  linke  HypochoBdrium  in 
die  Höhe  stieg,  so  dass  sich  also  die  Quertage  Tollstündig  in 
eine  Schieflage  umwandelte.  Jetst  wurde  die  Kreissende  anf  die 
rechte  Seite  gelagert,  wodurch  mit  einer  der  nächsten  Wehen 
der  Steiss  des  Kindes  ToHstAndig  der  Mittellinie  sasank ,  während 
der-  Kopf  vom  rechten  Darmbeine  in  das  Becken  hinabglitt  und 
die  vierte  Scheitellage  aanahm,  welche,  nachdem  nun  die  Blase 
gesprengt  und  du^ch  Abfinss  des  Wassers  der  Kopf  fizirt  worden 
war,  im  weiteren  Verlaufe  in  die  erste  Scbeitellage  überging,  im 
welcher  das  Kind  ohne  weitere  Schwierigkeit  Abends  9V»  Uhr 
geboren  wurde. 

Nicht  ganz  so  eclatant,  wie  dieser,  waren  zwei  andere 
Fälle  von  Seibstwendung  nach  Querlage  bei  Zwillingsfrüchten: 

2.  Die  Schwangere  N.  178,  eine  grosse,  brünette,  stark- 
knoohige  Multipara,  aeigte  bei  ihrem  Eintritte  in  das  Hebammen* 


dw  K.  H«bamiM«in0titttto  so  Stettin  eto.  461 

iiurtitiit  «m  7.  Fobnuir  1841  einoB  sekr  bedeutend  nnd  betondeni 
in  der  Oberbanebgeg^nd  aatgedebnten  Unterleib.  Der  Orand 
der  Oeb&rmntter  war  breit,  bart,  abgemndet;  naeh  unten  eebiea 
rieb  die  Qebftrmstter  gleieb  einem  e^r  stark  sngeepitaten  Bi 
an  TenchnlUem.  Innerlicb  waren  dorob  das  Sebeldengewölbe 
nur  aebr  nndentlieb  Icleine  Kindeatbelle  an  füblen.  Drei  Tage 
aaeb  ibrem  Eintritte  in'a  Inatitnt  bekam  sie  Weben  nnd  alsbald 
stilrat«  im  dicken  Strable  eine  grosse*  Menge  Fmebtwasser  fort. 
Mit  den  näebsten  Weben  traten  dnreb  den  spärlicb  geöffneten 
Mntterrannd  die  Fflsse  in  die  Scheide  herab,  wobei  sie  die  dritte 
öteilaag  aanabmen.  Die  ttaasare  Untersnohnng  seigte  nnn  an* 
geachtet  des  Wasserab£asses  £sst  keine  Yeriuidermig  gegen  den 
früheren  Befund:  der  Mnttergrnnd  War  noch' breit,  abgemndet, 
noch  fast'  bis  avr  Hersgmbe  emporragend,  in  beiden  Seiten 
starke  grosse  rnndlicbe  Kindestlieiie;  unter  dem  Nabel  fsat  ein 
leerer  Kanm.  Ungeachtet  nnnmebr  die  Wehen  krttftiger  wurden, 
ruckte  das  halb  geborene  Kind  nicht  weiter  als  bis  anm  Stoisse 
hervor;  yielmehr  fingen  die  Fiisse  an  zu  erbleichen  und  kühl  lu 
werden.  Ich  machte  daher  die  künstliche  Eztraction  und  ent- 
wickelte mit  glocklichem  Erfolge  das  ziemlich  starke  Kind  raSnn- 
lieben  Geschlechts.  Aber  auch  jetzt  noch  änderte  sich  die 
Basebaffenheit  der  Gebärmutter  nicht;  der  Unterabschnitt  blieb 
leer,  und  im  Grunde  lag  ein  aweites  Kind  in  ToUkemmener  Quer- 
lage, Jessen  in  der  rechten  Seite  liegender  Kopf  |inn  nicht  mehr 
Terkaant  werden,  konnte.  Sofort  wurde  derselbe  durch  Dringen  mit 
der  Hand  nach  unten  geleitet,  indem  augleieb  der  in  der  linken 
Seite  liegende  Steiss  unterstfitat  und  dem  Epigastrium  lugescboben 
wurde.  Dieser  Handgriff  gelang  so  vollständig ,  dass  nach  wenigen 
Wehen  der  Kopf  in  der  aweiten  Scheiteilage  im  Beekeneingange 
erschien,  in  welcher  das  Kind  auch  ohne  weiteren  Aufenthalt 
das  Becken  passirte. 

8.  Der  andere  Fall  (N.  888)  betraf  eine  kleine,  kUmmerlieb 
eonstituirte  Multipara,  welche  aus  früheren  Entbindungen  Damm- 
riss  nnd  Prolapsns  vagiaae  davon  getragen  hatte.  Bei  ihrer 
Attfiiahme  im  Kovember  1843  Hessen  sich  durch  den  etwas 
ge8ffiieten  Muttermund  vorliegende  Extremitäten  des  Kindes  er- 
mitteln, während  äusserlich  die  Zeichen  der  Schief*  und  Querlage 
fehlten.  Als  am  28.  November  die  Gebnrtothätigkeit  rege  wurde 
und  der  Muttermund  sieh  mehr  erweiterte,  wurde  in  der  sieh 
steltenden  Mase  bald  der  li^e  Fuss  einer  sehr  kleinen  Frucht 
erkennbar,  welcher  ungeachtet  sehr  massiger  Wehen  rasch  tiefer 
berabrttekte,  und  von  der  Blase  umbaut  bis  vor  die  äusseren 
Gescbleehtstbeile  gelangte.  Die  Blase  wurde  nun  gesprengt  und 
bald  danach  ein  frähaeitigee  Mädchen  scheintodt  geboren ,  welches 
indess  bald  wieder  aum  vollen  Athmen  gelangte.  Die  Gebärmutter 
blieb' aber  ausgedehnt  und  eine  Untersuchung  neigte  ein  aweites 


462  H^X.    Bßkm^  Beriebt  üh%r  die  Loisttmgeii 

Kind  in  Yellttitndiger  Qnerlage,  mit  der  Baoelifllicbe  naob  ▼orn 
gerichtet,  der  Kopf  links,  die  Fftsse  reckte  liegend.  Da  die  Wehen 
davemd  mttesig  blieben  and  mithin  ein  stfirmiecber  Verianf  niebt 
drohte,  so  wurde,  wie  im  vorigen  Falle,  tob  aneeeo  der  Kopf 
nach  der  linken  Seite  der  Matter  lum  Beoken  herabgedri&gt  oad 
sngleich  der  Steise  von  rechte  her  der  liittellinie  des  Körpen 
angeleitet,  wa«  bald  den  Erfolg  hatte,  dae«  der  Kopf  sich  in 
▼ierter  Scheitellage  in'e  Becken  stellte,  die  bei  den  folgenden 
Wehen  in  die  erste  überging,  in  welcher  dae  Kind  bald  naehher 
lebend  geboren  wurde*  Die  geringe  Umfltngliohkeit  des  Unter- 
leibes rot  der  Oebnrt  nnd  der  Mangel  der  Zeiehen  einer  Zwillings- 
sehwangersohaft  in  Verbindnng .  mit  der  Gebartelage  des  erst^ 
geborenen  Kindes  seigen,  dass  die  beiden  Früchte  die  seltene 
Lage  an  einander  hatten,  dass  sie  mit  gegeneinander  gerichteten 
Baachfläehen  gekrenst  lagen,  wodareh  in  diesem  Falle  allerdings 
eine  beträchtliche  Baumereparniss  in  der  Qebärmatter  erreteM 
worden  war. 

Zwei  andere  Fälle  von  Queriage  des  Kindes  mussten 
wegen  gleichzeitigem  Vorfall  der  Nabelsclniur  mittels  der 
Wendung  auf  die  Füsse  beendigt  werden: 

4.  Der  eine  derselben  betraf  eine  Primipara  (N.  SM),  welche, 
so  Ende  des  Norember  1846  anfgenommen,  etaeoi  starken  Häage- 
banch  and  dentlioh  qner  gesogenen  Unterleib  darb*i)  wogegen 
bei  der  inneren  Dntersncbiing  niemals  mit  Sie^rkeit  beetimmbM« 
Kindestheile  gefanden  wnrden.  Als  am  21.  Deeember  die  Oebarts- 
'  thfttigkeit  begann ,  sturste  mit  den  ersten  Wehen  bei  kaum  be- 
gonnener Eröffiiang  des  MnttermuBdes  nicht  allein  eine  betifliolU- 
Uohe  Menge  Frachtwasser  fort,  sondern  mit  demselben  fiel 
segleioh  «ine  NabelscbiMirsehlinge  bis  vor  die  Kasseren  Gesohlechts- 
theile  hervor.  Ohne  über  eine  aasführliche  Bsplorati»n  Tief  Zelt 
wa  verlieren ,  wmrde  die  Kreiesende  sofort  anf  ein  Qnerbett  ge- 
lagert nnd  in  die  aar  Wendnng  erforderlicke  Stelfauig  gebraeht. 
Eine  jetzt  erst  vorgenommene  genaue  Unftennohnng  ergab 
äosserliek  in  der  linken  Seite  in  dem  dicht  über  das  Kind  coa- 
trahirten  Uteras  einen  harten  kngelförmsgen  Theil,  weldier  nichts 
anderes  als  der  Kopf  sein  konnte.  ■  Innerlieb  entdeckte  der  in 
den  Mnttermond  vordringende  Finger  in  der  reckten  Beekeaaeite 
den  Ünlken  Fnes  des  Kindes  mit  der  Ferse  naek  rechts  and  den 
Sehen  aaeh  finks,  die  grosse  Zeke  nach  der  Soheossfege,  die 
kleine  naeh  dem  Kreaabeine  geriokteL  Das  Kind  hatte  adthia 
eine  vollstfaidige  Baachlage,  nnd  der  Vorfall  der  Nabeleehnnr 
war  ein  natnrgem&sees  Ereigniss  wegen  der  nach  anten  ge- 
richteten Baachfläohe  des  Kindes.  Da  der  Iffattermaad  in  ge- 
nttgender  Weise  nachgiebig  war,  eo  leitete  ich  sogleich  den 
sanftchst  liegenden  Fass  in   die  iMieide  herab, ^wlhread   eine 


a«i  K.  Hftbaaimenlnslitets  fea  Blettin  etc.  468 

8«Ml6rin  den  in  der  ÜBken  SeUe  liegenden  Kopf  in  die  Höbe 
SU  seiliebem  bemüht  wAt,  So  gelang  bald  die  Herstellnng  der 
oaTOllkommenen  FueeUge.  Die  weitere  ISntwickeiang  dea  Kindee 
erleigte,  indem  bei  vomiehtiger  Bxtmotion  deaeelben  sogleioh 
dnrch  Selben  dt»  Httttergnmdee  die  Treibkralt  der  Gebärmutter 
angeregt  wurde.  Das  Kind,  ein  fast  10  Plnnd  schwerer  KiM^be, 
war  awar  in  geringem  Grade  asphyotUeh,  wurde  aber  bald  durch 
die  gewöhnlichen  Wiederbelebongamittel  an  kräftigem  Geichrei ' 
gebrnohi. 

6.  Der  andere  Fall  betraf  die  Schwangere  N.  137,  eine 
Ueine  magere  Multipara,  welche  wegen  eines  in  missigem  Grade 
rhaehitischen  Beckens  mehrere  Kinder  unter  erschwerenden  Um- 
standen theils.  mit  fiölfe  der  Zange,  theils  durch  die  Wendung 
geboren  hatte.  Am  37.  November  1839  in  das  Hebammeninstitnt 
aufgenommen,  neigte  sieh  äulserlich  der  Nabel  aiemlich  hoch 
stehend,  dicht  über  demselben  der  Muttermund  weich  und  leer, 
die  Seiten  des  Unterleibes  roll  und  stark  hervorragend.  Innerlich 
war  der  Mutterhals  weich  und  locker,  der  innere  Muttermund 
▼on  der  Grösse  eines  Silbergrosebens  geöffnet,  auf  demselben 
die  untere  Rückengegend  des  Kindes  fdhlbar,  sich  kund  gebend 
durch  die  rauhe  äussere  Fläche  des  Kreusbeins,  die  unteren 
Lendenwirbel  und  die  dtTergirenden  Hfiftkamme.  Am  4.  December 
hatie  der  Torliegende  Kindestheil  den  Muttermund  verlassen, 
dagegen  war  durch  das  Scbeidengewölbe  ein  grosser  platter,  die 
vordere  Beckengegend  bedeckender  Theil  fühlbar.  Am  11.  De* 
cember  stand  die  linke  Seite  des  Bauches  der  Mutter  erheblich 
höhor  als  die  rechte;  durch  das  Seheidengewölbe  war  rorn  auf 
der  ScheoesAige  der  Kopf  als  grosser  runder  fester  Theil  föhlber, 
durch  den  inneren  etwas  mehr  geöfiheten  Muttermund  selbst 
ebenfalls  »wei  breite  Kopfknoohen  mit  der  swischen  ihnen  ver- 
laufenden Naht  unterscheidbar,  die  jedoch  den  Beckeneingang 
nicht  vollstSadig  ausfüllten^  sondern  ui  der  hinteren  BeckenhfiUte 
einen  freien  B«nm  Hessen,  in  welchem  innerhalb  der  Eihäute 
eine  Hand  des  Kindes  und  die  lebhaft  pnlsirende  Nabelschnur 
lag.  Am  14.  December  war  der  Kopf  noch  deutlicher  auf  dem 
Beckeneingange  gelagert,  die  kleine  Fontanelle  im  inneren 
Muttermunde  erreichbar;  Hand  und  lebhaft  klopfende  Nabel- 
schnur wie  am  11.  December.  Offenbar  hatte  die  Natur  hier 
verschiedene  Anstrengungen  gemacht,  das  Kind  in  eine  aur 
Gebart  passende  Stellung  au.  bringen,  welche  jedoch  wegen 
des  au  stark  vQrspringendeb  Vorbcrgefl  vereitelt  wurden.  Am 
16.  December  ging  die  Geburt  vor  sich.  Nachdem  der  Scheiden* 
theil  vollständig  verstrichen  und  dadurch  die  innere  Untersuchung 
in  umfassenderer  Weise  möglich  geworden  war,  auch  der  Mutter- 
mund SU  einer  grösseren  Ausdehnung  gelangt  war,  fknd  sich  in 
den  Eihäuten  niehto  weiter,  als  die  lebhaft  klopfende  Nabdsehnur 


464  XSJi.    Bßhm^  Beriebt  aber  die  Leislungen 

nnd  vorn  ttber  der  Scbooeefoge  ein  kleiner  bewe|^ieber  Kindee- 
tbeil,  der  sieb  bald  als  die  eine  Hand  answies.  Der  Kopf  war 
mebr  in  die  Höbe  gestiegen,  eelne  Lage  aber  wegen  des  reicblicb 
vorhandenen  Frnehtwassers  nicht  sicher  an  ermitteln«  Nachdem 
der  Muttermund  unter  massigen  Wehen  Tollständig  eröffiiet  war, 
schritt  ich  aar  Wendung  und  gab  mich  der  Hoffnung -hin,  durch 
Herableitung  des  Kopfes,  welcher  bei  der  Wendung  auf  die 
Ffisse  wegen  des  Torspringenden  Vorberges  leicht  Schwierigkeiten 
machen  konnte,  das  Leben  des  Kindes,  ndthigenfalls  durch  An- 
legung der  Zange  sicherer  lu  erhalten.  Beim  Einführen  meiner 
Hand  berührte  ich  zunächst  vor  Sprengong  der  Eihttute  die  vor- 
liegende Hand  des  Kindes,  worauf  dieselbe  in  die  Höhe  geaogen 
wurde  und  nicht  wieder  hervortrat  Beim  weiteren  Vordringen 
der  Hand  zeigte  sich  durch  die  Eihäute  alsbald  der  Kopf  aber 
dem  Beckeneingange  im  queren  Durchmesser  in  der  linken  Seite 
stehend,  das  Hinterhaupt  an  die  linke  Dannbeingfmbe  gelehnt. 
Nachdem  nunmehr  die  vorliegende  Blase  gesprengt  werden  war, 
flössen  etwa  swei  Löffel  voll  Wasser  ab,  wie  sich  jetat  ergab, 
falsches,  denn  es  stellte  sich  sofort  eine  «weite  vollere  Blase 
dem  Finger  entgegen.  Nachdem  ancb  diese  gesprengt  worden, 
ergriff  ich  den  Kopf;  um  ihn  vollständig  in  den  Beekeneingang 
berabanaiehen,  in  dem  Angenblieke  jedoch,  als  «oh  ihn  wieder 
iositess,  damit  er  sich  nunmehr  besser  dem  Becken  anpaaee, 
trat  er  wieder  in  seine  frQhere  Stellung  aurüok,  und  statt  seiner 
fiel  die  Nabelschnur  tiefer  dnrch  den  Mutiermund,  vor.  Es  blieb 
nun  nichts  weiter  übrig,  als  sogleich  anr  Wendung  überaugeben, 
was  ohne  Schwierigkeiten  gelang,  indem  der  nach  hinten  und 
rechts  gelegene  Fuss  des  Kindes  ohne  Schwierigkeit  erfasst  und 
herabgeleitet  werden  konnte.  Bei  der  weiteren  HerausbelSrderung 
des  Kindes  machten  die  Schultern  fast  gar  keine  Schwierigkeiten, 
indem  sie  sich  dem  etwas  verlHagerten  Querdurehmesser  des 
Beckens  anpassten.  Schwieriger  war,  wie  ieh  es  auch  vermnthet 
hatte,  die  Entwickelung  des  Kopfes;  swar  wurde  ungesäumt  die 
Zange  angelegt  und  derselbe  schnell  und  vorsichtig  durch  das 
Becken  geleitet,  dennoeh  aber  gelang  es  nicht,  das  so  vielfach 
gefährdete  Kind  am  Leben  su  erhalten. 

Regelwidrigkeiten  in  Bezug  auf  die  Zahl  der  Früchte 
kamen  im  Ganzen  17  Mal  vor.  Alle  diese  Fälle  waren 
ZwiUtngsgeburten.  Da  die  sonäligen  hierbei  beobachteleo 
Regelwidrigkeiten  in  Bezug  auf  Lage  und  Geburt  derselben 
schon  im  Vorhergehenden  erwähnt  sind,  so  erübrigt  es  nur 
noch,  folgende  statistische  Data  anzugehen: 

Das  Geschlecht  beider  Kinder  war  in  12  Fällen  gleich,  und 
zwar  wurden  in  je  sechs  Fällen  zwei  Knaben  und  zwei  MMcheD 


des  K.  Hebammeninstitnts  sn  Stettin  eto.  465 

geboren.  Von  den  fünf  übrigen  Fällen  war  das  erstgeborene 
Kind  mSnnlichen  Geschlechts,  das  zweite  weiblich.  Eine 
stärkere  körperliche  Entwickelung  des  einen  Kindes  gegen  das 
andere  sowohl  nach  Gewichts-  als  Maassverhaltnissen  zeigte 
sich  in  nenn  Fällen  bei  dem  erstgeborenen  nnd  in  acht  Fällen 
bei  dem  zuletzt  geborenen  Kinde.  Zu  den  ersteren  gehört 
der  Fall  N.  231,  wo  nach  der  Geburt  eines  wohlgebildeten 
Mädchens  eine  sechsmonatliche  todtfaule  und  breitgedrückte 
Frucht  geboren  wurde,  zu  den  letzteren  der  FaU  N.  434,  wo 
nach  der  Geburt  eines  über  6  Pfund  schwerea  Mädchens  die 
Selbsteotwiekelung  eines  V4  Pfund  schwereren  Mädchens  zu 
Stande  kam.  Was .  die  Lage  beider  Früchte  betrifft,  so  hatten 
diese  bei  Mun  Fällen  beide  eine  Scheiteliage,  in  zwei  Fällen 
luitte  das  erite  eine  Scbe^Uage,  das  zweite  eine  Fueslage; 
in  je  einem  Falle  hatte  das  erste  eine  Scheiteliage,  das  zweite 
eine  Quer-  resp.  Schieflage,  und  in  vier  Fällen  hatte  das 
erste  Kind  eine  Unterstammlage,  das  zweite  eine  Scheiteliage. 
Die  Nachgeburt  war  in  13  Fällesn  gemeinschaftlich.  Eine 
besondere  Beschaffenheit  bot  nur  di^enige  Nachgeburt  dar, 
welche  der  Geburt  N.  231 .  angehörte,  bei  welcher  das  zweite 
Kind  frühreif  abgestorben  war.  Sie  war  im  Ganzen  kreis- 
rund, aber  die  Nabelschnur  der  abgestorbenen  Frucht  fühcte 
zu  einem  runden  aus  dem  ganzen  Kuchen  scharf  abgegrenzten 
Segmente,  welches  in  eine  harte  Hasse  mit  gänzlich  obliterurtra 
Gelassen  umgewandelt  war.  Der  gesunde  Theil,  welcher  dem 
lebend  geborenen  Kinde  angehörte,  umgab  diese  Hasse  halb- 
mondförmig, war  aber  in  dieser  Gestalt  so  beträchtlich  ent- 
wickelt, dass  seine  Gesammtgrösse  der  einer  gewöhnlichen 
Placenta  gleich  kam.  Herkmale,  aus  denen  hätte  entnommen 
werden  können,  ob  die  Degeneration  der  Placenta  die  Ursache 
des  Todes  der  Frucht  gewesen  sei,  oder  umgekehrt,  waren 
nicht  zu  ermitteln.  Von  den  vier  getrennten  Nachgeburten 
ging  in  einem  Falle  die  des  erstgeborenen  Kindes  unmittelbar 
nach  der  Geburt  desselben  ab,  ohne  dass  dabei  ein  erheblicher 
Blutverlust  erfolgte.  Die  Gewichts-  und  Grössenverhältnisse 
der  Zwillingsfrüchte  anlangend,  möge  es  genügen,  die  Hinima 
und  die  Haxima  anzugeben.  Jene  fanden  sich  bei  der  Hehr- 
gebäreoden   N.  624,    indem   von   den   frühzeitig   geborenen 

MoMtMehr.f.Oebartek.  1881.  Bd.  XVn.,  Hft  6.  80 


466  XXX.    Biehn^  Bericht  über  die  Leistangeii 

Kindern  das  zuerst  geborene  nur  I2V9  Zoll  Länge  und 
1  Pfund  16  Loth  Gewicht,  das  zweitgeborene  aber  13  Zoll 
Länge  und  1  Pfund  24  Lotb  Gewicht  hatte.  Pas  erstere- 
war  todt  und  in  beginnender  Verwesung  bf^iSen,  das  zweite 
wurde  lebend  geboren,  starb  aber  naob  aed^s  Stunden  an 
Schwäche.  Die  höchsten  Gewichtsverliältnisse  fanden  sich 
dagegen  bei  N.  178,  deren  erstgeborenes  Rind  20Zoll^ä^ge 
und  7  Pfund  Gewicht,  das  z weilgeborene  aber  19  Zoll  Länge 
und  6  Pfund  20  Loth  Gewicht  hatte. 

Regelwidrigkeiten  in  den  Umgebungen  der  Frucht 
zeigten  sich  in  vielen  Fällen.  Die  gewöhnlichsten:  zu  dünne 
Beschaffenheit  der  Eääute,  zu  iprosse  Menge  des  Fmeht* 
was€kers  und  aus  beiden  hervorgehend:  zu  firibzeiifger  Abfiatt» 
des  Fruchtwassers,  oder  entgegengesetzten  Falles,  zu  grosse 
Dicke  der  Eihäute  und  daher  nothwendig  werdende  kunstliche 
Sprengung  derselben  können  hier  füglidi  einem  näheren  Ein- 
gehen entzogen  bleiben.  Wo  sie  zu  secundären  NachtbeileD 
fährten,  ist  ihrer  entwed^  schon  früher  gedachl  worden,  oder 
es  wird  dennoch  fernerhin  geschehen.  Es  niögeta  daher  hier 
nur  noch  diejenigen  Fälle  Erwähnung  finden,  weldie  in  ver* 
schiedenem  Grade  die  Gesundheit  der  Gebärenden  oder  ihrer 
Kinder  bedrohten,  und  daher  mehr  oder  minder  ein  direotes 
(herapeulisdies  oder  operatives  Eingreifen  erforderten. 

In  Bezug  auf  die  Nabelschnur  ist  hier  zu  gedenken, 
dass  die  Umschlingung  derselben  überhaupt  in  133  Fällen 
beobachtet  wurde,  meistens  in  Folge  der  zu  grossen  Länge 
derselben.  Der  äusserste  Grad  dieser  Abweichung  war  eine 
Länge  von  43  Zollen,  wobei  sich  eine  fünfmalige  Umschlingung 
um  den  Hals  des  Kindes  ergab  (N.  714),  die  indess  das 
Leben  desselben  nicht  im  Mindesten  gefährdete.  Die  kürzeste 
Nabelschnur  maass  nur  9  Zoll,  so  dass  nach  erfolgter  Ab- 
nabelung des  Kindes  der  mütterliche  Theil  derselben  un- 
mittelbar zwischen  den  äusseren  Geschlechlstheilen  der  Ent- 
bundenen lag.  In  drei  Fällen  zeigten  sich  wahre  Knoten 
in  der  Nabelschnur,  ebenfalls  ohne  das  Leben  der  Frucht  zu 
gefahrdep. 

ScbUmmer  waren  dagog^^n  ^  Fälle  vom  Vorfalle  der 
Nabelschnur.     Sie  wurden   Qberbaifpi^  fünf  M^l  beobachtet; 


dM  K.  HebMnmeninstitQta  bu  Stettin  et&  467 

ein  Mal  in  Verbind«ng  mit  einer  ziemlich  seltenen  UlMchlingung 
bei  grosser  Länge  derselben: 

Fall  N.  9.  CaroUne  Af.,  eine  wohlgebaute  Multipara,  seigte 
am  27.  Februar  1835  bei  der  Exploration  einen  wohlentwickelten 
üterufi;  innerlich  bei  noch  nixsht  Tollständig^  yerstrichenem 
MiitterhaUe  durch .  den  etwas  geöffneten  Muttermund  die  erste 
Scheitellage  im  Eingange  des  Beckens,  indem  die  grosse  Fontanelle 
mit  Sicherheit  gegen  die  rechte  Incis.  iscb.  gerichtet  exkannt 
wurde.  Neben  dem  £opfe  wurde  in  den  Eihäuten  noch  eiia 
anderer  Theil  fühlbar,  der  indess  wegen  des  noch  hohen  Standes 
nicht  niher  bestimmt  werden  konnte.'  Am  8.  Müra  war  die  Person, 
nachdem  sie  bereits  leichte  Krensschmersen.  empfunden ,  ans 
denen  sie  das  Herannahen  der  Geburt  yermuthete,  noch  aus- 
gegangen, nm  für  das  an  erwartende  Kind  Bedürfnisse  ein- 
Boholen.  Unterwages  ergoss  sich  plStslich  das  Fruchtwasser, 
ttftd  mit  dem  Abflüsse  desselben  fiel  sogleich  eine  Nabelschnur- 
aehUngc  bis  yor  die  itesseren  Geschlechtstheile  herTor.  Sogleich 
vmm  InstItQte  anrackgekehrt,  ergab  die  Untersuchung  die  frühe re 
Kopfstallnng  und  eine  ^etwa  IS  Zoll  ans  den  Oeschleohtetheilen 
herTorhttngeade  noch  klppfelide  Nabelschnursckkinge ;.  Wehen  im 
Bttssigen  Grade  vorhanden.  Es  wurde  sogleich  anr  Wendung 
geschritten,  da  an  Mne  Tollständige  Reposition  der  Nabelschnur, 
welche  während  meiner  Herbeiholnng  überdies  von  der  Instituts- 
Hebamme  schon  ohne  Bifolg  veiraucht  worden  war,  kaum  mehr 
gedacht  werden  konnte,  der  hohe  Stand  des  Kopfes  überdies 
aber  der  sofort  su  tintejmehm enden  Wendung  günstig  war.  Mit 
lieichtigkeit  wurde  dar  linke  Fuss  des  Kindes  aus  der  Gegend 
der  rechten  Incis.  isehiad.  entwickelt,  nachdem  suvor  der  Mutter- 
mund in  genügender  Weise  künstlich  erweitert  worden  war.  Um 
die  Entwickelnng  des  kindlichen  Korpora  ohne  Yeraug  bewirken 
la  köfuien,  holte  ich  anch  den  aweiten  Fuss  herab.  Als  demnach 
der  Sieiss  des  Kindes  aum  Durchschneiden  kam,  seigten  sich  in 
den  Falten  beider  Hinterbacken  tief  eingeschnittene  Kinnen, 
welche  sich  -bei  näherer  Untersnchung  als  durch  die  Nabelschnur 
kervorgebraehi  ergaben,  welche  «wei  Mal  swischen  den  Füssen 
des  Kindes  daher  laufend,  beide  Obersehenkel  so  fest  umschlang, 
dass  der  Blntumlanf  gänatioh  aaf|:ehoft)en  war.  Die  Lösnng  war 
daher  ganz  uamögUcli,  und  es  handelte  sich  daher  blos  um  die 
baldige  HeranshefÜrdernng  des  Kindes  selbst,  wenn  dieses  am 
Leben  erhalten  werden  sollte.  Obgleich  nun  die  Entwickelung" 
des  Kopfes  durch  Anlegung  der  Zange  nach  Möglichkeit  be- 
schleunigt warde,  so  war  es  doch  nicht  möglich,  das  ausgetragene 
starke  aber  asphyktische  Kind  wieder  in*s  Leben  surücksurufen. 
Die  Nabelschnur  lief,  wie  sich  nachträglich  ergab,  vom  Nabel 
des  Kindes  au  den  Geschlechtsth eilen  zwischen  die  Schenkel 
hioiiifdh,  nm  den  rechten  Sehenkel  herum,  quer  über  den  Bauch 

80* 


468  XXX.    Bshmt  Berieht  fiber  die  Leistungen 

hinweg  und  fiber  die  linke  Hflfie  nach  hinten ,  and  tob  dort 
wieder  iwiichen  die  Schenkel  nach  Tom  inr  Plaeenta,  welche, 
darch  die  starke  Zermng  frühxeitig  getrennt,  sogleich  mit  dem 
Kinde  abging. 

Ausser  den  schon  bei  Gelegenheit  der  regelwidrigen 
Kindeslagen  erwähnten  beiden  Fällen  N.  157  und  294  sim) 
hier  noch  folgende  zu  erwähnen: 

N.  648.  Bin  geenndee  kräftiges  Banermttdohen  war  bei  starkem 
Frost  am  6.  Deoember  1865  auf  einem  offenen  Milohkarren  sor 
Stadt  gekommen  nnd  wurde  bald  nach  ihrer  Ankunft  im  Institnte 
▼on  Leibsobmersen  befallen,  welche  sieh  bei  näherer  ünter- 
snchnng  als  Weben  manifesttrten.  Der  Muttefhals  seigte  8i<^ 
bereits  verstrichen,  der  Mattermund  inr  OrSsse  eines  Acht- 
groschens tu  cks  erweitert,  in  der  schlaffen  Fruebtblase  waren 
beide  Fasse  und  eine  Nabelsehnursehlinge  fUhlban  Der  wettere 
Verlauf  wurde  einstweilen  der  Natur  überlassen,  wobei  denn  das 
Ei  mit  ungediVheter  Blase  bis  vor  die  äusseren  Geschlechtstlieile 
hervordrang.  Jetat  stellte  sich  jedoch  in  Folge  der  beginnenden 
Lösung  des  Mutterkuchens  ein  erheblicher  Blutverinst  ein.  Die 
Blase  wurde  daher  gesprengt,  worauf  die  nächsten  Wehen  das 
Kind ,  freilich  sngleioh  aber  auch  die  Nabelschnur  schnell  weiter 
herabtrieben.  Die  Dimensionen  der  Füsse  gaben  den  Beweis 
einer  friihseitigen  Geburt,  die  dann  unter  den  gewöhnlichen 
Drehungen  des  Kindes  aneh  bald  beendigt  war  und  ein  lebendes 
Knäbchen  von  16  Zoll  Lange  und  8  Pfund  Gewicht  au  Tage 
förderte ,  welches  indess  nach  drei  Tagen  an  Cjanose  wieder  starb. 

N.  618.  Gesunde  Multipara  hatte  bei  ihrer  Aufnahme  am 
6.  Januar  1867  keinen  voriiegenden  Kindestheil  erkennen  lassen, 
wogegen  eine  leichte  Schieflage  der  Gebärmutter  nach  links 
bemerkbar  war.  Beitenlagerung  u.  s.  w.  hatten  diese  in  so  weit 
gebessert,  dass'bei  Eintritt  der  Geburt  am  21.  Januar  der  Kopf 
in  erster  Scheitellage  vorlag.  Als  jedoch  der  Muttermund  sieh 
stärker  eröffnete,  wurde  neben  dem  Kopfe  eine  Nabelsehnur- 
sehlinge bemerkbar,  welche  bei  bald  nachher  erfolgendem  Blasen- 
sprunge so  tief  in  die  Scheide  herabfiel,  dass  eine  Reposition 
nicht  ausführbar  erschien,  vielmehr  wegen  des  noeh  immer 
Btemlich  hohen  Standes  des  Kopfes  die  Wendung  indicirt  war. 
Diese  wurde  auch  sofort  ausgeführt  und  ohne  grosse  Schwierig- 
keit ein  kräftiges  lebendes  Mädchen  von  20  Zoll  Länge  nnd 
77,  Pfund  Gewicht  entwickelt,  dem  auch  die  Nachgeburt  in 
normaler  Weise  folgte. 

Sonstige  Regelwidrigkeiten  von  Seiten  der  Nabelschnur, 
welche  einer  besonderen  Erwähnung  verdienten,  sind  mit 
Ausnahme  eines  Falles  von  Insert.  velamentaris  nicht  beobachtet 
werden;  dass  indess  exceniriscfae  InsertioneD  bei  ooregelB 


dttf  K.  HebamtneailiBUtiita  su  Stettin  etc.  469 

Fonnen  des^  Ibtterkttcheiis  mebrfocb  yorkoDQinen,  braucht 
kaam  erwähnt  za  werden. 

Was  die  Regelwidrigkeiten  von  Seiten  des  Mutter* 
kochens  betrifit,  so  ist  die  schlimmste  derselben,  das  wirk- 
liche YorMegen  desselben ,  im  Institute  nicht  ein  anziges  Mal 
Torgekommen.  Dagegen  wurde  die  frähzeitige  Lostrennung 
desselben  mehrmals  beobachtet  und  den  begleitenden  Um- 
ständen gemäss  bdiandelt.  Es  gebdrt  dahin  z.  B.  der  vorhin 
erwähnte  Fall  N.  643,  in  welchem  die  frühzeitige  Lostrenuung 
sieb  dem  Vorfalle  der  Nabelschnur  zugesellte,  fenier  der  oben 
erwähnte  Fall  N.  9,  wo  die  Lostrennung  eine  Folge  der 
heftigen  Spannung  der  Nabelschnur  nach  der  Wendung  war, 
ausserdem  einige  andere  Fälle  von  Scheitellagen,  welche  wegen 
eintretender  Blutung  im  vierten  Geburtszeitraume  mit  der 
Zange  beendigt  wefdea  mussten,  und  worüber  später  berichtet 
werden  wird.  Dagegen  kam  die  Incarceration  der  Nach- 
geburt mit  mehr  oder  minderer  fester  Adhäsion  im  Ganzen 
20  Mal  vor.  Wo  in  einzelnen  dieser  Falle,  die  erforderte 
Op^ation  der  kunstlichen  Lostrennung  und  Entfernung  noch 
nachtbeiligeEinwirkungen  auf  das  Wochenbett  äusserte,  wird  bei 
der  Befrachtung  der  Wochenbettsereignisse  nähere  Erwähnung 
geschehen. 

Von  sonstigen  geburtshülflichen  Operationen  er- 
wähne ich  nur  noch  der  Zangenanlegungen  und  der 
Wendungen  in  kurzer  Zusammenstellung:  Gelegenheit  zur 
Anlegung  der  Zange  fand  sich  überhaupt  in  25  Fällen,  von 
denen  18  sich  bei  Erstgebärenden,  die  übrigen  bei  Mehr- 
gebärenden ereigneten.  Die  Indicalion  zur  Anlegung  der  Zange 
gab  in  10  Fällen  mangelhafte  Wirksamkeit  der  Wehen  bei 
trägem  Verlaufe  der  Geburt  überhaupt  oder  des  vierten  Geburts- 
zeitraums allein.  Zwei  Drittheile  der  so  beendigten  Geburten 
ereigneten  sich  bei  Erstgebärenden.  In  zwei  Fällen  wurde 
ein  massiger  Grad  von  Beckenverengerung  Grund  zur  An- 
legung der  Zange,  sich  kundgebend  durch  eine  massige 
Einwärtshiegung  der  Schoossfuge,  wodurch  schon  im  ersten 
Geburtszeitraume  der  Eintritt  des  Kopfes  in  den  Beckenkanal 
erschwert  war.  Wegen  Schiefstand  des  Kopfes,  welcher  sich 
durch  eine  Seitenlage  der  Kreissenden  nicht  verbesserte, 
rnnaste  die  Zange  ein  Mal  angelegt  werden.    In  fünf  Fällen 


470  XXX.    Bthm^  Berteht  Aber  die  Leietvngeii 

masste  bei  dritte  und  vierter  Schdteliage  die  Geburt  kdnstlidi 
beendigt  werden,  und  obgleich  alle  diese  FiHe  sich  durch  einen 
langsamen  Verlauf  auszeichneten,  so  trat  bei  einem  derselben 
die  Indication  zur  Zangenanlegung  doch  erst  nach  90  ständiger 
Geburtsarbeit  ein.  Zwei  Mal  wurde  die  Zange  angelegt,  weil 
die  neben  dem  Kopfe  gelagerte  Hand  den  Durchtritt  ersdiwerte, 
und  ein  Mal  wegen  der  neben  dem  Kopfe  vorgefUlenen  Nabd^ 
schnür.  Drei  Mal  wurde  sie  an  den  nach  Unterstammgeburten 
zuletzt  kommenden  Kopf  gelegt  und  ein  Mal  gab  Blutung  im 
Herten  Geburtszeitraume  die  Indication  zu  dieser  Operation. 
Der  Erfolg  Ider  Zangenapplication  war  in  19  Fällen  glücklich. 
Die  6  unglücklich  abgelaufenen  JPäUe  betrafen: 

1.  N.  299.  Primipara ,  welche  bu  Weihnachten  t846  einige 
Zeit  an  aiemUch  heftigem  Rheamatiemn«  uteri  glitten  hatte,  der 
8  war  den  Scheid  entheil  bei  der  Untersncinnigr  sehr  empfitfdiioh 
mftohte,  aber  doch  die  Gebart  nicht  anmittelbar  eialeUete.  Zu 
Bade  des  Janaar  1847  begann  die  Qebart«thätigkeit,  welche  von 
aasserordentlich  trägem  Verlaofe  nach  beinahe  48  ständiger  Daner 
die  Anwendung  der  Zange  nothwendig  machte,  weil  bei  (In* 
ergiebigkeit  der  Wehen  die  entstandene  Kopfgeschwnlst  anfing 
welk  nnd  schlaff  an  werden.  t)as  in  erster  Soheitellage  ste&end«' 
Kind  wurde  .ohne  erhebliche  Schwierigkeit  extrahlH,  war  abar 
schlaff,  sehr  dürftig  genährt  and  ohne  Hersschlag,  so  dasa  die 
angewandten  Wiederbelebangsmittel  ohne  Erfolg  blieben. 

2.  N.  191.  Gesnnde  Primipara,  bei  welcher  der  etwas  schief 
stehende  Kopf  bei  sehr  trägem  Oeburtsyerlanfe  weder  darch 
Seitenlage  rang,  noch  durch  Tersiärkte*  Wehen  (See.  com.)  in 
eine  bessere  Stellang  gebracht  werden  konnte.  Nachdam  die 
Zange  angelegt,  warde  nicht  ohne  Schwierigkeit  ein  8  Pfofid 
schweres  Mädchen  todt  herTorgeaogen. 

8.  N.  579  betraf  die  Zangenapplication  wegen  der  neben 
dem  Kopfe  vorliegenden  Nabelschnar,  deren  schon  vorher  ge- 
dacht ist. 

Die  drei  letzten  Fälle  endlich:  N.  9,  137  und  234  betrafen 
die  drei  Geburten,  in  denen  nach  Unterstammlagen ,  resp. 
Wandungen,  die  Zange  an  den  auletst  kommenden  Kopf  angelegt 
wurde,  welche  bereits  oben  aasfuhrlicher  mitgethelU  worden  sind. 

Was  die  Torgekommenen  Fälle  von  Wendungen  betrifft, 
so  wurde  dieselbe  überhaupt  sechs  Mal  erforderlich.  Ausser 
den  vier  schon  früher  erwähnten  Fällen,  in  weichen  dieselbe 
wegen  Vorfall  der  Nabelschnur  vorgenommen  werden  musste, 
war  dieselbe  ein  Mal  beim  zweiten  Zwülingskinde  nothwendig, 


1 


de8  K.  HebMnmeniiiBtitaia  sq  Stettin  eto.  471 

welehes  naeh  der  Geinirt  des  erden  Kmdes  eine  othräfft 
Lage  in  der  GeMnnutter  annahm,  welche  ich  mdess  doreh 
sebnelles  Eteschreileii  verhiiidme,  in  eine  wirkli^«  Sefauller«' 
läge  (fterzngehen.  Äosserdem  wurde  sie  noch  bei  einer 
wirklichen  Schulterhge  unternMnaien,  welche  durch  Seiten« 
higerufig  der  Kreissenden  und  iuesere  Handgriffe  nicht  en 
ettfer  Gera^ge  zufilckziinaireA  wai*.  In  beiden  Fällen  war 
der  Erfolg  für  die  Hindef  gMckliCh,  so  dass  fon  den  sechs , 
mittds  der  Wei^mg  zu  Tage  gefSrderten  Kindern  nur  zwei 
dae  Leben  ferloreif,  ndMtioh  die  N.  9  und  157,  welche 
scUiesfelich  mit  der  Z^nge  beendigt  werden  muasien. 

▼erhSUtniAM  der  Nenf^eborenen. 

Unter  den-  ftbertiaupt  wfihrend  des  fttnfundzwänzlgjabri^n 
Zeftraumee  beobadkteten  und  behan^deiten  672  Geburten  befanded 
^cb',  wie  Bohon  erwilHit,  1^  ZwilÜngsgebnrteu,  so  dbss  die 
Zahl  der  überhaupt  geborenen  Kindei^  689  betrug.  Dartfenter 
waren  Mb  mdnnKchen  und  844  weiblichen  Geschlechts,  eine 
uberrabcbende  Ausgleichung  des  Verh&ltxiisses  beider  6e* 
scMechter  im. Laufe  eines  längeren  Zeitraums,  während  in 
den  einzelnen  Jahren  die  grössten  Abweichungen  stattfanden. 
Es  wnrden  z.  B.  im  Lehreufsos  1834/36  zwölf  Knaben  und 
zwölf  Mädchen,  im  Lehrcursos  1888/39  zwanzig  Knaben  und 
nur  fünf  Mädchen;  1839/40  acht  Knaben  und  sechszehn  Mädchen 
geboren  u.  s.  w.  Von  Erslgebärenden  wurden  Oberhaupt  geboren 
180  Knaben  und  165  Mädchen.  Unter  sämmtltcfaen  Kitidem 
waren  62  frühzeitig  geboren,  l^e  Ursachen  der  FriVhgeburcen 
zu  ertnitteln  war  schwer,  in  vielen  Fällen  unmöglich.  Wer 
Gelegenheit  hut,  mit  Personen  niedeaner  Stände  reichlich  id 
Btetührung  zti  treten,  wird  die  Schwierigkeiten  erfahren  haben 
(fter  anamneäti&che  Verhältnisse  genögende  Auskunft  zu  er* 
halten,  denn  auf  Nachrichten,  welche  durch  Suggestiv- Fragen 
hervorgelockt,  man  könnte  sagen,  hervorgepresst  werden, 
ist  natdrlich  kein  Werth  zu  legen.  -  Mehrere  der  Mütter  waren 
vor  der  Entbindung  sypliilitisch  gewesen,  oder  waren  es  noch; 
Andere,  dem  öffentlichen  Ldien  Angehörige  tmgeii  in  ihrer 
hederiichen  Lebensweise  hinreichende  Motive  für  die  Früh*' 
gebort,  gleichwie  für  den  Tod  der  Früchte  in  sich.  Unte^ 
den  frühzeitig  geborenen  Kindern  waren  17  bereite  in  höheren 


472         XXX.    B^Afi»,  Bericht  Aber  die  Leistnngen  ete. 

Graden  der  Yerwesimg  begriffeu/  ako  bereils  längere  Zeit 
abgestorben,  ahne  daB8  die  Mutter  nähere  Nachricht  über 
die  Zeit  und  Ursache  des  Todes  der  Früchte  iu  ertheilen 
wussten;  neun  andere  waren  zwar  ohne  Yerwesungszeichen 
geboren,  aber  so  schwach  und  elend,  dass  sie  das  Leben 
nicht  über  wenige  Stunden  fortzusetzen  vermochten,  lieber- 
haupt  todt  geboren  wurden  49  Kinder.  Von  den  auBgetragenen» 
aber  todtgeborenen,  trugen  wiederum  11  die  Zeichen  der 
Verwesung  an.  sich,  und  unter  dem  Reste  befinden  sich  die 
vorher  schon  erwähnten,  durch  schwere  Geburtsacte,  Vorfall 
der  Nabelschnur,  Wendung  u.  s.  w.  im  Veriaufe  der  Geburt 
selbst  Umgekommenen. 

Was  die  Grössen-  und  Gewichtsverhältnisse  der  lebend 
Geborenen  betrifft,  so  war  die  grösste  Länge  22  Zpli,  das 
Gewicht  desselben  Kindes  lOy,  Pfund.  Die  geringsten  Maasse 
betrafen  ein  frühzeitig  geborenes  Zwilfingskind  und  b^rugen 
16  ZoU  und  IV,  Pfund. 

Missbildungen  grösserer  Art  bei  den  Kindern  kamen 
überhaupt  14  Mal  vor;  nämlich  Klumpfüsse  fünf  Mal,  Hydro- 
cephalus  drei  Mal  (sämmtlich  todt  geboren);  Monorchisiuus 
ein  Mal;  Spina  bifida  ein  Mal;  condylomatöse  EicrescoizeB, 
die  doch  nicht  tmtschieden  den  Charakter  der  Syphilis  an 
sich  trugen,  ein  Mal;  unvollständige  Verknöcherung  der  Kopf- 
knochen  zwei  Mal,  und  zwar  betraf  diese  in  dem  Falle  N.  163 
sämmtliche  Kopfknochen  in  einem  solchen  Grade,  ohne  dass 
zugleich  Wasserkopf  vorhanden  war,  dass  bei  der  präcipitirten 
Geburt  des  9  Pfund  schweren  Kindes  durch  die  übermässige 
Uebereinanderschiebung  derselben  Apoplexie  und  Tod  des 
Kindes  herbeigefQbrt  wurde;  in  dem  zweiten  Falle  aber  be- 
schränkte sich  dieselbe  auf  den  vorderen  Rand  der  Stirnbeine, 
so  dass  der  vordere  Winkel  der  grossen  Fontanelle  sich  in 
Gestalt  einer  ofienen,  einen  halben  Zoll  breiten  Rinne  bis  zur 
Nasenwurzel  fortsetzte.  In  einem  Falle  zeigten  sich  bei  dem 
drei  Tage  nach  der  Geburt  erfolgten  Tode  des  Kindes  be- 
deutende Verengerungen  des  grössten  Theils  des  Dünndarmes, 
welche  den  Durchgang  der  Darmcontenta  unmöglich  gemacht 
hatten.  An  kleineren  Bildungsfehlern,  wie  Verlängerung  des 
Zungenbändchens,  kleineren  Muttermälern  und  dergl.  hat  es 
natürlich  auch  nicht  gefehlt. 


](XXL    Notisen  ftus  der  JohtiiaI- Literatur.  473 

Es  mAge  geiiflg«n,  diese  AbsoraiiUteD  hier  kurz  erwUurt 
zo  haben.  Die  etwanige  weitere  clrirurgltohe  Behandlung  wurde 
natorlicb  in  den  FäDen,  wo  sie  schon  fSr  die  Woehenbetts^ 
zeit  geboten  war,  sofort  besorgt,  für  die  Falle,  wo  sie  einer 
späteren  Zeit  vorbehalten  bleiben  musste,  gehört  sie  nicht  in 
den  gegeawMigen  Berieht 

(Fortselsnng  folgt) 


XXXL 
Notusen  aus  der  Journal-Literatur. 


Bicki»:    Fftll    Ton   Ansstossniig    der   Fracht   nach    dem 
Tode. 

Die  am  Ende  des  liebenten  Monates  schwangere  Fran  empfand, 
als  eie  im  Angnst  d.  J.  eines  Montage  Abende,  ohne  eich  unwohl 
so  fiiblen,  Yon  der  Feldarbeit  nach  Hanse  snrückgekebEt  war, 
gegen  8  Uhr  heftige  krampfhafte  Schmersen  in  der  Herzgegend, 
welche  anfangs  alle  5  — lOMinaten,  später  seltener,  anfallsweise 
wiederkehrten,  so  dass  sie  lant  aufschreien  mnsste.  Bei  der 
Ton  einer  Hebamme  Torgenommenen  Untersnchnng  zeigte  sich 
der  Hnttermnnd  gans  fest  geschlossen,  der  Scheidentheil  noch 
mindestens  V4  Zoll  lang,  der  Kopf  Torliegend,  noch  ballottirend. 
Weder  Blutung,  noch  Wasaerabgang,  noch  sonstige  Erscheinungen 
waren  yorhanden,  welche  eine  beginnende  Geburt  yermuthen 
liessen.  Chamillenthee  und  ein  eröfifnendes  Cljsma  linderten 
die  Erscheinungen  etwas,  welche  jedoch  um  Mitternacht  wieder 
heftiger  wnrden  und  Ton  einem  bewnsstloBen  Zustande  gefolgt 
waren,  der  Dienstag  früh  um  6  Uhr  unter  stertoröe^m,  immer 
langsamer  werdendem  Athmen  in  den  Tod  überging. 

Bis  Bum  Abend  blieb  die  Leiche  auf  ihrem  Lager  und  wurde 
beim  Waschen  und  Ankleiden  derselben  kein  Ausflnss  aus  den 
Genitalien  oder  sonstige  Yerftnderung  daran  bemerkt 

Am  Donnerstag  Abend,  also  etwa  60  Stunden  nach  dem  Tode, 
legte  die  Leichenfrau,  d»  sich  etwas  wasseriger  Ausflnss  ans  den 
Gescblechtstheilen  eingeatellt  hatte,  die  Obersehenkel  ein  wenig 
auseinander.  Die  Fäulniss  acfigte  sich  bereits  in  hohem  Grade. 
Am  Freitag  froh,  als  man  die  Leiche  in  den  Sarg  bringen  wollte, 
lag  awisehen  den  Sohenkeln  ein  ebenfalls  die  Zeichen  der  Fäulniss 


474  XXXt.    Notisen  aus  der  Jotfrn*!  läteratttr. 

«n  0ich  tffigetide«,  ab«r  ▼oüt^tidig'  etftwiekoHet,  seiiiar  ^rÖMo 
UAth  Am  End«  ctos  ffi«bent«ii  Mosatea  «ieheades  Kindi.  Deb«i 
Hab«jl4eliimr  vnd  Plaeenta.  Die  Epidermis  lötte  aich  leicht  ab. 
Aas  den  Genitalien  der  Matter  war  etwas  Wasser  ausgeflossen, 
der  Leib  blaa  und  noch  ron  Laft  aufgetrieben,  doch  etwas  an- 
sammengefallen. 

Im  vorliegenden  Falle  ist  die  ArUttAhmig^^M  FMeht  doM^ 
die  Verwesungsgase  bewirkt  worden,  oh^a  dass  eine  Torfoereitende 
Geburtsthfttigkeit  Toraufgegangen  war.  Wenigstens  lassen  sich 
keine  anderen,  als  rein  physikalische  Er&fte  annehmen,  welche 
die  Aosstossnng  der  Frucht  bq  Stande  brachten,  und  somit  wird 
Ton. Neuem  die  Ton  Caaper  gegebene  Erklärungsweise  der  Ans- 
stossung  der  Frucht  nach  dem  Tode  erhürtet. 

(Tierteljahrsschrift  ffiv  gerlel^iche  Medioin  Ton  duper, 

Bd.  XIX.,  Heft  1,  1861.) 


Amann:    Aus    Simpaon^B    klinischen    YortrKgen:     üeber 
Erauioklasma. 

Die  ungünstigen  Resultate,  welche  Kephalothrjpsie  und 
Kaiserschnitt  in  England  hatten,  Hessen  Verf.  eine  Operation 
ersinnen,  welche  beide  genannten  Opera tionsweisen  au  eriretsen 
und  va  verdrängen  bestimm«  ist.  Dicfses  ÖpertffidteTeHahreii, 
Kranloklasma  genannt,  verfällt  wie  jene  der  Kraniotdmi^  itt  dr«l 
Theile:  1)  die  Perforation  des  Kopfes,  2)  dl«  a^ei^feehang 
(comminutfon)  der  ScB&delltnochen  und  3)  die  AuMiehung  de« 
Kopfes  und  Körpers  des  Kindes.  Man  bedarf  svr  AUslllhroag 
desselben  nur  zweier  Instrumente,  a)  ein^es  Perforatorftttts  und 
h)  des  Kranioklast  sum  Zerbrechen  der  ScBHdelkndcheii  utod  tnr 
Aussiebung  d^s  Kopfes  durch  dar  Bedkeii.  Der  Kranioklast  Ut 
von  der  gewöhnlichen  Llnge  und  dem  CNwIcftte  der  Kraniotomie* 
aangen,  ungef&hr  13"  larig^  die  Lfinge  roit  der  Spitse  bis  mr 
Mitte  des  Schlosses  beträgt  6y,";  sein  äusseres  Blatt  ist  dnreh- 
schnittlich  1"  breit,  8«in  innere«  etwas  schmäler;  die  Länge  des 
Fensters  des  äusseren  l^latfleti  macht  ungefähr  9"  autf.  D«ls'  iM^ere 
Blatt  ist  solid „  content  und  a'n  der  Fläche,  mllf  welcher  es  iki  die 
Vertiefung  de«  äxisseren  gefeiisMttlBn  Blaittes  passt,  sl^gtfR^nntg. 
Beide  haben  eine  leichte  KrOmmung',  um  der  kreikfÖrmigfMi  Gestalt 
d\98  SchädelgerwOfbers  angepaest  werden  au  können:  lAe  sind  beid» 
durch  ein  gewöhnliches  2)an^nschloss  mit  efnanier  -v^erbonden. 
Bei  Anwendung  ätB  rnstrumeKtcfs  wird  ttteret  das  kleinere  i^olide 
Blatt  dttrbh  die  Peiforation'söflfating  tief  in- dai  lunei^  der  Schädel- 
höhle  g^fhhi't  nnd  das  gefenstertei  ausserhalb  d%r  KbpfÜant  über 
das  Htni^erhaüpt!  geschoben  und  die  Zange  geschlossen.  Dureh 
eine  nuA  folgendb  leichte  Drehung  nach  Verschieden^  Seiten  wird 
der  Knochen  auf  einmal  itf  der  UiVte  rierbrodhen-  od^  hinter  das 


-XXXI.   Notiaen  ans  der  Jonmsl-Literatvr.  475 

ForAineii  msgiraiii  r^rrMrt.  Dfes  6fii^  in  einif^  FttlM  \Aa^ 
reichen,  w&hrend  in  anderen  ee  ndthig  wird,  die  BHStter  d«t 
Instrnmente»  jun  die  Stfitenwandbetne  so  iil  schieben,  daee  die 
Sehllfebeine  getrennt  nnd  Berftrflininert  werden.  Die  auf  diese 
Weise  g^ans  biegsam  gewordene  Hiraseliale'  giebt  Icein  ffebnrt«-» 
hiudemiss  mehr  ab,  so  dass  die  Wehen  oder  die  aniwiehenden 
Anstrengungen  des  Oebartshelfers  das  Kind  an  Tage  fördern 
kSnnen.     Die  Kbpfhant  bleibt  frei  yon"  Verletsungen. 

Hierauf  folgt  eine  Vergleiohang  des  Kranioklasma  mit  de« 
Kephalothrypsie  nnd  Kraniotomie,  welche  im  Wesentlichen  eine 
Polemik  gegien  leAatganannAe  OperatitoiMivelsan^  enthKH^  Da  die- 
selbe »Iwaa  weteentlieh  Senea'neohi  etfthiil,  :•«  halten  «rfr  imm 
der  Wi«deff«iibe  .durtelM»  ttbarhbhe*. 

(Avnrtl.  iateUigMis-BliiM  Bslerae,  IMO,  Neu  84  n.  16.) 


E.  G.  Fxgg:   üeber   die  Wendnng   anf  die  Füsse,    ein  in 
allen   Oebarten  an  übendes  Verfahren. 

Schon  im  Jahcgasgf?  1868  der  Med.  Timea  hatte  Figg  empfohlen, 
etna  jed»  Sloplgabnrt  in  eina  FassUge  an  y  er  wandeln  nnd  dann 
die  Fvncht  an  eoBirahiren;  er  war  deshalb  Ton  yorsohiedenei». 
Seiten r  am  schärfsten  yon  Bam^Hkam  (ibid.  27.  Noyember  1868) 
suräckgewiesen.  Der  yorliegende  lange  und  langwellige  Aufsats 
ist  derselben  Sache  gewidmet.  Der  Verf.  sucht  zunächst  die 
Vorzüge  der  Wendnng  yor  der  Zangenoperation  bei  erschwerten 
Geburten  su  beweisen,  wobei  er  sich  freilich  auf  ganz  falsche 
theoretische  Voraassetznngen,  in  seiner  eigenen  Fhautasie  con- 
struirt,  stützt  und  demgemäss  nur  falsche  oder  abgethane  Dinge 
yorbringt.  £r  geht  dann  dazu  über^  die  Ausführung  der  Wendung 
für  alle  Geburtsfälle  zu  yertheidigen.  Wir  können  ihm  in  seinen 
nebelhaften  Dednctionen  nicht  folgen  und  nur  anführen ,  dass  er  yon 
dem  Grundsätze  ausgeht,  die  Natur  thue  nicht  daa. Beste 
und  Zweckmässigste  bei  der  Geburt  des  Menschen,  sie 
sei  zur  Vollendung  ihrer  Aufgabe  ohnmächtig,  und 
man  müsse  ihr  deshalb  zu  Hülfe  kommen  und  den 
Geburtsyerlauf  abkürzen.  Mit  welchen  Sophismen  der  Verf. 
diese  yerwerfllchen  und  uns  in  das  Zeitalter  der  rohesfen  Hülfe 
zurückwerfenden  Ansichten  zu  stützen  sucht,  mSgen  folgende 
Beispiele  aus  seinen  Sätzen  zeigen,  p.  23B:  „Are  the  laws  of 
I^'ature  and  the  laws  of  Health  conyertible  terms?  Then  Death, 
being  an  ineyitable  natural  eonsequence,  mnst  b'e  also  identified 
as  a  law  of  Health;*  p.  284:  „Katnre  in  the  19.  Century  is  a 
condttion  of  anarchy  requiring  rational  supenrlsion  for  the 
rectification  of  error.*  —  £9  ist  traurig,  dass  in  unserer  Zeit 
sich   solche  Dinge   in   einem   wissenschaftlichen  Journale   breit 


476  XXXI.    NotfMii  an«  der  JoanMa-Literatvr.  • 

maoliMi  Mnneii;   (Us  bMle  Mittel  gegen  dieselben  dürfte  nber 
wobl  Schweigen  sein. 

Nicht  nnerwtlmt  indess  wollen  wir  et  laeeen,  dmea  die  Tom 
Yerf,  rar  Aaeffihrnng  der  Wendung  gegebenen  Regeln  im  Gnneen 
recht  gut  eind.    £r  hat  ja  B^dnhrong  darin  I 

(Med,  Timei,  8.,  16.  Septbr.,  13.,  20.  Ooibr.  18$0.)         1. 


PI099:   Znr  ZwillingsstatiBtik. 

Die  beeehrftnkie  Ansalil  ron  Mehrgebnrten  beim  Menschen 
wird  ohne  Zweifel  dnroh  pbyslolegische  Yerhihaisee  bedingt, 
deren  Erforschung  bloss  dadurch  gelingen  kann,  dnee  wir  die 
In  der  Menge  der  Mehrgebnrten  nnter  gewisecA  umstanden 
regelmässig  auftretenden  procentischen  Abweichungen  aufenohen. 
Einselne  Angaben  su  berichtigen,  dann  möglichst  grosse  und 
sichere  Zahlen  ausammeusus teilen,  ferner  um  Mittheilungen  bei« 
aubringen,  schliesslich  auf  einige  physiologische  Gesichtspunkte 
hinsuweisen,  ist  der  Zweck  dieser  Zeilen. 

Yon  19,930,656  Kindern,  welche  in  den  von  WappSm»  su* 
sammengestelUen  Ländern  geboren  wurden,  waren  unter  10  Millionen 
durchschnittlich  9,768,334  Einselgeborene ,  227,697  Zwillinge, 
8948  Drillinge,  118  Vierlinge  und  3  (genauer  3,5)  Panflinge. 

Dass  sich  die  VerhSltnisse  auch  in  yerschiedenen  Perioden 
gleichbleiben,  zeigen  folgende  Zahlen.  Von  1847—^1866  waren 
in  Sachsen  von  1  Million  Neugeborener  975,092  Einselgeborene, 
24,582  Zwillinge,  316  Drillinge.  In  den  Jahren  1815 — 1830  kamen 
auf  1  Million  Neugeborener  11,798  Zwillingsgeburten,  also  23,696 
Zwillinge;  ein  siemlich  entsprechendes  Verhältniss,  welches  sich 
dem  ersten  aus  neuerer  Zeit  rielleicht  noch  mehr  nähern  wfirde, 
wenn  die  Erhebungen  der  Siteren  Zeit  eben  so  genau  Yor- 
genommen  worden  wären,  wie  die  der  neueren.  Von  1847  — 1866 
finden  sich  also 

128  Zwillingsgeburten  auf  10,000  geborenen  Individuen, 
1  Drillingsgeburt  „    10,000  ,  „ 

1  Vierlingsgeburt         „  400,000  „  „ 

Von  1834 — 1858  ergeben  sich  in  Sachsen  auf  10,000  Indiriduen 
126  ZwilUngsgeburten  und  eine  Drillingsgeburt,  sowie  auf 
600,000  geborene  Individuen  eine  Vierlingsgeburt. 

Eine  sehen  mitonter  hervorgehobene  Erscheinung  ist,  dass 
die  Fruchtbarkeit  eines  Jahres  auch  die  relative  Häufigkeit  der 
Mehrgeburten  erhöht,  und  es  hat  sich  in  Sachsen  herausgestellt, 
dass  in  den  durch  Fruchtbarkeit  ausgeaeichneten  Jahren  in  der 
Regel  nicht  blos  die  absolute,  sondern  auch  die  relative  Zahl 
der  mehrfachen  Qeburten  wächst,  wie  folgende  Tabelle  seigt: 


XXXI.   Kötiien  /tos  der  Jovr&al*  Literatur.  477 

Miftima  der  Fraebtbarkeit.    Mazima  der  Fmchtbarkeit. 
Abcoliite.     ItoUttve.  Abfolata.     RoMIt«. 

^ahl  der  meSHaelieii  Gebnrtea.    ' 
1848  818  1 :  88  1843  996  1 :  76 

1848  892  1:81  1848        1024  1:80 

1866  926  1:79  1867        1116  1:78 

1866  988  1 :  82  1868        1161  1  :  78. 

Eine  dvreb  P.  eo»  3kik  Air  Würiembtfrg  geAmdene  Besiehsng 
switeben  der  grteseren  Zabl  mebrftu>ber  Oebnrtea  und  eiaesi 
bedeutenden  Knabenilbereebnsse  konnte  Terf.  bei  Znaamme»- 
steUnng  anderer  L&nder  nieht  finden.  Ebensowenii^  Iwist  eieb 
ein  Correepondtrett  des  Knabenfibenobnsiee  mit  der  2abl  der 
llebrgebnrten  an  den  einseinen  Beiirkea  in  Saebeen  erkennen. 

In  Beang  anf  den  Ton  BiMarger  ansgespre ebenen  Batst  »Das 
ZnaaameaT^rkottunen  aweier.  Knaben  ist  beinabe  swei  Hai  ae 
bSnfig,  alt  dae  sweler  MMdeben,  wiibrend  Knaben  und  Mftdeben 
snaamnien  beinabe  90  bänfig  Yorkommen  aU  Knaben.  Die  Zabl 
der  Knaben  fibertriffi  die  der  Mädchen  fast  nm  das  Doppelte, 
während  bei  einfacher  Sehwaagerschaft  anf  17  Knaben  16  Mädchen 
kommen,''  fand  Verf.,  dass  in  Sachsen  ZwiUbufsgebnrten  mit 
swei  Knaben  hSnfiger  Torkommen,  als  solche  mit  swei  Mädchen, 
nnd  anch  solche  mit  gemischtem  Geschlechte.  Dass  in  diesem 
Lande  aber  anch  die  Geborten  mit  swei  Mädchen  im  Gänsen 
nnd  in  der  Regel  nicht  häufiger  vorkommen,  als  solche  mit  ge- 
mischtem Geschlechte,  dass  yielmehr  die  letsteren  sowohl  in 
einseinen  Perioden,  als  auch  im  Gänsen  die  Zwillingsgeburten 
mit  swei  Mädchen  überwiegen;  dass  jedoch  dieses  Yerhältniss 
nicht  so  bedeutend  ist,  als  Batllarger  angab. 

Verf.  wendet  sich  nun  sur  Betrachtung  der  EihÜllen  und  ins- 
besondere beachtet  er,  ob  diese  Theile,  die  wichtigsten  für  die  erste 
Entwickeinng  des  FStus,  unter  gewissen  GeschlechtsTerhältnissen 
der  Zwillingspaare ,  paarig  und  unpaarig  sind  und  kommt  su  von 
den  bisherigen  Ansichten  nicht  abweichenden  Resultaten. 
(L  Beilage  sur  Deutschen  Klinik,  No.  4,  1861.) 


Spiegelberg:    Erfahrungen    nnd    Bemerkungen    über    die 
Störungen  des  Nachgeburtsgeschäftes. 

Verf.  lenkt  im  Torliegenden  Aufsatm  die  Aufmerksamkeit  der 
Fachgenossen  auf  die  so  höchst  wichtige  Nacbgebnrtsperiode. 
Die  Häufigkeit  der  Torkommenden  Kachgeburtsstdmngen  in  der 
PriTatprazis ,  weicht  so  auffällig  contrastirt  mit  der  Seltenheit, 
In  welcher  Anomalien  der  Nachgeburtsperlode  in  GebX ranstalten 
beobachtet  werden,  erklärt  Verf.  dahin,  dass  die  ihm  sur  Behandlung 
gekommenen  Placentarsögerungen  snm  grSssten  Tbeik  gemachte, 
artitcielle  waren,  gemaeht  voh  den  Hebammen. 


478  XXXI.   Matisen  »iw  der  JoanMl-LiUmtar. 

Die  B««efai,  ml«he  Yerf«  Ür  die  BUUeAik  40v  b^iten  ^«b«?««- 
Periode  empfiehlt,  sind  die  in  England  «llgemeiii  geübten  nnd 
bestehen  in  einer  fovtwtthrendeti^eberw&ohiii^  des  Uterns  mit 
der  Han4.  Dabei  sind  weniger  so  sehr  Reibangea  des  Fnndof  etc. 
▼on  den  Banchdeeken  ans ,  als  eiti  sanftes  gleichoiftssiges  Herab- 
drucken  (sie?)  des  in  seinem  oberen  Umfange  mit  der  Hohlband 
nmfassten  Ute  ras  gtgen  das  Becken  hin  notbwendig;  ja,  die 
aehleeht  aofgaflUirten  fieihimgea  körmtm  gerade  da«  Gegontheil 
▼on  dem,  vaa  m«n  ersieleo  will  -^  eise  gleichrnftsstge  Coii- 
traotion  —  herbeiführen.  Das«  bai  dieaeii  in  Bede  etebenden 
Manipulationen  die  Placenta  auch  an«  der  fieheide  und  vor  die 
änssefett  GenitaUen  getriebeii  wurde »  wi«  Qr04d  sAgiebt»  hat 
Verf.  im  AUgemeiaea  niefat  galtinden.- 

(Ref.  CfredS  legt  gerade  das  Hanptgewieht  Mif  die  Boibnngen 
txnd  erst,  wenn  dadnrcli  eine  ttlehtige  Zusamraenstefcuftg  herv^or- 
gebraeht  ist,  gestattet  er  einen  leichten  Dmek  nach  unten,  wovanf 
in  den  bei  weiten  hftnfigsten  Fftllen  die  Plaeenta  hie  W9r  die 
äoeseren  Geftchlechtsthefle  getrieben  wird.  Allerdings  kSnnen 
Schlecht  ausgeführte  Reibungen  schaden;  es  iet  dios  aber  kein 
Fehler  der  Methode,  als  vielmehr  der  soMechlen  AnvfBhraag 
desselben.) 

Nach  Ausstossung  der  Nachgebnrt  miiss  man  sich  noch  eine 
2eit  lang  von  den  genügenden  Zusammenziehnngen  der  Geb&rmntter 
üborseugen,  worauf  man  gut  thut,  eine  Binde  nm  den  Batich  an 
legen,  sowohl  um  einer  Belazatiou  des  Uterus  TorEubetigen ,  als 
auch  um  den  erschlafften  Bauchdecken  eine  Stütze  zu  geben. 

Die  grösste  Zahl  der  vom  Verf.  beobachteten  Kachgeburts- 
sSgerungen  war  durch  anomale  Uterusthätigkeit  bedingt,  welche 
erzeugt  war  entweder  indirect,  durch  Unterlassung  der  an- 
gegebenen Regeln  oder  direct,  durch  Misshandlung,  durch  schäd- 
liche Manipulation  am  Nabelstrange  und  am  Muttermunde.  Die 
Unterlassung  der  Ueberwachung  der  Gebärmutter  hatte  eine 
ungenügende,  eine  zu  schwache  Wehenthfttigkeit,  die  Misshandlung 
meist  eine  unregelmässige,  die  sogenannte  Strictur  zur  Folge. 
Die  zu  schwachen  Contraetionea  wurden  auch  beobachtet,  wenn 
die  letzten  Stadien  der  Austreibung  sehr  .rasch  yerliefen,  oder 
die  Ausdehnung  des  Uterus  eine  sehr  bedeutende  war,  oder 
endlich  die  Gebärmutterhöhle  auf  operativem  Wege  entleert  und 
dadurch  die  Weheathätigkeit  gestört  wurde.  Die  Strictaren  hält 
Verf.  mit  Douglaß  in  den  zahlreichsten  Fällen  für  secnndäro, 
d*  h..  bedingt,  durch  Ziehen  am  Nabelstrange  oder  unnützes  Betasten 
and  Erweitem  des  Oeryix  bei  momentaner  Zurückhaltung  dea 
Frachtkuchena ,  daher  sie  sich  auch  eataprechend  immer  an 
jatl^mus^tari  und  nie  in  des  Gegend  derTubeamündungen  vorfandea. 

Sine  aboarma  faata  Adbäaion  der  PUisentA  hält  Varf.  für 
sehr  selten;   nur  aiaiga  Mal«  amr  die  Verbindaag  dur^h  nähr 


JXJl.  HotUa»  »n«  der  Jounutl-Literi^tttr.  479 


i  w«Biff /dieka,  seboige ,  yojq  üterv«  s^r  PUc«nU  lanfenda  Stränge 

b9wir|[t  Jn  einigen  FäJilen  konnte  der  Lappen  durch  die  sonst 
normale»  ßeb&rmnttejrsns^niinenBiebangen  nicht  getrennt  werden, 

I  weil  er  in  der  N&he  dea  untere«  Uteriivegmentee  inserirt  w»r, 

I  sj^  welehex  die  Uterii^o^A^acti^nen  nie  so  aasgiebig  sind. 

JSine  Blotmig  war  |n  den  meisten  fällen  zugegen. 

Bei  Behandlnng  der  Nachgeb|irts^Qgerangen  sncbte  Verf.  sn- 

nlMhst,  w^nn  er  die.  Pi^cei^t«  nicht  ip  der  Sebeide  fand^   eine 

gleiebmSsaige  geringere  Contri^ction  des  Uteras  berbeisuführen, 

mochte  die  Ucs^oJ^e  ^d^  Retention  sein»  welche  sie  woUte,  mochte 

I  BJIntiing  nngage»  sein  oder  laicht.    Nnr  wenn  letstere  sehr  heftig 

w#r  nnd  einen  deLUtli^  bemerkbaren  Einflnss  auf  das  Oesammt- 
befinden  der  Pi^tiepjdn  übte^  führte  er  sogleich  die  Hand  zur 
Entlarn^;^  der  NAcb^ebnrt  in  die  Utem^böble  ein,  ohne  jedoch 
die  äusseren  Manipulationen  aufsugeben.  Bemerkenswertb  ist, 
daas  Verf.  Ton  der  Chloroforpirq^g  bei  vorhandener  Strictur 
inrnckgekommen  ist,  da  die  Anästhesie  die  Heflezthätigkeit,  die 
ezoito  -  motorischen  Erscheinungen,  die  Strictur  also  nichts  weniger 
als  lu  beseitigen  scheint. 

Nach  Entfernung  der  Nachgeburt  gab  Verf.  2 — 4  Tage  nach 
der  Geburt  Mutterkorn,  sowohl  um  eine  Relaxation  und  einer 
«ecttttdären  Bkitofig,  alt  aueh  u«  einer  Metritle  vorsubeugen. 
Reinigende -fihispritsttngeii  in  ^e  Seheide  und  gegen  den  Uteras 
-  wnf'deB  nicht  versäumt,  ebenso  bei  fieberJbi^fieD  Ersebeimingett 
Ohinin  in  mäesig  gi^oesen  Doeen  (etwa5  gr.  BMal  <lägUeh)  to  rabreich«. 
Auch  naoh  Abortus  ist  unter  solchen  Umständen  die  an» 
gegebene  NaehbebandHing  durohaus  ebenso  ntfthig,  wie  nAob  reehl- 
seitiger  Gehurt,  nnd  seigten  sich  hter^  wenn  naoh  10—14  Tagen 
die  Absonderung  a«s  der  Ckbivmutter  sehr  miefalioh,  thel- 
rfechend  und  sn  länge  Zef«  bluHg  tisgtrt  blieb,  die  kalte  V«ginal- 
donche  und  epttter  die  flüchtige  fiinf&hvnng  des  Höllensteteft  in 
die  Uterashö%le  top  grossem  Nutten«  Anoh  Opium  In  grossen 
Dosen  seigte  gegen  die  dnreh  Toransgegangene  Blutung  hevbel- 
gefährte  Erschöpfung  der  W^ehnertnnen  gute  Erfolge. 

Eine  aus  lOPSlien  bestehende  Casnistik  schliesat  den  vieles 
Behemigenswerihe  enthaltenden  Autetv.  ' 

(Wfirsburger  medic.  Zeilsehl4ft,  Bd;  II.,  H.  1,  IMI^ 


JouUn:   Studien  über  den  Pemphigus  des  Gebärmutter- 
halses« 

Verf.  hat  swei  Fälle  von  Pemphigus  dc|S  Oab^rmiittlrhalses 
beobachtet,  welche  Krankheitsform  bis  jetst  von  keinem  Gynä- 
kologen besehrieben  worden  IVT/  Er  gab  ihr  den  obigen  Namen, 
wegen  der  auffallenden  Aehnlichkeit  mit  dem  Pemphigus  auf  der 
äusseren  Haut.    Er   eeigt   nämliph   ei^e   runde   Form   mit  sehr 


480  XXXI.   NottBen  aas  der  Jonnial*Literatar. 

reg^elmätsigexn  Rande  nnd  gleiclit  einem  grossen  Aeken  Tropfen 
klaren  und  fadensiebenden  Sebleimes,  welcher  ans  dem  Mntter- 
halse  strSmt.  Zuweilen  ist  er  an  der  Basis  durch  einen  gans 
sehmalen  hochrothen  Streifen  hegrenit,  welcher  reines  Blut  sn 
sein  scheint  Die  01>erflache  des  Collum ,  auf  welcher  der 
Pemphigus  steht,  ist  gani  normal  und  behält  ihre  gewöhnliche 
Farbe.  Das  Epithel,  welohes  die  Hülle  der  Blase  bildet,  besitst 
eine  feiemliche  Widerstandskraft,  lerreisst  aber  sofort  durch  Be- 
rührung mit  Höllenstein.  Die  ausfliesende  Flüssigkeit  erscheint 
nicht  fadensiehend  und  gleicht  dem  gewühnlichen  Serum.  Die 
Krankheit  ist  ohne  alle  Bedeutung  für  die  Gesundheit,  die  Frauen 
haben  keine  Beschwerde  und  deshalb  wird  sie  auch  nur  aufiUHg 
gefiinden.  Nach  mündlicher  Mittheilung  hat  CaH^tnau  in  der 
Lourcine  sechs  solcher  Beobachtungen,  ebenso  N4Mon  einige 
gemacht. 

(Gas.  des  h6pit.,  No.  40,  1861.) 


ÜKU:    Ein  Fall  Ton  mangelhafter  Knoohenbildung  bei 
einem  Neugeborenen. 

Verf.  wurde  tu  einer  kräftigen  86jlÜirigen  Gebftrenden  bei 
Beginn  ihrer  fünften  Geburt  gerufen  wegen  Schieflage  und  Vor- 
lagemng  einer  Hand.  Die  Wendung  war  schwierig  wegen  Ver- 
kümmerung der  unteren  Extremitäten  des  Kindes  und  Verf.  kam 
sehr  in  Verlegenheit,  weil  bei  jedem  kräftigen  Angriffe  ein 
knarrendes  Ger&usoh  au  bemerken  war.  Das  Kind  war  todt,  aber 
reif.  Die  BesJchtigung  desselben  seigte  ein  Fehlen  der  Kopf- 
kaochen,  wenn  man  nicht  einige  sechsergrosse  Knochenplättehen, 
4ie  sieh  Tbrfanden,  dafür  halten  wollte.  Das  Gesiebt  war  Ter- 
sogen,  well  die  Gesiehtskttoehen  mehr  oder  weniger  lersplittert 
waren.  Die  Bippen  waren  fast  aämmtlich  lerbrochen,  die  meisten 
mehrere  Male.  Die  Extremitäten  waren  Terkümmert,  d.  b.  viel 
zu  kurs,  ihre  Dicke  war  normal,  ebenso  die  Gelenke.  UeberaU 
jedoch  sersplitterten  die  Knochen  bei  Berührung  und  Hess  man 
ein  Knochenstückchen  etwa«  troeknen,  so  konnte  man  es  mit 
dem  Nagel  an  Pulrer  lerquetsehen. 

Im  Uebrigen  war  der  Körper  gut  gebildet  und  normal  gross. 

Die  Nahrung  der  Frau  während  ihrer  Schwangerschaft  hatte 
ausschliesslich  in  Kartoffeln  und  Obstmost,  keinem  Fleische  und 
keinem  Gemüse  und  wenig  Brod  bestanden. 

(Zeitschrift  ivit  Wundärste  und  Geburtshelfer,  18.  Jahrg., 
H.  IV.,  1860.) 


Druck  ron  A.  Th.  Engelbardt  in  Lelpsiir* 


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Monatsscl 


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Oi.iT  Punt^ijt  l^:y- 


Monateschrift 

für 

GEBURTSKUNDE 

und 

Frauenkrankheiten. 

Im  Verein  mit  der 
Gesellschaft  für  Geburtshtille  in  Berlin 

herausgegeben  von 

Dr.  C.  S.  F.  Cred6, 

Hofrath,  ord.  Prof.  und  Director  der  Entbindung« -Anstalt  in  Leipxlg  etc. 

Dr.  Ed«  BKartiiif 

Ot^h  RAth,  ord.  Prof.  und  Director  der  Entbindnngs-Anstait  in  Berlin.  Rittor  etc. 

Dr.  F.  A.  von  Ritgen, 

Geh.  Rath,  ord.  Prof.  and  Director  der  Entbindung« -Anstalt  in  GieKsen, 
Comthur  etc. 

Dr.  Ed.  C.  J.  von  Biebold, 

ilofrntli,    ord.   Prof.    und    Director    der    Entbindung«  •  Anstalt   in    Göttlugen 
Comthur  etc. 


Adttzebnter  Baiil. 

Mit  vier  Tafeln  Abbildungen. 


Berlin,  1861. 

Vetlac  ran  Augiut  HlMchwald, 

68  U.  d.  Linden,  Ecke  der  Schadow-Strasse. 


Inhalt 


Heft    I. 

Seita 

I.  Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  Gebnrtshülfe  in  Berlin      1 

Afarttn;  Angeborene  zQfiammengese  täte  Kystengeschwnlst 
der  Sacroperinäalgegend 1 

Tobold:  Ueber  einen  Belenchtungsapparat  in  specie  zn 
gynäkologischen  Zwecken 6 

L,  Mayer:  Ueber  das  zweckmässigste  Specnluin  ....     11 
C.  Mayer:  Ueber  die  Amputation  eines  Canoroids  oder 
Blumenkohlgewächses  der  Yaginalportion 12 

II.  Betrachtungen  über  das  Kindbettfieber.  Nach  Lehmann^A 
„Rapports  de  la  commission  d^obst^trique,  communiqu^s 
au  eercle  m^dical  d'Amsterdam  ^.  MitgetheiU  von 
Eduard  v.  Siebold.    (Schluss.) 19 

III.  Ueber  Rheumatismus  uteri  gravtdi.  Vortrag,  gehalten 
in  der  79.  Sitzung  der  Gesellschaft  für  Geburtshülfe  zu 
Leipzig  am  8.  October  1860  tou  Dr.  Emil  Apollo  Meißner    39 

IV.  Bericht  über  die  Leistungen  des  Eönigl.  Hebammen- 
instituts  zu  Stettin  während  der  Jahre  1834 — 1859.  Vom 
Geh.  Medicinalrath  Dr.  Behtn.    (Fortsetzung.) 60 

V.    Notizen  aus  der  Journal -Literatur: 

Herbert  Barker:  Ringförmige  Zerreissung  des  Utems- 

halses 83 

C,  WaUer:  Excessive  Grösse  eines  Neugeborenen  .  .  83 

W,  Boeer:  Daa  Ectropion  am  Muttermunde 84 


lY  Inhalt. 

Seite 
J,  Adamt:  Eztranterinschwangerschaft;  Bauchs chnitt, 
Genesung 84 

Qraüy  HewiU:   üeber  die  Natur  und  Entstehung  der 

Blasenmole     85 

Maurer:  Ein  Fall  yon  abweichender  Ausmändung  des 

Mastdarms  und  gänzlichem  Fehlen  der  Harnorgane  85 
W.  0,  PriesÜey:  Merkwürdige  intrauterine  Verletzung 

am  Kopfe 86 

Tarner:   Ovariotomie,  Genesung    86 

William    Baxton    HilUard:    Neue    Instrumente     zur 

Operation  der  Blasenscheidenfistel 87 

H.    Oldham:    Retroflexion    des    schwangeren    Uterus, 

während  der  Geburt  bestehend 87 

Thomas  Balfour:    Zwei   Fälle   von  Exomphnlus,    mit 

Bemerkungen 87 


Heft    n. 

VI.  Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  Geburtshtilfe  in  Berlin. 

lieber  den  Antrag  des  Dr.  B.  in  B.     89  u.  112 

V.  Becklinghausen:    Krebs    im  Douglas'' sehen   KAunie 
mit  zahlreichen  Metastasen 95 

Olshausen:  Imperforatio  ani  mit  abnormer  Commnni- 
cation   des  Darmes   in   die  Blase;    fehlender  Penis     98 

Mayer:  Fall  einer  vom  Uterus  ausgehenden  geheilten 
Epilepsie - 105 

Lücke:    Uterus  mit  einem  grossen  Fibroide 111 

VII.  Zwei  neue  Fälle  von  angeborenem  (einfachem)  Kysten- 
hygrom  der  Sacroperinäalgegend.  Mitgetheilt  von 
Df.  Sirassmann,  Secundärarzt  an  der  geburtshälflichc-n 
Klinik  in  Berlin.    (Hierzu  die  drei  Abbildungen  Ä,  B,  C 

inr  halber  natürlicher  Grösse.) 130 

VIII.  Ueber  die  Torsion  der  Nabelschnur  und  dadurch  be- 
dingte Stenosen  der  Gefässe.  Von  Dr.  JS.,  Dohrn^ 
Assistenzarzt  der  geburtshülflichen  Klinik  zu  Kiel.  (Mit 
Tier  Abbildungen.)     147 

IX.  Bericht  über  die  Leistungen  des  Königl.  Hcbammen- 
instituts  zu  Stettin  während  der  Jahre  1834  — 1859. 
Vom  Geh.  Medicinalrath  Dr.  Behm.    (Schlnss.) 163 


Inhalt.  V 

Heft  in. 

Seite 
X.     Einige  Beobachtungen  über  Schwangerschaft  ausser- 
halb  der  Gebärmutter.    Von  Dr.  P.  U.   Walter,  Pro- 
fessor emer.  in  Dorpat.  (Mit  zwei  Tafeln  Abbildungen.)  171 

XI.     Embryotomie   mit  ungünstigem  Ausgange   bei  unaus- 
führbarer Auslösung  des  Oberarmes  aus  dem  Schulter-  ' 
gelenke.   Von  Dr.  Vogler,  Obermedicinalrath,  Brun^ien- 
und  Badearzt  in  Wiesbaden 204 

XII.    Zur  Behandlnng  des  Kindbettfiebers.    Von  Dr.  Friedr, 

Kehrer,  Assistent  an  der  Entbindungsanstalt  in  Giessen  209 

XIII.  Ein  Fall  von  Traubenmole  neben  einem  normal  ent- 
wickelten Eie.  Von  Dr.  Hildehrandt,  Assistent  der 
geburtshülflichen  Klinik  in  Königsberg  in  Pr.  .....  224 

XIV.  Fall  von  Eclampsia  pnerperalis  in  Verbindung  mit  einem 
Fungus  durae  matris.    Mitgetheilt  von  Dr.  F.  A,  Kehrer 

in  Giessen 228 

XV.    Zum  Saugapparat  der  Neugeborenen.    Mittheilung  von 

E,  V,  Siebold 234 

XVI.  Ein  Blick  auf  die  neuesten  Beiträge  zur  Frage  über 
das  Sexualverhältniss  der  Neugeborenen.  Von  Dr.  Plose 
in  Leipzig  .  .  .* 237 

XVII.     Notizen  aus  der  .lournal- Literatur: 

Braxion  Hicks:  lieber  eine  neue  Wendnngsmethode  247 
Legrand:   Tod,   in   Folge   einer  Jodeinspritzung   in 

eine  Eierstockskyste 248 

PolcA:  Neue  Operationsmethode  der  Fistnla  vesico- 

vaginalis 249 

Martin:   Ueber  Chloroforminhal'itionen   in   der  Ge- 

burtshülfe 249 


Heft    IV. 

XVIII.  Zur  Kenntniss  eines  schottischen  von  mir  modificirten 
Hysterophors.  Von  Professor  Dr.  Breslau  in  Zürich. 
(Nebst  einer  Tafel  Abbildungen.)     .  ', 251 

XIX.  Zwillingsgeburt'  mit  Placenta  praevia.  Beobachtet 
von  Dr.  Bernhard  Schuchardt,  Obergerichts-  und 
Landphysikus  tu  Nienburg  an  der  Weser  in  Hannover  268 


VI 


Inhalt. 


XX. 


XXI. 


XXII. 


BelU 


Bemerkungen  über  die  Entfernung  der  Nachgeburt. 
Von  Dr.  Abegg  in  Danzig 264 

Ueber  Anwendung  der  £lectricität  in  der  Gcburts- 
hülfe.     Von  Dr.  A.  Baer  in  Berlin 273 

Zehnter  Bericht  über  die  in  der  K.  Entbindungs- 
unstalt  zu  Göttingen  vorgefallenen  Ereignisse  in  den 
Jahren  1867,  1868,  1869  u.  1860.  Von  Dr.  Ed.  v.  SUbold  296 

XXIII.  Notizen  aus  der  Journal -Literatur: 

Wagner:  Neubildung  von  Drüsengewebe 324 

Ziema$en:  Fibröser  Polyp  der  Gebärmutter   ....  326 
Faueoult:  Fall  von  Schamfugenschnitt 326 

XXIV.  Literatur:. 

Aerztlicher  Bericht  des  k.  k.  Gebär-  und  Findel- 
hauses zu  Wien,  vom  Solarjahre  1868.  Im  Auf- 
trage des  k.  k.  Ministerium  des  Innern.  Wien  1860.  327 


Heft    V. 


XXV.    Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  Gehurtshülfe  in 

Berlin 331 

Birnbaum:  Ueber  die  Bauchhöhlenschwangerschaft 
und  namentlich  die  inneren  Blutungen  dabei,  nach 
eigenen  Beobachtungen 331 

Martin:  Fall  von  geheiltem  Lupus  exulcerans  vulvae 
(Estiomöne) 348 

Lorent:  Fall  von  Lupus  hjpertrophicus  vulvae   .  .  850 

Mayer:  Allmälig  zunehmende  Beckenenge  durch 
Entwickelung  einer  fibrösen  Geschwulst  am  ersten 
Sacral-  und  letzten  Lendenwirbel.  Einleitung 
der  Frühgeburt  nach  Cohen^a  Methode 354 

OUhaueen:  Fibröse  Geschwulst  im  kleinen  Becken. 
Künstliche  Frühgeburt 362 

XXVI.  Sechsunddreissigste  Versammlung  deutscher  Natur- 
forscher und  Aerzte  in  Speier  im  Jahre  1861.  Ver- 
handlungen derSection  für  Gynäkologie.  Mitgetheilt 
von  Dr.  F.  Hüter 3^ 

XXVII.  Fall  von  36  maliger  Function  einer  Ovarialkyste. 
Mitgetheilt  von  Dr.  Bertrand ,  Badearzt  in  Schlangen- 
bad   388 


Inhalt.  Vll 

Seite  ' 
XXVIII.    Notizen  ans  der  Journal -I^iteratur: 

Ueber  den  Kaiserschnitt  nach  deqi  Tode  der  Mutter. 
Verhandlungen  in  der  Acad^mie  de  ni^d.  in  Paris  396 

Lemariey:  Eclampsie  während  der  Schwangerschaft, 
Tod,  Kaiserschnitt  zwei  Stunden  nach  dem  Tode  402 

Mattet:  Üeber  den  Kaiserschnitt  nach  dem  Tode  .  402 

Otterbourg:  Ueber  den  Kaiserschnitt  nach  dem  Tode  404 

Ueber  die  Beweglichkeit  der  Gebärmutter 405 

XXIX.    Literatur: 

Die  Aetiologie,  der  Begriff  und  die  Prophylaxis 
des  Kindbettfiebers  von  Ignaz  Philipp  Semmelweia^ 
Prof.  in  Pest.  Pest,  Wien  u.  Leipzig,  Hartleben'a 
VerL-Exp.,  1861 406 

Lehrbuch  der  Hebammenkunst  von  Dr.  Bernhard 
SehultzSy   Prof.  der  Qeburtahülfe-,   Director  der 
Entbindungsanstalt  n.  Hebammenschule  zu  Jena. 
Mit  68  Holzschn.    Leipzig,  W.  Engelmann ,  1860.  407 
Nachtrag.     Nachricht.    Berichtigungen 410 


Heft    VI. 

XXX.  Neuer  Fall  von  Spondylolisthesis  des  Beckens.  Un- 
vollendet gebliebene  Entbindung.  Tod  des  Kindes 
und  der  Mutter.  ,Von  Prof.  Dr.  Bretlau  in  Zürich. 
(Mit  Abbildung.) 411 

XXXI.  Zur  Diagnose  des  Fötalgeschlechts.  Als  Beitrag  zu 
den  von  Dr.  Frankenhäuser  über  diesen  Gegenstand 
mitgetheilten  Beobachtungen  von  Dr.  C.  Steinbach, 
ehemaligem  Assistenten  der  Gebäranstalt  in  Jena  .  428 

XXXIL  Incarcerirte  Haematoroetra  in  Folge  erworbener 
Atresie  des  Os  extemum.  Von  Dr.  ü,  PreU  in 
Hamburg    447 

XXXI IL  Ueber  die  Extraction  der  Frucht  nach  dem  Modus 
der  sogenannten  Selbstentwickelung.  Von  Prof. 
ChtBtav  Veit  in  Rostock 457 

XXXIV.  Eine  Replik  auf  des  Herrn  Dr.  Plote:  „Ein  Blick 
auf  die  neuesten  Beiträge  zur  Frage  über  das  Sexual - 
verhältniss  der  Neugeborenen.''  Von  Prof.  Dr,  Breslau 
in  Zürich 470 


VIII  Inhalt. 

Seite 
XXXV.    Notizen  aus  der  Journal -Literatur: 

Meyer:  Die  Beckenneigung 478 

Philipp  Harper :  Instrumente  zur  Anbohrung  fibröser 

Uternsgeschwülste 479 

Wagner:  Chronischer  Uterus-  und  Tnbenkatarrh; 

Haematom  des  Uterus;  Peritonitis 480 

Hohl:  Die  Chloroformnarkose  in  der  Geburtshiilfe  4B1 
Caatelain:  Fall  von  Tubo-Ovarial-Schwangerschaft  481 
Pauk:  Graviditas  eztranterina;  Entleerung  sämmt- 

licher    Knochenstücke    der   Frucht    durch    den 

Bauchschnitt;  Genesung  der  Mutter 482 

£.  Kirhy:  Zweimalige  Einleitung  der  künstlichen 

Frühgeburt  bei  einerZwergin  mit  missgestaltetem 

Becken 483 

V.  Scanzoni:  Ein  Fall  von  Gebärmutterblasenfistel 

mit  epikritischen  Bemerkungen     483 

Cliaaaagny  (Lyon) :  Ueber  eine  Geburtszange  mit 

gleichmässigem  Zuge  u.  fortschreitendem  Drucke  486 

XXXVI.    Literatur: 

Die  Pathologie  u.  Therapie  der  Placentarretention 
für  Geburtshelfer  u.  praktische  Aerzte  bearbeitet 
von  Dr.  Alfred  JSegar  in  Darmstadt.  Berlin, 
bei  Hirachwald,  1862 486 

Die  gynäkologische  Untersuchung  mit  diagnosti- 
schen Anhaltspunkten  für  praktische  Aerzte  und 
Studirende  der  Me^ichi  zur  Einführung  in  die 
Gynäkologie.     Von  Dr.  Joseph  Ämann,  Privat- 

docent.     München  1861 489 

Nachricht 490 


L 
Verhandlungen  der  Gesellschaft  für  Oeburtshttlfe 

In 

Berlia 

Sitsong  yom  12.  MSiz  1861. 

Herr  Martin  legt  eine  Hissgeburt  vor: 

Angeborene  zusammengesetzte  Kystengeschwulst 
der  Sacroperinäalgegend. 
Nach  den  Mittheilungen  des  Herrn  Dr.  Sosenthal,  welcher 
die  Frucht  der  geburtshCdflichen  Klinik  übergeben  bat,  war 
dieselbe  das  17.  Kind  einer  gesunden  Frau.  Die  Geburt  soll 
eine  normale  gewesen  sein,  wenngleich  etwas  langsam  ver- 
laufend. Diese  Verzögerung  wurde  auf  Rechnung  der  sehr 
beträchtlichen  Ausdehnung  des  Leibes  geschoben,  die  als 
Zwillingsschwangerscbatt  imponirte.  Bei  dem  Blasensprunge 
zeigte*  es  sich  indessen,  dass  der  aussergewöhnlicfae  Leibes- 
umfang zumeist  durch  ein  Hydramnios  bedingt  war,  da  sich 
eine  grosse  Menge  (angeblich  15  Quart)  übelriechenden  Frucht- 
wassers entleerte.  Kopf  und  Rumpf  wurden  hierauf  schnell 
geboren,  der  Steiss  aber  wollte  nicht  zum  Vorschein  kommen, 
obschon  die  Hebamme  eine  Stunde  lang  mit  aller  Kraft  an 
dem  Kinde  zog.  Da  sie  sich  nun  überzeugte,  dass  das 
Beckenende  durch  einen  voluminösen  Körper  am  Herabrücken 
gehindert  sei  und  glaubte,  dass  es  sich  um  Missbildung  durch 
Verwachsung  zweier  Früchte  handle,  liess  sie  den  Arzt  rufen. 
Wahrscheinlich  ist  das  Kind  unter  den  forcirten  Extractions* 
versuchen  gestorben,  denn  Dn  R.  fand  es  bereits  todt, 
obwohl  die  Hebamme  angiebt,  es  habe  mehr&ch  geulhmet 

lIoiMtMQhr.  f.  Gtobortok.  1S61.  Bd.  XTIII.,  Bit.  1 .  1 


2  !•    Verhandlungen  der  Gesellschaft 

Dr.  B,  vollendete  nur  mit  grosser  Mühe  die  Extraction,  und 
es  zeigte  sich  das  Geburtsbindemiss  in  einem  grossen  Tumor 
der  Sacroperinäalgegend. 

Die  acht  Stunden  nach  der  Geburt  in  der  geburtshülflichen 
Klinik  angestellte  Section  ergab  Folgendes :  ^)  Nicht  ganz 
ausgetragenes,  aber  gut  entwickeltes  Mädchen  von  15 V«''  Länge. 
Kopfknochen  fest,  Fontanellen  nicht  ungewöhnlich  gross,  Quer- 
durchmesser des  Kopfes  zwischen  den  Tub.  parietal.  =  2^^"^ 
gerader  =  SV/.  Ziemlich  viel  Lanugo,  besonders  auf  der 
Schulterhöhe. 

Das  Unterhautbindegewebe  um  die  Nabeigefasse  stark 
ödematös,  bis  zur  Mitte  des  Sternums.  In  der  Bauchhöhle 
eine  massige  Menge  seröser  Flüssigkeit.  Anderweitige  Ab- 
normitäten sind  tiicht  zu  ermitteln. 

Von  der  unteren  Kreuzbeingegend  hängt  eine  grosse 
Geschwulst  herab,  die  bei  Aufrechtstellung  des  Kindes  die 
Fersen  um  reichlich  V/^'  überragt,  nach  oben  in  die  Haut 
des  Rückens,  nach  unten  und  seitlich  in  die  der  Genitalien, 
des  Dammes  und  der  Schenkel  übergeht.  Diese  länglich  ovale 
Geschwulst  ist  von  einer  d^ben,  fast  vollkommen  kugeligen, 
ftiif  der  Oberfläche  leicht  höckerigen  Masse  gebildet  An  dem 
vorderen  oberen  Umfange  des  Tumors  sieht  man  die  After- 
öffnung, senkrecht  unter  der  Synq>hyse  und  davor  die  Scham- 
Spalte,  die  in  gerader  Richtung  von  oben  nach  unten  veriiuft 
Der  Damm  ist  durch  diese  Verziehüiig  der  Theile  nicht  un- 
beträchtlich gedehnt  Die  Beine  sind  durch  die  Gesehwiibit 
etwas  auseinandergedrängt,  so  dass  es  aussieht,  als  bb  das 
Kind  auf  der  Gesdiwulst  reite.  Der  Längendurchmesser  der 
Geschwulst  beträgt  circa  6%",  der  quere  ist  etwas  kürzer, 
der  Umfang  misst  18^ 

Die  bedeckende  Haut  hat  in  Folge  der  durch  das  schnelle 
Wachsthum  der  Geschwulst  bedinglen  Dehnung  manmcbbcbe 
Veränderungen  erlitten.  Gegen  die  Basis  hin  ist  sie  noch 
völlig  normal  und  oberhalb  des  Tumors  verschiebbar,  je  weiter 
nach  abwärts,  desto  dünner  wird  sie  und  verwächst  innig 
mit  dem. darunter  liegenden  Gebilde.    Am  unteren  Ende  ifsigt 


1)  Die  Besehreibtisg  des  Befundes  hatte  Herr  Dr.  Sh^aurnttnUf 
Secumd&rant  der  geburtehfilflichen  SJinik,  geOUIgtt  ttbemoBiiiien. 


tat  Q«burt8hülfd  In  Berlin.  3 

der  Hautoack  einen  cärc«  diieüsoUigen  Ri^^  der  fast  V2''  tief 
in  die  Geschwulstmasse  eindringt  Dieser  Riss  ist  frisch, 
scharfrandig  und  augenscheiüUteh  unter  der  Geburt  entstanden. 
Ausser  diesem  Risse  sieht  man  eine  Menge  kleiner,  an  denen 
eine.  Usur  der  Cutis  ?ieUeicbt  langsam  zu  Stande  kam,  yon 
Linsen-  bis  Viergroschengrösse  yariirend.  Die  Haut  ist  hier 
nnregelmässig,  meist  rundlidu  durchlöchert,  und  aus  den 
Oeflhungen  ragt  die  Geschwulstmasse  hervor,  die  an  solchen 
Stellen  meist  verkalkt  erscheint.  .An  noch-  anderen  Punkten 
sieht  man  den  Dorchbruch  vorbereitet,  indem  die  Cutis  so 
verddnnt  ist,  dass  der  opalescirende  Inhalt  kleiner  Kysten 
odtf  die  rolhliche  Geschwulstmasse  durchschimmert.  Die  Cutis 
ist  an  solchen  Stellen  auf  dem  Schmtt  von  den.  darunter 
liegenden  Gebilden  nicht  mehr  zu  trennen.  Die  durch- 
brochenen und  verdfinnten  Stellen  entsprechen  zumeist  kleineren 
Kysten«  die  sich  gegen  die  Oberfläche  entwickelt  haben  und 
ihr  dadurch  das  unebene  höckerige  Ansehen  geben.  Zwischen 
den  veränderten  Stellen  trifit  man  ab  und  zu  sdimale  Brücken 
Donaaler  Cutis. 

Auf  dem  Durchschnitte  zeigte  die  Geschwulstmasse  em 
markiges,  röthlich- graues  Aussehen,  ist  sehr  gefässreich  und 
von  weissen,  sehnig  glänzenden,  gröberen  und  ferneren 
Bindegewebszugen  durchsetzt  Dieses  Bindegewebsgertot  dient 
als  Stroma  für  die  eingelagerte  markige  Hasse,  ia  welcher 
ach  wiederum  eine  Menge  grösserer  und  kleinerer  Kysten 
eingesprengt  finden,  bie  kleinsten  sind  stecknadelkopfgross, 
die  meisten  haben  die  Grösse  einer  Kirsche,  nur  eine  einzige 
erreichte  den  Umbng  eines  massigen  Apfels.  Die  Wand  der 
Kysten  ist  glatt  und  in  der  Regel  communiciren  sie  unter 
einander  nicht  Ihr  Inhalt  ist  zähflässig,  opalescirend,  gerinnt 
beim  Kochen  und  wird  auf  Salpetersäurezusatz  flockig. 

Die  Markmasse  besteht  aus  zahllosen,  homogenen,  sphäri- 
schen, das  Licht  stark  brechenden  Körpereben,  an  denen 
flieh  Membran  und  Kern  nicht  nachweisen  lassen.  Die 
makroskopisch  nachweisbare  grobtrabekuläre  Anordnung  des 
Bindegeweb|-Siromas  ist  auch  mikroskopisch  in  feinerem 
Maassstabe  wahrnehmbar.  Das  Bindegewebe  zeigt  eine  sehr 
derbe  Beschaffenheit  und. nur  spärliche,  der  Richtung  der 
Bändel  entsprechend  angeordnete  Körperchen. 

1* 


4  I.     Verhancllangen  der  Gesellschaft 

Ausser  der  HarknMsse  und  den  Kysten  fand  sich  in  der 
Geschwulst,  und  zwar  in  ziemlicher  Menge,  der  hyaline  Knorpel, 
sowohl  zerstreut  in  kleineren  Plättchen,  als  auch  stellenweise 
in  grösserer  Mächtigkeit,  dann  meist  rundliche  Knoten  dar- 
stellend, von  dem  Ansehen  kleinerer  Enchondrone.  Unter 
dem  Mikroskope  zeigt  der  Knorpel  keine  besondere  Eigen- 
thümlichkeit,  nur  liegen  die  2eUen  sehr  dicht,  so  dass  nar 
sehr  wenig  Zwischensubstanz  vorhanden  ist  und  sind  m  starker 
Proliferation  begriffen.  Die  Knorpelplättcben,  ganz  besonders 
die  Knorpelknötchen,  liegen  fast  im  Innern  der  Kysten. 

Verkalkungen  finden  sich,  wie  schon  erwähnt,  durdi  die 
Geschwulstmasse  in  grosser  Menge  zerstreut.  Sie  erreichen 
nie  einen  grösseren  Umfang,  sind  oberflächlich  und  den  Ein- 
sprengungen an  der  Uterinfläche  der  Placenta  sehr  äbnlidi. 
Sie  finden  sich  sowohl  in  der  Markmasse,  wie  an  dem  Knorpel- 
plättcben, ganz  besonders  aber  an  den  Kystenwandungen. 
Nicht  ganz  selten  trifft  man  auch  auf  Kysten,  deren  ganzer 
Inhalt  verkalkt  ist  und  sich  als  rundliches  Goncrement  enucleiren 
lässt,  während  die  Kyste  als  glattwandige  Höhle  zurückble3>C. 
Solche  Kysten  liegen  gewöhnlich  der  Oberfläche  ganz  nahe 
und  sie  sind  es  hauptsächlich,  ^oberhalb  deren,  wie  schon 
erwähnt,  die  Cutis  perforirt  ist 

Die  Concremente  beständen  mikrochemisch  aus  kohlen- 
saurem Kalke. 

Ton  achtem  Knochengewebe  nirgends  eine  Spur. 

Von  der  weiteren  mikroskopischen  Untersuchung  will 
ich  noch  erwähnen,  dass  man  die  Anfänge  der  Kysten  sehr 
hftbsch  verfolgen  konnte.  Man  traf  nämlich  häufig  auf  Stellen, 
an  denen  das  Bindegewebe  kreisförmig  angeordnet  war  und 
zahllose  jener  homogenen  Körperchen  einschloss,  die  die  be- 
treffende Alveole  vollkommen  ausfüllten.  An  anderen  Punkten 
zeigte  sich  das  Centrum  dieser  Alveolen  leer  oder  doch  nur 
Detritus  führend,  während  an  der  Peripherie  die  Körperchen 
noch  angehäuft  lagen.  ^  Fassen  wir  diesen  Befund  zusammen, 
so  besteht  unsere  Geschwulst  aus'^inem  Bindegewebsgerösie, 
Jn  welches  eine  markige  (zellige?)  Masse  eingebettet  war,  die  . 
zaUreiche,  theils  FlQssigkeit,  theils  Knorpelplättcben  oder 
verkalkte  Massen  mit  sich  führende  Kysten  einschloss.    Nach 


fttr  Qebnrtshülfe  in  Berlin.  5 

der  TenniDologie  von  Lotzbeek^)  wäre  üe  als  eine  zu- 
sammengesetzte Kystengeschwiilst  aufzufassen  und  dürfte  als 
Cystosarcom  zu  bezeichnen  sein.  Uebrigens  wiU  ich  nicht 
zu  erwähnen  unterlassen,  dass  selbst  beim  sorgfältigsten 
Nachsuchen  keinerlei  Bildungen  angetroffen  wurden,  die  an 
fStale  Theile  (Inclusion  eines  zweiten  Fötus,  Foetus  in  foetu) 
bitten  erinnern  können. 

Was  die  Beschaffenheit  der  benachbarten  Tlieile  betrifft, 
so  fiel,  wie  schon  angeführt,  die  Dislocation  des  Anus  und 
der  Scbamspalte  besonders  in  die  Augen.  Dem  entsprechend 
fand  sich  das  Rectum  sehr  jstark  nach  vorn  gedrängt,  und 
man  konnte  durch  seine  hintere  Wand,  wie  auch  von  der 
Bauchhöhle  aus  den  oberen  Umfang*  des  Tumors  als  fest- 
weidie  Hasse  vor  der  vorderen  Fläche  des  Kreuzbeins  durch- 
fBhlen,  dergestalt,  dass  der  grösste  Theil  der  Excavatio 
ossis  sacri  davon  erfüllt  war.  An  der  hinteren  Fläche  des 
Os  sacri  reichte  die  Geschwulst  nur  bis  zu  dessen  Spilze, 
an  der  sie  angeheftet  ist  Das  Kreuzbein  selbst  ist  stark 
nach  rückwärts  gedrängt  und  zeigt  ebensowenig  wie  die 
übrige  Wirbelsäule  einen  Defect  im  Knochen. 

Der  Hiatus  canalis  sacralis  ist  vollkommen  verschlossen; 
die  Spinalmeningen  normal;  in  der  Anordnung  der  Cauda 
equina  keine  Abweichung. 

Die  Genitalien  sind  gleichfalls  normal.  Ein  Volumens* 
unterschied  der  beiden  Hinterbacken  ist  nicht  zu  conslatiren. 

In  Betreff  der  Nacbgeburtsverhältnisse  ist  zu  bemerken, 
dass  die  Placenta  sehr  gross  war;  ihr  Gewicht  betrug 
1  Pfd  24  Loth.  Die  Eihäute  stellten  einen  weiten  Sack  dar, 
waren  durch  eine  mächtige  Schicht  Gallerte  verklebt  und  der 
Riss  etwa  2"  vom  Placentarrande  entfernt  Die  25'^  lange 
Nabelschnur  inserirte  lateral  Schliesslich  ist  noch  zu  be- 
merken, dass  sowohl  die  Eltern  als  die  Gesohwister  der 
betreffenden  Frucht  von  Hissbildungen  völlig  frei  sind.  ■ 

Herr  t^.  Recklinghausen  hat  vor  nicht  langer  Zeit  ein 
solches  Kystenhygrom  beobachtet,  welches  von  der  vorderen 
Fläche  des  Steissbeins  entsprang  und,  ohne  After  oder  Blase 

1)   Die   angeborenen   GeschwQlete    der   hinteren  Kreuebein- 
gegend,  8.  28. 


Q  I.   Verhandlnngen  der  OeBenschafi 

ZU  lädircn,  sich  frei  nach  unten  entwickelt  hatte.  Er  erwähnt, 
dass  Luschka  nach  seiner  jüngst  erschienenen  Abhandlung 
über  die  Steissdrüse  in  dieser  den  Ausgangspunkt  f&r  diese 
Geschwülste  sehe. 

Herr  Langenheck  wendet  dagegen  ein,  dass  diese  Ansicht 
durch  den  wechsebden  Sitz  der  Kystenhygrome  wideriegt  würde, 
da  diese  ebensowohl  am  oberen  Ende  derWn*belsäule  Torkänieii. 

Herr  Tobold  spricht 
lieber  einen  Beleuchtungsapparat  in  specie  zu 
gynäkologischen  Zwecken, 

Wenn  es  bei  Beleuchtungsapparaten  überhaupt  auf 
Intensität  des  Lichtes  ankommt,  so  ist  die  quantitatiT.e 
Menge  des  Lichtes  bei  derartigen  Apparaten  zu  gynäkologischen 
wie  operativen  Zwecken  Ton  besonderer  Wichtigkeit,  da  man, 
abgesehen  von  der  Inspection  des  Speculums  zur  gründlichen 
Eruirung  eines  Krankheitsfalles  auch  die  äussere  Genitalregiun, 
häufig  selbst  Schenkel  und  Leib  einer  genaueren  Untersudiung 
zu  unterwerfen  bat. 

Ferner  ist  es  hierbei  erforderlich,  dass  der  Apparat 
einen  möglichst  zweckmässigen  Stand  finde,  damit  der 
untersuchende  Arzt  durch  denselben  weder  in  seinen  Mani- 
pulationen behindert  werde,  noch  auch  er  selbst  namentlich 
mit  seinem  Kopfe  das  einfallende  Licht  sich  abschneide. 

Endlich  muss  die  Stellung  des  Apparates  leicht,  mit 
einer  Hand  und  ohne  Zeitaufwand  zu  verändern  sein,  da  man 
das  Speculum  in  jedem  Augenblicke  nach  rechts,  links,  oben 
oder  unten,  je  nach  dem  speciell  vorliegenden  Falle  zu  ver- 
ändern hat 

Die  Unzulänglichkeit  der  bisher  zu  diesem  Zwecke  ge- 
bräucUichen  Beleuchtungsapparate  hat  den  CoUegen  LouiB 
Mayer  und  mich  veranlasst,  einen  zweckmässigeren  Apparat 
in  Anwendung  zu  bringen.  Wir  haben  zu  dem  Ende  nach 
vielfach  angestellten  Versuchen  den  parabolischen  Spiegel  am 
geeignetsten  gefunden,  der  ja  längst  auf  den  Telegraphen- 
stangen, auf  Leuchtthürmen  und  über  den  Schaufeln  jeder 
Locomotive  weithin  leuchtet  und  den  meines  Wissens  zur 
intensiven  Beleuchtung  einer  bestimmten,  kleineren  Fläche, 
der   hiesige   durch   die    Trefflichkeit   seiner   astronomischen 


für  Gebortabilfe  in  BeHio.  7 

imtmiiieiit«  b«Jiaiuile  Optiker  Herr  McsrtiM  bei  seinen 
Aribeiteo  suerst  v^wendet  bat 

Aucb  Herr  Gek  Ralh  Lang^nbeck  bat  in  neuester  Zeit 
bei  Operationen  diesen  Spiegel  in  Anwendung  gebracbt 

Die  bisher  zu  unserem  Zwecke  mehr  oder  weniger  be- 
nutzten Apparate  bestanden  in  einer  einfachen  mit  Wasser 
gcffiUlen  Glaskugel,  pder  in  einem  bioonvexen  Spiegel,  wie 
solchen  Ploss  zuerst  für  gynäkologische  Zwedie  empfehlend, 
in  dem  14.  Bande  der  Monatsschrift  für  Gel^urtskunde  be- 
schreibt, —  und  in  d^  zunächst  für  laryngoskopische  Zwecke 
auf  verscbiedeDe  Weise  constmirten  Beleuchtungsapparaten  mit 
hiconyexer  Linse  und  Reverb^re.  Die  Glaskugel  giebt  zwar 
ein  recht  intensives  Licht  (daher  aolcfae  auch  bei  der 
Laryngoskopie  gut  zu  verwenden  ist),  allein  das  Beleuchtongs- 
object  muss  sich  hierbei  in  möglichster  Ruhe  befinden  und 
-überdies  macht  die  Schwere  der  mit  Wasser  gefüllten  Kagd 
eiqen  sehr  complicirten  und  plumpen  Apparat  erforderlich, 
wenigstens,  wenn  man  jede  beliebige  Stellung  und  namentlich 
eine  Neigung  der  Lampe  und  Kugel  ermöglichen  will 

Der  P2o#a*8che  Spiegel  ist  durch  die  sowohl  quantitativ 
als  qualitativ  geringe  Lichtmenge  nur  jn  sehr  geringem  Ilaasse 
ausreichend,  jedenfalls  ganz  unzugänglich  bei  länger  wahrenden 
Untersuchungen  und  der  täglichen  Abfertigung  einer  grösseren 
Zahl  von  Kranken. 

Was  den  Linsenapparat  mit  Reverb^re  betrifft,  auf  diese 
oder  jene  Form  dabei  kommt  es  ja  nicht  an,  so  wäre  aller* 
dings  die  qualitative  Lichtmenge  am  ehesten  ausreichend, 
ein  Specuhim  nach  Wunsch  zu  erleuchten  und  haben  wir 
denselben  auch  längere  Zeit  hindurch  benutzt,  indessen  ist 
hierbei  jedes  Mal  ein  Refletspiegel  erforderUch,  um  das  Licht 
beliebig  nach  den  erforderlichen  Richtungen  hin  werfen  zu 
können.  Dabei  musste  gleichzeitig  der  Apparat  seinen  Stand 
zur  Seite  des  Operationssttthks  und  des  Kranken  finden  und 
zwar  in  einer  Weise,  dass  dadurch  weder  der  Kranke  genirt 
noch  der  Arzt  in  seinen  Bewegungen  behindert  werde.  Beides 
läs^t  sich  nicht  vereinigen,  abgesehen  von  der  lästigen  BienduDg, 
wekher  map  sich,  der  Linse  gegenüberstehend,  ausgesetzt 
sieht  und  9er  quantitativ  geringen  Lichtmenge,  welche  der 
ReOexspiegel  überhaupt  über  die  Genitalien  verbreitet 


8  I.   Verkandlimi^ii  der  Gef  elltehftft 

AQe  diese  Uebel&tände  beseitigt  die  Anwendung  des 
parabolischen  Spiegels.  Dass  bei  diesem  Mwohl  die  Lidii- 
Quantität  als  Intensität  grösser  als  bei  dem  Linsenaiqiarate  ist 
oder,  wenn  ich  mich  genau  ausdrücken  soll,  bei  dem  Reverbäre- 
apparat,  —  denn  die  Linse  spielt  dabei  ein^  ganz  untergeordnete 
Rolle,  sie  sammelt  nur  die  von  dem  Reverb^re  kommenden 
Lichtstrahlen  in  einem  Punkte,  —  erfolgt  aus  deren  ein- 
facher Theorie. 

Wir  haben  nämlich  bei  jedem  Bilde  eines  ausgedehnten 
Gegenstandes  die  Eigenschaft  der  Helligkeit  und  Deutlichkeit 
zu  berücksichtigen.  Erstere  hängt  von  der  Menge  der  in 
einem  Punkte  sich  vereinigenden  Lichtstrahlen,  sowie  von 
der  Menge  der  Lichtstrahlen,  weldie  den  Gegenstand  treffen, 
ab,  letztere  aber  erfordert,  wenn  sie  vollkommen  sein  soll, 
dass  die  von  einem  Punkte  kommenden  Strahlen  nach  ge- 
schehener ReQexion  sich  wieder  in  einem  Punkte  vereinigen. 
Bei  sphärischen  Spiegebi  haben  nur  die  nahe  an  der  optisdien 
Axe  parallel  mit  derselben  auffallenden  Strahlen  die  Eigen- 
schaft, nach  dem  Brennpunkte  reflectirt  zu  werden  und  um* 
gekehrt  werden  nur  die  Strahlen,  welche  von  einem  leuchtenden 
Punkte  im  Brennpunkte,  nahe  dem  optischen  Mittdpnnkte  auf 
den  Hohlspiegel  fallen,  parallel  mit  der  Axe  reflectirt  —  Die 
Stralilen  dagegen,  welche  nahe  dem  Rande  von  einer  sich 
im  Brennpunkte  befindlichen  Flamme  auffallen,  werden  nach 
verschiedenen  Richtungen  zerstreut,  reflectirt  und  sind  demnach 
nicht  geeignet,  eine  bestimmte  Stelle  eines  Gegenstandes,  auf 
welchen  eine  grosse  Menge  von  Lichtstrahlen  auffallen  soll, 
wirksam  zu  beleuchten,  wie  die  parallel  mit  der  Axe  aufTallenden. 

Kann  man  demnach  bewirken,  dass  alle  Lichtstrahlen, 
welche  von  einem  leuchtenden  Punkte  ausgehen,  reflectirt 
werden,  dass  sie  fast  sämmtlich  parallel  werden,  so  wird 
jetzt  die  gesammte  von  ihm  ausgehende  Lichtmenge  auf  eine 
einzige  Stelle  eines  Objectes  Concentrin  werden,  mithin  dieser 
Gegenstand  in  einem  bedeutend  höheren  Maasse  erhellt  werden. 

Diese  Eigenschaft  hat  eben  der  parabolische  Spiegel, 
welcher  als  durch  Rotation  einer  Parabel  um  ihre  Axe  ent- 
standen gedacht  werden  muss.  Da  nun  bekanntlich  nach  dem 
katoptriscben  Grundgesetze  ein  von  einer  spiegelnden  Fläche 
reflectirter    Strahl    mit   dem    Einfallsloth    denselben  Winkel 


ftty  GebnrUliW«  In  Beriia.  9 

nachts  wekhaa  der  einfaUende  Strahl  mit  cKesem'  Lothe 
biUet,  80  werden  nach  Eigenschaft  der  Parabel  alle  Strahlen» 
welche  vom  Brennponkte  ansgeheu»  parallel  mit  der  Axe 
reäectirt  werden. 

Da  eip  solcher  Spiegel  zum  Enibringen  der  Lampe  hint^ 
dmrchhohrt  sein  muss,  so  würden  die  Strahlen,  welche  dorthin 
fallen,  nicht  reflectirt  werden,  also  verloren  gehen.  Bringt 
man  jedoch,  me  es  hier  der  Fall  ist,  einen  anderen  spBftrischen 
Spiegel,  ein  Reverb^e  von  nicht  zu  grosser  Oeffnung  an, 
dessen  optischen  Mittelpmikt  in  der  Axe  des  parabolischeii 
Spiegels  liegt,  so  werden  auch  dÜB  auf  diesen  fallenden  Strahlen 
von  demselben  nach  dem  ob^  Besagten  parallel  mit  der  Axe 
reflectirt  und  es  wird  die  Helligkeit  bedeutend  Vermehrt. 

Solch'  parabolischer  Spiegel  bedarf  mithin  keines  Reflex- 
spiegels. Seine  LicfatintensiUt  ist  an  sich  so  mäcbtigr  dass 
er  in  grösserer  Entfernung  dem  Kranken  vis  k  vis  stehen  und 
direct  seine  geraden  Strahlen  auf  das  zu  beleuchtende  Object 
in  beträchtlicher  Ausdehnung  werfen  kann. 

Der  untersuchende  Arzt  befindet  sich  also  zwischen  dem 
Kranken  und  dem  Apparate,  indem  letzterer  5 — 6  Fuss 
entfernt  stehen  und  so  jede  freie  Bewegung  dem  Arzte  ge^ 
statten  kann. 

Die  Grösse  der  Parabel,  wie  wir  sie  gewählt  haben,  zeigt 
4  Zoll  Apertur  und  dem  entsprechend  eine  Lange  von  6  ZoU 
von  der  Flamme  bis  zur  Apertur  gerechnet  Die  mit  dem 
Lichtkreise  angestellten  Messungen  ergeben  ein  bestimmtes 
Gesetz,  indem  die  jedesmalige  Entfernung  des  Lichtes  vom 
Objecte  der  Breite  des  Lichtkreises  entspricht  Soldie  auf 
weissem  Grunde  aufgefongeaen  Lichtkreise  zeigen  die  auf 
Interferenz  der  Lichtstrahlen  beruhenden  Wellenkreise,  was 
indessen  bei  unseren  Zwecken  als  wenig  störend  ausser  Acht 
gelasaen  werden  kann. 

Es  kam  unft  faiemacb  nur  noch  darauf  an^  dem  Apparate 
in  jedem  AugeniiUcke  jede  beliebige  St^lung,  je  nadi  dem 
erforderlichen  Stande  des  Speculums  geben  zu  können,  damit 
der  untersuchende  Arzt  weder  eines  Assistenten  zur  Direction 
des  Beleachtungsapparates  bedilrfe,  noch  ohne  solchen,  be- 
nöthigt  werde,  Speculum'  und  Instrumente  aus  der  Hand  zu 
I6gen  und  selbst  das  Stellen  zu  dberndunen. 


10  I.    Veriumdlimgeii  der  GefeUatlutfk 

Wir  haben  dies  in  «nfaelMr  Weise  durch  ein  einnn* 
Stativ  erreidit,  welches  an  jeden  Tisch  u.  s.  w.  gesdirobea 
werden  kann  und  an  welchem  der  Apparat  sich  mit  Leichtig* 
keit  bewegt.  Es  besteht  das  Stativ  aus  einer  eisernen  Rfthre, 
worin  sich  mittels  einer  FrictionBroUe  eine  feingeialinte  Stange 
leicht  und  doch  so  sidier  auf  und  ab  bewegen  Iflaat^  daas 
weiter  keine  besondere  jedesmalige  Fixirung  der  Kurbel  nöthig 
wird.  Ah  dieser  runden  Stange  befindet  sich  eine  Yorrichtaiig 
wie  bei  der  sogenannten  Schidielampe,  wodurch  eine  beliebige 
Drehung  erreicht  werden  kann  und  welche  seitwSrts  mit  einer 
im  rechten  Winkel  angeschliffenen  und  horixontalstehenden 
Platte  versehen  ist,  worin  die  Lampe  hängt  und  letztere  da- 
durch die  erforderliche  Winkelneigung  erßhrt  Die  Breiten^ 
Stellung  kommt  durch  eine  halbe  Umdrehung  da*  horisontalen 
Platte  und  eme  Drehung  der  Lampe  um  ihre  eigene  Axe 
KU  Stande. 

Was  noch  die  verschiedenen  Arten  des  Brennstoffes  und 
die  Lampen  mit  ihrem  verschiedenartigen  Brennmateriale  be- 
triflt,  so  dArfte  ohne  Zweifel  das  Gaslicht  oben  an  .sieben, 
demnächst  Photogtee  und  endlich  Oel  folgen.  Indessen  das 
Gaslicht  verbreitet  einen  höchst  intensiven  Hitzegrad,  wobei 
ein  dem  Apparate  entsprechender  enger  Cylinder  sehr  lacht 
platst  and  vollends,  wenn  man  den  Apparat,  was  dodi 
wönschcnswerth  ist,  vorwärts  oder  rückwärts  neigt 

Eine  ähnliche  Wirkung,  wenn  auch  in  minderem  Grade 
erzeugt  die  Photogtoelampe,  wobei  noch  der  Umstand  in 
Betracht  kommt,  dass  diese  in  ihrer  Behandhing  sehr  empfind- 
lich ist  und  bei  nicht  ganz  genauem  Abschneiden  des  Dochtes 
eine  sehr  unliebe  Flamme  ze^  und  daher  schon  hierdurch 
allefai  ein  häufiges  Sprengen  des  Cyiinders  zur  Folge  hat 

Die  Oellampen  und  in  specie  die  sogenannten  Schiebe- 
lampen mit  den  langen  Cylindern,  welche  fast  ausacbiiesalich 
zu  laryngoskopischen  Apparaten  verwendet 'werden,  geben 
zwar  eine  gleicbmässige  und  ziemlich  kräftige  Flamme,  allein 
es  findet  selbst,  wenn  der  Oelbehäher  von  Glas  ist,  vermöge 
der  leichten  MetalUeitung  bald  eine  Erwärmung  des  Oeles 
statt  und  wir  haben  in  Folge  dessen  schon  nach  einer  Stunde 
ein  merklich  gelberes  Licht,  als  anfangs.  Eine  Neigung  der 
Lampe  ist  wegen  des  leicht  öberhiufenden  Oeles  ganz  unaoögiich. 


fGr  OeburtBheife  in  BerUn.  H 

Bei  den  Moderateuriainpeii  aHein  finden  wir  die  genannten 
üebelstilnde  beseitigt.  Das  Oel  befindet  «eh  bei  diesen  tief 
unten,  durch  die  stete  Circnlation  des  Oeies  kann  eine  Er- 
winnung  desselben  nicht  statt  haben.  Das  Liebt  ist  um 
Vieles  w^ser  und  man  kann  endlich  eine  Neigung  der  Lampe 
XQ  Wege  bringen,  die  ffir  die  vorliegenden  Zwecke  erwünsdit 
und  v5lHg  ausreichend  erscheint 

Der  Apparat  wurde  yorgezeigt  und  als  zweckentsprechend 
und  helUeuchtend  anerkannt 

Herr  Langenbeck  führte  an,  dass  er  schon  im  November 
vorigen  Jahres  Versuche  mit  kunstlicher  Beleuchtung  der 
Scheide  angestellt  habe,  da  zur  Operation  zweier  Blasen- 
scheidenfisteln  bei  den  dunklen  Tagen  das  Tageslicht  nicht 
ausreichte.  Er  habe  sich  damals  von  Lütter  einen  ähnlichen 
Apparat,  und  zwar  ebenfalls  auf  den  parabolischen  Spiegel 
gegründet,  verfertigen  lassen;  zwar  nicht  so  glänzend  als  der 
vorgezeigte,  habe  er  ihm  doch  trefiliche  Dienste  geleistet, 
aber  so  hell  auch  die  Beleuchtung  gewesen  sei  und  so  notb- 
wendig  er  sie  auch  gefunden  habe,  da  das  Tageslicht  absolut 
unzureichend  gewesen,  so  gestehe  er  doch,  dass  bei  längerer 
Benatzung  seine  Augen  diu*ch  dies  grelle  Licht  auf  sehr 
empfindliche  Weise  geblendet  seien;  eine  Bemerkung,  die  auch 
Herr  (7.  Mayer  macht,  der  den  vorgezeigten  Apparat  am 
Tage  zuvor  längere  Zeit  ^[eprüft  hat 

Die  Herren  L.  Mayer ^  Tobold  und  Kauffmann  können 
diese  Wirkung  des  kunstlidien  Lichtes  nicht  bestätigen. 

Herr  X.  Mayer  entwickelte  darauf  in  einem  längeren 
Vortrage  über  das  zweck  massigste  Speculum  die  Ansicht, 
dass  zum  deutlichsten  Sehen  im  Speculum  zwar  helles  Licht 
gehöre,  dass  aber  auch  das  hellste  Lidit  das  deutliche  Sehen 
vollständig  stören  könne,  wenn  es  durch  Spiegelung  in  ver- 
schiedenen Richtungen  auf  die  Vaginalportion  geworfen  werde. 
Dm  cRes  auf  experimentellem  Wege  nachzuweisen,  legte  er 
eine  Reihe  von  runden  Mutterspiegeln  vor,  die  er  auf  der 
engen  Oeffnudg  mit  einem  wässen  fdn  gerippten  und  ge- 
pressten  glänzenden  Papiere  zugebunden  hatte.  Je  nach  der 
Beschaffenheit  des  Speculum  zeigten  .sich  nun  auffeilende 
Versdiiedenheiten  in  der  Deutlichkeit  der  sichtbaren  Papier- 


1^2  I-    Terhandlnngen  der  Gesellschaft 

Oberfläche.  So  zeigte  das  Fergu89on'»dBie  Specukmi  ba 
stärkster  Licbtintensitit  ein  darchaua  nicht  unterscheidbares 
Bild  ebensowenig  ein  polu'tes  schwarzes  Syeculoni,  wo  bd 
quantitativ  wenig  Licht,  dies  eher  zur  Verwischung  als  Klärung 
des  Bildes  diente. 

Viel  besser  waren  Milchglas-  und  Porcellanspecula,  die 
bei  relativ  hellem  weissen  Lichte  nicht  zu  stark  spiegehi  und 
deshalb  die  Zeichnung  des  untergebundenen  Papiers  ziemlich 
genau  erkennen  Hessen. 

Noch  deutlicher  nun  erschien  dies  an  den  innerlich 
mattgeschliffenen  Mutterspiegeln.  Zwar  'dunkel  aber  deutlidi 
in  schwarzen  matten  Spiegeln,  hell  und  deutlich  im  matt- 
geschliffenen Milchglasspeculum,  welches  Herr  L.  Mayer  somit 
als  das  beste  der  Gesellschaft  empfahl,  da  es  ausser  dem  Vorzuge, 
den  er  eben  erwähnt,  noch  durch  seine  relative  Billigkeit  (fAr 
das  Mattschleifen  6  Silbergroschen)  und  durch  seine  Indifferenz 
gegen  chemische  und  mechanische  Beschmutzungen  sehr  vor- 
theilhaft,  namentlich  gegen  das  Fergusson^^che  SpectAim 
abstäche. 

Herr  C.  Mayer  spricht  über  die 
Amputation  eines  Gancroids  oder  Blumenkohl- 
gewächses der  Vaginalportion. 
Seit  meinen  schon  vor  10  Jahren  hier  in  unserer  Gesell* 
sdiaft  und  im   vierten  Jahrgange  unserer  Verhandlungen  un 
Jahre   1851    veröffentlichten   ersten  Hitüieilungen    Gher   das 
damals  fast  in  Vergessenheit  gerathene  (72arA;e'sche  Blumenkohl- 
gewächs  ist  nicht   allein    in  unserer  Gesellschaft  öfter  von 
diesem  Gegenstande  die  Rede,  gewesen,  sondern  es  hat  dies 
eigenthumliche  Cancroid  der  Vaginalportion   seitdem   in   d^ 
I  französischen,   englischen   und   besonders  in  der  deutschen 

Literatur   eine    vielseitige   Besprechung   in   Bezug   auf   seine 
I  Natur  und  seine  Behandlung  erfahren;  doch  ist  die  Zahl  der 

1  Beobachtungen,   welche  von   den  verschiedenen  Schriftstellern 

mitgetheilt  werden,  im  Ganzen  nur  gering.  Wenn  man  nun 
ausserdem  aus  den  mdndlichen  Mittbeüungen  der  praktischen 
Aerzte  verschiedener  Städte  und  Länder  die  noch  vorhandene 
grosse  Unbekanntschaft  mit  diesem  Leiden  entninrnit,  so  kann 
man  wohl  zu  dem  Schlüsse  geführt  werden,  dass  das  Cancroid 


für  Qeliurtshttlfe  in  Beitin.  13 

der  Taginalportion  im  GdDzen  zu  den  seltenen  Krankheiu- 
forinen  gehört,  wenn  es  nicht  etwa  in  Folge  unterlassener 
oder  mangelhafter  Untersnchong  noch  immer  häufig  fibersehen 
oder  nicht  erkannt  wird.  Ich  selbst  habe  seit  meiner  da- 
maligen ersten  Besprechung  sdir  oft  Gelegenheit  gehabt,  dies 
Leiden  in  den'yerschiedensten  Standen,  bei  Armen  und-  bei 
Reichen,  bei  Geringen  und  bei  Vornehmen  zu  beobachten  und 
halte  sein  Vorkommen  hier  in  Berlin  nicht  för  selten.  Ich 
habe  nach  meinem  schon  damals  apgegebenen  Verfahren  in 
den  zulässigen,  nicht  zu  weit  vorgerückten  Fällen,  bis  auf 
die  neueste  ^eit.  die  Cancroidgesdiwulst  der  Vaginalportion, 
in  der  Scheide,  ohne  den  Uterus  hervorzuziehen,  mit  einer 
gekrOmmten  Scheere  abgeschnitten  und  habe  leider  in  der 
Mehrzahl  der  Fälle  das  Leiden  sich  gewöhnlich  bald  wieder 
aus  den  Rändern  der  Schnittfläche  entwickeln  imd  die  Kranken 
daran  zu  Grunde  gehen  sehen,  in  gleicher  Weise  wie  die  von 
anderen  Aerzten  mit  Hülfe  des  Galvanokauster  oder  des 
Ecraseur  Operirten,  so  dass  ich  bei  der  Gleichheit  der 
Resultate  keine  Veranlassung  gefunden  habe,  mein  nur  zur 
Gewohnheit  gewordenes  Verfahren  aufzugeben  und  will  mir 
erlauben,  den  letzten  dieser  Fälle,  welcher  bis  jetzt  nach 
länger  als  fünf  Monaten  einen  glücklichen  Erfolg  zeigt,  der 
Gesellschaft  niitzutheilen. 

Der  Fall'betri£ft  eine  früher  grösstentheils  gesunde,  doch 
nur  zarte  Brünette  von  52  Jahren,  aus  den  besseren,  wohl- 
habenden Ständen,  die  mir  am  14.  Juli  1860  zum  ersten  Male 
von  ausserhalb  zugeführt  wurde,  um  ihr -bei  ihrer  in  letzter 
Zeit  sehr  leidenden  Gesundheit  meinen  Rath  zu  ertheilen. 
Ich  erfuhr,  dass  die  Kranke  in  ihrer  19jährigen  Ehe  sechs 
Mal,  zuletzt  vor  sieben  Jahren  geboren  und  vor  dem  letzten 
Einde  ein  Mal  abortirt  habe.  Sie  hatte  früher  in  Amerika 
gelebt,  hatte  die  weiten  Reisen  glücklich  überstanden,  nie 
bedeutendere  Krankheiten  gehabt  und  hatte  ihre  früher  immer 
regelmässige  Menstruation  seit  beinahe 'einem  Jahre  verloren, 
was  bei  dem  Alter,  in  welchem  sie  sich  befand,  keinesweges 
auffallen  konnte.  Nach  einer  grossen  körperlichen  mit  geistiger 
Aufregung  verbundenen  Anstrengung  trat  jedoch  von  Neuem 
eine  Blutung  aus  den  Genitalien,  ein,  welche  von  Zeit  zu  Zeit 
wiederkehrte,  mit  Blennorrhoe,  mit  sehr  reichlichen,  wässerigen, 


14  ^'    Veriiandlimgea  der  Ge^elUcbafl 

serösen,  blutig  geürbten  AbsoBdeningen  wechselte  und  öfter 
14  Tage  lang  ununterbrochen  fortdauerte.  Die  Kranke  wurde 
durch  den  anhaltenden  Blutverlust  sehr  angegriffen,  schwach, 
reizbar,  war  in  grosser  Sorge  und  Unruhe  über  ihren  Zustand, 
hatte  jedoch  ausser  ober  Kreuzscbmerzen,  die  sie  selbst 
nicht  für  sehr  bedeutend  erkliA*te,  über  nichts  Wesenthehes 
zu  klagen.  Ihr  Appetit  war  massig,  ihre  Stuhlausleeningen 
träge,  die  Uterinsecretion  unverändert,  der  Schlaf  im  Ganzen 
ruhig  und  ungestört.  Die  Stuhlausleerungen  wurden  grössten- 
theils  durch  kalte. Rlystiere  befördert,  sonst  war  bisher  noch 
kein  anhaltendes  medicinisches  Verfahren  eingeleitet  worden 
und  die  Kranke  erwartete  umsomehr  Gutes  von  einer  Bade- 
reise, da  sie  wohl  kaum  an  ein  örtliches  6d[)drmutterieiden~ 
gedacht  und  deshalb  sich  auch  firüher  gegen  eine  Exploration 
gesträubt  hatte.  Sie  war  jedodi  in  letzter  Zeit  beträchtlich 
abgemagert,  welk,  hatte  ein  bleichgelbliches,  abdominelles, 
anämisches,  leidendes  Aussehen.  *  Bei  der  äusseren  Unter- 
suchung des  Bauches  war  nichts  Krankhaftes  zu  oitdeckäi, 
die  äussereu  Genitalien  waren  schlaff,  weit  in  Folge  eines 
tiefen,  vernarbten  Einrisses  des  Perinäums;  am  Rectum  waren 
mehrere  Hämorrhoidalknoten  hervorgetreten.  Die  Vaginal- 
portion stand  tief,  war  nach  hinten  gegen  den  unteren  Theil 
des  Os  sacrum  gerichtet;  die  vordere  Huttermundslippe  war 
sehr  voluminös,  die  hintere  etwas  weniger,  befde  zusammen- 
genommen hatten  den  Umfang  eines  preussischen  Thalers 
und  eine  champignonartige  Form,  waren  von  weicher,  fungöser, 
teigiger  Consistenz,  hatten  eine  unebene,  gefurchte,  lappige 
Oberfläche  und  bluteten  bei  der  Berührung;  wie  es  das 
Cancroid  der  Vaginalportion  immer  zu  thun  pflegt.  Der 
übrige  Theil  der  Vaginalportion  und  des  Cervix  des  Uterus 
war  zwar  auch  von  beträchtlichem  Umfange,  aber  glatt  und 
derber.  Im  Speculum  zeigte  die  cancroide  Geschwulst  das 
gewöhnliche  hochrothe,  gelappte,  gefurchte  Ansehen. 

Es  war  also  uhverkennbar  ein  Cancroid  der  Vaginal- 
portion von  schon  beträcfallichem  Umfange,  was  sich  nach 
der  Krankengeschichte  ziemlich  rasch  entwickelt  haben  musste, 
und  gehörte  zu  den  Fällen,  bei  denen,  ausser  der  durch  die- 
anhaltenden  Blutungen  veranlassten  allgemeinen  Schwäche  und 
Anämie,  irgend  eine  Cachexie  oder  eine  Erkrankung  eines 


für  Oeburtahülfe  in  Berlin.  15 

anderen  wichtigen  Organs  nicht  aufzufinden  war.  Ich  ver- 
fluchte durch  den  inneren  und  äusseren  Gebrauch  von  Acidum 
pyrolignosam  und  von  anderen  slypiischen  Mittehi  die  Bkitungen 
zu  si^tir^n,  was  allerdings  auch  gelang,  so  dass  die  Kranke 
sich  wöhler  fühlte  und  sich  etwas  erholte,  aber  man  konnte 
nicht  daran  denken,  eine  so  weit  vorgeschrittene  Entartung  von 
solchem  Umfange  zurückzahilden,  sondern  musste  mit  Sicherheit 
erwarten,  dass  auf  diesem  Stadium  das  Uebel  sich  rasch  weiter 
entwickeln  und  den  Untergang  d^r  Kranken  herbeifähren 
würde,  ich  rietb  deswegen  zur  Operation,  bei  der  wenigstens 
die  Möglichkeit  einer  Heilung  vorhanden  war,  verschwieg  jedoch 
dem  Ehemanne  nicht  die  mit  der  Operation  verbundene  möglicfae 
Gefahr  der  Wiederkehr  des  Leidens.  Ich  Uelt  es  für  rathsamer, 
die  Operation  in  der  Heimath  der  Kranken,  wo  sie  im  eigenen 
Hause  alle  nur  denkbaren  Bequemlichkeiten  fand,  vorzunehmen 
und  sachte  sie  Ende  September  dort  auf,  wo  ich  die  Kräfte 
beträchtlich  gesunken  und  das  Cancroid  auffallend,  beinahe 
schon  um  che  Hälfte  vergrössert  fand,  so  dass  die  Operation 
bei  dieser  schnellen  Zunahme  um  so  dringender  erschien. 

Am  1.  Octöber  1860  machte  ich  im  Beisein  und  untei^ 
stützt  von  dem  mit  mir  übereinstimmenden  Hausärzte  der 
Familie  die  Operation  und  durchschnitt,  dem  Cervicaltheil  so 
nahe  als  möglich,  den  zwar  hypertrophirten  aber  glatten  und 
noch .  derberen  Theil  der  Vaginalportion  mit  der  auf  dem 
Blatte  gekrümmten  Scheere  und  brannte  sofort  die  Schuittfläche 
mit  dem  Glüheisen.  Die  Blutung  war  während  der  Operation 
beträchtlich  und  selbst  nach  der  Anwendung  des  Glüheisens 
sickerte  aus  den  von  demselben  nicht  berührten  Rändern 
noch  etwas  Blut  hervor,  so  dasa  ich  es  fQr  zweckmässig  hielt, 
dieselben  nachträglich  mit  Höllenstein  energisch  zu  ätzen. 
Die  Schnittfläche  hatte  auf  dem  abgeschnittenen  Theil  einen 
Dorchmesser  von  beinahe  IVa  Zollen,  war. ganz  glatt  und  zeigte 
ein  gesandes  Gewebe,  ohne  irgend  eine  Spur  von  cancroiden 
InfiltratioiAen.  Die  der  Gesellschaft  vom  Professor  Virchow  in 
der  letzten  Sitzung  vorgelegte  Geschwulst  war  von  länglich  runder 
Gestalt,  hatte  einen  Längendurchmesser  von  beinahe  2%  Zoll 
und  einen  Querdurchmesser  von  beinahe  2  Zoll,  seine  Dicke 
betrug  gegen  IVa  Zoll,  die  äussere  Oberfläche  hatte,  wie  die 
von  mir  gleich  nach  der  Operation  gemachte  Abbildung  aeigt. 


Jg  I.     Verhandliiogen  der  Gesellschaft 

noch  eine  hochrothe,  blutreiche  Faii)e  und  das  geivdbnikfa 
gelappte,  dem  Gehirae  kleiner  Thiere  ähnliche  Aussehen. 
Die  Structur  derselben  zeigtiß  weder  im  Durchschnitte,  noch 
bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  wesentliche  Verschieden- 
heiten von  früheren  ähnlichen  Cancroiden  der  Yaginalportion. 
(S.  das  Protocoll  der  Sitzung  vom  26.  Februar  1861.) 

Die  Kranke  war  nach  der  Operation  allerdings  schwach 
und  angegriffen,  erholte  sich  jedoch  schneU  schon  nach 
einigen  Tagen.  Die  Scheide  wurde  täglich  einige  Maie  gereinigt 
und  dann  ein  -Charpietampon,  in  Glycerin  getaucht,  leise 
gegen  die  Wnndfläche  geschoben.  Die  eintretende  Reaction 
und  die  damit  verbundenen  Fieberbewegungen  waren  unerheblich, 
der  Brandschorf  stiess  sich  ab  und  die  Heilung  schritt  unter 
der  sorgfaltigen  Nachbehandlung  des  umsichtigen  und  er- 
fahrenen Hausarztes  langsam  vorwärts.  Nach  den  letzten 
Nachrichten,  fünf  Monate  nach  der  Operation,  ist  das  All- 
gemeinbefinden der  Kranken  vortrefflich,  die  Wundfläche  voll- 
kommen vernarbt  und  von  neuen  blutenden  Wucherungen 
keine  Spur,  so  dass  wohl  zu  hoffen  ist,  dieser  Fall  werde 
zu  denen  gehören,  bei  welchen  ein  glücklicher  Erfolg  der 
Operation  erzielt  worden  ist 

Herr  C.  Mayer  erwähnte  darauf  noch  kurz  eines  Falles, 
in  welchem  er  durch  frühzeitige  Amputation  eine  dauernde 
Heilung  erzielt  hatte.  Die  Dame  stellte  sich  ihm  IB  Jahre 
nach  der  Operation  gesimd  vor  und  war  von  einer  Tochter 
begleitet,  die  sie  in  der  Zwischenzeit  leicht  und  glücklich 
geboren  hatte. 

Bei  der  darauf  folgenden  Discussion  nahm  Herr  Langenbeck 
das  Wort  und  q)rach  sich  sehr  zu  Gunsten  des  Ecraseur  aus. 
Er  unterscheide  indess  zwei  Grade  der  Erkrankung  und  könne 
sich  für  den  Ecraseur  nur  in  den  Fällen  entscheiden,  wo  die 
Erkrankung  der  Vaginalportion  noch  nicht  bis  an  das  Scheiden- 
gewölbe reiche.  Früher  habe  er  mit  Messer  und  Scheere 
operirt,  die  oft  excessiven  Blutungen  indess  hätten  ihn  zur 
Anwendung  des  Ecraseur  geführt,  der  jede,  auch  die  geringste 
Blutung  verhindere.  Solcher  Falle  könne  er  zwei  berichten 
und  einen  von  diesen  als  vollständig  geheilt  bezeichnen,  da 
mehrere  Jahre  ohne  Recidiv  vorübergegangen  seien. 


1 


«r  Geb«rt.hMfc  in  Berfhi.  j^ 

ScheidenscWei,»!«,,   wfecfc^T  äTL  ^^  «ne  FaJu,  der 
Betlmig  skfa  in  die  Canöle  hmeZü'"*  *^"'*  ""*'  "''"• 

Anweodong  gezogen  and  ka«e  ttTI tl^  ^T"  " 
gönsüg  uptheüen.  denn  sie  «rf-^tT    "^    "  »eiiwi  nur 

Wände „«.„rhindere^Teiot^XtrH  ^r"^"'- 
gerügten  üebelstand,  Z  be-^S^T^Td     T 
ßfzogen  würden,  habe  er  nW-TZTi  «»en  Ecniseor 

dass  er  sich  U.eiu  d^h  s^^^lÄIl""'  ^''*'  '"•*• 
Öieas    dadurch     dass  ÜTv^  ?^^'*'"«  ^*' *••«•• 

e  nereiu  zwei  Jahre  andauernde  HeOung  durch  nachtrüfflk-h. 

ÄmI'        *'""•  "''^''  ^-^  «-«^  «««  Heüung 
^  Herr  Zan^«,accÄ  glaubt,  dass  diese  PsUe  eben  nicht ' 
«den  von  .hm  al.  zweite  Form  bezeichneten  geht  h.b^ 
Die  Fdle.  d^e  er  vorher  erwähnt  habe,  seien  Jgende:  ' 
Der  erste   sei  m  der  Praxis  des  Herrn  Weceheid^ 

UD^I  k7L  ^'^•'f"^«*»«»«  «-ings  herum  losgelrem. 
Tc^ratir  T  f "  "^"  "''"  «'''''8'  ''«»>«•  Nachdem 
tt^Z\  ''  "'''"^  *"•  bei  .der  Wegnahme  de. 

^creSche«|enwand  sich  in  die  Canüie  hineiinjezogen.  Sein« 
««orgn.88.  die  Blase  möchte  verletzt  sein,  habe  sich  ^br 
gesteigert,  ab  die  Kranke  blutigen  Urin  enüecrt  habe;  i^"^ 


•.tO«l«rt.lu  laSi.  Bd.  XVIII..  Hft.l. 


J3  X*    Yerbandlungen  dar  Oesellschaft  eto. 

211  seiner  Freude  seien  keine  weiteren  Symptome  gefolgt  und 
Patientin  sei  vollständig  genesen. 

Hierdurch  gewarnt,  habe  er  im  zweiten  gleichartigen 
Falle,  wo  die  Operation  in  der  Klinik  vorgenommen  wurde, 
die  erdenklichste  Sorgfolt  aufgewendet,  um  diesen  übelen  Zufall 
SU  vermeiden.  Er  selbst  habe  bei  der  Operation  nichts  weiter 
gethan,  als  die  Kette  zu  überwachen;  mit  vier  Fingern  habe 
er  ihren  Lauf  verfolgt  und  die  Nägel  fest  auf  die  Kette  ge- 
druckt, Assistenten  hätten  die  Schamspalte  erweitert,  ein 
Anderer  das  Zuschrauben  besorgt  u.  s.  w.;  doch  als  die 
Operation  beendet  war,  war  trotz  aller  Sorgfalt  die  hintere 
Blasenwand  durch  den  Ecraseur  verletzt. 

Ob  die  Schuld  an  seinem  Instrumente  liege,  könne  er 
nicht  sagen;  er  habe  mit  Mattbieu  darüber  gespi^ocben  und 
von  ihm  die  Zusicherung  erhalten,  dass  bei  den  neueren 
Insti'umenten  der  Zufall  nicht  mehr  vorkommen  könne;  einst* 
weilen  jedoch  warne  er  aus  voller  Ueberzeugung,  bei  hoch- 
gehender Degeneration,  den  Ecraseur  anzuwenden.  Frage  man 
ihn,  wie  er  dort  operiren  wolle,  so  gestehe  er,  wieder  auf  Hesser 
und  Scheere  zurückzukommen,  denn  auch  die  Galvanocaustik 
sei  für  diese  Fälle  nicht  passend,  da  die  glühende  Schlinge, 
um  die  Blutung  zu  verhindern,  sehr  langsam  wirken  müsse 
und  die  lange  dauernde  strahlende  Hitze  in  dieser  Tiefe  bei 
der  Nähe  edler  Organe  unausbleiblich  sehr  nachtheilige  Folgen 
haben  müsse. 

Herr  L.  Mayer  hat  in  letzter  Zeit  öfters  den  Ecraseur 
an  total  prolabirte  Gebärmütter  angelegt,  wenn  eine  starke 
'Hypertrophie  einer  und  zwar  meist  der  hinteren  Lippe  und 
Eiulceration  derselben  euier  d.'^uemden  Reposition  und  Retention 
bindend  entgt^enstanden.  Er  lobt  sehr  den  Erfolg  partieller 
Ecrasements,  doch  spricht  er  sich  gegen  das  Ecrasement  der 
ganzen  Vaginalportion  aus,  da  namentlich  die  vordere  Scheiden- 
wand oft  eine  lederartige  Beschaffenheit  angenommen  habe 
und,  durch  den  Ecraseur  durchschnitten,  sich  stark  contrahire, 
wodurch  die  Wunde  sehr  bedeutend  werde  und  sehr  zn 
Blutungen  neige.  Auch  trete  meist  die  BJIase  so  tief  her^b, 
dass  eine  Verletzung  derselben  zu  furchten  sei. 


IL  9.  SiäbM,  Belnkchtoageii  ttber  das  KtndbHtiUb«?.       10 

n. 

Betrachtungen  über  das  Kindbettfleber. 

Nach  Lehmann^B  ,,fiappoTt8  de  la  eommisdon  d'obstitriqae, 
eominamqa&  au  «ercle  m^dical  d^Amsterdam'^ 

Mitgetheilt 
Ton 

Edaard  von  Slebold. 

(Schla«8.) 

Dritter  Artikel. 
Behandlang  des  lindbettleben. 

E$  giebt  vielleicht  keineaKrankbeitspn>ce8S,  gegen  welchen 
noan  so  versebiedeae,  sich  oft  ganz  widersprechende  Be<- 
bandlungsmetboden  empfohlen  hat,  als  gegep  das  Kindbett- 
fieber. Bald  halte  man  diese,  bald  jene  Methode  gewählt, 
ja  selbst  bestimmte  Arzneien  aus  dem  Wüste  der  Materia  medica 
hervorgezogen,  welche  man  theils  von  Seiten  der  Theorie» 
theils  von  Seiten  der  Erfahrung,  ja  sogar  in  blos  empirischer 
Weise  über  die  Maassen  zur  Bekämpfung  dieser  mörderiscbeo 
Krankheit  in  ihrer  proteusähnlichen  Form  als  nülzUch  hca^aus* 
strich,  um  sie  bald  wieder  als  unnutz  und  unwirksam  zu  ver- 
werfen. (LitemaTin,  das  Kindbettfieber»  S.  130).  Die  Erfahrung 
einer  langen  Reihe  von  Jahren  hat  endlich  dae  harte  Urtlieil 
zu  Stande  gebracht,  dass  fast  alle  Methoden  der  Behandlung 
die  Probe  der  Untruglichkeit  nicht  bestehen  können,  und  dass 
sie  für  die  einzelnen  Fälle  kern  Vertrauen  verdienen.  Ma$ 
darf  sich  daher  nicht  wundern',  wenn  der  Arzt,  zumal  in  der 
Zeit  einer  Epidemie,  voll  Verzweiflung  und  selbst  hölflos  seine 
Blicke  rings  umher  schweifen  lässt,  um  zu  sehen,  ob  er 
nicht  am  entferntesten  Horizonte  irgend  etwas  finden  könne, 
da  ihn  alle  bekannten  Methoden,  alle  versuchten  Mittel  im 
Stiche  lassen,  und  die  Krankheit  selbst  bei  dem  rationellsten 
Verfahren,  nichtsdestoweniger  dem  tödtlichen  Ausgange  ejitr 
gegenscbreitet     Hier  fallen   u^s   uqiwiUkärlicb   des  Crossen 


20       n.   «.  Siehold,  Betrachtnnces  über  das  Kindbettfieber. 

Ooethe  ironische  Worte  ein,  welche  er  seinem  Faust  in  den 

Mund  legt: 

„Was  man  nicfat  weiss,  das  eben  branchte  man, 
Und  was  man  weiss,  kann  man  nicht  brauchen. ** 

Es  ist  eine  traurige  Wahrheit,  dass  die  Macht  unserer  Kunst 
bei  den  intensiven  Puerperalprocessen  nur  als  sehr  schwadi 
angesehen  werden  muss,  denn  bis  jetzt  vermögen  wir  wenig 
oder  gar  nichts  gegen  das  Wesen  des  Krankheits-Charakters, 
von  dem  die  Gefahr  ausgeht;  aber  dies  darf  kein  Grund  für 
uns  sein,  dem  Indiflerentismus  oder  dem  Nihilismus  zu  huldigen. 
Wir  werden  stets  eine  solche  Lehre  als  unerlaubt  und  ge- 
fährlich bekämpfen,  welcher  oft  zahlreiche  verderbliche  Illusionen 
zum  Grunde  liegen,   die   aber  auch  zuweilen  als  Deckmantel  i 

dient,  in  welchen  sich  die  Unwissenheit  oder  der  böse  Wille, 
sich  von  neuen  wissenschafUiehen  Untersuchungen  loszusagen, 
sei  es  in  Folge  von  erkaltetem  Eifer  oder  einer  Neigung 
zur  Trägheit,  einhüllen.    Derjenige,  welcher  die  Diagnose  der  l 

Piierperalprocesse  allein  in's  Auge  fassend,  mitleidsvoll  die 
armen  Kranken  ihrem  Schicksale  überlässt  und  sich  voll- 
kommen zufrieden  zeigt,  auf  dem  Leichentische  die  von  ihm 
vorausgesagten  pathologischen  Veränderungen  zu  fuiden,  dieser 
hat  seine  Pflicht  als  Arzt  nur  halb  erfüllt  Unser  ganzes 
Studium  und  unsere  ganze  Wissenschaft  über  diesen  Gegen- 
stand, alle  unsere  Forschungen  und  Anstrengungen,  unser 
ganzes  Nachdenken  und  alle  unsere  Gedanken  müssen  sich 
immer  auf  einen  Punkt  concentriren ,  nämlich  auf  die  praktische 
Behandlung.  Der  Mangel  passender  Mittel  darf  so  lange  einem 
indifferenten  Zuwarten  nicht  zur  Entschuldigung  dienen,   als  1 

die  symptomatische  Behandlung  der  unglücklichsten  und  ge- 
llhrlichsten  Ersdieinungen  uns  immer  noch  einen  sicheren 
Hafen  bietet 

Man  muss  betrachten  und  beobachten,  aber  —  man 
muss  auch  behandeln  und  befehlen. 

Die  grosse  Gefahr,  welche  das  Kindbettfieber  mit  sich 
fuhrt,  hat  nach  Mitteln  der  Prophylaxis  forschen  lassen.  Die 
diesem  Zwecke  entsprechenden  Maassregeln  müssen  sowohl 
gegen  jeden  Ausbruch  von  sporadischen  Puerperalprocessen 
als  gegen  die  epidemische  Verbreitung  gerichtet  sein.  In  die 
erste  Reihe  gehören  Ruhe,  Diät,  passende  Erneuerung  der 


IL   V.  Siebold  f  BetracbtaDgen  über  das  Kindbettfieber.      21 

Luft,  verbunden  mit  auflnerksanier  Ueberwachung  der  gewöho« 
lieben  Wochenauscheidungen,  also  der  Transpiration,  derHilch- 
secretion  und  Locbienausscheidung.  Es  ia/L  immer  wichtig, 
selbst  im  Verlaufe  der  Schwangerschaft  die  diätetischen  Regeln 
zu  beobachten  und  so  gut  als  möglich  alle  prädisponirenden 
und  Gelegenheitsursachen  der  Puerperalprocesse,  weJcbe  wir 
oben  auseinander  gesetzt  haben,  abzuhalten.  Demnach  muss 
eine  bedeutende  Hyperinose  bei  Schwängern  du^h  vegetabilische 
Nahrung,  durch  massige  Körperbewegung,  durch  einen  klugen 
Gebrauch  der  Mitte],  welche  anerkannt  auf  das  Blut  und  auf 
die  Verminderung  des  überflüssigen  Faserstoffs  wirken;  als 
durch  Neutralsalze,  Natr.  carbonic,  Kali  nilric.  mid.  sulfuric, 
Hagnes.  sulfuric  und  alkalische  Salze  mit  vegetabilischen 
Sauren  bekämpft  werden«  Nach  dem  jetzigen  Zustande  der 
Wissenschaft  kann  man  die  Meinung,  nach  wdcher  man  früher 
mit  Aderlässen  der  Hyperämie  entgegentrat,  für  felderhaft 
halten,  weil  die  wiederholten  Blutentziebungen  eine  Ver* 
minderuDg  des  Fibrins  im  Blute  Schwangerer  nicht  zur  Folge 
haben,  wohl  aber  eine  Verminderung  der  Blutquantitat,  be* 
sonders  der  rolhen  Blutkörperchen,  bewirken,  woraus  leicht 
Oligämie  oder  Oligocythämie  entstehen  kann,  was  dann  im 
Wochenbette  Neigung  zur  Blutgährung  giebt.  Stellt  sich  da- 
gegen üydrämie  im  Verlaufe  der  Schwangerschaft  ein,  so 
muss  dieser  durch  kräftige  animalische  Kost;  durch  Eisen* 
Präparate,  dtirch  Fernhaltung  aller  deprimirenden  Leiden- 
schaften begegnet  werden,  sowie  zur  Beseitigung  der  Urämie 
alle  Mittel  versucht  werden  müssen,  um  das  die  Urämie 
veranlassende  Nierenleiden  an  seinen  Fortschritten  zu  hindern« 
Die  Erfahrung  hat  die  Wirksamkeit  von  prophylaktischen 
Mitteln,  welche  verschiedene  Aerzte  zur  Verhütung  des  Kindbett» 
fiebers  angeralhen  haben,  nicht  bestätigt,  wie  z.  B.  Levret 
das  Kali  sulfuric*,  Wedekind  die  Salpetersäure,  Ootdon^ 
Richter^  Cederschjöld  Purgirmittel,  Kennedy  das  Cuprum 
ammoniacale  mit  Opium,  Chaussier  das  Dotoer'sche  Pulver 
zu  s<dchem  Zwecke  empfohlen  haben.  Im  Allgemeinen  muss 
man  mit  der  Anwendung  von  Purgirmitteln,  besonders  von 
drastischen,  bei  Schwängern  vorsichtig  säü.  Um  die  Gefabren 
einer  Puerperalthrombose  abzuwenden,  muss  man  in  der  Zeit 
einer  Epidemie  während  der  fünften  Geburtszeit  und  in  den 


22       n.   «.  i5t«5o;<i,BetrachtaDgen  aber  dae  Kindb6ttfieb«r. 

ersten  Stmiden  nachher,  wenn  auch  keine  bedeutende 
Hämorrhagie  zugegen  ist,  recht  energische  Contraclionen  der 
Gebärmutter  durch  Süssere  Reibungen,  die  besonders  den 
Uterus  treffen  müssen,  hervorrufen  und  zu  gleichem  Zwecke 
Seeale  coniutum  oder  Ergotin  reichen.  Wir  können  besonders 
als  eine  sehr  passende  Verbmdnng,  die  wir  oft  mit  Glttek 
bei  schlaffer  Gebärmutter  angewendet  haben,  Seeale  cornutmn 
in  Pulverform  mit  Extractum  opii  in  gelheilten  Gaben  oder 
Morphium  aceticum  empfehlen.  Der  Borax  wirkt  in  solchen 
Fällen  zu  unsicher,  als  dass  wir  dazu  rathen  könnten.  Ein 
besonderes  Augenmerk  mnss  man  auf  die  Quetschungen  der 
äusseren  Genitalien  richten,  welche  während  der  Geburt  ent- 
standen sein  können  und  welche  so  leicht  Gangrän  der  grossen 
Schamlippen  und  der  Scheide  an  ihrem  Eingange  veranlassen 
oder  als  Folge  Puerperalgeschwüre  haben;  eben  solche  Auf- 
merksamkeit verdienen  die  ichorösen  oder  fauligen  Lochien, 
sowie  die  Fiebererschehiungen,  welche  zugleich  mit  diesen 
Verletzungen  auftreten.  So  viel  als  möglich  muss  man  der 
Resorption  des  Eiters  in  diesen  Fällen  durch  örtliche  Be- 
handlung entgegentreten.  Die  Mittd,  welche  sich  in  diesen 
Fällen  sehr  wirksam  zeigen,  sind:  die  Anwendung  von  Com- 
pressen  oder  Plumasseau's  in  weissen  Wein,  Chlorwasser, 
Chinadecoct,  Alaunauflösung  getaucht,  die  Cauterisation  der 
Ulcerationen  mit  Höllenstein,  Einspritzungen  in  die  Scheide 
und  Gdbärmutter  von  Chlorwasser  mit  lauem  Wasser  4iiluirt, 
oder  von  einer  Solution  von  Chlorzink  oder  Chinadecoct. 

Grosse  Vorsicht  glauben  wir  hinsichtlich  der  Einspritzungen 
von  reizenden  Substanzen  in  die  Gebärmutterhöhle ,  als  von 
Jodtinctur,  Myrrhe,  Sublimat  u.  s.  w.  anrathen  zu  mfissen, 
weil  diese  nidit  selten  den  Ausbruch  einer  Endometritis 
begfinstigen. 

Die  offenbare  Wirkung  des  schwefelsauren  Chinins  in 
anderen  zymotischen  Krankheiten,  als  Typhus,  Cholera,  Pebris 
miliaris  epidemica,  bat  zur  prophylaktischen  Anwendcmg 
desselben  Mittels  gegen  das  Kindbettfieber  geflihrt,  besonders 
weil  es  den  Zustand  der  Irritation  nicht  vermehrt  und  die 
Vitalität  auf  eine  uns  unbekannte  Weise  unterstützt.  Das 
Mittel  wurde  sehr  von  PUdagnd  in  Frankreich  und  von 
Faye  in  Christiania  gerühmt,  theQs  um  bei  Wöchnerinnen 


n.   «.  Shboldy  B^trachtnngeii  fiber  d«i  Rindbettflebdi.       28 

denn  Gfihrangsproceds  zurörzukommeB,  der  oft  so  rasdi  ehi'- 
tritt,  theils  um  die  Intensität  und  den  bösartigen  Charakt^ 
der  Erankfaeit  zu  mindern.  Der  Erstgenannte  rühmt  als  von- 
trefllicIiesPriservati?  eine  Mischung  von  6  gr.-  des  Chinin,  sulfurie. 
mit  16  gr.  Ferrum  carbonic,  welche  Dose  man  die  Neu^ 
entbundenen  tfiglich  nehmen  lassen  soll.  Diese  Methode  kann 
imiessen  nicht  als  neu  angesehen  werden,  weil  sie  schon  seit 
Ungerer  Zeit  in  die  Praxis  eingeführt  worden,  unter  anderen  von 
unserem  Landsmanne  und  Mitbürger  KüuwenhuiB.  ^)  Braun 
berichtet  a.  a.  0.  S.  580,  er  habe  in  11  Fällen  Chinin  sulfurie. 
angewendet,  und  das  jedes  Mai,  wenn  sich  der  Puls  in  der 
Minute  zu  100  Schlägen  hob,  die  Körpertemperatur  auf  30, 
31  bis  82  Grad  R.  gestiegen  und  er  die  Eutwickelung  eines 
Puerperalprocesses  fürchtete;  hier  wurde  das  Chinin,  sulfurie. 
drei  Mal  täglich  zu  einer  Dose  von  5 — 15  gr.  angewendet 
und  zwar  mit  solchem  Erfolge,  dass  nur  ein  Fall  tödtlich 
eifkdigte.  Auf  diese  Beobachtungen  sich  stützend  glaubt 
Braun,  den  prophylaktischen  Gebrauch  des  Chinins  vor  einer 
expectatiren  Methode  hervorzuheben  und  das  Mittel  einer 
weiteren  PrüAmg  empfehlen  zu  können.  Nach  unserem  Dafür- 
halten möchte  aber  in  den  meisten  PäHen,  wo  Chiuin  oline 
Unterschied  allen  Wöchnerinnen  gereicht  wird,  die  Entscheidung 
immer  sehr  schwer  sein,  ob  in  der  That  durch  dasselbe  das 
Wochenleiden  verhütet  worden  sei,  weil  man  nie,  so  lange 
sieh  eine  Wöchnerin  wohl  befindet,  a  priori  mit  Sicherheit 
voraussagen  kann,  dass  sie  erkranken  werde.  Rönnen  wir 
daher  gleich  in  diesem  Mittel  eine  so  grosse  prophylaklische 
Wirkung  nicht  erkennen,  so  glauben  wir  doch,  wie  man 
später  sehen  wird,  es  bei  bereits  bestehenden  Poerperal- 
processen  empfehlen  zu  mtissen.  Als  Surrogat  des  Chinins 
bat  Band  Chinineisencyanür  gerühmt,  worüber  sich  noch  die 
Erfahrung  nicht  hinreichend  ausgesprochen  hat.  Die  Opiate 
haben  sich  immer  als  Propbjlactica  hülfreich  und  nützlich 


1)  Der  fraäsösiiche  Üebersetzer  bemerkt  biersn,  <1am  er  «war 
sieht  wis»d,  ia  welchem  Jahre  NieuwenkuU  suerst  das  Chinin  ab 
Prophylacticnm  angewendet  habe,  dass  aber  schon  1848  Professor 
Plagge  das  Mittel  in  gleicher  Absicht  gegeben  habe  nnd  er  ver- 
weist dabei  anf  das  Octoberheft  des  Journ.  de  m^dec.  de  chir. 
et  de  pbarmacol.  Ton  1857. 


24       n*   ^'  SMoldy  BetrachtnogM  fiber  das  Kiadbettfieber. 

erwiesen,  besonders  das  Morphium  aceticttm.  Man  beruhigt 
durch  die  Anwendung  dieses  Mittels  nicht  allein  die  lieber- 
reizung,  in  welche  der  Act  einer  langen  und  sclimerzbaflen 
Geburt  die  Frau  versetzt  hat,  sowie  man  dem  Erethismus, 
der  Aurregung,  der  Schlaflosigkeit  und  den  lebhaften  Gemüths- 
bewegungen  Schranken  setzt,  sondern  man  lindert  auch  die 
so  scbmerzhaflen  und  unbequemen  Nachwehen,  welche,  häufig 
die  Vorläufer  der  so  gefürchleten  Krankheit  sind  und  auf 
diese  Weise  ist  in  den  Opiaten  auch  ein  Mittel  gegen  das 
erste  Auftreten  der.  Krankheit  gegeben. 

Wir  machen  datier  von  diesen  Mitteln  eine  ausgebreitete 
Anwendung  und  pflegen  gewöhnlich  nach  jeder  lange  dauernden 
Geburt,  desgleichen  sofort  bvi  dem  ersten  Erscheinen  der 
Nach  wehen,  sie  zu  reichen  und  haben  uns  in  diesen  Fällen 
oft  von  ihrer  heilsamen  Wirkung  überzeugt  Wir  können  die 
Furcht,  da  SS  die  Opiate  gleich  nach  der  Geburt  Conge^tionen 
nach  den  Himcentren  und  Stase  in  der  allgemeinen  Circulation 
verursachen,  als  unbegründet  bezeichnen.  Die  reichliche 
Transpiration,  welche  gewöhnlich  nach  ihrer  Verabreidiuug 
eintritt,  lasst  selbst  starke  wiederholte  Dosen  vertragen,  ohne 
dass  die  mindeste  üble  Folge  eintritt  Alle  anderen  Mittel, 
welche  man  als  Surrogate  des  Opiums  gelobt  bat,  als 
Lactucarium,  Borsäure,  Extract  von  Cannabis  indica,  Extract 
oder  Tinctur  des  Aconit,  besitzen  bei  weitem  die  Wirksamkeit 
nicht  und  stehen  daher  den  Opiaten  weit  nach.  Das  Coneine 
allein  möchte  vielleicht  eine  Ausnabme  bilden. 

Die  epidemischen  Einflüsse  der  Puerperalprocesse  sind 
uns  nur  theilweise  bekannt;  wir  können  daher  nur  unsichere 
Maassregeln  anwenden,  um  ihnen  zuvorzukommen.  Ist  das 
KindbettGeber  in  einer  Gebäranstalt  ausgebrochen,  so  rouss 
auf  der  Stelle  jede  Entbundene  isolirt  werden,  und  wenn  es 
die  Umstände  erlauben,  muss  man  dafüjr  sorgen,  dass  die- 
jenigen, welche  ihre  Niederkunft  erwarten,  in  s^^arirte  und 
solche  Locale,  die  noch  nicht  belegt  waren,  transferirt  werden. 
Durch  diese  Maassregeb  kann  man  zuweilen  noch  die  Epidemie 
bei  ihrem  ersten  Auftreten  niederhalten;  man  kann  besonders 
dann  gute  Folgen  erwarten,  wenn  die  Ursachen  des  Miasma 
örtlich  und  an  bestimmte  Locale  gebunden  sind;  es  versteht 
sich  aber  von  selbst,   dass  sie  gegen  die  Verbreitung  atmo- 


1 


^    n.   «.iSMoU,  Betrachtongen  über  das  Kiodbettfiebar.       25 

sphärischer  Einflösse  aiebts  vermögen.  Ausserdem  rouss  man 
in  jedem  einzelnen  Falle  darüber  wachen,  dass  die  Schwämme, 
Unterlagen,  anderes  Leinenzeug,  dessen  sich  die  Kranke 
bedient,  zugleich  von  einer  gesunden  nicht  gebraucht  werden, 
ebenso  hat  man  darauf  zu  sehen,  dass  die  Wärterinnen  der 
erkrankten  nicht  mit  den  gesunden  Wöchnerinnen  in  Belehrung 
koounen.  Ferner  ist  es  mehr  wie  je  nöthig,  für  recht  frische 
'und  daher  oft  erneuerte  Luft  zu  sollen.  Besonders  darf 
man  die  vollkommenste  Desinfeetion  derjenigen  Locale,  welche 
wieder  für  die  Aufnähme  von  Wöchnerinnen  bestimmt  sind, 
nicht  versäumen;  leider  ist  das  aber  nicht  so  leicht  zu 
bewerkstelligen.  Um  diesen  Zweck  zu  erreichen,  hat  man 
bekanntlich  gewisse  chemische  Agentien  und  eine  recht  erhöhte 
Temperatur  in  Anwendung  gebracht,  um  die  delelären  anima- 
lischen Stofle  und  die  in  der  Luft  in  ihnen  schwebenden 
Miasmen  zu  vertilgen.  So  treulich  Räucherungen  von  Salz- 
säure und  Salpetersäure,  von  Chlorgas  und  Essigdämpfe  als 
Desinfectionsmittel  wirken,  so  können  sie  doch  in  Gebärhäusern 
schwer  angewendet  werden,  weil  sie  nur  zu  schädlich  auf 
die  Respirationsorgane  wirken  und  daher  bei  den  Neugeborenen 
leicht  Bronchitis  und  Pneumonie  bewirken«  Busch  hat  neuer- 
dings zur  Desinfeetion  der  Wochenzimmer  eine  sehr  erhöhte 
Temperatur  empfohlen.  Nach  ihm  soll  man  jedes  Wochen- 
zimmer,  in  welchem  sich  Puerperalkranke  befanden,  nicht 
eher  wieder  belegen,  bevor  nicht  die  Luft  mittels  Oden  zwei 
Tage  lang  bis  zu  52 — 60  Grad  R,  erhöht  ward,  ohne  dass 
man  dabei  nöthig  hat,  die  Höbein  u.  s.  w.  auszuräumen. 
Freilich  kann  auch  eine  so  starke  Hitze  die  Zimmer  selbst 
beschädigen.  Die  von  Bu$ch  in  der  Berliner  Klinik  und  die 
später  von  Dubois  (Bullet,  de  therapeul.,  Nov.  1853)  und 
Braun  wiederholten  Versuche  schienen  anfangs  dem  Zwecke  zu 
ents|irechen,  aber  auf  die  Dauer  halfen  sie  doch  nicht.  Heutigen 
Tages,  wo  man  die  öffentliche  Gesundheitspflege  Oberhaupt 
mehr  in's  Auge  fasst,  hat  man  darum  auch  der  Errichtung 
der  G^bärbäuser  eine  grössere  Sorgfalt  zugewendet,  weil  diese 
in  der  That  den  epidemischen  Einflüssen  zuweilen  so  günstig 
zu  sein  scheinen,  dass  in  einigen  das  Kindbetlfieber  endemisch 
herrscht  Der  um  diese  Angelegenheit  hochverdiente  Professor 
Died  hat  in  seiner  berühmten  Arbeit  (Zeitsdir.  d.  Gesellschaft 


26       n.    V.  Sieboläf  BetraclitiiBgeii  aber  das  Kin^bettfieb^t. 

d.  Wiener  Aerzte,  1848 — 64.  Kritische  Darstencmg  earopiisdiar 
Krankenhä.user  nach  eigenen  Reisebeobachtongen)  eine  Reihe 
von  wichtigen  Beobachtungen  mitgetheilt,  unter  welchen  sidi 
eine  grosse  Menge  von  Winken  für  die  Prophylaxis  der  Aus- 
breitung der  Puerperalprocesse  in  Gebarhäusem  findet  Er 
hat  besonders  auf  die  Lage  und  Bauart  dieser  Institute  Röeksidit 
genommen,  er  bat  die  Vertheilung  der  einzekien  Localitaten, 
die  Wochenzimmer,  die  Heizung,  Ldftung  und  die  verschiedeaen 
diätetischen  Mittel  in's  Auge  gefasst  und  scharf  die  Be- 
dingungen bezeichnet,  welche  sich  in  einem  wohl  eingerichteten 
Gebärhause  finden  müssen,,  um  den  Bedürfnissen  unserer  Zeit 
zu  entsprechen.  Die  Zukunft  muss  lehren,  ob  es  nicht 
möglich  sei,  ein  Gebärhaus  nach  allen  diesen  trefflichen  Regeln 
zu  errichten,  von  welchem  man  das  Kindbettfieber  auf  immer 
entfernt  halten  kann ;  bis  jetzt  aber  ist  das  vergebens  erstrebt 
worden. 

Was  nun  die  eigentliche  Behandlung  des  Kindbettfiebers 
betrifft,  so  müssen  wir  als  allgemein  gülligen  Satz  aufsteflen, 
dass  der  günstige  Erfolg  am  häufigsten  von  der  Höglichkeit 
abhängt,  die  Krankheit  bei  Zeiten  zu  bekämpfen,  dass  man 
dagegen  selten  vom  Glücke  begünstigt  wird,  wenn  sich  die 
Krankheit  weiter  entwickelt  hat.  Wenn  also  mit  Bezug  auf 
die  Therapie  bei  irgend  einer  Krankheit  die  alte  Vorschrift 
„Principiis  obsta"*  ihre  volle  Geltung  hat,  so  ist  das  recht 
bei  dem  Kindbettfieber  der  Fall.  Daher  muss  der  Arzt  gleich 
bei  dem  ersten,  wenn  auch  noch  so  unscheinbaren  Auftreten 
der  Symptome  dieser  Krankheit  handehi,  und  nicht  als 
wie  ein  „mirabundus  naturae  autocrateias  spectator**  oder 
wie  ein  zweiter  Fabius  Cunctator  in  zu  grosser  Indolenz 
oder  Bescheidenheit  auf  eine  gröss(*re  Entwickelung  und  Aus- 
dehnung des  Leidens  warten.  Die  Therapie  mag  ungewiss 
sein,  aber  darum  ist  sie  doch  nicht  ganz  trostlos.  Die 
fehlerhafte  Blutcrase  zur  Normalität  zurückzuführen,  die 
schädlichen  Stoffe  herauszubeßrdern,  die  Intensität  des  Fiebers 
zu  mindern  und  dasselbe  ganz  zu  verscheuchen,  den  Loeal-  < 
Störungen  entgegenzutreten,  das  ist  die  Aufgabe,  welche  die 
Bemühungen  der  Wissenschaft  aufruft  und  die  unsere  Kunst 
zu  lösen  versuchen  muss.  Indem  wir  uns  im  Folgenden 
damit  beschäfligen,  die  verschiedenen  Methoden  der  Behandhing 


n.   9.  Siehold,  Betrachtangen  über  das  Eindbettfiebdr.       27 

dCR'Chziigehen,  ufollen  wir  nach  Braunes  Vorgang  dieselbe 
schematischc  Eintheilung  befolgen,  welcher  die  hauptsäch* 
liebsten  ätiologischen  und  pathogenetischen  Momente  zu  Grunde 
liegen,  wie  wir  solche  oben  auseinander  gesetzt  haben. 

Die  Therapie  der  Poerperalprocesse  umfasst  demnach  die 
allgemeine  Behandlung,  ferner  diejenige,  welche  den  Local- 
erscheinqngen  entgegentritt,  und  endlich  diejenige,  welche  die 
Folgekrankheiten  bekämpfen  muss. 

Was  die  allgemeine  Behandlung  anbetrifft,  so  mdssen 
vor  allen  die  antifebrile  und  antizymotische  Methode  näher 
betrachtet  werden. 

Wie  wir  schon  oben  auseinandergesetzt  haben,  so  kennt 
man  noch  gar  nichts  Positives  fiber  die  Blutcrase  der  Puerperal 
processe,  so  wenig  als  über  die  anderen  zymotiscben  Krank- 
heiten. Am  constantesten  ist  noch  das  rasche  Verschwinden 
der  rothen  Blutkörperchen,  eine  Folge,  welche  man  von  einer 
Blutgäirung  herleiten  zu  müssen  glaubte,  und  was  daher  den 
Gedanken  an  die  Hand  gegeben  hatte,  die  Puerperalprocesse 
durch  Antifobrilia  und  Antizymotica  zu  heilen.  Unter  den 
ersteren  Mitteln  sind  die  gefeiertsten:  Chinin,  Aconit  und 
Digitalis.  Das  bekannte  Fiebermittel  Chinin,  snlfuric,  über 
dessen  prophylaktische  Wirkung  wir  bereits  gesprochen  haben, 
ist  besonders  in  Frankreich  von  Beau  und  PiSdagnel  an-' 
gewendet  worden,  welche  es  in  starken  Dosen  geben,  sobald 
sich  die  ersten  Symptome  des  Kindbettfiebers  zeigen  und  sie 
haben  davon  gunstige  Resultate  gesehen;  dasselbe  Verfahren 
haben  Andere  und  wir  selbst  oft  angewendet.  Wenn  der 
Gang  der  Krankheit  nicht  sehr  rasch  ist,  und  man  in  den 
Symptomen  einen  intermittire;iden  oder  stark  remittirenden 
Charakter  erkennt,  so  kann  man  caeteris  paribus  von  diesem 
Mittel  grosse  Vortheile  erwarten,  besonders  auch  bei  pyämiscben 
Formen ,  hinter  welchen  häufig  ein  perniciöses  intennittirendes 
Fieber  verborgen  liegt.  Ist  dagegen  der  Gang  der  Krankheit 
sehr  acut  und  mit  häufigem  Erbrechen  begleitet,  so  ereignet 
es  sich  häufig,  dass  das  Chinin  nicht  vertragen  wird  und 
ohne  allen  Erfolg  bleibt.  Seine  Verbindung  mit  Arsenik  unter 
der  Form  von^  arseniksaurem  Chinin  zu  V20  ST'  V^-  d^^**  ^^^ 
es  Faj/e  versucht  hat,  ist  ohne  das  gehoffte  Resultat  geblieben. 
Digitalis  und  Aconit,   besonders   von  Dubais  als  Tincturen 


28       II'    V,  Siehold,  BetrachtoDgen  fiber  da*  Eindbettfieber. 

empfohlen  scheinen  im  Allgemeinen  als  Febriruga  weniger 
wirksam,  als  das  Chinin,  können  aber  nichtsdestoweniger 
zuweilen  von  grossem  Nutzen  sein. 

Unter  den  antizymotischen  Mitteln  verdienen  besonders 
hervorgehoben  zu  werden:  Subliuiat,  Argentum  nilricum, 
Arsenik,  Cyaneisen  und  Ferrum  protefnicum.  Die  Erfahrung, 
dass  diese  Stoflc  ausserhalb  des  Organismus  Gährung  zurück- 
zuhalten und  zu  hindern  im  Stande  sind,  gab  die  Idee  an  die 
Hand,  dass  sie  resorbirt  und  in  das  Blut  gebracht  vielleicht 
eine  ähnliche  Wirkung  auf  dieses  letztere  haben  könnten; 
allein  klinische  Versuche  haben  dieser  Erwartung  nicht  ent- 
spröcBfen.  Was  den  Sublimat  anbetrifit,  so  ist  er  allerdings 
innerlich  und  ausserlich  bei  Hospitalbrand  von  Pitha  mit 
Erfolg  angewendet  worden,  bei  Puerperalprocessen  wurde  das 
Mittel  aber  zu  wenig  versucht,  als  dass  man  ein  bestimmtes 
Urtheil  zu  fällen  im  Stande  wäre.  Was  vielleicht  oft  von 
seinem  Gebrauche  zurückhalten  könnte,  ist  der  Umstand,  dass 
man  es  in  grossen  Zwischenräumen  nur  in  kleinen  Dosen 
reichen  darf,  und  dass  .dadurch  die  Krankheit  mit  so  acutem 
Verlaufe  nicht  gebrochen  werden  kann.  Wir  haben  das  Mittel 
zwei  Mal  versucht,  und  zwar  nur  6  Gran  in  zwei  Mal 
24  Stunden  nehmen  lassen;  es  wurde  gut  vertragen  und 
•brachte  keine  schädliche  Wirkung  hervor,  blieb  aber  auf  den 
Gang  der  Krankheit  ohne  Einfluss,  welche  tödllich  endigte. 
Die  Meinung,  beiläufig  gesagt,  dass  das  Cajomel  im  Magen 
und  Darmkanale  sich  in  Sublimat  verwandle,  ist  von  den 
Chemikern  noch  nicht  allgemein  angenommen.  Die  Wirkung 
des  Höllensteins  ist  noch  ungewisser;  wir  haben  es  mehrere 
Male  ohne  alles  Resultat  angewendet  Dies  Mittel  brachte 
einmal  ein  dipbtheritisch'es  Exsudat  auf  der  Schleimhaut  des 
Schlundes  und  einen  aphthösen  Zustand  auf  der  Zunge  ganz 
zum  Verschwinden,  allein  im.Puerperalprocesse  selbst  änderte 
es  durchaus  nichts.  Arsenige  Säure  haben  wir  bis  jetzt  wegen 
ihrer  gefährlichen  Folgen  nidit  angewendet,  obgleich  wir 
a  priori  für  die  e'ben  so  energische  als  sichere  Wirkung 
dieses  heroischen  Mittels  eingenommen  3ind.  Da  man  in 
anderen  Ländern  gute  Resultate  erzielt  und  diese  noch  dazu 
von  glaubwürdigen  Männern  mitgetheilt  sind,  so  würden  wir 
keinen  Anstand  nehmen,  das  Mittel  anzuwenden. 


II.   «.jSt06o/(2,Betraehtnngeiiüber  das  Kindbettfieber.        29 

Wegen  Mangel  an  hinreichender  Erfahrung  können  wir 
uns  Ober  dieWirkung  des  Cyaneisens  und  des  Proteineisens 
nicht  ausbrechen.  Sie  wirken  aber  sicher  zu  langsam,  als 
dass  man  in  sehr  acuten  Fällen  etwas  von- ihnen  erwarten 
könnte,  dagegen  mögen  sie  eher  för  septisch -pyämische 
chronische  Zustände  passen. 

Man  hat  auch  später  die  Heftigkeit  des  Fiebers  durch 
Wärmeentziehung  mittels  der  hydro- therapeutischen  Ein- 
wickelungen  des  Körpers  in  leinene  oder  wollene  Decken,  die 
in  kaltes  Wasser  getaucht  sind,  zu  mildern  gesucht  Dadurch 
entzieht  man  einen  Theil  der  pathologischen  Wäi*me,  man 
steuert  der  Wärmebildung  selbst  und  mindert  oder  beseitigt 
mit  Erfolg  eine  Reihe  von  secundären  Störungen  und  das 
Fieber  selbst.  Indessen  können  wir  nur  dann  glftcklichen 
Erfolg  mit  dieser  Methode  erzielen,  wenn  man  dieselbe  beim 
ersten  Auftreten  der  Krankheit  anwendet. 

Als  allgemein  bekannte  und  daher  wichtige  Methode  haben 
wir  die  antiphlogistische  zu  nennen,  welche  besonders  auf 
Blutentziehungen  und  den  Gebrauch  der  Mercurialien  beruht 
Was  die  allgemeinen  Blutentziehungen  betrifft,  so  ward  ihr 
Nutzen  schon  in  einer  Epoche  gerühmt,  die  ziemlich  weit 
Yon  der  unserigen  entfernt  ist,  nämlich  zur  Brousaais'sdten 
Zeit  Sie  wurden  ehemals  in  den  meisten  Fällen  als  das 
einzige  Heilmittel  betrachtet,  welches,  wie  man  damals  glaubte, 
direct  gegen  die  Natur  der  Krankheit  wirken  sollte.  In  vielen 
Epidemien  wellte  man  die  ausgezeichnetsten  Erfolge  gesehen 
haben,  die  auch  der  Oeifenüichkeit  öbergeben  wurden;  aber 
mit  der  Zeit  änderten  sich  die  Theorien  und  damit  die 
Beurtheilung  der  Methoden.  Die  Wiener  Schule  hat  jetzt  den 
absolutesten  Bann  über  die  Blutentleerbngen  verhängt,  welche 
einst  in  so  hohem  Werlhe  standen. 

Vom.  theoretischen  Standpunkte  aus,  sagt  diese  Schule, 
kann  die  Anwendung  allgemeiner  Blutentziehungen  bei  l'uer- 
peralprocessen  nicht  yertlieidigt  werden,  und  von  praktischer 
Seite  verdient  sie  ebenfalls  wenig  Empfehlung.  (Braun  a.  a.  0., 
S.  541.).  Diese  beiden  Argumente  sind  indessen. nach  unserer 
bescheidenen  Meinung  zu  schwach,  um  die  Aderlässe  so 
apodictisch  in  allen  Fällen  von  Puerperglprocessen  zu  ver- 
werfen.  „Grau,  Freund,  ist  alle  Theorie,  und  grün  des  Lebens 


30        XJi*   «•  Siebold  t  Betracktniigea  über  das  Rindbettfieber. 

gold'ner  Baum,"*  bleibt  für  uns  eine  ewige  Wabrbeit  und  eine 
Lehre,  die  man  nicht  .genug  beherzigen  kann.  Zeigt  uns 
doch  die  "Geschichte  unserer  Wissenschaft  auf  jeder- Seite,  wie 
ein  schöpferischer  Geist  das  aufbaut,  was  ein  zerstörendes 
Genie  wieder  einreisst.  Eine  Meinung  macht  der  anderen 
Platz,  und  überall,  wo  die  Vergangenheit  einstürzt,  sieht  man 
unmittelbar  auf  den  Trümmern  eine  neue  Zukunft  entstehen. 
So  sind  auch  unsere  Hypothesen  nichts,  als  momentane 
Stützen,  welche  sofort  wieder  entfernt  werden,  sobald  an 
einem  neuen  Baue  die  HauptsMen  aufgerichtet  sind.  Was 
unsere  eigene  Erfahrung  über  diese  Methode  betrifft,  so 
gestehen  wir  oflen,  dass  wir  früher  häufig  Gebrauch  von 
allgemeinen  Biutentziehungen  gemacht,  in  der  letzten  Zeit  sie 
aber  nur  selten  angewendet  haben.  Wir  haben  zuweilen 
offenbaren  Nutzen  ron  ihnen  gesehen,  zuweilen  aber  war  der 
Erfolg  ungünstig,  am  öftesten  führten  dieselben  zu  gar  keinem 
Resultate;  wir  wollen  aber  bei  dieser  Gelegenheit  daran  er- 
innern, dass  es  nicht  leicht  ist,  jedes  Mal  die  Folgen  genau 
zu  erkennen  und  das  Post  hoc  ergo  propter  hoc  zu  unter* 
scheiden.  Es  hat  uns  oft  geschienen,  dass  das  Kindbettfieber 
im  Allgemeinen  den  Chai*akter  der  gerade  herrschenden  Krank- 
heiten behaupte,  und  wir  glauben,  dass,  wenn  diese  ein^ 
allgemeine  Bluten tziehung  verlangt,  sie  auch  oft  im  Kindbett- 
fieber angezeigt  sein  kann,  wie  auch  das  Gegentbeii  stattfindet 
Man  muss  die  individuelle  Constitution  in  Betracht  ziehen, 
sowie  den  Grad  und  die  Form  des  Puerperalprocesses.  Es 
ist  schwer,  bestimmte  diagnostische  Merkmale  anzugeben,  mit 
deren  Hülfe  man  mit  Gewissheit  den  Nutzen  der  allgemeinen 
Blutentziehungen  im  Voraus  bestimmen  kann,  weil  in  den 
meisten  Fällen  nur  erst  der  Erfolg  uns  ein  Urtheil  lallen  lässt. 
Der  Puls,  die  Temperatur  der  Haut,  die  Mienen,  die  örtlichen 
Schmerzen,  der  allgemeine  Zustand  der  Kranken  sind  in  der 
Tbat  trügerische  Symptome,  aber  nichtsdestoweniger  glauben 
wir,  dass  bei  einem  frischen  Falle  und  noch  dazu  hei  einem 
sporadischen,  bei  einem  jungen  Subjecte  von  sanguinischem 
Temperamente,  bei  vollem,  starkem  und  gespanntem  Pulse, 
wo  das  Leiden  des  Peritonäums  vorherrschend  ist,  man  wohl 
einen  reichlichen  Aderlass  mit  grossem  Nutzen  anstellen  könne ; 
hier   ist  derselbe   offenbar   zu   vertheidigen,   da    weseiotiiche 


II.   «•  Sisbold^  Betr»chtiuigen  ab«r  daa  Kiodbettfieber.       3} 

Besseraog  durch  denselben  eintritt  (S.  Bemdt,  Krankheiten 
der  Wöchnerinnen,  Erlang.  1846,  S.  200.).  Doch  sind  solche 
Fonnen  in  den  letzteren  Jahren  seltener  geworden;  da 
nSnilich  die  grösste  Zahl  der  KrankheitsGiile  bei  eacbektischen, 
faydrämiscben  Personen  sich  ereignet,  bei  welchen  das  Fieber 
sofort  einen  adynarcischen  Charakter  annimmt,  so  haben  wir 
die  eiterige  Resorption,  die  puerperale  Thrombose  oder 
Septicamie  vorherrschen  gesehen,  Zustünde,  bei  welchen  die 
allgemeinen  Blutentziehungen  unnutz  oder  geradezu  schädlich 
wirken;  wir  können  daher  den  Schluss  ziehen,  dass  der 
Aderlass  im  AUgemeii^n  nur  selten  beim  Kindbetlfieber  an- 
gestellt werden  muss. 

Mit  besonderer  Vorliebe  hat  man  seit  jeher  die  Mercurialien 
fiist  bei  allen  Formen  der  Puerperalprocesse  in  Gebrauch 
gezogen  und  hat  günstige  Erfolge  von  ihden  gesehen.  Zun 
inneren  Gebrauche  bedient  man  sich  vorzugsweise  des  Calomels 
und  äusaerlich  zu  Einreibungen  des  Unguent.  neapolitanum« 
Einige  Aerzte  reichen  das  Calomel  als  Laxativum  in  grossen 
Dosen  von  15  Gr.  bis  1  Scrupel,  aber  am  öftesten  giebt  man 
es  in  kleinen  Gaben  zu  3 — 4  Gr.,  zu  2  Gr.,  einem  Gr.  und 
selbst  nur  zu  einem  halben  Gr.  in  Verbindung  mit  Hyoscyamus, 
Opium,  oder  mit  Antimonalien,  um  der  Diarrhoe  vorznb^gen. 
Wir  sind  nicht  Anhänger  von  grossen  Dosen,  welche  unwill* 
kürlich  an  den  fTippoJfra^rschett  Aphorismus  erinnern:  „Ad 
extremos  morbos  extrema  remedia  exquisite  optima  ^  weil 
solche  die  Diarrhoe  und  den  CoUapsus  vermehren:  wir 'be- 
schränken uns  auf  einen  halben  und  ganzen  Gran.  Man 
betrachtet  die  häufigen  breiartigen  Stähle,  besonders  die  An- 
schwellung des  Zahnfleisches  und  die  Salivation  als  sehr 
günstige  Zeichen  und  als  gewisse  Voriäufer  der  Heilung,  worauf 
im  Allgemeinen  Schmerz  und  Fieber  weichen  und  die  Gefahr 
des  Todes  sich  verringert.  So  häufig  wir  aber  auch  dies 
Mittel  anwenden,  so  haben  wir  doch  nie  Anschwellung  des 
Zahnfleisches,  noch  weniger.  Salivation  oder  Quecksilbercachexie 
hervorbringen  können,  obgleich  wir  oft  2  Scrupel  und  mehr 
in  wenigen  Tagen  und  daneben  mehrere  Unzen  Unguent  neapol. 
zum  Einreiben  verbrauchen  liessen.  Im  Gegenlheil  sehen  wir 
im  AUgemeinen  breiartige  Stühle  entstehen,  welche  aber  nid)t 
ein  so  günstiges  Zeiche  ^ind,  ds^  sie  ai^cb  in  den 


82       n.  «.  Steboldy  Betrachtungen  über  das  Kindbettfieber. 

Fällen  beobachtet  wurden,  welche  tödtlich  abliefen.  Später 
bat  Retzius  Räacherungen  von  Cinnober  empfohlen,  um  die 
Wirkung  des  Hercur  auf  den  Organismus  zu  beschleunigen, 
ohne  aber  diesen  Zweck  zu  erreichen.  Scanzoni  hat  sich 
in  ausgesprochener  Weise  gegen  die  Mercurialbebandlung  der 
Pnerperalprocesse  erklärt;  seine  Gründe  sind  folgende: 

„Wenn  man  die  so  gerahmte  Anwendung  der  Mercurial- 
Präparate  in's  Auge  fasst;  so  iässt  sich  dieselbe  nur  durch 
die  Erfahrung  rechtfertigen,  dass  die  nachweisbare  Einwirkung 
der  Quecksilberpräparate  auf  das  Blut  in  einer  Verminderung  j 

des  Albumens,  des  FaserstoflTes  und  der  Blutkörperchen  besteht,  j 

während  die  wässerigen  Bestandtheile   zunehmen  und  hiermit  | 

die  Gerinnungsfähigkeit  und  Viscosilät  des  Blutes  vermindert  ' 

wird.  Es  wäre  somit  das  Quecksilber  ein  ganz  geeignetes 
Mittel,  um  allenfalls  dem  Zustandekommen  der  Gerinnungen 
innerhalb  der  Uternswände  vorzubeugen;  da  jedoch  diese  gegen 
die  früher  herrschende  Ansicht  das  Primäre  der  Krankheit 
darstellen,  diese  letztere  nicht  früher  vorhanden  ist,   als  bis  ' 

sich  die  Gerinnungen  gebildet  haben,   und  daher  auch  keine  | 

Therapie  erfordert;  so  fragt  es  sich,  ob  das  Quecksilber  und  \ 

insbesondere  das  so  sehr  gerühmte  Calomel  auch  noch  nach 
der  Bildung  jener  Gerinnsel  mit  Vortheil  angewendet  werden 
kann,  und  hier  müssen  wir  absolut  mit  Nein  antworten; 
denn  eben  die  durch  dasselbe  anerkannter  Weise  erfolgende 
Verflüssigung  und  Resorption  aller  sowohl  normaler  als 
anomaler  Gewebe  begünstigt  auch  die  rasche  und  in  grossen  i 

Mengen  stattfmdende  Aufnahme  der  in  den  Venen  enthaltenen  | 

Eiter-  und  Janchetlieile  und  die  Folge  hiervon  ist,  dass  man,  I 

sowie  nach  reichlichen  Blutentleerungen,  auch  nach  der 
energischen  Anwendung  der  Quecksiiberpräparale  sehr  häufig 
die  Erscheinungen  der  putriden  Biutinfection  auffallend  bald 
hervortreten  sieht,  so  dass  die  IMetrophlebilis  in  ihrer  grossen 
Neigung,  die  Exsudate  in  eiterige  und  ichoröse  zerfallen  zu 
lassen,  in  der  grössten  Anzahl  der  Fälle  eine  Gegenanzeige 
gegen  den  Gebrauch  der  Mercurialien  abgiebt'*  {Scanzoni, 
Lehrb.  d.  Geb.,  S.  955  fl*.) 

Was  nun  diese  Argumente  betrifft,  so  kann  doch,  wie 
wir  glauben,  die  auf  eine  lange  Erfahrung  gegründete  That* 
Sache  nicht  weggcläugnet  werden,  dass  selbst  die  heftigsten 


11.  0.  SiebMt  Botraehtangen-Über  das  Kindbettfieber.       33 

Piierperalentzdndungen  häufig  eine  günstige  Wendung  Ton  dem 
Augenblicke  an  nehmen,  wenn  die  Mercuriaicachexie  eintritt, 
und  darum  wird  ein  reichlicher  und  fortgesetzter  Gehrauch 
der  Hercurialien  zur  Bekämpfung  der  Puerperaiprocesse  sich 
immer  erhalten. 

In  dritter  Reihe  gehören  zur  allgemeinen  Behandlung  die 
antipyäpriischen  Specifica.  Es  sind  Chlorwasser,  Creosot,  die 
Mineralsauren,  welche  man  überhaupt  bei  miasmatischen  und 
contagiöseji  Blutkrankheiten  reicht  und  die  sowohl  innerlich 
als  äusserlich  in  den  septischen  Formen  des  Kindbettfiebers 
angewendet  werden.  Da  sie  indessen  gewöhnlich  nur  in 
Terliallnissinässig  kleinen  Dosen  gegeben  werden  können,  und 
ausserdem  die  Fälle,  wo  sie  passen,  an  und  für  sich  schon 
eine  üble  Prognose  gestatten,  so  sind  die  Resultate  dieser 
Beilmelhode  nicht  glücklich.  Unter  den  Mineralsäuren  ziehen 
w^ir  die  Phosphorsäure  vor,  weil  sie  weniger  Diarrhoe  hervor- 
raft.  Im  Allgemeinen  wird  das  Haüer*sc\ie  Sauer  wegen  der 
Empfindlichkeit  der  Schleimhäute  nicht  verti'agen.  Die  China- 
rinde passt  in  Fällen  mit  mehr  chronischem  Verlaufe.  Das 
Ammmiium  carbonic,  welches  Vogel  aU  Mittel  gerühmt  hat, 
das  vielleicht  der  Gerinnung  vorbeugen  könne,  scheint  in 
starken  Dosen  gefährlich  und  ist  in  Puerperalprocessen  noch 
zu  wenig  angewendet  worden.  Das  zweifach  oxalsaure  Kali 
(Bioxalate  de  potasse),  welclies  Welti  in  der  neuesten  Zeit 
bochgepriesen  hat,  kann  ruhig  der  Vergessenheit  anheim 
fallen,  denn  die  Erfahrung  hat  uns  gelehrt,  dass  seine  Y^irkung 
null  ist.  ^)   Die  Zukunft  muss  über  die  antipyamische  Wirkung 


1)  Der  Verf.  erwähnt  hier  im  Texte  noch  des  Bo2r*sebeti 
Specificoms,  welches  er  als  Carbonate  de  potasse  oder  EaU 
cnrbonicam  beseiehnet.  Dies  ist  aber  ein  Trrthum:  denn  d.*cs  von 
Boiir  einst  so  sehr  gerühmte  Pnerperalpulver  war  ein  Antitnou- 
präparat,  wie  er  es  selbst  in  sein.  Abhamll.  n.  Vers,  g^ebnrtuh.  Inh., 
2.  Th.,  Wien  1792,  S.  92  ansspricbt  und  anch  sein  Biograph 
Httaaian^  Leben  nnd  Wirken  Bo'er's,  Wien  1838,  S.  42,  anföhrt. 
M^Sglich,  dass  dieses  Specific,  das  Pniv.  antimon.  compositns  oder 
Jame**a  powder  war,  welches  im  torigen  Jahrhundert  als  Geheim- 
mittel dargestellt  wurde  und  das  Ba9r  in  England  kennen  gelernt 
hatte.  9 Es  wird  darch  starkes  Erfaltsen  Ton .Schwefelantimon 
und  nomsp&nen  dargestellt  and  besteht  fast  ganz  aas  etwa 
gleichen  Tbeilen  antimoniger  Säure  and  phosphorssnrem  &alke, 
lCoaatM«kr,iaebiirtok.  1861.  Bd.  XVni.,  HA.  1.  3 


:8^       11.   «.  SUbMt  B«tracbtiing«ji  äb«r  d*fi  Kindb«ttfieber. 

iet  Tificlura  acooiü  eatscheideo.  Fär  das  pasaendate  von 
alitn  Mitteln  halten  wir  ooch  deu  Campbor,  yqü  'welchem 
wir  in  laogsam  verlaufttiden  F&Uen  NuUen  g^aeheo«  er  inag 
.1^  oder  mit  Chlorwaaaer  verardnet  werden. 

Die  exspeclaüve  oder  symptomatische  Methode  begreift 
eine  Reihe  von  Mitteln  in  aich,  deren  Wirkung  sehr  ver- 
schieden ist  und  von  welchen  das  eine  oder  das  andere  nur 
allein  nach  den  Worten:  itAbstke  si  metbodum  nescis"*  oder 
^Noa  profuisse  quam  nocuisse  miAoa  ittahim''  gewählt  wird. 
J)ie  Samen-  oder  Oel-Eoiulaionen  mit  Aqua  lauroeejrasi  oder 
die  Nitrosa  spielen  unter  den  Waffen  dar  Nihilisten  eine 
Hauptrolle.  Die  drastischen  Abfufansittel,  die  Einetica  und 
Diaphoretica  zählen  jetzt  aoch  wenige  Verehrer  oder  Liehhaber, 
welche  ihnen  eine  vorübergebende  Wurkung  zuschreiben»  Wir 
halten  im  Allgemeinen  die  Drastica  fär  gefahrvolle  Mittel,  und 
glauben  sie  daher  nur  mit  der  äussersten  Vorsiebt  empfeUea 
KU  müssen,  wenn,  wie  es  selten  zu  sein  pflegt,  harlnäcUge 
Vei'stopfung  zuge^^  •  ist.  Oft  bringen  sie .  eine  colUcpaitve 
Diarrhoe  hervor,  worauf  bald  Collapaus  folgt  uad  begünstige»* 
nicht  sditen  den  raschen  Uebergang  zum  sepliachen  Zustand. 
Die  Emetica  müssen  wir  auf  das  entschiedeMte  zurückweisen; 
t^  giebt  unserer  Meiming  nach  kein  Mittel,  welches  ^ioe 
achadlichare  Wirkung  auf  «die  Puerperalprocesse  hat,  als  der 
Tartar.  emetic.,  was  die  ErfafaruDg  lehrt  In  allen  Fallen, 
wo  wir  uns  durch  sagen.  Conamina  naturae  verfiitareB  Ueasen, 
dieses  Mittel  anzuwenden,  haben  wir  nicht  die  geringste 
Besserung,  sondern  immer  raiK^ben  Fort«chiitt  des  PriKeasei» 
und  ein  schnelles  tödlliches  Ende  beobachtet.  Das  Oleum 
terübrnth.  als  Conirastimulans  ward  ferner  von  Br^nau  in 
Dublin  (1812)  ismpfohlen  und  darauf  sehr  von  den  Engländern 
g;epriesen;  jetzt  ist  es  aber,  nnd  mit  Recht  in  Misseredit 
gekommen,  tm  AnTange  der  Krankheit  ist  es  wegen-  seiner 
zu  reizenden  Wirkung   auf   die   Schleimhäute    schädlich    und 


^em  ktn  iunI  wieder  lieeh  •etWM  Antimonozyd  und  einige  andere 
Yerbindangen  MseniselU  sind.''  B.  Sekuehmrdl,  ArEneiuiltteHekr«, 
Branntcliw.  1658,  &  2S4.  ßpKter«  mU  an«  J.  Fr.  0»iwi4r  in 
«.  Nnchricliten  ▼.  Wten,  Tübing.  1817,  8.  388  berichtet,  hat  BOr 
keine  Anwendung  mehr  iFoa  seinem  frötier  «ie  apeoifisob  ^erfthaten 
Pulver  genndit. 


II.  0.  Si^bM^  Batrachtaag^n  fibi^r  dM  Kindbettfiebtr.       B5 

vetin  der  kraDkbaite  Process  sich  weiter  entwickeli  hat»  iat 
ee  oft  sehr  unwirksam.  Weniger  eingreifend  und  weniger 
achädlicb  auf  die  verändei^te  Blutcraae  wirken  die  Diapborelica. 
Da  aber  ein  spooti^ier,  gelbst  allgemeiner  Scbweiss  nur  eine 
Yorfibergeheode  Linderung  bringt,  $o  muss  man  die  Diaphoretio« 
im  ersten  Stadium  der  Krankheit  angewendet,  nur. als  ein 
unterstutzendes  Mittel  (Remed.  adjuvant)  betrachten ,  was 
untergeordneten  Werth  bat.  Die  Tonica  und  Ezcitantia  sind 
alleift  in  der  -Zeit  der  Recoovalescenz  oder  bei  astbeniscbet 
Formea  angezwgt,  dann  aber  sind  sie  in  Verbindung  mit  der 
gehörigen  Di$t  von  unschäUbarera  Werthe.  Zu  den  passendstes 
Mitteln  dieser  Art  muss  man  diejenigen  zahlen,  welche  ihre 
Wirkung  hauptsächlich  auf  das  Nervensystem  verbreiten,  Hier 
treten  uns  die  Opiate,  «besonders  das  Dowef^^che  PiiWer 
ttttd  das  Morphium  acetic«m\  das  Lactucarium,  das  Extraotpoi 
Hyoseyami,  das  Coneioe  und  äbnliche  Narcotica  eutgegeo, 
d^nso  die  BorsSure,  welche  Mittal  alle  beruhigen  und  besänftigen, 
den  Erethismus  und  die  Hyperaesthesie  mindern  und  die  Kräfte 
erhalten.  Obgieicb  alle  diese. Präparate  nur  gegen  Symptome 
der  Krankheit  gerichtet  sind,  so  verdienen  sie  dennoch  unfter 
grosse!  Vertrauen,  weil  sie  in  allen  Fallen  den  Zustand  er^ 
träglicher  machen  und  manchen  Kranken  dif  W^bUhat  Afr 
Euthanasie  gewähren. 

Die  Behandlar^  der  loyalen  Erscbeioimgen  der  jPueiperal* 
proeesse  muss  besonders  gegen  den  pathoiogi^clien  Zustand 
der  Gebärmutter  gericbfet  sein,  wekbe  daeb  der  Heerd  odur 
jkusgaiigapunkt  von  jenen  ist  Wenn  die  Cebärioipttar  acbmeni*- 
baft  oder  gegen  Druck  empfindlich  ist,  so  muas  man  aeioe 
Zuflucht  zu  warmen  Unacblägeo  nahmen»  welche  in  leichten 
Fällen  oll  genug  Besserung  oder  gänzliche  Derslelhing  bewirkeo. 
In  schwereren  Fällen  dagegen  eind  wiederholte  iM*tliGhe  |Ut|tr 
entziebungen,  innerlich  Morph,  acetic^  besondei*ja  aber  Opiatr 
klystiere  oft  sehr  nützlich.  Von  den  kalten  Umschläg«|i  Am 
Bauches,  mögen  sie  aus  Wasser  oder  Eia  bestehen,  von  den 
sogen.  Neptungfrteln,  die  man  neuerdings  empfohlen,  koiHien 
wir  uns  keinen  Nutzen  versprechen,  ja  wir  aimi  im  Gegpntheil 
Qberzeugt,  dass  sie  in  der  Privatprai^is  ai|s  Furcht  4er 
Unterdnackung  der  Lociiieo  viel  Wid«>rs|^ucJb  fia4le«»  Die 
allgeqoieinen  BluienuieboQgen  mgeo  sieb  m  der  £odooi^*i^ 


36        n.   V,  Sieholdf  Betracbtnngen  über  das  Eindbettfiober. 

selten  nützlich.  Ausserdem  muss  man  fflr  grosse  Reinlichkeit 
der  Geschlcchtstbeile  sorgen.  Es  giebt  kein  besseres  Mittel, 
um  der  icliorösen  Zersetzung  der  Exsudate  in  der  UterinböUe 
oder  in  der  Scheide  zuvorzukommen,  als  Einspritzungen  von 
warmem  Wasser.  Das  Bespülen  der  inneren  GebirmuUerliöhle 
ist  besiondefs .  bei  der  Endometritis  sehr  nöthig,  wenn  sich 
die  Lochien  vermindern,  oder  serös  oder  fötid  werden,  oder 
wenn  man  Grund  hat,  zu  vermuthen,  ^ass  zurückgebliebene 
Reste  der  Nachgeburt  sich  zersetzen.  Statt  des  warmen 
Wassers  bedient  man  sich  häufig  eines  Chamiileninfusuros,  des 
Chlorwassers,  einer  leichten  Auflösung  des  Chlorzinks  und 
selbst  des  Höllensteins.  , 

Auch  gegen  die  Kaltwassereinspritzungen  in  die  Gebär- 
mutterhöhle, wie  sie  Kiwisch  empfohlen,  müssen  wir  uns 
erklären,  sowie  gegen  die  adstringirenden  von  Alaun,  Tannin, 
Myrrhentinctur  u.  s.  w.,  weil  sie  leicht  die  Schmerzen  ver- 
mehren  und  die  Krankheit  steigern.  Opiaünjectionen  in  den 
Uteinis  haben  nicht  die  anodyne  Wirkung,  wie  man  wohl 
a  priori  glauben  könnte,  lieber  die  Injection  einer  concentrirten 
Lösung  von  Sublimat,  sowie  über  die  Cauterisaüon  der  inneren 
Gebärmutteiiläche  nach  Retziua  erlauben  wir  uns  kein  Urtheil. 
Gegen  warme  Bäder  herrscht  im  Allgemeinen  bei  Laien,  eine 
ziemlich  grosse  Antipathie;  sie  sind  am  Ende  auch  zu  ent* 
behren,  da  sie  durch  die  viel  wirksameren  Injeclionen  ersetzt 
werden.  Wie  wir  schon  oben  angeführt,  ist  es  unerlässiich, 
die  äusseren  Geschlechtstheile  recht  rein  zu  halten,  um  theils ' 
die  Entwickelung  von  Ulcerationen  zu  verhüten,  theils  um, 
wo  sie  vorhanden,  dafür  zu  sorgen,  dass  sie  nicht  weiter 
um  sich  greifen.  Die  Metroperitonitis,  welche  man  häufig 
bei  Puerperalprocessen  antrifft  und  die  sich  gewöhnlich  secundär 
in  Folge  von  vorhandenen  Peritonäalexsudaten  zeigt,  wobei 
mehr  oder  weitiger  lebhafte  Schmerzen  in  der  Dterusgegend, 
Meteorismus,  profuse  Diarrhoe,  Erbrechen  und  eine  Menge 
anderer  Störungen  vorhanden  sind,  erfordert  ein  mehr  örtliches 
Verfahren.  Die  leichte  Empfindlichkeit  des  Unterleibes,  auf 
den  Peritonäalüberzug  des  Uterus  sich  beschränkend,  wird 
durch  die  Anwendung  warmer  Umschläge  oder  durch  Oel- 
und  Opiat -Einreibungen  bedeutend  gemindert,  wenn  nicht 
ganz  gehoben.    Wenn  die  Schmerzen  heftiger  sind,  so  ist 


II.   «.  Si$bol4t  BetraciktaDgea  über  daf  Rindbettfieb«r.       37 

oft  eine  örtliche  Blutentl^rang  durch  Blutegel  nölhig,  welche 
man  an  die  grossen  Schamlippen,  in  die  Inguinalgegend, 
selbst  in  die  Scheide  anlegt.  Die  Schröprkdpfe  werden  wegen 
der  grossen  Empfindlichkeit  nicht  wohl  vertragen,  dagegen  sind 
Einreibungen  auf  den  Unterleib  von  UnguenL  neapolit.,  Opiat- 
oder Belladonna-Salben  angezeigt,  .Wenn  der  Process  eine 
grosse  Ausdehnung  und  das  ganze  Peritonfium  eingenommen 
hat,  wa&  man  oft  an  den  sehr  lebhaften  und  dttrchdringendep 
Schmerzen  erkennt;  besonders  wenn  die  Peritonitis  primär 
auflritt,  kann  man  bei  einem  jugendlichen,  starken  und 
kräfligen  Subjecte,  dessen  Puls  sehr  entwickelt  ist,  Ton  einem 
reichlichen  Aderlasse  grossen  Nutzen  sehen.  Doch  muss  man 
zu  häufig  wiederholte  Aderlässe  vermeiden,  weil,  wenn  sie 
auch  die  Schmerzen  zu  mildem  scheinen,  divch  sie  der 
Uebergang  in  Exsudatbildung  begünstigt  wird.  Eisüberschläge 
über  den  Leib,  die  man  neuerdings  angerathen,  finden,  wie 
wir  bereits  angegeben,  von  Seiten  der  Kranken  Widerstand  und 
sind  auch  gewöhnlich  zu  unbequem  und  unerträglich,  als  dass 
sie  empfohlen  werden  könnten.  Man  verschalTt  bei  sehr 
heftigen  Schmerzen  viel  besser  durch  sanfte  Einreibungen  des 
Bauches  mit  einem  Liniment  von  Chloroform  und  Oliven- 
oder Hyoscyamus-Oel  Linderung,  wovon  wir  oft  die  besten 
Wirkungen  gesehen  haben.  In  der  letzten  Zeit  hat  Latour 
geralhen,  statt  der  warmen  Umschläge  eine  dicke  Lage  von 
CoUodium  auf  den  Bauch  auszubreiten,  aber  dieses  Mittel 
scheint  nur  eine  vorübergehende  Wirkung  zu  besitzen.  Nach 
Retziu8  scheint  das  CoUodium-  nur  durch  die  Verdampfung 
des  Aetbers  und  die  dabei  sich,  entwickelnde  Kälte  zu  wirken. 
Daher  machen  wir  lieber  Einreibungen  von  einer  Mischung  der 
Jodtinctur  und  des  Aether  sulfuricus.  Einreibungen  von  reiner 
Jodlinctur,  wie  sie  Fausset  angerathen  (Dubl.  Journ.,  1850), 
sind  zu  reizend;  setzt  man  AJkohol  zu,  so  werden  sie  besser 
vertragen.  Rasch  wird  bei  diesen  Einreibnngen  das  Jod 
resorbirt  und  in  die  Blutmasse  gebracht;  sdion  nach  12  Stunden 
kann  man  seine  Gegenwart  im  Hanie  nachweisen.  Gegenreize 
auf  den  Bauch  gebracht  sind  zur  Bekämpfung  der  Metro«* 
Peritonitis  ebenfalls  wichtig.  Die  Engländer  verwenden  dazu 
warme  Um^iläge  mit  Terpentinöl.  Eine  einfache  Methode, 
dieses  Mittel  anzuwenden,  besteht  darin,  dass   man  zuerst 


1 


d8       II*   «•  Sieholdf  Betr4ehtQ«g;«B  über  dat  Kindbettfleber. 

einige  Tropfen  Terpentinöl  auf  den  Biudi  trdpfelt  und  dann 
ein  SlQck  Flailell  in  warmei  Was^r  getaucht  darüber  legt 
Guten  Erfolg  haben  auch  die  Einreibungen  ron  Terpentinöl 
mit  Olivenöl  vermischt,  um  dem  zu  starken  Erythem  vor- 
zubeugen. Wir  empfehlen  eine  Mischung  von  Terpentinöl 
mit  Olivenöl  und  Chloroform.  Die  Application  eines  grossen 
Senfleiges  Ober  den  ganzen  Bauch  oder  eines  Yesicalors  bringt 
im  Allgemeinen  heftige  Schmerzen  hervor  und  ist  nur  an* 
gezeigt,  wenn  man  einen  raschen  und  starken  G^eAreiz  m 
ei*zielen  wünscht.  Als  das  wirksamste  unter  allen  haben  wir 
stets  ein  Liniment  von  Terpentinöl  und  Catharidentinktur 
geftmden;  wegen  seiner  starken  Wirkung  pflegen  wir  es  aber 
nur  in  sehr  acuten  und  verzweifelten  Ffillen  anzuwenden. 
Durch  Drastica  oder  Klystiere  hat  man  sich  bemüht,  den 
Meteorismus  zu  mindern,  der  oft  in  sehr  hohem  Grade  auftritt 
und  bluHg  in  Folge  der  Exsudate  durch  Lähmung  der  Muskel* 
hlute  entsteht;  allein  diese  Behandlung  hat  sich  als  unwirksam 
erwiesen.  Bessere  Resultate  erzielte  man  durch  Opiate  inneriich 
genomnicn  und  durch  reizende  Linimente  von  Oppodeldoc  u.  s.  w. 
Kiwisch  und  Scanzoni  haben  Tabaksklystiere  angewendet, 
aber  ohne  Erfolg;  das  Auspumpen  der  Darmgase  mit  einem 
langen  elastischen  Rohre,  das  tief  eingeführt  wird,  ist  völlig 
zwecklos.  Gegen  die  Function  der  .Gedärme  mit  einem  Ex- 
plorativtrocar  muss  man  sich  a  priori  erklären,  noch  weniger 
sie  anwenden. 

Profuse  Diarrhoen  begleiten  oft  die  Puerperalprocesse, 
welche  tödtlich  endigen;  daher  müssen  sie  energisch  behandelt 
werden.  Mucilaginosa  und  Opiate,  Alaud,  Höllenstein  und 
Tannin  haben  manchmal  glücklidien  und  ausdauernden  Erfolg, 
oft  aber  ist  die  Besserung  nur  vorübergehend.  Gegen  das 
so  ominöse  grünspanartige  Erbrechen  hilft  fast  kein  MitteL 
Eispillen  und  Klystiere  mit  Ochsengalle  können  zuweilen  einige 
Erleichterung  versebaffen.  Das  abgesackte  Peritonäalexsudat 
kann  in  seltenen  Fällen  resorbirt  werden;  man  kann,  um  die 
Resorption  zu  befördern,  Linimente  von  Jodkalium,  von  reinem 
Jod,  besonders  in  Verbindung  von  Giycerine,  ebenso  Ein* 
rdbungen  von  Kupferoxydsalbe  <>der  Unguent  neapoltt.  an- 
wenden. Haben  sich  Abscesse  gebildet,  so  muss  man  ihnen 
mit  dem  Bistouri  einen  Weg  nach  aussen  verschaffen,  oder 


in.   M$i$9nmtf  Uaber  Bbeasifttiiintts  uteri  gravJdi        89 

kann  «ich  in  denveibeii  Zwecke  mit  Erfolg  CnusUca 
anwoiden,  z.  B.  die  Wiener  Paste.  Von  der  Paracenteae 
des  Bauches  kann  man  nie  etwas  erwarten.  Was  endlich  die 
Behandlung  der  Folgekraokheit  betrifiTt,  so  dienen  uns  hier 
die  gewöhnUchcn  Regdn  der  allgemeinen  Therapie  zur  Rieht* 
sdinur,  es  wurde  uns  hier  zu  weit  füliren,  die  einzelnen 
Mitlei  fSr  die  specieUen  FäUe  selbst  anzuführen. 

In  Vorstehendem  glauben  wir  eine  Anleitung  zur  Be* 
handlung  des  Kindhettfiebers  gegeben  zu  haben.  An  Mittehi 
zur  Therapie  dieses  krankhaften  Pröcesses  fehlt  es  in  der 
That  nicht,  aber  sichere  Mittel  gegen  den  reisaenden  Fort« 
sehritt  dieser  mörderisch«!  Krankheit  haben  wir  leider!  nicht. 
Das  ist  aber  kein  Grund  zu  yerzweifeln  und  in  Muthiosigkeit 
and  GleichgiUtigkeit  zu  verfallen;  im  Gegentheile  müssen  wir 
mit  allen  uns  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  herzhaft  gegen  die 
Krankheit  ankämpfen  und  uns  der  Hoffnung  hingeben,  dass 
wir  mit  der  Zeit  Besseres  erlangen  werden.  la  es  nicht  der 
menschlichen  Natur  eigen,  immer  in  unruhiger  Erwartmig  nadi 
etwas  Besserem  zu  leben? 


IIL 
üeber  Khemnatismas  uteri  gravidi. 

Vortrsg,  gehalten  in  der  79.  Sitsang  der  Gesellschsft  fUr 
GebortshUlfe  zu  Leipzig  am  8.  October  1860 

von 
Dr.  Emil  Apollo  Helssner. 

Wie  im  Monat  August  .die  beginnenden  akademischen  Ferien 
und  im  September  die  Versammlung  deutsdier  Naturforscher 
und  Aerzte  in. Königsberg,  so  ist  im  laufenden  Monate  das 
in  nächster  Woche  stattfindende  50jährige  Jubiläum  des  Bor 
Stehens  der  Universität  Berhn,  die  Veranlassung  dazu  gewordeOi 
die  Sitzung  nicht  auf  den  statutenmässig  festgesetzten  dritten 
Montag,  sondern  schon  eine  Woche  früher  anzuberaumen. 
Der  ZufaD  also  fügte  es,  dass  wir  mit  Rücksichtnahme  auf 


40        m*  Mel§mmrt  Ueb«r  Bbeomattomiu  «tori  grayiOI. 

das  SOjäbrige  JubiUftam  einer  der  ▼mvögliGfasten  BildiiogsstMn 
deutscher  Wissenschaft  uns  heute  zu  einem  50jährigen  Jubel- 
festläge  unserer  speciellen  Wissenschaft  im  engeren  sächsischen 
Vaterlande  hier  zusammenfinden,  denn  heute  vor  50  Jahren, 
am  8.  October  1810,  erfolgte  die  factische  Eröflhung  hiesiger 
Königlicher  Entbindungsscbule,  derjenigen  Anstalt,  in  deren 
Räumen  wir  seit  Begründung  unserer  Gesellschaft  bisher  imroa* 
gastliche  Aufnahme,  sowie  fort  und  fort  seit  der  Zeit  unserer 
akademischen  Studien  immer  neue  Aufmunterung,  neue  Ge- 
legenheit zu  wissenschaftlichen  Forschungen,  neuer  Belehrung 
fanden.  Wir  haben  uns  zwar  schon  am  5.  Februar  d.  J.  an  der 
ofliciellen  Jubelfeier  der  durch  Rescript  des  damaligen  Kirchen- 
raths  zu  Dresden  erfolgten  Begründung  dieser  segensreichen 
Anstalt  betheiligt  und  vier  der  früheren.  Hfiifsärzte  damals  zu 
EhreniQitgliedem  unserer  Gesdlschaft  ernannt,  eine  Festsitzung 
unsererseits  erschien  dagegen  damals  aus  mehreren  Gründen 
unthunlich.  So  lassen  Sie  mich  denn  heute,  meine  verehrten 
Herren  GoUegen,  Sie  geistig  zurückführen  in  das  Jabr  1810 
und  in  die  ersten  Tage  unserer  Gebäranstalt,  in  die  ersten 
Ergebnisse  ihrer  Beobachtungen,  um  wenigstens  in  unserem 
Kreise  auch.stiU  noch  das  50jährige  ^)  Jubiläum  ihrer  factischen 
Eröffnung  zu  feiern.  — 

Zwei  Aufnahmen  von  Schwängern  fanden  heute  vor 
50  Jahren  statt  und  schon  an  demselben  Tage  gebar  die 
eine  derselben  auf  normale  Weise  einen  Knaben.  Das  darüber 
von  Joerg  selbst  in  die  Acten  der  Anstalt  niedergeschriebene 
Protokoll  ist  sehr  kurz  und  giebt  uns  keinen  wesentlichen 
Stoff  zur  Anknüpfung.  Dagegen  bot  die  andere  Schwangere 
bis  zu  ihrer  am  16.  December  1810  erfolgten  Niederkunft 
wiederholt  Veranlassung  zu  aufmerksamen  Beobachtungen, 
welche  auch  der  erste  Assistent,  unser  Ehrenmitglied  Geh.  Ratli 
Dr.  Carl  Gustav  CaruSj  in  seiner  hierselbst  am  20.  De- 
cember 1811  vertbeidigten  Inaugural-Dissertation  de  uteri 
rbeuroatismo  zu  veröffentlichen  für  werth  erachtete.  Auch 
Joerg  kam  bis  in  die  spätesten  Jahre  seines  Lebens  oft  und 
gern   auf  diesen  Fall  in  seinen  klinischen  Demonstrationen 


1)  Das  26jährige  Jabil&am  der  Leipsiger  EatbindaDgsschule 
war  am  8.  October  1835  gefeiert  worden. 


m.    JMMiwr,  Ueber  Bhemnatismiis  uteri  g^avidl.        41 

sorttk,  Bei  68,  dass  tr  niir  tterliaupt  dem  Andrängen  seiner 
Scbfder  gegenüber,  wie  damals  in  der  Lage  war,  ein  vor* 
seiüges  operatives  Einschreiten  für  unstatüiaft  zu  erklären 
und  dafür  der  sich  in  der  Regel  so  nützlich  erweisenden 
Metbodus  exspectatifa  das  Wort  zu  reden,  sei  es,  dass  es 
aich  wirklich  um  eine  gleicbe  Anomalie  handelte,  wie  in  dem 
Yon  Carua  beschriebenen  Falle,  wo  vom  26.  Oclober  bis 
2.  November  und  dann  am  26.  und  27.  November  den  Geburts- 
wehen nur  einigermaassen  ähnliche  Schmerzen  mit  merklicher 
EröflnuBg  des  Muttermundes  eingetreten  waren,  ohne  zur 
Vollendung  des  Geburisgeschäiles  selbst  zu  führen. 

Ich  unterlasse  es  für  jetzt,  mich  ausführlicfaeir  über  die 
schon  1686  von  Oualterua  Charleton  in  seinen  Inquisitiones 
de  causis  catameniorum  et  uteri  rheumatismo  (Leyden), 
Alph.  Leroy  und  Chambon  de  Moniaux  1780,  wie  Menz 
im  seiner  DisserL  pathologiam  rheumatismi  puerperaruro  sistens 
beschrictbene,  hauptsächlich  aber  erst  durch  Wigand  in  seinen 
Ursachen  der  Nachgeburtsverzögerung  (Hamburg  1808)  bekannt 
gewordene  Anomalie  und  ihren  Symptomencomplex  zu  ver- 
breiten, da  ich  das  Krankheilsbild  durchgängig  bei  Ihnen  als 
bekannt  voraussetzen  kann  und  ohnedies  im  Folgenden  auf 
dasselbe  wiederholt  zu  sprechen  kommen  werde.  Je  mehr 
Sie  aber  fast  Alle  hier  unter  Joerg's  Leitung  der  Anstalt 
selbst  Gelegenheit  hatten,  diese  eigenthümliche  Anomalie 
sorgfaltig  zu  beobachten  und  zu  studiren,  um  so  mehr  wird 
es  auch  Sie  Alle  Wunder  genommen  haben,  dieselbe  in  den 
meisten  neueren  Lehrbüchern  unserer  Wissenschaft  nicht  mehr 
aufgeführt  und  abgehandelt,  vielmehr^  von  den  anerkanntesten 
Autoritäten  unaerer  Disciplin  in  der  Neuzeit,  von  KiwUch 
und  Scanzoni  die  Existenz  dieses  Leidens  als  eigenthümliche 
Krankheitsform  ganz  in^Abrede  gestellt  zu  sehen.  Da  sich 
mir  nun  in  der  jüngsten  Vergangenheit  hier  Gelegenheit  bot, 
eine  exquisite  Beobachtung  der  genannten  Aflection  anzustellen 
und  meinen  früheren  als  Assistent  Joerg^s  in  den  Jahren 
1651 — 1854  gemachten  mehrfachen  Erfahrungen  anzureihen, 
fand  ich  mich  zu  einer  genauen  Prüfung  der  von  den  Gegnern 
der  gedachten  Species  morbi  dargelegten  Momenten  veranlasst, 
die  heutzutage  fast  allgemein  maassgebend  geworden  sind. 
Nachdem  nuch  aber  der  heutige  Tag  mit  seiner  historiscln» 


42         UI-    Meinn0r,  üeber  Bbewnatinniis  titoH  gtaTldL 

Erinnenmg  auf  diesen  Gegenstand  in  unserem  Kreise  fAbrte, 
iassen  Sie  mich  jetzt  zunächst  die  gemacblen  Einwörfe  be* 
spredien,  bevor  ich  meine  jQngste  Beobachtung  selbst  raittbeik 
und  meine  Ansicht  über  die  Sache  entwickele.  — 

Kiwüch  sagt  tn  seinen  Beiträgen  zur  Geburtskinide, 
Wörzburg  1848,  iL  AbtheiluDg,  S.  83  u.  folg.:  „Eine  häufige 
lästige  Erscheinung  sind  die  während  mancher  Schwangerschaft 
eintretenden  zeitweiligen  Schmerz-  und  WehenanfäUe,  die  eine 
verschiedene  Veranlassung  haben  kennen  und  zum  Theii  falsch 
gedeutet  werden.  Wir  mAssen  in  dieser  Beziehung  ein  Leiden 
näher  berühren,  welche  als  eigenth'ümlicbe  Krankheitsform 
unter  dem  Namen  Rheumatismus  uteri  gesdiildert  ward.  — 
Es  war  filr  viele  Aerzte  eine  Beruhigung,  dass  man  mit  der 
Bezeichnung  Rheumatismus  •uteri  för  eine  grosse  Reihe  von 
Schnierzanfällen  in  der  Gebärmutter  eine  bequeme  Erklärung 
und  einen  Anhaltspunkt  filr  die  Behandlung  geboten  hatte. 
Man  hat  es  ganz  begreiflich  gefunden,  dass  bei  dem  Absieben 
der  Kleider  vom  Unterleibe  während  der  Sdiwangerschaft  die 
Gebärmutter  sich  leicht  verkdhlen  könne,  sowie  man  eine 
rheumatische  AfTection  in  einem  Muskelgebilde  gern  zugab.  — 
Dagegen  ist  aber  zu  bemerken,  dass  rheumatische  AATectionen, 
namentlich  acute,  wie  schon  oben  angegeben  ward,  bei 
Schwängern  eine  grosse  Seltenheit  sind,  dass  hartnäckige 
rheumatische  Leiden  manchmal  durch  die  Schwangerschaft 
ganz  beseitigt  werden,  und  dass,  wenn  sie  während  der 
Schwangerschaft  unter  acuten  Zufällen  exacerbiren,  dies  meist 
eine  vorzeitige  Beendigung  der  Schwangerschaft  zur  Folge  hat 
Die  Neigung  zum  Rheumatismus  ist  demnach  bei  Schwängern 
nichts  weniger  als  gross,  zudem  wäre  es  nicht  zu  begreifen, 
warum  nicht  die  von*  der  Verkühkmg  zunächst  getroffenen 
Bauchdecken,  wohl  aber  die  hinreichend  geschützte  Gebäre 
mutter  vom  Rheumatismus  ergriffen  würde,  und  doch  ist 
unseres  Wissens  ein  Rheumatismus  der  vorderen  Rauchwand 
bei  Schwängern  nicht  beobachtet  worden,  wenn  man  nidit 
etwa  jede  grössere  EmpGndlichkeit  dar  gezerrten  Bauchdecken 
so  bezeichnen  will.  —  Bei  vielen  Tausenden  von  Schwängern, 
welche  uns  zur  Beobachtung  kamen,  hattra  wir  nie  Gelegenheit, 
einen  Rheumatismus  uteri  als  solchen  annehmen  zu  können, 
dagegen  liess  sich  häufig  vorhandene  Schmerzhaftigkeit  durdi 


lil.   Meißner  j  XJehet  Blienmatismus  uteri  graridi.         43 

folgende  Ursachen  mebr  oder  weniger  ersichtlich  erldftren: 
1)  Giebt  es  SteUen  an  der  Gebärmutter,  welche  durch  die 
anliegende  Fmcht  sich  in  einent  anhaltenden  Zustande  von 
Zeming  befinden  und  dadurch  schmerzhaft  werden.  Am 
deutlichsten  tritt  dies  bei  grossen  Frachten,  wenig  Frucht^ 
Wasser,  bei  schlechten  Lagen  der  PrQchte  in  der  letzten  Zeh 
der  Schwangerschaft,  nach  längerem  Stehen  und  nach  Körper- 
anstrengungen hervor;  2)  giebt  es  Fälle,  wo  bei  bedeutendem 
Hängebauche  oder  grösserer  Ausdehnung  des  Unterleibes  'die 
vordere  Bandrwand  in  Folge  der  Zerrung  des  Perftonäums 
schmerzhaft  wird,  wie  wir  dies  bei  Bildung  von  Baochbröchen 
antrefTen;  3)  giebt  es  leichtere  WehenanfBIle,  massige  zeit- 
weilige Erhärtungen  der  Gebärmutter,  namentlich  nach  Gemüths- 
bewegungen,  körperlichen  Anstrengungen  und  anderen  schäd- 
lichen EinMssen,  die  gleichFalls  Schmerz  hervorrufen;  4)  giebt 
es  schmei*zhafte  Zerrungen  des  Peritonliums,  welche  in  Folge 
von  alten  Anwachsungen  des  Bauchfells  oder  von  Afterbildungen 
der  Bauch-  oder  Beckenhöhle  entstehen;  6)  können  um» 
schriel)ene  Metroperitonitiden,  sowie  Entzündungen  der  Innen* 
OäChe   der  Gebärmutter  und  endlich  Placentitis  mit  örtlicher 

0 

Schmerzhaftigkeit  und  unter  allgemeinen  acuten  ZnfaUen  auf- 
treten; sowie  6)  ereignet  es  sich  häufig,  dass  zu  verschieden- 
artigen anderen  fieberhaften  Krankheiten  mehr  oder  weniger 
schmerzhafte  Contractionen  der  Gebärmutter  hinzutreten.  — 
Alle  diese  verschiedenartigen  Zustände  win*den  nicht  sehen 
unter  Rheumatismus  uteri  begriflen,  mit  welchem  Recfite 
durfte  sich  von  selbst  ergeben.  —  Zu  diesen  örtJichea  Er- 
scheinungen treten  dann  die  sympathischen,  welche  schon 
grösstentheils  erörtert  wurden.  Sie  stellen  sich  als  Zusammen- 
ziebungen  im  Darmkanale,  in  der  Blase,  in  der  Vagina,  der 
Bauchpresse,  als  allgemeine  Convulsionen  und  in  der  grossen 
Reihe  der  hysterischen  Zufälle  dar."  — 

In  Scanzonf%  Lehrbuch  der  Geburtshilfe,  2.  Auflage, 
Wien  1853,  findet  sich  die  folgende  hierher  gehörige  Stelle: 
„Die  Annahme  des  Rheumatismus  uteri  war  für  alle  Jene  ein 
guter  Ausweg,  welche,  unbekümmert  um  die  physiologischen 
und  pathologisch -anatomischen  Veränderungen  des  Uterus 
während  der  Schwangerschaft,  eine  vage  Bezeichnung  für  die 
Zustände  suchten,  deren  Wesenheit  ihnen  gänzlich  uidl^ekannt 


44         ni.    MeUgntr^  Ueber  RbevmatiiiDaB  ateri  graridi. 

war.  In  allen  Fällen,  wo  uns  bei  Schwängern  und  Gebärenden 
das  für  den  Rheumatismus  uteri  vindicirte  Krankheitsbild 
vorkam,  waren  wir  im  Stande,  eine  dasselbe  bedingende 
eDtzündUcbe  oder  spastische  AfiTecüon  des  Uterus  aufoufinden, 
und  wir  glauben  nicht  zu  weit  zu  gehen,  wenn  wir  die  ganze 
Lehre  vom  Rheumatismus  uteri  ffir  halt-  und  grundlos  erklären." 

Wenn  ich  diesen  Auseinandersetzungen  zweier  unserer 
vorzöglichsten  Facbgenossen  gegenüber  mich  in  der  Lage  be- 
finde, för  die  Existenz  dieser  Anomalie  auf  Grund  meiner 
Erfahrungen  das  Wort  zu  führen,  sehe  ich  dabei  ganz  von 
der  Rechtfertigung  des  Namens:  „Rheumatismus  uteri*',  als 
einer  ganz  unwesentlichen  Nebensache,  ab,  die  je  eher  je  heber 
mit  einer  zu  verhofTenden  baldigen  Neugestaltung  der  patho- 
logischen Rehandlung  des  Rheumatismus  selbst  fallen  mag. 
Denn  unter  der  Rezeichnung  Rheumatismus  sind  in  den  ver- 
schiedenen Zeitaltern  der  medicinischen  Wissenschaft  gar  zu 
sehr  verschiedenartige  Regriffe  und  Auffassungen  zusammen- 
gefasst,  bald  das  eine,  bald  das  andere  Merkmal  mit  auf- 
genommen und  wieder  ausgeschieden  worden,  als  dass  dieselbe 
als  Terminus  tecbnicus  in  der  sich  glücklicher  Weise  immer  melir 
und  mehr  zur  exacten  Wissenschaft  emporarbeitenden  Pathologie 
ohne  Weiteres  auf  die  Dauer  aufrecht  erhalten  werden  könnte. 
So  lange  indessep  die  Wissenschaft  dieser  Neugestaltung 
noch  baiTt  und  den  Ausdruck  Rheumatismus  für  ein  ganzes 
Genus  morbi  beibehält,  nftig  derselbe  als  eine  zwar  nicht 
unverbesserliche,  aber  doch  allgemein  gebräuchliche  Rezeichnung 
auch  für  die  zeither  damit  benannten  betreffenden  Reizzustände 
des  schwangeren  Uterus  beibehalten  werden,  zumal  es  immerhin 
bedenklich  ist,  neue  mit  der  allgemeinen  Pathologie  nicht 
congniirende  Namen  ffir  die  Affectionen  >  einzelner  Organe 
einzuführen,  und  es  sicherlich  genügt,  beim  jedesmaligen  Ge- 
brauche derartiger  ungenauer  Termini  technici  der  für  die 
Sache  selbst  unwesentiichen  Redeutung  des  allgemein  gebräuch- 
lichen Namens  bewusst  zu  sein. 

Dass  damit  auch  der  missbräuchlichen  Anwendung  des 
Wortes  zur  bequemen  Erklärung  und  Rezeichnung  wesentlich 
verschiexlenartiger  Erkrankimgszustände  und  als  gutem  Aus- 
wege für  alle  Jene  nicht  das  Wort  geredet  sein  soll,  die 
unbekfiaunert  um  physiologische  und  pathologisch -anatomische 


III.    Meü$n€r,  Ueber  SheumaUBmas  uteri  ^ayidi.         46 

Studien  und  Wahrheiten  nur  einen  Namen  ffir  Zustände 
suchen,  die  ihrer  Wesenheit  nach  ihnen  unbekannt  sind,  bedarf 
dabei  wohl  kaum  der  Erwähnung.  Abusus  npn  tollit  usum! 
Dieser  Grundsatz  des  praktischen  Lebens  gilt  auch  hinsichtlich 
der  ärztlichen  Diagnosen,  die  leider  oft  allzu  leichtsinnig  und 
oberflächlich  gestellt  werden,  ohne  dass  darum  die  in  einzelnen 
Fällen  leichtsinnig  gewählten  Bezeichnungen  der  vorliegenden 
unerkannten  Erkrankungen  auch  ganz  aus  der  Wissenschaft 
eliminirt  werden  müssten!  —  Vielmehr  erachte  ich  es  im 
Allgemeinen,  wie  namentlich  im  Hinblick '  auf  unseren  heutigen 
Gegenstand,  für  eine  Grundbedingung  jedweder  wissenschaft- 
lichen Erörterung  über  einen  Krankheitsbegriff,  dass  nicht 
fi'emdartige  Zustände  und  selbst  nicht  einmal  die  nächst- 
verwandten Anomalien  mit  in  das  ,  Gremium  der  Casuistik 
hineingeworfen,  sondern  durch  exacte  Diflerenzialdiagnose  aus- 
zuschliessen  sind.  Wenn  ich  also  heule  die  Existenz  des  von 
Wigand  u.  A.  beschriebenen  Rheumatismus  MißVi  gravidi  zu 
eon^tatiren  imtemehme  und  mich  auf  betreffende  Erfahrungen 
stütze,^ so  sind  bei  der  Diagnose  dieser  Fälle  selbstverständlich 
die  verschiedenen  von  Kiwiich  uud  Scanzoni  näher  bezeich- 
neten Ursachen  abnormer  Schmerzhaftigkeit  der  schwangeren 
Gebärmutter  zuvor  auszuschliessen  gewesen.  Ich  verlange 
ferner  aber  auch  noch,  dass  bei  den  als  Rheumatismus  uteri 
zu  bezeichnenden  Zuständen  Schwangerer  auch  alle  Fälle  von 
einfacher  Rückgängigkeit  der  Geburt  auszuscheiden  sind,  die 
vor  dem  normalen  Ende  der  regelmässigen  und  selbst  zn 
verschiedenen  Zeilpunkten  der  verlängerten  ^)  Schwangerschaft 
vorkommen  und  auf  welche  Charriere  (Gaz.  des  hdp;,  1858, 
No.  12.  Monatsschrift  für  Geburtskunde,  Bd.  XL,  Heft  6) 
neuerdings  die  Aufmerksamkeit  der  Geburtshelfer  wieder  ge- 
lenkt hat.  — 

Kiwiseh  hat  aber  das  Vorkommen  rheumatischer  Affectionen, 
namentlich  acuter,  bei  Schwangern  als  eine  Sellenheit  bezeiclmet; 


1)  Aeltere  Fälle  dieser  Art  sind  anfgesfthlt  in  Jowg^B  Zu- 
rechnungttfiihigkeit  der  Schwängern  nnd  Gebärenden,  Leipzig  1887, 
Cap.  VII.,  S.  2S4.  Neuere  Beobachtnngen  ron  Liigard  nnd  Tamow 
ans  Gas  des  hdp.,  1859,  62  nnd  149  ezcerpirt  finden  sich  in 
SchmidVa  Jahrb.,  Bd.  103,  S.  328  nnd  Monatsschrift  für  Qebnrts- 
knnde,  Bd.  16,  8.  157.    . 


46         UI.    Meitwer^  lieber  Bheaniatifliniis  uteri  i^aTidi. 

eine  Bdiaiq^uDg,  welcher  nicht  nur  meine  BeobachtiugeOA 

sondern   auch   die   Aussprücl^    der   meisten   Autoren   über 

Schwangerschaft   direct   entgegenstehen.     Hinsichtlich  acuter 

rheumatischer  Erkrankungen  beohachtete  ich  allerdings  gleichr 

falls  mitunter  vorzeitige  Beendigung  der  Schwangerschaft;  war 

die  Erkrankung  minder  heilig,   geschah  dies  aber  nicht,  es 

trat  entweder  uterinale  Heilung  mit  oder  ohne  darauffolgende 

Frühgeburt   ein,    oder   es   blieben   einzelne  Muskelgrup|>ent 

Gelenke,  Bänder,  Nerven  u.  dergl.  ohne  Röckwirkung  auf  die 

ungestört  weiter  verlaufende  Schwangerschaft,  längere  Zeit  oft 

bis  zum  Eintritte  der  Wochenschweisse  rheumatisch  afficirt.  — 

Dass  aber  Kiwisch  es  nicht  begreiflich  findet,  „warum  nicht 

die  von   der  Verkühlung  zunächst  getroffenen  Bauchdeckea» 

wohl  aber  die  hinreichend  geschützte  Gebärmutter  von  Rheumar 

tismus   ergrtffei}   würde',    und   doch    ein   Rheumaüsrous   d^ 

vorderen  Bauchwand  bei  Schwangern  nicht  be<ri)acht(et  worden,^ 

ist   durchaus   nicht   als   begründete  Einwendung   gegen   die 

Möglichkeit  der  rheumatischen  Erkrankung  des  schwangerea 

Uterus    selbst    zu   erachten,   ja    vermag    nicht    eitti]^al   die 

UnWahrscheinlichkeit  derselBen  zu  constatiren.    Denn  selbst 

mit  Hülfe   der  in  neuester  Zeit,  so   sehr  vervoUkommoetea 

Untersuchungs-  und  wissenschafUicben  For^chungsmethodeB 

hat  es  keineswegs  bisher  gelingen  wollen,    die   xahlreichea 

Räthsel  zu  lösen,  welche  die  tägliclie  Erfahrung  uns  auf  dem 

Gebiete  der  Pathologie  .immer  aufs  Neue  vorlegt,   oder  auch 

nur    die    hier   im   speciellen   Falle   einfilussreiche   Frage  xu 

beantworten,  warum  die  verschiedenen  einzelneii  Erkrankungen 

sich  vorherrschend  in  dem  einen  oder  anderen  Organe  k>ca<^ 

lisiren,    so  die  constitutionelle   Syphilis  in  der  Mimd*   und 

Racheaschleimbaut,    die   ererbte  tuberkulöse  Anlage  in  den 

Meningen    der    Kinder,    in    den    Lungen   Erwachsener,    die 

Krebsdyskrasie  im  Uterus  selbst  bei  reinen  Jungfrauen  u.  s.  f. 

Da  es  aber  eine  bekannte  Thatsache  ist,   dass  riieumatiscbe 

Erkrankungen  kein  anderes  inneres  Organ  so  häufig,   als  das 

Herz  in  direcle  Mitleidenschaft  ziehen,   so  finde  ich  keinen 

Grund,  daran  zu  Zweifeln,  dass  auch  der  schwangere  Uterus 

von   der  gleichen  Schädlichkeit  leicht  ergriffen  werde.     Denn 

der  schwangere  Uterus  zeigt  hiusichllich  seiner  Functioniruug 

eine  so  hochgradig  entwickelte  Lebenskraft,  so  sehr  abgebildete 


m.    Mtuan^r,  lJ%her  Rhewn^unns  aUri  gravidt.         47 

and  tn  glekh  energiscber  WirknagsSaeserung  fihige  orgauiscbe 
Haskelfasern,  dass  ebeo  nur  das  Ilerz  ihm  vergleichsweise 
an  die  Seite  gestellt  werden  kann.  Wäre  übrigens  Kiwisch's 
Dedttclion  iiicfatig,  so  könnte  man  bit  demselben  Recbte  an^ 
den  so  bäufiffon  rbeiunatiscben  Zahnneuralgien  der  Scbwangern 
zweifehl»  da  dieVerkühluDg  vielmehr  die  Eunächst  der  schadliii^en 
Gelegenbeitsursache  ausgesetzten  Haut  des  Backens  oder  die 
Gesiditarawkehi  afiiciren  mässte.  -—  Wenn  endlich  Kiwisch 
sowohl,  sisScanzoni  bei  vielen  Tausenden  von  Scbwangern, 
die  sie  XU  beobachten  Gele^euheii  hatten,  nie  Rheumatismus 
uteri  gravidi  au  fluden  in  der  Lage  waren,  so  könnte  dieser 
Emwurf  allerdifigs  ein  entscheidendes  Moment  gegen  uns  in 
die  Wag9cbale  h^en»  wenn  es  aoeh  auf  der  anderen  Seite 
nicht  hiiiUnglioh  bekannt  wäre,  dass  gewisse  von  e|Mdemische» 
und  endemischen.  fiiaflAssen  ganz  unabhängige  Anomalien 
besonders  auch  in  der  geburtsbiUflicher  Praxis  so  z.  B.  abnorme 
Lagen,  seUemre  BuistelluQgen  der  Frucht,  Nabelschnurvorfalle, 
Plaoenta  praevia  «l  sl  w.  an  gewissem  Orten  und  zu  gewissen 
Zeiten . merkwürdig  häufig,  dann  aber. wieder  äusserst  selten 
nur  vorkommen.  HinsichUich  der  Blutungen  und  dfskratischer 
ErkrMbingen,  vfit  namentlich  des  Rheumatismus,  wo  di^ 
Schädhchkeiton  des  Orte««  der  Jahreszeiten,  die  hier  und  da 
übliche«  Trachten  und  Sitten  nicht  minder  me  teUurisebe 
ErsehelmHigen  von  patbeiogisch  unbezweifeltem  Einflüsse  sin4> 
kann  dah^  das  häufigere  Erkranken  in  diesen  Gegendea^ 
das  seltenere  Erscheinen  oder  gänxbehe  Fehlen  einer  Anomalie 
aa  aodaren  Orte»  aber  um  so  weniger  befremden.  Ob  np 
vorliegenden  Falle  die  Umgegend  von  Wörzburg,  die  dort 
QUiche  Lebensweise,  namentlich  auch  die  dasige  Kleidung 
ein  besonders  wu-ksatues  noch  unbekanntes  Präservativ  gegen 
Rheomaiisraus  uteri  birgt,  vermag  ich  hier  begreiflicher  Weise 
nicht  zu  erörtern.  AufTallend  ist  es  mir  aber  gewesen,  dass 
während  meiner  Amtsführung  als  Assistent  an  hiesiger  Ent- 
binduagsscbule»  bei  den  meist  armen  uneheKcbeo  Schwangern« 
die  zum  Theil  mangelhaft,  und,  was  die  Landmädchen  anlangt, 
grösstentheils  nur  mit  sehr  kurzen  Röcken  bekleidet  in  die 
AnsUlt  einlt*aten,  rheumatische  Erkrankung  der  schwangeren 
Gebärmutter    wiederholt   zur    Beobachtung   gelangte,   in   der 


1 


48         'H.    Biemner,  üeber  Rhenmatismiu  uteri  ^rmridi. 

Privatpraxis  bei  einer  ziemlich  gleichen  Anzahl  von  Gdiurt»- 
fallen  aber  nur  einmal  vorkam.')  — 

Scanzoni  Wschränkt  sich  in  seiner  Bekämpfung  der 
Annahme  eines  Rheumatismus  uteri  gravidi  auf  die  ErkliiniRg, 
„dass  er  in  allen  Fällen,  wo  ihm  das  für  diese  Anomiilie 
vindicirte  Krankheiubild  vorkam,  im  SUnde  gewesen  sei, 
dieselbe  bedingende  entzündliche  oder  spastische  Affection 
aufzufmden/*  Es  wird  nicht  schwer  halten,  darzutbun,  dass 
gerade  in  dieser  Behauptung  nichts  weniger,  als  das  direde 
Gegentheil  von  den  frOberen  Schilderungen  und  AufTassungea 
dieses  Krankheilszustandes,  wie  namentlich  der  heute  hier 
vorgelegten  Dissertation  unseres  Carus  enthalten  ist.  §  6  der 
genannten  Abhandlung  finden  sich  die  Worte:  Defmimus  igilur 
rheumatismum  ila,  ut  dicamus  eum  iuflammatoriam  sub- 
stantiae  muscularis  esse  affeclionem.  In  welcher  Weise 
aber  hier  der  Ausdruck:  entzündliche  AlTeclion  als  DefinittoD 
für  die  rheumatische  Erkrankung  des  uterinalejd  Muskelgewebes 
zu  verstehen  sei,  ist  aus  einzehien  Stellen  des  Folgenden 
näher  zu  ersehen.  So  §  8:  Pathologi  pleriqiio  convenioQt 
m  CO,  inflammationem  non  semper  unam  eandemque  esse, 
sed  varios  eius  exstare  gradus.  lam  levissimam  lubet  in- 
fiammationis  formam,  quae  ad  nervosi  polius  systematis 
referenda  videlun  alTectiones,  quae  medium  fere  tenet  int^ 
spasmum  (conilictum  nervorum  et  fibrae  muscularis),  et  in- 
flammationem (conflictum  nervorum  Tasonimque  capillartttm), 
et  quae  facillime  in  veram  inflammationem  Uransit,  inflammatoriae 
affecüonis  salutare  nomine.    §  9:   Eiusmodi  mflammatoriam 


1)  Erst  Tor  Korsem  erklKrte  Geb.  Ratb  Prof.  Dr.  BtUdUtr 
in  der  am  18.  September  d.  J.  stattgebabten  dritten  Sitsung  ffir 
Oyn&kologie  bei  der  88.  Versammlang  deutscher  Naturforscher 
nnd  Aerzte  in  Königsberg  in  Pr.  die  im  JoU  d.  J.  in  der  Breslauer 
Klinik  nnd  Poliklinik  in  karzem  Zoitraame  aufeinanderfolgenden 
sechs  Fälle  von  Gesichtslage,  wie  die  sahireichen  tu  gleicher 
Zeit  auftretenden  Frühgeburten  in  abnormen  Zuständen  des  Uterus, 
wie  namentlieb  epidemischen  Rheumatismen  des  Uterus 
begründet.  —  Vergl.  Medizinische  Zeitung  des  Vereins  ffir  i^eil* 
künde  in  Preussen,  neue  Folge,  8.  Jahrg.,  No.  42,  Tom  IT.Octbr.  1860, 
8.  209,  Monatsschrift  für  Qeburtskunde  und  Frauenkrankheiten, 
16.  Bd.,  6.  Heft,  8.  842  und  Deutsche  Klinik,  Mo.  47,  vom 
24.  MoTbr.  1860,  8.  464. 


III.    Ar«tMfi«r,  Ueber  RhemnatismaB  ateri  grayidi.         49 

affectionem,  in  subfitaDtia  muBculari  s^em  tenentem,  rheuroa- 
tisimim  coDStniere  arbitror  etc.  §  10:  Praeterea  rheuma- 
Ucoruin  symptomattiin  fontem  latere  in  leriori  fibrae  mascularis 
mflammatione,  patet  priinum  ex  ipsis  syniptomatibus,  quae 
«adem  fere  sunt  ac  inflamniationis  cuiuscunque;  nimirum  et 
dolor  et  anctus  calor  in  rheuniatiBmo  acuto  observantur;  neque 
desont,  si  alüorem  morbus  adipiscitur  gradum,  ruber,  tumor 
et  febris,  Caeteram  saepius  rMumatiBroura  in  vehera^tiorem 
transire  inflammationeni ,  notuiii  est  medicis  omnibus  etc. 
§  16:  Sub  rhenmatismo  uteri  intelUgimus  inflammatoriam 
sobstantiae  uterinae  muscularis  affeetionem ,  quae  a  metritide 
Don  nisi  eo  differt»  quod  in  hoc  omne  est  inflammatuni  uteri 
parencbyma,  in  priori  vero,  noo  nisi  fibrae  musculares  laborant 
Facile  tarnen  inteUigitur,  hac  ipsa  de  ^  causa  celeriter  posse 
rheumatismuni  in  veram  inflaimuationefli  uteri  transire,  cum 
fibrae  muscuhres  cum  reliqua  mätrieis  substantia  intime  sint 
mixtae.  §  18:  Ubi,  infante  forcipis  ope,  aKoTe  modo  e  matrice 
remoto,  rbeumaticus  continuat  atatos,  atoniam  saepenumero 
uteri  ac  haemorrbagiam,  retardaiionem  et  incarcerationem 
placentae  Tidemus  insequi  partum  etc.  Am  Ende  desselben  §: 
In  unirersum  experientia  docemur,  vel  rbeumatismum  in 
poerperis  alia  potius  Organa  ac  ut^um,  r.  c.  extremitatum 
musculos,  tubnmve  intestinalem  occupare,  vel  admisso  refrigerio 
afiave  iioct¥a  potentia  veras  soscilari  inflammationes,  peri* 
tmitidem,  metritidem  febremque  puerperalem.  —  Die  aus- 
föfarliehe  Bfittheilung  dieser  weiteren  Auseinandersetzungen 
darüber,  wie  Ccvrus  die  Definition  „entzündliche  Afiection** 
Ifir  Rheumatismus  äberhaupt  und  namentlich  bezöglich  der 
hier  in  Rede  stehenden  Erkrankung  der  schwangeren  Gebär* 
mutter  aofgefasst  wissen  will,  hielt  ich  aus  den  folgenden 
Gründen  für  nöthig,  bevor  ich  mich  gleichfalls  dieser  Definition 
anznschljessen  vermochte:  Erstens  ist  und  bleibt  der  vage 
Begriff  „entzündliche  Affection^'  ohne  weiteren  Zusatz 
wissenscfaefUich  unzulässig,  weil  er  nur  einen  schwächeren 
Grad  von  Entzündung  andeutet,  aber  nicht  augiebt,  in  welcher 
Beziehung  er  von  der  wahren  Entzündung  abweicht  Zudem 
ist  in  der  heutigen  Pathologie  aber  auch  zweitens  der  Begriff 
der  Entzündung  ein  durchaus  anderer,  als  er  in  der  2eit  war, 
da  Ccvrus    seine  treffliche  Abhandlung  vertheidigte.     Hitze, 

MonatMchr.  f.  Oebnrtok.  1861.  Bd.  XVIII.,  HfU  1.  4 


gO         ^n.    MeiiMer,  üeber  Rhenmatisrnns  uteri  gpraTidi. 

Rölhe,  Schmerz,  Gesebwnlst  constrairteB  vordem  den  voiK 
ständigen  Begriff  der  Entzündung,  während  alle  die  genaimieii 
Symptome,  der  jetzigen  pathologiscb-anaiomischen  Begriffi»- 
bestimraung  nach,  nur  das  eingetretene  erste  Stadium  der 
Entzündung,  die  Hyperämie,  kennzeichnen;  die  späteren  Stadiien 
der  Entzündung,  als  die  der  Hiitstasis,  der  Eisudation  u.  s.  w. 
kamen  als  unwesentliche  Folgen  nicht  in  Betracht.  Wenn 
sich  nitn  auch  in  den  heuestAi  pathologische»  Werken ')  die 
rheumatische  Erkrankung  eines  Theiles  gleichfafls  ids  ent- 
zändliche  Affeclion  desselben  definirt  yorfindet,  nichtsdesto* 
weniger  aber  diese  von  der  durch  Rheumatismus  nur  bedingten 
oder  herbeigeführten  wahren  Entzündung  desselben  noch  anler- 
schieden  werden  muss,  so  liegt  die  Vermuthtmg  nahe,  das« 
durchgehende  auch  in  der  neueren  Pathologie  des  Rheumatisnios 
durch  die  Deßnition  „entzündliche  Affection**  fOr  die  Localisation 
in  einem  bestimmten  Organe  lediglich  das  erste  Stadium  der 
Entzündung,  die  Congestion  oder  Hyperämie  angedeutet  werden 
soll.  Die  Schnelligkeit,  mit  der  oft  die  locaie  Erkrankung 
beim  Rheumatismus  plötzlich  unter  Ueberspringen  auf  einen 
anderen  Körpertheil  verschwindet»  lässt  dies«  Annahme  auch 
vollständig  gerechtfertigt  erscheinen.  Ich  werde  später  darauf 
EUi*öckkomnien,  weshalb  ich  besonders  auch  hinsichtüeh  der 
rlieumatischen  Erkrankung  des  Uterus  nur  Hyperämie,  nicht  die 
späteren  Stadien  der  Entzündung  im  pathologisch- anatomischen 
Sinne  annehmen  kann.  — 

Hinskhtlich  der  spastischen  Affectionen  des  Uterus,  welche 
Scanzoni  in  Fällen  aufzuOnden  im  Stande  gewesen  sein  wiU» 
die  dem  für  Rheumatismus  uteri  vindicirten  Krankheitsbild^ 
entsprachen,  vermag  ich  mich  aber  um  so  weniger  mit  dett 
berühmten  Herrn  Verfasser  in  Einklang  zu  versetzen,  als  er 
hier  nur  für  das  Wort  Rheumatismus  die  meiner  Ansicht  nach 
um  nichts  weniger  vage  Bezeichnung:  „spastische  Affeclion'' 
setzte.  Qirinam  sunt  spasmi?  Der  gelelnrle  Herr  Verfasser 
lässt  uns  hierüber  im  Unklaren.  Spasmen  im  engeren  Sinne 
des  Wortes,  d.  h.  tonische  Conftracturen,  finden  sich  in  dem 
für  Rlieumatismus  uteri  vindicirten  Krankheilsbilde  ebensowenig 


1)  Dem  Vernehmen  nach  auch  Sn  Leberfd  KHoik  des  acnteik 
Oelenkrh^ttmatisrnns.    (Nachschrift  d«a  V«rf.) 


m.   JMMfier,  Ueber  Bheamatbrnus  uteri  gravidi.        51 

ds  Uoiiisebe  CooTBldonen  der  MuskulaUir,  im  GegeDtheil 
sag!  Carus  mit  vollem  Redite  §  18:  Contractiooes  enim,^ 
quas  insignis  coacomitalar  dolore  consueto  longe  veiiemenlior, 
breves  sunt  ac  lengia  sese  interTdiis  sequuDtur.  Siqiui  itt- 
qoietiido,  cdor  fd>rilis,  dtisque  parturieDtom  «xcniciant.  Posi* 
quam  capui  in&nÜB  peMs  intravit  cavitatem,  sensibüitas  uteri 
eum  IQ  modaro  augetur,  at  ae  abdomen  quidem  taetam  ferat. 
Gontraetioii^  autem,  quae  tiinc;  io  partu  iiormdi  fiwit 
Tdiementiore»  dReacioresqne ,  hio  e  eontrario  eo  rariores 
debiliores  et  breviores  redduntur,  quo  magis  capul  versoB 
exilum  pehis  deacendit  etc.  Nadi  allem  dem  moas  ich  also 
▼ermolbeo/dasa  Bcanzoni  die  im  gewöhnliciien  Leben  zumeist 
mit  dem  NäAieu  „  Krampfwehen  *^  beteichnete  abnorme  Thätigkeit 
deä  schwaDgeren  Utertts  im  Sinne  gehabt  bat,  bei  welclier 
die  Energie  und  der  Erfolg  der  Bluskelconlractronen  in  keinem 
VerMitniaae  2u  dem  tiberaua  befugen  Sdimerze  steht,  mit 
dem  dieadben  auftreten;  also  ähnlich,  nie  es  bei  der  Kolik 
bn  Darrokanale  der  Fall  ist,  wo  ebenso,  wie  bdm  Rheuma- 
tismus uteri,  die  oi*ganischen  Muskelfasern  unter  abnormer 
Sdimerzlifllligkeit  meist  schnell  auf.  innere  wie  Äussere  Reise 
reagiren  und  wenigstens  oft  nur  ein  warmes  diaphoretisches 
Verfahren  schon  vollständige  Heilung  herbcif&brt  Ich  muss 
dao  auch  hinsichtlich'  der  von  Seanzoni  angenommenen 
spastischen  Affeotlon  zu  dem  Resultate  kommen,  dass  hier 
keineswegs  verschiedene  pathologische  Anschauungen,  sondern 
nur  eine  Differenz  hinsichtlich  der  Nomenclatur  obwaltet. 

fievor  ich  aber  meine  Ansicht  über  die  innere  Natur 
des  uns  heute  hier  iieschälUgenden  Lddens,  insofern  dies 
nicht  bereits  im  schon  Gesagten  geschehen,  auseinandersetze, 
ertaube  ich  Ihnen  hier  einen  von  mir  in  jüngster  Zeit  sorg^ 
faltig  beobachteten  Fall  mitzutheilen,  da  derselbe  nicht  ohne 
wesentlichen  EinOuss  auf  meine  Anscliauung  des  Leidens 
gewesen  ist  und  auch  Ihnen  dieselbe  anschaulidier  machen  wird. 

Madame  (7.,  24  Jahre  alt,  litt  sdt  ihrer^  Pubertäts- 
entwickelung häufig  an  Anämie  mit  intercurrirendem  Magen- 
katarrhe, dabei  an  allgemeiner  Hy])erästhesie,  auch  in  den 
letzten  Jahren  häufig  an  massiger  Anschwellung  der  Tonsillen, 
weldie  meist  auch  dann  leichte  Infiltration  der  Nackenmuskdn 
herbeiführten.    Vor  fünf  Jahren   wurde  sie  am  Ende  ilirer 

4* 


52         m*    Mei$9n€Ty  Ueber  Bheamatismns  uteri  gravidi. 

normal  verlaufenen  Scbwangerschail  dureh  meinen  Vater  mit 
der  Zange  von  einem  noch  lebenden  kräftigen  Knaben  ent- 
bunden, der  von  einer  Amme  gestillt  wurde.  Im  Monat 
Januar  d.  J.  cessirten  die  Maises  zum  ersten  Male  wieder. 
Am  9.  Februar,  zur  Zeit  der  Menstniation8e|)oche,  trat  gegoi 
Abend  eine  heftige  Uterinkolik  ein,  welche  nach  dem  Gebrauche 
von  warmen  Kataplasmen  auf  das  Hypogastrium,  einigen  kleinen 
Gaben  von  Ipecacuanha  und  Opitim  in  Pulverform  und  dem 
Genuss  heissen  Infus,  flor.  Sambuci  am  folgenden  Tage  äoh 
gänzlich  wieder  verlor,  so  dass  Pat  am  11.  Februar  wieder 
ausser  Bett  war.  Die  weitere  Schwangerschaft  verlief  ohne 
Störung,  nur  wurde  die  allgemeine  Reizbarkeit  und  das  Hattig- 
keitsgefühl  des  anämischen  Körpers  durch  ziemlich  anhaltenden 
i^ppetitmangel  uud  hartnäckige  Schlaflosigkat  wesentlich  erhöht, 
und  so  ihre  Disposition  zu  der  Erkrankimg  erheblich  vermehrt, 
die  sie  Ende  August  d.  J.  befallen  sollte.  Die  Veranlassung 
dazu  bot  das  heftige  Hagelwetter  in  der  siebenten  Abendstunde 
des  27.  August,  welches  unsere  Stadt  und  Umgegend  in  seit 
Menschengedenken  hier  nicht  so  heftig  gesehener  Weise  ver- 
wüstete, und,  wie  Sie  sämmtlich  mit  erfahren  haben  werden, 
nicht  ohne  den  nachtheiligsten  Einfluss  auf  die  Gesundheits- 
verhältnisse von  Kindern,  Schwängern  und  Wöchnerinnen 
namentlich  gewesen  ist.  ^)  Da  die  Hauptfront  des  (?.'scfaen 
Hauses  nach  Südwest,   also  dem  anziehenden  verheerenden 


1]  In  hiesiger  Entbindnngsschnle  wurde  14  Tage  später  die 
Geburt  eines  faultodten  Fötus  beobachtet,  der  sofort  nach  dem 
Hagelwetter  abgestorben  war.  —  Eine  Schwangei'e  (im  fünften 
Monate  stehend)  in  dem  Dorf e  Pro bstfaejda  wohnhaft,  an  der  ich 
am  29.  August  gerufen  wurde,  bekam  darauf  mehrere  Tage  lang 
anhaltende  convulsivische  Zuckungen  in  der  Muskulatur  der  Ex- 
tremitäten, die  sich  jedoch  heben  Hessen.  Die  Frau  gebar  an 
Weihnachten  ein  lebendes  kräftiges  Mädchen.  —  Eine  Zwillings- 
mutter, welche  ich  vor  sechs  Tagen  entbunden  hatte,  genas  nur 
langsam  von  Peritonitis  und  linksseitiger  Pneomonle ,  welche  ihr 
dieses  Unwetter  zusog.  —  Schneller  genas  eltLe  andere  Wöchnerin, 
dio  ieh  nur  vier  Tage  vorher  entbafid,  und  durch  die  gleiche 
Schädlichkeit  von  einem  gastrischen  Fieber  befHllen  wurde.  — 
Namentlich  verdient  hier  auch  die  von  diesem  Ereignisse  datirende 
ebenso  umfangreiche  und  hartnäckige ,  wie  namentlich  auch  unter 
den  Säuglingen  so  mörderieche  Keuchhustenepidemie  mit  genannt 
SU  werden. 


in.    Meissner ,  üeber  Rfaeamatismns  uteri  gravid!.         53 

Unwetter '  zugekehrt  und  mit  dem  Dache  und  sämmtlichen 
Fenstern  auch  die  zum  möglichsten  Schutze  der  Zimmer 
herabgelassenen  Marquisen  und  Rouleaux  vollständig  zerstört 
waren,  fand  sich  der  Fussboden  der  ganzen. Wohnung  mit 
Eisstöcken  und  Wasser  hedeckt.  Wahrend  die  corpulente  und 
kräftige  Dienstmagd  in  Ohnmacht  fiel,  war  ein  gemiithlicher 
Einfluss  auf  die  sonst  nicht  gerade  sehr  nervenstarke  schwangere 
Hausfrau  durchaus  nicht  zu  bemerken  gewesen,  dafür  schadete 
ihr  um  so  mehr  die  Erkältung  und  Durchnässung  der  nur 
mit  leichten,  dünnen  Schuhen  bekleideten  Fusse.  Dem  Ge- 
(Bhle  allgemeiner  Abgeschlagenheit  und  grosser  Schmerzen  in 
den  Sehenkeln  und  Füssen  folgte  am  29.  August  Abends 
Diarrhoe,  die  auf  Pulv.  ipecac.  cum  opio  stand,  so  dass  Patientin 
am  30.  August  gegen  V2II  Clu*  Vormittags  einen  kleinen 
Geschäftsgang  in  der  Stadt  wagte,  musste  sich  aber  alsbald 
wieder  nach  Haus  fahren  lassen,  da  mit  einem  ängstlichen,^ 
drohender  Erstickung  analogen  Oppressionsgefühle  sie  von 
heftigem  cardialgischem  Schmerze  unter  Auftreten  von  Marmor- 
kähe  im  Gesichte  und  an  den  Extremitäten  plötzlich  befallen 
wurde.  Da  ich  augenblicklich  anderweit  beschäftigt  war,  wurde 
mein  Freund  und  in  der  unmittelbarsten  Nachbarschaft  der 
Patientin  wohnender  CoQege  Herr  Bezirksgerichtswundarzt 
Dr.  Berger  hinzugerufen,  welcher  -einen  Sinapismus  auf  das 
Epfgastrium  appliciren,  heisses  Infusum  valerianae  reichen 
und  für  Erwärmung  der  Kranken  sorgen  liess,  so  dass,  als 
ich  bei  derselben  eintraf,  dieser  Sturm  fast  vorüber  war,  nur 
beobachtete  ich  noch  kurze  Zeit  einige  Dyspnoe  und  einen 
100  Schläge  in  der  Minute  zählenden  Puls,  die  Haut  war 
trocken,  heiss,  der  Durst  lebhaft  Während  aber  nun  der 
heftige  cardialgische  Schmerz  im  Epigastrio  nachliess,  stellte 
sich  eine  ungemeine  Empfindlichkeit  im  ganzen  Umfange  der 
Gebärmutter  ein,  die  verschiedenen*  Muskelgruppen  zeigten 
unter  lebhaften  Schmerzäusserungen  abwechselnd  leichte  Zu* 
sammenziehungen,  jedoch  ohne  die  bei  normalen  Geburtswehen 
bemerkbare  Rundung,  Wölbung  und  Härte  des  ganzen  Organs. 
Namenüich  klagte  Patientin  wiederholt  über  die  ungemein^ 
Sdiroerzhaftigkeit  der  Kindesbewegungen,  was  mich  veranlasste, 
den  Uterus  dui^ch  die  sanft  aufgelegte  «rechte  Hand  dauernd 
zu  beobachten.    Ich  bemerkte   wiederholt  dabei,   durch  die 


54         III.   ifaiMiMr,  üeber  BhenmfttUmvs  uteri  ^raTldl. 

nicht  selir  dicken,  feilreichen  Bauchdeckeii  begünstigt,  dast 
▼on  den  verschiedenen  Stellen  ans,  welche  durch  die  an 
diesem  Tage  besoadere  lebhaflen  Kindesbewegungen  getrafleil 
wurden,  in  fortschreitend  iniiner  grösseren  Kreisen  weilen» 
förmige  Bewegungen  der  Uterus -Muskulatur  eintraten,  ibniidl 
einer  Wasserfläche,  in  die  dfbers  ein  Troffen,  ein  Stein  u.  dergL 
hineinlilit.  Auch  jede  nicht  gaoE  saalte  Betastung  d^ s  Unter* 
leibes  oberhalb  des  Uterus  braclite  gleich  idiomuskubire  Be* 
wegungen  hervor,  wie  sie  Graoes  und  ßtoksB  schon  1880 
bei  der  Percussiön  eines  Tuberkulösen  in  der  Subeta^icukr* 
Region  auf  dem  grossen  Brustmuskel  beebachCeten.  (Vergi. 
Dublin  ho^ital  reports  and  Communications  in  mediciiie  and 
surgery,  Vol.  V.,  p.  70  und  E.  H,  Webe^,  De  motu  Cusciculonm 
muscularium  locali  im  Programm  der  hiesigen  roedicinischen 
Facultal  in  memoriaro  Joann.  Oötth.  Martini  die  XXIIL  Junii 
1860  celebraiam.)  büierlich  zeigte  si€h  die  reichlieh  secemirende 
Vagina  heiss»  aurgeb>ckert  wie  bei  der  normalen  Vorbereitung 
zur  Geburt,  das  untere  Geliärmuttersegment  noch  etwas  dick, 
aber  gleichfalls  hciss,  sdir  aufgelockert,  der  Matterhals  noch 
nicht  voilständig  verstiichen,  der  Muttermund  in  ovaler  Form 
so  weit  erölTnet,  dass  bequem  die  Spitzen  kweier  aneinander 
anliegender  Finger  eingeführt  werden  komUeii,  in  ihm  die 
Eiliüule  unverletzt,  nicht  gespannt  mit  dem  vorliegenden 
ballotirenden  Kopfe  des  Kindes.  Bei  der  VaginaleipJoratioa 
glaubte  ich  das  warme  Fruchtwasser  über  den  Handrftcken 
herablaufen  zu  fühlen,  was  aber,  wie  ich  alsbald  bemerkte, 
nichts  als  eiue  reine  Geföblstäuscjbung  war,  die  mir  sciion 
früher  Im  Fällen  von  Rheumatismus  uteri  gravidi  begegnete 
und  meiner  Ansicht  nach  nur  in  einer  bei  diesem  Leid«i 
stattfindenden  grösseren  Wärmeausstrahlung  des  Uterus  bentht. 
Es  ist  dies  eine  Erscheinung,  die  ich  noch  nirgends  erwähnt 
fond  und  auf  die  ich  deshalb  hier  aufmerksam  zu  machen  .nicht 
unterlassen  wollte,  obwohl  es  inimerbin  mög^ch  ist,  dass  sie 
auch  nur  auf  einer  Idiosynkrasie  meinerseits  beruht  Piib  90, 
Haut  trocken,  heiss.  Die  Therapie  bestand  im  wiederholteD 
Auflegen  gewärmter  Flanelle  auf  den  Unterleib,  dem  un- 
ausgesetzten Darreichen  beissen  Thees,  warmer  Kataplaamea 
und  aus  dem  Fortgebrauch  kleiner  Gaben  Ipecacuanha  mit 
Opium.    Gegen  10  Uhr  Abends  Uessen   endlich   diese  Er- 


in.    Meia$ȧr,  Uebar  BbeQVfttifmvB  uteri  ^ravidL         g5 

•dMtonngtn  unter  dem  Auslinecbeh  ejnes  kritischep  SchweUaes 
Bach ,  in  der  Nacht  trat  eioiger  Schlaf  ein  und  am  folgenden 
Morgen  fand  ich  im  Urin  ein  reicliballiges  Sediment  liaru- 
saurer  Salze,  die  Eknpfindiichkeit  de«  Uterus  und  das  Muskel- 
apie|  yersch wunden«  die  Vagina  weniger  beiss  und  feucht, 
den  Muttermund  wieder  geschlossen.  Patientin  erholte  sich 
sehr  baU  wieder,  die  Schwangerschaft  verlief  ungestört  weiter. 
Am  27. — 30.  September  littMad.  G.  aq  rechtsseitiger  Amygdalltis 
mk  Infiltration  der  naheliegenden  CerTical4rösen,  am  13.  October 
aliess  sie  sich  eine  Häkelnadel  bei  der  Arbeit  lief  in  den 
Zeigefinger,  weldie  durch  rotirende  fiewegungen  alsbald  leicht 
wieder  entfernt  wurde.  Diese  leichten  Störungen  abgeredmet 
bdindet  sieb  die  Schwangere  bis  zur  Stunde  wohl  und  sind 
Bamenüicli  die  Lebenszi^iobeo  ihrer  Leibesfrucht  fortwährend 
unt  erkennbar.  ^) 

Es  entsteht  nun  die  Frage,  wie  nun  die  Natur  des- 
Rbeumatisrous  uteri  gra?idi  zu  deuten  sei?  Ich  halte  diese 
eigenthumliche  Anomalie  für  eine  Sensibilitäts*  und 
Motilitäts-Neurose  des  Uterus,  bedingt  von  peripherischer 
Beizung  durch  ErkäUung.  Ausser  der  abstehenden  Bekleidung 
wirkt  ganz  besonders  disponirend  cbroniscber  Bronchialkatarrb 
bei  Hochsebwangfrn,  der  bei  den  beeqgten  Vexliältnissen  des . 
Thorax  und  demgemäss  nicht  sehr  energischen  Expectorations- 
vermögen  meist  sehr  anstrenigende  und  erschütternde  Husten- 
stüsse  veranlasst,  dabei  der  schwangere  Uterus  gegen  die 
Harnblase  angeworfen  und  der  Urin  al)gesprengt,  die  Kleidungs- 
stücke aber  durchnässt  werden.  Bei  der  mangelnden  Vorsicht, 
welche  namentlich  unter  der  arbeitenden  Klasse  zu  Hause  ist, 
kommen  diese- durchnrässten  Kleidungsstücke  bei  jedem  Schritte 
mit  den  Körperüieilen  in  Berührung  und  die  feuchte  Kälte 


1)  Dt«  Oebnrt  eines  cr^oasen  krKftigen  RcAbeiia  erfolgtte 
ans  10..  October  Vormittag«  7,12  Uhr  nach  kicnm^dreiatfliullger 
Oobnrtsarbeit  «iipe  «alle  Kuptlbulfo;  «ino  Richte  am  Morien  vor* 
handea  'gewesene  Diarrhoe  sistirte  sofort,  dafür  waren  drei  Tage 
lang  sehr  «chnierzhafte  Nachwehen  die  stete  Klage  der  Wöchnerin. 
Bas  Kind  starb  in  Folge  halbseitiger,  zuletzt  allgemeiner  Con- 
▼nlsionen  am  11.  November,  nachdem  es  Anfangs  unter  der  Er- 
näbmng  darek  Ainmea  keine  Anomalien  dargeboten  hatte.  DU 
S«etft«A  wurde  nidU  gestattet. 


56  ni.    IfewÄÄT,  üeber  Eheuiii»tieinua  uteri  graTi4i. 

wirkt  allbekannt  selir  wesentlich  mit  bei  d«r  EntalelHmg 
rheumatischer  Affectionen.  So  auch  hier.  Auch  Erkaltoog  und 
Durchnässung  der  Fusse  erregt  sehr  häufig,  wie  in  dem 
soeben  erzählten  Falle,  diese,  wie  ich  sie  deutete,  Sensibilttdts* 
und  Motilltäts- Neurose  des  schwangeren  Uterus.  —  Di^  Er- 
scheinungen dieser  Neurose  sind  erstens  Hyperämie  des 
Uterus  und  seiner  Adne.xa,  wie  solche  sich  auch  bei 
Neuralgien  anderer  Theile  zeigt  und  hauptsäcUich  bei  Proso- 
palgie im  ganzen  Bereiche  der  vom  erkrankten  Nerven  ver- 
sorgten Gesichtsprovinz  dem  Auge  deutlich  zu  erkennen  gidit 
Wo  diese  Hyperämie  aber  nicht  in  wahre  BntzftnduQg  über- 
geht, was  bekanntlich  äusserst  selten  geschieht,  folgt  derselben 
aber  keine  Stasis,  keine  Exsudation.  Denn  wo  diese  einlritt, 
würde  keinesweges,  wie  durchgängig  beim  Rhenmalismns 
uteri  gravidi  geschieht,  eine  Auflockerung  des  Gewebes,  sondern 
eine  Infiltration  desselben  eintreten,  idiomuscuiaire  Bewegungen 
würden  ebenso  unmöglich  sein,  als  das  auffallend  schnelle 
Reagiren  des  Muskelgewebes  auf  die  leiseste  Berührimg. 
Endlich  wurden  kritische  Ausscheidungen  durch  Harn  und 
Schweiss  nicht  so  schnell  die  ganze  Erkrankimg  hesdtigen 
machen  können,  wie  bei  Rheumatismus  uteri  gravidi  wiederholt 
beobachtet  worden,  wenn  ein  nur  annähernd  vollständig  ent- 
zündlicher Process  vorläge.  Zweitens  wird  in  Gemeinschaft 
mit  jener  Hyperämie  eine  erhöhete  Temperatur  und 
vermehrte  Wärmeausstrahlung  mit  reichlicherer  Ab- 
sonderung der  Schleimhaut  an  der  Cervicalportion  des 
Uterus  und  in  der  Scheide  wahrgenommen^  gleich  der  ver- 
mehrten Schmerzhaftigkeit  entweder  nur  die  reine  Folge 
der  Neurose  oder  auch  wohl  indirect  Ausfluss*  und  Begleiter 
der  Hyperämie.  Endlich  zeigt  sich  drittens  auch  eine  abnorme 
Thätigkeit  des  Muskelgewebes  durch  äusserst  schmerz- 
hafte Bewegungen,  wekhe  entweder  ala  reine  Folgezustände 
der  Neurose» Und  Begleiter  der  Hyperämie,  oder  reflectoriscb 
durch  die  leiseste  Berührung  von  Aussen  und  die  Kindes- 
bewegungen  von  Innen  angeregt,  unausgesetzt  stattfinden, 
ohne  gleiche  Ergiebigkeit  zu  äussern  und  gleichen  Erfolg  auf 
die  vollständige  Eröffnung  des  Muttermundes  und  die  sonstige 
Förderung  des  Geburtsgeschäftes,  wie  bei  den  normalen  Wehen 
am  Ende  der  ungestört  verlaufenen  Schwangerschaft,  herbei- 


m.    Mefttmar,  Ueber  BhavmiitiBmQs  vteii  graridi.         57 

zufilhreiL  Der  Umstand  allete,  dass  alle  Gontractionen  des 
schwangeren  und  gebärenden  Dteros  unwillkflrlicb  eintreten 
and  verlaufen,  mag  zu  der  keinesweges  gerechtfertigten  An- 
nahme eines  krampfhaften  Zustandes  Veranlassung  gegeben 
haben;  wirkliche  „spastische  Affectionen**  (um  mit  Herrn 
Hofrath  von  Seanzoni  zu  reden)  und  Conyulsionen  sind  so 
flberaus  seltene  Begleiter  des  Rheumatismus  uteri  gravidi, 
dass  nur  von  einem  Zusammentreffen  verschiedener  patho- 
logischer Zustände,  oder  von  einem  Uebergehen  in  eine  gani 
and^are  Krankheitsform  die  Rede  sein  kann;  eben  so  gut  wie 
wirkiiche  Entzündung  des  Uteras,  desgleichen  Puerperalfieber, 
Eclampsie  nach  etwa  wirklich  ganz  abgelaufener  Frühgeburt 
m  Folge  des  Rheumatismus  uteri  gravidi  nicht  weniger  leicht 
eintreten  kann,  als  nach  dem  regeknässigsten  Geburtsverlaufe; 
Eine  andere  Frage  ist  allerdings  die  nach  Caussa  ultima 
jener  SensibilitSIs-  und  Motilttäts -Neurose  des  Uterus  im 
Rheumatismus  gravidarum,  zu  deren  Lösung  wir  den  weiteren 
eiacten  Forschungen  auf  dem  Gebiete  der  allgemeinen  Pathologie 
nur  den  baldigsten  Abscbluss  wünschen  können.  Denn  nur 
zu  nahe  liegt  die  Annahme,  dass  eine  wesentlich  alterirte 
Ernihrung  d^  einzelnen  Nerven  bald  hier,  bald  dort  die 
schnell  eintretende  Schmerzhafligkeit,  Hyperämie  auftreten, 
auch  unter  kritischen  Ausscheidungen  oder  unter  der  Maske 
nur-filscblich  sogenannter  Metastasen,  die  unter  dem  Namen: 
„localer  rtieumatischer  Affectionen**  (insoweit  dieselben  nicht 
in  vollständige  Entzündung  und  Aiisschwitzung  übergingen) 
zusammengefassten  Erscheinungen  plötzlich '  wieder  schwinden 
machen  könne.  Nachdem  schon  lange  die  Annahme  eines 
Acre  rheumaticum  discutirt  und  besonders  von  Schdnlein 
auf  die  Säurebildung  im  Rheumatismus  als  eines  der  Haupt- 
objecte  pathologischer  Beobachtung  hingewiesen  worden,  auch 
unmittelbare  Versuche  Ward  Riehardson*s  zu  beweisen 
suchten,  dass  die  Ursache  des  Rheumatismus  in  einer  An- 
hänfong  von  Milchsaure  im  Körper  zu  suchen  sei,  wie  anderer- 
seits diese  Ansicht  auch  mehrfach  vertheidigt  wurde,  haben  leider 
die  neuesten  experimentellen  Untersuchungen  von  Prof.  Möller 
m  Königsberg  und  Rauch  in  Dorpat  (vergl.  Vtrehow*s  Archiv, 
20.  Bd.,  Heft  1  u.  2,  S.  211)  noch  nicht  genügend  überein- 
stimmende Resultate  geliefert,  um  diese  Hypothese  als  bereits 


98         lU*   MM»n^y  lieber  IUieitJD»tijmiie  uißn  i^raviiH^ 

wiBseiMcbtfUieh  äcber  begrttndet  anoeboieii  zu  kteieii«  Zudem 
ni  dureh  die  cbemisdie  UiHerMichung  des  Blutes  beim 
Rbeumatismuft,  dessen  aboorme  Zusamaieosetzuog  als  n«ih- 
wendiger  Vermitller  der  oben  angeDonameueo  wesenUicb 
alierirten  Ernabrung  der  Nerven  fuogiren  mösste,  nur  eine 
Zunaborie  des  FaserstoffreichUuuoAs  wie  bei  zaUreicbeo  anderen 
Erkrankui^n  ermitteU  worden,  und  ^die  günsiigen  Erfolge 
des  von  Aerzlen  verordneten  Natrum  bicarbonicun)  sowie  der 
kritisclien  Ausscheidungen  sauer  reagiranden  Scbirasses  und 
des  in  seinen  Sedimenten  zabireiche  bamsaure  Salze  ent- 
haltenden Urines  beweisen  heutzutage  in  der  Pathologie  gluck* 
lidier  Weise  nichts  mehr  allein;  ja  ich  bin  gewiss  der  Letzte^ 
der  das  alte  „post  hoc,  erga  propter  hoc"  nur  desiialb  wiedfpr 
zur  Geltung  gebracht  wissen  wollte,  um  ejne  H^fpotbese  zu 
st&tzen,  die,  nach  den  Erfahrungen  der  jüngsten  medicinischen 
Tagesereignisse,  vielleicht  schneller  wieder  verdrängt  ist^  als 
sie  begründet  wurde  und  Annabme  finden  konnte.  -^ 

Die  von  .den  ferneren  esacten  ForschanBen  auf  dem 
Gebiete  der  Pathologie  erst  noch  zu  verboffenden  wissenschaft- 
Hcben  Auflieilungen  Aber  Natnr  und  Wesen  4es  Rheumatismus 
hindern  aber  ebensowenig,  als  die  schwankenden  Begriffe  und 
Auffassungen  des  Naipens^  die  ich  bereits  im  Eingange  unserer 
heutigen  Erortenmg  herzlichst  mit  beklagte,  dass  dieser  io- 
z wischen,  bis  etwas  Besseres  gefunden  und  constalirt  sein  wird, 
beibehalten  und  als  Bezeichnung  einer  ganzen  Spedes  morbi, 
wie  namentlich  auch  der  heute  besprochenen  entsprechenden 
Erkrankung  der  schwangeren  Gebärmutter  gebraudit  werde. 
Was  namentlich  noch  die  letzlere  Verwendung  des  Wortes 
siieciell  anbetrifll,  will  ich  nur  ganz  kurz  noch .  erwähnen, 
dnss  auch  die  bekannten  sogenannten  rheumatischen  Metastasen 
nach  Beseitigung  der  Erkrankung-  im  Uterus  gravidarum  vor- 
gekommen und  durch  Eli<t9  von  Sübold  mehrfach  beobachtet 
und  veröffenüicbt  wurden,  somit  auch  die  Zweifel  an  der 
etwa  vorhandenen  Identität  mit  anderen  rheumatischen  Er- 
krankungen vorläufig  als  unbegründet  zu  erachten  sind«  — 
Für  die  Sache  •  selbst  ist  es  übrigens  auch  ganz  indifferent, 
wenn  man  die  beute  besprocliene  Anomalie  lieber  Kolik  der 
Gebärmutter,  oder  einlach  ^Uterinscbmerz''  nach  Krause  (die 
Theorie  und  Praxis  der  GeburtsbiUfe,  Berjin  1838,  2.  Tbeil, 


S.  5  «.  folg»)  nennen  will.  Meiae  Anfigabe  konnte  nnd  Bollie 
es  nicht  sein,  für  den  Namen  in  die  Sdiranfcen  cu  treten 
und  mich  selbst  im  Hinblick  auf  die  Feier  des  heutigen  Tages 
und  seine  wissenschaftliche  Bedeutung  im  engeren  sächsischen 
Vaterlande  liielt  ich  die  Existenz  der  Anomalie  nur  nach 
meiner  besten  Ueberzeugimg  oufrecbt^  ni^ht  weil,  sondern 
obgleich  sie  schon  vor  50  und  mehr  Jdiren  beobachtet  und 
gut  beschrieben  wurde.  Der  Wahrheit  und  dem  Wohle  der 
leidenden  Menschheit  gilt  mein,  gilt  auch  Ihr  Streben,  meine 
Herren  Gollegao,  nicht  der  principiellen  Bekämpfung  von 
Allemv  'Wa6{:S^-«aid  der  Minden  Aonafame  jedes  Neuen,  oad 
kääi'e  -tea  äu<5h  toti  ausserdem  ganz  vorzfiglichen  Förderern 
der  Wissenst/b^ft^  und  den  grössten  Zierden  unserer  Speclal- 
discipiin.  Und  wenn  nach  50  Jahren  unsere  Söhne  dereinst 
hier  wieder  tagen,  so  mögen  Sie  uns  nur  das  Zeugniss  nicht 
yersagen,  dass  es  unsere  Aufgabe  und  unser  emsigstes  Be- 
milhen  war,  der  Wahrheit  in  der  Wissenschaft  unter  Benutzung 
alles  dessen  zu-  dienen,  waä  uns  der  heutige  Standpunkt 
derselben  bietet,  gleichwie  wir  heute  dankbar  der  fleissigen 
Arbeiten  unserer  Vorgänger  mid  Väter  gedenken,  die.  uasera 
Blicke  erst  dadurch  weiter  dringen  Hessen,  weil  es  uns  be- 
scliieden  war,  auf  ihren  Schultern  stehen  zu  können  und  die 
Fehler  vermeiden  zu  lernen,  durch  die  sie  zu  irrigen  Ansichten 
und  Urlheilen  gelangten.  Und  auch  wir  irren  noch  in  Vielem, 
aber  per  aspera  ad  astra! 

NachschrifL 

Alsbald  nach  Abhaltung  des  vorstehenden  Vortrages  theilte 
mir  Herr  Dr.  Hennig  das  fi»]gende  Referat  über  ein  dasselbe 
Thema  neuerdings  behandelndes  Schriftchen  mit. 

Dr.  E.  A.  Meissner. 
V.  Oautier^   dn  Rhrnnatisme  de  rUt^rns  envisfig^  spo- 
cialement' pendant    la.  grossesse    et   Paccoucbement. 
GenÄve  185». 

ö.  hfift'  aie  „Neurälgia  uteri*  für  rheumatischer  Natnr.  Aus 
einer  betrXcht liehen  Ansahl  kÜfiiseber  Beobaohtnngen  siebt  er 
i«lgejide  SchlANse:  1)  Reizbarkeit  der  OebRrmatter,  Neuralgie 
uod  übnliche  Namen  bezeichnen  einen  Zustand,  welcber  in  ei»inea 
Erscheinungen  mit  denen  des  Rheumatismus  uteri  zusammenrollt. 
2)  Diese  im  nichtschwangeren  Zustande  wie  gemehlet  bezeichnete 
Erkrankung  kommt  rom  sweiten  Monate  der  Schwange rackaft  bis 


60  rV-    BAmt  Bericht  fiber  die  Leistangen 

ram  Ende  des  nennten  vor,  8)  ist  aber  Ton  dem  Bhevinfttinnne 
nteri  racni  nicht  wesentlich  yersehieden,  4)  wird  dnber  am 
besten  als  Mnscalar-Rhenmatismns  beaeichnet;  5)  Erethismus, 
Hyperaesthesls,  Conynlsibilitas,  TrismDS,  Tetanus,  Spasmi  uterini 
sind  nur  Abarten  davon.  6)  Während  der  Geburt  und  nach  der 
Niederkunft  TerlSuft  Rheumatismus  uteri  auf  gleiche  Weise.  7)  Er 
ist  weder  einlSaehe  Iffetritis,  noch  Endewetritis.  Dieae  beides 
haben  andere  Symptome,  anderen  Verlauf  und  Terschiedene  Dauer. 

8)  Rheumatismus  uteri  graYidi  et  parturientis  ist  nicht  für  die 
Matter  gef&hrlich;    stirbt  sie,    so  ist  eine  Complication  schuld; 

9)  wohl  aber  kann  das  Kind  davon  Gefahr y  selbst  den  Tod  leiden. 

10)  Haaptmittel  während  der  Schwangerschaft  sind:  Opium  und 
laue  BAder.  1 1)  Chloroform  •  Binathmen  ist  das  beste'  Mittel  wftlirend 
der  Wehen  eines  rheumatischen  Fmohthaltera.  12)  Die  Identität 
Ton  Hysteralgia  und  Rheumatismus  uteri  spricht  für  Gleich-» 
bedentung  tou  Muskelrheuma  und  Neuralgien  im  Allgemeinen. 

Dr.  (7.  Bennig, 


IV. 

Bericht  über  die  Leiatangeii    des  EdidgliiAeii 

Hebammeniiutitats  ni  Stettin  wftbxend  der 

Jahre  1834-1859. 

Vom 

Geh.  Medicinalratfa  Dr.  Bekin. 
(Fortsetaung.) 

3.  Pathologische  Zustände  in  Bezug  auf  das 
Wochenbett. 
Wenn  die  Erfahrung  es  in  genügender  Weise  darthui, 
dass  zahlreiche  Wöchnerinnen  nur  um  deshalb  den  Wochenbetts- 
processen  erliegen,  weil  die  sie  behandelnden  Hebammen  das 
Entstehen  der  Wochenbettskrankheiten  nicht  gehörig  zu  würdigen 
wissen  und  daher  zu  spät  auf  ernstliche  Hülfe  dringen,  so 
muss  es  als  eine  wesentlich  zum  Hebammenunterrichte  gehörende 
Aufgabe  angesehen  werden,  den  Schülerinnen  die  Bedeutung 
des  Wochenbettes  und  die  Wichtigkeit  der  in  demselben  auf- 
tretenden physiologischen  Processe  klar  zu  machen.  Je  weniger 
aber  der  allgemeine  Bildungsgrad  der  Letzteren  sie  befähigt. 


das  K.  HebstameDiostUatf  ta  Slottin  «tc.  61 

sich  euie  klare  Vontelhiog  von  den  physiologischen  Lebent- 
l^rocessen  Oberhaupt  zu  machen,  je  weniger  die  Körze  des 
Lehrcursus  es  zuldssi,  an  jedem  betreffendeR  Orte  ausführliche 
Erläuterungen  des  Lehrbuches  eintreten  zu  lassen ,  um  ao  mehr 
wird  es  Aufgabe  des  immittelbaren  mündlichen  Unterrichts, 
die  sinnlich  wahrnehmbaren  Erscheinungen  S4ib»r(  vor  die 
Sinne  der  Lernenden  zu  fähren  und  den  unmittelbaren  Einfluss 
derselben  so  viel  als  möglich  anschaulich  zu  madien.  Als 
sinnliche  Erscheinungen  treten  uns  aber  zunächst  und  in 
jedem  Wochenbette  die  drei  grossen  Absonderungen:  Schweiss, 
Lodual<ibsonderung  und  Hilchbüdung  entgegen.  Als  Analogien 
schliessen  sie  sich  an  die  drei  Klass^m  der  Schwangerschafts- 
zachen i»n,  oder  stebra  ihnen  gegenüber:  ungewisse  Scbwanger- 
sdiaftszeichen«=:  centrales  Leben;  Schweiss  =  peripherisches 
Leben)  wahrscheinliche  Schwangerschaftszeichen  =:  Evolution 
der  Gebärmutter,  Locbialsecretion  =  Involution  der  Gebär- 
mutter; gewisse  Scbwangerschaftszeichen  =  Leben  des  Kindes 
in  der  Gebärmatter,  Milchbildung  =  Leben  des  Kindes  an 
der  frust  der  Mutter,  wobei  natürlidi  aber  die  gegenseitigen 
Ausgl^cbongsverhältoisse  nicht  vergessen  werden  dürfen« 

An  diese  rein  physiologischen  Processe  schliessen  sich 
zwei  andere  an,  welchen  ich  ebenfalls  eine  weit  mehr 
physiologische  als  pathologische  Bedeutung  beilege,  indem  sie 
wenigstens  unbedingt  mit  in  das  Gebiet  der  involutiven  (Gebär- 
mutter) und  evolutiven  (Brüste)  Thätigkeit  des  Wochenbettes 
gehören,  nämlich  die  Nachwehen  und  das  sogenannte 
Milchfieber.  Die  Nachwehen  sind  fortgesetzte  Zusammen- 
ziehungen der  G€!bärmutter,  welche  die  Bestimmung  haben, 
die  RückbOdung  der  Gebärmutter  zu  vervollständigen,  etwanigen 
Inhalt  der  Höhle  zu  entfernen,  die  durch  die  Lostrennung 
der  Placenta  geöflneten  Geiasse  zu  schliessen «  und  auf  solche 
Weise  Erkrankungen  dieses  Organs  zu  verhüten.  Je  mehr 
diese  Bedingungen  durch  den  Act  der  Geburt  selbst  schon 
erreicht  worden  sind,  un)  so  geringer  ist  die  Aufj^abe,  welche 
anf  die  Wocbenbettszeit  fallt,  daher  finden  wir  sie  selten  in 
den  Fällen,  wo  vor  der  Entleerung  der  Gebärmutter  die 
ezpnlsive  Thätigkeit  in  solchem  Maasse  erregt  war,  dass  mit 
der  Ausschliessung  der  Frucht  der  grösste  Theil  dieses  Zieles 
erreicht  wurde,    in   welchem  Falle   dann   nach  vollständiger 


62  I^*    Bthm^  Bericht  ttber  dl«  Leistnngett 

Aasscheidang  auch  der  Nachgeburtstbeile  die  Gebftrmtitter  im 
höchsten  für  den  Augenblick  erreichbarem  Grade  der  Zn- 
sammenziehung  angetroffen  wird,  in  welcher  sie  sich  der 
ontersachenden  Hand  als  eine  harte,  ich  möcbte  sagen: 
„steinharte^' Kugel  Ton  massiger  Grösse  über  der  Sdwossfuge 
darstellt,  der  -  Grund  mit  geringen  Abweichungen  noch  um 
einen  ansehnlichen  Theil  unterhalb  des  Nabels  stehend,  so 
dass  die  untersuchende  Hand  noch  im  Stande  ist,  mit  Be^ 
quemirchkeit  zwischen  ihm  und  dem  Nabel  durch  die  er- 
schlafften Bauchdecken  bis  zur  Wii-belsäiile  vorzudringen. 
Dies  Yerhältniss  sind  Wir  gewohnt  nicht  allein  bei  den  meisten 
Erstgebärenden,  sonderiv  auch  bei  denjenigen  HebrgebSrenden 
anzutreffen,  bei  denen  durch  Veriangsamung  des  vierten 
Geburtszeitraums  in  Folge  mechanischer  Bindernisse  die 
Spannkraft  der  ganzen  Gebärmutter  auf  den  heilsten  Grad 
entwickelt,  die  expnlsive  Wehenthfitigkeit  gleiebscimi  Aber  die 
ganze  Gebärmutter  ausgegossen  ist-  Wir  vermissen  es  bei 
allen  präcipitirten  Geburten  Erstgebarender,  insonderheit  aber 
bei  den  Geburten  MehrgebSrender,  wenn  die  naMrlacben 
Hindernisse,  welche  der  Muttermund  und  die  Organe  des 
Beckenansgangs  darbieten,  vermindert  sind  und  schon  die 
ersten  mSssigen,  sich  kaum  Aber  die  Grenzen  des  HuCter- 
grundes  hinaberstreckenden  Zusammenziehnngen  die  Frudit 
liervorschleudern.  Ist  in  suchen  Füllen  die  krSfÜge  Zusamnien- 
ziebung  der  Gebärmutter  unmittelbar  nacli  üirer  Entleerung 
verabsSunH,  so  ist  jeder  Wochenbettskranklieit  Thilr  und  Thor 
geuRViet,  da  zui*flckgebliebenes  Geblflt,  Offenstehen  der  GelSsse, 
Itesorptran  der  Secrete,  Verderbniss  der  Deciduareste  u.  s.  w. 
die  ausreichendsten  Causalniomente  zu  Erkrankungen  aller  Art 
darbieten.  Lediglich  aus  dem  riciiligen  Verständnisse  dieser 
Verbältnfsse  ist  es  erklärlich,  dass  wir  oft  nach  den  schwierigslen 
Geburten,  sofern  diese  in  den  ?orfaer  angedeuteten  Umständen 
ihren  Grund  hatten,  die  glöckliclrstcn  Wochenbetten,  nach 
den  leichtesten  Gdliurten  aber  oft  die  schwersten  Wochenbetts- 
krankheiten  beobachten.  Dass  aber  dem  Geburtsarzte  die 
letzleren  Fälle  oft  erst  zur  Behandlung  kommen,  wenn  die 
beste  Zeit  zur  Heilung  vorüber  ist,  hat  seinen  Gmnd  oft 
genug  darin,  dass  die  Hebammen  die  Functionen  des  Wochen- 
bettes nicht  genOgend  verstanden  haben  oder  verstehen.    Es 


4e9  K.  HebammeiiinstiUrtfl  %u  9tottiik  ete.  68 

wM  daher  tadkt  befremden,  wenn  ich  bei  dem  Unterricble 
4ßr  HebammeB  diesem  Umstände  ein  sehr  ernstes  Augenmerk 
ztt  widmen  gew#bnt  bin,  imd  dass  ich  in  den  betreflenden 
Fillen  die  baldige  Erweckung  geudgender  Naehwehen  selbst 
Termittels  der  Darreicbung  von  Seeale  corout  oder  anderen 
fthnliohen  Milteiln,  die  ja  jeder  Geburtshdfer  kennt,  als  eine 
DolbweiNKge  YorsichtsmaasBregel  ansehe.  DiRgegen  können 
atterdings  aber  auch  Nachwelten  Gegenstand  arztlieber  Kunst- 
hiUe  werden,  wem  sie  ähnlich  den  regdwidrigeu  Geburtsweben 
sieb  in  gleieher  Beschaflenheit  in*»  Wochenbett  fortsela^en. 
Falle  dieser  Art,  sich  kundgebend  dorch  andauernden  Schmerz 
im  Beckenansgange,  dem  Mastdarme  oder  der  Masengegend, 
je  nachdem  mehr  die  vordere  oder  hintere  Wand  des  unteren 
Absebnittes  der  Gebftrmotter  leidet,  rmit  wehenähnlichen 
periodischen  Exacerbationen  worden  im  Inslitnte  hftnilg  beob* 
achtet,  besonders  bei  solchen  Personen,  die  mit  regelwidrigen 
Geburtswehen  in  dasselbe  eintraten  und  bei  denen  die  Ans* 
Schliessung  des  Eies  erfolgte^  beror  es  gelungen  war,  diese 
gänsiich  au  beseitigen.  Das  vollständige  Erlösclien  dieser 
abnormen  Thätigkeit  erfolgte  dann  oft  erst,  nachdem  durch 
das  entsprecl)ende  Regime  in  Verbindong  mit  den  indicirten 
wirUiefaen'Beilmitteln  durch  den  eintretenden  Wocheoschweiss 
die  peripberisclie  Thätigkeit  in  Gang  gekommen  war. 

Betilglich  der  sweiten  erwähnten  Erscheinung,  nämlich 
des  MilchOebers,  scbliesse  ich  mich  vollständig  der  Ansidit 
Derer  an,  welche  dasselbe  keinesweges  als  eine  nothwendige 
Thätigkeit  betrachten.  Im  Hebammeninstitute  gehörte  es  ent- 
schieden zu  den  höchst  seltenen  nur  ausnalnnsweise  anf- 
trelenden  Erscheinungen  bei  Denen,  wo  durch  den  To«!  der 
Frucht  die  frMizeitige  Erweckung  des  Lactationsgeschäftes 
vermitteis  der  Anlegung  des  Kindes  an  die  Mutlf^rbrusl  in 
Wegfall  kam,  und  auch  bei  diesen  trat  es  nur  selten  auf, 
da  in  solchen  Fällen  durch  eine  möglichst  knappe  Diät  die 
Erzeugung  neuen  Nahrungsroaterials  beschränkt  oder  durch 
fremde  Kinder  Abliölfe  geschafft  wurde.  Wird  im  normalen 
Verlaufe  des  Wochenbettes,  zu  dessen  vollständigem  Begriffe 
zweifelsohne  das  Selbstoähren  des  Kindes  gehört,  durch 
baktige  Entleerung,  der  Hulterbrust  die  bis  zur  Geburt  an- 
gedaiierte  Vterinal-Ckmgestion  naoh  und  nach  zu  den  BrUsten 


64  IV.    Bthm,  Bericht  Ober  dU  Leifttongea 

hinübergeleitet,  so  bedarf  der  gewdhnlich  am  dritten  Tage 
des  Wochenbettes  erfolgende  wirkliche  Uebertritt  der  Säfte* 
masse  (sit  venia  verbo!)  keiner  gewaltsamen  Reaction,  dieselbe 
erfolgt  vielmehr- in  mildester  Weise;  die  Gebärmutter,  bis 
dahin  noch  durch  die  anhaltende  Congestion  im  Voktmen 
grösser,  umfangreiche,  selbst  ^DDpfindlicher  erfahrt  durch  die 
Ueberführung  zu  den  Brüsten  eine  wesentliche  BegüDstigoog 
des  ganzen  Ruckbildungsprocesses,  sie  verschwindet  oft  im. 
Verlaufe  weniger  Stunden  aus  der  Unterbaucbgegeftd  bis  zum 
Rande  der  Schoossfuge  u.  s.  w»  Wird  dagegen  die  Beförderung 
der  Lactation  rechtzeitig  verabsäumt,  das  in  d^n  Brüsten 
enthaltene  Colostrum  nicht  entfernt,  so  bleibt  die  UtonnaK 
Congestion  in  voller  Kraft  fortbestehen,  und  nach  dreitägigem 
Kampfe,  dessen  ScMussaet  das  Kilchfieber  ist,,  wird  nun  in 
gewaltsamster  Weise  die  Säftemasse  aaoh  den  Brüsten  hin* 
getrieben,  wobei  dann  freilich  nicht  selten  in  deia  gemiss- 
handelten  Uterus  die  ersten  Keime  weiterer  Erkrankungen 
entweder  schon  gelegt  sein  können,  oder  durch  desk  Act  erst 
gelegt  werden.  Nachweh'en  und  Blilchfieber  stehen  daher  in 
einem  bestimmten  physiologischen  Verhältnisse  zu  einander. 
Je  weniger  ich  nun  aber  geneigt  bin,  das  Miichfider 
als  eine  nothwmtige  Wochenbettserscheinung  anztierkenüen, 
um  so  mehr  sehe  ich  jede  Störung  in  dem  Rückbildung»- 
processe  der  Gebärmutter  als  eine  bedeutende  Gefahr  drohende 
Abnormität  an,  und  stets  hat  mich  eine  solche  zu  sofortigeoi 
Einschreiten  in  therapeutrscber#Hmsioht  veranlasst.  Es  kann 
nicht  meine  Absi^t  sein,  an  diesem  Orte  mich  in  eine  aus- 
führliche Erörterung  über  das  Kindbettfieber  einzulassen.  Wie 
verschiedene  Ansichten  darüber  bestehen  können,  haben  die 
ausführlichen  Verhandlungen  in  der  Acadämie  d^  mMedne 
zu  Paris  gezeigt,  aber  dies  Eine  möge  wenigstens  nicht  ver- 
gessen werden:  Die  Gebärmutter  ist  jährend  einer  vierzig- 
wöchentlichen Zeit  in  einem  fortwährenden  Zustande  erhöhter 
Lebensthätigkeit  gewesen,  wekher  unmöglich  ohne  die  gefähr- 
lichsten Folgen  plötzlich  abgebrochen  werden  kann,  und  zu 
dessen  allmäliger  Zurückführung  in  möglichst  kurzer  Zeit  die 
drei  Absonderungen  des  Wochenbettes:  Schweiss,  Lochien, 
Milch  den  Weg  bahnen,  während  zugleich  jede  von  ihnen 
ihre  besondere  Bedeutung  undfiestimmung  hat  Je  vollständiger 


des  K.  Hebammenmstitnts  sa  Stettin  ete.  65 

durch  sie  die  Freimachung  der  Gebärmutter  von  plastischen 
Stoffen  und  plastischer  Thätigkeit  en*eieht  wird,  desto  sicherer 
wird  sie  im  Stande  sein,  binnen  der  Zeh  von  vier  Wochen, 
wdche  ihr  physiologisch  dafür  bestimmt  ist,  in  den  Zustand 
friäherer  Ruhe  zurflckzukehren ,  dessen  sie  sich  vor  der 
Schwangerschaft  erfreute;  je  mehr  aber  m  einer  oder  gar 
mehreren  dieser  Thätigkeiten  (Absonderungen)  eine  Störung 
eintritt,  um  so  stärker  wird  die  Gebärmutter  den  Schaden 
zu  büssen  haben.  Es  ist  daher  bei  allen  sogenannten  Puerperal- 
krankheiten  zunächst  der  Zustand  der  Gebärmutter  in*s  Auge 
zu  fassen,  und  wenn  irgend  wie  normwidrige  Zustände  in 
diesem  Bereiche  auftreten,  sind,  sie  mit  Rücksicht  auf  das 
angegebene  Yerhältniss  zu  beurtheilen  und  zu  behandeln, 
Dass  aber  ausserdem  auch  während  der  Wochenbettszeit 
anderweitige  allgemeine  Krankheiten  auftreten  können,  welche 
das  eigentliche  Puerperalgßschäft  ganz  unberührt  lassen,  ver- 
steht sich  von  selbst  Dieser  allgemeine  Grundsatz  hat  mich 
nicht  allein  in  meiner  gegenwärtig  mehr  als  35  jährigen  ärztlichen 
Thätigkeit  überhaupt,  sondern  auch  in  meiner  Wirksamkeit  beim 
Institute  geleitet,  und  ich  glaube  nicht  der  Wahrheit  zu  nahe 
zu  treten,  wenn  ich  behaupte,  dass  ich  bei  der  Befolgung 
desselben  in  der-  Behandlung  der  Wocheubettskrankheiten  im 
Allgemeinen  ziemlidi  glücklich  gewesen  bin,  was  auch  durch 
die  Ereignisse  im  Institute  bestätigt  wird,  wo  ich  unter  den 
sämmtlichen  672  Wöchnerinnen  nur  5  während  der  ersten 
14  Tage  des  Wochenbettes  und  diesem  zuzurechnende  Todesßlle 
aufzuweisen  habe.  Einef  Zeit  aber  angehörend,  wo  der  ent- 
zündliche Krankheitsgenius  in  einer  Intensität  herrschte,  von 
welcher  wir  jetzt  kaum  mehr  schwache  Schattenbilder  zu  sehen 
und  zu  beobachten  gewohnt-  sind,  konnte  ich  die  zweck- 
mässigste  Behandlung  selbstredend  nur  in  einer  consequent 
durchgeführten,  allerdings  aber  der  Individualität  dabei  an- 
gepassten  Antiphlogose  finden. 

Rücksichüich  der  statistischen  Verhältnisse  der  Er- 
krankungen an  I^uerperalkrankheiten  zeigte  sich  besonders 
der  Lehrcursus  1851/52  ungünstig,  indem  während  desselben 
acht  Fälle  schwererer  Fieber  vorkamen,  deren  allgemeines 
Bild,  welches  ohne  den  Charakter  einer  wahren  Epidemie  an 
sich   zu  tragen,    doch  eine   grosse   Uebereinstimmung   der 

MoüAtMolir.  f.  ««bnrtok.   tS61.   Bd.  ZVIU.,  Hfl.  1.  ö 


Qß  IV.    Behmy  Berieht  aber  die  LeiBtongen 

ErscheiDUDgeo  zeigte,  in  der  spedeUen  Mktheilung  wenigsten« 
einer  Krankengeschichte  dargelegt  werden  möge. 

N.  426.    Ida  S,,  eine  geennde  krKftige  Primipara,  war  am 
6.  Februar  1862  Morgens   dorebans  regelmästig  und  nicht  ebea 
schwer  von  einem  M&dcben  entbanden  worden  und  befand  sieh 
während   der   ersten  Tage   des  Wochenbettes   darchaus   normaL 
Im  Laufe  des  9.  Februar,  nachdem  bereits  das  Lactationsges'chäft 
krftftig    begonnen ,    bemerkte    sie    siebende    Schmerzen    in    der 
Uterinalgegend,    welche  sich  bis  gegen   Abend  rermehrten  und 
weiter  rerbreiteten.    Die  locale  Untersuchung  aeigte  die  Gebär- 
mutter,  welche  während   der  vorigen  Tage  ToUkommen    in  der 
Rfickbildung   begrififen  und  demgemäss  contrahirt  gewesen  war, 
wieder  beinahe  bis  zum  Nabel  ausgedehnt,   weicher  als  an  den 
vorhergegangenen  Tagen   und  im  hohen  Grade  schmerzhaft,  so 
dass    ein   angebrachter  Druck    mit  der  £[and   ein  tiefes  inneres 
Zusammenfahren    der  Wöchnerin    erregte«     Die   Empfindlichkeit 
erstreckte  .  sich  bis  in  die  seitlichen  Anhänge  der  Gebärmutter, 
unter   denen   besonders   die  Anfänge   der  Eierröhren   als    dicke 
Stränge   erkannt  werden  konnten;   der  ganze  Unterleib  war  auf- 
getrieben, die  Gedärme  mit  Gas  erfüllt,  aber  nicht  schmerzhaft. 
Die  Lochialsecretion  war  noch  im  Gange,'  hatte  aber  Sm  Laufe 
des  Tages  ihre  blutige  Beschaffenheit  etwas  verloren.  Die  weiteren 
Erscheinungen    seigten    eine    lebhafte    Theiluahme    des    ganzes 
Organismus:    der    Puls    hatte    hundert    gereizte,    kleine    spitze 
Schläge,  der  Durst  war  vermehrt,   die  Zunge  mit  einem  dünnen 
weissllchen  Scbleimbelag  bedeckt,  feucht,   Uebelkeit  nicht  vor- 
handen,  das  Sensorium  frei,   die  Haut  trocken  und  heisd.    Die 
Diagnose  einer  beginnenden  Gebärmutterentztindung  konnte  nicht 
zweifelhaft   sein,   und   war  als   ätiologisches   Moment,    bei  der 
Abwesenheit  jeder  anderen  Ursache,  nur  die  allgemeine  Aufregung 
der  geschlechtlichen  Sphäre  überhaupt,   bedingt  durch'  di(s  sich 
einleitende    Lactationsgescbäft ,    in    Anschlag    zu    bringen.     Die 
Verordnung  nmfasste:  16  Blutegel  auf  die  Un ter bauch jg^egend  util 
reichliche  Unterhaltung  der  Nachblutung  durch  warme  Kataplaamen. 
Den  K).  Februar.     Nach  Bchlaflos  verbrachter  Nacht  kein 
Nachlass  der  Erscheinungen;  die  Gebärmutter  ebenso  empfindlich 
sowohl  bei  der  Berührung  als  bei  jeder  Bewegung  der  Wöchnerin. 
Die  Haut  dagegen  mit  wässerichtem  Schweisse  bedeckt;  lebhaftes 
Angstgefühl,    welches    sich    auch    durch    den    Gesiehtsausdruck 
kundgiebt;  Loehialsecnetion  seit  gestern  Abend  nicht  beiberkt, 
dagegen   die   Brüste   lebhaft   turgescirend ,    reichlich   mit   Milch 
orfüUt.    Verordnung:  Wiederholung  der  örtlichen  Blntentsiehung 
durch  abermalige  16  Blutegel  und  Beförderung  der  Nachblutung; 
innerlich  stündlich  ein  Gran  Calomel. 

Hiermit  war   die  Krankheit  in  ilirem   ^esenttfchen  Theile 
gebroehea.     Zwar  Mlitt  der   ruhige   Oaag  der  Geaesuog  ii4eb 


1 


des  K.  Hebammeninstitnfca  sn  Stettin  eto.  67 

dadurch  eine  kleine  ünterbredinng,  dass  am  Abend  des  12.  Febrnar 
eine  nochmalige  Exacerbation  der  Scbmeraen  in  der  Gegend  der 
Ineertioa  der  linken  Taba  die  nochmalige  Anwendnng  Ton  aehn 
Blntegeln  erforderte,  and  dase  am  18.  wegen  eines  drückenden 
Gefühls,  dem  übrigens  aber  keine  erhebliche  Stömng  in  4en 
Beckenorganen  in  Grande  lag,  noch  acht  Blutegel  an  die  Labia 
majore  gesetst  werden  mnssten;  dennoch  aber  «tdrten  diese 
Zwischenfälle  so  wenig,  dass  die  Wöchnerin  bereits  am  22.  Febrnar 
als  geheilt  entlassen  werden  konnte. 

Die  fibrigen  dem  Verlaufe  dieser  Krankheitsform  ähnlichen 
Fälle  Yertheilten  sich  dergestalt  auf  den  ganzen  Lebrcursus, 
dass  weder  eine  Contagiosilät,  noch  selbst  ein  endemischer 
Einfluss  nachweisbar  wurde.  Dagegen  schien  eine  epidemisohs 
Verstimmung  zur  grösseren  Hiii6gkeit  der  Erscheinung  dieser 
Krankheiten  mitwirkend  zu  sein,  indem  auch  ausserhalb  des 
Instituts  ähnliche  Fälle  beobachtet  wurden.  Uebrigens  gehörten 
wenigstens  die  im  Institute  beobachteten  Fälle,  wenn  maa 
von  dem  allgemeinen  zweideutigen  Charakter  der  Puerperal- 
krankheiten  absieht,  noch  nicht  gerade  zu  den  pemiciösesten 
Formen,  denn  sämmtliche  acht  Wöchnerinnen,  welche  davon 
befallen  wurden,  genasen  unter  der  gleichen  Behandlung,  wie 
die  im  mitgetheilteu  Falle  befolgte. 

War  es  aber  in  diesen  Fällen  ?orzugswejse  das  Gewebe 
der  Gebännutter,  von  welchem  der  Krankheitoprocess  aas- 
zugehen schidi,  so  'zeigt  sich  in  dem  nachstehenden  Falte 
ein  Krankheitsbild,  welches  man  doch  eher  mit  dem  Namen 
einer  Phlebitis  uterina  belegen  möchte,  hat  Fall  gehört  dem 
Lehreurflos  1857/58  an,  welcher  sich  ebenfalls  durch  eine 
erhebliche  Zahl  von  Erkrankungen  auszeichnete. 

N.  643.  ÄugtisU  G.,  eine  etwas  pastose,  blasse,  früher 
bleichseehtige  Person,  begann  am  8.  November  1867  ihre  Geburts- 
arbeit mit  dem  Abflasse  des  Fruchtwassers  bei  noch  gUnzlich 
geschlossenem  Matterroande,  aber  yorliegendem  Kindeskopfe. 
Der  erste  Qebartsaeitraam  verlief  daher  etwas  langsamer  als 
gewöhnlich,  doch  war  die  bei  der  schlaffen  Maskulatar  der 
Kreissenden  geringere  Widerstandsfähigkeit  der  Weichgebilde  die 
Ursache,  dass  schon  nach  cwölfstündiger  Gebnrtsarbeit  nnd  bei 
missig  starker  Wehenthätigkeit  ein  kräftiger  Knabe  geboren  wurde, 
der  sich  in  der  ersten  Scheitellage  sur  Geburt  gestellt  hatte.  Die 
Nachgeburt  löste  sich  etwa  nach  16  Minuten  und  die  £ntbuDdene 
befand  sich  ohne  eine  Spur  eines  Unwohlseins.  Bald  aber  dehnte 
sich  der  (Jtems  wieder  bis  cum  Nabel  und  höher  hinauf  aus,  ein 

6* 


gg         *       IV.    Behm,  Bericht  über  die  Leistangen 

copioser  Blatfinss  trat  ein  und  bald  bot  die  Entbundene  alle 
Zeichen  der  YollBtändigen  Verblutung  dar.  Sofortige  Entleerung 
der  Gebärmutter  von  angehäuften  Coagulie ,  Reizungen  derselben 
mit  der  eingefUtirten  Hand ,  Beibungen  des  Muttergrundee ,  Sand- 
sack  und  innerlich  Acid.  phosphor.  mit  Zimmt  beseitigten  den 
gefährlichen  Anfall,  und' während  der  Blutverlust  in  normaler 
Weise  fortdauerte,  sog  sieh  die  Gebärmutter  swar  etwas  mehr 
sueammen,  behielt  aber  immernoch  eine  weichere  Beschaffenheit 
ihres  Gefüges.  Indess  wurde  das  Allgemeinbefinden  der  Ent- 
bundenen durch  einen  mehrstündigen  Schlaf  während  der  folgenden 
Nacht  beträchtlich  gehoben  und  am  folgenden'  Tage,  den  9.  No- 
vember, hatte  sie  eine  natürliche  Gesichtsfarbe,  der  Puls  war  weich, 
etwas  blutarm,  aber  doch  gehobener,  an  Frequenz  wenig  aber 
die  Norm  gehend,'  die  peripherische  Tbätigkeit  in  Ordnung,  der 
Blutverlust  massig.  Die  Gebärmutter  selbst  war  noch  erheblich 
ausgedehnt,  bei  der  Berührung  wenig  empfindlich,  etwas  nach 
rechts  geneigt.  Da  keine  dringenden  pathologischen  Erscheinungen 
vorhanden  waren,  so  wurde  lediglich  zur  Reotification  der  Gebär- 
mutter eine  Seitenlage  nach  links  angeordnet,  übrigen»  für  die 
gewöhnlichen  diätetischen  Regeln  des  Wochenbettes  Sorge  ge- 
tiragen,  das  Kind  an  die  Brust  gelegt. 

Während  der  nächsten  Tage  änderte  sich  der  Zustand  der 
Wöchnerin  in  der  Art,  dass  zwar  die  Wehenschweisse  und  das 
Lactationsgeschäft  in  Gang  kamen,  auch  die  Lochialsecretion 
keine  wesentliche  Abweichung  erfuhr;  aber  die  Gebärmutter  blieb 
empfindlich  beim  Drucke,  «uflfgedehnter  als  wünsch enswerth  und 
mehrfache  gastrische  Störungen  fingen  an,  das  Krankheitsbild 
Bu  umdüstem,  wobei  zugleich  der  Puls  -lOCV  Schläge  überstieg. 
Es  wurden  daher  am  13.  November  16  Blutegel  in  die  Regio  pubis 
gesetzt  und  ein  Inf.  R.  Rhei  mit  Kali  tart.  verordnet. 

Die  nächsten  drei  Tage  brachten  hiemach  ein  sehr  erträg- 
liches Befinden,  aber  den  17.  November  trat  ohne  nachweisbare 
Ursache  neue  Verschlimmerung  der  Krankheit  ein;  die  Gebär- 
mutter war  wieder  mehr  ausgedehnt,  empfindlicher  beim  Druck, 
der  Schmerz  nach  der  rechten  Seife  hinstrablend  und  bei  stärkerem 
Drucke  bis  in  die  rechte  Inguinalgegend  zu  verfolgen,  woselbst 
jedoch  auch  bei  der  sorgfältigsten. Untersuchung  keine  Geschwulst, 
Barte  oder  dergl.  zu  entdecken  ist.  Dabei  ist  der  Puls  wieder 
bis  auf  116  Schläge  gestiegen,  aber  Milch-  und  Lochialabsonderung 
vollständig  im  Gange.  Verordnung:  16  Blutegel  in  die  rechte 
Inguinalgegend,  deren  Nachblatung  durch  Kataplasmen  zu  be- 
fördern ist. 

Den  18.  November.  Wenig  Veränderung  im  Zustande  der 
Beckenorgane.  In  der  Nacht  zwischen  3  und  4  Uhr  ein  ziemlich 
starker  Frostanfall  von  mehr  als  halbstündiger  Dauer  unter  Bleich- 
werden der  Haut  und  der  Lippen;  danach  für  einige  Zeit  trockene 
Hitze  and  gegen  Morgen  ein  reichlicher  w ässe richte rSchweias.  Die 


1 


des  K.  HebammeninstitQts  bh  Stettin  ete.  69 

gMtrischen  Erscbeinimi^Q  eber  geringer  als  an  den  yorigen 
Tagen;  die  Znnge  gereinigter,  die  Scbleimbant  derselben  natärlicb 
geftrbt.  Die  allgemeine  Stimmung  der  Wöcbnerin  ist  gedruckt, 
aie  fühlt  siob  sehr  schwach  and  elend  n.  s.  w.  Da  nach  diesen 
Erseheinnsgen  unter  Berücksichtignng  des  bisherigen  Verlaufs 
des  Wochenbettes  die  weitere  Entwiekelnng  der  Phlebitis  nterina 
nicht  einen  Angenbliek  sweifelbaft  sein  konnte,  so  verordnete  ich, 
freilich  nicht  nnter  grosser  HofTnnng  auf  einen  günstigen  Erfolg, 
Aq.  ozjmnriat.,  woTon  in  ü  Standen  2  bis  8  Unzen  Terbraneht 
worden. 

19.  November.  Trots  mehrstündigen  Schlafes  ist  das  Befinden 
hente  nicht  gebessert,  die  Mattigkeit  so  gross,  dass  die  Wöchnerin 
fast  nicht  im  Stande  ist,  die  Hand  von  einer  Stelle  aur  anderen 
■a  legeiT;  der  Pols  116  Schlüge;  die  Localerscheinnngen  in  den 
Beckenorganen  etwas  geringer,  aber  doch  der  Uterns  nnd  die 
rechte  Weioheiigegend  noch  empfindlich ,  der  Fandns  uteri  immer 
noch  swei  Finger  breit  über  der  Schoossläge  stehend.  Nachdem 
Pat.  Mittags  einige  Löffel  voll  Fleischbrühe  genossen,  stellte 
sieh  im  Laafe  des  Nachmittags  etwa  85  bis  86  Standen  nach  dem 
ersten  Frostanfalle  ein  aberiQallger  stärkerer  anter  Erschütterung 
des  glittsen  Körpers,  Z&hneklappem ,  Kttlte  der  Extremitäten  eip, 
der  etwa  wieder  eine  halbe  Stande  dauerte  und'  dann  einem 
reichlieben  fast  serfliessenden  Schweisse  Plata  machte,  bei  welchem 
der  Puls  bis  über  120  Schläge  stieg  und  die  Erschöpfung  einen 
noch  höheren  Grad  erreichte.  Unter  geringer  Hoffnung  eines 
gfinstigen  Erfolgs  wurde  gegen  den  sichtbar  fortschreitenden 
pjämischen  Process  Seeale  cornut.  au  10  Gr.  mit  V«  ^''  Opium 
altemirend  mit  der  Aq.  ozymur.  rerordnet. 

Nachdem  am  folgenden  Tage  SO  Gran  Seeale  cornut.  ver- 
braucht worden  waren,  wurde  dasselbe  wieder  ausgesetzt  und 
hlos  die  Aq.  oxymur.  fortgebraucht.  Zwar  blieb  der  Zustand  der 
Kranken  dabei  noch  sehr  bedenklich,  soT  dass  sogar  näohtliche 
Delirien  eintraten;  indess  setzten  die  FrostanfäHe  ganz  aus  und 
die  Revonvalescenz  schritt,  wenngleich  langsam,  so  doch  ohne 
Unterbrechung  fort,  so  dass  Pat  am  8.  December  nach  vier- 
wöchentlicher  Krankheit  entlassen  werden  konnte,  um  im  Hause 
ihrer  Angehörigen  ihre  gänzliche  Genesung  abzuwarten. 

Je  -mehr  aber  in  den  glücklieb  abgelaufenen  Fällen  die 
Ceberzeugung  sich  befestigte,  dass  bei  den  beobachteten 
Puerperalfiebern  nur  in  einer  frülizeitig  angewendeten  und 
natürlich  den  jedesmaligen  Umständen  graduell  angepassten 
Antiphlogose  Heil  zu  suchen  sei,  um  so  schmerzlicher  beklage 
ich  den  Verlust  einer  Wöchnerin,  bei  welcher  die  schon 
mehrere  Tage  vorgeschrittene  Besserung  nur  die  freundliche 
Maske  für  die  um  so  tückischere  Natur  der  Krankheit  wurde 


70  IV.    B«ftm,  Berieht  ttber  die  toistttDgen 

Wd  Veranlassung  gab,  den  so  oft  heQsam  gefundenen  Weg 
nicht  energisch  genug  zu  betreten. 

.N.  786.  Älbertine  B.^  Primipara,  kam  in  der  Naeht  yoa 
tt.  inm  14.  Febrsar  1859  kreieeend  hi's  lostitot,  wurde  aach 
efaigen  Stunden  nermai  entbanden  nnd  befand  sieb,  eine  leichte 
aeteeriatisehe  Anftreibnng^  und' geringe  Empfindliehkeit  des  Uster- 
leibef  abgerechnet,  bis  snm  li»  Febrnar  wohl. 

Den  17.  Febrnar.  8eit  Mitternacht  ist  die  Nacht  sehlafloe 
yerbracht  worden,  indem  von  dort  ftb  der  Leibschmora  nnd 
MeteoriBmns  ennahai,  lo  daes  Morgens  die  Beriikrang  des  ganaen 
Unterleibes  im  höchsten  Grade  scbmeribaft  isV  Wegen  des  rer- 
handenen  Meteorismva  .ist  der  Mnttergnmd  nicht  mit  dieherheU 
dnrch  die  Baaohdecken  in  fühlen,  doch  ist  die  Re^o  pnbis 
beim  Dracke  nicht  schmenhafter  als  der  übrige  Unterleib, 
auch  wird  dabei  nicht  über  ein  etwa  nach  dem  *Beeken  hinab- 
•trahlendes  vnangenehmes  Gefühl  geklagt  und  die  Lochialeecretion 
ist  in  normaler  Men^e  nnd  Beschaffenheit  im  Flnsse,  die  Milch* 
*«eeretii»tt  beginnend,  der  Schweiss  wenigstens  nicht  vollständig 
unterdrückt.  Der  Puls  hat  120  gereiste,  spitse  Schlage.  Die 
Diagnose  konnte  hiernach  nicht  sweifelhafi  sein;  eine  Peritonttle 
war  stark  in  der  Entwickelung  begriffen,  nnd  als  Ursache  konnte 
nur  die  in  der  Nacht  der  Entbindung  während  des  Transports 
auf  der  Strasse  erlittene  Erkältung  angesehen  werden,  da  jede 
andere  Ursache  fehlte.  Verordnung:  20  Blutegel  auf  den  Unterleib 
«nd  Unterhaltung  einer  reichlichen  Nachblutung  durch  warme 
Kataplasmen;  innerlich  etündlieh  ein  Oran  CalomeL 

Im  Laufe  des  Tages  stellte  sich  mehrmaliges  stürmisches 
Erbrechen  ein,  verbunden  mit  wässeriehten  Stuhlgängen,  wonach 
der  MeteorisBus  sieh  etwas  verminderte  nnd  d^e  Banchdeeken 
weicher  und  schlaffer  wurden.  Verordnung:  nächst  dem  Oalomal 
alle  awei  Stunden  ein  Klysma  von  Amylum. 

Während  der  nächstfolgenden  Tage  stellte  sich  das  Krankhelte- 
bild  noch  deutlicher  heraus:  Steigerung  des  Fiebers  bis  auf  eine 
Pulsfrequens  von  140  Schlägen,  gänaliches  Damiederliegen  der 
Laotation,  fortdauerndes  Erbrechen,  mit  abweohselndem  Singnltns 
und  kaum^  m  löschendem  Durst ,  wässerich'te  Sohweisse  wechselnd 
mit  trockener  brennender  Haut  vervollstfindigten  dasselbe.  Eine 
Beschränkung  des  Schmerzes  auf  die  Unterbauchgegend  machte 
am  19.  die  nochmalige  Anlegung  von  10  Blutegeln  nöthig  und 
die  danach  folgende  sehr  bemerkbare  Besserung  aller  Erscheinungen 
liess  einen  günstigen  Ausgang  hoffen,  indem  am  22.  der  Schmers 
gans  gewichen  war  und  selbst  diejenigen  Körperbewegungen,  mit 
denen  eine  Thätigkeit  der  Bauchmuskeln  verbunden  ist,  mit 
einer  gewissen  Leichtigkeit  vollzogen  werden  konnten,  aber  der 
23.  Februar  führte  plötzlich  eine  bittere  Enttäuschung  herbei. 
Nachdem   nämlich   die   Nacht   wieder   unruhig  verbracht,    aber 


des  K.  H6l>ftminBaiBstltota  in  fitetUn  etc.  71 

wvder  am  Abende  noch  auch  eptter  irgend  eine  besondere  Er- 
scheinung eingetreten  war,  seigte  sich  am  Morgen  das  Krankheits- 
bild dnrehaoa  ver&ndert.  Der  Unterleib  war' nicht  stärker  auf- 
getrieben als  Tages  inror,  aber  der  PercQssionston  über  der 
Schoossfage,  der  gestern  noch  so  löblich  war,  ist  heute  gedämpft; 
ausserdem  seigt  sich  das  Allgemeinbefinden  Terftndert:  Fat.  liegt 
in  grosser  Abspannung  im  Bette  mit  yerfallenem  Gesichte  und 
Theilnahmlosigkeit  gegen  Alles,  was  sie  umgiebt,  der  Puls  ist 
wieder  auf  130  Schläge  Ton  kleiner  sittemder  Beschaffenheit 
gestiegen,  das  Sensorium  frei.  Nach  diesen  Erscheinungen  konnte 
an  die  Bildung  eines  Exsudats  in  der  Bauchhöhle  nicht  mehr 
gezweifelt  werden  und  die  Kranke  war  rettungslos.  Indess  schritt 
die  Ausschwitsung  nur  sehr  langsam  Torwarts;  Mittags  fingen 
die  Extremitäten  an,  kfihl  zu  werden,  der  gedämpfte  Ton  in  der 
ünterbanchgegend  schritt  langsam  gegen  den  Nabel  hinauf  fort, 
während  in  der  Oberbauchgegend  immer  noch  ein  vollkommen 
freier  Darmton  fortbestand.  Flüssige  Stähle  schienen  anzudeuten, 
dass  die  Natur  noch  nach  dieser  Richtung  hin  einen  gfinstigeren 
Ausgang  beabsichtige»  allein  in  der  Macht  zum  24.  Februar  stellte 
sich  Singultus  ein,  und  am  Morgen  dieses  Tages  waren  die 
Extremitäten  kfihl,  die  Nägel  bläulich  geerbt,  kühler  Schweiss 
auf  der  Stirn  u.  s.  w.    Mittags  1  Uhr  erfolgte  der  Tod. 

Die  am  folgenden  Tage  unternommene  Seetion  seigte  mit 
Uebergehung  der  unwesentlichen  Befunde  eine  sehr  geringe  Auf- 
treibung des  Unterleibes,  bei  Eröffnung  des  Peritonäums  sehr 
wenig  flüssiges  Exsudat,  so  dass  dasselbe,  als  die  Lappen  der 
Bauchdecken  zurückgeschlagen  waren,  sich  kaum  auf  2  Unzen 
ergab.  Auf  den  unteren  beiden  Lappen  der  Banchdecken  und 
dem  unteren  dem  Becken  näher  liegenden  Theile  der  Bauch-^ 
eingeweide  zeigte  sich  das  Peritonäum  mit  leichten  Injectionen 
der  Oefässe  arborescirend  yersehen,  während  die  oberhalb  der 
Nabellinie  gelegenen  ganz  frei  davon  waren;  nur  das  Netz  war 
etwas  blutreich.  Zwischen  den  Windungen  der  dünnen  OedXrme 
und  der  Beckeneingeweide  zeigten  sich  leichte  spinnengewebeartige 
dünnfilamentöse  Adhäsionen  in  einer  kaum  die  Dicke  des  Post- 
papiers erreichenden  Lage.  Ovarien  und  Tuben  waren  durchaus 
normal,  der  Uterus  so  weit  zurückgebildet,  als  es  nach  der  Zeit 
des  Wochenbettes  verlangt  Werden  konnte,  denn  die  Breite  von 
einer  Tube  bis  zur  anderen  betrug  nicht  merhr  volle  8  Zoll,  und 
die  beiden  Wände  waren  bereits  so  weit  formirt,  dass  die,  die- 
selben am  Grunde  vereinigende  Querleiste  erkennbar  war.  Das 
Geffige  der  Gebärmutter  war  ebenfalls  normal  und  auf  der  die  ^ 
Höhle  auskleidenden  Schleimhaut  zeigten  sich  kaum  noch  Spuren 
der  Deciduareste. 

Die  Seetion  bestätigte  also  vollständig  die  im  Leben  gestellte 
Diagnose  einer  Peritonitis,  aber  die  Geringfügigkeit  der  materiellen 
pathologischen   Befunde    in    der   Leiche    rechtfertigt   auch    die 


72  IV.    Behm,  Bericht  ttber  die  Leistnogeii 

Annahme  >   dass  eine  energischere   antiphlogittiaehe  BehaadlaAg 
den  Tod  abgewendet  haben  wurde. 

Ich  schliesse  dieser  KraDkengeschichte  sofort  die  Tier 
übrigen  unglücklich  abgelaufenen  an. 

N.  471.  Caroline  K.,  Primipara,  kam  am  2.  Decembor  1853 
Vormittags  kreiniend  in's  Institat  und  wnrde  nach  etwa  zwei 
Stunden  von  einem  ansgetragenen  lebenden  Mädchen  entbunden. 
Gleich  nach  der  AusechliesBung  des  Kindes  sog  sich  der  äussere 
Muttermund  krampfhaft  zusammen  und  sperrte  die  Nachgeburt  ein. 
Reibungen  des  Muttergrundes  brachten  eine  genügende  Zusnmmen 
siehung  desselben  su  Stande,  vielmehr  trat  ein  copioser  Blut- 
verlust ein,  welcher  im  Verlaufe  weniger  Minuten  und  bevor  ich 
von  dem  Vorgange  Kenntniss  erhielt,  trots  der  Bemühungen  der 
Jnstitutshebamroe,  die  Placenta  sn  entfernen,  die  Entbundene 
SU  einem  immensen  Grade  der  Anämie  brachte,  so  dass  Ohn 
machten y  Leichenblässe,  kalte  Gliedmaassen  u.  s.  w.  eintraten. 
Als  ich  selbst  herbeikam,  fand  ich  den  äusseren  Muttermund 
in  der  Grösse  eines  Vierjgroschenstücks  tetanisch  suaammen- 
gesogen,  den  Muttermund  weich  und  ausgedehnt,  das  Blut  strom- 
weise aus  dem  Muttermunde  hervordringend.  Nachdem  die  Placenta 
sammt  dem  in  der  Gebärmutter  enthaltenen  Blutgerinnsel  entfernt 
worden,  gelang  es  nunmehr  bald,  durch  Beibungen,  Sandsack, 
Acidum  pbosphorio.  und  Zimmt,  regelmässigere  Contractionen 
und  dadurch  Stillung  der  Blutung  herbeizuführen;  indess  war  die 
Person  durch  den  erlittenen  Blutverlust  so  erschöpft,  dass  ihr 
durch  Fleischbrühe  mit  Eigelb  und  den  Fortgebrauch  der  ge- 
nannten Arzneien,  namentlich  der  Tr.  Cinnamomi  Aufhülfe  ver- 
scha£Pt  werden  musste.  Abends  befand  sie  sich  den  Umständen 
angemessen;  der  Puls  hatte  sich  beträchtlich  gehoben,  war  zwar 
nach  dem  grossen  Blutverluste  frequent  und  weich,  aber  doch 
nicht  mehr  absolut  blutleer,  die  Haut  war  feucht,  der  Wochen- 
fluss  m&ssig  im  Gange;  nirgend  Schmerz  vorhanden,  selbst  die 
in  massiger  Ausdehnung  begriffene  Gebärmutter  beim  Drucke 
nicht  mehr  empfindlich,  als  sie  nach  jeder  Entbindung  zu  sein 
pflegt;' Nachwehen  hatten  sich  ab  und  zu  gezeigt. 

Am  dritten  Tage  nach  der  Entbindung  stellte  sich  unter 
massiger  Fieberbewegung  eine  lebhafte  TurgeScens  der  Brüste 
ein,  weshalb  das  Kind  fleissig  an  dieselben  gelegt  wurde;  die 
swischenliegenden  Nächte  waren  unter  anhaltendem  und  er- 
quickendem Schlafe  verbracht  worden.  Nachdem  in  gleicher 
Weise  noch  einige  Tage  vergangen  waren,  änderte  sich  allmälig 
das  Befinden  der  Wöchnerin.  Während  Milch-  und  Wochen- 
absonderung in  vollständigster  Ordnung  verblieben  und  die  Gebär- 
mutter in  ihrer  Rückbildung  fortschritt,  verlor  sich  der  Appetit, 
ohne  dass  die  Zunge  belegt  wurde,  der  Schlaf  verminderte  sich, 
das  Gesicht  nahm  eine  bleiche  wachsarti^e  Farbe  an  und  leichte 


dM  K.  Hebammtainstitats  sn  Stettin  etc.  78 

Froaitehftiier  tob  nare^Iiniasiger  Periodioft&t  «tellttD  .«ich  eis, 
gefolgt  von  einem  w&aaerichtem  Schweieee,  bei  dessen  Neehlaee 
die  Kranke  sich  angeblich  leiobter  fühlte..  Da  nach  der  Ent- 
bindnag  im  Inetitute  .keine  nachtheiligen  Einflüsse  aaf  dieselbe 
stattgefunden  hatten,  so  konnte  als  ursächliches  Moment  dieses 
Krankbeitssnstandes,  welcher  nicht  sofort  einen  bestimmten 
Charakter  seigte,  nnr  eine  beim  Transport  der  Kreissenden  snm 
Institute  etwa-rorgefallene  Erkältung,  sowie  die  Insultation  der 
Gebärmutter  .durch  die  gewaltsame  Entfernung  der  Katsbgeburt  an- 
genommen werden,  und  konnte  ich  mich  dahor  befrechtigt  halten,* 
das  Torhandene  Fieber  als  .ein  rheumatisch  -  traumatisches  au 
beseiehnen.  Es  wurde  daher  am  9.  .Deoember  eine  kühlende 
diaphoretische  Mixtur  Terordnet 

Während  des  10.  und  11.  Deoember  änderte  sich  indcss  der 
Zustand  nicht;  die  Nächte  blieben  unruhig,  die  kleinen  Frost- 
anialle  wiederholten  sieh  in  248tündi^en  oder  auch  kürseren 
Zeiträumen,  der  Puls  blieb  klein,  frequent,  der  Durst  Termehrte 
sich.  Am  Abende  des  11.  Deoember,  also  neun  Tage  nach  der 
Entbindung,  klagte  Fat.  zum  ersten  Male  über  etwas  Schmerzen 
im  Unterleibe.  Dieselben  gingen,  der  Beschreibung  nach  von 
dicht  über  der  Sehoossfuge  etwas  nach  links  aus  und  wurden 
der  Kranken  erst  nach  Sitz  und  näherer  Beschaffenheit  fühlbar, 
wenn  man  an  dieser  Stelle  tief  mit  den  Fingerspitzen  In  die 
Tiefe  drückte;  wurde  der  Druck  fortgesetzt,  so  schilderte  sie 
die  Wirkung  desselben  als  ein  wenig  bemerkbares  wehes  Gefühl; 
von  flüehtigen,  lancinirenden  Stichen  wollte  sie  nichts  wissen. 
Drücfkte  man  aber  die  Fingerspitzen  tief  ein,  so  entdeckte  man 
an  dem  bis  hinter  die  Sehoossfuge  herab-  und  znrnckgebildeten 
Muttergrunde  nach  links  hin  in  der  Gegend  der  Insertion  der 
linken  Eierröhre  eine  unebene  Heryorragung  von  der  Grosse  einer 
Haselnuss,  welche  sich  nun  als  den  Punkt  ergab,  von  welchem 
ans  der  Schmerz  in  die  Umgegend  ausstrahlte.  Diese  kleine 
Anschwellung  entsprach  nun  unverkennbar  der  Stelle,  wo  bei 
der  Entbindung  die  Nachgeburt  adhärent  gefunden  war,  und  es 
blieb  nun  über  die  Natur  der  Krankheit  kein  Zweifel  mehr;  sie 
bestand  in  einer  auf  diese  Stelle  begrenzten  Metritis  traumatica, 
deren  langsame,  fast  schleichende  Entwickelung  nur  aus  dem 
grossen  Blutverluste  bei  der  Entbindung  abgeleitet  werden 
konnte ,  durch  welchen  eine  rapide  Entwickelung  der  Entzündung 
Torhindert  worden  war.  Sofort  (12.  December)  wurden  12  Blutegel 
an  die  betreffende  Stelle  gesetzt,  deren  Nachblutung  eine  Stunde 
lang  unterhalten  wurde;  innerlich  wurde  stündlich  ein  Gran 
Calomel  gereicht.  " 

Ich  übergehe  es ,  den  epeoiellen  Verlauf  durch  die  einzelnen 
Krankheitstage  fortzuführen.  Die  angegebene  locale  Auftreibung 
wurde  weiterhin  der  Sitz  einer  tiefgreifenden  Entzündung,  welche 
unter  den  bekannten  Erscheinungen   und  ungeachtet  der  wieder- 


74  IV*    Behm,  Bericht  über  die  Leistmi^eB 

holten  Änwendnng  localer  BlütentBiebtiiigea  allnllif  in  Efteraog 
Überging.  Erwähnt  m5go  nur  noeh  sein,  dass  In  den  leisten 
Lebenstagen  Erscheinungen  eintraten,  welche  man  anf  Embolle 
der  Lnngen  hlltte  denten  kennen,  die  jedoch  die  Sectios  &i«ht 
als  solche  nachgewiesen  hat. 

Nachdem  nKmlich  die  wiederholt  aufgetretenen  Frostanftlle 
anch  noch  in  der  Nacht  anm  17.  December  dagewesen  waren, 
stellte  sieh  an  diesem  Tage  ron  Zeit  an  Zeit  Hnsten  ein,  der 
die  Bmst  siemlich  heftig  erschütterte  nnd  tob  missigen  Schmeraen 
in  der  rechten  Seite  begleitet  war,  aber  die  Schmersen  im  Leibe 
nicht  vermehrte.  Tiefe  Inspirationen,  welche  ohne  Besehwerde 
ausgeführt  werden  konnten,  vermehrten  den  Schmera  in  der  Bmtt 
nicht,  erregten  auch  nicht  vermehrten  Hasten.  Dieser  Znatand 
steigerte  sich  noch  im  Lanfe  des  Tages  dermaassen,  dass  bis 
gegen  Abend  der  Pnls  wieder  anf'136  Schlüge  von  verschieden 
harter  Beschaffenheit  stieg;  die  Carotiden  lebhaft  pnlsirtea,  die 
Schmerzen  in  der  Brost  sich  steigerten,  die  Inapirationen  den 
Hnsten  vermehrten  und  nicht  mit  gleicher  Leichtigkeit,  wie  am 
Morgen  ausgeführt  werden  konnten.  Dabei  war  der  Unterleib, 
wie  am  Morgen  weich,  die  Oeachwnlst  nicht  schmerzhafter  als 
früher.  Der  Kopf  war  etwas  eingenommen,  doch  nicht  schmera- 
haft,  die  Znnge  fencht,  in  der  Mitte  mit  einem  leichten,  gelb- 
lichen Belagstreifen  versehen,  Stuhlgang  war  mehrmals  erfolgt 
Es  konnte .  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  die  Bruatorgane 
einer  entzfindlichen  Reizung  entgegeng^ingen ,  und  da  die  Be- 
schaffenheit des  Pulses  sich  demgem&ss  verhielt,  so  wurde  gegen 
Abend  ein  Aderlass  vorgenommen ,  bis  wKhrend  des  Fllesaens  des 
Blntes  die  Einathmungen  leichter  und  schmerzfreier  wurden. 
Das  auf  solche  Weise  entzogene  Quantum  betrug  etwas  über 
6  Unzen.  Dem  bisher  gebrauchten  Calomel  wufde  stündlich 
Vi,  Grän  Opium  zugesetzt. 

In  der  Nacht  zum  18.  December  wieder  ein  Frostanfall 
von  massiger  Heftigkeit  und  viertelstündiger  Dauer  mit  nach- 
folgendem ScKweisse.  Am  Morgen  grosse  Abspannung,-  grosses 
Schwäch egefUhl  bei  einem  fortwXhrend  härtlichen  Pnlae  von 
130  Schlägen.  Die  8/chmerzen  in  der  Brust  sind  besonders  beim 
Husten  von  gr<5sserer  Lebhaftigkeit  nnd  verbreiten  sich  auch 
auf  die  linke  Seite.  Die  Inspirationen  sind  dagegen  weniger 
beschwerlich.  Der  Percussionston  ist  fast  über  die  ganze  Brust 
etwas  gedämpft,  die  Auscultation  ergiebt  dagegen  nur  eine  sehr 
geringe  Verminderung  des  Athmungsgeräusches ,  aber  keine  fremde 
Neben  töne.  Die  Geschwulst  an  der  Gebärmutter  i^t  weniger 
empündlich,  aber  sie  hat  beträchtlich  an  Umfang  zugenommen 
und  rückt  mehr  nach  der  linken  Seite  des  Beckena  hin,  so  dass 
sie  jetzt  fast  die  Stelle  des  linken  Ovarinms  einnimmt.  Ver- 
ordnung:   Sinapismus  zwischen  die  Schultern. 


des  K.  HebammenitiititutB  in  Stettin  ete.  75 

Dm  um  Torfgen  Tagre  ans  der  Ader  gelassene  Bint  gerann 
aehnell;  naeh  IBsttlndigem  Sieben  hatte  sieh  Cmor  und  Semni 
in  siemlieli  normalem  TerhültniBse  geaehieden.  Der  Kuchen  hatte 
nnr  an  der  unteren  Schichte  eine  etrehbalmdicke  Lage  dunkler 
BlntkSrpereben;  die  dickere  obere  Schichte  war  hellroth,  fast 
▼on  der  Faii»e  der  Preisselbeeren  oder  Rbreschen ,  die  eigentliche 
Crusta  inilammatoria  war' nicht  riel  dber  papierdick. 

Am  Abend  des  18.  waren  die  Bmstbesefawerden  geringer,  der 
Huaten  weniger  stoeeend ,  die  Inspiration  leichter;  derPereussions- 
ton  flberall  geditmpfter  als  am  Morgen.-  Dagegen  hat  die  Ge- 
schwulst, ohne  sehmemhafter  geworden  zu  sein,  noch  an  Grösse 
angenommen,  so  dass  sie  beinahe  den  Umfang  einer  massigen 
Faust  erreicht.  Das  Sensorium  ist  dauernd  as^tribt,  aber  die 
Zunge  bekommt  eine  Neigung  snm  Trocken  werden,  das  Darnieder- 
liegen der  gesammten  Kräftemasse  ist  enorm,  der  Puls  fortwährend 
über  120  Schlüge  und  wird  weicher  und  fluchtiger.  Bs  konnte 
kein  Zweifel  über  den  bevorstehenden  üblen  Ausgang  der  Krank- 
heit obwalten.  Kleine  Gaben  von  Camphor  mit  Goldschwefel 
▼ermochten  denselben  nicht  aufauhalten  und  fn  der  Nacht  sum 
19.  Deeember  erfolffte  der  Tod. 

Seotion  80  Stunden  nach  dem  Tode.  Tn  der  TJnterleibs- 
Mble  fand  sich  nach  Zurücklegung  der  Banchdecken  ein  reich- 
liebes  tfübwisserichtee  Exsudat,  in  welchem  k&seartige,  geronnene 
Flocken  in  reichlicher  Menge  enthalten  waren  und  welche  auch 
sn  Tertehiedenen  Stellen  Verklebungen  der  einaelnen  Organe 
«frtnreinander,  besonders  der  Darmwindungen,  bewirkt  hatten. 
Dae  Peritonünin  selbst  aeigte  nirgend  Spuren  vorhanden  gewesener 
Enttdndung,  es  war  vielmehr  fiberall  natfirlich  silbergl&nsend; 
die  Gedftrme  waren  mSssig  von  Lnft  ausgedehnt,  kaum  bemerkbar 
mit  Geflissinjeetionen  versehen;  die  Leber  etwas  vergrSssert,  die 
Mili  von  mttrber  Beschaffenheit,  das  Netz  siemlich  fettreich. 
Die  Gebirmutter  war  beinahe  4'/,  Zoll  lang,  am  Grunde  8Vt  Zoll 
breit.  An  der  InseVtionsstelle  der  linken  RierrSfare  zeigte  sich 
die  vorhandene  Geschwulst  jetzt  bei  mangelndem  Turgor  vitalis 
mir  noch  von  der  Grösse  eines  mKssigen  Borsdorfer  Apfels,  aussen 
blauroth  marmorirt  durch  das  Peritonttum  hindurch  scbimmemd, 
welches  einsfig  an  dieser  Stelle  mit  arborescirenden  blutreichen 
GeflUtten  bezeichnet  war,  sonst  aber  keine  Zeichen  von  Knt- 
ifindnng  darbot.  Beim  Aufschneiden  zeigt  sich  die  Geschwulst 
in  begfnnender  Eiterung  begriffen,  d.h.  das  Gewebe  ist  mit  Eiter 
inflitrirt  und  nur  an  kleinen  Punkten  von  der  Grösse  eines 
Hanfkoms  zeigen  sieh  wirkliche  Eiterdepots,  eine  eigentliche 
EiterhShIe  ist.  aber  noch  nicht  vorhanden.  Der  Umfang  dieser 
abscedlrenden  Gesehwulst  erstreckte  sich  von  der  GebSrmutter- 
wand,  welche  selbst  mit  davon  betroffen  war,  bis  in  das  Zell- 
gewebe, welches  die  beiden  Platten  des  linken  breiten  Mutter- 
bandes verbindet.    Das  linke  Ovarium  war  mit  in  den  Bereich 


76  rV-    Behm,  Bericbt  über  dia  Leistongea 

der  kranken  Partbie  hinein  gesogen,  obne  doeb  selbst  wasentlieb 
mit  erkrankt  su  sein.  Die  innere  FUcbe  der  Gebürmiitter  seigte 
noch  einige  wenige  Decidnareste  Ton  granbranner  Farbe,  obne 
kranken  Geruch.     Tnbe  und  OTarinm  der  rechten  Seite  normal. 

In  der  Brusthöhle  fand  sich  etwa  ein  halbes  Qnart  flüssigen 
Exsudates  von  ähnlicher  Beschaffenheit  wie  in  der  Bancbböble ,  die 
Pleura  sehr  massig  injicirt,  das  Lungengewebe  Überall  bl&ulich 
marmorirt,  nirgend  Stasen  Yon  Blut  oder  sogenannte  apoplektische 
Heerde;  die  Broncbialschleimhaut  kaum  geröthet;  das  Heri  in 
seinen  Wandungen  schlaff,  etwas  yergrSssert,  die  rechte  Kammer 
mit  wenigem  geroni^enem  Blute  erfüllt,  die  linke  leor.  • 

Die  Schädelhöhle- wurde  nicht  eröfihet. 

Von  den  übrigen  ungiacklich  abgelaufenen  Wochenbetten 
gehören  zwei  Fälle  Yerlangsamter  und  ein  Fall  einer  übereflten 
Geburt  an: 

N.  101.  Johanns  L.,  eine  kleine,  dicke,  untersetste,  phlegma- 
tische Primipara  mit  massigem  H&ngebauehe  bekam  am  reebtseitigen 
Ende  ihrer  Schwangerschaft  am  20.  Februar  1889  die  ersten  Wehen, 
welche  jedoch  ohne  nachweisbare  Ursache  und  namentlich  ohne 
^gentliche  Regelwidrigkeit  die  Geburt  so  wenig  förderten,  dass 
erst  am  22.  bei  massig  erÖffbetem  Muttermunde  die  Geburt«  des 
Wassers  erfolgte.  Aber  auoh  jetst  trat  noch  kein  schnellerer 
Verlauf  ein,  und  da  auch  durch  Seeale  corautum  keine  ent- 
sprechendere Thätigkeit  erweckt  werden  konnte,  so  wurde  am 
28.  Februar  Nachmittags  nach  70  stündiger  Dauer  der  Geburts- 
arbeit  die  Zange  an  den  jetst  in  der  Beckenmitte  sangenreeht 
stehenden  Kopf  gelegt  und  ohne  grosse  Schwierigkeit  ein  lebender, 
6  Pfund  4  Lotb  schwerer  Knabe  entwickelt,  dem  auch  die  Nach- 
geburt in  normaler  Weise  folgte.  Die  Entbundene  befand  sich 
während  der  ersten  Tage  des  Wochenbettes  durchaus  gut,  denn 
auch  eine  unbedeutende  kaum  einen  halben  Zoll  erreichende 
Ruptura  perinaei  machte  wenig  oder  gar  keine  Beschwerden. 

Den  26.  Februar  stellte  sich  jedoch  ein  mMssiges  Fieber 
ein,  welches  aip  27.  noch  fortdauerte  und  wobei  der  Pols  auf 
lOOSchlftge  stieg,  welche,  nachdem  am  26.  vermehrte  Fülle,  und 
selbst  geringe  Härte  derselben  stattgefunden,  schon  am  27.  kleiner 
und  weniger  hart,  auch  etwas  flüchtiger  waren.  Zugleich  wurde 
der  Unterleib  etwas  schmerahaft,  Unruhe  und  Durst  störten  den 
nächtlichen  Schlaf  und  die  noch  ausgedehnte  Gebärmutter  war 
bei  stärkerem  Drucke  yon  aussen  empfindlich.  Die  Brüste ,  welche 
am  26.  zu  tnrgesciren  begonnen  hatten,  waren  hierin  am  27.  nicht 
weiter  vorgeschritten  und  die  Milchbildung  cossirte  daher  noch 
fast  gänsHcb;  dagegen  war  die  Lochialseoretion  eher  reichlicher 
SU  nennen,  als  die  Norm  rerlangt,  und  begann  ihre  blutige  Be- 
schaffenheit SU  verlieren.  Das  Gesicht  der  Wöchnerin  hatte,  obgleich 
die  Wangen  geröthet  waren,  einen  ängstlichen,  etwas  coUabirten 


des  K.  HebammoninstiUita  vx  Stettin  etc.  77 

Aiudmok.  Die  Gering^fügigkeit  der  localen  Ereeheinmigeii ,  in 
Verbindang  mit  dem  tr&gen,  energielosen,  langsamen  Verlaufe 
der  Gebart,  sowie  die  Bescbafifenheit  des  Pulses  konnten  die 
Diagnose  eines  streng- entsündliehen  Leidens  der  Gebärmatter 
nicht  rechtfertigen,  obgleich  ein  Reisiustand  in  derselben  nn- 
▼erkennbar  war,  weshalb  für  den  Aagenbliok  yon  BtatenUiehongen 
Abstand  genommen  wurde.  Dagegen  wurde  Calomel  mit  Magnes. 
earbon.  Terordnet. 

Den  26.  Februar  war  der  Zustand  unyerSndert. 

Den  1.  Mars.  Nach  anruhiger  Nacht  seigt  sieh  am  Morgen 
Btttrkeres  Fieber;  der  Pals  hat  110  kleine  weiche  Schläge;  Patientin 
klagt  ftber  kein  positires  Krankheitsgefahl,  aber  sie  liegt  in 
gänslicher  Apathie  gegen  Alles,  was  am  sie  her  yorgeht,  das 
Gesicht  dröckt  ein  tiefes  inneres  Leiden  ans.  Localerscheinungen, 
im  Unterletbe  höchst  geringe:  kaum  nenüenswerther  Meteorismus; 
Banohdecken  sowohl  beim  Drucke  als  bei  der  Percussion  schmera* 
frei;  die  noch  erheblich  ausgedehnte  Gebärmutter  beim  Drucke 
ebenfalls  kaam  empfindlich,  das  Geffige  derselben  weich;  Lochial- 
secretion  wie  an  den  yorigen  Tagen,,  doch  etwas  fibelriechead; 
Mllchseoretion  gHnriich  fehlend;  Haut  heiss,  trocken;  Durst  bei 
£ut  reiner  und  feuchter  Zunge  Vermehrt.* 

Nach  diesen  Erscheinungen  konnte  der  krankhafte  Process 
offenbar  nur  demjenigen  Zustande  sngerechnet  werden,  welcher 
•in  jener  Zeit  und  froher  yiel  ron  sich  reden  machte  und  welcher 
mit  dem  Namen  der  Putreseenx  der  Gebärmutter  beseichnet 
wurden  und  wobei  ich  es  unentschieden  lassen  will,  ob  demselben 
immer  eine  Endometritis  mit  Neigung  snm  Brailde  «um  Grande 
lag  oder  ob  er  einen  eigenthamlichen  Charakter  besass.  Im  yor- 
liegenden  Falle  war  das  ganse  Bild  sehr  wenig  mit  dem  einer 
wahren  Endometritis  antreffend.  Die  am  1.  Mars  gemachte  Ver- 
ordnang  bestand  in  einem  Inf.  Herb.  Digital,  mit  Acid.  pyrolign. 
und  dilairenden,  reinigenden  Einspritsungen  in  die  Vagina. 

Den  2.  Mära.  Mit  Ausnahme  einer  noch  grösseren  Be- 
schleunigung des  Pulses  und  grosseren  Verfalles  der  Kräfte  keine 
Veränderung  gegen  d?e'  yorhergebenden  Tage.  Da  das  Verbleiben 
der  Patientin  wegen  d^r  ungfinstigen  Verhältnisse  des  damaligen 
Institntslo'cals  für  dis  übrigen  Wöchnerinnen '  gefährlich  werden 
konnte,  der  Lehrcursus  auch  zu  Ende  war,  so  wurde  die  Kranke 
anter  Beobachtung  aller  Vorsichtsmaassregeln  in  das  städtische 
Krankenhaus  traaslocirt.  Der  Zustand  yersohlimmerte  sich  indess 
TOtt  Tag  au  Tage  und  nachdem  am  4.  Mars  sich  Delirien  ein- 
gestellt, auch  der  Lochlalflnss  immer  stinkender  geworden^  war, 
erfolgte  der  Tod  den  6.  März  Abends  unter  allgemeiner  Paralyse. 

Section  den  7.  Vormittags.  In  der  Bauchhöhle  nirgends 
Eztrayasate,  oder  sonstige  Spuren  stattgehabter  Entzündung  des 
Peritonäaläbersngs  der  Baucheingeweide.  Der  Uterus  noch  etwa 
4  ZoU    lang   and   ft  Zoll   breit,    die    äussere.  Oberfläche    ohne 


78  IVh   Bekm,  Bericht  aber  die  Lelstnngeii 

Spuren  stottgehabter  Entiündang,  die .  Waadtnigen  etwa  eisen 
Finger  dick,  kaum  blntreicfaer,  aU  daa  normale  Yerh&ltnisa  Ter- 
langt ,  nirgends  Spnren  von  Entsündang  oder  den  AuegiLngen  der- 
f  elben  in  der  Snbstans  selbst»  Dagegen  die  ganse  innere  FUehe 
der  Gebärmutterhöble  mit  einer  asohgranen,  sohieferlarbigen, 
schmierigen  Masse,  den  verdorbenen  Resten  der  Deeidna,  bedeekt, 
weiche  besonders  an  den  Stellen  ^  wo  die  Placenta  adiiärirt  halte, 
reicbltcber  Torhanden  war  und  sich  an  der  rechten  Seite  mit 
Leichtigkeit  Ton  der  Scbleimhaat  abschaben  liess.  Anf  der  linken 
Seite  war  die  Schleimhaut  mehr  anfgelockert,  die  schmierige 
Masse  inniger  mit  derselben  ansammenhängead  nnd  snm  TheÜ 
seheinbar  in  dieselbe  übergehend.  Die  Sishletmhant  der  Scheide 
war  swar  in  geringem  Maasse  entflirbt,  aber  nicht  degenerirt, 
wenigstens  nicht  abstreifbar*  In  der  Brust-  nnd  Kopfkohle  kaine 
pathologischen  Befunde  weiter,  als  die  gewöhnlichen  nnbedentenden 
ICxtravasaiionen  plastischer  Lymphe,  welche  man  ak  Prodaete 
des  Todesaotes  anzusehen  gewohnt  ist. 

N.  211.  Friederike  N.,  Multipara,  seigte  hei  der  Anfnahme 
in  das  Hebammeninstitnt  bedeutende  Varicositikten  an  den  Schenkeln 
bis  an  den  Gescbleohtstheilen  hinauf  nnd  bis  in  diese  hinein, 
ausserdem  rechterseits  eine  Hernia  ingninalts.  Nachdem  am 
6.  December  1842  die  ersten  Wehen  eingetreten,  aber  noch  Ton 
geringer  Wirkung  geblieben  waren,  wurde  sie  jam  6.  Mittage  von 
einem  heftigen  Schüttelfröste  befallen,  dem  nach  Darreichung 
▼on  Borax  mit  Pulv.  Doveri  Abends  7  Uhr  die  Geburt  eines 
todten  8  Pfund  schweren  Knaben  in  der  ersten  Steisslage  folgte 
und  wobei  auch  der  Abgang  der  Placenta  keine. Schwierigkeiten 
machte.  WiUirend  des  7«  und  S.  December  aeigten  sich  als  patbo* 
logische  Erscheinnng  des  Wochenbettes  lediglich  Nachwehen  ren 
niigewöhnlicber  Beschfiffenheit,  so  dass  eine  Bcnuls.  Sem.  papav. 
mit  Tr.  Opii  gereicht  werden  mnsste.  Aber  schon  am  9.  nnd  Uk 
▼erschwanden  die  freien  Zeitr&ume'  immer  mehr  nnd  mehr, 
nnd  eine  dauernde  Empfindlichkeit  der  OebSrmntter  griff  unter 
Steigerung  der  allgemeinen  Fiebererscheinnngen  Plats.  Wieder» 
holte  örtliche  Bluten taiehungen  nebst  den^  inneren  Arsneien  be- 
seitigten den  Zustand  nicht,  ▼iehnehr  strahlten  die  Schmersen 
▼on  der  Oebftrmntter  mehr  nnd  mehr  In  die  Richtung  der  rechten 
Ingutnalgegend  nnd  bis  in  die  grossen  Schenkelgefässe  ans,  sa 
dass  mit  Rücksicht  auf  den  kranken  Zustand  des  ganzen  Venen« 
Systems  die  Form  der  Krankheit  nur  als  Ph^bitis  heseiduset 
werden  konnte.  Wiederholte  örtliche  Blutmitziehung,  sowie  Ein- 
reibung von  Ung.  Hydr.  ein.  mit  Opium  ▼ermochten'  nicht  den 
Zustand  su  besiefen  nnd  am  15.  December  Morgens  erfolgte 
der  Tod.  Die  Leiche  wurde  aur  weiteren  Veranlassung  nnd 
Beerdigung  dem  Krankenhanse  übergeben,  nnd  die  Secüon,  an 
deren  Vornahme  ich  selbst  durch  anderweitige  Gesch&fte  ▼erhindetft 
war,  war  durch  ein  Missverstftndniss  ia  der  Bestellang  aiitarbttahe&. 


des  K.  ^ebanunoniiiflitiots  so  Steitlii  etc.  79 

N.  156.  Sophie  8.^  Maltipara  nnd  notorische  Brenntweiof- 
ellafenn  Ton  enervirter  ConsUtation  wnrde  in  der  Nacht  Tom 
1^.  aam  6.  Deoember  1B40  In  kanm  yiertelstündiger  Gebnrtsarbeit 
von  einer  frühreifen,  etwa  36  Wochen  alten  Fracht  entbanden, 
der  aach  die  Nachgebart  fast  anmittelbar  folgte. 

Den  6.  Deeember  war  das  Befinden  im  Allgemeinen  tadellos ; 
sw*r  hatte  sieh  die  Gebärmotter,  welche  gleich  nach  der  Qebart 
gut  eentraluTt  war,  merklich  wieder  aasgedehnt,  indess  war  die 
Lioehialsecretion  nicht  bedenklich  rermehrt,  die  Haut  feucht, 
der  Pttls  wenig  besehleanigt.  Gegen  Abend  stellte  sich  Jedoch, 
▼ielleicht  in  jf^olge  einer  bei  der  abereilten  Entbindung  nicht 
gana  yermledenen  Erkältung  ein  heftiger  trockner,  die  Brost  und 
den  Unterleib  ersehütternder  Hosten  ein,  der  in  der  Nacht  der 
Satbmidenen  alle  Ruhe  raubte  ood  den  7.  Deeember  eine  voU* 
kommen«  Erschlaffung  der  Gebärmutter,  Ausdehnung  derselben 
bis  über  den  Nabel  hioaaf  nnd  einen  copiösen  Blutfluss  cur  Folge 
hatte.  Nachdem  eine  Emuls.  Sem.  papar.  mit  Nitrum  und  Aq. 
lanroeer.,  äosserlich  aber  ein  Sandsack  auf  die  Gebärmutter  an- 
gewendet war,  Terminderte  sich  im  Laofe  des  Tages  sowohl  der 
Husten  als  der  Blutfluss;  die  Haut  seigte  eine  normale  Tempefiatar, 
der  Puls  hob  sich  wieder.  Eine  jetat  möglieh  gewordene  Unter* 
sochung  der  Brustorgane  aeigte  weder  Schmers  noch  Beklemmung, 
die  Bespiration  war  tief  nnd  ohne  jeglicfie  Beschwerde,  der 
Hosten  seigte  sich  nan  als  das  Symptom  eines  catarrhalischen 
Bronchialreises. 

In  der  Nacht  com  8.  Deeember  vermehrte  sich  der  Hosten 
wieder  bedeutend  nnd  brachte  durch  dio  heftige  Erschütterung 
der  Unterleibsorgane  einen  noch  viel  bedeutenderen  Gebärmutter- 
blttiflnss  henror,  als  am  vorigen  Tage,  der  Puls  sank,  das  Gesicht 
collabirte  und  Ohnmächten  traten  ein;  Die  dringende  Lebens- 
gefahr machte,  trots  der  su  fürchtenden  nachtheiligen  Wirkung 
für  den  Husten,  EisumschUge  Aber  die  Gebärmotter  nothwendig, 
nnd  nachdem  Innerlich  auch  von  der'  Phosphorsäore  im  weiteren 
Umfange  Gebsauch  gemacht  wordeo  war,  gelang  es  swar,  den 
Bltttstofc  periodisch  ao  hemmen,  indess  vermehrte  er  sich  gegen 
Abend  wieder,  indem  ^er  Hosten,  gans  aholich  dem  der  alten 
Säofer,  nicht  so  hemmen  war,  und  bewirkte  ein  solches  Sinken 
der  Kräfte,  dass  Jeden  Augenblick  der  Tod  erwartet  werden 
ktinnte.  Es  wurde  jetst  verordnet:  R.  Pulv.  Doveri  gr.  vj^  Moaeh* 
or.  gr.iij.  If.  t.  dus.  S.  Alle  swei  Stunden  eijn  Pulver  abwechselnd 
mit  einer  Mischung  von  Tr.  Cinnamomi  nnd  Acid.  phosphor. 
Aeosserlieh:  Fortgebraoch  der  Eisomschläge  and  Sinapismen  auf 
das  Os  sacrom. 

Abends  10  Uhr  war  danach  so  viel  gewonnen,  dass  der 
BIntfloss  geringer  war,  der  Pols  sich  wieder  hob,  die  übrigen 
droheadsn  Bnnheiattagaii  4er  Vecblatoag  sieb  venninderten. 


80  !▼•    Bdkfli,  Beriet  fiber  die  Leiatmifea 

Von  hier  ab  trat  niin  «war  keine  profuse  BhittiD^  wieder  eiiif 
aber  darcb  die  bedeutenden  Blntrerliitte  bildete  sieb  in  den 
entnenrten  Indiridno  ein  typbnsartiger  Collapsns  des  gaasen 
Körpers  tfus,  dass  schon  am  11.  Deeember  der  Tod  unter  bleaaea 
Delirien  erfolgte. 

'Die  Section  der  Banchht^hle  bot  keine  Ergebnisse 
dar,  welche  über  das  Wesen  der  Krankheit  n&heren  Anfeehlnas 
hfttten  geben  können.  Die  Geb&rmntter  war  so  weii  eontrmhirt, 
dass  der  Grund  dicht  über  der  Bchoossfnge  stand.  Letsterer 
war  in  seiner  Snbstani  siemlich  fest,  die  Seitenwandungen  aber 
weicher  im  Qefüge,^  sonst  aber  nicht  yeründert.  Di^  Seitenlinien 
der  GebSrmutterhÖhle  formirten  sich  bereits  wieder  als  Dreieek, 
und  der  ihnece  Muttermund  bildete  wieder  eine  erkennbare 
Grense  swischen  der  Höhle  und  dem  Kanal  des  Mntterhalses; 
die  Port,  vagin,  war  ebenfalls  in  'der  Rfickbildnng  begriffen.  Die 
Schleimhaut  der  Höhle  war  noch  mit  Declduaresten* bedeckt,  aber 
diese  waren  nicht  faulig  beschaffen,  Hessen  sich  siemlich  leicht 
abstreifen  und  die  Sehleimhaut  selbst  bot  keine  pathologiaehen 
Verttnderungen  dar.  In  der  Bauchhöhle  selbst  fanden  sieh  weder 
plastische  Exsudate,  noch  sonstige  Zeichen  Torhanden  gewesener 
Entzündung;  der  Darmkanal  bot  ausser  einer  leichten  Rdthnng 
der  Mucosa  keine  pathologischen  Befinde. 

Brust-  und  Kopfhöhlo  konnten  nicht  eröffDet  werden. 

Man  möge  es  einer  gewissen  Redseligkeit  der  *  ?oi^ 
gerückteren  Jahre  zu  Gute  halten,  wenn  ich  in  der  Hiltbeilung 
der  Torstehenden  Krankengeschicblen  vielleicht  ausführlicher 
gewesen  bin,  als  der  Raum  und  Umfang,  welcher  diesem 
Berichte  zugebilligt  werden  kann,  es  reclttfertigt  BerCksk- 
sichtigt  man  aber  die  verschiedenen  Ansichten,  welche  nodi 
über  das  Wesen  und  die  Formen  der  Puerperalfieber  bestehen, 
so  konnte  ich  es  nicht  für  absolut  unnutz  halten,  in  diesem 
Berichte  wenigstens  denjenigen  EinzeUaUen  einen  Platz  zu 
gönäen,  welche  'ein  ziemlich  treffendes  Bild  einiger  Special- 
formen darbieten.  Dass  aber  diese  FiOe  nicht  vereinzelt  in 
der  25jährigen  Periode  meines  Berichtes  dastehen,  wird  man 
ohne  Versicherung  glauben.  Bringt  man  aber  dabei  die  grosse 
Zahl  der  Wöchnerinnen  in  Anschlag,  welche,  in  voller  Geburts- 
arbeit  begriffen,  oft  unter  den  ungunstigsten  äusseren  Ein- 
flüssen in  das  Institut  eintraten,  und  welche'  sich  in  den 
einzelnen  Lehrcursen  auf  22,  34,  45,  ja  im  Lehrcursus  1859/59 
auf  56  Procent  aller  überhaupt  Aufgenommenen  und  Ent- 
bundenen belief,  so  wird  es  auch  nicht  befremden,  wenn  die 


des  K.  Heb«nmeniD8titiil8  sa  Stettin  eto.  gl 

van  mir  gefohrtea  Listen  eine  bedeutende  Zabl  ähnlicher 
Krankheiten  und  Krankbeitsrormeu  nanüiäft  machen,  die  jedoch 
glficklicher  Weise  nicht  immer  eine  solche  Höhe  erreichten, 
um  jedes  Mal  unglücklich  abzulaufen.  So  brachte  z,  B.  ausser 
dem  vorher  bei  der  Kranken  N. '  426  erwähnten  sehr  un* 
ginstigen  Lehrcursus  1851/62  auch  der  des  Jahres  18d7/58 
sechs  Fälle,  welche  der  Metritis,  einen  Fall,  welcher  der 
Phlebitis  zugerechnet  werden  musste,  der  Lehrcursus  1858/59 
noch  zwei  Fälle  von  Metriüs,  zwei  von  Peritonitis  und  von 
1854/55  mebi^r^  hierher  gehörige  Fälle  u.  s.  w.  Ausser  dep 
eben  erwähnten  Schädlichkeiten,  von  welchen  die  Personep 
aber  meist  schon  auf  dem  Transporte  in*s  Institut  betroffeQ 
wurden  und  welche  daher  als  ursächliche  Moment^  für  die 
Erkrankungen  zu  incidpiren  sind,  waren  es  oft  lediglich  die 
beiden  extremen  Zeitverhältnisse  für  die  Dauer  der  Geburten, 
welche  als  VeraolassiMgen  in  die  Wagsctude  zu  werfen  waren, 
zu  träger,  langsamer,  schleppender  oder  im  Gegenlheile  Ober- 
eiiter  Verlauf  der  Geburten,  letztere  nicht  selten  in  Verbindung 
mit.  heftigem  Blutverluste  während  des  fünften  Geburtszeitraums 
iukI  unmittelbar  nach  demselben. 

Von  fieberhaften  Krankheitsformeo,  weldie  dem  eigent- 
lichen Puerperalprocesse  entfernter  standen,  mögen  besonders 
die  häufig  auftretenden  und  in  keinem  Lehrcursus  gänzlich 
fehlenden  gastrischen  Störungen  erwähnt  werden,  deren  einzelne 
Formen  dem  einfachen  Magenkatarrh,  theils  der  Diphtheritis 
oder  ähnlichen  angehörten.  Nächst  ihnen  waren  es  ferner 
besonders  katarrhalische  Aflectiouen  der  Respirationsorgane, 
theils  als  allgemeine  Bronchialkatarrhe  auftretend,  theils  sich 
bis  zur  Form  der  Pleuritis  oder  Pneumonie  steigernd. 
Ein  Mal  wurde  Ischias  rheumatica  acuta  in  höherem  Grade 
beobachtet  (N.  668),  ein  Mal  Pocken  (N.  685).  Dieser  leUte 
Fall  betraf  eine  kreissend  aufgenommene  Person,  bei  welcher 
am  zweitei^  Tage  nach  der  Entbindung  das  Exanthem  zuqi 
Ausbruch  kam.  Sie  wurde  aus  sanitätspolizeUichen  Rücksichten 
sofort  dem  allgemeinen  Krankenhause  überwiesen,  welches 
sie  nach  beendigter  Krankheit  gesund  verliess,  während  das 
Neugeborene  dort  der  ebenfalls  überkommenen  Krankheit  erlag. 
Die   im  Instilutslocale   sofort  vorgenommenen  Pesinfections- 

MonatMebr.  f.  Q^bortak.  1861.  Bd.  XYIU.,  Hfl.  1.  ^      ' 


Von  hier  -'  ^  ^,  ^*^  ^^^^^e  weilek^VerbfeifeMg 

aber   durr 


hat 
df 


rf^t^  ^er  in  cl6m  Lehreürsu«  1851/68 

dar.  9fiif^^^'0  *etrel!tende  Person  (N.  486)  war 

^^^n!o!^^^a^  ^fl«  '6WS*J*  ^^'ö  fröteeitigen  ZwiJiingeii 

^iÄ  ^^^ .Mgtretn^  Wacbgebmlea  waren  ote«  6ch wierig!- 

^/»^'  ^^^;d  ilie  Entbundene  war  lA  keiner  Wewe 

iS  '^Ifii^t^  iahgögriffen.    Vier  Stunden  nach  der 

^  «^  ^ff(A  ptötztiüh  (Aine  jede  Äussere  VeranlaaBmlg 

^^r  >^^^^  "^^^  eclli»i|)8ie  aus,    weblri  das  Cemht 

ein  '^^pul^  idein,   gespannt,   die  Carotiden ' nur  mfitfsfg 

l»^'*.  ^'ai*OT.    Als  der  Anfall  irortfber  war,  stellte  sich 

^^A  W  BewuBStöein  wieder  ber,  der  Pols  wurde  weicber, 

^f^fcdt^r;  die  Zunge  zeigte  »ich  feucht,  unverletzt  ilMd 

^  Krankt  klagte   nur  Mier   heftigen  Ktipfscbmerz.     Naeh 

,j^fy  Ersofaeinungen  gehörte  der  Anfall  mehr  d^  'spiTstrsiib^ 

.^to^erfsch^n,  als  d^  echt  cerebralen  Form  an,  i)nd  ich  lP6rthte 

0ich  daher   nicht  sofort  zu  BlutentBiehwigeB  ^lachliesbcm^ 

^U6hrätA^  VfeiM«lhr  dte  Verördfltmgeti  auf  Benftei^  zwf scben 

tffd  Schultern  gelegt,  kaRe  Fdinentationen  des  RopfeB  'u.  'S.  w. 

ta^vä  eine  hälbiB  Stunde  q)ä€er  wiederholte  «ich  d^  AuMH 

in  tioch  bttrkereibi  Maaisse,  Indess  blieb  auch  jetM  d<fs  OesSctt 

hlbich,  da*  Pills  klein.    Inzwischen  flngto  i\t  angewendetxelk 

Senfteige  dti  *tn  wirken,  aird  ^nacbdeim  bowobl  illesb  Wirkiing 

iAm  Zeitlafhg  fortge^fetzt  War,  'aikic/h  dib  kalt^ti  FdmenMoneii 

ä^  Kopfes  d^n  SchmerE  be^^tigt  hat^n,  trat  kbin  ^eMm# 

•Anfall  ein  und  dtfs  Wochenbett  iiieirlief  Weiterhin  ohne  jeSfe 

St^rdng. 

Vmi  <6hir^rgfsch^  Krankhekdh  kdnn  ich  ^eü  PaS  yffk 
ndpCäfa  tp^rioHd  illcht  üborgishen',  iv«Icber<duroh  tlfe  oflHnbai^ 
Unvorsichtigkeit  dcfr  a(fifSiMiiV»id^  Sdbölerin  bei  der  Gebärenden 
N.  1*9  im  ^ebrcfnidais  1834/86  teranlaust  >^urde,  wekbä  üte 
AtiginiblickiB  -diäs  etms  MQrthfsich  «erfolgten  ihnrchscbneMeiiB'ttn 
iertärken  fiiddeskopf^s  Atfs  -Mtttelfli^ittdh  ^unböabbdst  liM.  Dr 
Ruptur  war  isö  b^enfend,  dla^s  'd^  ^ptaMet^  hni  faBtklarair* 
gerissen  war.    Dife  «sofort  imgetogte  NaM  hMoMe  «keim  Vni^ 


«ilHgwig«  zu  Standt  uaA  soIUa  da^ef  später  eiwuert  werdeiL 
Da  indess  die  Entbundene  eine  krSftige,  fleischige,  mit  gut 
aneinander  liegenden  Hinterbacken  versehene  Person  war,  so 
gelang  unter  Beobachtung  einer  consequent  durchgeführten 
Seiten-  und  Bauchlage  die  Wiedenrereinigung  auf  dem  Wege 
der  Eiterung  so  vellstfindig,  dass  die  Person  naeb  sechs 
tKocliea  volüt^g  fPibeUt  eptil^f^j^n  ^^dea  Ifioqot^. 
(Soklara.  folgt.) 


V. 
Notizen  at»  der  Jonnial-Literatar. 


Verf.  wurde,  Baobden  die  Geburt  eehop.  diet  Tage  gedaued, 
SU  einer  PrinlfMira  garalen  und  fand  das  Osut.  ffüM^tk§woM, 
das  Beekeu  verengt,  die  UrinUate  aufgedekni.  Kon  darauf 
konnte  er  hinter  ^u  Sdbambeinen  dumh  ein^  Qnevriae  dea  Cervix 
bittdoroh  ein  Okr.  lüUen.  Da  die  Zangenaategong  nicht  gelang, 
ward  der  Kopf  perforirt.  Naeb  der  Gebnrt  fand  sich  eine  mnde 
Masse  tu  der  floheide,  bestehend  ans  dem  Uterushalse,  der  nur 
hinten  im  Umfanga  von  1 V«"  noob  mit  der  OehKrmuttex  snsammeu- 
hing.  Keine  Blutung«  Jenes  ahgeiisseno  Stüek  sliew-  sieh  schon 
am  drittem  Tage  ab.  Dttneh  sieben  Tage  hindurch  war  die 
Applioation  des  Katbatoxs  ndthig.  Genesang.  Die  Menses  er- 
schienen spXter  wieder. 

(Obitetr.  Soc.  Bondan,  Med.  Times,  llk  Becbr*  1800.)    8. 


Das  dnrcb  die  Zange  lebend  sa  Tage  gebrachte  Kind  wog  gleich 
naab  Af"  Pebnst  Ufiffd.  l^y^fen,  4i«^  Civv^mferv^f  dfs  Kppfes 
9w4sct^a9  dem  nn^r#i|  Th^j^  d^f  Stixube^p«  ^pd  df^m  Qint^rJhauptf 
bfttnig  nach  dem  Vqrf ch^lu^fu  der  ^i^fgf^chwYilit  IQV«'»  »ii^» 
You  4er.  Ql^b^Ua  nach  4er  ?roti^k  o,acip.  geaog^n^  I^inie  wa(m#  9  V/» 
«ib^f^  §fy  yi,pl  ^ina  if^  ^i^m  Qhre  anj|i  «ader^  gfa^gfAe.  -rrr 


g4  V.    Netisen  ans  der  Jovniftl- Literatur. 

AebBlieha  FHlle  werden  in  groeeer  Ansahl  enfthlt,  aber  ea  feUt 
fast  allen  dar  Nachweis  einer  ^naoen  Beobacfatoni;. 

(Transaet  Qbstetr.  Soo.  London »  Vol.  I.,  1860.)  8. 


IT.  So$»r:  Das  Eotropion  am  Muttermande. 

Nach  Verf.  giebt  es  swelerlei  Answftrtskebntngen  der  Sebleim- 
haat  des  GebSrinatterhalses;  die  eine  dnrch  narbige  Versiehnng, 
die  andere  durch  Schwellung  nnd  Vordrängen  dieser  Schleimhant 
Beide  Formen  werden  namentlich  nach  Liiflrane^B  Vorgang  als 
Granulationen  des  Muttermundes  beseichnet  und  als  besondere 
Krankheit  betrachtet.  Man  hat  auf  Ulcerationen  geschlossen, 
weil  man  Granulationen  sah:  ein  Irrthum,  der  namentlich  bei 
der  dnrch  entzündliche  Schwellung  des  unteren  Theiles  der 
Gebärmutterschleimhaut  bedingten  Ectropiumbildung  um  so  leichter 
möglich  war,  als  hier  das  Epitheliam  häufig  krankhaft  erweicht 
ist  und  es  nur  einer  Berührung  bedarf,  um  die  biossliegenden 
Gefässschlingen  cum  Bluten  su  bringen.  Zuweilen  ist  die  Schwellung 
mehr  ödematös,  oder  sie  seigt  sich  mehr  papillenförmig  oder  mehr 
folliculär.  Die  Granulationen  erscheinen  somit  nur  als  ein  Symptom 
der  Auswärtskehrung,  ja  als  ein  Normalzustand  der  auswärts 
gekehrten  Schleimhant  nnd  statt  die  Granulationen  als  die  eigent- 
liche Krankheit  anzusehen,  mnss  die  therapeutisehe  Indication 
in  dem  entztindUchen  Process,  welcher  gewöhnlieh  die  Schwellung 
nnd  Auswärtskehrung  erzengt,  ihren  Ausgangspunkt  finden.  Bei 
dem  narbigen  Ectropion  der  Uterinschleimha.ut  wird  man  sicÜ 
kaum  veranlasst  sehen,  einen  Heilungsversuch  zu  unternehmen. 

Dass  der  Litfrano*Bche  Schluss:  „es  sind  Granulationen  vor« 
banden,  folglich  mnss  ein  Uloerationsproeess  angenommen  werden," 
nicht  richtig  ist,  ist  klar,  und  hofft  Verf.  durch  diese  Zeilen,  das 
wesentlich  unwahre  und  forcirte  Krankheitabild  der  £rtir^aae*schen 
Schule  durch  eine  aufklärende  und  naturgemlssere  Anachannag 
su  verdrängen. 

(Arohir  der  Heilkunde,  Jahrg.  IL,  H.  2,  186L) 


/.  Adam:   Extranterinsehwangersohaft;   Banehsohnitt, 
Genesung. 

Die  gesunde  2Sjährige  Frau  wurde  Februar  1859  scbw;anger; 
besondere  Beschwerden  zeigten  sich  nicht.  Am  rechtzeitigen  Ende 
der  Gravidität  trat  ein  geringer  Blntfluss  aus  den  Genitalien  ein 
und  es  gingen  fleischige  Massen  in  Stückchen  ab;  Wehen  waren 
nicht  dentlioh  in  bemerken.    Auch  die  Milchseoretion  etablirte 


V.   Notisen  a«f  der  Journal-  Literatur.  85 

•ieb;  Im  Jfebraar  18M  traten  dielfeneei  wieder  ein  vnd  einen 
Ifonat  später  hörte  die  Maoimaeeeretion  anf.  Zn  dleier  Zeit  iah 
der  Verf.  mit  Ranubciham  die  Kranke.  In  der  rechten  Seite  dea 
Hjpogaatrinma  bis  in  die  Kabelgegend  reichend  befand  sich  ein 
ovaler ,  mit  seinem  längeren  Dnrchmesser  senkrecht  gelagerter 
Tumor,  über  welchen  sich  die  Banchdocken  etwas  ▼orsohieben 
liessen.  Einzelne  FStaltheile  waren  nicht  sn  erkennen.  Im  Mal 
ward  der  Banchschnitt  ▼olIfQhrt,  der  Fötus  am  Beckenende 
extrahirt,  die  Plaeenta  aber  mit  dem  Frnebtsaeke  surOckgelassen, 
da  sie  sehr  fest  diesem  adhlirirte.  Die  Operirte  genas  schnell 
und  Verliese  das  Hospital  mit  einer  kleinen  am  unteren  Theila 
der  Narbe  befindlichen  Fistelöffhnng ,  aus  der  eine  geringe  Menga 
fStider  Flüssigkeit  sieh  entleerte;  diese  OefTnung  Ist  später  auch 
tum  Schlass  gekommen.  —  Schliesslich  rttth  Verf.  wohl  «ur  frühen 
Operation  bei  dem  in  Rede  stehenden  Leiden »  aber  doch  so 
lange  damit  an  warten,  bis  der  Frnchtsaek  innig  mit  dem  Bauch- 
fell verbunden  sei. 

(Medlc.  and  Chlr.  Sooietj,  Medical  Times,  24.  Novbr.  18900 


GraÜy   HewiU:    Veber    die    Katur    und    Entstehung    der 
Blasenmole. 

Die  Untersuchung  eines  in  sehr  früher  Zeit  ausgestossenen 
Eies  gab  Verf.  Gelegenheit,  seine  F'Orschungen  über  die  Blasen« 
mole  weiter  ausandehnen.  Ihr  Resolut  stimmt  im  Allgemeinen 
mit  dem  Oier9e*B  überein  und  widerlegt  die  von  Mettenheimer 
und  Paget  ausgesprochene  Behauptung,  dass  die  'Blasen  aus  den 
die  Chorionsotten  bedeckenden  Zellen  hervorgehen.  Vielmehr  sind 
die  die  Mole  susammensetzenden  Blasen  nichts  als  die  vergrSsserten 
Chorionaotten,  zum  grSssten  Theile  noch  von  den  EpiihelaeUen 
der  letzteren  bekleidet.  Wie  aber  diese  Erweiterung  der  Zotten 
au  mit  Serum  gefüllten  Blasen  zu  Stande  kommt,  giebt  Verf.  nicht 
an,  obgleieh  er  G^'sr#a*s  Meinung  bekämpft. '  Der  Tod  des  Embryo 
ist  nach  Verf.  das  Primäre,  die  Degeneration  der  Zotten  eine 
aecundäre  Erscheinung. 

(Transaet.  Obstetr.  Soc.  London,  Vol.  L,  1860.)  S. 


Maur&rs   Ein   Fall   von   abweichender  Ausmündung   des 
Mastdarms   und  gänzlichem  Fehlen  de«  Harnorgane. 

Das  von  einer  kräftigen  und  gesunden  Frau  geborene  Mädchen 
zeigte  einige  Zeit  nach  der  Gebart  ein  starkes  Drängen,  worauf 
Erbrechen  eider  braungefärbten  Flüssigkeit  eintrat.  Die  hierdurch 
hervorgerufene  nähere  Besichtigung  des  Kindes  zeigte  die  äusseren 


Mwk  di«  Aflemtlndnig.  TAlMladÄg  (•klles.  Ili«r  ¥«w«iek,  «H. 
liADcetie  und  Trojcar  das  £M»,  dof  ÜMtdaim  «n  «nr^leli«», 
nisalang.  Dm  Brl^aoheo  qimL  Pr4bBic«n  dftu«rt«i  ab«i«oli«tJk|d  fpit 
nnd  Oft  enüeort«.  weh  n^oh  Ift  8t9«den  «in«  H«fts#  lle^oAAtiiQi 
per  ▼asioMu,  w^s  auf  eiqe  Sinm«Ddiv»g  4€#  llaslduinq  m  dk 
Vagia«  oder  in  den  Utarq»  «ohUaftMii  Ma«i. 

Kftch  60  8tnad«n  starb  daa  Kind  an  Convulsionen.  Bw 
Seotion  lelgte  na«h  Bröfbimg  dar  BaocbJiöhla  daa  Cohm  nach 
dem  ganien  Yerlaoie  erweitert,  daa  8.  sonanuA  »o^  piQh  mÜ 
dem  Eintritte  in  die  BeokenhöUe  hinter  ^«ua  Ufeexna  hinab  «nd 
mündete  etwa»  auf  der  rechten  Seite  mitten  in  daaselhan  ein. 
Ovarien  und  Tnbe  linkerseita  fehlten.  Utem«  norennl..  Von  Kieren, 
Hamleitem  nnd  des  Blaee  wnr  keine  Spur  Toihanden. 

(ZeiUohr.  i  Wnn4liPlte  n.  OabniUhelCar,  JFahrg.  18,  H,i»  IMß.) 


W,  0.  PtiuiUy:    Merkwürdig«  intranterine  Verletiang 
am^opfe. 

Das  sonst  wohlgebildete^  gesunde,  leieht  geborene  Kind  seigte 
einen  scharf  begrenzten  randen  8nb$^nsTe^liiy  yqn  d^^  I!(nrcJI|- 
messer  eines  Schillings  gerade  fiber  der  kleinen  Fontanelle:  das 
Pericraninm  war  an  der  Stelle  der  Verletsnng  erhalten  nnd  die 
▼emarbnng  bei  der  Oehntt  sehen  in  ihram  Beginne.  Eine  Urtaehe 
flieht  aufenfinden.    (Unei^ttrliehl   Ref.) 

(Transaet.  ef  the  Q^etetr.  See.  of  Lenden,  Vol.  I.,  1890.) 
8. 

Tamer:   Ovariotomle,  Genesung. 

In  der  geburtehülfliehen  Ge^ellsohal^  in^itondan  aai^e  V, 
den  ealloid  entarteten  Eievetoek  einea  SOjähiigieA  Weihen,  die  er 
▼er  11  Tagien  operirt  hatte.  Fünf  Tage  T<or.  den  Ovarintomie 
wnrde  wegen  gleiohaeitigen  Asoitee  die  Pavaefnteee  gem%^t  pnd 
14  Finten  entleert;  Vei  der  Qpesttion  «alM  fanden  sich  weitere 
6  Finten  yor.  Bei  der  Abtrennung  der  QmqIiwaUI  WBfde  naeh 
Anlegnng  des  Liga^iman .  W»  dfP  Btle}  ein  Stiink  dai  ^teren 
anrückgelassen  nnd  ausserhalb  des  Bauches  gelagert;  damit  wurde 
die  Application  einer  Klammer  an  den  Stiel  unnöthig,  die  Gefahr 
einer  Blutung  total  beseitigt  Die  Naht  ging  nicht  durch  das 
PeritonSum.  —  In  Besng  auf  letateren  Punkt  erkUlrten  sieh 
andere  Mitglieder,  besonders  8p»  TFeZis,  dafür,  Immer  das  Bauch- 
fell in  die  Naht  hineinsusiehen. 

(Medio.  Times,  16.  Decbr.  1860.)  8< 


V.    NofUeb  w  der  Jamal- EI*«V»ta)r.  S7 

WüUam'BäaotomSÜUmrd:  ^cue  Instminettte  snr  Opor«tioii 
der  'Blaeva^ekeidehfieiel. 

Der  Verf.,  Instramentenmacber  sa  Glasgow,  gieht  Dach  einer 
Beyprechanff  und  Kritik  der  von  Bo*efhan  gebrauchten  Instrnmente 
die  Beschreibang  einer  Anzahl  neuer  yon  ihm  erfundener,  welche 
ihren  Zweck  besser  nnd  einfacher  als  jene  erfüllen  und  vor  Allem 
die  aar  Operation  nöthige  Zeit  sehr  abkürzen  sollen.  £in  Anszog 
der  Abhandlung  lässt  sich  nicht  geben,  da  die  Abbildung  der 
neoen  Instrumente  das  Wesentliche  derselben  ausmachen.  —  t^ir 
machen  die. Leser  auf  die  Mittheilung  hierdurcli  aufmerksam. 
(Medic  Times,  24.  Novbr.  1860.)  8. 


res-d  dbr  Ge4)UT#  b%ftehietid. 

.Ein  Xnsserst  seltener  uni  interessanter  Fall.  Wir  erkenifen 
in  der  Beschreibung  unä  Abbildung  eine  Tollkommene  Retroflezion 
des  Uterua,  den  den  Kopf  der  ll'rncht  enthaltenden  Kundus  im 
kleinen  Beeken,  den  Öerril  nacli  vom  ütier  die  Schamfuge  ge- 
drangt, oberhalb  desselben  äas  Beckenende  des  Kindes.  Wir 
haben  also  nicht  eine  blosse  Ausbuchtung  der  hinteren  Wand  des 
nnteren  Gebärmuttersegmentes  vor  uns,  wie  sie  v,  Seannoni  als 
partielle  RetroTersion  beschreibt,  auch  nicht  eine  Steigerung 
einer  solchen;  unerklärlich  aber  ist  es  nns,  wie  4ie  Schwanger- 
schaft so  regelmässig  bis  zu  ihrem  rechtzeitigen  Ende  Terlaufen 
konnte.  Die  Beobachtung  bestätigt  die  ähnlichen  iferriman^B 
nnd  widerlegt  die  'ZweilTel  späterer  Autoren  (Ref.) 

(Transact.  Ö'bstetr.  Soc.  London,  Vol.  I.,  1860.)  8. 


^fhbnüä  Bat/Mir:    ^we'i  'Pällb  Vöh   Fk^o^^phWlUs,   Wit   iTe- 
ib^eVl^dfagen. 

Daf  erste  Kind  (ein  Knabe)  ward  im  siebenten  Sohwanger- 
schaftsmonate  in  Fusslage  geboren;  die  Menge  des  Fruchtwassers 
war  bedeutend.  Das  Kind  hatte  doppelte  Hasenscharte  nnd  ge- 
spaltenen Gaumen.  Die  Hant  an  der  rechten  Vorderfläche  des 
Halses  ist  straff  gespannt  und  der  Kopf  dadurch  gegen  das  rechte 
Schlüsselbein  gezogen.  Am  linken  Arme  befindet  sich  eine 
zwischen  Vorderarm  nnd  Oberarm  an  der  inneren  Seite  des 
Ellenbogens  ausgespannte  straffe  Hantbrücke ,  welche  die  gegen- 
seitige Bewegung  im  Gelenke  etwas  hindert;  an  derselben  Seite 
sind  nnr  Tier  Finger  Torhanden,  die  sn  je  zweien  in  eine  Masse 
yereinigt  sind;  die  an  der  inneren  Seite  befindliche  lässt  zwei 
▼ollkommen  getrennte  Finger  durchfühlen,  an  der  äusseren  Seite 


88  V.    Noliien  muM  der  Joviiial-LUer«tur. 

Ut  diese  Trennung  nur  bis  bb  den  Nsgelworseln  angedeutet.  Von 
der  Vorderseite  des  linken  Danmenballens  entspringt  ein  y^" 
langes  Hautstück,  welches  continnirlich  in  die  durchscheinenden 
EihKute  übergeht.  Der  Oberarm  Jst  durch  eine  ähnliche  Haut- 
brücke  mit  der  Seitenfläche  des  Rampfes  verbanden«  —  Das 
Sternam  scheint  gans  za  -fehlen;  die  inneren  Bippenenden  sind 
nach  aussen  umgeworfeu;  die  dadurch  entstandene  Lücke  ist 
durch  Haut  ausgefüllt,  in  deren  unterer  Partie  sich  eine  Oeffnung 
befindet,  durch  welche  die  Leber,  der  Magen  und  die  Eingeweide 
her?orgetreten  sind.  An  dem  oberen  Rande  dieser  Oeffnung 
inserirt  sich  linkerseits  der  Nabelstrang.  Von  seiner  unteren 
Fläche  geht  ein  Band  su  der  Hauptfnrche  der  Leber  (Lig.  suspens.). 
Von  dem  oberen  Bande  der  Oeffnung  erstrecken  sich  pseudo- 
membranöse Stränge  herab  sur  Leber,  welche  von  ihnen  aum 
Thetl  gefurcht  eraeheint.  An  der  unteren  Leberfläehe  sind  Magen 
und  Därme  innig  angeheftet«  Die  Oeffnung  ist  iV«"  lang  und 
V4'  breit;  sie  befindet  sich  siemlich  tief  unten.  —  Genitalien 
und  Anus  normal.  An  der  rechten  Seite  Klumpfuss;  an' der 
linken  Seite  ist  die  kleine  Zehe  mit  der  nächstliegenden  durch 
eine  Hautbriicke  total  vereinigt  und  nur  an  der  Vorderfläche 
die  Andeutung  einer  Spaltung  vorhanden. 

Die  beschriebenen  Veränderungen  'sind  augenscheinlich  theils 
die  Folge  des  Stehenbleibens  einselner  Organe  auf  einer  fötalen 
Stufe,  theils  durch  fötale  Entzündungen  bedingt. 

Im  zweiten  Falle  wurde  das  Kind  (ein  Mädchen)  rechtzeitig 
und  lebend  geboren.  Der  Nabelstrang  loste  sich  an  seinem 
fötalen  Ende  in  die  ihn  überziehenden  Eihäute,  ähnlich  wie  er 
es  gewöhnlich  am  placentaren  Ende  thut,  auf,  und  diese  Eihäute 
ersetzten  ein  Stuck  Bauchwand  von  einem  Durchmesser  von  4**; 
da  wo  dieser  Defect  vorhanden,  bedeckten  die  Häute  die  Ein- 
geweide. Der  lipke  Vorderarm  enthielt  nur  den  Badius,  welcher 
mit  dem  Humerus  unter  einem  Winkel  fest  verbunden  war  und 
am  unteren  Ende  in  zwei  Finger  auslief.  Das  Kind  starb  eine 
halbe  Stunde  nach  der  Geburt.  In  dem  ersten  Falle  erfolgte 
der  Tod  fast  unmittelbar  nach  derselben. 

(Edinburgh  Medical  Journal,  January  1861.)  B. 


VL 
Verhandlungen  der  Oesellschaft  fUr  Oeburtshttlfe 

Berlin. 


Sitzung  vom  26.  März  1861. 

Herr  C.  Mayer  eröfiTDei  die  Sitzung  mit  der  Vorlesung 
räes  Aotrages  des  Dr.  jB....  in  H....  Dieser,  Arzt  am  dortigen 
Wai$euhause,  bat  mehrere  dm*  Onanie  verdächtige  Mädchen 
ton  12  — 15  Jahren  unteraucbt  und  erbittet  ein  Gutachten 
der  GeäeUachaft,  ob  die  ?on  ihm  in  einer  beigefugten  Tabelle 
▼erzeichneten  Veränderungen  der  Geschlecbtstheile') 
ai8  unzweifelhafte  Anzeichen  getriebener  Onanie 
betrachtet  werden  können. 

Die  beigefftgten  Antwortschreiben  von  Scanzoni  und 
Credd,  denen  Hen*  B,  dieselbe  Frage  .vorgelegt  hatte,  wurden 
mf  Vorschlag  des  Präsidenten  einstweilen  uneröflhet  zurück- 
gdegt,   um  den  Gang  der  Debatte  rodgUcbst  frei  zu  erhalten. 

Zuerst  erbat .  Herr  L.  Mayer  das  Wort,  da  er  mit 
Herrn  B.  gemeinschaftlich  diese  Untersachungen  vorgenommen 
hätte  und  entwickelte  die  Ansichten,  die  ihn  dabei  geleitet 
halten,  foJgendermaassen : 

Das  Verhältniss  der  Selbstbefleckung  zu  den  Störungen 
auf  dem  Gebiete  der  geistigen  Sphäre  festzustellen,  mag  seme 


1)  a)  AeQBsere  Goschleehtatheile:  Klaffende  Schamspalte  wi« 
bei  Mädchen  im  frühesten  Eindesalter,  ans  der  die  geröthete  nnd 
geschwellte  Clitoris  stark  prominirt;  Nymphen  geschwollen  and 
flügeiförmig  entwickelt;  Introitas  yag^nae  intensiv  geröthet;  Hymen 
schlaff  oder  aerrissen.  —  b)  Innere  Geschleehtstheile :  Metritis 
«hrontea;  Ante-  nnd  Retroversio  uteri;  Ante-  lud  Retroflexio 
«teri;.  Descensna  uteri. 
If oBatflflcthr.  f.  Oebortsk.  1861.  Bd.  XVni.,  Hft.  S.  ? 


90  VI.    Verhandlangen  der  Gesellschaft 

Schwierigkeiten  haben,  insofern  die  Frage  schwer  zu  ent- 
scheiden ist,  ob  Geisteskrankheit  durch  Onanie  herbeigeführt 
wird  oder  Onanie  in  der  Geisteskrankheit  besondere  Anregung 
findet.  Unzweifelhaft  ist  es  dagegen,  dass  die  Onanie  auf 
den  Organismus  den  nachtheiligsten  Einfluss  ausübt 

Die  Folgen  sind  primArer  und  secundärer  Natur. 

Die  secundären  manifestiren  sich 
im  Sensorium  durch  Verstimniung,  Unlust  und  Ui^- 

ßhigkeit  zu  körperlicher  und  geistiger  Thätigkeit, 
im   Nervensystem    durch   Hyper-*   und  Anästhesien, 

Hyper-  und  Acinesen* 
im  Bereiclie  der  Nutrition  durch   mangelhafte  Ent- 
wickelung  und  Macies. 

Die  primären  Veränderungen  durch  Onanie  kommen 
in  den  Sexualorganen  zur  Erscheinung. 

Durch  immer  aufs  Neue  bei  der  Onanie  herbeigefdhrte 
Gongestivzustände  entsteht,  unterstdtat  durch  »echaoische 
Reize,  eine  krankhaft  gesteigerte  Vegelattonethätigkeit  unl 
Störung  in  der  gleichmässigen,  nnturgemässen  Entwididuiig 
der  Sexualapparate. 

Besonders  sind  es  in  den  weiblichen  GenitalieD  die 
kleinen  Schamlippen,  welche,  einem  schnellen  Wachsthnme 
unterworfen,  alsbald  schialT  und  welk  zwischen  den  grossen 
Labien  herabhängen,  oder  geschwellt  und  gerödiet  den  jang^ 
firaidichen  Schluss  der  grossen  Labien  hindern.  Die  beiden 
Schenkel  der  Nymphen  umfassen  als  breite  HautfUten  die 
GKtoris,  diese  wird  äusserst  leicht  erigirt  und  ist  auch  im 
nicht  erigirten  &stande  aufTaUend  yergrösserL  Das  Atriun 
und  die  Mündung  der  Urethra  nehmen  an  der  aHgemeinen 
Hyperämie  der  Genitalien  Theil.  Das  Hymen,  ursprüig^ 
eine  straffe,  dünne  Membran,  wird  zu  einer  mehr  oder  weniger 
ischlafTen,  dicken,  weichen  HautfUte,  die  sich  bei  der  Unter» 
suchung  nicht  mehr  mit  scharfem  Rande  um  den  Finger  spannt, 
fielmebr  diesen  mehr  oder  weniger  leicht,  zumal  da  häufig  die 
Oefihung  des  Introitus  erweitert  ist,  in  die  Vagina  dringen  lässt 

Ausser  diesen  Veränderungen  tritt  in  zweiter  Linie  in 
Folge  sehr  gesteigerter  Blutzufuhr  und  Girculationsstörungen 
eine  Reihe  Ton  Erscfaeinangen  hervor,  die  sich  auf  die  tiefionw 
Geschlechtsorgane  beziehen.     Es   sind  Erkrankungen  höherer 


ffir  Gebnrtshfilfe  in  Berlin.  91 


> 


Scheidentheile,  des  Uterus  und  der  Ovarien,  denen  sich 
Blasenleiden  atischliessen.  Metritis,  Endometritis  chronica, 
Catarrh  der  Urethra  und  Blase,  Colpitis,  AnschweUungen  des 
Uterus  und  der  Ovarien  mit  Menstruationsanomalien  und 
Blcnnorrhoen  im  Gefolge. 

Sind  die  Erscheinungen  erst  so  weit  gediehen,  so  sind 
'Veränderungen,  wie  Lage,  Abweichungen  des  Uterus  und 
Dtslocatidn  der  Ovarien  zu  erklären. 

Mit  diesen  Ansichten  sei  er  nun  an  die  Untersuchung 
jener  Mädchen  gegangen  und  der  Befund,  wie  er  in  der 
Tabelle  verzeichnet  sei,  scheine  ihm  keinen  Zweifel  zuzulassen, 
dass  die  Krankheitserscheinungen  durch  Onanie  hervor- 
gebracht seien. 

Herr  KriMeUer  behandelt  seit  zwei  Jahren  zwei  Mädchen 
von  vier  und  sechs  Jahren,  deren  Eltern  ihm  mit  Bestioimtheit 
die  VerndierODg  gaben,  dass  diese  Kinder  Onanie  trieben. 
b  wollte  aüfaigKcfa  dieser  Angabe  keinen  Glauben  schenken, 
da  der  starke  Fhior  ribus,  den  er  bei  dem  einen  der  Kinder 
▼erfend,  die  Anschuldigung  ihm  nicht  hinreichend  begrändete; 
dodi  die  lange  Dauer  dieser  Krankheit,  die  sich  ein  halbes 
Jahr  lang  hinzog,  die  Abmagerung  des  älteren  Mädchens  und 
dsa  endliche  Geetändniss  der  Kinder  setzten  die  Sache  ausser 
2weifeL  Er  kann  von  örtlichem  Befunde  nur  das  Klaffen  der 
ittssenn  Scham  bekunden,  Cliloris  und  Nymphen  waren  zwar 
fflMthet,  aber  nicht  gescbwoUen. 

Herr  KriBger  macht  darauf  aufmerksam,  dass  Fluor  albus 
eine  häufige  Krankheit  kleiner  Mädchen  sei,  die  aus  den  verr 
sehiedetisten  Ursachen  hervorgehe.  Das  Klaffen  der  Scham- 
spalte sei  ohnehin  den  kindlichen  Genitalien  eigenthümUdi 
und  verliere  sich  erst  in  den  Späteren  Jahren  der  Entwi^kelung. 
Man  könne  deshaS>  erst  in  dieser  Zeit,  wo  die '  Resistenz 
naturgemäss  eintreten  solle,  ein  Schlaffsein  der  Genitalien  als 
«t#a8  Krankhaftes  betrachten. 

Die  Anklage,  dass  Männer  mit  Kindern  Unzucht  getrieben, 
komme  nkht  selten  vor  die  Gerichte.  Abgesehen  von  den 
PUlen,  wo  durch  heftige  Einwirkung  Verletzungen  verursacht 
fluid,  fanden  sich  in  Folge  längere  Zeit  getriebener  Unzucht 
oft   die   von  Herrn  X.  Mayrnr   angegebenen  Yerändermigen 

7* 


ß2  ^^'    Verbandlnngeo  dar  Oesellschaft 

dei*  Gefichlecbtstheilec  Reizung  der  Seliainlippeii,  RMbung  des 
Atrium  und  der  CUtoris  bald  mit  bald  obue  Fluor  albus.  Dieser 
Befund  allein  berechtige  indess  noch  nicht,  ein  Stupmm  ?or 
Geriebt  aniunebmen,  da  er  ebensowohl  die  Folge  von  Onanie 
oder  von  anderen  Ursachen  sein  könne.  Der  Gericbtsant 
könne  in  diesen  Fällen  mit  seinem  Ausspruche  nidit  vorsichtig 
genug  sein,  denn  es  würden  erwiesenermaassen  oft  Processen 
wegen  ((otbzucht  kleiner  Mädchen  in  gewinnsüchtiger  Absicht 
gegen  Männer  angestrengt,  die  ihre  Unschuld  beweisen  könnten, 
so  dass  die  Ursache  der  dem  Processe  zu  Grunde  liegenden 
Erkrankung  oft  zweifelhaft  bliebe. 

Sei  sehier  Ansicht  nach  also  der  örtliche  Befund  allein 
kein  sicheres  Criterium  getriebener  Onanie,  so  billige  er  doch 
die  von  Herrn  B,  angestellten  Untersuchungen.  In  diesen 
Fällen  wurde  xlie  Erkennung  der  Onanie  durch  andere  An- 
zeichen unterstätzt,  und  ein  Anstaltsarzt,  dem  das  Wohl  der 
Kinder  verantwortlich  an's  Herz  gelegt  sei,  habe  die  Pflicht, 
seinen  Verdacht  durch  etwaige  weitere  Zeichen  zu  bestätigen, 
und  möge  man  über  den  Werth  dieses  örtlichen  Befuides 
denken,  wie  man  wolle,  so  viel  ser  sicher,  dass  verheimtidite 
Krankheiten  entdeckt  seien,  die  ein  ärztUches  Einschreiten 
erforderten. 

Herr  Klein  aus  Bonn  (Gast)  verweist  auf  die  häufigen 
Processe  dieser  Art,  welche  vor  den  Assisen  in  Bonn  ver- 
handelt werden.  Er  selbst  habe  oft  dabei  als  untersuchender 
Arzt  fungiren  müssen  und  bei  Missbrauch  kleiner  Mädofaen 
durch  Männer  die  Genitalien  rotli,  schmerzhaft  und  geschwollen 
gesehen.  Allerdings  seien  diese  Varänderungen  nur  vorüber- 
gehend gewesen,  denn  er  könne  eine  ziemliche  Anzahl  von 
Fällen  herzählen,  wo  nach  einigen  Wochen  keine  Spur  jener 
Krankheiten  mehr  zu  sehen  gewesen  sei. 

Auch  Herr  Frentzd  berichtet  über  zwei  Fälle  von  Ver- 
letzungen der  Scheide  durch  Hanostupration:  ein  Kind  von 
drei  Jahren,  die  sich  mit  einem  Stücke  Holz  beschädigt,  und 
ein  Mädchen  von  13  Jahren,  die  sich  durch  längere  Zeit 
getriebene  Onanie  Fluor  albus,  Harnverhaltung,  einen  Einriss 
der  Nymphen  und  SchweUung  d«*  CUtoris  zugezogen  hatte. 

Herr  Wegscheider  bestätigt  die  von  Herrn  L.  Mayer 
angegebenen  Veränderungen  der  GeschlechlstheUe  und  maAt 


für  Gebnrtshalfe  in  Berlin.  93 

noch  besonders  auf  ein  Zeichen  aufoierksain,  nämlich  die 
▼oneitige  Entwicklung  der  Pubertüt  und  das  frühe  Keimen 
der  Schamhaare. 

Herr  Eörte  weist  darauf  hm,  dass  die  Debatte  ihr  Ziel 
ans  den  Augen  verloren  habe.  Die  der  Gesellschaft  vorgelegte 
Frage  drehe  sich  darum,  ob  die  angegebenen  Zeichen  positive 
Indicien  getriebener  Onanie  seien.  Die  Vorredner  hätten  alle 
von  Fluor  albus,  Riithe  und  Klaffen  der  Gescblecbtsüieife  ü.  s.  w. 
als  Folge  der  Onanie  gesprochen,  es  stehe  aber  (est,  dass 
diese  Erscheinungen  ebensowohl  aus  anderen  Ursachen  ent^ 
stehen  könnten  und  es  sei  leicht  möglich,  dass  sie  häufiger 
Ursache  als  Folge  der  Onanie  seien.  Er  kdnne  daher  die 
örtlichen  Veränderungen  nicht  als  sichere  Indicien  betrachten 
und  würde  sich  nur  durch  allgemeine  Anzeichen  öberffihren 
lassen. 

Herr  Martin  trägt  darauf  an,  dass  eine  Commission 
ernannt  werde,  welche  die  von  der  GeseUschaft. beigebrachten 
FiUe  kritisch  beleuchten  und  daraus  eine  sichere  Ansicht 
formuliren  solle.  Die  Aufforderung,  ein  Gutachten  abzugeben, 
welches  möglicherweise  als  ein  Beweismittel  wider  gegen- 
theilige  Ansichten  benutzt  werden  solle,  sei  eine  ehrenvolle 
und  verdiene  eine  eing^ende  Besprechung. 

DerseH)en  Ansicht  ist  Herr  Virehow,  der  nicht  nur  die 
bisher  geäusserten  Ansichten,  sondern  namentlich  die  Ltteratm* 
einer  ernsteren  Berücksichtigung  empfiehlt  und  ein  motivirtes 
Gutachten  verlangt. 

Herr  Krütetter  will,  dass  diese  Commission  sich  mit 
Directoren  von  Cretinen-  und  Idioten -Anstalten  in  Verbindung 
setze,  denn  dort  sei  am  ehesten  Gelegenheil,  die  Onanie  und 
ihre  Folgen  zu  beobachten,  wo  sie  unverschleiert  auftrete. 

Herr  C.  Mayer  hat  in  seiner  ausgedehnten  gynäkologischen 
Praxis  sowohl  bei  jung  verhetratheten  als  älteren  Frauen  sehr 
häufig  Gelegenheit  gehabt,  Erscheinungen  zu  beobachten, 
welche  die  davon  Befallenen  mit  unwiderstehlicher  Macht  zu 
Reibungen  der  Geschlechtstheile  zwingt  Hierhin  rechnet  er 
den  vehementen  Pruritus,  der  sich  oft  zum  Catarrh  der 
Pttdenda  zugesellt,  mitunter  auch  durch  Ascariden  hervor- 
gerufen wird.  Dieser  Kitzd  führt  zu  Reibungen,  die  den 
Reiz  momentan  beseitigen,   aber  Grund   zu  immer  heftigeren 


94  VI-    YerbAndlmigen  der  GMellichaft 

Anfallen  von  Jucken  geben,  so  daes  die  davon  BefaUeQen  oft 
in  den  jammervoUsten  Zustand  gerathen  und  trotz  der  emelr 
lichsten  Vorwurfe,  die  sie  sich  selbst  machen,  nicht  wider- 
stehen können,  die  Genitalien  zu  reiben,  oft  bis  das  Blut 
konuntl  In  diesen  Fäll^  tritt  aUmilig  eine  bedeutende  Ver* 
grösserung  der  Nymphen  ein,  das  Hymen,  wenn  es  noch 
vorhanden,  bleibt  unbetfaeiligt,  da  es  bei  diesen  Reibungen 
nicht  berährt  wird,  aber  die  Vergi^össerung  der  Nymphen  ist 
für  ihn  pathognomonisch  und  leitet  sein  Examen  auf  diesen 
Punkt  hin» 

Von  dem  Gesichtspunkte  ausgehend,  .dass  die  Hyperämie 
dieser  Theile  den  Grund  zur  Onanie  lege,  beginne  er  seipe 
Behandlung  daher  mit  örtlichen  Blutentziebungen,  ja  öfter  habe 
er  sogar  mit  Erfolg  die  hypertrophirten  Nymphen  abgetragen. 

Er  glaube  also,  dass  bestimmte  Kennzeichen  es  mehr 
als  wahrscheinlich  machen,  dass  Onanie  durch  Reiben  getrieben 
wird  und  dass  ein  Jucken  der  Geschlechtstheile  in  den  meisten 
Fällen  den  ersten  Anlass  gebe.  Ob  dies  nun  in  der  Kindheit 
durch  Ascariden,  oder  durch  wollüstige  Reizung  in  Folge 
schlechter  Gesellschaft,  bei  jungen  Frauen  durch  wollüstige 
Männer  oder  bei  alten  Frauen  durch  pathische  Ablägerungen 
in  der  Zeit  der  Decrepidität  hervoi^ebracht  werde,  welche 
Ursache  auch  den  ersten  Anstoss  zur  Onanie  gebe,  Ver- 
änderungen der  Geschlechtstheile  wurden  nie .  ausbleiben  und 
namentlich  die  Nymphen  in  der  Form  einer  erheblichen  Ver- 
grösserung  betreffen  und  eine  Erschlaffung  der  grossen 
Schamlippen  herbeiführen,  wie  sie  bei  jüngeren  Individuen 
gewöhnlich  nicht  gefunden  wird;  gleichzeitig  mit  einer  be- 
trächtlichen oft  überaus  schmerzhaften  Irritation  des  Scheiden- 
einganges  und  mit  vermehrter  Absonderung  sowohl  der 
Scheidenschleimhaut  als  der  Cryptae  sebaceae  in  den  Falten 
zwischen  den  kleineu  und  grossen  Uppen. 

Herr  C.  Mayer  verlas  darauf  die  an  Herrn  B.  gerichteten 
Antwortschreiben  Y<m  Scanzoni  und  Crede^  welche  beide 
wegen  Mangel  an  Erfahrungen  sich  eines  positiven  Urtheiles 
enthalten.  Ersterer  flQgt  indess  hinzu,  dass  er  von  allen  von 
Herrn  B.  in  der  Tabelle  verzeichneten  Erscheinungen  nur  die 
in  einem  Falle  vorgefundene  Zerreissung  des  Hymen  als 
beweiskräftig  ansehe. 


rar  GebBJrtohiUfe  in  Berlin.  86 

, .   .  Die.  Geftellsohaft  enräUt  darauf  eine  CoiomiaaioQ   «ua 

4m  .Berrep  (7.  Mmger^  Martim,  Virchow,  Wsg$dmder, 

£ri$jier  und  Kri^idler,  welche  die  angeregte  Frage  einer 

CPted&fiheren  Beieuchliiog  uniersEieben  aoM. 

"^  .  • 

Herr  v^n .  Beckiinghausen  legt  Präparate  von   einem 

Falle  von 

Krebs   im   i>ou^2a«'86ben   Räume    mit   sahireichen 

Metastasen 
.vpr;  die  Seetion  ergab  Folgendes: 

Die  Leiche  seigt  stu*ke  Abmagerung,  geringes  Oedem 
der  unteren  Extremitäten. .  Im  Abdomen  gegen  2  Quart  trüber 
rMilichbrauner  Flüssigkeit.  Der  Dünndarm  stark  zusammen- 
gebogen, ganz  .in  das  Unke  Hypochondrium  gezent,  während 
das  rechte  wesentlich  vom  Coecum  und  der  rechten  HälÜ^ 
des  Colon  Irsinsversiitti  ausgefüllt  wird.  Letzteres  ist  geknickt 
Das  Nets  verläuft  itt  Gestalt  eines  derben  Stranges,  der  im 
1  kleinen   Becken   an   den  daselbst  stark   «erwadtsenen  Ein* 

I  geweiden  adhärirt.    Mesenterium  etwas  lurz,  sehr  derb,  ihre 

^  ftawäe  die  übrige  Serosa .  mit  sahlreieheD  Knötchen  bedeckt, 

i  die   von  Stecknadelknopl-  bis  Kirscheiigrösse  variiren,.  zum 

^  TheU  mit  schwacher,  nabetfönniger  Depressur  an  der  Ober^ 

^'  ttiehe,   sewie    starker  Injaction   der  Umgebung.    YieUaUige 

^  Adhäsionen  der  einzehien  Theile  der  Dickdarmschlingen  unter 

j.  sidi   und   mit  der  Bauchwand.    Die  Adhäsionen  sind  derb 

0  und  auch  mit  krebsigeu  Einlagerungen  versehen.    Sämmtlicbe 

^  Beekeneingeweide  adhärireu  an   der  Beckenwand   und   zwar 

^  am  meisten  an  der  hinteren.    Der  obere  Theil  des  Rectum 

^  and  der  Fkxura  sigmoidea  stark  gekniekt  und  gescblängrit, 

^  nach   vorn   verwachsen    mit   einer   derben   kaotigen  Masse, 

^  weldie  die  inneren  Genitahen  ganz  in  sich  aufgenommen  hat 

und  nach  oben  gegen  die  BaochheUe  mit  stark  nariugem, 
steDenweise  hyperämischem  Gewebe  abschliesst.    In  der  FleKur 
Z^  kleine  Dkerationen.    Der  D^ugUu'sdus  Baum  ist  ganz  ge* 

■u  seh  wunden»  angefuUf  von  derber  mit  sehnigen  Zügen  durch- 

aetMer  Masse,  zwischen  weicher  gebliche  und  rdtUiche;Stelkil 
7  sich  finden.    Die  in  dies  Convolut  eing^Mtteten  Ovarien  sind 

besonders  rechts   stark  vorgräsaert,  derb^  grau,  bei  Druck 
tritt   eine  leicht  weissliche  Flüesij^eit  aus.    Der  Uterus  ist 


t0 


fifi 


96  ^-    VerliAiidlimgeii  der  Geselisehaft 

init  seiner  hinteren  Wand  an  die  Masse  angetvacfasen,  kMo« 
Sßrmig.  Seine  Hötde  eng,  im  Cenricalkanal  sitzt  ein  SdileiBH 
pfropf.  Die  Orificia  fast  ganz  geschwunden,  CoUiun  retithirt 
Die  Scheide  massig  eng,  kurz  mit  zahb-eichen  Narbim,  besonder» 
am  Introitus.  Der  untere  hintere  Theil  des  Scheidengewölbet 
wird  durch  die  Masse  im  kleinen  Becken  vorgewölbt,  auf  der 
Prominenz  eine  grosse,  oberfläctdiche,  kaum  die  Schleimhaut 
durchsetzende  Ulceration.  Die  Harnblase  ist  kkön,  ihre 
Schleimhaut  sehr  stark  geröthet,  besonders  an  der  hintaren 
Wand,  wo  eine  mit  diphtheritischen  Massen  belegte  Ulceration 
mit  gewulsteten  Rändern  sich  findet,  weiter  unter  sind  nodi 
einige  kleine  Geschwüre. 

Die  Milz  ist  sehr  klein,  mit  dem  Zwerchfell  stark  fer* 
wachsen,  in  der  Verwachsung  krebsige  Einlagerungen.  Dit 
SdmitlflSche  zeigt  keine  Knoten,  dicke  Balken,  das  Gewebe 
schlaff  und  blass.  Die  Nieren  etwas  derb,  an  der  Kapsel 
leicht  adhärirend,  sonst  ohne  Abnormitäten.  Magen  und 
Duodenum  eng,  enthalten  eine  grünlichgelbe  schleimige  Masse; 
Magenschleimhaut  flockig  pigmentirL  Gerade  im  Pylonis  eine 
kirschengrosse  flache  Ulceration  mit  schieferiger  Umgebung» 
der  Grund  ist  sehr  stark  narbig  und  ruht  auf  einer  krebsigen 
Masse,  die  sich  von  hier  aus  in  das  grosse  Netz  fortsetzt 
Pankreas  wenig  adhärirend,  Cauda  derb,  verkleinert^  mit  grauen, 
kreDsigen  Massen  durchsetzt  Von  der  Porta  her  erstreckt 
sich  ein  fiber  wallnussgrosser  Krebsknoten  in  die  Leber,  der 
in  seinen  Verhältnissen  übereinstimmt  mit  kleinen  an  d« 
Oberfläche  pfominirenden  hier  und  da  mft  narbigen  Depressionen 
versehenen  Knoten.  In  der  Brusthöhle  ist  die  Unke  Lunge 
adhärent,  die  rechte  theilweise.  Im  rechten  Pleurasack  V2  0**^ 
bräunlicher,  flockiger  Flüssigkeit  Beide  Lungen  sind  massig 
gross,  oben  nur  theilweise  durch  Stränge  mit  der  Pleura  costaL 
verbunden,  auf  der  Pleura  pulmonal,  sind  zahh*eidie  stmhKge 
stemßrmige  Narben  mit  erbsengrossen  krebsigen  Knötchen, 
ohne  Einlagerungen.  Die  Schnittfläche  ist  blutarm  und  zeigt 
diffuse  graue,  luftleere,  etwas  markig  aussehende  Züge,  im 
hinteren  Thefle  leichtes  Oedem,  am  hinteren  Rande  unten 
schieferige  Verdichtung  mit  einer  sehr  unregelmässigen  etwas 
eingezogenen  Höhle.  In  der  Spitze  alte  käsige  Knoten. 
Bronchialwände  etwas  verdickt. 


für  Gebiirt8li«l£e  in  Berlin.  97 

Im  H^rxbeutel  Tiel  klare  FItlssigkeit.  Herz  ist  sehr  kleio, 
das  Fleisch  stark  brüchig.  Links  an  den  Klappen  leichte 
Verdidnmgen.  Auf  der  vorderen  Fttche  des  rechten  Ventrikels 
einen  Zeil  von  der  Spitze  proroinirt  ein  derbes  weisses  Knötdien 
mit  staric  gerötheter  Umgehung. 

Die  linke  Vena  sohclav.  an  der  Einmündung  in  die' 
Anonyma  sehr  stark  verengert  durch  eine  weisslidie  sehr 
derbe  schwielige  Masse,  die  grösstentheOs  aussertialb  ihrer 
Wandung  gelegen  ist  In  der  Umgebung  noch  viele  erbsen- 
grosse  derbe  Knötchen,  möglicherweise  krebsige  Lymphdrüsen. 
Innen  an  der  Stelle  ein  entfärbter  fester  adhärirender  Thrombus. 

Der  Beweis  für  den  Ausgang  der  Affection  im  Dougliut*9die(k 
Räume  wurde  in  der  stark  schwieligen,  derben  Beschaffenheit 
der  hier  vorhandenen  Masse  gefunden. 

Herr  Martin  theilte  zu  diesem  Falk  folgende  Kranken- 
geschichte aus  dem  Journal  der  gynäkologischen  Klinik  des 
Gharitikrankenhauses  mit. 

Frau  Heintz,  67  Jahre  alt,  wui*de  am  7.  Januar  1861 
auf  die  innere  Station  des  Charit^krankenhauses  aufgenommen. 
Hier  klagte  sie  nur  über  airiialtende  Stuhlverstopfung  und 
erhielt  deshalb  ein  Infus.  Sennae,  wonach  reichliche  dünne 
Ausleerungen  erfolgten.  Da  man  bei  der  inneren  Untersuchung 
eine  Anschwellung  hinter  dem  Uterus  wahrnahm,  wurde  sie 
am  11.  auf  die  gynäkologische  Abtheilung  verlegt.  Hier  waren 
die  Hauptbeschwerden  der  Patientin  Unregelmässigkeiten  der 
Stnhlentleenmg,  die  bald  in  Verstopfung,  bald  in  Durchfällen 
bestanden  und  stets  mit  heftigen  Kolikschmerzen  verbimden 
waren.  Dabei  war  der  Leib  massig  aufgetrieben,  die  Urin- 
secretion  spärlich,  d^  Urin  selbst  reich  an  Sedimenten.  Die 
Exploration  ergab  den  Scheidentheil  zierlich,,  nicht  erodirt, 
fixjrt,  dahinter  durch  das  Scheidengewölbe  eine  feste  rundUcbe 
Geschwulst,  der  Spitze  eines  Eies  ämlich,  unbeweglich.  Auch 
durch  den  Mastdarm  liess  diese  Masse  sieh  nicht  bewegen. 
Die  grosse  Schwäche  der  sehr  herab^ekommenen  Kranken 
verbot  eine  Untersuchung  mit  der  Sonde,  sowie  eine  ein- 
greifende Behandlung.  Patientin  erhielt  Opiate,  kalte  Klysttere, 
Bieinusöl  u.  s.  w.  Anfang  März  zagte  sich  unter  zunehmender 
EmpAndliiMeit  eine  beträchtliche  Auftreibung  des  Leibes,  in 


98  VI.    Yerliandloiigen  der  Gasellsehaft 

dessen  unteren  Partieen  Flactuatioa  auftrat,   wibmid  sieb 
Diarrhöe  einstellte. 

AUmäUg  wurden  auch  die  Arme  und  besonders  die  Ptae 
von  Oedem  befallen,  vorzuglich  linkerseits»  Endlich  eoDabirte 
Patientin  von  Tage  zu  Tage  Hiehr,  obechoB  in  letzter  Zeit 
die  Diarrhöen  nachliessen.  Der  Puls  wurde  kaum  fOhlbar, 
Herztöne  sehr  schwach.  Der  Tod  erfolgte  bei  völUgem  Be- 
wusstsein  am  24.  März. 

Herr  Olehausen  gab   folgende  Abhandlung  über  die  in 
der  Sitzung  am  26.  Februar  vorgelegte  Missbildung: 
Imperforatio  ani  mit  abnormer  Communication  des 
Darmes  in  die  Blase;  fehlender  Penis. 

Das  am  27.  December  1860  geborene  Kind  Oreiert  wir 
bei  seiner  Geburt,  welche  um  6 — 8  Wochen  zu  früh  erfolgte, 
sehr  klein  und  schwächlich»  Man  bemerkte  an  ihm  fc^lgende 
Missbildungen.  Der  Anus  fehlte;  an  seiner  SteUe  befand  sieh 
eine  nur  schwach  angedeutete  Afterkerbe,  welche  in  den 
folgenden  Wochen  sich  alhnalig  in  eine  Grube  von  V«"  Tiefe 
verwandelte.  Das  Scrotum  war  vollkommen  normal  gebildet 
und  enthielt  beide  Testikel,  welche  nur  Anfangs  zdtweise  in 
die  Bauchhöhle  zurückschlüpften.^  Es  fehlte  jede  ^ur  rines 
Penis.  Der  Nabel  befand  sich  aulfaUend  tief,  ungeßhr  zwei 
starke  Querfinger  breit  üb^  dem  oberen  Ende  des  Scrotmn, 
während  der  Raum  oberhalb  des  Nabels  bis  zum  Scrobicul«  cordis 
ungefähr  das  Dreifache  maass.  Zwischen  Nabel  und  Scrotum 
zeigte  sich  in  den  glatten  Bauebdecken  eine  nur  kleine  Oefinung, 
welche  sich  beim  Auseinanderziehen  der  Ränder  auf  S'" — 4"^ 
im  Durchmesser  erweiterte.  Aus  dieser  Oeffinung  kamen  so- 
wohl Urin  als  Fäces  hervor,  bisweilen  zugleich,  meistens  jedoch 
so  getrennt,  dass  der  Urin  vollständig  rein  und  klar  entleert 
wurde.  Ob  beide  Ezcrete  aus  demselben  Blätter  flössen, 
liess  sich. bei  der  Enge  der  Oetlhung  nicht  sicher  enoitlehi, 
doch  schienen  die  Excrete  in  verschiedener  Richtung  aus- 
gestossen  zu  werden.  Aus  der  Oeflnung  konnte  man  einen 
Körper  hervordrück^,  welcher,  obgleich  ziemlich  blas»  von 
Farbe,  wohl  für  die  hintere  Blasenwand  gehalten  weiden 
musste.  Mit  einer  in  die  Oeifnung  gebrachten  Sonde  dhnng 
man  nadi  allen  Seiten  eine  Strecke  weit  vor«  am  weitesten 


für  Gabartshülfe  in  Berlin.  99 

D#ch  fanlen  und  unlen,  circa  1" — IV/  weit  Bei  Druck 
auf  die  AAergegend  pflegten  in  der  ersten  Zeit  Fäces  durch 
den  widernatürlichen  Afier  entleert  zu  werden;  die  den  After 
Terscfaliessenden  Gebilde  bestehen,  wie .  es  scheint,  nicht  in 
einer  dünnen  Membran;  auch  ist  Fluctuation  an  der  Aßer^ 
gegend  nicht  bemerklich.  Ob  bei  der  vorhandenen  Oeffnung 
der  Blase  nach  aussen,  wie  sonst  fast  inuner  bei  Blasenspalte, 
die  Schambeine  ua?ereinigt  sind,  lässt  sich  durch  die  Bauch- 
decken  nicht  mit  Sicherheit  durchfühlen,  doch  scheinen  die 
Schambeine  nicht  vollkommen  zusammenzustossen. 

Der  rechte  Fuss  des  Kindes  ist  ein  exquisiter  Pes  calcaneus, 
unter  den  angeborenen  Verkrümmungen  der  Füsse  wohl  eine 
der  seltensten.  Die  Hacke  ist  als  Prominenz  ganz  ver* 
•ehwuoden;  der  innere  und  äussere  Fussrand  stehen  gleich 
hoch.  —  Da^  schwächliche  Kind  gedieh  an  der  Brust  sehr 
gut  In  der  Entleerung  der  Fäces,  welche  immer  normale 
Farbe  und  ziemlich  dünne  Consistenz  hatten,  trat  niemals 
•me  Störung  ein.  Die  Oeffiiung  oberhalb  des  Sero  tum,  welche 
Anfangs  im  Niveau  der  Bauchdecken  lag,  trat  mit  ihrer  Um- 
gebung immer  mehr  hervor  und  befindet  sich  jetzt  auf  einer 
y/oia  den  Bauchdecken  gebildeten'  kuppeiförmigen  Erhebutt| 
von  i"' — 4'"  Höhe.  Der  Nabel  dagegen  ist,  in  Folge  dieser 
Prominens,  ganz  verzogen  und  nur  durch  eine  Narbe  in  den 
Bauchdecken  noch  angedeutet,  so  dass  Jeder,  welcher  das  Kind 
jetzt  zum  ersten  Mal  sähe,  bei  ungenauer  Untersuchung  glauben 
würde,  der  tiefsitzende  Nabel  sei  nach  aussen  geöffnet. 

Wir  haben  also  in  dem  vorliegenden  Falle,  um  es  kurz 
zu  sagen,  eine  Imperforatio  ani  mit  widernatüi'lichem  After, 
eine  freilich  unvoUkommene  Blasenspalte  und  einen  Mangel 
des  Pen». 

Nur  über  das,  was  an  dieser  Missbildung  als  seltenes 
Vorkommniss  bezeichnet  werden  kann  und  über  die  Gon^ 
binatiojn  der  vorhandenen  Anomalien,  will  ich  «mir  erlauben, 
ein  paar  Worte  zu  sagen  und  einige  ähnliche  Fälle  aus  der 
Literatur  anzuführen. 

Bei  der  so  häufigen  Imperforatio  ani  findet  hiaweikn  eite 
adboonne  Oeffnung  des  Darmes  nach  anderswohin  statt  Hier 
kommen  verschiedene  FäUe  vor.  Es  kann  der  Darm  sich 
dlBam  in  die.  Scheide,  die  Harnblase,  die  Harnröhre  oder 


100  VI.     VerhandloBiva  der  6«Mllseh«ft 

direct  an  der  Köqieroberilädie.  leat  Arten  bat  Papemd&rf 
(Difs.  acad.  obs.  sisL  de  ano  mfaitimi  imperiörato,  Lqgd. 
BaUiT.  1781.  Uebersetzt  in  der  oeiieD  SMmrtmg  aoserieaeiMr 
Abhandlungen  f&r  Wondärzle,  St  2,  S.  186  o.  287)  mit  dem 
Namen  Atresia  ani  vaginalis,  vesicalk  and  arellirafis  belegt 
Meckd  hat  auch  für  solche  FäOe  den  Namen  GloakenbiMnig 
eingeführt  und  unterscheidet  Gloaca  vaginal»  elc  Abgesdioi 
▼on  den  Fällen,  wo  Harn,  Generationasystem  and  Dann  in  einer 
gemeinsamen  Höhle  zusammenkommen  —  ein  StdienMeAm  in 
der  Entwidteümg  zur  Zeit  des  vorhandenen  Sinus  uro-genüaJiA, 
welches  man  vorzugsweise  aoakenbikkmg  zu  nennen  pflegt  — 
findet  die  Verbindung  des  Darmes  mit  einer  der  genannten 
Höhlen  auf  verschiedene  Art  statt,  z.  B.  durch  einfache 
Oeffnung  der  nahe  gelegenen  Darmwand,  meist  aber  doreb 
einen  längeren,  gewöhnlich  nor  engen  Kanal,  eine  Art  Damn 
dirertikeL  Es  kommt  auch  vor,  dass  ein  solches  Divertikel 
bb  an  die  Blase  bmaufreicht,  ohne  sich  in  dieselbe  zo  öfinen. 

Die  Atresia  ani  vaginalis  ist  nicht  selten.  Fälle  der 
Art  beobachteten  Kirsten,  Roehard  (Backer,  Joum.  d.  m., 
1790,  Dec),  Bonn  (bei  Papendorf,  S.  251),  DeuUeh  (Neue 
Zeitschr.  f.  Gebk.,  1851,'  XXX.,  S.  281)  in  zwei  Fällen: 
desgL  zwei  Mal  Doepp  (Abb.  der  Petersb.  Aerzte,  1842,  S.  162), 
Bednar  (Die  Krankheiten  der  Neugeborenen  u.  Sänglinge,  S.  120), 
KrauB  (Wiener  med.  Wochenschrift,  1857,  No.  6,  S.  77), 
Krieger  (Monatsschrift  f.  Geb.,  Sept.  1858,  XII.,  3,  S.  184) 
u.  A«  m.  Bei  dieser  Missbildung  ist  das  Leben  am  wenigsten 
geAhrdel.  Juesieu  (Mem.  de  l'acad.  des  sc,  1719, 12,  p.  52), 
Petü  (Actes  de  sante,  Lyon,  T.  IL,  p.  101),  Benieiem  (De 
abdominis  morbor.  causis.,  cap.  86),  Deutseh  sahen  diese 
Missbildung  an  Kranken  von  respective  8, 10, 16, 29, 30  Jahren. 
Cantarini  sah  sogar  eine  100jährige  Frau,  welche  mit  dieser 
Missbildung  behaftet  war. 

Die  Atresia  ani  vesicalis  ist  ebenfalls  nicht  ganz 
selten;  sie  kommt,  wie  auch  die  Atresia  urethralis,  besonder« 
bei  Knaben  vor  und  ist  meistens  mit  Inversio  vesicae  complicirt. 
Boirie  (Mim.  de  Tacad.  des  sc.,  1755,  p.  78),  KaJUchmied 
(De  raro  casu  ubi  intestin.  rect  in  vesicam  urinar.  insertnm  Itait, 
Jenae  1756),  Liveiüe  (DeaeauJtj  Joum.  de  chir.,  tom.  !¥., 
p.  248),  BaudOoejue  {84diüot,  RecueU  piriod.,  vol.  0.,  p.  108), 


fttr  Q«bart8httlfe  in  Berlin.  .  IQl 

Wrigherg  (De  praeternaturali  et  raro  intesUn.  recti  cum 
vesic  uriD.  coalitu  et  inde  pendente  ani  defectu»  Gott  1779), 
Wagkr  (Haarl.  Verbandl.,  Bd.  XIX.,  S.  277),  Dubreuäh 
(Journ.  d.  1.  spc.  d.  mM.  d.  Bordeaux,  Oct.  1840);  Cruveiüiier 
(Anatom,  .patholog.  du  corps  bumain,  livre  IL,  pL  2.  — 
Abgebildet  bei  Amman  y  Angeb.  cbirurgische  Krankbeiten, 
-Tat  X.,  Figg.4,  17  u.  18),  BouUet(GdiZ.  des  höp.,  24,  1859), 
Amm(m(Tat  X.,  Figg.  2,  15,  16),  Vrolik  (Tabb.  ad  illustr. 
embryogenesia,  Tabb.  XXXL  u.  XXXIL),  Eichmann  (Zeitacbr. 
der  deutschen  Chirurgen,  IX.,  H.  3,  S.  141,  Canstt.  1855,  22) 
sahen  nnd  beschrieben  solche  Fälle.  Eiehmann  erzählt  yon 
einem  Mädchen,  welches  mit  17  Jahren  an  Entkräflung  stai*b. 
Fast  in  allen  Fällen  war  vom  After  nur  eine  Andeutung  vor*  ^ 
banden.  Münehmayer  beschreibt  (Oppenh.  Zeitsehr.,  1842, 
Bd.  XXI.)  einen  Fall,  in  welchem  das  S.  romanum  ganz  fehlte, 
das  sonst  normale  Colon  aber  an  der  hinteren  Wand  der 
Blase  mit  einer  nabelförmigen  Vertiefung  bUnd  endigte»  Bei 
vorhandener  Inversio  vesicae  urinariae  stattfindende  Communi- 
catioaen  bildet  Amman  mehrfach  ab  (L  c  Taf.  VUL,  Fig.  20 
nach  Meekd,  Tat  IX.,  Fig.  6  u.  7  beobachtet  von  Flach$  in 
Dresden).  In  einem  der  ^mmon'schen  Fälle  war  ein  After 
vorhanden,  aber  der  Darm  war,  wie  so  oft,  rudimentär  ge- 
bildet und  das  obere  in  die  Blase  einmundende  Stück  war 
mit  dem  unteren  Theile  des  Rectum  ausser  Verbindung. 

Atresia  ani  uretbralis  kommt  seltener  vor  als  die  ge^ 
uanalen  Missbildungen ,  am  häufigsten  bei  Knaben.  Walfstriegd 
sah  den  Darm  durch  einen  erweiterten  Raum  in  die  Urethra 
übergehen.  Bravais  sah  bei  einem  4  V^  Monate  alten  Kinde 
die  Fäces  durch  die  Harnröhre  abgeben,  welche  sich  bei  der 
Seetion  wie  die  natärliche  Fortsetzung  des  Darmkanals  aus- 
nahm. 8paeth  erzählt  einen  Fall,  in  dem  der  Mastdarmkanal,  ' 
neben  der  Urethra  eioherlaufend,  sich  bis  an  die  Glans  penis 
erstreckte,  dort  ab^  verschlossen  war.  Admlich  ist  der  FaU, 
weldien  Amman  Taf.  XI.,  Fig.  1,  d  u./  abbildet  Cruveilhier 
hat  einen  FaU  beschrieben  (Anat  pathol.,  livre  I.,  pl.  6), 
desgL  Scanzani  (Verhandl.  d.  Würflmrger  Ges.,  Bd.  IL,  S.  331), 
ferner  Otta  (Descriptio  sexcentor.  monstror.,  Taf.  XIIL,  Fig.  5) 
nnd  Amman  (Tai.  X.,  Fig.  3,  21  u.  22). 


102  VI.    Verhandlungen  der  Gesellsohaft 

Die  Missbildungen,  bei  welchen  der  Darmkanal  au  einer 
abnormen  Stelle  der  Körper<ri)eHHiche  selbststindig  ansmändet, 
sind,  wie  es  scheint,  nicht  sehr  häuOg.  Mery  (Mim.  de 
Pacad.  des  sc,  1716,  p.  184,  189)  erzählt  von  einem  Kinde, 
welchem  die  vordere  Bauchwand  fehlte.  Am  unteren  Ende 
des  Bauchbruchs  befand  sich  eine  ovale,  vertiefte  Steile  mit 
fdnf  Oeffnungen,  von  welchen  eine  in  den  Krummdarm  fütiirte, 
eine  in  ein  Hastdarmrudiment,  welches  sich  l'^  tiefer  noch- 
mals öffnete,  eine  in  zwei  blinde  Höhlen  führte,  die  vierte 
und  fünfte  endlich  in  zwei  getrennte  Harnblasen. 

Voirin  {S4diUot,  Recueil  period.,  26,  p.  368—364) 
fand  bei  einem  Knaben  an  der  Stelle  der  Genitalien  eine  zum 
Krummdarme  fuhrende  Oeflhung.  Littre  (Mem.  de  Facad. 
ds.  sc,  1709,  p.  9)  sah  bei  einer  totalen  Spaltung  der 
Bauchdecken  den  Krummdarm  etwas  über  der  Schambein- 
Verbindung  geöflhet.  Der  rechte  Harnleiter  Mhete  sich  circa 
4"'  über  der  Stelle,  wo  der  rechte  horizontale  Schambeinast 
sich  befinden  sollte,  der  linke  Harnleiter  ging  in  die  Harnblase 
über,  welche  an  derselben  Stelle  mit  einem  Halse  mündete. 
Petit  (Mem.  de  Tacad.  des  sc,  1716,  p.  114,  121.  D^scriptien 
d*un  foetus  difforme)  fand,  bei  Mangel  der  Bauchdecken,  über 
den  Schambeinen  im  Bauchfelle  eine  runde  Vertiefung  von  1* 
im  Durchmesser.  Diese  führte  in  den  Krumrodarm.  Der  After 
fehlte,  desgl.  die  äusseren  Genitalien  bis  auf  ein  6^  langes 
Rudiment  des  Penis.     Die  Harnblase  fehlte. 

In  diesen  Fallen  war  also  mit  dem  Anus  paeternatoralis 
eine  Verbildung  der  Genitalien  oder  ein  Defect  der  vorderen 
Bauchwand  oder  Harnblase  verbunden;  doch  kommen  nudh 
anderartige  Fälle  vor.  In  einem  Falle  von  Auhery  und 
de  la  Faye,  welchen  Papendorf  erzählt,  mündete  der  After 
am  Os  sacnim  und  entleerte  Fäces.  Dinmore  (bei  Meekd, 
Paithol.  Anat.,  I.,  S.  506)  sah  ein  Kind  mit  Sehr  unvoU* 
kommener  Entwickelung  der  unteren  Körperbälfte,  bei  welehem 
der  Darmkanal  sich  in  die  Höhe  bog  und  unter  der  rechten 
Schulter  sich  öffnete.  Noch  merkwürdiger  ist  der  Fall  von 
Bus  (Spec.  anatomica,  Roterod.  1661,  p.  10),  iA  welchem 
sich  der  Darmkanal  aus  der  Unterleibshöhle  wieder  in  die 
Brusthöhle  begab  und  neben  dem  Schlünde  verlaufend,  dufdi 


Hit  Q^biirtfilifllfe  in  Berlin.  IQg 

eine  Tollkominene  Scheidewand  von  ihm  getrennt,  in  einer 
genieinschsAMehen,  sehr  engen  Mundöffnung  endete. 

Von  diesen  Fallen  xu  trennen  sind  diejenigen,  wo  der 
Darm,  meistens  der  Dünndarm,  sich  durch  den  Nabel  nach 
anssen  dfinele;  hierhin  gehören  die  meisten  der  Ton  Papendorf 
bescfariebenen  FUle.  Auch  Meckel  (Reits  Archiv,  Bd.  ÜL,  H.  1) 
hat  einen  soldien  Fall  beobachtet,  wo  in  die  Harnblase  sieh 
Mastdarm  and  Scheide  Affiieten,  ausswiem  aber  am  Nabel 
der  Dfinndarm  durch  einen  langen  Gang  mündete.  Diese 
Ifissbildung  sieht  man  woU  mit  Recht  ftr  eine  Hemmnngs* 
büduttg,  einBestehenbläben  des  Dnctus  omphalo-meseraicus  an. 

Was  die  Spaltung  der  Harnblase  betritt,  so  ist  diese 
Missbfldnng  bekannt  genog,  m»  einer  ausführlicberen  firörtenmg 
SU  bedürfen.  Herr  Prof.  Virohow  machte  auf  das,  auch  in 
unserem  Falle  Yorhandene  Tiefersteben  des  Nabels,  weiches 
bei  Hasenspalte  eonstant  ist,  schon  neidich  aufmerksam.  Die 
Haltung  der  Blase  sowohl  wie  der  Bauchdeeken  ist  gewöbnlici 
eine  »emlieh  vollständige  und  wird  der  Nabel  sehr  oft  so  in 
das  Bereich  der  Spalte  hineingezogen,  dass  viele  dieser  F&lke 
früher  als  Beweise  für  das  Fehlen  des  Nabels  au%eführl 
wurden.  Die  Schamfuge  ist  fast  immer  von  der  Spaltung 
ibitbelroffen.  Nur  CooUb  soll  nach  Ammon'f^  Angabe  eine^ 
FaM  mit  vereinigter  Schamfuge  gesehen  haben.  In  einzelnen 
FäUen  ist  bei  ^espalten^  Blase  die  Hautbedeckung  iiitact 
V%Uaiumi49  (bei  Aminon)  beobachtete  einen  solchen  von  sehr 
dtaner  Haut  überzogenen  Prolapsus  vesieae  inversae. 

Erwihming  vierdienen  noch  die  seltenen  Fälle  von  Oefflinng 
der  Harnblase  nach  anssen  durch  den  Nabel,  auf  Wegsaml^eiben 
des  Urachus  beruhend.  Chaudelux  (Gaz.  med.  de*  Lyon» 
X^,  1859)  beobachtete  dies  u.  A. 

£ttdficfa  wollen  wir  noch  die  kleinheit  oder  den  Mangel 
des  Tenis  in  Erwägung  ziehen.  Bei.Invecsio  vesieae  smd 
Misshilduigen  des  Penis  häufig.  Sie  bestehen  meist  in 
SpakHQgen  des  Penis,  von  den  geringsten  Graden  der  Epiqiadie 
bis  zur  voUstindigen  Trennung  in  zwei  seitliche  UäUteUt 
iaderseits  mit  halber  Urethra.  Viel  seltener  ist  abnomie  Kurse 
des  Penis«  Fimfoni  und  Detgrcmges  isafaen  denselben  (ver- 
mathfich  beim  Erwaohsenen)  2"  lang;  le  S<$ge  will  denselben 
ly«'  lang  gesehen  haben;  Pcietta  kaum  von  der  Länge 


104  VI.    Verhnndlungen  der  GeselUchaft 

halben  Fingersdkke.  BesaiuH  sah  vom  Penis  oiir  die  gespalteoe 
Eichel  Voimn  fand  keine  Spur  desselben.  Bartholin  (Hislor. 
anatom.,  cent  I.,  obs.  65,  p.  113)  sah  einen  Maim  ohne  After 
und  ohne  Ruthe.  An  der  Stelle  des  Nabels  befand  sich  eine 
gespaltene  Harnblase,  aus  welcher  der  Harn  floss;  der  feste 
Koth  dagegen  wurde  zu  bestimmten  Zeiten  durch  den  Hund 
ausgeworfen.  (Meckel  1.  c). 

Blicken  wir  jetzt  auf  unseren.  Fall  zurück,  so  muss  be- 
sonders Folgendes  auffallend  erscheinen :  Dass  bei  vorhandener 
Blasenspalte  fast  die  ganze  vordere  Bauchwand  gebildet  ist 
Ufid  eigentlich  nui*  eine  Blasenbauchwandfistel  gebildet  ist  Es 
muss  diese  Missbildung  auf  eine  sehr  frühe  Zeit  des  embryonalen 
Lebens  zurückgeführt  werden,  da  die  Schttessung  der  Bauch- 
wand etwa  in  der  dritten  Wodie  erfolgt,  abgesehen  vom 
Nd)ebringe,  welcher  allerdings  noch  im  dritten  Monate  einige 
Dsormschlingen  enthalten  soll.  —  Der  spurlose  Hangel  des 
Penis  ist  jedenfalls  etwas  sehr  Seltenes. 

D6r  Darm  scheint  in  unserem  Falle  in  die  Blase  ni 
münden,  vermuthlich  in  den  oberen  Theil  derselbwi,  und  die 
Oeffnung  des  Darmes  inuss  so  gegen  die  Oeflhung  in  den 
Bauebdecken  gerichtet  sein,  dass  die  Fäces  aus  dem  Darme 
geraden  Weges  nach  aussen  gelangen  können.  Eiae  Vef- 
meogung  des  Urins  und  der  Fäces  in  der  Blase  scheint 
wenigstens  nicht  zu  Stande  zu  kommen,  da  der  Urin  fast 
immer  ganz  klar  entleert  wird.  Die  normalen  Fäces  sprechen 
dafür,  dass  die  Dannlistel  sich  am  Dickdarme  befindet  Die 
Behandlung  des  Falles  betreffend  ^  halte  ich  einen  operativen 
Eingriff  bei  der  völligen  Gesundheit  des  Kindes  für  un- 
geredhfertigt;  um  so  mehr,  als  gerade  in  den  Fällen  von 
Imperforatio  ani  mit  abnormer  Communication  des  Dannas 
nach  anderen  Seiten  hin,  das  Rectum  oder  wenigstens  sein 
grösster  Theil  zu  fehlen  pflegt 

In  folgenden  zwei  Fällen  von  Uisabildung  existirlen  mü 
dem  unserigen  in  Bezug  auf  die  Combination  der  Abnoimiliten 
manche  Aehnlichkeiten,  so  unähnlich  diese  Kinder  dem  von 
uns  beschriebenen  im  Groben,  Aeusseren  gewesen  mn  müssen. 

D.elßni  (Opuscula  scelti  sulle  scienze  ei  suUe  arti,  Hilano, 
tom.  VI.,  p.  21—23)  fand  her  einem  männlichen,  1  Monat 
alten  Kinde,  vom  Nabel  bis  zum  Mittelfleische  und  von  einer 


für  GebnrtBhttlfd  in  Berlin.  105 

Leistengegend  zur  anderen  eine  Geschwulst  sich  erstreckend, 
welche  oberflächlich  exulcerirt  war  und  in  querer  Richtung 
getheilt  schien.  Sie  schien  in  ihrem  oberen  Theile  einen 
Nabelbruch,  im  unteren  den  Hodensack  zu  bilden.  Ruthe 
und  After  fehlten  vollständig.  In  demjenigen  Theile  der 
Gesehwulst,  welche  den  Hodensack  darstellte,  fanden  sich 
vier  fäne  Oeffdungen,  Va*^  ▼^^  einander  entfernt  Die  obere 
fährte  zum  Krummdarme;  zwei  seitliche  zu  den  Barn- 
leitem  und  die  unterste  zu  einem  mastdarmähnlidien  IVs* 
langen  Sacke  am  Kreuzbeine.  Hoden  und  Nebenhoden  fanden 
sidi  vor,  aber  kerne  Samenstränge  und  Samengefösse.  Hier 
feUte  also  die  Harnblase  völlig,  der  Defect  der  Bauch  wände 
war  grösser  und  es  hatte  der,  Darm  noch  eine  zweite  Oeffnung 
nach  aussen. 

Retfolat  (bei  MeckeV)  sah  den  Nabel  tief  am  Unterleibe 
ätzen;  ober  ihm  bestand  eii>  Nabelbruch;  die  Ruihe  war 
unvollkommen,  die  Aftergrube  kaum  merklich.  Unter  dem 
Nabel  bestand  eine  Querfurche  und  unterhalb  dieser  zwei 
glatte  Haüterhabenheiten  mit  den  Hoden.  Als  man  an  jene 
quere  Vertiefung  die  Sonde  brachte,  zerriss  eine  dünne  Haut 
und  Harn  und  Koth  flössen  aas.  Am  »ebenten  Tage  trat 
der  Tod  ein.  Der  Mastdarm  hatte  an  der  Querfurche  blind 
geendet  Die  Harnleiter  öffneten  sich  nach  unten  und  hinten 
in  die  zweigetheilte  Harnblase. 


Sitaiing  vom  9.  April  fö61. 

Herr  C.  Mayer  verliest  einen 

Fall  einer  vom  Uterus  ausgehenden  geheilten 
Epilepsie. 
Der  Fall,  welchen  ich  heute  hier  mitzutheilen  wünsche, 
gebort,  soviel  ich  weiss,  zu  den  seltenen  und  beweist,  welchen 
mächtigen  Eii^uss  der  kranke  Uterus  auf  das  Nervensystem 
ausüben  kann,  wie  wichtig  und  nothwendig  es  folglich  ist, 
bei  allen  Formen  von  Nervenkrankheiten  der  Frauen  immer 
tunädist  an  den  möglichen  Zusammenhang  mit  dem  Uterus 
ID  denken,  statt  durch  die  Anwendung  der  alten  herkömmlichen 

Moiiat8iic1ir.f.GobiirttiL  1861.  Bd.XVUI.,  Hn.f.  8 


106  -     ^^*    Yertiaiidluiig^en  der  Gesellaehaft 

Heilmethoden   eine   fSr   die   Kranken   uneroetzliobe   Zeit  zu 
verlieren. 

Frau  N,  N.,  eine  26jäbrige,  magere,  dunkle  Blondine, 
verlangte  Anfangs  des  vorigen  Jahres  meinen  Rath,  wdl  «e 
seit  ihrer  letzten  Schwangerschaft  vor  etwa  zwei  Jahren  an 
Unterleibsschmerzen  und  Blasenbeschwerden  und  seit  ihrem 
18.  Jahre  an  epileptisdben  Anföllen  htt,  g^e»  welche  Leiden 
sie  bisher  ohne  Erfolg  bebandelt  worden  war.  Sie  war  in 
der  Kindheit  gesund,  und  weder  bei  ihren  noch  lebenden 
E!ltem,  noch  bei  ihren  Geschwistern  waren  epileptische  Anfille 
vorgekommen.  Seil  ihrem  16.  Jahre  trat  die  Menstruation 
immer  mit  Schmerzen  ein,  die  schon  am  Tage  vorher  be- 
gannen. In  ihrem  18.  Jahre,  noch  vor  der  Verheirathung, 
wurde  sie  in  Folge  dnes  heftigen  Schreckes  während  der 
Menstruation  plötzlich  von  dem  ersten  epileptischen  Anfalle 
betroffen  und  von  dieser  Zeit  traten  Anfangs  die  Anfölle  alte 
vier  Wochen  entweder  vor  oder  nach  der  Operation  ein; 
ausserdem  war  sie  ganz  gesund.  Sie  verheirathete  sich  vof 
neun  Jahren  und  gebar  zwei  Kinder,  das  letzte  vor  1%  Jahren. 
Die  epileptischen  Anfalle  traten  auch  während  der  Schwanger- 
schaften und  während  des  Nührens  der  Kinder  ein,  wurdoi 
nach  und  nach  häufiger;  die  Geburten  waren  leicht,  aber 
sdion  während  der  zweiten  Schwangerschaft  fand  sich  Anfia^ngs 
ein  «fortwährendes  schmerzhaftes  Dröngen  zum  Ebmlassen  und 
später  ein  häufig  unwillkärhches  Abfliessen  des  Harnes,  allmäüg 
nahmen  die  Sdimerzen  beim  Harnlassen  und  in  der  Blase  zu, 
hörten  jedoch  nach  der  Geburt  des  Kindes  sechs  Wodien 
lang  ganz  und  gar  auf;  —  dann  traten  sie  mit  vermehrter 
Heftigkeit  gleichzeitig  mit  den  epileptischen  Krämpfen  wieder 
ein  und  trotzten  jeder  ärztlichen  Behandlung.  Die  Menstruation 
erschien  nach  dem  Entw(%nen  wie  ft*über  regelmäßig,  dauerte 
3 — 4  Tage,. war  am  ersten  Tage  mit  Hysteralgien  verbunden; 
in  den  Zwischenzeiten  zeigte  sich  Blennorrhoe.  Dabei,  war 
die  Digestion  gestört,  der  Appetit  gering,  öfters -zeigten  wh 
Uebelkeiten,  abwecbsehid  Erbrechen,  besonders  nach  dem 
epileptischen  AnEiUe,  *die  Stuhlausleerungen  vraren  schwer, 
hart  und  schmerzhaft,  mussten  durch  ausleerende  Mittel  be- 
fördert werden.  Der  Urin  war  immer  JieU  imd  klar  und  diu 
Hambeschwerden  belästigten  die  Kranke  sowohl  bei  Tage  aift 


fttr  G«bart8hlllf6  in  Berlin.  107 

bei  Naebt  D^  CoHus  ifvurde  sehen  volhogen,  war  solmiers^ 
baft,  hatte  sdkr  auf  die  AnfUle  und  auf  die  Blaseobeschwerden 
kttDen  Einflttss;  —  der  Schlaf  war  durch  das  BlasenleideD 
gestdrt,  welches  durch  Anstrengungen,  durch  Gehen  und 
Sieben  vermehrt  wurde,  ßen  epileptiscben  AnflUen  gmgen 
Beängstigungen  und  nuangenehme  Emjpihidungen  in  der  Imken 
Hand  roraus  und  ihnen  folgte  ein  längerer  dumpfer  Schmen 
in  Verderkopfe. 

Die  ganae  GesdnditserzäUang  deutete  unverkennbar  auf 
amen  Zusammenbang  mt  den  Sexaalorganen  hin  und  machte 
eine  Exploration  unerlässlich.  —  Ich  fand  bei  der  ersten 
Untersuchung  den  Bauch  gespannt,  die  Regio  pubis  beim 
Drucke  schmerzhaft,  die  äusseren  Genitalien,  den  Introitus, 
die  Urethra  gesund.  Die  Vaginalportion  war  etwas  nach  hinten 
gerichtet,  massig  geschwellt,  der  Uterus  stark  nach  yom  ge- 
neigt, die  hintere  Wand  des  Uterus  beim  massigen  Drucke 
sehr  schmerzhaft;  die  Sonde  liess  sich  leicht  einfuhren,  ver- 
ursachte aber  bei  leisem  Drucke  der  vorderen  Wand  sehr 
heftige  Schmerzen.  Die  Urinblase  war  massig  geiuUt,  die 
Appfieation  des  Katheters  war  schmerzhaft  und  nach  der 
Enäeerung  einer  geringen  Menge  eines  hellen,  klaren  Urins 
tt^en  sehr  heftige  Blasenschmerzen  ein.  Im  Speculum  zeigten 
sidi  die  MuttermundsKppen  hyperämisch,  dunkehroth  und  im 
Umfange  des  Orificium  scharlacbrotbe  Excoriationen,  welche 
man  bis  in  den  Cervicalkanal  vom  klaffenden  Orifieium  aus 
verfolgen  koimte.  Es  war  also  eine  chronische  Entzündung 
des  antevertirlen  Uterus  vorhanden  und  diese  hatte  sieh 
wahrscheinfich  auf  die  Blase  forterstreckt. 

Die  Kranke  blieb  etwa  vier  Monate  in  Berlin,  um  sich 
von  mir  behandeln  zu  lassen.  Während  dieser  Zeit  liess  ich 
vier  Blutegel  an  den  Uterus  setzen,  scarificirte  dann  wegen 
der  fortdauernden  Hyperämie  und  grossen  Schmerzhafligkeit 
dm  Mal  die  Lippen  und  den  Cervicalkanal  und  entleerte 
dadurdi  sehr  bedeutende  Quantitäten  von  Blut,  bis  endlich 
die  Byperämäe  schwand,  die  Schmerzhafligkeit  des  Uterus 
naddiess,  gleichzeitig  liess  ich  nur  durch  Magnesia  ustä  aus- 
leeren, liess  laue  milde  Injecäonen  von  Wasser  oder  Leinsamen- 
thae  niacben,  ätzte  einige  Male  die  excoriirten  Lippen  und 
dan  Cervicalkanal  mit  H^ybasteiSy  wandte  später  Aqua  plumbi 


10g  VI.    yerba&dlangen  der  QeselUchaft 

und  Sol.  Zioci  alumioata  auf  die  geschwörigeo  Stellen  an, 
liess  als  ableitendes  Mittel  ein  Vesicatorium  auf  den  linken 
Arm  legen  und  offen  erbalten  und  beilte  so  das  vorbandene 
Uterinleiden.  —  Nacb  und  nacb  verschwanden  mit  der  ekh- 
Iretenden  Besserung  die  Blasenbeschwerden  und  bei  ihrer 
Abreise  war  die  Kranke  vollkommen  wohl  und  hatte  seit 
10  Wochen  keinen  epileptischen  Anfall  mehr  gehabt.  Im 
Anfange  des  Jahres  erhielt  ich  ein  dankbares  Sehreiben  vom 
Ehemanne,  worin  er  mir  freudig  meldete,  dass  seine  Frau 
seit  ihrer  Rückkeln*  nach  Hause  vollkommen  wohl  geblieben  sei. 

Herr  M,  knüpft  an  die  Hittheilung  dieses  Falles  den 
Wunsch,  dass  Beobachtungen,  welche  wie  diese  sowohl  durch 
Untersuchung  als  durch  den  Erfolg  der  Behandlung,  lange 
bestehende  Nervenkrankheiten  als  un7.weifelhafl  durch .  ein 
Gebärmutterleiden  bedingt  erwiesen,  in  extenso  in  der  Gesell- 
schaft milgetheilt  würden ,  um  durch  weitere  Veröffentlichung 
die  Aufmerksamkeit  des  grösseren  ärztlichen  Publikums  mehr 
und  mehr  auf  diesen  so  häufigen  Causalnexus  hinzuleiten. 

Herr  Bernhardi  aus  Eilenburg  (Gast)  erwähnt,  dass  er 
im  vorigen  Jahre  einen^  ganz  analogen. Fall  beobachtet  habe. 
Eine  junge  Frau  von  30  Jahren  hatte  in  Folge  tiefer  geistiger 
Erregung  bei  Abbrechen  eines  Verlöbnisses  Anfalle  hysterischer 
Krämpfe  bekommen,  die  allmälig  die  Form  der  Epilepsie 
annahmen.  Lange  Zeit  an  diesen  periodischen  Anfallen  leidend 
unterwarf  sie  sich  endlich  einer  Untersuchung  und  es  fand 
sich  eine  chronische  Entzündung  der  Scheide  und  des  Uterus 
mit  gleichzeitigem  Blasenleiden. '  Trotz  dagegen  eingeleiteter 
Behandlung  bUeben  die  Krampfzufalle  dieselben,  vielleicht  in 
Folge  der  inzwischen  geschehenen  Verheirathung  und  mangel- 
hafter Vollziehung  des  Beischlafes.  Da  ihn  die  localen  Mittel 
in  Stich  Hessen,  so  verordnete  Herr  Bernhardi  nun  rusaische 
Dampfbäder,  von  denen  er  sich  einen  mächtigen  Einfluss  auf  den 
Stoffwechsel  und  somit  Beseitigung  der  vorhandenen  Hyperämien 
versprach,  und  erreichte  dadurch  nach  längerer  Zeit  -die 
Heilung  der  Epilepsie.  Bei  später  angestellter  Untersuchung 
seien  die  Genitalorgane  vollständig  gesund   befunden  worden. 

Heri^  Pcuisoh  fand  bei  einer  sehr  heftigen  Hemicraote 
bei  der  Exploration  eine  stark  angeschwollene  Gebärmutter 


rar  OebariBhfilfe  in  Berlin.  109 

mit  EroBionen  der  Vaginalportion ;  durch  dreimalige  Aidegufig 
¥0D  Blutegeln  an  den  Uterus  beseitigte  er  die  Gebärmutter^ 
krankheit  und  mit  ihr  die  Hemicranie.  Dies  sei  indess  der 
einzige  Fall  seiner  Beobachtung,  wo  die  Hemicranie  in  einem 
GebSrmutterieiden  wurzelte,  in  anderen  Ffllen  habe  er  vor* 
geblich  diesen  Zusammenhang  gesucht. 

Herr  Krieg&r  hält  es  ebenfalls  fdr  nicht  selten,  dass 
Hemicranie  durch  Uterinleiden,  namentfich  durch  veraltete 
Hetroflexionen  henrorgerüfen  wird.  Er  habe  in  mehreren 
FäHen  durch  wiederholte  Blutentziehungen  Erweichungen  der 
Indurationen  heii>eigeföhrt,  dann  vorsichtige  Repositionsversudie 
gemacht  und  längere  Zeit  fortgesetzt  und  zugleich  mit  der 
Besserung  des  Uterinleidens  seien  oft  die  Anfalle  der  Hemicranie 
weiter  auseinander  gerückt  und  in  ihrer  Intensität  schwächer 
geworden.  Er  erkläre  sich  diesen  Zusammenhang  durch  Fort- 
pflanzung des  Reizes,  den  eine  geschwollene  Gebärmutter 
durch  Druck  auf  die  Sacralnerven  ausübe. 

Herr  C.  Mayer  verweist  auf  die  von  Henoch  am 
20.  December  1858  in  der  Gesellschaft  für  wissenschaftliche 
Medicin  angefdlirten  Fälle  von  consensuellem  Kopfschmerze,  die 
durch  Beseitigung  von  Uterusleiden  gdieilt  wurden.  (Deutsche 
Klinik,  1859,  No.  14  u.  15.) 

Herr  L.  Mayer  hat  bei  einer  Frau  in  den  Zwanzigern, 
die  1 — 2  monatlich  zur  Zeit  der  Menstruation  von  epileptischen 
Anfällen  befallen  wurde,  durch  Beseitigung  einer  Metritis  und 
Anschwellung  der  Leber,  zwar  keine  Heilung  doch  eine 
Besserung  der  Epilepsie  erzielt. 

Herr  (7.  Mayer  hält  die  Fälle  der  Heilungen  einer  vom 
Uterus  ausgehenden  Epilepsie  für  sehr  selten,  fhm  sei  dies 
der  erste  Fall,  wiewohl  ihm  häufig  durch  Romberg  Epileptische 
zugeführt  seien,  bei  denen  er  theils  Uterinleiden  vorgefunden 
habe,  theils  nicht;  habe  er  jene  auch  beseitigt,  Heilungen  der 
EpOepsie  habe  er  doch  in  keinem  Falle  erreicht. 

Hen*  Martin  hat  auch  keinen  Fall  von  Epilepsie  beobachtet, 
der  bestimmt  als  vom  Uterus  ausgehend  zu  betrachten  gewesen. 
Er  habe. oft  die  Untersuchungen  bei  Epileptischen  vorgenommen, 
aber  bisher  nie  den  causalen  Zusammenhang  nachzuweisen 
vermocht  Hemicranie  und  andere  Krampfformen  hysterischer 
Natur,  wie  sie  namentlich  bei  Retroflexionen  auftreten,   habe 


'110  ^*    Verbandlnngeii  der  Geielbchafk 

er.  indefts  öfters  beobachtet  und  ancb  geb^t.  NametitHdi 
eriiiiiere  er  noeb  an  die  tiefe  Melancbolie,  die  sich  öfters  bei 
Uteriokranken  finde  und  unsweifelhaft  durch  das  Utmaleiden 
hervorgerufen  werde.  In  diesen  Fällen,  wo  es  sich  meist 
um  chronisehe  Infarcte  der  Gebärmutter  handle  und  Blut^ 
entziehungen,  Sitzbäder,  auflösende  Mineralwasser  u.  s.  w.  die 
Beseitigung  derselben  nicht  zu  Stande  brachten,  habe  er  mit 
vieiera  Erfolge  energische  Cauterisationen  mit  dem  Aetzstifte 
vorgenommen.  Auch  Simpson  habe  in  neuester  Zeit  darauf 
hingewiesen,  dass  in  gewissen  Fällen  eine  kräftige  Anregung 
des  Uterus,  welche  die  unvollständig  abgelaufene  Involulion 
nach  Wochenbetten  von  Neuem  in  Gang  bringt,  sehr  geeignet 
sei,  eine  Heilung  der  Infarcte  herbeizufuhren;  er  müsse  dieser 
Ansicht  nach  vielen  Beobachtungen  mit  voller  Ueberzeugung 
beistimmen. 

Herr  X.  Mayer  erinnert  sich,  dass  ihm  im  Staatsexamen 
ein  Fall  von  Epilepsie  zur  Beurtheilung  überwiesen  worden, 
die  durch  einen  Fall  auf  das  Steissbein  entstanden  war;  er 
entsinnt  sich  noch,  dass  bei  der  Untersuchung  eine  Retro- 
flexio  uteri  vorgefunden  wurde,  kann  indess  Über  den  Verlauf 
nichts  Weiteres  berichten. 

Herr  Wegscheider  kann  auch  den  Prolapsus  uteri  als 
Ursache  einer  Hemicranie  anführen.  Eine  alte  Dame  von 
75  Jahren  wurde  von  einem  sehr  heftigen  Kopfschmerz  be- 
fallen, der  längere  Zeit  vergeblich  behandelt  wurde,  bis  aich 
zufällig  herausstellte,  dass  sie  gleichzeitig  an  einem  unvoll- 
ständigen Prolapsus  uteri  litt.  Herr  Wegscheider  applicirte 
ihr  ein  Zu^ani'sches  Pessariuni  und  augenblicklieb  schwand 
der  Kopfschmerz.  Interessant  ist,  dass  diese  Dame,  als  das 
erste  Pessarium  zerbrach,  sofort  wieder  ihren  Kopfschmerz 
empfand  imd  nicht  eilig  genug  ein  neues  Instrument  beschafft 
werden  konnte. 

Herr  KristeUer  erinnert  daran,  dass  Schönlein  in  seinen 
Vorträgen  eine  eigene  Epilepsia  uterina  unterschieden  habe, 
die  namentlich  nach  Retroflexionen  entstehe.  Auch  frühere 
Schriftsteller  hätten  einzehie  analoge  Fälle  erwähnt  und 
entsinne  er  sich  namentlich  eines  interessanten  Falles  von 
van  Swieten,  der  eine  Frau  behandelte,  die  Jedes  Mal,  wenn 
sie   mit   einem  Knaben   schwanger   ging,    von   epileptischen 


fSr  GebnrtBhülfe  in  BerHii.  -  Hl 

Anftllen  befallen  wähle.  Er.  Belbst  behandele  eine  Frau  mit 
Ketroflexio,  die  viel  an  ZuckuogeD  in  den  Beinen  und  Armen 
leide.  Er  stimme  der  Ansiebt  des  Herrn  Krieger  bei,  dass- 
der  Druck  auf  die  Sacrabierren  Ursache  dieser  Krämpfe  sei 
und  habe  auch  auf  Blutentziehungoi  jedes  Mal  eine  Besserung 
des  Uebels  einUrelen  gesehen. 


Sitzung  vom  30.  April  1861. 

Herr  jMcke  legte  ein  Präparat  vor  von.  einem 
Uterus  mit  einem  grossen  Fibroide 
nebst  einem  dazu  gehörigen  über  mannsfaustgrossen  ab- 
geschnittenen Fibroide.  Das  Präparat  rührt  her  von  einer 
Frau»  weldie  melufach  geboren,  ein  Mal  abortirt  hatte  und 
zuerst  vor  zwei  Jahren  eine  Geschwulst  in  der  Scheide  be- 
merkte, welche  ihr  bald  beku  Stuhlgänge  und  Urinlassen 
bedeutende  Beschwerden  verursachte.  Seit  Ende  vorigen  Jahres 
hatten  «ich  auch  bedeutende  Blutungen  eingefufiden,  so  dass 
die  Kranke  sich  veranlasst  sah,  sich  in  die  Klinik  aufnehmen 
zu  lassen.  Die  Kranke  war  sehr  anämisch,  sonst  aber  gesund. 
Aus  der  Sclieide  trat,  bescmders  beim  Drängen,  eine  grosse 
glatte  Geschwulst  hervor,  die  man  bis  ziemlich  hoch  umgehen 
konnte  und  die  scheinbar  an  der  hinteren  Muttermundslippe 
sass;  in  der  That  aber  war  die  hintere  Lippe  nur  fast  völlig 
verstrichen  und  das  Fibroid  sass  mit  einem  sehr  dünnen 
glatten  Stiele  am  hinteren  Rande  des  inneren  Muttermundes. 
Es  wurde  mit  dem  Messer  entfernt;  Blutung  fast  gar  nicht. 
Die  Kranke  befand  sich  acht  Tage  1mg  ganz  wohl,  ein  nicht 
zu  startier  Eiterausfluss  fand  statt.  In  der  Nacht  vom  aditen 
zum  neunten  Tage  stand  die  Kranke  aus  dem  Bette  auf  and 
scheint  eidi  dabei  stark  erkältet  zu  haben,  am  anderen  Morgen 
Zeichen  von  Peritonitis,  welche  trotz  der  energisch  ein* 
geleiteten  Behandlung  am  dritten  Tage  sdion  tödtiich  verlief. 

Bei  der  Section  fand  sich  eine  Stenge  Peritonitis.  Der 
Uterus  zeigte  in  seiner  rechten  Wand  ein  grosses  inlerstitieiies 
Fibroid,  die  Wandungen  sind  allerseits  sehr  verdickt,  in  der 
Höhle  eine  catarrhalisohe  Schleimabsonderung;  die  linke  Tube 


112  VI.    yerhandlnngen  der  Gesellscliaft 

enorm  vergrössert,  gespannt,  entleerte  beim  Eutsefaoitte  eiroa 
Va  Unze  Eiter  und  die  Eiterung  lies8  sieb  verfolgen  bis  ndw 
an  den  Eintritt  in  den  Uterus.  Die  rechte  Tube  weniger 
yergrössert,  zeigte  auf  dem  Durchschnitte  ein  eigenthümlich 
gallertiges  Ansehen,  welches  von  der  Hypertrophie  der  Musoulaiis 
herrührte ;  mehrere  kleine  stecknadelknopfgrosse  Abscesse 
waren  auch  in  dieser  vorhanden. ' 

Herr  Ma/rtin  hält  es  nicht  für  unwahrscheinlich,  dass 
die  erwähnte  mit  Eiter  gefüllte  Tuba  durch  Eitererguss  den 
Grund   zu   der  auftretenden  deletären  Peritonitis  gelegt  habe. 

Herr  LMcke  stellt  diese  Ansicht  indess  in  Abrede,  da 
die  Tuba  strotzend  mit  Eiter  gefüllt  war  und  bd  etwaigem 
Ergüsse  jedenfalls  ein  stärkerer  Collapsus  des  Eiterheerdes 
hätte  eintreten  müssen. 

Herr  v,  ReckUnghaueen  erwähnt,  dassTubenvereiteningen 
überhaupt  eine  ziemlich  häufige  Complication  von  Bauchfell- 
entzöndungen  seien,  ohne  immer  als  bedingende  Ursache  der^ 
selben  angesehen  werden  zu  können,  z.  B.  bei  Peritonitis 
nach  Operationen,  Bruchlösungen  u.  s.  w.,  so  dass  dasselbe 
umgekehrte  Yerhältniss  wohl  auch  hier  stattgefunden  haben  könne. 

Herr  Martin  findet  nur  die  Dauer  der  ganzen  Krankheit 
(drei  Tage)  zu  kurz,  um  eine  solche  Eiteransammlung  in  der 
Tuba,  wenn  sie  consecutiv  sem  solle,  zu  erklären. 

Herr  J^n^^^r,  Berichterstatter  der  in  der  £.'schen  An- 
gelegenheit gewählten  G)mmission,  verliest  den  von  derselben 
gebilligten  Entwurf  eines  Gutachtens,  den  wir  im  Auszuge 
hier  mjttheilen: 

Der  Entwurf  giebt  zuerst  einen  thatsächltchen  Bericht 
über  eine  Krampfepidemie  der  MädchenabtheUung  des  Waisen- 
hauses zuR.,  welche  in  dem  dirigirenden  Arzte  den  Verdacht 
erweckte,  dass  Onanie  als  Grund  dieser  Erscheinungen  an* 
zusehen  sei.  Dieser  wandte  sich  deshalb  an  einen  ihm 
befreundeten  Gynäkologen  mit  dem  Ersuchen,  12  Mädchen 
dieser  Abtheilung  im  Alter  von  13 — 13  Jahren,  welche  er 
der  Onanie  verdächtig  hielt,  zu  untersuchen  und  zu  constatiren, 
ob  sie  an  Veränderungen  der  Geschlechtstheile  litten;  und 
wenn  dies  der  Fall  sei,  ob  diese  Veränderungen  als  Indicien 


für  Gebnrtshfilfe  ia  Berlin.  113 

getriebener  Onanie  aufoifassen  seien.  Bei  der  Unlersiicbuiig 
fanden  sich  nun  bei  der  Mehrzahl  der  Untersuchten:  klaffende 
Scbamgpalte,  geröthete  und  geschwellte  Clitoris,  geschwollene 
und  flügelförmig  entwiciielte  Nymphen;  der  Scheideneingang 
intensiv  geröthet»  das  Hymen  schlaff,  in  einem  Falle  zerrissen. 
Ausserdem  Iheils  Metritis  chronica',  Descensus  uteri,  Ante- 
und  Retroflexio  uteri. 

Das.  Verfährai  des  Herrn  B.  fand  bei  der  vorgesetzten 
Behörde  starke  HissbilUgung.  Herr  B,  wandte  sich  deshalb 
an  die  Professoren  Scanzoni  und  Credi  und  sdiUesdicb  an 
die  Gesellsdiaft  fqr  G«burtshülfe  und  eitittet  ein  Gutachten 
Aber  die  beiden' Fragen : 

1)  ob  bei  unberührten  Mädchen  von  IB-^lö  Jahren  aus 
dem  bezeichneten  Befunde  der  Scham  die  Diagnose  auf 
Onanie  mit  positivem  Werthe  gestellt  werden  könne; 

2)  ob  anzunehmen,  dass  die  bei  jenen  Mädchen  gefundenen 
Geb&rmutterleiden  mit  der  Onanie  in  causalem  Zusammen- 
hange stehen. 

Der  Entwuif  wendet .  sich  dann  zum  Gutachten  selbst 
und  definirt  zuerst  den  Begriff  der  Onanie,  schildert  dann  die 
verschiedenen  Art^n,  auf  welche  dieselbe  betrieben  werde, 
und  folgert  daraus,  dass  die  dadurch  hervorgebrachten  örtücben 
Wirkungen  bei  der  Ver^iedenheit  des  Verfiihrens  natOrlicfa 
nicht  in  allen  Fällen  dieselben  sein  können.  Folgende  Er- 
scheinungen seien  indess  als  die  constantesten  durch  vielfSltige 
Beobachtung  erwiesen: 

„Während  des  Actes  der  Masturbation  entsteht  eine 
Röthimg  und  Erection  dar  Oitoris,  an  welcher  Röthung 
und  Schwellung  die  Nymphen  und  der  Scheideneingang 
mehr  oder  weniger  Theil  nehmen.  Durch  solche,  immer 
aufs  Neue  berbeigeföhrte  Congestivzustände  entwickelt 
sich  unter  Mitwirkung  des  mechanischen  Reizes  eine 
krankhaft  gesteigerte  Vegefationsthätigkeit  und  eine 
Störung  in  der  gleichmässig  fortschreitenden  Ausbildung 
der  Sexualorgane.  Vorzugsweise  sind  es  die  Nymphen, 
welche,  einem  schnellen  Wachsthume  unterworfen,  als- 
bald scUaff  und  welk  zwischen  den  grossen  Schamlippen 
herabhängen,  oder  geschwollen  und  geröthet  den  jung- 
fräulichen Schluss  der  grossen  Labien  hindern.   Die  beiden 


114  VI-    Verhandlungen  der  Gesellschaft 

Schenkel  der  Nymphen  umfassen  als  breite  flAgeK&rmige 
Hautfalten  die  zuweilen  auffallend  grosse  und  leidit  mgir- 
bare  Clitoris.    Die  grossen  Schamlippen  dagegen  hakeo 
nicht  gleichen  Schritt  mit  dieser  Entwickelung,  sondern 
bleiben  bei  jugendUchen  Mädchen  vielmehr  in  derselben 
zurück,  und  stellen  nur  flache,  schlaffe,  mitunter  madige 
Wulstungen  dar.    Auf  dem  Schamberge  wird  em  früh- 
zeitiges Henrorspriessen  der  Schamhaare  wahrgenommen. 
Der  Vorhof  der  Scheide  und  die  Mündung  der  Harnröhre 
nehmen  an  der  aligemeinen  Hyperämie  der  Genitalien 
Theil;    das   Hymen,    ursprünglidi   eine    straffe   dünne 
Membran,  wird  zu  einer  mehr  oder  weniger  schlaffen, 
dicken,  weichen  Hautfalte,  die  sich  bei  der  Untersuchung 
nicht  mehr  mit  scharfem  Rande  um  den  Finger  spannt, 
vielmehr  diesen   mehr  oder  weniger  leicht,  snmal  da 
>    häufig  die  Oefbiung  des  Scbeideneinganges  erweitert  ist, 
in   die  Scheide  eindringen  iässt    Nicht  selten  ist  die 
Röthung  dieser  Theile  eine  livide,  bläuliche  und  mitunter 
wird  das  Hymen  zerrissen  gefunden/' 
Diese  Erscheinungen   seien  indess  sämmtlich  nicht  der 
Onanie    allein    eigenthümlich.     Reizung    der    Scham    durch 
w<rilästige   Männer,    angeborene  oder  anderweitig  erworbene 
Krankheiten  können  ähnliche  Zustände  hervorbringen  u.  s.  w., 
kurzum  als  positive  Zeichen  getriebener  Onanie  seien  sie  nicht 
zu  betrachten,   und  könnten  nur  mit  WahrsclieinlichkeK  die 
Diagnose   dahin  leiten,  wenn  andere  Erscheinungen  zugleich 
auf  dieselbe  Ursache  hindeuten.     Der  Entwurf  schildert  als 
solche  den  allgemeinen  Habitus,  das  scheue  Wesen,  den  un- 
sicheren Blick  u.  s.  w.,   und   schlägt  vor,  die  erste  Frage 
folgendermaassen  zu  beantworten: 
„1)  dass  aus  dem  in  der  oben  mitgetheilten  Tabelle  ersicht- 
lichen Befunde  der  Scham   bei  unberührten  Mädchen 
im  Alter  von  13  — 16  Jahren  die  Diagnose  auf  Onanie 
mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  gestellt  werden  kann, 
wenn  gleichzeitig  das  AUgemeinfinden  und  das  sittliche 
Verhalten  dieser  Mädchen  auf  einen  solchen  Zusammen- 
hang hindeuten  und  wenn  keine  anderen  Ursachen  für 
das  locale  und  allgemeine  Leiden  vorhanden  sind.'' 


Itr  G^bnrtahfitfe  in  BerUa.  115 

Das  Gutaditen  schildert  dann  die  consecutiven  Folgan 
der  gewohnheiumflssig  gelridMiteD  Onanie,  wie  sie  sieh  als 
HamTerhaltung  oder  schmerzhafter  Harnabgang  durch  Eni- 
sQndung  der  Harnröhre  und  Blase,  Entsündung  der  Scheide 
mit  ScUeimflässen»  EnUundnng  der  Gebarmutter  und  der 
Eierstödie  darstellen.  Retfo-  und  Anteflexio  werden  indess 
als  unabhängig  von  onanistischen  Reizungen  erklart. 

Alle  diese  Krankheiten  träten  zwar  keineswegs  ledigtioh 
bei  Onanistinnen  "«uf ,   wir  fUnden  sie  vklmehr  häufig  auch 
bei  solchen  Frauen,  bei  denen  jeder  Verdacht,  dass  sie  sich 
diesem  Laster  ergeben  hätten,  YöUig  fem  sei.    Mit  Rücksicht 
auf  diesen  Punkt  kommt  das  Gutachten  in  der  Beantwortung 
der  zweiten  Frage  zu  d^n  Schlüsse: 
„2)  dass'in  Fällen,  wo  der  Befund  der  äusseren  Geschlechts- 
tbeile  unter  deii  ad  1  benaimtMi  Modalitäten  die  Diagnose 
auf  Onanie  gestattet,  und  wo  gleichzeitig  die  bei  jenen 
Mädchen   Torgeftindenen  Gebl^mutterleiden   vorhanden 
sind,  mit  Wahrschemlichkeit  anzunehosenist,  dass  diese 
Gd>ärmutterleiden  mit  der  Onanie  in  ursAchlichem  Zu- 
sammenhange stehen.** 
Schliesslich  wendet .  sich  der  Entwurf  nochmals  zu  dem 
gegebenen  Falle  zurück  und  findet  in  dem  Umstände,  dass 
die   vorgefundenen  Krankheiten,   seien   sie   auch   nkfat   aus 
Onanie  entsprungen,  dauernde  Nachkrankheiten,  lebensläng- 
liches Siechthum^   unglückliche  Ehen  u.  s.  w.  herbeizuführen 
Termögen,   eine  Rechtfertigung  des  jB.'schen  Verfahrens,   da 
eis  eine  unabweislidie  Pflicht  eines  gewissenhaften  Arztes  sei, 
diejenigen  Mädchen,  aus  deren  allgemeinem  Verhalten  er  den 
Verdacht  auf  Onanie  schöpft*,  zumal  wenn  ihn  gewisse  Krankheits- 
erscheinungen,   als   Krämpfe,    Ohnmächten,    Anomalien   der 
Menstruation  u.  s.  w.  auf  diie  Vermuthung  führen,  dass  schon 
eine  erbebliche  Umwandlung  der  inneren  Geschlechtsorgane 
▼orgegangoti  sei,   einer   sorgfältigen  gynäkologischen  Unter- 
suchung zu  unterwerfen, 
gez.:  Die  Commission  der  Geselbchaft  filr  Geburtshfllfe. 

Herr  Klfrte  fragt  an,  ob  die  in  dem  Gutachten  auf- 
gestettten  Bebuiptungen  auch  durch  die  Erfahrung  begründet 
seien.   Ihm  erschieneD  sie  mehr  als  theoretische  Abstractienen ; 


XX6  ^'*    Verhandlungea  der  QeBallseliafk 

denn  in  der  letzten  Sitzung  habe  die  Gesdlschafl  sich  im 
Allgemeinen  sehr  negativ  ober  die  vorgelegten  Fragen  aus- 
gesprochen. 

Herr  C  Mayer  verlheidigt  den  Ausspruch  der  Commission 
und  fUnrt  durch  einzelne  Beobachtungen  und  Citate  den  Nach- 
weis, dass  die  Coromission  mit  kritischer  Scbfirfe  zu  Werke 
gegangen  sei  und  nichts  aufgenommen  habe,  was  nicht  glaub- 
wördig  erwiesen  sei. 

Herr  Leubuscher  findet  in  dem  Gutacfat^  zwei  getrennte 
Dinge  vereinigt.  Das  eine  sei  eine  Rechtfertigung  des  ^.'schen 
Verfahrens,  das  andere  eipe  wissenschaftliche  Abhandlung 
aber  die  i>ositiven  Merkmale  der  Onanie.  Dass  er  dem  ersten 
Theile  vollständig  zustimme,  unterliege  natfiriich  keinem  Zweifel, 
denn  vom  ärztlichen  Standpunkte  könne  man  das  Verfahren 
des  Dr.  B,  nur  billigen,  und  diese  Ansicht  ihm  auszusprechen, 
sei  gewiss  coUegial  und  liebenswürdig,  aber  dies  sei  doch 
nicht  der  Zweck  des  Gutachtens.  Was  nun  den  zweiten 
Theil,  die  wissenschaftliche  Exposition,  betreffe,  so  begreife 
er  die  reservirte  Fassung  des  Gutachtens,  da  zwar  alle  an- 
geführten Zeichen  mit  der  Onanie  in  Verbindung  zu  selzen 
seien,  aber  doch  nur  dturch  Ausschliessung  als'  Anzeichen 
derselben  betrachtet  werden  durften. 

Man  möge  ihm  gestatten,  vorher  einige  Beobaditungen 
mitzuth^en,  da  er  leider  den  früheren  Sitzungen  nicht  bei- 
gewohnt habe. 

Vor  sechs  Jahren  veranstaltete  der  Polizeiprisident 
V.  Hinckeldey  eine  polizeiliche  Recherche  nach  jungen,  halb 
erwachsenen  Mädchen,  von  denen  ermittelt  war,  dass  sie  von 
Kupplerinnen  verfuhrt  waren,  sich  alten  Wüstlingen  zu  wollüstigen 
Handlungen  zu  ergeben.  Da  viele  derselben  noch  nicht  gänzlich 
verderbt  waren,  so  erhielt  der  untersuchende  Arzt,  dem  sie" 
vorgeführt  wurden  (Herr  Leubuscher)  viele  "wahre  Angaben 
über  die  vorangegangenen  Oxcesse  und  konnte  somit  glaub- 
würdige Beobachtungen  ansteilen  und  richtige  Schlüsse  ziehen. 

Viele  dieser  Mädchen  waren  verführt  zu  UnsittKchkeiten, 
oü  ohne  den  Coitus  ausgeübt  zu  haben,  Onanie  lag  weniger 
vor,  bei  einzelnen  waren  die  Angriffe  nur  selten  gewesen, 
bei  allen  indess  zeigte  sich  der  in  dem  Gutachten  gesdbilderte 
Befund:  Röthung  und  Catarrh  der  Vulva,  ersdiwertes  Harnlassen 


für  Gebartshülfe  in  Berlin.  117 

und  Urethritia    Dieser  Befund  spreche  deutlich  aus,  dass  er"^ 
eben  nicht  auf  Onanie  speciell  deute. 

Andererseits  habe  er  aber  vielfach  Gelegenheit  gehdit, 
Beobachtungen  über  Onanie  zu  machen.  Geisteskranke  treiben 
meist  Onanie»  entweder  ans  ursprünglich  erotischen  G Wählen  < 
oder  aus  Langeweile;  sie  dabei  zu  beobachten,  sei  schwierig, 
wenn  nicht  die  Geisteskrankheit  schon  erhebliche  Fortschritte 
gemacht  habe;  doch  habe  er  vielfältig  weibliche  Onanisten 
untersucht  und  dort  bei  Allen  das  Hymen  zerstört,  die 
Labia  minora  ver^rossert,  Seheideuschleimhaut  verdickt  und 
Catarrh  der  Scheide  mit  Erosionen  und  Geschwüren  der 
Yaginalportion  gefunden.  Eine  Vergrösserung  der  Qitoris  habe 
er  nicht  beobachtet  Eines  Curiosums  wolle  er  noch  erwähnen. 
Auf  der  Lrrenabtheilung  zu  Halle  sei  ihm  vor  16  Jahren  eine 
Blödsinnige  vorgefahrt,  die  awei  Tage  lang  weder  Urin  gdassen 
noch  Stuhlgang  gehabt  hatte.  Widerstrebend  li^ss  sie  die 
Untersachimg  zu,  man  fand  die  Harnblase  bis  zum  Nabel 
ausgedehnt  und  bei  Application  des  Katlieters  stiess  man  im* 
Iniroitus  der  Scheide  auf  eine  Geschwulst,  die  sich  als  ein 
Conglomerat  von  alten  Lumpen,  Holz  u.  s.  w.  erwies,  womit 
die  Person  sich  die  Scheide  bis  zur  grössten  Ausdehnung 
vollgestopft  hatte. 

Fasse  er  nun  jene .  beiden  Reihen  von  Beobachtungen 
mit  ihren  fast  übereinstimmenden  Resultaten  zusammen,  so 
scheine  es  ihm  bedenklich,  für  die  Gesellschaft,  die  im  Gut- 
achten ausgesprochenen  Ansichten  zu  festen  Grundsätzen  zu 
stempeln.  Es  sei  sicher,  dass  das  Gutachten  der  geburts- 
httlflichen  Gesellschaft  in  weitere  Kreise  dringen  und  rielleicht 
als  ein  Autoritfitsausspruch  hingestellt  werden  würde,  er 
wünsche  den  wissenschaftUchen  Theil  deshalb  einfacher  und 
positiver  gefasst  zu  haben. 

Herr  Krieger  entgegnet  auf  Herrn  Körte's  Anfrage,  dass 
in  der  Literatur  allerdings  Beobachtungen  verzeichnet  seien, 
welche  die  Ansciiwellung  der  Clitoris  während  des  Actes 
selbst  constatirten.  Es  sei  eine  französische  Beobachtung  von 
van  Bambeke  (Union  mM.,  No.  48,  1859),  welcher  bei 
drei  Kindern  onanistische  Bewegungen  mit  den  Schenkeln  so 
lange  fortsetzen  sah,  bis  Erection  und  Röthung  der  CHtoris 
und  dann  aUgemeine  Ermattung  eintrat. 


118  VI.    YtrhAüdlungen  der  G««elbchaft 

Wenn  Herr  Körte  indess  das  Gutachten  etwas  gesdiraabt 
finde,  so  stimme  er  ibm  darin  voNkomm«!  bei«  Bei  so 
unaeheren  Anzeichen,  die  für  sich  nichts  bewiesen  und  nur 
durch  begleitende  Umstände  zu  einem  wirklichen  Werth  ge- 
langten, könne  eine  gutachtüche  Aeusserung  nicht  positiver 
ausgesteUt  werden  und  roösse  deshalb  immer  etwas  Ge- 
schraubtes haben. 

Herr  Leuiu9c7ier  föhrt  eine  Beobachtung  aus  der 
Trüstedfwhen  Klinik  an,  welche  zwar  einen  Knaben  betraf, 
aber  zeigt,  dass  auch  das  frCkfaeste  Kindesalter  (1  Jahr)  nicht 
▼or  dieser  traurigen  Gewohnheit  schötzt. 

Herr  Orüttn^r  hUt  die  Gesellschaft  nicht  'f&r  oompetent, 
ohne  von  einer  Behörde  aufigefordert  zu  sem,  ein  Gutachten 
abzugeben,  welches  möglicher  oder  vielmehr  wabrscbeinlii^er 
Weise  gegen  dieselbe  als  Beweis  und  Aulorilät  gebraodit 
werden  solle. 

Dagegen  erhebt  sich  Herr  (7.  Mayer,  der  die  GeseUscbaft 
'ffir  vollständig  competent  erklärt  Was  mit  dem  Gutachten 
angefangen  werden  solle,  sei  nirgends  ausgesprochen;  der 
Gesellschaft  Kege  nur  der  Antrag  des  Dr.  B.  vor  und  diesem 
werde  die  Ansicht  der  GeseUschaft  eingehändigt;  ob  dieser 
dann  weiteren  Gebrauch  davon  mache,  sei  seine  Sadie,  die 
Gesellschaft  brauche  sich  darum  nicht  zu  kdmmem. 

Uebrigens  freue  er  sich,  dass  er  schon  in  dieser  Sitzung 
eine  so  lebhafte  Debatte  ober  das  Gutaehlen  habe  entstehen 
sehen.  Allerdings  fasse  er  dass^e  als  eine  wissenschaftliche 
Arbeit  auf,  die  nicfot  aBein  eine  Antwort  auf  Dr.  B.'%  Antrag 
sei,  sondern  zug^ich  einen  weiteren  wissenschaftlichen  Leser* 
kreis  finden  solle,  der  sie  einer  ^rundüehen  Kritik  unterziehe 
und '  seine  Bedenken  dagegen  geltend-  madie.  Die  ArbeMen 
der  Commission  haben  erwiesen,  dass  fast  gar  keine  Vor« 
arbeiten  fiber  diesen  Gegenstand  existiren;  die  Gomnrission 
habe  eine  wcAlüberiegte  Vorari)eit  geliefert,  die  Gesellschaft 
werde  die  Ueberarbeitung  vornehmen  und  die  so  red^jirte 
Arbeit  in  die  Welt  geben,  wo  sie  allerdings  einer  scharfen 
Kritik  entgegensehen  müsse.  Dies  sei  aber  sein  Wunsch 
und  sein  Stolz,  von  unserer  GeseUscbaft  den  ersten  ScbritI 
zur  Lösung  dieser  Aufgabe  gethan  zu  sehen. 


Ifir  Gebaitshülfe  in. Berlin.  119 

Die  G«66ll8otiaft  beschliesst  darauf,  das  Gutachten  aoto- 
graphiacfa  fervieUUtigeB  au  lassen,  damit  jedes  Mitglied  ?or 
der  nächsten  Sitxuag  ein  Exemplar  davon  zur  genauen  Durchs 
sieht  erhalte,  und  beauftragt  den  Secretär,  d«s  Weitere  «u 
v^anhssen. 


Sitzung  vom  14.  Mai  1S61. 

Die  Diseussion  über  den  in  der  letzten  Woche  sänunt- 
liehen  Mitgliedern  eingehändigten  Eptwurf  eines  Gutachtens 
über  Anzeicl^en  der  Onanie  wird  fon  Herrn  Qöechen 
^öffnet  Er  bittet  die  GeseUscbaft,  einen  Ausspruch,  wie  den 
vorliegenden,  zwei,  drei  Mal  zu  prüfen,  ehe  sie  ihn  in  die 
Welt  sendet  Ein  anderes  sei  es,  ein  abgeschlossenes  Gut- 
achtMi  zu  geben,  ein  anderes,  eine  Ansicht  zu  äussern, 
lediglidi  um  eine  Diseussion  anzuregen;  soU  das  erste  der 
Fall  seiii,  so  könne  man  nicht  umgehen,  die  Gesellschaft  m 
zwei  Parteien  zu  spalten,  deren  eine  cjben  nicht  Sk  das 
Gutachten  sei  und  die  Minorität  könne  nie  so  ignorirt  werden, 
um  den  Majoritätsaussprueh  als  Meinung  der  ganzen  Gesell- 
schaft hinzustellen. 

Was  nun  seine  Bedenken  gegen  den  Entwirf  direct 
betreffe,  so  glaube  er,  dass  schon  die  ganze  Einleitung  auf 
viele  Gegner  stossen  werde.  Er  persönlich  billige  das  .S.'sche 
Verfohren  nicht.  Die  blosse  Vermuthung,  von  einem  zu* 
ßUigen  Besucher  der  Anstalt  ausgesprochen,  dass  Onanie  den 
Krämpfen  vielleicht  zu  Grunde  liege,  berechtige  den  dirigirenden 
Arzt  nicht,  ohne  Weiteres  12  Mädchen  zu  untersuchen,  um 
durch  den  Befund  seine  An^idit  zu  begränden.  Bei  solchem 
Verdachte  gäbe  es  durch  versteckte  Beobachtung  von  Seiten 
der  Wärterinnen  Wege  genug,  zur  Gewissheit  der  That  zu 
kommen,  und  sei  die  Onanie  dadurch  constatirt,  so  seten 
ernste  Ansprachen  und  Züchtigungen,  überhaupt  pädagogische 
Einwirkungen  jedenfalls  erst  heranzuziehen.  Er  tadele,  dass 
von  diesen  in  dem  ganzen  Berichte  auch  nicht  die  entfernteste 
Rede  sei. 

Was  die  Untersuchungen  selbst  betreffe,  so  möchten  die 
Resultate  und  Schlüsse  aus  denselben   wohl  zum  Theil  auf 


120  VI.   Verhandlangen  der  GeBelkchaft 

Täuschung  beruhen.  Kindliche  Genitalien  seien  andere  confttniirt 
ala  die  Erwachsener,  und  um  Abweichungen  vom  normalen  oder 
gewöhnlichen  Vorkommen  zu  constatiren,  haften  die  ontei^ 
suchenden  Herren  erst  eine  Reihe  von- Kindern,  die  erwei^ch 
nicht  onanirlen,  untersuchen  müssen,  um  zu  wissen,  ob' sie 
nicht  vielleicht  ähnliche  Erscheinungen  darböten  und  ob  solche 
nicht  in  die  Reihe  physiologischer  Vorgänge  während  der 
Pubertätsentwickelung  fielen.  Treffe  man  aber  schon  bei 
12  Kindern,  die  man  aufs  Gerathewohl  herausgegriffen,  so 
exorbitante  Erscheinongen,  die  nach  der  Ansicht  der  Be- 
treffenden so  auffällig  von  der  Norm  abwichen,  um  darauf 
die  Diagnose  getriebener  Onanie  zu  begründen,  so  sei  es 
unfassbar,  dass  ein  Mann,  wie  /Scanroni,  bei  seiner  enormen 
Praxis,  sich  für  incompetent  erklärt  haben  solle,  ein  Drtbeil 
in  dieser  Sache  abzugeben. 

Herr  Ebert  spricht  sich  über  die  Inoralische  Seite  dieser 
Frage  eben  so  aus  wie  der  Vorredner.  Bei  so  jungen  Mädchen, 
die  eben  in  der  Entwick^long  ständen,  wo  das  Gefühl  der 
Schamhaftigkeit  eben  zu  seiner  höchsten  Ausbildung  heran- 
gereift sei,  wie  sie  weder  früher  noch  später  in  gkicbem 
Grade  existire,  seien  Untersuchungen,  welche  dies  Gefühl  ver- 
letzen, auf  die  äussersten  Grenzen  zu  beschränken  und  nur 
in  den  dringendsten  durch  Krankheit  gebotenen  Fällen  vor- 
zunehmen. 

Gehe  er  nun  auf  die  Tabelle,  welche  die  Grundlage  des 
Entwurfes  abgebe,  näher  ein,  so  sei  in  den  Fällen  2,  4,  6, 
8,  9,  10,  12  angegeben,  die  Scham  nicht  geschlossen,  wie  bei 
Mädchen  dieses  Alters,  Glitoris  geröthet  und  geschwellt,  Nymphen 
vergrössert,  geschwollen  und  flügelf5rmig  entwickelt  u.  s.  w. 
Um  den  Werth  dieser  Zeichen  zu  constatiren,  habe  er  in 
Folge  dieses  Entwurfes  auf  seiner  Kinderabtheilung  9  Mädchen 
von  9 — 11  Jahren  unter  dem  Vorwande,  Brust  und  Unterleib 
auf  anderweite  Krankheiten  zu  untersuchen,  dergCBtalt  gelagert^ 
dass  iÜm  die  Genitalien  unbemerkt  frei  dagelegen  hätten. 
So  habe  er  durch  Ocularinspection  folgende  Resultate  gefunden : 
bei  fünf  die  Sdiam  nicht  geschlossen,  bei  vier  dieselbe  ge> 
schlössen  im  unteren  Theile,  oben  die  Clitoris  stark  hervor- 
ragend,  nach  ungefährer  Schätzung  5—9  Linien,  mehrfach 
Röthung.     Das  Hymen  bei  Einzelnen  fast  ganz  geschlossen. 


für  Geburtshülfe  in  Berlin.  121 

bei  Anderen  so  erweitert,  dass  es  eine  secbser-  bis  groschea- 
grosse  Oefihung  darbot.  Er  bevorworte,  dass  auf  seiner 
Abtheilung  nicht  onanirt  werde,  denn  die  beaufsichtigenden 
Schwestern  seien  im  höchsten  Grade  aufmerksam  darauf  und 
bei  dem  geringsten  Verdachte  werde  das  betreffende  Kind 
sofort  entfernt,  um  kein  schlechtes  Beispiel  zu  geben. 

Werden  nun  solche  Befunde  bei  verschiedenen  un- 
verdächtigen Kindern  gefunden,  so  sei  es  ein  Irrlhum,  wenn 
man  eine  geschlossene  Scham  u.  s.  w.  als  nothwendiges  Zeichen 
eines  unberührten  Mädchens  verlange.  Die  Tabelle  gebe  aber  an, 
dass  die  untersuchten  Mädchen  in  dem  Alter  von  14 — 17  Jahren 
gestanden  haben,  also  in  den  Jahren  der  Pubertätsentwickelung. 
In  allen  Lehrbüchern  stehe,  dass  zu  dieser  Zeit  ein  starker 
Blutandrang  nach  den  Geschlechtstheilen  stattfinde  und  darauf 
die  eigenthümliche  physische  und  psychische  Umstimmung 
beruhe.  Fänden  wir  also  bei  Untersuchung  solcher  Mädchen 
Böthung  und  Schwellung  einzehier  Gebilde,  so  könne  dies 
in  der  Pubertät  von  keiner  Bedeutung  sein. 

Er  gehe  nun  zu  den  Krankheiten  des  Uterus  über,  die, 
dem  Entwürfe  zu  Folge,  durch  Onanie  hervorgebracht  werden 
könnten.  Jeder  möchte  wohl  Bedenken  tragen,  Ante-  und 
Retroflexion  der  Onanie  zuzuschreiben.  Wie  onaniren  Mädchen? 
Nur  durch  Reibung  der  äusseren  Genitalien;  eine  Einführung 
des  Fingers  in  die  Scheide  sei,  wie  wohl  Jeder  schon  behufs 
Exploration  bei  Krankheiten  erprobt,  so  schmerzhaft  und 
presse  den  Mädchen  solche  Klagen  aus,  dass  es  wohl  im 
höchsten  Grade  selten  sei,  dass  der  Finger  oder  etwas  Anderes 
dabei  eingeführt  werde.  Wie  aber  eine  Reizung  und  Er- 
krankung des  Uterus  durch  Reibungen  der  äusseren  Scham 
entstehen  soll,  sei  ihm  nicht  begreiflich.  Uebrigens  sage 
Bokitansky,  und  diese  Meinung  adoptire  Kiwischi  „Die 
Anteflexio  erscheint  als  eine  übermässige  Ausbildung  der  am 
Uterus  in  der  Pubertätsperiode  sich  entwickelnden  bogen- 
förmigen Krümmung  nach  vom  und  einer  mit  der  vorwiegenden 
Volumszunahme  des  Uteruskörpers  zusammenhängenden  norm- 
gemässen  Scheidung  und  Abschnürung  seines  Cavums  vqm 
Canalis  cervicfs.''  Dieser  Ausspruch  fühfe  die  Knickung 
einzig  auf  die  Pubertät  zurück  und  erwähne  die  Onanie  mit 
keinem  Worte. 

MonAtMobr.f.Oebortak.   1861.   Bd.ZYIU.,  Hft.3.  ^ 


123  VI.    Verhandlnngen  der  Qeselltchaft 

Dies  seien  seiqe  Einwürfe  gegen  den  theoretischen  Theü 
des  Entwurfes.  Dass  aber  die  Krampfepidemio  Aberhaupt  auf 
Onanie  gedeutet  habe  oder  damit  in  Zosanunenhang  zu  bringen 
sei,  stelle  er  gänzlich  in  Abrede.  Krämpfe  als  Folge  häufigen 
Onanirens  seien  zwar  constatirt,  aber  doch  in  so  sehenen 
Fällen,  dass  die  epidemische  Verbreitung  der  Krämpfe  in 
dieser  Anstalt  sicher  nur  einer  directen  Mittheilung  und  nicht 
der  Onanie  zuzuschreiben  sei;  und  somit  spreche  er  sich 
überhaupt  gegen  die  stattgehabten  Untersuchungen  aus. 

Herr  Langerhang  entgegnet  den  beiden  Vorrednern,  dass 
die  Moralfrage  in  dem  B/schen  Antrage  gar  nicht  verlangt 
sei  und  füglich  wohl  ganz  wegfallen  könne.  Bei  diesen 
Krämpfen  sei  indess  doch  wolil  Onanie  im  Spiele  gewesen. 

Herr  Oöachen  hält  die  Berührung  der  Moralfrage  fnr 
nothwendig,  da  in  dem  Entwürfe  dieselbe  direct  berührt 
würde.  Vorausgesetzt  aber,  dass  die  Krampfepidemie  auch 
wirklich  durch  Onanie  hervorgerufen  sei,  so  wiederhole  er, 
dass  erst  durch  pädagogische  Einwirkung  die  Heilung  des 
Uebel^  hätte  versucht  werden  müssen.  Wären,  nachdem  dies 
geschehen,  dann  noch  Krankheitserscheinungen  der  Geschlechts- 
sphäre zurückgeblieben,  so  wäre  dann  immer  noch  Zeit  zu 
localen  Untersuchungen  geblieben.  Die  GeseUschaft  solle  nur 
bedenken,  wohin  die  öfienüiche  Billigung  des  ^.'schen  Ver- 
fahrens •  schliesslich  führen  werde.  Dass  dies  Gutachten  der 
Behörde  zugehen  werde,  sei  sehr  möglich,  so  könne  es  vor 
Physikus,  MedicinalcoUegium,  ja  wissenschaftliche  Deputation 
zur  Begutachtung  kommen;  dann  würden  ohne  Zweifel  die 
Motive  einen  wesentlichen  Angriff  erfahren,  und  dass  diese 
(nämlich  der  Wunsch,  Herrn  B.  zu  rechtfertigen)  vor  einem 
andereq  Forum  nicht  stichhaltig  seien,  möchte  wohl  Niemand 
bestrdten. 

Herr  Leuhuscher  findet  ebenfalls  die  Moralfrage  noth- 
wendig, denn  Herr  B.  habe  direct  den  Wunsch  nach  einer 
Rechtfertigung  seines  Verfahrens  ausgedrückt;  doch  diese 
schwäche  das  Gutachten.  Er  könne  indess  weder  mit  Herrn 
Göschen  noch  mit  Herrn  Ebert  übereinstimmen;  dass  wir 
Alle  das  Sittliche  schätzen  müssten,  bedürfe  wohl  keiner 
Versicherung,  und  vom  rein  menschlichen  Standpunkte  haben 


für  Gebtirtsbulfe  in  Berlin.  123 

wir  wohl  Alle  eine  Scheu,  weibliche  Schamhaftigkeit  zu 
beleidigen;  vom  ärztlichen  aus  gestalte  sich  die  Frage  indess 
anders:  der  Arzt  kommt  zu  der  Ueberzeugung,  dass  Krank-' 
heiten  durch  Missbrauch  der  Genitalien  hervorgerufen  seien, 
Gewissheit  fehlt  ihm  und  nur  eine  Untersuchung  kann  ihn 
zum  Ziele  führen.  Möglich,  dass  das  Resultat  derselben  nicht 
befriedigend  ist,  möglich,  dass  er  sie  ungeschickt,  formell 
fehlerhaft  u.  s.  w.  ausgeführt  hat ;  dass  er  aber  als  Anstalts- 
arzt das  Recht  zur  Untersuchung  gehabt  habe,  .unterliege  för 
ihn  keinem  Zweifel.  Herr  Ebert  habe  nicht  einmal  den 
Grund  des  Herrn  B.  gehabt  und  erzähle  doch  offen,  dass  er 
rein  ans  wissenschaftlichem  Interesse  neun  Mädchen  der  Reihe 
nach  untersucht  habe;  der  Unterschied  liege  eben  nur  in  der 
Ausführung,  und  hätte  Herr  B.  die  Sache  eben  so  geschickt 
angefangen,  so  würde  Niemand  etwas  dagegen  eingewendet 
haben.  Wollten  wir  uns  auf  dies  Kapitel  einlassen,  so  wäre 
eine  detaillirte  Rechtfertigung  nöthig;  dies  sei  indess  nicht 
Sache  der  Gesellschaft;  diese  sage  weiter  nichts  als:  die 
Untersuchung  war  nöthig,  die  mehr  oder  mindere  Decenz  dabei 
gehöre  vor  ein  anderes  Forum. 

Aufrichtig  gesagt,  wäre  es  ihm  unerquicklich,  dass  die 
Frage  überhaupt  an  die  Gesellschaft  gelangt  sei;  da  sie  aber 
einmal  so  weit  gediehen  sei,  müsse  sie  auch  weiter  geführt 
werden. 

Wenn  behauptet  ist,  dass  die  Krämpfe  mit  der  Onanie 
nicht  zusammenhingen,  so  sei  er  darin  anderer  Meinung. 
Nicht  blos  die  Erfahrung  eines  jeden  praktischen  Arztes  gebe 
Beweise  dafür,  sondern  auch  durch  zahhreiche  historische 
Erfahrungen  über  psychische  Epidemien  durch  das  Mittelalter 
bindurch  bis  in  die  neueste  Zeit  hinein  wären  sehr  viele  der 
epidemischen  Nervenstörungen  im  unmittelbaren  Zusammen- 
hange mit  geschlechdichen  Reizungen  nachzuweisen.  Die 
Phantasien  und  Visionen  der  DämonomaniscKen  zeigten  in 
ihrer  Eigenthümlichkeit  deutlich  die  geschlechtliche  Beziehung. 
So  sei  ihm  bei  seinen  früheren  Studien  über  diesen  Gegen-, 
stand  aufgefallen,  dass  die  VorsteUnng  des  Incubus  bei  Nonnen 
die  des  Succubus  bei  Mönchen  vorgekommen  sei.  Noch 
beweisender  sei,  dass  man  einen  eigenen  Namen  für  diese 
Art  der  Anfechtung  erfunden:  Oestrus  tenereus. 

9» 


X24  ^^*    Yerhandlangen  der  Gesellschaft 

Was  nun  das  Gutachten  selbst  betreffe,  so  habe  er  in 
der  letzten  Sitzung  bereits  die  Resultate  seiner  Untersucfaungen 
im  Arbeitshause  mitgetheilt.  In  Beziehung  auf  den  Theil, 
der  die  Folgen  der  Onanie  bespreche,  scheine  ihm  mehr 
theoretische  Äbstraction  als  wirkliche  Beobachtung  zu  Grunde 
zu  liegen;  so  auch  der  Vergleich  zwischen  Onanie  und  Notb- 
zucht,  deren  Unterschiede  ihm  nicht  stichhaltig  schienen. 

Herr  Krieger,  als  Berichterstatter  der  Commission,  ent- 
gegnet Herrn  Ebert^  dass  der  Entwurf  ausdrücklich  die 
Flexi(Mien  der  Gebärmutter  als  nicht  erklärbar  aus  Reizungen 
der  Schleimhaut  von  den  Folgen  der  Onanie  ausgenommen 
habe.  Ferner  Herrn  Leubuaeher^  dass  die  Unterschiede 
zwischen  Onanie  und  Nothzucht  nach  den  Verhandlungen  der 
letzten  Sitzungen  bereits  etwas  modificirt  seien  und  noch 
weiter  geändert  werden  könnten,  wie  überhaupt  dieser  erste 
Entwurf  ja  nur  dazu  bestimmt  sei,  ein  Thema  für  die  Be- 
sprechung zu  bilden. 

Was  aber  Herrn  OöBchen'%  Frage  betreffe,  ob  das  Gut- 
achten überhaupt  am  Platze  sei,  da  es  von  den  Behörden 
kritisirt  werden  würde,  so  müsse  sich  die  Geseilschaft  dem 
unterwerfen.  Fallen  lassen  könne  man  die  Sache  nicht  mehr, 
da  die  Bearbeitung  kein  Geheimniss  mehr  seL  Es  seien  aber 
Beot>achtungen  und  Resultate,  die  zusammengestellt  seien. 

Eine  andere  Frage  sei,  ob  nicht  überhaupt  die  beiden 
Theile  zu  trennen  seien.  Beschränke  sich  die  Gesellschaft 
rein  auf  die  wissenschaftliche  Ausarbeitung,  so  falle  damit 
mancher  Stein  des  Anstosses  fort. 

Herr  Göschen  verwahrt  sich  gegen  falsche  Auffassung 
seiner  ausgesprochenen  Ansichten,  meint  aber,  dass  die 
wissenschafüiche  Abhandlung  nicht  so  fest  in  ihrer  Begründung 
sei,  dass  eine  Corporation  wie  die  Gesellschaft,  sie  einstimmig 
als  ihre  Meinung  und  Sache  von  positivem  Werthe  hin- 
stellen könne. 

Er  wünsche,  dass  das  Gutachten  ausspreche,  wie  die 
jetzigen  Beobachtungen  unzureichend  seien,  ein  Ur theil  zu 
fiUlen  und  die  Lösung  der  Frage  einer  späteren  Zeit  vor- 
behalten bleiben  müsse. 

Herr  Ebert  will  einfach  die  beiden  Fragen  verneinen. 
Er  habe  die  Tabelle  (das  Fundament  der  ganzen  Arbeit)  als 


für  Gel^nrtehülfe  in  Berlin.  125 

imhaltbar  erwiesen  und  somit  stürze  das  ganze  darauf  aus- 
geführte Gebäude  zusammen. 

Herr  PcMseh  findet,  dass  die  Hisslicbkeit  der  Arbeit  in 
der  Stellung  der  vorgelegten  Fragen  liege.  Diese  müsse  die 
Gesellschaft  einfach  mit  Nein  beantworten.  Verlange  Herr  B. 
ausserdem  eine  Rechtfertigung  seines  Verfahrens,  so  möge 
die  Gesellschaft  ihm  diese  geben. 

Derselben  Ansicht  ist  Herr  Savoth,  der -das  Verfahren 
auch  billigt,  denn  die  rein  pädagogische  Einwirkung  nach 
Herrn  Gd^cAen's  Vorschlage  sei  nicht  allzu  hoch  anzuschlagen, 
ebensowenig  wie  bei  Bettpissern,  die  auch  durch  Schläge 
nicht  curirt  werden,  da  der  Grund  des  Uebels  eine  ärztliche 
Behandlung  erheische. 

Herr  C.  Mayer  vertheidigt  ebenfalls  den  Standpunkt 
der  Commission;  was  die  sittliche  Seite  der  Frage  betreffe, 
so  habe  er  sich  darüber  wiederholt  ausgesprochen  und  der 
Commissionsbericht  gebe  seine  Ansicht  wieder.  Jedenfalls 
könne  man  die  Resultate  der  Privatpraxis  nicht  auf  eine  Anstalt 
von  dem  Umfange  wie  die  in  R.  anwenden  und  von  Er- 
mahnungen .und  Züchtigungen  nicht  viel  erwarten.  Was 
übrigens  den  Einwand  betreffe,  Scamoni  habe  seine  Un- 
kenntniss  erklärt,  so  möge  man  auf  die  erste  Sitzung  zurück- 
gehen, wo  die  Sache  zuerst  zur  Sprache  kam,  und  dort 
würde  man  dieselbe  Unkenntniss  gewahren,  da  ausser  Herrn 
L,  Mayer,  der  sich  schon  länger  mit  der  Sache  beschäftigt 
hatte.  Niemand  eine  bestimmte  Ansicht  geäussert  habe. 

Der  Präsident  fordert  nun  die  Gesellschaft  auf,  zu  ent- 
scheiden, in  welcher  Weise  weiter  vorgegangen  werden  soll. 
Nach  einer  längeren  Discussion  über  die  Fragestellung  wird 
vom  Präsidenten  gefragt: 

Will  die  Gesellschaft  überhaupt  Herrn  B.  antworten? 

Einstimmig  Ja. 

Soll  die  Antwort  ein  ausführliches  Gutachten  enthalten 
oder  einfach  das  Resultat  der  bisherigen  Verhandlungen,  etwa 
wie  die  beiden  Schlusssätze  des  Entvmrfes  geben? 

Letztere  Frage  mit  Majorität  Ja. 

Die  Bearbeitung  dieser  Antwort  wird  der  bisherigen 
Commission  überwiesen,  die  durch  die  Herren  Leubuscher  und 
Ehert  verstärkt  wird. 


126  ^-    VerhandloDgen  der  OeselUchaft 

SitEnng  vom  28.  Mai  1861. 

Herr  Z.  Mayer  ^  in  der  vorigen  Sitzung  nicht  zugegen 
gewesen,  erbittet  das  Wort  und  giebt  anschliessend  an  das  eben 
verlesene  Protokoll,  die  ErkÜrung  ab,  dass  seine  BetheiligUDg 
an  der  qu.  Untersuchung  lediglich  durch  die  ihm  gestellte 
Aufforderung  bedingt  gewesen,  zu  untersuchen,  ob  die  be- 
treffenden Mädchen  an  Krankheiten  der  Genitalien  litten.  Die 
Frage,  ob  Onanie  d^  Grund  der  durch  die  Untersuchung 
festgestellten  Krankheiten  sei,  sei  erst  später  durch  Herrn  Or.  B, 
aufgeworfen  worden;  er  bitte  die  Gesellschaft,  diese  Erklärung 
zur  Rechtfertigung  seiner  Beiheiligung  aufzunehmen.  Uebrigens 
habe  er  allerdings  damals  die  Ueberzeugung  ausgesprochen, 
dass  Onanie  im  Spiele  sei,  denn  auch  neuere  Beobachtungen 
hätten  ihn  von  der  Richtigkeil  seiner  in  der  Sitzung  vom 
26.  März  d.  J.  dargelegten  Ansichten  über  die  örtlichen 
Erscheinungen  überzeugt. 

Herr  Eiert  bestreitet  die  Ansicht  des  Herrn  Z.  Mayer, 
dass  eine  sctüiessende  Scham  ein  notbwendiges  Zeichen  eines 
unberührten  Mädchens  in  der  Pubertät  sei.  Durch  vielfältige 
Untersuchungen  habe  er  folgende  Resultate  gewonnen:  Bei 
Neugeborenen  ist  die  Scham  geschlossen ;  allmälig  tritt  ein 
Auseinanderweicheh  der  grossen  Schamlippen  ein  und  steigert 
sich  bis  zum  9.  — 12.  Jahre;  in  diesem  Aller  fmdet  man  stets 
eine  klaffende  Scham.  Wie  solle  nun  in  den  folgenden 
Jahren,  wo  die  Pubertätsentwickelung  eintritt,  eine  so  plötz- 
liche Schhessung  derselben  erfolgen,  dass  man  eine  ge- 
schlossene Scham  als  notbwendiges  Zeichen  eines  unberührten 
14 — 16jährigen  Mädchens  verlange? 

Da  von  Herrn  Körte  der  Schluss  der  Debatte  beantragt 
und  von  der  Gesellschaft  angenommen  wird,  so  verhest 

Herr  Krieger,    als  Berichterstatter,    folgende  von   der 
Commission  entworfene  Antwort  an  Herrn  B. : 
Herrn  Dr.  B. 

„Auf  die  in  Ihren  Zuschriften  d.  d.  gestellten  beiden 
Fragen  hat  die  Gesellschaft  für  Geburtshülfe  in  ihrer  heutigen 
Sitzung  beschlossen,  in  folgender  Weise  zu  antworten: 

ad  1)  Dass  aus  dem  in  der  von  Ihnen  mitgetheilten  Tabelle 
ersichtlichem    Befunde    der   Scham    bei    unberührten 


1 


für  QebarUhfilfe  in  Berlin.  127 

Mädchen  iia  Alter  von  13 — 16  Jahren  die  Diagnose 
auf  Onanie  nicht  gesteUt  werden  könne,  weil  ein 
ähnlicher  Beftind  sowohl  aus  gestörten  Entwickelungs- 
vorgingen  als  auch  aus  verschiedenen  anderen  Krank- 
heitsursachen hervorgehen  kann, 

dass  aber,  wenn  solche  Ursachen  nicht  vorliegen 
und  doch  das  Allgemeinfinden  der  Mädchen  ein  krank- 
haftes ist,  aus  einem  solchen  Befunde  wohl  der  Ver- 
dacht der  Onanie  geschöpft  werden  könne,  namentlich 
wenn  auch  das  Benehmen  dieser  Mädchen  einen  solchen 
Verdacht  unterstützt, 
ad  2)  Dass  die  wissenschaftlichen  Erfahrungen  zur  Zeit 
noch  nicht  darüber  abgeschlossen  seien,  oh  auch 
tief<»*e  Texturveränderungen  und  Dislocationen  des 
Uterus  mit  der  Onanie  in  einen  ursächlichen  Zusammen- 
hang gebracht  werden  hönnen« 

Herr  Ebert  findet  Alinea  IL  der  Antwort  ad  1  nicht 
wissenschaftlich  begründet.  Wie  er  schon  früher  gesagt, 
leugne  er  den  Werth  des  localen  Befundes,  was  bleibe  dann 
für  die  Allgemeinerscheinungen  übrig?  Zittern,  Muskelmiruhe, 
Krämpfe  u.  s.  w.  seien  so  allgemeine  Bezeichnungen  und  kämen 
so  häufig  ohne  diese  Ursache  vor,  dass  er  ihren  Werth  für 
die  Diagnose  der  Onanie  nicht  einsehe;  und  sittliches  Be- 
nehmen! Gerade  die  Mädchen,  die  unsittliche  Worte  nicht 
scheuen,  seien  erfahrungsgemäss  oft  die  am  schwersten  zu- 
gänglichen. Uebrigens  sei  der  Einfluss  der  Onanie  auf  den 
Körper  weit  überschätzt;  er  habe  kürzlich  das  Geständniss 
einer  alten  Dame  gehört,  die  in  ihrer  Jugend  in  einem  Kreise 
gdebt,  wo  diese  Unsitte  zur  Mode  geworden  war;' nicht  nur 
diese  Dame  habe  ein  gesundes  hohes  Alter  erreicht,  sondern 
auch  die  übrigen  Theilnehmerinnen  seien,,  nach  Angabe  der- 
selben, gesund  geblieben,  hätten  geheiratbet,  gesunde  Kinder 
geboren  u.  s.'w.,  so  dass  wohl  der  Schluss  gerechtfertigt  wäre, 
der  Onanie  nicht  zugössen  verderblichen  Einfluss  zuzuschreiben. 

Herr  Kauffmann  wendet  em,  dass  der  Commissions- 
entwurf  nicht  ein  frivoles  Benehmen  im  Smne  gehabt,  sondern 
im  Gegentheile  ein  zurückgezogenes,  scheues,  unsicheres  Wesen 
und  daraus  seine  Verdachtsgründe  schöpfe. 


X28  ^I-    Verhandlungen  der  Gesellschaft 

Herr  L.  Mayer  betrachtet  die  Onanie  aOerdings  als 
Ursache  mannichfacher  Leiden.  Er  habe  wiederholt  bei  jung 
verheiratbeten  Frauen,  deren  gereizte  Genitalien  den  Coitus 
nicht  ertragen  konnten  und  die  durch  den  ehelichen  Umgang 
ernstere  Erkrankungen  erworben  hatten,  den  Grund  der 
Reizung  auf  früher  getriebene  Onanie   zurückführen   können. 

Erst  jetzt  beobachte  er  ein  Kind  von  8  Jahren;  dasselbe 
bekomme  Anfalle  von  Angst,  flüchte  in  einen  verborgenen 
Winkel  und  reibe  sich  so  lange,  bis  Erschlaffung  eintrete. 
Hier  sei  der  Verstand  sehr  in  der  Entwickehing  zurück- 
geblieben, während  die  übrigen  Kinder  dieser  Familie  gesund 
und  geistig  frei  entwickelt  wären.  ^) 

Herr  Wegecheider  findet  es  zwar  schwer,  immer  einen 
directen  Zusammenhang  nachzuweisen,  indess  ganz  leugnen 
lasse  er  sich  doch  nicht.  Dass  ein  Anstaltsarzt  indess  von 
vorn  herein  eher  auf  eine  solche  Vermuthung  kommen  müsse, 
sei  bei  der  namentlich  in  Erziehungshäusem  so  weit  ver- 
breiteten Unsitte  nur  zu  erklärlich. 

Herr  Ebert  will  nicht  gesagt  haben,  dass  Onanie  absolut 
unschädlich  sei,  indess  ihr  EinOuss  sei  doch  zu  wenig  gekannt 
und  deshalb  billige  er  jenen  Passus  nicht  —  Was  den  Fall 
des  Herrn  L.  Mayer  betreffe,  so  könne  er  darauf  auch  nur 
entgegnen,  dass  in  vielen  Familien  bei  sonst  gesunden  Kindern 
ein  Idiot  vorkomme;  da  aber  Idfoten  gerade  Hang  zur  Onanie 
hätten,  so  wäre  es  auch  in  diesem  Falle  sehr  fraglich,  welches 
das  primäre  Uebel  sei. 

Die  Debatte  wurde  allmälig  etwas  stürmisch  und  un- 
geregelt, ohne  wesentlich  neue  Punkte  zu  berühren.    Es  wurde 

1)  Herr  Fischer  hemerkte  nachträglich  cnm  Protokoll,  das« 
er  in  dem  Berichte  über  ein  hollündiaches  Waisenhans  ein  Zeichen 
erwähnt  gefanden  habe ,  ans  dem  die  Wärterinnen  mit  Sicherheit 
anf  getriebene  Onanie  schlössen:  nämlich  grosse  Speichelflecken 
auf  den  Kopfkissen,  da  mit  der  Erschlaffung  des  ganzen  Körpe/s 
und  in  dem  dadarch  herbeigeführten  tiefen  Schlafe  ein  Offenstehen 
des  Mnndes  eintrete,  so  dass  der  Speichel  nicht  zQr6ck  geh  alten 
und  verschlnekt  werde. 

Von  mehreren  Seiten  wnrde  diese  Beobachtung  indess  als 
gänzlich  werthlos  bezeichnet,  da  nach  Beobachtungen  an  den 
Rednern  selbst,  ein  jeder  tiefe  Schlaf,  herbeigeführt  durch  irgend 
eine  Abspannung  zu  unwillkürlichen  Speichelverlasten  disponire. 


für  Gebnrtshülfe  in  BeHin.  1^ 

deshalb  auf  Schluss   und   Abstimmung   angetragen    und   der 
Commissionsentwurf  der  Abstimmung  zu  Grunde  gelegt 

Es  stellte  sich  dabei  heraus,  dass  namentlich  Alinea  II. 
des  Passus  ad  1  eine  starke  Opposition  habe,  da  von  den 
Herren  Eherty  Groschen,  Si/rassmann  l.  u.  s.  w.  nicht  nur 
der  positive  Werlh  der  angeführten  Zeichen  vollständig  geleugnet, 
sondern  auch  gänzlich  in  Abrede  gestellt  wurde,  dass  sie 
Oberhaupt  auch  nur  den  Verdacht  auf  Onanie  begründen  könnten. 
Anderen  erschien  indess  das  Aussprechen  eines  Verdachtes, 
der  auf  so  positiven  Zeichen  fusse,  durchaus  passend,  und 
so  drohte  die  Abstimmung  die  Gesellschaft  in  zwei  Parteien 
zu  spalten ,  deren  jede  ein  gesondertes  Votum  abgeben,  würde. 
Der  Gommissionsentwurf  blieb  mit  9  Stimmen  von  25  in 
der  Minorität,  ebenso  das  Amendement  Ebert,  welches  eine 
einfache  Negation  der  aufgestellten  Frage  verlangte.  Durch 
Compromiss  wurde  dann  der  Passus  ad  1  mit  Weglassung 
des  Alinea  11.  einstimmig  angenommen.  Passus  ad  2  wurde 
in  etwas  veränderter  Fassung  angenommen,  so  dass  die  be- 
schlossene Antwort  folgendermaassen  lautet: 
An  Herrn  Dr.  B.,  Wohlgeb. 

Auf  die  in  Ihren  Zuschriften  vom  10.  März  und  10.  April 
gestellten  beiden  Fragen  liat  die  Gesellschaft  für  Geburtshülfe 
in  ihrer  heutigen  Sitzung  beschlossen,  in  folgender  Weise  zu 
antworten: 

ad  1)  Dass  aus  dem  in  der  von  Ihnen  mitgetheilten  Tabelle 
ersichtlichen  Befunde  der  Scham  bei  unberührten  Mädchen 
im  Alter   von  13 — 16  Jahren   die  Diagnose   auf  Onanie 
mit    positivem   Werthe    nicht    gestellt    werden    könne, 
weil   ein   ähnlicher  Befund   sowohl   aus   gestörten   Ent- 
wickelungSYorgängen,  als  auch  aus  verschiedenen  anderen 
,  Krankheitsursachen  hervorgehen  kann, 
ad  2)  Dass  nach  dem  jetzigen  Standpunkte  der  Wissenschaft 
nicht -nachzujveisen  ist,  dass  die  bei  jenen  Mädchen  ge- 
fundenen Gebärmutterleiden   mit  der  Onanie  in  causalem 
Zusammenhange  stehen. 
'     Berlin,  den  28.  Mai  1861. 
gez.  (7.  MayeTy  Dr.     gez.  Martin^    gez.  Dr.  KauffmanUy 
Präsident.  Yicepräsideot.  Secretär. 


130  V^-    ßtraumanh,  Zwi  neue  F&lle 

vn. 

Zwei  neue  FflUe  von  angeborenem  (ein&chem) 
Eystenhygrom  der  Sacroperinialgegend. 

Mitgetheilt 


Dr.  H.  Strasflinanii, 

Svonndlrsrit  der  geburtohOinielien  KUnSk  la  Berlin. 
(HiersQ  die  drei  Abbildaogen  Äy  B^  C  in  halber  natOrliober  Gröisa.) 

Die  Veröffentlichung  der  nachfolgenden  beiden  Beob- 
achtungen von  angeboreneni  Kystenhygrom  der  hinteren 
Kreuzbeingegend  erscheint,  abgesehen  von  dem  sonstigen 
Interesse,  welches  diese  Afterbildungen  haben,  durch  den 
Umstand  besonders  gerechtfertigt,  dass  in  dem  einen  dieser 
Fälle  durch  eine  bis  jetzt  gegen  diese  Tumoren  noch  nicht 
angewandte  chirurgische  Encheirese,  wenn  auch  nicht  Radical- 
heilung,  so  doch  Reduction  des  Tumors  auf  unschädliche 
Verhältnisse  erzielt  worden  ist 

Beide  Fälle  stammen  aus  der  Praxis  meines  älteren 
Bruders  und  haben  zwar  in  meiner  Inauguraldisseitation  (De 
bygromate  cystico  congenito  sacro-perinaeali.  Berolini  1859) 
bereits  eine  Besprechung  gefunden,  dürften  aber  bei  dem 
bekannten  Schicksale  derlei  Probeschriften  eine  weitere  Be- 
kanntmachung durch  diese  Zeitschrift  verdienen. 

Wernber^)  war  bekanntlich  der  Erste,  der  die  an- 
geborenen Kystengesch Wülste  einer  monegrapliischen  Be* 
handlung  unterwarf,  indem  er  sie  von  anderen,  äosserlich 
ähnlichen  Fremdbildungen,  mit  denen  sie  bis  dahin  zusammen- 
geworfen waren,  in  bestimmter  Weise  abgrenzte.  Von  den 
vielen  Benennungen,  die  damals  bei  der  Beschreibung  solcher 
Tumoren  in  Gebrauch,  erschien  ihm  der  Name  Hygroma  cysticum 
als  der  passendste.    Nach  dem  Sitze,  welchen  diese  Geschwülste 


1)  Die  angeborenen  Kystenhygrome  und  die  Ihnen  verwandten 
Gesohwölflte.     Giessen  1843. 


▼OD  angeborenem  (einfachem)  Kyatenhygrom  etc.        131 

eionehiiien,  und  zwar  ausschliesslich  einnehmen,  classificirte 
sie  Wemher  in:    1)   Hygroma    cysticum   congenitum   colli, 

2)  H.  c.  c.  cervicis,  3)  H.  c.  c.  axillare,  4)  H.  c.  c.  sacrale 
odör  perinäale.  Die  erste  dieser  vier  Gruppen  ist  die  häufigst 
beobachtete  und  ist  bereits  im  Jahre  1855  von  Gurlt^)  im 
ersten  Kapitel  seiner  sehr  sorgfaltigen  Monographie  besonders 
abgehandelt  worden.  An  zweiter  Stelle  der  Frequenz  nach, 
obschon  sie  immerhin  beträchtlich  seltener  vorkommen,  als 
die  des  Halses,  stehen  die  angeborenen  kystischen  Hygrome 
der  Sacroperinäalgegend.  Diese  letzteren  sind  erst  im  Jahre  1858 
Gegenstand  besonderer  Bearbeitung  geworden,  und  zwar  |n 
einer  Schrift  von  Lotzbeck^)  über  eingeborene  Tumoren  der 
hinteren  Kreuzbeingegend,  in  der  sie  unter  der  Rubrik  der 
hohlen  Fasergeschwülste  ')  aufgeführt  sind.  Uebrigens  verwirft 
Lotzbeck  wegen  der  Mannichfaltigkeit  in  der  Zusammen- 
setzung und  in  dem  histologischen  Bau  solcher,  äusserlich 
oft  gan?  ähnlicher,  angeborener  kystischer  Geschwülste  den 
von  Wemher  gewälilten  Namen  „Kysten-Hygrom"  als  un- 
zweckmässig und  theilt  die  angeborenen  kystischen  Formationen 
der  hinteren  Kreuzbeingegend  behufs  genauerer  Bezeichnung 
ihres  histologischen  Charakters  in  folgende  drei  Classen:^) 
1)  reine  Kystengeschwülste,  d.  h.  solche,  die  nur  einen  oder 
wenige  grosse  Kystensacke  enthalten,  ohne  alle  Zwischensubstanz 
oder  doch  mir  mit  einer  Spur  davon;  2)  in  gemischte 
Kystengeschwülste,  wo  eine  Reihe  von  isoliften  oder  commu- 
nicirenden  Kystea  durch  eine  Zwischensubstanz  von  beträcht- 
licher Mächtigkeit  z|]  einem  grösseren  Tumor  vereinigt  wird, 
mag  diese  Zwischensubstanz  nun  eine  rein  zellige  (carcinomatöse 
z.  B.)   oder   eine  bindegewebige  (fibröse)   sein;  und   endlich 

3)  in  zusammengesetzte  Kystengeschwülste,  wo  neben  den 
Kysten  und  der  Zwischensubstauz  andere  Gewebe,  Knochen, 
Knorpel  u,  s.  w.  in  die  Bildung  der  Geschwulst  miteingehen. 
Zwischen,  diesen  drei  Classen  existiren  indessen  Uebergänge 
so  mannichfaltiger   Art,   dass   die  genannte   Eintheilung  nur 

1)  Die  angeborenen  Kysten gescbwnlste  d.  Halses.  Berlin  1856. 

2)  Die    angeborenen    Gesehwülste    der   hinteren   Kreusbein- 
gegend.    München  1858. 

8)  L.  o.  8.  18. 
4)  L.  c.  S.  28. 


132  ^^*    Straannannt  Zwei  netie  Fälle 

Anspruch  auf  eine  gewisse  Uebersichtlichkeit,  keinesweges 
auf  scharfe  Abgrenzung  machen  kann,  und  ist  naroentlidi 
die  dritte  Classe  so  wenig  präcisirt,  dass  es  im  conci^t^i 
Falle  meist  von  dem  Belieben  des  Beobachters  abhängen  wird, 
ob  er  solche  Bildungen  zu  den  zusammengesetzten  Kysten- 
geschwülsten  stellen  oder  als  Intrafötation  aufRihren  will. 

Unsere  beiden  Beobachtungen  gehören  in  die  Kategorie 
der  eigentlichen  (reinen,  Lotzheck)  kystischen  Bildungen,  auf 
welche  der  Name  Kysten-Hygroro  noch  am  Besten  passt, 
d.  h.  sie  betreffen  Geschwülste,  die  aus  einer  (oder  wenigen) 
grossen  Kysten  bestehen,  welche  entweder  nur  eine  Höhle 
enthalten  oder  durch  Duplicaturen,  Vorsprünge  der  Innenwand 
in  mehrere  Abtheilungen  gebracht  sind.  Nach  Lotzbeck  reducirt 
sich  die  Zahl  der  im  Zeiträume  von  1843  (von  dem  Er> 
scheinen  der  l^ernAer'schen  Arbeit)  bis  1858  veröffentlichten 
Fälle  von  reinen  Kystengeschwülsten  der  Sacroperinäalgegend 
auf  sieben,  nämlich:  drei  Fälle  von  Gläser ')  in  Hamburg  (deren 
einer  von  ihm  selbst  beobachtet  ist,  während  die  anderen 
von  Keller  in  Philadelphia  beobachtet  und  von  O.  nur  mit- 
getheilt  sind);  ein  Fall  von  Lehmann,^)  in  der  Bonner 
Gebärklinik  beobachtet;  ein  Fall  von  Schindler,^  (dadurch 
indessen  etwas  zweifelhaft,  dass  man  sich  an  der  operirten 
Stelle  später  von  der  Abwesenheit  eines  Knochendefects  nicht 
mit  Sicherheit  überzeugen  konnte);  ein  Fall  von  Knöpft) 
und  endlich  ein  Fall  von  Schwarz,^)  Rechnet  man  die 
beiden  Beobachtungen  hinzu,  die  wir  im  Nachfolgenden  mit- 
theilen werden,  so  haben  wir  im  Ganzen  ein  Material  von 
neun  Fällen,  welches  wir  am  Schlüsse  einigen  statistischen 
Angaben  zu  Grunde  legen  wollen.  Zu  bemerken  ist  indessen 
noch,  dass  Lotzheck  auch  die  beiden  FäDe  von  Knopf  und 
Lehmann  von  den  reinen  Kystengeschwülsten  ausscheidet 
und  sie  den  gemischten  zuzählt,  weil  in  dem  einen  FaDe  ein 
knorpeliges,  in  dem  anderen  ein  ffl)röses  Substrat  sich  vorfand, 

1)  Drei  nene  Fälle  von  angeborenem  Rystenbygrom  der  Sacro- 
perinSalgegend.     Virchow]^  Arch.,  Bd.  XITI.,  8.  187. 

2)  Dentsche  Klinik,  1852,  No.  18. 
8)  Deatflche  Klinik,  1853,  No.  19. 

4)  DeatBcke  Klinik,  1863,  No.  42. 

5)  Lottheekt  L.  c.  S.  29  (im  Aaszage). 


von  angeborenem  (einfachem]  Eysteohygrom  etc.        133 

in  welches  die  Kysten  eiogelagert  waren.  Ich  glaube  indessen, 
dass  man  sie,  wie  auch  Oläeer  thut,  zu  den  reinen  Kysten- 
geschwülsten  rechnen  darf,  da  die  Zwischensubstanz  in  beiden 
Fällen  eigentlich  so  wenig  mächtig  war,  dass  sie  hmsichtlich 
der  Prognose  und  Therapie  nicht  besonders  in  Betracht  zu 
kommen  braucht 

Seit  dem  Erscheinen  der  Lotzbeck' sehen  Arbeit  sind 
mir  weitere  Hittheilungen  in  dieser  Richtung  nicht*  bekannt 
geworden. 

Es  folgen  nunmehr  unsere  beiden  Beobachtungen. 

Erster  Fall. 

Am  13.  Januar  1856  wurde  mein  Bruder  zur  Frau  K. 
gerufen,  uro  bei  deren  Entbindung  gegenwärtig  zu  sein.  Die 
36jährige  Kreissende  ist  voUkommea  wohl  und  wie  ihr  Mann 
von  Difformitäten  frei.  Sie  giebt  an,  ihr  erstes  Kind  leicht 
geboren  zu  haben.  Auch  die  eben  abgelaufene  (zweite) 
Schwangerschaft  habe  bis  auf  kleine,  sich  mehrmals  in  den 
letzten  Wochen  wiederholende  Hämorrhagien  aus  den  Geschlechts- 
theilen  und  ziemUch  starken  Schmerz  in  der  linken  Seite  des 
Abdomens  keine  Abnormitäten  gezeigt. 

Bei  der  Untersuchung  präsentirt  sich  die  Frucht  in  erster 
Schädellage,  der  Kopf  fest  mid  ziemlich  tief  im  kleinen  Becken 
stehend,  der' Muttermund  voUkonmien  erweitert.  Die  noch 
intacten  Eihäute  lagen  dem  Kopfe  ganz  dicht  an,  keine  Spur 
von  Vorwasser. 

Die  sehr  kräftigen  Wehen  hatten  keinen  Erfolg,  der 
Kopf  rückte  nicht  vor.  Die  Geburt  zog  sich  sehr  in  die 
Länge,  bis  endUch  der  Kopf  an&ig,  herabzurücken,  aber 
nun  sehr  rasch,  so  dass  er  nach  kurzer  Zeit  von  den  straff 
anliegenden  Eihäuten  bedeckt  geboren  wurde.  Der  übrige 
Körper  folgte  ebenfalls  leicht  bis  zum  Steiss.  Dieser  aber 
zögerte  trotz  sehr  energischer  Contractionen  des  Uterus,  und 
erst  einem  kräftigen,  einige  Zeit  fortgesetzten  Zuge  gelang 
es,  ihn  zu  Tage  zu  fardern.  Vollkommen  entwickeltes,  kräftiges 
Mädchen,  welches  bald  lebhaft  schrie.  Die  Nachgeburt  wurde 
kurz  darauf  leicht  aus  der  Scheide  entfernt. 

Als  Ursache  der  Verzögerung  der  Geburt  des  Beckenendes 
fand   sich   in   der   Sacroperinäalgegend   eine   Geschwulst  von 


134  VII.     Streuamanriy   Zwei  neue  PKlle 

sehr  belräcbtlichem  Umfange.  Von  den  unteren  Kreuzbein- 
wirbeln ausgehend  und  breilbasig  aufsitzend,  hatte  sie  nacb 
ungefährer  Schätzung  die  Grösse  eines  zweijährigen  Kinds- 
kopfes (s.  die  Tafel).  Sie  war  von  ovaler  Gestalt  und  ihr 
längster  Durchmesser  der  Wirbelsäule  parallel,  welche  Gestalt 
indess  bei  den  Lageveränderungen  des  Kindes  sich  änderte, 
wie  dies  die  Abbildungen  der  Tafel  versinnlichen.  Die  die 
Geschwulst  bedeckende  Haut  setzte  sich  nach  oben  in  die 
Haut  des  Rockens,  nach  unten  und  seitlich  in  die  des  Dammes 
und  der  Oberschenkel  ununterbrochen  fort.  Sie  war  stark 
verdünnt,  beträchtlich  gespannt  und  von  erweiterten  Venen 
durchzogen,  sonst  von  normalem  Aussehen  und  Beschaffenheit 
und  an  keiner  Stelle  mit  dem  darunter  liegenden  Gebilde 
verwachsen,  welches  sich  bei  der  Palpation  als  ein  von 
Flössigkeit  erfüllter,  ziemlich  derber  Sack  erwies.  In  dem 
oberen  Theilc  dieser  grossen  Geschwulst  konnte  man  eine 
kleinere,  taubenoigrosse  durchfühlen,  die  einen  etwas  hart* 
liehen  Inhalf  hatte,  an  der  Oberfläche  des  grossen  Tumors 
in  Form  eines  Knoten  prominirte  (a  der  Tafel)  und,  wie  es 
schien,  mit  der  grösseren  Geschwulst  nicht  communicirte. 
Der  Tumor  reichte  bei  aufrechter  Stellung  des  Kindes  bis  zu 
den  Fersen;  sein  Umfang,  der  Länge  nach  gemessen,  betrug 
45  Centim.,  der  Umfang  der  Basis  39  Centim.  Die  Geschwulst 
bot  durchweg  exquisite  Fluctuation  und  Transparenz;  härtliche 
Massen  nirgend  durchzufühlen.  Der  flüssige  Inhalt  liess  sich 
durch  Druck  in  keiner  Weise  verdrängen.  Uebrigens  erregten 
die  Compressionsversuche  weder  Schmerz,  noch  zeigten  sich 
dabei  jene  Cerebralerscheinungen,  wie  sie  die  Compression  von 
Hydrorrhachis- Säcken  hervorzurufen  pflegt.  Die  Wirbelsäule 
war  von  durchaus  normalem  Verhalten,  nirgend  ein  Defect 
im  Knochen. 

Bei  der  Untersuchung  per  anum  constatirte  man  eine 
apfelgrosse  kugelige  Geschwulst,  die  beim  Schreien  des  Kindes, 
sowie  überhaupt  bei  allen  Actionen  der  Bauchpresse  die 
Mastdarmwand  vor  sich  herstülpend  nach  unten  bis  nahe  an 
das  Orificium  ani  vorgedrängt  wurde.  Sie  fluctuirte  gleichfalls 
und  bot  dem  ganzen  Befunde  nach  mit  der  aussen  gelegenen 
grösseren  Bildung  die  grösste  Aehnlichkeit,  war  übrigens  mit 
dem  Pinger  genau  zu  umgehen  und  schien  mit  dem  grösseren 


von  angeborenem  (einfachem)  Kystenhygrom  etc.        135 

Sacke  nicht  zu  communiciren.  Ob  und  in  welcher  Art  diese 
innere  Geschwulst  von  der  Wirbeisäule  ausging,  war  nicht 
festzustellen. 

Die  unteren  Extremitäten,  die  Blase  und  der  Mastdarm, 
soweit  dies  zu  constatiren,  vollkommen  normal.  Das  Kind 
war  überhaupt,  wie  schon  erwähnt,  sonst  vollkommen  wohl- 
gebildet, abgesehen  davon,  dass  die  Afleröffnung  durch  den 
grossen  Tumor  nach  vom  dislocirt  und  die  Schamspalte  stark 
nach  der  Seite  verzogen  war,*) 

In  den  nächsten  Tagen  befand  sich  das  Kind  ganz  wohl 
und  nahm  sichtlich  zu;  indessen  resultirten  doch  aus  der 
Grösse  der  Geschwulst  so  beträchtliche  und  theilweise  so 
geßhrliche  Störungen,  dass  eine  Reduction  derselben  baldigst 
wünschenswerth  erschien.  Zunächst  konnte  das  Kind  weder 
bequem  getragen  noch  gelagert  werden,  da  bei  jeder  Lage 
und  Stellung,  abgesehen  von  einer  perpetuirlich  unmöglich 
durchzuführenden  Bauchlage,  die  Geschwulst  durch  den  Arm 
der  Tragenden  oder  den  Druck  des  Kindeskörpers  selbst  mehr 
weniger  insultirt  wurde.  Es  war  femer  leicht  ersichtlich, 
dass,  so  lange  die  Geschwulst  in  der  beschriebenen  Grosse 
fortbestand,  das  Kind  nicht  würde  gehen  lernen,  da  sie  nicht 
allein  der  Entwickelnng  der  Unterextremitäten,  sondern  über- 
haupt jeder  ausgiebigeren  Bewegung  derselben  hinderlich  war. 
Endlich  und  hauptsächlich  war  zu  furchten,  dass  die  ohnehin 
schon  sehr  verdünnte  und  gespannte  bedeckende  Haut,  sowohl 
durch  Druck  und  Zerrung,  als  auch  ganz  besonders  durch 
die  fortwährende  Berührung  mit  Harn  und  Fäces  exulcerircn 
oder  gangränesciren ,  der  darunter  liegende  Sack  sich  eröffnen 
und  so  ilas  Individuum  den  Gefahren  einer  lang  dauernden, 
in  diesem  Alter  so  leicht  erschöpfenden  Eiterung  ausgesetzt 
werden  würde. 

Alle  diese  Umstände  brachten  uns  zu  der  Ueberzeugung, 
dass  das  operative  Vei*fahren  nicht  länger  aufgeschoben  werden 
könne.  Zuvor  mnsste  jedoch  begreiflicherweise  die  Diagnose 
der  Geschwulst  mit  Sicherheit  festgestellt  sein.  Bei  genauerer 
ErwAgung  konnte  es  sich  bei  der  differentieUen  Diagnose  nur 
um  drei  Arten  von  Sacraltumoren  handeln,  entweder  lag  eine 


1)  Dies  Verhalten  ist   in   der  Tafel  sehlecht  wiedergegeben. 


136  ^^1-    Stranmannj  Zwei  neue.  Fälle 

Hydrorrhachis  vor,  oder  eine  Intrafölaiiou  (Foetus  in  foetu) 
oder  ein  angeborenes  Kystenhygrom.  Von  der  Hern,  dorsoalis 
konnte  bei  der  grossen  Seltenheit  dieser  Fälle,  der  Beschaffen- 
heit und  dem  Umfange  der  Geschwulst  ganz  abgesehen  werden. 
Hydrorrhachis  konnte  mit  einer  an  Gewissheit  grenzenden 
Wahrscheinlichkeit  ausgeschlossen  werden,  da  die  Wirbelsäule 
nirgend  einen  Defect  zeigte,  der  Tumor  durch  Comppession 
sich  nicht  verkleinern  liess,  also  die  eingeschlossene  Flüssigkeit 
beim  Drucke  nach  keiner  Seite  auswich;  da  ferner  durch 
den  Druck  keinerlei  Cerebralerscheinungen  hervorgerufen 
wurden,  da  endlich  die  Functionen  der  Harnblase,  des 
Mastdarms,  der  unteren  Extremitäten  durchaus  normal  waren. 
Es  sprach  gegen  Hydrorrhachis  überdies  der  tiefe  Sitz  der 
Geschwulst  (an  den  unteren  Kreuzhein  wirbeln),  die  relativ 
normale  Hautdecke  und  das  Vorhandensein  mehrerer  Ge- 
schwülste, mit  verschieden  consistentem  Inhalte,  von  denen 
die  eine  innerhalb  des  kleinen  Beckens  gelegen  war.  Nachdem 
Hydrorrhachis  einmal  ausgeschlossen  war,  musste  unseres 
Bedänkens  zur  Operation  geschritten  werden,  es  mochte  die 
vorliegende  Geschwulst  ein  reines  (einfaches)  Kystenhygrom 
sein  oder  neben  ihrem  flüssigen  Inhalte  vielleicht  noch  Bildungen 
enthalten,  die  sie  zur  Intrafötation  stempeln  würden,  eine 
Möglichkeit,  die  bei  der  gleichmässigen  Fluctuation  imd 
Transparenz,  bei  der  Abwesenheit  zu  palpirender  festerer 
Massen  höchst  unwahrscheinlich  erschien.  £s^  wurde  deswegen 
an  der  Diagnose  des  Kystenhygroms  festgehalten  und  die 
Entleerung  durch  die  Function  beschlossen. 

Am  1.  März,  47  Tage  nach  der  Geburt  wurde  mit  einem 
Troicart  ein  Einstich  gemacht  und  V/^  Quart  eine^  wasser- 
hellen, neutral  reaglrenden  Flüssigkeit  entleert,  die  nur  geringen 
Eiweissgehalt  auswies.  Nach  Entleerung  der  Flüssigkeit  collabirte 
der  Sack  vollständig,  mit  Ausnahme  jener  Stelle,  wo  der  kleinere, 
oben  erwähnte  Tumor  sass.  Dieser  war  durch  die  Function 
der  grösseren  Kyste,  ebensowenig  wie  die  innerhalb  des  Becken- 
kanals gelegene,  überhaupt  nicht  verändert  worden;  nur  war 
er  leichter  zugänglich,  so  dass  man  jeUt  feststellen  konnte, 
dass  er  dem  Steissbein  ziemlich  fest  angeheftet,  beweglich, 
aber  nicht  verschiebbar  war.  Die  noch  einmal  vorgenommene, 
jetzt  erleichterte  Untersuchung  überzeugte  uns  nochmals  von 


▼on  angeborenem  (einfachem)  Kystenhygrom  etc.       137 

der  normalen  Beschaffenheit  der  Wirbelsäule  und  der  Abwesen-  ^ 
heit  jeglichen   anderen  Inhalts  im  Kystenbalge;   sie  bestätigte 
mithin  die  gestellte  Diagnose  vollständig. 

Das  Kind  war  durch  die  Function  nicht  mehr,  als  zu 
erwarten,  afScirt  worden;  nerydse  Symptome  hatten  sich  nicht 
gezeigt.  ^ 

Die  leere  Hauttasche  wurde  mit  einer  Compresse  bedeckt 
in  die  Höhe  geschlagen  und  an  die  linke  Hinterbacke  befestigt. 

In  den  nächstfolgenden  Tagen  befand  sich  die  Kleine 
ToUkommen  wohl;  nur  behauptet  die  Mutter,  es  sei  nach  der 
Function  ein  mehrstündiger  Tenesmus  vorhanden  gewesen. 
Reichlicliere  Stuhlentleerungen  fanden  auch  noch  in  den  nächsten 
Tagen  statt.  Die  Hauttasche  blieb,  wie  zu  erwarten,  nicht 
lange  leer,  bald  begann  wieder  die  Ansammlung  von  Flüssigkeit, 
die  von  Tag  zu  Tag  wuchs  und  schon  am  6.  März,  fünf  Tage 
nach  der  Function,  in  solcher  Menge  vorhanden  war,  dass 
der  Kystensack  sich  nicht  mehi*  hinauf  schlagen  und  an  der 
Hinterbacke  festhalten  liess.  Da  es  uns  darauf  ankam,  dass 
die  Ansammlung  nicht  ihre  frühere  Grösse  erreichte,  so  wurde 
am  17.  März  zu  einer  zweiten  Function  geschritten,  durch 
welche  ein  halbes  Quart  eines  rötblich* gelben,  stärker  eiweiss- 
balligen  Serums  entleert  wurde.  ^)  Bei  der  vollkommenen 
Sicherheit  der  Diagnose  des  vorliegenden  Falles  glaubten  wir 
nicht  länger  von  dem  Radicalverfahren  abstehen  zu  dürfen 
und  injicirten  zu  diesem  Behufe  eine  Jod-Jodkali-Lösung 
Oj.  Jod,  $ij.  Jodkali,  3v.  Wasser)  mittete  Kanüle  in  den 
Kystensack.  Die  injicirte  Flüssigkeit  wurde  circa  5  Minuten 
darin  gelassen,  durch  Maciren  des  Sackes  alle  Punkte  desselben 
mit  der  Injectionsmasse  in  Berührung  zu  bringen  gesucht, 
sodann  möglichst  voOständig  entleert,  die  Stichöffnung  mit 
Heftpflaster  geschlossen  und  die  leere  Hauttasche  in  ein 
Suspensorium  gelegt,  welches  an  einer  den  Leib  umgebenden 
Binde  hing. 

Während  der  Operation  hatte  das  Kind  nicht  übermässig 
geschrien^  Gebimerscheinungen  zeigten  sicli  nicht.  In  der 
nächstfolgenden  Nacht  jedoch  —  die  Operation  war  gegen 


1)  Geformte  Elemente  konnte  ich  mit  dem  Mikroskop  darin 
nicht  auffinden. 
Ileiuitaehr.f«0«btir«ik.  1861.  Bd.  XYIU.,  Hfl.  t.  10 


138  ^'^*    StraBsmann,  Zwei  nene  Fftlle 

Abend  vorgenonuuen  worden  —  traten  heftige  Schmerzen  ein, 
wie  aus  dem  unaufhörlichen  Schreien  und  der  grossen  Auf- 
regung der  kleinen  Patientin  ersichtlich  war;  Schlaf  fehlte 
ganz,  Appetit  sehr  mangelhaft,  es  nahm  zwar  gierig  die 
Brust,  liess  sie  indess  nach  einigen  Zügen  wieder  fahren,  wie 
es  schien ,  von  Schmerz  gepeinigt.  Tenesmus  soll  nach 
Angabe  der  Mutter  auch  dieser  Operation  gefolgt  sein,  aber 
weit  geringeren  Grades  als  Akifangs,  mit  reichlichen,  dunkelen, 
meconiumartigen  Stuhlentleeruogen. 

18.  März.  Keine  Besserung,  zeitweilig  ScUaf,  Saugen 
immer  noch  sehr  mangelhaft.  Puls  200,  welche  Frequem 
indess  nicht  der  febrilen  Reaction,  sondern  lediglich  dem 
Sehmerz  zuzuschreiben,  da  die  Haut  kühl  und  das  Gesicht 
blass  war.  Die  kleine  Kranke  war  durch  die  Schmerzen 
dieser  einen  Nacht  der  Erschöpfung  nahe.  Der  Kystensack 
hatte  sich  etwas  gefällt,  die  bedeckende  Haut  wenig  geröthel, 
heiss.     Ord.:  Einige  Tropfen  TcL  op.  benz.  im  Syr.  Altbaeae. 

In  der  nächsten  Nacht  (18./ 19.)  war  die  Kranke  sehr 
unruhig  und  hörte  am  Id.  mit  Schreien  oichi'  auf.  Dabei 
war  die  Haut  kühl,  das  Gesicht  blass,  die  Augen  eingesunken, 
kurz  der  Coilapsus  so  beträchtlich,  dass  die  Besorgniss  eines 
baldigen  lethalen  Ausganges  recht  ernstlich  sich  aufdrängte. 
Die  Sache  nahm  indess  eine  günstigere  Wendung:  das  Kind 
fiiig  an,  sich  allmälig  zu  erholen  und  erlangte  beim  Gebrauche 
des  Tokaierweins  bald  sein  früheres  Wohlbefinden. 

Die  auf  die  Injection  der  Jodlösung  folgende  Exsudatien 
wuchs  bis  zum  27.  März  zur  Grösse  einer  starken  MannsfausI 
an  und  blieb  dann  stationär,  hn  Kystenbalge  konnte  man 
die  bekannte  Crepitation  wahrnehnsen,  wie  sie  den  exsudirten 
Pibringerinnseln  eigenthümlich.  Eine  feinere  Crepitation,  wie 
Schneeballknirschen,  liess  sich  auch  in  der  kleineren,  auf  dem 
Steissbein  gelegenen  Kyste  const^Kiren;  es  hatte  also  auch 
in  dieser  eine  exsudative  Entzündung  stattgehabt  und  es 
musste  dem  entsprechend  eine  Communication  mit  der  grossen 
Kyste  angenommen  werden.  In  wie  weit  die  innen  gelegene 
Kyste  durch  die  Injection  verändert  war,  Hess  sich  damals 
nicht  feststellen,  es  ist  mir  indess  sehr  wahrscheinlich,  dass 
auch  diese  durch  das  operative  Verfahren  zum  Schrumpfen 
gebracht  worden  sei,   da   ich  sie  bei  einer  27^  Jahre  spater 


von  angeborenem  (einfachem)  Kystenhygrom  etc.       139 

per  rectnin   anternommenen  Untersachung   nicht  mehr  auf- 
finden konnte. 

Die  Crepitation  persistirte  in  der  kleineren  Kyste  Ungere 
Zeit,  während  sie  in  der  grösseren  hald  verschwand,  indem 
der  Inhalt  immec  flüssiger  wurde.  Die  Geschwulst  Mieb  von 
da  ab  an  Aussehen  und  Umfang  unverändert,  und  diie  Gefahr 
der  Gangrän  oder  Ulceration  konnte  somit  als  gänzlich  beseitigt 
angesehen  werden.  Da  femer  die  jetzige  Grösse  die  einer 
starken  Hannsfaust,  weder  den  Bewegungen  der  unteren 
Extremitäten  noch  der  Röckenlage  oder  einer  sonstigen  Lage 
des  Kindes  hinderlich  war,  so  wurde  von  einem  weiteren 
operativen  Eingriff  Abstand  genommen ,  .  zu  welchem  das 
schwere  Ergriffensein  des  Kindes  nach  der  Jodinjection  nichts 
weniger  als  ermuthigte,  und  eine  Wiederholung  för  den  FaU 
vorbehalten,  dass  die  Flössigkeitsans^mmlung  wieder  zunehmen 
sollte.    Dies  ist  indess  niemals  der  Fall  gewesen. 

Im  October  1858,  drittehalb  Jahre  nach  der  Operation, 
untersucjite  ich  die  Kleine  abermals  und  fand  Folgendes: 
Von  der  linken  Hinterbacke  hängt  ein  unregelmässig  gestalteter 
Hautsack  herab,  dessen  unterer  Thril  sehr  stark  gerunzelt 
ist;  die  Haut  ist  ein  wenig  welk  und  gelblich,  sonst  normal. 
Im  untersten  Theile  dieses  häutigen  Sackes  liegt  der  stark 
verdickte  und  gefaltete  Kystafdsalg,  dessen  Wände  pergament- 
artig knittern  und  in  welchem  man  weder  einen  flössigen 
noch  sonst  einen  Inhalt  erkennen  kann.  MH  der  bedeckenden 
Haut  ist  er  nirgend  vemvachsen  and  für  Licht  undurchgängig. 
Er  liegt,  wie  schon  bemerkt,  nur  in  dem  unteren  Theile  der 
Hauttasche,  während  deren  oberer  leerer  Tbeii,  einen  nur  wenig 
schmäleren  Stiel  darstellend,  in  die  Röckenhaut  übergeht.  Der 
Umfang  des  kugeligen  Kystensackes  beträgt  ungeffihr  14  Centim., 
während  die  ihn  beherbergende  Hauttasche  selbstredend  viel 
grösser  ist,  da  sie  im  Schrumpfen  mit  dem  Kystensacke  nicht 
gleichen  Schritt  hielt.  Auch  die  kleine  Kyste  ist  noch  auf«- 
zofinden,  nur  ein  wenig  nach  links  und  ^oben  verschoben 
und  sehr  hart,  etwa  haselnussgross.  Unterhalb  dieses  härt- 
lichen Knotens  gewahrt  man  die  Spitze  des  schwanzartig, 
fast  im  rechten  Winkel  mdk  afussen  gesteiften  Steissbeins,  ^ 
welches  mit  dem  Kreuzbein  unbeweglich  verbunden  zu  seiil 
scheint    Bei  der  Untersuchung  durch  den  Mastdarm 

10* 


140  VII.    StrMsmann,  Zwei  nene  Fälle 

habe  ich  von  der  früher  vorhandenen  Kyste  nichts 
mehr  entdecken  können.  Anus  und  Scham&palte  nicht 
didocirt.  Beschwerden  erwachsen  durch  diesen  Appendix  gar 
nicht,  das  Mädchen  ist  kraftig,  körperliche  und  geistige 
Functionen  vollkommen  normal. 

Aus  dem  geschilderten  Befunde  ist  ersichtlich,  dass  man 
das  Residuum  der  früheren  Kyste  sehr  leicht  exsürpiren  oder 
durch  Ecrasement  eine  radicalß  Beseitigung  der  Geschwulst 
herbeiführen  könnte.  Bei  der  völligen  Unschädlichkeit  derselben 
und  da  in  diesem  Alter  mid  dieser  Körperregion  vor  der  Hand 
von  einer  Operation  par  complaisance  nicht  die  Rede  sein 
kann,  halten  wir  einen  chirurgischen  Eingriff  nicht  lür  indicirt 

Zweite  Beobachtung. 

Dieser  Fall  bietet  therapeutisch  kein  Interesse,  da  der 
herbeigezogene  Arzt  das  Kind  bereits  todt  fand.  Mein  Bruder 
war  bei  der  Entbindung  nicht  gegenwärtig  gewesen,  sondern 
erst  zur  Entfernung  der  Placenta  geholt  worden.  Die  Geburt 
soll  leicht  von  Statten  gegangen  sein,  das  Kind  indess  nur 
mit  schwacher  Stimme  geschrieen  haben  und  nach  wenigen  In- 
8pirationsve4*suchen  verstorben  sein.  Ich  uiuss  leider  hinzufügen, 
dass  diese  Angaben  der  Zuverlässigkeit  durchaus  entbdiren. 

Bei  der  Inspection  der  Kindesleiche  fand  sich  das  um- 
hüllende Leinenzeug  mit  theilweise  noch  flüssigem  Blute  befleckt. 
Diese  Blutung  stammte  aus  einer  dem  Kreuzbeine  mit  breiter 
Basis  aufsitzenden,  fast  genau  halbkugeligen  Geschwulst,  von 
der  Grösse  einer  starken  Mannsfaust  Die  sie  bedeckende 
Haut  ging  von  der  Basis  allseitig  in  die  Haut  des  Rückens 
und  Dammes  ununterbrochen  über,  nur  an  der  höchsten 
Stelle  der  Geschwulst  zeigte  sich  eine  Continuitätstrennung 
in  der  Form  einer  linsengrossen,  vollkommen  runden  Oeßhung, 
durch  welche  man  in  eine  geräumige  Höhle  gelangte.  Von 
dieser  OefTnung  liefen,  wie  von  einem  Centrum  radienartig 
nach  verschiedenen  Richtungen  längere  oder  kürzere  Furchen, 
die  durch  die  Haut  und  das  Dnterhautbindegewebe  bis  auf  den 
Kystensack  drangen.  Dieser  Habitus  machte  ganz  den  Ein- 
druck, als  ob  die  Geschvvulst  ducch  eine  längere  Zeit  dauernde 
Compression  und  dadurch  bedingte  Dehnung  ihrer  Integumente 
an   der  prominentesten   und    deshalb  am   meisten   gedehnten 


Yon  ang^eborenem  (einfachem)  KjBtenhjgrom  eto.       141 

Stelle  geborsten  sei,  obschon  die  voQkommen  runde  Gestalt 
der  Perforationsöffnung  gegen  diese  Annahme  sprach.  Leider 
liess  sich  aus  der  sonstigen  Beschaffenheit  dieser  Oeffnung 
nicht  mit  Sicherheit  feststellen ,  ob  dieselbe  eine  frisch  (inter 
partum)  entstandene  oder  alte  sei.  Ersteres  ist  mu*  indess 
wahrscheinlicher  aus  Gründen,  die  ich  weiler  unten  noch  an- 
fahren werde.  Aus  der  beschriebenen  Oeffnung  nun  sickerte 
bei  Rückenlage  des  Kindes  ununterbrochen  Blut,  welches  bei 
Compression  der  Geschwulst  zunahm.  Bei  der  Palpation  er- 
kannte man  unter  der  Haut  den  nicht  sehr  dicken  Kystensack 
und  in  demselbeji  n^ben  dem  flussigen  Blute  halbweiche  elastische 
Massen,  wie  Blutcoagula.  Der  ganze  Befund  war  ein  solcher, 
dass  wir  die  Diagnose  des  angeborenen  Kystenhygroms  sofort 
mit  ziemlicher  Sicherheit  stellen  konnten.  Den  Tod  des  Kindes 
schoben  wir  auf  die  Hämorrhagie  aus  der  geborstenen  Ge- 
schwulst, um  so  mehr,  als  die  Anwesenden  Tersicherten,  das 
Kind  hätte  unmittelbar  nachher  Geburt  aus  der  Geschwulst 
Blut  verloren.  Die  Obduction  brachte  uns  indess  zu'  einer 
anderen  Ansicht. 

Die  16  Stunden  nach  dem  Tode  angestellte  Section  ergab 
folgenden  Befund:  Vollkommen  ausgetragene,  gut  entwickelte 
Leiche   weiblichen   Geschlechts,   ohne   sonstige  Abnormitäten. 

Gehirn  und  seine  Häute  sehr  hyperämisch,  in  den 
Ventrikebi  ziemliche  Menge  röthlichen  Serums. 

Lungen  roihbraun,  sehr  blutreich,  von  ßtalem  Volumen. 
Lufthaltige  Vesikehi  nur  ganz  yereinzelt  an  den  scharfen 
Rändern,  das  ganze  übrige  Parenchym  atelektatisch. 

Herz  in  seiner  rechten  Hüfte  von  Blut  ausgedehnt,  sonst 
normal. 

Parenchymatöse  Organe  des  Abdomen  und  Darm- 
kanal im  Zustande  venöser  Hyperämie.  In  den  Nieren  ein 
Hamsäureinfarkt. 

Dieser  Befund  widerlegte  unsere  ursprüngliche  Ansicht, 
dass  der  Tod  des  Kindes  durch  die  während  imd  nach  der 
Geburt  erfolgte  Hämorrhagie  aus  der  rupturirten  Geschwulst 
erfolgt  sei,  einmal  durch  den  Nachweis  der  Atelektase  der 
Lungen,  sodann  aber  auch  durch  die  Hyperämie  der  innereti 
Organe. 


142  VII.    Straatmann,  Zwei  nea«  Fälle 

Behufs  genauerer  Untersuchung  wurde  nur  das  Kreuzbeia 
aus  seinen  Verbindungen  gelöst,  saount  den  Weiehtbeilen, 
soweit  sie  die  Geschwulst  begrenzten,  herausgenommen  und 
durch  einen  Längsschnitt  diese  letzteren  eröffnet.  Es  zeigte 
sich  eine  Höhle  ?on'  der  Grösse  eines  mittelgrossen  Apfels; 
die  mit  ziemlich  frischen  Goagulis  erfüllt  war.  Was  sonst 
von  Inhalt  die  Kyste  eingeschlossen  hatte,  liess  sich  wegen 
der  in  ihre  Cavitat  erfolgten  Blutung  begreiflicherweise  nicht 
feststellen;  mit  Sicheriieit  war  indess  die  Abwesenheit  von 
Residuum  früher  stattgehabter  Hämorrhagien  nachzuweisen. 

Der  wenig  derbe,  genau  ovale  Kystensack  erstreckte  sich 
mit  seinem  oberen  Ende  bis  in  die  Nähe  der  Kreuzbeinspitze, 
eireichle  dieselbe  jedoch  nicht,  sondern  war  an  ihr  durch 
einen  ziemlich  dichten  ßindegewebsstrang,  der  gegen  den 
Hiatus  canal.  sacral.  zu  verlief,  angeheilet.  Er  sass  mithin 
an  der  äusseren  Fläche  des  rudimentären  Steissbeins,  welches 
dadurch  nach  Innen  dislocirt  war.  Die  Höhle  der  Kyste  war 
durch  eine  scharfrandig  vorspringende,  klappenartige  Falte, 
eine  Duplicatur  der  Wandung  an  der  dem  Kreuzbeine  zu- 
gewendeten Seite,  die  sich  äusserlich  durch  eine  massige 
Einschnürung  (beginnende  Tbeilung)  mariiirte,  in  eine  kleinere 
obere  und  grössere  untere  Abtlieilung  gebracht  Kleinere 
bis  kirschgrosse  Ausstülpungen  der  Kystenwand  'waren  in 
variabler  Grösse  ziemlich  zahlreich  vorhanden.  Von  diesem 
Vorsprunge  ausgehend,  hing  in  die  untere  Cavität,  sie  fast 
ganz  erfüllend,  eine  dichte,  röthliche,  dem  Placentai^ewebe 
täuschend  ähnliche  Masse  herab,  die  aus  zahllosen,  in  einem 
dünnen  Bindegewebslager  verlaufenden  Blutgefässen  zu  bestehen 
schien.  Ausser  dieser  grösseren  Masse  fanden  sich  kleinere 
büschelförmige.  Anhäufungen  solcher  Excrescenzen,  welche 
stellenweise  der  Innenfläche  der  Kyste  ein  sammetartiges, 
villöses  Aussehen  gaben.  Der  Kystensack  selbst  bestand  aus 
zwei  trennbaren  Membranen,  einer  äusseren  derberen,  fibrösen 
und  einer  inneren  dünnen,  durchscheinenden,  dem  kindlichen 
Peritonäum  sehr  ähnlichen  (serösen?)  Membran. 

Parallel  verlaufend  mit  dieser  äusseren  fanden  wir  eine 
zweite  innen,  zwischen  dem  unteren  Ende  des  Kreuzbeins, 
dem  Os  coccyg.  und  hinteren  Rectalwand  gelegene  Kyste,  fast 


von  aDgeboranem  (einfachem)  Kyatenbygrom  etc.       143 

▼on  derselben  Grö^,  die  von  der  äusseren,  nur  nach  oben 
durcb  die  KreuzbeinspiUe  und  das  rudimentäre  Steissbein 
getrennt,  nacb  unten  dagegen  in  ganzer  Anlehnung  mit  ihr 
▼erwachsen  wai*.  Diese  innere  Kysle  reichte  etwas  weiter 
hinauf,  als  die  aussen  gelegene,  etwa  bis  zum  dritten  falschen 
Kreuzbein  Wirbel,  an  dem  sie,  wie  die  der  Innenfläche  des 
Steissbeins  durch  laxes  Bindegewebe  angeheftet  war.  Bei  der 
Exploration  per  anum  musste  man  sie  nothwendigerweise  fühlen. 
Was  sie  enthalten,  darüber  kann  ich  leider  Nichts  angeben« 
da  sie  ganz  unvermuthet  eröffnet  wurde  und  der  Inhalt  ausfloss. 

Das  Kreuzbein  zeigte  an  keiner  Stelle  einen  Defect,  auch 
sonst  keine  Anomalie;  der  HiaU  caual.  sacral.  fest  verschlossen. 
Der  Sacralkanal  selbst,  wie  ein  Verticaldurchschnitl  durch  das 
Kreuzbein  zeigte,  ebensowie  die  Spiralnieningen  und  die 
MeduUa  Yollkommen  normal 

Bei  der-  mikroskopischen  Untersuchung  erwies  sich  der 
Kystensack  aus  derbem  Bmdegewebe  bestehend,  mit  sehr 
zabfa*eichen,  reihenweise  gestellten  elastischen  Fasern.  Die 
zottigen  Excrescenzen  hatten  einen  trabekulären  Bau,  indem 
Hutgefässe  verschiedenen  Kalibers  mit  BindegewebsböndelD 
dicht  verfilzt  waren.  Frequenz  und  Art  der  Anordnung  der 
Gefasse  entsprachen  ganz  dem  Bilde,  welches  die  mikroskopische 
Betrachtung  der  Plexus  chioid.  liefert,  eine  Aehnlichkeit,  die, 
beiläufig  bemerkt,  noch  dadurch  täuschender  wurde,  dass  sich, 
ziemlich  zahlreich  jene  concentrischen  Bildungen,  die  so* 
genannten  Corpuscula  amylacea  vorfanden,  die  im  Gehirn  nicht 
etwa  selten  angetroffen  werden. 

So  weit  unsere  Beobachtungen,  denen  ich  noch  einige 
allgemeine  Bemerkungen  anzuf&g^  mir  erlaube. 

Zunächst  beweisen  beide  Fälle  die  schon  von  den  früheren 
Autoren  ausgesprochene  Ansicht,  dass  derlei  Geschwülste  am 
unteren  Rumpfende  beim  weiblichen  Geschlechte  häufiger  sind. 
Unsere  beiden  Individum  waren  Mädchen.  Unter  den  sechs 
Fällen  bei  LoUbeck^  bei  denen  das  Geschlecht  angegeben, 
finden  sich  vier  Mädchen  und  zwei  Knaben:  es  kommen  somit 
von  acht  solchen  Fällen  sechs  auf  das  weibliche  Geschlecht. 

Unsere  Beobachtungen  bestätigen  ferner,  dass  die  be- 
hafteten Individuen  im  Uebrigen  wohl  entwkkelt,  kräftig  und 


144  ^n.    Strassmann,  Zwei  neue  Fälle 

von  Abnormitäten  frei  sind,  ganz  im  Gegensatz  zu  den  an- 
geborenen Axillarhygromen,  bei  denen  ausser  diesen  bedeutende 
und  constante  Abnormitäten  sich  finden.^) 

Die  Grösse  der  Geschwulst  in  unserem  ersten  Falle  hatte 
ein  Hinderniss  bei  der  Geburt  des  Steisses  abgegeben,  wdches 
sich  erst  durch  eineb  länger  dauernden  kräftigen  Zug  be- 
seitigen liess.  In  einem  Fall  von  KeUer  war  das  Hinderniss 
so  beträchtlich,  dass*  der  stumpfe  Haken  angewendet  werden 
musste,  und  in  einem  zweiten  Falle  desselben  Beobachters 
musste  sogar  die  Kyste,  mit  der  das  sonst  vollständig  geborene 
Kind  noch  im  Uterus  steckte,  behuts  Vollendung  der  Geburt 
punctirt  werden.  In  diesen  drei  Fällen  lag  die  Frucht  mit 
dem  Kopfe  vor.  In  einem  Falle  von  Lehmann^  wo  es  sich 
um  Beckenendelage  handelte,  musste  die  Geburt  durdi  eine 
mühsame  Extraction  beendet  werden.  Unter  neun  Fftlloi 
also  vier  Mal  ein  Geburtshinderniss  durch  die  Geschwulst, 
gleichfalls  '  eine  Eigenthumlicfakeit  der  Sacroperinäalhygrome, 
da  angeborene  Kystenhygrome  des  Nackens  nur  bei  nicht 
ausgetragenen  und  überdies  kleinen  (mitbin  den  Beckenkanal 
leicht  passirenden)  Früchten  sich  finden,  und  auch  von  den 
angeborenen  „Hygromen  am  Halse  es  nicht  bekannt  ist,  dass 
sie  die  Geburt  jemals  erschwert  hätten.  ^^) 

Verschiebung  des  Anus  nach  vorn,  wie  in  unserem  ersten 
Falle,  findet  sich  auch  in  den  Beobachtungen  von  Lehmann 
und  JCnogf. 

Kysten  innerhalb  des  Beckens  (neben  der  äusseren)  finden 
sich  in  unseren  beiden  Beobachtungen  und  iii  denen  von 
Knopf  und  Oläser,  Heines  Bedünkens  ist  ein  solcher  beTund 
in  den  Fällen,  wo  es  sieh  um  die  an  Lebenden  mitunter 
sehr  schwierige  differentielle  Diagnose  zwischen  Kyst^ihygrom 
und  Hydrorrhachis  handelt,  für  die  erstere  von  Entscheidung. 
Man  versäume  daher  niemals  in  derartigen  Fällen  die  Unter- 
suchung per  anum. 

Dislocation  des  Steissbeins  (schwanzförmig)  nach  Aussen, 
wie  in  unserer  ersten  Beobachtung,  wird  auch  von  Qläser 
und  Knopf  berichtet. 


1)  Cf.  Wemher,  1.  e.  S.  38. 

2)  Wernhsr,  L.  o.  8.  42. 


▼on  aageborenem  (einfachem)  Kyetenhygrom  etc.       145 

¥iii$se  Excrescenzeii,  placentaähnliche  Massen  an  der 
Innenwand  finden  sich  in  unserem  zweiten  Falle  und  in  beiden 
von  Ketter  beschriebenen.  In  allen  dreien  gaben  sie  Ver- 
anlassung zu  Hämorrhagien. 

Was  die  Prognose  der  erwähnten  kystischen  Bildungen, 
die  angeboren  in  der  Sacroperinäalgegend  sich  finden,  betrifft, 
so  ist  dieselbe  im  Ganzen  sehr  nngänstig;  so  behaftete 
Individuen  erfreuen  sich,  wenn  nicht  chirurgisch  eingeschritten 
wird,  in  der  -grössten.  Mehrzahl  der  ][fälle  keiner  längeren 
Lebensdauer.  Aber  auch  der  operative  Eingriff  hat  bis  jetzt 
in  zwei  Dritttheilen  der  Fälle  ein  ungünstiges  Resultat  gehabt. 
Von  den  erwähnten  9  Fällen  starben  3  (ohne  Operation). 
Von  den  6  Operirten  starben  4.  Geheilt  wurden  2  (Schindler 
und  unser  erster  Fall). 

Unter  den  todtlich  abgelaufenen  Operationen  wurde  zwei 
Mal  die  Function  (Keller),  ein  Mal  die  Exstirpation  (Schwarz) 
und  ein  Mal  Function  mit  wiederholter  Incision  (Oläaer) 
gemacht. 

Von  den  Operationen  mit  günstigem  Verlaufe  war  die 
eine  die  Ligatur  (Schindler),  die  andere  die  Function  mit 
nachfolgender  Jodinjection  (unser  erster  Fall). 

Was  nun  dieses  letztere  Verfahren  betrifft,  die  Function 
mit  nachfolgender  Jodinjection,  so  ist  unser  Fall  das  einzige 
Beispiel  einer  auf  diese  Weise  versuchten  und  zu  Stande 
gebrachten  Heilung.  Noch  Lotzbeck  ^)  berichtet  (1858),  dass 
ein  solcher  Versuch  a  priori  zwar  nicht  zu  verwerfen,  in 
dieser  Localitat  aber  noch  nicht  angesteUt  sei.  Der  günstige 
Erfolg,  den  wir  erzielten,  soll  indess  keine  Aufforderung  sein, 
in  allen  Fällen  in  dieser  Weise  einzuschreiten,  zumal  wenn 
wir  an  die  nach  der  Jodmjection  aufgetretenen  schweren  Er> 
seheinungen  denken.  Unseres  Bedünkens  existirt  vielmehr 
eine  Indication  zu  einem  solchen  Eingriff  nur  dann,  wenn  die 
Sacroperinäalgeschwulst  eine  rein  kystische  ist  oder  doch 
festeres  Gewebe  nur  in  geringerer  Menge  enthält,  wenn  sie 
rasch  wächst  oder  gleich  in  solcher  Grösse  auftritt,  dass  sie 
beträchtlich^  Störungen  hervorruft,   wenn  endlich  ulcerativer 

1)  L.  c.  S.  68. 


146  ^^^'    StTMunafm,  Zwei  neae  Falle  eto. 

oder  gangränöser  Aufbruch  das  betreffende  Indmdmun  den 
Gefahren  einer  lang  dauernden  Eiterung  aussusetzen  droht- 
In  solchen  Fällen  ist  die  Function  mit  Jodinjection  unseres 
Erachtens  allerdings  das  wenigst  ^greifende  Verfahren,  um 
so  mehr,  als  sich  vielleicht  so  bedenkliche  Erscheinungen, 
wie  sie  in  unserem  Falle  der  Jodinjection  folgten,  dadurch 
vermeiden  Hessen,  dat^s  man  mit  einer  nur  schwachen  Jod- 
lösung beginnt  und,  wo  nöthig,  später  conceotrirtere  in 
Anwendung  zieht  Freilich  wird  man  bei  grossen  Kysten- 
geschwulsten  selbst  ^nach  der  Jodinjection  später  noch  lur 
Exstirpation  schreiten  müssen ,  da  die  Residuen  des  ge- 
schrumpften Kystenbalges  sammt  der  bedeckenden  Haut  iranio' 
noch  einen  nicht  unbeträchtlichen  Appendix  constituiren  werden; 
indess  hat  man  dann  den  doppelten  Vortheil:  einmal  warten 
zu  können,  bis  die  Individuen  älter  und  kräftiger  sind,  anderer- 
seits würde  die  dann  erforderliche  Verletzung  bei  dem  reducirten 
Volumen  selbstverständlich  viel  kleiner  ausfallen  können. 

Was  di%  sonst  in  Anwendung  gezogenen  Verfahren  betrifll, 
so  giebt  Ourlt  ^)  bei  der  Behandlung  der  angeborenen  Kystaii- 
hygrome  des  Halses  der  Indsion,  nach  Bedarf  wiederholt,  vor 
allen  anderen  Methoden  den  Vorzug;  von  der  Jodinjection 
spricht  er  indess  hierbei  nicht.  Lotzbeck^)  iel  mehr  lur 
die  Exstirpation,  zumal  wenn  festere  Massen  in  der  Geschwulst 
enthalten  sind  und  dieselbe  breitbasig  aufsitzt 

.  Die  Ligatur  dürfte  in  solchen  Fällen  nur  als  Ecrasement 
oder  mit  der  galvanischen  Schneideschlinge  vorgenommen 
werden.'  Hierzu  ist  indess  nöthig,  dass  die  Geschwulst  mitiels 
eines  Stieles  inserirt  sei,  was  nur  selten  zu  beobachten. 

Zum  Schlüsse  urgiren  wir  noch  einmal,  dass  alle  Beob- 
achter darin  einig  sind,  dass  man,  so  lange  keine  Gefahr 
vorhanden,  mit  der  Operation  durchaus  warten  soll,  dass  die 
Gefahr  allein  die  Indication  zum  chirurgischen  Eingriffe  ab- 
giebt  und  dass  andere  Rücksichten  dabei  nicht  in  Betracht 
kommen  können. 


1)  L.  c.  S.  85. 

2)  L.  c.  S.  58. 


yni.    Dokm,  U^ber  die  Torsion  der  Nabeüiohnar  etc.      147 


VIIL 

üeber  dia  Toraion  der  NabelBchnor  imd  daduroh 
bediB^  Stenosen  der  Gefässe, 

Von 

Dr.  R.  Dohm, 

Aulft«nrftrat  d#r  geborUhülflleh«a  Klinik  sa  Kiel. 
(Mit  vier  Abbildangen.) 

Historisches.  Vor  dem  17.  Jahrhundert  ist  man  auf 
die  Torsion  der  Nabelschuur  als  eine  Ursache  des  yorzeitigeu 
Absterbens  der  Frucht  nicht  aufmerksam  geworden.  Die  erste 
hieiiier  gehörige  Beobachtung  machte  Ruyach  1691.^)  Es 
fand  sich  bei  einer  todtgeborenen  Frucht  die  Nabelschnur 
peitschenförmig  zusammengeschlungen,  wie  wenn  bei  fixirt£r 
Mitte  die  beiden  Nabelstrangenden  künstlich  um  einander  ge> 
wunden  wären.  —  Aehnlich  scheint  der,  mir  nur  nach  einem 
Citate^)  bekannte  Fall  von  Lütre  gewesen  zu  sein.  Auch 
hier  war  die  Nabelschnur  durch  zahkeiche  Windungen  bis 
auf  die  Hälfte  verkürzt.  Bei  Burdach  (1758)  ')  begegnen  wir 
zuerst  einer  Unterscheidung  Von  Constiüctio  und  Contorsiones 
nimiae  funiculi  umbilicalis-  und  glaubt  Burdach  den  nach*^ 
theiligen  Einfluss  der  letzteren  nicht  allein  in  Behinderung 
des  Blutlaufes  der  Umbilicalgefässe,  sondern  auch  in  der 
Gefahr  der  Ablösung  der  Placenta  erblicken  zu  müssen.  Diese 
Scheidung  ist  von  allen  späteren  Beobachtern  festgehalten 
worden.  —  Einen  Fall  von  zwanzigfacher  Windung  des  Nabel- 
Stranges  mit  Constriction  in  der  Nabelgegend  ^  Johnson.^) 
Er  führt  ihre  Entstehung  darauf  zurück,  dass  die  betreffende 


1)  Fr,  Buy$ohiit  ObserrT.  anat.  chir.  centuria.  Amstelod.  1691. 
Obs.  XI.         . 

8)  M.  Sekurigiui,  Embryol.  histor.  med.  Dresdae  et  Lipsiae 
1732,  p.  92. 

3)  D,  O.  Burdaehf  De  laesione  partium  foetns  natritioni  in- 
•ervientiam.«  Disa.    Lipsiae  1768. 

4)  R.  W.  Johnson  t  Neues  System  der  K&tbindongsk.  Aas  dem 
£ii|pL  T.  Lod€r.    Leipiig  1782  ^  S.  133. 


148       VIII.    Dohm,  lieber  die  Toreion  der  NabeUchmir 

Schwangere  häufig   in   voiöiber  geneigter  Stellung  gearbeitet 
hatte.  —  Weitere  Fälle  veröffentlichte  D*OutrepofU.  *)     Der 
erste  derselben  betrifil  eine  nach  kaum  begonnener  Placentar- 
bildung  abgestorbene  Frucht,  an  der  sich  eine  dünne,  56  Mal 
gewundene  und  an  verschiedenen  Stellen  zusanunengeschnnite 
Nabelschnur  von  15"  Länge  vorfand;  der  zweite  eine  ebenfalls 
stark  gewundene  und  den  Kindskörper  umschlingende  Nabel- 
schnur,   der   dritte    eine    längere  Zeit   vor   der  Geburt   ab- 
gestorbene Frucht,   deren  Nabelschnur  14"  lang  und  vielfach 
gewunden  war.     IfOutrepont  knüpft  an  diese  Fälle  die  Be- 
merkung,  zweierlei   müsse  hierbei   auffallen,   die  verhältniss- 
mässige  Länge  der  Nabelschnur  und  der  Umstand,   dass  sich 
die    erwähnten    FäUe    in    der    ersten    Schwangerschaftshälfte 
ereigneten,    wo   die   relative   Menge  des   Fruchtwassers   noch 
bedeutend   sei.   —   Landsberger^)  unterscheidet  Torsiones 
nimiae,  Con torsiones  und  Strictur.   In  den  sieben  Beobachtungen, 
welche   er  folgen  lässt,   befand,  sich  die   Strictur  stets   am 
Nabelringe;   abnorm   grosse   Zahl  der  Windungen   war   nicht 
immer  vorhanden.    Die  Vene  fand  sich  mehr  verengt,  als  die 
Arterien.    Die  Ursache  der  Strictur  sucht  Landsberger  nebst 
der   vern)^hrten  Windungszahl   in  Erkrankungen  der  Geflsse 
und  Gef^ssscheide,    vermelu^lem  Drucke   von   der   verhärteten 
Wharton*schen  Sülze  oder  voii  den  Bändern  des  Nabelringes 
aus.     Auch  hält   er  für  möglich,   dass  die  Strictur  in  einem 
verschiedenen  Wachsthume   der   einzelnen  Theile   des  Nabel- 
stranges ihren  Grund  haben  könne.  —    Gaettens^)  lässt  es 
unbestimmt,  ob  die  Stenose  mit  der  Torsion  zusammenhänge, 
oder  von   derselben   unabhängig  sei,   und  macht  darauf  auf- 
merksam,  dass,   wenn   die  Torsionen  durch  Bewegungen  der 
Frucht  hervorgebracht   wurden,*   man    nicht   einsähe,    warum 
dieselben  sich  nicht  eben  so  leicht  wieder  aufdrehten.    Er  führt 
10  hierher   gehörige  Beobachtungen   an,   von   denen  7   eine 
Stenose  am  Nabel,   1  eine  Verengung  der  placentaren  Hälfte 
des  Nabelstranges  und  1  einen,  bei  einer  Länge  von  5",   an 
vier  verschiedenen  Stellen   perlschnurartig   stenosirten  Nabel- 


1)  Nene  Zeitechr.  f.  Geburtsk.,  1838,  Bd.  VI.,  Heft  i;  No.84,  8. 40. 

2)  Dies,  de  fonicali  ambilic.  strictura.    Vratisl.  1838. 

3)  H.  Gaettwu,  Obserw.  medieo  •  obetetxic.  Dies.   Halae  1841. 


und  dadaroh  bedingte  Stenosen  der  Gefasae.  149 

Strang  betreffen.  —  Froedrich  ^)  führt  4  F5lle  von  Gontorsion 
an,  iu  deren  erstem  zahlreiche  beschränkte  Constriclionen  des 
Nabelstranges  vorhanden  gewesen  zu  sein  scheinen.  Die  An- 
gaben über  die  übrigeti  Fälle  lassen  zweifelhaft/ ob  partielle 
Verengerungen  der  Gefasse  vorhanden. waren,  oder  nur  die 
Zahl  der  Windungen  abnorm  vermehrt  war.  Die  Deutung  der 
Entstehung  der  Torsionen,  welche  Froedrich  giebt,  ist  eigen- 
thümlich.  Er  meint,  dass  durch  den  Verlauf  der  Ai;^erien 
um  die  Vene  herum  und  durch  den  grösseren  Blutdruck  in 
den  ersteren  anfanglich  geringe  Grade  von  Gontorsion  bedeutend 
v^stärkt  werden  mussteii  und  weist  zu  diesem  Zwecke  auf 
die  von  Weber  beobachtete  Thatsache  hin,  dass  bei  Injection 
von  Flüssigkeiten  in  die  Umbilicalarterien  sich  die  Anzahl 
ihrer  Windungen  bedeutend  vermehre.  —  Meckel^)  leitet  die 
Torsionen  der  Nabelschnur  einzig  von  Umdrehungen  des  kind- 
lichen Körpers  ab,  und  bringt  damit  die  Thatsache  in  Einklang, 
dass  sie  häufiger  bei  Früchten  männlichen  Geschlechts  zur 
Beobachtung  kommen,  als  beim  weiblichen.  Etwa  '//  vom 
Nabel,  meint  ei*,  liege  der  Locus  minoris  resistentiae,  wo 
die  zu  starken  Windungen  krankhafte  Wirkungen  hervorrufen 
können.  Auch  scheinen  ihm  die  Fälle,  welche  über  Fruchte 
«rzählt  werden,  die  mit  Verschluss  des  Nabels  geboren  sind, 
auf  dieselbe  Ursache,  Torsion  mit  nachfolgender  Abschnürung, 
zurückzufuhren  zu  sein.  Unter  den  Beobachtungen,  welche 
Meckel  folgen  lässt,  ist  namentlich  eine  hervorzuheb^.  Es 
fand  sich  hier  die  rechte  Hand  des  Fötus  in  den  Nabelstrang 
fest  hineingewunden.  —  EUässer^)  glaubt,  dass  der  Nach- 
theil  einer  zu  starken  Drehung  des  ganzen  Nabelstranges 
gewöhnlich  durch  die  grössere  Dicke  dieser  Nabelschtiüre  wieder 
ausgeglichen  werde,  bei  localeir  Torsionen  dagegen  werde  die 
Sülze  verdrängt  und  der  relative  Hangel  derselben  in  der 
Nähe  des  Nabels  begünstige  das  Zustandekommen  einer  Torsion 
an  diesem  Orte.  —  Braun  ^  Chiari  und  Spaeth^)  stellen 


1)  C.  O,  Froedrich  ^  De  tortione  et  de  diamptione  fnnic.  ambil 
DisB.     Bonnae  1842. 

2)  Meeksl  v,  Senubach,  MüUer'e  Arohiv,  Jahrg.  1860,  S.  242. 
8)  Med.   Correspondensbl.   wttrtemb.  Aerste,    1861,   No.  29. 

Sehmidt'B  Jahrb.,  Bd.  78,  S.  76. 

4)  Kilnik  der.OebnrtBhülfe,  1862,  S.  80. 


150       V'I'-    Dohrtif  Ueber  die  Torsion  der  Nabelschnar 

am  Atherom  der  Arterien  und  den  Fihrinablagenmgen  io  der 
Placenta,  als  Processen,  welche  eine  Stenose  der  erfasse 
bedingen  können,  eine  Zusammensebnnrmig  des  Nabelstranges 
durch  Amniosstränge  und  zu  starke  Axendrehung,  als  selbst 
zum  völligen  Verschluss  des  Lumens  führend,  gegenüber. 
Dieser  letztere  Zustand  ist  nach  ihnen  ein  zweifadier.  Enlweder 
ist  der  Nabelstrang  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  zu  stark 
gedreht,  oder  die  Drehungen  sind  in  der  Nähe  des  Nabels 
concentrirt,  während  der  übrige  Verlauf  des  Stranges  keine 
ungewöhnliche  Drehung  zeigt.  Verfasser  beobachteten  19  Fäle 
der  Art.  —  Nöggerath^)  berichtet  fier  Fälle,  in  denen  er 
die  Entstehung  der  Stenose  von  heftigen  körperlichen  Er- 
schütterungen abhängig  macht,  welche  die  Schwangeren  erlitten 
hatten.  —  Spiümann  *)  schreibt  den  zu  zahlreichen  Windungen 
und  Axendrehungcn  des  ganzen  Nabelstranges  wenig  Einfluss 
auf  die  Blutcirculation  zu,  um  so  mehr  dagegen  den  localen 
Stenosen.  Da  endlich  durch  Entzündung  der  Gefässe  ein 
vöHiger  Verschluss  des  Lumens  zu  Stande  komme.  —  Hohl  ^ 
setzt  die  Entstehung  der  Nabelschnurlorsionen  in  die  Zeit, 
wo  der  Fötus  mit  seinem  Kopfe  schon  den  Boden  der  Eihöhle 
berühre,  und  meint,  die  Frucht  könne  nur  so  lange  leben, 
als  sie  noch  weniger  Blut  zu  ihrer  Ernährung  bedürfe,  doch 
komme  eine  Strictur  des  Nabelstranges  auch  ausnahmsweise 
bei  reifen  Früchten  vor.  Er  beobachtete  zwei  Fälle  der  Art  an 
lebenden  Kindern.  —  Neugebauer  *)  hält  es  für  wahrscheinlich, 
dass  die  pathologischen  Torsionen  der  Nabelschnur  sich  in 
der  Zeit  vom  Ende  des  dritten  bis  Ende  des  vierten  Monats 
ausbilden.  Er  bemerkt  über  die  Art  ihrer  Bildung  Folgendes: 
„Die  totale  und  die  auf  eine  einzelne  Stelle  beschränkte  partieHe 
Torsion,  welche  letztere  gewöhnlich  mehr  nach  einem  der 
beiden  Endpunkte  dieses  Gebildes  bin  belegen  ist,  entstehen 
beide  in  Folge  kreisförmiger  oder  besser  trichterförmiger 
Rotationen  der  ganzen  Nabelschnur  mit  sammt  dem  Emlkryo 
um  die  Achse   der  Eihöhle.     Die  doppelte   partieUe  Torsion 

1)  Deutsche  Klinik,  1864,  No.  24. 

2)  A,  SpiUtnannf  Nonsnlla  de  fdnie.  umbtl.  ham.  psthologia. 
Diu.    Vratisl.  1854. 

3)  Lehrbuch  der  Gebortshülfe,  1865,  S.  461.    • 

4)  Morphologie  d.  menscbl.  Nabebehnnr.   Breslau  1868.    8.  67. 


und  dadurch  bediogte  Stenoseii  der  Gefäase.  151 

biogegeD  entsteht  dadurcli,  dass  sich  die  zusammengeknäuelte 
Nabelschnur  bei  Verharren  des  Embryo's  in  seiner  Lage  eine 
Anzahl  von  Malen  um  die  ihre  beiden  Endpunkte  mit  einander 
verbindende  Linie  herumscbwenkt.'' 

Ausser  den  Angeführten  haben  noch  Fälle  von  Nabelschnur* 
torsion  beobachtet :  Hafner y  *)  Breity^)  Hennig,  *)  Barkow*) 
und  Burehard,  Die  Arbeiten  der  beiden  letzteren  Beobachter 
haben  mir  nicht  zu  Gebote  gestanden. 

kb  reihe  denselben  den  folgenden  Fall  an: 

Eine  Mehrgebärende,  deren  frühere  Geburten  regelmässig 
verlaufen  waren,  datirte  ihre  Schwangerschaft  seit  Mitte 
December  1859,  zu  welcher  Zeit  die  Menses  sich  zum  letzten 
Male  eingestellt  hatten.  Nach  Ablauf  Juni  1860  erloschen 
die  früher  fühlbaren  Kindesbewegongen ,  die  Schwangere  glaubt, 
in  Folge  eines  heftigen  Sehreckes,  und  von  dieser  Zeit  an 
ndun  der  Umfang  des  Leibes  und  der  Brust  stetig  ab,  ohne 
dass  sich  dabei  irgend  Zeichen  von  Unwohlsein  eingestellt 
hatten.  Erst  am  12.  December  v.  J.  traten  Anzeichen  be- 
ginnender Geburtsthätigkeit  auf.  Der  herbeigerufene  Arzt  fand 
den  Uterus  glatt,  liart,  scheibenförmig,  nicht  kugelig,  wie 
sonst»  die  Wdien  sehr  schwach.  Ohne  eine  Spur  von  Blutung» 
noch  Abgang  von  Fruchtwasser  erfolgte  die  Geburt  einer  in 
Steisslage  befindlichen  weiblichen  Frucht,  deren  nähere  Unter- 
suchung Folgendes  ergiebt. 

Die  Frucht  ist  macerirt  und  stark  geschrumpft,  die  Ex- 
tremitäten mager,  die  Epidermis  runzelig,  mit  bräunlicher 
Schmiere  bedeckt;  Die  Kopfknochen  lassen  sich  leicht  über 
einander  verschieben.  Die  Augenhöhlen  sind  leer,  die  beiden 
Hälften  des  Unterkiefers  haben  sich  von  einander  abgelöst, 
Thorax  und  Leib  stark  eingezogen  (s.  Fig.  1).  Die  Ent- 
Wickelung^ der  Frucht  lässl  auf  ein  siebenmonatliches  Alter 
achliessen.  Ihre  Länge  beträgt  13"  die  Schulternbreite  3'^ 
die  Hüftenbreite  2'\  der  gerade  Kopfdurchmesser  2%"^  der 
quere  1%",  der  sclüefe  3",  das  Gewicht  1  Pfund.  Der  Nabel- 
strang ist  von  mittlerer  Dicke,  18''  lang,  28  Mal  von  rechts 

1)  Honatssohr.  f.  Oeburtskande ,  Bd.  VIII.,  1866,  Heft  1. 

2)  Archiv  f.  physiol.  Heilk.,  1849,  S.  619. 

3)  Monatuchr.  f.  Geburtsk.,  1840,  Heft  VIII. 

4)  H.  C.  L,  Barkeuf,  Aaatom.  ÄbhaadlangeD.    Breslaa  1861. 


152       Vill.    Dohm^  Ueber  die  Torsion  der  Nabelschnur 

nach  links  gewunden  und  zeigt  an  seinem  Fötalende  in  der 
Ausdehnung  von  3"'  starke  Verengerung.  Die  verengte  Stelle 
wird  nur  von  einer  Spiraltour  ausgefüllt.  Der  Nabel  ist 
hervorgezerrt  (s.  Fig.  2).  Bei  der  Injection  erwiesen  sich 
sämmtliche  Nabelstranggefasseals  durchgängig.  Die  Nabelvene 
zeigte  in  der  Stenose  einen  Durchmesser  von  Va"',  etwas 
oberhalb  derselben  (s.  Fig.  3,  c,  d)  einen  Durchmesser  von 
4^2" y  ^  den  übrigen  Stellen  des  Nabelstranges  von  4'^. 
Das  Lumen  der  linken  Umbilicalarterie  beträgt  2^^,  in  der 
Stenose  kaum  V2'"»  ^^^  rechte  Arterie  hat  überall,  auch  an 
der  stenosirten  Stelle  einen  Durchmesser  von  nahezu  2'". 
Die  Verengei-ung  der  Umbilicalgeßsse  ist  in  der  Bauchhöhle 
nicht  mehr  nachzuweisen.  Die  Geßisswände  sind,  auch  in 
der  Stenose,  normal,  zeigen  keine  Verdickung,  keine  Ab- 
lagerung von  Hämatoidin.  Die  Nabelstrangscheide  liegt  ihnen 
in  der  Stenose  eng  an.  Die  Wharton'sdie  Sülze  fehlt  hier 
völlig.  Die  Placenta  ist  4"  lang,  3V/  breit,  ihre  grosste  Tiefe 
in  der  Blitte  V/^'\  das  Placentargewebe  dicht,  eine  Spaltung 
in  Cotyledonen  kaum  ersichtlich.  Mikroskopisch  zeigen  die 
Zotten  geringe  Verästelung,  sie  sind  breit  und  brüchig,  in 
ihrem  Innern  mit  zahlreichen  Fetttröpfchen  und  stellenweise 
mit  Pigmentkörnchen  erfüllt.  Spuren  von  irgend  ausgedehnteren 
Apoplexien  finden  sich  an  der  Placenta  nicht  vor. 

Ausser  der  Abnormität  des  Nabelstrangs  und  den  von 
Maceration  und  Schrumpfung  abhängigen  Veränderungen  zeigte 
die  Untersuchung  der  Frucht  nichts  Pathologisches.  Es  ist 
daher  keinem  Zweifel  unterworfen,  dass  auch  in  diesem  Falle 
die  Torsion  der  Nabelschnur  und  zwar  insbesondere  die 
Stenose  am^Fötaleude  für  die  Frucht  die  Ursache  des  Ab- 
Sterbens  geworden  ist  Gleichzeitig  war  hier  die  Anzahl  der 
Windungen  des  Stranges  eine  bedeutende  und  es  würde  nach 
der  gewöhnlichen  Anschauungsweise  ein  jedes  dieser  beiden 
Momente  als  störend  für  das  kindliche  Leben  angesehen 
werden  müssen.  Es  muss  indess  fraglich  erscheinen,  ob  die 
Contorsiones  nimiae  des  Nabelstrangs  den  nachtlieiligen  Ein- 
fluss  haben,  welcher  ihnen  vop  Manchen  zugeschrieben  wird. 
Wir  sehen  schon  normal  die  Anzahl  der  Windungen  ausser- 
ordentlich schwanken,  ohne  dass  der  Ernährung  der  Frucht 
irgend    ein   Schade   daraus   erwächst    und    dieser   Umstand 


iind  dadurch  bedingte  StenoBen  der  Qefässe.  153 

berechtigt  zii  dem  Schlüss,  dass  vermehrter  Reibungs^iderstand 
an  den  GefasswSnden  und  daraus  resultirende  Verlangsamung 
der  Strömung  kein  wesentliches  Hindemiss  der  Circulalion 
während  des  Eilebens  abgiebt,  oder,  dass  doch  der  daraus 
enistdiende  Schade  auf  andere  Weise  leicht  wieder  aus- 
geglichen wird.  Anders  gestaltet  sich  die  Sache,  wenn  zugleich 
die  Lumina  der  Umbilicalgeßsse  verengt  sind.  Dies  l§sst  sieb 
aber  nicht  schlechthin  voraussetzen,  wenn  man  die  Windungs- 
sahl  vermehrt  findet.  Wir  wissen  von  den  beobachteten 
Fällen  Yiicht,  wie  viele  der  Windungen  in  dem  verschiedenen 
Wachsthume  der  einzelnen  Thcäle  der  Nabelschnur,  und  wie 
viele  in  einer  Axendrehung  des  Stranges  ihren  Entstebungs- 
gmnd  hatten.  Die  Grenze  zwischen  pathologischem  und 
physiologischem  Verhalten  ist  hier  ohne  genaue  Messung  der 
Gefasslumina  gar  nicht  festzustellen.  Solche  Messung  ist  aber 
in  den  obigen  Beobachtungen,  welche  sich  auf  Coniorsiones 
nimiae  beziehen,  mit  Ausnahme  Eines  Falles,  nicht  ausgeffihrt 
worden.  Fröectrich  ist  der  Einzige,  welcher  ängiebt,  dass 
er  an  einer  fünfmonatlichen  Frucht  einen  30  Mal  gewundenen 
Nabetstrang  gefunden  habe ,  dessen  Vene  im  ganzen  Verlauf 
durchgängig,  aber  nur  V/^'"  weit  gewesen  sei.  Es  kömmt 
dazu,  dass  eine  Axendrehung  des  ganzen  Nabelstranges  selten 
eine  im  ganzen  Verlauf  des  Stranges  gleichmässige  Wirkung 
ausüben  wird,  da  bei  etwas  längerer  Fortsetzung  derselben 
sich  an  verschiedenen  Stellen  der  Schnur  Drebungspunkte 
bilden,  um  welche  sich  ein  Theil  der  Nabelschnur  mit 
kleinerem  Halbmesser  herumschwingt.  Es  lässt  sich  dies 
an  den  Nabelschnüren  frühzeitiger,  wie  reifer  Früchte  leicht 
experimenteU  erweisen.  Damit  stimmt  überein,  dass  nur  in 
fünf  der  beobachteten  Fälle  sich  die  Angabe  findet,  dass  der 
ganze  Nabelstrang  gleicfamSssig  stark  gewunden  gewesen  sei,  in 
37  Fällen  dagegen  diese  Windungen  zu  partiellen  Stenosirungen 
geführt  hatten.  Ausserdem  ist  wahrscheinlich,  dass  partielle 
Stenosirungen  leicht  übersetien  werden.  Wir  erkennen  sie 
in  einzelnen  Fällen  deutlich  aus  der  Abbildung,  während  die 
Beschreibung  nur.  von  einer  vermehrten  Windungszahl  des 
ganzen  Stranges  spricht.  Man  darf  daher  annehmen,  dass 
die   mit   vermehrter  Windungszahl    verbundene   locale   Con- 

ICoii»tofc]ur.f.O«bttrto1i.  IflSl.  Bd.  ZVHI.,  Hft.  S.  11 


154       VIII.   Dohm^  Ueber  die  Toriion  der  Kftbekohnar 

fltrictiou  weit  häufiger  für  das  Kind  verderbUcfa  wird,  ab  d« 
ersteige  für  sich  alleia  -    . 

Der  Umstand,  dass  eben  der  zunächst  dem  Nab^l 
liegende  Tli^il  des  Stranges  durch  seine  Axendrehung  besonders 
lUBanunenge schnürt  wird,  ist  leicht  erklärlich.  Wenn  wir, 
und  darin  stimmen  wohl  Alle  Jetzt  ubereiii,  den  Ausgang»- 
t>ankt  der  Aiendrehüng  in  der  Frucht  zu  suchen  haben,  so 
ist  klar,  dass  die  beiden  Fixationspunkte  der  Nabelschiiur 
IBunächst  unter  der  Drehung  leiden  müssen,  vor  Allem  der  dem 
Fötus  unmittelbar  anliegende  Theil,  weil  er  der  drehenden 
Kraft  am  nächsten  liegt.  Ausserdem  trägt  hierzu  auch  die 
häufig  zu  beobachtende  grössere  Dünnheit  der  NabelBchnur 
an  ihrem  Fötalende  bei.  Keineswegs  hat  man  aber  nothig, 
wie  LandMÖerger  dies  getban ,  auf  Erkrankungen  der  Gefasse 
.und  Gefassscheide  oder  Druck  von  den  Rändern  des  Nabe)- 
ringes  aus  zurückzukommen;  die  Fälle,  welche  er  anführt, 
sprechen  gerade  für  eine  Torsion.  —  Das  Placentarende  dei* 
Nabelschnur  ist  theils  wegen  seiner  Entfernung  von  dem  Aus- 
gangspunkte der  Drehung,  theils  wegen  seiner  grösseren  Dicke 
und  der  geringeren  Schlängelung  der  Geisse  weniger  in  Ge- 
fahr, eine  Constriction  zu  erfahren.  Dennoch  ist  auch  ^ 
solcher  Fall  von  OaeUens.  beobachtet  worden,  wo  die  Ver- 
dünnung allein  die  placentare  Hälfte  des  Nabelstranges  betraf. 
Bisweilen  fand  sich  die  Stenose '  an  den  beiden  Enden  der 
Nabelschnur  (s.  die  Beobachtungen  von  Nöggeraih  und 
Hafnsr). 

In  den  bei  Weitem  meisten  Fällen  zeigte  der  Nabel- 
strang, an  welchem  sich  eine  locale  Stenose  fand^  audi  im 
ganzen  übrigen  Verlauf  zahbeiche  Windungen.  Die  höchste 
Zahl  derselben  beobachtete  Meckel^  95  an  einer  Schnnr  von 
11"  Länge.  Auf  der  anderen  Seite  werden  mehrere  Fälle 
angegeben,  wo  der  partiell  stenosirte  Nabelstraiig  im  weiteren 
Verlaule  nur  wenig  gedreht  war  (so  vnn  Braun  ^  ChitMri  nnd 
JSj^äth),  oder  sdbst  die  Windungen  hier  fehlten  {GaetUns). 
Auch  hier  kann  indess  eine  Axendrebung  .der  Frucht  die 
erste  Ursache  gewesen  sein.  Es  ist  keineswegs  immer  erforder- 
lich, dass  die  am  Nabel  beginnende  Axendrebung  sich  über 
den  ganzen  Verlauf  des  Stranges  fortpflanzt,  es  hängt  dies 
in*  jedem  einzelnen  Fall  von  versdiiedenen  Bedingimgen   ab, 


xukä  dAdnroli  b«4tiifte  Stenosen  der  Oeftate.  155 

4ie  dicht  immer  an  der  geboraiea  Frucht  klar  zu  Tage  treten^ 
Von  besonderem  Interesse  war  mir  in  dieser  Beziehung  m 
im  forigen  Sommer  zur  Beobachtung  kommender  FalL  — 
Bine  Multipara,  TiscUersfrau ,  die  wogen  Beckenenge  bereits 
mehrfach  in  hiesiger  G^ranatalt  der  kOnstlichen  FrübgeburH 
«nierworfen  worden  war,  gebur  im  Juni  Torigen  Jahres  eine 
Fnieht  in  unzerriss^cn  Eihäuten.  Sie  rechnete  sich  daniate 
nadi  dem  Asabkiben  ihrer  Menses  bis  zu  Ende  des  siebenten 
Monats  ihrer  regelntaig  reriaufenen  Sehwangirschaft «  hatte 
iiidess  noch  durchaus  keine  Kindsbeweguagefi  gefühlt  Bd 
dw  Erdflhung  des  Eies  zeigte  sich  der  Fötus,  dessen  Eolr 
wickekmg  auf  ein  viermonatliches  Alter  schliessen  Hess,  in  d^ 
Haltung,  wie  Fig.  4  zeigt  Der  Nabelstrang  ist  an  zwei  Stellen 
zwischen  Unterschoikd  und  Körper  der  Frucht  eingeklemmt, 
vom  Placentarende  bis  zum  rechten  Unterschenkel  hin  ohne 
alle  Windungen:  von  hier  an  beginnt  dagegen  reichliche 
Wmdung  und  Schlängelung.  Seine  Länge  beträgt  lO''.  —  Es 
beweist  dieser  Fall,  dasa  bei  Fixation  irgend  einer  Stelle  dfr 
Nabelschnur  die  Windung  und  Schl&ngekmg  derselben  sieb 
niobC  über  den  Fixationspuakt  hinaus  fortzusetzen  braucht* 
Ganz  ähnliche  Bedingungen  mögen  in  den  seltenen  Fällen  vor- 
handen gewesen  sein,  wo  der  Nabelstrang  nur  am  Fötalende 
gedreht  erschien ,  im  wetteren  Verlauf  aber  windungslos  ver> 
lief.  Damit  ist  sdbs^verständlich  indess  die  Möglichkeit  einer 
anderweitigen  Entstdiung  solcher  Stenosen  in  der  Nähe  des 
Nahehringes  nicht  ausgeschlossen« 

Ein  völliger  VerscUttss  der  Gefiaslumiiia,  wie  Land^hergm' 
denselben  in  den  meisten  FäBen  als  durch  nachträgliche 
Entzündnng  der  GelBsswände  entstanden  annimmt,  und  wie 
Sßi^igr  ihn  in  einem  Fädle  in  der  ersten  Entstehung  nach- 
gewiesen hat,  ist  nur  höchst  ausnahmsweise  Folge  der  durch 
Torsion  bedingten  Venöse;  es  scheinen  vieknehr  die  ver- 
engten ümbiycalgefasse  sehr  wenig  zur  völligen  Verklebung  und 
ObUteratton  geneigt  Unter  der  Gesammtzahl  von  85  Fällen 
wekahe  ich  in  der  Literatur  aufigefauden ,  findet  sich  17  Mal 
eine  Angabe  über  diesen  Punkt  Durchgängig  (ur  feine 
Sonden  oder  injiGirte  Flüssigkeiten  waren  die  Gefässe  an  den 
.atenosirten  Stellen  15  Mal,  völlig  undurchgängig  1  Mal,  nur 
nach  Aufdrehen  .der  Windungen  durchgängiig  ebenfalls  l  Mal. 

ti* 


156       Vlii.    Dohm,  Ueber  die  Tortion  der  N»beiMli&ar 

Bisweilen  Eess  sieh  <fie  Slenose  bis  in  die  fiaaohhShle  hineni 
verfolgen.  Die  Wharton'^che  Sube  fehlt  über  den  st^osirten 
Stella  gewöhnlich  und  die  Nabelstrangscbeide  liegt  eng  des 
Geflissen  an;  je  nadi  der  Zeit,  in  weldier  sich  die  Stenose 
entwickelt,  wird  ihre  Ablagermig  behindert  oder  die  bereits 
abgelagerten  Massen  werden  durch  Druck  zum  Schwund  gebracht 
sein.  Die  Yene  fand  sich  häufiger  verengt,  als  die  Arterien, 
ohne  Zweifel  eine  Folge  der  gr&sseren  Oberfläche,  welche  sie 
dem  Drucke. bietet,  sowie  des  geringeren  Widerstandes^  den 
ihre  Wandungen  zu  leisten  Yormöf^n.  Die  Vereugerusg  ihres 
Lumens  betrug  an  der  Stenose  dnrchschnittlicb  die  HäUte  der 
normalen  Weite.  Oberhalb  der  verengten  Stelle  hüdet  sie, 
als  Effect  der  behinderten  Girculation,  oft  eine  Anscbwelhmg, 
deren  geringere  oder  stärkere  Ausdehnung  von  dem  Grade 
abhängt,  in  welchem  sich  die  Spannung  auf  die  der  Stenose 
zunächst  liegenden  Theile  fortsetzt  In  zwei  Fällen  wird  die 
Vene  als  allein  verengt  angegeben.  Von  den  Arterien  war 
die  Unke. häufiger  verengt,  als  die  rechte,  doch  kann  dabei 
übersehen  sein,  dass  überall,  wie  Neugebauer  angiebt,  die 
Imke  Umbilicalarterie  am  Fötalende  der  Nabelschnur  häufig 
dnen  kleineren  Durchmesser  zeigt. 

Man  hat  mehrfach  die  Frage  aufgeworfen,  ob  es  aetive 
oder  passive  Bewegungen  des  Fruchtkörpers  sind,  welche 
eine  Torsion  des  Nabelstranges  bedingen.  Es  ist  nöthig, 
einer  jeden  dieser  Bewegungsarten  gewissen  Antheil  an  ihrer 
Bildung  zuzusprechen,  der  activen  deshalb,  weil  es  unleugbare 
Thatsache  ist,  dass  männfiche  Früdite  häuQgw  der  Torsion 
unterliegen,  als  weibliche  (die  Zuscanmenstellung  der  bis  Jetzt 
vorliegenden  Angaben  ergiebt  20  Knaben,  11  Mädchen),  der 
passiven,  weil  in  manchen  Fällen  von  Torsion  der  Tod  der 
Frucht  unmittelbar  der  Einwirkung  einer  mechanischen 
Schädlichkeit  auf  dem  Fusse  folgte,  imd  weil  der  anatomische 
Befund  m  einzelnen  Beobachtungen  die  Einwirtiuog  einer 
grösseren  Kraft  voraussetzt,  als  dass  sie  vom  Fötus  hätte  aus* 
gehen  können.  Denn  nicht  allein,  dass  wir  auf  einen  kurzen 
Raum  von  wenigen  Linien  5  —  8  Spiraltouren  zusanmien- 
gedrängt  sehen,  sondern  es  fand  sich  bisweilen  der  Nabel 
bervorgezerrt  und  Hess  sich  die  Stenose  der  Gefässe  bis  weit 
in  die  Bauchhöhle  hinein  verfolgen;  dass  sie  Uer  aber  Folge  einer 


und  dadarch  bedwgt«  Stenosen  der  Qefässe.  157 

in  das  Cavum  abdomini8  hineiin  fortgesetzten  Spannung  war, 
int  aiebt  zweifelbafl,  denn  die. Behinderung  der  Circulation  an 
der  Stenose  allein  bedingt,  wie  die  meisten  Beobachtungen 
zeigen,  nicht  ebenfalls  eine  Stenosirung  der  UmbiUcalgeiasse, 
in  ifarmn  abdominalen  Abschnitte.  Besonders  augenscheinlich 
tritt  die  Wirkung  einer  starken  drehenden  Gewalt  in  den 
beiden  ersten  von  Breit  gegebenen  Abbildungen  hervor. 
Bedenken  wir  ferner,  dass  die  Bildung  der  meisten  Torsionen 
in  eine  Zeit  flUit,  wo  der  Fötus  nodi  nicht  kräftig  entwickelt 
ist,  so  wird  um  so  mehr  der  grosse  Einfluss  der  passive  Be- 
wegungen einleuchten.  Einzebe  der  gemachten  Beobachtungen 
ndtbigen  auch  geradezu  zu  der  Annahme,  dass  nicht  allein 
die  Schwere,  sondern  auch  die*  active  Bewegung  des  Fötus 
der  Torsion  entgegenwirken  musste,  so  der  oben  erwähnte 
FaU  von  Meckel,  wo  die  Hand  in  den  Nabelstrang  hinein* 
gewunden  war.  Immer  wird  auch  für  Diejenigen,  welche  die 
activen  Bewegungen  allein  als  Ursache  gelten  lassen,  schwer 
ZB  deuten  sein,  wie  es  möglich  wird,  dass  die  Frucht  durch 
ihre  spontanen  Bewegungen  der  Spannung  des  Nabelstranges 
gerade  entgegenwirkt;  denn  die  letztere  erfordert  als  fort* 
während  wirkende  Kraft  eine  ebenso  andauernde  Muskelaclion 
des  Fötus  nach  einer  bestimmten  Richtung  hin  zu  ihrer 
Paralysirung  und  es  ist  gewiss  gerechtfertigt,  wran  man 
annimmt,  dass  de.r  Fötus,  soweit  seine  Huskelaction  dies 
vermag,  die  Lage  annimmt,  in  welcher  er  am  wenigsten  Wider- 
stand zu  überwinden  ■  hat  Wir  kennen  nun  freilich  nicht  die 
Grösse  der  Spannung,  mit  welcher  die  torquirte  Nabelschnur 
sich  wieder  in  die  durch  Anordnung  ihrer  Theile  begründete 
iForm  zurückzuschnellen  strebt ;  doch  in  einzelnen  Fällen  muss 
jrie  jedenfalls  bedeutend  gewesen  sein,  ich  erinnere  nur  an 
die  peitschenCörmige  Drehung  der  Nabelschnur,  aber  welche 
Buysck  berichtet  Unter  den  beobachteten  Fällen  wird  nur 
5  Mal  eine  mechanische  Ersditktterung  während  der  Schwanger- 
schaft als  Ursache  der  Torsion  angegeben.  Es  darf  dies 
nicht  Wunder  nehmen,  deim  nur  stärkere  Ersehätterungen 
werden  genügend  beachtet,  und  schon  solche  leichteren 
Grades  dürften  hinreichen,  um  bei  dem  im  Fruchtwasser 
süspendirten  Fötus  unter  günstigen  Bedingungen  eine  Torsion 
des  Nabelstranges  herbeizufahren.     Am   aoftalligsten  trat  die 


158       ^n.    Dokm,  Ueber  die  Toralon  der  Nabeleelmiir 

Wirkung  der  Er&chdtterungen  in  den  Pillen  von  NäggeroA 
berror.  In  der  ersten  Beobachtung  wird  enSbkj  Aus  die 
Schwangere  einen  Sprung  aus  dem  Wagen  gemacht,  in  d^ 
dritten,  dass  sie  einen  Fall  Ton  der  Treppe  erlitten  hafte. 
In  beiden  Fällen  erloschen  die  Kindsbewegmigen  bald  aacb» 
her  und  die  Untersudiung  der  Fnieht  ergab  Torsion  loü 
Stenose. 

Zur  Erklärung  der  TM*8ionen  reichen  Drehungen  des 
Fötalkörpera  um  eine  den  Nabel  mit  dem  gegenftber^eheiid«! 
Punkt  der  Wirbelsäule  oder  ihrer  Verttngerufig  verbindende 
Axe  völlig  aus.  Wenn  Neugeba%$er  sagt,  dass  die  lotidea 
und  einzelnen  partiellen  Torsionen  durch  triehterfönnige 
Rotationen  der  ganzen  Nabelschnur  mit  sammt  dem  Embryo 
um  die  Axe  der  Eihötde  h^mm  entständen,  so  ist  dies  uieht 
richtig,  da  einen  Kegelmantel  beschreibende  Bewegungen  ist 
am  Nabelstrange  aufgehängten  Frucht  keineswegs  eine  kxHt- 
drehung  der  Nabelschnur  zur  Folge  haben  müssea  Dkse 
kann  sich  nur  ausbilden,  wenn  gleichzeitig  die  Fmdit  sieh 
um  eine  Nabel  mit  Wuitelsäule  verbindende  Axe  rotirt  und 
diese  letztere  Bewegung  ist  nicht  mit  der  anderen  als  noifa- 
wendig  gegeben.  Ebenso  ist  es  unrichtig,  wenn  man  mciiit, 
dass  die  doppelten  partiellen  Torsionen  dadurch  entstehen, 
dass  sich  die  zusammengeknäüdte  Nabelschnur  bei  Verharren 
des  Embryos  in  seiner  Lage  eine  Anzahl  von  Malen  um  eine 
ihre  beiden  Endpunkte  verbindende  Linie  herumschwenkt. 
Man  mössle  hiemach  glauben,  als  ob  diese  Torsionen  von 
der  Nabelschnur  selbst  ihren  Ausgaogspimkt  nähmen,  während 
es  doch  zwetfelos  ist  und  auch  von  Neugebauer  stüM 
angenommen  wird,  dass  die  Drehungen  des  Kiodskörpers 
die  Ursache  abgeben.  Auch  bei  diesen  doppelten  partielleo 
Torsionen  ist  die  Axendrehung  der  Frucht  das  Erste.  Der 
Effect  derselben  kann  sich,  wie  dies  gewöhnlich  der  Fall  ist, 
nur  an  dem  der  Frudit  zunächst  liegenden  Abschnitte  der 
Nabelschnur  äussern,  oder  er  kann  sich,  wie  Gaeitena  dies 
beobachteC  hat,  über  die  ganze  Länge  der  Nabelschnur  bis 
zur  Placentarinsertion  hin  fortpflanzen.  Es  hindert  nidits, 
anzunehmen,  dass  dieser  zwiefache  Effect  in  keinem  FaUe 
zusammentreffen  kann,  denn  an  den  beiden  Endpunkten  der 
Nabelschnur  müssen  sich  die  TorsioneQ  am  leichtest^a  fiifiren. 


and  dadnreh  bedingte  Stenosen  der  Gefaase.  JJ^Q 

b  kaim  sonaeh  dieselbe  Ursache,  die  Drehung  der  Frucht 
lua  eioe  Nabel  mit  Wirbelsäule  oder  ihrer  Verlängerung 
lefbiodende  Axe»  sowohl  totale,  wie  partidle»  einbche,  wi< 
mehrfache  Torsionen  bewirken. 

Nicht  ohne  Einfluas  auf  den  schädlichen  Eflect  der  kiod- 
beben. Rotationen  muss  der  Umstand  sein,  ob  die  Drehungen 
in  einer  der  jedesmaligen  Nabelschnurspirale  gleichen  oder 
fiBigegengesetaten  Richtung  erfolgen.  Im  letzteren  Falle  würde 
ihr  Nachtheil,  Anfangs  mindestens,  geringer  sein.  Nach  iink# 
gewanden  war  die  Nabelschnur  in  U  der  angegebenen  Fälle, 
n«cb  rechts  9  Mal,  unregehnässig  von.  einer  Seite  zur  andern 
1  Mal  Es  erfordert  dieser  letztere  Fall,  bei  welchem  sieb 
Stenose  am  Nabel  fand,  die  Annahme ^  dass  eine  neue 
drehende  Kraft  gewirkt  hat,  nachdem  die  Stenose  bereits 
gdiildet,  und  zwar  in  umgekehrter  Richtung,  oder,  dass  durch 
eine,  von  Anfang  an  der  bestehenden  Spirale  entgegengesetzte 
Drdiung  ein  Theil  der  Spiralwindungen  wieder  aufgedreht, 
an  dem»  dem  rotirenden  Körper  zunächst  liegenden  Abschnitt 
sogar  Stenose  herbeigeführt  wurde.  Im  Uebrigen  ist  die  Zahl 
der  Fälle,  wo  sich  die  Richtung  der  Nabelschuurwkidungen 
angegeben  findet,  nicbt  gross  genug,  um  daraus  Schlüsse  zu 
zidhen,  wenn  es  gleich  auCEallen.  muss,  dass  die  links- 
gewundenen Nabelschnüre  hier  nicbt  so  an  Zahl  überwiegen, 
wie  es  nach  N^eitmer  das  gewöhnliche  Vorkommen  ist, 

Die  Nabelschnur  war  in  den  meisten  Fällen-  dünn,  mit 
üur  weniger  Sülze,  doch. fehlt  es  aueb  nicht  an  entgegen- 
gesetzten Beobachtungen.*  Die  Angabe  von  Elsästevy  dass  zu 
jstarke  Drehung  des  Nabelstranges  meist  init  grösserer  Diqke 
desselben  coincidire,  ist  nach  dem  bis  jetzt  Vorliegende^ 
nicht  gerechtfertigt.  —  Die  Länge  der  NabelschifUr  schwankte 
zwischen  2'/4— 26",  übertraf  in  den  meisten  Fällen  die  Län^^ 
der  Frucht  um  ein  Bedeutendes.  Mehrere  Autoren  sehen  die 
grössere  Länge  des.  Nabeistranges  als  begünstigendes  Moment 
lur  das  Zustandekommen  einer  Torsion  an,  und,  insofern  eine 
längore  Nabelschnur  den  Bewegungen  des  Fötus  grösseren 
Spielraum  verstattet,  wird  man  dies  zugestehen  müssen, 
andererseits  wird  aber  bei  einer  längeren  Nabelschnur  sich 
die  Wirkung  Einer  Axendrehung  mehr  vertheUen  und  "so  die 
Bildung  einer  partieDes  Gonstriction  behindert  werden  könneq. 


160       Vin.    Dehrn,  Ueber  die  Tonion  der  KabeUekanr 

VieDeicht  wird  dadurch  die  grössere  Länge  der  Nabebdiniir 
filr  das  Kind  verderblich,  dass  sie  leichler  zwischen  den 
KindesUieilen,  oder  zwischen  Kindskörper  und  Uterus  in  das 
Gedränge  kömmt,  und  sich  dann  die  AxMidrehang  auf  einefi 
kleinern  Abschnitt  derselben  concentrirt.  In  der  zweiten 
meiner  Beobachtungen  begflnstigte  ohne  Zweifel  die  grössere 
Länge  der  Nabelschnur  ihre  knäuelförmige  Zusamnenballung 
an  der  Bauchseite  der  Frucht  und  gab  dadurch  Gelegenhmt 
zu  ihrer  Compression  durch  die  unteren  Extremitäten. 

Die  Zeit  der  Torsionsbildung  ist  von  den  meisten  Autor» 
in  den  dritten  bis  sechsten  Schwangerschaftsmonat  gesetst 
forden.  Es  schienen  wähi*end  dieses  Zeitabschnittes  säninit«^ 
liebe  Bedingungen  gegeben,  sowohl  die  genügend  freie  Be» 
weglichkeit  des  Fötus  in  der  Eihöble,  als  auch  ein  grösseres 
Gewicht  der  Frucht,  hinreichend,  um  das  Wiederaufdrehen 
der  gebildeten  Drehungen  zu  verhindern,  für  noch  belang- 
reicher, als  das  schwerere  Gewicht,  halte  ich  .den  Reibimgs* 
widerstand,  welchen  die  rotirende  Frucht  bei  weiter  vor- 
geschrittener Entwickelung  an  den  Uterinwänden  erföhrt,  denn, 
da  die  Haltung  der  Frucht  gewöhnlich  eine  solche  isi,  in 
welcher  sich  ihre  Muskehi  möglichst  der  Gleichgewichtslage 
anpassen ,  so  würde  sie  die  Torsionsspirale  wiedo*  anfzudrdien^ 
suchen,  falls  dieser  Bewegung  kein  besonderer  Widerstand 
von  den  Uterinwandungen  entgegengesetzt  würde.  Es  wider- 
streitet dies  nicht  der  oben  ausgesprochenen  Annalime,  dass 
die  Torsionen  in  einzehien  Fällen  durch  active  Fötalbewegungea 
entstehen  können,  denn«  es  lässt  sich  wohl  denken,  dass  die 
Form  der  Eihöble  dem  Kindeskörper  vorzugsweise  nur  Rotation 
nach  Einer  Richtung  hin  gestatte.  Um  die  Entstehung  der 
Torsion  zu  bestimmen,  giebt  uns  nur  die  Entwickelang  der 
Früchte  einigen  AnhalL  Unter  64  Fällen  zeigten  ein  Alter 
von  3  Monaten  13  Früchte 


4 

n 

.  15 

5 

n 

5 

6 

«» 

8 

7 

♦> 

22 

8 

rt 

1 

Es  ßUt  somit  die  grösste  Zahl  der  Torsionen  an  ab- 
gestorbenen Früchten  in  den  siebenten  Monat    Ob  hier,  wie 


iiaii  da4nve]b  iMdisgle  filasoMn  der  Geftsse.  161 

HoU  meint,  die  Stenose  bereits  früber  bestanden  bat  und  erat 
bei  grösserem  Nabrungsbedürfniss  der  Frucbt  tödtlicb  geworden 
ist,  mass  dahingestellt  bleiben,  da  das  Alter  einer  Slenose 
sieb  an  der  untersaebten  Nabelschnur  schwer  bestimmen  iSsst 

Die  Placenta  fand  sich  in  denjenigen  PiltBii,  •  wo  der 
Fötus  nach  seinem  Tode  längerem  Uterus  verweilt,  atrophisch 
und  geschrumpft,  bisweilen  zeigte  sie  zahlreiche  Apoplexien, 
deren  Entstehung  sowohl  durch  die  stockende  Circulation, 
wie  durch  die  Zerrung  von  dem  gedrehten  Nabelstrang  aus 
begdnsUgl  werden  muss.  Die  folgende  Verödung  der  mütter^ 
lieben  PlacentargefSsse  erklärt  es,  wenn  wir  sehen,  dass  die 
meisten  Geburten  mit  Stenose  behafteter  Früchte  ohne  beträcht* 
liehe  Mutung  verliefen.  In  einzelnen  der  beobacbteten  Fdlle 
war  die  Fruebt  hemicepbaliscb  oder  zeigte  andere  Büdungs- 
störungen  an  der  obemi  Körperhfttfle. 

Die  meisten  Früchte,  die  an  Torsion  und  Stenose  litten, 
wivden  nach  ihrem  Tode  noch  längere  Zeit  im  Uterus  zurfldli- 
bebalten  und  kamen  macerirt  oder  stark  geschrumpft  2ur  Welt.. 

Die  Austreibung  der  Frucht  geschah  nach  der  muthmass- 
lieben  Zeit  ihres  Todes 

innerhalb  14  Tagen  1  Mal 
„  1  Monat  3    „ 

n  2      „     6    „ 

«  8      „      1     „ 

4  1 

n  ^  »»         ■■'        » 

Als  schon  vor  längerer  Zeit  abgestorben  werden  an- 
gegeben 21  Fruchte,  als  ek^st  vor  kurzer  Zeit'  abgestorben  1. 

Dies  aulOUig. lange. Verweilen  der  abgestorbenen  Frucht 
im  Uteras  ISsat  vielleicht  darauf  scbliessen,  dass  die  Nabel-' 
Bchnurstenose  oft  erst  allmählich  zum  Tode  der  Frucht  ftthrte. 

Hervorzuheben  ist  femer,  dass  bisweifen  bei  einer  und 
derselben  Frau  in  sich  folgenden  Schwangerschaften  die  Früchte 
an  Nabebcbnnrtorsion  zu  Grunde  gingen.  Ein  Einfiuss  be- 
sonderer Beschäftigung  der  Schwangeren  .  ist  aus  diesen 
Beobachtungen  lücbt  ersichtlich. 


IX. 

Bericht  über  die  Leiitiuigen   des  KOniglichea 

HabavmeniiurtitiitB  an  Stetthi  wfthrand  der 

Jahre  18M-1869. 

Vom 

Geh.  Medicinalrath  Dr.  Behm. 

(SehloM.) 
VerhältnlMe  der  Nengeborenen. 

Während  sich  in  den  einzelnen  Jahrgingen  d»«  Ge* 
schlecht  der  Neugeborenen  znweikn  sehr  abweichend 
an  Zahl  zeigte,  wobei  besonders  die  Jahre  1838/39  not 
20  Knaben  und  5  Mädchen  ,1839/40  mit  8  Knaben  und 
16  Madchen,  1844/46  mit  4  Knaben  und  12  MäddicD  u.  s.  w. 
hervorragen,  glich  sich  das  Gesammtverhältniss  in  wunder^ 
barer  Weise  aus,  indem  unter  der  GesammtoW  yon  689 
geborenen  Kindern  sich  345  Knaben  und  344  Mädchen  be- 
fanden. Von  Erstgebärenden  wurden  geboren  180  Knaben 
und  165  Mädchen,  ein  Verhähniss,  welches  mit  der  gewöhn- 
lichen Annahme,  dass  bei  Erstgeburten  mehi*  Mädchen  als 
Knaben  geboren  werden,  allerdings  nicht  im  Einklänge  steht 

Unter  dr  Gesamrotzahl  waren  überhaupt  frühzeitig 
geboren  62  Kinder,  todtgeboren  49,  Ton  denen  überhaupt 
18  in  geringerem  oder  höherem  Grade  der  Verwesung  begriffen 
waren.  Im  Speciellen  waren  11  Kinder  frühzeitig  und  todt- 
geboren, 7  ausgetragen  und  todtgeboi^.  .  Sieben  waren  an- 
scheinend erst  im'Geburtsacte  gestorben,  2  bei  der  Wendung ; 
die  übrigen  bei  Unterstammgeburten,  od«r  bei  -der  Zangen- 
Operation.  Der  Rest  wurde  zwar  noch  mit  Lebenszeichen, 
aber  so  schwach  geboren,  dass  sie.  mnerhalb  der  nldwteB 
zwei  Stunden  erlagen,  weshalb  sie  hier  den  ^odtgeborenen 
beigerechnet  sind.  Unter  diesen  letzteren  be&nden  sieh 
namentlich  raehrerere  der  frühreifen  Früchte. 

Deformitäten  und  Monstrositäten  der  Neugeborenen 
wurden  mehrmals  beobachtet  und  sind  bereits  weiter  oben 
erwähnt  worden. 


4M  K.  Hebamaieiiisttidite  s«  S^tttn  eio.  16^ 

Vmi  Todesfällen  nach  der  Gebort  und  wähneiid  der 
14tilgigen  Wochenbettszeit  der  Mütter  ist  zunäcbst  mehrerer 
friihzeitig  geborener  Frächte  zu  gedenken,  die  schon  im 
Terlaufe  der  ersten  drei  Tage  nach  der  Geburt  an  allgemeiner 
Schwäche,  meist  unter  den  Zeichen  der  Cyanose  erlagen^ 
Ausserdem  war  besonders  in  deft  ersten  Jahren  meiner  Ver- 
waltnng  Trismns  neonatorum  eine  ziemlich  hfiofige  meist 
tödüicbe  Krankheit,  an  deren  Ents^tehung  gp(!tsstentheils  die 
ungünstige  Beschaffenheit  des  früheren  Locales  der  Anstalt 
Antbeil  haben  modite,  da  fost  immer  Erkältung  der  lünder 
die  nachweisbare  Ursache  war.  In  den  letzten  Jahren  ist  diese 
Krankheit  entschieden  seltener  geworden  and  mehrere  Lehr- 
perioden haben  keinen  Fall  der  Art  mehr  aufzuweisen  gehabt 
Mehrmals  war  dürftige  Ernährung  der  Kinder  durch  die 
schwächlichen  oder  erkrankten  Hütter  die  Ursache  der  all- 
mäügen  Verkümmerung  und  des  Todes.  Ueberfaaupt  aber  kamen 
in  der  25jährigen  Periode  27  Todesfölle  Neugeborener  vor. 

Schliesslich  kann  ich  einige  Ereignisse  im  Institute  nicht 
unerwähnt  lassen,  welche,  obgleich  beinahe  der  Classe  der 
sogenannteil  Coriosa  zuzurechnen,  doch  auch  nicht  ohne 
tieferen  wissenschaftlichen  Werth  sind. 

1.  Das  ersle  derselben,  die  Gebart  eines  Mohrenbastards, 
im  Lehrcarsus  1848/49,  ist  yielleicbt  gegenwärtig  als  der  un- 
bedentendste  anzusehen,  da  die  Frage  über  die  Farbe  dei^ neu- 
geborenen Kinder  der  farbigen  Racen  längst  entschieden  ist. 
Das  hier  geborene  Kind,  ein  krAftiger  Knabe,  war  im  Allgemeinen 
▼on  danklerer  Hautfarbe,  als  unsere  Kinder  gewöhnlich  sind, 
und  diese  verdunkelte  sich  besonders  an  den  Innenflächen  der 
Gelenke,  Yorzngsweise  aber  an  den  Inguinalgegenden,  dem 
Perinanm,  dem  Hodensacke,  unter  den  Achseln.  Das  Haar  war 
Bchwars  und  kraus,  die  Gesichtszüge  durch  die  aufgeworfenen 
Xiippen  und  aufgestülpte  Käse  der  Negerphjsiognomie  bedeutend 
angenähert. 

2.  Nicht  ohne  Interesse  ist  die  £nH>indung  einer  Taub- 
stummen im  Lehroursus  1837/38  durch  die  merkwürdige  instinktive 
Weise,  mit  welcher  sich  die  Person  sowohl  bei  der  Geburt,  als 
bei  der  nachherigen  Behandlung  ihres  Kindes  zu  benehmen  wusste, 
da  eine  Anleitung  oder  positive  Unterweisung  nicht  stattfinden 
konnte,  welche  ich  auch  nach  Möglichkeit  vermied,  um  selbst 
zu  beobachten,  wie  der  natürliche  Trieb  sich  knndgoben  würde. 

8.  Eine  wunderliche  Verle tauig  durch  eine  Nähnadel  er- 
eignete sich  im  Lehroursus  1844/45.     IfaWs  E,  (N.  266)  war  am 


184  ^*    Bdm,  Berieht  «b«r  die  Leistiliigeii 

t2,  JuBiiar  1846  inr  Abwartnng  ibrer  Eatbindiing  aufgenommen 
worden.  Einige  Tage  nacb  ibrer  Anfnabme  war  sie  Vormittaga  mit 
Nftben  beecbäftigt,  als  sie  Ton  ihrem  Sitae  aufstehend  nnd  sieb 
mit  dem  Bauche  über  den  vor  ihr  stehenden  Tisch  lehnend,  nm 
eine  entfernt  liegende  Scbeere  sa  erlangen,  plötzlich  anter  einem 
lauten  Schrei  Auffuhr  und  sieb  gestochen  haben  wollte.  Die 
sofortige  EntbI5s0ung  des  Epigastrinms,  wo  dieVertetsung  statl> 
gefunden  haben  sollte,  seigte  nun  ein«  tief  in  die  BAuehdeeliea 
eingedrungene  Kähnadel,  welehe  mit  dem  Oehr  noch  etwa  einen 
halben  Zoll  aus  den  letsteren  herTorragte,  aber  bevor  die  Ver- 
letzte im  Stande  war»  sich  ihrer  su  bemächtigen,  unter  ihren 
Fingern  rersebwand,  indem  sie  gleichsam  in  die  Bauchdeekea 
bineingezogen  wurde.  Das*  Ereignis!  ws^  so  schnell  beendigt,  daas 
die  alsbald  herzugerufene  wachhabende  Schülerin,  gleichwie  die 
Tnstitutshebamme,  der  Sache  keinen^Glauben  schenken  wollten  und» 
ungeachtet  der  Bestätigung  durch  die  im  Zimmer  mitanwesenden 
Schwängern,  sie  für  eine  Täuschung  hielten ;  und  da  die  Schwangere 
sieb  danach  durchaus  wohl  fohlte ,  so  kam  die  ganze  Sache  in 
Vergessenheit)  und  namentlich  empfing  ioh  snlbat  keine  Mit- 
theilung  von  derselben.  Etwa  14  Tage  später,  den  SO.  Januar 
Morgens  früh  wurde  die,  Person  in  meiner  eigenen,  sowie  der 
Gegenwart  der  Tnstitutshebamme  und  der  gewöhnlichen  Zahl  der 
Schülerinnen  ganz  leicht  toiI  einem  7  Pf^nd  20  Loth  schweren 
l^naben  entbunden,  der  die  zweite  Scheltellagogehabt  hatte.  Kaum 
hatte  das  Kind  den  Schooss  der  Mutter  verlassen,  als  mehrere  der 
Schülerinnen  wie  aus  Einem  Munde  überrascht  ausriefen:  „Herr 
Gott!  die  Kadel.*'  Schon  beschäftigt,  die  Geburt  in  mein  Journal 
einzi^ragen ,  glaubte  ich  bei  diesem  Ausrufe ,  es  sei  das  Kind  durch 
die  Schülerinnen  unvorsichtiger  Weise  verletzt  worden  und  war 
im  Begriffe  deshalb  eine  Rüge  gegen  dieselben  auszusprechen,  als 
ich  nun  erst  von  dem  ganzen  Ereignisse  vor  14  Tagen  Kunde  erhielt. 
Die  nähere  Untersuchung  ergab  nun  Folgendes:  Auf  der  inneren 
Fläche  des  linken  Kniees  ragtö  etwa  %  Zoll  lang  die  Spitze 
einer  massig  starken  stählernen  Nadel  hervor,  welche  in  schräger 
Richtung  eine  solche  Stellang  hatte ,  dass  sie  von  aussen  und 
vorn  schräg  in  den  äusseren  Theil  des  oberen  Endes  der  Tibia 
eingedrungen  und  nach  innen  und  hinten  gerichtet  wieder  hervor- 
gedrungen sein  musste.  Entsprechend  der  Spitze  der  Nadel  fand 
sich  am  Oberschenkel ,  da  wo  der  Unterschenkel  an^  demselben 
angelegen  hatte,  eine  kleine  geschwürige  Stelle  der  Haut  von 
der  Grosse  einer  Erbse  oder  etwas  grösser,  hervorgebracht  durch 
die  bei  jeder  Bewegung  des  Kindes  erfolgte  wiederholte  öder 
nnanterbro ebene  Stachelang  der  Nadelspitze.  Die  Entfernung 
der  Nadel  musste  mittels  einer  scharf  fassenden  Zange  geschehen, 
da  sie  so  fest  in  dem  Knochen  steckte,  dass  sie  mit  den  blossen 
Fingern   nicht   entfernt   werden   konnte.     Das    entgegengesetzte 


des  K.  Hebattxiraiiiiistitttto  «n  Stettin  etc.    -  i^ 

noch  im  Knochen  steckende  En^e  der  Nadel  war  noch  mit  dem 
unterletsten  Oehre  versehen,  welche  selbst  etwa  l'/4  Zoll  laug 
und  Ton  der  entsprechenden  Dicke  einer  Nähnadel  war.  Der 
Vorgang  war  unzweifelhaft  der  gewesen,  dass  die  in  die  Bauch- 
decken gestossene  Kadel  diese,  die  Gehärmutterwand  und  die 
Eihfillen  darchdrang  und  bis  in  das  hier  gelagerte  linke  Kaie  der 
Fmcht  (sweite  Scheitellage)  gelangte.  Durch  Beflezbewegung 
sog  die  Fleucht  den  verletiten -Fuss  fort  und  die  Nadel  nach  eich, 
welche  nun  ihren  weiteren  Weg  nahm.  Auffallend  bleibt  es  aber, 
dass  der  Process,  dessen  sich  die  Natur  zur  Entfernung  fremder 
Körper  aus  dem  Organismus  bedient  und  den  wir  bei  chirurgischen 
Kranken  häufig  su  beobachten  Gelegenheit  haben,  so  mächtig 
war,  um  die  Nadel ^  welche  doch  im  Augenblicke  der  Verletiung 
schwerlich  bis  zu  einem  bedeutenden  Theile  ihrer  Lange  in  das 
Knie  des  Kindes  eingedrungen  war,  ihren  einmal  eingeschlagenen 
Weg  verfolgen  und  sie  nicht  vielmehr  unmittelbar  rückwärts  aus- 
weichen SU  lassen»  wosu  die  nach  der  Spitze  hin  stattfindende 
konische  Verjüngung  sie  offenbar  viel  geeigneter  machte. 

Folgende  seltene  Fälle  dorften  endlich  auch*  noch  für  die 
gerichtliche  Medicin  nicht  ohne  Interesse  sein^ 

4.  Im  Lehrcnrsüs  1839/40  wurde  die  Ehefrao  eines  ans 
BuBsisch- Polen  hierher  gekommenen  Arbeitsmannes,  eines  Hols- 
flössers,  unter  N.  ISO  aüi|genommen.  Die  Untersuchung  seigte 
ungeachtet  die  Frau  mit  dem  sehnten  Kinde  schwanger  ging, 
das  Fehlen  fast  aller  Erscheinungen,  welche  auf 
frühere  Geburten  hinweisen;  denn  die  Bauchhaut  entbehrte 
fast  gänzlich  der  Runzeln  und  seigte  auch  bei  der  Besichtigung 
keine  Spur  von  Striemen  und  aarbenähnlichen  Fleokcin^  ebenso 
fehlte  jede  Spur  von  Varicositäten  an  den  Füssen,  Schenkeln 
oder  Genitalien.  Der  Mutterhals  war,  obgleich  sie  bereits  den 
achten  Monat  der  Schwangerschaft  erreicht  hatte,  noch  hart,  der 
Muttermund  war  geschlossen,  etwas  in  die  Quere  gesogen  und 
an  den  Muttermundslippen  keine  Spur  von  Einrissen.  Mein 
College  BrawmÜUer^  damals  schon  als  zweiter  Lehrer  in  Thätig- 
keit,  hatte  die  Person  vor  mir  untersucht  und  mich  auf  den 
merkwürdigen  Befund  aufmerksam  gemacht,  den  ich  später  bei 
meiner  eigenen  Untersuchung  vollständig  bestätigt  fand.  Im  Falle 
einer  gerichtlichen  Untersuchung  würde  die  kategorische  Ent- 
scheidung^ ob  die  Person  früher  schon  geboren  gehabt,  bei 
Unkenntniss  der  Anamnese  sehr  schwierig  gewesen  sein. 

5.  |;ndlich  gehört  hierher  der  schon  früher  erwähnte  Fall, 
in  welchem  eine  Frucht  die  Spuren  einer  im  Uterus  erlittenen 
und  wieder  verheilten  Fractur  des  Unterschenkels  an  sich  trug. 
Da  das  Kind  lebend  geboren  war,  so  konnte  eine  nähere  Unter- 
suchung der  Knochen  selbst  nicht  stattfinden. 


166 


IX.    BBkm,  BeHeht  über  äU  Leiatmifas 


C.    Leistnngen  in  der  Poliklinik. 


Die  Ereignisse  in  der  Poliklinik  des  Instituts  haben  bis 
jetzt  erst  einen  nocb  beschränkteren  Umfang  erreichen  köoneo, 
als  diejenigen  des  Instiluts  selbst,  da  diese  erst  eine  ge- 
ringere Zahl  Ton  Jahren  umfasst,  und  die  ersten  Jabre  nach 
Errichtung  derselben  mit  mancherlei  Hindernissen  zu  kSmpfen 
hatten,  welche  zum  Theil  wiederum  in  der  Abneigung  der 
niederen  Stände  gegen  Alles,  was  von  Seiten  der  Verwaltung 

C.    Tabellarische  Zusammenstellung  der 


Lehrcuraus. 


Allg^emeine  Verhältnisse, 


8 

BS 

OD  0 


EindeslageiL 


»'  I 


2» 

II 


s  I 


1843  —  44 

1844  —  46 
1846  —  46 

1846  —  47 

1847  —  48 

1848  —  49 
1849—60 

1860  —  51 

1861  —  62 
1852  —  68 
1868  —  64 

1864  —  65 

1865  —  56 

1866  —  67 

1867  —  68 
1858  —  59 

Summa 
Dasa  aas 
Tabelle  B. 


4 
6 
6 

12 
14 
6 
31 
21 
11 
14 
23 
27 
18 
16 
86 
69 


5 

10 
9 
22 
20 
S 
44 
25 
17 
17 
28 
31 
24 
26 
49 
41 


5 
10 

9 
22 
20 

8 
44 
26 
17 
17 
28 
31 
24 
26 
49 
40 


102  j  273 
344  I  328 


376  I  374  I 

I 
672  I  665 


Total^Samma 


446  1601 


1047  1 1029 


5 
9 
3 
18 
16 
7 
35 
17 
18 
12 
19 
22 
19 
20 
26 
28 

267 


1 
4 
2 
8 
1 
5 
7 
4 
6 
8 
6 
3 
8 

10 
7 

69 


471    148 
738  1217 


-I-   - 

I  1 
1 


Vi 

-I-  -I 


liJl: 

—  I   3|   2 


10     13 


1[  6    « 
4   12  IS 


12  I  16  I  26 


6118  \9 


deB  K.  HebammenioBtitnt«  bq  Stettin  etc. 


167 


zor  GriekditeruDg  ihrer  Lage  geschieht,  sum  Tbeil  auch  in 
der  feindseligen  Thätigkeit  der  in  diesen  Regionen  wirkenden 
Hebanunen,  wekbe  in  dieser  neuen  EinrichUing  eine  Geföhr- 
duug  ihrer  eigenen  Gerechtsamen  erUickten,  begründet  siA4> 

Nachdem  voo  der  Yorgesetzten  Behörde  die  Genehmigung 
zur  Errichtnng  einer  Poliklinik  ertheilt  worden  war,  konnte 
dieselbe  im  Lehrkursus  1843/44  ins  Leben  tret^L 

Die  folgende  Tabelle  gewährt  eine  kur2e  Uebersicht  ober 
die  in  der  Poliklinik  vorgekommenen  Ereignisse. 

ünik  vorgekommenen  geburtshälflichen  Ereignisse. 


ration. 

Nachgebnrti 

1- 

VerbKItnisf«  4er 

Kengeborenen. 

TodesfttlU 

im 

V€ 

>ru«i»uiDoc 

von 

Grit- 

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gebärenden. 

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24 

3 

10 

4 

4 





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1 

— 

2 

17 

25 

6 

7 

— 

1 

— 

— 

—        1 

1 

63 

2 

— 

8 

191 

188 

36 

65 

17 

21 

— 

— 

6 

4 

188 

6 

8 

20 

345 

844 

180 

165 

62 

49, 

5 

27 

e 

*l 

186 

7 

8 

28 

536 

527 

216 

230 

79 

70 

5 

27  . 

16g  IX.    B^hm,  Bericht  über  die  Lei8tiiii|^n 

Es  liegt  auf  der  Hand,  da»  in  der  Poliklinik  ganze  Gruppen 
Ton  Regelwidrigkeilen  dar  Geburt,  welche  bei  den  im  Institute 
vorfallenden  Geburten  seibst  fast  zu  den  Alltäglichkeiten  ge- 
hörten, seltener  beobachtet  werden  nrassten.  Theils  gab  hierzu 
Gelegenheit  das  überwiegende  Yerhältniss  der  Mehrgebarenden 
zu  den  Erstgebärenden,  theils  das  weit  Qberwiegende  Ver- 
hältniss  der  Verheiratheten  zu  (}en  Ünverheiratheten.  Zu  den 
aus  diesen  veränderten  Verhältnissen  sich  verändernden  Regel- 
widrigkeiten gehören  zunächst  diejenigen,  welche  durdi  den 
sorglosen  und  ohne  die  gehörigen  Gesundheitsrücksichten 
unternommenen  Transport  der  Kreissenden  zum  Institute  herbei- 
geführt  wurden,  wogegen  die  in  ihren  Wohnungen  behandelten 
Personen  unter  der  wohllhuenden  gewohnheitsgemässeu  Ein- 
wirkung ihrer  ganzen  Häuslichkeit  dem  Gebäracte  selbst  mit 
grösserer  Ruhe  entgegen  gebend,  gegen  vielfache  Erkrankungen 
geschfitzt  blieben.  Regelwidrigkeiten  der  Wehen  kamen  daher 
in  der  Poliklinik  selten  zur  Reobachtung.  Wo  sie  auftraten, 
wurden  sie  meist  vom  Institute  aus  durch  die  verabreichten 
arzneilichen  Verordnungen,  deren  bereits  früher  gedacht  worden 
ist,  beseitigt.  In  Uebereinstimmung  mit  dem  Gesagten  stellt« 
sich  aber  auch  das  Verhältniss  der  mechanisch^  Hulfs- 
leistungen  zur  Reendigung  der  Geburten  noch  günstiger,  denn 
während  z.  R.  im  Institute  auf  6.72  Geburten  25  Zangen- 
applicationen  =  3,87  Proc.  kamen,  kamen  in  der  Poliklinik 
bei  375  Geburten  nur  7  Zangenentbindungen  =  1,86  Proc.  vor. 

Rlutungen  bei  der  Geburt  wurden  im  Ganzen  zehn  Mal 
beobachtet;  sie  waren  jedoch  in  keinem  einzigen  Falle  von 
einer  solchen  Erheblichkeit,  dass  dadurch  eine  Lebensgefahr 
für  Mutter  oder  Kind  herbeigeführt  wurde;  alle  Fälle  liefen 
vielmehr  glücklich  ab. 

Was  unter  den  mechanischen  Geburtserschwerungen  zuerst 
die  Scheitellagen  betrifft,  so  wurden  die  dritte  zwei  Mal,  die 
vierte  drei  Mal  beobachtet.  Alle  fünf  wurden  zwar  durch  die 
Kräfte  der  Natur  theils  durch  Ueberführung  in  die  günstigeren 
zweiten  und  ersten  Lagen,  theils  als  selbsständig  verlaufend 
beendigt,  jedoch  wurde  dabei  ein  Kind  todt  geboren,  und 
war  den  Erscheinungen  zufolge  der  Tod  erst  während  des 
Geburtsactes  erfolgt.  Die  zweite  Gesichtslage  wurde  ein  Mal 
mit  durchaus  leichtem  Verlaufe  beobachtet     Ebenso  verlief 


4m  K.  Bebamnettittstitiitir  sa  9t«fKft  «tc.  1^9 

der  FaU,  wobei  der  Aroi  n^ben  dem  K^^pfe  des  Kindes  lag, 
durchaus  günstig,  da  die  rfiumlichen  VerhälMisse  des  Beckens 
entsprechend  und  die  Wdienihätigl&eit  ansreichend  war. 

?on  den  Aberhaupt  beobachteten  twSB  Unterstamm- 
geburten,  nämlich  sechs  Steiss-  und  sechs  FussJagen  li^en 
sieben  für  Mütter  und  Kinder  glücklich  ab,  ungeachtet  eins 
der  Kinder  beim  Durchgange  des  Kopfes  durch  das  Becken 
so  viel  Schwierigkeit  machte,  dass  die  Zange  angelegt  werden 
musste.  Die  fünf  übrigen  ergaben  sammtlich  Mhzeitige  Früchte, 
welche,  ungeachtet  zwei  derselben  noch  Lebenszeichen  von 
sich  gaben,   doch  nicht  am  Leben  erhalten  werden  konnten. 

Schief-  und  Querlagen  kamen  jede  nur  ein  Mal  vor. 
Die  Schiefläge  betraf  eine  secbsmonatlidie  todte  Frucht,  welche, 
nachdem  die  Schalteriage  eben  constatirt  worden  war,  durch 
Selbstenlwickelung  zu  Tage  gefördert  wurde.  Bei  der  Klein- 
heit der  Frucht  und  der  Schnelligkeit,  mit  welcher  dieselbe 
hervorgeschieüdert  wurde,  war  es  unmöglich,  den  genauen 
Hergang  zu  beobachten,  und  ergab  sich  das  Ereigniss  der 
Selbstentwickelung  daraus,  dass  vorher  die  Schulter  und  der 
Arm  vorgelegen  hatten  and  bei  der  nächsten  Wehe  die  Füsse 
vor  den  Geschlechtheilen  der  Mutter  hervorgetrieben  lagen. 
Die  Querlage  dagegen  ereignete  sich  bei  einer  Mtdtipara,  bei 
welcher  durch  die  kräftigen  Wehen  die  IPüsse  neben  dem 
vorliegenden  jBauche  des  Kindes  herabgetrieben  wurden,  worauf 
das  Kind,  ein  kräftiges  Mädchen,  lebend  geboren  wurde. 

Zwillingsgeburt  wurde  nur  ein  Mal  beobachtet,  bot 
aber  keinen  ungewöhnlichen  Verlauf  dar.  Beide  Kinder,  aus- 
getragene Mädchen,  wurden  in  Scheitellage  geboren. 

unter  den  Regelwidrigkeiten  Seitens  der  Um- 
gebungen des  Eies  war  es  auch  in  der  Poliklinik  dCr 
fHihzeitige  Riss  der  Eihäute  und  die  UmschKugung  der  Nabel« 
schnür,  welche  die  Haupta^ahl  derselben  bildeten.  Die  letzteren 
wurden  bis  zu  ?iermaliger  Umschlingung  um  den  Hals  des 
Kindes  in  mehreren  Fällen  stets  ohne  Gefahrdung  des  Lebens 
beobachtet.  Dagegen  kamen  wahre  Knoten  nicht  ein  einziges'^ 
Mal  vor.  Künstliche  Wegnahme  der  Nachgeburt  wegen  Üieil- 
weiser  Trennung  und  daraus  entspringender  Blutung  wurde 
in  acht  Fällen  erforderlich,  wobei  sich  in  einigen  Fällen 
geringere  oder  höhere  Grade  der  Einsperrung  ergaben. 

11  •♦ 


170  12-     Bßkm,  B«  rieht  «b«r  die  LeUtnngtn  ete. 

Mplenartig  d^generirle  Eier  wurden  einige  Maie 
beobachtei,  indem  die  betreffenden  Schwangeren  wegen  der 
damit  ?erbundenen  Blutungen  die  BflHe  des  Instituts  nach- 
suchten. Sie  sind  bei  der  Zahl  der  firuhseitigen  Geburten 
mitbegriffen. 

▼erhältniMe  der  Veo^eboreiien. 

Die  Zahl  der  neugeborenen  Kioder  betrug  überhaupt  374, 
nämlich  191  Knaben  und  183  Mädchen.  Unter  diesen  waren 
von  Erstgebärenden  geboren  36  Knaben  und  65  Madehen; 
eine  so  überwiegende  Zahl  der  Letzleren/  dass  dadurch  der 
Ueberschuss  der  im  Institute  selbst  von  Erstgebärenden  ge- 
borenen Knaben  aufgewogen  wird.  Frühzeitige  und  unzeitige 
Geburten  kamen  überhaupt  17  Mal  vor.  Todtgeboren  über- 
haupt, einschliesslich  der  vor  dem  siebenten  Schwangerschafls- 
monate  noch  mit  bestimmbarem  Geschlechte  geborenen 
lebensunfähigen  und  der  molenarüg.  verbildeten  Eier,  waren 
überhaupt  21,  darunter  3  Molen,  8  frühzeitige  und  lebens- 
unfähige, 2  ausgetragene  Kinder,  nämlich  dasjenige,  wobei 
Vorfall  der  Nabelschnur  neben  dem  Kopfe^  stattfand,  und  ein 
in  Verwesung  begriffener  Hydrocephalus;  ein  in  der  Fusslage 
geborenes  und  6  in  der  Scheitellage  aus  nicht  nachweisbaren 
Ursachen  abgestorbene« 

Kleinere  Missbildungen,  überzählige  Finger,  Hasenscharte 
und  dergL  kamen  einige  Male  vor,  konnten  aber,  als  der 
Bestimmung  des  Instituts  entfernter  stehend,  nicht  in  nähere 
Behandlung  gezogen  wernen. 

Als  eine  besonders  glückliche  Erscheinimg  kann  es  er- 
wähnt werden,  dass  die  Wochenbetten  sämmtlich',  soweit  die 
Wöchnerinnen  während  der  ersten  vierzehn  Tage  unter  der 
Beobachtung  des  Instituts  standen,  glücklich,  wenigstens  ohne 
irgend  nennenswerthe  Erkrankungen  der  Wöchnerinnen  verliefen. 


Einige  Beobachtmigen  über  Schwangerschaft 
ausserhalb  der  Gebärmutter. 

Von 

Dr.  P.  ü.  Walter, 

ProfoMor  em^ritat  in  Dorpat. 
(Mit  Bwei  Tafeln  Abbildongen.) 

^  Wenn  gleich  in  der  neueren  Zeit  in  Beziehung  auf  die 
Schwangerschaft  ausserhalb  der  Gebärmutter  von  den  ver- 
schiedensten Seiten  dem  ärztlichen  Publikum  werlhvoUe  Mit- 
theilungen gemacht,  wenn  durch  dieselben  gleich  vielfache 
Punkte  in  dieser  Art  der  gesundheitswidrigen  Schwangerschaft 
aufgeklärt  worden  sind,  so  kann  man  doch  die  Acten  ober 
dieselbe  keinesweges  als  geschlossen  betrachten.  Nur  eine  viel 
grössere  Zahl  genauer  Beobachtungen  wird  uns  ober  mehrere 
hier  noch  dunkle  Punkte  Aufklärung  zu  gewähren  im  Stande 
sein.  Sind  doch  selbst  in  der  neuesten  Zeit  von  verschiedenen 
Seiten  mehrere  Arten  dieser  Form  der  Schwangerschaft  nicht 
nur  bezweifelt,  sondern  ganz  in  Abrede  gestellt  worden,  so 
von  Vdpeau,  Thomson,  Mayer,  WüUgh  und  Anderen. 
Wohl  hat  HoKL  überzeugend  die  Unhaltbarkeit  der  von  Mayer 
für  diese  Hypothese  angegebenen  Gründe  nachgewiesen  und 
Hecker  hat  in  seiner  Arbeit  über  diesen  Gegenstand  das 
Ungenügende  dieser  Ifay^t^schen  Ansicht  mit  Recht  hervor- 
gehoben und  hat  den  Beifall,  mit  dem  dieselbe  aufgenommen 
wurde,  der  mangelhaften  Brauchbarkeit  der  vor- 
handenen Beschreibungen  und  dem  Ungenügenden 
der  bisherigen  Leistungen  zugeschrieben.  Ferner  giebt 
Hecker    an,    dass    vom    heutigen    Standpunkte    der 

IConatMebr.f.Gebartik.  1861.  Bd.  XVm.,  HA*  &•  ^^ 


172  ^«     Walter,  Einige  Beobachtnngen 

Wissenschaft  es  nicht  mehr  gerechtfertigt  erscheint, 
an  der  Existenz  der  primären  Bauchschwangerschaft 
zu  zweifeln,  da  die  theoretischen  Bedenken  gegen 
die  Möglichkeit  derselben  als  beseitigt  betrachtet 
werden  milssen  und  die  Praxis  langst  über  ihr  Vor^ 
komhien  in  affirmativem  Sinne  entschieden  hat,  es 
sich  daher  nur  darum  handelt,  ob  es  unzweideutige 
Belege  für  das  Vorkommen  der  Eierstocksschwanger- 
Schaft  giebt  oder  nicht.  Dabei  bezeichnet  Zfec/c^r  die  in 
den  letzten  Jahren  von  Heiin,  Klwi^ch,  Virchow  erzrJilten 
Fälle  mit  dem  Prf.dikat;  vermuthlicbe,  weil  bei  der 
langen  Dauer  der  Abnormität  und  bei  den  hieraus 
hervorgegangenen  Veränderungen  der  verschiedenen 
Nacbbarorgane  nicht  mit  der  nölhigen  Schärfe, 
sondern  immer  nur  vermuthweise  das  Ovarium  als 
der  primäre  Heerd  der  Gravidität  erkannt  wurde.  Ja, 
sogar  von  dem  von  Hecker  selbst  mitgetheilten  Falle  äussert 
der  Verfasser  sich  dahin,  dass  das  Präparat  in  ihm  die 
subjective  (Jeherzeugung  von  dem  Vorkommea  der 
EierslocksschwaDgerschaft  erweckt,  das  aber  niclil 
so  Tollkommen  aus  der  Leiche  genommen  worden 
war,  dass  es  wissenschaftlich  verwerlhet  werden 
konnte.  Wenn  somit  selbst  die  in  der  neuesten  Zeit  von 
so  ausgezeichneten  Beobaditern  mitgetheilten  Fälle  niclit  jeden 
Zweifel  über  die  wirkliciie  Existenz  der  Eierstockssdiwaoger* 
Schaft  zu  beseitigen  im  Stande  gewesen  sind,  so  glaube  ich 
ein  Aecht  .zu  haben,  unter  No.  1  einen  von  mir  beobachteten 
Fall  hier  mitzutheilen  und  ilm  durch  die  beigefugieo,  nach 
dem  Präparate  entworfenen  Zeichnungen  zu  ertäutem,  der 
von  mir  und  mehreren  Aerzten,  so  namentlich  auch  von 
Anatomen  untersucht,  in  Allen  die  feste  Ucberzeuguog  von 
einer  Eierstocksschwangersdiaft  hervorgerufen  hat  -und  der 
dadurch,  sowie  durch  das  Eigenthümliche  im  Verlaufe  der 
Schwangerschaft  wohl  das  Interesse  aller  Facbgenossen  m 
beanspruchen  ein  Recht  hat. 

Der  zweiten  Beobachtung,  die  ich  als  Bauchschwanger- 
schaft  bezeichnet  habe,  fehlt  freilich  die  Leichenöffnung, 
da  die  Frau  noch  jetzt,. über  38  Jahre  nach  dem  Beginne 
der  Schwangersdiaft,  lebt  und  sich  seit  vielen  Jahren  im 


fiber  Sbhwang^rschafl  ansflerhalb  der  Gebärmutter.      173 

Innern  Ton  Russland  befindet.  Es  hat  aber  dieser  Fall, 
meiner  Ansicht  nach,  dadurch  ein  eigenes  Interesse,  dass 
derselbe  während  einer  Reihe  von  22  Jahren  von  demselben 
Arzte  beobachtet  und  ein  sehr  sorgfaltiges  Journal,  oft  von 
Tage  zu  Tage,  geführt  worden  ist  So  treten  denn  in  ihm 
namentlich  die  Erscheinungen  einer  späteren  Periode  dieses 
krankhaften  Zustandes  uns  genauer  entgegen,  als  dies  ge- 
wöhnlich in  Fällen  dieser  Art  stattzufinden  pflegt.  Ueber 
diesen  zweiten  Fall  muss  ich  hier  noch  hinzufügen,  dass  die 
Beobachtung  eigentlich  nicht  mir  angehört.  Es  betraf  der 
Fall  eine  Kranke,  die  von  einem  mir  innigst  befreundeten 
CoUegen,  dem  verstorbenen  Dr.  L.  Gtrgejisohn  in  Wolmar 
behandelt  wurde.  Da  ich  zu  jener  Zeit  ebenfalls  in  Wolmar 
als  praktischer  Arzt  lebte,  so  habe  ich  die  Kranke,  theils 
bei  Reisen  des  behandelnden  Arztes,  tlieils  aber  auch  aus 
Interesse  für  den  Fall  selbst,  während  ihrer  Krankheit  häufig 
besucht  In  einer  Rücksicht  kann  ich  den  Fall  auch  als 
mir  gehörig  in  Anspruch  nehmen,  indem  ich  zuerst,  bei 
einem  dieser  Krankenbesuche,  die  Diagnose  auf  Schwanger- 
schaft ausserhalb  der  Gebärmutter  stellte,  was  auch  der 
jetzt  verstorbene  behandelnde  Arzt,  bei  seiner  grossen  Sorgfalt 
in  Führung  seiner  Journale,  anbemerkt  hatte.  Das  Journal, 
nach  dem  ich  hier  die  Krankengeschichte  liefere,  ist  von  dem 
verstorbenen  Dr.  Z.  Oirgensohn  noch  kurze  Zeit  vor  seinem 
Tode  sorgfältig  durchgearbeitet  und  mir  von  dem  Sohne 
desselben,  dem  Dr.  O.  Oirgensohn  in  Riga  freundlichst  zur 
Benutzung  mitgetbeilt  worden.  Es  versteht  skh  von  selbst, 
dass  ich  die  in  einem  Journale  nicht  zu  vermeidenden 
Wiederholungen  weggelassen  und  nur  das  auf  die  Schwanger- 
schaft ausserhalb  der  Gebärmutter  Bezughabende  hier  mit- 
getheilt  habe. 

Der  dritte  Fall,  den  ich  als  Graviditas  extrauterina  tubaria 
oder  tttbo-uterma  mit  einem  Fragezeichen  kurz  angeführt 
habe,  gehört  m  das  Gebiet  derjenigen  Fälle,  die  dem  praktischen 
Arzt  nur  zu  oll  vorkommen,  wo  er,  seiner  festen  Ueber- 
zeugung  nach,  ein  Bestimmtes  zu  beobachten  glaubt,  wo  er 
aber,  bei  Genesung  der  Kranken,  nie  Gewissheit  erlangt  Die 
Kranke  lebte  ausserdem  einige  Meilen  entfernt  von  mir,  so 
dass  idi  sie  nicht  täglidi  zu  sehen  im  Stande  war. 

12* 


174  ^*     Walter f  Einige  Beobaohtnngen 

1.    Primäre    Eierstocksschwangerschaft;    secundäre 
Bauchhöhlenschwangerschaft 

Die  Frau  eines  estbnischen  Arbeiters,  40  Jahre  alt,  von 
mittlerer  Körpergrösse,  sanguinischem  Temperamente,  gut 
gebaut,  in  früheren  Jahren  gesund,  hatte  die  ersten  neun 
Jahre  ihrer  Ehe  kinderlos  yei*lebt  Dann  gebar  sie  Yor  10, 
8V2  und  3  Jahren  gesunde  Kinder,  ohne  an  besonderen 
Beschwerden  während  der  Schwangerschaft  zu  leiden.  Die 
Geburten  soUen  regelmässig,  im  Allgemeinen  leicht  gewesen 
sein.  Am  31.  August  alten  Styles  des  Jahres  1857,  während 
des  Flusses  der  Menstruation,  verliess  sie  mit  ihren  Kindern 
Pernau,  wo  der  Mann  noch  6 — 8  Wochen  zurückbleiben 
musste,  um  nach  ihrem  176  Werst,  etwa  26  Meilen  ent- 
fernten Geburtsort,  Dorpat,  zurückzukehren.  Am  Tage  ihrer 
abreise  selbst  hätte,  ihrer  Aussage  nach,  während  des  Flusses 
der  Menstruation,  der  letzte  Beischlaf  stattgefunden.  Den 
Tag  nachher,  den  1.  Februar,  stürzte  auf  der  Reise  der 
Frachtwagen  um,  in  welchem  die  Frau  mit  ihren  Kindern, 
bei  gefrorenem  Wege  und  tiefem  Schnee,  die  Reise  machen 
sollte.  Die  Frau  erschreckte  und  ängstigte  sich  sehr  und  war 
zugleich  genöthigt,  sich  beim  Aufrichten  des  schweren  Wagens 
körperlich  sehr  anzustrengen,  indem  sie  dabei  mit  Hand 
anlegen  musste.  In  Dorpat  angekommen  blieb  Ende  Februar 
der  erwartete  Monatsfluss  aus  und  .  erschien  auch  späterhin 
nicht  mehr.  Dagegen  traten  Schmerzen  im  Unterleibe  ein, 
die  besonders  im  Kreuze  und  der  rechten  Leistengegend  statt- 
fanden, fast  ununterbrochen  anhielten,  von  der  Frau  abo* 
so  wenig  beachtet  wurden,  dass  sie  gar  keine  ärztliche  Hülfe 
suchte.  Dies  geschah  erst  im  Anfange  des  Mai,,  ab  die 
Schmerzen  plötzlich  einen  ungewöhnlichen  Grad  von  Heftigkeit 
erreicht  hatten,  wo  ich  hingerufen  ward  und  die  Kranke  zum 
ersten  Male  sah.  Eine  genaue  Untersuchung  zeigte  dne  das 
kleine  Becken  füllende  kugelige  Härte,  Verkürzung  und  Ver- 
dickung des  Scheidentheils,  sowie  eine  Völle  im  Scheidengewölbe. 
Diese  Erscheinungen,  verbunden  mit  dem  ausgebliebenen  Monats- 
flusse liessen  mich  auf  stattfindende  Schwangerschaft  schliessen. 
Die  früheren  Schmerzen  glaubte  ich  in  d^n  Sturze  und  der 
'  Anstrengung  beun  Aufrichten  des  Wagens'  durch  Dehnung  der 


fiber  Schwangerschaft  aaaaerhalb  der  Gebttrmntter,      175 

Bauchmuskeln  und  der  Gebännutterbdnder  herleiten  zu  mössen, 
während  ich  die  jetzt  erschienene  bedeutende  Steigerung  des 
Schmerzes,  die  mit  Empfindlichkeit  bei  der  Berührung  und 
Fieber  verbunden  war,  von  einer  hinzugetretenen  örtlichen 
Bauchfellentzündung  herleitete.  Die  nach  dieser  Ansicht  durch- 
geführte Behandlung  beseitigte  auch  den  Schmerz  in  dem 
Grade,  4ass  die  Kranke  Ende*  Mai,  Juni  und  mehrmals  die 
erste  Hälfte  des  Juli -Monat»  sich  vollkommen  wohl  befand 
und  ihrem  Haushalte  ungestört  vorzustehen  im  Stande  war. 
Im  Juni  hatte  die  Frau  die  ersten  Kindsbewegungen  wahr- 
genommen,' ohne  dass  sie  ganz  genau  sich  des  Tages  zu 
erinnern  vermochte.  Ende  Juli  erschienen  die  früheren 
Schmerzen  von  Neuem,  doch  bekam  ich  die  Kranke  erst 
gegen  die  Mitte  des  August- Monats  zu  sehen,  wo  sie  die 
geburtshüMiche  Klinik  ein  Mal  ambulatorisch  besuchte.  Das 
Aussehen  der  Kranken  war  ziemlich  gut,  doch  hatte  in  der 
letzten  Zeit  sich  Abmagerung  einzustellen  angefangen;  der 
Puls  war  ruhig,  zeigte  84  Schläge  in  der  Minute;  die  Zunge 
war  rein;  die  Stuhlentleerung  in  Ordnung.  Die  Kranke  beklagte 
sich  über  heftige  Schmerzen  im  Unterleibe,  die  sich  wohl 
zwischendurch  minderten,  niemals  aber  ganz  verschwanden, 
dagegen  bisweilen  einen  ausnehmenden  Grad  von  Heftigkeit 
erlangten,  besonders  bei  den  allmälig  stärker  werdenden  und 
ungewöhnlich  deutlich  wahrgenommenen  Bewegungen  der  Frucht 
Die  bei  der  Wichtigkeit  des  Falles  zu  wiederholten  Malen 
unternommene  äussere  Untersuchung  zeigte  den  Unterleib 
aufgetrieben,  aber  weich;  auch  bei  einer  längere  Zeit  an- 
dauernden Betastung  desselben,  in  der  Rückenlage,*  liess  sich 
kein  Gebärmuttergrund ,  überhaupt  keine  Gebärmutterkugel 
erkennen,  auch  trat  bei  einer  solchen,  eine  längere  Zeit  an- 
hakenden Untersuchung  keine  Härte  im  Unterleibe  auf.  Die 
Percussion  gab  in  der  Mittellinie  des  Unterleibes  einen  hellen, 
fast  tympanitischen  Ton,  der  sich  bis  fast  vier  Finger  breit 
unterhalb  des  Nabels  heraberstreckte;  eine  Handbreit  vom 
Nabel  entfernt,  reichte  dieser  hohle  Ton  nur  bis  zur  Nabel- 
höhe. Unterhalb  dieser  angegebenen  Punkte  war  dumpfer, 
deutlicher  Fleisch -Ton.  Der  Fötus  liess  sich  mit  auftauender 
Deutlichkeit '  durdi  die  verdünnten  Bauchdecken  durchfühlen. 
Links  vom  Nabel,  etwas  tiefer  als  dieser,  lag  eine  Extremität ; 


176  2*     Walier,  Einige  Beobaelitniigen 

man  konnte  an  derselbe  den  Fass,  die  Ferse,  sowie  den 
Unterschenkel  auf  das  Deutlichste  erkennen,  ja  es  liess  sich 
die  untere  Extremität  so  umfassen,  dass  sich  die  Fmgerq>iUen 
hinter  derselben  deutlich  fühlten;  es  lagen  blos  die  verdümiten 
Bauchdecken  zwischen  ihnen.  Etwas  oberhalb  des  Fusses 
lag  ein  grosser,  runder,  weicher  Körper,  offenbar  der  Steiss; 
von  diesem  aus  konnte  man  schräg  nach  abwärts  und  rechts 
hin,  den  Körper  des  Fötus  wahrnehmen,  der  indess  nur  bis 
drei  Finger  breit  Ton  der  Linea  alba,  nadi  rechts  Ton  dieser, 
zu  verfolgen  war.  Hier  nämlich  lag,  unmittelbar  unter  den 
Bauchdecken,  eine  festweiche  Geschwulst,  die  an  der  SchaoH 
beinverbindung,  .etwas  nach  rechts  von  dieser,  begann  und 
sich  bogenförmig  mit  der  Conrexität  nach  aufwärts  und  links 
gerichtet,  bis  zum  oberen  vorderen  Stachel  des  rechten  Hüftbeines 
erstreckte.  Dieser  convexe  Rand  der  Geschwulst  war  deutlidi 
mit  den  Fingern  durch  die  Bauchdecken  zu  umfassen,  während 
die  ganze  von  der  Geschwulst  eingenommene  Gegend  des 
Unterleibes  bei  der  Percussion  einen  dumpfen  Ton  darbot 
Hinter  dieser  Geschwulst,  so  den  untersuchenden  Fingern 
entzogen,  mussten  offenbar  die  Schultern  und  der  Kopf  der 
^Frucht  liegen,  der  letztere  ohne  Widerrede  auf  dem  rechten 
Musculus  iliacus  internus. 

Die  Auscultation  zeigte  den  Herzschlag  des  Fötus  mit 
der  gewöhnlichen  Frequenz  und  mit  auffallender  Deutlichkeit 
im  ganzen  Unterleibe  der  Mntter,  von  der  Herzgrube  bis  zur 
Scbambeinverbindung  und  von  der  linken  Seite  bis  in  die 
rechte.  Das  Circulationsgeräusch  hörte  ich  nur  ein  Mal,  in 
der  rechten  Leistengegend. 

Die  innere  Untersuchung  zeigte  eine  erweiterte  Scheide, 
normalen  Stand  des  Scheidentheils,  Auftreibung  desselben, 
Verkürzung  auf  4  Linien,  gewulstete  Muttermundslippen  mit 
deutlichen  Kerben,  klaffende  Querspalte  des  äusseren  Mutter- 
mundes, in  die  man  den  Finger  ein  paar  Linien  tief  einführen 
konnte  und  leichte  Auftreibung  des  Gebärmutterkdrpers.  Von 
dem  Kinde  war  durch  die  Scheide  keine  Spur  zu  fühlen. 

Oefters  wiederholte  Untersuchungen  efgaben  dasselbe 
Resultat,  nur  dass  sich  die  Frucht  so  um  ihre  Längenachse 
zu  drehen  schien,  dass  die  Bauchhöhle  derselben  sich  gegen 
die  .vordere  Wand  des  Unterleibes  der  Mutter  richtete.    Man 


über  SobwADgeracbafl  ansserbalb  der  Geb&rnmtter.      177 

konnte  nftinlich  etwas  später  beide  Fusse  des  Fdlus  deutlich 
durchfühlen«  so  dass  statt  des  bisher  nach  oben  geri<1)leten 
Rückens  die  linke  Seitenfläche  der  Frucht  sich  der  unter- 
suchenden Hand  darbieten  musste.  Zugleich  nahm  allmälig 
die  Spannung  der  Bauchdecken  mehr  und  mehr  zu,  so  dass 
sich  die  unteren  Extremitäten  der  Frucht  später  nicht  mehr 
so  deutlich  erkennen  und  namentlich  nicht  mit  den  Fingern 
umgreifen  liessen.  Dabei  wurden  auch  die  Bewegungen  des 
Fötus  so  heflig  und  namentlich  so  ausgedehnt,  dass  die  Fasse 
desselben  bisweilen  in  der  Herzgrube  gefühlt  werden  konnten, 
besonders  wenn  die  Frau  sich  körperlich  angestrengt,  gearbeitet 
hatte.  Auch  schwand  mit  der  erwähnten  Drehung  des  Kindes 
um  seine  Längenachse  der  im  Liegen  der  Frau  so  deutlich 
gewesene  Herzschlag,  den  man  jetzt  nur  im  Stehen  derselben, 
wenn  sich  die  Frucht  nach  vom  senkte,  wahrzunehmen  im 
Stande  war. 

Ich  hatte  gleich  bei  der  ersten  Untersuchung  der  Frau 
im  .August  den  Fall  als  Schwangerschaft  ausserhalb  der  Gebär- 
mutter bestimmt,  mit  Lagerung  der  Frucht  in  der  Peritonäal* 
höhle. und  Querlage  eines  lebenden  Kindes.  Anfangs  schien 
dabei  der  Bauch  des  Kindes  abwärts  gerichtet  zu  sein,  später 
senkte  sich  die  rechte  Schulter  tiefer  und  die  Bauchfläche 
wandte  sich  nach  vom.  Die  runde  Geschwulst  rechts  unten 
im  Unterleibe  hielt  ich  für  die  Placenta  und  glaubte,  dass 
dieselbe  an  der  vorderen  Fläche  des  Bauchfelles  ihre  An- 
heftungsstelle  gefunden  hätte. 

Wenn  ich,  wie  bei  der  gewöhnlichen  Berechnung,  des 
Schwangerschaftstermines,  den  Anfang  der  Gravidität  auf  den 
achten  oder  zehnten  Tag  vor  dem  letzten  Monatsflusse  fest- 
.setzte,  so  waren  am  23*. bis  30.  October  280  Scbwangerschafts* 
tage  verflossen  und  auf  diese  Zeit  hatte  ich  die  Operation 
des  Bauchschnittes  festgesetzt  War  der  letzte  Beischlaf  am 
31.  Januar  etwa  der  befruchtende  gewesen,  so  konnte  die 
Dauer  der. Schwangerschaft  nur  ein  paar  Tage  länger  währen, 
was  daher  keinen  Eintluss  auf  die  Wahl  der  Operatiouszeit 
ausüben  konnte.  Die  Erscheinungen  sprachen  so  bestimmt 
für  eine  Schwangerschaft  ausserhalb  der  Gebärmutter,  dass 
ich  den  Fall  als  solchen  mehreren  hiesigen  Aerzten,  den 
Professoren  iSam^on  v^Hirnfnetsiern,  Erdmann^  v.  OeUingen 


X78  X*     WdlUr,  Einig«  B«ob«ohJtiuigea 

und  dem  hiesigen  Kreisarzte  Dr.  ßekuHz,  zeigte.  Dieee 
Klarheit  in  der  Diagnose  des  Falles  bewog  mich  auch  die 
Gebürmuttersonde  nicht  in  Gebrauch  zu  ziehen,  um  nicht 
unnöthiger  Weise  durch  Reizung  der  inneren  FUche  der  Gebär- 
mutter die  schon  stattfindenden  Schmerzen  zu  vermehren. 
Ich  hatte  es  aber  ausgesprochen,  dass  ich  unmittelbar  Yor 
der  Operation  die  Untersuchung  mit  der  Sonde  unteruehmen 
wurde,  um  mich  noch  vorher  auf  diese  Weise  von  der 
Leerheit  der  Gd>ärmuttor  zu  überzeugen.^) 

Das  im  Ganzen  ziemlich  gute  Allgeroeinbefinden  der  Frau, 
sowie  die  Gewisaheit  von  dem  Leben  der  Frucht  hatten  midi 
bewogen,  an  dem  oben  bemerkten  Zeitpunkte  die  Ausführung 
des  Bauchschnittes  festzusetzen.  Absichtlich  hatte  ich  den 
möglichst  spätesten  Termin  dazu  gewählt,  indem  ich  hoffte, 
dass  dann  die  Placenta  am  meisten  vorbereitet  sein  würde, 
entweder  durch  meine  Hand  oder  durch  die  Naturkraft  gelöst 
zu  werden,  wie  dies  in  der  zuerst  von  ZtoaneJb,  dann  aber 
nochmals  von  Schreier  mitgetheäten  Beobachtung  der  Fall 
war.  Deshalb  wurde  die  Kranke  aus  ihrer  engen  unbequemen 
Wohnung  in  ein  eigens  für  sie  besoi^tes  helles  und  geräumiges 
Privatquartier  gebracht,  wo  sie  mit  passender  Pflege  und 
Diät  versehen  ward  und  wo  sie  sich  fortwährend  unter  der 
genauesten  ärztlichen  Aufsicht  befand.  Herr  Dr.'  S.  RüUr 
aus  St.  Petersburg,  damals  hier  studirend,  hatte  die  grosse 


1)  Wenn  die  durch  die  Uterinsonde  mit  Sicherheit  erkannte 
Leerheit  und  Kleinheit  der  Gebärmutter  mit  gleichseitig  deutlich 
wahrnehmbarem  Herzachlage  des  Fötus  gewiss  in  Beziehung  auf 
die  Diagnose  der  Schwangerschaft  ausserhalb  der  Gebärmutter 
von  der  höchsten  Bedeutung  sind^  so  kann  Ich  doch  nicht,  wie 
es  wohl  geschehen  ist,  darin  Tollkommen  sichere  Zeichen  der^ 
selben  finden.  Ich  selbst  habe  einen  Fall  als  consultirter  Arst 
EU  sehe^  Gelegenheit  gehabt,  wo  die  Sonde  mehrere  Male  in  die 
Gebärmutter  eingeführt  worden  war  und  wo  doch  Schwangerschaft 
in  ihr  stattfand.  Es  war  ein  doppelter  Uterus;  in  der  einen 
Hälfte  lag  der  Fötus,  in  dU  andere  war  die  Sonde  .eingeleitet 
worden,  (^eaasom,  Beiträge  cur  Qebartskunde  und  Gynäkologie, 
8.  Bd.,  S.  158.  Ein  Fall  von  Uterus  bilocularis  von  Dr.  v.  Hokt). 
Ja,  bei  dem  in  unseren  Tagen  nur  su  häufigen  Gebrauch  der 
Sonde  sah  ich  mehr  als  einmal  die  einfache  schwangere  Gebär- 
mutter sondiren,  bei  vermeintlicher  Gebärmutterkrankheit,  ohne 
Abort  SU  eneugen. 


über  8e]iw«Bg«raebafl  anwerbalb  der  Gebirmntter.      179 

Freiin^chkeit,  mit  wirklieher  Aofoirferung  die  Sorge  Mr  die 
Kranke  su  AbernebmeD.  In  die  gebortehulfliche  Klinik  nahm 
i<^  die  Kranke  absichtlich  nicht  auf,  um  sie  nicht,  weder 
▼er  noch  nach  der  Operation,  der  nachtheiligen  Einwirkung 
der  Luft  eines  Krankenhauses  auszusetzen. 

Die  örtlichen  Erscheinungen  boten  anfangs  nur  geringe 
Veränderungen  dar,  dagegen  litt  das  Allgemeinbefinden  aUmälig 
mehr  und  mehr.  Die  Kranke  magerte,  <Angeachtet  einer  gut^ 
krSftigen  Diät,  nach  und  nach 'mehr  ab.  Nachtruhe  konnte 
nur  durch  Opiate,  namentlich  durch  essigsaures  Morphium 
erzeugt  werden, .  das  .täglich  und  um  zu  wirken,  in  alimälig 
sieigender  Gabe  gegriien  werden  musste.  Die  Patientin  wurde 
tmbr  und  mehr  an  das  Bett  gefesselt;  am  Kreuzbeine  zeigte 
sich  ein  leichter  Decubitus.  Doch  blieb  der  Puls  ruhig,  er 
zeigte  84  Schläge  in  der  Minute,  war  dabei  ziemlich  voU; 
die  Harnentleerung  erfolgte  gut,  der  Stuhlgang  wurde  durch 
Layements  unterhalten.  Am  12.  October  traten  plötzlich  die 
Erscheinungen  einer  acuten  Peritonitis  auf;  hdtiger,  an- 
hdtender  Schmerz  im  ganzen  Unterieibe,  bei  der  leisesten 
Berührung  sieh  steigernd,  grosse  Schwäche  und  Hinfälligkeit, 
BemShleunigung  des  Pulses  auf  130  Schläge  in  der  Minute, 
wobei  derselbe  zugleiish  klein  und  schwach  wurde.  Diese 
ZufaHe  schwanden  indess  bald  nach  grossen  Gaben  Opium, 
traten  aber  am  22.  October  wiederum  auf  und  zu  den  früheren 
Erscheinungen  gesellte  sich  meteoristische  Auttreibung  des 
Unterleibes,  starker  Durst  und  häufiges  Erbrechen,  das  eine 
grungallige  Flüssigkeit  entleerte.  Den  27.  October  hörten  die 
Bewegungen  der  Frucht  auf  und  der  Herzschlag  desselben 
verschwand.  Am  81.  October,  an  dem  zur  Operation  früher 
festgesetzten  Tage,  starb  die  Frau,  nachdem  noch  vorher 
bei  einer  Consultation  der  früher  genannten  Aerzte  einstimmig 
die  Unzulässigkeit  der  Operation  unter  den  stattfindenden 
Verhältnissen,  d.  h.  bei  so  deutlich  ausgesprochener  acuter 
Bauchfellentzündung  und  todtem  Kinde,  bestimmt  worden  war. 
Die  -Section  des  Leichnams,  26  Stunden  nach  dem  Tode 
der  Frau  durch  Herrn  Professor  Bidder  in  Gegenwart  mehrerer 
Professoren  derMedidn,  praktischer  Aerzte  und  älterer  Studirenden 
unternommen,  lieferte  folgende  Resultate:  Die  ZersMung  des 
Körpers  war  schon  ziemlich  stark  vorgeschritten ;  der  Unto^leib 


180  ^-     WtOUr,  fiinigo  BeobAehtimgeii 

war  ineteoristisch  anfgetrieben,  Ton  Maagräner  FSrbung  und 
liess  den  Fötas  nur  undeutlich  durchföbJen.  Die  Baucbdecken 
zeigten  sich  beim  Durchachneid^  aufTaHead  dann,  das  Fett* 
polster  war  stark  geschwunden.  Der  Darmkanal  erscUefi 
durch  Luft  aufgetrieben,  gleichförmig  dunkel  geröthet;  die 
Darmschlingen  unter  sidt,  sowie  mit  dem  Netse  durch  ex- 
sudirte  plastische  Massen  verklebt;  FlOssigkeiten  waren,  gar 
nicht  ergossen.  Sovne  die  Bauchdecken  durchschnitten  waren, 
lagen  der  Steiss,  die  linke  Seite  des  Unterleibes  bis  zu  den 
kurzen  Rippen  und  beide  untere  Extremitäten  des  Fötus 
zwischen  den  Darmschlingen  da,  ohne  Eihöllen,  ohne. Frucht- 
wasser, in  der  während  des  Lebens  der  Frau  genau  be- 
stimmten Lage.  Thorax,  Arme  und  Kopf  waren,  von  Darm- 
schlingen verdeckt,  dem  Auge  entzogen,  der  Kopf  in  der 
rechten  Fossa  Uiaca.  .Der  Darmkanal  musste  an  melverea 
Stellen  angestochen  werden,  um  ein  Zusammenfallen  desselben 
zu  bewirken,  damit  die  ganze  L^ge  des  Fötus  übersehen 
werden  konnte.  Hierauf  wurde  dieser  Torskhtig  heraus- 
genommen, wobei  man  ein  durdi  Druck  des  Kindskopte 
erzeugtes  vollkommenes  Schwinden  des  Musculus  iliacue  internus 
wahrnahm.  Der  Fötus  war  vollkommen  ausgebildet,  6V«  Pfund 
schwer.  Der  Schädel  zeigte  sich  durch  beginnende  Fäuhiiss 
stark  erweicht  und  durch  den  Druck  des  ausgedehnten  Darm- 
kanals gegen  das  Höfthein  comprimirt  und  in  seiner  Form 
verändert,  eine  Entstellung,  die  sich  auch  auf  das  Gesicht 
erstreckte.  Die  Pfabelschnur  war  30  ZoU  lang,  von  normaler 
Dicke  und  regelmässigen  Windungen,  nur  einen  falschen 
Knoten  darbietend.  Die  Nachgeburt  lag  an  der.  früher  be- 
stimmten Stelle,  adhärirte  aber  nicht,  wie  ich  es  während 
des  Lebens  der  Frau  angenommen  hatte,  am  Bauchfelle  der 
Unterleibsdecken,  sondern  erwies  sich  als  das  rechte  Ovarium, 
das  in  die  Placenta  verwandelt  war. 

Die  Gebärmutter  mit  ihren  Mutterbändem,  den  Eileitern, 
den  Eierstöcken,  dem  oberen  Theile  der  Scheide  und  der 
hinteren  Blasen  wand  wurden  sorgföllig  ausgeschält,  um  sie 
genau  zu  untersuchen  und  aufzubewahren.  Das  Präparat 
befindet  sich  in  der  Sammlung  für  pathologische  Anatomie 
der  Universität  Dorpat  und  lieferte  bei  der  Untersuchung 
folgende  Resultate : 


übor  Schwaageriehftft  anuerbalb  d^r  OebSrmQttor.      Jgl 

Auf  der  linken  Seite  boten  die  Fallopisciie  Rfihre,  das 
ligamenlum  OYarii,  der  Eierstock  selbst  und  die  bezüglichen 
Theile  des  breiten  Mutterbandes  ausser  den  Erscheinungen 
starker  Bluteriftllung  und  einer  durch  plastische  Auflagerungen 
bedingten  Verdickung  und  vtiligen  Undurchsicfatigkeit,  keine 
weiteren  Abweichungen  dar.  Das  Ovarium  war  1  Zoll  6  Lkiien 
bng>  4 — 6  Linien  breit,  der  linke  Eileiter  seigte  eine  Lange 
▼on  4  ZoB  9  Linien  und  war  vollkommen  durchgängig.       ^ . 

An  der  vergrösserten  Gebärmutter  war  der  Scheidentbeil 
aufgetrieben,  mit  klaffender  Querspalte  des  äusseren  Mutter- 
mundes. Die  Länge  dar  Gebärmutter,  vom  Grunde  bis  zum 
äusseren  Muttermunde  betrug  4  Zoll  11  Linien,  die  grösste 
Breite  derselben  war  3  Zoll  3  Linien,  ihre  grösste  Dicke, 
nahe  dem  Muttergrunde,  1  Zoll  6  Linien.  Die  grösste  Dicke 
der  Gebärmutterwandungen  betrug  9  Linien.  Der  äussere 
Muttermund  hatte  eine  Länge  von  1  Zoll  4  Linien*  Die  Länge 
des  Schetdentheils  war  6%  Linien,  die  Dicke  desselben,  von 
vom  nach  hinten,  gemessen,  1  Zoll.  An  der  vorderen  Fläche 
durch  einen  Längsschnitt  «eröffnet,  enthielt  die  Gebärmutter- 
böhle  in  ihrem  oberen  rechten  Winkel  Reste  einer  deutlich 
entwickelten  hinfälligen  Haut 

Der  rechte  Eileiter  war  blutreich,  mit  plastischem  Exsudat 
bedeckt,  5  Zoll  2  Linien  lang  und  vollkommen  durchgängig, 
nur  das  Ostium  uterinum  durch  die  hier  gelagerte  erwähnte 
Membrana  Decidua  v^^tppft  Die  Zacken  seiner  äusseren 
Mündung  waren  ganz  frei,  nirgends  adhärirend,  das  Ostium 
abdominale  selbst  ganz  offen.  Das  rechte  Ligamentum  ovarü 
zeigte  sich  um  das  Doppelte  verdickt,  sonst  normal  gelagert 
und  beschaffen. 

Der  rechte  Eierstock  erschien  in  eine  oblonge  Geschwulst 
verwandelt,  mit  ihrem  Längendurchmesser  der  Körperachse 
des  mütterlichen  Leichnams  ziemlich  parallel  veriaufend,  mit 
ihrem  oberen  Ende  etwa  3  Zoll  über  den  Fundus  uteri  hinüber* 
ragend,  auf  ihrer  vorderen  Fläche  die  Tuba  mit  ihrem  äusseren 
gefranzten  Ende  tragend.  Es  war  diese  Geschwulst  von 
mregelmässig  höckerigem  oder  gelapptem  Aussehen  und  von 
tbeils  teigiger,  theils  ziemlich  derber  Consistenz.  Die  grösste 
Länge  dieser  Geschwulst  war  6  Zoll,  die  grösste  Breite  4  Zoll, 
ihre  grösste  Dick^  8  ZdL    An  der  nach  hinten  gerichteteA 


182  ^'     WaUer,  Etnigre  BeobachtiiBg«B 

Fläche  dieser  Geschwulst  befand  sidi  eioe  Aosb6hlimg, 
4  Zoll  3  Linien  lang,  3  Zoll  9  Linien  breit,  1%  Zoll  tief; 
deutlich  vom  Chorion  und  der  TunicaAmnios  ausgekleidet, 
die  gerissen  waren  und  deren  Ueberreste  lappenförmig  in  die 
Bauchhöhle  hineinragten.  Diese  EihOllen  Hessen  sich  mit 
Leichtigkeit  aus  der  beschriebenen  Qöhlung  herauspräpariren, 
zu  gleicher  Zeit  aber  auch  in  ihre  beiden  Membranen,  in  das 
Cthorion.und  die  Tunica  Amnios  trennen.  In  diese  EihOUen 
senkte  sich  die  Nabelschnur  und  verlief  in  ihnen  bis  in  den 
Gruud  der  Höhlung,  wo  sich  ihre  Gefasse  zertheüten  mid 
mit  dem  Parenchym  des  Eierstocks  die  Macfagebiut  formten. 
Die  feinere  anatomische  Untersuchung  dieser  Piacehta  hatte 
Herr  Professor  Bidder  die  Güte  anzustellen  und  mkr'  darüb^ 
folgende  Mittheilung  zu  machen.  Die  Geschwulst  war  nicht 
allein  ringsum  von  'mehrfachen  und  mit  Leichtigkeit  abzu- 
ziehenden Schichten  faserstoffiger  geronnener  Exsudate  bedeckt, 
sondern  bestand  zu  ohngefahr  einem  Drittel,  welches  deo 
ganzen  nach  rechts  gelegenen  Theil  ausmachte,  aus  einar 
bis  1%  Zoll  dicken  Lage  sehr  derber  aber  leicht  spaltbarer 
Faserstoffgerinnsel,  die  auch  unter  dem  Mikroskop  kein  ent* 
schiedenes  Merkmal  der  Organisation,  sondern  nur  die  gewöhn* 
liehen  Formen  des  geronnenen  Faserstoifes  darboten  und  mit 
einer  ziemlich  scharfen  Grenze  in  ein  die  übrige  Masse  dieses 
Körpers  ausmachendes  schwammiges  und  lockeres  Gewebe 
überging,  das  bei  Betrachtung  mit.  blossem  Auge  in  Farbe, 
Form  u.  s.  w.  ganz  mit  dem  Gewebe  der  Placenta  überein- 
stimmte. Im  frischen  Zustande  drang  aus  Einschnitten,  die 
in  dasselbe  gemacht  wurden,  sein*  reichliches  Blut  hervor, 
nach  dessen  Entfernung  ein  aus  netzartig  verbundenen  Fasern 
bestehendes,  mit  grossen  Maschenräumen  versehenes  Gewd)e 
sichtbar  wurde.  Bei  der  Section  des  Leichnams  hatte  Niemand 
an  die  Injection  ^er  Blutgefässe  sSmmtlicher  Beckenorgane 
gedacht  und  auch  nach  Herausnahme  der  inneren  Geschlechts* 
Organe  hatte  dieselbe  nicht  so^eich  stattfinden  können,  daher 
musste  das  Urtheil  über  die  innere  Beschaffenheit  dieser  Substanz 
nur  an  die  Untersuchung  der  im  Weingeist  aufbewahrten 
Theile  sich  halten.  Aber  auch  hierbei  zeigte  jedes  Fragment 
aus  der  dem  unbewaffneten  Auge  als  ein  verfilztes  Fadenwerk 
mit   ziemlich   weiten  Maschen   erscheinenden  Gewebe    unter 


fiber  SohwmDgerschaft  aoaserhalb  der  Qebärmntter.      183 

dem  Mikroskop  so  Tollstandig  die  gewöhnlicben  Formen  der 
in  die  muUerlicben  Venenräume  firei  hinein  ragenden  Zotten- 
bäumdien  oder  Schlingen  der  -fötalen  Umbilicalgefösse,  dass 
auch  nicht  der  entfernteste  Zweifel  darüber  obwalten  kann, 
dass  «in  dem  ursprünglichen  Ovarium  die  Bildung  der  Placenta 
vor  sich  gegangen.  Von  dem  Ovarium  selbst  war  übrigens 
nirgends,  auch  nicht  an  dem  äusseren  Ende  des  Eierstock- 
bandes  eine  unzweifelhafte  Spur  aufzufinden,  vielmehr  schien 
das  Organ  ganz  in  die  Piacentarbildung  auf«  und  unter- 
gegangen zu  sein. 

Beacfattii  wir  den  Fall  in  seinem  ganzen  Verlaufe,  so 
erfolgte  der  befruchtende  Beischlaf  Ende  Januar.  Die  Samen- 
fäden wurden  zum  Eierstocke  geleitet  und  die  Befruchtung 
fand  im  geborstenen  GrcLaf  sehen  FoMel  selbst  statt,  vor 
Ausstossung  des  Eies.  Der  am  1.  Februar  stattfindende  Sturz 
mit  dem  Wagen,  der  Schreck,  die  Angst,  die  körperliche 
Anstrengung  bewirkten  Collapsus  in  den  turgescirenden  inneren 
Gescbkchtslheilen,  namentlich  den  Eileitern  und  das  be^ 
fruchtete  Ei  wurde  nicht  abgeleitet,  sondern  befestigte  sich 
durch  Ansaugung  im  Follikel,  dem  Orte  seiner  Bildung  und 
Befruchtung.  Da  dieser  Follikel,  um  die  Befruchtung  zu 
gestatten,  geborsten  sein  miisste,  so  wölbten  sich  die  dem 
Eie  angebüdeten  Eihäute,  Chorion  und  Tunica  Amnios  bei 
ihror  weiteren  Entwickelung  durch  die  M^unde  nach  aussen 
und  ragten  mehr -und  mehr  in  die  Bauchhöhle  hinein.  Die 
an  falscher  Stelle  auftretenden  Bildungen  und  Entwicklungen 
waren  die  Ursache  der  ersten,  noch  nicht  .sehr  heftigen 
Schmerzen,  einer  leichten  peritonitiscben  Affection«  Im  Mai 
(dem  vierten  Schwangerschaftsmonate),  barsten  die  EihüUen, 
wahrscheinlich  durch  die  stärkere  Entwickelung  der  Contenta 
des  Ovulums,  und  Fötus  und  Fruchtwasser  traten  in  die 
PeritMiäalhöhle.  Da  blos  die  Eihüllen,  nicht  aber  der  Eierstock 
gmssen  waren,  so  erfolgte  keine  Bhitung  und  Frau  und 
Frucht  überlebten  die  sonst  gewöhnlich  durch  innere  Ver- 
blutung tödtliche  Ruptur.  Dagegen*  erzeugte  der  Austritt  des 
Ei-Inhaltes  in  die  Unterleibshöhle  einen  höheren  Grad  von 
Bauchfellentzündung;  es  war  der  Krankheitszustand «  der  die 
Kranke  bewogen   hatte,    meine  Hülfe   zum  ersten  Male  in 


184  X.     WaUer,  Einige  BeobaehtODgen 

Anspruch  zu  nehmen.  Der  in  die  Peritonäalböhle  ergossene 
Liquor  Anrinii  wurde  aufgesogen,  die  Entzündung  liess  nach 
und  der  kleine  Fötus  wurde  von  den  Bauchdecken  weniger 
percipirt;  es  erfolgte  der  verhSlUiissmSssig  ruhige  Zeitraum 
im  Juni  und  Juli.  Als  aber  der  Fötus  ailmalig  an  Grösse 
zunahm,  als  namentlich  seine  Bewegimgen  starker  wurden, 
traten  die  Schmerzeu  wiederum  attf,  als  Folge  sich  ent- 
wickelnder schleicliender  Eutzfindung,  die  sich  dann  zu  acuten 
Anfällen  steigerte,  denen  die  Frucht  und  die  Mutter  endlich 
erlagen. 

Dass  wir  in  dem  beschriehenen  Falle  eine  wirkliche 
Eierstocksschwangerschaft  vor  uns  haben,  möchte  wohl  nicht 
zu  bezweifeln  sein.  Das  rechte  Ovarium,* mit  der  Gebärmutter 
durch  das  um  das  Doppelle  verdickte  Utero-ovartaKfiand 
noch  verbunden,  enlliieil  in  seinem  Inneni  eine  Höhlung, 
den  ursprunglichen  Sitz  des  Fötus,  aus  der  die,  die  Höhle 
auskleidenden  zerrissenen  Eihfillen,  Chorion  und  Tunica  Amnios 
lappenförmig  in  die  Bauchhöhle  hineinragten  und  in  die  Nabel- 
schnur mit  ihren  Gefassen  endeten,  von  denen  die  letzteren 
sich  in  das  Ovarium  senkten,  um  so  das  Ovariuna  seihst 
zur  Placenia  umzubilden.  Das  so  umgestaltete  Ovarium 
hatte  mit  den  benachbarten  Tbeilen,  selbst  mit  der  äussereD 
Ausmündung  des  rechten  Eileiters,  keine  Verbindungen  ein- 
gegangen. Ghorion  und  Tunica  Amnios  Hessen  sich  aus  der 
Höhlung  mit  Leichtigkeit  bis  zur  Insertion  der  Nabdgeflsse 
loslösen,  sowie  man  in  der  Tiefe  der  Höhle  selbst  die  Tunica 
Amnios  noch  vom  Chorion  trennen  konnte.  Ein  grosses  Gewicht 
muss  ich  darauf  legen,  dass  'sich  die  beschriebene  Höhiung 
im  Eierstocke  befand,  da»  sich  die  Eihullen  in  denselben 
hineinsenkten,  um  die  Höhle-  auszukleiden,  die  Gefasse  des 
Nabelstranges  bis  in  den  Grund  der  Höhle  hineindrangen, 
da  man  sonst  wohl  den  Einwand  machen  konnte,  dass  nicht 
jeder  Fall,  wo  sich  die  Placenta  mit  dem  Eierstocke  verbindet, 
auch  eine  Eierstocksschwangerschaft  zu  sein  brauche.  Denn 
bei  der  Bauchhöhlenschwangerschaft  kann  sich  die  Plaeenta 
an  jedes  Organ  der  Bauchhöhle,  das  vom  Bauchfell  über- 
zogen ist,  so  also  auch  an  das  Ovarium  ansetzen,  an  seme 
äussere  Fläche  sich  anheften  und  es  ist  deshalb  dodi  kerne 
Eierstocksschwangerschaft,  sondern  eine  Graviditas  abdominalis. 


über  SchwangerachAft  ansserbalb  der  Gebftrmatter.      Ig5 

In  ßolchem  Falle  wurde  aber  die  Höhle  im  Eierstocke  fehlen, 
die  Eihöllen  wiu*den  sich  an  das  Organ  anlagern  und  nicht 
in  das  Innere  desselben  eindringen;  aurJi  wurde  der  Fötus 
dann  seine  Eibnlleu  unzerrissen  dargeboten  haben,  ja,  es 
würde  sieh  diesen  noch  eine  neue  Membran,  ein  eigeulhumlich 
gebildeter  Frudilsack  aus  Bindegewebe  mit  mehr  oiler  weniger 
deutlich  entwickelten  Muskelfasern  versehen,  angebildel  haben, 
wie  es  Meckd  und  Hold  gezeigt  haben  und  wie  dies  olTenbar 
in  df*r  voo  Zwanck  und  später  von  iSchreier  niitgiaheillen 
Beobachtung  der  Fall  war.  Ini  Beginn  der  (iravidH^t  bestand 
somit  Eierstockshcbwangerschaft,  durch  Berstung  der  Eihfillen 
im  weiteren  Verlaufe  derselben  bildete  sich  durch  Austritt 
des  Fötus  secuiidare  Bauchhöhlenschwangerscbafl.  Das  Kind 
lag  frei  zwisclien  den  Darroscblingen  und  eiilwickeli«  sich 
hier  vollständig  ganz  ohne  Liquor  Amnii.  Nie  war  bei  der 
lebenden  Frau  im  Verlaufe  der  Schwangerschafl  Fluctuation 
wahrgenommen  worden  und  bei  der  Leichenöffnung  hatte 
sich  auch  keine  Spur  von  Flüssigkeit  in  der  Bauchhöhle 
gezeigt,  da  selbst  die  tödlende  Bauchfellentzuudung  nur 
plastisches  Exsudat  und  dadurch  Verklebungen  der  Darm* 
sclilingen  unter  einander  und  mit  dem  Neize  hinterlasaai 
hatten.  Wenn  die  Ethfiilen,  namentlich  die  Tunica  Amnios 
als  das  dem  Liquor  Amnii  absondernde  Organ  zu  betrachten 
sind,  so  musste  die  Ausscheidung  desselben  bei  dem  rudi- 
mentären Zustande  dieser  geborstenen  Membran  an  und  für 
steh  eine  sehr  beschränkte  sein.  Was  aber  von  den  EihuUen 
nach  der  Rupliu*  vielieitht  noch  abgesondert  werden  mochte, 
das  ergoss  sich  natürlich  sogleich  in  die  Peritonäalhöhle  und 
ward,  bei  der  grossen  Oberfläche,  die  dieselbe  der  geringen 
Quantität  Flüssigkeit  darbot-,  sogleich  aufgesogen.  Wunderbar 
ist  es  freilich,  wie  unter  diesen  Verhältnissen,  bei  der  so 
sehr  genauen  Berührung  des  Fötus  mit  dem  empGndlichen 
Bauchfell,  bei  den  übermässig  starken  Bewegungen  der  Frucht, 
bei  denen  man  die  Füsse  sogar  in  der  Herzgrube  zu  fühlen 
im  Stande  war,  die  entzündliche  Reaction  während  der 
Schwangerschaft  eine  so  geringe  war  und  als  endlich  die 
Frau  derselben  erlag,  die  Folgen  der  Entzündung  im  Leichname 
ebenfalls  so  wenig  hervortraten.  Ohngeachtet  der  für  den 
Fötus  zu  seiner  Entwickelung  ungünstigen  Verhältnisse,  dem 


Igß  X.     Woher ^  Einige  Beobachtnogen 

erwähnten  Mangel  des  Liquor  Amnii,  sowie  der  nnmittelbareii 
Berührung  desselben  mit  den  Organen  der  mfitteriichen 
Unterleibshöhle,  hatte  derselbe  dennoch  seine  vollständige 
Entwickelung  erlangt,  indem  die  Länge  und  das  Gewicht  des 
ganzen  Körpers  dem  eines  zu  Ende  des  zehnten  Monds -Monats 
geborenen  Kindes  gleich  kamefi.  Es  starb  der  Fötus  in  diesem 
FaUe  vor  voUkommen  beendeter  Schwangerschaft  und  in  Folge 
der  darauf  eintretenden  Zersetzung  und  Erweichung  ent- 
wickelte sich  durch  Druck  gegen  die  HQflbeinplatte  die  Miss- 
form des  Kopfes,  während  die  Atrophie  des  Musculus  iiiacus 
internus  gewiss  schon  im  Verlaufe  der  Schwangerschaft  durch 
den  ununterbrochen  fortdauernden  Druck  des  Kopfes  sich 
•ausgebildet  hatte.  Die  beginnende  Zersetzung  des  Fötus,  der 
nicht  durch  Eihüllen  von  den  mötterlichen  Organen  gesondert 
war,  wo  also  die  sich  zersetzenden  Massen  und  die  so  ent- 
stehenden Efüuvien  unmittelbar  mit  dem  Bauchfelle  in  Be- 
rührung traten,  war  höchst  wahrscheinlich  das  ursächliche 
Moment  der  gesteigerten  und  endlich  tödtlich  werdenden 
Entzündung.  Es  verträgt  unter  weniger  ungünstigen  Ver- 
hältnissen der  mütterliche  Organismus  die  abgestorbene,  aber 
durch  Eihüllen  eingehüllte,  also  isolirte  Frucht  so  häufig 
ohne  so  grosse  Beschwerden  und  üble  Folgen,  wie  dies  in 
der  nächstfolgenden  Beobaditung  der  Fall  war. 

BrUSrong  der  Kupfer. 

Tab.  L,   Fig.  1.     Ansicht  des  mütterlichen  Unterleibes, 
nach   Eröffnung    der   Bauchhöhle,    mit    dem    zwischen    den 
Darmschlingen  sichtbaren  Steisde  und  den  unteren  Extremitäten 
des  Fötus. 
N.    Das  Netz. 

P.   O.    Der   in   die  Placenta  verwandelte  Eierstock   der 
rechten  Seite. 

Tab.  L,  Fig.  2.    Hintere  Ansicht  der  aus  dem  mütter- 
lichen Körper .  herausgenommenen  inneren  Geschlechtstheüe. 
A.  A,    Die  Gebärmutter. 

1.  Der  Körper  derselben. 

2.  Die  hintere  Muttermundsiippe. 


fiber  Sehwangersebaft  ansserbalb  der  Gebftrmiitter.      187 

3.  3.  3.  Der  obere  Theil  der  Scheide;  die  hintere 
Wand  ist  gespalten  und  die  Lappen  sind  zurück- 
geschlagen. 

4.  Die  Yordere  MattermundsUppe. 

JB.  B.    Der  rechte  Eierstock,  in  die  Placenta  umgewandelt 

5.  5.  5.    Die  Masse  der  Placenta. 

6.  6.  Der  Rand  der  im  Eierstocke  gebildeten  Böble. 
(Vergrösserte  Oeffnung  des  geplatzten  Follikels.) 

7.  Die  Eihäute,  welche  nach  Auskleidung  dex  Höhlung 
lappenßrmig  aus  dieser  hervorragen.  (Diese  Eihäute 
liessen  siciv  mit  Leichtigkeit  aus  der  Höhlung  heraus- 
präpariren;  sie  sind  indess  in  ihre  frühere  Lage 
zurückgelegt.  Der.  hervorragende  Lappen  der  Eihäute 
deckt  das  Ligamentum  utero -ovariaie  dextrum. 

8.  Placenlar-Ende  .  der  Nabelschnur,  sich  in  den 
Eierstock  einsenkend. 

9.  Ein  Stück  der  Tunica  Amnios,  im  Grunde  der 
Höhlung  vom  Chorion  lospräparirt  unid  zurück- 
geschlagen. 

10.  10.  10.   Ein  Stück  des  Peritonäums  der  Unterleibs- 
wandungen. 
C.    Linker  Eierstock. 
2>.    Linker  Eileiter,  vollkommen  durchgängig. 

11^    Osüum  extemum  desselben. 
E.  E,    Nabelstrang. 

12.-    Ein  falscher  Knoten. 

13.     Die  beiden  Uretheren. 
H.    Dio  Höhle  im  Eierstock  (der  erweiterte  Follikel). 

Tab.  n.,  Fig.  3.    Vordere  Ansicht  der  aus  dem  Leichname 
herausgenommenen  inneren  Geschlechtstheile. 

A.  A.    Die  Gebärmutter   durch  einen  Y  förmigen  Schnitt 
an  der  vorderen  Fläche  eröffnet. 

a.  Reste  der  Decidua. 

b.  Innere  Fläche  der  Gebärmutter. 

c.  c.    Die  runden  Gebärmutterbänder. 

B.  B.  B.   Vordere  Fläche  des  in  die  Placenta  verwandelten 
rechten  Eierstockes. 

5.    Die  Hasse  desselben. 

M<mata«ohr.  f.  Gebnrtik.  1861.  Bd.  XVIII.,  Hfl.  8  18 


188  X*     WaUer,  Eiaig«  Beobmchiimg«ii 

g.  g.    Peritotolnlfiberzug  des  Eierstockes,   von   den 
tiefer  gelegenen.  Theilen  lospräparirt,   durch  Ex- 
sudate verdickt 
h.  h.    Querschnitt  in  der  Substanz  des  Eierstockes. 
lOf  10, 10.  Ein  Stuck  des  Peritonauras  der  Unterleibs- 
Wandungen. 
C.    Das  breite  Gebärmutterband  der  linken  Seite. 
Z>.  Z>.    Rechter  und  linker  Eileiter;  in  beide  sind  Borsten 
eingeTQhrt;  der  rechte  ist  unmittelbar  vor  seiner  Ein- 
mündung in  die'  Gebärmutterböhle  durchschnitten. 
11.  11.     Ostium  externum  beider  Eileiter. 
F.  F,     Das   rechte   breite   Mutteitand.     Die    Duplicatur 
desselben  ist  entfaltet 

i    Zwischen  den  beiden  Platten  befindliche 
venöse  Gelasse. 

E.  E.    Nabelschnur. 

13.  13.    Die  beiden  Uretheren. 
14    Blasenwand. 


2.    Bauchhöhlenschwangerschaft 

Mad.  £,  geboren  m  Lübeek  im  Jahre  1791«  von 
mehr  kleinem  Körperbau,  mit  röthlichem  Haar,  sanguinisch- 
cholerischen Temperaments,  seit  ihrem  16.  Jahre  reichlich 
und  nach  dreiwöchentlicher  Zwischenzeit  menstruirt,  gebar 
im  Jahre  1811  ihr  erstes  und  einziges  Rind.  Die  Geburt 
soll  schwer  gewesen  sein.  Im  Jahre  1817  ahorthrte  sie  nach 
einem  Falle  im  Anfange  des  dritten  Schwangerschaftsmonats; 
ebenso  im  Jahre  1820  im  vierten  Hönate  nach  ßinem  Schrecke. 
Gegen  das  Ende  des  März  1822  erlitt  die  FVau  eine  sehr 
heftige  Gemöthsbewegung,  durch  Störung  während  des  Bei- 
schlafes, wonach  die  Menstruation  ausblieb.  Im  nächsten 
Monat  schon,  im  April,  beklagte  sich  dieselbe  über  Leib- 
schmerzen, sowie  über  Andringen  der  Brustdrüsen  und  der 
Lymphgeßsse  bis  zu  den  Achselhöhlen.  Im  Hai  steigerten 
sich  diese  Beschwerden,  es  gesellten  sich  Beängstigungen, 
Schluchzen,  Uebelkeiten,  Erbrechen,  abwechselnd  mit  Heiss- 
hunger,  Ohnmächten  hinzu.    Zwischendurch  erschienen  noch 


Aber  8ehwaDg«rte1iaft  auMriialb  d«r  OeUrmntter.       189 

KfSmpfe  im  Aller  und  der  Blase,  ersdi wertes,  selbsl  ver- 
hiodertes  Harnen,  ein  Gefühl  von  Schwere  im  Becken,  sowie 
StubWerstopfung.  Am  lästigsten  waren  aber  die  schon  jetzt 
sich  steigernden  Schmerzen  im  Unterleibe;  am  stärksten 
rechts  in  der  hypogastrischen  Gegend,  von  da  herab  bis  in 
das*,  rechte  Bein  sich  erstreckend,  aber  auch  bis  in  die 
epigastrische  Gegend,  bis  in  die  Brust,  den  Hals  sich  aus- 
dehnend. Diese  Schmerzen  wurden  durch  jede  Bewegung, 
durch  Druck,  selbst  leise  Beriihruog  erzeugt  oder  gesteigert, 
wenn  sie  schon  <la  waren.  Mit  diesen  Schmerzen  verband 
sich  ein  Gefühl  von  Herafadrängen  der  Gebärmutter,  wozu 
sich  Eiseskälte  der  GlieUmaassen,  kalte  Schweisse,  lautes 
Schreien  und  eigenthdmiich  entstelltes  Gesicht  hinzugesellten.  ^) 
Eine  Bepoaition  der  in  der  That  tiefstehenden  Gebärmutter 
durch  eine  Hebamme  brachte  iilr  einige  Zeit  wirkliche  Er- 
leichterung. Die  geburtshöiniche  Untersuchung  durch  Scheide 
und  Mastdarm  zu  verschiedenen  Malen  angestellt  zeigte  die 
äusseren  Geschlechtstbeile  angedrungen,  die  Scheide  weit,  die 
Gebärmutter  bald  tiefer,  baM  hoher  stehend  und  aufj;etrieben, 
sehr  empfindlich  bei  der  Berührung,  dabei  Verkürzung  und 
Auftreibung  des  Scheidentheils. 

Gegen  Ende  des  Mai  flairte  sich  der  Schmerz  in  der 
rechten  Leistengegend.  Bei  der  immer  mit  Schwierigkeit 
erfolgenden  Harnentleerung  hatte  der  Strahl  eine  aufiTallend 
starke  Richtung  nach  hinten.  —  Am  1.  Juni  zeigte  die  Unter- 
suohnng  die  Gebärmutter  in  der  BeckeohöUe,  den  Scheidet!- 
theil  bis  auf  V4  Zoll  verkürzt,  den  äusseren  Muttermund  nach 
hinten  gerichtet  und  so  weit  eröffnet,  dass  der  Finger  mit 
Leichtigkeit  in  ihn  eindringen  konnte.  Dabei  war  die  Untere 
Buchung  im  höchsten  Grade  empfindlich,  sie  erregte  nach- 
folgende lebhafte,  offenbar  krampfhafte  Schmerzen,  namentlich 
im  Mastdarm  und  der  Blase,  kalte  Hände,  grosse  Unruhe, 
wilden  starren  Blick.  In  der  ersten  Hälfte  dieses  Monats 
wechselten  der  Schmerz  im  Unterleibe,  so  wie  die  Ham- 
beschwerden  mit  Hüft-  und  Knieschmerz.    Dagegen  befand 


1)  Dm  Geschrei  der  Kranken  w*r  so  auffallend,  daee  noch 
jetat,  nach  Verlaaf  von  £ast  40  Jahren,  ich  den*  damaligen  £in- 
drack  nicht  habe  ▼ergessen  können. 

IS* 


tgO  X.     WaU$r,  Einig«  BeobaditnDgen 

sich  die  Frau  id  der  zweiten  Hüfte  dieses  Monats  sehr  woU, 
so  dass  man  kaum  eine  Abweichung  von  einer  gesundheiu- 
gemässen  Schwangerschaft  zu  bemerken  im  Stande  war. 

Im  Juli  stellten  sich  die  trüberen  Harnbeschwerden  wieder 
ein,  namentlich  Harnverhaltung.  Im  August  fühlte  die  FrMi 
die  ersten  Kindsbewegungen,  die  sich  schon  früh  durch 
Heftigkeit  und  Häufigkeit  derselben  auszeichneten.  In  den 
ersten  Tagen  des  September  trat  ohne  Wehenschtnerz  lachte 
Blutung  aus  den  Geschlechtstbeilen  ein.  Die  quälenden 
Krankheitserscheinungen  des  Mai*s  waren  ganz  verschwunden, 
die  Patientin  beschwerte  sich  nur  über  Schmerzen  in  den 
Weichen,  die  sie  als  schneidend,  stechend  bezeichnete  und 
die  sich  nach  vorn  gegen  die  Schambeinverbinduiig  hinzogen. 
Die  Frucht  erregte  besonders  in  der  rechten  Seite  das  Gefühl 
von  Druck,  auch  fing  das  rechte  Bein  an  ödematös  zu  schwellen. 
Uebelkeiten  und  Erbrechen  hatten  ganz  nachgelassen.  Eine 
leichte  Gebärmutterblutung  wiederholte  sich  am  17.  September, 
auch  steigerten  sich  um  dieselbe  Zeit  die  Unterleibsschmerzen, 
die  auch  jetzt,  wie  früher,  mit  Knieschmerz  und  Hüflweh 
abwechselten.  Durch  diese  Schmerzen,  sowie  durch  die 
ödematöse  Geschwulst  des  Beines  ward  die  Bewegung  der 
unteren  Extremität  ganz  behindert.  Selir  stark  und  zugleich 
von  sehr  langer  Dauer  wurden  auch  in  'diesem  Monat  die 
Bewegungen  der  Frucht;  stärker  noch  trat  dies^  im  October 
ein,  wo  sich  auch  das  Oedem  steigerte  und  ein  sehr  lebhafter 
Durst    die   Kranke    plagte. ')     Noch    lebhafter    wurden  -  die 


1)  Es  war  im  Anfange  des  October,  dass  ich,  von  dem 
behandelnden  Arste  aufgefordert,  die  Kranice  wieder  besachte 
und  eine  neue  genaue  geburtshülfliche  Untersuchnng  nntemahm, 
die  mich  in  den  Stand  setzte,  mit  Bestimmtheit  das  Dasein  einer 
Schwangerschaft  ausserhalb  der  Gebärmutter  festzustellen.  Ausser 
den  allgemeinen  Erscheinungen,  die  schon  darauf  hindeuteten, 
war  es  namentlich  der  Widerspruch,  de'r  zwischen  der  äusseren 
und  inneren  Untersuchung  stattfand,  das  hier  das  Entscheidende 
war.  Die  äusfere  Untersuchung  deutete  auf  das  Bestimmteate 
auf  eine  schon  weit  vorgerückte  Schwangerschaft,  während  bei 
der  inneren  Exploration  die  Resultate  derselben  der  Art  waren, 
wie  sie  sich  etwa  im  dritten  Monate  darbieten.  Während  nämlich 
grosse  Kindstheile  sich  im  Unterleibe  wahrnehmen  liessen,  während 
EU  gleicher  Zeit  die  Bewegungen  des  Fötus  stark   und   Tielfacb 


fiber  Sehwan^rschAft  aa88«r1ialb  der  GebftrmQtter.      191 

KindabeweguDgen  im  November,  zu  gleicher  Zeit  auch  häufiger, 
nameDtlich  rechts;  es  badeten  sich  dabei  an  den  Seiten  des 
Unterleibes  grosse  Yorwölbungen,  während  die  Kranke  gleich* 
zeitig  die  Bewegung  des  Kindes  bis  hoch  in  die  Brust  hinauf 
zu  fohlen  angab.  Es  vermochte  die  Frau  blos  in  der  Rücken- 
lage auszudauern;  zugleich  ward  jetzt  die  Abmagerung  wahr« 
nebmbarer.  Eine  dritte  Gebärmutterblutung  trat  in  der  Mitte 
des  Novembers  ein,  der  am  nächsten  Tage  deutliche  Wehen 
folgten,  verbunden  mit  lebhaften  Schmerzen  des  ganzen 
Unterieibes.  Diese  Wehen  schwanden  indess  bald,  worauf  die 
Frau  sich  ziemlich  wohl  befand,  doch  wiederholten  sich  diese 
wehenartigen  Schmerzen  Ende  November,  ohne  auch  dieses 
Mal  indess  lange  anzuhalten. 

In  der  Mitte  December  empfand  die  Frau  die  Bewegungen 
der  Frucht  besonders  heftig  und  schmerzhaft,  namentlich  in 
der  Lebergegend;  ausserdem  litt  die  Kranke  in  dieser  Zeit 
▼orzöglich  durch  starken  Durst,  durch  Leibesverstopfung  und 
die  Unbeweglichkeit  des  Körpers,  indem  jeder  Versuch  zu 
einer  Bewegung  die  Schmerzen  im  höchsten  Grade  vermehrte. 
Den  20.  December  erschienen  bei  sehr  heftigen  Schmerzen 
in  der  Lebergegend  wieder  leichte  Wehen,  doch  rasch  vorüber- 
gehend. Am  Kreuzbeine  begann  sich  Decubitus  zu  entwickeln. 
Mit  dem  Ende  dieses  Monats  war  die  40.  Woche  der  Schwangei:- 
schaft  abgelaufen. 

Am  3.  Januar  1823  senkte  sich  die  Frucht  tiefer  und 
es  stellten  sich  wieder  Wehen  ein,  die  indess  nur  24  Stunden 
andauerten.  Die  Bewegungen  des  Fötus  wurden  schwächer, 
▼erstärkten  sich*  indess  wieder  am  H.,  während  gleichzeitig 
lebhafte  Schmerzen  im  Leibe,  dem  Kreuze  und  Beine  auf- 
traten. Am  9.  und  10.  wurden  die  Bewegungen  der  Frucht 
offenbar  krampfhaft,  waren  Anfangs  zitternd,  daim  sdiien  sich 


g^efiihlt  wurden,  war  der  Scbeidentheil  nicht  mehr  ▼erkürst,  alt 
dies  im  Anfang^e  der  Schwangerschaft  gewesen  war,  an  gleicher 
Zeit  aach  nicht  stHrker  erweicht,  der  Mattermand  nicht  mehr 
eröffnet,  der  Kanal  des'  Scheidentheüs  gescblo,88en  und  sowohl 
bei  der  Untersuchung  durch  die  Scheide  als  auch  durch  den 
Mastdarm  erschi  n  der  Körper  der  Gebärmutter  nur  schwach 
aufgetrieben,  wie  das  gans  im  Beginne  der  Schwangerschaft  an 
sein  pflegt. 


192  X*     WätUTf  Einis^  Beobachtui^eii 

der  Fötus  wie  in  einen  KnSuel  zusamroenzuriehen,  wihrend 
jeder  Wehenschmerz  verschwand,  dagegen  aber  Anftreibang 
des  Unterleibes  mit  Yemtopfung  eintrat.  Nacb  diesem  Anfalle 
▼erminderten  sich  am  16.  Januar  die  Bewegungen  der  Fracht 
an  Stfirke  und  Häufigkeit,  zugleich  stellte  sich  starke  MBcb- 
absonderung  zuerst  in  der  rechten  Brustdrfise,  spater  in 
beiden  ein;  aus  den  Genitalien  wurde  viel  flüssiges  und  ge* 
ronnenes  Blut  mit  kleinen  faserigen  und  membranösen  Stoflen 
entleert  und  der  erste  Frost  trat  im  Rücken  mit  nachfolgender 
Hitze  ein.  Dieses  Fieber  erschien  vom  24.  Januar  aber  erst 
täglich,  meist  Nachknittags  mit  Frösteln  im  Rücken  beginnend. 
Am  25.,  26.  und  27.  Januar  fanden  wieder  Wehen  statt,  za 
denen  sich  drängender  Schmerz  im  Mastdärme  gesellte.  Am 
28.,  29.  und  30.  ziemliches  Befinden,  doch  Kreazschmerz. 
Die  Bewegungen  der  Frucht  wurden  nur  selten  gespürt 

Im  ganzen  Februar  dauerte  das  hectische  Fieber  fort, 
mit  Frösteln,  nachfolgender  Hitze  und  nächtlichen  Seh  weissen, 
durch  welche  die  Frau  sich  erleichtert  fühlte,  obgleich  die 
Kräfte  sehr  abnahmen.  Dabei  fand  Anfangs  reichliche  Ab* 
scheidang  in  den  Brustdrüsen  statt  und  ward  viel  blutigar 
Schleim  aus  der  Scheide  abgesondert  Obgleich  die  Kranke 
wenig  Schmerz  empfand,  war  derselben  die  Seitenlage  an- 
möglich; das  rechte  Bein  war  kalt  und  Tertaubt,  der  Stuhlgang 
felüte.  Nur  selten  und  sehr  schwach  wurden  die  Bewegungen 
der  Frucht  wahrgenommen;  es  lag  dieselbe  als  schwere  Masse 
im  Mutterleibe,  der  Kopf  jetzt  nach  links  hingeriditet  Am 
10.  Februar  erschienen  anfallweise  kommende  kohkartige 
Schmerzen,  mit  Kreuzweh,  Drängen,  Schweiss,  wobei  das 
GefGUil  stattfand,  als  wenn  etwas  im  Unterleibe  zerrisse.  Diese 
Schmerzen  hielten  auch  die  nächsten  zwei  Tage  an,  mit 
Spannung  des  Unterleibes,  grosser  Empfindlichkeit  desselben 
gegen  Berührung,  schnellem  Athem,  veränderten  Gesichts- 
zügen, Mangel  an  Schlaf,  Verstopfung;  sie  minderten  sich 
am  10.  nach  starkem  Sdiweisse  und  verschwanden  ganz  nach 
reichlichen  Stuhlentleerungen.  Abends  am  14  Februar  glaubte 
die  Frau  in  einem  warmen  Bade  noch  Bewegung  der  Frucht 
zu  spuren,  es  war  die  letzte.  In  den  nächsten  Tagen  wechselte 
die  Abscbeidung  aus  der  Brustdrüse  sehr  in  Rücksicht  auf 
die  Menge,  während  die  nächtlichen  Schweisse  fortdauertML 


über  8c}iWAQg6rBchaft  aasserbalb  äer  Gebärmutter.      XQ3 

Eine  am  21.  Februar  unternonuneDe  ^eburtehälfliehe  Unter- 
sucbuog  zeigte  den  äusseren  Muttermund  ly«  Zoll  vom  Ein* 
gange  der  Scbeide  entfernt,  links  konnte  man  mit  dem  Finger 
hoch  am  Scbeideagewölbe  hinaufgehen  und  fühlte  daselbst 
eilten  runden  Körper  (Kindskopf);  der  Mutterhals  und  die 
Lippen  des  Muttermundes  waren  nicht  yerslrlchen,  die  vordere 
Huttermundslippe  tief  herabtretend,  dje  hintere  klein.  Die 
Bewegungen  der  Frucht  hatten  ganz  aufgehört,  man  vermochte 
den  Fötus  im  Unterleibe  hin  und  her  zu  schieben.  Vom 
22:  Februar  an  steigerte  sich  die  Spannung  des  Unterleibes, 
80  dass  die  Haut  desselben  glänzend  wurde;  es  eutwickelte 
sich  am  23.  ein  widerlich  fauler  Geschroackjm  Munde,  doch 
war  dabei  die  Zunge  rein.  Am  24.  Februar  zeigte  sich  rechts 
oberhalb  der  Schambeinfuge  eine  harte  Stelle,  in  welcher  die 
Kranke  stechende  Schmerzen  lempfand,  während  die  Seh  weisse 
aufgehört  und  der  Stuhlgang  sich  geordnet  hatte.  Am  25», 
26.  und  27.  erfolgte  eine  blutige  Ausscheidung  aus  der 
Scheide,  ganz  wie  beim  regelmässigen  MonatsOusse,  obgleich 
die  Brüste  noch  Milch  absonderten;,  nach  derselben  folgte 
Scbleimfluss.  Schlaf,  Appetit  und  Ausleerungen  ;waren  gut; 
Scbweisse  fanden  nicht  mehr  statt  Die  Lage  auf  der  Unken 
Seite  war  behindert,  indem  dann  jedes  Mal  lebhafte,  schneidende 
Schmerzen  rechts  im  Unterleibe  eintraten. 

Während  der  ersten  Hälfte  des  März -Monats  hielt  das 
schleichende  Fieber  mit  wechselnder  Stärke  an,  kam  Nach- 
mittags, mit  Fröstehi,  bisweilen  selbst  mit  Schüttelfrost  be- 
ginnend, mit  folgender  brennender  Hitze  und  Nachtschweissen. 
Der  Puls  war  sehr  beschleunigt,  klein,  schwach;  der  Durst 
lebhaft;  die  Zunge  trpcken;  der  Geschmack  faul;  die  Mattigkeit 
und  Abmagerung  nahmen  zu.  Hierzu  gesellte  skh  am  9.  und 
10.  März  Schmerz  und  Vertauben  der  Füsse,  Eibrechen  nach 
dem  Genüsse  jeder  Speise,  heisser  aber  nicht  schmerzhafter 
Unterleib.  Am  11.  März  zeigten  sich  ausserdem  schneller 
Atbem^  eigenthümlich  ängstlicher  Blick.  Derselbe  Zustand 
währte  am  12.  März  fort,  nur  hörte  das  Erbrechen  auf, 
dagegen  erschien  eine  eigenthümlich  entstellte  Physiognomie; 
ausserdem  Abends  sich  verstärkender  Husten,  Speichelfluss 
und  kühle  Schweisse^  Bei  der  Untersuchung  des  Unterleibes 
im   Anfange    des    Monats   März    war    deutliche   Fluctuation 


194  X.     WdUer,  Einige  Baobachtnogen 

wahraehmbar,  dennoch  konnte  man  links  die  unteren  Ex- 
tremitäten fohlen  and  oberhalb  der  Scharobeinverbindang  den 
Rücken  des  Kindes;  dabei  zeigte  sich  der  Unterleib  schmerzlos. 
Bei  der  inneren  Untersuchung  waren  die  Geschleditstiieile 
empfindlich,  der  Muttermund  höher  stehend  als  am  21.  Februar, 
mehr  geöffnet,  die  Mutterroundslippen  gewulstet,  im  Scheiden- 
gewölbe eine  Härte,  wie  der  Kindskopf  fühlbar.    ' 

Mit  dem  16.  März  begann  das  Fieber  mehr  und  mehr 
nachzulassen  und  hörte  endlich  ganz  auf.  Die  Uebelkeiten, 
das  Erbrechen,  die  Schmerzen  schwanden;  der  Husten  f5rderte 
Anfangs  dicken  gelben  Schleim  heraus  und  liess  allmälig  ganz 
nach,  der  Appetit  kehrte  wieder;  die  Zunge  wurde  rein,  der 
Geschmack  blieb  aber  noch  faul.  Der  Unterleib  sank  mehr 
und  mehr  ein,  indem  sein  Umfang  sich  verkleinerte,  dabei 
ffihlte  er  sich  mehr  teigig  an.'  Die  Kräfte  hoben  sich,  die 
Kranke  yerhess  allmälig  das  Bett,  das  Wundsein  am  Kreuzbeine 
heilte  und  die  Frau  fühlte  sich  zu  Ende  dieses  Monats  so 
wohl,  wie  es  während  der  Dauer  der  ganzeh  Schwangerschaft 
nicht  der  Fall  gewesen  war.  Nur  die  Füsse  blieben  noöh 
lange  schwach,  schwollen  noch  mehrere  Wochen  hindurch 
Abends  Ödematös  an,  auch  zeigte  sich  das  linke  Bein  etwas 
zusammengezogen.  Am  23.  März  erschien  ein  schwacher, 
kurze  Zeit  dauernder  Honatsfluss. 

Im  April,  Mai,  Juni  nahm  die  Grösse  des  Unterleibes 
ab,  die  Fülle  des  ganzen  Körpers  dagegen  zu;  die  Kräfte 
steigerten  sich,  die  Frau  ging  mit  grosser  Leiditigkeit  und 
ward  von  der  Frucht  in  ihrem  Unterieibe  nicht  mehr  belästigt 
Der  Monatsfluss  erschien  aber  erst  im  Anfange  des  Juli  und 
zeigte  sich  später  vollkommen  regelmässig. 

In  den  Jahren  1824  und  1825  hatte  die  Frau  nach 
körperlichen  Anstrengungen  oder  Erkältungen  zuweilen  rossende 
Schmerzen  im  Unterleibe,  die  beim  Liegen  wieder  ver- 
schwanden; ein  Mal  trat  dabei  eine  Ohnmacht  ein. 

Am  25.  März  1826  hob  die  Frau  eine  schwere  Liast 
und  hatte  die  Empfindung,  als  ob  in  dem  grossen  Klumpen, 
den  die  Frucht  im  Leibe  bildete,  etwas  platzte  und  durch 
den  Riss  sich  dne  Flüssigkeit  in  die  Unterleibshöhle  ergösse. 
Dabei  zog  sich  der  Leib  krampfhaft  zusammen,  drängte  das 
Kind  aufwärts,   es   zeigten  sich  Uebelkeiten  und  dann  trat 


ttber  SohwftDgeraehftfl  ausserhalb  der  Gebl&rmiitter.      195 

eine  Ohnmacht  ein,  die  mehrere  Minuten  anhielt,  wobei  der 
ganze  Körper  halt  wurde.  Der  Ohnmacht  folgte  Fieberfrost 
und  KolUischmerz,. sowie  Empfindlichkeit  des  Unterleibes  gegen 
Berfihrung  etwas  oberhaft  des  Kindes.  Dieser  Anfall  traf 
mit  der  Zeit  zusammen,  wo  die  Frau  wahrscheinlich  vor  ganz 
kurzar  Zeit  condpirt  hatte,  indem  sie  in  der  Mitte  des  Juni 
eine  Fehlgeburt  erlitt,  bei  der  ein  etwa  dreimonatlicber  F6tus 
ausgestossen  wurde. 

Die  folgenden  acht  Jahre  verflossen  gesund.  Die  todte 
Frucht  hatte  in  dem  Unterleibe  aümftlig  eine  Querlage  an« 
genommen,  sie  kann  hin  und  her  geschoben  werden.  Ver- 
meidet die  Frau  Dnitk  des  Leibes,  so  empfindet  sie  keine 
Beschwerden.  Jeder,  selbst  jeder  nur  leichte  Druck,  z.  B. 
das  Auflegen  der  Hand  im  Schlafe,  erregt  Uebelkeit  und 
Erbrechen.  Im  Jahre  1834  hörte  der  Monatsffuto  auf,  es 
erfolgten  öfters  Schwindel,  Erhredien,  Magenkrampf. 

1886.  Nach  einem  öberstandenen  Katarrhalfieber  und 
einem  darauffolgenden  Difttfehlo'  im  November  trat  zwanzig* 
maliges  Erbrechen  ein,  mit  dem  Gefähle,  als  ob  die  Frudit 
in  die  Herzgrube  gedrängt  würde. 

Im  Juli  1837  empfand  die  Frau  lebhaften  Schmerz  in 
der  rechten  Seite,  wohin  sich  disis  Steinkind  geschoben  hatte, 
mit  Fröstdn  und  schmerzhafter  Entleerung  eines  bhitigen 
Harnes.  Diese  Hambescbwerden  kamen  anfallweise,  wechselten 
mit  Cardiaigien  und  endeten  mit  Scbweiss.  Vorzfiglich  in 
diesen  AnHIIIen,  aber  auch  aussdlr  denselben,  empfindet  die 
Frau  ein  klopfendes  Geriusch  im  Unterleibe,  das  sich  anf- 
nnd  abwärts  erstreckt,  wie  den  Pulsschlag  grösserer  Arterien. 
Dabei  ist  das  Steinkind  mehr  in  die.  Mitte  des  Unterleibes 
gedrängt  worden.  Erst  in  der  zweiten  Hälfte  des  August 
wurden  die  Harnbeschwerden  allmälig  seltener  und  schwächer; 
das  Steinkind  senkte  sich  und  nahm  seine  frohere  Lage  wieder 
ein;  die  Kranke  erholte  sich  und  war  zu  Anfang  September 
genesen. 

In  den  Jahren  1838,  1839  und  1840  kamen  einige 
Anfille  von  Strangurie,  offmbar  durch  Druck  des  Steinkindes 
anf  die  Bkise,  wenn  dasselbe  mehr  nach  vom  gerockt  war. 
Der  Kopf  des  Kindes  lag  in  der  linken  Seite  der  Mutter. 
Bei  diesen  AnMen '  litt  die  Frau  an  emer  erhöhten  TenqperalBr» 


j 


196  ^*     WtOt&r,  Eiaig«  B«o¥aehiai«ett 

wfthrend  der  Kioddiörper  eine  hiebst  uuangeneluDe  LeidieiH 
kSile  zeigte,  die  der  Frau  eiD  inneres  Grauen  erregtA.  Ging 
der  Anfall  vorüber,  so  beiiam  das  todle  Kind  allmtiig  wieder 
dieselbe  Tem|»eralur  wie  der  mütterliche  Körper. 

Im  Mai  1841  traten  nacb  einem  melirUgigen  Fieber 
einige  Tage  hindurch  die  früheren  Blasenbescbwerden  wied« 
auf,  verbunden  mit  firbrechen^  faulem  GeacbmaGk,  Schwindel« 
Ohnmacht,  denen  dann  unwillkürlicher  Harnabfluss  folgte. 
Auch  jetat  zeigte  sich  das  GefüU  von  Eiseskäte  in  d^  todten 
Frucht.  Der  Anfall  ging  vorüber,  kehrte  aber  bis'  um 
September  öfters  zurück. 

In  den  Jahren  1842  bis  1849  war  das  Befinden  im 
Ganzen  recht  gut,  nur  bisweilen  zeigte  sich  Sausen  und 
Klingen  der  Ohren,  Schwindel,  Uebelkeit  und  Erbrechen. 
Bei  diesem  Erbrechen  wurde  das  Steinkind  nach  oben  ge- 
schoben, was  der  Frau  besonders  unangenehme  Empfindungen 
erregte.  Mit  dem  Ende  solcher  An&lle'trat  wieder  Senkung 
der  todten  Masse  ein  und  dieser  folgten  danü  die  öfters  er- 
wähnten Harnbeschwerden.  In  den  letzten  Jahren  bat  sidi 
indess  das  Steinkind  mehr  in  der  linken  Seite  befestigt,,  ist^ 
weniger  verschiebbar  und  bettstigt  die  Frau  bei  keiner  ihrer 
Bewegungen  und  keiner  Anstrengung.  Kommen  aber  die 
Anfälle,  so  ist  die  Lage  auf  der  linken  Seile  unmöglich.  Die 
Frau  ist  zwar  nicht  mehr  so  kräftig  wie  vor  der  Schwanger- 
schaft,'aber  noch  sehr  thätig,  lebhaft,  nur  leicht  erregbar. 

Im  Jahre  1849  veriiess  Mad.  £  ihren  bisherigea 
Aufenthaltsort  und  entzog  sich  dadurch  der  Beobachtung  des 
ihren  Zustand  genau  verfolgenden  Arztes.  In  verhältnissmässig 
dürftige  Verhaltnisse  versetzt,  folgte  die  zur  Wittwe  gewordene 
Frau  der  einzif^n  verheiratheten  Tochter  und  wechselte  vielfach 
den  Wohnort,  bis  sie  endlich  in  Tambon  blieb,  wo  sie  jetzt 
sdion  eine  Reihe  von  Jahren  lebt.  Sie  ist  somit  1600  Werst 
oder  236  Meilen  von  hier  entfernt.  Zu  wiederholten  Malen 
hatte  sie,  vor  vielen  Jahren,  schon,  dem  sie  bebaiidehiden 
Arzte  und  mir  nach  ihrem  Tode  die  Untersuchung  ihres 
Leichnams  versprochen.  Die  Hoffnung  auf  eine  spätere  Sectioa 
gebe  ich  noch  nicht  auf,  da  durch  Zufall  sie  die  HWfe  eines 
meiner  früheren  Zuhörer,  des  Dr.  Haidty  in  Anspruch  genommen 
hat,   den  ich   auf  die  Wichtigkeit  des  Falles   aufioaeiiLsan 


über  SchirftDgerschaft  aaaserlialb  der  Gebärmutter.      197 

gemacht  babe.  Derselbe  Zufall  führte  diesen  Arzt  io  diesen 
Tagen  zu  mir  und  ich  bin  so  im  Stande,  über  das  jetzige 
Befinden  der  Frau  eine  Nachricht  zu  geben.  Neunundsecbszig 
Jahre  alt,  soU  sie  gesund  und  kräftig  sein  und  soll  alleo 
Geschäften  und  oft  sehr  schweren  Arbeiten  im  Haushalte  ihrer 
Toditer  Yorzustehen  im  Stande  sein. 

Die  firöheren  Hambescbwerden  scheinen  ganz  nachgelassen 
zu  haben,  sie  hat  wenigstens  kein  Mal  über  dieselben  sich 
beklagt  oder  Hülfe  gegen  dieselben  gesucht,  obgleich  der 
Arzt  vieMJfig  in  ihrem  Hause  gewesen  ist 


Es  ist  der  eben  beschriebene  Krankheitsfall  wohl  nicht 
mit  ünredit  Gra^iditas  extrauterina  abdominalis  genannt  worden. 
An  Graviditas  extrauterina  lässt  sich  wohl  bei  dem  ganzen 
Verlaufe  des  Falles,  sowie  namentlich  bei  den  Resultaten  der 
öfters  angestellten  äusseren  und  inneren  Untersuchung,  nicht 
zweifeln,  obgleich  -die  in  der  neueren  Zeit  in  Fällen  dieser 
Art  Aufklärung  und  Sicherheit  gebenden  Hülfsmittel,  die 
Auscttltation  des  schwangeren  Unterleibes,  sowie  die  Gebär- 
muttersonde,  im  Jahre  1822  nicht  in  Gebrauch  gezogen  werden 
konnten.  Es  war  dasselbe  Jahr,  in  welchem  Kergaradek 
seine  ersten  Untersuchungen  über  die  Anwendung  der  Auscul- 
tation  des  schwangeren  Uterus  yeröffentlichte  und  diese 
Untersuchungen  waren  noch  nicht  bis  zu  uns  gelangt.  Noch 
viel  weniger  konnte  damals  .yon  der  Gebärmuttersonde  die 
Rede  sein.  —  Ebensowenig  lässt  sich  wohl  daran  zweifeln, 
dass  der  Krankhätsfall  eine  Bauchschwangerschaft  darbot 
Die  anderen  Formen  der  Schwangerschaft  ausserhalb  der 
Gebärmutter  erreichen  wohl  nicht  leicht  ohne  Berstung  des 
einhüllenden  Sackes  das  normale  Ende  der  Schwangerschaft, 
oder  überschreiten  es  sogar,  wie  in  diesem  Falle,  in  so 
bedeutendem  Haasse,  und  wo  Berstung  eintritt,  erfolgt  auch 
in  der  Regel  rascher  Tod  durch  innere  Verblutung,  es  hätte 
denn  auch  hier,  wie  in  der  ersten  Beobachtung,  das  so 
seltene  Ereigniss  stattfinden  müssen,  dass  sich  eine  secnndäre 
Bauchschwangerschaft  nach  Ruptur  ohne  Verblutung  und  bei 
fortbestehendem  Leben  der  Fracht,  gebildet  hätte.  Auch 
sdieiDl  fir  die  flrbaltong  der  Eihüllen  und  dts  den  Fötus 


198  X*     Walter ^  Einige  BeobachiVDgeii 

cJDballenden  Sackes  die  Erscheinung  zu  spredien,  S»  am 
25.  März  1826  stattfand,  wo  die  Frau  nach  dem  Heben  einer 
schweren  Last  das  Gefühl  hatte,  als  ob  £twas  im  Dnterieibe 
platzte  und  sich  eine  Flüssigkeit  in  die  BauchhiAile  ei^össe, 
mit  der  unmittelbar  darauf  folgenden  Ohnmacht,  dem  spater 
eintretenden  Fieber  und  der  Schmerzhaftigkeit  des  Unterleibes. 
Das  waren  wahrscheinlich  die  Erscheinungen  der  Ruptur 
und  des  Austritts  einer  Flüssigkeit  in  die  Unterteibshöhle  mit 
ihren  Folgen. 

Während  in  der  ersten  mitgetheilien  Beobachtung  die 
Frucht  ein  paar  Tage  vor  Tollkommen  .beendeter  Schwanger- 
schaft abstarb,  sehen  wir  in  dieser  die  Frucht  länger  als 
40  Wochen  deutliche  Lebenszeichen  im  Unterleibe  der  Mutter 
darbieten.  Den  ganzen  Januar  hindurch  wurden  die  Be- 
wegungen genau  von  der  Mutter  walvgenoramen,  während  am 
14.  Februar  dies  zum  letzten  Male  der  Fall  war.  Doch  ist 
nicht  zu  verkennen,  dass  mit  dem  Anfange  des  Januars  diese 
Bewegungen  der  Frucht  immer  seltener  -auftraten  und  von 
der  Mutter  immer  schwächer  wahrgenommen  wurden,  bis  sie 
dach  beendigter  46.  Schwangerschaftswoche  ganz  aufhörten. 
Offenbar  erlosch  hier  das  Leben  nach  und.  nach  und  es  lässt- 
sich  wohl  mit  Recht  fragen,  ob  mit  dieser  letzten  von  der 
Mutter  bemerkten  Bewegung  auch  wirklich  der  vollständige 
Tod  erfolgte;  ob  nicht  vielleicht  auch  hier  der  Fötus  nodi 
einen  geringen  Grad  von  Leben  spiter  noch  darbot,  ob  er 
nicht  vielleicht  noch  schwach  .fortvegetirte,  ohne  zu  einer 
Bewegung  nur  im  geringsten  Grade  befilhigt  zu  sein,  wie  es 
Meckel,  Carus  und  Andere  angenommen  haben.  Die  so 
nicht  vollständig  abgestorbene  Frucht  würde  dadurdi  weniger 
feindselig  auf  den  mütterlichen  Körper  einwirken,  dieser  sifch 
allmälig  an  den  fremden  Körper  gewöhnen  und  dadurch  die 
Bildung  des  Steinkindes  begünstigen.  Dem  vollständigen  Tode 
der  Frucht  würde  rasche  Zersetzung  schnell  folgen,  die  dann 
heftige  Entzündung  und  den  Tod  .der  Mutter  hervorrufen  würde. 

Bemerkenswerth  sind  hier  die  Naturbemübungen ,  "die 
Gebärmutter  wieder  zu  ihren  vor  der  Schwangerschaft  statt- 
findenden Zustande  zurückzubUden.  Schon  in  den  ersten 
Tagen  des  September- Monats,  dann  in  der  Mitte  desselben 
und  in  der  Mitte  des  Novembers  zeigten  sich^leichte  Blutungen 


fiber  Sohwangersobaft  ansserlialb  der  Gobiirmiitter.       199 

aas  der  Gebärmutter,  die  den  16.  Januar  sOrker  eintraten 
und  viel  Oässiges  und  geronnenes  Biut«  mit  kleinen  faserigen 
und  membranösen  Stoffen  ausleerten.  Es  waren  dies  offenbar 
Tbeile  der  abgestorbenen  und  durch  Fäulniss  zerseUten 
Decidua,  die  auf  solche  Weise  aus  der  Gebärmutter  aus- 
gestossen  wurde.  Dazu  gesellten  sich  ebenfalls  schon  im 
November  und  Deceraber  deutlich  ausgesprochene  wehenartige 
Erscheinungen,  die  indess,  besonders  im  Januar,  sich  häufiger 
wiederholten,  stärker  wurden,  länger  anhielten  und  mit  denen 
sich  unverkennbar  ein  bestimmtes  Senken  der  Frucht  (Anfang 
Januar)  verband.  Als  dritte  hierher  gehörige  Erscheinung 
müssen  wir  die  am  16.  Januar  auftretende  starke  Absonderung 
der  Milch  rechnen,  die  sich  jetzt  erst  zeigt«,  obgleich  die 
Vorbereitungen  zu  derselben,  Anschwellung  der  Brustdrüse 
und  der  Lyrophgefasse  bis  zur  Achselhöhle  schon  früh  in  der 
Schwangerschaft  aufgetreten  waren  und  die  reichlich  bis  zum 
Ende  des  Februars  fortdauerte.  Unter  diesen  Erscheinungen 
kamen  offenbar  die  Rückbildungsprocesse  in  der  Gebärmutter, ' 
aber  auch  im  gana^en  Geschlechtssysteme  zu  Stande,  so  dass 
schon  am  25.  Februar  eine  Gebännulterblutung  eintrat,  die 
drei  Tage  hindurch  anhielt,  von  leichtem  Scbleimflusse  gefolgt 
war  und  vollkommen  der  früher  staltfindenden  Menstruation 
glich.  Eine  ähnliche  Gebärmutterblutung  erschien  schwach 
am  23.  März  wieder,  also  nach  27  Tagen,  blieb  dann  freilicii 
mehrere  Monate  hindurch  aus,  um  vom  Ende  Juli  an,  bei  der 
unterdess  kräftiger  gewordenen  Frau  mit  vollkommener  Regel- 
roässigkeit  aufzutreten.  Drei  Jahre  später,  Anfang  Juli  1826 
erfolgte  der  Abort  einer  dreimonatlichen  Frucht.  Weder  die 
Kranke,  noch  der  sie  behandelnde  Arzt  scheinen  an  Eintritt' 
einer  neuen  Schwangerschaft  gedacht  zu  haben,  wenigstens 
findet  sich  in  dem  genau  geführten  Journale  auch  nicht  die 
leichteste  Andeutung,  die  auf  Stattfinden  derselben  hinweist. 
Von  der  höchsten  Bedeutung  sind  die  fieberhaften  Er- 
scheinungen, die  nach  Beendigung  der  Zeit  der  gesundheits- 
gemässen  Schwangerschaftsdauer,  d.  h.  nach  der  40.  Woche 
auftrat^.  Sie  zeigten  sich  zuerst  am  16.  Januar,  mit  deutlichem 
Frost  beginnend  9  verstärkten  sich  am  24.,  jetzt  täglich  Nach- 
mittags auftretend.  Sie  fingen  mit  Frösteln  an,  dem  starke 
Hilze  folgte,   die  in  der  Nacht  mit  Schweiss  endete,  wozu 


200  X.     WäUer,  Einige  BeobachtiLBgeii 

sich  im  späteren  Vertsufe  gesteigerte  Schmcrzbaftigkeit  des 
Unterleibes,  Spannen  der  BaucfabMit,  Durst,  trodiene  Zunge 
und  fauler  Geschmack  binzugesellteh.  Erst  am  16.  Xirz 
begann  dies  Fieber  nachzulassen,  verschwand  dann  albnälig 
ganz  und  mit  ihm  schwiegen  zugleich  alle  begleiteoden  Er- 
scheinungen, die  Krilte  hoben  sich,  so  dass  die  Frau  mä 
Recht  als  Genesene  betrachtet  werden  konnte.  —  Es  sind 
diese  Erscheinungen  offenbar  Folge  der  fieaction  des  mütter- 
lichen Körpers  auf  das  Anfangs  langsam  absterbende,  später 
abgestorbene  Kind,  das,  gleichzeitig  mit  seinen  Eihöllen 
feindlich,  als  fremder  Körper,  auf  den  mütterlichen  Organisnuis 
einzuwirken  begann,  im  Verlauf  dieser  fieberhaften  ZuUk 
kamen  aber  auch  zugleich  diejenigen  organischen  Processe 
im  Uoterleibe  der  Mutter  zu  Stande,  die  durch  Ablagerung 
plastischer  Stoffe  das  Ovulum  mit  der  Frucht  einhüllten,  es 
so  gleichsam  vom  mQtterlicben  Körper  isoUrten  und  es  möglich 
machten,  dass  das  Kind  im  Leibe  der  Mutter  verharren  and 
allmälig  in  ein  Stemkind  umgewandelt  werden  konnte. 

Endlich  möchte  ich  hier  noch  auf  einen  Punkt  die  Auf- 
merksamkeit der  Aerzte  lenken,  der  sich  bei  beiden  von  mir 
beobachteten  Kranken  zeigt  Es  ist  dies  nämlich  die  Gemüths- 
bewegung,  die  bei  beiden  Frauen  stattfand;  bei  der  ersten 
24  Stimden  nach  dem  letzten  Beischlafe,  bei  der  zweiten  im 
Beischlafe  selbst  Wohl  hat  Heeker  mit  vollem  Rechte  gezeigt, 
wie  bei  den  meisten  Frauen,  die  an  SchwSngerscfaalt  ausser^ 
halb  der  Gebärmutter  litten,  schon  früher  Unregelmässigkeilen 
in  den  höheren  Verrichtungen  des  Sexualsystekns  stattgefunden 
hatten,  wie  namentlich  eine  Unfirachtbarkeit,  durch  viele  Jahre 
anhaltend,  oder  lange  Pausen  zwischen  den  sich  folgenden 
Geburten,  oder  wiederholte  Aborte  dagewesen  waren.  Alle 
diese  Umstände  zeigen  sich  auch  bei  beiden  von  mir  belichteten 
Kranken.  Die  erste  Frau  lebte  Anfangs  9  Jahre  in  einer 
unfruchtbaren  Ehe,  dann  gebar  sie  vor  10,  SV2  ^d  3  Jahren 
ausgetragene  Kinder  und  endlich  folgte  die  Schwangerschaft 
ausserhalb  der  Gebärmutter.  Die  zweite  Frau  gebar  6eilicb 
das  erste  Kind  im  ersten  Jahre  ihrer  Ehe,  erlitt  dann  zwei 
Mal  emen  Abort  und  erst  im  11.  Jahre  ihrer  Ehe  trat  die 
vierte  Schwangerschaft  ein,  als  Schwangerschaft  ausserhalb 
der  Gebärmutter.     Es  ist  nicht  zu  verkennen,   wie  meine 


über  Schw«iig[encbafl  aniserlialb  d«r  Gebärmnttor.      201 

• 
beiden  BeohaebtungeD  die  Ansicht  Hecker's  in  Beziebiing  aoi' 

die  ursachlichen  Momente  dieses  krankliaflen  Zustandes  unter- 
stutzen. Man  darf  aber  freilich  auch  nicht  übersehen,  wie 
sehr  hanfig  die  erwähnten  Unregelmässigkeiten  überhaupt  bei 
Frauen  stattfinden.  Aufi'allend  ist  es  meiner  Meinung  nach 
und  ferdient  gewiss  berücksichtigt  zu  werden,  dass  in  beiden 
von  mir  angeführten  Beobachtungen  deprimirende  Gemuths- 
bewegungen  auf  die  Frauen  während  oder  bald  nach  dem 
Beischiafe  einwirkten.  Wie  sehr  aber  solche  Gemöthsafiecte 
auf  den  erhöhten  Turgor  der  verschiedensten  Organe  einen 
herabslimmenden  Einfluss  ausübeVi,  ist  ja  allgemein  bekannt 
Wie  Schreck  die  glühende  Wange  in  einem  Augenblick  er* 
bleichen  lässt,  wie  Scham  oder  Furcht  den  kräftigen  Mann 
für  den  Augenblick  impotent  macht,  so  wirkte  hier  vielleicht 
Schreck  auf  die  durch  den  Beischlaf  erhöhte  Leb^sthätigkeit 
der  inneren  Geschlechtstfaeile.  £&  erfolgte  CoUapsus  in  ihnen, 
die  Aufnahme  und  Ableitung  des  Eies  durch  die  Eileiter 
wurden  verhindert  und  so  der  Grund  zur  Schwangerschaft 
ausserhalb  der  Gebärmutter  gelegt 


Graviditas  extrauterina?  tubaria?  oder  tubo- 
uterina? 
Frau  V.  «/.,  28  Jahre  alt,  von  mittlerer  Körpergrösse, 
sehr  gut  gebaut,  sanguinischen  Temperaments,  von  ihrem 
16.  Lebensjahre  an  immer  re^elmäss^  menstruirt,  in  ihrem 
20.  Jahre  verheirathet,  hatte  vier  Schwangerscbaflen  und 
Geburten  überstanden.  Die  ersteren  waren  ohne  auffallende 
Beschwerden  verlaufen,  nur  hatte  in  den  früheren  Monaten 
derselben  häutiges  Erbrechen,  auch  wohl  öfters  Zahnschmerz 
stattgefunden«.  Die  Geburten  waren  regelmässig  und  im  All- 
gemeinen leicht  gewesen.  Ihre  Kinder  hatte  sie  alle  selbst 
genährt  uadi  es  waren  dieselben  bei  der  Mutterbrust  alle 
kräftig  gedieheiL  Im  Anfange  des  Octobers  1829  war  die 
Menstmation  zum  letzten  Male  eingetreten,  im  November  blieb 
sie  ohie  äussere  Veranlassung  ans  und  es  erschienen  die 
bei  den  früheren  Schwangerschaften  der  Frau  gewöhnlich 
folgenden  krankhaften  ZufSUe,  Uebelkeiten,  öfteres  Würgen, 
Erbrechen,  Zahaschmerz  u.  s.  w.,  so  dass  die  Frau  selbst  foel 


202  ^*     W«U$r,  Einig«  fieob«chtiiQgen 

Ton  einer  neuen  Scbwangerecbaft  überzeugt  war.  Zu  diesen 
ZuföUen  gesellten  sieb  aber  scbon  im  November  Erscheinungen^ 
die  sich  früher  nidit  gezeigt  hatteti.  Es  trat  nämlich  Schmerz 
ein,  Anfangs  schwach,  mit  der  Zeit  aber  sich  steigernd,  in 
der  rechten  Leistengegend  fixirt,  der  sich  besonders  bei  jeder 
Bewegung,  noch  mehr  bei  jeder  körperlichen  Anstrengung 
steigerte  und  nach  und  nach  einen  solchen  Grad  von  Heftigkeit 
erreichte,  dass  die  Kranke  ypro  20.  MoVember  an,  nicht  mehr 
im  Stande  war,  das  Bett  zu  verlassen,  da  der  Schmerz  bei 
vollkommener  Ruhe  sich  wenigstens  minderte,  wenn  er  gleich 
nicht  ganz  aufhörte.  Im  Betti  musste  fast  immer  die  Rückenlage 
beobachtet  werden,  da  Seitenlage  den  Schmerz  vermehrte.  Das 
sonstige  Befinden  der  Kranken  war  gut;  der  Puls  rubig, 
Appetit,  Schlaf,  Stuhl*  und  Harnentleerung  regelmässig.  Eine 
am  16.  November  unternommene  geburtshüUliche  Untersuchung 
zeigte  die  rechte  Leistengegend  gegen  Druck,  selbst  gegen 
leise  Berührung  empfindlich,  Anschwellung  oder  Härte  waren 
nicht  zu  fühlen,  obgleich  sich  die  Bauchdecken  schlaff  zeigten, 
doch  verhinderte  die  grosse  Empfindlichkeit  der  zu  unter- 
suchenden Gegend  eine  genauere  Erforschung  derselben.  Bei 
der  inneren  Untersuchung  war  der  Scheidentbeil  aufgetrieben, 
Vs  Zoll  lang,  mit  wulstigen  Muttermundslippen,  mit  Kerben 
ui^d  einer  klaffenden  Querspalte.  Der  Scheidentheil  stand 
dabei  etwas  schief  nach  rechts  gerichtet.  Im  Sclieidengewölbe 
keine  bemerkliebe  Auftreibung  der  Gebärmutter.  So  verfioss 
bei  unverändertem  Zustande  der  Kranken  der  NoTemberund 
der  grössle  Theil  des  Decembers,  .nur  dass  sich  die  Heftigkeit 
der  Schmerzen  mehr  und  mehr  steigerte.  Am  27.  December 
stellte  sich  plötzhch  Blutung  ^us  den  Geschlechtstheilen  ein, 
die  nicht  bedeutend  war  und  von  der  Frau  für  das  Wieder- 
erscheinen der  unterdi*uckten  Menstruation  genommen  wurde. 
Die  Schmerzen  Hessen  indess  dabei  nicht  nach,  nahmen  im 
Gegentheil  an  Heftigkeit  zu  und  zeigten  das  Aassehen  voll- 
ständiger Wehen.  Statt  dass  der  Monatsfluss  sonst  nach 
vier  Tagen  aufzuhören  pflegte,  verstärkte  sich  diese  Blutung. 
Zu  gleicher  Zeit  veränderte  sie  auch  ihre  Beschaffenheit,  war 
bald  hellroth,  bald  dunkelbraunroth,  bald  dem  Schleime,  bald 
dem  Eiter  ähnlich,  mit  sehr  übler  Ausdünstung.  Znglekfa 
wurden  mit  dieser  Blutung  membranöse  Massen  und  dunkle 


fiber  Sehwangerscliaft  ausserhalb  der  Gebftrmntter.      203 

harte  Körperchen,  von  der  Grösse  eines  Stecknadelknopfes 
ausgeleert  Auf  solche  Weise  währte  der  Ausfluss  durch  den 
ganzen  Januar  1830  fort.  Eine  am  4.  Januar  unternommene 
Untersuchung  bot  nur  insofern  eine  Veränderung  dar,  als 
der  äussere  Muttermund  so  weit  eröffnet  war,  das&  die 
Fingerspilze  bequem  mehrere  Linien  tief  in  den  Kanal  des 
Scheidentheils  eindringen  konnte.  Das  Allgemeinbefinden  litt 
während  dieses  Bluttlusses  auffallend;  es  fand  deutliches 
hectiscbes  Fieber  statt,  Nachmittags  mit  Frösteln  beginnend, 
mit  nachfolgender  Hitze  und  nächtlichen  Schweissen,  von 
denen  die  letzteren  aber  nicht  constant  waren.  Der  Puls  war 
sehr  schnell i  schwach;  der  Durst  stark,  der  Appetit  fehlte; 
es  entwickelte  sich  rasch  Abmagerung  des  Körpers.  Erst 
gegen  die  Mitte  des  Februar  trat  Besserung  im  Zustande 
der  Kranken  ein.  Die  Schmerzen  schwanden  zuerst,  der 
Ausfluss  verlor  seinen  Ahlen  Geruch,  wurde  rein  schleimig, 
hörte  aber  erst  gegen  Ende  März  ganz  auf;  das  Fieber  liess 
nach;  die  Kräfte  hoben  sich  bei  wiederkehrendem  Appetit 
und  die  frühere  Körperfülle  stellte  sich,  wenn  gleich  viel 
später,  wieder  ein.  Der  Monatsfluss  erschien  erst  im  Juli 
und  kehrte  dann  regelmässig  zurück.  Die  Frau  hat  nachher 
noch  drei  Schwangerschaften  und  Geburten  überstanden;  die 
ersteren  boten  nichts  Abweichendes  in  ihrem  Verlaufe,  während 
die  Geburten  sich  dadurch  auszeichneten,  dass  bei  allen  dreien 
unmittelbar  nach  der  Ausstossung  der  Nachgeburt,  die  regel- 
mässig von  Statten  ging,  sehr  heftige,. auf  Atonie  der  Gebär- 
mutter begründete  Blutungen  sich  einstellten,  die  bei  den 
Trüberen  Geburten  nicht  stattgefunden  hatten  und  die  die 
Frau  alle  Mal  in  die  grösste  Lebensgefahr  stürzten.  Sie  lebt 
noch,  kräftig  und  wohl,  als  Gutsbesitzerin  und  seit  vielen 
Jahren  als  Wittwe,  einer  grossen  Wirthschaft  mit  Leichtigkeit 
vorstehend. 


Ilonatwclir.  f.  G«biirt«k.  1861.  Bd.  XYm.,  Hft.  8/  14 


204    ^I*    Vogler^  Embryotomie  mit  ODfönsUgem  Ansgange 

XL 

Embryotomie  mit  ungünstigem  Ausgange  bei 

unausführbarer  Auslösung  des  Oberarmes 

aus  dem  Schultergelenke. 

Von 

Dr.  Togler, 

Obenoedldnalrath  •  Brannen  -  und  Badearzt  in  Wiecbaden. 

Eine  unehelicli  geschwängerte  Erstgeiiärende  von  22  Jahnen, 
von  kräftigem,  wohlgenäbrlem  Körper,  liess  mich  am  3.  Januar 
1861  rufen  und  gleicbzeitig  verlangte  die  ilir  beistehende 
Hebamme  durch  den  Boten  —  den  Bruder  der  Kreissenden  — 
Webeupulver.  Die  Hebammen  hiesiger  Gegend  nehmen  keinen 
Anstami,  bei  mangelnden  Wehen  Seeale  cornulum,  wenn  sie 
sich  dasselbe  verschaffen  können,  auf  eigene  Hand  zu  ver- 
abreichen. Ich  Uess  der  Hebamme  sagen,  aus  ibrer  Heidung, 
der  Muttermund  sei  noch  wenig  geöffnet  und  aus  ihrem 
Verlangen  nach  Webenpulver  müsse  ich  auf  krampfhafte 
Zusammenziehung  des  Muttermundes  und  auf  fehlende  Wehen 
schiiessen.  Unter  diesen  Umständen  sei  ich  der  Kreissenden 
noch  durchaus  überflüssig  und  die  sogenannten  Wehenpulver 
seien  bei  der  Kreissenden  durchaus  nicht  am  Platze.  Die 
Hebamme  möge  der  Kreissenden  lieber  die  beifolgende  von 
mir  verordnete  Arznei  verabreichen  (Oelmixtur  mit  Opium 
und  Nitrum)  und,  wenn  der  Muttermund  besser  eröffnet  sei, 
wieder  einen  Boten  schicken.  Allein  jugendliclie  Kreissende 
haben  unter  solchen  Umstanden  selten  Ruhe  und  nach  wenigen 
Stunden  erschien  der  Bote  wieder  mit  der  Meldung,  der 
Muttermund  sei  jetzt  liesser  geöfihet  und  ich  möge  doch 
gleich  kommen. 

Der  Weg  war  eine  schmale  Schlittenbahn  durch,  tiefen 
Schnee.  Indessen  bestieg  ich  sofort  den  Schlitten.  Ich  fand 
den  Muttermund  nur  für  drei  Finger  geöffnet  und  die  Con- 
traction  der  Gebärmutter  um  das  Kind  so  stark,  dass  ich 
mir  von  der  Lage  desselben  keinen  Begriff  machen  konnte. 
Ich  fühlte  nur  einen  Knochen,  blieb  aber  zweifelhaft,  ob  es 
die  Tibia,   die  Ulna    od^   der  Unterkiefer  des  Kindes  sei. 


bei  tmausfilbrbftrer  Anslösang  des  Oberarms  etc.        205 

Endlich  f5rderte  ich  die  linke  Hand  desselben  zu  Tage,  ohne 
damit  viel  gewonnen  zu  haben.  Obgleich  die  Kreissende  sehr 
leicht  in  die  Chloroform -Narcose  verfiel  und  sehr  starke 
Gaben  des  Opiates  nahm,  konnte  ich  weder  zu  einem  Fusse 
gelangen,  noch  die  rechte  Hand  herabfuhren.  Ich  liess  das 
Opiat  die  Nacht  fortnehmen  und  begab  mich  sehr  erschöpft 
und  an  beiden  Armen  fas^  gelähmt  nach  Hause.  Den  anderen 
Vormittag  wurde  ich  bei  Zeiten  wieder  verlangt,  aber  es 
erging  mir,  wie  gestern,  nur  erschöpften  sich  meine  Kräfte 
weit  schneller,  so  dass  ich  bald  die  Noth wendigkeit  fühlte, 
mir  Hftife  mit  ausgeruhten  Kräften  zu  verschaffen.  Deutliche 
Kindesbewegungen  widerriethen  noch  immer  die  Zerstückelung 
des  Kindes,  und  als  dies  Bedenken  hinwegfiel,  dauerten  die 
Contractionen  trotz  der  Anwendung  des  Chloroforms  in  «inem 
Grade  foi^t,  der  die  Anwendung  eines  in  einem  fnlheren  Falle 
mit  Erfolg  gebrauchten  Manövers  untbunlich  machte  (cf.  Med. 
Zeitung  des  Vereins  für  Heilkunde  in  Preussen,  Jahrg.  1857, 
No.  27,  S.  117),  wo  ich  nebst  dem  mir  erbetenen  jGehfilfen 
nach  vollzogener  Exarticulation  des  Oberarmes,  Schi  Asselbein 
und  oberste  Rippe,  dann  noch  einige  Rippen  lostrennte,  mit 
der  Hand  in  die  Brust-  und  Bauchhöhle  eindrang  und  beide 
so  weit  entleerte,  dass  ich  den  stumpfen  Haken  zwischen 
die  Schenkel  des  Kindes  f&hren  konnte,  und  das  Kind  mittels 
einer  Steissgeburt  zu  Tage  gefördert  wurde.  So  schnell  auch 
der  von  mir  gebetene  GehQlfe,  Herr  Assistent  Jäger^  zur 
SteHe  war,  so  erlahmte  doch  auch  sein  Arm  beim  Versuche, 
SU  den  Füssen  zu  gelangen,  sehr  bald,  und  nicht  ganz  ohne 
Widerstreben  begnügte  er  sich  mit  dem  Herabföhren  der 
rechten  Hand.  Auch  jetzt  war  noch  nicht  an  ein  Ertlichen 
des  Fasses  zu  denken  und  dies  gelang  erst,  nachdem  beide 
Arme,  soweit  sie  zu  erreichen  waren,  d.  h.  bis  über  die 
Ellbogen,  entfernt  worden.  Hierzu  legte  ich  wegen  grosser 
Erschöpfung  keine  Hand  an  und  löste  nur  die  Nachgeburt 
nach  gelungener  Wendung  und  Extraction  des  Kindes.  Ich 
brauche  wohl  kaum  zu  bemerken,  dass  die  Extraction  blos 
mittels  eines  Fusses  bewerkstelligt  wurde  und  dass  das  Kind 
todt  war.  Leider  folgte  ihm  seine  Mutter  unter  meteoristischen 
Erscheinungen  mit  grosser  EmpfindUehkeit  des  Unterleibes  in 
ftknf  Tagen  nach. 

14* 


206     ^I-    Vogler y  Embryotoiaie  mit  ungOnstf^^m  Ausgange 

Dass  dieser  Fall  bei  einem  so  kräfligea,  wohlgebaoteii 
Mädchen  unglücklich  endigte,  muss  ich  mit  höchster  Wahr- 
scheinlichkeit der  hartnäckigen  Strictur  der  Gebärmutter,  dem 
Widerstände  des  Muttermundes  und  den  lange  dauernden 
Lebensäusserungen  des  Kindes  beimessen,  die  unseren  Ent- 
Bchluss,  das  Hinderniss  der  zu  Tage  liegenden  Arme  zu 
beseitigen,  so  lange  verzögerte. 

Es  ist  bemerkenswerth,  dass  Scamoni  in  seinen  geburls- 
hfllflichen  Operationen  die  Wichtigkeit  der  Auslösung  des 
Oberarmes  aus  dem  Schultergelenke  des  Kindes  bei  der  Vorlage 
und  Einkeilung  der  Schulter  nicht  hervorhebt,  über  welchen 
Gegenstand  schon  1836  in  Siebold's  Journal  für  Geburtshüife 
eine  Abhandlung  vom  Kreispbysikus  Dr.  Wütke  in  Weissensee 
erschien,  während  dieselbe  Operation  mir  einmal  am  an- 
geführten Orte  der  Med.  Zeitung  die  Entleerung  der  Brust- 
und  Bauchhöhle  und  in  Folge  dessen  die  Entwickeluog  des 
Kindes  durch  Steissgeburt  möglich  machte,  in  einem  anderen 
Falle  aber  die  Geburt  des  Kindes  durch  Selbstwendung  zur 
Folge  hätte,  richtiger  gesagt,  durch  eine  von  der  Wehen- 
thäügkeit  vollbrachte  Wendung. 

In  dem  von  meinem  Sohne  (a.  a.  0.)  zu  Padang  an  ein«* 
polynesischen  Frau  beobachteten  Falle  von  sogenannter  Selbst- 
i^endung  war  freilich  die  Auslösung  des  Oberarmes  aus  dem 
Schultergelenke  nicht  vorher  geqdacht  worden  und  der  günstige 
Ausgang  erfolgte  dennoch  ganz  unerwartet,  aber  welcher 
Geburtshelfer  möchte  auch  behaupten,  dass  jener  operative 
Eingriff  zur  Herbeiführung  eines  so  glücklichen  Ereignisses 
unbedingt  nothwendig  sei?  Unter  den  von  mir  in  tier 
medicinischen  Zeitung  mitgetheilten  fünf  Fällen  finden  sich 
freilich  auch  zwei,  welche  tödtlich  endeten,  aber  offenbar 
wegen  vorausgegangener  angreifender  Wendungsver&ucbe,  und 
in  einem  Falle  ermöglichte  die  Chloroform -Narcose  sofort  die 
Wendung  auf  die  Füsse,  als  ich  eben  im  Begriffe  war,  die 
Zerstückelung  durch  Auslösen  des  Oberarmes  zu  versuchen. 
Dass  Scamoni  meiner  geringen  Bestrebungen,  die  Verbesserung 
mancher  Kopflagen  durch  die  ^ange  zu  bewirken,  in  seinem 
Lehrbuche  der  Geburtshüife,  wie  in  seinen  gehurtshülOicben 
Operationen  neben  Lange  und  Kiwisch  Erwähnung  thut, 
von  der  Auslösung  des  Oberarmes  aus  dem  Schuttergelenke 


bei  «laasfBhybarer  AttslSsaDg  des  Oberarmes  etc.       207 

aber  gar  nicht  spricht  und  die  Entleerung  der  Brust-  und 
Baucbeingeweide  durch  Etnstossen  einer  starken,  mit  langen 
Griffe  nnd  scharfen  Spitzen  versehenen  Scheere,  deren 
Blätter  aber  die  Fläche  gebogen  sind,  und  durch  das  Zer- 
schneiden mehrerer  Rippen,  vielleicht  auch  durch  die  An- 
wendung des  Kephalotbryptors  zu  yollbringen  gedenkt,  ohne 
die  Vortheile  des  voii  Wittke  aufs  Neue  empfohlenen  Ver^ 
fahrens,  welches  als  tiberflüssig  und  unmenschlieh  veriassen 
worden  war;  zu  würdigen,  kann  nicht  besonders  aufTallen. 
F.  B,  Osiander  fiberschrieb  sein  neuntes  Gapitel  im  zweiten 
Theile  seines  Grundrisses  der  Entbindungskunsl:  von  den 
heutigen  Tages  nicht  mehr  nothwendigen  Entbindungs«* 
arten  durch  Tädten,  Kopf  bohren,  Zerstäcken  der  Frucht  u.  s.  w. 
Meiasner  (Monatsschrift  für  Geburtskunde,  Bd.  9,  Heft  1) 
blieb  so  lange  t6u  der  Noth wendigkeit,  eine  Embryotomie  zu 
machen,  verschont,  dass  er  schon  anfing,  die  Meinung 
Oßiandev^s  zu  tbeilen,  bis  seine  eigene  geburtshölfliche  Praxis 
ihn  eines  Anderen  belehrte.  Ueber  die  Anwendung  des  Kephalo- 
tbryptors zur  Entfernung  des  in  der  Beckenhöhle  stecken 
gebliebenen  Rumpfes  gesteht  Scamoni^  dass  uns  in  dieser 
Beziehung  noch  die  nöthigen  Erfahrungen  fehlen. 

In  den  drei  Fällen  Wütke's  folgte  ein  Mal  der  Auslösung 
des  Oberarmes  aus  dem  Schultergelenke  binnen  15  Minuten 
die  Selbstwendung  und  zwei  Mal  gelang  nachher  die  vorher 
unmöghcbe  Wendung  sehr  leicht  und  sämmtliche  Mütter  wurden 
am  Leben  erhalten. 

Es  ist' wohl  kein  Zweifel,  dass,  wenn  der  Geburtshelfer 
unzw^felhaft  die  Wahl  hat,  die  Mutter  oder  das  Kind  am 
Leben  zu  erhalten,  die  Mutter  bevorzugt  werden  mus"^.  Aber 
der  Geburtshelfer  muss  auch  Alles  aufbieten,  dass  sich  Abscheu 
und  Sdiauder  erregende  Fälle  so  selten  als  möglich  ereignen. 
Es  macht  einen  höchst  peinlichen  Eindruck,  wenn  Rinder 
wegen  ungenauer  Diagnosen  mit  absolut  tödtlichen  Verletzungen 
▼ersehen,  lebend  zur  Welt  gebracht  werden.  So  wurde  vor 
siebt  langer  Zeit  im  Herzogthume  Nassau  durch  die  Perforation 
ein  schreiendes  Kind  entwickelt,  an  dem  ein  sonst  geübter 
physikalischer  Exidorator  sich  vom  gänzlichen  Erloscfaensein 
des  Fötalpulses   überzeugt   zu   haben   glaubte,   obgleich  ein 


208    ^I*  VogUr^  Embryotomi«  mit  nngfinstigem  Avagsag«  •to. 

anderer  Creburttlielfer,  sowie  die  Hebamme,  noch  SpnreD  des 
kindlichen  Lebens  zu  entdecken  gkubten. 

Ob  die  von  diesen  Beiden  erhobenen  Bedenken  gegen 
die  frühe  Vornahme  der  Perforation  ein  gAnstigeres  Resultat 
gehabt  hätten,  wenn  sie  befolgt  worden  wären,  oder  ein 
schlimmeres,  lässt  sich  freilich  mit  Gewissheit  nicht  sagen. 
Die  rasche  Entbindung  der  Frau  Ton  einem  perforirten  noch 
lebenden  Kinde  rettete  yielleicht  der  Mutter  das  Leben, 
aber  wer  möchte  eine  solche  Beschletmigung  dieser  für  das 
Kind  absolut  tödüichen  Operation  als  Regel  empfehlen  wollen? 
Es  ist  dies  Ereigniss  aber  ein  neuer  Beweis,  wie  misslicfa  es 
ist,  aus  dem  Erloschensein  des  Fötalpolses  einen  sicheren 
Schluss  zu  ziehen,  da  ein  Kind  innerhalb  der  Gebärmutter 
auch  scheintodt  sein  kann  und  der  Gehörssinn  Täuschungen 
unterworfen  ist 

In  Henke' ^  Zeitschria,  1&28,  Heft  1  habe  ich  unter 
der  Aufschrift:  „Eine  Ruptur  der  Huttersdieide  und  eine 
Ruptur  der  Gebärmutter,  nebst  einigen  Ideen  über  die  Ver- 
antwortlichkeit der  Hedicinalpersonen  für  das  von  ihnen  ein- 
geschlagene Heilverfahren'^  eine  Wendung  veröffentlicht,  welche 
ich  am  27.  April  1826  wegen  Vorlage  des  Armes  und  der 
Nabelschnur  an  einer  unentbunden  verstorbenen  Kreissendeo, 
also  ohne  alle  Indication  verrichtet  hatte.  Der  Grund  dieser 
nicht  indicirten  Wendung,  nicht  indicirt,  weil  die  Section 
jedenfalls  nachher  doch  gemacht  werden  musste  und  das  Rind 
jedenfalls  nicht  zu  retten  war,  da  Arm  .und  Nabdschnur  schon 
fast  24  Stunden  vorgelegen  hatten,  war  der,  dass  enie  alte 
Hebamme  die  rechtzeitige  Berufung  eines  Geburtshelfers  ver- 
hindert und  so  durch  pflichtwidriges  Abwarten  das  Bersten 
der  Scheide  und  den  Tod  der  Kreissenden  veranlasst  hatte 
und  ich  allen  Anwesenden  deutlich  machen  wollte,  dass  eine 
künstliche  Entbindung  zu  rechter.  Zeit  allerdings  auch  ohne 
Kaiserschnitt  möglich  gewesen  wäre.  Ein  Auslösen  des  Ober- 
armes aus  dem  Scimitergelenke  wäre  hier-  natürlicfa  'gans 
zwecklos  gewesen,  da  die  Ruptur  der  Scheide  sofort  erkannt 
wurde,  mithin  an  eine  Erschwerung  der  Wendung  dnrch 
Contractionen  des  Uterus  nicht  zu  denken  war.  Dem  Ton 
mir  am  4.  Januar  zu  Hülfe  gerufenen  Collegen  war  es  etwas 


XII.   Kehrw,  Zar  ßehandlang  dea  Kindbettfiebers.       209 

aftffaDend,  dass  ich  auf  Entfernung  der  beiden  vorliegenden 
Kindesarme  drang;  er  gestand  aber  sp^er,  dass  nach  dieser 
Entfernung  das  Ergreifen  und  Anziehen  des  erreichbaren 
Fasses  merklich  leichter  gewesen  sei,  als  es  vorher  den 
Attscheki  gehabt  habe. 

Es  wftre  sehr  zu  wfinschen,  von  Scanzoni  eine  Dar- 
stellung der  von  ihm  vorgekommenen  Embryotomien  zu  be- 
sitzen, die  steh  meines  Wissens  in  seinen  Schriften  nicht 
vorfindet,  uro  daraus  zu  entnehmen,  warum  er  dadurch  nicht 
auf  die  Vortheile  des  Anslösens  des  Oberarmes  aus  dem 
Schultergelenke  hingeführt  wurde,  die  sich  bei  Wittke  und 
mir  aus  der  Natur  der  meisten  uns  vorgekommenen  Fälle 
%o>fwi  von  selbst  ergaben.  Leider  war  dieser  operative  Ein- 
griff in  dem  von  mir  vorgekommenen  Falle  wegen  Strictur 
der  Gebärmutter  und  des  Muttermundes  unausführbar  und 
wir  mussten,  Herr  Assistent  Jäger  und  ich,  eine  fär  die 
Rettung  der  Kreissenden  leider  nur  zu  wichtige  Zeit  auf 
fruchtlose  Wendungsversuche  verwenden,  da  wir  wegen  der 
Lebenszeichen  des  Kindeä  nicht  so  schnell,  als  es  zu  wünschen 
war,  zur  Beseitigung  der  vorliegenden  Kindesarme  schreiten 
konnten. 


XII. 
Zur  Behandlung  des  Eindbettflebers. 

Von 

Dr.  Frledr.  Kelirer, 

AMittenten  nn  der  EntbindungsansUlt  in  Giessen. 

Im  Jahre  1887  hat  Eisenmann  eine  erschöpfende 
literatttr  über  Kindbettfieber  zusammengestellt,  und  mehr  denn 
360  Schriftsteller  aufgeführt,  die  ihren  Tribut  der  Wissenschaft 
gezollt  und  ihre  Beobachtungen  über  die  furchtbarste  Krankheit 
niedergelegt  haben,  welche  Frauen  in  der  Zeit  des  Wochen- 
bettes^  betreffen  kann.  Seitdem  ist,  zumal  durch  pathologisch- 
aoitoroiacbe  Forschungen  unterftützt,  unsere  Kenntniss  dieses 
Fiebers    in    seiner    Srtfologischen    und    pathologischen    Seite 


210      UI*   Kehrer ^  Zur  Behaadlttng  das  KiailbettfieiMn.   . 

wesentlich  yorgeschritteD;  wenn  aber  gieichwoM  so  binfige 
Mittheilungen  bezöglieb  der  Mortalität  erfolgen,  welehe  das 
epidemische  Auftreten  der  Krankheit  veranlasst,  möchte  mao 
fast  an  jeder  Bebandlungsweise,  selbst  der  umsichtigsten  ge- 
wiegter Aerzte,  verz weifein.  Diese  trtkbe  Auffassung  ier 
Therapie  wurde  durch  die  jüngaten  Verhandlungen  in  der 
Academie  de  Medecine  zu  Paris  über  den  Gegenstand  in  Nichts 
geändert,  im  Gegentfaeile,  man  gelangte  nach  vielen  Discnsaionea 
ziemlich  allgemein  zu  dem  niederscBlagenden  Ergebnisse,  dass 
ein  wirksames  Verfahren  gegen. Puerperalfieber  erst  gefunden 
werden  müsse,  und  dass  die  Prophylaxis  dermalen  noch  die 
meiste  Aufmerksamkeit  verdiene.  —  Kaum  tröstlieher  lautet 
.  das  Urtheil  in  Deutschland,  England  und  überhaupt  allenthalben 
und  bei  Allen,  welchen  die  undankbare  PiUcht  obliegt,  in 
bösartigen  Epidemien  handelnd  auftreten  zu  müssen. 

Aber  sollen  wir  darum  nur  ängstlich  das  Augenmerk 
der  Prophylaxis  zuwenden  und  jede  curative  Bdiandlung  als 
erfolglos  von  vorn  hqrein  aufgeben  oder  uns  höchstens  mit 
einigen  Mittelchen  begnügen?  Doch  wohl  nicht,  vielmehr  dörfie 
durch  Beharrlichkeit  eine  bessere  Einsicht  gewonnen  werden, 
wenn  man  anders  die  schulgerechten  Ansichten,  welche  theü- 
weise  mehr  hinderlich,  als  förderlich  waren,  etwas  bei  Seite 
setzt.  Sagen  wir  offen,  dass  besonders  die  Entzündungslehre 
die  Therapie  des  Kindbettfiebers  zum  grossen  Theiie  beherrscht 
und  dem  Misscredite  zugeführt  hat,  in  dem  sie  gegenwärtig 
ist,  und  so  lange  man  in  diesem  Fieber  keine  essentielle 
Krankheit,  keine  acute  Blutvergiftung,  sondern  ein  von  irgend 
einer  Entzündung  abhängiges  Fieber  erblickt,  muss  die  Be- 
handlung eine  verkehrte,  eine  erfolglose  sein.  Ganz  begreiflich I 
Nimmt  man  eine  Entzündung  des  Bauchfelles,  der  Gebärmutter 
oder  ein  sonstiges  entzündliches  örtliches  Leiden  in  irgend 
einem  Eingeweide,  namentlich  der  Becken-  und  Bauchhöhle, 
als  Hauptsache  an,  und  das  Fieber  als  ^ecundäres,  so  wird 
das  Heilverfahren  ein  anderes  sein,  wie  umgekehrt,  waon  man 
die  Allgemeinerkrankung  als  wesentlich,  die  örtliche  ab  zu- 
fällig und  untergeordnet  auflasst.  Sonderbarer  Weise  ist  die 
klare  Beurtheilung  des  Sachverhaltes  durch  die  Sectiona- 
ergebnisse  eher  hintangehalten  wie  gefördert  worden,  denn 
indem  sie  fast  durchweg  die  Spuren  vorausgegangener  Ent- 


XU.   K^iurm',  Zur  Bebandhiag  des  Kindbettfiebera.       211 

söoduDg  lieferten,  lag  nkfats  näher  wie  eia  Ausacbkiss  der 
Essentialitit  des  Fiebers  und  ein  Festhaltan  der  Primär* 
QBUundung* 

Ohne  Zweifel  giebt  es  eine  Rdhe  von  Fällen,  bei  welchen 
eine  Entzündung  oder  eine  sonstige  bedeutende  Localaffection 
die  ursprüngliche  Krankheit  ist,  das  Fieber  aber  secuüdär 
und  symptomatiscb  sich  anreihL  Hierher  gehören  sumeist 
die  sporadischen  Kindbettfieber  durch  und  nach  Quetschung 
der  Vagina  und  des  Uterus  durch  Zange  und  Wendung;  allein 
auch  ohne  derartige  meehauische  Beleidigungen  stellen  sich 
so  gut  im  Wochenbette  wie  ausserhalb  desselben  Entzündungen 
ein,  die  sich  giflerzeugend  —  iotokisch  —  veriialten,  das 
Blut  yerderben  und  endlich  ein  vollendetes  Puerperalfieber 
darstellea 

Diese  Formen  entwickeln  sich  aUmälig  aus  dem  örtlichen 
Leiden,  steigen  und  fallim  mit  demselben,  lAd  es  wird  Nie- 
manden in  den  Sinn  kommen,  dies  Fieber  behanddn  zu  wollen ; 
im  Gegentbeile,  man  weiss,  dass  hier  die  örtliche  Behandlung 
wesentlich  ist 

Bei  den  weitaus  häufigsten  Erkrankungen  in  Crebärhäusern 
besteht  ein  durchaus  anderes  Verhältniss.  Hier  sind  ausser- 
ordentlich häufig  die  Schwangeren  schon  krank,  bei  der 
Geburt  kommt  es  fast  regelmässig  zu  Unregelmässigkeiten, 
nach  derselben  ist  der  Puls  ungewöhnlich  beschleunigt,  nach 
1,  2 — 3  Mal  24  Stunden  entstehen  Frost  mit  bedeutender 
Zunahme  der  Pulsfrequenz,  Schmerzen  i  und  Auftreibung  des 
Unto'leibes,  trockener  Haut,  Verfall  der  Kräfte,  eingesunkenen 
gläsernen  Augen,  höchst  leidendem  Ausdrucke  des  Gesichts  u.  s.  w. 
Nach  wenigen  Tagen  sterben  die  Kranken  unter  äusserster 
Sehmerzhaftigkeit  des  tympanitischen  Bauches.  Die  Section 
ergiebt  seröses,  blutig -seröses,  eiteriges,  purulent-plaslisclies 
Ezsudat  in  der  Unterleibshöhle:  War  das  nicht  eine  Ent- 
zündung? Eine  primäre  —  entschieden  nein;  eine  acute, 
constilutionelle  Blutvergiftung  ohne  und  mit  Exsudaten  — 
entschieden  ja.  Der  Beweis,  hierfür  kann  gleichwoiil  vom 
klinischen  wie  pathologisch«-anatomischen  Gesichtspunkte  aus 
gefiihrt  werden;  die  Erscheinungen  an  Kranken  und  Leichen 
deuten  unabweisbar  auf  eine  allgemeine  Krankheit  als 
den  ursprünglichen  und  stetigen  Factor,  die  sich  entweder 


212       2^1-   ^«^^1  Zur  B«h«iidhiag  de«  Kindbaiifieber«. 

aU  Fieber  allein,  oder  als  Fieber  mit  LocalzHfili^H 
darstellt  Die  letzteren  sind  oft  nur  einfache  Erregungs- 
zustände in  einzelnen  Gefössprovinzen,  namentlich  des  Venett- 
und  Lymphsystems  mit  Dwehschwitzong.  Kommt  es  aber- 
zu  Entzäodungen,  so  entwiokeiD  sie  sich  ebenso  gut  aus  der 
allgemeinen  filutferderbniss,  wie  das  Fieber  selbst,  sind  dso 
Beide  —  Symptome,  coordinirte  Erscheinungen  einer  AUgemein- 
erkrankung. 

^  In  einer  dritten 'Reihe  der  Formen  des  Kindbettfieb«ns 
ist  man  bo^eehtigt,  die  Entzündungen  rein  als  secnndäre  auf- 
zufassen, als  Folgen  vorausgegangener  Exsndate.  Durch  Harn, 
Galle  und  andere  Stoffe,  die  zuflllig  in  die  Baudihöhle  ge- 
langen, wird  eine  rasch  verlaufende  -Peritonadtis  erzeugt;  die 
gleiche  Wirkung  haben  die  Durchschwitzungen  am  Bauchfdie 
im  Wodienbette,  die  ursprünglich  aus  einer  einfachen  Reizung 
hervorgegangen  'waren. 

Mag  die  Entzün'dung  bei  einem  Puerperalfieber  niff  ein 
Symptom  oder  ein  secundärer  Anhang  sein,  immerhin  ist  sie 
Folge  und  nicht  Ursache  der  Allgemekierkrankung,  und  man 
handelt  gewiss  imrecht,  sie  sowohl  wie  andere  LocaBeiden 
bei  dem  Heilverfahren  allzu  setur  zu  beräcksicbtigen.  Die 
überwiegend  meisten  Stimmen  der  Neuzeit  sprechen  sieh  ent- 
schieden für  ein  Allgemeinleiden  aus  und  betrachten  die 
Localisationen  als  Nebensache,  so  z.  B.  Braun y  Bouälaud^ 
DonderSj  Engdy  Herds  ^  Kiwüeh,  Leake^  Piorry^ 
Eokiiansky^  Vogd^  ßcanzom,  Semmdtoeis,  und  gleich- 
wohl hat  man  sieh  bei  der  Bebandlcmg  einer  besonderen 
Rücksicht  auf  die  LocalzufäUe-  im  epidemisdien  Kindbettfieber 
noch  nicht  entäussert,  indem  der  Gedanke  an  sie,  einem 
rothen  Faden   gleich,   durch  alle  Indicationen  zu  Tage  tritt. 

Wh*  bemerkten  soeben,  dass  vom  klinischen  Standpunkte 
aus  Alles  auf  eine  primäre'  Allgeroeinerkrankung  hindeute. 
In  kleinen  Gebdrhäusern  hat  man  vieHeicbt  eine  bessere  Ge- 
legenheit, einige  Verhältnisse  näher  zu  verfolgen,  als  in  grossen, 
wo  der  Zudrang,  die  Ueberfuilung,  die  Mass«  der  Dienst- 
obhegenheilen  die  Einzelbeobacbtung  vielfach  erschwereiL 
Allein  in  jenen  überzeugt  man  sich  bei  einem  herrschenden 
Puerperalfieber,  dass  die  bereits  inflcirten,  scheinbar  noch 
ganz  gesunden  Schwangeren  mancherM  Klagen  fuhren,   die 


XII.    KthrtT,  Zur  Behandlung  des  Kindbettfiebers.       213 

d>eo  Dicht  die  gewöhnlicbeo  am  Ende  der  SchwangarBcbaft, 
vidmehr  jenen  Ibnlich  sind,  welche  dem  Ausbruche  einer 
Malaria*  oder  Typbua^Iafection  Yorhergehen.  —  Nach  der 
G^urt  ist  der  Puls  öfter  achon  sehr  beachleuoigt,  die  FrostanfaUe 
erscheinen  später  und  damit,  selbst  noch  später,  die  Schmerzen 
im  Unterleibe.  Wäre  die  Leealerkrankung  Ursache  des  Fiebers, 
so  niisste  in  deren  beiderseiligem  Auftreten  eine  bestimmte 
Harmonie  bestehen,  das  Eine  aus  der  Anderen  sich  heraas- 
entwickdn.  So  ist's  aber  nicht,  aondem  umgekehrt  nach 
einer  heftigen  Ailgemeinerkrankung  kommt  eine  sturmische 
Locahffection,  welche  sich  fixtrt,  indessen  auch  wandern  ksmn, 
heute  dieses,  morgen  jenes  Gewebe  und  Organ  ergreifend, 
genau  so,  wie  man  es  auch  in  bdsartigen  Malariaiebern  sieht 

Der  stärkste  Grund  gegen  die  Annahme  primärer  Ent- 
Koadangen  im  Puerperalfieber  liegt  Aer  einerseits  in  dem 
NachtheitB,  wenigstens  in  dem  noch  sehr  fraglichen  Nutzen 
aller  der  Mittel,  womit  gemeinhin  eine  Entzündung  bekämpft 
wird  und  andererseits  in  dem  unverkennbaren  Vortheile,  den 
gewisse  Mittel  leisten,  welche  nach  den  gangbaren  BegrilTen 
bei  Entzündungen  wahrhaft  gefürchtet  sind.  Die  Juvantia  und 
Nocentia  drängen  uns  geradezu  dahin,  entweder  die  alte, 
schulgerechte  und  tausendfach  bewährte  Auffassung  und  Be* 
handlung  einer  Entzündung  aufzugeben,  oder  die  neue, 
hypothetische,  in  therapeutischer  Verfoiguog  höchst  unglück- 
liche Idee,  als  besiehe  im  epidemischen  Kindbettfieber  der 
Gebärhauser  räe  Primärentzündung. 

Es  ist  in  der  That  nicht  leicht^  Angesichts  so  sprechender 
Erscheinungen,  ^e  sie  Krankenbett  und  Sectionstisch  vor* 
führen,  das  Erste  zu  thwi  und  das  Letzte  zu  lassen.  Darum 
haben  rodirere  Aerzte  dem  Begriffe  der  Pueiperalentzündung 
jenen  der  Bösartigkeit,  der  Lähmung  und  Adynanüe  angereiht, 
und  darauf  einige  Modifieationen  der  Behandlang  gegründet. 
Die  exckisiv  antiphlogistische  Methode  wurde  nach  diesem 
Gesichtspunkte  eim;  reizende.  —  Da  auch  diese  nicht  zum 
Ziele  führte  und  die  Priocipien  der  Schule  übertiaupt  gar 
sehr  im  Stiche  liessen,  begannen  Andere  der  Empirie  sich 
zuzuneigen  und  Mittel  und  Wege  aufzusuchen,  die  auch  sonst 
bei  Entzündungen  halfen. 


214      Xn.   JTMrtfT,  Zar  Bebanainog  des  Kindbettfiebers. 

So  etwa  steht's  am  die  Behandlung  des  Kindbettfiebers. 
Die  Verhdltpisse  sind,  was  die  Therapie  anlangt,  in  Tieleii 
Jahren  nicht  wesentlich  vorgenickt,  und  was  der  erfahrene 
Bo*er  schon  klagte,  findet  heute  noch  ein  viel-  und  weit- 
tönendes Echo.   • 

Unserer  innigsten  üeberzeugung  nach  liegt  die  Schuld  sn 
dieser  traurigen  Thatsache  in  der  bisi^erigen  UnkennUiiss  der 
Aetiologie,  sowie  in  dem  Einflasse,  den  die  Lehre  von  der 
Entzündung  gewonnen  hat.  Erstere  liess  keine  rechte  Pro* 
phylaxis  aufkommen,  letztere  keine  entschiedene,  vorzugsweise 
und  rasche  Behandlung  der  Hauptsache  —  der  AUgeoiei&- 
erkrankung.  In  Bezug  auf  Aetiologie  und  Prophylaxis  dürfte 
die  schätzbare  Entdeckung,  welche  SemmdweU  mit  so  vielem 
Fleisse  vervollständigt  hat,  für  die  Zukunft  gewiss  maäss- 
^bend  sein,  und  die  Reihe  der  Todten  in  Gebärhausem  am 
ein  Erkleckliches  verringern.  Doch  darf  man  nicht  öbersehen, 
dass  der  curativen  Behandlung  nodi  unbegrenzt  lange  dn 
wdter  Spielraum  gegeben  sein  wird,  in  welcher  Prognose 
die  nachstehenden  Beobachtungen  nicht  zu  zählen,  sondern 
zu  erwägen  sein  möchten. 

Seit  dem  etliche  vierzigjdhrigen  Bestände  der  hiesigea 
Entbindungsanstalt  kamen  in  jedem  Jahre  sporadische  Fälle  des 
Kindbettfiebers  vor,  die  erste  Epidemie  aber  im  Sommer  1830. ') 
Obgleich  in  Folge  der  schleunigsten  Vorkehrungen,  Dtslocationen 
und  der  baldigen  Schliessung  der  Anstalt  jene  Endemie  keine 
zahlreichen  Opfer  fordern  konnte,  so  waren  doch  die  kurz 
nacheinander  beobachteten  Fälle  von  der  schlimmsten  Art  und 
endeten  fast  sämmtlich  tödtUch.  —  Ende  der  dreissiger  and 
vierziger  Jahre  zeigten  sich  wiederum  mildere  Epidemien, 
darauf  aber  in  zehn  Jahren  von  Zeit  zu  Zeit  nur  sporadiedie 
Erkrankungen.  Bei  der  RäumUchkeit  des  Haoses,  der  Mög- 
lichkeit, die  unganstigen  Verhältnisse  zu  beseitigen  ond  das 
Ganze  gehörig  zu  überwachen,  biieben  die  KrankheitsßUe, 
wenn  sie  auch  mitunter  heftig,  selbst  lödtlich  waren ^  imm^inn 
vereinzelt,  und  es  durfte  das  Puerperalfieber  in  dieser  Weise 
als  eine  stehende  Krankheit  der  Anstalt  betrachtet  werdeo« 


1)  S.  Oismeinsame    deutsche  Zeitschrift  fBr  Gebarttknnde, 
Bd.  7,  S.  681. 


XII.   Kehrer,  Zur  Behasdlong  des  Kindbett6ebers.       215 

gegen  die  man  immer  auf  der  strengsten  Hat  sein  musste, 
die 'jedoch  in  verbäknissmässig  langen  Zwischenräumen  einen 
wirklich  epidemischen  Charakter  annahm. 

Zu  Anfang  August  1859  erkrankte  eine  Person  am  achten 
Tage  nadi  ihrer  Niederkunft  unter  lebhaftem  Fieher  mit  Blut- 
husten. Nach  zwei  Tagen  schwand  der  letztere  so  plötzlich 
wie  er  eingetreten  war,  worauf  sich  ein  mehrtägiges  Delirium 
einstellte,  mit  dessen  Nachlass  die  äusseren  Genitalien  sowie  die 
Vagina  anfingen  zu  schmerzen,  zu  schweUen  und  stellenweise 
zu  gangränesciren.  Hierzu  gesellten  sich  Diarrhöe  und  endlich 
am  zwölften  Tage  der  Krankheit  Petechien.  Das  Fieber  nahm 
unter  diesen  wechselnden  Localaffectionen  seinen  ungestörten 
Fortgang  und  wich  ganz  allmälig,  uaclidem  jene  längst 
vorüber  waren. 

Dieser  Fall,  so  unerwartet  bei  den  bisher  günstigen 
Gesulidheit8?erhältnissen  der  Anstalt  auftretend,  liess  be- 
fürchten,  dass  er  nicht  vereinzelt  bleiben  werde.  Nachdem 
im  September  und  Octol>er  häufigere  Erkrankungen  im  Wochen- 
bette vorgekommen,  zeigte  sich  in  den  zwei  letzten  Monaten 
des  Jahres,  sowie  im  Januar  1860  das  Kindbettfieber  in  seiner 
bösartigstiHi  Gestalt,  dem  im  November  und  Decemfler  unter 
31  Wöchnerinnen  7  und  im  Jaribar  unter  16  Wöchnerinnen  6 
erlagen.  Besonders  wurde  die  Epidemie  im  Januar  bedenklich, 
da  von  den  16  Wöchnerinnen  8  erkrankten  und  Ende  des 
Monats  von  den  4  zuletzt  Entbundenen  3  an  einem  Tage 
starben. 

Der  Verlauf  war  in  allen  Fällen  beinahe  derselbe  und  im 
Allgemeinen  folgender.  Bei  der  Niederkunft  erschienen  die 
Wehen  fast  durchgängig  gestört,  meist  träge,  erfolglos,  sehr 
schmerzhaft,  spastisch,  so  dass  man  ungewöhnUch  oft  von 
Arzneimitteln,  selbst,  von  der  Zange  Gebrauch  machen  musste. 
Einige  Stunden  nach  der  Geburt,  oder  am  ersten,  zweiten 
Tage,  stellte  sich  Frost  von  verschiedener  Heftigkeit  ein,  mit 
nachheriger  äusserst  trockner  Hitze  der  Haut,  sehr  beschleunigtem 
Pulse,  heftigen  Leibschmerzen  an  verschiedenen  Stellen,  meist 
im  ganzen  Unterleibe,  Auftreibung  des  Bauches  und  raschem 
CoUapsus.  Die  Augen  wurden  in  dem  eingefallenen  Gesichte 
gleich  von  Anfang  an  eigenthümlich  todtenähnlich,  die  Respi- 
ration erschwert,  die  Zunge  trocken;  Einige  waren  verstopft. 


216       XII-    S:ehr0r,  Zar  Behandlung  dei  Rindbeitfiebera. 

die  Meisten  litten  an  Durchfall.  Unter  einer  ungeroeiD  rapiden 
Zunaltme  der  Lähinungserscheinungen  erlagen  die  Krattkea 
schon  nach  2  —  3  Mal  24  Stunden. 

Die  Seclionen  ergaben  ziemlich  constant:  ein  mehr  oder 
minder  reiciiliches  Exsudat  in  der  Unterkibsliöhie  von  seröser, 
serös-jauchiger  Beschaffenheit  und  rötiilicber  Färbung,  oder 
einen  grünlichen  purulenten  Erguss  mit  vielen  Ftocken;  der 
letzte  adliärirte  dem  Netze,  sowie  den  Darmwindungen,  die 
er  fiberzog.  Die  Gedärme  waren  durch  fibelrieehende  Gase 
sehr  aufgetrieben,  der  sclilaffe,  noch  wenig  surfickgebiklete 
Uterus  enthielt  dunkles  zersetztes  Blut,  in  den  Venen  stellen- 
weise eiterähnlicbe  Massen,  die  Milz  war  meist  angeschwollen 
und  weicher  als  gewöhnlieh. 

Die  Exsudate  in  der  Bauchhöhle  waren  nicht  von  den 
Merkmalen  einer  stattgehabten  Entzändung  im  Pai*encbfm  des 
Uterus  oder  des  Bauchfelles  begleitet,  namentlti^  wai*  das 
letztere  nicht  verändert,  nicht  injicirt,  nidit  gerötbet,  und 
wenn  hier  und  da  roissfarbige  Stellen  vorkamen,  mussten 
sie  offenbar  als  Letchenproducte  angesehen  werden. 

Diese  mörderische  Krankheit  war  offenbar  nur  ein  letztes 
Auflodern  und  Sinken  der  Kräfte,  die  Final-Seene  einer  bereits 
vor  der  Geburt  bestandenen,  aber  bislang  noch  latenten  Blut- 
verderbniss.  Eine  Resorption  zersetzter  tbierisch -organischer 
Stoffe  konnte  bei  jeder  Einzelerkrankung  stattgefunden  haben, 
da  die  Touchiröbungen  und  der  geburtshiilfliche  praktische 
Unterricht  von  Studirenden  besucht  wurden,  die  sich  täglich 
mit  Anatomie  beschäfügen,  die  Chloi*waschungen  aber,  obwolil 
hin  und  wieder  benutzt,  eine  allgemeine  und  regdmässige 
Anwendnng  nicht  fanden.  Wir  geben  eine  Infection  durch 
zersetzte  Stoffe  recht  wohl  zu,  dürfen  jedoch  nicht  über- 
sehen, dess  vor  und  während  dieser  Epidemie  genau  die- 
selben drei  Momente  bestanden,  welche  auch  vor  und 
während  der  1830er  Epidemie  beobachtet  wurden,  nämUeh 
Ueberfullung,  sehr  feuchte  Atmosphäre  und  der  typhöse 
Krankheitscharakter.  Die  Feuchtigkeit  der  Luft  war  namentlieh 
bedingt  durdi  die  Ueberschwemmung  eines  Wiesentbak,  welches 
ziemlich  nahe  an  dem  Hause  vorbeizieht,  und  die  während 
12 — 14  Tage  im  December  und  Januar  stattfand.  Im  Sommer 
und  Herbst  zeigten  sich  in  mehreren  Ortschaften  dieses  Thaies 


XII.   Kehrer ^  Zur  BehaD^lnni;  des  Kindbettfiebera.       217 

nichi  wenige  Typhen,  worunter  einige  reebt  bösartige  Fälle.  — 
Will  man  nun  aucb  diesen  5tioiogiscben  VerbäUnissen  keinen 
besonderen  Eiufluss  auf  die  EnUtebung  unserer  zwei  Epidemien 
beimessen,  so  kann  andererseits  nicbl  verhehit  werden,  dass 
die  Mögiicbkeit  einer  eadaverösen  lufeclion  viele  Jabre  iang 
stets  gegeben  war,  ohne  ungewöbniich  zablreiche  Erkrankungen 
berbeiznlTihren.  Vielleicht  ist  es  der  nächsten  Zukunft  vor* 
behalten,  einzelne  Punkte  bezilglich  der  Ansteckung  durch 
zersetzte  Stoffe  vollends  aufzuklären,  wodtvch  die  einmal  ge- 
wonnenen praktischen  Resultate  und  die  schon  jetzt  unabweisbaren 
Forderungen  der  Prophylaxis  nur  noch  festere  Stolzen  erbieltenb 

Bei  der  Behandlung  des  PueqjeralGebers  suchte  man  hier 
in  früheren  JaluTU  den  Gitmdsätzen  der  aUgemeineii  Ttierapie 
genoäss  jeden  Fall  möglichst  zu  individualisiren,  wobei  die « 
örtliche  Affection  ganz  besonders  im  Auge  gehalten  wurde. 
Gewöhnlich  kam  eine  modilictrt  antiphlogistische  Methode  zur 
Anwendung  mit  örtlichen  ßlutentleerungen,  Uii»chlägen,  Ab- 
leitungen auf  die  äussere  Haut,  gelinden  Salzes,  Calomel  in 
kleinen  Gaben;  allein  bei  den  frfihe  ausbrechenden  Lähmungs- 
erscheinungen wurde  schon  sehr  bald  von  Reizmittehi  ein 
ziemlich  allgemeiner  und  ergiebiger  Gebrauch  gemaclit. 

Der  Erfolg  war  mitunter  gut,  es  wurden  einzelne  Kranke 
mit  vieler  Muhe  endlich  berausgewunden,  andere,  wohl  besser 
gesagt,  die  meisten,  nicht.  Hiernach  kam  die  Behandlung 
mit  Calomel  in  Aufnahme:  Vs — 1  Scr«  Morgens  und  Abends, 
lud  dann  alle  3  Stunden  4 — 5  Gr.  Dieses  Mittel  wurde 
mit  Vorliebe,  wenn  nicht  ausschliesslich  eine  Reihe  von  Jahren 
bindurcb  gebraucht  und  lieferte  ohne  Frage  manch'  ans« 
gezeichneten  Erfolg,  zumal  bei  primär* entzündlichen  Zu- 
ständen, some  bei  starkem  Fieber  mit  hochrother  Zunge, 
Verstopfung  oder  gelinder  Diariiiöe  und  geringen  Schmerzen 
im  Unterleibe.  Jedenfalls  waren  die  Ergebnisse  der  starken 
und  mittetetarken  Calomeldoeen  im  Allgemeinen  weit  günstiger, 
wie  jene  der  früheren  ungleich  kostspieligeren  und  umständ- 
licheren Medication.  —  Bei  der  letzten  Epidemie  aber  fielen 
sdion  die  ersten  Versuche  mit  Calomel  in  grossen^,  mittleren 
und  kleinen  Gaben,  mit  und  ohne  Nebengebrauch  anderer 
Mittel,  sehr  unglücklich  aus;  die  Ueberzeugung  stand  bald 
fest,  dass  hier  Calomel  das  rechte  Mittel  nicht  sei. 


218       ^I'-    ^«f^r»,  Zur  Behandlnnif  des  Kiudbettflebert. 

In  der  Rathlosigkeit,  worin  hob  daher  die  bisberigeo 
eigenen  Erfahrungen  sowohl,  wie  die  ganze  und  grosse  Literatur 
bis  auf  die  jüngsten  EmpfeUungen  berauf,  liessen,  fingen 
wir  an  zu  experimentiren ,  versteht  sich  möglichst  ralionell, 
und  Alles  in  Gebrauch  zu  ziehen,  was  nur  entfernt  geeignet 
schien,  einen  Erfolg  zu  yersprechen,  zumal  wenn  Mittel  und 
Methode  hier  und  dort  geholfen  hatten  und  von  einem  Er- 
fahrenen befürwortet  waren.  Brechmittel  wirkten  in  gelinderen 
Fällen  einige  Mal  gut,  in  schwereren  veranlasste  Ipecacuanha 
leicht  ein  übermässiges  Erbrechen,  und  wo  sie  gar  nicht 
wirkte,  war  der  Fall  tödtlich. 

Säuren,  Salz-,  Schwefel-,  Phosphor-  und  hauptsächlich 
Salpetersaure,  wurden  ohne  bemerkbaren  Erfolg,  doch  auch 
ohne  Nachtheil  gegeben. 

Ammon.  carbonic,  zu  dessen  Gebrauch  man  mit  einiger 
Erwartung  schritt,  verhielt  sich  so  unbedeutend  wie  die  Säuren 
und  wurde  bald  verlassen. 

Reizmittel:  Valeriana,  Amica,  Balsam,  peruvian.,  Wein, 
sogar  in  einigen  deqieraten  Läfamungszuständen  Alcohd,  Rum, 
Terpentinöl  rechtfertigten  nie  das  in  sie  gesetzte  Vertrauen; 
namentlich  Hess  Ol.  Terebinth.,  innerlich  und  äusserlich  an- 
gewendet, völlig  im  Stiche,  man  konnte  keine  Spur  jener 
Vortheile  sdien,  die  ihm  von  Mehreren  nachgerühmt  werden. 
Auf  die  Zu-  oder  vielmehr  Abnahme  der  Tympanitis  und  der 
allgemeinen  Schwäche  hatten  sämmtlicbe  Reizmittel,  in  regel- 
recht steigender  Gabe,  oder  in  hohen  Dosen  gleidi  von  vom 
herein  verabfolgt,  so  gut  wie  keinen  Einfluss,  ebensowenig 
konnten  die  Schmerzhaftigkeit  and  Auftreibung  des  Unterleibes 
durch  aromatisclie  Aufschläge,  ausgedehnte  Vesicatore  u.  s.  w. 
im  Geringsten  gebessert  werden.  Auch  allgemeine  Bäder 
waren  gerade  so  fruchtlos,  wie  andere  gerühmte  und  nkht 
gerühmte  Dinge. 

Da  erkrankten  Ende  Januar  die  vier  zuletzt  Entbundenen 
beinahe  an  einem  Tage.  Drei  derselben  hatten  gleich'  die 
ominösen  gläsernen  Todtenaugen,  einen  ausserordentlich 
schneUen  Puls  und  eine  bedeutende  Empfindlidikeit  des  Unter- 
leibes. Sie  starben  alle  Drei.  Die  vierte,  eine  schwächliche, 
gracile,  kleine  Person,  hatte  eine  schwierige  Geburt,  die 
mittels  der  Zange  beendigt  werden  musste,    erschien  aber, 


Zfl.   Kehrer,  Zar  Behandlung  des  Kindbetttiebers.       219 

obwoti]  in  hobf  m  Grade  von  Fieber  und  Leihsciunerzen  er- 
griffen, welche  Symptome  sich  so  zu  sagen  während  und 
gleich  nach  der  Geburt  entwickelten,  etwas  weniger  collabirt 
als  die  übrigen,  zugleich  fohlte  sich  die  äussere  Haut  nicht 
so  widerlich  trocken  an,  sondern  neigle  ganz  gpünd  zum 
Schweisse.  Im  Veifolge  dieser  ßeubachlung  kam  zunächst  in 
Betracht,  dass  die  Kranke  während  der  Geburt  4  Gr.  Opium 
als  Pulv.  üoweri  genonnnen  halte,  und  dass  möglicher  Weise 
diesem  Umstände  der  geringere  Collapsus  zuzuschreiben  war. 
Zur  Beförderung  der  HautlhStigkeit  wurde  noch  der  reichliche 
Genuss  eines  warnv^n  diaphoretischen  Thees  empfohlen  und 
Camptior  mit  Liq.  Ammon.  acetic.  verordnet. 

Darauf  stellten  sich  in  der  nächsten  Nacht  sehr  reichliche 
Schweisse  mit  ungemein  starkem  Urinabgange  und  einer 
schwachen  Diarrhöe  ein,  Lochien  und  Milch  kamen  in  Gang 
und  zugleich  entwickelte  sich  um  den  Mund  ein  pustulöser 
Ausschlag,  —  alles  dieses  mit  Verminderung  der  Leibschmerzen 
sowie  des  Meteorismus.  Am;  folgenden  Morgen  wurde  die 
Fieberremission  benutzt,  und,  da  der  Puls  immer  noch  sehr 
frequent  war,  ein  vorsichtiger  Versuch  mit  Chinin,  sulphuric. 
gewägt.  Dies  hatte  einen  unerwartet  gänstigen  Erfolg;  der 
Fall  aber  gab  Veranlassung  zu  dem  Vorsatze,  demnächst 
Opium,  Chinin  und  Camphor  mit  Liq.  Ammon.  acetic.  gleich 
anfanglich  in  Gebrauch  zu  nehmen,  mit  VVeglassung  aller 
übrigen  innerlichen  und  äusserlichen  Mittel,  da  sie  allesammt 
das  Vertrauen  so  sehr  getäuscht  halten. 

Schon  nach  wenigen  Tagen  fand  sich  Gelegenheit,  die 
Wirkung  dieser  Heilstofle  aurs  glänzendste  bewährt  zu  sehen. 
Eine  vor  24  Stunden  entbundene,  'bisher  gesunde  Person 
wurde  von  Frost  mit  dem  charakteristischen  schnellen  Pulse, 
heftigen  Schmerzen  im  ünterleibe,  der  nicht  die  leiseste  Be- 
rührung ertrug,  Auftreibung  des  Leibes  und  allgemeinem 
Collapsus  befallen.  Milch  und  Lochien  sparsam,  Stuhl  ver- 
stopft Der  Krankheitszustand  erschien  sehr  bedenklich,  da 
bisher  derartige  Falle  als  rettungslos  betrachtet  werden  müssten. 
Die  Kranke  erhielt  Mittags  %  Gr.  Morph,  und  darauf  zwei- 
stündlich 1  Gr.  Chinin,  abwechselnd  mit  folgender  Arznei: 
Rc.  Camphor.  Scr.  %y  Gummi  mimos.  Dr.  1,  Aq.  Chamomill. 
Unc.  3,  Liq.  Ammon.  acetic,  Sacch.  alb.  aa  Unc.  1.    Abends 

Monatstotar.  f.  Oebartck.   1861.   Bd.  XVIII.,  lift.S.  15 


220       ^n.    Kßhrer,  Zur  BehandluDg  dea  Kindb«ttfieberf. 

ward  nochmals  Vs  ^^-  Morphium  gereicht  —  In  der  folgenden 
Nacht  hatte  sich  viel  Schlaf  mit  bedeutenden  Schweissen  ein- 
gestellt, am  Morgen  war  der  Puls  ruhiger,  der  Leih  weniger 
aufgetriehen ,  uui*  bei  tiefem  Drucke  noch  empfindlich,  Milch 
und  Lochien  in  Ordnung.  Forlsetzung  der  Camphorn)ixlur  und 
des  Chinin,  Morgens  und  Abends  jedes  Hai  Vs  ^i**  Morphium, 
reicliliches  Trinken  von  HoUunderth^e. 

In   den.  fernereu  24  Stunden   schwitzte  die  Kranke  un* 

•  aufhörlich,    um   die   Lippen   entwickelte   sich  ein   puslulöser 

Ausschlag,  die  Leibschmerzen  schwanden  fast  ganz,  weshalb 

der  weitere  Gebrauch  der  Arzneien  unterblieb  und  die  Schweisse 

lediglich  mit  Lindenblüthenthee  unterhalten  wurden. 

Von  nun  an  behandelte  man  jedes  Puerperalfieber,  welches 
nicht  ofi'enbar  primär-entzündlichen  Ursprungs  war,  auf  diese 
Weise,  und  wir  hatten  die  Freude,  bereits  12  schwere  Fälle 
rasch  und  sicher  dabei  genesen  zu  sehen.  Die  Kranken  er- 
halten zuerst  Va  ^r*  Morphium,  welche  Gabe  in  24  Stunden 
2 — 3,  selbst  4  Mal  wiederholt  wird,  je  nach  der  Heftigkeit 
odei*  dem  Nachlassen  und  Stelgen  der  Leibsdimerzen.  Gleich- 
zeitig mit  Morphium  oder  wohl  auch  eine  Stunde  nachher 
wird  mit  der  Camphormixtur  begonnen ,  hierauf  in  der  nächsten 
Stunde  1  Gr.  Chinin,  und  so  allernirend  Tag  und  Nacht  fort- 
gefahren bis  eine  Verminderung  der  Symptome  eintritt,  was 
bisher  immer  unter  starkem  Schweisse  mit  vermehrter  Harn-, 
Loctiien-  und  Milchsecretion  nach  1  —  2  Tagen  der  Fall  war. 
Nur  ein  Mal  kam  die  Besserung  erst  am  fünften  Tage. 

Diarrhöe,  die  fast  häufiger  beobachtet  wurde  als  Ver- 
stopfung, erforderte  keine  weitere  Rücksichtsnahroe;  wenn 
jedoch  der  Stutil  länger  als  zwei  Mal  24  Stunden  fehlte, 
setzte  man  Klystiere.  Bei  dem  häufig  brennenden  Durste 
wurde  der  ungeschmälerte  Genuss  laulich- warmen  Thees  von 
Linden-  oder  HoUunderblülhen  angeordnet,  auch  bei  ent- 
schiedenem Verlangen  nicht  zu  kühles  Wasser,  zuweilen  mit 
Wein,  erlaubt 

Wenn  der  Magen  so  empfindlich  war,  dass  Alles  sogleich 
wieder  weggehrochen  wurde,  zeigte  sich  Argent.  nitric.  sehr 
wirksam  und  bahnte  den  Weg  für  die  übrigen  Arzneien, 
während  bej  gelinderem  Würgen  und  Erbrechen  sogleich  mit 
Morphium  begonnen  werden  konnte. 


XII.    KekreTf  Zar  Behandlang^  des  Kindb«ttfiebers.       221 

Das  eine  oder  das  andere  der  erwähnten  Medicamente 
wurde  schon  häufig  bei  der  Behandlung  des  Kindbettfiebers 
benutzt,  eropfohJen  und  aufgegeben;  auch  wir  sahen  von 
Opium  allein  oder  Chinin  allein  u.  s.  w.  nie  den  überaus 
gänaiigen  Erfolg,  welcher  durch  eine  gleichzeitige  Darreichung 
dieser  drei  Mittel  erreicht  wird.  Man  durfte  daher  auf  eine 
corobinirte  Yerabfolgung  derselben  vorzugsweise 
den  Werth  legen,  weil  erst  dadurch  eine  Gesaromtwirkung 
herauskommt,  die  der  Gefahr  und  Rascbhelt  dieser  schreck- 
lichen Krankheit  entqiricht  Da  es  indessen  um  allgemeine 
Anpreisungen  in  der  Therapie  epidemischer  Krankheiten  eine 
missliche  Sache  ist  und  leicht  Enttäuschungen  hei*beigeföhrt 
werden,  weil  keine  Epidemie  der  anderen  völlig  gleicht,  so 
soll  hienlurch  nur  mitgetheilt  sein,  was  eben  hier  geholfen 
hat.  Möglich,  dass  diese  Reservation  gar  nicht  nöthig,  da 
das  in  Gebärbäusern  vorkommende  Kindbettfieber  —  wohl 
zu  unterscheiden  von  bedeutenderen  zufälligen  Fiebern  im 
Puerperium,  z.  B.  Typhus,  Sdiarllich  —  keine  so  wesentlichen 
'Diffm'enzen  darbieten  möchte,  wie  man  theoretisch  gemeinhin 
annimmt  Die  Hunderte  der  beschriebenen  Puerperalfieber- 
Epidemien  sind  sich,  im  Grunde  und  Ganzen  genommen, 
ausserordenüich  äbnttch,  sie  haben  gemeinsam,  fast  aus- 
schliesslich Gebärhans -Endemien  zu  sein,  in  einem  heftigen 
Fieber  mit  oder  ohne  Loealaffectionen  der  Bauch-  und  Becken- 
organe zu  bestehen  und  rasch  in  CoUapsus  äberzugehen.  Der 
Hauptsache  nach  sind  dies  auch  die  Erscheinungen  jedes 
bösartigen  Nosooomialfiebers,  wogegen  Opium,  China  und 
Gamphor  von  älteren  Aerzten  schon  längst  als  die  wirksamsten 
Heilstoße  angewendet  wurden.  Ohne  den  heutigen  Nihilismus, 
ohne  das  sonst  so  acfatungswerthe  Streben  die  Sections- 
ergebnisse  zur  Beurtheilung  pathologischer  Hergänge  in  erste 
Linie  zu  stefien,  ohne  unsere  vielfach  übertriebene  und  öber- 
Ireibende  Einfacbheii  in  der  Verordnung  der  Arzneien  wurde 
in  der  Bebandlong  des  Kindbettfiebers  eine  Anknüpfung  an 
jene  früheren  Beobachtungen  gewiss  erfolgt  sein,  und  zwar 
zum  grossen  Nutzen  der  Therapie.  Httxham,  Pringle, 
de  Hcteuy  neuerdings  Larrey  u.  A.  befanden  sich  offenbar 
auf  der  richtigen  Fährte,  indem  sie  schlössen:  „Wenn  diese 
Arzneien  beim  Brande  an  einzelnen  Theilen  des  Körpers  von 

16* 


222       XII.    JSTdkrar,  Zur  Bebandlang  dos  Kindbettfieben. 

80  unvergleichlicher  Wirkung  sind,  warum  sollten  sie  es  niclit 
auch  bei  einer  allgemeinen  Verderhniss  des  Blutes  sein,  wie 
sie  den  bösartigen  Fiebern  zu  Grunde  liegt''  Sie  henutzleo 
daher  die  Rinde  mit  Opium  und  Camphor  als  ,,vortrell liehe 
Cardiaca  hei  der  in  malignen  Fiebern  sich  äusserinten  Scbwäche, 
als  hlulTerhessernde  Mittel  bei  dem  höchsten  Grade  innerlitlier 
und  äusscrlicher  Yerderbniss,  zur  Hemmung  der  excessiven 
und  blutigen  Darmausleeruiigen,  zur  Beförderung  der  Krisen, 
besonders  durch  die  äussere  Haut,  und  en<llich  theils  zur 
Mässigung  der  allzu  hertigen  Bewegungen  und  übermässigen 
Hitze,  theils  zur  Vermehrung  der  allzu  schwachen/' 

Es  ist  einleuchtend,  dass  in  einer  Krankheit  wie  das 
KindbettOeber,  wodurch  unter  250  ErgrifTeuen  230  weggerafft 
werden  können,  nur  die  durchgreifendsten  und  mdglicbst 
schnell  wirkenden  Mittel,  welche  uns  überhaupt  zu  Gebote 
stehen,  Etwas  leisten  werden,  da  es  hauptsächlich  darauf 
ankommt,  den  verderblichen  Exsudaten  durch  eine  energisch, 
fast  gewaltsam  hervorgerufene  Determination  nach  aussen  zu 
begegnen.  Zu  einer  solchen  Krisen -Uebernahme  erscheint  die 
äussere  Haut  viel  mehr  geeignet  als  der  Darmkanal,  da  sie 
physiologisch  im  Wochenbette  zur  allgemeinen  Rückbildung 
ungleich  mehr  leistet  wie  der  letztere,  und  dadurch  künstticbe 
Darmausleerungen  die  Exsudate  des  serösen  Ueberzugs  der 
Därme  sogar  befördert  werden  möchten.  Calomel,  Purganlien 
finden  daher  einige  wohlbegründete  Gegenanzeigen,  während 
thunlichst  rasch  und  entschieden  wirkende  Diaphoretica  den 
Verhältnissen  des  Wochenbettes  entsprechen. 

Eine  weitere  Gefahr  des  KindbetUlebers  besteht  in  der 
Schnelligkeit,  womit  die  Consumption  der  Kralle  vorschreitet, 
beinahe  kann  man  sagen  in  der  Lähmung,  die  sich  whoü 
der  scheinbar  Gesunden  bemächtigt  Diese  hintauzuhalten 
muss  die  zweite  Aufgabe  sein,  und  aus  keinem  anderen 
Gesichtspunkte  scheint  sich  hesser  die  vortreffliche  Wirkung 
des  Chinin  und  Opium  begreifen  zu  lassen.  Beide  Mittel 
besitzen  fiel)erwidrige  Eigenschaften;  es  soll  also  mit  denselben 
keine  speciüsche  Behandlung  oder  gar  eine  an  Empirie 
grenzende  Allgemeinbehandlung  des  Kindbettfiebers  vollführt, 
sondern  nur  einer  Indicatio  vitalis  die  unabweisbare  Rück- 
sicht geleistet  werden.    Der  ^gentliche  Krankheitprocess  wird 


XII.   Kehrer,  Zar  fiehandlimg  des  Kindbettfiebers.       223 

dddiircli  nicht  abgoschnilten ,  sondern  nur  Zeit  gewonnen  zur 
ruhigeren  Beseitigung  der  Bhitverderhniss. 

Die  Prophylaxis  des  Kindbeilfiebers  wurde  neuerdings 
von  Semmelweis  so  erscliöpfend  behandelt,  dass  vorerst  eine 
recht  allgemeine  Anwendung  sejner  Lehren  gewünscht,  aber 
Nichts  zugefitgt  werden  kann.  Nur  über  zwei  Punkte  mögen 
einige  Bemerkungen  noch  Plalz  greifen:  den  Gebrauch  des 
Chinin  als  eines  prophylaktischen  HiMels-  und  des  von  Wilson 
empfohlenen  Königswassers  zur  Desinfection. 

Wahrend  unserer  Epidemie  wurden  die  Scliwangeren  der 
Anstalt  durch  alle  zu  Gebole  stehende  Verhältnisse  möglichst 
gesund  zu  erhahen  gesucht  und  erhielten  unter  Anderem  sogar 
eine  Zeit  hindurch  taglich  Wein,  sowie  Chinin.  Die  Meisten 
nahmen  von  letzterem  allmältg  1  Scr.  bis  %  Dr.  vor  dpr 
Entbindung.  Indessen  gelang  es  weder  den  Ausbruch  des 
Puerperalfiebers  dadurch  zu  hemmen,  noch  einen  müderen 
Verlauf  desselben  herbeizufuhren. 

Dagegen  wurde  in  dem  ganzen  Hause  ein  Zimmer  nach 
dem  anderen  mit  KönigdwasserdSmpfen  desinficirt,  indem  bei 
geschlossenen  Thören  und  Fenstern  in  ein  Gefass  Kupferspäne 
fioit  Salpetersäure  und  in  ein  anderes  Braunstein  mit  Salzsäure 
gebracht  wurden.  Die  Eni  Wickelung  dieser  Dätnpfe  setzte  man 
in  einem  Zimmer  2 — 3  Tage  lang  fort,  worauf  Fussboden, 
Wände  und  Decke  gereinigt,  mehrere  Tage  der  Einwirkung 
der  Atmosphäre  ausgeselzt  und  die  Zimmer  wieder  bezogen 
vrurden.  Leidet*  fanden  diese  Räuciierungen  erst  gegen  das 
Ende  der  Epidemie  statt,  doch  war  es  eine  bemerkenswerthe 
Thatsacbe,  dass  keine  einzige  Wöchnerin  mehr  erkrankte, 
nachdem  sämmlliche  Räume  durchräuchert  waren.  Jedenfalls 
bietet  dieses  Desmfectionsmittel  den  Vorlheil,  dass  sein  Geruch 
nicht  lange  anhält,  die  Zimmer  also  bald  wieder  benutzt 
werden  können  und  möchte  sich  darum  zu  wiederholten 
Prüfungen  sehr  empfifihlen. 


224         ^>UII*   BüdebrandtyEuk  Fall  Ton  TraabenmoU    ' 

XIIL 

Ein  Fall  von  Traubenmole  neben  einem 
normal  entwickelten  Eie. 

Von 

Dr.  midebrandt, 

Aasifltent  der  gebartshfllflichen  Klinik  eu  EBnl^bertr  In  Pr. 

Die  34jährige  Frau  des  ArbeitomanneB  Quednau^  vekhe 
drei  Mal  regelmässig  geboren,  eia  Mal  abortirt  bat,  erkrankte, 
im  Frühjahre  1860  aa  einem,  schweren  Typhus,  in  dessen 
RecoDvalescenz  begriffen,  sie  sich  bereits  von  Neuem  schwanger 
fühlte.  Sie  kann  den  Termin  des  Beginns  der  Sebwangerschatl 
präci^e  nicht  angeben,  da  ihre  Menstruation  gewöhnlich  während 
der  ersten  Monate  der  Schwangerschaft  fortzubestehen  pflegte, 
glaubt  aber  im  Juli  und  August,  wo  sich  die'MeBStruatieD 
nur  noch  spärlich  und  Mass  einstellte,  bereits  schwanger 
gewesen  zu  sein.  Dauernd  kränklich  gelangte  sie  unter 
manchen  ihr  sonst  nicht  vorgekommenen  Beschwerden  bis 
zum  17.  December,  also  nach  ihrer  Rechnung  bis  zum 
6.-7.  Monate,  wo  sie  ohne  irgend  eine  nachweislich  voran- 
gegangene Ursache  von  einer  sehr  profusen  Blutung  ilber- 
rascht  wurde.  Kalte  Einspritzungen  in  die  Vagina  und  kalte 
Umschläge  auf  den  Unterleib,  Toniken  von  Essigwasser  und 
Ruhe  im  Bette,  welche  Anordnungen  von  eüier  Hebamme 
getroffen  wurden,  stillten  die  Haemorrfaagie  auf  einige  Tage, 
konnten  die  Wiederkehr  derselben  aber  nicht  verhAten,  da 
sie  am  21.  dess.  Monats  Morgens  früh  mit  erneuter  Kraft, 
von  deutlichen  Wehen  unterstützt,  so  lebhaft  wieder  auftrat, 
dass  unsere  Hülfe  beansprucht  wurde. 

Wir  fanden  6  Uhr  Morgens  den  Uterus  mit  seinem 
Grunde  handbreit  über  dem  Nabel,  wenig  gespannt,  teigig 
anzufühlen,,  auf  der  rechten  Seite  überall  eindrückbar,  ohne 
dass  ein  Kindslheil  entdeckt  werden  konnte;  links  im  Grunde 
zwei  kleine  bei  stossendem  Drucke  verschwindende  Kindslheile, 
darunter,  der  Uteruswand  fest  anliegend,  unverscfaiebbar, 
einen  grösseren  härteren.  Herzschlag  liess  sich  nicht  er- 
mitteln, zum  Theil  vielleicht,  weil  die  Frau  nicht  zu  bewegen 


neben  einem  normal  entwickelten  Eie.  225 

war,  voD  fortwttrendem  lautem  Stöhnen  «ocb  nnr  f&r  *Augen» 
Uioke  abzulassen :  sie  behauptete  dies  Stöhnen  und  Klagen 
wegen  eines  unausgesetzten  Schmerzes  im  Kreuze  und  wegen 
sebmerzbaften  Dranges,  nach  unten  nicht  unterdrücken  zu 
können.  Kräftige  Contraclionen  des  Uterus  waren  trotzdem 
nicht  zu  füblen.  Bei  der  inneren  Untersuchung  fand  sich  die 
Vaginalportion  noch  nicht  verstrichen,  sehr  hoch  stehend, 
gegen  die  Symphysis  osstum  pub.  gedrängt;  auf  der  rechten 
Seite  weicher  und  nachgiebiger,  als  auf  der  linken,  der 
Hultermiind  für  einen  Finger  durchgängig:  in  demselben  nach 
Entfemupg-  einiger  Blutgerinnsel  eine  weiche  unebene  Masse, 
die  bei  der  sehr  profusen  Bli^tung  für  Placentarmassc  hätte 
gebalten  werden  können,  wenn  nicht  die  Weichheit  und 
Lockerheit  derselben  dagegen  gesprochen  hätte;  doch  liess 
sieb  bei  dem  hoben  Stande  des  Muttermundes  und  der  ge- 
ringen Eröffnung  desselben  keine  endgiltige  Diagnose  stellen. 

Verordnung:  20  Tropfen  Tr.  Opii  simpl.  in  kleinem 
Klystier,  10  Tropfen  derselben  innerlich,  da  die  Schmerzen 
im  Unterleibe  für  krampfliafl  gehalten  wurden;  danach  Ein- 
legen einer  Gummiblase,  die  mit  kaltem  Wasser  gefüllt  wurde. 

10  Uhr  Vormittags  hatten  sich  die  dauernden  Schmerzen 
ziemlich  gelegt,  an  deren  Stelle  regelmässige  Wehen  getreten 
waren.  Dem  entsprechend  wdrde  der  Muttermund  auf  Grösse 
eines  Guldenstucks  erweitert,  aber  noch  sehr  hochstehend 
gefunden;  in  demselben  rechts  dieselbe  weiche  Masse,  links 
dagegen,  eine  vollständig  normale  glatte,  während  der  Wehe 
sieb  verwölbende  Blase;  und  jetzt  zum  ersten  Male  zeigte 
sich  neben  einem  grossen  ausgestossepen  Blutcoagulum  ein 
gelöstes  specitisch  geformtes  Bläschen  einer  Mole. 

Im  weiteren  Verlaufe  des  Tages  wurde  zu  verschiedenen 
Malen  bei  plötzlich  auftretendem  heftigem  Erbrechen  der  Tampon 
aus  der  Vagina  bervorgeschleudert,  ihm  folgten  noch  einige 
Blutceagula,  Molenmassen 'und  flüssiges  Blut  in  beträchtlicher 
Menge.  Jedes  Mal  danach  trat  ein  recht  beängstigender 
Collapsus  ein,  so  dass  der  Frau  mit  Tr.  Ginnamomi  und 
Ungarwein  su  Hülfe  gekommen  werden  musste. 

Bei  nodi  nicht  vollständig  eröflGnctem  Muttermunde  sprang 
Oftch  einem  sokben  Znialle  Nachmittags  3  Uhr  die  Frucht- 
bb»e,    wonach    sich   mit   reichlichem   Blute   vermischt  etwa 


226  ^11^*   Eildehrandt,  Ein  Fall  von  Traabenmole 

ein  Quart  Fniditwasser  aus  d«n  Gpscblechtotlieflen  ergosa, 
die  Blutung  sich,  siilite.  Auf  dem  Muttermunde  wurde  jetxi 
nur  Molenmasse  gefunden. 

Erst  6  Uhr  Ahends  war  der  MttUa*mund  so  weit  erMhei, 
dass  man  hoffen  durfte,  zur  Entfernung  der  Frucht  mii  der 
Hand  durch  denselben  gelangen  2u  können. 

In  linker  Seitenlage  der  Frau  führte  ich  nun  die  rechte 
Hand  in  den  Uierus  ein,  üaind  rechts  in  demselben  nur 
Molenmasse  liegen,  links  ganz  gegen  die  Uteruswand  an- 
gepassl,  ziemlich  weit  vom  Muttermunde  entfernt,  den  kleinen 
Fötus  mit  dem  Kopfe  nach  abwärts  gelagert;  ich  ei^ff  den- 
selben bei  den  Füssen  und  extrahirte  ihn  langsam;  ihm  folgten 
einige  faustgrosse  Massen  der  Mole,  nach  %  Stunden  aber 
erst  auf  Reibungen  des  Uterus  die  Phcenta.  Dieselbe  hatte 
einen  kürzeren  Durchmesser  von  13  Cmt.  und  einen  längeren 
von  16  Cmt.,  war  recht  anämisch,  zeigte  in  der  Nähe  der 
Insertion  der  Nabelschnur  eine  bohnengrosse  Apoplexie,  war 
ab^  sonst  vollständig  normal.  Der  Fötus  hatte  eine  Länge 
von  34  Cmt  und  ein  Gewicht  von  2  Pfund,  war  ziemlieh 
hochgradig  hydropisch,  sonst  gut  gebildet,  männlichen  Ge-. 
schlechts.  Die  ausgestossenen  Molenmassen  zeigten  die  der 
Mola  racemosa  eigenthümlicben  Formen:  d.  b.  ein  Aggregat 
vieler  gestielter,  durchscheinend^*  dolden-  und  traubenfönnig-, 
mitunter  auch  rosenartig  gruppirter  Blasen,  welche  theils 
durch  Strickwerke  von  Fäden  unter  sich,  theils  äosserlicb 
durch  Fetzen  einer  Membran,  welche  der  Deddua  anzugehören 
schienen,  zusammengehalten  wurden,  in  ihren  Zwischenräumen 
reichlich  durchsetzt  .von  Blulcoagulis  älteren  .  und  jüngeren 
Datums.  —  Die  Frau  erkrapkte  in.den  nächsten  Tagen,  wie 
bei  ihrer  hochgradigen  Anämie  zu  erwarten  stand,  ap  Puerperal- 
fieber mit  häufig  sich  wiederholenden  Schüttelfrösten,  Schmerzen 
im  linken  geschwollenen  Schenkel,  ist  aber  berdts,  nach 
Anwendung  von  Chinin  und  Aconit,',  das  mir  m  derg^eiehen 
Fällen  häufig  auffallenden  Nutzen  geschafil  hat,  bereits  in  der 
Genesung  begriffen* 

Nach  obigem  Befunde  glaube  ich  hier  zu  der  Annahme 
einer  Zwillingsschwangerschaft  gezwungen  zu  seia^  hü  der 
das  eine  Ei  peripherisch  in  Placenta  und  Eihäuten  sich  normal 
entwickelte,    der    Fötus    hydropisch    wuräe,    während    das 


aeben  einem  normal  entwickelten  £ie.  227 

Nachbarei  bereite  in  einer  früheren  Entwickelungsperiode 
hydropii$cb  erkrankte  und  mit  Yerhist  des  Fdlus  zur  Blasen- 
mole  degenerirte;  beides  vielleicht  Folgen  der  Anämie  nach 
schwerer  Erkrankung  der  Mutter.  —  Die  normalen  Eihäute 
und  Placenta,  die  weilvorgeschrittene  Entwickeiung  des  Fötus 
in  dem  relativ  gesunden  Ei,  die  Lage  der  Mole  auf  der  einen, 
der  gesunden  Eihöhle  auf  der  anderen  Seite  des  *  Uterus 
nöthigen  zu  dieser  Annahme. 

In  derselben  Weise  sind  wohl,  gtepbe  ich,  auch  die 
wenigen  anderen  bis  jetzt  in  der  Literatur  bekannt  gewordenen 
FWe  ati&ufassen,  in  denen  neben  einer  normal  entwickelten 
Frucht  aus  den  spateren  Monaten  eine  Traubenmole  geboren 
wurde,  so  der  Fall  in  EL  v.  8iebold*s  Journal,  Bd.  IX.,  1830, 
ein  anderer  in  der  Gaz.  des  bdp.,  18Ö3,  No.  119«  von 
Melcieul  und  ein  dritter  von  Majer  in  dem  WOrt.  Corresp.-Bl., 
1847,  No.  38,  beschriebener,  der  dadurch  noch  sehr  merk- 
würdig wu*d,  daiss  die  betrefifende  Frau  11  Mal  neben  einer 
normal  gebildeten  Frucht  zwischen  dem  5. —  7.  Monate  eine 
Mole  gebar.  Ausser  diesen  Fällen  sind  mir  keine  aus  späteren 
Monaten  bekannt  geworden.  Molenschwangerscliaft«»  dagegen, 
bei  denen  ein  Fdtus  von  den  ersten  6 — 8  Wochen  gefunden 
wurde,  sind  häufiger  beschrieben;  doch  scheinen  dies  Alles 
einfache  Schwangerschaften  gewesen  zu  sein,  bei  denen  eine 
kleine  Eihöhle  ohne  Plaeentarbildung  mit  dem  Fötus  von 
dem  mit  blasig  degenerirtei^  Zotten  rings  umgdt»enen  Chorion 
eingeschlossen  wurde,  wie  z.  B,  ein  Fall  der  Art  sehr  ans* 
fuhriich  in  Hohl%  Lehrbuch  der  GeburtshiUfe,  S.  393,  dar- 
gestellt ist* 


229  ^^^'    K$kr$r^  Fall  von  Eolampsia  paerperalu 

XIV. 

Fall  von  Eclampsia  pnerperalis  in  Verbindung 
mit  einem  Fungus  durae  matris. 

Mitgetheilt 
▼on 

Dr.  F.  A.  Kehrer  in  Giessen. 

Bei  dem  seltenen  Vorkommen  einer  Hirnbautgeftchwulsi 
neben  Eclampsie  in  der  weiblichen  Fortpflanzungsperiode 
dürfte  die  Mittbeilung  nachstehenden  Falles,'  dessen-  V«--* 
öffentlicbung  ipir  der  Director  der  hiesigen  Entbindungsanstalt, 
Herr  Geheimerath  v.  Ritgeny  gefalligst  erlaubt  hat,  nicht 
ohne  einiges  allgemeinere  Interesse  sein. 

Den  13.  Januar  d.  J.  wurde  eine  grosse,  schlanke,  ziemlicb 
wohl  genährte,  gesund  aussehende  Person,  E.  R.^  29  Jahre 
alt,  aus  U.,  unter  No.  6770,  in  hiesige  geburtshülfliche  Klinik 
aufgenommen.  Dieselbe  hatte  in  ihrer  Jugend  eine  durchaus 
gute  Gesundheit  gehabt,  bereits  zwei  Mal  leicht  geboren  und 
war  vor  mehreren  Jahren  an  einem  Typhus  erkrankt,  nach 
dessen  Verlauf  ihre  frühere  Gesundheit  zurückkehrte.  Nach 
eingezogenen  genauen  Erkundigungen  hat  sie  bis  zu  ihrer 
jetzigen  Schwangerschaft  nie  an  Kopfweh,  Schwindel,  Sinnes- 
Störungen,  Krampfersdieinungen  u.  dergl.  gelitten.  Dagegen 
klagte  sie  in  ihrer  derroaHgto  Schwang^schaft,  öfters  über 
Kopfschmerzen,  wobei  sich  ihr  Gesicht  rötbete  und  sie  ge- 
nöthigt  wui*de,  sich  stundenlang  durchaus  ruhig  zu  verhalten. 
Ausserdem  erschien  sie  auffallend  in  sich  gekehrt,  einsylbig, 
aber  sonst  psychisch  vollkommen  gesund.  Ihre  Sinnes- 
verrichtungen waren  ungestört,  ihre  Bewegungen  kräftig  und 
sicher  und  legte  die  Schwangere  vier  Wochen  vor  ihrer 
Niederkunft  noch  eine  Wegstrecke  von  sieben  Stunden  an 
einem  Tage  zu  Fusse  zurück.  An  beiden  Augen  bemerkte 
man  einen  gleichmässigen  Strabismus  internus.  Die  Verdauung, 
Respiration  und  Circulation  waren  normal. 

Den  23.  Januar  1861  Morgens  2  Uhr  wurde.die  Schwangere 
nach   dreistündigem  leichtem  Kreissen  von   einem  kräftigen 


ia  VerblBdnng  mit  eiii«m  Fanges  dar««  matris.  229 

Knaben  entbunden.    Die  Nachgeburt  folgte  spontan  und  der 
Bkitabgang  war  gering. 

Die  ersten  zwei  Tage  des  Wochenbettes  verliefen  obne 
Störung,  nur  erschien  die  Wöchnerin  eiemlich  tlieilnabmloa 
gegen  ihre  Umgebong,  ihre  Aagen  starrten  fortwährend  in 
einer  Richtung  in  den  Raum,  der  Strabismus  blieb  unverändert. 
Kopfschmerz,  Schwindel  u.  dergL  fehlten  auch  jetzt  gänzlich; 
das  Gesiebt  war  Mass,  der  Puls  ruhig,  die  Haattemperatur 
normal,  der  Appetit  gut,  der  Leib  weich  und  unanpfindlich. 
Die  Mikbabsondernog  stellte  sich  am  ersten  Tage  ein;  die 
Lochien  w^en  blutig. 

Den  24.  Januar  Abends  QV«  Uhr  befiel  die  Wöeteerin 
ein  beiger  Schüttelfrost  mit  nachfolgender  Hitze  und  firequentem 
kleinem  Pulse.  Der  Leib  trieb  sich  meteoristisch  auf  uud 
achmerzte  bei  leiser  Berührung  und  spontan  sehr  heftig.  Bei 
der  periodischen  Steigerung  der  Leibschmerzen  schrie  Pat  laut 
auf.  Dieee  Zufälle,  hielten  die  Nacht  über  an  und  verminderten 
sich  erst  gegen  den  folgenden  Morgen.  • 

Am  25.  Januar  Biergens  noch  lebhaftes  Fieber.  Puls 
klein  und  frequent  (120  Schläge  per  Hin.),  Haut  beiss  und 
trocken,  Kopf  schmerzfrei.  Der  Leib  noch  stark  aufgetrieben, 
gespannt  und  bei  leichtem  Drucke  schmerzend.  Milch-  und 
Lochifilsecretion  unverändert  Während  des  Tages  keine 
wesentliche  Aendemng  des  Znstandes. 

Ordination:  ^orpfa.  acetie.  und  Ghinium  solphuric  alter-- 
nirend  mit  einer  Emulsio  camphorata  c  Liq.  Ammon.  acetic 

Abends  10  Va  Uhr  zweiter  Frost  mit  gleich  darauffolgenden 
allgemeinen  Gonvulsionen  bei  vollkommen  aufgehobenem 
Bewttsstsein.  Der  Leib  war  dabei  auffallender  Weise  ganz 
weich,  nicht  mehr  aufgetrieben;  em  tiefer  Druck  sdiien 
schmerzlos  zu  sein  und  übte  weder  auf  den  Ausbruch,  nodi 
auf  die  Heftigkeit  der  Kr&mpfe  einen  Eiidluss.  Die  Krämpfe 
waren  clonisch  und  betrafen  vorzugsweise  den  Kopf,  Hals  . 
und  die  rechten  Extremitäten,  während  Rumpf  und  linke 
Extremitäten  viel  weniger  convulsivisdi  sich  bewegten.  Der 
Kopf  wurde  ruckweise  gewöbidich  während  einer  Inspiratim 
naeb  der  Seite  gedreht,  anfangs  nach  links,  später  nach 
rechts;  es  bestand  Nictitatio  und  Nystagmus  bei  gleichmäs^ig 
engen  und  gegen  Uchtreii  nicht  reagirenden  Pupillen.  Miaiis<4ie 


230  ^I^-     Ktkrtr,  Fall  ron  Eclampsia  pnerperalU 

GesichtfikrSmpfe  verzerrten  die  Zftge  und  SeMingkrSmpfe  be- 
wirkten ein  rorlwährendes  Atisfliessen  des  Speichels  mis  dem 
Munde.  Die  Zunge  wurde  nielit  vorgestreckt  Das  Gesicht  war 
gerölbel  und  aufgetiMf^ben;  die  Lippen  livid.  Das  Athmen  un- 
regelmässig,  stark  rasselnd  und  schnarchend.  Der  lialfogebeugte 
rechte  Arm  wurde  in  SAgebewegungen  nach  links  geruckt, 
das  rechte  Bein  ruckweise  gegen  den  Leih  angezogen.  Krämpfe 
der  unwillkilrlichen  Muskeln  fehlten.  Der  Puls  war  klein, 
frequent  (140  Schlage  per  Min.),  die  Haut  anfangs  heiss  und 
trocken,  später  von  reichlichem,  klebrigem  Sdiwetsse  bedeckt.  — 
Urin  fand  sich  in  der  Blase  nicht  vor;  Oedeme  fehlten. 

Ordination:  Morph,  acetic.  in  Klystierform ,  wegen  der 
Unmdghcidieit  des  Schlingens.  Die  beschriebenen  Convulsionen 
wiederholten  sich  in  10  einzelnen  Anfallen  von  durcliaus 
gleichartiger  Form  bis  12  Uhr  Nachts,  worauf  sie  währtuid 
einer  Stunde  ausblieben.  Dann  traten  noch  sechs  wettere 
Krampfanrälle  bis  3  Uhr  Morgens  ein,  viel  schwächer  und 
von  kürzerer  Dauer  als  die  früheren.  Sie  bestanden  zuletzt 
in  einem  starken  Schütteln  des  ganzen  Körpers.  In  den 
krampffreien  Zwischenzeiten  Sopor,  die  Augenlider  halb  geöffnet, 
die  Pupillen  coutrahirt,  die  Augäpfel  starr;  Schaum  fioss 
fortwährend  aus  dem  Munde.  Die  Respiration  war  dabei  tief, 
hebend,  von  starken  Ronchi  begleitet  und  konnte  nur  durch 
öfteres  Umlegen  der  zu  jeder  willkürlichen  Bewegung  unßhigen 
Pat.  vorübergehend  etwas  erleichtert  werden.  Unter  Zunahme 
der  Lähmungserscheinungen  trat  Nachts  3  Uhr  der  Tod  ein. 
Die  Pupillen  blieben  bis  zum  Aufhören  des  Herzschlags  verengt, 
worauf  sie  sich  rasch  erweiterten. 

Bei  der  Section,  30  Stunden  später,  erschienen  die  Hirn- 
venen massig  injicirt,  die  Arachnoideal-,  die  Subaraebnoideal- 
räuroe  und  die  Seiten  Ventrikel  enl  hielten  geringe  Mengen 
farbloser  seröser  Flüssigkeit.  Die  Substanz  des  grossen  und 
,  kleinen  Gehirns  teigig,  nirgends  erweicht,  ohne  Eiter-  oder 
apoplectische  Heerde.  Das  Bemerkenswertheste  fand  sich  beim 
Aufheben  der  vorderen  Hirnlappen.  Unmittelbar  vor  dem 
Chiasma  nn.  optic.  ragte  nämlich  in, die  Spalte  der  vorderen 
Hirnlappen,  diese  nach  oben  und  den  Seiten  verdrängend« 
ein  rundlicher,  ziemlich  derb  anzuffihlender,  blassrother  Tum<n* 
von  der  Grösse  emer  starken  Wallnaes.    Er  erhob  sich  mit 


in  V«rbiiMlnng  mit  eiiMm  Fungue  dnrae  matrii  231 

schnialfT  Basis  aus  der  Mitte  der  Sella  tureica,  hing  Iü^t 
fest  mit  der  Dura  Dialer,  nicht  aber  mit  dem  KeiliNfiiie  zu- 
sammen und  erstreckte  sich  nach  vorn  und  reclits  über  die 
kleinen  Keilbeinflägel  und  die  Orbitalplatlen  der  StirnbiMne. 
Hit  Ausnahme  zweier  kleiner,  sutimucöser  Abscesse  im  Jinken 
Antrum  Highmori  landen  sich  in  den  Highmors-  und  Keilbein- 
höhlen keine  Verändei  ungen. 

Das  unterliegende  KeH-  und  Stirnhein  waren  nicht 
necrotisch  oder  von  Hyperostosen  bedeckt,  die  Nn.  optici  hatten 
vor  ihrer  Kreuzung,  durch  die  Gescliwulst  seitwärts  verdrängt, 
einen  bogenförmigen  Verlauf  angenommen.  Der  rechte  Seli- 
nerv  wurde  auf  zwei  Drittheile  seines  oberen  Umfanges  von 
dem  Tumor  umwuchert,  der  hnke  war  frei.  Compression 
o(ler  Texlurverändeitingeu  der  Optici  fehlten.  Das  Neurilem 
der  Sehnenren,  die  Endäste  der  A.  Carotis  interna  und  die 
Dura  mater  der  kleinen  KeitbeinflOgel  und  dei*  Stirnbeine 
wurden  durch  feine  Faserzuge  an  die  angrenzenden  Abschnitte 
einer  feinen  Membran  geheftet,  welche  die  ganze  Geschwulst 
unihttllte.  Von  dem-  linken,  stark  geschrumpften  Riechkolben 
gingen  nur  wenige  Nervenfaden  in  die  Siebbeinldcher,  während 
rechleraeits  die  Zahl  der  Riechladen  die  gewöhnliche  war« 

Bei  genauerer  Untersuchung  der  Gesehwulst  zeigte  sich 
dieselbe  aus  zahlreichen  kleinen  und  grösseren  Läppchen  zu- 
sammengesetzt, welche  in  ein  feines,  gefassarmes  Bindegewebs- 
stroroa  eingebettet  waren.  Die  Ergebnisse  einer  genaueren 
anatomischen  Untersuchung  der  Geschwulst  gedenkt  Herr 
Privatdocent  Hoffmann  demnächst  zu  verölTefitlichen. 

In  dem  Aracbnoidealraume  des  Ruckenmarks  eine  geringe 
Quantität  seröser  Flüssigkeit,  die  Torderen  und  hinteren 
Rückenmarksgefasse  massig  gefüllt. 

Beide  Lungen  in  ihren  hinteren  unteren  Theilen  hypostati^ch 
und  serös  infiltrirt,  im  Uebrigen  unverändert  Im  Herzen 
dunkles  Blut,  in .  der  Aorta  und  PuImonaJis  Sterbegerinnsel. 
Dicke  der  linken  Ventrikelwand  6  Par.  Linien.  Im  Herzbeutel 
etwa  '4  ^^^»  Serum.  Die  Klappen  normal.  Die  Gedärme 
durch  Gas  aufgetrieben.  Milz  weich,  nicht  brilchig  odtf  ver- 
grösserL  Magen,  Darmkanal  und  Leber  nicht  verändert 
Nieren  derb,  ohne  Exsudate  oder  Eccbymosen,  ihre  Gefösa« 
inyictrt    Uterus  blass,  derb,  dickwandig,  9  Zoll  lang,   ohne 


232  ^'V.     Kekter,  Fftll  Ton  fidampaU  pMrparalis 

Eitprbeerde,  seine  Innenflädie  mit  scMeimigen,  leidit  biatig 
gef^ri^en  Loclüefi  bedeckt;  nirgends  missfarbig.  Die  Plaeentar- 
reste  rorn,  mitten  und  oben  dunkelroth.  hu  rechten  Ovarium 
ein  nierenförmiges,  wahres  Coq)UB  luteum.  Lig.  uteri  lata 
und  rotunda  serös  intiltrirt  Vagina  unverändert  In  dar 
PeritAnäalhofale  einige  Unzen  kbres  Serum,  Das  Baochfel] 
blass,  nicht  getrübt,  ohne  Auflagerangen. 

Bei  der  pathologischen  Analyse  dieses  Falles  entsteht 
wohl  zunächst  die  Frage  nach  der  Begründung  der  €ott?ulsionaa, 
welche  in  dem  Verlaufe  eines  Puerperalfiebers  bei  einem 
Individuum  eintralen,  das  vorher  noch  nie  an  Krämpfen  gelitten 
hatte.  Als  urämische  Eclampsie  lässt  sidi  die  Kramfitfonn 
nidit  auffassen,  denn  es  fehlten  Oedeme  und  die  anatomischen 
Charaktere  der  Bn^ftt'schen  Niere,  hysterische  oder  epileptische 
Convulsionen  waren  es  ebenfalls  nicbt,  weil  die  Patientin  noch 
nie  an  Krämpfen  oder  anderen  Erscheinungen  der  Hysterie  oder 
Epilepsie  gelitten  hatte.  Dagegen  liegt  die  Annahme  einer  be- 
stimmten Abhängigkeit  der  Eclampsia  von  dem  Tumor  sehr  nahe. 

In  vielen,  in  der  Literatur  verzeichneten  Fällen  von  Fungeo, 
welche  ähnliche  Gestalt  und  gleichen  Sitz  mit  dem  vor- 
beschriebenen hatten,  entwickelten  sich  \^brend  des  chronischen 
Verlaufes  aUgemeine  Krämpfe,  in  selteneren  Fällen  wurden  sie 
vermisst  und  es  gehören  hierher  u.  a.  zwei  Beobachtungen 
Abercrombie^s  (Krankheiten  des  Gehirns  und  Röckenmarks. 
Abschn.  org.  Birnkrankheitoi.)  Auch  in  unserem  Falle  reichte 
der  Anfang  der  Geschwulst  gewiss  weit  in  die  letzte  Schwanger- 
schaft ztinlck  und  doch  trat  Eclampsie  erst  in  dem  Wochen- 
bette ein,  em  auffallendes  Verhalten,  das  einer  verschiedenen 
Deutung  unterworfen  werden  kann.  Will  man  annehmen, 
dass  das  Puerperalfieber  durch  seine  Circulationsstöningen  eine 
Volumenszunahme  des  Tumor  und  dadurch  stärkeren  Druck  auf 
die  angrenzenden  Centralorgane,  folglich  stärlwre  Himreiznng 
bewirkte;  so  bleibt  zu  bedenken,  dass  während  des  ganzen 
ersten  Fiebertages  keinerlei  Kopferscheinungen  bestanden,  also 
durch  das  Fieber  auch  nicht  die  Anfänge  einer  Himreizoi^ 
gesetzt  wurden. 

Eine  Volumenszunahme  der  Geschwidst  durch  rasche 
Wucherung  im  Wochenbette  liesse  sieh  wohl  vernrnthen,  aber 
nicht  beweisen. 


in  Verbindang  mit  einem  Fnng^t  dnrae  matris.  233 

Zorn  voUkoRunenen  Verstandniss  der  anger^gteD  Be-^ 
Ziehungen  muss  ich  bemerken,  dass  bei  einer  Reihe  von 
Puerperalfieberkranken  in  der  hiesigen  Anstalt  die  interessante 
Erscheinung  des  jedesmaligen  Weehsels  der  LocalaffiM^tionen 
mit  den  einzelnen  Pteberexacei*hationen  von  uns  beobachtet 
wurde.  So  traten  hei  zweies,  vor  der  genannten  aufgenommenen, 
Wöchnerimieii  nach  dem  ersten  Schättelfiroste  heftige  Schmerzen 
in  dem  aufgetriebenen  Abdomen  ein,  schwanden  nach  ein- 
tägigem Bestehen  mit  dem  zweiten  Schdttelfroste  vollkommen, 
wfihreod  die  Sacrolumbargegend'oder  eine  Regio  hypochondriaca 
schmerzhafl  wurde.  Bei  der  folgenden  Fieberexac^rbation 
wurde  wieder  das  ganze  Abdomen  ergriffen.  In  einem  froheren 
Falle  bestand  an  den  beiden  ersten  Fiebertagen  eine  Uuterleibs- 
affection,  dann  folgte  eine  Manta  puerperalis,  während  sich 
Spannung  und  Aufireibung  des  Leibes  verloren  und  mit  dem 
Aufhören  der  Kopferscheiavngen  kehrten  die  anflnglichen 
Leibschmerzen  zurück.  Derartige  rasch  die  Stelle  wechselnde 
Localprocesse  verrathen  sich  bei  Lebzeiten  durch  eine  hohe 
Erregung  der  Nervetn  in  dem  ergriffeiien  Thesle,  sie 
simuliren  die  heftigsten  Entzündungen  und  sind  doch  nur  als 
Congestivzustände  aufzufassen,  die  sich  eng  anschliessen  an 
die  Localerkrankungen  bei  anderen  acuten  Infectionskrankbeiten, 
acuten  Exanthemen,  Intermittens  u.  s.  f.  Die  Section  zeigt 
wohl  wässerige  Ausschwitzungen  in  den  verschiedenen  Höhlen, 
aber  nur  geringe  oder  keine  Hyperämie  in  dem  ergriffenen 
Organe,  keine  interstitiellen  Exsudate,  keine  oder  nur  spärliche 
granulirte  Zellen.  Die  in  Agonia  und  am  Cadaver  sich  aus- 
bildenden rein  physikalischen  Infiltrationen  und  Producte  der 
chemischen  Umsetzung  müssen  selbstverständlich  hierbei  un- 
berücksichtigt bleiben. 

Im  vorbeschriebenen  Falle  bestand  offenbar  derselbe 
Krankbeitscharakter,  ein  Puerperalfieber  mit  wechselnden 
Localerkrankungen:  Anfangs  der  Unterleib  aufgetrieben  und 
schmerzhaft,  bei  der  zweiten  Fieberexacei^ation  Aufhören  der 
Abdomirialaffection  und  ausgebHdete  Kopferscheinungen. 

Wenden  wir  den  physiologischeh  Satz,  dass  bei  krankhaft 

gesteigerter  Erregbarkeit  der  Centralorgane  ein  gegebener  Reiz 

\  bedeutende   abnorme  «Reactionserscheinungen  hervorruft  (ich 

erinaere  air  die  Erscheinungen  hei  Strydininvergiftung)  auf 


234     ^^*    ^-  SMoldf  Zam  Saugapparat  dar  KengeboreDen. 

untren  Fall  an,  so  haben  wir  bier  eine  gesteigi^rte  Nen-en- 
erregung,  im  Gefolge  der  Gebiracongestion  bei  Puerperalfieber, 
einen  erregenden  Körper,  den  Tumor,  der  in  der  Schwanger- 
Schaft  und  am  Anfange  des  WoelienbeUes  sieb  latent  yerbielt, 
eben  weil  die  Erregbarkeit  der  GentraJorgane  in  diesen  Perioden 
nie  krankhaft  gesteigert  war  und  endlich  bedeutende  Reactions- 
ersclieinungen,  <fie  Eclampsie.  So  wird  es  begreiflich,  dass 
erst  bei  der  pathologischen  Erregung  des  Gehirns 
der  Tumor,  als  mechanisc-her  Reiz,  einfache  Reiz- 
oder Reflexkrämpfe  hervorrief.  Ausserdem  dürfte  die 
Gesell wylsl,  indem  sie  Kopfconge^lionen  unterhielt,  eine 
Disposition  zur  Localerkrankung  des  Gehirns,  im  Verlaufe 
des  Puerperalfiebers,  gesetzt  haben.  Am  häufigsten  localisirea 
sich  die  Krankbeitsprocesse  bei  Puerperalfieber  in  den  Organen 
der  Beckenböhle,  welche  bei  ihrer  Involution  als  Partes 
minoris  resistentiae  sich  verhalten.'  Besteht  aber  in  seltenen 
Fällen  eine  organische  Himkrankheit,  so  wirkt  diese  gieichsam 
als  Derivans,  sie  leitet  die  Puerperalprocesse  von  jenen 
Systemen  ab  und  ihrer  eigenen  Lagerstätte  zu. 


XV. 

Zum  Saugapparat  der  Neugeborenen. 

MittheiloBg 
▼on 

E.  Ton  SIebold. 

Die  Herren  Ch.  Robin  und  Magitot  haben  der  Societe 
de  Biologie  in  Paris  neue  Untersuchungen  über  die  „Mtiqüeuse 
gingivale''  bei  dem  Fötus  und  Neugieborenen  vorgelegt,  von 
welchen  wir  nicht  anstehen,  Dasjenige  bier  mitzutheilen,  was 
sich  als  besonders  interessant  fdr  das  nach  der  Geburt  be- 
ginnende Saaggeschäft  des  Kindes  heranssteUt  Für  dieses 
letztere  werden  sich  gewiss  aus  den  mitgetheilten  Untersuchungen 
mancherlei  Folgerungen  aufGnden  lassen,*  wenn  eine  fortgesetzte  * 
Beobachtung  den  Wochenkindern  selbst  erst  von  Denjenigen 


XY.   «.  Sisbotdt  Znm  Sangapparat  der  Neugeborenen.     285 

gewidmet  wird,  die  Gi^egenheit  dazu  haben;  die  genannten 
Herren  haben  uns  mir  das  Anatomisch -Histologische  mit- 
getheilt,  was  aber  einladend  genug  ist,  weitere  Forschungen 
anzustellen,  da  das  Richtige  jener  Untersuchungen  bei  jedem 
neugeborenen  Kinde  sofort  in  die  Augen  fölit,  wie  ich  denn  auch 
gleich,  nachdem  mir  jene  Arbeit  bekannt  geworden  war,  die 
▼olle  Bestätigung  bei  den  von  mir  untersuchten  Kindern  vorfand. 
Bemerken  will  ich  noch  dabei,  dass  ich  die  erste  Hittheilung 
Ober  den  fragHehen  Gegenstand  von  meinem  verehrten  Freunde 
und  Collegen  ffenle  empfing  und  die  ersten  Untersuchungen 
mit  diesem  gemeinschafUich  vornahm,  spater  dann  jedes  neu- 
geborene Kind  in  meiner  Anstalt  in  Bezug  auf  die  von  den 
genannten  Herren  gemachten  Entdeckungen  sorgfSltig  unter- 
suchte und  dieselben  vollkommen  bestätigt  fand.  Den  Aufsatz 
selbst,  welchem  das  Nachstehende  entnommen  ist,  enthält  die 
Gazette  medicale  de  Paris,  1860,  No.  16,  pag.  261  u.  ff. 

„Auf  dem  Zahnfleischrande  (Cartilago  dentalis)  beider 
Maxillen  zeigt  sieb  in  der  Gegend  des  Dens  caninus  auf  beiden 
Seiten  ein  membranöser  Vorsprung,  der  deutlicher  auf  der 
unteren  MaxiUe,  zuweilen  nur  auf  dieser  allein  zu  sehen  ist. 
Dieser  Vorsprung  verschwindet  im  dritten  bis  vierten  Monate 
nach  der  Geburt;  wenn  er  sehr  entwickelt  ist,  zeigt  er  folgende 
Eigentfaümlichkeiten :  er  ist  an  seiner  Mitte  etwas  eingedrückt; 
er  lässt  hier  oft  unter  dem  Mikroskope  fw^i  bis  drei  papilläre 
Vorragongen  entdecken,  eben  solche  hat  er  bisweilen  an  seinem 
vorderen  Ende.  Er  ist  in  allen  seinen  papillären  Hervorragungen 
sehr  gefässreich.  -An  der  unteren  Haxille  ist  gewöhnlich  der 
rechte  Vorsprung  mit  dem  linken  dnrch  einen  membranösen 
Saam  verbunden;  dieser  erhebt  sich  ein  bis  drei  Millimeter, 
ist  aber  mcht  so  hervorragend,  wie  der  Vorsprung  selbst, 
aber  ebenso  gefkssreich  und  lässt  unter  dem  MU&roskope 
gleichfalls  papilläre  Hervorragungen  entdecken.  So  bildet  sidi 
auf  dem  Rande  der  unteren  Maiille  eine  Art  von  kleiner, 
sehr  dfinner  Lippe,  von  einem  Hundszahne  zum  anderen 
gehend,  die  ohne  Zweifel  dem  Sauggescbäfte  dient  und  in 
Folge  ihrer  vielen  Gelasse  eine  Art  von  Erection  eingehen  kann. 

Bei  einigen  Individuen  ist  die  membranöse  Falte  dicker, 
aber  dennoch  beweglich  und  kann  nichtsdestoweniger  vorwärts 
und   rückwärts  bewegt  -werden.     In   diesem  Falle  sind  die 

MoBatoMhr.f.a«biirtok.  1861.  Bd.  XYIII..  Hft.  3.  16 


-236     ^V*  «•  Sißbold,  Zum  8«i^«fparjit  der  Neugeborenen. 

Vorspränge  •  nicht  TArhaoden,  Muiera  md  inrch  eine  Art 
von  Verdickung  der  äub84*rsten  Enden  der  Falle  selbst  er«Hzt, 
eine  Verdickung ,  die  einem  ovalen,  weichen,  fast  ^lemalöseD, 
abgeptaUelen  Tul»erkel  gleicht.  Auch  an  der  oberen  Maxilie 
beiindea  sich  ähnUehe  Tuberkel,  die  aber  weniger  breit  und 
hervorragend  sind. 

Wenn  man  die  Oberiläche  dieser  membranösen  Falte 
genau  untersucht,  so  sieht  man,  dass  dieselbe  fein  geiniozeh 
ist,  was  daher  röhrt,  dass  einmal'  diesefte  mit  ziemlicli 
voluminösen»  «l>en  abgerundeten  Papillen  versehen  ist,  und 
dass  ferner  diese  Papillen,  wie  die  mueöse  Oberfläche,  ölier 
welche  sie  hervorragen,  mit  einer  zarten  Epitheiiumlage  gleich 
dem  übrigen  Zahnfleische  überzogen  sind,  so  dass  di^^ses 
Epithelium  die  Spuren  der  Trennung  der  Papillen  und  ihre 
Spitzen  dunchschimmera  lässt,  ohne  das  Ganze  mit  einer 
glatten  und  mehr  oder  weniger  schimmernden  Lage  zu  be- 
decken« Die  röthliche  Farbe  dieser  Membran  scheidet  sich 
scharf  von  der  weisslichen  Färbung  des  fibrösen  Gewebes  in 
der  UucQsa  des  Zahnfleisches,  über  welches  dieselbe  sich 
zieht;  ebenso  plölzlidi  bort  die  gerunzelte  Beschaflenlieit  der- 
selben da  auf,  wo  sie  m  die  Giogival- Einfassung  übergeht 

Wenn  auch  die  oben  angeführten  Vorsprüiige  nicht  vor- 
handen sind,  was  so  selten  nicht  ist,  so  fehlt  dagegen  die 
Uembran  nie;  sie  endigt  dann  in  der  G<^end  der  Hundszälme 
oder  etwas  darüber  hiuaus.  Wenn  die  Gingival-Voroprünge 
auf  der  unteren  MaxiUe  fehlen,  so  sind  sie  auf  der  oberen 
nicht  allein  viel  kieiuer,  sondern  fehlen  auch  wohl  hier 
gänzlich  oder  bilden  eine  oder  zw«i  kleine  Verrohungen  in 
Gestalt  von  conischen  oder  abgeplatteten  Papillen,  einen 
UiUimeter  hocli,  und  stehen  ebenfalls  im  Niveau  der  Hunds- 
zähne. Fehlt  auch  an  der  oberen  Maxiile  jeuer  Gingivalsaum 
constant  zwischen  diesen  beiden  Punkten,  so  erliebt  sich 
doch  das  flbröse  Gewebe  des  Zahnfleisches  in  der  ganzen 
Ausdehnung  in  einen  scharfen  Rand,  welcher  dem  Saume 
der  unteren  MaxiUe  eut^richt'' 


Xyj.    Plo99f  Ein  Blick  auf  die  neuesten  Beiträge  eto.    237 

XVL 

Ein  Blick  auf  die  neuesten  Beiträge  zur  Frage 
tlber  das  Sezualverhaltniss  äer  Neugeborenen. 

Von 

Dr.  PI068  in  Leipzig. 

Seit  Eofachtr*^  and  Sadler's  Uaiersuchungen  Qbpr  die 
Ureachen,  reiche  ftir  das  Gescbleclitsferliältniss  der  Neu- 
geborenen ro«aiis((ebend  sind,  war  bis  auf  Göhlert^  welcher 
1854  die  Ergebnisse  dieser  Forscher  zum  grossten  Theile 
bestätigte,  kaum  eine  nennenswerthe  Arbeit  dber  diesen 
Gegenaland  geliefert'worden.  Nur  Leuckart  fasste  in  seinem 
trefflichen  Artikel  „die  Zeugung*'  in  Wagner'^  Handwörter- 
buch der  Pbfsiol^gie  die  Frage-  von  einem  nei^n  Gesichts- 
punkte atts  in  das  Auge,  intern  er  die  £rnalirungsyerb§itfiisse 
berieksichtigte  und  auf  ihnen  Einfluss  biBwieB.  Da  ich  vor 
einiger  Zeit  die  Angelegenheit  nach  dieser  Richtung  hin  weiter 
verfolgte  und  einige  Idr  Leuekart's  Ansicht  spreclieiide  Momente 
beibrachte,  ao  habe  ich  zun9  wenigsten  meine  Absicht  erreicht, 
dass  auch  Andere  wiederum  angefi»gen  haben,  sieb  mit  dieser 
hdcbat  interesaanten  Frage  zu  beschäftigen. 

Vor  AHeiD  hat  Prof.  Breslau  m  Zürich  (in  Oesierlen's 
Zeitacbr.  f.  Uygieine,  1860, 1.,  2,  S.  814)  meinen  Gedankengang 
beleucbtet  uhd  die  Berechtigung  meiner  Beweismittel  einer 
Kritik  unterworfen,  kb  beabsichtige  nun  auf  einige  Thatsachen 
htnzBweiaen,  welciie  zeigen  sollen,  dass  man  weit  tiefer,  als 
Breslau  gethaa,  auf  alle  BezlehuDgen.  eingehen  muss,  in 
denen  das  Sexuaherhikiuas  der  Früchte  überhaupt  steht,  um 
Licht  in  die  Sache  su  bringen.  Ich  selbst  hatte  vorläufig 
Bur  die  bisher  am  meisten  vernachlässigte  Besiebung  hervor- 
gehoben. Es  sollte  dieser  Arbeit  und  seH  ihr  auch  nodi 
jeUst  eine  weiter  ausgedehnte  UnterauclmBg  darüber  folgen, 
wie  sich  das  fiexualverbiiltaiss  regelmässig  abändert  in  den 
Torachiedenen  Landern,  Bezirken,  Perioden  und  Jahren,  je 
nach  der  verschiedenen  Beschaffenheit  der  Eltern,  nach  deren 
Berufetbätjgkeit,  Civilstand,  Confesaion  und  sittlichen  Lebens- 
verfafltnissen;  femer  je  nach  der  GnttusfrBqnenz,  den  Erst- 

|6* 


238       ^^l'   Plo*9,  Ein  Bliek  auf  die  aeneaten  Beitr&ge 

und  Spätgeburten,  den  Mebrgeburten,  den  Todtgeburten,  der 
Heiratbsfrequenz,  der  Fruchtbarkeit,  nacb  Stadt  und  Land, 
Gewerbe,  Klima,  Jahreszeiten  u.  s.  w.  Um  hierin  vorgehen 
zu  können,  nmss  die>  vergleichende  Statistik  sich  mit 
einem  reichhaltigen  Material  versehen. 

So  reichhaltig  nun  schon  das  Material  ist,  welches  idi 
mir  neuerlich  verschafft  habe,  so  viel  Arbeit  erfordert  es  audi, 
dasselbe  gut  zu  verwerthen.  Indem  ich  also  ausfuhrlicbere 
Erörterung  mir  vorbehalte,  muss  ich  schon  jetzt  den  Vorwurf 
zurückzuweisen  suchen,  dass  ich  dem  Manne  nur  ,, ungern'' 
einen  Einfluss  auf  die  Geschlechtsbestimmung  des  Kindes 
eingeräumt  und  dass  ich  der  Mutter  „allein*^  die  RoBe  der 
Geschlechtsbestimmung  überlassen  hätte.  Das  4st  in  der  Tfaat 
nicht  geschehen.  Leuekarfs  HypotheiSe  und  die  von  dem- 
'selben  für  seine  Hypothese  beigebrachten  Stützen  habe  ich 
adoptirt,  aber  ebensowenig,  wie  dieser  vorsichtige  Forscher, 
den  väterlichen  Einfluss  ganz  läpgnen  wollen.  Wenn  kh  von 
Breslau^  der  mir  diesen  Vorwurf  macht,  so  verstanden 
worden  bin,  als  hätte  ich  diesen  Einfluss  zu  läugnenversodit, 
so  hat  mich  Breslau  eben  falsch  verstanden.  Ich  kann  aber 
Breslau  den  Vorwurf  machen,  dass  er  aus  Gründen,  die  ach 
nur  auf  die  Vererbung  der  Aehnlichkeit  beziehen,  die  von 
Leuckart  und  mir  aufgestellte  Müglidikeit  des  Emähruogs- 
einflüsses  während  der  geschlechtslosen  Fdtalperiode  weg- 
läugnen  wiU.  Seine  theoretischen  Grunde  (Ür  die  Unmügliehkeit 
oder  UnWahrscheinlichkeit  dieses  Einflusses  sind  deshalb  nicht 
stichhaltig,  weil  die  Vererbung  der  Aehnlichkeiten  von  den 
Eltern  auf  die  Kinder  jedenfalls  nach  aaderen  Gesetzen  vor 
sich  geht,  als  di^  Vererbung  des  Geschlechts.  Breslau  will 
daran  festhalten,  dass  „aller  WabrscheinHcbkeit  uach*^  die 
Geschlechtsbestimmung  defmitiv  schon  im  Momente  der  Zeugung 
gedacht  werden  müsse.  Ich  denke,  dass  diese  Anschauungs- 
weise ebenso  sehr  hypothetisch  ist,  wie  die  meinige. 

Zum  mindesten  möchte  ich  f&r  eine  solche  Hypothese 
keine  Beweismittel  darin  finden,  dass  der  Same  einer  Eiche  lu 
einer  Eiche  und  der  Same  einer- Pichte  zu  einer  Fichte  wird. 
Breslau  sagt:  „so  gut  wie  dies  mit  Eiche  und  Fidite  ge- 
schieht, so  gut  miss  ein  menschliches  Ei'  zum  Knaben  und 
ein  andeires  sum  Mftdchen  werden.*'  Will  man  sich  auf  Pflanzen 


snr  Frage  über  die  SexuahrerbiltBiese  eto. 

besMieD,  80  muss  man  die  schon  längst  und  von  K.  MuUer 
in  Balle  erst  neoerlicb  wieder  beobachtete  willkürliche  lloi* 
wandkang  androgyner  A«hren  in  mannücbe  oder  weibiiciie  beim 
Mala  anlühren.  Hier  hat  man  es  doch. mit  einer  Differenz 
des  Geschlechts  zu  thiin;  aber  Breslau  beruft  sich  auf  die 
Unwandelbarkeit  der  Artdifferenz,  von  der  gar  keine  Rede  ist. 
Ufid  was  will  er  aus  dem  Geschlechtsleben  der  Vögel  als 
Analogie  iür  den  Menschen  schliessen?  Weil  bei  den  Vögeln 
der  Einfluss  der  Ernährung  durch  die  Mutter  froh  aufhört, 
kann  derselbe  auch  bei  den  Menschen  nicht  vorhanden  sein? 

Fernere  Beweisgründe  gegen  die  von  Leuckart  und  mir 
aufgestellte  Hypothese  nimmt  Breslau  aus  der  Zwillingsstatistik. 
Leuckart  hatte  ebenfalls  auf  die  Zwillinge  hingewiesen;  allein 
ich  selbst  zeigte  neuerlich  im  Monatsbl.  f.  medic.  Statistik,  1861, 
No.  1,  dass  man  aus  der  Zwillingsstatistik  noch  keine  Schlösse 
für  die  Geschleehtsbestimmung  des  Fötus  ziehen  könne,  weil 
die  genügende  Rubricirung  bisher  gefehlt  hat  und  die  Zahlen 
zu  klein  waren.  Ausserdem  sind  Breslau'^  Zahlen,  die  er  der 
Züricher  Statistik  entnimmt,  für  die  Zwillingsstatistik  überhaupt 
deshalb  nicht  zu  benutzen,  weil  in  ihnen  sämmtliche  Mehr- 
geburteu  ziisammengefasst  und  die  Verhältnisse  nicht  angegeben 
worden  sind,  wie  oft  zwei  Mädchen,  zwei  Knaben  und  beide 
Geschlechter  vorkamen. 

Dass  ich  mich,  wie  Leuckart^  auf  Oeoffroy  St.  Hüairs's 
Beobachtungen  an  Menageriethieren,  auf  Girou'^  Bericht  über 
deo  Einflttss  kärglicher  und  üppiger  Nahrung  bei  Hausthieren, 
auf  Morel  de  Vindd*s  Erfahrung  an  Schafen,  auf  die  Angaben 
der  Fell-  (nicht,  wie -ich  allerdings  fälschlich  geschrieben  hatte, 
Rauchwaaren-)  Händler  und  analoge  Erscheinungen  bei  Säuge- 
thieren  berufen  habe,  ist  mindestens  ebenso  berechtigt,  ab 
Breslau*»  Berufung  auf  Blume  und  VögeL 

loh  hatte  ferner  dem  Einwurfe  begegnen  wollen,  dass 
man  den  Ernährungseinfluss  deshalb  nicht  gelten  lassen  könne, 
weä. die  Knaben  „kräftiger''  sind.  Insbesondere  war  von  mir 
daraof  hingewiesen  worden,  dass  der  Ausdruck  „kräftig''  sehr 
relativ  ist,  die  Knaben  bei  der  Geburt  häufiger  sterilen  und 
di»  Sebädehnessungen  der  Neugeborenen  beider  Geseblecbter 
sehr  wjdersprei^nd  sind»  Breslau  wirft  mir  vor,  Simpson*» 
Aitbeii  Abcf  di^e  Frage  übersehen  zu  haben;  er  hat  auch 


240       ^^I-    Flon^  Ei«  BM«k  auf  di«  iwiiestM  Beiti%e 

eigene  SehSdelmeftRiingeii  Torgenommen,  deren  AntaM 
seiner  Aussuge  freilich  zu  gering  ist,  um  AnsprAcbe  auf 
unumstössliche  Ge^zmAftsigiieit  zu  machen,  und  koNmC  »ei 
dem  Schlüsse,  da«&  die  Knaben  niciit  blos  „kräftiger**  als  die 
Madeben,  sondern  aueb  weg^n  dieser  grosseren  »Ki^ftigkeil'* 
häufiger  bei  der  Geburt  absterben. 

Ich  entgegne  aber,   dass  ich  Simpaon's  Arbeit  niebi 
übersehen,    vtelmebr    nicht    blos    diese,    sondern   aucfa   eine 
Arbeit  von  Veit  (Geburtsbulfl.  Menaisschr.,  18fi5,  VL,  Heft  2, 
S.  104)  gekannt  habe,  die  Breslau  ftberseben  haben  nrass. 
Auch  Vek  fond  bei  seinen  Wftgungea  Neugeborener  die  beiaonte 
Gewichtsdifferenz  zwischen   Knalien  und   Mädchen«    Er  sägt 
aber,  nachdem  er  Simpson'^  Arhtii  besprechen:  „der  geringe 
Unterschied   in   der   körperlichen  Entwickelung   des  Kindes, 
welchen  das  Geschlecht,  desselben  bedingt,   kann  nur  einen 
geringen  Einfliiss  und  eigentlich  nor  auf  die  zweite  Geborta* 
periode  äussern.    Kaum  wird  dieser  bei  Erstgebärenden  ywl 
mehr  bemerkbar,  als  bei  Mehrgebäreaden  und  ist  Oberhaupt 
nur  aus  dem  Vergleiche  einer  sehr  grossen  Zahl  von  Beob- 
aditungen  ersichtlich/     Veit  weist  femer  mil   Cueper  die 
Ansicht  Clarke^s  und  nunmehr  auch  Breekm's  zurück,  dass 
die  grössere  Mortalität  der  Knaben  bei  der  Geburt  durch  das 
grössere   Gewicht   und  Volumen   ihres   Kärpers  bedingt   sei. 
Der  Ausspruch  Catper*»,  dass  die  längere  LeheMdauer  des 
weihlichen  Geschlechts  einen  tieferen  inneren  Grund  haben 
mftsse,  liat  nach  Veä  viel  Ar  sich.    Audi  hebt  Veä  gegen 
Chtrke  und  Simpson  hervor,  dass  die  Differenz  der  Knaben 
und  Mädchen  in  Bezug  auf  ihre  kdrperiiclie  Entwickehmg  zn 
unbedeutend  m,  van  einen  so  grossen  EinBoss  auf  das  Leben 
des  Kindes  äussern  ru  können,   la,  er  weist  nach,  dass  auch 
bei  gleicher  körperlicher  Entwickelung  immer  mehr  Knaben 
als  Mädchen  sterben.    Wenn  ako  Veit  (1.  c  &  124)  den 
Satz  aufstellt:  „dass  auch  bei  gleicher  GeburCsdauer  im  aK- 
gemeinen  und  der  zweiten  Periode  insbesondere  das  männKche 
Geschlecht  mehr  gefthrdet  ist,  als  4as  weibiiehe,''  so  sieht 
er  sich  dooh  zu^  4^  auch  von  mir  adoplirien  Ansieht  ge» 
nöthigt,  dass  eine  besondere  Ursache  vorhanden  seAi  nKiss« 
welche   die  gn&fliseire  Mertidität  des  männlidien  GjaecHecbls 
bedingt,  und  besonders  zur  Zeit  der  Geburt  und  unsHtteibar 


wr  Frag«  abe»  M«  SeKiMilv«rbi(ltiiiMe  atc.  341 

nach  d(>nelhen  in  Wii-kimg  tritt  Dies«  Ursache  ist  aber  jetzt 
Bttdi  völlig  nobekamit. 

Warum  bat,  sn  frage  iih,  Breslim  iliese  mit  pckt  devlaefarr 
6nliHBieh4ieit  verfassle  Arbeit  FetVs  nicht  aiigrfMirt  und  sidi 
nur  auf  Simpson  inid  Clarke  beruCsii?  Die  Thalwi«:hen, 
die  Veit  beibringt,  und  dte  Kritik,  4m  derseRie  iSim'p9im 
xmd  Clarke  angedeihen  klsst,  koiMtJ»n  aUrrdings  BresfmiB 
Theorie  niebts  nötzen.  -^  Meckel  liat  gewiss  auch  die  Arbeit 
Simpson»  gekannt;  aber  er  fand  sich  durch  dieselbe  nicht 
be^wogen,  (las  hiMgere  Abelerben  der  Knaben  ledigKch  durrh 
deren  Umfang  und  Gr^se  erklirren  zu  wollent,  vielmehr  surhte 
er  die  Ursaclie  in  einer  bei  ihnen,  „die  viel  reger  und  be- 
weglicher sind,"^  verhMtniasniassig  oft  antretenden  Di'eliung 
N  der  Nabelschnur,  die  eine  Hemmung  des  Kreisbmfs  bedingt 
Ohne  diese  Ansicht  zur  meinigen  machen  z»  wollen,  darf  ich 
sie  doch  als  Beweis  dafür  anftlliren,  dass  Simpson'^  Erklärung 
ober  den  Grund  der  Häufigkeit  münnlichi»r  Todtgeburten  nicht 
attgenein  getheilt  wird.  Auch  unter  den  zu  fr6)izeitig  Todt- 
geborenen  herrsciien  die  Knaben  sehr  vor;  soll  man  mit 
SekrämK  als  Gi^und  fAr  diese  Ersebefming  amiebmen,  „well 
ihre  männliche  Natur  dem  mütterlichen  Organismus  tds 
einem  weiblichen  zu  fremdartig  ist?"*  Ma0  wäre  mit  dieser 
Frage  dann  alterdings  am  schnellsten  fertig! 

Ich  habe  manche  statistische  Thatsachen  angefahrt,  welche 
flr  den  Einfhiss  der  Ernährung  a«rf  das  Geschlecht  dee  Fötus 
zu  sprechen  scheinen  (EiiiAuss  des^  Civästandes,  der  Wohnorts- 
differenz etc.).  Da  Breslau,  nicht  angiebt,  anf  wekhe  Weise 
die  statistichen  Thatsachen  besser  zu  erkßren  sind,  so  ist 
nur  d^p  Einwurf  zu  berAeksichtige»,  dass  ich  bei  roeiiien 
Schlässen  aus  den  bevölkerungsstalistisehen  Erscheinungen  den 
Vater  gar  nicht  in  Betracht  ziehe.  Es  mag  die  Aufgabe  einer 
anderen,  schon  vorbereiteten  Arbeit  sein,  auch  den  väterlichen 
EinOuss  so  weit  als  mdglich  tu  verfolgen.  Allein  den  mdtterUehen, 
in  der  SchwangenBobaft  dauernden  Einfluss  näher  betrachten  zu 
dOrfen,  konnte  ich  mit  ebenso  grossem  Rechte  beanspruchen, 
wis  4ef  l^itholog,  welcher  durch  den  Hangel  einer  dem 
Stoffweiotasel  unbedingt  ndtbigen  Substanz  bei  der  jogendüchen 
Bei^lbsrung  eines  Ortss  sich  bewogen  fihk,  tnnl^ch9t  die 
Motlernntab  auf  4ßa  Gehalt  an  diesem  Stolb  z«  untersuchen. 


248       2^ VI.   P/oM,  Ein  BUok  »of  dU  »«msImi  Beitrig« 

Wenn  nun  Brtdau^  ebendowie  in  demselben  Hefte  der 
Zeitschrift  für  Hygieine  Herr  Dr.  SchräfnU,  an  die  Unter- 
suchung der  Geburlsstatistik  aus  dem  Canlon  Zürich  gebt,  am 
B>eine  Ansiebten  zu  prüfen,  so  mnss  ich  gegen  dieses  Unter» 
nehmen  /deshalb  protesttren,  weil  die  ?on  beiden  benutzten 
statistischen  Unterlagen  nicht  blos  zu  kleine  Zahlen  geben, 
sondern  auch  in  ihrer  Zuverlässigkeit  mehr  als  zweifelhaft  sind. 

Schon  ITi,  Susemann  hat  in  dem  Monalsbl.  f.  medic 
Statistik,  1861,  No.  1  gezeigt,  dass  die  Zahlen  der  Cantonal* 
Statistik  von  Zürich  in  vieler  Hinskht  zu  klein  sind,  um  einen 
statistischen  Schluss  zu  erlauben.  Br^lau  stellt  die  falsche 
Behauptung  auf:  „das  Königreich  Sachsen  eignet  sich  zu  einem 
Vei gleiche  der  jahrlichen  Schwankungen  weniger  gut,  als  der 
Canton  Zurkh,  weil  in  diesem  die  Schwankungen  grösser  sind, 
als  wie  in  jenem."  Im  Gegenüieil!  Es  verschwinden  nach 
dem  Gesetze  der  grossen  Zahlen  die  nicht  zu  ermessenden 
Störungen,  je  grösser  die  Zahlen  werden,  und  die  Störungen 
lassen  ekh  um  so  weniger  ermessen  und  abweisen,  je  kleiner 
die  Zahlen  sind.  Die  Wirkung  einer  bestimmten  Ursache  wird 
um  so  reiner  zur  Erscheinung  kommen,  mit  je  bedeutenderen 
Zahlen  der  Statistiker  operirt.  Allein  auch  von  Züricher 
Statistikern  ist  Breslaues  Unternehmen  getadelt  worden,  so 
kleine  Zahlen  zu  physiologischen  Ermittelungen  benutzen  zu 
wollen.  Der  Redacteur  des  Schweizer  statistischen  Archivs 
rügt  Breßlau's  Schlussfolgerung  aus  diesen  Zahlen,  dass  in 
den  wärmeren  sechs  Monaten  im.  Canton  verhaltnissmässig 
weniger  Knaben  erzeugt  werden.  Mit  t?.  Eothkirch  (md 
Hustmtmn  acceptire  ich  den  Satz:  „Es  gehört  eine  grosse 
Kühnheit  dazu,  aus  wenig  Tausenden  von  Geburten  ein  all- 
gemeines Naturgesetz  ^kennen  zu  wollen/' 

Der  Hauptfehler  von  Breslaues  Beweisfölurung  besteht 
aber  darin,  dass  die  Richtigkeit  der  von  ihm  benutzten  Zahlen 
höchst  verdächtig  ist  Er  selbst  giebt  schon  (S.  321  semes 
Aufsatzes)  an:  „Leider  findet  sidi  zwischen  den  GeburtaUsten 
der  Hebammen  und  Pfarrämter  keine  vollständige  Ueberetn- 
Stimmung/'  Audi  Schrämli^  der  ebenfalls  diese  beiden  Listen 
als  Unterlage  für  seine  fiereobnungen  benutzt  hat,  spricht  in 
seinem  Aufsatze,  Heft  1,  &  32,  davon,  dass  beide  in  den 
Summen  abweichen*    Das  Schlimmste  ist  jedoch  jedenfiiUa» 


sur  Frage  ttbtr  Aie  SexnalrarhXltniaM  »to. 


343 


dass  die  dritte  Liste,  welche  aus  diesen  beiden  yott  einander 
abweicbenden  listen  von  Schräfhü  und  Breslau  zasammen* 
gestellt  und  uns  vorgelegt  wurde,  auch  von  einer  vierten,  nämlidi 
der  jedenfalls  ofikäellen  Liste  im  Archiv  fOr  schwazerische 
Statistik,  1860,  No.  19  in  allen  Zahlen  ganz  wesentlich 
abweicht  Da  es  sich  hier  überhaupt  nur  um  Summen  von 
wenigen  Tausenden  handelt  und  da  die  Differenz  bei  einer 
Anzahl  von  S — 4000  Knaben  oder  Mädchen  bisweilen  mehrere 
Hunderte  beträgt,  so  müssen  wir  wohl  der  Zuverlässigkeit  der 
von  BreBlau  imd  Sehrämli  benutzten  Quellen  misstrauen* 
Der  Werth  der  von  ihnen  erhaltenen  Resultate  hängt  aber 
davon  ab,  dass  sie  den  Beweis  zu  fuhren  im  Stande  sind» 
ihre  Liste  sei  richtiger,  als  die  des  Archivs. 


Liste  des  Archiys. 

Liste  von  Brealctu 
nnd  Sehrämli, 

Knab«n. 

M&dchen. 

Knaben. 

Mädchen. 

1S27 

3496 

3218 

mmm. 

, 

1828 

3648 

3486 

3524 

3243 

1829 

8451 

3234 

3590 

3525 

1880 

8645 

8309 

-^ 



1831 

8548 

3296 

8597 

3347 

1832 

3200 

3250 

3604 

3324 

1883 

8460 

8810 

8286 

3279 

1834 

3725 

3543 

3777 

3599 

1836 

3901 

3637 





1886 

3709 

8707 

8974 

8770 

1837 

3930 

3640 

3876 

3709 

1838 

3815 

3779 

3990 

3823 

1839 

8879 

3677 

8864 

3716. 

1840 

4042 

3850 

3945 

3875 

1841 

3947 

3692 

4090 

3728 

1842 

8888 

8684 

8997 

8678 

1843 

3763 

3696 

.  3933 

3737 

1844 

3690 

3286 

3733 

3325 

1846 

8781 

3961 

8831 

3381 

1846  - 

8711 

8487 

3768 

3626 

1847 

8436 

3249 

3469 

8279 

1848 

8671 

8486 

8642 

8680 

1^9 

3890 

3808 

3962 

3849 

1850 

8982 

3672 

4061 

3738 

1861 

8960   1 

8060 

4027 

8708 

1852 

3827 

3667 

3889 

3711 

1858 

3917   ' 

3652 

3990 

8726 

1864 

8714   t 

8660 

8781 

8606 

1865 

8580 

8476 

3634 

3614 

1856 

8861   ' 

3714 

8908   1 

8749 

1867 

aoii 

8680 

41U      j 

874» 

1868 

4036 

3868 

1 

— 

244       X^I-    ^i^f  £iB  Blick  Mt  dStt  Benmte»  BteHirii^ 

Schilf salich .  bekenne  ich  mich  zu  der  Ansiciit,  dass  es, 
wie  bei  alleu  natun^isBeDSchaftiicheii  Fragen,  msteik  fOr  die 
Frage  ul>er  die  Ursachen  des  GeschiechlsveriiSltniaaes  von 
gri)t»ftler  Wichtigkeil  ist,  die  Angelegenheit  f  Imhaeitif;  in  aUen 
ihren  Er^heimingen  auf  atie  Hypothesen  zo  prüfen.  Naebdera 
ich  mir  die  Mittel  zu  einer  soklien  Pröfung  verschaA  4i«be, 
kann  ieb  achon  jetzt  sagen,  dass  eioiflne  atatbtisdie  Er- 
•cheinimgen,  die  ich  nur  aus  dem  ErnährungseinOuaie  erklären 
zu  k&nnen  glaubte,  besser  mit  Hälfe  des  AlterstsinOasaefl  er- 
ktarhar  sind.  Wenn  ich  also  die  von  mir  angenonmiene 
Ausdehnung  des  ErnährungseinfiusdeB  selbst  einzuschränken 
geneigt  bin,  so  tliuc  ich  das  nur  auf  Grand  meiner  bi  letzter  Zeil 
angestellten  Untersucluingen.  Breslau'^  Erörterangen  jedoch 
sind  für  die  Hy|)olhesefi  über  die  Ursachen  de»  Gescblechls- 
verhaltnieses  nur  negtrend  und  abweisend;  sie  bringen  keine 
positiven  Beitrage  für  irgend  eine  Erklärungsweise,  und  die 
statistischen  Tliatsacben,  die  in  ihnen  berichtet  werden,  sind 
von  sehr  zweitelhaflem  Werthe. 

Dennoch  bin  ich  Breslau  dafür  dankbar,  dasa  er  d^ 
Sache  seine  Aufmerksamkeit  gewidmet  hat;  ich  hielt  dieselbe 
ja  selbst  nicht  für  abgeschlossen,  indem  ich  ausdräcklicb 
sagte^  dass  die  Studien  in  meinem  Sinne  fortgesetzt  werden 
müssen,  wenn  wir  die  Sache  mehr  und  mehr  zur  Gewissbeit 
erheben  wollen.  Ich  freue  mich,  dass  es  mir,  wie  ich  wünschte, 
gelungen  ist,  „durch  meine  Fingerzeige  auf  grössere  Kreise 
anregend  einzuwirken.*** 

Einer  Meinung,  weldie  jede  Erörterung  der  Frage  auf 
dem  Wege  der  vergleichenden  Statistik  kurz  abweist,  begegne 
ich  in  einem  interessanten  Aufsatze  Escherich^s  (Aerztliches 
Intelligenzbl.,  1860,  No.  51,  &  783).  Derselbe  behauptet, 
dass  unter  den  Neugeborenen  die  Höhe  des  Knabenüberschusses 
über  die  Mädchen  völlig,  constant  sei  und  dasa  die  Ab- 
weichungen von  der  Norm  sich  durch  mangelhafte  Erhebungen 
erklären  lassen.  Wir  inden  aber,  dass  sich  de  Abweichungen 
von  der  «Norm  bei  gewissen  Verhältnissen  und  unter  den 
möglichst  genauen  Zählungen  in.  den  verscUedenen  Ländern 
ganz  constant  zeigen.  Diesen  Abweichungen  giebt  also  ihr 
sehr  beständiges  und  so  oft  beobacbtales  Erscheinen  einen 
hohen  Wertb  für  die  vergleichende  Un(ersuch|ing. 


mar  Tnge  flV«v  die  SeuulTerhltteitM  «to.  246 

Die  ganaiiralai  statigtiscIieD  UfUevsochaiigfii  stellte  in 
letster  Zeit  Wappäus  an  (AJigvin.  Bevölkerungsstaftistik,  2.  Tlieil, 
1861,  &  LoO).  Mach  seinen  Angaben,  die  eine  Zahl  ven 
58V4  Hiiiionen  in  den  grösseren  enrop&iscben  Lfindera  Ge- 
borenen umrassen,  ist  das  Mitlelferlidltniss  der  Mädchen  zu 
den  Knaben  lOQ :  ^06,3L  Sie  Abweichungen  von  «besem 
MiUelTerhibnisse,  wekhe  sich  in  den  einzelnen  europäischen 
Scsalen  zeigen,  sind  im  AUgemcinen  nichi  becfenteod,  md 
beim  Vergleich  yersebiedener  Perioden  sind  die  Sehwanliuttgeft 
in  den  einzelnen  Staaten  durchgängig  sehr  germg.  För  die 
Todtgeborenen  bnd  Wappäus  das  Mittelverbältniss  140,83 
Knaben  zu  100  Mädchen.  Die  auch  von  Wäppäu0  bestätigte 
Differenz  Yon  Stadt  und  Land,  sowie  zwischen  eheKchen  und 
unebciichen  Geburten  hält  derselbe  för  merkwflrdig  wegen 
ihrer  Beständigkeit.  Bofaeker*Sy  Sadhr's  und  Oöhlerfs 
Untersnchimgen  über  den  Alterseinfluss  haben  nacli  Wt^pätiM* 
Ansicht  so  übereinstimmende  Ergebnisse,  die  auch  durch 
neuere  BeobachtuBgen  in  Frankreich  bestätigt  werden,  dass 
die  Emwirkung  der  Altersdifferenz  auf  das  SeiualFerhältniss 
ausgemacht  zu  sein  scheint;  darnach  wurde  das  Uebergewicht 
des  männbchen  Geschlechts  unter  den  Geborenen  in  unseren 
Staaten  dadurch  zu  erklären  sein,  dass  in  denselben  dsrcb- 
schwttlicb  der  Mann  später  heiratbet  ats  die  Frao. 

Man  kann  aber  nicht  sagen,  dass  das  Geschiecbterferiifltniss 
unter  den  Neugeborenen  ganz  allein  durch  das  Altersverhfiltniss 
der  EHcrn  bedingt  wird.  Lässt  sich,  auch  die  geringere  Pro* 
portion  der  Knaben  anter  den  unehelichen  Geburten  vielleicht 
voUstäodig  dadurch  eriLUren,  dass  bei  unehelichen  Zeugungen 
in  der  Regel  der  Vater  jong  sei  und  ami  Alter  die  Mutter 
nicht  so  viel  übertreffe,  als  bei  Zeugungen  in  der  Ehe,  so 
bezweifelt  doch  Wappäus,  dass  man  für  die  höhere  Proportion 
der  Knaben  bei  den  ackerbauenden  Bevölkerungen  ein  durch- 
schnittlich späteres  Heirathen  der  Männer  auf  dem  Lande, 
als  in  den  Städten  als  Grund  annehmen  dürfe.  Bei  den 
Schwankungen  in  den  verschiedenen  Ländern  mögen  ijach 
Wappäus  Klima  oder  Ra^e  wenig  oder  vielmehr  gar  keinen 
EiuQuss  haben.  Wappäus  untersucht  dann  statistisch  die 
¥ou  mir  früher  ausgesprochene  Meinung  über  den  Ernährungs- 
einfluss;.     Er  kann  nicht  zugeben, '  dass   die  von  mir  bei- 


246     ^^^-   P^'i  £^n  ^1^^  <k*^  ^«  neiiMteii  Baltrige  otc. 

gebrachten  slatistiscben  Beispiele  den  behaupteten  Einflues  der 
Ernährung  der  Matter  auf  das  Geschlecht  des  Kindes  irgend 
bestätigen,  obgleich  er  meine  Darlegung  des  physiologischen 
Theiles  der  Frage  einfach  und  klar  nennt  und  sieh  gnnstig 
auch  aber  meine  Kenntnisse  der  statistischen  Seite  des 
Gegenstandes  ausspricht.  An  dem  Beispiele  von  Schwedea 
1770 — 1789  weist  dann  WappäuB  nach,  dass  schlechtere 
odei*  bessere  Ernte  nicht  mit  einem  grösseren  oder  geringerea 
Knabenübersehusse  parallel  geht  Er  halt  deshalb  für  hin- 
länglich bewiesen,  dass  die  Nahrungsverhältnisse  keinen 
hervorragenden  Einfluss  auf  das  Verhältniss  der  Geschlechter 
unter  den  Geborenen  haben.  Tn  einer  späteren  Bemerkung 
bezieht  sich  Wappäus  auf  Breslaues  Besprechung  der  An- 
gelegenheit und  hält  damit  die  Hypothese  des  Nahrunga- 
einflusses  für  hinlänglich  beseitigt  Schon  ehe  mir  das  für 
die  Statistik  höchst  werthvolle  Werk  von  Wappäus  zu 
Gesicht  gekommen  war,  und  gestützt  auf  fortgesetzte  eigene 
Forschungen,  die  sich  nicht  blos  auf  ein  einziges  Land  uad 
seine  Lebendgeborenen,  auch  nicht  auf  die  ziemlich  unsicheren 
Angaben  aus  dem  vorigen  Jahrhundert  bezogen,  hatte  idi  mich 
überzeugt,  dass  die  hier  und  da  bemerkbare,  wenn  auch 
nur  scheinbare  Beziehung  zwischen  Nahrungspreisen  und  Höhe 
des  Knabenuberschusses  auf  andere  Weise,  als  durch  direct 
einwirkenden  Nahrungseinfluss  zu  Stande  kommen  könne.  Die 
Darlegung  meiner  jetzigen  Ansicht,  die  sich  namentlich  auf 
das  Studium  der  Heirathsfrequenz,  des  Heirathsalters  und  der 
Fruchtbarkeit  der  Bevölkerung  unter  den  mannichfachsteo 
Verhältnissen  stützt,  muss  einer  eingehenderen  Behandlung 
des  Gegenstandes  vorbehalten  bleiben. 


gr 


XYII.  NoÜBMi  au  dw  Joanud-Litoimtar.  247 

XVII. 
Notizen  ans  der  Journal-Literatur. 


Braxton  Hieks:  Ueber  eine  neue  Wenduogsmethode. 

Die  ron  HielcM   empfohlene  Methode    der  Wendang  auf  des 

'  untere  Kämpfende   beruht  weeentlich  «nf  Kueseren  Handgriffen. 

Von  den  Thateachen  ausgehend,  daas  1)  bei  quer  gelagerten  und 

mit  der  BauchflAche'dem  Cerviz  zugewandten  Fötne  ea  auch  bei 

nur  wenig  eröffnetem  Muttermunde  wohl  immer  gelingt,  mit  einem 

*  oder  swei  Fingern  einen  Fuss  oder  ein  Knie  der  Frucht  an  er- 
^  greifen;  2)  bei  nach  unten  gekehrter  Rückenfläche  doch  in  der 
^  Begel  eine  Seitenflftche  des  Kindes  tiefer  als  die  andere  steht, 
y                   somit   ein  Knie   dem  Finger  über  dem  Muttermunde   zugänglich 

ist;  dass  3)  in  Folge  der  Form  der  hochschwangeren  Gebärmutter 
die  ersten  Wehen  den  Fötus  mit  seiner  Längenachse  in  die  gleich- 
^  namige   des  Uterus   zu  drängen  suchen,    und   dass   deshalb   eine 

fe  •   geringe   Unterstützung  dieser  Neigung   zur  Längenlage   letztere 

jjgf  laicht  zu  Stande  bringen  wird;  —  von   diesen  Sätzen  ausgehend 

empfiehlt  Verf.,   mittels  zweier  durch  den  Muttermund  geführten 
Finger  den  vorliegenden  Kindstheil  (Kopf)  in  die  Hohe  und  vom 
^  Cerviz  ab  znr  Seite   zu  dnlngen,  während  die  freie  Hand   von 

Bi.  aussen   her    zugleich    den    Steiss   in    der   dem   Kopfe    entgegen- 

^  gesetzten  Seite  herab-   oder  abwechselnd  den  Kopf  hinauf*  und 

;  den  Steiss  berabdrüokt.     So  gelänge  es,   ein  Knie  in  die  Mähe 

*  des  Muttermundes   zu   bringen;    dieses  sei  alsdann  von   den   in 
letzterem   befindlichen  Fingern  zu  ergreifen  und  so  weit  herab- 

1^^  znstrecken,    dass    die    Hüften   im   Beoken eingange    stehen.     Bei 

(^  Querlage    bedürfe   es  natürlich  einer  viel  geringeren  Nachhülfe 

^  von  aussen,  um  die  Beckenlage  herzustellen. 

Diese  „  sich  durch  ihre  Sicherheit  aaszeichnende  '^  Methode 
(in  welcher  Bef.  gerade  nicht  viel  Nenes  findet,  und  die  wohl 
nur  selten  zur  Ansföhrung  kommen  kann,  da  sie  die  Möglichkeit 
der  Ausführung  der  Wendung  dnrch  äussere  Handgriffe  —  ein 
seltenen  Ereigviss  -—  voranssetzt)  habe  folgende  Vorzüge  vor  der 
gewöhnlichen  Wendnngsart:  Durch  Vermeidung  def  fiinfithnuig 
der  Hand  und  des.  Armes  in*  die  Gebärmutter  vermeidet  man 
Irritation  joner,  verhindert  den  Eintritt  von  Luft  in  den  Uterus  (?), 
Terringert  die  Oefahr  der  Ruptur  «ftd  erspart  sieh  selbst  viel 
Mühe  und  Last;  auch  sei  es  ein  Vorzug,  dass  bei  der  neuen 
Methode  man  die  Eihäute  an  zerreissen  nicbt  nöthig  habe  (?). 
Dieses  neue  Verfahren  soll  nun  in  allen  Fällen  abnormer  Lage, 
sobald  der  Finger  in  den  Terviz  eingeführt  werden  kann,   geübt 


248  ^^11-    Notisea  aas  der  Jovraal-Liteffmtvr. 

werden;  ferner  bei  schlechter  Kopfiitelliiiig;  bei  Eclampeie,  «m 
die  Gebart  su  beschlentiigea  nnd  die  hier  grosse  Gefährlichkeit 
der  Einführung  der  Hand  in  die  Gebärmutter  su. vermeiden;  in 
vielen  FAÜen  von  Beckenenge,  um  den  Druck  des  anteren  Uterin- 
segmentes RwiHch«»n  Kopf  und  den  vorspringenden  Partien  des 
Beukenpinganges  ku  umgehen.  Vor  Allem  aber  emp6ehlt  lüdet 
seine  Methode  bei  Plac.  praevia,  besonders  bei  Plac.  pr.  lateralis. 
Da  sie  sehr  früh,  bei  nnr  wenig  offenem  Muttermunde  auafiihrbar 
sei,  so  besitze  man  in  ihr  eiu  Mittel,  so  früh  als  möglich  einen 
naturlichen  Tampon  für  die  blutende  Fläche  (durch  den  herab- 
gebrachten und  stetig  sanft  angesogenen  äteisn)  lu  bilden*  nnd 
habe  die  etwa  nothwendige  Beendigung  der  Geburt  schon  sehr 
früh  in  der  Gewalt.  Fünf  vom  Verf.  eraahlte  Beobachtnngen  Ton 
PUc.  pr.  lateralis  scheinen  sehr  giiusrig  für  die  Methode  sa 
sprechen,  iusufern  als  die  Blutung  durch  die  Kinleitong  des 
Steisjes  in  den  Muttermund  mehr  weniger  vollständig  in  allen 
fünf  Fällen  gestillt  wurde;  indess  wurden  vier  der  fünf  Kinder 
tpdi  geboren,  das  fünfte  asph/ctisch,  aber  wieder  sam  Athmen 
gebracht. 

(Lancet,  14.  n.  21.  Juli  18G0.)  0. 


Legrand:    Tod,  in  Folge  einer  Jodeinspritcung  In   eine 
£ier8tocksky8te. 

Bei  einer  66 jährigen  Frau  war  im  Mai  1800  bereits  eine 
Function  mit  nachfolgender  Jod- £inspritcttng  ausgeführt  worden. 
Es  erfolgte  kaum  eine  Reaction  und  die  Kranke  konnte  nach 
aeht  Tagen  wieder  ausfahren;  die  Hydropsie  kehrte  indess  schnell 
wieder.  Die  Frau  verlangte  troca  ihrer  allgemeinen  Schwäche 
eine  Wiederholung  der  Operation.  Da  ein  als  sehr  vorsichtig 
bekannter  hinzugezogener  Arzt  sich  jedoch  dagegen  aussprach, 
wurde  die  Puuction  durch  einen  anderen  geschickten  Arzt  voll- 
führt. Die  erste  Puuction  hatte  der  Kranken  schon  viele  Sebmerzen 
gemacht;  die  zweite  jedoch  noch  viel  mehr.  Es  flössen  7-^6  Litres 
einer  gutartigen  Flüssigkeit  ab.  In  dem  Augenblicke  der  Ein- 
epritzung  der  Jodflüssigkeit  verfiel  die  Kranke  in  eine  fzet  voll- 
ständige Ohnmacht,  ein  heftiger,  nicht  zu  beseitigender  Frost 
folgte,  dann  Uebelkeiten,  Peritonitis  und  46  Stunden  nach  der 
Operation  der  Tod. 

L.  erinnert  daran,  das«  er  schon  früher  (K^vue  de  th^rap. 
m^dico-cbir.,  Nov.  1860,  No  2  et  3)  zwei  Fälle  veröffentlicht 
habe,  die  nh  dem  oben  Berichteten  die  volUcoaomettste  Aeknlidi- 
keit  darbieten. 

(Gaz.  des  b6pit.,  No.  80,  1861.) 


XVII.    Noüseii  AQ0  der  JonnmJ-LUeratar.  2tö 

PbltJt:    Nene    Operationsmetbode    der   Fistala    yeeico- 
▼  agiDalii. 

Dnrch  neun  SteinKchnitte,  welche  Verf.  an  Mndelien  ansfiihrte, 
liberzeiii^te  er  sich,  das8  dns  Spalten  der  Urethra  und  des  HlHHen- 
hnlses  nach  oben  und  seitlich  zum  Hehiife  des  Eintuhrcns  des 
Fingferd  und  der  Steinxange  in  die  Blase  kein  besonders  gefähr» 
lieber  Kingriff  sei,  dass  weder  die  Blutung  noch  die  darauf- 
folgende Keaction  und  Fieber  gefahrbringend  seien,  dass  man 
genug  Raum  gewinne,  selbst  bei  ganz  jungen  Kindern,  Steine 
von  ziemlichem  Durchmesser  zu  entfernen,  dass  man  ferner 
durch  den  eingebrachten  Finger  ziemlich  weit  die  Blase  gegen 
den  Scheideneingang  drängen  könne. 

'  Da  nun  theils  die  Unzulänglichkeit  oder  wenigstens  schwere 
Zugängliehkeit  des  tief  gelegenen  Sub8tanzverlu.<tes,  theils  das 
Fehlen  einer  unterstützenden  Unterlage ,  bauptsäcjilich  aber  die 
Spannung  der  vereinigten  Theilo  dem  Gelingen  der  Operation 
einer  Blasensch'eidenfistel  hinderlich  ist,  so  bestand  die  Operations- 
weise des  Verf.  darin,  dass  er,  nach  eingeführter  Hohlsonde, 
mit  dem  Knopfbistourie  die  Harnröhre  und  einen  Theil  des 
Blasenhalses  diagonaliter  nach  oben  und  seitlich  spaltete  und  so 
hinlänglich  Raum  gewann,  um  mit  dem  Zeigefinger  in  die  Blase 
zu  gelangen.  Mit  dem  gekrümmten  Zeigefinger  wird  nun  die 
Urethra  und  Blase  sammt  der  Fistel  gegen  den  Scheideneingiing 
gedrängt,  wo  dann  der  Gehiilfe  die  Auffrischung  der  Wund- 
ränder und  Anlegen  der  Nähte  auf  bequeme  Weise  ausführt. 
Um  die  so  erwünschte  Unterlage  und  Stütze  herzustellen,  wäre 
es  vielleicht  auch  möglich,  auf  beiderseits  der  Wnudränder 
eingelegten  elastischen  Stäbchen  die  Zapfenuaht  anzulegen  und 
die  Nähte  über  eine  dazwischen  gelegte  Gutta -percha- Platte  zu 
knüpfen. 

In  einem  Falle,  wo  Verf.  in  der  genannten  Weise  operirte, 
der  jedoch,  da  wegen  Mangel  aller  Gebülfen  eine  genaue 
Coaptation  der  Wuiidränder  nicht  erzielt  werden  konnte,  miss- 
lang,  überzeugte  sich  derselbe  selbst  durch  den  misslungenen 
Versuch  von  der  praktischen  Ausführbarkeit  und  Gefahrlosigkeit 
seiner  Methode. 

(Wiener  med.  Wochenschrift,  1861,  Ko.  8.) 


Martin:   Ueber  Chloroforminhalationen  in  der  Gebarts- 
hülfe. 

Martin  hielt  einen  Vertrag  über  die  Anwendung  der  Chloroform- 
iohalationen  in  der  Geburtshülfe  nnd  ist  nach  Beobachtung  von 
nahem  1000  Fällen  au  folgenden  Resultaten  gelangt. 


260  XXVII.    Novaen  ans  der  Journal- Li teraiar. 

,  1)  Die  Narkose  tritt  bei  Oebäresden  Tiel  leichter  ein,  als 

bei  Nicht^ebärenden.     Oft  war  ^ß  —  5j.  Cbloroform  hinreichend, 
selten  ^ß.  pro  dosi. 

2)  Nie  trat  ein  irgendwie  bedrohlicher  Zufall  anf;  auch  aah 
er  TOQ  den  üblichen  Dosen  keinen  störenden  Einflnss  anf  die 
Wehenthätigkeit.  Diese  wnrde  höchfitens  im  Anfange  etwas  ge- 
schwächt, setzte  aber  nie  ganz  ans,  ja  selbst  das  Verarbeiten 
der  Wehen  erlitt  keine  Beeinträchtigung. 

3)  Hinterbleibendes  Missbehagen,  Uebelkeit,  Eingenommen- 
heit des  Sensorinm  etc.  treten  nicht  ein,  wenn  man  den  Schlaf 
nicht  stört,  welcher  der  Narkose  zu  folgen  pflegt,  and  durch 
den  eine  Elimination  aus  dem  Blute  stattzufinden  scheint. 

Diese  'durchweg  günstigen  Resultate  schreibt  Martin  haupt- 
sächlich seiner  Applicationsweise  zu,  indem  er  mit  kleinen 
Dosen  beginne,  die  auf  ein  kleine%  Taschentuch  gegossen  werden. 
Dasselbe  wird  dann  der  Kreissenden  so  an  der  Stirn  festgehalten, 
dass  es  vor  Mund  und  Nase  herabhängt  und  das^  die  Kreiseende 
stets  atmosphärische  Luft  mit  athmet. 

Die  speciellen  Indicationen  sind: 

Uebermässige  Empfindlichkeit;  Zangenoperation, 
weil  hier  durch  ruhiges  Verhalten  der  Kreissenden  das  Gelingen 
der  Operation  gefordert  wird;  Wendung  auf  die  Füsse,  indem 
hier  die  Einführung  der  Hand,  das  Ergreifen  des  Fusses  und 
die  Umdrehung  des  Kindes  erleichtert  wird.  Sehr  werthyoll  sei 
auch  die  Narkose  bei  Perforation  und  Kephalothrypsie,  besonders 
wenn  schon  Entzündungsgeschwulst  der  Genitalien  eingetreten 
sei;  desgl.  bei  Nachgeburtsoperationen. 

Bei  Eclampsie  sah  Verf.  die  Anfalle  sich  massigen  und 
▼ÖUig  ausbleiben. 

Für  weniger  nöthig,  wenn  man  von  dem  psychischen  Ein- 
drucke absehe,  hält  Verf.  die  Narkose  beim  Kaiserschnitt,  weil 
derselbe,  abgesehen  von  dem  Hautschnitte ,  nach  seinen  Er- 
fahrungen wenig  schmerzhaft,  sei. 

Vorsicht  empfiehlt  Verf.  bei  vorgeschrittener  Tnbercnlose, 
ausgesprochener  Plethora,  sowie  bei  Herzfehlern. 

(Verhandlungen  der  ^^/e{aiuf*schen  Gesellschaft  in  Berlin. 
Sitzung  am  22.  Februar^  1861.  —  Allgem.  med. .  Central- 
Zeitnng,  1861,  20.  Stück.) 


XVIIL 

Zur  Eenntniss  eines  schottiflchen  von  mir. 
modiflcirten  Hysterophors. 

Von 

Profesflior  Dr.  Breslau  in  Zürich. 

(Nebst  einer  Tafel  AbbildangeD.) 

Als  ich  ?or  sechs  Jahren  mich  in  Edinburg  aufhielt, 
zeigte  mir  mein  hochgeehrter  Freund  ßr.  Matthetos  Dunean 
einen  kleinen  hölzernen  Hysterophor  (wenn  ich  mich  recht 
erinnere  von  Dr.  Weir  angegeben) ,  den  er  mir  seiner  Einfach- 
heit, Billigkeit  und  Tauglichkeit  wegen  sehr  empfahl.  In  der 
unvergleichlichen  schottischen  Hauptstadt  war  meine  Auf- 
merksamkeit auf  so  vielerlei  Gegenstände  gerichtet,  dass  ich 
das  kleine  Instrument  wenig  beachtete,  indess  entsinne  ich 
mich  noch  genau,  dass  Dr.  Duncan  meinen  Ehiwurf:  „das 
Instrument  müsse  doch  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  immer 
Leraiisfallen  ,"*  nicht  gelten  lassen  wollte,  indem  er  darauf 
hinwies,  dass  die  contractile  Scheide  sibh  um  seine  teller- 
förmigen Anschwellungen  herumlege  und  dadurch  dasselbe 
trage,  welches  für  sich  wieder  den  prolabirt  gewesenen, 
reponirten  Uterus  zurückhalte.  Gerade*  in  der  grossen  Ein- 
fachheit des  Hysterophors,  der  keine  Unterstützung  von  aussen 
bedürfe,  lag  nach  Dr.  Duncan's  Meinung  sein  Hauptvorzug. 
Nach  Hünchen  zuröckgekehrt,  wo  ich  in  meiner  Stellung  als 
Assistenzarzt  an  der  medicinischen  Poliklinik  von  Anfang  an 
vielfach  Gelegenheit  hatte,  Frauen  mit  Vorfall  des  Uterus  zu 
behandeln,  säumte  ich  nicht  ein  mitgebrachtes  Modell  aus 
Buchsbaumholz  (s.  Fig.  I.)  vervielföltigen  zu  lassen  und  habe 
seitdem  sehr  häufig  den  Werth  und  die  Tragkraft  des  schottischen 
Abkömmlings  in  der  poliklinischen  Privat-  und  Hospital -Praxis, 

llonMiMbr.  f.  Oeburtik.  1861.  Bd.  ZVIJI.,  Hfl.  4.  17 


252       XVIII.    Breslau  t  Zar  Kenntniss  eines  schottUehen 

demnach  unter  den  verschiedensten  Verhältnissen  geprüft 
Meine  Erfahrungen  über  diesen  Gegenstand  gehen  zwar  nicht 
in  die  Hunderte,  aber  es  sind  deren  doch  viele  Dutzende, 
und  so  glaube  ich  auch  mich  keiner  Uebereilung  schuldig  zn 
machen,  wenn  ich  jetzt  meine  Erfahrungen  in  diesen  Blättern 
niederlege. 

Im  Anfange  habe  ich  Hysterophore  getreu  nach  dem 
Modelle  gearbeitet  angewendet,  bin  aber  bald  zu  der  lieber- 
zeugUQg  gekomffien,  dass  nur  bei  Jenen  Vorfällen,  bei  welchen 
keine  Zerreissung  des  Dammes,  keine  langdauerode  Erschlaffung 
der  Scheiden  wände,  keine  irgendwie  beträchtliche  Hypertrophie 
des  Uterus  vorhanden  ist,  und  in  jenen,  in  welchen  das 
Geschäft  der  an  Uterusvorfall  leideadea  Frauen  eine  consequente 
Schonung  der  Bauchpresse  möglich  macht,  somit  in  einer 
verhältnissmässig  sehr  beschränkten  Zahl  das  Instrument  einmal 
in  die  Scheide  eingebracht,  von  selbst  trage  und  getragen 
werde,  dass  aber  in  bei  weitem  der  grösseren  Mehrzahl  von 
Vorfallen,  wie  nuin  sie  insbesondere  bei  der  ärmeren  und 
schwer  arbeitenden  Classe  zu  finden,  pflegt,  der  einfache 
Weir^sche  Hysterophor  keine  guten  Dienste  leistet,  indem  er 
bei  schlafler,  weiter  Scheide,  Hypertrophie  des  Uterus  and 
zerrissenem  Damme  schon  bei  geringer  Bewegung  und  leichter 
Anstrengung  der  Baucbpresse  sofort  herausfallt 

Deswegen  habe  ich  schon  bald  nach  meinen  ersten  Ver- 
suchen das  Instrument  dahin  abändern  lassen,  dass  das  untere 
Ende  des  Stieles  mit  einer  hemdknopfartigen  Vorrichtung  ver- 
sehen wurde  (s.  Fig.  It,  a),  welche  dazu  dient,  das  Instrument 
bequem  mit  einer  Perinäalbinde  in  Verbindung  zu  bringen. 
Eine  yveitere,  ganz  natürlich  sich  daran  anreihende  Zugabe  war 
eine  circuläre,  mit  Riemen,  Häkchen  oder  Knöpfen  verseliene 
Unterleibsbinde,  an  welche  die  Perinäalbinde  vom  und  rück- 
wärts durch  je  zwei  schmale  Fortsätze  befestigt  wird.  Durch 
eine  solche  Bandage  wird  schon  ein  recht  tauglicher  Trag- 
apparat hergestellt,  der  noch  verstärkt  werden  kann;  wenn 
man  an  die  Leibbinde  Tragbänder  anbringt,  welche  über  die 
Schultern  verlaufen  und  sich  rückwärts  kreuzen  (s.  Fig.  Vi), 
Mit  einem  solchen  Apparate  versehen  trägt  eine  Frau  ihren 
Uterus  gleichsam  auf  den  Achseln.  In  Fällen  grosser  Er- 
schlaffung der  Baucbdeckea  mit  habituellem  Meteorismus  habe 


TOB  mir  modiflcirten  Hyateropbort.  253 

ich  die  Leihbinde  durch  eine  breite  Pelote,  auch  Ceinture 
bypogasirique  genannt,  ersetzl,  welche  weniger  leicht  ihren 
Platz  verändert  wie  die  Leibbinde  und  den  Vortheil  gewährt, 
das8  sie  durch  den  von  ihr  ausgeübten,  in  der  Richtung  yon 
uolea  schief  nach  aufwärts  wirkenden  Druck  die  sonst  bei 
je*dei*  Bewegung  bedeutenden  Dislocationen  der  Unterleibs* 
etngeweide  verhütet  und  dadurch  manchen  Frauen  das  Stehen 
jind  Arbeiten  erleichtert. 

In  einem  Falle  von  Complication  eines  Uterusvorfalles 
mit  einer  Schenkelhernie  habe  ich  die  Ceinture  hypogastrique 
mit  einer  Pelote  gegen  die  Hernie  verbinden  lassen.  Die 
Perinäalbinde  und  ihre  schmalen  Fortsätze  nach  vorn  und 
hinten  habe  ich  früher  aus  Leder  verfertigen  lassen,  in 
neuerer  Zeit  aber  lasse  ich  dazu  vulcanisirten  Cautchonc  ver* 
wenden,  um  sie  geschmeidiger  und  elastischer  zu  machen 
(s.  Fig.  IV.)  Die  Bauchbinde  besteht  aus  Flanell,  die  Trag* 
bänder  aus  elastischem  Zeuge. 

Dm  den  hölzernen,  mit  Löchern  zum  Ab6usse  der  Secrete 
versehenen  Hysterophor  für  alle  Fälle  gleich  brauchbar  zu 
machen,  mösste  man  eine  grosse  Reihe  von  verschiedener 
Grösse  bereit  hatten,  allein  ich  habe  gefunden,  dass  eine 
kleinere  und  eine  grössere  Sorte  für  den  gewöhnlichen  Ge- 
brauch ausreicht  und  dass  man  nur  selten  davon  abzuweichen 
genölhigt  ist  Der  Unterschied  beider  Sorten  liegt  nur  in 
dem  Durchmesser  des  kreisförmigen  Teilers,  der  bei  der 
kleineren  Sorte  V  6'"  (Par.  Maass)  (Fig.  IL),  bei  der  grösseren 
1"  10'"  beträgt  (Fig.  IIL,  a  u.  b).  Die  Höhe  ist  bei  beiden 
gleich  gross,  nämlich  3  ".  Die  mittlere  tellerförmige  Anschwellung 
habe  ich  in  der  letzten  Zeit  ganz  weggelassen  (s.  Fig.  III.), 
da  ich  sie  für  ganz  unnöthig  halte,  wenn  der  Hysterophor 
nicht  durch  die  umklammernde  Scheide,  sondern  durch  die 
Perinäalbinde  (wie  in  Fig.  IV.)'  gehalten  wird.  Der  grösseren 
Sorte  bediene  ich  mich  im  Ganzen  häufiger  als  der  kleineren, 
ila  bekanntlich  die  Cervicalpartie  des  Uterus  bei  Vorfall  häufig 
angeschwollen  ist  und  auf  dem  breiteren  Teller  eher  eine 
Stütze  und  einen  Ruhepunkt  findet,  als  auf  einem  schmäleren. 

Der  ganze  Apparat,  wie  ich  ihn  oben  beschrieben  habe, 
scheint  etwas  coroplicirter  Nator  zu  sein,  aber  er  ist  es  in 
der  That  nicht,   denn   ein  Theil   fügt  sich  organisch  an  den 


254       XVIII.   BreMlau,  Zur  KenntiiiM  einet  sebottiBcheD 

anderen,  ein  Theil  ergänzt  und  verstärkt  den  anderen  ond 
da  die  einzelnen  Theile  nach  Bedürfniss  yerlängert  oder  ver* 
kürzt  werden  können  und  grossentbeils  elastisch  sind,  so  ist 
hiermit  so  *  viel  Spielraum  je  nach  den  wechselnden  lemporiren 
und  individuellen  Verhältnissen  gegeben,  dass  das  Tragen  des 
vollständigen  Apparates  wenigstens  keine  Last  ist,  wenn  man 
auch  zugeben  muss,  dass  er,  wie  die  meisten  seiner  Ver- 
wandten, besonders  bei  Fettleibigkeit  und  in  der  heissen 
Jahreszeit  zu  den  Unbequemlichkeiten  des  menschlichen  Lebens 
gehört. 

Ich  komme  nun  darauf  zu  spreclien,  warum  ich  den 
schottischen,  von  mir  modifleirten  Hysterophor  für  zweckmässig 
halte.  Beim  Vorfalle  des  Uterus  ist  unsere  Aufgabe  i^vesentlich 
eine  doppelte,  nämlich  1)  den  reponirten  Uterus  durch 
mechanische  Mittel  in  seiner  natürlichen  Lage  zu  erhalten 
und  vor  äusseren  Insulten  zu  schützen,  2)  darauf  hinzuwirken« 
dass  er  mit  der  Zeit  auch  ohne  mechanische  Stütze  in 
seiner  natürlichen  Lage  bleibe,  oder  mit  anderen  Worten, 
dass  der  Uterusvorfall  geheilt  werde.  SeheJi  wir  nun,  ob  es 
möglich  ist,  diesen  doppellen  Zweck  durch  unseren  Apparat 
zu  erreichen. 

Was  den  ersten  Theil  unserer  Aufgabe  betrifft,  so  wird 
Jed^r  a  priori  bei  Beti*achtung  des  Apparates  zu  der  Einsicht 
gelangen,  dass  er,  wenn  richtig  angelegt,  den  Uterus  empor- 
heben und  tragen  muss  und  zwar  in  einer  Höhe  und  Lage, 
die  seiner  natürlichen  Stellung  entspricht,  dass  femer  der 
Uterus,  in  die  Beckenhöhle  S"  vom  Scheideneingange  zurück^ 
gebracht,  vor  äusseren  Insulten  bewahrt  ist  und  bleibt,  so 
lange  der  Apparat  nicht  entfernt  wird.  Diese  aprioristische 
Betrachtung  wird  durch  die  Erfahrung  bestätigt,  indem  man 
sich  durch  directe  Untersuchung  mit  dem  Gefühl-  und  Gesichts- 
sinne überzeugen  kann,  dass  der  Apparat  auch  bei  bedeutenden 
Anstrengungen  und  verschiedenen  Stellungen  des  Körpers  sich 
nicht  dislocirt  und  keine  •  Dislocation  des  Uterus  und  der 
Scheide  abwärts  zulässt,  sondern  kräftig  verhindert 

Was  den  zweiten  Theil  des  zu  erfüllenden  Zweckes  an- 
belangt, welcher  nicht  blos  eine  temporäre  Beseitigung, 
sondern  eine  dauernde  Heilung  eines  bestehenden  Vorfalles 
verfangt,  so  steht  der  Erreichung  desselben  von  Seite  unseres 


TOD  mir  modifioirten  Hjateropho».  255 

Apparates  nichts  im  Wege.  Viel  hängt  dabei  freilich  Ton 
den  begleitenden  Umstanden,  von  dem  gewissenhaften  längeren 
Tragen  des  Apparates,  von  zeitweiser  Ruhe,  von  dem  Ge- 
brauche tonisii^ender,  kalter  Douchen  etc.  ab,  denn  es  kommt 
ja  Alles  darauf  an,  dass  die  erschlafften  Weichtheile  ihre 
frühere  Elasticität  wieder  erhalten,  dass  der  schwere  hyper* 
trophische  Ut^us  abschwelle  .und  sich  involvire.  Dies  zu 
erreichen  verlangt  eine  hier  nicht  weiter  zu  verfolgende 
Therapie,  aber  so  viel  darf  mit  Sicherheit  ausgesprochen 
werden,  dass  das  Tragen  unseres  Apparates  die  Möglichkeit 
einer  dauernden  Heilung  uro  so  eher  zulässt,  als  er  nicht  wie 
andere  derartige  die  Scheidenwände  übermässig  ausdehnt, 
sondern  in  dem  an  und  für  sich  weiteren  Grande  der  Scheide 
«inen  bescheidenen  Platz  einnimmt. 

Betreffend  die  Einführung  des  Hysterophors  habe  ich  zu 
erwähnen,  dass  natürlich  die  Kranken  angewiesen  werden, 
ihn  sich  selbst  ein-  und  auszubringen.  Dies  geschieht  entweder 
im  Liegen  oder  auch  im  Sitzen,  am  Besten  an  den  Rand 
eines  Stuhles  halb  vorgerückt.  Zuerst  muss  der  Vorfall  reponirt 
werden,  dann  wird  der  eingeölte  Hysteropbor  so  in  die 
Genitalien  eingeschoben,  dass  der  Stand  des  oberen  Tellers 
parallel  mit  der  Schamspalte  verläuft  und  es  wird  nun,  sobald 
der  grösste  Umfang  des  obersten  Tellers  in  den  Scheiden- 
eingang eingedrungen  ist,  der  bis  dahin  den  einen  Schenkel 
in  rechtem  Winkel  kreuzende  Stiel  nach  abwärts  zwischen  beide 
Schenkel  gesenkt  und  der  Hysteropbor  somit  in  der  Richtung 
gegen  das  Promontorium  vorgeschoben.  In  umgekehrter  Weise 
geschieht  das  Herausnehmen.  Dieses  Manoeuvre  wird  auch 
von  den  ungelehrigsten  Kranken  In  kurzer  Zeit  verstanden 
und  mit  Lekhtigkeit  ausgeführt,  und  ich  habe  nie  gefunden, 
dass  man  dabei  auf  Schwierigkeilen  stösst  Bei  Nacht  lasse 
ich  den  Hysteropbor  immer  herausnehmen,  denn  so  gering 
auch  der  Reiz  ist,  den  ^  auf  die  umgebenden  Weichtheile 
ausübt,  so  ist  es  doch  besser,  wenn  dieselben  öfters  ganz 
sich  selbst  überlassen  bleiben;  zudem  ist  in  horizontaler  Lage 
jeder  Hysteropbor  unnöthig  und  es  können  dann  früh  und 
Abends  Waschungen  und  Injectionen.etc.  vorgenommen  werden. 

Mancher  Leser  dieser  Zeilen  wird,  an  diesem  Punkte 
angekonomen,  bei  sich  denken:  „Nun,  der  PTetr'sche  Hysteropbor 


258    ^1^*   Sehuehardtf  ZwUUogtgeburt  mit  Placeata  praeW«. 

XIX. 
Zwillingsgeburt  mit  Flacenta  praevia. 

Beobachtet 
Dr.  Bernhard  Schachardt, 

Oberf«rieht8  •  and  L^ndphyal kn«  b«  Nlenbarg  an  dar  Weaer  tn  HaanoTwr. 

Die  Seltenheit  solcher  Fälle  mag  es  rechtfertigen,  dass 
ich  einen  von  mir  im  vergangenen  Jahre  beobachteten  kuri 
veröflenlliche. 

Frau  H.^  zweite  Frau  des  Brinksitzers  H.  in  Holtorf, 
einem  Dorfe,  welches  ^4  Stunden  von  Nienburg  entfernt  ist, 
hatte  sich  Anfang  des  Jahres  1860  im  Alter  von  37  Jahren 
yerheirathet'  und  bis  dahin  nicht  geboren.  Sie  war  klein, 
etwas  mager  und  untersetzt;  der  Rücken  war  etwas  schief, 
was  durch  einen  Fall  auf  die  oberen  Lendenwirbel  in  früher^ 
Jugend  bedingt  war,  aber  auf  die  Räumlichkeiten  des  Beckens, 
welche  ich  bei  einer  späteren  Untersuchung  ganz  normal 
beschaffen  fand,  keinen  erheblichen  beschränkten  Einfluss 
ausgeübt  hatte.  Die  Frau  will  Hitte  Mai  zum  letzten  Male  ihre 
Periode  gehabt  und  gegen  Michaelis  die  ersten  Kindesbewegungen 
gespürt  haben.  Den  25.  November  1860  erhielt  ich  die  erste 
Nachricht  von  der  Frau,  welche  ich  bis  dahin  nicht  kannte, 
indem  der  Mann  derselben  zu  mir  kam  und  mir  berichtete, 
dass  seine  Frau,  welche  seit  denf  Frühjahre  schwanger  sei, 
vor  14  Tagen  zum  ersten  Male  ohne  eine  nachweisbare 
schädliche  Veranlassung  eine  starke  Blutung  aus  den  Ge- 
schlechtstheilen  bekommen  habe,  dass  dieselbe,  nachdem  die 
Frau  saure  Tropfen  genommen,  welche  ihr  von  einem  anderen 
Arzte  hiesiger  Stadt,  Di;.  &,  verschrieben  waren,  ohne  dass 
derselbe  sie  aber  überhaupt  gesehen  hatte,  nicht  wiedergekehrt 
sei,  dass  sie  aber  mit  erneuerter  Heiligkeit  denselben  Morgen 
des  25.  November  wieder  eingetreten  .  sei.  Ich  begab  mich 
sofort  zur  Patientin  und  fand  sie  in  folgendem  Zustande. 
Die  Blutung  hatte  fast  ganz  wieder  aufgehört,  die  Frau,  vrelche 
im  Bette  lag,  war  massig  blass  und  hatte  einen  Puls  von 
etwa  100  Schlägen  in  der  Minute,   welcher  weich  und  klein 


XIX.   Sehmckaräi,  ZwiUingtgebart  mit  PUoenU  praevia.     259 

war.    Der  Fundus  uteri  sUnd.  bis  über  den  Nabel  und  der 
Leib   war   besonders   in   die  Breile  sebr  ausgedehnt     Man 
föbJte    lebhaflere   Kindesbewegungen    links,    ganz    schwache 
rechts  vom  Nabel.    Fötalberzschlag  war  in  der  Mitte  zwischen 
Nabel  und  Symphyse  schwach  zu  hören;  trotz  der  genauesten 
Untersuchung  lionnte  nur  ein  Fötalherzschlag  wahrgenohamen 
werden.     Bei    der    inneren   Untersuchung    zeigte    sich   der 
Muttermund  noch  fast  ganz  geschlossen,   so  dass  man  mit 
dem   Finger  nicht  eindringen  konnte.    Die  Portio  vaginalis 
fübhe  sich  dagegen  weicher  und  aufgelockerter  an,  als  sonst 
bei  Erstgebärenden  dieses  Zeitraumes.    Es  wurde  eine  fort- 
gesetzte ruhige  Lage   und   kühlende  Diät  angeordnet  und  die 
sauren  Tropfen  (Elix.  acid.  Hallt^ri)  fortgegeben.    In  der  Nacht 
vom  30.  November  zum  1.  December  war  wieder  eine  starke 
Blutung  eingetreten.    Als  ich  die  Frau  den  2.  December  be- 
suchte,  fand   ich  sie  anämischer,   die  Portio  vaginalis  war 
mehr  verkürzt  und  der  Muttermund  etwas  geöffnet,  so  dass 
ich  mit  einem  Finger  ohne  Schwierigkeit  eingehen  und  durch 
directe  Betastung  die  Existenz  einer  Placenta  praevia  nach- 
weisen konnte.     Obgleich  ich,  da  die  Schwangerschaft  nach 
dem  Ausbleiben  der  Periode  und  der  ersten  Kindesbewegungen 
kaum  viel  über  die  28.  Woche  gelangt  sein  konnte,   gern 
noch  mit  der  Beendigung  ^er  Geburt  auf  künstlichem  Wege 
in  Rücksicht  auf  die  mögliche  Erhaltung  des  oder  der  Kinder 
gewartet  hätte,  so  hatte  ich  doch  bei  dem  Stande  der  Dinge 
die  gewisse  Ueberzeugung ,  dass  ich  bei^  der  nächsten  be- 
deutenderen Blutung  doch  zu  derselben  unverzüglich  würde 
schreiten   müssen   und    instruirte  in  diesem  Sinne  die'  An- 
gehörigen, mich  dann  augenblicklich  zu  holen.  Den  3.  December 
Abends  10  Uhr  trat  wiederum  eine  heftige  Blutung  ein.    Ich 
traf  um   12  Uhr  Nachts  bei  der   Frau  ein.    Sie  sah   sehr 
blass  und  eingefallen  aus,  der  Puls  war  sehr  klein,  frequent, 
und  seit  einiger  Zeit  wai*en  regelmässige,  in  grösseren  Zwischen- 
räumen auftretende,  schwache  Wehen  vorhanden.    Die  Portio 
vaginalis  war  verstrichen,  der  Muttermund   zur  Grösse  eines 
Viergutegroschenstückes  erweitert  und  man  fühlte  durch  den- 
{»elben  die  Lappen  der  Placenta  hindurch.    Die  Ausdehnung  des 
Leibes  war  eine  bedeutende,  mehr  in  die  Breite  entwickelte; 
Kindesbewegungen  fühlte   man   deutlichere  nach  links,   ganz 


260     XIX-    'SfcAvcAarii^  Zwillingsgebiirt  mitPIaeentapraerU. 

schwache  und  unbestiminte  nach  rechts  Tom  tiAd.  F§tal- 
bersschlag  war  nur  einer  und  zwar  nach  abwärts  v»in  Nabel 
zo  hören.  Da  die  Blutung  noch  fortdauerte  ijind  die  Blutleere 
der  Frau  schon  einen  beträchtlichen  Grad  erreicht  hatte,  da 
ohnehin  schon  Wehen  vorhanden  waren  and  die  Erweiterung 
des  Muttermundes  begonnen  hatte»  so  schritt  ich  am  I2V4  Uhr 
zur  kAnstlichen,  raschen  Beendigung  der  Geburt  Ich  ging 
mit  der  rechten  Hand  ein,  erweiterte  den  Muttermund,  löste 
die  Placenta  nach  links  von  der*  inneren  Uteruswand,  sprengte 
oberhalb  der  Placenta  in  der  linken  Seite  der  Gebärmutter 
die  Eihäute,  ergriff  den  rechten  Fuss,  fQhrte  denselben  herab 
und  extrahirte  das  Kind.  Die  urspröngliche  Lage  desselben 
war  erste  Scheitellage  gewesen.  Es  lebte,  war  noch  nicht 
ausgetragen  und  hatte  ein  Gewicht  von  etwa  B^/^  Pfund. 
Nachdem  die  vorliegende  Placenta,  welche  fast  ganz  central, 
etwas  mehr  nach  rechts  hin,  aufsass,  mit  ihren  Eihäuten 
ganz  gelöst  und  entfernt  war,  wobei  die  Blutung  im  Ganzen 
nicht  sehr  stark  war,  stellte  sich  in  unvollkommener  Weise 
eine  zweite  Blase,  und  es  zeigte  sich  zur  vollen  Evidenz  das 
Vorhandensein  eines  zweiten  Kindes.  Dasselbe  hatte  Sieisslage 
und  zwar  zweite.  Wegen  noch  forldauernder  Blutung  wurden 
die  Eihäute  gesprengt,  das  zweite  Kind  extrahirt,  was  wegen 
der  Kleinheit  desselben  mit  grosser  Leichtigkeit  auszufilhren 
war,  und  die  Placenta,  welche  im  Fundus  xedits  aufsass, 
sammt  den  Eihäuten  entfernt.  Das  zweite  Kind,  ein  Mädchen, 
war  sehr  klein,  hatte  ein  greisenhaftes  Aussehen,  wog  kaum 
2  Pfund  und  athmete  nur  in  mühsamer  und  schnappender 
Weise.  Die  Membrana  papillaris  war  nicht  mehr  vorbanden. 
Die  Placenta  des  ersten  Kindes  (praevia)  'war  von  normaler 
Grösse  und  Gewicht  und  von  kreisrunder  Gestalt;  der  Nabel- 
strang inserirte  sich  in  der  Mitte.  Die  Placenta  des  zweiten 
Kindes,  welche  ganz  gelrennt  von  der  ersten  im  Fundus  des 
Uterus  in  der  Gegend  der  Einmündung  der  rechten  Tube 
sass  und  deren  Eihäute  einen  för  sich  ganz  geschlossen  von 
dem  ersten  Ei  getrennten  Sack  bildeten,  war  etwa  Vs  ^  gross, 
als  die  erste,  hatte  ebenfalls  eine  kreisrunde  Gestalt,  und  der 
Nabelstrang  inserirte  sich  fast  in  der  Mitte.  Die  Blutung  hörte 
nach  Entleerung  des  Uterus  fast  ganz  auf,  der  Uterus  zog 
sich  hinreichend  zusammen.    Die  Frau,  welche,  als  sie  wieder 


XIX.   Sehuehardi^  Zwilling^sgeburt  mit  Placenta  praeria.     261 

in  ihr  Bett  gelegt  war,  einer  Ohnmacht  nahe  war,  erhielt 
etwas  Wein  und  Zimroettinetur  und  erholte  sieh  bald  wieder 
bis  zu  einem  gewissen  Grade.  Die  ganze  Operation  hatte 
nicht  voll  ein  Viertelstunde  gedauert  Von  den  Kindern  war 
das  erste,  der  Knabe,  lebensfähig;  allein  trotz  aller  auf* 
gewandten  MAbe  starb  dasselbe  den  vierten  Tag.  Das  zweite 
Kind,  das  M3dchen,  war  nicht  Jebensffihig  zu  nennen;  es 
vegeCirte  mit  wimmerndem,  unvollkomm^em  Athmen,  ohne 
im  Stande  zu  sein,  Nahrang  aufzunehmen,  bis  zum  Nach- 
mittage hin  und  starb  etwa  16  — 18  Stunden  nach  der 
Geburt  Das  Wodienbett  verlief  im  Ganzen  gut  Gegen 
Abend  hatte  die  sehr  anämische  Wöchnerin  eine  Ohnmacht 
gehabt  Als  ich  sie  eine  halbe  Stunde  nachher  sah,  war 
sie  wieder  ganz  bei  sich  und  schwitzte  sehr  stark.  Der 
Uterus  war  gut  zusammengezogen,  Lochientluss  noch  un- 
bedeutend, Puls  110,  die  Zunge  in  der  Mitte  etwas  trocken; 
die  Brüste  waren  schlaff  und  enthielten  wenig  Milch;  Stuhl- 
entleerung  und  Urinabgang  waren  seit  der  Entbindung  noch 
nicht  erfolgt  Fleischbrähe  und  etwas  Wein  wurde  weiterhin 
dargereicht;  verordnet  wurde  Natri  nitrici  3iij.,  Aq.  Amygd. 
a.  c.  3ij.,  Aq.  dest  Sv.,  Syr.  Ruh.  Id.  3j.,  zweistündlich  ein 
Esslöffel  voll  zu. nehmen.  Den  nächsten  Tag  hatte  sich  das 
Fieber  vermehrt,  die  Hitze  war  stärker  geworden,  die  Zunge 
zeigte  sich  in  grösserer  Ausdehnung  ürocken;  der  Leib  war 
etwas  empfindlich  und  aufgeti*ieben ,  Stuhlgang  und  Urin- 
entleerung waren  in  der  Nacht  erfolgt  Es  wurde  Calomel 
mit  Opium  verordnet  Unter  dieser  Modification  minderte 
sich  in  den  nächsten  Tagen  das  Fieber,  die  Schmerzen  im 
Unterleibe  liessen  nach,  die  Zunge  reinigte  sich  und  wurde 
feucht,  der  Urin,  welcher  vorher  etwas  roth  gefärbt  war, 
wurde  normal  gelb,  allein  es  blieb  trotz  fortgesetzter  Dar- 
reichung von  Bouillon  u.  s.  w.  eine  ausserordentliche  Schwäche 
und  Blutleere  zurück.  Deshalb  verordnete  idi  den  8.  December 
eine  Chinaemulsion  (Infus.  Cort  Chin.  reg.  Sv.,  Ol.  Amygdalar. 
dulc.  tß-y  Gummi  arab.  3ij.,  Syrup.  emuls.  iß,,  zweistündlich 
ein  Esslöflel),  welche  die  Frau  beinahe  14  Tage  hindurch 
nehmen  musste.  Unter  einer  ausreichend  kräftigen  Diät  erholte 
sich  die  Wöchnerin  allmälig,   und  jetzt  (V^  ^^hr  später)  ist 


262     ^I^«   Sehuchardt,  Zwillingsgebart  mit  Placenta  praoTi«. 

sie  wohlauf  und  gesuod.  Die  Periode  hat  sich  vor  einiger 
Zeit  wieder  eingestellt. 

Die  Complicalion,  zu  welcher  der  eben  besehrid)ene  Fall 
gehört,  wird  in  den  Lehrbüchern  der  Geburtshölfe  fast  gar 
nicht  erwähnt  Auch  in  der  geburtshülflichen  Casuistik  sind 
Fälle  der  Art  nur  sehr  spärlicli  aufzufinden.  Bei  den  nicht 
vollständigen  literarischen  Hülfsmitteln,  welche  mir  jetzt  zu 
Gebote  stehen,  habe  ich  folgende  vier  Fälle  nachweisen  können. 

Der  erste  Fall,  welcher  vom  Prof.  Kiemeyer  in  Halle 
beobachtet  wurde,  ist  in  der  Dissertation  von  Osius  (CaroL 
Adolph,  Gust  OaiuSy  De  placenta  praevia.  Diss.  Marburg 
1831.  4.  Caput  I.  Historia  gemellorum  partus  cum  placenta 
praevia  complicati,  quo  alia  placenta  complete  orificio,  altera 
fundo  uteri  inhaerebat)  mitgetheilt.  Osiua  bemerkt  selbst 
p.  15  §.  9,  dass  ein  solcher  Fall  von  Niemeyer  zuerst 
beobachtet  worden  sei.  Die  Frau  war  32  Jahre  alt  und  hatte 
schon  drei  Mai  geboren.  Die  eine  Placenta  sass  ganz  centi*al 
auf 'dem  Muttermunde,  die  andere  im  Fundus  des  Uterus  in 
der  Gegend  der  Einmündung  der  rechten  Tube.  Das  erste 
Kind,  ein  Mädchen,  5  Pfund  schwer,  lebte,  das  zweite  Kind, 
ein  Mädchen,  gab  nach  der  Geburt  nur  geringe  Lebenszeichen 
von  sich  und  starb  10  Minuten  nachher.  Vierzehn  Tage  nach 
der  Geburt  befand  sich  die  Wöchnerin  ganz  gesund,  und  der 
Arzt,  hörte  seitdem  nichts  mehr  von  ihr. 

Der  zweite  Fall  wurde  im  Jahre  1836  von  Ricker  in 
Nassau  (Med.  Jahrbucher  f.  d.  Herzoglh.  Nassau,  Heft  11, 
S.  107,  1853)  beobachteL  Das  erste  Kind  lebte,  das  zweite 
war  in  seiner  Entwickelung  zurückgeblieben  und  todt.  Die 
Mutter  überstand  das  Wochenbett  gut.  Dem  zuerst  heraus- 
geförderten Kinde  war  die  Nabelschnur  des  zweiten  doppelt 
und  so  fest  lim  den  Hals  geschlungen,  dass  sie  nicht  gelöst 
werden  konnte;  sie  wurde,  als  dem  ersten  Kinde  angehöhg 
betrachtet,  nach  «vorheriger  doppelter  Unterbindung  durch- 
schnitten. Ueber  die  Beschaffenheit  der  Placenten  und  der 
Eihäute  ist  nichts  weiter  mitgetheilt. 

Der  dritte  Fall  ist  vom  Prof.  Trefurt  (Abhandlungen 
und  Erfahrungen  aus  dem  Gebiete  der  Geburtshülfe  und  der 
Weiberkrankheiten.  Erste  Decade.  Göttingen  1844.  S.  223) 
aus  dem  Jahre  1837  mitgetheilL    Die  Frau  war  41  Jahre  alt. 


XIX.   Sehuehardt,  Zwillingsgabnrt  mit  PlacentA  praevin.     263 

hatte  bereits  10  Kinder  und  darunter  das  letzte  Mal  Zwillinge 
leicht  geboren  und  ausserdem  einige  Male  abortirt.  Die  vor- 
liegende Placenta  bedeckte  das  Orifidum  uteri  total.  Die 
beiden  Kinder  (Mädchen)  waren  scheintodt,  wurden  indess 
bald  in*8  Leben  gebradit.  Muttw  und  beide  Töchter  befanden 
sich  nach  sedis  Jahren  noch  ganz  wohl.  Ueber  das  gegen- 
seitige Verhalten  der  Placenten  und  der  Eihäute  ist  nichts 
Näheres  angegeben. 

Der  vierte  Fall  ist  von  H,  Spöndli  (Monatsschrift  för 
Geburtskunde  u.  Frauenkrankheiten,  Bd.  IV.,  Heft  1,  S.  43, 
1854,  Juli)  veröffentlicht.  Die  Frau  war  eine  28jährige  Zweir- 
gebärende.  Das  erste  Kind  (Knabe)  war  ausgetragen,  obschon 
etwas  unter  mittlerer  Grösse  und  leblos.  Vor  Entfernung 
der  ersten,  vorliegenden  Placenta  wurde  das  zweite  Kind  (Knabe) 
eitrahirt;  dasselbe  war  etwas  unter  Mittelgrösse  und  todt 
Die  erste  Placenta,  welche  vom  Orifidum  uteri  an  der  vorderen 
Dteriowand  bis  etwa  zur  Mitte  reichte,  wurde  darauf  entfernt, 
die  zweite  Placenta,  welche  höher  lag  und  da  begann,  wo 
die  erste  aufhörte,  wurde  einstweilen  zurückgelassen.  Nach 
einer  Viertelstunde  begannen  die  Kräfte  der  Wöchnerin  zu 
sinken,  eine  anhaltende  Ohnmacht  stellte  sich  ein,  und  unter 
krampfhaften  Gontractioneu  des  Zwerchfells  starb  die  Frau 
eine  halbe  Stunde  nach  der  Entbindung. 

Was  das  statistische  Verfaältniss  der  Placenta  praevia 
bei  Zwillingen  anbetrifft,  so  kommen  nach  Sickel  (Schmidt*» 
Jahrbncher  d.  gesammten  Med.,  1859,  Nov.,  Bd.  104,  S.  105  ff*.) 
auf  17,780,674  Geburten  in  Preussen  und  Kurhessen  213,330 
ZwilUngsgeborten.  Da  nach  demselben  unter  575,001  Geburten 
Placenta  praevia  442  Mal  (also  1  Mal  auf  1303^%42  Geburten) 
beobachtet  wird,  so  würden  bei  gleichmässiger  Vertlieilung 
unter  jenen  213,330  Zwillingsgeburten  sich  163%  Mal  Pia- 
•centa  praevia  gefunden  haben,  also  überhaupt  bei  108,302% 
Geburten  1  Mal  Placenta  praevia  bei  ZwiUingen  sich  finden. 
Nach  der  statistischen  Ueberdcbt  der  vom  Jahre  1821  bis 
incl.  1842  im  dritten  und  vierten  Bezirk  des  Herzogthums  Nassau 
vorgenommenen  geburtshiMflichen  Operationen  von  Ricker 
(Nass.  med.  Jahrb.,  Heft  11,  1853)  waren  in  dieser  Zeit 
147,437  Geburten  dort  vorgekommen,  und  auf  S.  107  findet  sieh 
die  oben  erwähnte  Placenta  praevia  bei  Zwillingen  aufgeführt. 


264         ^^*    Ahegg^  Bemerkaa^iBii  iib«r  die  Entferniiog^ 

Ist  dies  der  einzige  Fall  unter  dieser  Aiaabl  von  Geburten 
gewesen,  so  wurde  sich  die  Selteobeir  noch  viel  bedeutender 
herausstellen.  Eine  Statistik  der  Zwiilingsgeburten  in  Bezug 
auf  das  Verbuudenscin  oder  Getrenntsein  der  bezuglicbeu 
Placenten  ist  mir  gegenwärtig  nicht  zur  Hand,  um  hieran 
weitere  Betrachtungen  in  Bezug  auf  obigen  Fall  anzuknüpfen. 


XX. 
Bemerkungen  aber  die  Entformmg  der  Nachgeburt 

Von 

Dr.  Abegg  in  Danzig. 

So  sehr  in  der  Geburtshfilfe  die  exspectative  Methode 
am  Orte  ist,  so  lange  es  sich  um  die  Geburt  des  Kindes 
handelt  und  bestimmte  Indicationen  zu  rascher  Beendigung 
des  Gebaractes  vorliegen,  so  wenig  erscheint  nach  der  Aus- 
sdiliessung  des  Kindes  ein  längeres  Zuwarten  angemessen, 
bevor  man  sich  zur  Entfernung  der  Nachgeburt  entschliesat 

Gewiss  haben  viele  Geburten,  mindestens  für  das  Kind, 
einen  ungunstigen  Ausgang,  wenn  voreilig  eingegriOen  wird, 
z.  B.  durch  zu  frühe  Anlegung  der  Zange  an  den  Kopf,  durch 
vorzeitige  Extractionsversucbe  bei  Fuss*  und  Steissiagen ;  aber 
ebenso  gewiss  glaube  ich,  dass  nach  der  Geburt  des  Kindes 
die  Entfernung  der  Nachgeburt  künstlich  stets  dann  zu  be- 
wirken ist,  wenn  sie  nicht  durch  die  eigene  Kraft  des  mütter- 
lichen Organismus  bald,  d.  h.  biimen  höchstens  15  Minuten, 
von  selbst  erfolgt 

Wir  folgen  darin  lediglich  der  treuen  Beobachtung  der 
natürlichen  Vorgange,  wdche  stets  der  sicherste  Leiter  unseres 
ärztlichen  Handelns  ist. 

'  Bei  regelmässigen  Geburten  wird  die  Placenta  binnen 
längstens  15  Minuten  nach  der  Geburt  des  Kindes  vom  Uterus 
ausgesiossen,  oft  genug  aber  sofort  nach  dersdben,  ganz 
abgesehen  von  ihrer  fast  gieicbzeitigen  Eliminirung  bei  den 
Geburten  mit  unverletzten  Eihäuten,  wie  mir  ein  solcher 
seltener  Fall  im  achten  Monate  der  Schwangerschaft  vorkam« 


der  Nachgebart.  265 

Zögert  die  spontane  Entfernung  also  länger,  so  dürfen 
wir  sicher  auf  irgend  eine  Anomalie  scbliessen,  sei  es  nun 
mangelnde  oder  unregekuässige  Coutraction  des  Uteras  oder 
ungewöhnlich  feste  Adhäsion  der  Placenta  an  demselben. 

Wenn,  abgesehen  von  den  Früheren  MauriceaUf  Deventer, 
Chapman  etc.  sich  für  die  schleunigste  Entfernung  der  Nach* 
geburt  aussprechen,  selbst  noch,  ehe  das  Kind  von  der  Mutter 
getrennt  ist,  wenn  Andere  im  geraden  Gegensatze  jeden  Eia^- 
griff  vermeiden  und  Alles  der  Natur  überlassen  wollten,  so 
ist  allmälig  seit  Smellü,  Levreif  Boederer,  Baudelocque 
immer  allgemeiner  der  Mittelweg  eingesetdagen  worden,  erst 
dann  die  Nachgeburt  berauszubefördern,  wenn  einige  Zeit 
nach  Austreibung  des  Kindes  neue  Wehen  eingetreten  sind*^) 

Nach  ßcanzoni^)  soll  die  Placenta  erst  entfernt  werden, 
wenn  die  Nachgeburtswehen  heiliger  und  schmerzhafter  werden 
und  das  Volumen  des  Uterus  so  abgenommen  hat,  dass  man 
auf  völlige  oder  theilweise  Ausstossung  der  Nachgeburt  aus 
der  Höhle  des  Uterus  scbliessen  kann. 

Grenser^)  will  bei  sonstigem  Wohlbefinden  der  Ge* 
bärenden  erst  dann  die  Beschleunigung  des  Abganges  der 
Nachgeburt  gestatten,  wenn  diese  grösslratbeiis  oder  mindestens 
soweit  den  Muttermund  passirt  hat,  dass  die  Insertionsstelle 
der  Nabelschnur  mit  zwei  Fingern  leicht  zu  erreichen  ist 

in  ähnlicher  Weise  äussert  sich  Lumpe.^)  Arneth^) 
will,  wenn  nicht  Blutung  rasches  Handeln  erfordert,  drei 
Stunden  abwarten,  bevor  die  Placenta  künstlich  ^döst  wird, 
bezeichnet  aber  selbst  diesen  Zeitraum  als  einen  willkürlich 
gewählten,  und  bestätigt  noch,  dass  die  Gebärmutter  sich 
um  so  fester  um  die  Placenta  zusammenzog,  je  länger  diese 
in  derselben  verweilte.  Busch  ^)  erwähnt  nur  die  Entfernung 
der  sdion  in  die  Scheide  herabgelretenen  Placenta.  KiwiscW^ 


1}  Riedel  in  VerhAndl.  d.  Gesellscb.  f.  Oebnrtsh.  in  Berlin,  1847. 
2)  ae^nwmi,  Lelirb.  d.  GeborUkülfe,  8.  AnH.,  1865,  8.263. 

5)  Qrenaer  in  NägeU'n  Lehrb.  d.  OeburtBbülfe ,  4.  Aufl.,  1864^ 
S.  238. 

4)  Lumpe,  Compend.  d.  Geburtshülfe ,  3.  Aufl.,  1864. 
by  Ärnelh,  geburtsbülfl.  Praxis,  1851,  S.  163. 

6)  Busohy  Lehrbncb  der  Oebnrtskande,  Ö.  Anfl.,  1849. 

7)  Kiudech,  Geburtskund« ,  1851,  S.  489. 


266  ^^-    ^^^99 1  Bemerk  an  gen  über  die  Entfernunc^ 

gieht  an,  dass  die  Nachgeburtswehen  bei  Eutokieen  8  bis 
15  Minaten  nach  der  Geburt  des  Rindes  eintreten,  verbiete 
aber  die  künsdicbe  Beseitigung  der  Placenta,  so  lange  bei 
sonst  normalen  Verhältnissen  keine  Zusammenziehung  des 
Uterus  erfolgt  ist,  und  will  die  Operation  selbst  dann  noch 
mehrere  Stunden  aufgeschoben  wissen. 

Wir'  finden  also  entweder  nur  unbestimmte,  oder  dodi 
willkürlich  bestimmte,  stets  aber  längere  Zeilräume  angegeben. 

Wie  aber,  wenn  der  Mutterkuchen  eben  nicht  berabtrilt, 
weil  er  ungewöhnlich  gross  oder  weil  er  mit  dem  Uterus 
▼erwachsen  ist,  oder  wenn  die  erwarteten  Wehen  nicht  ein- 
treten, weil  der  Uterus  durch  lange  Geburtsarbeit  an  Con- 
tractionskraft  viel  verloren  hat,  die  Frau  selbst  äusserst 
erschöpft  ist,  oder  wenn  gar  Anomalien  beider  Reihen  vei^ 
bunden  sind? 

Die  Hindemisse  werden  durch  längeres  Zuwarten  nicht 
schwinden,  sondern  wachsen.  Die  fehlende  oder  unregelmässige 
Wehenthätigkeit  erhebt  sich  nach  weiterem  Zögern  selten 
genug  wieder  zur  Höhe  der  normalen  Kraft,  die  zur  Aus- 
stossung  der  Placenta  erforderlich  ist,  ein  fest  verwachsener 
Mutterkuchen  löst  sich  später  sicherlich  nicht  leichter,  wenn 
die  Gebärmutter  sich  wieder  fest  um  ihn  contrahirt  hat,  der 
Hutterhals  wieder  verengt  ist 

Die  Gebärende  endlich  —  und  dies  ist  ein  sehr  wesent- 
licher Punkt  —  sehnt  sich  nach  der- psychischen  und  körper- 
lichen Ruhe.  Sie  kann  diese  aber  erst  nach  völliger  Beendigtmg 
des  Gebarens,  also  nach  Entfernung  der  Placenta  erreichen, 
deren  längeres  Zurückbleiben  in  der  Uterushöhie  für  die 
meisten  Frauen  beunruhigend,  für  viele  eine  für  das  Wochen- 
bett walurlich  nicht  vortheiUiafte  Ursaclie  der  grössten  Angst  ist 

Welchen  Erfolg  wird  man  also  von  stundenlangem  Warten 
haben?  In  den  meisten  Fällen  vermehrte  Gefahr,  in  allen 
verlätigerte  peinigende  Unruhe  der  Gebärenden  und  sehr  oft 
die  spätere  schwierigere  und  schmerzhaftere  Beseitigung  der 
Placenta,  statt  deren  früherer  leichterer  und  weniger  ein- 
greifender Herausbeförderung.  Zudem  ist  diese  längere  Warte- 
zeit, wie  Ameth  es  offen  ausspricht,  eine  rein  willkürlich 
bestimmte,  während  die  Natur  uns  deutlich  lehrt,  dass  die 
sofort   oder  wenigstens    sehr   bald    der   Geburt   des   Kindes 


.  der  Nachgeburt.  267 

folgende    Beseitigung    der   nunmehr    öberflüssig    gewordenen 
Placeuta  das  Normale  ist. 

Der  einzige,  scheinbar  triftige  Grund  des  Zögerns  ist  die 
Scheu  vor  -einem  immerhin  mitunter  bedeutenden  Eingriffe, 
den  ich  aber  durchaus  nicht  für  gefährlicher  halte,  als  z.  B. 
denjenigen  bei  der  Wendung. 

Indessen  ist  dieses  Motiv  jetzt  als  erledigt  zu  betrachten. 
Wir  haben  nun  eine  Art,  die  Nachgeburt  zu  entfernen,  welche 
das  Einfuhren  der  Hand  in  den  Uterus  möglichst  vermeidet 
und  auf  die  wenigen  Fälle  von  wirklich  fest  verwachsener 
Placenta  beschränkt 

Dies  ist  die  englische  Methode,  wie  sie  schon  von 
C  Mayer  ^)  besprochen,  jimgst  hauptsächlich  von  Cred^^) 
und  Spiegelb&i^g^)  mit  Recht  dringend  empfohlen  ist,  die 
beste,  weil  sie  am  wenigsten  eingreifend  und  am  schnellsten 
ihren  Zweck  erreicht.  Sie  besteht  bekanntlich  in  andauernder 
Ueberwachung  des  Uterus  mit  der  aufgelegten  Hand,  von  der 
Gebuit  des  Kindes  an  bis  zur  völlig  erfolgten  Ausscheidung 
der  Placenta,  und  einfachem  Umfassen,  dann  sanftem,  gleich- 
massigem  Herabdrucken  der  oberen  Partie  des  Uterus  in  die 
Beckenhöhlung.  Von  der  Vorzöglichkeit  dieses  Verfahrens  bin 
ich  jetzt  um  so  mehr  überzeugt,  je  mehr  ich  anfangs  daran 
zweifelte,  weil  Cred^  angab,  die  Placenta  werde  fast  immer 
sofort  bis  vor  die  äusseren  Genitalien  ausgestossen.  Dieses 
sah  ich  in  der  That  nur  ein  einziges  Mal,  hatte  aber  in  den 
zahlreichen,  in  dieser  Art  behandelten,  übrigen  Fällen,  aller- 
dings nur  nöthig,  die  bereits  in  die  Scheide  herabgetretene 
Placenta  mit  der  Hand  zu  erfassen  und  herabzudrücken,  ein 
Eingriff,  der,  behutsam  ausgeführt,  ohne  jeden  Nachtheil  ist. 

Aber  auch,  bevor  ich  diese  treffliche,  einfadie  und  sichere 
Manipulation  methodisch  anwendete,  entfernte  ich  stets,  wenn 
die  Placenta  nicht  binnen  2  bis  5  Minuten  spontan  aus- 
getrieben war,  dieselbe,  natürlich  nie  durch  Ziehen,  sondern 
stets   durch  vorsichtiges  möglichstes  Umfassen  und  langsames 

1)  Verhandl.  d.  Ges.  f.  Geburtshülfe  io  Berlin,  1847. 

2)  Monatsschrift  f.  Gebartskunde,  1860,  Bd.  XVI.,  H.  6  and 
1861,  Bd.  XVII.,  H.  4. 

3)  Erfahrungen  und  Bemerkungen  Über  die  Störungen  des 
Nnchgeburtsgeschäftes  in  Würzburger  Med.  Zeitschrift,  2.  Bd.,  1861. 

Hoaatd^chr.  f.  Oebartsk.  1861.  Bd.  XVIIIm  Uft.i.  ^^ 


268  XX.    Abeggy  Bemerkungen  über  die  Entfernung 

Herabdrucken  mittels  der  eingeföhrten  Hand,  aus  dem  Uterus, 
und  habe  es  nie,  in  mehreren  Hundert  Fällen  zu  bereuen  gehabt, 
den  Wöchnerinnen  recht  bald  das  angenehme  Bewusstsein 
der  vollständig  beendeten  Geburt  und  somit  l)ehaglicher, 
psychischer  und  körperlicher  Beruhigung  gewährt,  ihnen  jede 
längere,  qualvolle  Angst  erspart  zu  haben. 

Halte  ich  die  schnelle  Wegnahme  des  Muttericuchens  nun 
schon  bei  regulären  Geburten  für  richtig,  um  wieviel  mehr 
in  Fällen  von  wirklicher  Verwachsung,  wo  die  ein- 
fache englische  Methode  begreiflich  aucfi  nicht  mehr  leistet, 
als  längeres  Abwarten.  Diese  Anomalie  ist  glücklicherweise 
selten,  kommt  indessen  doch  immerhin  vor.  Zwar  sagt  die 
alte  Justine  Siegmundin  in  ihrem  oft  aufgelegten  Werke: 
„Es  geschieht  in  vielen  Jahren  nicht,  dass  eine  angewachsene 
Nachgeburt  gefunden  wird ,'' ')  Boer  ^)  sah  nur  einen  einzigen 
FaD,  Ameth^)  berichtet  über  11  Fälle  unter  6527  in  der 
zweiten  Gebärklinik  in  Wien  (4  Mutter  starben);  Coüins^) 
über  10  FäUe  auf  16,632  (alle  Mütter  genasen),  CUntoek 
und  Hardy^)  über  11  Fälle  auf  6634.  —  Spiegdberg  er- 
wähnt in  seinem  gediegenen  Aufsatze  sehnige  Verwachsungen. 
Solche  fand  ich  zwei  Mal,  sowie  ein  Mal  die  sehr  fest 
adhärente  Uterinoberfläche  der  Placenta  mit  vielen  ein- 
gelagerten, kalkigen,  harten,  hirsekomgrossen  Concrementen 
besetzt. 

lieber  die  Gefährlichkeit  des  Zurückbleibens  der  Placenta 
im  Allgemeinen  ist  man  heutzutage  wohl  einig,  wie  auch 
schon  der  grosse  Boer^)  diese  Ansicht  in  seinen  Aphorismen 
niederlegte  mit  den  Worten:  „In  welch*  immer  einer  Geburt 
der  Mutterkuchen  nicht  ausgesondert  wird,  eher  als  der 
Mutlerhals  sich,  gesund  oder  krankhaft,  verenget  hat,  so  sind 


1)  Churf.  Brandenb.  Hofwehemutter,  S.  221,  1741. 

2)  Boir,  Nfttürl.  Gebnrtshülfe,  1817,  3.  Bd.,  ß.  252. 
8)  Arneihy  a.  ».  O. 

4)  A  pfactical  treatise  on  midwiferj,  containing  tbe  resiilt 
of  16,654  ßirths  occurring  in  tbe  Dublin  Lying  < —  in  Hospit«!  etc. 
by  R,  Collina^  London,  1836. 

5)  Practical  observations  on  midwifery  etc.  by  M* CUntoek  aad 
Samuel  L.  Hardy,  Dublin  .1848. 

6)  Bo'iT,  Nstfirl.  QeburtiBhälfe ,  Bd.  3,  S.  60. 


der  Naehgebnrt.  269 

unter  27  solchen  Fällen  2  nicht  tödtlich.''  Freilich  gi^t  es 
auch  Ausnahmen  mit  günstigem  Verlaufe,  wie  ich  deren  bisher 
drei  beobachtete,  deren  bedenklichster  folgender  war.  Im 
Jahre  1855  hatte  eine  Frau  im  vierten  Monate  abortirt, 
nachdem  sie  seit  drei  Tagen  an  linkseitiger  Pleuro- Pneumonie 
erkrankt  war.  Die  Hebamme  hatte  durch  starkes  Ziehen  am 
Nabelstrange  diesen  nahe  an  seiner  Insertion  von  der  Piacenta 
abgerissen.  Erst  am  folgenden  Tage  wurde  ich  gerufen  und 
fand  den  Uterus  so  contrahirt',  den  Muttermund  so  verengt, 
dass  ich  kaum  mit  der  Spitze  des  Zeigefingers  eindringen 
und  mich  von  der  Anwesenheit  der  Piacenta  überzeugen  konnte. . 
Ein  bedeutender  Eingriff,  der  in  diesem  Falle  auch  unter 
Chloroform -Narkose  wohl  wenig  von  seiner  Gewaltsamkeit 
verloren  hatte,  scliien  mir  in  keiner  Beziehung  ralhsam;  des- 
halb beschränkte  ich  mich  auf  Anordnung  von  täglich  mehr- 
maligen InjectHMien  von  lauem  Wasser,  später  von  schwacher 
Chlorkaiklösung  in  die  tlterushöhle,  wobei  allmälig  die  Reste 
der  faulig  zerfallenen  Piacenta  abgingen.  Nach  etwa  vier 
Wochen  hatte  der  AusOuss  aufgehört  und  die  Frau  ihre  frühere 
Gesundheit  wieder  erreicht.  Ob  ohne  die  Injectioneo  der 
Ausgang  ein  gleich  guter  gewesen  wäre,  bezweifle  ich.  Von 
dem  evidenten  Nutzen  derselben  habe  ich  mich  auch  ausserhalb 
des  geburtshfllflichen  Gebietes  oft  überzeugt  bei  der  Behandlung 
von  jauchenden  Geschwüren,  tiefen  OperaUonswunden  mit 
starker  Eitersecretion  und  fistulösen  Geschwüren  an  Stellen, 
welche  die  Anwendung  permanenter  Localbäder  nicht  ge- 
stalteten, wie  sie  von  Stromeyer  zuerst  empfohlen  und 
namentlich  von  Langenbeck  in  wohlverdiente  Aufnahme  ge- 
bracht wurden.  —  Ohne  die  Complication  mit  Pleuro -Pneumonie 
würde  ich  im  obigen  Falle  chloroformirt  haben.  Zwar  spricht 
sich  Spiegdberg  bei  Stricturen  des  Uterus  gegen  dasselbe 
aus,  weil  die  blosse  Anästhesie  die  motorischen  Erscheinungen 
steigere,  tiefe  Narkose  aber  bei  dem  meist  vorhandenen 
Blntflosse  s^  gefahrlich  sei.  Auch  Scaiutoni^)  ist  nur  bei 
Abwesenheit  jeder  Blutung  für  Chloroformiren,  verwirft  es 
aber  bei  Blutung,  weil  die  Einleitung  der  Narkose  stets  einen 
längeren,  hier  sehr  bedeutungsvollen  Zeitraum  erfordere,  weil 


1)  ScantofU,  Beiträge  etc.,  2.  Bd*,  8.  76. 

18* 


270         XX.     Äbegg,  Bemerkungen  über. die  Entfernung 


• 


der  Grad  und  die  Aeusserungen  der  Anämie  sich  in  der 
Narkose  der  ärztlichen  Beurtheflong  entziehen  und  weM 
möglicherweise  die  Erschlaffung  der  Uteriiswandungen  eine 
vorher  nicht  bestimmbare  Steigerung  der  Blutung  zur  Folge 
haben  könne.  Uebrigens  führt  Seanzoni  selbst  (ibid.  S.  90) 
an,  dass  es  behufs  Entfernung  der  zögernden  Nad^dHUt 
gewöhnlich  keiner  so  tiefen  Narkose  bedärfe,  als  zur  Vor- 
nahme einer  Wendung  u.  s.  w.,  sondern  dass  in  der  Regel 
die  Herbeiführung  eines  halbbewusstlosen  Zustandes  zur  Er- 
schlaffung des  Uterus  hinreiche.  Es  kommt  also  hier  wohl 
nicht  zur  vollständigen  Atonie  desselben  und  die  Dauer  dieser 
massigen  Chloroformbetaubung  ist  erfahrungsgemäss  eine  kurze, 
meist  nach  einigen  Minuten  schwindende.  Um  so  sicherer 
aber  wird  dann,  wie  ich  glaube,  das  Seeale  cornutum,  bd 
vorhandener  Blutung,  oder  nur  prophylaktisch  gereicht,  im 
Stande  sein,  kräftige  Zusammenziehung  des  Uterus  zu  be- 
wirken. Diese  Wirkung  wird  neuerdings  durch  die  Mitiheilung 
von  Pippingskold  ^)  in  Helsingfors  und  Willibrand  bestätigt. 
Das  Mutterkorn  erregt  Contraction  der  Muskulatur,  verkleinert 
somit  die  Lumina  der  Uteringefasse,  hindert  den  staiken 
Blutandrang,  der  zu  Hetriüs  führen  kann;  es  verkleinert 
femer  die  ganze  innere  Oberfläche  der  Gebärmutter,  also 
auch  der  Placentarstelle,  beschränkt  die  Venenthrombose  an 
derseH)en  und  befördert  die  schnellere  Ausstossung  etwaiger 
Blutgerinnsel. 

Im  Frühling  d.  J.  wurde  ich  behufs  Lösung  der  Placenta, 
V/i^  Meilen  von  hier,  aufs  Land  geholt  und  traf  etwa  vier 
Stunden  nacli  der  (siebenten)  Entbindung  der  Frau  ein.  Diese 
war  bereits  sehr  anämisch,  hatte  einen  sehr  kleinen  Puls 
von  140,  kühles  Gesicht,  kühle  Extremitäten,  bläuliche  Lippen 
und  schwemm  in  ihrem  Blute.  Der  hochstehende  Uterus  war 
sehr  schlaff,  so  dass  ich  die  Hafid  leicht  einführen  und  einen 
Theil  der  Placenta  erreichen  konnte,  welcher,  etwa  in  der 
Grösse  eines  Zweithalerstückes,  mit  der  rechten  Uterinwand 
zellig  verwachsen  war.  lu  einigen  Minuten  löste  ich  diese 
Verbindung,  entferule  die  ganze  Placenta  und  gab  dann  drei 
Dosen  Seeale  ä  gr.  x.,  zweistündlich  zu  nehmen.   Der  Uterus 


1)  Pippingskold^  MonatMchrift  f.  Qebartskunde,  Bd.  16,  S.  296. 


der  Nachgeburt.  271 

contrahirte  sieb  krftftig.  Nach  14  Tagen  erfuhr  ich,  dass 
die  Frau,  obwohl  reconvalescirend,  doch  nodi  sehr  schwach 
sei  und  noch  öfter,  wenn  auch  nidit  bedeutende,  Blutungen 
habe«  Deshalb  liess  ich  nun  drei  Tage  lang,  je  mehrere 
Dosen,  Seeale  nehmen,  die  dies  Mal  ausreichend  wirkten. 
Nach  weiteren  drei  Tagen  wurde  unter  wehenartigen  Sdimerzen 
ein  IV2  Lotfa  schweres,  der  Uterusböhle  entsprechendes 
bimföriniges  festes  Fibringerinnsel,  das  sich  mikroskopisch 
als  solches  erwies,  ansgestossen.  Die  Blutungen  kehrten 
nicht  wieder  und  die  Frau  erholte  sich  nun  rasch. 

Willebrand  glaubt  sogar,  dass  das  PuerperalGeber  durch 
beschleunigte  Involution  des  Uterus  meist  ganz  abzuwenden 
sei  und  giebt  darum  unmillelbar  nach  der  Geburt  Seeale. 
In  Deutschland  stellte  besonders  Braun  ^)  diese  Ansicht  auf 
und  Spiegelberg  pflichtet  ihr  ebenfalls  bei. 

Zieiit  sich  der  Uterus  nach  Ausstossung  der  Plaeenta 
bald  energisch  zusammen,  und  hat  man,  namentlich  bei 
kräftigen  Primiparis,  eine  Relaxation  desselben  nicht  zu  be- 
sorgen, so  ist  das -Seeale  wolil  nicht  erforderlieh,  dagegen 
um  so  mehr  in  allen  denjenigen  Fällen  dringend  anzuempfehlen, 
in  welchen  die  Gebärmutter  nach  Beendigung  der  Geburt 
schlaff  bleibt,  oder,  wo  dieselbe  zwar  zunächst  sich  contrahirt, 
jedoch  die  allgemeine  Erschöpfung  der  Wöchnerinnen  eine 
wiederkehrende  Erschlaffung  des  Uterus  als  nicht  unwahr- 
scheinlich erscheinen  lässt.  Aus  diesem  Grunde  gebe  ich  bei 
Mehrgebarenden  stets,  bei  Primiparis  je  nach  den  individuellen 
Umständen  am  ersten  Tage  nach  der  Geburt  einige  Dosen 
Seeale  und  glaube  diesem  einen  grossen  Antbeil  an  dem 
befriedigenden  Verlaufe  der  allermeisten  von  mir  beobachteten 
Wochenbetten  zuschreiben  zu  müssen. 

Wenn  ich  mir  früher,  als  man  die  Plaeenta  noch  mittels 
der  eingeführten  Hand  herausbeförderte,  zur  strengen  Pflicht 
gemacht  hatte,  dies  Geschäft  nicht  den  Hebammen  zu  über- 
lassen, sondern  selbst  auszufuhren,  so  glaube  ich  nun,  dass 
die  englische,  von  Credd  ausführlich  gewürdigte  Methode, 
weil  sie  rein  äusseriieh  und  ungefährlich  ist,  allerdings  auch 
von  der  Hebamme  ausgeführt  werden  kann,  dass  aber  jeden- 


1)  Braun  ^  KliDik  der  Gebnrtshttlfe  und  Gynäkologie. 


272      XX.    Äbegg^  Bemerkangen  über  die  Entfernung  etc. 

falls  der  Geburtshelfer  diese  überwachen  und  die  Gebarende 
keinesfalls  vor  Beendigung  dieses  letzten  Theiles  des  Gebäracies 
verlassen  darf.  Nach  wie  vor  werde  ich  aber  denselben 
selbst  besorgen,  wenn  auch  ein  Hauptmotiv  dazu  durch  die 
Crede'scha  Verfahrungsweise  grösstentheib  besekigt  i^t.  Meine 
Meinung  ist  nämlich,  dass  bisweilen  Puerperalfieber  ent- 
schieden durch  Infection  und  zwar  durch  Uebertragung  miUels 
der  Hände  der  Hebammen  weiter  verbreitet  werden,  ohne 
dass  ich  deshalb  diese  directe  Ansteckung,  wie  es  Semmelweis^) 
thüt,  als  die  einzige  Ursache  der  Puerperalfieberepidemien 
betrachte.  Es  kam  aber  hier  mehrfach  vor,  dass  die  von 
derselben  Hebamme  kurz  nach  einander  Entbundenen  sämroüich 
an  Puerperalfieber  erkrankten  und  starben,  während  alle 
übrigen  Wöchnerinnen  von  dieser  Krankheit  verschont  blieben. 
Das  Herausholen  der  Placenta  mit  einer  Hand,  die  kurz  vorher 
mit  der  jauchigen  Ausscheidung  aus  dein  Uterus  einer  au 
Metritis  puerperalis  Leidenden  in  Berührunj;  war,  muss  dabei 
ein  wesentliches  Moment  sein  können. 

Schliesslich  ei*kläre  ich  mich  demnach  für  die  künstliche 
Entfernung  der  Nachgeburt  binnen  2  bis  15  Minuten  nach 
der  Geburt  des  Kindes,  für  die  englische,  von  CredS  cultivU*te 
Verfahrungsweise  und  für.  die  Ausfuhrung  derselben  durdi 
den  Geburtshelfer. 


1)  8emmelwe%9f  Aetiologie,  Begriff  und  Prophylaxis  des  Kind- 
bettfiebers, 1861. 


XXI.    Baer,  Ueber  Anwcodang  der  Electricität  etc.      273 


XXL 

lieber  Anwendung  der  Electricität  in  der 
Oeburtshttlfe. 

Von 

Dr.  A«  Baer  in  Berlin. 

Die  Electricität  ist  in  der  neuesten  Zeit  in  der  Geburts- 
hülfe  vielfach  und  mit  unzweifelhaft  gutem  Erfolge  angewandt 
worden.  Dieses  Resultat  konnte  a  priori  erwartet  werden, 
da  der  Uleiois,  ein  vollständig  muskulöses  Organ,  sich  un- 
möglich der  electrischen  Einwirkung  entziehen  kann.  Dass 
sich  aber  der  Uterus  auf  den  electrischen  Strom  contrahirt, 
haben  bereits  die  Experimente  von  Ed.  Weber  bewiesen. 
^Der  Uterus  eines  trächtigen  Hundes/'  sagt  Weber^  „zog 
sich  auf  Einwirkung  des  Galvanismus  an  allen  mit  den 
Drähten  berührten  Stellen  zusammen  und  die  entstandenen 
Einschnürungen  dauerten  hoch  lange  fort,  nachdem  die 
Einwirkung  aufgehört  hatte,  aber  auch  an  dem  nicht, 
trächtigen  Uterus  eines  Kaninchens  habe  ich  nach  galvanischer 
Reizung  «sichtbare  Zusammenziehungen  wahrgenommen/'  Auch 
Mackenzie^)  überzeugte  sich  durch  wiederholt  angestellte 
Versuche  an  Thieren,  dass  der  Uterus  sich  auf  den  electrischen 
Reiz  energisch  und  momentaq  zusammenzog.  Aber  auch  die 
Erfahrung  hat  bereits  gelehrt,  dass  die  Electricität,  diesen 
Anschauungen  entsprechend,  em  zuverlässiges  und  sicheres 
Mittel  ist,  Contractionen  des  Uterus  hervorzurufen  und  d^ss 
ihre  Anwendung  demzufolge  sich  in  vielen  Fällen  von  Blutungen 
glänzend  bewährte,  die  vor  oder  nach  der  Geburt  in  Folge 
mangelhafter  Contractionen  des  Uterus  entstanden  und  nur 
auf  ein^  schnelle  Ausstossung  der  Contenta  des  Uterus  sisliren. 
Hit  gleich  guten  Erfolgen  wurde  sie  bei  langhingezögerten 
Geburten   in  Folge   ehigetretener  Wehenschwäche   oder  bei 


1)  Art.  Müskelbewegang  in  Sud,  Wagner^s  Handwörterbuch 
d«T  PhysiologM. 

2)  Tbe  Langet,  Mars  1868. 


274         XXI.    Baer,  Ueber  Anwendung  der  ElectricitKt 

gänzlicher  Unthätigkeit  des  Uterus  und  scbliesslicfa  zur  Er- 
weckung der  künstlichen  Frühgeburt  versucht  Nicbtsdesto* 
weniger  sehen  wir  dieses  Mittel  ganz  besonders  in  Deutschland 
fast  gar  nicht  in  Anwendung  gebracht,  ja  nicht  einmal  einer 
gründlichen  Prüfung  unterworfen ,  obgleich  die  wenigen 
deutschen  Geburtshelfer,  die  sich  dieses  Mittels  bedienU», 
mit  den  zahhreichen,  namhaften  englischen  Beobacbtem  in 
dem  Urtheile  übereinstimmen,  dass  die  Electricität  in  vielen 
geburtshülflichen  Fällen  einen  höchst  schätzbaren  und  in 
gewissen  Fällen  selbst  einen  unersetzlichen  Wa*th  haben.  — 
Der  Gegenstand  ist  unstreitig  von  so  grosser  und  so  ge- 
wichtiger Tragweite,  dass  -es  sich  der  Muhe  lohnt,  ihn  hai4i 
langer  Zeit  wieder  einmal  zur  Sprache  zu  bringen.  Vielleidit 
dürfte  ein  kurz  zusammengetragener  historischer  Ueberblick 
der  bereits  bekannt  gewordenen  Fälle,  .den  Mangef  selbst- 
ständiger  Erfahrung  ersetzend,  dahin  führen,  dass  diese 
Methode  einer  wiederholten  und  gründlichen  Prüfung  unierzogen 
und  ihre  Zweckmässigkeit  anerkannt  werde. 

Wir  werden  demnach  in  Folgendem  die  einzelnen  Fälle 
besprechen,  in  denen  die  Electricität  indicirt  ist,  werden  uns 
aus  der  Erfahrung  anderer  Beobachter  so  viel  Belege  als 
möglich  zu  verschaffen  suchen  und  werden  schliesslich  auf 
die  genauere  Erörterung  eingehen ,  auf  welciie  Wels«  wir  uns 
dieses  Mittels  nach  unseren  jetzigen  Anschauungen  und  Er- 
fahrungen bedienen  müssen. 

'  *  Die   künstliche   Frühgeburt. 

Die  Einleitung  der  künstlichen  Frühgeburt  ist  nach  de»^ 
Ansichten  aller  (?)  neueren  Geburtshelfer  bauptsäehlich  da 
indicirt,  wo  bei  constatirter  Beckenenge  die  Gewissheit  vor- 
handen ist,  dass  die  völlig  ausgelragene  Frucht  weder  durch  die 
Naturkräfte  noch  durch  die  gewöhnlichen  Kunstmittel  lebend  zur 
Welt  kommen  wird;  öder  in  Krankheitsfallen,  die  das  Leben 
der  Mutter  aufs  Höchste  bedrohen  und  deren  Beseitigung  nur 
durch  die  baldige  Beendigung  der  Schwangerschaft  ermöglicht 
wird.  Wir  leiten  alsdann  zu  einer  Zeit  der  Sdiwangerschaft, 
wo  die  Frucht  bereits  ausserhalb  des  Uterus  zu  leben  fähig 
ist,  die  Geburt  und  zwar  dadurch  ein,  dass  wir  die  Con- 
Iractionskraft    des   Uterus    auf   eine    so    nachhaltige   Weise 


in  der  Geburtshülfe.  275 

erwecken,  dass  die  Geburt  durch  seine  TliStigkeit  vollbracht  wird. 
Zu  diesem  Zwecke  sind  vielfache  Verfahren  angegeben  worden, 
die  theiis  durch  Zerrung  und  Ausdehnung  des  Muttermundes, 
tbeils  auch  auf  dem  Wege  des  Reflexes  wirken.  Aber  schon 
der  Umstand,  dass  ffir  diese  Operation  so  viele  und  so  ver- 
schiedenartige Verfahren  angegeben  sind,  beweist,  dass  keities 
von  allen  irgend  welche  Souverainität  behauptet.  Viel  sicherer 
und  dem  natArlichen  Vorgange  der  Wehenthätigkeit  ganz 
analog,  mässte  die  Electricilät,  auf  den  Uterus  applicirt,  die 
Geburt  einzuleiten  im  Stande  sein.  Und  in  der  tbat  hat 
schon  Schreiber  im  Jahre  1843  den  Vorschlag  gemacht, 
mittels  galvanischer  Electricität  die  kOnslIiche  Frühgeburt 
hervorzurufen.  Unter  den  vielen  Vortheilen  dieser  Methode 
fölirt  der  Verf.  auch  ganz  richtig  an,  „dass,*)  durch  diese 
Kraft  der  Vorgang  der  Geburt  auf  eine  der  natürlichen  ganz 
entsprechende  Weise  mit  beginnenden  geringeren  und  allmdlig 
verstärkten  Wehen,  anfangs  in  grösseren,  dann  in  kleineren 
Zwischeurdumen  eingeleitet  werden  kann;  dass  dieser  Vorgang 
femer  ganz  in  der  Hand  des  Geburtshelfers  bleibt,  der  nach 
den  eintretenden  Zußllen  ihn  beschleunigen,  verzogern  oder 
ganz  sistiren  kann."*  Dieser  Vorschlag  ist  jedoch  in  Deutsch- 
land nur  sehr  vereinzelt  in  Ausführung  gekommen  und  der 
Einzige,  der,  auf  eigene  Ei*fahrung  gestützt,  diese  Methode 
in  ihrem  Werthe  erkannte  und  sie  demgemäss  warm  empfohlen 
J^atte,  dürfte  woU  Benj.  Frank  sein.  Er  wandte  die  Magnet- 
eldctricität  in  vielen  Fällen  mit  den  besten  und  glücklichsten 
Erfolgen  an,  und  theilt  selbst  vier  Fälle  mit,  wo  er  bei 
profusen  Nachblutungen,  nach  vergeblichem  Gebrauche  anderer 
Mittel,  die  sofortige  Sistirung  der  Blutungen  durch  die  An- 
wendung der  Electricität  erzielte.  In  einem  anderen  Falle, 
wo  die  Beendigung  der  Geburt  höchst  erwünscht  war,  besondere 
Umstände  aber  den  Gebrauch  anderer  weheneiTegender  Mittel 
nicht  zuliessen,  entschloss  er  sich  zu  dem  Versuche  mit  der 
Magnetelectricität  und  der  Erfolg  war  ein  so  überraschend 
günstiger,  dass  er  sich  dieses  Mittels  von  Jener  Zeit  an  immer 
zur  Wehenerregung  bediente,  so  oft  eine  solche  angezeigt 
und   gegen  die  Electricität  keine  Contraindication  vorhanden 


1)  Nene  Zeitschrift  fviT  Geburtsk.,  XIV.,  S.  67. 


A»*eBdung  der  ElectricitÄt 
,,,    Sa^r,  veter  A 

dtheTf  ^  fl«ötridUit  fiberatt  anxuweod«», 

p„r.   /Vtf*^      '  gleitet  f  /)e«chleuBigt  oder  befi&rdert  werden 

ii'0  eii><J  ^'^"'^^/fodßfl  Äwfte   aber  entweder  gar  mchi  oder 

soll,  ^  '*"  ,tf  dem  von  der  Frucht  oder  den  GeburUwegeo 

l0  Vei'häif^^'  ^y/jerstande  zu  gering  sind  oder  so  unwirksam, 

au^«*''"'^^l^y,.^yi.rJauf  verzögert  und  dadurch  ein  NachtheO 

^^u  iipr  und  Äind  entstehen   kann.    „Es  muss  jedoch/ 


für  »^^'' 

oa\\c^  nachzuahmen.     Bei  der  normalen   Geburt   aber 


Frank y^)  i«^^  unsere  Aufgabe  sein,  der  Natur  so  viel 


^1  jjevor  noch  eigentlich  das  normale  Geburtsgeschäll 
beßiniit,  J"'*^'^  Einwirkung  des  Fötus  auf  die  Uterinnerven 
Me  AfediiUa  spinalis  allmäüg  in  einen  Zustand  erhöhter  Thätig- 
keit  versetzt,  welche  zur  Vollbringung  der  Fruchtenüeening 
erforderlich  scheint.  Sollte  daher  die  Magnetelectricitat.  zur 
ßewerkstelligung  der  könsUichen  Frühgeburt  angewendet 
werden,  so  wäre  zuvor  durch  einen  Presssdiwaram  oder  durch 
eine  andere  Vorrichtung  der  Muttermund  zu  erweitem;  ist 
das  geschehen,  so  ist  gewiss  kein  Mittel  besser  im  Stande, 
kräftige  Contractionen  in  der  Gebärmutter  zu  erwecken,  als 
eben  die  Magnetelectricitat''  —  In  dieser  letzten  Ansicht  wird 
Fraiüc  gestärkt  durch  einen  Fall  von  kOnstlicher  Frühgeburt, 
^  den  die  DDr.  Jacobi  und  Höniger^)  mittheilen.  Heftige 
asthmatische  Anfälle  und  Krämpfe  gaben  hier  die  Indication 
zur  Frühgeburt  ab.  Ein  eingelegter  Pressschwamm  und  ein 
Infus.  See.  corn.  (3j^.  auf  Svj.)  eröffnete  das  Orific.  ut.  auf 
2 — 2V2  Querfingerbreile,  die  Weben  hörten  jedoch  auf  und 
als  der  Allgemeinzustand  der  Kreissenden  die  Beschleunigung 
der  Geburt  nothwendig  machte,  kam  Dr.  Höniger  zu  dem 
Entschlüsse,  die  Magnetelectricitat  als  wehen^regendes  Mittel 
zu  benutzen.  „Der  Apparat  wirkte  kaum  eine  halbe  Minute 
ein,  als  bereits  eine  lange,  anhaltende  und  kräftigt  Wehe 
erfolgte,  eine  Erscheinung,  die  sich  prompt  in  derselben  Weise 
wiederholte,  so  oft  die  Electricität  einwirkte.  Der  eine  Con- 
ductor  wurde  an  das  Orif.  uteri,  der  andere  an  die  linke 
Seite  des  Bauches  angelegt.*"    In  ungünstiger  Weise  spricht 


1)  Diese  Zeitsclirift ,  XXL,  S.  8. 

2)  Diese  Zeitschrift»  XVI.,  8.  428. 


in  der  Geburtsbülfe.  277 

^  sich  Zr.  Hartinff^)  über  dieses  Mittel  aus.   „Der  Galvanismos 

^  und  Eleciricitit/'  sagt  er,  „wurde  zuerst  Ton  Schreiber  2ur 

^  Erweckung  der  künstlichen  Frühgeburt  empfohlen.   Die  wenigen 

'^  von  Simpson  u.  A.  angestellten  Versuche  beweisen,  dass  durch 

^''-  das  gedachte  Mittel  unter  Umstfinden  Wehen  erweckt  und  ver- 

^  stSrkt  werden  können.   lodess  durfte  sich  der  Schreiber'^cbß 

^  Vorschlag   wohl   nie   zu   einer  wirklichen  Methode   erheben 

*  können,  denn  einestheils  ist  die  Beschaffenheit  des  Apparates 

^"  für  den  praktischen  Arzt  eine  kostspielige  Ausgabe,  andernlheils 

h  steht  zu  erwarten,   dass  ihre  Anwendung  der  ohnehin  schon 

^  empfindlidien  Schwangeren  zu  grosse  Schmerzen  verursachen 

^^  wird.*'     Diesem   bloss    auf  theoretischen  Anschauungen   ge- 

^  gründeten   Urtheil   Hariing'%   ist   aber   offenbar   nicht   bei- 

^  zupflkditen.    Denn  die  Kostspieligkeit  des  Apparates  ist  durch 

n  neue   Constructionen   so   verringert,    dass   die   Anschaffung 

ff  desselben   sehr   leicht   ermöglicht  ist.     Und  was   die  durch 

1.  unsere  Methode  verursachten  Schmerzen  betrifll,    so  dürfte 

t     '       doch  am  Ende  nicht  ausser  Acht  gelassen  wenden,  dass  alle 
Methoden  zur  Einleitung  der  künstlichen  Frühgeburt  mit  mehr 
weniger  heftigen  Schmerzen  verbunden  sind,  dass  aber  die 
%  lange  Dauer  der  Procedur  neben  der  Unsicherheit  des  Erfolges 

für  die  Kreissende  wohl  unerträglicher  sein  dürfte,  als  die 
i  Application  der  Electricitat,  die  nadi  der  Z>«eA6nn6'schen 

Methode  um  Vieles  schmerzloser  uiid  eine  verhältnissmässig 
nur  sehr  kurze  Zeit  angewandt  zu  werden  braucht  —  In 
neuester  Zeit  hat  Hennig  ^)  auf  der  Naturforscberversammlung 
in  Wien  den  Vorschlag  gemacht.  Versuche  anzustellen,  die 
Frühgeburt  mittels  Indnctionselectricitat  einzuleiten.  „Der 
Uterus  müsste  sich  ganz  gewiss  contrahiren,  wenn  man  die 
beiden  Nervenstränge  trafo,  die  vom  Plex.  nterinus  zu  ihm 
herabsteigen,  und  dies  sei  möglich.'*  Hennig  zeigt  ein  von 
ihm  erfundenes  Instrument  vor,  welches  aus  zwei  Kupfer* 
drahten  besteht,  die,  in  Kautschuk  gehüllt,  in  den  Mastdarm 
eingeführt  werden  und  innerhalb  desselben  sich  von  einander 
entfernen  sollen.  Diese  werden  hoch  in  den  Mastdarm  hinauf- 
geschoben  und   müssen    mit   ihren   Enden   die   betreffenden 


1)  Sehmidt'B  Jahrbaohar,  186S,  Bd.  79. 

2)  SekmidVn  Jahrbfieker,  1866,  Bd.  92. 


278         XXI.    Baevy  Uebcr  Anwendung  der  Electricität 

Nervenstrange   treffen.  —   Wir  werden  unten  noch 
auf  diesen  Hennig'^chen  Vorschlag  zurQckkomroen. 

Mit  viel  mehr  Energie  und  daher  jnit  viel  mehr  Erfolg 
wurde  die  ElectridUt  in  England  und  zwar  zuerst  von  Radford 
in  der  geburtshfilflichen  Praxis  in  Anwendung  gehracbt.  Er 
versuchte  diese  Methode  zuerst  bei  einer,  Patientin,  w« 
während  der  Wehen  eine  enorme  innere  Blutung  eingetreten 
war  und  überzeugte  sich,  dass  der  Galvanismns  eine  Ionische 
und  selbst  periodisch  wiederkehrende  Contraction  hervorrufe, 
wenn  man  jenes  Agens  von  <iner  Zeit  zur  anderen  einwirken 
lässt.  „From  Ihe  moment  the  circle  was  completed,**  sagt 
Rndford^)  ^uterine  pains  were  excited  and  a  beariog-drown 
effect  produced,  the  effect  was  observed  to  be  more  or  less 
intense  accoi^ing  to  tlie  length  of  time  the  conductors  were 
allowed  to  remain  applied.  —  The  uterus  was  feit,"  fahrt 
er  fort,  „to  be  lonically  coniracted  during  the  intervals  and 
this  effect  was  increased  after  each  temporary  action  indnced 
by  tbe  afiplication  of  Ibe  connecting-rod.*^  In  einem  anderen 
F'Hlle,^)  wo  er  die  Magnetelectricität  wegen  profuser  Blutung 
vor  d(*r  Gfimrl  anwomlen  ntusste,  sah  ei*  die  Blutung  t>ogleiGh 
nach  der  Anlegung  der  Conducloren  schwacher  werden  und 
bald  ganz  slill  stehen.  Der  Muttermund  begann  weich  zu 
werden  und  war  nach  Verlauf  von  sechs  Stunden  so  erweitert, 
dass  ein  lebendiges  Kind  geboren  wurde.  Die  Piacenta  wurde 
gleichfalls  ohne  jegliche  Hülfe  entfernt;  es  trat  Jieine  Blutung 
mehr  auf  und-  der  Uterus  fühlte  sich  fest  und  zusammen- 
gezogen an.  —  Gegen  diese  Beobachtungen  Sadford's  tritt 
Simpson ')  mit  acht  Fällen  auf,  bei  denen  er  die  Electricität 
angewandt  und  keine  Contraction  des  Uterus  zu  erzielen  im 
Stande  war.  Während  Radford  und  andere  Beobachter 
behaupten,  dass  die  Electricität  sogar  Wehen  in  einem  noch 
unlhättgen  Uterus,  zu  erwecken  im  Stande  ist,  wie  wir  es 
zur  Erweckung  der  künstlichen  Frühgeburt  bedürfen,  spricht 
Simpson  der  Electricität  jede  Wirkung  ab,  nicht  einmal  be- 
stehende Weben  werden  durch  die  Einwirkung  des  electrischeo 


s  — 


1)  London  medic.  Gazette,  1846,  Jannary. 

2)  London  medic.  Time«,  1846,  Jannary. 
8}  Dabl.  medio.  Journal,  1852,  Febraary. 


in  der  GcbartshQlfe.  279 

Stromes  vermdlirt  oder  yersUirkt  Es  würde,  sagt  er,  übereilt 
und  unlogisch  sein,  nach  den  vorliegenden  Versuchen  und 
Erfahrungen  schliessen  zu  wollen,  dass  der  Galvanismus  unter 
keiner  Modification  und  unter  keiner  Anwendungsweise  im 
Stande  wäre.  Wehen  beryorzurufen  oder  die  Uterinthätigkeit 
zu  verstärken.  Es  können  ja  neue  Methoden,  den  Galvanismus 
zu  gebrauchen,  entdeckt  werden,  die  möglielierweise  zu  anderen 
Resultaten  führen.  „But  I  bdieve,  I  am  justified  in  infering 
from  the  preceding  inquiry,  that  as  employed  as  the  present 
time  and  in  its  present  mode,  it  is  not  a  means,  which  can 
in  any  degree  be  relied  uponfor  the  purpose  in  question  and 
is  so  far  practicaUy  and  extirely  as  a  slimulaut  of  the  parturient 
aetion  of  the  Uterus.^'  Simpson  giebt  zu,  dass  die  anderen 
Beobachter  vermehrte  und  verstärkte  Contractionen  des  Uterus 
gesehen  haben,  aber  es  fragt  sich,  ob  der  Zuwachs  oder 
die  Verstärkung  der  Wehen  das  Resultat  des  galvanischen 
'Agens  war. '-  Sowie  ein  psychischer  Äffect  die  Wehenthätigkeil 
oft  modificirl,  sowie  Kälte  oder  eine  mechanische  Reizung 
der  Vagina  oder  des  Collum  uteri  zuweilen  starke  Wehen 
hervorrufen ,  ebenso  können  unter  Umstanden  die-  Conductoren 
durch  die  mechanische  Irritation  die  Webenlhätigkeit  ver- 
stärken. —  Gegen  dieses  der  Electricität  alle  Wirksamkeit 
absprechende  Urtbeil  Simpeon's  sprechen  nun  die  Erfahrungen 
zahlreicher  Beobachter,  wie  die  von  Darrington,  Demaey^ 
Qolding  Bird,  Barnes,  Matkenzie,  Houghton  u«  A.  So 
theilt  Th.  Dorrington  ^)  im  Jahre  1846  fünf  Fälle  mit,  bei 
denen  er  nach  Rcuiford's  Angaben  den  Galvanismus  an- 
wandte. In  allen  diesen  Fällen  wurde  der  Uterus  während 
der  Einwirkung  des  electriscben  Stromes  fest  und  hart  und 
augenblicklich  traten  Contractionen  ein,  die  die  besten  Erfolge 
hatten.  Später^)  theilt  derselbe  Beobachter  zwei  Fälle  mit, 
von  denen  der  eine  wegen  Beckenenge  die  Einleitung  der 
künstlichen  Frühgeburt  nöthig  madite.  Als  der  in  den  Mutter- 
mund eingelegle  Pressschwamm  keinen  Erfolg  hatte,  wurde 
der  Galvanismus  20  Minuten  in  Absätzen  gebraucht  Augen- 
blicklieh   traten   tonische   Zusammenziehungen   und   einzelne 


1)  Schmidl'a   Jahrbücher,  1847,  Bd.  63. 

2)  Sehmidl's   Jahrbücher,  1849,  Bd.  64. 


280         XX\.    BaeVy  Ueber  Anwendting^  der  KlectriciUit 

Wehen  ein  und  nach  43  Stunden  wurde  ein  todtes  Kind 
geboren.  Dorrington  erklärt  nun  den  Galvanismas  nadi 
seiner  Ueberzeugung  för  ein  sehr  kräftiges  Mittel,  -weiches 
auch  bei  Yölliger  Inertia  uteri,  wenn  alle  anderen  Mittel  ver- 
gebens angewandt  sind,  nicht  leicht  versagen  wird  und  von 
welchem  ausserdem  keine  nachtheiligen  Folgen  befnrditet 
werden  dürfen.  —  Von  besonderem  Interesse  sind  die  Beob- 
achtungen Detnsey^s,  ^)  welcher  in  20  Fällen  den  gewöbniicheR 
electro- magnetischen  Rotationsapparat  anwandte.  Von  diesen 
waren  7  Metrorrhagien  vor  und  nach  der  Geburt,  8  Amennorhoen, 
1  Verlangsamüug  der  Geburt  in  Folge  von  Atonie  des  Uten», 
1  Haemorrhagie  im  dritten  Monate  der  Schwangerschaft  ohne 
Uterincontractionen,  1  kunstliche  Frühgeburt  im  siebente 
Monate,  Beckenmissbildung  halber,  2  passive  MetrorrhagieD 
mit  Fibroiden  am  Os  und  Cervix  uteri.  Dem^ey  glaubt  nun 
nach  seinen  Erfahrungen  schliessen  zu  können,  „dass  1)  der 
electrische  Strom  eine  schon  bestehende  Ut^nthätigkeit  ver- 
stärken kann,  2)  der  electrische  Strom  die  Uterinthätigkeit 
de  novo  anzuregen  vermag,  sobald  das  Organ  hierfür  prädispo- 
nirt  ist,  sei  es  durch  Gongestionen,  eigenthflmlicfaes  Nerven- 
verhältniss  oder  durch  mechanische  Thätigkeit  seiner  Content«, 
3)  es  nöthig  ist,  den  Reiz  für  eine  längere  Zeit  und  wie  die 
Natur  mit  Pausen  anzuwenden,  4)  die  Anwendung  der  Ströme 
von  schädlichen  Einwirkungen  nicht  begleitet  ist^  Einen 
späteren  Fall  von  Demsey  theilt  Rob.  Barnes*)  mit.  Es 
war  nöthig,  die  künstliche  pyühgeburt  einzuleiten  und  m 
diesem  Zwecke  wui-de  der  Eibautstich  gemacht  and  ein 
Pressschwamm  in  den  Muttermund  eingelegt.  Diesen  beiden 
Verfahren  folgte  aber  kein  Zeichen  einer  Geburlsthätigkeit  Es 
wurde  dann  während  einer  halben  Stunde  der  Galvanismos 
in  Anwendung  gebracht,  bald  erweiterte  sich  der  Mutterhiund 
und  die  Geburt  wurde  glücklidi  zu  Ende  geführt  —  Einen 
nicht  minder  überzeugenden  und  von  Mackenzie  beobaditeten 
Fall  berichtet  derselbe  Barnes.  Hier  hatte  eine  mangelhafte 
Wehenthätigkeit  das  Orif.  ut.  nur  um  ein  Geringes  erweitert 
und  als  die  Wehenthätigkeit  eine  Zeit  lang  ganz  ausgeblieben 

1)  Schmidts  Jahrbücher,  1850^  Bd.  68. 

2)  The  Lancet,  1853,  Vol.  II.,  XX. 


in  der  Geburtshulfe.  281 

war,  und  der-  electrische  Strom  nach  Hadfard^s  Angaben 
in  unterbrochenen  Zeitabschnitten  ungeföhr  eine  Stunde  ein- 
gewirkt hatte,  wurde  unter  heftigen  Wehen  ein  lebendes 
Kind  geboren.  „So  vigorous')  were  the  expulsive  eflects 
during  the  passage  of  the  head  through  the  od  externum, 
that  I  was  oUiged  to  take  particular  pains  to  prevent  rupture 
af  the  perinaeum.  The  Impression  left  on  my  mind  by  this 
case  was,  that  galyanism  should  not  be  employed  except  very 
cautiously  in  Primiparae  or  in  any  other  instance  in  which 
the  perinaeum  is  rigid  or  imperrectly  developed.''  —  Den 
wärmsten  Vertheidiger  der  Electricitat  als  zuverlässiges  Mittel 
in  der  Geburtshälfe  finden  wir  in  Hougkton,  der  ganz  besonders 
auf  die  misslungenen  Fälle  von  Simpson  eingeht  und  die 
JBaeJforcTsche  Ansicht  durch  eigene  Erfahrung  zu  stiltzen 
sucht  Er  theilt  von  den  vielen  Fällen,  in  denen  er  die 
Electricitat  anwandte,  vier  mit,  wo  Wehenschwäche  und 
profuse  Blutungen  die  Anwendung  der  Electricitat  erheischten, 
und  wenn  die  Wu^kung  des  Galvanismus  in  diesen  Fällen 
weniger  glänzend  war  als  in  vielen  anderen  Fällen,  so  liess 
sich  doch  auch  hier  mit  Entschiedenheit  wahrnehmen,  dass  die 
Weben  durch  die  Einwirkung  des  Galvanismus  hervorgerufen 
vmrAen,  und  wenn  die  Geburten  auch  nicht  so  schnell  beendigt 
waren,  als  er  es  hofifen  konnte,  so  zweifelt  er  doch  nicht  im 
Geringsten,  dass  »e  durch  die  Anwendung  dieses  Mittels  noch 
um  Vieles  beschleunigt  wurde.  —  Dieses  Geständniss,  dass 
der  Erfolg  des  Galvanismus  gerade  in  diesen  mitgetheilten 
Päll^  kein  überaus  gtknstiger  war,  überzeugt  uns  von  der 
Wahrheitsliebe  des  Verfiissers  und  macht  uns  seine  Ansichten 
und  Erfahrungen  nur  um  Vieles  werthvoUer.  —  Indem  Houghton 
alle  die  ihm  bekannt  gewordenen  Fälle  von  acht  Beobachtern, 
inclusive  der  acht  von  Simpson  mitgetheilten,  auf  32  resumirt, 
kann  ihm  das  auffallende  Faaum  nicht  entgehen,  dass  sieben 
von  diesen  Beobachtern  einstimmig  den  Werth  und  Nutzen 
der  Methode  anerkennen  und  nur  ein  Einziger  sie  gänzlich 
verwirft,  dass  aUe  gunstigen  Resultate  von  den  sieben  ver- 
schiedenen Beobachtern  und  alle  ungünstigen  Fälle  nur  von 
einem  Einzigen   gesehen  wurden.     Es  muss   sicher  in   dem 

1)  The  Lancet,  185.S,  Vol.  II.,  XX. 


282         XXI.    Baer,  üeber  Anwendung  der  Electricität 

Verfahren  von  Simpson  irgend  ein  noch  unaufgeklärter  Irrlhum 
vorhanden  gewesen  sein,  denn  nur  ein  solcher  könne  dieses 
überraschend  negative  Resultat  gegenüber  jenen  positiven 
Erfolgen  erklären.  „I  think,'' ')  schliesst  daher  HouylUony 
„I  am  justtfied  in  infering,  that  in  galvanism  we  have  a  new, 
safe  and  powerful  agent  for  exdting  the  contractile  powers 
of  the  Uterus,  to  which  we  may  with  confidence  resort  in 
all  cases,  where  delay  or  daiiger  may  arise  from  want  ot 
action  in  the  uterus/^  Es  Hessen  sich  hier  noch  einzelne 
Fälle  anreihen-,  die  von  Chvetand,  Lever,  Johnsarij  Wilson^) 
mitgetheiit  sind  und  deren  Resultate  mit  denen  der  meisten 
Beobachter  vollständig  übereinstimmen,  wir  werden  uns  jedoch 
begnügen  müssen,  zum  Schlüsse  nocK  die  Resultate  eines 
anderen  bewährten  Beobachters  anzufüliren.  Robert  Bame$ 
sagt  in  seinen  Vorlesungen  über  das  Verfahren  bei  ungenügender 
Wehen  thäligkeiU  Der  Galvanismus  ")  ist  schon  zu  wiederholten 
Malen  und  so  auch  vom  Verfasser  selbst  mit  grossem  VortheU 
zur  Einleitung  der  künstlichen  Frühgeburt  angewandt  worden ; 
jedenfalls  verdient  er  hier  vor  dem  See.  comut  den  Vorzug. 
Noch  augenscheinlicher  ist  die  günstige  Wirkung  des  Galva- 
nismus bei  Wehenschwäche  bei  rechtzeitig  erfolgten  Geburten, 
sowohl  vor  Austreibung  des  Kindes  als  auch  in  der  NachgebArts- 
Periode."  —  Vergleicht  man  den  Galvanismus  mit  dem  See.  com., 
so  ergeben  sich  nach  Barnes  für  den  ersteren  folgende  Vor- 
züge: 1)  die  ausserordentliche  Einfachheit  seiner  Anwendung, 
2)  die  grosse  Zahl  von  Fällen,  in  denen  sein  Gebrauch  von 
Nutzen  ist,  3)  der  Umstand,  dass  man  es  stets  in  der  Hand 
hat,  seine  Wirkung  zu  verstärken  oder  zu  unterbrechen, 
4)  dass  er  bei  den  höchsten  Schwächezuständen  der  Ge* 
bärenden  ebenso  gut  angewandt  werden  kann,  als  dort,  wo 
diese  nicht  sclilingen  können  oder  wo  der  Magen  alles  Ge- 
nossene sofort  wieder  auswirft,  5)  der  Galvanismus  wirkt 
weniger  nachtheilig  auf  das  Nervensystem,  als  manche  andere 
wehenerregende   Mittel   und  naroenüich  als   das  Mutterkorn, 


1)  Dubl.  med.  Joarnal,  1862,  February. 

2)  Od  the  applicAtion  and  effect  of  electricity  hy  JCotorance, 
1868,  London,  p.  37  sequ. 

3)  Schmidt'B  Jahrbucher,  1864,  Bd.  88. 


in  der  Gebortshülfe.  283 

indem  er  deinen  EidAuss  direct  auf  die  Muskelfasern  des 
Dterus  äussert. 

Wenn  wir  nun,  von  den  Simpaon'schen  Fällen  absehend, 
das  Ergebniss  der  oben  angeführten  Beobachtungen  resumiren, 
so  sehen  wir  von  allen  Beobachtern  einstinimig  zugegeben, 
dass  die  Electricität  im  Stande. ist,  zuverlässig  und  sicher  die 
bereits  eingeleiteten  Wehen  zu  verstärken,  ilire  Zahl  zu  ver- 
mehren und  die  ausbleibenden  wieder  hervorzurufen.  Wir  sehen 
ferner  von  der  Mehrzahl  der  Beobachter  zugegeben,  dass  die 
Electricität  selbst  in  einem  noch  ganz  unthätigen  Uterus  Wehen 
zu  erregen  vermag.  In  den  meisten  der  oben  citirten  Fälle 
von  erzielter  künstlicher  Frühgeburt  finden  wir  jedoch,  dass 
vor  der  Anwendung  der  Electricität  bereits  ein  Pressschwamm 
eingelegt  war  (so  bei  Dorrington,  Honiger  u.  A.)  und  wir 
durften  demnach,  mit  B,  Frank  übereinstimmend,  den  Schluss 
ziehen,  dass  die  Electricität  ganz  bestimmt  die  Frühgeburt 
einleiten  wird,  sobald  ihrer  Anwendung  eine  Art  Vorbereitung 
vorangeht.  Dieser  Satz  scheint  uns  um  so  gerechtfertigter, 
je  mehr  wir  die  Natur  in  ihrem  Vorgehen  bei  der  regelmässig 
zeitigen  Geburt  nachzuahmen  bestrebt  sein  wollen.  Hier  sehen 
wir  beim  Ablauf  der  SchwangerschafI  den  ganzen  Sexuaiapparat 
vorbereitet,  um  die  Contraction  des  Uterus  so  viel  als  möglich 
zu  unterstutzen.  Wir  müssen  aber  bei  der  Einleitung  der 
kunstlichen  Frühgeburt  diesem  natürlichen  Vorgange  um  so 
mehr  nachahmen,  als  wir  es  hier  gewöhnlich  mit  einem 
Sexualapparat  zu  thun  haben,  der  von  der  Natur  noch  gar 
nicht  für  das  Geburtsgeschäft  vorbereitet  ist.  Es  wh*d  demnach 
der  electrische  Strom  zur  Hervorrufung  der  künstUchen  Früh- 
geburt unseres  Erachtens  am  rationellsten  da  anzuwenden  sein, 
wo  wir  künstlich  eine  Art  Vorbereitungsperiode  hab'en  voraus- 
gehen lassen,  und  dies  können  wir  wiederum  gewiss  am 
besten  durch  die  öftere  Anwendung  der  warmen  Douche  nach 
Kiwiach  oder  durch  die  Colpeuryse  nach  Braun  bewerk- 
steUigen. 

Bevor  wir  nun  zur  Erörterung  der  Fragen  übergehen, 
auf  welche  Weise  wir  die  Electricität  anwenden  sollen,  scheint 
es  uns  zweckmässig,  hier  die  Besprechung  anderer  geeigneter 
geburtshülflicher  Fälle  anzureiben,  bei  denen  die  Electricität- 

MoiiAttiebr.  f.  OebvrUk.  1861.  Bd.  XVni.,  Hfl.  4.  19 


284         X^^-    Baer^  Ueber  Anwendangder  Eleetricit&t 

unstreitig  die  vortrefflichsteD,  ja  zuweilen  unersetzliche  ¥01- 
theiie  darbietet  und  zwar  in  den  Fällen  Ton 

Wehenschwäche  und  Uterinblutungen. 

Die  Folgen  einer  durch  Wehenscbwäche  lang  hin  ge- 
zögerten  oder  gar  unmöglich  gewordenen  Geburt  für  Mutter 
und  Kind  sind  so  mannichfach  und  bekannt,  dass  wir  ihrer 
nicht  zu  denken  brauchen.  «Von  noch  grösseren  Gefahren 
sind  die  Metrorrhagien,  die  vor  der  Geburt  eintreten  und  oft 
erst  mit  der  Beendigung  der  Geburt  aufliören  oder  die  in 
der  Nacbgeburtsperiode  in  Folge  mangelhafter  Contraction  des 
Uterus. entstehen.  In  solchen  Fällen  greifen  wir  zu  inneren 
diätetischen  und  therapeutischen  Mitteln,  uin  die  Thätigkeit 
des  Uterus  wiederherzustellen  oder  zu  verstärken,  ganz  be- 
sonders zu  dem  See.  cornutum  und,  wenn  bei  noch  nicht 
^folgler  Geburt  die  Wehen  trotz  alledem  nicht  wiederkehren, 
zur  Extraction  des  Kindes  mittels,  des  Forceps,  sobald  das 
Orif.  uteri  weit  genug  dilatirt  ist,  um  das  Instrument  anlegen 
zu  können.  Welchen  schädlichen  Einfluss  das  Mutterkorn 
unter  Umständen  auf  die  Mutter  und  ganz  besonders  auf  das 
Kind  ausüben  kann,  brauchen  wir  nicht  zu  erwähnen  und 
ebensowenig  wie  unsicher  seine  Wirkung  ist,  da  diese  theils 
von  der  BeschaiTenheit  des  Mittels,  theils  von  der  Individualität 
der  Gebärenden  abhängt,  indem  hier  schon  eine  kleine,  dort 
erst  eine  grosse  Dosis  ausreicht  und  in  einem  dritten  Falle 
endlich  die  Wirkung  gänzlich  ausbleibt.  Aber  auch  der 
Forceps,  der  in  solchen  Fällen  das  gewöhnlichste  und  zu- 
weilen das  einzige  Mittel  ist,  durfte  nicht  inuner  ohne  jeg^dien 
Nachtheil  für  Mutter  und  Kind  angewandt  sein,  abgesehen 
von  den  Fällen,  in  denen  seine  AppUcation  durch  zu  geringe 
Dilatation  des  Orif.  uteri  ganz  unmöglich  ist.  Um  wie  Vieles 
glücklicher  müsste  nicht  die  Behandlung  solcher  Fälle  sein, 
wenn  wir  ein  Mittel  besässen,  das  constant  und  augenblicklich 
Wehen  erregt  und  ganz  auf  naturlichem  Wege  die  Geburt 
vollendet?  Wie  viele  traurigen  und  unglücklichen  Folgen 
Uessen  sich  besondere  bei  den  leider  so  gefahrlichen  Blutungen 
oder  bei  Eclampsie  verhüten,  wenn  wir  den  Uterus  sofort 
.  in  starke  Contractionen  versetzen  und  die  Geburt  schnell 
beendigen  könnten?    Wie  oft  würde  sich  nicht  durch  dieses 


in  der  Gebnrtshölfe.  285 

Mittel  die  Anwendong  der  Zange  Yomeiden  lassen  und  mit 
welchen  Vortheilen  würde  dieses  Mittel  selbst  in  den  Fällen 
zu  gebrauchen  sein,  wo  die  Zange  ohne  jeden  Erfolg  bleiben 
mnsste?  Während  der  Foreeps  nur  durch  den  einseitigen,* 
besdiränkten  Zug  nach  unten  wirkt  und  demnach  oft  wirkungslos 
bleiben  muss,  wenn  es  sich  um  ein  Missverhältniss  zu  den 
Durchmessern  des  Kopfes  und  denen  des  Beckens  hancfelt, 
wurde  oin  solches  Mittel  den  Uterus  von  allen  Seiten  gleich- 
massig  contrahjfen,  wie  die  Natur  den  Kopf  des  Kindes  nach 
dem  Räume  des  Beckens  configuriren.  und  durch  die  künstlich 
erzeugten  Wehen  die  Geburt  möglich  machen,  wie  ja  die 
Natur  oft  solche  Missverhältnisse  durch  eine  starke  Wehen- 
thätigkeit  compensirt  Alles  das  muss  uns  die  Electricität 
sicherlich,  wie  kein  anderes  Mittel  bieten,  da  sie  richtig  und 
rationell  angewandt  die  Natur  zu  ersetzen  im  Stande  ist  und 
ausserdem  den  Vortheil  bietet,  dass  wir  ihre  Wirkung  beliebig 
steigern  und  Termindem  können.  So  sagt  auch  Benj.  Frank: 
,,Ihren^)  Hauptwirkungskreis  findet  die  Magnetelectricität  als 
Beiorderongsmittel  der  Geburt  bei  solchen  dynamischen 
Störungen,  die  auf  Schwäche,  Mangel  oder  perverser  Atonie 
der  austreibenden  Kräfte  beruhen.  Bei  absoluter  Schwäche 
der  austreibenden  Kräfte  ist  sie  das  souveräne  Mittel.  — 
Ganz  besonders  aber  widitig  wird  sie  in  der  Nachgeburts- 
periode, wenn  durch  theil weise  Trennung  der  Placenta  profuse 
Blutungen  entstehen,  ^  hier  ist  sie  eine  wahre  Sacra  vitae 
anchora  bene  et  drcumspecte  agentibus.  Dasselbe  gilt  ebenso 
sehr  und  fast  noch  mehr  von  den  Metrorrhagien  nach  Ent- 
fernung der  Nachgeburt  und  -im  Wochenbett  überhaupt.'*  — 
Ganz  in  diesem  Sinne  wird  als  Hauptindication  für  die  An- 
wendung electrischer  Ströme  die  Atonie  und  Metrorrhagfe 
hingestellt  von  Badford,  B.  Barnes,  Demsey,  der  ja 
unter  seinen  beobachteten  Fällen  acht  Blutungen  mittels  der 
Electricität  glücklich  behandelte.  Nicht  so  günstig  urtheilt 
Braun  über  den  Nutzen  dieses  Mittels.  „Bei  Haemorrhagien 
der  Nachgeburtsperiode,'' ^)  sagt  er,  „wurde  die  Galvano- 
Electricität  angewandt;  der  eine  Pol  in  der  'Nabelgegend  am 


1)  L.  c.  . 

2)  Klinik  fdr  Geburtshülfe  n.  Gynäkologie,  1855,  S.  217. 

19* 


286         X^t*    Baer,  lieber  Anwendung:  der  Electricität 

Fundus  uteri,  der  andere  am  Kreuze  und  unzuverlässig  ^ 
fundeu.  Man  sah  allerdings  manchmal  Contractionen  folgen, 
während  sie  das  .andere  Mal  völlig  im  Stich  liess.  Folgen 
Contractionen,  so  treten  sie  jedoch  schneller  ein,-  als  durch 
interne  Mittel/'  Dass  das  eine  Mal  Contractionen  eintraten, 
und  sogar  schnelle  und  kräftige,  und  das  andere  Mal  gar 
keine  Wirkung  erzielt  wurde,  durfte  wahrscheinlich  nur  durch 
eine  noch  nicht  vollkommene  und  gleichmässige  Apj^cations- 
methode  zu  erklären,  sein.  ^)  Wir  haben^  sagt  dagegen 
Hotighton^  in  dem  Gälvanismus  ein  Mittel,  zu  welchem  ysir 
mit  dem  grössten  Vertrauen  in  allen  Fällen  von  Blutungen 
vor  und  nach  der  Geburt  und  auch  in  allen  Fällen  von  Atonie 
des  Uterus  greifen  können.  Die  Electricitat  muss  aber  nach 
Hougkton  auch  in  sehr  vielen  Fällen  den  Forceps  ersetzen 
können,  der  in  der  grössten  Anzahl  der  Fälle  wegen  Atonie 
des  Uterus  gebraucht  wird  und  so  oft  schlechte  Folgen  nach 
sich  zieht.  Aber  es  dürfte  der  Gälvanismus  auch  noch  den 
unendlich  grossen  Nutzen  haben,  dass  er  die  Schmerzen  und 
die  Leiden  der  Kreissenden  abkäi*zt  und  aufhebt,  ohne  dass 
irgend  eine  Gefahr  damit  verbunden  wäre. 

Wir  sipd  jetzt  an  der  wichtigen  Frage  angelangt,  auf 
welche  Weise  die  Electricitat  zu  unserem  Zwecke  am  be- 
quemsten und  sichersten  angewandt  werden  soll.  Die  meisten 
englischen  Beobachter  bedienten  sich  eines  von  Radford 
angegebenen  Apparates,  der  der  Hauptsache  nach  eine  magnet- 
electrische  Maschine  war  und  mit  zwei  isolirten  Electroden, 
von  denen  der  eine  an  der  Spitze  mit  einer  versilberten 
Kugel  versehen  ist.  „Bei  Anwendung  des  Apparates,''  sagt 
Eadford^^)  „wirü  die  versilberte  Kugel  des  Vaginal -Conduclors 
bis  an  den  Muttermund  eingeführt  und  von  Zeit  zu  Zeit  mit 
einer  anderen  Stelle  dieses  Organs  in  Berührung  gebracht 
Zugleich  muss  der  andere  Conductor  auf  den  Fundus  uteri 
an  die  Abdominalwandung  angelegt  werden.  Auch  kann  mau 
Schläge  quer  durch  den  Uterus  gehen  lassen,  indem  man 
die  Conductoren  gleichzeitig   an  beide  Seiten  des  Unterleibes 

1)  Sollte  Bich  Braun  y  wie  vielleicht  auch  Simpson  ^  des 
Constanten  Stromes  bedient  haben?  Dann  würde  sich  ihr  negatives 
Resaltat  ans  später  zu  erörternden  Gründen  bald  erklären  laasen. 

2)  FrorUp's  Notizen,  1845,  No.  729. 


in  der  Geburtshälfe.  28? 

anlegt.''  —  Die  Anwendung  dieses  Mittels  ist  nach  Houghton 
etwas  abweichend.  Sie  geschieht  so,  dass  man  den  einen 
Pol  an*s  Kreoibein,  den  andern  an  die  Baacbdecken  anlegt, 
oder  dass  man  den  einen  Pol  durch  die  Scheide  an  den  Uterus 
selbst  führt;  es  scheint  nach  ihm  am  gerathensten,  die  Ströme 
anhaltend  wirken  zu  lassen,  bis  die  Wehen  stark  genug  werden, 
dann  kann  man  aufhören  und  die  Erregung  nach  Umständen 
von  Neuem  beginnen.  Ob  die  £lectricit§t  continuirlich  oder 
§hnlich  den  Wehen  in  Pausen  angewandt  werden  soll,  hängt 
lediglich  von  dem  einzelnen  Falle  ab.  Robert  Barnes  ^)  sagt 
über  diesen  Punkt:  „Bei  der  Anwendung  des  Galyanismuä, 
die  am  besten  mittels  eines  Rotationsapparates  geschieht,  ist 
es  nicht  nöthig,  den  einen  Pol  an  die  Wirbelsäule,  den  anderen 
an  den  Uterushals  zu  bringen,  wie  dies  gewöhnlich  geschieht; 
es  genfigt,  sich  zweier  mit  gehörig  angefeuchtetem  Flanell  be- 
deckten Scheiben  zu  bedienen,  die  in  der  Höhe  der  Gebärmutter 
auf  dem  RCicken  und  dem  jBanChe  angebracht  werden.  Die  Dauer 
der  Application  hängt  von  den  Umständen  ab,  Eisweilen  genögt 
eine  einmalige  Anwendung.*'  —  Das  von  Hennig  angegebene 
Instrument  wurde  bereits  oben  erwähnt,  allein  so  sicherlich 
der  Uterus  contrahiren  müsste,  sobald  man  die  zu  ihm 
gehenden  Nerven  electrisch  reizen  wurde,  so  gewiss  wird 
die  mussliche  Application  des  Instruments  durch  das  Einführen 
in  den  Mastdarm  als  auch  die  Unsicherheit,  immer  die  be- 
treffenden Nervenstränge  zu  treffen,  dieser  Methode  wenig 
Hoffnung  auf  praktische  Verwerthung  geben.  —  Von  grossem 
Interesse  sind  die  Ergebnisse  der  Untersuchungen,  welche 
Mackenme^)  an  niederen  Thieren  angestellt,  uro  einerseits 
die  Wirkung,  welche  die  Electricität  auf  die  Uterinfasern 
ausübt,  zu  beobachten  und  andererseits,  um  die  beste  Art  der 
Anwendung  und  den  sichersten  Ort  der  Application  zu  finden, 
damit  der  grösstmöglichste  Effect  erzielt'  werde.:  Mackenxie 
fand  nun,  dass  die  Einwirkung  des  Stromes  auf  die  Uterinfasern 
am  stärksten  und  schnellsten  eintrat,  sobald  der  Strom  von 
einer  oberen  Partie  der  Wirbelsäule  längs  des  Uterus  gerichtet 
war.    Mackenzie  berichtet  gleichzeitig,  dass  er  auf  diese  Weise 

1)  8fihmidVB  Jshrbüclier,  1864,  83..  Bd. 

2)  The  Lancet,  1858  (Mars). 


288         ^^^-    BaeTf  üeber  Anweodoiig  der  Eleetricität 

den  Galyanismus  in  vielen  Fällen  mit  glänzendem  Erfolge 
rersucht  habe  und  führt  beispielsweise  die  fünf  letzten  FäDe 
an  (drei  Blutungen,  zwei  Plac.  praev.),  bei  denen  sich  diese 
Methode  ganz  vortrefflich  bewährt  habe.  Indess  dürfte  Jedoch, 
bis  auch  andere  Beobachtungen  für  diese  Methode  spredien 
die  locale  Application  der  Ströme,  die  am  meisten  zu 
empfehlende  sein.  —  Wenn  wir  nun  im  Wesentlichen  das 
Resultat  dieser  angeführten  Beobachtungen  als  ein  einstimmig 
sehr  günstiges  ansehen  müssen,  so  dürfte  doch  das  Verfahren 
der  verschiedenen  Beobachter  bald  in  der  Wahl  der  Apparate, 
bald  in  der  Wahl  der  Stellen,  an  denen  die  Electroden  an- 
gelegt werden  sollen,  kein  so  übereinstimmendes  sein  und 
wir  werden  wohl  am  besten  thun,  uns  nach  unseren  heutigen 
Anschauungen  ein  solches  vorzuschreiben.  —  Zuerst  würde 
nun  die  Frage  zu  beantworten  sein,  ob  wir  uns  eines  constanlen 
oder  eines  inducirten  Stromes  bedienen  werden?  So  unsicho* 
auch  die  Art  der  Ströme  in  den  oben  angeführten  Fällen 
angegeben  sind,  so  ist  doch  gewiss,  dass  in  der  grössten 
Mehrzahl  der  FäUe  entschieden  die  Magnet -Eleetricität  in 
Anwepdung  gewesen  sei;  nehmen  wir  hierzu  die  Resultate  der 
Experimente  von  Weber  und  Mackensie  ^  wo  discontinuirliche 
Ströme  die  Uterinfasem  contrahirt  haben,  s(^  dürften  wir 
uns  wohl  bald  für  den  inducirten  Strom  entscheiden,  da 
ausserdem  für  den  constanten  Strom  keine  anderweitigen 
sicheren  Erfahrungen  vorliegen,  der  inducirte  Strom  hingegen 
fast  überall  zu  allen  therapeutischen  Zwecken  gebraucht  wird. 
Wir  werden  aber  ganz  gewiss  den  inducirten  Strom  wählen, 
wenn  wir  im  Auge  behalten,  dass  wir  den  Uterus  contrahiren 
wollen  und  zwar  so  kräftig  und  energisch  contrahiren  wollen, 
dass  diese  künstlichen  Conti*actionen  die  natürlichen  Wehen 
ersetzen  sollen.  Der  electrische  Strom  ruft  aber  —  so  lehrt ') 
die  Physiologie  —  Zuckungen  des  Muskels  nie  hervor,  so 
lange  er  ihn  gleichmässig  durchströmt,-  sondern  nur  in  dem 
Momente,  wo  er  in  den  Muskel  zu  strömen  beginnt  und  zu 
strömen  aufhört,  bringt^ der  Strom  durch  die  Aenderung  seiner 

1)  Wir  verweisen  hier  auf  die  medic.  Physik  von  Äd,  Fick 
und  gans  besonders  auf  den  Artikel:  Physikalische  und  physio- 
logische Bemerkungen  aur  Eleotrotherapie  von  Fr  BoBenthal, 
Deutsche  Klinik,  1868,  No.  8  u.  4. 


in  der  GeburtshiSlfe.  289 

• 
Dichtigkdt  den  Muskel  znt  ZuckuDg.  Je  grösser  nun  diese 
Aenderung  der  Stromdichte  ist  und  mit  je  grösserer  Schnellig- 
keit die  Stromdichte  auf  das  Maximum  steigt  und  Wiederum 
fallt,  desto  grösser  ist  auch  der  Effect  des  Stromes  auf  den 
Muskel,  um  so  beträchtlicher  föUt  die  Zuckung  aus.  Und- 
gerade  deshalh  empfehlen  sich  die  durch  Induction  erzeugten 
Ströme,  indem  wir  nur  die  primäre  Kette  so  schnell  hinter- 
einander zu  schliessen  und  zu  öffnen  brauchen,  dass  d^  Muskel 
zwischen  je  zwei  Zuckungen  keine  Zeit  zur  Erschlaffung  hat 
und  somit  in  stetiger  Contraction,  in  Tetanus  verharrt. 
Contractionen  dieser  Art  würden  wir  aber  mittels  des  constanten 
Stromes  gar  nicht  erreichen  können  und  wir  werden  somit 
den  inducirten  Strom  in  Anwendung  bringen.  Welchen  Apparat 
werden  wir  nun  gebrauchen?  Wir  können  heutzutage  nur 
noch  zwischen  dem  magnetelectrischen  Rotationsapparat  und 
dem  Magnetelectromotor  schwanken.  Der  beste  Induction»- 
apparat  dieser  letzten  Art  ist  Du  Bois-Seymoncts  Schlitten- 
magnetelectromotor,  der  den  grossen  .Vortheil  bietet,  dass 
man  durch  Verschiebung  der  in  einander  passenden  inducirten 
und  inducirenden  Rollen  die  Intensität  des  Strome?  verstärken 
und  vermindern  und  demnach  die  Wirkung  des  Stromes  stets 
unter  Controle  haben  kann.  Allerdings  dürfte  dem  Gebrauche 
dieses  Apparates  in  der  Privatpraxis  doch  so  Manches  im 
Wege  sein,  so  die  missliche  Reförderung  der  nöthigen  Elemente, 
der  Zeitaufwand  für  die  Vorbereitung,  das  unangenehme  Ver- 
dampfen der  Säuren  u.  s.  w«,  aber  auch  diese  kleinen  Nach- 
theile sind  in  der  neuesten  Zeit  durch  passende  Construction 
so  viel  als  möglich  beseitigt,  so  dass  er,  wie  der  Rotations- 
apparat, sehr  bequem  transportabel  ist«  Uebrigens  könnte 
man  in  der  Privatpraxis  dem  Rotationsapparat  und  in  der 
Spitalpraxis,  wo  der  Apparat  immer  vorbereitet  an  einem  Orte 
stehen  bleiben  kann,  dem  Magnetelectromotor  den  Vorzug 
geben.  —  Eine  nicht  minder  wichtige  Frage  ist  die,  an  welchen 
Stellen  wir  die  Electroden  anlegen  sollen?  Erwägen  wir  die 
Thatsache,  dass  der  electrische  Strom  niemals  auf  einen 
einzelnen  Theil  oder  gar  auf  eine  einzelnen  Muskel  beschränkt 
bleiben  kann,  dass  vielmdir  die -Ströme,  so  wie  sie  von  den 
Electroden  heraus  sich  in  den  betreffenden  Theil  ergiessen, 
nach  aUen  möglichen  Rahnen  hinströmen  und  so  den  ganzen 


290      .  ^^^-    B<!^^t  Ueber  AnwenfluDg  der  ElectrieitSt 

• 
Körper  in  Curven,  die,  je  weiter  von  den  Ansatzpnnkten, 
desto  grösser  werden,  durchfliessen ;  erwägen  wir  femer,  dass 
die  Electricitätsmenge  kleiner  und  kleiner  wird,  je  grosser  die 
durchlaufenden  Bahnen  werden,  dass  somit  die  Stromesdichte 
am  grössten  ist  in  dem  Theile,  der  zwischen  den  Electroden 
liegt,  so  kommen  wir  zu  dem  Schlüsse,  dass  wir  den  Uterus 
am  sichersten  cöntrahiren  werden,  wenn  die  Electroden  ro 
nicht  zu  grosser  Entfernung  von  einander  auf  den  Uterus 
selbst  aufgesetzt  werden.  Wir  werden  also  keinesweges  die  eine 
Electrode  an  die  Wirbelsäule,  die  andere  an  den  Fundus  uteri 
anlegen,  sondern  wir  werden  am  zweckmässigsten  —  wie 
schon  i?.  Barnes  und  auch  Radford  theilweise  angiebt  — 
die  beiden  Electroden  zu  beiden  Seiten  des  T'undus  und  zur 
Abwechselung  wohl  auch  der  Länge  nach  die  eine  in  die  Mitte 
und  die  andere  oberhalb  der  Symphyse  appliciren.  Wenn  wir 
aber  beide  Electroden  an  die  äusseren  Bauchdecken  anlegen, 
so  wird  der  Strom  zuerst  die  Epidermis  durchfliessen  müssen, 
um  die  darunter  liegenden  Theile  zu  treffen.  Die  Epiderniis 
ist  aber  bekanntermaassen  ein  sehr  schlechter  Leiter  für  die 
Eleclricität*  sie  bietet  einen  enormen  Widerstand  und  die 
Stromesstärke  kann  deshalb  beträchtlich  herabgesetzt  werden, 
so  dass  sie  nicht  hinreicht,  eine  Contraction  in  den  Uterin- 
fasern  hervorzurufen;  die  sensibeln  Nerrenfasem  der  Haut 
hingegen  werden  an  den  Stellen,  wo  die  Ele'ctroden  sitzen 
und  wo  die  Ströme  die  grösste  Dichtigkeit  haben,  so  heftig 
afficirt  werden,  dass  neben  der  geringen  Wirkung  auf  den 
Uterus  die  unerträglichsten  Schmerzen  entstehen  werden.  Um 
die  Epidermis  so  gut  leitend  als  möglich  zu  machen,  werden 
wir  die  mit  beiden  Schwämmen  versehenen  Electroden  in 
lauwarmes  Wasser  oder  in  eine  Kochsalzlösung  tauchen.  Auf 
diese  Weise  wird  die  Wirkung  der  Ströme  sicher  erzielt  und 
der  Schmerz  auf  einen  höchst  geringen  Grad  herabgesetzt 
werden.  —  Ganz  anders  könnte  die  Art  der  Application  sein 
in  den  Fällen,  wo  die  Frucht  bereits  aus  dem  Uterus  entfernt 
ist,  also  in  allen  Fällen ^ von  Blutungen  in  der  Nachgeburts- 
periode und  im  Wochenbette.  Man  könnte  hier,,  wie  wir  es 
auch  für  die  Anwendung  dei^  Electricität  bei  geeigneten  Fällen 
von  Dislocationen  des  Uterus  vorschlagen  wurden,  ein  Instrument 
benutzen,  das,  nach  der  Form  einer  Uterussonde  construirt. 


in  der  Oebnrtsbülfe.  •  291 

aas  zwei  isolirten  Drähten  besteht,  von  denen  der  eine  längere 
aber  geknöpft  und  unter  Umstanden  auch  mit  einem  Schwämme 
versehen  werden  kann,  der  andere  kürzere  aber  durch  einen 
sehr  leicht  herstellbaren  Mechanismus  sowohl  transversal  als 
auch  etwas  horizontal  geschoben  werden  kann,  so  dass  der 
längere  Draht,  als  Sonde,  bis  an  den  Fundus  uteri  eingeführt, 
die  eine  Eiectrode  vertreten  kann,  während  der  zweite  kürzere 
und  ebenfalls  isolirte  Draht,  als  zweite  Eiectrode,  an  das 
Orificium  anzulegen  wäre.  Man  würde  durch  dieses  Verfahren 
mit  der  grössten  Leichtigkeit  die  Ansatzpunkte  wechseln  und 
somit  immer  neue  Fasern  am  stärksten  erregen  können. 
Unser  Verfahren  wäre  demnach  dahin  zu  resumiren,  dass  wir 
die  Ströme,  eiites  Magnetelectromotors  oder  eines  Rotations- 
apparates durch  zwei  Drähte,  welche  an  ihrem  Ende  in  Wasser 
oder  Kochsalzlösung  getauchte  Schwämme  tragen  und  an  die 
beiden  Seiten  des  Fundus  uteri  an  entsprechenden  Stellen  der 
äusseren  Bauchwand  angelegt  worden  sind,  durch  den  Uterus 
leiten,  dass  wir  die  AppUcationsstellen  hin  und  wieder  ändern, 
dass  wir  sofort  den  Strom  unterbrechen,  sobald  der  Uterus  hart, 
fest  und  zusammengezogen  ist,  dass  wir  nach  dem  Nachlasse 
der  Contraction  dem  Organe  eine  kleine  Pause  gönnen,  dass 
wir  diese  Pausen  je  nach  der  Intensität  der  Contractidnen 
einrichten  und-  zwischen  den  ersten  Contractionen  länger 
pausiren  als  zwischen  den  späteren.  Uebrigens  dürfte  es  sich 
wohl  von  selbst  verstehen.,  dass  eine  E^rankheit  des  Uterus 
selbst,  wie  Entzündung  und  Rheumatismus,  die  ja  eine 
Atonie  u.  s.  w.  bedingen  können,  den  Gebrauch  der  Electricität' 
verbieten  würde.  Grosse  Aufmerksamkeit  muss  man,  wie 
schon  oben  von  Mackenzie  u.  A.  erwähnt  ist,  bei  Erst- 
gebärenden auf  das  Perinäum  verwenden  und  bei  grosser 
Rigidität  desselben  dürften  nur  die  schwächsten  Ströme  und 
auch  dann  in  grossen  Zwischenräumen  anzuwenden  sein. 

Es  bleibt  uns  noch  ein  Punkt  zu  besprechen  übrig,  ob 
nicht  die  electrischen  Ströme,  direct  durch  den  Uterus  geleitet, 
einen  nachtheiligen  Einfluss  auf  die  Frucht  ausüben  könnten. 
Diese  Frage  lässt  sich  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  ver- 
neinend beantworten,  da  erstlich  die  meisten  der  durch  diese 
Methode  sowohl  bei  der  künstlichen  Frühgeburt  als  auch  bei 
der  Atonie   des  Uterus   zur  Welt   gebrächten   Kinder  lebend 


292  ^X^*'  Baer,  Ueb«r  Anwendung  der  Eleetricität    . 

geboren  worden  und  da  zweitens  der  Tod  einzelner  Kinder 
nicht  direct  dem  Einflüsse  der  Eäectridtät  zuzusdireiben  ist, 
da  ja  ohnehin  die  Prognose  für  das  Leben  der  Kinder  bei 
der  künstlichen  Frühgeburt  lieine  günstige  ist  So  finden  wir 
bei  den  von  Scholz^)  gesammelten  196  Operationen,  wo  die 
Frühgeburt  bei  verschiedenen  Graden  von  Beckenengen  und 
nach  verschiedenen  Methoden  eingeleitet  wurde,  125  lebende 
und  71  todte  Kinder.  In  dem  Falle  aber,  wo  die  Electricitit 
wegen  Wehenmangel  oder  Wehenschwäche  gebraucht  wurde, 
ist  dieses  Mittel  als  Ultimum  refugium  nach  langem  Warira 
und  vielem  Versuchen  mit  allen  anderen  Mitteln  und  somit 
ächon  unter  ungünstiger  Prognose  in  Gebrauch  genommen 
worden.  Wir  können  unsers  Erachtens,  nach  den  bisherigen 
Erfahrungen,  wohl  die  Prognose  in  allen  Fällen,  wo  dieses 
Mittel  vorsichtig  und  zur  rechten  Zeit  angewandt  ist,  mit 
Radford  u.  A.  als  eine  sehr  günstige  bezeichnen,  denn 
Radford  sagt  ausdrücklich,  „dass^)  er  nie  beobachtet  habe, 
dass  dem  Fötus  durch  die  Anwendung  der  Eleetricität  ein 
Nachtbeil  erwuchs,  was  so  häufig  beim  Seeale  com.  geschieht.^^  — 
Wir  können  diese  Abhandlung  nicht  schliessen,  ohne  noch 
eine  anderweitige,  gewiss  höchst  schätzbare  Indication  für  die 
Anwendung  der  Eleetricität  zu  besprechen  und  zwar  die  An- 
wendung des  Stromes  zur  Wiederbelebung  aspbyctisch  ge- 
borener Kinder. 

Asphyxie  der  Neugeborenen. 

Eine  der  häufigsten  Ursachen  der  Asphyiie  bei  Neu- 
geborenen ist  ein  eingetretenes  Hinderniss  in  der  Respirations- 
thätigkeit.  Wir  werden  demnach  diesen  Zustand  um  so 
schneller  beseitigen,  je  früher  wir  die  Respirationsthätigkeit 
einzuleiten  im  Stande  sind.  Die  bis  jetzt  gebräuchlichen  Ver- 
fahren sind  aber  leider  so  unsicher  und  unzuverlässig,  dass  sie 
noch  so  energisch  angewandt  uns  zuweilen  im  Stiche  lassen. 
Wir  würden  aber  entschieden  die  Respiration  einleiten,  wenn 
wir  das  Zwerchfell,  den  wichtigsten  und  thätigsten  Muskel  bei 
der  Atbmung  gleichmässig  zu  contrahiren  im  Stande  sind  und 


1)  Nägele,  Lehrbuch  der  Oeburtshülfe ,  IL  Th.,  S.  207. 

2)  SehmidVB  Jahrbücher,  1854,  Bd.  88. 


in  der  Gebnrtshaife.  293 

dafür   giebt   es   gewiss   kein   zuverlässigeres  Mittel  als  die 
Electricität. 

Es  durfte  wohl  JSoer  der  erste  gewesen  sein,  der  die 
Electricität  zu  diesem  Zwecke  empfohlen  und  selbst  angewandt 
hat.  So  sagt  er  sdbst,  nachdem  er  alle  gegen  die  Asphyxie 
gangbaren  Mittel  besprochen  hat:  „Ich  dachte')  also  noch 
zu  anderen  Vorkehrungen  schreiten  zu  müssen  und  ?ersuchte, 
so  viel  mir  bdiannt  ist,  der  erste,  in  dieser  Absicht  die 
Electricität  mit  so  ervnlnschtem  Erfolge,  dass  ich  der  Meinung 
bin,  es  gebe  keine  bessere  Erweckungsart  als  diese.**  Boer 
verfuhr  dabei  so,  dass  er  den  ersten  Schlag  von  einem  Knie 
zum  anderen,  den  zweiten  vom  Knie  zur  Hand  oder  dem 
Armgelenke  der  Gegenseite  und  endlich  die  folgenden  durch 
die  Achseln,  durch  die  Brust  oder  nach  der  Länge  des 
Ruckgrates  leitete.  Bei  diesen  Versuchen  beobachtete  Boer, 
dass  bei  einzelnen  Kindern  unter  dem  electrischen  Schlage 
die  Gliedmaassen,  durch  welche  derselbe  geleitet  würde,  sich 
zusammenzogen,  bei  den  anderen  aber  keine  Contractionen 
erfolgten.  Die  Meisten,  bei  denen  eine  solche  2usammen- 
ziefaung  gesehen  wurde,  seien  zum  Leben  gekommen,  aber 
nicht,  ein  einziges  von  jenen,  bei  welchen  nichts  dergleichen 
beobachtet  wurde.  Diese  Thatsache  trat  ihm  so  oft  und  so 
zuverlässig  auf,  dass  er  überall,  wo  sich  dergleichen  con- 
vulsivische  Zusammenziehungen  zeigten,  dieses  als  ein  Zeichen 
des  noch  vorhandenen  Principium  vitale  betrachtete  und  die 
gegründetste  Hoffnung  hegte,  das  scheinbar  todte  Geschöpf 
in's  Ldben  zurückzubringen.  „Für  unseren  Endzweck,**  schlicsst 
er,  „mag  es  genügen,  zu  wissen,  dass  Electricität  eines  der 
vorzüglichsten  Mittel  zur  Erweckung  anscheinend  todt  geborener 
Kinder  und  unter  bedingten  Umständen  zugleich  ein  zuveriassiges 
Kriterium  des  noch  bestehenden  Principium  vitale  sei.**  — 
Zu  ganz  demselben  Zwecke  empfahl  Froriep  ^)  beim  Schein- 
tode der  Neugeborenen  das  galvanische  Bad,  der  eine  Pol 
der  Batterie  wird  in  das  dazu  gehörig  eingerichtete  Bad,  der 
andere  an  das  in  demselben  befindliche  Kind  geleitet.    In 


1)  Abhandlungen  nnd  Versnclie  etc.,  von  L,  J,  Boür^  1701, 
n.  Th.,  S,  15. 

2)  De  methodo  neonatis  aaphyctis  anocnrendi,  Vimar.  1801. 


o 


294         XXI.    Baer,  Ueber  AnweDdong  der  Electricifüt 

gleicherweise  finden  v,  Herder,  P,  Frank,  Mende,  Devergie^ 
Henke  u.  A.  dieses  Mittel  für  ganz  zuverlässig,  nur«  meinen 
pinige  von  ihnen,  durfte  der  dazu  nöthige  Apparat  in 
seltenen  Fallen  zu  hahen  und  in  der  Privatpraxis  mit  ganz 
unüberwindlichen  Schwierigkeiten  zu  gebrauchen  sein.  Diesem 
Vorwurfe  dürfte  wohl  jetzt,  wie  bereits  oben  dargethan  ist, 
abgeholfen  sein.  —  Einen  sehr  warmen  Vertbeidiger  dieser 
Methode  finden  wir  in  der  neuesten  Zeit  an  OoUhold  Scholz.  ^) 
„Der  electrische  Reiz,''  sagt  er,  „ist  eins  der  kräftigsten  Reize 
und  schon  ündertvord  räth,  wenn  alle  Mittel  erfolglos  sind, 
galvanische  oder  electrische  Ströme  vom  Halse  nach  der 
Magengrube  oder  in  der  Richtung  eines  respiratorischen  Nerven 
gehen  zu  lassen.**  Da  der  electrische  Reiz  das  Leben  des 
Kindes  nicht  mehr  als  jedes  andere  diflerente  Mittel  gefährdet, 
so  wendet  er  für  gewöhnlich  die  schwächsten  und  schwachen, 
rasch  auf  einander  folgenden  Schläge  an,  jedoch  so,  dass  er 
nach  Anwendung  von  ungefähr  1,  höchstens  2  Minuten  eine 
Pause  von  2  —  3  Minuten  eintreten,  lässt  Was  nun  die  Wirk- 
samkeit der  Electricität  betrifft,  so  versichert  Scholz,  durch 
viele  Vei^suche  belehrt,  dass  nichts  so  schnell  und  so  sicher  das 
Leben  wieder  hervorruft,  als  gerade  diese  Kraft  und  dass  sie 
von  aUen  Wiederbelebungsmitteln  das  mächtigste,  freilich  aber 
auch  deshalb  das  aiD  vorsichtigsten  zu  gebrauchende  ist  Audi 
Scholz  nimmt  an,  dass  die  Electricität  in  den  Fällen,  wo 
es  wunschenswerth  ist  zu  wissen,  ob  das  Kind  wirklich 
todt  sei,  als  Kriterium  dienen  könne,  indem  sicherlich  jedes 
Leben  bereits  geschwunden  ist,  sobald  auf  die  wiederholte 
electrische  Reizung  keine  Muskelzuckung  eintritt.  —  Eine 
viel  sicherere  Methode,  die  Respiration  auf  das  schnellste  und 
sicherste  zu  erwecken,  die  sowohl  durch  Experimente  an 
Thieren  als  durch  die  Erfahrung  an  Menschen«  die  während 
der  Chloroformnarcose  in  Asphyxie  gerathen  sind,  vielfach 
bestätigt  ist,  ist  die  Reizung  des  N.  Phrenicus,  indem  ja  die 
Irritation  desselben  eine  Coutraction  des  Zwerchfells  und  somit 
eine  tiefe  Inspiration  hervorruft.  *)  Schon  Soemmering  be- 
zeichnete  diesen  Nerven  als  denjenigen,    der  sich  am  besten 


1)  Oünahurg'B  Zeitschrift,  Bd.  Tl.,  S.  26—35,  1851. 

2)  MoTiU  Meyen,  Die  Electricität  in  der  Medicia,  1857,  S.  2. 


in  der  Oebartshülfe.  296 

für  diesen  Zweck  eiguen  würde,  aber  erst  Ziemssen^)  hat 
durch  exacte  Versuche  genau  die  Stelle  angegeben,  wo  der 
Phrenicus  am  sichersten  zu  treffen  und  wie  die  Wirkung  des 
angebrachten  electrischen  Reizes  sei.  „Der  N.  Phrenicus,'' 
sagt  Ziemasenj  „ist  am  äusseren  Rande  des  Kopfnickers  vor 
dem  M.  Scalen,  ant.  oberhalb  des  M.  Omohyoideus  zu  finden. 
Man  suche  ihn  nicht  zu  tief  und  drücke  die  Electroden  sanft 
gegen  den  äusseren  I\and  des  Kopfnickers  hinein.''  —  Icii 
habe  die  Reizung  des  N.  Phr.,  sowohl  auf  einer  Seite  allein, 
als  auf  beiden  Seiten  gleichzeitig  unzählige  Male  vorgenommen, 
an  Gesunden  wie. an  Kranken,  ohne  den  geringsten  Nachtheil 
zu  bemerken.  Nach  Duchenne'^  sowie  nach  meinen  Er- 
fahrungen muss  deshalb  EemaJc's  Furcht  v^r  der  bedenklichen 
Tetanisirung  der  beiden  Phr.  als  unbegründet  bezeichnet  werden. 
Im  Gegentheil  halte  ich  dieselbe  nicht  bloss  für  unschädhcb, 
sondern  sogar  in  allen  Fällen  von  Asphyxie  für  dringend 
indicirt.  Ziemssen  räth  bei  der  Application  des  faradischeu 
Stromes  in  solchen  Fällen  grosse  Schwämme  zu  nehmen, 
damit  ausser  dem  Phr.  auch  alle  vom  Plex.  cervicalis  und 
brachialis  zu  den  respiratorischen  Muskeln  tretenden  Zweige 
gereizt  werden  und  somit  eine  möglichst  vollständige  Er- 
weiterung des  Thorax  erzielt  und  damit  eine  entsprechende 
Quantität  Luft  in  die  Lungen  geschafft  wird.- 

Nach  den  oben  angeführten  Angaben  verschiedener 
Beobachter  dürfte  festgestellt  sein,  dass  die  Electricität  mnes 
der  kräftigsten  und  sichersten  Mittel  ist,  scheintodt  geborene 
Kinder  in  s  Leben  zurückzurufen.  Es  würde  die  Electricität 
nach  der  Methode  von  Zümssen  angewandt,  unzweifelhaft 
in  vielen  Fällen,  wo  die  gewöhnlichen  Mittel  vergebens  ver- 
sucht sind,  noch  den  gewünschten  Erfolg  erzielen;  nur  sollte 
man  dieses  Mittel  nicht  als  das  letzte  in  Versuch  bringen, 
man  sollte  es  vielmehr,  ohne  erst  alle  Methoden  erproben  zu 
wollen,  gleich  von  vorn  herein  versuchen,  da  ohne  Zweifel 
manches  Kind  durch  langes  Experimentiren  mit  den  ver- 
schiedenen Mitteln  den  glimmenden  Lebensfunken  verliert, 
während  dieser  durch  einen  so  mächtigen  Reiz,  wie  der 
electrische  Strom,  sicherlich  angefacht  und  erregt  wird. 

1)  ZitmBsen,  Die  Electrioität  in  der  Medicin,  1867,  S.  49. 


296        XXII.    V.  Siebold,  Zehnter  Bericht  über  die  in  der 

• 

Fassen  wir  also  am  Schlüsse  anserer  Betrachtong  die 
Indicationen  für  die  Anwendung  der  Electricitat  in  der  Geburts* 
hölfe  zusammen,  so  ergeben  sich  folgende:  1)  Bei  schweren 
Geburten  in  Folge  von  ungenügender  Wehenthätigkeit ;  2)  bei 
Blutungen  vor  (PL  pr.)  und  nach  der  Geburt  (Atonie  etc.); 
3)  bei  Einleitung  der  künstlichen  Frühgeburt,  ganz  besonders, 
wenn  eine  Art  Vorbereitungsperiode  künstlich  yoriiergegangen; 
(warme  Douche);  4)  bei  Asphyxie  der  Neugeborenen. 


XXIL 

Zehnter  Bericht  ttber  die  in  der  E.  Entbindungs- 
anstalt  zu   Göttingen   vorgefallenen   Ereignisse 
in  den  Jahren  1857,  ISSS»  1859  und  1860. 

Von 

Dr.  Ed.  von  SIebold. 

Allgemeines. 

Nachdem  wir  in  dem  zehnten  Bande  der  Monatsschrift  den 
Bericht  der  hiesigen  Entbindungsanstalt  über  die  Ereignisse 
der  Jahre  1853—1856  zuletzt  mitgetheilt  hal>en,  geben  wir 
nachstehend  eine  Uebersicht  des  in  den  folgenden  vier  Jahren 
bis  Ende  1860  Vorgefallenen. 

In  diesem  Zeiträume  tarnen  541  Geburten  vor,  welche 
sich  auf  die  einzelnen  Jahre,  wie  folgt,  vertheilten:  1857:  127, 
1858:  129,  1859:  133,  1860:  152.  Da  unter  diesen 
541  Geburten  fünf  Mal  Zwillinge  geboren  wurden,  so  belauft 
sich  die  Zahl  der  geborenen  Kinder  auf  546,  und  zwar 
I  271  Knaben  und  275  Mädchen. 

Wenn   in   diesen  vier  Jahren   die  Zahl   der  gdiorenen 
I  Mädchen  die  der  Knaben  übersteigt,  mithin  dieses  Verhältniss 

[  dem  iaUgemeinen  Naturgesetze,  nach   welchem  mehr  Knaben 

I  als  itädchen  geboren  werden,  zu  widerstreiten  scheint,  so  ist 

\  die  Zahl  der  Geborenen  zu  klein,  um  daraus  Resultate  m 

I  ziehen;  bei  grösseren  Zahlen  tritt  jenes  Gesetz  in  seine  voll- 

I  kommene  Wirksamkeit,  wie  folgende  Mittheilung  beweisst: 


I 

K.  Entbindungvanstalt  so  GOttingen  etc.  397 

Vom  14.  April  1833  (Anfang  meines  hiesigen  Amis- 
antriUes)  bis  31.  December  1860  wurden  in  der  hiesigen 
Gebfiranstalt  3414  Kinder  geboren:  unter  diesen  waren  1776 
männlichen  -und  1638  weiblichen  Geschlechts. 

Die  Lagen,  in  welchen  sich  die  546  Kinder  zur  Geburt 
stellten,  waren  folgende: 

Erste  Scheitelbeinslagen    360 

Zweite  ^  „        145 

Dritte  „  „        als  solche  verlaufend      6 

Vierte  »  '       »»         «9       w  »*  8 

Stirnlagen 2 

Gesichtslagen 4 

Unbekannt  gebliebene  Kopflagen 15 

Steisslagen    .  • 8 

Fusslagen 1 

Schulteriagen ;  .  .  .  .      2 

546. 
•  Von  den  546  Kindern  wurden  durch  eigene  Naturthfttigkeit 
501  geboren;  Hölfe  der  Kunst  war  bei  45  nothwendig,  und 
zwar  wurden  durch  die.Zange  zur  Welt  gebracht  37,  durch 
die  Wendung  5,  durch  die  Extraction  an  den. Füssen  2  und 
durch  die  Sectio  caesarea  ein  Kind. 

Von  diesen  546  Kindern  wucden  innerhalb  der  genannten 
vier  Jahre  18  todt  geboren,  unter  diesen  waren  8  bereits  in 
Maceralion  übergegangen;  nach  der  Geburt  und  zwar  im 
Verlaufe  -der  ersten  14  Tage  starben  24  Kinder,  und  zwar 
an  Edampsie,  Atrophie,  Schwäche,  Peritonitis,  Erysipelas, 
Trismus,  Pneumonie,  Meningitis  und  ein  Kind  an  fahrloser 
Morphiumvergiftung.  Diesen  letzteren  Fall  habe  ich  ausführlich 
in  der  Monatsschrift,  XVI.  Bd.,  S.  60  mitgetheilt. 

Von  den  Wöchnerinnen  verloren  wir  im  Jahre  1857  zwei, 
welche  der  Peritonitis  und  Endometritis  erlagen;  1858  eben- 
falls zwei  an  denselben  Leiden;  1859  starb  die  durch  den 
Kaiserschnitt  Operirte,  und  1860  starb  eine  Wöchnerin  an 
bedeutenden  Puerperalprocessen,  so  dass  die  ganze  Anzahl 
der  innerhalb  vier  Jahren  Verstorbenen  sechs  beträgt 
«  Wir  lassen  nach  diesem  aUgemeinen  Ueberblicke  das 
Bemerkenswerthe  der  einzelnen  Jahre  folgen  und  beginnen 
mit  dem  Jahre 


298        ^^11-    V*  Biebold,  Zebnter  Bericht  über  die  in  der 

1857. 

Endometritis  bei  zwei  Wöchnerinneu.  Genesang,  r— 
Carol.  Bl.  aus  W.,  eine  Erstgebärende,  hatte  am  22.  Januar 
Abend  leicht  und  glücklich  geboren;  das  Kind  war  zwar  nicht 
ganz  ausgetragen,  es  wog  nur  4V^  Pfund  und  war  16%  Zoll 
lang,  bot  aber  sonst  das  ßild  eines  lebensfähigen  munteren 
Kindes  dar.  Die  ganze  Geburt  hatte  22  Stunden  gedauert 
Am  25.  Januar  traten  leichte  Fieberbewegungen  bei  feuchter 
Haut  und  reiner  Zunge  auf,  es  war  etwas  Hustenreiz  zugegen, 
so  dass  sich  das  Ganze  als  ein  leichter  Bronchialcatarrh 
darstellte;  ein  sonstiges  Localleiden  konnte  nicht  entdeckt 
werden:  der  Bauch  war  schmerzlos,  der  Wochenflüss  in 
Ordnung.  Am  26.  Januar  dauerte  das  Fieber  fort,  die 
Wöchnerin  ist  gegen  tieferen  Druck  auf  den  Unterleib  empfind- 
lich, doch  ist  der  Uterus  nicht  eben  vergrössert;  die  Lochien 
fliessen  reichlich,  sind  aber  sehr  übelriechend,  die  Milch- 
secretion  nicht  gestört,  die  Haut  fortwährend  feucht;  ein 
Senfleig  wird  auf  den  Unterleib  gelegt.  Am  27.  Januar  hat 
der  Puls  120;  die  Respiration  ist  sehr  beschleunigt  und 
ängstlich,  der  Gesichtsausdruck  nicht  verändert,  die  Haut 
feucht,  die  Zunge  wenig  weiss  belegt,  feucht,  der  Leib  massig 
gespannt,  aber  gegen  Druck  sehr  empfindlich.  Die  Milch- 
secretion  normal,  die  LochienT  profus  und  sehr  übehriechend, 
in  der  Scheide  Ulcerationen,  die  einen  dicken,  nicht  schlecht 
aussehenden  Eiter  absondern  und  zackige  aufgeworfene  Ränder 
haben.  In  den  Morgenstunden  drei  dünne  Stähle ,  der  Harn  musste 
durch  den  Katheter  abgelassen  werden.  Es  wurden  12  Blutegel 
aiif  den  Bauch  applicirt;  feuchtwarme  Cataplasmen,  lauwarme 
Injectionen;  innerUch  V2  Gr.  Morph,  acetic,  zum  Getränk 
Reisswasser.  Während  die  allgemeinen  Krankheitssymptome 
Nachmittags  dieselbefi  sind,  so  haben  die  localen  insofern 
nachgelassen,  als  die  Schmerzen  im  Unterleibe  gemindert  sind. 
Am  28.  Januar  früh  ist  der  Zustand  der  Patientin  nicht 
wesentlich  verändert;  einmal  erfolgte  breiige  Ausleerung. 
Nachmittags  trat  wieder  grössere  Empfindlichkeit  des  Bauches 
ein;  doch  liess  diese  nach,  als  durch  den  Katheter  eine  grosse 
Menge  Harns  abgelassen  wurde.  Die  eingeschlagene  Behandlung 
ward  forlgesetzt;  das  Morphium  weggelassen.  Am  29.  Januar 
ist  das  Fieber  massiger;  Puls  90  bis  100.    Der  Leib  weniger 


R.  Eutbi^dangBaiistalt  sa  Göttingen  etc.  299 

schmerzfaaft ;  die  Lochien  sind  reichlich  und  noch  übelriecheDd. 
Haut  und  Zunge  feucht;  Milchsecretion  ungestört.  Die  ver- 
gangene Nacht  hat  Patientin  ziemlich  gut  geschlafen,  während 
die  früheren  Nächte  schlaflos  und  unruhig  zugebracht  wurden. 
Die  locale  Behandlung  wird  forlgesetzt,  eine  Gabe  Morphium 
gereicht  Unter  fortgesetzter  Anwendung  von  Umschlägen 
und  Injectionen  besserte  sich  Patientin  von  Tag  zu  Tag;  am 
3.  Februar  war  sie  fieberfrei  .und  konnte  am  12.  Februar  als 
vollkommen  genesen  angesehen  und  entlassen  werden. 

Der  zweite  Fall  ereignete  sich  um  dieselbe  Zeit  ebenfalls 
bei  einer  Erstgebärenden,  Marie  K.  aus  A.,  bei  welcher  die 
erste  Geburtszeit,  bis  es  zur  Eröffnung  des  Muttermundes 
kam,  sehr  lange  dauerte.  Schon  bei  ihrer  Aufnahme,  den 
20.  Januar,  klagte  sie  über  wehenarüge  Schmerzen,  wobei 
der  Muttermund  die  Spitze  des  Zeigefingers  eindringen  liess; 
am  21.  Januar  Abends  8  Uhr  stellten  sich  kräftige  Wehen 
ein,  aber  erst  am  23.  Januar  früh  5  Uhr  ging  die  Geburt 
eines  ausgetragenen  Mädchens  vor  sich.  Am  24.  Januar 
fieberte  die  Wöchnerin  leicht,  ohne  dass  sich  sonst  ein  Local- 
leiden  hätte  auffinden  lassen.  Am  26.  und  27.  Januar  war 
die  Wöchnerin  fieberfrei,  als  sich  am  28.  Janusor  bei  einem 
Pulse  von  90,  feuchter  Haut,  vermehrtem  Durste  fünfmaliger 
Durchfall  einstellte,  wobei  der  Leib  frei  von  Schmerzen,  gegen 
Druck  nicht  empfindlich,  die  Wochensecretionen  normal  .waren. 
Verordnung:  Morph,  aceticumj  V2  Gr.  und  Reisswasser.  Am 
29.  Januar  stellten  sich  in  den  Morgenstunden  heftige,  von 
Pausen  unterbrochene  Schmerzen  im  Unterleibe  ein;  beim 
Druck  auf  den  Uterus  äusserte  Patientin  besondere  Empfind- 
lichkeit; namentlich  erstreckte  sich  diese  auf  die  linke  Seite 
(Ovarium).  Haut  feucht;  Puls  100,  Durst  vermehrt.  Die 
Milchsecretion  etwas  angehalten.  Bei  der  In.spection  des 
Scheideneingangs  gewahrt  man  grosse  Ulcerationen,  welche 
einen  copiösen,  übrigens  gutartigen  Eiter  absondern.  Ver- 
ordnung: Gataplasmen  des  Bauches,  lauwarme  Injectionen. 
Abends  bedeutende  Zunahme  der  Schmerzen;  Puls  120;  be- 
schleunigte ängstliche  Respiration,  das  Gesicht  zeigt  den  Aus- 
druck eines  tiefen  Leidens.  Verordnung:  12  Blutegel  auf  den 
Bauch;  Morph,  aceticum.  Am  30.  Januar  noch  keine  Besserung; 
der  Leib  ist  stärker  tympanitisch  aufgetrieben;  Puls  klein,  110. 

Mon«to«chr.  f.  Gebartsk.   1861.  Bd.  XVni.,  Hft.4.  20 


300       XXII.    V.  SMoldy  Zehnter  Bericht  Aber  die  in  der 

Durst  gross,  jedoch  reichliche  «Schweisse.  Milchsecretion  ist 
versiegt,  aus  der  Scheide  fliegst  ein  jauchiges  Secret  in  grosser 
Menge  ab.  Verordnung:  Morphium;  Einreibungen  von  üng. 
cinereum  auf  dem  Unterleibe.  Am  31.  Januar  auffallender 
Nachlass  aller  Krankheitserscheinungen ;  Puls  90;  der  Leib  ist 
kleiner  geworden,  nicht  mehr  in  so  hohem  Grade  tympanitisch. 
Patientin  hatte  In  der  Nacht  einige  Stunden  geschlafen.  Nach- 
mittags stellte  sich  Schüttelfrost  mit  nachfolgender  Hitze  ein; 
am  Abend  hatte  der  Puls  110.  Verordnung:  Pulver  aus 
Chinin  mit  Opium.  Am  1.  Februar  findet  sich*  der  Leib 
weniger  gespannt,  Puls  90,  nur  Abends'  wieder  Exacerbation. 
DurchfaU  den  Tag  ober' drei  Mal  Die  Brüste  fangen  wieder 
an  Milch  abzusondern.  Es  wird  mit  dem  Chinin  und  Opium 
fortgefahren«  Die  Naokt  vom  1.  auf  den  2.  Februar  wurde 
in  ruhigem,  erquickendem  Schlafe  zugebracht;  der  Bauch  ist 
bedeutend  kleiner  geworden  und  fast  schmerzlos.  Da  sich 
Nachmittags  wieder  Durchfall  einstellte,  ward  Morphium  ge- 
reicht. Am  7.  Februar  war  Patientin  fieberfrei;  sie  erholte 
sich  allmälig,  so.dass  sie  am  4.  März  als  gftndich  genesen 
entlassen  werden  konnte. 

Nach  diesen  beiden  Krankheitsfällen,  welche  im  Januar 
auftraten  und  glücklich  endeten,  blieb  der  Gesundheitszustand 
miserer  Wöchnerinnen  ein  guter,  bis  im  Anfang  April  räe 
neue  Erkrankung  eintrat,  welche  tödtüch  endete.  Der  Fall 
ist  folgender: 

Caroline  K,  aus  R.,  Erstgebärende,  hatte  am  8.  April 
tiach  21  stündiger  Geburtsdauer  natürlich  geboren  und  befand 
sich  am  anderen  Tage  ganz  wohl.    In  der.  Nacht  vom  9.  auf 

10.  April  erkrankte  sie  unter  heftigen  Schmerzen  im  Unterleibe. 
Die  Wochenbettsfunctionen  noch  nicht  angehalten.  Puls  langsam, 
voll,  aber  unregelmässig.  Ein  Senfleig  und  erwärmte  Tücher 
auf  den  Bauch  gelegt,  linderten  die  Schmerzen  nur  wenig, 
Am  10.  April  früh  hatte  der  Puls  110,  Haut  heiss  und 
trocken,  Leib  weich,  aber  sehr  empfindlich,  Wochenfluss 
etwas  angehalten.  Brüste  noch  voll  Milch.  Verordnung: 
20  Blutegel,  feuchtwarme  Ueberschläge,  lauwarme  Injectionen, 
Extract.  Hyoscyam.,   Einreibungen   von   Ung.  cinereum.     Am 

11.  April.  Die  Nacht  hatte  Patientin  sehr  wenig  geschlafen, 
zwei  Mal  gebrochen.    Der  Leib  ist  fortwährend    empfin^icb. 


K.  EDtbindoii^sanstalt  su  Göttingen  etc.  301 

Puls  130,  gross  und  vpll;  Durst  bedeutend.  Es  wurde  ein 
Aderlass  unternommen  und  EispHlen  innerlich  genommen. 
Machmittags  drei  Mal  Durchfall;  Morphium.  In  den  folgenden 
Tagen  steigerte  sich  das  Leiden  immer  mehr;  die  Wochen- 
Functionen  sind  unterdrückt;  Puls  150.  Durchfall  dauert 
ununterbrochen  fort;  Opiate  linderten  ihn  theilweise,  doch 
kehrte  er  immer  wieder.  Exsudat  war  eingetreten  und  am 
16.  April  starb  die  Patientin.  Die  Section  am  anderen  Tage 
angestellt,  Hess  bei  der  Eröffnung  der  Bauchhöhle  etwa  1  Quart 
flüssiges,  eiteriges  Exsudat  finden;  Magen  und  Gedärme- von 
Gas~  aufgetrieben,  letztere  durch  fibrinöses  Exsudat  vielfach 
miteinander  verklebt.  Peritonäum  des  Darmes  wenig  injicirt. 
Besonders  viel,  noch,  nicht  verflüssigtes  Exsudat  findet  sich 
ii|i  Becken.  Der  Uterus  ist  gross;  der  Muttermund  rois$farbig, 
durch  Druck  wird  Eiter  aus  demselben  entleert;  die  Schleimhaut 
der  Gebärmutter  ist  theilweise  mit  croupös-diphtheritischem; 
in  brandigem  Zerfall  begriffenem  Exsudat  bedeckt,  theilweise 
gesu&d.  Die  Venen  4es  Plexus  pampiniformis  enthalten  flüssiges 
Blut,  aber  keine  Thrombi;  Tuben  und  Ovarien  gesund, 
letztere  mit  eiterigem  Exsudat  bedeckt«  Die  Leber  normal, 
aber  in  Exsudatmembrane  eingehüllt  Die  Milz  ist  vergrössert, 
mit  Exsudat  bedeckt,  die  Pulpa  etwas  erweicht;  Nieren  blut- 
reich, sonst  normal.  Die  Schleimhaut  des  D«*mes  ist  weich, 
blass,  Magen  gesund.  Die  Lungen  .  zeigen  in  ihren  hinteren 
Partien  hypostatische  Hyperämie,  auf  der  Pleura  des  rechten 
unteren  Lappens  entdeckt  man  kleine  Ecchymosen  und  etwas 
weniges  Exsudat.  '  Im  linken  Herzen  finden  sich  grosse 
Fibringerinnsel,  im  rechten  Herzen  ist  das  Blut  flüssig.  Die 
Schädelhöhle  zeigte  nichts  Abnormes. 

Die  zweite  Hälfte  des  April  und  der  Mai  brachten  keine 
neuen  Erkrankungen,  dagegen  verloren  wir  Ende  Juni  eine 
zweite  Wöchnerin  an  Endometritis  und  Peritonitis,  bei  welcher 
ebenfalls  eine  normale  Geburt  vorausgegangen  war.  Diese 
fand  am  7.  Juni  statt,  und  erst  am  27.  Juni  erlag  die 
Wöchnerin  dem  Puerperalleiden ,  welches  sich  ausnahmsweise 
erst  spät  bei  ihr  eingestellt  hatte.  Sie  fing  mehra*e  Tage 
nach  der  Geburt  an  zu  klagen ;  der  Krankheitszustand  schleppte 
sich  längere  Zeit  hin,  war  übrigens  in  seinen  allgemeinen 
Erscheinungen  von   den  bei  der  vorigen   gesdylderten  nicht 

20* 


302       ^X^}*   V,  Siebold,  Zehnter  Bericht  über  die  in  der 

verschieden.  Die  am  28.  Juni  angestellte  Secüon  ergab 
Folgendes;  Beim  Eröffnen  des  sehr  aufgetriebenen  Bauches 
ergiesst  sich  sehr  viel  flüssiges  Exsudat.  Der  Dickdarm  ist 
physkonisch  aufgetrieben,  die  übrigen  Därme  sind  durch 
eiterig -fibrinöse  Exsudate  miteinander  verklebt  Das  PeritODäum 
parietale  ist  infiltrirt  und  tlieilweise  verklebt  Der  Uterus  i^ 
durch  die  Infiltration  der  benachbarten  Theile  comprimirt 
Die  im  Becken  liegende  Darmportion  findet  sich  injicirt;  das 
linke  Ovarium  in  eine  Kyste  verwandelt  Der  Uterus  ist 
coUabirt,  schlaff,  oben  mit  Exsudat  überzogen.  Die  Portio 
vaginalis  missfarbig,  weich.  Die  Mucosa  des  Uterus  zeigt  sich 
dunkel  geröthet  und  mit  kleinen  gangränösen  Stellen  versehen. 
Die  eiterige  Infiltration  des  linken  Ovariuros  ist  durch  eine 
Oophoritis  bedingt.  Das  recMle  Ovarium  ist  mit  mehreren 
kleinen  Kysten  versehen.  Der  Plexps  pampiniformis  ist  frei, 
Venenöffnungen  desgleichen.  Die  Leber  mit  Exsudatroassen 
bedeckt.  Die  Milz  sehr  vergrössert,  weich.  Die-  Lungen 
zeigen  schwache  Adhäsionen  an  die  Pleura  costalis;  das  Herz 
enthält  flüssiges  Blut     Schädelhöhle  normal. 

Die  Operationen,  welche  in  diesem  Jahre  ausgeführt 
wurden,  sind  folgende: 

Zangenoperationen.  —  1.  Eine  kleine  Person,  39  Jabre 
alt,  zum  zweiten  Male  schwanger,  mit  Pelvis  justo  minor, 
welche  schon  bei  ihrer  ersten  Geburt  mit  der  Zange  entbunden 
werden  musste,  fing  am  9.  März  früh  2  Uhr  an  über  Wehen 
zu  klagen,  nachdem  kurz  zuvor  das  Fruchtwasser  abgeflossen 
war.  Um  9  Uhr  früh  ist  der  Muttermund  wie  8gGr.  geöffnet, 
der  Kopf  steht  im  Beckeneingange.  Um  2  Uhr  Muttermund 
fast  ganz  geöffnet,  allein  der  Kopf  mit  Abrechnung  der  Kopf- 
geschwulst  wenig  tiefer  gerückt;  aus  dem  schrägen  Durch- 
messer  tritt  er  mehr  in  den  quei'en.  Um  3  Uhr  wird  die 
Gebärende  von  clonischen  Krämpfen  befallen;  der  Anfall 
währte  etwa  y^  Stunde  bei  vollständiger  Bewusstlosigkeit 
Die  Gebärende  hatte  früher  nie  an  Krämpfen  gelitten,  und 
man  beschloss  daher,  die  Geburt  durch  die  Zange  zu  beenden, 
doch  zu  dem  Ende  die  Wiederkehr  der  Weben  abzuwart^, 
welche  nach  dem  Krampfanfalle  geschwunden  waren.  Jedoch 
mit  der  nächsten  Wehe,  die  etwa  ^^  Stunde  auf  sich  warten 
liess,    brachen   wieder    tetanusartige,    heftige    Krämpfe    aus, 


K.  EntbindüDg'santtaU  zu  Göttinnen  etc.  303 

wobei  das  Gesicht  blau  ward,  Schaum  vor  den  Mond  trat, 
das  Bewttsstsein  verloren  ging.  Sobald  der  Anfall  voröber 
war,  wurde  zur  Anlegung  der  Zange  geschritten  und  ein 
lebender  Knabe  in  der  zweiten  Scheitelbeinslage  extrahirt, 
der  nur  kurze  Zeit  scheintodt  war.  Die  Mutter  befand  sich 
im  Wochenbette  wohl  und  konnte  mit  dem  Kinde  am  30.  März 
entlassen  werden.  Die  Operation  verrichtete  mein  Assistent 
Dr.  G.  DddeBkamp, 

2.  Bei  einer  zum  zweiten  Male  Schwangern  blieb  dier 
Kopf  über  eine  Stunde  lang  bei  unwirksamen  Wehen  im 
Beckenausgange  stehen;  ich  schritt  zur  Anlegung  der  Zange 
und  hob  mit  wenigen  Tractionen  einen  lebenden  Knaben  hervor. 
Mutter  und  Kind  blieben  wohl. 

3.  Carol.  6r.y  eine  19jährige  Erstgebärende,  hatte 
am  3.  Juni  früh  2  Uhr  mit  Wehen  das  Haus  betreten;  das 
Wasser  war  bereits  abgegangen,  der  Kopf  stand  in  erster 
Lage  im  Beckenausgaoge,  der  Muttermund  hatte  1  Zoll  im 
Umfange;  die  Wehen  waren  den  Tßg  über  gut,  so  dass  um 
10  Uhr  Nachts  der  Kopf  im  Beckenausgange  stand ;  aUein  bei 
grosser  Enge  der  Schamspalte  drang  er  nicht  weiter;  ich  liess 
daher  durch  den  Praktikanten  Herrn  Simon  aus  Alzey,  nachdem 
die  Gebärende  in  Chloroformnarkose  versetzt  war,  die  Zange 
anlegen,  mit  welcher  derselbe  unter  wenigen  Tractionen 
eüi  lebendes  Mädchen  zu  Tage  förderte.  Mutter  und  Kind 
blieben  wohl. 

4.  Amdlte  T.  aus  0.,  27  Jahre  alt,  zum  ersten  Male 
schwanger,  erwartete  Ende  Juli  ihre  Niederkunft.  Bei  ihrer 
Aufnahme  am  9.  Juni  klagte  dieselbe  über  Blutungen,  welche 
sich  seit  acht  Tagen  periodisch  eingestellt  hatten;  der  Scheiden* 
theil  war  fast  verstrichen,  man  konnte  mit  dem  Finger 
durch  den  Muttermund  eingehen,  findet  aber  denselben  frei, 
so  dass  der  Verdacht  von  Placenta  praevia  beseitigt  wurde, 
vielmehr  an  dem  nächstigen  Eintritt  einer  Frühgeburt  gedacht 
werden  musste.  Ein  vorliegender  Theil  konnte  nicht  entdeckt 
werden;  die  Auscultation  liess  keine  Herztöne  vernehmen, 
Kindesbewegung  ward  nicht  gefühlt  Am  14.  Juni  Nachts 
1  Uhr  stelUen  sich  die  ersten  Wehen  ein,  nachdem  schon 
ein  paar  Tage  vorher  die  Blutungen  sich  vermehrt  hatten. 
Das  Fruchtwasser  ging  früh  mit  den  ersten  Wehen  ab.   Nach 


304       XXII.   f>,  Siebold,  Zehnter  Bericht  über  die  in  der 

lOstündiger  Dauer  der  Wehen  cessirten  dieselben  wieder  und 
stellten  sich  erst  am  15.  früh  5  Uhr  wieder  ein ;  die  Blutung 
war  nur  noch  massig;  gegen  Mittag  abermaliges  Cesaren 
der  Wehen,  welche  erst  Nachmittags  3  Uhr,  nun  aber  kr&ltig, 
sich  wieder  einstellten.  Die  Bhitung  hatte  ganz  nachgelassen; 
erst  am  16.  Juni  früh  4  Uhr  war  der  Kopf  bis  an  den 
Beckenausgang  gelangt,  blieb  aber  hier  trotz  der  heftigen 
Wehen  stehen,  daher  ich  nun  die  Zange  anlegte,  und  mit 
derselben  einen  todten,  nicht  ausgetragenen  Knaben  in  erster 
Lage  zu  Tage  förderte.  Sem  Gewicht  war  nur  SVs  Pfund, 
die  Länge  17",  der  Kopfumfang  11 V/.  Die  angestellte 
Section  ergab  ein  Fehlen  der  linken  Niere;  nur  die  Neben- 
niere dieser  Seite  war  vorhanden.  Der  Urether  der  rechten 
Niere  war  bis  zur  Weite  eines  Dünndarms  ausgedehnt,  kreuzte 
sich  mit  dem  Rectum,  hinter  demselben  verlaufend  und  sich 
linker  Seits  in  die  Harnblase  einsenkend ;  die  Harnblase  selbst, 
sehr  ausgedehnt,  nahm  fast  die  ganze  Bauchhöhle  ein;  die 
Harnröhre  war  durchgängig.     Die  Mutter  blieb  wohl 

5.  Bei  einer  42 jährigen,  zum  vierten  Male  schwangeren 
Frau  ward  wegen  langen  Standes  des  Kopfes  im  Ausgange 
die  Zange  von  mir  applicirt  und  ein  lebender  Knabe  extrahirt 
Mutter  und  Kind  blieben  wohl. 

6.  Eine  26jährjge  Erstgebärende  litt  an  sehr  schwachen 
und  kurz  abgebrochenen  Wehen;  die  Eröühung  des  Mutter* 
mundes  ging  nur  sehr  langsam  vor  sich ,  so  dass,  nachdem 
die  Wehen  am  16.  August  Abends  sich  eingestellt  hatten, 
am  20.  August  froh  derselbe  vollkommen  geöffnet  war.  Das 
Wasser  war  schon  am  16.  AugUBt  abgegangen,  am  Kopfe, 
der  langsam  vorruckte,  hatte  sich  eine  bedeutende  Kopf- 
gesch Wulst  gebildet  Die  Wehen  blieben  schwach,  indessen 
konnten  noch  Nachmittag  5  Uhr  die  Fötalharztöne  kräftig 
gehört  werden.  Seeale  comutum  gereicht,  hatte  auf  die  Wehen 
keinen  Einfluss;  es  ward  daher  Abends  7  Uhr  von  meinem 
Assistenten  Dr.  Küneke,  zur  Application  der  Zange  geschritten, 
welche  wegen  VerschwoUenheit  der  Theile  und  der  ausser- 
ordentlichen Kopfgeschwulst  sehr  schwer  anzulegen  war. 
Ebenso  bedurfte  die  Extraction  bei  vollkommenem  Weben- 
mangel des  grössten  Kraftaufwandes  und  einer  langen  Zeit; 
endlich  gelang  die  Extraction  eines  todten  Knaben. 


K.  EDtbindungsanstalt  su  Göttingon  etc.  305 

7  und  8.  GlöcMicher  endeten  die  beiden  folgenden 
Operationen  bei  Erstgebärenden  am  26.  September  mid  16.  Oo» 
lober  wegen  langen  Standes  des  Kopfes  im  Beckenausgange 
unternommen.  Die  Rinder  l^ten.  In  beiden  Fällen  hat  meiB 
Assistent  Dr.  Küneke  operirt. 

Die  Wendung  ward  am  20.  März  von  meinem  Assi- 
stenten Dr.  DeUceskamp  wegen  Vorfall  der  Nabelschnur  bei 
einer  Zweitgebärenden  unternommen;  man  konnte  schon  vor 
dem  Blasensprunge  bei  noch  wenig  geöffnetem  Muttermunde 
neben  dem  un  Eingange  stehenden  Kopfe  eine  Schlinge  der 
Nabdschnur  fühlen;  nach  dem  Wassersprunge,  wekher  bei 
einer  Ausdehnung  des  Muttermundes  von  der  Grösse  eines 
Zweithalerstückes  erfolgte,  fiel  die  Schhnge  tiefer,  die  Nabel- 
schnur pulsurte  und  unteir  kräftigen  Wehen  ^  ward  sofort  die 
Wendung  auf  einen  Fuss  gemacht  und  an  diesem  das  Kind 
entwickelt;  die  Arme  wurden  gelöst,  der  Kopf  hervor- 
gehoben; das  Kind  scheintodt  kehrte  bald  ins  Leben  zurück. 
Sein  Gewicht  betrug  7Va  Pfund,  es  war  19  Zoll  lang,  der 
Kopfumfang  betrug  13 '^  die  Nabelschnur  war  2"  lang.  Idx  be- 
merke dabei,  dass  diese  Person  schon  früher  Gegenstand  einer 
geburtshülflichen  Operation  war.  Im  Jahre  1852  musste  sie 
von  mir  durch  die  Zange  entbunden  werden,  indem  die 
vordere  Lippe  des  Muttermundes  sich  in  grösster  Spannung 
vor  den  Kopf  legte  und  der  Entwickelung  desselben  hindernd 
entgegentrat.  S.  Jahresber.  v.  1852  in  d.  Monatsschr.,  2  Bd., 
S.  229,  Nr.  6.  Man  konnte  noch  in  Folge  jener  Abnormität 
bei  der  Schwängern  die  vordere  Muttermundslippe  sehr  hyper- 
trophisch über  die  hintere  hervorragen  fühlen  und  auch 
während  der  Geburt  zeigte  sich  die  vordere  Lippe  sehr  an- 
geschwollen. 

Endlich  machte  sich  bei  einer  Steisslage  die  Lösung 
beider  Arme  und  die  Entwickelung  des  Kopfes  mit  den  Händen 
nothwendig,  da  nach  der  Geburt  des  Rumpfes  eine  Verzögerung 
eintrat,  die  dem  Kinde  ohne  Hülfe  nachtheilig  hätte  werden 
können:  das  Kind,  nur  eine  kurze  Zeit  asphyktisch,  kehrte 
ins  Leben  zurück. 

Bei  eben  dieser  Wöchnerin  musste  eine  schwierige 
Nachgeburtsoperation  vorgenommen  werden;  gleich  nach  der 
Entwickelung  des  Kindes  trat  eine  sehr  starke  Hämorrfaagie 


306       XXII.   V.  Sieboldf  Zehnter  Bericht  fiber  die  in  der 

ein,  wobei  sich  der  Muttermund  schloss,  so  dass  derselbe, 
um  die  incarcerirte  Placenta  zu  Tage  zu  fördern,  erst  wieder 
erweitert  .  werden  musste,  was  nicht  ohne  Muhe  mit  der 
Hand  gelang;  die  Placenta  fand  sich  gelöst  in  der  Gebär- 
mutterhöhle, ward  entfernt  und  die  Blutung  zum  Stillstand 
gebracht.  Mutter  und  Kind  .konnten  schon  am  10.  Tage 
nach  der  Geburt  gesund  und  wohl  entlassen  werden. 

Eine  zweite  Nachgeburtsoperation  fand  am  13.  Juli  nach 
einer  naturlichen  Geburt  bei  einer  Erstgebärenden  statt 
Gleich  nach  der  Ausscheidung  des  Kindes  trat  ein  bedeutender 
Blutfluss  ein  und  da  nach  den  Grundsätzen  unserer  Schule 
jedes  Mal  in  den  Fällen,  wo  die  Nachgeburt  noch  zurück  ist, 
diese  wo  möglich  entfernt  wird,  so  ging  ich  mit  der  ganzen 
Hand  in  die  Gebärmutterhöhle,  fand  die  Placenta  hier  an 
einzelnen  Stellen  noch  mit  dem  Uterus  in  Verbindung,  löste 
dieselbe  vollständig  und  führte  sie  heraus,  worauf  sich  die 
Gebärmutter  regelmässig  contrahirte  und  weiter  keine  üblen 
Folgen  eintraten. 

Eklampsie  beobachteten  wir  bei  einer  20jährigen  Erst- 
gebärraden,  welche  am  9.  September  die  ersten  Wehen  fühlte. 
Sie  war  vor  Eintritt  der  Geburt  10  Tage  im  Hause  und 
befand  sich  ausser  einem  Oedem  an  den  unteren  Extremitäten 
ganz  wohl.  Die  Geburt  erfolgte  am  10.  September  in  der 
zweiten  Scheitelbeinslage,  nachdem  eine  Stünde  vorher  das 
Fruchtwasser  abgegangen  war.  Der  Hals  des  Kindes  war 
einmal  von  der  Nabelschnur  umschlungen  und  konnte  erst 
nach  völliger  Geburt  des  Kindes  frei  gemacht  werden;  einige 
Minuten  war  das  Kind  asphyktisch.  Schon  in  den  letzten 
Stunden  vor  der  Geburt  traten  zeitweilig  erst  schwache,  dann 
sich  steigernde  eklamptische  Anfölle  auf,  die  Wehen  wurden 
schwächer  und  schwanden,  endlich  ganz.  Schon  ward  alles 
bereitet,  um  den  iin  Ausgange  stehenden  Kopf  mit  der  Zange 
zu  lösen,  als  plötzlich  starke  Contractionen  eintraten  und  das 
lebende  Kind  zu  Tage  brachten.  Gleich  nach  der  Wegpahme 
der  Nachgeburt  traten  von  neuem  Krämpfe  ein;*  durch  eine 
starke  Dose  Morphium  wurden  dieselben  beschwichtigt  und 
die  Wöchnerm  verfiel  in  Schlaf.  In.  der  ersten  Nacht  traten 
die  Anfälle  noch  drei  Mal  auf;  gegen  Morgen  ward  eine 
tüchtige  Venäsection  angestellt,  worauf  kein  neuer  Anfall  sich 


K.  EDtbindaDgsanstalt  %n  Göttingen  etc.  307 

zeigte,  das  getrübte  Sensorium  freier  wurde  und  die  Wöch- 
nerin genas. 

Von  ungewöhnliche  Geburtsfallen  kamen  kurz  aufeinander 
noch  4  vor,  welche  einer  Erwähnung  verdienen. 

Am  6.  April  gebar  eine  zum  zweiten  Male  Schwangere, 
welche  ihre  Wehen  verheimlicht  hatte,  auf  dem  Vorplatze  d<»- 
Anstalt  in  halb  sitzender  Stellung;  das  Kind  fiel  vor  ihr  auf 
den  Boden,  ohne  Schaden  zu  nehmen,  die  Nabelschnur, 
25''  lang,  zerriss  nicht;  die  gleich  darauf  herbeieilende  Haus- 
hebamme fand  die  Person  auf  dem  Boden  liegend,  nabelte 
das  Kind  ab,  und  brachte  die  Mutter  zu  Bette,  worauf  die 
Nachgeburt  entfernt  wurde.  Auch  für  die  Mutter  war  weiter 
kein  Nachtheil  eingetreten. 

Am  3.  Mai  ward  eine  Zweitgebärende  in  der  Nähe  der 
Anstalt  auf  dem  Walle  von  der  Geburt  überrascht;  sie  gebar 
ein  todtfaules  siebenmonatliches  Kind,  welches  sie  mit  der 
Placenta  in  ihrer  Schürze  uns  zubrachte.  Auch  bei  ihrer 
ersten  Schwangerschaft  hatte  sie  ein  macerirtes  nicht  aus- 
getragenes Kind  geboren.  Ihr  Befinden  in  der  Anstalt  blieb 
ungetrübt 

Am  12.  Mai  ward  unsere  Hülfe  auf  das  Feld  verlangt, 
wo  eine  Person  bei  der  Gartenarbeit  von  der  Geburt  über- 
rascht worden  war.  Wir  fanden  die  Person  in  einem  Graben 
liegend,  wo  sie  ohne  Hülfe  geboren  hatte;  das  Kind  hatte 
eine  hinzugekommene  Frau  bereits  abg^^nabelt.  Die  Placenta 
war  ebenfalls  bereits  abgegangen ;  sie  ward  in  das  Haus 
transportirt  und  befand  sich  mit  ihrem  Kinde  ganz  wohl. 

Endlich  ward  uns  am  19.  März  eine  Person  in  einem 
Wagen  zugefahren,  welche  auf  demselben  eine  Stunde  von 
hier  geboren  hatte.  Das  Kind,  männlichen  Geschlechts,  hatte 
einen  nicht  unterbundenen  Nabelschnurrest  von  10  Zoll  an 
sich,  lebte  aber;  wir  unterbanden  erst  hier  und  entfernten 
die  Placenta.  Die  Mutter  hatte  einen  unerheblichen  Damm- 
riss,  befand  sich  aber  sonst  mit  ihrem  Kinde  wohl. 

Unwillkührlich  fallen  uns  hier  Osiander^s  Worte  ein: 
„Aus  Noth  kann  der  Mensch,  wie  das  Thier,  an  jeder  Stelle 
gebären,  auf  jedem  Fleck  der  Erde,  wie  auf  der  gewöhnlichen 
Lagerstätte.  Ja  heutigen  Tages  lässt  sich  der  Fall  denken,  dass 
auch  einmal  eine  Luftechifff^rin  zwischen  Himmel  und  Erde  in 


308       XXII.    V.  Siebold,  Zehnter  Berieht  über  die  in  der 

die  Wochen  kornmt  Wie  viele  Frauen  haben  aof  Schüfen, 
auf  dem  Felde,  im  Walde,  in  Höhlen,  Ställen,  auf  öffentlichen 
Wegen,  auf  Wagen  und  Karren  (hätte  Os.  die  heutige  Zeit 
erlebt,  wurde  er  hinzugefugt  haben  „in  Eis^dbahnwaggons"^), 
auf  Steinhaufen  und  Baumstämmen,  in  Schnee  und  Frost 
geboren".  Siehe  dessen  Handb.  d.  Entbindk.,  2.  Bd.,  1820, 
S.  113  und  flg. 

Als  statistische  Notiz  zu  den  Umsohlingungen  woUen  wir 
anführen,  dass  die  Nabelschnur  um  den  Hals  unter,  den 
127  Fällen  dieses  Jahres  16  Male  einfach,  1  Mal  zwei-  und 
1  Mal  dreifach  geschlungen  war.  —  Als  die  schwersten  Kmder 
kamen  4  von  9  Pfund  vor. 

1858. 

Es  ward  dieses  Jahr  mit  der  Beobachtung  einer  Steiss- 
läge  eröffnet;  eine  Erstgebärende  betrat  mit  Wehen  die  Anstalt, 
welche  sich  ihrer  Zeitrechnung  nach  um  8  Wochen  zu  früh 
eingestellt  hatten.  Der  Leib  entsprach  einer  achtmonatlichen 
Schwangerschaft.  Herztöne  nicht  hörbar;  die  innere  Unter- 
suchung liess  die  Steisslage  bei  noch  vorhandenem  Frucht- 
wasser erkennen.  *  Nach  einigen  Stunden  war  der  Muttermund 
ganz  ausgedehnt,  die  Blase  stand  strotzend  im  Ausgange. 
Zugleich  mit  dem  Steisse  hatte  sich  ein  Knie  eingestellt;  ich 
liess  daher  die  Gebäiende  auf  das  0])erationslager  bringen 
und  durch  den  PraltikanC  Heim  Wilckens  «us  Hamburg 
das  Wasser  sprengen,  die  vorliegende  Extremität  entwickehi, 
und  die  Extraction  an  dieser  weiter  vornehmen.  Es  zeigte 
sich,  dass  das  Kind  vöHig  macerirt  war;  vorsichtig  wurden 
Arme  und  Kopf  gelöst  und  ein  kleines,  nur  3 V« pfundiges 
Koäbchen  zu  Tage  gefördert.  Die  kleine  Placenta  von  V«  Pfund 
folgte  von  selbst.  Die  Mutter  blieb  wohl.  Eine  Veranlassung 
dieser  Frühgeburt  konnte  nicht  erforscht  werden;  Bewegung 
des  Kindes  will  sie  nicht  gefohlt  haben. 

Eine  zweite  Steisslage  ereignete  sich  bei  einer  Zweit- 
gebärenden am  19.  December.  Auch  bei  dieser  waren  im 
siebenten  Monate  Wehen  eingetreten,  nachdem  zwei  Tage 
vorher  das  Fruchtwasser  abgeflossen.  In  rascher  Weise,  bei 
sehr  erweiterten  Geschlechtstheilen  und  kräftigen  Wehen  er- 
folgte die  Geburt   eines  lebenden  Mädchens   in   einer  Slteiss- 


K.  EntbindnDgsanstaU  zn  Göttingen  etc.  309 

läge;  es  wog  SV«  Pfand  und  war  nur  16"  lang.  Es  war 
sehr  schwächlich,  nahm  die  Brust  nicht,  konnte  indessen 
doch  bis  zum  neunten  Tage  nach  der  Geburt  erhalten  werden, 
starb  aber  dann  an  Schwäche  und  Atrophie.  Die  Mutter 
blieb  wohL 

Femer  kamen  in  diesem  Jahre  zwei  Gesichtslagen 
vor,  wekhe  der  eigenen  Naturthätigkeit  zur  Beendigung  über- 
lassen blieben.  Beide  Gebärende  waren  zum  ersten  Mal 
schwanger ;  die  Eine,  Luise  S.,  26  Jahre  alt,  kam  mit  Wehen 
in's  Haus;  der  Muttermund  war  einen  Zoll  im  Umfange  geöffnet 
und  in  der  obern  Beckenöflnung  fühlte  man  das  Gesicht  in 
der  ersten  Lage  vorliegend;  SUme  nach  h'nks  yorne  gerichtet 
Das  Fruchtwasser  war  gleich  mit  dem  Beginn  der  Wehen 
abgeflossen.  Nach  27  ständiger  Geburtsdauer  ward  das  Kind 
geboren,  nachdem  sieh  die  Stirne  nach  links  hinten,  das 
Rinn  nach  rechts  vorne  gewendet  hatte.  Leider  wurde  das 
Kind  todt  geboren;  eine  Veranlassung  zum  Operiren  war  aber 
während  des  Geburtsyerlaufes  nicht  vorhanden. 

Glücklicher  endete  die  zweite  Gesicbtsgeburt,  welche  am 
26.  November  zur  Beobachtung  kam.  Die  Gebärende  hatte 
bei  sehr  geneigtem  Becken  einen  starken  Hängebauch,  so 
dass  während  der  Schwangerschaft  kein  Kindestheil  vorliegend 
entdeckt  werden  konnte.  Sehr  verbreitete  Herztöne  Hessen 
den  Verdacht  von  Zwillingen  aufkommen,  indem  jene  in 
beiden  Seiten  des  Unterleibes  rechts  und  links  vernommen 
wurden,  während  zwischen  beiden  eine  tonlose  Stelle  sich 
befand.  Wehenartige  Schmerzen  hatten  schon  am  23.  November 
begonnen,  indessen  traten  die  eigentlichen  Wehen  erst  am 
26.  November  in  den  Morgenstunden  ein  und  nun  zeigte 
sich  deutlich  die  erste  Gesichtslage  (Stirne  nach  links  vorne); 
abwechselnd  mit  Wehenpausen  zog  sich  die  Geburt  bis  kurz 
vor  Mitternacht  des  26.  November  hin,  wo  daqp.  ein  schein- 
todtes  Mädchen  mit  nach  rechts  vorne  gerichtetem  Kinne 
geboren  wurde.  Es  konnte  belebt  werden;  eine  bei  der 
Mutter  nach  der  Entfernung  der  Nachgeburt  sich  einstellende 
Rämorrhagie  wich  kräftigem  Reiben  des  Uterus  und  kalten 
Injectionen;  doch  blieb  die  Mutter  lange  noch  anämisch  und 
musste  im  Veriaufe  des  Wochenbetts  China,  stärkende  Kost, 
Wein   und    dergleichen   nehmen.     Sie  erholte   sich   allmälig 


310       XXII.   V.  Siebold,  Zehnter  Bericht  fiber  die  in  der 

und  konnte  mit  dem  Kinde  nach  yier  Wochen  gesund  und 
wohl  entlassen  werden.  Das  Kind  bekam  einige  Tage  nach 
der  Geburt  auf  dem  rechten  Schulterblatte  einen  Abscess, 
der  geöffnet  bald  zur  Heilung  kam.  Noch  war  bd  dieser 
Geburt  eine  45  zöllige  Nabelschnur  bemerkenswerth;  Um* 
schlingung  war  nicht  Torhanden.  Es  war  aber  dieselbe  nicht 
die  längste,  welche  wir  innerhalb  der  vier  Jahre  beobachteten; 
wir  sahen  am  21.  August  eine  Nabelschnur  von  52  Zoll, 
bei  welcher  eine  dreimalige  Umschlingung  stattfand.  Einige 
Mal  kamen  noch  Schnüre  ?on  83,  35  und  37  Zoll  vor;  ein- 
mal maass  eine  solche  40  und  einmal  42  Zoll;  die  letzte 
zeigte  eine  dreimalige  Umschlingung. 

Die  in  diesem  Jahre  vorgekommene  Zwillingsgeburt 
ereignete  sich  am  23.  Juni.  ffenrieUe  P.,  25  Jahre  alt, 
zum  zweiten  Mal  schwanger,  wurde  am  31.  Mai  in  die  Anstalt 
aufgenommen.  Sie  erwartete  ihre  Niederkunft  Mitte  Juni. 
Bei  der  äusseren  Untersuchung  fand  sich  der  Bauch  von  un- 
gewöhnlich starker  Ausdehnung;  kleine  Theile  quer  über 
der  Nabelgegend;  die  Seiten  des  Bauches  waren  sehr  voll, 
Kindesbewegung  wollte  sie  an  verschiedenen  Stellen  des 
Bauches  gefühlt  haben.  Die  Fötalherztöne  waren  laut  in  der 
linken  Seite  zu  vernehmen,  schwanden  in  der  ganzen  Mitte 
des  Bauches  von  oben  nach  unten  vollständig,  trat^  aber 
in  der  rechten  Seite  besonders  über  der  NabeQinie,  wenn 
auch  undeutlicher  als  in  der  linken  Seite  hervor.  Die  innere 
Exploration  zeigte  bei  nicht  verstrichener  Sdieidenportion 
durch  das  vordere  Scheidengewölbe  einen  schwach  renitirenden 
Kindestheil,  der  sich  aber  nicht  näher  bestimmen  liess.  Am 
23.  Juni  traten  die  ersten  Weben  ein;  früh  8  Uhr  war  der 
Muttermund  1  Zoll. weit  geöffnet;  man  fühlte,  dass  d^*  vor- 
liegende Theil  der  Kopf  nicht  war;  deutliche  Zeichen,  es  sei 
der  Steiss,  |;ewann  man  nach  zwei  Stunden,  wo  der  Mutter- 
mund die  Gfösse  eines  Zweithalerstückes  hatte.  Das  Kind 
lag  mit  dem  Rücken  nach  links  vorn.  Um  11^4  Uhr  war 
das  Kind  in  der  Steisslage  leicht  geboren ;  die  Grösse  des  nur 
kurze  Zeit  asphyfctischen  Mädchens  sprach  gerade  nicht  für 
Zwillüige,  allein  der  Bauch  blieb  voU,  man  fühlte  äusserlich 
Kindstheile,  innerlich  neue  Eihäute  und  durch  dieselben  den 
Kopf.    Eine  Stunde  nach  der  Geburt  des  ersten  Kindes  ward 


K.  EntbindQDgsanstalt  ku  Götting^en  etc.  311 

das  zweite  noch  in  den  Eihäuten  dordigetrieben,  zugleich 
folgten  beide  Placenten  und  eine  nicht  unbeträchtliche  Blutung 
trat  ein,  die  aber  unter  alsbald  eintretenden  Ulerineontractionen 
stille  stand.  Das  zweite,  viel  kleinere  und  schwächere  Kind, 
ein  Knabe,  war  todt;  es  hatte  ein  anämisches  Ansehen,  der 
Unterkiefer  hing  schlotternd  herab.  Die  beiden  Placenten 
waren  mittels  der  Eihäute  miteinander  Terwadisen.  Wahr- 
scheinlich hatte  die  dem  ersten  Kinde  angehörende  Placenta 
sich  losend  die  zwefte,  mit  der  ersten  adhärirende  Placenta 
mit  gelöst  und  so  den  Tod  veranlasst,  wofAr  auch  die  der 
Geburt  des  zweiten  Kindes  nachfolgende  Blutung  sprechen 
durfte.  Das  erste  Kind,  weiblichen  Geschlechts,  wog  774  Pfd«, 
der  Kopfumfang  betrug  13"  und  die  Länge  19".  Das  zweite 
Kind,  ein  Knabe,  wog  5%  Pfund,  Kopfumfang  12",  Länge  18". 
Die  Placenten  wogen  zusammen  2V^  Pfund. 

Zu  den  zwölf  Zangenoperationen  gaben  in  der  Mehrzahl 
der  Fälle  Wehenschwäche  in  der  letzten  Geburtszeit  und  langet* 
Stand  des  Kopfes  im  Beckenausgange  Veranlassung;  in  einem 
Falle  forderte  Querstand  des  Kopfes,  in  einem  andern  Syphilis 
zur  Operation  auf.  In  diesem  letztern  Falle  erlag  das  Kind 
dem  während  der  Extraction  nothwendigem  Kraftaufwande, 
da  dasselbe  einen  sehr  starken  Kopf  (15"  Umfang)  hatte, 
auch  die  Geschiechtstheüe  bei  der  sehr  rigiden  Condyloma- 
tosen  Beschaffenheit  Widerstand  leisteien.  Die  Operationen 
yerrichteten  die  Herren  Praktikanten  Bülau  aus  Hamburg, 
ßoehrs  aus  Schnessel  im  Hannoverschen  und  Chemnitz  aus 
Hohenkirchen  im  Oldenburgschen,  theUs  ich  und  mem  Assistent 
Dr.  Kimeke. 

Im  März  forderte  das  Puerperalfieber  zwei  Opfer.  Wir 
lassen  die  Krankheits--und  Sectionsberichte  hier  folgen. 

1.  Marie  K,^  32  Jahre  alt.  Zweitgebärende,  meldete 
sich  am  11.  Februar  zur  Aufnahme.  Da  sich  bei  der  Unter^ 
sucbung  ausser  einem  starken  Ausflüsse  die  Imke  grosse 
Schamlippe  bis  zur  fünffachen  Grösse  geschwollen  und  indurirt 
fand,  ausserdem  sich  mehrere  flache  Condylome  an  den 
äusseren  Geschleehtstheilen  zeigten,  so  ward  sie  dem  Ernst- 
August- l^ital  zugewiesen.  Von  da  am  8.  März  mit  Wehen 
kommend  ward  sie  aufgenommen  und  am '  9.  durch  eine 
schwierige  Zangenoperation  (siehe  oben)   von  einem  todten 


312       XXU.   V.  Siebold,  Zehnter  Bericht  aber  die  in  der 

Knabe»  entbunden.  Am  dritten  Tage  nach  der  Entbindung 
fieberte  sie,  fing  an  über  Schmerzen  im  Bauche  zu  khigeo, 
worauf  Blutegel,  Cataplasmen,  Senfteige  applicirl,  die  Lochien 
durch  Injectionen,  und  der  trage  Stuhl  durch  Clysmata 
gefordert  wurden.  Es  trat  wohl  einige  Remission  ein,  aDein 
am  14.  März  zeigten  sich  starke  Schüttelfröste,  die  Gesichts- 
farbe ward  fahl;  es  traten  furchtbar  stinkende  Ausleerungen 
aus  Scheide  und  Mastdarm  ein,  die  schon  alBcirte  Schamlippe 
gangranescirte ;  am  18.  März  starb  die  Kranke.  Section  am 
19.  März.  Bei  Eröffnung  des  «tark  aufgetriebenen*  Bauches 
fliesst  viel  Exsudat  ab.  Das  Colon  transversum  stark  raeteo- 
ristiscb  aufgetrieben.  Das  grosse  Netz  ist  mit  der  Bauclihaut 
verklebt.  Der  Uterus  weich  und  nodi  gross.  Das  Exsudat 
im  Bauche  wird  auf  3 — 4  Pfund  geschätzt  Alle  Dann- 
schlingen zeigen  starke  Tympanites.  Die  Pai*tio  vaginalis  ist 
missfarbig,  mit  schwarzer  lauche  überzogen,  die  ganze  Schleim- 
haut des  Uterus  ist  schieferfarben-und  mit  jauchigem  Exsudate 
bedeckt;  streift  man  dieses  ab,  .so  treten  die  Muskelfaserzüge 
sehr  deutlich  und  schön  .hervor.  Die  rechte  Tuba  ist  mit 
Eiter  gefüllt,  das  Ovarium  sinistrum  ein  wenig  ödemaiüs. 
Plexus  pampiniformis  frei.  Nach  hinten  befindet  sich  ein 
grosser  Zellgewebsabscess.  Der  untere  Theil  der  Leber  ist 
mit  Exsudat  bedeckt.  Die  Leber  selbst  anämisch,  die  Milz 
klein,  blass,  collabirt.  Nieren  normal.  Lungen  gedunsen, 
nicht  eingesunken.  Rechte  Lunge  blutarm,  oben  und  unten 
ödematös.  Linke  Lunge  hat  viele  alte  Adhäsionen  und  ist 
in  ihrem  hintern  und  untern  TheUe  blutig  und  serös  infiltnrL 
Im  Pericardium  etwas  helles  Wasser ;  Herz  gross ;  im  rechten 
Herzen  sind  reichliche  Fibrincoagula. 

2.  Ro8.  Sikly  28  Jahre  alt.  Zweitgebärende,  erkrankte, 
nachdem  sie  am  19.  März  leicht  geboren  hatte,  mit  Er- 
scheinungen von  Peritonitis,  wozu  sich  häufig  auttretende 
katarrhalische  Beschw^den  gesellten.  Blutegel,  Gataplasoien, 
Expectorantia  wurden  vergeblich  angewendet;  das  Fieber 
ward  stets  intensiver,  der  Bauch  immer  mehr  aufgetrieben, 
die  Oppression  auf  der  Brust  nahm  zu  und  am  23.  März 
Abends  starb  die  Kranke.  Bei  der  Section  zeigt  sich  nach 
Eröffnung  der  Bauchhöhle  ein  sehr  bedeutender  Meteorismus; 
das    flüssige    Exsudat    ist    nicht  >  sehr    gross ,    viele    feste 


K.  Entbindungsanstalt  sn  Qöttingen  etc.  813 

gelbliche  Exsudatmassea  flotiirAn  tbeäs  in  der  Flüssigkeit, 
theils  adhäriren  sie  am  Peritonäum.  Der  allerdiogs  noch 
nicht  gehörig  zurückgebildete  Uterus,  seine  Anhänge,  sowie 
die  übrigen  Baucheingeweide  sind  gesund.  Bei  der  Er* 
öfDaung  der  Brusthöhle  sah  man  die  Lungen  wenig  cuUabiren, 
was  theils  die  Folge  sehr  bedeutender  pleuritischer  alter  Ad- 
häsionen, als  auch  beträchtlicher  seröser  Infitrationen  beider 
Flügel  war.  Die  ausgedruckte  Flüssigkeit  zeigte  sich  überall 
sehr  schaumig;  die  Bronchien  waren  etwas  geröthet  und  mit 
mucösen  Massen  bedeckt  Jn  beiden  Pleurasäcken  fand  sich 
ein  geringei*  seröser  Erguss,    Herz  u.  s.  w.  gesund. 

Eine  dritte  Kranke,  welche  um  dieselbe  Zeit  von  Endo- 
metritis und  Peritonitis  befallen  wurde,  ward  wieder  her* 
gestellt  Ebenso  hatten  wir  die  Freude,  eine  im  October 
an  heftiger  Peritonitis  Erkrankte  wieder  herzustellen,  die  sich 
ihr  Leiden  freilich  erst  in  der  dritten  Woche  post  partum 
durch  Erkältung  zugezogen  hatte.  Blutegel,  wiederholte 
Horphiumgaben  und  Cataplasmata  waren  die  angewendeten 
Mittel. 

Noch  wollen  wir  erwähnen,  dass  in  diesem  Jahre  unter 
131  geborenen  Kindern  15  Mal  einfache,  2  Mal  zweifache 
und  1  Mal  dreifache  Umschlingung  um  den  Hals  vorkam. 
Das  schwerste  Kind  wog  97,  Pfund. 

1859. 

Von  anssergewöhnltchen  Geburten  kam  gleich  im  Anfange 
dieses  Jahres  wieder  eine  sogenannte  Gassengeburt,  welcher 
Namen  in  der  Gebäranstalt  zu  Wien  eingeführt  ist,  zu  unserer 
Beobachtung.  Eine  Schwangere  hatte  in  ihrem  Wohnorte, 
einige  Stunden  von  hier  entfernt,  Wehen  empfunden;  man 
setzte  sie  dort  auf  einen  Wagen  und  Uess  sie  nach  Göttingen 
fahren.  Vor  dem  Thore  abgebden,  sollte  sie  den  Weg  nach 
der  Anstalt  zu  Fuss  zurücklegen;  allein  auf  dem  Markte, 
nütten  in  d^  Stadt,  kam  sie  nieder,  indem  das  Khid  im 
Stehen  von  ihr  stürzte;  sie  ward  nun  in  einer  Senfte  zu 
uns.  gebracht  Das  Kind  hatte  keinen  Schaden  genommen ; 
die  Nabelschnur,  mehrere  Zoll  vom  Nabelringe  abgerissen, 
ward  hier  ärst  unterbunden,  ohne  dass  eine  Blutung  erfolgt 
war;,  ebenso  ward   die  Nachgeburt  von  der  Mutter  entfernt 


314       XXII.    V.  Siebold y  Zehnter  Bericht  über  die  in  der 

Weitere  Folgen  hatte  diese  Geburt  nicht;  ein  Dammriss  hatte 
sich  nicht  ereignet. 

Ebenso  brachte  uns  am  Ende  des  Jahres  eine  andere 
Person,  eine  Erstgebärende,  ein  todtfaules  zu  früh  geborenes 
Kind  ins  Haus,  welches  sie  auf  dem  Wege  hierher  in  einem 
Wagen  geboren  hatte.  Das  Kind  wog  nur  S^/^  Pfund  und 
war  14"  lang. 

Die  in  diesem  Jahre  beobachtete  Steisslage  kam  bei 
einer  Drittgebärenden  vor ;  welche  mit  Wehen  das  Haus  betrat 
Das  Kind  war  ebenfalls  macerirt.und  um  2  Monate  zu  früh 
geboren.  Die  Mutter  gab  an,  sie  habe  in  ihrer  Heiroath  das 
kalte  Fieber  gehabt,  welches  aber  seit  ein  paar  Wochen  weg- 
geblieben; Bewegung  wollte  sie  seit  längerer  Zeit  nicht  mehr 
gefühlt  haben.  Im  Hause  zeigten  sich  weiter  keine  Piebei^ 
paroiysmen.     Sie  verliess  am  14.  Tage  die  Anstalt 

Eine  Zwiilingsgeb.urt  ereignete  sich  am  30.  Aprfl  bei 
einer  zum  zweiten  Male  Schwangeren.  Sie  war  mit  Wehen 
in  die  Anstalt  eingetreten;  die  Auscultation  liess  links  und 
unten  am  Bauche  exquisite  Herztöne  vernehmen ;  in  der  Mitte 
des  Bauches  war  vollkommene  Stille  und  rechts  oben  konnte 
man,  freilich  erst  nach  langem  Suchen,  schwache,  aber  sonst 
normale  Herztöne  hören.  Das  erste  ffind  war  in  der  zweiten, 
und  gleich  darauf  das  zweite  in  der  ersten  Scbeitelbeinslage 
geboren.  Beide  Kinder  waren  männlichen  Geschlechts;  das 
erstgeborene  wog  4V2,  das  zweitgeborene  5V2  Pfund.  Jedes 
Kind  war  17  Zoll  lang;  die  Nachgeburt  war  gemeinschaftlich 
und  wog  IV2  Pfund.  Fär  jede  Eihöhle  war  ein  eigenes 
Chorion  und  Amnion  vorhanden.  Mutter  und  Kinder  ver- 
Hessen  gesund  die  Anstalt;  letztere  hatten*  nach  14  Tagen 
jedes  V2  Pfund  zugenommen. 

Von  den  in  diesem  Jahre  vorgekommenen  Operationen 
erwähnen  wir  zuerst  die  3  Wendungsföile. 

1.  Bei  einer  Zweitgebärenden  waren  am  21.  NoTember 
10  Uhr  Abends  die  ersten  Wehen  eingetreten;  ein  Toriiegender 
Kindestheil  war  nicht  zu  fühlen.  Das  Fruchtwasser  entle^te 
sich  am  22.  November  früh  6  Uhr  und  zwar  floss  dasselbe 
in  beträchtlicher  Menge  ab.  Nach  links,  äusserlich,  Mhlte 
man  einen  runden  härtlidien  Theil,  den  Kopf;  der  Steiss  lag 
nach  rechts  oben;  ausserdem  konnte  man  links  unter  dem 


K.  Entbindnngsanstolt  su  Oöttingen  ete.  315 

Nabelf  nahe  an  der  Linea  alba,  deutlich  den  Nabelstrang  durch 
die  allerdings  sehr  dtonen  Bauclidecken  dürchföhlen;  sie 
konnte  unter  den  Fingern  hin-  und  hergeschoben  werden 
und  liess  deutlich  Pulsation  erkennen.  Sogenanntes  Nabel- 
schnurgerättsch  war  nicht  zu  hören.  Herztone  waren  links 
deutlich  zu  erkennen,  jedoch  nur  unter  100  in  einer  Minute 
und  unregelniässig,  so  dass  oft  1 — 3  Schläge  ausfielen. 
Bei  der  inneren  Untersuchuug  fand  sich  durch  den  thalergross 
geäfineten  Muttermund  die  linke  Hand  irorgefailen,  über  der- 
selben stand  ^  der  Kopf  und  zwar  in  der  erstod  Stirnlage. 
Ich  reponirte  die  Hand  so  vollständig,  dass  dieselbe  nicht 
wieder  vorfiel  und  nun  der  Ki^f  sich  in  den  Beckeneingang 
einstellte.  Unter  dem  weiteren  Fortgange  der  Wehen  kam 
derselbe  wohl  etwas  tiefer,  allein  die  sich  immer  mehr  ver- 
langsamenden Herztöne  und  der  Abgang  von  Meconium  gaben 
Indication,  die  Entbindung  vorzunehmen.  Ich  versuchte  zu- 
erst die  Zange,  deren  Anlegung  zwar  gelang,  allein  bei  den 
Tractionen  drohte  dieselbe  abzugleiten;  ich  entfernte  daher 
die  Löffel/  unternahm  die  Wendung  auf  einen  Fuss  und 
extrahirte  das  Kind  an  demselben,  löste  dann  Arme  und 
hob  den  Kopf  hervor.  Das  Kind,  weiblichen  Geschlechts, 
zwar  asphyktisch,  konnte  nach  mehrstündiger  Bemühung  belebt 
werden,  nahm  später  die  Brust  und  konnte  zur  gewöhnlichen 
Zeit  mit  der  Mutter  gesund  entlassen  werden.  Bei  der 
Geburt  5%  Pfund  wiegend  hatte  es  nach  14  Tagen  V4  Pfund 
zugenommen. 

2.  Eine  Zweitgebärende  fing  am  6.  December  Nachts 
an  zu  kreissen.  Der  Kopf  lag  hoch  im  Beckeneingange« 
Nachdem  der  Muttermund  gegen  Morgen  des  7.  Decembers 
beinahe  ganz  ausgedehnt  war,  fühlte  man  durch  die  Eihäute 
nach  links  die  pulsirende  Nahelschnur,  nach  rechts  aber  die 
rechte  untere  Extremität.  Gegen  8  Uhr  sprengte  ich  die 
Blase,  ergriff  den  bereits  vorliegenden  Fuss,  zog  ihn  herab, 
schob,  nachdem  ich  denselben  angeschlungen,  mittels  des 
sogenannten  doppelten  Handgriffs  den  Kopf  in  die  Höhe, 
und  extrahirte  nun  das  Kind  weiter.  Es  war  scheintodt, 
konnte  aber  belebt  werden.  Die  Mutter  litt  im  Wochenbette 
an  Oedem  der  Schamlippe,  ward  aber  bald  hergestellt  und 
mit  dem  Kinde  wohl  entlassen. 

MonAUtehr.  f.  Geburtok.   1861.   Bd.XVIIT..  HII.4.  ^l 


316         ^XII.   Siebcldy  Zehnter  Berfeht  über  «Ue  in  der 

3.  Endlich  ward  am  15.  December  die  WenduDg,  eben- 
falls wegen  prolabirter  Nabelschnur  Yorgenommen »  und  das 
Kind  erhalten.  .  Die  Gebärende  war  mit  Wehen  in  die  Anstalt 
gekommen;  das  Fruchtwasser  war  noch  vorhanden,  der 
Muttermund  einen  Zoll  im  Umfange  geöflhet;  man  fohlte  durch 
die  Eihäute  die  schwach  pulsirende  Nabelschnur  vor  dem 
Kopfe  liegen.  Auch  die  Herztöne  liessen  sich  nur  schwach 
durch  die  Bauchdecken  vernehmen.  Als  10  Minuten  später 
das  Fruchtwasser  abging,  der  Muttermund  von  der  Grösse 
eines  Achtgroschenstücks  wai^,  unternahm  ich  sofort  die 
Wendung  auf  den  linken  Fuss,  extrahirte  das  Kind,  welches 
zwar  scheintodt,  doch  bald  zu  beleben  war  und  qpaler  gesund 
mit  der  Mutter  uns  verliess.  Der  Strang  zeigte  eine  Länge 
von  40'',  während  er  im  vorigen  Falle  nur  19"  lang  war. 

Die  Zangenoperationen,  deren  acht  waren,  machten 
Wehenschwäche,  Beckenbeschränkung  (1  Mal),  Struma  (l.Mal) 
und  Rfgiditäi  der  Theile  nothwendig.  Alle  brachten  lebende 
Kinder  zur  Welt  und  auch  die  Mdtter  befanden  sieb  im 
Wochenbette  wohl.  Die  Operationen«  selbst  wurden  theSs 
von  meinen  Schülern,  Herrn  Btadler  aus  Marburg,  Herrn 
TrenkU  ans  dem  Badiscfaen,  Herrn  Baum  aus  Gdttingen, 
und  Herrn  Koch  aus  Hildesheim,  theils  von  mir  und  meinem 
Assistenten  verrichtet 

Einen  Fall  von  Conglutinatio  ofis  uteri  bei  einer 
Erstgebärenden,  welche  durch  den  Finger  gehoben  wurde, 
wobei  aber  später  die  Anlegung  der  Zange  wegen  Wehen* 
schwäche  nothwendig  wm*,.  hab^  ich  in  dieser  Monatsschrift, 
XIY.  Bd.,  S.  96  ausführlich  mitgetheilt. 

Endlkh  ward  in  diesem  Jahre  die  Sectio  caesarea 
verrichtet,  leider  für  die  Mutter  mit  tödtlichem  Ausgange 

BKmbeih  (7.  aus  W.  in  Ghurhessen,  17  Jahre  alt,  z»m 
ersten  Male  schwanger,  kam  am  25.  Juli  in  die  Anstalt  und 
wollte  ihrer  Zeitrechnung  nach  Anfangs  August  niederkommen. 
Gleich  der  erste  Anblick  dieser  Person  zeigte,  dass  sie  an 
Rhachitis  litti  si^  hatte  eine  Körperlänge  von  4'  ^  %"\  dabei 
einen  verhältnissroässig  starken  Kopf;  die  untern.  Extremitäten 
zeigten.  Ober-  und  Unterschenkel,  die  den  -Rhachitischen 
eigentümlichen  Krümmungen.  Das  übrige  Scelet  zeigte  keine 
auffallende   Abweichung;   die   Schwangere   hatte   nadi   ihrer 


K.  EDlbindäD^sftnstalt  in  Götting^n  eto.  317 

Aussage  erst  spät  laufen  gelernt  Die  Elteni  sollen  gesund 
und  Ton  normaler  Grosse  gewesen  sein,  desgleichen  ein 
Bruder;  dagegen  litt  eine  jüngere  Schwester  in  der  Kindheit 
ebenföUs  an  Rhachitis.  Die  äussere  Untersuchung  des  Bauches 
Hess  deuselhen  sehr  ubeiiiättgend  finden;  den  Kopf  des  Kindes 
entdeckte  man  in  der  rechten  Bauchseite  im  grossen  Becken ; 
Herztdne  in  der  ganzen  rechten  Seite  hörbar.  Bei  der  inneren 
Untersuchung  konnte  der  Fing^  bei  leerem  unterem  Becken 
mit  Leichtigkeit  das  links  gerichtete  Promontorium  erreichen« 
Genau  angestellte,  von  mir  und  nneinem  Assistenten,  Dr.  Kv^rUke^ 
öfters  wiederholte  Messungen,  wobei  wir  die  verschiedensten 
Messungsmethoden  in  Anwendung  brachten,  Hessen  eme  Con* 
jugata  von  27/  finden.  Im  Uebrigen  war  das  Befinden  der 
Sehwaligern  ein  durchaus  gutes.  —  Am  28.  August  traten 
wehenartige  Erscheinungen  ein;  die  Yaginalportion  fand  sieh 
&6t  ganz  verstrichen,  der  Muttermund  wie  ein  Groschen 
geöffnet,  und  in  ihm  fühlte  man  die  Eihäute.  Unter  ab- 
wediselnder  Hube  bradi  der  29.  August  an;  Nachmittags  wurden 
die  Wehen  intensiver,  sie  verstärkten  sich  besonders  in  der 
Nacht  auf  den  30.,  und  bewirkten  die  Erweiterung  des  Mutter« 
mundes.  Einstellung  des  Kopfes  in  das  kleine  Becken  oder 
nur  in  die  obere  Apertur  war  nicht  zu  erwarten,  und  so 
unternahm  mein  Assistent  Dr.  Küneke  (ich  war  gerade  ab* 
wesend)  den  Kaiserschnitt  in  Gegenwart  der  wenigen  Prakti- 
kanten, wdche  in  den  Ferien  noch  hier  geblieben  waren, 
und  von  diesen  unterstutzt.  Die  Operation,  unter  Einflnss 
des  Chloroforms  bewirkt  und  bei  gehörig  auf  dem  Bauch  zur 
Zurückhaltung  der  Gedärme  vertheilten  Händen  der  Assistenten 
in  der  Linea  alba  ausgeführt,  lief  rasch  ohne  weitere  Com- 
ptication  ab.  Die  Blutung  aus  dem  durchgeschnittenen  Uterus 
war  nur  gering,  was  besonders  dem  Umstände  zuzuschreiben 
war,'  dass  gerade  die  Mitte  der  Gebärmutter  durch  den  Schnitt 
getroffen  wurde.  Es  ward  ein  lebendes  Mädchen  exü^ahirt, 
an  Gewicht  6  Pfimd,  an  Länge  17  Zoll,  Kopfumfang  13  Zoll, 
gerader  Kopfdurchmesser  4^4  ?  Diagonaldurchmesser  5  und 
Querdurchmesser  3%  Zoll  betragend.  Die  Placenta  konnte 
unmittelbar  nach  der  Wegnahme  des  Kindes  durch  einfachen 
Zug  an  der  Nabelschnur  entfernt  werden.  Der  Uterus  con- 
trahirte  sich  sehr  stark,  und*  €i>enso  verkleinerte   sieh'  der 

21* 


318         XXII.   Siebold,  Zehnter  Bericht  fiber  die  in  der 

Bauch,  so  dass  nur  3  Hefte  angelegt  zu  werden  brauchten, 
darüber  die  üblichen  langen  Heflpflaftter.  Die  Anlegung  der 
blutigen  Hefte  waren  für  die  'Operirte  der  schmerzhafteste 
Act;  denn  während  bis  dahin  keine  Schmerzensausserungen 
wahrgenommen  wurden,  so  fanden  sdche  bei  der  Durchführung 
jeder  einzehien  Nadel  trotz  der  noch  fortdauernden  Chloroform- 
Narkose  deutlich  statt.  Die  Wöchnerin  wurde  hierauf  in  das 
für  sie  bestimmte  und  an  den  Operationstisch  herangerückte 
Lager  mit  der  gehörigen  Vorsicht  gebracht  und  befand  sich 
ziemlich  wohl;  es  trat  bald  darauf  Schweiss  ein;  sie  erfaiell 
gleich  nach  der  Operation  V4  Gr.  Morph«  mur.,  schlief  aber 
nicht;  nach  2  Stunden  dieselbe  Dosis.  Gegen  3  Uhr  Nachts, 
den  Sl.  August,  wurde  sie  unruhig,  sprach  viel,  bekam  eine 
anämische  Gesichtsfarbe,  veränderte  Züge,  und  verschied 
um  4  Uhr,  9  Stunden  nach  der  Operation.  Die  Section, 
am  1.  September  angestellt,  zeigte  alle  Organe  gesund,  aber 
anämisch,  der  Bauch  war  ungeheuer  aufgetrieben,  an  den 
dünnen  Därmen  fand  sich  leichte  peritonitische  Rosenröthe, 
der  Uterus  war  selu*  gross  und  vöDig  erschlafft,  vor  ihm 
eine  Vs"  tlicke  Schichte  coagulirten  Blutes,  hinter  ihm  viel 
blutig  seröse  Flüssigkeit  Nach  aussen  war  weder  durch  die 
Scheide  noch  durch  den  unteren  offenen  Mundwinkel  ein  Tropfen 
Blut  ausgeflossen.  Der  Schnitt  des  Uterus  war  gerade  in  die 
Mitte  des  unteren  Theils  desselben  gefallen.  Das  Becken 
trägt  alle  Charaktere  euies  rhachitischen  an  sich,  die  Co^jugata 
beträgt  im  frischen  Becken  genau  2"  6'";  somit  war  die 
Messung  im  Leben  genau  ausgefallen. 

Am  getrockneten  Becken  sind  die  Maasse  folgende: 
Conjugata  des  Eingangs  2^W.    Das  Promontorium  etwas 
nach  links  gerichtet  und  in  das  Becken  stark  herein- 
ragend. 
Der  quere  Durchmesser  4%",  die  beiden  schrägen  4''. 
Conjugata  der  Beckenmitte  3Va".    Querdurchmesser  4^ 
Conjugata  des  Ausgangs  2V4".    Querdurchmesser  des  Aus- 
gangs 3V4". 
Die  Breite   des  Kreuzbeins  sehr  stark;  dieser  Knochen 
steigt  in  gerader  Richtung  herab,   ohne   die   bei   gesundem 
Becken  regelmässige  Ausbiegung  zu  machen ;  Querdurchmesser 
4es  oberen  Beckens  9''.     Die  Oberschenkelknochen   zeigen 


K.  CiitbindnngsaDStalt  «u  Göttingen  etc.  319 

den  dem  rhachitischen  Bau  eigentbümlichen  scharfen  Buckel 
nach  aussen ,  sind  nicht  rundlich ,  sondern  haben  deutlich 
zwei  breite  Flächen,  eine  vordere  nnd  eine  hintere,  und  bilden 
nach  aussen  einen  fast  scharfen  Rand. 

Das  Kind  starb  am  vierzehnten  Tage  nach  der  Operation 
an  eingetretener  Meningitis. 

Die  nähere  Beschreibung  dieser  Operation  hat  mein 
Assistent,  Dr.  Küneke,  zu  liefern  versprochen,  daher  ich 
nur  kurz  diesen  Fall  erzählte;  bemerken  will  ich  nur,  dass  es 
der  achte  Kaiserschnitt  war,  welcher  seit  dem  Jahre  1792, 
der  Eröffnung  der  .  academischen  Entbindungsanstalt ,  unter 
8437  Geburten  bis  zum  Jahre  1859  vorkam,  ich  selbst  hatte 
zwei  Mal  die  Operation  verrichtet;  keine  einzige  Mutter  war 
erhalten  worden.        • 

Erwähnung  verdient  zu  vorstehendem  Falle,  dass  wir  im 
laufenden  Jahre  eine  noch  viel  kleinere  verkrüppelte  Person 
aufnahmen,  welche  nur  3'  7Va"  hoch  war  —  die  vorstehende 
hatte  eine  Körperlänge  von  4'  3"  6'"  —  und  einen  bedeutenden 
Buckel  hatte,  so  dass  der  Kopf  im  wahren  Sinne  des  Wortes 
zwischen  den  Schultern  steckte.  Dagegen  hatte  sie  gerade 
herabgestreckte  untere  Extremitäten  und  verdankte  ihre  Miss- 
gestalt einem  in  ihrem  zweiten  Lebensjahre  erlittenen  Falle 
auf  den  Rücken,  der  dann  auf  die  Missstaltung  desselben,  aber 
nicht  auf  das  Becken  Einfluss  hatte.  Sie  gebar  leicht  und 
glücklich  ein  lebendes  Kind. 

Von  sonstigen  Todesfallen  der  Wöchnerinnen  blieb  die 
Anstalt  in  diesem  Jahre  verschont;  eine  Wöchnerin  litt  zwar 
an  bedeutender  Peritonitis,  ward  aber  wieder  hergestellt  und 
konnte  geheilt  entlassen  werden. 

Umschlingungen  kamen  unter  den  134  geborenen  Kindern 
26  Mal  vor,  darunter  8  zweifache  und  1  dreifache. 

Ein  Mal  sahen  wir^  ein  Cephalaematom  auf  dem  linken 
Scheitelbeine  bei  einem  Kinde,  welches  von  einer  Erst- 
gebärenden.  nach  50 stündiger  Geburtsdauer,  aber  doch  noch 
ohne  Kunsthülfe  geboren  wurde.  Wir  überliessen  dasselbe 
der  Natur  und  fanden  es  bei  der  Entlassung  am  sechszehnten 
Tage  post  partum,  wenn  auch  nicht  ganz  geschwunden,  doch 
bedeutend  verkleinert 


320         XXII.   Sieboldy  Zehnter  Bericht  fiber  d!^  in  der 

1860. 

Die  beiden  Gesichtslagen,  welche  in  diesem  Jahre  zur 
Beobachtung  kamen,  verliefen  bei  der  zum  zweiten  Male  Ge- 
schwängerten durch  eigene  Thätigkeit  der  Natur;  die  Kinder 
wurden  lebend  geboren,  und  zwar  das  eine  in  der  ersten, 
das  andere  in  der  zweiten  Gesichtslage. 

Zwei  Steisslagen  und  eine  Fusslage  konnten  ebenfalls 
der  Natur  zur  Beendigung  überlassen  bleiben,  und  nur  einmal 
ward  eine  Steisslage  in  eine  Fusslage  verwandelt,  um  wegen 
Nabelschnur  Vorfall  rasch  zu  extrahiren.  Das  Kind  kam  lebend 
zur  Welt. 

Bei  einer  Schult  er  läge,  bei  welcher  zugleich  Vorfall 
der  Nabelschnur  zugegen  war,  wur(^e  die  Wendung  vor- 
genommen  und  ein  lebendes  Kind  gewonnen.  Bei  einer 
anderen  Schuherlage  beobachteten  wir  die  sogenannte  Selbst- 
entwickelung d.  h.  Schulter  und  der  im  Halse  stark  gebeugte 
Kopf  traten  zu  gleicher  Zeit  zu  Tage;  das  Kind  war  macerirt, 
nicht  ausgetragen,  an  Gewicht  nur  2V4  Pfund  betragend. 

Die  drei  Zwillingsgeburten  hatten  folgenden  Verlauf: 

Die  erste  fand  bei  einer  I^ehrgebärenden  statt  Beide 
Kinder  lagen  mit  dem  Steisse  vor ;  die  Geburt  des  ersten  Kindes 
hatte  32  Stunden  gedauert,  dann  trat  eine  Wehenpause  von 
8  Stunden  ein,  worauf  nach  3 V2  stündiger  Geburtsarbeit  das 
zweite  Kind  ebenfalls  mit  dem  Steisse  voran  sich  zur  Geburt 
stellend  wegen  vorgefallener  Nabelschnur  an  den  Füssen 
extrahirt  wurde.  Beide  Kinder  waren  männlichen  Geschlechts. 
Das  erste  Kind  wog  6,  das  zweite  5  Pfund.  Die  Placenten 
waren  getrennt;  jede  wog  %  Pfund.     Die  Kinder  gediehen. 

Die  zweite  Zwillingsgebui*t  ereignete  sich  bei  einer  Erst- 
gebärenden; schon  auf  dem  Gebärbette  Hess  die  Auscultalion 
in  zwei  Seiten  deutlich  Herztöne  vernehmen  und  Zwillinge 
mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  vermutben.  .Die  Geburten  der 
beiden  Kinder,  welche  mit  den  Köpf^  vorlagen,  erfolgten 
rasch  hintereinander ;  beide  Kinder  waren  *  weiblichen  Ge- 
schlechts; das  erste  wog  5  Pfund,  das  zweite  nur  3 V4  Pfand. 
Die  Nachgeburt  war  gemeinschaftlich  und  wog  1%  Pfund. 
Das  zweitgeborene  Kind  stari)  am  vierten  Tage  an  Lebens- 
schwäche, das  erstgeborene   am  zwölften  Tage  an  Atrophie. 


K.  £|itbindii]ig«an8talt  2a  Oöttingen  eto.  321 

Die  dritte  Zwiliingsgeburt  fand  ebenfalls  bei  einer  Erstr 
.gebärenden  statt;  .beide  £inder  lagen  mit  den  K6pfen  vor; 
die  ganze  Geburt  dauerte  9  V«  Stunden  mit  V4  Stunde  Zwischen- 
zeit zwischen  der  Gebart  des  ersten  und  zweiten  Kindes. 
Das  erste  Kind,  ein  Mädeh^,  wog  6  Pfand,  das  zweite  ein 
Knabe,  4%  Pfund.  Die  Placenta  war  eine  einfache,  wog 
IV3  Pfund.    Die  Kinder  wurden  erhalten. 

Die  neun  Zangenoperationen  endigtan  aUe  für  Mütter 
und  Kinder  glücklich.  Indicationen  dazu  waren:  schwache 
Wehen,  zwei  Mal;  langer  Stand  des  Kopfes  im  Beckenausgange, 
ohne  dass  die  fortdaueri))den  Wehen  ihn  weiter  brachten, 
sechs  Mal ;  ein  Mal  ein  bedeutender  Hydrocephalus.  Der  Kopf 
dieses  letzteren  hatte  16''  im  Umfange;  das  Kind  ward  lebend 
extrahirt  und  starb  erst  fünf  Wochen  nach  seiner  Geburt 
Die  nähere  Untersuchung  zeigte  die  Wasseransammlung  ausser- 
halb des  Gehirns,  nicht  in  den  Ventrikeln.  Die  Zangen- 
operationen wurden  theiis  von  meinen  Schalem,  den  Herren 
Mariens  aus  Aurich,  Brandes  aus  Hildesheim,  Swartie 
aus  Emden,  Rust  aus  Sebnde  im  Hannoverschen,  theiis  von 
mir  und  meinem  Assistenten,  Dr.  Küneke,  verrichtet. 

Ausser  den  oben  beschriebenen  zwei  Fällen  von  Vorfall 
der  Nabelschnur  bd  einer  Steiss-  und  Schulterlage  ereignete 
sich  noch  einmal  Vorfall  der  Nabelschnur,  welcher  aber  gar  keine 
weitere  Behandlung  erforderte,  indem  erst  nach  dem  Wasser- 
sprunge *der  Nabelstrang  vor  dem  Kopfe  hervortrat,  dieser 
aber  sofort  nach  dem  Abgange  des  Fruchtwassers  geboren 
•  wurde,  so '  dass  nicht  im  mindesten  ein  nacbtheiliger  Druck 
stattfand,  das  Kind  auch  sogleich  sein  Leben  durch  kräftiges 
Schreien  kund  gab. 

Auch  in  diesem  Jahre  kamen  drei  Geburtsüber- 
raschungen vor:  zwei  Mal  fielen  die  Kinder  mit  dem 
Kopfe  voran  in  den  Nachtstuhl  und  ein  Mal  entfiel  das  Kind 
im  Zimmer  der  stdienden  Mutter.  In  keinem  dieser  drei  Fälle 
hatten  die  Kinder  Nachtheil  erlitten. 

Endlich  kam  ein  Fall  von  ungeheuer  vielem  Frucht- 
wasser (Hydramnion)  zur  Beobachtung.  Eine  zum  dritten  Male 
Schwangere  kam  mit  Wehen  in  die  Anstalt;  die  Ausdehnung 
des  Bauches  war  eine  auffallend  grosse,  der  Uterus  fällte 
nach  oben  die  Herzgrube  ganz  aus  und  ragte  bedeutend  nach 


822        XXII.  ''Sieboldf  Zehnter  Bericht  aber  ^ie  in  der 

beiden  Seiten  des  Bauches  hin.  Kindestheile  konnte  man 
nirgend  durchfühlen,  aber  auch  keine  Herztöne  yemehmen. 
Die  innere  Untersuchung  liess  ein  kleines,  hochballotirendes 
Köpfchen  finden,  dessen  Lage  nicht  zu  unterscheiden  war, 
da  es  dem  Finger  stets  entwich.*  Bei  vöUig  ausgedehntem 
Muttermunde  und  sehr  kräftigen  Wehen  wurden  die  übrigens 
sehr  derben  Eihäute  gesprengt;  es  strömte  eine  ungeheuere 
Menge  nicht  übeUiechenden  und  qualitativ  scheinbar  nicht 
veränderten  klaren  Wassers  ab,  welches  bald  durch  das  Bett 
in  das  Zimmer  floss  und  vier  Mal  aufgenommen  werden 
musste.  Der  Kopf  in  erster  Lag^  trat  sogleich  in  den  Aus- 
gang und  1174  Uhr  Nachts  des  10.  März  ward  ein  todter 
Knabe  geboren,  welcher  Ascites  und  Oedema  scroti,  ausserdem 
am  Bauche  excoriirte  Stellen  zeigte.  Er  wog  5  Pfund,  Länge  17^ 
Kopf  umfang  llVs''*  ^'^^  Nachgeburt  wog  %  Pfund,  der 
Strang  war  18"  lang.  Die  Gebärmutter  contrahirte  sich  gut, 
blieb  aber  gross.  Die  Section  des  Kindes  ergab  bedeutende 
Wasseransammlung  in  der  Bauchhöhle.  Die  Mutter  hatte  in 
den  ersten  Tagen  ihres  Wochenbettes  starkes  Oedem  der 
unteren  Extremitäten,  aber  kein  Eiweiss  im  Harne.  Jenes 
verlor  sich  bald. 

Unter  den  beobachteten  Umschlingungen  der  Nabelschnur 
kam  einmalige  Umschlingung  um  den  Hals  28  Mal,  zweimalige 
4  Mal  und  3.  Mal  dreimalige  vor.  -  Die  längste  Nabelschnur 
war  42 "  lang  und  dabei  drei  Mal  umschlungep. 

Von  den  Wöchnerinnen  verloren  wir  eine,  welche  im 
Monate  Februar  bedeutenden  Puerperalprocessett*  erlag.  Sie 
hatte,  zum  ersten  Male  schwanger,  in  gewöhnlicher  Weise 
nach  24 stundiger  Geburtsdauer  am  4.  Februar  geboren,  ^- 
krankte  aber  schon  am  zweiten  Tage  unter  den  Erscheinungen 
einer  bedeutenden  Endometritis  und  Peritonitis  mit  nicht  zu 
stillenden  Durchfallen  und  .  Unterbrechung  der  Wochenbetts- 
functionen.    Am  fünften  Tage' nach  der  Erkrankung  starb  sie. 

Die  Section,  von  meinem  hochverehrten  Collegen  Herrn 
Geh.  Hofrathe  Hasse  angesteUt,  ergab  Folgendes: 

Nach  Eröffnung  d^  Brusthöhle  sieht  man  die  rechte 
Lunge  wenig,  die  linke  mehr  coUabirt,  sonst  waren,  beide 
frei.  In  der  rechten  Pleurahöhle  eine  Probe  dünner  Flüssig- 
keit   Im  Herzbeutel   wenig   klare  Flüssigkeit    Bechtes  Herz 


K.  Entbindaogsanstalt  bq  Göttinnen  etc.  32ä 

welk  und  leer,  sehr  flüssiges  Blut  haltend;  in  demselben  und 
im  rechten  Hersohre  dünnes,  wässeriges  Gerinnsel;  starke 
Imbibition  der  Herzsubstaoz;  in  der  Arteria  pulmonalis  flüssiges 
Blut  und  sehwaches  Gerinnsel  Linkes  Herz  leer,  Vorhof 
wie  rechts  dünnes,  dunkles,  flüssiges  Blut  enthaltend,  sonst 
normal.  Aorta  zeigt  keine  Imbibition,  aber  viel  dunkles  Blut 
In  den  Fauces  flndet  sich  begrenzte  Infiltration;  unterer 
Lappen  der  rechten  Lunge  schlaff,  mit  Blut  gefüllt,  mittlerer 
Lappen  etwas  emphysematös  und  ödematös,  oberer  Lappen 
aufgeblasen  und  stark  schaumig  ödematös.  Der  untere  Lappen 
der  linken  Lunge  zeigt  emphysematische  Inseln  und  ist  blut- 
gefüllt; der  obere  ödematös.  Nirgends  in  den  Lungen  findet 
sich  Pfropfbildung  oder  Metastase.  —  Die  Bauchhöble  ist  stark 
tympanitisch  aufgetrieben,  Leber  und  Zwerchfell  in  die' Höhe 
gedrängt  Peritonäalüberzug  zeigt  zerstreute  Injectionen,  aber 
kein  Exsudat,  ausser  in  der  Gegend  des  rechten  Ovariums. 
Leber  ziemlich  schlaff*,  wenig  blutreich,  Yon  blassgelbem 
Ansehen,  ihr  Gewebe  morsch,  zum  Theil  ödematös.  Milz 
geschwellt,  um  die  Hälfte  vergrössert,  ihr  Gewebe  breiigt 
Im  Magen  gallig  gefärbte  Flüssigkeit,  Schleimhaut  stark  ge- 
runzelt, mit  Schleim  bedeckt  Der  Uterus  ist  schlaff;  rechtes 
Ovarium  durch  concrete  eiterige  Exsudate  befestigt,  rechte 
Tuba  und  breite  Mutterbänder  geröthet,  die  Fimbrien  sehr 
stark  geschwellt  Die  rechte  Vena  spermalica  gefüUt.  Vena 
Cava  voll  von  flussigem  Blute  und  grosser'  in  ihrer  Mitte  bereits 
erweichter  Gerinnselbildung,  das  Gerinnsel  erstreckt  sich  in 
der  rechten  Vena  spermatica  bis  zur  |ffündung  der  Vena  renalis. 
Rechte  Niere  gross,  schlaff,  ohne  Hyperämie,  Nierenbecken 
und  Kelch  weit,  keine  metastatischen  Ablagerungen.  Linke 
Vena  spermatka  und  renalis  frei;  die  linke  Niere  normal. 
Das  Os  uteri  extern,  diphtheritisch  exulcerirt,  eine  ähnliche 
umschriebene  Stelle  in  der  Scheide.  Die  innere  Oberfläche 
des  Uterus  missfarbig;  keine  Eiterbildung  im  Uterus,  nur 
einige  kleine  Eiterthromben  in  den  ^Sinus  des  Körpers.  Das 
breite  Mutterband  rechts  zeigt  eingeschnitten  theils  flüssigen 
theils  geronnenen  Eiter,  welcher  sich  in  die  Vena  spermatica 
Tortsetzt  Links  nur  beschränkte  Eiterheerde.  Linkes  OvariuiH 
welk  und  klein.  Rechtes  geschwollen,  hyperämisch,  schlaft, 
wässerig   infiltrirt,   mit  Eiter  in  einer  Vene  in  der  Nähe  des 


324  XXIII.    Notiseii  ans  der  Jouniftl* Literatur. 

Corp.  luteum;  alle  Venen  des  Ligam.  OTar.  erweitert,  mit  Btor 
und  Thromben  gefüllt.  Auch  in  der  Tuba  dextra  sind  die 
Venen  mit  Blutthromben  und  Eiter  gefOilt.  Im  Schädd- 
gewölbe  sind  geringe  Ablagerungen:  die  Sinus  mit  Blut  und 
Gerinnungen  geföUt,  Dura  und  Pia  Mater  blutreieb.  Hini- 
substanz  fest,  ziemlich  blutreich. 

Es  blieb  dieser  Fall  der  einzige  von  schweren  Wochenbetts- 
erkrankungen in  dem  den  Wöchnerinnen  sonst  so  ominösen 
Frühjahre;  erst  im  April  trat  bei  einer  Erstgebärenden  eben- 
falls nach  der  Geburt  Endometritis  von  mehr  septischier  Form 
auf;  zugleich  bildete  sich  bei  ihr  Brustabscess  aus,  sdur 
schwere  Diarrhöen  traten  ein,  Decubitus  der  stärksten  Art  and 
zuletzt  ein  höchst  anämischer  Zustand,  welcher  die  kräftigste 
Anwendung  von  Eisenmitteln,  Driburger  Wasser  u.  s.  w.  ei^ 
forderte.  Nichtsdestoweniger  ward  die  Kranke  hergestellt, 
worüber  freilich  eine  lange  Zeit  verging;  denn  erst  am  20.  Juni, 
zwei  Monate  nach  ihrier  Niederkunft,  konnte  sie  entlassen 
werden. 


XXIIL 
Notizen  aus  der  Journal -Literatur. 


Wagner:  Neubildung  yod  Driiüeugewebe. 

Dem  in  der  mikroAKopischen  Gesellschaft  bu  Leipzig  ge- 
haltenen Vortrage  entnehmen  wir  Folgendes: 

Die  Polypen  auf  der  Schleimhaut  der  Genitalion  kommen 
nicht  nur  häufig  vor,  sondern  sind  auch  von  gans  fiberwiegendem 
praktischem  Interesse.  Selten  sind  die  eigentlichen  Schleim- 
drüsenpolypen ;  sie  sind  wegen  ihres  geringen  Volumens  und  ihres 
massigen  Gefässgehaltes  praktisch  weniger  wichtig,  als  die  fibrösen 
Polypen.  Letztere  sind  in  ihrer  groben  und  mikroskopischen 
Textur  hinreichend  bekannt  und  kann  deshalb  ihre  Darstellung 
hier  übergangen  werden.  Die  häufigste  Form  Ton  Uteruspolypen 
ist  diejenige,  welche  Verf.  Fibrocystoide  nennt.  Dieselben  sind 
gelten  bei  jungen  Individuen,  am  häufigsten  finden  sie  sich  von 
den  klimakterischen  Jahren  an  bis  in*s  höchste  Alter.  Ihr  haupt- 
sächlichster Sitz  ist  in  der  Körperhöhle,  selten  in  der  unteren 
Hälfte,    meist   in    oder  nahe   den  Hörnern.     Nicht  selten  liegen 


XXIII.   Notisen  ans  der  Joarnal- Literatur.  325 

sie  in  einer  Vertiefang.  der  Sclileimliant;  sekeii  werden  sie 
wallnnsagross  nnd  darüber.  Ihre  Oestalt  istrerscbieden;  bisweilen 
sind  sie  leicht  gelappt.  Ihre  Oberfläche  ist  heller  oder  dankler 
geröthet;  an  den  meisten  Stellen  glatt,  an  anderen,  seltener 
dnrchans ,  mit  yerschieden  xahlreichen  kleinen  serösen  Kosten 
besetit,  fahlt  sich  bisweilen  schleimig,  meist  jedoch  trocken  an 
nnd  seigt  sieh  auf  ihrer  Schnittflftche  bald  nicht  Tersohieden  von 
dem  Durchschnitte  der  normalen  Uternskörperschleimhant,  bald 
ist  sie  weicher.  Ihr  Epithel  besteht  ans  einer  ein-  oder  mehr- 
fachen Schicht  oylindrischer  Zellen,  deren  freie  Fläche  sich  mit 
Flimmern  besetst  seigre.  Die  Haaptmasse  der  Polypen  gleicht 
meist  vollständig  dem  Qewebe  der  normalen  ütenvschleimhant 
nnd  enthält  ansser  den  makroskopischen  Kysten  stets  noch  zahl- 
reiche' mikroskopische.  Das  Epithel  derselben  sitst  einer  nicht 
isolirbaren  Membrana  propria  anf,  ist  einschichtig,  meist  knrs 
oylindriscb,  am  seltensten  flimmernd.  Ihr  Inhalt  ist  bald  rein 
serös,  bald  schleimig.  Die  Schleimhant  der  Körperhöhle  des 
Utems  ist  selten  normal,  sondern  meist  im  Znstande  chronischen 
Catarrhs.  Bisweilen  findet  sich  gleichseitig  Eystenentartnng  der 
üterindrfisen.  Der  Utems  selbst  ist  fast  stets  hypertrophisch, 
am  meisten  der  iSörpertheil.  Diese  Polypen  celgen  alle  möglichen 
Uebergänge  sn  den  schon  lange  bekannten  sogenannten  Kysten- 
oder  Blasenpolypen. 

Am  seltensten  seheinen  diejenigen  polypösen  Gebilde  des 
Utems  an  sein,  welche  Reste  der  Plaeenta  darstellen  nnd  .deren 
Diagnose  meist  erst  nach  der  Exstirpation  möglich  ist. 

In  der  Vagina  kommen  Polypen  selten  vor.  Die  Eiistens  von 
Schleimdrüsenpolypen  daselbst  ist  noch  nicht  erwiesen,  jedoch 
trota  des  Drüsenmangels  der  Vsginalschleimhaat  wahrscheinlich. 

Verf.  beschreibt  hieran  einige  Fälle. 
iSehmidÜ'B  Jahrbücher,  Bd.  103,  H.  1,  8.  92.) 


Ziemsten:  Fibröser  Polyp  der  Oebftrmntter. 

Die  44jährige  Fran  von  schwächlichem  Eörperbane  nnd  sarter, 
bleicher  Haut,  war  seit  ihrem  16.  Jahre  immer  regelmässig 
menstrnirt  nnd  hatte  awei  Mal,  vor  13  and  6  Jahren,  regelmässige 
Gebarten  überstanden.  Gleich  nach  der  lotsten  Niederknnft,  noch 
während  der  Lactation,  traten  Blutungen  aus  den  Geschlechts- 
theilen  ein,  die  mehrere  Tage  anhielten  und  in  Zwischenräumen 
von  8  Tagen  wiederkehrten,  fast  jedes  Mal  jedoch  durch  wehen- 
artige Schmenen  eingeleitet  wurden.  Blennorrhoe  ans  den  Ge- 
burtstheilen  ist  nie  beobachtet  worden,  ebensowenig  Abortus. 
Verdauung  war  wenig  gestört. 

Ein  Arst,  welcher  die  Frau  in  das  Stadtlaaareth  schickte, 
stellte  die  Diagnose  auf  efnen  Gebftrmntterpolypen;   doeh  zeigte 


326  XXIII.   Kotiien  ans  der  Journal -Literatur. 

• 
die  Untersuchung   weder   den  FuudtM  uteri   b'oclisteheiid  ^  noeh 

den  Muttermund  geöffnet  oder  sonstig  rerändert.    Erst  als  wenige 

Tage  nachher  die  Blutung  eintrat,   seigte  sich  der  Muttermund 

fünfgroschenstückgross,  die  Lippen  waren  etwas  yerkürzt,  dünn, 

schlaff    und    scharfrandig.     Aus    dem    Muttermunde     ragte    ein 

randlich  geformter,  glatter,   bei  Berührung  niclit  sehmerihafter 

Körper,  von  festem  Gewebe,  mit  einem  kleinen  Segmente  herror. 

Der  umfang  dieses  Körpers  glich  einer  mittelgrosaen  Citrone  und 

nur  mit  Mühe  gelang  es,  ihn  mit  dem  Finger  su  umgehen  und 

seine  Anheftungsstelle  im  Fundus  uteri  an  erreichen. 

Um  den  Polypen  durch  den  schlaffen  Muttermund  durch- 
zusieben, wjarde  derselbe  mit  einer  Jftisstfx'schen  Zange  gefasst; 
jedoch  konnte,  da  sieh  beim  Ansiehen  der  Muttermund  straff  um 
das  untere  Segment  des  Polypen  spannte,  derselbe  durch  lang- 
samen Zug  nur  sogleich  mit  der  umschliessenden  Gebärmutter 
in  den  Yorderen  Theil  der  Scheide  gebracht  werden.  Es  wurde 
daher  die  Hakensange  abgenommen  und  während  8  Tage  tiglich 
grössere  Pressschwammstücke  swischen  Polypen  und  Muttermund 
eingeführt,  hierdurch  jedoch  nur  eine  geringe  Erweiterung  des 
Muttermundes  ersielt.  Da  die  Blutung  fortdauerte,  die  Sehwache 
der  Patientin  aber  ein  längeres  Zuwarten  verWt,  so  wurde  der 
Polyp  von  Neuem  gefasst,  mit  der  Gebftrmutter  herabgesogen 
und  der  nun  su  Tage  liegende  Muttermund  an  swei  Stellen 
3 — 4  Linien  lang  eingeschnitten,  worauf  der  Polyp  plötslich 
nutet  klatschendem  Geräusche  durch  den  Muttermund  heraustrat 
und  mit  der  Siebold* sehen  Scheere  unter  kräftigen  Schnitten 
eutfemt  werden  konnte.  Die  geringe  Blutung  hörte  nach  Ein- 
spritsung  kalten  Wassers  bald  auf. 

Der  Polyp  hatte  die  Form  und  Grösse  einer  Citrone,  bedeutende 
Festigkeit  des  Gewebes,  welches  auf  der  Schnittfläche  glatt, 
glKnsend  weiss  war  und  dem  Auge  mehrlich  versweigte  und 
anastomosirende  Fasorbündel  seigte. 

Die  der  Operation  folgende  Peritonitis  wurde  bald  beseitigt, 
ebenso  auch  durch  fortgesetsten  Gebrauch  der  essigsauren  £uen- 
tinctur  die.  Anämie.  Ungefähr  drei  Monate  nach  der  Operation 
trat  die  erste  normale  Menstruation  wieder  ein. 

(Preussische  Medicinal- Zeitung,  No.  1,  1861.) 


FtnicouU:   Fall  von  Schamfugenschnitt. 

Die  24jährige '  rhaohitische  Erstgebärende  hatte  das  Ende 
ihrer  Schwangerschaft  erpeicht.  Die  Wehen  dauerten  schon  seit 
einigen  Tagen,  als  man  erkannte,  dass  der  Torliegende  Kindes- 
theil der  Steiss  sei.  Das  Herabholen  der  Füsse  (weswegen 
dieses  geschah,  ist  nicht  angegeben.  Ref.)  war  leicht;  aber  der 
Kopf  blieb  stecken.    Nach  yergeblichen  lange  anhaltenden  Ex- 


XilV.    Literatur.  327 

tractionsyersncben  blieb  den  Operateuren  FoucouU  und  Daireaux 
nur  die  Wahl  swischen  Decapitation ,  Kephalothrjpsie  und  87m- 
phjBeotomie.  Erstere  Operation  verwarf  man  als  au  barbarisch 
einestheils,  andemtheils  auch,  weil,  um  den  abgeschnittenen  Kopf 
BU  entfernen,  die  Kephalotribe ,  ein  sehr  gefährliches  Instrument 
(sie?  &ef.)f  oder  selbst  der  Kaiserschnitt  nöthig  werden  konnte. 
Man  entschloss  sich  dahej  snr  Syrophyseotomie ,  welche  auch, 
nach  Auseinanderweichen  der  Schamknochen  um  4  Ctm.,  die 
Entwickelung  des  Kopfes  suliess.  Das  Kind  war  natürlich  todt, 
die  Harnblase  der  Frau  perforirt,  jedoch  konnte  Fat.  nach  swei 
Monaten  ihrer  gewohnten  Beschäftigung  nachgehen. 

(Wunderbar  ist  es,  dass  zu  yoratehendem  Entbindungsberichte 
die  Mitglieder  der  medicinischen  Akademie  schwiegen.  Hoffen 
wir  cum  Buhroe  der  franiSsischen  Geburtshelfer,  dass  dieses 
Schweigen  nicht  eine  stille  Billigung  des  genannten  operativen 
Verfahrens  enthält.    Bef.) 

(Archives  g^n^rales,  Nov.  1860,  p.  6U.) 


XXIV. 
Literatur. 


Aerstlicher  Bericht  des  k.  k.  Oebär-  und  Findelhauses 
BU  Wien,  vom  Solarjahre  1868.  Im  Auftrage  des  k.  k, 
Ministerium  des  Innern.     Wien  1860.    200  Seiten.    S. 

Vorstehende  Schrift  bildet  die  Fortsetsung  früherer  Berichte, 
wie  denn  auch  der  letste  von  1867  in  dieser  Monatsschrift,  Bd.  16, 
6.  167  bereits  angezeigt  wurde.  Wie  nützlich  dergleichen  Mit- 
theilungen sind,  besonders  wenn  sie  solchen  grossen  Gebär- 
anstalten, wie  die  Wiener  ist,  entnommen  werden,  leuchtet  ein; 
wir  geben  daher  in  dem  Folgenden  den  Inhalt  obigen  Berichts 
in  möglicher  Kürze.* 

Die  Wiener  Oebäranstalt  besteht  aus  drei  Abtheilungen :  der 
geburtshälflichen  Klinik  für  Aerzte,  der  Klinik  für  Hebammen 
und  dem  sogenannten  Zahlgebärhause.  Im  Ganzen  haben  in  diesen 
drei  Abtheilungen  in  der  genannten  Zeit  8731  Individuen  geboren, 
wovon  auf  die  erste  Klinik  4203,  auf  die  zweite  4179  und  auf 
die  dritte  Abtheilung  349  Geburten  kamen.  Von  den  8926  Wöch- 
nerinnen, welche  1868  verpflegt  wurden,  inclusive  nämlich  der 
vom  vorigen  Jahre  verbliebenen,  kamen  7846  in*s  Findelbaus, 
wo  sie  als  Ammen  dienen  mussten,  744  wurden  entlassen  und  149 
starben,  so   dass  am  Ende  des  Jahres  187  verbliebeu.     Geboren 


328  XXW.    Literatur. 

wurden  4383  Knaben  and  4201  Mädchen;  todt  180  Knaben  nnd 
114  Mädchen,  in  welcher  Zahl  (8878)  143  Zwillinge  nnd  2  Drillinge 
eich  befanden«  Geetorbei^  sind  284  Knaben  nnd  164  Mftdehen; 
in'B  Findelhane  kamen  8093  Kinder,  entlassen  warden  97.  Ende 
des  Jahres  yerblieben  151  Kinder. 

Nach  dieser  allgemeinen  Uebersicht  folgt  nan  der  ftnetliche 
Berieht  der  ersten  Klinik,  4203  Oel^nrten;  darunter  82  Fehl- 
gebarten, 226  Frühgebarten,  76  ZwilHngsgebarten.  Unter  diesen 
letzteren  hatten  die  meisten  Kinder  Scheitelbeinlagen;  Beckenend* 
nnd  Qaerlagen  warden  meist  beim  sweiten  Kinde  beobachtet. 
Gesichtslägen  kamen  26  vor,  unter  dieeen  2  Zangenanlegnngen. 
BeckenendUgen  124,  Querlagen  29.  Die  spontane  £ntwickelung 
quer  gelegener  Früchte  wurde  5  Mal  bei  frühreifen  und  macerirten 
Früchten  beobachtet,  wobei  2  Mal  lebende  Kinder.  Fehlerhafte 
Haltung  der  Frucht  kam  22  Mal  vor,  nämlich  Herabtreten  einer 
oder  mehrerer  Extremitäten  neben  dem  Kopfe.  Neun  Fälle  ver- 
liefen spontan,  3  Mal  half  die  Sehenlage,  6  Mal  wurde  reponirt 
und  5  Mal  gewendet  Fehlerhaftes  Verhalten  der  Nabelschnur: 
36  Mal  Vorfall.  Reponirt  ward  4  Mal»  operirt  14  Mal,  3  Mal 
Zange  und  11  Mal  Wendung.  Die  übrigen  Fälle  betrafen  Quer- 
lagen oder  bereits  abgestorbene  Kinder,  oder  stürmische  Wehen. 
Flacenta  praevia  kam  7  Mal  vor.  Beckenenge  ward  64  Mal 
beobachtet,  Eklampsie  9  Mal.  Jedes  Mal  wurden  die  Charaktere 
der  Bright^Bchen  Krankheit  nachgewiesen.  Die  Behandlung:  Eis- 
fomente  auf  den  Kopf,  Succus- citri,  Chloroform,  Opiate,  Be- 
schleunigung der  Geburt  durch  künstliches  Sprengen  der  Eihäute, 
in  i6  Fällen  Zange.  Von  ausgeführten  Operationen:  68  Zangen- 
applicationen ,  Wendung  auf  den  Kopf  1  Mal»  auf  den  Fuss  24  Mal. 
Manualhülfe  "bei  Beekenendlagen  80  Mal.  Craniotomie  3  Mal  wegen 
Beckenenge,  2  Mal  nach  vergeblichen  Zangenversuchen.  Künstliche 
Frühgeburt  13  Mal.  Sectio  caesar.  post  mortem  matris  4  Mal: 
^  kein  lebendes  Kind.  Decapitatio  1  Mal  bei  vernachlässigter 
Querlage;  Reposition  von  Beckentumoren  8  Mal.  Hinsichtlich 
der  Wochenbettsverhältnisse  ist  angeführt,  dass  von  Puerperal- 
processen mit  Ende  December  1867  neun  Fälle  verblieben;  hinzu- 
gekommen sind  248,  davon  genasen  148,  gestorben  76,  trans- 
ferirt  26.  Am  unglücklichsten  war  der  März,  am  günstigsten  der 
Juni.  Die  Ge'sammtzahl .  der  vorgekommenen  Todesfälle  belief 
sich  auf  86  Individuen,  was  im  Verbäitniss  zu  der.  Zahl  der  Ge- 
burten ein  Mortalitätsverhältniss  von  2,0  Procent.  Eine  herrschende 
Typhasepidemie  hatte  auf  die  Zahl  der  Puerperalprocesse  keinen 
Einfluss.  An  der  Anstalt  erkrankten  nur  3  Wöchnerinnen  am 
Typhus.  Von  den  Neugeborenen  wurden  76  Knaben  und  49  Mädchen 
todt  geboren.     Gestorben  144  Knaben  und  102  Mädchen. 

Die  Zahl  der  in  der  Hebammenlehranstalt  stattgefundenen 
Geburten  betrug  4179;  todtgeboren  97  Knaben  und  62  Mädchen, 
gestorben    90    Knaben    und    62    Mädchen.      Fehl-    und    Früh- 


XXIY.    Literatur.  329 

gebnrten  kam«ii  253  Tor.  Mehrfache  Qebarten  66,  darunter 
2  Mal  Drillingsgeburten.  In  der  Gesichtslage  wurden  21  geboren; 
4  Kinder  starben  bei  erschwerten  und  y(3r85gerten  Gebsrten. 
Stirnlage  2  Mal;  Steissgeburten  62;  Fussgeburten  29.  Qeburts- 
f&lle  mit  Schief-  und  Querlage  des  Kindes  sind  88  vorgekommen. 
Die  Wendung  auf  den  Kopf,  theils  durch  äussere  Handgriffe 
18  Mal,  20  Mal  Wendung  auf  .die  Füsse.  Von  diesen  letzteren 
waren  nur  8  Kinder  lebend,  5  todt.  Vorfall  der  Nabelschnur 
neben  dem  yorliegenden  Kopfe  ereignete  sich  bei  16  Geburten. 
Darunter  9  Repositionen:  1  Zangenapplication  mit  todtem  Kinde, 
1  Wendung  mit  lebendem  Kinde;  2  Mal'  war  das  Kind  bereits 
todt,'  als  die  Gebftrenden  anlangten,  daher  ward  von  jeder  Hülfe 
abgestanden.  Schwere  Geburtsfälle  wegen  eines  räumlichen 
Missverhältnisses  swisehen  dem  mütterlichen  Becken  und  dem 
Kopfe  des  Kindes  26.  Eklampsie  tO  Mal:  in  der  Mehrzahl  lag 
Morb.  Bright.,  seltener  Apoplexia  intermeningea  zu  Grunde. 
Ruptura  uteri  spontanea  kam  bei  2  Gebärenden  vor.  Bei  beiden 
trat  der  Tod  ein.  Von  Operationen  bedeutender  Art  kamen  143 
sur  Ausführung:  1)  die  Reposition  der  neben  dem  Kopfe  vor- 
gefallenen Nabelschnur  9  Mal;  die  Kinder  lebten.  2)  Die  künst- 
liche Frühgeburt  1  Mal;  glücklich  für  beide  Theile.  3)  Die 
Wendung  auf  den  Kopf  18  Mai;- 17  Kinder  lebten;  die  Mütter 
entlassen.  5)  Zange  49  Mal,  darunter  14  Kinder  todt.  Von  den 
Müttern  starben  9.  6)  Perforation  9  Mal.  Es  starben  5  Mütter. 
7)  Durchschneidnng  eines  fleischigen  Balkans  in  der  Scheide 
1  Mal.  Kind  todt  geboren,  Mutter  gestorben.  8)  Die  Episiotomie 
wegen  zu  breitem  und  unnachgiebigem  Mittelfleische  10  Mail. 
Mütter  und  Kinder  entlassen.  9)  Die  Lösung  des  Mutterkuchens, 
24  Mal;  19  Mütter  entlassen,  2  transferirt,  1  gestorben.  Der 
Gesundsheitszustand  war  überhaupt  ein  günstiger.  Von  4266  ver- 
pflegten Wöchnerinnen  betrug  dfe  Zahl  der  an  Puerperalprocessen 
Erkrankten  127,  von  denen  88  geheilt,  3  mit  metastatischen 
Abscessen  transferirt  und  36  gestorben  sind.  An  sonstigen  Krank- 
heiten starben  noch  24. 

In  der  Zahlabtheilnng  haben  349  Geburten  stattgefunden; 
von  den  Wöchnerinnen  sind  nur  3  gestorben.  Frühgeburten 
ereigneten  sich  18  Mal,  Zwillingsgeburten  kamen  5  Mal  vor; 
Steiss-  und  Fusslagen  5  Mal,  Quer-  und  Schieflagen  2  Mal. 
Buptnra  uteri,  welche  sieh  noch  ausserhalb  der  Anstalt  ereignete, 
kam  bei  einer  zum  fünften  Male  Schwangeren  vor,  wobei  die 
Geburt  eines  todten  Kindes  mittels  der  Wendung  auf  die  Füsse 
bewerkstelligt'  wurde.  Die  Mutter  starb,  und  die  Section  wies 
ausser  einem  Längenrisse  in  dem  hinteren  Cervicaltheile  noch 
eine  kindskopfgrosse  Kyste  in  der  rechten  Niere  nach.  Von 
Operatiünen  kamen  vor:  Wendung^  auf  den  Kopf  1,  auf  die 
Füsse  4,  Eztraction  des  Rumpfes  1,  Zange  22,  Perforation  und 
Kephalothrypsie    1,    Lösung   der   Placenta   3;    der   Gesundheits- 


330  ^^IV.    Literatur. 

soBtand  der  Wöchnerinnen  war  sehr  g^ünitig.  Von  den  866  Ter- 
pflegten  Wöchnerinneu  erkrankten  im  höheren  Grade  10,  wovon  2 
starhen.     Todt  geboren  wurden  18  Kinder. 

Nach  diesem  Ausweite  über  die  drei  Gebüranstalten  wird  das 
Findelhaus  in  seinen  Vorgängen  und  Ereignissen  näher  geschildert; 
die  Beschreibung  dieser  Anstalt  nimmt  den  bei  weitem  grösseren 
Theil  der  Schrift  ein.  Im  Jahre  186ß  wurden  im  Gänsen  9566  Kinder, 
und  awar  4916  Knaben  und  4660  Mädchen  aufgenommen.  Aus  einem 
Ueberblicke  früherer  Jahre  ergiebt  sich,  dass  die  Aufnahmssiffer 
in  einer  namhaften  Grösse  im  steigen  ist.  Unter  den  yerschiedenen 
tabellarisch  mitgetheilten  Verhältnissen  heben  wir  die  Todesf&lle 
hervor:  es  sind  1239  Kinder  gestorben.  £8  folgen  hierauf  Tabellen, 
welche  sich  auf  das  Verhältniss  der  im  Findelhause  aufgenommenen 
Ammen  beaiehen.  £s  werden  dann  die  Krankheiten  bezeichnet, 
welche  die  Findelkinder  befallen,  unter  welchen  am  häufigsten 
Gatarrhus  bronchialis;  96  Knaben  und  84  Mädchen  litten  an 
demselben;  Diarrhoea  neonat,  bei  174  Knaben  und  181  Mädchen; 
Ophthalmia  bei  263  Knaben  und  246  Mädchen  vorkamen.  Dann 
folgen  besondere  Bemerkungen  über  einselne  Krankheitsformen, 
sowie  in  einer  eigenen  Bnbrik  die  chirurgischen  Krankheitsfälle, 
sowohl  bei  den  Kindern  wie  bei  den  Ammen,  mitgetheilt  sind. 
Bndlich  ist  d^s  Schutapooken-^Xmpftings- Hauptinstitut  näher  ge- 
schildert. 

Nach  diesem  angegebenen  Inhalte  der  Soh'riffc  können  wir 
dieselbe  für  eine  lehrreiche  beseiehnen  und  müssen  daher  ihre 
Abfassung  für  eine  gerechtfertigte  betrachten.  Dagegen  ist  b& 
bedauern,  dass  die  Schrift  in  einem  keineswegs  erfreulichen 
Stile  geschrieben  ist;  denn  wenn  wir'  Sätae  lesen,  wie  S.  6: 
„Schmershaftigkeit  der  Wehen  veranlassten  ausser  den  angegebenen 
Mitteln  1  Mal  die  Application  des  Chloroformapparates  von  Hardy 
per  anum,  1  Mal  die  Application  der  Belladonnasalbe  an  den 
Muttermundslippen  ohne  besonderen  Erfolgt  oder  8.  4:  Stenose 
und  Torsion  der  Nabelschnur  wurde  als  Todesursache  reponirter 
Früchte  öfters  beobachtet; **  wenn  bei  einem  Kinde  ^Pappeln* 
am  Anus  und  Munde  gefunden  wurden,  wenn  wir  „  Brisypelas ** 
oder  „Pemphj'gus''  geschrieben  lesen,  so  wiegen  die  vielen  im 
Buche  gebrauchten  griechischen,  gelehrt  scheinenden  Benennungen, 
als:  Oalantlisis,  Apotheter  etc.,  jene  Unrichtigkeiten  nicht  auf, 
ganx  abgesehen  davon,  daas  solche  griechische  Ausdrücke,  die 
so  leicht  mit  Hülfe  eines  Lexicons  oder  philologischen  Freundes, 
und  dann  doch  oft  noch  falsch  gemacht  werden  können,  für 
Andere  doch  häufig  gani  unverständlich  sind  und  diese  sich  erst 
die  Mähe  nehmen  müssen,  sie. ebenfalls  wieder  mit  Hülfe  des 
Lexicons  n.  s.  w.  su  entsiffern,  um  'den  richtigen  Sinn  heraus- 
luflnden.  .  S.  ▼.  B. 


XXV. 
Verhandlnngeii  der  Oeselltohaft  ihr  Oebturtslittllb 


in 

Berlin. 


Stanmg  vom  11.  Juni  1861. 

Herr  Birnbaum  in  Cöln  bat  der  Gesellschaft  folgenden 
Aufsatz  eingeschickt: 

lieber  die  Bauchhöhlenschwangerschaft  und  nament- 
lich die  inneren  Blutungen  dabei  nach  eigenen 
,    .  Beobachtungen. 

Durch  einen  eigenthümUcben  Zufall  hatte  idi  Gelegenb^l, 
iaaerbalb  zweier  Jahre  zwei  Fälle  von  Graviditas  abdomiiialis 
mit  tödtlicbem  Ende  zu  beobachten  ^  welche  durcb  ma^ch- 
fache  Vergleichungfijpunkte  unter  einander  nicht  un^ignet 
scheinen,  über  mehrere  Fragen, .den  verschiedenen  Verlati|f 
.dieser  Vorgänge  betreffend,  Data  zu  liefern.  Die  BeobadiUiiigefi 
aber  waren  folgende: 

Der  erste  Fall,  welchen  ich  im  Jahre  1858  in  Trier 
sah,  reiht  sich  an  die  seltenen  F^älle  innerer  Verblutung  bei 
Graviditas  abdominalis  an  und  betraf,  eine  unglucUicb  ver- 
heiratbete,, mittelgrosse y  hagere,  etwa  38 Jährige  Brünette, 
Matter  zweier  Kiiaben  von  9  und  8  Jahren,  welche  nach 
dieser  2eit  nicht  mehr  schwanger  ge;worden  war.  Mannichfacbe 
Störungen  fies  hauslichen  Friedens  bei  Kummer  und  Sorgen 
wegen  zerrütteter  Vermögensyerbältnisse  und  eine  grosse 
Schwäche  der  sexuellen  Organe  mit  starken  oft  wieder- 
kehrenden Blutungen  hatten  ihre  Gesundheit  unteigiabe^  unfl 
vielfache  Verdauungsbeschwerden  hervorgerufen,  besonders 
hartnäckige  Verstopfungen  mit  den  heftigsten  Leibschmerzen 
und  Uebelkeiten,  oft  mit  starkem  Erbrechen. 

Mouataschr.  f.  GeburUk.   1861     Bd  XVIIT.,  Hft  ß.  22 


332  X^^-    Verhandlongen  der  GeieUschaft 

Kalte  Klystiere  und  Sitzbäder  halfen  eine  Zeit  lang,  da 
aber  zu  den  oben  angeföhrten  Schädlichkeiten  und  der  höchat 
ungeregelten  Lebensweise,  wie  das  Geschäft  dieselbe  mit  sich 
brachte,  noch  äbermässige  Anstrengung  bei  Pflege  eines 
nervenfieberkranken  Kindes  zutrat  und  der  Knabe  an  Meningitis 
tuberculosa  starb,  erfolgte  ein  ToUständiges  Recidiv  der 
Unterleibsstockungen.  Die  Kälte  versagte  ihren  Dienst  und 
es  miisBte  6(tar  zu  den  stärksten  Voinitiven  und  Purganzen 
Zuflucht  genommen  werden,  bis  auch  die  kalten  Einspritzungen 
und  Sitzbäder  wiederum  wirksam  wurden. 

Der  Frühling  1858  verlief  in  leidlichem  Befinde,  bis 
auf  eine  namentlich  beim  Gehen  und  Stehen  sehr  beschwerUebe 
Unterleibsschwäch«  mit  Fluor  albua  Der  Uterus  zeigte  Hyper- 
trophie mit  Relaxation,  namentlich  an  dem  sehr  langen, 
umfangreichen,  die  Fingerspitze  tief  einlassenden  Scheiden- 
theile,  sonst  keine  Entartung  und  Lageabweichung.  Ob  dieser 
Zustand  die  Conception  gebindert,  lasse  ich  dahingestellt. 
Genug,  die  locale  Anwendung  des  Tannin  hob  den  Fluor  albus 
und  wirkte  äusserst  günstig  auf  das  allgemeine  Befinden  äin, 
bis  gegen  Mitte  Juni  die  Periode  ausblieb  und  öftere  Brech- 
anfSille  mit  Wiederkehr  der  alten  Verstopfung  und  Anschwellmig 
der  Brüste  die  Schwangerschaft  andeuteten.  Leichte  Klystiere 
mit  kaltem  Wasser  halfen  aber  jetzt  immer,  und  ich  sah  die 
Frau  den  Sommer  hindurch  oft  grosse'  Fusstonren  machen. 
Ihre  bekannten  Beschwerden  erschienen  selten,  kurz  vorüber^ 
gehend. 

Im  September  spürte  sie  die  ersten  Bewegungen,  aber 
nicht  überlästig.  Es  traten  aber  wieder  die  habituellen  Ver^ 
stopfungen  hervor,  den  unmer  leicht  zu  setzenden,  auch 
lange  bleibenden  Klystieren  Widerstand  leistend.  Die  äussere 
Untersuchung  ergab  in  der  Mitte  des  Leibes  bis  zum  Nabel 
emporgestiegen  den  Uterus  in  scheinbar  nonnaler  Grösse, 
Form  und  SteUung.  Das  E^tr.  rhei  comp,  brachte  reichliche 
Ausleerungen,  und  ein  starker  Drang  zum  After  nrit  Gefühl 
von  Anschwellen  desselben  hob  sich  auf  mehrere  Blutegel. 
Das  beste  Befinden  kehrte  wieder  und  gestattete  die  Führung 
der  Geschäfte  und  zuweilen  grossere  Spaziergänge. 

Am  18.  September  hielt  sie  nadi  einem  solchen  sdu* 
heiter  und  vergnügt  eine  starke  Abendmahlzeit,   ffihlte  9b& 


fflr  Gebnrtshülfe  in  Berlin.  333 

dann  beim  EinsteigeD  in  das  Bette  plötalieh  eine  Anwandtung 
Y«ii.  SdwrSofae  und  Uebelkeit  nüt  heftigem  Magenkrämpfe, 
heftigem  Leibschmerz  und  Ertirechen  und  zunehmender  Be*. 
ängsUgung  und  nach  wenigen  Stundra  war  sie  eine  Leiche. 

kh  kam  erst  nach  dieser  Katastrc^e  hinzu  und  es  fiel 
mir  dabei  hesonderS  die  bleiche,  wachsartige  Farbe  der  Leiche 
auf,  wie  ich  sie  bei  Verblutungstod  zu  finden  gewohnt  war. 
Den  Uterus  f&hhe  man  in  normaler  Ausdehnufig,  Fprm  und 
Stellung  in  dem  nichts  Regelwidriges  bietenden  Unterleibe« 

Bei  der  Section  fand  sich  grosse  Auftreibung  der  Ge« 
d&rme.  in  der  Unterleibshöhle  8—10  Pfund  Blut,  theils  in 
fldssiger  Form,  theils  als  breite  Coagulumschichte  und  lange 
Coagulumfaden,  theils  unter  dem  Nota»,  theils  zwischen  den 
Gedärmen,  bis  hinauf  in  die  Milzgegend,  bei  enormer  Blutleere 
der  Unterleibsemgeweide  selbst 

Das  Coecum  war  mehr  nach  einwärts  gezogen,  der 
Processus  veftniformis  ganz  nach  innen  und  derselbe  «n 
das  Ligamentum  latum  imd  den  Seitenrand  des  Uterus  fest 
angelMiet. 

Der  bleiche,  blutleere  Uterus  bot  7—8''  Länge,  4—5'' 
Breite  und  war  in  eigenthumlicher  Weise  über  eine  hinter 
ihm  gelagerte,  quer  verzogene,  beiderseits  etwas  weniges 
neben  ihm  vorragende  Geschwulst  gezogen,  die  nach  -rediCe 
bläiriich  bksig  aussah  und  nach  oben  etwas  von  ihm  überragt 
wurde.  In  der  Mitte  war  der  so  gleichsam  um  die -Geschwulst 
herumgewickelte  Uterus  frei,  das  rechte  Franztoende  der 
Tuba  aber  und  das  breite  Mutteriband  an  dieser  Stelle,  sowie 
die  Mnke  Tuba  mit  breitem  Hutterbande  in  der  ganzen  Länge 
mit  der  Geschwulst  verwachsen. 

Dieselbe  war  nach  rechts  von  dem  Coecmn  und  der 
Flezura  sigmoidea  verdeckt,  hier  glatt,  Mänüch  durch" 
schimmemd.  Nach  links  war  sie  dunkelsch warzblau,  un- 
durchscheinend,  mit  rauher,  masehenartig  netzffirmiger,  dmtsh 
kleine  bedeckende  Zotten  filzig  aussehender  Oberfläche.  Sie 
war  fest  an  den  Vorberg  angedrückt,  nur  wenig  nach  abwärts 
in  das  Becken  einragend  und  die  Flexura  sigmoidea  in  ihrer 
vollen  Länge  an  diesen  Sack  angelüthet,  glatt,  bleich  von  Fari)e, 
ohne  Exsudat  Nur  links,  wo  sie  in  den  Mastdarm  einbiegt, 
zeigte  sie  rauhe  Oberfläche  und  dieselben  feinen  Zotten  und 

22* 


2(34  ^^^-    Verbaadlungen  der  Gcsetbcbaft 

Fetzen.  IHe  Adbasiou  lies»  «eh  ibrigens  aUeiHhilhrii  Mclii 
ablösen.  Hier  batte  die  Ablösung  des  Mutterkufhit  stall- 
gefondea  und  die  Blutung  hervorgerufen. 

Die  Flexur  und  der  Mastdarm  waren  stark  mit  Kotb 
angefüllt.  Bei  Auslösung  dieses  Sackes  nebst  Masidana  und 
inneren  Genitalien  aus  dem  Becken  floss  kein  BtuC 

Der  Sack  selbst  ragte  in  der  vollen  Hohe  der  Darmbeio- 
kimme  quer  in  beide  Seitenlheile  des  Körpers  binöber»  links 
etwas  mehr 9  als  rechts,  oben  etwas  vom  Uterus  überFagt» 
an  den  Seiten  neben  ihm  von  den  Gedärmen  überdeckt.  Bei 
seiner  Eröffnung  fand  sich  ein  sechsmonatlicher  Fötus  eng 
ausammeng^resst,  bleich,  blutleer,  weiblichen  Geschlechts, 
Kopf  rechts,  Steias  links. 

Die  rechte  Tuba  war  an  ihrem  Abdominalende  gegen 
den  Eierstock  umgebogen  und  mit  den  Fimbrien  über  ihn 
hiilausragend  eng  mit  den  EihuUeu  verwachsen  und  bildete 
sa  eine  faltig  zusammengefallene,  weit  aufblasbare  HöUe. 
In  dieser  Ecke,  ebenfalls  mit  den  Fimbrien  verwachsen,  lag 
der  platte,  runzUche,  weiss  gelbliche,  mit  Narben  überdeckte^ 
Eierstock,  doch  ohne  nachweisbares  Corpus  luteum.  Es  bildete 
so  die  Tuba  einen  Trichter  von  grosser  Weite,  der  in  einer 
Entfernung  von  V/^"  an  cler  Fimbrieiimöndung  der  Tubi^ 
endete. 

Die  linke  Tuba  war  dagegen  .  mit  dem  Sacke  so  voll- 
kommen in  eins  verschmolzen,  den  Eierstock  öbeitleckend, 
dass  dieser  nicht  mehr  nachweisbar  erschien.  Der  Uterus 
war  in  seiner  Substanz  vollkommen  normal  beschaffen,  sein 
Hak»  umfangreich,  kurz,  leicht  durchgängig.  Das  Präparat 
habe  ich  für  die  Sammlung  der  Anstalt  aufbewahrt. 

Den  zweiten  Fall  beobachtete  ich  hier  in  Cöb.  Er 
betraf  eine  Frau  von  42  Jahren,  die  in  erster  Ehe  mehrere 
Male  abortin  und  zwei  Mal  rechtzeitig  geboren  hatte.  Nach 
zehnjähriger  Pause  war  sie  in  zweiter  Ehe  zum  ersten  Male 
schwanger.  Sie  klagte,  dass  der  eheliche  Umgang  sehr 
häufig  und  von  Seiten  des  kräftigen  Mannes  in  rücksichtslos 
stm-n„8cher  Weise  geübt  worden  sei  und  ihrerseiU  in  einer 
üorperhaltung,  welche  ihr  entschiedeneu  WiderwiUen  dagegen 
emgeflüsst  habe.  Seit  Ende  December  1859  hatt.  sie  die 
renode  verloren. 


ffir  Gebnrtshfllfe  in  Berlin.  «35 

Sie  klagte  über  hüufige  SchmerzanfSlle  im  Kreoze,  als 
heftiges  Ziehen  und  Drängen  und  wollte  wissen,  ob  sie 
schwanger  -sei  oder  nicht  Auch  bei  einer  froheren  Schwanger- 
schaft habe  sie  in  ähnlicher  Weise  gelitten  und  viel  gebraucht, 
bis  sich  endlich  ihr  Zustand  als  Schwangerschaft  heraus- 
gestellt habe.  Ihrer  Berechnung  nach  musste  sie,  als  ich  sie 
zuerst  sah,  im  Anfange  des  yier^en  Monats  sich  befinden. 

Der  Leib  war  von  unten  herauf  stark  aufgetrieben  und 
in  Richtung  der  Medianlinie  ausgedehnt  und  fühlte  sich  auch 
angefüllter  an,  ohne  dass  weder  beim  Liegen  noch  Stdien 
eine  Geschwulst  entdeckt  werden  konnte,  welche  mit  Be- 
stimmtheit als  Uterus  in  Anspruch  zu  nehmen  gewesen  wäre. 

Bei  der  inneren  Untersuchung  fand  ich  die  kleine  Becken- 
höhle auffallend  leer,  nur  hoch  oben  durch  das  Scheiden- 
gewölbe in  Vorberghöbe  eine  weiche,  ungleichmSssig  ausgedehnte, 
sehr  schwer  für  den  Pinger  erreichbare  Geschwulst,  deren 
Umrisse  eben  wegen  des  hohen  Standes  nicht  mit  Bestimmt- 
heit verfolgt  werden  konnten.  Der  Mutterhals  war  ganz  nach 
vom  hinaofgeschoben  und  so  an  die  vordere  Wand  des  Beckens 
angedrückt,  dass  man  ihn  nicht  genau  umschreiben,  bloss  die 
sehr  erweichten  Lippen  fOhlen  konnte. 

Der  Scheidentheil  wies  demnach  seiner  ganzen  Stellung 
nach  auf  starke  Redination  des  Uterus  bin,  der  jedoch  keine 
Retro-  und  Depression  des  Grundes  entsprach;  und  gerade 
diese  hätte  man  hier  sehr  stark  und  deutlich  ausgebildet 
erwarten  sollen. 

Ich  wollte  noch  kein  bestimmtes  Urtheil  über  vorhandene 
und  nicht  vorhandene  Schwangerschaft  aussprechen  und  verlor 
den  Fall,  da  die  Frau  für  eine  kurze  Zeit  verreiste  und  dann 
ihre  Schwangerschaft  durch  die  Kindsbewegimgen  unzweideutig 
hervortrat,  aus  den  Augen. 

Am  10.  August  1860  wurde  ich  wieder  zur  Behandlung 
zugezogen.  Von  einer  kurzen  Reise  heimkehrend,  hatte  sie 
den  grössten  Theil  der  Zeit  im  Bette  zugebracht,  mit  den 
heftigsten  Schmerzen  sowohl  bei  den  Kindesbewegungen,  als 
auch  in  Gestalt  höchst  schmerzlichen  Dranges  im  Kreuze  und 
Ünterleibe  mit  vielem,  zuletzt  sich  immer  steigerndem  Er- 
brechen, mit  sehr  starker,  nur  mühsam  bekämpfter  Neigung 
zu  VerstopAing.     bas  Erbrechen    trat   nach,  jedem  Genüsse 


336  X%V.    Verbandlungen  der  GeselIfchAft 

▼on  Speisen  und  Getränken  rfn  mit  aussercH^entlidier  Stägening 
der  SchmerEanfSUe.  Auch  zeigten  sich  oft  .und  anregelmäMig 
wiederkebrend  heftig  exacerbirende  Fieberbeweguogeii,  mit 
starker,  hrennender  Hitze  der  Haut  Auf  das  Aeusserste 
abgemagert,  mit  gdblich  ikterischer  Hautfarbe,  nmschrid>e&er 
Röthe  der  Wangen,  sc^aifen,  eingefallenen,  tief  gefurchten 
Zügen,  bot  sie  das  ausgeprägteste  Bild  des  Jammers  und 
der  Verzweiflung. 

Der  Puls  war  äusserst  frequent,  klein,  die  Stimme  heiser, 
schwach,  die  Kräfte  durch  Schkßosigkeit,  anhaltendoi  schmerz- 
haften  Drang  und  die  schmerzhaft  wühlenden  Bewegungen 
des  Kindes  Töllig  erschöpft. 

Der  Leib  war  massig  aufgetridMsn,  mehr  in  die  Quere 
ausgedehnt  und  rechts  unter  den  Bauchdecken  der  Kopf  des 
Kindes  ungewöhnlich  deutlich  zu  flihlen,  während  der  Rumpf 
in  der  Mitte  sich  mehr  dem  Gefühle  entzog  und  links  die 
Füsse  wiederum  sehr  deutlich  fühlbar  heryortraten.  Die  Be- 
wegungen waren  ebenfalls  sehr  deutlich  und  stark  wüldend 
f&hlbar.  Den  Herzschlag  hörte  man  nach  rechts  deutlich, 
aber  schwach. 

.  Bei  den  drängenden.  Schmerzanfällen  gewahrte  man  un- 
verkennbar eine  leise  allgemeine  Spannung,  als  Ziehen  hin 
und  her,  ohne  dass  jedoch  bestimmte  Contouren  der  Gebär- 
mutter zu  erkennen  gewesen  wären.  Der  Leib  war  äusserst 
empfindlich  und  die  Untersuchung  nur  mit  der  grössten  Vor- 
sicht und  Schonung  thunlich. 

Bei  der  inneren  Untersuchung  fand  sich  der  Hutterhals 
breit,  umfangreich,  weit  ausgedehnt,  noch  immer  nach  rom, 
aber  deutlich  mehr  von  der  vorderen  Wand  des  Beckens  ab- 
gerückt, etwa  einen  starken  Finger  von  ihr  abstehend,  das 
Orificium  eztemum  weit  geöffnet,  das  intemum  gesdilossen, 
der  Mutterhals  wie  nach  rechts  mehr  verstrichen,  nach  links 
kurz,  etwas  mehr  herabragend. 

Der  muthmaassliche  untere  Abschnitt  war  weich,  un- 
gleichmässig,  mit  unebenen,  weichen  Hassen,  hoch  oben  im 
Beckeneingange,  wenig  herabgedrängt. 

Dass  hier  Bauchhöhlenschwangerschaft  vorhanden,  trat 
mit  grösster  Wahrscheinlichkeit  entgegen,  der  trosüos  ver- 
zweifelte Zustand  der  Mutter  liess  aber  'jeden  Gedanken  an 


lUr  Gebnrtobülfe  in  Serlin.  337 

eine  wirksame  opereii?e  HWe  aufgeben,  da  auch  füc  Erkaltung 
des  Kindea,  obscbou  ea  noeh  Lebenszeichen  gd>,  b^i  dem 
laogen  Leiden  der  Mutter  keine  begrvndete  Aussicht  zu- 
gegen war. 

Vierzehn  Tage  spiter  fand  sich  auch  i^s  (kpficium  in- 
temum  geöfiiiet,  und  hätte  man,  da  der  Um£ang  hinter  dem 
Scheidentheile  tiefer  hm'abgedräagt  war,  daran  denken  müsaeni 
dass  der  Uterus  selbst  redinirt  sei  und  die  Frucht  vor  und 
»her  ihm  liege.  Doch  ging  der  Finger  und  noch  cntsdiiedener 
die  Sonde  oben  fiber  die  Schoossfuge  weg  ganz  nach  vom. 
Das  Kind  zeigte  keine  Spur  von  Leben  mehr  und  zwar 
schon  seit  acht  Tagen»  Die  Schmwzen  nahmen  einen  mehr 
anhaltenden  Charakter  und  wichen  Mos  vorübergehend  dem 
Morphium  und  Chloroform.  Das  Erbrechen  folgte  bei 
jedem  Genüsse  irgend  welcher  Art,  so.  dass  zuletzt  auch 
kaltes  Wasser  und  Eis  nidit  mehr  vertragen  wurde.  Die 
Gesichtszüge  und  Kräfte  verfielen  immer  mehr,  Delirien 
wechselten  mit  klarem  Bewufstsein,  Kiystiere  mit  Bouillon 
und  Eigelb  und  mit  Champagner,  der  getrunken  auch  nicht 
vertragen  wurde,  vermochten^  dem  raschen  Kräfte  verfall  nur 
vorübergehend  zu  steuern.  Die  Zunge  war  roth,  trocken,  mit 
stark  entwickelten  PapiUen,  zeigte  später  starken,  schuppigen, 
trockenen  Beleg,  dei*  auch  an  Zahnfleisch  und  Zähnen  haftete, 
der  Puls  wurde  rasch  weicher,  aashafter  Geruch  aus  dem 
Mtmde  trat  an  und  am  8.  Septeinber  unter  Sdinoihüpfen 
und  Zuckungen  der  Tod. 

Zu  Eröffnung  der  Leiche  wiurden  zwei  seitliche  Einschnitte 
vom  oberen  vorderen  Uuftstachel  bis  zum  vorderen  Theile 
der  letzten  Rippen  durch  einen  Querschnitt  eine  Hand  breit 
über  dem  Nabel  Yerbunden  und  der  so  gebildete  Bauchdecken- 
lappen zurückgeschlagen.  Es  lösten  sich  dabei  viele  frische 
Adhäsionen,  mit  welchen  die  Bauchdecken  an  dem  sofort 
sichtbaren  fölalsacke  angeheftet  waren. 

In  einem  transparenten,  äusserst  dünnhäutige  Sacke 
eingeschlossen  zeigte  sich  nun  sogleich  ein  völlig  reifer  Fötus 
mit  nach  vorn  und  etwas  nach  unten  gewendetem  Rücken. 
Der  Eisack  war  ausser  den  Bauchdecken  nach  oben  fest  an 
dem  Querdarme  anhangend  und  mit  dem  ganz  fettlosen  Netze 
in  eine  unlösbare  Masse  verschmolzen, 


338  XX^*    Verhandlnngen  d«r  Oesellflchaft 

Der  Kopf  lag  rechts  über  der  DarHAeiiwchRafel,  Ae 
linke  Schulter  tiefer,  etwas  zuröckgedrückt,  die  ober^  fedite 
etwas  mehr  nach  vom.  Der  im  Ellbogen  stark  gebogene 
linke  Arm  hatte  sich  in  einem  tief  in  das  Becken  "For  und 
neben  dem  rechten  breiten  Mutterbande  herabgehenden  Divertikd 
neben  Uterus  und  Harnblase  eingebettet,  der  rechte  reiehte 
unter  den  linken  Leberiappen.  Der  Kopf  lag  mit  dem  Ge- 
sichte nach  aufwärts,  so  dass  das  rechte  Ohr  gerade  unter 
der  rechten  zehnten  Rippe  sichtbar  wurde,  das  Gesicht  nach 
oben,  unter  die  Leber  gewendet.  Die  beiden  nach  aufwärts 
gebogenen  und  zur  Seite  geschlagenen  Beine  lagen  in  einem 
Divertikel  des  Eies  zwischen  linker  Niere,  Curvatur  des 
Magens  und  «Milz  bis  hoch  in's  linke  Hypochondriura. 

Vom  Bauche  des  Kindes  ging  am  vorderen  Ende  des 
Eisackes  um  den  Steiss  herum  querüber  der  24zollige  Nabel- 
strang mit  zopfförmiger  Ausbiegung,  in  der  rechten  Seite  in 
die  Tiefe  des  Beckens  hinabreichend. 

Vor  dem  Rücken  des  Kindes  über  die  Schoossfuge 
hinaufiragend,  fest  an  dieselbe  angedruckt,  lag  der  leere  Uterus 
in  der  Mitte  der  vorderen  Wand  einen  dunkelschwarzrothen, 
etwa  1  Thaler  grossen  Fleck  zeigend  und  tief  von  ihm  herab- 
gedrückt die  leere  Blase. 

Die  Eihäute  klebten  ohne  Spur  von  Fruchtwasser  der 
Frucht  eng  an,  besonders  am  Kopfe.  Nach  ihrer  Zerreissung 
bot  sich  der  weibliche  Fötus  aschfarbig  bleich  mit  grossen 
rothblauen  Blutblasen  auf  dem  Leibe,  aus  allen  Verbindungen 
gelösten  Kopfknochen,  collabirten  Augäpfeln.  Die  Haut  war 
mit  einer  dicken  Schichte  fettwachsähnlrehen  Kindsschleimes 
bedeckt. 

Das  Coecum  und  die  Anfinge  des  Colon  waren  sehr 
stark  eingeschrumpft  auf  der  Darmbeinschaufel  unter  den 
Kopf  des  Kindes  herabgedrückt,  der  Magen  ebenblls  sehr 
klein  hinter  dem  engen,  fest  mit  dem  Ei  verschmolzenen 
Colon  transversum,  die  Leber  nach  aufwärts  unter  die  Rippen 
hinaufgeschoben,  mit  gerade  nach  unten  sehender  convexer 
Fläche.  Die  verschrumpften  dünnen  Gedärme  waren  voll- 
kommen von  dem  Ei  überdeckt,  dessen  ganze  Umgebung  von 
venöser  SUse  wie  mit  Blut  durchtränkt  aussah. 


far  GebnrtoMlf«  in  Berlin.  339 

Naefa  Entfenrang  der  mit  d^m  Bauche  die  drei  unteren 
Lendenwirbel  bedeckenden  Fracht  sah  man  hinter  dem  Uterus 
in  der  rechten  breiten  Mutterbandecke,  die  rechte  Becken« 
Ulfte  gatiz  ausAUend,  in  die  linke  hinflberragend,  eine  etwa 
8"  lange,  2V/  hohe,  2''  dicke,  isnglich  runde  Masse,  in 
welche  sich  ron  oben  her  und  rechts  die  bedeutend  veriängerte 
reehte  Tuba  ganz  verlor.  Diese  Masse  klebte  leicht  lösHeh 
afi  dem  Sebeidengewölbe,  der  hinteren  Fläche  des  Uterus 
lind  dem  unteren  Theile  des  breiten  Mutterbandes  an,  und  in 
sie  senkte  sich  rechts  und  hinten  der  Nabelstrang  ein.  Sie 
war  mit  dem  unteren  Theile  des  breiten  Mutterbandes  und 
dem  Pranzenende  der  Tuba  in  eine  organische  Masse  ver- 
schmolzen und  hatte  ober  sich  eine  kleinere,  höhneretgrosse, 
durch  einen  tiefen  Divertikel  von  ihr  abgegrenzte,  weiche, 
spongiös  sich  anfühlende  Abtheilung,  die  in  häutiger  Ver- 
bindung mit  der  verlängerten  Tuba  in  itsrem  Verlaufe  stand, 
und  der  hypertrophisirte,  schwammartig  aufgelockerte  Eierstock 
zu  sein  schien.  Es  zeigte  dieser  Theil  eine  feinkörnige, 
milzartige  Structur  und  stellenweise  an  der  Oberfläche  kleine, 
wasserklare  Bläschen,  auch  im  Innern  einzelne  grosse,  runde, 
mit  dunkelroth  faserstoffiger  Masse  gefüllte,  ganz  in  sich 
geschlossene  Kapseln. 

Die  grössere  runde  fleischige  Massel  zeigte  beim  Durch- 
schndden  eine  faserig  veiiUzte,  mit  Blutgefässen  stark  durch'- 
setzte  Structur,  die  ganz  der  einer  nur  nicht  lappigen,  sondern 
m  einen  Klumpen  zusammengeballten  Placenta  glich.  Am 
oberen  Ende  befand  sich  eine  etwa  l*'  in  die  Substanz  ein- 
dringende, knorpelartig  knirschende,  gelbe,  in  Fettmetamorphose 
begriffene  Faserstoffischichte. 

Die  runden  Mutterbänder  waren  normal,  ebenso  die  linke 
Tnba,  die  um  den  leeren,  sehr  verschrumpften,  runzlich 
narbigen  Eierstock  herumging  und  mit  dem  Franzenende  an 
ihm  angeheftet  war. 

Die  rauhe,  lappige  Fläche  der  Placenta  war  demnach  in 
diesem  Falle  dem  erweiterten  Fimbrienende  der  Tuba  zu- 
gewendet und  mit  diesem  fest  verschmolzen  und  äberkleidet, 
so  dass  eine  Blutung  hier  schlechthin  unmöglich  war,  indem 
das  Wachsthum  des  Mutterkuchens  theilweise  in  dem  Ostium 
abdominale  tubae,  theilweise  aus  ihm  heraus  in  die  Bancfahöhle 


340  XXY,    Yeriiaodliuigea  d«r  Oetellschaft 

hinein  wcAl  durch  die  Aasdehnung  dieses  OfltioDi  starke 
Schmerzanialle,  denen  der  GrayidiUs  iubaria  Ihidichi  aber 
keine  Raptor  veranlasste. 

Der  erste  der  beiden  Fälle  reibt  sich  an  die  selteoerea 
Beiobachtangen  an,  in  welchen  bei  Graviditas  abdomiaalis 
Verblutungstod  eintritt  Heek&r's  Berechnung  ergiebt  fir 
die  Ten  ihm  zusammengestellten  Fälle  5,30  Proceot  der  Fälle 
überhaupt,  12,50  Procent  der  tödtlich  abgelaufeMn.  Eß  ist 
aber  hier  unmöglich,  mit  Trennung  der  Graviditas  abdomiBafis 
pwitona^alis  von  der  tubo- abdominalis  eine  ganz  genane 
Statistik  zu  entwerfen.  Fassen  wir  beide  zusammen,  so 
worden  wir  ein  unterschefidendes  Kritenum  darin  findea,  dass 
wir  alle  Fälle,  ^  wobei  der  grössere  Theil  des  Eies  sich 
ausserhalb  der  Tuba  entwickelt  und  eine  Ablösung  ohne 
Zerreissung  der  Tuba  erfolgt,  oder  eine  Ruptura  des  freien 
Theiles  des  Eisackes,  zu  der  Graviditas  abdominalis  rechnen, 
alle  jene,  wobei  die  Ruptur  in  die  von  der  Tuba  umschlossoien 
Eitfaeile  fällt  und  diese  mitbetrÜR,  auch  wenn  ein  grosser 
Theil  des  Eisackes  frei  aus  ihr  sich  hervorentwickelt  haben 
sollte,  zur  Graviditas  tubaria  mit  Einschluss  der  uterina  im 
verkümmerten  Uterushorne.  Auch  dann  bleibt  noch  die  Ver- 
blutung bei  Graviditas  abdominalis  seltener,  als  bei  allen 
anderen  Formen  d^r  Graviditas  extrauterina,  häufiger  aber, 
als  Hecker  angiebt  Es  ergeben  sich  dann  folgende  Arten 
des  Zustandekommens: 

a)  Ablösung  des  Mutterkuchens  aus  dem  unteren 
Tubenende,  in  welchem  er  angeheftet  war,  ohne  Zer- 
reissung, wie  in  den  Fällen  von  Oswcdd  im  zweiten  Monate 
der  Schwangerschaft  (Ruet,  Mag.,  XII.,  2),  Aran  (Gaz.  d. 
Hdp.,  1853,  49),  Wagner  (Mcmatssehr,  f.  Gebursk.,  IX.,  2,  90). 

b)  Ablösung  des  mit  seinem  Mutterkuchen  an 
irgend  einer  Stelle  der  Ünterleibshöhle  angehefteten 
Eies,  mag  es  nun  ganz  frei  in  der  Unterleibshöhle  liegen 
oder  noch  mit  einem  Theile  mit  dem  Abdominalende  der  Tuba 
verbunden  sein,  von  jener  Anheftungstelle.  Der  erste 
der  von  uns  erzählten  Fälle  gehört  hierher  und  reiht  sich  an 
die  Beobachtungen  von  Carganico  (N.  Z.  d.  V.  f.  H.  in  Pr., 
1865,  33)  und  Hughes  (Schmidts  Jahrb.,  LXIX.,  2.,  195). 
Ein  Fall  von  TiU  (Salzb.  med.  chir.  Z.,  1829,  U.,  293)  zeigt. 


für  Oebortshülfe  in  Berlin.  841 

wie  di^i  der  Mutterkueben  sich  thetlweise  Uksen  aod  die 
Biotang  sich  wieder  beschränlien  kann. 

In  Bezug  auf  die  Art  der  Ablösung  bei  tiefer  An- 
heftung im  unteren  Beckenraume  möchte  eine  Vergleichung 
unserer  beiden  Fälle  einige  Andeutungen  geben.  Im  Anfange 
lagen  bei  beiden  die  Eier  o£fenbar  an  den  Vorberg  angelehnt, 
im  oberen  Theile  des  Raumes  zwischen  Uterus  und  Mastdarm, 
und  entwickelten  sich  nach  aufwärts  aus  der  Beckenhöble  in 
die  Bauchhöhle.  Je  mehr  weiterhin  die  Frucht  wuchs,  desto 
mehr  wurde  in  dem  zweiten  Falle  das  ganze  Ei  in  die  Höhe 
gehoben  und  machte  dabei  eine  ganz  entschiedene  Axen* 
drehung  nach  vorn  diurch  bis  zur  vollkommenen  Anteflexio  uteri. 
Indem  die  Frucht  sich  erst  an  die .  Wirbelsäule  angelehnt 
hatte,  nachher  an  die  Bauchdecken  sich  anlegte.  Es  liees 
dabei  der  Druck  tief  unten  auf  den  Hutterhals  nach,  indem 
die  Vornübemeiguttg  des  Grundes  zunahm.  Der  Mutterkuchen 
konnte  bei  seiner  Anheflung  in  der  bewegUchen  Eiröhre  folgen 
und  Blutung  war  dabei  unmöglich.  Bei  der  Anheftung  im 
ei^sten  Falle  musste  ab^  diese  Erhebung  und  Vomüberneigung 
des  Eies  nur  zu  leicht  eine  Anspannung  der  Mutterkuchen- 
-befestigung  bewirken  und  so  eine  Disposition  zur  Ablösung, 
welche  alsdann  spontan  zu  Stande  kam  oder  durch  Abschiebung 
durch  die  Darmbewegung  bei  gegebener  Kothanhäufung  oder 
durch  Druck  beim  Einsteige  in  das  Bette  bewirkt  wurde.  In 
anderen  Fällen  sind  bedeutendere,  die  Lösung  erklärende,  äussere 
Gewalten  angegeben.  Als  Fall  von  Graviditas  luboabdominalis 
gehört  audi  jener  von  SaobolacJUschikof  (Schmidfs  Jahrb., 
LXXXVI.,  198)  hieher,  wo  Geburtsanstrengungen  den  Mutter- 
kudien  ganz  ablösten. 

c)  Ruptur  des  Eisackes,  wie  m  den  FäUen  von 
Cottins  im  zweiten  Monate  der  Schwangerschaft  (Salzb.  med. 
chir.  Z.,  1831,  IV.,  125.  Dossier  und  Estenevei  im  sechsten 
Monate  (Canst.  Jahresb.,  1844,  388,  Ea.  1),  Epting  (8chm. 
Jahrb.,  GL,  1,  65),  Queyssac  {8chm.  Jahrb.,  VI.,  162), 
HinUrberger  (Sehm.  Jahrb.,  I.,  SuppL,  1836,  326.  G.  2), 
Fdrbaim  {Schm.  Jahrb.,  XXXVII.;  52).  Vielleicht  audi 
O.  Braun's  als  Salpingo  -  coelio  -  cyesis  bezeichneter  Fall 
(C.  Braun,  Lehrb.,  S.  551).  Für  diese  Fälle  ist  die  Abgrenzung 
von  GraviAtas'tttbaria  und  abdominalis  am  schwersten  und 


342  XXV.     Verlinndlungeti  der  OenellscliAft 

^vürd(*  eine  monographische  Bearbeitung  noch  die  Schwanger- 
schaften im  unentwiciielten  Uterushorne  mit  hineinziehen 
müssen ,  da  hier  die  anatomischen  Beschreibungen  am  öftersten 
Zweifel  lassen. 

d)  Ruptur  dem  Sacke  benachbarter  Tbeile,  zum 
Theil  mit  äusserer  Blutung,  welche  eben  am  meisten  für 
Mitwirkung  des  Zwerchfelles  beim  Geburtsdrange  spricht  und 
am  wenigsten  aus  blosser  Contraction  des  Sackes  erklärbar 
ist.  Dass  dies  schon  früh  möglich  ist,  wurde  die  mit  Ge- 
nesung verbundene  Beobachtung  von  Cziliak  (Scamoni^ 
Beiträge,  IV.,  119)  beweisen,  wenn  sie  unzweideutig  wäre. 
Es  gehören  übrigens  bieher  die  Beobachtungen  von  Fuchsins 
(Schm.  Jahrb.,  IL,  2,  261)  mit  Ruptur  des  skirrhösen  Uterus, 
Thormann  (Pr.  V.  Z.,  1845,  16)  mit  Vorfall  eines  Armes 
durch  das  zerrissene  Scheidengewölbe,  Mütter  (AerztL  Mit- 
theilungen  aus  Baden,  1858,  XII.,  5)  mit  Ruptur  des  Scheiden- 
gewölbes und  Ablösung  des  Mutterkuchens  von  der  hinteren 
Fläche  der  Gebärmutter,  Franc.  Ä&zo  (/ScÄm.  Jahrb.,  CIH.,  329) 
mit  Armvortritt  durch  das  Scheidengewölbe.  Es  scbliesst  sieb 
an  jene  Elythrotomie  mit  Entwicklung  eines  Kindes  durch  das 
Scheidengewölbe,  wo  bei  Section  nach  Verblutung  em  extra- 
uteriner zweiter  Fötus  gefunden  wurde  (Nonatsschr.  f.  Geburtsk., 
XVI.,  4,  319). 

e)  Verletzung  anderer  grösserer  Adern,  wie  in 
dem  Falle  von  Schneevogt  (Nedcrl.  Weekbl.  vor  Geneesk., 
1851,  Jan.),  wo  Durchschneidung  der  Arteria  hypogastrica 
durch  ein  Scheitelbein  stattfand  und  von  Porter  (Meck.  Arch., 
VIII.,  I.,  176),  wo  eine  Ruptur  einer  Kranzader  (?),  an  der 
unteren  Leberfläche  als  Quelle  der  Blutung  angegeben  isL 

In  dem  zweiten  Falle  war  die  Hektik  als  Todesursache 
gegeben,  welche  verhältnissmässig  viel  häufiger  den  Tod  bei 
Graviditas  abdominalis  herbeiführt  Auffallend  war  hier  im 
Vergleiche  zu  dem  ersten  Falle  der  so  frühe  Eintritt  so  be- 
deutender Störungen  in  dem  Digestionsapparate,  welcher 
einestheils  sich  als  consensuell  vom  Reize  der  Ausdehnung 
des  Tubenendes  durch  die  Placentarentwickelung  erklärt, 
andererseits  wohl  in  dem  möglicherweise  dadurch  veranlassten 
frohen  Zutritte  peritonitischer  Affectionen  begründet  war  und 
Mine  rasche  Steigerung  bis  zu  völliger  Incontinenz  für  alles 


für  Geburtahülfe  in  Berlin.  343 

GeiKfeftseoe  wqU  dwrcb  den  eig?irlliaiiilichen  Schwiiad 
des  üarrokaoals  and  Uagens  eflang4e«  Diesei*  Schwund  muss 
offenbar  mehr  dem  anhaltenden  Erbrechen  zugeschrieben 
werden,  analog  dem  gleichen  Berunde  an  den  Leichen  mancher 
durch  chronische  Magenleiden  mit  derartigem  Erbrechen  iixm 
Tode  gebrachten  Personen,  alä  dem  Drucke  Seitens  dea  Eies. 
Er  mochte  wohl  den  Eintritt  dea  Todes  bei  Graviditas  abdominalis, 
bevor  noch  die  Natur  irgend  an  einer  Stelle  Anstalten  zu 
Entfernung  des  Fruchtkörpers  macht,  für  manche  Fälle  er- 
klären, da  in  so  vielen  anderen  Fällen  die- Hektik  erst  viel 
langsamer  durch  den  starken  Säfteverlust  hei  den  Bestrebungen 
zur  Eliin^inatiott  der  Fracht  eintritt,  in  den  meisten  sogar 
nach  mehrjährigen  Leiden  noch  ein  gutes  Ende  erfolgt. 

In  diagnostischer  Beziehung  zeigten  beide  Fälle 
positiv,  wie  jene  in  laeiner  Abhandlung  Ober  die  Ver- 
änderungen des  Scheidentheüs,  Bonn  1841,  S.  1.«  mitgetheilte 
und  die  ganz  gleiche  ifon  ffuguier  in  der  Gaz.  des  h6p^ 
1852,  59,  63,  64,  negativ,  wie  sehr  mal  Recht  das  Un- 
verändertbleiben  dea  Scheidentheils  und  unteren  Abschnittes 
ganz  aus  den  Zeichen  der  Graviditas  eztrautarina  gestrichen  ist« 

Eine^  gleiche  Bewcmdnisa  hat  es,  wie  beide  Fäl(e  im  Ver- 
gleiche mit  den  eben  genannten  und  dem  von  mir  il^  XVL  Bande 
der  Monatsschrift  beschrieb^en  Kaiaerschntttsfalle  lehren,  mit 
der  Fühlbarkeit  der  Kindestheile  dicht  unter  den 
Bauchdecken.  Für  die  erste  2^it  der  Schwangerschaft, 
in  welcher  die  Kindestheile  überhaupt  fühlbar  werden»  fehlt 
sie  gerade  bei  der.Bauchscbwangerscbaft  so  oft)  auch  n^ch 
unseren  beiden  Fällen,  indem  da  häufig  die  übrigen  Unterleibs- 
eingeweide, in  unserem  ei*sten  Falle  z«  B.  die  Gebärmutter, 
in  dem  anderen  die  Gedärme  vorliegen.  In  der  letzten  Zeit 
ist  sie  als  Zeichen  durch  die  uugewölmliche  Verdünnung  der 
üterinwände  in  einzelnen  seltenen  Fällen  ebenfalls  zweifelhaft 
und  oft  sehr  ungleichmässig  an  verschiedenen  Stellen  des  Leibes. 

Die  Dislocation  des  Uterus  war  in  beiden  Fällen, 
wie  auch  in  dem  neuesten  von  Nagd  beschriebenen  (Annalen 
der  Charite,  IX.,  1,  35  ff.)  anf  das  Deutlichste,  vorhanden, 
und  scheint,  wenn  sie  anch,  wie  Scansunjd  mit  Recht  bemerkt, 
dem  Zustancle  nicht  eigenthümlich  ist,  doch  selten  zu  fehlen. 
Der  Dislocation  bei  grusseu.  Ovaiieiiluinoreii   gegenüber 


344  XXV.    Verh«nd1aiief«B  der  GeMlIscliaft 

mdclite  ich  hier  darauf  aninerikMm  madieil,  daaa  sie  in 
unseren  Fällen  mit  Hypertrophie  und  Erweichung  fertMinden 
war,  während  ich  sie  bei  solchen  Tumoren  meistODS  nA 
Atrophie  und  grösserer  Deriiheit  verbunden  im  LAm  und  in 
den  Leichen  gefanden  habe. 

Bei  gleicher  Disloeation  des  MutteAalses  bei  Retro- 
vers io  uteri  habe  ich  immer  die  RreuKbeinaushöhlung  stark 
angefftHt  gefunden  und  in  ihr  die  Contowen  des  Muttergnindes 
mehr  oder  weniger  deutlich  erkennen  können,  wMM*ead  in 
beiden  Fällen  ii^  Gegend  hinter  dem  Uterus  in  kaum  er-* 
reichbarer  Höhe  angefAilt  erschien.  Für  diese  analoge  Fille 
ist  demnach  hier  ein  difierentielles  Moment  gegeben,  welches 
freilich  ffir  Lagerang  des  Eies  tief  unten  in  dem  SpatilH» 
Donglasii  wegfUlt. 

Ebenso  habe  ich  bei  Phlegmone  retrouterina  und 
Eiteransammlung  hinter  dem  Uterus  meistens  ^ieb 
anfangs  oder  später  durch  Eitersenkung  die  Kreuibein- 
aushöhlnng  in  unregelmässigerForm«  oft  in  voller  Breitei 
oft  mehr  in  einer  Seite  von  einer  anfangs  festen,  empfindMien 
Geschwulst  ausgefüllt  gefunden,  an  wel^r  MfiHat  uMer 
Steigerung  der  Schmerzen  einzelne  SteHen  sich  erweichen 
und  fluctuiren ;  —  wo  aber  die  Ansammlung  höher  oben  bheb, 
statt  so  tief  herabzutreten,  fehlte  meistens  die  in  unseren 
Fällen  so  bedeutende  Disloeation  des  Motterhalses,  oder  war 
doch  vid  geringer,  indem  da  die  Ausfüllung  des  Bedcenraumes 
sich  öfter  mehr  nach  einer  oder  der  anderen  Seite  Eog, 
wenn  der  Eiter  gegen  die  Leistengegend  vordrängte.  Ea 
ergeben  rieh  aber  auch  hier  fAr  einzelne  FäHe  mehr  oder 
weniger  nutzbare  differentielle  Momente,  nur  keine  allgemeineB 
diagnostischen  Unterschiede.  Auch  der  Umstand,  dass  in  dem 
zweiten  Falle  die  innere  Untersuchung  den  Anschein  einer 
entschiedenen  Rückwärtsbeugung  des  Uterus  zeigte,  während 
die  Sonde  eine  hochgradige  Anteflexio  nachwies,  war.  in 
unserem  gegebenen  Falle  entscheidend  zur  Feststellmig  der 
Diagnose,  ist  aber  auch  nicht  als  irgend  aygemein  göltiges 
Zeichen  anzusehen.  Entscheidend  wurde  dieser  Umstand  nur 
dadurch,  dass  er  die  Leerheit  des  Uterus  und  die 
Lagerung  des  Eisackes  nebst  Frucht  über  und  hinter  dem« 
selben  auf  das  fiestiinmleste  nachwies. 


für  Gebartffhiilfe  in  Berlin.  34g 

Ein  «ehr  #e8eiitKclier  Uotersebied  der  ErsdieiniiDgen  ist 
in  beMeii  Fttim  in  Beaug  afiif  die  Schnfer^haftigkeit 
gegeben,  weiche  in  dem  ersten  noch  am  Ende  des  fönften 
Monats  se  gering  war,  in  dem  anderen  sehen  so  frfih  in  so 
hohem  Grade  aoftrat  und  eine  so  ftnrehtbare  Höhe  erreichte. 
Der  Unterschied  war  offenbar  darin  begründet,  dass  eben  in 
dem  emen  Falle  die  eigenthünilicbe  Anheftang  tmd  Entm^kelnng 
der  Placenta  durch  die  so  gegebene  grosse  and  gewaltsame 
Attsdehmmg  des  Pavillons  der  Teba  den  ersten  Anfingen  der 
Sdiwangerschafl  mdir  den  Charakter  der  Tubfmsohwangersohafit 
?erHeh  nnd  dadorch  die  gance  Kette  der  fortschreitenden 
ßitztodangen  in  dem  BanehfeSe  sehen  früh  hervonufreten 
begann,  während  der  andere  FaH  mehr  den  Charakter  der 
remen  Graviditas  peritonaealis  bot,  weiche  fast  schmersloa 
sieh  eatwidceln  kann.  Die  höchste  Steigatmg  d'es  Sehmeraee 
war  dann  noch  in  diesem  zweiten  Falle  bei  den  tiden 
Adhfisionen  durch  die  eigenthömhebe  Lagerung  des  Kindes 
und  die  bei  «einen  Bewegungen  gesetzte  heftige  Zerrung  an 
den  Unterleibseingeweiden  gegeben. 

Jener  eigenthOmlidie  wehenartige  Drang,  welcher 
eine  so  eenstante  Erscheinung  bei  der  Gravidüae  extsaslmm 
bOdet,  war  in  dem^  ersten  Falte  noA  wen^  entwickelt,  nur 
m  Form  der  schon  vorher  häufigen  HamorrhoidalkoiikMiftUe 
gegeben.  Um  so  deutlicher  und  bestimniter  trat  er  in  dem 
«iieiten  Falle  hervor. 

Er  semt  sidi  ans  sehr  verschiedenen  Momenten  zu^ 
samnien,  welche  aus  eben  so  verschiedenen  Ursacbei)  hervor* 
geben  können  und  darum  eine  gleich  verschiedene  Auffassung 
möglieh  machen. 

Die  einfache  wehenartige  Drang empfindnng,  wie 
dieselbe  von  der  betreffi^den  mit  bald  grösserer  bald  geringerer 
Intensität  wahrgenommen  wird,  wurde  auf  Bewegungen  des 
dterch  Wachsthmn  verg^össerten  Uteras  zurückgefQhrt  werden 
können.  Denn  solche  wurden  m  unserem  Falle  durch  die 
fbrtsehmtende  Ansbreitung  des  Mutterbabes  nach  oben,  seine 
merkHche  Verkirznng  und  die  Eröffnung  auch  des  inna*en 
Muttermundes,  ganz  naok  Analogie  des  cbronisch^i  Abortus, 
welcher  auch  ohne  eigentlich  schmerzhafte  Empfindung  zu 
Stande  kommen  kann,  angedeutet 


S46  XXV.    Verbaudliiiifeii  der  Geaelischaft 

Il|ie  $^  deutlidie  Spanaung  de*  gaiuen  Leibaa  aber, 
w<>bei  derselbe  'm  seinem  ganzea  Umfange  liart  wiirde ,  obae 
dass  es  jedoch  gelungen  wäre,  je  bestiijitmte  üairisae  einer 
Gebärmutter  analog  zu  erkennen,  lässt  skb,  wie  SoU  sehr 
.richtig  bemerkt,  keineswegs  auf  solche  Art  arkUren«  Wann 
Bohl  in  einzelnea  Fällen  in  dem  Eisacke  Muskelfasern 
nachgewiesen  hat,  so  wqrde  diese.  Si>aunuAg  wohl  auf  die 
selbstständige  Contraction  des  Eisackes  zurückgeführt  werden 
kdnnen  und  dann  •  seihst  das  Zuataadekommeii  ulerinartiger 
Contouren  für  das  Ge(uhl  mdgbch  sein.  In  Fällen  aber,  wie 
der  unserige,  wo  diese  Erhärtung  und  ^lannung  mi€  fort* 
schreitender  Schwangerschaft  immer  stieg  und  dabei  der 
Eisaek  eine,  ganz  ausaerotdentttche  Dünne  zeigte»  ohne  dass 
jidieik  den  EibäuCen,  weiche  ihn  bildeten,  auch  nur  die 
geringste  Sipur  eines  anderea  Elementes.  auifin4lhar  geweaen 
wäre,  müssen  die  Ei  wände  als  ErkUrungsgrund  entsehiedeo 
unzureichend  erklärt  werden.  Es  stimmt  damit  aueh  das 
Fehlen  jedes  bestimmten  Umrisses  bei  der  Erhärtung  toU* 
kommen  überein. 

Ebenso  kann  die  djritteEracheinung»  welche  noch 
hinzutritt,  jenes  deulliohe  <iud  oft  sogar  starke  Mitdrängen, 
aus  den  ComractioBen  des  Sackes  allein  nicht  erklärt  werden, 
seihst  wenn'  er  mit  deutlichen  MuskeUasern  ausgestattet  sein 
sollte,  fiass  der  es  veranlassende  Reiz  oft  sehr  intenaiv^  sein 
muss,  erhellt  aus  jenen  Fällen  von  Zerreissüng  des  Scheideil- 
gewölbes, deren  wir  oben  gedacht.  Bedenkt  man,  wie  stark 
iKe  Bewegungen  des  Uterus  beim  Aborte  oft  sind,  ohne  irgend 
weiches  Mitdrängen  zu  veranlassen,  dass  die  Gebärmutter. am 
Ende  einer  dem  Orte  nach  regelmässigen  Sohwangisrsdiaft 
sidi  oft  unter  der  Empfindung  höchst  lästigen  Drangea  nach 
abwärts  ganz  allgemein  wehenartig  spannt,  und  in  steter 
Wiederkehr  der  Anfalle  dies  wochenlang  thun  kann,  ohne 
je  das  Bedurfniss,  mitzodrängen  oder  gar  wirkliches  Müpvesaen 
zu  Stande  kommt^  dass  ferner  ohne  jede  Spur  eines  .solchen 
die  Wehen  in  der  ersten  und  zweiten  Gdiurtszeit  einen  hoMn 
Grad  erreichen  können,  so  muss  man  anerkennen,  dass  für 
dieses  active  Mitdrängen  und  die  Empfindungen,,  welche  es 
veranhissen,  der  Eisaek,  selbst  wo  er  Muskelfasern  auf* 
weist,  keinen  Erklärungsgrund  abgiebu 


för  Gebnrtffhülfe  in  Berlin.  347 

Da6  bisher  Gesagte  und   der  Befand  in  unserem  Falle 
uöihigen  uns  daher,  uns  mit  Scanzoni  der  Ansieht  derer 
ansti^chliessen,  wdche  fnr  die  angegebene  allgemeine  Spannung 
und  Härte  reflectoiisdie  Zusammenziehungen  des  Zwerchfells 
und   der  Bauchmuskeln   annehmen   und  als  Motoren   dieser 
reflectorischen  Thätigkeit  möchten   in   erster  Linie  wohl   der 
Mastdarm  und  der  übrige  Darmkanal  anzusehen  sein,  welche 
durch    den   Druck    von   Seiten    des  Eies    und    die   mögliche 
Zerrung  bei  den  mannichfachen  Adhäsionen  vielseitig  in  ihrer 
Thätigkeit  gehemmt  und  in  gereiztem  Zustande  gehalten  .werden. 
Die  Bewegungen  des  Uterus  und  die  Contractionen  des  Eisackes, 
selbst  da,  wo  Muskelfasern  in  ihm  nachgewiesen  sind,  spielen 
dabei  theils   nur  eine  ganz  secundäre,  theils  schlechterdings 
gar   keine  Rolle.    Wie   demnach   die  Schmerzen   bei    der 
Abdcnninalschwangerschaft   aus   sehr   mannichfachen    Quellen 
herrühren,  aber  bei  der  Frau  in  eine  einzige  unbestimmte 
Schmerzempfindung  verschmelzen,   so  hat  auch   dieser 
Drang  als   passive  Drangempfindung  und  actives  Mitdrängen 
sehr  verschiedene  Ursachen,  die  eben  auch  in  einen  einzigen 
Gesammtausdruck  verschmelzen,  ohne  dass  die  Frau  und 
dev  Beobaditer  die  Rolle,  welche  die  einzelnen  Motoren  dabei 
spielen,  genau  zu  trennen  und  festzusteUen  vermöchten. 

Es  lässt  sich  aber  keine  Diagnostik  der  Extrauterin- 
sehwangersdiaften  auf  aligemeine  Principien  zuröckgefQhrt 
aufstellen,  wohl  aber  ist.  eine  bald  mehr  bald  weniger  bestimmte 
casuistische  Diagnostik  mögHch,  welche  in  beständiger  Ver- 
gleichnng  der  einzelnen  Erscheinungen  vorwiegend  auf  negativem 
Wege  fortschreitet,  bis  die  Sicherheit  der  Gegenwart  einer 
Frucht  und  des  Leerseins  der  Gebärmutter  die  unumstössliehe 
Gewissbeit  herbeiführen  kann. 

Und  als  Andeutungen  •  fOr  eine  derartige  casuistische 
Diagnostik  mag  auch  diese  Zusammenstellung  der  Ergebnisse 
unmittelbarer  Lebensanschauttng  dienen,  welche  freilich  darauf, 
neue  wesentliche  Momente  hervorgerufen  zu  haben,  keine  An- 
sprüche macht  und  machen  kann.  Fassen  wir  die  differenttellen 
Momente  für  die  Schwangerschaftsperiode,  wo  die  Schwanger- 
schaft selbst  noch  zweifelhaft  erscheinen  kann,  zunächst  in's 
Auge,  und  nehmen  wir  später,  wenn  durch  deutliche  Be- 
stimmbarkeit der  Verhältnisse  der  Frucht  die  SchwangerschafL 

MonatABchr.  f.  Oeburtsk.   1861.   Bd.  XVIII.,  IIfi.5.  23 


348  X^^-    Verliandlnagen  der  Genetlschaft 

unzweideutig  erwiesen  ?oriiegt,  die  differentiellen  Momente 
von  der  Uterinschwangerschaft  mit  biazu,  8o  wird  eine  sdcfae 
Vei'gleiciiuug  des  Verlaufes  der  Ersclieinuogen  eine  Erkeimung 
möglidi  uiaclien,  die  in  der  FesUtellung  der  Yeriiällnisse 
jedes  einzelnen  Zeitabschnitts  der  Schwangerschaft  amnüglidi 
erschemt 

Herr  Martin  theilte  folgenden 
Fall  von   geheiltem   Lupus   exulcerans  vulvae 
(Esthiomene) 
aus  dem  Tagebuche  seiner  gynäkologischen  Klinik  im  Cliarite- 
Kraukenhause  mit. 

M.  Rohrbach y  25  Jahre  alt,  zierlich,  wohlgestaltet, 
von  kräftiger  Muskulatur,  mit  schwarzem  Haar,  war  als  Kind 
vollkommen  gesund,  will  nie  an  seropbulösen  Aflecttooen 
gelitten  haben.  Eltern  und  Geschwister  sind  naeh  ihrer 
Aussage  auch  vollständig  wold.  Die  Menses  traten  im  18.  Jahre 
auf  und  waren  anfangs  spärlich  und  unregelmässig,  vom 
20.  Jahre  an  jedoch  ohne  alle  Störung  und  in  normaler  Weise. 
Seit  dem  19.  Jahre  will  die  Kranke  an  Fluor  albus  gelitten 
haben,  sonst  giebt  sie  keinerlei  Infection  zu,  auch  will  sie 
weder  geboren  noch  abortirt  haben.  Im  Finifai^iiire  1859 
bemerkte  sie  an  der  Uebergangsstelle  von  der  linken  grossen 
Schamlippe  auf  den  Damm  einen  Schorf,  der  ein  Gesdiwär 
bedeckte,  das  immer  grösser  wurde  und  auch  die  rechte  grosse 
Schamlippe  ei'grilT,  indem  es  zugleich  auf  die  Gesässgegead 
überging.  Dabei  bestand  eine  bedeutende  Härte  der  die 
Geschwürsfläche  umgebenden  benachbarten  Theile.  Schmerzen 
hat  die  Patientin  niemals  empfunden,  auch  ist  das  Allgemein- 
befinden in  keiner  Weise  jemals  gestört  gewesen.  Alle  zu 
erfragenden  Functionen  verlaufen  normal;  die  Kranke  hat  eine 
blühende  Gesichtsfarbe  und  ist  gut  genährt.  Nur  die  Men- 
struation ist  seit  IV2  Jahren  ausgeblieben. 

Am  12.  November  1860  bot  der  örtliche  Zustand  folgenden 
Befund:  Links  von  dem  unteren  Theile  jder  grossen  Scham- 
lippe nach  aussen  und  unten  erstreckt  sich  auf  die  Gesäss- 
gegend  ein  Geschwür  von  der  Grösse  eines  Handtellers, 
dasselbe  reicht  nach  vorn  bis  zum  Introitus  vaginae,  der 
durch   harte   knotige  Infiltrationen   nach  unten  gezogen  ist. 


fi\T  Geburtflhülfe  in  Berlin.  $49 

Das  Geschwör  hat  abgeschnUtene  knotige  mit  braunen  Krusten 
belegte  Ränder,  der  vertiefte  unebene  Grund  desselben  ist 
stellenweise  mit  gelblichbraunen  Massen  überzogen,  auf  dem- 
selben erlieben  sicli  hier  und  dort  erbsen-  bis  bohnengrosse 
harte  Knoten.  Ein  Geschwür  von  fast  doppelter  Grösse 
erstreckt  sich  von  dem  zcrsldrten  Introitus  vaginae  nach 
rechts  hinüber  auf  die  kleinen  und  grossen  Schamlippen,  den 
Damm  und  die  rechte  Ilinteri)acke.  Die  vorderen  oberen 
Partien  der  grossen  Schamlippen,  die  von  dem  Geschwüre 
selbst  nicht  ergriffen  sind,  erscheinen  verdickt  und  infiltriit, 
ebenso  das  Zellgewebe  des  Mons  Veneris,  die  kleinen  Scham- 
lippen sind  ebenfalls  verdickt  und  fast  vollständig  durch 
Schnimpfung  zu  Grunde  gegangen.  Scheide,  Uterus  und 
Rectum  sind  dagegen  vollständig  frei.  Die  Geschwursfiächen 
»nd  mit  einem  schmierigen,  gelbbraunen  Belage  bedeckt  und 
velinreiten  einen  höchst  fötiden  Geruch. 

Am  19.  November  wird  die  liidie  Seite  des  Geschwürs 
zuerst  mit  Baumwolle,  welche  in  Acidum  nitricum  fumans 
gelegen  hatte,  geätzt  und  zwar  unter  Chloroformnarkose  der 
Patientin.  Bis  gegen  Abend  dauerten  die  heftigen  Schmerren 
trotz  kalter  Wasserumscbläge  fort,  dann  trat  Wohlbefinden  em. 
Nachdem  der  Brandschorf  abgestossen,  wird  die  WundQäche 
mit  Solutio  Argent.  niti\  Oj.)  Svj.  verbunden:  In  den  nächsten 
8  —  H  Tagen  ziehen  sich  die  Ränder  der  Wunde  zusammen, 
es  bilden  sich  trelTiiche  Granulationen.  —  Bereits  um  die 
Mitte  December  erscheint  die  Geschwörsfläche  mit  gesunden 
Granulationen  bedeckt,  zur  Hälfte  ihres  Umfanges  verkleinert. 
Die  rechte  Hälfte  der  grösseren  Geschwurafläche  wird  ebenfalls 
unter  Chloroformnarkose  mit  Baumwolle,  welche  in  Acidum 
nitricmn  fumans  gelegt  war,  am  18.  Januar  1861  einige 
Minuten  lang  geätzt  und  ein  hellgelber  Schorf  gebildet,  worauf 
zunächst  kalte  W^asserumschläge,  später  Fomente  mit  Argentum 
nitricum -Lösung  aufgeschlagen  werden.  Unter  fortschreitender 
Vernarbung  tritt  am  80.  Januar  unter  unbedeutenden  Kreuz» 
schmerzen  die  Menstruation,  seit  IV2  Jahren  zum  ersten  Mal, 
wieder  ein  und  dauert  vier  Tage  (früher  nur  drei  Tage).  Am 
1.  März  1861.  Die  Yernarbung  ist  sehr  fortgeschritten,  so, 
dass  links  vollständige  Ueberfaäutung  erfolgt  ist  und  rechts  nur 
eine    kleine   längliche   Ulceration   besteht,    welche   nochmals 

23* 


350  XXV.    VerhaudlnDgen  der  GeBellschaft 

oberfläcJilich  mit  A;cid.  iiiti*.  fiiiD.  touchirt  wird.  22.  M&rz.  Die 
Vernarbuog  schreilel  sebr  gut  foi*t,  nur  oocb  in  der  Scheide 
am  Eingang  be/inden  sieb  einige  flache  Granulationen.  Aetzung 
mit  Argeut.  niir.  fusum  bringt  auch  diese  zui*  ToUständigeu 
Heilung  so,  dass  Patientin  am  10.  JMai  aus  der  gynäkologisdieo 
Klinik  entlassen  werden  kann.  An  Stelle  der  ausgebreiteten 
Geschwüre  sind  flache  Narben  getreten,  welche  an  den  grossen 
Scbamlefzen  beginnen,  den  Damm  und  die  Innenfläche  der 
Hinterbacken  bedecken.  Die  früher  knotig  verhärteten  grossen 
Schamlippen  und  der  Schamberg  sind  abgeschwollen,  weicher 
geworden,  nur  der  Scheideneingang  erscheint  nicht  unerheblich 
durch  die  Narben  verengt  Patientin  befindet  sich  bei  wiedei*- 
kehrender  Menstruation  auch  Ende  Mai  ganz  wohl. 

Die  von  Herrn  Dr.  v,  MecJclinghatieen  angestellte 
miki^oskopiscbe  Untersuchung  der  Gescbwürsgrundfläche  ei^ab 
eine  Infiltration  des  Gewebes  mit  kleuien  ländlichen  Zelien 
von  der  Gestalt  der  Eiterzellen,  doch  wai^n  dieselben  sehr 
inangelhaft  entwickelt,  uesonders  die  Kerne  sehr  eckig.  Die 
Infiltration  verfolgte  hauptsächlich  die  elastischen  Zilge  des 
Haut-  imd  Unterhautfettgewebes,  nui*  an  einzelnen  Stellen 
waren  grössere  Anhäufungen  der  Zellen  mit  geringer  Zwischen- 
substanz vorbanden,  hier  fand  sich  zugleich  ein  feinkörniger 
Zerfall  in  geringem  Grade. 

Herr  Martin  reiht  an  diese  Mittheilung  den  Bericht 
über  einen 

Fall  von  Lupus  hypertrophicus  vulvae 
an,  welchen  er  1859  im  Krankenhause  zu  Bremen  gesehen 
hatte,  dessen  Abbildung  in  dem  von  ihm  demnächst  heraus- 
zugebenden Handatlas  för  Gynäkologie  enthalten  sein  wird, 
und  dessen  Krankengeschichte  der  Director  des  genannten 
Krankenhauses,  Herr  Dr.  Lorent,  ihm  in  Folgenden  mit- 
zutheilen  die  Güte  hatte. 

Wittwe  iT.,  53  Jahre  alt,  wurde  am  21.  Juli  1859  mit 
einer  hypertrophischen  Afl'ection  der  Vulva,  welche  der  be- 
handelnde Arzt  för  Syphilis  erklärt  hatte,  in  das  Krankenhaus 
aufgenommen.  Patientin  hatte  neun  Mal  geboren,  das  letzte 
Mal  vor  17  Jahren;  die  Kinder  waren  gesund.  Seit  12  Jahren 
leidet  Patientin  an  Fluor  albus,  welcher  durcli  forcirten  Coitus 


für  Geburtsbülfe  in  Berlin.  351 

des  Mannes  entstanden  sein  soll.  Seit  zwei  Jahren  haben 
die  Menses  cessirt.  Der  Mann  der  Kranken  verstarb  vor 
sieben  Jahren  an  Beingeschwüren  und  Wassersucht.  In  den 
letzten  Jahren  seines  Lebens  vor  etwa  neun  Jahren  soll  der- 
selbe an  Tripper  und  Hodenentziindung  gelitten  haben. 

Bei  der  Patientin  fingen  vor  etwa  fünf  Jabren  die  Labien 
abzuschwellen,  wo  sich  zuerst  zwei  kleine  Wunden  gebildet 
haben  sollen.  Der  Arzt,  welcher  damals  consultirt  wurde, 
rieth  die  Aufnahme  in  das  Krankenhaus,  wozu  Patientin  sich 
nicht  entschliessen  konnte,  und  so  unterblieb  eine  ärztliche 
Behandlung.  Als  die  Menses  unregelmässig  zu  werden  an- 
fingen, bemerkte  Patientin  zuerst  eine  Anschwellung  der  linken 
Nymphe,  fn  den  letzten  Jahren,  als  die  Menses  ganz  aufhörten, 
schwoll  das  Labium  majus  dextnim  an.  In  dem  letzten  halben 
Jahre  bildete  sich  nach  unten  ein  Geschwür  und  eine  An- 
schwellung am.  After.  Vor  einem  Jahre  machte  Patientin  den 
Versuch,  die  linke  hypertrophische  Nymphe  mit  der  Scheere 
abzuschneiden,  es  blieb  aber  bei  einem  kleinien  Einschnitte 
am  oberen  Ende.  Diese  Angaben  basiren  auf  die  Aussagen 
der  Kranken  und  sind  wohl  nicht  ganz  genau. 

Das  Allgemeinbefinden  der  Kranken  war  bei  ihrer  Auf- 
nahme in  das  Kraukenhaus  im  Wesentlichen  nicht  gestört, 
doch  war  dieselbe  abgemagert  und  erschien  matronenhaft, ' 
im  Zustande  der  Decrepiditat.  Die  Cervical-  und  Cubitaldrusen 
waren  nicht  geschwollen,  die  Inguinaldrüsen  aber  etwas  ver- 
grössert.  Symptome  von  Syphilis  auf  der  äusseren  Haut  oder 
auf  den  äusseren  Schleimhäuten  des  Mundes  u.  s.  w.  fehlten  ganz. 

Das  wirkliche  Leiden  der  Vulva  stellte  sk^h  folgender- 
maassen  dar: 

Die  rechte  grosse  Schamlefze  war  bis  zu  Enteneigrösse 
geschwoDen  und  zumal  in  der  unteren  Hälfte  indurirt,  fühlte 
sich  uneben  und  hart  an.  Die  Färbung  der  Haut  war  dunkel- 
rotli,  in  der  unteren  Hälfte  in's  Violette ,  Bläuliche  üb^gehend, 
mit  einzelnen  duukelrothen  Streifen  und  Rhagaden.  An  der 
inneren  Fläche  dieser  Schamlefze  war  die  Haut  und  das 
subcutane  Bindegewebe  am  auffaUendsten  verdickt  und  fand 
sich  am  unleren  Ende  der  Labien  eine  knotenartige  derbe 
Anschwellung,  die  durch  einen  tiefen  Einschnitt  (Rhagade) 
von  dem  übrigen  Theile  des  Labium  geschieden  war.    Dieser 


352  XXV.    VerbAndlangen  der  Gesellschaft 

EiDsehniti  war  excoriirt  und  niit  einer  serösen  Absondemiig 
bedeckt   Die  rechte  Nymphe  fehlte  ganz  und  ging  das  Labkn 
nach  Ionen  mit  einem  scharfen  glatten  Rande  in  eine  DlceratioD 
über,   welche   mit   einer  wulstigen  wuchernden  Fläche   den 
Scheideneingang    ausfüllte.      Der    obere   Theil    der    gross» 
Schamlippe  und  das  Praeputiuin  clitoridis  war  verdickt  und 
die  Haut  derb,  infiltrirt,  doch  von  normaler  Färiinng.    Das 
Orifidum   uretbrae  war  unter  einer  ukerirten»   wuchemdeo 
und  wulstigen  Schleirobautflärhe  verborgen.    Die  linke  grosse 
Schamlefze   war   normal   und   klein,   weich  anzufuhloi.    Die 
linke  Nymphe  war  dagegen  beträchtlich  hypertrophirt,  indurirt, 
rdthlich,    violett  und  bläulich   gefaribt   und   hatte  zahfa^iche 
Einschnitte,  Rhagaden,  welche  ungleichförmige  Enikerbungen 
bildeten  und  der  Nymphe  ein  gelapptes  rissiges  Ansehen  gaben. 
In  der  Nähe  der  Clitoris  am  oberen  Ende  der  hyp^trophischeo 
Nymphe   befindet   sich   ein   Fistdgmig,    welcher   mit    einem 
glatten,   schleimhautähnlichen,  schwach  secemirenden  Epithd 
ausgekleidet   ist,    durch    die    ganze   Dicke    der   Nymphe   in 
schräger  Richtung  verläuft  und  auf  der  inneren  Fläche  der 
Nymphe  mündet    Letztere  Flädie  ist  weisstich,  scheint  früher 
ein  äbnlidies  secemirehdes  Epithel  gehabt  zu  haben  und  jetzt 
geheilt  zu  sein.    An  dem  unteren  Ende  des  kolbig  endenden, 
derben,   rechten  Labium  majus,    in  welchem  die  Ulceratimi 
des  Scheideneinganges  sich   hinein   erstreckt  und  welches  in 
das   durch  einen  scharfen  glatten  Rand   von  der  Ulceration 
des  Scheideneinganges  geschiedenen  Residuum  des  Frenulum 
labiorum  sich  verläuft,  geht  eme  secernirende  glatte  schleimbaut- 
ähnliche  Hautfiäche  nach  dem  Anus  zu.    Um  den  Anus  beöndet 
sich  eine  wallartige  indurirte  Wucherung,  von  rother  Färbung, 
mit  Einkerbungen  versehen,  welche  excoriirt  sind  und  secerniren. 
Dieser  Wulst  fühlt  sich  fest  an,  hat  fast  das  Aussehen  eines 
Prolapsus  ani  und  verschliesst  den  Anus.   Bei  der  Exploration 
desselben  überwindet  man  diesen  verstopfenden  Wall,   Gndet 
mühsam   hinter  demselben  das  Rectum  frei  und  in  der  Höhe 
den  Uteruskörper.    Die  Exploration  ist  schmerzhaft  und  ruft 
eine  kleine  Blutung  hervor. 

Bei  der  Exploration  der  Vagina  mit  dem  Finger  kann 
man  etwa  IV2  Zoll  eindringen,  der  Finger  triSt  dann  auf 
einen  festen  derben  Ring,  welcher  die  Scheide  verschliesst 


für  Geburtshfilfe  in  Berlin.  353 

Bei  der  Untersuchung  mit  einem  kleinen  und  bis  zu  geringer 
Tiefe  einzuführenden  Specuium  sieht  man  nui*  eine  rothe 
wuchernde  Ulcerattonsfiäche,  welche  das  Speculum  ausfüllt. 
Bei  der  zweiten  späteren  Untersuchung  sah  man  auch  den 
die  Scheide  rerschliessenden  Ring.  Diese  Untersuchung  ist 
schmerzhaft  und  ruft  eine  kleine  Blutung  hervor. 

Die  Diagnose  war  im  Anfange  zweifelhaft  Die  Affection 
sthnnite  nicht  mit  Syphilis  noch  mit  Carcinom  überein,  er- 
innerte einigermaassen  an  Elephantiasis  Arab.  Später  ward 
von  Prof.  Martin  dieselbe  als  Esthiom^ne  erkannt  und  stimmen 
die  Erscheinungen  ziemlich  genau  mit  der  nach  Quibourt 
und  Huguier  Ton  Eiwtsch  gegebeneu  Beschreibung  der 
Esthiom^ne  hyperthrophica  und  perforans  überein.  Lang- 
dauernde vernachlässigte  Blennorrhagie  schien  Causalmoment 
gewesen  zu  sein.  Anfangs  wurde  eine  Solutio  kalihydroj. 
c.  Jodin.  innerlich  und  eine  Jodsoiution  äusserlich  zu  Ueber- 
schlagen  angewandt  neben  guter  Diät  und  täglichen  Sitz- 
oder Vollbädern. 

Hi(»1>ei  nahm  das  Infiltrat  ab  und  die  bläuliche  Färbung 
mässigte  sich.  Prof.  Martin  rieth  später  den  Gebrauch  von 
Lohsitzbädern  und  die  Auflegung  einer  Salbe  mit  Extr.  ratanhiae 
an.  Indessen  letztere  konnte  nicht  an  alte  Stellen  hingebracht 
werden  und  machten  die  Lohbäder  eine  gewisse  unangenehme 
reizende  Empfindung,  waren  der  Kranken  sehr  unangenehm, 
so  dass  man  zu  dem  äusserlichen  Gebrauche  von  Jod  zurück- 
kehrte. Der  innerliche  Gebrauch  der  Jodmittel  war  nicht 
sistirt  worden.  Das  Infiltrat  des  rechten  grossen  Labium 
nahm  immer  mehr  ab,  die  linke  Nymphe  war  ganz  zusammen- 
gefallen und  schlaff,  die  Färbung  der  letzleren  war  ziemlich 
normal  geworden  und  das  rechte  Labium  majus  war  nur  noch 
in  dem  unteren  Theile  stärker  infiltrirt  und  gerötbet  (20.  Sept.). 
Die  Wucherung  ad  anum  blieb  ziemlich  unverändert,  secemirte 
ziemlich  stark  und  war  die  Excretio  alvi  der  Kranken  schmerz- 
haft. Am  27.  September  ward  diese  Wucherung  unter  der 
Chloroformwirkung  mit  dem  Ecraseor  abgetragen,  wobei  fast 
gar  keine  Blutung  stalthatte.  Die  mikroskopische  Untersuchung 
der  abgetragenen  Wucherung  ergab,  dass  dieselbe  ganz  und 
gar  aus  hypertrophischem  Bindegewebe  bestand.     Die  Wunde 


354  XXV.    Verbandlang^en  der  OeselUchaft 

heäte  ohne  besondere  Eiterung  und  verursachte  der  firaoken 
auch  wenig  Schmerz. 

Am  7.  October  ward  die  linke  Nymphe,  welche  ganz 
schlaff  geworden  war,  mit  dem  Bistouri  exstirpirt.  Eine 
spritzende  Arterie  in  dem  unteren  Ende  ward  unterbunden 
und  am  oberen  Ende,  wo  noch  Härten  und  Infiltrate  ach 
befanden,  ward  die  Blutung  durch  Ferr.  chloratum  und  kalte 
Fomente  bald  gestillt.  Die  Ulceration  im  Introitos  vs^nae 
hat  abgenommen,  insofern  als  die  Wucherungen  sich  ver* 
kleinerl  haben,  bei  der  Exploration  mit  dem  Finger  dringt 
dieser  schon  durch  die  früher  festgescblossene  Vagina  hin* 
durch.  —  Das  Allgemeinbefinden  der  Kranken  ist  ziemlich 
unverändert,  hat  sich  aber  wohl  etwas  gehoben. 

Die  Therapie  ist  dieselbe. 

Der  infiltrirte  glatte  scharfe  Rand,  welcher  die  fnfillraiion 
des  Scheideneinganges  nach  unten  abschliesst,  ist  durch  Auf- 
saugung immer  dünner  geworden  (17.  October  1859)  und 
sind  mehrere  OelTnungen  hineingekommen.  Dieser  Rand  wurde 
abgetragen,  er  fühlte  sich  beim  Schneiden  wie  knorpelig  an. 
Die  ulcerirende  Fläche  im  Scheideneingange  wurde  mit  dem 
modificirten  Aetzkalistift  betupft. 

Nach  einer  späteren  Miltheilung  des  Dr.  Lorent  ist  die 
Kranke  durch  wiederholte  Abtragung  und  Aelzung  geheilt 
worden. 


Sitzung  vom  9.  Juli  1861. 

Herr  L,  Mayer  spricht  Ober  eine 

Allmälig  zunehmende  Beckenenge  durch  Eutwickelung 

einer   fibrösen   Geschwulst   am    ersten   Sacral-   und 

letzten   Lendenwirbel.     Einleitung    der   Frühgeburt 

nach  Cohen's  Methode. 

Die  32  Jahre  alte  Frau  8.  in  Berlin  war  in  der  Kindheil 
gesimd,  ausser  an  Masern  nie  bettlägerig  krank.  IbreMepse« 
hatten  sich  im  18.  Jahre  mit  regelmässigem  Typus  von  vier 
Wochen  eingestellt,  dauerten  drei  bis  vier  Tage  und  waren 
den   ersten  Tag   mit  Schmerzen  im   Leibe   und   pressendem 


für  Gebnrtshülfe  in  Rerlin.  355 

GefuUe  nach  iinten  verbunden.  Im  26.  Jahre  heirathete  sie 
und  gebar  im  darauf  folgenden  Jahre  schwer,  aber  ebne 
Kunslhulfe,  ein  lebendes  Kind  unter  sehr  kräftigen,  25  Ständen 
(dauernden  Wehen.  Das  Puerperium  veriief  ohne  Störung. 
Die  Frau  verliess  den  vierten  Tag  das  Bett  und  nährte  ihr 
Kind  längere  Zeit.  Dreiviertel  Jahre  später  wurde  sie  zum 
zweiten  Mal  Gravida.  Hit  Ausnahme  eines  auffallend  aus* 
gedehnten  Leibes  in  den  letzten  Monaten  zeigten  sich  in  der 
Schwangerschaft  keine  Anomalien.  Die  Geburt  eines  ausser- 
ordentlich starken  Kindes  musste  dagegen  nach  vorauf- 
gegangener  Perforation  durch  zwölfstündige  Zangentractionen 
beendet  werden.  Im  Wochenbette  litt  Frau  S.  längere  Zeit 
an  heftigen  Kreuzschmerzen  und  Brennen  im  Rectum.  Die 
blutigen  Lochien  waren  spärlich,  eiterige  Secretionen  sehr 
profus  und  fortdauernd,  als  die  Frau  bereits  das  Wochenbett 
ohne  anderweitige  Anomalien  überstanden  hatte«  In  dieser 
Zeit  zog  sie,  der  sie  ängstigenden  Blennorrhoe  wegen,  meinen 
Bruder,  Dr.  A.  Mayer,  und  später,  nach  dessen  Erkrankung, 
mich  zu  Rathe. 

Als  Ausgangspunkt  der  Eiterung  fand  sieb  bei  der  blassen, 
henmtergekommenen  Frau  in  dem  oberen  Drittheil  des  linken 
hinteren  Scheidengewölbes  eine  Ober  6  Linien  lange  unregel- 
massige  Wunde,  mit  strahlig  zusammengezogener,  narbiger  Um- 
gebung und  glatten  Rändern.  Bei  näherer  Untersuchung  ergab 
sich  diese  als  FistelöfiTnung.  Eine  elastische  Sonde  konnte  durch 
diese  Fistelöffnung  in  der  Richtung  nach  unten  %  bis  1  Zoll 
in  einen  schmalen  Kanal  geschoben  werden,  welcher  zwischen 
Vagina  und  Rectum  verlief  und  blind  endigte.  Schräg  nach  oben 
gelangte  die  Sonde  in  einen  zweiten  Kanal  und  fand  etwa  %  Zoll 
hoch  Widerstand  an  einer  Geschwulst.  Diese  Geschwulst  sass 
auf  dem  ersten  Sacral-  uyd  letzten  Lendenwirbel  fest  und  ragte 
in  die  Beckenaperiur  hinein.  Sie  war  von  Knorpelconsistenz, 
hatte  einen  Querdurchmesser,  der  etwa  dem  Abstände  der 
beiden  Kreuzdarmbeinverbindungen  entsprach,  eine  rundliche 
Geslahung  mit  unregelmässigen  Hervorfagungen  und  weicheren, 
wie  sehnige  GebikJe  erscheinenden  Fortsätzen  in  die  Um- 
gebungen. Der  obere  Theil  des  hinteren  Scheidengewölbes 
war  an  diesen  Tumor  angelötliet,  ebenso  das  untere  hintere 
UterinsegmeDt     Die  Vaginalportion   stand  unbeweglich  nach 


356  XXV.     VerhfindlnngeD  der  Gesellschaft 

hinten  und  links.  Die  Muttermuiidsiippen,  besonders  die  Untere, 
waren  verkürzt  Das  Orificium,  eine  geöffnete  Qnerspaite, 
richtete  sieb  nach  unten.  Der  Uterus  hatte  eine  normale  Grösse, 
war  nicht  schmerzhaft,  der  Fundus  leicht  nach  vorn  vertirt. 
Im  Speculum  boten  Scheidenschleimbaut  wie  Mutterroands* 
lippen  ein  gesundes  Aussehen.  Das  Rectum  verlief  bis  nahe 
an  den  Tumor  in  gerader  Richtung,  wandte  sich  alsdann 
nach  links  um  denselben  nach  oben. 

Die  Frau  war  4'  10"  gross  und  bis  auf  eine  anbedeutende 
Abweichung  des  vierten  bis  siebenten  Röckenwirbels  nach 
rechts,  normal  gebaut.  Die  äussere  Conjugata  betrug  S"  2*. 
der  Abstand  der  Spinae  iliacae  superiores  11"  6"',  der 
Trodianteren  12"  9'".  Die  Conjugata  des  Reckeneinganges 
S"  8 — 9'",  die  schrägen  Durchmesser  Jederseits  beiläufig 
4 — 47/,  der  quere  etwa  4 — 5".  Mitliin  lag  ein  geringer 
Grad  von  allgemein  zu  engem  Recken  vor,  bei  welchem  die 
Conjugata  9 — 10'"  verkürzt  war. 

Wenn  das  Restehen  des  Tumor  vor  den  Entbindungen 
mit  absoluter  Sicherheil  nicht  abzuweisen  ist,  so  erscheint 
es  doch  mehr  als  wahrscheinlich,  dass  die  Zangenuperation, 
welche  bei  der  zweiten  Geburt  wegen  des  Miss  Verhältnisses 
zwischen  dem  ohnehin  allgemein  zu  engen  Recken  und  dem 
auffallend  starken  Kinde  nothwendig  wurde,  ausser  einer 
ScheidenzeiTeissung,  Quetschungen  des  Penosls  vom  ersten 
Sacral-  und  letzten  Lendenwirbel,  sowie  der  davor  Hegenden 
Weichtheile  herbeiführte,  und  dass  diese  der  Ausgangspunkt 
för  chronisch  enlzöndlicbe  Processe  wurden.  Es  folgte  eine 
proftise  Eiterung,  mit  Abfluss  aus  der  Scheidenwunde,  gleich- 
zeitig Organisationen  zu  Rindegewebe  und  Osteophyten  in  dem 
Entzöndungsheerde.  Der  so  gebildete  Tumor  wuchs  in  gleicher 
Weise  langsam  weiter,  wie  aus  der  .zunehmenden  Verkörzung 
der  Conjugata  mit  Sicherheit  zu  folgern  war.  Nach  Jahresfrist 
war  nämlich  diese  3"  6'"  und  wiederum  nach  einem  Jahre 
nur  noch  3"  4"^  lang.  Auffallend  war  dabei,  dass  Frau  8. 
ausser  der  erwähnten  profusen  Rlennorrboe  keine  Reschwerden 
hatte,  und  dass  wesentliche  Naelitheile  des  Tumor  nur  bei 
den  folgenden  Geburten  hervortraten. 

Die  dritte  Schwangerschaft  nahm  sieben  Monat  nach  der 
zweiten  Geburt  ihren  Anfang.    Etwa  in  der  Hälfte  derseUien 


für  GebnrtBhaife  in  Berlir.  357 

entstand  spontan,  seitlich  und  links  vom  Anus  eine  stark 
eiternde  Fistelöffnung,  welche  erst  nach  der  Entbindung  einer 
exacteren  Untersuchung  unterworfen  wurde,  da  die  Frau 
durch  diese  Fistel  keine  Störungen  in  ihrem  Wohlbefinden 
während  der  Schwangerschaft  boL 

Die  Einleitung  der  Frühgeburt  erschien  unter  den  ob- 
waltenden Verhältnissen  indicirt,  jedoch  willigte  Frau  S.  nicht 
in   dieselbe.    Wie  vorauszusehen,   war  die  Entbihdung  eines 
wiederum  sehr  starken,  ausgetragenen  Kindes  den  25.  Januar 
1860   ausserordentlich   schwierig.     Der  Kopf  hatte  sich  an 
diesem  Tage   nach   mehrstündiger   kräftiger  Wehenthätigkeit 
bei  etwa  3  ZoD  im  Durchmesser  geöffnetem  Muttermunde  und 
schlaffen  Huttermundslippen   in   erster  Hinterhauptslage  auf 
den   Beckeneingang  festgestellt,   dessen  Conjugata,   wie  dben 
erwälmt  jetzt  i"  6"'  lang  war.   Mein  Bruder  und  ich  operirten, 
in  der  Hoffnung,  mit  den  Zangenlöffeln  den  Kopf  zu  comprimiren 
und   unter  kräftigen  Tractionen  in  das  kleine  Becken  herab- 
zuführen, unausgesetzt  und  zwar  unter  Chloroformirung  eine 
Stunde.    Sodann  standen  wir  von  dem  fruchtlosen  Bemühen 
ab,   gönnten  der  Kreissenden  acht  Stunden  Buhe,  machten 
darauf,    nachdem    das   Kind   bereits   abgestorben   war,    die 
Perforation,   zerquetschten   den   Kopf  mit   dem  Kephalotrib 
und   entwickelten  unter  angestrengten  Tractionen  den  Kopf 
and   die   darauf  ebenfalls  Widerstand   leistenden   Schultern. 
Nach  der  Entbindung  klagte  die  Frau  über  heftige  Schmerzen 
im  Böcken  und  Hastdarm.    Des  anderen  Morgens  hatten  sich 
lebhaftes  Fieber,  Auftreibung  und  Empfindlichkeit  des  Leibes, 
Kopfschmerz,  belegte  Zunge,  Durst  eingestellt    Die  Scheiden«- 
wunde  fand  sich  nicht  vergi-össert,  aber  Geschwulst  und  Uterus 
sehr    schmerzhaft.     Unter   Darreichung   von   Mineralsäuren, 
Anwendung   von  Cataplasroen   und  lauen  Injectioncn  in  die 
Vagina  änderte  sich  bald  der  Zustand  zum  Besseren,  so  dass 
die  Frau   den  20.  Tag  ohne  Beschwerden   das  Bett  verliess 
und   alsbald  wieder  ihren   häuslichen   Beschäftigungen  nach- 
gehen  konnte.     Sie   wurde   indessen  durch  die  profnsesten 
eiterigen  serösen  Absonderungen  aus  der  erwähnten  äusseren 
Fistelöffnung   sehr  belästigt    Diese  Oeffnung  hatte  1%*^  im 
Durchmesser  und  war  1%"  ^om  Anus  in  schräger  Bichtung 
nach  unten  und  links  gelegen.    Eine  ly/'  dicke,  elastische 


358  XXV.    Vcrhnndlnn^en  der  Gesellschaft 

5W>ndo  in  dieselbe  eirigehracht,  drang  in  etwas  sdirager  Richtung 
nach  rechts  und  oben  in  einem  schmalen  Kanal  6  Zoll  hoch 
bis  gegen  das  Promontorium.  Blosgelegte  Knochenlheile  trar 
sie  nicht,  war  durch  das  Rectum  undeutlich,  durch  die 
Scheidenwandung  gar  nicht  zu  fühlen.  Beide  Fistelöffnungen, 
die  innere  und  die  äussere,  gehörten  communicirenden  Fistel- 
gSngen  an,  da  durch  die  äussere  Oeffnung  injicirle  Flüssig- 
keiten per  *vaginam  abflössen.  Die  äussere  eiterte  beständig 
stark,  während  sich  der  Vaginalabfhiss  mehr  und  mehr  minderte 
und  zwar  in  demselben  Verhältnisse,  als  die  Scheidenöfibung 
kleiner  wurde.  Nach  zweijährigem  Bestehen  hörte  er  sogar 
mit  völliger  Verheilung  der  inneren  Scheidenwunde  ganz  auf. 
Dabei  waren  die  Menses  mit  regelmässigem  Typus  ohne  Be- 
schwerden vier  Tage  dauernd  wiedergekehrt;  die  Verdaunngs- 
thätigkeit  war  ungestört,  Stuhlgang  regelmässig  und  trotz  des 
dicht  vor  dem  Rectum  verlaufenden  Fistelganges  schmerzlos. 
Die  Frau  hatte  gute  Kräfte  nnd  ein  gesundes  Aussehen*  Der 
Tumor  war  schmerzlos,  in  seiner  äusseren  Gestaltung  wie 
früher  in  der  Consistenz  erschien  er  härter,  war  tief«»'  in 
das  Scheidengewölbe  hinunter  und  weiter  in  die  Beckenapertur 
hineingewachsen.  Als  die  Frau  Mitte  April  1860  zum  vierten 
Mai  Gravida  wurde,  war  die  Conjugata  S"  4 — ö*".  Im 
dritten  Schwangerschaflsmonate  hatte  an  den  Schenkehi  und 
namentlich  an  den  grossen  Labien  bedeutende  Varicenbildung 
Platz  gegriffen.  Die  Messung  der  Conjugata  ergab  jetzt  eine 
FJnge  von  nicht  über  S"  4"\  Da  Frau  S,  dies  Mal  in  die 
Einleitung  der  Frühgeburt  willigte,  so  wurde  Anfang  des 
neunten  Scl^vangerschaflsmonats  den  16.  December  1860  die 
Operation  durch  laue  Wasserinjectionen  unternommen. 

An  diesem  Tage  fand  sich  der  Leib  gleichmässig  aus- 
gedehnt, nach  vorn  überhängend,  im  Umfange  vom  Process. 
spino8i\s  des  letzten  Lendenwirbels  ober  den  Häftbeiukararo 
zum  Nabel  jederseits  17  V/.  Der  Fundus  uteri  stand  3* 
oberhalb  des  Nabels.  Bewegungen  des  Fötus  waren  fühlbar. 
Der  Kopf  lag  beweglich  in  der  rechten  Bauchbälfle  oberhalb 
des  rechten  Arcus  pubis,  kleine  Theile  links  oben.  Der 
Fötalpuls  war  (140)  in  der  Mitte  des  Leibes  unterhalb  des 
Nabels  deutlich.  Die  Vaginalportion  stand  nach  hinten  nicht 
beweglich  an  der  Geschwulst.    Das  Scheidengewölbe  war  leer. 


Ar  Qebartsbülfe  tu  Berlin.  359 

Die  Coiiiugala  erschien  seit  der  leUien  Messung  niclil  mehr 
verkürzt,  d*  i.  3"  4!".  Die  Frau  erfreute  sich  vöUigeu  Wolil- 
befiadens. 

Um  11  Uhr  VormitUigs  wurde,  nachdem  Urin-  und  Stuhl-* 
enlleerungen  erfolgt  waren,  mittels  eines  elastischen  Rohres, 
welches  durch  einen  Gummischlaucb  mit  einer  graduirten 
Spritze  in  Verbindung  stand,  eine  Einspritzung  von  4  Unzen 
30  Grad  warmen  Wassers  zwischen  Eihäute  und  vordere 
Uterus  Wandung  gemacht,  der  Leib  wurde  dabei  stark  nach 
üben  gezogen.  Das  Rohr  konnte  leicht  4"  hoch  geschoben 
werden  und  entleerte  sich  die  angegebene  Wassermenge  bei 
gelindem  Drucke  unter  Erregung  eines  Geiuhls  von  aufsteigender 
Wärme,  das  sich  bis  zum  Fundus  erstreckte.  Das  zurück- 
fliessende  und  aufgefangene  Wasser  betrug  2  Unzen.  Schon 
»ach  10  Minuten  fand  sich  eine  merkliche  Auflockerung  der 
Scbeidenschleimhaut,  sowie  das  Oriticium  wenig  geöffnet 
Die  beginnende  Weheoüiätigkeit  deutete  sich  der  Frau  durcli 
periodisches  Ziehen  im  Leibe  an.  Alsbald  hatte  es  aufgehört, 
so  dass  3  Uhr  Nachmittags,  also  nach  vier  Stunden,  kein 
Fortschritt  der  Geburt  bemerklich  war.  Es  wurden  jetzt  in 
kurzen  Zwischenräumen  vier  Einspritzungen  von  je  4  Unzen 
gemacht^  von  denen  der  grösste  Theil  des  Wassers  zurückfloss, 
so  dass  nur  4 — 5  Unzen  zurückblieben.  Die  Frau  hatte 
dies  Mal  das  Gefühl  eines  eigenthümlicheu  Kribbeins  in  der 
Gegend  des  Fundus  uteri,  wiederum  periodisches  Ziehen  im 
Leibe,  das  IV4  Stunden  später  in  eine  regelmässige  Wehen- 
thätigkeit  von  5  zu  ö  Hinuten  überging.  Wiewold  diese  noch 
V4  Stunden  sisürte,  so  hatte  sie  dennoch  die  Oeffnung  des 
Orificium  achtgroschenstückgross  zur  Folge  gehabt. 

Eine  um  7  Uhr  Abends  wiederholte  Einspritzung  von 
7  Unzen  Wasser  bewirkte,  obgleich  letzteres  zum  gröbsten 
Theile  und  zwar  mit  Blut  gemischt  zurückfloss,  nach  5  Minuten 
ziemlich  kräftige  Weben  mit  3 — 5  Minuten  langen  Pausen. 
Nach  halbstündiger  Dauer  dei^selben  war  die  Fruchtblase 
wurstförmig,  Zoll  lang  aus  dem  thalergrossen  Muttermunde 
hervorgetreten.  Fortdauernde,  kräftige  Wehen  öffneten  letzteren 
bis  2Vs  Zoll  Durchmesser  und  drängten  die  Blase  bis  an 
i\ß^\\  Scheideneingang  binuutei*.  Die  Kreissende  befand  sich 
nzwischen  seit  einigen  Stunden   in   der  rechten   Seiteniage, 


360  ^XV-    VerhandluDgeti  der  Gesellschaft 

damit  eine  Selbstwendung  von  der  Querlage  auf  den  Kopf 
emiuglicht  würde.  Gleichzeitig  war  auliallend  ein  Druck  auf 
den  Kindeskopf  von  aussen  nach  dem  Beckeneingange  geQbt 
worden.    Trotzdem  halle  sich  die  Lage  nicht  geändert. 

Bei   den  vorliegenden  BeckenverliäUtniBsen  erschien  für 
Erhaltung   des   Kindes  die  Gebiitt  in   der   Kopflage  der 
einer  Fussgeburt   vorzuziehen,    weil    der   nachfolgende   Kopf 
hei  bestehendem  Missverhäilnisse  seiner  Durchmesser  mit  denen 
des  Beckeneinganges  und  bei  nothwendiger  Kunsthillfe,  wenn 
die   Nabelschnur    comprimirt  war,    möglicherweise    nicht   so 
schnell,   als  für  Erhaltung  des  Kindes  nöUiig,   durchgeführt 
werden  konnte.     Eine  Garantie,  ob  nach  spontanem  Blasen- 
sprunge die  Wendung  auf  den  Kopf  noch  möglich.  lM*.6tai]d 
nicht,  somit  war  es  ralhsam,  diese  bei  noch  stellender  Blase 
auszuführen.     Die  Kreissende   wurde   dabei   in   der  i^editen 
Seilenlage   belassen;   mit    der   leicht   zwischen  Eihäute   und 
vordere  Uleruswandung   gleitenden   linken   Hand    der   durch 
einen  Assistenten  von  aussen  entgegeugedrückte  Kopf  erfasse 
und  auf  den  Beckeneingang  gezogen,  indem  die  rechte  Hand 
die  linke  UterushdlRe  von  unten  nach  oben  schob,   um  auf 
den  Rumpf  des  Kindes   eine   die   Wendung   unterstützende 
Kraft  auszuüben.    Darauf  wurde  die  Blase  gesprengt.    Nachdem 
eine  reichliche  Menge  Fruchtwassers   abgeflossen,   blieb   der 
Kopf  in  zweiter  Hinterhauptsstellung  auf  dem  Beckeneingange 
und  wurde  nun,   da  sofort  nach  der  Operation  die  Wehen 
sistirten,    zur  Verhütung   des  Vorfalls    kleiner  Theile   durch 
Druck  von  aussen  auf  denselben  fixirt,  bis  nach  einer  halben 
Stunde  einige  ziemlich  krallige  Wehen  eintraten  und  der  K<q>f 
von  selbst  fest  stehen  blieb.   Hiernach  trat  eine  neunstündige 
völlige  Wehenpause   ein,    und   als   endlich   —   nachdem  in- 
zwischen verschiedene  Maassregeln  zur  Wehenerregung,  nämlich 
Frottiren  des  Leibes,  Bedecken  desselben  mit  heissen  Tüchern» 
Darreichung  kalten  Getränks  in  Anwendung  gebracht,  ionerlicb 
10  Gran  SecaL   com.   gegeben  waren,    den   17.   Decemfaer 
7  Uhr  Morgens   anfänglich   schwächere,   allmälig   kräftigere 
Wehen    sich    zeigten,    —    waren    es    partielle,    halbseitige 
Contraclionen    der   linken    oder   rechten    Uterushälfle.     Es 
wurde  ein  Infus,  radic.  ipecac.  verordnet,  Kalbfleischbntbe  und 
Weissbrod  gereiclit     Die  Wehen  normirten  sich  indessen  bis 


für  Gebnrtshalfe  in  ßerltn.  361 

il  Ulir  Morgen»  oidit,  so  dasa  am  dieM  Zeit  eine  betrfichilicbe 
Kopfge9cbwul»t  vorhanden,  der  Kopf  aber  nicht  weiter  herab- 
getreteo  war.  Von  11  Uhr  an  herrschte  wiederum  bis  9  Uhr 
Abends  völlige  Wehenpause.  Das  Befinden  der  Kreissenden 
war  dabei  vorü^efflich;  der  FölalpnJs  aber  in  den  letzten 
Stunden  langsamer  und  matter  geworden,  endlich  bis  auf 
80  Schlage  gefallen.  Dieser  Umstand  war  es,  welcher  die 
Indication  zur  Anlegung  der  Zange  um  9  Uhr  Abends,  also 
32  Stunden  nach  der  ersten  Inj.eclion  gab.  Die  Zangcnluffel 
glitten  zwar  ohne  grosse  Mühe  an  dem  Kopfe  vorbei,  von 
der  Beckenachse  nach  vorn  abweichend,  so  dass  die  Stiele 
ganz  nach  unten  gesenkt  wai'ea,  jedoch  stellte  sich  der 
weibliche  rechtwinklig  auf  den  queren,  der  raftnnlrche  ebenso 
auf  den  sdu^agen  Beckendurchmesser.  Trotz  vielfacher  Be- 
mühungen glückte  es  nicht,  die  Zange  zum  Schioss  zu  bringen, 
da  ohne  Gewalt  weder  der  weä)lidie  in  den  schrägen,  noch  der 
männliche  Löffel  in  den  queren  Beckendurchmesser  zu  bringen 
war.  Die  Ursache  hiervon  schien  darin  zu  liegen,  dass  der 
iBoere  Mottermund  noch  nicht  vöHig  verstrichen  und  das 
liinlere  untere  Ulerinsegmeat,  an  die  vorspringende  Geschwulst 
angelötliet,  von  unnachgiebiger  Rigidität  war.  Es  blieb  mcbts 
übrig,  als  von  der  Operation  abzustehen,  um  die  Mutter  nicht 
in  Gefahr  zu  bringen.  Diese  scUunuuerte  alsbald  ein,  er» 
WMshte  um  5  Uhr  Morgens  unter  heftigem  Schüttelfrost,  welchem 
fönfstündige  sdir  starke  Wehen  folgten.  Diese  förderten  10  Uhr 
Morgens,  also  47  Stunden  nach  der  ersten  Einspritzung,  ein 
todtes  Mädchen  an  das  Tageslicht,  zehn  Minuten  später  die 
Placenta.  Letztere  war  26 V^  Loth  schwer,  normal.  Das 
Kind  wog  3  Pfund  28  Loth,  war  gut  entwickdt,  seine  Schadel«- 
knochen  übereinander  geschoben,  die  rechte  GesichtshaUte 
Uau  geschwollen,  beide  Augen  aus  den  Höhlen  liervorgetreten, 
die  Ossa  parietalia  eingedrückt,  auf  dem  rechten  befand  sich 
ein  2V2  Zoll  hinges,  IVs  Zoll  hohes  Cephalaematom.  Der 
grosse  gerade  Kopfdurchmesser  hatte  eine  Länge  vbu  3  Zoll, 
der  kleine  gerade  von  2  Zoll  7  Linieu,  der  quere  3  Zoll  7  Linien, 
die  sehnigen  jederseits  3  Zoll  2  Linien. 

Die  Mutter  befand  sich  nach  der  Geburt  wohl,  ohne 
Schmerzen.  Das  Wochenbett  verlief  ohne  Störung,  nach  acht 
Tagen  kennte  die  Frau  bereits  das  Bett  verlassen,  und  erfreut 


362  X^V.     Verhandlungen  der  Gesellscliaft 

sieb  bis  Jieuie  der  besten  Gesuudheil  (Ende  April).  Die 
Menses  traien  schon  vierzehn  Tage  nach  der  Entbindiuig  ein, 
kelirten  vierwöchenüicb  ohne  Besehwerden  wieder.  An  der 
Beekengeschwukt  war  keine  weitere  Verminderung  eingetreten, 
auch  keine  Vergrossening  derselben  zu  conslaliren.  Die 
ausseife  Fisteloffuung  besteht,  die  Eiterung  aus  derselben  hat 
aber  in  den  letzten  Wochen  merklich  abgenommen. 

Herr  Ohhausen  hat  folgenden  ähnlichen  Fall  beobachtet: 
Fibröse  Geschwulst  im  kleinen  Becken.  Künstliche 
Frühgeburt. 

Frau  H^....,  33  Jahre  alt,  hatte  schon  yier  Mal  geboren. 
Die  erste  Geburt  (August  1850)  war  eine  Fröhgdiurt;  das 
Kind  starb  bald  nach  dei*  Geburt  In  den  beiden  anderen 
Geburteh  (Januar  1852  und  November  1853)  wurden  aus- 
getragene,  grosse,  lebende  Kinder  geboren.  Alle  drei  Geburten 
waren  leicht  und  verliefen  ohne  Kunsthälfe.  Die  vierte  Geburt 
im  December  1855  war  langwierig  und  schwer;  sie  dauerte 
angeblich  2Va  Tage;  nachdem  8 — 10  Stunden  lang  sehr 
kräftige  Wehen  gewirkt  hatten,  wurde  mit  der  Zange  ein 
grosser,  tqdter  Knabe  zur  Welt  befördert  Der  behandelnde 
Arzt  fand  damals  einen  fibrösen  Tumor  am  Becken  und 
schickte  die  Frau  in  ihrer  ffinfteii  Schwangerschaft  zum  Zweck 
der  künstlichen  Frühgeburt  in  die  hiesige  kdnigl.  Entbindungs- 
anstalt, mit  der  Angabe,  dass  die  Geschwulst  sich  seit  der 
letzten  Entbindung  noch  vergrössert  habe. 

In  dieser  fünften  Schwangerschaft  ergab  sich  am  21.  Juli 
1859  folgender  Befund:  Statur  nicht  klein,  ziemlich  krifUg; 
ausgebildeter  Hängebanch;  der  Fundus  uteri  eine  kleine  Hand 
breit  über  dem  Nabel;  kleine  Kindestheile  rechts  oben; 
Herztöne  links.  Bei  der  Exploratio  per  vaginam  stiess  man 
auf  eine  grosse,  höckerige  Geschwulst,  welche  ungefähr  in 
der  Mittellinie,  vor  der  hinteren  Wand  des  kleinen  Beckens 
gelegen,  die  Beckenhöhle  beträchtlich  beschränkte.  Sie  fällte 
die  Heilung  des  Kreuzbeins  nicht  nur  vollständig  aus,  sondern 
machte  die  hintere  Beckenwand  sogar  convex;  nach  den  Seite» 
hin  überragte  sie  die  Ränder  des  Kreuzbeins  um  V«^ — ^"y 
nach  oben  war  bei  Untersuchung  mit  der  halben  Hand  das 
Ende  der  Geschwulst  nicht  zu  erreiclien  und  eine  Verjüngung 


fHr  Gebnrtahülfe  in  Beiiln. 

mcbt  bemerkbar;  nach  abwärts  reichte  rie  bis  in  die  untereii 
Beckenrilume  hinab,  blieb  jedoch  Tom  Damme  noch  etwas 
entfunt.  Nach  vom  prominirte  ein  Knollen  der  Geschwulst 
derartig,  dass  seine  Entfernung  vom  unteren  Ende  der  Sdiam» 
fuge  (also  die  geburtshäMiche  Conjugata)  nur  2Vt"  betrug. 
Der  ganze  Tum(Mr  bestand  aus  einer  Anzahl  zusammenhängender 
Knollen,  baselnussgross  und  grösser;  die  einzelnen  KnoBen 
zeigten  eine  derbe  Consistenz ;  nur  einige  fohlten  sich  nahezu 
fluctoii*end  an.  Ein  Zusammenhang  mit  dem  Uterus  war  in 
keiner  Weise  nachzuweisen  und  nicht  wahrscheinlich,  denn, 
indem  die  Portio  vaginalis  trotz  des  vorhandenen  Hängebauches 
ganz  Tom  stand,  unmittelbar  hinter  und  aber  der  Schamfoge, 
konnte  die  Untersuchung  keine  Berahrung  der  Geschwulst 
und  des  unteren  Gebärmutterabschnitts  nachweisen;  diese 
Annahme  bestätigte  ^die  Untersuchung  per  anuro,  welche 
zeigte,  dass  die  Geschwulst  vollständig  hinter  dem  Rectum 
gelegen  war  und  mit  dem  Kreuzbeine  in  innigem  Zusammen- 
bange stand.  Das  Rectum  stieg  etwas  nach  rechts  von  der 
Miitellinie  vor  der  Geschwulst  in  die  Höhe,  war  also  bereits 
dislocirt. 

Man  fühlte  innerlich  den  Kopf,  hoch  und  weit  nach 
Tom  dber  den  Schambeinen,  voriiegen.  Eine  Messung  der 
Conjng.  diagonalis  liess  die  Geschwulst  nicht  zu;  die  äussere 
Beekenmessung  ergab  för  die  Conjog.  extern.  7"  10'";  Spin.  il. 
9"  6"'  und  Crist.  il.  10"  11",  liess  also  im  Verein  mit  ier 
Leichtigkeit  froherer  Geburten  auf  normale  Beckenweite 
schliessen.  Da  die  Menses  den  16.  und  17.  December  zum 
letzten  Male  erschienen  waren,  so  war  die  Geburt  gegen 
den  24.  September  zu  erwarten;  am  27.  Juli,  also  in  der 
32.  Schwangerschaftswoche,  wurde  ^e  künstliche  Frühgeburt 
instituiri.  Neun  Uhr  Abends  führte  Geh.  Rath  Martin  einen 
9"  langen,  dicken,  elastischen  Katheter  in  den  Uterus  ein, 
so  dass  nur  1"  aus  dem  Muttermunde  hervorragte.  Zwei 
Stunden  später  flössen  die  Wässer  ab ;  in  der  Nacht  und  am 
folgenden  Tage  traten  nur  wenige,  schwache  Wehen  auf; 
am  28.  Juli  4  Uhr  Nachmittags  ein  Schüttelfrost  von  einigen 
Minuten  Dauer;  7  Uhr  Abends  noch  öfteres  Frösteln.  Puls  der 
Mutter  120—130,  weich,  voU;  fötaler  Puls  190— 200  Schläge; 
11  Uhr  Abends  waren  die  Wehen  etwas  häufiger  geworden, 

MoaaUschr.  f.  Oeburtiik.   1861.  Bd.  XVIII  .  Hft.  5.  24 


364  XXV.    VerfaftndlimgeD  der  Oesellflchaf t' etc. 

aber  noch  immer  sehr  schwach.  Eio  nierklicher  ForCscbriU 
der  Geburt  war  um  diese  Zeit  noch  Dicht  vorbanden;  die 
Vagifl^portion  war  noch  nicht  verstrichen.  Die  Kreiasende 
klagte  um  diese  Zeit  ober  etwas  K<^web;  ihr  Gesicht  war 
stark  gerötfaet;  sie  verkannte  ihre  Umgebung;  stiUe  DeiirieD 
traten  ein.  Nach  allmajiger  Eröffnung  des  Muttermundes 
wurde  2  Uhr  Nachts  durch  zwei  kräftige  Treibwefaen  das  Kind 
in  Kopflage  geboren  (leider  ohne  genaue  Beobachtung  der 
letzen  Geburtsperioden).  Die  sehr  fette,  ein  Mal  locker  um 
den  Hals  geschlungene  Nabelschnur  war  pulslos  und  alle 
Belebuttgsversuclie  blieben  erfolglos.  Die  Grösse  entspradi 
<}em  muthmaasslichen  Aller  der  Frucht;  die  Kopfkooehen 
waren  bereits  sehr  fest.  Kopfgeschwulst  fehlte  voUstandig. 
Die  Wöchnerin  zeigte  sich  gleich  nach  der  Geburt  vollständig 
besinnlich.  Am  ersten  Tage  des  Wochenbettes,  den  29.  Juli 
Abends,  war  der  Puls  104;  Temperatur  38,2^;  am  folgenden 
T^ge  Puls  90;  Temperatur  37,9  ^  Der  Leib  war  bisher  völlig 
schmerzlos  gewesen.  In  der  Nacht  zun)  31.  Juli  trat  ein 
Frostaofall  und  Schmerzen  im  Leibe  ein;  die  Temperatur  (in 
der  Achselhöhle  und  Abends  gemessen)  stieg  an  den  nun 
folgenden  Tagen  auf  87,5^;  38,9«;  89,7  ^  40«;  dabei  ei^ 
reichte  die  Pulsfrequenz  nur  108  Schläge.  Der  ganze  Leib 
wurde  sehr  empfindlich;  Tympanitis  stellte  sMh  ein.  Nach 
Applicalion  von  12  Blutegeln  verschwanden  jedoch  die  Schmerzen 
und  alle  anderen  Krankheitserscheinungen  sehr  rasch,  so  dass 
die  Wöchnerin  am  16.  Tage  des  Wochenbettes  (den  13.  Juli) 
gesund  entlassen  wurde. 

Die  Vaginalportion  hatte  jetzt  noch  denselben  Stand  wie 
vor  der  Entbindung,  dicht  hinter  und  aber  der  Schamfuge. 
Diese  Dislocation  des  Uterus  lässt  vermuthen,  dass  die  Ge^ 
schwulst  sieb  bis  vor  die  Lendenwii*belsäule  hinaaf  erstreckt 
und  so  den  ganzen  Uterus  nach  vorn  drängt.  Einzelne  Knollen 
der  Geschwulst  waren  bei  der  jetzigen  Untersuchung  gegen 
Druck  en^findlicb,   was  früher  nicht  der  Fall  gewesen  war. 


XXVI.    ^i{f0r,  36.  VersRintii).  deutscher  Naturforscher  etc.     365 

XXVI. 

Sechsunddreissigfite    yersammlnng    deutscher 

Naturforscher  und  Aerzte  in  Speier 

im  Jahre  1861. 

Verhandlungen  der  Öection  für  Gynäkologie. 

Mitgretbeilt 

Yon 

Dr.  V.  HAter. 
Erste  Sitzung,  am  18.  September  10  Uhr  Vormittags. 

Als  Präsident  der  heutigen  Sitzung  wird  Herr  Geh.  Ratb 
Prof.  Dr.  BetBcU&r  aus  Breslau  und  als  ständiger  Secretär 
Dr.  V.  Hvter  aus  Marburg  erwählt.  Der  Herr  Präsident 
erklärt  die  Sitzung  eröffnet  und  beantragt,  dass  jeder  Vortrag 
nicht  über  V4  Stunde  dauern  dürfe  und  frei  gehalten  werden 
mässe.    Beides  wird  ?on  der  Versammlung  gebilligt. 

Herr  Dr.  Kuby  aus  Preinsbeim  hält  darauf  den  an- 
gekÄudigten  Vortrag: 

lieber  prficipitirte  Geburten*  Tom   Standpunkte 
der  gericbtlichen  Medicin. 

Er  referirt  zunächst  über  folgende  zwei  Geburtsfölle. 

Vor  einigen  Jahren  wurde  ein  18  Jahre  altes  Mädchen 
wegen  fahrlässiger  Tödtung  ihres  neugeborenen  Kindes  zu  zwei 
Jahren  Zuchthausstrafe  verurlheilt.  Die  Person  hatte  Scbwanger- 
Schaft  und  Geburt  verheimlicht.  Eine  auf  dem  Kircbhofe  eines 
benachbarten  Dorff.s  aufgefundene  Kindesleiche  erweckte  den 
Verdacht,  dass  die  betreffende  Person  geboren  haben  und  die 
Mörderin  ihres  eigenen  Kindes  sein  könne.  Als  das  Erstere 
durch  die  ärztliche  Untersuchung  festgestellt  war,  gestand 
auch  die  Person,  dass  sie  kilrzlich  geboren  habe  und  erkannte 
die  betref1\snde  Kindesleichc  als  die  ihres  eigenen  Kindes  an. 
An  dem  rechten  Seiten wandbeine  des  Kindes,  welches  gelebt 
hatte,  fand  sich  eine  Fractur  mit  Impression  des  Knochens. 
Es  wurde  deshalb  angenommen,  die  Angeklagte  habe  ihr  Kind 
durch  Schlagen  mit  einem  stumpfen  und  kantigen  Instrumente 
getödtet.    Dieselbe  behauptete   aber,  das  Kind   sei,   während 

24* 


366     XXVI.  Hüter  f  36,VerBammhiag  deutscher  Natarforsohftr 

sie  in  aufrechter  Stellung  an  ihrem  Waschtische  sich  stützte, 
von  ihr  geschossen,  ohne  dass  sie  daran  schon  gedacht  habe. 
Es  sei  dabei  wahrscheinlich  mit  dem  Kopfe  an  die  scharfe 
Kante  des  Tisches  gestossen ,  and  daher  die  Verletzung  und 
der  Tod  desselben. 

Em  Jahr  später  ereignete  sich  ein  ähnlicher  Fall,  nur  mit 
glücklicherem  Ausgange  und  unter  etwas  anderen  Verhältnissen. 
Die  1574  Jahre  alte  Frau  C,  sah  dem  finde  ihrer  ersten 
Schwangerschaft,  welche  regelmässig  verlaufen  war,  entgegen. 
Am  20.  Januar  10  Uhr  Vormittags  traf  Dr.  K.,  als  er  die 
kranke  Mutter  der  jungen  Frau  besuchen  wollte,  diese  im 
Wohnzimmer  stehend  und  erhielt  auf  die  oberflächliche  Frage: 
„Wie  geht  es  Ihnen?"  die  Antwort:  „Gut,  ich  habe  nur  ein 
bischen  Kreuzweb.''  Kaum  war  Dr.  K,  in  das  anstossende 
Schlafzimmer  der  Mutter  getreten  und  hatte  einige  Worte  aq 
diese  gerichtet,  als  ein  ängstlicher  Aufschrei  der  Magd  ihn 
rasch  in  das  Wohnzimmer  zurückrief.  Dort  sah  er  die  jotige 
Frau  inmitten  der  Stube  aufrecht  stehen,  und  vor  ihr  auf 
dem  Boden  kauerte  die  Magd,  beschäftigt,  das  dem  Sqhooss^ 
der  jungen  Frau  im  Stehen  entstürzte  Kind  in  ihre  Schürze 
zu  raffen.  Nachdem  Dr.  K.  rasch  die  Frau  in  ein  Bet^ 
gebracht,  wendete  er  sich  zu  dem  Kinde,  welches  regelmässig 
gebildet  war,  lebhaft  schrie  und  keinerlei  Beschädigung  zeigte. 
Die  Nabelschnur  des  Kindes  war  zwei  Zoll  vom  Nabel  ab- 
gerissen, die  Unterbindung  des  Nabelschnurrestes  wurde  daher 
sofort  besorgt.  Der  Blutverlust  bei  der  Mutter  war  gering. 
Zehn  Minuten  nach  der  Geburt  des  Kindes  konnte  die  Nach- 
geburt leicht  entfernt  werden.  Eine  Viertelstunde  nach  der 
Geburt  ^  trat  ein  massiger  Schüttelfrost  ein ,  welcher  zwei 
Stunden  anhielt  Am  Abend  desselben  Tages  fand  Dr.  K. 
Kind  und  Mutter  wohl.  Letztere  empfand  etwas  Nachweheo. 
Das  Wochenbett  verlief  sehr  günstig. 

Dr.  K.  stellt  darauf  den  zweiten  Geburtsfall  wegen  seines 
rapiden  Verlaufs  und  besonders  weil  er  bei 'einer  so  jugend- 
lichen Erstgebärenden  beobachtet  wurde,  als  ein  geburts- 
hülfliches  Curiosum  hin.  Glonische  Uteruskrämpfe,  wekjie 
als  die  Bedingungen  zu  präcipitirten  Geburten  gelten  und  von 
Wigand  genau  beschrieben  werden,  waren  in  diesem  FaUe 
durchaus  nicht  vorhanden. 


und  Aerete  in  Speier  im  Jahre  1861.  367 

In  gericbtsSrztlicber  Beziehung  hält  Dr.  K,  den  zweiten 
Geburtsfiill  für  bedeutend  wiehtiger.    Denn  von  den  Scbrift- 
'stellern  war  es  bisher  als  möglich  angenommen  worden,  dass 
l>ei  präcipitirten  Gebarten   das  Kind  mit  dem  Kopfe  voraus 
aas  den  Geschlechtstheilen  stürzen,  beschädigt  und  tödtlich 
verletzt  werden  könne,  aber  in  solchen  Fällen  war  nie  ein 
Arzt  zagegen   gewesen,   sondern  der  Thatbestand  war  stets 
von   mehr   oder   minder   unerfahrenen  Personen   festgestellt 
worden.    Die  allgemeine  Annahme,  dass  eine  Kreissende  auch 
in  aufrechter  Stellung  von  dem  letzten  Acte  der  Geburt  über- 
rascht werden  und  das  Kind  dabei  aus  ihren  Geschlechtstheilen 
hervorstörzen   könne,    ist   von   Hohl   entschieden   bestritten 
worden.     Gegen   die  Ansicht  dieses  Schriftstellers   sprechen 
aber   die   von    CoBper  mitgetheilten    Fälle   von   plötzlichem 
Gebaren    in    aufrechter   Stellung.     Nämlich    1)   wurde    eine 
heimlich  schwangere  Dienstmagd,  welche  mit  einem  schweren 
Korb  bdaden  zur  Seite  ihrer  Dienstfrau  auf  der  hart  gefrorenen 
Strasse  ging,  Angesichts  derselben  von  der  Geburt  überrascht, 
und  das  Kind  schoss  in  stehender  Stellung  von  ihr.    2)  Gebar 
eine  erstgebärende  Fabrikarbeiterin  stehend  in  Gegenwart  einer 
Mitarbeiterin    zugleich   Kind    und   Mutterkuchen.     3)  Wurde 
eine  Criminalgefangene  unter  den  Augen  ihrer  Mitgefangenen 
vorzeitig   in   stehender  Stellung  von  einem  Kinde  entbunden, 
das    ihr   hervorschoss,   ehe    noch   der  im   Hause  wohnende 
Chirurg  herbeikommen  konnte.     4)  Wurde  eine  verheirathete 
Dame  in  ihrer  dritten  Schwangerschaft  am  Ofen  stehend  und 
in  Gegenwart  ihrer  Mutter   von   der   Geburt  so   überrascht, 
dass  das  Kind   auf  den  Teppich  stürzte.     Ausserdem  erzählt 
Claugh  (The  medical  Times  and  Gazette,  Febr.  1857),  dass 
er  zu  einer  verheiratheten  Erstgebärenden  gerufen  wurde  und 
bei  seiner  Ankunft  erfuhr,  dass  dieselbe  um  7  Uhr  Morgens 
etwas    Schmerz   ver^ürt   hatte,    der   ihr  jedoch   nicht   wie 
Wehensohmerz  voriuun.   Kurze  Zeit  später  war  sie  aufgestanden, 
da  sie  das  Gefühl  empfand,  zu  Stuhl  zu  gehen.    Während 
sie  sich  ein  wenig  anstrengte,  fühlte  sie  einen  stark  pressendän 
Schmerz  und  im  nächsten  Augenblick  lag  das  Kind  auf  dem 
Boden.    Eine  halbe   Stunde  später  fand  Dr.   Cl.  Kind   urid 
Mutter  im  besten  Wohlsein.    Letztere  hatte  nur  einen  ziemlich 
betrftohtlicben  Blutverlust  nach  Abgang^  der  Nachgeburt  gehabt. 


368    XXVI.    Huter,  36.  Versammlung  deutscher  Naturforscher 

Wenn  nun  eine  in  sorgfaltiger  Pflege  stehende  Frau 
—  was  bei  der  Frau,  an  welcher  Dr.  K.  seine  zweite 
Beobachtung  machte,  der  FdU  war  —  im  St^en  von  der 
Geburt  des  Kindes  überrascht  werden  iiann,  so  glaubt  Dr.  K^ 
dass  man  die  Möglichkeit  eines  ähnUchen  Voiigangs  bei 
heimUch  Gebärenden  noch  viel  eher  zugeben  könne.  WH 
man  den  von  Caaper  und  Clough  mitgetheilten  Fällen  keine 
absolute  Beweiskraft  für  das  wirkliche  Vorkommen  von 
präcipitirten  Geburten  in  stehender  Stellung  beimessen,  weil 
dieselben  durch  nicht  gehörig  qualificirte  Personen  beobachtet 
wurden,  so  fallt  dies  Bedenken  ii!  dem  von  Dr.  K.  mit* 
getheillen  Fall  ganz  weg  und  dieser  constatirt  mit  Gewissheit 
das  Vorkommen  von  Geburten  in  aufrechter  Stellung 
ohne  objectiy  wahrnehmbare  Vorbereitung  des  weib* 
liehen  Körpers  zum  bevorstehenden  GeburtsacL 

Herr  Hedicinalrath  Prof.  Dr.  Hayn  aus  Königsberg 
referirt  hierauf  einen  Geburtsfall,  in  welchem  bei  einer  Person, 
welche  auf  dem  Bette  sass,  unmittelbar,  nachdem  sie  die  an 
sie  gerichtete  Frage,  ob  sie  Wehen  habe,  vernemt  hatte,  der 
Kopf  des  Kindes  durch  die  Schamspalte  sdinitL 

Herr  Prof.  Dr.  Hecker  aus  Manchen,  hat  etwa  12  Fälle 
von  präcipitirter  Geburt  beobachtet;  in  dreien  dieser  Fälle 
gebaren  die  Personen  im  Stehen.  In  gerichtsarztlicber  Be* 
Ziehung  hebt  Prof.  H,  hervor,  dass  nur  in  den  seltensten 
Fällen  ein  Partus  praecipitatus  für  Mutter  oder  Kind  einen 
uachtbeiligen  Ausgang  habe,  bi  einem  Falle  fiel  ein  Kind 
bei  Partus  präcipitatus  auf  den  sandigen  Fussboden  und  trug 
wahrscheinlich  in  Folge  dessen  dn  Kephalaematom  auf  dem 
rechten  Scheitelbeine  davon.  In  einem  anderen  Falle  glaubt 
Prof.  H.y  dass  eine  kleine  Schädelfissur  dmrch  den  Sturz  des 
Kindes  auf  den  Fussboden  erzeugt  worden  sei.  Metrorrhagien 
hat  Prof.  H.  bei  präcipitirten  Geburten  niemals  gefunden. 
Mehrmals  kamen  Zerreissungen  der  Nabelschnur  vor;  in  einigen 
Fällen  fanden  auch  Blutungen  aus  der  zerrissenen  Nabelschnur 
statt,  waren  aber  nicht  erheblich. 

Herr  Geh.  Hofrath  Prof.  Dr.  Lange  aus  Heiddberg  hatte 
Gelegenheit,  in  Prag  zahlreiche  Erfahrungen  über  sogeaaante 
Gassengeburten,  d.  h.  Geburten,  welche  auf  dem  Wege  zum 
Gebärhause  vorfielen,  zu  sammebi.   Bei  keiner  dieser  Geborteii 


mid  Aerite  in  Speier  Im  Jahre  1861.  369 

ereignete  sich  ein  nachtheiliger  Ausgang  Ar  Mutter  oder 
Kind.  Nabelschnurzerreissungen  kamen  dabei  niemals  vor.  In 
einem  Falle,  in  welchem  eine  Gebärende  im  Zimmer  umher- 
ging, schickte  sich  Prof.  L.  zum  Untersuchen  an.  Kaum 
hatte  er  aber  die  Genitalien  mit  dem  Zeigefinger  berührt,  so 
sprang  die  Blase  und  sofort  wurde  das  Kind  ausgestossen 
und  wäre  beinahe  auf  den  Fussboden  gefallen.  Die  Frau 
befand  sich  dabei  in  aufrechter  Stellung.  In  diesem  Falle 
trat  auch  eine  Metrorrhagie  ein. 

Herr  Prof.  Sjnegelberg  aus  Freiburg  referirt  hierauf,  dass 
eine  gebärende  Frau  aus  einem  Zimmer  in  das  anstossende 
andere  Zimmer  ging,  in  diesem  der  Blasensprung  alsbald  eintrat 
ond  Kind  und  Nachgeburt  sogleich  geboren  wurde,  während  die 
Gebärende  an  der  Wand  stand.  In  einem  zweiten  Falle  ging 
eine  Gebärende  heimlich  auf  den  Abtritt,  wohin  ihr  Prof.  S.y 
nachdem  er  es  erfahren  hatte,  nachfolgte.  Auf  dem  Abtritte 
fand  er  die  Gebärende  an  dem  Fussboden  und  das  Kind  sammt 
der  Nachgeburt  zwischen  den  Schenkeln  derselben  liegen. 
Eine  Metrorrhagie  trat  nicht  ein,  doch  befand  sich  die  Ent- 
bundene in  einem  sehr  erschöpften  Zustande. 

Herr  Prof.  Hecker  hält  es  für  möglich,  dass  bei  prä- 
cipitirten  Geburten  der  Eintritt  von  atmosphärischer  Luft  in 
die  Venen  des  Uterus  stattfinden  könne.  Zu  dieser  Annahme 
hat  ihn  ein  Fall  berechtigt,  in  welchem  eine  Frau  unmittelbar 
darauf,  nachdem  sie  von  einem  macerirten  und  schon  theil- 
weise  in  Fäulniss  übergegangenen  Kinde  mittels  der  Zange 
entbunden  war,  plötzlich  starb.  Die  Section  der  Leiche  der 
Mutter  wies  eine  bestimmte  Todesursache  nicht  nach. 

Herr  Prof.  Dr.  Schwartz  aus  Marburg  glaubt,  dass  in 
dem  letzterwähnten  Falle  in  Folge  des  Macerations-  und  des 
danach  eingetretenen  Fäulnissprocesses  eine  Entwickelung  von 
Gasen  im  Uterus  stattgehabt  haben,  und  auf  diese  Weise  der 
Lufleiotritt  in  die  Uterinvenen  leichter  erklärt  werden  könne. 

Dr.  C\  Hüter  aus  Marburg  hält  den  Eintritt  von  Luft 
io  die  Veneii  des  Uterus  für  un wahrscheinlich,  weil  eine 
8<Mie  Erscheinung  bis  jetzt  nur  an  den  am  Halse  gelegenen 
Venen,  deren  Wandungen  an  ihrer  Umgebung  fest  adhäriren 
und    weiche    unter    dem   Einflüsse   der   Respiration    stehen, 


370     XXVI.  J?fil«r,  Se.Versaiuiwluiig  dentacherNaturforacher 

beobachtet  worden  ist,  die   genannten  Bedingungen  aber  an 
den  Venen  des  Uterus  gänzlich  mangehi. 

Der  Herr  Präsident  stellt  darauf  als  Ergebniss  der  eben 
stattgehabten  Discussion  fest:  Die  präcipitirten  Geburten  bei 
aufrechter  Stellung  der  Gebärenden  sind  als  erwiesen  zu 
betrachten,  Verletzungen  der  Neugeborenen  kommen  bei  prä- 
cipitirten Geburten  selten  vor  und  noch  seltener  entstehen 
nachtheilige  Folgen  für  die  Gebärenden. 

Dr.  V.  Hüter  aus  Harburg  hält  darauf  den  angekündigten 
Vortrag: 

Beobachtungen  über  den  Fötalpuls. 

Bei  Hohl,  Stoltz,  Cazeaux,  Kilian  und  Kiwiscb 
findet  sich  die  Angabe,  dass  eine  bedeutend  vermehrte  Frequenx 
des  Fötalpulses,  deren  Ursache  nicht  in  Fruchtbewegungen 
liegt,  unter  der  Geburt  vorkommt  und  hierdurch  eine  grosse 
Gefahr  für  das  Kind  bekundet  wird.  Dr.  H.  bestätigt  diese 
Thatsache  vollkommen,  hält  sich  aber,  auf  Beobachtungeo 
gestützt,  für  berechtigt,  in  ätiologischer  Beziehung  einen 
dreifachen  Unterschied  anzunehmen. 

Es  sind  nämlich  1)  fieberhafte  Erkrankungen  der 
Schwangeren,  welche  die  Frequenz  des  Fötalpulses  dauernd 
\ermehren.  Es  vvird  dies  von  vielen  Schriftstellern  gelängnet, 
besonders  geschieht  es  von  Nägele^  indem  er  sagt,  dass 
weder  Pneumonie,  Pleuritis  noch  Lungentuberculose  der  Mutter 
den  Fötalpuls  ändert.  Auch  Frankenhäuser  sagte  neuerdings, 
dass  der  Fötalpuls  durch  Krankheiten  der  Mutter  nicht  ver- 
ändert werde.  Trotzdem  sprechen  doch  einige  Fälle,  welche 
Dr.  JET.  in  der  Literatur  zerstreut  fand ,  für  seine  Behauptung. 
Kennedy  erwähnt  nämlich  einen  Fall  von  Pleuritis  einer 
Gebärenden,  in  welchem  der  Fötalpuls  auf  180  Schläge  in 
der  Minute  stieg  und .  einen  zweiten  Fall  von  Siiffocation 
einer  Schwangeren,  in  welchem  der  Fötalpuls  200  Schläge 
in  der  Minute  hatte.  Einen  dritten  Fall  fand  Dr.  H.  bei 
Bouiüaud.  Bei  einer  Schwangeren,  welche  von  Pneumonie 
befallen  wurde,  stieg  der  Fötalpuls  auf  170  Schläge  in  der 
Minute.  Dr.  H.  selbst  beobachtete  bei  einer  Schwangeren, 
welche  an  Lungentuberculose,  bei  einer  zweiten,  welche  an 
Pleuritis  litt,  bei  einer  dritten,  welche  vor  Eintritt  dar  Geburt 


DDd  Abrate  in  Speier  im  Jahre  1861.  371 

an  «iner  heftigen  Metroperitonitis  erkrankte,  bei  einer  vierten, 
welcbe  von  Pneiunonie  befallen  wurde,  und  bei  einer  fünften, 
welche  ohne  nachweisbare  Localerkrankung  unter  der  fiebuit 
heftig  fieberte,  eine  erheblich  gestmgerte  Frequenz  des  Fötal- 
polses.  Er  zäUte  nämheh  in  diesen  Fällen  13,  14  und 
15  Schläge  des  Fötalpulses  in  5  Secnnden.  Diese  Art,  den 
Fötalpuls  innerhalb  5  Secunden  su  zählen,  welche  von  SchwariB 
herrührt,  hat  Dr.  H.  ffir  sehr  zweckmässig  gefunden'.  Zum 
besseren  Verständniss  der  angegebenen  Zahlen  hält  es  Dr.  H. 
für  nothwendig,  hier  einzuschalten,  dass  die  normale  Frequenz 
des  Fötalpalses 
bei  10  Procent  Schwangeren  12  Schläge  in  5  Secunden 

„    oo         „  „  11         „         „    O  „ 

»         •  «  »>  1^  w  w     «^  >i 

beträgt 

Fiebernde  Schwangere,  bei  welchen  der  Fölalpuls  seine 
normale  Frequenz  beibehielt,  beobachtete  Dr.  H.  nicht,  und 
gtaubt  deshalb  es  als  erwiesen  betrachten  zu  dürfen,  dass 
die  fötale  Herzaction  immer  bei  fieberhaften  Zuständen  der 
Schwangeren  gesteigert  wird.  WArde  der  fötale  Kreislauf  seine 
gewöhnliche  Schnelligkeit  behalten,  während  das  Blut  der 
fiebernden  Mutter  in  schnellerem  Strome  die  Chorionzotten 
umspült,  so  könnte  der  wechselseitige  Austausch  zwischen  dem 
fötalen  und  dem  mütterlichen  Blute  nur  unvollkommen  vor  sich 
gehen,  und  es  würde  somit  dem  Kinde  ein  Blut,  welches  ein 
ungenügendes  Ernährungsmaterial   enthält,   zugeführt  werden. 

2)  Es  sind  Erkrankungen  der  Frucht  im  Uterus,  welche 
eine  dauernde  Steigerung  des  Fötalpulses  hervorzurufen  ver- 
mögen. Die  erste  hierhergehörige  Beobachtung  findet  sich 
bei  Hohl.  Eine  Schwangere  erkrankte  an  Pocken.  In  dem 
Stadium  exsiccationis  trat  die  Geburt  ein,  während  weicher 
man  310  einfache  Schläge  in  der  Minute  zählte.  Vorher 
waren  nur  260  einfache  Sehläge  in  demselben  Zeiträume  gehört 
worden.  Sechs  Stunden  nach  der  Geburt  trat  auf  der  Haut 
des  Kindes,  weldies  nicht  lange  lebte,  eine  Eruption  von 
Pocken  hervor.  Den  zweiten  Fall,  welcher  die  obige  Be- 
hauptung stützt,  üEoid  Dr.  H,  bei  DepauL  Derselbe  zählte 
constant  bei  einer  Geburt  210  Doppelschläge.  Das  geborene 
Kind  starb  wenige  Stunden   nach  der  Geburt   und   deshalb 


372     ^^  ^  '  •   Htttor ,  86.  Verstunniluiig  deutscher  Nfttiirfo  raeher 

ist  «JÖe  Erkrankung  des  Kindes  mit  Gewissheit  anzuaehineD. 
Der  Sectionsbefuod  ist  nicht  angegeben.  Den  dritten  hierher- 
gehörigen Fall  beobachliete  Dr.  H.  seihst.  Er  zählte  bei  einer 
Geburt  beständig  15  Schläge  des  Fötalpulses  in  5  Secunden. 
Das  asphyctisch  geborane  Kind  wurde  wieder  belebt,  starb 
9ber  14  Stunden  nach  der  Geburt  Die  Sectien  wies  eioe 
fötale  Pneumonie  desselben  nach. 

3)*  Kommt  bei  lange  dauernden  Geburten  eine  Steigening 
dei*  Frequenz  des  F&taJpulses  zu  Stande.  Dr.  H,  hat  drei 
hierhergehörige  Beobachtungen  gemacht,  in  welchen  die  Ge- 
burtsverzögerung durch  Beckenenge  veranlasst  war  raid  alle 
drei  Kinder  Sterbend  zur  Welt  kamen.  Das  Entstehen  der 
in  solchen  Fällen  vermehrten  Frequenz  des  Fötalpulses  glaubt 
Dr.  H.  auf  folgende  Weise  erklären  zu  können.  Bei  den 
Kindern  y  welche  durch  die  lange  Geburtsdauer  bald  in  «nen 
holderen,  bald  in  einen  niederen  Grad  von  Asphyxie  versetzt 
werden,  wird  das  Athembedürfniss  rege,  und  wenn  durch  die 
Genitaiieo  etwas  Luft  zu  dem  Munde  des  Kindes  eindriDgen 
kann,  so  vermag  das  Kind  in  dem  Uterus  zu  respiriren.  Da 
aber  die  Luft  nur  in  ungenügender  Quantität  in  den  Uterus 
gelangen  kann,  so  ist  das  Kind  gezwungen,  seine  Respirationen 
mit  grosser  Anstrengung  und  Häufigkeit  auszuführen  und  dabei 
muss  eine  gesteigerte  Herzaction  des  Kindes  stattfindea 

Dr.  H.  macht  schliesslich  darauf  aufmerksam,  dass  der 
Inhalt  dieses  Vortrags  als  Abschnitt  einer  grösseren  Abhandhing 
über  den  Fötalpuls  zu  betrachten  sei,  dass  diese  demnächst 
in  der  Monatsschrift  veröffentlicht  werden  wftrde,  und  man 
dort  die  angeführten  Geburtsgeschichten  ausführlich  noch 
lesen  könne. 

Herr  Prof.  Hecker  hat  ebenfalls  beobachtet,  dass  hei 
fieberhaften  Zuständen  Schwangerer  die  Frequenz  des  Fötal- 
pulses vermehrt  wird.  Bei  lange  dauernden  Geburten  hat  er 
aber  niemals  eine  Steigerung  der  Frequenz  des  Fötalpulses, 
sondern  ein  Langsamerwerden  desselben  wahrgenonunes, 
ausserdem  hat  er  bei  vielen  Geburten  grosse  Schwankungen 
in  der  Frequenz  des  Fötalpulses  angetroffen.  Wie  die  Wehe 
auf  den  Fötalpuls  einwirkt,  ist  nach  Prof.  Hecker's  Er- 
fahrungen sehr  schwierig  festzustellen,  weil  man  nur  im 
Beginn  der  Wehe  den  Fötalpuls  sicher  zählen  kann,  iq>iler 


n&d  Aerste  in  Speis r  im  Jabfe  1801«  373 

tter  durch  die  Uoruiie  d«r  Gebäreoden  umi  durch  die  Spamiuag 
des  Duros  in  dem  Zählen  gestört  wird. 

Herr  Prof.  SpUgi&erg  hält  es  wegen  der  grossen 
Schwankoogea  in  der  Frequenz  des  Fötalpoises  fär  schwierig, 
ein  coDStantes  Nktelmaass  anwiehmen.  Erst  wenn  dieses 
festgestellt  ist,  kann  man  mit  Sicherheit  eine  Ahnabme  oder 
eine  Zunahme  der  Frequenz  des  Fdtalpulses  nachweisen. 

Herr  Prof.  Schwartz  findet  das  Zahlen  des  Föta^ulses 
während  der  Wdie  gar  nicht  so  schwierig.  Wenn  gewisse 
Einflüsse  während  der  Wehe  auf  das  Auscultiren  störend 
einwirken,  so  kann  man  doch  mit  dem  Nachlassen  der  Wehe 
sich  leicht  von  der  Frequenz  des  Fötalpulses  überzeugen  und 
auf  diese  Weise  Einsicht  über  die  Wii^kung  der  Wehe  auf 
den  Fötalpuls  erhalten. 

Dr.  Hüter  erwidert  darauf  dein  Herrn  Prof»  JTeeAwr, 
dass  die  Abnahme  der  Frequenz  des  Fötalpulses  bei  lange 
dauernden  Geburten  als  Regel,  die  Steigerung  seiner  Freqnei» 
als  Ausnahme  zu  betrachten  sei,  und  verweist  nochmals  auf 
seine  Abhandlung  über  den  Fötalpuls. 

Zweite  Sitzung,  am  19.  September  9  Uhr  Vormittags. 

Der  am  Schlüsse  der  gestrigen  Sitzung  als  Präsident 
gewählte  Herr  Medicinal-Rath  Prof.  Dr.  Hayn  aus  Königsberg 
Lheilt  zunächst  der  Versammlung  mit,  dass  ein  Brief  von 
Herrn  Dr.  Ber^nhardi  aus  Eileiiburg,  nach  welchem  ein 
7  Jahee  altes  Mädchen  regelmässig  menstruire,  eingegangen  sei. 

Herr  Prof.  Dr.  Henker  aus  Mflnchen  bäh  darauf  seinen 
ang^ündigten  Vcn'trag: 

lieber  Ausdehnung  der  fötalen  Harnblase  als 
Geburtshinderniss. 

Ein  praktischer  Arzt  hatte  bei  einer  Geburt  mit  einem 
beträchtlichen  Aufwand  von  Kraft  den  Kopf  des  Kindes  mit 
der  Zange  entwickelt,  konnte  aber  darauf  den  Körper  des 
Kindes  auf  keine  Weise  extrahiren  und  zog  deshalb  JT*. 
2u  Ratbe.  Dieser  fand  den  Uterus  sehr  beträchtlich  aus- 
gedehnt und  überall  gespannt  Der  Kopf  des  Kindes 
befand  sich  ausserhalb  der  Geschlechtsth^e,  war  aber 
wahrscheinlich  in  Folge  der  vielen  Versuche,  den  Rumpf 
ta  extrahiren,   nur   noch   in   sehr  lockerer  Verbindung  mR 


374     XXVT.  Hai«r,86.Veraaminlaiig:de«tie]Mrlf*tarfoneker 


dKsem.     Bei   der   onler  CUorofornuiarkose   vi 
inneren    Untersuchung    fand    H.    eine    mii    dem 
Körper  fest  zusammeohangende  Geschwulst,  .  welche  die  Ex- 
iraction    verhinderte.     Mittels   eines   eingeführteD    schecRs- 
(Srmigen  Perforatoriums  gelang  die  Eroffiiung  der  Geacbwidil. 
worauf  eine  grosse  Menge  Flüssigkeit  den  Genitalien  der  Ge^ 
bäreoden  entstfirzte.     Die  Extraction   des  kindlidien  Köipcn 
mit   dem    demselben   anhangenden   entleerten    Sacke   gdaf 
dann  leicht.    Die  Nadigeburtsperiode  verlief  regelmässig.  Dir 
Entbundene   fieberte   im  Wochenbette,   genas  aber.     Bei  der 
Section  der  Kindeideiche  fand  man  sämmtlicbe  Organe  «hv 
wesentlich  pathologische  Veränderung.     Die  unter  der  Gebsl 
entleerte  Geschwulst  war  nichts  anderes  als   die    sehr  a»- 
gedehnte   und    mit    Harn    gefällt   gewesene   Urinblaee«     Die 
Ursadie  ihrer  Ausdehnung  und  AnfuHung  mit  Urin  war  durch 
den  Umstand  hervorgerufen,  dass  die  Harnröhre  in  dem  Peaa 
undurchgängig   war.     In   die   Harnblase   mundete    audi  d» 
untere  Ende    des  Mastdarms.     Herr  Prof.  H.    zeigt   damf 
Abbildungen   von  dem   eben  beschriebenen  Befund    vor.    b 
der  französischen  Literatur  fand  Prof.  fT.  einige  wenige,  den 
eben  beschriebenen  ähnliche  Fälle  auf. 

Herr  Geh.  Rath  ProL  Dr.  BetschUr  macht  darauf  auf- 
merksam, dass  ei*  im  Jahre  1818  einen  ganz  ähnlicben  Fall 
in  seiner  Inauguraldissertation  beschrieben  hat 

Herr  Prof.  Hscker  bedauert,  dass  er  von  dieser  Dissertatioi 
keine  Kenntniss  gehabt.  Darauf  hebt  derselbe  hervor,  dkss 
seine  mitgetbeilte  Beobachtung  auch  in  physiologischer  Be- 
ziehung wichtig  ist,  weil  aus  derselben  mit  Gewissheit  hervor- 
geht, dass  der  Fötus  in  das  Fruchtwasser  hinein  seinen  Urin 
entleert,  eine  Thatsache,  die  oft  auch  neuerdings  noch  be- 
stritten worden  ist.  Ferner  begrändet  Prof.  H.  die  Tbatsache, 
dass  der  Fötus  Fruchtwasser  verschluckt.,  glaubt  jedoch  nicht, 
dass  dasselbe  zur  Ernährung  des  Fötus  ii^eudwie  etwas 
beitragen  könne. 

Herr  Prof.  Spiegelberg  fuhrt  hierauf  an,  der  Nachweis, 
dass  der  Fötus  Fruditwasser  verschlucke,  werde  durch  ias 
im  Darmkanal  des  Fötus  aubufindende  Wollhaar  gelieferL 

Herr  Geb.  Bath  Prof.  Dr.  Betschier  steUt,  auf  Versuche 
gestützt,  in  Abrede,  dass  Flüssigkeit,  in  welcher,  der  kindliche 


»^ 


K/^rper  sdch   Befindet,  in  Mtmd   und  Nase   des  Kindes  eitt- 
dringen  kaim. 

Herr  Prof.  Dr.  Schwartz  hält  das  Schlucken  der  Rinder 
innerhalb  des  Uterus  für  eine  Reflexbewegung,  welche  durch 
das  bis  in  den  Schlund  des  Kindes  eingedrungene  Frucht- 
wasser hervorgerufen  wird. 


find  A erste  in  Speier  im  Jahre  186 f.  375 

nk^ 

GaÜ 

.    ,  Der  Präsident  Herr  Medicinal-Rath  Prof.  iSv,  Hayn  fügt 

.  hinzu,   dass,   da    es   als   erwiesen   angesehen  wird,   dass  das 

,  Kind    im   Uterus    Saugbewegungen    macht,    dasselbe    deshalb 

,  auch  schlucken  muss. 

jgjer^  Hierauf  wird  Herr  Geh.  Hofratb  Prof.  Dr.  Langem  auf- 

iii       gefordert,  seine  Ansicht  in  Betreif 

Flu  der  SemmelweiBs'^zh^n  Theorie  frber  die  Ent- 

Tttü  stebung  des  Puerperalfiebers, 

Yic        welches  Thema  anf  der  Tagesordnung  steht,  kund  zu  geben. 

^i        Er  bekennt  sieh  zunädist  als  Anhänger  der  SemmdfoeisB^w^m 

',  tt        Lelire,  weA  dieselbe  auf  sicheren  mathematiaehen  Zahlen  basirt 

Hij         tat,   iHid   weft   er  selbst  dureh  Erfehmngen  die  Hiehtigkeii 

1%         demselben  gefumlen  bat    Prof;  Z.  führt  hierauf  die  Haupt*« 

gründe,  «of  welche  steh  Semmdweias  in  seinem  neuesten 

^         W«irk  8tdt2t,  di9r  Versammlung  nochmals  vor  und  theit  daiin 

^         seine  eigenen  Erflifarungen  über  das  PiM^eralfieber  mit.    Er 

beobachtete  biaild  nach  dem  Antritte  seines  Amtes  m  Heidelberg 

D^         iUhlreif^e  Erkrankungen  der  Wöchnerinnen  in  dem  dortigen 

^         Gebäriiause  und  traf  deshalb,  öberseugt  von  der  Richtigkeü 

■^         der  8e1/l^mdi6ei»i^sdien  Theorie,  diie  Anordnung,  dasä  jede 

^t         Leidie   einer  verstorbenen  Wöcluierin  sofort  aus  dem  Gebar-« 

0  banse  entfernt  wurde,   dass  die  Nachgeburten  nicht  niekr, 

wie  es  geschehen  war,  'in  den  Abtritt  geworfen,  sondern  äu9 

^  dem  Hause  gesehafft  worden,  sorgte  für  grosse  Reinlichkeit 

^j  nnd  führte  so  diesem  Zwecke  die  Waschungen  mit  Chlorkalh 

ein.     Seitdem   kam   in  der  Heidelberger  GebSranstalt  keina 

sogenannte  Kindbettfieberepidemie  mehr  vor.    Es   ereigneteo 

^  iich  mir  einzehie  Eärkrankui%en  und  sehr  wenig  Wöcbnerinneii 

starben,  so  dass  unter  300  Entbundenen  nur  ein  Todesfall  im 

Wochenbette  vorkam.  Bei  einer  W4ychnerin,  welche  stm*b,  waren 

dorcb  eine  Zangenoperation  die  Geschfechtstheile  verletzt  und 

tn^mfig  geworden.   Bei  einer  anderen,  welche  im  Wochenbette 


376     X  X  \'  I.   ffUUr  y  81k VersanHnlnngr  «leutecher  ^aturforacber 

Starb,  war  eki  Btäck  vom  HuUerfciMshen,  weldies  in  Päutehi 
überging  und  auf  diese  Weise  die  Erkrankung  benForriet 
zurückgeblieben.  In  der  Privatpraxis  beobachtete  Prof.  L. 
itwei  Mal,  dass  in  Folge  von  zorAckgebli«benen  Plaoenleii- 
regten»  welche  in  Faulniss  übergingen  und  dadurch  ein  sehr 
übelriechendes  Lochialsecret  erzeugten ,  heftige  Pueq>eral- 
erkrankungeu  zu  Stande  kamen.  In  beiden  Fällon  wurden 
die  Placentenreste  entfernt  und  Injeclionen  angewendet, 
worauf  die  Wöchnerinnen  allmälig  genasen. 

Dritte  Sitzung,  am  20.  September  10  Uhr  Vormittags. 

Der  am  Schloss  der  gestrigen  Sitzung  gewählte  Präsident 
Herr  Geh.  Hofrath  Prof.  Lange  aus  Heidelberg,  fShrt  in 
seinem  in  der  vorigen  Sitzung  nicht  zu  Ende  geiWirten  Vorfrag 
fort.  Seitdem  die  medtcinische  WisBeng^ft  in  Wira  die 
pathologisch -an  atomische  Grundii^  erhielt,  d.  h.  geiuieoi 
hüjitiger  und  fleissiger  Sectionen  gemadit  wurden,  wuchs  die 
Zahl  der  Puerperälerkrankmigen  namentlieh  an  der  Wieacr 
GebäraMheilung  für  Aerzle  sehr  bedtutead  und  xogMeb  er- 
krankten und  Rtarben  auch  sehr  viele  Kinder.  Da  in  Folge 
der  in  der  Wiener  Gebftrabthdfamg  für  Aerzte  «kigeföhrteft 
Waschungen  mit  Chlorkalk  die  Zahl  d^  Erlu<»nkang€n  unii 
der  Sterb^äll«  bei  den  W^k^bnerinnen  abnahm,  gofaieit  oieh 
ßemmeiweüs  för  berechtigt  anzuiMhmeB,  das»  die  Ef^ 
krankungen  der  Wöchnerinnen  vmi  Leichengift,  weldMs  in 
den  IHnden  der  Untersschenden  hafte  und  den  durch  «die 
Geburt  verwundeten  Genitalien  mitgetheilt  wdrde^  herrAbrea. 
Diese  Ansieht  fend,  wie  bekannt  ist,  viele  Gegner*  Spitcr 
eiKdeoktß  8emmdwei99,  dass  zersetzte  tbieriaehe  Stoffe« 
wekhe  die  Wöchnerinnen  infioiren,  nicht  alleiD  ans  der  Letefte 
stammen,  sondern  auch  anderswo  entsteb^tt  und  mk  det 
Gescblechtstheilen  der  Entbundenen  in  Berflhning  kommeft 
können.  £r  fand  nimlidi  die  Bettwäsche  BcUediC  gcreinj|{l, 
and  glaubte,  dass  zersetztes  Bhit,  weiehes  in  derselbeQ  beften 
geUaeben,  an  die  verwundeten  GeoHaiien  der  Eatbwideii^ 
gelangt  und  auf  diese  Weise  iniicirt  wird.  Neebtvfiiglicb  er* 
weit^e  8emmdwei8$  seihe  Lehre  dahin,  dass  nicht  nof 
durch  die  Leiche  die  Infection  der  Wöchnerinnen  bewMt 
wird,  sondern   dass  alle   zersetzLe   thierisdie   Stoffe^   mögeA 


und  A erste  in  dpeier  im  Jahre  1861.  377 

gie  von  Lebenden,  GeguAdeD,  Kranken  und  Todten  stanimeD, 
dadurch,  dass  sie  an  die  Gescblechtatbeile  der  Entbundenen 
gebracht  würden,  die  Infection  dieser  erzeugen.  Ja  er  fand 
auch,  dass  die  Quelle  der  Infection  im  Innern  der  Wöchnerin 
selbst  in  gewissen  Fällen  su  sucben  ist.  Es  können  nfimlioh 
Blutcoagula,  Plaoentenreste,  StQeke  der  Eihäute,  welebe  in 
den  Geseblecbtstbeilen  der  Entbundenen  zuräckbketben,  in  Zer*- 
Setzung  übejrgehen  und  bierin  die  Erklüirung  der  Infection  der 
Wöchnerinnen  gefunden  werden.  SeimneiwM$  nannte  dies« 
Art  der  Entstehung  der  puerperalen  Erkrankung  SdbstinfectiaD. 
Der  Ort,  an  welchem  die  zersetzten  tbterischen  Steffe  in 
allen  Fällen  dem  raälterlichen  Hute  mitgetbeilt  werden,  findet 
sich  an  den  durch  die  Geburt  verwundeten  Steilen  des  Utoru% 
der  Vaginalschieimbattt  und  des  Mittelfleisches. 

Herr  Prof.  Dr.  Heoker  tadelt  zunächst  ^  Art  and  Weise, 
wie  8emmelweÜ8  die  Gegner  seiner  Ansicht  in  der  letzten 
Zeit  angegriffen  bat  und  bestreitet  dann,  daas  Semmelweisi 
nrut  seiner  aofgestelltan  Theorie  etwas  Originäres  geschaffen 
hat,  weil  die  Infection,  wdche  durch  zersetzte  tfaaeriaobe 
Stoffe  an  wunden  Flächen  zu  Stande  kommen  kan»,  den 
Cliimrgen  eine  längst  bekannte  Thatsache  ist  Prof.  IT* 
beobachtete  im  Jahre  1860  in  dem  Münche&er  Gebärbäuse 
eine  Puerperalfieberepidemie,  welche  trotz  der  Anwendung 
der  verschiedensten  Mittel  zur  Verhütung  von  netten  Er* 
krankungen  sich  weiter  ausbreitete.  Er  venönied  sorgfiUtig 
jede  Ueberüragong  dureh  Leichengift  und  sorgte  für  die  aller- 
grosste  Reiniicbkeit,  nichtsdestoweniger  steigerte  sich  iäm 
Epidemie.  Prof.  H.  beobachtete  gruppenweise  Erkhmkung^n, 
so  fand  er  öfters  an  einem  Morgen  alle  Wöchnerinnen  in 
einem  Saal  erkrankt,  welche  an  dem  Tage  zuvor  sänimtlich 
gesund  gewesen  waren.  Die  Erkrankten  waren  meist  von 
veraobiedenen  Tagen  des  Wochenbetts.  Unter  ihneu  befimd 
sich.  auch. eine  Wödmerin,  welche  am  zehnten  Tage  des 
Wochenbetts  erkrankte  und  staii».  Dieselbe  war  ab  Wöchnerin 
nicht  wieder  untersucht  worden.  .  Die  Vebertragtng  eines 
deletären  Stoffes  durch  die  Untersuchung  konnte  daher  un- 
möglich als  Ursache  der  Erkrankung,  angesehen  werden« 
Prof.  H.  beobachtete  auch,  dasa  zugleich  mit  den  Muttern 
viele  Kinder  erkrankten  und  starben,  ja  es  kamen  puerperale 


380     XXVI.   ffiifer,  36. Versamrolnnj^aentschor  Naturforscher 

Fieberersclieinungen  vorkommen,  wahrend  die  Erkrankung  an 
dem  Ulerus  immer  mit  Fieber  verlauft.  Eine  prim[h-e  Blot- 
erkraukung  nimmt  Prof.  V,  in  keinem  Falle  an.  Wäi*e  man 
im  Stande,  an  dem  Uterus  locale  Mittel,  nämlich  Incisionen 
ebenso  wie  an  der  Haut  anzuwenden,  so  wurde  man  in  der 
Therapie  einen  gunstigeren  Erfolg  erzielen  und  es  käme  keine 
seeundäre  Bluterkrankung  hinzu.  Prof.  V.  ist  der  Meimmg. 
dass  bei  den  Wöchnerinnen  eine  gewisse  Disposition  zu  Er- 
krankungen anzunehmen  ist.  Ebenso  wie  ein  Mensch,  der 
erhitzt  ist,  sein  Gesicht  dem  Zuge  aussetzt  und  in  Folge 
dessen  ein  Erysipelas  faciei  bekommt,  können  die  Wöchnerinnen, 
weiche  durch  den  Geburtsact  erhitzt  sind,  in  Folge  von 
Erkältung  an  dem  Uterus  erkranken. 

Herr  Prof.  Dr.  Soser  aus  Marburg  beruft  sich  zunächst 
auf  seine  Abhandhmgen  über  die  Pyämie.  Wenn  die  in  diesen 
ausgesprochenen  Ansichten  nicht  angenommen  würden,  so 
tröstet  er  sich  mit  dem  Gedanken,  dass  es  Jahrsebente  ge- 
dauert habe,  bis  die  Hüdenbran<f sch^  Theorie  über  den 
Typbus  als  specifische  Krankheitsform  sich  allgemeine  Geltyng 
verschafft  habe.  Er  will  nämlich  die  Pyämie  ebenso  wie  den 
Typhus  als  specifische  Krankheit,  die  in  sporadisclier,  con- 
tagiöser  und  epidemischer  Form  aultreten  könne,  angesehen 
wissen.  Die  septischen  Infectionen  sind  von  der  Pyämie 
auszuscbliessen. 

Herr  Prof.  Virchow  erwidert  hierauf,  dass  er  die  patho- 
logischen Vorgänge  nicht  sämmtlich  unter  dem  Namen  der 
Pyämie  begriffen  wissen  will.  Ausserdem  kann  nach  seiner 
Ansicht  keine  Krankheit  Pyämie  genannt  werden,  bei  weicher 
niclit  Eiter  im  Blute  nachgewiesen  wird. 

Herr  Geh.  Rath  Prof.  Dr.  Betschler  aus  Breslau  glaubt, 
es  bandele  sich  darum  zu  entscheiden,  ob  alle  Fälle  voo 
Puei*perairieber  durch  eine  und  dieselbe  Ursache  erzeugt 
würden  oder  nicht.  Da  bekanntlich  die  allerverscbiedensten 
Formen  des  Puerperalfiebers  vorkommen,  so  müsse  es  audi 
verschiedene  Ausgangspunkte  der  Erkrankung  geben.  Hieroacti 
richtet  sich  die  Behandlung.  So  muss  eine  sporadisch 
auftretende  Metroperitonitis  verschieden  von  jeder  anderen 
Puerpcralerkrankung  behandelt  werden.  Eine  primäre  Er- 
krankung  des   Blutes   nimmt  Prof.   B.   ebenfalls  in   keinem 


nnd  Aerzte  in  Spoier  im  Jahro  1861.  381. 

Falle  von  Puerperalfieber  an.  In  den  meisten  Fällen  Idsst 
es  sich  nach  den  Erfahrungen,  welche  Prof.  B,  gemacht  hat, 
aus  dem  unregelmässigen  Verlaufe  der  Geburt  vorausbestiromen, 
dass  die  betreffende  Gebärende  im  Wochenbette  erkranken  wird. 

Herr  Prof.  Hecker  hat  beobachtet,  dass  in  einer  Puer- 
peraiJSeberepidemie  ausschliesslich  Lymphangitis  vorkam,  und 
bittet  Hen-n  Prof.  Virchow  um  die  Angabe  der  Gründe, 
warum  derselbe  die  Lymphgefässaffection  immer  als  eine 
secundäre  Erkrankung  betrachtet.  Prof.  H,  hat  das  Fiebern 
der  Wöchnerinnen  stets  als  die  erste  Krankheitserscheinung 
auftreten  und  dieser  die  Localerkrahkung  in  den  meisten 
Fällen,  aber  nicht  immer  nachfolgen  sehen.  Denn  es  kamen 
auch  Fieberprpcesse  ohne  nachweisbare  Localerkrankung  bei 
Wöchnerinnen  vor. 

Herr  Prof.  Virchow  hat  die  Fälle  von  Phlegmone  an 
dem  Uterus  und  an  der  Haut  bald  mit  sehr  geringer,  bald 
mit  bedeutender  Affection  der  Lyniphgefasse  verbunden  beob- 
achtet und  glaubt  deshalb,  dass  nicht  die  Lymphangitis  als 
die  primäre  Erkrankung  anzusehen  ist,  sondern  dass  sich 
stets  zuerst  die  Schwellung  des  Gewebes  ausbildet,  und  dieser 
die  beschriebenen  pathologischen  Veränderungen  nachfolgen. 

Herr  Dr.  Arnoldi  hat  seit  einer  Reihe  von  Jahren  in 
jedem  Falle  von  Erysipelas  eine  bestimmte  Stelle  der  Wirbel- 
säule schmerzhaft  gefunden.  Und  zwar  ist  jedes  Mal  die 
Schmei^zhaftigkeit  an  dem  einen  oder  den  zwei  Wirbeln, 
welche  die  zu  der  erysipelatösen  Hautstelle  hinfuhrenden  Nerven 
austreten  lassen.  Dr.  A,  hält  diese  Schmerzhaftigkeit  der 
Wirbel  ffir  nichts  anderes  als  eine  rheumatische  Wirhelaffection 
und  betrachtet  diese  als  die  Ursache  eines  jeden  Erysipelas. 
Die  Behandlung  besteht  deshalb  in  leichten  Hautreizen,  be- 
sonders sdir  kleinen  Vesicatoren,  welche  auf  die  schmerzhafle 
Stelle  der  Wirbelsäule  applicirt  werden.  Nach  den  Erfohrungen, 
welche  Dr.  A.  mit  dieser  Behandlung  gemacht,  wird  der 
Verlauf  des  Erysipelas  sehr  abgekürzt. 

Bei  Krankheiten  des  Uterus  hat  Dr.  A,  immer  den  fünften 
Lendenwirbel  empfindlich  gefunden,  eine  Thatsache,  weiche  er 
als  diagnostisches  Hülfsmittel  dringend  empfiehlt.  Bei  Mastitis, 
welche  oberhalb  der  Brustwarze  sich  entwickelt,  hat  Ik.  A, 
den    zweiten,    wenn    die   Masütis    unterhalb   der  Brustwarze 

25* 


382    XXVI.   Hiti^r,  3ß.  Versammlung  deutscher  Naturforscher 

auflriU,  den  drilteo  Brustwirbel  schmerzhaft  gefundeo.  Auch 
in  diesem  Falle  glaubt  Dr.  A.  eine  rheumatische  Wirbel- 
affection  als  Grundleiden  annehmen  zu  müssen  und  behandelt 
diese  ebenfalls  mit  kleinen  Vesicatoren,  welche  auf'die  schmerz- 
haften  Wirbel  gelegt  \^  erden. 

Die  Erkrankungen  der  Wöchnerinnen  leitet  Dr.  A.  von 
gestörter  Hautthätigkeit  ab,  bestreitet  aber  nicht,  dass  die- 
selben in  seltenen  Fällen  auch  durch  Uebertragung  von 
Leichengift  an  die  Geschlechtstheile  der  Gebärenden  zu  Stande 
kommen  können. 

Vierte  Sitzung,  «am  21.  September  10  Uhr  Vormittags. 

Der  am  Schlüsse  der  gestrigen  Sitzung  gewählte  Präsi<lent 
Herr  Prof.  Dr.  Hecker  aus  München  überträgt  zunächst  das» 
Wort  dem  Herrn  Dr.  Schupp,  welcher  einen  Vortrag  über 
Blasenscheidenfistel  angekündigt  hatte.  Herr  Dr.  Miihl- 
häuser  erklärt,  dass  Dr.  Schupp  habe  abreisen  müssen. 
Sein  Vorli*ag  habe  einen  Fall  von  spontaner  Heilung  eioer 
ßlasenscheideufislel,  weiche  dadurch  zu  Stande  gekommen, 
dass  der  vordere  Rand  der  Fistel  an  die  Vaginalportion  an- 
geheilt sei,  zum  Gegegenstande  gehabt 

Herr  Prof.  Roser  aus  Marburg  referirt  hierauf 
über    einen    Fall,    in    welchem    eine    hochgelegene 
Blasenscheidenfistel  mit  einer  Spaltung  der  Vaginal-^ 
portion  in  Verbindung  war. 

Prof.  ß.  machte  die  Fistelränder  wund,  vereinigte  darauf 
diese  durch  Suturen  und  heilte  auf  diese  Weise  die  Fistel. 
Weil  dieselbe  in  diesem  Falle  sehr  hoch  gelegen,  und  des- 
halb das  Füssen  der  durchgezogenen  Nadeln  sehr  ersdiwert 
war,  so  erfand  Prof.  R.  ein  neues  Instrument  zum  leichteren 
Fassen  der  Nadeln  und  zeigt  dasselbe  der  Versammlm)g  vor. 
Es  hat  das  Instrument  Aehnlichkeit  mit  dem  von  Civiale 
angegebenen  Instrumente  zum  Fassen  der  in  der  Harnröhi'e 
befindlichen  Harnsteine.  Es  besteht  aus  einem  mannlicben 
und  einem  in  der  Rinne  dieses  laufenden  weiblichen  Theile. 
Die  Spitzen  der  beiden  Theile  an  dem  vorderen  Ende  des 
Instruments  sind  in  einer  Länge  von  etwa  3  Linien  senkrecht 
zu  dem  übrigen  Instrumente  gestellt.     Das  ganze  Instrument 


iiod  Aerste  in  Speier  im  Jahre  1861. 

bat  vermöge  seiner  Dunnheit  den  Vorzug,   sehr  wenig  Licht 
wegzunehmen. 

Aus  diesem  Grunde  eignet  es  sich  auch  zum  Fassen 
der  durchgezogenen  Nadeln  bei  der  Gaumennaht.  Dr.  Marmel, 
der  Assistent  von  Prof.  Roser,  hat  bei  einer  solchen  Operation 
das  Instrument  mit  sehr  grossem  Nutzen  augewendet. 

Herr  Prof.  Dr»  Simon  aus  Rostock  wird  hierauf  auf- 
gefordert, seine 

Erfahrungen  in  Betreff  der  Blasenscheidenfistel 
der  Versammlung  mitzutheilen,  was  derselbe  bereitwillig  thut. 
Er  hat  die  Operation  der  Blasenscheidenfistel  an  41  Individuen 
vorgenommen.  Das  Resultat  war,  dass  32  derselben  voll- 
kommen gebeilt,  6  gebessert  wurden,  2  starben  und  eine 
nngeheilt  entlassen  wurde.  Vier  Patientinnen,  bei  welchen 
die  Obliteration  dr^r  Vagina  zu  Stande  gebracht  werden 
soU,  sind  noch  in  Behandlung.  In  der  letzten  Zeit  hat 
Prof.  8.  gehmden,  dass  die  Operation  der  Blasenscheidenfistel 
durch  die  von  Simpson  angegebenen  Instrumente  zum 
Herunterziehen  der  Fisteln  wesentlich  erleichtert  worden  ist 
und  seitdem  hat  er  in  Fällen,  in  welchen  die  Fistel  eine 
sehr  grosse  Ausdehnung  hatte,  durch  die  Operation  viel 
günstigere  Resultate  als  früher  erzielt,  ohne  dass  er  genuüiigt 
war,  die  Operation  der  Obliteration  der  Vagina  in  Anwendung 
zu  bringen.  Namentlich  sind  es  drei  Fisteln,  welche  auf 
diese  Weise ,  trotzdem  dass  der  Substanzverlust  sehr  bedeutend 
war,  in  der  letzten  Zeit  zur  Heilung  gelangten. 

In  dem  ersten  Falle  war  die  Biasenwand  mit  der  hinteren 
Wand  der  Va^na  verwachsen,  so  dass  die  Blase  unmittelbar 
in  die  Vagina  überging,  der  ganze  Urin  durch  die  Vagina 
und  gar  nichts  mehr  durch  die  Harnröhre  abfloss.  Es 
wurde  zuerst  die  Blasenwand  von  der  hinteren  Wand  der 
Vagina  getrennt  Nachdem  dann  die  Fistelränder  wund  ge- 
macht waren,  gelang  das  Vereinigen  der  Wunde  durch  Suturen 
von  beiden  Seiten  her  in  longitudinaler  Richtung.  Vom  in 
der  Nähe  der  Harnröhre  und  hinten  in  der  Nähe  des  Mutter- 
munds lagen  die  Wundränder  in  querer  Richtung,  so  dass 
nach  der  Vereinigung  die  ganze  Wunde  die  Gestalt  eines  I 
erhielt!    Durch  das  Vereinen  des  mittleren  Theils  der  Fistel  in 


384    XXVI.  ZTtUtfr,  36. Versaminlung  dentBcher  Naturforscher 

longttudtnaler  Richtung  war  eine  solche  Verengerung  der  Vagina 
zu  Stande  gekommen,  dass  das  Nähen  des  Wundrandes  an 
dem  Muttermunde  unterbleiben  musste.  Aus  diesem  Grunde 
blieb  in  der  N«ihe  des  Muttermundes  eine  kleine  Fistel  übrig, 
welche  später  durch  Äetzen  geheilt  wurde.  Nachdem  die 
Fäden  entfernt  waren,  war  der  übrige  Theil  der  Fistel  voll- 
kommen geheilt.  Prof.  S.  will  deshalb  in  jedem  Falle,  auch 
wenn  die  Fistel  eine  sehr  beträchtliche  Ausdehnung  hat, 
zuerst  versuchen,  die  Wundränder  aneinander  zubringen,  ehe 
er  zu  der  Operation  der  Obliteration  der  Vagina  schreitet 

Die  zwei  anderen  Fälle  waren  insofern  ähnlich,  als  in 
jedem  derselben  zwei  besondere  Fisteln  bestanden.  Das 
operative  Heilverfahren  war  jedoch  in  jedem  Falle  verschieden. 
In  dem  einen  dieser  Fälle  bestand  eine  Harnröhrenscheiden- 
fistel  und  eine  Blasenscheidenflstel ,  welche  durch  ein  callöses 
Gewebe  geschieden  waren.  Zwischen  beiden  Fisteln  befand 
sich  eine  Hamröhrenstrictur,  deren  Operation  zuorst  vor- 
genommen wurde.  Nachdem  die  Strictur  beseitigt  war^  wurde 
das  zwischen  den  beiden  Fisteln  gelegene  callöse  Gewebe, 
weil  es  für  die  Heilung  ungünstig  war,  weggenommen.  Hier- 
durch wurden  die  zwei  Fisteln  in  eine  grosse  Fistel  vei^ 
wandelt,  deren  Ränder  nun  angefrischt  und  dann  in  querer 
Richtung  durcii  Suturen  vereinigt  wurden.  Es  kam  völlige 
Heilung  zu  Stande.  Ein  Silberdraht,  welcher  mit  eingeheilt 
war,  wurde  nach  mehreren  Wochen  aus  der  Blase  herausgezogen. 

In  dem  anderen  Falle  war  ebenfalls  eine  Harnrohren- 
scheiden- und  eine  Blasenscheidenflstel  vorhanden.  Die  Wand 
zwischen  beiden  war  viel  breiter,  als  in  dem  vorigen  Falle. 
Hinter  der  Harnröhrenfistel  befand  sich,  wie  in  dem  vorigfn 
Falle  eine  Strictur  in  der  Harm'öhre,  welche  zunächst  beseitigt 
wurde.  Dann  wurden  die  Ränder  der  vorderen  Fistel  wund 
gemacht  und  durch  Suturen  vereinigt  Die  Heilung  derselben 
gelang  vollständig.  Einige  Wochen  später  wurden  die  Ränder 
der  hinteren  Fistel  angefrischt  und  dann  in  Längenrichtung 
vereinigt  Auch  bei  dieser  Fistel  kam  eine  vollständige  Heilung 
zu  Stande. 

In  einem  vierten  Falle,  der  in  der  letzten  Zeit  von 
Prof.  S.  behandelt  wurde,  musste  die  Heilung  eines  starken 
Blasenkatarrhs   abgewartet  werden,  bevor  die  Operation  der 


nnd  Aerssto  in  Speier  im  Jabrc  1861.  385 

Fistel  unteruommen  wurde.  Ih  keinem  der  beschriebenen 
Fälle  wurde  ein  Katheter  nach  der  Operation  liegen  gelassen. 
Herr  Prof.  Boaer  fährt  hierauf  an,  dass  die  höher 
gelegenen  Fisteln  nicht  zuerst  von  Simpson,  wie  Herr 
Prof.  Simon  angegeben  hat,  der  Operation  leichter  zugängig 
gemacht  wurden,  sondern  dass  dies  Wutzer  zuerst  gethan  hat. 

Herr  Dr.  MvMhäuser  zeigt  hierauf 
ein   Präparat    von  Uterus   septus   mit  Vagina   septa 

und  eine  Hufeisenniere 
vor.  Die  Organe  rühren  von  einem  Mädchen  her,  welches 
nicht  menstruirt,  16  Jahre  alt  an  Hirnentzündung  starb,  und 
wurden  zufallig  bei  der  Section  gefunden.  Dr.  M,  behaujitel, 
dass,  da  die  erste  Anlage  beider  Nieren  wahrscheinlich  eine 
gemeinsame  sei  und  die  Trennung  derselben  in  dem  vor- 
liegenden Falle  durch  unbekannte  Zustande  verhindert  worden 
wäre,  die  Hufeisenniere  als  eine  Hemmungsbildung  zu  be- 
trachten sei.  In  dem  linken  Ovarium  des  vorliegenden  Prä- 
parates befindet  sich  eine  Kyste,  in  welcher  Haare  und  Fett 
zu  sehen  sind.  Die  Fimbrien  der  linken  Tube  sind  zum  Theil 
untereinander  verwachsen.  Dr.  M,  glaubt,  dass  die  Fimbrien 
das  Ovarium  fest  umi>cliliessen,  und  durch  ihre  Muskelkraft 
sowohl  das  Platzen  des  <Traa/*'schen  Follikels  erzeugen,  als 
auch  die  Aufnahme  des  Eies  in  die  Tube  bewerkstelligen. 
Wenn  eine  Erkrankung  der  Fimbrien,  in  dem  vorliegenden 
Falle  eine  Verwachsung  derselben  vorhanden  ist,  so  wird 
dadurch  die  Ablösung  des  Eies  von  dem  Ovarium  verhindert. 
Das  Ei  bleibt  in  diesem  Falle  in  dem  Ovarium  zurück  und 
degenerirt  zu  einer  Kyste,  in  welcher  sich,  wie  bekannt  ist, 
Haare,  Fett,  Knochen  u.  s.  w.  bilden  können.  Dr.  M.  hält 
nach  dieser  Theorie  alle  Eierstockskysten  füi*  degenerirte  Eier. 

Herr  Geh.  Rath  Prof.  Dr.  Betschier  hat  kürzlich  bei 
einer  lebenden  Person  die  Geschlechtstheile  in  einem  Zustande 
gefunden,  welcher  mit  der  Missbildung  der  Genitalien  an 
dem  vorliegenden-  Präparat  sehr  grosse  Aehnlichkeit  hat.  Die 
betreffende  Person  kam  wegen  einer  Metrorrhagie  zur  Be- 
handlung. Rechterseits  im  Bauchraume  fand  man  einen  Tumor, 
welcher  bis  in  die  Höhe  des  Nabels  reichte.  Bei  der  Auscultation 
vernahm   man    den   Fötalpuls,   und    das   Vorhandensein   der 


386    XXVJ.  Hiae^r,  86. VersammlaDg  deutscher  Naturforsclier 

Schwangerschaft  war  somit  als  erwiesen  anzusehen.  Bei  der 
inneren  Untersuchung,  welche  mit  Sorgfalt  und  wiedeitiolt 
augestellt  wurde,  konnte  man  die  Vaginalportion  nicht  er- 
reichen. Die  Metrorrhagie  wurde  durch  eine  zweckmässige 
Behandlung  beseitigt.  Nach  einigen  Monaten  wurde  dieselbe 
Person  als  Gebärende  wieder  untersucht.  Man  fand  jetzt  die 
Vagina  durch  ein  sehr  derbes  Septum  in  zwei  besondere 
Vaginae  geschieden.  Die  rechte  Vagina  war  geräumiger  als 
die  linke.  Am  Ende  der  ersteren  fand  man  jetzt  auch  den 
Muttermund.  Dagegen  war  in  der  linken  Vagina  von  einem 
zweiten  Muttermunde  keine  Spur  aufzufinden.  Prof.  B.  hält 
es  deshalb  fär  unentschieden,  ob  in  diesem  Falle  ein  Uterus 
septus  oder  ein  Uterus  unicornis  vorhanden.  Das  Vorhanden- 
sein des  letzteren  ist  jedoch  am  wahrscheinlichsten.  Der 
beschriebene  Zustand  der  Genitalien  übte  auf  die  Geburl, 
welche  natürlich  verlief,  keinen  Einfluss  aus. 

Herr  Prof.  Dr.  Schnitze  aus  Jena  ist  der  Ansicht,  dass 
die  Hufeisenniere  keine  Hemmungsbildung  sei.  Er  glaubt 
vielmehr,  dass  die  Verwachsung  beider  Nieren  früh  zu  Stande 
gekommen  sei,  dass  man  aber  über  die  Zeit  und  die  Art 
der  Entstehung  derselben  nichts  Sicheres  angeben  könne. 

Herr  Prof.  Dr.  Kussmaul  aus  Heidelberg  erklärt  das 
Vorhandensein  des  Hymens  an  dem  vorliegenden  Präparat  für 
sehr  wichtig,  weil  das  Vorkommen  desselben  beim  Uterus  septus 
von  der  Wiener  Schule  bestritten  worden  sei.  Ausserdem 
hebt  er  als  wichtig  hervor,  dass  der  Umfang  des  vorliegenden 
Uterus  septus  kaum  dem  eines  gewöhnlichen  Uterus  gleich 
kommt.  In  Betreff  der  von  Herrn  Geh.  Rath  Prof.  Dr.  Betschier 
mitgetheilten  Beobachtung  bemerkt  Prof.  K.,  dass,  wenn  der 
Uterus  auf  einer  Seite  verkümmeit  sei,  die  Vaginalportion 
desselben  gewöhnlich  fehle. 

Herr  Prof.  Dr.  Hecker  bestreitet  die  Richtigkeit  der 
Gonsequenzen ,  welche  Herr  Dr.  Mühlhäuser  aus  seiner  mit- 
getheilten Beobachtung  gezogen  habe.  Zunächst  bezweifelt 
Prof.  H,  die  Möglichkeit,  dass  durch  die  Kfaft  der  Fimbrien 
das  Ei  aus  dem  Eierstocke  hervorgedrückt  werden  könne. 
Femer  tritt  er  der  von  Dr.  MüJdhäuser  ausgesprochenen 
Ansicht  über  die  Entstehung  der  Ovarienkysten  entgegen,  weil 
er  beobachtet  hat,  dass  das  Zusammenwachsen  der  Fimbrien 


und  Aerst«  in  Speier  Un  Jahre  1861.  387 

auch  ohne  Kystenbildung  in  dem  betreifenden  Ovarium  vor- 
kommt. Prof.  H.  hält,  auf  Resultate  bei  Sectionen  gestützt, 
die  Ovarienkysten  für  angeboren'  und  glaubt,  dass  sich  die- 
selben später,  besonders  in  der  Zeit  der  Pubertät,  weiter 
entwickeln  können. 

Herr  Dr.  Mappes  aus  Frankfurt  bestreitet  von  physio- 
logischem Standpunkte  aus,  dass  das  Ei  mit  Gewalt  aus  dem 
Eierstocke  hervorgedrückt  wird.  Nach  seiner  Ansicht  liegt 
es  in  der  natürlichen  Entwickelung  des  Eies  begründet,  dass 
es  selbst  die  Wand  des  Follikels,  aus  welchem  es  heraus- 
liitt,  zerstört,  anstatt  dass  dieselbe  durch  eine  fremde  Ein- 
wirkung zerstört  wird,  weil  durch  einen  solchen  gewaltsamen 
Act  die  Fortentwickelung  des  Eies  gestört  werden  kann. 

Herr  Medicinal-Rath  Prof.  Dn  Hayn  erinnert  an  eine 
Schrift  über  Uterus  duplex  von  Eisenmann,  welcher  in  den 
derselben  beigefügten  Abbildungen  für  beide  Vaginae  ein 
Hymen  gezeichnet  hat  Prof.  H.  bezweifelt,  dass  das  Hymen, 
ohne  dass  es  vorhanden  gewesen,  hinzugezeichuet  worden  sei. 

Herr  Prof.  Dr.  Kussmaul  erklärt  Eisenmann  für  einen 
glaubwürdigen  Schriftsteller  und  hält  es  für  sehr  wahrschein- 
lich, dass  Hyräy  welcher  das  Vorkommen  des  Hymens  bei 
Uterus  septus  läugnet,  die  Abbildungen  von  Eisenmann 
nicht  gesehen  hat  Prof.  K.  verweist  femer  auf  die  bekannte 
und  jetzt  allgemein  angenommene  Theorie,  nach  welcher  das 
Ei  in  die  Tube  gelangt  und  in  derselben  fortgeleitet  wird. 
Die  am  Ende  der  Tube  beginnenden  Flimmerhaare  sind  es 
nämlich,  welche  dadurch,  dass  sie  nach  einwärts  flimmern, 
das  von  dem  Eierstock  abgelöste  Eichen  aufnehmen  und 
fortleiten.  Auf  welche  Art  und  Weise  das  Platzen  der  Follikel 
zu  Stande  kommt,   ist  bis  jetzt  noch  nicht  erklärt  worden. 

Herr  Prof.  Dr.  SchuÜze  erklärt  es  für  eine  physiologische 
Thatsache,  dass  ein  Einfluss  der  Tuben  auf  das  Platzen  der 
Follikel  nicht  stattfindet.  Ferner  referirt  Prof.  &,  dass  ein 
amerikanischer  Arzt,  dessen  Namen  ihm  nicht  in  der  Erinnerung 
geblieben  ist,  in  einem  der  letzten  Jahre  bei  der  Geburt 
einer  Frau  anwesend  war,  welche  nach. Beendigung  der  Geburt 
einen  Tumor  im  Leibe  behidt  Einige  Monate  später  gebar 
dieselbe  Frau  ein  zweites  Kind,  und  bei  dieser  Geburt  wurde 


^S8        >^XV1I.     Bertrand,  Fall  von  Söoialiger  Paoctioo 

das  \  orhaadenseiii  eines  Septuius  in  der  Vagina  und  in  dem 
Uterus  constatirt. 

Herr  Geh.  Rath  Prof.*  Dr.  Betachier  führt  hierauf  an, 
dass  Madame  Boivin  einen  ähnlichen  Fall  beschrid>eu  hat, 
und  erinnert  dann  an  einen  älteren  Fall,  in  welchem  eine 
Frau  in  Schlesien,  etwa  acht  Mal,  je  in  ZwischenräumeD 
vun  einigen  Monaten,  ihre  Zwillingskinder  gebar. 

Da  die  meisten  Anwesenden  die  Absicht,  abzureisen, 
kundgaben,  so  erklärt  der  Herr  Präsident  die  Sitzungen  für 
geschlossen. 


XXVIL 

Fall  von  fbnfanddreissigmaliger  Function 
einer  Ovarialkyste. 

Mitgetheilt 
von 

Dn  Bertrand,  Badearzt  in  Schlangenbad. 

Ich  habe  jungst  eine  Kranke  an  Hydrops  ovarii  verloren, 
welche  ich  neun  Jahre  lang  behandelt  und  innerhalb  dieser 
Zeit  35  Mal  paracentesirt  hatte.  Obwohl  der  Fall,  abgesehen 
von  der  langen  Fristung  des  Lebens  und  der  grossen  Zaiil  der 
ausgeübten  Punctionen,  nichts  Aussergewöhnliches  bietet ,  so 
halte  ich  denselben  doch  einer  kurzen  Miltheilung  wertli,  weil 
auch  der  kleinste  Beitrag  zur  Geschichte  der  Eierstockskysten 
künftigen  Bearbeitern  als  willkommenes  Material  dienen  kann. ') 
Wie  sehr  die  Ansichten,  namenüich  über  Behandlung  des 
genannten  Leidens  bis  heute  divergiren,  ist  ja  bekannt  und 
recht  auffallig  in  den  vor  wenigen  Jahren  statlgefundenen 
Discussionen  in  der  Pariser  Akademie   zu  Tage  gekommen. 


1)  „Qne  ton8  cenz  qni  ont  en  k  soigner  des  kystes  ovariqnef 
▼OTiillent  bien  dire  qnels  sont  le  resnltats  qn*il8  ont  obtena,  et 
oorabien  ils  connaissent  de  malades  vivant  depnls  long  temt 
avec  cette  maladie.^     BoinU. 


fr."  einer  Ovarialkjstd. 

ib.>  Wurde  doch  die  Function  der  Kysten,   me  A.  Dechambrä 

sich  ausdruckt,  von  einer  Seite  der  Gegenstand  eines  „exoes 
ki  d'honneur"*.,  w&hrend  sie  von  der  anderen  niit  einem  „exoes 

Ml  d'indignite"  beliandelt  wixrde  (s.  Gaz.  hä»dona.,  Bd.  4,  No.  6) 

^  und  konnte  erst  nach  langwährenden  heftigen  Debatten  einige 

ci.'^  Verständigung  über  diese  und  andere  Behandlungsmethoden 

(namentlich  die  Jodinjectionen)  erzielt  werden! 
2^  Im  AUgemeinen  gilt  die  Function  der  Eierstuckskysteu 

l2|i<  für   ein    zweideutiges    Mittel.     Zwar   weist   die  Natur   durch 

Beispiele  spontaner  Berstung  der  Kyste  und  Entleerung  ihres 
Inhaltes  durch  Hastdarm,  Scheide  oder  Baudidecken  mil 
glöcklichem  Ausgange  auf  die  künstliche  Function  als  das 
einfachste  Heilverfahren  gewissermaassen  hin.  Vor  fünf  bis 
sedis  Jahren  beobachtete  ich  dTe  Heilung  einer  grossen  links- 
seitigen* Ovarialkyste  nach  spontaner  Entleerung  des  Kysten- 
Inhaltes  durch  den  erweiterten  Nabelring.  ^)  Auch  hat  die 
^^  künstlich  vorgenommene  Entleerung  ohne  irgend  ein  weiteres 

Verfahren    in   manchen    Fällen    radicale    Heilung    zur   Folge 
gehabt.    Pithay  Thomson  y  Martin  u.  A.  haben  solche  nach 
dn-   oder   mehrmaliger   (Thomson   nach    14nialiger)  Voll- 
.Ziehung  dieser  Operation   eintreten   sehen.    Ich   selbst  habe 
[  vor    nunmehr   20   Jahren    eine    damals   33jährige   Frau   zu 

Mittelheim  im  Rheingau  an  einem  mehr  als  mannskopfgrossen 
^''-  Hydrops  ovarii,  welcher  sich  nach  ihrem  sechsten  Wochen- 

^'  bette  entwickelt  hatte«   durch  einmalige  einfache  Faracentese 

^r  radical  geheilt,  so  dass  die  Frau  sich  noch  heute  vollkommen 

1^  wohl   befindet.     Aehnliche   glückliche  Fälle  mögen  sich  noch 

'i^'  manche  ereignet  haben,   ohne  zur  aligemeinen  Kenntniss  ge- 

1^  konmicn  zu  sein.     Aber  —  sie  sind  und  bleiben  Ausnahme- 

i^  falle,    aves   rarissimae,    welche    der    einfachen   Function   die 

\ii  .      ...    _- 

1)  Die  Raptar  erfolgte,  nachdem  ich  einige  Tage  vorher 
^  mit    meinem    Collegen    Dr.    Lange   von    Johannisberg    über    die 

B^  etwaige  Vornahme    der    Faracentese    mich    berathen    hatte    and 

10  nachdem    wir   wegen    bedenklicher  Schwäche    der  Kranken    mit 

Schmerzhaftigkeit  des  Leibes  einstweilen  davon  abstrahirt  hatten. 

Die  Kyste  füllte  nnd  entleerte  sich  wiederholt,  so  dass  der  Ans- 
'^''  fluss  viele  Monate  lang  dauerte.     Von  der  vollständigen  Heilnng 

^  haben   sich    mein  College  Lange  und   mehrere   andere  Collegen 

t^  tibersengt. 


390        XX  vn.     Bwtxand,  Fall  von  85maltger  Panction 

Bedeutung  eines  Radicaliuittels  nicht  zu  verleihen  mögen. 
Erfreut  sich  nun  diese  Operation  einer  desto  ungetheilteren 
Anerkennung  als  PaUiativ?  Seihst  dieses  nicht.  Einmal  sind 
die  Fälle  nicht  gar  zu  selten,  in  welchen  sie  lebensgefährliche 
Blutungen,  Entzändung  des  Peritoneum  oder  der  Kysten- 
wand  u.  dergl  zur  Folg«  hatte.  Spiegelberg  (Beitrag  zur 
Anatomie  und  Pathologie  der  Eierstockskysten)  hat  neuerlich 
aus  mehreren  Fällen  nachgewiesen,  wie  die  Entzündung  der 
Kyste  ohne  alle  Betheiligung  des  Bauchfells  schnell  tödten 
kann  lind  wie  geföhrlich  wiederholte  Punctionen  derselben 
dem  Leben  sind.  Abgesehen  von  so  schlimmen  Ereignissen 
(welche  ich  in  der  eigne»  Praxis  kein  Mal  zu  beklagen  hatte) 
pflegt  aber  auch  die  Punction  eines  Hydrops  ovar.  den  Gang 
der  Krankheit  und  die  Erschöpfung  der  Kranken  zu  be- 
schleunigen, indem  nach  jeder  Punction  die  entleerte  oder 
eine  benachbarte  Kyste  sich  nur  um  so  rascher  wieder  füllt 
und  die  Wiederholung  der  Operation  in  immer  kürzten 
Fristen  dem  Organismus  eine  Masse  brauchbarer  Säfte  ent- 
zieht. Es  kann  uns  deshalb  nicht  befremden,  wenn  die 
Statistik  dieser  Operationen  eine  sehr  traurige  ist.  Nach 
S.  Lee  starben  Yon  46  an  Eierstocksgeschwülsten  leidenden, 
mit  dem  Troikart  operii^en  Personen  37;  nur  9  erholten 
sich;  von  den  87  Gestorbenen  starb  mehr  als  die  Hälfte 
innerhalb  der  ersten  vier  Monate  nach  der  ersten  0]>eration, 
27  innerhalb  des  ersten  Jahres  und  von  diesen  27  hatten  18 
nur  Eine  Operation  untergangen.  Langenbeck  (Deutsche 
Klinik,  Jahrg.  1853,  No.  46)  sah  in  der  allergrössten  Zahl 
der  Fälle  von  mehrfacher  Wiederholung  der  Punction  im 
Laufe  eines  Jahres  den  Tod  eintreten  und  kann  sich  nur 
ungünstig  über  dieselbe  aussprechen.  Nach  Schvh  (Pathologie 
U.Therapie  der  Pseudoplasmen,  1854),  welcher  die  genannte 
Operation  ebenfalls  für  keineswegs  geringfügig  in  ihren  Folgen 
hält,  erstreckt  sich  die  Lebensdauer  von  der  ersten  Punction 
in  günstigen  Fällen  auf  zwei  bis  vier  Jahre;  die  Kyste  soll 
sich  mitunter  in  einigen  Tagen  zum  früheren  Maasse  füllen, 
gewöhnlich  in  einigen  Monaten,  nur  ausnahmsweise  langsamer. 
Gardiner  entleerte  bei  einer  21jährigen  Kranken  im  Juli  1853 
durch  den  Troikart  52  Schoppen  Flüssigkeit;  die  Op^ation 
musste  im  October  1853,  dann  im  Januar  und  Februar  1854 


einer  Ovarialkyste.  391 

wiederholt  werden.  Ich  selbst  verlor  eine  öOjdhrige  Kranke 
innerhalb  Jahresfrist  nach  der  im  Mai  1857  vorgenomuienen 
ersten  Function,  welche  16  Schoppen  einer  chocoladefarbigen 
Flüssigkeit  entleert  hatte;  die  zweite  Function  fand  im  August, 
die  dritte  im  November  und  die  vierte  im  December  statt; 
die  beiden  letzten  Male  flössen  je  30  Schoppen  Kysteniniiall 
aus  (welcher  weniger  consistent  und  heller  von  Farbe  ge- 
woixlen  war)  und  das  letzte  Mal  zum  Schluss  einige  Unzen 
reines  Blut;  bald  nach  der  vierten  Function*  starb  Patientin 
an  Erschöpfung. 

So  niederschlagend  diese  Resultate  sind,  so  wird  sich 
dennoch  der  Fraktiker  nicht  ganz  der  Faracentese  entschlageu 
können  und  es  muss  ihm  tröstlich  sein,  wenn  jenen  tram*igen 
Ergebnissen  sich  Fälle  an  die  Seite  stellen,  in  welchen  die 
vorbenannte  Operation  sich  als  wahres  Falliativ  bewährte. 
Als  ein  solcher  Fall  kann  der  nachfolgende  gelten,  bemerkens- 
werth  durch  die  bedeutende  Zahl  der  ausgeführten  Operationen  ^) 
und  die  lange  Erhaltung  der  Operirten. 

Frau  W.  aus  Oestinch  im  Rheingau  consultirte  mich 
zum  ersten  Male  im  März  1852^,  wie  sie  sagte  wegen  einer 
starken  Geschwulst  im  Leibe.  In  der  That  fiel  an  der  damals 
48jährigen  Kranken,  welche  ich  bei  meinem  Besuche  ausser 
Bette  fand,  der  Unterleib  seines  Umfanges  wegen  zuerst  in 
die  Augen;  er  mochte  demjenigen  einer  Frau  gleichen,  welche 
im  siebenten  Monate  schwanger  ist  Bei  genauerer  Unter- 
suchung fand  ich,  dass  eine  aus  dem  Becken  emporragende 
und  bis  in  die  Gegend  der  Hypochondrien  reichende  Geschwulst 
die  ganze  linke  Seite,  sowie  die  Mitte  des  Bauches  ausfüllte, 
dagegen  die  rechte  Bauchseite  zum  Theile  frei  Hess.  Die 
Geschwulst  war  gleichmässig  gerundet,  ohne  Höcker  oder 
Unebenheiten,  ringsum  deutlich  begrenzt,  unempfindlich  gegen 
Druck  und  zeigte  an  allen  Stellen  gleichmässige  Fluctuaüon. 
Die  Fercussion  gab  im  ganzen  Umfange  der  Geschwulst  einen 
leeren  Ton,  in  der  epigastrischen  und  rechten  Lumbar* Gegend 
Darmton.  Bei  der  inneren  Exploration  fand  ich  die  Scheide 
verengt  mid  voller  Narben,   den  Uterus   in  die  Höhe  gezerrt, 


1)  Allerdings   hnben  Bunter ^   Lovey^    Latham   und  Bamherger 
Falte   von   uocb   häufigerer  Ausübung  der  Operation    mitgetheilt. 


392         XXVII.    Bertrand,  Fall  von  36ainliger  Punction 

die  Portio  vaginalis,  hoch  oben  und  vorn,  kaum  zu  erreichen. 
Die  Henslniation  sparsam,   dber  regelmässig;   das  AllgemeiD- 
befinden    der    Kranken,    abgesehen    von    den    Beschwerden, 
weiche  der   Druck    der  Geschwulst   auf  benachbarte  Organe 
erregte,  ein  ziemlich  gutes.    Am  linken  Unterschenkel  befand 
sich    ein    varicöses   Geschwür.     Zur  Anamnese:    Die    wohl- 
gebaute,   mittelgrosse,  etwas  abgemagerte  Frau  stammte  voo 
gesunden  Eltern  ab,  war  von  Jugend  auf  gesund,  zur  richtigen 
^eit  menslruirt  und  hatte  sich  in  ibi*em  33  Jahre  Yerheira(Jbet 
Ein  Jahr   nachher  —   1838  —  wurde   sie  auf  sehr  schwere 
Weise  durch  Wendung   und  Zange  von  einem   todten  Kinde 
entbunden;    im   Wochenbette    stellten    sich    geföhrhche    £nt- 
zäudungszufalle    ein,    sie    musste    angeblich   zwei   Mal  Ader 
lassen,   viele  Blutegel   setzen   und  ein  voHes  halbes  Jahr  das 
Bett  hfiten.     Später   hat  «ie  noch  zwei  Mal  (im  Jahre  1840 
imd  1842  im  letzteren  Jahr«  frühzeitig)  todte  Kinder  geboren. 
Seit  dem  Jahre  1847  habe  sie  zuerst  eine  Geschwulst  in  der 
linken  Seile  wahrgenommen,  welche  alhnälig  „ heraufgewachsen ^ 
sei;  da  sie  sich  sonst  wohl  gefühlt,   habe  ste  aus  Angst  vor 
einer  mißlichen  Operation  mich  nicht  frfther  consultiren  wollen. 
Ich  stellte  die  Diagnose  auf  eine  wahrscheinliche  einfache 
Ovariaikyste ,    beobachtete    die    Kranke    einige   Wochen   lang 
und  schritt  wegen  steigender  Respirations-   und  Circulations- 
beschwerden  am  4.  Mai  1852  in  Gegenwart  meines  damaligen 
mitberatbenen   Collegen   Dr.   Mandt   zur  Function    der  Ge- 
schwulst durch  die  Bauchdecken  (da  sie  durch  das  Scheiden- 
gewölbe  nicht  zu  erreichen  war),   wobei  18  Schoppen  einer 
klebrigen,     chocoladefarbigcn    Flüssigkeit    ausflössen.     Nach 
möglichst  vollständiger  Entleerung   der  Kyste  wurde   in   die- 
selbe eine  Lösung  von  Jod  und  Jodkali  (deren  Stärke  ich  zu 
notiren  vergessen   habe),  injicirt,   welche  ich   durch  Drücken 
und  Lageveränderungen  mit  der  ganzen  Innenfläche  der  Kyste 
in  Berührung  zu   bringen   suchte.     Die  nachfolgende   leichte 
Reaction   ging  in   wenigen  Tagen   vorüber.     Es   wurde  noch 
eine    sorgfaltige    Compressioo    des    Unterleibes    angeordnet, 
tonisches  Regime  geführt  und   die  Operhrte   nach  etwa   zwei 
Monaten  aus  der  Behandlung  entlassen,  da  sie  sich  wie  neu- 
geboren fühlte  und  völlig  geheilt  glaubte. 


eiuer  OTarialkyste.  393 

Im  April  1853  liess  sie  mich  wiedei*  rufen.  Der  Leib 
hatte  wieder  die  alte  Ausdehnung  erreicht  und  Patientin  ver* 
langte  wegen  Athenmoth  nach  der  Operation«  obwohl  sie 
eine  tödtliche  Angst,  vor  derselben  hatte.  Ich  punctirte  am 
16.  April  (also  fast  ein  volles  Jahr  nach  der  ersten  Function), 
abermals  in  der  Linea  alba,  entleerte  22  Schoppen  Flüssigkeit 
von  derselben  Beschaffenheit  wie  früher,  welcher  eine  nicht 
unbedeutende  Quantitai  reinen  Blutes  nachfolgte.  Sodann 
aherrnaiige  Injection  einer  Jodsolution,  auf  wekhe  sich  dies 
Mal  heftige  Schmerzen  und  convukivtsches  Zittern  einstellten. 
Am  anderen  Tage  war  jedoch  alle  Reaction  verschwunden  und 
Patientin  erholte  sich  ebenso  rasch,  wie  das  erste  Mal*  Der 
Urin  reaglrte  mehrere  Tage  laug  nach  der  Operation  auf  Jod. 
CoDiprimirende  Leibbinde,  kräftige  Nahrung  und  Jodeisen 
wegen  anämischen  Aussehens  der  Kranken. 

Dritte  Function  am  13.  März  1854,  gerade  11  Monate 
nach  der  zweiten.  Erst  in  den  letzten  zwei  Monaten  hatte 
sich  die  Geschwulst  rapid  wieder  angefüllt.  Patientin  klagt 
über  heftige  Schmerzen  im  linken  H}'pochondriuni,  das  Gehen 
fallt  ihr  sehr  beschwerlich,  beide  Beine  sind  bis  über  die 
Knie  herauf  stark  ödemaiös;  sie  zeigt  eine  an  Vei^asweiflung 
grenzende  Angst  vor  der  Operation,  weshalb  ich  sie  chloro- 
formire.  Einstich  in  der  Linea  alba,  Ausfluss  von  24  Schoppen 
chocoladeähnlicher  Flüssigkeit,  nachher  Injection  einer  Misdiung 
von  Aq,  dest.,  Jodtinctur  und  Jodkali.  Im  Moment  des 
Injicirens  tobte  die  Operirte  über  so  beilige  brennende 
Schmerzen  ini  Epigasiriom  und  rechten  Hypochoudrium,  dass 
ich  einen  Theil  der  zu  injicirenden  Flüssigkeit  zurückhielt 
Puls  unverändert.  Abends  11  Uhr  (acht  Siunden  nach  statlr 
gefundener  Einspritzung)  sind  die  Sehmerzen  nur  wenig  ge- 
lindert^ der  Puls  ist  frequent  geworden  und  es  haben  sich 
mehi'mals  Vomituritionen  gezeigt.  Morph,  acet.  gr.  V«.  In 
der  Nacht  einige  Stunden  Schlaf.  Anderen  Tages  wesentliche 
Remission  der  Schmerzen,  der  Bauch  etwas  tympanitisch  nach 
unten  zu  gegen  Druck  em|)findlich,  massiger  Durst,  Kopf- 
schmerz, Puls  von  90.  Die  Erscheinungen  nehmen  fortan 
«tetig  ab:  am  16.  März  ist  Patientin  vollkommen  wohl,  der 
Bauch  lieigefailen ,  weich  und   der  Kystensack,   wdcben  man 


394        XXVII.    Bertrand,  Fall  von  36 maliger  Punction 

links    in    der   Tiefe    deutlich   umgreifen    kann,    nichl  mehr 
empfiiidlich. 

Im  Jahre  1855  wurde  die  Kranke  drei  Mal  (im  Januar, 
Jttli  und  December)  puncürt,  jedoch  ohne  nachfolgende  Jod- 
injection.  Es  wurden  dabei  je  25,  32  und  17  Schoppen 
Inhalt  entleert.  Bei  der  letzten  Punction  hatte  der  Ausfluss 
plötzlich  gestockt  und  war  nicht  wieder  in  Gang  zu  bringen 
gewesen,  obwohl  die  Entleerung  keine  vollständige  war. 
Patientin  erholte  sich  nach  jeder  Operation  sehr  rasch,  er- 
freute sich  in  den  Intervallen  eines  ganz  guten  Befindens,  ging 
leichten  häuslichen  Arbeiten  nach  etc. 

Im  Jahre  1856  wurden  el>enfall8  drei  Punctionen  noth- 
wendig  (im  März,  Juli  und  October)  und  durch  jede  derselben 
86  bis  38  Schoppen  Kysteninhalt  entleert,  welcher  anfingt 
heller  von  Farbe  und  dännflässiger  zu  weixien.  Zugleich  ent- 
decke ich  nach  einer  der  letzteren  Punctionen  am  oberen 
Rande  der  bisher  tur  einfach  gehaltenen  Kyste  eine  zweite 
Kyste,  gleichsam  einen  Anhang  der  erstehen. 

Während  des  Jahres  1857  wurde  Patientin  vier  Mal 
punctirt  (im  Februar,  Juni,  September  und  December)  und 
durchschnittlich  40  Schoppen  Flüssigkeit  durch  jede  Punction 
entleert.  Nach  der  im  Februar  vorgenommenen  Punction 
injicirte  ich  noch  einmal  Jod  (Tr.  Jodin.  und  Aq.  dest 
aä  Unc.  1%)  und  war  dies  Mal  die  Reaction  höchst  un- 
bedeutend, fast  Null. 

Um  nicht  zu  weitläuGg  zu  werden,  sei  gesagt,  dass  Ton 
jetzt  an  die  Intervalle  zwischen  den  Punctionen  immer  kfirzer 
worden,  so  dass  im  Jahre  1858  fünf  und  im  Jahre  1859  acht 
Punctionen  stattfanden.  Der  Unterleib  hatte  einen  enormen 
Umfang  erreicht,  die  Hautvenen  traten  gleich  Strängen  von 
der  Dicke  eines  kleinen  Fingers  hervor  und  die  durch  den 
Troikart  entleerte  Flüssigkeit  war  auf  ein  Quantum  von  jedes 
Mal  48  Schoppen  gestiegen ;  sie  halte  die  frühere  Chocolade* 
färbe  verloren  und  war  molkenähnlich  geworden.  Ich  punctirte 
seit  einiger  Zeit  nicht  mehr  in  der  Linea  alba,  sondern  in 
der  linken  Bauchseite  zwischen  Nabel  und  Crist  oss.  ilei, 
weil  sich  hier  die  Kyste  vollständiger  entleerte.  Die  zweite 
Kyste  wurde  nach  jeder  Punction  grösser  und  deutticher 
hervortretend  gefunden. 


einer  OTArialkjste.  395 

Im  Jahre  1860  panclirte  ich  die  Kranke  sieben  Mal. 
Der  Kysteninhalt  war  wieder  dunkelfarbiger  geworden.  Die 
zwdte  Kyste,  welche  erst  nach  Entleerung  der  ersten  deut- 
lich zu  untersuchen  war,  hatte  den  Umfang  eines  halben 
Mannskopfes  ^reicht,  fluctuirte  deutlich,  wurde  jedoch  nicht 
angestochen. 

Seit  Frühjahr  1860  fing  d^s  Allgemeinbefinden  der 
Kranken,  welche  sich  bis  dahin  bei  nahrhafter  Kost,  Wein, 
massiger  Bewegung  in  frischer  Luft,  zeitweiligem  Gebrauche 
von  Chma  und  Eisen  Yorti^efDich  gehalten  hatte,  zu  leiden 
an.  Sie  magerte  ab,  wurde  schwächer,  verlor  an  Esslust. 
Gegen  Ende  des  Jahres  schien  es  wieder  besser  zu  gehen. 
Am  3.  Januar  1861  punctirte  ich  zum  34.  Mal  (nach  zehn 
Wochen  Interyall)  und  entleerte  42  Schoppen  Fluidum.  Die 
35.  und  letzte  Function,  wobei  10  Schoppen  weniger  aus- 
flössen und  die  Flüssigkeit  wieder  chocoladefarbig  erschien, 
fand  am  18.  Februar  statt  Es  stellte  sich  in  den  nächsten 
Tagen  eine  erschöpfende  Diarrhöe  ein,  welche  trotz  Opium, 
Columb.,  Tannin,  u.  s.  w.  unaufhaltsam  zum  Tode  fährte. 
Patientin  starb  am  11.  März  1861*  Die  Section  wurde  lei- 
der nicht  gestattef. 

Nur  wenige  Schlussbemerkungen: 
Die  Entstehung  des  Leidens  hing  wahrscheinlich  mit  dem 
schweren  Wochenbette  im  Jahre  1838  zusammen;  jedenfalls 
hatte  dasselbe  schon  eine  erhebliche  Ausbildung  erreicht,  als 
die  Kranke  im  Jahre  1847  zuerst  eine  Geschwulst  im  Leibe 
entdeckte.  Sie  hat  von  da  noch  14  Jahre  gelebt,  deren 
letztere  9  nur  durch  die  Function  erträglich  gemacht  und  gewiss 
auch  gefristet  wurden.  Mehr  konnte  weder  verlangt,  noch 
gehoHl  werden.  Ob  der  Fall  zu  einer  gewissen  Zeit  sich 
für  Radicalheilung  durch  die  Ovariotomie  geeignet  hätte,  lasse 
ich  dahin  gestellt  sein;  die  Section  hätte  darüber  Aufscfaluss 
geben   können.')     Was   die    vorgenommenen   Jodinjectionen 


1)  Ich  erinnere  mich,  vor  6  his  7  Jahren  mit  dem  CoUegen 
Dr.  Geisse  eine  Kranke  in  Johannisberg  an  einem  Ovarientnmor 
behandelt  zn  haben,  bei  dessen  Section  wir  lebhaft  bedaaerten» 
nicht  aur  Ovariotomie  geschritten  an  sein,  so  günstig  erwieaen 
sich  alle  anatomischen  Verhältnisse. 
Monatsscbr.  f.  a«b«rtek.    1861.  Bd.  XYUJ.,  Hft.  6.  26 


396  XZVIIT.    Notizen  ans  der  Jonrnal-Literatar. 

betrifft,  so  gab  ich  micb  nicht  der  Hoffnung  hhi,  durch  die> 
selben  eine  Radicalheihing  zu  erzielen,  dafür  hatte  das  Leiden, 
als  ich  die  Kranke  zum  ersten  Mal  sah,  eine  zu  hohe  Aus- 
bildung erreicht ;  ich  beabsichtigte  nur,  die  Secretion  in  etwas 
zu  beschränken  und  hoffte  dies  um  so  eher,  als  ich  die 
Kyste  anfanglich  für  eine  einfache  hielt,  was  sich  später  als 
(rrthum  herausstellte.  Das  Urtheil  Aber  die  Jodinjectionen 
ist  in  Deutschland  kein  gunstiges.  Scanzoni  hält  dieselben 
für  sehr  gewagt  und  fuhrt  2  ungönstig  abgelaufene  Fälle  an. 
Linhart  theilt  diese  Bedenklichkeiten  (Physik,  med.  G.  in 
Wurzb.  Bd.  9.  Heft  2  u.  3)  und  in  allerjöngster  Zeit  bat 
Dr.  Lötoenhardt  (Monatsschrift  für  Geburtsk.,  Bd.  16,  Heft  4) 
einen  Fall  von  Jodinjection  in  eine  Ovarialkyste  mitgetheilt, 
welche  nach  14  Stunden  den  Tod  zur  Folge  hatte,  ohne  dass 
anatomische  Veränderungen  diesen  Ausgang  erklärt  hätten. 
Dr.  Orth  in  Darmstadt  theilte  dagegen  itn  October  v.  J.  (auf 
der  Versammlung  mittelrheinischer  Aerzte  in  Frankfurt  a.  M.) 
einen  sehr  glücklich  verlaufenen  Fall  mit.  Bei  dieser  Ver- 
schiedenartigkeit der  Ansichten  und  Erfolge  sollte  keine 
einschlagende  Beobachtung  der  öffentlichen  Mittheilung  vor- 
enthalten bleiben. 


XXVIIL 
Notizen  ans  der  Journal -Literatur. 


Ueber    den  Kaiserschnitt  nach   dem   Tode   der  Matter. 
Verhandlangen  in   der  Acad^mie   de   med.   in  Paris. 

Die  Verhandlungen  über  obigen  Gegenstand  wurden  vor 
iJingerer  Zeit  durch  einige  der  Akademie  eingereichte  Denk- 
schriften ron  Hatirif  später  von  Kergaradee ,  Lafargu^,  DevilUers 
angeregt/  Seitdem  sind  noch  mehrere  Aufsätse  über  denselben 
Gegenstand  in  den  Journalen  erschienen. 

Depaul  ergreift  zuerst  in  der  Akademie  das  Wort  und  will 
si«h  zunächst  auf  die  Beleuchtung  der  Schriften  von  Hatin  und 
Kergaradec  beschränken.  Der  Kaiserschnitt  an  der  Todten  erregt 
ein  hohes  Interesse,  nicht  nur  für  die  praktische  Thätigkeit  des 
Geburtshelfers ,  der  bei  einer  kurz  Torher  noch  frisch  und  kräftig 


XXVllI.    Notizen  aas  der  Journal- Lite ratnr.  397 

lebenden,  pIStzlich  verstforbenon  Fran  gezwungen  ist,  einen 
Bcbnellen  BDt0ebln«s  sn  fassen,  sondern  auch  in  rein  wissen*» 
scbaftHcher  und  in  Betiehnng  anf  die  Gmndlehren  der  katbo- 
liscben  Religion.  fftUin  bat  besonders  die  Frage  aufgeworfen, 
ob  der  Arzt  zar  Bettung  des  Kindes  den  Kaiserscbnitt  machen 
mfisse,  ob  er  es  könne,  obn^  gegen  das  Gesetz  an  Verstössen, 
welches  rorscbreibt,  jedes  TndiTidnam  noch  als  lebend  an  be- 
trachten, dessen  Tod  nicht  sicher  constatlrt  ist.  RaHn  wfiBscht 
bierober  einen  Aussprach  der  Akademie,  um  die  Unsicherheit 
des  Praktikers  zu  beseitigen,  um  den  Gesetzgeber  zur  Feststellung 
anzuregen.  — 

Der  Arzt  hat  ohne  Zweifel  das  Recht,  nach  dem  Tode  der 
Mutter  den  Kaiserschnitt  auszuführen,  das  Gesetz  schfitzt  die 
Matter,  aber  auch  das  Kind.  Nur  muss  das  Kind  lebensflthig 
sein.  Das  Gesetz  spricht  das  Recht  des  Arztes  auch  genilgend 
deutlich  aus.  Machen  die  Geburtshelfer  nicht  auch  an  der 
Lebenden  den  Kaiserschnitt,  bewirken  sie  nicht  den  künstlichen 
Abortus,  machen  die  Chirurgen  nicht  die  Castration?  Operationen, 
welche  unter  anderen  Umständen  sämmtlieh  rerboten  sein  würden. 
Das  Gesetz  muss  hier  dem  Wissen  und  Gewissen  des  Arztes 
freien  Spielraum  lassen. 

Mit  der  Arbeit  yen  Kergaradec,  ist  Depaul  in  manchen 
Punkten  einverstanden,  in  anderen  nicht,  weil  jener  sich  dabei 
auf  unwahrscheinliche  tfnd  unsichere  Thatsachen  gestützt  hat. 
Zunächst  unterscheidet  K.  die  beiden  Zeiträume  vor  und  nach 
der  Lebensfähigkeit  des  Fötus  und  hier  muss  vor  Allem  die 
Orense  zwischen  beiden  festgestellt  werden.  Man  trenne  die 
Lebensfähigkeit,  wie  das  Gesetz  und  die  Wissenschaft  sie  fest- 
stellt. Nach  K,  geht  das  Gesetz  nicht  weit  genug  zurficl^,  nach  D. 
eher  zu  weit.  Jedenfalls  mfissten  erst  ganz  sichere  Beobachtungen 
einer  früheren  Lebensfähigkeit  vorliegen,  ehe  man  K.  Recht 
geben  könne,  denn  die  von  ihm  angefahrten  Beobaebtufigen  sind 
nicht  genügend  zum  Beweise.  Wie  schwer  ist  es  ferner  in  vielen 
FUlen,  genau  den  Beginn  der  Schwangerschaft  festzustellen!  Das 
-Gesetz  hat  mit  dem  180.  Tage  den  ftussersten  Termin  der  Lebens- 
fähigkeit mit  Redit  angesetzt,  denn  keine  sichere  Thatsaohe 
spricht  für  eine  frühere. 

Weitere  Fragen  sind:  1)  Wie  lange  nach  dem  Tode  der 
Mutter  kann  das  Kind  fortleben?  2)  Wenn  dieser  Zeitpunkt 
bekannt  ist,  hat  die  Wissenschaft  Zeichen  des  Lebens  des  Kindes? 
Diese  Fragen  müssen  erst  beantwortet  sein,  ehe  der  Arzt  zur 
AusfBhrnng  des  Kaiserschnittes  sehreitet.  Nach  K,  kann  das 
Kind  noch  mehrere  Tage  nach  dem  Tode  der  Mutter  fortleben, 
aber  seine  Unterlagen  hierfür  sind  ebenso  unzuverlässig,  wie  die 
obigen,  dagegen  liegen  zahlreiche  andere  Beobaobtongen  vor, 
in  denen  kurz  nach  dem  Tode  der  Matter  die  Kinder  todt  waren. 


398  XXVIII.     Notisen  aas  der  Jonrnal- Liters tnr. 

Die  UnabhKngigkeit  des  Lebens  des  Fötus  Ton  dem  der  Mntter 
ist  nicht  gross,  höchstens  anatomisch,  aher  alolit  physiologisch 
and  deshalb  giebt  der  Kaiserschnitt  so  selten  günstige  Besultate. 
Sehr  wesentlich  ist  das  Leben  des  Fötas  Ton  der  Todeskrankheit 
der  Matter  abhängig,  bei  den  meisten  acaten  Krankheiten  gebären 
die  Frauen  noch  Tor  ihrem  Tode,  nur  bei  plötslichen,  gewalt- 
samen Todesarten  kann  man  Tielleicht  auf  lebende  Kinder 
rechnen.  Solche  Fälle  sind  aber  sehr  selten.  Qenug  daa  Kind 
überlebt  nur  sehr  knrs  seine  Mutter,  nur  wenige,  15  höchstens 
80  Minuten.  Um  in  der  Praxis  jedoch  noch  einen  möglichst 
weiten  Spielraum  su  lassen,  so  ist  etwa  eine  Stunde  nach  dem 
Tode  der  Mutter  als  Grenie  su  setsen.  Sollte  das  Gesets  noch 
später  den  Kaisorschnitt  au  machen  yorschreiben ,  so  wurde  D. 
sich  dagegen  erklären. 

Die  andere  Frage,  ob  das  Kind  noch  lebe,  ist  positiv  an  beant- 
worten, durch  die  Auscultation  des  fötalen  Heraen,  welches  nach  der 
Lebeosfähigkeit  deutlich  su  hören  ist.  Den  Tod  der  Matter  wird 
der  Arat,  der  dem  Todeskampfe  beigewohnt  hat,  auch  mit  Sicher- 
heit bestimmen  können  und  wollte  er  abwarten»  bis  die  vom 
Oesetse  yorgeschriebenen  Prüfungen  des  Todes  ausgeführt  seien, 
so  werde  niemals  ein  lebendes  Kind  su  erhalten  sein.  Ist  letateres 
todt,  so  enthalte  man  sich  des  Kaiserschnittes. 

£he  man  «um  Kaiserschnitte  schreitet,  muss  man  wissen, 
ob  nicht  auf  den  natürlichen  Wegen  das  Kind  su  entwickeln  sei. 
Es  ist  nicht  nöthig,  dass  der  Muttermund  schon  erweitert  sei; 
man  kann  Einschnitte  in  seinen  Band  machen,  selbst  bei  noch 
gana  geschlossener  Oeffhung  den  Schnitt  yon  der  Scheide  aus 
yoUfUhren. 

Der  Kaiserschnitt  vor  der  Lebensfähigkeit  des  Fötus  hat 
eine  rein  religiöse  Beziehung.  Die  Ansichten  über  die  Beseelung 
des  Fötus,  über  die  Zeit,  in  welcher  solche  eintritt,  gehen  be- 
kanntlich weit  auseinander,  und  wenn  man  schon  yon  der 
Empfiingniss  an  die  Beseelung  annimmt,  so  könnte  sur  Bettung 
solcher  Seele  der  Kaiserschnitt  schon  in  der  frühesten  Zeit  der 
Schwangerschaft  gewünscht  werden.  D,  würde  ihn  nie  yor  dem 
yierten  Monate  machen  und  dann  auch  nur,  wenn  die  Mntter 
gana  sicher  todt  wäre. 

Endlich  ist  auch  die  Frage  wegen  der  katholischen  Taufe 
au  beantworten.  Sie  wurde  1847  der  belgischen  Akademie  Tor- 
gelegt,  welche  sich  wohlweislich  für  incompetent  erklärte« 

D,  fasst  seine  Ansichten  folgendermaassen  susammen: 

X)  Der  Arat  ist  allein  competent,  su  beurtheilen,  was  in 
Besug  auf  den  Kaiserschnitt  naeh  dem  Tode  der  Mutter  geschehen 
muss.  Das  Geseta  lässt  ihm  alle  nöthige  Freiheit  des  Handelns, 
und  ea  wäre  nicht  nur  unnöthig,  sondern  gefährlich,  neue  Vor- 
schriftea  in  das  Qesetabuch  aufaunehmen. 


XXVIII.    Notisen  aas  der  Journal -Literatur. 

2)  Hit  180  Tagen  des  Fötallebens  steckt  man  die  äusserste 
Grense  der  Lebensfähigkeit.  Es  giebt  keine  sicher  constatirte 
Beobachtung,  na^h  welcher  ein  Kind  ror  dieser  Zeit  dem  Leben 
erhalten  worden  wSre. 

8)  Stirbt  eine  Frau  in  der  Schwangerschaft  und  ist  das  Kind 
nicht  schon  Tor  oder  gleichzeitig  mit  ihr  gestorben,  so  ist  sichet* 
ein  baldiger  Tod  desselben  ansunehmen. 

4)  Im  Allgemeinen  genBgen  einige  Minuten,  um  Eum  Tode 
zu  flEhren,  wie  genaue  Beobachtungen  nachweisen.  Das  stimntt 
auch  mit  den  Lehren  der  Anatomie  und  Physiologie. 

6)  Alle  Beobachtungen,  in  welchen  mehrere  stunden  und 
selbst  mehrere  Tage  nach  dem  Tode  einer  Schwangeren  noch 
lebende  Kinder  entwickelt  wurden,  verdienen  keinen  Glauben. 

6)  Wenn  man  eine  Stunde  nach  dem  wirklichen  Tode  der 
Mutter  als  äusserste  Zeit  des  Fortlebens  des  l<^tu8  feststellt,  so 
gewährt  man  einen  sehr  weiten  Zeitraum,  welchen  wed^r  Thai- 
sachen noch  Schlüsse  rechtfertigen. 

7)  Der  Arzt  darf  sich  nicht  an  blosse  Vermuthungen  halten; 
er  hat  ein  Mittel  zur  Verfügung,  welches,  richtig  gebraucht,  fast 
untrüglich  ist,  nämlich  die  Auscultation. 

8)  In  Schwangerschaftem ,  welche  über  den  180.  Tag  hinaus- 
gegangen sind,  kann  man  die  Herzschläge  des  F6tus  eonstatfren; 
ihr  Fehlen  beweist  den  Tod  des  Fötus,  besonders  wenn  sie 
mehrere  Minuten  lang  fehlen. 

9)  Wenn  die  Gelegenheit  zum  Operiren  passend  erscbeint, 
so  muss  so  sicher  wie  möglich  der  Tod  der  Mutter  festgestellt  sein. 

10)  Die  Todesart  der  Mutter  hat  grossen  EinÜuss  auf  den 
FStus. 

11)  Ehe  man  zum  Kaiserffcbnitt  schreitet,  hat  man  sich,  zu 
ttberzeugen,  ob  das  Kind  durch  die  natürlichen  Wege  entwickelt 
werden  kann.  Die  Zange,  die  Wendung,  selbst  die  blutige  OefFnung 
des  Muttermundes  sind  dem  Kaiserschnitte  Torzuziehen,  wenn  der 
Zustand  des  Fötus  es  gestattet. 

12)'  Kur  der  Sachverständige  darf  solche  Operationen  vor- 
nehmen und  sie  müssen  sämmtlicb  mit  derselben  Vorsicht  und 
Sorgfalt  wie  bei  einer  Lebenden  ausgeführt  werden. 

13)  Sterben  die  Frauen  vor  dem  180.  Tage  der  Schwanger- 
schaft oder  vor  der  erkannten  Lebensfähigkeit,  so  verliert  der 
Kaiserschnitt  all  sein  wissenschafiliches  Interesse;  er  stecht  nur 
noch  für  die  Religion  in  Frage  in  Bezug  auf  die  Taufe. 

14)  Es  ist  nicht  weise  und  verständig,  ihn  vor  dem  finde 
des  vierten  Monates  zu  machen. 

16)  Vom  4.  —  6.  Monate  würde  man  ihn  nur  ausnahmsweise 
ausführen  und  ^nn  das  Leben  des  Fötus  sieher  bestände. 

16)  Es  wäre  wünsch enswe rth ,  'wenn  die  intrauterine  Taufe 
mit  Hälfe  einer  Einspritzung  von  der  Geistlichkeit  als  ausreichend 


40Q  XXVIir.    NotUen  aus  der  Journal -Lit«rAtur. 

erklftrt  wurde.    Diese  Praxis  wurde  überall  angenomniMi  werden 
nnd  allen  Zweifeln  und  Unmhen  ein  Ende  machen. 

Tardfeu,  welcher  nach  Dspaul  das  Wort  ergreift,  wünscht, 
dass  die  Akademie  sich  über  die  Frage  als  incompetent  erkläre. 

D§rv4^^  geht  besonders  auf  die  legale  Seite  der  Frage  ein, 
erkl&rt  sie  yoUstftndig  innerhalb  der  Competens  der  Akademie 
und  bittet  sie  weiter  zu  berathen.  Das  Ungenügende  des  Gesetzes 
liegt  in  der  falschen  Anwendung  desselben.  Man  wend^e  auf 
eine  chirurgische  Operation  an,  was  auf  eine  Leichenseotion 
passt.  Die  Verordnung,  welche  den  Kaiserschnitt  nicht  vor 
24  Stunden  nach  dem  Tode  gestatten  zu  wollen  seheint,  ist  Ton 
BambuUau  vom  25.  Juli  1844.  Dann  wird  der  Kaiserschnitt 
illusorisch  und  es  heisst  so  viel,  wie  ihn  verbieten.  Ktaht  der 
Buchstabe,  sondern  der  Sinn  des  Gesetzes  muss  gedeutet  werden. 
Die  Gesetzgebung  hat  niemals  Operationen  verboten,  welche  den 
Zweck  haben,  ein  Leben  zu  retten.  £in  Gesetz  vom  16.  April  1839 
legt  den  Aerzten  die  Pflicht  auf,  den  Kaiserschnitt  zur  Rettung 
des  Kindes  zu  unternehmen«  Das  erstere  Gesetz  bezieht  sich  auch 
nicht  auf  den  Kaiserschnitt,  verbietet  ihn  nicht  und  dann  ist  er 
erlaubt.  Die  Rechte  des  Arztes  sind  deshalb  vollkommen  gewahrt. 
Uebemimmt  der  Arzt  aber  nicht  doch  eine  Verantwortlichkeit, 
wenn  er  den  Kaiserschnitt  ausführt?  Er  ist  den  Folgen  der 
Artikel  1382,  1383  des  Code  civil  nnd  319  des  Code  p^nal  aus- 
gesetzt, wo  es  sich  um  unfreiwillige  TÖdtnng  durch  Ungeschick, 
Unklugheit,  Unaufmerksamkeit,  Nachlässigkeit  n.  s.  w.  handelt. 
Deshalb  ist  allerdings  die  allergrösste  Vorsicht  nöthig.  —  Was 
nun  die  Grundsätze  der  Religion  anlangt,  so  fragt  es  sich  1)  ob 
ein  Priester  das  Recht  hat,  nach  dem  Tode  der  Frau  die 
Hysterotomie  au  verlangen,  2)  ob  ein  Nlchtarzt,  sei  er  Geist- 
licher oder  nicht,  diese  Operation  ausführen  kann.  Das  Gesetz 
giebt  dem  katholischen  Priester  kein  Recht  dazu,  es  giebt  kein 
Religionsgesetz  neben  dem  Civilgesetz  über  diesen  Gegenstand. 
Beide  obige  Fragen  sind  zu  verneinen. 

Ker^mradse  klagt  snerst  über  den  bestimmten  nnd  auveraicht- 
liohen  Ton,  den  Depitul  in  der  Angelegenheit  angenommen. 
Wenn  es  auch  selten  vorkommen  mag,  dass  Kinder,  die  vor 
6V,  Monaten  geboren  sind,  fortleben,  so  sprechen  doch  die 
physiologischen  Gesetze  nicht  dagegen.  Wie  verschieden  stark 
und  gross  sind  nicht  aasgetragene  Kinder,  warum  sollen  sie  es 
nicht  auch  in  den  früheren  Sehwangersehaftszeiten  seini  Wenn 
aaoh  Dspaul  viele  gebartshülfliche  Erfahrungen  habe,  so  seien 
doch  die  von  Gar  dien,  Orßa,  V tiptau  ^  Capuron  gege|iübAr- 
>anstellen,  die  für  solche  frühzeitige  Lebensfähigkeit  sieh  aus- 
spreehan.  K.  sucht  femer  die  von  ihm  angeführten  Beohachtnngen 
gegen  die  Angriffe  A>.*s  zu  vertheidigen ,  sowohl  was  ihre  Glaub- 
würdigkeit, als  Wissensobaftlichkeit  betrifft  und  greift  vorsfiglinh 


XXVIII.    Kotisen  ans  d«r  Joanrnl -Literatur.  401 

den  Aueprach  P/e  an^  da««  mit  «e  knrse'  Zeit  der  FStnk  die 
^dte  Matter  «olle  überleben  können.  Eine  eineige  efitg;egen- 
l^esetste  Beobacktniig  ro«eee  diese  Behanptnng  «o  Boden  werfen 
niid  solcher  bafftaden  sieb  vier  in  seiner  Arbeit:  l).Ton  MiHem, 
we  12  Standen,  2)  Ton  Qardiw^  -3}  aas  der  Gaaette  de  Mets, 
wo  drei  Tage  nach  dem  Tode  der  Motter  da«  Kind  noch  gelebt 
habe,  4)  von  ihm  selbst,  wo  das  Rind  noch  etwa  12  Standen 
noch  Lebenflsparen  aeigte.  Müssen  da  nicht  Zweifel  in  die 
Lehre  D.'s  entstehen,  enthlllt  der  Schlnss  D/s  nicht  ein  Todes- 
ortheil  gegen  fast  alle  Fötas?  In  die  Anscnltation  sei  aaeh 
nicht  der  hohe  Werth  aa  legeni  den  Depmtl  beanspraehe.  Höre 
man  den  Heraton,  dann  sei  das  Zeichen  allerdings  wichtig,  höre 
man  ihn  nicht,  so  w&re  es  verwegen,  darum  auf  den  Tod  des 
'Fötus  sn  schlf essen. 

•  Tr^hvchei  fasst  die  Frage  besonders  von  der  Verwaltnngs- 
«nd  gerichtsUrstliehen  Seite  auf.  ZunKchst  müssen  die  Aerzte 
auf  ihre  Verantwortlichkeit  hin  volle  Freiheit  ihres  Handelns 
haben,  indess  besteht  ein  unterschied  für  die  Aercte  von  Paris^ 
welche  besonderen  Poliseiverördnungen  in  Bezug  anf  Beerdigungen 
unteipwerfen  sind  und  für  die  Aerzte  des  übrigen  Landes,  welche 
.nach  den  viel  freieren  Vorschriften  des  Art.  77  des  Code  civil 
au  handeln  haben.  Die  Verordnungen  für  Paris  verbieten  eine 
Beerdigung  vor  24  Stunden  nach  dem  Tode  und  es  liegt  diLrin 
auch  das  Verbot,  wfihrend  der  Zeit  Operationen  auszuführen, 
welche  aus  einem  Scheintode  einen  wirklichen  Tod  herbeiführen 
könnten.  Der  Kaiserschnitt  ist  nun  zwar  keine  Autopsie,  indess 
wird  Niemand  leugnen,  dass  er  zu  den  oben  gemeinten  Operationen 
gerechnet  werden  müsse.  Den  Kaiserschnitt  aber  in  den  ersten 
24  Stunden  verbieten,  heisst  ihn  voltst&ndig  beseitigen.  Das 
darf  aber  nicht  sein.  In  das  Gesetzbuch  nun  eine  neue  Ausnahme- 
bestimmung für  den  Kaiserschnitt  einaufügen,  wXre  unnütz  und 
selbst  gefährlich,  die  Ak'ademle  hat  keine  Veranlassung  bei  der 
Verwaltung  deswegen  Schritte  zu  thnn.  Wenn  auch  das  Oesetz 
In  diesem  Umstände  nicht  genügend  die  Verantwortlichkeit  des 
Arstes  schützt,  so  würde  er  doch  eine  grössere  pefahr  darin 
sehen,  wenn  man  flir  den  Kaiserschnitt  Anshahmebestimmungen 
für  die  Vorschriften  der  Beerdigungen  aufstellen  wollte.  Der 
Amt  soll  volle  Freiheit  des  Handelns  haben,  weil  er  allein  richtig 
beurtheilen  kann,  ob  für  den  Kaiserschnitt  die  günstigen  Um- 
stände vorliegen,  er  darf  aueh  nicht  bei  seinem  Handeln  gänzlich 
den  Folgen  seiner  Verantwortlichkeit  entaogen  sein,  falls  etwa 
nachgewiesen  würde,  dasa  die  Operation  ohne  wissenschaftliche 
Begründung  od«r  gegen  die  Regeln  der  Kunst,  oder  unter  dem 
Dmeke  fremder  £inflüsse,  gegen  die  Eingebungen  des  Gewissens, 
ausgeführt  worden  wäre.  Es  wäre  deshalb  zweckmassig,  wenn 
die  für  Paris  geltenden  Bestimmung^  für  das  ganze  Land  Geltung 
erhielten. 


402  XXVIII.    Notisen  mb  d«r  Joarnal- Lite  rata  r. 

Schliesslicli  einigte  man  sieh  bq  dem  Satse: 

Der  Arst,  welcher  die  Hoffinang^  hat,  ans  den  Körper  etnaT 
TeittorheDen  Schwangeren  ein  Kind  sv  entwickeln,  welches  in 
der  Lage  wäre,  weiter  leben  an  können,  kann  and  rnnss  seibat, 
vom  medioiaisehen  Standpnnkte  ans,  den  Kaiserschnitt  nach  den 
Vorschriften  der  Wissenschaft  ansfiihren. 

(Gas.  des  hdpitanz,  Ho.  40,  48,  46,  49,  65,  1861.) 


Dtimariey:     Eclampsie     w&hrend    der    Schwangerschaft, 
Tod,   Kaiserschnitt  swet  Stunden  nach  dem  Tode. 

Eine  übrigens  gesunde  Frau  hatte  schon  vor  10  Jahren  aehr 
schwer  ein  todtes  Kind  geboren  und  eine  Blasenacheidenfistri 
davongetragen.  In  ihrer  jetaigen  Schwangerschaft  bekam  sie 
schnell  hintereinander  folgende  eclamptische  Anfalle,  die  schon 
nach  einer  Stunde  snm  Tode  führten.  L.  kam  swei  Stunden  nach 
dem  Tode  an,  überzeugte  sich  gewissenhaft  Yon  dem  wahren 
Tode,  hörte  deutlich  die  Heratöne  des  Fötus,  die  verlangsamt 
waren.  Die  innere  Untersuchung  ergab  keine  Zeichen  der  be- 
gonnenen Geburt,  der  Kopf  lag  nicht  Tor,  die  Schwangerschaft, 
war  wenigstens  bis  in  den  achten  Monat  vorgerückt,  deshalb 
wurde  der  Kaiserschnitt  ausgeführt  nach  allen  Regejn  der  Kunst. 
Wie  bei  langsam  verlaufenden  Asphjzien  erschien  das  Kind 
durchweg  blauroth,  das  Gesicht  apoplektisch  und  geschwollen. 
Obwohl  wenig  Hoffnung  vorhanden  war,  das  Leben  des  Kindes 
SU  Letten,  wurden  doch  alle  Versuche  angestellt;  aua  der  Nabel- 
schnur floss  höchstens  ein  Löffel  voll  Blut  aus;  der  Schleim  aus 
dem  Rachen  wurde  entfernt,  Luft  eingeblasen,  Wasser  angespritstj 
gebürstet  u.  s.  w.,  40  Minuten  lang  aeigten  sich  noch  immer 
Hersschläge,  dann  wurden  sie  sehr  schwach  und  hörten  bald 
gans  auf. 

Der  Fall  bietet  fUr  die  Discussionen  in  der  Akademie  der 
Medicin  an  Paris  Interesse ,  da  dort  die  Ansichten  über  die  Dauer 
des  Lebens  des  Fötus  nach  dem  Tode  der  Mu^r  sehr  aus- 
einandergehen. Der  Fall  ist  jedoch  nicht  beweisend,  da  nur  die 
Familie  angiebt,  dass  bereits  zwei  Stunden  vor  der  Ankunft  L.*s 
der  Tod  der  Fr§u  erfolgt  sei,  dessen  Zeitpunkt  aber  durch  einen 
Sachverständigen  nicht  constatirt  wurde- 

(Gaa.  des  hdpiUuz,  No.  47,  1861.) 


MaUsi:  Ueber  den  Kaiserschnitt  nach  dem  Tode. 

Die  verschiedenen  Fälle,  wo  der  Kaiserschnitt  nach  dem  Tode 
volIfQhrt  werden  muss,  knüpfen  sieh  an  folgende  Vier  «Bedingungen.' 

1)  Die  Frau  ist  todt  und*  man  kann  noch  active  Bewegungen 
oder  den  Heraschlag   des   Fötus   nachweisen,   2)  die    Frau   ist 


XX  VIII.    Kotisen  ans  der  Journal  -  Li terAtnr.  408 

wenig^e  Hionten  yor  der  Ankunft  des  Antes  gestorben  and  dieser 
bort   bei   der  Ansenltation   die   fStalen  HerstSne    nicbt,    8)   die 
Fran  ist  seit  1,  2  oder  mebrerea  Sftinden  todt,  4)  sie  ist  seit- 
1  oder  3  Tagen  todf. 

Ad  1.  Die  actiren  BewegnageB  oder  die  Heratöne  sind  noe4i 
erkennbar.  Hier  mass  jedenftiils  das  Kind  anf  die  beste  und 
scbnellste  Art  gerettet  werden,  sobald  der  Tod  der  Matter  fest- 
stebt;  und  da  man  nicbt  immer  die  2eit  der  Schwangerscbaft 
and  die  Lebetsftbigkeit  bestimmen  kann ,  so  ist  der  Kaiserscbnftt 
aach  aaf  die  GefSsbr  bin,  ein  lebensanf&biges  Kind  an  bekommen, 
an  maeben.  Wenn  Devergis,  Ttxrdi&u  and  Tr^bwhet  derselben 
Ansiebt  sind,  dass  der  Arzt  gegen  den  Willen  der  Angebörigea 
den  Raiserscbnitt  nicbt  maeben  dürfe,  so  müsse  er  sieb  dagegea 
erklilren  and  gegen  die  Weigerang  der  Angeb($rigen ,  im  Namen 
der  Hamanit&t  protestiren.  Sollte  er  desbalb  angeklagt  werden; 
so  gebe  es  Processe,  dnrch  welcbe  man  nur  geebrt  werde; 
FüTcbte  man  einen  Scheintod  der  Matter,  so  wird  natürlieb  der 
Arst  dieselbe  and  grössere  Sorgfalt  anwendea,  den  Tod  fest- 
anstellen ,  als  der  Maire ,  der  nicbt  die  Leicben  antersache.  tfat 
der  Oesetzgeber  24  Standen  Aafscbab  bis  zar  Beerdigang  an- 
befoblen,  so  bat  er  nicbt  dabei  beabsiebtigen  können,  dem  Ante 
die  Lebensrettaag  eines  Kindes  za  Terbietea  and  das  ist  aacb 
aiemals  gescheben ,  da  stets  der  Kaiserscbnitt  empfoblen  worden  ist. 

Ad  2.  Die  Frau  ist  wenige  Hinatea  yor  Ankanft  des  Arttes 
gestorben  and  dieser  findet  bei  der  Ansenltation  die  Herstöne  des 
Fötas  nicbt.  —  Kacb  Depaul  mÜsste  man  bier  yom  Raiserscbnitte 
Abstand  nebmen,  weil  der  Fötas  todt  wäre.  Indess  ist'  Öfter' kein 
Herston  sa  hörea  and  der  FÖtas  lebt  doch,  wii  Vepaül  selbst 
in  seinea  Schriften  anfiibrt,  bei  geborenen  Kinderh  ist  saweilea 
der  Herzschlag  kaam  bemerkbar  aad  sie  werdea  noch  sam 
krftftigea  Lebea  gebracht,  zaweilea  babea  geübte  and  erfahrene 
Oebnrtsbelfer  Herztöae  gehört  aad  nachher  warde  ein  faaltodter 
Fötas  geborea.  Wenn  es  schon  geübten  Fachmännern  in  Ent- 
bindaagsaastalten  begegnen  kann,  am  wie  yiel  leichter  angeObteren 
in  der  PriyatpratiS)  aamal  wenn  der  Fall  dnrch  Ansammlung  yon 
Flüssigkeit  oder  Geschwülste  in  der  Banchböble  yerdankelt  ist. 
Wenngleich  selten  ein  Rind  noch  an  retten  sein  wird,  so  ist  das 
Unterlassen  gefährlicher  als  das  AnsfÖbren.  ^ 

Ad  8.  Die  Fraa  ist  seit  1,  2  oder  mehreren  Standen  todt. 
Der  Zwiespalt  der  Ansichten  ist  hier  noch  grösser.  KtrgaradM 
aad  die  Commission  halten  die  Rettang  des  FÖtas  aoeb  lat 
möglich,  V^paul  nicht.  Die  yoa  KergaretdeCf  DevilUert  and  Anderea 
angeführten  Thatsacben  (Sdnoeigiäuser ,  ffammonf  ZemoWey)  lassen 
nicht  die  Abweisang  sa,  welcbe  Depaul  mehr  nach  theoretlsoben 
Ideen  ausgesprochen  hat.  Der  Kreislaaf  des  FÖtas  kann  viel 
iKager  gestört  oder  aaterdrückt  werdea,  als  die  Athmnng  beicb 
geborenen  Menschen ,  ohne  den  Tod  herbeisaführen.    £s  Ihgtlä 


404  XKVHI.     Notisen  aut  der  Journal -Literatar. 

geDtigend  viel  ErfahrnDgeo  vor,  wo  viele  Standen  »och  die 
Hersthätigkeifc  des  geborenen  KindeB  fortdauerte  nnd  in  günetigen 
FttUen  Athmnng  hersnetellea  -war.  Deelialb  i«t  wobl  anxnnebmeB, 
das8  der  Fötne  1  — 2  Standen  nach  dem  Toda  der  Mutter,  somal 
wenn  dieser  plötaiiob.  erfolgte,  noch  so  viel  Lebeoskraflt  sich 
erbftlftttn  kann ,  utß  wiederbelebt  werden  sn  könaen. 

Ad  4.  Die  Frän  ist  schon  1 — 2  Tage  vor  der  Ankunft  des 
Arztes  todt.  Nach  einseinen  Beobachtungen,  welche  Kergamäu 
und  Z>s«iJ2iara  aus  geistlichen  Schriftstellern  gea^mmelt  haben, 
kl^nnte  man  auch  noch  an  die  Rettung  des  Kindes  ia  so  später 
Zeit  glauben.  Solche  Fälle  bedürfen  der  Bestätigung.  Insofern 
über  bei  Thieren  und  erwachsenen  Menschen  langandauemder 
Scheintod  beobachtet  worden  ist,  kann  auch  die  Möglichkeit 
für  den  Fötus  nicht  unbedingt  abgeleugnet  werden.  Zwei  Falle 
von  FlanquB  und  Baudeloeque  geben  an ,  dass  lebende  Kinder 
geboren  wurden,  obwohl  der  Nabelstrang  schon  mehrere  Tage 
serrissen  und  der  Nabel  vernarbt  war.  Man  kai^n  diese  Fülle 
beiweifeln,  weil  sie  der  Theorie  widersprechen,  indes«  eine 
sichere  Beobachtung  gilt  mehr  als  alle  Theorien  «nsammen.  * 

Demnach  folgt,  dass  der  Arzt  in  allen  Fällen,  wo  er  eu 
einer  todten  Schwangeren  gerufen  wird,  nach  Feststellung  des 
Todes  der  Frau  und  der  ungefübren  Lebensthätigkeit  des  Fötus, 
den  Kaiserschnitt  su  machen  hat,  mögen  Minuten,  Stunden  oder 
selbst  Tage  seit  dem  Tode  verflossen  sein.  Das  Unterlassen  ist 
immer  weniger  klug  als  das  Handeln.  Der  Arnt  wird  das  Kind 
erst  dann  sicher  als  tedt  erklRren  können,  wenn  es  geboren  ist 
nnd  nicht  belebt  werden  kann.  Nur  wegen  Fäulniss  und  LeichMi- 
starre  dürfen  die  Belebungsversuche  unterbleiben.  Der  Kaiser* 
schnitt  darf  nur  gemacht  werden,  wenn  das  Kind  nicht  durch 
die  natürlichen  Wege  ausgezogen  werden  kann,  und  stets  mit 
derselben -Vorsicht,  wie  bei  einer  Lebenden. 

(Gm*  de  hdpiUnx,  No.  54,  1861.) 


Otterbourg:   ITeber  den  Kaiserschnitt  nach   dem  Tode. 

Verf.  stellt  den  Satz  auf,  dess  beim  Tode  Rcbwaogerer  nnd 
gebarender  flauen  nur  ganz  ausnahmsweise  der  Kaiserschniit 
gem'acht  werden  dürfe,  dagegen  die  Geburt  eines  lebensfKhigen 
Kindes  durch  die  natürlichen  Geburtswege  ausgeführt  werden 
müsse.  Das  letztere  Verfahren  biete  den  ungeheueren  Vortheil, 
dass  es  ohne  Schwierigkeiten  von  Seiten  der  Familie  der  Ver- 
storbenen gestattet  werde ,  weil  der  gewöhnliche  geburtshülfliche 
Weg  nicht  verlassen  werde;  man  könne  deshalb  auch  ohne  allen 
Zeitverlust  zur  Entbindung-  sehreiten  und  erbalte  dadurch  dem 
Kinde  das.  Leben;  man  brauche  auch  nicht  zu  warten,  bis  man 
die  ganz  sicheren  Zeichen  des  Todes  der  Schwnngcren  vorfinde, 


XXVIII.    Notisen  aun  der  Journal  -  Literatar.  405 

dtnn  die  iBdication  'sei  hier,  sofort  %u  handeln.  Dies  g^ebarts- 
hillfliche  Verfabren  könne  so^ar  ancb  znr  Rettung  der  Fran  dienen, 
wie  die  unten  folj^ende  Beobachtung  lehrt;  es  schwinden  ferner 
alle  religiösen  Bedenken.  Die  Operation  muss  mit  Schonung 
und  Buhe  gemacht  werden,  gelingt  aber  fast  immer  schon  bei 
Schwangeren^  namentlich  aber,  wenn  die  Geburt  bereits  begonnen 
hat.  Sollte  mit  der  Hand  allein  die  künstliche  Erweiterung  des 
Muttermundes  nicht  gelingen,  so  sind  blutige  Einschnitte  in  den 
Band  su  mac)ien;  dann  ist  die  Zange  an  den  Torliegenden  Kopf 
ansulegen.  —  Verf.  theilt  swei  lehrreiche  Fälle  aus  seiner  Praxis 
mit:  1)  Eine  22jfihrige  gesunde  Fran  gelangte  glücklich  bis  sur 
Geburt;  der  Muttermund  hatte  sich  bereits  gut  geöffnet,  da« 
Wasser  war  abgeflossen,  als  plötzlich  ein  heftiger  Anfall  von 
Eclampsie  mit  Apoplexie  eintrat  und  der  Tod  schnell  erfolgte. 
Das  Kind  zeigte  noch  Lebenszeichen.  Sofort  wurde  der  Mutter- 
mund künstlich  erweitert  und  dann  mit  der  Zange  ein  zwar 
scheintodtes ,  aber  bald  belebtes  Mädchen  geboren.  —  2)  Eine 
sohwächliche  Frau  erlitt  in  der  38.  Woche  der  Schwangerschaft 
eine  heftige  Blutung.  Verschiedene  Mittel,  die  die  Hebamme 
sogleich  anweudete,  blieben  ohne  Erfolg,  die  Schwangere  wurde 
immer  schwächer  und  war,  wie  man  sagte,  bereits  todt,  als  zum 
Verf.  geschickt  wurde.  Das  Kind  zeigte  noch  Lebensspuren, 
aber  die  Schwangere  wurde  sowohl  7om  Verf.  als  einem  anderen 
Arzte  für  todt  gehalten.  Die  Pupille  war  unveränderlich,  weder 
Radialpuls,  noch  Herzthätigkeit  waren  zu  finden.  Es  wurde 
sofort  die  Zange  angelegt  und  zum  Erstaunen  bewegte  beim 
ersten  Zuge  die  Frau  ihre  Arme  und  Beine,  ihre  Wangen  rötheten 
sich,  sie  erbrach  und  bewegte  sich  so  unbändig,  dass  die  Zange 
wieder  entfernt  werden  musite.  Die  Frau  erholte  sich  vollständig 
nach  dem  Gebrauche  tonischer  Mittel  und  gebar  allein  eine  lebende 
Tochter. 

Im  ersten  Falle  würde  der  Kaiserschnitt  das  Kind  wohl  nicht 
gerettet  haben,  im  zweiten  wäre  die  Fran  durch  den  Kaiserschnitt 
vielleicht  nicht  wieder  zu  sieh  gekommen,  eder  z«  Grunde  gegaagaa. 
In  Städten  und  Hospitälern  könnte  man  noch  eher  die  Ans- 
fflhrpng  des  Kaisersehnittes  an  der  Todten  mit  einiger  Aussicht 
auf  Erfolg  ausführen,  in  der  Praxis  in  kleineren  Städten  «nd  auf 
dem  Lande  ist  es  dagegen  richtiger,  erst  alle  anderen  Entbindungs- 
versuche zu  machen.  ^ 
(Gaz.  des  höpit.,  Ko.  106,  1861.) 


Ueber  die  Bewegliehkeit  der  Oebärmiitter. 

Ziemlich  häufig  empfinden  Frauen,  obwohl  ihre^Niederknnfte 
und  Wochenbetten  ohne  Störungen  verliefen,  sobald  sie  wieder 
gehen  und  ihre  Beschäftigung. wieder  aufnehmen,  mehr  weniger 


406  IXIX.    Literatur. 

heftige  SchmerEen  entweder  im  Becken  oder  in  den  Lenden  oder 
im  oberen  Theile  der  Schenkel;  Schmerzen,  welche  gewöhnlich 
bei  ruhiger  nnd  namentlich  horizontaler  Lage  vollstXndig  ver- 
schwinden. In  Torliegender  Arbeit  wird  als  Ursache  dieser 
Schmerzen  die  durch  Ausdehnung  der  Bänder  während  der 
Schwangerschaft  herbeigeführte  Beweglichkeit  der  Gebärmutter 
aufgeführt.  Diese  Schmerzen  lassen  gewöhnlich  nach  zwei 
oder  drei  Monaten  nach,  weil  alsdann  die  Gebärmutter  sowohl 
ihr  früheres  Gewicht  und  Volumen,  als  auch,  durch  Zusammen- 
ziehung der  verschiedenen  Bänder,  ihre  frühere  Festigkeit  wieder 
erlangt  hat.  In  manchen  Fällen  dauern  jedoch  die  Schmerzen 
länger,  als  oben  angeführt,  weil  die  Erschlaffung  der  Bänder 
und  somit  auch  die  Beweglichkeit  der  Gebärmutter  fortbesteht. 
Häufig  fallen  mit  der  genannten  Beweglichkeit  Lage-  und 
Formabweichungen  der  Gebärmutter  zusammen,  welche  man 
allgemein  als  die  Ursache  der  Schmerzhaftigkeit  atiffasste. 
Getriel  und  nach  ihm  Nonat  haben  indess  gezeigt,  dass  die  ver- 
schiedenen mechanisch  wirkenden  Mittel,  welche  knan  gegen  die 
genannten  Zustände  anwendet,  nur  dadurch  günstig  wirkett,  dass 
sie  der  Gebärmutter  eine  sichere  Lage  verleihen.  Sind  die 
Lage-  und  Formabweichungen  des  Uterus  nicht  durch  Beweg- 
lichkeit desselben  complicirt,  so  fehlt  auch  in  vielen  Fällen 
jedwede  Schmerzhaftigkeit. 

(Gazette  des  hdpitaux,  1860,  No.  150.) 


XXIX. 
Literatur. 


Di«  Aetlologia,  4tr  Bogriff  und  die  Piropfaxlazta  des 
Kindbettfiebers  von  Ignam  Philipp  ^«mmslw«»««  Prof. 
in  Pest.  Pest,  Wien  n.  Leipzig;  ^ar<Meii*s  Verl.-Ezp.,  1861. 
8.     p.  VI  o.  689. 

^Tn  obiger  umfangreicher  Schrift  sucht  Verf.  mit  schärferen 
Waffen  seine  bereits  vor  13  Jahren  aufgestellte  Ansicht  über  die 
Aetlologie  des  Kindbettfiebers  als  die  allein  richtige  zu  ver- 
theidigen  und  erklärt  alle  Forscher,  welche  nicht  unbedingt  ihm 
folgen,  f&r  Ignoranten  und  Mörder.  Seine  Ansicht  geht  dahin« 
dass  sämmtliche  Puerperalfieber  durch  EinimpAiBg.  elnM  putriden 
Stoffes  entstehen  und  dass  dieser  Stoff  meist  von  Leichen^  oder 
auch  von  lebenden,  mit  jauchigen  Geschwürea  behafteten  Indi- 
viduen, endlich  von  den  Kranken  selbst  herrühre;  ietzteife  Bnt 
llt«hiingsweise   nennt   er   Selbsiinfecticm.     feefr^l^.  Beweise   üt^^^n 


XXTX.     Literatur.  407 

sich  anf  Beobachtangen  im  Oeb&rhauee  sq  Wien  and  Pest  und 
•Sud  durch  eine  grosse  Zahl  Ton  statistischen  Tabellen  belegt. 
Obwohl  die  Kritik  des  Verfassers  über  die  abweichenden  Ansichten 
eine  sehr  scharfe  und  meist  glückliche  ist  und  dem  Verf.  jedenfalls 
das  ihm  übrigens  schon  lange  allseitig  sugesprochene  Verdienst 
gebührt,  sehr  riel  aar  Verhütung  des  Puerperalfiebers  beigetragen 
SU  haben,  ao  geht  er  doch  in  seinen  Behauptungen  su  weit  und 
einseitig  vor.  Er  bleibt  uns  jedenfalls  den  Beweis  schuldig,  dass 
nur  die  von  ihm  angeführten  ätiologischen  Momente  stets  an- 
anklagen  seien.  £s  bleibt  nach  dem  Urtheile  fast  aller  Geburts- 
helfer immer  noch  eine  grössere  Zahl  ron  Erkrankungsfftllen 
Übrig,  deren  Entstehung  auf  eine  andere,  uns  freilich  noch  un- 
bekannte Ursaehe  surüoksuführen  ist.  Immerhin  ist  das  Buch 
der  höchsten  Beachtung  der  Fachgenossen  werth  und  wird  gewiss 
einen  weeeatlichen  Nntsen  für  die  Wöchnerinnen  stiften. 

Leider  hat  sich  der  Verf.  verleiten  lassen,  eine  Form  der 
Polemik  gegen  Andersdenkende  su  wählen,  welche  die  aller- 
ernsteste  Rüge  verdient.  Auf  jeder  Seite  sind  die  widerwHrtigsten 
Schimpfereien  und  Injurien  zu  lesen,  die  gar  nicht  isur  Sache 
gehören,  und  im  Anfange  swar  reiben,  durch  die  unerträglichen 
Wiederholungen  aber  höchst  langweilig  werden.  Das  ist  nicht 
4er  richtige  Weg,  eine  im  Kerne  wirklich  gute  Sache  su  fördern. 
Keinem  der  im  Buche  angegriffenen  lebenden  Geburtshelfer,  und 
es  sind  so  siemlich  alle,  welche  über  Kindbettfieber  irgend  etwas 
gesehrieben  haben,  wäre  es  su  verdenken,  wenn  er  solchen 
persönlichen  Schmähungen  gegenüber  mit  Verachtung  schwiege. 

In  den  swei  offenen  Briefen ,  welche  der  Verf.  seinem  Buche 
noch  folgen  Hess,  befindet  sich  wohl  nichts,  was  nicht  schon  im 
Buche  selbst  in  unsähligen  Wiederholungen  gesagt  worden  wäre, 
die  Injurien  sind  aber  wo  möglich  noch  gröber.  C. 


Lehrbuch  der  Hebammenknnst  von  Dr.  Bernhard 
8ehuline,  Prof.  der  Oebnrtsbülfe ,  Direetor  der  EatbindHpgs- 
anstatt  und  Uebammenschule  sn  Jena.  Mit  68  Holaschnittoa. 
Leipsig,  W.  Bngeltnann,  1860.    8.    p.  XII  n.  274. 

Jedes  neue  Hebammenbnch  ist  freudig  su  begHissen ,  welches 
dadurch  einen  kleinen  Schritt  vorwärts  thut,  dass  es  die  Beftignisse 
der  Hebammen  besehränkt  und  wenn  ferner  auch  die  Darstellung 
das  Lehrgegenstandes  in  einer  so  einfachen,  klaren  Sprache  ge- 
boten wird,  wie  in  dem  vorliegenden  Lehrbuche.  Wir  glauben 
daaaelbe  als  eins  der  besten  empfehlen  su  können  und  wenn  wir 
in  dam  Folgendem  näher  auf  einselne  Punkte  berichtigend  ein- 
j^ehen,  so  geschieht  dies  nur  in  achtungsvollster  Weise  gegen 
den  Verf.  und  in  der  Ueberseugung,  dans  ihm  für  eine  spätere 
Bearbeitung  manche  unserer  Andeutungen  willkommen  sein  können. 


408  XXIX.     Literatur. 

Zunächst  hätten  wir  gern  einen  nicht  ^anz  hierhergehSrigeti 
AusfAll  gegen  ein  anerkannt  gntes  Hebammenl^hrbuifh  (8.  TS) 
▼ormissiy  dagegen  eine  wenn  auch  nur  ganz  ob6rflftcfali<she  Dar- 
stellung der  Anatomie  und  namentlich  der  Physiologie  de« 
menschlichen  Korpers  gefunden.  In  jetziger  Zeit  sind  die  Natar^» 
Wissenschaften  und  auch  die  Anatomie  und  Phy-siolog^e  äe$ 
Menschen  schon  so  weit  Allgemeingut  geworden,  dass  sie  bereits 
in  den  Volksschulen  gelehrt  werden.  Für  Hebammen'  Ist  aber 
die  Kenntniss  der  gröberen  Anatomie  und  Physiologie  unbedingt 
nothig  sum  Verständniss  so  mancher  wichtiger  Vorgänge  in  der 
Geburtshulfe  und  sur  Beseitigung  vielen  Aberglaubens  nnd  Tor- 
gefasster  irriger  Anschauungen.  Ueberhaupt  konnten  im  Lehr- 
buche reichlicher  neben  den  Vorschriften  des  Handelns  auch 
die  kurze  Erklärung  und  die  Grunde  beigefügt  sein.  Die  Ab- 
bildungen, in  der  Mehrzahl  original,  sind  sehr  gvt  gew&hh, 
künstlerisch  vollendet  ausgeführt'  und  tragen  wesentiteh  zum 
Verständniss  bei. 

Gehen  wir  zur  kurzen  Hervorhebung  einzelner  Stellen  aber. 
§  97    ist    bei    der  Husseren  Untersuchung  das   nicht   unwichtige 
Symptom  der  Schwellung  der  Husseren  Geschlechtstheile  wahrend 
der  Schwangerschaft  nicht  angefahrt;  g  98  bei  der  Anscnltation 
wären  neben  den  Darmgeräuschen  auch  die  Palsationen  der  Aona 
und  lliacae  zu  nennen   gewesen,    welche  mit  den  Herasefal&gen 
verwechselt  werden  können;  §  126  sagt  Verf.  mit  Unrecht;   „die 
Frauen  haben,   obgleich  Viele  es  meinen,  bei  der  befmehtendea 
Begattung    keine    andere    Empfindung,    als    bei    der    niofat    be- 
fruchtenden,*   denn    wie    will    er    dies    beweisen,    waram    sind 
solche  Empfindungen  kurz  abzusprechen?   Wenngleieh  die  meieten 
Frauen  nichts  dabei   fühlen,   so   ist  das  noch  kein  Grand,   das« 
überhanpt   keine    es    ffihlen   solle.     §  129  ist  ein  den  Sinn   ent- 
stellender Drackfehler,  indem  es  heisst:  ,,nach  24  Wochen  steht 
der  Gebärmuttergrund  einen  Finger  breit  über  dem  Nabel,'   da 
er  sa   dieser  Zeit   knapp   nnter   dem  Kabel   zu   stehen   pflegt. 
$.118  i«t  das  Verfahren,  die  Brostwarzea  hervorzasaugen  mittels 
einer  Flasche  an  roh,  und  besser  durch  einen  Gammisauger  aus- 
zuführen.    Zum  Kapitel  über  die   regelwidrige  Lage   des  Kindes 
§  140  u.  f.  hätten  wir  noch  einige  Abbildungen  mehr  gewünscht; 
§  154  ist  bei  Bauchschwangerschaft   der  Ausgang  der  Abscess- 
bildung   nicht   erwähnt.     §   192   wäre  eine   kurze  Erklärung  der 
Molen  wünschenswerth,  ebenso  §  208  eine  Erklärung  des  Schmerzes 
der  Wehen.    Der  Satz:    „ Bei  jeder  Wehe   schlägt  der  Pols  tter 
Frau    häufiger    als    vorher;    wenn    die    Wehe    aufhört,    wird    er 
seltener"  ist,  so  allgemein,  nicht  zu  behaupten.     §  222  sind  die 
drittletzte  und  vorletzte  Zeilen  verdruckt.     §  272  halten  wir  die 
Temperatur  von  26^  S.  für  das  erste   Bad   eines   neugeborenen 
Kindes    zu    niedrig.     §    275    hätten    wir    die    freilich    in    keinem 
Hebammenbuche    bisher  jgelehrte  Vorschrift   gewüusciit,   -dass -ta 


XXIX.     Literntur.  409 

der  Regel  .zuerst  die  Eotbnndene  fertig  besorgt  and  erst  iiach 
der  Entfemmig  der  Nnchgebort  das  Kind  gebadet  und  angekleidet 
werde.  Die,  Hebammen  beobachten  trots  der  Vorschrift  nicht 
immer  genügend  die  Entbundene,  während  sie  mit  dem  Kinde 
beschäftigt  sind  und  deshalb  kommen  so  hftufig  die  bedenklichsten 
Blutungen  in  der  fünften  Geburtsperiode  vor,  die  nach  sorgfKltiger 
Entfernung  der  Nachgeburt  nicht  mehr  so  leicht  sich  ereignen. 
§  288  hätte  cur  Erkenntniss  der  Oesichtslagen  im  Beginne  der 
Geburt  die  für  die  Hebammen  so  wichtige  äussere  Untersuchung 
Erwähnung  finden  können.  In  §  289  ist  eine  bisher  in  Hebammen- 
buchern  nicht  aufgestellte  Beschränkung  eingeführt,  nämlich 
wenn  Gesichtslagen  bei  Erstgebärenden  vorkommen,  den  Geburts« 
helfer  rufen  zu  müssen.  Wir  stimmen  dieser  Neuerung  yollständig 
bei.  §.  806.  Bei  Einrichtung  eines  Qnerbettes  das  Bett  mit  dem 
einen  Seitenrande  an  die  Wand  su  stellen,  wie  Verf.  vorschreibt, 
ist  nicht  so  zweckmässig,  wie  auch  diesen  Band  frei  zu  lassen, 
damit  eine  Gehfilfin  hinter  die  Gebärende  treten  und  sie  untere 
stützen  könne.  §  333  bei  Beurtheilung  der  Grösse  des  Kinde^- 
kopfes  ist  die  äussere  Untersuchung  nicht  erwähnt.  §  423  sq. 
handeln  vom  Scheintode  der  Kinder.  Die  Betebungsmittel  sind 
etwas  heroisch  und  können  nach  Art  der  Darstellung  leicht  zum 
Zuvielthun  verleiten ;  das  künstliche  Einblasen  von  Luft,  das  sich 
doch  in  manchen  Fällen  so  ausserordentlich  halfreich  zeigt,  ist 
nicht  erwähnt.  §  436  wird  die  vortreffliche  Wirkung  des  Sand^ 
Backes  bei  Nachblutungen  gerühmt.  Die  Darstellung  ist  der  im 
Preussischen  Hebammenbuche  gleich.  Wir  müssen  bekennen, 
dass  wir,  nach  mehrfachen  Erfahrungen,  nicht  zu  den  Verehre m 
des  Sandsaokes  gehören,  sicherlich  aber  nicht  die  Anschauung 
unterschreiben,  dass  „die  Gebärmutter  formlich,  indem  sie  sich 
zusammenzieht,  unter  dem  Sandsack  hervorkrieche".  §  450  wäre 
eine  Erklärung*  des  Wochenflusses  erwünscht.  §453  ist  der  Satz: 
„so  lauge  die  Milchabsonderung  dauert,  bleibt  die  Regel  aus'' 
zu  allgemein  und  deshalb  nicht  richtig  ausgesprochen.  §  460  sq. 
handeln  von  der  Pflege  der  Mutter  und  des  Kindes.  Es  hätte 
hier  auch  die  Beleuchtung  des  Wbchenzimmers  besprochen  werden 
sollen,  um  dem  Missbrauche  der  finster  gemachten  Zimmer  ent- 
gegenzutreten. Den  kleinen  Kindern  möchten  wir '  femer 'die 
Wärmflaschen  erbalten  wissen,  die  Verf.  als  nnnöthig  verwirft. 
§  611  und  516  ist  Verf.  seinen  Ansichten  nicht  tren  geblieben, 
indem  er  den  Hebammen  ohne  ^Noth  gestattet,  den  Kindern 
innerlich  und  äusserliisli  Arvnei  mxl  verabreichen.  Es  ist  sicher- 
lich richtiger,  alle  und  jede  Arznetdarreichung  zu  verbieten. 

Es  mag  genügen,  diese  wenigen  Bemerkungen  hervorgehoben 
lu  haben,  die  keinesweges  dem  Werthe  des  Ganzen  Eintrag  thun 
söUen.  •  Qy 


410  Kachtrag.     Nachricht.    Berichtignogeo. 

Nachtrag. 

In  meinem  Aufsätze :  ,  Ueber  die  narbeoähnlichen  Streifen  in 
der  Haut  des  Bauches,  der  Brüste  und  der  Oberschenkel  der 
Schwangeren  und  Entbundenen '^  (s.  Monatsschrift,  1869,  Bd.  XIV., 
Heft  6)  ist  eine  denselben  Gegenstand  behandelnde  Arbeit  yon 
Ritgen  von  mir  su  meinem  Bedauern  übersehen  und  nicht  erwähnt 
werden.  Ritgen  hat  im  Jahre  1830  (Gemeinsame  Zeitschrift  fiir 
Geburtskuiide,  Bd.  V.,  S.  612}  und  später  in  einem  anderen  Anfsatse 
daraufhingewiesen,  dass  die  rothen  Bauchstriemeu  Telangiectasien, 
die  weissen  mattsilberfarbenen  Striemen  Lymphangiectasien  seien, 
ferner,  dass  die  Striemen  auch  am  Bücken  und  GesKss  yorkommen, 
dass  sie  meistens  mit  dem  fünften  Schwangerschaftsmonate  er- 
scheinen, erst  hellroth,  dann  dunkelroth;  dass  sie  bei  Jungfrauen 
über  dem  Tensor  fasclae  latae  während  und  seltener  ausserhalb 
der  Menstruation  zu  finden  seien,  dass  er  das  Vorragen  der  er- 
weiterten Haargefässe  und  Lymphgefässe  über  die  benachbart« 
Haut  sehr  deutlich  gesehen  habe,  dass  die  Vorragungen  während 
der  Schwangerschaft,  nach  der  Geburt  in  Vertiefungen,  fiunieln, 
übergehen,  indem  die  ausgedehnten  Gefässe  das  benachbarte 
Fettgewebe  verdrängen  und  zur  Resorption  bringen^  so  dass  später 
die  Lücken  des  Gewebes  sich  nicht  wieder  füllen  und.  nach  Auf- 
hören der  Plethora  die  äusserste  Hautdecke  in  die  Lücken 
einsinkt.  Credi. 


Naehricht. 

Wir  theilen  unseren  geehrten  Leserti  die  schmerzliche  Nach- 
richt mit^  dass  der  langjährige  Mitherausgeber  unserer  Monats- 
schrift, Herr  Hofrath  und  Professor  Dr.  E.  C.  J.  von  Siebold 
in  Göttingen,  nach  längerer  Krankheit,  welche  ihn  aber  bis  in 
die  letzten  Tage  nicht  hinderte,  seine  Thätigkeit  und  das  leb- 
hafteste Interesse  der  Monatsschrift  zu  widmen,  am  27.  October 
▼erstorben  ist.  Wir  werden  den  Necrolog  unseres  theueren,  in 
den  weitesten  Kreisen  geachteten  und  beliebten  Freundes  in 
•inem  der  nächsten  Hefte  unseren  geehrten  Lesern  vorlegen. 

Die  Redaction. 


Berickticvsseii. 

Monatsschrift,.  Bd.  XVIL,  S- 419  Z.  21  ▼.  o.  lies:  «fühlbar«  stotl 

I,  sichtbar« 
und  ebenda«.  S.  421  Z.  19  ▼.  o.  lies:  „  massiger«  statt  „  wässriger"^ 


XXX. 

Neuer  Fall  von  Spondylolisthesis  des  Beckens. 

Unvollendet   gebliebene   Entbindung.     Tod   des 

Kindes  und  der  Mutter. 

Von 

Professor  Dr.  Breslau  in  Zürich. 

(Mit  Abbildung.) 

Seitdem  Kutan  durch  zwei  kurz  einander  aich  folgende 
Schriften:  „De  spondylolislhesi  gravissimae  pelvangustiae  causa 
nuper  detecta,  Bonn  1853"  und  „Schilderungen  neuer  Becken- 
formen und  ihres  Verhaltens  im  Leben,  Mannheim  1854"  sich  das 
Verdienst  erworben  hat,  die  Aufmerksamkeit  der  Geburtshelfer 
und  Anatomen  alif  eine  bis  zu  jener  Zeit  nur  durch  vier 
Exemplare  vertretene,  höchst  eigenthümliche  Beckenanomalie 
zu  lenken,  hat  es  nicht  an  Nachsuchungen  und  Forschungen 
in  dieser  Richtung  gefehlt,  aber  es  ist  bei  der  wahrscheinlich 
sehr  grossen  Seltenheit  der  Spondilolisthesis  des  Beckens  nicht 
gelungen,  mehr  denn  einige  wenige  neue  Fälle  den  von  Küian 
gesammelten  hinzuzufügen.  Der  Zufall  hat  nun  gewollt,  dass, 
nachdem  ich  im  Jahre  1555  in  der  Münchener  anatomischen 
Sammlung  ein  spondylolisthetisches  Becken  entdeckt,  dessen 
Beschreibung  in  Scamoni^  Beiträgen  zur  Geburtskunde,  Bd.  IL, 
zu  finden  ist,  vor  kurzer  Zeit  mir  die  Gelegenheit  wurde, 
mich  mit  einer,  freilich  sehr  traurigen  Erfahrung  zu  bereichern,' 
deren  Gegenstand  eine  mit  einem  hochgradigen  spondylo* 
listhetischen  Becken  behaftete  Frau  war. 

Mein  Assistent,  Herr.^tÄ6<ef ,  wird  in  der  nächsten  Zeit 
diesen  Fall  ausführlich  für  seine  Dissertation  verwerthen,  auf 
die  ich  im  Voraus  verweise.    Da  aber  Dissertationen  in  der 

Monatasehr.  f.  Gebartok.  1861.  Bd.  XVIII..  Hft.  6.  27 


412       XXX.    Brestlau y  Neuer  Fall  von  Spondylolisthesis 

Regel  einen  beschränkten  kreis  nicht  überschreiten,  so  halte 
ich  es  für  meine  Pflicht,  durch  diese  weitverbreitete  Zeitschrift 
ein  grösseres  ärztliches  Publikum  mit  unserer,  in  mancher 
Beziehung  einzig  dastehenden  Beobachtung  bekannt  zu  machen. 
E.  Flach.  43  Jahre  alt,  Bauersfrau,  zum  ersten  Maio 
schwanger,  wurde  in  der  Nacht  vom  17.  auf  18.  April  1861  in 
die  hiesige  Gebäranstalt  mit  einer  Empfehlung  von  Dr.  M.  m 
Pfungen  gebracht,  welcher  die  nahe  bevorstehende  Geburt  wegen 
„grosser  Enge  des  ßeckenausganges  in  allen  seinen  Dimensionen*' 
auf  natürlichem  Wege  für  sehr  zweifelhaft  hielt.  Mein  Assistent, 
welcher  die  Schwangere  gleich  nach  ihrer  Ankunft  untersucfal 
und  keine  Zeichen  bereits  eingetretener  Geburt  wahrnahm,  liess 
mich  nicht  rufen,  und  so  sah  ich  dieselbe  zum  ersten  Male 
am  Morgen  des  18.  April.  Ich  fand  sie  im  Bette  liegend,  vom 
Transport  und  der  schlaflosen  Nacht  ermüdet,  über  Krämpfe 
im  Unterleibe  klagend,  sehr  ängslhch  wegen  der  durch  den 
ominösen  Ausspruch  ihres  Arztes  ihr  drohenden  Gefahr. 
Nachdem  ich  sie  etwas  zu  beruhigeü  versucht  hatte,  nahm 
ich  die  Untersuchung  per  Vcigüiam  vor,  und  es  war  natürlich, 
dass  ich  zunächst  auf  den  als  sehr  enge  angeführten  Becken- 
ausgang mein  Augenmerk  richtete.  .  Der  Befund  war  aber 
ein  ganz  negativer,  denn  in  keiner  Richtung  konnte  ich  irgend 
welche  Anomalie  des  Beckenausgangs  entdecken.  Das  Becken 
in  toto  und  speciell  den  Beckenein^ang  zu  untersuchen, 
unterliess  ich  für  jetzt,  nachdem  ich  gefunden  hatte,  dass 
die  Vaginalportion  noch  fast  1  Zoll  lang,  der  äussere  Mutter- 
mund beinahe  geschlossen  war,  dass  weder  Blut  noch  Frucht- 
wasser abging,  keine  eigentlichen  Wehen  nachgewiesen  werden 
konnten,  dass  somit  die  Geburt  noch  nicht  im  Gange  war 
und  ich  beabsichtigte  später,  wenn  die  Schwangere  sich  erst 
erholt  hatte,  eine  genaue,  immerhin  angreifende  und  mehr 
oder  minder  schmerzhafte  Beckenmessung  vorzunehmen,  um 
darauf  Therapie  und  Prognose  zu  gründen.  Ich  liess  dir 
Schwangere  die  horizontale  Lage  beibehalten  und  verordnete 
Brausepulver.  In  der  Nacht  vom  18.  auf  19.  April  gegen 
2  Uhr  Morgens  begannen  wirkliche  Wehen  in  regelmässiger 
Weise  nach  und  nach  sich  verstärkend,  aufzutreten  und  die 
Gebärende  wurde  am  19.  Morgens  auf  das  Gebärbett  gebracht, 
ihrer  Angabe  gemäss  hatte  die  Schwangerschaft  ungefölir  erst 


des  Becken.^.    UnvolIeDdet  gebliebene  Entbindung  etc.      413 

die  36.  Wocbe  erreicht;  der  Grund  des  Uterus  stand  eine 
Hand  breit  über  dein  Nabel,  der  Umfang  desJLeibes  war 
mäs&ig,  Fruchtwasser  schien  wenig  Torhanden  zu  sein,  die 
Fötaltone  konnten  auf  der  rechten  Seite  deutlich  wahrgeuonunen 
werden,  kleine  Kindestheile  waren  durch  die  straffen  Bauch- 
decken mit  Mühe  in  der  Nähe  des  Nabels  zu  fühlen.  Die 
am  Ende  roitzutheilenden  Grössen-  und  Gewicbtsverhältnisse 
des  Kindes  werden  zeigen,  dass  die  Schwangerschaft  ihr 
normales  Ende  wahrscheinlich  ganz  oder  nahezu  erreicht  hatte. 
Die  am  gestrigen  Tage  unterlassene  allseitige  ßeckenmessung 
wurde  nun  jetzt  mit  möglichster  Genauigkeit  vorgenommen. 
Deren  Resultat  war,  sowohl  was  Art  als  Grösse  der  Becken- 
difformität  betnfil,  ein  so  richtiges,  wie  man  es  bei  der  grossen 
Schwierigkeit  einer  Beckenmessung  an  der  Lebenden  nur  er- 
reichen kann  und  ich  muss,  obwohl  der  Fall  ein  so  trauriges 
Ende  nahm,  obwohl  ich  den  einzigen  richtigen  Weg  zur 
Entbindung,  den  Kaiserschnitt,  einzuschlagen  unterlassen  habe, 
dennoch  mit  einiger  Genugthuung  hervorheben,  dass  ich  zuerst 
eine  Spondylolisthesis  an  einer  Gebärenden  erkannt  haJi>e.  Bei 
Besichtigung  des  Körpers  der  Gebärenden  ergab  sich: 

1)  Kleine,  4V2  Pariser  Fuss  hohe  Statur,  kräftiger 
Knochenbau,  starke  Muskulatur,  Extremitäten  nicht  verkrümmt, 
Thorax  gut  gewölbt,  die  falschen  Rippen  ungewöhnlich  stark 
vorstehend. 

2)  Hals-  und  Brustwirbel  regelmässig,  die  Lendenwirbel* 
gegend  lordo tisch  eingesunken.  Die  Sehne  des  durch 
die  eingesunkenen  Lendenwirbel  gebildeten  Bogens  betrug 
ungefähr  4",  die  stärkste  Vertiefung  nahezu  l'^  Die  Process. 
spinosi  undeutlich  zu  unterscheiden. 

3)  Das  Kreuzbein  ungewöhnlich  stark  vorragend,  gut 
gewölbt,  sein  oberster  Proc.  spinosus  durch  die  mageren 
Weichtheile  sehr  deutlich  zu  fühlen.  (Nachdem  das  Becken 
skelettirt  worden,  zeigte  sich,  dass  der  oberste,  vermeintlich 
dem  Kreuzbeine  zugeschriebene  Proc.  spinosus  nicht  diesem, 
sondern  dem  letzte^  Lendenwirbel  angehört.)^)  Die  beiden 
Hüilbeiustämme,  gleichwie  das  Kreuzbein,  ragt^  durch  die 
an  diesen  Stellen  sehr  mageren  Weichtheile  stark  hervor.    An 

1)  Cfr.  die  Abbildung. 


414       XXX.    Breslau  y  Neuer  Fall  toti  Spondylollsthesi« 

der  Haut  der  Kreuzbein-  und  Leudeawirbelgegeod  war  keine 
Narbe,  keine  Einziehung,  keine  Farbenveränderung  siebtbar, 
worauf  ich  ausdrücklich  aufmerksam  mache,  indem  durch 
diesen  negativen  Befund  einer  der  Beweise  gegen  die  iamÄf  sehe 
Ansicht  von  der  Entstehung  der  Spondylolisthesis  durch  con- 
genitale Hydrorrhachis  geliefert  ist. 

4)  Die  Entfernung  des  oberen  Randes  der  Schambein- 
Symphyse  bis  zur  Spitze  des  am  meisten  vorragenden  Proc 
spinös,  betrug  mit  dem  Baudeloeque'scher^  Tastercirkel  6"  6*. 
Wurde  der  nach  rückwärts  befindliche  Pol  dieses  Instrumentes 
etwas  weiter  hinauf  in  die  gmbenföniiige  Vertiefung  der 
lordotischen  Lendenwirbel  geschoben,  so  betrug  die  äussere 
Conjugata  nur  6". 

5)  Brachte  ich  einen  Finger  in  der  Richtung  gegen  das 
Promontorium  in  die  Scheide  ein,  so  stiess  ich,  ohne  dass 
ich  mich  bedeutend  anstrengen  musste,  auf  die  hintere 
knöcherne  Wand  des  Beckeneingangs,  von  der  ich  freilidi 
nicht  wissen  konnte,  ob  es  das  wahre  Promontorium  oder 
ein  falsches  sei.  Von  dem  Ligamentum  arcuatum  des  Schambein^ 
bogens  bis  zu  der  mit  einer  Fingerspitze  erreichten  breiten 
hinteren  Knochenwand  betrug  die  Entfernung  3"  6'".  Brachte 
ich  den  Mittelfinger  neben  den  Zeigefinger,  so  konnte  ich, 
wenn  ich  von  dem  vorragenden  Promontorium  gegen  die 
KreuzbeinhöhJe,  also  nach  hinten  und  abwärts  meine  beiden 
Finger  bewegte,  ganz  deutlich  fühlen,  dass  die  erwähnte  breite 
Knochenpartie  dachförmig  über  die  vordere  Krenzbeinfläche 
sich  herab  wölbt,  ich  gelangte  in  eine  winklige  Vertiefung, 
ohne  aber  die  hinter»  knöcherne  Begrenzung  (Kreuzbein)  ei^ 
reichen  zu  können.  Der  erste  Eindruck,  den  ich  auf  diese 
Weise  erhielt,  war  der,  als  ob  auf  dem  oberen  Drittheil  des 
Kreuzbeins  eine  Exostose  breit  aufsitze,  die  in  den  Becken- 
eingang hineinrage. 

Aus   der  vorgenommenen   Untersuchung   ging   nun  un- 
zweifelhaft hervor: 
ä)   dass  das  Becken   in   der  Richtung^  der  Conjugata  vera 

verengt  ist; 
b)  dass   die   Gonjug^  vera    keine    ganzen  3"    betragen 
könne,  wenn  man  von  dem   sub  No.  4  ang^ebenen 


des  Beckens.    Unvojlendet  gebliebene  Entbindung  etc.      415 

Maasse  3V4"  und   von  dem   sub  No.  5   angegebeneu 

Maasse  8'"  (nach  MichaeUs)  abzog, 
c)  dass  ein  grosses  mechanisches  Hinderniss  bei  der  Geburt, 

selbst  wenn  das  Kind  seine  Reife  noch  nicht  vollständig 

erlangt  habe,  zu  erwarten  sei. 
Zu  welcher  Gattung  von  defonnen  Becken  das  unserer 
Gebärenden  gehöre,  darüber  konnte  im  Anfang  noch  ein 
Zweifel  sein.  Entweder  hatte  man  es  mit  einem  rhachitischen 
oder  mit  einem  exostotischen  oder  mit  einem  spondylo- 
listbetischen  Becken  zu  tbun.  Ich  entschied  mich  nach 
sorgfältiger  Ueberlegung  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  für 
das  letzte,  denn  indem  ich  mir  die  demselben  eigenthumlichen 
anatomischen  Verhältnisse  vergegenwärtigte,  konnte  ich  das 
Ergebniss  der  äusseren  und  inneren  Untersuchung  vollständig 
damit  in  Einklang  bringen  und  sowohl  Rhachitis  wie 
Exostose  ausscbliessen,  für  welche  Einiges  des  Untersuchungs- 
befundes, aber  nicht  Alles  sprach.  Für  die  Diagnose  der 
Spondylolisthesis  sprach  auch  noch  das  Wenige,  was  uns  die 
Gebärende  über  das  Entstehen  ihrer  Rückgratsdeformität  an- 
zugeben wusste.  Sie  will  nämlich  in  ihrer  Jugend  stets 
gesund  und  „kerzengerade**  gewesen  sein,  bis  sie  ungefähr 
im  17.  oder  18.  Jahre  beim  Tragen  schwerer  Lasten  auf  dem 
Rücken  heftige  Schmerzen  in  der  Kreuzgegend  empfand, 
welchen  aUmäüg  die  Verkrümmung  des  Rückens  folgte.  Diese 
Angabe  der  Frau  Flach  wurde  mir  später  dtvch  eine  brief- 
liche Hittheilung  von  Herrn  Dr.  M.  in  Pfungen  wiederholt, 
welcher  bei  deren  Verwandten  Erkundigungen  eingezogen  hatte. 
Ueber  den  Gang  der  Frau  Flach,  ob  er  ein  vorwärtsgeneigter 
gewesen  ist  oder  nicht,  weiss  ich  leider  nichts  anzugeben. 
Als  Schwangere  sah  ich  sie  nicht  gehen,  als  Gebärende  wollte 
ich  sie  aus  verschiedenen  Gründen  nicht  gehen  lassen,  und 
zweifle  auch,  ob  man  aus  dem  Gange  einer  Gebärenden  einen 
richtigen  Schluss  auf  deren  früheren,  gewöhnlichen  Gang 
hätte  ziehen  können.  War  nun  die  Diagnose  auf  Spondylo- 
listhesis mit  grösster  Wahrscheinlichkeit  festgestellt,  wussten 
wir  auch  ferner,  dass  durch  das  Verschieben  des  letzten 
Lendenwirbels  auf  die  vordere  Fläche  des  obersten  Kreuzbein- 
wirbels der  Beckeneingang  in  seinem  geraden  Durchmesser 
wesentlich  verkürzt  ist,  konnten  wir  ferner  die  Grösse  dieses 


416      XXX.    Breslau j  Neuer  Fall  von  Spondyloltsthesis 

Darchmessers  einige  Linien  unter  S^  schätzen,  war  hiermit 
auch  die  Gefahr  für  Mutter  und  Kind  hinlänglich  vorauszusehen, 
so  konnte  ich  mich  doch  schon  jetzt,  bevor  noch  die  Natnr 
irgend  welche  Anstrengungen  gemacht  hatte,  mit  dem  Ge- 
danken, die  Geburt  kunstlich  zu  beendigen,  nicht  befreunden, 
denn  wenn  ich  dies  thun  wollte,  so  war  der  Kaiserschnitt 
der  einzige  Weg,  der  einzuschlagen  gewesen  wäre.  Der 
Muttermund  war  am  19.  April  gegen  11  Uhr  Vormittags 
thalergross  erweitert,  die  Blase  stand,  ein  vorliegender  Kindes- 
theil konnte  nicht  gefühlt  und  daher  nicht  bestimmt  werden, 
die  Wehenthätigkeit  war  eine  kräftige  und  ganz  regelmässige, 
die  Fötalherztöne  waren  deutlich  auf  der  rechten  Seite  zu 
hören.  Ein  Eingehen  mit  der  ganzen  oder  halben  Hand  in 
den  oberen  Beckenraum  und  darüber  hinaus  war  bei  der 
Enge  und  Straffheit  der  Genitalien  einer .  43jährigen  Erst-* 
gebärenden,  bei  stehender  Blase  und  nicht  vollständig  er- 
weitertem Muttermunde  nicht  thunlich.  Wäre  es  zu  dieser 
Zeit  möglich  gewesen,  so  hätte  ich  mich,  vielleicht  jetzt,  in 
dem  günstigsten  Momente,  zum  Kaiserschnitt  entschliessen 
können.  Ich  that  es  nicht  und  habe  allerdings  Grund,  es 
zu  bereuen,  denn  wie  ich  die  Sache  jetzt  ansehe,  war  eine 
absolute  Indication  dazu  gegeben.  Nachdem  ich  aber  nun 
einmal  den  günstigsten  und  richtigsten  Zeitpunkt  zum  Kaiser- 
schnitte versäumt  hatte ,  trat  eine  Reihe  von  unvorhergesehenen 
und  unglücklichen  Ereignissen  ein,  welche  dessen  spätere 
Ausführung  kaum  noch  als  indicirt  erscheinen  liessen.  Um 
2  Uhr  Nachmittags  sprang  die  Blase  bei  nicht  ganz  erweitertem 
Muttermunde.  Es  floss  dabei  eine  ziemlich  grosse  Menge 
trüben  mit  Meconium  gemischten  Fruchtwassers  ab,  und  es 
fiel  auf  der  linken  Seite  eine  pulsirende  Nabelschnursehlinge 
in  die  Scheide  vor.  Als  vorliegender  Theil  konnte  nur  mit 
Mühe  der  mehr  auf  der  rechten  Beckenseite  hoch  stehende 
Kopf  erkannt  werden.  Von  einer  Bepostion  der  Nabelschnur, 
sei  es  mit  der  Hand,  sei  es  mit  einem  Omphaloteter,  konnte 
kein  Heil  für  das  Kind  erwartet  werden,  denn  wenn  auch 
die  Reposition  gelungen  wäre,  so  Hess  sich  voraussehen,*  dass 
bei  dem  hohen  seitlichen  Stande  des  Kopfes  die  einmal  vor- 
handene Lücke  des  Beckeneingangs  stets  von  Neuem  zum  Vorfalle 
des  Nabelstrangs  geführt  hätte.     Vielleicht  konnte  das  Leben 


de»  HeckiMis.    UnvoIIeuüet  g^ebliebeiie  Kiitbinduiig  otc.      417 

des  Kindes  durch  eine  giücklich  vollbrachte  Wendung  auf  die 
Fasse  erhalten,  vielleicht  konnte  das  bestehende  Hinderniss,  wenn 
die  Wendung  vollbracht,  durch  euie  geschickte  Drehung  des 
nachfdgenden  Kopfes  überwunden  oder  Zange^  Perforatorium 
und  Kephalotribe  an  denselben  gelegt  werden.  Nachdem  die 
Gebärende  in  Chloroformnarkose  verselzt  war,  versuchte  ich 
init  der  rechten  Hand  auf  der  linken  Mutterseite  einzugehen, 
um  zu  den  wahrscheinlich  hier  befindlichen  Füssen  zu 
gelangen.  Seit  dem  Springen  der  Blase  war  kaum  V^  Stunde 
vergangen,  aber  bereits  hatte  sich  der  gross te  Theil  des 
Fruchtwassers  entleert,  der  Uterus  war  fest  um  das  Kind 
zusammengezogen,  der  Muttermund  hatte  sich  wieder  mehr 
vei*engert  und  in  Falten  gelegt,  die  Wehen  waren  sehr  stark, 
iieinahe  continuirlich  und  die  tiefe  Chloroformnarkose  hatte 
fast  keinen  Einfluss  auf  dieselben,  die  Nabelschnur  pulsirte 
noch  lebhaft.  Der  Einführung  der  rechten  Hand  und  des 
rechten  Armes  standen  von  Seite  der  Weichthcile  und  von 
der  in  den  Beckeneingang  hereinragenden  Lendenwirbelsäule 
so  grosse  Hindernisse  entgegen,  dass  ich  es  bald  vorzog, 
meinen  linken  dünneren  Arm  zu  versuchen,  zumal  ich  auch 
erkannt  hatte,  »dass  wir  es  mit  einer  sogenannten  dritten 
Schädellage  zu  thun  hatten,  bei  welcher  die  Füsse  gegen  die 
vordere  Bauchseite  hin  gewendet  sind.  Nun  wurde  die  Ge- 
bäi;ende  auf  den  rechten  Schenkel  gelegt,  ich  ging  von  rück- 
wärts mit  dem  linken  Arme  ein  und  eiTeichte  nun,  an  die 
vordere  Uteruswand  mich  haltend,  mit  vieler  Muhe  den 
rechten  Fuss.  Den  linken,  ganz  in  die  Hube  geschlagenen 
und  innig  an  das  Kind  angepressten  Fuss  zu  erfassen,  war 
ujir  unmöglich.  So  musste  ich  mich  denn  vorläufig  mit  dem 
rechten  Fuss  begnügen  und  zog  ihn  in  die  Scheide  herab. 
Sowohl  beim  Eingehen  mit  der  Hand  als  beim  Herabziehen 
des  Fusses  hatte  ich  versucht,  den  Kopf  in  die  Höhe  zu 
sclueben  und  das  Kind  zu  wenden,  allein  bei  der  festen 
Umschnürung  des  Uterus  war  es  mir  nicht  gelungen,  dies 
zu  bewerkstelligen.  Auch  der  sogenannte  doppelte  Handgriff 
führte  weder  zum  Zurückweichen  des  Kopfes,  noch  zum 
tieferen  Herabführen  des  angeschlungenen  rechten  Fusses;  dip 
Lage  blieb  eine  gedoppelte  und  konnte  nicht  in  eine  Sleiss- 
oder  Fnsslage  umgewandelt  w^deu,   so   sehr  ich  mich  auch 


418      XXX.    Breslau^  Neuer  Fall  von  SpondylolistheBia 

nach  allen  Regeln  der  Kunst  bemühte,  es  zu  than.  Unterdesseo 
hatte  die  vorgefallene  Nabelschnurschlinge  zu  pulsiren  auf- 
gebort und  es  handelte  sich  jetzt  nur  mebr  darum,  auf  die 
Mutter  Bedacht  zu  nehmen.  Unglücklicher  Weise  für  diese 
war  während  der  Wendungsversuche  eine  beträchtliche  Blutung 
eingetreten,  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  von  einer  theil weisen 
vorzeitigen  Lösung  der  Placenta  herrührend  und  vielleicht 
durch  die  Wendungsversuche  selbst  entstanden.  Bald  nach 
dem  misslungenen  Wenduugsversuche  machte  ich  einen  ebenso 
vergeblichen  die  längste  unserer  Zangen  (die  Locher'sche) 
an  den  hochstehenden  Kopf  zu  appliciren,  allein  sie  umfasste 
ihn  nicht  einmal,  geschweige  denn,  dass  sie  zu  einem  Zuge 
geeignet  gewesen  wäre.  Es  schien  mir  nun  am  gerathensten, 
der  Gebärenden  einige  Ruhe  zu  gönnen,  und  nachdem  ich 
Fuss  und  Nabelschnur  reponirt  und  den  Kopf  mit  der  Hand 
so  viel  wie  möglich  gegen  den  Beckeneingang  herabgeleitet 
hatte,  zu  warten,  ob  die  kräftige  Wehenthätigkeit  vermöge  ihn 
zur  Anlegung  weiterer  Instrumente  etwas  tiefer  herabzutreiben. 
Im  Anfange  schien  dies  auch  der  Fall  zu  sein,  allein  nachdem 
von  4  Uhr  Nachmittags  bis  Abends  gegen  8  Uhr  die  Wehen 
in  ungewöhnlicher  Kraft  angedauert  hatten,  ^war  der  Stand 
des  Kopfes  doch  noch  immer  ein  solcher,  dass  er  mit  Mühe 
mit  zwei  Fingeni  durch  den  stark  angeschwollenen  faltigen 
Muttermund  erreicht  werden  konnte.  Der  Kopf  stand  noch 
immer  über  dem  Beckeneingange  und  nicht  auf  demselben. 
Die  Gebärende  war  Abends  8  Uhr  durch  die  Intensität  und 
Schmerzhaftigkeit  der  Wehen  allerdings  sehr  aufgeregt,  der 
Puls  sehr  beschleunigt,  bisweilen  miregelmässig,  indess  war 
trotz  des  vorausgegangenen  und  fast  ununterbrochen  fort- 
dauernden Blutverlustes  die  Erschöpfung  keine  so  bedeutende, 
dass  man  in  diesem  Momente  nicht  noch  hoffen  konnte,  ihr 
Leben  zu  erhalten,  wenn  anders  es  gelingen  werde,  die  Geburt 
bald  und  auf  möglichst  schonende  Weise  zu  vollenden.  Ob  es 
aber  möglich  sei,  das  todte  Kind  auf  naturlichem  Wege,  sei 
es  ganz  oder  verkleinert  zu  extrahiren  oder  ob  es  durchaus 
nothwendig  werde,  das  todte  Kind  durch  den  Kaiserschnitt 
zu  entfernen,  um  vielleicht  jetzt  noch  die  Mutter  zu  retten, 
diese  Fragen  drängten  sich  jetzt  mit  ganzer  Macht  auf  und 
sie  richtig  zu  beantworten  und  darnach  zu  handeln,   war  die 


des  Beckens.    Unvollendet  gebliebene  Entbindung  etc.     419 

schwierige  Aufgabe.  Selbst  Reconvalescent,  noch  schwaeh  und 
von  Torausgehender  Anstrengung  noch  angegriffen,  wönschie 
ich  die  Ansicht  meines  erfahrenen  Collegen,  Herrn  Dr.  SpöndlU 
zu  vernehmett  und  Hess  denselben  bitten,  sich  alsbald  in  die 
Gebäranstalt  zu  verfügen.  Derselbe  fand  sich  bereitwilligst 
gegen  Vs^  ^^  Abends  ein  und  nachdem  ich  ihn  vom  Voraus- 
gehenden und  von  meiner  Beckendiagnose  in  Kenntniss  gesetzt 
hatte  y  untersuchte  er  mit  grosser  Ruhe  und  Genauigkeit. 
Er  war  zur  sofortigen  Vornahme  des  Kaiserschnittes  nicht 
geneigt,  sondern  hielt  es  für  angezeigt,  noch  einmal  einen 
Versuch  der  Wendung  auf  die  Füsse  zu  machen,  um  den 
nachfolgenden  Kopf  darauf  zu  verkleinern.  Dr.  Spöndli  ging 
nun,  nachdem  die  Gebärende  neuerdings  chloroformirt  war, 
mit  dem  rechten  Arme  in  die  Uterushöhle  ein  und  indem  er 
sich  hierbei  ganz  deutlich  von  dem  starken  Vorragen  der 
Lendenwirbelsäule  überzeugt,  hielt  er  es  dennoch  nicht  für 
unmöglich,  das  Kind  an  den  Füssen  zu  extrahiren,  voraus- 
gesetzt, dass  die  Wendung,  die  Umdrehung  vorerst  gelinge. 
Daran  aber  scheiterte  seine  Kunst,  so  gut  wie  die  meinige. 
Er  konnte  zwar  ohne  Muhenden  bei  meinen  Wendungsversuchen 
herabgeholten  und  später  wieder  reponirten  rechten  Fuss  er- 
reichen und  neuerdings  herabholen,  allein  den  Fuss  zu  ergreifen, 
war  weder  in  der  Rückenlage,  noch  in  einer  der  Knieellenbogen- 
lage sich  nähernden  Seitenlage  möglich  und  Versuche  der 
mannichfalligsten  Art,  die  Wendung  auf  einen  Fuss  zu  vollenden, 
misslangen  trotz  aller  Anstrengung  und  Mühe.  Der  bis  vor 
die  äusseren  Genitalien  herabgezogene  rechte  Fuss  erschien 
nun  für  die  weiter  vorzunehmenden  Versuche,  das  Perforatorium 
und  Kephalotrib  anzulegen,  als  Hinderniss  und  er  wurde  von 
mir  mittels  der  Stein- Mesnard" sehen  Knochenzange  im 
Kniegelenke  abgedreht.  Jetzt  suchte  ich  das  ScamonC»che 
Kephalotrib  anzulegen.  Dies  gelang  aucli  zwei  Mal,  aber 
es  konnte  immer  nur  ein  so  kleines  Segment  des  Schädel- 
daches gefasst  werden,  dass  es  zwei  Mal  in  horizontaler 
Richtung  abglitt  und  keine  ergiebige  Compression  zu  Stande 
gebracht  werden  konnte.  Ein  t^epanförmi^es  Perforatorium 
durchdrang  nur  die  dicke  Kopfschwarte  und  die  äussere 
Knochentafel ,  konnte  aber  wegen  des  hohen  und  immer  noch 
etwas  beweglichen   Kopfstandes   nicht    seine   ganze  Wirkung 


420       XXX.    Breslau y  Neuer  Fnll  von  ^pondylolUtliests 

äussern.  Unterdessen  war  die  Erschöpfung  der  fortwährend 
blutenden  Gebärenden  so  gross  geworden,  dass  es  rathsam 
schien,  jeden  weiteren  Operationsversuch  wenigstens  momentan 
aufzugeben,  damit  deren  Leben  nicht  unter  unseren  Händen 
orlösche.  Verschiedene  Analeptica  schon  vorhergehend  und 
auch  jetzt  wieder  gereicht,  konnten  die  drohende  Katastrophe 
nicht  lange  mehr  verhüten.  Frau  Flach  starb  unentbunden 
Nachts  nach  V2II  ^^r  unter  Zeichen  von  Erschöpfung  und 
Verblutung.  Den  Kaiserschnitt  an  der  Leiche  sofort  nach 
dem  Tode  zu  machen  unterliess  ich,  weil  das  Kind  unzweifel- 
haft todt  war  und  weil  nach  dem  Gesetz  der  Kaiserschnitt 
an  während  der  Schwangerschaft  verstorbenen  Frauensperaonoi, 
wenn  die  Lebensfähigkeit  oder  der  Tod  des  Kindes  unzweifel- 
haft erwiesen  ist,  nicht  ausgeführt  zu  werden  braucht 

Bei  der  am  folgenden  Tage  vorgenommenen  Section  wurde 
durch  die  Linea  alba  die  Bauchhöhle  und  dann  der  Uterus 
eröflhet.  Nach  Durchschneidung  der  fast  blutleeren  ungefähr 
V2 '  dicken  Uterinwand  war  die  linke  nach  vorn  gekehrte  Seile 
des  stark  zusammengekrümmten  Kindes  und  zunächst  der 
linke  im  Ellenbogengelenk  gekrümmte  Arm  zu  sehen.  In  der 
iNähe  desselben,  mit  ihm  sich  kreuzend  an  die  Vorderfläcbe 
des  Kindes  und  nach  oben  an  die  vordere  Uterinwand  an- 
gepresst  fand  man  die  linke  untere  Extremität,  an  welcher 
das  in  dritter  Schädellage  liegende  Kind  durch  die  etwa  6"^ 
lange  Schnittwunde  des  Uterus  ohne  Schwierigkeit  hervor- 
gezogen wurde.  Fruchtwasser  war  gar  keines  mehr  vor- 
handen, das  Kind  war  von  Meconium,  Blut  und  Vernix  caseosa 
überzogen,  war  weibüchen  Geschlechtes,  17"  lang,  5%  Pfd. 
schwer  und  vollkommen  reif.  Der  horizontale  Umfang  des 
Kopfes  betrug  35  Centimeter,  der  gerade  Durchmesser  4V4", 
der  kleine  Querdurchmesser  3",  der  grosse  Querdurohinesser 
SV/,  der  diagonale  4V2'-  Von  der  an  der  hinteren  Wand 
des  Uterus  sitzenden  Placenta  fanden  wir  das  untere  Viertheil 
gelöst,  das  übrige  plattgedrückte  Parenchym  noch  im  Zu- 
sammenhang mit  der  Uteruswand.  Nachdem  wir  uns  überzeugt 
hatten,  dass  keiife  Ruptur  d^s  Uterus  vorhanden,  wm^de  behufs 
weiterer  Untersuchung  und  Aufbewahrung  Uterus  sammt  eüiem 
Stück  Scheide  etc.  herauspräparirt.  Nun  war  es  uns  gestattet, 
von  oben  herab  einen  Blick  in  die  Beckenhöhle  zu  thun,  über 


des  Beckens.    Unvollendet  fr^bliebene  fintbindnn'g  ett*.      421 

welche  die  Lendenwirbelsäule  in  einer  Weise  vorgeschoben 
war,  dass  sie  dadurch  wie  in  zwei  Hälften  getheilt  erschieD. 
Ais  wir  die  frische  Kindesleiche  mit  dem  Kopfe  voran  auf 
den  Heckeneingang  gelegt,  war  nun  freilich  das  enorme  Miss- 
verhaltniss  zwischen  diesem  und  dem  Kindesschadel  in  evidenter 
Weise  sichtbar.  Die  engste  Stelle  des  Beckeneingangs  in 
gerader  Richtung  wurde  an  dem  eventrirten  Becken  mittels 
eines  eingeschobenen  Stückchen  Holzes  zu  2"  10'"  bestimmt 
und  dann  das  Becken  zur  Skelettirung  aus  der  Leiche  ge- 
nommen. Herr  Stud.  Rebsamen,  welcher  das  Becken  heraus- 
nahm, machte  mich  dabei  auf  die  grosse  Beweglichkeit  in  den 
Kreuzdarmbeinverbindungen  aufmerksam.  Man  konnte,  tvenn 
man  das  Becken  unten  fixirte  und  den  obersten  Lendenwirbel  mit 
einer  Hand  ergi'iif,  die  ganze  Lendenwirbelsäule  und  das  Kreuz- 
bein in  der  Richtung  von  vorn' nach  rückwärts  und  umgekehrt 
um  einige  Linien  bewegen.  Eine  Zerreissung  oder  Fractur 
war  nirgends  zu  finden.  Als  Ursache  des  Todes  konnte  an 
der  Leiche  keine  weitere  als  ausgesprochene  Blutleere 
erkannt  werden. 

Zum  Verstandnisse  unseres  Falles  wird  die  beigegebene 
naturgetreue  und  naturgrosse  Abbildung  der  rechten  Hälfte 
des  Beckens,  genau  in  der  Mitte  von  oben  nach  unten 
durchsagt,  wesentlich  beitragen.  Ich  unterlasse  eine  detaiiirte 
Beschreibung  des  Züricher  spondylolislhetischen  Beckens,  indem 
ich  nochmals  auf  Herrn  Bületer'»  Dissertation  verweise  und 
will  nur  die  mir  am  wichtigsten  scheinenden  Punkte  hervor- 
heben und  daran  einige  Bemerkungen  knüpfen. 

Die  Verschiebung  des  letzten  Lendenwirbels  über  den 
obersten  Sacralwirbel  ist  eine  vollständige,  ja  es  erstreckt 
sich  das  kegelförmig  abgerundete  untere  Drittheil  des  letzten 
Lendenwirbels  über  das  obere  Drittheil  des  zweitobersten. 
Sacralwirbels  herüber.  Eine  so  complete  und  weitgediehene 
Verschiebung  ist  bei  keinem  der  bis  jetzt  bekannten  spondylo- 
listhetischen  Becken,  nicht  einmal  bei  dem  Paderborner  (ver- 
gleiche die  Tafeln  von  Kutan)  beobachtet  worden.  Die 
Verschiebung  des  letzten  Lendenwirbelkörpers  ist  so  bedeutend, 
dass  er  an  der  vorderen  Wand  des  Vertebralcanals  fast  keinen 
Antheil  mehr  hat.  In  markanter  Weist^  entstand  durch  das 
Ueberhängen    des    letzten    Lendenwirbels   eine    spitzwinklige 


422      X^X-    Breslau f  Kener  Fall  von  SpondyloUsthesia 

Vertiefting  zwischen  ihm  und  der  vorderen  Fläche  des  zweit* 
obersten  Kreuzbeinwirbds  und  führte  an  der  Lebenden,  bei 
welcher  man  mit  der  Fingerspitze  an  diese  Vertiefung  gelangte^ 
ohne  jedoch  ihr  Ende  erreichen  zu  können,  neben  anderen 
bereits  angeführten  Umständen  zur  Diagnose.  Sowohl  der 
lutzte  Lendenwirbel,  wie  auch  der  oberste  Sacralwirbel  zeigen 
in  Grösse  und  Textur  autfaUende  Verschiedenheiten  von  dem 
gewöhnlichen  Bau.  Die  ganze  vordere  und  theilweise  auc^ 
die  untere  Partie  des  Lendenwirbels  zeigt  ein  sehr  weiunaschig- 
poröses,  leicht  zerbröckelndes  Gewebe,  die  hintere  an  den 
obersten  Kreuzbeinwh*bel  sich  anlehnende,  mit  ihm  verwachsene 
Partie,  auf  welcher  die  ganze  Last  des  Körpers  ruhen  musste, 
zeigt  ein  dichtes,  weissliches  sclerosirtes  Gewebe,  wislches 
sich  in  weniger  ausgesprochener  Weise  aber  immerhin  noch 
sehr  deutlich  an  einigen  Theiten  des  obersten  Sacralwirbels 
lindet  Der  letzte  Lendenwirbel  ist  mit  dem  obersten  SacraK 
Wirbel  synostotisch  verbunden.  Nur  eine  schmale  von  oben 
nach  unten  sich  herabziehende  Linie  bildet  die  Grenze  zwischen 
beiden  Wirbeln  und  enthält  vielleicht  noch  einige  mikroskopische 
Reste  des  geschwundenen  Intervertebralknorpds.  Beide  Wirbel 
sind  kleiner  geworden  und  haben  ihre  Form  verändert.  Der 
letzte  Lendenwirbel  bei  einem  verticalen  Durchschnitte  ge- 
wöhnlich in  der  Form  eines  Viereckes  erscheinend,    hat 

hei  unserem  Becken  die  Fonii  eines  Dreieckes  mit  der  Basis 
nach  oben  mit  der  Spitze  nach  unten  gerichtet,  angenommen. 
Diese  Form  kann   man  sich  durch  Abschleifung  des  hinteren 


Eckes  des  urspninglichen  Viereckes  entstanden  denken, 


□ 


dn  Vorgang,  wie  er  bei  einem  sehr  langsamen  Herabiiitschen 
und  andauernder  Compression  leicht  stattfinden  konnte.  Indem 
nun  dieser  Wirbel  diese  eigenthümliche  dreieckige  Fonn  an- 
4(«nommen  hat,  findet  die  gewöhnliche  Bezeichnung:  hintere 
imd  untere  Seite  keine  stricte  Anwendung  mehr  auf  denselben. 
Diese  beiden  Seiten  oder  Flächen  sind  zu  einer  Seite  oder 
einer  Fläche  verschmolzen  und  man  kann  daher  mit  gleichem 
Rechte  sagen,  dass  die  hintere  Fläche  des  letzten  Lenden* 
wirbeis,  als  dass  die  untere  Fläche  desselben  mit  der  vorderen 


des  Beckens.    Unvollendet  gebliebene  Entbindung  etc.     423 

Fläche  des  obersten  Kreuzbein  wirbeis  versebmolzeii  ist,  oder 
man  wird  sieb  ausdrücken  müssen,  dass  hintere  und  vordere 
Fläche  des  letzten  Lendenwirbels  mit  der  vorderen  Fläche 
des  obersten  Kreuzbeinwirbels  verschmolzen  sind.  Der  oberste 
Sacralwirbel  stellt  bei  einem  normalen  Becken  an  einem 
verticalen  Durchschnitte  ein  oblonges  ungleichseitiges  Viereck 


•D 


dar,  dessen  oberes^ck  spitzwinklig  scharf  vorspringt. 

An  unserem  Becken  ist  die  obere  winklige  Vorragung  des 
obersten  Sacralwirbels  abgeschliffen,  abgerundet  in  eine  scbieCe 
Ebene  verwandelt,  über  welche  der  letzte  Lendenwirbel  lieral»- 

gerutscbt.   W         Die  Höhe  der  vorderen  Wand  des  obersten 


Kreuzbeinwirbels  beträgt  gewöhnlich  1"2 — 3"^  Bei  unserem 
Becken  beträgt  sie  nur  7'".  Die  obere,  gewöhnlich  von  dem 
darauf  sitzenden  Lendenwirbel  bedeckte  Fläche  des  obersten 
Kreuzbeinwirhels  ragt  frei  in  den  Vertebralcanal  hinein.  Weniger 
auffallend  wie  bei  den  von  Kutan  abgebildeten  zwei  spondylo- 
listhetischen  Becken  ist  die  Verengerung  am  Uebergange  des 
Vertebrakanals  zum  Sacralcanal,  hingegen  ebenso  ausgesprochen 
ist  die  darüber  befindliche  Erweiterung  des  Endstückes  des 
Vertebralcanales.  Wie  bei  allen  Becken  gleicher  Art,  so  ist 
auch  in  unserem  der  Beckeneingang  durch  die  Wirbel- 
verschiebung in  seinen  Durchmessern  und  insbesondere  im 
geraden  beeinträchtigt.  Dem  oberen  Bande  der  Schambein- 
fuge ist  die  vordere  Fläche  der  Wirbelsäule  an  einer  Stelle 
bis  auf  2"  10'"  genähert.  Diese  Entfernung  erhält  man,  wenn 
man  ungefähr  in  der  Bichtung  der  Eingangsconjugata  zwischen 
dem  oberen  Band  der  Schambeinfuge  und  dem  unteren  Bande 
des  drittletzten  Lendenwirbels  eine  Linie  zieht.  Dies  ist  die 
engste  SteUe  in  gerader  Bichtung;  weiter  unten  und  weiter 
oben  nimmt  die  Entfernung  der  vorderen  von  der  hinteren 
Beckenwand  um  einige  Linien  zu,  schileller  nach  abwärts,  alsnadi 
aufwärts.  Der  untere  Band  des  viertletzten  (zweiten)  Lenden- 
wirbels i^t  von  dem  obwen  Bande  der  Schambeinfuge  kaum  mehr 
als  3"  entfernt,  obwohl  die  Lendenwirbelsäule  an  dieser  Stelle 
schon  ihre  gestreckte,  gerade  Bichtimg  nach  aufwärts  wiede** 


424      X.XX.    Breslau y  Neuer  Fall  von  SpondylolistheMs 

eingenommen  hat.  in  unserer  Abbildung  prägt  sich  die  durch 
das  Hereinragen  der  Wirbelsäule  in  den  oberen  Beckenraum 
bedingte  Raumbeschränkung  nicht  sehr  deutlich  aus.  Bei 
einer  Betrachtung  des  Beckens  von  oben  oder  ¥on  unten 
wird  dies  Verbältniss  deutlicher.  Am  meisten  in  die  Augen 
springend  ward  mir  der  hohe  Grad  der  Raumbeschi'änkung, 
als  ich  den  skelettirten  Schädel  des  Kindes  der  Frau  Flach 
zu  wiederholten  Maien  und  in  verschiedener  Richtung  auf 
deren  Becken  legte.  Da  konnte  ici]  seheg,  wie  der  Schädel 
nicht  blos  in  keiner  Richtung  den  Beckeneingang  passiren 
konnte,  sondern  wie  er  nicht  einmal  mit  einem  grosseren 
Segmente  in  denselben  hineinragen  konnte,  indem  er  schon 
oberhalb  desselben  durch  die  vorstehende  Wirbelsäule  auf- 
gehalten wui'de.  Etwas  Aehniicbeä.  lindet  sich  wohl  bei  allen 
spondyloUsthetischen  Becken.  Das  dem  Eintritte  des  Kopfes 
sich  entgegeristellende  Hinderniss  beginnt  hoch  oben  und  ist 
für  eine  lange  Sti'ecke  vorhanden.  Dadurch  wird  das  Er- 
reichen des  Kopfes  und  die  Application  von  Zange  und 
Kephalotribe  so  sehr  erschwert,  und  es  kann,  wie  in  unserem 
Falle,  bei  Fettreichthum  und  Anschwellung  der  äusseren 
Genitalien  und  bei  unvollständig  erweitertem,  lappig- faltigem 
Muttermunde  die  Schwierigkeit  bis  zur  UnmögUchkeit  sich 
steigern.  Ein  rhachitisches  Becken  mit  2''  10'"  Conjugata  vera 
ist  weniger  gefahrbringend  für  die  Mutter  als  ein  spondylo- 
üsthetisches,  dessen  engste  Stelle  in  gerader  Richtung  ent- 
sprechend der  Conjugata  vera  auch  2"  10"'  missU  Das 
rhachitische  Becken  ist  häufig  niedrig,  der  Kopf  gelangt  ohne 
Hindernisse  bis  zum  Beckenein  gange,,  kann  sich  in  querer 
Stellung  in  der  oberen  Apertur  feststellen,  kann  mit  zangen- 
artigea  Instrumenten  verhältnissmässig  leicht  erreicht  und 
gefasst  werden  und  hat  in  der  Regel  nur  eine  enge  Passage 
zu  überwinden,  deren  beide  Endpunkte  sich  gegenüberstehejid 
in  einer  Ebene  zu  liegen  pflegen.  Ist  diese  kurze  enge 
Passage  überwunden,  so  steht  dem  weiteren  Vorrücken  kein 
weiteres  Hinderniss  mehr*  im  Wege.  Anders  verhält  es  sich 
bei  einem  spondyloUsthetischen  Becken.  Der  Kopf  bleibt 
über  dem  Beckeneingange  stehen,  hat,  bevor  er  die  engste 
Stelle  von  z.  B.  2"  10'"  erreicht,  sich  durch  einen  1—2" 
langen  engen  Raum  von  ungefähr  3"  Weite  durchzudrängen 


des  Backens.    Unvollendet  gebliebene  Kutbiuduug  etc.     42Ö 

uud  hat  er  uuu  wirklicli  die  engsle  Stelle  passiit,  so  geiaagi 
er  erst  nach  und  nach  in  einen  verhältnissmassig  günstigen 
Raum.  Wenn  man  also  bei  einem  rhachitischen  Becken  von 
2'f  -^Q///  Conjugata  noch  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  aul' 
einen  wenigstens  für  die  Mutter  glücklichen  Ausgang  der 
Geburt  rechnen  kann,  so  kann  darauf  bei  einem  spondylo- 
listhetischcn  Becken,  dessen  engste  Stelle  auch  2"  10'''  beträgu 
nicht  gerechnet  werden.  Nach  den  neueren  schonenden  Grund- 
sätzen in  der  Geburtshulfe  wird  man  bei  einem  rhachitischen 
Becken  von  2"  10'"  Conjugata  zum  Kaiserschnitt  nur  dann 
seine  Zuflucht  nehmen,  wenn  man  von  dem  Leben  des  reifen 
Kindes  überzeugt  ist  und  wenn  die  Mutter  die  Erhaltung 
desselben  ausdrücklich  wünscht;  bei  einem  spondylolisthetisdien 
Becken  von  gleicher  Beschränkung  der  Conjugata  wird  mau 
hingegen,  wie  es  Kiwisch  gethan  hat,  ohne  Bedenken  und 
vielleicht  unter  allen  Umständeo  den  Kaiserschnitt  machet) 
müssen,  und  wenn  ich  es  nicht  getlian  habe,  so  liegt  der 
Grund  darin,  dass  ich  mit  den  Eigenthümlichkeiten  des 
spondylolisthetischen  Beckens  noch  nicht  so  bekannt  war, 
wie  ich  es  jetzt  bin.  Ein  die  Schwierigkeit  des  Eintritts  des 
Kopfes  in  die  obere  Beckejiapertur  wesentlich  vergrössernder 
Umstand  darf  endlich  nicht  übersehen  werden.  Er  besteht 
in  dem  Mangel  von  Abüachung,  von  Auswärtsbiegung  des 
oberen  Drittheils  der  vorderen  Beckenwand.  Die  horizontalen 
Aeste  der  Schambeine  und  die  obere  Partie  der  Schambein- 
fuge sind  nämlich  nicht  blos  nicht  nach  aussen  abgeflacht, 
wie  sie  an  den  meisten  gut  gebildeten,  mitunter  aber  auch 
an  deformen  Becken  zu  sein  pflegen,  sondern  sind,  wie 
es  unsere  Abbildung  recht  deutlich  wiedergiebt,  im  Gegen theil 
etwas  nach  einwärts  gebogen.  Der  Kopf  ruhte  somit  nach 
vorn  nicht  auf  einer  schiefen  Fläche,  sondern  auf  einer  Kante, 
trat  mit  der  Innenfläche  der  vorderen  Beckenwand  in  keine 
nähere  Berührung  und  musste,  trotzdem  er  von  den  Wehen 
möglichst  tief  hei^abgedrängt  worden,  doch  immer,  auch  nach 
vorn  zu,  schwer  erreichbar  bleiben  un.d  mu.sste  eine  gewisse 
Beweglichkeit  beibehalten. 

Bei  Untersuchung  unseres  Beckens  habe   ich  mich  zu 
erforschen    bemüht,    ob    dieser   Fall    über  die   noch  dunkle 


42t)      XXX.    Brenlauj  Neuer  Pull  von  Spondyloltsthesis 

Entslehungsweise  d^r  Wirbelveiscfaiebung  einiges  Licht  ver- 
breiten werde.  Insbesondere  war  es  mir  darum  zu  thun,  ob 
icb  LambVs  mit  so  vieler  Sicherheit  in  ScamonCs  Bei- 
tragen, Jil.  Bd.,  niedergelegte  Ansichten  bestätigen  könnr 
oder  nicht  Ich  habe  vergebens  nach  einem  Schaltwirbel 
gesucht  und  keinen  solchen,  ja  nicht  einmal  ein  Knochen- 
plättchen  gefunden,  welches  man  künstlich  zu  einem  Rudimente 
eines  Sehaltwirbels  stempeln  könnte.  Die  LambV^ch^  Schalt- 
wirbeltheorie hat  also  auf  unser  Becken  gar  keine  Anwendung. 
Hingegen  findet  sich  allerdings  eine  im  Sinne  LambFs 
hydrorhachitische  Oeffnung  auf  unserer  Abbildung  mit  a  an- 
gedeutet, dicht  unterlialb  des  Processus  spinosus  des  lelzten 
Lendenwiii)els.  Diese  OelTnang  von  etwas  unregelmässiger 
Gestalt  und  von  der  Grösse  circa  eines  Frankstuckes,  fiel 
mir  sofort,  als  ich  das  skelettirte  präparirte  Becken  in  die 
Hände  bekam,  auf.  Sie  ist  von  keiner  Membran  bedeckt 
und  fuhrt  unmittelbar  in  den  Sacraicanal.  Im  Anfang  glaubte 
ich  in  der  That,  es  sei  ein  Residuum  einer  fötalen  Hydrorhachis, 
aber  eine  weitere  Betrachtung,  ein  Nachsuchen  in  anatomischen 
Handbüchern  und  besonders  eine  Vergleichung  mit  den  anderen 
nicht  spondylolisthetischen  Becken  unserer  Sammlung  brachte 
mich  bald  zu  der  Ueberzeugung,  dass  diese  hydrorhachitisch 
sein  sollende  Oeffnung  eine  ganz  normale,  physiologische,  bei 
jedem  Becken  sich  vorfindende  OelTnung  ist,  die  von  manchen 
Anatomen  Hiatus  lumbalis,  von  anderen  Hiatus  lumbo-sacralis 
genannt  wird,  von  manchen  allerdings  gar  nicht  berücksichtigt 
wird,  eine  Oeffnung,  die  sich  manchmal  allerdings  dem  Auge 
ganz  entzieht,  wenn  sie  von  einem  dachförmig  darüber  lagernden 
Processus  spinosus  des  letzten  Lendenwirbels,  von  seinem 
Ligamentum  interspinosum  oder  der  Dura  mater  spinalis  bedeckt 
ist,  in  manchen  Fällen  wie  eine  halbmondförmige  Incisur  er- 
scheint, in  anderen' hingegen,  bei  Verkümmerung  und  mangel- 
hafter Entwickelung  des  Processus*  spinosus  des  letzten 
Lendenwirbels  oder  wenn  derselbe  eine  mehr  horizontale  auf-- 
gerichtete  Stellung  angenommen  hat,  als  eine  Apertur  sich 
zeigt,  die  um  so  grösser  zu  sein  pflegt,  je  vollständiger  die 
sämmtlichen  Häute  und  Ligamente  durch  Maceration  und  sorglose 
Präparation  zu  Grunde  gegangen  sind. 


des  Beckens.    Unvollendet  gebliebene  Entbindang  etc.     42? 

Man  könnte  nun  freilieh  sagen,  dass  gerade  an  dieser 
Stelle,  wo  an  und  för  sich  eine  Lücke  in  der  hinteren 
knöchernen  Begrenzung  des  Wirbelcanals  gegeben  ist,  eine 
Hydrorhachis  unter  dispontrenden  Umstanden  leichter  zur 
Entwickeiung  kommt,  wie  anderswo.  Das  ist  gar  nicht  zu 
läugnen,  denn  in  der  That  findet  sie  sich  hier -am  aller- 
häufigsten.  Kommt  sie  aber  zu  Stande,  so  Nehmen  in  allen 
Fällen  die  Weichtheiie  daran  Theil,  sie'  werden  entweder  in 
Form  eines  mit  Flfissigkeit  gefüllten  Sackes  vorgestölpt  oder 
wenn  frühzeitig,  noch  intrauterin,  eine  spontane  Heilung 
durch  Platzen  des  Sackes  erfolgt  ist,  wie  bisweilen  zu  ge- 
schehen pflegt,  so  sieht  man  an  dessen  Stelle  fingerförmige 
Appendices  mit  narbenartiger  Veränderung  der  Haut.  Die 
Haut,  auf  die  ich  schon  bei  der  lebenden  Frau  Flach  und 
noch  an  deren  Leiche  besonders  geachtet  hatte,  zeigte  aber 
gar  keine  Veränderung  und  ich  muss  somit  mit  Bestimmtheit 
mich  dahin  aussprechen,  dass  in  unserem  Falle  von  Hydrorhachis 
so  wenig  eine  Spur  war,  wie  von  einem  Schaltwirbel.  Die 
Lamdrsche  Theorie  von  der  Entstehung  der  Wirbelverschiebung 
passt  also  auf  unseren  Fall  nicht  und  ich  glaube,  dass  bei 
einer  nochmaligen  Revision  der  früheren  Fälle  die  Zam&rsche 
Theorie  einen  argen  Stoss  erleiden ,  durfte.  Wie  kann  man 
aber  in  unserem  Falle  das  Herabgleiten  des  letzten  Lenden- 
wirbels erklären?  Diese  Frage  vermag  ich  leider  nicht  ge- 
nügender zu  beantworten,  als  es  schon  früher  geschehen  ist. 
Wir  sehen  eben  nur  das  Vollendete  vor  uns  und  bewegen 
uns,  um  das  Werdende  zu  erklären,  in  einer  Reihe  von  Ver- 
muthungen.  Neue  Ansiebten  vermag  ich  nicht  beizubringen; 
am  wahrscheinlichsten  dünkt  mir  immer  noch,  dass,  veranlasst 
durch  traumatische  Einwirkung,  durch  schweres  Tragen  eine 
entzündliche  Erweichung  des  Knochengewebes  des  letzten 
Lendenwirbels  und  des  obersten  Kreuzbein  wirbeis,  eine  Auf- 
lockerung und  Erweichung  des  letzten  Zwischenwirbelknorpels 
entstand,  dass  bei  fortdauerndem  Drucke  von  oben  sehr 
allmälig  die  bedeutende  Verschiebung  mit  Verlängerung  der 
Wirbelbogen  zu  Stande  kam,  dass  endlich,  nachdem  der 
Zwiscbenwirbelknorpd  resorbirt  war,  der  Process  des  Schiebens 
durch  die  nun.  sich  ausbildende  Synostose  sein  Ende  erreichte. 

MonaUacbr.  f.  GcburUk.   1861.  Bd.  XYIII.,  Hrt.  6.  28 


428     XXXI.    iS<«in2>ac7(,  Zur  Diagnose  des  Fö'talgeschlecht«. 

Da  keine  Eiterung  vorkandeu  wai*  und  gleicliwolii  einige  Tbeilc 
zweier  Wirbel  und  der  ganze  Z^vischenknorpci  zu  Grande 
gegangen  sind,  so  kann  n^an  dem  ganzen  Vorgang  den  Namen: 
Caries  sicca  beilegen.  So  viel  ist  gewiss,  dass  die  Wirbel- 
verscbiebung  nicht  plötzlich,  sondern  sehr  allmälig  geschah, 
und  dass,  es  einer  besonderen  äusseren  Veranlassung  bedurflA*, 
damit  sie  zu  Stande  kommen  konnte.  Die  Wirbelverscbiebuiig 
am  Becken  ist  ein  Vorgang,  dem  fast  gar  nichts  Analoges 
an  anderen  Theilen  des  Skelettes  an  die  Seite  gestellt  werden 
kann;  er  steht  einzig  da  und  es  ist  künftigen  Forschungen 
vorbehalten,  befriedigende  Erklärung  dazu  zu  geben. 


XXXL 
Zur  Diagnose  des  Fötalgeschlechts. 

Als  Beitrag  zu   den  von   Dr.  Frankenkäuser  zuerst   über 
diesen  Gegenstand  mitgetheilten  Beobachtungen 


Dr.  C.  Steinbach, 

ehemaligem  Asaistonten  der  Qebäranstalt  zu  Jena. 

Der  Gegenstand,  um  welchen  es  sich  hier  handelt,  ist 
verhältnissmässig  noch  so  neu,  die  Beobachtungen  hiember 
stehen  noch  so  vereinzelt  da  und  mit  der  Frankenhäuser'sdben 
Behauptung  zugleich  in  solchem  Widerspruche  (vergl.  Dr.  HacJce, 
„lieber  den  Werth  der  Frankenhäuser' ^dien  Entdeckung, 
aus  der  Frequenz  der  Fötalherzsehläge  das  Geschlecht  des 
Fötus  zu  bestimmen"  und  Prof.  Dr.  Breslau,  „lieber  die 
Frankenhäuser' Bche  Entdeckung,  das  Geschlecht  des  Fötus 
durch  Zählung  der  Herztöne  erkennen  zu  können ""  in  der 
Monatsschrift  für  Geburtskunde  und  Frauenkrankheiten,  Bd.  XV., 
Heft  6),  dass  die  Acten  hierüber  keineswegs  für  abgeschlossen 
angesehen  werden  dürfen.  Nur  eine  lange  Reihe  sorgfältig 
angestellter,    von    allem    Vorurtheile    freier    Beobachtungen 


XXXI.    Steinbock,  Zur  Diagnose  des  Fötalgescblechtft.     429 

können    (Mitsclieiden ,    ob    an    der .  Sache    etwas   Wahres    sei 
oder  nicht. 

Einen,  wenn  auch  nur  kleinen  Beitrag  hierzu  will  ich 
in  Folgendem  geben. 

Dass  derartige  Beobachtungen  überhaupt  nur  da  angestellt 
werden  können,  wo  Einem  Material  genug  und  jeder  Zeit 
zu  Gebote  steht,  leuchtet  wohl  von  selbst  ein;  als  Assistenz- 
arzt der  geburtslirdflichen  Klinik  zu  Jena  war  mir  diese 
günstige  Gelegenheit  geboten.  Nicht  ohne  einiges  Misstrauen 
begann  und  setzte  ich  meine  Beobachtungen  im  Laufe  des 
Sommers  1859  an  56  Schwangeren  fort  und  konnte  ich 
bereits  damals  von  weiteren  Untersuchungen  abstehen,  da 
meine  dazu  angelegten  Tabellen  fast  vollständig  daß  bestätigten, 
was  Dr.  Frankenhäuser  damals  behauptet  hatte  und  noch 
jetzt  behauptet,  insofern  in  diesen  56  beobachteten  Fällen 
die  Vorausbestimmung  des  Geschlechts  nur  13  Mal  trog, 
Falle  zugleich,  deren  Analyse  wegen  ihrer  Eigenthündichkeit 
weiter  unten  nothwendig  wird,  um  ihren  Werth  für  die  Ge- 
schlechtsbestimmung genauer  festzustellen. 

Der  Uebersichtlichkeit  halber  will  ich  die  Tabellen  gleich 
hier  einschalten  und  brauche  ich  zum  Verständniss  derselben 
weiter  Nichts  «hinzuzufügen,  als  dass  die  mit  —  ausgefüllten 
Zahlenwerthe  andeuten  sollen ,  dass  zur  Zeit  der  Untersuchung 
die  betreifende  Schwangere  entweder  abwesend  war,  oder 
dass  die  Herztöne  der  Frucht  nicht  deutlich  oder  absolut 
nicht  zu  hören  waren,  oder  endlich,  dass  die  Geburt  bereits 
im  Gange,  der  Fötalpuls  also  in  dieser  Beziehung  nicht  mehi* 
zu  verwerthen  war. 


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430     XXXI.    Steinbarh y  Znriyi&gnoHe  des  Fötaloreschlecht«. 


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XXXI.    Sieinbachj  Zur  Diagnose  des  Fötalgescblecbts.     431 


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XXXJ.    Steittbaeh,  Zur  Diagnose  des  FöUlgeschlechts.      433 


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436     XXXI.    SUtnbach,  Zur  DiagDOse  de«  Fötalgesohlechts. 


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XXXI.    Steinbach y  Zur  Diagnose  des  Fätolgeschlechts.      437 


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438     XXXI.   Steinbach f  Zur  Diagnose  des  FÖtalgeschlechts. 

Unmittelbar  hieran  anknöpfend  schicke  ich  erst  nodi 
einige  Bemerkungen  voraus,  die  sich  theils  auf  AUgemeines 
der  Untersuchung  beziehen,  theils  Specielles  der  bei  solchen 
Untersuchungen  zu  beobachtenden  Cautelen  betreffen,  deren 
Befolgung  mir  unejrlässlich  erscheint,  wenn  etwas  Erspriess- 
liebes  zu  Tage  kommen  soll. 

So  begnügte  ich  mich  nicht  mit  einer  ein-  bis  drei- 
maligen Untersuchung  einer  Schwangeren.  Denn  betrachtet 
man  alle  die  Fälle,  wo  ich  längere  Zeit  beobachten  konnte, 
so  fmdet  man  öfter  so  beträchtliche  Pulsschwankungen,  dass 
man  recht  wohl  einsieht,  dass  eine  grössere  Reihe  von 
Beobachtungen  dazu  gehört,  um  den  Mittelwerth  der  Puls- 
frequenz herauszufinden.  Ich  auscultirte  demnach  jeden  Tag 
Morgens  und  Nachmittags  mit  Ohr  oder  Stethoskop,  begann 
damit  erst  Tags  nach  der  Aufnahme  der  betreffenden 
Schwangeren  in  die  Anstalt  und  setzte  die  Beobachtung  ohne 
alle  Unterbrechung  bis  zum  Eintritte  der  Geburt  fort;  die 
notirten  Einzelzablen  eines  jeden  Falles  geben  somit  zugleich 
die  Zahl  der  Tage  an,  wie  lange  vor  dem  regelmässigen  Ende 
der  Schwangerschaft  (No.  17^  ausgenommen;  siehe  übrigens 
weitier  unten)  und  wie  oft  die  Untersuchungen  gemacht 
worden  sind.  So  giebt  z.  B.  No.  1  an,  dass  die  Unter- 
suchung 2V2  Tage  lang  früh  und  Nachmittags  angestellt 
werden  konnte  u.  s.  w. 

Oft  faüt  die  Zeit  der  Beobachtung  nur  auf  die  letzten 
Tage  der  Schwangerschaft,  doch  sind  auch  wieder  Fälle  genug 
darunter,  die  einen  Monat  lang  und  noch  darüber  vor  Eintritt 
der  Geburt  beobachtet  werden  konnten,  und  gerade  diese 
bestätigen,  um  es  gleich  hier  zu  erwähnen,  die  Behauptung 
Anderer,  dass  mit  dem  Vorrucken  der  Schwangerschaft  eine 
mit  der  fortschreitenden  Enlwickelung  der  Frucht  einher- 
gehende gleichmässige  Abnahme  der  Frequenz  des  Fölalpulses 
nicht  wahrzunehmen  ist.  Lieb  wäre  es  mir  freilich  gewesen, 
den  Fölalpuls  auch  aus  einer  viel  früheren  Zeit  der  Schwanger- 
schaft einer  Controle  unterworfen  zu  haben,  leider  war  das 
nach  den  Bestimmungen  der  hiesigen  Gebäranstalt  nicht 
möglich,  da  dieselbe  mit  wenig  Ausnahmen  den  unentgeltlichen 
Eintritt  vor  dem  letzten  Monate  der  Schwangerschaft  ver- 
weigert. 


XXXI.    SUinb€icht  Zur  Diagnose  des  Kötalgeschlecbts.     438 

Auch  ich  zählte  nach  Viertelminuten,  utu  weniger  Hedactions- 
fehler  zu  erhalten,  und  fand  ich  im  Vergleich  zu  früher  bereits 
notirten  Zahlen  grössere  Pulsschwankungen,  so  wiederholte  ich 
das  Zählen  mehrmals  und  trug  schliesslich  die  gefundene 
Mittelzahi  ein. 

Was  die  Pulsschwankungen  betrifft,  die  nach  anderen 
Beobachtern  oft  erhebliche  Differenzen  zeigen,  so  sind  die- 
selben hin  und  wieder  nicht  zu  leugnen,  doch  gleichen  sich 
dieselben  bei  länger  fortgesetzter  Beobachtung  wieder  aus 
oder  ti*eten  bei  der  Summe  der  gefundenen  Zahlenwerthe  ganz 
in  den  Hintergrund  zurück.  Die  grössten  mir  in  meinen 
56  Fällen  vorgekommenen  Differenzen  ünden  sich  in  Fall  35 
und  42,  aber  auch  hier  zu  den  übrigen  Zahlen  ganz  isolirt. 
In  ersterem,  wo  die  Pulsschwankungen  im  Ganzen  unbedeutend 
sind,  fand  ich  den  Pötalpuls  eines  Morgens  oluie  irgend 
welche  nachweisbare  Ursache  während  einer  ganzen  Viertel- 
stunde stets  auf  108  herabgesunken  (es  war  ein  Knabe);  im 
anderen  Falle  behauptete  derselbe  trotz  aller  beobachteten 
Vorsicht  die  constante  Höhe  von  192  (es  war  ein  Mädchen). 

Kleinere  Schwankungen  naturlich  kommen  immer  vor, 
doch  bewegen  sich  dieselben  meist  in  den  Zahlen,  um  welche 
man  sich  'auch  bei  exactem  Zählen  nach  Viertelminuten  irren 
kann.  Beide  Umstände  veranlassten  mich  auch,  nicht  etwa 
gleich  nach  der  ersten  oder  den  paar  ersten  Untersuchungen  das 
muthmaassliche  Gesclilecht  sofort  einzuzeichnen;  darum  trug 
ich  auch  in  den  Fällen,  wo  die  Untersuchung  kaum  erst  einen 
oder  einige  Tage  geführt  war,  das  Geschlecht  erst  nach,  als 
die  begonnene  Geburt  mir  anzeigte,  dass  weitere  Beobachtung 
nun  vorüber  sei,  und  merkwürdiger  Weise  befinden  sich 
gerade  unter  diesen  Fällen  einige  von  denen,  wo  die  gestellte 
Diagnose  fehl  schlug,  wahrscheinlich,  dass  bei  so  nahe  bevor- 
gestandener Geburt  schon  irgend  welche  Einflüsse  derselben 
auf  das  Intrauterinleben  der  Frucht  ihr  Recht  geltend  gemacht 
hatten. 

In  Bezug  auf  die  von  Dr.  Frankenhäuser  bestimmten 
Grenzzahlen,  von  welchen  auf-  und  abwärts  man  sich  für 
das  eine  oder  andere  Geschlecht  entscheiden  soll,  bin  idi 
schon  nach  weiter  oben  Angedeutetem  nicht  ganz  ein- 
verstanden.   Auch  hier  will  ich   erst  die  Tabelle   naturlicJi 


440     ^^^^i^*    SUinbaeh,  Zar  Diagnose  des  FöUlgefchlecbts. 

Dur  der  Fälle  voraussclücken,  ki  weicheu  die  Vorausbesiünmung 
des  GescbiechU  zutraf. 

Tabelle  II. 


Knaben. 

Mädchen. 

Durchschnittszahl  der 

Durchschnittszahl  de.r 

No. 

Pulsfrequenz. 

No. 

Pulsfrequenz. 

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Vor- 

Nach- 

In 

Vor-   1  Nach  - 

In 

mittags. 

mittags. 

Summa. 

mittags.  1  mittags. 

Summa. 

1 

126 

128 

126 

4 

140     147 

143 

2 

135 

134 

134 

5 

143     141 

142 

3 

132 

134 

133 

12 

143     147 

145 

6 

128 

182 

•130 

16 

144     144 

144 

8 

134 

^  136 

134 

17 

140     142 

141 

9 

130 

132 

131 

19 

152     152 

152 

10 

130 

130 

130 

23 

146     14» 

144 

13 

133 

134 

133 

24 

146     138 

142 

14 

132 

134 

133 

27 

137     139 

138 

15 

131 

132 

131 

44 

138     139 

138 

18 

130 

130 

130 

50 

156 

152 

154 

20 

133 

131 

132 

51 

142 

144 

143 

21 

133 

133 

138 

22 

127 

130 

128 

1  12. 

143. 

144.  1 

~  1447 

26 

131 

135 

133 

30 

134 

138 

136 

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127 

129 

128 

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136 

137 

136 

33 

130 

130 

130 

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34 

130 

133 

131 

35 

129 

130 

129 

1 

36 

134 

184 

134 

37 

123 

132 

127 

1 

38 

138 

134 

136 

41 

124     136 

130 

1 

43 

130     134 

132 

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49 

125     128 

126 

63 

138     136 

136 

54 

131 

132 

131 

55 

134 

137 

135 

56 

134 

1.^1 

132 

31. 

.131. 

i32. 

131. 

Wenn  ich  als  Hiltelzahl  für  Knaben  131  und  für  das 
weibliche  Geschlecht  144  gefunden  habe  (der  Unterschied 
der  Mitlelzabl  des  Fotalpulses  von  früh  und  Nachmittag  ist 
kaum  von  weiterem  Belang),  so  bewegte  sidi  meine  Grenz- 
zahl   in  den  Zahlen  von  133—143  auf  und  ab,  fmiich  ein 


X^XI.    5toift6acA,  Znr  DiagDOse  tles  Föt<ilg€dchlecbts.     441 

niciit  uiibedeüteoder  Spielraui^  im  Gegeusalz  zur  Franken* 
häuBer'^c\iea  Angabe,  nach  weicher  136  die  Terminalxahl  ist. 
Ich  halte  es  aber  auch  nicht  für  notbwendig,  sich  auf  eine 
bestimmte  Gren2zahl  zu  stützen,  zumal  da  nach  Obigem  kleinere 
Schwankungen,  die  in  den  Zahlen  von  1  — 10  auf-  und 
absteigen,  erstens  vorkommen,  dann  aber  auch  wegen  des 
Zählens  nach  Viertelroinuten  nie  ganz  vermieden  werden 
können.  Aber  genügt  es  nicht,  wenn  es  sich  nur  bestätigt, 
dass  die  höheren  Zahlen  für  Mädchen,  die  niederen  für 
Knaben  sprechen?  Unerwähnt  möchte  idi  hierbei  nicht  lassen, 
dass  die  Zahlenwerthe  unter  136,  die.  also  dem  Masculinum 
angehören,  lange  keine  solchen  Schwankungen  zeigen,  wie 
die  von  140  an  aufwärts,  und  ich  gestehe  offen,  dass  ich 
bei  der  wiederholt  gefundenen  Pulsfrequenz  zwischen  124 — 182 
mit  einer  viel  grösseren  Sicherheit  einen  Knaben  notirte. 

Dass  nach  der  Frimkenhäu8eT'%d[ketn  Andeutung  hier 
auch  nach  der  Geburt  der  Puls  \w\  Mädchen  noch  um  ein 
Merkliches  höher  bleil)e,  als  bei  Knaben,  auch  dafür  legte 
ich  eine  Tabelle  an  und  nahm  nur  diejenigen  Neugeborenen 
vor,  die  ich  schon  während  ihres  Fötallebens  beobaditet  hatte. 
Ich  habe  aber  diese  Arbeit  bald  wieder  aufgegeben,  weil  eine 
Menge  anderer  Zußllle  die  Untersuchung  stören  und  unter* 
brechen  können,  Im  Allgemeinen  jedoch  möchte  ich  behaupten, 
dass  in  Bezug  auf  die  Pulsfrequenz  beider  Geschlechter  eher 
das  umgekehrte  Yerhältniss  stattfmde. 

Bei  der  Schwierigkeit  derartiger  Beobachtungen  an 
Scliwangeren  halte  icli  es  der  Muhe  nicht  für  unwerth,  speciell 
noch  aut  die  Technik  der  Unlcrsucliung  zurückzukommen  und 
zugleich  auf  die  möglichen  Störungen  und  Cautelen  anderer- 
seits wieder  aufmerksam  zu  machen,  die  behufs  der  Möglich- 
keit der  Zählung  der  Fötalherzlöne  sowohl  als  auch  des 
richtigen  Zählens  zu  l^erncksichtigen  sind. 

Die  Schuld  unrichtiger  oder  nicht  ganz  exacler  Beob- 
achtung trägt  theils  der  Beobachtende  selbst,  theils  liegt  sie 
auf  Seiten  der  zu  Untersuchenden,  theils  auf  Seiten  des 
Fötus,  oft  aber  sind  alle  drei  zusammen  Ursache  davon. 

Stets  ist  daher  eine  gezwungene  Stellung  des  Unter- 
suchenden störend^  welche  Einschlafen  der  Fnsse,  daher 
Zittern,   Kopfcongestion   mit   Geliörshaliucinationen   mit   sich 


442     XXXI.    Sleinbaeh,  Zar  Diagnose  des  Pötnlgdachleclittf. 

bringt.  Die  bequemste  Stellung  ist  demnach  die,  in  welcher 
sich  der  Untersuchende  sdbst  in  keinerlei  Weise  im  Wege 
steht;  darum  liege  die  Schwangere  mit  massig  erhoiitem  Kopfe 
auf  dem  Rucken,  so  bequem  als  möglich  und  dem  Bettrande 
etwas  näher,  auf  welchem  der  Untersuchende  eine  halb* 
sitzende,   nach  vorn  öbergeneigte  Stellung  eingenommen  hat 

Von  schon  grösserem  Belang  sind  die  Störungen  auf 
Seiten  der  Schwangeren.  Dahin  möchte  ich  rechnen  1)  die 
unruhige  Lage  derselben  entweder  aus  Angst  vor  dem  Un- 
gewohnten der  Untersuchung,  oder  wegen  im  Liegen  ge* 
steigerter  Dyspnoe,  oder  wegen  Empfindlichkeit  der;  Uterus^ 
gegend,  wodurch  beim  Auf  legen  des  Ohres  oder  Ansetzen  des 
Stethoskops  letztere  und  die  mit  ihnen  in  Berührung  ge- 
kommenen Abdominalflächen  weg^n  Reaction  der  Bauchmuskeln 
immer  ihre  Lage  zu  einander  wechseln  müssen,  was  störende 
Aflergeräusche  erzeugt;  2)  auftretende  Darmgerauscbe  oder 
auch  fortgeleitetes  Athmen  der  Mutter  (der  Bauchaortenschlag 
der  Mutter  ist  von  untergeordneter  Bedeutung);  endlich 
3)  gleichzeitiges  Auftreten  des  Uteringeräusches,  welches  alles 
Andere  übertönen  kann. 

Complicirter  endlich  sind  die  Schwierigkeiten,  die  der 
Fötus  der  Untersuchung  macht.     Hierher  gehören  vor  Allem 

1)  die  Reflexbewegungen  desselben,  die  sehr  häufig,  wenn 
nicht  fast  immer,  zuerst  wohl  durch  das  sich  zu  Rechtelegen 
der  Schwangeren,  dann  aber  auch  durch  das  Aufsetzen  des 
Stethoskops  oder  das  Anlegen  des  Ohres  auf  deren  Leib 
hervorgerufen  die  erste  und  ersten  Beobachtungen  stören,  und 
man  muss  oft  Minutenlang  warten  (während  welcher  Zeit  ich 
weder  Stethoskop  noch  Ohr  vom  Leibe  absetzte),  bis  der 
Fötus  seine  sturmischen  Bewegungen  und  mit  ihnen  zugleich 
seine  accelerirten  und  unrhythmiscfaen  Herzactionen  einstellt; 

2)  solche  Difierenzen  der  Pulsfrequenz  im  Vergleich  zu  den 
schon  geroachten  Beobachtungen  des  conei-eten  Falles,  welche 
ohne  nachweisbare  äussere  ursächliche  Momente  entweder  in 
uns  noch  unbekannten  Zuständen  der  Frucht,  oder  vielleicht 
auch  des  mütterlichen  Organismus  ihren  Grund  haben  mögen, 
wie  auch  Hauüce  richtig,  sich  gleiclizeitig  auf  HoU  be- 
rufend, anführt;  3)  plötzliches  Auftreten  von  Nabelsehnur* 
geräusch,   welches  ein  Mal   in   seinen  Variationen  überhaupt 


XXXI.   Sinnbach  f  Zar  DU^frnose  des  Fötalgeschtechts.     443 

das  Zählen  stören  kann,  dann  aber  auch,  und  das  ist  das 
Wichtigere,  zugleich  Veränderungen  in  der  Pulsfrequenz  selbst 
hervorinft,  was  auch  mit  den  Frankenhäuser'^chen  Beob- 
achtungen übereinstimmt  Man  thut  deshalb  am  besten,  zu 
warten,  bis  dieses  Geräusch  verschwunden  ist,  oder  wo 
es  ununterbrochen  täglich  zu  hören  bleibt,  den  Fall  auszu- 
scbliessen  (s.  weiter  unten);  endlich  4)  die  Verschiedenheit,  oder 
irielmehr  das  Umschlagen  des  Doppelschlages,  darin  bestehend, 
dass  ein  Mal  der  erste  Herzton,  dann  wieder  der  zweite 
Gefasston  marquirter  hervortritt,  was  den  unrhythmiscben 
Herzcontractionen  nicht  unähnlich  ist  und  oft  von  Neuem  zu 
zählen  zwingt. 

So  viel  hierüber;  ich  kehre  nun  zu  den  13  FäUen  zu- 
rück, deren  Analyse  ich  weiter  oben  bereits  versprochen  hatte. 

Was  Fall  7  betrifll,  in  welchem  ich  mich  für  ein  Mäd- 
chen entscheiden  musste,  so  ist  derselbe  aus  der  Reihe  der 
Untersuchungen  zu  streichen ;  er  lieferte  Zwillinge,  die  wegen 
starker  Ausdehnung  des  Uterus  absolut  nicht  diagnosttcirt 
werden  konnten,   freilich  aber  waren  beide  Früchte  Knaben! 

Ebenso  müssen  No.  40  und  46  wegfallen,  da  zwar  nicht 
die  Mitlelzahi  der  Pulsfrequenz,  wohl  aber  die  Einzejzahlen- 
werthe  derselben  mit  gleichem  Rechte  für  beiderlei  Geschlecht 
sprechen;  hier  ist,  namentlich  in  Fall  46  der  gefundene 
Mittelwerth  deshalb  nicht  zu  gebrauchen,  weil  die  ganzen  im 
Uebrigen  nur  wenigen  Beobachtungen  Differenzen  gaben,  die 
keiilen  Erklärungsgrund  haben. 

Von  3peciellerem  Interesse  sind  die  beiden  Fälle  26  und 
29  und  die  Gruppe  von  No.  11,  28,  42  und  52.  Nachträg- 
lich habe  ich  hier  noch  zu  bemerket^,  dass  ich  bei  meinen 
Beobachtungen  gleichzeitig  auch  für  die  Pulsfrequenz  der 
Schwangeren  eine  Tabelle  angelegt  hatte.  Ich  ging  dabei  von 
der  Frage  aus,  ob  und  in  wie  weit  überhaupt  die  Quantität 
und  Qualität  des  mütterlichen  Pulses  als  Ausdruck  des  ge- 
störten oder  auch  nicht  veränderten  Orgam'smus  der  Mutter 
einen  Einfluss  auf  das  Leben  des  Fötus  haben  könne,  und 
wie  sich  derselbe  an  letzterem  geltend  mache.  Beide  erst- 
genannten Fälle  nun  scheinen  eine  Antwort  hierauf  zu  bringen. 
Denn   Fall   25   betraf  eine    zum   vierten   Male   schwangere 

MoMt«cebr.f.Gebart«k.  1861.   Bd.  XVIII.,  Hft.0.  29 


444     XXXI.    Steinbaehf  Zur  Diagnose  dett  FöUlgeschUcht«. 

Frau,  welche  an  eiuer  im  ForUclirilt  iiegnileiieu  Tabes  dor- 
sualis  lilt  (die  Miltelzahl  ihrer  Pulsfrequenz  betrug  92),  und 
Fall  29  eine  Erstschwangere  mit  Metritis  chronica,  die  tod 
Zeit  zu  Zeit  exacerbirto  (die  durclischnitüiche  Puishöhe  war 
97).  In  ])eideu  Fällen  berechtigten  die  constant  hohen  Zahleu- 
werthe  des  Fötalpulses  zur  Annahme  eines  Mädchens,  beides 
jedoch  waren  kräftige  Knaben.  So  übereilt  es  auf  der  einen 
Seite  erscheinen  dürfte,  aus  diesen  beiden  Fällen  den 
allgemeinen  Schluss  ziehen  zu  wollen,  dass  Krankheit  der 
Mutter  mit  aecclerirter  Pulsfrequenz  auch  den  Fötalpuls 
beschleunige,  so  wäre  es  gewiss  andererseits  der  Mühe  werlh 
und  sogar  dringend  zu  empfehlen,  weitere  Beobachtungen 
hierüber  anzustellen,  da  auch  Andere,  so  namentlich  Hohl 
(Hohl,  die  geburtshulfliche  Exploration,  Tbl.  1.,  S.  265)  an- 
führt, dass  bei  einer  an  Pocken  erkrankten  Schwangeren  d<T 
Fötalpuls  260  Schläge  hatte  und  6  Stunden  nach  der  Gebüil 
eine  Pockeneruption  am  Neugeborenen  erfolgte. 

Die  Gruppe  von  Fall  11,  28,  42  und  52  dürfte  sich 
noch  interessanter  gestalten.  Es  sind  diejenigen  Fälle«  wo 
während  der  ganzen  Beobachtungszoit  in  Fall  11  und  28 
constant  (in  ersterem  wani  auch  das  Kind  mit  zweimaliger 
Umschlingung  der  Nabelschnur  um  den  Hals,  in  letzterem 
mit  einmaUger  Umschlingung  geboren),  in  Fall  42  und  52 
jedoch,  wo  sicli  bei  der  Geburt  zwar  keine  Umschlingung  der 
Nabelschnur  nachweisen  liess,  wohl  aber  eine  sehr  magere 
Nabelschnur  beider  Fi-üchte  sich  vorfand,  fast  immer  Nabel- 
schnurgeräusch vorbanden  war.  Jedenfalls  ist  in  sämmtlichen 
4  Fällen  Druck  der  Nabelschnur  die  Ursache  des  Nabelschnur- 
geräusches  gewesen.  Dass  aber  Nabelschnurgeräusch  auf 
Druck  der  Nabelschnur  basirt  unter  allen  Umständen  den 
Fu talpuls  verlangsame,  wie  es  nach  Fall  11,  42  und  52  den 
Anschein  haben  könnte,  da  Knaben  erwartet  wurden,  dem 
widerspräche  schon  Fall  28,  wo  das  umgekehrte  Verhältniss 
stattfand.  Das  aber  dürfte  weit  weniger  in  Abrede  zu  stellen 
sein,  dass  Nabelsclmurdruck,  wie  ich  auch  bei  anderer  Ge- 
legenheit, so  namentlich  unter  der  Geburt,  sehr  oft  beob- 
achten konnte,  wohl  Einfluss  auf  die  Herzaction  des  Fötus 
habe  und  der  Bestimmung  des  Geschlechts  nach  dieser 
Richtung  hin  in  den  Weg  trete. 


XXXI.   Stetnbaeh,  Zar  Diagnose  des  FötalgeHchlechfcs.     445 

Es  bleiben  somit  nur  nocb  Fall  39,  45,  47  und  48 
übrig,  Fälle  allerdings,  die  nach  feinen  eingezeichneten 
Notizen  keinen  anderen  Entschuldigungsgrund  der  falsch  ge- 
stellten Diagnose  hätten  als  den,  dass  die  Beobachlungszeit 
verhältnissmässig  zu  kurz  war ;  im  Uebrigen  stehen  sie  un- 
erklärt da. 

Geben  demnach  jene  eben  näher  besprochenen  Fälle 
gewissermassen  ein  Recht  zur  Ausnahme  von  der  Regel, 
so  reducirte  sich  eigentlich  das  Fehlschlagen  der  Voraus- 
bestimmung des  Fötalgeschlechts  nur  auf  eben  diese  zuletzt 
angeführten  vier  Fälle  und  das  Resultat  meiner  angestellten 
Beobachtungen  spräche  somit  noch  weit  mehr  für  den  auf- 
gestellten Satz,  als  ich  oben  angegeben  habe.  — 

Schliesslich  möchte  ich  noch  2.  Fälle  erwähnen,  die  zwar 
Nichts  mit  der  Diagnose  des  Fötalgeschlechts  gemein  haben, 
aber  nach  anderer  Richtung  bin  nicht  von  untergeordneter 
Bedeutung  sein  durften.     Es  sind  dies  Fall  15  und  17. 

In  dem  einen  (No.  15)  waren  trotz  aller  Bemühungen 
in  den  9  letzten  Tagen  der  Schwangerschaft  die  Herztöne 
der  Frucht  nicht  mehr  zu  hören,  obgleich  dieselben  vorher 
3  volle  Wochen  lang,  mit  Ausnahme  eines  Nachmittags,  stets 
deutlich  vernommen  wurden,  und  war,  obschon  alle  ander- 
weitigen Zeichen  fehlten,  die  für  das  Abgestorbensein  der 
Frucht  hätten  sprechen  können,  anzunehmen,  dass  der  Tod 
der  Frucht  eingetreten  sei.  Bei  der  Geburt  des  Knaben  löste 
sich  bereits  die  Epidermis  von  manchen  Körperstellen  in 
grösseren  Fetzen  ab.  Ich  nenne  diesen  Fall  insofern  er- 
wähnungswerth ,  weil  derselbe  dafür  spricht,  dass  man  bei 
wiederholt  nicht  mehr  gehörten  Herztönen  der  Frucht,  wenn 
sie  vorher  ohne  Unterbrechung  wahrzunehmen  waren,  wohl  ein 
Recht  habe,  auf  das  Abgeslorbensein  der  Frucht  zu  scbliessen. 
Dass  die  Herztöne  aber  hin  und  wieder  nicht  zu  hören  sind, 
das  kommt  wohl  vor,  aber  lange  nicht  so  häufig,  wie  ge- 
glaubt wird.  Mir  z.  B.  ist  es  in  den  56  Fällen  nur  9  Mal 
vorgekommen,  nämlich  in  Fall  6,  7,  26,  31,  33,  35,  40,  42 
und  52;  und  die  übrigen  mit  —  ausgefüllten  Spatien  geben, 
wie  ich  schon  im  Eingange  anführte,  nur  an,  dass  die  zu 
Untersuchende  entweder  abwesend  war,  oder,  was  die  am 
Schlüsse  des  einen  oder  anderen  Falles  mit  —  angedeuteten 


446     XXXI.    Steinbach,  Znr  Diagnose  des  Fötalgefichlecht«. 

Zalilen  besagen,  dass  die  Geburt  luiiniUeibar  bevorstand  oder 
bereits  im  Gange  wai^. 

Was  endlich  Fall  17  betriflts  so  habe  ich  denselben 
deshalb  mit  herangezogen,  weil  er  zugleicli  der  einzige  ist, 
bei  welchem  ich  die  Herztöne  der  Frucht  schon  in  einer 
froheren  Zeil  der  Schwangerschaft  beobachten  konnte,  insofern 
derselbe  einem  Partus  praematurus  aus  der  34.  Schwangi*r- 
schaftswoche  angehört  Auch  hier  (raf  das  vorausbestimnile 
Geschlecht  zu,  mit  anderen  Worten,  die  Pulsfrequenz  des 
Fötus  scheint  auch  schon  in  früherer  Zeil  seiner  Enlwickeluiig 
die  dem  Genus  bestimmte  Frequenz  zu  behaupten. 

Soll  ich  am  Ende  kurz  noch  einmal  alle  die  Momente 
recapiluliren ,  die  nach  meinen  bisherigen  Beobachtungen  die' 
Skherheil  der  Vorausbestimmung  des  Fötalgeschleclits  beeiii- 
trächtigen,  so  sind  es  etwa  folgende: 

1)  zu  kurze  Beobachtungszeit  bei  gleichzeitig  nicht  un- 
beträchtlichen Pnlsschwankungen ;  2)  die  letzten  Tage  der 
Schwangerschaft;  3)  nicht  gehörige  Berücksichtigung  der 
nöthigen  Vorsicht  beim  Untersuchen  selbst;  4)  mehrfache 
Schwangerschaft  (?);  5)  diejenigen  Fälle,  in  welchen  die  Puls- 
frequenz nach  den  festzuhaltenden  Kegeln  für  beide  Geschlechter 
zugleich  sprechen,  Fälle  also,  wo  die  Mittelzahlen  in  Frage 
kommen;  6)  Krankheit  der  Schwangeren;  7)  Nabelschnur- 
druck; endlich  8)  die  Fälle,  in  weldien  die  Pulsdifferenzim 
bisher  noch  keinen  Erklärungsgrund  haben. 

Da  steht  denn  freihch  noch  ein  weites  Feld  offen,  auf 
welchem  sich  die  fehlgeschlagenen  Geschlechtsdiagnosen  her- 
umtummeln können !  Wahr  zwar,  das  haben  auch  die  anderen 
Beobachtungen  dargetban,  aber  ein  Mal  nicht  abzuändern. 
Habe  ich  in  Vorliegendem  nur  die  Grenze  angedeutet,  wie 
weil  Sicheres  reicht  und  wo  des  Unsicheren .  Gebiet  beginnt, 
so  bin  ich  schon  zufrieden  gestellt,  denn  ich  hoffe,  dass  mit 
diesem  kleinen  Seitenstück  zur  Frankenh ätLse^*' sehen  Arbeit 
von  Neuem  wieder  von  vielen  Seiten  die  Kritik  herantritt,  die 
nach  und  nach  jenem  noch  weiten  Spielraum  immer  engere 
Grenzen  ziehen  wird. 


XXXII.    Ptellj  Incarcerirte  Haematometra  etc.  447 


XXXIL 

Incarcerirte  Haematometra  in  Folge  erworbener 
Atresie  des  Os  externum. 

Von 

Dr.  ü.  Prell  in  Hamburg. 

Eine  43jabrige  Handwerkersfrau  lebte  in  einer  17jälirigen 
Ehe,  ohne  je  concipirt  zu  haben.  Die  Frau,  welche  nie 
ernsllich  erkrankt  gewesen,  Utt  in  den  ersten  Jahren  ihrer 
Ehe  an  einem  hartnäckigen  Fluor;  sie  erinnert  sich  indess 
nicht,  dass  nach  dieser  Zeit  die  Menses,  welche  von  ihrem 
(M'sten  Auftreten  an  im  13.  Lebensjahre  anomal  gewesen,  eine 
Veränderung  gezeigt  haben.  Im  regelmässigen  Typus  wieder- 
kehrend, waren  sie  im  Allgemeinen  ziemlich  profus,  7  —  9 
Tage  anhaltend,  sehr  häufig  von  Uterinalcoliken  begleitet, 
unter  welchen  sich  am  3. ,  4.  Tage  der  Menses  kleine  Coagula 
entleerten.  Im  letzten  Jahre  waren  die  Menses  im  All- 
gemeinen weniger  profus  gewesen. 

Anfang  März  1860  hatten  sie  sich  zuletzt  gezeigt;  als 
sie  ohne  besondere  Ursache  im  April  ausblieben,  glaubte  die 
Frau  ein  naturgemässes  Cessiren  derselben  annehmen  zu 
müssen ;  bald  indess  brachten  consensuelle  Magenerscheinungen 
(Erbrechen  etc.),  sowie  eine  aufl'allende  Anschwellung  der 
Brüste  sie  auf  den  Gedanken,  schwanger  zu  sein  imd 
steigerte  sich  ihre  Vermuthung  zur  Gewissheit,  als  sie  im.  Juni 
und  Juli  eine  fortschreitende  Aufti*eibung  der  Unterbauch- 
gegend bemerkte.  Während  dieser  Zeit  hatten  sich  bisweilen 
Blutflecke  in  der  Wäsche  gezeigt,  die  Frau  hatte  an  ziehen- 
den Schmerzen  im  Kreuze  und  Uuterleibe,  an  Harndrang  und 
Obstructien  gelitten,  indeiss  wurden  ihr  diese  Erscheinungen 
als  nicht  ungewöhnliche  Begleiter  der  Schwangerschaft  von 
ihrer  Umgebung  gedeutet. 

Am  23.  Juli  trägt  sie  einen  Eimer  Wasser  eine  steile 
Treppe  hinauf,  als  plötzlich  die  heiligsten  Kreuz-  und  Unter- 
leibsscbmerzen  sich  einstellen,  zugleich  mit  dem  Gefühle,  als 
dränge  sich  ein  Körper  aus  der  Scheide.    Als  ich  nach  einigen 


448  XXXII.    Prell f  Incarcerirte  Haematometra 

Stunden  die  mir  noch  unbekannte  Frau  sab,  klagte  sie, 
abgesehen  von  jenen  subjectiven  Empfindungen  über  die  Un* 
möglichkeit,  Urin  zu  lassen  und  über  bestandigen  Stublzwang, 
ohne  dass  Excretion  erfolge.  Bei  der  Untersuchung  fand  idi 
das  kleine  Becken  von  einer  kugligen  elastischen  Ge- 
schwulst ausgefüllt,  \%elche  bis  ans  Perineum  reichte  und 
den  Mastdarm  vollständig  comprimirte.  Nirgends  konnte 
ich  an  dem  unteren  Tbeile  der  Geschwulst  eine  Portio  vagi- 
nalis oder  einen  Muttermund  entdecken.  Da  die  Geschwulst 
gegen  das  Schambein  drängte,  so  war  es  'sehr  seliwierig 
zwischen  beiden  mit  dem  Finger  in  die  Höbe  zu  dringe u,  um 
die  obere  Grenze  des  Tumor  zu  erreichen.  Ich  fand  hier 
indess  nirgends  die  Spitze  einer  Portio  vaginalis  und  konnte 
deshalb  die  Annahme  einer  incarcerirten  Ovarien- 
geschwulst,  sowie  die  Anwesenheit  einer  seit  längerer  Zeit 
bestandenen  Haematocele  retrouterina  ausschliessen,  deren 
Inhalt  durch  die  heilige  körperliche  Anstrengung  sich  plötz- 
lich vermehrt  und  Incarcerationseracheinungen  hervorgerufen 
haben  konnte.  Die  Untersuchung  brachte  mich  somit  auf 
dem  Wege  der  Exclusion  zu  der  Vermuthung,  die  ich  gleich 
Anfangs  nach  den  Angaben  der  Frau  gefasst,  näratich  eine 
Retroversio  des  schwangeren  Uterus  im  4. Monate  vor 
mir  zu  haben.  Eine  härtere  Parthie  der  Geschwulst  in  der 
Gegend  der  Symphysis  gab  allerdings  nur  ein  undeutliches 
Bild  des  Cervix  und  gelang  es  mir  nicht,  den  Muttermund 
über  derselben  zu  ermitteln,  er  konnte  jedoch  in  einer 
Schleimhautfalte  versteckt  sein  und  erinnerte  ich  mich,  FäUe 
von  Retroversion  des  höchsten  Grades  gelesen  zu  haben ,  in 
welchen  auch  der  Muttermund  der  nach  oben  geriditeten 
Portio  vaginalis  nicht  zu  ermitteln  gewesen-  war. 

Ich  beschloss  indess,  nachdem  ich  die  Frau  mit  grosser 
Muhe  catbeterisirt,  einen  älteren  Arzt  zu  consultiren,  der, 
wie  ich  wusste,  mehrere  Fälle  hochgradiger  Retroversion  in 
Behandlung  gehabt  hatte.  Nach  genauer  Untersuchung  hielt 
auch  dieser  College  die  Diagnose  der  Retroversieoi  für  die 
wahrscheinlichste  und  wir  versuchten  -die  Reposition  der 
Geschwillst  durch  den  Mastdarm  in  der  Knieellbogenlage. 
Nach  einer  Reihe  vergeblicher  Manipulationen,  welche  die 
Frau  sehr  ersdiöpften,   beschlossen  wir,   ihr  für  einige  Zeit 


in  Folgte  erworbener  Atresie  des  Ofl  extcrnum.         449 

Hube  zu  gönnen,  um  dann  unsere  Versuche  unter  Chloro- 
formnarcose  zu  wiederholen.  Kaum  war  indess  eine  Stunde 
verflossen,  als  ich  wiederum  zur  Kranken  hinbeschieden 
wurde.  '  Die  Schmerzen  hatten  sich  mittlerweile  ausserordent* 
lieh  gesteigert  und  liess  ich  mich  durch  das  Jammern  der 
Frau  verleiten,  eine  forcirte  Reposition  (abermals  in  der 
Knieellbogenlage  durch  den  Mastdarm)  vorzunehmen.  Nach- 
dem ich  mich  einige  Minuten  vergeblich  bemüht,  bemerkte 
ich  endlich,  dass  der  Tumor  meinem  Pingerdrucke  nachgab 
und  gegen  das  Promontorium  hinaufwich,  zugleich  aber  stürzte 
eine  theerartige  Blutmasse  aus  der  Vagina,  welche  nacli 
der  oberflächlichen  Schätzung  ungefähr  einen  Suppenteller 
füllen  konnte.  Am  untersten  Ende  der  Geschwulst 
fand  ich  jetzt  eine  kleine  Oeffnung,  aus  welcher  sich  das 
ßhit  entleerte  und  um  welche  sich  am  andern  Tage  eine 
Portio  vaginalis  entwickelte. 

Durch  meinen  Repositionsversuch  hatte  ich  also  eine 
Atresie  des  äusseren  Muttermundes  gesprengt,  welche 
eine  beträchtliche  Haematometra  zur  Folge  gehabt.  Durch 
die  heftige  körperliche  Anstrengung  war  eine  plötzliche  Sen- 
kung  entstanden,  welche  Incarcerationserscheinungen  her- 
vorgerufen hatte.  Letztere  schwanden  mit  der  Berstung  der 
Atresie.  Die  Frau  hatte  einen  mehrstündigen  ruhigen  Schlaf 
und  konnte  nach  6  —  8  Stunden  wieder  von  selbst  uriniren. 
ich  zweifle  nicht,  dass  wenn  ich  bei  meiner  ersten  Unter- 
suchung  an  die  Möglichkeit  einer  Haemetometra  und  ihrer 
Einklemmung  gedacht,  es  mir  dann  auch  wohl  gelungep  wäre, 
am  untersten- Ende  der  Geschwulst  die  Atresie,  so  klein  sie 
auch  war,  durch  das  Gefühl  zu  entdecken,  wie  in  einem 
Falle,  den  ich  spater  n)ittheiien  werde,  die  Atresie  sich  auch 
dem  Gefühle  kund  gab,  während  das  Speculum  sie  nicht  auf- 
finden konnte.  Das  Eigentbümliche  meines  Falls  bestand 
darin,  dass  die  Haematometra  in  denselben  Grössenverhält- 
nissen  und  unter  ähnlichen  Erscheinungen  sich  entwickelte, 
wie  der  schwangere  Uterus  in  den  ersten  Monaten  und  dass 
plötzlich  eine  Senkung  mit  Incarceralionserscheinungen  auf- 
trat, ohne  dass  in  einem  früher  bestandenen  Prolapsus  die 
Praedisposition  gelegen. 


'•450  XXXII.    Pref/,  Incarcerirte  Haeiuatometra 

Am  25.  Juli  ergab  die  innere  UntersiicbuDg  Folgendes: 
Die  Portio  vaginalis,  fast  bis  ans  Perinäum  reicbend,  stellt 
einen  Kegel  vor,  an  dessen  Basis  sieb  die  ScbeideuiDsertion 
durch  deutlicbe  Hervorragung  v^ieder  marjiirt.  Der  Kegd 
selbst,  ungefähr  1  Zoll  hoch  und  1  Zoll  im  Durchmesser, 
hat  an  seiner  Spitze  eine  kreisrunde  Oeffnung,  deren  Durch* 
messer  circa  V«  Zoll  beträgt,  und  durch  welche  sich  in  den 
letzten  24  Stunden  nur  wenig  Blut  entleert  bat.  Der  Uterus 
ist  intumescirt.  Die  Frau  fühlt  sich  frei  von  Beschwerden 
und  ihr  Befinden  ist  so  vortrefflich,  dass  sie  trotz  meines 
Verbotes  an  demselben  Tage  aufsteht  und  einige  häusliche  Ge- 
schäfte besorgt.  Als  ich  sie  damals  nach  14  Tagen  zuletzt 
untersuchte,  hatte  die  Portio  vaginalis  noch  immer  auffallen- 
den Tiefstand,  der  Uterus  war  noch  intumescirt,  es  hatten 
fast  täglich  geringe  Blutentleerungen  stattgefunden,  zu  denen 
sich  in  der  letzten  Zeit  noch  Scbleimfluss  hinzugesellt  hatte 
und  diese  unregelmässigen  Blut-  und  Schleimsecretionen 
dauerten  bis  zum  Herbste  fort  Vom  October  an  aber 
stellten  sich  die  Menses  wieder  ein  und  haben  sieh  bisher 
(April  1861)  jeden  Monat  wiederholt,  mit  eben  demselben 
Charakter,  den  sie  n*üher  gezeigt,  nur  in  weit  gering^^r 
Menge  (wie  in  dem  letzten  Jahre  vor  Bildung  der  Haemato- 
roeti'a). 

Am  4.  April  a.  c.  nahm  ich  bei  der  Frau,  welche  sich 
den  ganzen  Winter  hindurch,  abgesehen  von  den  Beschwer- 
den des  zurückgebliebenen  Descen^us  uteri,  vollkommen  wohl 
befunden,  eine  genauere  Untersuchung  vor.  Das  Becken 
bot  keine  Abnormität  dar;  die  Portio  vaginalis  steht  etwas 
liefer  als  gewöhnlich;  am  Uterus  ist  Nichts  Abnormes  zu 
fühlen,  es  ist  keine  Knickung  vorhanden;  die  Portio  vagi* 
nalis  bildet  einen  derben,  %  Zoll  langen,  nicht  intumescirten 
konischen  Zapfen,  an  dessen  glatter  Spitze  eine  Theilung 
in  Lippen  nicht  zu  bemerken  war;  das  Speculum  zeigt  nir- 
gends Ulcerationen,  narbige  Einrisse,  in  der  Mitte  der  Spitze 
eine  punktförmige  Oeffnung,  von  kaum  Stecknaddkopf- 
grosse,  durch  welche  ich  nur  eine  feine  chirurgische  Sonde 
einfuhren  konnte.  Ich  wagte  nicht,  mit  derselben  die  Lange 
des  Uterus  auszumessen  und  kann  deshalb  über  eine  etwaige 
Elongation  der  Gebärmutter  Nichts  mittheilen.    Bei  der  Unter- 


in  Folge  erworbener  Atresie  des  0«  extemnm.         451 

sachung  berücksichtigte  ich  auch  die  Möglichkeit,  dass  nach 
erfolgter  Atresie  im  vorigen  Sommer  ein  pathologischer  Pro- 
cess  die  Fortdauer  der  Uterinableitung  unterhalten;  es  war 
aber,  wie  oben  bemerkt,  keine  palpable  Geschwulst  im  Uterus 
wahrzunehmen;  Herzfehler,  Unterleibstumoren  u.  dgl.  waren 
nicht  nachzuweisen.  Das  wichtigste  Resultat  der  Untersuchung 
ist  also  eine  Deformität  und  hochgradige  Stenose  des 
Os  externum. 

Ich  habe  mich  nun  vergeblich  bemüht,  in  der  Litera- 
tur einen  ähnUchen  Fall  aufzufinden  und  überhaupt  in  Betreff 
der  Haematometra  nach  bereits  erschienenen  Menses, 
mit  welcher  Form  der  Krankheit  wir  uns  im  Folgenden 
ausschliesslich  beschäftigen  woUen,  nur  spärliche  Hit- 
theilungen  gefunden ,  während  dagegen  die  Haematometra  nach 
angeborener  Atresie  durch  zahLreiche  Beispiele  erläutert  bt. 

Was  die  ältere  Literatur  betrififl,  so  bemerkt 
Spangenberg  (über  die  Blutfiüsse,  1805,  S.  401)  in  dem 
Capitel  der  Blutflüsse  zur  Zeit  des  Aufhörens  der  monatlichen 
Reinigung:  „Bei Frauen  bleiben  die  Regeh  mit  einem  Male  aus, 
der  Bauch  und  die  Brüste  schwellen  an  und  letztere  entleeren 
oft  eine  dünne,  milchartige  Flüssigkeit,  die  Weiber  halten 
sich  schwanger  und  spüren  bisweilen  Bewegungen  in  der  Ge- 
bärmutter, die  aber  Krämpfe  sind.  Auf  diese  Weise  kann 
das  Geblüt  an  9  Monate  ausbleiben  und  den  Verdacht  einer 
Schwangerschaft  unterhalten;  plötzlich  aber  stellen  sich  Schmel- 
zen ein,  es  erfolgt  der  Ausfluss  eines  meist  geronnenen 
Blutes  und  die  Täuschung  der  Schwangerschaft  schwindet/' 
Eine  ähnliche  Schilderung  giebt  Eickter,  specielle  Therapie, 
1827,  Hl.,  S.  616.  Conradi  (specielle  Pathologie  imd  The- 
rapie, n.,  S.  859)  bemerkt:  „Zur  Zeit,  wo  die  Menstruation 
aufhört,  entsteht  bei  alten  Jungfern  und  Weibern,  die  keine 
Kinder  geboren  haben,  so  wie  überhaupt  bei  denen,  welche 
in  ihren  jüngeren  Jahren  die  Reinigung  sehr  stark  hatten 
etc.  etc.,  eine  Anhäufung  des  Blutes  in  der  Gebärmutter 
und  nach  2,3,  oder  auch  7 — 8  Monaten,  während  welcher 
Zeit  sich  die  Frauen  nicht  selten  schwanger  glauben,  folgt 
der  Hutterblutfluss.'-  Ulsamer  in  Landshut  (Artikel  „Gebär- 
mutterblutfiuss'^  im  Encyclopädischen  Wörterbuche)  fügt  mit 
Bezugnahme  auf  Riehter^s  Schilderung  hinzu:    „Beim  Volke 


452  XXXII.     Prellf  Incuroerirte  Haeroatometra 

ist  in  roanclien  Gegenden  dieser  Zustand  unter  dem  Aus- 
drucke der  ,,Biutkugel'*  bekannt.'* 

Leider  sind  in  den  betreffenden  Werken  keine  specieUen 
Krankengeschichten  mitgetheilt  und  es  ist  um  so  mehr  zu 
bedauern,  dass  von  drei  älteren  Autoren  diese  populäre  Blut- 
kugel nicht  ausführlicher  beschrieben  wird,  als  in  den  neue- 
ren Gynäkologien  diese  Haematometra  zur  Involutions- 
zeit überhaupt  gar  keine,  sowie  die  übrigen  Formen 
derselben  eine  nur  geringe  Berücksichtigung  finden.  Am  aus- 
führlichsten wird  noch  die  Haematometra  nach  Abortus^  be- 
sprochen, bei  Gelegenheit  der  Ati'esie  des  Uterus,  der 
Hydrometra  wird  allerdings  beiläufig  erwähnt,  dass  sidi  nach 
erworbener  Atresie  auch  Blut  im  Uterus  ansammeln  könne; 
aber  nirgends  wird  die  Haematometra  als  besondere  Krank- 
heitsform  besprochen  nn't  Rücksicht  auf  ihre  Ursachen,  ihre 
Volumensverhältnisse  und  wenn  sie  auch  nur  Folgezustand 
ist,  so  verdient  sie  doch  dieselbe  Berücksichtigung,  die  z.  B. 
der  Hydrometra  zu  Theil  wird. 

Betrachten  wir  nun  die  in  der  Casuistik  mitgetlieilten 
Fälle,  so  können  wir  als  erste  Veranlassung  der  Haemato- 
metra die  acute  Metritis  und  exulcerirende  Processe 
der  Portio  vaginalis  bezeichnen.  Durch  die  stattfindende  Ex- 
sudation entsteht  eine  Obliteration  des  Cervix  oder  des  äus- 
sern Os  allein,  welche  bei  exulcerirenden  Processen  durcli 
die  consecutive  Schrumpfung  der  Portio  vaginalis  noch  mehr 
begünstigt  wird.  Rigby  (Medical  Times,  13.  Sept.  1856, 
Monatsschrift  1857,  Nov.)  theilt  einen  Fall  von  Haemato- 
metra mit,  welche  nach  Obliteration  des  Cervix  sich  eot- 
wickelt  hatte.  Durch  Aetzung  mit  einer  starken  Säure  war 
eine  Metritis  hervorgerufen,  durch  die  Obliteration  des  Cervix 
eine  Retention  der  Menses  entstanden  und  die  Frau  wandte 
sich  an  Righy  in  der  Meinung,  schwanger  zu  sein.  In  dem 
Berichte  von  Credit  über  die  Vorgänge  in  der  Leipziger  Kli- 
nik (Honatsschr.  1860,  März  und  April,  S.  290)  sind  zwei 
Fälle  von  Haematometra  mitgetheilt.  Der  erste  war  nach 
einem  Blatternprocesse  entstanden,  welcher  die  Portio 
vaginalis  vollständig  zerstörte,  so  dass  der  untersuchende 
Finger  die  Stelle  des  ursprünglichen  Muttermundes  und  der 
Vaginalportion   nur   diu*ch   das  Gefühl  einer  grösseren  Härte 


in  Folge  erworbener  Atreeie  des  Ob  extemtiDi.  453 

auffindeD  konnte,  wäbreDd  durch  das  Speculum  der  Mutter- 
mund nicht  ermittelt  wurde.  Die  kuglige  Geschwulst  war 
auefa  oberhalb  der  Symphyse  'zu  entdecken.  Der  zweite  Fall 
ist  dem  ersten  ganz  analog,  nur  dass  die  Haematometra  nach 
einer  schweren  Zangenentbindung  mit  consecutiver 
Metritis  entstanden  war.  In  diesem  Falle  bildete  sich  nach 
der  Operation  die  Port,  vaginalis  wieder  vollständig  zurück. 

Ausser  der  acuten  Metritis  und  den  exulcerativen  Pro- 
cessen können  zweitens  auch  Fälle  von  Abortus,  grössten- 
theils  durch  zuruckgebMebene  Eireste,  die  Veranlassung  zur 
Entstehung  der  Haematometra  abgeben.  Abgesehen  von  ob- 
turireuden  Eiresten  entsteht  in .  diesen  Fällen  die  Haemato- 
metra auf  analoge  Weise,  wie  die  Bildung  der  fibrinösen 
Polypen  ermöglicht  wird,  indem  der  äussere  Muttermund  sich 
früher  schüesst,  als  die  Involution  des  Uterus  stattgefunden. 
Als  die  gewöhnliche  Ursache  des  fortdauernden  Verschlusses 
bezeichnet  Seanzoni  eine  spastische  Contraction  .des  unteren 
Uterinsegmentes;  es  kann  aber  auch  in  Folge  der  Zusammen- 
Ziehung  des  Os  und  seines  Congestivzustandes,  welchen  der 
Durchtritt,  des  Eies  hervorgerufen,  durch  Exsudation  eine 
wahre  organische  Atresie  sich  entwickeln.  Man  hat  Fälle  be- 
obachtet, in  welchen  in  Folge  mehrmonatlicher  Blutretention 
der  Uterus  5  —  6  Zoll  über  der  Symphyse  zu  fühlen  war. 
Die  Metrorrhagiej),  welche  sich  dann  plötzlich  einzustellen 
pflegen,  sind  äusserst  profus  und  können  selbst  einen  letha- 
len  Ausgang  zur  Folge  haben. 

Bevor  wir  nun  versudien,  aus  unserm  Falle  eine  dritte 
Veranlassung  der  Haematometra  abzuleiten,  scheint  es  noth- 
wendig,  durch  Anführung  analoger  Beispiele  die  bemerkens- 
werthe  Thatsache  zu  erläutern,  dass  bei  noch  fortdauernden 
Menses  eine  hochgradige  Atresie  sich  entwickelte,  ohne  von 
besonderen  Erscheinungen  begleitet  zu  sein.  Zu  diesem 
Zwecke  ist  es  erforderlich,  auch  die  übrigen  Formen  der 
erworbenen  Atresie,  welche  nicht  nach  acuter  Metritis,  exul- 
cerativen Processen  und  Abortus  entstehen,  mit  einigen  Wor- 
ten zu  besprechen,  d.  h.  die  Formen  der  wahren  organi- 
schen Atresie  im  Gegensatze  zu  der  mechanischen,  welche 
durch    Knickung    verursacht   wird,    durch    Compression    von 


454  XXXII.     Frellf  Inearcerirte  HaematometrA 

Eierstockgeschwülsten,  durch  Neubildungen,  welche  das  Lumen 
des  Gervix  ausfüllen  etc. 

Bei  den  Atresien  nach'  den  climakterischen  Jahren, 
welche  bekanntlich  in  der  Regel  das  innere  Os  betfelTen, 
müssen  wir  ausser  der  durch  daa  Alter  bedingten  Schrum- 
pfung auch  einen  örtlichen  catarrhalischen  Zustand  mit  nach- 
folgender Exsudation  annehmen,  um  die  Bildung  der  Atresie 
zu  erklären.  In  Jüngern  Jahren  kann  nach  Riwisch  (klinische 
Vorträge,  2.  Auflage,  I.,  S.  114)  in  folge  von  langwierigen 
intensiven  Blennorrhoen  eine  Aglutination  oder  innige 
>'erwachsung  der  Wände  des  Cervicalcanals  sich  entwickeln."^ 
lieber  das  Verhalten  der  Mens.es  in  diesen  Fällen  wird  Nichts 
mitgetheilt.  Derselbe  Autor  äussert  sich  an  derselben  Stelle 
(was  uns  besonders  interessiren  nmss) :  „Der  äussere  Mutter- 
mund kann  durch  die  nach  exulcerativen  Processen  nachträg- 
lich eintretende  Schrumpfung  und  Verklebung,  oder  durch 
innige  Verschmelzung  seiner  Lippen  in  einzelnen 
seltenen  Fällen  vollständig  undurchgängig  werden."  Welche 
Fälle  er  hier  vor  Augen  gehabt,  erwähnt  Kiwisch  eben  so 
wenig ,  als  die  möglichen  Folgen ,  wenn  die  Menses  noch 
nicht  cessirt  haben.  Eine  besondere-  Art  bilden  endlich  die 
Atresien  in  der  Schwangei-schaft,  welche  bekanntlidi  eine 
solche  Derbheit  erreichen  können,  dass  sie  einen  instrumen- 
talen Eingriff  erfordern. 

Wenn  nun  auch  alle  diese  Atresien  (von  den  starken 
Bindegewebsneubildungen  bis  zu  den  einfachen  Verklebungen 
herab)  nur  durch  einen  Gongestionszustand  hervorgerufen 
werden  können,  welcher  eine  Exsudation  zur  Folge  hat,  so 
kann  doch  die  Entwickelung  d^selben  von  so  wenig  auf- 
fallenden Erscheinungen  begleitet  sein,  dass  erst,  wenn  eine 
vollständige  Atresie  vorhanden,  dieselbe  sich  durch  die  Folge- 
zustände  verräth.  Man  findet  also  eine  Hydrometra,  ohne 
dass  die  Bildung  der  Atresie  von  entzündlichen  Symptomen 
hegleitet  gewesen;  man  entdeckt  unvermuthet  als  Ursache 
einer  Geburtszögerung  eine  Atresie,  deren  Entwickelung  in 
der  Schwangerschaft  sich  durch  keine  auffallenden  Erschei- 
nungen kundgegeben.  Namentlich  kann  der  Fluor,  welcher 
gewiss  jede  Cervicalcongestion  bei  der  Atresiebildnng  begleitet. 


in  Folge  erworbener  AtresiV  des  Cr  externnm.         465 

SO  uiibedeul^m!  gehi,  dass  er  der  Beachluug  der  KrHiikeii 
vöüig  entgdiL  Dass  aber  auch  ohne  auffallende  Erscheinungen 
hochgradige  Atresien  8ich  Mden  können,  wahrend  der 
kurzen  Unterbrechung  einer  noch  fortdauernden  Utefinal- 
secretion  beweiset  auch  ein  Fall,  den  Simon  mitgetheilt  hat 
(Monatsschr.,  März  u.  April  1859).  Ein  Utei*usribroid  hatt<* 
seit  einem  Jahre  unter  wehenartigen  Schmerzen  den  Abgang 
blutigen  Schleims  veranlasst,  als  im  Laufe  eines  Monats  eine 
derartige  Atresie  sich  entwickelte,  dass  eine  Operation  erfor- 
deriieh  wurde. 

Mach  Analogie  dieser  Beispiele  darf  es  uns  also  nicht 
befremden,  dass  auch  in  unserem  Falle  die  Atresie  ohne  auf- 
fallende Erscheinungen  und  ohne  dass  eine  directe  Veran- 
lassung nachgewiesen  werden  kann,  sich  gebildet  hat.  Als 
prädisponirende  Ursache  ist  jedenfalls  die  Stenose 
des  Os  externum  zu  bezeichnen,  welche  als  hoch- 
gradige Verengerung  um  so  leichter  zur  Atresie  fuhren  konnte. 
Wir  dürfen  wohl  annohmen,  dass  die  Stenose  angeboren 
ist.  Die  Frau  weiss  sich  nicht  zu  erinnern,  in  ihrer  Kind- 
heit eine  Krankheit  überstanden  zu  haben,  von  welcher  man 
die  Stenose  ableiten  kann ;  die  Menses  waren  von  ihrem  ersten 
Auftreten  an  von  Erscheinungen  begleitet,  die  als  Symptome 
der  Stenose  angesehen  werden  können:  profuse  Blutungen 
mit  wehenartigen  Schmerzen,  wie  wir  sie  auch  bei  den  Knickun- 
gen beobachten.  Diese  Stenose  ist  auch  die  wahrscheinliche 
Ursache  der  Sterilität  der  Frau. 

Ob  und  in  welcher  Weise  die  Involution,  in  welcher 
sich  unsere  Kranke  befindet,  die  Bildung  der  Atresie  befördert 
hat,  ist  eine  Frage,  welche  wii*  wegen  zu  weit  führender 
Hypothesen  unerörtert  lassen  wollen;  jedenfalls  aber  halte 
bei  der  bereits  vorhandenen  Atresie  die  Involution  auf  die 
Entwickelung  der  Haematometra  den  wesentlichsten  Einfluss. 
Jene  älteren  Beobachtungen  von  Spangenberg  u.  s.  w.  sind 
zu  ungenau  mitgetheilt,  als  dass  man  den  Involutionsprocess 
an  sich  als  Veranlassung  der  Haematometra  aufstellen  darf. 
Vielleicht  sind  andere  Krankheitszuj»tände,  Abortus,  Gebär- 
mutterleiden u.  s.  w.  im  Spiele  gewesen;  vielleicht  hat  nur 
eine  einfache  congestive  Anschwellung  des  Uterus  und  Unter- 


'456  XXXII.     Prelle  Incarcerirfce  HaeniatometrH  etc. 

leibs,  wie  mau  sie  iu  der  Invoiutiouözeil  beobaditet,  zur  An- 
nahme einer  Haematometra  verleitet.    Nirgends  ist  von  einer 
Untersuchung  per  vaginam  die  Rede;  es  wird  allerdings  von 
einer  Blutkugel   gesprochen,    aber   nirgends   wird  über  eiur 
genaue   Palpation    des    Unterleibs   berichtet.     Dennoch    aber 
müssen   wir  auch  die  Möglichkeit  zugeben,  dass  der  Involu- 
tionsprocess  an  sich  zur  Haematometra  fuhi*e,  dass  die  Schrum- 
pfung  der  Vaginalportion   im  Vereine   mit   der  abnehmenden 
Oontractionsföhigkeit  des  Uterus  bei  der  Entleerung  des  Men- 
strualblutes  hinreiche,    um    eine   Ansammlung   des  letzteren 
herbeizuführen.     Man  hört  so  häufig,  dass  Frauen  in  der  In- 
volution mehrere  Monate  ihre  Menses  nicht  gehabt,  dass  diese 
dann  plötzlich  sehr  stark  wieder  aufgetreten;   möglicherweise 
kann   in  solchen  Fällen   eine  liaematomelra    vorhanden  sein, 
die  aber  der  Untersuchung  entgeht,  weil  die  Frauen  im  All- 
gemeinen keine  grossen  Beschwerden  haben,   überdies  ihren 
Zustand  als  den  normalen  Uebergang  zur  Menopause  ansehen, 
sich  deshalb  gar  nicht  au  den  Arzt  wenden,  oder  nur  wegen 
der  heftigen  Blutung  ihn  consultiren,  d.  h.  dann,  wenn  eine 
etwaige  Haematometra   verschwunden  ist     Diese  Frage  lässt 
sich  nur  dadurch  erledigen,  dass  man  Frauen  zur  Involutions- 
zeit, die  mehrere  Monate  ihre  Menses  nicht  gehabt  und  über 
zieliende  Schmerzen  im  Kreuze  und  Unterleibe  klagen,  über- 
haupt etwas  häufiger  untersucht  und  wenn  man  einen  Tumor 
im  Unterleibe  gefunden,  eine  genaue  Vaginalexploration  folgen 
lässt.     Wenn  wir  demnach  die  Involution  ao  sich  als  Ursache 
der  Haematometra  nicht  anführen  dürfen,  so  ist  es  dagegen 
offenbar  von  grosser  Wichtigkeit,  ob  bei  einer  durch  Stenose 
herbeigeführten  Atresie   die  Frau   sich   schon  in  der  Invoiu- 
tionszeit  befindet  (wie  in  unserm  Falle),  oder  noch  nicht    In 
früheren  Jahren  konnte  die  etwa  entstandene  Atresie  durch 
die   ungeschwächten  Contractionen  des  Uterus,   um   das  er- 
gossene Menstrualblut  zu  entleeren,   leichter  wieder  getrennt 
werden.   Jetzt  aber  befindet  sich  die  Frau  in  der  Involutions- 
zeit und  die  abnehmende  Contractionsfähigkeit  des  Uterus  war 
nicht  mehr  im  Stande,  bei  Entleerung  der  Menses  die  Atresie 
zu  bewältigen,   so   dass   eine  Retention  des  Menstrualblutes 
erfolgt    Wu*  dürfen  deshalb  wohl  als  dritte  Veranlassung 


XXXLII.    Veit,  lieber  die  Extraetion  der  Fruclit  etc.     457 

der  Haeuiatoüielra  die  Stenosen  zur  luvolutionszeit  be- 
zeichnen. 

Unser  FaU  würde,  in  früherer  Zeit  zur  BehandJung . ge- 
kommen, die  Dilatation  indicirt  haben,  die  jetzt  nicht  mehr 
noth wendig  scheint,  da,  wie  gesagt,  die  Menses  sclion 
schwächer  und  wohl  hald  ganz  cessiricn  werden. 


xxxm.    ' 

üeber  die  Eztraction  der  Frncht  nach  dem  Modus 
der'  sogenannten  Selbstentwickelung. 

Von 

Professor  Gustav  Yeit  in  Rostock. 

Wenn  bei  verschleppten  Schieflagen,  selbst  nach  vor- 
gängiger Anwendung  der  Chloroformnarkose,  der  Venäsection 
und  des  Opiums  der  Versuch,  mit  der  Hand  bis  zu  de» 
Füssen  oder  wenigstens  bis  zu  deui  Steisse  vorzudringen, 
misshngt,  und  das  Kind  todt  ist  oder  doch  als  verloren  an- 
gesehen werden  muss,  so  handelt  es  sich  um  die  Ausführung 
der  Embryotomie.  .Ist  der  Hals  des  Kindes  hinreichend  zu- 
gänglich, uro  die  Decapitation  zu  gestatten,  so  verdient  diese 
Operation  auch  nach  meiner  Ansicht  den  Vorzug,  weil  nach 
der  Trennung  des  Halses  der  vorliegende  Arm  eine  bequeme 
Handhabe  für  die  Extraction  des  Rumpfes  gewährt  und  der 
zurückbleibende  Kopf  seit  der  Zeit,  wo  das  Armamentarium 
durch  den  Kephalotribe  bereichert  worden  ist,  seine  Schrecken 
verloren  hat  Leider  aber  fehlt  mindestens  in  der  Mehrzahl 
dieser  traurigen  Fälle  die  hier  verlangte  Bedingung;  ich  selbst 
habe  bisher  noch  keine  einzige  verschleppte  Schulterlage 
beobachtet,  bei  welcher  ich  nicht  hatte  voraussetzen  dürfen, 
dass  die  Application  des  stumpfen  oder  schneidenden  Hakens 
an  den  Hals  auf  ungemein  grosse  Schwierigkeit  gestossen 
wäre.  Aus  diesem  Grunde  fand  ich  auch  bisher  noch  nicht 
Gelegenheit,   Scanzonfs  Anchenister,  obwohl   ich  denselben 


458        XXXin.    Veit,  Ueber  die  Extraction  der  Frucht 

sisit  sieben  Jahren  besitze ,  am  Kreissbette  zu  prüfen.  Dieses 
Instrument  würde  uns  aller  Möhsale,  welche  nach  der  An- 
lagung des  Hakens  noch  die  Trennung  des  Halses  bereiten 
kann,  überheben;  aber  seine  Application  über  den  Hals  er-, 
fordert  dieselben  günstigen  Umstände,  wie  der  Gebrauch  des 
gewöhnlichen  Hakens.  Zudem  wird  der  praktische  Gebarts- 
helfer,  welchem  die  Vortheile  einer  Anstellung  an  öffentlichen 
Instituten  abgehen  und  welcher  gerade  unter  Verhältnissen, 
die  die  Praxis  zu  einer  wenig  einträglichen  machen,  am 
häufigsten  bei  verschleppten  Schulterlagen  zu  helfen  berufen 
ist,  auf  die  Anwendung  des  Auchenister  verzichten  müssen, 
weil  bei  ihm  Instrumente,  welche  nur  in  seltenen  Ausnahme- 
ßUen  von  Nutzen  sein  und  auch  hier  nicht  unentbehrlich 
genannt  werden  können,  keinen  Platz  finden.  Aus  demselben 
Grunde  wird  auch  Braun's  Schlüsselhaken  schwerlich  in  die 
gebräuchUche  geburtshülfliche  Tasche  eindringen.  In  Folge 
seiner  scharfen  Krümmung  und  sehr  geringen,  nur  bis  1  Zoll  ^ 
reichenden  Oeffnung  muss  sich  —  so  sollte  man  denken  — 
der  Schlüsselhaken  allerdings  noch  bisweilen  über  den  Hals 
werfen  lassen,  wo  die  Versuche  mit  dem  gewöhnlichen  stiunpfen 
Haken  auf  sehr  grosse  Schwierigkeiten  treffen;  aber,  ob  nicht 
dieser  Vorzug  hin  und  wieder  den  Nachtheil  einschliesst,  dass 
man  den  Hals  nicht  zu  umfassen  im  Stande  ist,  bleibt  eine 
nahe  liegende  Frage,  deren  Beantwortung  von  mir  wegen 
Mangels  an  eigener  Erfahrung  nicht  versucht  werden  kann. 
In  der^  Mehrzahl  der  Fälle  wird  sich  der  Geburtshelfer 
zur  Evisceration  der  Brust  und  Bauchhöhle  entschliessen, 
weil  ihm  die  Decapitation  unmöglich  oder  zu  schwierig  er- 
scheint, während  ein  Intercostalraum  durch  seine  bequeme 
Lage  zu  seiner  Eröffnung  mit  der  Scheere  u.  s.  w.  heraus- 
fordert. Die  Evisceration  erheischt  meist  ein  so  geringes 
Maass  von  technischer  Fertigkeit,  dass  wohl  nur  in  den 
Schwierigkeiten  der  nachfolgenden  Acte  des  Kunstverfahrens 
die  Motive  zu  suchen  sind,  aus  welchen  man  sich  in  neuerer 
Zeit  der  ungleich  schwierigeren  und  mühsameren  Decapitation 
wieder  mehr  zugewandt  und  die  letztere  zum  principiellen 
Verfahren  zu  erheben  bemüht  hat  Während  nach  geschehener 
Trennung  des  Halses  die  Extraction  des  Rumpfes  niemals 
und  die  des  Kopfes  wohl  nur  selten  eine  erhebliche  Geschick- 


nach  dem  Modus  der  sogenftnsteii  Selbstentwickelang.     459 

Itcbkeit  und  MähwaJtuug  in  Anspruch  nimmt,  finden  die 
Geburtshelfer  in  der  allgemeinen  Erfahi'ung  zahlreiche  that* 
säcMiche  Belege  dafür,  dass  nach  vollbrachter  Evisceratian 
die  Schwierigkeiten  der  Kunsthülfe  erst  heginnen;  und  ihre 
Hoffnung  beschräiikt  sich  gewöhnlich  darauf,  durch  die  Ver- 
kleinerung des  Rumpfes  etwas  Unmögliches  (die  Wendung) 
möglich  gemacht,  freilich  aber  eine  qualvolle  und  für  die 
Mutter  gefahiiiche  Operation  vor  sich  zu  haben.  Denn,  dass 
die  Evisceration  der  Regel  nach  nichts  weiter  als  das  Mittel, 
der  Hand  den  Weg  zu  den  Füssen,  Knieen  oder  zum  Steisse 
zu  bahnen,  sein  soll,  ist  der  Lehrsatz  der  deutschen  Schule. 
Die  Englander  und  Franzosen  fürchten  die  mit  einer 
schwierigen  Wendung  verbundene  Gefahr  für  die  Mutter  viel 
zu  sehr,  als  dass  sie  sich  die  Rathschläge  ihrer  deutschen 
Berufsgenossen  hätten  aneignen  können;  sie  halten  deshalb 
an  dem  sogenannten  Z.«e*schen  Verfahren  pure  oder  unter 
Modificationen,  noch  in  neuester  Zeit')  fest.  Schon  1811 
hatte  JoAn  C.  Douglas'^)  den'Rath  ertheilt,  den  natürlichen 
Heimgang  bei  der  Evolutio  spontanea  nachzuahmen  und  durch 
Einbringen  der  Hand  in  das  kindliche  B^ken  den  Rumpf  zu 
entwickeln.  Indessen  liess  man  diesen  Vorschlag  zunächst  auf  sich 
beruhen,  anscheinend  deshalb,  weil  er  nicht  mit  Erfahrungen 
belegt  war  und  auch  wohl,  weil  er  in  Folge  des  ungemessenen 
Eifers  Douglas*  gegen  die  Wendung  im  Allgemeinen  eine 
küblere  Aufnahme  gefunden  halte.  Erst  als  Robert  Lee  1828 
in  einßro  kurzen  Aufsätze^)  sich  in  derselben  Richtung  aus- 
gesprochen und  vier  eigene  Beobachtungen  zu  Gunsten  seines 
Vorschlages  angeführt  hatte,  brach  sich  der  letztere  unt^ 
L^e's  Namen  Bahn.  Seit  dieser  Zeit  wurde  in  England  die 
Extraction  des  Kindes  nach  Entleerung  der  Brust-  und  Bauch- 
höhle regelmässig  in  der  Weise  gemacht,  dass  man  den 
stumpfspitzeii  Haken  durch  die  Perforationsstelle  in  den  Rumpf 

1)  Cf.  n.  A.  Murjphjf,  Lectores  on  the  principles  and  practice 
of  midwiferj,  p.  287,  and  Cazeaux^  Trait^  des  accouch. ,  p.  952. 

2)  An  explanation  of  the  process  of  the  „  spontaneons  evolution 
of  the  foetus."    Dublin  1811.    p.  17. 

3)  On  deliver^  in  presentations,  where  tnrning  is  nnadvisable. 
Edinb.  med.  and  snrg.  Journ.,  April  1828. 

lConat«8chr.  f.  Geburtsk.   1881    Bd.  XVIII.,  Hft.  6.      .  30 


460        XXXIII.    Veit,  lieber  die  Extraction  der  Frucht 

des  Rindes  einführte,  an  dem  unteren  Ende  der  Wirbelsäule 
fixirte  und  damit  den  Sleiss  herabzog. 

Auch  die  deutschen  Meister  haben  diesem  Verfeihren 
wenigstens  insoweit  Anerkennung  widerfahren  lassen  müsseD, 
als  sie  dasselbe  für  die  Nothfälle,  in  welchen  auch  nach 
der  Evisceration  die  Wendung  nicht  gelingen  will,  empfahlen. 
Der  hauptsächlichste  Grund,  welcher  eine  ausgedehntere 
Anerkennung  hinderte,  ist  wohl  die  Scheu,  dem  stumpfspiUen 
Haken  wiederum  einen  grösseren  Wirkungskreis  anzuweisen. 
Küian,^)  Naegele^)  und  HohP)  verweisen  bei  dem  Lcc'schen 
Verfahren  ausschliesrtich  auf  den  stumpfen  Baken,  und 
'  Rosshirt, '^)  Scamonx,^)  Spiegelberg ^)  u.  A.  wollen  von 
dem  stumpfspitzen  nur,  im  Falle  der  stumpfe  nicht  ausreicht, 
Gebrauch  gemacht  wissen.  Die  Scheu  vor  dem  stumpfspilze« 
Haken  erscheint  freilich  von  Tag  zu  Tage  mehr  gerechtfertigt, 
weil  die  Zahl  derjenigen  Geburtshelfer,  welche  sich  mit  seiner 
Filhrung  einigermaassen  durch  üebung  vertraut  gemacht  haben, 
bereits  eine  sehr  geringe  ist  tfnd  stetig  abnehmen  muss. 

Auch  die  Franzosen  haben  sich  bemüht,  den  stumpf- 
spitzen durch  den  stumpfen  Haken  zu  ersetzen,  und  Pamant 
suchte  für  diesen  einen  besseren  Haltepunkt  an  dem  Rippen- 
bogen zu  fmdeu. 

Ein  Vergleich  der  Resultate,  welche  sich  bei  dem  deutschen 
und  dem  englischen  Verfaliren  ergeben  haben,  steht  uns  nicht  zu 
Gebote;  man  kann  daher  auf  diesem  Wege  den  relativen  Werth 
derselben  nicht  bestimmen  wollen ;  ich  bin  aber  der  Ansicht, 
dass  bereits  genügende  anderweitige  Grunde  vorliegen,  um 
die  Richtigkeit  des  Lehrsatzes  der  deutschen  Schule  in  Frage 
zu  stellen.  Schon  vor  23  Jahren  sprach  sich  ein  durch 
seine  vortreiTliche  Beobachtungsgabe  und  seltene  technische 
Fertigkeit  hervorragender  deutscher  Meister  dahin  aus,  dass 
die  Extraction  des  Kindes  an  den  Füssen  im  AUgemeiaen 
der  mühsamste  Weg  nach  beendigter  Exenteration  und  diesem 


1)  Operat.  Geburtsh.,  S.  694. 

2)  Lehrb.,  IL,  S.  166. 

3)  Lehrb.,  S.  1063. 

4)  Oeburtsb.  Operationslehre,  8.  288. 

5)  Lehrb.,  IL,  S.  893. 

6)  Lehrb.,  S.  362. 


nach  den  Modus  der  sogenannten  Selbstentwickelnng.     461 

Verfahren  die  Nachahmung  der  Natur  bei  der  Selbstwendung 
durch  Biegung  des  Rückgrates  gewöhnlich  vorzuziehen  sei. 
Diese  Ansicht  stutzte  Michaelia  ^}  nicht  auf  theoretische 
Erörterungen,  sondern  auf  die  Ergebnisse  seiner  Erfahrung. 
Er  referirte  an  dieser  Stelle  neun  Fälle,  davon  fünf  nur  un- 
vollständig nach  den  Acten  des  Sanitatscollegiums.  In  dem 
ersten  ist  der  Weg,  der  bei  der  Extraction  eingeschlagen 
wurde,  nicht  näher  angegeben;  in  dem  fünften  die  Rreissende, 
bevor  noch  die  Evisceration  begonnen  wurde,  unenthunden 
gestori)en.  In  dem  zweiten  und  achten  gelang  schon  in  Folge 
der  Brachiotomie,  in  dem  vierten  nach  theilweiser  Entleerung  ' 
des  Rumpfes  die  Wendung  auf  die  Fösse;  diese  Operation 
war  jedoch  im  achten  Falle,  wo  die  vorliegende  Schulter  von 
dem  Muttermunde  krampfhaft  umschlossen  gehalten  wurde, 
nur  unter  sehr  grossen  Beschwerden  auszuführen.  In  dem 
siebenten  Falle  hingen  beide  Arme  aus  den  Geschlechts theilen 
und  beide  Schullerblätter  standen  zum  Einsdineiden ;  nach 
der  Evisceration  wurde  die  Selbstentwickelung  fast  ohne 
Kunsthülfe  beendigt.  In  dem  neunten  war  das  Kind  acht 
Tage  vor  Beginn  der  Geburt  abgestorben;  M.  fand  die  Schulter 
fast  im  Einschneiden  begriffen,  machte  die  Evi^eration  und 
versuchte  dann  durch  einen  Druck  auf  die  Lumbarwirbel  den 
Steiss  herabznbringen ;  indessen  bemerkte  er  dabei,  dass  der 
Kopf  neben  der  Brust  eintreten  wollte  und  förderte  deshalb 
beide  durch  einen  Zug  an  dem  vorgefallenen  Arme  gleichzeitig 
zu  Tage.  In  dem  dritten  Falte  wurde  auch  nach  der 
Embryotomie  noch  die  Wendung  fruchtlos  versucht,  deshalb 
unter  Schonung  der  äusseren  Bedeckungen  die  Wirbelsäule 
durchgeschnitten  und  dann  das  Kind  an  dem  durchtheilten 
Ende  des  Körpers  herabgeholt.  Ebenso  war  es  in  dem 
sechsten  (von  M.  selbst  behandelten)  Falle  nöthig,  das  Rück- 
grat zu  trennen  (an  der  Stelle,  wo  es  sich  immer  spitzer 
zusammenbog,  mit  dem  stumpfen  Haken  zu  durchbrechen). 
Hier  war  die  Schulter  so  weit  herabgetrieben,  dass  nicht 
blos  Brust  und  Unterleib  zusammengebogen  im  kleinen  Becken 
lagen,  sondern  auch  Steiss  und  Kopf  theil weise  in  den  Eingang 


1)  Einige  FHlle  von  Embryotomie.     Neue  Zeitschr.  f.  Geb., 
VI.,  8.  72. 

30* 


462        XXXIII.    Veit,  Ueber  die  Extraction  der  Frucht 

desselben  getreten  waren.  Die  Versuche,  da»  kind  condupUcalu 
corpore  zu  extrahireu,  mfsslangen  iiicht  Mos  vor,  sondern 
auch  Doch  nach  der  Entleerung '  der  Brust-  und  Bauch- 
eingeweide; innerhalb  des  kindlichen  Kapers  liess  sich  die 
Hand  nicht  bis  zum  kindlichen  Becken  hinauf  führen,  weil 
der  ausgeweidete  Rumpf  durch  den  nachgerückten  Kopf  zu- 
sammengepresst  wurde. 

Dass  die  Winke,  welche  Michääis  in  diesen  Beobachtungen 
vorfand,  seinen  Fachgenossen  weniger  als  ihm  den  Vorzug, 
welchen  nach  der  Exenteration  die  Nachahmung  der  Selbst- 
wendung vor  wiederholten  Wendungs versuchen  habe,  deutlich 
machten  und  bewiesen,  mag  hauptsädilich  in  zwei  Momenten 
seine  Erklärung  finden.  Erstens  nämlich  liegt  es  in  der  Natur 
der  Sache,  dass  der  Einzelne  und  namentlich  der  mit  der 
Landpraxis  weniger  geplagte  Meister  ähnliche  Erfahrungen  zu 
macheu  nur  relativ  selten  Gflegenheit  findet;  der  eine  oder 
andere  mag  also  nur  Fälle  beobachtet  haben ,  in  welchen  er  bei 
höherem  Stande  der  Schulter  noch  keinen  Hinweis  der  Natur 
auf  begiimende  Seibstentwickelung  fand  und  in  welchen  wieder- 
holte Beninhungon  doch  schliesshch  zu  der  Wendung  auf  die 
Fasse  oder  zur  Herableitung  des  Steisses  führten.  Zweitens 
aber  mochte  es  Manchem  wohl  zweifelhaft  erscheinen,  ob  die 
resp.  fünf  und  vier  Fälle  von  Michaelis  auch  die  von  diesem 
aus  ihnen  entnommene  Ansicht  zu  begründeil  geeignet  seien. 
Denn  nur  in  einem  einzigen  wurde  das  Kind  in  der  gewöhn- 
lichen Weise  der  Selbstentwickelung  extrahirt,  und  hier  waren 
die  Verhältnisse  besonders  günstig,  indem  die  Seibstentwickelung 
eigentlich  bereits  vor  der  Evisceration  begonnen  hatte,  durch 
diese  wesentlich  erleichtert  wurde  und  schliesslich  die  Mit- 
wirkung des  Geburtshelfers  kaum  noch  erforderte.  Die  Schule 
hielt  daher  ihre  Lehre  im  Allgemeinen  fest,  wenn  gleich  die 
Aussprüche  einzelner  Schriftsteller  darauf  hindeuten,  dass 
diesen  Zweifel  au  der  absoluten  Wahrheit  der  gegdienen 
Vorschrift  aufgestiegen  sein  mögen.  *) 

Wenn  ich  mir  nun  erlaube,  hier  meine  Ansicht  nieder- 
zulegen, so  kann  ich  mich  auf  eine  Reihe  eigener  Erfahrungen 
nicht  stützen;   dennoch  glaube  ich,   dass  dasjenige,   was  ich 

1)  Dies  gilt  iusbesondere  von  HoMf  Lehrb.,  S.  1063. 


nach  dem  Modas  der  sogenannten  Selbstentwickelung.     468 

selbst  gesehen  habe,  in  Verbindung  mit  den  bisherigen 
Heobachtoogen  Anderer  ausreicht,  um  ein  annähernd  richtiges 
Urtheil  zu  gewinnen. 

Der  erste  Fall  von  Embryotomie,  welcher  meine  Mit- 
wirkung erforderte,  kam  in  der  Praxis  meines  Freundes 
Weg8cheider  vor  ungefähr  acht  Jahren  in  einer  Vorstadt  Berlins 
vor.  Bei  tief  in  das  Becken  gepresster  rechter  Schulter 
(Kopf  links)  und  zum  grössten  Theile  aus  den  Geschlechts- 
theilen  hervorragendem  Arme  hatte  W.,  weil  der  Uterus  das 
Kirul  fest  umschlossen  hielt,  nicht  bis  zu  den  Füssen  des 
letzteren  vordringen  können,  und  ein  von  meiner  Seite  er- 
neuerter Versuch  belehrte  auch  mich,  dass  mit  der  erforder- 
lichen Schonung  die  Wendung  nicht  zu  bewirken  war.  Das 
Kind  war,  wie  die  Beschaffenheit  der  Nabelschnur  zeigte, 
bereits  unter  dem  Wehendrucke  gestorben;  es  bandelte  sich 
mitbin  nicht  mehr  um  die  Erhaltung  desselben,  sondern  nur 
noch  darum,  die  Mutter  auf  die  möglichst  schonende  Weise 
zu  entbinden.  Zu  diesem  Zwecke  wurde  die  Brust-  und 
Bauchhöhle  ohne  alle  Mühe  eviscerirt  Beim  Abreissen  der 
fester  angehefteten  Baucheingeweide,  namentlich  der  Nieren, 
bemerkte  ich,  dass  das  untere  Rumpfende  in  Folge  des  Zuges 
etwas  herabnickte  und  die  vorliegende  Schulter  hervordrängte. 
Deshalb  gaben  wir  unseren  ursprünglichen  Vorsatz,  nach  den 
Schulregeln  die  Wendung  nochmals  zu  versuchen,  auf,  und 
zogen  an  dem  vorgefallenen  Arme  die  Schulter  unter  dem 
Scboossbogen  hervor  und  um  den  linken  Schenkel  desselben 
nach  oben  und  links,  während  die  andere  Hand  zunächst  an 
dem  biosgelegten  Rippenrande  und  später  höher  oben  befestigt 
wurde  und  das  untere  Rumpfende  herab-  und  hervorzog. 
Dazu  war  ein  nur  geringer  Kraftaufwand  erforderlich,  wenn 
gleich  die  Entwickelung  des  Kindes  hauptsächlich  durch  die 
Kunsthulfe  beschaut  wurde.  Das  Kind  hatte  die  gewöhnliche 
&*ös6e. 

Seit  dieser  Zeit  habe  ich  nur  noch  einmal  Gelegenheit 
gefunden,  in  einem  verschleppten  Wendungsfalle  die  Exenteration 
auszuführen  und  zu  sehen,  dass  sich  der  erwähnte  Modus  der 
Extraction  wiederum  bewährte.  Auch  hier  wurde  die  Operation: 
bei  einer  Multipara  mit  normal  weitem  Becken  nach  bereits 
erfolgtem    Tode    der    ausgetragenen    Frucht    zu    einer    Zeit 


464        XXXIII.    Veit,  Ueber  die  Extraotion  der  Frttobt 

begonnen,  als  die  vorliegende  rechte  Schulter  (Kopf  wiederam 
links  oberhalb  des  Beckeneingangs  zu  fühlen)  schon  bis  g^eB 
den  Beckenausgang  hin  herabgedrängt  war.  Die  Zutage- 
förderung  des  Kindes  erlieischte  eine  grössere,  aber  immer 
noch  massige  Kraftentwickelung.  In  beiden  Fällen  wäre 
zweifellos  ein  Wendungsversuch  nach  der  Exenteratioii,  auch 
int  Falle  des  Gelingens  ein  ungleich  grösserer  Eingriff  für  die 
Mutter  gewesen,  als  die  von  mir  gewählte  Art  der  Ent- 
bindung. Ich  schliesse  selbstverständlich  aus  ihnen  nicht, 
dass  dieses  Verfahren  immer  zum  Ziele  führen  müsse  and 
stets  das  am  meisten  schonende  sei.  In  Beibalt  aber  mekier 
eigenen  Erfahrungen  über  die  Sdiwierigkeit  und  Gefahr  der 
Wendung  unter  ungunstigen  Verhältnissen,  sowie  der  mir 
bekannt  gewordenen  fremden  Beobachtungen  über  den  Her- 
gang der  sogenannten  Sdbstentwickelung  und  die  Extraotion 
der  Frucht  nach  der  Evisceration  bin  ich  zu  der  Ansicht 
gelangt^  dass  man  nach  der  Entleerung  der  Brust-  und 
Bauchhöhle  von  feuerten  Wendungsversuchen  in  der  Mehr- 
zahl der  Fäüe  ganz  abseben  und  dad  Kind  conduplicato  corpore 
zu  Tage  föi'dem  sollte.  Hitunter  wird  dabei  die  Extraotion 
mühevoUer  sein,  als  in  meinen  beiden  Fällen;  in  diesen 
waren  die  Kinder  zwar  ausgetragen  und  erst  in  Folge  des 
Geburlsactes  abgestorben,  aber  in  der  normalen  Beschaffenheit 
des  Beckens,  der  Weite  der  Scheide  und  Schamspalte  und 
in  dem  tiefen  Stande  der  Schulter  günstige  Bedingungen 
gegeben.  Unter  schwierigeren  Verhältnissen  könnte  es  daher 
nöthig  werden,  zum  stumpfen  od^  stumpfspitzen  Haken  zu 
greifen,  weil  der  Zug  mit  der  unbewaffiieten  Hand  nicht  aus- 
reichte. Vor  Allem  aber  wird  man  den  natürlichen  Hechanismus 
der  Selbstentwickelung  und  die  dabei  vorkommenden  Ab- 
weichungen im  Auge  zu  behalten  haben. 

Je  tiefer  die  Schulter  bereits  herabgedrängt  ist,  desto 
leichter  gelingt  die  Extraotion,  und  glücklicherweise  kommt 
die  Evisceration  häufig  nicht  früher  in  Frage,  als  bis  der 
vorliegende  Arm  völlig  oder  zum  bei  weitem  grössten  Thefle 
aus  der  Schamspalte  hervorgetreten  ist.  In  diesen  Fällen  ist 
nach  meiner  festen  Ueberzeugung  die  Exenteration  regel- 
mässig nicht  als  Vorbedingung  der  Wendung,  sondern  als 
Vorbedingung  der  Extraotion   nach   dem  Modus  der  Selbst- 


nach  dem  Modus  der  sogenannten'  Selbttentwickelung.     465 

eiitwiGklung  aaszufübren,  weil  die  letztere  Operation  nicht 
Mos  gelingt,  sondern  auch  voraussichtlich  ungleich  schonen« 
der  für  die  Mutter  ist,  als  ein  erneuerter  Wendungsversuch. 
Wollte  man  selbst  zugestehen  —  wozu  die  bisherigen  Er- 
fahrungen nicht  berechtigen  — ,  dass  hin  und  wieder  auch 
bei  tiefem  Stande  der  Schulter  der  Extractionsversud)  am 
Rumpfe  allein  oder  am  Arme  und  Rumpfe  misslänge,  so  wäre 
damit  kein  begründeter  Einwand  gegen  die  eben  aufgestellte 
Regel  gegeben.  Denn  man  muss  die  Hand  ohnehin  zum 
Zwecke  der  Evisceration  in  den  Kinde«kdrper  einführen,  und 
kann  daher  ohne  einen  neuen  Eingriff  sofort  mit  derselben 
Hand  den  Versuch  machen,  ob  der  Steiss  bei  zweckmässigen 
Zügen  herabrückt.  Folgt  letzterer,  so  gelingt  die  Extraction; 
sollte  er  aber  ausnahmsweise  einmal  nicht  herunterkommen, 
so  wären  nur  wenige  Minuten  Zeit  versäumt. 

Bei  der  Extraction  gewährt  der  vorgefallene  Arm  eine 
sehr  bequeme  Handhabe,  deren  Benutzung  mir  in  meinen 
beiden  Fällen  die  Operation  sichtlich  erleichterte,  nnd  überall, 
wo  die  vorliegende  Schulter  ihren  tiefen  Stand  behält,  und 
nicht,  wie  bisweilen  beobachtet  wurde,  beim  Eintritte  des 
Stei^ses  in  das  Becken  wieder  aufzusteigen  beginnt,  zu  em- 
pfehlen ist.  In  diesem  Umstände  liegt  an  und  für  sich  ein 
hinreichender  Grund,  um  diesen  Arm  zu  schonen,  und  bei 
der  Embryotomie  nicht  zu  eXarticuliren ;  ohnehin  hindert  er 
die  Evisceration  nicht,  wenn  er  die  Geschlechtstheile  ganz 
oder  fast  ganz  verlassen  hat.  Die  Richtung  des  Zuges  an 
dem  Arme  muss  dem  natürlichen  Hergange  bei  der  Selbst- 
entwickelung entsprechen,  daher  dieser  Zug  so  lange,  bis 
die  Schulter  unter  dem  Schoossbogen  hervorgetreten  ist, 
gerade  nach  unten,  demnächst  im  Bogen  aufsteigend  und 
schliesslich  nach  oben  und  nach  der  Seite,  in  welcher  der 
Kopf  liegt,  wh*ken,  wie  dies  Birnbaum^)  auch  fSr  die 
Hülfeleistung  bei  der  Selbstentwickelung  ohne  Evisceration 
fordert.  Da  der  hauptsächlichste  Zweck  dieser  Traction  die 
möglichste  Uerableitung  der  Schulter  und  Streckung  des  Halses 
ist,    so    verlangt    sie    eine    erheblichere    Kraftentwickelung 


1)  Die  Selbstentwickelung  und  ihr  Verhältniss  zur  Wendung. 
Monatflschrift  f.  Qeb.,  I.,  8.  870.    . 


466        XXXIII.    Vtii,  Ueber  die  Eztraction  der  Fracht 

auch  mir  so  lange,  bis  dieser  Zweck  eiTeicbt  ist.  Die 
andere  Hand  des  Operateurs  findet  im  Innern  des  Kindes, 
namentlich  am  Beckenende  der  Wirbelsäule  uod  dem  Becken 
selbst,  einen  ausreichenden  Haltepunkt  für  kräftige  Zuge,  so 
dass  gewiss  selten  die  .Hülfe  des,  Hakens  in  Anspruch  ge- 
nommen werden  wird.  Die  anscheinend  abweichenden  Er- 
fahrungen der  Engländer  beweisen  gegen  diese  Voraussetzung 

deshalb  nichts,   weil  die  Zee*sche  Methode  mit  dei*  Bracbio-         ' 

'  j 

tomie  beginnt,  und  somit  den  Geburtshelfer  gei'ade  der  einen         j 
wichtigen    Handhabe   beraubt.      Auch   eines-  Zuges    an    der 
Aussenfläche   des   Kindeskörpers   durch  Ansetzen  der  Finger 
oder  des  stumpfen  Hakens  an  den  Steiss  wird  es  sicher  nur 
selten  bedürfen. 

Die  soeben  empfohlene  Art  der  Kunstbülfe  setzt  selbst- 
verständlich eine  Lage  des  Kindes  voraus,  welche  dem  ge- 
wöhnlichen Hergange  bei  der  Selbstentwickelung  entspricht: 
mit  andren  Worten:  sie  setzt  voraus,  dass  der  Kopf  auch 
nach  der  Evisceration  noch  ganz  oder  grösstentheils  oberhalb 
des  Beckeneinganges  auf  dem  einen  horizontalen  Schambein- 
aste oder  der  einen  Fossa  iliaca  festgehalten  wird.  Indessen 
nicht  in  allen  Fällen  von  Selbstentwickelung  behält  der  Kopf 
diesen  hohen  Stand,  sondern  er  wird  bisweilen,  wie  die 
Beobachtungen  von  Stephens  und  ülmer  zeigen,  und  auch 
Simpson^)  zweimal  selbst  gesehen  hat,  neben  der  Brust  in 
das  kleine  Becken  hineingetrieben,  und  tritt  alsdann  mit  der 
Brust  vor  dem  Steisse  aus  der  Schamspalte.  Derselbe  Vor- 
gang kann  auch  nach  der  Evisceration  eintreten,  und  ist  hier 
von  Michaelis  in  dessen  6.  und  9.  Falle  bereits  beobachtet 
worden.  Das  Nachrücken  des  Kopfes  kann,  wie  sich  Michaielis 
überzeugte,  verhindern,  dass  die  Hand  einen  Haltpunkt  im 
Inneren  des  Kindeskörpers  findet ;  nur  liegt  in  diesem  Uebd- 
stande  noch  nicht  eine  AuiTorderung  für  den  Geburtshelfer, 
anstatt  der  unmittelbaren  .Extraction  zunächst  die  Wendung 
zu  versuchen.  Die  letztere  ist  sicher  unter  solchen  Ver- 
hältnissen ein  sehr  eingreifender  Act,  wenn  sie  wirklich  aus- 
geführt werden  kann;  deshalb  wäre  selbst  das  Durchbrechen 
der  Wirbelsäule  nach  dem  Vorgange  von  MichaMis  vorzuziehen. 

1)  Obstetric  memoirs  aod  contribntione.    Vol.  I.,  p.  646. 


nach  dem  Modus  der  aogeDAnnten  Selbatentwiekelmig.     467 

Ich  bin  aber  der  Meinung,  dass  dieses  Verfahren  als  Noth- 
bdielf  für  sehr  yereinzelte  Fälle  reservirt  bleiben  kann,  und 
meist  ein  in  der  geeigneten  Richtung  —  zuerst  gerade  nach 
unten  und  dann  nach  vorn  —  ausgeführter  Zug  an  dem  vor- 
gefallenen Arme  ausreiclien  wird,  um  das  Kind  conduplicato 
corpore,  d.  h.  hier  Kopf  und  Rumpf  zusammen,  zu  ent- 
wickeln. Dafür  sprechen  mir  die  erwähnten  Beobachtungen  von 
Stephens  und  Simpson,  sowie  der  Erfolg,  welchen  Michaelis 
in  seinem  neunten  Falle  erreichte.  Auch  in  dem«  sechsten 
Falle  des  letztgenannten  Heisters  würde  wohl  die  Traction  am 
Arme  genügt  haben;  sie  konnte  nicht  versucht  werden,  weil 
die  Brachiotomie  gemacht  war.  Zu  dieser  Operation  aber 
führte  nur  ein  Fehlgriff  bei  der  Perforation  der  Brust;  weil 
Michaelis  die  Scheere  zu  weit  nach  oben,  dicht  unter  der 
Achseigrube  emgestossen  hatte,  konnte  er  durch  die  Oeff- 
nuttg  nicht  zu  den  Eingeweiden  gelaogen,  ohne  vorher  den 
Arm  entfernt  zu  haben.  Sollte  wirklich  die  Extraction  am 
Arme  gelegentlich  unmöglich  sein,  so  würde  jetzt  nachträg- 
lich nochmals  in  Frage  kommen,  ob  nach  Lage  der  Sache 
die  Decapitation  oder  die  Trennung  der  Wirbelsäule  die  leich- 
tere und  deshalb  zweckmässigere  Operation  sei.  Nur  scheint 
mir  Simpson  zu  weit  zu  gehen,  wenn  er  in  solchen  Fällen, 
die  er  zur  Unterscheidung  von  der  gewöhnlichen  Form  der 
Sclbstentwickelung  (peivic  spontaneous  evolution)  mit  dem 
Namen:  cephalic  spontaneous  evolution  bezeichnet,  stets  die 
Decapitation  anstatt  der  Evisceration  empfiehlt.  In  dem  sechsten 
Falle  von  Michaelis  war  unzweifelhaft  die  letztere  Operation 
leichter  auszufuhren. 

Indem  ich  mich  nach  der  Evisceration  bei  tiefem  Stande 
der  Schulter  für  die  unmittelbare  Extraction  und  gegen  die 
Wendung,  als  Mittel  eine  Handhabe  für  die  Zutageförderung 
der  Frucht  zu  gewinnen,  ausspreche,  glaube  ich  auch  die- 
jenigen Fälle,  in  welchen  der  Rücken  des  Kindes  nach  hinten 
gerichtet  erscheint,  nicht  von  dieser  Regel  ausnehmen  zu 
dürfen.  Die  Erfahrung  zeigt,  dass  die  Selbstentwickelung 
auch  bei  dieser  Form  der  Schief  läge  möglich  ist,  wenn  sie 
schon  bei  nach  vorn  gekehrtem  Rücken  häufiger  eintritt. 
Liegt  die  Brustfläche  nach  vom,  so  wird  eben  die  voran- 
gehende Schulter  niCbt  so  leicht  und  schnell  tief  in  das  Becken 


468        XXXIII.    Vmtf  Ueber  die  Eztraction  der  Fracht 

hereingedrängt  Ist  die  Schulter  aber  erst  einmal  in  der 
Nähe  des  Beckenausganges  angelangt,  so  lässt  sich  nach  der 
Exenteration  auch  erwarten,  dass  die  Extraction  der  Frucht 
ebensowohl  bei  nach  hinten,  wie  bei  nach  vorn  gerichtetem 
Röcken  gelinge.  Schwieriger  mag  die  Operation  im  ersten 
Falle  manchmal  sein,  weil  die  unteren  Extremitäten  sich 
oberhalb  der  vorderen  Beckenwand  leichter  aufstemmen,  fest- 
gehalten werden,  und  dadurch  das  Herableiten  des  Steisses 
erschweren  können. 

In  Folge  ungünstiger  Beckenverhäknisse  wird  der  Ex- 
(ractions versuch  kaum  jemals  behindert  werden ,  weil  ein  tiefer 
Stand  der  Schulter  gewöhnlk;h  ein  hinreichender  Beweis  für 
das  Vorhandensein  eines  wenigstens  relativ  weiten  Beckens 
ist.  Viel  eher  können  durch  einen  grösseren  Widei*stand  des 
weichen  Beckenboden^  solche  Schwierigkeiten  hervorgerufen 
werden;  deshalb  wird  es  stets  erwünscht  sein,  die  Extraction 
bei  einer  Multipara  auszuführen ;  aber  gelingen  wird  sie  auch 
bei  Erstgebärenden;  denn  auch  ohne  vorgängige  Exenteration 
hat  man  bei  letzteren  das  Zustandekommen  dei*  Selbstent- 
wickelung beobachtet. 

Einzelne  Fälle  lassen  sich  freilich  denken,  in  welchen 
die  directe  Extraction  auch  bei  tiefem  Stande  der  Schulter 
weniger  zweckdienlich  wäre,  als  das  bisher  von  der  Schule 
gelehrte  Verfahren.  So  kann,  um  die  Mutter  möglichst  zu 
schonen,  bei  todtem  Kinde  die  Exenteration  angezeigt  sein, 
obwohl  bereits  der  eine  Fuss  in  dem  Muttermunde  oder  dem 
oberen  Theile  der  Scheide  gelegen,  d.  h.  gewöhnlich:  bei 
einem  Wendungsversuche,  der  unvollendet  gelassen  werden 
musste,  herabgeleitet  ist.  Hier  mag  ein  Zug  an  dem  leicht 
erreichbaren  Fusse  nachträglich  ohne  Schwierigkeiten  zur 
Wendung  des  Kindes  führen,  oder  wenigstens  durch  seine 
mittelbare  Wirkung  auf  den  Steiss  diesen  von  einer  Steile 
des  Geburtskanales,  wo  er  festgehalten  vnrd,  loslösen,  ond 
dadurch  die  spätere  Einwirkung  auf  das  untere  Rumpfende 
von  dem  Inneren  des  Kindes  uns  erleichtern.  Ferner  beotn 
achtet  man,  wie  schon  erwähnt  wurde,  auch  bei  tief  herab^ 
gedrängter  Schulter  ausnahmsweise  anstatt  einer  eigentliehen 
Selkstentwickelung  eine  Selbstwendung;  man  wird  daher  auch 
den  letztei-en   Hergang   nachzuahmen  haben,    wo  besondere 


nach  dem  Mc^us  der  iogenaanteB  SelbeteDtwiokelang.     469 

Umstände  auf  ibn  hinweisen,  d.  h.  wo  die  Schulter  trotz 
ihres  tiefen  Standes  unter  dem  Einfiuss  der  Naiurkräfte,  an* 
statt  weiter  abwärts  getrieben  zu  werden,  wieder  deutlich 
aufzusteigen  beginnt.  In  einem  solchen  FaUe  brachte  Schrei* 
ber^)  -^  welcher  erst  zur  Embryotomie  schritt,  nachdem 
der  vorgefallene  Arm  wieder  etwas  in  die  H6he  gegangen 
war  —  durch  Umfassen  der  Rückenwirbel  mit  dem  stumpfen 
Haken  den  Steiss  so  weit  herab,  dass  derselbe  sich  zuerst 
entwickelte. 

Ist  die  Schulter  nicht  tief  in  das  Becken  herabgepresst, 
und  dennoch  die  Exenteratioo  nethig,  so  möchte  ich  zwar 
das  hier  besprochene  Verfahren  zum  Zwecke  der  Extraction 
nicht  unbedingt  verwerfen,  aber  doch  nur  unter  Umständen 
und  mit  Vorsicht  eiqzuschlageil  ratlien.  Aus  den  durch  zahl- 
reiche anderweitige  Beobachtungen  bestätigten  Mittheilungen 
Denman*^  wissen  wir,  dass  bei  höherem  Stande  der  Schulter 
die  Naturhulfe  gewöhnlich  in  der  Weise  der  Selbstwendung 
wirkt;  das  Steissende  wird  allmälig  herabgetrieben,  und 
die .  Schulter  aus  dem  Becken  nach  oben  verdrangt;  das 
Kind  mithin  nicht  conduplicato  corpore,  sondern  in  einer 
Beckenendlage  geboren.  Von  vornherein  erscheint  also  unter 
solchen  Umständen  auch  nach  der  Evisceration  die  Herab- 
leitung des  Steisses  als  das  zweckmässigere,  weil  der  Natur 
abgelauschte  Verfahren.  Die  Herableitung  des  Steisses  kann 
durch  unmittelbare  Einwirkung  auf  dessen  äussere  oder  innere 
Oberfläche,  auf  die  Oberschenkel,  Kniee  oder  Fasse  versucht 
werden.  Je  weniger  es  dabei  erforderlich  ist,  weit  in  die 
Uterushöhle  vorzudringen,  desto  schonender  wird  im  Allge- 
meinen die  Operation  für  die  Mutter  sein.  Das  mildeste 
Mittel  bleibt  das  Eänhaken  der  Finger  in  das  kindliche  Becken 
von  der  Bauchhöhle  des  Kindes  aus,  in  der  sich  die  Hand 
ohnehin  beim  Ablösen  der  Baucheingeweide  befindet.  Ich 
zweifle  auch  nidit,  dass  ein  aufmerksamer  Beobachter 
entweder  schon  bei  der  Evisceration  selbst,  oder  doch  bei 
eigenen  Probezugen  ermitteln  kann,  ob  die  Entbindung  auf  dem 
Wege  der  eigentlichen  Wendung,  oder  auf  dem  der  unmittel- 
baren Extraction   mit   grösserer  Schonung  zu   erreichen  sei. 

1)  V.  Siebold' a  neues  Journal  f.  Geb.,  VI.,  S.  616. 


470  XXXIV.    Bretlau,  £ine  Replik 

Eine  von  Doherty^)  mitgetheilte  Geburtsgeschichte  liefert 
uns  bereits  den  thatsäcblichen  Beweis,  dass  unter  Umständen 
auch  bei  oben  im  Beckeneingange  eingekeilter  Schulter  das 
Kind  nach  dem  Modus  der  Selbstentwickelung  extrahirt  werden 
kann.  Der  Zug  an  dem  unteren  Tbeile  der  Wirbelsäule 
vnittels  des  Hakens  leitete  nicht  den  Steiss  ein,  sondern  blieb 
ohne  allen  Erfolg.  Dann  aber  trat  der  obere  Theil  des  Kindes 
liefer  herab  und  unter  Mitwirkung  des  jetzt  hier  eingesetzten 
Hakens  wurde  die  Schulter  zuerst  extrahirt. 

Ich  halte  daher  einen  Probezug  an  der  Innenseite  des 
kindlichen  Beckens  alle  Mal  nach  der  Exenteration  fftr  ge- 
rechtfertigt und  finde  es  überall,  wo  die  Wahrscheinlichkeit 
für  das  Gelingen  der  unmittelbaren  Extraction  spricht  nnd 
ein  Wiederaufsteigen  der  Schulter  nicht  bemerkbar  ist,  ge- 
rathen,  gleich  von  vorn  herein  auch  den  vorliegenden  Arm 
als  Handhabe  mit  zu  benützen.  Eine  zweckmässige  Gombination 
beider  Handgriffe  wird,  wie  ich  nicht  bezweifle,  in  der  Mdir- 
zahl  der  Fälle  leichter  und  besser  zum  Ziele  fähren,  als 
anderweitige  Entbindungsversuche. 


XXXIV. 

Eine  Replik  auf  des  Herrn  Dr.  Ploss:  „Ein  Blick 

auf  die   neuesten  Beiträge   zur  Frage  über  das 

Sexualverhältniss  der  Neugeborenen." 

Von 

Prof.  Dr.  Breslau  in  Zürich. 

Herr  Dr.  PI088  hat  in  dem  3.  Hefte  des  XVIU.  Bandes 
dieser,  Zeitschiift  einen  Aufsatz  unter  dem  oben  genannten 
Titel  veröffentlicht,  in  welchem  er  sich  fast  ausschliesslich 
mit  meiner  vor  IV2  Jahren  in  Oesterlen'^  Zeitschrift  für 
Hygieine,  1860,  I.,  2  erschienenen  kleinen  Arbeit:  „zur 
Frage   über   die   Ursachen    des  Geschlechtsverhältnisses  der 


1)  Dablin  Journ.,  March.  1842. 


aof  des  Herrn  Dr.  Ploa»:  „Gin  BHclc  etc.*<  471 

Kinder  etc.''  beschäftigt  und  sich  bemüht,  fast  Alies,  was  in 
derselben  von  meiner  Seile  gegen  seinen  früheren  Aufsalz'): 
^uber  die  das  Geschlechlsverhällniss  der  Kinder  bedingenden 
Ursachen''  vorgebracht  war,  umzustossen  und  zu  vernichten. 
Ich  würde  nun  gerne  das  goldene  Schweigen  dem  silbernen 
Reden  vorziehen,  schon  deswegen  weil  Replik  und  Duplik  in 
wissenschaftlichen  Dingen  in  der  Regel  zu  gar  keinem  Ziele 
führen  und  weil  der  grössere  Theil  der  Leser  sich  um  Streitig- 
keiten, die  gewöhnlich  sehr  bald  den  Charakter  persönlicher 
Zwiste  anzunehmen  pflegen,  nicht  kümmert,  wenn  nicht  der 
neueste  „Blick"  des  Herrn  Dr.  Ploss  ein  so  giftiger  wäiv, 
dass  er  in  mir  nothwendig  den  Trieb  der  Selbslerhaltung 
hervorruft  und  mich  zwingt,  einige  Worte  der  Abwehr 
seinen  spitzigen  Pfeilen  entgegenzusetzen  und  den  Kampf 
damit  zu  beendigen. 

Hen*  PI088  sucht  vorerst  den  Vorwurf  zurückzuweisen, 
dass  er  dem  Manne  nur  „ungern*'  einen  Einfluss  auf  die 
Geschlcchtsbestimmung  des  Kindes  eingeräumt  und  dass  er 
der  Mutter  „allein"  die  Rolle  der  Geschlechlsbestimmung  über- 
lassen habe.  Bloss  sagt,  er  verdiene  diesen  Vorwurf  nicht, 
ich  hätte  ihn  falsch  verstanden  und  er  habe  nie  den  väter- 
lichen EinOuss  zu  läugnen  versucht.  Nein,  ich  habe  Herrn 
Ploss  nicht  falsch,  sondera  ganz  richtig  verstanden.  Ploss 
sucht  allerdings  den  väterlichen  Einfluss  auf  die  Geschlechts- 
beslimmung  so  viel  als  nur  möglich  zu  läugnen ;  er  anerkennt 
ihn,  nur  so  weit  als  er  ihn  nicht  ganz  umzustossen  vermag, 
aber  darüber  hinaus  auch  nicht.  Alles  muss  sich  seiner 
Theorie,  seinem  Fundaraenlalsatze :  „dass  beim  Thiere  wie 
beim  Menschen  die  Geschlechtsbeslimmung  der  Frucht  wesent- 
lich von  der  Ernährung  der  Muller  abhänge,"  beugen, 
Alles  geht  darauf  hinaus,  der  Frau  allein  oder  vorzüglich  die 
Rolle  der  Geschlechtsbestinimung  zuzuschreiben.  Wenn  ich 
nun  Ploss  an  mehreren  Stellen  meiner  Arbeil  auf  das  Ge- 
zwungene in  seiner  Hypothese  aufmerksam  machte,  wenn  ich 
z.  B.  S.  335  sagte :  „  Ploss  verwerlhet  eine  Reihe  interessanter 
Erfahrungen,  Mos  um  seine  Theorie  über  'den  Einfluss  der 
Ernährung   bei   der   Mutter    auf  die   Geschlechtsbestimmung 

1)  Oeburtsbülfl.  Monats<<(hi-Ift,  Bd.  XII.,  H.  6. 


472  XXXIV.     BtmUku,  MiuB  Beplik 

der  Frucht  zu  bekral'ügan'',  so  oDtJMireii  diese  Vorwirfe 
Hiebt  der  Begründung,  sondern  sind  wohlverdienie.  Flose 
weist  aber  diese  Vorwüi*fe  einfach  zurück,  mir  zum  Vorwurf 
macbend,  ich  hätte  aus  Gründen,  die  sich  nur  auf  die  Ver- 
erbung der  Aehnliclikeiten  beziehen,  die  von  Leuckart  und 
ihm  aufgestellte  Möglichkeit  des  Emährungseinflusses  währefid 
der  geschlechtslosen  Fötalperiode  wegiäugnen  wollen,  meinr 
Gründe  seien  nicht  stichhaltig,  weil  die  Vererbung  der  Aehn- 
Uchkeiten  von  den  Aeltem  auf  die  Kinder  jedenfalls  nach 
anderen  Gesetzen  vor  sich  gehe,  als  die  Vererbung  des 
Geschlechilft^  Diesen  Satz  zu  beweisen,  bleibt  freilich  Ploss 
schuldig,  ll^  dahin  aber  scheint  es  mir  keine  Absurdität  lu 
sein,  wenn  man  das  Geschlecht  eines  Kindes  zu  den  aller- 
grössten  Aehnlichkeiten  mit  Vater  oder  Mutter  reebnet,  und 
wenn  man  in  den  Moment  der  Befruchtung  durcli  die  Sper- 
matozoon die  Geschlechtsbestimmung  der  Frucht  setzt  Mag 
immerhin  Herr  PIobs  bei  seiner  Hypothese  bleiben,  ich  bleibe 
vorläufig  bei  der  meinigen. 

Es  wird  mir  ferner  zum  Vorwurf  gemacht,  ich  hätte  ge- 
sagt: „so  gut  wie  der  Same  einer  Eiche  zur  Eiche  und  der 
einer  Fichte  zur  Fichte  wird,  so  gut  muss  ein  menschliches 
Ei  zum  Knaben  und  ein  anderes  zum  Mädchen  werden.^ 
Allerdings  ich  habe  das  gesagt,  aber  Herr  Flosa  hätte  auch 
den  Nachsatz  hinzusetzen  sollen:  „wenn  (vorausgesetzt  dass) 
ihnen  durch  den  Akt  der  Befruchtung  die  Entwickelung  nach 
der  männlichen  und  nach  der  weiblichen  Seite  hin  vorge- 
zeichnet ist.'*  Erst  durch  diesen  Nachsatz  gewinnt  der  Vor- 
dersatz einen  Sinn  und  bedarf  dann  keiner  Entschukligung. 
PI088  fragt  mich,  was  ich  aus  dem  Geschlechtsleben  der 
Vögel  als  Analogie  für  den  Menschen  zi^eii  will,  ob  der  Ein- 
fluss  der  Ernährung  durch  die  Mutter  bei  den  Menschen 
nicht  vorhanden  sein  kann ,  weil  er  bei  den  Vögehi  früh  auf- 
hört? Heine  Antwort  darauf  ist:  dass  ich  (S.  319)  nichts 
weiter  gesagt  habe,  als  dass  es  bei  den  Vögeln  unabweisbar 
nothwendig  ist,  anzunehmen,  dass  das  Geschlecht  der  Nach- 
kommen im  Momente  der  Befeuchtung  bestimmt  werde.  In 
Fragen,  die  die  Physiologie  berühren,  sind  bekanntlich 
Vergleiche  erlaubt;  man  muss  sie  aber  niu*  verstehen  und 
nicht  verdrehen.     Wenn  ferner  Ploss  meine,   freilich  kleine 


aaf  des  Herm  Dr.  Ploss:  „Ein  Blick  etc.''  473 

ZwilUngS8taüslik  als  unbenutzbar  erklärt,  weil  in  ihnen  sämmt- 
liehe  Mebrgeburten  zusauimengefasst  und  die  Verhältnisse 
nicht  angegeben  worden  sind,  wie  oft  2  Mädchen,  2  Ktohen 
und  beide  Geschlechter  vorkamen,  so  ist  gegen  diesen  Ein* 
wurf  zu  bemerken,  dass  das  Zusammenfassen  sämmtlichei* 
Mebrgeburten  der  Zwillingsstatistik  in  diesem  Falle  keinen 
Eintrag  that,  indem  unter  3000  —  4000  Geburten  erst  eine 
Drillingsgeburt  sich  ereignet,  und  wenn  auch  nicht  angegeben 
ist,  wie  oft  beide  Geschlechter  zusammen  und  beide  allein 
vorkamen,  so  ist  das  für  meinen  Zweck  ganz  gleichgOltig 
gewesen,  denn  es  war  mir  lediglich  darum  zu  thun,  zu 
eruiren,  wie  sich  der  Knabenuberschuss  zu  den  ^lädchen  b(*i 
Zwillingsgeburten  im  Kanton  Zürich  verhalte.  Den  voran- 
gegangenen, ganz  ungerechtfertigten  Anschuldigungen  folgt 
nun  eine  Entschuldigung,  aber  welche!  Ploss  hatte  in 
seiner  ersten  Arbeit  (Geb.  Monatsschr.,  Bd.  XII.,  S.  340)  zu 
Gunsten  seiner  Theorie  über  den  Ernährungseinfluss  der  Mqtler 
auf  die  Geschlechlsbestimmung  der  Frucht  u.  A.  auch  gesagt, 
dass  es  eine  hei  den  Rauch waarenhändlern  feststehende  An- 
nahme sei,  dass  fruchtiMre  Gegenden  mit  guten  Weideplätzen 
vorzugsweise  Pelze  von  weiblichen  Thieren,  unfruchtbare 
Länderstricbe  aber  mehr  solche  von  männlichen  Thieren 
liefern.  Darauf  hatte  ich  entgegnet,  dass  die  Rauchwaaren« 
händler  ihre  Waare  gewöhnlich  erst  aus  dritter  und  vierter 
Hand  beziehen  und  wohl  nur  selten  genau  den  Standort  der 
in  fernen  Gegenden  erlegten  Thiere  kennen ;  abgesehen  davon 
seien  die  meisten  Pelze  von  Raubthieren  herrührend,  bei  denen 
man  von  Weideplätzen  nicht  reden  könne  u.  s.  w.  Wie  be- 
gegnet nun  Plo^s  diesem  Einwurfe?  Er  sagt,  er  habe  sich 
fälschlich  auf  die  Aussagen  von  Rauchwaaren-Händler  berufen, 
es  seien  die  Fell -Händler  gemeint.  Zufälligerweise  handeln 
aber  die  Fell- Händler  nicht  mit  Pelzen,  sondern  mit  Fellen 
oder  Häuten,  oder  sollten  die  Ochsen,  Kühe,  Hirsche,  Rehe, 
Rennthiere,  Elenthiere  etc.  auf  einmal  Pelze  besitzen?  Ploss 
kommt  nun  auf  meine  Bestrebungen  zu  sprechen,  die  Knaben 
als  „kräftigeres  die  Mädchen  als  von  Natur  aus  „schwächer*' 
darzustellen.  Ich  hatte  ausser  eigenen  Untersuchungen  über 
Gewicht  und  Schädelumfang  der  Mädchen  und  Knaben  noch 
die  Arbeiten  Anderer,  u.  A.  die  von  Simpson  zu  Hülfe  ge- 


474  XXXIV.     Brulau,  Eine  Replik 

zogen,  nachdem  Flosa  zur  Rettung  der  „KraH''  der  Frauen 
Dr.  Spöndlfs  28  Scliädelmessungen  angeführt  halte.  8imp$<m*s 
Arbeit  wird  nun  von  Ploss  verworfen  und  ich  werde  auf 
Veifs  Arbeit  (Geb.  Monatsschrift,  1855)  hingewiesen,  in 
welcher  Simpson'»  Arbeit  einer  strengen  Kritik  unterzogen 
wird.  Vei€s  Arbeit  hatte  ich  aUerdings  leider  übersehen  und 
erst  später  kennen  gelernt.  Hätte  ich  sie  gekannt,  so  wäre 
sie  mir  keineswegs,  wie  Flosa  meint,  ohne  Nutzen  gewesen, 
sie  hätte  mich  veranlasst,  sie  selbst  mit  Auswahl  und  Kritik 
zu  verwerthen,  wozu  jetzt  nicht  mehr  der  passende  Ort  ist 
Nur  auf  einen  Punkt  kann  ich  nicht  umhin,  aufmerksam 
zu  machen.  Veit  hebt  gegen  Simpson  hervor,  dass  die 
Differenz  der  Knaben  und  Mädchen  in  Bezug  auf  ihre 
körperliche  Entwickelung  zu  unbedeutend  ist,  um  einen 
so  grossen  Einfluss  auf  das  Leben  des  Kindes  äussern  zu 
können,  ja  er  weist  nach,  dass  auch  bei  gleicher  körperlicher 
Entwicklung  immer  mehr  Knaben  als  Mädchen  sterben.  Was 
versteht  aber  Veit  unter  „gleicher  körperlicher  Entwicklung'*? 
Offenbar  nichts  anders  als  gleiches  Körpergewicht  (cfr.  Geb. 
Monat^schr.  Bd.  VI,  S.  121).  Er  wies  nämlich  nach,  dass 
die  Mortalität  bei  Knaben  immer  noch  grösser  sei.  als  die  der 
Mädchen,  selbst  wenn  beide  gleich  schwer  waren,  und  zog 
daraus  den  Schluss,  dass  der  Gewichtsunterschied  nicht  der 
einzige  Factor  ist,  welcher  bei  der  Frage,  warum  die  Knaben 
mehr  als  die  Mädchen  bei  der  Geburt  gefährdet  sind,  in  Be- 
tracht kommt.  Zu  der  körperlichen  Entwicklung  gehört  aber 
auch  noch  mehr  als  blos  das  Gewicht;  es  muss  die  Grösse, 
der  Umfang  einzelner  Organe  und  vorzüglich  des  Kopfes  in 
Betracht  gezogen  werden.  Um  seinen  gegen  Simpson  auf- 
gestellten Satz  völlig  zu  beweisen,  hätte  Veit  untersuchen 
müssen,  ob  eine  Anzahl  von  Knaben  mit  gleich  grossem 
Schädelumfang,  wie  eine  gleiche  Anzahl  von  Mädchen  doch 
noch  viel  häufiger  während  der  Geburt  zu  Grunde  gehe  oder 
nicht.  Diese  Untersuchung  hat  Veit  nicht  vorgenommen,  und 
es  ist  somit  nicht  entschieden,  ob  die  Knaben  bei  der  Ge- 
burt, seihst  bei  gleichem  Gewicht  mit  den  Mädchen,  nicht 
deswegen  häufiger  zu  Grunde  gehen,  weil  sie  einen  umfang- 
reicheren Schädel  haben,  mit  andern  Worten,  weil  sie 
stärker  entwickelt,   weil   sie  kräftiger  sind,   als  die  Mädchen. 


auf  des  Herrn  Dr.  Plots:  „Ein  Blick  etc.^  475 

Wenn  aber  Ploss  die  Arbeit  von  Veit  gekannt  hat,  und 
wenn  er  ihr  wegen  ihrer  deutschen  Gründlichkeit  einen  so 
grossen  Werth  beilegt,  warum  hat  er  denn  übersehen,  dass 
Veit  durch  Messungen  an  69  Mädchen  und  85  Knaben  einen 
Unterschied  des  Kopfumfanges  zu  Gunsten  der  Knaben  von 
6'"  gefunden  hat,  warum  hat  er  denn  Veit  in  seiner  ersten 
Arbeit  nicht  genannt,  warum  hat  er  sich  auf  Dr.  SpöndWs 
28  Schädelmessungen  gestützt?  Antwort:  Weil  er  Veif& 
Arbeit  für  seine  Theorie  nicht  verwerthen  konnte.  Im 
Folgenden  (S.  241)  verspricht  nun  Ploss  in  einer  schon 
vorbereiteten  Arbeit  den  väterlichen  Einfluss  auf  das  Geschlecht 
des  Fötus  so  wert  als  möghch  verfolgen  zu  wollen,  er  habe 
aber  mit  eben  so  grossem  Rechte  beanspruchen  können,  den 
mütterlichen,  in  der  Schwangerschaft  dauernden  Einfluss 
näher  betrachten  zu  dürfen,  wie  der  Patholog,  „welcher 
durch  den  Mangel  einer  dem  Stoffwechsel  unbedingt  nöthigen 
Substanz  bei  der  jugendlichen  Bevölkerung  eines  Ortes  sich 
bewogen  fühlt,  zunächst  die  Muttermilch  auf  den  Gehalt 
an  diesem  Stoffe  zu  untersuchen/*  Ich  habe  diesen  Satz 
wenigstens  ein  Dutzendmal  durchlesen,  aber  es  ist  mir  dabei 
wie  beim  Hexen -Einmal -Eins  geworden.  „Gewöhnlich  glaubt 
der  Mensch,  wenn  er  nur  Worte  hört,  es  müsse  sich  dabei 
doch  auch  was  denken  lassen.''  Ploss  protestirt  zuletzt 
gegen  meine  statistischen  Unterlagen  aus  dem  Kanton  Zürich, 
nicht  blos  weil  sie  zu  kleine  Zahlen  geben,  sondern  auch 
weil  sie  in  ihrer  Zuverlässigkeit  mehr  als  zweifelhaft  sind. 
Ploss  acceptirt  mit  v.  Rothkirch  und  Husemann  den  Satz : 
„Es  gehört  eine  grosse  Kühnheit  dazu,  aus  wenig  Tausenden 
von  Geburten  ein  allgemeines  Naturgesetz  erkennen  zu 
wollen,"  er  verweist  mich  auf  das  Gesetz  der  grossen  Zahlen 
und  giebt  mir  recht  verdankenswertlie  Lehren.  Ich  kann 
mich,  was  diesen  Vorwurf  betrifft,  kurz  fassen,  ich  verweise 
die  Herren  Ploss,  Husemann  und  v,  Rothkirch  auf  die 
Schlusssätze  meiner  Abhandlung.  Dort  werden  sie  finden, 
dass  ich  nicht  so  kühn  gewesen  bin,  aus  wenig  Tausenden 
(NB.  ein  paar  Mal  hundert  Tausend)  von  Geburten  all- 
gemeine Naturgesetze  aufsteUen  zu  wollen,  sondern  dass  ich 
bescheiden  genug  war,  aus  meinen  statistischen  Untersuchungen 

MonaUachr.  f.  GebarUk.  1861.  Bd.  ZYin.,  Bit.  6.  81 


476  XXXIV.     Breslau,  Eine  Replik 

herauszulesen,    was  Jeder    herauslesen    kann,    naiulich   dass 
sich  das   und   das  und   das   so  und   so   und   so   im  Canton 
Zürich  verhält    Das  nannte  ich:  Beiträge  zur  vergleichenden 
Statistik.     Anerkennen  will  ich  aber,  dass  meine  Behauptung : 
„das  Königi^eich  Sachsen  eigne   sich  zu  einem  Vergleiche  der 
jährUchen  Schwankungen  weniger  gut  als  der  Canton  Zürich, 
weil  in   diesem  die  Schwankungen   grösser  sind,    als  wie  in 
Jenem'*   falsch   ist.     Als  ich  diesen- Satz  aufstellte,'  hatte  ich 
unterlassen,  Rücksicht  auf  die  Einwohnerzahl  beider  Staaten 
zu   nehmen.     Den  Hauptfehler  in   meiner  Beweisführung  er- 
blickt PI088  endlich  darin,  dass  die  Richtigkeit  der  von  mir 
benutzten  Zahlen  höchst  verdächtig  ist.   Nicht  bloss  dass  sich 
PI088   auf  meine   eigenen   Aussagen   stützt,    welche  auf  die 
unvollständige     Uebereinstimmung    des    pfarramtlichen     und 
Hebammen  -  Register   hinweisen,   nein,   er  hat  sich  noch  die 
Mühe   gegeben,    tabellarisch   nachzuweisen,    dass   meine   und 
Dr.  Schrämlfs  Liste   von   der  jedenfalls  officiellen  Liste  des 
Archivs  für  schweizerische  Statistik  in  allen,   das  Verhältniss 
der    Knaben    zu    den    Mädchen    betreffenden    Zahlen    ganz 
wesentlich   abweiche.     Glücklicherweise  will  aber  PI088  den 
Wertli  meiner  Resultate  noch  davon  abhängig  machen,  dass 
ich  den   Beweis   zu  führen   im   Stande  bin,   meine  Liste  sei 
richtiger  als  die  des  Arqjiives  (1860,  No.  19).     Nein,  katho- 
lischer als  der  Papst  bin  ich  nicht,  richtiger  ist  meine  Liste 
nicht,   als  die  des  Archivs,   aber  gleich  riditig  ist  sie,   oder 
vielmehr    sie    ist   dieselbe.     HeiT  PI088   hätte   sich  nur  die 
Mühe  zu  geben  brauchen,  meine  und  des  Archivs  Liste  richtig 
mit   einander    zu   vergleichen,    dann   hätte    er   ohne   Zweifel 
sehr  bald  gefunden,  dass  die  Verschiedenheit  in  allen  unseren 
Zahlen   der  Knaben*  und  Mädchengeburten   davon  herrührt, 
dass  in  dem  Archive  unter  Rubrik  15  u.  16  (männliche  und 
weibliche  Geborene)    die  todtgeborenen   unreifen  Kinder  be- 
reits in  Abrechnung  gebraclit  sind,  während  ich  sie  in  meiner 
Tabelle  U.  aus  der  Gesammtzahl  der  geborenen  Mädchen  und 
Knaben  nicht  ausgeschieden  habe.    Das  Archiv  giebt  z.  B.  Ifir 
das  Jahr  1850: 

Knaben  geboren:    3982 

Mädchen  geboren:  3672 
Summa:  7654, 


auf  des  Herrn  Dr.  Flo9$:  »Ein  Blick  «tc*  477 

ich  gehe  für  das  Jahr  1850: 

Knahen  geboren:       4061 
Mädchen  geboren:     3738 


Summa:     7799. 

Die  Summa  beträgt  bei  mir  also  145  Kinder  mehr, 
nämlich  79  Knaben  und  66  Mädchen.  So  viel  wurden  in 
diesem  Jahre  unreif  geboren  und  diese  145  unreifen  todtge* 
borenen  sub  No.  13  u.  14.  des  Archivs  angegeben,  fehlen 
sub  No.  14  u.  15. 

Eine  aufmerksame  Betrachtung  und  Vergleichung  meiner 
Liste  mit  der  des  Archivs  hätte  somit  Herrn  Ploss  sehr 
leicht  auf  die  ihm.  unerklärliche  Differenz  bringen  müssen 
und  er  hätte  sich  und  mir  einige  Arbeit  ersparen  können. 
Eines  Fehlers  in  meiner  Statistik ,  so  weit  sie  sich  auf  die 
Tab.  II.  gründet,  muss  ich  mich  aber  bei  dieser  Gelegenheit 
selbst  anklagen.  Er  belriflfl  die  Jahrgänge  1828—1833  (inclus.) 
und  zwar  die  erste  Columne,  die  Jahresziflern.    Es  soll  heissen ; 

1827  statt  1828, 

1828  statt  1829, 

1830  statt  1831, 

1831  statt  1832, 

1832  statt  1833. 

Dieser  Irrthum,  auf  welchen  mich  vor  Kurzem  Herr 
V.  Taur,  der  jetzige  Redacteur  des  Archives  für  schweize- 
rische Statistik  aufmerksam  gemacht  hat,  schlich  sich  beim 
Copiren  meiner  Tabelle  aus  den  ofHciellen  Medicinal-Berichten 
ein,  was  nicht  durch  mich,  sondern  durch  einen  etwas  zer- 
streuten Schreiber  geschah,  welcher  vom  Herrn  Regierungs- 
rath  Ott  dazu  beauftragt  gewesen  war.  Welche  Consequenzen 
aus  dem  angegebenen  Versehen  zu  ziehen  sind,  das  auszu- 
rechnen, will  ich  Herrn  Flosa  überlassen.  Dies  ist  hoffentlich 
mein  letztes  Wort  in  dieser  Angelegenheit.  ^) 

Zürich,   im  October  1861. 


1)  Wir  erachten  hiermit  die  Angelegenheit  für  abgeschlossen. 

Die  Bed. 


31* 


478  XXXV.     Notieen  aus  der  JournRl- Literatur. 

^      XXXV. 
Notizen  aus  der  Journal -Literatur. 


Meyer:   DieBeekenneigung. 

Die  neuerlieh  vom  Verf.  Angestellten  Untersuchungen  fiber 
die  Beckenneigung  ergaben  folgende  Resultate,  wobei  ftir  die 
Bestimmung  der  Conjugataneigung  die  Stellung  der  Beinaxen 
gegen  den  Horizont  zu  83^  angenommen  ist: 

1)  Die  Beekenneigung  verschiedener  Individuen  zeigt  grössere 
Verschiedenheiten  als  man  bisher  geglaubt  hat. 

2)  Bei  demselben  Individuum  zeigt  die  Beckenneigung  sehr 
grosse  Verschiedenheiten,  welche  (ausser  von  der  Neigung  der 
Beinaxe  gegen  den  Horizont)  von  dem  Divergenzgrade  und  dem 
Rotationsgrade  der  Beinaxen  abhängig  sind. 

3)  Unter  den  verschiedenen  Beckenneigungen  desselben  Idni- 
viduums  giebt  es  ein  Minimum  und  vier  Maxima. 

4)  Das  Minimum  beträgt  40  —  45^  Conjugataneigung  (bei 
weiblichen  etwas  mehr  als  bei  männlichen)  und  ist  beim  weib- 
lichen Becken  vorhanden  bei  26^  Divergenz  und  10®  Einwärts- 
rotation der  Beinaxen. 

6)  Die  vier  Maxima,  welche  durchschnittlich  90  — 100®  betragen, 
finden  sich  in  den  Vereinigungen  extremster  DivergensstelloDg 
(Rnieschluss  oder  grösste  Spreizung)  mit  den  extremsten  Rotations- 
graden  (nach  innen  oder  nach  aussen). 

6)  Beim  weiblichen  Becken  ist  die  Conjugataneigung  fär  das 
ungezwungene  Aufrechtstehen  mit  parallelen  Beinaxen  gegen  55 ^ 
beim  männlichen  gegen  50". 

7)  Die  bisher  angenommenen  Werthe  für  die  Conjugataneigung 
im  aufrechten  Stehen  gehören  einer  Spreizstellung  (40—60" 
Divergenz  der  Beinaxen)  mit  Einwärt'srotation  an. 

(Archiv  f.  Anatomie ,  Physiologie  u.  Wissenschaft!.  Medicin, 
1861 ,  Heft  2.) 


Virehow:   Ueber  eine   eigenthümlichei   vielleicht  syphi- 
litische Veränderung  der  Decidaa. 

Die  in  Rede  stehenden  Eihöllen  stammten  von  einer  Fran, 
die  früher  an  scheinbar  syphilitischen  Rachengeschwüren  mit 
Jodquecksilber  erfolgreich  behandelt  worden  war,  und  mochten 
«iaor  circa  2  —  3  monatlichen  Frucht  angehören.  Interessant  waren 
die  Veränderungen  der  mütterlichen  Hülle,  welche  ganz  getrennt 


*    XXXV.    Notisen  aus  der  Jouroal- Literatur.  479 

von  dem  eigentlichen  £i  abgegangen  war.  Dieselbe  war  überall 
sehr  dick,  in  wechselnder  Weise  1 — 4  Linien  stark  und  zeigte 
aaf  ihrer  inneren  d.  h.  freien  Seite  sich  wie.  mit  polypösen, 
grossen  Auswüchsen  besetzt,  die  stellenweise  eine  Länge  von 
V,  Zoll,  eine  Breite  von  V^  Zoll  und  darüber,  eine  Höhe  von 
Vs  Zoll  besitzen»  Während  die  zwischen  ihnen  liegende  Deoidna- 
partie  glatt  ist,  etwas  gemnzelt,  von  blassweisslicher  Farbe  und 
nur  mit  Mühe  die  sehr  engen  Utriculardrüsen- Mündungen  erkennen 
Hess,  hatten  die  grossen,  Schleimpapeln  und  Sohleimtuberkeln 
vergleichbaren  Höcker  eine  durchaus  glatte  und  dichte  Oberfläche 
von  mehr  röthlicher  Farbe  ohne  jede  Spur  von  Drüaenlöchem. 
Auf  einem  Durchschnitt  sieht  man  die  oberflächliche  Schicht  sehr 
dicht,  dunkelroth,  während  die  tieferen  Theile  mehr  porös,  ganz 
nach  unten  hin  fast  cavemös  erscheinen.  Uloerationen,  Spuren 
von  spontanem  Zerfall  und  dergl.  fehlen. 

Mikroskopisch  sieht  man  das  interstitielle  Schleimhaetgewebe 
im  Zusiande  der  ausgesprochenen  HyperpUsie ,  welche  aus  einer 
Reizung  hervorgegangen  ist.  Dass  wir  es  hier  also  mit  einer 
Endometritis  papulosa  et  tuberculosa  zu  thun  haben,  die  auch 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  der  Grund  des  Abortus  ist,  ist 
leicht  einzusehen.  Ob  diese  Endometritis  jedoch  eine  syphilitische 
war,  ob  man  die  gefundenen  Papeln  und  Knoten  als  eine  Art 
von  Condylomen  betrachten  muss,  lässtsich,  obwohl  Vieles  dafür 
sipricht,  aus  diesem  Falle  nicht  entscheiden. 

Mögen  durch  die  Mittheilung  vorstehenden  Falles  weitere 
Heobachtungeh  angestellt  und  veröffentlicht  werden,  um  so 
vielleicht  die  Aetiologie  des  syphilitischen  Abortus  .bestimmter 
zu  gestalten. 

(Archiv  f.  patholog. Anatomie  U.Physiologie  u.f.klin.Me^dioin, 
1861,  Bd.  21,  Heft  1.) 


PkiUpp   Harper:    Instrumente    zur    Anbohrung    fibröser 
Uterusgeschwälste. 

Die  von  Baker  Brown  empfohlenen  Instrumente  zur  Aus- 
höhlnng  der  fibrösen  Uterustumoren  gleichen  äusserlich  einem 
geburtshülflichen  Trepane.  Sie  bestehen  aus  einem  Hohlcylinder 
von  9*  Zoll  Länge,  der  äusserlich  in  Entfernungen  von  je  einem 
Zoll  Marken  besitzt,  um  genau  bestimmen  zu  können,  wie  weit 
er  eingeführt  wurde.  Am  unteren  Ende  ist  dieser  Cylinder  ge- 
schlossen durch  eine  Capsel,  durch  deren  durchbohrtes  Centrum  ein 
zweiter  Stahl  cylinder  geschoben  wird,  der  am  oberen  Ende  zwei 
gerade  Messer  oder  ein  gerades  und  ein  rechtwinkelig  gebogenes 
besitzt,  während  sein  unteres  Ende  mit  einem  Handgriffe  verseben  ist. 
Beide  Röhren  können  vermittels  eines  in  der  Capsel  befindlichen 
Schraubenganges   eine  beliebige  Stellung  zu  einander  annehmen. 


^gO  XXXV.    NotiMn  ans  der  Joarnal-Literator. 

In  die  »weite  Rohre  ntin  pftsst  ein  stählerner  Stab,  der  nach 
oben,  in  »kei  Haken  endigt  and  durch  eine  starke  Feder  inner- 
halb der  «weiten  Röhre  festgehalten  wird. 

Bei  der  Anwendung  wird  das  Instrument  darch  die  &QMere 
Röhre  gedeckt  eingeführt  und  au  den  Tumor  angedruckt,  hierauf 
durch  Vorschieben  des  stählernen  Stabes  die  Haken  in  den  Tumor 
eingedrQckt  und  nun  die  sweite,  mit  den  Messern  verseheue  Rohre 
trorgeschraubt.  Auf  diese  Weise  wird  das  Fibroid  ausgehöhlt 
und  die  gelöste  Masse  durch  Zurückziehen  des  stithlerneu  Stabes 
in  die  Röhre  geführt.  Um  ein  beliebiges  Vordringen  der  Messer 
EU  ermöglichen,  befindet  sich  ausserhalb  der  sweiten  Röhre  ein 
Vorsprnng,  der  nach  Belieben  hinauf  oder  herunter  gerückt 
werden  kann. 

Für  diejenigen  Fülle,  wo  die  Geschwulst  leicht  zu  erreichen 
und  dem  Gesichte  zugänglich  Ist,  empfiehlt  Verf.  ein  Instrument, 
welches  Ton  ganz  ähnlicher  Constructüon  ist  und,  bei  Weglaasung 
des  Hakenstabes ,  ein  gerades  und  ein  rechtwinkelig  gekrümmtes 
Messer  besitzt. 

(The  Lancet,  Bd.  1,  No.  12,  1861.) 


Wagner:  Chronischer  Uterus-  und  Tubenkatarrh;  Häma- 
tom des  Uterus;    Peritonitis. 

Ein  28 jähriges  Dienstmädchen,  secirt  am- 28.  August -1868. 

In  der  Bauchhöhle  zeigten  sich  circa  27,  Pfd.  in  den  oberen 
Theilen  seröser,  klarer,  in  den  tiefer  liegenden  dünneiteriger 
B^lüssigkeit,  mit  reichlichen,  gelblichen,  sehr  weichen,  eiterig 
fibrinösen  Klumpen.     Serosa  überall  schwach  getrübt. 

Linkes  Ovarium  durch  dicke,  feste  Adhäsionen  an  den  unteren 
Theil  des  S  roman.  angeheftet.  Beide  Ovarien  an  der  Oberfläche 
I  narbig,  stark  injicirt;  am  linken  ein  kirschengrosser  fluctuirender 

I  Vorsprung,   welchem  eine  Kjste  mit  serösem  Inhalt  und  glatter 

Innenfläche  entspricht.  Tuben  in  der  äusseren  Hälfte  stark  ge- 
wunden, schreibfederkieldick,  reichliche  dünneiterige  Flüssigkeit 
enthaltend;  Schleimhaut  schwarsgrau,  etwas  wulstig.  —  Uterus 
4  Zoll  lang,  entsprechend  breit  und  dick,  in  seiner  Höhle  reich- 
liche graurothe,  dünneiterige,  übelriechende  Flüssigkeit  ent- 
haltend. An  der  Hinterfläche  des  unteren  Theiles  der  Körperhöhle 
ein  über  bohnengrosses,  weiches,  grau-  und  braunrothes  Blut- 
gerinnsel, welches  untrennbar  fest  mit  der  Schleimhaut  zusammen- 
hing. Unter  letzterer  in  der  Körperhöhle  einzelne,  l  —  Slinsengrosse 
frische  Blutergüsse.  Uterus  von  der  Weichheit  eines  puerperalen 
Uterus.  Seine  Schleimhaut  zeigte  zerfallendes  Cy  lind  erepithel, 
keine  Spur  tou  Drüsen,  und  bestand  hauptsächlich  aus  spärlichem 
Bindegewebe  und  spindelförmigen  Zellen  mit  breiten  Ausläufern 
pnd  langem  Kern.    Das  Utcruspardnchyni  war  leicht  faserbar  und 


XXXV.    Notisen  ans  der  Journal -Literatur.  481 

bestand  nirgends  aus  in  räckgHngiger  Metamorphose  "begriffenen 
Muskelfasern.    Von  Eib&uten  u.  s.  w.  keine  Spur.  , 

Die  Genitalkrankheit  besteht  hier  in  einem  chronischen 
Katarrh  der  Schleimhaut  des  Uterus  und  der  Tuben  nnd  in  der 
Uterinblntang  mit  Sitzenbleiben  eines  Blutgerinnsels. 

Die  Peritonitis  konnte  nur  ITolge  jenes  Katarrhs,  besonders 
der  Tubenschleimhaut  sein. 

(Arohir  der  Heilkunde,  1861,  Heft  6.) 


Hohl:    Die  Chlo  roformnarkose  in   der  Gebnrtshülfe. 

Vorstehender  Aufsatz  ist  hervorgerufen  worden  dnrch  die 
Mittheilungen,  welche  Martin  über  die  Anwendung  der  Chloroform- 
narkose in  der  Sitzung  der  Hufeland^ßchen  Gesellschaft  am 
22.  Febrnar  d.  J.  gemacht  (s.  Monatsschr.,  Bd.  18,  Hft.  3,  S.  249). 

Verf.  tritt  fast  in  allen  Punkten  den  Ansichten  des  genannten 
Autors  entgegen  und  hebt  namentlich  hervor,  dass  die  Geburts- 
schmerzen allein  den  Geburtshelfer  nie  zar  Anwendung  des 
Chloroforms  verleiten  dürfen.  Nur  dann,  wenn  die  Schmerzen 
der  Geburt  aus  irgend  einem  pathologischen  Grunde  zu  einer 
nngewöbnlicben  Höhe  sich  steigern,  den  Verlauf  der  Geburt 
wirklich  stören  oder  die  Mutter  gefährden,  wie  z.  B.  bei  Con- 
valsionen,  ist  der  Geburtshelfer  im  Bechte,  wenn  er  zum  Chloro- 
form greift,  keine  vollständige  Bewusstlosigkeit,  sondern  nur 
Schwächung  der  Empfindlichkeit  herbeiführt,  damit  die  Kreissende 
die  HülfskrHfte  in  Thätigkeit  setzen  kann. 

Bei  Zangenoperationen  giebt  es  gewiss  nur  einzelne  FKlle, 
wo  der  Gebrauch  des  Chloroform ,  zweckmässig  und  nothwendig 
ist,  da  bei  richtiger  Einführung  der  Blätter  und  bei  in  richtiger 
Richtung  ausgeführten  Zügen  die  Zange  keine  Schmerzen  ver- 
ursachen darf.  Ebenso  hält  Verf.  den  Gebrauch  des  Chloroforms 
bei  der  Wendung  nur  dann  für  gerechtfertigt,  wenn,  besonders 
bei  einer  Erstgebärenden,  die  Scbamspalte  eng  ist,  die  Geschlechts- 
theile  an  sich  oder  durch  operative  Eingriffe  in  einem  hohen 
Grade  empfindlich  sind,  oder  wenn  die  Wehen,  stark  und  häufig, 
die  Operation  hindern.  Bei  Perforation  und  Kephalothrypsie, 
überhaupt  bei  allen  geburtshfil fliehen  Operationen  mit  ver- 
letzenden Instrumenten  dürfte  die  Chloroformnarkose  zu  ver- 
meiden sein. 

(Deutsche  Klinik,  1861,  No.  31.) 


Caatelain:  Fall  von   T  ubo-Ovarial-Sohwangerschaft. 

Eine    32jährige    Frau,    welche    noch    nicht    geboren    hatte, 
wurde   wegen  heftiger  Leibschmerzen    in  das  Hospital  zu  Lille 


482  XXXV.    Notisen  aus  der  Journal -Literatur. 

gebracht.  Man  fürchtete  einen  Abortus  in  Folge  von  Stoasen 
auf  den  Bauch.  Da  aber  während  der  ersten  Nacht  der  Mutter- 
mund sich  nicht  öffnete,  Hess  der  wachhabende  Untersrst  die 
Kranke  auf  die  medicinische  Abtheilung  bringen,  wo  sie  noeh 
am  frühen  Morgen  starb. 

Die  Seotion  ergab  Folgendes:  In  der  Bauchhohle  grosse 
Blutklnmpen,  in  deren  Mitte  ein  dreimonatlicher  Fötus  mit  ab- 
gerissenem Nabelstrange.  Die  Gebärmutter  war  gross,  wie  im 
dritten  Monate,  gelockert,  mit  einer  dicken  Decidua  ausgekleidet, 
im  Mutterhalse  ein  fester  Schleimpfropf.  Rechte  Eileiter  und 
Eierstock  normal.  Am  Ende  des  linken  Eierleiters  die  Fruchthohle 
in  der  Grösse  einer  Faust,  mit  dem  Risse  und  im  Innern  die 
Flacenta,  Vom  linken  Eierstock  findet  man  kaum  eine  Spur. 
Die  Eierleiter  sind  nicht  verstopft.  Der  Fruchtsack  befand  sich 
hier  zwischen  dem  Tubenende  und  dem  Eierstocke,  letzteren 
in  sich  vollständig  aufnehmend.  Es  gehört  dieser  Sita  an  den 
Seltenheiten. 

(Gaa.  des  h6pit.,  1861,  Nu.  121.) 


Pauk:  Grariditas  extrauterina;  Entleerung  s&mmtlicher 
Knochenstücke  der  Frucht  durch  den  Bauchschnitt; 
Genesung  der  Mutter. 

Patientin,  28  Jahre  alt,  will  nie  krank  gewesen  sein.  Im 
sechsten  Monate  der  gegenwärtigen  Schwangerschaft,  wo  sie 
Kindesbewegungen  verspürt  haben  will,  wurde  sie,  sowie  in  den 
folgenden  Monaten  von  einer  Diarrhoe  periodisch  befallen,  die 
jedoch  geeigneten  Mitteln  wich. 

Bei  der  am  26.  November  1860  vorgenommenen  Susseren 
Untersuchung  seigte  sich  der  Nabel  blasenartig  und  missfarbig, 
das  Kind  war  deutlich,  und  swar  als  querliegend,  su  erkennet» 
und  schien  unmittelbar  unter  den  Bauchdeoken  au  liegen. 

Innerlich  seigte  sich  die  Vagina  normal,  Muttermund  in  der 
Kreusbeingegend  gelegen,  die  Gebärmutter  ausam mengesogen, 
über  der  Schambeinvereinigung  nicht  fühlbar. 

Da  somit  die  Diagnose  einer  Graviditas  extrauterine  fest- 
stand, so  wurde  sunächst  eine  im  Nabelringe  befindliche,  taubenei- 
grosse ,  kleine  Blase  geöffnet,  aus  welcher  sich  stinkende  Jauche 
entleerte,  deren  Ausfluss  sich  auf  Druck  der  Kindestheile  ver- 
mehrte. Durch  Eingehen  mit  dem  Finger  in  die  Stichwunde 
fühlte  man  deutlich  Schädelknochen.  Zwei  Tage  später  wurde 
Bur  Operation  geschritten.  Bei  unvollkommener  Narkose  wurde 
ein  Schnitt  vom  Nabel  bis  gegen  3  Zoll  sur  Schambeinvereinigung 
gemacht,  und  man  gelangte  so  in  einen  halbmondförmigen,  die 
Homer  nach  abwärts  gekehrten,  dickhäutigen  Sack,  in  welchen 
die    einseinen  Fötusknochen,   von  ihren  Weichtheilen    entblösst 


XXXy.    Notisen  ans  der  Journal- Literatur.  483 

la^eD.  Nachdem  dieselben  entfernt,  wurde  die  Wnnde  durch 
amschlnn^ene  Nahte  nnd  eine  gntpassende  Bauchbinde  geschlossen. 
Schon  nach  acht  Tagten  verliess  Pat.  das  Bett,  nnd  nach  weiteren 
acht  Tagen  verrichtete  sie  gans  ungestört  gana  gesnnd  ihre 
httnsliehen  Geschäfte. 

(Allgem.  Wiener  med.  Zeitung,  1862,  No.  32.) 


E.  Kirhy:  Zweimalige  Einleitnng  der  känstlicben  Frtih< 
gebart  bei  einer  Zwergin  mit  missgestaltetem 
Becken. 

Die  Schwangere,  welche  in  ihrer  Kindheit  an  Bbachitis  ge- 
litten hatte,  war  27  Jahre  alt  nnd  anscheinend  gesund.  Eine 
sorgfältig  vorgebommene  Untersuchung  zeigte  die  Wirbelsäule 
vom  letaten  Halswirbel  bis  aar  Vereinigung  des  letzten  Bticken- 
mit  dem  ersten  Lendenwirbel  14  Zoll  lang,  nur  drei  Mal,  ein  Mal 
nach  vom  und  zwei  Mal  seitlich,  gekrümmt.  Das  Becken  war  in 
allen  Durchmessern  zu  eng,  namentlich  aber  von  vom  nach  hinten 
zusammengedrückt.  Der  Vorberg  und  der  letzte  Lendenwirbel 
'sprangen  stark  ein,  so  dass  die  Conj.  vera  kaum  2V,  Zoll  betrug. 
Es  wurde  deshalb  die  Einleitung  der  künstlichen  Frühgeburt  zu 
Ende  der  32.  Schwangerscbaftswoche  festgesetzt,  konnte  jedoch 
wegen  Lungenkatarrh  der  Schwangeren  erst  nach  vollendeter 
34.  Woche  ausgeführt  werden.  Am  30.  Januar  wurde  die  Einleitung 
begonnen  und  am  2.  Februar  die  Frau  wegen  Querlage  des  Kindes 
durch  Wendung  von  einem  lebenden  Kinde  entbunden.  Das  Wochen- 
bett verlief  für  Mutter  und  Kind  normal.  In  diesem  Falle  hatte 
die  Frau  circa  2^^  Unzen  Ergotin  bekommen  ohne  Nachtheil  für 
sie  und  ihre  Frucht. 

Die  Frau  wurde  wieder  schwanger,  konnte  jedoch  wegen  zu 
später  Meldung,  dieses  Mal  erst  Ende  der  36.  Woche  entbunden 
werden.  Die  Geburtsthätigkeit  ging  langsamer  und  der  Kopf  des 
Kindes  hatte  bereits  eine  solche  Entwickelung  erlangt,  dass  an 
eine  Rettung  des  Kindes  nicht  gedacht  werden  konnte.  Für  die 
Mutter  war  auch  jetzt  das  Wochenbett  vollkommen  normal. 

Verf«    betrachtet    als    ein   wesentliches    Bedingniss    für    den 
glücklichen  Erfolg  der  Operation,  dass  die  Eihäute  bis  zur  voll- 
ständigen Erweiterung  des  Muttermundes  erhalten  bleiben. 
(The  Lancet,  1861,  Bd.  I.,  No.  10.) 


V.  Scanzoni:   Ein  Fall    von   Gebärmutterblasenfistel    mit 
epikritischen  Bemerkungen. 

Die  34 jährige  Patientin  war  in  ihrer  Jugend  stets   gesund; 
mit  20  Jahren  zum  ersten  Male  menstruirt,  hatte  sie  drei  Geburten 


484  XXXV.    NotiieB  aus  der  Joornal-Literatnr. 

fiberstanden.  Säm in tli che  Kinder  miiBSteii  mit  der  Zaage  extrabirt 
werden  und  kamen  atets  todt  snr  fWelt.  Die  leiste  Geburt, 
welche  sechs  Wochen  vor  der  Aufnahme  der  Patientin  erfolgte, 
erforderte  einen  solchen  Kraftaufwand  Ton  Seiteu  des  Oebwts* 
helfers,  dass  während  der  Operation  ein  Zangenlöffel  sarbraeh. 
Die  ersten  zwei  Puerperien  yerliefen  normal,  am  siebenten  Tage 
nach  der  letzten  Entbindung  fühlte  Patientin,  dass  der  Harn  tob 
selbst  ans  der  Scheide  abfloss  nnd  zwar  anfangs  continnirlich, 
nach  fünf  Wochen  nnr  beim  Gehen  nnd  Stehen.  Die  Unter- 
suchnng  zeigte  eine  allgemeine  Verengerung  des  kleinen  Beckens, 
die  Conjugata  maass  S"  S"\  Nirgends  konnte  eine  Communi- 
cation  der  Blase  nnd  Scheide  entdeckt  werden.  Der  Muttei^nnd 
bildete  eine  lange,  mit  vielfach  zerklüfteten  Rändern  versehene 
Querspalte,  namentlich  zeigte  die  hintere  Lippe  einen  tiefen, 
bis  gegen  das  Scheidengewölbe  hinaufdringenden  Riss,  so  dass 
sie  gleichsam  in  zwei  seitliche  Lappen  getheilt  erschien. 

Es  wurden  circa  *8  Unzen  einer  roth  gefärbten  Flüssigkeit 
in  die  Harnblase  injicirt  und  ein  Fer^tM^on^schcs  Speculum  in  die 
Scheide  eingeführt,  worauf  man,  namentlich  wenn  das  Speculnm 
etwas  zurückgezogen  und  somit  der  Druck  auf  das  Laqnear  vag^nae 
▼ermindert  wurde,  eine  beträchtliche  Menge  des  rothen  FlnidlinM 
in  das  Lumen  des  Spiegels  erhielt,  die  deutlich  aus  dem  rechten 
Winkel  der  queren ^Mntterninndsspalte  hervorquoll.  Somit  stand 
die  Diagnose  einer  Blasengebärmutterfistel  fest. 

Zur  Operation  wurde  die  Kranke  auf  einem  Querbett«  auf 
den  Rücken  mit  möglichst  angezogenen  nnd  festgehaltenen  Beinen 
gelagert,  der  Uterus  durch  Hakenzangen  heruntergezogen  und 
durch  zwei  feste,  durch  die  dicke  vordere  Mutterniundslippe  ^- 
zogene  Fadenschlingen  üxirt.  Hierauf  wurde  der  ganze  Umfang 
der  Muttermundsoffnung  auf  eine  Höhe  von  etwa  8  Linien  wund 
gemacht  nnd  mehrere  der  hervorspringenden,  die  Einrisse  be- 
grenzenden. Lappen  abgetragen.  Eine  quere  Obliteration  herbei- 
zuführen war  wegen  des  tiefen  Einrisses  nnd  Substanzverlusies 
in  der  Mitte  der  hinteren  MuttermundsHppe  unmöglich  und  daher 
durch  Anlegen  von  fünf  Heften,  die  von  einer  Seite  naeb  der 
anderen  gingen,  eine  senkrecht  verlaufende  Wnndspalte  au  er- 
zielen gesucht.  Die  nur  geringe  Blutung  wurde  einfa<ih  durch 
kaltes  Wasser  gestillt.  Schmerzen  gering,  Fieberbewegungen 
fehlen.  In  den  ersten  drei  Tagen  konnte  der  Urin  vollkommen 
zurückgehalten  werden,  in  der  Nacht  vom  dritten  auf  den  vierten 
Tag  entleerte  sich  eine  ganz  geringe  Quantität  durch  die  Scheide, 
was  auch  die  folgenden  zwei  Tage  fortdauerte.  Am  fünften  Tage 
nach  der  Operation  wurde  behufs  Vornahme  einer  genaueren 
Untersuchung  mittels  der  liegengelassenen  Fadenschlingen  der 
Uterus  herabgezogen  und  so  der  Muttermund  dem  Auge  zugäng- 
lich gemacht,  wobei  sich  die  Ränder  der  senkrecht  verlaufenden 
Spalte   desselben   an   den  vorderen   drei  Viertbeilcn   vollkommen 


XXXV.    Notisen  ans  der  Journal -Literatur.  485 

rereiiiigt»  naeh  hinten  aber  noch  eine  etwa  6  Linien  'lange 
Oeflhiiing  sei^e,  aus  welcher  eine  in  die  Blase  injicirte  gefärbte 
Fliiesf gkeit ,  jedoch  nur  tropfenweise  ausfloss.  Die  Hefte  wurden 
entfernt,  die  Rftnder  der  erwähnten  Oe£Fnuttg  neuerdings  an- 
gefrischt und  hierauf  drei  Hefte  mit  der  grössten  Vorsicht  an- 
gelegt. Nach  dieser  Operation,  welche  circa  eine  Stunde  gedauert 
hatte,  war  Pat.  mehr  angegriffen,  es  stellte  sich  leichtes  Fieber 
und  ein  rölliges  UnTermögen,  den  Harn  zu  entleeren,  ein.  Die 
Zustände  besserten  sich  jedoch  und  zeigte  die  14  Tage  später 
(während  welcher  Zeit  nicht  ein  Tropfen  Urin  durch  die  Scheide 
abgeflossen  war)  vorgenommene  genauere  Untersuchung  den 
vorderen  Umfang  der  Muttermnndsspalte  fest  verwachsen;  im 
hinteren  Mundwinkel  war  aber  die  Vereinigung  wieder  nicht 
gelangen,  so  dass  noch^  immer  eine  etwa  4  Linien  im  Durch- 
messer haltende  Oeffnung  wahrgenommen  wurde.  Am  vierten 
Tage  nach  Hinwegnahme  der  Hefte  bemerkte  die  Kranke ,  welche 
bis  dahin  immer  völlig  trocken  gelegen  war,  aus  der  Scheide 
ausfliessende  Tropfen  Harns.  Dies  wiederholte  sich  mehrere 
Tage  hindurch,  wo  die  Menstruation  ohne  Beschwerde  eintrat, 
aber  nur  24  Stunden  anhielt.  Das  Blut  entleerte  sich  aus  dem 
Muttermunde.  Eine  Wiederholnng  der  Operation  Hess  die  Kranke 
nicht  vornehmen,  sondern  kehrte  in  ihre  Heimath  zurück.  Später 
meldete  sie  brieflich,  „dass  sie  weder  im  Sitzen,  noch  im  Liegen 
Urin  verliere,  sondern  blos,  wenn  sie  etwas  sehr  Schweres  hebe, 
einige  Tropfen  und  das  wäre  sonst  auch  gewesen,  so  dass  sie 
nicht  wisse,  ob  der  Urin  aus  dem  Innern  kommt.*  Ihr  Monat- 
liches hatte  sich  öfter  wiederholt;  das  Blut  kam  jedes  Mal  aus 
der  Geburt  wie  früher. 

Diesem  von  uns  ansfOhrlich  mitgetheilten  Falle  schliesst 
Yerf.  folgende  Bemerkungen  an. 

Verf.  Vvählte  die  Obliteration  des  Muttermundes,  weil  sie 
einestheils  am  sichersten  und  gefahrlosesten  die  Harnineontinenz 
zu  beseitigen  im  Stande  war,  anderentheils  die  Möglichkeit  einer 
neuen  Conception  hintangehalten  worden  wäre,  die  voraussichtlich 
bei  der  vorhandenen  Beckenenge  der  Mutter  und  dem  Kinde  mit 
neuen  Gefahren  drohte,  ohne  jedoch  dem  normalen  Geschlechts- 
genusse  ein  unübersteigliches  und  bleibendes  Hinderniss  ent- 
gegenzusetzen. 

Dass  eine  beinahe  vollständige  Hebung  der  Urinincontinenz 
erzielt  wurde,  ungeachtet  der  Muttermund  vollständige  Ver- 
schliessung  erkennen  lässt,  ungeachtet  die  Fistelöffnung  in  der 
Cervicalhöhle  keiner  operativen  Einwirkung  ausgesetzt  war,  er- 
klärt Verf.  dahin,  dass  die  an  den  Muttermundslippen  ausgeführte 
Operation  sehr  leicht  eine  Schwellang,  Auflockerung,  Exsndation 
und  so  mittelbar  eine  Verkleinerung,  selbst  Verschliessung  der 
in  der  Cervicalhöhle  befindlichen  Ftstelöffnung  herbeiführen  kann, 
ein  Resultat,  welches  noth wendigerweise  durch  eine  Vereinigung 


486  XXXVI.     Literatur. 

der  Mnttermandsränder  von  vorn  nach  hinten  begünstigt  werden 
iTinss.  Verf.  riith  daher,  ehe  man  sich  znr  wirklichen  Obliteratioft 
des  MnttermnndeB  entschliesst ,  erst  nach  der  von  ihm  in  An- 
wendung gesogenen  Methode  eine  wirkliche  Heilang  dor  Fistel 
SU  versuchen,  d.  h.  die  vordere  Wand  des  Cerviz  auf  circa 
6  —  8  Linien  hoch  ansufrischen  und  dann  zwei  bis  drei  Hefte 
KO  ansulegen,  dass  sie  die  Vaginalportion  von  den  Seiten  her 
durchdringe ,  um  so  eine  von  vom  nach  hinten  verlanfende  Wund- 
spalte  zwischen  sich  zu  lassen. 

(Würzburger  med.  Zeitschr.,  Bd.  I.,  Heft  6,  1860.) 


Chaatagny  (Ljou):   Ueber   eine  Geburtszange    mit  gleich- 
massigem  Zuge  und  fortschreitendem  Drucke. 

In  der  Sitzung  der  Akademie  der  Medicin  vom  26.  Februar  1861 
legte  Verf.  seine  neue  Erfindung  vor.  Er  benutzt  die  nicht  ge- 
kreuzte Zange  von  Thdnanee^  modificirt  dieselbe  zu  seinem  Zwecke 
und  bringt  sie  mit  einem  complicirten  Gestelle  in  Verbindung, 
dessen  Jzwei  seitliche  langen  eisernen  Arme  dicht  unterhalb  der 
Kniee  der  Gebärenden  befestigt  werden.  In  der  Mitte  des  €k- 
stelles  befindet  sich  eine  Kurbel,  durch  welche  eine  Winde  mit 
ein  paar  Stricken  in  Bewegung  gesetzt  wird,  welche  letzferen 
an  der  Zange  befestigt,  dieselbe  allmlllig  hervorziehen.  Eine 
Abbildung  ist  zur  ErllCnterung  beigegeben  und  verweisen  wir 
diejenigen  Leser  auf  das  Original,  welche  für  solche  abenteuer- 
liehe  Erfindungen  Geschmack  haben  sollten. 
(Gas-  h^bdomad.,  No.  10,  1861.) 


XXXVI. 
Literatur. 


Die  Pathologie  und  Therapie  der  Placentarretention 
für  Geburtshelfer  und  praktische  Aerzte  bearbeitet 
von  Dr.  Alfred  Hegar  in  Darmstadt.  Berlin,  bei  Hir*cÄ- 
roald,  1862.    8.     8.  IV,  209. 

Der  Verf.  hat  es  sich  zur  Aufgabe  gemacht,  die  Hetentionen 
der  Placenta  in  ihren  verschiedenartigsten  Beziehungen  einer 
gründlichen  kritischen  Bearbeitung  zu  unterwerfen  und  giebt 
hierbei  nicht  nur  eine  Zusammenstellung  der  Ansichten  und  Er- 
fahrungen bewährter  älterer  und  neuerer  Geburtshelfer,   sondern 


XXXVl.    Literatur.  487 

hat  auch  eine  gröaaere  Zahl  eigener  Beobachtungen  aia  Belege 
seiner  Meinung  eingeflochten.  Wir  besaasen  bisher  keine  Mono- 
graphie y  welche  in  einer  gleichen  Vollständigkeit  den  Gegenstand 
verarbeitete  und  müssen  nicht  blos  hierfür  dem  Verf.  dankbar 
sein,  sondern  namentlich  auch  für  die  klare,  scharfe,  übersengende 
Darstellnngsweiae.  Im  Ganzen  und  Allgemeinen  ist  das  Bnch  ein 
durchaus  vrerth volles  und  wird  eine  rühmliche  Stelle  in  der 
geburtshülflichen  Literatur  einnehmen.  In  Einseinheiten  werden 
sich  freilich  manche  abweichende  Ansichten  geltend  machen. 

Der  erste  grössere  Abschnitt  handelt  über  die  Anatomie  und 
Physiologie  des  Mutterkuchens  in  Besug  auf  seine  Verbindung 
mit  der  Gebärmutterwand,  seine  Lockerung  und  LSsung  während 
der  Geburt,  seine  Ansstossung  in  der  Nachgeburtsperiode  und 
die  Involution  der  Placentarinsertionsstelle.  Wir  finden  hier  die 
neuesten  Ansichten  unserer  Anatomen  und  Physiologen  berück- 
sichtigt  und  gut  kritisirt.  Nur  möchten  wir  bemerken,  dass 
mehrere  der  S.  19  und  20  angefahrten  Beobachtungen  über  die 
Involution  der  Placentarstelle  nicht  gut  gewählt  sind,  da  sie 
pathologische  Fälle  betreffen. 

Nach  einer  kurzen  Definition  der  Placentarretention  folgt 
ein  umfangreicher  Abschnitt  über  die  Aeiiologie  derselben,  in 
welchem  I.  die  functionellen  Störungen  des  Uterus  (Schwäche, 
unregelmässige  Contractionen  mit  unbestimmtem  und  bestimmtem 
Typus)  und  II.  die  abnorme  Beschaffenheit  der  Placenta  und  ihrer 
Verbindung  mit  der  Uteriawand  besprochen  werden»  Verf.  nimmt 
S.  26  mit  vielen  anderen  Geburtshelfern  eine  stürmische  Wehen- 
tbätigkelt  während  der  Geburt  desselben  mit  rascher  plötzlicher 
Ansstossung  desselben,  wie  überhaupt  jede  rasche  Entleerung 
der  Uterinhöhle  als  Ursache  zur  Placentarretention  an.  Nach 
Ref.*s  Beobachtungen  mit  Unrecht,  da  eine  kräftige  Wehen- 
thätigkeit  in  den  Austreibungsperioden  stets  auch  eine  schnelle 
und  glückliche  Entfernung  der  Nachgeburt  folgen  lässt.  Es 
lehren  dies  unter  anderen  genügend  die  sogenannten  Gassen- 
geburten, die  überhaupt  und  so  auch  in  der  fünften  Periode 
glücklich  zu  verlaufen  pflegen.  —  In  dem  Abschnitte  über  die 
Spasmen  des  Uterus  tritt  bei  einigen  Beobachtungen  (S.  36,  38) 
das  Pathologische  des  Zustandes  nicht  genügend  hervor.  —  Die 
pathologischen  Veränderungen  der  Placenta,  namentlich  des 
Deciduaüberzuges  derselben  sind  ausführlich  und  klar  besprochen, 
indess  nicht  immer  scharf  beweisend  die  Wechselwirkung  zwischen 
Erkrankung  der  Placenta  und  der  daraus  hervorgehenden  Ketention 
oder  gar  Adhärenz  festgehalten,  so  dass  wir  auf  einige  Wider- 
sprüche s  wie  eben  den  Behauptungen  und  den  angefugten  Beob- 
achtungen stossen  (S.  64  —  69).  Es  ist  dies  überhaupt  ein  sehr 
schwieriges  Capitel,  welches  nach  einer  sehr  sorgfältigen  Be- 
arbeitung,   einer   scharfen  Sichtung  des  vorhandenen  Materials, 


488  XXXVI.     Lfteratar. 

eioer  sehr  gewiesen  haften  üntersuchan^  des  suküuftigen  dringend 
bedarf.  Jedenfalls  geht  ans  der  Arbeit  des  Verfassers  herror,  dass 
pathologische  Veränderungen  der  Placenta  nur  äusserst  selten 
SU  Adhärensen  fuhren,  yielmehr  meist  eine  leichte  und  schnelle 
Ausstossung  beobachten  lassen. 

Der  nSchste  Abschnitt  handelt  von  den  Folgen  und  Ana- 
gingen  der  Placentarretention ,  namentlich  in  Bezug  auf  die 
Proeeese  der  Zersetzung,  der  Fänlniss,  der  Resorption,  de» 
totalen  Zurückbleibens  der  Placenta.  Es  ist  in  diesem  Abschnitte 
eine  grössere  Zahl  sehe  interessanter  Beobachtungen    eingefügt. 

Nach  kurzer  Besprechung  der  Diagnose  und  Prognose  der 
Placentarrentionen  folgt  der  letzte,  wichtige  Abschnitt  der 
Therapie. 

Verf.  giebt  zuerst  eine  geschichtliche  Uebersicht  und  kommt 
zu  dem  Geständniss,  dass  die  Lehre  von  der  Placentarretention 
noch  jetzt,  trotz  aller  darauf  verwendeten  Mähe,  yon  einer  toU* 
ständigen  wissenschaftlichen  Ausbildung  noch  weit  entfernt  sei.  — 
Die  Therapie  wird  nach  den  einzelnen  ursächlichen  Momentes 
gründlich  besprochen  und  enthält  sehr  zweckmässige  Lehren, 
ohne  gerade  Etwas  wesentlich  Neues  zu  bringen. 

Bei  der  Technik  der  Placentaroperationen  geht  Verf.  auch 
auf  die  neuerdings  vom  Bef.  empfohlene  Methode  der  Ansdrücknng 
der  Placeifta  näher  ein  und  zwar  in  anerkennender  Weise.  Wenn 
es  dem  Verf.  nicht  immer  geglückt  ist,  dieselben  Resultate  in 
erzielen,  wie  Bef.  in  seinen  Arbeiten  (s.  Monatsschrift,  Bd.  16, 
8.  837  und  Bd.  17,  8.  274)  angiebt,  so  kann  dies  nur  in  einer 
ungenügenden  Ausübung  des  beschriebenen  Verfahrens  liegen 
und  weitere  Versuche  werden  jedenfalls  zu  noch  günstigeres 
Zielen  führen.  Verf.  rügt,  dass  Ref.  yon  einem  mangelhaften 
Nachweis  fester  Adhärenzen  der  Placonta  durch  „  mikroskopische  * 
Untersuchungen  spreche,  da  dieser  Nachweis  kaum  zu  fubres 
sei;  hierauf  mnss  bemerkt  werden,  dass  Ref.  in  seiner  Arbeit 
(1.  c.  Bd.  16,  S.  340)  keinen  mikroskopischen,  sondern  einen 
„anatomischen^  Nachweis  yerlangt,  d.  h.  er  ist  nicht  mit  dem 
blossen  Ausspruche  des  Geburtshelfers,  er  habe  bei  der  Losung 
der  Placenta  Adhärenzen  gefunden,  zufriedengestellt,  sondern  er 
will  nachträglich  in  der  genauen  anatomischen  und  allerdings 
auch  mikroskopischen  Untersuchung  noch  den  Beweis  geliefert 
haben.  Wo  dieser  fehlt,  ist  für  ihn  der  Fall  nichts  werth  und 
nichts  beweisend. 

Schliesslich  empfehlen  wir  die  fleissige  Arbeit  allen  Fach- 
genossen zum  Studium  und  sind  übersengt,  dass  jeder  dasselbe 
Interesse  dabei  empfinden  wird,  wie  Referent.  Crtd4. 


XXXVI.     Literatur.  489 

Die  gynäkologische  Untersuchung  mit  diagnostischen 
Anhaltspunkten  für  praktische  Aerzte  und  Studi- 
reod*e  der  Medicin  zur  Einführung  in  die  Gynäko- 
logie. Von  Dr.  Joseph  Ämann^  Privatdocent.  München  1861. 
8.     96  S. 

Verf.  glauht  durch  Veröffentlichung  der  Torliegenden  Arbeit, 
die  von  der  Mtinchener  medicinischen  Facultät  pro  venia  legendi 
gut  geheissen  wurde,  den  Collegen  einen  Gefallen  zu  erweisen, 
da  sie  vorzugsweise  dein  praktischen  Standpunkte  Rechnung  tragen 
soll,  uiid  überdies  in  den  bisherigen  Handbüchern  der  Gynäkologie 
nur  mehr  oder  minder  grosse  Bruchstücke  über  die  gynäkologische- 
Untersuchung  sich  finden. 

Die  Schrift  beginnt  mit  einem  sehr  kurzen  historischen  Ueber- 
blick  über  die  Entwickelung  der  gynäkologischen  Exploration, 
dem  einige  allgemeine  Vorbemerkungen  folgen.  In  diesen  letzteren 
wird  namentlich  hervorgehoben,  dass  noch  immer,  obschon  die 
Crynakologie  durch  die  Fortschritte,  die  sie  in  der  Diagnostik 
und  Therapie  gemacht,  mit  jeder  medicinischen  Specialität  sich 
in  praktischer,  wie  wissenschaftlicher  Bedeutung  messen  kann, 
ein  grosser  Theil  der  Aerzte  die  zu  einer  bestimmten  und  sicheren 
Diagnose  erforderlichen  Mittel  nicht  benutzt,  somit  nur  ein  un- 
sicheres therapeutisches  Verfahren  in  Anwendung  ziehen  kann 
und  dadurch  oft  Unterlassungssünden  mit  den  traurigsten  Folgen 
begeht.  Nachdem  Verf.  die  Gründe  erläutert,  die  einen  grossen 
Theil  der  Collegen  zu  dieser  Passivität  in  gynäkologischen  Fällen 
bestimmen,  folgen  einige  Winke  über  das  Benehmen  des  Arztes 
gegenüber  sexualkranken  Frauen,  die  stark  an  den  betreffenden 
Passus  in  West^B  „Lectures  on  the  diseases  of  women^  erinnern, 
und  den  Schluss  des  allgemeinen  Theiles  bildet  eine  kurze,  fast 
populär  gehaltene  Beschreibung  derjenigen  anatomischen  und 
physiologischen  Verhältnisse  der  weiblichen  Genitalien,  „die  von 
ärztlichem  oder  gerichtsärztlichem  Interesse  sind."  — 

Im  speciellen  Theil  wird  die  gynäkologische  Untersuchung 
als  äussere  und  innere  abgehandelt.  Unter  jener  wird  zunächst 
die  Palpation  des  Abdomens,  besonders  bezüglich  der  Uterus- 
und  Ovarialtumoren,  dann  die  Untersuchung  des  Leibes  mittels 
Gesicht  und  Gehör  besprochen.  Die  innere  Untersuchung  beginnt 
mit  der  Beschreibung  der  Digitalexploration,  wobei  Verf.  besonders 
die  Umstände  hervorhebt,  die  ein  mechanisches  Hinderniss  für 
das  Touchiren  abgeben  können,  daran  schliesst  sich  die  Unter- 
suchung der  Scheide,  des  Scheidentheils  und  der  Gebärmutter, 
mit  kurser  Angabe  der  an  diesen  Organen  mit  dem  Finger  zu 
constatirenden  pathologischen  Veränderungen,  und  die  Unter- 
suchung durch  den  Mastdarm.  Hierauf  kommt  Verf.  zur  Unter- 
suchung mittels  der  Sonde  und  stellt  mit  Recht  den  diagnostischen 
Werth   der  Ergebnisse  der  Uterussondirung  in  den  Vordergrund. 


490  Nachricht. 

Anch  der  Akidepeirastik  wird  gelegentlich  der  Gebärmatter- 
geschwülitte  gedacht.  Den  Schlass  bildet  die  OcularinapectioD 
mittels  des  Scheidenspicgels.  Verf.  erläutert  die  Vortheile  der 
verschiedenen  Arten  des  Speculums,  die  Indicationen  su  seiner 
Anwendung  und  die  Zustände ,  die  mit  demselben  gesehen  werdeo 
sollen.  In  einem  Anhange  wird  noch  kurz  der  chemischen  und 
mikroskopischen  Untersuchung  der  Vaginal-  und  Uterussecrete 
gedacht. 

Wir  erkennen  an,  dass  der  Verfasser,  als  der  Erste,  die 
gynäkologische  Untersuchung  cum  Vorwurf  einer  besonderen 
Monographie  genommen;  es  ist  dies  ein  zeitgemässes  und  be- 
rechtigtes Beginnen.  Vollständig  und  übersichtlich  geordnet  ist 
die  Abhandlung  jedoch  nicht.  Im  Uebrigen  kann  selbstverständlich 
derWerth  der  vorliegenden  Arbeit,  wie  aller  derlei  theoretischer 
Abhandlungen-  über  praktisch  zu  erwerbende  Fertigkeiten,  nur 
ein  sehr  bedingter  sein,  denn  der  einigermaassen  Geübte  wird 
aus  dem  Büchlein  kaum  etwas  Neues  entnehmen,  während  der 
Ungeübte,  wie  der  Verf.  selbst  zugesteht,  die  nothigc  Gewandtheit 
nur  am  Krankenbett  erlernen  kann.  Str. 


Nachricht. 

Die  reiche  Zusendung  von  Manuscripten  für  unsere  Monats- 
schrift, wofür  wir  unseren  geehrten  Mitarbeitern  zu  grössteoi 
Danke  verpflichtet  sind,  macht  es  im  Interesse  der  Leser  und 
der  Mitarbeiter  nöthig,  dem  18.  Bande  ein  Supplementheft  bei- 
zufügen, welches  spätestens  im  Anfange  des  nächsten  Jahres  er- 
scheinen wird. 

Zugleich  thellen  wir  unseren  geehrten  Lesern  mit,  dass  an 
Stelle  des  verstorbenen  von  Siebold  der  Herr  Prof.  Dr.  Heeker 
in  München  als  Mitherausgeber  der  Monatsschrift  vom  nächsten 
Jahre  ab  eintreten  wird.  Die  Herausgeber. 


Druck  von  A.  Th.  Bngelhardt  In  Lelpdff. 


Monatsschrift 


:  ^  für 


GEBURTSKUNDE 

und 

Frauenkrankheiten. 

Im  Verein  mit  der 
Gesellschaft  für  Geburtshiilfe  in  Berlin 

beransgegeben  von 

Dr.  C.  S.  F.  Cred6, 

Hofratb  f  ord.  Prof.  und  Direetor  der  £ntbindungA -Anstalt  in  Leipzig  etc. 

Dr.  Ed.  Martin, 

Geh.  Ratb,  ord.  Prof.  und  Direetor  der  Entblndangs-Anstalt  in  Borlln,  Ritter  etc. 

Dr.  F.  A.  von  Ritgen, 

Geb.  Rath,  ord.  Prof.  und  Direetor  der  Entbindung«  •  Anstalt  in  Glessen, 
Comtbur  ete. 

Dr.  Ed.  C.  J.  von  Siebold, 

Hofratb,    ord.   Prof.    und    Direetor    der    Entbindnngs  •  Anntalt  in    GSttinflren 
Comtbur  etc. 


Achtzehnter  Band.   $a|i]ilement-lleft. 

Mit  sechs  Tafeln  Abbildungen. 


Berlin,  1862. 

▼erlag  von  Angnst  Hirschwald, 

08  U.  d.  Linden,  Ecke  der  Scbadow-Strasse. 


Inhalt 

Sapplement-Heft 

Seite 
1.    Ueber  Eclampsie.   Von  Geh.  Bftth  Dr.  B^Jm  in  Stettin      1 

IL    Ueber  den  Fötalpnls.    Von  Dr.  F.  Hüter,  Privatdocent 

in  Marburg 23 

III.  Beiträge  aar  Anatomie  des  Beekena.  Von  Dr.  Sehwegel, 
Districtsphysiker  in  Wippach  (Krain) 67 

IV.  Subcutane  Myotomie  des  Constrictor  cunni  eur  Ver- 
hütung des  Dammrisses.  Von  Dr.  H,  M.  Cohen  in  Hamburg  106 

V.    Der   Kaiserschnitt   an   Todten.     Vom  Medicinalrathe 
Dr.  Sekroarz  in  Fulda .  121 

VI.  Ueber  innere  Beckenmessiing ,  nebst  Basehreibung 
sweier  neuen  Instrumente  für  diesen  Sweck.  <  Von 
Prof.  Dr.  Gtirmann  in  Leipcig.   (Hieran  6  Tafeln  Abbild.)  174 

VII.    Notizen  aus  der  Journal -Literatur: 

Breuiky:  Ueber  das  Vorkommen  der  Osteomalacie  in 
Gummersbach •.  .  207 

V.  EeUy:  Ueber  Stimlagen 208 

0.  Franque:  I.  Fall  von  ausserordentlicher  Beweg- 
lichkeit des  Fötus.  —  II.  Eclampsie;  subcutane 
Application  von  Morphium 210 

Laxaretoitsch:  Einige  Bemerkungen  über  die  Uterin- 
injection  und  drei  Fälle  künstlicher  Frilhgeburten  211 

Henri  Jamet:  Ueber  die  Einleitung  der  künstlichen 
Frühgeburt 218 

Habit:  Zwei  F&lle  von  Retentlo  placentae  nach  un- 
seitigen  Geburten 215 


ilV  Inhalt. 

Seite 
Werlhheimer :  lieber  das  physiologische  Verhalten  des 
Loohialsecretes 216 

Danyau/a,  B4raud:  Schädellose  Missgeburt  mit  einer 
Geschwulst  auf  der  Regio  fronto-parietalis.  Meni- 
branartiges  Band,  welches  von  der  Geschwulst 
ansgingy  und  am  linken  Unterschenkel,  denselben 
umschlingend,  endigte.  Theilweise  Abschnürung 
dieses  Gliedes.  Insertion  dieses  Bandes  an  der 
Fötaiaäche  der  Placenta 217 

C.  Braun:  Ueber  die  Pathogenese  der  Hämatokele 
retro-uterina 218 

Nourse:  Ueber  Gebärmutterflüsse;  ihre  Ursachen  und 
Polgen     224 

Singer:  £in  Beitrag  sur  Lehre  vom  Harnröhrentripper 
des  Weibes 225 

Johert:    Operation  der  Scheidenfistel  par  glissement  226 

ElUaume:  Merknrielle  Salivation  in  Folge  der  Kaute- 
risation des  Collum  uteri  mit  Quecksllbemitrat .  .  227 

t?.  GrÜneioaldt:  Das  Puerperalfieber  im  St.  Petersburger 
Hebammen-Institute  vom  Novbr.  1858  bis  März  1859.  228 

Nagel:  Bericht  über  die  Vorgänge  iui  Gebärhaiise  der 
Charite  zu  Berlin  während  der  zwei  Wintersemester 
1856/57  und  18ö7;«8 229 

Sirassmann:  Bericht  über  die  in  der  gebnrtshülflichen 
und  gynäkologischen  Klinik  des  Herrn  Geheimraths 
Prof.  Martin  au  Berlin  im  Wintersemester  1860—1861 
zur  Behandlung  gekommenen  Geburten  und  Krank- 
heitsfölle 232 

Aerztlicher  Bericht  des  k.  k.  Gebär-  und  Findelhauses 
zu  Wien  vom  Solarjabre  1859'*. 234 

VIII.   Literatur: 

Die  Missbildungen  des  Menschen  systematisch  dar- 
gestellt von  Dr.  August  Förster,  Prof.  der  pathol. 
Anatomie  in  Würzburg.  Nebst  Atlas  mit  Erläute- 
rungen.  171  Seiten  in  4.  Jena,  bei  Fr.  Mauke,  1861.  235 

Namen-  und  Sachregister  zu  Bd.  31  —  83  und  1  — 18    .       I 


I. 

lieber  Eclampsie. 

Von 

Geh.  Rath  Dr.  Behm  in  Stettin. 

Die  erhöhte  Aufmerksamkeit,  welche  in  neuerer  Zeit  der 
Eclampsie  der  Schwangeren,  Gebärenden  und  Wöchnerinnen 
Ton  allen  Geburtshelfern  gewidmet  worden  ist,  die  ungünstigen 
Ausgänge,  welche  sie  noch  häufig  nimmt,  das  Dunkel, 
welches  über  ihre  Entstehung  und  Natur  trotz  der  Be- 
strebungen der  besten  Männer  unseres  Faches  noch  herrscht, 
und  die  Verschiedenheit  der  Ansichten  über  ihre  Behandlung 
mögen  es  rechtfertigen,  wenn  ich  die  in  einer  Reihe  von  Jahren 
über  diese  Krankheit  gesammelten  Erfahrungen  als  einen  ge- 
ringen Beitrag  zur  näheren  Beurtheilung  derselben  ebenfalls 
der  Oefientlichkeit  übergebe,  und  zugleich  meine  eigenen  An- 
sichten kurz  beifüge.  Da  ich  diese  Letzteren  lediglich  aus 
der  Summe  der  Erscheinungen,  welche  ich  selbst  zu  beob- 
achten Gelegenheit  gehabt,  und  aus  dem  Erfolge  meiner  Be- 
handlung entnehme,  ohne  mich  in  eine  umfassende  Contro- 
yerse  gegen  Andere  einzulassen,  so  möge  es  gestattet  sein, 
die  einzelnen  Fälle  vorauszuschicken. 


Uonatsschr.  f.  Qebnrttk.  1861.  Bd.XyinMSappl.-Hft. 


I.    Bßkmt  Ueber  Eolampsie. 


No. 


Käme  eto. 
der  Kranken. 


Ereignisse  yor  Eintritt 
der  Eclaropsie. 


Entbindung  selWt  1 


J 


Mad.  B,,  kleine,  etwas 
corpnlente  Primi- 
para; den  20.  Juni 
1886. 


2. 


Unverehel.  F.,  Primi- 
para; 21.  October 
1837. 


8.    I  Unverehel.  F.,  Primi- 
I     para;l.  October  1838. 


Mad.  (?.,  pastose,  lenco- 
phlegmatische  Primi- 
para; Januar  1838. 


Regelmässiger  Verlanf  der 
Schwangerschaft  und 
Geburt  bis  snm  vierten 
Gebnrtsaeitraume;  dann 
plötzlicher  Eintritt  der 
Eclampsie. 


Nach  regelmässigem  Ver- 
laufe der  Schwanger- 
schaft trat  im  siebenten 
Monate  ohne  vorliegende 
Placenta  ein  copiöser 
Blutverlust  ein;  einige 
Stunden  später  heftige 
Schmeraen  in  allen  Glie- 
dern ;  dann  Ausbruch  der 
Eclampsie  bei  bleichem 
Gesichte  und  wenig  er- 
regtem Pulse. 


Etwa  vier  Woehen  vor 
Ablauf  der  Schwanger- 
schaft Beginn  der  6e- 
burtsthtttigkait,  und  im 
zweiten  Geburtsseit- 
raume ohne  nachweis- 
bare Ursache  Ausbruch 
derEclampsie,  aber  wäh- 
rend der  Anfälle  kräftiges 
Fortschreiten  der  Ge- 
bnrtsthätigkeit. 

Etwa  14  Tage  vor  Ende  der 
Schwangerschaft  ohne 
nachweisbare  Ursache 
stellte  sich  ein  heftiger 
Anfall  von  Eolampsie 
ein,  welcher  durch  Ader- 
lass  und  Calomel  be- 
seitigt wurde. 


Zangonapplication,  _ 
dem  mehrere  siek( 
gernde  Anfälle 
gefunden  hatte«,  i 
Extraction  eiaei  M 
den  Kindes. 


Nachdem  vergeblicbl 
spasmodica  gen 
worden ,  sonders 
edamptischen  Aid 
fortdauerten,  entsl 
Wehen,  durch  \ 
in  Zeit  tod  kaan  i 
Stunde  die  aiebesel 
liehe  Fracht  vimi 
ben  wurde. 


Nach  küneUichem 
sprengen    neue 
von    Eclampsie; 
sofortige  Anlegiuf 
Zange    und    Eztm 
des  Kindes. 


Zehn     Tage     nach 
ersten        KrampAi 
natürliche  Gebart 
starken ,     aber    i 
Knaben. 


I.    Btkm,  lieber  Eelampsie. 


fachgeburts- 
geschaft. 


ention  der 

fcchgebart ,  da- 
rkönatliobe  Lö- 
Dg  unter  einem 
irken  Blntrer- 
ite. 


ie  Kansthülfe. 


•  Knnstbülfe. 


Buräekgebal- 
ie   Nachgeburt 
Büste  wegen  le- 
^nsgefährlicher  l 
ntung  künstlich  i 
itfemt  werden.    | 


Wochenbett  und  Nach- 
behandlung. 


Erfolg  für 


I  Matter. 


Im  Wochenbette  noch  meh- 
rere, doch  allmKlig  an 
Heftigkeit  abnehmende 
Anfalle  tou  Eclampsie. 


Den  Tag  nach  der  Geburt 
noch  dauernder  Sopor  mit 
stark  geröthetem  Ge- 
sichte, einem  Pulse  von  120 
SchlKgen  und  einseinen 
eclamptischen  Anfällen. 
Daher  trots  des  Torher- 
gegangenen  Blutverlustes 
starker  Aderlass,  und  als 
das  Schlucken  möglich 
wurde,  Calomel.  Am  drit- 
ten Tage  Wiederkehr  des 
Bewusstseins. 

Nach  der  Entbindung  noch 
mehrstündiger  Sopor,  mit 
heftigen  automatischen 
Bewegungen  der  Extremi- 
täten, die  aber  allmälig 
geringer  wurden.  Dann 
Ausbruch  reichlicher 

Transpiration,  mehr- 

stündiger Schlaf  und  nach 
dem  Erwachen  keine  wei- 
teren Anfälle. 

Im  Wochenbette  leichter 
entsündlicher  Zustand  der 
Generationsorgane. 


glück- 
lich. 


glück, 
lieh. 


glück- 
lieh. 


Kind. 


Zusätsliche 
Bemerkungen. 


glück- 
lich. 


glück- 
lich. 


glück- 
lich. 


Die  »weite  Entbfo- 
dung  verlief  ohne 
Abnormität;  bei 
der  dritten  seig- 
ten  sich  im  vierten 
Geburtsseitraum  e 
wiederSchwindel, 
Flimmern  u.  s.  w. 
durch  sofortige 
Zangenanlegung 
wurde  ein  voll- 
ständiger Anfall 
jedoch  verhütet. 


glück-       un- 
Uch.      glück- 
lich. 


I.    Bßhm^  Ueber  EeUmpsie. 


No. 


Käme  etc. 
der  Kranken. 


Ereignisse  vor  Eintritt 
der  Eclampsie. 


Entbindung^  lelbtt 


Dieselbe  Kranke. 


Frau  Hauptmann  v.  N,^ 
blühende  brünette 
Primipara;  den  1.  De- 
eember  1848. 


7. 


Frau  Hanptm.  v.  G., 
Barte  hysterische 
Multipara,  welche 
früher  drei  Aborte 
im  8.,  4.  und  6.  Mo- 
nate erlitten;  16.  Juni 
1844. 


Frau  8.f  eine  pletho- 
rische Primipara, 
hatte  sechs  Wochen 
▼or  der  Geburt  an 
heftigen  Congestio- 
nen  gelitten  und 
daher  Eur  Ader  ge- 
lassen; Juli  1844. 


Nachdem  swei  folgende  Geburten  natürlich,  ik 
im  fünften  Geburtsaeitranme  mit  copiÖ8enBliitu|! 
verlaufen  waren,  wurde  sie  am  6.  August  184äH 
vierten  Kinde  durchaus  regelmassig  ohoe  BloM 
entbunden. 


BegelmSssigerYerlauf  der  { BegelmSsaigerVerlufl 
Schwangerschaft.  Geburt,  nur  im  ticiI 

Zeiträume   siemlidi| 
boriös. 


Der  Verlauf  der  vierten 
Schwangerschaft  war 
unter  Beobachtung  der 
umfassendsten  di&teti- 
schen  Vorsichtsmaass- 
regeln  glücklich  bis  su 
Ende  geführt. 


Der  Anfang  der  Entbin- 
dung ohne  Abnormität, 
doch  schon  vor  dem 
Blasensprungc  starke 
Röthung  des  Gesichts, 
Klopfen  der  Carotiden 
u.  8.  w.  Im  vierten  Ge- 
burtsseitraume  stärkere 
Congestion,  Schwindel, 
Funkeln  vor  den  Augen 
und  einielne  grosse 
Zuckungen  des  ganzen 
Körpers. 


Nach  anfangs  regelii 
gemVerlaufe  derGd 
im  vierten  GebaitH 
räume  sehwinden  C 
gestionen ,  Edaif 
Beim  dritten  AnfaOii 
legung  der  Zaag«. 


Koch  bevor  ein 
diger  Anfall  von  £d 
psie  in  Stande 
wurde  wegen  der 
drängenden  Voll 
die  Zange  angehgl 


I.    Behm,  Ueber  Eolampsie. 


BTachgebürts- 
geschäft. 


;aiig  der  Nach- 
^bnrt       unter 
Dem    starken 
ntverluste. 


Schwierig- 


»ng       ohne 
nwierigkeit, 
er  grüne  Nabel- 
bnur  nnd  MIbb- 
rbigkeit    der 
Dsen   Placenta. 


Wochenbett  und  Naeh- 
behandlang. 


Vier  Tage  nach  dieser 
vierten  Entbindung  wurde 
sie  bei  Eintritt  des  Milch- 
fiebers Ton  einem  heftigen 
eclamptischen  Anfalle  be- 
fallen, der  jedoch  keine 
weiteren  Folgen  hatte. 

Eine  halbe  Stande  nach 
der  Geburt  grosse  Unruhe, 
Rothe  des  Gesichts,  Fun- 
keln vor  den  Augen  und 
Ausbruch  eines  fürchter- 
lich heftigen  Anfalles  Yon 
Eclampsie  mit  wieder- 
kehrender starker  Blutung. 
Sopor  bis  20  Stunden  nach 
der  Geburt.  Dann  all- 
mälige  Wiederkehr  des 
Bewusstseins. 

Acht  Stunden  nach  der 
Geburt  erneuerte  Anfälle 
von  Eclampsie;  daher 
Aderlass  von  12  Unsen, 
und  bei  Fortdauer  der 
Anfälle  Blutegel  an  die 
Schläfe.  Innerlich  Calomel 
mit  Castoreum.  Dessen- 
ungeachtet noch  Fort- 
dauer der  Krämpfe,  bis 
am  Eweiten  Tage  nach 
der  Geburt  sich  eine  sehr 
reichliche  Lochialsecre- 
tion  einstellt. 

Im  Wochenbette  Phlebitis 
uterina  durch  wiederholte 
allgemeine  und  locale 
Blutentsiehungen  geheilt. 


Erfolg  für 
Matter.      Kind. 


glück- 
lich. 


glück- 
lieh. 


glück- 
Uch. 


glück- 
lieh. 


glück- 
lieh. 


glück- 
lich. 


glück- 
lich. 


un- 
glfick- 
lich. 


Zusätzliche 
Bemerkungen. 


Schien  eine  Dispo- 
sition zu  Venen- 
entzündung zu 
haben ,  da  auch 
nach  dem  Ader- 
lasse vor  der  Ge- 
burt eine  locale 
Phlebitis  auftrat, 
gegen  welche  wie- 
derholt Blutegel 
angewandt  wer- 
den mussten. 


I.     Behmt  Ueber  Belampsie. 


No. 


10. 


11. 


12. 


Name  eto. 
der  Kranken. 


Frau    B, ,    Primipara; 
2.  November  1846. 


Fr.  Fr.  v.  3f.,  larte 
hysterisobe  blutarme 
Multipara;  1.  Juni 
1846. 


Ereignisse  tot  Eintritt 
der  Edampeie. 


Entbindung  t«Ib4 


Frau  Scbiffflcap.  F., 
corpulente  vollsaftige 
Schwedin,  Primipara; 
den  81.  Juli  1861. 


Frau  St.  A.  Br.,  kräf- 
tige gesunde  Primi- 
para; den  31.  Juli 
1861. 


Im  siebenten  Monate  der 
Schwangerschaft  plöta- 
lieber  Eintritt  der 
Eclampsia  ohne  jede 
nachweisbare  Ursache 
und  ohne  jede  Spur  der 
sich  einleitenden  Geburt 
Dauernder  Sopor  zwi- 
schen den  Anfällen.  Be- 
handlung mit  wieder- 
holten allgemeinen  und 
örtlichen  Blutentleerun- 
gen. Innerlieh,  soweit 
das  Schlingen  möglich, 
mit  Calomel  und  Tart. 
stibiat. 

Kräftig  entwickelte  Ge- 
burtsthatigkeit  bis  sum 
4.  Gebnrtsseitraume,  wo 
der  erste  Anfall  von 
Eclampsie  die  Herbei- 
holung eines  Antes 
nöthig  machte,  der  ein 
starkes  Aderlass  ver- 
ordnete. 


Nach  vierstündiger  tadel- 
loser Geburtsth&tigkeit 
Ausbruch  der  Eclampsie 
im  4.  Geburtsseitraume. 


Regeim&ssigerYeiM 
Geburt  während  f 
ersten  Oeburtsieitdi 


Am     vierten    Tsfe 
Krankheit,     bei 
weise  noch  fortdoi 
dem  Sopor  Eiotrht 
Wehen ,  nnd  raselel 
burt  eines  sieb« 
liehen      in     Yerw« 
begriffenen  Kns!>ea 


Bei  meiner  Ankunft 
dritte  stärkere  M 
von  Eclampsie;  i 
sofortige  Appliestid 
Zange  und  Entwickd 
eines  kraftigen  lebcd 
Knaben. 


Sofortige  ApplicatioB I 
Zange  während  dei  ll 
pors  an  drn  im  Beebl 
ausgange  stehendeif^ 
und  Entwickelong  «i 
lebenden  Kindes. 


I,    J9dAifi,  lieber  Eelampsie. 


abnrts- 


Wochenbett  und  Nach- 
behandlnng. 


^«ag  der 
^bnjrt  nnd 
^braeb  der 
»sie  starker 
38.  Kunst- 
iintfernnng 
acenta. 


^  «  ^chwierig- 


^Hche  Entfer- 
gderPlacenta 
j  '^n  EiDsper- 
Jjg  und  heftiger 
;ttung. 


ae   Schwierig- 
tit. 


Im  Wochenbette  noch  meh- 
rere Anfalle  Ton  Edampsie 
mit  reichlichem  Blntver- 
Inste  ans  den  Genitalien 
nnd  in  abnehmender  Hef- 
tigkeit. Behandlung  mit 
Antispasmod.,  namentlich 
Pulv.  Doveri. 

Nach  der  EntbindnngUeb er- 
gang des  Sopors  in  rnhigen 
Schlaf  und  danach  Wieder- 
kehr des  Bewnsstseins. 


Sechs  Tage  lang  nach  der 
Entbindung  tadelloses  Be- 
finden; dann  in  Folge 
einer  heftigen  Oeroüths- 
bewegnng  Entwickelnng 
eines  CerebraUjphus,  dem 
sie  später  erlag. 


Fortdauer  der  Anfälle  bei 
dnrchdauerndem  Sopor, 
daher  allgemeine  nnd 
örtliche  Bluten tsiehungcn, 
Eisfomentationen  des 
Kopfes  nnd  soweit  das 
Schlucken  möglich  Calo- 
mel.  Am  dritten  Tage 
nach  der  Geburt  erste 
Spuren  des  wiederkehren- 
den Bewnsstseins. 


Erfolg  für 
Mutter.     Kind. 


glück- 
lich. 


glack- 
lieh. 


glück- 
lich. 


glück- 
lieh. 


un- 
glück- 
lich. 


Zusätsliche 
Bemerkungen. 


glück- 
lich. 


glück- 
lich. 


glück- 
lieh. 


Da  der  spätere  Tod 
am  Typhus  er- 
folgte ,  nachdem 
6  Tage  tadelloses 
Befinden  stattge 
fnnden  hatte,  so 
mnss  rücksicht- 
lich der  Eclampsie 
der  Ausgang  als 
glücklich  beseich- 
net  werden. 


I.    Behm,  lieber  Eclampsie. 


No. 


18. 


14. 


16. 


16. 


Käme  etc. 
der  Kranken. 


Unrerehel.  8p.,  Primi- 
para ;  28.  Jannar  1 862. 


Fran  TT.,  kleine  unter- 
setzte Multipara,  mit 
starkem  Oedem   des 

^  grausen  Körpers;  den 
4.  Januar  1866. 


Ereig^nisse  Yor  Eintritt 
der  Eclampsie« 


Unverehel.  R,,  kräf- 
tige vollsaftige  Primi- 
para, mit  unbedeu- 
tendem Oedem  eines 
Fusses;  den  6.  Octo- 
ber  1869. 


Frau  J?.,  junge  Primi- 
para, mit  höchst  ge- 
ringem Oedem  der 
Plattfüsse;  den  7.  No- 
vember 1869. 


Gegen  Ende  des  neunten 
Scbwangerscbaftsmonats 
plötslicher  Eintritt  der 
Eclampsie  mit  mehreren 
schnell  hinter  einander 
folgenden  Anfällen. 
Schieflage  des  Kindes 
bei  reichlichem  Frucht- 
wasser. Behandlung 
durch  wiederholte  reich- 
liche allgemeine  und  ört- 
liche Blntentsiehungen. 


Neun  Stunden  nach  Beginn 
derGebnrtsthätigkeit  er- 
folgte der  Blasensprung 
und  der  Kopf  trat  tief 
in*s  Becken;  mit  stärker 
werdender  Bauchpresse 
Eintritt  der  Eclampsie. 


Nach  achtstündiger  sehr 
massiger  Geburtsarbeit 
noch  während  des  ersten 
Geburtszeitraums  Aus- 
bruch der  Eclampsie. 
Behandlung  durch  Venä- 
section,  welche  bei  Fort- 
dauer des  Krampfes  und 
Sopors  wiederholt  wird; 
Blutegel  in  die  Schläfe, 
Eisfomentationen. 


Natürliche  Geburt  m 
achtmonatlicherlii 
von    denen  der 
dritter    Steisslagi 
boren  wurde. 


Sechssehn  Standes  i 
dem  ersten  An&IU 
daue rudern  Sofor  i 
wachen  derWebealU 
keitunddadardiWii 
herstellungderaon 
Kindeslage,  Qod  i 
sechsstündiger  Gek 
arbeit  wahrend 
dauerndem  SoporGd 
eines  todten,  oieht 
getragenen  Mideh 
Während  der  6d 
noch  einige  eelamptil 
Anfälle. 

Zangenapplicatioo  i 
im    Anfalle    and 
Wickelung  eines  l 
den  Knaben. 


Nach  ISstündigerOebrt 
arbeit     Anlegiuig  I 
Zange  undEntwideh 
eines   kräftig  go^^ 
aber  todten  Knaben. 


I.     B«ftm,  Ueber  Eclampsie. 


icbgebnrtfl- 

Wochenbett  und  Kach- 

Erfolg  für 

Zusätzliche 

geschäft. 

behandlnng. 

Bemerkungen. 

Mutter. 

Kind. 

9  Schwierig- 

Vier  Standen  nach  der  Ent- 

glück- 

glück- 

L 

bindung  mehrere  knrs  hin- 
ter einander  anftretende 
eclamptische  Anfölle,  ohne 
starke  Congeetionen  and 
ohne  Sopor.    Behandlung 
mit  kalten  Fomentationen 
des  Kopfes  nnd  nament- 
lich Calomel. 

lich. 

lich. 

»  Schwierig- 

Vierandzwanzig       Standen 

glück- 

un- 

t,  jedoch  mit 

nach  der  Entbindung  all- 

lich. 

glück- 

Bhlichem  Blat- 

mälige    Wiederkehr    des 

Uch. 

Inste. 

Bewusstseios. 

e  Schwierig- 

Dauernder  Sopor  mit  zwi- 

Un- 

glück- 

Höchst  ungünstige 

%  anter  einem 

schenlaufenden    AnßtUen 

glück- 

lieh. 

äussere    Verhält- 

rken    Blatver- 

von  Convulsionen,  unter- 

lieh. 

nisse.        Kleines, 

te. 

halten  durch  die  unmittel- 
bare Nähe  eines  glühend 
heissen  Ofens,  in  welchem 
gekocht  worde.    Behand- 
lung durch  Aderlass,  Blut- 
egel, Eis,  Essigklystiere, 

kaum      10     Fuss 
grosses  Kämmer- 
chen.     Gänzliche 
Mittellosigkeit. 
Glühender     Ofen 

in  der  Nähe  des 

ohne  allen  Erfolg.  Sechs- 

Bettes. 

zehn   Standen    nach   der 

Gebart   des   Kindes  Tod 

der  Mutter. 

•  Schwierig- 

Fortdauer      der      Krampf- 

glück- 

un- 

t 

anfalle    und   des   Sopors; 
daher     wiederholte     An- 
legung von  Blutegeln  an 
den    Kopf.      Am    dritten 
Tage  Sparen  des  wieder- 
kehrenden   Bewusstseins, 

lieh. 

glück- 
lich. 

welches  am  vierten  Tage 

deutlicher  wird  und  all- 

mälig^in  Genesnng  fiber- 

geht. 

10 


I.     Behmt  Ueber  EcUmpsie. 


adk«! 


No. 


Name  etc. 
der  Kranken. 


Ereignisse  vor  Eintritt 
der  Eclampsie. 


Entbindnag 


17. 


18. 


19. 


20. 


Frau  Z.,  aarte,  etwap 
taberculöse  Zweit- 
gebärende ,  welche 
▼or  einem  Jahre  eine 
todte  siebenmonat- 
liche Frucht  geboren 
hat.  Kaum  nennens- 
werthes  Oedem  eines 
Fusses;  den  3.  De- 
cember  1859. 


Frau  N. ,  Primipara, 
BU  Ende  der  1840er 
Jahre  im  Monate 
November. 


Unverehel.     £.,     ge- 
sunde, kräftige,  etwas  i 
pastose      Primipara,  j 
ohne   jedes    Oedem; 
den  17.  April  1860. 


Im  siebenten  Monate  der  Zwölf  Stunden  uckl 
Schwangerschaft  ohne  i  tritt  der  EcUoi]«] 
nachweisbare  Ursache  !  wachende  6ebvuft| 
EintrittYon  Kopfschmer-  {  keit ;  nach  ErofErafl 
zen,  die  schnell  steigern  ,  Mattermnndei  Eiä 
und  bald  in  heftige  lung  einer  SchQkdj 
Eclampsie  übergehen,  des  Kindes  and  sofeil 
ohne  Zeichen  heran-  Entbindung  mitteki 
nahender  Geburt];  Be-  Wendung, 
bandlnng:  Aderlass,  wo- 
nach bemerkbarer  Nach- 
las 8  eintritt.  BeiWied.er- 
kehr  der  Anfälle  Blutegel 
an  die  Schläfe,  Eis  u.  s.  w. 

Im  siebenten  Schw an ger schaftsmonate  osdii« 
gegangenem  heftigem  Kopfschmerie  Anibntki 
Eclampsie,  die  schnell  in  Sopor  übergeht,  hb^i 
die  Geburt  einsuleiten  trotz  wiederholtet  1 
entziehungen  u.  s.  w.  nach  16  Stunden  tool 
fuhrt. 


Unverehel.  Maria  8,^ 
gesunde  Primipara, 
ohne  ödematöse  An- 
schwellungen ;  den 
11.  Mai  1861,  Abends 
10  Uhr. 


Nach  dreistündiger  Ge* 
burtsarbeit  und  vor- 
gängigem  Kopfschmerze 
Eintritt  der  Eclampsie 
noch  während  des  ersten 
Geburtszeitraums,  deren 
Anfalle  sich  so  rasch 
wiederholen ,  dass  bei 
meiner  Ankunft  bereits 
7 — 8  derselben  Stattge- 
fundenhaben. Im  Anfalle 
das  Gesicht  blass,  nach 
demselben  roth;  Sopor. 
Verordn.:  Grosser  Ader- 
lass,  Eisfomentationen, 
soweit  das  Schlucken 
möglich  Calomel. 

Als  die  Hebamme  gerufen 
war,  fand  sie  den  Steiss 
des  Kindes  vorliegend 
und  beobachtete  bald 
nachher  den  ersten 
eclaroptischen  Anfall. 
Selbst  bei  ihr  angelangt, 
fand  ich  den  Steiss  in 
zweiter  Lage  im  Becken- 
ausgange stehend. 


Fünf  Stunden  gpiter 
der  Kopf  sangez 
und  mit  Hfilfe  ' 
wird  ein  knfti^(< 
to  dter  Knabe  entä 


Künstliche  Entwiek 
des  massig  sUrk« 
ben,  der  iwsr  i^ 
tisch,  bald  wiederl 
wurde;  dariafÄ" 
lung  eines  iweit« 
des ;  heftiger  M^i 
scher  Anfall .  du 
sofortige  Wendfll 
mit  der  rechton 8<* 
dem  Becken  Ue^ 
Kindes  erfordert 
Wickelung  dei  i* 
ebenfalls  lebendeiJ 
ben  noch  wlbre» 
eclamptischen  Abb 


I.     Bekmy  lieber  Eclampsie. 


11 


Üachgebarto- 
geschftft. 


Wochenbett  und  Nach- 
bebandlnng^. 


Erfolg  für 
Mutter.      Kind. 


Zusätzlich« 
Bemerkungen. 


Bo  Schwierig- 
«t. 


Fortdauer  des  Sopors  und 
der  Convulsionen  bei  be- 
merkbarem Verfalle  der 
KrSfte  und  des  Gesichts- 
ausdruckes.  Verordnung: 
Warmes  Bad  mit  Kali 
eausticum  und  kalten 
Uebergiessungen.  Tod 
der  WSchneritt  16  bis  18 
Stdnden  nach  Eintritt  der 
Eclampsie. 


ne  Schwierig- 
lit,  aber  unter 
erolich  starkem 
Intverluste. 


pang  der  Nach- 
>burt  ohne  In- 
;rceration,  aber 
iter  einem  eo- 
dsen  Blntver- 
tttt» ,  der  noch 
rtdauerte,  wKh- 
nd  die  bewnsst- 
le  Entbundene 
^6  Bett  gebracht 


^ 


un- 

gltick- 

lich. 


Zwei  Stunden  nach  der 
Geburt  bei  fortdauerndem 
8opor  erneuerte  Anfälle 
von  Eclampsie;  während 
derselben  starke  Erwei- 
terung der  Pupillen  und 
Carotidenpulsation ,  wes- 
halb noch  Blutegel  an- 
gesetzt werden.  Später 
reichliche  Lochien,  Haut- 
transpiration und  nach 
zwei  Tagen  allmälige 
Wiederkehr  des  Bewusst- 
seins  und  Ueb ergang  in 
Genesung. 


In  der  Nacht  noch  ein  An- 
fall Yon  Krämpfen,  von 
geringerer  Intensität ;  aber 
dauernd  copiöser  Blut- 
Terlust  bis  nach  Mitter- 
nacht. Am  anderen  Tage 
yoUes  Bewusstsein  bei 
übrigens  gutem  Befinden. 


un« 
glück- 
lich. 


un- 
glück- 
lich. 


glück- 
lich. 


un- 
glück- 
lich. 


un- 
glück- 
lich. 


Nur  zur  einmaligen 
Consnltation  auf- 
gefordertfWeshalb 
ich  in  meinem 
Journale      keine 

.  ausführlichere 
Mittheilung  finde. 


glück- 
lich. 


glück- 
lich. 


12  !•    Behnit  Ueber  Eclampsie. 

Wenn  die  Bedeutsamkeit  der  in  Rede  stehenden  Krank- 
heit die  Berechtigung  giebt,  die  vorstehenden,  selbst  und 
genau  beobachteten  Fälle  nach  allen  Richtungen  auszubeuten, 
so  können  folgende  Betrachtungen  nicht  zurückgehalten  werden: 

Die  Zahl  der  Erstgebärenden  oder  Erstgeschwängerten 
war  auch  in  dieser  Reihe  von  Beobachtungen  die  bei  weitem 
überwiegende:  sie  erreichte  fast  drei  Yiertheile  aller  Fälle. 
Fasst  man  femer  die  Zeit  des  Auftretens  des  ersten  Krampf- 
anfalles ins  Auge,  so  gestalten  sich  als  wahre  Eclampsia  gra- 
vidarum, d.  h.  vor  Eintritt  der  rechtmässigen  Geburtsthätig- 
keit  die  Fälle  2,  3,  4,  10,  14,  17,  18  =  7  Fälle,  davon 
verliefen,  ohne  dass  die  Geburt  sich  einleitete  2  Fälle  4,  18 
mit  unmittelbar  sich  anschliessender  Frühgeburt  verliefen 
5  Fälle  No.  2,  3,  10,  14,  17. 

Als  Eclampsia  parturientium,  d.  h.  nach  vollständig  abr 
gelaufener  Schwangerschaft  traten  auf  13  Fälle,  und  zwar: 

a)  In  der  sogenannten  Eröflhungsperiode,  oder  vor  Abfluss 
des  Fruchtwassers  2  Fälle,  No.  16,  19. 

b)  Nach  Abfluss  des  Wassers  und  vor  der  Geburt  des 
Kindes  7  Fälle,  No.  1,  7.  8,  11,  12,  15,  20. 

c)  Im  fünften  Geburtszeitraume  1  Fall,  No.  9. 

d)  Nach  vollständig  beendigter  Geburt  oder  im  eigentlichen 
Wochenbette:  3  FäUe,  No,  5,  6,  13. 

e)  Die  von  der  Geburt  herrührenden  Anfalle  setzten  sich 
noch  ys  ins  Wochenbett  fort  in  11  Fällen;  No.  1,  2, 
3,  7,  9,  12,  14,  15,  16,  17,  19. 

Die  Kindeslagen  betreffend,  fanden  Scheitellagen  Statt  in 
16  Fällen,  Unterstammlagen  zwei  Mal,  nämlich  bei  dem  ersten 
Zwillingskinde  von  No.  13  und  von  No.  20. 
Schieflagen  in  3  Fällen,  No.  14,  17,  20. 
Der  Ausgang  der  Geburten  überhaupt  betrachtet,  war: 
glücklich   für  Mutter   und  Kinder  in  11  FäUen;  No.  1,  2, 

3,  5,  6,  7,  9,  11,  12,  13,  20; 
unglücklich  für  Beide  verliefen  2  FäUe,  No.  17,  18,  von 
denen  im  letzteren  Falle   die  Schwangere  unentbunden 
starb, 
glücklich  für  die  Mutter  allein  verliefen  6  Fälle;  No.  4,  8. 

10,  14,  16,  19; 
glücklich  für  die  Kinder  allein  verlief  1  FaD;  No.  15. 


I.    Behm,  Ueber  EoUmpsie.  13 

Deberhaupt  glücklich  für  die  Mutter  verlieren  17  Fälle; 
glücklich  für  die  Kinder  12  Falle; 

unter  den  acht  für  die  Kinder  unglücklich  abgelaufenen 
Fällen  befanden  sich  zwei  macerirte  und  frühzeitige 
Früchte. 

Die  Beendigung  der  Geburt  des  Kindes  erfolgte  durch 
die  Naturkräfte  allein  in  8  Fällen:  No.  2,  4,  5,  6,  9,  10,  13, 

14,  durch   die  Zange  in  9  Fällen:  No.  1,  3,  7,  8,  11,  12, 

15,  16,  19,  durch  die  Wendung  2  Mal:  No.  17,  20.  Die 
Nachgeburt  erforderte  künstliche  Entfernung  in  5  Fällen: 
No.  1,  4,  6,  9,  11. 

Stellt  man  die  Ausgänge  der  einzelnen  Fälle  mit  der 
dabei  angewendeten  Kunsthülfe  zusammen,  so  ergeben  sich 
folgende  Resultate: 

Unter  den  17  für  die  Mütter  überhaupt  glücklich  abge- 
laufenen Fällen  waren: 

7  Fälle  (2,  4,  5,  6,  10,  13,  14),  welche  durch  die  Natur- 

kräfte allein  beendigt  wurden, 

8  FäUe,  (1,  3,  7,  8,  11,  12,  16,  19),  welche  mittels  der 

Zange  beendigt  wurden; 
1  Fall  (20),  wo  für  beide  Zwillingsfrüchte  die  künstliche 

Entwickelung  eintrat. 
1  Fall  (No.  9),  wo  die  incarcerirte  Nachgeburt  künstlich 
entfernt  wurde. 

Unglücklich  für  die  Mutter  verliefen: 
1  Fall  (No.  18),  wobei  die  Mutter  unentbunden  starb; 
1  Fall  (No.  15),  der  durch  die  Zange  beendigt  wurde; 
.  1  Fall  (No.  17),  der  durch  die  Wendung  beendigt  wurde. 
Glücklich  für  die  Kinder  verliefen: 

5  Fälle  (No.  2,  5,  6,  9,  13),  welche  durch  die  Naturkräfte 

beendigt  wurden; 

6  Fälle  (No.  1,  3,  7,  11,  12,  15),  welche  mit  der  Zange 

beendigt  wurden; 

1  Fall,  wo  beide  Zwillingskinder  künstlich  entwickelt  wurden. 
Unglücklich  für  die  Kinder  verliefen: 

3  Fälle  (4,  10,  14),  welche  durch  die  Naturkräfte  allein 
beendigt  wurden,  von  denen  No.  10,  14  frühzeitig  und 
macerirt  waren,  No.  4  aber  wahrscheinlich  bei  dem 
14  Tag^  zuvor  Statt  gehabten  Krampfanfalle  gestorben 


14  J*    Behm,  Ueber  GeUmpsie. 

war,  da  es  ebenfalls  Spuren  beginnender  Haceration  an 
sieb  trug; 
3  Fälle  (8,  16,  19),  welche  mit  der  Zange  beendigt  worden; 
1  Fall  (No.  17),  in  welchem  die  Wendung  gemacht  war: 
1  Fall  (No.  18),   wo'  das  Kind  ungeboren  mit  der  Mutter 
starb. 
Nachdem  man  auch  bei  mehren  Kraniüieitsformen,  welche 
auf  den   ersten  Blick   von   einem  epidemischen  Verhältnisse 
unabhängig  zu  sein  scheinen,  nach  dem  selteneren  oder  hän- 
figeren  Auftreten  derselben  in  einzelnen  Perioden  ein  aolclies 
dennoch  als  möglich  angenommen  hat,  könnte  an  dasselbe 
▼ielleicht  auch  für  die  in  Rede   stehende  Krankheit  gedacht 
werden;  indess  ist  dafür  die  Zahl  der  von  mir  beobachteten  Falk 
unzweifelhaft  zu  gering ,  um  so  mehr  als  ich  nicht  behaupten 
kann,  dass  alle  in  Stettin  vorgekommenen  derartigen  Fälle  zu 
meiner  Behandlung,  oder  auch  nur  zu  meiner  Kenntniss  ge- 
kommen seien.   Es  möge  daher  nur  beiläufig  darauf  aufmerk- 
sam  gemacht   sein,    dass   die   beobachteten  Fälle   sich    auf 
folgende  iahre  vertheilen: 

1836:  1  FaU,     1848:  1  Fall, 
1837:  1    „       1861:  2  Fälle, 
1838:  2  FäUe,   1852:  1  Fall, 
1843:  1  Fall,    1856:  1     „ 
1844:  2  Fälle,  1859:  3  FäUe, 
1845:  2     „      1860:  1  Fall, 
1846:  1  Fall,     1861:  1     „ 
Etwas  auffallender  scheint  sich  dagegen  in  der  Gesammt- 
zahl  der  Fälle  der  EinfXnss  der  Monate  geltend  gemacht  zu 
haben.    Es  trafen  nämlich  auf 

Januar:  3  FäUe,    August:       1  FaU, 
October:      3  Fälle, 
November :    2     „ 
December:    2      „ 

so  dass  es  fast  scheint,  als  ob  die  extremen  Temperatur- 
oder Licht-Verbältnisse  einen  Einfluss  geäbt  hätten;  denn  der 
October,  November,  December  und  Januar  haben  zusaounen 
10  Fälle;  Juni  und  Juli  zusammen  5  Fälle;  wogegen  der 
Februar,   März    und  September   ganz   ausfallen.     Ueber   die 


April: 

1  Fall, 

Hai: 

2  FiUe, 

Juni: 

3     „ 

JuU: 

2     „ 

1.     Btkm^  Ueber  Eolampsie.  15 

etwa  hierbei  noch  zu  berficksichtigeDden  Hygrometer-  und 
Electricitäts- Verhältnisse  äteben  mir  die  BeobachtiingeD  nicht 
augenblicklich  zu  Gebote. 

Die  Wichtigkeit  und  Bedeutsamkeit  der  Krankheit  möge 
es  rechtfertigen,  wenn  ich,  ohne  dem  Ideengange  Anderer 
vorgreifen  zu  wollen,  einige  Betrachtungen  beifuge: 

Wenn  man  in  früheren  Zeiten  dadurch  eine  nähere  Auf- 
klärung des  Wesens  der  Eclampsie  zu  erreichen  glaubte, 
dass  man  sie  für  eine  Metastase  der  Wehenthätigkeit  auf  die 
motorischen  Strange  des  Rückenmarkes,  oder  für  eine  Ver- 
allgemeinerung der  muskulären  Thätigkeit  der  Gebärmutter 
über  die  gesammte  Muskelgruppe  des  Körpers  ansähe,  so  er- 
reichte man  damit  schwerlich  mehr,  als  wenn  man  sie  heute 
überhaupt  für  eine  reflectorische  Thätigkeit  erklärt;  ja  es  er- 
trägt die  letztere  Auffassung  sogar  wichtige  Einwürfe,  wenn 
man  bei  den  sogenannten  Reflexthätigkeiten  überall  eine 
wesentliche  Betheüigung  der  Gehirnfunction  ausschliessL 
Unzweifelhaft  müs^n  nämlich  zwei  von  einander  verschiedene 
Formen  der  Eclampsie  angenommen  werden,  eine,  welche 
mit  einem  mehr  oder  minder  heftigen,  aber  andauernden 
Sopor  verbunden  ist,  und  welche  ich  die  cerebrale  oder  so- 
poröse  Form  nennen  möchte,  und  eine  andere,  bei  welcher 
der  dauernde  Sopor  durchaus  fehlt,  und  welche  die  hyste- 
rische oder  convulsive  Form  genannt  werden  kann.  Diese 
beiden  Formenvärschiedenheiten  stützen  sich  aber  keinesweges 
ausschliesslich  auf  die  Individualität  der  Kranken,  oder  auf 
äussere  Einwirkungen,  und  es  kann  die  soporöse  Form  eben- 
sowohl bei  blutarmen,  hysterischen  Frauen  auftreten,  wie 
umgekehrt  die  convulsivische  Form  bei  plethorischen,  zu  Con- 
gestionen  geneigten.  Dennoch  ist  es  nicht  in  Abrede  zu 
stellen,  dass  plethorische  Personen  der  soporösen  Form  mehr 
zuneigen.  Rücksichtlich  äusserer  Verhältnisse  oder  selbst  der 
Gemüthsbewegungen  scheint  es  sogar,  als  ob  bedingungsweise 
eine  gewisse  Subjectivität  der  Willenskraft  sowohl  benach- 
theiligend  als  auch  begünstigend  nicht  ganz  ohne  Einfluss  sei, 
wie  folgende  Beobachtung  zeigt:  Eine  junge  Dame  von  leb- 
haftem Temperamente  kreisste  in  der  sechsunddreissigsten 
Woche  ihrer  ersten  Schwangerschaft;  die  dritte  und  vierte 
Geburtsperiode   waren   laboriös.    Möglich,  dass  der  Gedanke 


IQ  I.    Behm^  üeber  Eclampsie. 

an  die  zu  früh  erfolgende  Entbindung  ihr  das  Bild  etwaniger 
zweideutiger  Nachrede  vorgaukelte,  oder  dass  sie  mehr  als 
Andere  zu  leiden  sich  einbildete:  kurz,  in  einem  Sturme  von 
Ungeduld  riss  sie  die  Augen  auf,  stierte  ins  Weite,  verzerrte 
das  Gesicht,  machte  stürmische  Athembewegungen,  und  zuckte 
einige  Mal  heftig  mit  den  Extremitäten,  so  dass  ein 
eclamptischer  Anfall  sich  einleiten  zu  wollen  schien.  Eine 
etwas  barsche  Auffoi*derung  der  bei  der  Entbindung  anwesenden 
Mutter  „sich  vemunflig  zu  betragen",  und  ein  gleichzeitiges 
kräftiges  Aufrütteln  der  Gebärenden  brachten  diese  wieder 
zur  Besinnung,  worauf  weitere  beruhigende  Zuspräche  er- 
neuerte Ausbrüche  abwendete,  und  die  Geburt  ohne  Schwie- 
rigkeit beendigt  wurde. 

Dass  eine  erbliche  Disposition  dabei  mit  bestehen  könne, 
wird,  wie  bei  allen  Nervenkrankheiten,  Niemand  zu  bezwei- 
feln wagen,  doch  braucht  sich  diese  keinesweges  immer  gel- 
tend zu  machen,  wie  mir  dies  ein  anderer  eclatanter  Fall 
gezeigt  hat,  in  welchem  eine  junge  Erstgebärende,  deren 
ältere  Schwester  in  einem  eclamptischen  Anfalle  sehr  schwer 
mittels  der  Zange  entbunden  war],  von  dem  Anfalle  verschont 
blieb,  ungeachtet  eine  ungewöhnlich  starke  ödematöse  An- 
schwellung fast  des  ganzen  Körpers,  reichlicher  Eiweissgehalt 
im  Harn,  und  eine  sehr  beschwerliche  Geburt,  welche  schliess- 
lich nur  durch  eine  ziemlich  schwere  Zangenoperation  been- 
digt werden  konnte,  den  Ausbruch  der  Eclampsie  sehr  drin- 
gend hatten  befürchten  lassen. 

Möge  man  nun  die  Theorie  des  Reflexes  für  beide  For- 
men der  Eclampsie  oder  nur  für  die  convulsivische  aufrecht 
halten,  so  erklärt  sie  für  sich  allein  ofienbar  wenig,  und  man 
muss,  da  ja  jede  Reflex  Wirkung  nur  die  Folge  eines  ausser 
ihr  liegenden  Reizes  ist,  auf  diesen  Reiz  zurückgehen,  um 
nähere  Einsicht  in  die  Krankheit  selbst  zu  gewinnen.  In 
dieser  Hinsicht  ist  es  nun  unzweifelhaft,  dass  die  Eclampsie 
nur  in  der  ihr  eigenthümlichen  Form  auftintt,  wenn  die  Ge- 
bärmutter in  einer  bestimmten  productiven  Thätigkeit,  sowohl 
vor-  als  |rückschreitend  begriffen  ist,  und  ich  glaube  nicht 
zu  irren,  wenn  ich  hinzufüge,  dass  diese  bezeichnete  Thätig- 
keit nicht  vor  den  letzten  zwei  bis  drei  Schwangerschafts- 
monaten eintritt     Hiemach  würde   also   der  Reiz,    welcher 


I.     Bektn,  Ueber  Eclampsie.  17 

auf  reflcctorischem  Wege  die  Eclampsie  erzeugt,  unzweifel- 
haft in  der  Gebärmutter  zu  suchen  sein ;  und  will  man  noch 
einen  Schritt  weiter  gehen,  —  Tielleicht  speciell  im  unteren 
Abschnitte  der  Gebärmutter,  da  dieser  erst  in  den  letzten 
Schwangerschaflsmonaten,  bei  der  Geburt,  und  in  der  ersten 
Zeit  des  Wochenbettes  zu  einer  besonderen  Bedeutung  ge- 
langt Da  uns  jedoch  für  jetzt  das  Specifische  dieses  Reiz- 
zustandes der  Gebarmutter  auch  noch  dunkel  ist,  so  bleibt 
nichts  weiter  übrig,  als  noch  einen  Schi*itt  weiter  zurück- 
zugreifen, um  die  äusseren  Veranlassungen,  soweit  wir  diese 
zu  ermitteln  vermögen,  in  Betracht  zu  ziehen.  Als  solche 
stellte  sich  z.  B.  in  dem  von  mir  beobachteten  15.  Falle 
ziemlich  sicher  die  strahlende  Wärme  eines  überheizten  Ofens, 
in  welchem  bei  der  Enge  der  Wohnung  gekocht  wurde,  und 
in  dessen  unmittelbarer  Nähe  die  plethorische  Kreissende  mit 
dem  Kopfe  lag,  heraus;  in  dem  Falle  No.  19  war  die  Person 
unmittelbar  vor  Ausbruch  des  Krampfes  aus  dem  warmen 
Bette  bei  stürmischer  Witterung  zum  Hofe  hinabgegangen, 
um  ein  natürliches  Bedurfniss  zu  befriedigen,  mithin  war  hier 
wahrscheinlich  plötzliche  Unterdrückung  der  Haulthäligkeit 
anzuklagen;  in  mehreren  der  anderen  Fälle  war  es  lediglich 
eine  anstrengende  Geburtsarbeit,  im  vierten  Geburtszeitraume 
stürmische  Bauchpresse  bei  hoher  Temperatur  u.  dergl.,  in 
andern  fand  nichts  Derartiges  statt  und  die  Veranlassung 
blieb  durchaus  dunkel.  Dass  aber  auch  materielle  Krankheit 
der  Gebärmutter  als  Reiz  einzuwirken  vermag,  durch  welchen 
ähnliche  allgemeine  Reflexwirkungen  erzeugt  werden  können, 
davon  giebt  ein  Fall  Zeugniss,  den  ich  nicht  geradezu  der 
Eclampsie  beirechne,  der  ihr  aber  doch  sehr  nahe  stand, 
und  den  ich  seiner  Eigenlhürolichkeit  halber  mitzutheilen,  mir 
bei  dieser  Gelegenheit  nicht  versagen  kann.  Eine  achtbare 
junge  Frau,  welche  von  ihrem  bestialischen  Ehemanne 
wiederholt  blennorrhoisch  inficirt  war,  hatte  ihre  erste  Ent- 
bindung wegen  einer  festen  Conglutination  des  Muttermundes 
ziemlich  schwer  überstanden.  Die  zweite,  etwa  ein  Jahr 
darauf  erfolgende  Entbindung  wurde  durch  ein  ziemlich 
heftiges  Catarrhalfieber  complicirt,  welches  sie  einige  Tage 
zuvor  in  Folge  epidemischer  Einflüsse  überkommen.  Dies 
dauerte   während   der  ersten  Tage   des  Wochenbettes  noch 

Monfttssehr.  f.  Gcburstk.  1861.  Bd.XVin.,  Sappl.-Hft.  2 


13  1.     Bekm,    Uober  EclRmpsie. 

alt,  doch  wurde  der  Eintritt  der  Milchsecretion ,  und  der 
Fortgaug  des  regelmässigen  Wochenbettes  Anfangs  dadurch 
nicht  gestört  Am  vierten  Tage  des  Wochenbettes  schritt 
jedoch  die  Zurückbiidung  der  Gebärmutter  nicht  weiter  vor, 
dieselbe  blieb  ausgedehnt,  empfindlich,  und  am  siebenten 
Tage  des  Wochenbettes,  nachdem  etwa  zwei  Tage  lang  die 
Lochien  sehr  sparsam  gewesen,  entleerte  sich  plötzUch  eine 
grosse  Menge  aashaft  stinkenden  zersetzten  Blutgerinnsels. 
Reinigende  Einspritzungen  und  innerlich  gereichte  Antiseptica 
schienen  weiteren  üblen  Folgen  entgegenzutreten,  aber  am 
nächsten  Tage  brach  plötzlich  einer  der  heftigsten  con?ulsi- 
yischen  Anfälle  aus,  die  ich  jemals  beobachtet.  Das  Bewusst- 
sein  entschwand  dabei  nicht  vollständig,  und  das  ganze  Bild 
war  mehr  dasjenige  der  hysterischen  Convulsionen,  als  der 
eigentlichen  Eclampsie.  Moschus  in  wiederholten  Gaben  brachte 
endlich  einigen  Nachlass,  und  Injectionen  von  Aq.  oxymuria- 
tica,  Anfangs  rein,  später  verdünnt,  traten  der  septischen 
Zerstörung  wirksam  entgegen,  doch  wiederholten  sich  die 
convulsivischen  Anfälle  noch  mehrere  Tage  lang,  und  die 
Genesung  war  eine  sehr  langsame. 

Aber  auch  die  Theorie  der  Blutvergiftungen,  welche  in 
neuester  Zeit  für  die  Erklärung  melirfacher  Krankheits- 
zustände  Anhänger  gewonnen  hat,  giebt  für  die  Eclampsie  wenig 
Aussicht  auf  Erfolg.  Berücksichtigt  man  die  grosse  Zahl  von 
Fällen,  in  welchen  ungeachtet  beträchtlicher  ödematöser  An- 
schwellungen während  der  Schwangerschaft  keine  Eclampsie 
eintrat,  gegenüber  den  Fällen,  in  welchen  sie  erfolgte,  unge- 
achtet die  ödematösen  Anschwellungen  gänzlich  fehlten,  oder 
in  kaum  nennenswerther  Geringfügigkeit  vorhanden  waren, 
wohin  z.  B.  auch  die  Beobachtungen  von  Sinclair  und  John 
gehören,  so  kann  man  ihr  nur  wenig  Beifall  zollen.  Unter 
den  von  mir  selbst  beobachteten  Fällen  befinden  sich  mehrere 
sehr  eclatante,  in  denen  die  Oedeme  ebenfalls  vermisst 
wurden;  und  wenn  bei  den  vor  einer  längeren  Reihe  von 
Jahren  beobachteten  nichts  hierüber  angeführt  wird,  so  muss 
ich  annehmen,  dass  sie  auch  dort  nicht  von  Bedeutung  ge- 
wesen seien,  da  ich  gewohnt  bin,  über  wichtige  Krankheits- 
ßdle  genau  zu  journalisiren.  Ueber  einzebie  jener  FsHe  er- 
gänzt mein  Gedächtniss,    dass    sie  nicht   vorhanden   waren. 


I.     Behmf  ücber  Eclampsie.  19 

Hierzu  kommt  noch,  dass  es  als  ausgemacht  angesehen 
werden  kann,  dass  der  Urin  Schwangerer  immer  eiweisshaltig 
ist,  ohne  dass  über  das  Normalverhältniss  feste  Sätze  be* 
stehen;  und  es  bliebe  daher  immer  noch  unerklärt,  wie  ein 
oft  sehr  geringer  Ueberschuss  über  das  etwa  anzunehmende 
Normalverhältniss  eine  so  gewaltige  Kranklieit,  wie  die 
Eclampsie  ist,  erzeugen  könne,  während  bei  Albuminurie 
nach  Scharlach.. und  ähnlichen  Krankheiten  nichts  davon  be- 
obachtet wird.  Ebenso  verhält  es  sich  mit  den  harnsauren 
Salzen.  Will  man  daher  dieser  Theorie  wirklich  noch  eine 
ursächliche  Beziehung  vindiciren,  so  wird  dies  immer  nur 
eine  prädisponirende,  nicht  aber  eine  essentielle  sein  können. 
Für  die  Praxis  hat  sie  gar  keinen  Werth,  da  eine  Umände- 
rung der  Blutmasse  in  ihren  chemischen  Bestandtheilen  einen 
viel  zu  lange  dauernden  Prozess  gegenüber  der  Grösse  der 
wesentlichen  Krankheitserscheinungen,  und  der  Gefahr  der* 
selben,  erfordert;  und  welche  Mittel  sollten  überhaupt  wohl 
im  Stande  sein,  eine  Neutralisation  oder  eine  Entfernung 
jener  angeschuldigten  feindseligen  Stoffe  in  kurzer  Zeit  bei 
Kranken  zu  bewirken ,  welche  oft  für  eine,  Reihe  von  Stun- 
den des  Schlingens  unfähig  sind,  und  bei  denen  wir  sogar 
nicht  einmal  die  Ueberzeugung  haben  können,  dass  die 
Thätigkeit  der  die  Resorption  vermittelnden  Organe  in  ihrer 
vollen  Inte^ität  fortbesteht,  oder  ob  diese  nicht  vielleicht 
gänzlich  darnieder  liegt? 

Wenn  diese  letzten  Bemerkungen  mich  unwillkürlich 
dahin  fuhren,  auch  der  Therapie  mit  einigen  Worten  zu  ge- 
denken, so  geschieht  dies  nur,  um  ebenso  sehr  vor  dem 
jetzt  leider  so  beliebten  Nihilismus,  gleichwie  vor  einem  über- 
eilten Operationsgeluste  zu  warnen.  Der  erstere  ist  ganz  und 
gar  verwerflich,  die  letzteren  bedürfen  sehr  der  Beschrän- 
kung. Zu  dem  ersteren  rechne  ich  unter  Andern  die  Chloro- 
form-Spielerei, von  der  ich  in  der  mir  zu  Gebote  stehenden 
Literatur  wohl  hin  und  wieder  eine  geringfügige  palliative 
Hülfe,  nirgend  aber  einen  wesentlichen  Erfolg  gerühmt  finde. 
Hat  man  die  schwereren  mit  Sopor  gepaarten  Fälle  vor  sich, 
80  verlasse  man  sich  selbst  nicht  auf  Opium  oder  Morphium, 
die  erfahrungsgemäss  augenblicklich  die  Hirncongestionen  zu 
steigern    vermögen.     Hier    sind   reichliche    Blutentleerungen, 

2* 


20  1-     Behm^   Ueber  Eclanipsie. 

uacU  üniständen  mehrmals  wiederholt,  das  erste  und  einzige 
Mittel,  wodurch  Rettung  möglich  wird,  fhit  die  Natur  im 
fünften  Geburtszeitraume  durch  reichliche  Blutung  schon  den 
Weg  der  Vermittelung  eingeschlagen,  so  sind  künstliche  Blut- 
entziehungeu  vielleicht  im  beschränkteren  Maasse  ausreichend, 
doch  vergesse  man  dabei  nicht,  welche  enorme  Blutverlaste 
Gebärende  und  Entbundene  ohne  erhebliche  Nachtheile  zu 
ertragen  vermögen,  und  lasse  sich  nicht  durch  übertriebene 
Angst  vor  Anämie  oder  Leukämie  von  der  Anwendung  de8 
einzigen  Reltungsmittels  abhalten.  Nur  bei  der  hysterischen 
Form  ist  eine  Beschränkung  dieses  Hauptmittels  zulässig,  und 
hier  findet  dann,  gleichwie  in  den  soporösen  Fällen  nacb 
vorgängigem  Aderlass  die  weitere  Behandlung  mittels  Calomel, 
welches  ich  als  Haupt- Derivans  für  den  Darmkanal  in  den 
Vordergrund  stelle,  Opium,  Castoreum  u.  s.  w.  ihre  Anwendung, 
über  die  man  sieh  bald  einigen  wird;  doch  ist  meistenlheils 
eine  sehr  künstliche  Nachbehandlung  nicht  erforderlich. 

Rücksichtlich  der  operativen  Eingriffe  in  den  natürlichen 
Verlauf  der  Geburt  muss  ich  besonders  darauf  hinweisen,  dass 
auch  hier  die  Natur  gern  auf  die  ihr  dargebotene  Hülfe  ein> 
geht,  um  etwanige  Abnormitäten  zu  beseitigen.  Je  weniger 
vuhierativ  die  erforderlich  scheinende  Operation  für  den  Or- 
ganismus der  Mutter  ist,  desto  leichter  wird  sie  den  opera- 
tiven Eingrill'  ertragen.  Vergessen  wir  es  nicht:  wir  operiren 
in  einem  Organe,  dessen  Vulnerabilität  wir  augenblicklich 
graduell  nicht  zu  bestimmen  vermögen,  die  aber  möglicher- 
weise bei  dem  vorhandenen  Krankheilszustande  bedeutend 
erhöht  sein  mag,  und  für  welche  sich  in  andern  pathologi- 
schen Verhiiitnissen  des  unteren  Gebärmutterabscbnittes  zahl- 
reiche Aualügieen  anführen  lassen.  Ueberdies  zeigen  zalü- 
reiche  Fälle,  dass  neben  dem  allgemeinen  Krankheitszuslande, 
die  vom  Grunde  der  Gebärmutter  ausgehende  expulsive 
Thätigkeit  oft  in  der  regelmässigsten  Weise  vorwärts  schreitet, 
so  dass  man  veranlasst  werden  möchte  zu  glauben,  diese 
Thätigkeit  weide  durch  Dasjenige,  was  im  Gesammlorganis- 
mus,  oder  in  den  Centris  des  Nervensystems  vorgeht,  gar 
nicht  tangirt.  Handelt  es  sich  daher  bloss  um  eine  Hervor- 
hebung des  im  Beckenausgange  stehenden  Kopfes,  so  wird 
der  Eingriff  wohl  kaum  von  benachtheiligendem  Einflüsse  iur 


I.     Behm^   Uebcr  Eclampsie.  21 

die  Mutter  erachtet  werden  können.  Hiiss  dagegen  der  Mutter- 
mund Behufs  der  auszuführenden  Operation  erst  kunstlich 
und  mehr  oder  weniger  gewaltsam  eröffnet  werden,  müssen 
dabei  vielleicht  gar  krampfhafte  Constrictionen  manuell  über- 
wunden werden,  und  schliessen  sich  hieran  erst  die  weiteren 
Maassregeln  zur  Entfernung  der  Frucht,  so  wird  der  Eingriff 
ungleich  vulnerativer ,  und  der  giackliche  Ausgang  zweifelhafter. 

Insofern  nun  alle  bisher  besprochenen  Fragepunkte  be- 
nutzt werden  müssen,  wenn  ich  schliesslich  noch  über  die 
Prognose  des  in  Rede  stehenden  Krankheilszustandes  einige 
Bemerkungen  beizufügen  wage,  so  möchte  ich  auf  Folgendes 
hinweisen: 

Die  Mortalität  der  Mütter  muss  in  den  von  mir  behan- 
delten Fällen  ohne  alle  Frage  eine  gegen  alle  sonst  bei  dieser 
Krankheit  gemachten  Erfahrungen  geringe  genahnt  werden; 
von  sämmtlichen  zwanzig  Erkrankungsfallen  liefen  nur  drei 
tödtlich  ab,  und  darunter  konnte  No.  15,  wo  die  Ungunst 
der  äusseren  Verhältnisse  wesentlich  zur  Beförderung  des  un- 
günstigen Ausganges  beitrug,  vielleicht  noch  zu  einem  glück- 
licheren Ausgange  befähigt  erachtet  werden ,  wenn  es  möglich 
gewesen  wäre,  alle  therapeutischen  Ilülfsrnittel  zur  An- 
wendung zu  bringen.  Sondert  man  aber  die  glücklich  für 
die  Mfitter  abgelaufenen  Fälle  nach  einzelnen  Kategorieen,  so 
betreffen  sie  theils  Frauen,  bei  denen  überhaupt  die  mildere 
(hysterische)  Form  der  Krankheit  stattgefunden  hatte,  theils 
diejenigen  soporösen  (cerebralen)  Formen,  bei  denen  im  Ver- 
laufe der  Krankheit,  oder  der  Geburt  überhaupt  starke  Blut- 
entleerungen entweder  spontan,  oder  im  Wege  der  thera- 
peutischen Behandlung  Statt  gefunden  hatten.  Auch  scheint 
es,  als  ob  in  denjenigen  Fällen,  wo  operative  Hülfe  noth- 
wendig  wurde,  die  Gefahr  für  die  Mütter  um  so  geringer 
war,  in  je  milderer  und  weniger  vulnerativer  Weise  diese 
ausgeführt  wurde,  und  wohin  die  Fälle  zu  rechnen  sein  würden, 
in  denen  die  Zange  an  den  im  Einschneiden  stehenden 
Kopf  angelegt  wurde,  der  Fall,  in  welchem  die  Schieflage 
des  Kindes  durch  Seibstwendung  in  eine  Geradlage  über- 
geführt wurde,  und  der  Fall  No.  20,  wo  die  manuelle  Kunst- 
hälfe erst  erforderlich  wurde,  als  der  Widerstand  des  unleren 
Gebärmutterabschnittes  durch  die  Wehenthätigkeit  bereits  voll- 


22  I-     Behm^    Ueber  Eclflmpsie. 

Ständig  überwunden  war,  wobei  indess  nicht  zu  übersehen 
ist,  dass  der  unglücklich  abgelaufene  Fall  No.  17,  weldier 
durch  einen  schwereren  operativen  Eingriff  beendigt  wurde, 
eine  schwächliche  tuberculöse  Dame  vor  Ablauf  der  Schwanger- 
schaft betraf,  mithin  überhaupt  mehrere  Bedingungen  eines 
unglücklichen  Ausganges  in  sich  schloss. 

Was  dagegen  die  Mortalität  der  Kinder  betrifil,  so  stellte 
sich  diese  nicht  viel  günstiger  als  das  allgemeine  mittlere 
Verhältniss  anderer  Beobachter  angiebt  Bringt  man  hierbei 
die  macerirten,  also  bereits  früher  Abgestorbenen  in  Abzug, 
so  scheint  der  Eintritt  der  Eelampsie  in  den  früheren  Ge- 
burtsperioden nachtheiliger,  •  in  den  spätem  jedoch  weniger 
benachtheiligend  auf  die  Früchte  gewirkt  zu  haben,  denn  in 
den  Fällen,  wo  die  Eelampsie  schon  im  Beginne  der  Geburt, 
oder  vor  dem  Blasensprunge  eintrat,  gingen  die  Kinder  fast 
allgemein  zu  Grunde,  wogegen  diejenigen  erhalten  blieben, 
wo  die  Eelampsie  erst  im  vierten  Geburtszeitraume  ausbrach. 
Sollte  sich  dies  Verhältniss  bei  weiterer  Vergleichung  zahl- 
reicher Fälle  bestätigen,  so  würde  daran  zu  denken  sein, 
dass  Tor  dem  Abflüsse  des  Wassers  wegen  der  noch  wenig 
Yorgeschrittenen  Zusammenziehung  der  Gebärmutter  die  Ver- 
bindung zwischen  der  Placenta  und  Gebärmutter,  also  auch 
der  physiologische  Verkehr  zwischen  Beiden  noch  viel  inniger 
ist,  als  nach  dem  Abflüsse  des  Wassers,  dass  mithin  der  Sturm 
im  Geiasssysteme  der  Mutter,  welcher  bei  dieser  die  Eelampsie 
hervorruft,  sich  zugleich  im  überwiegenden  Maasse  dem  Kinde 
miltheilt,  und  dessen  Tod  herbeiführt,  wogegen  der  EintriU 
der  Eelampsie  im  vierten  Geburtszeitraume  wegen  der  stär- 
keren Contraction  der  Gebärmutter,  und  daraus  folgender 
Verminderung  jenes  physiologischen  Verkehrs  zwischen  Pla- 
centa und  Gebärmutter  gefahrloser  an  der  Frucht  vorüber- 
geht. Die  Ursachen  des  früheren  Absterbens  der  Früchte, 
längere  Zeit  Yor  Ablauf  der  Schwangerschaft,  und  die  sich 
hier  anschliessende  Maceration  derselben  liegen  rücksichtlich 
ihres  causalen  Verhältnisses  zur  Eelampsie  den  gegenwärtigen 
Untersuchungen  entfernter,  dürften  aber  bei  Vergleichung 
einer  grösseren  Zahl  von  Einzelfällen  vielleicht  noch  zu  nutz- 
baren Ergebnissen  fuhren. 


II.     Hüter,  XJehüT  den  FStalpuls.  23 

n. 

lieber  den  Fötalpub. 

Von 

Dr.  V.  HAter, 

PriTfttdocent  In  Marburg. 

Im  Anfange  meiner  geburtshülflichen  Tbätigkeit  legte  ich 
in  zwei  Fällen,  nachdem  ich  korzYorher  den  Fötalpuls  in  der 
gewöhnlichen  Frequenz  und  Intensität  gehört  zu  haben  glaubte, 
wegen  Unwirksamkeit  der  Wehen  an  den  im  Becken  stehen- 
den Kopf  die  Zange.  Die  Operation  ging  beide  Male  ohne 
besonderen  Kraftaufwand  rasch  von  Statten,  aber  die  Kinder 
kamen,  mit  Meconium  stark  beschmutzt,  sterbend  zur  Welt. 
Dass  die  Zangenoperation  die  Asphyxie  der  Kinder  herbei- 
geführt habe,  konnte  wegen  der  kurzen  Dauer  derselben  nicht 
angenommen  werden.  Es  schien  mir  vielmehr  in  der  zu 
langen  Geburtsdauer  die  Todesursache  beider  Kinder  gelegen 
zu  haben. 

In  Folge  dieser  beiden  Beobachtungen  vnirde  in  mir  die 
Frage  rege,  bis  zu  welchem  Zeitpunkte  man  mit  dem  Anlegen 
der  Zange  —  vorausgesetzt,  dass  die  Bedingungen  hiezu  vor- 
handen —  warten  dürfe,  ohne  dass  das  Leben  des  Kindes 
in  Gefahr  komme.  Die  Beantwortung  dieser  Frage  schien 
mir  nur  durch  ein  genaues  Studium  über  das  Verhalten  des 
Fötalpulses  möglich  zu  sem. 

ZimSchst  stellte  ich  mir  die  Aufgabe,  das  numerische 
Verhalten  des  normalen  Fötalpulses  einer  Prüfung  zu  unter- 
ziehen. Bekanntlich  haben  nur  wenige  Schriftsteller  bestimmte 
Zahlen  über  die  Häufigkeit  des  Fötalpulses  abgegeben.  So 
fand  Dubois  (Archives  generales  de  medecine,  tom.  XXXI., 
Decbr.  1831)  am  häufigsten  144,  Hohl  (die  geburtshülfliche 
Exploration  I.  Tbl.,  Halle  1833,  p.  85)  in  der  Mehrzahl  140, 
Naegde  (die  geburtshülfliche  Auscultation,  Mainz  1838,  p.  35) 
als  Blittelzahl  135,  Depavi  (Traite  d*auscultation  obst^tri- 
cale,  Paris  1847,  p.  259)  am  häufigsten  136,  140  und  144, 
Framkenhäuaer  (Monatsschrift  für  Geburtskunde  XIV.  Bd., 
3.  Heft,  Beriin  1859,  p.  171)   als  DurchschnitUzahl  in  der 


24  H-     Hüter,  Ueber  den  Fötalpuls. 

Schwangerschaft  134,  zu  Anfang  der  Geburt  140  Schlage 
des  Fötalpulses  in  einer  Hinute.  Diese  Zahlen  differiren  noch 
so  sehr  von  einander,  dass  eine  Einigkeit  über  die  normale 
Frequenz  des  Fötalpulses  noch  nicht  zu  Stande  gekommen  isL 

Anfangs  zählte  aiich  ich  die  Schläge  des  Fötalpulses 
während  einer  vollen  Minute  und  erhielt  dabei  dasselbe  Re- 
sultat, welches  die  meisten  Schriftsteller  angaben,  dass  näm- 
lich das  fötale  Herz  120  bis  zu  150  Schlägen  in  der  Minute 
besitze.  Später  zählte  ich  den  Fötalpuls  während  V4  Minute, 
wodurch  eine  grössere  Harmonie  in  die  gewonnenen  Zahlen 
kam.  Unabweisbar  sicher  übereinstimmende  Resultate  erzielte 
ich  erst,  als  ich,  wie  es  Schwartz  (die  vorzeitigen  Athem- 
bewegungen,  Leipzig  1858,  S.  242)  gethan,  den  Fötalpuls 
während  5  Secunden  zählte.  Diese  Art  und  Weise  des  Zählens 
befolgte  ich  genau  bei  200  Schwängern,  indem  ich  wöchent- 
lich einmal,  gewöhnlich  Sonntags  meist  Vormittags,  seltner 
Nachmittags  und  am  seltensten  Abends  an  den  Schwängern 
der  Marburger  Entbindungsanstalt  auscultirte.  Revor  ich  das 
Ergebniss  meiner  Forschungen  tabellarisch  zusammenstelle, 
will  ich  noch  bemerken,  dass  ich  mich  niemals  mit  der 
Auscultation  während  5  Secunden  allein  begnügte,  sondern 
dass  ich  wenigstens  zweimal  oder  dreimal  5  Secunden  hinter- 
einander fortzählte ,  um  dadurch  den  gewonnenen  Zahlen  eine 
möglichst  grosse  Genauigkeit  zu  verschaffen. 

Die  Auscultation  begann 

19  Wochen   vor  der  Geburt  einer  Schwangern. 
14  Mal  worden  gezählt  12  Schläge,  ohne  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  zn  können. 
2    »  »  „     11-12    „  desgl. 

^    »  n  „        11        „  desgl. 

19  Zählangen. 

17  Wochen  vor  der  Gebart  bei  2  Schwängern. 
1  Mal  wurden  gezählt  13 — 1 4  Schläge  bei  nachweisbaren  Bewegungen 

der  Fracht. 

desgl. 

desgl. 

ohne  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  zu  können. 

desgl. 

desgl. 


3     n 

n 

» 

12—13 

1     n 

n 

« 

12 

2     « 

n 

» 

11—12 

•23     „ 

n 

n 

11 

4     n 

n 

n 

10-11 

34  Zählungen. 

If.     Hüter,   Ueber  den  FötalpuU.  25 

16  Woehen  vor  der  Ckbnrt  bei  2  Schwungern. 
2  Mal  wurden  gezählt  18 — 14 Schläge  bei  nachweisbaren  Bewegungen 

der  Frucht. 
^    9        n     .       n         12  n        ol^^®  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  su  können. 
26     „        ,  »  11  »  desgl. 

1  n  n  n  10-11  „  desgl. 
32  Zählungen. 

15  Wochen  vor  der  Geburt  bei  4  Schwängern. 
36  Mal  wurden  gezählt  12  Schläge ,  ohne  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  su  können. 

5  I»  I.  n  11—12  „  desgl. 
20  n  »11  »  desgl. 
60  Zählungen. 

14  Wochen  vor  der  Geburt  bei  1  Schwangern. 
9  Mal  wurden  gezählt  12  Schläge ,  ohne  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  zu  können. 

2  ,  »  •     11-12    »  desgl.    . 

3  »  n  n  11  n  desgl. 
14  Zählungen. 

13  Wochen  vor  der  Geburt  bei  8  Schwängern. 
9  Mal  wurden  gezählt  12  Schläge,  ohne  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  zu  können. 

4  „  „  ,  11-12  «  desgl. 
88     «          ,              ,        11        »  desgl. 

8     »  ,  „    10—11     n  desgL 

ft    r, n „       10        ,  desgl. 

104  Zählungen. 

12  Wochen  vor  der  Geburt  bei  6  Schwängern. 
4  Mal  wurden  gezählt  12  Schläge,  ohne  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  zu  können. 

6  »  »  n  11—12  n  desgl. 
ö5    »          ,              „       11         „                            desgl. 

6     ,  „  „  10—11     n  desgl. 

8    „ n_  ,       10        „  desgl. 

72  Zählungen. 

11  Wochen  vor  der  Geburt  bei  8  Schwapgem. 
4  Mal  wurden  gezählt  13 — 14  Sehläge   bei   nachweisbaren   Be- 
•  wegungen  der  Frucht. 


8     n 

» 

12 

1» 

ohne  Bewegungen  der  Frucht 
nachweisen  zu  können. 

12     , 

If 

11—12 

n 

desgl. 

67     n 

n 

11 

» 

desgl. 

2     n 

n 

10—11 

ff 

desgl. 

88  Zählungen. 

26  IJ-     Hüter,  üeber  den  Pötalpols. 

10  Wochen  vor  der  Qeburt  bei  8  Schwängern. 

6  Mal  wurden  gesahlt  18—14  Schläge  bei  nachweifibaren  Be- 
wegungen der  Frucht. 
6    «  9  „  12  „  ohne  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  su  können. 

9  desgl. 

*  desgl. 

,  desgl. 

9  desgl. 


9  Wochen  vor  der  Geburt  bei  12  Schwängern. 

6  Mal  wurden   gezählt  13 — 14  Schläge  bei  nachweisbaren  Be- 
wegungen der  Frucht. 


1     n 

n 

11—12 

6»     » 

n 

11 

2     n 

n 

10—11 

7     « 

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.      10 

80  ZRhlungen. 

6      n 

n 

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12—13 

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desgl. 

18      n 

n 

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12 

tt 

ohne  Bewegungen  der  Frucht 
nachweisen  zu  können. 

4      n 

• 

if 

11—12 

ff 

desgl. 

78      „ 

ff 

ff 

11 

ff 

desgl. 

8      n 

ff 

f» 

10-11 

ff 

desgl. 

108  Zählungen. 

8  Wochen  vor  der  Geburt  bei  9  Schwängern. 

13  Mal  wurden  gezählt   13 — 14  Schläge   bei  nachweisbaren  Be- 
wegungen der  Frucht. 


12 

f» 

n 

f» 

12 

ff 

ohne  Bewegungen  der  Frucht 
nachweisen  zu  können. 

1 

n 

n 

j» 

11—12 

n 

desgl. 

43 

n 

ff 

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11 

ff 

desgl. 

3 

ff 

ff_ 

9 

10 

n 

desgl. 

72  Zählungen. 

7  Wochen  vor  der  Geburt  bei  17  Schwangern. 

11  Mal   wurden  gezählt  13—14  Schläge    bei  nachweisbaren  Be- 
wegungen der  Frucht. 


16      , 

If 

ff 

12 

ff 

ohne  Bewegungen  der  Frucht 
nachweisen  zu  können. 

6      . 

ff 

ff 

11—12 

ff 

desgl. 

86      , 

n 

ff 

11 

ff 

desgl. 

1      n 

ff 

ff 

10—11 

ff 

desgl. 

V  » 

ff 

ff 

10 

ff 

desgl. 

119  Zablnng 

an. 

II.     Hüter y  Ueber  den  Fötalpuls.  27 

6  Wochen  vor  der  Gebnrt  bei  16  SchwAügern. 

8  Mal  wurden  ges&hlt  12^—14  Bchlftge   bei  nachweisbaren  Be- 

wegangen  der  Fracht. 

9  „  „  „  12  ,  ohne  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  zu  können. 

7     „  ,  n  11-12         ,  desgl. 

74     ,  «  „  11  ,  desgl. 

2     ,  „  n  10-11         «  desgl. 

1     »     n_         n  10  n  desgl. 


96  Zählungen. 

5  Wochen  vor  der  Geburt  bei  18  Schwängern. 

6  Mal  wurden  geaählt  18—14  Schläge   bei  nachweisbaren  Be- 
wegungen der  Frucht. 
6      ,  ^  „  12  9  ohne  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  zu  können. 
4      «  „  „        11-12        „  desgl. 

69      »  »  „  11  ,  desgl. 

2    .  n  n  n         10— H  n  desgl. 

3_j, n__  n  10  n  desgl. 

90  Zählungen. 

4  Wochen  vor  der  Geburt  bei  16  Schwangern. 

6  Mal  wurden  gezählt  18—14  Schläge   bei  nachweiabaren  Be- 
wegungen der  Frucht. 
13      „  „  „  12  „  ohne  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  zu  können. 
ß       n  n  n         11-12         n  desgl. 

89      „  »  »  11  »  desgl. 

2      n  »  «  10  »  desgl. 


64  Zählungen. 

3  Wochen  vor  der  Geburt  bei  20  Schwangern. 

3  Mal  wurden  geaählt  13—14  Schläge    bei  nachweisbaren  Be- 

wegungen der  Frucht. 

4  „  ,  „  12  „  ohne  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  zu  können. 
2       n  n  n         11-12  ,  desgl. 

44      „  „  „  11  ,  desgl. 

1       n  n  w         10-11  n  desgl. 


60  Zählangen. 


28  n.     Hüter,  Ueber  den  Fötalpuls. 

2  Wochen  vor  der  Gebnrt  bei  31  Schwängern. 

4  Mal  wurden  gesHhlt  18 — 14  Schläge    bei  nachweisbaren  Be> 

wegungen  der  Frncht. 


8      « 

'9 

» 

12 

fi 

ohne  Bewegnngen  der  Frucht 
nachweisen  su  können. 

8      • 

n 

V 

n— 12 

n 

desgl. 

44      n 

n 

1» 

n 

» 

desgl. 

2       n 

n 

f» 

10—11 

1» 

desgl. 

1       n 

n 

n 

10 

n 

desgl. 

62  Zlihlnng 

ßn. 

1  Woche  vor  der  Geburt  bei  21  Schwängern. 

l  Mal  wurden    gezählt  13 — 14  Schläge    bei  nachweisbaren  Be- 
wegungen der  Frucht. 
4    „  „  „  12  „  ohne  Bewegungen  der  Frucht 

nachweisen  zu  können. 

1      »  n  n  11—12  r,  desgl. 

15      «  n  r,  11  n  ^«Sgl. 


22  Zählungen. 

Wenn  ich  bei  den  1195  Zählungen  des  Fötalpulses  825 
Mal  11  Schläge,  310  Mal  über  11  Schläge  (73  Mal  war  die 
Steigerung  der  Frequenz  in  nachweisbaren  Bewegungen  der 
Frucht  begründet),  und  60  Mal  unter  11,  aber  niemals 
weniger  als  10  Schlage  zählte,  so  ist  hieraus  zu  schliessen, 
dass  das  fötale  Herz  am  bäuligsten  11  Mal  in  5  Secunden, 
oder  132  Mal  in  der  Minute  schlägt.  Dieses  Resultat,  ähn- 
lich dem  der  anderen  Schriftsteller,  führe  ich  in  dieser  Weise 
an,  um  es  als  Basis  für  weitere  Folgerungen  zu  verwenden. 

Es  war  natürlich,  dass  ich  auch  dem  numerischen  Ver- 
halten des  Fötalpulses  bei  Gebärenden  meine  Aufmerksamkeit 
widmete.  Dieselben  200  Personen,  an  welchen  ich,  so  lange 
sie  Schwangere  waren,  auscultirt  hatte,  dienten  mir  auch  als 
AuscuUationsobjecte ,  während  sie  Gebärende  waren.  Durch 
sehr  häufig  wiederholtem  Auscultiren  gelang  es  mir  zu  con- 
statiren,  dass  bei  jeder  einzelnen  Person  in  der  Schwanger- 
schaft sowohl,  wie  im  Beginn  der  Geburt  die  Frequenz  des 
Fötalpulses  numerisch  vollkommen  gleich  bleibt.  Es  ergab 
sich  ferner  folgendes  Yerhältniss :  Unter  den  200  Schwangeren 
waren  166,  bei  welchen  in  der  Schwangerschaft  und  im  Beginn 
der  Geburt  die  Frequenz  des  Fötalpulses  von  11  Schlägen, 
20,  bei   welchen   die  Frequenz  von   12  Schlägen,  und   14, 


II.     Hüter,   Ueber  den  FötalpaU.  29 

bei  weicheil  die  Frequenz  von  10  Schlägen  als  normale  Fre- 
quenz   mit   Siclierheit    nachzuweisen    war.     Einen   besseren 
Ausdruck  erhält  dieses  Resultat  in  folgender  Form: 
Der  Fötalpuls  hat  die  Frequenz 
von  12  Schlägen  bei  10  Procent  Schwangeren. 

10  7 

Die  Annahme  einer  individuell  verschiedenen  Normal- 
Frequenz  des  Fötalpulses,  welche  auch  Schwartz  bei  seinen 
Beobachtungen  fand,  findet  hierdurch  ihre  volle  Bestätigung. 
Das  von  mir  gewonnene  Ergebniss  differirt  nur  darin  von 
Schwartz's  (1.  c.  S.  242)  Angabe,  dass  nach  seinen  Erfah- 
rungen in  der  Mehrzahl  der  Fälle  die  Normalfrequenz  der 
fötalen  Herzcontraction  12  Schläge  in  5  Secunden  beträgt. 
Schwartz  hat  seine  Beobachtungen  in  Kiel,  also  im  höch- 
sten Norden  des  deutschen  Vaterlandes  angestellt,  während 
ich  an  Schwangeren  aus  Mitteldeutschland  auscullirt  habe. 
Es  wäre  daher  denkbar,  dass  die  Verschiedenheit  der  Wohn- 
orte eine  verschiedene  Frequenz  des  Fötalpulses  bedingte. 
Wenn  sich  dies  bestätigen  sollte,  so  wurden  die  verschiedenen 
Angaben  über  die  Frequenz  des  Fötalpulses  von  Zhiboia, 
Hokly  Naegele  u.  s.  w.  hierdurch  erklärt  werden.  Es  kann 
hierüber  jedoch  nur  durch  genaue  Beobachtungen,  welche  in 
den  verschiedensten  Gegenden  anzustellen  sind,  Aufscbiuss 
erhalten  werden.  Zugleich  sind  dann  auch  grössere  Zahlen 
von  einem  reichlicheren  Material,  als  es  mir  zu  Gebote  stand, 
wünschenswerth. 

Dass  die  Frequenz  des  Fötalpulses  in  Folge  von  Frucht- 
bewegungen vorübergehend  gesteigert  werde,  wird  von  allen 
Schriftstellern  übereinstimmend  angegeben,  Ist  bei  einer 
Schwangeren  sicher  constatirt,  dass  die  Normalfrequenz  des 
Fötalpulses  10  Schläge  beträgt,  so  kaun  man,  wenn  sich  der 
Fötalpuls  nur  auf  12  Schläge  erhebt,  Fruchtbewegungen  nach- 
weisen. Auch  halte  ich  es  für  sehr  wahrscheinlich,  dass, 
wenn  die  Normalfrequenz  des  Fötalpulses  11  Schläge  beträgt, 
derselbe  sich  aber  auf  12  Schlage  erhebt,  geringe  Frucht- 
bewegungen, welche  weder  von  dem  Auscultirenden,  noch 
von  der  Schwangeren  wahrgenommen  werden,  stattfinden.  Ist 
man  im  Stande  stärkere  Bewegungen  der  Frucht  nachzuweisen, 


30  II.     Hüter  j  Ueber  den  Fötalpuls. 

SO  erhebt  sich  der  Fötalpuls  stets  über  die  Frequenz  von 
12  Schlägen,  kann  bis  auf  15  Schläge  steigen  und  sogar 
wegen  seiner  fibergrossen  Häufigkeit  für  Augenblicke  unzähl- 
bar werden,  kehrt  aber,  wenn  die  Fruchtbewegungen  nicht 
zu  lange  andauern,  ziemlich  rasch  zu  seiner  gewöhnlichen 
Frequenz  zurück.  Nachträglich  sei  hier  bemerkt,  dass  in  der 
obigen  Tabelle  jedesmal  die  geringste  Frequenz  des  Fötal- 
pulses bei  nachweisbaren  Fruchtbewegungen  angegeben  ist. 
Ausserdem  will  ich  noch  darauf  aulmerksam  machen,  dass 
man  sich  auf  die  Angaben  der  Schwangeren  in  Betreff  des 
Vorhandenseins  oder  Nichtvorhandenseins  von  Kindsbewegungen 
nicht  verlassen  darf,  indem  es  mir  öfters  begegnete,  dass 
von  Schwangeren  selir  deutlich  hör-  und  fühlbare  Kinds- 
bewegungen, die  zugleich  mit  einer  Frequenzsteigerung  des 
Fötalpulses  verbunden  waren,  geläugnet  wurden. 

In  Betreff  der  Frage,    ob  die  Frequenz  des  Fötalpulses 
auch  ohne  Kindsbewegungen  sich  steigern  könne,  fuhrt  Hohl 
(1.  c.  p.  175)  an,  dass  schon  im  Anfang  des  fünften  Schwanger- 
schaftsmonates der  schnelle  Uebergang  zu  giösserer  Häufig- 
keit   des   dicrotirenden    Pulses    stattfinde,    ohne    dass    man 
äusserlich   eine  Bewegung   der  Frucht   deutlich  fühle.    Dass 
diese  bestehe,   bezweifelt  Hohl  nicht,   glaubt  aber,   dass  die 
Bewegungen  der  Frucht  noch  schwach  seien  und  darum  nicht 
einmal   der   Schwangeren   fühlbar   würden.     H,  F,  Naegele 
(1.  c.  p.  37)  giebt  in  dieser  Beziehung  Folgendes  an:    Wenn 
nun  zwar  meist  die  angegebenen  Veränderungen  in  der  Zahl 
der  Schläge   mit   der  Bewegung  der  Frucht  zusammenfallen 
und   demnach   als   abhängig    von    dieser   angesehen    werden 
müssen,  so  ist  man  doch  ebenso  oft  nicht  im  Stande,  irgend 
einen  Grund  davon  aufzufinden.     Naegele  erklärt  sich  diese 
Erscheinung  durch  die  Analogie  in  dem  Verhalten  der  Herz- 
schläge bei   Kindern   in  den  ersten  Lebensjahren.    Die  Fre- 
quenz  der  Herzschläge  wechselt  bei  den  Kindern  zu  dieser 
Zeit  sehr   bedeutend,    ohne  dass  pathologische  Zustände  zu 
Grunde  lägen. 

Ich  muss  es  nach  dem  oben  Gesagten  durchaus  in  Ab- 
rede stellen,  dass  eine  Steigerung  der  Frequenz  des  Fötal- 
pulses, vorausgesetzt,  dass  pathologische  Zustände  von  Seiten 
der  Mutter  und  der  Frucht  fehlen,  ohne  gleichzeitige  Frucht- 


IJ.     Hütert  Ueber  den  Fötalpuls.  31 

bewegungen  möglich  isL  Nur  in  Folge  von  fieberhaften  Zu- 
ständen, welche  bei  Schwangeren  mit  entzündlichen  Affectionen, 
besonders  der  Brustorgane  vergesellschaftet  waren,  habe 
ich  eine  dauernde  Steigerung  der  Frequenz  des  Fötalpulses 
constant  gefunden,  ohne  dass  ich  im  Stande  war,  zugleich 
Bewegungen  der  Frucht  nachzuweisen.  Die  mir  in  dieser 
Beziehung  zu  Gebote  stehenden  Beobachtungen  werde  ich, 
nachdem  ich  die  Angaben  der  anderen  Schriftsteller  über  das 
Verhalten  des  Fötalpulses  bei  Krankheiten  der  Schwangeren 
angeführt  habe,  mittheilen.  Hohl  (1.  c.  p.  91)  glaubt,  dass 
bei  Krankheiten  der  Schwangeren  eine  Veränderung  des  Pulses 
derselben  nicht  immer  eine  Abweichung  im  dicrotirenden 
Puls  in  Folge  hat  „Bei  bedeutend  vorherrschender  Venosität 
im  Blute  der  Mutter,''  fahrt  HoM  fort,  „bei  unterdrücktem 
kleinen  Puls,  bei  irgendwie  bedeutend  beschränkter  Respira- 
tion sank  und  verlor  gewöhnlich  der  dicrotirende  Puls  an 
Stärke  wid  Frequenz,  namentlich  in  den  früheren  Monaten, 
z.  B.  vom  fünften  bis  achten,  intermittirte  wohl  je  nach  der 
Dauer  und  dem  Grade  der  Einwirkung,  ja  verschwand  auch 
wohl  gänzlich,  ohne  wieder  gehört  zu  werden.  Bei  rheuma- 
tischen Fiebern,  bei  Rheumatismus  in  den  Muskeln  der  Ex- 
tremitäten, des  Kopfes  oder  des  Bauches  fand  Hold  keine 
Veränderung  des  Fötalpulses,  dagegen,  wenn  die  Brustmuskeln 
ergriffen  wurden,  oder  gar  eine  Pleuresie  eintrat,  kurz,  die 
Respiration  beengt  und  der  Zustand  nicht  bald  beseitigt  wurde, 
traten  die  angegebenen  Vei*änderungen  ein.  In  zwei  Fällen 
sah  Hohl  den  dicrotirenden  Puls  sehr  bald,  und  schneller 
noch  bei  einer  Carditis,  an  welcher  auch  die  von  einem 
todten  Kinde  Entbundene  starb,  verschwinden.  V^o  sich  Auf- 
lösungen im  Blute  zeigten,  wurde  auch  der  dicrotirende  Puls 
schwädier,  iulermitlirend ,  oft  verschwand  er  auf  immer.  So 
hat  Hohl  bei  Schwangern,  bei  denen  die  Pocken  einen  regel- 
mässigen Verlauf  hatten,  den  dicrotirenden  Puls  immer  gleich- 
bleibend gefunden.  Traten  aber  Petechien  hinzu,  da  zeigte 
sich  sehr  bald  eine  Veränderung,  und  sehr  schnell  war  er 
dem  Gehör  ganz  entwichen.  Hohl  führt  dann  zum  Beweise 
seiner  Angaben  zwei  Fälle  von  Pocken  an,  welche,  von  Pe- 
techien begleitet.  Schwangere  befielen.  Im  ersten  Falle  verlor 
ganz  unverkennbar  merklich   der  dicrottreude  Puls  nach  und 


32  11-     Bütery  Ueber  den  Fötalpnls. 

nach  seine  Fülle,  wurde  immer  schwacher  und  ungleich.  Iq 
der  Nacht  vom  fünften  zum  seclisten  Tage  trat  die  Geburl  ein 
und  verlief  ziemlich  rasch.  Ein  Knabe,  der  nur  mit  grosser 
Muhe  wiederbelebt  wurde,  und  elend  und  schwach  blieb,  wurde 
geboren.  Das  Kind  erkrankte  am  zweiten  Tage  auch  an  Pocken 
und  starb  der  Mutier  sehr  bald  nach.  In  dem  andern  Falle 
und  einem  Falle  von  Haemorrhagia  pelecbiaiis  wurde  der 
dicrotirende  Puls  schwacher,  intermillirte  und  wurde  zuletzt 
gar  nicht  mehr  gehört.     Beide  Kinder  wurden  todt  geboren. 

Wenn  Schwangere  in  leichlerem  Grade  von  Cholera 
befallen  wurden,  so  zeigte  der  dicrotirende  Puls  keine 
Veränderung.  Wenn  aber  bei  den  von  Cholera  befallenen 
Schwangeren  die  Beklommenheit  gross  und  die  Angst  bedeutend 
war,  so  wurde  der  dicrotirende  Puls  ganz  bemei*klich  schneller, 
setzte  aus  und  stockte  sehr  bald  ganz. 

Bei  leichlen  Krämpfen  der  Schwangeren,  Colikschmerzen 
derselben  fand  Hohl  am  dicrotirenden  Pulse  keine  Abweichung, 
wohl  aber  fand  er,  dass  in  einem  Falle  von  heiligen  Convul- 
sionen,  welche  die  Respiration  fast  gänzlich  hemmten,  der 
dicrotirende  Puls  an  Stärke  verlor  und  intermillirte.  Indessen 
verschwanden  hier  die  Schläge  nicht  ganz,  indem  die  Geburt 
eintrat  und  stürmisch  verlief.  Das  Kind  zeigte  Spuren  von 
Leben,  wurde  aber  nicht  zum  vollen  Leben  erweckt  Wenn 
Schwangere  in  Folge  von  Plethora  an  Wallungen  nach  der 
Brust,  asthmatischen  Zuständen,  Beängstigung  und  Herzklopfen 
litten,  so  fand  Hohl,  dass  der  dicrotirende  Puls  unverkenn- 
bar an  Stärke  verlor  und  intermillirte.  Treten  Blutungen  aus 
der  Nase  oder  aus  dem  After  ein,  oder  wurde  durch  einen 
zeiligen  Aderlass  dem  Zustande  abgeholfen,  so  zeigte  sich  im 
dicrotirenden  Pulse  entweder  gar  keine  Veränderung ,  oder  sie 
verlor  sich  wieder. 

Bei  ziemlich  starken  Biutflüssen  Schwangerer  hat  Hohl 
keine  Veränderung  im  dicrotirenden  Pulse  bemerkt.  War  aber 
der  Blutverlust  schon  in  früheren  Monaten  stärker,  so  verlor 
er  auch  ziemlich  bald  an  Kraft,  intermillirte,  wurde  ungleich 
und  verschwand  für  alle  nächsten  Beobachtungen.  Kennedy 
(Observ.  on  obstetric  auscultation,  Dublin  1833;  conf.  Depaul 
1.  c.  p.  55  et  p.  267)  hat  ebenfalls  bei  einer  starken  Metror- 
rhagie,  welche   in  Placenta  praevia  ihren  Grund  hatte,   den 


II.     Hüter,  Ueber  den  FötalpnlB.  33 

Fötalpuls  von  108  auf  88  Schläge  herabgehen  und  nach  sehr 
heftigen  Kindsbewegungen  ganz  verschwinden  sehen. 

Nach  einem  Aderlass  hat  Hohl  keine  Veränderung  im 
dicrolirenden  Pulse  wahrgenommen.  Dagegen  will  Kennedy 
bei  einer  Schwangeren,  welche  an  Pleuritis  erkrankt  war 
und  eine  sehr  behinderte  Respiration  hatte,  in  Folge  von 
wiederholtem  Aderlassen  ein  Seltnerwerden  des  Fötalpulses 
beobachtet  haben.  Auch  Depaul  (1.  c.  p.  269)  glaubt,  dass 
Aderlassen  unter  gewissen  Bedingungen,  insofern  dadurch 
tiefe  Ohnmächten  hervorgerufen  wurden,  einen  höchst  nach- 
theiligen  Einfluss  auf  den  fötalen  Kreislauf  hervorbringen 
könne.  Er  gründet  diese  Ansicht  darauf,  dass  eine  Frau, 
welcher  im  sechsten  Schwangerschaftsmonate  ein  Aderlass 
gemacht  wurde,  in  Folge  dessen  in  eine  tiefe  Ohnmacht  fiel. 
Seit  dieser  Zeit  fühlte  die  Frau  keine  Fruchlbewegungen  mehr 
und  gebar  nach  einiger  Zeit  eine  todle  Frucht.  Absichtlich 
Hess  sich  die  Frau  bei  ihrer  zweiten  und  dritten  Schwanger- 
schaft zu  derselben  Zeit  und  mit  demselben  Erfolge  einen 
Aderlass  machen.  Beide  Mal  trat  wieder  eine  tiefe  Ohnmacht 
ein,  die  Kindsbewegungen  hörten  auf  und  zum  zweiten  und 
dritten  Male  wurde  nach  einiger  Zeit  eine  todte  Frucht  geboren. 
Kennedy  fuhrt  ebenfalls  an,  dass  Gemüthsaffecte,  welche 
den  mütterlichen  Kreislauf  stören,  auch  auf  den  Fötalpuls 
eine  Wirkung,  welche  jedoch  nicht  immer  eine  gleiche  sei, 
hervorbrächten. 

Für  unsere  Zwecke  erscheint  es  wichtig,  dass  in  dem 
bereits  oben  voif  Kennedy  erwähnten  Falle,  während  die  an 
Pleuritis  erkrankte  Frau  mit  140  Pulsschlägen  fieberte,  der 
Fötalpuls  eine  Frequenz  von  IftO  Schlägen  besass.  Nach 
wiederholtem  Aderlass  sank  die  Frequenz  auf  92,  später 
wechselte  sie  zwischen  100  und  135  und  der  Puls  ver- 
schwand dann  gänzlich.  Einige  Stunden  später  wurde  ein 
todtes  Kind  geboren. 

In  einem  anderen  von  Kennedy  beobachteten  Falle,  in 
welchem  eine  Frau  einem  heftigen  Anfalle  von  Su£focation  er- 
lag, hatte,  während  der  Puls  der  Mutter  140  Schläge  hatte, 
der  Fötalpuls  eine  Frequenz  von  190  bis  200  Schlägen. 
Bouillavd  (Traite  clinique  des  maladies  du  coeur,  II.  edit., 

Monatuscbr.  f.  Gebnrtik.  18ßl.  Bd.  XVIII.,  Sappl.-Hfl.  8 


34  n«     Hüter,  lieber  den  FötAlpals. 

lum.  1,  1841,  conf.  Depaul  1.  c.  p.  125)  Iheilt,  um  zu  be- 
gründen, wie  wicblig  es  sei,  den  Fötalpuls  nachzuweisen, 
folgende  Beobachtung  mit:  Eine  im  siebenten  Monate  schwan- 
gere Frau,  welche  seit  einigen  Tagen  keine  Kindsbewegungei] 
mehr  gefühlt  hatte,  wurde  von  einer  heftigen  Pneumonie  be- 
fallen. Bei  der  Auscultation  vernahm  man  170  Schläge  des 
Fütalpulses.  Die  Frühgeburt  kam  bald  in  den  Gang  und  es 
erfolgte  die  Geburt  eines  Kindes,  welches  kein  Lebenszeichen 
von  sich  gab.  Da  jedoch  wenige  Minuten  vor  seiner  Aus- 
stossung  der  Fötalpuls  noch  gehört  war,  so  gab  man  sicli 
Mühe,  das  Kind  wieder  zu  beleben,  was  auch  gelang.  In- 
dessen lebte  das  Kind  nur  einen  Tag  lang. 

Naegele  (1.  c.  p.  40)  fand,  wenn  Schwangere  von 
leichteren  Fiebern  befallen  waren,  den  kindlichen  Herzschlag 
unverändert,  und  sogar  bei  Pleuritis,  Pneumonie  um: 
Lungenluberculose  der  Schwangeren  denselben  ganz  normal. 
Frankenhäuser  (1.  c.  p.  167)  sagt:  Ebensowenig  rufen  Er- 
krankungen der  Mutter  eine  Beschleunigung  in  der  Herzacüon 
der  Frucht  hervor.  Im  Gegensatze  zu  den  Angaben  der 
letzten  beiden  Schriflsteller  bieten  die  beiden  Beobachtungen 
von* Kennedy  und  Bouillaud  für  die  folgenden,  in  der 
Marburger  Entbindungsanstalt  angestellten  Beobachtungen  einen 
sicheren  Stützpunkt. 

1)  A,  G,  (o6»^8),  eine  grosse  schlanke,  bleich  aus- 
sehende, 20  Jahre  alte  Person,  deren  Eltern  früh  an  Lungen- 
luberculose starben,  menstruirle  Anfangs  Februar  1859  zum 
letzten  Mal  und  fühlte  seit  Juni  dessell)t^n  Jahres  Kinds- 
bewegungen. Seit  Beginn  dieser  ersten  Schwangerschaft  litt 
die  Person  häufig  an  Erbrechen,  Husten  mit  Haemoptöe,  an 
welchen  Beschwerden  sie  im  Hospitale  zu  Hanau  behandelt  wurde. 
Am  26.  Oclober  1859  fand  man  bei  der  Person  120  Puls- 
schläge  und  52  Respirationen  in  der  Minute.  Links  oben 
hinten  und  vorn  war  der  Percussionston  etwas  matt,  und 
Bronchialalhmen  mit  spärlicliem  consonirendem  Rasseb  da- 
selbst hörbar.  Sonst  fand  sich  auf  beiden  Lungen  sonorer 
Percussionston  und  sehr  verbreitetes,  nicht  consonirendes 
Rasseln. 

Der  Uterus  stand  4  Finger  breit  über  dem  Nabel  und 
enthielt  eine  massige  Menge  Fruchtwasser.     Die  Läugenachse 


n.    Hüter,  üeber  den  FöUlpuls.  35 

der  Frucht  lag  mit  dem  Rücken  links  vorn  in  der  ersten 
Diagonale  des  Uterus.  Den  Fölalpuls  hörte  man  ebenfalls 
links  in  einer  andauernden  Frequenz  von  13  — 14  Schlägen 
in  5  Sccunden.  Dieselbe  Frequenz  zählte  man,  ohne  dass 
Fruchtbewegungen  nachzuweisen  waren,  so  oft  an  der  Schwan- 
geren auscuitirt  wurde.  Bei  dieser  blieb  die  Zahl  der  Puls- 
schläge, sowie  die  der  Respirationen  fast  völlig  gleich.  Auch 
die  physikalischen  Erscheinungen  änderten  sich  nicht  bis  zur 
Geburt,  welche  am  IS.  November  1859  natürlich  und  sehr 
rasch  verlief.  Die  Frequenz  des  Fötalpulses  war  während 
derselben  beträchtlich  vermehrt.  Die  Zahl  anzugeben,  war 
unmöglich,  weil  der  Bauch  der  Gebärenden  unter  den  bis  auf 
15  in  der  Quart  gesteigerten  Respirationen  sich  fortwährend 
hob  und  senkte  und  die  starken  Rasselgeräusche  von  der 
Brust  bis  auf  den  Bauch  fortgepflanzt  wurden.  Das  Kind, 
mit  viel  Heconium  beschmiert,  kam  sterbend  zur  Welt. 

2)  E^  M,  (3715),  eine  mittelgrosse  Viertgebärende,  welche 
anfangs  September  1859  zum  letzten  Mal  menstruirte  und  seit 
Januar  1860  die  Fruchtbewegungen  fühlte,  erkrankte  am 
12.  März  1860  mit  einem  heftigen  Schüttelfroste  und  Stechen 
in  der  linken  Seite.  Am  16.  März  kam  sie  in  die  Marburger 
Entbindungsanstalt,  fleberte  mit  144  Pulsschlägen  und  hatte 
eine  sehr  heftige  Dyspnoe.  Die  physikalische  Untersuchung 
wies  ein  linksseitiges  pleuritisches  Exsudat  nach.  Der  Uterus 
stand  höchstens  einen  Finger  breit  über  dem  Nabel  und  zeigte 
zeitweise  Contractionen.  Die  Frucht  war  leicht  verschiebbar, 
der  Fötalpuls  war  links  zu  hören,  man  zählte  13 — 14  Schläge, 
ohne  dass  Fruchtbewegungen  nachzuweisen  waren.  Bei  der 
inneren  Untersuchung  fand  man  das  Köpfchen  tief  im  Becken 
und  den  1"  langen  Cervicalcanal  durchgängig. 

An  den  nächsten  Tagen  blieb  die  Frequenz  des  Fötal- 
pulses  dieselbe.  Die  Fiebererscheinungen  und  die  Dyspnoe 
der  Schwangeren  wurden  geringer. 

Am  19.  März  hatte  die  Kranke  96  Pulsschläge  und  man 
zählte  nur  noch  12  Schläge  des  Fötalpulses.  Am  22.  März 
verlief,  während  ich  abwesend  war,  die  Geburt  des  nur 
2^4  Pfund  schweren,  lebenden  Kindes  sehr  rasch  in  Scbädel- 
stellung. 


36  n.    Hüter,  Ueber  den  Fötalpuls. 

Im  Wochenbette  erfolgte  fast  völlige  Resorption  des 
pleuritischen  Exsudates. 

3)  E.  K.  (3728),  eine  grosse,  bleich  aussehende, 
32  Jahre  alte  Zweilgebärende,  welche  im  Jahre  1855  in  Frank- 
furt ihr  erstes  Kind  naturlich  geboren  hatte,  wurde  am  9.  Mai 
1860  in  die  Marburger  Entbindungsanstalt  aufgenommen.*  Die 
letzte  Menstruation  hatte  im  September  1859  stattgefunden, 
und  die  ersten  Kindsbewegungen  waren  im  Januar  1860  ein- 
getreten. 

Am  11.  Mai  gegen  5  Uhr  Morgens  erkrankte  die  Schwangere 
unter  einem  heftigen  Schultelfroste.  Um  1  Uhr  Mittags 
desselben  Tages  wurde  die  Person  als  Kreissende  gemeldet. 
Sie  fieberte  mit  27  Pulsschlägen  in  der  Quart,  klagte  über 
Kopfweh,  viel  Durst  und  die  heftigsten  Leibschmerzen.  Der 
ganze  Uterus,  dessen  Fundus  nur  drei  Finger  breit  über  dem 
Nabel  stand,  zeigte  bei  der  Berührung  eine  sehr  grosse 
Schmerzhafligkeit.  Die  Fruchtwassermenge  war  die  gewöhn- 
liche. Die  Frucht  schien  in  der  ersten  Diagonale  des  Uterus 
mit  dem  Rücken  links  vorn  zu  liegen.  Ebendaselbst  hörte 
man  auch  den  Fölalpuls  in  einer  Frequenz  von  12 — 13  Schlä- 
gen, ohne  dass  man  Bewegungen  der  Frucht  nachweisen 
konnte.  Bei  der  inneren  Untersuchung  durchdrang  der  Finger 
den  noch  V  langen  Cervicalcanal  und  fühlte  im  inneren 
Muttermunde  die  massig  gefüllten  Eihäute,  welche  das  im 
Beckeneingange  beweglich  liegende  Köpfchen  umlagerten. 

Um  2%  Uhr  Nachmittags  fand  ein  neuer  Frostanfall  statt. 

Um  3  Uhr  fieberte  die  Person,  wie  vorher.  Die  Fre- 
quenz des  Fötalpulses  betrug  15  Schläge,  ohne  dass  Be- 
wegungen der  Frucht  nachzuweisen  waren.  Sonst  war  die 
äussere  und  innere  Untersuchung  wie  vorher. 

Um  10  Uhr  Abends  fieberte  die  Schwangere,  welche 
einige  Zeit  vorher  Erbrechen  einer  grünen  Flüssigkeit  gehabt 
hatte,  noch  mit  27  Pulsschlägen.  Die  Schmerzhaftigkeit  des 
Uterus  bei  Berührung  hatte  sehr  zugenommen.  Man  zählte 
15  Schläge  des  Fötalpulses. 

Die  Vagina  war  sehr  heiss,  der  Cervicalcanal,  dessen 
Wandungen  etwas  weicher  geworden,  war  noch  1"  lang. 


II.     Hüter,  lieber  den  Fötalpnls.  37 

Die  Kranke  nahm  um  lOy^  Uhr  Abends  Morph,  acet. 
gr.  %,  schlief  ein  und  erwachte  am  12.  Mai  gegen  1  Uhr 
Nachts  mit  vermehrten  Klagen  über  heftige  Leibschmerzen. 

Um  IV2  Uhr  Nachts  fand  man,  dass  der  Uterus  überall 
sehr  schmerzhaft  war,  sich  dabei^aber  regelmässig  contrahirte. 
Die  Gebärende,  welche  27  Pulsschläge  in  der  Quart  hatte, 
ertrug  kaum  die  Auscultation,  bei  welcher  man  15  Schläge 
des  Fötalpulses  zählte. 

Der  Muttermund  hatte  die  Grösse  ein<^s  Thalerstückes. 
Der  Kopf,  von  den  Eihäuten  umgeben,  lag  in  erster  Stellung 
im  Beckeneingange.  Die  Vagina  hatte  eine  bedeutende  Tem- 
peraturerhöhung. Um  2%  Uhr  ging  das  Fruchtwasser  ab 
und  schon  mit  der  nächsten  Wehe  erfolgte  die  Geburt  des 
Kopfes. 

Das  Kind  hatte  unmittelbar  nach  der  Geburt  12 — 13 
Pulsationen  an  der  Nabelschnur,  es  machte  aber  nur  schwache 
Respirationsbestrebungen,  welche  so  selten  wurden,  dass  die 
Pulsfrequenz  der  Nabelschnur  auf  5  Scliläge  herabsank.  Nach- 
dem das  Kind  abgenabelt,  die  gewöhnlichen  Hautreize  und 
die  Catheterisation  der  Trachea  in  Anwendung  gebracht  war, 
kam  die  Respiration  des  Kindes  etwa  noch  V4  Stunde  in 
den  Gang. 

Die  Mutter  starb  am  achten  Tage  des  Wochenbetts  unter 
den  fortdauernden  Erscheinungen  einer  heftigen  Metro- 
Peritonitis.  Bei  der  Section  fand  sich  eine,  mit  dem  Uterus 
zusammenhängende,  flüssigen  Eiter  enthaltende,  sehr  dünn- 
wandige, kindskopfgrosse  Kyste  älteren  Ursprungs. 

4)  M.  G.  (^799),  eine  kräftige  Erstgeschwängerte,  welche 
am  26.  Februar  1860  zum  letzten  Mal  menstruirt  hatte  und 
seit  Juli  die  Fruchtbewegungen  fühlte,  erkrankte  am  8.  Novem- 
ber mit  einem  Schüttelfroste  und  Stechen  in  der  linken  Seite. 

Am  9.  November  fieberte  die  Schwangere  unter  sehr 
frequenten  Respirationen  in  hohem  Grade.  Links  hinten  und 
unten  war  der  Percussionston  etwas  gedämpft  und  daselbst 
knisterndes  Athmen  zu  hören.  Der  Uterus  zeigte  eine  ge- 
ringe Ausdehnung,  die  Längenachse  der  Frucht  lag  in  der 
ersten  Diagonale  des  Uterus.  Rücken  und  Fötalpuls  rechts. 
Die  Frequenz  des  letzteren  betrug  bei  wiederholtem  Auscul- 
tiren    13    Schläge,    ohne    dass    zugleich    Fruclitbewegungen 


38  n.     Hüter,  Ueber  den  Fötalpnls. 

nachzuweisen  waren.  Bei  der  inneren  Untersuchung  fand 
man  den  Cervicalcanal  durchgängig,  noch  1  Zoll  lang,  und 
fühlte  den  Kopf  im  Beckeneingange. 

Am  10.  November  3  Uhr  Nachts  ging  das  Fruchtwasser 
ab;  V2  Stunde  später  begann  die  Schwangere  Webenschmerz 
zu  empfinden. 

Um  3%  Uhr  Nachts  fand  man  bei  der  Gebärenden  eine 
bedeutende  Remission  der  Fiebererscheinungen.  Der  Fölal- 
puls  zeigte  die  Frequenz  von  11  Schlägen,  wurde  aber  wäh-  . 
rend  der  Wehe  auf  8  Schlage  verlangsamt  Der  Muttermund 
war  in  der  Grösse  eines  Zweithalerstücks  eröffnet,  der  Kopf 
lag  in  zweiter  Stellung  im  Becken.  In  der  Austreibungs- 
periode wurde  der  Fötalpuls  während  der  Wehe  auf  6  Schläge 
verlangsamt,  erhob  sich  aber  in  der  Wehenpause  wieder  auf 
11   Schläge. 

Um  7V4  Uhr  Morgens  fand  die  Geburt  in  II.  Schädei- 
stellung  statt.  Das  Kind,  ein  Knabe,  an  dessen  Nabelschnur 
man  unmittelbar  nach  der  Geburt  7  Pulsationen  zählte,  be- 
gann etwas  zögernd  zu  respiriren.  Die  Mutter  starb  am 
14.  November  an  linksseitiger  Pneumonie. 

5)  C  K,  (3814),  eine  31  Jahre  alte  Zweifgeschwängerte, 
welche  ihr  erstes  Kind  naturlich  in  Scliädelstellung  geboren 
hatte,  war  am  8.  April  1860  zum  letzten  Male  menstruirt 
und  fühlte  seit  Anfangs  August  desselben  Jalires  die  Kinds- 
bewegungen. 

Am  12.  December  11  Uhr  Nachts  verlor  die  Person 
Fruchtwasser,  ohne  Wehenschmerz  zu  empfinden,  und  wurde 
bald  darauf  als  Gebärende  gelagert.  Am  13.  December 
8  Uhr  Morgens  fand  man  bei  der  Person,  welche  in  der 
Nacht  mit  Unterbrechungen  geschlafen  hatte,  die  Längen- 
achse der  Frucht  in  der  ersten  Diagonale  des  Uterus,  wel- 
cher die  gewöhnliche  Menge  Fruchtwasaer  enthielt  Rücken 
der  Frucht  und  der  Fötälpuls  waren  rechts,  letzterer  hatte 
eine  Frequenz  von  11  Schlägen.  Der  Cervicalcanal  war 
durchgängig,  noch  ziemlich  lang,  der  Kopf  ragte  in  den 
Beckeneingang,  war  zurückzuschieben,  so  dass  man  das  tief- 
stehende Promontorium  erreichte  und  eine  Conj.  diag.  von 
4  Zoll  messen  konnte.  Die  Person  ging  am  Nachmittage, 
ohne  Wehen  zu  empfinden,  umher. 


II.    Hüter,  üeber  den  FötalpuU.  39 

Aid  14.  December  3  Uhr  Nachts,  bis  zu  welcher  Zeit 
die  Schwangere  geschlafen  halte,  wurde  sie  von  einem  hefti- 
gen Schutt  elfroste  befallen.  Um  7  Uhr  Morgens  fieberte  die 
Person  mit  120  Pulsschlägen,  klagte  über  Kopfweh,  Durst 
u.  s.  w. 

Man  zählte  rechterseits  13 — 14  Schläge  des  Futalpulses, 
ohne  zugleich  Fruchtbewegungeu  nachweisen  zu  können.  Der 
Kopf  lag  etwas  voller  auf  dem  Beckeneingange,  sonst  war  die 
innere  Untersuchung  wie  früher.  So  oft  Vormittags  unter- 
sucht wurde,  fand  man  die  angegebene  Zahl  der  fötalen  und  . 
der  mütterlichen  Herzpulsalioncn.  Zeichen,  dass  der  Eintritt 
der  Geburt  näher  liege,  waren  Mittags  12 V2  Uhr  noch  nicht 
vorhanden.  Der  Cervicalcanal  war  noch  immer  lang,  der 
Kopf,  an  welchem  das  vordere  (linke)  Scheitelbein  etwas 
untergeschoben  war,  lag  noch  auf  dem  Beckeneingange.  Herr 
Prof.  Scliwartz  schob  daher  zu  der  zuletzt  angegebenen  Zeit 
einen  elastischen  Calheter  zwischen  den  Eihäuten  und  der 
Uterinwand  rechterseits  in  die  Höhe. 

Um  4  Uhr  Nachmittags  fand  man  deutliche  Contractio- 
nen  des  Uterus.  Die  Gebärende  fieberte  wie  vorher.  Der 
Fölalpuls  hatte  13  — 14  Schläge  während  der  Wehe  und  in 
der  Wehenpause.  Cervicalcanal  war  nicht  mehr  vorhanden, 
die  Miiltermundslippen  standen  etwas  von  einander  ab.  Der 
Kopf  lag  in  zweiter  Stellung  noch  auf  dem  Beckeneingange. 

Um  5V4  Uhr  Nachmittags  zeigte  der  mütterliche,  wie 
der  fötale  Puls  das  frühere  Verhalten.  Die  Muttermunds- 
Öffnung  war  zweithalerstückgross  geworden.  Der  Kopf  ragte 
tiefer  in  den  Beckeneingang.     Der  Catheter  wurde  entfernt 

Um  6V2  Uhr  Abends  zählte  man  13 — 14  Schläge  des 
Fötalpulses  während  der  Wehe  und  der  Wehenpause.  Der 
Muttermund  war  retrahirt,  der  Kopf  stand  im  Becken,  die 
kleine  Fontanelle  rechts,  die  Pfeilnahl  lief  noch  quer. 

Um  7  Uhr  Abends  schnitt  der  Kopf,  welcher  während 
einiger  Wehen  im  Einschneiden  gewesen  war,  durch  die 
Schaamspalte.  Nach  einer  kurzen  Pause  wurde  de^r  Rumpf, 
nachdem  sich  das  Gesicht  nach  dem  linken  Schenkel  der 
Mutter  gewendet  hatte,  geboren.  Das  Kind,  ein  Knabe,  des- 
sen Haut  mit  etwas  Meconium  beschmiert  war,  begann,  wäh- 


40  II*    Hüter,   Ueber  den  Föialpuls. 

rend  man  unmittelbar  nach  der  Geburt  an  der  Nabelschnur 
12  Pulsationen  zählte,  unter  Hüsteln  zu  respirh*en. 

Die  Mutter  fieberte  noch  in  den  ersten  Tagen  des 
Wochenbetts,  ohne  dass  ein  örtUcher  Entzflndungsprocess 
nachzuvveisen  war.  — 

Wenn  es  scheint,  dass  diese  Beobachtungen  mit  denen 
HohVs  in  Widerspruch  stehen,  indem  dieser  in  den  meisten 
Fällen  von  fieberhaften  Krankheiten  Schwangerer  statt  einer 
Steigerung  der  Frequenz  des  Fötalpulses  ein  Schwächer-, 
Seltnerwerden,  Intermittiren  und  Verschwinden  des  Fötal- 
pulses wahrnahm,  so  wird  doch  jeder  Widerspruch  beseitigt, 
wenn  wir  diese  letzten  Veränderungen  des  Fötalpulses  auf 
den  Vorgang  des  Absterbens  der  Frucht  im  Uterus  beziehen. 
Hierauf  kommen  wir  später  ausfährUcher  zui'ück. 

Eine  fieberhafte  Erkrankung  einer  Schwangeren,  bei  wei- 
cher der  Fötalpuls  seine  gewöhnliche  Frequenz  behielt,  habe 
ich  nicht  beobachtet  und  nehme  daher  keinen  Anstand,  zu 
behaupten,  durch  die  angeführten  acht  Beobachtungen  (die 
beiden  von  Kennedy  und  die  eine  von  BouiUaud  mitge- 
rechnet), in  welchen  während  des  fieberhaflen  Zustandes  der 
Schwangeren  die  Frequenz  des  Fötalpulses  ohne  gleichzeitige 
Fruchtbewegungen  dauernd  vermehrt  gefunden  wurde,  den 
Beweis  geliefert  zu  haben,  dass  der  Fötus  an  der  fieberhallen 
Erkrankung  der  Mutter  participirt. 

Da  an  der  Stelle,  au  welcher  der  Mutterkuchen  an  der 
Uterinwand  angeheftet  ist,  das  mütterliche  und  das  fötale 
Blut  in  ununterbrochener  Wechselbeziehung  stehen,  so  glaube 
ich  in  diesem  Vorgange  die  Ursache  suchen  zu  müssen,  dass 
das  fötale  Blut,  wenn  bei  fieberhafter  Erkrankung  das  mütter- 
liche Blut  schneller  durch  alle  Theile  des  Körpers  fliesst, 
also  auch  in  rascherem  Strome  die  Chorionzotten  umspült^ 
ebenfalls  in  schnellerem  Fliessen  herbeigezogen  wird,  damit 
der  wechselseitige  Austausch  zwischen  dem  mütterlichen  und 
fötalen  Blute  ungestört  fortdauern  kann.  Würde  das  fötale 
Blut  in  seiner  gewöhnlichen  Schnelligkeit  das  Parenchym 
des  Mutterkuchens  und  die  Chorionzotten  durchströmen,  das 
mütterliche  Blut  aber  schneller  als  gewöhnlich  an  den  Chorion- 
zotten vorüberQiessen ,  so  würden  gewisse  Blutmengen  des 
letzteren   vorbeigeführt  werden,    ohne   dass  zwischen  diesen 


II.    Hüter,  Uebftr  den  Fötelpnli.  41 

und  dem  (fttaien  Blute  der  wechselseitige  Austausch  völlig  zu 
Stande  gekommen  wäre.  Dass  dies  möglich  sei,  widerstreitet 
des  Gesetzen  der  Exosmose  und  Endosmose,  welche  dem«* 
nach  dem  mütterlichen  Blute  die  Fähigkeit  verleihen,  auf  den 
totalen  Blutlauf  accelerirend  einzuwirken. 

Dieser  Hypothese  zu  Folge  hatte  ich  erwartet ,  dass, 
wenn  der  Kreislauf  bei  Schwangeren  durch  Körperanstren- 
gungen in  grössere  Aufregung  gekommen,  dies  auf  den  fötalen 
Kreislauf  ebenfalls  von  EinOuss  sein  müsse.  Einen  solchen 
mit  Sicherheit  nachzuweisen,  ist  mir  indessen  nicht  gelungen. 
Wahrscheinlich  kommt  die  gesteigerte  Herzaction  der  Schwan- 
geren, wenn  diese  nach  körperlichen  Anstrengungen  behufs 
der  Auscultation  sich  niederlegen,  so  schnell  wieder  zu  Ruhe, 
dass  die  Einwirkung  auf  das  fötale  Herz,  wenn  eine  solche 
überhaupt  vorhanden  war,  beim  Beginn  des  Auscultirens  schon 
wieder  geschwunden  ist  Einige  Mal  fand  ich  bei  Schwangern 
die  Frequenz  des  Fötalpulses  nach  Körperanstrengungen  einige 
Zeit  lang  gesteigert,  ob  aber  diese  als  Ursache  jener  Er- 
scheinung zu  betrachten  waren,  blieb  unentschieden,  weil  zu- 
gleich auch  Fruchtbewegungen  vorhanden  waren. 

Hohl  (L  c.  p.  83)  theilt  ein  ähnliches  Resultat  von  einer 
Schwangeren  mit,  bei  welcher  er  nach  einer  heftigen  Körper- 
bewegung im  dicrotirenden  Pulse  nicht  die  geringste  Ver- 
änderung fand.  Auch  Naegele  (1.  c.  p.  39)  fand  nach  mehr 
weniger  anstrengenden  Bewegungen  der  Schwangeren  die  oder 
normale  Stärke  und  Frequenz  des  kindlichen  Herzschlags. 
Carrt^re  (Theses  de  la  Faculte  de  medecine  de  Strasbourg, 
Decbr.  1838,  conf.  Depaul  p.  104)  fand  bei  seinen  Unter- 
suchungen, dass  fieberhafte  Zustände  ebenso  wie  lebhafte  Be- 
wegungen der  Mutter  auf  das  kindliche  Herz  keinen  Einfluss 
übten,  und  folgerte  daraus  die  gänzliche  Unabhängigkeit  zwi- 
schen dem  mütterlichen  und  dem  fötalen  Kreislaufe.  Auch 
Frankenhäuser  (1.  c.  p.  167)  hat  durchaus  keinen  Connex 
zwischen  der  Pulsfrequenz  der  Mutter  und  der  Frucht  bei 
seinen  Untersuchungen  gefunden,  obgleich  er  sorgfaltig  darauf 
Rücksicht  nahm  und  auch  Schwangere  nach  kräftiger  Be- 
wegung, vor  und  nach  dem  Essen  auscultirte. 

HohPs  \l  c.  p.  84)  Angabe,  dass  die  Frequenz  des 
Fötalpulses  bei  schlafenden  Schwangeren  sich  durchaus  nicht 


42  H-     mter,  Ueber  den  Fötnlpuls. 

ändere,  ist  gewiss  nicht  zu  bestreiten.  Dagegen  kann  idi 
HohV%  (p.  85)  Meinung  nicht  Iheilen,  dass  der  Fötalpuls  von 
der  Temperatur  der  Schwangeren  beeinflusst  werde,  indem 
eine  geringe  Temperatur  die  Frequenz  des  Fölalpulses  selt- 
ner, eine  erhöhte  denselben  häufiger  mache.  Zwar  habe  ich 
keine  so  genaue  Temperaturmessungen  vorgenommen,  wie  es 
Hohl  gethan  hat,  indessen  fand  ich  an  Schwangeren,  welclie 
durchfroren  in  die  Marburger  Entbindungsanstalt  kamen  und 
sich  noch  dazu  in  einem  kalten  Zimmer  aufliielten,  dieselbe 
Frequenz  des  Fötalpulses,  welche  einige  Stunden  später  an 
denselben  Schwangeren,  nachdem  diese  völlig  wieder  er- 
wärmt waren,  bei  dem  Auscultiren  sieb  herausstellte.  Auch 
kann  ich  Hohl  nicht  beistimmen,  wenn  er  (p.  176)  angiebt, 
dass  die  Tageszeit  auf  die  Frequenz  des  Fötaipulses  von  Eio- 
Ouss  sei.  Oben  habe  ich  bereits  erwähnt,  dass  ich,  je  nach- 
dem es  meine  Geschäfte  erlaubten,  Vormittags,  Nachmittags, 
seltner  Abends  an  den  Schwangeren  auscultirte.  Niemals 
fand  ich  zu  diesen  verschiedenen  Tageszeiten  die  Frequenz 
des  Fötalpulses  verändert. 

Der  Ansicht  von  Hohl,  welche  derselbe  folgendermassen 
(p.  104):  „So  auch  wird  der  dicrolirende  Puls  wie  geregel- 
ter, so  auch  langsamer  mit  den  steigenden  Monaten,''  ferner 
(p.  170):  „Je  junger  der  Fötus,  desto  häufiger  und  kleiner 
sind  die  dicrotirenden  Pulse",  und  (p.  175):  ,,Im  Allgemeinen 
sind  die  Schläge  in  den  frühern  Monaten  des  FöluslebeDS 
auch  häufiger''  äusserte,  und  ferner  der  Ansicht  von  Bouil' 
laud,  dass  die  Zahl  der  doppelten  Schläge  im  umgekehrten 
Verhältniss  zu  dem  Aller  des  Kinds  ständen,  indem  die  Fre- 
quenz eine  um  so  massigere  sei,  je  weniger  die  Schwanger- 
schaft vorgeschritten,  trat  zuerst  Dnbois  (Archives  generales 
de  medecine,  Tom.  XXXI.,  Decbr.  1831,  p.  437)  entgegen, 
indem  derselbe  feststellte,  dass  von  dem  fünften  Schwanger- 
schaftsmonate an,  zu  welcher  Zeit  man  die  Herzschläge  zähleo 
könne,  bis  zum  Ende  der  Schwangerschaft,  der  Rhythmus 
der  doppelten  Schläge  vollkommen  derselbe  bleibe.  In  ähn- 
licher Weise  äussert  sich  H.  F.  Nägele  (1.  c.  p.  35):  In 
Bezug  auf  die  Häufigkeit  des  Herzschlags  haben  wir  keinen 
bemerkbaren  Unterschied  gefunden,  ob  wir  bei  demselben  In- 
dividuum das  Fötusherz  in  früherer  oder  in  späterer  Zeit  der 


II.     Hüler,  Ueber  den  FotnlpnU.  43 

Schwangerschaft  beobachteten.  Depaul  (I.  c.  p.  257)  hat 
dieseJben  Frauen  zu  verschiedenen  Zeiten  der  Schwangerschaft 
auscultirt  und  stels  denselben  Rhythmus  der  Herzschläge  in 
den  spfiteren,  wie  in  den  früheren  Schwangerschaftsmonaten 
gefunden. 

Frankenhäuser  (1.  c.  p.  167)  sagt:  In  der  Schwanger- 
schaft bleibt  sich  die  Frequenz  der  Herztöne  ziemlich  gleich 
und  nimmt  nicht,  wie  man  fiuher  glaubte,  je  mehr  man  sich 
dem  Ende  derselben  nähere,  ab. 

Dass  in  der  zweiten  Hälfte  der  Schwangerschaft  die  Fre- 
quenz des  Fötalpnlses  vollkommen  dieselbe  bleibt,  kann  ich 
als  sicheres  Ergebniss  meiner  Forschungen  hinstellen.  Will 
man  sich  bicvon  überzeugen,  so  ist  darauf  aufmerksam  zu 
machen,  dass  man  von  den  vorübergehenden  Steigerungen  in 
der  Frequenz  des  Fötalpulses,  welche  in  den  Bewegungen  der 
Frucht  iiiren  Grund  haben,  abzusehen  hat.  Auch  will  ich 
das,  was  ich  oben  zu  beweisen  bemüht  gewesen  bin,  hier 
nochmals  betonen,  dass  man  niemals  bei  fiebernden  Schwan- 
geren die  normale  Frequenz  des  Fötalpulses  antrelfen  wird. 

Frankenhäuser  (I.  c.  p.  168),  welcher  den  Fötalpuls 
nach  10  Secunden  zählte,  gelangte  dabei  zu  der  Behauptung, 
dass  man  nach  der  verschiedenen  Frequenz  des  Fötalpulses 
das  Geschlecht  der  Kinder  vorherbestimmen  könne,  indem  bei 
niedrigen  Zahlen  (124  Schläge  im  Durchschnitt)  Knaben,  bei 
höheren  Zahlen  (144  Schläge  im  Durchschnitt)  Mädchen  ge- 
boren wurden.  Die  Richtigkeit  dieser  Behauptung  ist  von 
Breslau,  Hennig  und  Haake  (Monatsschrift  für  Geburts- 
kunde, XV.  Bd.,  6.  Pleft,  Berlin  1860)  zu  gleicher  Zeit  be- 
stritten worden,  sodass  dadurch  mir,  der  ich  dasselbe  zu 
thun  beabsichtigte,  diese  Mühe  erspart  worden  ist. 

In  Betreff  der  Zeit,  zu  welcher  der  Fötalpuls  am  früh- 
sten wahrzunehmen  ist,  kann  ich  keine  auf  eigenen  Beob- 
achtungen gestützte  Mittheilungen  machen;  daher  muss  ich 
auf  die  Angaben,  welche  sich  in  dieser  Beziehung  bei  andern 
Schriftstellern,  z.  B.  Duboisy  Naegele,  Depaul  u.  s.  w. 
finden,  verweisen. 

Bei  dieser  Gelegenheit  will  ich  bemerken,  dass  es  mir 
bei  allen  Schwangeren ,  bei  welchen  ichim  sechsten  Schwanger- 
schaftsmonate auscultirte,  und  überhaupt  bei  allen  Schwan- 


44  n.    Hüter,  Ueber  den  FStalpnls. 

geren,  welche  in  späteren  Monaten  und  mit  einem  lebenden 
Kind  schwanger  waren,  gelang,  den  Fötalpuls  aufzufindeo. 
Konnte  ich  bei  dem  ersten  Versuche  durch  die  unmittelbare 
Auscultation  denselben  nicht  hören,  so  vermochte  ich,  ihn 
stets  dadurch  vernehmbar  zu  machen,  dass  ich  mit  dem  Ste- 
thoscop  an  der  betreffenden  Stelle  tief  eindrückte,  und  so 
den  Fötus  der  Uterinwand  und  zugleich  auch  der  Bauchwand 
näher  brachte. 

Das  sogenannte  Nabelschnurgeräusch  habe  ich  bei  9  der 
200  Schwangeren,  an  denen  ich  auscultirte,  gefunden.  Bei 
3  Schwangeren  war  es  während  der  ganzen  Schwangerechaft 
und  während  der  Geburt  zu  hören.  Bei  6  Schwangeren  hörte 
ich  es  nur  einigemal  in  der  Schwangerschaft,  während  der 
Geburt  war  es  bei  denselben  nicht  wahrzunehmen.  — 

Die  Angabe  von  Hohl  (1.  c.  p.  265),  StoÜz  (Dictionnaire 
des  etudes  medicales  pratiques,  t  II,  Paris  1838,  conf.  De- 
paul  1.  c.  p.  88),  Cazeaux  (Traite  de  Tart  des  accouche- 
ments,  IL  ^dit.  Paris  1844,  p.  119),  Kutan  (Operations- 
lehre für  Geburtshelfer,  2.  Aufl.,  4.  Lieferung.  Bonn  1845, 
p.  557)  und  Kiwisch  (die  Geburtskunde,  I.  Abth.  Erlangen 
1851 ,  p.  253),  dass  eine  bedeutend  vermehrte  Frequenz  des 
Fötalpulses,  ohne  dass  dieselbe  durch  Fruchtbewegungen  ver- 
ursacht werde,  unter  der  Geburt  vorkomme,  und  hiedurch 
eine  grosse  Lebensgefahr  des  Kindes  bekundet  werde,  habe 
auch  ich  durch  Beobachtungen  bestätigt  gefunden.  Das  an- 
geführte Factum  ist  jedoch  in  ätiologischer  Beziehung  bisher 
nicht  genügend  erörtert  worden.  Es  kann  nämlich  die  Stei- 
gerung der  Frequenz  des  Fötalpulses,  wie  oben  gezeigt  wurde, 
in  fieberhaften  Zuständen  der  Schwangeren  begründet  sein, 
und  unter  der  Geburt  ebenso  wie  in  der  Schwangerschaft 
nachgewiesen  werden,  wenn  der  Fieberzustand  bei  der  Gebä- 
renden in  demselben  Grade  wie  in  der  Schwangerschaft  fort- 
dauert. Gefahrlich  für  das  Kind  scheint  der  fieberhafte  Zu-  ' 
stand  der  Mutter  dann  zu  werden,  wenn  derselbe  mit  einer 
solchen  Erkrankung  der  Respirationsorgane  in  Verbindung 
steht,  dass  die  Function  dieser  sehr  beeinträchtigt,  daher  die 
Oxydation  des  mütterlichen  und  somit  auch  des  f&talen  Blutes 
sehr  vermindert  wird.  In  dieser  Beziehung  will  ich  an  die 
erste  von  mir  mitgetheiite  Beobachtung  erinnern. 


11.    hüter,  Ueber  den  Fötalpuls.  45 

Es  kann  ferner  die  Frequenz  des  Fölalpulses  vom 
Beginne  bis  zum  Ende  der  Geburt  sehr  vermehrt  gefunden 
werden,  ohne  dass  Fruchtbewegungen,  oder  eine  fieberhafle 
Erkrankung  der  Mutter  diese  Erscheinung  verursachen.  Die  drei 
zum  Belege  hiefür  dienenden,  nachfolgenden  Beobachtungen 
machen  es  im  höchsten  Grade  wahrscheinlich,  dass  eine  solche 
Steigerung  in  der  Frequenz  des  Fötalpulses  von  einer  fieber^ 
haften  Erkrankung  des  Kindes  im  Uterus  lierruhrt.  Die  erste 
hieher  gehörige  Beobachtung  finden  wir  bei  Hohl  (1.  c.  p.  265). 
Bei  einer  Schwangeren,  die  an  Pocken  litt,  blieb  der  Herz- 
schlag des  Fötus  immer  gleich  auf  260  einfachen  Schlägen. 
Selbst  ein  nicht  unbedeutender  Fieberanfall  der  Kranken  hatte 
auf  den  Fötalpuls  gar  keinen  Einfluss.  In  die  Zeit  der  Ab- 
trocknung  der  Pocken  fiel  die  GeburL  Schon  kurz  vor  dem 
Eintritte  derselben  steigerte  sich  die  Zahl  der  Schläge  auf  300 
bis  310,  und  die  Bewegungen  hatten  fast  gänzlich  aufgehört. 
Bemerkenswerth  scheint  es  Hohl  auch,  dass  die  Zahl  der 
Herzschläge  selbst  bei  der  grössten  Ruhe  des  Kindes  durch- 
aus an  Häufigkeit  nicht  abnahm.  Das  Kind  wurde  geboren, 
und  keine  Spur  von  Pocken  war  sichtbar.  Die  Herzschläge 
aber  blieben  dieselben,  und  das  Kind  wurde  von  Stunde  zu 
Stunde  unruhiger.  Nach  Verlauf  von  6  Stunden  erfolgte  eine 
Eruption  von  Pocken,  die  das  schwache  Leben  des  Neulings 
bald  vernichtete. 

Die  zweite  Beobachtung  theilt  Depaul  (1.  c.  p.  259)  miL 
Eine  Erstgeschwängerte  bekam  im  siebenten  Schwangerschafts- 
monate Anfalle  von  Suffocation.  welche  sich  8  bis  10  Mal  in 
24  Stunden  wiederholten  und  nervös  zu  sein  schienen.  Der 
Zustand  wurde  so  bedenklich,  dass  man  an  die  Einleitung 
der  künstlichen  Frühgeburt  dachte.  Im  achten  Schwanger- 
schaftsmonate traten  jedoch  die  Geburtsersclieinungen  von  selbst 
ein.  Während  der  langen  Dauer  der  Geburl  ^)  vernahm  man 
>  beständig  210  Doppelschläge  des  Fötalpulses. 

Ausser  Depaul  constatirte  auch  Dubais  diese  Frequenz 
während  mehr  als  24  Stunden.    Das  Kind,  welches  geboren 


1)  Ueber  das  Befinden  der  Gebärenden  mangelt  jede  Angabe, 
eil  erscheint  deshalb  höchst  wahrscheinlich,  dass  dieselbe  unter 
der  Gebnrt  frei  von  Saffocationsanfallen  war.       Anni.  d.  Verf. 


46  n.     Hufer,  Uebor  den  FöUlpaU. 

wurde,  schien  etwas  schwächer  und  zarter  als  Kinder  aus 
derselhen  Schwangerschaflszeit.  Es  starb  einige  StuDÜen 
nach  der  GeburL  Vor  seinem  Tode  hörte  man  zweimal  180 
Doppelscliläge  seines  Herzens.  Depaul  glaubt,  dass  diese 
ausserordentlich  gesteigerte  Äction  des  kindlichen  Herzens 
durch  die  vorzeitigen  Contractionen  des  Uterus  hervorgerufen 
sei,  und  übersieht  gänzlich,  dass  der  Tod  des  Kindes,  wei- 
cher einige  Stunden  nach  der  Geburt  erfolgte,  auf  eine  zwei- 
fellose Eriirankung  desselben  hinweist.  Von  der  Seclion  ist 
nicht  die  Rede. 

3)  C.  V.  (3617),  eine  kräftige,  gesunde  Mehrgeschwän- 
gerle,  welche  Anfangs  Januar  1859  zum  letzten  Mal  men- 
struirte  und  kurz  darauf  concipirte,  verlor  am  12.  October 
desselben  Jahres  11  Uhr  Vormittags  das  Fruchtwasser  ond 
empfand  seitdem  Wehenschmerz. 

Um  5V2  Uhr  Nachmittags  fand  man  den  Uterus  v<mi 
gewöhnlicher  Ausdehnung,  mit  seinem  Fundus  nach  reclits 
neigend,  und  mit  einer  reichlichen  Menge  Fruchtwasser  ge- 
füllt. Links  vorn  waren  Intestina  vor  den  Uterus  gelagert 
Die  Längenachse  der  Frucht  lag  in  der  ersten  Diagonale  des 
Uterus,  Rücken  und  Fötalpuls  waren  links.  Letzterer  zeigte 
eine  constante  Frequenz  von  15  Schlägen  in  5  Secundea, 
ohne  dass  man  im  Stande  war,  zugleich  Fruchtbewegungen 
nachzuweisen.  Bei  der  Innern  Untersuchung  fand  man  noch 
ein  Stuck  Cervicalcanal.  Der  Kopf  lag  in  erster  Stellung 
noch  beweglich  auf  dem  Beckeneingange. 

Um  7  Uhr  Abends  zeigte  der  Fötalpuls  dasselbe  Ver- 
halten wie  vorher,  eine  Verlangsamung  desselben  während 
der  Wehe  fand  nicht  statt.  Der  Cervicalcanal  war  etwas 
kürzer  geworden,  sonst  derselbe  Befund  bei  der  innern  Unter- 
suchung. 

Um  8  Uhr  Abends  zählte  man,  wie  früher,  15  Schläge 
des  Fötalpulses,  Fruchtbewegungen  waren  nicht  wahrzuneh- 
men. Während  der  Wehe  wurde  der  Fötalpuls  auf  12  Schläge 
verlangsamt.  Der  Muttermund  war  in  der  Grösse  eines  Thaler- 
Stücks  erweitert  Der  Kopf  stand  in  erster  Stellung  im 
Beckeneingange. 

Um  9  Uhr  Abends  erfolgte  die  Geburl  des  Kindes,  eines 
Knaben,  in  erster  Schädelstellung.    Die  Haut  des  Kindes  war 


II.    Hüter,  Ueber  den  Fötalpub.  47 

iuil  viel  Vernix  caseosa  bedeckt,  nirgends  fand  sich  Meconium. 
Das  Kind  bewegle  die  Extremitäten,  schrie  aber  erst,  nach- 
dem es  mit  kaltem  Wasser  besprengt  war.  Die  schwachen 
Bestrebungen,  zu  athmen,  weiche  von  Rasseln  begleitet  waren, 
nahmen  unter  forlgesetzter  Anwendung  von  Hautreizen  melir 
und  mehr  ab,  sodass  man  in  5  Secunden  nur  noch  5  Schläge 
de»  kindlichen  Herzens  zählte.  Durch  Lufteinbiasen  mittels 
eines  in  die  Trachea  geschobenen  Catheters  wurden  die  Re« 
spii'aliouen  häufigei^  tiefer  und  waren  mit  stärkerem  Rasseln 
verbunden.  Die  Zahl  der  Herzschläge  hob  sich  auf  6  bis  7 
in  5  Secunden.  Als  *  das  Kind  nach  Verlauf  einer  halben 
Stunde  im  Stande  war,  mehrmals  zu  husten  und  zu  schreien, 
folgten  die  Respirationen  einander  ziemlich  häußg.  Die  Zahl 
der  Herzschläge  hob  sich  auf  10.  Während  der  Wieder- 
belebung entleerte  das  Kind  Meconium.  Dasselbe  wog  4%  Pfund 
und  war  17  Zoll  lang. 

Am  13.  October  Morgens  fand  man  das  Kind,  welches 
die  ganze  Nacht  hindurch  gewimmert  hatte,  häulig  und  kurz 
respirirend.  Es  nahm  die  Brust  nicht,  schluckte  auch  die 
mit  dem  Löffel  gereichte  Milch  nicht  und  starb  um  11  Uhr 
Vormittags. 

Die  am  14.  October  angestellte  Section  wies  eine  doppel- 
seitige fötale  Pneumonie  nach.  Beide  Lungen  schwammen, 
mit  den  unleren  Lappen  nach  abwärts  tendirend,  auf  der 
Oberfläche  des  Wassers.  Der  obere  Lappen  der  linken  Lunge 
und  der  obere  und  mittlere  Lappen  der  rechten  Lunge  waren 
völlig,  die  beiden  untern  Lappen  nur  an  inselförmigen  Sielleu 
mit  Luft  erfüllt.  Der  grössle  Theil  des  Parenchyms  der  bei- 
den untern  Lappen  zeigte  eine  dunkelblutige  Infiltration, 
welche  sich  gegen  das  lufthaltige  Parenchym  scharf  abgrenzte. 
Kleine  Stücke,  aus  dem  ersteren  herausgeschnitten,  sanken 
in  Wasser  zu  Boden.  An  den  Rändern  der  beiden  untern 
Lungenlappen  fanden  sich  einzehie  atelectatische  Stellen. 

Nicht  weniger  gefährUch  für  das  kindliche  Leben,  ja  ich 
möchte  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  fast  sagen,  das  Ab- 
sterben des  Kinds  sicher  verkündend  ist  die  Steigerung  der 
Frequenz  des  Fötalpulses,  welche  am  Ende  von  lange  dauern- 
den Geburten  eintritt.  Obwohl  man,  wenn  diese  erhöhte 
Frequenz  des  Fötalpulses  auscultatorisch   als  dauernd  nach- 


48  n.     HüUr,  Ueber  den  FötalpuU. 

zuweisen  ist,  öfters  zu  gleicher  Zeit  Fruchlbewegungeo  wahr- 
nimmt, so  darf  man  doch  nicht  diese  mit  dem  verändirten 
Fötalpulse  in  ursächliche  Beziehung  bringen,  weil  derselbe  die 
erhöhte  Frequenz  auch  beibehält,  wenn  die  Fruchtbewegungeo 
aufhören,  wenigstens  durch  unsere  Sinne  nicht  mehr  wahr- 
genommen werden.  In  Betreff  des  Entslehens  dieser  er- 
höhten Frequenz  sicheren  Aufschluss  zu  geben,  bin  ich  ausser 
Stande,  halte  es  aber  für  möglich,  dass  bei  deno  Kinde, 
welches  durch  die  lange  Dauer  der  Geburt  in  einem  gewissen 
Grade  asphyctisch  wird,  das  Bedurfniss  zum  Aihmen  rege 
wird,  und  von  demselben,  wenn  etwas  Luft  durch  die  Ge- 
burtswege zum  Munde  des  Kindes  gelangen  kann,  mit  einigem 
Erfolge  Respirationsbewegungen  gemacht  werden.  Da  die 
eindringende  Luft  wegen  ihrer  geringen  Quantität  zum  Be- 
friedigen des  Athembedörfnisses  ungenügend  ist,  so  müssen 
die  Respirationen  mit  Anstrengung  und  grosser  Häufigkeit  aus- 
geführt werden  und  daher  von  einer  erhöhten  Herzthätigkeit 
begleitet  sein.  Die  Richtigkeit  dieser  Hypothese  durch  Sectionen 
zu  beweisen,  hatte  ich  keine  Gelegenheit,  weil,  wie  aus  den 
drei  nachfolgenden  Beobachtungen  hervorgeht,  den  Kindern, 
welche  sterbend  zur  Welt  kamen,  behufs  der  Wieder- 
belebung, Luft  in  die  Lungen  geblasen  war.  Der  Umstand, 
dass  bei  zwei  Sectionen  grüner  Schleim  in  den  Respirations- 
wegen gefunden  wurde,  gestattet  nur  den  Schluss,  dass  dieser 
Schleim  von  den  Kindern  während  der  Geburt  aspirirt  wurde. 
Ob  zugleich  auch  Luft  aspirirt  wurde,  bleibt  aus  obigem 
Grunde  unentschieden.  Man  könnte  einwerfen,  dass.  wenn 
man  aus  der  vermehrten  Frequenz  des  Fötalpulses  auf  intra- 
uterines Athmen  scbliesst,  als  Folge  dieses  zugleich  andauernde 
Fruchtbewegungen  wahrgenommen  werden  müssen.  Ich  glaube 
jedoch,  dass  die  Bewegungen  des  kindlichen  Thorax  im  Uterus 
stattfinden,  ohne  dass  wir  sie  zu  hören  oder  zu  fohlen  im 
Stande  sind,  dass  wir  vielmehr  nur  die  Bewegungen  der 
kindlichen  Extremitäten  mittels  unserer  Sinne  nachzuweisen 
vermögen. 

\)  E.  8.  (3580),  eine  mittelgrosse  Erstgeschwängerte, 
welche  seit  Anfang  October  1858  schwanger  war,  wurde  am 
17.  August  1859  Nachts  1  Uhr  als  Kreissende  gelagert  Die 
Lungenachse    der  Frucht   lag   in    der    ersten   Diagonale   des 


II.     Hüter,  Ueber  den  Fötalpals.  49 

Uteras,  welcher  stark  vom  überhing.  Der  Racken  der  Pracht 
uod  der  Fötalpuls  waren  links.  Letzterer  hatte  eine  Fre- 
quenz von  11  Schlägen.  Der  Muttermund  war  in  der  Grösse 
eines  Silbergroschenstöcks  eröffnet,  der  Kopf  wurde  hoch 
und  beweglich  aber  dem  Beckeneingange  gefühlt  Das  massig 
hochstehende  Promontorium  wurde  leicht  erreicht,  die  Conj. 
diag.  betrug  4  Zoll.  Seit  2  Uhr  Nachts  begann  das  Frucht- 
wasser abzufliessen. 

Um  4  Ulu*  Morgens  geringe  Wehenthätigkeit,  die  äussere 
Untersuchung  wie  vorher.  Bei  der  innem  Untersuchung  fand 
man  noch  die  Fruchtblase  vor  dem  Kopfe,  der  Muttermund 
war  nicht  grösser  geworden. 

Um  8  Uhr  Morgens  wurde  der  Hängebauch  der  Kreissen- 
den, bei  welcher  die  Wehenthätigkeit  noch  so  gering  war, 
dass  sie  einige  Stunden  geschlafen  hatte,  mit  einer  Leibbinde 
unterstützt.  Die  Frequenz  des  Fötalpulses  war  dieselbe  wie 
vorher.  Am  Kopfe,  dessen  kleine  Fontanelle  links  und  ziem- 
lich mitten  stand,  und  dessen  Pfeilnaht  halb  in  querer,  halb 
in  schräger  Richtung  nahe  dem  Promontorium  verlief,  war 
etwas  Geschwulst,  welche  besonders  am  voraliegenden  rechten 
Scheitelbein  zu  fühlen  war,  entstanden. 

Um  1  Uhr  Mittags  hörte  man  bei  der  Kreissenden,  welche 
mehrmals  erbrochen  hatte,  in  der  Wehenpause  11  und  un- 
mittelbar nach  der  Wehe  9  Schläge  des  Fötalpulses.  Der 
Kopf  stand  noch  beweglich  auf  dem  Beckeneingange,  die  Ge- 
schwulst war  grösser  geworden.  Der  Muttermund  hatte  die 
Grösse  eines  Zweisilbergroschenstücks. 

Um  6V2  Uhr  Abends  war  dieselbe  Verlangsamung  des 
Fötalpulses  während  der  Wehe  wie  vorher  nachzuweisen.  In 
der  WehenpaCise  hob  sich  derselbe  wieder  auf  11  Schläge. 
Der  Muttermund  hatte  die  Grösse  eines  Fünfsilbergroschen- 
stücks. Die  Stellung  des  Kopfes  wie  fiüher,  seine  Geschwulst 
stärker.  Der  untersuchende  Finger  war  mit  Meconium  be- 
schmutzt. 

9  Uhr  Abends  war  das  Verhalten  des  Fötalpulses  wie 
vorher.  Der  Kopf  lag  jetzt  fester  auf  dem  Beckeneingange. 
Wegen  der  Geschwulst  waren  die  Nähte  und  Fontanellen  nicht 
mehr  zu  fühlen.  Der  Muttermund  war  in  der  Grösse  eines 
Guldenstücks  eröffnet 

Monat'flchr.  f.  Qebartak.  1831.  Bd.  ZYIII.,  8appl.-Hft.  4 


50  n.    Hüter,  Ueber  den  Fötalpuls. 

üna  1 1  Va  Uhr  Nachts  das  Verhalten  des  Fötalpulses  wie 
vorher.  Der  Muttermund  wai*  bis  zur  Grosse  eines  Zwei- 
thalerstucks erweitert,  sonst  Status  idem. 

Am  18.  August  1  Uhr  Nachts  zählte  man  unmittelbar 
nach  der  Wehe  9  Schläge  des  Fötalpulses,  welcher  sich  in 
der  Wehenpause  wieder  auf  11  Schläge  erhob.  Der  Mutter- 
mund war  bis  auf  einen  vorn  zu  fühlenden  kleinen  Saum 
retrahirt.  Der  Kopf  stand  im  Beckeneingange.  Meconium  ging 
fortwährend  in  reichlicher  Menge  ab. 

Um  2Va  Uhr  Morgens  hörte  man  in  der  Wehenpause 
dauernd  14  Schläge  des  Fötalpulses  und  zuweilen  starke 
Fruchtbewegungen.  Der  Kopf  stand  im  Becken,  wurde  aber 
wälirend  der  Wehe  fast  gar  nicht  tiefer  bewegt. 

Um  3  Uhr  zählte  man  wie  vorher  14  Schläge  des  Fötal- 
pulses. Während  der  Wehe  war  die  Auscultation  wegen  Un- 
ruhe der  Gebärenden  unmöglich.  Der  Stand  des  Kopfes  war 
unverändert. 

3V2  Uhr  Morgens  zählte  man  12  Schläge  des  Fötal- 
pulses. Da  die  Wehen  auf  die  Yorbewegung  des  Kopfes 
wirkungslos  waren,  wurde  die  Zange  halb  in  der  Rkhtung  des 
queren,  halb  in  der  des  zweiten  schrägen  Durchmessers  an 
den  Kopf,  an  welchem  man  hnks  vorn  die  beiden  convergi- 
renden  Schenkel  der  liinterhauptsnaht  eine  kurze  Strecke  zu 
fühlen  vermochte,  angelegt.  Dabei  ging  in  reichlicher  Menge 
Meconium  ab.  Mit  einer  Traction,  bei  welcher  ein  beträcht- 
licher Kraftaufwand  nöthig  war,  kam  der  Kopf  zum  Ein- 
schneiden. Während  des  Durchschneidens  wurde  in  die  enge 
Schamspalte  beiderseits  eine  Incision  gemacht.  Das  um 
3%  Uhr  Morgens  geborene  Kind,  ein  Knabe,  war  mit  sehr 
viel  Meconium  beschmutzt.  Trotzdem  dass  die  Nabelschnur, 
aus  welcher  man  etwas  dunkel  aussehendes  Blut  fliessen  liess, 
lebhaft  pulsirte,  trat  keine  Respirationsbewegung  ein.  Unter 
{  der  Anwendung  von  Hautreizen  wurde  der  Herzschlag  seltener. 

I  Es   wurde    deshalb    mittels  eines    in  die  Trachea   geführten 

I  Catheters   Luft   eingeblasen,   worauf   der  Herzschlag  wieder 

häufiger  wurde,  aber  keine  Bewegung  des  Kinds  eintrat.  Um 
'4V2  Uhr  Morgens  hörte  man  noch  immer  seltene  Schläge  des 
Herzens,  gab  aber  die  Wiederbelebungsversuche  als  erfolg- 
los auf. 


]J.    HiUer,  Ueber  den  FStalpnU.  51 

Die  linke  Schädelhäfle  war  beträchtlich  abgeflacht,  und 
das  linke  Scheitel-  und  linke  Stirnbein  unter  das  rechte 
Scheitel-  und  Stirnbein  und  etwas  nach  hinten  geschoben. 

Von  der  an  demselben  Tage  um  12  Uhr  Mittags  ange- 
stellten Secüon  will  ich  nur  das  Ergebniss,  welches  man  in 
den  Respirationsorganen  fand,  mittheilen.  Im  Schlünde  und 
in  der  Trachea  bis  in  die  feineren  Bronchien  fand  sich  grün- 
lich gefärbter,  zäher  Schleim.  Beide  Lungen  mit  Ausnahme 
des  untern  Lappens  der  rechten  Lunge  waren  völlig  mit  Luft 
gefüllt.  Dieser,  welcher  nur  an  4  Stellen  lufthaltige  Bläs- 
chen, ausserdem  eine  fötale  Beschaffenheit  zeigte,  sank  in 
Wasser  zu  Boden. 

2)  A.  H,  (3688),  eine  kräftige  Erstgeschwängerte, 
welche  Ende  April.  18Ö9  zum  letzten  Male  menstruirt  hatte, 
wurde  am  15.  Februar  1860  gegen  6  Uhr  Morgens  als 
Kreissende  gelagert  Seit  7  Uhr  begann  das  Fruchtwasser 
verstohlen  abzufliessen. 

Um  8%  Uhr  Morgens  fand  man  den  Uterus  ziemlich 
stark  vorn  überhängend,  etwas  nach  rechts  neigend  und  nur 
wenig  Fruchtwasser  enthaltend.  Die  Frucht,  von  den  Uterin* 
Wandungen  eng  umschlossen,  lag  in  der  ersten  Diagonale  jdej^ 
Uterus.  Rücken  und  Fötalpuls  links.  Die  Frequenz  dtes  letz-} 
teren  betrug  11  Schläge  in  5  Secunden.  Bei  der  inoerq 
Untersuchung  erreichte  man  mit  grosser  Leichtigkeit  d^$ 
ziemlich  tief  stehende  Promontorium,  die  Conj.  diag.  betrag 
3"  8 — 9'".  Der  Muttermund  war  in  der  Grösse  eines  Guld^n- 
stücks  eröffnet.  Durch  denselben  fühlte  man  den  Kopf  ziern- 
lich  voll  auf  den  Beckeneingang  gelagert. 

Um  10  V2  Uhr  Vormittags  wurde  die  Pfeilnaht  des  Kopfes, 
der  noch  auf  dem  Beckeneingange  lag,  in  der  RichUuig 
des  ersten  schrägen  Durchmessers,  und  die  kleine  FofltofiieUe 
links  und  ziemlich  in  der  Führungslinie  des  Beckens  gefühlt» 
sonst  Status  idem. 

Um  1  Uhr  Mittags  zählte  man  bei  der  Geb&rendeD, 
welche  wiederholt  Erbrechen  einer  grünen  Flüssigkeit  gehabt 
hatte,  wie  früher  11  Schläge  des  Fötalpulses.  Der  Mutter^ 
mund  war  Thalergross.  Der  Kopf,  welcher  mehb  auf  dem 
Beckeneingange  fixirt  war,  zeigte  etwas  GescbwulsL 

4* 


52  II*    ^(Uert   Ueber  den  Fötalpttitf. 

Um  4  Uhr  Nachmittags  fand  man  bei  der  äusseren,  wie 
bei  der  inneren  Untersuchung  keine  wesentliche  Verändemng. 

Um  7  Uhr  Abends  zählte  man  constant  13 — 14  Schläge 
des  Fötalpulses.  Fruchtbewegungen  wai*en  nicht  nachzuwei- 
sen. Der  Muttermund  war  in  der  Grösse  eines  Zweithaler- 
stQcks  eröffnet.    Die  Kopfgeschwulst  war  stärker  geworden. 

Am  16.  Februar  2%  Uhr  Nachts  zählte  man  12—13 
Schläge  des  Fötalpulses.  Fruchtbewegungen  waren  nicht  Tor- 
banden.     Der  Mutternumd  war  nicht  viel  grösser  geworden. 

Um  5  Uhr  Morgens  war  die  Frequenz  des  Fötalpulses 
wie  vorher.  Der  Muttermund  war  grösser,  der  Kopf  ragte 
tiefer  in  den  ßeckeneingang.  Wegen  der  Kopfgeschwuist 
fühlte  man  nur  noch  einen  Schenkel  der  Hinterhauptsnaht 
in  der  linken  Beckeuseite  verlaufend. 

Um  7  Uhr  Morgens  zählte  man,  wie  vorher,  12 — 13 
Schläge  des  Fölalpulses.  Der  Muttermund  war  noch  nicht 
völlig  retrahirt.  Der  Kopf  stand  im  Beckeneingange.  Es  ging 
Meconlum  ab. 

Um  8  Uhr  Morgens  zählte  man  12  Schläge  des  Fölal- 
pulses. Man  fühlte  noch  immer  einen  schmalen  Saum  des 
Muttermundes.  Der  Kopf  stand  noch  im  Beckeneingange.  Es 
wurde  die  Zange  angelegt.  Mit  zwei  Tractionen  rückte  der 
Kopf  in  die  Beckenhöhle  herab,  mit  der  dritten  kam  er  zum 
Einschneiden.  Während  des  Durchschneidens  des  Kopfes 
wurde  beiderseits  in  die  Schamspalte  eine  Incisiou  gemacht 
Das  Kind,  ein  Knabe,  war  mit  viel  Meconium  beschmutzt 
*  An  seiner  Nabelschnur  zählte  man  unmittelbar  nach  der  Ge- 
burt acht  Pulsationeu  in  5  Secunden.  Als  die  Nabelschnur 
durchschnitten  wurde,  und  sehr  dunkles  Blut  herausspritzte, 
schien  das  Kind  ,eine  kurze  Respirationsbewegung  zu  machen. 
Eine  zweite  wurde  trotz  der  sorgfaltig  augewendeten  Wieder- 
belebungsmittel,  zu  welchen  auch  das  Einblasen  von  Luft 
mittels  des  in  die  Trachea  geleiteten  Catlieters  gehörte,  nicht 
wahrgenommen.  '4  Stunde  nach  der  Geburt  wurde  das 
Wiederbeleben  des  Kindes  als  erfolglos  aufgegeben,  Die  ganze 
Unke  Schädelhälfle  war  m  hohem  Grade  abgeflacht  und  das 
linke  Scheitelbein  stark  unter  das  rechte  geschoben. 

Von  der  am  17.  Februar  4  Uhr  Nachmittags  angestell- 
ten Sectiou  erscheint  nur  folgendes  Resultat  für  unsere  Zwecke 


II.     Bnter,  Ueber  den  Fötalpul».  53 

wichtig.  In  der  Speiseröhre,  in  der  Luftröhre  und  m  den 
Bronchien;  am  reichlichsten  in  denen  der  rechten  Lunge, 
welche  weniger  als  die  linke  mit  Luft  gefdllt  ^ar,  fand  sich 
gran  gefärbter,  zäher  Schleim.  Die  linke  Lunge  war  völlig 
mit  Luft  geföilt  und  zeigte  an  ihrer  Oherflache  einige  emphy- 
sematöse  Stellen  von  geringem  Umfange. 

3)  D.  S.  (3730),  eine  miltelgrosse,  33  Jahre  alte 
Zweitgeschwängerte,  welche  zwei  Jahre  vorher  ihr  erstes 
Kind  zu  Haus  ohne  Kunsthälfe  todt  geboren  hatte,  fühlte  am 
17.  Mai  1860  gegen  3  Uhr  Morgens  die  ersten  Wehen.  Um 
5V4  Uhr  Morgens  fand  man  bei  der  Gebärenden  den  Uterus 
mit  der  gewöhnlichen  Menge  Fruchtwasser  gefüllt.  Die  Längen- 
achse der  Frucht  hg  in  der  ersten  Diagonale  des  Uterus. 
Links  vom  Nabel  fühlte  mau  kleine  Kindslheile  und  musste 
demgemäss  den  Rücken  der  Frucht  rechts  gelagert  annehmen. 
Doch  hörte  man  hiermit  in  Widerspruch  den  Fötalpuls  links 
vorn  in  au^Uiger  D.eutlichkeit.  Seine  Frequenz  betrug  10 
bis  11  Schläge  in  der  Wehenpause  und  8  Schläge  während 
der  Wehe.  Den  Muttermund  fand  man  in  der  Grösse  eines 
Fünfsilbergroschenstücks  eröffnet  und  fühlte  das  auf  dem 
Beckeneingange  liegende  Gesicht,  welches  von  der  massig  ge- 
füllten Fruchlblase  umgeben  war.  Die  Kinnspitze  fühlte  man 
links  und  die  Sürne  rechts.  Das  Promontorium,  welches  tief 
stand,  wurde  leicht  erreicht,  und  eine  Gonj.  diag.  von  4  Zoll 
gemessen. 

Um  7  Uhr  Morgens  zeigte  der  Fötalpuls  das  vorher  an- 
gegebene Verhalten.  Der  Muttermund  war  Guldenstückgross 
eröffnet.     Das  Gesicht  stand  fester  auf  dem  Beckeneingange. 

Um  ^  Uhr  Morgens  ging  das  Fruchtwasser  ah.  Unmit- 
telbar darauf  zählte  man  in  der  Wehenpause  11  und  wäh- 
rend der  Wehe  7  Schläge  des  Fötalpulses.  Der  Muttermund 
war  Thalerstückgross.  Man  fühlte  Bewegungen  der  Lippen, 
welche  etwas  zu  schwellen  begannen.    Es  ging  Meconium  ab. 

Um  9  Uhr  wurde  der  Fötalpuls  während  der  Wehe  auf 
5 — 6  Schläge  verlangsamt,  hob  sich  aber  in  der  Wehenpause 
wieder  auf  11  Schläge.  Der  Muttermund  war  grösser  als 
ein  Zweithftlerstöck.  Das  Gesicht  stand  im  Beckeneingange. 
Der  Abgang  von  Meconium  dauerte  fort. 


54  II-    Hüter,  üeber  den  Fötalpnls. 

Um  10  Uhr  zählte  man  in  der  Wehenpause  constant 
13 — 14  Schläge  des  Fötalpulses,  ohne*dass  zugleich  Kiod»- 
bewegungen  wahrzunehmen  waren.  Bei  der  inneren  Unter- 
suchung fand  man  dasselbe  Resultat  wie  vorher. 

Um  11  Uhr  zählte  man  in  der  Wehenpanse  15  Sdiläge 
des  Fötalpulses.  Während  der  Wehe  war  wegen  der  Ihi- 
ruhe  der  Gebärenden  die  Auscultation  unmöglich.  Der  Mutter- 
mund war  retrahirt.  Das  Gesicht  stand  tiefer  im  Becken  mit 
dem  Kinne  noch  mehr  links  seitwärts.  Der  Mund  des  Kindes 
stand,  wie  überhaupt  während  des  ganzen  Geburtsverlaufs 
offen.  Bei  statu  eodem  wurde  um  IIV2  Uhr  Vormittags  die 
Zange  in  der  Richtung  des  zweiten  schrägen  Durchmessers 
angelegt  Vorher  jedoch  war  die  Gebärende,  welche  sich 
sehr  unruhig  verhielt,  chloroformirt  worden.  Die  Zangen- 
operation erforderte  viel  Kraftaufwand  und  dauerte  fast 
Vs  Stunde ,  während  welcher  Zeit  man  mehrmals  15  Schläge 
des  Fötalpulses  zählte. 

Das  Kind,  ein  Mädchen,  zeigte  Viel  Meconium  auf  der 
Haut.  Es  machte,  nachdem  der  Nabelstrang,  an  welchem 
man  unmittelbar  nach  der  Geburt  5  bis  6  schwache  Pulsa- 
tionen in  5  Secunden  zählte,  unterbunden  war,  einige  Re- 
spirationsbewegungen, welche  in  seltenen  Pausen  wiederkehrten. 
Das  Lufteinblasen  mittels  des  in  die  Trachea  geschobenen 
Catheters  rief  zwar  eine  frequentere  Herzpulsation  und  sogar 
noch  um  12*4  Uhr  Mittags  einige  schwache  Respirations- 
bewegungen hervor,  aber  die  Wiederbelebung  des  Kindes 
gelang  nicht  Die  Section  des  Kindes  unterblieb,  weil  die 
Leiche  zu  Operationsübungen  am  Fantom  benutzt  werden 
sollte.  — 

Viel  häufiger  als  die  eben  besprochene  vermehrte  Fre- 
quenz des  Fötalpulses  finden  wir  das  Fortbestehen  seiner 
normalen  Frequenz  während  der  Geburt.  Am  häufigsten  aber, 
und  es  muss  dies,  wie  später  durch  Zahlen  nachgewiesen 
werden  wird,  als  Regel  betrachtet  werden,  beobachten  wir 
ein  Seltnerwerden  seiner  Frequenz  unter  der  Geburt,  StoUz 
(conf.  Depaul  1.  c.  p.  85)  war  der  erste,  welcher  angab, 
dass  die  Herzschläge  der  Frucht  unter  der  Geburt  verlang- 
samt würden  und  dass  dies  in  Folge  der  Weben,  besonders 
der  Treibwehen,    geschehe.    Mit  dem  Nachlassen*  der  Con- 


II.     Hüter,  Ueber  den  FStalpnlji.  55 

tractiön  des  Uterus  beobachtete  Stoltz  ein  Häufiger-  und 
Stärkerwerden  der  fötalen  Pulsationen.  Ein  vollkommenes 
Aufhören  derselben  während  der  Contractionen  und  die  Lang- 
samkeit ihrer  Wiederkehr  sieht  Stoltz  als  ein  Zeichen  der 
Schwäche  und  der  Störung  des  fötalen  Kreislaufs  mit  schlech- 
ter Prognose  für  das  Kind  an. 

Depaul  (1.  c.  p.  261)  sagt,  dass  im  Beginn  der  Webe, 
bevor  dieselbe  schmerzhaft  geworden,  oft  eine  leichte,  kurz- 
dauernde Beschleunigung  des  Fötalpulses  stattfinde,  und  dass 
dann,  wenn  die  Contraction  kräftiger  geworden,  eine  Ver- 
langsamung  desselben,  welche  unter  normalen  Bedingungen 
niemals  unter  100  Schläge  herabgehe,  eintrete.  Beginne  die 
Spannung  des  Uterus  zu  schwinden,  so  vermehre  sich  die 
Zahl  der  fötalen  Schläge,  und  einige  Secunden  nach  der  Con- 
traction trete  die  frühere  Frequenz,  welche  für  einen  kurzen 
Augenblick  noch  etwas  gesteigert  sei,  wieder  ein.  Dieser 
Wechsel  in  der  Frequenz,  welcher  von  der  Intensität  der 
Wehen  abhängig  sei,  kehre  mit  jeder  Wehe  bis  zur  Austrei- 
bung des  Kindes  wieder.  Depaul  führt  (pag.  358)  weiter 
an,  dass  man  die  Frequenz  des  Fötalpulses  unter  der  Geburt 
bis  auf  100  Schläge  herabgehen  sehen  könne  und  es  sei  dies 
die  äusserste  Grenze  des  normalen  Fötalpulses.  Wenn  aber 
die  Frequenz  noch  weiter  progressiv  abnehme  und  dies  in 
der  Wehenpause  zu  constatiren  sei,  so  werde  dadurch  eine 
Gefahr  für  das  Kind  bekundet.  Mit  der  Abnahme  der  Fre- 
quenz des  Fötalpulses  verringere  sich  auch  die  Intensität  des- 
selben. Die  Verminderung  der  Schallstärke  zeige  sich  zu- 
nächst am  zweiten  Tone,  der  sogar  bei  beträchtlicher  Abnahme 
der  Frequenz  ganz  verschwinden  könne.  Wenn  die  Frequenz 
des  Fötalpnlses  in  dem  Maasse,  nach  welchem  die  Wehen 
einander  folgen,  und  zugleich  seine  Intensität  in  gleicher 
Weise  abnehme,  so  könne  man  sicher  sein,  dass  das  fötale 
Leben  im  Uterus  gefährdet  sei,  und  hienach  die  Entschei- 
dung über  die  einzuschlagende  Kunsthälfe  bestimmen.  Es 
könne  schon  Gefahr  fiir  das  Leben  des  Kinds  eintreten,  ehe 
der  Fötalpuls  auf  100  Schläge  gesunken,  und  umgekehrt 
könne  ein  exspectatives  Verhalten  geboten  sein,  wenn  der 
Fötalpuls  eine  Frequenz  von  80  und  90  Schlägen  besitze. 
Wenn  die  Kupst  nicht  habe  einschreiten  können,   trete  der 


56  n.    Hüter,  Ueber  den  Fotalpnlfl. 

Tod  der  Frucht  ein  und  zwar  unter  fortschreitender  Abnahme 
der  Frequenz  des  Fötalpulses.  Die  Todesursache  könne  in 
dem  Drucke  der  Nabelschnur  oder  in  dem  Drucke  der  Placenta 
liegen.  Abgesehen  von  dem  abfliessenden  Meconium  könne 
die  Gefahr,  in  welcher  sich  das  Kind  befinde,  nur  mitteis 
der  Auscultation  erkannt  werden,  und  in  Folge  dessen  die 
Operation  mit  der  Zange  gd)oten  sein.  Die  Anwendung  ?on 
Seeale  cornutum  sei  zu  verwerfen,  weil  durch  dessen  Wir- 
kung auf  den  Uterus  die  Gefahr  fär  das  Kind  vermehrt  werde. 
Es  dürfe  höchstens  dann  von  dem  genannten  Mittel  Gebrauch 
gemacht  werden,  wenn  man  die  Gewissheit  habe,  dass  der 
Fötalpuls  völlig  regelmässig  sei. 

Schtoartz  giebt  (1.  c.  p.  248)  an,  dass  in  einer  erheb- 
lichen Anzahl  von  Fällen  weder  die  vorbereitende,  noch  die 
austreibende  Wehe  den  fötalen  Herzschlag  ändere.  Mit  Be- 
stimmtheit konnte  er  diese  ungestörte  Fortdauer  der  Normal- 
frequenz gewöhnlich  nur  bis  zum  beginnenden  Austritte  der 
Frucht  verfolgen.  In  der  grösseren  Anzahl  der  Fälle  hat 
Schwartz  eine  Störung  des  fötalen  Herzschlags  während  der 
Wehe  eintreten  sehen.  Obwohl  in  der  Regel  erst  in  der 
Austreibungsperiode  eine  Einwirkung  der  Wehe  auf  den  föta- 
len Herzschlag  zu  Stande  komme,  so  bemerke  man  doch  gar 
nicht  selten  schon  in  der  EröfTnungsperiode  und  selbst  vor 
dem  Blasensprunge  eine  Aenderung  der  fötalen  Herzcontrac- 
tionen  während  der  Wehe.  Diese  Aendenmg  bestehe  ge- 
wöhnlich in  einer  geringen  Schwächung  und  einfachen  Yer- 
langsamung,  welche  mit  der  Wehe  steige  und  mit  Nachlass 
derselben  so  rasch  zu  schwinden  pflege,  dass  in  den  ersten 
fünf  Secuuden  nach  völligem  Aufhören  .der  Uterincontraclion 
der  normale  Rhythmus  sich  wieder  hergestellt  habe.  Meistens 
zähle  man  während  der  Wehe  1,  2,  3—4  Schläge  in  5  Se* 
cunden  weniger,  als  die  Normalfrequenz  verlange.  Zuweilen 
und  zwar  unter  besondern,  die  Entfaltung  des  Wehendnicks 
ungewöhnlich  begünstigenden  Umständen  steigere  sich  die 
vorübergehende  Verlangsamung  des  fötalen  Herzschlages  der- 
gestalt, dass  auf  der  Höhe  der  Wehe  beide  Herztöne  aus- 
bUeben ;  erst  mit  Nachlass  der  Wehe  kehrten  dieselben  wieder, 
gewannen  im  Verhältniss  zum  Ablaufe  des  Stad.  decrementi 
an  Stärke  und  Frequenz,  erreichten  meistens  im  Beginne  der 


IT.     Wüier,  üeber  den  Fötalpols.  57 

Pause  die  frühere  Ziffer  und  behielten  diese  ungestört  für  die 
Dauer  der  Wehenpause.  Es  gehöre  zur  Regel,  dass  die  wäh- 
rend und  mit  der  Wehe  gesetzte  Aenderung  der  fötalen  Herz^ 
thStigkeit  sich  in  der  Pause  immer  wieder  ausgleiche  und 
keine  Beeinträchtigung  des  Fötallebens  nach  sich  ziehe,  aber 
dort,  wo  nach  der  Wehe  der  frühere  Rythmus  nur  zögernd 
und  langsam  wiederkehre,  zeige  sich  über  kurz  oder  lang 
eine  constante,  d.  h.  auch  in  der  Wehenpause  bemerkbare 
Verminderung  der  Herzschläge,  die  stetig  zunehme,  falls  nicht 
die  Geburt  früher  schon  ihr  Ende  finde.  Je  früher  die  Ge- 
burtsthätigkeit  den  Fötalherzschlag  zu  moditiciren  beginne,  je 
öfter  und  je  stärker  sie  dies  thue,  um  so  mehr  habe  man 
zu  fürchten,  dass  im  weiteren  Verlaufe  der  Geburt  die  Energie 
und  die  Häufigkeit  der  Herzcontractionen  einen  dauernden 
und  zunehmenden  Verlust  zeigen  werden.  Um  den  Wehen- 
druck rechtzeitig  erkennen  und  bemessen  zu  können,  sei 
es  nothwendig,  während  jeder  Geburt  auch  zur  Zeit  der 
Wehe  zu  auscultiren  und  dies  so  oft  als  thunlich  zu  wieder- 
holen. Nur  wenn  die  Wehen  gar  keine,  oder  nur  yorüber- 
gehende,  auf  die  DBuer  der  Uterincontraction  beschränkte 
Aenderungen  des  Fötalherzschlags  bewirkten,  könne  man  dar- 
auf rechnen,  dass  die  Frucht,  falls  sonst  kein  widriger  Zufall 
den  respiratorischen  Placentarverkehr  vor  der  Zeit  unter- 
breche, ohne  Verlust  an  Lebensenergie  zur  Welt  komme. 

Auf  welche  Art  und  Weise  die  Wehe  den  Fötalpuls  än- 
dert, beziehungsweise  seine  Frequenz  vermindert,  darüber 
giebt  Schwartz  (S.  118)  folgende,  völligen  Aufschluss  lie- 
fernde Erklärung:  Die  Wehe  verdrängt  (vermöge  der  sich 
contrahirenden  Uterinmusculatur)  den  Inhalt  der  klappenlosen 
Uteringefässe  nothwendig  eineslheils  nach  aussen  in  der  Rich- 
tung der  mütterlichen  Körpergefasse,  andemtheils  in  der 
Richtung  nach  innen  zwischen  die  Zellen  des  Placentarparen- 
chyms.  Letzteres  —  wenigstens  bei  vorgeschrittener  Ent- 
wickelung  ohne  alle  Gewallsamkeit  einem  Schwämme  ver- 
gleichbar, dessen  Poren  mit  mütterlichem  Blute  gefüllt  sind, 
dessen  Balkengerüste  aber  die  fötalen  Capillaren  führt  — 
erleidet  in  Folge  der  Zusammenziehung  des  Uterus  und  der 
Raumverminderung  seiner  Höhle  eine  Verkleinerung  seiner 
Haftfläche,  eine  Zusammendrängung,  einen  gewissen  Grad  von 


58  n.     Hüter,  lieber  den  Fötnipuls. 

Pressung.  Der  auf  das  Placentarparenchym  ausgeübte  Druck 
fördert  zunächst  die  Aufnahme  der  mütterlichen  InterceBular- 
flfissigkeit  Ton  Seiten  des  fötalen  Blutes,  zwingt  aber  sodann 
bei  seiner  Forldauer  und  Steigerung  auch  das  fötale  Blut 
zum  Ausweichen  in  der  Richtung  gegen  die  Nabelschnur  hin, 
hemmt  somit  das  Einströmen  aus  den  Nabelarterien,  beschleu- 
nigt und  vermehrt  das  Ausströmen  durch  die  Nabelvene.  In- 
dem auf  diese  Weise  eine  Stauung  in  den  Nabelarterien  und 
folgeweise  auch  in  der  Aorta  erzeugt,  gleichzeitig  auch  der 
Blutstrom  in  der  Nabelvene  verstärkt  wird,  muss  eine  Blut- 
überfullung  des  Herzens  entstehen,  welche  die  Thätigkeit 
dieses  Organs  in  rein  mechanischer  Weise  momentan  hemmt 
Frankenhäuser  (1.  c.  p.  169)  hat  bei  seinen  Beobach- 
tungen meist  mit  dem  Beginne  der  Geburt  eine  von  den  Weben 
unabhängige  Steigerung  der  Frequenz  des  Fötalpulses  gefun- 
den. Später  bei  regelmassigen  Wehen  beobachtete  er,  dass 
eine  Beschleunigung  des  Pulses  vor  jeder  Wehe  eintrete,  dass 
mit  der  Contraction  der  Puls  steigend  langsamer  werde  und 
nach  dem  Ende  derselben  die  geringste  Zahl  erreicht  habe. 
Die  weitere  Beschreibung  des  Einflusses  der  Wehen  auf  den 
Fötalpuls  liefert  nichts  wesentlich  Neues.  Frankenhävsm' 
giebt  ferner  an,  dass  er  den  Fötalpuls  bei  einer  Gesichtslage 
einmal  von  20  auf  12  Schläge  in  10  Secunden  hat  fallen 
sehen,  und  fahrt  fort:  „Letzteres  sind  im  Allgemeinen  seltene 
Fälle,  haben  aber  selbst  bei  längerer  Dauer  keine  gefahr- 
lichen Folgen  für  das  Kind,  wenn  die  Verlaugsamung  nicht 
auch  in  der  Wehenpause  bleibt  Noch  in  einem  anderen 
Falle  ging  der  Puls  während  heftiger  Druckwehen  von  128 
auf  80  und  zwar  abwechselnd  eine  ganze  halbe  Stunde,  den- 
noch wurden  beide  Kinder  ohne  ein  Zeichen  von  Scheintod 
geboren  und  athmeten  kräftig.  In  beiden  Fällen  war  der 
Puls  auch  in  der  Wehenpause  sehr  langsam.  Ich  kann  nach 
Obigem  die  Behauptung  von  Schwartz  nicht  bestätigen,  dass 
in  allen  Fällen,  in  welchen  der  Geburtsact  nicht  störend  in 
das  Fötalleben  eingreife,  sodass  die  Frucht  ohne  Spuren  vor- 
zeitiger Athemnoth  und  völlig  lebensfrisch  zur  Welt  komme, 
die  Frequenz  des  fötalen  Herzschlages,  abgesehen  von  kun 
voiübergehenden  Modificationen,  vom  ersten  Beginne  der  Ge- 
burt  bis   zum  Austritt   der  Frucht  unveränderlich  derselbe 


II.     ffat&Tf  Ueber  den  FöUlpuls.  59 

bleibe/'  Frankenkäuser  liefert  hierdurcb  den  Beweis,  dass 
er  die  hinreichende  Einsicht  in  die  yerdienstvoUe  Arbeit  von 
Schfvartz  nicht  besitzt.  Es  ist  nämlich  nicht  aHein  die  durch 
den  häufig  sich  wiederholenden  Act  der  Verlangsamung  des 
Fötalpulses  während  der  Wehe  erzeugte  Störung  des  fötalen 
Kreislaufs,  durch  welche  dem  Kinde  im  Uterus  die  Athemnoth 
erwächst,  sondern  es  kommt  wesentlich  darauf  an,  wie  der 
Austausch  zwischen  dem  mutterlichen  und  dem  fötalen  Blute 
während  der  Wehe  vor  sich  geht,  besonders  aber  welche 
Qualität  das  erstere  bei  diesem  Vorgange  besitzt  Hat  näm- 
lich (vergl.  8chwartZy  S.  119)  das  die  Placenta  tränkende 
Mutterblut  die  genugende  respiratorische  Qualität,  hat  das- 
selbe noch  einen  grossen  Beichthum  an  Sauerstoff,,  so  wird 
auch  während  der  Wehe  dem  fötalen  Organismus  das  erfor- 
derliche Bespirationsmaterial  zugeführt  und  keine  Athemnoth 
erzeugt.     Im  gegentheiligen  Falle  tritt  dieselbe  ein. 

Die  Beschleunigung  des  Fötalpulses  mit  Beginn  der  Wehe, 
Ton  welcher  Depaul  und  Frankenhäuser  übereinstimmend 
sprechen,  ist  gewiss  nur  als  ein  vorübergehendes,  durch  zu- 
fäUige  Kindsbewegungen  bedingtes  Ereigniss  zu  betrachten. 
Man  kann  sich  bei  längerem  Auscultiren  hinlän^ch  davon 
überzeugen. 

Da  Schwartz  das  grosse  Verdienst  zukommt,  die  wech- 
selseitigen Beziehungen  zwischen  dem  Kinde  und  der  Matter 
während  der  Geburt  genau  dargelegt  zu  haben,  so  bin  ich 
nur  im  Stande,  bestätigende  Zusätze  zu  den  Stellen  seines 
Werkes,  welche  über  den  Fötalpuls  handeln,  zu  Uefem. 
Schwartz  hat,  wie  bereits  oben  angegeben  ist,  in  einer  er- 
heblichen Anzahl  von  Fällen  während  des  ganzen  Verlaufs 
der  Geburt  weder  in  der  Wehenpause,  noch  während  der 
Wehe  eine  Veränderung  des  Fötalpulses  beobachtet  Doch 
konnte  er  diese  ungestörte  Fortdauer  der  Normalfrequenz  ge- 
wöhnlich nur  bis  zum  beginnenden  Austritte  der  Frucht  mit 
Bestimmtheit  verfolgen,  weil  die  letzten  Momente  der  Aus- 
stossung  entweder  zu  rasch  Vor  sich  zu  gehen  pflegen  oder 
von  zu  vielen  äusseren  Störungen  begleitet  sind,  sodass  man 
nur  selten  Gelegenheit  findet,  die  Wirkung  der  Schüttelwehen 
auscultatorisch  zu  bemessen.  Die  Angabe  in  Betreff  der  er- 
heblichen Anzahl  von  Fällen,  in  welchen  weder  während  der 


\ 


60  11-     Büter,  üeber  den  F8t«1pnlB. 

Wehenpause,  noch  während  der  Wehe  eine  Veränderung  im 
Fötalpulse  beobachtet  wird,  können  wir  dahin  erweitem,  dass 
wir  unter  den  bereits  öfters  erwähnten  200  Geburten  38  Mal 
das  besprochene  Factum  constatirten.  Diesem  Resultate  geben 
wir  eine  bessere  Form,  wenn  wir  sagen,  dass  bei  19  Proc. 
Geburten  keine  Aenderung  in  der  Frequenz  des  Fötalpulses 
während  des  Geburtsverlaufs  beobachtet  wird.  Keineswegs 
will  ich  aber  hiermit  gesagt  haben,  dass  in  diesen  FäUen  auch 
während  der  Schöttelwehen  die  Frequenz  des  Fötalpulses  un- 
verändert bleibt,  vielmehr  behaupten,  dass  gerade  die  letzten, 
die  Ausstossung  des  Kindes  bewirkenden  Wehen  es  sind; 
welche,  wenn  auch  während  des  ganzen  Geburtsverlaufs  keine 
Verlangsamung  des  Fötalpulses  nachzuweisen  war,  die  Zahl 
dieses  wenigstens  um  die  Hälfte  seiner  Normalfrequenz  und 
noch  tiefer  herabdrücken.  Man  kann  sich  hiervon  bei  den 
meisten  Geburten  zwar  nicht  durch  die  Auscultation ,  aber 
doch  auf  die  Weise  überzeugen,  dass  man  die  Pulsationen 
der  bei  der  Geburt  des  Kindes  zu  Tage  kommenden  Nabel- 
schnur ohne  den  geringsten  Zeitverlust  sofort  zählt  Mit  den 
ersten  Respirationen  und  Bewegungen  der  Frucht  kehrt  die 
frühere  Frequenz  des  Fötalpulses,  vorausgesetzt,  dass  kein 
hoher  Grad  von  Asphyxie  des  Kindes  vorhanden  ist,  rasch 
wieder  und  wird  sogar  noch  vermehrt.  Dies  ist  auch  der 
Grund,  dass  man  bei  den  Kindern,  welche  in  der  Pause 
zwischen  der  Geburt  des  Kopfes  und  der  des  Rumpfes  deut- 
lich wahrnehmbare  Respirationen  gemacht  haben,  die  Zahl 
der  Pulsationen  an  der  zu  Tage  kommenden  Nabelschnur  von 
der  Normalfrequenz  des  Fötalpulses,  welche  man  unter  der 
Geburt  constatirt  hatte,  nur  unbedeutend  verschieden  findet. 
Die  weiteren  von  mir  durch  die  Auscultation  während 
der  Geburt  gewonnenen  Resultate  sind  numerisch  zusammen- 
gestellt folgende.  Unter  den  200  Geburten  kam  die  durch 
die  Wehe  erzeugte  Verlangsamung  des  Fötalpulses  bei  162 
vor.  In  69  Fällen  trat  dieselbe  schon  in  der  Eröffnungs- 
periode ein,  und  in  S9  von  diesen  erhob  sich  der  Pötalpuls 
während  des  ganzen  Geburtsverlaufs  in  der  Wehenpause  stets 
wieder  auf  seine  ursprüngliche  Frequenz,  bei  30  dieser  Ge- 
burten dagegen  kehrte  der  Fötalpuls  während  der  Wehoi- 
pausen  in  der  Austreibungsperiode  nicht  zu  seiner  normalen 


II.    HüUr,  Ueber  den  Fötalpal«.  61 

Frequenz  zurück,  vielmehr  sank  seine  Frequenz  naeh  dein 
Ende  der  Geburt  hin  in  den  Wehenpausen*  mehr  und  mehr. 
Bei  den  übrigen  93  der  162  Geburten  machte  sich  der  Ein* 
fluss  der  Wehen  auf  den  Fötalpuls  erst  in  der  Austreibungs* 
Periode  gellend.  In  64  Fällen  erhob  sich  der  Fötalpuls  in 
der  Wehenpause  immer  wieder  auf  seine  normale  Frequenz, 
in  29  Fällen  dagegen  kehrte  der  ursprüngliche  Numerus  des 
Fölalpulses  in  den  Wehenpausen  nicht  wieder. 

Fragen  wir  nun,  von  welchen  Zuständen  es  abhängt, 
dass  die  Wehen  bei  19  Proc.  Geburten  die  Frequenz  des 
Fötaipulses,  .wie  wenigstens  durch  die  Auscultation  nachzu- 
weisen ist,  nicht  ändern,  dass  dagegen  bei  8.1  Proc.  Gebur- 
ten die  Wehen  eine  Verlangsamung  des  Fötalpulses  erzeugen, 
wai*um  dieser  Eiufluss  der  Wehen  auf  den  Fötalpuls  in  der 
grösseren  Zahl  der  Fälle  erst  in  der  Austreibungsperiode,  in 
der  geringeren  schon  in  der  Eröffnungsperiode  nachzuweisen 
ist,  so  finden  wii*  hierauf  ebenfalls  bei  Schwartz  (S.  217) 
eine  ausführliche  Antwort.  Folgende  Punkte  nämlich:  1)  die 
Energie,  die  Dauer  und  die  Häufigkeit  der  Muskelcontraction. 
2)  Die  Menge  des  ursprünglich  vorhandenen  uud  insbeson- 
dere des  nach  dem  Blasensprunge  im  Eisacke  verbleibenden 
Fruchtwassers.  3)  Der  Umfang,  in  welchem  der  Frucht- 
körper den  Uterus  verlassen  hat.  4)  Die  Beschaffenheit  der 
Uterinwandungeu.  5)  Dias  Galiber  und  die  Vertheilung  der 
Uterinarterien.  6)  Die  Grösse,  dei*  Bau  und  der  Sitz  der 
Placenta  sind  es,  deren  verschiedenes  Verhalten  maassgebend 
ist,  ob,  in  welchem  Grade  und  wann  unter  der  Geburt  die 
Wehen  auf  die  Frequenz  des  Fötalpulses  Einfluss  üben.  Um 
mich  nicht  zu  oft  des  Fehlers  des  Wiederholens  schuldig  zu 
machen,  rouss  ich  den  Leser  auf  die  weitere  Ausführung 
dieser  Punkte  bei  dem  genannten  Autor  verweisen. 

Von  dem  unter  der  Geburt  erfolgenden  Absterben  der 
Frucht  erhalten  wir  nur  durch  die  Auscultation  des  Fötal- 
pulses sichere  Kunde.  Alle  Schriftsteller  stimmen  darin 
überein,  dass  dieser  Vorgang  unter  allmäligem,  in  den  Wehen- 
pausen leicht  zu  constatirenden  Langsamerwerden  des  Fötal- 
pulses stattfinde  und  von  abfliessendem  Meconium  begleitet 
werde.  Schwartz  fuhrt  (S.  251)  aus,  dass  diese  Aenderung 
des  Fötalpulses  in  Folge   der  durch  die  mehr  oder  weniger 


62  II*     HUUr,  Ueber  den  FötalpaU. 

voIlsUlndige  vorzeitige  Störung  des  respiratorischen  Placentar- 
Verkehrs  erzeugten  aspbyctischen  hHoxication  der  Fracht  zu 
Stande  komme. 

Depaul  (1.  c.  p.  362)  behauptet,  dass,  wenn  die  Zahl 
der  Herzschläge  bis  auf  20,  10  und  8  in  der  Minute  gesuiH 
ken  wäre,  nur  ein  Herzton,  nämlich  der  erste,  noch  gehört 
werde,  der  zweite  hingegen  verschwinde.  Schwartz  (S.  252) 
hat  dies  weder  während,  noch  nach  der  Geburt  zu  consta* 
tiren  Gelegenheit  gehabt  Ich  habe  in  einem  Geburtsfalle,  der 
wegen  eines  rhachitischen  Beckens  mittels  der  Perforation 
und  Kephalotripsie  zu  Ende  gefuhrt  werden  musste,  den  Gang 
des  Absterbens.  der  Frucht  genau  verfolgt  und  bis  zu  den 
letzten  Pulsationen  beide  HerztOne  genau  unterschieden. 

Man  wird  sich  erinnern,  dass  wir  oben  drei  Geburts- 
geschichten mitgetheilt  haben,  in  welchen  gegen  das  Ende 
der  lange  dauernden  Geburten  die  Frequenz  des  Fötalpulses 
dauernd  vermehrt  wurde,  und  die  drei  Kinder  sterbend  zur 
Welt  kamen.  Es  könnte  hiemach  Jemand  fragen,  woher  es 
komme,  dass  die  Kinder  ebensowohl  bei  gesteigerter,  wie  bei 
gesunkener  Frequenz  des  Fötalpulses  unter  der  Geburt  ab- 
sterben. Der  Leser  wird  sich  weiter  erinnern,  dass  wir  in 
den  drei  Geburtsfallen  die  Ursache  der  gesteigerten  Frequenz 
des  Fötalpulses  in  Respirationsbewegungen  suchten,  welche 
von  dem  Kinde,  weil  nur  geringe  Mengen  von  Lufl  durch 
die  Geburtswege  zu  seinem  Mimde  gelangen  könnten,  mit 
einiger  Anstrengung  im  Uterus  ausgeführt  wurden.  Die  Mög* 
lichkeit,  dass  unter  der  Geburt  etwas  Luft  durch  die  Geburts- 
wege zum  kindlichen  Munde  dringen  kann,  scheint  mir  nur  in 
der  geringeren  Anzahl  der  Fälle,  wenn  nämlich  die  ganze 
oder  halbe  Hand,  oder  Instrumente  eingeführt  werden,  und 
der  Mund  des  Kindes  der  Uterinwand  nicht  zu  fest  anliegt, 
vorhanden,  und  es  ist  daher  als  Regel  anzunehmen,  dass  in 
der  grössern  Mehrzahl  der  Fälle  die  absterbenden  Kinder 
keine  Luft  im  Uterus  zu  respiriren  vermögen  und  daher  am 
hSofigsten  unter  fortschreitendem  Sinken  der  Frequenz  des 
Fötalpulses  der  Tod  des  Kindes  eintritt. 

Für  mich  ist  es  kein  Zweifel,  dass  in  dem  oben  er- 
wähnten Falle  von  Perforation  und  Kephalotripsie  die  in  regel- 
mässigen Pausen,   welche  einige  Hinuten  dauerten,  wieder- 


II.    Etit$r,  Ueber  den  Fötalpuls.  63 

kehreoden  und  über  Vs  Stunde  lang  zu  constatirenden  zucken- 
den Kindsbewegungen,  welche  zu  der  Zeit,  als  der  Fötalpuls 
auf  7  Schläge  in  der  Wehenpause  herabgesunken  war,  ein- 
traten und  jedes  Mal  seine  Frequenz  uro  1  —  2  Schläge  für 
sehr  kurze  Zeit  zu  steigern  vermochten,  als  Aeusserungen 
des  Respirationsbedürfnisses  gedeutet  werden  mussten.  Hin- 
zufugen will  ich  noch,  dass  die  Lungen  des  Kindes  in  die- 
sem Falle  durchaus  fötal  waren. 

Der  Geburtshelfer  kommt  zuweilen  in  die  Lage,  mit 
ansehen  zu  müssen,  dass  der  Fötalpuls  unter  der  Gebm*t 
beträchtlich  an  seiner  Frequenz  verliert,  ohne  dass  derselbe, 
weil  die  Bedingungen  zum  Operiren  noch  nicht  erffdlt  sind, 
die  Geburt  künstlich  zu  beenden  vermag.  Dabei  hat  man 
Gelegenheit,  wahrzunehmen,  dass  sich  die  Frequenz  des 
Fötalpulses  auf  dem  Numerus,  bis  zu  welchem  sie  herab- 
gesunken, Stunden  lang  erhalten  kann.  So  beobachtete  ich, 
dass  bei  mehreren  Geburten  der  Fötalpuls,  dessen  Normal- 
frequeuz  11  Schläge  betrug,  auf  9  Schläge  in  der  Wehen- 
pause herabsank  und  diese  Frequenz  2  bis  3  Stunden  lang 
beibehielt.  Die  Fälle,  deren  ich  eben  gedachte,  waren  Schädel- 
geburten. Ein  hiervon  wesentlich  verschiedenes  Verbalten 
zeigt  der  Fötalpuls  bei  Beckenendlagen.  Bei  diesen  sinkt 
nämlich  oft  seine  ursprüngliche  Frequenz  so  rasch  und  be- 
trächtlich und  erhebt  sich  nicht  wieder,  sodass  nur  ein  rasches, 
operatives  Einschreiten  das  kindliche  Leben  retten  kann.  Es 
kommt  bei  diesen  Geburten,  bei  welchen  das  untere  Rumpf- 
ende der  vorliegende  Theil  ist,  neben  der  durch  die  Wehen 
bewirkten  Störung  des  Placentarverkehrs  noch  der  Umstand 
in  Betracht,  dass  die  Nabelschnur  leichter,  als  dies  bei  Kopf- 
lagen möglich  ist,  gedrückt  werden  kann.  Mag  der  Nabelschnur- 
druck in  der  Uterinhöhle  zu  Stande  kommen,  oder  dadurch 
entstehen,  dass  die  Nabelschnur  vorliegt  oder  vorgefallen  ist, 
immer  wird  sich  derselbe  durch  ein  sehr  rasches  Sinken  der 
Frequenz  der  Fötalpulses,  welches  auch  in  der  Wehenpause 
fortschreitet,  kund  geben.  Es  geht  daraus  hervor,  dass  man 
bei  allen  Steiss-  und  Fusslagen  wenigstens  zu  der  Zeit,  zu 
welcher  der  Muttermund  in  der  Retraction  begriffen  ist,  in 
kurzen  Zwischenräumen  fleissig  zu  auscultiren  anfangen  und 
auch  in  der  Äustreibungsperiode  damit  fortfahren  muss,  um, 


64  II.     Hüter,  Ueber  den  Fötalpuls. 

wenn  der  Fölaipuls  beträchtlich  an   seiner  Frequenz  verikrt, 
die    Extraction    des    Kindes    ungesäumt    bewerkstelligen   zu 
können.    Wenn  man  bei  Rindern,  welche  in  Steiss-  oder  .Fass- 
stellungen geboren  werden,  unter  der  Geburt  ein  Sinken  der 
Frequenz  des  Fötalpulses  um  die  Hälfte  seiner  normalen  Zahl 
von  Schlägen,  ja   ein  noch   tieferes  Sinken  desselben  beob- 
achtet«  so  vermag  man  doch  die  in  diesem  Falle  stets  mehr 
oder   weniger  asphyctisch   zur  Welt  kommenden  Kinder  io 
viel  grösserer  Zahl   wieder  zu  beleben,  als  die  bei  Schädel- 
geburten asphyctiscli  geborenen  Kinder,  deren  Fötalpuls  meist 
gar  nicht  so  beträchtlich  an  seiner  Frequenz  unter  der  Ge- 
burt verloren  hatte.     Daher  scheinen  die  Folgen  eines  plölz- 
Uch  und   intensiv  eintretenden  Wehendinicks ,  wenn  derselbe 
von  kurzer  Dauer  ist,   von   dem   kindlichen  Leben  leichter 
ertragen   zu  werden,    als   wenn  derselbe  allmälig  zu  Stande 
kommt  und  nachhaltig  fortwirkt.    Dies  Letztere  ereignet  sich 
meist   bei    Schädelgeburten    mit   langer  Geburtsdauer.     Veit 
(Monatsschrift  für  Geburtskunde,  VL  Bd.,  IL  Heft,  Berlin  1855, 
S.  124)  hat  die  Gefahr,  welche  dem  kindlichen  Leben  durch 
die  zu  lange  Dauer  der  Geburt  erwächst,    auf  statistiscbeiB 
Wege  nachgewiesen  und  gelangte  dadurch  zu  folgenden  zwei 
wichtigen  Resultaten :  1)  Dass  die  Gefahr  für  das  Kind,  wenn 
die  Geburt  innerhalb  12  Stunden  beendet  wird,  nur  halb  so 
gross  ist,  als  wenn  sie  bis  zu  24  Stunden  lang  dauert,  und 
dass  sie  bei  weiterer  Verzögerung  des  Geburtsgeschäftes  noch 
mehr    wächst.     2)  Dass  sclion  eine  mehr  als   zweistündige 
Dauer  der  Austreibungspenode  das  Kind   sichtbar  gefährdet 
Seitdem  ich  dem  Verhalten  des  Fötalpulses  unter  der 
Geburt  mehr  Aufmerksamkeit  zuwendete,   durch  das  Werk 
von  Schwartz  die  Gefahr,   in  welcher  das  kindliche  Leben 
unter  der  Geburt  schwebt,  besser  kennen  lernte,  und  in  dem 
Sinken  der  Frequenz   des  Fötalpulses  das  wichtigste  Zeicbeo 
dieser  Gefahr   erkannte,   wurden   die  Geburten   in  der  Mar- 
burger  Entbindungsanstalt  häufiger,   als   es  früher  geschehen 
war,  durch  die  Zangenoperation  abgekürzt.     Die  Folge  davon 
war,  dass  nicht  nur  die  Zahl  der  unter  der  Geburt  gestor- 
benen und  der  sterbend  geborenen  Kinder,  sondern  auch  die 
Zahl  der  nach  der  Geburt  erkrankten  und  gestorbenen  Kinder 
sich  sehr  beträchtlich  verminderte. 


1 


Tl.     Hüter  f  Heber  den  FötalpnU.  g5 

Da  es  sich  öfters  bei  Geburten  ereignete,  dass  Prakti- 
kanten, welche  ohne  Uhr  auscuJtirt  hatten,  mir  sagten,  der 
Fötalpuls,  welcher  Yon  seiner  ursprünglichen  Frequenz  schon 
verloren  hatte,  verhalte  sich  normal,  so  geht  daraus  die 
Wichtigkeit,  die  Zaiil  der  fötalen  Pulsationen  genau  nach  der 
Secundenuhr  anzugeben,  zur  Genöge  hervor.  Nicht  minder 
wichtig  ist  es,  die  normale  Frequenz  des  Fötalpulses,  welche, 
wie  wir  oben  angegeben  haben,  je  nach  dem  Individuum  ver- 
r^chieden  ist,  in)  Beginne  der  Geburt  festzusteUen.  Denn,  weni^ 
man  z.  B.  bei  einer  Geburt  in  der  Auslreibungsperiode 
10  Schläge  des  Fötalpulses  während  der  Wehenpause  zählt, 
so  kann  diese  Zahl  die  ursprüngliche  Normalfrequenz  sein, 
aber,  wenn  diese  12  Schläge  betragen  hat,  eine  Verlaug- 
samung  des  Fötalpulses  um  2  Schläge  manifestiren.  Nur 
wenn  der  Auscultirende  9  Schläge  und  darunter  zählt,  muss 
er,  ohne  dass  er  die  ursprungliche  Normalfrequenz  kennt, 
wissen,  dass  der  Fötalpuls  ein  pathologisches  Verhalten  darbietet. 
Da  ich  die  Ueberzeugung  gewonnen  habe,  dass  das 
Dumeriscbe  Verhalten  des  Fötalpulses  zu  den  meisten  Zangen- 
und  auch  zu  vielen  anderen  geburtshülflichen  Operationen 
die  Indication  abgiebt,  so  erachte  ich  es  durchaus  für  noth- 
wendig,  dass  in  jeder  Geburtsgescbichte  die  Zahlen  der  föta- 
len Pulsationen  während  der  Wehenpausen  wie  während  der 
Wehen  ebenso  angegeben  werden  mässen,  wie  in  jeder  Kranken- 
geschichte die  Zahl  der  Pulse  des  P9tienlen  verlangt  wird. 

Ich  habe  jetzt  noch,  um  der  vorliegenden  Arbeit  ihren 
Scbluss  zu  geben,  den  Leser  auf  das  Gapitel,  w^elches  Schwartz 
(S.  270)  mit  Prognose  und  Therapie  überschrieben  hat^  hin- 
zuweisen. 

Als  Anhang  mögen  folgende  Bemerkungen,  zu  welchen 
mich  die  Arbeit  von  Frankenhäuser  über  Nabelschnur- 
geräusch, Nabelschnurdruck  und  Hirndruck  (Monatsschrift  für 
Geburtskunde,  XV.  Bd.,  5.  Heft,  Berlin  1860,  S.  354)  ver- 
anlasst hat,  betrachtet  werden.  Zunächst  habe  ich  meine 
früheren 'Angaben  über  das  sogenannte  Nabelschnurgeräusch 
dahin  zu  erweitern,  dass  ich  dasselbe  bei  4  Personen  unter 
der  Geburt  hörte,  bei  welchen  ich  es  in  der  Schwangerschaft 
nicht  gefunden  hatte.  Es  kommen,  wenn  ich  die  oben 
erwähnten   drei   Fälle,    in   welchen   das  Nabelschnurgeräusch 

MonAt«flobr.  f.  Gebartsk.  1861.  Bd.  XVin.,  SuppL-HA.  6 


QQ  II.    Hüter,  lieber  den  Pötalpole. 

während  der  Schwangerschaft  und  während  der  Geburt  zu  hören 
war,  hinzurechne,  somit  7  Fälle  von  Nabelschnurgerdusch 
unter  200  Geburten  vor.  Frankenhäuser  rechnet  auf  100  Ge- 
burten durchschnittlich  8  Fälle,  und  sucht  ira  weiteren  Ver- 
laufe seiner  Arbeit  die  verlassene  Erklärung  ober  die 
Entstehung  .  des  Nabelschnurgeräusches  durch  Druck  der 
Nabelschnur  wieder  zu  begründen. 

Als  wesentliches  Resiütat  meiner  Beobachtungen  habe 
ich  hervorzuheben,  dass  ich  in  allen  Fällen  eme  mit  dem 
Geburtsveriaufe  fortschreitende  Abnahme  der  Intensität  des  so- 
genannten Nabelschnurgcräusches  gefunden  habe.  Da  Franken- 
häuser angiebt,  dass  das  Geräusch  gewöhnlich  nach  dem 
Blasensprunge  verschwinde,  so  muss  ich  betonen,  dass 
ich  dasselbe  immer  nach  dem  Blasensprunge,  wenn  auch 
schwächer,  forthörte  und  kurz  vor  der  Ausstossung  des  Kindes 
niemals  mehr  fand.  Würde  ein  Druck  auf  die  Nabelschnur 
das  Geräusch  bedingen,  so  wurde  derselbe  mit  dem  Fort- 
schreiten der  Geburt  unter  der  gesteigerten  Wehenthätigkeit 
eher  vermehrt  als  vermindert  werden,  und  daher  die  Inten- 
sität des  Geräusches  statt  abzunehmen,  zunehmen  müssen. 
Ich  theile  daher  die  Ansicht  von  Schwartz  (S.  252),  dass 
das  sogenannte  Nabelschnurgeräusch  ein  systolisches  Geräusch 
des  fötalen  Herzens  ist,  über  dessen  Entstehung  wir  noch 
keine  Erklärung  besitzen. 

Wenn  Frankenhäuser  weiter  in  seiner  Arbeil  auszu- 
führen sucht,  dass  bei  Kindern,  deren  Kopfknochen  eine 
pergamentartig  knitternde  BeschafTenbeit  unter  der  Geburt 
zeigten,  hierdurch,  besonders  aber  wenn  dazu  die  Zange  an- 
gelegt werde,  Himdruck,  welcher  eine  Verlangsamung  des 
Herzschlags  und  dadurch  Asphyxie  veranlasse,  zu  Stande 
komme,  so  kann  ich  diese  Ansicht  ebenfalls  nicht  theilen, 
weil  ich  Kinder,  welche  die  vorgenannte  BeschalTenheit  der 
Schädelknochen  besassen  und  bei  welchen  die  Zange  angelegt 
war,  lebensfrisch  und  andere  unter  denselben  Bedingungen 
mehr  oder  weniger  asphyctisch  habe  zur  Welt  kommen  sehen. 
Es  muss  demnach  die  Störung  des  Placentarverkehrs.  als  Ur- 
sache der  Asphyxie  solcher  Kinder  aufrecht  erhalten  werden. 


III.     Sehwegdj  Beitrüge  sur  Anatomie  des  Beckens.        87 
III. 

Beiträge  zur  Anatomie  des  Beckens. 

Von  ' 

Dr.  Schwegel, 

Distrietspbysiker  in  Wippach  (Krain),  gewesener  Proseetor  in  Prag. 

Die  Lehre  vom  Becken  ist  theils  durch  die  Anatomeo, 
theils  durch  die  Geburtshelfer  so  weit  gediehen,  dass  es  scheint, 
man  werde  ober  diesen  Körpertheil  kaum  etwas  Neues  hinzu- 
fugen können.  Ich  war  mir  dieses  Umstandes  bei  Abfassung 
der  vorliegenden  Arbeit  wohl  bewusst,  und  nur  die  Ueber- 
zeugung,  dass  keine  menschliche  Kenntniss  so  abgeschlossen 
ist,  als  dass  sich  durch  Fleiss  und  Ausdauer  nicht  neue  Be- 
ziehungen auflinden  Hessen  und  dass  eine  genaue  Kenntniss 
der  Beckenanatomie  für  den  praktischen  Geburtshelfer  das 
erste  Bedürfniss  ist,  veranlasste  mich  zu  anhaltenden  Studien 
über  das  Becken,  deren  Resultate  ich  hier  miltheile. 

Ich  werde  die  einzehien  gemachten  Beobachtungen  aus- 
führlich besprechen  und  dabei  die  Beziehungen  auf  die  prak- 
tische Geburtskunde  hervorheben.  Um  bereits  Bekanntes 
nicht  auseinanderzusetzen,  war  ich  bemüht  das  Geleistete  in 
der  Beckenanatomie  kennen  zu  lernen,  denn  an  Wahrheiten 
gewinnt  man  nur,  wenn  man  auf  die  Vergangenheit  und 
Gegenwart  sich  stützt. 

In  der  Auseinandersetzung  des  Gegenstandes  ging  meine 
Bemühung  besonders  dahin,  über  dem  Studium  der  Knochen 
im  trockenen  Zustande  jenes  der  frischen  Knochen  nicht  zu 
vernachlässigen.  Um  ein  richtiges  Yerständniss  der  Becken- 
knuchen  zu  erlangen,  habe  ich  die  einzelnen  Weichtheile,  als: 
Haut,  Muskeln,  Fascien,  Gefasse,  Nerven  und  Eingeweide  mit 
beständiger  Bezugnahme  auf  die  wechselseitigen  Verhältnisse  von 
den  Knochen  getrennt.  Nur  einer  solchen  methodischen  Präpa- 
ratiou  wird  es  möglich,  die  Vertiefungen,  Erhabenheiten,  Höcker, 
Stachel,  rauhen  Linien,  Furchen  u.  a.  in  richtige  Beziehungen 
zu  den  Muskeln,  Bändern,  Gelassen,  Nerven  und  anderen  Or- 
ganen zu  bringen.  Auf  solche  Art  wird  es  bestimmt,  welche 
Knochengegenden  subcutan,  subaponeurotisch  oder  submus- 

5* 


(>^         III.    Sehwegelf  iSeiträge  sur  Anatomie  de»  Beckens. 

culös  sind,  welche  zur  Abnahme  der  Beckenmaasse  am  dien- 
lichsten sind,  wo  ein  Druck  auf  die  Gefässe,  Nerven,  die  Gebär- 
multcr  ausgeübt  werden  kann.  Eine  derartige  Bearbeitung 
der  Knochen  haben  Riolan^)  und  Monro^)  in  den  vorigen 
Jahrhunderten  gefordert,  und  ersterer  eine  solche  als  Osteologie 
nouvelle  bezeichnet.  In  neuester  Zeit  bat  Struthers^)  in 
solcher  Weise  das  Schlüsselbein  bearbeitet  und  nicht  un- 
wichtige Beitrage  zur  Anatomie  desselben  geliefert  Jene 
Präparation  der  Knochen,  wobei  die  Weichtlieile  im  Groben 
weggeschnitten,  alsdann  die  Beinhäute  abgeschabt,  weiters  die 
Knochen  ausgewässert  und  gebleicht  werden,  ist  zwar  bequem 
aber  verschafll  nur  niangeihaHe  Kenntnisse  aus  der  Osteologie; 
sie  unterscheidet  sich  nicht  von  der  urzuständlichen,  indischen 
Präparationsmethode. 

Die  Beiträge  zur  Beckenanatomie,  welche  den  Gegenstand 
der  vorliegenden  Abhandlung  bilden ,  werden  nach  den  einzelnen 
Knochen  geordnet. 

I.    Das  Krenzbein.^) 

Unter  350  Kreuzbeinen  beobachtete  ich  fünf  männliche 
mit  sechs  und  Ein  weibliches  mit  vier  Wirbeln.  Darunter 
sind  jedoch  weder  solche  Kreuzbeine  begriflen,  wo  der  fünfte 
Lenden*  oder  erste  Steisswirbel  mit  dem  Kreuzbeine  knöcbeni 
verwachsen  ist,  noch  jene,  wo  der  erste  KreuzbeinwirbeJ 
die  BescbalTenheit  euies  Lendenwirbels  oder  der  Letzte  die 
eines  Steisswirbels  angenommen  hat.  Sieben  Kreuzbeiuwirbel, 
die  F.  Faaw,^)  Blumenbach ^)  gesehen  haben  soilen,  fand 

1)  Riolanij  encheiridiuui  anat.  et  path.,  1649. 

2)  Monro^  Tho  anatoniy  of  the  haoiaii  bones,  1726. 

3)  Struihera,  The  clavic.le,  Edinboiirgh  1855. 

4)  Bei  den  alten  Anatomen  hiess  es  ausser  M^yag  anovSvlog 
und  isQog,  dann  Os  latam  und  cluniuni,  auch  Os  sacruin  Anconi 
und  Portbyris.  Der  Name  Anconon  bedeutet  wahrscheinlich  das 
Hüftbein,  und  ist  mit  dem  veralteten  ilalieniscbeu  Anca,  yod 
Dante  für  Hüftbein  gebraucht  und  mit  ayyLog,  Biegung,  verwandt 
Der  Karao  Porthyris  ist  wahrscheinlich  zusaroniengesetzt  aus 
noQVT],  scrotum,  oder  noQvog,  porus,  und  ^ga. 

5)  PetriPaaWj  Primitia  anatomica;  de  humani  corporis  ossibut. 
Amstelod.  1633. 

6J  Yergl.  VoigteVs  Handbuch  der  pathol.  Anatomie. 


III.    Schtcegel,  Beiträge  zur  Anatomie  des  Beckens.         69 

ich  nie;  sie  diirfteu  «uch  nur  dann  gezählt  werden,  wenn  die 
Lenden-  oder  Sleisswirbel,  welche  die  BeschafTenheit  von 
Kreuzbeinwirbeln  annehmen,  zu  diesen  bezogen  werden.  Die 
Theile  eines  Wirbels  fand  ich  abnorm  gebildet,  indem  einzelne 
davon  fehlten,  verkümmert  oder  mangelhaft  entwickelt  waren. 
Wenn  einzelne  Theile  fehlten,  so  kamen  dann  auch  abnorme 
Verschmelzungen  vor.  So  sah  ich  drei  Fälle,  wo  die  rechts- 
seitige Bogenhälfle  des  ersten  Rreuzbeinwirbels  mit  der  links- 
seitigen des  zweiten  sich  vereinigte  und  die  linksseitige  des 
ersten  und  die  rechtsseitige  Bogenhalfte  des  zweiten  Wirbels 
fehlten.  In  zwei  Fällen  vereinigte  sich  die  linksseitige  Bogen- 
halfte des  ersten  Wirbels  mit  der  rechtsseitigen  des  zweiten; 
die  rechtsseitige  Bogenhalfte  des  ersten  Wirbels  fehlte,  die 
linksseitige  des  zweiten  war  mit  der  gleichseitigen  Bogen- 
halfte des  ersten  Wirbels  knöchern  verschmolzen.  Drei  Mal 
erstreckte  sich  eine  solche  spiralige  Vereinigung  der  Bogen- 
hälflen  über  vier  Wirbel;  und  die  anderen  Bogenbälften  des 
obersten  und  untersten  Wirbels  dieser  spiralig  verbundenen 
Wirbel  fehlten  oder  ragten  frei  hervor.  Eine  ähnliche  Ab- 
weichung des  Kreuzbeines  hat  nur  HyrtU)  beschrieben;  sie 
unterscheidet  sich  von  denen ,  die  ich  beobachtet  dadurch, 
dass  in  dem  Falle  HyrtTs  die  Bogenbälften  sich  nicht  ver- 
einigten und  daher  einen  offenen  Kanal  bildeten.  Diese  spira- 
ligen Verschmelzungen. sind  analog  jenen  der  Hals-  und  Rücken- 
wirbel, welche  ich^)  und  Anby^)  beschrieben  haben. 

Wenn  die  Bogenbälften  nach  rückwärts  verkümmert  und 
mangelhaft  entwickelt  sind,  so  entsteht  ein  offener  Wirbel- 
kanal. Solche  Spaltungen  beobachtete  ich  unter  350  Becken 
37  Mal.  Nur  die  zwei  oberen  oder  unteren  Wirbel  sind  öfter 
gespalten  als  Alle,  oder  nur  die  mittleren,  woraus  hervorzu- 
gehen scheint,  dass  der  dritte  Wirbelbogen  am  frühesten  zur 
Entwickelung  komme  und  diese  dann  nach  oben  und  unten 
fortschreite. 

1)  Vergl.  HyrtV»  Lehrbach  der  Anatomie  des  Menschen. 

2)  Knochenvarietäten.     Henle   nnd  Pfeufer*B    Zeitschrift    für 
rationelle  Medicin,  III.  Heft,  Bd.  V. 

3)  Ueber    eine    eigenthümliche   Wirbelanamalie.    MenU  und 
P/eufer'B  Zeitschrift  für  rationelle  Medicin,  Bd.  VII.,  1.  Heft. 


70         ni.    Sehwegelj  BeitrKge  xur  ADatomie  des  Beckens. 

Einzelne  Wirbeltbeile  nebmen  die  Beschaffenbeiteo 
Lenden-  oder  Steisswirbels  an.  So  beobacbtete  ich  vier 
Mal,  bald  die  eine  bald  die  andere  Seite  des  ersten  Wirbels 
so  bescbaffen   wie  die  Seitentbeile  des  fünften  Lendenwirbeb. 

Regelwidrige  Verbindungen  wurden  nicht  nur  bei  ?er- 
kömmerlen  sondern  auch  bei  normal  grossen  Knochen  Tor- 
gefunden.  Ein  Hai  war  der  erste  mit  dem  zweiten  Kreuz- 
beinwirbel  durch  Gelenke  und  Bänder  verbunden.  Bios  die 
Flügel  und  Gelenksfortsatze  des  ersten  und  zweiten  Wirbels 
ligamentös  anstatt  knöchern  vereint  beobachtete  ich  vier  Mal 
Derartige  Fälle  haben  bereits  Albinus  und  Sandifort^ 
mitgetheilt.  Manchmal  sind  die  Körper  der  ersten  zv?ei,  in 
seltenen  Fällen  aller  Kreuzbeinwirbel  nur  knorplig  verbunden, 
indess  ihre  Flügel  und  Querfortsätze  knöchern  verschmol- 
zen sind. 

Einige  andere  beobachtete  Beschaffenheiten  werden  nach 
den  einzelnen  Flächen  erörtert  werden. 

Die  vordere  Fläche  hat  eine  mittlere  und  zwei  seitliche 
Abtheilungen  oder  Zonen. 

Die  mittlere  Zone  ist  trapezförmig.  Sie  wird  von  den 
seitlichen  Linien  begrenzt,  welche  an  den  vorderen  Seiten- 
rändern der  Wirbelkörper  —  innen  zwischen  den  vorderen 
Kreuzbeinlöchern  gezogen  gedacht  werden.  Diese  Linien  nähern 
sich  einander  nach  unten;  nie  sah  ich  sie  unter  den  vielen 
Kreuzbeinen  parallel  verlaufen,  wie  sie  es  doch  müssten,  wenn 
die  Breite  zwischen  den  vorderen  Kreuzbeinlöchern  an  allen 
Kreuzbeinwirbeln  gleich  bliebe,  wie  es  Professor  Henle^)  an- 
gegeben hat.  Die  Breite  nimmt  von  oben  nach  unten  ab; 
sie  misst  an  weiblichen  Kreuzbeinen  nicht  mehr  als  an 
männlichen. 

Diese  mittlere  Abtheilung  ist  nach  der  Biegung  länger 
an  männlichen  als  weiblichen  Kreuzbeinen:  sie  beträgt  an 
Erstem  10  bis  13  Gentim,  an  Letztern  9  bis  11  Gentim. 
Levret ')  fand  sie  an  weiblichen  Kreuzbeinen  7,5  bis  10  Gentim. 


1)  J.  M,   Thierry,   De  partn  difficili  a  mala  conformatione 
pelvis,  Argent.  1764.  Auch  in  SandiforVs  ThesanruB  dissertationum. 

2)  Vergl.  Htffile,  Knochenlehre  d. Menschen,  Brannschweig  1855. 

3)  Levret f  L'art  d'acconchement  demontr^  par  des  principe« 
de  physiqne  et  de  m^chaniqne,  Paris  1761. 


*^  ni.    ßehwegsl,  Beiträge  sur  Anatomie    ies  Beckens.         71 

^  lang.    Es  giebt  mitbin  minDÜcbe  und  weibliche  Kreuzbeine, 

^:  welche    der   Länge    dieser   Linie   nach    keinen    Unterschied 

^1  darbieten. 

i^  Die  Zone  ist  von  oben  nach  unten  concav.-    Die  grösste 

r  k  Krümmung  fallt  an  den  dritten,  selten  den  zweiten  oder  vierten 

y>.  Wirbelkörper.     In  Frauenbecken   fallt   sie   constant   an   den 

@|  dritten   Wirbel;  in   männlichen  Becken   wird   sie   sowohl  an 

g  dem   zweiten   als   vierten  Wirbel  gemessen.     Die  Krümmung 

)ir  habe  ich   durch   die  Entfernung  der  Sehne  von  den  Punkten 

^  der  krummen  Ebene  bestimmt.    Im  weiblichen  Becken  beträgt 

:.:-.  diese  Entfernung  10  bis  14'";  im  männlichen  nur  6  bis  10'". 

^  Levret^)  hat  im  weiblichen  nur  6  bis  8'",  Crdve^)  nur  6"' 

^  angegeben.     Demnach   ist   das  weibliche  Kreuzbein   mehr  als 

.^^  das  männliche  gekrümmt.    Die  grössere  Krümmung  des  Letz- 

teren ist  nur  scheinbar  und  wahrscheinlich  dadurch  bedingt, 
dass  am  männlichen  Kreuzbeine  die  grösste  Krümmung  in 
das  untere  Drittel  der  Zonenlänge  versetzt  ist.  Die  Längen- 
krümmung dieser  Zone  ist  practisch  wichtig:  von  ihr  hängen 
ab  die  Längen  der  Conjugata  in  der  Beckenweite.  Diese  ist 
im  weiblichen  Becken  länger  als  im  männlichen,  was  der  Ion- 
gitudinalen  Krümmung  der  genannten  Zone  entspricht  Geringe 
Krümmungen  des  Kreuzbeines  bedingen  eine  Art  flacher 
Becken;  übermässige  Krümmungen  erzeugen  die  bauchigen 
Becken.  Die  Krümmung  dieser  Zone  nach  der  Breite  ist 
unerheblich.  — 

In  den  Yerscbmelzungslinien  der  Wirbelkörper  kommen 
vor  manchmal  mit  breiter  Basis  aufsitzende  1  bis  4'"  hohe 
Stachel  und  Höcker:  manchmal  verlaufen  zwischen  den  vor- 
deren Kreuzbeinlöchern  erhabene,  1  bis  2"'  hohe  Kuochen- 
leisten. 

Die  Stachel  und  Erhabenheiten  dieser  Gegend  haben  eine 
praktische  Bedeutung,  weil  sie  nur  von  der  Fascia  bedeckt 
oder  subfascial  liegend  die  angedrückten  Organe,  als  Mast- 
darm, Gebärmutter  \l  a.  verletzen  könnten.  Ich  halte  die 
erhabienen  Verschmelzungslinien  der  Wirbel  mit  den  Stacheln 
für  pathologische  Erscheinungen.    Letztere  sind  schon  lange 


1)  Levret  1.  c. 

2)  Vom  Baue  des  weiblichen  Beckens,  Lelpsig  1794. 


72         I^^>    Sehicegel j  Beiträge  zur  Äoatomie  des  Beckens. 

t 

her  bekannt  und  sowohl  von  Anatomen  als  Geburtshelfern 
erklärt  worden. 

Am  zweiten  und  dritten  Wirbelkörper  seitlich  kommen 
constant  seichte  Grübchen  vor,  welche  den  Ursprungsstellen 
des  bimförmigen  Muskels  entsprechen  —  Foveola  pro  musculo 
pyriformi.  In  seltenen  Fällen  werden  anstatt  der  Foveola 
breit  aufsitzende,  abgeplattete,  nach  aussen  gekehrte  1  bis  2* 
lange  Stachel  beobachtet.  Sie  dienen  gleichfalls  dem  Muscu- 
lus pyriformis  zum  Ansätze,  sie  sind  als  seitliche  Stachel  von 
geringerer  Bedeutung  als  jene  der  Mittellinie  nahen  patho- 
logischen Stachel. 

Ueber  diese  ganze  Gegend  sind  nur  kleine  und  mittel- 
grosse GefassöfTnungen  der  Knochen  verbreitet.  An  ihr  liegen 
nur  unbedeutende  Geiasse  und  der  Beckentheil  des  Nervus 
sympathicus.  Ein  Druck  auf  diesen  Nerven  ist  wohl  möglich, 
weil  diese  Gegend  nur  mit  einer  Fascia  bedeckt  ist  Die  seit- 
lichen Stachel  sind  mit  Weichtheilen  bedeckt  und  werden 
auch  desshalb  keinen  Druck  ausüben  können. 

Die  Zone  wird  in  eine  obere  und  eine  untere  schiefe 
Fläche  getheilt,  die  unter  einem  Winkel  von  106  bis  115*> 
zusammenstossen.  Die  obere  schiefe  Fläche  steht  zum  Hori- 
zonte unter  einem  Winkel  von  30  bis  40^,  zur  Conjugala 
des  Einganges  unter  85  bis  95^.  Die  untere  schiefe  Fläche 
steht  zur  unbeweglichen  Conjugata  des  Ausganges  unter 
90  bis  lOO» 

Zu  jeder  Seite  der  mittleren,  subfascialen  Zone  liegt 
eine  von  Weichtheilen  bedeckte,  seitliche  Zone.  Diese  Zone 
ist  um  einige  Linien  kürzer  als  die  mittlere,  weil  die  vorderen 
abgerundeten  Kanten  der  Seitentheile  des  ersten  und  fünften 
Kreuzbeinwirbels  ausgeschweift  sind. 

Sie  ist  von  oben  nach  unten  gerade  so  gekrümmt  wie 
die  mittlere,  dagegen  ist  sie  in  die  Quere,  von  innen  nach 
aussen,  stärker  als  die  Mittlere  gekrümmt.  Die  Krümmung 
der  seitlichen  Zone  ist  auch  nach  dem  Geschlechte  verschieden: 
sie  ist  an  den  männlichen  Kreuzbeinen  geringer  als  an  den 
weiblichen.  Deshalb  sind  auch  die  rückwärtigen  Becken- 
winkel, welche  aus  der  Verbindung  des  Kreuzbeins  mit  den 
Hüftbeinen  entstehen,  beim  Manne  fast  rechtwinklig,  und  bei 


ITI.    Sehwegel,  Beiträge  zur  Anatomie  des  Beckens.         73 

der  Frau  mehr  abgerundet  Die  Entfernung  der  Sehne  — 
gezogen  zwischen  den  erhabensten  Punkten  der  Seitentbeile 
—  vom  tiefsten  Punkte  der  seitlichen  Zone  beträgt  am  männ- 
lichen 3  bis  6^',  am  weiblichen  3  bis  8'",  zur  mittleren  Zone 
wenigstens  1"'  weniger.  Das  männliche  Kreuzbein  ist  dem- 
nach sowohl  in  die  Länge  als  in  die  Quere  weniger  gekrümmt 
als  das  weibliche. 

Bezöglich  der  Breite  der  mittleren  Zone  habe  ich  vorher 
angegeben,  dass  sie  von  oben  nach  unten  abnimmt,  aber  nach 
dem  Geschlechte  nicht  verschieden  ist. 

Auch  die  Breite  der  seitlichen  Zone  nimmt  von  oben 
nach  unten  ab  und  zwar  auffallend.  Ueberdies  ist  die  Breite 
derselben  nach  dem  Geschlechte  verschieden.  Sie  beträgt  am 
männlichen  oben  2,7  bis  3,5  Centim.,  unten  1,5  bis  2  Centim.; 
am  weiblichen  3,5  bis  4,5  Centim.  oben  und  2  bis  2,6  Centim. 
unten.  So  wie  die  seitlichen  Zonen  an  den  weiblichen 
Kreuzbeinen  breiter  als  an  den  männlichen  sind,  so  sind  audi 
die  weiblichen  Kreuzbeine  breiter  als  die  männlichen.  Nach 
meinen  Messungen  beträgt  die  obere  Kreuzbeinbreite  nach  der 
Biegung  —  in  der  Fortsetzung  der  Grenzlinie  zwischen  dem 
oberen  und  unteren  Becken  —  am  männlichen  3"  6'"  bis  4", 
am  weiblichen  3"  8'"  bis  4"  6*'.  Die  Breite  des  Kreuzbeins 
in  der  Beckenweite  misst  am  weiblichen  3"  bis  3"  10'". 
Ungefähr  so  verhalten  sich  die  Sehnen  der  oberen  Kreuzbein- 
breiten nach  dem  Geschlechte.  Sie  messen  4  bis  8'"  weniger 
als  die  Linien  der  Biegung. 

Die  rechts-  und  linksseitige  Zone  sind  gewöhnlich  gleich 
breit;  doch  sind  die  Unterschiede  von  V"  so  häufig,  dass  sie 
nicht  für  abnorm  gehalten  werden  können.  Meist  ist  dann 
die  rechtsseitige  Zone  um  1^'  breiter  als  die  linksseitige. 
Nebenbei  glaube  ich  auf  einen  Umstand  aufmerksam  machen 
zu  müssen:  wie  es  nämlich  komme,  dass  der  linke  schräge 
Durchmesser  gewöhnlich  länger  als  der  rechte  ist,  nachdem 
doch^  die  rechtsseitige  Zone  meist  um  1  Linie  mehr  in  die 
Breite  misst? 

Ich  glaube  nicht  zu  irren,  wenn  ich  das  besagte  Ver- 
hältniss  daraus  erkläre,  dass  der  linke  schräge  Durchmesser 
mit  mehr  als  der  Hälfte  seiner  Unge  in  die  rechte  Becken- 
hallte  fallt,  indem  sich  die  schrägen  Durchmesser  ungefähr  im 


74        in.    Sehtcegelj  Beiträge  zur  Anatomie  des  Beckens. 

Punkte  zMischen  dem  mittleren  und  rückwärtigen  Drittel  der 
Coujugata  vera  kreuzen.  Geringere  und  grössere  Breiten- 
maasse  und  bedeutendere  Ungleichheiten  der  Seitentheile  als 
die  angegebenen  sind  als  Entwickelungsabweichungen  zu  be- 
trachten. Mit  der  Breite  des  Kreuzbeines  steht  theilweise  die 
Breite  des  Beckens  im  Zusammenhange;  die  ungleiche  Breite 
der  Seitentheile  bedingt  eine  Art  von  schrägverengtem  Becken; 
dadurch,  dass  die  obere  Kreuzbeinbreite  auch  verbältuiss- 
mässig  breiter  als  die  untere  ist,  wird  dann  und  wann  das 
trichterförmige  Becken  erzeugt.  Schmale  Kreuzbeine  haben 
manchmal  auch  querverengte  Becken  zur  Folge. 

In  den  seitlichen  Zonen  liegen  die  vorderen  Kreuzbein- 
löcber,  welche  nach  aussen  in  seichte  Halbkanäle  auslaufen. 
Für  den  Mastdarm  habe  ich  unter  einem  grossen  Haufen  von 
Kreuzbeinen  nie  eine  Einbiegung  beobachtet. 

Jede  Seitenfläche  hat  wie  die  Mittelfläche  eine  obere  und 
eine  untere  schiefe  Fläche,  welche  von  denen  der  Mittelfläche 
auch  verschieden  sind.  Kilian^)  unterscheidet  nur  zwei 
schiefe  Flächen  des  Kreuzbeins. 

Die  Seitentheile  des  ersten  und  theilweise  des  zweiten 
Wirbels  liegen  subfascial.  Ueber  den  ersten  Seitentheil  ver- 
laufen der  HüfUochnerv  und  die  vorderen  Aeste  des  vierten 
und  fünften  Lendennerven.  Ueber  den  zweiten  Seitentheil 
läuft  der  erste  Kreuzbeinnerv;  er  liegt  hier  in  dem  seichten 
Halbkanale.  In  der  Nachbarschaft  dieser  Nerven  liegen  die 
Arteria  iliaca  interna  und  glulaea  superior.  Wenn  auf  die  sub- 
fascialen  Stellen  der  genannten  zwei  Seitentheile  ein  Druck 
ausgeübt  wird,  so  ist  es  möglich,  dass  in  den  Verbreitungs- 
feldern des  Nervus  obturatorius,  glutaeus  superior,  tibialis  und 
peronaeus  dann  Störungen  in  den  Nervenfunctionen  eintreten, 
worauf  schon  Camper^)  aufmerksam  gemacht  hat  Das 
zweite  und  dritte  Kreuzbeinloch  sind  von  dem  an  dem  Seiten- 
rande der  Mittdfläche  und  den  Halbkanälen  entspringenden 
Musculus  pyriformis  bedeckt.  Die  hier  austretenden  Nerven 
sind  in  dem  Muskel  eingebettet   und  ein  Druck  auf  dieselben 


1)  Kilian,  Die  Oebnrtshfilfe  von  Seiten  der  Wissenschaft  uad 
Kanst  dargestent,  Frankfurt  1839. 

8)  Psi.  Camper  y  Demonstrattones  anat.  path.,  Amstelod.  17^. 


n/.    Sekwsffel,  ßeitr&ge  evr  Anatomie  des  Beckens.        75 

ist  wohl  kaum  möglich.  Vom  vierten  und  fünften  Seitentheile 
entspringen  die  Ligamenta  tuberoso-  und  spinososacra  und  der 
Steissbeinmuskel,  welcher  letztere  die  ersteren  anspannt. 

Die  rückwärtige  Fläche  ist  mit  Höckern,  Gruben  und 
Löchern  versehen,  sie  ist  im  Allgemeinen  convex  und  theils 
nur  mit  Haut  und  Aponeurosen  theils  auch  mit  dicken  Fleisch- 
massen bedeckt.  In  der  Mittellinie  liegen  die  Dornfortsätze 
der  verwachsenen  Wirbel.  Sie  haben  eine  verschiedene  Ent- 
wickelung. 

Es  giebt  eine  Reihe  von  Kreuzbeinen,  an  denen  die  Dorn- 
fortsätze von  oben  nach  unten  an  Grösse  abnehmen.  In  einer 
ebenso  zahlreichen  Reihe  sind  der  erste  und  zweite  Dornfort- 
satz kleiner  als  der  dritte  und  vierte.  Nicht  selten  kommen 
vor  solche  Kreuzbeine,  bei  welchen  die  Rogenhälften  des  vier- 
ten und  fünften  Wirbels  einander  nicht  erreichen.  Seltener 
sind  die  Kreuzbeine  mit  Spaltung  des  ersten  und  zweiten 
Wirbelbogens.  Rei  Einigen  ist  die  Zahl  der  Domfortsätze 
vermehrt  Dies  kommt  vor  bei  der  spiraligen  Vereinigung 
der  Wirbelbogen,  indem  die  oben  und  unten  ausser  der  Ver- 
einigung gebliebenen  Rogenhälften  mit  ihren  Dornfortsätzen 
frei  hervorragten.  Manchmal  ist  ihre  Zahl  vermindert,  wenn 
die  rückwärtigen  Rogenhälflen  gar  nicht  entwickelt  sind.  In 
änzelnen  Fällen  weicht  ein  oder  der  andere  Dornfortsatz  von 
der  Mittellinie  ab.  Endlich  giebt  es  auch  Kreuzbeine,  welche 
zwischen  den  Dornfortsätzen  mediane  Löcher  haben  oder  den 
Kreuzkanal  nach  rückwärts  gänzlich  offen  lassen.  Die  oberen 
Dornfortsätze,  ob  gross  oder  klein,  liegen  unter  dem  Niveau 
der  hinteren  oberen  Darmbeinhöcker,  der  Domfortsätze  des 
vierten  Lenden-  und  des  vierten  Kreuzbeinwirbels.  Sie 
können  daher  weder  in  der  horizontalen  Lage  nodi  beim 
Tragen  von  Rutten  und  Kraxen  dem  Drucke  ausgesetzt  sein. 

Die  Domfortsätze  der  zwei  oberen  Kreuzbein-  und  des 
fünften  Lendenwirbels  bilden  eine  Einbiegung  —  die  Leuden- 
Kreuzbeinbeuge  — .  welche  von  Rändern  und  Aponeurosen 
überbrückt  den  tiefsten  Punkt  bildet  Die  genannte  Reuge 
ist  bei  der  Abmessung  der  Conjugata  externa  des  Recken- 
einganges aufzusuchen.  Sie  ist  bei  der  Frau  grösser  als 
beim  Manne. 


76         ^If*     Schfjoegelj  BeitrSge  zur  Anatomie  des  Beckens. 

Sie  liegt  nicht  in  der  Verbindungslinie  der  subcutanen 
hinteren  Darmbeinhöcker,  sondern  V^  bis  1"  höber. 

Die  Dornfortsätze  der  unteren  Kreuzbeinwirbel  —  des 
vierten  und  fünften  —  sind  ohne  Unterschied  ihrer  Grösse 
am  meisten  oberflächlich  gelegen.  Sie  werden  von  der  ver- 
einten Fascia  lumbodorsalis  und  Aponeurosis  des  grossen 
Gefassmuskels  bedeckt.  Zwischen  diesen  und  den  Dornfort- 
sätzen befinden  sich  regelmässig  kleine  Schleimbeutel  —  Bursae 
mucosae  sacrales  subaponeuroticae.  In  den  Fällen,  wo  die 
Bogen  der  unleren  Kreuzbeinwirhel  unvollsländig  sind  und 
die  Bogenhälflen  als  Kreuzheinhörner,  wie  die  des  letzten 
Kreuzbeinwirbels  frei  hervorragen,  sind  sie  ebenso  oberfläch- 
lich gelegen  und  die  Srhleimbeutel  sind  dann  paarig  vertheilL 
In  seltenen  Fällen  wird  selbst  am  dritten  Dornfortsatze  ein 
Schleimbeutel  gefunden. 

Zwischen  den  Dornfortsätzen  und  den  rückwärtigen  seit- 
lichen Kreuzbeinlöchern  wechseln  seichte  Gruben  mit  niedrigeri 
Hügeln  ab;  jene  entsprechen  den  Wirbelhogen,  diese  den 
Verschmelzungen  derselben.  Die  am  inneren  Rande  der  Kreuz- 
beinlöcher befindlichen  Stachel  und  Hocker  sind  aus  den  Ver- 
schmelzungen der  Gelenksfortsätze  entstanden.  Nach  aussen 
von  den  Kreuzbeinlöchern  wird  die  rückwärtige  Fläche  nach 
seitwärts  von  den  Höckern  begrenzt,  welche  durch  die  Ver- 
schmelzung der  Processus  costarii  entstanden  sind.  Die 
Höcker  sind  von  einander  durch  Einschnitte  gelrennt. 

Die  rückwärtige  Fläche  ist  bis  zum  dritten  Kreuzhein- 
loche  mit  dicken  Muskelbäuchen,  weiter  nach  unten  nur  mit 
sehnigen  Muskelursprüngen  bedeckt.  Die  rückwärtigen  Aeste 
der  Kreuzbeinnerven  sind  dem  Drucke  nur  unten  möglicher- 
weise ausgesetzt.  In  seltenen  Fällen  sind  die  Höcker  des 
vierten  und  fünften  Kreuzbeinwirbels  mächtig  entwickelt  und 
dann  werden  zwischen  diesen  und  der  Aponeurosis  auch  kleine 
Schleimbeutel  entdeckt. 

Die  seitlichen  Flächen  des  Kreuzbeines  sind  dreiseitig 
mit  oberer  Basis  und  nach  vorn  unten  gebogener  abgestumpfter 
Spitze.  Durch  einen  S förmig  gekrümmten,  winkligen  Vor- 
Sprung  wird  jede  in  eine  vordere  und  eine  rückwärtige  Zone 
abgetheilt.  Die  vordere  vermittelt  die  gelenksartige,  die  rück- 
wärtige, die  bandartige  Verbindung  zwischen  Kreuz-  und  Hüft- 


III.     Sefiwegel,  Beitrage  zur  Anatomie  des  Beckens.        77 

beiii.  Die  Gelenkszonen  laufen  von  vorn  nach  rückwärts 
parallel  zu  einander;  die  rückwärtigen  Bänderzonen  conver- 
giren  unter  etwa  100^  nach  rückwärts.  Nach  unten  conver- 
giren  die  Gelenkszonen  unter  40  bis  45  ^\ 

Die  Gelenksfläche  ist  etwas  concav,  und  nur  selten  ganz 
plan.  Ihre  Breite  nach  der  Biegung  misst  V^  oder  1  Linie 
mehr  als  die  entsprechende  Ilüflbeinfläche.  Sie  ist  meist 
ohrmuschelförmig.  Manchmal  wird  ihr  oberes  Ende  schmal, 
dann  ist  sie  zuweilen  an  der  concaven  Seite  anstatt  mit  einem 
mit  zwei  oder  drei  Einschnitten  und  selbst  an  der  vorderen 
Seite  mit  einem  Einschnitte  versehen.  Sie  erscheint  ferner 
auch  durch  eine  oder  zwei  rauhe,  transversal  verlaufende 
Linien  in  zwei  oder  drei  Geleuksfacetten  abgetheilt.  Die  Ge- 
lenksfläche  wird  hernach  auch  doppelt.  Dies  trifid  gewöhnlich 
dann  ein,  wenn  die  Seitentheile  der  Kreuzbeinwirbel  unterein- 
ander nicht  verschmolzen  sind  oder  der  fünfte  Lendenwirbel 
die  Beschaffenheit  ehies  Kreuzbeinwirbels  angenommen  hat. 
Endlich  wird  sie  auch  länger  und  gewinnt  eine  Biegung  nach 
oben,  wenn  der  letzte  Lendenwirbel  —  auf  einer  oder  beiden 
Seilen  —  vollständig  in  einen  Kreuzbeinwirbel  umgewandelt 
ist.  Die  Gelenksfläche  wird  von  den  Seitentheilen  der  oberen 
drei  Kreuzbeiuwirbel  gebildet.  Dies  wird  angedeutet  durch 
die  transversal  verlaufenden  Linien,  die  Einschnitte  und  Spal- 
tungen der  Fläche. 

Die  rückwärtige  Zone  der  seitlichen  Fläche  umfasst  den 
Raum  zwischen  den  Enden  der  wahren  und  falschen  Quer- 
fortsätze. Sie  nimmt  von  oben  nach  unten  an  Breite  ab,  und 
wird  durch  stumpfe  Erhabenheiten  und  Vertiefungen  quer- 
getheilL  Die  Erhabenheiten  entsprechen  den  Vereinigungen  der 
Seitentheile,  die  Gruben  den  Seitenmassen  der  Wirbel.  Be- 
sonders gross  ist  die  zweite  Grube.  Hat  der  erste  Kreuzbein- 
wirbel die  Beschaffenheit  eines  Lendenwirbels  angenommen, 
so  kommt  an  der  Stelle  der  ersten  stumpfen  Erhabenheit  eine 
Spalte  vor,  und  das  vordere  und  rückwärtige  Kreuzbeinloch 
fliessen  dann  zusammen. 

Die  Gruben  so  wie  die  Erhabenheiten  werden  von  den 
Zwischenknochenrändern  eingenommen.  Oeflers  passen  in 
diese  Gruben  auch  stunipfpyraniidale  Fortsätze  des  Hüftbeins; 
umgekehrt  entsprechen  die  stumpfen  Erhabenheiten  der  Bänder* 


78        11^-    Sehwegelf  Beitrüge  zur  Anatomie  des  Beckens. 

zone  manchmal  seichten  Vertiefungen  am  Darmbeine.  Einige 
Male  Tand  ich  sowohl  die  eine  als  die  andere  mit  Gelenks- 
knorpel überzogen  und  gelenksartig  untereinander  verbunden. 

Auch  die  Enden  der  falschen  Querfortsätze  des  zweiten 
und  dritten  Kreuzbeinwirbels  sind  hier  und  da  mit  Knorpel 
überzogen  und  gelenksartig  mit  dem  Darmbeine  Terbunden. 
Der  untere  Theil  der  Zone  dient  den  Ligamenta  spinoso-  nnd 
tuberososacra  zum  Ansätze. 

Durch  die  zackenförmige  Aneinanderpassung  der  Bänder- 
zone mit  dem  Darmbeine  gewinnt  die  Kreuz -Darmbein- 
Verbindung  an  Festigkeit.  Aus  dem  Umstände,  dass  diese 
Zone  auch  zur  Kreuz -Darmbeinverbindung  beiträgt,  habe  ich 
sie  mit  der  Gelenkszone  zu  derselben  Fläche  einbezogen. 

Die  Basis  des  Kreuzbeins  steht  mit  dem  fünften  Lenden- 
wirbel in  Verbindung  und  lässt  nur  seitliche  Flächen  frei. 
Der  aus  dieser  Verbindung  entstandene  Vorberg  springt  vor 
mehr  beim  Manne  als  bei  der  Frau.  Diese  sind  nach  aussen 
ausgeschweift  und  erweitert,  nach  vorn  abgerundet  ihr  äusserer 
Rand  ist  zwischen  der  vorderen  und  rückwärtigen  Ecke 
seicht  eingeschnitten.  Den  rückwärtigen  Rand  bildete  der 
Gelenksfortsatz,  und  tiefe  Einschnitte,  welche  diesen  vom 
Wirbelkörper  und  der  hinteren  Ecke  des  Seitentheils  trennen. 
Diese  Fläche  erleidet  einige  Abänderungen,  wenn  der  Kreuz- 
beinwirbel die  Beschaffenheit  eines  Lendenwirbels  oder  dieser 
die  von  jenen  annimmt.  Unmittelbar  am  Knochen  verlaufen 
die  Lendennerven  zum  grossen  Plexus  ischiadicus  und  dann 
der  Hüftbeinlochnerv.  Ueber  diesen  liegen  die  Arteria  und 
Vena  iliaca.  Den  äussern  Rand  des  Knochens  bedeckt  der 
Musculus  psoas.  Am  vorderen  Rande  könnten  die  Nerven 
und  Gefasse  einen  Druck  erleiden. 

Die  abgestumpfte  Spitze  des  Kreuzbeins  bildet  der 
Körper  des  letzten  Kreuzbeinwirbels.  Die  Seitentheile  des 
Letzteren  mit  denen  des  ersten  Steisswirbels  begrenzen  die 
Kreuz-Steissbeinausschnitle.  Nur  selten  stossen  die  genannten 
Seitentheile  zusammen  nnd  schliessen  dann  vordere  Kreuzbein- 
löcher  ab. 

Sind  die  Gelenksfortsätze  dieser  Wirbel  untereinander 
verschmolzeu,  so  sind  auch  die  rückwärtigen  Kreuzbeinlöcber 
vorhanden. 


ni.    Sehwegelf  Beiträge  zur  Anatomie  des  Beckens.        79 

Es  erübrigt  nun  aach  die  Dicke  und  Structur  der  Kreuz- 
beintheile  zu  besprechen.  Im  Allgemeinen  nehmen  die  Dicken- 
maasse  aUer  Richtungen  von  oben  nach  unlen  ab.  Der  Körper 
des  ersten  Wirbels  misst  in  sagittaler  Richtung  ungefähr 
1  Zoll;  des  letzten  nur  noch  3  Linien;  in  frontaler  Richtung 
der  erste  1  Zoll  4  Linien,  der  letzte  1  Zoll.  Die  Wirbel- 
bögen sind  etwa  3  bis  4  Linien  dick.  Der  Seitentheil  des 
ersten  Wirbels  misst  13 — 15  Linien  in  sagittaler  und  1  Zoll 
in  frontaler  Richtung;  des  letzten  2  —  4  Linien  in  ersterer 
und  4  —  6  Linien  in  letzterer.  Am  dünnsten  sind  die  Wurzeln 
der  Seitentheile:  die  des  ersten  misst  10 — 12  Linien,  des 
letztea  1  —  2  Linien.  Mit  Rücksicht  auf  die  Dicke  der  ein- 
zelnen Theile  werden  deshalb  Querbrüche  des  Kreuzbeines 
eher  an  der  unteren  als  oberen  Hälfte  entstehen,  und  die 
Längenbrüche  in  den  Wurzeln  der  Seitentheile  vorkommen. 
Falsch  ist  es,  wenn  hier  und  da  noch  behauptet  wird,  dass 
Längenbrüche  des  Kreuzbeins  gar  nicht  vorkommen.^)  Es 
sind  sogar  vertikale  Brüche  der  Seitentheile  möglich;  ich  habe 
einen  solchen  an  der  Leiche  beobachtet.  Wegen  der  geringen 
Dicke  brechen  leicht  auch  die  Wirbelbögen  und  die  Dorn- 
fortsätze. Insbesonders  brechen  die  Letzteren,  wenn  sie  nicht 
gar  klein  sind,  wo  sie  alsdann  zu  sehr  von  den  rückwärtigen 
Darmbeinhöckeru  und  den  Dornfortsätzen  der  Lendenwirbel 
geschützt  sind.  Die  Structur  der  Seitentheile  ist  meist  grob- 
zellig  oder  schwammig,  die  der  Körper  feinzellig  oder  netz- 
förmig; nur  an  den  seitlichen  Zonen  der  Kreuzbeinbasis,  an 
den  Wirbelbogen  und  Dornen  ist  eine  compakte  und  dickere 
Rindensubslanz  vorhanden,  sonst  umgiebt  eine  zarte  Knochen- 
lamelle den  zelligen  Theil. 

Werden  nun  Structur,  Dicke'  und  Krümmung  zusammen- 
gefasst  und  die  Brüchigkeit  der  Kreuzbeintheile  darnach  be- 
urtheilt,  so  ergiebt  sich,  da  mit  den  geringsten  Dickendurch- 
messem  auch  die  grösste  Krümmung  zusammenfallt,  dass 
Querbrüche  insbesonders  in  der  unteren  Kreuzbeinhälfte, 
Längenbrüche  am  häufigsten  an  den  Wurzeln  der  Seitentheile 
stattfinden.      Dass    die    genannten    Stellen    des    Kreuzbeines 


1)  Vergl.  Crkv€j  Von  den  Kraukheiteu  de»  weiblichen  Beckens. 
Berlin  17%. 


80        ^1^«    Schwegd,  Beitrage  zur  Anatomie  des  Beckens. 

bräciiiger  als  Andere  sind,  sprechen  ausser  der  Theorie  auch 
die  Erfahrungen  an  Todten  und  Lebenden  und  dann  auch  dk 
Versuche  an  trockenen  Knochen. 

11.    Das  Steissbein. 

Die  Verbindung  mit  dem  Kreuzbeine  geschieht  durch 
Faserkiiorpel ,  der  gewöhnlich  zwischen  dem  30.  und  40. 
Jahre  —  ohne  Unterschied  des  Geschledites  —  ossifidrt 
Dies  giebt  auch  schon  Levret^)  an. 

Die  Verbindung  des  ersten  und  zweiten  Wirbels  ist  faser- 
iinorpUg  und  gelenkig  und  besteht  auch  länger  als  die  Trübere. 
Die  übrigen  Steissbeinwirbel  verwachsen  meist  knöchern  unter- 
einander —  und  zwar  ohne  Unterschied  des  Geschlechtes. 
Nicht  richtig  ist  es,  dass  das  weibliche  Steissbein  mehr  Stücke 
als  das  mäiinUche  habe,  dass  bei  Erstem  die  faserknorplige 
sacrococcygeale  Verbindung  permanent  bleibe.  Aus  dem  Ge- 
sagten ergiebt  sich,  dass  vom  anatomischen  Standpunkte 
aus  es  keinen  Grund  gegen  das  späte  Heirathen  giebt,  wie 
Petit^)  meinte.  Auch  wird  der  Beckenausgang  durch  die 
sacrococcygeale  Anchylose  kein  Hinderniss  bei  der  Geburt 
abgeben,  wie  Trefurt^)  meint,  weil  bei  Vorhandensein  der 
genannten  Anchjlose  die  Verbindung  der  oberen  zwei  Steiss- 
wirbel  biegsam  bleibt. 

III.    Der  fünfte  Lendenwirbel. 

Der  unterste  Lendenwirbel  steht  mit  dem  Kreuz-  und 
Hüftbeine  in  so  vielen  Beziehungen,  dass  er  als  Bestandtheil 
des  Beckens  betrachtet  werden  kann.  Petit  und  Camper*) 
haben  sogar  die  zwei  untersten  Lendenwirbel  zum  Becken 
einbezogen.  Der  unterste  Lendenwirbel  füllt  theilweise  den 
Beckenausschnitt  aus,  welchen  die  Hüftbeine  mit  dem  Kreuz- 
beine rückwärts  bilden.  Aus  der  Verbindung  desselben  mit 
dem  Kreuzbeine  und   dem  vorletzten  Lendenwirbel   entstehen 


1)  Levret  1.  c. 

2)  Trait^  des  malndies  des  femmes  encointes,  des  femmes  en 
coache  r^dig^  sur  leg  lo^ons  d'ÄrUoine  Petit  par  M,  Baignkr$t  et 
Perral,  Paris  1806. 

3)  Trefurt,  Ueber  Anchylose  des  Steissbeines,  OötUngen  1866. 

4)  Camper  1.  e. 


IIT.    8chfO€ff€l^  Beiträge  snr  Anatomie  des  Beckens.        81 

winklige  Vorsprünge  —  der  Vorberg  und  Obervorberg,  von 
welchen  aus  die  Conjugata  interna  des  kleinen  und  grossen 
Beckens  gemessen  werden.  Aus  der  Verbindung  desselben 
mit  dem  Kreuz-  und  Hädtbeine  entsteht  der  Lenden-Hfiftbein- 
ausschnitt  (Incisura  ilio-lumbalis),  welchem  einige  praktische 
Bedeutung  zukommt.  Nach  rückwärts  bleibt  zwischen  den 
Wirbelbogen  des  letzten  Lenden-  und  ersten  Kreuzbeinwirbels 
der  grösste  Zwischenraum  von  allen,  die  zwischen  den  rück^ 
wärtigen  Bogenabschnitten  zweier  benachbarter  Wirbel  vor- 
.kommen. 

Der  Wirbelkörper  ist  vom  merklich  höher  als  rückwärts 
und  auch  relativ  höher  als  dessen  6ogen,  wesshalb  die  Vor- 
berge und  die  Beuge  mehr  hervortreten.  Die  vordere  Fläche 
des  Wirbelkörpers  liegt  subfascial.  Die  Spaltung  der  Bauch- 
aorta fällt  auf  die  vordere  Fläche  des  vierten  Lendenwirbel^ 
körpers.  Die  Arleriae  und  Venae  iliacae  communes  laufen  über 
die  seitlichen  Flächen  des  Wirbelkörpers  hinweg.  Nach  den 
Seiten  ist  der  letzte  Lendenwirbel  mit  dem  Hüftbeine  durch 
die  Lenden  -  Darmbeinbänder  verbunden.  Manchmal  wird  es 
auch  möglich,  ein  vom  Querfortsatze  des  vierten  Lenden- 
wirbels zum  Darmbeine  verlaufendes  Band  darzustellen.  Die 
genannten  Bänder  helfen  die  rückwärtige  Wand  des  grossen 
Beckens  bilden. 

Aber  nicht  Mos  desshalb  ist  der  letzte  Lendenwirbel 
zum  Becken  zu  beziehen,  weil  er  die  rückwärtige  Wand  des 
grossen  Beckens,  die  Vorberge  und  die  Beuge  bilden  hilft, 
sondern  auch  weil  er  die  wesentlichen  anatomischen  Gharactere 
eines  Kreuzbeinwirbels  manchmal  annimmt.  Schon  gewöhn- 
Kch  ist  der  Querfortsatz  des  letzten  Lendenwirbels  sowohl 
an  Höhe  als  an  Breite  beträchtlicher  als  die  Querfortsätze 
der  übrigen  Lendenwirbel.  Dazu  tritt  manchmal  der  Quer- 
fortsatz des  Lendenwirbels  mit  dem  Seitentheile  des  ersten 
Kreuzbeinwirbels  oder  der  rückwärtigen  Abtheilung  der  innern 
Darmbeinfläche  in  gelenksartige  Verbindung.  Dann  ist  in  sel- 
tenen Fällen  der  QueiforlsaVz  des  Lendenwirbels  mit  dem 
Seitentheile  des  Kreuzbeins  der  Art  verwachsen,  dnss  ein 
überzähliges  vorderes  und  rückwärtiges  Kreuzbeinloch  entsteht. 

Aber  nicht  nur  mit  seinem  Querfortsatze,  sondern  auch 
dadurch,  dass  die  vordere  Fläche  des  Wirbelbogens  sanft  nach 

Monatsaehr.  f.  Gebnrtsk.  1861.  Bd.  ZVin.«  Sappl.-Hft.  6 


g2        ni.    Sehwegel,  Beiträge  cur  Anatomie  des  Beckens. 

vorwärts  geneigt  und  der  Dornfortsatz  klein  ist,   nähert  sich 
der  letzte  Lendenwirbel  dem  Kreuzbeine  an. 

Der  letzte  Lendenwirbel  bietet  alle  Arten  der  Entwick- 
lungsabweichungen dar.  Es  fehlt  oder  ist  verkuninieri  der 
Wirbelkdrper,  eine  Bogenhälfte,  ein  oder  der  andere  Fortsatz. 
Beim  Fehlen  einer  Wirbelbogenhälfte  beobachtete  ich  die  andere 
spiralig  mit  der  gegenseitigen  des  ersten  Kreuzbeinwirbels 
vereint.  Bei  der  verkümmerten  Entwickelung  der  Bogentheile 
entstehen  die  rückwärtigen  oder  interarticulären  Spaltungoi 
derselben,  von  denen  ich  zwei  beobachtet  habe. 

IV.    Das  Hüftleistenbein.  1) 

Im  Nachfolgenden  wird  die  Unterscheidung  in  drei  Tbeile 
beibchaiten,  mehr  um  die  Beschreibung  zu  erleichtern  als 
dem  praktischen  Bedürfnisse  zu  entsprechen. 

A.    Das  Darmbein. 

Aus  Verbindungen  des  Darmbeines  mit  dem  Sitz-  und 
Schoossbeine  entstehen  einige  Winkel,  deren  Kenntniss  einige 
praktische  Wichtigkeit  hat.  Der  Winkel,  welcher  aus  der 
Verbindung  des  Darmbeines  mit  dem  Kreuzbeine  zwischen 
jenem  und  dem  fünften  Lendenwirbel,  oben  am  Seitentheile 
des  ersten  Kreuzbeinwirhels  entsteht,  ist  der  kleine,  seitlidie, 
rückwärtige  Ausschnitt  des  grossen  Beckens  —  Angulus  Uio- 
lunibalis.  An  den  Becken  der  Neugebornen  beträgt  er  ohne 
Unterschied  des  Geschlechtes  70  bis  80  ^  und  im  Allgemeinen 
weniger  als  bei  Erwachsenen;  an  weiblichen  Becken  misst  er 
80  bis  90^.  Der  rechtsseitige  Winkel  ist  2  bis  5^  grosser 
als  der  linksseitige.  Die  Grösse  dieser  Winkel  bestinmit  die 
Räumlichkeit  des  grossen  Beckens.  Sind  sie  übermässig  gross, 
so  ist  dem  Uterus  gestattet,  sich  in  die  Breite  auszudehnen, 
was  die  Querlagerung  des  Kindes  begünstigt.  Eine  bedeutende 
Ungleichheit  dieser  Winkel  nach  den  Körperhälften  ist  zuweSen 
Ursache,  dass  die  Gebärmutter  eine  schiefe  Stellung  einnimmt 
und  eine  Kindskopfstellung  in  einem  schiefen  Beckendurch* 
mcsser  erzeugt.    Die  gewöhnliche  Grössendifferenz  zwischen 


1)  Aach  Os  coxae  —  inaominatam,  weil  e«  bei  Oalenn^  keinen 
Kamen  hatte,  und  Anconon. 


III.    Sehwegelj  Beitrage  enr  Aoatomie  des  Beckens.        83 

den  Winkeln  der  rechten  und  linken  Seite  ist  zu  gering,  um 
die  Häufigkeit  der  ersten  Kopflage  —  im  rechten  schiefen 
Durchmesser  —  daraus  zu  erklären,  wie  Cohen ^)  that;  und 
sie  wird  überdies  durch  die  ungleiche  Mächtigkeit  der  Weich- 
theile  nach  den  Seiten,  als:  Musculus  psoas  und  iliacus  inter- 
nus, gewöhnlich  aufgehoben. 

Die  Grösse  dieses  Winkels  ist  abhängig  von  der  Rich- 
tung der  Lendcnwirbelsäule  und  des  Darmbeines,  dann  von 
der  Breite  der  Seitentheile  des  ersten  Kreuzbeinwirbels. 

Bei  den  schrägverengten,  coxalgischen,  scoliotischen  Becken 
ist  der  Unterschied  dieses  Winkels  nach  den  Körperhälflen 
grösser  als  beim  normalen.  Nehmen  die  Darmbeine  eine 
mehr  horizontale  Stellung  an ,  so  werden  die  Winkel  gross ; 
sie  maassen  zwei  Mal  bis  110^.  Bei  den  querverengten 
Becken  sind  sie  kleiner  als  gewöhnlich.  Aus  der  Verbindung 
des  Darmbeins  mit  dem  Schoossbeine  ensteht  jederseits  ein 
Angulus  iliopubicus.  Die  Beiderseitigen  zusammen  bilden  den 
vorderen  grossen  Beckenausschnitt.  In  der  Mehrzahl  der  Fälle 
beträgt  er  an  männlichen  Becken  120  125^,  an  den  weib-* 
liehen  125—130^.  Rechterseits  misst  er  l — 3^  mehr  als 
linkerseits.  Sind  die  Winkel  relativ  gross,  so  widersteht  die 
untere  Bauchwand  dem  Drucke  der  Eingeweide  schwächer, 
und  Ausdehnungen  jener,  als:  Hängebauch,  Muskelspalten, 
Brüche,  kommen  häufiger  vor  als  bei  kleinen  Winkeln.  Am 
Darmbeine  werden  eine  innere,  untere  und  äussere  Fläche, 
dann  Begrenzungsränder  und  zwei  Verbindungsflächen  unter- 
schieden. 

Die  innere  Fläche  wird  von  der  unteren  Fläche  durch 
den  von  vorn  nach  rückwärts  verlaufenden  Winkelvorsprung 
—  die  Linea  arcuata  mterna  —  und  von  der  rückwärtigen 
Verbindungsfläche  durch  eine  von  der  ohrmuschelförmigen 
Gelenkszone  zum  rückwärtigen  Drittel  des  oberen  Randes 
nach  vorne  concave  Linie  abgetheilt.  Die  Fläche  dient  dem 
Muse,  iliacus  internus  zum  Ansätze,  welcher  die  Concavität 
fast  ganz  verwischt.    Es  besteht  daher  wohl  eine  Darmbein- 


1)  Verg^t.    Cohen,   Die   Motivirung   der    normalen   Kopflage. 
Frag.  med.  Vierteljahrsschr.  1857,  2.  Bd. 

6* 


84        m-    Schioegely  Beiträge  znr  Anatomie  des  Beckens. 

grübe  aber  keine  Darmgrube  am  Hüftbeine.    Am  röckwäHigoi 
convexen  Tbeile  setzt  sich  an  der  Muse,  quadratus  lumborum. 

Die  Grube  verflacht  sich  nach  vorne  zu  zwei  Ausschoitt^i 
des  vorderen  Randes.  Ihre  grösste  Krümmung  von  vorn 
nach  hinten  beträgt  —  durch  den  Abstand  der  die  convexen 
Punkte  verbindenden  Linie  ausgedruckt  —  2  —  2,5  Centim. 
und  fallt  in  eine  Linie,  welche  vom  mittleren  Drittel  des 
Darmbeinkammes  zum  rückwärtigen  Drittel  der  Linea  arcaaU 
verläuft.  Die  Krumn)ung  von  unten  nach  oben  beträgt  nur 
1  —  3  Linien  und  fällt  ungefähr  in  die  Mitte  zwischen  dem 
Darmbeinkamme  und  der  Linea  arcuata  interna.  Ernähriings- 
löcher  findet  man  an  der  inneren  Fläche  1 — 3  grosse  und 
mehre  kleinere.  Die  grösseren  liegen  in  der  Nähe  der  Linea 
arcuata  und  der  rückwärtigen  Verbindungsfläche,  die  kleineren 
in  der  Nähe  des  Kammes  und  der  Höcker  und  verlaufen  meist 
in  der  Richtung  nach  vorn  und  unten. 

Die  Neigung  der  Fläche  zum  Horizonte  beträgt  bei  der 
Frau  40—500,  beim  Manne  55  — 65<>  —  nach  HyrÜ  47» 
bei  der  Frau  und  60  ^  beim  Manne.  Ihre  Neigung  zur 
unteren  Fläche  oder  der  Angulus  pelvicus  misst  bei  der  Frau 
J30— 140*>,  beim  Manne  150—160«. 

Die  untere  Fläche  hilft  die  'knöcherne  Seitenwand  des 
kleinen  Beckens  und  den  Pfannengrund  bilden.  Sie  ist  oben 
von  der  Linea  arcuata  interna,  nach  rückwärts  vom  Gelenks- 
flächenrande, nach  unten  von  einem  abgerundeten  Ausschnitte, 
nach  vorne  von  der  rauhen,  erhabenen  oder  gefurchten  Linie, 
welche  aus  der  Verschmelzung  des  Darmbeins  mit  dem  Sitz- 
beine entsteht,  begrenzt.  Ihre  Neigung  zum  Horizonte  beträgt 
ungeföhr  95 «. 

An  ilir  kommen  vor  1 — 3  mittelgrosse  Ernährungslöcber 
und  verlaufen  in  der  Richtung  nach  vorn.  Rückwärts  bedeckt 
sie  theilweise  der  bimförmige  Muskel  und  die  Nerven  und 
Gefässe  für  das  Gesäss  verlaufen  daselbst;  vorne  ist  sie  blos 
von  der  Binde-  und  Knochenhaut  bedeckt.  Die  Ligamenta 
spinoso-tuberososacra  helfen  mit,  ihn  die  seitliche  schiefe 
Beckenfläche  bilden,  deren  Neigung  zum  Horizonte  80 — 90« 
misst 

Mit  den  vorigen  Flächen  gleichfalls  nach  innen  gekehrt 
ist  die  rückwärtige  oder  obere  Verbindungsfläche.    Sie  wird 


III.    Schtoegelf  BeitrS^e  zur  ÄDatomie  des  Beckens.        §5 

von  dem  rückwärtigen  Dritttbeil  des  oberen  Randes  und  vom 
rfickwärtigen  Rande  begrenzt  und  umfasst  nebst  der  Gelenks- 
zone auch  die  gewöhnlich  zur  inneren  Darmbeinfläche  einbe- 
zogene rückwärtige  AblheOung.  Der  Umstand,  dass  Letztei^ 
manchmal  mit  dem  Seitentheiie  des  fünften  Lendenwirbels 
und  der  seitlichen  Verbindungsfläche  des  Kreuzbeines  in 
accessorischer  Gelenksverbindung  steht  und  nur  zum  Ansätze 
der  Ligamenta  interossea  (Bichat)  und  ilio-lumbalia  und 
sacralia  dient,  spricht  für  die  obige  Begrenzung. 

Die  Gelenkszone  ist  convex,  selten  plan,  beträgt  8 — lÖ 
Centim.  in  der  Länge  und  1  —  3  Centim.  in  der  Breite.  In 
den  Fällen,  wo  der  letzte  Lendenwirbel  mit  dem  Darmbeine 
articulirte,  reichte  die  Gelenkszone  bis  nahe  an  den  oberen 
Rand.  Wenn  die  Seitentheiie  des  ersten  Kreuzbein-  oder 
letzten  Lendenwirbels  mit  dem  Kreuzbeine  nicht  verschmolzen 
sind  und  von  der  Sacroiliacal-Junctur  getrennte  Verbindungen 
mit  dem  Hüftbeine  eingehen,  so  kommen  dann  an  diesem  von 
der  Gelenkszone  scparirte  Gelenksflächen  vor. 

Der  rückwärtige  Theil  der  Verbindungsfläche  ist  unge- 
fähr 3  Zoll  hoch  und  l'/^  Zoll  von  vorn  nach  hinten  breit. 
An  ihm  werden  zwei  Zonen  unterschieden.  Die  untere  ist 
ungeßhr  1  Centim.  breit,  lang  und  gekrümmt  wie  die  Gelenks- 
zone. Von  Weichtheilen  befreit  erscheint  sie  glatt.  In  der 
Jugend  ist  sie  mit  einem  dünnen  Knorpel  bedeckt.  Hier  findet 
der  Ansatz  der  Ligamenta  interossea  (Bichat)  statt. 

Die  obere  Zone  ist  breiter  als  diese,  rauh  und  uneben 
und  dient  den  Ligam.  iliosacralia  und  iliolumbalia  und  den 
Rückenmuskeln  zum  Ansätze.  Zuweilen  wird  daran  ein 
stumpfpyramidaler  Fortsatz  oder  eine  concave  platte  Fläche 
beobachtet,  ersterer  steht  mit  der  Seitenmasse,  letzterer  mit 
einem  stumpfen  Fortsatze  des  Kreuzbeins  in  Verbindung. 
Solche  abnorme  Fortsätze  zwischen  dem  ersten  und  zweiten 
Kreuzbeinloche  hat  bereits  HyrÜ^)  beobachtet.  Der  rück- 
wärtige Theil  wird  grösser  als  gewöhnlich,  wenn  der  erste 
Kreuzbeinwirbel  mit  dem  Darmbeine  nicht  gelenksartig  ver- 
bunden ist,  imd  kleiner  als  gewöhnlich,  wenn  der  Querfort- 
satz   des  Lendenwirbels   ans   Darmbein    gestossen   war.     In 

1)  Eyrtt  1.  c. 


86        I^^*    Sehwegel,  Beiträge  zur  Anatomie  des  Becken«. 

einem  Falle  iivar  der  rückwärtige  Theil  der  Verbindungsflicbe 
rechterseits  schmäler  als  linkerseits,  die  Gelcnkszone  rechter- 
seils  mehr  nach  rückwärts  geruckt  und  das  Becken  in  Folge 
dessen  schrägverengt  und  schief. 

Die  äussere  Fläche  ist  durch  zwei  rauhe  Linien  in 
drei  Zonen  abgetheilt  Die  vordere  Zone  nimmt  den  vorderen 
convexen  Theil  ein  und  wird  durch  die  Linea  seroidrcularis 
von  der  zweiten  Zone  getrennt.  Innerhalb  der  ersten  Zone 
entspringt  der  Musculus  glutaeus  minimus.  Von  dem  rauhen 
Pfannenrande  entspringen  sehnige  Bändel  des  Musculus  glo- 
taeus  minimus,  dann  der  Limbus  fibrosus,  die  Kapsel  und 
der  äussere  Kopf  des  Muse,  extensor  cruris  rectus. 

Die  zweite  Zone  ist  kleiner  als  die  erste.  Nach  rück- 
wärts wird  sie  von  der  dritten  Zoiie  durch  eine  rauhe  Linie 
geschieden,  die  vom  rückwärtigen  untern  Stachel  zum  Kamme, 
2  Zoll  weit  vom  rückwärtigen  Höcker  und  fast  parallel  mit 
der  vorigen  verläuft.  Die  genannten  Linien  können  als  Linea 
semicircularis  anterior  und  posterior  unterschieden  werden. 
Unmittelbar  hinter  der  Linea  anterior  steigt  auf  von  der  In- 
cisura  ilioischiadica  manchmal  ein  Halbkanal  für  die  Arteria 
glutaea  superior.  Der  Muse  glutaeus  medius  setzt  sich  hier 
an.  Die  erste  und  zweite  Zone  bilden  eine  äussere  Grube, 
welche  von  den  Muskeln  ganz  ausgefüllt  wird  und  verschieden 
ist  von  der  Hüftgrube  magerer  Individuen. 

Die  dritte  Zone  ist  die  kleinste  und  rauhste;  sie  wird 
vom  Muse,  glutaeus  maximus  und  den  Aponeurosen  einiger 
Rückenmuskel  eingenommen.  Von  Ernährungslöchern  hat 
die  Fläche  zwei  grosse  nach  unten  gerichtete  und  mehrere 
kleine  in  der  Nähe  der  Ränder  und  Höcker.  Der  grösste 
Abstand  der  die  convexen  Punkte  der  ganzen  Fläche  be- 
rührenden Sehne  von  den  Vertiefungen  misst  V2  Zoll;  am 
meisten  gekrümmt  ist  die  Fläche  zwischen  dem  mittleren  und 
rückwärtigen  Drittel  in  der  Richtung  zum  Pfannengrunde. 

Die  vordere  Verbindungsfläche  hat  im  Ganzen  die  Form 
eines  gleichschenkeligen  Dreieckes  mit  einer  vorderen,  äusseren 
und  inneren  Seite,  ist  5 — 6  Centim.  lang  und  4  Centtm. 
breit,  und  liegt  im  aufrechten  Stehen  horizontal.  An  ihr 
werden  zwei  Abtbeilungen  unterschieden.  Die  innere  Abthei- 
lung  ist  höckrig,   nimmt  den  1  Centim.  breiten  Raum  der 


III.    Sehwegel,  Beitrfige  zur  Anatomie  des  Beckens.        g7 

inneren  Seite  ganz,  der  vorderen  und  Susseren  theilweiso 
ein.  Der  Saum  vom  und  ein  Drittheil  der  inneren  Seite  ti'itt 
mit  dem  Schoossbeine,  der  übrige  Theil  desselben  mit  dem 
Sitzbeine  in  Verbindung. 

Die  äussere  Zone  ist  concav,  glatt  und  bildet  einen  Theil 
der  Gel^nkspfanne.  An  der  äusseren  Umrangslinie  der  Pfanne 
nimmt  Letztere  mit  einem  Drittel,  an  deinen  Fläcbenraumo 
mit  drei  Vierteln  Antheil. 

Der  obere  Begrenzungsrand  oder  Darmbeinkamm  (bei 
Cheselden^)  Spina  ilei)  bildet  eine  20 — 28  Centim.  lange 
Fläche  und  in  den  vorderen  zwei  Fünflteln  6 — 8  Linien,  im 
midieren  nur  4  Linien,  in  den  rückwärtigen  6 — 12  Linien 
breite  Fläche.  Die  drei  Facetten  entsprechen  den  Ansätzen 
des  Muse,  abdominis  obliquus  externus  —  internus  —  trans- 
versus  und  latissimus  dorsi.  Die  äussere  Facette  der  vorderen 
Kammhälfte  ist  nur  vom  Periost,  von  der  Aponeurose,  der 
Fascia  und  der  Haut  bedeckt  Ihr  drittes  Viertel  ist  zwar 
auch  von  einem  Muskel  bedeckt,  es  wird  aber  durch  das 
subcutane  Fett  dem  Tastgefulile  weniger  zugänglich.  Das  letzte 
Viertel  ist  ganz  von  Muskeln  bedeckt.  Es  folgt  daraus,  dass 
von  den  äusseren  Quermaassen  des  oberen  Beckens,  als: 
zwischen  den  Spinae  anter.  super,  ilii  und  den  Mitten  der  Crista 
ilii  nicht  gleich  grosse  Werthe,  als  8  Linien  nach  Michaelis^) 
abgezogen  werden  dürften,  um  die  inneren  Quermaassc  zu 
erbalten,  wenn  das  dritte  Viertel  des  Darmbeinkammes  nicht 
um  so  viel  dünner  wäre  als  es  mit  Weicbtheilen  mehr  bedeckt 
ist.  Es  soll  daher,  wenn  von  äusseren  Quermaassen  die  inneren 
zu  berechnen  sind,  der  Abzug  mit  Rücksicht  der  Knochen- 
dicke  und  Mächtigkeit  der  Weichlheile  geschehen. 

Der  vordere  Begrenzungsrand  erstreckt  sich  als  schmale 
Fläche  zwischen  der  äusseren  und  inneren  Fläche  vom  vor- 
deren Ende  des  Darmbeinrandes  bis  zur  Verbindungslinie 
zwischen  Schooss-  und  Darmbein.  Der  Rand  bat  oben  und 
unten  einen  Höcker  und  dazwischen  eine  Vertiefung.  Als 
rauhe,  niedrige,  mit  breiter  Basis  aufsitzende  Knockenhugel, 


1)  CheseläeHy  Anatomie  des  menschlichen  Körpers.  Uebersotzt 
Göttingen  1790. 

2)  Michaeli* y  Das  enge  Becken,  Leipzig  1851. 


gg         III.    Sehtoegel,  Beiträge  aar  Anatomie  de«  Beckens. 

welche  aus  eigenen  Ossificationspunkten  entstehen,  sind  fie 
Höcker  richtiger  mit  Tubera,  Tubercula  als  mit  Spinae  x« 
bezeichnen,  wie  schon  Ed.  Sandxfort^)  bemerkt  bat.  Bei 
Chesdden  faeisst  der  obere  Höcker  Apex  ilii,  der  untere  aber 
Processus  innominatus.  Die  Höcker  sind  breiter  als  die  Ein- 
biegung —  Incisura  iliaca  anterior  superior,  oder  minor. 
Zwischen  dem  unteren  Höcker  und  der  Eminentia  iliopubica  liegt 
die  Incisura  iliaca  anterior  inferior  oder  major  oder  iliopubica. 
Manchmal  ist  diese  letztere  Incisura  durch  einen  kleinen 
Höcker  —  Tuberculum  ilii  anterius  imum,  der  am  äusseren 
Ende  der  Schooss-Darmbeinerhabenheit  liegt,  in  zwei  kleinere 
Einschnitte  abgetheilt.  Das  Tuberculum  imum  entsteht  aus 
einem  eigenen  Ossificationspunkte,  zwischen  dem  sechsten  und 
zwölften  Jahre. 

Das  Tuber  ilii  superius  ist  mit  Facetten  für  den  Husc 
sartorius  und  iliacus,  das  Inferius  mit  solchen  für  den  Muse, 
rectus  yastus  und  iliacus  internus  versehen.  Zwischen  diesen 
Muskelpaaren  und  in  der  Incisura  iliaca  minor  anterior  liegen 
unbedeutende  Nerven,  als:  Nerv,  cutaneus  femoris  externus. 
In  der  Incisura  iliaca  anterior  major  liegt  constant  ein  Schleim- 
beutel;  hier  verlaufen  der  Muse,  psoas  und  iliacus  internus, 
der  Nervus  cruralis.  Die  letzteren  Muskeln  bedecken  von 
aussen  die  Eminentia  iliopubica. 

Der  rückwärtige  Begrenzungsrand,  eigenthch  nur  eine 
Begrenzungslinie  zwischen  der  inneren  und  äusseren  Fläche, 
ist  selten  länger  als  1  Zoll,  beginnt  oben  mit  einem  Hügel, 
hierauf  folgt  eine  schwache  Einbiegung  —  Incisura  iliaca 
posterior  —  und  zu  unterst  die  spitz  oder  stumpf  auslaufende 
Ecke,  in  welcher  die  rückwärtige  Gelenkszone,  die  untere 
Fläche,  die  Lineae  semicirculares  der  äusseren  Fläche  zusam- 
menÖiessen.  Als  Messpunkte  können  der  chere  stumpfe  Hödier 
schlecht,  weil  er  zu  wenig  schaif  abgegrenzt,  der  untere 
Stachel  gar  nicht  verwendet  werden.  Sie  werden  zwar  nicht 
von  Muskeki  bedeckt,  aber  schon  die  Haut,  die  Fasciöi  und 
Aponeurosen  verwischen  diese  kleinen  Höcker  derart,  dftss  sie 
an  Lebenden  nicht  genau  herausgefühlt  werden  können. 

1)  Sandi/ort  1.  o. 


III.    Schwegel,  Beitrage  snr  Anatomie  des  Beckena.        89 

Es  bleibt  dud  übrig,  über  die  Begrenzungslinie  der 
seitlichen  inneren  BeckenflSchen  Einiges  zu  bemerken.  Die 
obere  Begrenzungslinie,  auch  Linea  arcuata  interna,  innomi- 
nata,  Angulus  pelvicus  genannt,  trennt  die  obere  Flache  von 
der  unteren  und  ebenso  das  grosse  Becken  Tom  kleinen.  Sie 
ist  nach  innen  concav;  der  Abstand  d^  Sehne  von  ihrer 
grössten  Krümmung  beträgt  bei  der  Frau  1  — 1,4  Centim., 
beim  Manne  0,5—0,8  Centim.  Bei  Neugeborenen  misst  dieser 
Abstand  noch  weniger.  Auch  giebt  es  Frauenhdftbeine,  wo 
der  grdsste  Abstand  der  Sehne  nur  0,3 — 0,7  Centim.  beträgt 
Wenn  man  bedenkt,  dass  wegen  einer  geringeren  Krümmung 
der  genannten  Linie  der  Querdurchmesser  des  Beckenein- 
ganges um  6  Linien  bis  IV2  Zoll  kurzer  werden  kann,  so 
wird  es  ersichtlich,  dass  geringere  Grade  von  Querverengt- 
heit  der  Becken  auch  nur  durch  geringe  Krümmung  der  Linea 
arcuata  interna  erzeugt  werden  können. 

Ich  habe  einige  weibliche  Becken  untersucht,  deren  Quer- 
durchmesser massig  verengt  waren  und  gefunden,  dass  bei 
normalen  Kreuz -Darmbeinverbindungen  und  normaler  Breite 
des  Kreuzbeines,  der  Grund  der  massigen  Verengung  nur  in 
der  regelwidrig  geringen  Krümmung  der  Lineae  arcuatae  lag. 
In  den  geradelliptischen,  viereckigen  und  runden  Beckenformen 
sind  auch  die  Lineae  arcuatae  weniger  gekrümmt  als  bei  den 
querelliptischen  und  stumpfherzförmigen.  Sind  die  Krüm- 
mungen der  Grenzlinien  beiderseits  nicht  gleich,  so  entstehen 
asymmetrische  Beckenformen.  Die  Beckenhälfte  mit  der  ge- 
ringen Krümmung  der  Grenzlinie  wird  schmäler  und  die 
Conjugata  wird  den  Querdurchmesser  nicht  in  dessen  Mitte 
durchkreuzen. 

Hier  sei  auch  ein  Ligamentum  iliacum  proprium  oder  der 
Linea  arcuata  interna  erwähnt.  Es  ist  manchmal  an  der  Con- 
cavität  dieser  Linie  wie  die  Sehne  eines  Bogens  ein  1  Linie 
breites,  straffes  Band  ausgespannt  Durch  die  beiderseitigen 
Ligamenta  wird  der  Querdurchmesser  uro  zwei  Linien  ver- 
kürzt«  Zum  genaueren  Vers  tändniss  sei  angeführt,  dass  dieses 
Band  mit  der  Fascia  iliaca  und  pelvica  ün  Zusammenhange 
steht  Die  Fascia  iliaca  erstreckt  sich  vom  letzten  Lenden- 
wirbel,  den  Psoas  major  bedeckend,  mit  dem  Psoas  minor 


90        II'*    Schtoegelf  Beiträge  zur  Anatomie  des  Beckens. 

Terschmolzen ,  zum  Eingang  des  kleinen  Beckens,  wo  sie  an 
der  Linea  arcuata  mit  dem  genannten  Bande  zusammenhängt 

Die  untere  Begrenzungslinie  erstreckt  sieb  von  der  ab- 
gestumpften Spitze  des  rückwärtigen  Bandes  zwischen  der 
äusseren  und  unteren  Fläche  his  zur  VerschroelzungsÜDie 
zwischen  dem  Darm-  und  Sitzbeine.  Sie  bildet  eine  starke 
Einbiegung,  die  durch  die  rückwärtige  Kante  des  Sitzbeines 
noch  vergrössert  wird.  Diese  Einbiegung  soll  Incisura  ili«- 
ischiadica  heissen;  und  sie  verdient  diese  Bezeichnung  um  so 
mehr,  als  in  der  Verschmelzungslinie  ein  kleiner  Höcker  oder 
Stachel  (Spina  accessoria  iscbii)  vorkommt,  wodurch  die  ver- 
einte Incisura  iltoischiadica  in  zwei  Theile:  eine  Incisura 
iliaca  inferior  und  ischiadica  superior  abgetheilt  wird.  Dann 
wird  auch  in  der  Incisura  iliaca  inferior  ein  1  Linie  hoher 
Stachel  1 — 2  Centim.  unter  der  Spina  ilü  posterior  inferior 
beobachtet  Er  dient  einem  überzähligen  Bündel  des  Muse 
pyriformis  zinn  Ursprünge. 

Kim  werden  die  Grössen-,  Dicken-  und  Structur- 
verhältnisse  des  Hüftbeines  übersichtlich  zusammengestellt 

Das  Hüftbein  hat  eine  Länge,  von  vorn  nach  hinten, 
und  eine  Breite  von  innen  unten  nach  aussen  oben.  Um  das 
Hüftbein  richtig  zu  messen,  so  muss  es  von  seinen  Punkten 
aus  gemessen  werden.  Zu  solchen  Maasslinien  gehören: 
der  Umfang  des  Darmbeinkammes,  die  Sehne  oder  der  Um- 
fang der  Begrenzungslinien,  die  Entfernung  der  Synostosis 
iliopubica  von  der  Kreuzdarmbeinverbindung,  die  Umfanglinie 
oder  die  Sehne  der  inneren  Fläche.  Insbesonders  ist  die  Länge 
der  Linea  arcuata  interna  von  praktischer  Bedeutung  zur 
Erklärung  einiger  Beckenformen.  In  den  normalen  weiblidien 
Becken  variirt  die  Umfangslinie  der  Linea  arcuata  zwischen 
5,5  und  7  Centim.,  die  Sehne  dieser  Linie  zwischen  5  und 
6,5  Centim.  Im  männlichen  Becken  sind  diese  Linien  kürzer. 
Ihre  Länge  bestimmt  tlieilweise  die  Länge  der  Conjugata.  Die 
allgemein  zu  grossen  und  einige  gerad  elliptischen  Becken 
haben  relativ  längere,  die  allgemein  zu  engen  dagegen  kür- 
zere Lineae  arcuatae  als  gewöhnlich. 

Bei  einer  Art  schrägverengter  Becken  sind  die  beider- 
seitigen Lineae  arcuatae  nicht  gleich  lang. 


III.     Schvoegelf  BeitrMge  Eur  Anatomie  des  Beckens.        91 

Die  Breite  des  DarmbeineB  oder  die  Entfernung  Ton  der 
Mitte  der  Linea  arcuata  interna  zur  Mitte  des  Darmbeinkam- 
mes misst  in  der  Mehrzahl  der  Fälle,  wie  Krause  angegeben 
hat:  des  männlichen  3  Zoll  9  Linien,  des  weiblichen  3  Zoll 
3  Linien.  Nur  selten  sind  die  Darmbeine  niedriger  und  be- 
dingen dann  eine  eigene  Beckenform,  das  niedrige  obere 
Becken,  die  mit  einer  anderen  Art  nicht  zu  verwechseln  ist, 
wo  die  Darmbeine  nur  mehr  als  gewöhnlich  geneigt  sind. 
Auf  diese  zwei  Beckenformen  ist  bei  Abnahme  äusserer  Quer- 
durchmesser des  oberen  Beckens  Röcksicht  zu  nehmen.  Jene 
Messungen,  wo  ein  Messpunkt  am  Darmbeine,  der  andere  an 
einem  nachbarlichen  Knochen  genommen  wird,  oder  wo  kein 
Messpunkt  am  Darmbeine  liegt,  sind  weniger  brauchbar  zur 
Maassabnahme,  obgleich  sie  aus  dem  Bedürfnisse,  die  Länge 
oder  Breite  des  Darmbeins  zu  messen,  entstanden  sind.  Zu 
solchen  Maassen  rechne  ich:  die  Entfernung  Tom  Pro- 
montorium zum  oberen  und  unteren  Darmbeinhöcker,  oder 
zur  dünnsten  Stelle  des  Schambeins  (Microchordae),  ferner  die 
Distanz  der  Kreuz-Darmbeinverbindung  von  der  Schambein- 
verbindung  (Macrochordae)  des  Promontoriums  vom  Pfannen- 
grunde (lineae  saci*ocotyloideae ,  des  unteren  Kreuzbeins  vom 
Sitzbeinstachel  (Stenochordae),  weiter  die  Distanz  des  oberen 
Darmbeinhöcker  vom  Darra-Schoossbeinhöcker,  des  ersteren 
von  der  Schoossbeinverbindung,  der  rückwärtigen  Darmbein- 
höcker von  einem  der .  nächsten  Dornfortsätze.  Die  genannten 
Haasse  bestimmen  nicht  unmittelbar  die  Grösse  des  Darmbems. 
Sie  sind  zugleich  Ausdrucke  für  die  Grösse,  Krümmung,  Dicke, 
Neigung  und  als  Durchschnittsmaasse  den  einfachen  Messungen 
nicht  vorzuziehen,  da  letztere  die  Abhängigkeit  der  Becken- 
formen von  der  Knochengrösse  begreidicher  machen. 

Die  Dicke  des  Darmbeins  ist  an  den  verschiedenen  Stellen 
auch  sehr  verschieden.  Im  Allgemeinen  sind  die  Bänder 
dicker  als  die  übrigen  Punkte.  Der  Darmbeinkamm  ist  vom 
6 — 9  Linien  dick,  in  der  Mitte  nur  3  Linien,  im  rückwärtigen 
Theile  sogar  1  Zoll  dick.  Die  der  Darmbeinschaufel  ist  im 
vorderen  Drittheil  der  longitudinalen  Mittellinie  4 — 5  Linien, 
im  mittleren  nur  1  —  3  Linien,  im  rückwärtigen  9  Linien 
bis    1   Zoll   dick.     Die    Dicke   von    der   Linea    arcuata    zur 


92        m*    Sehtoegelj  Beiträge  sur  Anatomie  des  Beckens. 

äusseren  Fläche  beträgt  1  Zoll.  Am  dicksten  ist  das  Dannbein 
in  der  Nähe  der  vorderen  Vorbindangsfläche.  Die  Slnictnr 
ist  feinzellig  gegen  den  Kamm,  den  vorderen  und  räckwär- 
tigen  Rand  und  die  Pfanne  hin;  in  der  Mitte  ist  die  Knochen- 
Substanz  zwischen  den  Lamellen  grosszdlig  und  selbst  an  der 
dünnsten  Stelle  sind  plattgedrückte  grosse  Zellen  zu  bemerken. 
Bloss  an  den  Grenzlinien:  Linea  arcuata  interna  und  Incisura 
iliaca  inferior  ist  die  compacte  Knochensubstanz  bis  6  Linien 
dick  und  zwar  föllt  ihre  grösste  Dicke  vor  die  vertikale  Kröoh 
mung  des  Darmbeines.  Die  compacteste  Stelle  wird  am  spä- 
testen corrodirt,  sie  wird  am  schwierigsten  gebrochen  und 
kommt  bei  den  Brüchen  mit  verticaler  Bruchlinie  immer  ins 
vordere  Bruchstück  zu  liegen. 

Werden  nun  die  Momente,  welche  auf  die  Bröcbigkeit 
der  Knochen  von  Einfluss  sind,  aus  dem  Vorausgeschickten 
zusammengestellt,  so  ergeben  sich  die  Opportunitätsstellen  des 
Darmbeines  für  die  Bniche.  Der  grössten  Krümmung  zu 
Folge  wird  das  Darmbein  am  häufigsten  in  dessen  vorderer 
Hälfte  brechen,  und  zwar  sowohl  vertikal  als  transversal,  weil 
die  grösste  vertikale  Krümmung  von  der  rückwärtigen  Halfite 
der  Linea  arcuata  zum  mittleren  und  vorderen  Drittheil  des 
Darmbeinkamms  und  die  grösste  transversale  von  der  Incisura 
iliaca  anterior  zum  rückwärtigen  Drittheil  des  Darmbein- 
karomes  verläuft.  Dann  sind  die  genannten  Stellen  aucli  die 
dünnsten,  und  obwohl  nicht  die  porösesten,  so  doch  auch  nicht 
die  compactesten.  Ueberdies  ist  die  vordere  Darmbeinhälfle 
auch  oberflächlich  gelegen  und  am  meisten  beim  Falle  und 
Stosse  ausgesetzt.  Weiters  ist  die  Darmbeinschaufel  in  den 
besagten  Richtungen  auch  von  den  Gelenksverbindungen  hin- 
länglich entfernt,  um  leichter  zu  brechen.  Die  rückwärtige 
Darmbeinhälfte  ist  wenig  gekrümmt,  von  dicker  obwolü  porö- 
ser Knochensubstanz,  dagegen  mehr  von  Weichtheilen  geschützt 
und  nahe  der  Gelenksverbindung:  und  sie  bricht  deshalb  sel- 
tener als  die  vordere  Hälfte.  Die  theoretisch  bestimmten 
schwächsten  Stellen  des  Darmbeines^  werden  an  Lebenden  und 
Leichen  auch  am  häufigsten  gebrochen  gefunden.  Dass  sie 
die  schwächsten  sind,  dafür  sprechen  auch  Versuche  mit 
frischen  Knochen. 


III.    Sehwsg^l,  Beiträge  sur  Anatomie  des  Beekens.        93 

B.    Das  Sitzbein. 

Das  Sitzbein  entslefat  aus  einem  einzigen  Knochen- 
kerne,  und  wird  deshalb  nur  in  einen  Körper  und  einen 
Ast,  der  gebogen  ist,  abgetheiit.  Befände  sich  der  Knochen- 
kern  an  der  Stelle  des  Sitzbeinhöckers;  so  wurde  die  Unter- 
scheidung eines  oberen  oder  aufsteigenden  und  eines  unteren 
oder  absteigenden  Astes  richtig  sein;  allein  dies  ist  nicht  der 
Fall.  Am  Sitzbeine  werden  vordere,  rückwärtige,  innere  und 
äussere  Flächen  und  Rändei*,  die  Ton  Weichtheilen  bedeckt 
werden  und  dann  Flächen  zur  Verbindung  mit  dem  Oberr 
Schenkel-,  Darm-  und  Schoossbeine  unterschieden. 

Die  vordere  Fläche  erstreckt  sich  zwischen  dem  inneren 
und  äusseren  Rande  von  der  Gelenksfläche  zu  der  unteren 
Verbindungslinie  des  Sitz-  und  Schoossbemes.  Durch  eine 
von  oben  nach  unten,  vom  unteren  Winkel  des  Hüftbeinloches 
zum  Sitzbeinhöcker  geführte  Linie  wird  die  Fläche  in  eine 
obere  und  untere  Zone  abgetheiit  Jede  von  diesen  ist  1  Zoll 
lang,  die  erstere  auch  1  ZoU  breit,  die  zweite  nur  6  —  9 
Linien.  Die  obere  ist  gleich  unter  der  Gelenksfläche  mit 
einem  Halbkanal  versehen  —  Incisura  subglenoidalis.  In 
diesem  verläuft  der  Musculus  obturatorius  extern.  Zwischen 
ihm  und  dem  Periost  kommt  manchmal  ein  Schleimbeutel  vor. 
Ein  Theil  der  Hüftgelenksbänder  und  der  Kapsel  entspringt 
von  dieser  Zone.  Unten  in  dieser  Zone  setzt  sich  der  Mus- 
culus adductor  magnus  an.  Dieser  Theil  der  Fläche  hat  viele 
kleine  und  mittelgrosse  Emährungslöcher,  die  meist  nach  oben 
gerichtet  sind.  Die  untere  Zone  dient  gleichfalls  dem  Muse 
adductor  magnus  zum  Ansätze.  Nur  selten  werden  an  ihr  Er- 
nährungslöcher bemerkt. 

Die  rückwärtige  Fläche  erstreckt  sich  von  der  oberen 
Verbindungslinie  des  Sitzbeins  mit  dem  Darmbeine  einerseits 
und  dem  Schoosbeine  andererseits  zwischen  dem  vorderen 
und  rückwärtigen  Rande  zur  unteren  Verbindungshnie  mit  dem 
Schoossbeine.  Um  eine  leichtere  Einsicht  in  die  Verhältnisse 
der  Fläche  zu  verschaffen  wird  sie  in  drei  Zonen  abgetheiit. 
Die  oberste  Zone,  das  Planum  inclinatum  cotyloideum  nach 
Burns,  bildet  den  Grund  der  Gelenkshöhle  und  wird  nach 
unten  durch  eine  Linie  begrenzt,  die  vom  Sitzbeinstachel  zum 


94        I^*    Sehwegelt  Beiträge  aar  Anatomie  des  Beckens. 

äusseren  Höfliochwinkel  gezogen  wird.  Diese  Zone  nüsst  trans- 
versal 2  Zoll,  vertikal  IVa  Zoll.  Nach  ruck-  und  vorwärts 
vertieft  sie  sich  zu  den  Incisurae  ilioischiad.  und  ischiopubicae. 
Längs  der  vorderen  Seite  —  an  der  Verschmelzungsiinie  des 
Sitz-  und  Schoossbeines  verläuft  manchmal  ein  seichter,  eine 
Linie  breiter  Halbkanal  für  die  Gefasse  und  Nerven  des  Hüft- 
beinkanales.  Er  liegt  in  einer  6 — 8  Linien  breiteren  Ver- 
tiefung dieser  Stelle.  Vom  vorderen,  oberen  \Vinkel  zum 
Sitzbeinstachel  ist  die  Zone  concav.  Dagegen  bildet  manch-* 
mal  der  genannte  Winkel  mit  dem  Darmbeine  eine  rauhe 
Erhabenheit,  die  sich  nicht  selten  in  der  Sitz-Darmbeinver- 
bindung zur  Incisura  ischioiliaca  fortsetzt  Der  Winkel  liegt 
subfascial  und  wenn  daselbst  eine  rauhe  Erhabenheit  vorkommt 
(Protuberantia  cotyloidea),  so  können  die  Nerven  und  Ge-* 
ßisse,  welche  zum  Huftbeinloche  verlaufen,  gedrückt  werden, 
und  Taubheit,  Schmerzen  im  Oberschenkel  bedingen.  Dies  ge* 
sdiieht  beim  Drucke  des  Kindskopfes.  Mit  der  Aenderung 
der  Kopfstellung  hören  manchmal  auch  die  gedachten  Erschei* 
nungen  auf. 

Von  unten  nach  oben  zum  Pfannentheile  führen  ein  oder 
zwei  mittelgrosse  und  mehrere  kleine  Gefässkanäle.  Ausser 
der  Erhabenheit  des  Pfannengrundes  liegt  dann  auch  noch 
der  Sitzbeinstachel  subfascial;  alle  übrigen  Theile  der  Zone 
dienen  dem  Musculus  obturatorius  internus,  der  Sitzbeinstachel 
auch  dem  Ligam.  spinososacrum  und  Muse,  coccygcus  zum 
Ansätze.  Die  zwei  anderen  Zonen  entsprechen  denen  der  vor- 
deren Fläche;  sie  sind  ebenso  lang,  aber  etwas  breiter  als 
diese.  Die  mittlere  Zone  ist  nach  rückwärts  gewöhnlich  von 
Faserknorpel  überzogen  und  durch  knorplige  Riffe  in  2 — 4 
Furchen  gelheilL  Zuweilen  ist  auch  der  Knochen  an  dieser 
Stelle  gefurchL  Ein  mitlclgrosser  und  mehrere  kleine  Geiass- 
kanäle  sind  zur  Pfannengegend  und  dem  Sitzbeinhöcker  nach 
oben  gerichtet.  An  dieser  Zone  setzt  sich  gleichfalls  der 
Muse,  obturatorius  internus  an;  die  Furchen  entsprechen  der 
gespaltenen  Sehne  des  Muskels.  Zwischen  dem  knorpligen 
Ueberzuge  und  dem  Muse,  obturatorius  kommt  constant  ein 
Schleimbeutel  vor. 

Die  unterste  Zone  ist  gleichfalls  etwas  breiter  als  die 
entsprechende   vordere.     Sie  ist  bei  Frauen  schmaler  als  bei 


III.    Sckwegelf  Beiträge  zur  Anatomie  des  Beckens.        95 

Männern.  Ihre  Crnährungskanäle  siud  klein  und  zum  Sitz^ 
beinhöcker  gerichtet.  Am  unteren  Rande  dieser  Zone  kommt 
ein  seichter  Halbkanal  vor,  in  welchem  die  Schamgefasse 
und  Nerven  eingebettet  sind.  In  dieser  Zone  sind  die  Nerven 
und  Gefässe  von  Weichtheilen  wenig  geschütz  und  können 
bei  der  Frau  dmxh  den  Kindskopf  in  der  Geburt  und  im 
Sitzen  gedrückt  werden,  worauf  Schmerz,  Taubheit  in  d^ 
Buthe  und  weiblichen  Scham  eintritt.  Mit  einem  geringen 
Theile  entspringt  von  hier  der  Musa  obturat.  intern. 

Aus  dem  Zusammenstosse  der  rückwärtigen  Fläche  des 
Sitzbeins  mit  der  unteren  des  Darmbeins  einei*seits  und  mit 
der  rückwärtigen  des  Schoossbeines  andererseits  gehen  zwei 
schiefe  Beckenllächen  hervor.  Die  Neigung  der  Ersteren  zum 
Horizonte  beträgt  65 — 75^,  der  Letzteren  50 — 60®.  Die 
äussere  Fläche  wird  öfters  von  der  äusseren  Darmbeinfläche 
durch  eine  4  Centim.  ober  dem  Sitzbeinstachel  zur  Mitte  des 
Pfannenrandes  verlaufende  rauhe  Erhabenheit  getrennt  Sie 
biegt  sich  unten  nach  innen,  und  fliesst  mit  der  inneren 
Fläche  des  Schoossbeines  zusammen.  Die  Fläche  wird  in 
drei  Zonen  abgetheilt.  Die  oberste  bildet  zum  Theil  den 
Pfannengrund.  Von  Emährungslöchern  kommt  ein  grosses 
und  mehre  kleinere  mit  der  Richtung  nach  oben  vor.  Von 
der  Zone  nehmen  Ursprung  der  Musculus  gemellus  supei^ior, 
theilweise  die  Hüftgelenksbänder  und  die  Kapsel.  Ueber 
die  Zone  verlaufen  durch  die  vordere  Incisura  der  Musculus 
obturatoriusexternus,  durch  die  Incisura  ischiadica  minor(inferior) 
der  Muse,  obturat.  extern.;  und  durch  die  Incisura  ischioiliaca 
der  Muse,  pyriformis,  um  zur  Fossa  trochanterica  zu  gelangen. 

Die  mittlere  Zone  ist  nach  unten  gekrümmt,  etwa  6  Centim. 
lang  und  3  Centim.  breit,  hat  zwei  Paare  aufeinander- 
folgender Facetten.  Die  oberen  Facetten  sind  meist  concav 
und  glatt,  die  unteren  convex  und  rauh.  Die  oberen  Facetten 
fliessen  manchmal  in  eine  zusammen,  indem  die  mittlere  Er- 
habenheit fehlt.  Die  äussere  Facette  dient  dem  Musculus 
quadratus  femoris,  semimembranosus  und  semitendinosus,  die 
Innere  dem  Muscul.  biceps  femoris  und  gemellus  inferior  zum 
Ansätze.  Die  Sehne  des  Biceps  geht  über  ins  Ligamentum 
tuberososacrum.  Die  äussere  des  unteren  Paares  dient  dem 
MuscuL   adductor   magnus,    die   innere    den   Ruthenschwell- 


96        lU-    Schwegelf  BoitrSge  zur  Anatomie  des  Becken«. 

körpern,  dem  Muse,  ischiocavernosus  und  (ransversus  zum 
Ursprünge.  An  den  Facetten  kommen  mehrere  kleine  Ei^ 
näbrung^öcher  vor.  Die  ganze  Zone  liegt  oberflächlich  ooler 
der  Haut,  besonders  kann  deren  innerer  Rand  leicht  befühlt 
werden,  da  nur  die  Sehnen  der  genannten  Muskel  sich  daseibist 
inseriren.  Beim  Strecken  und  Abduciren  des  Oberschenkds 
wird  der  Sitzbeinhöcker  dieser  Zone  dicker  von  Muskeln  aus- 
gepolstert als  es  in  der  Beugung  und  Adduction  gescbiefaL 
Deshalb  wird  bei  der  europäischen  Sitzweise  mit  gebeugten 
und  angezogenen  Oberschenkeln  der  Sitzbeinhöcker  oberüäch- 
licher  als  bei  der  orientalischen  zu  stehen  kommen.  Die 
unterste  Zone  ist  etwa  V  lang,  beim  Weibe  4'",  beim  Manne 
6"'  breit.  Bei  der  Frau  ist  sie  überdies  sehr  zur  rückwär- 
tigen Fläche  geneigt.  An  ihr  setzen  sich  die  Schwellkörper 
der  Ruthe  und  des  Ritzlers  an. 

Der  vordere  Rand  besteht  aus  zwei  Cförmigen  Krnm-^ 
mungen,  die  durch  die  Incisura  subglenoidalis  abgetheilt  sind. 

Der  rückwärtige  Rand  ist  ^förmig  gekrümmt.  Der 
Theil  über  dem  Sitzbeinstachel  hilft  mit  der  Incisura  iliaca 
inferior  die  Incisura  ischiadica  major  oder  ischioiliaca  bilden. 
Unter  200  Hüftbeinen  beobachtete  ich  25  Mal  2—4  Centim. 
über  dem  Sitzbeinstachel  einen  breit  aufsitzenden,  von  aussen 
nach  innen  abgeplatteten,  1 — 2'"  hohen  Stachel  —  Spina 
ischii  accessoria.  In  solchen  Fällen  trug  das  Sitzbein  gar 
nicht  zur  Incisura  ischiadica,  besser  ischioiliaca  bei  und  es 
hatte  nur  eine  Incisura  ischiadica  superior  und  inferior  oder 
die  gewöhnliche  minor.  An  frischen  Becken  hatte  ich  auch 
3  Mal  Gelegenheit  von  der  genannten  Spina  ischii  accessoria 
ein  Ligamentum  spinososacrum  superius  darzustellen,  das  mit 
dem  Ligamentum  spinososacrum  sieb  vereinte  und  ein  Fora- 
men ischiadicum  medium  entstehen  machte.  In  den  besagten 
drei  Fällen  verliefen  durch  das  Foramen  ischiadicum  inter- 
medium  der  Musculus  pyriformis,  der  Nervus  glutaeus  inferior, 
cutaneus  femoris  posterior  und  ischiadicus  und  die  Arieria 
ischiadica  zum  Gesäss  und  Oberschenkel  hinaus.  Der  Stachel 
entsteht  aus  einem  eigenen  Ossificationspunkte. 

Der  innere  Rand,  Cförmig  gekrümmt,  abgerundet,  hat 
einen  oberen  und  unteren  Theil,  welche  unter  einem  Winkel 
zusammenstossen.    Dieser  Winkel  ist  bei  den  Frauen  grösser 


III.    Schwegelt  Beitrafi^e  znr  Anatomie  des  Beckens.        97 

als  bei  den  Mäiuiern.    Nahe   der  oberen  SiU-Schoossbein- 
▼erbindung,  nur  seilen  3 — 4'"  unter  ihr,  kommt  manchmal  ein 
1 — 2"'  hoher  Stachel  vor,  welcher  den  Halbkanal,  Semicanalis 
puboischiadicus,  für  die  Hüftlochgeiasse  und  Nerven  von  unten 
begrenzt     Ueberdies  kommen    am   inneren  Rande   sehr   oft 
Osteophyte    und    Verknöcherungen    vor,    welche    besonders 
dann  nicht  leicht  von  den  physiologischen  Stacheln  zu  unter- 
scheiden sind,    wenn   sie  an  Punkten   vorkommen,    wo    die 
Letzteren  gewöhnlich  aufsitzen.    Das  Sitzbein  ist  oben  mit  dem 
Darm-  und  Schoossbein  bis  zum  18.  Jahre  knorplig,   später 
knöchern,  auf  gleiche  Weise  unten  mit  dem  Sitzbeine  verbun- 
den.  Die  obere  Y(»*bindungsfläche  ist  höckrig,  etwa  1  Centim. 
breit  und   winklig   gekrümmt.    Ihr   innerer  Theil  stösst  ans 
Schoossbein,  ihr  oberer,  der  zugespitzt  in  den  vorderen  Ge- 
lenksrand  ausläuft,  ist  mit  dem  Darmbeine  verbunden.     Die 
vordere  Fläche  ist  oben  grubenförmig  vertieft  und  bildet  einen 
Theil  der  Pfanne.     Dieser  Theil  der  Pfanne   ist  concav,  fast 
trapezförmig,   wenn   man   von   der  Krümmung  des   Gelenks- 
randes absieht;  er  besteht  aus  zwei  Hälften:  einer  äusseren, 
2  Centim.  breiten  und  5  Centim.   langen    und  einer  inneren 
tiefern,  nach  innen  mit  dem  Ausschnitte  versehenen  Hälfte  — 
die  Pfannengrube  —  Fossa   acetabuli.     Nur  in  sehr  seltenen 
Fällen  wird  die  Gelenksgrube   anstatt  des  Ausschnittes  durch 
eine  spitzwinklige  Kante  abgegrenzt.     Ich  besitze  zwei  Hüft- 
beine, welche  keine  Ausschnitte  der  Gelenksgrube  darbieten. 
In  einem  davon  war  auch  keine  Fossa  acetabuli  vorhanden. 
Bemerkenswerth  ist  es  auch,  dass  die  innere  und  obere  Grenz- 
linie der  Fossa  acetabuli  mit  den  Verbindungslinien  des  Sitz- 
beines mit  Schooss-  und  Darmbeine  zusammenfallen.  Die  Fossa 
acetabuli  ist  4  Centim.  hoch  und  3  Centim.  breit.    An  ihr 
sind  viele  Gefasskanäle  zu  bemerken.   Die  Dicke  des  Knochen 
zwischen   der  Pfannengrube   und   der  rückwärtigen  Sitzbein- 
fläche  beträgt   0,ö — 1  Centim.    und    wird    in  der  Mitte  der 
Grube  auch  durchscheinend  dünn.     Noch  bleibt  es  übrig  des 
Loches  zu  erwähnen,  das  an  dem  inneren  oberen  Winkel  der 
Pfannengrube  vorkommt    Da  in  diesem  Punkte  die  drei  Hütt- 
beintheile  zusammenstossen,   so  betrachte  ich  es  als  mangel- 
hafte   Entwicklung    dieser    und    Fehlen    eines    interstitiellen 
Ossificationspunktes . 

MonatMchr.  f.  Gebartik.  1861.  Bd.  XVUI.,  Buppl.-Hfl.  7 


93        UI*    Sciiwegelt  Boitrag^o  cur  Anatomie  des  Bcckcri;*. 

Die  untere  Verblndungsfladie  des  Sitzbeins  ist  liöckrig. 
Die  Yerschnielzungslinie  vcHaiiflL  schief  von  innen  unten  nach 
nussen  oben,  gcwübniich  unmerklicli ,  manchmal  durch  eine 
rauhe  Erhabenheit  bezeiclinet. 

Nachdem  schon  im  Vorausgescliickten  hier  und  da  über 
die  Grösse  einiger  Knochenflächen  gesprochen  worden ,  erübrigt 
es  nur  noch  Einiges  Ober  die  Grosse,  die  Dicke  und  die 
Structur  hier  anzuschliessen. 

Die  Hube  des  Sitzbeins  wird  ziemlich  richtig  ausgedrückt 
durch  das  Maass  vom  Sitzbeinhuckor  bis  zur  Grenzlinie 
zwischen  dem  grossen  und  kleinen  Becken.  Diese  Linie 
beträgt,  wie  Krause  auch  angiebt,  beim  Manne  4*^,  beim 
Weibe  3"  6'".  Die  Umfangslinie  des  Sitzbeines  in  der  Beckwi- 
weile  beträgt  biim  Manne  durchschnittlich  4  Zoll  8  Linien, 
beim  Weibe  5  Zoll.  Die  unteren  Sitzbeintheilc  des  mann- 
liehen  und  weiblichen  Beckens  sind  in  der  Breite  nicht,  wohl 
aber  nach  der  Dicke  —  von  vorn  nach  hinten,  verschieden, 
indem  die  männlichen  dicker  als  die  weiblichen  sind.  Die 
Breite  zwischen  der  Incisura  subglenoidalis  und  ischiadica  mi- 
nor beträgt  in  beiden  Geschlechtern  bei  1"  3'*',  zwischen  In- 
cisura ischiadica  major  und  jener  l'^  dagegen  zwischen  der 
Incisura  obturatoria  und  ischiadica  major  beim  Manne  1''8*, 
und  2"  4'"  beim  Weibe,  am  Silzbeinhöcker  1^  Demnach 
ist  das  weibliche  Sitzbein  niedriger  und  breiter  als  das 
männliche. 

Die  Struclur  des  Sitzbeines  ist  meist  feinzellig.  Der  Win- 
kel des  inneren  Randes  hat  eine  1'"  dicke  compacte  Rinden- 
substanz; allein  der  Sitzbeinhucker  ist  wieder  feinzellig.  Dann 
bclrägl  die  compacte  Rindensubstanz  der  Incisura  ichiadica 
major,  minor,  des  Pfannengrundes  V2 — l'"  Dicke;  an  den 
übrigen  Stellen  ist  die  Structur  durchaus  feinzellig. 

Aus  dem  Gesagten  ergiebt  es  sich,  dass  das  Sitzhein  von 
Weichtheilen  gegen  die  äusseren  Gewaltthäligkeiten  meist  gut 
geschfilzt  ist  und  deshalb  wird  es  überhaupt  selten  gebrochen. 
Am  oberflächlichsten  liegt  der  untere  Sitzbeintlieil  und  da  er 
zugleich  dünner  und  schwächer  ist  als  der  obere,  so  wird  er 
auch  öfters  als  dieser  brechen.  Wegen  ihrer  Dünnheit  bre- 
chen dann  die  Pfanne  und  insbesonders  die  Pfannengrube. 
Der  Sitzbeinhucker  als  gekrümmteste  Stelle  des  Sitzbeines  ist 


in.    Schweffei,  Beiträge  cur  Anatomie  des  Beckens.        99 

deshalb  zürn  Bruche  weniger  geeignet,  weil  er  dick  ist  und 
durch  compacte  Rindeusubslanz  Terstärkt  wird.  Die  Stellen 
der  Sitz-,  Darm-  und  Schoossbeinverbindung  brechen  insbe- 
sondere vor  dem  vollendeten  Wachslhume,  so  l&n3;c  keine 
voUkonimeue  knöcherne  Verschmelzung  stattfindet. 

C.    Das  Schoossbcin. 

Das  Schoossbein ')  wird  in  einen  oberen  und  einen  un- 
teren Theil  abgetheilt,  da  es  meist  aus  zwei  Hauptknochen- 
punkten entsteht.  Nur  für  solche  Fälle  ist  es  richtig,  den 
oberen  Theil  für  den  Körper,  den  unleren  für  den  Ast  zu 
hallen,  wo  es  aus  einem  Hauptknocbenpunktc  entsteht,  was 
seltener  vorkommt.  Auch  ist  es  nicht  richtig,  das  mittlere 
Slfick  als  Körper  zu  erklären,  da  es  aus  keinem  eigenen  Ossi- 
ficalionspunkte,  sondern  nur  aus  der  Verschmelzung  der  Bei- 
den hervorg**gangen  ist.  Petit^)  hat  Körper  und  zwei  Aesle 
am  Schoossbeine  unterschieden. 

Die  Flächen  und  Ränder  der  Schoossbeintheile  sind  —  mit 
geringem  Unterschiede  sowohl  in  der  aufrechten  als  sitzenden 
Stellung  —  vordere,  rückwärtige  und  untere. 

Die  vordere  Fläche  zerfiUlt  durch  den  am  inneren  Vier- 
tel der  Fläche  vorkommenden  Höcker  (Tuberculum  pubicum) 
in  zwei  Abtheilungen.  Die  äussere  Abtheiiung  ist  von  aussen 
nach  innen  concav  —  bei  Frauen  mehr  als  bei  Männern,  von 
unlen  nach  oben  convex,  nach  aussen  breit,  rauh  und  ge- 
wulstet,  schmal  und  glalt  nach  innen.  Der  Wulst  verläuft 
von  unten  längs  des  Pfannenrandes  nach  oben,  und  zwar  in- 
nen von, der  Verschmelzungslinie  dos  Darm-  und  Scliooss- 
beines,  so  dass  gar  nicht  oder  nur  unbedeutend  das  Darmbein 
an  der  Bildung  des  genannten  Wulstes  Anlheil  nimmt.  Die 
Wulslimg  reicht  nicht  bis  zm*  Linea  terminalis,  sondern  hört 
2 — 3  Linien  vor  ihr  auf.  Da  die  rauhe  Wulstung  eine  längere 
Ausdehnung  hat,  so  wird  sie  ricliliger  Eminentia  iliopubica 
als  Tuberculum  iliopubicum  benannt,  von  welchen  die  erstere 


1)  Anstatt  dos  wenig  passenden  Nnmens  „Schambein'*   iTirJ 
]i8c1iooss-  oder  Sclilossbuiu"  gebraucht. 

2)  Petit  1.  c. 

7* 


100      III-    Schtjoegel,  Beiträge  zur  Anatomie  des  Beckens. 

Bezeichnung  Henle  ^)  auch  beibehalten  hat.  Diese  Eminentia 
begrenzt  nach  innen  die  Incisura  iliaca  anterior  inferior, 
bildet  den  Boden  der  Lacuna  muscularis.  An  ihr,  meist 
in  der  Mitte  zwischen  dem  Pfannenrande  und  Schoossbein- 
kämme,  kommen  1 — 6  Linien  hohe  Stachel  vor.  Ich  fand 
sie  vergesellschaftet  mit  Osteophyten  der  Umgebung  als  patho- 
logische Erscheinungen  eben  so  häufig,  wie  als  angeborene 
Abweichungen  aus  Bildungsübermaass.  Die  Eminentia  pubica 
wird  vom  Musculus  iliopsoas  theilweise  bedeckt;  die  Arteria 
und  Vena  femoralis  laufen  über  sie  hinweg.  Sie  dient  selbst 
keinem  Muskel  zum  Ursprünge  und  ein  zufällig  ihr  aufsitzen- 
der Stachel  ist  hiemit  nicht  eine  Spina  oder  ein  Processus 
muscularis  des  Muscul.  psoas  minor,  wie  Lamll^)  meint; 
am  allerwenigsten  aber  dann,  wenn  er  durch  Zerrung  entstan- 
den sein  soll.  Der  Psoas  minor  inserirt  sich  an  die  Fascia 
iliaca  dort,  wo  diese  an  die  Linea  terminalis  tritt.  Die  Sta- 
cheln werden,  da  sie  überpolstert  und  von  der  Grenzlinie 
entfernt  sind,  nur  bei  einer  abnormen  Beckenneigung  die 
Beckenorgane  verletzen  können.  Uebrigens  wären  bei  einem 
Drucke  auf  die  genannten  Stachel  auch  die  Schenkeigefasse 
gefährdet.  Der  Wulst  am  Pfannenrande  dient  dem  Limbus 
fibrosus,  den  Yerstärkungsbändern  des  Hüftgelenkes  zum  Aa- 
satze. Die  untere  Hälfte  der  in  Rede  stehenden  Abtheilung 
dient  dem  Musculus  pectineus  zum  Ansätze.  Die  obere  Hälfte 
wird  nur  von  der  Beinhaut  überzogen,  die  Fascia  iliopectinea 
ist  über  sie  ausgespannt,  und  bildet  das  Ligamentum  pubicum 
proprium  Cooperi  und  Gimbernati,  wodurch  die  Concavität 
dieser  Abtheilung  vermindert  wird. 

Der  obere  Rand  ist  meist  scharfkantig,  seltener  abge- 
rundet, zuweilen  auch  mit  Stacheln  versehen.  Auch  an  diesen 
Stacheln  setzt  sich  kein  Muskel  an,  sie  sind  gewöhnlich  Ent- 
wickeluGgsabweichungen,  und  als  pathologische  Erscheinungen 
kommen  sie  meist  nur  dem  höhern  Alter  zu.  Der  scharfkan- 
tige Rand  mit  den  Stacheln  kann  wegen  seiner  subfascialeo 
Lage  die  angedruckte  Gebärmutter  verletzen.    Darauf  hat  schon 

1)  HefOe  1.  c. 

2)  Vierteljahrssohr.  f.  praktische  Heilkunde,  1.  Bd.,  1855,  Prag. 


III.    Schwegel,  Beiträge  znr  Anatomie  des  BeckoDS.      IQl 

Küian^)  aufmerksam  gemacht.  Die  Ernährungslöcher  dieser 
Ahtheilung  sind  durchaus  klem  und  besonders  längs  *  der 
Eminentia  pubica  zahlreich.^) 

Ihre  Länge  —  von  innen  nach  aussen  —  beträgt  2"  bis 
2"  6^^;  und  zwar  bei  Frauen  mehr  als  bei  Männern.  Da 
diese  Abtheilung  den  Boden  der  Lacuna  vasorum  bildet,  dem- 
nach diese  bei  den  Frauen  grösser  ist,  und  das  Septum  crurale, 
die  Bindegewebsscheiden  der  Gefasse  und  das  Ligamentum 
Gimbernati  deshalb  einen  grossem  Widerstand  bei  der  Frau 
als  beim  Manne  zu  ertragen  haben,  da  überdies  diese  die 
Lacuna  vasorum  verstopfenden  und  überziehenden  Theile  bei 
der  Frau  auch  schwächer  als  beim  Manne  sind:  so  kommen 
auch  bei  Frauen  die  Schenkelbrüche  häufiger  als  bei  Männern  vor. 

Die  innere  Abtheilung  der  vorderen  Fläche  ist  unregel- 
mässig vierseitig,  8 — 12'"  lang,  rauh  und  mit  kleinen  Emährungs- 
löchern  versehen.  Nach  vorn  aussen  ragt  der  Schambein- 
höcker —  Tuberculum  pubicum,  bei  Crive^)  auch  spinosum 
genannt.  In  seltenen  Fällen  ^ist  dieser  auch  zweigetheilt, 
indem  innen  von  diesem,  nahe  der  Symphysis  oft  ein  kleiner 
Höcker  beobachtet  wird  —  Tuberculum  pubicum  minus  oder 
internum.  Von  dieser  Abtheilung  entspringen  der  gerade  und 
p}Tamidenförmige  Bauchmuskel,  das  Ligamentum  ihopubicum 
mit  Sehnen  des  äusseren  schiefen  Bauchmuskels,  das  Liga- 
mentum Gimbernati  und  der  Musculus  graciHs. 

Die  rückwärtige  Fläche  liegt  in  ihrer  ganzen  Ausdeh- 
nung subfascial,  ist  glatt,  von  aussen  nach  innen  concav,  von 
oben  nach  unten  bald  convex  bald  concav.  Der  Abstand  der 
Sehne  von  dem  tiefsten  Punkte  der  transversalen  Krümmung 
misst  2 — 4"'  und  zwar  beim  Manne  weniger  als  beim  Weibe. 
Die  grösste  Krümmung  fallt  in  ihr  mittleres  Drittel.  Eine 
geringe  Krümmung  dieser  Flächen  beim  Weibe  erzeugt  eine 
eigene  im  Eingange  verengte  Beckenform,  die  sich  dadurch 
kennzeichnet,  dass  die  Microchordae  um  1 — 2'"  kürzer  sind. 
Ist  die  Krümmung  blos  einerseits  geringer,   so  entsteht  ein 

1)  Schilderongen  neuer  Beckenformen  nnd  ihres  Verhältnistes 
im  Leben,  von  Dr.  Hermann  Franz  Kilian.  Mit  9  lithogr.  Tafeln. 
Mannheim  1864. 

2)  Petit  1.  c. 

3)  Cr4ve  1.  c. 


102      ni.    ScJiucegel,  Bcitrugo  zur  Anatoinio  des  I^cckcns. 

geringerer  Grad  von  Scbragverenglheit.  Besonders  wird  eine 
gelinge  Krfmimung  der  gedaclilen  Flüchen  bei  den  gerad- 
eliipiischen  und  viereckigen  Beckenformen  gefunden.  Auch 
Levrefs^)  Femmes  barrees  hatten  wahrscheinlich  derartig 
flache  Schoossbeine. 

Die  untere  Fläche  ist  spiralfürmig  von  hinten  aussen 
nach  vorn  innen  gekrümmt.  Ihr  äusserer  concaver  Tbcil 
bildet  einen  von  der  inneren  Seilenwand  des  kleinen  Beckeos 
schief  nach  aussen  und  vorn  fuhrenden  Va"  breiten  Halb- 
kanal, in  welchem  die  Huflgefasse  und  Nerven  verlaufen. 
Ihr  innerer  Theil,  der  in  die  vordere  Fläche  übergeht,  dient 
dem  Muse,  obturator.  extern.,  Adductor  iougus  und  brevis 
und  Muscul.  gracilis  zum  Ansalze.  Am  rückwärtigen  Rande 
sind  nicht  selten  kleine  Stachel  zu  fmden;  zwei  Mal  erreich- 
ten sie  die  Länge  von  1 — IVa"-  ^i®  kommen  meist  nur  in 
hohem  Alter  vor  und  sind  aus  Verknöcherungen  der  Mem- 
brana obluratoria  entstanden  anzusehen. 

Ueber  die  Länge  des  oberen  Scboossbeintlieiles  bleibt 
noch  zu  bemerken,  dass  sie  beim  Manne  5 — 7  Centim.,  beim 
Weibe  dagegen  7 — 9  Cenlim.  beträgt  Die  längeren  oberen 
Schoossbeiulheile  bewirken  theilweise,  dass  die  Beckenqucrdurch- 
mcsser  und  die  vorderen  oberen  Beckenausscbnilte  beim  Weibe 
weiter  als  beim  Manne  sind.  Die  Kürze  der  oberen  Schooss- 
beintheile  bedingt  manchmal  die  stumpflierzförmige  und  gerad- 
elliplische  Beckenform.  Eine  ungleiche  Länge  derselben  ver- 
ursacht eine  eigene  Art  von  geringer  Beckennsymmelrie. 

Die  obere  Verbindungsfläche  ist  nach  aussen  gekehrt, 
längs  elliptisch.  Ihre  rückwärtigen  zwei  Drilttheile  sind  liöck- 
rig  und  slossen  ans  Sitz-  und  Darmbein.  Ihr  vorderer  Dritt- 
tlicil  ist  ausgehöhlt  und  bildet  ein  Achtel  der  Pfannenfläche. 

Die  vordere  Fläche  ist  oben  ly^ — l?/^"  beim  Weibe 
und  1"  beim  Manne  breit.  In  der  Mitte,  gleich  unter  der 
Schoossbeinverbindung  ist  sie  beim  Weibe  6 — 8  Linien  und 
unten  8  — 10  Linien,  und  beim  Manne  sowohl  in  der  MiUc 
als  unten  9 — 10  Linien  breit.  Dann  ist  diese  Fläche  von 
oben  nach  unten  beim  Weibe  mehr  gekrümmt  als  beim  Manne. 
Die  Ernährungslöcher  kommen  meist  in  der  Nähe  der  Schooss- 

1)  Levret  1.  c. 


III.     Schwejel,  Beiträge  zur  Anatomie  des  Beckens.      103 

beiuverbindung  vor.    Zum  Ansätze   dient  sie  dem  Musculus 
gracilis,  obluratorius  cxternus,  adductor  longus  und  brevis. 

Die  rückwärtige  Flache  ist  mit  ihrem  oberen  breiten 
Theile  subfascial.  Ihr  unterer  Theil  ist  3 — 5  Linien  breir, 
gegen  den  äusseren  Rand  rauh,  dient  dem  Muscul.  obturator. 
intern,  und  dem  musculosen  Beckendiaphragma  zum  Ansalze. 
Die  Fläche  geht  nach  oben  in  die  rückwärtige  Fläcbe  des 
oberen  Schoossbeinlheils,  nach  unten  in  die  rückwärtige  Fläche 
des  unteren  Silzbeinstückes  über  und  bildet  mit  den  über  das 
Huflbeinloch  ausgespannten  Weichiheilen  die  vonlere  schiefe 
Beckenüäche,  deren  Neigung  zum  Horizonte  50 — 60^  misst. 
Die  untere  Fläche  ist  nach  innen  und  zugleich  nach 
rückwärts  gekehrt  und  scheint  nur  eine  Facette  der  rück- 
wärtigen zu  bilden.  Beim  Hanne  ist  sie  breiter  als  beim 
Weibe.  Diese  Flächen  mit  den  gleichnamigen  des  unteren 
Sitzbeinslückes  begrenzen  den  unteren  vorderen  Beckenaus- 
schnitt. Die  Flächen  sind  zum  Horizonte  im  Weibe  45—50^, 
im  Manne  40 — 45*^  geneigt;  der  Winkel,  den  die  beider- 
seitigen Flächen  bilden,  misst  beim  Manne  80  —  90^,  beim 
Weibe  90  bis  100^ 

Die  Flächen,  welche  zur  Verbindung  der  Schoossbeinc 
untereinander  dienen,  sind  gleichsam  die  Fortsetzungen  der 
unteren  Flächen.  Sie  messen  in  die  Länge  1  Zoll  6  Linien 
bis  1  Zoll  9  Linien,  in  die  Breite  6  bis  9  Linien. 

Beim  Manne  sind  sie  gewöhulich  länger  als  beim  Weibe, 
nach  oben  breiter  als  unten,  fast  gar  nicht  gekrümmt  oder 
nur  unbedeutend  ausgehöhlt.  Ihre  Oberfläche  ist  glatt  und 
nur  iiann,  wenn  die  Epiphysis  wegfallt,  kleinböckrig. 

Der  untere  Schooi^sbeintheii  ist  vom  Sitzbeine  nicht 
deutlich  geschieden.  Die  Verschmelzungslinie  liegt  in  der 
Mitte  zwischen  dem  obern  Rande  der  Schoossheinverbindung 
und  dem  Sitzbeinhocker;  manchmal  ist  sie  durch  eine  von 
aussen  oben  nach  innen  unten  verlaufende  rauhe  Erhabenheit 
und  durch  dichte  Knochensubstanz  bezeichnet  Es  muss  be- 
merkt werden,  dass  nicht  die  sclmiälslen  Stellen  der  Aus- 
schnittschenkcl  der  unteren  Vereinigung  des  Schooss-  und 
Sitzbeines  entsprechen.  Die  Länge  der  unteren  Schoossbein- 
theilc  vom  oberen  Rande  ihrer  Verbindung  untereinander 
bis   zu*   unteren    Schooss  -  Sitzbeinverbindung    beti*ägt    beim 


X04      ^-    Schwegel,  Beiträge  zar  Anatomie  des  Beckens. 

Manne  2",  bei  der  Frau  1%".  Aus  dem  Zusammenflusse  des 
Schooss-  und  Sitzbeines  entsteht  das  Hüilbeinloch.  Dieses 
ist  beim  Manne  höher  als  bei  der  Frau,  weil  bei  Ersterem 
die  dasselbe  umschliessenden  Knochen  höher  smd;  dagegen 
ist  es  bei  der  Frau  breiter,  wegen  des  längeren  oberen  Schooss- 
beintheils  und  zugleich  auch  grösser  wegen  der  schmalem 
Knochen.  Aus  dem  gleichen  Grunde,  wie  das  Septum  crurale 
ist  auch  das  Septum  des  Huftbeinloches  bei  der  Frau  weniger 
Widerstand  einem  Drucke  zu  leisten  im  Stande. 

Die  Dicke  der  Schoosbeintheile  variirt  zwischen  4  Linien 
bis  1  Zoll.  Vom  inneren  Winkel  des  Huftbeinloches  gegen 
die  Schoossbeinverbindungsfläche  nimmt  der  Knochen  von 
3 — 8  Linien  zu.  Der  untere  Schoossbeintheil  ist  in  der  Mitte 
von  vorn  nach  rückwärts  4  Linien  dick;  gegen  die  untere 
Verschroelzungsstelle  wird  er  wieder  dicker.  Die  Dicke  des 
oberen  Theiles  nimmt  Ton  der  Symphysis  zum  mittleren  Dritt- 
theile  ab,  diesser  misst  6  —  7  Linien,  und  erreicht  an  der 
oberen  Verschmelzung  die  Dicke  von  i". 

Die  Structur  ist  meist  feinzellig,  nur  das  mittlere  Drittel 
des  oberen  Theiles  hat  1  Linie  dicke  compacte  Substanz. 

Mit  Rucksicht  auf  die  Krümmung,  Dicke  und  Structur 
der  einzelnen  Schoossbeintheile  wird  es  wahrscheinlich,  dass 
ein  Bruch  des  oberen  Astes  in  schiefer  Linie  von  oben  innen, 
als  der  grössten  Krümmung,  nach  unten  aussen  zum  Semi- 
canalis  obturatorius  verlaufen  wird.  Diese  BruchUnie  geht 
durchgehends  in  poröser  Knochensubstanz,  trült  die  grössten 
Krümmungen  und  die  dünnsten  Stellen  des  Knochens.  Die 
Brüche  des  unteren  Schoossbeintheils  sind  meist  ti*ansversal, 
und  kommen  3 — 4  Linien  unter  der  Symphysis  vor,  weil  er 
daselbst  am  dünnsten  und  schmälsten  ist.  Ich  sah  Fracturen 
an  benannter  Stelle  und  Direction  acht  Mal  an  der  Leiche. 
Darunter  war  ein  Mal  blos  der  untere  Schoossbeintheil  ge- 
brochen, woraus  hervorgeht,  dass  der  Bruch  des  einen  Theiles 
mit  dem  des  anderen  nicht  nothwendig  complicirt  sein  müsse. 

Wird  schliesslich  Dasjenige  aus  der  Abhandlung  zusam- 

mengefasst,   was   als  eine  Erweiterung  der  Beckenanatomie 

angesehen  werden  kann,  so  besteht  es  im  Folgenden,  als: 

1)   Es  werden   mehrere   bisher  unbekannte  Abweichungen 

der  Beckenknochen  beschrieben,  wie:  ein  Tuberculum 


III.    Schwegel,  Beiträge  sur  Anatomie  des  Beckens.      105 

ilii  anterias  imum,  eine  Spina  accessoria  ischii,  die 
spiralige  Vereinigung  der  Wirbelbogenhälften,  die  Stachel 
der  vorderen  Kreuzbeinfläche,  einige  Höcker  der  seit- 
lichen Kreuzbeinflächen,  überdies  die  schiefen  Flächen, 
die  Krümmung  und  Grösse  und  die  Geschlechtsverschie- 
denheiten näher  berücksichtigt 

2)  Auch  wird  hervorgehoben,  dass  die  Länge,  Breite,  Höhe 
und  Krümmung  der  einzelnen  Beckenknochen  ein  wesent- 
liches genetisches  Princip  der  Beckenform  sind ;  es  wird 
nachgewiesen,  dass  eine  verschiedene  Grössenentwick- 
lung  der  Knochen  nicht  nur  die  hohen,  niedrigen,  gros- 
sen, kleinen  und  querelliptischen  Becken  bedinge,  son- 
dern auch  geringere  Grade  von  quer-,  schräg-,  gerad- 
verengten Becken  und  ebenso  stumpfherzförmige ,  ge- 
radelliptische, vorn  oder  rückwärts  flache,  bauchige, 
trichterförmige  und  rechtwinkelige  Becken  durch  die 
verschiedene  Grösse  oder  Krümmung  einzelner  oder 
aller  Beckenknochen  ohne  Textur-  und  Juncturerkran- , 
kung  derselben  erzeugt  werden. 

3)  Dann  werden  aus  der  Dicke,  Krümmung,  Textur  und 
Lage  der  Knochen  die  Stellen  und  Richtungen  bestimmt, 
in  welchen  sie  am  ehesten  brechen. 

4)  Ferner  werden  einige  accessorische  Verbindungen  zwischen 
Kreuz-  und  Hüftbein,  zwischen  -  diesen  und  dem  fünften 
Lendenwirbel,  ein  Ligamentum  iliacum  proprium,  ein 
Ligamentum  spinososacrum  accessorium  und  mehrere 
Schleimbeutel  der  rückwärtigen  Kreuzbeinfläche  und  der 
Incisura  subglenoidalis  ischii  zum  ersten  Male  angeführt. 

5)  Hernach  werden  die  subfascialen  Knocbenpunkte  bestimmt, 
wo  die  Nerven  und  die  Gebärmutter  einen  Druck  erlei- 
den können,  und  wird  gezeigt,  dass  sich  die  Knochen- 
gefasse  hauptsächlich  um  die  Verbindungsenden,  Ränder, 
Höcker  der  Knochen  verästeln. 


106     IV.   Cohen i  SubcatADo  Myotomie  des  Constrictor  cnnni 


IV. 

Subcutane  Myotcmie  des  Constrictor  cnnni 
zur  Verhtltung  des  Dammrisses. 

Von 

Dr.  H.  M.  Cohen  in  Hamburg. 

In  meiner  Arbeit  über  die  Lagerung  der  Gebärenden 
(abgedruckt  im  Bericht  über  die  35.  Versammlung  deutscher 
Aerzte  in  Königsberg  im  Jahre  1860)  habe  ich  vorläufig  mit 
wenigen  Worten  meine  Ansicht  über  die  wahre  Pathogenese 
des  Dammrisses  veröfTentlicIiL  Ich  verwarf  in  derselben  die 
bis  jetzt  gültige  Lehre,  dass  der  Dammriss  primär  von  der 
zu  sehr  ausgedehnten  Perinäalliaut  entspringe,  als  unguUig, 
und  legte  als  primäre  Ursache  das  Einreissen  der  Fascien 
und  Muskeln  aAi  Ausgange  der  Vagina  (der  Fascia  superficia- 
lis, des  Constrictor  cunni  und  der  Fascfa  profunda)  als  den 
3  Graden  der  Dammrisse  anatomisch  genau  entsprechend, 
dar.  Indem  ich  die  Motivirung  dieser  meiner  Palbogenese 
des  Dammrisses  mir  für  eine  besondere  Arbeit  über  Damm- 
risse vorbehalte,  habe  ich  hier  nur  eine  subcutane  Myotomie 
des  Constrictor  cunni  in  Vorschlag  zu  biingen  zur  Verhütung 
dieses  Unfalls,  wo  er  durch  fötale  Kopflage  oder  Becken- 
beschanenheit  der  Mutter  zu  erfolgen  droht.  Der  im  selben 
Augenblick  eintretende  Erfolg  dieser  Myotomie  in  den  beiden 
Fällen,  in  welchen  ich  sie  vornahm,  war  die  Beseitigung  einer 
jeden  Spannung  im  Perinäum,  so  dass  jede  Befürchtung  eines 
Einreissen  des  Dammes  augenblicklich  gehoben  war. 

Um  aber  dem  Leser,  dem  vielleicht  nicht  der  oben- 
bemeldetc  Bericht  über  die  35.  Versammlung  in  Königsberg  zu 
Händen  ist,  meine  Ansichten  über  den  Vorgang  bei  dem  Ein- 
reissen des  Dammes  und  die  hieraus  resultirende  Gedanken- 
folge,  zur  Verhütung  desselben  eine  subcutane  Myotomie  des 
Constrictor  cunni  vorzunehmen,  darzulegen,  erlaube  ich  mir. 
den  Salz  in  dem  Berichte  der  Versammlung,  der  hierauf  Bexug 
hat,  wörtlich  zu  wiederholen: 


sar  Vcrhutnng  des  Dammrisses,  107 

„Der  Damroriss,  der  bisher  falscblich  dem  Einreissen 
der  Haut  abseiten  der  Durcliroesser  des  eintretenden  Kopfes 
beigemessen  wurde,  basirt  auf  ganz  anderen  Ursacben'S  — 

„Es  sind  al)er  die  Muskelpartieen  um  den  Eingang  der 
Vagina  san^nt  den  beiden  Fascien,  die  ihren  Knotenpunkt 
in  der  Clitoris  haben,  welche  zuerst  in  ihrem  unter  der  Vagina 
ließndliclien  Tlieile  einreissen,  und  die  durch  die  innige  Ver- 
bindung der  Fascia  superficialis  mit  der  bedeckenden  Epi- 
dermis, femer  durch  die  Verbindung  der  Fascia  profunda  mit 
dem  Reclum  die  3  Grade  des  Darnimrisses  bewirken.  Es 
zerreissen  die  Fasern  und  Muskeln  zuerst  und  secundär  mit 
ihnen  die  Perinaealhaut.  Der  Vorgang  des  Dammrisses  ist 
nämlich  folgender:  Schwingt  der  vorhegende  Theii  sich  nicht 
um  den  Arcus  oder  drängt  der  vorliegende  Theil  in  einer 
plötzlichen  und  stürmischen  AVehe  oder  bei  mehr  männlichem 
und  spitzem  Winkel  des  Arcus,  bei  Querlagerung  des  Längen- 
durchmessers des  Kopfes,  bei  Zangenopera lionen  und  Wen- 
dungen, wenn  der  bis  jetzt  andauernde  Widerstand  plötzlich 
nachlässt  und  man  nicht  genügend  auf  die  Schwingimg  und 
keine  zu  grosse  Kraftanwendung  und  Raschlieit  bedacht  ist, 
so  ziehen  sich  die  Längenmuskeln  des  Conslrictor  cunni  und 
Ischiocavernosus  sammt  den  beiden  Fascien  desto  kräftiger 
zusammen,  je  plötzlicher  und  kralliger  die  austreibende  Ge- 
walt ist." 

„Der  Theil  dieser  Muskeln  und  Fascien  aber  unter  und 
neben  dem  Arcus  ist  dann  nicht  ausgedehnt,  nicht  verdünnt, 
an  Kraft  weit  den  Theil  der  Muskeln  und  Fascien  überwiegend, 
der  unter  der  Vagina  sich  befindet,  und  im  Durchtreten 
des  Kopfes  durch  die  äussere  contractile  Oeffnung 
reisst  der  obere  kräftige  Theii  den  unteren  und 
ausgedehnten  ein.  Bis  dahin  hatte  die  Gontraction  der 
Längenmuskeln  sammt  der  Fascien  antagonistisch  die  Kraft 
der  transversellen  Muskeln  überragt:  mit  dem  Moment  der 
Zerreissung  dei*selben  tritt  antagonistisch  die  Kraft  der  trans- 
versellen, des  Transversus  perinaei,  und  hei  tiefen  Einrissen 
auch  des  Levator  ani  ein ,  und  bilden  auf  erschreckende  Weise 
das  weite  plötzliche  Klaffen/* 

Diese  Gefahren  bedrohen  mit  seltenen  Ausnahmen  nur 
die  Erstgebärenden,  und  wie  bei  Mehrgebärenden  die  Eröifnung 


108     ^^'    Coheriy  Sabcntane  Myotomie  des  Constrictor  cnnni 

des  Muttermundes  und  das  Einschneiden  sammt  der  EotwidLe- 
lung  des  Kopfes  ein  unvergleichlich  leichteres  ist  als  bei 
Erstgebärenden,  so  ist  auch  der  Dammriss  bei  Ersteren  fast 
nie  zu  befürchten.  Suchen  wir  nun  den  Vorgang  genau  zu 
ermitteln,  wodurch  die  Natur  den  Mehrgebärenden  diese  Er- 
leichterungen yerschaffl,  und  die  Beseitigung  der  Gefahren  des 
Dammrisses  erwirkt,  (denn  offenbar  ist  es  ein  und  derselbe 
Process,  der  diesen  einzelnen  Momenten  zu  Grunde  liegt)  so 
wird  sich  daraus  auch  ergeben,  zu  welchen  Mitteln  die  Kunst 
greifen  müsse,  um  den  Gefahren  des  Dammrisses  vorzubeu- 
gen, sie  unmöglich  werden  zu  lassen. 

Wir  sehen  nach  jeder  ersten  Geburt,  sie  mag  noch  so 
leicht  vor  sich  gehen,  dass  die  Form  des  Muttermundes  eine 
Umwandlung  erlitten  hat.  Narben  und  Einrisse  sind  zuver- 
lässige und  notliwendige  Rückbleibsel  einer  Geburt.  Dass 
diese  Narben  aber  nicht  durch  die  Grösse  der  Durchmesser 
oder  durch  die  unnachgiebige  Härte  des  durchdringenden  Kör- 
pers hervorgebracht  worden,  ist  dadurch  zweifellos  erwiesen, 
dass  auch  durch  Abortus  und  den  Durchgang  fibröser  Polypen 
bei  welchen  weder  die  gewaltigen  Durchmesser  noch  die  Harte 
des  eindringenden  Theils  es  bewirken  konnten,  JNarben  und 
Einrisse  zu  Stande  kommen.  Es  sind  also  diese  Einrisse 
ein  selbstständiger  aus  der  der  Muskelfaser  eigenthümlichen 
Contraction  hervorgehender  dynamischer  Process,  ein  selbst- 
ständiges Einreissen  glatter  Muskelfasern,  wie  wir  sie  auch 
bei  quergestreiften  Muskelfasern  beobachtet  haben  (z.  B.  am 
Rectus  femoris,  wenn  bei  einem  Ausgleiten  des  Fusses  auf 
einer  abschüssigen  Ebene  der  hierdurch  gebotenen  Ver- 
längerung dieses  Muskels  der  instinctive  Wille  durch  die  Con- 
traction desselben  heftig  entgegentritt.^)  Es  ist  daher  das 
Einreissen  am  Muttermunde  ein  aus  dem  Wesen  der  Muskel- 
fasern entspringender  Process,  wenn  einem  Drängen  von  oben 
vermittels  der  Längenfasern  (also  in  perpendiculärer  Richtung) 
die  Contraction  der  Circulartasem  von  unten  her  in  entgegen-' 
gesetzter  (transverseller)  Richtung  sich  entgegenstemmt 

1)  Also  derselbe  Vorgang,  deu  ich  oben  for  den  Dammriss 
beseiohnete,  Contraction  des  Constrictor  cnnni  im  Oegensats 
gegen  die  von  der  ansireibenden  Kraft  bezweckte  Ausdebnong 
(Verlängerung)  desselben. 


zur  Verhütaog  des  Dammrisses.  109 

£s  ist  aber  nur  die  circulare  Endfaser,  oder  eigentlich 
Endfaserbiindel ,  welche  von  der  Längenfaser  nicht  bedeckt, 
von  ihr  unbehindert,  vor  allen  übrigen  die  sphincterische  oder 
stricturartige  Contraction  vermittelt,  also  von  der  Innervation 
der  Langenfaser  keinen  Hemmungs- Apparat  enthält,  nicht  der 
gewöhnlichen  Stabilitätsneurose  unterliegt,  sondern  einzig  und 
allein  seiner  Innervation,  seiner  Contraction  gehorcht,^)  und 
nur  durch,  überwiegende  Contraction  der  über  ihr  hegenden 
Längenfasern  erweitert  oder  wie  am  Os  uteri  und  dem  Introitus 
vaginae  zemssen  wird.  Anatomisch  habe  ich  dies  bisher  an 
allen  Sphincteren  makro-  und  mikroskopisch  ohne  Ausnahme 
vorgefunden,  während  die  Natur  zugleich,  wie  wir  es  jetzt 
chinn^gisch  mit  Recht  nachahmen,  durch  ein  Uebersäumen 
der  Schleimhaut  nach  Aussen  einer  jeden  zu  strengen  Schlies- 
sung vorbeugt.  Gynäkologisch  haben  einzelne  Fälle,  die  nur 
bei  Erstgebärenden  vorkommen,  mir  diesen  Satz  aufs  Kräftigste 
bestätigt.  Es  giebt  nämlich  bei  Erstgebärenden  seltene  Fälle, 
in  denen  trotz  schmerzhafter  und  häufiger  Wehen  der  Mutter- 
mund sich  durchaus  nicht  öffnet,  dem  nicht  sehr  geübten 
Finger  der  Muttermund   verwachsen   scheint.^)     Hier  ist   es 


1)  Hierher  gehört  auch  die  bisher  exact  nicht  vermittelte 
Ursache  der  stetigen  CoDtraction  der  Sphincteren. 

2)  Die  Verwachsung  des  Muttermundes,  über  welche  sich 
Seanzoni  vorsichtigerweise  sehr  reservirt  äussert,  kann  ich  nicht 
umhin,  in  diese  Fälle  einzureihen.  Die  von  Naegele  angegebene 
Verwachsung  habe  ich  in  meiner  Erfahrung  nie  gefunden.  Mehrfach 
wurde  ich  aber  von  nicht  ungeübten  Geburtshelfern  und  Hebammen 
wegen  solcher  Verwachsung  consultirt.  £s  erwies  sich  aber 
stets,  dass  nur  das  eben  Bemeldete  der  Fall  war.  Etwas  gans 
anderes  ist  es,  wenn  nach  gewaltsamen  traumatischen,  von  einer 
früheren  Geburt  herrührenden  Eingriffen,  ein  festes  Narben- 
gewebe am  ganzen  Cerviz  und  Os  ezternum  uteri  diese  Form 
der  Verwachsung  darbietet.  Hier  giebt  es  selbst  verständlich  keine 
tetanisch  contrahirte  Endfaser,  sondern  nur  die  allbekannte 
Contractionskraft  des  Tissu  innodulaire  ist  hier  zu  überwinden. 
Aber  auch  in  diesen  Fällen  wird  der  abfliessende  kalinische 
üterinschleim  es  nie  zu  einer  völligen  Verwachsung  gelangen 
lassen  und  muss  hier  rechtzeitig  Hülfe  geleistet  werden,  indem 
ohne  diese  es  leicht  su  einer  Ruptura  uteri  oberhalb  dieser 
hartnäckigen  Contraction  der  Narben  der  Circularfaser  durch 
die  gewaltsame  Contraction  der  Längenfaser  über  ihr  er- 
folgen kann. 


110     ^^*    Cü/ten,  SubcatauoMyotomio  dosConstrictor  cnnnl 

aber  nur  die  üasserste  circularc  Enc1fasi*r,  die  in  tetanischer 
Iransverseller  Contraction  der  perpendicularen  Wirkung  der 
Längenfaser  (der  austreibenden  Faser)  widerslelU.  Rcisst  man 
nun  mit  der  Spitze  des  Fingers  diese  äusserste  circulare 
Endraser  im  Durchmesser  von  kaum  >/4  Linie  ein,  (der  dies 
bewirkende  Finger  ffdilt  diesen  Vorgang  wie  den  Riss  der 
dAnnslen  Saite  ganz  deutlich)  so  ist  wie  mit  einem  Zauber- 
schlag der  ganze  bisher  so  ungünstige  Widerstand  des  Mutter- 
mundes gehoben;  von  dem  Momente  an  ist  der  idirige  Gehurts- 
vorgang  ein  völlig  normaler.  Der  Mutlermund  olTuet  sich  nan 
überraschend  schnell  mit  jeder  Welie  und  holt  rasch  das  ein, 
was  er  vorher  tagelang  mit  unnachgiebiger  Resistenz  ver- 
weigerte. 

Es  findet  also  bei  Erstgebärenden  ein  Einriss  der  unter- 
sten Circularfaser  oder  Faserbündel  am  Muttermunde  aus 
eigner  dynamischer  Contraction  statt  und  zieht  eine  kleinere 
oder  grössere  Zahl  von  Circularrasern  in  diesen  Riss  mit  hin- 
ein. Dass  dieser  Einriss  sich  nicht  zu  weit  erstreckt,  haben 
wir  der  Abändenmg  in  der  Richtung  des  Gewebes  der  Mus- 
kelfasern am  Cervix  zu  Verdanken,  denn  Wclhrend  die  Richtung 
der  Fasern  am  Os  uteri  externum  eine  circulare  ist,  wird  sie 
am  Cervix  mehr  netzförmig  und  ist  hiedurch  dem  weiloi*en 
Einreissen  bei  weitem  weniger  ausgesetzt.  Auch  ist  nach 
Rokitansky,  womit  die  gynaekologischon  Thatsachen  ülier- 
einstimmen,  und  was  mir  schon  seit  vielen  Jahren  von  dieser 
Seile  lier  einleuchtete,  das  Ovoid  des  Uterus  völlig  gelrennt 
von  dem  abseilen  der  Vagina  gebildeten  Cervix  und  konntea 
nur  traumatische  Momente  den  Einriss  des  Os  uteri  externum 
mit  auf  das  Os  intern,  also  den  Uterus  übertragen,  wälu*end 
aus  inneren  Vorgängen  nur  eine  Ruptura  uteri  eintreten  konnte, 
die  den  unter  ihr  befindlichen  Verschluss  des  Os  uteri  intern, 
und  extern,  unberührt  lüsst,  wie  der  centrale  Durchtritt  des 
Kopfes  durch  das  Perinaeum  durch  die  gewaltige  Contraclion 
des  Constrictor  cunni  bewirkt  wird  und  die  Fascia  profunda 
an  ihrer  Vereinigung  mit  der  Fascia  superficialis  am  Sphincter 
extern,  ani  den  Einriss  bewerkstelligt. 

Es  conlrabiren  sich  aber  notbwendigerweise  von  der 
zweiten  Geburt  an  auch  am  eingerissenen  Theile  des  Mutter- 
mundes wälu*end  der  Wehe  die  daselbst  zerrisse  uen  Circular- 


snr  Verbütnng  des  Dammrissefl.  m 

fasern.  Diese  Contraclion  ergiebt  aber  selbstverslfmdlich  «nach 
dem  Einrisse  eine  Erweitening,  während  sie  vorher  eine  Ver- 
engerung bewirkte.  Die  bis  an  oder  über  die  letzte  unzer- 
rissene  Circularfaser  in  ununterbrochener  Continuität  sicli 
erstreckende  Längenfaser  wirkt  auf  dieselbe  als  Hemniungs- 
apparat,  als  Slabilitatsneurose,  wodurch  diese  nicht  so  geeignet 
ist  zur  andauernden  überwiegenden  Conlraction.  Die  Wehe 
(Conlraction  der  Langenfasern)  bewirkt  min  vermittels  des 
Antagonismus  der  glatten  Faser  (cf.  meine  Myodynamik  des 
Herzens  etc.)  ehie  Erschlaffung  i.  e.  Erweiterung  dieser  Circular- 
fasern  und  kann  daher  bei  Mehrgebärenden  kein  solcher 
unnachgiebiger  Verschluss  je  wieder  stattflnden. 

Es  ist  daher  eine  Wiederholung  jener  hartnäckigen  Con- 
traclion, die  anatomisch  nur  in  den  untersten  von  der  Längen- 
faser nicht  regulirten  Cervicalschicht  stattfinden  kann,  hiermit 
gtihoben,  und  daher  röhrt  die  leichtere  Mutteröffnung  der 
Mehrgebärenden. ') 

Haben  wir  nun  den  naturgemässen  Vorgang  der  leich- 
teren Eröffnung  des  Os  uteri  bei  Mehrgebärenden,  wie  ich 
hoffe,  auf  exacte  Weise  dargelegt,  so  ergiebt  sich  derselbe 
Process  in  der  äusseren  Vaginalöffnung.  In  der  oben  bc- 
meldeten  Arbeit  über  die  Lagerung  der  Gebärenden  habe  ich  es 
schon  dargelegt,  dass  in  der  Austreibungsperiode  der  Fascien^ 
und  der  quergestreifte  Längenmuskel,  der  Constrictor  cunni, 
(in  Wirklichkeit  ein  Circularmuskel,  da  er  die  ganze  Vagina 
umkreist)  denselben  Widerstand  leisten,  der  austreibenden 
Kraft  der  Längenfasern  des  Uterus  gegenüber,  den  vorher  das 
Os  uteri  gegen  diese  ausAhtc.  Es  reissl  nun  zuerst  die  scharf 
contrahirte  Fascia  superficialis  an  de.n  von  ihr  gebildeten 
Frenulum  durch  und  mit  ihr  ein  oder  mehrere  Endfaserbundel 
des  Constrictor  cunni.  Bei  der  zweiten  Geburt  zieht  sich 
der  eingerissene  Theil  des  Constrictor  cunni  zusammen  und 
bildet  wie  die  Circularfaser  am   Os  uteri   statt  der  von  der 


1)  Den  pliysiologischcn  Vorgang^  der  Contraction  bei  den 
auf  denselben  Gesetzen  beralienden  natürlichen  Sphineteren  tind 
künstlichen  Strictnren  habe  ich  zn  Königsberg  während  der  Ver- 
sammlung der  Natnrforscher  in  einem  Vortrage  über  die  Patho- 
genese der  Urethralstricturen  dargelegt  und  i.st  er  an  einer  anderen 
Stelle  Bu  erörtern. 


112     IV.   CoAen ,  Subcutane  Myotomie  des  Constrictor  canni 

unzerrisseneii  bewirkleu  circularon  CoDtraction  eine  Enreite- 
rungl  die  vermitlels  des  das  Sarcolemma  verbindenden  Binde- 
gewebes die  nächsten  Fasern  an  der  Erweiterung  behindert 
und  daher  ist  bei  Mehrgebärenden  selten  oder  nie  ein  Damm- 
riss  zu  befürchten.  Ich  habe  mich  daher  bestrebt,  wie  aus 
Folgendem  erhellt,  diesen  Vorgang  auf  eine  Weise  nachzu- 
ahmen, welche,  wahrend  sie  den  für  die  Mehrgebärenden  in 
dem  häufigsten  Falle  von  der  Natur  erlangten  Schutz,  diesen 
vermittels  der  Kunst  in  vollem  Maasse  gewährt  und  dem 
Dammrisse  vorbeugt,  zugleich  dessen  mögliche  Schädlichkeiten 
durch  die  bekannten  Vorzüge  der  subcutanen  Methode  ver- 
meidet. — 

Erwägt  man  nun,  dass  nach  diesser  Ansicht  die  Con- 
traction  des  Constrictor  cunni  das  wesentliche  Moment  des 
Einreissens  des  Perinäum  bildet,  dass,  während  das  Einreissen 
der  übermässig  gespannten  Fascia  superücialis  nur  die  Spal- 
tung des  mit  ihr  zusammenhängenden  und  von  ihr  mit  ge- 
bildeten Frenülum  (also  nur  den  ersten  Grad,  diesen  durchschnitt- 
lich stattOndenden  nicht  zu  beachtenden  Einriss)  bewerkistelligt. 
das  Einreissen  des  Constrictor  cunni  hingegen  den  Haupt- 
vorgang der  übrigen  Grade  bewirken  und  ihnen  vorangehen 
muss,  ja  sogar  bei  dem  centralen  Durchbruche  eben  durch 
seine  straffe,  unnachgiebige  Contraction  und  Nichteinreissen 
den  Dammriss  vermittels  des  Einreissens  der  Fascia  super- 
ficialis und  profunda,  hinter  sich  zu  Stande  kommen  lässt,^) 
so  ergiebt  sich  der  Gedanke  von  selbst,  durch  eine  subcutane 


1)  Die  Rüpturae  uteri,  welche  so  oft  unerkl&rlicher  Weise 
plötzlich  ohne  jedweden  Süsseren  Eingriff  stattgefunden  haben, 
kommen  wahrscheinlich  auf  dieselbe  Weise  su  Stande.  Contrahirt 
sich  nämlich  das  Os  uteri  straff,  unnachgiebig,  w&hrend  die 
L&ngenfasern  des  Corpus  uteri  in  ihrer  Längen richtung,  angeregt 
durch  die  kräftige  Bewegung  des  Fötus  sich  susammensiehen, 
so  können  eine  oder  mehrere  Langenfasern  abreissen,  sich  in  der 
Höhe  aufrollen,  die  hierdurch  an  dieser  Stelle  geschwächten 
Circularfasern  geben  nach  und  die  Ruptura  uteri  ist  eingetreten. 
Bekanntlich  ist,  wo  der  Muttermund  durch  tetanischen  Krampf 
oder  was  schlimmer  ist,  durch  Narbengewebe  trots  kräftiger 
Wehen  Terschlossen,  die  Incision  des  Muttermundes  geboten, 
und  darf  sie  nicht  oberflächlich  sein,  wenn  sie  der  drohenden 
Gefahr  vorbeugen  soll. 


sar  Verbtitiing^  d^s  Dammrisses.  113 

Myotomie  dieses  Muskels,  sobald  er  von  dem  einschneidenden 
Kopf  wie  eine  Sehne  gespannt  ist,  jeder  Gefahr  vorzubeugen, 
diese  unmöglich  werden  zu  lassen.  Selbstverständlich  ist  diese 
leichte^  unbedeutende  Operation  bei  der  Mehrzahl  der  Ge- 
burten unnöthig,  indem  einestheiis  durch  mein  in  der  oben- 
benannten  Arbeit  empfohlenes  Zurückschieben  der  über  den 
Kopf  gespannten  Fascia  superficialis  und  des  Constrictor  cunni 
schon  ein  grosser  Theil  der  Gefahren  des  Dammrisses  be- 
seitigt wird,  anderentheils  die  daselbst  von  mir  empfohlene 
Unterstützung  des  Dammes  kein  Hervortreten  des  Kopfes  in 
gerader  Linie  von  hinten  nach  vorne  gestattet,  es  wird  auf 
diese  Weise  eine  mehi*  gleichmässige  Ausdehnung  des  Con- 
strictor cunni  sowohl  über  als  unter  dem  Kopfe  durch  die 
Schwingung  bewirkt  und  so  wiederum  ein  grosser  Theil  der 
Gefahren  des  Dammrisses  beseitigt  Wenn  man  aber  dennoch 
die  nicht  seltenen  Damnurisse  in  Betracht  zieht,  wenn  man 
andererseits  den  unbedeutenden  Eingriff  der  von  mir  zu 
schildernden  subcutanen  Myotomie  berücksichtigt,  das  Gefahr- 
lose derselben  und  die  von  ihr  mit  Recht  zu  erwartende 
sichere  Abwendung  der  Gefahr,  so  hoffe  ich  die  Meinungen 
meiner  CoUegen  von  Fach  bald  dafür  zu  gewinnen. 

Die  bisher  zur  Verhütung  des  Dammrisses  üblichen  In- 
cisionen  (Episiotomie)  sind  bekanntlich  dreierlei  Art: 

Die  erste  Methode  (nach  Michaelis),  Einschnitt  des 
Frenulum  und  der  Raphe. 

Die  zweite  Methode  4 — 5  Zoll  tiefe  Einschnitte  in  die 
Labia  majora,  seitlich  vom  Frenulum,  gegen  das  Tuber  ossis 
ischii  nach  Eichelberg  von  einer  Seite,  nach  Scanzoni  von 
beiden  Seiten. 

Die  dritte  Methode  osich  Bitgen,  2  —  4  seitliche  Scari- 
ficationen. 

Sämmtliche  drei  Methoden  haben  gemeinschaftlich  das 
Schädliche,  dass  sie  nicht  subcutan  ausgeführt,  also  der  Luft 
und  den  Lochien  zugängliche  Wunden  liefern,  die  für  das 
Durchschnittene  (sei  es  Epidermis,  Fascia  superfic.  oder 
Constrictor  cunni)  keine  Restitutio  in  integrum  gestatten. 
Speciell  ist: 

Die  erste  Methode  nach  Michaelis  (Durchschneiden  des 
Frenulum  und  Einschneiden  in  der  Raphe),  auch  wenn  sie 

MonaUschr.  f.Oeburtak.  1861.  Bd.  XVUI.,  Sappl.-Uft.  B 


114     IV.   Cohen  f  Subcutane  Myotomie  des  Cosstrictor  cnnni 

nicht  übereinstimmend  mit  der  Lehre  schräge  ausgeführt  würde, 
schädlich,  indem  sie  erstens  das  zu  Befürchtende  ia  der 
Austreibungsperiode,  das  Einreissen  der  Haut  und  des  Con- 
strictor  cunni  unter  dem  Kopfe  anticipirt,  herbeiHiihrt,  die 
Contraction  des  Constrictor  cunni  nach  oben  am  Ansatzpunkte 
um  die  Clitoris  verstärkt,  dem  Einreissen  also  Thür  und  Thor 
geöffnet  wird:  zweitens,  dass  das  Durchschnittene,  wenn  nicht 
sogleich  nach  der  Geburt  durch  die  Naht  wieder  vereinigt,  von 
den  Lochien  bespült,  nicht  zusammenhält,  der  Muskel  seine 
Functionen  nicht  wieder  übernimmt 

Die  zweite  Methode  (seitlich  vom  Frenulum  in  der  Rich- 
tung gegen  die  Tubera  es.  ischii  4 — 5  Linien  tiefe  Einschnitl») 
ist  verschieden   in   ihrer  Wirkung,   je    nachdem   sie   (wofta* 
bisher  Nichts  bestimmt  ist),   während  oder  ausser  der  Wehe 
vorgenommen  wird.    Ausser  der  Wehe,  wo  die  dem  Perinaeum 
angrenzenden  Labia  nicht   verdünnt,    ausgedehnt   sind,   der 
Muskel  nicht  durch  seine   Contraction  der   Oberfläche  nahe 
gerückt  ist,  werden  die  Incisionen  wohl  kaum  mehr  als  Haut 
und  Fettpolster  durchschneiden,  aleo  unnütz  werden:  während 
der  Wehe  hingegen  werden  sie   den  Gonstrioler  cunni  anter 
dem  andringenden  Kopfe  durchschneiden,  die  Conlraetion  des 
Constrictor  cunni  an  dem  Knotenpunkte  um  die  Clitoris  freilidi 
erhöhen,  aber  dennoch   durch   das  seilMche  EinscfaDeid^Ni  des 
Constrictor  cunni  das  Perinäum  retten.     Hier   tritt  aber  die 
bei  dem  nichtsubcutanen  Durchschneidea  un'vermeidKohe  SMA- 
lichkeit  herror,  dass  der  der  Luft  und  den  L<»chien  zugängliche 
Constrictor  cunni  nicht  wieder  i»  mtegrum  hergestellt,  der 
Introitus  vaginae  also  erschla#t  wird:  jedenfUls  wäre  daher 
die  Scanzonfsche  Lehre  von  beiden  Seiten  einzusolmeideD^  um 
keine  einseitige  Contraction  zu  ben^rken,  vorzuzidien.    Eine 
sichere  Rettung  des  Perinäum  wäre  aber  hiebei  nicht  zu  ver- 
bürgen, da  die  eigentliche  Sohädüehkeit  in  der  Austi^eibungs- 
periode,  das  Ueberwiegen   des   nahe   der  Clitoris   in   seinem 
unverdünnten   durch  die  mangelnde  Schwingung  nicht  ausg«- 
dehnten  Muskelbauchs  des  Constrictor   cunni   über  <kn  unter 
dem  andringenden  Kopfe  ausgedehnteff  Theil  desselben  Muskels 
nicht  gehoben  wird. 

Die  dritte  Methode  nach  Ritgen^  4 — 5  Scarificationen 
auf  beiden   Seiten,  trifil  höchstens  die  Fascia   superficialis: 


snr  Verlifitaiig  des  Dammrisses.  115 

das  Wesentlicfae  des  Einreissens,   die  Sprengung  des  Con- 
strictor  cunni  unter  dem  andringenden  Kopfe  wird  hierdurch 
schlechterdings  nicht  behindert    Meine   subcutane  Myotomie 
des  Gonstrictor  cunni  hingegen  muss  bei  dieses  Mnskels  eigen* 
thümlichem  Verlaufe  rund  um  die  Vagina  und  dessen  Verbin- 
dung mit  dem  Sphincter  ani  exterous,  wodurch   er  eine  8 
rund  um  Vagina  und  Anus  bildet,  nicht  allein  eine  Erschlaffung 
der    durchschnittenen    Seite    des    die   Vagina    umgebenden 
Muskels  (die  zugleich  erfolgende  Contraction  der  nicht  durch- 
schnittenen Seite  bedarf  nicht  nothwendig  der  Durchschnei- 
dung, indem  durch  die  subcutane  Operation  die  Restitutio  in 
integrum  dargeboten  ist)  sondern  zugleich  eine  Erschlaffung 
des  Sphincter  ani  externus  bewirken,  also  eine  Erschlaffung  des 
ganzen  Apparats  der  Längenmuskeln  rund  um  Vagina  und 
Anus  beschaffen.    Durch  diese  Erschlaffung  wird  aber  zugleich 
die  durch  die  Contraction  der  Längenmuskeln  in  den  Hinter- 
grund gedrängte  Kraft  der  transversalen  Muskeln,  des  Trans- 
versus    perinaei   und  des  Levalor  ani,   gehoben  und  dieselbe 
transverselle  Contraction,   die  nach  geschehenem  Dammrisse 
diesen  vergrössern  hilft,  bevnrkt  nach  der  durch  die  Myotomie 
beschafften  Erschlaffung  der  Längenmuskeln  antagonistisch  eme 
zur  Abwendung  der  Gefahr  des  Dammrisses   nützliche  Con^ 
traction  der  transversellen  Muskeln  und  hiermit  eine  desto  nach^ 
haltigere  Erschlaffung  der  Längenmuskeln.  Nach  der  gleich  darauf 
folgenden  Geburt,  wo  der  so  eben  noch  unmässig  ausgedehnte 
Uterus  sich  zusammenzieht,  ist,  da  die  Vaginalseite  dureft  die 
Myotomie   (cf.  unten)   nicht  eröffnet  wird,  die  Wunde  weiier 
der  Luft  noch  den  Lochien  zugänglich  und  auf  allbekannte  Weise 
die  Restitutio  in  integrum  des  durchschnittenen  Muskels  mit 
Sicherheit  zu  erwarten. 

Die  Operation:^) 
In   der  Krönung   des   Kopfes   und   während   der   Wehe, 
in  welcher  sich  der  sehnenartig  gespannte  Constrictor  cunni 

1)  Der  aHeiQ  gänstige  Moment  zar  Operfttion  ist,  Wenn  der 
Kopf  noch  nicht  zam  Einschneiden  gelangt  ist,  aber  während  d*r 
Anstreibnngswehe  über  nnd  sa  beiden  Seiten  des  Kopfes  nnter 
der  Clitoris  an  der  kleinen  Nymphe  sich  die  Falte  oder  deor 
schmale  Wulst  bildet,  welcher  von  aussen  nach  innen  die  Schleim- 
haut, Fasoia  superficialis  und  Constrictor  cunni  enthält.    Prvherr 

8* 


116     IV.  Cohen  y  Subcatane  Myotomie  des  Conatrictor  canni 

dicht  um  die  Clitoris  leicht  zu  erkennen  giebt,  hebt  der  Ge- 
burtshelfer mit  der  unbewaffneten  linken  Hand  dicht  unter 
der  Clitoris  in  der  transversellen  Mitte  der  kleinen  Nymphe 
eine  Längenfalte  in  die  Höhe,  und  sticht  mit  der  rechten  Hand 
ein  schmales  Tenotom*)  auf  der  Fläche  V^ — Va"  unter  der 
Clitoris  von  aussen  nach  innen  über  dem  fühlbaren  Con- 
strictor  cunni  bis  zur  Schleimhaut  ohne  diese  zu  durchstechen. 
Dauert  die  Wehe  bei  diesem  unbedeutenden  traumatischen 
Eingriffe  fort,  so  dreht  der  Operateur  die  Schneide  des  Tenotom 
nach  unten  und  spaltet  den  straff  gespannten  Muskel  un- 
gefähr in  einer  Tiefe  von  3  Linien:  das  Erschlaffen  erfolgt 
augenblicklich,  und  man  zieht  das  Tenotom  wieder  auf  der 
Fläche  zurück,  um  keinen  Kreuzschnitt  in  der  Haut  zu  be- 
wirken. Erlischt  die  Wehe  während  oder  durch  den  Einstich, 
so  lässt  man  das  Messer  auf  seiner  Fläche  ruhen,  bis  eine 
neue  Wehe  beginnt  und  vollendet  dann  die  Muskeldurch- 
schneidung. Hält  man,  wie  ich  glaube,  mit  Recht,  und,  wie 
auch  die  freilich  noch  kleine  Erfahrung  bestätigt,  die  ein- 
seitige Durchschneidung  für  genügend ,  so  kann  der  Gdi)urts- 
helfer  dies,  er  mag  mit  der  rechten  oder  linken  Hand  zunächst 
dem  Bettrande  sitzen,  stets  mit  der  rechten  Hand  am  linken 
Labium  beschaffen.  Sollte  der  Operateur  es  aber  für  noth- 
wendig  erachten,  beide  Constrictores  zu  durchschneiden,  so 
müsste  er  freilich  für  das  rechte  Labium  die  linke  Hand  ver- 
wenden, um  die  innere  Seite  der  kleinen  Nymphe  unverletzt 
zu  belassen.  Nach  zurückgezogenem  Tenotom  bedeckt  man 
die  kleine  Wunde  bis  zur  vöUigen  Entwickelung  des  Rindes 
mit  einem  kleinen  Stücke  Heftpflaster,  welches  man  nach  voll- 
endeter Geburt  entfernt,  um  sie  einige  Minuten  später,  während 
welcher  man  der  ausgedehnten  Haut  Zeit  gewährt  hat,  sich 


ist  der  Constrictor  cunni  nicht  gespannt,  die  Fascia  and  Con- 
strictor  cunni  nicht  in  die  Nymphe  hineinragend  und  daher  die 
subcutane  Myotomie  des  Constrictor  cunni  nicht  ermöglicht, 
später  während  des  Einschneidens  des  Kopfes  könnte  der  Riss 
▼or  und  sogar  während  der  Operation  erfolgen.  Khe  der  Kopf 
daher  zum  Einschneiden  gelangt  ist,  während  der  Anstreibungs- 
wehe  in  der  Krönung  ist  der  Moment  gegeben,  in  welchem 
rechtseitig  der  präventive  Schluss  der  Operation  einzutreten  hat. 
1)  Indem  man  den  Einstich  etwas  tiefer  anlegt,  als  man  ihn 
fortzuführen  beabsichtigt,  um  die  Haut  zu  verschieben. 


■nr  YerhiiUtDg  des  Dammrisses. J  117 

zusammenzoziehen  und  d^  Eiiistich  völlig  zu  verschieben, 
wieder  mit  Collodium  oder  Heftpflaster  zu  verschUessen. 

Die  Blutung  ist  unbedeutend»  da  Gelasse,  wenn  genau 
nach  der  angegebenen  Vorschrift  operirt  wird,  kaum  je  ver- 
letzt werden  können.  Zur  A.  profunda  clitoridis  könnte  man 
nur  gelangen,  wenn  man  zugleich  den  Ischiocavernosns  durch- 
schnitte, also  viel  tiefer  als  oben  angegeben  ist,  eindränge, 
aber  auch  die  A.  dorsalis  clitoridis  liegt  tiefer  als  der  Einstich 
empfohlen  ist,  an  der  äusseren  Seite  des  Ischiocavernosus 
und  ist  nicht  leicht  zu  verletzen,  würde  auch,  falls  sie  verletzt 
würde,  nach  der  Entwickelung  des  Kindes  durch  die  Zusammen- 
schrumpfung der  vorher  ausgedehnten  Theile  von  selbst  zu 
bluten  aufhören,  während  im  Nothfalle  eine  Umstechung  nach 
aussen  von  der  Wunde  leicht  die  Blutung  beendigen  würde. 
Auch  giebl  die  augenblicklich  erfolgende  Relaxation  des  durch- 
schnittenen Constrictor  cunni  dem  Operirenden  die  Anzeige, 
seinem  Zwecke  genügt  zu  haben  und  nicht  tiefer  einzudringen. 

Folgende  zwei  Fälle  habe  ich  auf  diese  Weise  operirt 
und  war  der  Erfolg  überraschend.  Augenblicklich  war  alle 
Spannung  verschwunden  und  war  bei  weitem  weniger  als  hei 
Hehrgebärenden  irgend  eine  Befürchtung  eines  bevorstehenden 
Dammrisses  zulässig.  Die  bis  jetzt  freilich  nur  kleine  Zahl 
der  Operationen  hat  durch  die  augenblicklich  erfolgte  Er- 
schlaffung des  Introitus  vaginae  und  des  Perinäum  wie  auch 
durch  die  einfache  Schlussfolge  der  Motivirung  eine  nicht 
unbedeutende  Beweiskraft  für  sich. 

Mad. ...,  Erstgebärende,  gegen  30  Jahre  alt  (nach  ihrer 
eignen  Angabe),  Arcus  etwas  spitz  zulaufend  (männlich),  der 
Muttermund  straff  und  mehr  dick.  Die  Eröffnung  des  Mutter- 
mundes langsam  und  schmerzhaft,  bedurfte  vieler  Wehen. 
Die  Sutura  sagittalis  des  Kindes  im  Querdurchmesser  der 
Beckenweite  und  der  dritten  Apertur,  die  Contraction  des 
Constrictor  cunni  über  dem  Kopf  hart  und  unnachgiebig,  das 
Perinäum  scharf  gespannt  und  nicht  sattsam  zur  Verdünnung 
geneigt,  zwischen  Kopfe  und  Arcus  ein  spitzer,  unausgefuUter 
Winkel.  Ich  brachte  nach  obiger  Angabe  das  Tenotom  wäh- 
rend der  Austreibungswehe  ein,  die  Wdie  hörte  augenblicklich 
auf.  Erst  nach  circa  5  Minuten  trat  die  Wehe  wieder  kräftig 
ein,  ich  senkte  die  Schneide   des  Tenotom  und  mit  einem 


118     I^*  Cohen,  Sab ontsne  Myotomie  des  CoBStrictor  cnnni 

unbedeutenden  Drucke  erfolgte  die  Myotomie  des  linken  Con- 
strictor  cunni.  Im  selben  Momente  trat  die  Erschlafiung  und 
Erweiterung  der  ganzen  Yaginalöfihung  ein;  der  obenbemeldete 
gespannte  Tbeil  des  Constrictor  cunni  vor  und  über  dem  Kopfe 
glitt  sogleicb  über  den  Kopf  zurück;  die  Vagina  zog  sich 
(wie  bei  halbseitiger  Lähmung  des  Faciabs)  rechts  in  die 
Höbe.  Das  Perinäum  unter  dem  Kopfe  wurde  schlaff,  nach- 
giebig. Kaum  zeigten  sich  einige  Tropfen  BIuL  Die  Geburt 
erlitt  yon  Seiten  des  Dammes  auch  nicht  das  mindeste  Hin- 
demiss.  Sogleich  nach  Entwicklung  des  Kindes  war  der 
Einstich  kaum  zu  bemerken. 

Ich  untersuchte  nach  acht  Tagen  die  Resistenz  beider 
Seiten  der  Vagina,  die  noch  etwas  mehr  nach  rechts  über- 
wiegend war.  Fünf  V^ocben  nach  der  Geburt  konnte  eine 
genaue  Untersuchung  weder  im  Anblicke  noch  im  Gefühle  eine 
überwiegende  Kraft  der  rechten  Vaginalseite  finden,  wie  auch 
leicht  denkbar;  der  Muskel,  während  seiner  höchsten  Verlän- 
gerung durchschnitten,  war  unter  der  so  gunstigen  Contrac- 
tion  rasch  aneinander  geheilt. 

Had....,  Erstgebärende,  Becken  normal,  Stimlage,  der  Ver- 
lauf bis  zum  Einsdineiden  zögernd,  jedoch  nicht  ungewöhnlich. 
Das  Einschneiden  des  Kopfes  mühsam,  das  Perinäum  straff 
und  unnachgiebig,  die  Falte  über  dem  Kopfe  (Fascia  superfi- 
cialis und  Constrictor  cunni)  liess  sich  etwas  zurückschieben, 
glitt  aber  nicht  über  den  grössten  Durchmesser  des  eintre- 
tenden Kopfes  zurück.  Ich  sass  mit  meiner  rechten  Hand 
dem  Bette  zunächst;  das  Einbringen  des  Tenotom  während 
der  Wehe  störte  diese  an  der  nichts  argwöhnenden  Erstge- 
bärenden auf  keine  Weise:  (bekanntlich  kann  man  Erstgebä- 
renden alles  MögUche  als  bei  jeder  Geburt  unerlässlich  ein- 
reden, Mehrgebärende  sind  schon  aufmerksamer),  ich  konnte 
noch  während  derselben  die  Myotomie  des  linken  Constrictor 
cnnni  vollenden,  der  Erfolg  war  ganz  so  wie  in  der  oben 
beschriebenen  Geburt  Die  Falte  über  dem  Kopfe  j^itt  sogldch 
zurück  über  den  grössten  Durchmesser  des  Kopfes,  das  Peri- 
näum wurde  etwas  schief  aber  nachgiebig,  die  Entwickeiung 
des  Kindes  hinsichtlich  des  Dammes  lercht,  Blut  drang  nach 
der  Entwickeiung  nicht  mehr  hervor.  Nach  ungefähr  sechs 
Wochen  war  die  Vagina  an  beiden  Seiten  gleich. 


Bar  Verhütung  dea  DsDimrisBes.  119 

Die  Voraüge  meüier  subcutanen  Operation  des  Conatriclor 
cunni  dicht  unter  der  Clitoris  vor  den  bisherigen  oben  ange- 
führten drei  Methoden  sind: 

1)  Die  wesentliche  Ursache  des  Dammrisses,  nämlieh  das 
Ueberge wicht  des  kräftig  zusammengezogenen,  unverdünnten 
Theiles  des  Constrictor  cunni  dicht  unter  der  Clitoris,  über 
den  verdünnten,  unmassig  ausgedehnten  und  im  geschwächten 
Zustande  befindlichen  Tbeil  desselben  unter  der  Vagina  wird 
hierdurch  gehoben,  das  Uebel  in  seiner  Wurzel  gefasst, 
während  die  Michaelis^sche  Methode  diese  Schädlichkeit  er- 
höht, die  Scamoni*sche  und  Eügen'sche  sie  nicht  vermindert. 

2)  Die  bekannten  Vorzüge  der  subcutanen  Methode: 

a)  Dass  der  durchschnittene  Muskel  eine  Restitutio  in 
integrum  gestattet,^)  während  die  bisherigen  Methoden 
den  Muskel  unverletzt  belassen  oder,  wenn  sie  ihn  nach 
der  ersten  und  vielleicht  nach  der  zweiten  Methode 
trennen,  keine  Wiedervereinigung,  keine  Wiederaufnahme 
seiner  Functionen  gestatten. 

b)  Dass  nicht,  wie  bisher,  die  Wunde  von  den  ätzenden 
Lochien  bespült  wird. 

Ich  läugne  es  gar  nicht,  dass  ich  bei  den  oben  beschrie- 
benen Geburtsfallen,  besonders  unter  der  Mithülfe  des  von 
mir  in  meiner  Arbeit  „über  die  Lagerung  der  Gebärenden*' 
empfohlenen  Zunick  Schiebens  der  resistenten  Falte  (Fascia 
und  Constrictor  cunni)  über  den  Kopf  und  der  daselbst  von 
mir  empfohlenen  Unterstützung  des  Damms  den  Dammriss 
vielleicht  gleichfalls  verhütet  hätte;  es  mag  jedoch  kaum  je 
eine  Präventiv -Maassregel  angewendet  worden  sein,  der  man 
diesen  Einwurf  nicht  entgegensteUen  könnte.  Es  hat  aber 
diese  subcutane  Myotomie,  das  für  sich,  dass  sie  das,  was 
sie  leisten  soU,  den  Schutz  vor  dem  Dammrisse ,  voraussicht- 
lich vollkommen  leistet  ohne  die  mit.  den  bisherigen  drei 
Methoden  verbundenen  Schädlichkeiten. 


1)  Selbstverständlich  erlangt  der  snbcutan  darchschnittene 
Muskel  nie  wieder  die  frühere  überwiegende  Kraft  and  erhebt 
sich  nur  sam  gänstigen  Verhältnisse  der  Mehrgebärenden. 


120    ^^-   Cohen  ^  Subcutane  Myotomie  des  Gonetrictor  cunni  etc. 

Zweifellos  ist  es,  besonders  für  den  geübten  Geburts- 
helfer, nur  eine  kleine  Bruchzahl  der  Geburten,  die  zur 
Myotomie  auffordern  möchte,  jedoch  bedenke  man,  dass 

1)  es  unstreitig  weibliche  Geschlechtstheile  giebt  bei 
sehr  jungen  Gebärenden,  wo  die  Vaginal-Oeffnung  sehr  klein, 
bei  älteren,  wo  die  Straffheit  der  weichen  Theile  den  Damm- 
riss  befürchten  lassen  und  gewisse  Kopflagen,  Becken- 
deformita ten  (gesenkter,  spitzer  Arcus)  wie  auch  schwierige 
Zangenoperationen,  die  diese  Verletzungen  herbeiführen  können. 

2)  Dass  der  Eingriff  dieser  subcutanen  Myotomie  höchst 
unbedeutend  ist  und  der  getrennte  Muskel  sich  wieder  ver- 
einigt, seine  Functionen  wieder  erhält. 

3)  Dass  unmöglich  jeder  jüngere  Geburtshelfer  sogleich 
geübt  sein  kann  und  es  diesem  besonders  darum  zu  thun  sein 
muss,  den  Dammriss  zu  vermeiden. 

Es  ist,  vde  ich  hoffe,  mit  dieser  subcutanen  Operation 
eine  dem  jetzigen  Standpunkt  der  Wissenschaft  angemessene 
Präventivmaassregel  gegeben  für  die  Fälle,  wo  wir  einen 
Dammriss  zu  befürchten  haben,  während  die  bisherigen  Me- 
thoden weder  den  Dammriss  zweiten  und  dritten  Grades  noch 
den  centralen  Durchtritt  verhindern  konnten. 


V.     Schwor» f  Der  KaiserschniU  an  Todten.  121 

V. 
Der  Kaiserschnitt  an  Todten. 

Vom 

Medicinalrathe  Dr.  Schwarz  in  Fulda. 

Denselben,  in  der  Deberschrift  gewählten  Titel,  führt  eine 
gekrönte  Preis  -  Abhandlung  des  Dr.  L.  F,  Reinhardt,  mit 
einer  Vorrede- vom  Professor  Dr.  L,  8.  Riecke  zu  Tübingen 
1829.  8.  116. 

Wenn  ich  nun,  nach  zwei  und  dreissig  Jahren,  diesen 
Gegenstand  wieder  zur  Discussion  zu  bringen  wage,  so  glaube 
ich  nicht  nöthig  zu  haben,  mich  weitläufig  darüber  entschul- 
digen zu  müssen,  warum  ich  diesen,  wie  es  scheint,  abgetha- 
nen  Zankapfel,  nach  einem  Menschenalter,  wieder  vom  Zweige 
schüttele? 

Warum  ich  nochmals  die  Fragen  zu  erörtern  mich  un- 
terfange: „ist,  nach  jetzigem  Stande  der  Physiologie, 
und  nach  einer  langen  Reihe  von  zuverlässigen  Er- 
fahrungen, der  Kaiserschnitt  nach  dem  Tode  der 
Mutter,  zur  Rettung  des  Kindes,  eine  zu  recht- 
fertigende Operation?" 

Hat  diese  Operation  praktischen  Werth?  oder  ist  sie 
nur  eine  veraltete  Humanitäts-Fiction,  die,  nachdem  sie  den 
Händen  der  Gesetzgebung  verfallen,  dem  Ansehen  der  Kunst 
und  Wissenschaft  mehr  weniger  nachtheilig  geworden? 

Ist  sie  dem  betheiligten  Publikum  gegenüber,  bei  theil- 
weiser  Ueberzeugung  von  ihrer  Nutzlosigkeit  von  Seiten 
einiger  Techniker,  nicht  ein  offener  Hohn,  dass  man  den- 
selben Techniker  zu  einer  £ncheirese  gesetzlich  zwinget, 
die  er  nach  innerer  Ueberzeugung  verwirft? 

Giebt  sie  nicht  auf  der.  anderen  Seite  der  Habsucht 
Spielraum,  eine  von  vorne  herein  unnöthige  weil  nutzlose 
Operation  vorzunehmen  und  sich  dafür  von  den  ohnehin  oft 
schwer  bedrängten  und  geprüften  Betheiligten,  hoch  honoriren 
zu  lassen? 


122  V.    86hwar9,  Der  Kaiserscbnitt  an  Todten. 

Wenn  ich  eingestehe,  dass  mich  diese  Fragen  seit  vienig 
Jahren,  so  oft  ich  mich  in  die  traurige  Nothwendigkeit  Ter- 
setzt  fühlte,  den  darüber  sprechenden  gesetzlichen  Be- 
stimmungen nachkommen  zu  müssen,  beunruhiget  fühlte, 
so  möchte  es  nicht  ganz  als  Anmaassung  erscheinen,  wenn 
ich  hier  ergrauten  Vorurtheilen  entgegen  zu  treten  und 
vielleicht  etwas  keck  den  Febdehafidscbuh  hinzuwerfen  mich 
unterfange ;  geradezu  desshalb,  weil  eim'ge  Gesetze,  ohne  Mo- 
dification,  die  Eröffnung  einer  in  den  letzten  Monaten 
schwangeren  Frau,  welche  unentbunden  verstorben,  kurz  weg 
—  befehlen. 

Wenn  ich  nun  einen  solchen  Befehl,  auch  kurz  weg,  als 
unnöthig,  weil  erfolglos  zu  bezeichnen  mich  unterfange  und 
dazu  auffordere,  man  möge  dabin  wirken,  dass  die  darüber 
bestehenden  und  oft  nicht  motivirten  Gesetze,  wenigstens 
einer  Bevision  unterworfen  werden,  wie  sie  dem  Stande 
der  Wissenschaft  und  den  gemachten  Erfahrungen,  so  wie 
den  Lebensverhältnissen  entsprechen,  so  habe  ich  den  Zweck 
erreichet,  den  ich  durch  diese  aufgenommene  Discussion 
beabsichtigte. 

Bei  früheren  CuUurvölkern ,  Juden,  Aegyptern,  Chinesen 
u.  8.  w.  findet  man,  so  weit  mir  meine  literarischen  Hilfs- 
mittel, Aufscbluss  zu  gewähren  im  Stande  waren,  keine  An- 
deutungen, „dass  man  zur  Bettung  einer  Leibesfrucht,  eine 
todte  Mutter  geöfhiet  habe;''  wenigstens  in  der  Bibel,  (in  den 
Büchern  Mose)  und  sonst  habe  ich  keine  dahin  zielende  Steile 
auffinden  können. 

Erst  im  achten  Jahrhundert  v.  Chr.  soll  durch  die 
Lex  regia  oder  julia  „die  Beerdigung  eines  in  der 
Schwangerschaft  verstorbenen  Frauenzimmers  ver- 
boten sein,  ehe  die  Frucht  aus  der  Leiche  genommen 
worden.  *) 

Diese  Bestimmung  soll  in  die  zwölf  Tafel-Gesetze 
aufgenommen  gewesen  sein  und  von  Numa  Fompilius  her- 
rühren. 


1)  A.  Sehtpeppty  Römische  Reobtsge schiebte  ttn4  Beehts- 
aherthümer.  3.  Aofl.,  renn,  von  Dr.  C.  A,  OründUr.  GöHiagen  USS. 
S.  414. 


y.    8tkmaT%y  Der  Kais^rseluiiU  «n  Todten.  128 

Wir  feiden  dieses  Gesete  im  „Corpus  juris  civilis 
romani'S  wörtlich  wiedergegeben,  Lx.  2.,  XL,  8,  de  mortuo 
inferendo  et  sepulchro  aediSeando.  ^Negat  lex  regia  mu- 
lierem»  quae  praegnan's  mortua  sit,  humari,  antequam 
partus  ei  excidatur;  qui  contra  fecerit,  spem  ani^ 
mantis  cum  gravida  peremisse  videtur/' 

Die  Zuwiderhandelnden  werden  hier  schon  mit  dem 
Scheine,  die  Hoffiiung  eines  lebenden  Wesens  mit  der 
Schwangeren  zu  Grunde  gerichtet  zu  haben,  belastet. 

Welche  Ausdehnung  diese  Gesetzes -Bestimmung  gehabt? 
—  wer  zur  Verrichtung  der  Ausschneidung  der  Frucht  aus 
der  todten  Schwangeren  verpflichtet,  berufen  oder  geeigen- 
schaftet?  darüber  erfahren  wir  bei  den  römischen  und  grie- 
chischen Schriftstellern  Nichts. 

Auffallend  ist  es  ohne  Zweifel,  dass  Hippohrates,  der 
beiläufig  drittehalb  hundert  Jahre  später  als  Nv/ma 
PompiUus  lebte  und  auf  dem  Höhepunkte  damaligen  ärzt- 
lichen Wissens  und  Wirkens  stand,  in  seinen  Schriften  überall 
keine  Erwähnung  von  dem  Verhallen  des  Arztes  oder  der 
Hebamme  ihut,  im  Falle  eine  Schwangere  unentbunden 
verstorben  sei,  —  was  dann  zu  geschehen  habe? 

Sollte  derselbe  von  diesem  wichtigen  Acte  keine  Kunde 
gehabt  haben,  wenn  diese  Operation  von  den  Römern  in 
der  Ausdehnung,  wie  sie  das  Gesetz  verlangt,  technisch  geübt 
worden  wäre? 

Auch  Celsus,  der  im  ersten  Jahrhunderte  christlicher 
Zeitrechnung  lebte,  schweigt  von  der  s.  g.  Kaisergeburt,  und 
wir  finden  dieselbe  nur  von  Dichtern  und  Schriftstellern  viel- 
leicht? mythisch  und  sagenhaft  angeführt,  um  den  Halbgöttern 
und  Helden,  (den  Cäsaren)  von  vorne  herein  den  Typus  und 
Nimbus  des  Ungewöhnlichen  aufzudrücken,  wodurch  derer 
Wirken,  als  besonders  von  den  Göttern  begünstigt,  hin- 
gestellt werden  mochte.  — 

Was  die  Talmudisten  über  das  Verhalten  bei  Schwan- 
geren, welche  unentbunden  sterben,  zur  Erhaltung  der  Leibes- 
firucht  vorschreiben,  und  welche  Vorschriften,  zum  Theil  für 
die  Glaubeos-Genosseu  verbindliche  Kraft  hatten,  darüber  hat 
uns   Dr.  L.  Fulda  zu  OfTenbach  —  im  von  Siebol^ssiben 


124  V.    Sohtoar»,  Der  Kaiserschnitt  an  Todten. 

Journale  für  Geburtekunde,  Bd.  6,  S.  1  u.  ff.  —  in  einem 
besonderen  Aufsatze:  Beitrag  zur  Geschichte  des  Kai- 
serschnitts mit  besonderer  Beziehung  auf  die  Schrift  des 
Herrn  Mansfdd:  lieber  das  Alter  des  Bauch-  und  Gebar- 
mutterschnitts an  Lebenden,  —  belehrt 

Ich  glaube  berechtiget  zu  sein,  annehmen  zu  dürfen,  dass 
erst  die  Ausbreitung  des  Christenthums  und  die  Präcision 
seiner  Lehren,  die  so  ganz  besonderen  Accent  auf  das  Dogma 
der  Taufe  (wodurch  erst  die  Aufnahme  in  die  Kirche  und 
die  Bedingung  der  Seligkeit)  legen,  wegen  der  Ertheilung  der 
heiligen  Taufe  an  die  Neugeborenen,  dem  Leben  eines  Kindes 
höhereu  Werlh  verlieh  und  dass  sich  die  Priester  der  Be- 
stimmungen des  Gesetzes  bedienten  und  demselben  grössere 
Bedeutung  und  Befolgung  zu  verschaffen  wussten,  um  eben 
nur  den  zur  Erlangung  der  Seligkeit  unerlässUchen  Act 
herbeizufuhren.  Papst  Benedict  XIV.,  in  der  ersten  Hälfte 
des  vorigen  Jahrhunderts ,  gab  die  kirchengesetzliche  Weisung: 
„Si  mulier  gravida  decedat,  potest  Episcopus 
injungere,  ut  per  Sectionem  caesaream  extrahatur 
ex  utero  infans,  qui  forte  vivus  reputatur,  ad 
hoc,  ut  Sacrum  baptisma  conferatur.^'  (Synod.  Diae- 
coesana,  Lib.  XL,  Cap.  VIL,  No.  13  ex  oper.  Benedict,  XTV.*) 

Wir  sehen  in  dieser  Vorschrift  die  facultative  Vorsicht 
und  den  Zweck  der  Operation  genau  angegeben.  —  Also 
nur  —  wenn  das  Kind  lebet  —  um  ihm  die  heilige  Taufe 
zu  spenden.  — 

Dagegen  muss  man  erstaunen,  wenn  man  sieht,  wie  der 
sonst  so  humane  «7.  P.  Frank  in  seinem  System  einer 
vollständigen  medizinischen  Polizey,  Bd.  L,  S.  600, 
jene  grosse  und  harte  Verordnung  König  Carls  von  Sici- 
lien,  vom  Jahre  1749,  als  eine  weise  Verordnung  begrüsst, 
welche  das  Unterlassen  eines  Kaiserschnittes  bei  einer  un- 
entbundenen  schwangeren  Verstorbenen  mit  den  härtesten 
Strafen  bedrohet. 

1)  Kurt  Sprengelt  der  im  Repertorinm  f.  d.  offentl.  u.  geriehtl. 
Arzneyw.,  herausg.  v.  PyZ,  2.  Bd.,  1.  St.,  8. 132,  meint,  CletnenB  XI. 
habe  die  Lex  regia  aaf  Anrathe'n  MorgagfWs  emeoert,  sebeiiit 
doch  hier  im  Irrtham  zu  sein. 


V.    Schwarz^  Der  Eaiserflchnitt  an  Todftea.  125 

Nach  F.  Stoieten  Commentaria  in  H.  Boerhaave  Apho- 
rismos  de  cogn.  et  curand.  niorbis,  pag.  548,  S.  IV.,  §.  1316, 
beisst  es  wobl  mit  Recht:  „in  mortuo  roatris  cadavere 
Caesaream  Sectionem  institoi  posse,  ut  servetur  infans,'' 
und  nun  fuhrt  er  da&  Sicilische- harte  Gesetz  an:  „dass  jede 
Person,  durch  deren  Schuld,  Verhinderung,  Nachlässigkeit,  der 
Kaiserschnitt  zum  Nachtheile  der  Leibesfrucht  nicht  bewirket 
oder  verzögert  worden,  oder  durch  deren  Bosheit  ein  gewalt- 
samer Fruchtabgang  herbeigeführt  würde,  solle  Todschlä- 
gern (Mördern,  wie  Frank  schreibt)  gleich  geachtet  wer- 
den,'' —  sodann  werden  alle  Richter  ermahnt:  „dass  sie  gegen 
dergleichen  Uebelthäter  aufs  Strengste  vorschreiten,  diesel- 
ben gefänglich  einziehen  und  nach  dem  Brauche  und  den 
Gesetzen  des  Reichs  als  Capital-Verbrecher  verfolgen, 
und  nach  Umständen,  wie  Todschläger  (Mörder)  behandeln.''  — 

Aus  der  Verordnung,  welche  der  Rath  von  Venedig  wegen 
Eröfihung  erblichener  Schwangerer  erlassen  hat,  erhellet 
schon  einigermaassen  eine  ärztliche  bezüglich  wundärztliche 
Vorsicht,  indem  sie  ausdrücklich  verbietet,  „der  Verstorbenen 
mittels  eines  Kreuzschnittes  den  Leib  zu  öffnen,  sondern 
durch  einen  geraden  und  einfachen  Einschnitt:  „damit,  wenn 
wider  Vermuthen  die  Mutter  wieder  zu  sich  käme,  dieselbe 
noch  erhalten  und  geheilt  werden  könnte".  Es  ordnet  auch 
dieses  Gesetz  schon  an,  dem  Rathe  diejenigen  Männer,  welche 
zu  diesem  Geschäfte  geeignet  seien,  zu  bezeichnen,  um  sie 
öffentlich  bekannt  zu  machen,  damit  in  dergleichen  Unglücks- 
fällen man  wisse,  wo  man  die  nöthige  Hilfe  zu  suchen  hätte.  — 

Schon  im  Jahre  1740  hatte  der  Magistrat  der  Reichs- 
stadt Ulm  bei  schnell  dahinsterbenden  hochschwangeren 
Weibern  „zur  Salvirung  ihrer  Leibesfrucht"  —  angeordnet, 
und  zwar  auf  dem  Land  —  (man  scheint  demnach  im 
guten  Glauben  gestanden  zu  haben,  durch  den  Einfluss  der 
Aerzte  in  der  Stadt  würde  schon  von  selbst  das  geeignet 
Nöthige  herbei  geführt  werden)  —  1)  dass  zur  Operation 
(durch  eine  Oeffnung  der  Mutter)  nebst  hierzu  geschickten 
Chirurgen  und  der  Hebammen,  der  Pastor  loci,  der  Beamte 
oder  in  dessen  Abwesenheit  ein  Gerichtsmann  oder  andere 
taugliche  Personen   zu   solchem  Actu   berufen   werden,   dem 


126  ^-    Schtoarty  Der  Kaiserschnitt  aa  Todten. 

Cbirurgo   Assistenz    and   Schutz    za   letsten,    auob   ein 
Zeugniss  wegen  seiner  Operation  zu  geben/' 

2)  Der  Geistliche  hat  zuvor  dem  Ebeflaaime  und  An- 
wesenden die  an  sich  einfaltige  Meinung  zu  benehmen,  als  ob 
solche  Weiber  htedurch  gemartert,  od^  übel  traktiret  wür- 
den; und  nachdrücklich  vorzustellen,  wie  höchst  schuldig  man 
sei,  dem  armen  noch  lebenden  Kinde  durch  mögliche  Mittel 
zu  Hülfe  zu  kommen,  und  demselben  zur  heiligen  Taufe 
zu  verhelfen. 

Und  wie  im  widrigen  Falle,  da  man  durch  Unterlassung 
eines  vorhandenen  Mittels,  (?)  hierinnen  etwas  versäumte,  das 
Gewissen  mit  schwerem  Scrupel  beladen  würde.  Im  Falle 
aber  der  Ehemann  die  Operation  mit  seinem  Eheweibe  vorzu- 
nehmen, der  gethanen  Vorstellung  unerachtet  verweigerte, 
solle  derselbe  dazu  nicht  gezwungen  werden,  ge- 
stalten solche  Kinder  insgemein  moribundi  sein,  mithin  sie 
wohl  noch  unter  der  Operation  sterben,  und  dadurch  ein 
solche  Renitent  in  beschwerUche  Ausbrüche  verfallen  möchte. 

J.  P.  Frank  (S.  604  1.  c.)  macht  dazu  die  Bemerkung: 
„Gewiss  keine  gültige  Ursache  diese  Operation  zu  unterlasseo; 
da  bei  so  vielen  Beispielen  glücklich  (?)  aus  der  todten  (?) 
Btiirmutter  ausgeschnittener  lebender  (?)  Kinder,  kein  Vater 
befugt  sein  kann,  den  rettenden  Arm  der  Polizei  wegen  seinen 
Vorurtheilen ,  innezuhalten  und  so,  wegen  einige»  (sie?) 
fruchtlosen  Versuchen,  das  Kind  einem  gewissen  Tode  zu 
überlassen.''  Wir  werden  später  auf  diese  Benierkung  zurück- 
kommen, und  fahren  nur  fort,  die  Ansichten  des  Uliner  Ma- 
gistrates, denen  man  ansieht,  dass  sie  acht  aus  dem  Volks- 
leben geschöpft  sind,  weiter  mitzutheilen. 

3)  Haben  die  Chirurgi  mit  aller  Behutsamkeit  zu  ver^ 
fahren  und  zuvörderst  wohl  zu  überlegen,  ob  die  Mutter 
wahrhaftig  gestorben  oder  ob  sie  nicht  in  Ohnmacht  und 
Schwäche  darnieder  liege?  Wenn  sie  aber  waluiiaftig  gestor- 
ben, ob  sie  ein  Leben  an  dem  Kinde  verspüren  und 
dasselbe  muthmaasslich  zu  retten  sein  möchte?  bie 
Vorschrift 

4)  giebt  dem  Chirurgen  für  sein  Verfahren  Anleitung; 
im  Absatz 


V.    SehwarMf  Der  Kaisersehnitt  an  Todten.  127 

5)  wird  die  Thätigkeit  der  Hebamme  geregelt  und  die- 
selbe angewiesen,  das  Kind  „ —  bakiffiöglichsl  zur  beiligeji 
Taufe  zu  befördern.*' 

Die  östreichische  Verordnung  vom  2.  April  1757  be- 
stimmt, ,,dass  in  jeaeii  Fällen,  wenn  eine  schwangere  Weibs- 
person stirbt,  gleich  .nach  ihrem  Tode  die  nothige,  in  solchen 
Fällen  abliebe  EröflTnung  und  Dissectionsoperirung  zm*  alleu- 
fallsigen  Erhaltung  der  Frucht  allerdings,  jedoch  mit  eben 
solcher  Bescheidenheit  und  Vorsicht  vorgenommen  wefden 
soll,  als  ob  diese  Operirung  an  einer  lebenden  Person  zu 
geschehen  hätte,**  und  in  einer  weiteren  Bestimmuog  der 
Theresianiscben  peinlichen  Gerichtsordnung  vom  31.  De- 
cember  1768,  Art.  9,  3,  §.5  heisat  es: 

„Wenn  ein  schwangeres  Weib  sieb  selbst  ertödtete,  soll 
man  ihr  den  Leib  so  viel  möglich  aufschneiden  und  die  Leibes- 
frucht herausnehmen,  damit  das  Kind  entweder  erhaUon,  oder 
im  Fall  die  Selbstendeifoung  boshaft  geschehen  wäre,  nicht 
zugleich  mit  der  schuldigen  Mutter  des  Begräbnisses  berauht 
werde.** 

Hier  ist  ein  gMiz  specieller  Zweck  des  Gesetzes  ange- 
sprochen und  scheint  es  weniger  der  Lebenareltung  der 
Frucht,  als  der  Entziehung  des  entehrenden  s.  g.  Eselsbe- 
gräbnisses zu  gelten. 

Minder  scharf  schon,  als  die  Siciiianische  Verordnung 
lautet  die  Bestimmung  §  17.  der  hocfafurstlkh  Hildesbei- 
mischen Medizinal^Ordnung«  welche  vorschreibt,  das&  „sollte 
die  Mutter  in  der  Geburtsarbeit  versterben,  ohne  von  dem 
Kinde  entbunden  zu  sein,  so  ist  der  nächste  Medicus  oder 
Chirurgus  eiligst  herbeizuholen,  um  die  Verstorbene,  auch 
wider  Willen  der  Anverwandten  ^  zu  öffnen  «nd  das  vielleicht 
noch  lebende  Kind  durch  einen  vorsichtig  angebrachten  Schnitt 
zu  retten  und  an  das  Tageslicht  zu  bringen. 

Die  Prediger  werden  es  sich  selbst  zur  Pflicht  halten, 
die  Anwendung  dieees  fnr  die  Menschheit  unumgänglich  nöthi- 
gen  Rettnngsniittels  nach  allen  Kräften  zu  unterstützen/* 

Dagegen  ist  in  dem  „Eid  und  Pflicht  einer  Leichen- 
frau**, Heilbroutt,  den  15.  De«ember  1772,  S.  Scherfs 
Archiv  der  medizinischen  Polizei,  4.  Bd.,  1.  Abth.,  Leipzig 
1785,  S.  134,  vorgeschrieben: 


128  ^'    Sehwar^t  Der  Kaiserschnitt  an  Tod  ton. 

7)  „Weil  bei  verstorbenen  schwangeren  Frauen  zuweilen 
die  Leibesfrucht  durch  einen  Schnitt  noch  gerettet  werden 
kann,  so  hat  die  Leichenfrau  dabei  Folgendes  zu  beobachten, 
nehmlich: 

8)  Bei  Schwangeren,  welche  an  einer  langwierigen  und 
langsam  ertödtenden  Krankheit,  als  an  Auszehrung,  fauler 
Lunge  und  dergleichen  versterben,  stirbt  die  Leibesfrucht 
allezeit  mit  ab,  und  ist  daher  die  Ausschneidung  des  Kindes 
unnöthig.    Hingegen 

9)  wenn  die  Schwangere  an  einem  plötzlichen  Zufall, 
oder  auch  an  einer  kurz  dauernden  tödtüchen  Krankheit  ge- 
storben ist,  und  ihre  Leibesfrucht  schon  sieben  Monat  getra- 
gen hat,  so  kann  das  Kind  noch  davon  gebracht  werden. 
Daher  soll  die  Leichenfrau 

10)  in  solchen  Fällen  den  Unterleib  der  VerstorbeneJi 
mit  beiden  Händen  anfassen  und  herzhaft  drücken,  um  zu 
erfahren,  ob  das  Kind  sich  noch  bewege.  Und  wenn  m 
dieses  findet,  oder  noch  den  geringsten  Zweifel  hat,  soll  sie 
ohne  allen  Verzug  die  Anzeige  bei  dem  Herrn  Amtsbörger^ 
meister  davon  machen,  damit  die  Ausschneidung  der  Leibes- 
frucht in  Zeiten  verordnet  werden  könne;  und 

11)  an  dieser  Anzeige  soll  sie  nichts  hindern  lassen, 
wenngleich  die  Anverwandten  der  Verstorbenen  sich  dawider 
setzen  wollten,  sondern  nach  ihrem  Gewissen  bedenken,  dass 
es  das  Leben  oder  Tod  eines  Menschen  anbetreffe/' 

In  diesen  Anordnungen  sieht  man  die  wichtigsten  Vor- 
fragen zu  EntSchliessungen,  in  die  Hand  eüier  schlichten 
Leichenfrau  gelegt  und  Maassregeln  angedeutet,  die  sicher  zu 
keinem  günstigen  Resultate  zu  führen,  angethan  sind. 

Mit  dem  Erscheinen  J.  P.  Frank's  System  einer 
vollst,  med.  PoUzei,  Mannheim  1784  erwachte  in  allen  Pro- 
vinzen Deutschlands  die  Partikular  -  Gesetzgebung ,  um  dieser 
humanen  Anregung,  auch  den  noch  Ungeborenen  Schutz-  und 
Lebenssicherung  zu  gewähren,  Rechnung  zu  tragen. 

Daher  befremdete  es  «/.  C.  F.  Scherf,  in  seinem  Archiv 
der  med.  Polizei  und  der  gemeinnütz.  Arzneikunde,  Leipzig 
1785,  Rd.  3,  S.  96,  wo  derselbe  S.  26  und  ffg.  die  ChurC 
Pfälzische  Medizinalordnung  für  die  Herzogthümer  Jülich 
und  Rerg,  Dusseldorf,  den  8.  Juni  1773  bespricht  und  skh 


V.    8ehwar9,  Der  Kaiserachnitt  an  Todten.  129 

darfiber,  dass  „der  Befehl,  jeden  Tod  einer  Kreissenden  als- 
bald dem  Arzt  zu  melden,  ist  alsdann  Torzüglich  nöthig,  wenn 
die  Gebährerinn  mientbunden  ist,  denn  alsdann  ist  es  nöthig, 
dass  der  Kaiserschnitt  zur  Rettung  des  Kindes  vorgenommen 
werde  und  mich  nimmts  Wunder,  dass  von  dieser  Pflicht 
unentbundene  MQtter  zu  öffnen,  in  dieser  Medicinalordnung 
nichts  gedacht  wird/*  Auch  sind  in  der  beigedruckten  Taxe 
für  den  Chirurgen,  der  allenfalls  die  Eröffnung  einer  schwan- 
geren Verblichenen  zu  bewirken  hätte,  keine  Ansätze  aus- 
geworfen. — 

In  jeder  Richtung  eingehender  ist  die  im  medizinischen 
Wochenblatte,  Stack  XXVII.,  1786  mitgetheilte :  Verordnung 
des  H.  H.  Raths  der  Reichsstadt  Frankfurth  a.  Main, 
die  Eröffnung  des  Leichnams  der  Schwangeren 
betreffend. 

„Denmach  uns  Bürgermeister  und  Rath  der  heil.  Reichs- 
stadt Frankfurth  am  Mayn  vorkommen,  dass  bei  Sterbfällen 
schwangerer  Weibspersonen  auf  die  nöthige  Eröfnung  des 
Leichnams  aus  Unachtsamkeit  oder  Unwissenheit  die  gehörige 
Rücksicht  nicht  jederzeit  genommen  worden;  dennoch  aber, 
wenn  hiezu  zeitig  geschritten  wird,  die  Leibesfrucht  öfters 
bey  Leben  erhalten,  und  gerettet  werden  kann; 

Als  verordnen  Wir  hierdurch  emstgemessen,  und  wollen, 
dass  kfinflighin  in  allen  dergleichen  Ereignissen  die  Hinter- 
lassene,  oder  diejenige,  welche  um  die  Verstorbene  ge- 
wesen* sind, 

1)  Mittelst  augenbUcklicher  Zuziehung  und  Berathung 
eines  Arztes  su^h  des  würklichen  Ablebens  der  für  todt  ge- 
achteten schwangeren  Person  versichern.    So  fort 

2)  Also  gleich  und  ohne  den  geringsten  Aufschub,  es 
seye  bey  Tag  oder  bey  Nacht,  unangesehen,  ob  die  Verblichene 
ihrer  Niederiiunft  nahe  gewesen,  oder  nicht,  nach  Ermessen 
des  Arztes  die  Eröfnung  des  Leichnams  vornehmen  lassen ; 
zu  deren  Veranstaltung  derselbe  einem  jeden  behölflich  zu 
sein  wissen  wird. 

Wie  nun  alles  auf  unverzögerle  schnelle  Bewerkstellung 
der  Sektion  ankommt,  da  die  Leibesfrucht  länger  nicht  als 
eine  Viertel-  höchstens  halbe  Stunde  in  dem  Leibe  der  todten 

MoiMtSBohr.  f.  Qebartsk.  i86t.  Bd.  XYin.,  Snppl.-Hft.  9 


130  V.    Söhwam,  Der  Kaisereolmitt  an  TodUn. 

Mutter  lebendig  bleiben  kann,  mithin  bei  der  geringste  Ter- 
säiunniss  das  Leben  eines  Menschen  in  Gefahr  stehet  Also 
werden  auch 

3)  Die  in  der  Krankheit  der  Verstorbenen  gebrauchte 
Aerzte,  oder  etwa  beygezogene  Hebammen,  nacfadrücklieh  an- 
gewiesen, ihres  Orts  in  dergleichen  TodesfUlen  das  Nöthige 
zu  erinnern,  und  daferne,  wider  bessere  Erwartung,  die  Hk- 
terlassene  der  Eröfnung  des  Leiebnams  sich  ^widersetzen,  bey 
einem  der  regierenden  Herrn  Bui'germeister  zu  alsbaldiger 
nöthiger  Vorkehrung  auf  das  schleunigste  die  Anzeige  zu  Ühhi. 

Wonach  in  ▼orkoraittenden  Fällen  atte  diejenigen,  die 
es  angehet,  sich  zu  riditen,  und  fflr  der  sonst,  nach  Befinden, 
zu  gewärtigenden  Strafe  zu  hüten  haben.  Geschlossen  bey 
Ratb  am  18.  Juni  1786.  — " 

Sowohl  die  Hedicinal-Ordnung  vom  21.  December  1767, 
Cap.  8,  §  2,  VI.  474,  «ks  die  Verordnung  yom  15.  Septem- 
ber 1787,  §  10,  und  Anl.  S.  8.  VH.,  190  und  197  fon 
Kurbessen,  bestimmen:  „Schwangere,  die  der  Geburt  nahe 
sind,  oder  über  dem  Gebäfaren  sterbende  Weiber,  sollen  nicht 
ndt  de»  Kinde  begraben  werden,  sondern  zu  dessen  Rettung 
soll  mtC  Zuziehung  eines  Artztes,  wenn  man  sich  des  whrk- 
ichen  Ablebens  der  Schwoingeren  Tersichert,  ohne  den  gering- 
sten Aufl^hab  zum  Ka]9ersehnitt  geschritten  werden,  wozu 
die  Bebammen,  wenn  die  HinterUid[>enen  es  versäumen  soll- 
ten, solcbes  der  Obrigkeit  anzeigen,  und  selbst  einen  Wund- 
arzt herbeyrufen,  dieser  auch  die  Operation  unversüglkh 
vornehmen  soll,  bey  Vermeidung  einer  scharfen  Ahndung. 

In  der  Taxe  (Hebammen -Ordnung;  von  5.  Jan.  1801, 
Anl.  2,  VIIL  41),  pos.  8»  w&c^m  detti  Geburtshelfer  „für  den 
Kaiserschf»Ut  nach  dem  AMebeo  der  Mutter  5  —  6  Tbaler'' 
augebilliget. 

Die  Hochgräil.  Lippe-Detmoldtsche  Medizkialordnung 
vom  23.  Februar  1789  schreibt  vor  im  §  9.  Von  den  Ob- 
liegenheiten der  Geburtshelfer: 

„Wenn  eine  Gebährerin  im  Kreissen  und  ohne  vom  Kind 
entbunden  zu  seyn,  oder,  wenn  eine  Schwangere  stirbt,  die 
ober  den  fünften  Monath  ihrer  Schwangersebaft  fortgerückt 
ist,  so  soll  jeder  Geburtshelfer  sogleich,  es  sey  Tag  oder 
Nacht,   in  oder  ausserhalb  des  Orts,   sobald  er  davon  Nach- 


V.    Schwarz,  Der  EaiserBcbnitt  an  Todten.  t31 

rieht  erhält,  auf  seine  Pflicht  gehalten  seyn,  zu  jeder  Stunde 
die  Rettung  der  Frucht  nach  den  Gesetzen  der  Kunst  zu  ver- 
suchen.   In  dergleichen  Fällen  liegt  aber  dem  Geburtshelfer 
vorerst  die  Pflicht  ob,  sich  von  dem  vollkommenen  Tod  der 
Mutter  zu  überzeugen;  insbesondere  muss  er  bey  Schwangeren 
oder  Gebährenden,   die  an  solchen  Krankheiten  und  ZuMen 
erblasset    sind,    bey    welchen,    zufolge    der    Erfahrung,    oft 
Asphyxien  oder  Scheintod  stattfindet,  z.  B.  bey  Ohnmächten, 
Schlag-  oder  Steckflüssen,  bey  Blutstürzungen,  Hysterie,  und 
Mutterzufällen,  bey  Zuckungen  und  Krämpfen,  bey  im  Wasser 
oder  durch  einen  Fall  oder  Sturz  Verunglückten,  bey  Erstick- 
ten, Erfrornen,  Erhängten  etc.   sich  durch  genaue  und  voll- 
ständüche  Untersuchung  des  Äthemholens,  des  Pulsschlages, 
der  natürlichen  Wärme,   der  Augen  und  der  Reizbarkeit  der 
Unterkiefermuskeln  und  auch  durch  die  augenblickliche  An- 
wendung  der  Erweckungsmittel  z.  E.  des  in  der  Nase,   ver- 
mittelst Röllchen  von  Papier,  oder  im  Mund  auf  Zucker  ge- 
brachten Salmiakgeists,  des  aufgelegten  Meerrettigs,  oder  der 
scharfen   Senfpflaster   etc.    gewisse    Ueberzeugung    von    dem 
wahren  Tod  der  Erblassten  zu  verschaflen  suchea     Sobald 
er  aber  durch  Zusammenbaltung  aller  Erscheinungen  auf  den 
wahren   Tod    der  Mutter   mit  Wahrscheinlichkeit   scblieaaen 
kann,  soll  der  Geburtshelfer  alle  seine  Kunstkenntnm  anwen- 
den, die  Frucht  entweder  vermittelst  der  Zange  oder  venmit- 
telst  der  Wendung  durch  die   natürlicheo   Wege   und  ohne 
Verletzung  des  mütterlichen  Leichnanas  zur  Welt  m  bringen, 
und  nur  dann  zu  einer  wichtigen  Operation  schreiten,   wenn 
er   durch  Untersuchung   der   Gebortswege   und   der  Frucht 
überzeugt  ist,  dass  die  Heraushohlung  der  Frucht  ohne  Ope- 
ration nicht  statt  finden  könne;  alsdann  soll  er  wohl  fiher- 
legen,  ob  im  vorliegenden  Fall  der  Schoosbeinirennung  oder 
dem  Kaiserschnitt  zur  Erreichung  des  Endzwecks  der  Vorzug 
zu  geben  sey,  und  zu  welcher  Operation  er  sieh  aladaim  ent- 
schliesst,  so  soll  er  selbige  allemal  auf  die  behutsamste  Weise 
und  eben  so  sorgfaltig  verrichten»  als  wenn  die  Mutter  noch 
lebendig  wäre.    Nach  verrichteter  Operation,  die  Frucht  mag 
lebendig  oder  todt  herausgeboblet  seyn,  soll  er  alle  weüem 
Untersuchungen  und  Betrachtung^  der  innem  Gehurtalheüe 
vermeiden,  einen  gehörigen  Verband  anlegen,  und  dea  o|mJr- 


132  y*    Schwarz,  Der  Kaiserschnitt  an  Todten. 

ten  Leichnam  noch  wenigstens  48  Stunden,  als  Scheintod 
bebandeln.  Ebenso  soll  auch  der  Leichnam  behandelt  werden, 
wenn  die  Frucht  noch  durch  die  natürlichen  Wege  zur  Welt 
gebracht  ist  Wäre  die  durch  ein  geschicktes  Accouchement 
forc^  oder  durch  die  Operation  entbundene  Frucht  tod;  so 
soll  sie  der  Geburtshelfer  nach  dem  im  obigen  §  8  durch 
die  gehörigen  Rettungsmittel  ins  Leben  zu  bringen  suchen. 
Wenn  ein  Geburtshelfer  entweder  verabsäumt,  bey  einem 
solchen  Fall  zeitig  zu  Hölfe  zu  eilen,  oder  sich  bey  dem 
Rettungsgeschäfte  der  verschlossenen  Frucht,  oder  bey  der  zur 
Erhaltung  der  Mutter  nöthigen  Behutsamkeit  irgend  etwas 
zu  Schulden  kommen  lässt;  so  soll  er  nach  vorgängiger  ge- 
nauer Untersuchung  in  exemplarische  Strafe  genommen  wer- 
den. Wäre  aber  der  Todesfall  einer  Schwangeren  so  beschaffen, 
dass  über  deren  vollkommenen  Tod  nicht  der  mindeste  Zweifel 
statt  finden  könnte,  z.  E.  bey  einer  absolut  tödtlichen  Ver- 
wundung oder  einem  entschieden  gewiss  tödtlichen  Verun- 
glücken, so  ist  die  Beobachtung  der  oben  anbefohlenen  Vor- 
sichtsregeln überflüssig,  und  der  Gebui*tshelfer  soll  in  einem 
solchen  FaU  sogleich  eilen,  die  Frucht  durch  die  Bauchöfhung 
des  Leichnams  von  der  todten  Mutter  zu  nehmen  und  gehörig 
zu  besorgen. 

Sobald  als  sich  ein  Geburtshelfer  zur  Lebensrettung  der 
Fracht  bey  einer  jeden  Schwängern  oder  Gebährenden  begid^t; 
so  soll  er  in  jedem  Fall,  wo  er  nicht  überzeugt  ist,  dass  die 
Angehörigen  der  Todten  jedes  Rettungsmittel  ohne  Widerrede 
geschehen  lassen  werden ,  sogleich  der  Obrigkeit  des  Orts  da- 
von Nachricht  geben,  die  alsdann  verpflichtet  ist,  ihn  und 
seine  Rettungsgeschäfte  gegen  alle  Angriffe  des  Vorurtheils 
oder  der  Bosheit  kräftig  zu  schützen.  Ueber  jeden  solchen 
Fall,  das  Rettungsgeschäft  sey  gelungen  oder  nicht,  soU  der 
Geburtshelfer  jedesmal  ohne  Ausnahme,  ohngesäumt  einen 
umständlichen  Bericht  an  unsere  vormundschaftliche  Regierung 
erstatten,  worinn  insbesondere  der  Zeitpunkt  der  Schwanger- 
schaft, die  Ursache  und  Zeichen  des  Todes  der  Schwängern, 
die  angewandten  Wiederbelebungsmittel,  die  Bewegungsgrönde 
zu  der  gewählten  Handaulegung,  die  Beschaffenheit  der  Frucht 
und  der  Zeitpunkt  ihrer  Beerdigung  angegeben  seyn  müssen," 
und  im  zwei  und   zwanzigsten  Capitel:  Von  den  Pflichten 


y,    Sebwarz,  Der  Kaiserschnitt  an  Todten.  I3S 

und  Obliegenbeiten  der  HebammeD,  §  12.  hebst  es: 
„Jede  Hebamme  soll  bey  schwerer  mid  nach  YerhSItniss  des 
Falls,  Zuchthausstrafe  gehalten  seyn,  jedes  ihr  bekannt  ge- 
wordene Ableben  emer  über  5  Monath  schwangeren  Weibs- 
person ihres  Orts  oder  Districts,  wie  auch  jedes  Versterben 
einer  Gebährenden  während  der  Geburtsarbeit  unter  ihren 
Händen,  und  ehe  sie  vom  Kind  entbunden  ist,  sogleich  und 
ohne  den  mindesten  Aufschub  dem  zunächst  wohnenden  Ge- 
burtshelfer durch  eine  sichere  Person,  die  erforderlichen  Falls 
aus  einer  öffentlichen  Kasse  bezahlt  werden  soll,  melden  zu 
lassen/' 

In  der  Uocbgräfl.  Lippischen  Medizinaltaxe  vom 
21.  März  1789,  werden  dem  Geburtshelfer: 

Für  die  Entbindung  einer  todten  Schwängern,  sie  ge- 
schehe durch  das  Accouchement  force,  durch  die  Operation 
des  Kaiserschnitts  oder  der  Schaambeintrennung,  wenn  das 
Kind  noch  lebendig  zur  Welt  gebracht  wird  6  Thlr. 

Wenn  es  todt  geboren  wird  2  Thlr.  bestimmt. 

Bei  Abfassung  dieser  Medizinal -Ordnung  ist  der  Einfluss 
und  diie  Mitwirkung  J.  C  F.  Schetf^s  unverkennbar. 

Die  Grossherzogl.  badische  Verordnung  vom  22.  Mai 
1827  hat  zunächst  den  Zweck,  „Wenn  eine  Kreissende  während 
der  Entbindung  oder  kurz  nach  derselben  mit  Tod  abgeht,** 
zur  Verhütung  oder  Ermittlung  von  Pflichtvergessenheiten, 
Sorglosigkeit,  kunstwidrigen  Verfahrens  von  Seiten  der  Heb- 
aromen und  Geburtshelfer,  die  geeigneten  Unt«*suchungen  ein- 
traten zu  lassen,  um  die  Zuwiderhandlungen  bestrafen  zu  können. 

Wie  es  mit  der  allenfalls  in  utero  noch  enthaltenen 
Frucht  gehen  soU,  ist  aus  der  Verordnung  nicht  zu  ent- 
nehmen? 

Die  Wir temb ergische  Hedidnal- Ordnung  vom  1765, 
Tit  4,  §  9  schreibt  vor:  „wenn  die  Mutter  todt,  und  dies 
Kind  in  ihr  noch  lebendig  befunden  wird:  so  soll  die  Heb- 
amme ohne  Verzug  einen  Medicum  und  Chirurgum  kommen 
lassen,  —  wenn  sie  wirklich  und  gewiss  todt,  das  in  ihr 
lebende  Kind  noch  gerettet  werde.  Und  hiebei  soUen  die 
Medici  und  Chinirgi,  nach  Pflichten  und  Gewissen  ihr  Amt 
thun,  und  sich  darin  von  Niemand  hindern  lassen,  dass  ein 
solches  noch  zu  errettendes  Kind  nicht  sterben  müsse,  ehe 


134  ^'    Sokwarz,  Der  Kaisersohsitt  an  Todten. 

man  ifam  mit  der  Operation  tn  Hülfe  zu  kommen  entscUosMn 
wird/'  Diese  Bestimmongen  haben  im  Jahre  1828  noch  die 
Weitenuigen  erhalten: 

1)  Die  geeigneten  Versuche  zur  Rettung  des  (lebenden 
und  ld)ensßihigen)  Kindes  nöthigenfalls  selbst  im  Widerspruche 
mit  den  Verwandten  unter  amtlicher  Beihülfe  der  Polizey- 
behörden  anzuwenden. 

2)-- 

3)  Das  Kind  ist  für  lebend  anzunehmen,  so  lange  nicht 
mehrere  der  sichereren  Kennzeichen  seines  Todes  7or  oder 
nach  dem  Ableben  seiner  Mutter  sich  vereinigen,  nament- 
lich also,  wenn  nur  einzelne  blos  Wahrscheinlichkeit  gewäh- 
rende Umstände,  wie  Mangel  an  Bewegung  des  Kindes, 
oder  Kälte  der  Integumente  der  Verstorbenen  und  dergleicheo 
für  den  Tod  des  Kindes  sprechen.  Selbst  wenn  schon  mehrere 
Stunden  seit  dem  Tod  der  Mutter  verflossen  sind,  muss  noch 
immer  reilSich  erwogen  werden,  ob  nicht  günstige  Umstände, 
kräftige  Lebensäusserungen  vor  oder  nach  dem  Ableben  der 
Mutter  und  die  Beschaffenheit  der  Leiche  der  letzteren  die 
Hoffnung  begründen,  dads  das  Kind  noch  am  Leben  sey. 

4)  Die  Lebensfahigheit  des  Kindes  (die  Fähigkeit  nach 
der  Geburt  sein  Leben  fortzusetzen)  ist  nicht  nur  vom  Ein* 
tritt  der  28.  Schwangerschaftswoche,  sondern  im  Zweifelsfaüe 
selbst  einige  Wochen  früher,  als  vorhanden  anzunehmen,  da, 
abgesehai  von  den  Täuschungen,  die  in  der  Schwangerschafts- 
Reclmung  denkbar  sind,  nicht  selten  eine  Verschiedenheit  in 
der  Periode  statt  findet,  mit  welcher  das  Kind  ein  selbstst^- 
diges  Leben  gewinnt. 

5)  Was  die  Zeit  der  Hülfeleistung  betrifil,  so  ist  dieselbe, 
wo  der  Tod  der  Mutter  ausser  allem  Zweifel  gesetzt  ist,  so 

schnell  als  nur  immer  möglich  anzuwenden; wenigstens 

nidit  über  2  Stunden  nach  dem  sichtbaren  Stillstande  des 
Lebsns  der  Mutter  zuzuwarten. 

6)  Die  Hülfeleistung  selbst  hat  vorzugsweise  in  der  Ent- 
bindttng  auf  dem  natürlichen  Wege  (durch  die  Zange  oder 
die  Wendung)  zu  bestehen,  so  lange  diese  eine  ^eieli  sichere 
Aussiebt  aitf  Erhaltung  des  Lebens  des  Kindes,  wie  der 
Kaiserschnitt  gewährt;  wobei  auf  die  frühere  oder  spätere 
Periode  der  Schwangerschaft,  beziehungsweise  den  grösseren 


V.    iSetoani,  Der  Kaiserschnitt  m  Todten.  185 

oder  geringeren  Portgang  des  scüon  vor  dem  Tode  der  Mutter 
begonnenen  Geburtsgeschäftes,  so  me  auf  die  sonstigen  phy* 
siologischen  Gründe,  für  oder  gegen  die  Wahrscheinlichkeit 
einer  und  schnellen  Entwicklung  der  Leibesfrucht  (die  Aus- 
dehnung des  MuttenniHids,  die  Dimensionen  des  Beckens,  die 
Grösse  des  Kindes)  pflichtroässige  Rücksicht  zu  nehmen  ist 

7)  Bleibt  jedoch  nach  reiflicher  Erwägung  aller  Umstände 
nichts  als  die  Vornahme  des  Kaiserschnitts  übrig,  so  muss 
derselbe  gan»  nach  den  Regehi  der  Kunst  mit  aller  Sorgfalt 
und  vollständig  ausgeführt  und  nachher  an  der  Leiche  der 
Verstorbenen  ein  leiditer  Verband  der  Wunde  angelegt  werden. 

8)  Nach  diesem  §.  soll  die  Hebamme  befugt  sein,  bei 
der  todten  Mutter,  unter  Umständen,  das  Kind  durch  die 
Wendung  auf  die  Welt  zu  fordern. 

9)  Die  Vornahme  des  Kaiserschnittes  hingegen  darf  in 
der  Regel  nur  durch  einen  berechtigten  Geburtshelfer  oder 
durch  einen  Wundarzt  I  Cl.  vorgenomiBen  werden.  Wenn 
jedoch  die  Herbeischaffung  desselben  voraussichtlich  mit  so 
grossem  Zeitverlust  verbunden  wäre,  dass  dadurch  das  mnth- 
roassliche  Leben  des  Kindes  sehr  grosser  Gefahr  ausgesetzt 
würde,  so  darf  und  soll  die  Operation  ausnahmsweise,  jedoch 
nur  dann,  wenn  der  Tod  der  Schwängern  durch  äussere  Ge- 
walt erfolgt,  oder  nach  dem  Urtbeil  eines  zur  innerlichen 
Praxis  legitimirten  Arztes  nicht  dem  geringsten  Zweifel  unter- 
worfen ist,  auch  von  einem  andern  in  der  Nähe  befindBchen 
Wundarzte  nach  bestem  Wissen  und  Können  auageubC  werden, 
so  «wie  dies  in  einem  splehen  Fall  auch  jedem  innem  Arzt 
zukommt'* 

Nach  dem  „landesherrlichen  Edicte'*  des  Herzog- 
thum  Nassiiu,  das  Medizwialwesen  betreffend,  w)m  21.  Nirz 
1818,  wird  in  der  Dienstinstniction  für  die  Hebammen,  im 
fraglichen  Betreffe  §  11  angeordnet:  „Den  Hebammen  wird 
es  zm*  Pflicht  gemacht,  das  ihn^  bekannt  gewordene  A^ 
sterben  einer  über  fünf  Monate  schwangern  Frauensperson 
ihres  Wohnortes,  so  wie  das  Ableben  610^  Gebärenden  wäh- 
rend der  Geburt  vca*  ibretr  EndnndliBg  iinvercigliob  dem 
Me^nakathe  ansuzeigen,  dapit  derselbe  ecbnell  das  NdlWge 
zur  etwa  möglichen  Rettung  dos  Kindes  anordnen  kann/'  -- 


136  V*    8tlku)ar%,  Der  Kftlfenelinitt  sn  Todten. 

Die  kdnigl.  Sächsischen  MedicinaI*Gesetie  endiakcii 
in  der  „AUgemeinen  Hebammen-Ordnung  §  15,  die  Bestimmung: 
^fSoUte  die  Kreissende  vor  der  Geburt  des  Rindes  versdieideiL» 
und  die  Hebamme  das  Kind  durch  die  bekannten  und  fer- 
statteten  Kunstgriffe  nicht  zur  Welt  bringen  können,  so  ist 
sie  verpflichtet,  einen  Geburtshelfer  oder  Arzt  herbeirufen  zu 
lassen,  damit,  wenn  die  Mutter  wirklich  todt  ist,  das  vieDeicht 
noch  lebende  Kind  auf  eine  oder  die  andere  Art  gerettet 
werden  möge.  —  Auch  hat  die  Hebamme,  wenn  sie  hört, 
dass  eine  Schwangere  in  den  letzten  Monaten  jhrer  Schwanger- 
schaft verstorben  ist,  solches  ebenfalls  dem  Physico  oder  der 
Obrigkeit  anzuzeigen.^  — 

In  Bayern,  schreibt  die  allerhöchste  Verordnung  „die 
Einrichtung  des  Hebammenwesens  betreffend,  vom  7.  Januar 
ISIS**  im  §  16.  vor:  „Sie  (die  Hebamme)  hat  schleuoigsl 
einen  Arzt  oder  Geburtshelfer  zu  rufen,  wenn  Schwangere 
oder  Kreissende  unentbunden  sterben  sollten,  oder  bis  zu 
deren  Ankunft  solche  Personen  wie  Scheintodte  zu  be- 
handeln/' 

Das  ellgemeine  Landrecht  in  Preussen,  2.  Tbl.  20. 
§  713  bestimmt:  „Wenn  bei  einer  Geburt  schwere <»und  un- 
gewöhnliche Umstände  sich  ereignen;  so  ist  die  Hebamme 
schuldig,  einen  approbirten  Arzt,  insofern  ein  solcher  erlangt 
werden  kann,  herbeirufen  zu  lassen.*' 

§  713.  Ein  Gleiches  muss  geschehen,  wenn  in  der 
Geburt  die  Mutter  oder  das  Kind  das  Leben  einbüssen.'' 

§  737.  Personen,  die  während  ihrer  Schwangerschaft 
oder  vor  der  Entbindung  gestorben  sind,  dürfen  nicht  eher 
beerdigt  werden,  als  bis  wegen  Rettung  des  im  Mutterleibe 
befindlichen  Kindes  die  erforderlichen  Anstalten  mit  der  nö- 
thigen  Vorsicht  getroffen  sind.*'  — 

Der  Kaiserschnitt  scheint  in  solchen  Fällen  nicht 
unbedingte  Vorschrift  zu  sein,  wie  aus  dem  §  334.  hervor- 
zugehen scheint: 

„Wegen  des  Verfahrens  der  gerichtüehen  Obdnctionen, 
vrird  der  Chef  der  Justiz  die  Gerichtsbehörden  anweisen,  die 
Vorschrift  dieser  Verordnung  (vom  6.  November  1811, 
Magdeburger  Amtsblatt  von  1823  S.  102,  103)  zu  befolgen, 


y.    Sekwarzt  Der  Kaiserschnitt  an  Todten.  137 

auch  soll  die  schleunige  Operation  des  Kaiserschnitts  hie- 
durch  (nemlich  die  Obduction  erst  24  Stunden  nach  dem 
Ableben  des  Individuum's  vorzunehmen)  nicht  eingeschränkt 
werden,  die  ein  Sachverständiger  vornimmt,  sobald  die  Ent- 
bindung einer  plötzlich  verstorbenen  Schwangeren,  von  einem 
lebensfähigen  Kinde  auf  andere  Weise  nicht  bewirkt  wer- 
den kann." 

Die  Taxe  für  den  Kaiserschnitt  an  einer  Verstorbenen 
ist  in  Preussen  auf  4  —  8  Thlr. ,  nach  Edict  vom  21.  Juni 
1815  normirt. 

Die  Instruction  der  Hebammen  des  Grossherzogthums 
Hessen  enthält  §  7  die  Bestimmung: 

„Stirbt  eine  über  5  Monate  Schwangere  oder  eine  Ge- 
bärende unentbunden,  so  hat  die  Hebamme  die  schleunigste 
Herbeirufung  des  Arztes  zu  v^anlassen,  damit  von  diesem 
die  mögliche  Rettung  der  Frucht  bewirkt  werden  kann/' 

In  der  Taxe  für  operirende  Aerzte  und  Wundärzte,  pos. 
178,  erlassen  am  14.  August  1822,  ist  für  den  Kaiser- 
schnitt einer  Verstorbenen  bei  weniger  Bemittelten  —  5  Fl, 
bei  Vermögenden  15  Fl.  ausgeworfen. 

Schon  die  Verordnung  vom  15.  Sept.  1787  des  Kur  f. 
Hessen  enthielt  die  Vorschrift  §  10: 

„Man  soll  keine  schwangere,  nahe  an  der  Geburt  stehende, 
oder  über  der  Geburt  und  dem  Gebären  sterbende  Weiber 
mit  dem  Kind  begraben,  sondern  nach  dem  Tod  einer  solchen 
Frau,  mittelst  augenblicklicher  Zuziehung  und  Berathung  eines 
Asztes  srch  des  wirklichen  Ablebens  der  für  todt  geachteten 
schwangern  Person  versichern,  die  in  der  Anlage  enthaltenen 
Erweckungsmittel  auf  das  allerfördersamste,  und  so  geschwind 
es  sich  nur  immer  thun  lässt,  bei  derselben  angewendet,  und 
wenn  diese  fruchtlos  ablaufen,  zur  Rettung  des  Kindes  also 
gleich  ohne  den  geringsten  Aufschub,  nach  Ermessen  des 
Arztes,  zu  der  bekannten  Operation  des  sogenannten  Kaiser- 
schnitts zwar  unverzüglich  geschritten,  jedoch  auch  hiehey, 
so  vorsichtig  verfahren  w^den,  als  ob  der  operirt  werdende 
Körper  noch  am  Leben  wäre. 

Gleichwie  es  nun  von  der  äussersten  Nothwendigkeit  ist, 
dass  bei  dem  Tode  einer  solchen  nahe  an  der  Geburt  stehen- 
den, oder  im  Gebären  sterbenden  Frau,  der  Wundarzt  auf 


12^  V.    Se&toom,  Der  Kaiiersebiiltt  ma  Tobten. 

der  Stelle,  um!  ia  HiögUohsUr  Gescbwindigkeit,  heibeigdiek 
wer^;  also  sollen  auch  die  Hinterbliebenen,  wdche  soldies 
entweder  aus  Nachlässigkeit,  oder  gar  aus  bösen  Absicht« 
verabsäumen  soUten,  mit  der  schärfsten  Ahndung  angesehen, 
die  zugegen  seyende  Hebamme  aber  bei  Wahrnehmung  einer 
solchen  unveraDtwoi'tlichen  Nachlässigkeit,  und  unmenschlichen 
Verfahrens,  alsbald  und  auf  das  eiligste  den  ersten  den  besten 
verpflichteten  Wundarzt  herbeirufen,  und  der  Obrigkeit  die 
Anzeige  faicTon  thun,  oder  sich  gewärtigen,  dass  sie  mit  einer 
gleichmässigen  Strafe  belegt  werden;  gestalten  denn  auch  ein 
auf  solche  Art  verlangt  werdender  und  zur  Besichtigung  der 
Todten  verpflichteter  Wundarzt,  er  mag  in  dem  Hause,  wohin 
er  begehrt  wird,  sonstige  chirurgische  Bedienung  haben  oder 
nicht,  dem  geschehenen  Ruf  alsbald  willige  Folge  leisten,  und 
die  nöthige  Operation  unverzüglich  vornehmen,  in  Entstehung 
dessen  aber  einer  gleich  scharfen  Ahndung  zu  gewarten 
haben  soll."  — 

Die  Kurhessische  Medizinal-Ordnung  vom  10.  Juli 
1830  enthält  darüber   folgende  hier  bezügliche  Bestimmungoi: 

§  181.  „Stirbt  eine  über  den  sechsten  Sonnen -Monat 
Schwangere;  so  hat  der  Arzt  die  künstliche  Entbindung 
durch  den  Kaiserschnitt  zur  möglichen  Rettung  des  Kindes 
zeitig  zu  veranlassen.  Im  Fall  etwa  die  Angdiörigen  der 
Verstorbenen  dieselbe  nicht  zulassen  wollten,  wird  er  sofort 
die  Polizei-Behörde  davon  in  Kenntniss  setzen.'' 

§  190.  „Wenn  eine  über  den  sechsten  Sonnen -Monat 
schwangere  Frau  stirbt;  so  hat  der  sie  behandelnde  Wund- 
arzt zur  Erhaltung  der  Frucht,  unter  Zuaiehung^  eines  Geburts- 
helfers oder  Arztes,  alsbald  den  Kaiserschnitt  vorzuneh- 
men und  sonst  nach  Vorschrift  des  §  154  zu  verfahren.'* 
Der  ailegirte  §  154  enthält  die  im  §  131  gegebene  Vor- 
schrift für  den  Geburtshelfer; 

§  375.  „Auch  in  dem  Falle,  ^o  eine  über  den  sechsten 
Sonnen-Monat  schwangere  Person  in  augenscheinliche  Gefahr 
käme,  unentbunden  zu  sterben,  oder  gestorben  wäre,  ist  für 
die  augenblickliche  Herbeirufung  eines  Geburtshelfers  zu  sor- 
gen, damit  alsdann,  wo  möglich  das  Kind  noch  durch  den 
Kaiserschnitt  erhalten  werde.  Bis  sur  Ankunft  des  Ge- 
burlshiBlfers  sind  von  der  Hebamme  na<A  der  ihr  ^theilten 


y.    Stihwar»,  Der  Kstffaracbnitt  an  Todten.  139 

Belehrung  belebende  Mittel  anzuwenden,  ^r  Leib  der  leblosen 
Mutter  wann  zu  bedecken  u.  8.  w.,  da  statt  des  ansoheiaen- 
den  Todes  yielleicht  blos  eine  Ohnmacht  eingetreten  seyn  kann. 

Der  §  7  des  kurhessischen  Ministerial-AQSschreibens  des 
Innern  vom  15.  Mai  1824  über  die  Besichtigung  der  Todten, 
giebt  den  Todtenbeschauem  auf:  „wenn  sie  finden,  daes  eine 
nach  dem  6.  Monat  Schwangere  imentbunden  wirklich 
verstorben;  so  hat  er  sofort  einem  Geburtshelfer  die  Anzeige 
dayon  zu  machen,  damit  ohne  den  geringsten  Aufschub  zur 
Rettung  des  Kindes  der  Kaiserschnitt  verrichtet  werde.  Wür- 
den die  Hinterbliebenen  solches  nicht  zugeben,  so  ist  davon 
unverweilt  die  Polizeibehörde  in  Kenntniss  zu  setzen.''  Das« 
zu  diesen  gesetzlichen  Bestimmungen  die  Aerzte  mehr  oder 
weniger  mitgewirkt  haben  durften,  liegt  in  der  Natur  der 
Sache. 

Die  Abweiidiungen  in  den  gesetzlich«9i  Bestimmungen, 
das  Schwankende  in  denselben  und  Zweifelhafte  mag  von  der 
individuellen  AufTassung  der  mitwirkenden  Aerzte  herröhren. 

Bis  zum  siebenzehnten  Jahrhondert  scheinen  sich  Aerzte 
und  Wundärzte,  dem  Anscheine  nach,  wenig  mit  Geburtshilfe 
befasst  zu  haben  und.  ihrer  Betheiligung  beim  Kaiserschnitte 
wird  nur  eben  beiläufig  Erwähnung  gethan. 

Erst  mit  den  Streitschriften  Roussefs^  Bau1iin%  Paräut^ 
u.  A.  über  die  Zulässigkeit  des  Kaiserschnittes  oder  dessen 
Verwerfung,  bei  einer  lebenden  Mutter,  erwachte  das  Interesse 
fOr  diese  Lehre  wieder  und  wurden  die  Indicationen  dazu  mit 
besonderer  Schärfe,  zuletzt  durch  Eingreifen  der  franzdsischen 
Akademie  der  Wundärzte  amtlich,  fast  mit  gesetzartiger  Kraft» 
festgestellt. 

Die  Aerzte,  zunächst  die  Geburtsärzte  schieden  ädi  nun 
in  zwei  Hauptgruppen,  in  sokhe,  die  den  Kaiserschnitt  nur 
an  todten  Müttern  zulässig  erklärten,  und  auch  solche, 
welche  denselben  bei  lebenden  Kreissenden  für  ausführ- 
bar erachteten  und  vornahmen. 

Je  nach  Maassgabe,  wie  sich  eine  oder  die  andere 
Doctrin  und  Verfahrungsweise,  die  Entbindung  zu  bewirken, 
Bahn  brach,  taucht  auch  eine  Andeutung,  dieselbe  bei  der 
Entbindung  einer  todten  Schwangeren  in  Anwendung  zu  brin- 
gen, mit  mehr  oder  weniger  Bestimmtheit,  auf. 


140  ^'    8ehwar%,  Der  Kaiserschnitt  an  Todten. 

Wir  finden  dafür  Belege  bei  der  Empfehlung  der  Wen- 
dung auf  die  Füsse,  beim  SchambeinbogenschniU,  beim  Accou- 
chement  force  u.  dgl. 

Nicht  auffallend  erscheint  es  uns,  wenn  sich  Geistliche, 
wie  z.  B. 

Baynaud^),  ein  Jesuite,  des  Kaiserschnittes,  nament- 
lich bei  Todten,  mit  besonderer  Emsigkeit  annehmen. 

Auf  welcher  Stufe  physiologischer  Kenntnisse  man  noch 
zu  den  Zeiten 

Johann  Schenke  von  Gräfenberg^)  gestanden  hat 
und  wie  man  sich  die  Wechselbeziehungen  der  schwangeren 
Mutter,  zu  dem  in  ihr  enthaltenen  Fötus  vorstellen  mochte, 
erhellet  zum  Theil  aus  den  Anschauungen  und  Vorschriften, 
die  derselbe  Lib.  IV.  Observ.  XIV.  mittheilt,  wo  er,  „exlra- 
hendi  fotus  vivi  ratio  matre  mortua"  —  bespricht. 

Nach  den  von  ihm  gegebenen  Vorschriften,  soll  man, 
damit  das  Kind  in  utero  nicht  ersticke,  der  Dahingeschiedenen 
ein  Sperrholz  zwischen  die  Zähne  schieben;  derselbe  Zweck 
würde  auch  erreicht,  wenn  die  Hebamme  ihre  Hand  nicht 
Yon  dem  Scheideneingange  entferne,  bis  der  Chirurg  die  Frucht 
aus  dem  Leibe  geschnitten  hätte. 

(Was  für  ein  Zweck  durch  diese  Anleitung  erreicht 
werden  soll,  ist  nicht  ganz  klar.  Soll  dadurch  dem  Fötus 
respirable  Luft  zugeführt  werden?) 

Schenk  beschreibet,  1.  c.  auf  das  Umständlichste  das 
Verfahren,  um  einen  noch  lebenden  Fötus  aus  der  todten 
Mutter  zu  schneiden  und  bemerkte,  dass  er  dieses  Verfahren 
selbst  „ —  aliquando  felicissime,  haud  sine  adstantium  cm- 
nium  applausu  -— "  verrichtet  hätte. 

Näheres  aber ,  wie  er  dieses  sehr  wohl  bei  Observ.  XV.  1.  c 
hätte  thun  können,  wo  er  Beispiele  von  anderen  Schriftstei- 
lem anfuhrt  erfahren  wir  über  sein  eignes  Wirken  nicht 

Es  bleibt  sonach  das  „aliquando  felicissime*'  nicht  anders 
erklärlich,  als  dass  es  sich  auf  die  Verrichtung  der  Operation 
selbst,  keinesweges  aber  auf  den  Erfolg  derselben,  d.  h.  auf 

1)  Theoph,  Baynaudf  De  Orta  infantum   contra  nataram  per 
Sectionem  Caesaream.   8.    Lngd.  1637. 

2)  Schenk,  Joh.  de  Cfräfenberg,  Observationes  medic.  rarior. 
Lib.  VII.    Fol.    Frankof.  1665. 


V.    Schwarz  f  Der  Kaiserschnitt  an  Todten.  141 

die  Erzielung  eines  oder  des  anderen  lebenden  Kindes  be- 
ziehen soll,  sonst  würde  der  Verf.  sich  mit  grösserer  Bestimmt- 
heit ausgedrückt  haben. 

Die  französischen  Geburtshelfer  Guülemeau,'^)  Mau- 
riceau,^)  Dionis^)  verwarfen  den  Kaiserschnitt  an  Lebenden, 
vielleicht  etwas  voreilig,  weil  sie  selbst  eigne  unglückliche 
Erfahrungen  gemacht  und  erkannten  diese  Operation  nur 
bei  todten  Schwangern  als  zulässig  an. 

Auffallend  pflichtete  der  sonst  so  umsichtige  und  glück- 
liche L.  Heister*)  den  französischen  Widersachern  des 
Kaiserschnittes  bei  Lebenden  bei  und  erklärte  diese  Operation 
nur  noch  unter  besonderen  Vorsichtsmaassregeln  bei  todten 
Schwangern  als  zulässig. 

Die  Hauptverwamung  geht  in  der  Richtung  „nur  keine 
etwa  Scheintodte  zu  öffnen*'.  Wegen  der  trügerischen  Zeichen 
des  wahren  Todes  vom  Scheintode  räth  er  daher,  die  Ope- 
ration so  anzustellen,  als  wenn  dieselbe  an  einer  Lebenden 
vorgenommen,  und  exculpirt  den  Chirurgen  oder  Geburtshelfer, 
der  das  unvorhergesehene  Unglück  gehabt  hätte,  eine  nur 
Scheintodte  geöffnet  zu  haben,  indem  er  kein  Verbrechen 
begangen,  sondern  im  guten  Glauben  gehandelt  habe. 

Van  Swieten  1.  c. rechnet,  unter  solchen  Umständen, 
eine  derartige  Verwundung  nicht  zu  den  allgemein  tödtlichen, 
weil  eine  seltsame  Zahl  von  lebenden  Frauen,  die  sog.  Kaiser- 
geburt glücklich  überstanden  und  geheilt  worden  seien. 

Im  Jahre  1706  erschien  eine  anonyme  Abhandlung, 
S.  J.  M.  D.  „Kurze  Abhandlung  von  Erzeugung  des  Men- 
schen und  dem  Kindergebähren,  S.  Frankf.'S  in  welcher  der 
Verf.  den  Kaiserschnitt  durchaus   verwirft  und   weil  das 


1)  QuüUmMu,  i/oc.  De  la  grossesse  et  acconchement  des 
femmes.   4.    Paris  1619. 

2)  MaurieeaUf  Franc,  Trait^  des  malad.ies  des  femmes 
grosses  et  acconch^es.  4.  Paris  1668,  und  MaurieeaUf  Franc, 
Demiires  observations  snr  les  maladies  des  femmes  grosses  et 
acconch^es.   4.   Paris  1706. 

a)  Dioni9,  Feter,  Goars  d'op^rations  de  Chirurgie.  8.  Paris  1707. 
4)  Heister,  Law.,    et  Defenbach,  Dissert.   foetam   ex  utero 
matris  mortuae  mature  esse  ezscindendum.    4.    AUdorf  1720. 


142  V*    Schwor»,  ]>er  Kaiserschnitt  an  Todten. 

Kind  dock  gewöhnlich  absterbe,  auch  die  Lex  regia  zu 
verwerfen  sei. 

Man  sieht,  dass  dem  Manne  es  sogar  an  Nuth  gebrach, 
sich  öffentlich  zu  nennen,  da  er  es  wagte,  gegen  ein  allge- 
meines Vorurtheil  sich  aufzulehnen. 

Es  wäre  auch  möglich,  der  anonyme  Verfasser  sei  ein 
Israeiite  gewesen,  der  nach  seineu  Religions-Grundsätzen  eine 
Section  der  todten  Hutler  nicht  für  zulässig  erachtet  hätte. 

Die  Fälle  von  Vater, ^)  Hutter,^)  Bohrt, ^)  welche  gün- 
stige Resultate  nach  dem  Kaiserschnitte  der  todten  Mutter, 
d.  h.  lebende  Kinder  aus  den  Leichen  erzielt  haben  wollen, 
kann  ich  keiner  näheren  Critik  unterwerfen,  da  ich  mir  die 
verzeichneten  Schriften  zur  Einsicht  nicht  verschaffen  konnte.  — 

Fatiua^)  und  Deaae^)  wollen  die  Operation  des  Kaiser- 
schnittes nur  bei  todten  Müttern  gestatten  und  KaUr 
achmid^)  empfiehlt  mit  grosser  Wärme  in  zwei  Abhandlungen 
das  königliche  Gesetz. 

In  Johannis  Timmii  Bremensis  etc.,  vermehrtem  und 
erläutertem  Dionis  etc.,  Bremen  1745,  8.  wird  der  Zweck 
des  Kaiserschnitts  bei  einer  Leiche,  S.  4ß9,  dahin  angegeben, 

„L  Damit  (der  Chirurgus)  trachten  möge,  das  Leben  des 
Kindes  zu  retten.     11.  Auf  dass  es  getaufet  werden  möge. 

Darum  muss  der  Leib  einer  schwangeren  Frau,  auf  was 
für  eine  Art  oder  in  welchem  Monath  der  Schwangerschaflt 
sie  auch  möge  gestorben  seyn,  sogleich  geöffnet  werden. 
Und  wenn  es  gleich  nicht  möglich  wäre,  dem  Kinde  das  Leben 
zu  retten,  so  hat  man  doch  wenigstens  Ursache  zu  hoffen, 
dass  man  es  noch  taufen  könne.''  — 

Maurieeau  Fr.,  in  seinen  Aphorismen  bemerkt  245. 
„Weil   das  Kind    ohne    das  Leben,    welches   es   mit    seiner 


1)  Vater,    Christ.,   De    partu   hominis    poat   mortem    matris. 
Diss.    4.    Wittenb.  1714. 

2)  Hutter,  Andr.,  Fünfzig  chirarg.  ObseryationeB  ans  eigener 
Erfahrung.    8.     Nürnberg  1718. 

8)  Bohn,  Jo.,  Chirnrgia  rationalis.   8.   Braan«chw.  1727. 
4)  FatiOy  Joh,,  Helvetische  Vernunft.  Wehmutter.  4.  Basel  1762. 
6)  Dease,   W.,  Bemerk,  üb.  die  Entbindungskunst.    1788. 
6)  Kaltschmid,  C.  F.,  De  necessit.  ezsecandi  foetum  ex  gravida 
mortua.    4.    Jena  1764.  —   4.    1760. 


V.    Schwarz,  Der  Kaiaeraehnilt  an  Todteo.  X43 

Mutter  gemein  bat,  auch  einen  besonderen  Ur^rung  des 
Lebens  bey  sieb  heget  (?),  so  findet  man  bisweilen  das 
Kind  noch  lebendig  in  dem  Leibe  seiner  verstorbenen  Mutter, 
wann  man  dieselbe,  sobald  sie  gestorben  ist,  öffnet.''  — 

Platner,  J.  Z.  etc.,  Gründl.  Einleitung  in  die  Chirurgie 
etc.,  Leipzig  1749,  §  1466.,  sagt  vom  Kaiserschnitt: 

„Auch  soll  man  diesen  niemals  vorzunehmen  vergessen, 
wenn  die  Matter,  eke  sie  das  Kind  gebähren  können,  ver- 
storben, dieses  aber  hingegen  noch  am  Leben  ist.  Doch  soll 
man  sich  in  dergleichen  Falle  wohl  vorsehen,  dass  man  nicht 
irgend  eine  Frau,  welche  wegen  Verblutung  grossen  Schmerz 
und  langer  Arbeit,  sehr  entkräflltet  und  ohnmächtig  worden, 
vor  tod  halte,  *und  ohne  alle  Vorsicht  und  Behutsamkeit  in 
den  Leib  schneide.'* 

Thebesiiy  J.  E^  Hebammenkunsl,  Liegoitz  1759. 

§  477.    Der  Kaiserschnitt  musa  vorgenommen  werden: 

1)  Sobald  eine  Gebäbrende  gestorben,  und  man  glaubt, 
dass  das  Kind,  so  noch  nicbt  gd)ohren  ist,  in  ihrem  Leib 
noch  leben  könne. . 

§  484.  Auf  die  Frage:  Ist  bei  einer  todten  Frauen 
der  Kaiserschnitt  unterschieden?  lautet  die  Antwort: 

„Wenn  ich  an  einer  todten  Frauen  den  Kaiserschnitt 
machen  soll,  so  muss  ich  keine  Zeit  versäumen,  den  Unterleib 
zu  öffnen,  massen,  wenn  gleich  das  Kind  noch  lebt,  so  bald 
die  Frau  stirbt,  solches  auch  mehrentlieüs  gleich  stirbt. 

Ich  darf  in  solchem  Fall  nur  deren  Unterleib  von  den 
falschen  Rippen  an  bis  an  das  Schaambein,  und  hernach  die 
Mutter  auch  der  Lange  nach  aufschneiden,  das  Kind  heraus- 
ziehen, wann  es  lebt  und  schwach  ist,  gleich  taufen,  und 
solches  alsdann  von  seiner  Nabelschnur  lösen." 

J.  P.  Frank,  in  seinem  System  etc.  und  schon  früher 
im  Magazin  för  gerichtl.  Arzneikunde  und  mediz.  Polizei, 
Stendal  1783,  will  die  Schwangeren,  wenn  sie  vor  der  ersten 
Hälfte  der  Schwangerschaft  verschieden  sind,  nicht  eröffnet  haben. 

„Es  sei  nicht  zu  glauben,  dass  je  ein  solcher  Fötus 
nach  dem  Tode  seiner  Mutter  ein  noch  so  schwaches  Leben 
erhalten  werde,  dass  man  sich  Hoffnung  machen  könnte,  solches 
nach  dem  Gebrauche  der  römischkatholischen  Khxhe  zu  taufen, 
vielweniger,  dass  es  mit  dem  Leben  davon  zu  bringen  wäre." 


144  V.    Sehtoar»,  Der  Kaiserschnitt  an  Todten. 

Es  würde  daher  die  EröffDUDg,  welche  in  einer  so  dien 
erst  erblassten  Mutter  nur  mit  einiger  Ungewissheit  über 
ihren  wirklichen  Tod,  vorgenommen  werden  könnte,  aUzn 
viele  Gründe  gegen  sich  haben,  wo  doch  der  Nutzen  ander- 
seits augenscheinlich  in  Nichts  besteht'' 

Nach  Van  Swieten  (comment.  ad  H.  Boerhavii  aphorisoi. 
T.  IV,  pag.  549,  soll  es  sich  von  selbst  verstehen,  so  schnell 
wie  thunUch,  nach  dem  Tode  der  Mutter,  den  Fötus  von  der- 
selben zu  entfernen,  da  er  nach  dem  Tode  der  Mutter  in 
grosser  Gefahr  schwebe. 

•  Man  solle  aber  auch  nicht  an  dem  Leben  des  Fötus  ver- 
zweifeln, da  nach  dem  Tode  der  Mutter  eine  namhafte  Zeit 
verflossen  sein  könne,  (wie  aus  verschiedenen  Beobachtungen 
hervorgehe),  welche  von  andern  Schriftstellern  gesammelt, 
wo  ein  Kind  noch  lebend  angetroffen  worden. 

Er  selbst  führt  hier  ein  sehr  zweifelhaftes  Beispiel  an, 
wo  aus  einer,  von  ihrem  Manne  erstochenen  Frau,  48  Stunden 
nach  dem  Tode,  (?  soll  vielleicht  heissen:  Verwundung)  ein 
Kind  bei  der  Section  ausgeschnitten  wurde,  das  noch  V4 
Stunde  gelebt  habe.  — 

Er  begehrt  unterdessen,  dass  der  Tod  der  Mutter,  ehe 
man  zur  Operation  schreite,  ganz  sicher  festgestellt  sei, 
und  fiodet  den  Rath,  ehe  die  Schwangere  noch  ganz  todt  sei, 
den  Bauch  zu  öffnen,  grausam;  wogegen  auch  schon  andere 
Schriftsteller  angekämpft  haben. 

Van  Swieten  kann  nicht  genug  zur  Vorsicht  anratheo, 
eine  Ohnmächtige  von  einer  wahrhaft  Todten  zu  unterscheiden; 
warnt  vorzugsweise,  bei  Solchen,  die  zu  hysterischen  Zufallen 
hinneigen  und  zur  Zeit  der  Schwangerschaft  in  dieselben  ver- 
fallen, auf  seiner  Hut  zu  sein.  Er  beschreibt  die  Ohnmachts- 
zuflUe,  wie  da  die  Gesichter  erblassen,  collabü^n,  leichen- 
artig  aussehen,  ganz  kalt  und  steif  werden.  Pulse  und 
Athemzüge  stocken. 

Aus  seinen  Erfahrungen  erzählt  er  einen  Fall,  wie  er 
zu  einer,  an  Cholera  leidenden  Schvningeren  gerufen,  welche, 
nachdem  sie  Krämpfe  bekommen ,  in  eine  Ohnmacht  verfallen, 
dass  sie  ihre  Umgebung  für  todt  gehalten,  die  eben  durch 
seine  Bemühungen  wieder  hergestellt  wurde.  S.  550  will  er 
zwar  nicht,  dass  man  das  sicherste  Zeichen  des  Todes,  die 


V.    Schwarz f  Der  KaiserscIiDift  an  Todten.  145 

Fäulniss,  abwarten  soll,  ehe  man  den  Kaiserschnitt  mache, 
denn  da  müsste  gewiss  vorher  der  Fötus  abstpr]>pn  —  und 
doch  wurde  auch  bei  eingetretener  Fäulniss  der  Kaisorschuitt 
noch  vorgenommen  ^!). 

ÄufTallend  ist  es,  dass  die  grössten  Geburlslieifer  Frank- 
reichs —  Baudelocque,  Levret  —  fast  gar  keinen  Werth 
auf  den  Kaiserschnitt  nach  dem  Tode  der  Mutter  zur  Rettung 
des  Kindes  legen,  indem  sie  denselben  zu  diesem  Zwecke  in 
ihren  Werken  nicht  erwähnen. 

Durch  den  Mahnruf  J.  F.  Frankes,  der  sowohl  der 
Gesetzgebung  aufs  Neue  diesen  Gegenstand  zur  Berück- 
sichtigung empfahl,  als  auch  die  Geburtshelfer  anzuspornen 
schien,  concisere  Grundsätze  über  das  wann  und  wie  der 
Hulfeleistung  ?  aufzustellen,  wurden  später  fast  in  allen  Lehr- 
buchern mehr  oder  weniger  ausführliche  Vorschriften  ertheilt. 

Noch  Steidele,  im  „Lehrbuch  von  dem  unver- 
meidlichen Gebrauch  der  Instrumente  in  der  Ge- 
burtshftlfe,  Wien  1785,"  bemerkt  S.  172,  wo  er  vom 
Kaiserschnitte  handelt:  „Die  Religion  und  die  Gesetze  ver- 
binden uns  auch  das  Kind,  welches  noch  leben  könnte, 
alsobald .  durch  den  Kaiserschnitt  aus  dem  Leichnam  einer 
plötzlich  verstorbenen  gebährenden  Weibsperson  heraus  zu 
holen." 

„Die  Pflicht  einer  Hebamme  soll  sie  erinnern,  alsobald 
einen  Geburtshelfer,  oder  in  Ermangelung  dessen  einen  Wund- 
arzt ruflen  zu  lassen,  welcher  augenblicklich  nach  erfolgtem 
tödtlichen  Hintntt  dieser  unglücklichen  den  Kaiserschnitt  vor- 
nehmen und  das  Kind,  wenn  es  änderst  annoch  lebet,  da- 
durch retten  soll.  Diess  gilt  auch  bei  allen  sterbenden 
Schwangern,  ohne  Unterschied  der  Zeitrechnung  ihrer 
Schwangerschaft  und  Krankheit,  an  welcher  sie  stirbt. 
Findet  man  bey  der  Befühlung  des  Muttermundes  denselben 
oflen,  wie  es  meistentheils,  bei  Gebährenden  besonders,  wahr- 
genommen wird,  so  soll  man  alsogleich,  die  gespannte  Blase 
sprengen,  und  nach  herausgelassenem  Wasser,  das  Kind 
nothtaufen,  weil  es  doch  ausserordentlich  selten  seine 
Mutter  Qberlebet,  und  nach  dem  Schnitt  fast  allzeit 
todt,  folglich  der  heil.  Taufe  unfähig  befunden  wird." 

Monatsschr.  f.  Qebaritk.  1881.  Bd.XVin.,  Bnppl.Hft.  10 


X46  V.    Schwor» t  Der  Kaiserscbnitt  an  Todtea. 

„Leider  ist  zu  bedauren.  dass  dieser  Gebärmutterschniu 
meistens  fruchtlos  ablauft.  Sollte  denn  gar  kein  Mittel 
vorbanden  sein,  wenigstens  einige  Kinder  zu  retten ?*" 

Steidele  meint  durch  Zuführen  der  atmosphärischen  Luft 
in  den,  von  den  Geburtsfeuchtigkeiten  entleerten  Uterns,  mittels 
einer  Spritze,  vielleicht  das  selbstständige  Athmen  des  Fötus 
hervorzurufen,  bis  die  Zeit  gegeben,  das  Kind  durch  den 
Kniserschnitt  von  der  Mutter  zu  trennen.  (?) 

Husstt/y  Z.  G.,  Diskurs  über  medizinische  Polizei, 
Pressb.  u.  Leipzig,  1786,  2.  Bd.,  »bemerkt  §  419:  Von  der 
Eröffnung  Schwangerer  nach  dem  Tode: 

,,Von  viras  für  einer  Ursache  sie  aber  immer  erblasse, 
so  ist  es  allezeit  überaus  schwer,  sogleich  den  Zeit- 
punkt der  wirklichen  Entseelung  zuverlässig  zu 
bestimmen.  Da  der  Schlagfluss  bei  Gebährenden  so  wenig 
als  bei  andern  allzeit  gewiss  todtlich  ist;  zu  demselben  auch 
gar  leicht  noch  eine  scheinbare  Auslöschung  der  Lebeos- 
verrichtungen sich  gesellen  kann,  wird  es  dann  recht  schwer 
werden,  denselben  von  dem  Tod  selbsten,  in  den  ersten 
Stunden  dieser  Veränderung  zu  unterscheiden? 

„Wie  oft  sehen  wir  auch  nicht  Schwangere,  wegen  Mutter- 
krankheiten, durch  heftige  Schmerzen  und  andere  Ursachen, 
in  anhaltende,  dem  Tode  ähnliche  Ohnmächten  dabinsinken, 
und  bald  nachher  wieder  unverletzt  zu  sich  kommen?  Wer 
wird  wohl  sagen  dürfen,  wie  viel  dieses  oder  jenes  Weib 
Blut  verlieren  müsse,  um  zu  sterben?  Da  dies  allzeit  von 
einer  individuellen  Konstitution  der  Kräfte  und  des  Mechanisinns 
des  Körpers  der  Mutter  abhängt" 

Nun  ergeht  sich  der  Verf.  in  einigen  Zweifeln  über  die 
Aufrichtigkeit  bei  dergleidien  Vorgängen,  bespricht  die  Tbat- 
sache,  dass  wirklich  nur  Scheintodte  durch  den  KaiserscbniU 
geöffnet,  wieder  zu  sich  gekommen  und  dergl.,  und  fShrt 
dann  im  §  ^20  weiter  fort: 

„So  bald  die  noch  unentbundene  Mutter  entweder  dem 
äusseren  Ansehen  nach  (?),  oder  wirklich  todt  ist;  so  ist  natür- 
licher Weise  zu  befürchten,  dass  ihre  Leibesfrucht  das  nämliche 
Schicksal  erfahren  werde;  besonders  wenn  der  mütterliche 
Tod  erst  nach  langen  Geburtsarbeiten  erfolgt  ist.  Inzwischen 
aber,  obschon  in  den  mehrsten  Fällen  der  Tod  des  nocb 


V.    Schwarz  f  Der  Kaiserscbnitt  an  Todten.  147 

verschlossenen  Kindes  geschwind  nachzufolgen  scheint; 
so  hat  mau  dennoch  Fälle,  daas  das  eine  merkliche  Zeit 
verschlossene  Kind  noch  Zeichen  des  Lebens  von  sich  giebt; 
und  dass  man  auch,  in  Ermangelung  dieser,  annoch  wider 
alles  Vermuthen  noch  lebende  Kinder  aus  der  todten  Gebär- 
mutter gezogen  hat." 

Nachdem  der  Verf.  nun  die  Zweifel  erhoben: 

Ǥ421. 

1)  Dass  es  leicht  sei,  eine  Schwangere  für  todt  anzusehen, 
die  es  noch  nicht  ist;  und  dass  man  überhaupt  vor 
Verlauf  von  zweimal  24  Stunden  kein  untrügliches 
Kennzeichen  des  gewissen  Todes  bestimmen  könne 
(ausgenommen,  dass  sich  bedeutende  Merkmale  der  an- 
faugenden  allgemeinen  Fäulniss,  die  in  den  Sommertagen 
z.B.  zuweilen  zu  geschehen  pfleget,  äusserten); 

2)  dass  ein  unentbuudenes  Kind  zwar  oft  mit,  oder  bald 
nach  seiner  Mutter  zu  sterben  pfleget;  aber 

3)  zuweilen  auch  dieselbe  um  eine  merkliche  Zeit  über- 
leben könne;" 

kommt  er  zum  Schluss,  dass  man: 
„a)  Alles  anwenden  müsse,  um  das  vielleicht  noch  lebende 
Kind  aus  dem  mütterlichen  Schoosse  zu  ziehen;  dass 
es  aber 
b)  nicht  gleichgültig  sei,  wie  solches  geschehe,  sondern, 
dass  Wege  einzuschlagen  seien,  wodurch  für  das  kind- 
liche Leben  gesorget  werde,  ohne  dass  der  vielleicht 
noch  lebenden  Mutter  dabei  eine  tödtliche  Wunde  ver- 
setzt werde."  — 

Im  §  422,  wo  der  Verf.  von  der  Lex  regia  spricht, 
bemerkt  er  aber  dasselbe:' 

^Inzwischen  ist  dieses  Gesetz  in  unseren  Tagen  (1786) 
fast  überall  ausser  Uebung  gekommen,  und  es  würde 
vielleicht  noch  mehr  geschehen  sein,  wenn  nicht  die  Lehre 
der  katholischen  Kirche,  von  der  Nothwendigkeit  der  Taufe 
zur  Seligkeit  der  Kinder,  zu  dieser  Rettung  der  Leibesfrüchte- 
einen  Bewegungsgrund  abgegeben  hatte.*' 

„Aber  selbst  dieser  heilige  Eifer  hat  zuweilen  zu  bösen 
Folgen  Anlass  gegeben." 

10» 


148  V.    ScUtoart,  Der  Kaiserscbnitt  an  Todten, 

Im  §  425  will  der  Verf.  durch  Vorschrift««  genauer 
bestimmt  haben:  wann  eigentlich  zur  regelmässigen 
Eröffnung  geschritten  werden  solle?  damit  man  in  der 
Sache,  worin  schon  so  viele  Fehler  begangen  worden 
sind,  dem  Unternehmen  aller  zu  kühner  oder  gar  fanalischer 
Geburlshelfer  Schranken  setze.  Nach  seinem  Rathe  sollte 
daher  nie  erlaubt  sein,  eine  Schwangere  zu  eröffnen,  ausser 

„1)  Wenn  eine  schwere  Krankheit  oder  sonst  tödlliche 
Zufalle  vor  ihrem  Dahinscheiden  bemerkt  worden  sind; 

2)  Wenn  das  Athemhoien,  nach  allen  desfalls  angestellteo 
gewöhnlichen  Versuchen,  gänzlich  aufhöret; 

3)  Wenn  weder  an  den  Gliedmassen,  noch  in  der 
Gegend  des  Herzens  mehr  ein  Aderschlag  durch  erfahrene 
Hände  zu  fühlen  ist; 

4)  Wenn  alle,  auch  die  geringste  Bewegung,  ausser 
jener  des  Unterleibes  vom  verschlossenen  Kinde,  verlohreo 
gegangen. 

5)  Wenn  auch  die  natürliche  Wärme  des  Körpers,  welche 
bei  Sterbenden  meistens  schon  vor  ihrem  Dahinscheiden  sich 
verlieret,  entweder  ganz  oder  wenigstens  nach  Maassgabe 
der  Dauer  des  tödtlichen  Zustandes  verschwindet  —  Dieses 
Zeichen  gilt  nur  in  der  Verbindung  mit  andern ,  und  ist  allein 
betrüglich. 

6)  Wenn  alle  menschlichen  Hülfsmittel  umsonst  ver- 
wendet werden,  die  gegen  Ohnmächten  und  dergl.  wirksam  zu 
sein  pflegen.  —  Es  versteht  sich  aber,  dass  dergleichen  Mitlei 
dort  weniger  nöthig  sind,  wo  eine  schwere  Krankheit,  unter 
gewöhnlichen  Auftritten,  die  Schwangere  mit  mehr  Zuver- 
lässigkeit getödtet  hat,  und  dass  man  durch  allzu  grossen 
Verschub  der  Operazion  leicht  die  Rettung  des  Kindes  ver- 
absäumen könne;  wesswegen  nöthig  ist,  dem  Geburtshelfer 
freie  Hand  zu  lassen. 

7)  Wenn  durch  Zusammenhaltung  aller  Erscheinungen 
mit  grösster  Wahrscheinlichkeit  auf  den  wirklichen  Tod  der 
Mutter  geschlossen  werden  mag;  welches  um  so  leichter  sein 
wird,  je  weniger  die  Schwangere  vormals  den  Mutterzufallen, 
Ohnmächten  und  dergl.  ergeben  war."* 

Der  Verf.  ist  im  §  426  nicht  der  Meinung,  dass  un- 
bedingt   und    überall    der    Kaiserschnitt    bei    unentbundeu 


y.    Sehwar»,  Der  Kaiserschniti  an  Todten.  149 

schwangeren  Verstorbenen  solle  vorgenommen  werden,  sondern, 
wo  es  thunlich,  auf  natürlichem  Wege  die  Entbindung 
herbeizufulu'en,  da  solle  man  entweder  die  Zange  gebrauchen 
oder  die  Wendung  machen. 

„Wegen  Ungewissheit  des  wirklichen  Todes  der  Schwangern 
(ist  der  Verf.  der  Meinung)  sei  der  Kaiserschnitt  nicht  anders 
vorzunehmen,  als  auf  die  behutsamste  Weise,  sowie  man 
solchen   in   einer  noch  lebenden  Mutter  vorzunehmen  pflegt.*' 

Was  die  Zeit  der  Schwangerschaft,  nach  welcher  der 
Kaiserschnitt  vorgenommen  werden  solle,  betrifll,  so  ist  der 
Verf.  des  Dafürhaltens  (§  429),  dass  der  sechste  Schwanger- 
schaftsmonat maassgebend  zu  erachten  sei.  Seine  sonstigen 
Propositionen,  um  das  Interesse  für  die  zu  rettenden  Kinder 
zu  wecken,  will  ich  als  unpraktisch  übergehen. 

Aus  dem  bisher  Mitgetheilten  entnehmen  wir  das  Un- 
sichere, Verworrene,  Widersprechende  in  Behandfung 
concreter  Fälle  und  können  es  der  Gesetzgebung  gar  nicht 
hoch  anrechnen,  wenn  sie  bei  Feststellung  ihrer  Bestimmungen 
in  dieselben  Fehler  verfallen  ist. 

Metzger,  J.  D.,  „  Handbuch  der  Staatsarzneykunde,  enth. 
die  med.  Policey  u.  ger.  Arznej'wiss.,  Züllichau  1787,**  bemerkt 
S.  25,  wo  vom  Kaiserschnitte  nach  dem  Tode  die  Rede: 

§  82.  Folgende  Gründe  streiten  für  das  Gesetz  (Lex  regia): 

1)  Das  Leben  des  Kindes  im  Hutterleibe  ist  von  dem  Leben 
der  Mutter  unabhängig  und  kann  nach  ihrem  Tode 
noch  fortdauern. 

2)  Glückliche  Beispiele  lehren,  dass  durch  den  Kaiserschnitt 
lebendige  Kinder  von  todten  Müttern   erhalten  worden. 

3)  Menschenliebe  und  Population  rechtmässigen  dieses  Ver- 
fahren. 

Später  wird  man  Gelegenheit  nehmen,  diese  Gründe, 
wenn  auch  nur  kurz,  zu  beleuchten. 

Auch  J.  P,  Weidmann  in  seinem  „Entwurf  der  Geburts- 
hilfe f.  s.  Vorl.,  Mainz  1808 ,'*  redet  §  740  dem  Kaiserschnitte 
an  Todten  das  WorL 

„Die  BilUgkeit  dieses  Gesetzes  (Lex  regia)  ist  so  ein- 
leuchtend, dass  man  sogar  in  zweifelhaften  Fällen  einer 
SchwangerschafL,  oder  der  entfernten  Möglichkeit,  das  Leben 
eines  Kindes  zu  retten,  sie  anstellen  sollte.**^ 


150  ^'    Schwarz,  Der  Kaiserschnitt  an  Todten. 

A.  G.  Richter,  ^ Anfangsgründe  der  Wundarzueikunst, 
7.  Bd.,  bemerkt  §  90: 

„Es  giebt  nocb  einige  Fälle,  in  welchen  der  Wundarzt 
den  Kaiserschnitt,  oder  wenigstens  eine  ähnliche  Operation  zu 
machen  genöthigt  ist 

Der  erste  Fall  ist:  wenn  eine  Gebärende  unentbunden 
stirbt  und  das  Kind  noch  lebt  Man  macht  hier  die  Operation, 
um  das  Leben  des  Kindes  zu  retten;  jedoch  den  Fall  aus- 
genommen, wenn  beym  Absterben  der  Mutter  die  Geburt  so 
weit  vorgerückt  ist,  dass  das  Kind  durch  die  Zange  oder 
Wendung  durch  den  natürlichen  Weg  zur  Welt  gebracht 
werden  kann.  Man  macht  übrigens  in  diesem  Falle  die 
Operation  mit  aller  Vorsicht,  wie  bey  einer  lebendigen.  Da 
man,  wenn  man  das  Kind  lebendig  erhalten  will,  die  Operation 
sogleich  nach  dem  Absterben  der  Mutter  machen  raus»; 
könnte  es  wohl  zuweilen  geschehen,  dass  die  Mutter  nur 
scheintodt  wäre.  Der  Fall  hat  sich  wirklich  ereignet  {Ca88U9\ 
dass  die  Mutter  nach  der  Operation  wieder  zum  Leben  kam."  — 

G.  W,  Stein,  Anleitung  zur  Geburtshülfe  etc.,  Marburg 
1805,  2.  Tbl.  bespricht  §  898.  in  seiner  eigenthümlidien 
Weise  den  Kaiserschnitt,  einmal  als  Folge  des  königl.  Gesetzes 
(Lex  regia):  ^ gleich  nach  dem  Ableben  der  schwangeren 
Mütter"  —  und  fahrt  dann  §  899  fort:  „Also  verschafll  der 
Kaiserschnitt  der  Kunst  auch  sogar  nach  dem  Tode  der  Mutter 
das  letzte  und  gewisse  Mittel ,  den  ihr  vorgeschriebenen  heil- 
samen Entzweck  glücklich  zu  erreichen,  und  zeichnet  sich 
sowohl  dadurch,  als  dass  sich  die  Entbindungskunst  oft  hier, 
so  wie  sonst  fast  allezeit,  mit  dem  Leben  zweier  Individuen 
auf  einmal  beschäftigt,  vor  anderen  Theilen  der  Arzney Wissen- 
schaft aus.  Was  der  Verfasser  mit  dieser  affectirten  Phrase 
eigeiitlich  sagen  will,  ist  mir  nicht  ganz  verständlich." 

Mit  seltsamer  Flüchtigkeit  berührt  Elias  von  Siebold 
in  seinem:  Lehrbuch  der  prakt.  Entbindungskunde  §  542., 
den  Kaiserschnitt  an  Verstorbenen,  in  dem  er  sagt: 

„Der  Zweck  des  Kaiserschnittes  ist,  entweder  Mutter  und 
Kind  zu  gleicher  Zeit,  oder  nur  jene  oder  dieses  allein  zu 
retten.    In  beiden  ersten  Fällen   wird   es   allezeit  bei  einer 


y.    Sehwarm,  Der  Kaiserschnitt  an  Todten.  151 

lebenden  SchwaDgern,  im  letxlen  Falle  aber  nur  gleich  nach 
dem  Tode  der  Mutter  nach  dem  königl.  Gesetz  unternommen/' 

Und  §  546. 

^Bei  einer  unentbunden  gestorbenen  Schwangern  ist  der 
Kaiserschnitt  unter  folgenden  Bedingungen  indiclrt:  1)  wenn 
das  Kind  noch  lebtv  2)  ^^nn  die  Frau  wirklich  todt  ist; 
3)  wenn  die  Zeit  der  Schwangerschaft  wenigstens  schon  über 
den  siebenten  Monat  vorgerückt  war;  4)  wenn  die  Entbindung 
nicht  auf  dem  gewöhnlichen  Wege  möglich  ist.  Den  Kaiser- 
schnitt  muss  man  aber  hier  mit  derselben  Vorsicht  als  bei 
einer  labenden,  sowohl  in  Beziehung  auf  die  Mutter  als  auf 
das  Kind  unternehmen,  man  mag  noch  so  spät  gerufen  wer- 
den. Die  Idee ,  das  Leben  des  Kindes  zu  retten ,  darf  man 
nicht  ausser  Acht  lassen,  zu  dem,  da  Beobachtungen  existiren, 
wo  die  Leibesfrucht  nicht  nur  allein  nach  12  Stunden  {Bwrton), 
sondern  sogar  24  Stunden  nach  dem  Tode  der  Mutter  lebend 
gefunden  wurde.  Dass  nach  drei  Stunden  das  Kind  Lebens- 
äusserungen Ton  sich  geben  könne,  davon  hat  sich  der  Ver- 
fasser überzeugt,  als  er  zum  ersten  Male  genöthigt  war,  an 
einer  plötzlich  verstorbenen  Schwangeren  den  Kaiserschnitt 
zu  machen.** 

Auffallend  ist  es  hier,  den  vielbeschäftigten,  einer  be- 
deutenden Gebäranstalt  lange  vorstehenden  Geburtshelfer,  aus 
seiner  eignen  Erfahrung  kein  Beispiel  anfuhren  zu  hören,  in 
welchem  es  ihm  gelungen  wäre,  ein  lebendes  Kind  von  einer 
todten  Mutter  durch  den  Kaiserschnitt  zur  Welt  geüßrdert  zu 
haben.  — 

Rügen y  F.  A.,  Die  Anzeigen  der  mechanischen  Hülfen 
bei  Entbindimgen  etc.,  Giessen  1820,  bemerkt  S.  403. 

11)  „Ist  der  Tod  einer  über  26  Wochen  Schwangern 
erfolgt,  so  soll  man  nach  meiner  Ueberzeugung  nicht  unbe- 
dingt den  Kaiserschnitt  machen,  sondern  bei  vorliegendem 
Kopfe  und  hinlänglicher  Geräumigkeit  des  Beckens  die  Zange 
anlegen.  Bei  einer  Querlage  deä  Kindes  und  hinlänglichem 
Fruchtwasser  darf  die  Wendung  gemacht  werden.  Sobald 
sich  der  Durdiführung  des  Kmdes  nur  etwas  erhebliche 
Schwierigkeiten  entgegensetzen,  werde  der  Schoossfngenschnitt 
ausgeübt.  Wenn  aber  das  Becken  unter  2V2  Zoll  misst, 
oder  wenn  es  bei  der  bestehenden  Querlage  des  Kmdes  an 


162  ^'    Sckv)ar%^  Der  Kaiserschnitt  ah  Todten. 

einer  reicblicben  Menge  von  Fruchtwasser  fehlt;  so  mag  dann 
der  Leib  und  Uterus  gleich  nach  dem  Aufhören  der  Aeusserung 
von  Zeichen  des  Lebens  der  Schwangern  aufgeschnitten 
werden."    20. 

CaruSf  C.  G. ,  Lehrbuch  der  Gynäkologie  oder  systema- 
tische Darstellung  der  Lehren  von  Erkenntniss  etc.  etc.,  Leipz. 
1820,  2.  Tbl.  §  1263,  bespricht  unsere  Angelegenheil: 

3)  „Endlich  ist  der  Gebärroutterschnitt  zu  untemehraen 
bei  plötzlich  erfolgtem  Tode  einer  Schwängern,  sobald  dieselbe 
im  achten,  neunten  oder  zelmten  Monate  ihrer  Schwanger- 
schaft sich  befand,  und  ebenso  bei  plötzlich  erfolgtem 
Tode  einer  angehenden  Gebärenden.  Auch  diese  Indicatioo 
ist  im  Allgemeinen  so  unbedingt,  wie  die  zuerst  aufgestellte, 
nur  muss  über  den  wirklich  eingetretenen  Tod  der  Mutter 
kein  Zweifel  mehr  übrig  seyn,  damit  man  nicht  in  einem  Zu- 
stande blossen  Scheintodes,  durch  eine  so  gefahrliche  Operation 
den  Uebergang  in  wirklichen  Tod  veranlasse. 

Diese  Gewissheit  kann  aber  eines  Theils  durch  Berück- 
sichtigung der  Todesursache  erhalten  werden,  wo  z.  B.  hef- 
tige Blutungen,  erlittene  gefahrliche  Verletzungen  u.  s.  w.  als 
Ursachen  dieser  Art  zu  betrachten  sind,  anderen  Theils  bliebe 
wohl  in  zweifelhafteii  Fällen  noch  die  entblösste  Muskelfiber 
zur  Ausmitteluug  des  Todes  übrig,  da  das  sicherste  Zeichen 
des  Todes,  die  eingetretene  Fäulniss,  hier  natürlich  nicht  ab- 
gewartet werden  kann.  Wo  aber  immer  die  Gewissheit  des 
Todes  emgesehen  werden  kann,  verdient  durchaus  diese  Ope- 
ration ,vor  dem  künstlichen  Beendigen  der  Gebuil  auf  dem 
natürlichen  Wege,  selbst  bei  schon  ziemlich  eröffnetem  Mutler- 
munde, unbedingt  den  Vorzug,  da  in  allen  diesen  Fällen  durch 
Erhaltung  des  Kindes  der  einzige  Zweck  des  Geburtshelfers 
sein  kann,  und  man  fast  nie  (b^  noch  gar  nicht  geöflnetem 
Muttermunde  gewiss  nicht)  erwarten  darf,  dass  bei  einem 
ohne  alle  Wehen  bewerkstelligten  Hindurchziehen  des  Kindes 
durch  das  Becken,  dieses  am  Leben  bleiben  könne.'* 

Froriep,  L.  Fr.  t?..  Theoretisch  praktisches  Handbudi 
der  Geburtshulfe  etc.,  Weimar  1822,  bespricht  unsem  Gegen- 
stand im  §  505. 

„Man  unternimmt  den  Kaiserschnitt  entweder  bei  einer 
todten  oder  bei  einer  lebenden  Frau. 


y,    8ekxoar»i  D^r  Kaiserflehnttt  an  Todton.  153 

1)  Bei  einer  schwangeren  Verstorbenen  (lex  regia)  rouss 
man  alle  Mal  den  Kaiserschnitt  machen,  wenn  sie  schon  über 
den  siebenten  Monat  der  Schwangerschaft  hinaus, ist,  (wo 
man  hofien  muss,  das  Kind  am  Leben  zu  erhalten);  wenn 
man  sicher  überzeugt  seyn  kann,  dass  die  Frau  wirklich  todt 
ist»  und  wenn  man  das  Kind  nicht  sehr  leicht  auf  dem  na- 
türlichen Wege  durch  Wendung  oder  Zange  herausbefördem 
kann. 

Hier  muss  man  den  Schnitt  so  bald  wie  möglich  machen, 
(wenn  es  nicht  früher  geschehen  konnte,  aber  selbst  12 — 24 
Stunden  nach  dem  Tode),  dabei  aber  vorsichtig  seyn,  dass 
man  ihn  nicht  etwa  bei  einer  Scheinlodten  ?omehme,  wo 
andere  Hülfe,  z.  E.  Wendung,  noch  stattOndet,  die  zugleich 
oft  als  ein  Wiederbelebungsmittel  wirkt'' 

Sieboldy  E.  C.  J.  von,  Abbildungen  aus  dem  Gesammt- 
gebiete  der  theoretisch-praktischen  Geburtshulfe,  mit  beschrei- 
bender Erklärung  derselben,  nach  dem  Französischen  des 
Maygrier  bearbeitet.  Berlin  1829,  gr.  8.,  bemerkt  zu  un- 
serem Gegenstande,  S.  184  — 

„Was  die  Indicationen  zum  Kaiserschnitt  betrifil,  so 
muss  derselbe ,  nach  der  alten  lex  regia  an  jeder  schwängern 
Verstorbenen  geübt  werden,  um  wenigstens  das  Kind  noch 
zu  rettoi.  Es  smd  aber  hierbei  folgende  Cauteien  wob]  zu 
beobachten. 

1)  Wir  müssen  von  dem  wirklichen  Tode  der  Mutter 
auch  vollkommen  überzeugt  sein,  damit  wir  nicht  durch  die 
Ausübung  dieser  Operation  bei  vermeintlichem  Tode,  den 
wirklichen  herbeiführen.  In  solchen  Fällen,  wo  die  Todes- 
ursache nicht  klar  vor  Augen  liegt,  schlägt  Carus  (s.  0<)  vor, 
man  solle  den  Metallreiz  auf  die  entblösste  Muskelfaser,  zur 
Ausmittelung  des  wirklichen  Ablebens,  anwenden,  da  das 
sicherste  Zeichen,  die  eintretende  Fäulniss,  hier  nicht  abge- 
wartet werden  kann.  • 

2)  Man  muss  genau  untersuchen,  ob  das  Kind,  trotz 
dem  Tode  der  Mutter,  nicht  aui  natürlichem  Wege,  noch  zur 
Welt  befördert  werden  kann,  sei  es  nun  durch  die  Zange, 
Extraction  mit  den  Händen,  oder  durch  die  Wendung,  was 
besonders  bei  solchen  Müttern  der  Fall  sein  kann,  welche 
während  der  Geburt  sterben.     Es  muss   aber   eine   leichte 


154  ^'    Sckwarxy  Der  Kaiserschnitt  an  Todten. 

Operation  vorausgesehen  werden,  sonst  verdient  der  Kaiser- 
schnitt allemal  den  Vorzug,  da  bei  dem  Herausziehen  des 
Kindes  durch  das  Becken,  wobei  uns  keine  Wehen  unter- 
stützen, kaum  dasselbe  am  Leben  erhalten  werden  kann. 

3)  Die  Operation  muss  endlich  so  bald  wie  möglich  nach 
erfolgtem  Ableben  der  Mutter  unternommen  werden,  damit 
das  Kind,  durch  Yersäumniss  nicht  um  das  Leben  komme. 
Es  sind  indessen  Beispiele  da,  dass  der  Kaiserschnitt  12 — 24 
Stunden  nach  dem  Tode  der  Mutter  dennoch  einen  günstigen 
Ausgang  für  das  Kind  hatte/' 

Nägele,  F,  K.,  bespricht  in  seinem:  „Lehrbudi  der 
Geburlshulfe  für  Hebammen,  Heidelberg  1836"  —  im  Anhang 
§  601.  H.  Verhalten  bei  plötzlichem  Ableben  einer  Schwan- 
geren,  Gebärenden  —  unseren  Gegenstand  folgendemaassen. 

„Da,  wie  die  Erfahrung  vielfältig  gelehrt  hat,  das  Kind 
im  Mutterleibe  nach  dem  Tode  seiner  Mutter  und  besonders 
wenn  dieser  plötzlich  erfolgt,  noch  fortleben  kann,  so  ist  es, 
zur  möglichen  Rettung  des  Kindes,  durch  ein  weises  Gesetz 
verboten,  dass  eine  verstorbene  Hochschwangere  unentbnndeD 
begraben  werde. 

Wu*d  daher  die  Hebamme  zu  emer  in  den  letzten  drei 
Monaten  ihrer  Schwangerschaft  Verstorbenen  gerufen,  so  hat 
sie  vor  AUem  zu  veranstalten,  dass  schleunigst  ein  Geburts- 
helfer ieur  Verrichtung  der  künstlichen  Entbindung  herzo- 
gerufeu  werde  u.  s.  w." 

§  602.  „Hatte  die  Verstorbene  noch  nicht  ganz  aus* 
getragen,  und  sind  auch  sonst  keine  Anzeigen,  keine  natür- 
liche Vorbereitungen  zur  Geburt  vorhanden,  hatten  namentlidi 
noch  keine  Wehen  sich  eingestellt,  und  ist  der  HuttermuBd 
noch  geschlossen,  in  diesem  Falle  muss  die  Frucht  baldmög- 
lichst durch  die  künstliche  Eröffnung  des  Bauches  und  der 
Gebärmutter,  welche  Operation  der  Kaiserschnitt  genannt 
wird,  zur  Vl^elt  gefordert  und  zur  Verrichtung  dieser  Opera- 
tion  sogleich  der  zunächst  wohnende  Arzt,  Wundarzt  oder 
Geburtshelfer  herbeigerufen  werden. 

Der  Kaiserschnitt  muss  übrigens,  in  wie  fem  man  ja 
nicht  völlig  gewiss  seyn  kann,  ob  die  Frau  wirklich  oder  nur 
scfaeintodt  ist,  auf  dieselbe  Weise  und  mit  der  nehmiichen 
Vorsicht,  wie  an  einer  Lebenden,  vorgenonmien  werden.    Hat 


V.    SchwarZt  Der  Kaiserschnitt  an  Todten.  155 

hingegen  die  Frau  ausgetragen,  oder  sind  überhaupt  irgend 
Anzeigen  zur  Geburt  vorhanden,  ist  der  Muttermund  mehr 
oder  weniger  geöffnet,  oder  doch  so  beschaffen,  dass  er  sich 
zum  Durchbringen  der  Hand  erweitern  lässt,  in  diesem,  so 
wie  in  den  Fällen,  wo  die  Geburt  auch  schon  weiter  Torge- 
rückt,  der  Kopf  sich  aber  noch  an  oder  über  dem  Becken- 
eingange beGndet,  muss  das  Kind  auf  die  Fasse  gewendet  und 
durch  kunstraässiges  Anziehen  zur  Welt  befördert  werden, 
und  zwar  hat  die  Hebamme  selbst  dies  vorzunehmen,  wenn 
der  Gcburtsfielfer  nicht  bald  ankommen  kann.  —  Fände  unter 
diesen  Umständen  aber  Beckenenge  oder  durchaus  nicht  zu 
bezweifelnde  Gewissheit  vom  Tode  der  Mutter  statt,  so  müsste 
die  Entbindung  durch  den  Kaiserschnitt  bewerkstelligt  werden.'* 

(Auch  der  Zange  soll  man  sich  unter  Umständen  be- 
dienen). 

Der  §  603  enthält  noch  Vgrschriften  für  die  Hebamme, 
wie  sie  sich  bei  Schwangern,  Gebärenden  oder  Wöchnerinnen 
zu  verhalten  habe,  „wenn  sie  plötzlich  versterben  sollten.'* 

Hüter  y  K,  J^.,  in  seinem  Lehrbuch  der  Geburtshtilfe 
för  Hebammen,  Leipzig  1844,  bespricht  nur  ganz  kurz  den 
Umstand,  wenn  der  Tod  einer  Schwängern  eifoigt.  „Da  bei 
wirkhcfaem  Tode  einer  in  den  letzten  drei  Monaten  der 
Schwangerschaft  oder  im  Kreissen  befindlichen  Person  zur 
möglichen  Erhaltung  des  Kindes  die  schnelle  Entbindung 
vorgeschrieben  ist,  so  muss  die  Hebamme  die  Herbeirufung 
der  Hülfe  möglichst  beschleunigen." 

Derselbe  Verf.  hatte  schon  1839  im  „  Encyclopaedischen 
Wörterbuche  der  medic.  Wissensdiaften,  9.  Bd.,  Berlin,  S.  310, 
bemerkt : 

2)  „Für  gestorbene  Schwangere  und  Kreissende 
wird  der  Kaiserschnitt  angezeigt,  wenn 
a)  der  Tod  nach  der  28.  Woche  der  Schwangerschaft  ein- 
tritt, und  zwar,  wenn  der  Tod 
a)  in  Folge  absolut  tödtlicher  Verletzungen ,  z.  B.  des 
Gehirns,    des   Rückenmarkes,    des    Herzens,    der 
Lungen  u.  s.  w.  oder 
ß)  nach  langwierigen  Krankheiten,  welche  das  Eintreten 
des  Scheintodes  nicht  befürchten  lassen,  erfolgt,  wenn 


156  ^^'    SehißarZf  Der  Kaiserschnitt  an  Todten. 

y)  schon  deutliche  Kennzeichen  des  Todes  z.  B.  Kihe, 

Todtenfleckeji  eingetreten  sind,  und 
d)  die  zuverlässigen  Kennzeichen  des  Todes  der  Frucht 

noch  fehlen.  — 

b)  wenn  der  nicht  zu  bezweifelnde  Tod  im  Anfange  der 
Geburt  ehitritt,  der  Kopf  noch  hoch  über  dem  Becken- 
eingange  steht,  und  die  Geburtswege  noch  nicht  ge- 
öffnet sind  und 

c)  wenn  der  Tod  auch  in  den  spätem  Perioden  der  Geburt 
eintritt,  und  im  Becken  solche  Verengerungen  sich  zei- 
gen, welche  die  Entbindung  auf  natürlichem  Wege  ent- 
weder überhaupt  nicht  gestalten,  oder  doch  sehr  er- 
schweren. — 

Der  Zweck  dieser  Entbindung  gestorbener  Schwängern 
und  Kreissenden,  welche  zuerst  durch  die  Lex  regia,  gegeben 
von  Numa  Pampüius,  erlangt  wurde,  und  Jetzt  allgemein 
gesetzlich  eiogeführt  ist,  besteht  in  der  möglichen  Erhaltung 
des  Lebens  des  Kindes,  wobei  jedoch  stets  die  etwa  vorhan- 
dene Täuschung  über  den  Tod  der  Schwängern  zu  berück- 
sichtigen ist.  Er  wird  aber,  wie  die  Erfahrung  lehrt,  selten 
erreicht;  denn  dieselbe  Ursache,  welche  den  Tod  der  Mutter 
bewirkt,  veranlasst  nicht  selten  auch  den  Tod  der  Frucht, 
sie  mag  in  einer  Krankheit  oder  in  einer  Gewaltthatigkeit 
bestehen,  oder  selbst  nur  mit  heftiger  Gemütbsbewegung; 
bey  welcher  z.  B.  auf  der  Stelle  Schlagfluss  entsteht,  ver- 
bunden sein;  denn  bei  einer  allgemeinen  Krankheit  kann  die 
Frucht  schon  vor  der  Mutler  absterben,  oder  ihr  Tod  gleich- 
zeitig mit  dem  dieser  erfolgen.  Eine  den  Körper  der  Schwän- 
gern treffende  Gewalt  kann  durch  die  heftige  Erschütterung 
so  wirken,  dass  gleichzeitig  mit  dem  Absterben  der  Mutter 
der  Tod  der  Frucht  entweder  unmittelbar  oder  durch  Lösung 
des  Mutlerkuchens  erfolgt.  Etf^flige  Gemüthsbewegungen  wir- 
ken sogar  tödtlich  für  die  Frucht,  wenngleich  für  die  Mutter 
die  nachtheilige  Wirkung  vorüber  gehend  ist.  Kommen  die 
Kinder  unter  solchen  Umständen  auch  lebend  zur  Welt,  so 
sterben  sie  doch  nach  der  Erfahrung  meistens  in  den  ersten 
Stunden  oder  Tagen,  wenn  auch  die  Entbindung  fiühe  genug 
nach  dem  Tode  der  Schwängern  unternommen  wird.  Doch 
fehlt  es  auch  nicht  an  Beispielen»  dass  das  Kind  mehrere 


V.    SehwarXf  Der  Kaiserschnitt  an  Todten.  157 

Stunden  nach  dem  Tode  der  Mutter  lebte.  Diese  Ereignisse 
sind  dadurch  zu  erklären,  dass  das  Leben  der  Gebärmutter 
welches  zur  Zeit  der  Schwangerschaft,  besonders  gegen  das 
Ende  derselben  und  während  der  Geburt  auf  das  höchste 
gesteigert  ist,  gleichsam  länger  als  das  der  öbrigen  Organe, 
namentlich  nach  dem  Stillstande  des  Herzens  und  der  Gefasse 
noch  einige  Zeit  fortdauern  kann,  für  welche  Meinung  unter 
andern  auch  die  nach  dem  Tode  der  Schwängern  bisweilen 
erfolgende  Austreibung  der  Frucht  spricht."    (Beispiele). 

„Da  der  angeführte  Zweck  verlangt,  dass  die  Operation 
niögUchst  bald  nach  dem  Absterben  unternommen  wird,  und 
da  die  sicheren  Merkmale  des  Todes  nicht  gleich  nach  dem 
Absterben  eintreten  {Naumann  macht  in  von  SiebolcTs 
Journal  für  Geburtsh.,  16.  Bd.,  3.  St.,  p.  661  auf  die  perl- 
graue Färbung  hinter  der  Pupille,  als  das  sicherste  und 
früheste  Todeszeichen  aufmerksam) ,  so  wird  der  Geburtshelfer 
in  manchen  Fällen,  in  Verlegenheit  kommen,  eine  scheintodte 
Schwangere  der  Gefahr  des  Kaiserschnittes  auszusetzen,  oder 
das  Kind,  wenn  er  zu  lange  wartet,  damit  er  über  den  Tod 
der  Schwangei*n  Gewissheit  erhält,  dem  gewissen  Tode  preis- 
zugeben. In  manchen  Fällen  wird  jedoch  die  Entbindung  auf 
natürlichem  Wege  möglich  sein,  wenn  diese  vielleicht  schon 
vor  dem  Tode  nach  rk^htigen  Anzeigen  versucht  wurde, 
oder,  wenn  die  Geburtswege  schon  so  geöffnet  sind,  dass 
die  Wendung  und  Ausziehung  an  den  Füssen  mit  leichter 
Mühe  unternommen  oder  bei  tief  stehendem  Kopfe  die  Zange 
mit  Elfolg  angewendet  werden  kann. 

Es  versteht  sich  übrigens  von  selbst,  dass  man,  um  nicht 
den  Zweck  gänzlich  zu  verfehlen,  bei  dieser  Entbindung  auf 
natürlichem  Wege  dem  Kinde  nicht  neue  Gefahr  bringen  darf. 
Will  man  auch  nach  Heymann's  Rath  (die  Entbindung  leb- 
loser Schwängern  mit  Beziehung  auf  die  lex  regia,  Coblenz 
1832,  8)  die  Entbindung  durch  Einschneiden  des  Muttermun- 
des erleichtern,  (auch  Neumann  a.  a.  0.  zieht  die  Extraction 
auf  natfurlichero  Wege  dem  Kaiserschnitt  vor),  so  werden  sich 
ihr  doch  oft  genug  solche  Schwierigkeiten  darbieten,  dass  das 
Leben  des  Kindes  unterliegen  muss.  Dieser  Rath  kann  um 
so  weniger  allgemeinen  Eingang  finden,  weil  auch  bei  guten 
räomlicben  Verhältnissen  des  Beckens  die  Wendung  und  Ex- 


158  ^'    SehtParZf  Der  Kaisorschnitt  an  Todteo. 

traction  an  den  Füssen  bei  todten  Personen  viel  schwieriger 
ist,  als  unter  denselben  Umstanden  bei  lebenden.  Der  günstige 
Erfolg  der  in  diesem  Jahrhunderte  auf  dem  natürlidien  Wege 
vollendeten  Entbindungen  lebloser  Schwangern,  ist  wie 
d'Outrepont  in  der  gemeinsch.  deutsch.  Zeitschr.  f.  Geburtsk^ 
3.  B.,  3.  H.,  p.  449  nachweist,  so  selten,  dass  man  fast  in 
Versuchung  kömmt,  den  so  häufig  günstigen  Erfolg  solcher 
in  frühern  Jahrhunderten  unternommenen  Entbindungen  in 
Zweifel  zu  ziehen.  Jedoch  darf  man  diese  Anzeige  nicht 
aufgeben,  wenn  auch  der  günstige  Erfolg  für  das  Kind  oodi 
seltener  wäre." 

Detroit,  E.,  Cursus  der  Geburtshilfe  etc.,  Berlin  1846, 
handelt  im  §  61  vom  Kaiserschnitt. 

Die  hieher  bezügliche  Stelle  laiftel: 

„Der  Kaiserschnitt  ist  diejenige  Operation,  wobei  dem 
ausgetragenen  todten  oder  lebenden  Fötus,  dem  der  Durch- 
gang auf  natürlichem  Wege  versagt  ist,  durch  Bauch-  und 
Gebärmutterschnitt  ein  künstlicher  Weg  eröffnet  wird.  —  Die 
Operation  an  den  zu  Ende  der  Schwangerschaft  verstor- 
benen Frauen  zu  üben,  befiehlt  schon  die  lex  regia  des 
Numa  Pompilius  715  v.  Chr.,  ebenso  das  Preussische 
Landrecht,  Tb.  IL,  Tit.  XX.,  §  737^  jedoch  lässt  der  noch 
schwebende  und  nicht  in  Kraft  getretene  „Entwurf^'  eines 
neuen  Strafgesetzbuches  für  Preussen  dieses  Gebot,  wahr- 
scheinlich aus  wohl  erwogenen  Gründen,  oder  als  über- 
flüssig, forL'' 

„Angezeigt  ist  der  Kaiserschnitt: 

4)  beim  Tode  der  Schwangern,  nach  der  28.  Schwanger- 
schaftswoche, vorausgesetzt,  dass  nicht  das  tief  lierabgetretene 
Kind,  bei  weit  geöffnetem  Muttermunde  und  hinreichender 
Beckenweite,  durch  Zange  oder  Extraction  rasch  und  sicher 
lebend  entwickelt  werden  könnte.  Das  Kind  zu  erretten, 
muss  der  Kaiserschnitt  schleunigst  unternommen  werden, 
der  Tod  der  Schwangern  aber  unbezweifelt  sein,  damit  nicht 
eine  Scheintodte  getödtet  werde.'' 

Braun,  C.  Ä.,  Lehrbuch  der  Geburtshülfe  mit  Ein- 
schluss  der  operativen  Therapeutik  etc.  etc.,  Wien,  8.  1857 
handelt  im  XXI.  Cap.,  S.  716.  Vom  Tod  der  Schwangern 
und  Gebärenden,  und  zwar  §  325  legales  Benehmen  beim 


V.    Sehwar*  f  Der  Kaiaersohnitt  an  Todten.  159 

Tode  der  Schwangern.  Nachdem  er  zuerst  von  dei*  Lex  regia 
das  Bekannte  mitgetheilt,  fahrt  er  fort: 

„Die  Oestreichische  Instruction  für  die  (nicht  gericht- 
liche) Todtenschau  (niederöstr.  Regier.-Verordnung  v.  29.  Sept. 
1798  und  5.  Aug.  1800,  Bd.  IL,  S.  22  und  101)  lautet  in 
Rücksicht  des  Vorgehens  bei  verstorbenen  Schwangern  im 
§  11,  wie  folgt: 

„Bei  in  der  zweiten  Hälfte  der  Schwangerschaft  ver- 
blichenen Weibspersonen,  muss  den  bestehenden  Gesetzen 
gemäss  der  Kaiserschnitt  mit  aller  der  Vorsicht  und  Be- 
hutsamkeit, wie  bei  wirklich  lebenden  Schwangern  kunstmäs- 
sig  gemacht  werden,  um,  wenn  es  möglich  wäre,  die 
Frucht  noch  zu  retten,  oder  bei  christlichen  Glau- 
bensgenossen sie  wenigstens  doch  noch  lebend  an- 
zutreffen und  taufen  zu  können." 

Hiemit  stimmt  auch  die  neueste  Vorschrift  für  die  Vor- 
nahme der  gerichtlichen  Todtenbeschau  (Reichs -Gesetz -Blatt 
für  das  Kaiserthum  Oesterreich,  Jahrg,  1855,  VIII.  St.,  §  55, 
S.  251)  uberein:  „Bei  weiblichen  laichen  ist  noch  insbeson- 
dere zu  sehen,  ob  der  Unterleib  angemessen  gewölbt  oder 
die  Haut  welk,  faltig,  mit  narbenähnlichen  Streifen  versehen, 
oder  ob  anderseits  eine  Ausdehnung  des  Bauches  durch  die 
bereits  fühlbare  Gebärmutter,  welche  sich  als  eine  runde, 
harte  Kugel  über  dem  Schambeine  zu  erkennen  giebt,  wahr- 
zunehmen ist,  in  diesem  Falle  sodann,  ob  bereits  der  Nabel 
mehr  oder  weniger  verstrichen  ist,  und  der  Grund  der 
Gebärmutter  bis  zum  Nabel  reicht  oder  ihn  wohl 
gar  überragt,  indem  letztere  Erscheinungen,  als  Zeichen 
theils  der  Schwangerschaft,  tlieils  der  vorhanden  gewese- 
nen Anzeige  zur  Vornahme  des  Kaiserschnittes  an- 
zusehen sind.'* 

Das  Gesetz  befiehlt  den  Kaiserschnitt  bei  todten,  aber 
nicht  bei  Scheintodten  oder  Sterbenden  an,  und  spricht 
sich  aber  die  Zeit  der  Vornahme  dieser  Operation 
nach  erfolgtem  Tode  nicht  näher  aus. 

Bei  jeder  in  der  zweiten  Hälfte  der  Schwangerschaft 
Verstorbenen  muss  der  Tod  derselben  constatiret  sein, 
worauf  der  anwesende  Arzt,  durch  die  Scheide  genau  zu 
exploriren  hat,  ob  während  des  Sterbens  der  Muttermund 


160  V.    SehwarSt  Der  Kaiserschnitt  an  Todten. 

sich  nicht  so  erweiterte  oder  doch  so  dilatabel  warde,  um 
durch  die  Geburtszange  oder  durch  die  Wendung  auf  die 
Fasse  mit  nachfolgender  Extraction  die  Geburt  des  Kindes  anf 
natürlichem  Wege  zu  vollenden.  Sind  diese  Exaresen  aber 
unmöglich,  so  ist  die  Sectio  caesarea  auszuführen.  Es  wird 
vom  Gesetz  nicht  verlangt,  dass  das  Kind  lebensfähig  sein 
müsse,  um  ein  selbst  ständiges  Leben  fortsetzen  zu  können, 
dass  es  lebend  oder  gar  dessen  Herztöne  noch  hörbar  seien, 
es  genügt  demselben,  wenn  auch  die  lebendige  Frucht  im 
Alter  über  20  Wochen  mit  Lebensspuren  zu  Tage  gefördert 
wird,  um  der  Nothtaufe  unterzogen  werden  zu  können. 

Bei  dem  geringsten  Zweifel  des  Scheintodes  und  bei 
wahrnehmbaren  Fötalherztönen  darf  aber  der  Kaiserschnitt 
zum  Vortheil  des  Kindes  und  zum  Nach(heil  der  Mutter  nie- 
mals  unternommen  werden. 

Die  Unterscheidung  des  wirklich  eingetretenen  Todes  ist 
von  dem  Scheinlode  iu  der  Zeil,  wo  der  Kaiserschnitt  auch 
für  das  Kind  einen  Erfolg  haben  kann,  d.  h.  5 — 10  Minuten 
nach  dem  Ableben  der  Mutter  bisweilen  sehr  schwierig,  ja 
ganz  unmöglich,  weil  beim  Scheintode  auch  der  Puls  die 
Herz-  und  Respiratious  -  Bewegung  durch  Stunden  unwahr- 
nehmbar, die  Haut  gegen  Schnitte  und  Brennen  unempfind- 
lich, die  Extremität  starr  und  kalt,  das  Auge  gebrochen  seien 
und   auch  aus   den  geöffneten  Adern  kein  Blut  fllessen  kana 

Es  ist  daher  dem  wissenschaftlich  gebildeten  Arzte  nur 
durch  den  Symptomen-Complex  der  vorausgegangenen  Krank- 
heit aus  der  Todesursache,  aus  etwaigen  Verletzungen  u.  s.  w. 
möglich  den  Tod  vom  Scheintode  mit  Sicherheit  zu  unter- 
scheiden. 

Die  deutlich  walu*nehmbaren  Fötalherztöne  begründen 
den  Verdacht  des  Scheintodes,  weil  sie  10  Hinuten 
nach  dem  wirklichen  Tode  der  Mutter  stets  verstummen  und 
der  Fötus  abstirbt. 

Wenn  berichtet  wird,  dass  6  —  7  Stunden  nach  dem  Tode 
der  Mutter  ein  Kind  lebend  durch  den  Kaiserschnitt  geboren 
wurde,  so  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dass  diese  Operaüon 
dann  an  einer  Scheintodten  ausgeführt  wurde. 

Die  Fötalherztöne  verstummen  aber  auch  beim  Schein* 
tode  und  kehren  mit  dem  Erwachen  der  Mutter  wieder  zurudL, 


V.    SchioarZf  Der  Raisersclmiti  an  Todten.  161 

worauf  dann   die  spontane  Geburt  eines  lebenden  Kindes 
vor  sich  gehen  kann. 

Der  Kaiserschnitt  soll  bald  nach  dem  eingetretenen  Tode 
der  Mutter  gemacht  werden,  und  darf  bei  constatirter  Un- 
möglichkeit, ein  lebendes  Kind  zu  extrahiren,  nicht  unterlassen, 
aber  doch  so  lange  hinausgeschoben  werden,  bis  jeder  Zweifel 
über  einen  möglichen  Scheintod  beim  anwesenden  Arzte  ge- 
schwunden ist;  denn  es  sind  Fälle  bekannt,  wo  der  Kaiser- 
schnitt an  Scheintodten  ausgeführt  wurde,  welche  während 
der  Operation  oder  nach  mehreren  Stunden  oder  Tagen  erst 
erwachten,  wie  Nehr,  Neue  Zeitschr.  d.  Geb.,  Bd.  IV.,  S.  58, 
PeUy  Trinchinettiy  Bodin,  Franko  EigadeauXy  Journal 
Savans,  1749,  Jan.,  d^Outrejpont,  Neue  Zeitschr.  f.  Geb., 
Bd.  Xni.,  S.  344,  Horlxn,  /ScÄmiWs  Jahrb.,  Bd.  52,  Hohl, 
Lehrb.,  S..  405  u.  A.  es  beobachteten. 

So  lange  die  Möglichkeit  eines  Scheintodes  der 
Mutter  besteht,  setze  man  die  Wiederbelebungsversuche 
auf  das  Emsigste  fort,  versuche  die  Geburt  auf  natürlichem 
Wege  durch  Zange,  Wendung  zu  vollenden,  und. lasse  sich 
im  zweifelhaften  Interesse  der  lebensßbigen  Frucht  durch 
eine  unüberlegte  Hast  nicht  zu  einer  der  Mutter  Verderben 
bringenden  Operation  hinreissen. 

So  empfehlenswerth  ein  kluges  Zögern  mit  dem 
Kaiserschnitte  bei  zweifelhaften  Zuständen  der 
Mutter  ist,  ebenso  ist  ein  rasches  Handeln  nach  dem 
gewissen  Tode  derselben  indicirt;  aber  auch  dann  noch 
ist  die  Operation  und  der  Verband  des  Kaiserschnittes  nach 
allen  Regeln  der  Kunst  wie  an  Lebenden  auszuführen. 

Nach   beendigtem  Kaiserschnitte    an   der  Todten   mussb 
die  Leiche  bis   zum  Eintritte   der  Fäulniss  bewacht  werden, 
und  die  Beerdigung  derselben   darf  nicht,  wie  nach  einer 
Obduction,  sondern  erst  nach  dem  abgelaufenen  Termine 
von  48  Stunden  gesetzlich  beantragt  werden.** 

Im  §  368,  der  von  den  Indicationen  und  Contra- 
indicationen  des  Kaiserschnitts  handelt,  bemerkt  der  Verf.: 

„2)  Die  gesetzliche  Indication  des  Kaiser- 
schnittes tritt  ohne  Rücksicht  auf  ein  geburtshülflidies  Miss- 
verhältniss  nach  österreichischen  Gesetzen  nur  dann  ein,  wenn 

Monatflielur.  f.  Gebortok.  1861.  Bd.  XYUI.,  Svppl.-Bft.  11 


162  V.    Schwarz,  Der  Kaiserschnitt  an  Todten. 

der  Tod  der  Mutter  in  ihrer  zweiten  SchwaBger- 
Schaftshälfte  eingetreten  ist,  und  das  Kiod  durch  den 
Beckenkanal  kbend  nicht  extrahirt  werden  kann. 

Es  dürfen  daher  Zweifel  über  das  noch  bestehende 
Leben  und  Lebensfähigkeit  des  Kindes  in  dieser  Zeit  nie- 
mals von  einer  Sectio  caesarea  post  mortem  abhalten.^ 

Mit  gleich  regem  Interesse  bat  Herr  Dr.  Landsberg 
zuerst  >  in  Adolph  Henke's  Zeitschrift  .für  die  Staalsarzna- 
künde,  fortges.  v.  Dr.  A.  Siebert,  Erlangen  1846,  viertes 
Vierteljahr,  S.  367:  „Bemerkungen  über  den  Kaiser- 
schnitt an  der  Leiche"  und  d.  Z.  28.  Jahrg.  drittes  Viertel- 
jahrb.  1848,  S.  1  u.  ff.:  „Der  Kaiserschnitt  an  der  Leiche,'' 
sowie  d.  Z.  32.  Jahrg.,  zweites  Vierteljabrh.  1852,  S.  480: 
„In  Sachen  des  Kaiserschnittes  an  der  Leiche  und 
des  Herrn  Schneider  in  Fulda"  —  sich  über  den  von 
mir  wieder  angeregten  Gegenstand  verbreitet  und  hat  meiner 
Ansicht  nach  die  Nachweisung  gebracht,  dass  die  bestehenden 
gesetzlichen  Yorschriflen,  die  Anschauungen  und  Auflassungen 
der  Techniker,  eben  so  illusorisch  als  verwirrt,  widersprechend, 
keiner  Controle  zu  unterwerfen  und  grossentheils  unausfiufar- 
bar  sind. 

Die  Veranlassung  zu  seiner  Ausarbeitung  gab  ihm  das 
unglückliche  Ereigniss,  wo  zwei  achtbare  Aerzte  das  Missge- 
schick hatten,  an  einer  scheintodten  Schwängern  den  Kaiser- 
schnitt zu  machen  und  über  dieses  Versehen  von  der  öffent- 
lichen Meinung  gerichtet  zu  werden. 

'Wer  also  den  Zweck  der  Operation,  die  allenfallsige  Ret- 
tung des  Kindes  vor  Augen  hat,  kann  und  wird  bis  zum  Ein- 
tiitte  der  Fäulniss  dieselbe  nicht  verschieben  und  kann  dadurch 
ebenwohl  in  die  Lage  kommen,  an  einer  Scheintodten  einen 
Eingriff  zu  bewirken,  der  von  höchst  bedenklichen  Folgen 
Sern  müsste,  ist  aber  die  Frau  wirklich  todt,  so  ist  es  auch 
das  Kind  (wie  der  Verf.  S.  381)  gewiss  mit  ihr  und  ihr 
ganz  bestimmt  im  Tode  vorangegangen. 

Nachdem  noch  Landsberg  die  bisher  bekannt  geworde- 
nen Fälle  eines  sog.  günstigen  Erfolges  für  das  Kind,  einer 
Kritik  unterworfen  hat,  welche  eben  nicht  zu  Gunsten  der 
Operation  ausgefallen  und  den  gegründetsten  Zweifeln  volle 
Rechnung  trägt,    ist  das  Resultat  seiner  Forschungen,  dass 


y.    StkwarXf  Der  KAiBerscbaitt  an  Todteii.  168 

die  BestimmuDgen  der  Lex  regia  als  veraltet  zu  er- 
achten seien.  — 

Welchen  unwahrscheinlichen,  romanhaften  Erzählungen 
man  Glauben  und  historischen  Werth  beigelegt  hat,  erlaube 
ich  mir,  die  in  den  Tabellen  bei  Reinhardt,^)  S.  14,  auf- 
geführte Gebnrts- Geschichte  des  Königs  Sancho  von  Navarra 
hier  nach  zu  erzählen. 

Auf  den  ersten  Blick  wird  man  das  Unwahrscheinliche 
und  Hähixhenhafte  erkennen  und  zu  würdigen  wissen,  des- 
wegen auch  sich  nicht  wundern,  warum  die  Neuzeit  kein 
Beispiel  eines  gelungenen,  d.  h.  iur  das  Leben  des  Kindes 
günstigen  Resultats  gebracht  hat. 

Sancho,  SancHus,  mit  dem  Zunamen  Ccteeo  oder 
Äbareo  (von  hökBernen  Schuhen  s.  g.),  König  Ton  Navarra, 
war  der  andere  Sohn  König  Garcias  II.  und  folgte  seinem 
älteren  Bruder,  Fortunatua,  da  derselbe  904  in  ein  Kloster 
ging,  in  der  Regierung.  Den  Zunamen  Caeso  bekam  er  da- 
her, weil  er  aus  Mutterleibe  geschnitten  worden,  welches  auf 
folgende  Art  geschehen.  Sein  Vater  Qarciaa  that  mit  seiner 
Gemahlin  Urraca  eine  Reise,  auf  welcher  er  von  den  Sar- 
racenen  angefallen,  jämmerlich  massacrirt  wurde. 

Urr(ica  war  gleich  hochschwanger  mit  diesem  Sanetius 
und  weil  ihr  in  dem  Blutbade  ohne  alle  Barmherzigkeit  der 
Leib  war  aufgehauen  worden,  so  streckte  das  Kind  im  Mutter- 
leibe einen  Arm  durch  die  Wunde  heraus. 

In  solchem  Zustande  fand  ein  gewisser  Edelmann,  &u^ 
rarea  genannt,  den  todten  Körper  der  Königin;  weil  nun 
das  Kind  noch  lebte,  zog  er  solches  heraus,  nahm  es  zu 
sicn  u.  s.  w. 

Meiisner,  Fr.  L.,  in  seinen  Forschungen  des  neun- 
zehnten Jahrhunderts  im  Gebiete  der  Geburtshülfe  etc.,  1.  Tbl. 
Was  hat  das  neunzehnte  Jahrhundert  für  die  Geburtshülfe  ge^ 
than?  Zeitraum  1801  — 1825,  bemerkt  S.  250:  „Endlich 
ist  auch  der  Kaiserschiutt  öfters  bei  verstorbenen  Schwangern 
und  Kreissenden  gemacht  worden,  und  mehrere  Kinder  ßind 
noch  dann  gerettet  und  auch  am  Leben  erhalten  worden,  so 
dass  man  es  jetzt,  und  mit  allem  Recht,  für  Pflicht  erachtet, 

1)  L.  c. 


166  ^-    8<^war9f  Der  KaiserRchnitt  an  Todten. 

Die  Vorzfige  seines  Vorschlags,  die  Entbindung  leUostf 
Schwangern  auf  natörlichem  Wege  zu  versuchen,  findet  der 
Verf.  darin,  dass  1)  die  Entbindung  unverzüglich  nach  dem 
scheinbaren  Ableben  der  Schwängern  vorgenommen  werden 
kann  und  darf,  2)  die  Sicherheil  der  Mutter  in  dem  mög- 
licher Weise  scheintodten  Zustande  durch  die  künstliche  Ent- 
bindung durch  die  Geburtstheile  nicht  gefährdet  werde,  3)  (fie 
Entbindung  auf  natürlichem  Wege  selbst  ein  kräftiges  Wieder- 
belebungsmittel sei  (Mende),  4)  dadurch  das  Gewissen  des 
Geburtshelfers  nicht  beunruhigt  und  die  Gemuther  der  An- 
gehörigen nicht  verletzt  werden ;  5)  die  Entbindung  auch  von 
jeder  unterrichteten  Hebamme  sogleich  vorgenommen  werden 
könne,  während  oft  Stunden  vergingen,  bis  ein  Operateur 
zur  Stelle  geschafft  werden  könne.  — 

Die  Frage:  „ist  der  Kaiserschnitt  in  allen  FäUen  noth- 
wendig?*'  beantwortet  der  Verf.  mit  Nein!  Der  Verf.  will 
sogar  zur  Vermeidung  des  Kaiserschnittes  die  künstliche  Er- 
öffnung und  Erweiterung  des  Muttermundes  mit  dem  Messer 
substituiren  und  nur  bei  absoluter  ßecken-Enge  den  Kaiser- 
schnitt als  indicirt  erachten. 

Seine  Indicationen  der  Entbindung  auf  natürlichem  Wege 
Summiren  sich  für  Zange  und  Wendung:  1)  wo  die  Entbin- 
dung durch  das  eine  oder  andere  dieser  Mittel  bereits  nadi 
richtigen  Anzeigen  begonnen  wurde  und  die  Gebärende  wäh- 
rend des  Operirens  verschied;  2)  wo  die  Geburt  bereits  be^ 
gönnen  hat,  der  Muttermund  geöffnet  ist,  und  die  Lage  der 
Frucht  die  Anzeigen  für  die  Wendung  oder  die  Zange  be- 
stimmt, oder  wo  die  Beschaffenheit  der  Geburtstheile  .die 
Ausführung  beider  möglich  macht  und  die  Wahl  vom  Ge- 
burtshelfer abhängt.  — . 

Die  mittelbare  Entbindung  auf  natürlichem  Wege  durch 
Einschneiden  des  Muttermundes  ist  nach  dem  Verf.  indicirt, 
in  allen  Fällen,  wo  die  räumlichen  Verhältnisse  des  Beckens 
die  Herausförderung  des  Kindes  durch  Wendung  oder  Zange 
zulassen,  der  Muttermund  aber  noch  nicht  hinreichend  er- 
weitert ist,  um  diese  Operationen  (Wendung  oder  Zange) 
ohne  Weiteres  vornehmen  zu  können. 

Der  Kaiserschnitt  ist  demnach  nach  dem  Verf.  indknrt 
1)  in  allen  Fällen,  wo  über  den  Tod  der  Mutter  volle  6e* 


y.    8ektoar»y  Der  Kftisersebnitt  an  Todten.  167 

wissheit  besteht;  2)  in  allen  Fällen,  wo  die  räumlichen  Ver- 
hältnisse des  Beckens  die  Entbindung  auf  natärlichem  Wege 
nicht  zulassen/' 


Dieses  wären  so  beiläufig  alle  Ansichten  nach  ihren  ver- 
schiedenen Abstufungen,  welche  sich  in  der  Literatur  ober 
diesen  Gegenstand  einige  Geltung  verschafft  haben,  dazu  kom-* 
men  nun  noch  eklatante,  amtlich  festgestellte  Erfahrungen 
unserer  nächsten  Umgebung  und  jüngsten  Zeit,  die  mit  zu 
durchleben  und  auf  dieselben  hingewiesen  zu  werden,  mich 
Beruf  und  besonderes  Interesse  aufgefordert  haben.  Wenn  in 
meinem  engern  Yaterlande,  Kurhessen,  vom  Jahre  1836  bis 
inclusive  1848,  sonach  in  dreizehn  Jahren,  bei  336,941 
Geburten,  einhundert  und  sieben  Mal  der  Kaiserschnitt  an 
todten  Schwangern  gemacht  worden  und  kein  lebendes 
Kind  erzielt  wurde,  wie  die  darüber  erschienenen  amtlichen 
^achweisungen  darthun,  so  ist  das  jedenfalls  eine  merkwür- 
dige und  höchst  aufTallende  Erscheinung  und  man  möchte  die 
Frage  mit  Recht  aufwerfen:  „sind  die  Geburtshelfer  wahr- 
heitsliebender oder  ungeschickter  geworden?'*  — 

Nach  den  amtlichen  Tabellen  entilllt  ohngefahr  auf  die 
3240.  Geburt  ein  Fall  von  Entbindung  nach  dem  Tode  der 
Schwangern  durch  den  Kaiserschnitt,  und  bei  einer  Durch- 
schnittssumme  von  beiläufig  25,920  Geburten  jährlich,  kommen 
8%8  derartige  GeburtsßUe  vor. 

Ganz  speciell  lassen  sich,  da  die  vorliegenden  Tabellen 
nur  zum  Theil  für  einzelne  Jahre  berechnet  sind,  die  An* 
gaben  über  die  Jahre  1836  —  8,  1837  —  4,  1838—7 
1839  —  16,  1840  —  9,  1841 -.11  und  1842  —  4,  angeben, 
auf  die  Jahre  1843  bis  incl.  1846  entfallen  40,  und  auf  1847 
und  1848  —  13  Kaisergeburteu. 

Vergleicht  man  die  reellen  Geburten  z.  B.  von  1836,  wo 
25,440,  und  1839,  wo  25,697  Geburten  vorfielen  und  1836 
nur  3,  1839  aber  16  Mal  der  Kaiserschnitt  gemacht  werden 
musste,  während  1837  bei  24,841  und  1842  bei  27,504, 
jedes  Mal  vier  Kaisergeburten  vorfielen,  so  ist  äberall  kein 
Grund  aufzufinden,  wodurch  diese  Differenz. zu  enträthsehi 
stehe. 


168  V.    Sehwar»,  Der  KaiserscbniU  as  Todten. 

Wenn  wir  hier  bemerken,  dass  im  Jahre  1820  Kor- 
hessen  66,  und  im  Jahre  1860  150  Geburtshelfer  zählte,  so 
läfist  sich  mit  grosser  Bestimmtheit  behaupten,  dass  es  da- 
selbst wohl  manchen  Geburtshelfer  geben  durfte,  der  noeb 
nicht  in  der  traurigen  Noth  gewesen  ist,  den  Kaiserschnitt 
an  einer  Jodten  verrichten  zu  müssen,  wozu  wir  ihm  nur 
Glück  wünschen  können,  denn,  betrachten  wir  den  Stand  der 
Wissenschaft  und  die  in  derselben  reprasentirten  Grundsätze, 
mit  der  Aufforderung  des  Gesetzes,  so  ist  man  immer  in  der 
zweifelhaften  Lage,  entweder,  wenn  man  ein  lebendes  Rind 
durch  den  Kaiserschnitt  erzielt  hätte,  sich  dem  Vorwurfe  aus- 
zusetzen, man  habe  eine  Scheintodte  geöffnet,  oder  man  be- 
schwert sein  Gewissen  durch  zu  langes  Zögern  bis  die 
Frucht  auch  abgestorben  ist,  aus  Furcht  eine  Scheintodte  zu 
öfihen.  Unter  -diesen  Umständen  dürfte  es  sich  wohl  ^er 
Muhe  lohnen,  bisweilen  die  Lehre  vom  Kaiserschnitte  zu  revi- 
diren  und  ohne  Rückhalt  sich  über  das  Resultat  seiner  For-  • 
schungen  auszusprechen. 

Als  Fundamentalsatz  wird  bei  der  Lehre  vom  Kaiser- 
schnitte an  Todten  immer  angeführt:  der  Fötus  könne  im 
Allgemeinen  die  Mutter  wenigstens  einige  Zeit  überldiien.  — 

Welche  Gründe  für  das  Können 'des  Ueberlebens  ange- 
führt werden,  wollen  wir  nun  ebenwohl,  wie  es  schon  oft 
geschehen,  einer  kurzen  Kritik  unterziehen. 

Es  werden  für  diese  Ansicht  eine  Summe  von  Schrift- 
stellern aller  Zeiten  und  Völker,  die  Gesetzgebung  selbst  an- 
geführt, als  ob  dadurch,  dass  man  an  Hexen  und  Gespenster 
glaubt,  auch  die  Thalsache  gerechtfertigt  würde,  dass  es  des- 
halb Gespenster  und  Hexen  gäbe! 

Es  werden  Fälle  bekannt  gemacht,  wo  die  Früchte  nach 
dem  Tode  der  Mutter  im  Leibe  derselben  Bewegungen  aus- 
führten. Wir  wollen  diese  Thatsache  nicht  in  Abrede  steilen« 
allein !  wer  giebt  uns  Bürgschaft,  ob  diese  Bewegungen  nicht 
in  scheintodten  Müttern  stattfanden,  oder  ob  das  letzte  Todes- 
zucken  verscheidender  Früchte  diese  Bewegungen  bemerken 
liess?!  — 

Dass  Kinder  nach  dem  Tt)de  der  Mutter  ausgestossen 
worden  sind,  kann  doch  wohl  unmöglich  als  Beweis  für  das 


y.    Sehiffarx,  Der  KaiBerBobnUt  an  Todten.  169 

Fortleben  der  Frucht  in  der  todten  Mutter  gelten,  vielmebr 
als  ein  Zeichen,  dass  vieUeicht  in  der  scheintodten  Mutter  die 
Lebensthätigkeit  der  Gebärmutter  noch  dieses  Ausstossen  be- 
wirken konnte.  — 

Einige  Physiologen  machen  das  Leben  des  Fötus  zum 
Tbeil  von  der  Wärme  der  Mutter  abhängig.  Sei  diese  erkal- 
tet, dann  müsse  notbwendig  der  Tod  des  Fötus  auch  ein- 
treten. In  wie  weit  bei  dieser  Auffassung  die  Anschauungen 
über  das  bebrütete  Ei  mit  von  Einfluss  sein  mögen,  wollen 
wir  hier  nicht  näher  erörtern,  keinesfalls  kann  aber  dann 
von  einem  selbstständigen  Leben  die  Rede  sein,  das  noch 
einige  Zeit  nach  dem  Tode  der  Mutter  bestehen  könne. 

Die  Ansicht,  der  Fötus  sei  eine  Art  Schmarotzerpflanze, 
zwar  abhängig  von  dem  mütterlichen  Stamme ,  sei  er  aber 
dennoch  in  einem,  gewissen  Grade  unabhängig,  führe  sein 
eignes  Leben,  seinen  besondem  Kreislauf.  —  Auch  diese 
Anschauung  ist  völlig  unstichhaltig,  indem  das  Verhältniss  des 
Fötus  zur  Mutter  ein  ganz  anderes,  als  ein  blosses  Aufleben 
in  der  Mutter,  sondern  ein  förmliches  Mitleben  mit  derselben 
darstellt,  wie  später  gezeigt  werden  wird. 

Das  hochgesteigerte  Vitalitätsverhältniss  der  Gebärmutter, 
in  welcher  der  Fötus  eingeschlossen  sich  zur  Reife  zu  ent- 
wickeln bestimmt  ist,  kann  unmöglich  einen  solchen  Grad 
von  Selbstständigkeit  entwickeln  und  dem  Fötus  mittbeil^n, 
dass  man  behaupten  möchte,  dadurch  würde  es  dem  Fötus 
möglich,  längere  Zeit  selbstständig  ein  Leben  fortzusetzen, 
was  noch  an  Bedingungen  geknüpft  ist,  bei  deren  Abwesen- 
heit auch  der  Erfolg  ausbleibL  — 

Wenn  man  daher  mit  Schärfe  den  Augenblick  des  wirk- 
lichen Todes  der  Mutter  als  jenen  feststellt,  in  welchem  alle 
Lebensäusserungen,  sie  mögen  noch  so  unmerklich  sein, 
aufhören  und  die  bisher  organischen  Vorgänge  andern 
chemischen  und  mechanischen  Gesetzen  gehorchen,  so 
wird  man  auch  diesen  Augenblick  als  denjenigen  bezeich- 
nen müssen,  nach  welchem  die  Lebensäusserungen  im 
Fötus  erlöschen. 

Es  kann  wohl  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass,  wie 
auch  SecMzonif   F.  W.,   in  seinem  „Lehrbuch  der  Ge- 


170  ^'    Schwarz,  Der  Kafserscbnitt  an  Todten. 

burtshfilfe**  bemerkt,  ,,der  Fötus,  so  lange  er  sich  im  Leibe 
der  Matter  befindet,  eben  so  gut  ein  Tbeil  derselben  ist,  als 
es  irgend  ein  anderes  Organ  des  mütterlichen  Organismus  ist/* 

Man  wird  wohl  yersdiiedene  Stufen  der  Abhängigkeit  des 
Lebens  des  Fötus  vom  mütterlichen  Organismus  unterschei- 
den müssen,  je  nachdem  die  Metamorphosen  der  Entwidi- 
lung  des  Embryo  bis  zum  selbststSndig  lebensfähigen  Kinde 
durchgelaufen  sind. 

Von  jeher  hat  man  in  der  späteren  Entwicklungsperiode 
des  Fötus  bis  zur  Geburt  die  Placenta  als  ein  Organ  der  Nu- 
trition, beziehungsweise  Respiration  desselben,  angesehen. 

Unterziehen  wir  die  hier  einschlagenden  physiologischen 
Vorgänge  einer  näheren  Be'trachtung,  so  finden  wir  zuerst, 
dass,  wie  eine  Trennung  des  embryonalen  und  mütteriichen 
Geßssapparates  dem  Anatomen  unmögUch  ist,  so  auch  eine 
Trennung  des  mütterlichen  fötalen  Lebens  dem  Physiologen 
schwer  gedenkbar  sein  dürfte. 

Der  Nabelstrang,  der  vom  1.  Monate  der  Schwanger- 
schaft an  die  Verbindung  und  den  Stoffwechsel  zwischen  dem 
Uterus  (der  Mutter)  und  dem  Embryo  (dem  neu  belebten 
Wesen)  vermittelt,  behält  seine  Wichtigkeit  bis  zur  Zeit  des 
selbstständigen  Lebens  des  Fötus,  d.  h.  erst  nach  eingetre- 
tenem Athmungsprozesse,  hört  die  vom  mütterlichen  Blute 
bestehende  StofTzuführung  beim  Kinde  auf;  es  tritt  ein  neuer 
Kreislauf  und  ein  neuer  Ernährungsprozess  des  Körpers,  ein 
neuer  Stoffwechsel,  ein. 

Mich  an  das  Thatsächliche  haltend  nehme  ich  hier  Um^ 
gang,  von  den  problematischen  Zuständen  zu  sprechen,  in 
welchen  sich  das  mütterliche  Blut  befindet,  bis  es  in  der 
Placenta  zum  eigentlichen  Kreislaufe  durch  den  Nabelstnmg 
mit  dem  Kinde  in  Verbindung  tritt. 

Verfolget  man  die  Nabelstrangvene,  welche  aus  der  PI»- 
centa  das  Blut  dem  Fötus  zuführet,  so  sieht  man  dieselbe 
sich  in  einen  Stamm  aus  den  Placentaästen  vereinigen;  den 
Nabdstrang  bis  zum  Nabelring  durchziehen  und  zum  linken 
Leberlappen  des  Kindes  treten,  sich  daselbst  in  der  Leber^ 
Substanz  verzweigen,  mit  der  Pfortader  anastomosiren  und 
durch  den  Ductus  venosus  Arantii  in  die  aufsteigende  Hohl- 
vehe  sich  ergiessen. 


y.    Schwtsrty  Der  Kaiserscbsitt  an  Todten.  171 

Die  Blutmasse  strömt  hier  in  die  Vorkammern  des  Her- 
zens und  gelangt  während  der  Diastole  in  die  rechte  Herz- 
kammer, und  während  der  Systole  in  die  Lungenarterien, 
aus  welcher  eine  geringe  Menge  in  die  heiden  Lungenäste, 
die  grössere  Quantität  durch  den  Botallischen  Gang  in  den 
absteigenden  Theil  des  Äortabogens  gepresst  wird. 

Durch  die  Diiterleibsaorta  wird  das  Blut  wieder  in  die 
Arter.  hypogastrica  und  die  beiden  Nabelarterien  getrieben, 
welche  es  bis  in  die  Placenta  wieder  fortleiten. 

In  der  linken  Herzhälite  nimmt  die  linke  Vorkammer 
von  den  Lungenvenen  das  Blut  auf  und  föhrt  es  zur  linken 
Herzkammer  durch  den  Bogen  der  Aorta  zur  oberen  Hälfte 
des  Fötuskörpers  und  von  da  durch  die  absteigende  Hohl- 
vene  wieder  in  die  rechte  Vorkammer. 

Man  sieht  sonach,  während  der  Verbindung  der  Mutter 
mit  dem  Kinde,  strömt  durch  eine  einzige  Nabelvene  das 
Placentablut  dem  Fötus  zu,  dagegen  fliesst  durch  zwei  hypo* 
gastrische  und  Nabelstrangarterien  das  Blut  aus  dem  kind- 
lichen Köiper  wieder  weg. 

Erfahrungsmässig  finden  in  einer  Minute  bei  dem  Fötus 
120—140  Herzstösse  statt,  d.  h.  wir  gewahren  einen  Fötal- 
puls von  120  — 140  Schlägen  mittels  des  Ohres,  oder  mit- 
tels eines  Stethoskopes. 

Wie  viel  Blut  durch  einen  Herzstoss  jedesmal  durch 
die  Nabelarterien  entleert  wird?  darüber  fehlen  uns  directe 
Experimente,  ebenso,  wie  gross  überhaupt  die  Blutmasse 
durchschnittlich  im  Fötus  angenommen  werden  könne?  — 

Dass  aber  bei  140,  wenn  auch  nur  120  Herzstössen  in 
einer  Minute  eine  sehr  beträchtliche  Menge  BIttt  aus  dem 
Fötus  weggeschafft  werden  könne  und  müsse,  das  bedarf 
wohl  schwerlich  eines  besonderen  Beweises.  Nimmt  man 
nun  den  Fall  an,  dass  die  Mutter  todt,  d.  fa.  von  mütter- 
licher Seite  der  organische  Stoffwechsel  unterbrochen,  dem 
fötalen  Körper  durch  die  Nabelvene  demnach  Nichts  mehr 
zugeführt  wird,  so  liegt  die  Frage  und  Antwort  sehr  nahe: 
dass  die  Zeit,  in  welcher  dem  Fötus  Nichts  mehr  zugeführt, 
dagegen  jede  Hmute  120 — 140  Mal  durch  zwei  Arterien  das 
Blut  entströmt,  eine  sehr  kurze  sein  muss,  in  wekher  ein 
solcher  Organismus  an  Erschöpfung  zu  Grunde  gehen  muss. 


172  ^*    8ekißaT%t  Der  Kaiserschnitt  «n  Todtca. 

Erst  nach  der  Eotbindung,  oder  nach  Umstanden  schon 
früher,  wo  ein  selbststandiges  Athmen  stattfinden  konnte,  ki- 
tep  sich  andere  Lebensbedingungen  ein  und  ist  die  Möglich- 
keit gegeben,  dass  ein,  wenn  auch  noch  so  schwach  orgaoi- 
sirtes  Kind , .  ein  selbstständiges  Leben  beginnen  und  fort- 
führen könne. 

Ein  Kind  aber,  dem  in  der  Minute  120  140  Mal  auch 
die  geringste  Blutmenge  entzogen  wird,  kann  wohl  schwer- 
lich einen  solchen  Zustand  länger  als  fünf  bis  zehn  Minuten 
aushalten,  wo  dann  ebenwohl  Ohnmacht  und  Scheintod,  wenn 
man  diesen  Zustand  als  solchen,  wo  noch  kein  selbstständiges 
Leben  eingetreten  ist,  bezeichnen  kann. 

Dass  aber  ein  derartiger  Zustand  vorhanden  sein  muss, 
wenn  keine  Uerzstösse  am  Fötus  mehr  wahrgenommen  wer- 
den, ist  sicher  nicht  in  Zweifd  zu  ziehen. 

Wenn  nun  dieser  Moment,  wie  es  die  Ansicht  der 
Techniker  ausspricht,  abgewartet  werden  soll,  was  für  Hoff- 
nungen kann  man  da  noch  für  das  Wiedererwecken  der  Herz- 
thätigkeit  und  das  Einleiten  des  Athmungsprocesses  haben  ?  — 

Wem  sind  nicht  Fälle  von  scheintodt  gebornen  Kindern 
bekannt,  wo  man  noch  fast  Stunden  lang  ein  Pulsiren  an 
dem  Nabelstrange  und  ein  leises  Zittern  in  der  Herzgrube, 
auch  schwache  Pulsationen  des  Herzens  wahrnehmen  konnte 
und  man,  trotz  aller  Wiedei'belebungsmittel  keinen  günstigen 
Erfolg  zu  erzielen  im  Stande  war? 

Fassen  wir  also  die  Resultate  der  uns  vorliegenden  That- 
sachen  mit  Rücksicht  auf 'die  Entwicklungsverhältnisse  und 
den  Zusammenhang  des  Fötus  mit  der  Mutter,  und  der  Ab- 
hängigkeit der  Lebensbedingungen  zusammen,  so  sehen  wir 
zuerst,  dass  da,  wo  der  wirkliche  Tod  der  Mutter  ausser 
allem  Zweifel  war,  nie  ein  lebendes  Kind  durch  den  Kaiser- 
schnitt zur  Welt  gebracht;  dass  in  vielen  Fällen,  selbst  wo 
dieses  der  Fall  gewesen  sein  soll,  man  Grund  zu  erhebUchen 
Zweifehl  hat;  dass  von  keiner  Gebäranstalt,  wo  doch  alle 
Hülfsmittel  der  Diagnose  und  des  schleunigen  Einschreitens 
zu  Gebote  stehen,  bekannt  geworden,  wie  man  in  d^iselben 
glücklichere  Resultate,  als  in  der  Privatpraxis  gehabt,  dass 
sonach  diese  Operation  keinen  praktischen  Werth  habe. 


y.    Schwarz  f  Der  Kaiserschnitt  an  Todten.  173 

Wenn  ich  daher  behaupte,  die  Operation  sei  unnö- 
thig,  weil  nutzlos,  so  fühle  ich  mich  zu  dieser  Ansicht 
durch  die  sprechenden  Zahlenverhätnisse  über  die  erzielten 
Resultate  in  meinem  Vaterlande,  die  einen  amtlichen  Nach- 
weis Yon  dreizehn  Jahren  umfassen  und  in  demselben  ein- 
hundertundsieben Gebui'tsfalle  aufrühren,  in  welchen  kein 
Kind  durch  den  Kaiserschnitt  lebend  erhalten,  sonach  der 
Zweck  der  Operation  verfehlt  wurde. 

Ich  bin  daher,  bis  mir  durch  klare,  unverwerfliche  Bei- 
spiele das  Gegenthefl  nachgewiesen  wird,  der  Ansicht,  die 
Bestimmungen  der  Gesetze,  die  dem  Arzte,  im  Falle 
des  Ablebens  einer  unentbundenen  Schwangeren  in 
den  letzten  drei  Monaten  den  Kaiserschnitt  unbe- 
dingt vorschreiben,  sind  illusorisch,  für  die  Bethei- 
ligten hart  und  ungerechtfertigt,  weil  für  die  Anforderung 
keine  Garantie  des  Erfolges  gewährt  werden  kann-,  deshalb  das 
Eingreifen  der  Gesetzes  Vorschriften  unnöthig,  weil  nutzlos. 

Wünschenswerth  bleibt  bei  allen  diesen  Verhältnissen,  wo 
eine  Abschaffung  der  Gesetze ,  die  das  Eröffnen  der  schwangeren 
unentbundenen  verstorbenen  Frauen  gebieten,  nicht  vorhanden 
ist,  das  Führen  sorgfaltiger  statistischer  TabeUen  über 
den  Erfolg  dieser  Operationen  überall,  und  das  VeröfiTent- 
lichen  derselben  allerwärts,  um  endlich  klare,  unverwerfliche 
Resultate  zu  constatiren,  und  nach  Massgabe  derselben  an 
die  Organe  der  Gesetzgebung  dann  die  geeigneten  Anträge 
richten  zu  können.' 

Dieses  der  Zweck  und  die  Absicht  der  hier  eröffneten 
Discussion. 

Diese  Bogen  waren  schon  seit  vielen  Monaten  nieder- 
geschrieben und  7  um  Drucke  bereit,  doch  zögerte  ich  immer, 
mit  diesem  Zankapfel  vor  das  grössere  Publikum  zu  treten; 
da  erfuhr  ich  von  einem  meiner  CoUegen,  dass  ihn  das  Un- 
glück betroffen,  eine  Frau,  in  zweifelhafter  Zeit  ihrer  Schwan- 
gerschaft, plötzlich  an  Eclampsie  dahinsterben  sehen  zu  müssen. 

Die  Bestürzung  über  diesen  eben  so  unerwarteten,  als 
höchst  schmerzlichen  Trauerfall  war  gross;  die  Ansicht  des 
Arztes,  die  Rechtzeitigkeit,  den  Kaiserschnitt  anordnen  zu 
müssen,  sei  nicht  vorhanden;  die  Operation  unterblieb. 


174  ^I*    C^&rmann^  üeber  innere  Beekenmeseang, 

Nach  einiger  Zeit  wurden  die  tiefbetrubten  Angdiörigen 
und  sonstige  Auskunftspersonen ,  sowie  der  behandelnde  Arzt 
vom  Pbysikus  protocollarisch  über  den  Vorfall  vernommen 
und  bei  den  Verwandten  die  .noch  irisch  blutenden  sdimerz- 
haften  Herzenswunden  durch  die  rauhe  ßerührung  der  an- 
scheinend umgangenen  Gesetzesbestimmungen  wieder  um  so 
fühlbarer,  als  sich  möglicherweise  hätten  Zweifel  erwecken 
können :  'es  wäre  vielleicht  die  Möglichkeit  vorhanden  gewesen, 
dass  man  durch  eine  unternommene  Operation  ein  zartes, 
theures  Familienandenken  hätte  retten  und  erhalten  können? !  — 

Das  Resultat  der  Untersuchung  ist  mir  noch  nicht  be- 
kannt worden;  der  Arzt  aber  hat  vorerst  den  Eclat  zu  ver- 
winden! — 


VI 

üeber  innere  Beckenmessung,  nebst  Beschreibung 
zweier  neuen  Instrumente  für  diesen  Zweck. 

Von 

Prof.  Dr.  Germann  in  Leipzig.  ^) 

(Hierzu  6  Tafeln  Abbildungen.) 

Der  gegenwärtige  Standpunkt  der  Lehre  von  der  Becken- 
messung und  die  darüber  herrschenden  Ansichten  lassen  es 
mir  als  nothwendig  erscheinen,  der  Beschreibung  der  be- 
treffenden beiden  Beckenmessungsinstrumente  einige  Be- 
merkungen vorauszuschicken.  Eine  der  Hauptaufgaben  beider 
Instrumente  ist  nämlich  die  innere  Beckenmessung.  Nim 
sprechen  sich  aber  bekanntlich  von  10  neueren  Handbüchern 
der  Geburtshüire  mindestens  9  von  vorn  herein  gegen  alle 
innere  instrumentale  Beckenmessung  aus  —  und  das  einzige 
Handbuch,   was  entschieden  dafür  sprach  und  bis  zu  diesem 

1)  8.  Monatsschrift  für  Geburtsk.  u.  Frauenkrankh. ,  Bd.  16, 
Heft  6,  S.  842,  und:  Amtlicher  Bericht  über  die  36.  Versammlong 
deutscher  Naturforscher  und  Aerzte  in  Königsberg  in  Pr.  im 
Sept.  1860,  S.  212.   Königsberg  1861,  H,  Hartung'sch^  Bachhandl. 


nebst  BeacbreiboDg  zweier  iMnen  Tnstrnttente  etc.      X75 

Capitel  den  allgemeinsten  Beifall  fand,  schliesst  mit  dem  An 
fang  der  Behandlung  dieses  Themas,  und  was  noch  bedauer- 
licher ist,  das,  was  der  Terstorbene  Verfasser  (ich  meine 
Kiwisch  von  RoUerau)  der  Wissenschaft  und  Praiis  durch 
sein  Beckenmessungsinstrument  damals  bot  —  es  genügte 
den  zu  stellenden  Anforderungen  abermals  nicht;  Grund  genug 
zu  ernstem  Bedenken,  sobald  es  gilt,  ein  neues  derartiges 
Instrument  der  Oeflentlichkeit  zu  übergeben. 

Worin  liegt  nun  die  Veranlassung,  dass  man  sich  neuer- 
dings so  allgemein,  so  entschieden  gf gen  alle  und  jede  innere 
instrumentale  Beckenmessung  ausspricht?  Zum  Theil  wohl  in 
der  Eigenthümlichkeit  der  Verhältnisse  der  Praxis,  in  den  Müh- 
seligkeiten und  Widerwärtigkeiten  der  Ausführung  solcher 
Messung,  vor  Allem  aber  und  der  Hauptsache  nach  liegt  der 
Grund  wohl  darin,  dass  man  an  der  Möglichkeit  der  Lösung 
der  Aufgabe  verzweifelt  —  und  in  der  That  zeigt  die  Ge- 
schichte der  Geburtshülfe ,  wie  ein  grosser  Theil  der  um 
unsere  Fachwissenschaft  verdientesten  Männer  im  Verlaufe  des 
letzten  Jahrhunderts  wieder  und  immer  wieder  Zeit  und  Mühe 
an  die  Lösung  dieser  Aufgabe  setzten,  und  wie  sie  dennodi 
—  sämmtlich  scheiterten.  Ging  aber  eine  grosse  Zahl  der 
Geburtshelfer  unserer  Zeit  selbst  so  weit,  auch  das  Bedürfniss, 
die  Nothwendigkeit  genauerer  innerer  instrumentaler  Becken- 
messung in  Abrede  zu  stellen,  so  bleibt  hierfür,  soll  man 
nicht  an  der  Wissenschafllichkeit  und  Gewissenhaftigkeit  der- 
selben zweifeln,  kaum  ein  anderer  Erklärungsgrund  übrig,  als 
dass  es  denselben  an  hinreichender  praktischer  Erfahrung  fehlte. 

Denn  um  was  handelt  es  sich  denn  eigentlich  im  Wesent- 
lichen? Doch  wohl  darum,  durch  möglichst  genaue,  möglichst 
allseitige  Messung  des  Beckens,  wie  des  Kindes,  möglichst 
genau  das  Verhältniss  von  Widerstand  zur  bewegenden  Kraft, 
worauf  der  Hergang  der  Geburt,  der  Geburtsmechanismus 
beruht,  in  Zahlen  auszudrücken.  Giebt  es  aber  wohl  einen 
Geburtshelfer,  der  die  Wichtigkeit'  der  genauesten  Kenntniss 
des  Geburtsmechanismus,  den  Nutzen,  den  eine  Vorherberech- 
Bung  desselben  aus  seinen  einzelnen  Factoren  für  die  Praxis 
haben  muss,  ernstlich  in  Abrede  stellt? 

Allerdings  sind  es  gar  vielfache  Bedingungen  und  Factoren, 
theils  veränderliche,   theils   unveränderliche,    von  denen  das 


176  V^I^    Germann  f  üeber  iDoere  Beekenmessang^, 

Verhältniss  der  austreibenden  Kräfte  zu  dem  zu  überwinden- 
den Widerstände  abhängt.  Ich  erinnere  nur  an  die  veränder- 
liche Beschaffenheit  der  Wehen  und  der  Bauchpresse,  an  die 
so  Teränderliche  Form  und  wechselnde  Nachgiebigkeit  und 
Grösse  des  Geburtsobjectes ,  zumal  des  Schädels  des  Kindes, 
erinnere  an  die  während  der  Geburt  auf  das  mannigfaltigste 
ihre  Consistenz,  ihre  Raum-  und  Formverhältnisse  wechseln- 
den WeichtUeile  des  Beckencanals,  während  nur  dieser  knödierne 
Canal  allein  bei  unendlicher  Verschiedenheit  seines  Raumes 
und  seiner  Form  während  der  Geburt  als  unveränderlich  be- 
trachtet werden  kann. 

Wenn  man  nun  in  Folge  dessen  bisher  die  Neigung  des 
Beckens ,  den  Raum  und  die  Form  desselben  bei  Betrachtung 
des  zu  beurtheilenden  Widerstandes  theilweise  eben  wegen 
jener  Unveränderlichkeit  hauptsächlich  in's  Auge  fasste,  während 
man  dabei  für  die  Mehrzahl  der  Fälle  die  übrigen  einflnss- 
reichen  Momente,  insbesondere  die  Wehen  und  die  Beschaffen- 
heit des  Geburtsobjectes,  als  der  Regel  entsprechend,  voraus- 
setzte, so  muss  man  allerdings  zugeben,  dass  bei  solcher  Art 
der  Rechnung,  selbst  bei  der  genauesten  Kenntniss  des  Beckens 
dennoch  sehr  oft  nur  Wahrscheinlichkeitsschlüsse  ermöglicht 
werden,  und  dass  unter  solchen  Umständen  nur  zu  häufig 
erst  der  Verlauf  der  Geburt  selbst  es  ermöglicht,  auf  die  Be- 
schaffenheit des  Beckens  als  solcher  bestimmte  Indicationen 
zu  den  wichtigen  Operationen  zu  begründen.  Jedoch  setzte 
man  nicht  schon  dadurch  wirklich  eine  auf  wenige  Lioien 
genaue  Kenntniss  der  räumlichen  Verhältnisse  des  Beckens 
voraus?  Und  man  setzte  sie  in  der  That  voraus,  wenn  man 
in  den  Lehrbüchern  der  Geburtshülfe  als  Grenze  der  Zangen- 
operation und  der  Wendung  auf  die  Fasse  3  Zoll ,  als  Grenze 
der  Frühgeburt  2  Zoll  9  Linien  bis  3  Zoll  6  Linien,  als 
Grenze  der  Enthimung  2  Zoll  6  Linien  angiebt  und  unterhalb 
2  Zoll  6  Linien  zum  Kaiserschnitt  zu  schreiten  anrathet  War 
man  aber  bisher  wirklich  (auch  selbst  nur  in  Bezug  auf  den 
geraden  Durchmesser  des  Beckens)  im  Stande  die  Messung 
mit  solcher  Genauigkeit  zu  vollziehen,  dass  die  Fehlergrenze 
mit  Gewissheit  innerhalb  V4 — Vs  Zoll  lag,  wie  man  doch 
voraussetzte  ? 


nebst  Beschreibung  sweier  netten  Instrumente  etc.       l77 

Gewiss  nicht,  denn  es  lässt  sich  (wie  Jeder  zugestehen 
muss)  durch  jede  nur  einigermaassen  nennenswerthe  Becken- 
sammlung nachweisen,  dass  bei  dem  gewöhnlichen  mittlem 
Abzug  von  der  Conjugata  externa  und  diagonalis,  um  die 
Conjugata  vera  zu  finden,  der  Irrthum  im  speciellen  Falle  eben 
so  gut  einige  Linien,  als  einen  Zoll  und  darüber  betragen 
kann.  Ich  habe  eine  Menge  Beispiele,  die  diese  Möglichkeit 
aus  der  praktischen  Erfahrung  beweisen,  in  einer  Abhandlung 
über  die  künstliche  Frühgeburt  (vergl.  Monatsschrift  für  Ge- 
burtskunde 1858,  Bd.  XII.,  H.  2,  p.  94)  yeröfTenÜicht.  Hängt 
aber  nicht  z.  B.  gerade  bei  der  Bestimmung  des  Zeitpunktes 
für  die  Einleitung  der  künstlichen  Frühgeburt  der  praktische 
Erfolg  schon  von  V^  Zoll  mehr  oder  weniger  gar  bedeutend 
ab?  Wäre  wirklich  der  Grad  und  die  Alt  der  Beckenenge, 
die  zu  den  sogenannten  blutigen  Operationen  auffordern,  immer 
so  handgreiflich,  wie  man  dies  hie  und  da  behauptet,  würden 
sich  dann  wohl  noch  so  häufig  selbst  die  erprobtesten  Prak- 
tiker in  die  Lage  versetzt  sehen,  nach  beendigter  Operation 
es  beklagen  zu  müssen,  dass  man  nicht  im  Stande  war  die 
mechanischen  Verhältnisse,  wie  sie  sich  während  des  Geburts- 
verlaufs endlich  herausstellten,  schon  vorher  genauer  zu  er- 
kennen, um  schon  voriier,  schon  von  Anfang  an  bereits  das 
operative  Verfahren  danadi  einzurichten?  Ja  es  giebt  sogar 
eine  absolute  Anzeige  des  Kaiserschnittes  bei  Beckenver- 
engerungen, die  nichts  weniger  als  handgreiflich  sind.  Das 
Abwarten  desGeburts-  oder  Entbindungsverlaufes,  was  Einige 
in  solchen  Fällen  einer  genauen  Beckenmessung  vorziehen, 
ist  zwar  bequem,  kann  aber  auch  die  unheilvoHsten  Folgen 
haben.  Denn  es  liegt,  wie  Khoiach  mit  Recht  bemerkt,  wohl 
Jedem  nahe,  dass,  wenn  man  ein  Weib  so  lange  kreissen  lässt, 
bis  man  die  Ueberzeug  gewonnen  hat,  dass  eine  natürliche 
Niederkunft  nicht  möglich  ist,  es  leicht  für  den  guten  Erfolg 
eines  Kunstverfahrens  zu  spät  sein  kann,  und  dass  anderer- 
seits das  blinde  Greifen  nach  einer  Operation,  welche  nicht 
zum  Zweck  führen  kann,  schon  unzählige  Male  das  grösste 
Unheil  bewirkt  hat.  Kiwisch  erinnert  liiebei  an  die  Fälle, 
wo  nach  einer  erschöpfenden  Zangeuoperation  zur  Perforation, 
endlich  zur  Embryotomie,  ja   sogar  dann  noch  zum  Kaiser- 

Mouatsochr.  f.  Gebartsk.  1861.  Bd.  XVIII.,  Suppl..Hft.  12 


178  ^^*     Gwmann^  üeber  innere  Beekenmessan^. 

schnitt  geschritten  wurde  u.  s.  w.  Gestehen  wir  es  offen, 
sind  wir,  wie  es  jetzt  steht,  nicht  selbst  noch  nach  beobach- 
tetem Verlauf  der  Geburt  über  die  speciellen  räumlichen  Ver- 
hältnisse des  Beckens  zuweilen  noch  ausserordentlich  unsicher? 
Und  dass  selbst  dann  nodi,  wenn  wir  den  Unterschied  tod 
ohngefahrer  Schätzung  und  genauer  Messung  vielleicht  nidit 
so  hoch  anschlagen,  nicht  so  würdigen,  wie  ihn  die  I^-axis 
in  der  That  würdigen  sollte,  die  Wissenschaft  aber  würdigen 
muss,  will  sie  anders  zu  einer  umfassenden  Erkenntniss  des 
Zusammenhanges  von  Ursache  und  Wirkung  in  jedem  einzel- 
nen Falle  gelangen. 

Es  geht  daher,  wie  Kitoisch  treffend  bem^kt,  aus  dem 
gegen  genauere  innere  (instrumentale)  Beckenmessung  ge- 
machten Einwurfe,  dass  selbst  aus  dem  genau  bestimm- 
ten Grade  der  Beckenenge  allein  garkeine  bestimmte 
Indication  erwachse,  und  dass  noch  andere  Momente 
zu  berücksichtigen  seien,  nur  das  hervor,  dass  man 
auch  die  andern  Momente  in  gleicher  Weise  zu  er- 
forschen und  zu  würdigen  habe,  wie  die  Becken- 
messung. Andrerseits  aber  ist  nicht  zu  bezweifeln,  dass 
wenn  auch  einzelne  der  concurrirenden  Momente  im  concreten 
Falle  vielleicht  nicht  zu  erforschen  sind,  dies  doch  nicht  immer 
der  Fall  ist,  und  dass  mithin  dn  Aufgeben  der  fraglichen 
Untersuchung  nicht  zu  rechtfertigen  ist. 

Von  denjenigen  Momenten,  welche,  wie  wir  bereits  zeig- 
ten, für  den  Geburtsfortgang,  für  den  Geburtsmechara'smos 
besonders  wichtig  sind,  hätten  wir  (zunächst  absehend  von 
der  Beschaffenheit  der  Wehen  und  der  Beckenweichtheile) 
rücksichtlich  der  Geburtswege  jetzt  noch  zu  betrachten  die 
Form,  Höhe  und  Neigung  des  Beckens,  und  rücksicbt- 
lich  des  Geburtsobjects  vor  Allem  die  Grösse  und  Nach- 
giebigkeit der  Frucht 

Zunächst  anlangend  die  Beckenform,  so  ist  die  Beuf- 
theilung  derselben  häufig  genug  mit  grosser  Genauigkeit  mög- 
lidi,  zumal  wenn  man  ausser  den  genugsam  bekannten  Hfilfs- 
mittein  derjenigen  Methode  der  äussern  Untersuchung  und 
Messung  zu  diesem  Zwecke  sich  bedient,  welche  MichaeUs 
in  seiner  Schrift  „Ueber  das  enge  Becken",  1851  p.  96  u.  ff. 
angiebt. 


nebst  Besehreibnngf  zweier  oeuen  Instramente  etc.       179 

Ebenso  ergeben  sieb  fQr  die  Höhe  des  Beckens  aus 
der  Grösse  des  Individuums,  aus  dem  Ergebniss  der  innerii 
Exploration,  aus  der  äussern  Höhe  der  Hüftgegend,  noch 
mehr,  wenn  dabei  die  directe  Messung  mit  meinem  In- 
strumente zu  Hölfe  genommen  wird,  völlig  hinreichende 
Anhaltspunkte. 

Es  bleibt  somit  rücksichtlich  des  Beckens  ausser  seiner 
Raumbestimmung  nur  noch  die  Berücksichtigung  und  wo- 
möglich Messung  der  Beckenneigung  übrig. 

Hier  kann  man  entgegnen  und  hat  man  entgegnet,  die 
Neigung  des  Beckens  ist  für  den  Verlauf  und  die  Behandlung 
der  Geburt  von  sehr  geringem  Einfluss.  Was  soll  eine  genaue 
Messung  der  Beckenneigung  der  Praxis  wohl  nützen?  Ich  bin 
nicht  ganz  dieser  Meinung,  und  die  Praxis,  die  Behandlung 
der  Geburt,  die  die  Neigungsverhältnisse  des  Beckens  stets 
möglichst  berücksichtigt  hat,  berücksichtigen  muss,  widerspricht 
jener  Behauptung  durch  die  That  Man  berücksichtigte  frei- 
hch  selbstverständlich  die  Neigung  des  Beckens  hur  so  weit, 
als  man  sie  eben  im  speciellen  Falle  bisher  zu  erkennen,  d.  h. 
auf  ohngeföhr  anzugeben  vermochte. 

Vielleicht,  dass  man  hierauf  auch  entgegnet,  dass  die 
Neigung  des  Beckens  im  speciellen  Falle  wirklich  meist  ziem- 
lich genau,  selbst  leicht  zu  erkennen  und  zu  schätzen  sei, 
nämlich  je  nach  dem  stärkern  Hervortreten  der  schwangern 
Gebärmutter,  je  nach  dem  ungewöhnlichen  Nachhintenstehen 
des  Beckenausganges  bei  gleichzeitiger  starker  Neigung  der 
vordem  Beckenwand  und  relativem  Hochstehen  des  Promon- 
torium. Wozu  daher  solle  man  die  Neigung  noch  specieil 
nach  Graden  messen? 

Nichtsdestoweniger,  selbst  wenn  ich  den  Äusdinick 
„schätzen*^  nicht  urgiren  will,  glaube  ich  beweisen  zu  können, 
dass  es  in  praxi  keineswegs  immer  so  leicht  ist,  Fehler  bei 
Beurtheilung  der  Beckenneigung  zu  vermeiden,  und  dies  um 
so  weniger,  wenn  man  nicht  nur  die  Neigung  der  Becken- 
eingangsebene, sondern  die  entschieden  für  den  Geburtshelfer 
noch  wichtigere  Neigung  des  gesammten  Beckencanals  zur 
Eingangsebene  zu  berücksichtigen  sich  zur  Aufgabe  stellt; 
denn  das  unveränderliche  Neigungsverhältnis^  des  Beckencanals 

12* 


180  ^^*     Oermann,  Ueber  innere  Beekcnuiestang, 

ist  voD  der  je  nach  der  Körperstellung  veranderiicheD  söge- 
iiauulen  Beckenneigung  wohl  zu  unterscheiden. 

Man  betrachtet  gewöhnlich  die  Grösse  des  Winkeis,  den 
die  Conjugata  vera  mit  der  innern  Fläche  der  Symphyse  bildet, 
als  den  Maasstab  für  den  Grad  der  Neigung  des  Beckencaoalb 
—  und  das  mit  RechL  Man  gründete  hierauf  die  relative 
Grösse  des  Abzugs  von  der  Conjugata  diagonalis,  wo  es  galt 
aus  der  Länge  der  letzeren  die  Länge  der  Conjugata  rera  zu 
l)erechnen.  Setzte  man  al)er  hier  nicht  schon  die  Neigung 
der  Beckeneingangsebene  im  speciellen  Falle  als  sehr  genau 
bekannt  voraus,  während  dieses  Neigungsverhältniss,  selbst  in 
der  Theorie  bei  normalem  Becken,  noch  zwischen  50  bis  70 
Grad  schwankt,  wie  sich  dies  leicht  nachweisen  lässt.  Denn 
nimmt  man  z.  B.  nach  KiwiacVs  Vorangang  (vergl.  dessen 
Beiträge  zur  Gebuilskunde ,  1840  Abthl.  L,  p.  4,  während 
derselbe  in  seinem  Atlas  für  Geburtskunde,  1851,  3"  B'^  für 
dies  Uöhenverhällniss  angiebt)  an,  dass  der  Vorberg  3  Zoll 
höher  stehe,  als  der  obere  Rand  der  Symphyse,  und  nimmt 
man  die  Länge  der  Conjugata  vera  zu  4  Zoll  an,  so  lässl 
sich  der  Neigungswinkel  der  Beckeneingangsebene,  oder  (wie 
man  sich  auch  ausdrucken  kann)  der  Neigungswinkel  der 
Conjugata  vera  zur  perpendiculären  Körperachse  und  der 
Neigungswinkel  der  Beckeneingangsebene  zur  Horizontalebem* 
leicht  durch  zwei  Winkel  eines  Dreiecks  darstellen,  welclhf» 
man  auf  folgende  Weise  construirt:  x\lan  trägt  auf  eine  Linie, 
ilie  man  sich  vom  obem  Rande  der  Symphyse  in  horizontaler 
Richtung  nach  dem  Beckencanale  zu  verlaufend  denkt,  ehie 
senkrechte  auf,  von  der  Länge  von  3  2oll,  und  verbindet  den 
Endpunkt  der  Irtztern  mit  der  gedachten  Horizonlallinie  durch 
eine  Linie,  deren  Länge  der  Eingangs  *  Conjugata ,  hier  also 
4  Zoll,  entspricht. 

Je  nachdem  man  nun  der  Eiugangs-Conjugata  eine  Längt- 
von  4  Zoll  oder  4  Zoll  3  Linien  giebt  und  die  senkrechte 
Entfernung  des  Vorberges  über  dem  oberen  Rande  der  Sym- 
physe zu  3  Zoll  oder  3  Zoll  9  Linien  annimmt,  je  nachdem 
erhält  man  (vergl.  Tab.  VI.,  Fig.  12  13,  Tab.  IV.  Fig.  14.) 
einen  verschiedenen  Bcckeneingangswinkel  von  49^  bis  71  ^\ 
während  Nägele  bekanntlich  einen  Neigungswinkel  von  un- 
gefähr 60^  als  die  Norm  annimmt. 


nebat  Beschreibung  zweier  neuen  Instrumente  etc.       131 

Es  lasst  sich  aber  ebenso  nachweisen,  dass  diese  bedeu- 
tende Differenz  auch  noch  in  anderer  Beziehung  für  die 
Praxis  als  solche  nicht  so  ganz  unwichtig  ist.  Denn  je 
nachdem  man  sich  die  Neigungsverhältnisse  ver- 
schieden denkt,  und  namentlicli  je  nachdem  man 
sich  den  Vorberg  in  verschiedener  Höhe  über  der 
Symphyse  denkt,  je  nachdem  wird  man  sich  auch 
jedesmal  andere  Punkte  der  Beckenhöhle  als  den 
einzelnen  Abschnitten  der  Symphyse  horizontal 
gegenüber  liegend  denken  müssen,  Erwägungen,  die 
besonders  bei  Durchleitung  des  Kindes  durch  den  Beckencanal 
uiiter  Umständen  auf  unser  ärztliches  Verhalten  von  grossem 
Einfluss  sein  können. 

In  Bezug  auf  die  Beckenmessung  war  es  Michae- 
lis, der  zuerst  die  Wichtigkeit  des  Neigungsver- 
hältnisses der  hinlern  Fläche  der  Symphyse  zur 
Beckeneingangsebene  erkannte,  indem  er  ein  be- 
stimmtes Abhängigkeitsverhältniss  evident  nachwies, 
welches  zwischen  der  Differenz  von  Gonjugata  dia- 
gonalis  und  Gonjugata  vera  und  der  verschiedenen 
Grösse  des  betreffenden  Neigungswinkels  statt  hat. 

Da  es  somit  nicht  unerheblich  erscheint,  die  Folgen  der 
verschiedenen  Neigungs Verhältnisse  des  Beckens  im  Allge- 
meinen, sowie  die  Art  und  Weise  ihrer  Erkennung  für  den 
speciellen  Fall  richtig  zu  würdigen,  so  will  ich  mir  erlauben, 
das  anzuführen,  was  Kiwisch  in  vortrefflicher  Weise  in 
seinen  „Beiträgen  zur  Geburtskunde  (Abth.  I.,  p.  3)"  hier- 
über äussert.     Er  sagt  unter  Anderem: 

„Wie  schwer  es  am  lebenden  Weibe  ist,  den  Neigungs- 
winkel mit  einiger  Genauigkeit  zu  messen,  geht  schon  daraus 
hervor,  dass  es  uns  in  der  Begel  unmöglich  ist,  die  Grösse 
der  hierzu  nöthigen  3  Linien  mit  Sicherheit  zu  erforschen;  un- 
sere Messungen  bieten  daher  bis  jetzt  nur  Wahrscheinlich- 
keitsresultate. 

Als  ganz  ungenügend  ist  der  Neigungsmesser  von  Kluge 
zu  bezeichnen.  Er  setzt  theilweis  als  bekannt  schon  voraus, 
was  eigentlich  im  gegebenen  Falle  erst  erforscht  werden  soll- 

Die  Schwierigkeit  der  fraglichen  Messung  wird  auch  da- 
durch  vermehrt,   dass   die  Neigung   des  Beckens   im  Stehen 


182  VI.    Germann  f  Ueber  innere  Beckemnessang, 

willkürlich  geändert  werden  kann«  Das  Becken  ruht  auf  den 
Gelenksköpfen  der  Schenkelbeine  wie  auf  einer  Achse,  and 
alle  Bewegungen  des  Beckens  bei  fixirten  unteren  Extremi- 
täten bestehen  nur  in  einer  Veränderung  seiner  Neigung,  and 
wir  können  daher  allen  Menschen,  die  eben  nicht  ungewöhn- 
Uch  verunstaltet  sind,  bekanntlich  willkürlich  dieselbe  Becken- 
neigung  geben,  wenn  wur  ihre  Körperstellung  entsprechend 
ändern.  Jedes  Weib  bietet  während  der  Schwangerschaft  eine 
andere  Beckenneigung  dar,  als  im  nicht  geschwängerten  Zu- 
stande, da  sie  nothwendig  gedrungen  ist,  zur  Erhaltung  des 
Gleichgewichts  während  jenes  Ziistandes  eine  andere  Körper- 
stellung anzunehmen. 

Das  haltbarste,  obzwar  noch  immer  kein  genügendes 
Resultat  ergiebt  sich  aus  Messungen  an  Leichen,  die  man 
immer  in  derselben  horizontalen  Lage  untersuchen  kann.  Das 
Ungenügende  dieser  Untersuchung  geht  jedoch  daraus  hervor, 
dass  das  Verhältniss  der  einzelnen  Körpertheile  zu  einander 
an  der  liegenden  Leiche  nie  ganz  jenem  Verhältnisse  entspriehl, 
welches  diese  Theile  während  des  Stehens  beim  Leben  dar- 
geboten haben. 

Wir  glauben,  sagt  Kiwiach,  dass  man  der  Wahrheit  am 
nächsten  kommen  dürfte,  wenn  man  als  Norm  eine  Neigung 
von  beiiäuflg  52^  annehmen  wurde. 

Es  fragt  sich  nun,  welche  Vortheile  erwachsen 
dem  Geburtshelfer  aus  einer  genauen  Erforschung 
der  fraglichen  Beckenneigung  im  individuellen 
Falle? 

Kiwisch  glaubt  nach  einer  sorgfältigen  Betrachtung  des 
Gegenstandes  hierzu  Nachstehendes  bemerken  zu  können: 

„Aus  der  alleinigen  Messung  der  Neigung  der  Conjugata 
zum  Horizont  lassen  sich  deshalb  keine  Folgerungen  für  die 
Praxis  gewinnen ,  weil  es  anderweite  Verhältnisse  der  Körper- 
theile zu  einander  giebt,  weiche  die  Neigungsabweicbungen 
wieder  ausgleichen,  so  dass  die  Nachtheile  derselben  zur 
Gänze  verschwinden  können. 

Bekanntermaassen  wird  einer  zu  geringen  Beckenneigung 
der  Nachtheil  zugeschrieben,  dass  der  Druck,  der  in  da- 
Bauch-  und  Beckenhöhle  gelegenen  Theile,  sowie  jener  der 
Bauchpresse  und  der  Uteruscontraction  den  Beckengrond  in 


nebst  Bescbreibuog  sweier  neuen  Instromente  etc.       183 

einer  mehr  geraden  Richtung,  somit  kräftigei*  treffe,  als  im 
entgegengesetzten  Falle,  wo  voraugsweise  die  vordere  Becken- 
wand und  die  untere  Bauchgegend  getroffen  wird. 

Nun  ist  aber  in  Anschlag  zu  bringen,  dass  eine 
verschiedenartige  Neigung  des  fieckencanals  (die 
wir  von  der  Neigung  der  Conjugata  unterscheiden 
müssen),  sowie  die  verschiedene  Weite  der  ohern 
Beckenapertur,  endlich  die  Grösse  der  Krümmung 
der  Wirbelsäule  in  der  Lendengegend  und  der  Grad 
der  Straffheit  der  inneren  Bauchwand  sehr  wich* 
tige  concurrirende  Momente  für  jene  Erscheinungen 
abgeben. 

Die  erwähnte  Neigung  des  Beckencanals  steht  keines- 
wegs in  einem  geraden  Yerhäitniss  zur  Neigung  der  Conju- 
gata; als  Maasstab  für  dieselbe  können  wir  den  Winkel  an- 
sehen, den  die  innere  Fläche  der  Schambeine  mit  der  Conjugata 
bildet,  da  diese  Fläche  es  zunächst  ist,  auf  welche  der  Druck 
von  oben  wirkt,  und  die  dessen  Richtung  ändert.  Wenn  nun 
bei  einer  gleichen  Neigung  der  Conjugata  die  Schambeine  in 
einem  Falle  eine  mehr  perpendiculäre  Richtung  annehmen, 
so  trifft  begreiflicher  Weise  jener  Druck  den  Beckenboden 
viel  unmittelbarer,  als  bei  entgegengesetztem  Verbalten  der 
Schambeine,  wo  die  von  oben  einwirkende  Kraft  mehr  ge- 
brochen wird. 

Bieselben  Abänderungen  erleiden  jene  Einflüsse  durch 
die  Verschiedenheit  der  Grösse  des  fieckeneinganges.  Je 
weiter  derselbe  ist,  um  so  leichter  und  directer  wird  der 
Beckenboden  getroffen,  während  bei  engem  Eingange  dies,  bei 
übrigens  gleicher  Beckenneigung,  im  geraden  Verhältnisse  immer 
weniger  der  Fall  ist  Einen  gleichen  EinOuss  zeig.t  die  an- 
geführte Krümmung  der  Wirbelsäule  aus  leicht  ersichtlichen 
Gründen. 

Hieraus  ergiebt  sich,  dass  die  Nachtheile  einer  ab- 
weichenden Beckenneigung  leicht  durch  ein  ent- 
gegengesetztes Verhalten  der  Neigung  des  Becken- 
canals, der  Weite  der  oberen  Apertur  und  durch 
anderweite  Verhältnisse  gehoben  werden  können. 
Aus  einer  einseitigen  Beurtheilung  der  Neigung  der  Conjugata 
ist  demnach  keine  sichere  Folgerung  abzuleiten,  und  es  treten 


184  ^^*     Germann,  lieber  innere  BeekenroessuDg, 

die  oben  erwähnten  Nachtheile  dort  am  deutlichsten  hervor, 
wo  die  angeführten  concurrirenden  Momente  gleichsam  in 
Bund  treten  und  wechselseitig  ihren  concurrirenden  Einflu^s 
steigern.  Es  wäre  demnach  immer  eine  gleichzeitige 
Würdigung  dieser  sämmtlichen  Momente  als  Auf- 
gabe zu  stellen,  und  nur  so  wäre  irgend  ein  erheb- 
liches Resultat  zu  gewinnen. 

Die  Lösung  dieser  complicirten  Aufgabe  aber 
zu  ermöglichen,  ist,  nebenbei  gesagt,  ein  specieHer 
Zweck  der  später  hier  zu  beschreibenden  Inslra- 
roente. 

Von  den  vorher  erwähnten  dreierlei  Becken  Verhältnissen, 
die  hier  in  Anschlag  zu  bringen  sind,  ist  übrigens  die  Nei> 
gung  der  Gonjugata  zum  Horizonte  in  allen  jenen  Fällen ,  wa 
sich  ihr  Einfluss  nur  vorübergehend  geltend  macht  (wie  z.  B. 
bei  dem  Geburtsgeschäfle),  von  einer  nur  untergeordneten  Be- 
deutung, da  sie  eine  willkürliche  Veränderung  zulässt  und  es 
kann  sich  nur  ]fort,  wo  das  Weib  in  einer  die  Unzukömm- 
lichkeiten einer  abnormen  Beckenneigung  begünstigenden  St^ 
lung  lange  verharrt,  ihr  uacbtheiliger  Einfluss  geltend  machen. 

Wichtiger  dagegen  in  der  angegebenen  Beziehung  ist 
die  Neigung  des  Beckencauals  und  die  Weite  der 
obern  Apertur.  Beide  sind  unveränderlich,  und  üben 
schon  in  dessen  Folge  einen  viel  bedeutungsvollem  Einfluss 
auf  die  erwähnten  Erscheinungen  aus.  * 

Die  Neigung  des  Beckencauals  wurde  bis  jetzt 
keiner  sorgfälligen  Forschung  unterworfen.  Wie 
wir  schon  früher  bemerkten,  lässt  sie  sich  am  zweckmässig- 
sten  aus  dem  Verbältnisse  der  Conjugata  zur  innern  Fläche 
der  Schambeine  bestimmen,  und  das  Ausmaass  des  an  dem 
obern  Tbeile  der  Schambeinverbiudung  entstehenden  Winkels 
giebt  dann  den  Neigungsgrad  des  ßeckencanals.  Dieser  Winkel 
beträgt  bei  regelmässigem  Becken  immer  mehr  als  ein  rechter, 
beiläuUg  100^,  doch  erleidet  er  bei  Unregelmässigkeiten  nicht 
ganz  unbeträchtliche  Abänderungen  seiner  Grösse.  Denken 
wh*  uns  nun  die  verschiedenen  Beckeii  so  gestellt,  dass  die 
Gonjugata  hei  allen  dieselbe  Neigung  zum  Horizonte  annimmt, 
so  wird  der  verschiedene  Einfluss   eines   mehr   oder  weniger 


liebst  Beschreibung  zweier  neuen  Instrumente  etc.       Ig5 

geneigten  Beckencanals  leicht  ersichtlich.  Wir  wollen  in  ge- 
burtshülfficher  Beziehung  nur  Nachstehendes  heinerken: 

1)  Je  beträchtlicher  die  Neigung  des  Beckencanals  ist, 
um  so  mehr  wird  der  Einfluss  eines  von  der  Bauchhöhle  aus- 
gehenden Dnicks  gebrochen,  um  so  weniger  kraftig  der  Becken- 
grund getroffen.  2)  Je  geneigter  der  Beckencanal  ist,  um  so 
geneigter  ist  die  Stellung  der  aus  der  Beckenhöhle  sich 
erhebenden  GebärmuUer,  und  um  so  belrächllicber  wird  die 
untere  Partie  der  Bauchdecke  ausgedehnt.  3)  Je  geneigter 
der  Beckencanal,  um  so  schiefer  ist  die  Stellung  der  in  das 
Becken  eintretenden  Rindestheile ,  und  um  so  schwieriger 
gleiten  sie  unter  übrigens  gleichen  Verhältnissen  in  den  Becken- 
grund herab.  4)  Je  geneigter  der  Beckencanal  ist,  um  so 
vortbeilhafter  werden  Instrumente  mit  stärkerer  Beckenkrum- 
mung  angewendet,  und  um  so  mehr  ist  der  auf  die  im  Ein- 
gange feststehenden  Theile  angebrachte  Zug  nach  hinten  zu  leiten. 

Aus  diesen  Andeutungen  gehen  die  Gegensatze ,  so  wie 
die  weniger  wesentlichen  übrigen  Folgerungen  von  selbst 
hervor. 

Es  ergiebt  sich  hieraus  gleichzeitig,  dass  wohl  die  meisten 
der  angegebenen  Folgerungen  schon  für  die  bestehende  Lehre 
der  Beckenneigung  benutzt  wurden,  und  dass  es  somit,  wie 
Kiwisch  hinzufügt,  den  Anschem  hat,  dass  er  das,  was  in 
der  Praxis  schon  lange  anerkannt  wurde,  nur  in  eine  neue 
Beziehung  bringen  wollte.  Allerdings  sei  nicht  zu  verkennen, 
dass  in  der  Regel  die  Geburtshelfer  das  Neigungsverhältniss 
der  Conjugata  zum  Theil  aus  der  Stellung  der  Schambein- 
verbindung zu  erforschen  bemüht  waren,  und  dass  somit  der 
Verlauf  des  Beckencanals  nicht  ganz  unberücksichtigt  blieb; 
aber  jene  angenommene  bestimmte  Beziehung  der 
Beckenneigung  zur  Neigung  der  Schambeinverbin- 
dung bestehe  in  vielen  Fällen  nicht,  ja  es  finde 
manchmal  ein  verkehrtes  Verhältniss  statt,  und 
deshalb  fielen  manchmal  die  Nachtheile  einer  oder 
der  andern  Unzukömmlichkeit  hinweg,  indem  sie 
durch  den  Gegensatz  in  dem  andern  Verhältnisse 
gehoben  würden. 

Zur  klaren  Erkenntniss  dieses  Umstandes  scheine  es 
nach  Kiwiich*  Meinung  bei   der  Mehrzahl  der  Geburtshelfer 


186  ^^'     Germann  f  lieber  innere  Beekenmesanngf, 

noch  nicht  gekommen  zu  sein,  und,  setzt  er  hinzu,  einen 
brauchbaren  Maasstab  für  die  in  Rede  stehende 
Neigung  des  Beckencanals  giebt  es  bis  jetzt  nicht. 

Michaelis  dagegen,  als  er  die  Neigung  der  hintern  Fläche 
der  Symphyse  zur  Conjugata  vera  zu  erforschen  strebte,  kam 
es  zunächst  und  vor  Allem  darauf  an,  die  Bedingungen  auf- 
zufinden, von  denen  der  grössere  oder  geringere  Unterschied 
der  Länge  zwischen  Conjugata  vera  und  Conjugata  diagonalis 
abhängt.  Nachdem  er  (vergl.  Michaelis  y  über  das  enge 
Becken,  p.  135)  angeführt  hat,  dass  er  bei  vielfachen  und 
genauen  Messungen  an  engen  Becken  gefunden,  dass  sich 
unter  4  Becken  bei  3  zwischen  Conjugata  vera  und  Conjugata 
diagonalis  ein  mittlerer  Unterschied  von  7,  8  oder  9  Linien 
ergebe,  und  dass  diese  Annahme -auch  an  33  engen  Becken 
seiner  eignen  Sammlung  sich  bestätige,  fahrt  er  fort:  „Da 
aber  im  einzelnen  Falle  es  höchst  wünscbenswerth  ist,  auch 
die  Abweichungen  von  diesem  Mittel  zu  erkennen,  da  ein 
Irrthum  von  4  bis  5  Linien  allerdmgs  schon  von  wesentHdiem 
Einflüsse  auf  die  Beurtheilung  des  Falles  und  auf  die  Bdiand- 
lung  sein  kann,  so  habe  ich  mich  bemüht,  diejenigen  Momente 
aufzuGnden,  die  den  grösseren  oder  geringeren  Unterschied 
bedingen,  und  wenn  mich  diese  Bemühungen  auch 
nicht,  wie  ich  es  wünschte,  ganz  zum  Ziel  führten, 
so  bin  ich  demselben  wenigstens  näher  gerückt 

Bekanntlich  steht  das  Promontorium  bald  höher  über  der 
Fläche  des  Beckeneinganges,  bald  tiefer  im  Beckeneingange, 
ja  selbst  unter  demselben.  Es  liegt  der  Gedanke  nahe,  dass  diese 
Verschiedenheit  Einfluss  haben  müsse  auf  das  Yerhältniss  der 
beiden  Conjugaten.  Eine  Untersuchung  aber  am  trocknen  Becken 
zeigte,  dass  diese  Voraussetzung  durchaus  falsch  sei, 
denn  es  fanden  sich  bei  ähnlichem  Stande  des  Pro- 
montorium in  verschiedenen  Becken  die  äussersten 
Extreme  des  Verhältnisses,  und  umgekehrt,  wo  dieses  Ver- 
hältniss  gleich  war,  stand  das  Promontorium  bald  tief,  bald  hoch. 

Eben  so  wenig  ist  Sie  Neigung  des  Beckens  (d.  h.  die 
Neigung  der  Beckeneingangsebene  zur  Horizontalebene  bei  auf- 
rechter Stellung  des  Weibes)  von  irgend  einem  Einflüsse,  denn 
durch  die  Stellung  des  Beckens  sind  die  Verhältnisse  seiner 
Räumlichkeit  nicht  bedingt    Nach  mannigfachen  Bemühungen 


nebst  Beschreibung  zweier  neuen  Instrumente  etc.       Ig7 

gewann  Michaelis  endlich  die  Ueberzeugung,  dass 
die  Breite  der  Scharofuge  und  die  Richtung  der- 
selben gegen  die  Conjugata  den  wesentlichsten 
Einfluss  habe,  und  die  Beantwortung  der  Frage,  ob 
der  Unterschied  der  Conjugaten  gross  oder  klein 
sei,  dahin  ausfallen  müsse,  dass,  je  höher  die 
Schamfuge  und  je  grösser  der  Winkel  sei,  den  sie 
mit  der  Conjugata  vera  bilde,  desto  grösser  sei  der 
Unterschied;  je  schmaler  aber  die  Schamfuge  und  je  kleiner 
jener  Winkel  sei,  desto  geringer  sei  der  Unterschied  der 
Conjugaten.  Die  Grösse  der  Conjugaten  aber  an  sich 
hat  auf  dieses  Verhältniss  wenigstens  einen  so  geringen 
Einfluss,  dass  er  für  die  Praxis  nicht  in  Betracht  kommen  kann. 

Wie  gross  aber  der  Einfluss  der  beiden  entschei- 
denden Momente  sei,  kam  zuerst  in  Frage;  demnächst 
aber,  wie  sie  sich  am  lebenden  Körper  erforschen 
lassen.  Hierbei  bemerkt  Michaelis  noch  vorläufig,  dass  er 
sich  aus  von  selbst  einleuchtenden  Gründen  veranlasst  sah, 
nicht  die  ganze  Höhe  der  Schamfuge  in  Betracht  zu  ziehen, 
sondern  nur  eine  Linie,  die  vom  Rande  des  Ligamentum  arcua- 
tum  zu  dem  Punkte  der  Schamfuge  läuft,  der  dem  Promon- 
torium am  nächsten  steht,  denn  dieser  Punkt  ist  sachgemäss 
der  vordere  Endpunkt  der  Conjugata  und  liegt  zwei  bis  drei 
Linien  unter  dem  obern  Rande  der  Schamfuge. 

Der  Winkel,  welchen  die  Schamfuge  mit  der  Conjugata 
bildet,  wechselt  nach  Michaelis  zwischen  96^  und  124 ^ 
Seine  mittlere  Grösse  ist  110^.  Bei  16  meist  ausgewählten 
Becken  fand  Michaelis  folgendes  Resultat: 

In  12  Fällen  harmonirte  die  Grösse  der  Differenz  von 
Conjugata  vera  und  Conjugata  diagonalis  mit  der  des  Winkels; 
in  4  Fällen  fand  eine  Abweichung  statt,  und  die  rührte  allein 
von  einer  ungewöhnlichen  Breite  der  Schamfuge  her.  Diese 
beträgt  nämlich  im  Diu*chschnitte  17%  Linien,  wechselt  aber 
im  einzehien  Falle  von  12  Linien  bis  zu  21  Linien. 

Speciell  in  Bezug  auf  die  Breite  der  Symphyse  ergab 
die  Untersuchung  der  obigen  16  Becken,  dass  in  10  Fällen 
die  Breite  der  Symphyse  mit  der  Differenz  zwischen  Conju- 
gata vera  und  Conjugata  diagonalis  harmonirt,  dagegen  in  6 
Fällen  sich  eine  Abweichung  zeigt 


138  ^'-     Germann,  Üeber  mnere  BeckenmeMting', 

,,Die  Erforschuug  beider  ^  esrntlirhen  Momente 
an  Lebenden,  sagt  Michaelis  ferner,  bat  ibre 
Scbwierigkeit,  und  babe  ich  bisber  dieselbe  nur 
schätzen,  nicht  aber  genauer  messen  können.  Den 
Winkel  nämlich  kann  man  nach  der  mehr  oder  weniger  schrä- 
gen Lage,  die  die  innere  Seite  der  Schamfuge  gegen  die  Dia- 
goualconjugata  hat,  einigermaassen  durch  die  Untersuchung 
erkennen,  wenn  man,  während'  die  Finger  der  einen  Hand 
das  Promontorium  fixiren,  den  Zeigefinger  der  rechten  Hand 
hinter  die  Schamfuge  einfuhrt  Leichter  lässt  sich  die  Breite 
der  Schamfuge  schätzen,  theils  indem  man  innen  bis  zum 
obern  Rande  mit  dem  Finger  hinaufgeht,  theils  nach  der  Stärke 
.des  Knocbeiüjaus  im  Allgemeinen,  mit  der  die  Breite  der 
Schamfuge  gewöhnlich  im  geraden  Verhältnisse  steht.  Be- 
sonders auf  das  Letztere  habe  ich  bei  meinen  Mes- 
sungen mich  verlassen,  und  wenn  auch  der  Schluss 
immer  einigermaassen  unsicher  blieb,  so  bin  ich  doch 
fast  immer  zu  einem  Resultate  gelangt,  das  der  Wahrheit,  so 
oft  ich  es  nachher  prüfen  kennte,  viel  näher  kam,  als  es 
nach  den  obigen  Erörterungen  möglich  scheint.^' 

In  der  Regel  nämlich  machte  Michaelis  einen  Abzug 
von  8  Linien  von  der  Conjugala  diagonalis,  um  die  Conju- 
gata  vera  zu  finden;  nur  bei  starkem  Knochenbaue  zog  er 
9  Linien,  hei  schwachem  7  Linien  ab.  Es  wird  immer  am 
gerathensten  sein,  sagt  er,  sich  innerhalb  dieser  Crenzen  zu 
halten  und  nur  selten  einen  grössern  oder  geringem  Abzug 
zu  machen. 

Dies  die  Ansicht  und  die  Ergebnisse  der  Forschungen 
von  Michaelis.  Ich  werde  später  bei  Bestimmung  der  Con- 
jugata  vera  durch  mein  Messungsinslrument  noch  einmal 
hierauf  zurückkommen  müssen;  ich  gab  aber  hier  die  An- 
sichten beider  genannter  Autoren  deshalb  ausführ- 
licher wieder,  um  dadurch  die  Gesichtspunkte  vor 
Augen  zu  legen,  die  mich  bei  Constructjon  meiner 
beiden  Instrumente  leiteten. 

Das  aber,  was  zunächst  zu  beweisen  war,  geht  aus 
Obigem  mit  Sicherheit  hervor,  nämlich  dass  das  Bedürf- 
niss,  die  Nothwendigkeit  einer  genaueren  inneren 
(instrumentalen)Beckenmessung  noch  immer  in  vol- 


nebst  Beschreibung  zweier  neuen  Instrumente  etc.        Ig9 

lern  Maasse  besteht  Denu  kein  neueres  Instrument, 
keine  neuere  Messungsmetliode  ist  veröffentlicht 
worden,  welche  bis  jetzt  die  von  Kitcisch  und  Mi- 
chaelis gestellten  Aufgaben  gelöst  hätte.  Auch  das 
früher  von  mir  nach  deüi  Principe  von  Kiwisch  und  Van 
HiLCvel  veröffentlichte  Messungsinstrunient  (vergl.  die  Schrift: 
„Die  geburtshilfliche  Pohklinik  zu  Leipzig,  1853'')  leidet  an 
dem  Mangel,  dass  es  den  Winkel,  den  Symphyse  und  Con- 
jugata  Vera  mit  einander  bilden,  nicht  anzugehen  vermag. 
Dadurch  aber  wird  es  unmöglich,  den  vorderen  Endpunkt 
der  Conjugata  semiexterna  und  den  schrägen  Dmxhroesser 
der  Symphyse  so  zu  bestimmen,  dass  der  Abzug  der  Länge 
dieses  Durchmessers  der  Symphyse  von  der  Länge  der  Con- 
jugata semiexterna  die  Länge  der  Conjugata  yera  mit  abso- 
luter Sicherheit  angäbe. 

Nach  Allem  durfte  gewiss  kein  Zweifel  mehr  an  der 
Wichtigkeit  einer  genaueren  Messung  der  Baum  wie  Neigungs- 
verhältnisse des  Beckens  aufkommen,  und  eben  dadurch 
das  Bedurfniss  eines  Instrumentes,  welches  diese  Aufgaben  zu 
lösen  vermag,  anerkannt  werden.  Bevor  ich  jedoch  zur  Be- 
schr#ibung  des  vorzuschlagenden  Instrumentes  übergehe,  er- 
übrigt es  noch,  auf  einige  andere  Umstände,  die  für  den 
Hergang  der  Geburt  von  Wichtigkeit  sind,  aufmerksam  zu 
machen.  Ich  meine  die  Grösse  und  Nachgiebigkeit 
der  Frucht,  sowie  die  Beschaffenheit  der  Wehen  und 
Weichtheile  des  Beckencanales. 

Bei  hinreichender  Uebung  in  der  äusseren  Untersuchung 
des  schwangern  Leibes  wird  es  in  der  Mehrzahl  der  Fälle 
gelingen,  ein'  bestimmtes  Urtlieil  darüber  zu  gewiimen,  ob 
die  Frucht  auflallend  klein,  von  gewöhnlicher  Stärke,  gross 
oder  ungewöhnlich  kräftig  entwickelt  ist.  Besondere  Beach- 
tung möchte  hierbei  die  sehr  häufig  durchfühlbare  Rücken- 
fläche  des  Kindes  verdienen.  Auch  durfte  eine  fortgesetzte 
Uebung  im  Vergleichen  verschiedener  Kinder  zu  empfehlen 
sein,  damit  nicht  der  Umfang  der  Gebärmutter,  die  verschie- 
dene zu  grosse  oder  zu  geringe  Menge  des  Fruchtwassers 
u.  s.  w.  zu  Irrungen  verleite.  ' 

Ebenso  bleibt  für  die  Bcurtheilung  der  Grösse  und 
Nachgiebigkeit  des   Schädels   des  Kindes    die  direcle 


190  VI.     Germann f  Ueber  innere  Beckenmessnng, 

Untersuchung  das  allein  Entscheidende.  Der  Erfolg  der  Unter- 
suchung wird  hier  zum  Theil  davon  abhängen,  ob  wir  es  mit 
einer  Schwangeren  oder  einer  schon  mehr  oder  minder  weit 
in  der  Geburtsarbeit  vorgeschrittenen  Gebarenden  zu  tbun 
haben.  Der  hohe  Stand  des  Kopfes  über  der  Symphyse  bei 
mit  Beckenenge  behafteten  Schwangeren  meist  ist  der  Unter- 
suchung auf  seine  Grösse  meist  günstig.  Steht  der  Kopf  aber 
nach  Beginn  der  Geburt  bei  engem  Becken  frülizeitig  bereits  im 
Eingange  desselben,  so  ist  damit  für  den  speciellen  Fall  das 
relativ  günstige  Verhältniss  zwischen  Kopf  und  Becken,  worauf 
es  ja  eben  ankommt,  auch  erwiesen.  Der  Schhiss  von  der 
Grösse  des  Rumpfes  auf  die  des  Kopfes  wird  mehr  zur  Prüfung, 
als  zur  Erlangung  eines  Resultates  zu  verwenden  sein. 

In  welcher  Weise  bei  dieser  Art  der  Untersuchung  die 
zu  beschreibenden  Instrumente  von  Nutzen  sein  können,  dar- 
über später. 

Was  aber  die  Prüfung  der  Nachgiebigkeit  des  kindlichen 
Schädels  anlangt,  wobei  insbesondere  auf  die  Gegend  der 
Nähte  und  Fontanellen  zu  achten  ist,  so  fuhrt  hier  in  der 
Regel  bei  engem  Becken  nur  die  Untersuchung  mit  der  hal- 
ben oder  ganzen  Hand  zum  Ziele,  was  wiederum  meiSt  nar 
während  des  Geburtsverlaufs  unbedenklich  sich  ausführen 
lässt.  Ebenso  wird  selbstverständlich  erst  die  längere  Beob- 
achtung der  bereits  eingetretenen  Wehenthätigkeit  ein 
Urtheil  über  dieselbe  ermöglichen,  letzteres  aber,  insofern 
als  Kunsthüife  öfters  die  austreibenden  Kräfte  mehr  oder 
minder  zu  ersetzen  vermag,  solchenfalls  auch  eher  zu  ent- 
behren sein. 

Die  Weichtheile  endlich  der  Geburtswege  setzen  in 
gedachter  Beziehung  einer  directen  Untersuchung  durchaus 
kein  Hinderniss  entgegen. 

Blicken  wir  jetzt  nochmals  auf  alle  die  Einwände  und 
Hindernisse  zurück,  die  sich  einer  erfolgreichen  Anwendung 
von  Instrumenten  zur  inneren  Beckenmessung  bisher  entgegen- 
stellten, so  wird,  hofTe  ich,  doch  endlich  die  Ueberzeugung 
siegen,  dass,  gelingt  es  nur  erst  einnial  ein  Instrument  zu 
construiren,  was  Einfachheit  und  Sicherheit  der  Messung  in 
sich  vereinigt  —  so  wird  man  auch,  trotz  aller  jener  Schwie- 


nebst  Besch-reibnng^  zweier  neuen  Insframente  etc.       191 

rigkeiten  und  Mängel  es  für  Pflicht  halten ,  es  anzuwenden, 
wo  es  sich  nur  eben  anwenden  iässt 

Die  von  Michaelis  in  seiner  Schrift  über  das  enge 
Becken  angegebene  Methode  zur  Erforschung  der  Raum- 
und  Formverhältnisse  des  weiblichen  Beckens  halte  ich  im 
Allgemeinen  für  die  empfehlenswertbeste.  Von  Messungs- 
instrumenten benutzte  derselbe  nur  den  Baudetocq'&chen 
(BurchcMTcfschen)  Tasterzirkel.  Zur  Ausmessung  des  Becken- 
canals,  insbesondere  zur  Bestimmung  der  Länge  der  Diagonal- 
conjugata  bediente  er  sich  bekanntlich  zweier  Finger, 
ausnahmsweise  der  ganzen  Hand. 

Die  Anwendung  der  hier  zu  beschreibenden  bei- 
den Messungsinstrumente  setzt  ausdrücklich  die  Be- 
stimmung der  Länge  der  Diagonalconjugata  nach 
Michaelis'  Methode  voraus  und  hat  zum  Zweck,  die 
insbesondere  durch  letztere  Methode  der  Messung 
sich  im  individuellen  Falle  ergebenden  Resultate 
theils  zu  controliren,  theils  zu  Tervollständigen. 

Soll  ich  genauer  die  Aufgaben  bezeichnen,  welche  die 
betrelTenden  Instrumente  zu  lö«en  hätten,  und  meiner  Ueber- 
zeuguhg  nach  mit  bald  mehr,  bald  weniger  hinreichender 
Sicherheit  zu  lösen  föhig  sind,  so  würden  es  folgende  sein: 
Zunächst  dasjenige  der  beiden  Instrumente  anlangend, 
welches  dem  Baudelocq'schen  Tasterzirkel  in  seiner  äussern 
Form  entspricht,  und  als  solches  dem  Instrumente  gleicht, 
welches  ich,  wie  erwähnt,  1853  veröflentlichte,  so  lassen  sich 
mit  demselben 

1)  alle  die  Messungen  vornehmen,  welche  mit  dem  ge- 
wöhnlichen Baudeloc^schen  Tasterzirkel  ausführbar 
sind,  jedoch  so,  dass  dieses  Instrument  die  betreffenden 
Maasse  nicht  nur  in  Pariser  Zollen  und  Linien,  son- 
dern auch  in  Centimetem  angiebt.  So  wird  dasselbe 
z.  B.  unter  Anwendung  der  äussern  Beckenmessung 
zur  Bestimmung  der  Beckenform  gebraucht  werden 
können,  nach  der  Methode,  die  Michaelis  hierfür  an- 
gegeben bat.  Und  ebenso  wird  es  gleich  dem  ge- 
wöhnlichen Tasterzirkel  gebraucht  werden  können,  um 
die  Höhe  des  Beckens  nach  der  bisher  gebräuchlichen 
Methode  genauer  zu  bestimmen. 


192  VI.     Gf.rmann^  Ueber  innere  Bcckenmessnng, 

2)  Ermöglicht  dies  Instrument,  was  mit  dem  gewöhnlichen 
Baiidelocq*schen  Tasterzirkel  nicht  ausführbar  ist,  als 
Tasterzirkel  gebraucht,  auch  die  Messung  der  Dicke 
der  Wirbelsäule  iu  der  Gegend  des  Vorbergs,  desglei- 
chen die  Messung  der  Dicke  der  Symphyse  und  des 
Schamberges,  die  Messung  der  Coujugata  semiexterua 
und,  so  weit  dies  möglich,  die  Messung  der  Distantiae 
sacrocotyloideae ,  desgleichen  die  Messung  der  Durch- 
messer der  seitlichen  Beckenwände  und  dadurch  iu* 
direct,  und  so  weit  es  möglich,  die  Messung  der  Grösse 
der  Querdurchmesser  des  Beckens.  Führt  man  einen 
Arm  des  Instrumentes  in  die  Htirnröhre  und  Blase  ein, 
so  lässt  sich  auf  diese  Weise  die  Dicke  der  Bauch- 
wände  in  dei*  entsprechenden  Gegend  messen  und  sich 
dadurch  auf  indirectem  Wege  annähernd  ein  Urtheil 
über  die  Breite  des  Fötalschadels  und  die  Länge  und 
Breite  des  kindlichen  Rumpfes  ermöglichen.  Vermöge 
seiner  compendiösen  Form  vermag  ein  so  gebauter 
Tasterzii'kel  leicht  in  der  Tasche,  m  welchei*  der  Ge- 
burtshelfer seine  Instrumente  verwahrt,  Platz  zu  finden, 
und  wii'd  daher  so  leichter  zur  Hand  sein  können, 
wenn  es  gilt,  bei  erst  wähi^eud  des  Geburts Verlaufes 
erkannter  Beckenenge  nicht  nur  die  instrumentale  Becken- 
messung sogleich  noch  vorzunehmen,  sondern  auch  den 
Rumpf  und  Schädel  des  neugebornen  Kindes  sogleich 
nach  der  Geburt  zu  messen,  um  dadmxh  Anhaltspunkte 
für  die  nächstfolgenden  Geburten  zu  gewinnen. 
Die  Hauptaufgabe  dieses  Instrumentes  besteht  aber 

3;  darin,  einestheils  die  Höhe  der  Symphyse,  die  Länge 
der  Conjugata  vera  und  die  Grösse  der  beiden  Winkd 
zu  bestimmen,  welche  Conjugata  diagonalis  und  Conju- 
gata vei*a  mit  der  Symphyse  bilden,  anderntheils  darin, 
die  Weite  des  Beckencanals  un  geraden  Durchmesser, 
und  das  Neigungsverhältniss  festzustellen,  iu  welchem 
der  gesammte  Beckencanal  zur  Beckeneingangsebene, 
insbesondere  aber  die  hintere  Wand  des  Beckencanals 
zur  Symphyse  steht. 

4)  Der  an  dem  Instrumente  belindliche  männliche  Catlieler 
lässt   sich  mit  gutem  Erfolge  nichl  nur  als  weiblicher 


Dobflt  BMohreibmig  iweier  nenen  iDttinmente  etc.       193 

Catheter,  sondern  ausnahmsweise  auch  als  Injections- 
röhr  für  die  Geblrmutterhöhle  verwenden.  Die  beige- 
gebene seidene  Schnur  wurde  zur  Messung  des  Um- 
fangs  des  Schädels  der  Neugebomen,  zur  Messung  des' 
Beckenumfangs  und  als  Wendungsschlinge  benutzt.  Die 
Einrichtung  des  Instruments  erlaubt  es  aber  auch,  diese 
Schnur  ausnahmsweise  und  in  augenblicklicher  Erman* 
gelung  eines  besseren  Instrumentes  so  zu  verwenden^ 
dass  der  eine  Arm  des  Beckenmessers  als  Schlingeu- 
träger  oder  als  Nabelschnurrepositorium  gebraucht 
werden  kann. 
Das  zweite  Instrument  hat  eine  zweifache  Aufgabe: 

1)  Soll  es  dieselbe  Aufgabe  lösen,  welche  für  das  ?orh^* 
gehende  Instrument  unter  No.  3  gestellt  wurde.  Es 
controlirt  daher  das  sich  dort  ergebende  Resultat  der 
Beckenmessung. 

2)  Soll  durch  dasselbe  der  Neigungswinkel  dex  Becken- 
eingangsebene, d.  h.  der  Conjugata  vera,  bestimmt 
werden  zur  perpendiculären  Körperachse  und  zur  Ho- 
rizontalebne. 

Der  Bau  beider  Instrumente,  die  auf  der  Litho- 
graphie um  die  Hälfte  verjüngt  dargestellt  wurden, 
ist  im  Allgemeinen  ein  einfacher.  Betrachten  wir  zunächst 
das  zuerst  erwähnte  Messungsinstniment.  Tab.  I,  Fig.  1  zeigt 
dasselbe  so  zusammengelegt,  dass  es  sich  leicht  transportiren 
lässt;  Tab.  I,  Fig.  2  stellt  es  dar  als  Tasterzirkel;  Tab.  II, 
Fig.  3  zeigt  es  in  der  Einstellung,  die  nöthig  ist,  um  das 
bereits  mehrfach  erwähnte  von  Symphyse,  Conjugata  diago- 
nahs  und  Conjugata  vera  gebildete  Dreieck  nach  der  später 
anzugebenden  Methode  durch  Messung  der  BeckenräumUch- 
keiten  zu  bestimmen.  Nur  wäre  in  diesem  Falle  zuvor  die 
Schnur  zu  entfernen,  die  nur  deshalb  hier  durch  den  betref- 
fenden Arm  des  Beckenmessers  durchgeschlungen  ist,  um  die 
Art  ihrer  Verwendung  für  die  Reposition  der  Nabelschnur 
u.  s.  w.  anzudeuten. 

Betrachten  wir  jetzt  die  einzelnen  Theile  des  Becken- 
messers. Den  linken  Arm  des  Instrumentes  (vgl.  Tab.  I, 
Fig.  2)  bezeichnen  wir  als  Catheterarm  A,  den  rechten  als 
Sondenarm  B.     Diese   beiden  Haqpttheile  des  Instrumentes 

Monatosohr,  f.  Q«bwtak.  1S61.  Bd.  XYUI.,  SappL-Hfl.  18 


194  VI.    Oermannf  lieber  innere  Beekentaieniiog, 

sind  durch  ein  Charniergelenk  h  verbanden,  weldies  sich 
vermöge  Herausnahme  der  daselbst  befindlichen  Lappen- 
schraube öffnen  und  beide  Theile  nöthigenfalls  getrennt  be- 
nutzen lässt. 

Der  Catheterarm  A  besteht  aus  drei  Theilen :  a)  aus  der 
Basis  des  Catheters;    b)  aus  der  abnehmbaren  oberen  Hälfie 
des  Catheters;  c)  aus  einem  Schraubenstabe,  der  in  die  Ca- 
theterbasis  eingeschoben  wird,  und,  seinerseits  selbst  wieder 
cylindrisch  ausgehöhlt,  dazu  dient,  die  obere  Hälfte  des  Ca- 
theters unbeweglich   auf  dessen  Basis  zu  befestigen,  ganz  in 
der  Weise  wie  dies  bei  jedem  zusammengesetzten  männlicben 
Schraubencatbeier   bewerkstelligt  zu  werden  pflegt     Die  un- 
tere Oeffnung  des  Catheters  ist  durch  ein  am  Schraubenslab 
c  befindliches  Ventil  ce  geschlossen.    Der  Sondenann  B  be- 
steht aus  6  einzebien  Theilen  (vgl.  Tab.  I,  Fig.  1),   nämlich 
aus   zwei  Sonden  /  und  g ,    zwei  Röhren  d  und  e ,    einem 
halbkreisförmigen  Maassstabe  k,  und  einem  Stabe  p,  Theile, 
die,  soweit  sie  für  den  Gebrauch  des  Instruments  als  Taster- 
Zirkel  unnöthig  sind  (vgl.  Fig.  2),   daselbst  entfernt  wurden, 
am  Sondenarm  B  der  Fig.  1  dagegen  in  ihi^  gewöhnlichen 
Einstellung  dargestellt  sich  befinden.    Die  Basis  des  Sonden- 
arms  B  (vgl.  Fig.  1)  wird  durch  zwei  Röhren  gebildet  d  und 
e,  in  welche  von  ihren  oberen  bis  unteren  Enden  zwei  ana- 
log der  Uterossonde  gebaute  Haassstäbe  /  und  g  eingescho- 
ben sind.    Die  Sonde  /  ist  stärker  gekrümmt,  als  die  Sonde 
g,   und   länger   als   diese.     An  ihrer  Basis  steUt  sie  einen 
Maassstab  dar  von   1   bis  23  Centim.  Länge,   während  die 
•     Sonde  g  an  ihrer  Basis  einen  8  Zoll  langen  Maassstab  dar- 
stellt,   der   nach  Pariser  Zollen    und  Linien   eingetheilt  ist 
10  Centim.   von   dem   unteren  Ende   der  Sonde/  entfernt, 
findet    man   eine   ringförmige   Einkerbung  x    an   derselben. 
Diese  ringförmige  Einkerbung  muss  das  obere  Ende  der  Rohre 
d  bei   dd  berühren,   wenn  das  Instrument  als  TasterziriLel 
benutzt   werden   soll,   denn  nur  bei  solcher  Einstellung  der 
Sonde  /  zeigt  der  halbkreisförmige  Maassstab  k  die  gegen- 
seitige Entfernung   der  Spitzen  mn   des  Tasterzirkels   (vgl. 
Fig.  2)  nach  Zollen  und  Linien  oder  Centimetem  richtig  an. 
Damit  sich  aber  die  Sonde  /  zeitweilig  unverrückbar  in  die- 
ser SteUnng  befestigen  lasse,  ist  die  Schraube  o  an  der  Röhre 


nebst  BeselireibaBg  swei^  neuuu  Inatramente  oto.       195 

d  angebradit  worden.    Die  Sonde  j^,  die  als  Maassstab  und 
Utenissonde  dienen  soll,  lässt  sich  aus  ihrer  Rohre  e  ebenso 
hervorziehen  und  in  derselben  verschieben,   wie  die  Sonde/ 
in   der  Röhre  d.     Die  links   von  der  Sonde  auf  der  Litho- 
graphie  befindliche,    in  Zolle  und  Linien  eingetheiltc  Längs- 
fläche entspricht  der  Fläche  der  Sonde,   die  bei  der  vorlie- 
genden Richtung  der  letzteren  hier  nicht  darstellbar  ist.    Die 
Sonde  g  als  Haassstab  hat  aber  zunächst  den  Zweck,  die 
gegenseitige  Entfernung   der  Spitzen  m   und  n  (vgl.  Tab.  L, 
Fig.  2  und  Tab.  11,  Fig.  3)   nach  Zollen   und  Linien  damit 
auszumessen   in   den  Fällen,    wo   die  Sonde/  au  der  Stelle 
ihrer  ringförmigen  Einkerbung   unter    oder  über  den  Punkt 
dd  iü  der  Rdhre  d  hinaufgeschoben   werden   musste,   odei* 
wo   das  Hessungsinstrument   überhaupt   aus  andern  Theileu 
und   in  anderer  Weise  zusaounengestellt  worden  ist,    als  es 
Fig.  2  zeigt.     Vermöge   der  Schraube  l  lässt  sich  dei*  halb« 
kreisförmige  Maassstab  k,  aus  dem  aufgesetzten  Oehre  y  her- 
vorgezogen (vgl.  Fig.  2),  ;um  Zweck  leichterer  Transportir- 
barkeit   des  Instrumentes,    in   aufrechter  Stellung  befestigen 
(vgl.  Fig.  1).     Aut  seiner  linken  Seite  ist  der  halbkreisförmige 
Maassstab  k  nach  Pariser  Zollen  und  Linien,  auf  seiner  rech- 
ten Seite  nach  Centimeteru  abgetheilt.    Der  sechste  Bestand- 
theil  endlich  des  Sondeuarms  B  ist  der  Maassstab  p   (vgl. 
Fig.  1  u.  S).    Er  ist  dazu  bestimmt,   nach  Entfernung  der 
Catheterspitze  b  (vgl.  Tab.  1,  Fig.. 2)    auf  die  Basis  des  Ca- 
theters  aufgeschi'aubt'  und  daselbst  in  gleidier  Weise  befestigt 
zu  werden,    wie  dies  für  die  Catheterspitze  b  bereits  ange- 
geben wurde.    So  bildet  dann  der  Catheterarm  Ä  einen  zu- 
sammengesetzten Stab,   der,   wie  schon  früher  erwähnt,  mit 
Hülfe  jener  seidenen  Schnui*  als  Nabelschnurrepositorittm  oder 
Scbiingenträger  benutzt  werden  kann,  hauptsächlich  aber  dazu 
zu  dienen  hat,  die  Messung  des  Winkels  zu  erleichtern,  den 
Coi^ttgata  diagonalis  und  Symphyse  mit  einander  bilden.   Auch 
ist  der  Stab  p  für  diesen  Zweck  an  seiner  Innern  Fläche  von 
seiner  Spitze  aus  in  dner  Länge  von  6  Zollen  nach  Pariser 
Zollen  und  Linien  abgetheilt.    Da,    wo  man  denselben  nicht 
bedarf,    wird  er  sammt  dei*   um  ihn  zu  wickehiden  Schnur 
mittels  einer  sogenannten  ewigen  Schraube  q  (vgl.  Tab.  L,  Fig.  1) 
an  der  äussern  Seite  des  Sondenarmes  B  angeschraubt 

18  ♦ 


196  ^^'    C^ermann,  üeber  innere  Becken mesean^, 

Das  zweite  zu  beschreibende  Instrument  besteht  aus  zwei 
Haupttheilen,  nämlich:  1)  aus  einer  mit  Papier  überzogenen 
Holztafel  (vgl.  Fig.  4,  Tab.  III.);  3)  aus  einem  aus  Stahl- 
stäben zusammengestellten  Parallelogramm  (rgl.  Tab.  IV,  Fig.  5). 

Die  Holztafel  ist  auf  eine  halbmondförmige  messingene 
Platte  befestigt,  in  der  Weise,  wie  dies  aus  der  beigegebenen 
Zeichnung  (vgl.  Tab.  lü,  Fig.  4)  ersichtlich  ist.  Diese  Mes- 
singtafel aber  wird  durch  seitlich  angebrachte,  mit  Schnallen 
und  Schenkelriemen  versehene,  rings  um  das  Becken  herum- 
zuführende  Bänder  möglichst  fest  auf  den  Schamberg  gegen 
die  knöcherne  Unterlage  der  Symphyse  angeschnallt,  oder 
zugleich  während  der  Messung  in  unvcrrCkckter  Lage  daselbst 
von  einem  Gehfllfen  gehalten.  Längs  des  obern  und  untern 
Randes  der  Holztafel,  auf  deren  rechten  Seite,  findet  sieb 
je  eine  Linie  verzeichnet.  Diese  ist  durch  senkrecht  veriau- 
fende  Linien  und  durch  Punkte  in  Cenlimeter  und  Centi- 
meterbmchtheile  eingetheilt  Jeder  senkrechten  Linie  ent- 
spricht in  fortlaufender  Reihe  eine  Zahl.  Am  obern  Rande 
der  Holztafel  ist  ein  durch  ein  Häkchen  befestigtes  Loth  an- 
gebracht, welches  sich  beliebig  nach  rechts  und  links  ver- 
schieben lässt. 

Bei  dem  zweiten  Haupttheile  dieses  Beckenmessers  (vgl. 
Tab.  IV.,  Fig.  5)  hängt  von  der  mathematischen  Genauigkeit, 
mit  welcher  die  för  Bildung  des  Parallelogramms  bestimmten 
stählernen  Stäbe  gearbeitet  sind,  zum  nicht  geringen  Theil 
der  mit  diesem  Instrumente  zu  erzielende  Erfolg  ab.  Der 
Stab  a  ist  an  beiden  Enden  in  einer  Länge  von  SVs  Pariser 
Zollen  rund,  m  der  Mitte  dagegen  in  einer  Länge  von  öVs  ZoU 
viereckig  in  Quadratform  gearbeitet.  Sein  Durchmesser  be- 
trägt an  dem  zum  Handgriffe  bestimmten,  gebogenen  Ende 
2V^  Linien,  in  der  Mitte  2  Linien ,  am  oberen  abgerundeten 
Ende  IV2  Linien,  lieber  diesen  Stab  wird  vom  Punkte  a  ans 
der  Stab  b  hinweggeschoben,  indem  sich  an  dessen  unterem 
Ende  zu  diesem  Zwecke  eine  dem  qiiadratf5rmig  gearbeiteten 
Stabe  a  genau  entsprechende  quadratförmige  Oeflhung  befin- 
det, in  welche  zuglcfch  von  unten  her  eine  Schraube  bb 
eindringt,  um  damit  den  Stab  b  gegen  den  Stab  a  festschrau- 
ben zu  können.  Der  in  gleicher  Weise  gearbeitete  und  in 
einem  längeren  und  in  einem  kürzeren  Exemplare  vorhandene 


nebsl  BeachreibiiDg  sweier  nenen  Instrumente  etc.       ]97 

'Stab  c  wird  in  ganz  gleicher  Weise  wie  der  Stab  b  über 
den  Stab  a  vom  Punkte  b  aus  über  deo  Stab  b  hinweg- 
geschoben und  an  der  passenden  Stelle  dann  durch  seine 
Schraube  cc  festgestellt. 

Um  die  Befestigung  der  Holztafel  vor  der  Symphyse  mir 
zu  erleichtern  und  das  Aufschnallen  derselben  auf  die  Sym- 
physe in  der  Regel  ganz  zu  umgehen,  brachte  ich  zwischen 
den  Armlehnen  meines  Explorationsstuhles,  nachdem  die  Frau 
auf  dem  Stuhle  sich  fast  horizontal  niedergelegt  hatte,  einen 
26  Zoll  langen,  1  Zoll  dicken  Querstab  a  an  (vgl  Tab.  V, 
Fig.  6)l,  auf  welchem  letztem  die  Holztafel  b  ganz  in  der- 
selben Weise  wie  früher  auf  der  Hessingtafel  befestigt  wurde. 
Dieser  Holzstab  ist  rechts  und  links  an  seinen  Enden  c  und 
d  2  Zoll  lang,  schraubenförmig  gewunden,  jedoch  so,  dass 
der  Durchmesser  dieser  Schraube  nur  V4  Zoll  beträgt,  wäh- 
rend der  Stab  selbst  1  Zoll  dick  ist  Dies  letztere  hat  den 
Zweck,  über  diese  Schrauben  von  rechts  und  links  her  je 
einen  anderen,  leistenf5nnigen,  mit  einem  runden  Loche  am 
oberen  Ende  versehenen  Holzstab  e  und/  bin  wegschieben  zu 
können  bis  zu  dem  Punkt,  wo  der  Stab  a  nicht  mehr 
schraubenförmig  gewunden  ist  Indem  diese  Stäbe  hierauf 
durch  je  eine  Schraubenmutter  g  und  h  von  rechts  und  links 
her  gegen  die  Armlehne  gepresst  werden,  wird  es  möglich, 
den  Querstab  a  in  jeder  beliebigen  Drehung,  jeder  beliebigen 
Höhe  und  Weite  vor  und  über  den  Armlehnen  zu  befestigen. 
Durch  den  Stab  a  neben  der  Holztafel  gehen  2  Schrauben 
k  und  Z,  die  bis  auf  die  Weichen  der  zu  messenden  Frau 
Yorgeschraubt  werden  können  und  jede  Lageveränderung 
während  der  Messung  erkennen  lassen,  sobald  man  die  Punkte, 
wo  sie  die  Haut  berühren,  mit  dem  Rothstiflte  anzeichnet. 
Die  Höhe  des  oberen  Randes  der  Armlehne  an  meinem  Explora- 
tionsstuhl  beträgt  39  Zoll,  die  Höhe  des  Sitzes  35  Zoll,  dessen 
Breite  21  Zoll,  die  Höhe  der  seitlich  angebrachten  Fusstritte 
22  Zoll.  Die'Rücklebne  des  Stuhls  lässt  sich  in  bekannter 
Weise  nach  Belieben  senkrechter  oder  horizontaler  stellen. 

Um  den  Preis  des  zuerst  beschriebenen  Instru- 
mentes zu  mindern,  kann  man  dasselbe  auch  so  einrichten 
lassen ,  dass  man  an  Stelle  des  Catheterarmes  A  einen  Sonder- 
arin  4  ßetzt,  der  äbnlicb  wie  d^r  Catheterarm  A  zusammengesetzt 


198  ^^*    öermann^  lieber  fnnere  Becken messnng, 

ist  (vgl.  Tab.  VI.,  Fig.  7).  Auf  diese  Weise  fallt  rflcksichtHch 
des  Koslenpunktes  der  Catheter  weg.  Aber  auch  die  Sonde  g 
ist  aoderweit  leicht  zu  ersetzen  und  kann  daher  wegfallen. 
An  die  Stelle  der  Catheterbasis  tritt  ein  solider  Stab,  an  die 
Stelle  der  abnehmbaren  CaÜieterspitze  theils  eine  abnehmbare, 
ganz  so  wie  die  Sondenspitze  /  gekrümmte,  äusserlich  ganz 
so  wie  der  Catheter  gebaute,  solide  Sondenspitze,  theils  ge> 
legentlich  der  Winkclmessung  der  schon  bei  Fig.  1  und  3 
beschriebene  Stab  p,  letzterer  hat  solchen  Falles  als  Maass- 
stab zugleich  die  Stelle  des  Maassstabes  g  zu  vertreten.  Man 
bedient  sich  nämlich  dann  statt  des  Maassstabes  g  zunächst 
jedes  beliebigen  Bleistifts  oder  geraden  Stabes,  misst  damit 
im  betreflenden  Falle  (vgl.  Fig.  3,  Tab.  II.)  z.  B.  die  Entfer- 
nung zwischen  den  Punkten  m  und  n  und  bestimmt  die  so 
gefundene  Grösse  durch  Uebertragung  derselben  auf  den  Maass- 
stab p.  Die  Befestigung  des  Stabes  p  an  der  Basis  des 
Sondenarmes  B,  sowie  an  der  Basis  r  des  Armes  A  (vgl. 
Fig.  7),  desgleichen  die  Befestigung  der  Sondenspitze  s  an 
derselben  Basis  r  des  Armes  A  geschieht  durch  Einsenkung 
der  betreffenden  Theile  in  die  auf  Halbzolltiefe  ausgehöhlten 
Basen  r  und  t  und  durch  Anschraubung  mittels  der  Schrau- 
ben V  und  tCy  sowie  dies  erwähntermassen  bei  Fig.  2  mit  der 
Sonde  /  durch  die  Schraube  o  geschieht.  Die  HinzuTöguog 
der  seidenen  Schnur  und  alle  übrigen  Veriiältnisse  der  Theik, 
wie  sie  bei  Fig.  1,  2  und  3  beschrieben  wurden,  bleiben  un- 
verändert dieselben.  Nur  soll  ausdräcklich  noch  einmal  daran 
erinnert  werden,  dass  auch  bei  diesem  Instrumente,  nur  wenn 
die  Sonde  /  mit  ihrer  ringförmigen  Einkerbung  x  die  Stelle 
dd  der  Röhre  d  berührt,  der  halbkreisförmige  Maassstab  k 
die  Entfernung  der  Spitzen  des  Tasterzirkels  tn  und  n  genau 
nach  Zollen  und  Linien  angiebt.  Auch  hier  lässt  sich  der 
halbkreisförmige  Maassstab  k  durch  die  Schraube  l  (6)  in 
aufrechter  Stellung  befestigen. 

Aus  dem  angegebenen  Zwecke  und  der  vorstehenden  Be- 
schreibung beider  Instrumente  lässt  sich  die  Art  und  Weise 
ihrer  Anwendung  schon  theilweise  erschliessen. 

1)  Die  Anwendungsweise  des  zuerst  beschriebenen  Instru- 
mentes als  Tasterzirkel  in  der  durch  Tab.  L,  Fig.  2  und 
Tab.  VI«,  Fig.  7  versinnliditen  Einstellung  bedarf  kemtf 


nebit  Besebreibnng  sweier  nenen  InstrameiiU  etc.       199 

weiteren  Erläuterung.    Von  seibst  versteht  es  sich,  dass 
die  Schrauben  v  und  o  dabei  festgeschraubt  sein  müs- 
sen ,   sowie   dass  die  nöthige  Einstellung  der  Sonde  / 
mit   ihrer  halbkreisförmigen  Einkerbung  x  am  Punkte 
dd  der  Röhre  d  im  Auge  zu  bebalten  ist. 
2)  Soll    dagegen   durch    das  erstgenannte  Instrument  der 
Winkel  bestimmt  werden,  welchen  Conjugata  diagonalis 
und    Symphyse   miteinander   bilden,   und  dadurch  zu- 
gleich  die  Länge  der  Conjugata  vera   und   der  Winkel 
angegeben  werden,    welchen  Conjugata  vera  und  Sym- 
physe mit  einander  bilden,   und   soll  femer  die  Weite 
des  Beckencanals  im^  geraden  Duixhmesser,   sowie  das 
Neigungsverhältniss  erforscht  werden,   in  welchem  die 
hintere  Beckenwand  zur  vorderen  Beckenwand  und  zur 
Beckeneingangsebene  steht,  so  kann  man  diesen  Zweck 
am  einfachsten  durch  Consti*uction  zweier  Dreiecke  er- 
reichen, welche  beide  die  Conjugata  diagonalis  zu  ihrer 
Basis  haben,  und  bringt  zu  diesem  Zwecke  das  Mes- 
sungsinstrument in  die  Stellung,  welche  Tab«  II,  Fig.  3 
zeigt.    Die  Frau  aber,  deren  Becken  gemessen  werden 
soU,   muss  sich  in  fast  horizontaler  Stellung  auf  einen 
Eiplorationsstuhl  legen,    die  Schamtheile  dem  Tages- 
lichte zuwenden,  muss  die  Füsse  gehörig  von  einander 
entfernen  und  im  Knie  gebogen   auf  zwei  zur  Seite 
bejBndliche   Fusstritte    aufstemmen.     Soll   der  Vorbeiig 
mögliehst    schmerzlos   mit  1    oder  2  Fingern  erreicht 
werden,   mässen  letztere  vor  Allem  langsam  und  all- 
mählig    eingeführt    werden.     Das   Messungsinstrument 
wird  erst  eingebracht,  nachdem  der  Finger  sicher  den 
Vorberg   und    das   Ligamentum  arcuatum   gefühlt   hat 
und  daselbst  angedrückt  erhalten  werden  kann. 
Von  den  drei  Eckpunkten  des  zu  bestimmenden  ersten 
Dreiecks  abc  (vgl.  Fig.  8,  Tab.  I.)  entsprechen,  dem  Gesag- 
ten zufolge,   zwei  Eckpunkte  den  Endpunkten  der  Conjugata 
diagonalis,  indem  der  Eckpunkt  a  auf  dem  Punkte  des  Vor- 
berges,  welcher  dem  hintern  Punkte  der  Diagonal-Conjugata 
entspricht,   der  Eckpunkt  b  am  Scheitel  des  Schambogens, 
der  Eckpunkt  c  aber  auf  dem  Schamberge  sich  befindet  und 
zwar  nach  oben  und  aussen  von  der  Mitte  des  obem  innem 


200  ^^'    G^ermannf  Ueber  innere  Beokenmes^mir, 

Randes  der  Schambeinvereinigung,  d.  b.  am  yordeni  EndpuDkle 
einer  Linie,  die  die  ungefabre  Dicke  der  Symphyse  und  des 
Schamberges  angiebt  Auch  von  den  drei  Eckpunkten  des 
zweiten  Dreiecks  aßy  findet  sich  der  Eckpunkt  a  an  dem 
eben  bezeichneten  Punkte  des  Vorberges  und  der  Eckpunkt  ß 
am  Scheitel  des  Schambogens,  der  Eckpunkt  y  dagegen  Uegl 
innerhalb  des  vorhergehenden  Dreiecks  abc^  nämlich  einige 
Linien  unter  dem  inneren  obern  Rande  der  Schambeinv^- 
einigimg,  d.  h.  er  entspricht  gleichzeitig  dem  vorderen  End- 
punkte der  Conjugata  vera,  dem  so  angenommenen  obern 
Endpunkte  der  Höhe  der  Symphyse  und  dem  hintern  Endpunkte 
einer  Linie,  die  von  ihrem  vordem  Endpunkte  c  aui|  die  un- 
gefähre Dicke  der  Symphyse  und  des  Schambergs  angiebt 

Durch  vorangehende  Construction  des  Dreiecks  abc  lässt 
sich  daher  die  Lage  des  letztern  Punktes  y  des  Dreiecks  aßy 
genau  bestimmen  mittels  der  genau  messbaren  Höhe  der 
Symphyse  und  mittels  der  durch  den  halbkreisförmigeD 
Maassstab  k  bei  und  nach  der  Messung  genau  nachweisbaren 
Länge  der  Linie,  welche  der  ungefähren  Dicke  der  Symphyse 
und  des  Schamberges  entspricht. 

Rehufs  der  Construction  des  erstem  Dreiecks  abc  misst 
man  zunächst  die  Länge  der  CSonjugata  diagonalis  mit  einem 
oder  zwei  Fingern,  am  besten  in  der  Weise,  wie  es  Michaelis 
vorschreibt.  Die.  gefundene  Länge  (vgl.  Tab/U,  Fig.  3)  trägt 
man  auf  den  geraden  Catheterarm  A,  von  dessen  Spitze  m 
aus  über,  d.  h.  man  merkt  sich  an  dem  Zollmaassstab  des 
Calhelerarmes  Ä  die  Zolle  und  Linien,  welche  die  Länge  der 
Conjugata  diagonalis  ausdrücken.  Hierdurch  sind  die  beiden 
ersten  der  Rasis  entsprechenden  Punkte  des  gesuchten  Drei- 
ecks abc  (vgl.  Tab.  I,  Fig.  8)  gegeben.  Man  führt  nun  mit 
Hülfe  eines  oder  zweier  Finger  die  Spitze  m  des  geraden 
Catheterarmes  A  auf  den  Punkt  des  Vorbergs  a,  welcher 
dem  hintern  Endpunkte  der  Conjugata  diagonalis  entspricht, 
erhebt  dann  die  Rasis  des  Armes  A  so  weit,  dass  sie  gleich- 
zeitig im  Verlauf  den  Scheitel  des  Schambogens  b  als  den 
vordem  Endpunkt  der  Conjugata  diagonalis  berührt  und  senkt 
hierauf  den  Sondenarm  B  mit  seiner  Spitze  n  so  weit  herab, 
dass  letztere  einen  schon  vorher  schwarz  bezeichneten,  oben 
näher  angegebenen  Punkt  c  auf  dem  Schamberge  berührt  -r- 


nebsi  BMchraibaiig^  aweier  nenen  lostnuneDte  etc.       201 

und  das  zunächst  gesuchte  Dreieck  abe  ist  constniirt  (vgl. 
Tab.  II.,  Fig.  9);  denn  zu  gleicher  Zeit  giebt  der  hafl>kreis- 
förmige  Zollstab  k  die  jetzige  gegenseitige  Entfernung  der 
beiden  Endpunkte  m  und  n  des  Instruments,,  d.  h.  die  Ent- 
fernung des  gesuchten  dritten  Punktes  c  von  a  und  b  so 
nach  Zollen  und  Linien  an,  dass  das  Instrument  zurückge- 
zogen und  dabei  vielleicht  verschoben,  dennoch  zu  jeder  Zeit 
wieder  in  die  gleiche  Stellung  zurückgebracht  werden  kann. 
Um  die  so  gefundene  Grösse  und  Form  des  Dreiecks 
abc  (vgl.  Tab.  I.,  Fig.  8)  sogleich  zu  verzeichnen,  zieht  man 
das  Instrument  womöglich  unverändert  zurück  oder  stellt 
es  mit  Hülfe  des  halbkreisförmigen  Maassstabes  k  wieder  so, 
wie  es  vorher  stand,  und  legt  es  so  auf  einen  Bogen  Papier. 
Hier  bezeichnet  man  die  Stelle,  wo  es  a  den  Vorberg,  b 
den  Scheitel  des  Schambogens,  c  den  Punkt  am  Schamberge 
berührte,  durch  Nadelstiche.  Hierauf  schraubt  man  (vgl. 
Fig.  3)  an  dem  geraden  Catheterarm  A  den  ZoUstab  p  ab 
und  befestigt  statt  dessen  das  Cathetersegment  b  (vgl.  Tab.  1., 
Fig.  2).  Dies  Cathetersegment  (vgl.  Tab.  Y.,  Fig.  10)  führt 
man  dann  unter  Leitung  des  in  die  Scheide  eingebrachten 
Fingers  in  der  Harnröhre  empor,  bis  seine  Spitze  m  einige 
Linien  unter  dem  obem  Innern  Rande  der  Symphyse  ange- 
drückt, den  Punkt  y  (Fig.  8)  berührt,  welcher  an  der  richtigen 
Stelle  gesucht,  wie  schon  angegeben,  gleichzeitig  dem  vordem 
Endpunkte  der  Conjugata  vera,  dem  so  angenommenen  obem 
Endpunkte  der  Höhe  der  Symphyse  und  dem  hinlern  Endpunkte 
einer  Linie  entspricht,  die  von  ihrem  vordem  Endpunkte  c 
aus  die  ungefähre  Dicke  der  Symphyse  und  des  Schamberges 
angiebt.  Hier  lässt  sich  die  Gathelerspitze  m  meist  auch  von 
aussen  her  fühlen.  Zugleich  schiebt  man  die  Sonde  /  in 
ihrer  Röhre  d  so  weit  vor  oder  zurück,  dass  ihre  Spitze  n 
abermals  den  vorher  schwarz  hezeichneten  Punkt  c  auf  dem 
Schamberge  berührt,  stellt  sie  durch  die  Schraube  o  fest  und 
merkt  sich  die  am  halbkreisidrmigen  Maassstabe  k  abzulesende 
jetzige  Entfernung  der  Spitzen  m  und  n  des  Tasterzirkels, 
während  zu  gleicher  Zeit  der  oder  die  das  Instrument  in  der 
Harnröhre  (ixirenden  Finger  den  Catheter  da,  wo  er  den 
Scheitel  des  Schambogens  an  dem  Punkte  b  berührt,  mit  den 
Nägehi  fassen  und  gelasst  erhalten. 


202  ^^'-     O^rmanfif  Ueber  innere  BeckenmeMung, 

Jetzt  wird ,  jedoch  ohne  die  Sonde  /  irgend  wie  in 
ihrer  Röhre  d  vor-  oder  zurückzaschiehen,  der  Catheter  zo- 
rückgezogen  und  mit  dem  Haassstabe  g  oder  mit  dem  Maas»- 
Stabe  p  zunächst  die  Entfernung  ?on  der  Spitze  des  Cathe- 
ters  m  bis  zu  der  so  eben  gefassten  Stelle  (die  Höhe  der 
Symphyse  by^  Fig.  8)  gemessen.  In  glächer  Weise  misst  man 
darauf  auch  die  unmittelbar  vorher  durch  den  Maassstab  k 
markirte  Entfernung  der  Spitzen  m  und  n  des  Tasterzirkeis, 
d.  h.  die  ohngelahre  Dicke  des  Schamberges  und  der  Sym- 
physe cy.  Nachdem  dies  geschehen,  giebt  man  den  Spitzen 
eines  Zirkels  eine  Entfernung,  die  der  Grösse  der  eben  ge- 
fundenen ohngefahren  Dicke  des  Schamberges  und  der  Sym- 
physe, d.  h.  der  gegenseitigen  Entfeniung  der  Punkte  c  und 
y  gleich  ist,  setzt  dann  die  eine  Spitze  des  Zirkeis  in  den 
Punkt  c  des  auf  dem  Papiere  bereits  verzeichneten  Dreiecks 
aic,  und  schlägt  mit  solchem  Radius  einen  Kreis.  Hierauf 
giebt  man  den  Spitzen  des  Zirkels  eine  Entfernung,  die  so 
gross  ist,  wie  die  eben  gefundene  Höhe  der  Symphyse,  d.  h. 
eine  Entfernung,  die  der  gegenseitigen  Entfernung  der  Punkte 
b  und  /  gleich  ist,  und  schlagt  mit  solchem  Radius  &oßa 
Kreis,  indem  man  die  eine  Spitze  des  Zirkels  in  de»  Punkt 
b  des  auf  dem  Papiere  verzeichneten  Dreiecks  abc  setzt  Da, 
wo  sich  die  beiden  Kreise  innerhalb  des  Dreiecks  abc  schnei- 
den, da  befindet  sich  der  dritte  gesuchte  Punkt  y  des  zwei- 
ten Dreiecks  aßy,  wodurch  die  obige  Aufgabe  sowohl  ruck- 
sichtlich der  gesuchten  Längenmaasse,  als  der  gesuchten 
Winkelgrössen  gelöst  ist. 

Als  eine  weitere  Aufgabe  des  Instrumentes  gaben  wir  an, 
dass  es  bestimmt  sei,  das  Neigungsverhältniss  festzustellen, 
in  welchem  die  hintere  Wand  des  Beckencanals  zur  Sym- 
physe und  zur  Beckeneingangsebene  steht. 

Die  Lösung  dieser  Aufgabe  liegt  schon  in  der  Mögfidi- 
keit  der  Lösung  der  vorhergestellten  Aufgabe  mit  enthalten, 
wie  uns  eine  genauere  Betrachtung  der  in  Fig.  8  vor  Augen 
gelegten  Verhältnisse  lehrt.  Denn  da  nichts  entgegensteht, 
den  Vorberg  sich  beliebig  hodi  über  oder  beliebig  tief  unter 
seinem  gewöhnlichen  Standpunkte  gegenüber  der  Symphyse 
gelegen  zu  denken,  oder  mit  andern  Worten,  da  der  Bau  des 
Instrumentes,    soll  es   auch  dieser  zweiten  Aufgd>e  entspre- 


nebst  Beflchreibnog  sweier  neuen  Tnalrnmente  etc.       203 

chen,  es  ermöglichen  muss,  und  wirklich  ermöglicht,  denje- 
nigen Punkt,  in  welchem  rieh  Conjugata  diagonalis  und  Con- 
jugata  Vera  am  Yorberg  schneiden,  an  jeden  beliebigen,  höher 
oder  tiefer  an  der  Aushöhlung  des  Kreuzbeins  befindlichen 
Punkt  zu  verlegen ,  und  da  auf  diese  Weise  durch  das  von 
der  Symphyse  der  Conjugata  vera  und  Conjugata  diagonalis 
jedesmal  gebildete  Dreieck  jeder  dieser  verschiedenen  Puäkte 
der  Kreuzbeinausböhlnng  in  seinem  Verhältnisse  zur  Symphyse 
festgestellt  wii'd,  —  so  niuss  sich,  will  man  sich  die  Mühe 
nehmen,  die  Weite  und  Neigung  des  gesammten  Beokencana- 
les  im  geraden  Durchmesser  auf  diese  Weise  erforschen  und 
verzeichnen  liaissen. 

Die  Möglichkeit  der  Verwendung  des  Instrumentes  als 
Nabelschnurrepositorium ,  Schiingenträger,  Uterussonde,  In- 
jectionsrohr,  Catheter,  das  Vorhandensein  zweier  Maassstäbe, 
von  denen  der  eine  nach  Pariser  Zoll  und  Linien,^  der  andere 
nach  Centimetern  eingetheilt  ist,  mag  hier  nur  noch  erwähnt 
werden.  Es  steht  das  Instrument  als  Nabelschnurrepositorium 
und  Schiingenträger  dem  von  Varges  angegebenen  deshalb 
an  Brauchbarkeit  nach,  weil  gerade  insbesondere  die  Bieg- 
samkeit des  Fischbeinstabes  des  Varges*schen  Instrumentes 
viel  dazu  beiträgt,  die  Nabelschnur,  die  man  in  die  durch  die^ 
seidene  Schnur  gebildete  Schlinge  gebracht  hat,  leicht  und 
hoch  in  die  Gebärmutterhöhle  hinaufbringen  zu  können.  Die 
entsprechende  schräge  Durchbohrung  der  Löcher  am  obem 
Ende  des  Reposiloriums,  welche  wesentlich  zur  Erieichterung 
des  Zuruckziehens  der  Schnur  nach  vollbrachter  Reposition 
beiträgt,  ist  auch  hier  angebracht  worden. 

Das  zweite  früher  beschriebene  Instrument  bezeichneten 
wir  als  geeignet,  folgende  drei  Aufgaben  zu  lösen: 

1)  das  Dreieck  zu  verzeichnen,  welches  im  speciellen  Falle 
durch  die  Symphyse,  die  Conjugata  diagonalis  und  die 
Conjugata  vera  gebildet  wird; 

2)  die  Weite  des  Beckencanales  im  geraden  Durchmesser 
und.  das  Neigimgsverhällniss  festzustellen,  in  welchem 
der  gesammte  Beckencanal  zur  Beckeneingangsebene, 
insbesondere  aber  die  hintere  Wand  des  Beckencanals 
zur  Symphyse  steht; 


204  ^I*    Germann  I  Ueber  innere  Beckenmessnon^, 

3)  den  Neigungswinkel  der  Beckeneingangsebene,  d.h.  der 
Conjugata  Yera  zu  bestimmen  zui*  perpendiculären  Kör- 
peraxu  und  zur  Horizontalebene. 
Die  unter  Nr.  1  und  Nr.  3  angegebene  Aufgabe  lassl 
sich  gleichzeitig  lösen.  Man  benutzt  zu  diesem  Zwecke  das 
beschriebene  stählerne  Parallelogramm  in  der  Stellung,  die 
wir  ihm  bei  Tab.  lY.,  Fig.  5  gegeben  haben.  Nachdem  aian 
die  Frau  auf  dem  Explorationsstuhle  die  Horizontallage  ein- 
nehmen liess,  befestigt  man  die  Holztafel,  so  wie  augegeben 
wurde,  auf  dem  Schamberge.  Nachdem  man  ferner,  falls  dies 
nicht  schon  früher  geschah,  die  Länge  der  Conjugata  diago- 
nalis  mass,  bringt  man  auf  dem  vom  Neuen  eingeführten  Fin- 
ger oder  zwei  Fingern  den  Maassstab  a  (vgl.  Tab.  H.,  Fig.  11) 
an  den  Punkt  des  Vorberges,  welcher  dem  oberen  Endpunkte 
der  Conjugata  diagonalis  daselbst  entspricht,  erhebt  gleich- 
zeilig  das  untere  Ende  des  Stabes  a  so  weit,  dass  der  Stab, 
im  Verlaufe  nach  Umständen  fest  an  das  Ligamentum  arcuatuni 
angedruckt,  den  Scheitel  des  Schambogens  berührt,  und  lässt 
nun  durch  einen  Gehülfen  die  Richtung  des  äusserlich  mit 
dem  Stab^  a  parallel  laufenden  Stabes  hc  durch  einen  Blei- 
stiftsstrich auf  die  Holztafel  d  verzeichnen.  Hierauf  zieht 
man  das  Instrument  zurück,  und  fülirt  unter  Leitung  eines 
oder  zweier  Finger  das  obere  abgerundete  Ende  des  Stabes 
a  (al)  in  der  Harnröhre  empor,  so  dass  man  dabei  den  Stab 
möglichst  genau  der  Längsrichtimg  der  Symphyse  folgen  lässt 
Ist  dies  geschehen,  verzeichnet  ein  Gehülfe  in  gleicher  Weise 
die  Richtung  des  äusserlich  mit  dem  Stabe  a  {al)  parallel 
laufenden  Stabes  gc  auf  der  Holztafel,  und  ebenso  daselbst 
die  Richtung  des  Lothes  e  zum  Verlaufe  der  Linie  gc.  Bevor 
mau  den  Stab  a  aus  der  Harnröhi*e  zurückzieht,  misst  man 
damit  noch  in  gleicher  Weise,  wie  dies  früher  bei  Fig.  10, 
Tab.  V.  für  den  Cathcter  angegeben  wurde,  die  Höhe  der 
Symphyse.  Nun  nimmt  man  die  Holztafel  ab  und  legt  sie 
auf  einen  Bogen  Papier,  so  dass  die  Messingplatte  der  Holz- 
tafel über  den  Rand  des  Tisches  hinaus  zu  liegen  kommt  Man 
überti^ägt  jetzt  die  gegenseitige  Richtung  der  drei  auf  der 
Holztafel  verzeichneten  Linien  hc,  gc  und  e  auf  den  Papier- 
bogen, lässt  Äc  und  ^c  im  Punkte  f  (vgl.  Tab.  H.,  Fig.  11) 
sich  schneiden,   und   trägt  von  da  aus  aufwärts  auf  Ac  die 


ifebst  Bescbrofbimg  zweier  neues  iDstrnmente  etc.       206 

Länge  der  Conjugata  diagonalis,  auf  g  c  die  Grösse  der  Höhe 
der  Symphyse  über,  verbindet  ferner  die  beiden  Endpunkte 
dieser  Linien  {g  und  h)  durch  eine  gerade,  und  das  gesuchte 
Dreieck,  welches  dem  Dreiecke  der  Fig.  8  im  spedeUen  Falle 
entsprechen  muss,  ist  construirt,  und  ebenso  ist  das  Nei- 
gungsverhältniss  derjenigen  Seite  desselben  (fg),  welche  der 
Symphyse  entspricht,  zur  perpendiculären  und  somit  auch  zur 
horizontalen  Richtung  ermittelt  —  und  die  unter  Nr.  1  und 
Nr.  3  gestellte  Aufgabe  ist  daher  gelöst 

Da  es  aber  für  die  Ausföluimg  der  Messung  gleichgültig 
ist,  ob  man  sich  den  3ten  Eckpunkt  h  (resp.  a)  des  Drei- 
ecks/^A  am  wahren  Vorberg  liegend  denkt,  oder  an  jeder 
beliebigen  andern  Stelle  der  Kreuzbeinaushöhlung,  so  lässt 
sich  durch  Anwendung  des  Instrumentes  in  der  oben  be- 
schriebenen Weise  auch  die  Weite  und  das  Neigungsverhält- 
niss  feststellen,  in  welchem  der  gesammte  Beckencanal  im 
geraden  Durchmesser,  und  insbesondere  die  hintere  Wand 
des  Beckencanals  zur  Symphyse  und  zur  Beckeneingangs- 
ebene steht. 

Drei  Umstände  .-  sind  es ,  die  in  einzehien  Fällen  dne 
Messung  des  Beckens  in  der  angegebenen  Weise  erschweren 
und  in  manchen  Fällen  selbst  unmöglich  machen,  nämlich: 
1)  Grosse  Empfindlichkeit  und  Wulstung  der  Weichtheile  in 
der  Gegend  des  Scheitels  des  Schambogens.  2)  Grosse  Con- 
vexität  der  hintern  Fläche  der  Symphyse.  Unter  120  unter- 
suchten anomalen  Becken  verlief  jedoch  nur  bei  sehr  wenigen 
die  hintere  Symphysenfläche  so  convex,  dass  eine  Messung 
des  Winkels,  den  die  Symphyse  mit  der  Conjugata  diagonalis 
bildet,  dadurch  unausfahrbar  wurde.  3)  Auch  die  Länge  und 
Richtung  des  Stabes  hc  erschwert  in  einzelnen  Fällen  die 
Messung.  Dann  rauss  entweder  an  seiner  Stelle  ein  kürzerer 
Stab  {ck)  angeschraubt  und  zur  Messung  benutzt  werden, 
oder  man  muss  sich  begnügen,  die  Richtung  des  Stabes  hc 
zunächst  nur  durch  Angabe  der  Richtung  des  rechtwinklich 
gestellten  Stabes  bc  auf  der  Holztafel  d  zu  markiren.  Die 
gesuchte  Parallellinie  lässt  sich  dann  nachträglich  leicht  ver- 
zeichnen. 

Die  Aufgabe  der  Fötus-  und  Beckenmessung  ist,  völlig 
genügend,  zur  Zeit  wohl  kaum  lösbar.     Auch  die  hier  be- 


206        VI.    <?«nii«fiii,  üeber  innere  Beokenmessang  etc. 

schriebenen  beiden  Instrumente  entbinden  nicht  von  der  Notb- 
wendigkeit  der  Anwendung  möglichst  vieler  Controlen  (vgl. 
Monatsschrift  für  Geburtskunde  1858,  Bd.  XII,  Hft.  2)  und 
fOhren  dabei  in  mehrfacher  Beziehung  der  Natur  der  Sache 
nach  z.  B.  bei  der  Fötusmessung  gewiss  sehr  oft  nur  lu 
Wahrscheinlichkeitsschlüssen.  Sie  selbst  aber  erleidilem  und 
vervielfältigen  die  Controle. 

Da  ich  beide  Instrumente  bereits  seit  1854  bei  der  Becken- 
messung zu  benutzen  pflege,  so  habe  ich  bereits  mannichfache 
Erfahrungen  in  dieser  Beziehung  gesammelt.  Der  Preis 
des  zweiten  Instrumentes  beträgt  4  Thaler,  der  des  ersteren 
14  Thaler.  Er  wird  aber  durch  die  angegebene  Ver- 
einfachung desselben  von  14  auf  6  Thaler  gemindert. 
Das  zusammengesetztere  Instrument  ging  ins  Besondere  aus 
dem  Bedurfniss  hervor,  welches  sich  mir  bei  Leitung  der 
hiesigen  Poliklinik  fühlbar  machte.  Ein  Tasterzirkel,  der  in 
dieser  Form  bereits  mannichfache  Verbreitung  fand,  musste 
den  Studirenden  zu  jeder  zu  beobachtenden  und  zu  leitenden 
Entbindung  mitgegeben  werden,  schon  deshalb,  damit  der 
Practicant  im  Stande  sei,  die  Grössenverbältnisse  des  neu- 
gebomen  Kindes,  die  Grössenverbältnisse  der  Eitheile,  die 
Länge  der  etwa  verkürzten  Conjugata  externa  oder  diagonalis 
u.  s.  w.  sogleich  bei  oder  nach  der  Entbindung  zuverlässig 
zu  bestimmen  und  zu  verzeichnen.  Eigne  dergleichen  Instru- 
mente pflegen  Studirende  meist  nicht  zu  besitzen,  oder  bei 
sich  zu  fähren.  Unter  diesen  Umständen  war  der  beigegebene 
Catheter,  die  Spnde,  die  seidene  Schnur  (auch  als  Wenduugs- 
schlinge  brauchbar),  der  Maassstab,  das  Injectionsrohr,  das 
Nabelschnurrepositorium  und  der  Schiingenträger  keine  über- 
flüssige Zugabe,  zumal  da  das  Instrument  dabei  von  so  ge- 
ringem Umfange  und  Gewicht  ist,  dass  es  selbst  in  dar 
Seitentasche  des  Rockes  leicht  sich  transportiren  lässl.  Beide 
Instrumente  fertigte  der  Instrumenlenmacher  0,  Homn  zu 
Leipzig. 


yil.    KotiAen  au»  der  Joarnal- Literatur.  207 

VIL 
Notizen  ans  der  Journal-Literatur. 


Breisky:    Ueber    das   Vorkommen    der   Osteomalaeie    in 
Gummersbach. 

Darch  die  Gate  des  Sanit&tsrathes  Dr.  Winkler  war  es  dem 
Verf.  rergönnt,  während  seines  fünftägigen  Aufenthaltes  au 
Gummersbach  acht  exquisite  osteomalacische  Becken  su  unter- 
suchen, und  zwar  an  Frauen,  die  alle  schon  su  wiederholten 
Malen  geboren  hatten.  Die  ersten  Symptome  traten  hier  fast 
nie  mit  grosser  Acuit&t  auf. 

Verf.  knüpft  an  die  sehr  ausführlich  mitgetheilte  Casuisiik 
folgende  Betrachtungen. 

In  der  Regel  wird  der  Arat  erst  wegen  dar  Sebwierigkeit 
der  Geburt  geholt,  da  die  Kranken,  so  lange  die  Krankheit  keinen 
sehr  hohen  Grad  erreicht  hat,  immer  herumgehen.  Er  findet 
dann  gewöhnlich  die  osteomalacische  Beokeuform  schon  aus* 
gebildet,  welche  wahrscheinlich,  weil  eben  die  Kranken  noch 
nicht  bettlägerig  sind,  durch  Einflnsa  der  Bumpflast  auf  das  in 
aufrechter  und  sitsender  Stellung  mit  der  Pfanne  auf  den  Schenkel» 
köpfen  ruhende  Becken  entsteht  Doch  entwickeln  sieh  wahr- 
scheinlich die  hochgradigen  und  asymmetrischen  Verkrüppelnngen, 
a.  B.  Knickung  des  Sacrnm,  die  EinroUung  der  Darmbein- 
schaufeln etc.,  erst  auf  dem  Krankenlager  bei  den  weiteren 
Exacerbationen  der  Krankheit,  welche  meist  nach  dem  Wochen* 
bette  auftreten.  Die  osteomalacischen  Weiber  sind  meist  sehr 
fruchtbar.  Die  Geburtswehen  sind  in  der  Regel  sehr  kräftig, 
was  sich  aus  der  auweilen  beobachteten  ungewöhnlichen  Dicke 
der  Uterinwandungen  erklärt.  Die  Untersuchung  der  Genitalien  etc. 
mnss  in  der  Seitenlage  rorgenommen  werden,  da  in  Folge  der 
starken  Beckenneigung,  namentlich  aber  in  Folge  der  durch  den 
Schambeinschnabel  gesetsten  Verengerung  des  vordersten  Becken- 
abschnittes, die  Genitalien  nach  hinten  abweichen.  Die  von 
Kilian  beschriebene  Nachgiebigkeit  des  Beckens  während  der 
Geburt  hat  auch  Dr.  Winkel  In  einseinen  Fällen  beobachtet;  sie 
scheint  jedoch  nicht  in  der  wnnschenswerthen  Uäufigkeit  vor- 
Eukommen. 

Eine  höhere  Disposition  au  puerperalen  Erkrankungen  ist 
bei  osteomalacischen  Frauen  nicht  au  bemerken. 

Ueber  die  ätiologischen  Momente  konnte  Verf.  nichts  Be- 
stimmtes eruiren;  doch  ist  die  in  den  JMiederungen  des -Rheins 
herrschende   Sitte   erwähneniwerthi    die   Kinder  sehr   lange   an 


208  y^'    Notisen  ans  der  Journal -Litentiir. 

stillen.  Anch  über  das  constante  Vorkommen  eines  Sedimentes 
im  Harne  konnte  Verf.  nichts  Näheres  erfahren.  Nicht  aelton 
leiden  die  Kranken  an  Diarrhoe  nnd  Magenbeschwerden  nnd 
einselne  an  gewissen  Idiosynkrasien« 

Charakteristisch  für  die  Krankheit  ist  die  eigenthü milche 
Behinderung  des  Ganges,  welche  vorzüglich  in  der  Schmen- 
haftigkeit  der  Bewegungen  begründet  ist,  namentlich  anr  Zeit 
einer  Ezaoerbation. 

Die  Therapie  ist  einzig  auf  die  Verbesserung  der  diätetischen 
Verhältnisse  gerichtet  In  einem  der  näher  besehriebenen  Falle 
soll  auf  längerem  Gebrauche  you  Ol.  jecor.  Asell.  eine  Besserung 
eingetreten  sein. 

(Vierteljahrsschrift  f.  prakt.  Heilkunde,  Bd.  H.,  1861.) 


V,  Helly:    lieber  Stirnlagen. 

Die  Seheitel-  und  Stimlagen  sind  als  Mittelglieder  zwischen 
Hinterhaupts-  und  Gesichtslagen  zu  betrachten.  In  den  meisten 
Lehrbüchern  werden  sie  nur  kurz  abgehandelt,  während  einselne 
Geburtshelfer,  wie  Hüter ,  NuMeVf  Spaeth^  ihnen  yoUe  Auf- 
merksamkeit geschenkt  haben.  Verf.  hatte  Gelegenheit,  im 
Prager  Gebärhause  acht  Fälle  von  Stimlagen  zu  beobachten, 
welche  er  am  Schlüsse  seiner  Abhandlung  berichtet  und  die 
Seltenheit  und  praktische  Wichtigkeit  derselben  veranlassen  ihn 
zu  einigen  Bemerkungen. 

Eine  sichere  Diagnose  der  Stirnlagen  ist  durch  die  äussere 
Untersuchung  nicht  zu  erzielen,  da  die  Erscheinungen  denen  bei 
Gesichtslagen  gleichen,  auch  die  innere  Untersuchung  giebt  ge- 
wöhnlich erst  nach  erfolgtem  Blasensprunge  Aufschluss. 

Es  kann  sich  Anfangs,  zuweilen  auch  spät  noch  eine 
Hinterhaupts-  oder  eine  volle  Gesichtslage  ausbilden.  Der  Kopf 
tritt  gewöhnlich  quer  in  den  Beokeneingang,  die  Nase  ist  meist 
noch  zu  erreichen,  nicht  aber  das  Kinn.  Nach  und  nach  gelangt 
aber  die  Gesichtsfläche  hinter  die  vordere  Beckenwand,  das 
Hinterhaupt  in  die  Aushöhlung  des  Kreuzes.  Die  Stirn  und  der 
obere  Theil  des  Gesichtes  bis  zum  Oberkiefer  werden  zuletzt 
unter  dem  Schambogen  durch  die  weit  klaffende  Schamspalte 
hervorgedrängt,  dann  entwickelt  sich  der  Schädel  Über  dem 
Damme  und  zuletzt  der  untere  Theil  des  Gesichts  unter  dem 
Schambogen  hervor. 

In  einzelnen  Fällen  entwickelt  sich  der  Kopf  aber  auch  in 
anderer  Art,  nämlich  zuweilen  tritt  er  quer  durch  das  ganze 
Becken  (Fall  7,  8),  oder  selten  nach  Art  der  gewöhnlichen 
Hinterfaauptslage,  indem  durch  eine  Drehung  des  Kopfes  um 
•eine  Queraohse   lunäohst    das  Hinterhaupt   tief  und  nach  und 


VIT.    Notisen  aoB  der  Journal- Literatur.  209 

nach  nach  vorn  nnter  den  Schambogen  tritt  (Fall  4);  aber  nnr 
bei  kleinen  Früchten. 

An  dem  geborenen  Kinde  fallt  annächst  die  hohe  sohwars- 
blane  Stimgefchwnlst  aaf,  sie  ist  liemlioh  scharf  umschrieben 
und  sitst  anf  dem  während  der  Qebnrt  nach  vom  gerichteten, 
nicht  selten  anf  beiden  Stirnbeinen.  Der  Kopf  ist  gegen  die  Stirn 
hin  tngespitat  nnd  von  hier  fallen  die  Scheitelbeine  steil  nach 
abwärts  nnd  rückwärts  gegen  das  über  den  Bücken  des  Kindes 
herrorragende  Hinterhaupt.  Das  Gesicht  ist  platt  gedrückt,  die 
Nase  nicht  selten  seitlich  Torbogen,  die  Lippen  abgeschürft, 
blatrönstig ,  selbst  der  Alveolarfortsata  des  Oberkiefers  manchmal 
eingebrochen.  Eine  sehr  gelnngene  naturgetreue  Abbildung  ver- 
sinnlicht  die  eigenthümliche  Formyerschiebung  des  Kopfes. 

Es  ist  leicht  einzusehen ,  dass  die  Geburt  sehr  schwer  erfolgen 
muss,  der  Kopf  muss  biegen  oder  brechen,  ohne  die  beschriebene 
Deformation  kann  er  gar  nicht  durch  das  Becken,  und  die 
Deformation  kann  nur  durch  eine  andauernde  kräftige  Wehen- 
thätigkeit  herbeigeführt  werden.  Lässt  diese  im  Stich,  ist  das 
Becken  eng,  sind  die  Kopfknochen  unnachgiebig,  so  werden  die 
Stirnlagen  sehr  ungünstig  und  die  Kunst  muss  su  den  äussersten 
Mitteln  ihre  Zuflucht  nehmen.  Das  Leben  der  Frucht  ist  dann 
durch  den  Druck  anf  das  Gehirn,  die  Dehnung  und  Zerrung  des 
Halses,  die  lange  Dauer  der  Geburt  sehr  gefährdet.  So  wurden 
in  18  gesammelten  Beobachtungen  8  Kinder  lebend  und  10  todt 
geboren,  die  Naturkr&fte  reichten  in  12  Fällen  aus,  in  2  Fällen 
wurde  die  Zange  nöthig,  in  4  die  Perforation.  Für  die  Mutter 
machen  sich  dieselben  Zustände  und  Folgen  geltend,  wie  nach 
anderen  schweren  Geburten. 

För  die  Behandlung  ist  es  die  wichtigste  Regel,  die  Thätig- 
keit  des  Uterus  sur  ToUen  Entfaltung  gelangen  au  lassen,  die- 
selbe nach  Möglichkeit  su  unterstütsen  nnd  sieh  einer  jeden 
unnütsen  Geschäftigkeit  su  enthalten;  die  künstliche  Beendigung 
der  Geburt  aber  so  lange  als  möglich  su  verschieben  und  sich 
nur  durch  die  ernstesten  Ereignisse  hierzu  bestimmen  su  lassen. 
Besonders  warnt  Verf.  vor  dem  su  frühen  Anlegen  der  Zange  bei 
noch  hochstehendem  Kopfe  und  führt  die  Uebelstände  und  Ge- 
fahren auf,  welche  au  entstehen  pflegen.  Dagegen  ist  bei  notorisch 
todter  Frucht  die  Perforation  und  Extraction  das  richtige  Ver- 
fahren, wenn  die  Geburt  ohne  Aufschub  su  Ende  geführt  werden 
muss.  Sind  dagegen  in  der  Frucht  noch  Lebensseiohen  gefunden 
worden  und  der  Zustand  der  Mutter  erforderte  die  schnelle 
Beendigung  der  Geburt,  so  wäre  allerdings  ein  Versuch  mit  der 
Zange  zu  wagen,  aber  sobald  sich  die  Unwirksamkeit  derselben 
ergiebt,  die  Perforation  su  machen.  Dagegen  findet  bei  tief 
stehendem  Kopfe  und  lebendem  Kinde  unter  Umständen  die  Zange 
ihre  richtige  Stelle. 
Honatsschr.  f.  Qel»art«k.  1861.  Bd.  XVHI.,  8uppl.-Hft.  14 


210  ^I-   Notiten  ans  der  Joninal  •Literatur. 

Spaeth  hat  für  die  Sümlagcii  die  Wendang  auf  die  Ffiaee  als 
das  passendste  Operationsverfahren  angec^ebco.  Verf.  tritt  dieser 
Ansicht  vom  theoretischen  Standpunkte  bei»  glanbt  jedoch,  das« 
wenn  der  Kopf  noch  bewegüch  über  dem  Becken  steht,  die  jetat 
leicht  ansauführende  Wendong  nicht  gerechtfertigt  sei,  weil  er- 
fahmngsgemass  die  Stirnlage  sich  noch  in  eine  Hinterhanpta-  oder 
Oesichtslage  umwandeln  könne,  dass  jedoch  bei  tieferem  und 
festerem  Stande  des  Kopfes  nach  abgeiossenem  Fmchtwaaaer 
die  Wendung  kaum  mehr  ausführbar  sei. 

(Mediz.  Jahrbücher,  Zeitschr.  der  Gesellschaft  der  Aerste 

in  Wien;  Heft  6,  1861.) 


0.  Franque:   I.    Fall  von  ausserordentlicher  Beweglich- 
keit des  Fötus. 

Verf.  beschreibt  einen  Fall  7on  äussere rdentlielier  Beweg- 
lichkeit des  Kindes  während  der  Geburt«  Beim  Beginne  der 
Geburt  hatte  man  es  suerst  mit  einer  Kopflage,  dann  mit  einer 
unToUkommenen  Fusslage  sn  thnn,  sp&ter  bildete  wieder  der 
Kopf  den  vorliegenden  Theil,  an  seine  Stelle  traten  dann  wieder 
die  Füsse,  bis  sich  schliesslich  mit  dem  Abflüsse  des  in  i^ich- 
Uoher  Menge  Torhandenen  Fruohtwasaers  am  £nde  der  Gabart 
eine  Querlage  entwiekelte.  Die  Wehen  waren  so  schwach,  daas 
man  das  Erhärten  der  Uterus  Wandungen  kaum  durch  die  Ba«ch- 
deeken  wahrnehmen  konnte,  welcher  Umstand  neben  der  Menge 
dee  Fruehtwaesers  und  der  Kleinheit  des  Kindes  (8  Pfd.  20  Lothj 
als  Grund  dieser  grossen  Beweglichkeit  angesehen  werden  darf. 
Die  behufs  der  Wendung  in  die  Gebärmutter  eingeführte  Hand 
fohlte  deutlich  ein  Geöffnetsein  des  kindlichen  Mundes,  was  auf 
▼orseitige  Athembewegungen  schliessen  Hess.  Das  aiemlick 
schnell  eztrahlrte  Kind  athmete  gleich  nach  der  Geburt,  jedoeh 
nur  mit  sichtlicher  Anstrengung;  die  Respiration  war  rocheted 
und  rasselnd  und  es  erfolgte  ly^  Stunden  sp&ter  der  Tod.  Die 
Section  seigte  auch  die  Ergebnisse,  welche  für  die  voraeitige 
Hespiration  als  charakteristische  angegeben  werden.  Ak  Trieb- 
feder des  ersten  Athemsuges  beeeichnet  Verf.  den  in  Folge  ge> 
störten  Placentarkreislaufes  herbeigeführten  Sauerstoffmangel, 
nicht  aber  den  Kinfluss  der  atmosphärischen  Luft,  und  aucht 
dieses  au  erhärten  durch  Aufftthrung  eines  Falles,  in  welehem 
das  Kind  in  Tollen  Eihäuten  geboren  wurde  und,  ohne  Ton  der 
Luft  berührt  an  werden,  Tollständige  Bespirationsbewegnngen 
machte. 

II.  Eclampsie;  subcutane  Application  von  Morphium. 

Die  Wöchnerin,  welche  you  Zwillingen  entbunden  worden 
war,  wurde  awei  Stunden  nach  ihrer  Entbindung  von  Eclampsie 


VII.    NotUes  ans  der  Journal- Lite ratar.  211 

befallen,  nachdem  sehen  naeh  der  Gebort  Eiweiu  sieh  im  Harne 
gezeigt  hatte.  Kalte  Umschläge  anf  den  Kopf,  acht  Blutegel 
hinter  die  Ohren  und  swei  Clysmen  Ton  30  und  40  Tropfen 
Opiumtinctur  waren  ohne  besondere  Wirknng.  Naoh  dem  dritten 
Anfalle  verfiel  die  Kranke  in  einen  bewnsstlos  soporösen  Znstandj 
eA  wurden  drei  Injectionen  von  doppelmeconsaurem  Morphium, 
15  Gr.  Opium  entsprechend,  unter  die  Haut  gemacht ,  worauf  die 
Anfälle  weiter  auseinander  rauchten  und  unter  gleichseitiger 
Abnahme  an  Intensität  bald  gänslich  schwiegen.  Die  Frau  über- 
stand noch  im  Wochenbette  eine  leichte  Endometritis  und  Peri- 
tonitis,  konnte  jedoch  nach  vier  Wochen  gesund  entlassen  werdem. 
Auäser  bei  Eclampsia  wurde  die  subcutane  Application  Topi 
Morphium  auch  noch  bei  vorzeitigen  Wehen  mehrere  Wochen  v<»r 
dem  Ende  der  Schwangerschaft  versucht,  und  soll  von  vollständigem 
Nachlassen  der  vorseitigen  Wehen  begleitet  gewesen  sein. 
(Würzbnrg.  med.  Zeitschrift,  Bd.  II. ,  Heft  2,  1861.) 


La%ar€wit$eh:  Einige  Bemerkungen  aber  die  Uterin. 
injection  und  drei  Fälle  künstlicher  Frühgeburten 
naeh   der  von  mir  modificirten  Methode   Cohen^B, 

Die  Untersuchungen  des  Verf.  mit  dem  Uterus  von  Kaninchen 
haben  gezeigt,  dass  der  Theil  der  Mutterwände  am  reisbarsten 
war,  welcher  am  dicksten  ist;  folglich  mnss  bei  sehwangeren 
Frauen  der  Grund  und  der  Körper  des  Uterus  am  reisbarsten 
sein;  während  der  Geburt  erregt  man  die  Contriiction  des  Uteras 
schneller  durch  eine  Reibung  seines  Grundes,  als  durch  eine 
Beisung  des  unteren  Uterinsegmeutes.  Es  werden  demnach  auch 
diejenigen  Methoden  der  künstlichen  Frühgeburten  am  sichersten 
sein,  in  welchen  die  Reisung  auf  den  Körper  oder  den  Grund 
des  Uterus  wirkt.  Drang  bei  der  Anwendung  der  Methode  Cohen'n 
die  Flüssigkeit  sum  Muttergrunde,  so  war  ihre  Wirkung  um  so 
sicherer,  und  in  allen  Fällen,  in  welchen  die  Operirte  fühlte,  wie 
die  Flüssigkeit  nach  oben  sum  Muttergrunde  drang,  erfolgte  nach 
einer  solchen  Injection  immer  eine  starke  Contraetion  des  Uterus. 

Um  ein  solches  Aufsteigen  der  Flüssigkeit  su  bewirken  und 
ein  baldiges  Zurückfliessen  derselben  su  verhindern,  wendet 
Verf.  bei  seinen  Injectionen  nicht  das  von  Cohen  angegebene, 
mit  äeitenöffnungen  versehene  Röhrchen  an,  sondern  ein  6^8  Zoll 
langes,  elastisches,  welches  an  dem  einen  Ende  IV*  Linien,  an 
dem  anderen  6  Linien  Durchmesser  hält;  die  Spitze  desselben 
ist  zngerundet  und  hat  nur  eine  einzige  Oeffnung.  Zur  bequemeren 
Einführung  der  Röhre  und  um  ihr  eine  willkürliche  Krümmung 
geben  zu  können,  bringt  man  in  dieselbe  einen  Eisendraht,  der 
an  einem  Ende  so  gebogen  ist,    dass  er  einen  rechtwinkelige 

14* 


213  ^n*    Notisen  ans  der  Jonroal -Literatur. 

Vortprong  bildet,  welcher  fiber  den  Band  der  breiteren  OefErang 
hervorragt  nnd  so  dae  Hervordringen  des  Drahtes  durch  die 
Spttse  verhindert.  Diese  Bohre  wird  entweder  unmittelbar  auf 
die  Spitse  der  Spritie  gesetzt,  oder  mit  der  elastiscben  BShre 
einer  Clysopompe  vermittels  geschmolsener  Guttapercha  hennetisch 
verbunden. 

In  folgenden  Fällen  führte  Verf.  die   ebenbesehriebene  Me- 
thode aus. 

Erster  Fall.  Die  24  jfthrige  Schwangere,  welche  durch  tSirl^ehes 
Erbrechen  sehr  erschöpft  war,  fühlte  seit  einigen  Tagen  die 
Bewegangen  des  Kindes,  die  friiher  sehr  deutlich  gewesen  warea, 
nicht  mehr,  und  ebensowenig  konnten  Fdtalherstöne  gehört 
werden.  Der  so  constatirte  Tod  des  Fötus,  die  Schwache  der 
Frau  und  die  durch  genaue  Messung  gefundene  Beckenenge 
(C.  extern.  ßVs",  C.  D.  4'')  veranlassten  Verf.  zur  Einleitung  der 
künstlichen  Frühgeburt  in  der  86.  Woche  der  Schwangerschaft. 
Die  innere  Untersuchung  zeigte  die  Vagina  ziemlich  eng  und 
ihr  Scheidengewölbe  sehr  hoch  und  dehnbar,  der  Scheidenthefl 
war  V,  Zoll  lang,  der  äussere  Muttermund  für  den  Finger  geoffiiet, 
der  innere  geschlossen.  Der  vorliegende  Fruchttheil  war  nicht 
zu  erreichen.  Nachdem  das  Böhrchen  2''  hoch  zwischen  Gebar- 
mutterwand und  Eihäute  eingeführt  war,  injicirte  Verf.  6  Unzen 
(2B®  R.)  warmen  Wassers.  Die  Kranke  fühlte  deutlich  die  Be- 
wegung der  Flüssigkeit,  welche  sich  vom  Unterleibe  bis  zum 
Nabel  und  etwas  höher  hinauf  verbreitete.  Als  die  Bohre  nach 
V4  Stunde  entfernt  wurde,  floss  etwas  warmes  Wasser  ab.  Bald 
begannen  regelmässige  Wehen,  die  jedoch  während  der  Nacht 
nachliessen  und  am  folgenden  Tage  eine  neue  Injection  nÖthig 
machten.  Von  nun  wurden  die  Wehen  regelmässig  und  förderten, 
nachdem  das  querliegende  Kind  auf  den  Steiss  gewendet  worden 
war,  ungefähr  82  Stunden  nach  der  ersten  Injection  ein  5  Pfund 
schweres,  todtes  Mädchen  zu  Tage.  Die  Kranke  verliess  am 
neunten  Tage  das  Bett  nnd  konnte  in  vierter  Woche  nach  der 
Geburt  schon  ausgehen.  > 

Im  zweiten  Falle  war  Eclampsie  die  Indication,  bei  einer 
zum  sechsten  Male  Geschwängerten  im  neunten  Monate  die 
Schwangerschaft  zu  unterbrechen.  Es  bedurfte  nur  einer  Injeetion 
und  die  Geburtsdauer  betrug  17  Stunden,  doch  musste  das  Kind 
wegen  Schwäche  mit  der  Zange  entwickelt  werden.  Es  wog 
8  Pfund  und  starb  nach  8  Tagen  an  Krämpfen;  die  Mutter  genas. 

Auch  im  dritten  Falle  war  nur  eine  Injection  nxSthig  und  die 
Geburt  währte  86  Stunden.  Hier  wurde  bei  einer  Zweitgebarenden 
die  künstliche  Frühgeburt  eingeleitet  wegen  Beckenenge ,  welche 
bei  der  ersten  Niederkunft  eine  schwierige  Zangenoperation  nSthig 
machte.  Auch  hier  war  der  Erfolg  ein  schneller  und  günstiger. 
Das  Wochenbett  verlief  normal. 


VII.    Notizen  aus  der  Journal -Literatur.  213 

SchlieBsHck  giebt  Verf.  seine  Ansichten  über  die  Methode 
Cohen* B  und  über  die  Uterininjectionen  überhaupt,  wie  folgt: 

Die  Injection  einer  Flüssigkeit  reizt  die  Nerven  des  Uterns, 
indem  sie  hauptsächlich  durch  die  Dehnung  der  Mutterwände 
und  folglich  auch  ihrer  Nerven,  durch  die  Temperatur  der 
PlQssigkeit  und  durch  die  momentane  Lostrennung  der  Eih&ute 
in  einer  bedeutenden  Ausdehnung  wirkt 

Da  der  obere  Theil  des  Uterus  am  reisbarsten  ist,  so  wird 
auch  der  Beiz  und  in  Folge  dessen  die  Uterincontraction  um  so 
stärker  sein,  je  näher  die  Flüssigkeit  auf  den  Muttergrund  dringt. 
Um  Letzteres  zu  ermöglichen,  muss  man  eine  fiöhre  mit  einer 
Oeffhung  am  Ende  gebrauchen. 

Je  grösser  die  Quantität  Flüssigkeit  und  je  verschiedener 
ihre  Temperatur  von  der  des  Uterus  ist,  desto  stärker  wirkt  die 
Injection.  In  gewöhnlichen  Fällen  muss  man  4 — 6  Unzen  warmes 
Wasser  von  28 '^ — 30^  £.  anwenden,  bei  wenig  reizbaren  Frauen 
an  6 — 12  Unzen  warmen  Wassers  gebrauchen  und  zu  stärkerer 
Wirkung  sogar  4—6  Unzen  kalten  Wassers  von  20®— 15<>  B. 
(AUgem.  Wien.  med.  Zeitung,  1861,  No.  26,  26  u.  27.) 


Henri   James:    Ueber    die    Einleitung    der    künstlichen 
Frühgeburt. 

Die  vom  Verf.  bisher  mit  Erfolg  angewendete  Methode  be- 
steht wesentlich  in  Trennung  der  Eihäute  und  Beisung  des  unteren 
Uterinsegmentes.  Man  soll  den  Zeigefinger  der  linken  Hand, 
soweit  es  möglich  ist,  in  den  Muttermund  vorschieben,  den 
Mutterhals  hierauf  herunterziehen  und  dann  den  im  Muttermunde 
befindlichen  Finger,  so  viel  es  geht,  im  Kreise  herumführen. 
Diese  Encheirese  ist  oft  3 — 4  Mal  zu  wiederholen,  da  anfänglich 
nur  selten  der  Muttermund  für  den  Finger  durchgängig  ist.  Man 
erleichtert  sich  gedachte  Manipulation,  wenn  man  die  Frau  mit- 
pressen lässt  oder  mit  der  rechten  Hand  einen  Druck  auf  den 
Uterusgrund  ausübt,  um  so  den  bei  Beckenenge  in  der  Begel 
hochstehenden  Hals  der  Gebärmutter  tiefer  treten  zu  lassen. 

Sollte  dieses  Verfahren  zur  Erregung  von  Wehen  nicht  hin- 
reichen, so  empfiehlt  Verf.  eine  Injection  von  8  Unzen  kalten 
Wassers.  Auch  Secal.  comut.  hat  Verf.  in  Anwendung  gezogen, 
kann  jedoch  von  günstigen  Besultaten  nicht  berichten. 

Erster  Fall.  Die  Frau  war  früher  durch  die  Craniotomie 
entbunden,  und,  da  das  Becken  so  verengt  war,  dass  ein  lebendes 
reifes  Kind  nicht  durchtreten  konnte,  sollte  dieses  Mal  Ende  des 
siebenten  Monates  die  Frühgeburt  eingeleitet  werden.  Es  wurde 
obenerwähntes  Verfahren  eingeschlagen,  so  dass  die  Frau  acht 
Tage    später    mit    einem    lebenden    Mädchen    niederkam.     Das 


214  VIT.    Notizen  aus  der  Jonmal -Literatur. 

Woebenbett  rerlief  normal.  Aebnlicb  war  der  Erfolg,  als  die- 
selbe Person  acht  Jahre  spSter  anf  gleiche  Weise  entbanden 
werden  innsste.  Die  Gebnrfcsthltigkeit  (?)  danert«  hier  melirere 
Stunden  nnd  der  Kopf  des  Kindes  war  stark  in  die  L&nge  gesogen. 

Im  zweiten  Falle  wurde  die  Frau,  die  bei  ihrer  ersten  Nieder- 
kunft dnrch  Oraniotomie  entbnnden  werden  musste,  in  einem 
Zeiträume  von  drei  Jahren  drei  Mal  zu  Ende  des  siebenten  Monates 
durch  genannte  Methode  entbunden.  Jedes  Mal  waren  circa 
ffinf  Tage  swischen  erster  Operation  und  Geburt  Terstrichen. 
Zwei  Kinder  wurden  lebend  geboren.  Das  dritte,  in  welchem 
Falle  mehrere  Dosen  zur  Stärkung  der  Wehen  verabreicht  worden 
waren,  mochte  schon  seit  einigen  Stunden  abgestorben  sein. 

Im  dritten  Falle  erlag  die  Frau,  die  ein  fanltodtes  Kind 
geboren,  am  zehnten  Tage  nach  der  Niederkunft  einer  Pjämie, 
nachdem  sie  drei  Jahre  früher  die  künstliche  Frühgeburt  nach 
Verfassers  Methode  glücklich  überstanden  hatte. 

Im  vierten  Falle  war  die  Frau  früher  sehr  schwierig  ent- 
bnnden worden.  Die  Untersuchung  ergab  ein  starkes  YorepringeB 
des  Vorberges.  Bebufs  Einleitung  der  Frühgeburt  wurde  der 
Muttermund  erweitert  und  drei  Tage  später  eine  Injection  gemacht 
Nachdem  nach  siebenständiger  Wehenthätigkeit  der  Muttermund 
eine  hinreichende  Grösse  erlangt  hatte,  der  Kopf  aber  hoch  und 
beweglich  stehen  blieb,  so  wurde  die  Wendung  auf  die  Fiisse 
ausgeführt  und  ein  lebender  Knabe  extrahirt.  Mutter  und  Kind 
wurden  gesund  entlasjcn.  Bin  Jahr  später  wurde  bei  derselbez 
Frau  die  Frühgeburt  eingeleitet,  indem  vier  Tage  nach  einander 
der  Muttermund  mit  dem  Finger  erweitert  und  endlich  kaltes 
Wasser  eingespritzt  worden  war.  Auch  dies  Mal  musste  das 
Kind  gewendet  werden,  kam  jedoch,  da  der  Kopf  durch  die 
stark  vorspringenden  Lendenwirbel  zurückgehalten  wurde  und 
dnrch  Einsetzen  des  stumpfen  Hakens  in  den  Mund  entwickelt 
werden  musste ,  todt  znr  Welt. 

In  den  Fällen  5,  6  und  7  zusammengenommen  wurde  wegen 
Beckenenge  die  künstliche  Frühgebart  fünf  Mal  ausgeführt  und 
zwar  drei  Mal  durch  einfache  Dehnungen  des  Muttermundes,  zwei 
Mal  durch  nachfolgende  Einspritzungen  von  kaltem  Wasser.  Ffir 
die  Mütter  war  der  Ausgang  stets  günstig,  von  den  Kindern 
wurden  zwei,  welche  mit  dem  unteren  Korperende  sich  zur  Ge- 
burt stellten,  todtgeboren,  eines  davon  jedoch  wieder  zum  Leben 
gebracht.  Ein  anderes  Kind  starb  am  dritten  Tage  nach  der 
Geburt  an  Schwäche. 

(The  Lancet,  1861,  Bd.  L,  No.  IX.) 


yil.    Notizen  ans  der  Journal -Literatur.  215 

HabÜ:    Zwei   F&lle    Ton   Betentio   placentae    naob    nn- 
seitigen  Geburten. 

Während  die  Betention  'der  Placenta  nach  seiiigen  Gebarten 
immer  ein  sehr  gefahrlicheB  Ereignias  ist  und  dnrcb  das  Leben 
bedrohende  Blatungen  oder  darch  in  Folge  der  Verjauchung  der 
Placenta  herbeigeführte  Entzündungen  leicht  tödtlich  wirkt,  kann 
nach  einer  Geburt  in  der  ersten  Hälfte  der  Schwangerschaft  oft 
die  ganze  Placenta  durch  längere  Zeit,  sogar  durch  Wochen  und 
Monate  ohne  nachtheilige  Folgen  zurückbleiben.  In  ersterem 
Falle  ist  daher  die  active  Methode,  d.  h.  baldige  künstliche 
Entfernung  des  Piacentarrestes,  in  letzterem  die  passive,  ex- 
spectative  Methode  in  ihrem  Bechte.  Aber  auch  nach  Abortus 
erheischt  die  Zurückhaltung  der  Nachgeburt  bisweilen  ein  actives 
Einschreiten  theils  wegen  einer  starken  mit  Blut  gemischten 
Absonderung,  theils  wegen  des  nachtheiligen  Einflusses  eines 
solchen  Ereignisses  auf  das  Gemüth  der  betreffenden  Kranken. 

Verf.  theilt  folgende  zwei  Fälle  mit: 

Die  27jährige  Frau  hatte  schon  sechs  Mal  rechtzeitig  ge- 
boren. Nach  der  ersten  Niederkunft  in  ihrem  18.  Jahre  soll  nach 
Aussage  der  Frau  die  Nachgeburt  gar  nicht  abgegangen ,  sondern 
in  einem  Zeiträume  von  drei  Monaten  unter  kaffeesatzähnlichem, 
bräunlichem  und  höchst  übelriechendem  Ausfluss  berausgefault 
sein.  Ihre  dermalige  siebente  Schwangerschaft  wurde  ohne 
nachweisbare  Ursache  zu  Ende  des  vierten  Monates  unterbrochen. 
Der  Fötus  wurde  geboren,  ohne  dass  die  Placenta  nachfolgte. 
Da  die  Frau  durch  Blutverluste  sehr  geschwächt  war,  so  gab 
Verf.  zur  Erregung  von  Wehen  und  um  die  Ausstossung  der 
fehlenden  Nachgeburt  zu  beschleunigen,  Seeale.  Wehen  traten 
jedoch  nicht  ein,  der  Muttermund  sohloss  sieh,  die  Blutung  hörte 
nach  einigen  Tagen  ganz  auf,  und  da  kein  Fieber  vorhanden 
war,  Verf.  aber  aus  Erfahrung  Placentarverzögerungen  nach 
Abortus  als  im  Allgemeinen  unschädlich  kannte,  so  empfahl  er 
der  Kranken  Buhe  und  Schonung.  Nach  18  Tagen  wurde  Verf. 
wiedergerufen,  weil  sieh  unter  zunehmender  Blutung  Wehen  ein- 
gestellt hatten.  Die  Untersuchung  zeigte  den  Uterus  noch  über 
der  Symphyse  und  innerlich  fand  man  die  mit  der  vorderen 
Gebärmutterwand  noch  theilweise  zusammenhängen  de  Placenta 
theilweise  in  die  Scheide  herabgetreten,  so  dass  sie  durch  Ein* 
gehen  mit  vier  Fingern  gelöst  und  entfernt  werden  konnte.  Ihr 
Ansehen  war  ganz  frisch;  sie  hatte  eine  ovale  Gestalt,  war  3Vs" 
lang  und  3"  breit.    Die  Frau  erholte  sich  sehr  bald  vollkommen. 

Im  zweiten  Falle  war  der  Abortus  im  fünften  Monate  erfolgt 
und  seitdem  100  Tage  vergangen,  ohne  dass  die  Geburt  der 
Placenta  erfolgte.  Die  Untersuchung  zeigte  die  Gebärmntter 
hochstehend,  antevertirt,  der  mehrfach  eingekerbte  Muttermund 
stand  offen  und  Hess  den  Finger  in  die  Gebänuutterhöhle  gelangen, 


216  VII.    NotiJBen  aus  der  Journal -Literatur. 

wo  man  einen  nach  nuten  sn  abgerundeten  fremden  KSrper  von 
der  Consistens  festen  Placentargewebes  fand.  Dabei  entleerte 
sich  fortwährend  ein  blutig  gefärbter ,  jedoch  nicht  öbelriechender 
Schleim. 

Wegen  der  ausserordentlich  langen  Dauer  des  Zurückbleibens 
der  Placenta  und  der  gedrückten  Gemüthsbeschaffenheit  der  Frau, 
sowie  wegen  sichtbarer  Benachtheiligung  der  Gesundheit,  hielt 
sich  Verf.  in  yorliegendem  Falle  berechtigt,  cur  activen  Method« 
zu  schreiten.  Durch  eine  Zeit  lang  fortgesetzte  Yerabreichnng 
Ton  Extract.  See.  com.,  durch  eine  14stfindige  Colpeurese  brachte 
es  Verf.  endlich  so  weit,  dass  er,  nachdem  er  die  ganze  Hand 
in  die  Scheide  eingeführt  hatte,  zwei  Finger  in  den  Muttermund 
▼orschieben  konnte,  um  nach  einer  namentlich  durch  die  ante- 
vertirte  Stellung  des  Uterus  erschwerten  einstündigen  Arbeit  die 
Placenta  in  drei ,  genau  aneinander  passende  Stücke  zu  entfernen. 
Dieselbe  war  frisch,  nicht  in  Fäulniss  begriffen,  nur  in  ihrem 
Gewebe  derber  und  blässer.  So  schwer  auch  die  Entfernung 
der  Nachgeburt  gewesen  war,  so  blieb  sie  für  die  Frau  doch 
ohne  alle  Reaction.  Schon  am  11.  Tage  nach  der  Operation 
stellte  sich  unter  den  gewohnlichen  Erscheinungen  und  bei  voll- 
kommenem Wohlbefinden  der  Frau  die  Periode  ein. 

(Wien.  med.  Wochenschrift,  No.  14  u.  15,  1861.) 


Werthheimer :    Deber   das   physiologische  Verhalten   des 
Lochialseretes. 

Das  Secret,  welches  durch  untergelegte  flache,  länglichrunde 
Teller  aufgefangen  und  sogleich  untersucht  wurde  und  von 
Wöchnerinnen  mit  normalem  Geburts-  und  Woohenbettsrerlaafe 
stammte,  zeigte  folgende  Beschaffenheit: 

Unmittelbar  nach  der  Geburt  ist  der  Ausfluss  oft  noch  mehrere 
Stunden,  ja  sogar  bis  zu  einem  Tage  ein  rein  blutiger  mit 
lockeren  Fibringerinnseln.  Darauf  folgt  die  Ezsudatlon  einer 
ser2>ien  Flüssigkeit,  die  mehr  oder  weniger  mit  Vaginalschlein 
gemengt  ist.  Sie  reagirt  alkalisch  und  zeigt  mikroskopisch  Blat- 
körperchen,  Epithelialplättchen ,  SchleimkÖrperchen,  Schleim- 
kdmer  und  grössere  Kömeraggregate,  bisweilen  auch  Decidns- 
und  Pia  Centarreste.  Die  chemischen  Bestandtheile  sind  ausser 
Albumin,  Mucin  und  yerseifbarem  Fette,  eine  Chlorverbindung, 
phosphorsaures  Alkali,  Eisen,  Ealksalz. 

Vom  fünften  Tage  an  bis  zum  siebenten  odet  achten  ist 
das  Seeret  oft  noch  zum  Theil  seröser  Natur,  die  Blutkörperchen 
nehmen  an  Menge  ab  und  es  treten  an  deren  Stelle  die  Eiter- 
körperchen,  wodurch  das  Secret  schliesslich  eine  weisse  oder 
graue  Farbe  erhält.    Die  Seaction  ist  meist  neutral. 


yil.    Notiien  aus  der  Journal  Literatur.  217 

Vom  achten  oder  neunten  Tage  an  bis  su  Ende  der  Secretion 
behült  das  Secret,  vorausgesetst,  dass  keine  frische  Blutung 
mehr  erfolgt,  dieselbe  Beschaffenheit;  es  hat  Bahmconsistens 
und  ist  von  neutraler  oder  sanrer  Beaction.  Mikroskopisch  finden 
sich  ausser  den  früheren  Bestandtheilen  spindelförmige,  ge- 
schwänzte Körperchen  jungen  Bindegewebes  (am  achten  bis 
Bwölften  Tage)  und  Cholestearinkrystalle. . 

Ammoniak  und  Tripelphosphatkrystalle,  desgleichen  Schwefel- 
wasserstoff konnte  Verf.  nicht  nachweisen. 

Faserstoffgerinnsel  enthält  das  Lochialsecret  nur  dann,  wenn 
eine  frische  Blutung  im  Uterus  erfolgt. 

Ausser  gedachten  Bestandtheilen^  ist  ein  nicht  constanter, 
mehr  sufälliger  mikroskopischer  Bestandtheil  des  Lochialsecretes 
Trichomonas  vaginalis. 

(Archiv  für  pathol.  Anatomie  u.  Physiologie  u.  f.  Mediein, 
Bd.  21 ,  Heft  3.) 


Danyau  und  BSraud:  Schädellose  Missgeburt  mit  einer 
Geschwulst  auf  der  Regio  fronto-parietalis.  Mem- 
branartiges Band,  welches  von  der  Geschwulst  aus- 
ging, und  am  linken  Unterschenkel,  denselben  um- 
schlingend, endigte.  Theilweise  Abschnürung  dieses 
Gliedes.  Insertion  dieses  Bandes  an  der  Fötal- 
fläche  der  Placenta. 

Die  Geburt  des  in  Bede  stehenden  Kindes  war  eine  voll- 
kommen regelmässige.  Die  Mutter,  eine  vollkommen  gesunde 
Erstgebärende,  war  seit  ihrem  18.  Lebensjahre  immer  regel- 
mässig menstruirt  gewesen.  Die  Schwangerschaft  hatte  das  Ende 
des  achten  Monates  erreicht.  Das  Elind,  ein  Mädchen,  leigte 
folgende  Eigenthümlichkeiten. 

Es  fanden  sich  in  der  Gegend  der  grossen  Fontanelle  fünf 
oder  sechs  kleine,  auf  einer  gemeinschaftlichen  Basis  sitzende 
Tumoren,  welche  zusammen  die  Grösse  eines  kleinen  Apfels  mit 
höckeriger  Oberfläche  haben  mochten.  Die  Masse  selbst  ist  fest, 
resistent,  röthlich  und  glatt.  Die  einzelnen  Knoten  sind  im 
Umfange  verschieden  von  der  Grösse  einer  kleinen  Kirsche  bis 
zu  der  einer  grossen  Nnss.  Sie  sind  mehr  oder  weniger  gestielt, 
namentlich  der  am  höchsten  liegende,  wodurch  er  einer  grossen 
Beweglichkeit  fähig  wird.  Sie  lassen  sich  nicht  zurückbringen 
und  zeigen  weder  Fluctuation  noch  Durchsichtigkeit.  Der  Schädel 
ist  nur  rudimentär  ausgebildet;  die  ihn  bedeckende  Haut  ist  mit 
ziemlich  entwickelten  Haaren  besetzt. 

Das  Band  geht  von  der  höchst  gelegenen  Partie  des  Schädel- 
tnmor  aus,  mit  welchem   es   sehr  eng  verwachsen  ist,  und  um- 


218  VII.    Notizen  aus  der  Journal -Literatur. 

schlingt,  nach  ab wSrts  siebend ,  in  aweimaligen  Touren  den 
unteren  Tbeil  des  linken  UnterscbenlcelB.  Das  Band  ist  Iftoger 
als  der  kindlicbe  K5rper  nnd  inserirt  sieb  scbliesslich  an  die 
FötalflScbe  der  Placenta. 

Der  linke  Unterscbenkei ,  circa  2  Centimeter  oberhalb  der 
Knöchel,  zeigt  eine  dentlich  ausgesprochene  Fnrche,  die  ab- 
geschnürten Partien  sind  ödematSs  nnd  geschwollen. 

Das  Kind,  dessen  physiologische  Functionen  nichts  Abnormes 
seigten,  starb  24  Stunden  nach  der  Geburt  an  Conynlsionen. 

Die  Sectios  zeigte  die  Basis  des  Gehirns  fast  intaet,  wahrend 
alle  oberhalb  der  Ventrikel  gelegenen  Hirntheile  ▼erachwnndea 
waren.  Die  gedachten  T|imoren  bestanden  aus  schwammigem 
Gewebe  und  enthielten  in  ihrer  Mitte  eine  mit  dicker  Flnssig^eit 
gefüllte  Höhle,  die  mit  den  Hirn  Ventrikeln  commnnicirte.  SSramt- 
liche  Sohädelknochen  sind  yorhanden,  nnr  in  ihrer  Grosse  surSek- 
geblieben.  Es  bestand  demnach  hier  ursprünglich  eine  Hydroprie 
der  Hirnyentrikel  mit  secundärer  Ausstülpung  der  Himmasse 
durch  die  grosse  Fontanelle;  so  dass  die  Knoten  als  Tennderte 
Himsubstanz  aufzufassen  sind. 

Das  membranartige  Band  besass  alle  Eigenthnmliehkeitea 
des  Amnion. 

Ueber  die  Entstehung  dieses  Bandes  stellt  Verf.  die  Ansicht 
auf,    dass    der   Sch&deltumor    mit    den  Eihäuten    in  Verbindanj 
getreten    sei    und    durch    die    Bewegungen   des   FStua    sich  dit 
amniotische  Membran  allmftlig  verlängert  habe. 
(Gazette  des  h6pitauz,  1861,  No.  87.) 


C  Brcmn:  Ueber  die  Fathogenie  der  Hämatokele  rekro- 
uterina. 

Vorstehende  Arbeit  bildet  eine  Fortsetzung  derjenigen  Mit- 
theilnngen,  welche  Verf.  in  der  Wien.  Zeitschrift  der  Gesollschaft 
der  Aerzte,  1860  (No.  1)  veröffentlichte  (s.  Monatsschr,,  Bd.  15, 
S.  476). 

Die  drei  ersten  Beobachtungen  finden  sich  dort  ausfuhrlicb 
besohrieben;  die  vierte  ist  folgende: 

Hämatokele  retro-uterina,  wahrscheinlich  bedingt 
durch  eine  Blutung  des  rechten  Eileiters.  HeiUag 
mittels  der  Function  durch  Entfernang  voi 
5  Unzen  Blutserum. 

Die  Kranke,  28  Jahre  alt,  seit  ihrem  16.  Jahre  regelmässig 
menstruirt,  hat  vor  2V,  Jahren  ein  reifes  Kind  leicht  geboren. 
Vor  drei  Monaten  stellte  sich  Fluor  albus  ein,  und  vor  seebs 
Wochen  trat  unter  heftigen  Schmeriempfindungen  eine  Gesehwnlst 
in  der  rechten  Inguinalgegend  anf. 


yil.    Notizen  ans  der  Jonrnal-Literatiir.  219 

Bei  ihrer  Anftifthme  zeigte  die  Palpation  eine  gänseeigrosse, 
ISngliehe,  leicht  bewegliche  Geschwulst,  die  2"  hoch  8ber  dem 
Beckenein  gange  sich  erhob  (der  emporgehobene,  leere  üterns) 
und  in  einen  fingerdicken,  geschlängelten  Strang  (ron  2 — S" 
L&nge)  nach  rechts  überging  (volle  Tuba  dextra).  Innerlich 
zeigte  sich  die  Vaginalportion  nach  vorn  emporgezogen ,  weich, 
1"  tief  für  den  Finger  offen,  im  Douglas^Bchen  Räume  einen 
fanstgrossen  Tnmor,  bei  Fingerdrnck  empfindlich  nnd  vollkommen 
fixirt.  Im  ersten  Laqnear  wurde  fiberdies  noch  eine  hühnerei- 
grosse,  aber  leicht  bewegliche  Geschwulst  entdeckt,  die  nicht 
schmerzhaft  war  nnd  mit  der  aussen  rechts  fühlbaren  Geschwulst 
im  Zusammenhange  stand.  Die  Sonde  drang  in  das  Cavnm  uteri 
8V,"  tief  ein. 

Diagnose:  Blutextravasat  im  Dougtiu* sehen  Baume,  die 
rechte  Tube  noch  mit  Blut  erfüllt. 

Durch  drei  Wochen  blieben  die  Geschwülste  unter  dem 
Gebrauche  von  lauen  Douchen  und  Yollbädern  so.  Am  17.  De- 
cember  1859  trat  eine  sehr  profuse  Menstruation  ein  und  am  20. 
war  die  rechtsseitige  strangförmige  Geschwulst  verschwunden, 
wfthrend  der  im  Dougla$* Beben  Baume  liegende  Tumor,  wenn 
auch  etwas  verkleinert,  doch  noch  vorhanden  war.  Es  wurde 
derselbe  deshalb  am  8.  Januar  durch  die  Vagina  punctirt  und 
versehwand  nach  Entleernng  von  fiber  5  Unzen  graollch  gelber 
Flüssigkeit,  welche  alkalisch  reagirte,  eine  dem  Blntserom  ent- 
sprechende Menge  Albumen ,  sehr  viel  Natron -Albnminate,  wenig 
Biliverdin,  kein  Ammoniak  und  sehr  wenig  Zucker  enthielt. 

Am  23.  Januar  Fat.  wurde  geheilt  entlassen. 

Fünfte    Beobachtung.      Metrorrhagie    während    sieben 
Wochen,  hochgradige  Anftmie.    Kopfgrosse  Hftma- 
tokele    retro-uterina.      Entleerung    von    einigen 
Pfunden  nekrotisirten  Blutes  dnreh  die  Punetions- 
wunde    nach    vorausgeschickter    Akidopeirastik. 
Heilung. 
Die  87  Jahre   alte  Kranke  wurde  am  3.  Februar  1860  auf- 
genommen.     Sie    war    sehr    abgemagert    und    blass.      Mit    dem 
18.  Jahre  traten  ihre  Menses  auf,  waren  stets  spKrlich,  dauerten 
höchstens    drei  Tage.     Sie    hat   swei  Mal   regelmässig   gebioren. 
Anfeng  December  1869  will  Fat.  wfthrend  der  Menses  nach  einer 
schweren  Arbeit  plStalfch  heftige  Schmerzen  in  der  Unterbaueh- 
gegend  und  das  Auftreten   einer  weichen  Geschwulst  über  dem 
Beckeneingange  bemerkt  haben,   welche  bei  leisem  Drucke  sehr 
empfindlich  wurde.     Sie  war  bisher  mit  Blutegeln  und  warmen 
Üeberschlägen  behandelt  worden.    Die  ünterauchnng  zeigte  eine 
über    der    Symphyse    und    beiden    horizontalen    Sehambeinftstea 
liegende  breite,  harte  und  2"  hohe,  sehr  empfindliche  Geechwulst. 
Innerlich  zeigte  sich  die  Port,  vagia.  Vi''  l*i>ff  bis  nun  Beekea^ 


220  ^^^'    Notiten  ans  der  Journal -Literatur. 

eingaDge  emporgesehobeii  und  an  die  vordere  Beckenwand 
angepresst.  Hinter  derselben,  die  kleine  Beekenhöhle  aus- 
fällend, ein  iDännerfanstgroBser,  glatter,  derber,  nicht  deutlich 
flnctnirender  Tumor.  Die  Metrorrhagien  dauerten  fort.  Puls 
klein,  90.  Da  die  Diagnose  zwischen  einer  Hämatokele  und 
Ovarienkyste  schwankte,  so  wurde  mittels  eines  Exploratir- 
Troikarts  panctirt,  worauf  sich  einige  Tropfen  nekrotisirten  Blutea 
entleerten.  Da  somit  die  Diagnose  einer  HUmatokele  fest  stand, 
so  punctirte  man  mit  einem  sUrkeren  Troikart  und  entleerte 
über  2  Unsen  braunes,  theerahnliches ,  zähflüssiges,  nekrotisirtes, 
nicht  übelriechendes  Blut,  welches  ein  geringes  Zusammenfallen 
des  Tumors  und  Tiefertreten  der  Port,  vagin.  lur  Folge  hatte. 
An  den  folgenden  Tagen  flössen  fortwährend  Massen  nekrotisirten 
Blutes,  welches  namentlich  viel  phosphorsaure  Ammoniak-Magnesia 
enthielt,  aus  der  Stichöffnung  ab,  bis  am  yierten  Tage  plötslieh 
die  Erscheinungen  einer  inneren  Verblutung  auftraten,  so  dass 
mit  Qewissheit  angenommen  werden  konnte,  dass  neuerdingt  eine 
retro-uterine  Bluteztravasation  stattgefunden  habe.  Zwei  Tage 
spXter  zeigten  sich  denn  auch  massenhafte,  über  2  Pfund  betragende 
Mengen  schwarzbrauner  Flüssigkeit,  worauf  eine  plötzliche  Ver- 
kleinerung der  Geschwulst  eintrat,  die  in  den  folgenden  Tagen 
übelriechend  und  schliesslich  eiterig  wurden,  mit  dem  14.  Tage 
jedoch  ganz  aufhörten.  Der  durch  die  Hämatokele  zu  Stande 
gekommene  Abscess  war  somit  ganz  entleert  und  von  einem 
retro- uterin en  Tumor  auch  nichts  mehr  zu  finden. 

Fat.    wurde,    nachdem    sie    ihre  Menses  wieder   regelmässig 
gehabt  hatte,  gesund  entlassen. 

Sechste  Beobachtung.    Hämatokele  ante-uterina,  durch 
die  Vulva  mit  der  vorderen  Seheidenwand  hervor- 

I  ragend.    Heilung  durch  Function  und  Entleerung 

I  von  2  Pfund  nekrotisirten  bräunlichen  Blutes. 

Patientin  war  24  Jahre  alt  und  hatte  ein  Mal  geboren. 

\  Die  Untersuchung  zeigte   in  der  rechten  Unterbauchgegend 

eine    resistente,   bei   angebrachtem   Drucke   schmerzhafte,   vom 

i  Mens  veneris  im  Bogen  zum  Hüftbeinkamme  reichende 

Geschwulst.    Dieser  Tumor,   über  welchem  der  Percussiona- 

^  schall  gedämpft  erscheint,   liegt  neben   der  Harnblase;    ein  an 

ihm  angebrachter  Druck  pflanzt  sich  in  dem  in  der  Vagina 
liegenden  Tumot'  fort,  welcher  letztere  die  Vagina  einstülpt,  so 
dass  bei  der  iiSneren  Untersuchung  eine  cjlindrische,  elastische, 
fluetuirende  Geschwulst  gefühlt  wird,  welche  in  der  Länge  der 
Seheide  verläuft  Fort,  vagin.  stark  nach  hinten  gedrängt,  die 
Harnröhre  straff  dem  linken  queren  Schambeinaste  anliegend. 
Legt  man  den  Katheter  ein  und  drückt  man  den  Tumor  von  der 
Vagina  ans,  so  kommt  kein  Harn  durch  den  Katheter.  Es  steht 
daher  der  kystenartige  Tumor  tiefer  als  die  Hamröbrenmflndung 


VIT.    Notisen  aas  der  Journal- Literatur.  221 

und  Bwischen  beiden  besteht  keine  offene  Communication  in  die 
prolabirte  Tordere  Yaginalwand.  Eine,  1"  weit  unter  der  Harn- 
röhrenmündung  vorgenommene  Probepunction,  sowie  die  nach- 
herige Entlee rungspunction  entleerten  bei  gleichzeitig  auf  den 
Tumor  angebrachten  Druck  Ober  2  Pfund  chocoladenfarbige 
Flüssigkeit,  die  sieh  als  nekrotisirtes  Blut  auswies.  In  die  leere 
Eyste  wurden  durch  acht  Tage  hindurch  laue  Injectionen  gemacht. 
AllmSlig  wurde  der  Ausfluss  eiterig  und  hörte  nach  nur  fünf 
Wochen  ganz  auf,  wo  Fat.  geheilt  entlassen  wurde.  Die  Quelle 
der  Blutung  scheint  in  einer  Gefässberstung  des  retro-periton&alen 
Bindegewebes  einer  vom  Ovarium  entfernteren  Stelle  gesucht 
werden  zu  müssen. 

Siebente  Beobachtung.    Metrorrhagien  und  Peritonitis 
während   der  Schwangerschaft.     Hämatokele,   be- 
dingt   durch    Grayiditas    eztrauterina.     Tod.     Au- 
topsie.   Tubensohwangerschaft. 
Wir  wollen  hier  nur  den  Sectionsbefund  anführen: 
Im  Bauchfelle  zeigte  sich  ein  spärliches  Exsudat,  der  Uterus 
war  über   den   Beckeneingang  nach   Torn   verschoben   und*  der 
Douglaa^che  Raum  mit  einem  mehr  als  mannsfaustgrossen  Tumor, 
harter  Consistenz,   erfüllt.    Der  Uterus  zeigte   sich  vergrossert, 
die  Decidna  fehlte  Tollstandig.    (Fat.  litt  an  Ausfluss  eines  übel- 
riechenden Secretes  aus  dem  Uterus.)    Ein  Zoll  weit  vom  Uterus 
erweiterte   sich   die   rechte  Tube  zu  einem   männerkopfgrossen 
Sacke,  der  zum  grössten  Theile  ooagulirtes  Blut,  im  geringeren 
Umfange   die   Placenta    und   einen   mumificirten,    abgeplatteten, 
6"   langen    Embryo    enthielt.     Ohne  Verletzung   des   Präparates 
konnte  Nichts  von   beiden  Ovarien   aufgefunden  werden.     Hier 
war  demnach  eine  Tubenschwangerschaft  vorhanden,  welche  einen 
retro-uterlnen  Tumor  erzeugte,    Bluteztravasationen   in   grosser 
Ausdehnung  veranlasste   und    durch    diese   gemeinschaftlich    bei 
der  Lebenden  die  Symptome  einer  Hämatokele  retro- uterina  er- 
zeugt wurden. 

Achte  Beobachtung.  Hämatokele  ante-uterina  sinistra 
während  der  Schwangerschaft,  Akidopeirastik 
und  Entleerung  des  Beckentnmors  von  2  Pfund 
Blut  vor  der  Geburt  des  Kindes.  Heilung  der 
Mutter  und  ßettung  des  Kindes. 

Die  Untersuchung  der  21  jährigen  Erstgeschwängerten,  welche 
durch  sechs  Wochen  vor  ihrer  Aufnahme  an  häufigen  ziehenden 
Schmerzen  in  der  Kreuz-  und  Beckengegend  litt,  zeigte  die 
ganze  Beckenhöhle  ausgefüllt  mit  einem  fluctuirenden ,  wie  eine 
Cystocele  vaginal,  anzufühlenden,  unmittelbar  hinter  der  Harn- 
röhre liegenden  und  die  vordere  Beckenwand  einnehmenden 
Tumor,  der  nach  rück-  und  aufwärts  bis  zum  Vorberge  reichte. 


222  VII.    NotiseD  aus  der  Journal- Literatur. 

Die  sehr  kurse  Port,  vagio.  war  sach  rechts,  rück-  und  aitf- 
wärt«  yerdrUngt.  Die  Haruröhre  achien  nach  rechte  Terdränft 
und  war  für  den  Katheter  leicht  durchgängig.  Machdem  die 
ersten  Wehen  eingetreten  waren,  wurde  eine  Ezplorativpuactipn 
des  Tumor  gemacht,  worauf  theils  flüssiges»  theils  coagnlirtee 
Blut  abging.  Da  somit  die  Diagnose  einer  Hftmatocele  erwiesen 
war  und  der  Tumor  ein  für  den  Durchtritt  des  Fötus  gefährliches 
Hinderniss  abgab,  so  wurde  ein  Entleerungstroikart  yorgeschoben 
und  schliesslich  die  so  erhaltene  Oeffnung  mittels  eines  ge- 
knöpften Bistouri*s  erweitert »  worauf  bei  gleichseitig  auf  den 
Tumor  angebrachtem  Drucke  und  Einführung  des  Zeigefingers  in 
dessen  Höhle,  der  hier  deutliches  Balkenwerk  auffand,  eine 
reichliche  Menge  einer  nekrotisirten  blutigen  Flüssigkeit  ent- 
leerte. Die  Geburt  erfolgte  normal.  -Durch  laue  Injeetionen  in 
die  Höfale  des  Tumor  und  bei  kräftiger  Kost  genas  Pat  bald 
vollständig. 

Aus  diesen  Beobachtungen  ergiebt  sieh: 

1)  Dass  eine  Hämatokele  während  der  Schwangerschaft  zu 
Stande  kommeU  kann. 

'    2)  Dass    sie    ein    gefährliches    Geburtshindemiss    und    ein 
räumliches  Missverhältniss  erseugt. 

3)  Dass  die  Function  mit  nachfolgender  Entleeraag  des 
Bluttumors  cur  Erhaltung  der  Mutter  und  des  Ki&4es 
beitrug. 

4)  Dass  eine  Hämatokele  ante -uterina  mit  gleiehseitigar 
Verlagerung  der  Vaginalwand  rorkomme  und  auf  eise 
sweifellose  klinische  Beobaohtuiig  basirt  sei. 

Neunte  Beobachtung.     Hämatokele  retro-uterina  in  der 
Grösse  eines  Mannskopfes,  begleitet  von  Metror- 
rhagieen.    Entleerung  von  2  Pfund   nekrotisirten 
Blutes    nach     der    Function     binnen    acht    Tagen. 
Genesung. 
Patientin,  36  Jahre  alt,  hat  drei  Mal   geboren   und  war  bis 
acht  Wochen  vor  der  Aufnahme  vollkommen  gesund,  su  welcher 
Zeit  nach  sweimonatlioher  Cassation  der  Menses  Metrorrhagien 
auftraten   und  von  Schmerlen  in  der  Beckengegend  und  mehr- 
tägiger Harnverhaltung  begleitet  waren.    Die  Untersuchung  zeigte 
einen  faustgrossen  Tumor  in  der  Beckenhöhle  und  den  Uterus 
nach  vor-  und  aufwärts  verschoben.    Die  Vaginalschleimhaut  fand 
man  bei  der  Ocularuntersuchung  blass   und  nicht  blauroth  ge- 
färbt.   Der  Tumor  vergrösserte  sich  allmälig,  so  dass  er  bis  sum 
Nabel  sich  erstreckte.    Nach  wiederholten  Explorativpunctionen 
wurde    ein    Entleerungstroikart    eingeführt,    mit   dessen   Kanüle 
Partien  nekrotischen  Blutes  hervorgehoben  wurden;  doch  musste 
schliesslich    der    Stichkanal    mit    einem    Knopfbistouri   erweitert 
und   durch   die  Wunde   ein  Fischbeiostab   1"  in   die  Höhle  ein- 


VII.    Notisen  ant  der  Joum«]- Literatur.  223 

gef&hrt  werden^  welchen  man  in  versehiedenen  Riehtangen  herum- 
bewegte,  nm  die  balkenartigen  Stränge  des  Blatlnmene  dadaroh 
au  löchern.  Der  eich  allmälig  steigernde  Ansfiuse  bestand  aus 
übelriechendem  nekrotisirtem  Blute.  Nach  einigen  Wochen  war 
Tom  Tumor  durch  die  Bauohdecken  Nichts  mehr  zu  finden. 
Hinter  der  Vaginalportion  bemerkte  man  nur  noch  eine  baselnuss* 
grosse,  etwas  härtere  Stelle.  Vorliegende  Beobachtung  belehrt 
uns  über  das  Entstehen  der  Hftmatokele  im  I>ott^2a«*schen  Baume, 
über  die  Complication  derselben  mit  Metrorrhagien,  ober  die 
Vergrösserung  des  Bluttumors  durch  wiederholte  Nachschübe  und 
ferner,  dass  bei  einer  sehr  wahrscheinlich  vorhandenen  retro- 
peritonäalen  Extravasation  eine  blaurothe  Färbung  der  Yaginal- 
schleimhaut  nicht  immer  vorkommt. 

Zehnte  Beobachtung.  Hernia  ovario -vaginalis  (H&ma- 
tokele).  Incarceration  derselben  während  der 
ersten  Geburt  Reposition  derselben.  Kind  reif 
lebend.  —  Wanderung  des  Beckentumors  während 
eines  Jahres  ans  dem  DotfyZas'schen  Räume  in 
das  vordere  Laquear.  Jodglycerin-Einreibungen. 
Vollständige  Heilung  des  beweglichen  Becken- 
tumors.  Glücklicher  Verlauf  bei  der  sweiten 
Niederkunft  für  Mutter  und  Kind. 

Die  Untersuchung  zeigte  einen  in  der  Mitte  des  Becken- 
kanales  liegenden,  den  Douglaa^Bchen  Raum  ausfällenden,  faust- 
grossen,  prallen,  resistenten  KSrper,  wodurch  eine  Verengerung 
▼on  iVs''  herbeigeführt  wurde.  Die  Reposition  gelang  und  die 
Geburt  wurde  mittels  der  Zange  beendet,  lieber  ein  Jahr  nach 
der  ersten  Entbindung  bestand  der  Tumor  fort  (trotz  Jodgl^cerin- 
Einreibungen) ,  wanderte  jedoch  allmälig  in  das  vordere  Laquear 
und  war  da  als  ein  faustgrosser  elastischer  Tumor  zu  finden. 
Ein  Jahr  später  war  er  vollends  geheilt.  Da  aber  eine  Heilung 
bei  wirklich  bestehender  Degeneration  des  Ovariums  nicht  vor- 
kommen soll,  so  entsteht  die  Frage,  ob  der  betreffende  Tumor 
nicht  durch  Extravasation  des  Blutes  in  der  Nähe  des  Ovariums 
SU  Stande  kam  und  so  die  Hernia  vaginalis  auch  als  Hämatokele 
angesehen  werden  könne? 

Verf.  giebt  nun  folgendes  Resum^:  Die  Diagnose  einer 
Hämatokele  extra -uterina  konnte  acht  Mal  mit  voller  Gewissheit 
und  nur  zwei  Mal  mit  Wahrscheinlichkeit  gemacht  werden.  In 
neun  Fällen  erfolgte  eine  völlige  Genesung,  ein  Mal  der  Tod, 
bedingt  durch  Graviditas  extra- uterina  und  obsolete  Peritonitiden. 
Die  Function  gab  sieben  Mal  befriedigende  Resultate  und  die 
•eehs  Mal  vorgenommene  Function  und  vollständige  Entleerung 
des  Bluttumors  hatte  stets  die  Genesung  zur  Folge.  Bei  ex- 
speotativem  Verhalten    erfolgte    drei    Mal   die    Heilang.      Eine 


224  ^^-    Kotisen  ans  der  Jonrnal-Litoratiir. 

HSmatokele  retro- uterina  wurde  secha  Mal,  eine  aiiie>«teriiii 
Tier  Mal  beobachtet.  Die  Hlimatokele  eotfaSlt  ein  devtKdiet 
Balkenwerk,  welches  mit  dem  Finger  leicht  trennbar  ist  nnd  aU 
erbsengroBse ,  gelbe  Fettsellen  enthaltende  Masaen  im  nekrotisirten 
Blnte  bisweilen  gefanden  werden.  Die  Menge  des  Blates  beKoft 
sieh  Yon  einigen  Drachmen  bis  auf  mehrere  Pfund. 

(Wien.  med.  Wochenschrift,  1861,  No.  28,  29,  30,  84,  36.) 


Noune:   Ueber  Gebärmatterflässe;   ihre    Ursachen  and 
Folgen. 

Die  Gebärmutter-  nnd  Scheidenflüsse  sind  bedingt  durch 
eine  locale  Völle  nnd  Th&tigkeit  der  Blutgefttsse.  Verf.  tlieUt 
dieselben  ein  in  1)  Metrorrhagien  (hier  sind  die  in  der  Schwanger- 
schaft und  Geburt  auftretenden  ausgeschlossen),  2)  Menorrhagien 
und  3)  Leukorrhoen. 

Erster  Fall.  Fat.  hatte  im  dritten  Monate  ihrer  Schwaage^ 
Schaft  abortirt,  sich  jedoch  bald  wieder  erholt.  ^  In  der  yiertes 
Woche  darauf  stellte  sich  das  .Gefühl  ron  Schwere  nnd  ün- 
behaglichkeit  in  der  Gebärmutter  ein,  welche  Erscheinuagea 
sich  steigerten,  bis  wenige  Tage  darauf  ein  heftiger  nnd  ploti- 
lieber  Blutfluss  eintrat,  der  jedoch  nicht  wiederkehrte.  Der  Utenu 
aeigte  sich  frei  Ton  organischer  Veränderung,  und  moehtea 
Tielleicht  lurückgebliebene  Eireste  den  Blutfluss  herbeigeführt 
haben,  nachdem  durch  Bückkehr  der  Periode  eine  Hjperämi« 
des  Uterus  eingeleitet  war.  Wir  finden  diese  Erscheinung  hinfi; 
vier  Wochen  nach  Aborten,  weil  hier  die  Neubildung  der  Muskel- 
fasern viel  träger  geschieht ,  als  nach  rechtzeitigen  Niederkünfteo, 
somit  die  Uteringefässe  nur  einer  schwachen  Compression  unter- 
liegen. 

Zweiter  Fall.  Pat.  war  leicht  und  schnell  im  achten 
Monate  ihrer  Schwangerschaft  mit  einem  todten  Kinde  nieder- 
gekommen und  hatte  ein  regelmässiges  Wochenbett  durchgemacht; 
doch  blieb  eine  gewisse  Schwäche,  Appetitlosigkeit,  Neigung  n 
Hysterie  und  ein  nervöser  Kopfschmerz  zurück.  Die  Catamenien 
erschienen  unregelmässig,  waren  profus  und  andauernd  und  gingen 
allmälig  in  eine  Leukorrhoe  über.  Die  Scheide  zeigte  steh  er- 
schlafft, der  Uterus  tiefer  stehend,  der  Muttermund  geöffnet  nnd 
in  seinen  Rändern  verdickt.  Genannte  Zufälle  werden  hSttfig 
nach  Geburten  todter  Kinder  beobachtet  und  als  deren  Folgen 
angesehen;  Verf.  glaubt  jedoch  in  ihnen  nur  eine  Fortsetsnng 
schon  bestandener  Gebärmutterläsionen  zu  erblicken,  die  das 
Absterben  der  Frucht  bedingten  und  durch  Schwänge rschaft  nnd 
Geburt  eine  Verschlimmerung  eingingen.  Im  vorliegenden  Falle 
bestand  ursprünglich  eine  Abdominalplethora,  das  Kind  starb  ab, 


yil.    NotUen  ans  der  Journal -Literatnr.  225 

hierauf  traten  Menorrhagien  ein,  welche  theils  auf  mangelhafte 
Bficfcbildnngy  theils  auf  Hyperämie  der  Gebärmutter  hinweisen: 
die  Menorrhagie  wurde  durch  einen  Schleimflnss  ersetst,  welcher 
eine  Erschlaffung  der  Scheide  anr  Folge  hatte  und  eine  Senkung 
der  Gebärmutter  gestattete. 

Dritter  Fall.  Congestion  des  Uterus  nach  der  Geburt 
eines  Kindes:  Sehr  schwache  Menstruation. 

Vierter  Fall.  Beichliche  und  schmerzhafte  Menstruation; 
Gebftrmutterschleimfluss:  Erschlaffung  der  Scheidenschleimhaat. 
Pat.  hat  vor  fünf  Monaten  ein  todtes  Kind  geboren,  und  war  schon 
früher  zwei  Mal  mit  todten  Kindern  niedergekommen. 

.  Fünfter  Fall.  Spontane  Trennung  eines  Uteruspolypen  von 
der  Grösse  eines  Hühnereies,  von  Symptomen  begleitet,  die  eine 
Menorrhagie  vortäuschten. 

In  den  Fällen  6  —  16  sehen  wir  die  Menorrhagie  gleichseitig 
bei  Plethora,  Hysterie,  Schwäche,  Lactation  und  Trunksucht. 
Namentlich  letztere  muss  theilweise  zu  den  ursächlichen  Momenten 
gerechnet  werden,  da  sie  Leberanschoppung  herbeifährt,  Krank- 
heiten der  Leber  aber  häufig  mit  Vergrössernng  der  Gebärmutter 
und  dysmenorrhoischen  Zuständen  verbunden  sind. 

Fälle   17 — 22   enthalten  die   Beispiele,    wo  Leukorrhoe    mit 
Menorrhagie  und  Dysmenorrhoe  alternirt,   oder  sie  ersetzt.    Die 
Folge    davon   ist   alle  Mal  Erschlaffung  der  S cheiden wände ,    die 
wiederum  von  Lageveränderungen  des  Uterus  gefolgt  ist 
(The  Lancet,  Vol.  L,  No.  26,  1861.) 


Singer:  Ein  Beitrag  zur  Lehre   vom  Harnröhrentripper 
des  Weibes. 

Verf.  hat  seine  Aufmerksamkeit  der  Untersuchung  der  bereits 
von  Oraf  und  Morgagni  unter  dem  Namen  Prostata  des  Weibes 
beschriebenen,  um  die  weibliehe  Harnröhre  gelagerten  drüsigen 
Gebilde  zugewendet  und  giebt  folgenden  anatomischen  Befund: 

Ihre  Ausfnhrungsgänge ,  welche  bald  kaum  mit  freiem  Auge 
sichtbare,  bald  eine  runde,  klaffende  Oeffnung  von  V^ — 1  Linie 
Durchmesser  bilden,  sitzen  meistens  im  Bande  der  Harnröhren- 
mändung.  An  Zahl  durchschnittlich  2 — 3,  seltener  4  —  5  nehmen 
sie  gewöhnlich  den  unteren  Halbkreis  der  Mündung  ein.  In  diese 
Oeffnungen  kann  eine  Sonde  auf  2  —  6  Linien  Tiefe  eindringen 
und  wird  von  der  Harnröhre  aus  unter  der  Schleimhaut  liegend 
gefühlt.  Oeffnet  man  diese  Gänge,  so  findet  man  sie  von  einer 
Schleimhaut  ausgekleidet,  mit  zahlreichen  abgehenden  Aesten, 
die  wieder  Nebenäste  aussenden,  welche  tief  in  das  snbmucöse 
und  Muskellager  der  Harnröhre  eindringen.  Mikroskopisch  unter- 
sucht, zeigen  sich  an  den  Endpunkten  dieser  verästigten  Bohren 
MoDataiichr.  f.  Qebartsk.  1861.  Bd.  XYUJ.,  Suppl.-Hft.  16 


226  VII.     Kotisen  aas  der  Jonrnal «Literatur. 

Ürfisenblasen ,  von   meist  bimförinig^er  Gestalt,   häufig   ni  S— 5 
gmppirt.   Somit  ist  die  drüsige  Natar  dieser  Gebilde  ausser  KweiM. 

Verf.  fand  nun  bei  Untersnchong  der  mit  HarnrShreiitripper 
behafteten  Weiber,  dass  darch  den  mittels  des  in  die  Scheide 
eingeführten  Zeigefingers  auf  die  Harnröhre  aasgeübten  Dmek 
das  Trippresecret  in  Form  begrenster  Tropfen  ans  gedachten  Bohren 
hervorquoll  und  selbst  noch  dann,  als  das  Harnröhrenseoret  bei- 
nahe ganz  versiegt  war.  Da  non  in  diesen  schwersngi&nglichen 
Hohlräumen  das  Trippergift  gegen  die  bei  Urethralblenorrhoe 
gebränchlichen  therapentischen  Eingriffe  vollkommen  geschütst 
ist,  und  von  diesen  RKnmen  aus  wieder  in  die  Harnröhre  gelangen 
kann,  so  wird  hierdurch  eine  neuerliche  Infection  ermöglicht  und 
mag  hierin  der  Grund  su  den  häufigen  Becidiven  des  Hamröhren- 
trippers  beim  Weibe  liegen. 

Die  Therapie  wird  bei  dieser  Form  der  chronischen  Urethral- 
blenorrhoe bei  stark  entwickelten  Ausführungsgängen  in  einem 
Spalten  derselben  bestehen,  einestheils  um  den  Abflnsa  des 
Tripperschleims  eu  beschleunigen,  anderentheils  die  Anwendung 
sweckdienlicher  Mittel  eu  ermöglichen.  Sind  die  Ansführnngs- 
gänge  2um  Spalten  su  eng,  so  muss  man  durch  grösstmögliehe 
Beinitchkeit  den  Prozess  zum  Versiegen  zu  bringen  suchen. 
(Allgem.  Wien,  medic.  Zeitung,  No.  14  u.  15,  1S61). 


Jobert:    Operation  der  Scheidenfistei  par  glissement. 

1)    Blasenscheidenfistel,    Operation     mittels    auto- 
plastischer Methode  par  glissement;  Heilung. 

Die  am  14.  December  im  H6tel  Dieu  aufgenoihmene  Frau, 
litt  seit  einem  Jahre,  su  welcher  Zeit  sie  mittels  der  Zange  schwer 
entbunden  worden  war,  an  anwillkürlichem  Urinabflusse,  als  dessen 
Ursache  sich  eine  drei  Centimeter  von  der  Harnröhre  befindliche 
Fistelöffnung,  in  welche  mit  Leichtigkeit  der  Zeigefinger  ein- 
geführt werden  konnte,  zeigte.  Die  hintere  Blasenwand  war  darch 
dieselbe  derart  vorgefallen,  dass  sie  einen  leichten  Vorsprang  in 
die  Vagina  bildete.  Der  verkleinerte  Uterushaie  zeigte  sich 
ly,  Centimeter  von  der  Fistel  entfernt  and  war  in  seiner  Mitte 
alcerirt. 

Die  Operation  wurde  in  der  Bückenlage  der  Frau  mit  an- 
gezogenen Schenkeln  vorgenommen,  die  hintere  Scheidenwand 
durch  ein  vierklappiges  Speculum  nach  hinten  gedrängt,  die  Bänder 
der  Fistel  mit  dem  Bistouri  angefrischt  und  die  Wunde  an  vier 
Punkten  durch  Hefte  vereinigt.  An  den  Seiten  der  Fistel  wurden 
nun  zwei  Einschnitte  gemacht,  welche  einem  etwaigen  Zage 
entgegenwirken  sollen.  In  die  Blase  wird  ein  Catheter  eingelegt. 
Beaotion   gering.    Am  22.  Tage  nach  der  Operation  wird   die 


VII.     Notisen  aas  der  Joarnal- Literatur.  227 

leiste  Naht  entfernt  und  seigt  sich  die  Wunde  yoUkominen  ge- 
schlossen; fünf  Tage  später  wird  dor  Catheter  entfernt,  die 
Kranke  h&lt  den  Urin  sehr  gnt  zurück  nnd  hat  täglich  fünf  Mal 
das  Bedürfniss  aum  uriniren.  Sie  wird  am  6.  Februar  yollkommen 
geheilt  entlassen. 

2)    Blasenscheiden- Gebärmutterfistel;     aweimalige 
Operation  par  glissement;   Heilung. 
Frau  P.,  33  Jahre  alt,  war  Tor  fünf  Monaten  durch  die  Zange 
entbunden  worden    und    litt  seit  dieser  Zeit  an  Urinausfluss  aus 
der  Scheide. 

Die  Untersuchung  zeigte  an  Schamlippen  und  PerinSum  ein 
ausgebreitetes  Erythem,  die  Scheide  weit,  die  hintere  Mutter- 
mundslippe gänslich  zerstört,  die  vordere  nur  theilweise  verloren 
gegangen,  deren  Trümmer  die  dem  hinteren  Scheidengewölbe 
entsprechende  Fistelöffnung  verlegen.  Am  22.  Juli  wurden  die 
Fistelränder  angefrischt  und  durch  zwei  einfache  Knopfnähte 
vereinigt,  in  die  Blase  ein  Catheter  eingeführt  und  liegen  gelassen. 
Am  27.  trat  die  Menstruation  ein  und  floss  durch  vier  Tage  auch 
durch  den  Catheter  mit  dem  Urine  etwas  Blut  ab.  Die  Nähte 
wurden  am  3.  August  entfernt,  wobei  sich  einige  Tropfen  Urin 
im  Scheidengrunde  zeigten,  welche  aus  einer  rundlichen  Geschwürs- 
öffhung,  von  der  Grösse  einer  Erbse,  die  an  der  Spitze  der  der 
früheren  Fistelöffnung  entsprechenden  winkligen  Narbe,  nach 
links  gelegen,  ausfliessen.  Da  durch  Aetzen  der  Fistelöffnung 
mit  Lapis  keine  Besserung  eintrat,  so  wurde  am  9.  December 
von  Neuem  operirt,  die  Fistelränder  mit  Bistouri  und  Kmmm- 
scheere  wund  gemacht,  mittels  zweier  Hefte  vereinigt  und  zur 
Verminderung  der  Spannung  oben  und  unten  durch  die  Dicke 
der  Schleimhaut  gehende  Einschnitte  gemacht.  Nachbehandlung 
wie  früher.  Reaction  gering.  Nach  acht  Tagen  zeigt  sich  die 
Vereinigung  gelungen,  in  der  Scheide  kein  Tropfen  Urin.  Am 
22.  wird  die  lotete  Naht  entfernt,  die  Vernarbung  ist  ganz  zu 
Stande  gekommen.  Die  Kranke  kann  den  Urin  gut  zurückhalten 
und  hat  4—5  Mal  des  Tages  das  Bedürfniss  denselben  zu  ent- 
leeren. Die  Fistel  ist  durch  das  Collum  uteri ,  dessen  Beste  den 
Grund  der  Scheide  bilden,  vollkommen  geschlossen. 
(Allgem.  Wiener  med.  Zeitung,  No.  8,  1861.) 


EUeaume:  Merkurielle  Salivation  in  Folge  der  Kaute- 
risation des  Collum  uteri  mit  Quecksilber-Nitrat. 

*  Im  ersten  Falle  zeigte  sich  die  Vaginalschleimhaut  nnd  das 
Orific.  extern,  uteri  stark  geröthet  und  mit  einer  gelblichen, 
zähen,  flüssigen  Masse  bedeckt.  Da  ausserdem  in.  der  Umgebung 
des  Muttermundes  seichte  Geschwüre  sich  vorfanden,  so  wurde 

16  • 


228  ^11*    Notizen  aus  der  Journal- Literatur. 

das  Collam  uteri  and  die  Vagina  mit  Qaeeksilbernitrat  bestrichen. 
Schon  den  folgenden  Morgen  klagte  Pat.,  ausser  über  Kolik- 
schmensen,  auch  über  ihr  Zahnfleisch,  welches  sich  leicht  ge- 
schwollen seigte ,  die  Zähne  hatten  am  Rande  einen  grauen  Belag, 
die  Absonderung  von  Speichel  hatte  sugenommen  und  der  Athem 
war  übelriechend.  In  den  nächsten  Tagen  nahmen  diese  Er- 
scheinungen an,  die  Vaginalschleirohaut  sonderte  eine  serös- 
sanguinolente  Flüssigkeit  ab  und  die  Salivation  wurde  bedentend. 
Unter  Anwendung  von  Gurgelwässern  mit  Alaup,  erweichenden 
Injectionen  und  Eataplasmen  auf  den  Leib  verschwanden  in 
wenigen  Tagen  die  gedachten  Symptome. 

Im  zweiten  Falle,  wo  das  Quecksilbernitrat  wegen  XJtems- 
katarrh  und  Ulcerationen  an  der  hinteren  Muttermundslippe  an- 
gewendet wurde,  traten  gleiche  Erscheinungen  am  folgenden  Tage 
auf,  die  indess  auch  hier  nach  Gargarismen  von  Borax  verschwanden. 

Da  in  beiden  Fällen  die  Erscheinungen  der  Salivation  schon 
nach  24  Stunden  und  nach  nur  einmaliger  Kauterisation  auftraten, 
so  muss  man  eine  gewisse  Disposition  voraussetsen;  es  ist  aller- 
dings die  Genitalschleimhaut  sehr  geeignet,  wie  z.  B.  T^auMMtau 
einen  Fall  erwähnt,  wo  nach  einer  einmaligen  Injection  von 
30  Ctgrmm.  Sublimat  auf  600  Grmm.  Wassers  eine  heftige  Sali- 
vation entstand.  Um  die  gedachten  Erscheinungen  zu  vermeiden 
oder  wenigstens  zu  mindern,  ist  es  nothwendig,  die  kauteriairte 
Stelle  mit  einem  Charpiepinsel  abzutupfen,  der  alle  Flüssigkeit 
von  den  nicht  kranken  Stellen  wegnimmt,  und  dann  Waaaer- 
injectionen  in  die  Scheide  zu  machen.  Bei  sehr  empfindlichen 
Kranken  ist  es  ausserdem  noch  gut,  sich  einer  verdünnten  Solution 
zu  bedienen. 

(Gas.  de  Uöp.,  88,  \  860,  n.  Schmidt,  Med.  Jahrb.,  Bd.  1 1 1,  Hft.  V) 


v.  QrÜnewaldt:  Die  Puerperalerkrankungen  im  St.  Peters- 
burger Hebammen-Institute  vom  November  1858  bis 
März  1869. 

Nach  einem  vorausgegangenen  sehr  günstigen  Gesundheits- 
zustand begannen  im  November  1858  zahlreiche  Erkrankungen 
mit  ausserordentlicher  Gleichartigkeit  der  Symptome. 

Vom  8.  November  bis  20.  Januar  wurden  aufgenommen 
182  Schwangere  und  Gebärende,  von  welchen  76  erkrankten  und 
18  starben.  Vom  20.  Januar  bis  1.  Februar  wurden  deshalb  nur 
sehr  wenige,  nämlich  12  aufgenommen,  von  denen  4  leichter 
erkrankten.  Vom  1.  Februar  ab  wurde  wieder  in  der  gewohn- 
lichen Weise  aufgenommen,  dennoch  kamen  vom  1.  bis  13.  Februar 
nur  zwei  Erkrankungen  vor,  welche  tödtlich  endeten.  In  diesen 
24  Tagen  waren  40  Frauen  aufgenommen,  von  denen  also  6  er- 
krankten und  2  starben.   Von  hier  an  aber  wurden  die  Erkrankungen 


VJI.    Notiseo  ans  der  Jonroal- Literatur.  229 

so  häufig  and  so  bösartig,  dass  am  21.  Febmar  das  Hans  ganz 
geschlossen  werden  mqsstey  es  waren  nämlich  in  dieser  Zeit 
19Franen  entbunden  worden,  von  denen  13  erkrankten  und  6  starben. 

Nachdem  zwei  Wochen  die  Bänme  nnbenntzt  geblieben  und 
eine  gründliche  Desinfection  Torgenommen  worden  war,  kamen 
spXter  nur  nooh  einzelne  Erkrankungen  ror  und  die  Epidemie 
konnte  als  beendet  angesehen  werden. 

Bei  fast  sftmmtlicheii  21  Seetionen  fanden  sieh  die  Zeichen 
sehr  intensiTer  örtlicher  Erkrankungen«  Die  eonstantesten  dieser 
Erscheinungen  fandea  sich  am  Uterus  und  seineu  Anhängen,  am 
Peritonäum  und  den  Hirnhäuten;  um  sie  grnppirten  sich  dann 
die  reränderlichen  pathologischen  Vorgänge,  welche  den  einzelnen 
Fall  indiTidualisirten.  Nnr  in  einem  einzigen  Falle  fand  sich 
Endometritis  ohne  Peritonitis  mit  Pneumonie  und  eiteriger 
Meningitis,  und  in  einem  anderen  Peritonitis  und  Gesohwürs- 
bildung  im  Colon  ohne  Endometritis.  Die  Kranke  war  schon 
mit  Zeichen  des  Typbus  aufgenommen  worden.  Fast  ausschliess- 
lich konnte  die'  Innenfläche  des  Uterus  als  Ausgangspunkt  der 
Krankheit  angesehen  werden,  denn  es  fand  sich  eiterige  Ent* 
zfindung,  auch  croupöses  Exsudat.  Zuweilen  masseuhafte  Ex- 
sudate in  der  Bauchhöhle.  In  keinem  Falle  wurden  Eiterpfropfe 
in  den  grossen  Beckenvenen  und  im  Pfortadersystem  nach- 
gewiesen, nur  ein  Mal  ein  metasta tische r  Abscess. 

Auch  bei  den  Kranken  waren  die  Erscheinungen  sehr  überein- 
stimmend, gewöhnlich  an  einem  der  drei  ersten  Tage  ein  Schüttel- 
frost, starkes  Fieber  und  Empfindlichkeit  des  Uterus.  Die 
Temperatur  stieg  yor  den  Erkrankungen  um  mehrere  Grade, 
auch  sogar  bei  den  nachher  nicht  erkrankenden  Wöchnerinnen 
zeigte  sich  eine  Temperaturerhöhung. 

Verf.  nimmt  eine  Infection  von  einer  Kranken  auf  die  andere 
entschieden  an.  Witterungsyerhältnisse  hatten  keinen  Einflnss, 
dagegen  eine  lange  Dauer  der  Geburt,  eine  todte  Frucht,  regel- 
widrige Geburt;  je  früher  nach  der  Geburt  die  Erkrankung  be- 
gann, desto  schlimmer  yerlief  sie. 

Wahrscheinlich  war  eine  Kranke,  welche  an  Ruptura  uteri 
wegen  Gangrän  einer  Stelle  zu  Grunde  ging,  der  Ausgangspunkt 
der  Epidemie. 

Unter  den  Arzneimitteln  fanden  Tart.  stib.  und  Digitalis  die 
meiste  Anwendnng,  ferner  warme  Cataplasmen,  Blutegel  an  die 
Yaginalportion ;  bei  Exsudatbildungeu  reichliche  Frictionen  mit 
Quecksilber,  wonach  nur  selten  Speichelfluss  eintrat,  ebenso 
grosse  Blasenpflaster.  Verf.  glaubt  der  Anwendnng  dieser  Mittel 
so  manchen  günstigen  Erfolg  zuschreiben  zu  müssen  und  warnt 
vor  dem  modernen  Nihilismus. 

(Petersburger  media.  Zeitschrift,  Heft  7,  1861.) 


230  VII.    Notieen  ans  der  Jonni»!- Literatur. 

Nagel:  Bericht  über  die  Vorg^änge  im  Gebarhanse  der 
Charit^  an  Berlin  während  der  zwei  WintersemeBier 
18Ö6/67  nnd  1857/58. 

Entbanden  wnrden  664  nnd  iwar  im  Winter  1866/67  810 
mit  811  Kindern  (167  Knaben,  144  MUdohen),  1867/68  864  mit 
357  Kindern  (181  Knaben,  178  Madchen). 

Die  meisten  Geburten  fielen  in  den  Monat  Febinar  1858, 
nKmlich  70;  die  wenigsten  in  den  Monat  November  1868,  naai- 
lieh  83.  üeber  die  Hälfte  waren  Erstgebärende  (888),  2  kum 
inm  10.,  3  anm  IL.  Male  nieder. 

An  Kindeslagen  wnrden  beobachtet:  682  SehSdellagenj  IG«- 
siohtslage,  6  Fnsslagen,  1  Knielage,  11  Steisalagen,  4  Qaerlagen. 

Todtgeboren  wnrden  von  670 Kindern  66  (|I7  Knaben,  28Mldekei), 
61  Kinder  (29  Knaben ,  22  Mädchen)  starben  in  den  ersten  Ttgsi 
nach  der  Gebart.  Za  früh  geboren  wurden  66,  davon  18  lebe&sfiUiig. 

Knnsthülfe  warde  in  folgender  Weise  angewendet: 

Zange  am  yorliegenden  Kopfe  20  Mal,  am  nachfolgendes 
2  Mal,  an  dem  Steisse  2  Mal.  Kephalotribe  1  Mal,  £i- 
traotion  an  den  Füssen  1  Mal,  Wendung  anf  die  Fftsie 
mit  nachfolgender  Eztraction  6  Mal,  Einschnitte  in 
die  grossen  Schamlippen  2  Mal,  Eihaatstieh  1  Mal 
Künstliche  Frühgeburt  (Hfitor'sche  Thierblase)  1  Hil, 
künstliche  Lösung  der  Placenta  2  Mal,  Tamponade 
nach  der  Entbindung  2  Mal,  Banehschnitt  an  einer 
Todten  bei  Abdominalschwangerschaft  1  Mal. 

Der  Fall  von  Abdomlnalschwan gerschaft  mag  hier  knn  Er- 
wähnung finden. 

Die  29jährige  Frau  hatte  schon  swei  Mal,  anletst  Yor  drei 
Jahren,  leicht  geboren.  Seit  August  1866  glaubte  sich  dieselbe 
schwanger:  doch  zeigten  sich  bald  mannichfache  Besebwerdes, 
die  in  früheren  Schwangerschaften  nicht  vorhanden  gewesen  waren: 
namentlich  seitweiser  Abgang  stinkenden,  theerartigen  Blotes 
aus  der  Scheide,  Urinbeschwerden  n.  s.  w.  KindesbewegUB^eD 
stellten  sich  Ende  Januar  ein.  Die  Untersuchung  leigte  die  Fat. 
stark  abgemagert,  von  hektischem  Aussehen,  Puls  klein,  80  in  der 
Minute.  Unterleib  rechts  mehr  ausgedehnt  als  wie  links.  Nabel 
qnergesogen,  oberhalb  desselben  waren  die  Banehdeoken  weniger 
gespannt,  als  unterhalb  desselben.  Brüste  prall,  auf  Druck  reich- 
lich Colostrum  entleerend.  Der  Leib  war  sehr  empfindlieh.  Die 
Auscnltation  aeigte  starke  Abdominalpulsation  im  Epigastrinn; 
Uteringeränsche  sowie  Heratöne  des  Kindes  waren  sehr  sweifelbaft; 
dagegen  die  Bewegungen  der  Fracht  dentiich  wahrsanehmeD. 
Scheide  heiss,  Orificinm  nach  vom  nnd  rechts  gerichtet ^  let'elit 
erreichbar,  Seheidentheil  circa  %  Zoll  lang,  Orifie.  intemam  fOr 
den  Finger  durchgängig,  etwas  dunkles',  schmieriges  Blat  mit 
faserigen   and   häutigen   Fragmenten   entleerend.    Ein  weieher, 


VII.    Notisen  ans  der  Journal -Literatur.  231 

sich  eigenthümlich  knitternd  anfühlender  Körper  feilte  die  Kreni- 
beinanshöhlnng;  er  lag,  wie  der  in  die  leere  Oeb&rmntterhdhle 
vordringende  Finger  constatiren  konnte,  hinter  der  hinteren  Gebttr- 
mntterwand.  Der  fragliche  Körper  wurde  für  den  Kindesköpf 
gehalten  und  die  Diagnose  auf  Abdominal -Schwangerschaft  ge- 
stellt. Die  aus  der  Gebärmutter  abgehenden  Hautfetaen  seigtea 
sieh  unter  dem  Mikroskope  als  Trümmer  einer  Decidua. 

In  der  Nacht  vom  24.  zum  25.  Mftra  stellte  sich  ein  heftiger 
Schüttelfrost  ein,  die  Kindesbewegungen  hörten  auf,  der  Puls 
stieg  auf  120,  der  Leib  wurde  empfindlich  und  trieb  auf,  so  dass 
eine  acute  Peritonitis  nicht  su  verkennen  war,  welche  denn  auch 
am  27.  den  Tod  herbeiführte. 

Die  eine  halbe  Stunde  sp&ter  vollsogene  Laparotomie  in  der 
Linea  alba  lieferte  nach  Eröffnung  der  Bauchhöhle  über  1  Quart 
eiterigen  aashaft  stinkenden  Exsudates;  sogleich  drängten  sich 
die  Eihäute  in  die  Wunde ,  die  nach  ihrer  Eröffnung  kein  Frucht- 
wasser, sondern  stinkendes  Gas  entleerten.  Der  Kopf  des  abge- 
storbenen Fötus  weiblichen  Geschlechtes  lag  tief  im  kleinen 
Becken,  der  letztere  war  14  Zoll  lang  und  trug  schon  Zeichen  der 
Fäulniss  an  sich.  Die  Section  zeigte  ausser  den  der  Peritonitis 
eigenthümlichen  Veränderungen,  den  Uterus  durchweg  vergrössert 
ö'/s  Zoll  lang,  am  Fundus  S'/a  Zoll  breit,  1%  Zoll  dick,  die 
Schleimhaut  ist  verdickt,  schmutzig,  schwärzlich  und  theil weise 
in  Ablösung  begriffen.  Der  Fötalsack  ist  mannichfach  mit  den 
Eingeweiden  verwachsen;  die  Placenta  liegt  an  der  hintern  Wand 
des  linken  Ligam.  lat.  und  deckt  auch  noch  einen  Theil  der 
hinteren  Aussenfläche  der  Gebärmutter.  Die  Nabelschnur  ist 
beinahe  marginal  inserirt  974  ^^^^  l^og.    Das  Kind  wog  3  Pfd.  — 

Die  Beckenmessung  ergab  die  äussere  Conjngata  6%"  in 
23  Fällen,  67,  in  19,  67^  in  3,  6  in  2,  5V,  in  3  Fällen. 

Umschlingungen  der  Nabelschnur  kamen  zahlreich 
und  mannichfaltig  vor  (im  März  und  Februar  1858  zusammen  48 Mal). 

Vorfall  der  Nabelschnur  war  selten  und  bedingte  in 
einigen  Fällen  den  Tod  des  Kindes. 

Der  Eihautstich  wurde  ein  Mal  wegen  zunehmenden 
Oedems  mit  Albuminurie  gemacht;  während  der  nachfolgenden 
Zangenoperation  trat  -  Eclampsie  ein,  aus  welcher  die  Kranke 
nicht  wieder  erwachte. 

Die  künstliche  Frühgeburt  wurde  b«i  einer  Becken  enge 
von  6"  Conjug.  exter.  ausgeführt.  Erst  nach  zweitägiger  Anwen- 
dung der  Blase  zeigten  sich  leise  Wehen,  schliesslich  mnsste 
noch  Pressschwamm  zu  Hülfe  genommen  werden,  und  erst  nach 
aechs  Tagen  erfolgte  die  Geburt  eines  lebenden  Kindes. 

Das  Durchschnittsgewicht  der  reifen  Kinder  betrug  bei  einer 
Länge  von  18<— 19'',  sieben  Pfund;  das  grösste  Kind  war  23  Zoll 
lang  und  12 Va  Pfund  schwer.  Das  Gewicht  der  Placenta  schwankte 
zwischen  7Va  Loth  und  2^4  Pfnnd. 


232  ^I^*    Notisen  aus  der  Joarnal- Literatur. 

Bildnngafehler  wurden  beobachtet  je  ein  Mal:  Lippen- 
und  Gaumenspalt,  Encephalocele ,  Spina  bifida,  PeB  Tarus  rinist., 
doppelter  Pes  varus,  verkümmerter  linker  Arm,  NKvns  Tascaloens 
der  linken  Wange.    Zwei  Mal:  Schwimmhaut. 

An  Krankheiten  wurden  beobachtet:  CephalhSmatom  drei 
Mal,  Aephyxia  und  Aphthae  mehrmals,  desgleichen  leterna  und 
Ophthalmia  neonatorum,  Seierom  des  Unterhautsellge wehes  drei 
Mal,  Pneumonie  ein  Mal,  Bronchitis  drei  Mal,  Variola,  Impetigo 
capitis,  Dacrjocystitis  apostematosa  je  ein  Mal,  Syphilis  häufig. 

Vorgänge  bei  den  Wöchnerinnen: 

Mastitis  kam  im  Ganzen  selten  vor.  Wundsein  der  Brust- 
warzen wurde  mit  einer  Lösung  von  Acid.  tannic.  3Ü  —  Si  '^^ 
Jyj.  Wasser  mit  ausserordentlichem  Erfolge  behandelt  HSnfig 
waren  metritische  und  peritonitische  A£fectionen  leichteren  Grades. 
Gestorben  sind  im  Ganzen  16  Wöchnerinnen;  49  Wöchnerinnen, 
als  Schwangere  aus  anderen  Abtheilungen  zugeführt,  wurden  am 
sechsten  Tage  nach  der  Entbindung  wieder  dahin  abgeliefert: 
28  syphilitische  Schwangere  aus  der  Stadt  wurden  bald  nach  der 
Entbindung  auf  die  Abtbeilung  für  syphilitische  Kranke  gelegt; 
desgleichen  wurden  verlegt  68  Wöchnerinnen  wegen  Puerperal* 
Affectionen« 

(Berliner  Gharit^-Annalen ,  Bd.  9,  Hft.  L,  1860). 


Strautntmn:    Bericht  über  die  in  der  geburtshülflichen 
und   gynäkologischen  Klinik   des  Herrn  Geheimraths 
Prof.  Martin  zu  Berlin  im  Wintersemester  1860 — 1861. 
zur  Behandlung  gekommenen   Geburten  und  Krank- 
heitsfälle. 

In  beiden  genannten  Anstalten  wurden  682  Geburten  behandelt. 
Geboren  wurden  693  Kinder ,  294  Mädchen  (14  todt)  und  299  Knaben 
(17  todt). 

Die  Lagen,  in  denen  die  Kinder  sich  zur  Geburt  stellten, 
finden  sich  in  585  Fällen 'verzeichnet;  nämlich:  Schädellagen 
646  Mal.  Gesichtslagen  3  Mal.  Steisslagen  17  MaL  Fusslagen 
1 1  Mal.    Querlage  resp.  Schieflage  wurde  in  8  Fällen  beobachtet. 

Von  den  Geburtsstörungen  sind  die  wichtigsten  folgende: 

Fehl-  und  unzeitige  Geburten  10  (2  mit  Nabelschnurvorfall). 
Frühgeburten  13  ,Mal  (2  Mal  Zwillinge)«  Krampfwehen  21  Mal. 
Wehensohwäche  31  Mal.  Peritonitis  vor  der  Gebart  1  Mal. 
Conglntinatio  orificii  2  Mal,  Beckenenge  mittleren  und  höheren 
Graden  8  Mal.  Vorliegen  einer  Hand  8  Mal.  Umschlingung  der 
Nabelschnur  46  Mal.  Vorfall  derselben  9  MaL  Aechte  Knoten 
demselben  3  Mal. 

Eierstocksgeschwulst  als  Gebartshindenüss  1  MaL 


VIT.    Notizen  ans  der  Jonrnal- Literatur.  233 

Wiederansbleiben  begonnener  Gebnrtstbiltigkeit  S  Mal  (2  Mal 
in  Folge  psychischer  Alteration  anf  7  und  11  Tage). 

Placenta  praevia  4  Mal. 

Blutungen  in  der  Nachgebnrtsperiode:  wegen  Paralyse  der 
Placentarstelle  11  Mal;  ans  einem  geborstenen  Varix  der  Scheide 
1  Mal;  ans  einem  Bammrisse  1  Mal;  aas  einem  Scheidenrisse 
1  Mal;  mit  Yerhaltnng  der  Placenta:  a)  in  Folge  von  AdhKsion 
6  Mal;  h)  in  Folge  von  Strictnr  1  Mal. 

Von  den  ansgefährten  Operationen  nennen  wir:  Incision  des 
Scheidenansganges  8  Mal;  Reposition  der  Nabelschnur  2  Mal 
(mit  ungünstigem  Erfolge);  Wendung  auf  die  Füsse  wegen  Quer- 
lage 7  Mal;  auf  den  Kopf  durch  Süssere  Handgriffe  1  Mal. 

Extraction  an  den  Füssen  19  Mal;  Lösung  der  Arme  und 
Eztraction  des  nachfolgenden  Kopfes  bei  Beckenendlagen  17  Mal 
(1  Mal  Zange  am  nachfolgenden  Kopfe), 

Zange  an  den  vorliegenden  Kopf  26  Mal. 

Kephalothrypsie  2  Mal  (1  Mal  am  nachfolgenden  Kopfe).. 

Lösung  der  angewachsenen  Placenta  6  Mal. 
Frauen-  und  Kinderkrankheiten. 

Die  Zahl  der  Erkrankungen,  welche  theils  in  der  klinischen 
Abtheiluug  für  Frauenkrankheiten  in  dem  Königl.  Charite- 
Krankenhause,  theils  in  der  Entbindungsanstalt  der  Universität, 
theils  ambulant  und  in  der  Poliklinik  behandelt  wurden,  betrug  464. 

Die  wichtigsten  sind  folgende: 

a)  Mittelfleisch.    Zerreissung  des  Dammes  13  Mal. 

h)  Scheide.  Ulcus  puerperale  10  Mal;  Ulcera  syphilitica 
3  Mal;  Cystocele  8;  Bectocele  2;  Carcinom  6;  Lupus  1. 

e)  Gebärmutter.  Beträchtliche  Verlängerung  1  Mal ;  Enge  des 
äusseren  Muttermundes  3;  Senkung  2;  Vorfall  8;  Anteflexio  6; 
Retroflexio  12;  Anteversio  5;  Betroversio  6  (2  Mal  des  schwangeren 
Uterus);  Endometritis  colli  uteri  46;  Endometritis  univers.  bei 
Wöchnerinnen  23;  Metrophlebitis  3  (durch  die  Section  nach- 
gewiesen); Metrolymphangioitis  19  (alle  tödtlich);  Follicnlar- 
polypen  2  (wurden  abgedreht);  fibröser  Polyp  von  Gänseeigrösse  1 
(durch  Ecrasement  entfernt);  Fibroide  2;  Carcinom  11;  Caicinom 
des  Dou^2as*schen  Baumes  und  der  Ovarien  1  (ohne  Betheiligung 
der  Vaginalportion);  Cancroid  des  Scheidenthoiles  6. 

Mntterröhrenenteündung  1>ei  Wöchnerinnen  2  (tödtlich). 

Hämatocele  periuterina  6  Mal. 

Oophoritis  acuta  2;  chronica  3;  Eierstocksgeschwülste  9. 
Mastitis  13. 

Von  sonstigen  Erkrankungen  während  der  Schwangerschaft 
und  des  Wochenbettes  erwähnen  wir : 

Convulsionen  im  Wochenbette  2,  Morbus  Brightii  während 
der  Schwangerschaft  1,  Erysipelas  ambulans  bei  Wöchnerinnen  1, 
Phlegmasia  alba  dolens  bei  Wöchnerinnen  4  Mal  und  Peritonäal- 
exsudat  im  kleinen  Becken  nach  dem  Wochenbette  10  Mal. 


234  ^^*    Notisen  ans  der  Journal -Literatar. 

Krankheiten  der  Neugeborenen. 
Zu  nennen   sind:    Atresia  ani,    Hypospadie,   Rhachitia  con- 
genita, Hydrocele  congenita,  Meningitis,  Scleroderma,  Fnmncn- 
loais  je  1  Mal.    Cepbalaematom,  Otorrboe,  Pneuinonie,  Erysipelaa 
migrans  je  2  Mal ;  Arteriitis  nmbilical.  4  Mal  ond  Ophthalmie  84  Mal. 
(Deutsche  Klinik,  1861,  No.  26.) 


Aeratlicher  Bericht  des  k.  k.  Geb&r-  und  Findelhauses 
SU  Wien  vom  Solarjahre  1859. 

In  der  Gebäranstalt  waren  aus  dem  Jahre  1868  Beataud: 
190  Schwangere,  187  W5chnerinnen,  67  Knaben,  84  Mftdcben. 

Daau  kamen  8882  Schwangere. 

Wöchnerinnen  waren  8692,  welche  4374  Knaben  und 4200  Mfidehea 
geboren.  Todtgeboren  wurden  126  Knaben  und  102  MXdchea 
Qassengeburten  kamen  1068,  Zwillingsgebnrten  110  Tor. 

Gestorben  sind  132  Mütter,  226  Knaben,  174  Mädchen. 

Bestand  blieben  224 Schwangere,  183  Wöchnerinnen,  87  Knaben, 
72  Mädchen. 

Fehlgeburten:  60,  Frühgeburten:  608.  Gesichtslagen:  48 
(8  Mal  Stimlagen),  Beckenendlagen:  208,  Querlagen:  114. 

Stenose  mit  Torsion  der  Nabelschnur:  6,  Torsion  der  Nabel- 
schnur: 12,  wahre  Knoten:  9,  Vorfall:  69.    Flaoenta  praevia:  15. 

BeckenTerengernngen :  108,  Eclampsia:  27,  Blutungen:  252, 
davon  in  der  Nachgeburtsperiode:  146,  im  Wochenbette :  76. 

Operationen.  Zange:  142,  Wendung  auf  den  Kopf:  24,  aof 
den  Steiss:  4,  anf  die  Füsse:  84.  Craniotomie:  14,  kfinstliehe 
Frühgeburt:  13,  Manualeztraotion  bei  Beckenendelage:  137, 
Beposition  oberer  Extremitäten:  18,  der  ▼orgefallenen  Nabel- 
schnur: 20,  eines  Cysto ovarin ms :  1.  Künstliche  Lösung  der 
Placenta:  62,  Episiotomie:  49,  Sectio  caesarea  in  mortua:  3. 

Unter  den  Wochenbettserkrankungen  heben  wir  hervor: 
Typhus:  11,  Mania  puerperalis:  1,  Variola:  26,  Syphilis:  126. — 
An  Puerperalprocessen  erkrankten  377  Wöchnerinnen ,  davon  ge- 
heilt: 246,  verlegt:  28,  gestorben:  99,  Bestand:  5. 

Auf  die  geburtshülfliche  Klinik  für  Aerite  kamen  4063  Ge- 
burten, 280  Puerperale rkrankungen.  Von  letsteren  wurden  186 
geheilt,  18  verlegt,  72  endeten  mit  dem  Tode,  4  blieben  Bestand. 

Auf  die  zweite  Gebärklinik  für  Hebammen  kamen  4242  Ge- 
burten, darunter  652  Gassengeburten.  88  Erkrankungen  an  Puer- 
peralprooessen ,  von  denen  68  geheilt,  9  verlegt  wurden  und  26 
mit  dem  Tode  endeten.     1  blieb  Bestand. 

Auf  die  Abtheilung  für  Zahlende  kamen  887  Wöchnerinnen. 


VIII.    Literstnr.  286 

VIII. 

Literatur. 


Die  Missbildungen  des  Menschen  systematisch  dar- 
gestellt von  Dt.  Äugutt  Förster^  Prof.  der  pathol. 
Anatomie  in  Würzburg.  Nebst  Atlas  mit  Erläute- 
rungen.    171  Seiten  in  4.    Jena,  bei  Fr.  Mauken  1861. 

Vor  sehn  Jahren  erhielten  wir  ein  Werk  Ton  Ä,  Fr,  HM^ 
„Die  Geburten  missgestalteter,  kranker  und  todter  Kinder, 
Halle  1860^,  in  welchem  der  Verf.  rorcagsweise  die  für  die 
Oeburtshfille  wichtigen  Verhftltnidse  berücksichtigte.  Der  be- 
rühmte Lehrer  der  pathologischen  Anatomie  in  Würsburg  hat  in 
vorstehendem  grösserem  Werke  diesen  letzteren  Gesichtspunkt 
swar  nicht  im  Auge  gehabt;  nichtsdestoweniger  aber  hat  seine 
Arbeit  auch  fflr  die  GeburtshSlfe  das  grösste  Interesse,  und  wir 
nehmen  daher  keinen  Anstand,  die  Aufmerksamkeit  unserer 
Fachgenossen  auf  jenes  Werk  hinanlenken.  Während  seiner 
langjährigen  akademischen  Wirksamkeit  hat  der  Verf.  die  Miss- 
bildungen mit  besonderer  Vorliebe  behandelt  und  bei  seinen 
denselben  gewidmeten  Studien  ein  sehr  reichhaltiges  Material 
zusammengebracht,  welches  er  als  ein  Handbuch  der  Missbildungen 
heraussugeben  beschloss,  zumal  in  Deutschland  ein  solches  Hand- 
buch fehlt  und  auch  die  in  Frankreich  und  Holland  erschienenen 
längst  vergriffen  und  sum  Theil  veraltet  sind.  Ein  grosses  aus- 
fährliches  Handbuch  mit  vollständiger  kritischer  Bearbeitung  des 
gesammten  literarischen  Materials  sollte  das  Werk  nicht  werden; 
der  Verf.  suchte  der  Aufgabe  sn  entsprechen,  ein  kürzeres 
Compendium  ftir  das  Bedürfbiss  der  in  diesem  Gebiete  nicht 
selbst  thätigen  Collegen,  die  Aerzte  und  älteren  Studirenden  au 
bearbeiten.  Die  grosse  Geschicklichkeit  des  Verf.  in  der  An- 
fertigung anatomischer  Zeichnungen  kam  dem  Werke  trefflich  zu 
Statten;  wir  erhalten  zugleich  einen  Atlas  mit  264  Figuren  auf 
26  Tafeln,  mithin  ein  so  reichhaltiges  Bilderwerk,  wie  es  bis 
jetzt  noch  nicht  da  war,  und  da  die  Zeichnungen  auf  den  mSg- 
lichst  kleinsten  Umfang  redueirt  sind,  ohne  dass  sie  dadurch  an 
Klarheit  und  Deutlichkeit  verlieren,  so  ist  die  Kostspieligkeit 
de»  Werkes  vermieden  und  die  Anschaffung  desselben  Jedem 
ermöglicht  worden. 

Die  Schrift  selbst  beginnt  unter  I.  mit  einer  Untersuchung 
über  das  Wesen,  die  Ursachen  und  Eintheilung  der  Missbildungen. 
Der  Verf.  zeigt,  dass  von  dem  ersten  Augenblick  seines  Bestehens 
der  Mensch  der  Einwirkung  krankhafter  Btöningen  unterworlen 


236  VIII.     Literatar. 

und  in  jeder  Altersstufe  seines  Lebens  im  Ei  und  in  der  Gebir- 
matter  eben  so  gut  erkranken  kann,  als  im  Verlaufe  seioes 
Lebens  von  der  Stnnde  der  Geburt  an  bis  lu  seinem  Todestage. 
Die  krankhaften  Störungen,  welche  die  menschliche  Frucht  inner- 
halb des  Eies  behalten,  haben  aber  eine  sehr  verschiedene  End- 
Wirkung,  je  nach  der  Stufe  der  Entwickelung,  in  welcher  sie 
eintreten ,  und  hiernach  zerfallen  die  Krankheiten  der  Fracht  in 
awei  wohl  zu  unterscheidende  Reihen.  Treten  die  BediDgnngeo 
zur  Erkrankung  zu  einer  Zeit  ein,  in  welcher  alla  Theile  der 
Frucht  schon  ihre  reife  Ausbildung  erlangt  haben  und  nun  nur 
noch  zu  wachsen  brauchen  (Anfang  d.es  vierten  Monats  oder  des 
Fötusalters),  so  gestalten  sich  die  krankhaften  Verändeningeo 
in  ähnlicher  oder  völlig  gleicher  Weise,  wie  sie  auch  nach  der 
Geburt  auftreten  würden,  daher  sehen  wir  bei  dem  Kinde  im 
Mutterleibe  schon  Entzündnngen,  Hjpertrophien,  Atrophien,  Nea- 
bildungen,  Wassersucht  u.  s.  w.  Das  sind  die  angeborenen 
Krankheiten  im  engeren  Sinne*  Ganz  anders  gestalten  sich  aber 
die  Veränderungen,  wenn  die  Bedingnngen  zur  Erkrankung  schon 
zu  derjenigen  Zeit  eintreten,  in  welchen  alle  oder  einzelne  Theile 
der  Frucht  noch  in  der  Entwickelung  begriffen  sind  und  ihre 
reife  Form  noch  nicht  erhalten  haben  (bis  zum  Ende  des  drittes 
Monates,  embryonales  Alter);  die  krankhaften  Störungen  bewirken 
nämlich  in  dieser  Zeit  eine  Veränderung  der  Bildung  und  Form 
der  Fracht  in  allen  oder  einzelnen  ihrer  Theile,  und  dies  sind 
die  eigentlichen  Missbildungen;  mag  in  dieser  frühen  Zeit  eine 
Entzündung,  Hypertrophie  oder  Atrophie,  eine  NenbilduDg  oder 
Hydrops  eintreten,  das  wesentlichste  Resultat  für  die  Fracht  ist 
stets  dasselbe,  die  Entwickelung  der  Theile,  die  Ansbildang  der 
Formen  wird  gehemmt  oder  in  ihrer  Richtung  verändert,  und 
wenn  die  Frucht  wirklich  zum  reifen  Alter  gelangt,  so  ist  sie 
misegebildet.  Man  versteht  daher  unter  Missbildung  jede  Ver- 
änderung der  Form,  welche  ihren  Ursprung  einer  StÖraog  der 
ersten  Entwickelang  des  Embryo  verdankt. 

Die  Bedingungen  der  Missbildungen  betreffend,  BO  herrscht 
darüber  noch  grosses  Danket;  doch  verdient  eine  Reihe  von 
Umständen  wohl  Berücksichtigung.  1)  Per  Einfluss  der  Eltern: 
erbliche  Uebertragung,  primäre  Veränderung  der  Zeugungsgebilde, 
wie  E,  Wagner  bei  Bastarden  missgebildete  Samenfäden,  BMof 
missgebildete  Eier  von  Menschen,  Hunden,  Schweinen  Qfl<I 
Kaninchen  gesehen; 'eben  so  kann  dieser  Einfluss  der  Eltern  snf 
das  Entstehen  der  Missbildungen  darin  bestehen,  dass  Krank- 
heiten derselben  eine  solche  Einwirkung  auf  die  Zeugungsgebilde 
and  den  Entwickelan gsgang  des  Embryo  aasüben,  dass  der 
Embryo  missgebildet  wird.  Vor  allen  ist  die  Thatsaehe  herfor* 
saheben,  dass  manche  Weiber  mehrmals  hintereinander,  selbst 
nach  dem  Umgange  mit  veraebiedenenMäaneni,  Kinder  larWelt 


VIII.     Literatur.  •  237 

bracbten,  welche  stets  mit  derselben  Missbildniig  behaftet  waren. 
Das  spricht  doch  dafnr,  dass  hier  eine  gewisse  körperliche  Be- 
schaffenheit der  Fran  die  Veranlassung  enr  Missbildnng  gegeben 
hat.  Dasu  könnten  wohl  fehlerhafter  Ban  des  Ovannms,  der 
€hraaf*8eheu  Follikel  und  der  Eier  selbst  bq  Grunde  liegen, 
Veränderungen  der  Tuben  und  des  Uterus,  der  Beckenorgane,  de« 
Beckens  selbst.  Es  können  femer  herbeigezogen  werden  alle 
Krankheiten  der  Mutter,  welche  eine  Ver&nderung  der  Zusammen- 
setsung  des  Blutes  zur  Folge  haben,  femer  solche,  welche  der 
Mechanismus  der  Circulatiou  im  Allgemeinen,  im  Becken  und  in 
den  Geschlechtsorganen  im  Besonderen  stören;  endlich  können 
wohl  auch  physische  Affecte  auf  die  Entstehung  einer  Missbildung 
einwirken,  wenn  auch  die  alte  Lehre  vom  Versehen  Schwangerer 
als  durchaus  unstatthaft  zurückgewiesen  werden  muss.  Die  zweite 
Reihe  von  Umständen,  welche  zur  Erklärung  der  Entstehung  von 
Missbildungen  in  Betracht  zu  ziehen  ist,  ist  der  Einfluss 
mechanischer  Einwirkungen  auf  das  Ei  und  den  Embryo.  Hierher 
gehören  1)  die  Einwirkung  einer  äusseren  Gewalt  auf  den  Embryo 
durch  einen  Schlag,  Stoss  gegen  den  Leib  der  Schwangeren  oder 
gegen  den  Uterus  durch  die  Vagina.  Ist  es  doch  manchen 
Beobachtern  gelungen,  künstlich  durch  Verletzungen  von  Eiern 
Missbildungen  hervorzub ringen  {8t.  Hilaire,  VtdetUin),  2)  Von 
nicht  geringer  Bedeutung  ist  ferner  bei  Zwillingsgeburten  die 
Einwirkung  des  einen  Fötus  auf  den  andern;  dieselbe  kann  eine 
rein  mechanische  sein  und  in  Druck,  Stoss  u.  s.  w.  bestehen; 
es  können  aber  auch  noch  anderä  Ursachen  eintreten,  wie  z.  B. 
bei  den  Acardiacis ,  wo  die  Anastomosenbildung  der  Nabelgefässe 
Veranlassung  zu  einer  grossartigen  Mtssbildung  giebt.  8)  Sind 
hier  noch  zu  erwähnen  die  Einwirkung  der  sich  abnorm  um 
den  Embryo  legenden  und  ein-  oder  abschnürend  wirkenden 
Nabelschnur,  Verwachsungen  zwischen  Embryo  und  den  Eihäuten, 
welche  die  spätere  Ausbildung  der  Yerwachsenen  Theile  behindern; 
die  etwaigen  Folgen  einer  übermässig  grossen  oder  abnorm  ge- 
ringen Menge  von  Amnionflüssigkeit. 

Die  Häufigkeit  der  Missbildungen  anlangend,  so  gehören  sie 
zu  den  seltneren  Veränderungen;  verschieden  ist  die  Häufigkeit 
der  einzelnen  Classen  der  Missbildungen.  Selten  sind  diejenigen, 
welche  eine  augenfällige  Entstellung  des  Körpers  bewirken,  die 
geringeren  Grade  sind  häufiger,  aus  den  weiteren  Angaben  des 
Verf.  geht  aber  hervor,  dass  zur  festen  Bestimmung  der  Häufig- 
keit der  Missbildungen  noch  iveitere  nach  einem  gleichmässigen 
Plane  angelegte  Zusammenstellungen  gehören  und  sich  jetzt  noch 
keine  festen  Zahlen  aufstellen  lassen.  Mit  ziemlicher  Gewissheit 
zeigt  aber  die  allgemeine  Betrachtung  der  Missbildungen,  dass 
diese  bei  weiblichen  Embryonen  häufiger  sind;  am  auffälligsten 
ist  dies  bei  den  Doppelmissgeburten ,   bei  welchen  zuerst  SalUr 


238  '  VIIL     Literatur. 

darauf  aufmerksam  maehte;  aber  auch  bei  den  mdisten  anderen 
Arten  wurde  das  Vorwiegen  des  weiblichen  Geschleehts  naeb- 
ge wiesen,  so  von  Meekd^  8t.  Hüaire^  Tiedemann^  Otto.  Bei 
einseinen  Arten  wiegt  das  männliche  Geschlecht  vor. 

Was  die  £intheilung  betrifft,  welcher  der  Verf.  bei  seiner 
Darstellung  gefolgt  ist,  so  nimmt  er  drei  grosse  Abtheilungen  an: 
1)  Missbildnngen,  welche  dadurch  charakterisirt  sind,  dass  die 
Bildung  über  das  gewöhnliche  Maass  der  Grösse  und  Zahl  hinaus- 
geht und  daher  grössere  oder  kleinere  Abtheilungen  des  Korpers 
oder  der  ganse  Körper  übergross  oder  überzählig  gebildet  werden. 
Ks  ist  dies  BiachoJTs  zweite  Classe:  „Missbildungen,  die  etwas 
mehr  besitzen ,  als  ihnen  der  Idee  ihrer  Gattung  nach  ankommen 
sollte.^  2)  Missbildungen,  welche  dadurch  charakterisirt  und, 
dass  die  Bildung  nnyollständig  defect  ist,  so  dass  grössere  oder 
kleinere  Abtheilungen  des  Körpers  fehlen  oder  verkümmert  oder 
abnorm  klein  sind.  Es  ist  die  erste  Classe  Bischc(Jpa:  »Miss- 
bildungen,  denen  zur  Realisation  der  Idee  ihrer  Gattung  etwas 
fehlt.^  3)  Missbildungen,  welche  dadurch  charakterisirt  sind,  dass 
die  Umbildung  der  Keimanlage  oder  der  ersten  embryonalen  Form 
in  die  reifere  fötale  Form  in  abnormer  Weise  vor  sich  geht,  so 
dass  die  Theile  eine  qualitativ  andere  Beschaffenheit  erhalten, 
während  eine  Veränderung  der  quantitativen  Verhältnisse  nicht 
stattfindet  oder  wenigstens  hinter  jene  zurücktritt;  BUehQjjTB 
dritte  Classe:  „Missbildungen,  deren  Organisation  der  Idee  ihrer 
Gattung  nicht  entspricht,  ohne  dass  ihnen  hierzu  etwas  fehlte 
oder  sie  etwas  zu  viel  besässen.^  Die  Unterabtheilungen  jeder 
der  drei  Classen  gestalten  sich  am  einfachsten  und  natürlichsten, 
wenn  man  sie  nicht  nach  der  besonderen  Art,  sondern  nach  der 
Ausdehnung  der  Missbildung  auf  den  ganzen  Körper  oder  die 
einzelnen  Regionen  und  Theile  desselben  bestimmt,  indem  man 
bei  Aufstellung  besonderer  Unterarten,  z.  B.  Verschmelsungs* 
bildungen,  Spaltbildungen  u.  s.  w,  genöthigt  ist,  Missbildungen, 
die  ihrer  Entstehungsweise  nach  ganz  verschieden  sind,  ihrer 
äusseren  Erscheinungsweise  nach  zusammen  zu  stellen  und  um- 
gekehrt« Der  Verf.  beginnt  daher  bei  Betrachtung  der  einzelnen 
Arten  der  Missbildungen  jeder  Classe  mit  denen,  welche  die 
ganze  Hauptaze  des  Embryo  betreffen,  dann  geht  er  an  denen 
über,  welche  den  vorderen  oder  oberen,  und  den  hinteren  oder 
unteren  Theil  derselben  verändern,  und  endlich  zu  denen,  welche 
einzelne  Gegenden,  Abtheilungen  und  Organe  betreffen. 

Unter  II.  giebt  der  Verf.  eine  kurze  Geschichte  der  Lehren 
von  den  Missbildungen,  so  wie  die  Literatur  der  grösseren  Werke 
über  seinen  Gegenstand.  Dabei  müssen  nun  freilich  diejenigen 
Werke  der  älteren  Zeit,  welche  reine  Phantasiegebilde,  fabel- 
hafte Ausschmückungen  de«  wirklich  Vorgekommenen,  aber- 
gläubisches Zeug   nach  unvollständigen  Berichten  Anderer,   oü 


Vlil.     Literatur.  239 

tinr  nach  Hörengagen  ersählt  nnd  abgebildet,  enthalten»  tob  den 
später  wirklich  wissenschaftlichen  Bearbeitungen  getrennt  werden. 
Diese  bessere  Zeit  beginnt  erst  im  18.  Jahrhundert.  Von  da 
yersehwinden  die  Abbildungen  des  Lycoathenes  und  Licetut,  wenn 
auch  noch  die  Citate  derselben  bleiben  und  ihre  Autorität  noch 
nicht  völlig  erschüttert  ist.  Man  beschrieb  je  tat  nicht  allein  mehr 
die  äussere  Form,  sondern  man  ging  auch  näher  auf  das  Anatomische 
ein.  Die  bedeutendsten  Männer  widmeten  sich  dem  Studium  der 
Missbildungen.  HaUer  unternahm  eine  Tollständige  Bearbeitung 
derselben  und  legte  dadurch  einen  gewichtigen  Grundstein  für 
alle  künftigen  Zeiten.  Neben  ihm  glänzen  in  diesem  Jahrhundert 
Wolff,  Blumenbaehy  8oemm0rnng,  Im  19.  Jahrhundert  ward  der 
grösste  Fleiss  auf  das  Studium  der  Missbildungen  verwendet; 
die  grossartigen  Forschungen  im  Qebiete  der  Entwickelungs- 
geschichte  wurden  die  Basis  für  eine  wissenschaftliche  Erklärung 
der  Genese  der  einselnen  Formen*  Von  dem  Augenblicke  an, 
wo  man  anfing,  die  Missbildungen  auf  die  frühesten  £iktwickelungs- 
phasen  des  Fötus  surückauführen ,  beginnt  eine  neue  Epoche 
dieser  Disciplin.  Sind  auch  im  Anfange  bis  in  die  Tieraiger 
Jahre  die  speeulativ-vitalistischen  Ansichten  noch  vorwiegend, 
so  macht  sich  doch  allmälig  auch  in  diesem  Gebiete  die  streng 
naturhis torische  Methode  der  Forschung  geltend,  und  so  tritt 
die  Lehre  von  den  Missbildungen  endlich  ebenbürtig  in  die  Reihe 
der  übrigen  Zweige  der  Pathologie  ein.  Die  grösste  Wirkung 
durah  Bereicherung  und  Zusammenstellung  des  Materials  übten 
Meekel^  Gtoffroy  St.  Hüairey  dessen  Sohn  IsidorB,  Otto  und  VroUk 
aus.  Als  Richtung  gebend  sind  Meckel  und  Blumenbaeh  au  nennen, 
als  Begründer  der  le taten  Entwickelungsstufe  Biaehoff. 

Hierauf  folgt  unter  III.  die  Beschreibung  der  Missgeburten 
nach  der  vom  Verf.  angenommenen  Eintheilung.  In  der  ersten 
Abtheilung,  Monstra  per  ezcessum:  1)  Missbildungen  mit  über- 
zähliger Bildung ,  und  zwar:  a)  Doppelmissbildungen;  h)  Drillings- 
missbildungen; c)  überzählige  Bildung  einzelner  Glieder  und 
Organe.  Ueberall  die  Darstellung  der  betreffenden  Unterarten. 
2)  Missbildung  mit  übergrosser  Bildung:  a)  übergrosse  Bildung 
des  ganzen  Körpers;  b)  vorzeitige  Reifung  des  Körpers ;  c)  über- 
grosse Bildung  einzelner  Glieder  und  Organe.  —  Die  zweite 
Abtheilung:  Monstra  per  defectum ;  1)  unvollständige  Bildung  des 
ganzen  oder  halben  Körpers,  a)  Herzlose  Missgebnrten,  Amorphus, 
Acephalus ,  Akormus.  h)  Zwergbildung.  2)  Unvollständige  Bildung 
der  einzelnen  Abtheilungen  des  Körpers:  a)  Unvollständige  Bildung 
der  Extremitäten;  b)  der  Schädel-  und  Wirbelhöhle;  e)  des  Ge- 
sichtes; d)  des  Halses;  e)  der  Brust  (Ectopia  cordis  u.  s.  w.); 
/)  unvollständige  Bildung  des  Bauches,  Bauchspalte  u.  s.  w.,  ein- 
fache Defectbildungen  der  Eingeweide  des  Bauches:  1)  Tractus 
intestinorum;  2)  Leber,  Pankreas,  Milz,  Nebennieren;  3)  Harn- 


240  VIH-     Literatur. 

Organe;  4)  Geschlechtsorgane  und  swar  a)  GeaehleehtslosigkeH; 
h)  mftnnliehe,  e)  weibliche  Geschlechtsorgane.  6)  Zwerchfell :  Mangtl 
und  Hernia  diaphragmatlca.  —  Die  dritte  Abtheilnng  handelt  die 
Monstra  per  fabricam  alienam  ab:  1)  Fehlbildung  der  gesammtiD 
Brust-  und  Baucheingeweide:  Situs  transversus.  2)  Fehlbildangen 
der  Brnsteingeweide,  Lungen,  Hera.  3)  Fehlbildungen  der  Baneh- 
eingeweide.  a)VerdauungBapparat;  b)  Harnapparat;  e)  Geschlechts' 
apparat.  Männliche  Geffchlechtstheile:  Hjpospadie.  Hermaphro- 
ditismus  tranSTcrsus  virilis.  Uterus  masculinua  und  Hermaphrod. 
lateralis.  Weibliche  Geschlechtsorgane,  a)  Weibliche  Zwitter, 
Hermaphrod.  transrersa  mnliebris.  b)  Persistens  der  Wolf*Khw 
G&nge.  e)  Mangel  und  Verkümaierung  des  Uterus,  d)  Verdoppeloag 
des  Uterus.  Uterus  bicornis  und  unicornis.  e)  Schiefheit  dw 
Uterus.  /)  Vorzeitige  Entwickelung  des  Uteras.  Endlich  werdeo 
die  Sinnesorgane,  Auge  und  Ohr  berücksichtigt. 

Wir  konnten  in  Vorstehendem  nur  einen  Ueberblick  auf  deo 
reichen  Inhalt  des  Werkes  geben,  ohne  in  das  Einselne  einio- 
gehen ;  die  Beschreibungen  der  einzelnen  Missbildungen  sind  sehr 
genau  und  gründlich  abgefasst,  und  Torzüglich  der  anatomiiehe 
Bau  ausführlich  betrachtet.  Jeder  einzelnen  Speeies  ist  eine 
reichhaltige  Literatur  beigefügt,  die  Art  selbst  im  Atlas  dareh 
Abbildungen  erlüutert.  Dem  Atlas  ist  ausserdem  noch  eise 
erschöpfende  Erklärung  beigegeben,  so  dass  das  ganse  Werk 
an  Gründlichkeit  und  Genauigkeit  nichts  zu  wünschen  fibri; 
Iftsst  und  jedem  Faehgenossen  auf  das  Beste  empfohlen  werdea 
kann.  Für  die  äussere  treffliche  Ausstattung  des  Buches  so  wie 
für  die  saubere  Ausführung  der  Abbildungen  hat  die  Verlagi- 
handlung  die  beste  Sorge  getragen. 

E.  von  SMU. 


Druck  Ton  A.  Tb.  Engrelhardt  In  Lelpdf. 


Namenregister 

des  31.  bis  33.  Bandes  der  neuen  Zeitschrift  fUr  Geburts- 
konde^  sowie  des  1.  bis  ind.  18.  Bandes  der  Monats- 
schrift für  G-ebortskunde  und  Frauenkrankheiten. 

(Die  remlaehea  Zlffera  beselebnen  den  B«nd,  die  arabiachen  die  SeitensaUen.) 


Abajo.  V.  146. 

Abarbanell.  XIV.  188.  XVII.  102. 
Abegg.  XVI.  424.  XVni.  264. 
Aberle.  XXXTTT.  266.  XL  65. 
Ackermann.  XXXTTT.  128. 
Albers.  I.  76.  V.  SS6.  XVI.  244. 

XVn.  42. 
Albertoni.  VL  468. 
AUen.  XI.  396. 
Alqoi^.  X.  388. 
Alt.  IV.  86.  VI.  161. 
Amann.  XVI.  390.  XVIL  474. 

XVni.  489. 


'■  Ammon.  IX«  318. 

,  Andrieu.  XVI.  478. 

;  Angolo.  rV.  307. 

I  Annon,  Bobert.  IX.  879. 

Aran.  VIII.   227.  457.  X. 
Xn.  158. 

Ameth.  L  157. 

Arndt.  XXXTTT.  262. 

Arthur.  XV.  64. 

Assoc.  med.  Journ.  V.  466. 

Atlec.  VI.  281.  Xm.  148. 

Aubinais.  HI.  304. 

Aolsebrook.  V.  73. 


877. 


B. 


Bacchetti.  lü.  68.  XI.  146. 
Baer.  XVm.  278. 
Bagot.  XVI.  72. 
BaiUarger.  VIL  145. 
Bai,  de^  XXXTTT.  98. 
Balbo.  VI.  164. 


Balfour.  IX.  468.  XVin.  87. 
Ballard.  XXXm.  397. 
Bamberger.  VH.  60. 
Bander.  XXXTTI.  110. 
Barker,  Pordyce.  IX.  380. 
Barker,  Herbert.  XVm.  88. . 


Monttoschr.  f.  Deburt^k.  1881.  Bd.  XVIII. 


II 


Namenregister. 


Barker.  XI.  296. 

Barlow.  XXXII.  425. 

Barnes.    XXXII.  424.    IV.   138. 

IX.  280.   XIV.  162.   XV.  399. 
Baron.  IX.  866. 
Barry,  Müner.  XIV.  153. 
Barth.  IX.  311. 
Bartholow.  XVH.  67. 
Bartscher.  VI.  847.  VII.  188.  IX. 

294.  XIV.  49.  XVn.  364. 
Battersby.  XXXI.  236.  XXXHI. 

268. 
Battlehner.  IV.  419.  XH.   480. 

XVn.  121. 
Band.  XXXHI.  893. 
Banmers.  XXXHI.  266. 
Baur.  III.  162. 
Bayne.  XU.  74. 
Beale.  XVI.  157. 
Beau.  Vin.  290.  XIII.  472. 
Beauvais.  VU.  491. 
Beck.  XXXn.    426.    VH.   226. 

XVI.  106. 
Becquerel.  IX.  486.  470.  X.  298. 

816.  880.  XV.  69. 
Beer.  XXXIH.  267.  892. 
Beigel  V.  467. 
Beiim.   IV.   12.   XVU.  80.   866. 

462,  XVm.  60.  108.  Suppl.  1. 
Behrend.  XXXm.  289.  268.  278. 
Bele,  le.  XXXHI.  266. 
Bell,  Joseph.  XXXH.  486. 
BeUetre.  VII.  162. 
Bennet.  XXXI.  268.  XXXII.  126. 

XXXHI.  404.  V.  804. 
B^raud.  XVHI.  Suppl.  217. 
Berenguier.  XXXHI.  279. 
Berg.  XXXHI.  258. 
Berliner.  VIH,  61. 
Berlyn.  XXXHI.  212. 
Bernhard.  XI.  899. 
Bemut  XXXH.  429.  XXXIH. 

388.  X.  147. 
Bertin  (Nancy)  XIH.  382. 
Bertrand.  IX.  370.  XVHI.  388. 
Bessems.  XXXIH.  401. 
Bets.  rV.  266. 


Beyer.  yXXTT.  426. 
Biebuyck.  XIV.  474. 
Bierbaum.    XXXH.    311.   4ü. 

XXXm.  96.  246.  I.  289. 
Biesenthal.  XXXIII.  108. 
Biefel.  XV.  401. 
Billi.  V.    147.  Vn.  23. 
Billroih.  XV.  386. 
Binet  VI.  226. 
Binz.  X.  317. 
Bird,  Nerapath.  Will.  XXXffl. 

272.  403. 
Birkett.  XXXIH.  405. 
Birnbaum.  XXXH.  104. 1.  m. 

V.  168.  VH.  89.  103.  X  1« 

XI.  86.  829.  Xn.  476.  XV. «. 

XVL  67.  363.  402.  427.  XVID 

381. 
BiBchoff.  m.  805. 
Bison.  XI.  396.  897. 
Black.  IX.  318. 
Blankmeister.  XXXIH.  198.  ID. 

18.  XVI.  66. 
Blaschko.  IH.  231. 
Blasius.  XH.  129.  XHL  828. 
Blass.  IH.  147. 
Blodig.  XXXH.  429. 
Bloedau.  XXXIH.  274. 
Blot.  Vm.  447. 
Bockenthai.  XV.  313. 
Boddaert.  XXXHI.  267. 
Boeck.  H.  283. 
Boecker.  XXXH.  439. 
Boehm,  L.  XH.  477. 
Boens.  VIH.  151. 
Bogren.  HI.  148. 
Boinet.  XVL  317. 
Bolze.  XXXIH.  390. 
Bond.  XXXHI.  895. 
Bonifas.  XVI.  474. 
Bonnafont.  XVI.  479. 
Bonnet.  X.  469. 
Borham.  Vit.  221. 
Born.  XV.  161. 
Bouchacourt  VH.  148.  226. 
Bouchut.  IH.  476. 
Boulard.  H.  424. 


Namenregister. 


m 


5, 

U. 
•  U 
Li 


i 


Boufiand.  VIIL  205. 

Boullay.  VI.  477. 

Bourdel.  V.  76. 

Bourgeois.    II.    602.    VII.    142. 

XV.  896. 
Bojs  delionry.  XXXI.  281.  VUI. 

289. 
Bozi^.  IX.  886. 
Brächet.  XXXm.  96.  258.  XII. 

80. 
Bradford.  V.  388. 
Brandes,  m.  283. 
Brandt.  XV.  90. 
Braun,  C.  I.  470.  m.   158.   V. 

809.  VI.  469.   Vin..867.  449. 

IX.  230.    XI.  228.    XU.   316. 

XTTT.  380.  470.  XTV.  78.  286. 

XV.    468.     XVn.     161.     167. 

xvm.  Suppi,  218. 

Braun,  C.  B.  XV.  472.  476.  XVI. 

154. 
Braun,  G.  X.  806. 
Breisky.  XVIII.  Suppl.  207. 
Breit.  XXXTTT.  96.  100. 
Brenner,  t.   Felsach.   X2UQIL 

189. 
Breslau.  XXXIII.  281.  VI.  467. 

IX.  466.  X.  156.  274.  XI.  21. 

89.  868.  468.  XU.  67.  76.  478. 


Xm.   485.  XV.  67.   878.  487. 

XVI.  73.  76.  288.  411.  XVIU. 

261.  411.  470. 
Brian.  VIU.  284. 
Brinkmann.  XVU.  319. 
Briquet  X.  463. 
Broca.  VU.  228. 
Brodie.  XXXU.  182. 
Bxoers.  IX.  220. 
Brown,  Baker.   VIIL  67.  XVI, 

76. 
Brown.  XXXIII.  269.  406.  lU. 

476.  Vm.  62.  X.  236. 
Brück.  XI.  262. 
Brücke.  XU.  79. 
Bryan.  XIV.  157. 
Bühring.  XXXU.  487.  IV.  469. 
Buhl.  XIV.  64. 
Qulke.  XXXm.  288.  256. 
BuU.  de  Th^r.  XXXIU.  886. 
BuUey.  XXXIU.  276. 
Buren,  yan.  IV.  77. 
Burnotte.  VIU.  466. 
Burrows,  v.  XXXIU.  391. 
Busch.  XXXU.    818.  lU.  861. 

486.  rV.  61.  121.  197.  269.  868. 
Busch,  y.  dem.  XXXL  878.  U. 

283.  406. 


c. 


Cabaret.  IV.  225. 
Caifassi.  IV.  228. 
Camerer.  XXXIU.  260. 
Campbell.  XXXIU.  268. 
Caseaux.  V.  463.  VI.  291. 
Casier.  I.  315. 
Casper.  XXXIU.  241. 
Castelain.  XVIU.  481. 
Cederschjöld.  XXXI.  409. 
Chailly-Honor^.  lU.  835. 
ChaUice.  XXXU.  135. 
Charrier.  VII.  484.  XI.  465. 
Chassagny.  XVUI.  486. 


Chassaignac.   XXXU.   433.    V. 

296.  305. 
Chassinat.  XV.  464. 
Chayasse.  XXXIU.  397. 
Ch^villon.  XU.  319. 
Chiari.  I.  470.  UI.  158.  467.  V. 

309. 
Churchill.  XXXIU.  99.  IV.  77. 
Clay,  Charles.  XXXU.  439.  442. 

X  151.  XI.  899.  407.  XVU.  70. 
Clemens.  II.   114.    lU.  16.  822. 

326.  V.  130.  VI.  241.  VU.  39. 

XIU.  132.  376. 


IV 


Namenregister. 


M'Clintok.  XV.  314. 

aoquet.  VI.  148. 

Goals.  VI.  390. 

Cochran.  VI.  294. 

Coesfeld.  XI.  452. 

Coeur  de  roi.  XXXHI,  108. 

Cohen.  H.  321.  IH.  286.  V.  42. 

241.  VI.  41.  294.  IX.  378.  X. 

115.  328.  387.  XIII,  149.  XIV. 

226.  XVm.  SuppL  106. 
Colej.  XXXII.  430.  XXXIII.  95. 

108. 
CoUmann.  XI.  394. 
Concato.  X.  62. 

Cont^  de  Levignac.  XXXI.  434. 
Cooke.  VII.  226. 
Cooper,  H.  XIV.  73. 
Coquillard.  XXXIH.  262. 
Corlieu.  V.  385. 


CostUhes.  XXXI.  231.  V.  72. 
Cotting.  XIV.  289. 
Coutenot.  DL  153. 
Cox.  XXXn.  131. 
Craigs.  VI.  289. 
Cramoisy.  X.  220.  XI.  75. 
Cred^.  I.  33.  396.  897.  UL  811. 

392.  V.  219.  VI.  159.  VH.  81. 

242.  IX.  1.  81.  XI.  126.  XIH. 

141.  XTV.  321.  XV.  191.  XVn. 

274. 
Crighton.  VIII.  468. 
Crosse.  XXXn.  120. 
Crouch.  XXXm.  403. 
Crüger.  XVI.  293.  XVIL  1. 
Cttllerier.  IV.  80. 
Camming.  IX.  154. 
Cummins,  W.  XV.  462.  467. 


Oamman.  IX.  149. 

Danyau.  in.  151.  XVIH.  Suppl. 

217. 
Davaine.  VIII.  231. 
Davidson.  VI.  65. 
Davis.  XIV.  398. 
Dawoski.  XH.  479. 
Debenney.  XXXIII.  400. 
Decome.  I.  72. 
Delmonte  Lyon.  IX.  218. 
Delorme.  XVH.  154. 
Demanet.  VH.  145. 
Demarquay.   VH.    318.   X.    64. 

XIV.  155.  XV.  68.  475. 
Denny.  Vm.  373. 
Depaul.  XXXm.  252.  HI.  220. 

474.  Xn.  292.  XVI.  234.  390. 
D^granges.   11.  234.  813.  XV. 

310. 
Ddtschy.  X.  313.  XI.  221. 
Deutsch.  XI.  227. 
Deville.  XXXm.  894. 
DeviUiers.  XXXn.  442.  III.  284. 


'  Diamantopulos.  X.  373. 
Dickinson,  Howship.  X.  158. 
Didot.  XXXIII.  257.  Vm.  882. 

XVL  476. 
Dietz.  n.  1. 

Dieulafoy,  XXXIII.  263. 
Diez,  Rafael.  XXXU.  443. 
Disse.  V.  116.  X.  365.  XV.  186. 
Dohrn.  XVin.  147. 
Dolbeau.  IX.  309. 
Domere.  XI.  404.  405. 
Donkin.  XV,  54, 
Dor.  XI.  455. 
Dorvault.  XXXm.  97. 
Dubois.  XXXIII.    99,    894.  VL 

384.  xn.  160. 
Dubreuilh.  XXXIII.  92.  III.  472. 

vm.  284. 
Duchesne.  VIII.  289. 
Duckert.  XXXII.  135. 
Duclos.  XXXm.  98.  267.  274. 

XII.  73. 
Ducrest.  XXXII.  312. 


Namenregister. 


Oudley,  Benj.  XXXTI.  443. 
Dufour.  Vm.  378. 
Duhamel.  L  465. . 
Duke.  XXXm.  274. 
Dumonfpaillier.  Vm.  376. 
Danal.  XI.  405. 
Dunglaa.  Vm.  230. 
Duncan.  YII.  45.  48.  153.  314. 
IX.  379- 


Duncan,  Matthew,  m.  465.  IX. 

384.  Xy.  55. 
Dunlop.  VI.  288. 
Dupienis.  X.  229. 
Duplay.  I.  316. 
Dupuis.  XXXITT.  196. 
Durand!  Fordes.  lY.  233. 


E. 


Edwards,  Samuel.  XXXII.  436. 

XXXnj.  388.  394. 
£ichmann.  lY.  76. 
Eichstedt.  XIV.  477. 
Elhington.  XXXH.  443. 
Elleaume.  XVm.  Suppl.  227. 
Elliot.  XXXI.  378.  397. 
Ellis.  m.  232. 
ELsaesser.  XXXITT.  250. 256. 259. 

I.  76.  77.  X.  142.  143.  144. 
Emmert.  XXXI.  236. 


Engelhard.  X.  238. 
Engelmann.  VI.  478. 
Eram  XVn.  396. 
Erichsen.  IV.  313. 
Escher  Bahn.  XXXm.  252. 
Esmarch.  XII.  159. 
Marc  D'Espine.  XII.  72. 
Esterle.  XV.  65. 
Eulenberg.  X.  478.  XI.  68. 
Eulenburg.  XXXIII.  104. 


Paber.  IX.  465. 

Fairbrother.  XXXIII.  272. 

Fano.  XV.  312. 

Farre.  XU.  399.  XTV.  238. 

Faucoult.  XVm.  326. 

Faure.  I.  467. 

Faustmann.  XXXITT.  142. 

Favrot.  XXXI.  247. 

Faye.  11.  283.  405.  IX.  145.  224. 

XV.  163.  164. 
Feigneaux.  XXXTTI.  257. 
Feiler.  IX.  161.  241. 
Feist  m.  161.  241. 
Ferrario.  VII.  148. 
Figg,  E.  G.  XVn.  475. 
Filhos.  XXXTT.  120. 
Pinke.  L  437. 
Fischer.  XXXTTF.  109.  XTV.  179. 


Flamm.  XXXI.  248. 

Fleischer.  IX.  149. 

Fleury.  XXXTH.  395. 

Fliess.  XXXm.  275. 

Flügel.  I.  78. 

Fock.  VIL  332. 

Foerster,    XU.    399.   XV.    390. 

XVm.  Suppl,  235. 
FoUenius.  XVI.  160. 
FoUin.  IX.  465. 
Foucher.  XI.  219. 
Foumier.  VIT.  145. 
Poville.  Xn.  318. 
Frankenhäuser.  XTTT.  170.  XIV. 

161.  XV.  354. 
Pranque,  v.  0.  XVI.  227. 236. 400. 

xvn.  394.  xvm.  Suppi.  210. 

Freeriokfl.  XI.  462. 


VI 


Namenregister. 


Frend.  VII.  «0. 

Frennd,  M.  B.  XIII.  18$.  XIV.  31. 
Friedlaender.  VII.  243. 
Friedleben.  XXXITI.  268.  268. 


Friedrich.  I.  821. 
Frickhoeffer.  XV.  423. 
Froriep.  XXXIII.  242.  m  1. 
Fürth.  V.  228. 


G. 


Galante  I.  78. 

Galewski.  n.  811. 

Gallari.  V.  292.  AHDE.  481.  XI.  66. 

Gariel.  I.  78.  Vni.  867. 

Garrard.  VII.  487. 

Garreau.  11.  603. 

Gauchier.  XVH.  70. 

Gaurriet.  VII.  64. 

Gautier.  VE.  141. 

Gay,  John.  X.  470. 

Gas.  h^d.  VI.  296. 

Gaz.  des  hop.  V.  161.  301.  Vm. 

464.  IX.  298.  X.  309.  XI.  316. 

XVni.  406. 
Geddins.  VI.  396. 
Gegenbaner.  DI«  383. 
Genth.  XVI.  6. 
Gerbaud.  XXXn.  426. 
Germann.  n.  422.  m.  239.  XII. 

81.  191.   276.  361.  Xm.  209. 

XVI.  332.  XVm.  Suppl.  174. 
GeuM.  Vn.  61. 
Gibbons.  XXXm.  269. 
Gibbs.  XVI.  80. 
Gibert.  XXXTI.  428. 
Gibson.  I.  78. 
Giesker.  XXXITI.  286. 
Giessler.  IX.  169. 
Gilman.  V.  382. 
Girald^.  V.  390. 
Giraudet.  XI.  146.  XII.  166. 
Glisczynski.  XVII.  81. 
Godefroy.  X.  61.  XIV.  79. 
Goldberg.  XIV.  160. 
Golding,  Ray  Charles.  XXXn. 

439. 
Goodman.  XXXm.  103.  268. 
Gomp,  ▼.  Besanez.  XXXITT.  389. 


Gosselin.  XXXTT.  427.  VIII.  288. 
Goudower,  van.  XI.  467. 
Goupil.  X.  147. 
Gradenwitz.  VI.  180. 
Graf.  XVn.  64. 
Grandidier.  XV.  62. 
Gray.  HI.  161.  IV.  810. 
Greenalgh.  m.  471.  V.  163. 
Grenser.   XXXm.  268.  L  140. 

222.  800.  n.  126.  m.  136.209. 

IV.  439.  473.    vm.  264.  SM. 

430.  IX.  73.  131.  X.  206.  XSL 

447.  XV.  30.  XVn.  127. 
Grimsdale.  XI.  221. 
Groeninger.  X.  463. 
Groesbeck.  XI.  461. 
Gros.  XXXITT.  268. 
Grünewald.  XVm.  SuppL  228. 
Gueneau.  IX.  229.  XV.  396. 
Günther.  XXXIII.  94. 
Guörard.  XII.  292. 
Guerdan.  X.  176. 
Guersant.  XXXTTT.  276. 
Gugin,  Mc.  XVL  168. 
Guibourt.  XXXI.  143. 
Guichard.  VL  163.  VIL  220.  X 

289. 
Guillier.  X.  240. 
Guillot  Vn.  222. 
Gumprecht  XXXIII.  262. 
Gurlt.  V.  78.  IX.  321.  401.  XYI. 

11. 
Guttmann.  XXXIIf.  109.  2S7. 
Guy's  Hosp.  Rep.  XXXin.8W. 
Guyon.  XII.  397. 
Guyot  XXXm.  272. 
Guzzo.  XXXTTT.  92. 
Qyoux.  XVI.  478. 


Namenregister. 


Vir 


Haake.  XV.  466. 

Habit  XI.  U2.  Xu.  320.  XVI. 

77.  814.  XVIII.  Suppl.  216. 
Haflfeer.  V.  460.  VI.  142. 
Hafner.  VHI.  10.  IX.  227. 
Hahn.  XXXTTT.  274. 
HaU,  Davis.  XXXTÜ.  261. 
Hake.  XXXn.  133. 
Hamer.  IV.  229, 
Hamilton.  XIV.  470.  XVL  224. 
Hamoir.  I.  164. 

Hamon.  Vm.  296.  XIV.  77.  168. 
Hancock.  XXXm.  389. 
Hardwick.  IX.  312. 
Hardy.  IL  506.  VI.  466. 
Harlay.  HI.  383. 
Harnier.  ;XXXI.  36.  XXXIII.  1. 
Harper.  XVm.  47^. 
Harris.  IX.  384. 

Harting.  XXXIII.  262. 1. 91. 161. 
Hartmann.  VI.  141.  X.  159. 
Harvey.  XXXIH.  241. 
Hasselt,  v.  IX.  221. 
Hasting,  Martin.  XXXH.  428. 
Hatin.  X.  376. 
Hauser.  X.  469. 
Haussmann.  XI.  388. 
Haydenreich.  XXXQ.  120. 
Hayn.  L  398. 
Hayward.  11.  602. 
Headland.  XXXTH.  388. 
Hecker.  I.  291.  m.  401.  IV.  97. 

464.  Vn.    1.  4.  6.  23.  97.  98. 

139.  241.    vm.   393.    IX.   95. 

262.  XI.  12.  361.  Xn.  287.  401. 

Xm.  81.  XIV.  476. 
Heer.  XXXIH.  272. 
Hegar,  XVII.  418.  XVm.  486. 
Heidenreich.  XXXIII.  239. 
Heflaad.  X.  248. 
Hein.  XXXHl  96. 
Heine.  XXXHl.  276. 
Heinemann.  IX.  157. 
Heinrich.  XXXIII.  269. 


Heise.  XI.  186. 
Heiss.  XIV.  66. 
Helfft.  XXX.  372.  yy^rn.  225. 

234.  276.  277.  I.  240.  296.  n. , 

8.  in.  206.  273,  IV.  191.  268. 

V.  189.  264. 
Helly.  XVm.  Suppl.  208. 
Hemmer.  IV.  436. 
Hennich.  XXXÜI.  272. 
Hennig.  XXXHL  47.  IX.  72.  76. 

Xm.  40.  361.  XV.  448.  XVI. 

177. 
Hennoch.  XXXIII.  239.  274. 
Herard.  XXXTH.  280. 
Herpin.  VII.  227. 
Herrmann.  XXXIL  426. 
Hervieux.  IV.  236.  V.  296. 
Herzfelder.  XXXn.  138.  XXXIH. 

94.  X.  312. 
Hess.  xm.  384. 
Hewitt,  Graily.  XVII.317.  XVin. 

86. 
Heyerdahl.  IX.  144.  XVH.  385. 
Heyfelder.  V.  165. 
Heymann.  XXXm.  386. 
Hicks,  I.  B.  XV.  395.  XVHI.  247. 
Higgens.  XXXHI.  396. 
Hildereth,  Chus.  C.  XXXm.  237. 
Hill.  XXXm.  104. 
Hillairet.  IX.  234.  X.  60. 
Hilliard.  XVm.  87. 
Hilldebrandt  XVHI.  224. 
Hillebrand.  XXXm.  112. 
Hiltscher.  XXXIL  441. 
Hink.  XVn.  74.  168. 
Hirsch.  XXXIII.  66.  VII.  829. 
Hirsch,  C.  VH.  169. 
Hoering.  XXXHL  109. 
Hoertal.  X  Xm.   108. 
Hoeven.  XI.  467. 
Hofmann.     XXXI.     145.     289. 

XXXm.  264.  L  386.  IV.  401. 

vm.  218. 
Hoffmann,  C.  XXXin,  181. 


vra 


Nfunenregiater. 


Hofimann,  W.  XXXn.  442. 
Hoffinder.  Xm.  162.  XVII.  101. 
Hohl.  XXXn.  1.  XXXTTT,  247. 

407.  I.  78.   n.   489.  HI.  287. 

VI.  45.  140.  211.  229.  302.  SM. 

X.  280.  279.  XI.  218.  XV.  123. 
.    XVn.  216.  XVm.   481. 
Holst,  ▼.  XXXii.  85. 1.  1.  n.  81. 

161.    241.    828.    476.   HI.    34. 

Xn.  75. 
Hoogeweg.  I.  75.  X.  241. 
Hoppe.  XIL  480.  XTV.  185. 
Horlaoher.  XXXTTT.  83. 
Honel.  XI.  402. 
Hoaghton.  m.  465. 
Howie,  V.  151. 
Haber.  XXXil.  93. 


Hüter  jun.,  C.  XIV.  «97.  884. 
Hüter  Ben.,  C.  Ch.  XXXI.  69. 

177.  309.  XXXn.  17.  166.  316w 

Vin.  55.  324.  IX.  96.  180.  266. 

X.  65.  230.  311.  384. 
Hüter,  V.  Xni.   156.  XTV.  33. 

XVL    186.   259.    XVHL   366. 

Siippl.  23. 

Haerel.  XXXIIT.  257.    

Hugier. XXXI.  142. 230.  XXXIlT. 

396.  xn.  480.  XTV.  146. 
L'HuilUer.  V.  150. 
Hiis8.  IX.  141. 
Hutchinson.  IX.  315. 
Huystiens.  XXXTTT.  98. 
Hyemaox.  XI.  407. 


Jacobovics.  X.  476. 

Jacquemier.  IE.  382.  IX.  226. 
XI.  139.  XVn.  159. 

Jaeger.XXXm.  97. 392.  Vin.374. 

James.  XVUL  Sappl.  213. 

Jansen.  XXXm.  386. 

Jenkins,  Foster.  XV.  64. 

Jenni.  VI.  140. 

Image.  XXXH.  138. 

Imbert-Gourbeyre.  VHI.  224. 

Ingman.  XV.  165. 

Intelligenzblatt,  bayrisches  ärzt- 
liches. XVn.  73. 


Jobert.   XXXI.   232.    VH.   483. 
I      XVni.  Suppl.  226. 
I  Johns.  VII.  143.  X.  150. 

Johnston,  David.  VTH.  369. 
I  Johnston,  Geo.  XIV.  387. 
;  Jones.  XXXTTT.  265. 

Jouün.  XVII.  479. 

Joux.  I.  157. 

Irwin.  IV.  308. 

Itzingsohn.  XXXTTT.  269. 

Jungmann.  XXXHi:  135. 


Kanzow.  XTTT.  182. 
Kapler.  XDX  303. 
Kau£fmann.  XI.  430.  XÜL  10. 

XIV.  175.  195.  XV.  96. 
Kaufmann.  11.  506. 
Kehrer.  XVm.  209.  228. 
Keü.  Vn.  482. 
Keiller.  Vn.  147. 
Keller.  V.  49. 
Kennedy.  XXXL  243. 


Kennion.  XXXTTT.  403. 

Kerschensteiner.  XIH.  387. 

Kieser.  V.  156. 

Kiestra.  VIU.  374. 

Kilian.  XXXI.  241.  433.  XXXTT. 
426.  435.  AAXIII.  99.  400.  IL 
315.  V.  477.  vn.  233.  VHI. 
447.  XI.  77. 

Eöng.  XXXTTT.  257. 

Kirby.  XVHL  483. 


NameDregivter. 


IX 


Kirkpatrik.  XXXII.  131. 

Kirn.  XI.  466. 

Kirsten,  IX.  437.  XII.  206.  XIV. 

278. 
Kiwisch.  XXXI.  261.  XXXIU. 

99.  Vn.  66. 
Klaproth.  XI.  81.  86.  91.  Xm. 

1.  4.  161. 
Klein,  VIII.  229. 
Klusemann.  Vm.  286.  XI.  241. 
Knoes.  VI.  72. 
Knopf,  n.  421. 
Knorre.  XXXTTT.  403. 
Knüppel.  I.  397, 
Koehler.  XXXTTT.  268. 
Koelliker.  VI.  69. 
Koeltsch.  X.  13, 
KoUock.  XV.  476. 
Kowalewsky.  IV.  14^». 


Koyen,  XXXTTI.  92. 

Ejrassnig.  XV.  893. 

Krause,  A.  IV.  142.  IX.  77. 

Krebel.  XXXni.  109. 

Krebs.  III.  236. 

Krieger.  XXXHI.  266.  VE.  22. 

XII.  172. 
Kristeller.  V.  401.  X.  161.  162. 

Xin.  896.  XrV.  87.  XVI.  28. 

XVn.  166. 
Krjszka.  X.  386. 
Küchenmeister.    XXXm.    241. 

266.  IX.  234. 
Küchler.  XL  18. 
Kuhn.  XrV.  169. 
Küneke.  Xm.  344. 
Küttner.  XXXTI.  119. 
Kussmaul.  XII.  479.   480.  XIV. 

76.  XV.  69. 


L.  in.  470. 
Laborderie.  V.  294. 
Laborie.  XXXIII.  262.  XVH.  318. 
Laboul^ne.  I.  394.  Vm.  28i. 
Lacage  de  Thiers.  XXXm.  270. 
Lacansky.  XVII.  392. 
Lachmund.  XXXTTT.  271. 
Lafargue.  XV.  310. 
Laferta.  XXXII.  137. 
Lafargue.  U.  313. 
Lagad.  XXXm.  267, 
Laloy.  XXXra.  270. 
Lamballe.  n.  604.  VI.  68.  220. 

vn.  486. 
Lambl.  L  462.  V.  139.  461.  XII. 

66. 
Lamm.  n.  237.  V.  146. 
Lammerts,  yan  Bneren.  AAXIJI. 

261. 
Lange  (Runkel)  XXXII.  427. 11. 

426. 
de  Lange,    W.   G.   ter   Noute, 

IX.  228. 


Langenbeck.  XI.  402.  XID.  160. 

XV.  173. 
Langer.  X.  386. 
Langheinrich.  H.  422.  IV.  139. 

VI.  468.  462.  466. 
Larcher.  Xm.  386. 
Latour.  VIH.  146. 
Latz,  XXXm.  276, 
Laugier.  VL  147. 
Lazarewitz8ch.XVin.  Suppl.  211. 
Leconte.  X.  230. 
Lee,  Ch.  A.  XVEE.  68. 
Lee,  F.  Stafford.  XXXm.  396. 
Lee,  Robert  XXXI.  230.  XXXII. 

118.  XXXTTT.  366.  L  317.  XH. 

316.  XTTT.  167. 
Legrand.  XVHI.  248. 
Legroux.  IH.  222.  Vm.  228. 
Lehmann.  IV.  167.  V.  148.  VII. 

48.  vm.  46.  63.  IX.  168.  XI. 

64.  226.  309.  811.  812.  XH.  408. 
Lemariey.  XVIÜ.  402. 
Le&oir.  XIV.  76. 


fc.] 


X 


Namenregister. 


Lenz.  XVI.  66.  XVIL  126. 
Leon,  Jo8^.  XXXIII.  262. 
Leopold.       XXXII.     13.      140. 

XXXTTT.  346.   X.  361.    Xin. 

139.  867.  XrV.  68.  XVII.  857. 
LÄ)teiid.  XIV.  474. 
Leriche.  HI.  306. 
Lerminier.  VIL  223. 
Leroj  d'Etioles.  IX.  311. 
Lesauvage.  XXXII.  443. 
Lespinasse,  de.  IX.  220. 
Lessmann.  V.  74. 
Letenneur.  XIV.  888. 
Leudet  VIH.  288. 
Lever.  XXXII.  483.  XXXTTI.  247. 

260. 390.  391.  397. 406.  IX.  387. 
Levin.  11.  154. 

Levrat-Perroton.  XXXm.  237. 
Levy.  Xin.  166. 
Liegard.  XXXTII.  268.  IV.  136. 


Li^ey.  X.  68. 
Liman.  XVI.  26.  30. 
Lipihay.  XI.  224. 
Litzmann.  11.  508.  VI.  149.  IL 

414. 
Lobach.  XU.  317. 
Lodge.  XXXU.  137. 
Loeffler.  XXXU.  442. 
Loescher.  V.  146.  XL  432. 
Loewenbardt,  iU  XVI.  241. 
Lorent.  XVILL.  360. 
Lorrain.  n.  2S6.  VH.  162. 
Ludwig  (Hall).  H.  428. 
Lücke.  XVn.   161.  XVm.  111. 
Lüders.  XIL  71. 
Lumpe.  IX.  471.  X.  313.  XI.  45L 

XII.  240.  XVI.  164.  898.  XVIL 

317.  394. 
Luschka.  V.  136.  XI.  215. 


H. 


M.  XXXm.  289. 
Machen.  XXXIII.  268. 
Mackmurdo.  IV.  808. 
Madurowicz.  XV.  398.  XVI.  398. 
Maeder.  XXXIII.  266. 
Maerklin.  XV.  811. 
Mahy.  Vm.  162. 
Mainwaring.  XXXI.  242. 
Maisonneuve.  XXXIII.  261.  898. 

n.  67.  IX.  76.  XUL  884. 
Majer.  XUI.  882. 
Malgaigne.  I^XXn.  480.  XXXIII. 

269.  I.  240. 
Malichecq.  XXXIII.  247. 
Manec.  XIII.  888. 
Mangold.  Vm.  1.  868. 
Marc^.  I.  396.  IX.  156. 
Marchand.  IX.  166. 
Marlin.  XXXIII.  246.  XI.   141. 

XUL  11. 
Martin,  A.  VI.  146.  IX.  286.  381. 

X.  28.  268. 
Martin,  E.  XXXTII.  264.  IV.  321. 


460.  VI.    166.   227.  432.  VH. 

161.   Xn.    216.   XIV.  80.  81. 

XV.  8.  16.  171.  XVL  1.  9.  81. 

161.  421.  XVn.  103.  163.  269. 

821.  XVm.  249.  348,  364. 
Martini.  XXXH.  426. 
Martyn.  VII.  486. 
Mascarel.  XL  297. 
Maschka.  IV.  238. 
Maslieurat  I.  464. 
Maslieuret-Lagemard.XXXli.442 

Mason.  Vn.  222. 
Massmann.  IV.  81.  XVÜ.  486. 
Mattei.  HI.  469.  VH.  68.  XUL 

886.  XVI.  479.  XVni.  402. 
Mauer.  IV.  462. 
Maunoir.  II.  608. 
Maunoury.  VIII.  223. 
Maunsell.  XI.  407. 
Maurat.  XXXIH.  269. 
Maurer.  XVIIL  86. 
Mauthner.  XXXIIL  287. 
Maydell,  v.  XV.  160. 


Namenregister. 


XI 


Mayer,  Würzburg.  IV.  137. 

Mayer,  AI.  m.  282. 

Mayer,  Aag.  XII.  1. 

Mayer,  Carl.  I.  169,  VUI.  313. 

XI.  163.  xni.  179.  xvm  12. 

105. 
Mayer,  L.  H.  431.  VII.  97.  IX. 

89. 100.  xvn.  186. 241.  xvin. 

11. 
Meckel.  XXXm.  887.  m.  886. 

IV.  467. 
Meerstraeten,  vau.  XVI.  478. 
Meigs.  XXXTTI.  256. 
Meissner.  VII.  317. 
Meissner,  Apollo.  VIII.  421.  X. 

409.  XI.  438.   XIII.  290.  471. 

XIV.  241.  257.  XVI.  81.  116. 

xvm.  39. 
Meissner,  Ludw.  IX.  19.  X.  345. 

416.  486.  XI.  172.  269.  872. 
Melcieul.  11.  424. 
Melzer.  VL  189. 
Menod.  XXXm.  262. 
Menzies.  V.  207. 
Merbach.  XXXHL  386. 
Mercier.  VI.  287. 
Merinar.  VH.  140. 
Merinas.  X.  379. 
Mertens.  XXXm.  269.  XI.  220. 
Mettauer.  XXXI.  284. 
Mettenheimer.  I.  81. 
Metzler.  XIV..  166. 


Meyer.  XVlll.  478. 

Meyer,  H.  W.  XXXlll.  268.  384. 

Michael.  XV.  468. 

Mich^a.  Vn.  816. 

Mikschik.  V.  76.  466.  VI.  882. 

VII.  224.  Vm.  291. 
Migu^ris.  XI.  898. 
Mildner.  XXXlll.  106. 
Miller,  Henry.  XIV.  470. 
Miller,  James.  XXXTIT.  276. 
Mintorn.  X.  319. 
Miquel.  XXXm.  270. 
Misley.  X.  239. 
Mitchell.  XXXm.  397. 
Monceaux.  IX.  226. 
Monteils-Pons.  VHI.  287. 
Montgomery.  XXXIII.  264.  376. 
Moore.  XXXIIl.  260. 
Moriz.  Xm.  60. 
Morris.  IX.  148. 
Morton.  VII.  150. 
Moser.  XXXII.  416.  XXXm.  884. 
Mosler.  XV.  466.  XVI.  188. 
Moussaud.  VUI.  223. 
Müller.   XXXm.    107.   267.   V. 

465. 
Müllerklein.  XII.  76. 
Münchmeyer  (Lüneburg).  XTV. 

870. 
Murphy,  E.  XXXm.  253.  269. 

XV.  469. 
Murray.  XTV.  151.  476. 


W. 


Naegele.  H.  166.  IV.  476.  X.  370, 
Nägele,  0.  XXXITT.  268. 
Nagel,  xvm.  Suppl.  229. 
Naranowitsch.  IX.  146. 
Nasse.  XXXm.  287.  XTO.  147. 
N^aton.  I.  166.  V.  802.    Vm. 

466.  X.  289. 
Neubert.  XII.  479. 
Neugebauer.  XXXTIT.  266.  891. 

IX.  76.  XIV.  817. 


Neumann.  XVII.  158. 
Nevermann.  XXXIll.  246.  266. 
Newmann.  Xm.  880. 
Newnham.  XXXII.  434. 
Nichet.  XXXm.  108. 
Niess.  I.  488. 
Noeggerath.  IV.  136.  468. 
Nonat  X.  880.  XII.  169.  XFV.  78. 
Nourse.  XVm.  Suppl.  224. 
N«M6r*  XL  72. 


XTI 


Namenregister. 

o. 


Obr^,  Henry.  X.  468. 

Ockel.  XXXn.  424. 

Oldham.  XXXI.  253.  XXXIL 
430.  XXXIII.  388.  893.  L 
166.  in.  472.  IX.  387.  XVIIL 
87. 


Olshaiuen.  XVI.  33.  XVU.  »&. 

XVin.  98.  362. 
Oppenheim.  XXXHE.  279. 
Orth,  H.  VI.  39. 
Otterburg.  XVm.  404. 
Overton.  XTV.  162. 


P. 


Paasch.  XVI.  27. 
Pagenstecher.  XXXIII.  401.  IV. 

1.  Xn.  146. 
Pag^s.  V.  290. 
Paget,  James.  XI.  71. 
Panas.  XVI.  228. 
Pannum.  XXXTTT.  240. 
Parfenenko.  Vm.  286. 
Parker.  VI.  168.  VH.  149. 
Patruban,  v.  V.  291. 
Pauk.  XVm.  482. 
Paul,  Constantin.  XVII.  390. 
PauU.  in.  280. 
Paulus.  I.  268.  V.  241. 
Peaslee.  VI.  386.   Vn.  489.  X. 

890. 
Pelayo.  XXXn.  426. 
Pelt,  van.  XVI.  308. 
Penjon.  Vni.  372. 
Pernice.  IX.  393.  XI.  146.  XV. 

179. 
Pesch.  IX.  93.  X.  161. 
Pfeiffer.  IIL  478. 
Philipart.  IX.  310. 
Piazza.  Vin.  297. 
Picard.  Xn.  240. 


Pichart.  XXKIL  129. 

Pidduch.  XXXm.  271. 

Pigerlit.  XXXin.  93. 

Pignaut.  IX.  311. 

Pillore.  V.  160.  217. 

Piorry.  XV.  393. 

Pilz.  XXXn.  443. 

Pippingskoeld.  XV.  296. 

Plagge.  XIV.  66. 

Platzer,  v.  XTV.  469; 

Ploss.  xn.  321.  XIV.  271.  464. 

xvn.  476.  xvnL  237. 

Polak.  XVm.  249. 
Poland.  XXXin.  263. 
Praag,  van.  n.  198. 
Praessart  XXXH.  127. 
Prell.  XVm.  447. 
Pretty.  X.  169. 
Prieger.  I.  183.  241. 
Priestley,  W.O.  VI.  396.XVin.86. 
Proebsting.    XXXIL    426.   426. 

427.  XXXin.  20. 
Pueck.  XV.  389. 
Puget  xn.  69. 

Puls,  xxxnr.  108. 

Postaert.  XXXm.  93. 


Quatrefages.  V.  464. 


Namenregister. 


XIII 


Raciborski.  V.  »Oö.  IX.  163. 
Eadfort  IV.  136.  VH.  316. 
Ramis.  XI.  463. 
Ramsbotham.  IV.  76.  VIU.  43. 

IX.  147.  161. 
Raukin.  VU.  146. 
Ravn.  XVI.  238. 
Ravoth.  V.  112.  XI.  340.  XH.  167. 
Rawitz.  I.  316. 
Ray,  Ch.  Golding.  XXXH.  439. 

XXXm.  266. 
Rajer.  I.  467. 
lUcamier.  VIII.  296. 
Reclam.  XXXII.  436. 
Recklinghausen,    v.    XV.    169. 

XVm.  96. 
Regnaalt.  XXXII.  442. 
Reiche.  IV.  306.  460. 
Reichert  XXXTII.  96. 
Reid.  XXXm.  396.  IV.  71. 
Rektorzik.  XVL  476. 
R^mondet.  II.  604.  HI.  69. 
Renaud.  XXXU.  433. 
Rennert.  XXXIII.  104. 
RetziuB.  XXXI.  392.  416.  423. 

I.  441.    n.  46.   68.    163.    239. 

IX.  74.  XVn.  191. 
Reybard.  V.  383. 
Reymann.  XIV.  166.  167. 
Reynier.  XV.  467. 
Richard.  XXXUI.  276.  IV.  281. 

VI.  133.  Vm.  29*  X.  389.  XI. 

389. 
Richardson.  XV.  464. 
Richelor.  V.  304. 
Richter.  XVU.  473. 
Ricker.  VI.  84. 
Ride.  XXXII.  441. 
Riedel.  V.  1.  VH.  92.  XL  1.  13. 

Xm.  11.  XVU.  324.  326. 


Rigby.  XXXm.  394.  VIII.  148. 

IX.  162.  X.  379.  XII.  68. 
RiUiet.  XXXm.  104. 
Ripoll.  X.  64.     . 
Ritchie.  XXXTIT.  401. 
Rillen,  v.   XXXI.  1.   XXXTIT. 

146.  n.  4.  68.  269.  433.  VI. 
1.  266.  321.  404.  Vm.  73.  122. 
163.  193.  233.  237.  IX.  17.  349. 

X.  321.  401.  XI.  43. 
Robert.XXXU.136.431.  XXXUI. 

406.  U.  429.  V.  81. 
Roberten.  XXXUI.  272. 
Robin.    XXXII.   430.   XXXUI. 

146.    289.    IV.    471.    X.    237. 

xm    146. 
Robiqaet  VUI.  289. 
Rodler.  V.  293. 
Roell.  XXXIU.  241. 
Roesch.  XXXUI.  237. 
Roger.  U.  426. 
Rokitansky.  XIV.  314.  381.  XV. 

67.    60.    XVL   304.    387.   388. 

XVU.  150.  162.  166. 
Rombach.  VIU.  62. 
Roods.  XXXUI.  397. 
Roper.  VIU.  146. 
Roser.  XVUI.  84. 
Rossignol  VIU.  230. 
Rotter.  XVI.  389. 
Roosseau.  VI.  297. 
Rousset.  XIU.  382. 
Roux,  Jules.  VIU.  453. 
Rouyer.  VI.  226. 
Rouze.  VIU.  148. 
Roz^.  L  469. 
Runge.  X.  467. 
Rupin.  XVI.  319» 
Rüssel  XXXU.  428. 


S. 


S.  XXXIU.  94.  386. 
Sachs.  XXXIU.  264. 


jSack.  L  466.  IL  814.  UI.  306. 
!     XI,  37. 


XIV 


Namenregister. 


Salter.  XXXU.  140. 
Samter.  XV.  476.  XVI.  80. 
Sancerot.  XXXm.  108. 
Sancery.  XXXIII.  889. 
Sandras.  XXXTTT.  271. 
Santesson.  11.  158.  XI.  401. 
Saurel.  V.  161. 
Sawyer.  XVII.  66. 
Sayas.  X.  808. 
ScanzonL   XXXI.  266.  XXXII. 

421.  426.    XXXm.  248.  260. 

I.  813.  462.  m.  226.  887.  390. 

VI.  69.  142.  469.  471.  VII.  68. 

Vni.  61.  IX.  288.  X.  810.  XII. 

70.  XIV.  78.  78.  XVI.  160.  287. 

812.    815.    896.    XVIII.    488. 
Scharlau.  XXXTTT  286. 
Schaaenstein.  XTV.  154. 
Schauer.  V.  94. 
Schearman.  XXXI.  484. 
Scherer.  XXXIII.  242. 
Schieffer.  IV.  268.  VI.  886. 
Schildwächter.  XXXm.  121. 
Schilling.  II.  607.  TV.  819. 
Schlager.  XII.  396. 
Schlagintweit.  I.  79. 
Schmidt,  J.  (Leipzig).  XIV.  426. 
Schmidt.  XXXU.  144.    II.    428. 

Xm.  148. 
Schmidts  Jahrb.  XHI.  162. 
Schmitt,  Gregor.  XI.  460. 
Schmitt  XV.  897. 
Schmitz.  XVn.  71. 
Schnepf.  V.  .141. 
Schnetter.  V.  76. 
Schnitzer.  XXXm.  284. 
Schnurrer.  XXXIII.  109. 
Schoeller.  XXXH.  812. 
Schoenfeld  (Verden).  XIV.  878. 
Schofield.  XXXI.  436. 
Scholz,  in.  810. 
Schrant.  VII.  61. 
Schreiber.  VIII.  326.  386.  866. 
Schreier.  V.  461.  VIIL  116.  XTV. 

288. 
Schnchart.  XVIII.  268. 
SchÜBsler.  XXXIII.  288. 


Schuh.  V.  294.  XV.  478. 
Schulz  (Wien).  Vm.  462. 
Schultze.  XI.  106. 
Schultee,  Bemh.  VH.  247.  IX. 

264.  459.  X.  5.    141.  XI.    170. 

866.  Xn.  241.  480.  XVm.  407. 
Schnitzen.  XXXIII.  109. 
Schulze.  MI.  17.  20. 
Schwandner.  XXXIII.  109. 
Schwartz.  Xm.  804.  XVH.   76. 
Schwarz.  V.  198.  VIII.  108.   111. 

260.  XVm.  Suppl.  121. 
Schwegel.  X.  469.  XI.  895.  Xm. 

128.  802.  XVm.  Suppl.    67. 
Schweitzer.  V.  116 
Schwörer.  X.  479. 
Sdafer.  VTI.  61. 
See.  XXXm.  108. 
Seidel.  XV.  816. 
SemmelweiBs.  XXXII.  148.  IX. 

470.  XVni.  406. 
Senftleben.  Xm.  414. 
Sequerc^.  IV.  227. 
Serre.  XIV.  69. 
Seydeler.  HI.  488. 
Seyfert.  L  462.  468. 
Seyffert.  TV.  226, 
Sbekelton.  11.  148.  809. 
Sickel.  m.  829. 
Sidey.  VH.  146. 
Siebold,  E.  v.  IE.  216.  IV.  161. 

287.  VI.  21.  268.  401.   X.  84. 

Xin.  818.  XIV.  96.  401.  XV. 

887.  XVI.  60.  XVn.  107.  885. 

401.  XVin.  19.  284.  296. 
Siebold,  Th.  C.  ▼.  IX.  472. 
Sigmund.  XI.  228. 
Silbert  (D'Aix).  X.  879.  XI.  70. 
Simon.  VI.  299. 
Simon,  Gustav.  V.  817.  X.  188. 

Xn.  42.  74.  Xni.  68.  271.  418. 

XIV.  1.  48«.  XVI.  229.  281. 
Simpson.  XXKU.  1 19.  189.  422. 

437.    XXXm.    92.   247.    250. 

264.  IV.  71.  VI.  895.  467.  471. 

Vn.  311.  Vin.  875.  IX.  814. 

XIV.  69.  149.  XV   806. 


Nttmenregister. 


XV 


Sinclair.  XIV.  887. 
Öinger.  XVm.  Snppl.  226. 
Skinner.  XXXHI.  266. 
Smiih,M.  D.  W.  Tyler.  XXXm. 

96.  242.  n.  21.  VL  476.  XU. 

69.  XVn.  389. 
Snoep  PerBant.  VU.  69. 
Soete.  m.  236. 
Sorbets,  Leon.  X.  61. 
Southam.  XXXII.  130.  439. 
Socquet  V.  76. 
Spaeth.  L  470.  HI.  163.  V.  309. 

Vm.    146.    X.  471.   XI.   316. 

XIV.  164.  237.  XVI.  809.  392. 
Spence.  X.  318. 
Spengler,  m.  184.  237.  268.  V. 

181.  VL   427.  XI.  246.   XVI. 

820. 
Spiegelberg.  V.  61.  VIL  195. 448. 

vm.  140.  XI.  17.  29.  110.  217. 

472.  XIL   140.  XIV.  60.   101. 

200.  XVL  228.  XVn.  477. 
Spitzer.  IV.  804. 
Spoendli.  III.   189.  IV.  48.   V. 

476.  VI.  412.  468.  X.  154.  XIH. 

466.  XV.  321.  XVn.  197. 
Sprengler.  XIIT.  148. 
Stadthagen.  XVI.  821. 
Stahl.  XXXUI.  247. 


Stammler.  V.  891. 
Staub.  IX.  148. 
Steiger.  XVI.  163. 
Steinbach.  XVIH.  428. 
Steincke.  XXXm.  104.  107. 
Steinthal.   XIV.  378.   XVL   46. 

49. 
Steitz.  m.  149. 
Stephens.  XXXII.  426. 
Stern.  VL  66. 
Stersens.  XXXII.  427. 
Stilling.  XXXm.  408. 
Stitzenberger.  V.  464. 
Stoltz.  XXXI.  240.  n.  310.  VL 

182.  IX.  160.  XVI.  169. 
Storer,  H.  R.  VI.  896.  XV.  3 19. 
Strange.  Vm.  147. 
Strassmann.  XVL  421.  XVIII. 

130.  SuppL  232. 
Stranss.  III.  386. 
Streng.  L  466.  VIIL  66. 
Strohl.  XXXTL  484. 
Stuart  Wilkinson.  XXXIU.  398. 
Sturm,  m.  410. 
Stute.  Vn.  36. 
Sjme.  XXXm.  269. 
Szoborschtschinoff.  V.  300. 
Szttkits.  X.  463. 


Tancbon.  XXXII.  118. 

Tameau.  XVI.  167. 

Tarner.  XVm.  86. 

Teala  IV.  311. 

Te^er.  XXXm.  268. 

Tenner.  V.  820. 

Theopold.  XVL  894. 

Thibierge  Vm.  68.  IX.  468. 

Thielmann.  m.  885. 

Thode.  vm.  29. 

Thomas,   Simon.  XXXÜI.   392. 

XIV.  884.  XVI.  307. 
Thomas,  Gaülard.  XV.  161. 


I  Thompson.  VH.  487. 
Thudichum.  V.  174.  272. 
Tüanus.  VH.  820. 
Tilt.  XXXTL  487.  XXXUI.  401. 
Timbart.  XXXII.  129. 
Times,  med.  and  Gazette.  IX. 

160.  Xn.  818. 
Tobold.  X\TII.  6. 
Tod  vn.  314. 
Toulmouche.  X.  467. 
Trask.  XXXII.  444. 
Trast  IX.  382. 
Trautwein.  XXXIL  128. 


XVI 


Namenregister. 


Tripe.  XXXU.  486. 
Trousseau.  XXXm.  236.    268. 

274.  I.  470.  IV.  186.  XI.   76. 

Xn.  77. 
TrooBset.  XXXII.  486. 


Tunaley*  V.  154. 
Tuppert  XI.  464. 
Tumbull.  XXXni.  889. 
Tryle.  XXXm.  897. 


Uettenhoeven.  XVI.  817. 
ühde.  Vin.  18.  X.  889. 
ühle.  XVn.  480. 


,  Ulrich.  IX.  177.  X.  163. 170. 178. 
XI.  92.  97.  Xni.  166.  XV.  Sg. 


V. 


Valenta.  X.  376.  882.  XI.  142. 

vaiieix.  xxxn.  186.  xxxm. 

273.  m.  280. 
Vanoje.  XXIQII.  897. 
Varlez.  XXXI.  262. 
Vamont.  I.  78. 
Vanhuevel.  H.  149. 
Vaullegeard.  XXXII.  488. 
Vauthier.  XXXIU.  269. 
Veit.  V.  844.   XI.   101.    XVHI. 

467. 
Velpeaa.XXXII.  182.184.XXXIU 

896.  Vn.  488.  Vni.  871.  XI. 

163. 
Venet.  XXXm.  96. 
Verity.  X£V.  240. 
Veain.  V.  821.  XVI.  277. 


Vniarfay.  XXXBDL  389. 
Villeneuve.  XXXII.  810.  I.  478. 

VI.  464.  vn.  229. 
Virchow.  V.  166.  217.  IX.  «69. 

266.  X.  2.  4.  242.  244.  XL  161. 

409.  Xm.  168.  XrV.315.816. 

XV.  177.  XVn.  101.  8«8. 
Vocke.  XV.  892. 
Voelkers.  IX.  218. 
Vogel,  xn.  478. 
Vogler,   xxxn.   146.  XXXIfl. 

266.  n.  312.  rV.  384.  X.  876. 

378.  XI.  66.  67.  XVHI.  SW. 
Volkmann.  XI.  363. 
Vondoerfer.  XXXU.  448. 
Vrolik.  XI.  311. 


w. 


Wagner.  IX.  90.    X.  466.  467. 

xm.  169.  XIV.  486.  xvm. 

324.  480. 
Waller.    XXXU.   427.    XVHI. 

83. 
Wallstein.  Vm.    186.  IX.  441. 
Walter.  XXXIU.  264.  267.  IH. 

81.  V.  179.  xvm.  171. 
Walther.  XXXU.  426. 
Watson.  xxxm.  96.  271.  897. 


Weber.  XVI.  419. 
Weber,  E.  IX.  866. 
Weber,  J.  XL  78. 
Webster,  John.  XXXffi.  276. 
Wegscheider.  X.  81.  XV.  1. 
Weickert.  XXXI.  144. 
Wells  Spencer.  XII.  69, 

226.  XVIL  892.  398. 
Wendrykowsky.  XI.  219. 
Wendt.  XVn.  891, 


KVl 


Namenregister. 


XVII 


Wernher.  V.  306. 
Werthheim.  II.  121.  IX.  127. 
Wertheimer.  XVIII.  Suppl.  216. 
West.  XXXin.  237.  I.  239.  IV. 

97.  VI.  290. 
White.  XV.  313.  471. 
Wbitehead.  XXXII.  138. 
Widerstein.  II.  601. 
Wieckel.  VI.  298. 
Widerhold.  X.  374. 
Wiener.  XXXIII.  236.  276. 
Wigand.  IX.  155. 
Willemin.  XXXII.  141. 
Willigk.  XIV.  473. 


!  Wilson.  XXXIII.  103.  IV.  231. 
[     XVI.  72. 

Windsor.  VI.  392. 

Winkel.  XVI.  401.  XVU.  27.  29. 
292. 

Wittig.  V.  161. 

Wohlgemuth.  I.  410.  V.  161. 

woiff.  in.  150. 

Wood.  XV.  462. 
Woodson.  XVII.  68. 
Wright.  I.  466. 
Wüstefeld.  X.  229. 
Watscher.  XVI.  397. 


T. 


Ygonin.  XXXIU.  251. 


Yvaren.  XXXIH.  107.  V.  887. 


Z. 


Zandyk.  IX.  228.  •  Ziehl.  XXXIII.  200.  892. 

Zeitschrift,  Wiener.  XVII.  318.  |  Ziemssen.  XVIII.  325. 


Zeitung,  med.  Russ.  VI.  66.  VIII. 

462. 
Ziegler.  XXXIII.  258. 


Zimmermann.  XI.  74. 

Zwank.  I.  215.  IV.  184.  V.  142. 


MonAtsiehr.  f.  Geburtsk.  1861.  Bd.  XYIII. 


B 


Sachregister 

des  31.  bis  33.  Bandes  der  neuen  Zeitschrift  für  Gebnrt»- 
kunde^  sowie  des  1.  bis  incL  18.  Bandes  der  Monats- 
schrift für  Gebortskunde  und  Frauenkrankheiten. 

(Dto  rttmUchen  Ziffern  besetchnen  dm  Band,  die  arftbisehen  die  geitensaUMj 


A. 

Abhandlungen,  geburtsbülfliche  yon  Spoendli.    m.  189. 

Ablösung  der  Piacent a.  Ein  neues  Zeichen  für  die, naeh 
Geburt  des  Rindes  von  Clay.    XVII.  70. 

Abortivei  aus  den  ersten  Monaten  der  Schwangerschift 
von  Sackreuter  und  Mettenheim.  I.  81.  —  Ein  sechs  MoDtte 
altes  von  Kristeller.    XVI.  23. 

Abortus  ereignen  sich  häufiger  in  spateren  Schwanger- 
schaften von  Whitehead.  XXXn.  138.  —  A.  in  Folge  von  Krank- 
heiten der  Placenta  von  Smith.  XXXm.  96.— De  F  avortement  pro- 
voqu^  p.  Villeneuve.  I.  478.  und  VII.  229.  —  A.  in  Folge  ron 
Hydatiden  der  Placenta.  Fall  von  Melcieul.  n.  424.  —  A.  eines 
viermonatlichen  Foetus,  künstliche  Losung  der  Placenta  am  zwölften 
Tage  nachher  von  Schulze.  VH.  20.  —  A.  Fall  von,  von  Kauff- 
mann.  XTV.  180.  —  A.  Die  Indicationen,  die  in  den  Lehr- 
büchern für  Erregung  des  künstlichen,  aufgestellt  werden  von 
Mayer.  XI.  100.  —  A.  Beitrag  zur  Le^re  vom,  u.  vom  fibrösen 
Uteruspolypen  von  Rokitansky.    XVII.  162. 

Abscesse  der  Scham,  deren  gewöhnlich ste  Ursachen  von 
Huguler.  XXXI.  230.  —  A.  im  Perinaeum  von  Bolze.  XXXin. 
890.  —  A.  der  Mamma.  Behandlung  von  Chassaignac.  V  ^' 
Von  Girald^.  V.  890.  —  A.  der  grossen  Schamlippen  roo 
Velpeau.  Vn.  488.  —  A.  in  der  Thymusdrüse.  Fall  von  Hecker. 
Vn.  28.  —  A.  der  Schamlippen  und  die  verschiedene  Form  der  ^ 
Vulvitis  vonSimpson.    XIV.  149. 


Sackregidter.  XTX 

AbschnÜTung  der  Tuben  und  Ovarien  und  über  Stran> 
gulation  der  letzteren  durch  Achsendrehung  von  Bokitansky. 
XVI.  304. 

Absterben,  habituelles  der  Frucht,  gegen  dasselbe  Asa 
foetida  von  Laferta.  XXXII.  137.  —  Fall  von  habituellem  A. 
von  V.  Maydell.  XV.  160.  —  Ein  Fall  von  A.  der  Frucht  im 
siebenten  Schwangerschaftsmonat  in  Folge  von  nur  massiger  In- 
toxication  der  Mutter  durch  Rohlenoxydgas  von  Freund.   XIV.  81. 

Abtragung  der  Vaginalportion  des  Uterus  von 
Simon.    XIII.  418. 

Abweichungen  in  der  Lage  (und  Form)  des  Uterus. 
Ein  Beitrag  zur  Kenntnis»  des  Grundleidens  und  zu  einer  diesem 
entsprechenden  Behandlung  der,  von  Baur.    lU.  152. 

Acidum  carbonicum,  anästhetische  Wirkung  des,  von 
Maisonneuve.    IX.  76. 

Acidum  nitricum  als  Abortivmittel  bei  Mastitis  von 
Blaschko.    HI.  281. 

Acranios,  Fall  von,  mit  Spina  bifida  und  Exopthalmos  von 
Röltsch.    X.  19. 

Aderlässe  bei  Kindern  empfiehlt  Hildereth.    XXXUI.  287. 

—  Mauthner  nur  in  der  lobulären  Lungenentzündung  ibid.  — 
A«  und  entziehende  Diät  influiren  auf  die  Entwicklung  des  Foetus 
und  sind  nützlich  bei  Beckenenge  von  Depaul.    XXXITT.  262. 

Aether.  Ueber  die  Anwendung  des  Chloroform  in  der 
Geburtshülfe  von  Sachs.  XXXUI.  263.  —  Ueber  die  Fälle,  in 
denen  bei  Geburten  Aether-  und  Chloroform -Einathmnngen  an- 
gewendet werden  dürfen,  und  wo  sie  zu  meiden  von  Chailly- 
Honorö.    III.  336. 

AetzmitteL  Ueber  die  Anwendung  der  A.  auf  die  innere 
Wand  der  Uterushöhle  von  Sigmund.    XI.  223. 

A  et  z  mittel  trag  er.  Ein  neuer  Ligatur-  oder  A.  von  Didot. 
Vin.  232. 

Aetzung.  Neues  Verfahren  zur  A.  der  Mutterscheide  von 
Nonat.    X.  380. 

Afterpro dukt.    Ueber  ein  A.  von  Fischer.    XTV.  179. 

Agalactia  einer  Amme  durch  eigenthümliche  Kost  gehoben 
von  Cramoisy,    XI.  220. 

Airtractor  von  Simpson  empfiehlt  Krieger.    XXXIII.  266. 

—  Historische  Bemerkung  zu  Simpson's  A.  von  v.  Siebold.  VL  401. 

Alaun.  Anwendung  des  A.  bei  Behandlung  der  Krank- 
heiten der  weiblichen  Geschlechtstheile  von  Gautier.    VII.  141« 

Albuminurie  bei  Wöchnerinnen,  die  im  Allgemeinen  auf 
Laesionen  des  Nervensystems  deutet  von  Simpson.    XXXII.  189. 

—  Analecta  ad  gravidarum,  parturientium  et  puerperarum  a.  von 
L.  Mayer.  II.  431.  —  Beitrag  zur  Aetiologie  der  A.  bei  Kreis- 
senden von  Langheinrich.  VI.  468.  —  Ueber  puerperale  A.  und 
ihren  Zusammenhang  mit  Eclampsie  von  J.  Gourbeyre.  VIII.  224. 

B* 


;XX  Sachregister. 

Alter,  lieber  den  Einflus»  de«  A.  der  Eltern  auf  das  Ge- 
schlecht der  Früchte  von  Nasse/  XIII.  147. 

Amenorrhoe,  YoUständige.  Ersatz  der  Menstruation  durch 
periodische  Schweisse  von  Duchesne.  VUI.  289.  —  Behandlung 
durch  Apiol  von  Delorme.    XVII.  164. 

Axnmenwesen.  Bemerkungen  über  Selbstnähren ,  und  künst- 
liche Ernährung  von  Wegscheider.    X.  81. 

Ammoniak  gegen  Keuchhusten  von  Levrat^  -  Perroton. 
XXXm.  237. 

Amniosflüssigkeit.  2  Analysen  der  A.  von  Scherer. 
XXXin.  242.  —  A.  mit  Hamstoffgehalt  von  Beale.    XVI.  157. 

Amputatio  spontanea  im  Mutterleibe  von  E.  Martin. 
XXXIII.  264.  —  Fall  von  A.  s.  des  Oberarmes  von  Maeder. 
Ibid.  265.  —  A.  s.  des  linken  Vorderarmes  von  Hecker.  IlL  401. 
—  Unvollständige  A.  s.  des  Rumpfes  und  Halses  eines  2 Vt  monat- 
lichen Foetus  von  Hillairet.  IX.  234.  —  Unvollständige  A.  s. 
des  Rumpfes  und  Halses  durch  feste  Umschlingung  der  Nabel- 
schnur von  Hillairet.  X.  60.  —  Ueber  A.  s.  beim  Foetus  im 
Mutterleibe  von  Kristeller.  XIV.  87.  —  A.  oder  Ezstirpation 
hypertrophischer  Vaginalportionen  bei  Prolapsns  uteri  von 
Mayer  sen.    XI.  163. 

Anaemie  der  Neugebornen  von  Hervieuz.    IV-  236. 

Anaesthesie  durch  Chloroform  während  der  Geburt  von 
Spiegelberg.    XI.  29. 

Anaesthetica.  Ueber  die  Anwendung  in  der  gebnrts- 
hülflichen  Praxis  von  Scansoni.    VI.  469. 

Anasarca.  Geschichtliche  Bemerkungen  su  der  Frage  über 
den  Zusammenhang  von  A.  schwangerer  Frauen  mit  Edampsie 
aus  Archives  gdnerales  de  m^d.    VII.  146. 

Anschwellungen  und  Lageveränderungen  des  Uterus  von 
Band.  XXXHI.  393.  —  Von  Dubois.  Ibid.  394.  —  Kalte  Douchen 
bei  A.  von  Fleury.  Ibid.  395.  —  Von  Velpeau.  Ibid.  396.  — 
Von  fiuguier.    Ibid. 

Anteversio  oder  Retroversio  uteri  nie  beobachtet,  aber 
Retroflexio  und  Anteflexio  von  Deville.  Fall  von  Anteversio  von 
Edwards.  XXXITI.  894.  —  A.  uteri  als  normale  Bildung  von 
Boulard.    H.  424. 

Anteversio  des  Uteruskörpers  —  innere  Metritis  — 
symptomatische  Paralyse,  A«  uteri  —  Metritis  interna,  nervöse 
Zufalle  in  Form  von  Hysterie  von  Bison.    XI.  397. 

Anus  imperforatus  12  Tage  nach  der  Geburt  mit  Erfolg 
operirt  von  Dieulafoy.  XXXHI,  263.  —  A.  i.  mit  Communication 
des  Darmes  in  die  Blase.  Fehlen  des  Penis  von  Olshaosen. 
XVIU.  98. 

Apiol.  Behandlung  der  Amenorrhoe  und  Dysmenorrhoe 
durch  A.  von  Delorme,    XVIL  164. 


Sachregister.  XXI 

Apoplexia  ovi.  Bei  A.  nnterBcheidet  Walther  2  Stadien. 
XXXn.  426. 

Argentum  nitricnm  bei  entzündlichen  Darmeffectionen 
der  Kinder  von  Duclos.    XXXIII.  267. 

Armamentarium  Lucinae  novum  von  Kilian.    VII.  233. 

Arthrogryposis  spatisca  infantum.  Folge  von  Cryptor- 
chidismus  von  Leopold.    XXXIII.  348. 

Asa  foetida  gegen  habituelles  Absterben  der  Frucht  von 
Laferta.    XXXII.  137. 

Assimilation  des  letzten  Bauchwirbels  au  das  ELreuzbein 
von  Dürr.    XVI.  163. 

'  Asthma  thymicum,  4  Fälle  bei  Eandern  derselben  Eltern 
von  Hennich.  XXXIII.  272.  —  Behandlung  mit  Arg.  nitr.  von 
Heer.    Ibid. 

Athembewegung  mit  Geräusch  bei  einem  Foetus  -  Fall  von 
Schnitze.  IX.  264.  —  Die  vorzeitigen  Athembewegungen  von 
Schwartz.    XTTI.  304. 

Athemprobe.  lieber  einige  bei  gerichtlichen  Obductionen 
beobachtete  Fälle  von  Athemproben  von  Liman.    XVI.  26. 

Athmen,  Wimmern  und  Schreien  der  Frucht  von  Bier- 
baum.   XXXn.  811. 

Atresieen.  Ueber  die  A.  der  weiblichen  Genitalien  von 
Habit.  XI.  142.  —  A.  interna  des  Darmrohres  bei  einem  Neu- 
gebornen,  Bildung  eines  künstlichen  Afters  nach  Littre  von  Leh- 
mann. Ibid.  309.  —  A.Uteri  congenita  mit  nachfolgender  Schwanger- 
schaft von  Tuppert.  Ibid.  454.  —  A.  vaginae  von  Kim.  Ibid. 
466.  —  A.  ani  u.  Uterus  bicornis  von  Krieger.  XU.  172.  — 
Operationen  bei  A.  der  weiblichen  Genitalien  von  Simon.  XIII. 
286.  —  A.  uteri  et  vaginae  bei  Duplicität  von  Rokitansky.  XV. 
60.  —  A.  uteri  d.  h.  der  einen  Hälfte  eines  Uterus  bicornis. 
XVI.  388.  —  A.  vaginae  mit  abnormen  Menstrualwegen  von 
Graf.    XVn.  64, 

Atrophieen  der  Mamma,  schmerzhafte,  Cirrhosis  mammae 
von  Wernher.    V.  306. 

Auftreibung,  kjstenförmige,  des  rechten  Ovarium  durch 
Blutextravasate  bei  einem  todtgeborenen  Kinde  von  Schnitze. 
XI.  170. 

Angenentzündung,  die  bösartige,  der  Neugebomen  u.  s.  w. 
von  Schlagintweit.  I.  79.  —  Puralente  der  Nengebomen.  Be- 
handlung derselben  von  Socquet.  V.  76.  —  Behandlung  durch 
die  Augendouche  von  Chassaignac.    V.  296. 

Ausbuchtung,  eine  sackartige,  des  schwangeren  Cervix  von 
Semmelweiss.    IX.  470. 

Auscultation.  Resultate  der  A.  von  Schwangeren  und 
Gebärenden.  XXXI T.  426.  —  Ueber  die  am  Unterleibe  Schwangerer 
zu  hörenden  Geräusche  von  Martin.    VII.  1^1. 

Ausdehnung   des  Uterus  nach   der  Geburt  nud  mehrere 


X^TT  Sachregister. 

Jabre  währende  MilchsTecretionen.  Krankengeschichte  von  Hera- 
felder.   XXXin.  94. 

Ansmündung,  abweichende,  des  Mastdarms  (siehe  Mast- 
darm). 

Ausstossung  eines  vom  Rumpfe  abgerissenen  und  im 
Uterus  zurückgebliebenen  Kopfes  von  Lucansky.  XvII.  392.  — 
A.  der  Frucht  nach  dem  Tode  von  Richter.    XVII.  473. 

Au s  w  ü ch s  e ,  die  blumenkohlartigen  des  Uterus  unterscheidet 
Renaud  von  Krebs.    XXXTT.  483. 

Auszug  aus  den  Protokollen  der  Versammlung  deutBchcr 
Naturforscher  und  Aerzte  in  Göttingen  von  Spiegelberg.  V.  51. 
—  A.  aus  geburtshülf liehen  Aufzeichnungen  von  Schwarz.  V.  193. 


Bad,  laues.  Heilsame  Wirkung  gegen  Metrorrhagie  von 
Malgaigne.    I.  240. 

Bäder,  örtliche  bei  Ulcerationen  des  Mutterhalses.  Zu  den- 
selben empfiehlt  einen  von  Creuston  angegebenen  Apparat  von 
Pichard.    XXXH.  129. 

Bauchdecken,  Abscess  In  den,  über  dem  schwangeren 
Uterus  von  Schwarz.    V.  201. 

Bauchfellwas 8 ersucht  bedingt  durch  fibröse  Tumoren 
des  Uterus  von  Trousseau.    XI.  76. 

Bauchg  es  chwulstbei  einem  jungen  Mädchen,  die  Schwanger- 
schaft ähnlich  war.    Fall  von  Challice.    XXXH.  135. 

Bauchgurt  Ueber  die  Anwendung  der  Ceintures  hypo- 
gastriques  von  Remondet.    III.  69. 

Bauchlage  bei  ausgetragenem  Kinde,  Vorfall  der  Gedärme 
des  letzteren  in  die  Scheide  der  Mutter  von  Penjon.    VIH  872. 

Bauch  schnitt  mit  glücklichem  Erfolge  von  Decome.    I.  72. 

—  Fall  von  Rousseau.    VI.  297.  —  Fall  von  Mason.    VH.  222. 

—  B.  wegen  Zerreissung  des  Uterus  von  Runge.    X.  467. 

Bauchschwangersohaft.  Fall  von  Duckert.  XXXH.  136. 

—  Fall  von  Stern,  VI.  66.  -^  Fall  von  primitiver  B.  durch 
den  Bauchschnitt  geheilt  von  Rousseau.  VI.  297.  —  Fall  nach 
52  Jahren  post  mortem  bestätigt  von  Guillot.  VIII.*  282.  —  Fall 
von  Giessler.  IX.  159.  —  B.  nach  29  Monaten  durch  Peritonitis 
tödtlich  von  Biebuyck.  XIV.  474.  —  Siehe  auch  Graviditaa  ei- 
trauterina. 

Bauchtuberkeln  der  Kinder  und  deren  Diagnose  von 
Mertens.    XXXIII.  269. 

Becken,  ein  schrägverengtes  rhachitisches  v.  Huber.  XXXII. 
93.  —  Ueber  Form  und  Ursache  des  schrägverengten  B.  von 
Hillebrand.  XXXHE.  112.  —  Ein  exquisit  osteomalakisches  B. 
von  Schildwächter.    Ibid.  121.  —  Zur  Pathologie  des  B.  von 


Sackregister.  XXIII 

Hohl.  Ibid.  407.  —  Beiträge  zur  Lehre  vom  Bchrägovalen  B.  von 
Hajn.  I.  398.  —  Ein  querverengtes  B.  von  Lambl  und  eins 
von  Seyfert.  L  462.  —  Das  alterswidriggebaute  B.  von  v.  Ritgen 
IL  68.  —  Osteomalakisches  B.  von  Lange,  ü.  426.  —  Ein  quer- 
verengtes B.  von  Bobert.  IL  429.  —  Ueber  die  Erkenntniss  des 
coxalgisch  schrägen  B.  von  v.  Bitgen.  n.  483.  —  Das  schräg- 
ovale B.  von  Litzmann.  EL.  609.  —  Das  durch  Entzündung  fehler- 
hafte Frauenbecken  von  Pfeiffer.  IIL  478.  —  Ueber  einige  durch 
Erkrankung  der  Gelenkverbindungen  verursachte  Missstaltungen 
der  B.  von  Gurlt.  V.  78.  ~  Schilderungen  neuer  Beckenformen 
von  Ealian.  V.  477.  —  Ein  schrägverengtes  B.  mit  durch  Ent- 
zündung bewirkter  Synostose  der  rechten  Kreuzdarmbeinfdge  von 
Hecker.  VTI.  6.  —  Das  halisteretische  B.  in  seiner  Weichheit 
u.  s.  w.  während  der  Geburt  von  Eilian.  XI.  77.  —  Ein  B.  mit 
einer  massenhaften  Enochenwuchemng  des  Schambeins  •  u.  s.  w. 
von  SchwegeL  XI.  896.  —  Die  mechanische  Bedeutung  des 
B.  besonders  des  Kreuzbeins  von  Spiegelberg.  Xu.  140.  — 
Rhachitisches  B.  Ueber  die  Fortpflanzung  des  Druckes  der  Rumpf- 
last auf  das  Kreuzbein  und  den  Einfluss  desselben  auf  die  Ent- 
stehung der  Deformitäten  an  der  hinteren  Wand  des  rhachitischen 
B.  von  Freund.  XIII.  186.  —  Das  niedrige  und  breite  B.  und 
dessen  praktische  Bedeutung  von  SchwegeL  XllL  302.  —  Ein 
cozalgishes  B.  von  Blasius.  AIII.  328.  —  Ueber  die  Art  und 
Weise,  wie  das  schrägverengte  B.  mit  Ankylose  des  üeo-sacral- 
Gelenkes  entsteht  von  Thomas.  .XVI.  307.  —  Zur  Diagnose  des 
B.  von  FoUenius.  XVI.  160.  —  osteomalakisches  B.  Mittheilungen 
über  eine  Kreissende  von  Schmitz.  XVIL  71.  —  Beiträge  zur 
Anatomie  des  B.  von  SchwegeL    ÄYJLlL  SuppL  67. 

Beckenabscesse  von  Battersby.  XXXI.  236.  —  Fälle 
von  Peaslee.    VII.  489. 

B ecken articulation  im  Geburtsmechanismus  von  Dunoan. 
Vn.  46. 

Beckenausgang.  Geburt  durch  Uterusinjectionen  ein- 
geleitet wegen  engen  B.  von  v.  Ritgen.    X.  401. 

Beckendeformität.  Ueber  Craniotomie  und  äusserste  B. 
von  Greenlagh.  III.  471.  —  Zwei  Geburtsfälle  in  Folge  von  B. 
für  Mutter  und  Kind  lethal  verlaufend  von  Feiler.    IX.  241. 

Beckenenge.  Ueber  Perforation  bei  B.  von  Proebsting. 
XXXTT.  426.  —  Anwendung  des  Calomel  bei  B.  von  Beyer. 
XXXn.  426.  —  Nutzen  von  Aderlässen  und  entziehender  Diät 
bei  B.  wegen  ihres  Einflusses  auf  die  Entwickelung  des  Foetus 
von  Depaul.  XXXQI.  262.  —  Geburtsstorung  in  Folge  von  B.  bei 
ungewöhnlich  grossem  Foetus  nach  verzögerter  Schwangerschaft 
von  Silbert.  XI.  76.  —  Bei  Querlage,  missglückte  Wendung, 
Embryotomie,  Kaiserschnitt,  Tod  von  van  Goudoewer.  XI.  467, 
—  B.  Zangenentbindung  bei  Gesichtslage  von  Genth.    XVI.  6. 

Beckengesohwulst.     Schwere    Geburten   in  Folge   von 


XXIV  Sachregister. 

B.  von  Eikiiigtou.  XXXII.  443.  —  B.  als  Gebartshindernw. 
Fall  von  Sbekelton.    II.  148. 

Beckenexostose,  die  den  Kaiserschnitt  bedingte  von  Behm. 
IV.  12. 

Beckeu-  und  Kopflagen.    Siehe  Kindeslagen. 

Beckenmessung.  Folgende  Art  von  B.  empfiehlt  ViUc- 
neuve.  XXXII.  310.  —  lieber  innere  B.  und  ein  neues  Instrumeiit 
von  Germann.    XVIII.  Suppl.  174. 

Beckenneigung.    Ueber  B.  von  Meyer.    XYIIL  478. 

Beckensymphysen.  Experimente  über  die  B.  von  Keller. 
Vn.  147. 

Beckentumor.    Zur  Casuistik  der  B.  von  Mosler.  XVL  138. 

Beckenwand.  Ueber  den  Einfiuss  der  vorderen  B.  auf  den 
Geburtsmechanismus,  besonders  bei  Beckenverengeningen  ge- 
ringeren Grades  von  Crüger.    XVII.  1. 

Befruchtung.  Beiträge  zu  der  Lehre  von  der  Menstruation 
und  B.  von  Bischoff.    IH.  306. 

Beischlaf.  Ueber  die  Frage,  kann  der  B.  nait  befruchtender 
Wirkung  vollzogen  werden,  ohne  dass  das  Frauenzimmer  der 
Vollziehung  sich  bewusst  werde  von  Rawitz.    I.  316. 

Beiträge  zur  rationellen  geburtshülf liehen  Praxis  von  Paalos. 
IV.  241.  —  B.  zur  geburtshülflichen  Statistik  von  Veit.  V.  344. 
—  Bydrage  tot  de  Statistik  von  het  Werkfuigelyk  beloop  der 
baring  door  Thilanus,  VII.  320.  —  B.  geburtshülf  liehen  Inhalts 
von  Uhde.  VIII.  18.  —  Beiträge  zur  Gynäkologie  und  Geburt«- 
hülfe  von  Breslau.    Xm.  435. 

Beleuchtungs  «Apparat.  Ueber  einen  solchen  in  sp. 
zu  gynäkologischen  Zwecken  von  Tobold.    XVID..  6. 

Belladonna  gegen  Erbrechen  der  Schwangeren  von  Hof- 
mann.     XXXII.  442. 

Beobachtungen  aus "  der  geburtshülflichen  Praxis  tod 
Holst.     I.   1.   —  Beobachtungen,  gebui-tshtilfliche    von  Hafner. 

vm.  10. 

Bericht  über  die  Vorgänge  im  Entbindungs- Institut  der 
Universität  zu  Halle  und  der  damit  in  Verbindung  stehenden 
Poliklinik. fdr  Geburtshülfe,  Frauen-  und  Kinderkrankheiten  von 
Hohl.  -^  Für  1849,  L  36.  —  Für  1860,  1. 68.  -  Für  1861,  IL  489.  - 
Für  1862,  m.  287.  -  Für  1853,  VI.  46.  —  Für  1864,  VI.  364.  -  Für 
1856,  X.  279.  —  Für  1866,  XV.  128.  —  Bericht  über  die  Ereignisse  in 
dem  Entbindungs-Institut  bei  der  Königl.  sächsischen  cfairurgiscb- 
medicinischen  Akademie  zu  Dresden  von  Grenser  pro  1847,  I- 
140.  —  Pro  1848,  I.  222.  —  Pro  1849,  I,  300.  —  Pro  1860,  II 
126.  —  Pro  1861,  III.  136.  —  Pro  1862,  HI.  209.  -  Pro  18« 
IV.  439.  -  Pro  1864,  Vm.  264  und  1866,  430.  —  Pro  1866,  X 
206.  —  Pro  1867,  XU.  447.  —  Pro  1868,  XV.  30.  —  Pro  1869, 
XVn.  127.  —  Bericht  über  die  in  der  Königl.  Entbindungs- 
Anstalt  zu  Göttingen  vorgekommenen  Ereignisse  in  1860—1852 


Sachregister.  XXV 

ind.  von  v.  Siebold.  ü.  216.  —  In  1858  — 1866.  X.  84.  In  1857  bis 
1860.  Xym.  296.  ^  Bericht  über  die  geburtshülfliche  Klinik  an 
der  Königl.  Friedrich  Wilhelms  -  Universität  zu  Berlin  von  Busch 
pro  1842  bis  1847.  IE.  861.  436.  IV.  51.  121.  197.  273.  368.  —  Bericht 
über  das  Hebammen -Institut  in  St.  Petersborg  pro  1850—1864 
von  Kowalewsky.  IV.  140.  —  Bericht  über  die  geburtshülfliche 
Klinik  in  Jena  pro  1848—1864  von  Martin.  VI.  482.  Pro  1856 
bis  1857.  XIL  216.  —  Bericht  über  die  VorflQle  im  Hebammen- 
und  Entbindungs- Institut  zu  Osnabrück  seit  seinem  30jährigen 
Bestehen  von  Bichard  und  Thoele.  Vm.  29.  —  Bericht  über 
die  Leistungen  der  geburtshülf  liehen  Klinik  in  Prag  von  Streng, 
vom  .1.  Februar  1852  bis  ultimo  August  1865.  VQI.  66.  —  Be- 
richt über  die  Gebär  -  Anstalt  der  Charit^  in  Berlin  während  der 
Wintersemester  1862 — 1866  von  Cred^.  IX.  81.  —  Von  1856  bis 
1858  von  Nagel.  XVHI.  Supp  L  229.  —  der  geburtshülflichen  und 
gynäkologischen  Klinik  in  Berlin  pro  1860  von  Brinkmann. 
XVII.  319.  —  Pro  Wintersemester  1860—1861  von  Strassmann. 
XVni.  Suppl.  232.  —  Bericht  über  das  Gebär-  und  Findelhaus 
in  Trient  pro  1864  von  Braun.  VI.  469.  Pro  1856,  IX.  230.  —  Bericht 
über  die  Geburten  in  der  Gebär -Anstalt  des  Guy-Hospitals  in 
London  vom  October  1847 — 1864  von  Lever  und  Oldham.  IX. 
387.  —  Bericht  über  seine  Privat -Entbindungs- Anstalt  pro  1866 
von  Kristeller.  X.  161.  —  Bericht  über  die  1866  auf  der  gynä- 
kologischen Abtheilung  des  allgemeinen  Krankenhauses  beob- 
achteten KrankheitsföUe  von  Hauser.  X.  469.  —  Bericht  über 
die  Ergebnisse  der  neuen  geburtshülflichen  und  gynäkologischen 
Klinik  der  Josephs  -  Akademie  im  ersten  Jahre  von  Spaeth.  X. 
471.  —  Bericht  über  die  84.  Versammlung  deutscher  Naturforscher 
und  Aerzte  zu  Carlsruhe.  1858.  XU.  479.  —  In  Königsberg  1860 
von  Germann.    XVI.  332.  —  In  Speyer  von  Hüter.    XVHI.  366. 

—  Bericht  über  die  Vorgänge  in  der  Entbindungsschule  in  Leipzig 
seit  ihrer  Gründung  vom  6.  Febr.  1810  bis  80.  Sept.  1869  von 
Cred^.  XV.  191.  -—  Bericht  über  die  Vorfälle  in  der  „Eastem 
Division^^  der  Boyal  Matemity  pro  1868  von  Barnes.    XV.  399. 

—  Bericht  über  die  Ereignisse  in  dem  Hebammen-  und  Ent- 
bindungs-Institut  zu  Cöln  vom  1.  Januar  1866  bis  1.  Januar 
1861  von  Krüger.  XVI.  293.  —  Bericht  von  der  2.  Gebärklinik  in 
Wien  pro  1860.  XVH.  74.  —  Bericht  des  Gebär-  und  Findelhauses 
zu  Wien  von  1856.  X.  391.  —  Von  1867.  ^,  167.  —  Von  1868. 
XVm.  327.  —  Von  1859.     XVIH.  Suppl.  234. 

Berstung  des  Uterus.  Fall  einer  ungewöhnlichen  B.  von 
Caifassi.    IV.  228. 

Bettpissen  der  Kinder.  Behandlung  von  Heidenreich. 
XXXni.  239.  —  Pädagogisches  Mittel  gegen  das  B.  von  Leopold. 
XXxm.  361. 

Beweglichkeit.  Fall  von  ausserordentlicher  B.  des  Foetus 
von  0.  V.  Franque.  XVm.  Suppl.  210.  —  Gaz.  des  hop.  XVIH.  405. 


XXVI  Sachregister. 

Bewegung  des  Uteras.  Experimentelle  Untersuchungen  über 
die  Nervenoentren  und  die  B.  des  Uterus  yon  Spiegelberg.  XI- 
217. 

Biegung.  Sechs  Fälle  von  angeborner  B.  des  Unter- 
schenkels von  Blasius.    Xu.  129. 

Bildungsfehler  der  Vagina  von  Mauncnr.  11.  608.  —  B. 
der  weiblichen  Geschlechtstheile  von  Bossignol.  '  VUl.  280.  — 
Die  angebomen  B.  und  die  Unabhängigkeit  ihres  Entstehens 
vom  Seelenleben  der  Mutter  von  Clemens.    XI  iL  875. 

Bindegewebsneubil düngen.  Fall  ron  angebomen  hsc- 
rigen  B.  mit  innerer  Verfettung  und  Krystallbildung  in  der  Dura 
mater,  Glandula  thymus  und  Leber  von  Lehmann.    IX.  168. 

Blasengebärmutterfis'tel.  Fall  von  B.  mit  epikritischen 
Bemerkungen  von  Scanzoni.    XVIII.  483. 

Blasenmale.  Ueber  die  Natur  und  Entstehung  der  B.  von 
GraUy  Newitt.    XVm.  86. 

Blasenscheidenfistel.  Einige  Fälle  vollkommener  Hei- 
lung von  Jobert.  XXXI.  232.  —  Verfahren  zur  Heilung  von 
Mettauer.  Ibid.  284.  —  Creosot  als  Cauterium  von  Emmert. 
Ibid.  236.  —  Neues  Instrument  zur  Heilung  von  Hancock,  xxxm 
889.  —  B.  und  Mastdarmscheidenfistel  mit  bedeutendem  Sub- 
stanzenverlust  durch  Verschliessung  der  Scheide  operirt  von 
Maisonneuve.  H.  67.  —  B.  von  Boeck.  H.  258.  —  Heilung  einer 
B.  von  Brandes.  HL  283.  —  Heilung  der  B.  von  Simon.  V. 
817.  —  Beschreibung  zweier  B.  von  Tenner.  V.  220.  —  B.  und 
Mastdarmscheidenfistel  mit  vollständiger  Zerstörung  des  Dammes. 
Heilung  von  Jobert.  VI.  220.  —  B.  und  B.  Uterinfistel  von 
Jobert.  VIL  486.  —  B.  neben  Verwachsung  der  Scheide 
von  Ulrich.  X.  153.  —  Ueber  die  Heilung  der  B.  und  Blasen- 
gebärmutterfisteln  von  Simon.  XH.  42.  —  Ueber  die  Operation 
der  B.  von  Esmarch.  XH.  159.  —  Heilung  einer  B.  durch  vor- 
genommene Bougination  von  Sprengler.  XIH.  148.  —  Grosse  6. 
von  Breslau.  XIII.  485.  —  B.  nebst  Beschreibung  eines  neuen 
Operationsverfahrens  von  Baker  Brown.  XVI.  76.  —  Bericht 
über  9  Operationen  von  B.  und  Blasengebärmutterfisteln  mit 
epikritischen  Bemerkungen  über  Pathologie  und  Therapie  der- 
selben von  Simon.  XVI.  281.  —  Neue  Operationsmethode  mit 
Metalldraht  von  HeyerdahL  XVII.  885.  —  Neue  Instrumente 
zur  Operation  von  Hilliard.  XVDI.  87.  —  Neue  Operations- 
methode von  Polak.  Ibid.  249.  —  Operation  der  B.  von  Jobert 
XVm.  Suppl.  226. 

BlasensteinaLs  Geburtshindemiss  von Menod.  XXXm. 252. 

Blasentampon.  Ueber  eine  Vorrichtung  zum  Füllen  und 
Schliessen  des  B.  von  v.  Ritgen.    IX.  17. 

Blasenziehende  Mittel.  Ueber  die  Application  von  B. 
an  den  Cervix  zur  Beseitigung  gewisser  Krankheiten  des  Uterus 
von  Johns.    X.  156. 


Sachregister.  XXVH 

Blumenkohlgewächs.  Zur  Pathologie  des  Clarkeschen 
B.  von  Mickschik.  VII.  224.  ÜDzeitige  Geburt  bei  blumen- 
kohlartigem  Gewächs  des  Uterus  von  Wallstein.  VIII.  186.  — 
Ueber  ein  sogenanntes  B.  mit  dem  Sitze  in  der  Scheide  von 
Müllerklein.    XII.  76. 

Bleivergiftung.  Neue  Fälle  von  Einwirkung  der  B.  auf 
den  Poetus  von  Constantin  Paul.    XVII.  390. 

Blutcoagula.  Seltene  Form  von  B.  im  Innern  der  G  raaT* 
sehen  Bläschen  von  Robin.    X.  237. 

Blutentziehungen  bei  Uterinleiden  von  Tanchou.  XXXII. 
118.  —  Ueber  Anwendung  örtlicher  B.  während  der  Schwanger- 
schaft von  Silbert.    X.  874. 

Blutkyste  in  der  linken  Brustdrüse  von  der  Grosse  eines 
Kindskopfs  durch  Exstirpation  geheilt  von  Boullard.    Vm.  295. 

Blutung  aus  dem  Nabel,  nach  Ablösung  der  Nabelschnur. 
2  Fälle  von  Ray,  XXXHI.  266.  —  B.  aus  dem  Nabel,  nach 
Abfall  des  Nabelschnurrestes  von  Roger.  11.  426.  —  Ueber  B 
nach  der  Entbindung  und  Mittel  ihnen  vorzubeugen  von  Liegard. 
IV.  136.  —  TÖdtliche  B.  in  der  Bauchhöhle  durch  Zeireissuug 
eines  Ovarii  von  Demarquay.  Yll.  318.  —  B.  und  Quetschwunden 
der  weiblichen  Genitalien  von  Spence.  X,  318.  —  B.,  tödtliche, 
aus  der  Scheide  vonObr^.  X.  468.  —  Profuse  B.  der  Vaginalschleim- 
haut zwischen  Clitoris  und  Harnröhrenmündung  von  Klaproth. 
XTTT.  1«  —  S.  auch  Haemorrhagie. 

Blut.  Untersuchung  des  B.  und  Harnes  einer  an  Hydrops 
und  Albuminurie  leidenden  Schwangeren  von  Harlay  und  Gegen- 
bauer,   in.  383. 

Briefe  über  einige  Uteruskrankheiten  von  Richelot  und 
Bennet.    V.  304.  —  B.  aus  der  Schweiz  von  Spoendli.    VI.  412. 

Bronchocele,  angeborne,  2  Fälle  von  Crighton.  VIH. 
463. 

Bruch  des  Brustbeins  in  Folge  der  Geburtsanstrengungen 
von  Dietz.    XXXTT.  443. 

Brüste.  Weibliche  Entwicklung  bei  einem  Manne.  XXXHE. 
406.  —  Ueber  die  Geschwülste  der  B.  von  Birkett.  Ibid.  — 
6  Fälle  von  einhöhligen  Kysten  der  B.  von  Robert.    Ibid.  406. 

Brustabscesse.  3  Arten  von  B.  von  Velpeau.  XXXH. 
134.  —  Diagnose  der  interlobulären  B.  von  Robert    XXXH.  135. 

Brustdrüse.  Hydatidenbildung  in  der  B.  Fall  von  Garreau. 
n.  503.  —  Trait^  des  maladies  du  sein  p.  Velpeau.    XI.  153. 

Brustdrüsengeschwülste.  Untersuchungen  über  den 
feineren  Bau  und  die  Entwickelung  der  B.  von  Billroth.    XV.  386. 

Brustdrüsenvergrösserung  bei  einem  21jährigen  Mäd- 
chen von  Image  und  Hake.    XXXII.  133. 

Brusterweiterung  in  der  Schwangerschaft  von  Küchen- 
meister,  xxxm.  241. 

Brustkrebs.    Jod-Dämpfe  gegen  B.  Gaz.  des  hdp.     V. 


XXVTII  Sachregister. 

151.  —  Mittelf  um  qach  der  Exstirpation  Recidive  zn  verhindern 
von  Bennet.    X.  469.  --  S.  auch  Krebs, 

Brustwarzen.  Behandlung  der  wunden  B.  bei  nährenden 
Frauen  von  Bourdel.  V.  76.  —  Mittel  gegen  das  Wundwerden 
von  Leon.    XXXni.  262. 

Busch's  Necrolog.    XI.  321. 


Caladium  Seguinum  gegen  Pruritus  vulvae  von  Schok. 
in.  310. 

Cancroid  des  Uterus.  Fall  von  Virchow.  X.  244.  — •  KK- 
nische  Beobachtungen  über  Entwicklung  des  C.  der  weiblichen 
Seiraalorgane  von  L.  Mayer.  XVII.  241.  ~  Amputation  eine« 
solchen  oder  Blumenkohlgewächses  der  Vaginalportion  yod  C. 
Mayer.    XVIH.  12. 

Carditis  hysterica.    Ein  Fall  von  Steinthal.    XVI.  45. 

Car/luusmariae,  Carduus  benedictus  und  Onopordon  Acan- 
thium.    Medicinische  Erfahrungen  über  C.  von  Lobach.    Xu.  317. 

Carunkeln,  Harnröhren-,  —  Neurome  der  Vulva  —  Hyper- 
ästhesie, Neuralgie  der  Vulva  von  Simpson.    XTV.  69. 

Causticum.  Ein  neues  C.  zur  Behandlung  canceröser  and 
cancroider  Erkrankungen  von  Simpson.    IX.  314. 

Cautei^isation.  Ueber  die  galvanische  C.  bei  Behandlong 
der  Krankheiten  des  Uterus  von  Ellis.  HI.  232.  —  C.  en  fleche« 
von  Maisonneuve.    XIII.  884. 

Cephalaematom,  vereitertes  von  Baron.  IX.  386.  —  Stun- 
geburt,  fissura  cranii,  C.  externum  und  intemum  von  Olshansen. 
XVI.  83.  —  Ueber  einen  tödtlich  verlaufenen  Fall  von  C  von 
Riedel.    XVII.  826. 

Cephalotribe,  die  perforatorische  von  Cohen.  X.  115. 
—  Die  Hand  als  C.  unter  Beihülfe  des  Perforatorii  und  de» 
scharfen  Hakens  bei  3  unvermeidlich  gewesenen  Perforationen 
von  Richard.    XI.  389. 

Cerebral-  und  Meningen  Phlebitis  von  Ducrest.  XXXII.  S\% 

Cervix  uteri.  Ueber  den  C .  u.  in  di*r  Schwang erschaft 
von  Duncan.    XV.  56. 

Chinin.  Einiluss  des  C.  auf  den  schwangeren  und  nicht 
schwangeren  Uterus  von  Cochran.  VI.  294,  —  C.  sulphuricuin 
beim  Puerperalfieber.    Gaz.  des  hop.  VIII.  290. 

Chloasma  uterinum.  Beobachtungen  über  C.  u.  überdie 
braungelbe  Färbung  der  Linea  alba  bei  Schwangeren  von  El- 
saesser.   I.  76. 

Chlorkalium.  Ueber  den  Gebrauch  des  C.  in  der  Schwanger- 
schaft von  Grimsdale.    XI.  222. 

Chloroform.    Ueber  die  Anwendung  des  C.  in  der  Geburts 


Sachregiseer.  XXIX 

hülfe  von  Harnier.  XXXI.  36.  -  Von  Vogler.  XXXIL  146.  — 
Von  Murphy.  XXXIII.  263.  —  Von  Sachs.  Ibid.  264.  —  Ap- 
plication der  Zange  nach  der  Anwendung  des  Chloroform  yon 
Uofmann.  Ibid,  —  Nur  bei  Operationen  von  Simpson.  Ibid.  — 
Anwendung  des  C.  zur  leichten  Ausführung  der  Wendung  auf 
den  Kopf  von  Breit.  XXXIU.  100.  —  C.  als  Emmenagogum  von 
Gibson.  I.  78.  -—  C.-Dämpfe.  Oertliche  Anwendung  in  Uterus- 
krankheiten von  Uardy.  IL  606.  —  Die  in  London  gebräuchliche 
Art  der  Anwendung  des  C.  bei  Greburten  von  Kaufmann.  11. 
606.  —  lieber  die  Fälle,  in  den  bei  Geburten  Aether-  und  Chloro- 
form-Einathmungen  ansuwenden,  und  in  welchen  nicht,  von 
Chaillj-Honor^.  UI.  386.  —  C.  bei  Pnerperalconvulsionen  von 
van  Buren.  LV.  77.  —  C.  bei  Entbindungen.  Statistische  Be- 
richte über  die  Wirksamkeit  des  C.  bei  Entbindungen  von  Heifit. 
IV.  191.  -—  Ueber  Anwendung  des  C.  in  der  Geburtshülfe  von 
Spiegelberg.  VIU.  140.  —  Anwendung  des  C.  bei  einem  Kaiser- 
schnitt von  Damman.  IX.  149.  —  Anwendung  des  C.  bei  Zangen- 
operationen von  Duncan.  IX.  384.  —  Anwendung  des  C.  bei 
Niederkünften  von  Pretty.  X.  16Q.  —  C.-Anästhesie  während 
der  Geburt  von  Spiegelberg.  XI.  29.  — <  C.-Inbalationen  in  der 
Geburtshülfe  von  Martin.  XVHI.  249.  —  C.-narkose  in  der  Ge- 
burtshülfe von  Hohl.    XVIII.  481. 

Chlorosis.  Venengeräusche  bei  C.  von  Besanez.  XXXIII. 
389.  —  Verschwärung  der  Schleimhäute  bei  C.  von  Turnbull.  Ibid. 

Cholera  der  Kinder.  Bei  C.  starke  Gaben  Moschus  von 
Beer.    XXXIH.  267. 

Chordapsus  und  Ileus  bei  einem  Kinde.  Fall  von  Leopold. 
XXXIU.  346. 

Chorea.  Ueber  C.  gesticulatoria  und  C.  electrica  von  Hoertel. 
—  XXXIII.  108.  —  2  Fälle  von  C.  bei  Schwangeren  von  Lerer. 
Ibid.  247.  —  Eigenthümliche  choreaartige  Zufalle  während  der 
Schwangerschaft  und  Geburt  von  Hecker.  Vin.  417.  —  C.  gra- 
vidarum.   Fall  von  Spiegelberg.    XI.  116. 

Circulationsgeräusch  in  den  GeflUisen  der  Bauchdecke. 
Ueber  den  Sitz  desselben,  von  Hohl.  XXXIU.  247.  —  Fall  von 
C.  in  der  Gegend  der  Vasa  iliaca  von  Malichecq     Ibid. 

Cloakbildung,  die  weibliche  von  Albers.    XVI.  244. 

Colica  scortorum  von  Martin  Hasting.    XXXU.  428. 

CoUodium.  Anwendung  des  C.  bei  Nabelbrüchen  der  Kin der 
von  Mahy.    VIII.  152. 

Colloid  des  Ovarium's.  Fall  von  Pagenstecher.  itXXTU. 
401.  —  Fall  von  Scanzoni.    UI.  390. 

C  0 1 1  o  n  e  m  a  der  Schamlippen.    Fall  von  Hoogeweg.   X.  241, 

Collum  uteri.  Beschreibung  der  Krankheiten  des  C  von 
Fiihos.  XXXU.  120.  —  Entzündung  des  C.  von  Bennet  Ibid. 
126.   <-    Krankheiten   des  C.  uteri  als    Geburtahinderniss  von 


XXX  Sachregister. 

Heanig.  XXXIII.  47.  —  lieber  den  Zustand  des  a  a.  in  der 
zweiten  Hälfte  der  Schwangerschaft  von  Cazeaoz.  VI.  291.  — 
Hypertrophische  Verlängerung  des  C.  von  Hngoier.    XIV.  146. 

Colpeurynter.  Erfahrungen  über  die  Wirkung  des  Braun'  - 
sehen  von  Schmidt  II.  423.  —  Einfacher  billiger  und  leicht 
herstellbarer  C.  von  Stitzenberger.    V.  464. 

Colpitis  puerperalis.  Ueber  eine  im  Winter  1869 — 60 
beobachtete  Epidemie  von  C.  p.  und  Endometritis  von  Martin. 
XVI.  161. 

Compression  der  Aorta  abdominalis  als  Blutstillungsmittd 
von  Spiegelberg.    XI.  26. 

Co nc Option,  leichte  und  schwere  von  Leopold.  XXXm.  354. 

Conceptionen.  Die  Häufigkeit  der  C.  bei  Anämie  und 
anderen  constitutionellen  Krankheiten  der  Frauen  von  Meissner. 
XVI.  116. 

Conceptionsfähigkeit  und  Schwangerschaftsdauer  des 
menschlichen  Weibes.  Aufforderung  an  sämmtliche  deutsche 
Aerzte  und  Naturforscher  zur  Sammlung  von  Beobachtungen 
über  die  C.  von  Grenser.  IX.  131.  —  Zur  Frage  über  die  C. 
der  Frau,  über  die  Dauer  der  Schwangerschaft  und  deren  Ab- 
hängigkeit vom  Menstruationscyklus  und  ob  der  Tag  der  Geburt 
von  der  Menstruationsperiode  abhängt  von  Schwegel.    X.  459. 

Convulsionen.  Fall  schwerer  C.  bei  einer  Primipara  von 
Hemmer.  IV.  426.  —  Puerperale  geheilt  durch  Snppositorien 
mit  Oleum  crotonis  von  Overton.    XTV.  162. 

Corpus  luteum  der  Kuh  zur  Brunstzeit.  I.  467.  —  Ueber 
Anormitäten  des  C.  1.  von  Rokitansky.    XIV.  681. 

Craniotomie.  Fall  in  dem  das  Kind  am  Leben  geblieben 
von  Lagad.  XXXIH.  267.  —  Fall  von  Greenalgh  HI.  471.  — 
Ueber  die  neuen  Methoden  von  Braun  XIV.  78.  — 

Creuznacher  Mineralwasser.  Ueber  Hypertrophie  und 
die  harten  Geschwülste  des  Uterus  und  seiner  Anhänge  und  den 
Einfluss  des  C.  auf  dieselben  von  Prieger.  I.  183.  und  241.  — 
Wirkung  auf  Frauenkrankheiten  von  Engelmann.    VI.  478.  — 

Croup.  Wirkungen  der  Emetica  und  Mercurialien  im  C. 
geheilte  Fälle  von  Coeurderoi  und  S^e.  XXXUI.  108.  —  An- 
wendung der  Narcotica  und  Antispasmodica  von  Biesenthal.  — 
Behandlung  durch  Calomel.  —  Klystiere  und  Chin.  sulph.  von 
Puls.  Ibid.  —  Behandlung  mit  Argentum  nitricum  von  Brown. 
XXXin.  269.  —  Behandlung  Cauterisation  und  Emetica  von 
Vauthier.  Ibid.  ~  Behandlung  mit  Cuprum  sulphuricum  von 
Itzigsohn.  Ibid.  —  Calomel,  Alaun  und  Aetzung  von  Miqael. 
Ibid.  270.  —  Contraindicationen  der  Tracheotomie  von  Lacage 
du  Thiers.  Ibid.  —  Zwei  Fälle  von  Tracheotomie  mit  Erfolg 
von  Laloy.    Ibid.  — 

Cryptorchidismus.  Ursache  war  Arthrogryposis  spastica 
infantum  von  Leopold.    XXXIH.  348. 


Sachregister.  XXXI 

Carette  Ton  Recamier  bei  einer  langwierigen  Uterasaffe c- 
tion  mit  £rfolg  applieirt,  Gaz.  des  h6p.    VIII.  296. 

Cyanosis  bei  einem  neugeborenen  Kinde  in  Folge  yon  Ur- 
sprung der  Aoita  aus  dem  rechten  Ventrikel  von  Hecker 
Vm.  420. 

Cystentumor  des  Cerriz  uteri  durch  den  Ecraseur  entfernt 
von  Wells.    XU.  89^ 

Cystosarcoma,  über  gutartige,  der  Brustdrüse  von  Schuh. 
V.  294. 


Damm.  Anschwellung  und  Zerreissung  des  D.  bei  der  Ge- 
burt von  Schnitze.    VII.  241. 

Dammfistel,  nach  Durchgang  des  Kindes  durch  das  Mittel- 
fleisch von  Simpson.     VII.  311. 

Dammgeburt  und  ein  Fall  von  Vagitus  uterinus  von 
Grenser.     YIII.  858. 

Dammnaht.  Zwei  Fälle  von  plastischer  D.,  die  von  Jobert 
nach  seiner  neuen  Methode  (par  glissement)  bei  veralteten  Damm- 
rissen mit  Glück  ausgeführt  wurden  von  Roz^.  I.  469.  -—  D.- 
schnitt  von  v.  Bitgen.    VIII.  122. 

Dammriss.  Operation  des  von  Reybard.  V.  388.  —  D. 
geheilt  durch  den  subcutanen  Muskelschnitt  des  Sphincter  von 
Parker.  VII.  142.  —  Fall  von  Brown.  Vm.  62.  —  Operationen 
zur  Wiederherstellung  des  Dammes  bei  veralteten  Dammrissen 
und  zur  Verschliessung  und  Verengerung  der  Scheide  (Episior- 
raphie)  von  Simon.  Xin.  271.  —  Subcutane  Myotomie  zur  Ver- 
hütung des  D.  von  Cohen.    XVni.    SuppL  106. 

Dammschutz,  über  die  allmählige  Vervollkommnung  des 
D.,  Methoden  von  Faustmann.    XXXHI.  142.  — 

Damm  schütz  verfahren.  Ueber  sein  D.,  von  Ritgen. 
VI.  821. 

Darmblutungen  der  Neugeborenen  von  Rillet.  XXXHI.  104* 

Darminvagination  von  Riedel.     XVII.  824. 

Daucus  carotta.  Als  Nahrungsmittel  entwöhnter  Kinder 
von  Gumprecht    XXXTTT.  262. 

Decapitation  des  Fötus  bei  Querlage  und  unmöglicher 
Wendung  von  Streng.  1.  466.  ->  Instrument  zu  D.  von  Concato, 
X.  62.  —  D.  und  Instrumente  von  Scanzoni.    XVI.  395. 

Decidua  des  Uterus  und  ihr  Verhältniss  zur  Placenta  ute- 
rina von  Reichert.  XXXIII.  96.  —  Zur  Geschichte  der  Anatomie 
und  Pathologie  der  Uterusschleimhaut ,  ihres  Schleimes,  der  De- 
cidua und  Nabofschen  Drüsen  von  Robin  und  von  Ritgen. 
XXXm.  146. 


XXXTT  Sachregister. 

Decrepiditäts- Periode  und  das  Verbalten  des  Arzti« 
während  nnd  nach  derselben  von  Helfft.    HI.  20S  und  278. 

Deformität  des  Beckens.  Ueber  Craniotomie  nnd  äus- 
serste  von  Greenlagh.  III.  471,  —  nnd  dadurch  lethal  verlaufende 
Geburtsfälle  von  Feiler.    IX.  241.  — 

Degeneration,  amyloide,  des  ganzen  Sexaalsystems.  Fall, 
von  Virchow.     IX.  266. 

Deglutitio  uterina.  Vagitus  uterinus  mit  D.,  Fall  von 
Wolff.    m.  160. 

Dermoidkjste  des  Uterus,  welche  Knorpel,  Knochen  und 
Zähne  enthielt  von  Wagner.    X.  467. 

Deviationen  des  Uterus  nach  hinten.  Behandlung  der  D. 
von  Valleix.    III.  230. 

Diabetes  mellitus,  bei  xwei  Kindern  durch  Ferr.  sulph. 
geheilt  von  Heine.    XXXUI.  276.  — 

Dickdarm.  Fall  von  angeborener  Verengerung  des  Dick- 
darms von  Lücke.    XVII.  161. 

Digitalis.    Wirkung  der  D.  auf  den  Uterus  von  Dlckinaon 

X.  163. 

Dislaceratio  uteri,  sechs  Fälle  von,  von  Hofinann.  XXXL 
146  und  289. 

Doppelgeburt.  Fünf  Fälle,  in  denen  die  einzelnen  Fötus 
EU  verschiedenen  Zeiten  in  längeren  oder  kürzeren  Zwischen- 
räumen ausgestossen  wurden,  von  Brächet.  XXXIII.  268.  — 
Doppelkind  von  Loescher.  V.  146.  —  D.  von  Sehoenfeld. 
XIV.  378.  — 

Doppelmissgeburten.  Kind  mit  zwei  Köpfen  von  Niess. 
I.  433.  —  Ueber  die  Bildung  von  D.,  bei  den  Fischen  von  Qoa- 
trefages.  V.  464.  —  Ueber  das  Entstehen  der  D.,  von  Schultze. 
Vn.  247.  —  Ueber  die  Entstehung  von  D.,  auf  gemeinsamem 
Dotter  von  v.  Bitgen.  VIII.  193.  —  Ueber  Doppelmissbildongen  von 
Wigand.    IX.  166. 

Doppelmonstra.  Ueber  die  Entstehung  der  D.,  Erwide- 
rung auf  die  Bemerkungen  des  von  Ritgen  über  die  Arbeiten 
des  letzteren  von  Schultze.  IX.  469.  —  Bescrivelse  af  et  Par  ved 
Underkroppen  sammenhaengende  levende  födte  Tvillingsöstre  af 
Levy.    XIII.  166.  — 

Doppelnaht  zur  Episiorraphie  von  Küchler.  VIII.  470.  — 
Beleuchtung  der  von  Küchler  erhobenen  Prioritätsansprüche  in 
Bezug  auf  die  Anwendung  der  D.  bei  der  Operation  der  Blasen- 
soheidenfistelu  von  Simon.  X.  138.  —  Ueber  die  Wirkung  der 
D.  zur  Sicherung  der  Herstellung  eines  soliden  Dammes  und 
Scheideneinganges  bei  der  Episiorraphie  von  Küchler.    XI.  18. 

Douche,  warme,  bei  Eclampsie  von  Holst.    XXXIL  86.  — 

Driburg.    Die  Driburger  Kur  bei  Schwangeren  von  Brück. 

XI.  262. 

Druck.   Entbinden  durch  D.,  statt  durch  Zug  von  v.  Bitten. 


Sachregister.  XXXUl 

VIII«  233.  —  Wie  pflanzt  sich  der  Druck  der  Bompflast  auf  das 
Kreuzbein  fort?  von  Spiegelberg.    XIV.  60. 

Drüsengewebs-Neubildung  von  Wagner.  XVIII.  824.  — 

Dünndarmscheidenfistel.  Beschreibung  einer  bei  gleich- 
zeitiger Blasenscheidenfistel  mit  epikritischen  Bemerkungen  über 
erstere  von  Simon.    XIV.  439. 

Dura  mater.  Fall  von  angeborenen  faserigen  Bindege- 
websneubildungen  mit  innerer  Verfettung  und  Krystallbildung 
in  der  D.,  Glandula  thymus  und  Leber  von  Lehmann.   IX.  168. 

Durchmesser.  Maasse  der  D.  des  reifen  Fotnskopfes  be- 
stimmt an  700  Neugeborenen  von  Van  Pelt.    STVT.  308. 

Diatribe.  Instrument  zur  Verkleinerung  des  Kindskopfes 
von  Didot.    XXXHI.  267. 

D 7 s  m  en  0  rr  h  ö  e.  Ursache  der  D. ,  die  angeborene  Verenge- 
rung des  Muttermundes  und  Halses  von  Edwards.  XXXHI.  388. 
—  Verschiedene  Arten  der  D.  von  Oldham.  Ibid.  -«  Citronen- 
saft  gegen  D.  von  Headland.  Ibid.  —  Behandlung  der  D.  und 
Amennorrhoe  mit  Apiol,  von  Delorme.    Xvil.  164.  — 


E. 

Eclampsie.  Beschleunigung  der  Geburt  bei  E.  durch  die 
warme  Donche  von  Holst.  XXXil.  86.  —  E.  13  Stunden  nach  der 
Geburt  eingetreten  durch  Chloroform  gehoben  von  Gros.  XXXHI*. 
268.  —  E.  bei  einer  Wöchnerin  von  Hoogeweg.  I.  76.  —  E.  par- 
turientium  von  Clemens.  H.  114.  —  E.  heftige  im  achten  Schwan - 
gerschaftsmonate  von  Bourgeois.  H.  602.  —  E.  albuminosa  bei 
Schwangeren  von  Legroux.  IH.  222.  —  Ueber  E.  und  ihren  Zu- 
sammenhang mit  Albuminurie  von  Depaul.  Ibid.  226.  —  E.  puer- 
peralis  von  d*Huillier.  V.  160.  —  Ueber  die  Behandlung  der  E. 
während  der  Geburt  von  Cabaret.  V.  226.  —  Neun  Fälle 
bei  Frauen  und  Kindern  durch  Chloroform  -  Einathmungen 
geheilt.  VI.  296.  —  E.  durch  Chloroform  geheilt  von  Latour. 
VTH.  146.  —  Beweise  fiir  den  Zusammenhang  mit  Uraemie  von 
Braun.  Vlii.  449.  —  E.  ohne  Albuminurie  von  Spiegelberg.  XI. 
117.  -  Fall  von  Puget.  XH.  69.  —  Fall  mit  glücklichem  Aus- 
gange von  Pesch.    XH.  161.  —  Fall  von  Hoffmeier.    XIH.  162. 

—  Neunzehn  neue  Beobachtungen  über  E.  und  den  Zusammen- 
hang mit  M.  Brightii  von  Krassnig.  XV.  393.  —  Fall  von  Mosler. 
Ibid.  466.  —  Subcutane  Application  des  Morplüum,  Fall  von 
Scanzoni.  XVI.  237.  —  Ueber  E.  von  Breslau.  Ibid.  411.  — 
Tödtlicher  Fall  von  Gyoux.  Ibid.  473.  —  Glücklicher  Fall  von 
Bonifas.    Ibid.  474.  —  E.  puerperalis  von  Kehrer.    XVIH.  228. 

—  E.,  von  Behm.  XVHI.  Suppl.  1.  —  Subciitane  Application 
des  Morphium  bei  E.  von  0.  Franque.    XVHI.    Suppl.  210. 

Monataiichr.  f.  Oeburtuk.  1861.  Bd.  ZYin.  C 


XXXIV  Sachregister. 

Ecrasement  lineaire  des  cerrix  uteri  von  Breslau.  XI. 
39.  —  E.  1.  von  Langenbeck.    Ibid.  402. 

Ectropion  am  Muttermande  von  Roser.    XVni.  84. 

Ecthyma-Pusteln  am  Unteranne  eines  Gkbortshelfers.  Ghu. 
m^d.    V.  463. 

Ei,  im  fünften  Monate  abgestorben  und  bis  zu  Ende  der 
Schwangerschaft  ohne  Fäulniss  getragen.  Fall  von  Bide.  XXSU. 
441.  —  Pathologie  des  menschlichen  £.,  von  Scanzoni.  XXXm. 
243.  —  Athmen  und  Schreien  eines  im  unversehrten  £i  gebomen 
Kindes  von  Hüter.  VIÜ.  55.  —  Entwickelung  des  £.  und  der 
Eierstocksfoliikel  der  Säugethiere,  von  Spiegelberg.  XYI.  223.  ^ 

Eierstock.    S.  Ovarien. 

Eihäute.  Anzeigen  zur  Eröffnung  der  £.,  von  v.  Bitgen. 
Vm.  237. 

Eileiter.  Eigenthümlicher  Zustand  und  Lage  der  £.,  von 
Kryszka.    X.  386. 

Eingewachsensein  eines  Pessarium  im  Douglas'scheD 
Räume.  Entfernung  desselben  durch  den  Mastdarm  von  Laders. 
Xn.  71. 

Einklemmung  der  Hemia  ovario- vaginalis  und  deren  Be- 
handlung von  Braun.    XV.  472. 

Einschneiden  in  den  Mutterhals  während  der  G^ort  von 
Nichet.    XXXTTI.  103. 

Einspritzung  von  Höllensteinlösung  in  die  Gebärmutter 
von  Retzius.    XXXI.  392. 

Eireifung:  Erscheinungen  der  jährlichen  £.  beim  Weibe 
von  Mattei.    XTIL  386. 

Eiterung  beim  Abfallen  der  Nabelschnur  von  Meckd« 
in.  386. 

Erweichung  des  Gehirns.  Fall  von  Guttmann.  XXXIIT. 
237.    Fall  von  Roesch.    Ibid. 

Electricität.  Einfluss  der  £.  bei  unterdrückter  Milch- 
secretion  von  BecquereL  IX.  470.  —  Anwendung  in  der  Grebuits- 
hülfe  von  Baer.    XVm.  278. 

Electropunktur.  Neue  Anwendung  der  £.  bei  £xtraateriii- 
schwangerschafb  von  Bachetti.    III.  68. 

Elephantiasis  der  Nymphen  und  der  Harnröhre  von  Richard. 
IV.  231.  —  E.  vulvae  von  Thompson.    VII.  487. 

Embryotomie.  Bei  einem  mit  der  Brust  zusammengewach- 
senen Doppelkinde  von  Gosselin.  XXXII.  427.  —  lieber  die 
praktische  Wichtigkeit  und. 3  Fälle,  in  denen  der  Forcepsscie 
gebraucht,  von  Vanhuevel.  11.  149.  —  Verfahren  von  Heyerdahl. 
IX.  144.  —  Methode  mittels  einer  Kettensäge  von  Faye.  Ibid. 
145.  —  E.  von  Vogler.  X.  378.  und  XI.  67.  —  Partus  praema- 
turus  und  E.  von  Faye.    XV.  164.  —  Von  Vogler.    XVEO.  «04. 

Emetica.  Wirkungen  der  E.  und  Mercurialien  im  Ooiq». 
5  geheilte  Fälle  von  Coeurderoi  und  S^.    XXXIII.  108. 


Sachregißter.  XXXV 

Empfindlichkeit  der  Vagiua  weheuartige  dtets  bei  Mehr- 
gebärenden  von  Leopold.    XXXm.  352. 

Emphysema  vesictdare  polmonam  bei  einem  18  Wochen 
alten  Fötus  von  Schnitzen.    XXXDH.  704. 

Ems,  Mittheilungen  über  die  Thermen  von  von  Spengler. 
ni.  237. 

Encephalocele.  Ueber  £.,  Spina  bifida  und  Hydrocepha- 
lus  chronicus  von  Bohrend.    XXXIJUL.  263. 

Endometritis  während  der  Geburt  von  Martin.  XVI.  81. 
—  Ueber  eine  im  Winter  1859—1860  beobachtete  Epidemie  puer- 
peraler Colpitis  und  Endometritis  von  Martin.    XVI.  161. 

Enge,  abnorme,  der  Vagina  bei  der  Geburt  nicht  hinderlich 
von  Dufour.    VIII.  373. 

Engorgement  chronique  des  Uterus.  Fall  von  Kilian. 
XXXI.  241. 

Entartung.  Organische  Unnachgiebigkeit  und  E.  des 
Muttermundes  bei  der  Geburt  von  Eichmann.  IV.  76.  •—  Die 
sog.  fettige  der  Placenta  von  HelfPt.  V.  189.  —  E.  der  Ovarien. 
Fall  von  Zimmermann.  XI.  74.  —  Tuberculose  E.  des  Uterus 
im  dritten  Monate  von  Cooper.    XVI.  73.  — 

Entbinden  durch  Druck  statt  durch  Zug  von  v.  Bitgen. 
Vm.  283.  —  Von  Hohl.    X.  230.  — 

Entbindung  mit  Emphysem  complicirt  von  Tod.  VII.  314, 
•—  E.  einer  Zwergin  von  Schreier.  VHI.  116.  —  Entbindung 
einer  Frau  von  einem  lebenden  Kinde  mittels  der  Zange,  nach- 
dem in  den  drei  früheren  Entbindungen  Crani'otomie  verrichtet 
worden,  von  Strange.  Vlll.  147.  —  Entbindung,  schwere,  bei 
einem  Hydrocephalus  congenitus  von  Heiland.    X.  248. 

Entbindungen,  künstliche.  Jahresbericht  über  die  k .  E.  in 
Mittelfranken  im  Jahre  1856/57  von  Major.  XHI.  382.  —  Ueber 
die  gewaltsamen  Mittel,  die  Eclampsie  zu  unterbrechen,  von  Ha- 
moir.    XIV.  72.  — 

Entbindnngs-Anstalt  zu  Christiania  in  1851  von  Faye. 
n.  288  und  405.  — -  Zu  Coeln,  zu  Stockholm,  zu  Göttingen,  zu 
Halle,  zu  Osnabrück,  zu  Leipzig  siehe  Bericht 

Enteritis.  Merkwürdiger  Sectionsbeftmd  bei  einer  an  £. 
verstorbenen  Frau,  von  Steinthal.    XVI.  49. 

Enterostenosis  bei  einem  neugeborenen  Knaben.  Fall 
von  Hecker.    IX.  262. 

Entfernung  der  Placenta.  Simpsons  Methode  zur  Stillung 
der  Haemorrhagien,  während  der  Geburt  bei  Placenta  praevia 
von  Sayas.    X.  308.    Gaz.  des  höp.   X.  809. 

Enthirnung  ohne  Erfolg  von  Lehmann.    XI.  54. 
Entophyten  im  Uterus.   Fall  von  Vilkinson.   XXXIH.  398 
Entwiokelung.     Ueber  einige  Verhältnisse,   die  Einfluss 
auf  die  stärkere  oder  schwächere  £.  der  Frucht  während  der 
Schwangerschaft  haben,  von  Frankenhäuser.    XHI«  170. 

C* 


XXXVI  SachregiBter. 

Entzündung  des  coUum  uteri  und  Behandlung  von  Helfii. 
XXXI.  372.  —  £.  und  VergrösBerung  der  Leber  und  Mik  bei 
Kindern.  7  Fälle  von  Battersby.  XXXIII.  268.  —  Aphthöse  E. 
der  Vagina  von  Lever.  Ibid.  390.  —  E.  der  Ovarien  von  Tut. 
Ibid.  401.  —  E.  des  Muttermundes  und  Halses  von  Rigby.  VULl. 
148.  —  E.  des  Zellgewebes  des  Beckens  von  Aran.  Ibid.  237.  — 
E.  des  Mutterhalses  von  Rigbj.  IX.  152.  —  E.  um  den  Utenu 
herum  von  Gudneau.    XV.  896.  — 

Epidemie,  lieber  eine  im  Winter  1859/60  beobachtete  £• 
von  puerperaler  Colpitis  und  Endometritis  von  Martin.   XVI.  161. 

—  Ueber  eine  in  Prag  beobachtete  Puerperalfieber-Epidemie  von 
Weber.    XVI.  419. 

Epidermide,  de,  in  neonatis .  soluta  a  V«  Hüter.  XQI. 
166.  — 

Epilepsie  vom  Uterus  ausgehend  von  Mayer.   XVHI.  105. 

Episiorraphie.  Zur  Greschichte  der  E.  mit  Besiehung  auf 
Küchler's  angebliche  Radikalheilung  des  Prolapsus  uteri  durdi 
E.  von  Simon.    VX  299.  —  Neue  Methode  von  Breslau.  XI.  21. 

—  Operationen  zur  Wiederherstellung  des  Dammes  bei  veralteten 
Dammrissen  und  zur  Verschliessung  und  Verengerung  der  Scheide 
von  Simon.    XHI    271. 

Erblichkeit.  Ueber  die  Vertheilung  und  das  VerhSitniss 
des  Geschlechtes  und  über  den  Einfluss  der  £.  bei  mehr£&chen 
Früchten  von  Baillarger.    VH.  145. 

Erbrechen,  nicht  zu  stillendes  bei  einer  Schwangeren  mit 
folgendem  Abortus  und  Tod  von  Marc^.  I.  395.  —  Eine  wenig 
gekannte  Ursache  des  E.  VIII.  284.  —  Wichtige  Form  des  bös- 
artigen E.  in  den  letzten  Monaten  von  Claj.  XI.  399.  —  £.  der 
Schwangeren  von  Bagot.    XVI.  72.  — 

Erinnerungen  an  Smellie  von  v.  Ritgen.  H.  269. 

Erkalten.  Ueber  das  allmähüge  E.  der  Neugebomen  von 
Hervieux.    V.  296. 

Erkranken  der  Kinder  durch  Entziehung  von  Nasse.  XXXill. 
237.  —  Ueber  fieberhafte  E.  nach  Operationen  von  Simpson. 
XV.  306.  — 

Ernährung,  künstliche.  Bemerkungen  über  Selbstnfihren, 
Ammenwesen  und  E.  von  Wegscheider.    X.  84. 

Eröffnung.  Anzeigen  zur  E.  der  Eihäute  von  v.  Ritgen. 
Vm.  237. 

Erosionen  und  Granulationen  des  Collum  uteri  kommen 
nicht  idiopathisch  vor,  von  Timbart.    XXXQ.  129. 

Ertrinken  des  Neugeborenen  im  Abtritt,  von  Born.  XV. 
161.  —  Einige  Fälle  von  Ertrinkungstod  bei  Neugeborenen  von 
Simon.    XVI.  30. 

Erweiterung.  Zur  Lehre  von  der  manuellen  E.  des  Mutter- 
mundes während  der  Geburt  von  Davidson.  VI.  66.  —  Die  blu- 
tige E.  der  Schamspalte  als  Mittel   den  Dammriss  zu  verhüten, 


Sachregister.  XXXVII 

von  Langheiurich.  VI.  462.  —  Die  E.  de»  Muttermundes  wäh- 
rend der  Geburt  von  Credd.    VII.  242.  — 

Erysipelas  neonatorum  bei  einem  neun  Tage  alten  Mäd- 
chen. Heilung  durch  homöopathische  Anwendung  der  Belladonna 
und  Fetteinreibungen  von  Yvaren.  XXXTII.  107.  —  lieber  ein 
im  Winter  1869—1860  beobachtetes  puerperales  E.  phlegmbnodes 
von  Retzius.    XVII.  191.  — 

Evulsion  der  Placenta.  Entfernung  der  Placenta  in  den 
ersten  Schwangerschaffcsmonaten  mittels  Ausreissen,  von  Gibbs. 
XVI.  80. 

Excision  von  Ovariumgeschwülsten  vonErichsen.    IV.  813. 

—  E.  des  Uterus  durch  den  Bauchschnitt,  von  Peaslee.  VI.  886. 

—  E.  grosser  gestielter  Uteruspolypen  von  Simpson.  Ibid.  471,  — 

Exfoliation  der  Mucosa  des  Uterus,  von  Giraudet.  XL  146« 
E.  des  Scheidenepithels  in  Form  von  Abdrücken  der  Vagina 
mit  Bemerkungen,  von  Farre.    XTV.  238.  — 

Exomphalus.  Zwei  Fälle  von  Thomas  Balfour.  XVm.  87. 

Exophthalmos.    Zwei  Fälle  von  Hofmann.    IV.  401. 

Exostose  des  Beckens,  die  den  Kaiserschnitt  bedingte,  von 
Behm.    IV.  12* 

Exstirpation  einer  fibrösen  Geschwulst  der  linken  Scham- 
lippe, von  Weickert.  XXXI.  144.  —  E.  der  Ovarien  verwirft 
Velpeau.  XXXII.  132.  —  E.  uteri  ausgeführt  zur  Heilung  einer 
Inversio  uteri,  von  Higgens.  XXXIII.  896.  —  E.  eines  grossen 
Ovarien-Colloids,  von  Scanzoni.  HI.  390.  —  E.  des  Uterus  von 
Reiche.  IV.  460.  —  Fall,  von  Windsor.  VI.  392.  —  E.  eines  in- 
vertirten  Uterus,  von  Geddins.  Ibid.  395.  —  E.  hypertrophischer 
Vaginalportionen  bei  Prolapsus  uteri,  von  C.  Mayer.    XI.   163. 

—  E.  der  interstitiellen  Uterusfibroide ,  von  Langenbeck.  XIH. 
160.  —  E.  der  fibrösen  Tumoren  des  Uterus,  von  demselben. 
Ibid.  152.  —  E.  eines  Medullarsarcoms  aus  der  Gebärmutterhöhle 
von  Mayer.  XIII.  179.  —  E.  beider  Brüste,  von  Hess,  XHI.  384. 

—  Zur  Casuistik  der  fibrösen  Uteruspolypen  und  deren  E.,  von 
Simon.  XIV.  1.  —  E.  eines  invertirten  Uterus  mittels  des  Ecra- 
aeur  von  M*Clintock.  XV.  314.  —  Ueber  die  galvano-cau- 
stische  Exstirpation  der  intrauterinen  Polypen,  von  Braun.  XVI. 
164.  —  E.  einer  krebsig  entarteten  Gebärmutter  von  den  Bauch- 
decken ans,  von  Sawyer.    AYll.  66.  — 

Extra  et  ion.  Ueber  die  Nothwendigkeit  nach  der  Wendung 
auf  die  Füsse,  von  Proebsting.  XXXTTT.  20.  —  E.  der  Knochen 
eines  Foetus  durch  den  After,  von  Parfenenko.  VQI.  286.  — 
Bemerkungen  zur  Wendung  und  E.  des  Kindes  an  den  Füssen, 
von  Meissner.  X.  342.  —  E.  der  Frucht,  nach  dem  Modus  der 
sogen.  Selbstentwickelung,  von  Veit.    XVIH.  457. 

Extraperitonaealabscess  in  der  regio  pubis,  langwieri- 
ger Verlauf,  Oeffnung  nach  aussen,  Heilung,  von  Deutsch.  XI.  227. 

Extrauterinschwangerschaft.  Fall  von  Watson.  XXXni. 


XXXVni  Sachregister. 

95.  —  Fall  von  Blass.    in.  147.  —  Fall  von  Bogren.    Ibid.  148. 

—  Abortiv-Beliandlung  durcli  Electropunktur,  von  Bacheti.  XL 
146.  --  Von  Höven.    XI.  467.  —  Fall  von  Ch^villon.    XII.  319. 

—  Von  Adams.  XVIII.  84.  —  Fall  von  Entleerung  sämmtlicher 
Knochen  dnrch  den  Bauchschnitt,  Genesung  der  Matter  von  Pauk. 
XVm.  482.  — 

Ezulceration  und  Obliteration  der  Milchgänge  von  Boachat 
m.  476. 


F. 


Färbung.  Bläuliche  F.  der  inneren  Schleimhaut  der  Scham* 
theile  in  der  Schwangerschaft  als  diagnostisches  Zeichen,  von 
Huguier.    XXXI.  14g. 

Febris  intermittens  saugender  und  ganz  junger  Kinder, 
von  Schnitzer.    XXMH.  2S4. 

Fehlgeburten,  habituelle,  von  Syphilis  des  Vaters  oder  der 
Mutter  herrührend,  von  Lodge.    XXXII.  137. 

Fibroid  des  Uterus,  über  das  Zerstören  derselben  durch 
das  Brennen  von  Betzius.  XXXE.  423.  —  F.  der  äusseren  Geschlechts- 
theile.  Fall  von  Neugebauer.  XXXITT.  391.  —  F.  und  Krebs  des 
Uterus  mehre  Fälle  von  Ballard.  Ibid.  397.  —  Beobachtungen  übcr 
F.  im  Uterus  und  in  der  Vagina  als  Geburtshindemiss,  von  Pillore. 
V.  160.  —  Fall  von  Fürth.  V.  298.  —  Ueberblutende  F.,  von  Albers. 
Ibid.  386.  —  W^lnussgrosses  F.  der  Scheide,  von  Hecker.  VIL 
97.  —  F.  der  ijuSStf  von  62  Pfiind,  von  Bmm.  X.  817.  —  Ein 
grosses  interstitielles  F.  in  der  vorderen  Wand  der  Port,  vagina- 
lis  uteri  ezstirpirt,  von  Santesson.  XI.  401.  —  Gestieltes  Fibr. 
auf  der  Peritonäalfläche  des  Uterusgrundes,  Incarceration  dessel- 
ben in  der  Schwangerschaft  und  Geburt,  Reposition,  Wendnng, 
von  Spaeth.  XVI,  392.  —  Seltener  Ausgang  eines  F.  des  Uteros, 
von  Lumpe.  Ibid.  393.  —  Submucoses  F.  des  Uterus,  von  Lumpe. 
XVn.  394.  —  U.  f.  Fall  von  Klaproth.  XI.  86.  91.  —  Exstir- 
pation  der  interstitiellen  U.  f.,  von  Langenbeck.  Xm.  160.  — 
F.  Ein  grosses  F.  des  Uterus,  von  Lücke.  XVIH  111.  — 
Fibröse  |Uterusgeschwülste.  Instrumente  zur  Anboknmg, 
von  Harper.    XVI.  479.  — 

Fissura  cranii.  Sturzgeburt  F.  c,  Cephalaematoma  exter- 
num  und  intemum,  von  Olshausen.    XVI.  33. 

Fistel.  Ein  Fall  von  Vesico-uterin-  und  Utero-abdominal-F., 
von  Stoltz.    XXXI.  240,  s.  Blasenscheidenfistel. 


SachregiBter.  XXXIX 

Flexio  uterL  Ueber  P.  u,  von  Kokitansky.  XIV.  314.  — 
lieber  die  Entstehung,  von  Virchow.  Ibid.  815  und  316.  — 
Aufrichtung  des  fleetirten  Uterus  durch  die  Anwendung  der  Elec- 
tridtät,  von  Fano.    XY.  812. 

Fluor  albus.  Ueber  die  Secrete  des  F.  a.,  von  Beigel. 
V.  467. 

Fotalgeschlecht.  Zur  Diagnose  des  F.,  von  Steinbach. 
XVnL  428. 

Fötalpuls.  Ueber  den  Zustand  des  F.,  als  Anzeige  zur 
künstlichen  Entbindung,  von  Simpson.  VI.  467.  —  Ueber  den 
P.  von  V.  Hüter.  XVm.  Suppl.  23. 

Fötus.  Elf  Jahre  im  Uterus  retinirt.  Fall  von  Vondoerfer. 
XXXTL  443.  —  F.  im  F.  geheilt  durch  Durchbruch  der  Kiste  in 
den  Darm,  von  Albertoni.  VI,  468.  —  Foetus  velamentis  non 
rnptis  respirans  et  vagiens,  von  Heinemann.  IX.  157.  —  Missge- 
formter  F.,  von  Biedel.  XTIT.  11.  —  Beiträge  zur  Geschichte 
des  Fötus  im  Fötus,    von    Schwartz.    XVH.  75. 

Follikel.  Ueber  die  Flüssigkeit  der  Graafschen  F.,  von 
Luschka.    XI«  215. 

Follicular-Polyp  des  Uterus,  von  Follin.    VE.  315. 
Pomentationen.    Ueber  prophylaktische  Anwendung  kal- 
ter F.,  nach  schweren  Geburtsfällen,  von  Lenz.    XVH.  125. 

Forcepsscie  bei  einem  lebenden  Kinde  angewendet,  von 
Huevel.  XXXTTT.  257.  —  12  Fälle  von  Anwendung  zur  Beendi- 
gung der  Geburt,  von  de  Büli.  VIL  23.  -—  Kritische  Prüfung 
der  klinischen  Erfolge  der  F.,  von  Didot.    XVI.  476. 

Form  Veränderungen  und  Lageabweichungen  des  Uterus 
und  ihre  Behandlung  mitteb  Aufrichtungsinstrumente.  Verhand- 
lungen der  Akademie  der  Medicin  in  Paris.    IV.  370. 

Fractur  des  Schädels  mit  Depression  bei  einem  7  Monate 
alten  Kinde,  Trepanation,  Tod,  von  Gay.    X.  470. 

Frauenkrankheiten  mit  Profluvien  verbunden,  von  Gibert. 
XXXII.  428. 

Früchte.  Zwei  zusammengewachsene  F.,  von  Retzius.  n. 
289.  —  Sechswöchentliche  unversehrte  Frucht,  von  Kaufmann. 
Xm.  10. 

Fruchtbarkeit,  ausserordentliche,  von  Wood.    XV.  462. 
Fruchtlagen,  s.  Kindeslagen. 

Frühgeburt,  künstliche,  15  Beobachtungen  von  F.,  von 
Hemnann«  XXXn.  426.  —  Die  Uterindouche  von  Kiwisch  em- 
pfiehlt zur  F.,  Küian.  Ibid.  —  G«gen  k.  F.  bei  Beckenenge 
gibt  Proebsting  zwei  Gründe  an.  Ibid.  —  F.,  künstliche,  durch 
die  Uterusdouche,  von  Kiwisch.  XXXÜI.  99.  —  Zwei  Fälle 
von  k.  F.  wegen  Erbrechens  in  der  Schwangerschaft,  von 
Churohfll.  Ibid.  —  K.  F.  ohne  Beckenenge,  von  Dubois  Ibid. 
—  Beobachtungen  über  die  k.  F.,  von  Ziehl.    XXXTTT.   200.  ^ 


XL  Sachregister. 

F.  durch  den  Tampon  ausgeführt,  von  Nägele,  XXXill.  253.  — 
Zwei  Fälle  durch  die  aufsteigende  warme  Uterosdouche  vm 
Grenser.  Ibid.  —  Ueber  den  practischen  Werth  aller  bis  jetzt 
empfohlenen  Methoden  zur  Erweckung  der  F.,  nebst  zweier  neuen 
praktisch  mit  günstigem  Erfolge  geprüften  Vorschläge  auf  höchst 
einfache  Weise  schnell  und  sicher  die  künstliche  F.  zu  erzielen, 
von  Harting.  I.  161.  —  Ein  neues  Verfahren  zur  künstlicfaea 
Einleitung  der  F.,  von  Scanzoni.  I.  313.  —  Fall  von  künsüi^üier 
F.,  wegen  Eclampsie,  von  Casier.  I.  315.  —  F.,  künstliehe,  we- 
gen lebensgefährlicher  Vereiterung  des  Bindegewebes  des  red^ea 
Beines,  von  Credd  I.  397.  —  F.,  künstliche,  durch  neueste  Me- 
thoden,  von  Sack.  11.  314.  —  Einige  Verbesserungen  der  Cohen- 
schen  Methode,  von  Cohen.  11.  321.  —  Zwei  Fälle  durch  Reirang 
der  Brustdrüsen  Warzen,  von  Germann  und  Langheinricb.  EL  4S& 

—  Fall  von  Ludwig,  n.  42S.  —  Ueber  die  Coheu'sche  Mediode 
der  Einleitung  der  F.,  von  Steitz.  III.  149.  —  F.,  künstlidie, 
Ueber  die  Injection  in  den  Uterus  vonKilian  bewirkte.  lU.  236« 

—  F.  gegen  die  30.  Woche  mittels  der  Douche  bewirkt,  von  Au- 
binais.  III.  304.  —  F.  Wem  gebührt  die  Priorität  des  Vorschla- 
ges intrauterinaler  Injection  zur  Erweckung?  von  Sack.  in.  305. 

—  F.  eingeleitet  nach  Cohen's  Methode,  von  Strauss.    III.  385. 

—  F.,  künstliche,  in  der  30.  Woche  wegen  eines  organischen  mit 
heftigen  Zufallen  complicirten  Herzleidens,  von  Dubreuilh.  DL 
472.  ~  Beobachtung  einer  von  selbst  erfolgten  F.,  36  Stunden 
nach  dem  vermeintlichen  Tode  der  Mutter,  von  Mayer.  IV.  137. 
F.,  die  künstliche,  durch  Injectionen  in  den  Uterus,  von  RiedeL 
V.  1.  —  Zwei  Fälle  der  Art  von  Cohen.  V.  42.  —  Bemerkung 
zu  der  Cohen'schen  Methode,  von  KeUer.  V.  49.  —  F.,  künet- 
liehe ;  nach  Cohen's  Methode.  Fall  von  JennL  VI.  140.  —  F^ 
künstliche.  Fall  von  Villeneuve.  VI.  464.  —  Zwei  FäUe,  von 
Langheinrich.  Ibid.  465.  —  Ein  Fall  durch  die  Wasserdoudke^ 
von  Hardj.  Ibid.  466.  --  F.,  künstliche.  Der  Zustand  des  Foetal> 
pulses  als  Indication,  von  Simpson.  VI.  467.  —  Die  Indicatioii 
zur  künstlichen  F.,  gegen  Beckenverengerung,  von  Snoep.  VIL 
69.  —  F.,  künstliche,  nach  Cohen*s  Methode.  Zwei  Fälle  von 
Crede.  Vn.  87.  —  Ein  Fall  von  Birnbaum.  Vn.  89.  —  Noch 
ein  Fall  zur  Casuistik  der  F.,  von  Biedel.  VII.  92.  -r  F.,  künst- 
liche, durch  die  Uterusdouche  bewirkt,  von  Bouchacourt.  VII. 
148.  —  F.,  künstliche,  nach  der  Methode  von  Schweighäuser-Co- 
hen, von  Lehmann.  VIII.  45.  —  F.  durch  Kohlensäure  einge- 
leitet, von  Scanzoni.  Vm.  61.  —  Ueber  einen  Fall  von  künst- 
licher F.,  nach  Scanzoni's  Methode  und  Beurtheüung  des  Verfah- 
rens nach  den  bisherigen  12  Erfahrungen,  von  Spaeth.  Vm  146. 

—  Einleitung  der  F.  mittels  Inductions-Electricität,  von  Hennig. 
IX.  75.  —  F.,  künstliche,  monographisch  dargestellt,  von  A.  Krause. 
IX.  77.  —  F.,  künstliche,  durch  die  aufsteigende  Douche,  von 
Staub.    IX.   148.   —   Ueber  einen  unglücklichen  Fall  der  kfinst- 


Sachregister.  XLI 

liehen  F.,  nach  Gohen'B  Metiiode,  von  Cohen.    IX«  878.  —  F., 

eingeleitet  im  siebenten  Monat,  wegen  hartnäckigen  Erbrechens, 
von  Elarris.  IX.  884.  —  Kohlensäure  als  Mittel  zur  künstlichen 
Einleitung  der  F.,  von  Scanzoni.  X.  810.  ^  F.,  künstliche,  mit 
Erfolg  fiir  Mutter  und  EJnd,  ausgeführt  bei  Lungenapoplexie, 
von  Aran.  X.  377.  -—  F.,  8  Fälle  von  künstlicher,  nach  der  Co- 
hen'schen  Methode,  von.BiedeL  XI.  1.  —  Ein  Fall  von  Heeker. 
XI.  12.  —  Erinnerung  an  eine  Abhandlung  über  k.  F.,  von 
V.  Ritgen.  XI.  48.  —  Drei  Fälle  von  künstlicher  F.,  nach  der 
Cohen*schen  Methode,  von  Cred^.  XI.  126.  —  Ein  Fall  nach  der 
Simpson- Krause'schen  Methode,  von  Yalenta.  XI.  144.  — -  Ein 
Fall  nach  Cohen's  Methode,  von  Haussmann.  XI.  888.  —  Vier 
Fälle  von  künstlicher  F.,  nach  Cohen's  Methode,  von  Coesfeld. 
XI.  452.  —  Drei  Fälle  nach  Eiwisch's  Methode,  von  Groeningen. 
XI.  452.  —  28  Fälle  von  künstlicher  Erregung  der  F.,  nebst  Be- 
merkungen darüber ,  von  Germann.  XQ.  81. 191.  276.  361.  —  Ceber 
Einleitung  der  Geburt  vor  dem  siebenten  Monate,  von  Lee.  Xn. 
818.  —  Uebersicht  der  Erfahrungen  über  Intrauterinal-Injectionen 
zum  Behufe  der  k.  F.  von  Birnbaum.  XQ.  475.  —  Drei  und 
zwanzig  Fälle  von  künstlicher  Erregung  der  F.  nebst  Bemerkun- 
gen darüber,  von  Germann.  Xill.  209.  —  F.,  künstliche,  von 
Reymann.  XIV.  157.  —  F.  im  7.  oder  8.  Monat  mit  schliess- 
lichem  Abgange  der  Knochen  des  Foetus  durch  den  After,  von 
Bryan.  XIV.  157.  —  Zwei  Fälle  von  künstlicher  F.  nach  Ki- 
wisch's  Methode,  von  Hamon.  XIV.  158.  --  Drei  Fälle  von  künst* 
Ucher  F.  nach  Coben's  Methode,  von  Cohen.  XIV.  226.  —  Er- 
regung der  künstlichen  F.  durch  Katheterisation,  wegen  acutem 
Lungenödem,  von  Kirsten.  XIV.  278.  —  F.,  künstliche,  nach 
Cohen's  Methode,  von  Lumpe.  XVL  154.  —  Ueber  k.  F.  und 
galvano-caustische  Ezstirpation  der  intrauterinen  Polypen,  von 
Braun.  XVI.  154.  —  F.,  künstliche,  nach  der  Methode  von  Mer- 
rem-Krause,  von  Hennig.  XVI.  177.  —  Beobachtung  einer  künst- 
lichen F.,  von  v.  Meerstraeten.  XVI.  478.  —  F.  nach  Cohen, 
wegen  Beckenenge,  von  Martin.  XVUL  854.  -—  F..  wegen  einer 
fibrösen  Geschwulst  im  kleinen  Becken,  von  Olshausen.  Ibid.  862. 
-^  F.,  künstliche,  zweimalige  Einleitung  bei  einer  Zwergin,  von 
Kirby.  XVin.  488.  —  Einige  Bemerkungen  über  Uterininjee- 
tionen,  von  Lazarewitzsch.  XVni.  Suppl.  211. — von  James.  Ibid.  218. 
Fünftlingsgeburt  von  Kreber.  IH.  286.  •-  F.  von  Flei- 
scher.   IX.  149. 


G. 


Galactorrhoea.     Mittheilung  eines  Falles,  von  Ghienean. 
IX.  229. 


XUI  Sachregister. 

Galvanismaa  in  der  Greburtshülfe.  Ueber  die  Behandtiug 
unmreicheiider  WehenthiÜigkeit  und  Vergleich  der  Wirksamkeit 
des  Seeale  und  des  G.  in  der  Geburtshnlfe,  von  Barnes.  IV. 
188.  —  Bemerkungen  über  G.  in  der  Gebortshulfe,  von  Radibrt 
IV.  188. 

Galvano -canstik.  Galvanokaostische  Ezstirpation  dar 
intraaterinen  Polypen,  von  Braon.    XVL  154. 

Gastromalacie.  Zwei  FäUe  von  Schwandner.  XXXHI. 
109.  —  Zwei  Arten  der  gallertartigen  G.,  von  Gattmann.  Ibid. 
Vier  Krankengeschichten  nebst  Sections- Berichten  von  G.,  von 
Schnnrrer«    Ibid.  — 

Gastrotomie.  21  Standen  nach  Zerreissang  des  Utems, 
Entwicklung  des  todten  Kindes  und  Genesang  der  Matter,  von 
Qilmann.  V.  882.  —  G.  bei  Extrauterinsehwangerschaft,  die  € 
Jahre  gedauert,  dadurch  geheilt  wurde,  von  Ch^vülon.  Xii.  319. 

Gebären,  unbewusstes,  von  A.  K.    KL  470. 

Gebäranstalt,  die  neue,  in  München,  ihre  Geschichte  and 
Erfahrongen,  von  A.  Martin.    IX.  286. 

Gobäranstalt  in  München.  Statistische  Tabelle  aber  die 
Vorkomnmisse  in  d.  G.,  vom  1.  Od  1869  bis  80.  Septbr.  1860. 
XVn.  78.  —  Von  Schmitt,  vom  1.  Oct  1858  bis  80.  Septbr.  1859. 

XV.  897., 

Gebärhaus.  Bericht  über  die  Ergebnisse  in  dem  unter  der 
Leitung  des  Prof.  Valenta  stehenden  Gebär*  und  Findelhanse  üi 
Laibach,  vom   1.  Oct.  1857   bis  80.  Sept.  1858,  von  Watscher. 

XVI.  897.  —  Bericht  über  das  Gebär-  und  Findelhaus  in  Triest, 
von  Braun.    VL  469.  und  IX.  280.  — 

Gebärklinik.  Aus  dem  Bericht  der  G.,  an  der  med.-diir. 
Lehranstalt  su  Graz  im  Studienjahr  1858/69.    XVII.  818. 

Gebärmutter,  s.  auch  Uterus. 

Gebärmutter.  Exstirpation  einer  krebsig  entarteten  6., 
von  den  Bauchdecken  ans,  von  Sawjer.    XVII.  65. 

Gebärmutterblutung.  Ueber  die  noch  nicht  vollständig 
ergründeten  Ursachen  der  G.  bei  tiefem  Sitae  der  Plaoenta,  von 
V.  Bitgen.    IX.  849. 

Gebärmutter  hals.  Ueber  den  physiologischen  Zustand 
des  G.  in  der  Schwangerschaft,  von  Costilhes.    V.  72. 

Gebärmutterriss.  Zwei  Fälle  von  Mangold.  VIIL  1.  — 
Bemerkungen  über  denselben,  von  Hoffmann.  VUI.  218.  ^  Ent- 
gegnung hierauf,  von  Mangold.    VIIL  868. 

Gebärmütterträger:  s.  Pessarium. 

Geburten,  schwere.  Ueber  Ursachen  und  Behandlung,  von 
Davis.    XXXm.  261. 

Geburtsprozess.  Beiträge  zur  Mechanik  und  Phorono- 
mie  des  normalen  G.,  von  Paulus.  I.  268.  —  Geburt  ohne  Wehen, 
von  Blankmeister.    m.  18.  — 

Geburten.     Ueber   freiwillige  G.,   die  schnell  und  ohne 


Sachregister.  XLDI 

Schmensen  varlaofen,  nebst  einigen  Beobaohtongen  zur  möglichen 
Erkenntnis!  der  Ursachen  jener,  von  Mattei.    IV.  469. 

Geburt.  Untersuchung  wegen  statt  gehabter,  von  Vezin. 
V.  321. 

Geburtsmechanis mu s.  Geschichte  der  Forschungen  über 
den  G..  von  Stammler.    V.  891.  —  Von  Knoes.    VL  72.  — 

Geburtsarbelt,  schwierige.  Peritonitis,  Tod,  von  Trend. 
Vn.  60. 

Geburt,  bei  vorliegenden  Schultern  nach  Ghloröfarm,  von 
Alaonoury.    VIH  223. 

Geburtsfall,  abnormer,  von  Monteils-Pons.    Vm.  387. 

Geburt.    Bückgängigkeit  der  G.,  von  Charrier.    XI.  466. 

Geburten,  mehrfache,  von  Spoendli.    Xlll.  456. 

Geburt.  Verspätete  G.,  Beobachtung  von  solcher,  von  Tar- 
ueau.  XVI.  157.  —  Ueber  die  Störung  der  G.  bei  Kopflagen, 
bedingt  durch  zu  grossen  Umfang  der  Brust  und  Schultern,  von 
Jaoquemier.    XVII.  169. 

Geburtsthätigkeit.  Einfiuss  der  G.  auf  den  Körper  der 
Frucht,  von  Birnbaum.    VII.  103. 

Geburtshülfe  und  Gynäkologie  in  Frankreich,  Grossbri- 
tanien  und  Irland,  von  Arneth.    L  167. 

Geburtshülfe  in  Kurhessen.  Beitrag  zur  Statistik  der  G., 
von  Schreiber.  Vm.  326.  —  G.  in  Dublin  (The  Dublin  practice 
of  Midwiferj  bj  MaunselL)  XI.  407.  —  Zur  gerichtlichen  G., 
von  V.  Siebold.  VI.  21.  —  Bedenken  hierüber,  von  HohL  VI. 
211.  ~  G.  und  Gynäkologie  in  London,  Edinbnrg  und  Dublin, 
von  Spiegelberg.  Vn.  196.  —  Betrachtungen  über  Sonst  und 
Jetzt  der  G.,  von  Meissner.  X.  436.  —  Practical  midwifery  in 
the  Dublin  Lying-in  Hospital  by  Sinclair  et.  Johnston.  XIV.  387. 
—  Qnelques  consid^ations  prat.  sur  les  accouch.  en  Orient  p. 
Eram.    XVII.  396.  — 

Geburtshülfliohe  Klinik  an  der  Universität  zu  Palermo, 
von  Piazza.  Vin.  297.  —  G.  K.  zu  Wien,  München,  Marburg, 
Würzburg.    Klinik. 

Geburtszange:  s.  Zange. 

Gefässe  des  schwangeren  Uterus  von  Virchow.    X.  242. 

Geheimniss.  Ueber  das  Chamberlen'sche  und  Boonhay- 
sen*sche  G.,  von  v.  Bitgen.    VIQ.  73.  und  163. 

Gelenksrheumatismus,  postpuerperaler.  Sieben  Fälle. 
Ann.  de  thär.    XXXTTT.  94. 

Gelenkverbindungen.  Die  G.  und  deren  Verhalten  bei 
der  Geburt,  von  Schwegel.    Xm.  123. 

Gerbsäure.  Einwirkung  der  G.  auf  den  menschlichen  Ute- 
rus, von  Hennig.    XEQ.  361. 

Geschichte  des  anatomischen  und  Entbindnngs  - Institats 
zu  Herbom,  von  Spengler.    XI.  246. 


XLIV  Sachregister. 

Geschlechts- Apparat.  Zur  Pathologie  des  weiblichen 
G-,  von  HelflPL    n.  8. 

'  Geschlechtdverhältniss.  Ueber  die  Vertheilong  und  das 
Verhältniss  des  Geschlechtes  und  über  den  Einfluss  der  Erblidi- 
keit  bei  mehrfiEichen  Früchten,  von  Baillarger.  YII.  146.  — > 
Ueber  die  das  Geschlechtsverhältniss  des  SLindes  bedingenden 
Ursachen  von  Ploss.  XII.  321.  —  Zur  Frage  über  die  üi^ 
Sachen  des  Geschlechtsverhältnisses  der  Kinder,  nebst  einigen 
anderen  Beiträgen  zur  vergleichenden  Statistik  mit  besonderer 
Bücksicht  auf  den  Kanton  Zürich,  von  Breslau.  XVI.  73.  — 
Neue  Beiträge,  von  Ploss.  AVlli.  237.  —  Beplik  auf  Flosa,  von 
Breslau.    XVIII.  470. 

Geschlecht  des  Foetus.  Ueber  die  Frankenhäuser^sdie 
Entdeckung,  das  Q.  durch  Zählung  der  Herztöne  erkennen  m 
können,  von  Breslau«  XV.  437.  —  Ueber  die  Häufigkeit  der 
Herzschläge  beim  Foetus  und  bei  Neugeborenen  von  verschiede- 
nen Geschlechtern,  von  Hennig.  XV.  448.  Von  Haake.  XV. 
456.    Von  Steinbach.    XVm.  428. 

Geschwulst.  Exstirpation  einer  fibrösen  G.  der  linken 
Schamlippe,  von  Weickert  XXXI.  144.  —  Nässende  Geschwulst 
der  Schamlippen,  von  Lee.  Ibid.  230.  —  Uteringeschwülste,  bös- 
artige, 3  Fälle,  von  Schearman.  XXXI.  434.  —  Die  fibrösen 
G.  des  Uterus  und  ihre  Diagnose,  von  Lee.  XXXII.  118.  — 
Bei  fibrösen  G.  des  schwangeren  Uterus  verwirft  Simpson  die 
künstliche  Frühgeburt.  Ibid.  119.  —  Hydatiden-G.  der  Brüste, 
von  Brodie.    XXXTI.    132.  —  G.,  lymphatische,  der  weiblichen  \ 

Brust,  Aetiologie  und  Behandlung,  von   Coley.     XXXUL   d5.  j 

—  G.  der  Schamlippen,  Fälle  von  Lever.   Ibid.  391.  — -  G.,  intcr-  • 

stitielle    des   Uterus   und   Exstirpation.    Fall  von  MaiBonneuve.  f 

XXXIII.  398.  —  Bildung  zahlreicher  G.  im  Körper  einer  Schwan- 
geren, von  Lorrain.  H.  236.  —  Fibröse  G.  des  Uterus,  als  Com- 
plication  einer  Geburt,  von  Sequerc^.  IV.  227.  —  Fibröse  G.  des 
Uterus  als  G^burtshindemiss,  von  Lehmann.  V.  148.  —  G.,  in- 
trauterine, namentlich  Molen,  von  Mayer.  VH.-  97.  —  Entfernung 
fibröser  G.  des  Uterus.  Med.  Times  and  Gaz.  Vm.  67.  ^ 
Ueber  eine  eigenthümliche  G.^  in  dem  unteren  Ende  der  Wir- 
belsäule eines  todtgeborenen  Mädchens,  von  Virchow.  IX.  259. 
G.  Ueber  die  G.  der  vorliegenden  Kindestheile  bei  natürlichen 
Geburten  in  forensischer  Beziehung,  von  Elsaesser.  X.  144.  —  G. 
im  kleinen  Becken,  von  Ulrich.  XI.  97.  —  G.  Vergleichende 
Diagnostik  der  Geschwülste  des  Bauches  mit  den  Ovarienkysten, 
von  Boinet.  XVL  317.  —  Fall  von  einer  kystenartigen  ardc- 
nomatösen  G.  in  der  hinteren  Muttermundslippe,  von  Martin  und 
Strassmann.  XVI.  421.  —  Vorlegung  einer  länglichen  wallnuss- 
grosdffloiG.,  von  Hoffineyer.  XVQ.  101.  —  G.,  fibröse  vom  ersten 
Sacral-  und  Lendenwirbel,    hierdurch   Beckenenge   von   Mayer. 


Sachregister.  XLV 

Frühgeburt  nach  Cohen  von  Mai-tin.  XVUI.  354.  —  G.  fibröse 
iin  kleinen  Becken.  Künstliche  Frühgeburt  von  Olshausen. 
Ibid.  362. 

Geschwür  des  Uterus,  phagedänisches  von  Ballard, 
XXXIU.  397.  —  Diagnose  und  Behandlung  der  G.  des  Cervix 
von  Cramoisj.    XI.  76.  —  Von  Mascarel.    Ibid.  297. 

Gesichtsgeburten.  Zur  Lehre  von  den  G.  von  v.  Siebold. 
Xm.  313. 

Gesichtslage.    Siehe  Kindeslage. 

Gesichtsschmerz  in  Folge  eines  Uterinleidens  von  Main- 
waring.    XXXI.  242. 

Gewicht  des  Uterus.  Ueber  die  anatomischen  und  patho- 
logischen Verschiedenheiten  im  G.  d.  U.  von  Gariel.    VIII.  867. 

Gewicht.  Ueber  die  G^rwichts-  und  Längenverhältnisse  der 
Neugeborenen,  über  die  Verminderung  ihres  Gewichtes  in  den 
ersten  Tagen  und  Zunahme  desselben  in  den  ersten  Wochen 
der  Geburt  von  v.  Siebold.  .XV.  337.  —  Veränderungen  im 
G.  der  Neugeborenen  von  Breslau.    XVI.  75. 

Glandula  thjmus.  Fall  von  angebomen  faserigen  Binde- 
gewebsneubildungen  mit  innerer  Verfettung  und  Krystallbildung 
in  der  Dura  mater,  der  G.  th.  und  Leber  von  Lehmann.    IX.  168. 

Glüheisen.  Ueber  das  G.  bei  Behandlung  der  chronischen 
Uterusleiden  und  seinen  Ersatz  durch  die  Galvanokaustik  von 
Becquerel.    X.  380. 

Gljcosurie,  die  physiologische  der  Schwangeren,  Ge- 
bärenden und  Wöchnerinnen  von  Blot  VIII.  447.  •—  Von  Kirsten. 
IX.  487.  —  Von  Riedel    XI.  18.  —  Von  Brücke.    XII.  79. 

Granulationen  und  Erosionen  des  Collum. uteri  kommen 
nicht  idiopathisch  vor  von  Timbart  XXXII.  129.  —  Ueber  die 
G.  des  Muttermundes  von  Bobert.  Ibid.  431.  — :  Behandlung  der 
extrauterinen  G.  durch  Cauterisation  von  Chassaignac.    Ibid.  433. 

Graviditas  abdominalis  und  die  inneren  Blutungen 
dabei  von  Birnbaum.  VIII.  331.  — -  G.  eztraabdominalis  von 
Rektorzik.    XVI.  475. 

Graviditas  extranterina.  Fall  von  Lamm.  II.  237.  ^ 
Fall  von  Widerstein.  11.  501,  —  Fall  von  Blass.  HI.  147.  — 
Fall  von  Bogren.  Ibid.  148.  —  Fall  von  Zwank.  V.  142.  — 
Fall  von  Lamm.  Ibid.  145.  —  Fall  von  Binet  VI.  225.  —  Muth- 
maassliche  von  Hecker.   Vn.  1.  —  4  Fälle  von  Krieger.   Ibid.  22. 

—  Ueber  G.  extranterina  mit  Lithopaedion-Bildung  in  Bezug  auf 
einen  derartigen  Fall  von  van  Geuns  und  Schraut,  VIL  51,  — 
G.  extranterina  parietalis.  (Uteruswandschwangerschaft).  Fall 
von  Ramsbotham.    VHI.  48.  —  Fall  von  Johnston.    Ibid.  369. 

—  Fall  von  Velpeau.  Ibid.  371.  —  G.  extranterina  mit  Aus- 
treibung der  Fruchttheile ,  durch  den  Mastdarm  von  Delmonte 
Lyon.    IX.  218.  —  G.  extr.  mit  RUptur  der  Kyste  und  glück  • 


XLVI  Sachregister. 

lichem  Ausgange  vou  Bertrand.  Ibid.  370.  —  6.  eztr.,  Eroffimog 
des  Leibes  durch  Caastica,  Eztraction  eines  10  monatlichen  Foetos. 
Heilung  von  Martin.  IX.  381.  —  Muthmaassliche  tod  Ulrich. 
X.  170.  —  G.  extr.  38  Monate  während  von  Diamantopnlos.  X. 
873.  —  Fall  von  Reymann.  XIV.  166.  —  Fall  von  AbarbaneU. 
Ibid.  188.  —  G.  eztrauterina.  Kurze  Mittheilnug  einer  Gr.  eztr., 
die  mit  glücklichem  Erfolge  für  Mutter  und  Kind  operirt  wurde 
von  Schreyer.    XIV.  283.  —  Von  Walter.    XVm.  171. 

Graviditas  ovarii  von  Uhde.    X.  339. 

Graviditas  tubaria.    Vortrag  von  Schwabe,    m.  1. 

Graviditas  tubo-abdominalis  von  Wagner.    IX.  90. 

Graviditas  uterina,  Absterben  des  Foetus,  Ausstosvung 
von  Foetusknochen  durch  die  Vagina  und  durch  den  Darmkanal, 
Tod  durch  Tuberkulose,  Communication  zwischen  Uterus  und 
Dünndarm  von  Ulrich.    X.  173. 

Grösse,  ungewöhnliche,  des  Foetasmmpfes  als  Gebnrts- 
hhidemisB  von  Jaequemier.  XI.  189.  —  Ezcessxve  eines  Neu- 
g^iwmen  von  Waller.    XVlll.  83. 

Grössenverhältnisse  der  Uterushöhle  von  Scfanepf. 
V.  141. 

Gutta-percha.  Anwendung  des  kaustischen  G.-p.  bei 
Verschwörungen  des  Collum  uteri  von  Bobiquet  und  Boys  de  Lourj. 
Vm.  289. 

Gymnastik  der  Kinder  von  der  Geburt  an  von  Jansen. 
XXXin.  386. 

GynSkologie.  Denkwürdigkeiten  aus  dem  Gebiete  der 
G.  von  Blankmeister.  XXXTTI.  193.  —  G.  und  Gebnrtshülfe  in 
London,  Edinburg  und  Dublin  von  Spiegelberg.  VH.  195.  285.  448. 

Gynäkologische  Praxis.  2  FSIle  aus  der  g.  P.  von 
Breslau.    XI.  363,  —  G.-Fragmente  von  Scanzoni.    XVI.  SI2. 


Haematocele  retrouterina.  Fall  von  Laborderie.  V.  294. 
-—  Ueber  H.  von  N^ton.  V.  30.  —  Ueber  die  Entstehungsweise 
von  Laugier.  VI.  147.  —  Behandlung  und  Vortheile  der  ab- 
wartenden Methode  von  Gallard.  VIT.  481.  —  H-  retrouterina 
von  N^ton.  Vin.  455.  -—  Mittheilungen  von  Cred^.  IX.  1.  — 
Fall  von  Ulrich.  IX.  177.  —  Fall  mit  Ruptur  in  den  Peritonaeal- 
sack  von  Breslau.   Ibid.  458.  ~  H.  retrouterina  von  Engelhard. 

X.  238.  —  Von  Herzfelder.  Ibid.  312.  —  H.  periuterina  von  GktUard. 

XI.  65.  —  Bemerkungen  von  Nonat.  XII.  159.  —  H.  retrouterina. 
Behandlung  von  Braun.  XV.  476.  —  Fall  von  H.  retrouterina. 
Bildxmg  einer  Mastdarmscheidenfistel.  Heilung  von  Gauchier. 
XVn.  70.  —  Fall  von  Hegar.  Ibid.  418.  —  Pathogenie  der  H. 
retrouterina  von  C.  Braun.    XVm.  Suppl.  218. 


SaehregiBter.  XLYII 

Haematometra,  incarceiirte,  in  Folge  erworbener  Atresie 
des  Ob  extemum  von  PrelL  XVIII.  447.  —  H.  mit  chronischem 
Uterus-  und  Tabencatarrb,  Peritonitis  von  Wagner.     XYIII.  480. 

Haemorrhagien  nach  der  Geburt  wiederholen  sich  und 
werden  mit  jeder  Entbindung  stärker»  Verhütung  derselben 
durch  Seeale  von  Li^gard.  XXXin.  268.  —  Gegen  H.  Kalt- 
wasserinjectionen  von  Machen.  Ibid.  —  H.  des  Gehirns  bei 
Kindern  von  HelfPt.  Ibid«  275.  --  Ueber  die  Quelle  der  IL  bei 
partieller  Lösung  der  Placenta  von  Jacquemier.  III.  382.  —  H. 
nach  der  Geburt  mit  heftigen  Nachwehen  Ton  Ramsbotham.  IV. 
76.  ^  Ueber  Blutflüsse  nach  der  Geburt  und  ein  Mittel,  ihnen 
vorzubeugen  von  Li^ard.  IV.  136.  --  H.  in  das  Innere  eines 
Cystovarium  von  Patruban.  V.  291.  —  H.,  heftige,  in  Folge  von 
Placenta  praevia,  frnchtiose  Anwendung  der  Zange  und  des  £r- 
gotin.  Sprengen  der  Eihäute,  Wendung  auf  die  Füsse  von 
Sorbets.  X.  61.  —  Simpson's  Methode  (Entfernung  der  Pl|icenta) 
sor  Stillung  der  H.  während  der  Geburt  bei  Placenta  praevia 
.  von  Sayas.  X.  308.  —  Gas.  des  h6p.  X.  309.  —  H.  während 
der  Geburt.  2  Fälle  von  Klaproth.  XI.  81.  -^  Zur  Diagnostik 
der  Uterinhämorrhagieen  und  der  durch  Fleischmolen  bedingten 
insbesondere  von  Plagge.  XIV.  66.  —  S.  auch  Blutung. 

Halisteresis.    Ein  neuer  Fall  von  H.  cerea  von  BresUuu 

XV.  67.  373. 

Hanföl.  Ueber  die  Wirkung  des  H.  auf  cBe  Milehabson- 
derung  von  Coutenot.    IX.  168. 

Harn.  Untersuchung  des  H.  und  Bluts  einer  an  Hydrops 
und  Albuminurie  leidenden  Schwangeren  von  Harlay  und  G^en- 
bauer.    IH.  383. 

Harnblase.  Anfüllung  der  H.  als  Geburtshindemiss  von 
Leopold.  XIV.  63,  —  Fall  von  Spaltung  der  H.,  Cloakenbildung 
und  Hydrorrhachis  von  Leopold.    XVIL  367. 

Harnleiter-Gebärmutterfistel  von  Pueck.    XV.  389. 

Harnleiter-Scheidenfistel.    Fall  von  IL-S.  von  Panas. 

XVI.  228.  —  Ueber  die  H.-S.  nebst  einigen  Bemerkungen  über 
die  Blasen-Hamleiter-Sch^denfistel  u.  die  Harnleiter- Gebärmntter- 
fistel  von  Simon.    XVI.  229. 

Harnröhre.  Auswüchse  an  der  Mündung  der  H.  von  EUiot. 
XXXI.  897. 

Harnröhrencarunkeln  —  Keurome  der  Vulva  —  Hyper- 
ästhesie und  Neuralgie  der  Vulva  von  Simpson.    XIV.  69. 

Harnr Öhren tripp er  des  Weibes  von  Singer.  XVm. 
Suppl.  226. 

Harnröhrenschwamm  von  Cederschjöld    XXXI.  409. 

Hasenscharte.  3  Fälle  von  Vernarbung  der  H.  innerhalb 
des  Uterus  von  Bennert.    XXXIH.  104. 

Hautjucken  einer  Schwangeren  von  Maslieuret-Lag^mard. 
XXXn.  448. 


XLVm  Sachregister. 

Hebammen.  Ueber  den  natorgemassen  Umfang  des  H.- 
Geschäftes und  die  entsprechende  Einrichtung  des  H.-Unterrielits 
von  Martin.  IV.  821.  —  Die  preassischen  H.,  ihre  Stellung  snin 
Staate  und  zur  Geburtshülfe  von  Cred^.    VI.  169. 

Hebammeninstitut  in  Stettin.  Beri cht  über  die Leistangen 
während  1834—1869  von  Behm.  XVH.  302.  366.  452.  XVm. 
60.  163. 

Hebammenlehranstalt  in  Trier.  Bericht  über  die  H. 
von  1864^1860  von  Birnbaum.    XVI.  368.  427. 

Hebammenwesen  in  Sachsen  von  Kirsten.    XH.  206. 

Hellsehen  einer  Schwang  er  ea  Fall  von  Hiltseher. 
XXXn.  441. 

Hemicephalus.  Geburt  eines  H.  männlichen  Gkschlecfates, 
der  noch  38  Stunden  nach  der  Geburt  gelebt  von  Weber.  IX. 
366.  -—  H.  weiblichen  Greschlechtes,  der  39  Stunden  lebte  von 
ElluseijLann.    XI.  241. 

Hemmungsbildung.     Fall  von  H.  als  Curiosum  von  Kdl. 
Vn.   482.   —   Fälle  von  H.    der  weiblichen   Sexualorgane  von- 
Lumpe.    IX.  471. 

Hermap hroditismns  bei  einem  26  jährigen  Mädchen  Ton 
Waller.    XXXH.  427. 

Hernia  cruralis,  eingeklemmte,  welche  Ovarium  und 
Tuben  enthielt  von  Parker.    VI.  163. 

Hernia  diaphragmatis  congenita.  2  Fälle  von  Feiler. 
IX.  161.  —  Funic.  umbil.  von  Költsch.    X.  18. 

Hernia  umbilicalis  congenita  complicirt  mit  Anus 
praeternaturalis  von  Vrolik  und  Lehmann.  XI.  311.  —  H.  cerebri 
bei  ausgetragenen  lebend  geborenen  Zwillingen  von  Lehmann. 
Ibid.  312. 

Hernien.  Ueber  congenitale;  Bemerkungen  über  einen 
Fall  congenitaler  Luxation  der  Patella  von  Ravoth.  XI.  340.  — 
H.  ovario-vaginalis.  Ueber  Einklemmung  und  Behandlung  von 
Braun.    XV.  472. 

Herniotomie  bei  einem  Kinde.  Fall  von  Ravoth.    XH.  167. 

Herpes  exedens  der  Genitalien  von  Guibourt.   XXXI.  143. 

Her  zaffect  ion  enim  kindlichen  Alter  vonHelffk.  XXXnL 284. 

Herzschläge.  Ueber  die  Häufigkeit  der  H.  beim  Foetos 
und  bei  Neugeborenen  von  verschiedenen  Geschlechtem  von 
Hennig.    XV.  448. 

Herztöne  der  Frucht  und  ihre  Benutzung  zur  Diagnose 
des  Lebens,  der  Stellung,  der  Lage  und  des  Geschlechts  der- 
selben von  Frankeuhäuser.    XIV.  161. 

Hirndruck.  Ueber  Nabelschnurgeräusch ,  Nabelschnnr druck 
und  H.  von  Frankenhäuser.    XV.  364. 

Hydattdengeschwulst  der  Brü»te  von  Brodle.  AXXIL 
182.  —  BL  im  Kehlkopf  eines  Kindes  von  Schüssler.  XXXIII. 
288.  —  H.-Bildung  der  Brustdrüse  von  Garreau.    H.  603. 


Sachregister.  XLIX 

Hydatidenwassersucht  des  Uteras  von  Moussaud. 
Vin.  223.  —  H.-Kyste  im  kleinen  Becken  von  Leadet.  Ibid. 
288.  —  H.-Bildimg  anf  den  Eihäuten  von  Michael.    XV.  46B. 

Hjdramnios  mit  wässerigem  Ausflass  ans  der  Vagina  von 
Bartholow.    XVII.  67. 

Hjdrocephalns  acntas.  Heilung  durch  die  Natur,  durch 
Kopfausschläge.  3  Fälle  von  Fischer.  XXXm.  109.  —  2  Fälle 
in  denen  Heilung  nach  wirklich  erfolgter  Ausschwitzung  von 
Krebel.  Ibid.  —  Fall  mit  Sarcinaerbrechen  von  Horing.  Ibid. 
—  Das  Cerebralgeräusch  ist  wesentliches  Zeichen  des  beginnenden 
chronischen  H.  von  Bander.  XXXTH.  110.  •—  H.  acutus.  Be- 
handlung von  Bloedau.  Ibid.  274.  —  Ueber  das  sympathetische 
Auftreten  des  H.  a.  von  Latz.  Ibid.  275.  —  H.  ehr.  bei  einer 
Schwangeren  mit  tödtlichem  Ausgange  von  Hecker.    I.  291. 

Hydrops  ascites  bei  einem  neugeborenen  Kinde.  FaU 
von  Virchow.    XI.  161. 

Hydrops  gravidarum.    Siehe  Wassersucht 

Hydrops  nach  Scarlatina.    Siehe  Wassersucht. 

Hydrops  ovarii.  Paracentese  gegen  H.  o.  verwirft  Cox 
und  macht  Kirkpatrik.  XXXH.  131.  —  Behandelt  mit  Injectionen 
von  Tinct.  Jodi.  VL  290.  —  üeher  H.  o.  von  Bartscher.  VI.  347. 
H.  o.  periodicns  von  Huss.  IX.  141.  —  Hydropsie  des  rechten 
Ovariums  mit  Ascites  verwechselt,  durch  Jodinjection  behandelt 
von  Philipart.  IX.  310.  —  3  Fälle  von  H.  ovarii  mit  Jodinjec- 
tionen  behandelt  von  Hardwick.  IX.  312.  —  H.  ovarii.  Seltner 
Fall  von  Disse.  X.  366.  XV.  186.  —  Radikalheilung  des  H.  durch 
die  Punction  von  Preuss.  XHI.  79.  —  Berstung  eines  H.  mit 
Erguss  des  Inhalts  in  den  Bauchfellsack,  Resorption,  Heilung  von 
V.  Platzer.    V.  469. 

Hydrorrhaea  gravidarum.  Zur  Pathogenie  der  H.  gr. 
von  Braun.    XH.  316. 

Hymen.  Geburt  bei  noch  vorhandenem  H.  von  Tgonin. 
XXXin.  251. 

Hyperästhesie  und  Neuralgie  der  Vulva  —  Hamrohren- 
Carunkeln  —  Neurome  der  Vulva  von  Simpson.    XIV.  69. 

Hypertrophie  und  Verhärtung  des  Uterus.  Bei  H.  das 
Quecksilberbichlorid  von  Oldham.  XXXH.  430.  —  H.  und  die 
harten  Geschwülste  des  Uterus  und  seiner  Anhänge,  sowie  über 
den  Einfluss  des  Creuznacher  Mineralwassers  auf  dieselben  von 
Prieger.  I.  183.  241.  —  Ausserordentliche  H.  der  Brustdrüsen 
bei  einem  17jährigen  Mädchen  aus  der  Gaz.  des  hop.  XHI.  383. 
•--  Die  normale  H.  des  Herzens  während  der  Schwangerschaft 
von  Larcher.  XHI.  386.  —  Hypertrophische  Verlängerung  des 
Uterus  von  Huguier.    XH.  480. 

Hysterie.  2  Fälle  durch  Klystiere  von  kaltem  Wasser  und 
Schwefeläther  geheilt  von  Sancery.    XXXIH.  389.  •—  Die  ver- 

Monatsicbr.  f.  Qeburtsk.  1861.  Bd.  XYin.  D 


L  Sachr^ster. 

schiedenen  irrigen  Aiuiichten  über  die  Prädispositioii  zur  H.  you 
Briquet    X.  463. 

Hysterophor,  ein  Apparat  gegen  Prolapsus  uteri  et  ▼»- 
ginae  von  Zwank.  L  21ö.  IV.  184.  —  Zweckmässigkeit  des 
Zwank'schen  H.  von  Mikschik.  V.  466.  —  Zwank'sches  H. 
Brauchbarkeit  desselben  und  die  Verhältnisse,  die  die  Anwendung 
erschweren  oder  unmöglich  machen  von  Majer.  XIL  1.  —  Zor 
Geschichte  der  H.  von  Breslau.  XVI.  238.  —  H.  modi£cirt  von 
Breslau.    XVIII.  251.  —  Siehe  auch  Pessarium. 

Hysterotom.  B eschr eibung  eines  neuen  H.  zur  Beseitigung 
der  Dysmenorrhoe  von  White.    XV,  471. 

Hysterotomie.    Ueber  H.  von  Reiche,    IV.  306. 


I. 

Jahresbericht  der  geburtshülflichen  Klinik  in  München 
von  Hofmann.  I.  386,  —  J.  der  geburtshülflichen  Poliklinik  in 
München  von  Berliner.  Vlii.  61.  —  Ueber  das  Entbindung«' 
haus  in  Stockholm  von  Betzius.  L  441.  11.  46.  —  Ueber  die 
geburtshülfliche  Klinik  in  Wien  von  Habit.  Xu.  820.  —  J.  der 
Gresellschaft  für  Geburtshülfe  zu  Leipzig  von  Meissner.  VIIL 
421.  X.  409.  XI.  438.  XIH.  290.  XIV.  241.  XVI.  81. 

Jahreszeit.  Einfiuss  der  J.  auf  die  Häufigkeit  der  Gre- 
burten  und  auf  das  Geschlechtsverhältniss  der  neugebomen  Eander 
von  Ploss.    XrV.  454. 

Incision  des  Muttermundes  ids  Mittel  zur  Geburtsbefor- 
derung  von  Kristeller.    X.  162. 

Incontinentia  urinae.  Heilung  einer  vollkommenen  I.  o. 
durch  Abtragung  beider  hypertropischer  Nymphen  von  Breslau. 
Xn.  76. 

Indianerin.  G^burtsgeschichte  und  Wochenbett  einer  I. 
von  Schwarz.    VTH.  111. 

Indicationen.  Die  versdiiedenen,  die  in  den  Lehrbüdiem 
für  Erregung  des  künstlichen  Abortus  aufgestellt  werden  von 
L.  Mayer.    XI.  100. 

Inductionselectricität.  Beflexwirkungen  der  I.  im  All- 
gemeinen und  deren  Benutzung  als  Heilmittel  besonders  gegen 
Abnormitäten  der  Menstruation  von  Schulz.    VUI.  452. 

Infiltration  seröse  in  der  Cellulosa  submucosa  bei  an 
Metrolymphangitis  Gestorbenen  von  Betzius.    H.  158, 

Inflexio  uteri.  Bemerkungen  zu  der  Lehre  über  I.  uteri 
von  Lumpe.    X.  813. 

Injectionen  in  die  Uterushöhle  verwirft  Oldham.  XXXI. 
258.  —  Ueber  kalte  I.  bei  einigen  Uterusleiden  von  Faura  I. 
467.  —  Warme  von  Seeale  bei  Haemorrhagieen  von  Trousseau. 
I.  470.  —  Von  Jod  gegen  Uterinblutungen  nach  der  Geburt  von 


Sachregister.  LI 

l>apierri&.  X.  229.  —  Von  Kohlensäure  hei  Behandlung  von 
üterinleiden  von  Bernhard.  XI.  399.  —  Üehersicht  der  Er- 
fahrungen üher  intrauterinale  I.  behu&  künstlicher  Frühgeburten 
von  Birnbaum.  XTI.  475.  —  lieber  intrauterine  von  Kaufmann. 
XV.  96.  —   Von  Jod  bei  Ovarienkysten  von  Schuh.    Ibid.  478. 

—  Tod  nach  Behandlung  einer  Ovarienkyste  mit  L  von  Jod  von 
Loewenhardt.    XVI.  241. 

Inoculation  des  mütterlichen  Organismus  mit  den  Eigen- 
thümlichkeiten  des  väterlichen  durch  den  Foetus  von  Harvey. 
XXXin.  241. 

Insertion  des  Eies.  Superfotation,  Menstruation  im  An- 
fange der  Schwangerschaft  von  Duncan.    VII.  48. 

Instrumente,  neue,  zur  Operation  der  Blasenscheidenfistel 
(siehe  Blasenscheidenfistel),  zur  Anbohrung  fibröser  Uterus- 
gesch^vülste  (siehe  Fibroide). 

Intestinalirritation  im  Wochenbett  von  Churchill.  IV.  77. 

Intoxication  zweier  Schwangeren  mit  Holzleuchtgas  von 
Breslau.    XHL.  449. 

Intrauterinal-Polyp,  voluminöser.  Spontanes  Austreten 
in  die  Scheide.    Entfernung  durch  die  Ligatur  von  BipolL    X.  64. 

Intrauterinspeculum  von  Jobert  de  Lamballe.    11.  604. 

Inversio  uteri.  109  Fälle  von  Crosse.  XXXTT.  120.  — 
Durch  Exstirpation  geheilt  von  Higgens.  XXXIII.  396.  —  Fall. 
VL  384,  —  Entfernung  mittels  der  Ligatur,  Tod  von  Coats. 
VI.  390.  —  Nach  der  Geburt  von  Borham.  VII.  221.  —  Fall 
von  Hamon.    VIII.  296.  —  Tödtlicher  von  Jaeger.    VIII.  374. 

—  Fall  von  vollständiger  I.  u.  nach  12jähriger  Dauer  geheilt 
von  Smith.  XII.  69.  —  Fall  von  Verity.  XIV.  240.  —  Repo- 
sition eines  seit  15  Jahren  invertirten  Uterus  von  White.  XV. 
313.  —  Vollständige  I.  u.  innerhalb  6  Jahren  geheilt  von  Bocken - 
thal.  XV.  313.  ,—  Exstirpation  eines  invertirten  Uterus  mittels 
des  Ecraseur  von  M'  Clintock.  XV.  314.  —  Ueber  Coincidenz  von 
Polyp  und  I.  von  Gurlt.  XVI.  11.  — .  2  Fälle  von  I.  von 
Brandt.  XV.  90.  —  Ueber  I.  u.  lenta  completa  unter  Zugrunde- 
legung eines  betreffenden  Falles  von  Beck.  XVI.  106.  —  L  u., 
vollständige,  nach  einem  Abortus  im  4.  Schwangerschaftsmonat; 
Reposition  nach  6  Tagen  von  Woodson.  XVII.  68.  —  Statistische 
Untersuchung  der  Ursachen,  der  Pathologie  und  der  Behandlung 
dei  I.  u.  von  Charles  Lee.    XVTI.  68. 

Inversio  vesicae,  Afterverschluss,  Cloakenbilduog  und 
Hydrorrhachis  bei  einem  Kinde  von  Friedlaender.    VII,  243. 

Joddämpfe  gegen  Brustkrebs.    Gaz.  des  h6p.    V.  161. 

Jodkali  als  Antigalacticum  von  Rousset.    XHI.  382. 

Jodquecksilber.  Behandlung  der  Syphilis  bei  Schwangeren 
mit  Jod  von  Bertin.    XITT.  382. 

Irresein  durch  Schwangerschaft  zu  heilen.  Gegen  dies 
Vorurtheil  von  Aibers.    I.  76. 

D* 


Ln  Sachregister. 

1 8 ehr 8  Sool-  und  Salzdampfb&der  in  Franenkrankheitai 
von  Brenner.    XXXTTT.  189. 

Käsen  der  Kinder.  Ueber  das  K.  von  Müller.  XXXm. 
107.  267. 

Kaiserschnitt  mit  unglücklichem  Erfolge  von  MartinL 
XXXn.  426.  —  K.  nach  dem  Tode  der  Matter  zur  Bettung  des 
Kindes  von  Pelago.  Ibid.  —  K.  unter  Anwendung  des  Chloro- 
form mit  Erfolg  für  Mutter  und  Kind  von  Hamier.    XXXIII.  1. 

—  K.  mit  Erfolg  bei  einer  Mehrgebärenden   wegen  Knochen- 
erweichung von  Goodmann.    XXiälL  103.   —   Von  Campbell. 

—  Von  Goodmann.  Ibid.  258.  —  K.  nach  deutschen  Grundsätzen 
vollzogen  von  Sack.  I.  466.  —  K.  Fall  mit  folgendem  Tode  der 
Mutter  von  Stoltz.  II.  310.  —  Wiederholter  K.  Fall  von  Galcwski. 
n.  311.  —  Fall  mit  tödtlichem  Ausgange  für  Mutter  und  Kind 
von  Vogler.  II.  312.  —  K.  einer  Todten  mit  glücklichem  Aus- 
gange für  das  Kind  von  La^Eurgue.  II.  313.  --  K.  nach  dem 
Tode  der  Mutter  von  Clemens.  EU.  326.  —  E.  bei  osteomalaci- 
schem  Becken  mit  glücklichem  Erfolge  für  Mutter  und  Kind  von 
Pagenstecher.  IV.  1.  —  Fall  von  Beckenexostose,  die  den  K.  be- 
dingte von  Behm.  IV.  12.  —  Auch  ein  Wort  über  den  Boccker'- 
schen  K.  von  Lehmann.  IV.  167.  —  K.  mit  glücklichem  Erfolge 
für  Mutter  und  Kind  von  Hamer.  IV.  229.  —  Fall  von  Angulo. 
IV.  307.  —  K.  an  einer  in  der  88.  Schwangerschaftswoche  apo- 
piektisch  Gestorbenen.  Eztraction  eines  lebenden  Kindes  von 
Walter.  V.  179,  —  Vereinigung  der  Wunde  nach  dem  K.  von 
Pillore.  V.  217.  —  K.  oder  Kephalotripsie.  V.  301.  —  K.  zum 
zweiten  Male  an  derselben  Frau  ausgeführt  und  Zusammenstellung 
der  in  der  ersten  Hälfte  unseres  Jahrhunderts  veröffentlichten 
analogen  Fälle  von  Stoltz.  VI.  182.  —  Zum  dritten  Male  glück- 
lich ausgeführt  von  Winckel.  VI.  298.  —  K.  Zweimal  an  der- 
selben Frau  ausgeführt  von  Mermas.  VII.  140.  —  2  Fälle  mit 
glücklichem  Ausgange  von  Ferrario.  VII.  148.  —  Die  An- 
wendung des  Chloroform  bei  einem  K.  von  Damman.  IX.  149 
—  K.  an  einer  lebenden  Frau.  2  Fälle  an  Verstorbenen  von  | 
Wallstein.  IX,  441.  —  K.  an  einer  Lebenden  von  Martin.  X.  ; 
23.  —  K.  an  einer  Lebenden.  Lendenwirbelbogeneinschaltnng  als  { 
neue  Ursache  einer  Missgestaltung  des  Beckens  mit  drei  winklicher 
symmetrischer  Hutform  und  absolut  indicirtem  K.  während  einer 
urämischen  Eclampsie  von  Braun.  X.  306.  —  K.  zum  dritten 
Male  bei  einer  Frau  von  Merinas.  X.  379.  —  K.  an  einer  Lebenden 
mit  Rettung  des  Kindes  von  Aberle.  XI.  66.  —  Becken  Verengung, 
Querlage,  missgltickte  Wendung  und  Embryotomie,  K.  Tod  von 
van  Goudower.  XI.  467.  —  K.  mit  glücklichem  Erfolge  für 
Mutter  und  Kind  von  Groesbeck.  —  K.  von  Freericks.  Ibid. 
461.  462.  —  K.  mit  glücklichem  Erfolg  für  Mutter  und  Kind  von 


Sachregister.  LIII 

Daclos.  Xn.  78.  —  K.  bei  osteomalacischer  BeckenverenguDg 
und  E.  bei  rhachitischer  Beckenverengong  und  K.  bei  osteo- 
malacischer Beckenverengung,  zum  zweiten  Male  an  derselben 
Frau  ausgeführt,  von  Pagenstecher.  Xu.  161.155.  -  Unglücklicher 
Fall  von  Simon.  XIV.  26.  ~  Referat  über  zwei  von  Meissner 
1858  verrichtete  K.  nebst  epikritischen  Beflexionen  von  Meissner. 

XIV.  257.  —  Perforation  der  Tuba  bei  einer  Schwangeren,  Pe- 
ritonitis, Tod,  Kaiserschnitt,  von  Wagner.  XIV.  436.  —  üeber 
den  K,  von  Martin.  XV.  8.  —  Fall  von  Murphy.  Ibid.  469.  — 
K.  an  einer  Todten,  von  Paasch.  XVI.  27.  —  Ueber  13  K.  von 
Winckel.  Ibid.  401.  —  K.  mit  unglücklichem  Ausgange  bei  ver- 
engtem Becken  und  Verwachsung  des  Uterus,  von  Birnbaum. 
Ibid.  402.  —  K.  von  Andrieu.  Ibid.  478.  —  K.  bei  halistereti- 
schem  Becken,  von  Winkel,  XVTT.  27,  —  Bei  halisteretischem 
Becken  mit  glücklichem  Erfolg  für  Mutter  und  Kind,  von  Winkel. 
XVII.  29.  —  K,  mit  glücklichem  Ausgange,  von  Gliszynski.  Ibid. 
81,  —  K.  nach  dem  Tode  der  Mutter.  Acad.  de  m^d.  de  Paris. 
XVni.  896.  —  K,  nach  dem  Tode,  von  Mattei.  Ibid.  402.  — 
K.,  zwei  Stunden  nach  dem  Tode  ausgeführt,  von  Lemariey. 
Ibid.  —  K.  nach  dem  Tode,  von  Otterburg.  Ibid.  404.  —  K.  an 
Todten,  von  Schwarz.    ÄVIU.  Suppl.  121. 

Kalkablagerung  in  Lunge,  Leber  und  Nierenkapsel  einer 
Frucht,  von  Hüter.    X,  311. 

Katheterisation.  Ueber  die  uterinale  K.  mit  Darm- 
saiten in  ihren  Beziehungen  zur  Erweckung  der  künstlichen  Früh- 
geburt, von  Braun.  XLLl.  380.  —  Ueber  das  Einlegen  des  Ka- 
theters in  den  Uterus  als  wehenerregendes  Mittel,   von  Rejnier.  ^ 

XV.  467.  - 

Kauterisation.  Ueber  die  methodische  K.  zur  Heilung 
der  Dammrisse  und  der  eingerissenen  Mastdarmscheidewand,  von 
Cloquet    VI.  148. 

Kautschuk.  Neue  Instrumente  aus  vulkanisirtem  K.,  von 
Varnout.  I.  78.  —  K. -Tampon,  über  die  Anwendung  des 
Brown*schen,  von  Weber.    XI.  731  — 

Kephalotripsie.  Ueber  K.  und  Perforation  und  Modifica- 
tion  des  Kephalotribes ,  von  Breit.  y'Xxm.  96.  -—  K.  oder 
Kaiserschnitt.  V.  801,  —  K.  und  Perforation,  von  Faye.  IX. 
224.  —  Von  Hennig.  XTTI.  40.  —  Geschichtliche  Beiträge  zur 
Lehre  von  K.  und  Kephalotriben,  von  Hüter.  XTV.  297.  334.  — 
K.  und  Perforation,  von  Spoendli.    XV.  321.  und  XVII.  197.     ' 

Kephalopelvimeter.  Kopf-  u.  Beckenmesser  von  A.  Martin. 
VI.  146. 

Keuchhusten.    Ueber  denselben  von  Landras.    Xxxiii 
271.  —  Behandlung  des  K.,  von  Pidduck.    Ibid.  —  Die  Vaccina 
gegen  K.,  von  Lachmund.    Ibid.  — ■  Das  Aetzen  der  Schleimhaut 
des  Larynx  '  mit  Arg.  nitr.,  von  Watson.    Ibi<}.  —  Kaffeeaufguss 
mit  Zucker  gegen  den  K.,  von  Guyot.    Ibid.  272.  —  Emphysem 


JÄV  SachregiBter. 

des  HaLses  nach  K.,  von  Herapath.  Ibid.  —  Ammmiiak  gegen 
K.,  von  Levrat  Perroton.    XXXIIL  237.  — 

Kiestein  im  Urin  als  Beweis  der  Schwangerschaft,  von 
Golding.    XXXn.  439. 

Kind  mit  zwei  Köpfen,  von  Niess.  I«  433.  —  Athmen  nad 
Schreien  eines  im  unversehrten  Ei  gebomen  Kindes,  voo  Hüter. 
Vm.  65.  ~ 

Kindbettfieber.    S.  Puerperalfieber. 

Kindesbewegungen  im  dritten  Monate  wahrgenommen,  von 
Cramoisy.    XI.  220. 

Kindskopf.  Ueber  verschiedene  Methoden  der  Verkleiiie- 
rung  des  K.  bei  der  Geburt,  von  Martin.    XVII.  103. 

Kinderkrankheiten-,  die  1848  in  Berlin  herrschend  gewe- 
senen, von  Henoch.    XXXm.  239. 

Kindslagen,  Kopf-  u.  Beckenlageu  des  Kindes  vor  und  bei  der 
Geburt.  Ueber  die  Ursachen  der  K.-B.,  von  v.Eitgen.  XXXI.  1.  — 
Behandlung  regelwidriger  Kindeslagen,  von  Hoffimann.  XXXHI. 
131.  —  Windegeburt  bei  Achsellagen,  von  Jungmann.  Xxxiii. 
135.  —  Ueber  die  Ursachen  der  Lagen  des  Fötus,  von  Simpson. 
XXXTTT.  247.  —  Zwei  Fälle  von  Knielagen,  von  Elsaesser.  Ibid. 
256.  —  Austreibung  in  der  Schulterlage,  von  Simpson.  Ibid.  — 
Ueber  Schulterlagen,  von  Wright.  L  465.  —  Kindslage,  unge- 
wöhnliche, von  Zwillingen,  von  Duhamel.  I.  465.  —  Ueber  den 
Mechanismus  der  3.  und  4.  Gksichtslage,  von  Flügel.  I.  78.  — 
Warum  ist  der  Sücken  des  Sandes  beivorliegendem  Kopfe  häu- 
figer nach  links  als  nach  rechts  gewendet?  von  v.  Ritgen.  IL 
4.  —  Warum  stellt  sich  die  Frucht  so  unverhältnissmässig  oft 
mit  dem  Kopfe  voraus  zur  Geburt?  Beitrag  zur  Beantwortung, 
von  Battlehner.  IV.  419.  —  Die  Fruchtlagen  und  ihre  Verwand- 
lungen, von  Spöndli.  V.  475.  —  Zur  Aetiologie  der  norma- 
len K.,  von  Kristeller.  V.  401.  -—  Die  Frucht -Stimlage  und 
Zange  mit  veränderlichem  Schlosse,  von  Richard.  VI.  183.  — 
Querlagen  des  Kindes  und  ihre  Bedeutung,  von  Melzer.  VI.  139. 
Ueber  Scheitellagen  von  Gouriet  VII.  54.  —  Ueber  die  K. 
im  Uterus,  von  Völkers«  IX.  213.  —  Kopflagen.  Die  Moti- 
virung  der  normalen  K.,  von  Cohen.  X.  387.  —  Schulterlage  mit 
Vorfall  eines  Armes,  von  Birnbaum.  XI.  329.  —  Schulterlage 
von  Wendrikowsky.  XI.  219.  —  K.  von  Zwillingen,  von  Bart- 
scher. XIV.  49.  —  Ueber  die  Gesichtslagen,  von  v.  Siebold.  XV. 
837.  —  Aeussere  Wendung  bei  Q.  der  Frucht,  von  Martin.  XVI. 
1.  —  Ueber  die  Anwendung  der  Zange  bei  Gesichtslagen,  von 
Martin.  XVI.  9.  —  Zangenentbindung  bei  Gresichtslage ,  von 
Grenth.  XVI.  5.  —  Ueber  einen  seltenen  Mechanismus  bei  Gro- 
sichtslagen  von  Braun.  XVII.  157.  —  Stirnlagen  von  Spaeth. 
Ibid.     237.  —  Stirnlagen  von  Helly.     XVIII.   SuppL  208.  — 

Kindesmord.  Untersuchung  wider  die  Dienstmagd  B.  we- 
gen K.,  von  Vezin.    XVI.  277. 


Sachregister.  LV 

Kleinheit  des  Uterus.  Präparat,  von  Coley.  XXXII. 
480.  — 

Klinik.  Die  gehortshiilfliche  K.  in  Marburg,  vom  17.  Aug. 
1883  bis  Ende  1848,  von  Hüter.  XXXI.  69.  177.  u.  809.  XXXII. 
17.  166.  316.  —  Climcal  reports  of  ovarian  and  uterine  diseases 
von  Bobert  Lee.  I.  817.  —  K.  der  Geburtshülfe  und  Gynäk,, 
vonChiari,  Braun,  Spaeth.  I  471.  UI.  153.  V.  309.  —  K.,  die 
geburtshülfliche,  der  Universität  in  Berlin,  von  Busch.  III.  361. 
486.  IV.  61.  121.  197.  273.  863.  -—  Abhandlungen  und  klinische 
Mittheilungen  aus  dem  Gebiete  der  Geburtshülfe,  von  Simpson.  VI. 
396.  —  Bericht  über  die  Leistungen  der  geburtshülflichen  K.  zu 
Würzburg,  vom  1.  Nov.  1863  bis  31.  Oct.  1856.,  von  Schmidt. 
Xm.  143.  —  K.,  geburtshüHiche,  in  Jena,  von  Martm.  VI.  432. 
—  Xn.  216.  —  K.,  geburtshülfliche,  des  Prof.  Braun  in  Wien. 
Allgemeine  Ergebnisse  in  der  K.  im  Jahre  1858,  von  Madurowicz. 
XV.  398.  XVI.  898.  XVII.  74,  —  IL,  geburtshülfliche,  in  Prag, 
von  Streng,  Vm.  56.  —  K.,  geburtshülfliche,  der  Josephs-Aka- 
demie in  Wien,  von  Spaeth.    X.  471.  — 

Klinische  Vorträge  über  Geburtshülfe,  von  Cred^.  EI. 
311.  393.  V.  219.  —  Klinische  Vorträge  über  sp.  Pathol.  und 
Ther.  des  weiblichen  Greschlechts,  von  ELiwisch,  fortgesetzt  von 
Scanzoni.    VII.  63.  — 

Knickungen  des  Uterus.    S.  Uterusknickungen. 

Knieellenbogenlage,  Erinnerung  an  die  Entbindung  in 
der  EL,  von  Költsch.    X,  16. 

Knielagen:  s.  Kindeslagen« 

Knochenbildung,  mangelhafte,  eines  Neugeborenen,  von 
Uhle.    XVn.  480. 

Knochenbrüche  des  Foetus.  Zwei  Fälle  von  Danyau.  m. 
161.  —  Ueber  K.,  von  Broca.    VTI.  223.  — 

Knochenbrüchigkeit,  angeborene,  bei  einem  neugebore- 
nen Kinde,  von  Schmidt.    XIV.  426. 

Knochenkern.  Ueber  die  forensische  Bedeutung  des  K. 
in  der  unteren  Epiphyse  des  Oberschenkels  der  Neugeborenen, 
von  Boehm.    XII.  477. 

Körper,  fremder,  in  der  Vagina  und  in  det  Harnblase,  von 
Jobert,    VI.  68. 

Kohlensäure,  als  Mittel  zur  Einleitung  der  künstlichen 
Frühgeburt,  von  Scanzoni.  VIIL  51.  —  Ueber  die  Wirkung  der 
K,  auf  die  Motilität  des  Fruchthalters,  von  Braun.  Vm.  367.  — 
Bemerkungen  über  die  K.,  als  lokales  Anästheticum  bei  Uterin- 
krankheiten, von  Simpson.  Vm,  376.  —  Kohlensäuredouche, 
Einwirkung  der  K.  auf  den  Uterus.  Gaz.  h^dom.  IX.  465.  — 
Kohlensäure,  als  Mittel  zur  künstlichen  Einleitung  der  Früh- 
geburt, von  Scanzoni.  X.  310.  —  Versuche  mit  K.  an  trächtigen 
Kaninchen,  von  Breslau  und  Vogel.    XII.  478. 


LVI  Sachregüter. 

Kolpolater  der,  ein  gjnäko  -  balneologiBches  InBtranent, 
von  Spengler.    XVL    320. 

Kopfabschneider.  Ob  K.-  und  Bamp&erstückler  noth- 
wendig  sind  und  es  nicht  besser  wäre,  die  Veranlassung  ihres 
Gebrauches  zu  beseitigen,  von  Hohl.    XI.  218. 

Kopf  blutgeschwulst.  Behandlung  der  K.,  von  Nevermann. 
XXXin.  266.  —  3  Fälle  von  Vogler.    Ibid.  — 

Kopflagen.    S.  Kindeslagen. 

Kopfstellungen.  Betrachtungen  über  die  Ursachen  der 
verschiedenen  K.  des  Foetus  auf  dem  Beckeneingange,  von 
Mattei.    Vn.  68. 

Krämpfe,  bei  Schwangeren,  von  Spengler.    VI.  427. 

Kranioklasma,  klinische  Vorträge  über  K.,  von  Simpson. 
XVn.  474. 

Krebs  undFibroid  des  Uterus,  mehrere  Fälle,  von  Ballard. 
XXXTTT.  397.  —  K.  der  Beckenknochen  als  Geburtshindemiss, 
von  Martin.  VI.  227.  —  Krebsaffectionen  des  Muttermundes,  von 
Johns,  vn.  143.  —  Krebs  der  Blase  des  Uterus  und  der  Va- 
gina, von  Cooke.  VII.  226.  —  Isolirter  Uteruskrebs,  von  Mon- 
ceaux.  IX.  225.  —  Geburt,  complicirt  mit  Cardnom  des  Gebär- 
mutterhalses u.  s.  w.  von  Spiegelberg.  XI.  110.  —  Der  Gebärmut- 
terkrebs, von  £.  Wagner.  XIII.  169.  —  Von  Breslau.  XDI.  443. 
—  Isolirter  Scheidenkrebs,  von  Martin.  ÄVll.  321.  ~  K.  im 
Douglas'schen  Baume  mit  zahlreichen  Metastasen,  von  v.  Beck- 
linghausen.   XVm.  95.  — 

Kreislauf.  Beobachtungen  über  den  Zustand  der  Fotal- 
kreblaufswege  bei  Neugeborenen,  von  Elsaesser.  I.  77.  —  Zur 
Anatomie  des  fötalen  K.,  von  Langer.    X.  385.  — 

Kreuz-  und  Steissbein.  Vollständiger  Mangel  des  K. 
bei  einem  Neugebomen,  von  Werthheim.  IX.  127.  —  Die  me- 
chanische Bedeutung  des  Beckens,  besonders  des  K.,  von  Spiegel- 
berg.   Xn.  140. 

Kreuzbeinfistel.  Fall  von  angebomer  K.,  von  Steincke. 
XXXni.  104. 

Kreuzdarmbeinfuge  und  die  Schambeinfuge  des  Menschen 
von  Luschka.    V.  136. 

Kuhmilch.  Einige  Mittheilungen  über  die  chemischen  Ver- 
hältnisse der  K.,  von  Hoppe.    XTV.  185. 

Kysten-Entartung  in  beiden  Ovarien  und  Punktion  durch 
die  Vagina,  von  Schnetter.    V.  76. 

Kysten.  Behandlung  der  angebornen  K.  des  Halses  mit 
Jod  Injection,  von  Rouz.    Vm.  463. 

Kystengeschwulst,  angeborene,  zusammengesetete,  der 
Sacroperinäalgegend,  von  Martin  vorgelegt.    XVHI.  S.  1. 

Kystenhjgrom,  zwei  Fälle,  in  der  Sacroperinäalgegend, 
von  Strassmann.    XVIIL  130. 


Saehregitter.  LVII 


Labitom.    Schneidezange,  von  v.  Ritgen.    VI.  404. 

Lfthmung.  Muskel-  und  Gesichts -L.  durch  Zahnreiz,  von 
Fliess.  XX?mJL  275.  —  Ueber  essentielle  L.  bei  Kindern,  von 
Richard.  Ibid.  276.  —  L.  während  der  Schwangerschaft  und 
nach  der  Entbindung,  von  Helffl;.    IV.  269.  — 

Lagerung  der  Gebärenden  bei  Vorfall  der  Nabelschnur, 
von  Kiestra.    Vm.  874. 

Lageveränderungen  des  nicht  schwangeren  Uterus,  von 
Bell.  XXXn.  436.  —  Ueber  die  Retroversio,  von  Simpson 
XXXn.  437. — Lageveränderungen  des  Uterus  und  Anschwellungen, 
von  Baud.  XXXm.  393.  —  Von  Dübois.  Ibid.  894.  —  Von  Deville. 
Ibid.  —  Von  Rigby.  Ibid.  —  Von  Edwards.  Ibid.  —  Zwei 
Fälle  von  Bond.  Ibid.  395.  —  Von  S.  Lee.  Ibid.  —  Kalte 
Douchen  bei  L.,  von  Fleury.  Ibid.  —  Lageabweichungen  und 
Formveränderungen  des  Uterus  und  ihre  Behandlung  mittels 
Aufrichtungs- Instrumente.  Verhandlungen  der  Akademie  der 
Medizin  in  Paris.  IV.  370.  —  On  the  displacements  of  the 
Uterus  by  Duncan.  VII.  163.  —  Von  Becquerel.  IX.  466.  X. 
315.   ~   Ueber  angeborene  L.  der  Baucheingeweide,  von  Hüter. 

X.  384.  —  Ueber  L.  des  Uterus,  von  Virchow.  Xm.  168.  — 
Ueber  L.  des  Uterus,  über  Pessarien  und  über  das  utero-perinae- 
ale  Pessarium,  von  Piorry.    XV.  393. 

Laryngismus  stridulus,  Glottitis,  Spasmus.  Bei  diesen 
Leiden  sollen  die  Eänder  ins  Freie  gebracht  werden,  von  Rober- 
ton.  XXXUI.  272.  —  Die  erste  Ursache  des  L.  st  ist  Zahnreiz 
von  Fairbrother.    Ibid.  — 

Leben  der  Neugebomen  ohne  Athmen,  von  Maschka.  FV. 
233.  —  Bemerkungen  von  Lafargue  und  D^granges,  von  Maerklin. 
XV.  310. 

Lebensdauer,  mittlere,  der  Brustkrebskranken,  von  Paget. 

XI.  71.  — 

Leberkrankheiten.  Ueber  L.  im  Foetus  von  Friedleben* 
XXXm.  238.  268.  —  Leber-  und  Milzentzündung  und  Ver- 
grosserung  bei  Kindern  7  Fälle,  von  Battersby.  XXXUI.  268. 
—  Leberearcinom  bei  Neugeborenen  als  Geburtshindemiss ,  von 
Noeggerath.  IV.  458.  —  Fall  von  angeborenen  faserigen  Binde- 
gewebsneubildungen  mit  innerer  Verfettung  und  Krystallbildung 
in  der  L.,  der  Dura  mater  und  Glandula  Thymus,  von  Lehmann. 
IX.  168. 

Lehrbach  der  Gkbartshilfe ,  von  Scanzoni.  XXXI.  255.  — 
Von  Nägele,  n.  156.  IV.  473.  —  Von  Krause.  IV.  142.  --  Von 
V.  Siebold.  IV.  287.  —  Für  Hebammen,  von  Martin.  \T  156.  — 
Von  Hohl.  VI.  229.  302.  —  Für  Hebammen  in  Hannover.  VE. 
284.  —  Der  Krankheiten  der  weiblichen  Sezualorgane,  von  Scan- 


USnn  Saofaregister. 

aoni.  IX.  289.  —  Von  Braun.  XI.  228.  -  Von  Spaeth.  XL 
316.  —  Von  Clay.  XI.  407.  —  Lehrbuch  der  Geburtshülfe,  Ton 
Hyemaux.  XI.  407.  —  Von  Spiegelberg.  XI.  472.  ^  L-  der 
Hebammenkunst  von  Schnitze.    XViU.  407. 

Lendenwirbelbogeneinschaltung  als  neue  Ursache 
einer  angeborenen  Beckenmissgestaltung  mit  dreiwinkliger  sym- 
metrischer Hutform  und  einem  absolut  indicirten  Elaiserschnitt 
an  der  Lebenden  während  einer  urämischen  Eclampsie,  von 
Braun.    X.  306. 

Leucorrhoe.  Gegen  Uterin-L.,  caustische  Injectionen  in 
den  Uterus,  von  Debenney.  XXXm.  400.  —  L.  in  pathologischer 
und  therapeutischer  Hinsicht,  von  Smith.  11.  21.  —  Verfahren 
gegen  die  einfache,  nicht  symptomatische  L.  von  NAaton.  X.  289. 

Li  enteric  der  Kinder,  von  Trousseau.    XXXm«  268. 

Ligaturträger.  Ein  neuer  Ligatur-  oder  AetzmitteltrSger 
von  Didot.    VIII.  232. 

Linea  alba.  Üeber  Qiloasma  uterinum  und  die  braun- 
gelbe Färbung  der  Linea  alba  bei  Schwangeren,  von  Elaaesser. 
L  76.  — 

Liquor  ferr.  muriat.  Anwendung  des  L.  bei  Haemor- 
rhagie,  von  Schreier.    V.  461, 

Lithopaedion.  Zur  Geschichte  des  L.,  von  Albers. 
XVn.  42. 

Lochialsecret,  über  das  physiol.  Verhalten  des  L.,  von 
Wertheimer.    XVIH.  Suppl.  216. 

Lordosis  congenita,  wahrscheinlich  bedingt  durch  eine 
Verschiebung  des  Körpers  des  letzten  Lendenwirbels  auf  die 
vordere  Fläche  des  Kreuzbeinwirbels  nebst  Bemerkimgen  über 
die  Mechanik  dieser  Beckenformation,  von  Robert.    V.  81. 

Luft,  die  Lehre  von  der  L.  im  menschlichen  Eie  von  C. 
C.  Hüter.  X.  65.  —  Eindringen  von  L.  in  das  Peritonaeum 
durch  den  Uterus  und  die  Tuben,  von  Guillier.  X.  240.  —  In- 
strument, um  Luft  in  die  Lungen  Neugebomer  einzublasen, 
von  Wilson.    XVI.  72.  — 

Lumbarlordose  in  geburtshülflicher  Beziehung,  von  Birn- 
baum.   XI.  36. 

Lungen.  Ueber  das  künstliche  Aufblasen  der  L.  Neuge- 
bomer, von  Eulenburg.    XXXHI.  104. 

Lungenemphysem.  Fall  von  vesiculärem  L. -Emphysem 
bei  einem  achtzehn  Wochen  alten  Foetus,  von  Schnitzen.  XXXTTT. 
104.  —  Zur  Frage  über  das  Vorkommen  eines  intrauterinen 
L.,   von   Hecker.    XTV.  476. 

Lungen -Entzündung  des  Foetus.  Beobachtungen  von 
Hüter.    X.  280. 

Lupus  vulvae  exulcerans  geheilt  von  Martin.  XVHI. 
348.  —  L.  V.  hypertrophicus,  von  Lorent.    Ibid.  360.  — 


Sacbreguter.  LIX 


Macrocephalus  an4  Microcephalos,  von  Leopold. 
XXXm.  349. 

Magenschleimhaut.  Eigenthümliche  Elntartung  der  M. 
bei  einem  Elinde,  von  Hecker.    VIL  241. 

Mangel  des  Uterus,  Zwei  Fälle  von  Beer  und  Jaeger.  ^ 
Fall  von  ZiehL  —  Fall  von  Oldham.  XXXm.  392.  —  Fall  von 
Heyfelder.  V.  156*  —  M.  d.  U.  und  rudimentäre  Bildung.  Ueber- 
sicht  über  21  Fälle,  von  Thudichum.  V.  278.  —  Fall  von  Haffner. 
Ibid.  460.  —  Von  dem  Mai^el,  der  Verkümmerung  und  Ver- 
doppelung der  Gebärmutter  u.  s.  w.,  von  Kussmaul.  XV.  69.  — 
Fast  vollständiger  M.  der  Nabelschnur,  von  Sdafer.  VH.  61.  — 
Völliger  M.  des  Uterus  und  der  Vagina  von  Samter.  XVI.  80.  — 

Manie  mit  Uterusleiden  verbunden.  Zwei  Fälle  von  Lever. 
XXXm.  397.  —  M.  puerperarmn  mit  Versuch  zum  Selbstmord, 
von  Birnbaum.    I.  239.  — 

Mania  hysterica  intermittens  geheilt  durch  ^Ichdiät 
von  Marc^.    IX.  156. 

Mark  schwamm  des  Ovarium.  Geschwürshöhlen  mit  dem 
Rectum  communicirend,  von  Mackmurdo.    IV.  308. 

Masern-Epidemie  auf  den  Farröm  1846,  von  Fannum. 
XXXm,  240. 

Mastdarm.  Anfiillung  des  M.  als  Geburtshindemiss  von 
Bulke.  XAXIU.  262.  —  Ein  Fall  von  abweichender  Ausmündung 
des  M.  und  gänzlichem  Fehlen  der  Hamorgane  von  Maurer. 
XVm.  86. 

Mastdarmvorfall.  Pathologische  Anatomie  und  Therapie 
des  M.,  von  Behrend.    XXXm.  239. 

Mastitis.  Abortivbehandlung  der  M.  durch  Bepinseln  mit 
Acidum  nitricum,  von  Blaschko.    m«  231. 

Meconium.    Ueber  das  M.,  von  Foerster.    XU.  399. 

Medicamente.  Uebergang  der  M.  in  die  Milch  der  Säu- 
genden und  in  den  Foetus,  von  Schauenstein  und  Spaeth«  XIV. 
164.  — 

Medullarsarcom.  Ezstirpation  eines  M.  aus  der  Uterus- 
höhle, von  Mayer,  xm.  179.  —  M.-Krebs  an  der  Vaginalportion 
und  Schwangerschaft,  von  Lumpe,    XVII.    317.  — 

Meningen-  und  Cerebral-Phlebitis,  von  Ducrest. 
XXXTT.  312. 

Meningitis  tuberculosa  mit  Erweichung  und  Verhärtung 
des  Gehirns.  Fall  von  Guttmann.  XXXHI.  237.  —  M.  t.  bei 
Kindern.  Behandlung  mit  Ung.  Tart.  stib.,  von  Hahn.  Ibid.  274* 

Menorrhagie,  äusserst  hartnäckige  M.  bei  vollständig 
retroflectirten  Uterus,  geheilt  durch  Einspritzung  von  Liq.  ferri 
sesquichlorati  in  den  Uterus,  von  Breslau.    X.  274. 


LX  Sachregister. 

Menstruation.  Ueber  Menstrualretention  von  Bemntz. 
xxxii  429.  —  Vicariirende  M.- Blutung,  von  Blodig.  Ibid.  ~ 
Ueber  die  anatomischen  Verhältnisse  der  M.,  von  MeckeL 
XXXni.  887.  —  Drei  Tage  anhaltender  Schlaf  statt  der  IL,  von 
Villartay.  Ibid.  889.  —  Austritt  des  Menstrualblutes  aus  einer 
grossen  Wunde  des  Beines,  Von  Hamoir.  I.  154.  —  M.  während 
der  Schwangerschaft  und  das  Säugen  menstruirender  und  kranker 
Frauen,  von  Helfft.    I.  240.   —   Zur  Lehre  von  der  M.  und  Be-  j 

fruchtnng,  von  Bischoff.  m.  805.  --  M«  und  Superfotation  von 
Ounkan.  m.  465.  —  Identität  der  M.  mit  der  Brunst  der  Thiere, 
von  Alt.    lY.  85.  —  Beobachtung^  über  die  Zeit  des  Wieder-  j 

eintritts  der   M.    nach  Entbindimgen,    von  Langheinrich.     lY.  | 

189.  —  Die  Theorieen  der  älteren  und  neueren  Zeit  über  die 
M.,  von  Schauer.  V.  94.  —  Ueber  die  Bedeutung  der  IL  bei 
den  Alten,  von  Alt.  VI.  161.  —  M.  im  Anfange  der  Schwan- 
gerschaft, Superf5tation  und  Insertion  des  Eies,  von  Duncan. 
Vn«  48.  —  Vicariirende  M.- Blutung  aus  den  Fusszeheu.  IX. 
150.  —  Ueber  die  M.  während  der  Schwangerschaft,  von  Elsaes- 
ser. X.  148.  —  M.  in  Oesterreich,  von  Szukits.  X.  453.  — 
Ueber  den  Werth  der  die  Ursachen  der  M.  erklärenden  Theo- 
rieen von  Giraudet.  XU.  155.  —  M.,  zurückgehalten  durch 
Verschluss  des  Uterus  und  Hymen,  von  Picard.  XII.  240.  — 
Die  Bedeutung  des  Menstrualprocesses  und  seiner  Anomalieen 
für  die  Entwickelung  und  den  Verlauf  der  psychischen  Störun- 
gen, von  Schlager.    XII.  896. 

Metritis  acuta  bei  Ungeschwängerten,  von  Mikschik. 
VI.  882. 

Metritis    chronica.     Zur  Symptomenlehre  der  M.,    von  | 

Jacobowics.    X  476.  J 

Metrolymphangitis.    Seröse  Infiltration  in  der  Cellulosa  I 

submucosa  bei  an  M.  Gestorbenen,  von  Betzius.    n.  153.  I 

Metroperitonitis    mit    Beckenabscessen ,    von    Schmidt  I 

XXXn.  144.  I 

Metrophyseterion,  neues  Instrument,  Arzneistoffe  in  den  i 

nicht  schwangeren  Uterus  zu  bringen,  von  Kilian.    xxxiii.  400.  j 

Metrorrhagie.  Ueber  M.  von  Newnham.  XXXII.  434.  — 
Mehrere  Fälle  von  Hirsch.  XXXHI.  65.  —  Stillung  einer  durch 
örtliche  Anwendung  von  Ergotin,  von  Eoyen.  Ibid.  92.  —  M. 
in  Folge  von  Anheftung  der  Placenta  am  Mutterhalse.  Ueber  die 
M.  und  die  Wirkung  des  Opiums  und  Tampons  hiergegen,  von 
Venet    XXXlH.  96.  —  M.  nach  der  Geburt  in  Folge  einer  Aus-  | 

dehnung  der  Harnblase  und  erst  nach  Entleerung  derselben  durch 
den  Catheter  gehoben,  von  Berg,  ^xxiil  258.  —  M.  Thlaspi 
bursa  pastoris  dagegen,  von  Vanoye.  xxxiTT.  897.  —  Zwei 
Fälle  durch  Injeetionen  von  kaltem  Wasser  geheilt  von  Chavasse 
und  Tyler.  Ibid.  —  Heilsame  Wirkung  eines  lauen  Bades  gegen 
M.,  von  Malgaigne.     I.   240.    —   M.  nach  einem  Abortus  durch 


Sachregister.  LXI 

Tamponade  und  Injectionen  von  warmem  Wasser  gestUlt,  von 
Trousseau.  IV.  136.  —  M.  im  Wochenbett.  Drei  Fälle  von  Hecker. 
Vn.  1.  ~  M.  und  heftige  Sjncope  nach  äusserlicher  Anwendung 
des  Chloroform  auf  die  Uteringegend,  von  Clemens.  VII.  39.  — 
M.,  ihre  Ursachen  und  Folgen,  von  Nourse.    XVni.  Suppl.  224. 

Metrorrhoe.  Die  seröse  M.  der  Schwangeren,  von  Chas- 
sinat.    XV.  464. 

Microcephalns  und  Macrocephalus,  von  Leopold. 
XXXm.  349. 

Milch.  Ueber  die  Gerinnbarkeit  der  menschlichen  M. ,  von 
Moore.  XXXIII.  260.  —  Untersuchung  der  M.,  von  van  Bueren. 
Ibid.  261. 

Milz-  und  Leberentzündung  und  Vergrösserung  bei  Kin- 
dern.   7  Fälle  von  Battersby.    XXXIII.  268. 

Missbildungen.  Fehlerhafte  Oeburt  durch  M.  des  Fötus, 
von  Abtgo.  V.  146.  —  M.,  angeborene  des  menschlichen  Rindes, 
von  Meissner.  X.  416.  —  Die  M.  des  Menschen,  systematisch 
dargestellt,  von  Förster.    XVin.  Suppl.  286. 

Missbildung  der  Geschlechtstheile.  Ein  Fall  vonLipthay. 
XI.  224. 

Missbildung  der  Blase.  Congeni&l  eztrophy  of  the  uri- 
nary  bladder  and  its  complications  successfully  treated  by  a  new 
plastic  Operation,  von  Kaufmann.    XTV.  196. 

Missgeburt.  Beschreibung  einer  M.,  von  Leopold.  XXXII. 
13.   —   Geburt  eines  Monstrum  von  Lesauvages.    XXXII.  443. 

—  M.  Geburt  einer  doppelleibigen  Frucht  von  Teljer.  XXXQI. 
263.  —  Zwei  Fälle  monströser  Zwillinge,  von  Poland.  Ibid.  ■— 
Ueber  Entstehung  von  M.,  von  v.  Ritgen.  VI.  1.  —  M.,  kopf- 
lose, deren  theilweise  vorhandene  Kopfhaut  mit  dem  Amnion  an 
der  Placenta  verwachsen  ist,  aus  Gaz.  m^d.  VIL  223.  —  Be- 
schreibung einer  M.  (Acrania  mit  Spina  bifida),  von  Virchow. 
X.  2.  —  Beschreibung  einer  synotischen  M.,  von  Guerdan.  X. 
176.   —  Ein   zweiköpfiges   Monstrum,  von   Loescher.     XI.   482. 

—  M.  Angeborner  hochgradiger  Defect  sämmüicher  vier  Extre- 
mitäten, fehlendes  Schwanzbein,  und  zurückgebliebene  Schwanz- 
verlängerung bei  einem  lebenden  Neugebornen,  von  Stadthagen. 
XVI.  321.  —  M.  mit  strangartigem  Band,  welches  den  linken 
Unterschenkel  einschnürte,  von  Danyau  und  B^aud.  XVm. 
Suppl.   217. 

Mittheilunge. n  aus  der  schwedischen  Litteratur,  von  v.  d. 
Busch.  XXXI.  378.  —  M.  aus  der  geburtshülflichen  Praxis, 
von  Werthheim.  11.  121.  -~  M.,  geburtshülfliche^  von  Feist.  lU. 
161.  und  241.  —  M.  von  Sturm.  Ibid.  410.  —  M.,  geburtshülf- 
liehe,  von  Spoendli.  IV.  43.  ->  Von  Mertens.  XI.  220.  —  Von 
Leopold.  XIV.  68.  —  M.  aus  Edinburg,  von  Aman.  XVI.  390. 
M.  aus  der  geburtshülflichen  Klinik  in  Würzburg,  von  v.  Franqne. 
XVn.  894.  und  XVm.  Suppl.  210.  — 


LXn  Sachregister. 

Mohnkopfabkochang  gegen  Praritus  vulvaey  von  Balbo. 
VI.  154. 

Mole.  Traaben-M.  neben  normal  entwickeltem  Ei^  von  Hilde- 
brandt   XVm.  224.  — 

Monstrum.    S.  Missgeburt. 

Morbus  Brightii  bei  einer  Frau  in  zwei  auf  einander 
folgenden  Schwangerschaften.  Heilung  von  der  ersten,  Tod  in 
der  zweiten  Krankheit.    Section,  von  Hafner.    IX.  227. 

Morphium.  Fahrlässige  Vergiftung  eines  neugeborenen 
Kindes  durch  M.,  von  v.  Siebold.    XVI.  60. 

Mutterhals.  Verzögerung  der  Geburt  durch  Krankheit 
des  M.,  von  Hennig.  XXXTTI.  47.  —  Entzündung  des  M.,  von 
Rigby.    IX.  162.  —  S.  auch  Collum  uteri. 

Mutterkorn.    Siehe  Seeale. 

Mutterkränze.  2  Fälle  von  seit  langer  Zeit  zurückge- 
bliebenen M.  von  Leopold.  XHI.  357.  S.  Pessarium  und  Hy- 
sterophor. 

Mutterkuchen«    Siehe  Placenta. 

Mutter mäler  der  Kinder.  Behandlung  der  gefassrelchen 
M.  von  Scharlau.    XXXJTI.  235. 

Muttermund,  der,  der  Erstgebärenden  am  Ende  der  Schwan- 
gerschaft von  Hüter.  XIV.  33.  —  Bösartige  Geschwulst  des  M. 
von  Arnott.  XXXTTf.  262.  —  Rigidität  des  M.  von  Laborie. 
XXXin.  252. 

Mutterpflichten,  die,  um  die  erste  Kindespflege  u.  s.  w. 
von  V.  Ammon.    IX.  318. 

Mutterröhrenentzündung  und  Erguss  des  eiterigen  Se- 
crets  derselben  in  die  Bauchhöhle  als  eine  Ursache  der  Bauch- 
fellentzündung bei  Wöchnerinnen  von  Martin.    XIU.  11. 


W, 


Nabelblutung  bei  einem  8  Tage  alten  Kinde  durch  Gips- 
brei gestillt  von  Hill.  XXXIH.  104.  -^  N.  nach  dem  Ab&ll  de# 
Nabelschnurrestes  von  Roger.  H.  426.  —  Ueber  die  freiwilligen 
und  secundären  N.  der  Neugeboruen  von  Grandidier.  XV.  152. 
—  Ueber  spontane  N.  von  Foster  Jenkins.    XV.  64. 

Nabelbruch  mit  dem  schwangeren  Uterus  als  Inhalt  von 
Murray.  XIV.  161.  —  N.  in  dem  der  schwangere  Uterus  lag 
von  L^taud.    XIV.  474.  —  Von  Murray.    Ibid.  475. 

Nabelgefässe.  Ueber  das  Zurüdkziehen  der  N.  und  den 
sie  ersetzenden  bänderigen  Apparat  von  Robin.  XTTT.  i46.  — 
N.- Entzündung  der  Neugeboruen  von  Mildner.    XXXHI.  105. 


Saefaregiater.  LXUI 

Nabelschnur,  vorgefaUene.  Instroment zur  Zurückbringiuig 
der  N.  von  Stephens.  XXXII.  426.  —  677«  Zoll  lange  N.  von 
Neugebauer.  XXXIU^  266.  —  Strangulation  des  Foetus  durch 
achtfache  Umschlingung  der  N.  um  den  Hals  von  Cred^.    I.  33. 

—  Beitrag  zur  Lehre  über  die  Behandlung  der  vorgefallenen  N. 
von  Finke.    I.  487.   —    N.- Umschlingung  von  Gray.     HL  151. 

—  N.  -  Umschlingung  bei  Zwillingen  von  Soete.  Ibid.  236.  — 
N.-Eiterung  beim  Abfallen  von  Meckel.  Ibid.  386.  —  Beposition 
der  vorgefallenen  N.  von  Seydeler.  Ibid.  433.  —  Torsion  der  N. 
von  Noeggerath.  lY.  136.  —  Fast  vollständiger  Mangel  der  N« 
von  Sclafer.  VII.  61.  —  Ausserordentliche  Länge  der  N.  von 
Bouz.  yni.  148.  —  Statistische  Ergebnisse  über  N.  von  Schreiber. 
Vin.  855.  ~  Umschlingung  der  N.  von  Zwillingen  von  Neumann. 
XIII.  380.  —  Umschlingung  als  Gkburtahindermss  von  Kaufinann. 
Xiy.  175.  —  Morphologie  der  menschlichen  N.  von  Neugebaaer. 
Xiy.  317.  —  Nabelschnurdntck  und  Hirndmck  von  Franken- 
häuser. XV.  354.  —  Vorfall  der  N.  und  Behandlung  von  Theopold. 
XVL  894. 

Nabelschnurgefässe.  Geburt  eines  Kindes  durch  die  N. 
von  Hüter.    Vm.  324. 

Nabelschnurgeräusch,  das,  bestreitet  Beck.  XXXTI. 
425.  —  Von  Spoendli.  Hl.  198.  —  Untersuchungen  über  die 
Erkenntniss  und  den  Werth  von  Devilliers.  HI.  284.  —  Fall 
von  Massmann.  IV.  81.  —  Beitrag  zur  Lehre  von  der  Ent^ 
stehung  und  Bedeutung  des  N.  von  Schmitt  XI.  460.  —  N.« 
Nabelschnurdruck  und  Hirndruck  von  Frankenhäuser.    XV.  354. 

Nabotsche  Drüsen.  Beitrag  zur  Geschichte  der  Anatomie 
und  Pathologie  der  Uterusschleimhaut,  der  Decidua  und  der 
N.  D.  von  Bobin  und  Bemerkungen  von  v.  Bitgen.  XXXITI. 
145.  289. 

Nachgeburt    Siehe  Plaeenta.  . 

Nachgeburtsgeschäft.  Die  Lehre  vom  N.  von  Clemens. 
HL  15.  —  Störungen  des  N.  von  Spiegelberg.    XVH.  477. 

Nächkrankheiten.  Bemerkungen  über  die N»  des  Wochen- 
bettes von  Mikschik.    VHI.  291. 

Nähren  der  Kinder  während  der  Menstruation  und  Schwan- 
gerschaft; von  Jouz.  I.  157.  —  Das  Säugen  menstruirender  und 
kranker  Frauen  von  Helfft    I.  240. 

Nahrungsmittel  entwöhnter  Kinder.  Der  Saft  von  Daucus 
carotta  von  Gumprecht.    XXXHI.  262. 

Nates  duplices  von  Költsch.    X.  82« 

Negrities.  Angebome  partielle  Hautfiirbung  von  Billi. 
V.  147. 

Nervencentren.  Experimentelle  Untersuchungen  über  die 
N.  und  die  Bewegung  des  Uterus  von  Spiegelberg.    XI.  817. 

Nervus  ischiadicus.    Ueber  Mitleidenschaft  des  N.  i.  in 


LXIV  SachregMter. 

den  Terscbiedenen  physiologischen  und  padiologiscben  Zastlnd«n 
des  Uterus  von  Meissner.    VII.  317. 

Neuralgia  lumbo  abdominalis,  die  eine  Krankheit  des 
Uteras  simnlirt  von  Valleiz.    XXXII.  136. 

Neuralgie  des  Matterhalses  und  deren  Behandlung  tod 
Malgaigne.  XXXII.  430.  —  N.  ischiadica  puerperalis.  2  gdieihe 
Fälle  von  Puttaert.  XXXm.  93.  —  N.  der  Vulva  von  Simpsoa 
XIV.  69. 

Neurom  e.  Hamröhrencarunkeln  >  N.  der  Vulva  —  Hyper* 
lUthesie  und  Neuralgie  der  Vulva  von  Simpson.    XIV.  69. 

Nieren.  Geburtshindemiss  durch  ausserordentliche  Ver- 
grösserung  der  N.  des  Fötus  von  v.  Siebold,  IV.  161.  —  Gebuiti- 
störung  durch  fötale  Rystennieren  von  Kancow.    Xm.  182. 

Nux  vomica.  Tct.  nuc.  vomic'  gegen  Erbrechen  der  Schwan- 
geren von  Hoffmann.    XXXII.  442. 

Nymphomanie.    Fall  von  Faber.    IX.  466. 


O. 


Obliteration.  Ezulceration  und  0.  der  Milchgaage  von 
Bouchut.  m.  476.  —  0.  des  Cerviz  in  Folge  fehlerhaften  Ge- 
brauchs von  Caustids  von  Rigby.    X.  879. 

Onanie.    Untersuchung  kleiner  Mädchen.    XVIII.  112. 

Onopordon  acanthium.  Medidnische  Erfiahmngen  über 
Carduus  mariae,  Carduus  benedictus  und  O.  a.  von  Lobad). 
XII.  317. 

Operationen  im  Fache  der  Geburtshülfe  und  Gynäkologie 
im  Verlaufe  von  36  Jahren  ausgeführt  von  Meissner  sen.  DL  19. 
—  Operationum  in  arte  obstetricia  ezaminatio  critica  et  historica 
a  Pernice.    IX.  393. 

Ophthalmie  der  Neugebomen.  Behandlung  durch  Angen- 
douche  von  Chassaignac.  V.  296.  —  Behandlung  von  FoviUe 
Xn.  818. 

Ossificirte  Suturen  als  Geburtshindemiss  von  KöHsdi. 
X.  14. 

Osteomalacisches  Becken  von  Lange.  U.  426.  —  Osteo- 
malacia  cerea  von  Kilian.  VII.  447.  —  Vorkommen  der  O.  io 
Gummersbach  von  Breisky.    XVlll.  Snppl.  207  —  Siehe  Becken. 

Ovarien.  Seltner  Fall  von  Entartung  der  0.  von  Zimmer- 
mann.   XI.  74. 

Ovarien-Colloid.  Ezstirpation  eines  grossen  O.-C.  von 
Scansoni.    in.  390. 

Ovarienentzündung  von  Tilt.  XXXITT.  401.  —  O.-Col- 
loid  von  Pagenstecher.    Ibid.  •—   0.  -  Greschwulst  in  Folge  eines 


Sachregister.  ,  liXV 

Starses  geborsten,  Peritonitis  Tod  von  Bird.  Ibid.  403.  —  O.- 
Wassersacht    Fall  von  Kennion.    Ibid. 

Ovariengeschwttlst  Heilang  von  Bühring.  XXX1I.487. 
—  Die  0.- Wassersucht  Behandlung  von  Tut  Ibid.  —  O.-G. 
complicirt  mit  Schwangerschaft  von  Tunalej.  V.  164.  —  Erfolg- 
reiche Operation  einer  12  Jahre  alten,  21  Pfund  schweren,  eine 
umfangreiche  Knochenmasse  enthaltenden  O.-G.  von  Bradford. 
y.  388.  —  Tumor  ovarii  als  Geburtshindemiss.  Fall  von  Hecker. 
Vm.  393.  —  T.  o.  von  Pesch.  IX.  93.  —  0.,  beträchtliche, 
aus  10  Embriosäcken  bestehend  von  Alquid  X.  888.  —  0.  mit 
Ascites  durch  einen  grossen  Einschnitt  des  Abdomen  und  In- 
jection  in  den  Peritonaealsack  geheilt  von  Peaslei.  X.  890.  — 
Entfernung  einer  0.  mittels  des  Ecraseur  von  Atlee.  XUI.  148.  — 
Znsammenstellung  von  26  meist  in  London  ausgeführten  Operatio- 
nen Eur  Radikalheilung  von  O.-G.  von  Franque*    XVI.  S27. 

Ovarienhydatiden.  Tod  durch  Zerplatzen  der  0.  von 
Trautwein.    XXXH.  128. 

Ovarienkrankheit  mit  erfolgreicher  Behandlung  von  Irwin. 
IV.  308. 

Ovarienkysten  mit  Haaren,  Zähnen  und  Knochen  bei 
einem  16  Jahr  alten  Mädchen  von  Helfft.  XXXIU.  225.  —  Be- 
handlung der  0.  mit  Jodinjectionen  von  Duplay.  I.  316.  —  0. 
von  Levin.  11.  164.  —  Bericht  über  die  Section  einer  O.,  die 
Hirn  enthielt  von  Gray.  IV.  310.  --  Excision  von  Ovarienge- 
Bchwülsten  von  Erichsen.  IV.  313.  —  lieber  die  operative  Be- 
handlung der  0.  besonders  über  den  Nutzen  der  Jodinjectionen 
zur  Kadikaiheilung  des  Hydrops  ovarii  von  Fock.  VII.  332.  — 
Spontane  Ruptur  einer  0.  Heilung  von  Marchand.  IX.  166.  — 
Discussion  in  der  Akademie  der  Medicin  in  Paris  über  die  Be- 
handlung der  0.  IX.  298.  —  Voluminöse  0. -Function  und 
Anlegung  einer  permanenten  Fistel,  Jodinjection,  Tod,  Autopsie 
von  Dolbeau.  IX.  309.  -—  Brief  an  die  Akademie  über  Behand- 
lung der  0.  von  Leroy  d'Etioles.  IX.  311.  -—  Einzellige 
0.  durch  eine  Jodinjection  geheilt  von  Pignaut  IX.  311.  — 
Ueber  einen  merkwürdigen  Fall  von  O.  mit  intercurrirender 
Schwangerschaft  von  Barth.  IX.  311.  -—  Tubo-0.  von  Bichard. 
X.  389.  ->  0.  von  Eulenberg.  XI.  68.  -—  0.  bei  einer  Wöchnerin 
in  Folge  spontaner  Ruptur  und  Entleerung  durch  den  Dickdarm 
geheilt  von  Lumpe.  XH.  240.  —  Spontane  Entleerung  in  die 
Blase  von  Ulrich.  XIII.  166.  —  Anatomie  und  Pathologie 
der  O.  von  Spiegelberg.  XIV.  101.  200.  —  Ruptur  der  Kyste, 
Besserung,  Wiederanfüllung,  Tod  von  Barry.  XIV.  163.  — 
Zur  Kenntniss  der  einfachen  0,  und  ihre  Behandlung  von  Thomas. 
XIV.  384.  —  2  Fälle  von  0«,  geheilt  durch  Ovariotomie,  mit 
einem  Versuche,  die  Operation  zu  rechtfertigen  von  Miller.  XTV. 
470.  —  Ueber  die  chirurgische  Behandlung  der  0.  von  Uetten- 
hoeven.  XV.  317.  —  Einkammerige  O. ,  geheilt  durch  Function 
Monatflschr.  f.  Qobartak.  1861.  Bd.  XVIII.   ßuppl.  £ 


LXVI  Sachregister. 

und  Jodinjectionen  von  OiUi.  XYl.  31*.  —  Tod  nach  Behandlang 
einer  0.  mit  Jodinjection  von  Loewenhardt.  XVI.  241.  —  Ver- 
gleichende Diagnostik  der  GeschwaUte  des  Bauchs  mit  O.  ron 
Boinet.  XVI.  317.  —  Zur  Diagnose  der  0.  von  Graily  Hewitt. 
XVn.  817.  —  Fall  von  Kugelmann.  Ibid.  328.  —  Vielfächerige 
0.,  dreimalige  Function,  Ovariotomie,  Adhäsionen  mit  der  Leber. 
Heilung  von  Spencer  Wells.  Ibid.  392.  —  O.  36  Mal  die  Func- 
tion gemacht  von  Bertrand.    XVIII.  388. 

Ovarienschwangerschaft.    Fall  von  Hein.    XXXIH.  95. 

—  Fall  von  Willigk.    XIV.  473. 

Ovarienwassersucht.  Fall  von  Kenniou.  XXXIH.  403. — 
0.  geheilt  durch  ulcerative  Eröffnung  der  Kyste  in  die  Harnblase 
von  Bennet  Ibid.  404.  —  Behandlung  dnrch  Druck,  Function 
und  Diuretica  von  J.  Brown.    Ibid.  405.  —  Fall  von  Lever.    Ibid. 

—  Differentielle  Diagnose  zwischen  0.  und  Ascites.  Med.  Times. 
Xn.  318.  —  Ueber  die  Behandlung  der  0.  durch  Function  und 
Jodinjectionen  von  Scanzoni.  XIV.  78.  —  Radikale  Heilung 
einer  0.  durch  einmalige  Function  von  Steinthal.    XTV.  373. 

Ovaritis  periodica  von  Huss.  IX.  143.  —  0.  folliculosa. 
Peritonitis,  Heilung  von  Rakiborsky.    Ibid.  153. 

Ovariotomie.  Alle  seine  Fälle  berichtet  Southam.  XXXU. 
130.  —  O.  mit  glücklichem  Erfolge  von  VauUcgeard.  XXXH. 
438.   —  2  Fälle  mit  glücklichem  Erfolge  von  Clay.    Ibid.  439. 

—  Unglücklicher  Fall  von  Southain.  Ibid.  —  0.  Für  dieselbe 
spricht  Crouch.  XXXIH.  403.  —  0.  bei  einem  Mädchen  von 
24  Jahren  mit  Erfolg  ausgeführt  von  Knorre.  Ibid.  ~  O.  mit 
Erfolg  von  Stilling.  Ibid.  -  O.-Tod,  Section  von  Teale.  IV. 
311.  —  Fall  von  Howie.  V.  152.  —  O.  bei  erkranktem  Ovarium 
von  Howie.  Ibid.  —  Ein  Fall  von  Greenhalgh.  Ibid.  153.  — 
Uebersicht  über  29  Fälle  von  O.  aus  der  eignen  Praxis  von  Atlee. 
VI.  281.  —  Von  Mercier.  Ibid.  287.  —  Fälle  von  Dunlop.  Ibid. 
288.  —  Von  Craigs.  Ibid.  289.  —  Bei  Ovarium  -  Geschwülsten. 
The  Lancet.  Ibid.  290.  —  Fall  von  Garrard  VH.  487.  —  Ueber 
0.  von  Hasselt.  IX.  221.  —  Tödtlicher  Fall  von  Black.  Ibid. 
313.  —  0.  und  ihre  Resultate  von  Clay.  X.  151.  —  Zu- 
sammenstellung von  61  in  Deutschland  ausgeführten  oder  ver- 
suchten 0.  von  Simon.  XII.  74.  —  Zahl  der  in  Ohio  aus- 
geführten 0.  von  Hamilton.  XIV.  470.  —  0.  in  Ohio  von  Hamilton. 
XVI.  224.  —  8  Fälle  von  0.  nebst  Betrachtungen  über  die  Mittel, 
die  Mortalität  nach  jener  Operation  zu  verringern  von  Wells. 
XVI.  225.  —  0.  von  Spencer  Wells.  XVH.  393.  —  0.  von  Tamer. 
XVIII.  86. 

Ovulation.  Ueber  die  Fortdauer  der  0.  während  der 
Schwangerschaft  von  Scanzoni.    XVT.  150. 


Sachregister.  LXVII 


Paraceutese  verwirft  Cox  bei  Hydrops  ovarii  und  empfiehlt  . 
Kirkpatrik.    XXXU.  131. 

Paralyse.  Ueber  fanctionelle  P.  einiger  Bewegungsnerven 
des  Rückenmarks  bei  Kindern  von  Coley.    XXXTTT.  108. 

Paraplegie  bei  Kindern  in  Folge  scrophulöser  Geschwülste 
innerhalb  der  Wirbelsäule  von  Wiener.    XXXTTT.  285. 

Parasiten,  pflanzliche,  als  Ursache  entzündiich-ezsudativer 
Krankheitssymptome  auf  der  Schleimhaut  der  weiblichen  Qenitalien 
von  Küehenmeister.    IX.  284. 

Parthenogenesis,  wahre,  u.  s.  w.  von  C.  v.  Siebold.  IX.  472. 

Partus  in  vaginam  bei  völliger  Verwachsung  der  Scheide 
von  Moritz.  Xin.  60.  —  P.  praematurus.  Embryotomie  von 
Faye.    XV.  164. 

Pemphigus  des  Qebärmutterhalses  von  Joulin.    XVII.  479. 

Perforation  bei  Beckenenge,  über  die,  von  Proebsting. 
XXXn.  426.  —  P.  ist  der  Kephalotripsie  vorzuziehen  von 
Stersens.  Ibid.  427.  —  Fall  von  Proebsting.  Ibid.  —  Ueber  P. 
und  Kephalotripsie  und  Modification  des  Kephalotribes  von  Breit. 
XXXm.  96.  —  Nach  der  P.  die  Vollendung  der  Geburt  der 
Natur  überlassen  von  Kilian.  XXXm.  99.  —  P.  und  Kephalo- 
tripsie von  Faye.  IX.  224.  —  P.  und  Kephalotripsie  von  Hennig. 
Xin.  40.  —  P.  und  Kephalotripsie  von  Spoendli.  XV.  821. 
XVH  197. 

Perforation  der  Tuba  bei  einer  Schwangeren,  Peritonitb, 
Tod,.  Kaiserschnitt  von  Wagner.    XIV.  436. 

Perinaeoplastik  von  Biefel.    XV.  401. 

Peritonitis  als  Folge  von  Ovaritis  folliculosa.  Heilung 
von  Raciborsky.  IX.  163.  -^  Ueber  P.  in  Folge  purulenter  Ent- 
wicklung der  Eileiter  von  Foerster.  XV^  890.  —  Intrauterine, 
Nekrose  und  Abstossung  der  oberen  Epiphyse  der  Tibia  von 
Richardson.    XV.  464. 

Pessarium,  ein  von  Bonneels  gefertigtes,  modificirt  von 
Varlez.  XXXI.  262.  —  Ein  P.  von  Porzellan,  von  Schofield. 
XXXI.  486..—  Medicamentose  P.  und  Vorschrift  hierzu,  von 
Dorvault*  XXXIH.  97.  --  P.,  20  Jahre  zurückgehalten.  Fall 
von  V.  Burrows.  XXXIII.  391.  —  P.  von  Gutta  percha,  von 
Ritschie.  Ibid.  401.  —  Entfernung  eines  alten  P.,  von  Hecker. 
IX.  96.  —  Ueber  das  utero-perinaeale,  von  Piorry.  XV.  393.  -- 
Von  Simpson.    XVI.  479. 

Phlebitis  des  Gehirns  und  der  Meningea,  von  Ducrest. 
XXXn.  812.  —  P.  cruralis  puerperalis,  von  Clemens.  VI.  241. 
—  Phlebitis  umbilicalis.  Entzündung  und  Vereiterung  bei- 
der Submaxillar-  und  Sublingual-Speicheldrüsen ,  von  Schulze. 
VII.  17.  —  Ein  Präparat  von  septischer  P. ,  von  Senf  leben. 
XIII.  414. 

E* 


Linrni  Swshregirter. 

Pleginasia  alba  doleuB  pnerperarum.  Fall  von  Bertyn. 
XXXin.   212.    —    Chronische    P.   des  Uterus,   von   Becquerel. 

XV.  69.  - 

Phlegmone  periuterina.  Ueber  Ph.  p.y  von  GaUard. 
V.  292.  —  Bdiandlong  der  chronischen  Ph.  in  der  Umgebung 
des  Uterus,  von  Gosselin.  VIII,  228.  —  Phlegmone  peri-uteriBa. 
Punktion  durch  die  Scheide  mit  einem  neura  Instrument.  Hei- 
lung von  Demarquaj.  X.  64.  ~  Untersuchungen  über  P. 
periuterina,   von    Bernutz    und   Goupil.    Ibid.  147. 

Pincement  der  Vagina.  Ueber  die  Behandlung  des  Pro- 
lapsus uteri  und  das  Pincement  der  Scheide,  von  Däsgrange«. 
n.  284. 

Placenta,  die  angewachsene,  ist  im  vierten  Geburtsseitraum 
KU  erkennen,  von  Rüchenmeister.  XXXIII.  265.  —  EinMckung 
der  P.  entsteht  nur  durch  krankhafte  Zusammenziehung  des 
Muttermundes  von  Dupuis.  XXXQI.  96.  —  Placenta,  doppelte, 
bei  einer  Erstgebärenden,  die  nur  mit  einem  Rinde  schwanger 
gewesen,  von  Retzins.  II.  68.  —  Das  Einsacken  der  P.  an  dem 
Schambeinkamme,  von  Betz.  IV.  266.  —  Entwickelung  der  P., 
von  Virchow.  V.  217.  ^  Ueber  den  tiefen  Sitz  der  P.  und  über 
die  Ausschliessungszeit  der  P.,  von  v.  Ritgen.  VI.  266.  —  Ab> 
lösen  der  P.,  von  Rombach.  VIII.  62.  —  P.  von  Drillingen, 
von  Domerc.  XI.  405.  —  P.  Fehlerhafte  Anheftung  der  P., 
von  Dubois.  XII.  160.  —  Entfernung  der  P.  in  den  ersten 
Schwangerschaftomonaten  mittels  Ausreissen  (Evulsion),  von  Gibba. 

XVI.  80.  —  P.  Zweckmässige  Entfernung,  von  Credd    XVn. 
274.    —    Von   Abegg.    XVIII.   264.  — 

Placentablutungen.  Ueber  die  Verhütungen  der  P.  von 
Guillard  Thomas.    XV.  161. 

Placentamessungen,  fortgesetzte,  von  v.  Ritgen.   X.  321. 

JPlacental-Polypen.  Ueber  die  Nosogenie  der  intraute- 
rinen P.,  von  Braun.    XVII.  161. 

Placenta  praevia.  Behandlungsweise  der  P.,  von  Simp- 
son. XXXII.  422.  —  Beobachtungen  hierüber,  von  RoesseL 
XXXII.  423.  —  Drei  Fälle  von  Blutung  vor  der  Geburt  bei  P., 
von  Barnes.  XXXII.  424.  —  Ueber  P.  von  Ockel.  XXXn.  424. 
—  P.  p.  centralis,  wegen  Blutung  entfernt,  von  Skinner.  •—  Drei 
Fälle  von  Gieske.  XXXIII.  256.  —  P.  p.  bei  Uterus  bicornis 
mit  Zwillingen.  Fall  von  Hohl.  I.  73.  —  P.  p.  insbesondere, 
nebst  Untersuchungen  über  den  Bau  der  Placenta  im  Allgemei- 
nen und  deren  Verbindung  mit  dem  Uterus,  von  Holst  II.  81. 
161.  241.  328.  476.  und  lU.  34.  -  P.  p.  c.  Fall  von  Spengler. 
III.  268.  —  Entbindung  bei  P.  p.  c,  von  Clemens,  in.  322.  — 
P.  p.  Abortus  ohne  begleitende  Metrorrhagie,  von  Thudichum. 
V.  174.  —  Geschichte  einer  P.  p.,  von  Spengler.  V.  181.  — 
Methode  bei  P.  p.  c,  während  der  Geburtszeit,  von  Cohen.    V. 


aaehregiiter.  FiXfX 

24t.  —  Erwiederong  auf  die  Bemerkungen  von  Cred<$  hierüber, 
von  Cohen.  VI.  41.  r—  Ueber  Cohen*8  Methode  bei  P.  p.,  von 
Hohl.  VI.  140.  —  Antwort  von  Cohen.  VI.  «94.  —  P.  p.  mit 
totalem  Fehlen  der  Nabelschnur.  Fall  von  State.  Vn.  S6.  — 
Die  numerlBchen  Verhältnisse  des  Vorkommens  von  P.  p.  in 
KurheBsen,  von  Schwarz.  VIII.  106.  -*  Oerichtsärxtliche  Bear« 
theilung  eines  Falles  von  P.  p.  zur  Feststellong  des  Verschuldens 
der  Hebamme  an  dem  Tode  von  Matter  und  Kind,  von  Schreiber. 
Vin.  886.  -^  Ueber  P.  p.  von  Denny.  VHL  873.  —  P.  p.  Zwei 
einander  ähnliche  Fälle  auf  dieselbe  Weise  behandelt,  aber  mit 
ungleichem  Ausgange,  von  Hecker.  VIII.  418.  —  P.  p.  completa 
von  Lange.  IX.  223.—  P.  p.  c,  einige  Fälle  nach  Cohen's  Methode 
behandelt,  von  Cohen.  X.  828.  — *  Zwei  Fälle  von  Spiegelberg. 
XI.  120.  —  Fall  von  Hecker.  XI.  161.  -*  Ein  Fall  von  P.  suocen- 
tuiiata  praevia  von  Künke.  XTTI.  344.  ^  Physiologie  und  Be- 
handlung der  P.  p.  von^  Barnes.  XTV.  162.  •—  Fall  von  R  p.  mit 
unglücklichem  Ausgange ,  von  Wegscheider.  XV.  1.  ^  Beiträge 
cur  Pathologie  und  Therapie  der  P.  p.,  von  Donkin.  XV.  64.  — 
Bei  Zwillingen,  von  Schnchardt    XVin.  268. 

Placentareste.    Die  P.  von  Hüter.    IX.  96.  180.  266. 

Plaeentaretention  ist  nicht  gefährlich,  von  Gerbao. 
XXXn.  426.  —  P.  Beitrag  zur  Lehre  von  der  Behandlung, 
von  Spoendli.  VL  468.  —  Fall  von  zurückgebliebener  P.,  von 
Wüstefeld.  X.  229.  —  Die  Pathologie  und  Therapie  der  P.,  von 
Hegar.  XVIU.  486.  >-  2  Fälle  von  P.  nach  unzeitigen  Qeburten 
von  Habit    XVIU.  Suppl.  216. 

Pleuritis  der  Kinder.  Ueber  P.,  von  Henoch.  XXXTTI. 
274.  — 

Pneumonie  während  der  Geburt,  von  Pilz.  XXXIT.  448. 
—  P.  der  Kinder,  von  Valleix.  XXXIII.  273.  —  Ueber  P.  Von 
Dnclos.    Ibid.  274.  — 

Pocken.  Beobachtung  eines  Falles  von  demFoetus  im  Ute- 
rus übertragenen  P.,  von  Aubebrook.    V.  78. 

Poliklinik,  geburtshülfliche  zu  Leipzig,  im  Vertheidigungs- 
kämpfe  gegen  Jörg,  von  Germann.    UL  289. 

Polyp  8.  Uterus-Polyp. 

Präp  ar at  emer  seltenen  krebsartigen  Erkrankung  des  Uterus 
von  Virchow.    X.  4. 

Präparate  von  kürzlich  im  St.  Hedwig8*Hospital  in  Berlin 
verstorbenen  Kranken,  von  Ulrich.  XV.  82.  —  Zwei  P.  von 
Wöchnerinnen,  von  Becklingshaosen«  XV.  169.  —  P.  eines  voll» 
ständig  invertirten  Uterus,  von  Langenbeck.    XV.  178. 

Praxis.  Zehn  Jahre  geburtshülflicher  P.  im  Departement 
der  Creuse,  von  Maslieurat.  I.  464.  —  Erinnerung  aus  der  ge- 
buitshülfücfaen  P.,  von  Költsoh.  X.  18.  ~  Von  Leopold.  Ibid. 
361.  —  Ein  Bild  aus  der  geburtshülflichen  P.,  von  Blankmeister. 
XVI.  66.  — 


LXX  Saeiir^^ister. 

Presssohwämme,  Der  Gebrauoh  der  P.,  von  Storer. 
XV.  319, 

ProlapsuB  uteri.  Neae  Bandage  gegen  P.,  von  Eüiaii. 
XXXI.  483,  —  P.  u.  InBtmment  snr  Zurückhaltang,  von  Beid. 
XXKlll.  396.  —  Während  der  Geburt  von  Harting.  XXXm. 
262.  —  P.  u.,  geheilt  durch  Ketroflection  von  Seyfert  I.  468.  — 
Ueber  die  Behandlung  des  P.  u.  und. das  Pincement  der  Scheide, 
von  D^granges.  11.  284.  813.  —  Neues  Verfahren,  den  Gre- 
bärmutter-  und  Scheidenvorfall  zu  heilen,  von  Schilling.  IL 
607.  rV.  819.  -—  Ueber  die  Behandlung  des  P.  u.  von  Pauli.  HL 
280.  —  P.  u.  et  vaginae  während  Sohwangerschafitund  Geburt, 
von  Houghton.  m.  466.  -r  P.  des  Nabelstranges.  Aetiologie 
und  Behandlung,  von  SeTffert  IV.  226.  —  Neues  Verfahren  bei 
P.  u.,  von  Schieffer.  VI.  884.  —  Einfluss  des  P.  u.  auf  die 
Urinwege,  von  Retadus.  IX.  74.  —  Zur  Heilung  des  P.  u.  nebst 
Beschreibung  eines  neuen  Hysterophors,  von  Eulenberg.  X.  478. 

—  P.  u.  et  vaginae,  die  Brauchbarkeit  des  Zwank'schen 
Hysterophors  und  die  Verhältnisse,  die  die  Anwendung  desselben 
erschweren  oder  unmöglich  machen,  von  Mayer.  XD.  1.  —  P. 
u.  durch  ein  grosses  Fibroid  der  vorderen  Lippe  bedingt,  von 
Breslau.  XUI.  447.  —  Ueber  die  Zurückhaltung  und  Heilung 
des  vollständigen  P.  u.  mittels  Stützapparaten,  von  Demarquay. 
XIV.  166.  — '  Heilbarkeit  des  P.  u.  durch  die  Gabanokaustik, 
von  Braun.  XIV.  286.  —  P.,  totaler,  eines  schwangeren  Uterus 
und  Beendigung  der  Geburt  mittels  der  Zange,  von  Seidel.  XV. 
816.  —  P.  u.  bei  Schwangeren  und  Gebärenden,  von  Hüter. 
XVI.  186.  269.  —  Abtragung  der  Vaginalportion  als  Mittel  sur 
Heilung  des  P.  u.  von  Scanzoni.  Ibid.  316.  —  Der  Vorfidl  der 
Gebärmutter  in  anat.  und  klin.  Beziehung  von  O.  v.  Franque. 
XVI.  400. 

Pronatio  und  Supinatio  uteri  completa,  von  Favrat 
XXXI.  247.  ~  Mehre  Fälle  von  P.,  von  Flamm.    XXXI.  248. 

Pruritus  vulvae  mit  Caladinm  Seguinum  behandelt,  von 
Scholz,    m.  810. 

Pubertät.  Früzeitige  P.-Entwickdung  bei  einem  kleinen 
Mädchen,  von  Wilson.    IV.  231. 

Puerperalconvulsionen,  Gemüthsbewegung,  von  Ra^ 
ford.  Vn.  316.  ~  Pathologie  und  Behandlung.  V.  466.  —  P.- 
Edampsie,  von  Kehrer.    XVHI.  228.  — 

Puerperalfieber.  Aetiologie  der  in  den  Gtebäranstal- 
ten  epidemischen  P.,  von  Semmelweiss.  XXXIT.  148.  u.  XVIEL 
406.  —  Ueber  P.,  von  Dubreuille.  XXXIII,  92.  —  Ueber  die 
Contagiosität  des  P.  und  seinen  Zusammenhang  mit  Rothlanf, 
von  Syme.    XXXIH.  269.  ~  Fälle  von  P.,  von  Elsaesser.    Ibid. 

—  Behandlung  des  P.,  von  Malgaigne.  Ibid.  —  Prophylacticum 
gegen  das  P.,  von  Gibbons.  Ibid.  —  P.,  das  bl>sartige,  von 
Meckel.    IV.   467.  —  Puerperal  -  Epidemie  mit  septischem  Cha- 


Sachregister.  LXXI 

racter.  Mittheilimgeo  über  P.-£.,  von  Diese.  V.  116.  —  Kind- 
bettfieber  des  Foetus  und  des  Neugeborenen,  von  Lorain.  Vn. 
162.  —  Von  Belletre.  Ibid.  —  In  der  Matemit^von  Charrier. 
Ibid.  484.  —  P.  von  Martyn.  Ibid.  486.  —  P.E.  in  Dünkirchen 
von  Zandyk.  IX.  228.  —  Erforschung  der  Ursachen  des  epide- 
mischen P.y  von  Martin«  X.  263.  —  Studien  über  die  in  der 
Charit^  vorgekommenen  P.,  von  Virchow.  XI.  4öi).  —  Ueber 
die  Contagiosität,  von  Dor.  XI.  456.  —  Verhandlungen  der  Aka- 
demie der  Medicin  in  Paris  über  P.  XII.  292.  —  Bemerkungen 
über  äie  SectionsprotokoUe  von-  17  au  P.  verstorbenen  Wöchne- 
rinnen von  Klaproth.  XIII.  161.  —  Beobachtungen  über  Kind- 
bettfieber in  der  Pfeufferschen  Klinik  in  München.    XIII.  387. 

—  Die  pathologische  Anatouiie  des  P.,  von  Buhl.  XIV.  64.  — 
Aphoristische  Bemerkungen  über   das  P.,  von  Heiss.    XIV.  66. 

—  Behandlung  des  P.,  von  Serre.    XIV.   69.   —  Diagnose  und« 
Behandlung,  von  Faje.     XV.  163.  —  Ueber  das  P.  nach  Beo- 
bachtungen im  allgemeinen  Hospital  zu  Helsingfors.    XV.  296. 

—  Betrachtungen  über  K.  nach  Lehmann's  „Rapports  de  la 
commission  d'obst^trique  commnniques  au  cercle  m^dical  d' Am- 
sterdam von  V.  Ed.  Siebold.  XVII.  336.  401.  und  XVIII.  19.  — 
Behandlung  von  Kehrer.  Ibid.  209.  —  P.  im  St  Petersburger 
Hebammeninstitute  vom  Novbr.  1868  bis  März  1869,  von  Grüne- 
waldt.    XVm.  Suppl.  928. 

Puerperalkrämpfe  als  Steigerung  der  Nervenreizung  von 
Murphy.    XXXIH.  269. 

Puerperalmanie  während  der  Schwangerschaft.  Fall  von 
Salter.    XXXH.  140. 

Pnerperalmetritis  idiopathlca,  von  Willemin.  XXXH. 
141.  — 

Puerperalmiasma.  Ueber  die  Vertilgung  des  P.  in  Ent- 
bindungsanstalten, von  Busch.    XXXH.  318. 

Pulserregung.  Ueber  die  mit  jeder  Wehe  steigende  und 
fallende  P.,  von  Martin.    IV.  460.  und  v<m  Mauer.    IV.  462. 

Py  r  0  8  i  s.  Symptom  von  Uterinleiden,  von  Boods.  XXXHI.  397. 


f    Querlagen  s.  Eandslagen. 

Quetschwunden  und  Blutung  der  weibliehen  Genitalien. 
Zwei  Fälle,  von  Spence.    X.  318. 


Reflexerscheinnng,   seltene,    bei    Schwangerschaft,   von 
CoUmann.    XI.  394. 


rfXryTr       ^  Sachr^ster. 

fiegulaior.  Ein  netter  Apparat  zur  leichteren  Scbliessnng 
der  bei  der  Anlegung  sich  werfSenden  Zangenblätter  von  Graden* 
wita.    VI.  180. 

Bepoeition  der  vorgefallenen  Nabelschnur,  von  Scydelcr. 
m.  488. 

Bespirationsbewegungen  des  Kindes  im  Uterus  durch 
Auskultation  wahrnehmbar,  von  Schultze.    X.  141. 

Betentio  mensium.  Untersuchungen  über  B.  von  Bemutz. 
XXXTTT.  388.  —  B.  urinae  beim  Fötus,  als  Geburtsstörung,  von 
Depaul.    XVI.  284. 

Betroflexio  über,  von  Safford  Lee.  XXXm.  896.  —  B. 
uteri  von  Lehmann.  Vm.  68.  —  B.  des  schwangeren  Uterus, 
während    der    Geburt,  von  Oldham.    XVin.  87. 

Betroversio  uteri.  Häufigkeit  und  Diagnose  von  Simp- 
son. XXXTT.  437.  —  B.  und  Anteversio  uteri  nie  beobachtet, 
aber  Betroflexio  und  Anteflexio  von  Deville.  —  B.  Ursache  von 
Unfruchtbarkeit  von  Bigby.  XXXTTI.  394.  -  Zwei  Fälle  von  B. 
von  Bond.  Ibid.  396.  —  B.  uteri  gravid!  des  höchsten  Grades, 
von  Cred^.  1. 396.  —  B.  u.  g.  durch  Colpeuryse  geheilt  von  Wohl- 
gemuth.  I.  410.  —  Von  Guichard.  VI.  163.  —  B.  des  schwan- 
geren Uterus  von  Bamberger.  VII.  60.  —  B.  u.,  während  der 
Schwangerschaft,  von  Guichard.  Vn.  220.  —  Fall  von  Gren- 
ser.  IX.  73.  —  Fall  von  Bamsbotham.  Ibid.  147.  —  Fall  von 
Morris.  IX.  148.  —  B.  u.  in  der  Hälfte  des  fünften  Schwanger- 
schaftsmonats nach  ftnchtlosen  Bepositionsversuqhen ,  durch  die 
Lagerung  der  Kranken  gehoben,  von  €k>de£ro3r.  X.  61.  —  B. 
u.  Zwei  Fälle  von  v.  Misley  und  Guichard.  X.  289.  —  B.  des 
schwangeren  Uterus  von  Martin.  XI.  141.  —  Fall  von  Hecker. 
Xn.  287.  —  Verfahren  der  Beposition  von  Godefroy.  XTV.  79. 
—  B.  u.  Heilung  durch  Punctio  vesicae  von  Mfinchmeyer.  XIV. 
370.  —  Ueber  die  Entstehung  der  B.  oder  Betroflexio  uteri  gra- 
vidi  von  Tyler  Smith.    XVII.  389. 

Bettung  des  Kindes  beim  Tode  der  Schwangeren  von  Lange. 
XXXn.  427. 

Bhachitis.  Klinische  Vorträge  von  Trousseau.  XXXm. 
236.  —  Ueber  den  Bau  der  rhachltischen  Knochen  von  Meyer. 
Ibid.  884. 

Bheumatismus  uteri  gravidi  von  Meissner.  •  XVIH.  39. 

Bichtung,  die  normale  des  Uterus  im  leeren  Zustande  von 
DepauL    m.  474. 

Biss,  s.  Zerreissung. 

Botationen  des  E^indskopfes  mittels  der  Zange,  von  Scan- 
zoni  vorgeschlagen,  verwirft  Moser.    XXXII.  416.  XXXIII.  834. 

Bougination.  Heilung  ehier  Blasenscheidenfistel  mittels 
ein  Mal  vorgenommener  B.  von  Spengler.    XIH.  148. 

Bücken  mark«  Einwirkung  des  B.  für  die  Oontractionen 
des  Uterus  von  Barlow.    XXXH.  426. 


Sadire^ster.  LXXIII 

Ruptur  des  Mittelfleiscbe«  und  ihr  Verhältniss  zum  Ein- 
schneiden und  Scarificiren  desselben,  von  Birnbaum.  XXXTI. 
104.  —  Raptura  uteri  spontanea  mit  angebomem  Mangel  der  Mns- 
kelwandung  einer  Seite.  Fall.  XXXII.  126.  —  Fall  mit  glück- 
lichem Ausgange  von  Praestart.  XXXII.  127.  —  R.  u.  800  Fälle 
von  Trask.  XXXII.  444.  —  Fall  des  nicht  schwangeren  Uterus 
von  Guzzo.  XXXm.  02.  —  Zwei  FSUe  wegen  Hydrocephalus 
des  Kindes  von  Simpson.  Ibid.  —  R.  der  Vagina  mit  Austritt 
des  Kindes  in  die  Unterleibshöhle  von  Knopf.  II.  421.  —  R. 
des  Scheidengewölbes  bei  der  Geburt  von  Hartmann.  VI.  141. 
—  R.  u.  von  Hafiher.  VI.  142.  —  R.,  spontane  des  Uterus,  be- 
dingt durch  Hjdrocephalus  congenitus  des  Kindes  von  Hecker. 
Vlll.  806.  —  R.,  spontane  einer  Ovarienkyste.  Heilung  von  Mar- 
chand. IX.  156.  —  Fall  vonTrast.  IX.  882.  -^  R.  u.,  während 
der  Gkburt  bei  einem  verengten  Beckeneingange,  von  Lehmann. 
XI.  226.  —  R.  u.  von  Migu^z.  Ibid.  808.  —  R.  des  Uterus 
während  der  Geburt  bei  osteomalacischer  Beekenverengerung, 
Austritt  des  Kindes  in  die  Bauchhohle,  Bauchschnitt  von  Pagen- 
stecher. Xn.  146.  —  R.  u.  und  der  Vagina.  Beitrag  zur 
Lehre  über  die  R.  u.  von  Lehmann.  XII.  408.  —  Fall  von 
Klapproth.    XIII.  4.  —  Fall  von  Kapler.    Ibid.  808. 

Ruta.  Anwendung  der  R.  bei  Mutterblutungen  von  Beau. 
Xm.  472. 


s. 

Sacralgeschwulst  bei  einer  frühzeitigen  Frucht  von  Wittig 
und  Wohlgemuth.    V.  161. 

Salivation  in  Folge  der  Kauterisation  des  Collum  uteri 
mit  Queeksilbemitrat  von  Elleaume»    XVIO.  Suppl.  227. 

Salpingitis.  Ueber  die  S.  als  Ursache  der  Peritonitis  puer- 
peralis  von  Martin.  XVll.  168.  ^  S.  puerperalis  von  Vocke. 
XV.  392. 

läanduhrzusammenziehnng  des  Uterus  vor  Ausstossung 
des  Kindes  von  Dudley.    XXXII.  448. 

Sarcina  in  den  ausgebrochenen  Massen  eines  zehnmonat- 
lichen Kindes  und  bei  der  Section  in  der  Magenflfissigkeit,  von 
Walter.    XXXIIL  267. 

Sarcoma.  Fall  von  reddivirendem  S.  in  der  grossen  Scham- 
lippe von  Simon.  XIII.  68.  —  Ovarial-S.  und  Uterusdrüsenneu- 
bildung von  Rokitansky.  XVI.  8S7.  —  Sarcoma  medulläre  des 
Uterus  und  Rectum.  Verschluss  des  letzteren,  Tod  durch  Jleus 
von  Mayer.    XVII.  186. 

Saugen  a&  den  Brustwarzen  als  Wehen  erregendes  Mittel 
von   Sickel.     m.    820. 

Saugapparat  der  Neugebornen  von  v.  Siebold.  XVIII.  234. 


LXXIV  Sachregitter. 

.    Scbambeinfage   imd   Kreuzdarmbeiiiiuge    des  MeudieD 
von  Luschka.    V.  186. 

Schädel  du  r  chm  es  ser.  Die  S.  des  Neugebornen  tod 
Spöndli.    X.  154. 

Schädeleindruck  durch  das  Promontorium  bewirkt  voo 
Nusser.    XI.  72. 

Schädelzange.  Die  Mesnard'sche  S.  jl>enutKt  zur  Ez^m. 
tion  des  Kopfes  nach  einer  Perforadon  bei  osteomalacisehen 
Becken  von  Winkel.    XVII.  292. 

SchamfugeAschnitt  von  Faucoult    XVIII.  826. 

Schanker.  Ein  Fall  von  S.  am  Uterus  von  Koliock 
XV.  476. 

Scharlach,  geheilt  durch  warme  Wasserumschläge  toi 
Bulley.  XXXIU.  276.  —  Essigwaschungen  verhüten  die  Ad- 
steckung  der  Umgebung,  von  Webster.  Ibid.  —  Ueber  S.  m 
Miller.  Ibid.  —  Ueber  dje  Wassersucht  nach  S.  von  HeUEt 
Ibid.  277.  --  Von  Behrend.  Ibid.  278.  —  S.  puerperaüs,  voü 
aemens.    V.  130. 

Scheidenbildung,  künstliche.  2  Fälle  von  de  Bsl  und 
Huystiens.    XXXIII.  98. 

Scheidenfisteln.  Neue  Methode  zur  Behandlui^  der  S. 
von  Mintum.    X.  819. 

Scheidenriss.  Tod  der  Entbundenen  durch  Darm-  und 
Netzvorfall  aus  einem  S.  in  Folge  unbefugten  Eingriffes  einer 
Hebamme  von  Rlusemaun.    VIII.  286. 

Schleimhaut  des  Uterus.  Beitrag  zur  Geschichte  der 
Anatomie  und  Pathologie  der  S.  d.  U.  und  ihres  Schleime»,  der 
Decidua  und  der  Nabothschen  Drüsen  von  Bobin  und  Bemerkungen 
von  V.  Ritgen.    XXXIII.  145.  289. 

Schliessung,  unvollkommene,  der  Vagina.  Fall  von  an- 
gebomer  S.  und  Bildung  eines  künstlichen  Blindsackes  von  Corbeu. 
V.  386.  —  Geburt,  verhindei-t  durch  Verschliessung  der  Scheide 
von  Maisonn euve.    XXXIII.  261. 

Schneidzange  (Labitom)  von  v.  Ritgen.     VI.  404. 

Schreien  der  Frucht  und  Schreien  und  Wimmenf  vor 
und  in  der  Geburt  von  Bierbaum.    XXXII.  811. 

Schröpfapparat  für  die  Port,  vagin.  von  Mayer.  IlL  232 

Schulterlage.    Siehe  Kindeslage. 

Schwalbach  in  seinen  Beziehungen  zum  chronischen  Utenor 
und  Vaginalkatarrh  von  Frickhoeffer.    XV.  428. 

Schwamm.  Anwendung  eines  cylinderförmigen  S.  bei 
Uteruskrankheiten  von  Yvaren.     V.  887. 

Schwängerung  unbewusst,  im  trunkenen  Zustande.  Fsll 
von  Roell.    XXXIII.  241. 

Schwangerschaft.  Untersuchungen  über  Harn  und  Blut  von 
Schwangeren  zur  Lehre  von  der  S.  von  Boecker.  XXXIL  489.  - 
Frühe  S.  bei  einem  Mädchen  von  11  Jahren  u.  10  Monaten.  Ihid.*^!- 


SaAbreguter.  LXXV 

•—  S.,  mehrfache.  6  Fälle,  in  denen  nur  ein  theilweiBer  Abortus 
des  einen  Foetos  erfolgt  von.  Braohet.  XXXIII.  96.  ^  Er- 
kenntniw  der  S.  in  den  ersten  Monaten  von  Majrtin.  Ibid.  246. 
S.  heilt  Irresein,  ist  ein  .Vorartheii,  Ton  Albers.  I.  76.  —  S.  in 
einem  rudimentären  Utemshom  mit  wahrscheinlicher  Wanderung 
des  Eies  ans  dem  rechten  Ovarium  in  das  linke  Uterushom  von 
Scansoni.  I.  462.  —  S.  bei  Anomalieen  des  Uterus  von  Chiari. 
in.  467.  —  lieber  Unregelmässigkeit  und  Verlängemng  der  S. 
von  Simpson  und  Beid.  IV.  71.  —  8.  durch  Uteruskrebs  bis  zum 
17.  Monat  verlängert  von  Menzies.  V.  207.  —  Die  statischen 
Phänomene  der  S.  von  Helfft.  Ibid.  266.  —  S.  oomplicirt  mit 
Hydrops  ovarii,  welche  die  künstliche  Frühgeburt  nöthig  machte 
und  im  Wochenbette  durch  Einklemmung  der  Kyste  in  einen 
8chenkelkaaal  tödtlich  endete  von  Hecker.  Vn.  98.  —  S.-Dauer 
und  Berechnung  von  Duncan.  IX.  879.  —  S.- Dauer.  Beob- 
achtungen über  die  S.  von  Elsaesser.  X.  142.  —  Heilsame  Wirkung 
der  S.  bei  Betroversio  und  Prolapsus  utefi  von  Brächet  XQ.  86. 
^  On  svangerskabtidens  Graendser  af  Bavn.  XYI.  288.  -- 
Schwangersehaftsdiagnostik  von  Hecker.  XU.  401.  —  Schwanger- 
schaft ausserhalb  der  Gebärmutterhöhle.  Beiträge  zu  der  Lehre 
von  der  8.  von  Hecker.  XHI.  81.  —  Fall  von  Cohen.  XIII. 
149.  —  S.,  dreizehnmonaüiche,  endigend  mit  der  Gebart  einer 
Blutgeschwulst  und  eines  siebenmonatlichen  Kindes  von  Clemens. 
Xni.  182.  —  S.  in  einem  rudimentären  Uterushom  von  Virchow. 
"XV.  177.  —  Aussergewöhnlich  verlaufende  Scfawangerschalk  von 
Hink.    XVn.  163. 

Schwefeläther.  Ueber  den  Gebrauch  des  S.  in  der  Ge- 
burtshülfe  von  Cottmg.    XIV.  289. 

Seeale  als  Einspritzung  bei  Fussgeburten,  wenn  der  Mutter- 
mund den  Hals  des  Kindes  umschliesst  von  CoquiUard.  XXXTTT. 
262.  —  S.  in  massigen  aber  rasch  auf  einander  folgenden  Dosen 
bei  Wehenversetsung  von  Bahn  Escher.  Ibid.  r-  S.  und  warme 
Injectionen  bei  Metrorrhagie  von  Trousseau.  I.  470.  —  S.  gegen 
Nachwehen  von  Leriche.  III.  806.  —  Wirkung  des  S.  und  der 
Mechanismus  bei  der  Geburt  anatomisch-physiologisch  von  Spitzer. 
IV.  304. 

Secret,  das,  der  Schleimhaut,  der  Vagina  und  des  Cervix 
von  Koelliker  und  Scanzoni.  VI.  69.  —  Ueber  die  S.  des  Fluor 
albus  von  Beigel.    V.  467. 

Seebäder.  Ueber  den  Nutzen  der  S.  von  Heymann. 
XXXm.  886. 

Seelen  ein  drücke.  Können  lebhafte  Eindrücke  auf  die 
Seele  der  Schwangeren  bei  ihren  Früchten  Epilepsie  erregen? 
von  Mich^.    VII.  816. 

Seitensteinsehnitt  beim  Weibe.  Fall  von  Morton.  VII.  160. 

Selbste nt Wicklung  und  ihr  Verhältniss  zur  Wendung 
von  Birnbaum.    I.  821.   —  -Zur  Casuistik  der  S.  bei  Querlagn 


h^OCVl  SadisegiBter. 

mit  naoh  vorn  gekehrter  Brastfläohe  von  Vogler.  X.  «76.  — 
Fall  von  8.  von  Metfcler.    XIV.  IW. 

Selbstaähren.  Bemerkungen  über  S.,  Ammenweeen  und 
ktnstliche  ErnKhumg  von  WegschMder.    X.  81. 

Selbstwendang.     2  Ffille  von  Elsaesser.     XXXm.  856. 

—  FÄlle  von  S.  von  Spoendli.  III.  18».  —  Fall  von  Leus. 
XVI.  66. 

Senkung  und  Einklemmung  des  Uterus  von  Mattei.  XVI.  479. 

Sitzbad.  Ueber  das  S.  bei  Frauenknmkbeiten  von  Saek. 
XI.  87. 

Sklerose  der  Placenta  von  Neumann.    XVU.  16S. 

Skrophelkrankheit  ist  mit  Tuberculosis  nicht  identisdi 
von  HA«rd.    XXXIII.  280. 

Spasmus,  Glottitis,  Larjngismus  stridulus  der  Kinder.  Bei 
S.,  G.,  L.  s.  sollen  die  Kinder  in's  Freie  gebraeht  werden  von 
Roberten.    XXXIII.  272. 

Spätgeburten.  Eintheilung  der  S.  in  wahre,  scheinbare 
und  falsche  von  Bierbaum.  XXXIII.  246.  —  S.  eines  Kalbes 
von  Schieflißr.  IV.  268.  —  S.  möglicher  Weise  durch  psydhisehe 
Einflüsse  bewirkt  von  Annun.    IX.  379. 

Speculum.  Application,  Form  und  Einrichtung  des  S.  von 
Fergussott,  von  Kennedy.  XXXI.  248.  ~  Ueber  den  Gebratteh 
des  S.  bei  der  Diagnose  und  Behandlung  von  Utemricrankhaten 
von  R.  Lee.  XXXIII.  365.  ^  Das  Milcbglas-S.  von  C.  Mayer. 
I.  159.  —  S.  für  das  Innere  des  Uterus  von  de  Liamballe.    n.  504. 

—  Bade-S.  von  Rakiborsky.    V.  305.  ~  S.  von  Neugebauer.   IX. 
75.  —  A  treatise  on  the  employment  of  the  specnlmn  by  Roh.  ^ 
Lee.  XIU.  157.  —  Das^sweckmässigsteS.  von  L.  Mayer.  XVIII.  11. 

Spina  bifida.  Ueber  S.,  Encephaloce  und  Hydroc^halus 
chronicus  von  Bohrend.    XXXm.  268. 

Spondylolisthesis.  De  S.,  gravissimae  pelvangustiae 
causa  von  Kilian.  IL  315.  --  Ein  neuer  Fall  von  Breslau.  VI. 
457.  —  Muthmassliche  S.  von  L^mann.  VII.  48.  —  Wesen  und 
Entstehung  der  S.  von  Lambl.  XJI.  65.  —  Ueber  die  Ansichten 
der  Entstehung  der  S.  mit  Beschreibung  eines  derartigen  Prä- 
parates von  Olshausen.  XVII.  255.  —  Neuer  Fall  von  8p.  des 
Beckens.  Unvollendet  gebliebene  Entbindung.  Tod  des  Kindes 
und  der  Mutter  von  Breslau.    XVIII.  411. 

Sp  r i  te  e  zu  Injectionen  in  die  Vagina  von  Beendet,    n.  504. 

Squatting  uterus.  Ueber  das  Sidisetsen  des  Utems  von 
Rigby.    Xn.  68. 

Stach elbecken.    Ueber  Kilxan's  S.  von  Lambl.    V.  461. 

Statik  des  Uterus.  Anatomische  und  pathologisch <«Ba- 
tomische  Studien  über  die  S.  d.  U.  von  Aran.    XII.  158. 

Statistik.  Geburt^ülfliche  Beiträge  eur  S.  von  Veit  V. 
344.  VL  101.  —  S.  der  operativen  Gkburtshülfe  vonRioker.    VI. 


Sachregister.  LXXVII 

8K  —  Stutistisehe  Uebersicht  der  rerschiedenen  Grebartaarten, 
ihres  Verlaufes  u.  s.  w.  von  ^chwörer.    X.  479. 

Steinkind,  das,  von  Kieser.    V.  156. 

Sterilität  der  Frauen.  Ueber  die  dieselbe  veraulasseuden 
krankhaften  Zustände  und  deren  Behandlung  Ton  Mayer.  VIII. 
818.  —  FäHe  abhängig  von  Dysmenorrhoe  und  Krankheiten  des 
Mastdarms  von  Braun,    X.  235. 

Stirn  lagen.    Siehe  Kindeslagen. 

Störung  des  Wochenbettes.  Eigenthümliche  S.  d.  W. 
von  Uerzfelder.    XXXU.  138. 

Stomatitis  materna  von  Gugin.    XVI.  158. 

Strangulation  des  Foetus  durch  achtfache  Umschiingung 
der  Nabelschnur  um  den  Hals  bei  secundär-syphilitischer  Mutter 
von  Credd  I.  88.  —  S.  durch  Knotung  der  umschlungenen  Nabel- 
schnur von  Bartscher.    XVII.  364. 

Streifen.  Ueber  die  narb^ähnlichen  Streifen  in  der  Haut 
des  Bauches,  der  Brüste  und  der  Oberschenkel  bei  Schwangeren 
und  Entbundenen  von  Credä.    XIV.  321. 

Strictur,  die  spastische  des  Muttermundes  während  der 
Geburt  hat  ihren  Sitz  im  Orifidum  internum  von  Scanzoni. 
XXXII.  421.  —  S.  des  Fundus  uteri  als  Ursache  von  Metrorrhagie 
»ach  der  Geburt  von  Dietz.  II.  1.  —  S.  des  Duodenum  bei 
einem  Kinde  von  Hecker.  VII.  241.  —  Spastische  S.  des  Mutter- 
mundes von  Domer<i.  'XI.  404. 

Strumöse  Krankheit  des  Uterus  von  Lever.  XXXII.  433. 

Sturzgeburt,  Fissura  cranü,  Cephalaematoma  externum  und 
internum  von  Olshanseu.    XVI.  38« 

Sugillationen.  Petechienartige  S.  auf  der  Oberfläche  des 
Herzens  und  der  Lungenpleura  bei  im  Bette  erstickten  Kindern 
von  Casper.    XXXIU.  241. 

Sumatra.    3  Geburtsfälle  auf  S.  von  Vogler.    XI.  66. 

Superfötation  von  Bierbänm.  XXXIII.  96.  —  Fall  von 
Thielmann.  III.  385.  —  S.  und  Menstruation  von  Duncan.  III. 
465.  --  Menstruation  im  Aufange  der  Schwangerschaft,  S.  und 
Insertion  des  Eies  von  Duncan.  VII.  46.  —  S.  von  Jobert.  Ibid. 
483.  —  Ueber  S.  von  Dumontpaillier.  VIII.  376.  —  Uterus  bi- 
comis  und  S.  von  Jacquemier.  IX.  226.  —  8.  und  Uterus  bi- 
comis  von  Barker.  Ibid.  380.  ~  S.  von  Naegeli.  X.  370.  — 
Ueber  die  Beziehungen  der  S.  zur  Zwiilingsschwangerschaft  von 
Braun.  XUI.  470.  ^  Eine  Beobachtung  gegen  S.  von  C.Braun. 
XV.  463. 

Suspensorium  perin&eale  als  Ersatz  für  Pessarien  von 
Cont^  de  Levignac.    XXXJl.  434. 

Syncope,  heftige  und  Metrorrhagie  nach  äusserlicher  An- 
wendung des  Chloroform  ai\f  die  Uteringegend  von  Clemens. 
VU.  39. 


LXXVril  Sachregister. 

Synostosis  sacro-iliaca  bei  querverengtem  Beeken  toh 
Lambl.    V.  139. 

Syphilis.  Ansteckung  zwischen  Ammen  and  Saaglingen 
von  CuUerier.  IV.  80.  —  Uebertragang  der  S.  vom  Neugebomen 
auf  die  Amme.  VIII.  464.  —  Uebertragung  der  8.  vom  Foetos 
auf  die  Matter  von  Hutchinson.  IX.  816.  —  Von  Balfoar.  Ibid. 
468.  XI.  816.  —  Einfluss  der  S.  auf  die  Schwangersdiaft  von 
Dunal.  XI.  406.  >—  Uebertragang  von  der  Amme  aufs  Kind  und 
vom  Kinde  auf  die  Amme  von  Trousseau.  Xu.  77.  —  S.  der 
Schwangeren.  Behandlung  mit  Jodquecksilber  von  Bertin.  AlJLi.883. 


T. 

Tagesstunden.  Ueber  die  T.  in  welchen  die  meisten  Ge- 
burten 2u  Ende  gehen  von  West.    I.  289. 

Tampon  ade  und  ihre  Anwendong  bei  Schwangeren,  Gre- 
bärenden  und  Wöchnerinnen  von  Jaeger.    XXXtn.  97. 

Tannin  als  blutstillendes  Mittel  von  Bühring.     IV.  469. 

Taubstumme.  Ueber  die  Ehen  und  Nachkommen  der  T. 
von  Meissner.    XIII.  47  t. 

Temperaturbeobachtungen  bei  Wöchnerinnen  von 
Hecker.    IV.  464. 

Tetanus  nach  Uterus  Verletzung  von  Mikschik.    V.  76. 

Thlaspi  bursa  pastoris  gegen  Metrorrhagie  von  Vanoje. 
XXXin.  897. 

Thränen.  Deren  prognostische  Bedeutung  bei  Kinder- 
krankheiten von  M.    XXXin.  289. 

Trans fusion.  Ueber  eine  mit  günstigem  Erfolge  bei  einer 
lebensgeföhrlichen  Intrauterin-Blutung  vollzogene  T.  von  Martin. 
XVII.  269. 

Thrombus  der  grossen  Schamlippe  von  Nusser.     XI.  72. 

—  Thrombus  vulvae  et  vaginae.  Geschichte  des  T.  insbeson- 
dere nach  Niederkünften.  Anatomische  Betrachtungen  über  den 
Sitz  des  T.  und  seiner  Behandlung  von  Laborie.    XVII.  318. 

Tod  in  Folge  von  Chlorwasserinjectionen  in  den  Uterus  von 
Bessems.  XXXIH.  401.  —Ueber  plötzliche  Todesfalle  im  Wochen- 
bette durch  Verstopfung  der  Lungenarterien  von  Hecker.  VII. 
139,  —  T.,  plötzlicher  einer  Gebärenden  von  Roper.    VUI.  146. 

—  Tod  der  Entbundenen  durch  Darm-  und  Netzvorfall  aus  einem 
Scheidenriss  von  Klusemann.  VIII.  286.  —  T.  nach  Operation 
der  Hasenscharte  von  Volkmann.  XI.  363.  —  T.  durch  Ein- 
strömen von  Kohlensäure  in  die  Uterttshöhle  von  Scanzoni.  XII. 
70.  —  Ueber  die  Todesfälle  im  Wochenbette  von  Marc  d'Espine. 
Ibid.  72.  —  T.  nach  Behandlung  einer  OvarienkTste  mit  Jod- 
injection  von  Loewenhardt.  XVI.  241.  —  Fall  von  Legrand. 
XVni.  248. 


Sachregister.  LXXIX. 

Todtgeburten.  Zur  Statistik  der  T.  in  Berlin  ron  Müller. 
V.  466.  • 

Torsion  der  Nabelschnur  von  Noeggerath.  IV.  136.  — 
Von  Dohrn.    XVm.  147. 

Trismas  neonatorum  glücklich  gehoben.  Fall  von  Steincke. 
XXXin.  107. 

Tubarabschnürung.  Fall  von  linkseitiger  T.  von  pseudo- 
membranöser Adhäsion,  mit  wahrscheinlicher  Aufnahme  des  Eies 
aiiis  dem  linken  Ovarium  ton  der  rechten  Tuba  von  Rokitansky. 
XVn.  160. 

Tubarostien  und  Tu baran hänge.  Ueber  accessorische 
T.  von  Rokitansky.    XV.  67. 

Tubenschwangerschaft.    Vortrag  von  Schwabe.   III.  1. 

—  Fall  von  SzoboVschtschinoff.  V.  800.  ■—  Fall  von  Hirsch. 
VII.  329.  —  Fall  von  Tubo-0 variaisch wangerschaft  von  Castelain. 
XVill.  481. 

Tuberkeln.  Bauch -T.  der  Kinder  und  ihre  Diagnose  von 
Mertens.  XXXDI.  269.  —  T.  in  den  Ovarien.  Fall  von  acuter 
Tuberkulisation  des  puerperalen  Uterus  und  1  Fall  von  T.  in  den 
Ovarien  von  Rokitansky.    XVII.  166. 

Tuberkulose,  acute  der  ELinder  von  Merbach.  XXXIII. 
386.  —  T.  des  Uterus  von  Beck.    VII.  225. 

Tubo-Ovarienkyste  von  Richard.  X.  389.  —  2  Beob- 
achtungen von  Letenneur.  XIV.  388.  —  T.  vaginae  in  Folge 
einer  partiellen  Erweiterung  der  Urethra  von  Foucher.    XI.  219. 

—  T.  sacralis  congenitus  von  Bartscher.    XVII.  121. 

Tympanitis  uterina  einer  Schwangerschaftähnlich.XXXIII. 
399.  —  T.  spsBtica.  Ueber  ein  mechanisches  Heilmittel  bei  einer 
besonderen  Art  von  T.  sp.  von  Schwarz.  VIH.  260.  —  T.  uteri 
von  Valenta.    X.  382.  —  Von  Heise.    XI.  136. 

Ty  ph  US.   Geburt  im  Verlaufe  des  T.  von  Cummins.   XV.  462. 


r. 


Ueber  fr  uchtuug.    Siehe  Superfotation. 

Ueberschwäugerung.    Siehe  Superfotation. 

Uebersicht  der  klinischen  Ergebnisse  im  Gkbär-  und 
Findelhause  in  Trient  von  Brauu.    VI.  469. 

Ulceration  der  Uterinschleimhaut  während  der  Schwanger- 
schaft, die  7  Monate  dauerte  von  Clay.  XXXIl.  442.  —  U.  des 
Muttermundes.  Ueber  deren  pathologische  Bedeutung  von  West. 
IV.  97. 

Umschlinguug  der  Nabelschnur.    Siehe  Nabelschnur. 

Umstülpuug  des  Uterus.    Siehe  Inversio. 


r' 


LXXX  Sachregister. 

Unfraciitbarkeit  will  Tyler  Smith  durch  Beseiti^^ang  der 
Verstopfung  der  Fallopischen  Tomp^  auflieben.    XXXIIL  242. 

Unnachgiebigkeit,  organische  und  Entartung  des  Mutter- 
mundes bei   der  Geburt   von  £ichmann.     IV.  76.    —   Fall  von  '^^ 
Lessmann.    V.  74. 

Untersuchung  wegen  stattgehabter  Geburt  von  Verin. 
V.  321.  —  U.,  die  gynäkologische,  mit  diagnostischen  Anhalts- 
punkten u.  s.  w.  von  Amann.    XVHI  489. 

Uraemie.  lieber  den  ursächlichen  Zusammenhang  zwischen 
U.  und  Eclampsie  bei  Schwangeren,  Gebärenden  und  Wöchner- 
innen von  Litzmann.  VI.  149.  —  Tödtlich  endende  U.  in  Folge 
von  Retroversio  des  schwangeren  Uterus  von  Bambergar.  VII.  50. 
—  Beweise  für  den  Nexus  der  Eclampsia  parturientium  und  U., 
von  Braun.  VIII.  449.  —  Neue  Beiträge  zur  Lehre  des  U. ,  von 
Litzmann.    XI.   414. 

Urin  fisteln  des  weiblichen  Geschlechts  mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung der  Behandlung  durch  das  Glüheisen  von  Habit 
XVL  77. 

Urinvergiftung.  Om  urinförgiftuing  hos  hafvande  etc. 
af  Ingman.    XV.  165. 

Uterinblutungen  nach  der  Geburt.  Jodinjectionen  gegen 
U.  von  Dupierris.    X.  229. 

Uterindislocationen.  Die  Instrumentalbehandlung  als 
Palliativ-  und  Radical- Verfahren  bei  abdominalen  U.  von  D^chj. 
X.  318.  XI.  221. 

Uteringeräusch.  Ueber  den  Ort  der  Entstehung  des  so- 
genannten U.  bei  Geschwülsten  der  Bauchhöhle  von  Pemice. 
XV.  179. 

Uterinleukorrhöe  mit  Hautreizen  auf  den  unteren  Theil 
des  Rückenmarks,  behandelt  von  Redam.    XXXU.  435. 

Uteri nsch leimhaut  und  ihre  Secretion  von  Robin.  mOüI. 
430.  XXXm.  146.  289.  —  U.  (Decidua).  Excessiv  gewucherte 
U.,  ein  Präparat  von  Kaufmann  vorgelegt.    XVn.  332. 

Uterus.  Beiträge  zur  Behandlung  der  Krankheiten  des  U. 
von  Montgomery.  XXXIU.  37«.  —  2  Fälle  von  Mangel  des  U. 
von  Beer  und  Jaeger.  —  Fehlen  des  U.  Fall  von  Oldham.  — 
Fall  von  Ziehl.  Ibid.  392.  — •  2  Fälle  von  Mangel  des  U.  u.  der 
Vagina  von  Ramsbotham.  IX.  151.  —  Fall  von  Mangel  des  U.  u^ 
der  Vagina  von  Samter.  XVI.  80.  —  Mittheilungen  über  die 
unvollständige  Entwickelung  der  einen  Uterushälfte  und  ihren 
Zusammenhang  mit  einer  ähnlichen  Anomalie  der  Blase  von 
Stolz.  IX.  150.  —  Uterus  and  its  Appendages  by  Farre.  XII. 
399.  —  Sur  le  ddveloppement  incomplet  d'uue  des  moiti^s  de 
l'uterus  etc.  p.  Stoltz.    XVI.  159. 

Uterusabsces.  Krankengeschichte  vouKugelmann.  X  VII.328 . 

Uterus affection.     Heilung   einer  langwierigen   U.  durch 

Application  der  Curette  von  Rdcamier.    Gaz.  des  höp.    VIU.  296. 


.Sachregister.  LXXXI 

—  Ueber  einhörnigen  U.,  ohne  und  mit  verkilmmerten  Neben- 
faom  von  Kussmaul.    XIV.  76. 

Uterus  bicornis  von  S.  Thomas.  —  Verdoppelung  des  U. 
der  Scheide  Ton  Oldhsm.  XXXm.  392.  —  U.  b.  mit  Zwillingen  u. 
und  Placenta  praevia.  Fall  von  Hohl.  I.  7d.  —  U.  b.  und 
Superfotation  von  Jacquemier.  IX.  226.  —  Von  Barker.  Ibid. 
680.  —  U.  b.  und  Atresia  ani.  Bemerkungen  von  Krieger.  Xu.  17S. 
Atresie  der  linken  Ufilfte  eines  U.  b.  von  Rokitansky.    XVI.  668. 

Uterusblasen fistel.    Operation  von  Churchill.    XVI.  76. 

Uterusblutungen  nach  der  Geburt.  Jodinjectionen  gegen 
U.  von  Dupierris.    X.  229. 

Uterus contractionen  während  der  Geburt  von  Scansoni. 

xxxm.  260. 

Uterusdouche.  Bemerkungen  über  U.  in  der  Gtoburts- 
hfllfe  von  Bourgeois.  VII.  142.  —  Heilmittel  bei  Galaktorrhde 
von  Abegg.    XVI.  424. 

Uterusdrüsen -Neubildung  in  Uterus-  und  Ovarial-Sar- 
comen  von  Rokitansky.    XVL  887. 

Uterusexstirpation  (De  totius  uteri  exstirpatione)  vcm 
Breslau.    XXXUI.  281. 

Uterusfibroid.    Siehe  Fibroid. 

Uterusge  schwul  st.    Siehe  Geschwulst. 

Uterushämorrhagieen.  Zur  Diagnostik  der  U.  und  der 
durch  t^leischmolen  bedingten  insbesondere  von  Plagge.    XIV.  66. 

Uterushalter.    Siehe  Pessarium. 

Uterushohlen.  Untersuchungen  über  die  Höhlen  des 
Uterus  im  leeren  Zustande  von  Guyon.    XII.  397. 

Uterusinversion.    Siehe  Inversio. 

Uteruskatarrh.  Behandllung  des  U.  durch  Inje<$tiouen 
von  Strobl.    XXXU.  434. 

Uternsknickungen  entstanden  aus  einem  örtlich  und  all- 
gemein atoni.«ichen  Zustande  von  Kiwisch.  XXXI.  261.  —  Beitrag 
zur  Pathologie  der  U.  von  Scanzoui.  UI.  226.  —  Beitrag  i^ur 
Lehre  der  U.  von  Scanzoni.  VI.  142.  —  Fall  von  Holst.  XU. 
76.  —  Behandlung  mit  der  Uterussonde  von  Massmann.   XVH.  436. 

Uteruskrankheiten.  Behandlung  durch  Blutentziehungen 
von  Tanchon.  XXXII.  118.  —  Die  galvanische  Cauterisation  bei 
Behandlung  der  U.  von  Ellis.  HI.  282.  —  Ueber  den  Einfluss 
einiger  U.  auf  die  Krankheiten  des  Rectum  von  Brown.  HI.  476. 
—  Fall  «iner  schweren  U.  von  Pag^.  V.  290.  —  Behandlung 
durch  Hydrotherapie  von  Boullay.  VI.  477.  —  Ueber  einige 
Krankheiten  der  Innenflfiche  des  Körpers  und  Grundes  des  U. 
von  Cumming.  IX.  154.  —  Zur  Pathologie  und  Therapie  der 
U.  von  Barnes.    Ibid.  230. 

Uteruspolyp  mit  Uleera^on  des  Matterhalses.  Fall  von 
Bennet.  XXXI.  258.  —  2  Operationen  von  U.  von  EUiot.  XXXI. 
878.  —  Ein  grosser  U.  von  Küttner.   XXXII.  119.  —  Haydeureich 

Monat«ii.cbr.  f.  Oeburtsk.  1661.  Bd.  XYlIl.    Sappl.  p 


LXXXn  Ö«chregist<». 

uatorbiudet  sie  48  Stuuden  vor  der  Operation.    Ibid.  130.  -*   U. 
fibröser.    Fall  von  Kilian.    XXXII.  435.  —  U.  mit  krebsartiger 
Entaortung  toh  Trotisset.     Ibid.   --   U.  von  seltner  GMsse  von 
Horlacber.     XXXIII.  83.   —   10  Fälle   Ton   vesicalSr^n   U.  von 
Lever.    XXXIIL  397.  —  U.  während  der  Scbwangerschaft  von 
Oldham.    I,  166,   -    Ueber  U.  von  Helft.    Ibid.  296.  —  ü.  mil 
invereio  uteri  von  Santesiton.    II.  153.  —  Beitrag  zur  Pathologie 
von  Scanzoni.   VI.  471 .  —  Excision  grosser  gestielter  von  Simpson. 
Ibid.    Fall  mit  heftiger  Metrorrhagie  von  Smith.'  Ibid.  476.  — 
IJeber  Histologie  und  Formen  der  XJ.  von  Hirsch.    VH.  159.  — 
2  Polypen  am  Collum  uteri  durch  eine  Ausdehnung  der  Elemente 
desselben  gebildet  von  Davaine  und  Laboul^e.    Vni.  231.   — 
U.  von  Mayer.    IX.  89.  —  Abtragung  desselben.    Rückkehr  und 
Verschlimmerung  der  vor  der  Operation  vorhandenen  nervösen 
periodischen  Zufalle,  Tod  von  Li^gey.    X.  68.    --  Zur  Casoistik 
der  fibrösen  U.  und  deren  Exstirpation  von  Simon.    XTV.  1  — 
Polypns  oris   intemi   uteri   bei   einer  Wöchnerin  von  Leopold. 
XIV.  62.  —  Fibröser  Polyp  an  der  vorderen  Fläche  des  Uterus, 
Perforation  des  Uterus  und  der  Harnblase  von  Demar^uay.    XV. 
58.  —  Erfahrungen  über  dieselben  von  Habit   Ibid.  314.  —  Ueber 
Coincidenz  von  Polyp  und  Inversio  uter.  von  Gurlt  XVI.  11.  — 
Beitrag  zur  Lehre  vom  Abortus  und  vom  fibrösen  U.  von  Roki- 
tansky.   XVU.  152.    -  Fibröser  U.  von  Ziemsen.    XVIH.  S25. 

Uterusretroflexio.    Siehe  Retroflexio. 

Uterusretroversio.    Siehe  Retroversio. 

Uterusruptur.    Siehe  Ruptura  uteri. 

Uterussonde  kritisch  beleuchtet  von  Scansoni.    III.  887. 
—  Behandlung  frischer  Fälle  von  Ut-erusknickungen  mittels  der  - 
U.  von  Massmann.    XVU.  486. 

Uterustumoren.   Diagnostik  der  U.  ausserhalb  der  Schwan- 
gerschaft und  des  Wochenbettes  von  Breslau.    X.  156. 


V- 

Vaccination.   Ueber  die  V. ,  von  B^renguier.  XXXIIL  279. 

Vagina.  Bildungsfehler  der  V.  Fall  von  Maunoir.  ü.  50t. 
—  Doppelte  V.  von  Dunglas.  V^IU,  230.  —  Zwei  Fälle  ange- 
bomen  Mangels  des  Uterus  und  der  V.  von  Ramsbotham.  IX. 
151.  —  Völliger  Mangel  der  V.  und  des  Uterus  von  Samter. 
XVI.  80. 

Vaginalinspection.  Ueber  einige  Hülfsmittel  bei  der  V. 
von  Ploss.    XIV.  271. 

Vaginalportion.  Beiträge  zur  normalen  und  pathologi- 
schen Anatomie  der  V.  von  Wagner.  X.  465«  —  Ablragong  der 
V.  als  Mittel  der  Heilung  des  prolapsus  uteri,  von  Scansoni. 
X\1.  815. 


Sachregister.  LXXXIII 

VAginiti»  der  Mftdchen,  toi»  Boys  de  Lonrj  CostiUies. 
XXXI.  231.  —  V.  aphthosa  von  Lever.  XXXm.  890.  —  Ver- 
gleichoBg  Terschiedener  Mittel  in  ihrem  Ei-folge  von  Becqaerel 
und  Rodler.  V.  29d.  —  lieber  Y.  und  deren  Behandlung  mit 
Glycerine  tannique  von  Demarquay.    XV.  475. 

Vagitus  ttterinus.  Fall  von  Köhler.  XXXIII.  268.  -^ 
V.  u.  nach  der  Wendung  auf  den  Fuss  von  Knüppel.  I.  397.  ~ 
V.  u.  mit  Deglutitio  uterina  von  Wolff.  III.  160.  -  V.  u.  Ein 
Fall  von  Grenser.  Vm.  368.  —  V.  u.  von  Bartscher.  IX.  294. 
—  Fall  von  Költsch.    X.  18. 

Varicositäten.  Zur  Behandlung  der  V.  und  chronischen 
Schwellungen  des  Unterschenkels  von  Ravoth.    V.  112. 

Vegetationen  an  den  Genitalien  der  Schwangeren  von 
Thibierge.    Vm.  68.  IX.  468. 

VenengeräuBche  bei  Chlorosis  von  Besanes.  XXXm.  889. 

Veränderungen,  die  graduellen,  der  Zotten  des  Chorion 
und  der  Plaoenta  von  Bobin.    IV.  471. 

Veratrum  viride.  Anwendung  des  V.  v.  bei  Febr.  pucr- 
peralis  von  Barker.    XI.  296. 

Verblutung  aus  den  Eierleitem  und  Haarbildung  im  linken 
Ovarium  von  Laboulb^e.    I.  394. 

Verbrennung.    Fall  von  so  gänzlicher  V.  eines  Neugebo-~ 
renen,  dass  nur  wenige  Knochen  übrig  geblieben.    Begutachtet 
von  v.*Siebold.    XVII.  107. 

Vereinigung  der  Wunde  nach  dem  Kaiserschnitt  von 
Pillore.    V.  217. 

Vereiterung  des  Muttermundes  und  des  Mutterhalses  von 
Tripe.  XXXTT.  436.  —  Beobachtung  über  die  V.  des  Mutter- 
halses von  Edwards.    XXXII.  436. 

Verengerungen  des  Beckens.  Praktische  Betrachtungen 
über  V.  von  Rouyer.    VI.  226. 

Verengerung  des  Mastdarms  durch  Neubildung  in  dessen 
Umgebung,  als  Folge  eines  lange  getragenen  Pessarium,  von 
Boene.    Vin.  151. 

Verfahren  bei  Rissen  und  Geschwüren  der  Brustwarzen 
von  Legrottz.  VIII.  228.  —  V.  bei  Prolapsus  uteri.  Pdiibng 
des  Schiefer'schen  V.  von  Klein.    Ibid.  229. 

Vergiftung,  fahrlässige,  eines  neugeborenen  Kindes  durch 
Morphium  von  v.  Siebold.    XVI.  60. 

Vergrösserung  der  linken  Mamma  bei  einem  21jährigen 
Mädchen  von  Image  und  Hake.    XXXTI.  133.  —  V.  der  ansge* 
'  tragenen  Früchte  von  Newermann.    xxxm.  246. 

Verhandlung.  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und 
Aerzte  in  Königsberg  1860.  Verhandlungen  der  Section  für  Qj* 
näkologie  von  Germann.  XVI.  882.  — ^  In  Speier  1861  von  Hüter. 
XVm.  366. 

F» 


hJOCaV  Sachr^ter. 

Verklebung  des  Mqttermundes  als  GtburUbmdOfSiiMr  yon 
T.  Siebold.    XIV.  9e.  —  Von  Leopold  XIV.  68.  

Verkrümmungen  der  Wirbelsäule  von  Oppenheim.  XXXIIL 
879.  —  Ueber  die  Behandlung  der  V.  des  Uterus  von  Henni^. 
IX.  72. 

Verlängerung.  Ueber  riisselfÖrmige  und  polypöse  V.  der 
Muttermundslippen  von  Virchow.  V.  166.  — .  Ungewöhnliche  V. 
de«  Cerriz  von  Herpin.    VII.  227. 

VerletBUngen,  über  intrauterine,  des  fötalen  Knochen- 
gerüstes vor  und  während  der  Qeburt  in  geburtshülflicher  und 
gerichtlich  medicinischer  Beziehung  von  Gurlt.  IX.  821.  401.  — 
Intrauterine  V.  am  Kopie  von  Pristley.    XVIIL  86. 

Verschliessuug  der  O^ffioiUDgen  der  Tuben  in  denUtems 
als  Vorbeugung  der  Schwangerschaft  von  Froriep.  XXXIII.  84S. 

—  Erworbene  V.  der  Vagina  von  Nelaton.  L  166  —  V.  des 
Collum  uteri  durch  Operation  geheilt  von  Bumotte.    VHI.  466. 

—  V.,  vollkommene,  der  Scheide  bei  einem  19 jährigen  Mädchen 
krankhafte  Erscheinungen  durch  verhinderte  Menstniat»«  von 
Bozi^.  IX.  386.  ~  V.  des  Muttermundes  im  8.  Schwanger- 
schaftsmonat von  Birnbaum.  X.  146.  —  V.  der  Scheide  bei 
Blasenscheidenfistel  von  Roser.    XIII.  80. 

Verschluss  des  Afters.  Ueber  den  inneren  V.  bei  Neuge- 
bornen  mit  normalem  äusserem  Orificium  von  Beauvais.  VIL 
491.  —  V.  des  Uterus  und  des  Hymen  in  Folge  dessen  lurnck- 
gehaltenes  Menstrualblut  von  Picard.  XII.  240.  —  V.,  voDstäa- 
diger,  des  Mutterhalses  bei  der  Schwangeren  und  die  dagegen 
nöthige  Operation  von  Depaul.    XVI.  390. 

Verschwärung  der  Schleimhaut  bei  Chlor osis  von  Tum- 
bull.  XXXni.  889.  —  Verschwärungen  des  Collum  mit  CoUo* 
dium  zu  überziehen  von  Mitchell  yyyin  397.  •-  V.  am  Collum 
uteri.  Anwendung  des  caustischeu  Chitta-percha  bei  V.  von  Bo- 
biquet  und  Boys  de  Loury.    VDI.  289. 

Versehen  der  Schwangeren  von  Brach.  Bemerknngen  su 
der  Abhandlung  von  v.  Praag.    II.  198. 

Verstopfung  der  Lungenarterie.  Ueber  plötzliche  Todes- 
fälle im  Wochenbette  durch  V.  von  Heeker.    VII.  189. 

Vertebralhaken.  Ueber  den  Nutzen  eines  V.  in  manchen 
■ehweren  Geburten  von  Oldham.    HI.  472. 

Verunstaltungen  des  mütterlichen  Beckens.  HülfiwQge 
des  Geburtshelfers  bei  derartigen  V.,  dass  «in  reifes  Kind  an- 
verkleinert nicht  hinduroh  geleitet  werden  kann,  von  Meissner. 
XI.  172.  269.  872.  —  V.  des  Beckens  durch  unregehaissige ' 
Knechenwaohening  nach  Fracturen  und  durch  nicht  zurückge- 
brachte Luiationen  der  Knochen  des  Beckens  und  der  beiiaeh: 
harten  Knochen  von  Lenoir.    XFV.  76. 

Verwachsung  des  Muttermundes  als  Geburtshindemiss  von 
Schoeller.    XXXn.   812.  —  V.   der  Vagina  acht  Monate  nach 


Saebr^ter.  UQDCV 

Bonnaler  Geburt  voa  HottoL  XXXin.  890.  —  V.  dar  Yagin» 
von  Saurel.  V.  161.  —  Von  Schweiteer.  V.  U6.  —  V.  der  Pia« 
ceato  oder  DihSiite  mit  daaelDen  Tbeiioa  dee  Fötua  von  Houel. 
XI,  iO0.  —  TheüweiBO  V.  der  Vagina  von  Samter.  XV.  476.  — 
V.  des  Muttermimdefl  und  Scheidengrnndes  bei  einer  Schwange- 
ren, sammt  den  dadurch  bedingten  Folgen  von  Rotter.  XVI.  S89. 

Verwnndnng,  tödtliche,  der  Art.  iliaca  interna  durch  ein 
sur  Erregung  des  künstlichen  Abortus  bestimmtes  Instrument  von 
Hayward.    IL  m. 

Versögerung  der  Geburt  durch  Krankheit  des  Matter* 
haUes  von  Hennig.    XXXTTT.  47. 

Vesicantia  sind  bei  Kindern  gefährlich  von  S.  XXXIIt 
94.  386.  —  Application  von  V.  auf  das  Collum  uteri  von  Araa. 
Vin.  467. 

Vichy.  Die  Thermen  von  V.  in  ihrer  Anwendmig  gegen 
einige  Uteruskrankheiten  von  Durand-Fardel.    IV.  288. 

Vierlinge.    Fall  von  Rankin.    VII.  146. 

Vdmitus  gravidarum.  Ein  lethaler  Fall,  von  Ulrich. 
XI.  98. 

Vorfall  der  Placenta  von  v.  Siebold.  VI.  268.  —  V.  von 
Kabelschnur  bei  Kopflagen;  manuelle  Reposition  in  4  Fällen 
glücklich  und  8  misslangen.  Sieben  Fälle  von  Hecker.  VIII. 
899.  —  Geburten  mit  Vorfall  der  Extremitäten  neben  dorn 
Kopfe  von  Pernice.  XI.  146.  —  V.  der  mit  Fruchtwasser  ge- 
füllten Eihäute  von  Leopold.  XIH.  139.  —  V.  des  mit  Frucht- 
wasser gefuUten  Amnion  von  Credd.    XIH.  141. 

Vulvitis  gangraenosa  bei  einem  Kinde  von  Guersant. 
XXXIII.  276.  —  Ueber  V.  und  Abscesse  der  Schamlippen  und 
verschiedene  Form  der  V.  von  Simpson.    XIV.  149. 


W. 

Wasserkopf.  Fall  von  angebomem  W.,  Spina  bifida  lumho* 
dorsalis  und  Klumpfiisse  von  Schultse.  X.  6.  —  Geburtsge* 
schichte  und  Seetion  von  Schultze.    XI.  106. 

Wassersucht  bei  Schwangeren  von  De villiers  und  Reguault 
XXXII.  442.  ~  Schwangerschaft  im  Vereine  mit  Unterleibs- 
Wassersucht  von  Blankmeister.  XXXQI.  198.  —  W.  nach  Schar« 
lach  von  Heim.    XXXIH.  277.  -  Von  Bohrend.    Ibid.  278. 

Weber*8ches  Organ.  Beschreibung  eines  Falles  von  sehr 
hoher  Entwickelung'  des  W.  0.  von  v.  Franque.    XVI.  236. 

Wehen.  Ueber  Mechanismus  der  Geburtswehen  von  Acker- 
mann. XXXni.  128.^—  Ein  Geburtsfall  ohne  W.  von  Blank- 
meister, in.  13.  —  W.  -  erregendes  Mittel  ist  Saugen  an  den 
Bmstwarten  von  Sickel.  Ibid.  329.  -^  Ueber  die  Behand- 
lung unzureichender  Wehenthätigkeit  und  Vergleich  der  Wirk* 


LXXXVI  Sachregiftter. 

«unkeit  des  Seeale  und  des  Gkdvanlsnias  in  der  Qeburtshftlfe 
von  Barnes.    IV.  138. 

Wendung  auf  den  Kopf,  bei  schlechter  Rindeslage,  wenn 
die  Wässer  noch  nicht,  oder  eben  abgegangen,  von  Kilian« 
XXXn.  42^  —  W.  auf  den  Kopf  und  ^^woidung  von  Chloro- 
form  von  Breit.  XXXTTT.  100.  —  W.  auf  die  Füsse  bei  Becken- 
enge  zur  Verhütung  der  Perforation  von  Wilson.  XXXm.  lOS. 
W.  auf  die  Füsse  nach  vergeblicher  Anlegung  der  Zange  bei 
Beckenenge  von  v.  Aberle.  XXXHI.  266.  —  Dagegen  von  King. 
Ibid.  267.  —  Die  Selbstentwickelung  und  ihr  Verhältniss  our  W. 
von  Birnbaum.  I.  821.  —  W.  auf  den  Kopf  durch  äussere  Kunst- 
griffe von  Spengler,  m.  184.  —  W.  auf  die  Füsse  bei  Becken- 
enge von  Dubreuilh.  VIU.  264.  —  Einige  BemeriLungen  sor 
W.  und  Extraction  des  Kindes  an  den  Füssen  von  Meissner.  X. 
849.    —  W.   bei  Prolapsus  vaginae  von  Kauffinann.    XI.  480. 

—  Neues  Hülfsmittel  bei  W.  vor  Abfluss  des  Froehtwassers  von 
Leopold.    XIV.  60.  —  W.  auf  einen  Foss  von  Kuhn.  XIV.  169. 

—  W.  auf  den  Fuss  als  Bettungsmittei  des  Kindes  bei  Becken- 
enge von  Martin.  XV.  16.  171.  —  Beobachtungen  üb^  die  W. 
durch  äussere  Handgriffe  von  Esterie.  Ibid.  86.  —  W.,  Snssere, 
bei  Querlagen  der  Frucht  von  Martin.  XVI.  1.  —  W.  anf  die 
Füsse  von  Figg.  XVII.  476.  —  Neue  Methode  v«n  Braston 
Hicks.    XVm.  247. 

Wimmern,  Athmen  und  Schreien  der  Frucht,  vor  und  in 
der  Geburt,  von  Bierbaum. ,  XXXII.  811. 

Wirbelsäule.  Beobachtungen  und  Bemerkungen  über  die 
gebnrtshülfliche  Bedeutung  des  Lumbaltheiles  der  W.  von  Birn- 
baum. XV.  98.  —  Zusatz  zu  der  hier  mitgetheilten  Beobachtung 
KTphosis  des  Lendentheiles  der  Wirbelsäule,  von  demselben. 
XVI.  67. 

Wirbelverschiebung.  Beitrag  zur  Aetiologie  der  W. 
von  Breslau.    XII.  67. 

Wochenbett.  Heilkraft  des  W.  von  Leopold.  XXXII. 
140.  —  W.  einer  Indianerin  von  Schwans.  VHI.  111.  —  Nach- 
krankheit^i  des  W.  von  Mikschik.    Ibid-  299. 

Wunde,  schon  vernarbte,  bei  einem  Neugebomen  von  Jones. 
XXXni.  206. 

Wundsein  der  Brustwarzen,  kann  durch  fehlerhafte  Saog- 
werkzeuge  der  Kinder   entstehen,  von  Günther.    XXXUI.  94. 

—  Wundwerden   der  Brustwarzen.     Mittel  dagegen   von  Leon. 

xxxin.  262. 


IL. 

Xiphodymie,   seltener   Fall,   von  Dopp^nissbilduiig   von 
Bamis  und  Breslau.    XI.  468. 


Sachregister*  LXXXVn 


Zange,  eine  neue,  auf  das  Blatt  gebogene,  von  Baumers. 
XXXTTI.  266.  —  Ueber  die  rationelle  Anwendung  der  Z.  von 
Boddaert.  Ibid.  267.  —  Zangensäge  6  Mal  bei  Embryotomie  an- 
gewendet, mit  günstigem  Resultat  von  Feigneauz.  Ibid.  —  Z. 
zur  Extraction  des  perforirten  Kopfes  von  Ziegler.  Ibid.  268.  — 
Z.  Ueber  die  Anwendung  bei  zuletzt  kommendem  Kopfe,  von 
Walter.  lU.  81.  ~  Ist  die  Anwendung  der  Z.  bei  zurückblei- 
bendem Kopfe  nach  gebomem  Körper  des  Kindes  dem  Bandgri£fie 
mit  Tracdonen  an  den  Schultern  vorzuziehen,  von  Vogler.  IV. 
384.  -7-  Z.  mit  veränderlichem  Schlosse  von  Richard.  VI.  188.  — 
Anlegung  der  Z.  mit  Einfuhrung  einer  einzigen  Hand  von  Hatin. 
X.  376.  —  Ueber  den  Gebrauch  der  Z.  von  Cummins.  XV.  467. 
—  Ueber  die  Anwendung  der  Z.  bei  Gesichtslagen  von  Martin. 
XVI.  d.  —  Dynamometrische  Vorrichtungen  an  der  Z.  von  Kri- 
steller. XVn.  166.  —  Z.  mit  gleichmässigem  Zuge  und  fort- 
schreitendem Druck  von  Chassagny.    XVIII.  486.  — 

Zangenblätter.  Ein  neuer  Apparat  zur  leichteren  Schlies- 
sung der  bei  der  Anlegung  sich  werfenden  Z.  von  Gradenwitz. 
VI.  180. 

Zangenentbindung  bei  Gesichtslage  und  Beckenenge  von 
Genth.    XVI.  6. 

Zangenoperation.  Zur  Z.  von  Spiegelberg.  XI.  124.  — 
Ueber  Mechanismus  der  Z.  von  Kristeller.  XIII.  896.  —  Ueber 
die  Methode  der  Z.  von  Martin.    XTV.  81. 

Zellgewebsentzündung  des  Beckens.  6  Fälle  von  Lever. 
XXXm.  260. 

Zerreissung  der  Rectovaginalwand ,  Vorfall  der  NabeU 
schnür  und  der  linken  Hand  aus  dem  After;  künstliche  Geburt 
von  Dudos.  'XXXIQ.  98.  —  Z.  des  Uterus.  21  Stunden  darauf 
Gastrotomie,  Entwicklung  des  todten  Kindes,  Genesung  der 
Mutter  von  Gilmann.  V.  882.  —  Z.  der  Scheide,  Tod  durch 
Hervorziehen  der  Gedärme  bei  der  Eutbindung  von  Toulmouche. 
X.  467.  —  Z.  des  Uterus,  Bauchschnitt  mit  glücklichem  Erfolg 
von  Bayne.  XII.  74.  —  Z.  Tuberkulöse  Entartung  und  Zerreis- 
sung des  Uterus  im  dritten  Monat  der  Schwangerschaft  von  Goo- 
per.  XIV.  73.  —  Ein  Fall  von  spontaner  Z.  der  rechten  Syn- 
chondrosis  sacroilica  während  des  Geburtsactes  von  Scanzoni. 
XrV.  78.  —  Z.  des  Uterus.  Fall  von  Z.  während  der  Schwanger- 
8chaft  nach  irüher  vorausgegangenem  Kaiserschnitte  von  Bourgeois. 
XV.  896.  —  Ringförmige  Z.  des  Mutterhalses  von  Herbert  Bar- 
ker.   XVm.  83. 

Zerrung  des  Uterus.  Beobachtungen  über  Z.  während  der 
Geburt  von  Braxton  Hicks.    XV.  896. 


LXXXVIIl  .  Sachregister. 

Zeugung,  Geburtsmechauitfmus  u.  s.  w.  von  Eichstedt. 
XIV.  477. 

Zucker,  lieber  das  Vorkommen  von  Z.  im  Harn  der 
Schwangeren,  Gebärenden  und  Wöchnerinnen  von  Kirsten.  IX. 
437.  —  Von  Leconte.    X.  280.  —  Von  Wiederhold.    X.  874. 

Zufälle,  üeber  die  nervösen  Zufälle,  welche  die  Affectionen 
des  Uterus  compliciren  und  ihre  Behandlung  durch  die  trans- 
cnrrente  Cauterisation  von  Nonat.    XTV.  78. 

Zusammengewachsene  lebende  Rinder.  Fall.  Med.  Zt^. 
Bussi.    VI.  66. 

Zunge.  Ueber  die  angeborenen  Fehler  der  Z.  von  Meyer. 
XXXm.  268. 

Zurechnungsfähigkeit  der  Schwangeren  von  Bierbanm. 
XXXn.  441. 

Zwergin.    Entbindung  einer  Z.  von  Schreier.    VIH.  116. 

Zwillinge.  Zwfllingsgeburt  mit  beiden  Köpfen  im  Becken 
von  Hohl.  XXXU.  1.  —  Z.  mit  Einkeihing  beider  Köpfe  im 
Becken  von  Lidcy.    VU.  146.   —  Fall  von  Dunkan.    Ibid.  814. 

—  Anatomische  Beschreibung  von  mit  den  Köpfen  zusammenge- 
wfpchsenen  Z.  von  Naranowitsch.  IX.  146.  —  Zwei  Fälle,  wo 
beide  Köpfe  zugleich  im  Becken  eintraten  von  de  Lespinasse.  IX. 
220.  —  Z.  mit  Zangeneztraction  des  2.  Kindes ,  wegen  ezcessiver 
Grösse  von  Valenta.  X.  876.  —  Z.  mit  fünf  vorliegenden  Ex- 
tremitäten von  Schnitze.  XI.  855.  <>  Zusammengewachsene  Z. 
von  Mamitz.  Ibid.  468.  —  Mehrfache  Geburten  von  Spöndli. 
Xin.  456.  —  Zwillingsschwangerschaft.  Ueber  die  Beziehungen 
der  Superfötation  zur  Z.  von  Braun.  XIH  470.  —  Seltene  Z. 
von  €h>ldberg.  XTV,  160.  —  Beiträge  zur  Z.  von  v.  Siebold. 
Ibid.  401.  ■—  Studien  über  Z.  von  Spaeth.  XVI.  809.  —  Zwil- 
lingsschwangerschaft ausserhalb  des  Uterus  von  Rupin.  XVL 
819.  —  Präparat  einer  Z.  -  Missgeburt  von  Virchow.   XVH.  101. 

—  Z.  bei  Placenta  praevia  von  Schuchardi    XVHX.  2ö8.  — 

Zwillingsstatistik  von  Ploss.    XVlI.  476. 


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