Skip to main content

Full text of "Musen-Almanach für das Jahr 1802"

See other formats


,,.-»•-' 


Section.  _i.V  CC/i 
Shelf.     /« 


^  z^. 


Musen  -  Almanach 

f  ü  r 

das     Ja  hr     i  ß  o  2. 


Herausgesehen 


A.    W,    Schles^el   und  L.    Tieck. 


T  ü  h  i  n  o-  e  n , 

hl    der     Cotta'scJiea    Hudikaudlung, 

1802. 


^K  F.  114-1.  fiz 


f 


/   'Ta 


Inhalts  -  Verzeichnifs, 


B. 

Der  Traum 

S.  261 

S  O  P  RIE   B, 

Eallade 

-^    64 

Bilder  der  Kind k ei t 

—  12g 

E  O  IN^  A  V  E  N  T  U  R  A. 

JDie  letzten  Worte  des    Ffarrers 

zu 

Drott* 

nitig  in  Seeland 

—  118 

(Eine  wahre  Geschichte.) 

Thier  und  Pflanze 

—  158 

Lied 

—  241 

Laos  der  Erde 

—  273 

IT. 

Der  Trühling 

—  251 

I  K  H  U  M  A  N  V  S. 

Ein  schön  kurzweilig  FastnacJitspiel 

vom 

ah 

ten  und  neuen  Jahrhundert 

—  274 

M  >r  1  o  c  H. 

Hellenih  und  Romantik 

—  221 

NOVALIS. 

An   Tieck 

-    35 

Bergmanns  •  Lehen 

—  160 

IV 

Loh  des  JVebis  S.  i62 

An  merk.  Die  beydeu  vorhcrgehendeu 
Gediclite  gcliöven  zu  einem  noch  nnge- 
driickton  nnd  leider  unvollendet  gebliebe- 
nen Fioman  ,  Heinrich  von  Afterdingnni 
■welchen  TiecJi  ans  der  llandfchrift  un« 
sers  iinversjcfslichen  ,  durch  einen  früh- 
zeitigen Tod  uns  entrissenen  Herzens- 
freundes herausgeben  -wird. 
Geistliche  Lieder  —  189 

TR.      SCHLEGEI,. 
Im  Frühlinge  —    25 

Klage  —    51 

Fantasie  —    59 

Das  Ideal  —  108 

Ahendrothe  —  i33 

Lied  —  169 

Alte  Gedichte  ans  dem  Spanischen  —  i205 

Aiif  die  heilige  Cathaxina. 
Auf  der  Pilgriraschaft. 
Vom  Leiden  Christi. 
Lied. 
"Hymnen  ""  235 

Tiomanze  vom  Licht  —  254 

A.     W.      SCHLEGEL. 

Die  grafsere  Gefahr  —       1 


Die   Tragiker  S.    26 

Die  VVnrniuLg.     'Romanze  —    52 

iStudiinii  des  Alterthinns  • —     63 

Das  Feenkind.    An  Friederike    Jjnzelmann       —  101 
An  jBii?-i ,  über  sein  JBildnifs  der  Gräfin   Toi- 

stoy ,  geh.  Baratinsky  —  107 

Skolion  —  123 

Tod  teil  ■■  Opfer  -^  171 

I.  SinneeäiideTung". 

II.  Auf  der  Picise. 

III.  Der  GesTindbrunnen. 

IV.  Der  erste  Btsuch  am  Grabe. 

V.  Geliebte  Spuren. 

VI.  Das  Schwaiveiüied. 

VII.  Die  himmlische  Mxitter. 

VIII.  An  Novalis. 

IX.  An  denselben. 

Hymtien  nach  dem  I^ateinischen  —  212 

Die  vor  Liebe  sterbende  Maria. 
Die  Himmelfahrt  der  Jungfrau. 
Vom  jiingsteii  Gericht. 
Fortunat.     liomanze.  —  243 

■w.     s  ü  V  E  R  N. 
Wiedergehurt ;  im  Herhste  1300.  —    27 

s  z. 
Romanze  —    31 


VI 


Zauberer  der  Tsacht.    llomanze 

S.    78 

nie   Tutizer 

—    83 

Jf^onne  der  'Nacht 

-    98 

T  I  E  C  K. 

IDie  Zeichen  im   JValde.     Romanze 

—      2 

Ziehens  -  Elemente 

-    39 

Der  Bes-ucJi 

—  109 

JLiiisainkmt 

-  165 

An  Novalis 

—  187 

Uer  Zor?iige 

-  238 

Sanftimitli 

—  258 

Idylle  —  170 

IT  W  G  r.  "N  A  K  K  T  E  R. 

Der  Streit  für  das  Heilige  —  257 


Die  gröfsere    Gefahr 


Hochbraiiscnd  rang  mit  Tclciis  Sohn  Skamandcr, 

Der  Keld  nuifs  iliehn  die  Sclilingca  seiner  Fluten; 
Docli  zahmen  bald  den  Suom  des  rciiers  Giutcn, 
Des  eignen  Betts  iin-wiU'gen  Salamander. 

Cydnus  lud  in  die  friedlichen  Maeander, 

An£  deren  Spiegel  Mittagsfchatten  ruhten; 
Doch  mitten  in  dem  süfscn  B.id  iimüntcn 
Des  Todes  Schanr  den  grofscn  Alexander. 

Ein  glühend  Herz  zagt  nicht  Leym  wilden  Flanschen 
Feindseligen  Geschicks  ,  und  vvird  sich  halten. 
Schlug'  ühenn  HauiU  die  AYell'  ihm  auch  zusammen. 

Doch  in  der  "Wollust  kiihlem  Sckoofse  laujcheu 
Geheimes  Grausen,  bängliches  Erkalten, 
Und  löschen  der  Begeistmng  muth'ge  Flammen. 

A.   \V.   SCHLEGEL. 


Die  Zeichen  im   JVaJde, 

li  0  rnanz  e. 


O  mein  Sohn ,    wie  gräfrilich  heulend 
Klagt  herauf  vom  Moox  die  Uii!ke  ! 
Hörst  du  -wohl  die  Raben  lirächzen  ? 
Die  Gespenster  in  dem  Sturme  ? 

Vater,    lafst  die  Sorge  fahren. 
Denn  die  Wolken  ziehn  hinunter; 
Bald  Avird  sie  der  Mond  bezwingen, 
t)er  zu  scheinen  schon  begunnte. 

Durch  die  Thäler  streift  der  Nebel, 
Schon  erglänzen  fern  die  Burgen, 
Schaut,   schon  leucht't  das  Crucifixe, 
Das  Cai^ellenbild  da  drunten.  — 

Ach,   dxi  Crticifixe  gütig, 
I.afs  vom  Schatten  dich  verdunkeln  ! 
O  Maria- Bill,    sey  gnädig. 
Bleib  in  Finsternifs  verschlungen  ! 


3 

Lafst  ihn  los ,    den  allen  Sünclev, 
Fahren  lafst  den  alten  AYiilfen  : 
Tod  nnd  Sünde,    seine  rreimde, 
Ulla  die  Hölle  ihm  verbunden ! 

"Wie  die  Nacht  bald  lenclit't,  bald  dämmerr, 
Schauend  in  dem  "Wolkcnznge 
Ist  es  wie  ein  tiefes  Ange, 
Da  der  Erbfeind  herblickt  dunkel. 

Wie  die   \A''älder  sausen,  schallen, 
Rauschen  ab  die  FeL-enbrnnnen, 
Hör'  ich  AYald ,    Thal,   Berg  und  Kliiftf 
Siimmen :    komm  zu  uns  herunter.  — 

Und  es  spricht  sein  Sohn  ihm  tröstend; 
Der  ihn  liebt ,  Sohn  Sigismunde  ; 
Ach  mein  Vater,    \THr  vorüber 
Diese  schreckcnvoUe  Stunde  ! 

Soll  ich  nach  dem  Beicht'ger  laufen  ? 
Nach  dem  Arzt ,    dafs  ihr  gesundet  ? 
Soll  ich  beten '?  Geht  zum  Heiland , 
Tröstet  euch  an  seinen  "Wunden. 


"Wollt  ihr  sterben  ,    alter  Vater, 
Vun    Vcrzwcifelus  Angst  bezwungeu : 
O  wie  fass'  ich  doch  die  Seele, 
Die  sich  Gott  und  Heil'  entrungen? 

O  "besinnt  ench  aiif  die  Güte, 
Auf  die  ew'ge ,    e-\v'ge  Tngend, 
Die  herab  uns  sprang,   den  Sündern, 
Von  des  Gotteslohnes  Einte. 

Denlit  den  Vater,    denkt  Marien-, 
Unsre  eigne  liehe  Mnttcr, 
Denkt  den  Geist,    das  unergründlich 

Heilig  und  dreyfaltig  Wunder. 

Dafs  wir  liehen,  sind  -svir  Sander, 
In  dem  Tod  die  Lilienhlume ; 
Reue  kann  uns  Gott  versöhnen, 
Auf  macht  er  die  Heiligtluune. 

Unsre  Angst  klopft  an  die  Pforten: 
AtTf,    o  lieber  Vater,   thue ! 
An  dem  Schlosse  sitzt  Erbarmen, 
Schiebt  den  Piiegcl  bald  ztiruckc. 


5 

Ohne  Schätzung  ist  der  Himmel, 
Dennoch  mag  er  Kanf  erdulden ; 
TJnsre  Thräi)eu  nimmt  Sankt  Peter, 
Schätzet  sie  als  Münze  gülden. 

Alle  ^Yinde  gehn  hernieder. 
Alle  Ströme  gehn  hergTinter, 
Jeder  Stein ,  hinanfgeschlcndert, 
Mnfs  znr  Erd'  herab  znr  Smnde; 

Also  zieht  den  Meu  sehen  Sünde, 
Niemals  kann  er  ganz  gesnnden. 
Dafs  er  aufrecht  schaut  zum  Vater, 
Sind  die  himmlischen  fünf  Wunden. 

Da  kam  Himmelreich  hernieder, 
Ans  fünf  (Quellen  -wonnig  blutend, 
Da  erwuchs  das  Paradiese, 
Aus  fünf  ^Viirzeln.  göttlich  blumend. 

Da  erschrack  die  Erde  freudig, 
Und  zerborst  in  grofsen  Kluften, 
Und  die  Herzen  gingen  offen, 
Gottes  Liebe  fafste  ^VurJ5eL 


Eliiht  hinein  in  seinen  Himmel, 
"Wachst  hiziaiif  in  seine  I\nhe, 
Fipaikt  hinan  in  schon  Gebeten : 
Grofse  Kraft  hat  Herz  und  Zunge. 

Ihr  seyd  seihst  ein  Zweig  vom  Baume, 
■V^''elcher  steht  in  Gotlcs  Grunde  ; 
Alle  Z^veig'  und  Ijai.ih  sind  Engel, 
All  forrairt  zu  Gottes  Faihmc.  — 

Abwärts  wandte  sich  der  Alte, 
"Weil  er  keine  Gnade  wttrste, 
Denn  sein  Ohr  vernahm  die  AYorte, 
Doch  sein  Herz  w'ar  fern  vom  Miithe. 

Du  mein  einzig  Kind ,   begann  er, 
Niemals  warcl  dir  Schwester,  Bruder; 
Als  sie  clicli  gebar,    da  schied  sie, 
Deine  tretie  fromme  i>Iutter. 

ÜSIiir  auf  kurze  Zeit  geliehen 
War  dem  Frevler  Kunigxmde  ; 
Du  warst  fromm,  mein  Sohn,   und  heilig 
So  wie  ihre  Todtifuiade. 


7 

Und  so  oft  dein  Blick  geleuchtet, 
Sah  ich  immer  die,<c  Stunde  ; 
Und  mein  Herz  zcrrif»  die  Sorge, 
Schnürte  fester  mich  im  Bunde. 

Dartim  "v\^ar  ein  grimmes  Wechseln 
Stets  von  Hafs  und  Lieb'  im  Busen. 
Bcy  der  "Wiege  stand  ich  lauernd. 
Und  mein  Arm  den  Dolch  erhübe. 

Aber  dann  die  stillen  -A^igen, 
Die  sich  aus  einander  schlugen, 
BrachteJi  Licht  und  Liebe  Avieder, 
Und  die  Angst  ward  wieder  Buhe. 

Also  bist  du  mir  erwachsen. 
Immer  war  nur  freund  dein  Thuen; 
Liebst  du  mich  mit  ganzer  Seele, 
Kannst  mir  doch  nicht  stehn  zum  Schu-tze. 

Innerst  recht  in  meiner  Seele 
Sind  die  Kräfte,     die  da  unten 
Gottlos  abgcwandl  vom  Iicile 
In  der  Frevel  -  Tiefe  -wiicheni. 


Kicht  ist  mir  der  Christ  gestorbenj 
Aiiiirrn  Mäcliteii  mit  dem  Blute, 
Das  ich  ,    trotzend  ihm  ,    vergossen, 
Bin  ich  eisenfest  ^''erbnndcn. 

Mir  sind  andre  Paradiese, 
In  dem  Grans  sind  meine  Blumen ; 
Himmelsmächten  widerstrebend. 
Folg'  ich  meinem  dnnlteln  Fluge.  — 

Weinend  nimmt  der  Sohn  die  Hände, 
"Weinend  spricht  der  Sigismunde : 
Vater,    ■\va^  ihr  fehltet,    gebt  mir. 
Gebt  mir,    ach!     die  trübe  Kunde. 

Dafs  uns  Gott  erlösen  -wollte 
Von  dem  allcrschlimmsten  Bunde, 
Drum  gab  er  den  Eingebohrnen: 
Himmel  ist  uns  so  gefunden. 

Jedem  Sünder,    der  ihm  traute, 
Ist  Vergebu)ig  noch  gelungen. 
Der  ÄUmächt*5e  kann  vergeben. 
Und  es  will  auch  der  Allgiite. 


9 

Uni  nicht  ^viclcl•^txebt  dem  Geiste, 
Oliiie  Sülmiiiig  ein  A'erscluiiden ; 
Diese  Sünde  ilnit  ihr,     Vater, 
"Wcuu  Yerzv.'ciilung  obgeruiigen. 

Leihen ,    Bhit  und  Herz  und  Glanheu 
■\Yill  ich  auf  zum  AVerke  riifcn. 
Alle  Kräfte  sollen  streiten, 
Siegen  oh  dem  schlimmsten  Truge. 

Da   erv.^acht  der  alte  Vater, 
Sehnend  -svic  aus  einem  Schltimmer, 
Und  es  rinnen  grofse  Thränen 
Seinem  trüben  Aiig'  hinunter. 

Aiif ,    so  spricht  er ,    was  der  Himmel 
Fi'ir  Ge\ralt  erleid' ,    versuche ; 
Ob  so  späte  Reu  im  Sterben 
"VViedcrbring'  verlohrne  Tugend. 

Geh  hinunter  nach  dem  "^Valde : 
"Was  die  Zeichen  dort  im  Grunde 
Aller  "Welt  verbergen  ,    hohle. 
Betend  find'  ich  danii  wohl  Ruhe.  — 


Und  "was  sind  denn  diese  Zeichen? 
Deine  Rede  ist  mir  dunkel. 
Wie  s-oll  ich  in  ISacht  sie  treffen? 
Wo  im  Walde  soll  ich  suchen  V    — 

Kennst  du  nicht,    feruab  im  Forste, 
Tief  im  Thal,    von  Tannen  dunkel. 
Wo  ein  Stein ,    bekreuzt  mit  Dolche», 
Weifs  dasteht  auf  triibem  Grtmde  ? 

Oftmals  hast  du  mich  gefraget, 
"Wenn  wir  jagten  in  der  Runde, 
Was  der  Stein  bezeichnen  solle ; 
Noch  versch\Yieg  ich  dir  die  Kunde. 

Das  ist  nun  das  erste  Zeichen, 
JVIir  ein  Zeichen  meines  Kummers. 
Den  erhebe ,    bringe  zu  mir, 
Was  dti  finden  wirst  da  drunten. 

Und  zwey  Dolche  wirst  du  linden 
In  der  Erde  wenig  Schxihe. 
Ach,     damit  hab'  ich  erstochen 
Ihn ,    den  Liebling  meiner  Jugend. 


11 

Au  äem  Platze  wars  geschehen» 
Und  da   setzt'  ich  meiner  Tilgend 
Dieses  Zeichen,    die  gestorhen 
In  des  liebsten  Freundes  Bhite. 

Aufgekeimt  wie  junge  Lammet 
Spielten  \Tir  in  jeder  Stunde. 
Er  be^voknte,     die  du  jenseits 
Schimmern  siehst,    die  alten  Burgen. 

Nahm  mich  freundlich  in  die  Arme, 
Und  versprach  mit  einem  Schwüre, 
Eine  Gattin  nie  zu  freyen, 
Nimmer  lun  ein  \Veib  zti  buhlen. 

Also  schrieb  er  selber  nieder. 
Bald  darauf  erhielt  ich  Kunde, 
Dafs  er  oft  hinüber  ritte 
Zu  der  schönen  Kuniguude. 

Da  erwacht'  es  ^vie  ein  Graupen 
Tief  in  meines  Herzeus  Grunde. 
Geisfer  rotten  sicli  zusammen, 
Steigen  aus  dem  finsteru  Schlünde. 


12 

Diese  Vcstc  nur  die  meine, 
Sic  die  ärmste  in  die  raiudc. 
Und  die  Fremde  als  das  ?cliün?te 
\\^eib  i:i  jedes  Mannes  i\Iijndc.  * 

Sie  besucht'  ich ,    sah  sie  selber, 
Fühlte  bald  die  tiefe  A'Viinde, 
Pie  mir  Sinn  nnd  Leihen  ranbte ; 
Dachte  sie  nur  jode  Stnndc. 

.  Alle  Frexmdschaft  Y^ard  vergessen. 
Was  er  that  zu  mcincii  Gimsten. 
Die  Gestalt ,     sein  lieblich  "Wesen, 
Kiifs  und  Handdruck  war  versch-wiindeii. 

Der  Begierde  Stachel  fühlend, 
Dct  je  scharf  nnd  schärfer  wnrde. 
Mied  ich  ihn,    -wo  ich  ihn  schante, 
Furchte  mich  vor  seinem^  Griifse. 

Meine  Liebe  -svard  ihm  fremde. 
Ihn  gereute  seine  Jugend, 
Und  er  froytc  um  die  Schöne 
Eey  den  Eltern  Kunigunden«. 


15 

liieber  -waT  ich  ihr  geworden, 
Sie  versprach  mit  einem  Kusse 
Mein  zu  seyn ,     doch  %yar  ihr  V,iter 
Jenem  hold,    ob  seinem  Gute. 

Also  traf  ioh  ihn  im  Holze, 
Hafs  nnd  Brxinst  in  meinem  3TutIie, 
D.tIs  ich  ihn  alshald   n]in'  Barmen 
Mit  der  J_,anze  niederschlüge. 

Und  die  Dolche  ^Taren  plötzlich 
In  der  Hand,     oh  ich  nicht  ^vnfste 
Wie,     woher;     so  eilt  der  Böse 
Zu  ersticken  alles  Gute. 

Seine  Angen  baten  flehend, 
Ziigeschlossen  v\'ar  mein  Ikisen, 
Und  das  Herz,    das  mir  geschlagen. 
Das   zerstach  ich  ,     der  Verfluchte. 

Trennte  drauf  das  Haupt  ;     das  liebe, 
Mit  dem  Schwerte  von  dem  Rumpfe, 
Und  verbarg  es  in  der  Erde, 
^Veiter  ab  im  dunkeln  -Grunde. 


14 

Dieses  ist  das  zweyte  Zeiclieii. 
Gehe  hin ,     den  Stein  vcrxnche. 
Bringe  den  geliebten  Schädel, 
Eh  ich  zn  die  Augen  drucke. 

Weiter  ab ,    wo  "VS'ald  zu  Ende, 
Steht  bey  dem  Wachholdcrbnsche 
Endlich  noch  das  dritte  Zeichen. 
Ach  ,    wo  find'  ich  daA'-or  Tinhe  ? 

Also  war  mein  Freund  erblichen. 
Also  starb  der  edle  Kunze. 
Bald  darauf  ward  ich  vermählet 
IMit  der  schönen  Knnigxinde. 

Und  die  Fretmde  meines  Freundes 
Forschten  nach,    wie  er  Aerbhitet, 
Und  von  mir  ward  gleich  das  Schlimmste 
Von  den  Forschenden  vcrmuihet. 

Angeklagt  des  schnöden  Mordes 
Licfscn  mich  die  Richter  rufen ; 
Und  ich  fand  den  strengsten  Richter 
Schon  in  meinem  eignen  Bilden. 


»5 

Schwer  im  \Vocheiil)ett  darnieder 
Xag  die    Gattin   Kuuigunde, 
Und   es   hatte  sich  der  Kranken, 
"Wie  sie  starb,    ein  Sohn  cntvs'unden. 

Alles  Gliick  der  ganzen  Erde 
Lag  umher  versteckt  im  "Wnste. 
Ehre,    Hoffnung,    Liehe,    Leben 
Aiisgetilgt,    und  je  lern  Buben 

AYar   mein   Herz  nun  Preis   gegcbeu; 
Um  mich  grinsten  Hüllenhunde, 
Und  ich  rifs  mit  wii^tem  Streben 
Das,    ^vas  mich  an   Gott   gebenden. 

Mitternacht  lag  auf  dem  Lande, 
Da  verliefs    ich   dich    im   Schlummeri 
Und   die   Leiche    meiner  Gattin ; 
Ging  hinab  die    hohen    Stufen. 

AYild   zur   "Wilduif?  gius  ich  nieder, 
Sternen  und  dem.  Himmel  fluchend: 
.  Nach  der  ISTacht    streckt'    ich    die   Arme, 
Und   der  Mond   ging  triibe   unter. 


Dafs    die  Klüfte  •wiederschaiiltM, 
Fing    ich   au    so   laut  au    rufen. 
Eingewciln    zu    tlcfcrm    Grausen 
"Ward  ich  bald  den   fiustexix  Zünften, 

Und    der   l>5?e  Feind  erschiene 
Finster   meinem   bösen    Muthe. 
Und    er   nahm    ein    Schreiben  von    mir, 
Das    ich    schrieb   mit  meinem  Biiite. 

Ihm   zu   eigen    mich    zu  geben. 
Unter   seinejn    grimmen   Schutze 
Sicher   seyn  mein  Leib    und   Leben, 
Nur    die  Seele   -syar  verschuldet. 

Diese  Schrift  ward  eingeschlossen, 
Dafs    ichs    sah,    in   erzner   Truhe, 
Unterm   Steine    eingegraben 
Dort   im   dtinkelgriinen  Grunde. 

Dieses   ist    das   dritte    Zeichen 
Dortcn    beym   AVachholderbusche. 
Weiche  Macht    l^ann  es  befrcyen, 
Bringen  mir   die  Eiseniruhe? 


^7 
Reichtlium ,    Ehre  -ward  verliehen 
Dem ,    der   ab    sich   that  dem   Guten. 
Heilte   ist  der   Preis    verfallen, 
Uud  ich   fahr   der  Hölle  Ruch^u. 

Kannst   an  mir  die   Zeichen   bringen, 
Ist    es   dir,    o   Sohn,    gelnngen, 
O   60   möcht'    es   mir  gcrathen, 
Dafs  ich   mich    hinanfgesch-wungen. 

Sieh,    der    Mond  scheint  hell    und  hellev, 
Ach,    so  liebe    Sterne  Ingen 
In   den    Grnnd  hinab ,    nnd   sanfte 
Herrscht  im    Thal  nnd   ^Vald  die  Ruhe. 

:  In   sich   klingt   der  Himmelsbogen, 
Regnen  nieder   Segensilnthen, 
Ein  Erbarmen   winkt  hernieder: 
Eile  d«nn   znm   "SVald    hinunter.    — 

"Wie   der  Sohn  den   Vater   anschaut. 
Will    er  ihm    so   fremd  bednnken. 
Schaudernd  -wendet  er  sich  von  ihjn. 
Geht  hinab  die    Felsenstxifen. 


18 

Und  er   naht   dem   Crticifixe, 
Der  Capclle  dort   im   Grunde; 
Und  er  wirft  sich  Imieend  nieder. 
Betet  da   in  tiefen  Brünsten. 

Erd*  lind  Himmel,    Berg  nnd  Waldung;, 
Bhim'   nnd  alle   Creaturen, 
Er   sich   selber,    sind  wie  Fremdling, 
rindet   nicht    die  vor'gen  Eluren. 

Tanmelnd   tritt   er   in   den   "VS'^ald  ein. 
Irrend   sucht    er  vrohl  die  Spuren 
Die   ihn   nach  den   Zeichen   leiten. 
Die  er  sonst  im  Thal  gefunden. 

Durch  die  Blatter  geht  ein  Flüstern, 
Lichter  gchn  ihm  A'^or  dem  Fnfse, 
J3a  erbliclu  er  mit  den  Dolchen 
Weiften  Stein  anf  dunklem  Grunde. 

Miihsam  wälzt  er  fort  den  Marmor, 
Und  er  graut  nur  wenig  Schuhe: 
Sieh ,    da  sind  die  hcyden  Dolche, 
Und  er  stcc3?t  sie  in  den  Bitsen. 


^9 

Weiter  geht  er,    bange  sinnend. 
Jenes  ZAvcyte  Zeichen  suchend  ; 
Fern  ab  jenem  lenkt  der  Stein  ihm 
Seine  Schritte,  wohl  z\veyhundert. 

Sch-\verer  ist  der  abzuwälzen, 
Kach  dem  Zeichen  w^ächst  sein  Himgex, 
Sollten  ihm  die  Sehnen  reifsen. 
Achtet's  nicht,    es  ist  gelungen. 

Ans  dem  Boden  steigt  ein  Schädel, 
Und  er  hört  fernab  ein  dnmpfes 
"W^inseln  ,   ob  es  Geister  wären, 
Oder  ein  Geheul  der  Unken. 

Und  der  "Wald  ist  schon  zn  Ende; 
Nahend  dem  "Wachholdcrbusche 
Sieht  er  an£  dem  gröfsten  Steine 
Eine  Menschenbildnng  ruhen. 

Fort  da  ,   Fremdling  !    du  mufst  weiche», 
Diesen  Ort  mxifs  ich  durchsuchen. 
Denn  da.  unten  liegt  ein  Kleinod 
Von  des  Vaters  Eigenthiime. 


20 

"Wie  so  unhold  ?    sagt  der  Fremae ; 
"Wohlbckaiuit  ist  deine  Jugend. 
Sonst  war  mir  ein  Freund  dein  Vater, 
Denn  ich  hcifs'  mit  Namen  Kunze. 

Kunze  ist  dein  Name,    sprichst  du? 
Ruft  erschreckend  aus  der  Junge ; 
Der  ist  todt ,   so  sagt  mein  Vater, 
Und  begraben  langst,    der  Gute. 

"Wird  noch  stets  sein  Wahnsinn  irren  ? 
Sprach  der  Mann  mit  dumpfer  Zunge, 
Sollen  -wir  uns  nie  versöhnen  ? 
Kimmer  ist  es  mir  gelungen. 

Zwietracht  hielt  uns  lang  entfremdet, 
Und  er  wähnt ,    dafs  er  erschlüge 
Seinen  treusten  Freund  und  liebsten. 
Seinen  besten  Waffenbruder. 

Freiidenthränen  -weint  der  Jüngling, 
Da  der  diese  AVort'  aniuibe. 
O  so  kommt  mit  mir!    mein  Vater 
Ist  schon  nahe  seiner  Grube. 


21 

Zeige  ilim  ciciii  Angesichte, 
Dafs  er  "Wähnen  von  sich  thue, 
Dafs  er  fröhlich  möge  sterben 
Und  iu  Gottes  Schoofs  dann  rtihc. 

Ach ,    wie  soll  ich  dir  vergelten. 
Was  dn  mir  erzeigst  so  gtites  ? 
Wiederum  darf  ich  ihn  liehen. 
Denn  er  ist  schon  rein  vom  Blute. 

Nebenher  gehn  beide  rückwärts, 
Grofse  Schatten  auf  den  Flnren. 
und  der  Fremde  dtiiikt  so  seltsam, 
"VS'^ic  er, hingeht,    Sigijmiinden. 

Nachtgevögel  sclivs^irmt  lieruber. 
Und  Geschrey  erfüllt  die  Klnftcn. 
Sieh,  da  stehn  sie  vor  dem  Schlosse, 
Welches  golden  liegt  im  Dufte. 

L,afs  uns  nicht  den  Um%vcg  nehmen 
Vor  dem  Cruciiix  da  drunten. 
Sagt  der  fremde  Mann ;   hier  oben 
Geht  ein  Fufspfad  ,    den  ich  wiiff^te, 


22 

Als  ich  sonst  mit  deinem   V.iLer 
Spiele  trieb  in  diesen  Sclilnftcn. 
Und  der  Jüngling  folgt  ilnn  gerne, 
Doch  nimmt  dieser  Steig  ihn  WundeT. 

Denn  so  oft  er  hier  ge^Yandelt, 
Hat  er  nie  den  "Weg  gefunden. 
Um  so  balder ,  sagt  er  fjenndlich* 
Bringen  wdr  dem  Alten  Tinhe. 

Und  sie  gchn  hinauf  die  Stiegen, 
"Wendeltrex^pen ,   %Yelchc  dunkel. 
Schon  erglänzt  ans  dem  Gemache 
Licht ,    das  bey  dem  Alten  fnnkelt. 

Und  es  öffnet  sich  die  Thüre, 
Und  sie  treten  in  die  Stube, 
Uiid  der  Alte  fallt  znrüche 
Sich  entsetzend  ans  dem  Stnhlc. 

O  mein  Sohn ,   sind  dicfs  die  Zeichen, 
Dieses  die  A^ersi^rochne  Tnihe  ? 
Dn  bringst  mir  an  deiner  H^nd  hier 
Selbst  den  Feind  von  meiner  Kühe? 


Ja,   der  Menschen  Erbfeind  iit  es.  — 
Itennst  du  mich?  so  fragt  der  DiinMe  ; 
Kimm  hier,   was  du  mir  geschrieben. 
Deine  Seel'  nehm'  ich  hiniinlci*. 

^Viedcr  braxist  der  Sturm  und  heulet 
Easselnd  her  vom  alten  Thurme, 
Und  die  Ptaben  krächzen  lauter. 
Und  es  druhnt  der  Ton  der  Vnken. 

"Winselnd  windet  sich  der  Alte, 
Und  der  Satan  schlägt  ihm  ^Vundeu, 
Todt  liegt  er  in  seinem  Bette, 
Als  der  Morgen  aufgedunkelt. 

Aber  fremd  sind  alle  Züge, 
Keine  Miene  kennt  der  Junge. 
Nicht  mehr  vveifs ,   ob's  Tratun  gewesen 
Oder  "Wahrheit ,  Sigismunde. 

^^         Er  bestattet  ihn  zur  Erden, 
"Wo  die  Zeichen  steha  im  Grunde, 
Macht  sich  selbst  zum  EreraiteUj 
Traxirend  ron  derselben  Stundei 


Tlnit  sirli  ab  der  Rilterh leider, 
Pöniccüz  iijid  ^cli\^^crf  Biifsen 
Uebt  rr  Ta«^  Avie  Nacht ,    und  singet 
Beqiiiem  dem  todten  "Wiillen. 

Nun  hört  man  dis  Glöcklein  schallen 
Durch  dor  ISächte  stille  Rtilie, 
Seine  Stimme  Vv^eiiit  daz\vischen, 
Dafs  er  Goucsdien-te  thue. 

Keinen  Menschen  sieht  er  wieder, 
Xahret  sich  von  Kraut  nnd  AVurzcln, 
Gott  luir  will  er  e;ern  versühiien, 
Bald  verfallen  seine  Bnrgen. 

Durch  das  Thal  sieht  man  ilin  schleicheii, 
Gram  A'^erzehrt  die  frische  Jnsjend. 
Bauern  fanden  seinen  L,eichnara, 
liegten  ihn  ins  Grab  zur  Riihe. 

TI  E  C  K. 


25 


/  TU     F  r  ü  hl  in  g  e. 


Wie  freut  sich  die  Seele ,   der  Freude  erschlossen. 
In  Frühlinges  Tagen 
Die  iniithigcn  Lieder  7.\x  ■v\Mgen, 
Entrissen  dem  Zügel  in  Frcyhcit  zu  jagen. 
Das  Ziel  zu  erreichen  mit  kühnen  Geschossen. 

Das  Feuer  der  Fluren  -will  Freude  nixr  sagen. 
Im  Dunkel  der  Bäume 
Da  bilden  sich  reuige  Träume, 

Da  sch-vvellen  die  Kräfte,    da  sch-windet  das  Zagen. 
Nun  wächst  Fantasie  wie  Felsen  zu  ragen. 
Es  kommen  geschossen 
Gestalten  auf  muthigen  Rossen, 
Im  Silber  der  Flüsse  dann  Friede  geflossen, 
Und  dxuikel  erklingen  die  heiligen  Klagen. 


2Ö 

Wenn  kühne  Gedichte  den  Lippen  entflossen 
In  fliegenden  ^Vortcll, 
So  öffnen  sich  feurige  Pforten, 
Und  klar  ist  der  Frühling  der  Gottheit  Genossen. 
Von  Wogen  des  Lehens  harmonisch  umflossen. 
Kann  Ktiramcr  sie  nagen  ? 
Sie  sehen  den  Morgen  ja  tagen, 
Im  Herzen  die  Erde  vor  Liebe  noch  schlagen. 
Die  ewigen  Strome  von  neuem  ergossen. 

FR.  SCHLEGEL. 


Die      Tragiker. 


Aeschyliis  ruft  Titanen  herauf  und  Götter  herun- 
ter; 

Sophokles  führt  anrauthig  der  Heldinnen  Reihn  Tind 

Heroen ; 

Endlich   Euripides  schwatzt  ein  sophistischer  Rhe» 

tor  am  Markte 

A.     W.  S  €  H  I-  E  G  E  L. 


27 


IV  ieder  gehurt; 

im  Herbste  1300. 


Ins  Dunkel  will  des  Jalires  Licht  sich  neigen; 
Des  Lehens  heifse  Ghit ,    sie  kehret  wieder 
In  ew'gcn  Feners  Schoofs  zurück;    es  schweigen, 
Die  sie  entzündet,    schon  im  Hain  die  Lieder; 
Die  Liebe  flieht ,    xmd  kalt  entlöst  den  Zweigen 
Sich  mattes  Lanh,  der  BInmcn  Schmuck  sinktnieder. 
Das  Herz  erstirht ,    die  Adern  s-iud  verschlossen. 
Worin  Gcdeihn  und  Kraft  sich  frisch  ergossen. 

Und  lafs  den  Glanz  in  dicht«  Nacht  sich  hüllen': 
Dem  tiefen  Geiste  geht  das  "Weltlicht  auf! 
Und  lafs  den  Strom  der  Schöijfiingsglut  niehtqtiillen-; 
In  dir  beginnt  er  unvexsiegten  Lauf! 

5  * 


28 

Lafs  kalten  Tod  Natur  iimhcr  erfiiile». 
Das  schönste  sinke  liizi  in  grausen  Hanf: 
Das  Herz  erwacht  mit  heifiem  Lehenstriebe, 
In  nexicr  Schöpfung  waltet  ew'ge  Liebe  ! 

Der  Feindschaft  hat  sich  Eintracht  schön  entwtinden, 
Nach  Lliit'gem  Streite  folgt  ein  befsrer  Friede, 
Aus  ev,-'gein  Kafs  ist  e^y'gc  Lieb'  entbunden. 
"Was  Herkules  ,    des  schweren  Kampfs   nie  müde, 
'Vv''as  Er,  der  blut'gen  Schw''cifs  vergofs ,  empfunden. 
Und  Satan  trat ,    dafs  er  gen  Himmel  schiede, 
r/Eufs  auf  die  eigne  Erust  der  Starke  laden, 
Dem  Herrlichkeit  gcbiihrt,  und  ew'ge  Gnaden, 

Auch  Kronos  altes  Reich  ist  längst  verschwiinden. 
Es  schwand ,  und  \Yich  den  mächtigern  Gewalten ; 
Als  Zeus  das  Heer  Titanen  überwunden, 
Erschienen  erst  die  herrlichen  Gestalten. 
Nun  weben  hehr  der  Schöpfuiig  sel'ge  Stunden, 
Selbst  Erebos  nicht  mag  sie  neidisch  halten: 
Sie  schw'cben  lichtumw^allt  in  schönem  Tanze, 
Olyrapos  strahlt  hinfort  in  hellem  Glänze. 


29 

Die  Zeit  verrollt,  mit  schaudervollem  Sausen 
Durch  Nacht  und  wüstes  Dunkel  fliegt  ihr  Schwingen  ; 
Die  Erde  löf't  sich  krachend,    und  mit  Brausen 
Verzischt  das  Meer ;    die  Elemente  ringen 
Im  letzten  Kampfe  strebend  tmter  Graiisen 
Ins  alte  Nichts,    das  sie  gehahr,   zu  dringen: 
Es  öffnet  sich  ein  ungeheures  Grab, 
Und  jähling  stürzt  zerstiebt  das  All  hinab. 

Und  sieh!  ein  himmlisch  Licht,  in  sich  gedrungen, 
Das  dicht  geheimnifs volle  Nacht  iimw^ebet. 
Hat  der  Zerstörung  mächtig  sich  entschw^ingen ; 
Der  Geist  des  Herrn,    der  ob  der  Tiefe  schwebet. 
Sich  selbst  hat  diese  ew'ge  Kraft  errungen. 
Das  Ein  und  All;   und  w^ie  sie  ist,   erhebet 
Sich  alles  neu,    es  bliiht  verjüngt  die  Erde, 
Und  ewig  tönt  ein  ewig  schaffend  :  "Werde ! 

Ein  Liebes athem  w^eht  in  lauen  Lüften, 
Ein  Liebesmeer  nun  wogt  in  Silberwellen, 
Ein  Liebeshauch  zerfleufst  in  Balsamdüften, 
Ein  Liebesglanz  verströmt  in  lichten  Quellen, 


30 
Ein  liiebcsfexier  dringt  aiis  tiefen  Kli'iften, 
Von  Liiebeskraft  des  Lebens  Adern  scbwelleu, 
In.  cw'gox  ILiebc?glut  mit  Macht  entzündet 
Uueudiitli  Dascj'U  sich  dem  Nichts  entwindet^ 

Die  Erde  lacht  in  bräxitlichem  Gewände, 
Voll  Inbrunst  hält  der  Himmel  sie  ximfaiTgen, 
Gewässer  schmiegt  sich  sehnend  um  die  Lande, 
In  Lüften  seufzt  ein  zärtliches  Verlangen, 
tJnd  alles  schlingt  sicli  fest  in  süfse  Bande, 
A'Vili  innig  Ein&  am  Andern  liebend  hangen.. 
All  Leben  keimt  zu  einer  schönen  Blume 
Aus  ew^'ger  Liebe  tiefsiem  Heiligihume. 

O  seiig,  wen  der  "Wunderdrang  ergriffen, 

"Wer  in  der  Liebe  Gluten  neu  geboltren ! 

Ihm  ist  des  Geistes  Spiegel  hell  geschliffen. 

Zum  ew'gen  Priester  ist  er  auscrkohren! 

Den  Strom  der  Zeiten  mag  er  freudig  schiffen' 

■Sinkt  alles ,  nicht  ist  er  in  ihm  verlohren  » 

ümschleyert  Todesdunkel  seinen  Blick, 

Er  kehii  in  ew'ger  Liebe  Schoofs  zurück. 

w^.  s  ü  V  E  B.  N. 


Si 


Romanze, 

An  dem  dunklen  Tagamante 

Liegt  ein  Schlofs  wohl  \Yild  und  wiist. 
Wo  Toscana's  harter  Herzog 

Silviens  Schönheit  hart  verschliefst. 

Doch  der  Thnrm  im  schwarzen  "Walde 

Ist  fiir  Cinira  heller  Stern, 
Seit  er  sie  am  Eisengitter 

Schaute,  weilt  er  dorten  gern. 

Angethan  so  wie  ein  Gärtner, 
Wohnt  er  nun  im  öden  Holz, 

Wo  bey  heiner  Sonnenhitze 
Seiner  Arbeit  Eifer  sclxraolz. 

Ans  Gesträiichen  sollen  frenndiich 
Hier  bald  rotlie  Früchte  gliilin, 

Ans  den  Felsenw^änden  will  er 
Silvien  Hyacinthen  zielui. 


52 

Silvia  lobet  nicht  die  Blumen, 

Lobet  nicht  des  Gärtners  Thun, 

Darum  geht  er  nim  von  dannen, 
Läist  die  Garten- Arbeit  riihn. 

Doch  er  hann  nicht  lange  weilen. 
Und  luin  will  er  Lantentöne 

Mit  sich  in  die  "Wildnifs  führen. 
Ob  er  so  erweicht  die  Schöne. 

Jetzo  hallen  durch  das  Dun!kel 

Liebliche  Gesänge  wieder, 
Giefsen  sich  um  Baum  und  Felsen, 

Die  sich  freun  der  neuen  Lieder. 

Silvia  schweigt  und  will  nicht  kommen. 
Da  mufs  Cintra  weiter  gehn. 

Und  er  läfst  die  treue  Laute 

Seufzend  bei  den  Blumen  stehn. 

Kaxim  nach  wen'gen  Tagen  schweift  er 
Griiu  ein  Jäger  durch  den  "Wald, 

Ihn]  schmückt  Lanze,  Pfeil  und  Bogen, 
Und  sein  Hifthorn  laut  erschallt. 


33 
Silvia!     nift  er,   schöne  Silvfa  ! 

Schwing  dich  in  diie  Arme  mein ; 
Willst  du  mich  anch  nimmer  liehen. 

Will  ich  dein  Beficyer  scyn. 

Wüst  lind  wild  ist  wohl  die  Waldung, 

Doch  mein  Arm  wird  dich  ximschlingen. 

Und  durch  Felsen  und  Gesträxiche 
Bald  zu  heitern  Fluren  bringen. 

Silvia  will  ihn  nimmer  hören. 

Da  besclilicfst  er,   fie  zu  meiden. 

Und  er  träniert,        dafs  vom  Bogen, 
Von  der  ^Vildnifs  er  soll  scheiden. 

Auf  dem  dunKcin  Tagamante 

Kommt  ein  schhmker  Schiffer  an. 

Trägt  ein  lange?  glattes  Taider, 
Ist  mit  Netzen  augethan. 

Madchen!    nimm  das  Seil  behende, 

I\uft  er,   schling  das  Netz  um  dich, 

Steige  rasch  zum  Nachen  nieder, 
Und  zur  Frcyheit  fahr'  ich  dich. 


34 

Bleibst  du?    Fürchtest  du  die  ^Vogen  ? 

Liebst  du  nicht  des  Jägers  Treiben  ? 
Achtest  nicht  der  Tön'  und  Bhiraeu  ? 

Eine  HofFntmg  wird  mir  bleiben!  — 

"Welch  ein  sch-\veifsbedeckter  Rappe 

Drängt  sich  dort  diirch  Busch  und  Stein? 

Hell  erglänzt  des  Reiters  Rüstung, 

Schild  und  Helm  im  blanken  Schein, 

Cintra  spornt ,  der 'wackre  Ritter, 

Bis  zur  Burg  hinan  das  Rofs, 
Ruft :    Ich  komme  dich  zu  lösen, 

Silvia,  aus  dem  Felsenschlols ! 

Keine  Antwort  kommt  herunter, 

Auch  kein  Blick  wäll  ihm  erblühn. 

Ach!    wir  müssen,   theurer  Rappe, 
Rief  er,  w'iedcr  weiter  ziehn. 

Silvia  stand  seitdem  am  Fenster, 

Sah  den  Pfeil,    den  Jagdspiefs  liegen, 

'Sah  die  Laute ,    Netz'  und  Blumen, 
Konnte  nicht  zu  ihnen  fliegen. 


55 
GärtneY,  Sänger,  Jäger,  Schiffer, 

Liefsen  wohl  ein  Zeichen  hier : 
Doch  sie  blieben  fern  ,   denn  keines 

Gab  der  kiihne  Ritter  ihr. 


sz. 


k^<^-W^^^ 


An      T  i  e  c  k. 


Ein  Kind  voll  Wehmuth  und  voll  Tten^ 
Verstofsen  in  ein  fremdes  Land, 
Liefs  gern  das  Glänzende  nnd  Nene, 
Und  blieb  dem  Alten  zuge-wandt. 

Nach  langem  Suchen ,   langem  "Warten, 
Nach  manchem  mühevollen  Gang, 
Fand  es  in  einem  öden  Garten 
Auf  einer  längst  verfallnen  Bank 


36 

Ein  altes  Buch  mit  Gold  verschlossen. 
Und  nie  gehörte  AVorte  drinn ; 
Und,   Avie  des  Frühlings  sarte  Sprossen, 
So  wnchs  in  ihm  ein  innrer  Sinn. 

Und  wie  es  sitzt ,    und  liest ,    und  schauet 
In  den  Krystall  der  neuen  "Welt, 
An  Gras  und  Sternen  sich  crbanet. 
Und  dankbar  auf  die  Knioe  fällt  : 

So  hebt  sich  sacht  ans  Gras  und  Kräutern 
Bedachtiglich  ein  alter  Mann, 
Im  schlichten  Rock ,  und  kommt  mit  heitern» 
Gesicht  ans  fromme  Kind  heran. 

Bekannt  doch  heimlich  sind  die  Züge, 
So  kindlich  und  so  wunderbar ; 
Es  spielt  die  Frühlingshift  der  v"\  lege 
Gar  seltsam  mit  dem  Silberhaar. 

Das  Kind  fafst  bebend  seine  Kände, 
Es  ist  des  Bxiches  hoher  Geist, 
Der  ihm  der  sauern  AV allfahrt  Ende 
Und  seines  V.ilcrs  ■VS''ohnung  wcis't. 


37 
Dil  kniest  auf  meinem  öden  Grabe, 
So  öffnet  sich,  der  heiige  Mund, 
Du  bist  der  Erbe  meiner  Habe, 
Dir  werde  Gottes  Tiefe  laind. 

Auf  jenem  Berg  als  armer  Knabe 
Hab'  ich  ein  himmlisch  Buch  gesehn. 
Und  konnte  nun  durch  diese  Gabe 
In  alle  Kreaturen  sehn. 

Es  sind  an  mir  durch  Gottes  Gnade 
Der  höchsten  "VYunder  viel  geschehn; 
Des  neuen  Bunds  geheime  Lade 
Sahn  meine  Augen  offen  stehn. 

Ich  habe  treulich  aufgeschrieben, 
AVas  innre  Lust  mir  offenbart, 
Und  bin  verkannt  und  arm  geblieben. 
Bis  ich  zu  Gott  gerufen  ward. 

Die  Zeit  ist  da,    und  nicht  verborgen 
Soll  das  Mysterium  mehr  seyn. 
In  diesem  Buche  bricht  der  Morgen 
Gewaltig  in  die  Zeit  hinein. 


4 


38 

Verkiindiger  der  Morgenröthe, 
Des  Friedens  Bote  solLt  du  seyn. 
Sanft  wie  die  Luft  in  Harf'  und  Flöte 
Hauch'  ich  dir  meinen  Athem  ein. 

Gott  scy  mit  dir,    geh  hin  nnd  wasche 
Die  Augen  dir  mit  Morgen thau. 
Sey  treu  dem  Buch  und  meiner  Asche, 
Und  hade  dich  im  ewgen  Blau. 

Du  wirst  das  letzte  Reich  verkünden, 
Was  tausend  Jahre  soll  bestehn  ; 
"Wirst  überschw^englich  AVesen  finden, 
Und  Jakob  Böhmen  wiedersehn. 

3^0  VALIS. 


39 


Lebens  -  Elemente. 


I. 

Die      Erde. 

Höher  hstxin  der  Muth  nicht  streben. 
Wunderbar  bin  ich  besiegt, 
Und  ich  fühle,    wie  das  Leben 
Seinem  "Widerstand  erliegt. 

Sichern  Trittes  geht  mein  Sehnen 
Axif  die  Dauer,  Sicherheit, 
Alle  Wünsche ,   alle  Thränen 
Zittern  vor  der  Ewigkeit. 

Hier  anf  grüner  Fhtr  zu  weilen 
Kdhe  dem  geliebten  Kern, 
Mäfsig  Freud'  und  Leiden  theilen 
Will  die  arme  Seele  gern. 


rüajizcii  kehren  balde  -wiedtrj 
Voii  den  BiUimen  füllt  das  Laiil», 
Alle  Blumen  siiUicn  nieder. 
Alle  i^arbea  löscht  der  Staub. 

Früliling ,  Herbst  und  Sommer  liornuaen, 
"Wie  ein  Lächeln  gehn  sie  fort. 
Und  die  riammen  sind  verglommen, 
Xiebe  flieht,   ein  eilend  AVort. 

"Willst  dn  tiefer,   inn'ger  walten 
Als  um  dich  die  ganze  Welt, 
"Was  die  tausendfach  Gestalten 
Bindet  und  zusammenhält  ? 

Lafs  entfliehen  ,   lafs  entflicfsen. 
Dem  nicht  Dauer  ist  gcliehn, 
Demuthsvoll  sollst  du  geniefsen. 
Und  im  Stolze  sollst  du  büfsen. 
Alles,   alles  mufs  vcrbliihu. 


4i 
ir. 

Das     Unterirdische. 


■\Vas  will  die  Angst  an  meinei  Seele  ? 
Was  fliichten.  die  Gedanlien  fort  ? 
■Wohin  ich  fliehe  nnd  mich  qti.ile, 
Entdech'  ich  keinen  sichern  Ort : 
Mein  Fxifs  gehemmt ,    mein  Athem  schwer, 
Die  Brust  so  voU,   das  Herz  so  leer. 

Ich  will  mich  tiefer,  tiefer  grimden, 
unsicher  wird  die  Sicherheit, 
Die  Kraft'  erblinden  nnd  entzünden 
Sich  ringen'd  nach  der  Ewiglieit, 
Der  Seele  Wurzel  streckt  sich  vfeit. 
Will  greifen  ans  der  Zeitlichkeit. 

Da  kommen  Strahlen  an ,   die  hnnten, 
Ans  alten- Reichen  ohne  Licht, 
Es  murren  dumpf  Gewüsser  nnten. 
Entgegen  streckt  sich  ein  Gesicht, 


Wie  bang,  wie  sch-vver,  es  winkt  und  lockt. 
Das  Herze  bebt,   der  Aihem  stockt: 

„Gieb  dich  gefamgen,  sey  gefangen. 
Ich  thiie  auf  mein  stilles  Beich. 
Ich  kenne  dich ,  dein  starr  Verlangen, 
Mein  steinern  Herz  biet'  ich  dir  gleich. 
Manch  Edelstein  ,  manch  gnlden  Stück 
Gicbt  dir  den  kalten  Liebesblick» 

Von  hier  die  bunten  Pflanzen  stammen, 
Vou  hier  nimmt  Baum  und  Gras  die  Kost; 
Hier  schlummern  sie  die  ewgen  Flammen, 
Die  dir  erzeugen  siifsen  Most. 
Die  Berge  wie  das  w^iste  Meer, 
Sie  liegen  in  mir  grofs  und  schwer. 

Steig  nieder  hier  mit  deinen  Sinnen, 
Mein  stciTiern  Kerze  steigt  in  dich; 
So 'magst  du  von  mir  abgewinnen, 
"VYas  mir  zur  Last  und  fürchterlich. 
O  lafs  es  werden  deine  Lust, 
\Yas  mir  beschwert  die  volle  Brust." 


43 

Ha  !   folg'  ich  ihm  ?  bleib'  ich  zuiixcTte  ? 
Mich  treibt  die  Angst  zxirück  und  vor. 
Die  Stininie  ruft  mir  all  mein  Glücke, 
Die  fernsten  "W^ünsche  in  mein  Ohr; 
Entrissen  von  den  süfsen  Tönen 
Schau'  ich  krystallene  Sirenen 


III. 
Das       JV  a  s  5  e  r. 


Blauer ,   fliefsender  Aether, 

Der  von  der  Berge  Gipfel 

Sich  niedertdticht ; 

Un4  silfs  genährt 

Von  strebenden  Kindern,  . 

Die  ihm  in  die  Arme  stürzen, 

Froh  lachend  an  den  Elisen  fliegen. 

Daher  mit  seinen  athmenden  Fhitcn  zieht. 


44 

Nieder  gehst  du 
In  Andacht, 
In  Demut h. 

Entfliehst  den  Gebirgen, 
Den  steilen  Höhen, 
Und  senkst  dich  selig  sanft  in  stille  Thälex. 
Fort  schlägst  du  mit  lebenden  Pulsen 
In  triiimphirendcr  Freude, 

In  iingehemmter  Bewegung,  * 

In's  ewige  Meer, 

Das  grofse  ,  unergründliche  ,  nie  ermefsne. 
Dich  nähren  diejWnnder  der  Tiefe, 
Dil  sangst  mit  Lebensathem 
Die  verlassensten,   einsamsten  KindeT 
Zu  dir  ins  lichte  Leben  herauf. 
Deine  Hcrzens-Adern  ziehn  sich  in  den  Abgrund 
Niemals  steigt  dein  heiliges  Blut 
Mit  seinen  hohen  Strömen  in  die  Dunkle, 
Du  verschmähst  sie. 


45  ~ 

IV. 

Die      Luft. 


Holde  Sehnsiiclit ,   steigst  du  nieder? 
Slifser  Strom ,   der  mich  ertränkt  ? 
Ewgc  R-ahe,   kehrst  du  wieder. 
In  die  sich  das  volle  Herz  so  still  versenkt? 

Deine  kühlen  Fluten  dringen 
Tief  iu's  Innre  der  Natnr, 
Dir  entgegen  ,  Holde ,  bringen, 
Alle  "^Veiten  ihre  Kinder  deiner  slUsen  Spu*. 

Ucberall  bist  dn  gebettet. 
Nährst  tmd  sätigst  die  volle  Welt, 
Auch  an  dich  mein  Lebensstrom  gekettet. 
Dir  entgegen  ist  mein  Herz  gestellt. 

"Wogendes  ,   kreisendes  Meer, 
Sich  selbst  gebährend,  i 

Alles  ernährend. 
Du  ruhst  in  dir  mit  deinen  Stürmen  schAver, 


46 

■\Vaiiu  die  Wetter  sich  erzeugen,   ' 
■W^aiiu  sich  die  knarrenden  Eichen  bengen, 
Sich  die  "Wolken  flatternd  jagen, 
Nieder  der  Blitz  sich  reifst. 
Und  sein  lothcs  Ange,    glühend 
Durch  die  schwarze  Wüste  ziehend, 
Das  Innre  der  flammendeu  ^'elt  uns  weirst : 

Dann  erzeugt  sich  in  dem  Streite 
Nur  die  stille  liebe  Rtih, 
Die  Empönmg  geht  zur  Seite, 
Und  die  Sanftheit  deckt  mit  Iliigeln 
Auf  den  ^Väldern  ,   Bergen  ,    Hügeln, 
Alles  schweigend  mit  dem  linden  blauen  Athem  zu. 

v: 

Das       Feuer, 


Sey  mir  gegrüf-st 

"Wonne  des  Wiedersehus, 

Alte  Heimath, 

ETvige  Kiuide  des  vorigen  Bundes. 


47 

Strebend, 

Kämpfend, 
Wild  verwirrend 
Entspringt  ans  der  Unrnh  Keim 
Der  Bann  der  Ordnung. 
Der  streitende  Kreis  ringt  in  sich  selber 
Und  gährt  nnd  ängstet  sich  in  die  Taihe  zxiriic}^. 
Vom  eignen  "Widerwillen  fest  gehalten 
In  enger  Gegenw^art : 
Da  wohnt  im  Innersten, 
In  heiligster  Einsamkeit  verschlossen 
Die  Erinnrnng; 
Sie  reifst  sich  los. 
Und  bricht  hindnrch 
Durch  alle  Hallen 
Und  kalten  tyrannischen  Vorhöfen, 
Und  schwingt  der  Freiheit  goldnes  Panier. 
Im  Schwinden  erblinden  die  alten  Kräfte, 
Verbinden,   entzünden  sich  freimdliche    Mächte, 
Und  der  Vorhang  fällt, 
Und  statt  der  Leere 
Schant  uns  das  Auge  an. 


48 
VI. 

Das      Licht. 


Schon,  griifst  der  Vater  seinen  Sohn, 
Schon  steht  er  an  der  alten  Schwelle, 
Ihm  winkt  und  locht  die  liebe  Helle 
Das  Licht  dadrein ,   ein  sanfter  Ton. 
Hier  klopft  das  Herz ,   die  letzte  Wand 
Hält  Kind  und  Vater  noch  znriicke, 
Sie  ahnden  schon  die  Liebeshlicke, 
"Was  sie  getrennet  sonst ,   verschwand. 
So  öffne  denn  die  letzte  Thlir. 
"Willst  du  noch  immer  %veiteT  ziehen  ? 
Entflieh  hinein ,    sonst  miifst  dti  fliehen. 
Dir  nach  tritt ,    dem  du  kanm  entgangen, 

Mit  frischen  ^Yangen 

Das  falsche  Verlangen: 
Drum  bleibe  hier. 
So  schwinde,    was  einst  mein. 
Ich  %verde  nnn  mein  eigen  seyn 
Im  drevnial  -  hciliff  -  lichten  Schein. 


49 
vn. 

A    r    b    €    i    f. 


Vonvärts  wandeln,   \vieilcrkchren, 
Vnä  das  Tialie  uen  gestalten, 
Ordnung  in  Verwirrung  sch.^lten, 
\Yird  auf  Erden  immer  -währen. 

\Vas  gewesen ,   kommt  auch  wieder, 
Ziiliunft  ist  derein&t  vergangen, 
Sicrhcn  mnfs  jedwed'  Verlangen, 
Und  die  Erde  zieht  tms  nieder. 

Menschen  ,  Element ,    Nauirca 
Siehn  zum  Kampfe  stets  gerüstet. 
Alles  schreckt  und  lockt ;   uns  lustet 
"Wandeln  auf  der  Erde  Spuren. 

Jeder  weifs ,   w^ie  es  gewesen, 
"Wenn  er  Gegenwart  beachtet ; 
W^er  sich  selber  recht  betrachtet, 
Rai^n  die  ganze  Erde  lesen. 


50 

■\Vie  der  Streit  sich  st-ljjst  versöhnet, 
Filedc  wird  ans  Krieg  erzeiiget, 
AYie  der  Regen  hebt  und  beuget. 
So  die  Erde  wird  vejschönet. 

Alle  Miihe  rennt  zum  Ziele, 
Zum  Genüsse  wird  das  Streben :      » 
Also  zieht  Arbeit  und  Leben 
In  der  Erde  wild  Ge wühle. 

viir. 

S  a   h   h   a   t   h. 


Per  Himmel  lacht  in  seiner  heitern  Bläue, 
Die  Erde  griiut  in  allen  ihren  Lichten, 
Der  Adler  schwärmt  in  der  azurnen  Freye 
Und  will  den  Fittig  nach  der  Sonne  ricliten  ;  ■ 
Der  Mensch  onipfängt  von  oben  seine  AVeihe, 
Vom  Kreuze  nieder  will  die  Seele  fiilchten. 
Der  heil'gc  Leichnam  ?lcigt  aus  den  Gewanden, 
Die  Liebe  ist  vom  Grabe  auferstanden. 


51 
Das  neue  Herz  besucht  die  lichten  Hühcii, 
Und  findet  dorten  seine  Jünger  -wieder ; 
Propheten  lassen  sich  von  oben  sehen. 
Mit  Trösten  lächelnd  schanen  sie  hernieder. 
Da  sieht  man  das  Panier  des  Friedens  wehen, 
Es  singen  Cherubim  die  hcil'gen  Lieder, 
Das  Tiiexiz,  die  Dornenlrrone  sind  ve^sch^vul^lU  n. 
Das  Morgenroth  entströmt  den  sufs«n  AViindtii. 

T  I  E  C  K. 


K    l    a    a    €» 


"Was  frommt  die  neu  erwachte  Schoprnr.gspiMchr, 
Der  Farbenglanz ,  vom  Acthcr  hergesendet. 
Die  sanfte  Glut,  die  ringSTim  angefacht. 
Der  Lerche  Tiriliren ,  das  nicht  endet. 
Des  Tages  Macht,  die  Herrlichkeit  der  Nacht, 
Was  frommt   der  Duft,  vom  Frühling  ausgespendet 
AYenn  -Nvir ,  ermüdet  von  des  Lebens  'Wahucn, 
Nach  stiller  faxbenloser  I\uh  uns  sehnen  ? 

FR.   S  C  H  I>  E  G  E  1.. 


n'^ 


Die     IV  a  r  n  u  n  g. 


H  0  771  a  n  z  e. 


Es  tritt  ein  \Yaiidersmauii  heifiir 
An  eines  Dorfes  Sclicnkc, 
Er  tctzt  slcli  -vor  des  Hatises  Thi'ir 
Im  Scliaiien  auf  die  Eiinlte ; 
.l.tf>t  i^ciii  Bündel  neLen  sich, 
iiitlct  dsti  "VVinli.  Leschcidentlicli, 
i\Iit  einem  Trunk  ihn  zti  laben. 

Da  zecheil  an  dem  nächsten  Tisch 
Zwey  "v^dlde  rohe  Buhen. 
Heda,   Herr  "Wirth!    und  geht  uns  frisch : 
Vy^as  kauzt  ihr  in  den  Stuhen  ? 
Diese  Kacht  so  diirchgeschw'-ärmt, 
jjcxite  von  IMorgens  früh  gelärmt ! 
Wir  wollen  nicht  niichicrn  \Yerden. 


53 
Ha ,  Bruder ,  war  das  nicht  ein  Sn.if» 
Es  geht  mir  nichts  darüber. 
lJiu\  lieb'  ich  schon  das  volle  Glas, 
Hab'  ich  doch  Unfug  lieber. 
Ach  wie  wird  ver-sviuidcrt  seyn 
AU  die  -werthe  Christengemeiu ! 
Wie  wird  der  Pfaffe  nicht  toben  ! 

Da  draiifsen  erst  den  Nepomiik 
Mit  seinen  sieben  Steril»*?!, 
Ich  schob  ilvn  an  den  Fiand  znnicK, 
Bald  mufs  er  schwimmen  lernen. 
Schüttert  was,   so  plnrapt  er  'nein, 
Budert  w^ohl  mit  dem  Jesnlein, 
Den  h.ilt  der  Narr  in  den  Armen. 

Alsdann  hinunter  lang?  dem  TJia.1 
Der  ^Vallfahrc  Stationer, 
Die  drcyzehn  Steine  allzumal 
Mit  Christi  Passionen, 
So  beschmiert,  vcrxkrt  aufs  Fest, 
Dafs  das  Lachen  licin  Einz'ger  lafst. 
Wenn  sie  ziiim  Bclen  da  knieeii. 


54 

Der  Andre  sprach  :  AYeiins  Prahlcu  gilr^ 
So  stell'  ich  alle  "Wetten. 
Der  Schnurrbart  am  Marienbild, 
Und  dann  die  Krön'  aus  Kletten, 
Die  ich  ilijn  zn  Nacht  bcscheert. 
Sind  w'ohl  deine  Geschichten  wertb. 
Und  CS  ist  noch  nicht  das  beste. 

Dort  anf  dem  Fels  am  hohen  Kreuz, 
Statt  Christi  ieid'ger  .Fratze, 
Hängt  nun  —  o  in  der  Secl'  erfreuts  ?  — 
Des  Nachbars  todte  Katze. 
"Wenn  sie  nun  auf  ihrer  Bahn 
Zithn  die  Stufen  zur  Kirch*  hinan. 
Das  wird  was  exbauliches  werden. 

Der  Wandersma^m  schaut  ernst  und  still, 
Da  sie  die  Red'  erhüben. 
6ie  achten  erst  nicht,   was  er  will. 
In  ihrem  Rausch  ,   die  Buben. 
Beyde  riefen  dann  zugleich: 
Kiimmert  euch ,  TucJimauser,   um  euch  ? 
Was  soll  das  Gaffen  und  Horchen? 


55 

Der  "Wandersmann  sagt  lücht  ein  "VV^oxt, 
Und  schaut  niir  iinbeweglich, 
TJnd  ihnen  -wurde  fort  nnd  fort 
Sein  Blick  mehr  amerträglich. 
"Wenn  ihr  nicht  die  Frechheit  lafst. 
Sagten  sie,    solchen  Heuchler  -  Gast, 
Den  mufs  in;;n  mit  Schlagen  verjagen.  — 

Mich  schlägt  ein  Andrer  -wohl  als  ihr, 
Ihr  mögt  kein  Haar  mir  kränken. 
Ich  hin  aitf  kurze  Frist  nni  hier. 
Doch  sollt  ihr  mein  gedenken. 
Junges  Blut  hat  Frcvelmnth  : 
Thnt  nicht  ferner ,    so  wie  ihr  thtit, 
Und  lafst  bey  Zeiten  euch  -warnen. 

Sonst  schliefst  ihr  einen  Bund  der  Treu 
Mit  Jndas  falsclier  Rotte  ; 
Den  Heiland  kreuzigt  ihr  a\ifs  nen 
Mit  solchem  kecken  Spotte.  — 
Ja  doch ,   da  geschah'  ihm  recht, 
Weil  sich  der  einfältige  Knechl 
Das  erstemal  kreuzigen  lassen.  — 


56 
Ich  -wcifs  gewifs ,  ihr  spracht  nicht  so, 
"Wärt  ihr  einst  mitgegangen  ; 
Ihr  hättet  nicht,   der  Qualen  froh, 
Am  Krenz  ihn  sehen  hangen, 
"Wie  ans  bittern  Wundeii  qnoll, 
Aller  Lieh'  und  Erharmung  voll,     - 
Sein  heilig  göttliches  Leben. 

"Wie  nm  ihn  ,  ewig  hoffnnngslo». 
Die  Trexind'  und  Mutter  standen, 
Und  er  im  Busen  trug  ihr  Loos, 
Bey  grimmen  Todesbanden ; 
2?eigt  sein  Haui^t  in  Finsternifs, 
Durch  die  Himmel  geschieht  ein  Rif«, 
Und  innerlich  schauert  die  Erde.  — 

_  Ey  seht ,   der  macht  uns  glauben  gar, 
Er  war  dabcy  gewesen. 
"Was  er  erzählt ,  kann  man  fürwahr 
Jn  alten  Tröstern  lesen. 
Sagt  uns  doch,   wie  alt  ihr  seyd, 
Dafs  ihr  saht,   was  vor  cw'ger  Zeit 
Und  nimmer  vielleicht  ist  geschehen  ?  -» 


57 

Ich  bin  nicht  alt,  ich  bin  iiicht  jxing, 
Mein  Lel'Cii  ist  ];cin  TLobcn. 
"XVie  rastlos  lücist  der  Sonnen  SchAViing, 
IVIufs  icli  liier  nntcn  sch\Tebcn. 
Grriser  v.'ird  das  Tf?.  ir  mir  nicht, 
;*vicht  geriuizckcf  nitin  Gesicht, 
Das  niemals  lachet  noch  -weinet. 

Ich  ^var  -wie  ihr  von  frechem  Muth 

In  meinen  ersten  Tagen. 

An  mir  that  !keine  Lehre  gnt, 

Kein  Warnen  half  noch  Sagen. 

Als  der  Hohenpriester  Amt 

Heuchlerisch  nnn  den  Christ  verdammt, 
* 

Da  \\'olll'  ich  mein  Miithchen  auch  kühlen. 

Uiid  als  mit  schwerer  Kreiizeslast 
Znm  Thor  ihn  schleppt  die  Menge, 
*  Da  hatt*  ich  vor  den  Andern  Hast, 
Und  süefs  ihn  im  Gedränge. 
Matt  lind  lechzend,   ohne  Schreyru 
AYollt'  er  ra^ten  auf  einem  Stein, 
Da  fckliig  ich  ihn  mit  deu  Fäusten. 


•  .  5S 

Gell ,   rief  ich ,  Jesus !   fort  mit  dir ! 
Zum  Tod  dich  endlich  schielte ! 
Der  Heiland  fah  sich  \im  nach  mir, 
UikI  sprach  mit  stillem  Blicke: 
Ich  zwar  gehe  hald  axir  Ruh, 
Aber  wandern  sollst  nnn  dti. 
Und  warten,   bis  ich  liomme. 

Di  eis  Wort,  diefs  ^Wort,  diersEiue  Wort 
^Var  Heil  mir  und  Verderben. 
Es  schirmt  mich  vor  der  Seele  Mord, 
Docli  •wclirts  mein  leiblich  Sterben. 
Und  Blich  trcibts  von  Land  zu  Land, 
Und  bin  manchem,  zum   Graun  bekaxxnt, 
•Der  ewige  wandernde  Jude. 

Der  Fremdling  sprach  es  alles  ans 
Mit  Tinbevregtcr  Miene, 
Doch  brennend  durch  die  Stirn  heraus 
Ein  blutroth  Kreitz  erschieue. 
Als  die  zwcy  das  Zeichen  ?ahn, 
Fällt  sie  an  der  Verzweiflung  ^Vahn, 
Sie  sLiTibteji  sich  schon  in  der  Holle. 


59 

Und  eh  sie  SeeV  Tuid  JLeibeskraft 
Und  Sinne  %viederfiinden, 
Hat  er  sein  Bündel  aufgerafft. 
Und  ist  schon  weit  verschwn.mden. 
An  des  letzten  Hügels  Rand, 
Sehn  sie  noch,,   den  Stab  in  der  Hand, 
Die  irre  Gestalt  liiirvTanlien. 

A.  W.   SCHLEGEL. 


F    a    Utas 


e. 


Alte  Tone  tönen  wieder. 
Rasch  entflieht  das  \'\-ilde  Lehen ; 
Jetzt  der  Sehnsucht  hingegeben,- 
"Wenn  der  Knabe  einsam  -vycint. 
Dann  zai  hoher  Lust  vereint. 
Wenn  der  Freuden  Ziel  gefunden ; 
Bald  von  leichtem  Scherz  iim\Ytinden, 


6j 

In  des  Uebermiithes  Fülle; 
Zwischendrcin  die  alte  Stille, 
Frisch  lebendig"  ^Yas  vergangen. 
Älter  Liebe  angehangen, 
"Wie  verga'jgcn  schon  das  !Neue, 
Schmerzen  die  ich  nimmer  scheue, 
Weil  sie  tiefre  Lust  erzeugen, 
Kalte  Fesseln  die  mich  beugen. 
An  der  Jugend  Blüthe  nagen ; 
•Lafst,  o  lafst  rüich  alles  sagen  : 


Weh ,   ach  -w'oh !   ihr  öden  Mauern, 
"Wo  die  Elunie  ward  gefunden. 
Die  mit  Freuden  mich  umwmideu! 
Dafs  sie  alle  gleich  verschwunden, 
i\IuXs  ich  tratlern. 
Rohen  Händen  hiiigegeben, 
Mufäte  Schönheit  so  verderben, 
Süfse  Anmuth  wcDtend  sterben; 
Blüliend  noch  mufs  Tod  erwerben 
All  mein  Leben. 


6i 

Kam  die  LicLe  zum  Knaben  gcgangoii. 
Da  die  lang  ersehnte  aum  ihm  nahte, 
"VTcifs  er  liaiim  sein  iieties  Glück  zu  wagen. 
Frencle,   hlare  Freude  gicht  ihm  alles; 
lii  der  Freude  aber  aeti  Vox'Liiigon, 
Das  die  Freude  oft  zu  Leide  machte. 

O  dicfs  Verlangen 

Zu  kühlen  ,   an  den  Lippen  festzuhangen. 
Bis  dafs  in  süfsex  Lnst  der  Sinn  vergaugcu  ! 
Und  faf^t  dich  einmal  dieses  tiefe  Sehnen, 
So  darfst  du  nimmer  wilhnen  es  zu  füllen. 
Und  wollte  dich  umhüllen  ganz  die  Liehe 
In  ihren  schonen  Freuden. 

Lafs uns  frühlich  tändeln, 
Ldfs  uns  Scherz  eriinnen, 
IVIit  blitzenden  Augen, 
Mit  lieblichen  Lippen. 
O  Avie  süfs  ist  die  Freude 
iMit  der  Liebe  zu  spielen. 
Und  eins  mit  dem  andern 
Zu  tändeln  wie  Kinder  ! 


62 

TSiirdich  Hohe  schmückt  die  Krone, 
l^ichtglanz  mufs  dich  golden  zieren, 
Kosensirciblcud  tiiiuuphiien, 
Herrin  aiii  dts  Herzens  Throne. 
Alks  g.ab  ich  dir  zum  Lohne, 
Alles  t'iir  die  heilge  Freude, 
Eis  wir  freudcilaniiiiend  beyde, 
Bcyde  sagten:    Nun  verschone  ! 

AVenn  ich  unverstanden  bliche. 
Ohne  Gegenstand  mein  Streben, 
Keine  Liebe  mir  gegeben, 
TiViird'  ich  dennoch  innig  liehen, 
Um  so  inniger  nur  leben. 
AVas  mein  Sehnen  lieblich  wähnte. 
Was  ich  iiebesehnend  lucync, 
Ist  io  heiter.   Und'  uuu.  reine, 
Dd[s  kein  Sinn  sich  \veiier  sehnte, 
Der  gesehn  diefseij)zig  Eine. 
AVenn  icli  fern  von  Freuden  bliebe, 
Ohne~ Gegenstand  mein  Streben, 
Keine  Liebe  mir  gegeben. 


63 

■^Vürd"  ich  dennoch  innig  lieben, 
Und  in  hsitern  Freuden   schweben. 

Kühne  "Wogen,   -VN^ildes  Leben, 
I.afs  den  Strom  nur  immer  bra^isen, 
Frischen  Sumn  im  Heizen  sausen, 
Wiv  der  Adier  durch  die  Lüfte. 
Ueber  Meere  ,   itber  Klüfte, 
Lafs  mich  ech  .vebeii ,   lafs  mich  fliegen  ; 
Alles  kann  der  iv/uth  beticscn, 
Muth  entsprungen  hohem  GLitiben  .- 
Keiner  kann  die  Liebe  raubet), 
"Wie  auch  wechseln  die  Gefühle 
In  dem  irdischen  Gc wühle. 

P  ii.    s  c  H  L  £.  G  E  li. 


S  tudiinii  des   AI  t  er  thiniis. 

Leset  die  Alien  !   versteht,  die  cij^ciuiich  ältesten  Alten. 
^\  as  dieModerneu  davon  prei.-en,  bedeutet  nicht  viel. 

A.   W.   SCHLEGEL. 


(-;./, 


B    a   l    l    a    d   c. 


G  r  af. 
Vielen  Dank,  chrvairdiger  Herr,  für  eiifc  Hülfe; 
der   AVageii   fciiieii/lerte    das   arme  Mädchen    heraus, 
tmd.  ohne  eucrn  Beystand  wäre  die  Wunde  wohlhc- 
dentend  gt-svorden. 

Pater. 
Ich    th.ii:  niix  meine  Pflicht,    doch  vergöiant  mir 
eine  Frage:    wohin  in  dieser  feurigen  Eil,   dals  eure 
Rosse  eine  Wolke  von  Staiih  erregen,    die  euch  dem 
W^andercr  schon  ans  der  Ferne  vcrliündct  ? 
Gr  af. 
ch  bin  mit  meiner  Tochter  meinem  Schlosse  ent- 
flohen,  xind  eile  nach  der  Stadt,   um  sie  dort  im  Ge- 
tümmel des  Hofes  lind  in  den  Freuden  der  Welt  den 
Gram  de?  Herzens  vergessen  zu  lehren. 


65 

F  at  er. 
Der  Himmel  segne  exich,  mein  schönes  Fräulein, 
itiid  gebe  euch  alles  Gnte;    die   Bliitlie  enrer  Jugend 
sollte  noch  durch  keinen  Kummer  wellten» 

G  r  elf. 
Es^varihr  Hochzeittag  bestimmt,  und  wir  raufsten 
an  diesem  Tage  die  Leichenfeyer  des  BriUitigams  he- 
gehn. 

T at  er. 
Des  Himmels  Wille  liefs  euch  diesen  Schmerz  er- 
dulden, doch   möcht'   ich  zweifeln,  dafs  ihr  f iir  die 
sen  Gram  in  der  Welt  xmd  ihren  Freuden  einen  lin« 
dcrnden  Balsam  findet. 

G  r  af. 
Die*  Jugend  kann  und  darf  nicht  ewig  traTiem. 
Sie  Avird  vergessen  lernen,  und  vielleicht,  dafs  ich 
vor  meinem  Tode  noch  einen  Eidam  umarme,  und 
einen  Enkel  küsse,  der  mich  üh€i  den  Verlust  des 
Grafen  tröstet. 

Pater. 

Meine  besten  Wünsche  geleiten  euch* 


66 

G  r  af. 
Gehabt  euch  -vs-^ohl,  chr-\vürdiget  Herr ;  noch  ein« 
mal  meinen  Dank. 


(  M  a  s  k e  n  s  aa  1. ) 

Fräulein. 
Was  folgst  dn  mir,   mein  Kind? 

A  a  elhei  d. 
Ihr  seyd  so  still,  di  alle  munter  find.  Mich  fo» 
dext  niemand  anf  zum  Tanz  ,  so  gern  ich  möchte. 
Wenn  mir  mein  Bmdev  ^wieder  käme  !  O  da  hätt'  ich 
Freude  !  Mich  müfst'  er  reiten  lehren ,  jagen ,  und 
ich  säi'se  nicht  so  viel  daheim  hey  meinem  .tlten  Va- 
ter. —  Was  wollt  ihr  w  einen  ?  Alle  tanzen  gern  mit 
«uch,  nnd  ihr  gebt  keinem  eure  Hand. 

Fr ü  u  lein. 
Mein  Kind,    dort  JiaLr  ein  Ritter,  geh,  er  bittet 
dich.    —  Wie  froh   sie  ist !  —  O  Agnes,  kojnm,  ver- 
laf 5  den  widerlichezi  Schwärm ,  und  tritt  mit  mir  in 
Jxieses  Fenster. 


67 
Agnes. 
Für  euch  giebt  euer  Vater  dieses  Fest,  und  ihr  — 

Fräulein, 
Ach ,  Agnes ,  ich  drehe  mich  in  den  Tninten  Krei- 
sen,   lind  jede  Gestalt,    die  nur  die  fernste  Aehnlich- 
l^eit  mit  dem  Veriohrnen ,  in  Gang,    iji  Stellung  hat, 
füllt  mich  mit   süfsem  Schauder ;    ich  deuhe  :    jetzt, 
nun  fällt  die  Maske  nieder,   er   eilt   in  meine  Arme, 
lind  das  hange  Mährchen,   dafs  er  gestorben  luid  be^ 
graben,   verfliegt  wie  ein  verhafster  Traum. 
Agnes. 
O  -wie  beklag'  ich  euch ! 

Fräulein. 
Sieh,  -wenn  ich  von  diesen  hellen  Sälen  hinunter 
atif  die  öde  Gasse  blicke,  die  der  Pilond  so  kalt  er- 
leuchtet, wenn  ich  dann  eine  einsame  Gestalt  un* 
ter  diesen  Fenstern  voriibcr  ^vandcln  sehe,  ach  Ag- 
nes ,  so  meyn'  ich ,  es  sey  Ferdinand ,  der  verachtet, 
verlassen  von  mir  still  xunherirrt,  indefs  ich  hier 
mit  frevelhafter  Lxist  den  Boden  stampfe ;  in  Thrä- 
nen  zerflielsend  möcht'  ich  ihm  zurufen :  O  komm, 
o  komm  herauf  an   dieses  Her2 ,   daö  warm  und  treu 


68 

für  dich  allein,  für   dicli  nur  schlägt,  und   niemals-, 
niemals  dich  vergessen  hann. 

Agnes.' 
Mein  thenres  Frinilein,  fafst  euch,  ihr  Vergefst 
wo  wir  sind. 

(  Garten.    Ein  Ritter  fuhrt  das  Fräulein. ) 

Fräulein, 
Ein  schöner  Morgen  haucht  erquickend  uns 
Mit  seinem  Athem  an, 

B.itter. 
0>  könnt'  ich  sagen, 
"Wie  gliicklich  ich  au  eurer  Seite  hin  ! 

Fräulein. 
In  Bäumen,  Sträuchen,  kleinen  Blumen  quiHt 
,     In  tausend  Knospen  schon  der  Frühling ,  hoffend 
Und  still  erwartend  steht  der  arme  Mensch 
Vor  aller  Pracht,  die  noch  A'crsclüossen  ist. 

Hit  t  er. 
Dürft*  icli  zu  meinem  Trost  die  holden  "Worte 
Doch  deuten,   und  in  diesen  sanften  Augen. 
Ein  goldnes  Glück  nur  in  der  Ferne  lesen  J 


% 

O  Lii^t  iTilv  mir  für  eine  ferne  Znltinift 
Auf  euer  scliöues  Herz  die  Koffiixuig  Vil>rig  ! 

Fr  all  l  ei  n. 
Glaubt  mir,  mein  ilicurer  Freund,  icliL in  so  schwach, 
Dafs  ich  nicht  wünschen  !kann ,   daf^  ihr  auf  mich 
Die  liieiiistc  HofTnimg  gründen  ir.öchtct. 
B.i  tter. 

Fränlein, 
O  hört  mich  an  I    Ich  bin  ja  nicht  so  külm. 
Zu  Avünschen ,    dafs  mein  Bild  das  Angedenken 
Des  edlen  Manns  ans  enrem  Eusen  tilge. 
I\iir  lafat  mich  für  die  Znhnnft  hoffen,    nicht 
Zerreifst  mein  Herz  mit  diesen  Schmerzen ,   die 
Von  e^iircra  Angesicht  die  Rosen  nahmen. 
Erfallt  doch  enres  edlen  Vaters  ^Vünsche, 
Die  meinigen,   und  sprecht,   dafs  ihr  -vielleicht 
In  fernen  Zeiten  noch  die  meine  seyd. 

Ft  ci  u  l  ei  n. 
So  standen  wir  in  voller  Friihlingspracht 
Einander  gegenüber,   und  von  Händen, 
Von  Blichen,   Uppen,   Herzen,    ward  gemacht 
Ein  Biiiid,   den  keine  Zeiten  sollten  enden. 


70 

O  Meineid,   tort  von  meiner  Se«le  !    Sein 
Bin  ich  iiorli  immer,    todt  i?t  er  noch  mein. 
Ja  ihr  se)'d  gut,   ihr  wcrclet  nicht  zerstören 
IDen  Ennd,    ihr  werdet  mein  Gcliibde  elireu : 
Dnini  lafst  mit  meinen  Schmerzen  mich  allein. 

(Hütte.) 

Fr  (1  XL  l  e  i  n. 
Nehmt,   gnte  Frau,   erqiiiclit  euch.    >A  ie  geht  es  eu- 
rem holden  Knaben  ? 

IV  i  t  w  e. 
0  seht   unr,    wie  er   wieder  fiey  und  freundlich  iim 
sichbliclit,    wie  er  mit  kindischer  "Freude  auf  sein 
iieue;^  buntes  Piöckcheii  zci^t,  das  eure  Gliie  ihm  ge- 
schenkt. 

F r  li  II  l  ei  n. 

Ein  schönes  Kind  !  Ihr  scyd  recht  gliicklich  mit  dem 
Karben. 

Witwe. 
Er  ist  mir  Alles.  Er  tröstet  mich  über  den  Verhist  ^e-i 
JVIainies ,  über  tmverdieutc  Arrauth,  und  durch  mein 
gauzts    rieben   solien   die   heilte- ten   Gebete  d.mkciiil 


71 
für  euch  zum  Himmel  steigen,  dais  exire  Qiite  mir  die 
Mittel  gdb ,   ihu  von  der  KranWieit  zu  erlösen,  denn 
ohne  euch  liigc  alle  meine  Hoffnung   mm     im  kalten 
linitcrn  Grahc. 

J^r  (iul e i n. 
Achi   meine  Hoffnung  liegt  im  kal;cu  finstern  Grabe. 


(Klostex.   INonne  hinter  dem  Sprachgittcr.  ) 

A~  o  Ji  a  e. 
Ihr  liaht  zu  ?\orechen  mich  gowiinsclit ,   edler  Herr. 

m  1 1  e  r. 
Ach,  Fräulein,   dafs  ich  euch  in  diesen  Mauern  fin- 
den mufs. 

ISi' 0  Hfl  e. 
O  neidet  meine  Ruhe,    mir  meinen  Frieden  nicht. 

Tii  1 1  s  r. 
All  meine  Hoffnung  find'  ich  hier  begraben. 

JS'  o  a  fi  c. 
Begraben  hab'  ich  hier  dcu  Sclimcrz  ,  der  in  Jer  AVelt 
-')  grau^am  micli  zerstört. 


72 

Hitter. 

Die  scköne  Tailic  dieser  Augen  zieht  mich  -wieder  ge- 
waltig an,  O  lehrt  vergessen  micli  den  Schmerz  ,  der 
wüthcud  jiiich  ergreift. 

7\  0  n  n  e. 
Kämpft  nicht,  der  Liebe  Kummer  zu  vergossen, 
Geht  ench  ihm  freiindiich  hin ,   vcrgcfst  die  "Welt, 
X.cht  mit  der  Lieh'  allein.    Ich  streute  sonst 
Ihn  zu  vergessen,   und  mit  hcxhen  Qualen 
Hah'  ich  gchüfst,   so  oft  ich  es  versuchte, 
IVIciiicidig  ihm  zii  scyn.    O  weiht  euch  der 
Eriunrung,   kein  Gedanke  naiic  euch, 
3Der  euch  vergessen  lehren  will,  und  Friede, 
Der  süfseste,   wird  eure  Ernst  hewohnen. 
Ich  hin  in  diesen  Mauern  der  Eriiuiiung 
Ge^vciht,   in  allen  Bäumen  meines  Gartens 
Vernchm'  ich  seine  Stimme  freundlich  lispeln, 
Er  ist  mir' in  des  Friedens  "Wohnung  treu. 
Und  wenn  icli  voll  der  Andacht  heie,   zieht 
Als  ein  verklärter  Engel  seine  Seele 
Die  meinise  dem  Hiinmcl  zu.  — 


73 

T  citer. 
Seyd  gegrüfst ,  edler  Herr,  und  habt  Daiil«  für  d>^n 
"Wohlklang,  -womit  ihr  jodeii.  Abend  die  Luft  ev- 
fiillt.  Hab'  ich  des  Tages  Geschiift  voUbrarht  iixid 
kehre  zu  meiner  stillen  "Wohnung,  ?o  erhebt  zu 
frommer  Andacht  meine  Seele  der  Gesang, 

Jli  tt  er. 
Ihr  seyd  aus  jenem  Kloster? 

F  at  er. 
Ja,   es  liegt    die.-cm   Fraiienkloster    gegenüber,    und 
wird  von  ihm  nur  dxirch  diefs  kleine  Thal   getrennt. 

m  1 1  er. 
O  ich  möchte  eine  kleine  Zelle  suchen,  mich  vor  mir 
und  den  Leuten  zu  verbergen.  —  Ich  wiirde  ihre 
Stimme  in  den  fernen  Gträiigen  huren ,  zu  Gebeten 
■VN^eckte  mich  die  Glocke  dieses  Klosters.  Ach  wür- 
diger Herr,  in  diesen  Mauern  haucht  ein  Mädchen 
ihre  sanfte  Secle'in  Seufzern  aus. 

Pater. 
Ihr  liebtet  sie  ? 

B-itt  er. 
Gedanken,     Sehnsucht,     Blicke,     Bitten,     Thränen 

7 


timfingcii  und  bekämpften  &ie ,  doch  hat  sie  sich  in 
diesem  Kloster  der  Andacht  nnd  dem  Erinnern  des 
gestorbenen  Freundes  ge-vveiht, 

Pater. 
Und  findet  wohl  den  tiefsten   Seelenfrieden.      Leht 
vvohl,   ich  jnufs  zu  meinem  Kloster» 

Jxi  1 1  er. 
Könnt'  ich  euch  an  dieser  Stelle  "svicder  treffen  ? 

P  cit  er. 
Ich  gehe  jeden  Abend  diesen  Weg. 


Adelbert. 
Hit  habt  mich  ans   den  Händen  der  Räuber  «vettet. 
Wie  soll  ich  ench  danken  ? 

Ritt  er. 
Lebt  wohl,  und  scyd  mein  Freund. 

Adelbert. 
"Warum  verschmäht  ihr  mich ,  und  die  Liebe  eines 
alten  Vaters ,  der  mich  nach  langer,  langer  Zeit  jetzt 
wieder  findet 'i^   die  Thränen  einer  lieben  Schwester? 

Ritter. 
I©h  will  die  Freude  nicht  ans  eucrm  Hause  scheu« 


7ü 
clicii.    Lebt  -xTohl,  vor  jenem  Kloster  dort  fului  exux 
^^'cg  vorLey, 

{  E  i  21  s  a  m  e  r  ^Y  a  i  d  p  1  a  t  z  ) 

Bitter. 
Unbekannt  sind  mir  diese  Eanmc.  Wie  weit  vcTirrt 
in  der  Ilit^e  der  Jagd  T  Die  Gcfälirtcn  sind  vevloliren, 
sie  IiüiCii  meine  Stimme  nicht.  LVr  T:\^  ist  licifj;, 
der  Platz  ist  siül  nad  kiilil;  nimm  dio  miidcii  Glie« 
der,  uralter  E.ium,  in  deinen  Sclia Li cn  aTif.  — Da 
Idinijt  ein  jügerliorn.  Sind's  meine  Frennle  ?  —  Nein, 
ein  ?^ddclicn,  stGl&^aiif  einem  Pios^e  Toran  dem  mn- 
thigeu  Hänfen  sprengen  1. 

A  cl  clh  e  r  t. 
Sieh,  thenre  Schwester,  dort  ruht  ein  fremder  ?»Iann> 
er  ist  der  Retter  meines  Lehens. 

J ä g er  in. 
Welch  Glück ,    euch   hier   zu   finden !  Wie  habt  ihr 
stets  exich  unsern  "^Vünschcn  entzogen! 

Ritter. 
Ich   Nvnf-^to  nicht,     welch  Engel;;bild  meine   Gcgen- 
^Tart  vv mischte,   und  weif?  c*  noch  nicht. 


7Ö 

J  ü  g  e  r  i  u. 
O  ItommL  ZTi  1111  jcrm   Vater,    der  euch  mit  rreuden 
3U  seiiic  Anne  fclilicfscii  r.ii'd. 

IM  1 1  s  r.  , 

Ihr  seyd  so  hold  iiiid   gilt:    wie  dürft'  ich  da  mich 
•weigrem  ? 


(  Fröhliche  Musik ,  Ritter  mit  seiner  Braut  zielm 
du  ich  das  Thal.  ) 

Hl  1 1  er. 
Mit  freudiger  Pvührung^  \Terd'  ich  stets  des  Tages 
denlien,  als  ich  dich ,  Theiire,  zuerst  gesehu.  Ver- 
irrt niid  mudc  lag  ich  iu  der  Linde  Schatten ,  Ge- 
^tallen  ans  der  Vergangenheit  stiegen  vor  mir  anf, 
lind  alte  Schmerzen  rii.hrtcn  noch  einmal  leise  und 
ängstlich  das  ahndende  Herz  an,  sie  kamen  Ab- 
schied zu  nehmen.  Da  kam  die  Jagerin  aus  dem 
Gebüsch ,  und  alle  Schatten,  wichen  der  Macht  des 
rriihlings  und  der  Jugend. 

J  ü  g  e  r  i  n. 
Und  wie  wir  uns  gcichn ,  und  wie  -wit  uns  gegrüfst, 


77 

ach  in  den  ersten  Ang>enblic]ien  scliou  sch^vnr  je- 
der Treue  dern  andern  für  sein  ganzes  LeLen. 

^  Tiittcr. 

Lafst  jetzt  die  lauten  frohen  Melodicen  schweigen, 
es  spreche  unser  Ghickin  sanften  Tönen  nra-,  indefs 
\Yir  diesen  stillen  Mauern  lücT  vorüherziehen. 

'  J  c'l  g  e  rill. 
Ach  v.-ic  hc3;lag' ich  sie,   die  Armen ,    die    ein  hartes 
Schichsal  von  der  frohen  "Welt  getrennt ! 

Isoniie  ohcn  an  einem  hieinen  Fenster. 
Da?  matte  Kerz  erheht  sich  -wieder  in  der  llranh- 
heit,  Miisik  sj)riclit  dort  iinien  aus  dem  Thale  zu 
mir  herauf  lind  nennt  mit  leiten  Geijtersti:air-en  den 
Nahmen  des  GeliebLen,  "Wie-  so  fröhlich  sich  der 
Zxig  dort  ausl»reitet !  Es  ist  \vohl  der  Bräutigam, 
der  die  geliebte  Braut  lieijnführt.  Des  Himinei;.  Sc" 
gen  begleite  euch  und  schciike  e'iich  die  Freuden  die- 
ser Erde!  Ueber  rr-ir,  vom  Irdischen  getrennt, 
schwebt  dein  vcrkiürter  Geist,  Geliebter,  in  blauer 
Ferne.    Bald  bin  ich  v/ieder  mit  dir. 

Tx  itte  r. 
Guten    Abend,     ehrwürdiger   Herr,     ihr    seht   mich 


78 

glficklich  ,  \-\'ic  ich  nach  meiner  Burg  die  geliehte 
IJrAut  fiihre.  Nehmt  dieses  Gold,  und  pflegt  der  Ar- 
men und  der  Kranlicn ,  dai'b  ihr  Getet  des  IliiumcJs 
Scacii  mir  erflehe. 

Pater. 
Er  ruh'  auf  euch  und  eurer  schonen  Braut. 

SOPHIE    E. 


Zauber ey  der   Nacht, 


H  0  tn  cc  11  z  e. 

Aus  VVoikeii  tritt  der  Mond  herfiir, 
Uiu  ihn  die  Sterne  stehn, 

Da  öirnet  sich  die  kleine  Thür  : 

„IS'ui! ,   Miidchen,  mufs  ich  echn/' 


79 

Und  rnufst  du  gchii ,   so  bleibe  treu; 

Aiich  fern,   gedeiiitc  mein. 
,,0  stets  bleibt  meine  I  iebc  neu, 

Der  Knfs  soll  Biirge  seyn." 

So  zog  ich  von  der  SiiCsen  fort, 
Heim,  durch  den  dichten  Waid, 

Ich  denke  noch  ihr  letztes  "Wort  ' 
Und  schaue  die  Gestalt. 

Rings  nm  mich  her  schlief  Einsamkeit, 
Vom  Mondenscheiii  bewacht. 

Da  klang  herüber  von  der  Haid' 
Ein  Hiif*chlag  durch  die  l^acht. 

Und  wie  ich  a\is  der  "Waldnacht  trat 

Zum  Wege  breit  und  frey. 
Ein  Pieitcrpaar  von  ferne  naht, 

Kommt  wunderbar  herbey. 

Der  Ton  klang  meinem  Ohre  süfs, 

Mir  dehnte  sieb  die  Brust, 
Weifs  nicht,   was  nacii  mich  folgen  hiefj, 

Ich  folgte  unbewufst. 


80 

Der  ciu"  im  livausen  Haar  und  Bar,t 
"War  liülui  und  schlarJi  und  sclion. 

Der  andre  ■\V2t  g-?.r  lieblich  zart, 
Ein  Ixnr.be  anzusclm. 

Mich  zog;  das  Eild  ?o  lieblich  scIion> 
Und  wie  ich  schleiche ,    klingt 

Von  Lirj-cn  ihm  ein  ei'ifjer  Ton 
"Wie  Pticidchenbrnst  ihn  singt. 

Die  ^Vorte  fielen  Sternen  gleich 

In's  goldne  Mondenlicht, 
Die  Rede  klang  so  zart  imd  weich, 

DocR  ich  verstand  sie  nicht. 

und  Herz  und  Atige  sich  besann, 

.    Dafs  diefs  ein  Mädchen  sey; 
Dem  Sattel  schiois  ein  Beiii  s^ichSaaj 
Gar  lieblich  schlank  und  £rcy. 

Die  rolle  lüifte  schwebte  kuhn> 
Die  Lende  trng  die  Hand, 

Des  Busens  ■Wölbung  zart  erschien. 
Vom  Westchen  jkiiapp  ximspiniit. 


Die  Augen  Italiänisch  bxaun» 

Die  AVa^igcn  Roseiiglanz, 
Die  Lippen  Nelhcu  anzustlMUii, 

Das  Haar  ein  duiililer  liraiiz. 

Der  rrloud  die  Kfuschacit  fahien  iicfp. 

Das  ilnie  schien  seine  Liist, 
Dann  spielt  er  anf  den  AVangen  suis. 

Und  streichelt  dann  die  Brust. 

Ich  folgt'  ihm  zn  den  schönen  Au'n, 

Und  trunken  "v^ar  mein  Sinn, 
ISficht  "Wald  noch  Berg  war  mehr  zn  schaun^ 

Nach  ihr  mir  blicht'  ich  hin. 

Durch  Felder ,    "Wiesen,   Dörfer  ging 

Icli  unc-rüudet  gtrn. 
Ein  Schlofr ,    das  hoch  vom  Berge  hing, 

Zeigt  sich  nun  in  der  Fern'. 

Ein  schöner  Knabe  kam  gerannt, 

Der  sich  der  Herrin  neigt. 
Er  reicht  der  Schönen  seine  Hand, 

Die  aus  dem  Sattel  steigt. 


82 
Das  zarte  Fufschen  eilig  liupft 

Hinein  ins  ofFue  Thor, 
&o  Tsar  (las  Bildiiifs  mir  eiitschliiiift, 

Bctrüljt  stand  ich  davor. 

So  lang  die  süfse  Nacht  noch  schien, 

Blich  ich  an  diesem  Ort. 
Der  Morgen  hicls  mich  weiter  zichn, 

Biid,   Nacht  und  Lnst  ^var  fort. 

Nun  schimmert  nicht  der  Mond  so  bald, 
So  liömmt  mir  in  den  Sinn 

Das  Schlof? ,    der  Ton  nnd  die  Gestalt ; 
Zieht  mich  ins  Freye  hin. 

Dnun  hann  ich  nicht  zn  jener  gehn 
Im  Küiichcn  dort  im  \Yald, 

Ich  hahe  vor  dem  Schlofs  geschn 
Die  lichiichste  Gestalt, 


s  7., 


83 


Die    Tänzer, 


De«  glänzenden  Kerzen  Schein  erhellt 
Des  langen  Saales  schimmernde  "Welt, 
Drinn  schwärmen  Mädchen  bunt  gesclimücliti 
Der  ist  ein  prächtiger  Anzng  geglückt. 
Der  Hut  jener  keck  in's  Auge  gedrückt ; 
Dort  zieren  Falten  der  Schlanken  Glieder, 
Und  diese  umschliefst  ein  enges  Mieder  ; 
Die  dort  mit  Ferien  und  Seide  glänzt. 
Die  hat  sich  die  Locken  mit  Rosen  bekränzt. 
Die  Jünglinge  nahen   den  Schönen  galant. 
Erbitten  zum  Tanze  die  zierliche  Hand, 
Doch  nirgend  Lust  und  Leben  blitzt, 
Erwartung  still  im  Saale  sitzt; 
jSTun  hurt  man  die  ersten  Töne  erklingen. 
Die  Jünglinge  zu  den  Schönen  dringen, 
Den  Taujs  zu  gestalten  erhebt  sich  eixx  Bingciij 


84 

Es  bilden  «ich  Paire  in  doppelten  P.eiha, 
Mnsik  erwacht  und  das  erste  iälit  ein. 


"Wie  sie  all'  im  eitlen  Drehen 

üluc;'ilich  vtMndeln  dnrch  die  i\eihu ! 
Wariir.i  Itansi  ich  ihn  nicht  tehen? 

Mnfs  er  hente  ferne  seyn  ? 

Ach  !  ich  kam  nnr ,  ihn  üu  finden. 
Und  er  denkt  wohl  meiner  nicht. 

Und  mein  Aiige  will  erblinden, 

Dunkel  wird  mir  Glanz  und  Licht. 

Reizend  heben  sich  die  Glieder, 

"V\^enn  er  sich  zum  Tanz  bewegt; 

Dieser  springt  ja  auf  und  nieder, 

Als  wenn  er  sich  mit  mir  schlägt. 

Sonst  nur  war  es  mein  Entȟcken, 

Drehend  mich  mit  Kunst  zu  wenden. 

Könnt'  ich  ihm  in's  Auge  bücken; 
iVIucht'  ei  hets.te  doch  nur  enden ! 


85 

yvie  lii'ihn  tritt  der  zaim  Mädchen  hin. 
Und  ahndet  nicht  der  Tranrendon  Sinn, 
Sein  Blich  scharfprdrcnd  durch  die  Tänzer  schweifend, 
JEr  naht  im  Reigen ,  die  Hand  ergreifend. 


Mein  Anzug  ist  üheraus  glüchlich  gewählt, 
Mein  Mtith  i?t  froh  zum  Tanze  beseelt. 
Mit  Anstand  bot  ich  ihr  die  Hand, 
Auch  ^vird  mein  "Werth  von  ihr  erkannt. 
Es  g'liickt  mir  jeder  schwere  Pas, 
Ein  immer  im  Tact  und  zu  rechter  Zeit  da. 
Von  allen  Seiten  w^ird  nach  mir  gesehn. 
Dort  flüstert  man:  der  Herr  da  tanzt  recht  schün. 


Indessen  wird  bunter  die  schauende  Welt. 
Sich   einer  abseit  in  den  "NTinltcl  dort  stellt. 
Der  möchte  gern  des  Tanzes  Eitelkeit  verlachen. 
Und  selber  vor  sich  thun,  als  trieb'  er  wicht'gcre  Sachen. 
\Tie  wiinscht  er  nur,  dafs  alle  möchten  merken,. 
Er  sey  beschäftigt  mit  gar  andern  "Werken ; 

8 


86 

Doch  xira  ihn  dreht  sich  fort  im  bunten  Glanz 

Der  lebende  hebende    schwebende  leicht  geflochtene 

Kranz. 


Es  schämen  trüb'  aiif  mich  der  Mond,  die  Sterne, 
Und  Berg  und  'W'ald  ans  ihrer  diiukelu  Feme. 
Ich  lag  auf  bunter  Wies'  am  duiilieln  Wald, 
Vor  mir  ein  hohes  Schlofs  mit  seinen  Zinnen, 
Von  dort  kam  schlank  und  seiden  die  Gestalt, 
Die  mir  schon  längst  bezauberte  die  Sinnen. 
Ich  sah  sie  durch  die  hohen  Blumen  gehen. 
Die  bexigten  sich  und  hiifs ten  ihr  das  Kleid ; 
Dann  a;if  dem  Söller  zwischen  Bösen  stehen. 
Der  Augen  W^onne  w^ard  des  Herzens  Leid. 
Die  Königin  mit  rauher  Hand  berühren, 
Nie  kam  der  Frevel  in  des  Armen  Sinn ; 
Von  ferne  nur  den  goldnen  Glanz  zu  spüren, 
Schien  ihm  schon  überirdischer  Gewinn. 

Ha  !  des  Zaiibers !  und  nun  stehet 

Sie  mir  gegen  über  da, 
Süfs  zu  mir  der  Athem  weher, 

Alle  Heize  sind  mir  nah. 


87 

Und  der  Göttin  Arm  ergreifen 

Darf  ich  nnn  mit  keckem  Muth, 

Mit  inr  durch  die  Reihen  schweifen. 
Fühlen  ihrer  Wangen  Gliith. 

Darf  den  holden  Leib  nmschliefsen, 
Ihr  nmi  nah  nud  näher  seyn  ; 

ATill  die  Zeit  denn  nicht  entfliefsen? 
Ewig,  ewig  hin  ich  dein. 

Ha  wer  hat  so  kiihn  ersonnen 

Dic?e  Schiingnng,   den  Verein? 
Die  IVInsik  spricht  lanter  AVonnen, 

Diese  Lust  soll  ewig  scyn ! 


Blicke  lind  Lippen  blinken  im  Glanz, 
Busen  und  Locken  locken  im  Tanz. 


Frisch  auf  ihr  Gesellen, 
Macht  Flügel  den  Tonen, 
Damit  ich  bcym  hellen 
Und  flimmernden  Schein 
Durchfliege  die  I\eihu 
Der  blendenden  Schonen! 


,      83 

Ich  bin  Euch  gewogen 
Uir  schalKIiaiien  Augen, 
Doch  bin  ich  gezogen 
Kach  andern  zu  schauen. 
Euch  nicht  zu  vertrauen. 
Und  Wonne  zu  saugen. 

Dort  ruft  in  der  Fülle 
Ein  Busen  so  -weifs. 
Es  strebt  aus  der  Hülle 
Ein  Fülschen  so  klein^ 
Dort  Augen  so  heils. 
Die  Stirne  so  rein. 

Und  wieder  entschwebet? 
Statt  ilirer  belebet 
Der  rundeste  Arm 
Mich  drückend  und  warm. 
Ich  darf  ihn  iitir  rühren 
Und  wieder  entfiihren 
Ihn  Kreiie,    vom  Tanze  gewebet. 


d9 
Dort  frisch  und  niud 
Ein  blühender  P/Iiind, 
Auf  seidenen  Wangen 
Ein  lieblich  Verlangen. 

Sey  fröhlich,  du  lilcine ! 
Jetzt  bin  ich  der  deine. 
Sey  kühn  mit  den  Blickeir, 
Schon  reizen  die  Brüste 
Und  -vvcchen  Gelüste, 
Die  Lippen  ,    sie  streben 
Anf  qnillendes   Leben 
Die  zärtlichsten  Küsse  zxi  dracken. 

Was  ^Tollt  ihr  beginnen, 
Ihr  bleiidenden  Schönen  ? 
Dn  "Tanz  ,   der  du  trunken 
In  Tonen  versunken? 
Mir  schwindeln  die  Sinnen. 
Im  Bad  des  LebeiTsweines,^ 
Im  Glanz  des  Jugendscheiiies, 
Springt  durch  alle  Adern  Bluth, 
Führ  ich  Kraft  und  JLu&t  undsüfseGkith, 


90 

Dem  Amte  luiL'  ich  treu  gelcbct. 

So  wie  die  Pflicht  es  streng  beßehlt, 
VndL  nach  der  Obern  Lob  gestrebet, 

Und  es  im  Ganzen  anch  erzielt. 

Dnim  führ  ich  doppeltes  Behagen 
Zur  Labiiiig  auch  hicher  zu  gehn, 

Ich  darl'  das  Tanzen  immer  v/agen, 
Kicht  müfsig  an  den  Tfeilern  stchn. 

Hier  fmd  ich  Tochter  nnd  Gattinnen 

Von  Männern,  die  dem  Siaat  sich  "Nreihn, 

Die  -wissen ,  es  giebt  mehr  zu  sinnen. 
Als  wie  man  mir  -^vill  modisch  seyn. 

Auch  meine  Dame  mich  verehret. 
Der  Fütter  hat  sie  nicht  verführt. 

Der  Vater  hat  sie  wohl  belehret, 

Dafs^  Brauchbarkeit  die  IMänner  ziert. 

Hier  sind  geputzte  jttnge  Leuif^ 

Die  tim  die  Gunst  der  Schonen  werben. 

Sie  -werden  w^ohl  begünstigt  heute, 

Doch  Achtung  niemals  sich  er\T erben, 


91 

Die  find'  ich  stets  auf  meiuc  ^Veise, 
Sic  werde n'5  alle  jicacaiici:  sehn; 

Denn  nach  dem  Tanz  geh'  ich  zum  Kreise 
Von  lYIäniiern  ,   die  in  AVilrden  stehn. 

Da  wird  denn  auch  ein  Glas  geleeret. 
Mau  spricht  auch  von  Vcrbesferung ; 

Man  trinlil  nicht,  dafs  man  sich  bcthoret, 
AVer  iriafsig-  ist,  aal  stets  gcnng. 

"Wie  gliiclilich  fühlt  man  fich  auf  Erden, 
Kat  inan  ein  Amt  \ind  sichres  Brod! 

Was  soll  doch  liitafrig  aus  mir  werden? 
räiU  n:ir  iiicht  ein  his  an  den  Tod. 

Mir  felilt  siur  ztim  volliuramnen  Lehen 
DiiiS  ich  die  Gattinn  niir  t^rwalile. 

Die  jciao  mir  die  ILiiul  w^ird  geben, 
Sclicint  eine  piiic  stille  Seele. 


Bald  darf  ich  die  Hand  berühren, 
O  da  süfses  Engel>bild, 

Dich  zum  Tanze  aufzuführen. 
Dies  Verlangen  ist  gestillt. 


f)2. 

Sich ,  der  "Wiiitev  ist  vergangen 

Und  der  "Wald  ist  grün  gesclimi'icJkt, 

Ach,  &o  oft  die  Lerchen  saugen, 

Ist  mir  nie  der  ^Yunsch  geglückt. 

Wieder  "Wasser  sich  enteisen, 

Friüilingsln  f t  im  Walde  zieht ; 

Drinnen  hüngen  mnntre  "Weisen, 
Blumen  sind  empor  gehli"iht. 

Soll  der  Frühling  mir    im  Herzen 
Breiten  ans  sein  schönes  Grün  ? 

Sollen  mir  bey  diesen   Kerzen 
Blumen  der  Erfulliing  hlühn? 

Ja,  ich  will  es  endlich  wagen, 

Was  ich  lang  verschlossen  hielte 

Und  ein  Iländcdntch  soll  sagen, 
Was  ich  stets  für  dich  gefühlt. 


93 

Es  -will  der  Glanz  sicli  immei  nen  V^rmehton, 
Ein  Mann  tritt  ein,   den  alle  ehren. 
Er  ist  gcichiuüclit  mit  Stern  nnd  Band, 
Und  \Yartet  voriielim  an  des  Saales  Band, 
Die  Tänzer  scliant  er  durch  sein  Glas, 
Die  zncisten  v,  erden  irr'  et-was. 
Und  rannchcr,   dem  er  vergesetzt, 
Kommt  aus  dem  Tacte  noch  zuletzt. 


KnaLcn  kann  man  schlanit  imd  scliün. 
Viel  geputzte  M.idchcn  sehn, 
Und  es  ^vünschen  alle  Bliche, 
Dafä  ihr  Mädchen  sie  beglücke. 
Jene,   die  mit  mir  miifs  stehen, 
AVürdigL  kaum  mich  anzusehen. 
Kommt  sich  seihst  geringe  vor. 
Zu  ihr  lacht  der  f.-ide  Thor. 
Keinen  Razig  hah'  ich  zur  Zeit, 
Modisch  ist  attch  nicht  mein  Kleid, 
Bin  nicht  schön  ,    auch  Lc^vm  Vergnügen 
Soll  der  Rang,   die  Schönheit  siegen. 


-    94 

Alle  sehn  nach'Stern  iiud  Orden, 
Ist  mir  mir  mein  "Wunsch  ge^vorden, 
Kann  mich  auch  einst  AYüidc  zieren. 
Ich  sie  alle  lorgnettiren. 
Diesen  Tanz  v/ill  ich  botehn, 
Dann  verachtend  weiter  gehn. 


Er  tanzt  mit  mürrischem  Gesicht 

Und  -wandelt  vcrdriefslich  auf  und  nieder  i 

Da  begegnet  3    wie  der  Reigen  sich  flicht, 

Der  Gatte  seiner  Ga.tliu  wieder, 

Sie  schaun  sich  an ,  sie  lächeln  heiter, 

Sie  grüfseu  sich,   die  ^Vendung  fuhrt  sie    weiter 


Wie  sind  wir ,   liebes  "Weib  ,   begliicht, 

Dafs  \Yir  vertraulich  nah, 
Die  Zeit  ist  noch  nicht  -weit  entrückt, 

Da  ich  dich  nicht  so  sah. 

Zwar  jene  waren  süfse  Stunden, 

Als  mich  noch  banger  Z%veifel  band, 

Wie  schnell  entrannen,    kaum  gefunden, 
Minuten  mir  an  deiner  Hand. 


Ö5 

Doch  fchöu  beriiliigt  sind  die  Leiden, 
Und  rührend  denk'  ich  sie  ziivuclt. 

So  schöner  glänzen  meine  Freuden, 
So  inniger  fiihl'  ich  :nein  Glüc]?. 

Und  alle  Wünsche  sind  gestillel, 
Verlangen  mufs  hier  ruhig  strhn, 

"Wird  meine  Hofihung  bald  erfüllet. 
Als  Vater  mich  beglückt  zxi  sehn. 


Wie  Blumen  seh'  ich  reizende  Gestalten 

Vor  mir  in  bunten  Reihen  lieblich  stehn. 

Der  Blick  sucht  "Wangen,  Lipper  fest  zu  halten, 
Die  Locken ,    die  -svie  dunkle  Kränze  wehn. 

Doch  eine  zieht  im  schöneren  Gewände 

Das  Atig'  luiv/iderstehlich  nach  sich  hin: 

Sie  schmiegt  mich  ein  in  liebessüfse  Bande, 
Verstrickt  in  goldnen  Netzen  meinen  Sinn. 

In  ihr  laufs  ein  geheimer  Zauber  walten. 
Der  einzig  mich  zu  ihr  gekettet  hält, 

Erblick'  ich  nur  des.  Kleides  weiche  Falten, 
Mir  keine  von  den  Schönen  hier  gefällt. 


o6 

Seil'  ich  den  Kranz  in  ilircn  ILiarcn  selnveLen, 
GLinzt  ans  der  rernc  aiiir  der  Augen  Gehein, 

So  lillmpft  in  mir  d.is  Herz  nnd  innre  Leuen, 
Zn  sngcn ,   Vy'ie  ich  ^vill  ihr  eigen  seyn. 

Ich  sah  lim  mich  so  viele  BliUhen  prangen. 

Die  hellgeschmückt  anf  leichten    Stengeln   stchn, 

Doch  zieht  zu  keiner  AViinsch  mich  noch  Verlangen, 
Von  ihr  nur  ILehensdüfte  zn  mir  wchn. 

Hat  Menschenbrust  die  I\egnng  schon  durchzogen  ? 

Die  blitzend  mich  in  ihrer  Näh'  durchdrang  ? 
Licht ,   Töne  ,   Sterne  kommen  hergeüogen, 

Uiarauschen  mich  mit  himmlischem^  Gesang. 

Ich  höre  -wunderbare  Stimmen  klingen,     . 

Und  der  Musik  entsteigt  ein  farb'ger  Gciat, 
Ich  fühle ,  A'vie  die  Lebcnsfluthen  ringen, 

Und  wie  der  Klang  an  meinem  Herzen  reifst. 

So  quillt  das  Leben  weit  in  allen  Fernen, 

Die  Melodie  ri'ihrt  tief  das  Herz  der  Welt, 

8ic  giebt  den  Schwung  den  tausend  goldnen  Sternen, 
Dafs  sich  in  Lust  das  grofse  AU  erhalt. 

I 


97 
So  liann  der  Dichter  es  doch  niemals  lassen. 
Das  Sch-\verc  leicht,  das  Leichte  sch-wer  zu  nehmen. 
Im  Tanzen  rank  er  sich  poetisch  fassen, 
Das  frohe  Spiel  miifs  sich  dazu  heqnemen. 
Er  würde  Sch%Yung,   M\isih  ,    sich  selber  hassen. 
Vor  seiner  Schönen,   vor  Apoll  sich  schSmen, 
Vt'ollt'  in  sie  nieder  nicht  das  Weltall   steigen: 
Kur  so  will  er  sich  vor  der  X,iebe  neigen. 

s  z. 


98 


Wonne    der    Nach  t. 


Der     J  iin  gl  i  n  g. 

O  Mondschein  siifs. 
Wird  sie  erscheiuen  ? 
Sie  kömmt  gewifs ; 
"Wie  traulich  einen 
Sich  Wies'  und  AVald 
In'Silbcrstrdhlen  !   — 
Kennst  du  die  Oualen 
Pefs ,  der  in  Nacht 
Für  dich  nur  •wacht, 
Die  AVinde  kalt. 
Den  Thau  verlacht?  — 
Die  Thüro  schallt. 


99 

7^1  cl  d  ch  t  n. 

Wie  die  I.a\ite  lieblich  Itlinget " 
Und  das  ganze  Thal  durchdringet ! 
Bist  du  unten,  hörst  dxi  mich  ? 
Liebst  du  mich,   wie  ich  dein  denke, 
Immer  traut  und  inniglich 
In  dein  Anschauu  mich  versenke ? 
/  ü  n  ^li  n  g. 

Sie  schmiicht  den  Söller  wieder, 
Sie  ist  hervorgegangen. 
Und  Nacht  und  Mondschein  prangen 
Im  neuen  Zauberlichte, 
Die  Nachtigall  singt  Lieder, 
Und  AVald  und  Berg  luid  Schlofs  und  Thal 
Vereinen  sirh  zum  golden  srcii  Gesichte, 
Zum  schönsten  Tratim  der  Liebe  allzumal. 

O  kann  ich'?  f.isscn,    denken? 
Sie  \vill  mich  nicht  vcrschmähn. 
Die  ich  schon  oft  gesehn, 
Die  ich  so  heimlich  liebte, 
Die  mich  so  oft  betrübte. 
Die  will  sich  jetzt  dir  schenken. 


ica 

Die  Holle,   die  zu  Pferde- 
Der  Stolx  der  ganzen  Erde, 
Die  Iioid',  aii3  deren  Bliclica 
Im  Tftiiz  du  so^ät  Eiitzüchen: 
Sie  ist  Jetzt  dein  auf  imniev. 
O  Zauuerscliimmer, 
Veriraiilicli  laicht  der  Naciit ! 
Was  hur'  icli?  Ein  Schlüssejl  klingt  saclu 
Und  öffnet  die  Tliiir  : 
Sie  tritt  lierfür. 

AVo  bin  ich  ?    Was  "wiinsch*  ich? 
Die  Wiese  Lliiht  üppig, 
Der  Each  rauschet  zärtlich, 
Granaten  giühn  feurig, 
Der  Himmel  ist  fröhlich. 
Der  "Wald  dunkel  traulich, 
Dein  Käirinicichexi  heimlich. 


101 


Das     F  e  e  71  h  i  n  d. 


An     Friederike     XJnz  elin  ann. 

Ich  kannt'  ein  seltsam  FeehMnd, 

Es  <vv<ir  so  klein  und  zart. 
Und  wechselte  ^yie  Luft  und  Wind 

Gestalt  lind  Sinne saxt. 

Dem  Feenkinde  nnr   gefällt, 

AVa^  Spiel  ist ,  bnnt  nnd  krans  j 

So  zog  es  durch  die  weite  Welt 
Atif  Zaubereyen  aus, 

£s  schien  ein  feiner  Knabe  bald, 
und  bald  ein  zierlich  Weib ; 

Ifun  knapp  unischlicfsr,    nun  frey  uinwalit 
Ger/and  den  schlanken  Leib. 


101 

Bald  %vählt  sie  Edelstein  und  Goldj 

Der  Stickereyen  Tracht ; 
Das  reichste,  was  die  Erde  zollt. 

Scheint  nur  für  sie  gemacht. 

Doch  giebt  ihr  nichts  der  fremde  Glanz, 
Er  leiht  den  Reiz  von  ihr: 

thx  Haar  ist  der  Jii-vveien  KranZj 
Ihr  Arm  der  Spange  Zier. 

Bald,  -^vie  die  Blnmcn  auf  der  Ati, 
Thut  sie  auf  Schmuck  Verzichtr, 

Und  es  heschämt  der  Augen  Blau 
Nur  das  Vcrgifsmeinnicht. 

"Verwandelt  und  ver-\vandelnd ,  eilt 
Sie  weit  durch  Zeit  und  Piaum» 

Erfreut,  Letrüut,  ver\^^^nd€t ,  heilt. 
Und  wie,  das  weifs  man  kaum. 

Jetzt  hoch  an  Sinn  imd  edlem  Blut 
"Winkt  sie,  ein  Kitttrswrib, 

"Vajii  Htlmbusch  ihren  Knappen  Mutb) 
Und  fällt  des  Feiudes  Ltib. 


103 

Alj  Alpenhiriin  scherzt  und  singt 

Sie  niiinlcr  bc y  der  Mäh, 
Und  in  ihr  kleines  Hiiltchen   dringt 
Der  liehe  liunimer  nie  ; 

Der  jetzo  sie  in  irrera  "Wahn 

DnrcU  Hain  und  "VTildnif?    trciht : 

Sie  iieht  nicht  den  Geliehtcn  nahn^ 
Sie  fragt  noch  .  wo  er  bleibt. 

Im  AVimderland  als  "S^'iide  dann. 
Mit  hüpfend  leichtem  Tritt, 

Necht  sie  den  eifersücht'gen  Mann 
Und  alle  Männer  mit. 

Ijt  jetzt  des  Helden  liebend  Herz, 
Der  }iiihn  um  Nachruhm  v^irbt. 

Und  IMeht  als  Freiheit  himmcl\VÄrt?, 
Da  er  für  f  rcyheit  biiibt. 

Sie  wohnt  als  fromme  Königin 
Ira  iierker,  still  und  grols. 

Und  jeder  stiirz-te  -w'iiÜg  hin 
Für  sie  zv-s^  Todesioos. 


io4 

Jüngst  Kahl  sie,  Grarnzerriittet  gaaz, 
Bald  trug  mau  daziii  den  Sarg, 

Der  unter  Bhunen,  iiuterra  Kranz, 
Das  blüli'iide  Leben  barg. 

Ach,  Solls  xinwidermflich  seyn? 

So  bangte  mir  das  Herz. 
Zu  schaiidervoll  ist  dieser  Schein, 

Zn  grausam  dieser  Scherz. 

Doch  ist  umsonst  mit  Feenmacht 
Die  Heide  nicht  begabt  : 

In  frischer  Tilgend  morgen  lachti 
Die  eben  ihr  begrabt. 

Dem  ■\Tcchsel ,  der  sie  sonst  erfreut, 
Setzt  sie  wohl  selbst  ein  Ziel; 

Ein  leichter  "SYiiik  von  ihr  zeistreut 
Der  Bühne  Gaukelspiel. 

Klug,  sittig,  edel,  schlingt  sie  nun 
Der  Freundschaft  zartes  Band. 

Das,  sagt'  ich,  ist  ihr  vralires  Thuw, 
Da«  lUüi  hat  und  Bestand. 


105 
Doch,  unter  Zxitrauii,  unter  Scher«, 

Fallit  oftmals  ncbeubey 
Poch  der  Gtdauhe  mir  aufs  Herz 

Au  iiixe  Zauherey. 

Die  feinen  Thierclieu  um  sie  her 

Besiäfheai  micii  d.irin  : 
Sie  sind  nicht  da  von  ungefähr. 

Das  hs.t  geheimen  Sinn. 

"VTcn'!  in  dcra  Tdn^c  •'»Tundcriich 

Ihr  schüner  Cacadou 
Sich  wiegt,  und  ruft  mit  Namcu  sich; 

Jaquot!   Ja  quo  t!   ihr  zu; 

■\Yenn  ihr  das  Möpschen  ins  Gesicht 
Alis  schlauen  Augen  gafft. 

Und  mit  der  Pfote  bittend  spricht, 
Und  eifersüchtig  hlafft ; 

"Wenn  unter  der  ])ehenden  Last 
Das  Rofs  sich  stolzer  hebt ; 

Und  jcdezi  ihrer  Vrinlic  faf^r, 
Und  ihr  zti  dienen  strett ; 


io6 

Dann  denli'  ich  :  immer  gleich  gesinnt 
Sind  sie,  A'-cxwaiidclt ,   noch, 

Und  tragen  um  das  Feciiliind 
Verschmähter  Wiinsche  Joch. 

Dxiim  hüte  sich ,  -v\^er  sie  nur  sieht ! 

Mit  einem  Bliclic  blofs 
"Wcifs  er  nicht  mehr,   wäe  ihm  geschieht. 
Und  kommt  wohl  nimmer  los. 

Doch  vrarn'  ich  vor  Bezauberang, 

Und  hin  rerzanhert  schon  ? 
Stimmt  sie  des  ernsten  Liedes  Schwung 

Nicht  zxim  Romanzenton  ? 

So  leg'  ich  ihr  zu  Fiifsen  dar 

Die  leichte  Melodie, 
Die  meines  Liedes  Inhalt  war, 
Und  meine  Miisc,  sie. 

A.   W.   S  C  H  L  E  G  E  T. 


107 
An      B  u  r  i^ 

über    sein    Bildnifs    der    Grctfin     Tolftoy 
sc  e  h.     B  ar  atins  k  j. 


So  schlingt  die  Rechte  in  des  Hauptes  Schleyer 
Der  Treue  Göttiu  xuid  der  Keiisclicn  Sitte; 
So ,    sinnend  und  versenkt  in  ironiine  Bitte, 
Steht  die  VestAle  vor  dem  ew'gen  Feuer. 

Und  die  bewahrt  das  Heiligthum  nicht  treuer. 
Als  du  der  Schönheit  folgst  mit  leisem  Tritte 
Bis  in  der  Göttlichheit  erhabne  Mitte, 
Und  machst  die  Üunst  zu  reiner  Andacht   Feycr. 

Doch  mildeit  ihren  Einst  ein  lieblich  Scherzen: 

Dil  -wölbst  in  goldner  Luft  aus  goldnen  Blättern 
Der  Holden  eine  Laub'  und  süfse  Wildnifs. 

Elysitim  bringt  mit  sich  herein  zum  Herzen, 

Von  Myrt'  umgrünt,  umspielt  von  Liebesgöttern, 
Das  hohe  zarte  heiligschöne  Bildnifs. 

A.  W.   sc  HL  E  GE  I/. 


108 
Das     Ideal, 

Der  ift  zu  scliwer,    der  andre  fallt  ins  I^eichte, 

Den  strengen  Ernst  hier  müfsie  man  noch  würzen. 
Der  Anmuth  Eiille  dort  soclaiui  verkürzen. 
Bald  ist  der  Grund  zn  tief  xmd  Ijald  zu  seichte : 

So  steht  die  l'Innst  dem  Ideal  znr  Beichte, 

Und  kann  den  Knoten  nie  ganz  richtig  schürzen; 
Es  mufs  der  Mensch  anf  eine  Seite  stürzen, 
"Wie  fleifsig  er  sich  auch  zur  Bildung  zeigte. 

In  jeder  Kunst,   im  Leben,   ja  iin  "Wissen 

Ist  aiich  dar,  Beste  falsch,   die  ferne  Scheibe 
Scheint  unerreicht  die  Schulzen  nur  zu  äiFen : 

"Wir  Itünnea  nicht  lieraus  aus  unserra  Leibe, 
An  Allen  wird  der  Kenner  etwas  missen. 
Und  Einer  kann  das  kleine  Loch  nur  treffen. 


Nur  das  Ganze,  mein  Freund ,  yvie  es  lebt  und  im  Leben 

sich  spiegelt. 
Das  sey  dein  Ideal,  frey  von  der  Formel  Gespenst, 

FR.    SCHLEGEL. 


109 


Der     Besuch^ 


I. 

^lo  r  g  e  tu 
Die  "Waldung  schweigt 

Und  Nebel  schleichen. 
Die  Sonne  steigt. 

Glänzt  durch  die  Eichen  : 
Um  nasses  Moos 

Erbehen  Funken, 
Der  Erde  Schoos 

-^liiht  auf  und  die  Vögel  sind  tiunken. 

-Die  Lerche  singt 

In  hohen  Lüften, 
Der  Nachhall  klingt 

In  allen  Kluften.  — 

10 


110 

DtiTfch  Ncbelziig 

IvTim  rastlos  v/eiter 
Im  scliuclleu  Thig ! 

Schon  glänzet  die  Sonne  so  heiter! 

Die  Schöpfung  regt 

Die  muntern  Glieder. 
Das  Herz  mir  schlägt,  — 

Ich  seh'  sie  wieder! 
Durch  niedre  Luft 

Mit  schwerem  Segen 
Zieht  Jfebclduft, 

Ihm  nicken  die  Saaten  entgegen. 

Wo  End  ich  sie  ? 

^^'o  mag  sie  weilen  ? 
Vergifs^t  mich  nie 

Und  wünscht  mein  Eilen? 
Ha,  jeder  Sinn, 

Vom  Bilde  trunken. 
Strebt  zu  ihr  hin. 

Die  Schöpfung  i*t  rings  um  versunkeii. 


111 

Ihr  holder  Blicl«, 

Der  auf  mich  sinket, 
Ist  schon  mein  Glüo!k. 

"Wie  freiiudlich  w^inkeE 
Der  zarte  Mund 

IVIit  Zaiibeiküsscn ! 
O  holder  Bund ! 

O  Glück!   mich  »o  nahe  zn  \vis*cn! 


Auf,   eilt  euch,   schnell! 

Ihr  Rosse  mnntei! 
Der  Tag  wird  hell. 

So  fliegt  hinunter] 
Dafs  auch  mein  Herz 

Den  Segen  finde. 
Und  jeder  Schmerz 

Im  himmiitchen  Taumel  verschwinde! 


10 


112 

II. 

Mittag. 

Ich  soll  «ie  sehn  ! 
Fa?s'  icli  die  V>'uunc  ? 
O  goldne  Sonne ! 
Ich  soll  sie  sehn  ! 

"VYo  sind  sie,  die  Quellen? 
Die  ■\Yaldcr  verschwamden. 
Wo  fiiiid  iric  f   die  Höhn?. 
Es  laclien  die  hellen 
Liehdiigclndcn  Stunden: 
Dil. wirst  sie  sehn.  — 

Wie  fremde  Gestalten 
Durchwandern  die  Gassen! 
"Wie  rauschen  die  Brunnen  !  — 
Ich  kann  mich  nicht  faesen, 
Mein  fliegender  Blick 
Durchwandert  die  Gassen, 
Durch?päht  die  Gestalten, 
Und  suchet  mein  Gllick. 


113 

Am  Fenster,  was  siehst  du? 
Es  flimmert  der  Schein. 
O  Bildnif?,   entfliehst  du? 
Kannst  du  es  -wohl  seyn  ? 

O  seyd  mir  gegrüfst,   ihr  Wollten  fliehend  f 
Gegriifst  ihr  Fremdlings -Häuser ! 
Ihr  Tauhen  flatternd  !   ihr  Bhiraen  blühend  ! 
"Waldranschen  du  vom  Eerg  hernieder! 
Ich  d-^nk'  es  inniger ,   Sprech'  es  leiser, 
Das  ganze  Herze  tönt  es  wieder  : 
Ich  soll  sie  sehn ! 


IIT. 
A     h     e     n     ä. 


Wie  ist  es  denn ,  dafs  trüb'  und  schwe* 
So  alles  kömrat,   vorüberzieht. 
Und  wechselnd,   quälend,  immer  leer. 
Das  arme  Herz  in  eich  verglüht  ? 


ii4 

Kaum  gekommen 

Soll  ich  scheiden. 

Kaum  entglommen 

Löschen  wieder 

Alle  Freuden, 

Und  der  Leiden 

Diuilüe  WolKe  senkt  sich  nieder. 

Alis  den  Lichtern  in  die  ISTacht, 
Aus  den  Augen  ,  die  mir  tagen. 
Die  aicin  ganzes  Ilexz  durchlacht. 
Ein  ich  ATicdf.v  allen  Flagenj 

Dem  dürren  Leben 

ZiiriicK  gegeben. 

^Yie  fiücht'ge  Aiigenhlicke 

Mein  Gliiclic  ! 

"Wie  lange,    lange  Dauer 

Der  Trennung  düsire  schwere  TrailCT !  — 

Zurück  zu  Achren  , 

Ujid  dich  entbehren  i 


"5 

O  als  ich  dicla  noch  nicht  gcschn, 
Da  durfte  Sehnsucht  hcy  mir  seyn. 
Ein  Hoffnungsw'ind  in  meinen  ^V^inschen  'STehn, 
Die  Zuliunft  %Tar  ein  heller  Schein; 
Jetzt  mufs  ich  vom  Erinnern  kaufen, 
"Was  ich  kaum  zerstreut  empfand; 
"Wieder  durch  die  %Tilstcn  Haufen, 
Durch  ein  unbewohntes  Land, 
Soll  ich  irre,   klagend,   schweifen. 
Und  des  Glückes  goldne  Streifen, 
Auch  die  letzten,  ahge-svandt. 
Noch  fiihr  ich  deine  Hand, 
Noch  wie  im  Traume  deine  Küsse, 
Noch  folgen  mir  die  hclden  Blicke, 
Und  die  Emxjfindtmg",   dafs  ich  alles  misse. 
Bleibt  bcy  mir  zuriicke, 

O  HofTen,   Schmachten,   Liebesleid  und  Sehjieii, 
Wie  dürst'  ich  nach  den  siissen  Thränen ! 
O  tröste  mich  doch,   eitles  Wähnen, 
So  leer  du  bist,   so  todt,   so  nichtig! 
Verlafit  ihr  alle  mich  so  flüchtig? 


ii6 

O  Gegenwart)  wie  bist  dxi  schnell, 
Vergangenheit ,   "svie  bist  du  hlein  ! 
O  Ziiknnft ,   -Kvie  wirst  du  \inendlich  seyn  I 
Unendlich  wie  am  Himmelsbogcn 
Die  Sterne  in  die  e-wgen  Räume  steigen. 
So  führ  ich  Stunden,  Tage,  Monden  hergezogen, 
Und  durch  mein  tiefstes  Seyn  das  trübe  Schweigen, 
Um  mich  ein  unvergänglich    Meer  von  schwarzen 

"VVogcn, 
Und  ach !   kein  grünes  Ufer  will  sich  zeigen  ! 

IV. 

Nacht* 

Im  Windegeräusch  ,  in  stiller  Nachr, 

Geht  dort  ein  ^Vandersmann, 
Er  seiifzt  und  Aveint  und  schleicht  lo  sachf, 

Und  ruft  die  Sterne  an  : 

Mein  Busen  pocht ,  mein  Herz  ist  f  chtvcr. 

In  stiller  Einsamkeit, 
Mir  unbekannt,  wohin,   weher, 

Purchwandr  ich  Freud  und  Leid; 


117 

Ihr  kleinen  goldneii  Sierne, 
Ihr  bleibt  mir  ewig  ferne. 
Ferne ,   ferne, 
nd    acli!   ich  veitraut' ench  so  gerne. 

Da  klingt  es  plötzlich  nm  ihn  her. 

Und  heller  v/ird  die  Nacht. 
Schon  fühlt  er  nicht  sein  Herz  so  schwer. 

Er  dünkt  c-ich  neu  cr-Nvacht ; 

O  Mensch ,   du  bist  uns  fern  und  nahj 

Doch  einsam  List  du  nicht. 
Vertrau'  uns  nur,   dein  Auge  sah 

Oft  unser  stilles  Licht. 
■\Yir  kleinen  goldnen  Sterne 
Sind  dir  nicht  ewig  ferne ; 

Gerne,  gerne, 
Gedenken  ja  deiner  die  Sterne. 


TIECJC, 


128 

Die  letzten   Worte 
des   Pfarrers   zu    Drottnin^  auf  Seeland. 


Die  luüdeu  Glieder  neigen  sich  zur  Erde, 

Und  bald  kaiiu  ich    diels   Schweigen  nicht  uifliv 

7)rechen ; 
Es  sieht  mich  an  mit  üehender  Geberde 

Das  stumme  Bild,    luxd  diingt  mich  noch  zu  spre- 
chen ; 
"Warum,    o  Erde,    halfst  du  i^einen  Mund, 
Und  warst  so  trag  die  Frevelihat  zu'rächen? 

Ihr  ew'gen  Lichter,   die  des  Himmels  Rund, 

So  -weit  es  reicht,   mit  stummem   Glanz   erfiiUen, 
Ist  das  Verbrechen  anch  mit  euch  im  Bund  ? 

Kann  nur  der  P.Icusch,   -\vas  er  gesehn,    enthüllen, 
"Warum  denn  Iionntcn  mir  die  Ztmge  binden 
Ein  falscher  Eidschwur  und  ein  feiger  "Willen? 

Lafs  mich  nicht  sterben,   Gott,   in  meinen  Sünden, 
ISiimm  diese  Last  von  der  gcdrucliten  Seele, 
Und  lafs  dies  Blatt  den  rechten  Leser  finden, 


1T9 

Dafs  CS  der  Zeit,  die  kommen  wird,    ersähle. 
Was  ich  gesehn,  imd  nicht  in  ew'ger  Nacht 
Ein   Grab  mit  mir  die  Greiielthat  verhehle. 

Es  war  in  tiefer  dunkler  Mitternacht, 

"VTann  kräfi'ger  der  Gedanke  sich  entzündet; 
Als  einsam  ich  heyra  "SVort  des  Herrn  gewacht, 

Aiif  dafs  am  nächsten  Morgen  ichs  verkündet*, 
Dafs  unversehns  zwo  dränende  Gestalten 
("VS'^ie  es  geschehn,  hah'  ich  noch   nie  ergründet) 

Indem  ich  sinnend  sitze ,  vor  mir  halten, 

Schw^arz     wie    die     Nacht     und    ihre    dunkeln 

Mächte. 
"Wo  war't  ihr  da,  ihr  schirmenden  Gewalten? 

"War  abgewendet  eure  heil'ge  Rechte, 

Dem  Frommen  eine  feste  Burg  und  Mauer 
Vor  bösem  Anlauf  und  Gefahr  der  Nächte  ? 

Schon  sank  ich  in  des  sichern  Todes  Trauer; 
Die  Seele  w^andte  sich  zum  cw-'gen  laichte. 
Die  Glieder  aber  löste  kalter  Schauer. 

Doch  während  so  das  Härtste  ich  erdichte. 
Das  Äufserste  zu  dulden  schon  mich  rüste, 
Geschah  es  mir,  wie  ich  wahrhaft  berichte. 


120 

Es  ist  eiil  Ort  nicht  fern  der  Meeresküste, 
Vcr\vitt%vct  steht  der  Kirche  alt  Gemäuer 
In  des  Gefildes  dürrer  sand'ger  AVüstc, 

Seit  Gottes  Hand  an  eines  Sonntags  Feyer 

Das  alte  Dorf  durch  Sturm  und  Meeresbraus 
Bedeckte  mit  des  Sandes  dichtem  Schleyer. 

Dahin  zu  kommen  in  dem  nächt'gen  Graus 

Befahl  der  Eine.    „"^Villst  die  Glieder  laben. 
So  folge  mir  zu  si>ätem  Hochzeitschmaus. 

Du  kannst  das  ^vohl  nicht  alle  Tage  haben.'* 

Der  andre  sprach:  „ISTimm  dieses  Gold  xind  eile; 
Wo  nicht,   so  bist  du  morgen  schon  begraben. " 

Indem  ich  mich  bedenkend  noch  verweile, 

"Werd'  mit  Ge\ralt  und  Dräun  ich  fortgezogen; 
Der  Weg  ist  wohl  von  einer  halben  Meile. 

Die  Sterne  standen  an  des  Himmels  Bogen, 

Sonst  war  die  Nacht  von  keinem  Lichte  heiter. 
Und  fernher  tosten  dumpf  die  Meereswogen. 

Doch  unsres  Weges  einz'ger  sichrer  Leiter 

War  ferner  Laut,   wie  ich  ihn  nie  vernommen; 
Denn    schnell    durchs    Dunkel    gingen    die  Be- 
gleiter. 


121 

Und  als  wir  endlicli  näher  nun  gekommen 

Dem  Ziel  der  Fieise,  hielten  die  Geführten  ; 
Und  mehr  nnd  mehr  ward  mir  das  Herz  hehlomiacii, 
Sie  sprachen  mit  einander  durch  Geherdeji, 
Dranf  gaben  sie  den  Angen  eine  Hülle, 
"Wodurch  sie  nur  die  innre  IS'acht  vermehrten. 
Ich  M^irde  juin  in  meiner  Seele  stiEe, 

Und  wiedcrhohlie  gläubig  stets  die  Worte 
Voll  Trost  nnd  Kraft :  Herr,  es  gescheh  dein  Wille ! 
Und  bald  gelangt'  ich  zii  dem  stillen  Orte, 
"W^ohin  so  oft  voll  Andacht  ich  gegangen. 
Und  auf  ein  Zeichen  öffnet  sich  die  Pforte. 
Von  andern  Händen  werd'  ich  da  empfangen ; 
Obwohl  geblendet  kenn'  ich  alle  Schritte, 
Und  weifs,  dafs  zum  Altare  wir  gelangen. 
Ich  hört'  Geräusch  als  wären"s  Menschentritte, 
Und  leise  Laute  durch  die  Stille  schweben, 
Doch  hatt'  ich  Muth   zxir  Drohung  nicht,  noch 
Bitte. 
Jetzt  aber  schien  die  Ruhe  aufzuleben. 

Schon  war  ichmeiner  Sinne  nicht  mehr  Meister, 
Und  dachte;   nun  wird  sichs  zum  Ende  geben. 

11 


12.2 

So  maclite  Furcht  und  Schieciten  selbst  mich  drei* 

stcr, 
.  Dafs  ich  die  Stimme  herzhaft  so  erhohen: 
„Sejd  abgeschiedne  ihr,  doch  gnte  Geister, 
Die  Gott  den  Hcmi  und  Jcsxim  Christum  loben. 

So  sprecht,  was  treibt  euch  noch ztiriicliznliehreu 
In  diese  Welt  von  jener  'Welt  dort  oben  ? 
Doch  .eyd  ihr  nicht  aus  jenen  sci'gen  S]>hären, 
"Wer  gab  euch  Macht,  euch  also  zn  erfrechen. 
Die  hciFgc  Rnhe  dieses  Orts  zu  stören?" 
Doch  hüri'  ich ,  kaum  war  diefs .  vergönnt  zu  spre- 
chen. 
Ein  schrecklich  "^Vort  mir  an  das  Ohr  getragen. 
Und  stark   wie  Felsen  durch  das  Herz   mir  bre* 
chen. 
Es  galt  nicht  weder  Fragen  mehr  noch  Klagen, 
Ich  konnte  meinen  Willen  nicht  mehr  regen,    .' 
Denn  selbst  die  Kraft  des   AYollens  war  zerschU- 
^  gen. 
Die  Hi'ille  fällt,  und  schon  steht  mir  entgegen 
Das  junge  Brautpaar,  harrend  am  Altäre, 
Und  wartend  auf  den  priesterlichen  Segen; 


125 

Das  Mädchen  mit  Jem  frischen  Kranz  im  Haare, 
ZiWaT  schön,   doch   "bleich  als  käju  sie  aus   dem 

Grab, 
Dci  Jiingling  in  der  ersten  Bluth'  der  Jahre, 

Und  hinter  ihnen  weiter  noch  hinah 

Sah  ich  beym  heilen  Schimmerglanz  der  Lichter 
Im  mittlem  Gang  ein  frisch  geöffnet  Grab. 

Und  nah  und  fern  ein  Volh ,  das  dicht  und  dichter 
Sich  wölkte,  als  es  jemals  sonst  gewesen. 
Es  ^varen  eigne  seltsame  Gesichter, 

Worin  man  glaubt  ein  fernes  Land  zu  lesen ; 
Doch  ihre  Herkunft  war  nicht  auszuwii'.era. 
So  fremdr-und  unheliannt  ^yar  Tracht  iind  Wesen, 

Und  alsbald  hör'  ich  durch  die  TLirche  zittern 
So  Orgelton  als  sonderbare  Klänge, 
Dergleichen  auch  den  stärksten  Sinn  erschüttern. 

Und  als  verstummten  Orgel  und  Gesänge, 

An  Sprach'  und  Vv'eise  keinen  zu  vergleichen,  ^ 
Sah  ich  zum  Altar  drängen  sich  die  Menge, 

DJs  Mädchen  gegen  mich  sich  freundlich  neigen. 
Mit  einem  Blick  —  ich  werd' ihn  immer  schauen  — 
Und  dieser  Blick  schien  mir  ein  willig  Zeiche». 

II  * 


124 

Darob  ergxifT  ich  ohne  Furcht  und  Grauen 
Des  Miidcheus  kake  todteuhLisse  Hand, 
Um  sie  dem  schönen  Jiingling  anzutrauen. 

Wie  wars,  dafs  ich  das  Zittern  nicht  verstand. 
Als  ihre  Hand  zu  seiner  sich  gewendet  ? 
Und  -warum  Itnüi^ft'  ich  solch  unselig  Baxxd  ? 

Kaum  war  der  letzte  Segensspruch  vollendet, 

(In  griech'schcr  Ztuige,   wie  mau  mir  befolilen} 
So  w^urdeii  mir  die  Augen  neu  verblendet. 

Woraus  sich  Thränen  nicht  umsonst  gestohlen. 

50  schied  mein  Blick  von  der  vermählten  Braut» 
Dann  liefsen  sie  ein  Crucifix  sich  hohlen,       ^ 

Auf  das  ich  mufst'  mit  heller  Stimm'  und  laut 
Ein  ewig  Schweigen  dieser  Nacht  geloben. 
Mit    einem    Sch"vvur,     ob    dem  mir   jetzt   noch 

graut. 

Diefs  war  mir  noch  die  härteste  der  Proben, 
Und  als  auch  diesen  Zw^ang  ich  xiberstauden, 
Ward  ich  zur  liirche  still  hinausgeschoben. 

Nun  frey,   löst'  ich  sogleich  mich  von  den  Banden, 
So  mir  die  Augen  starr  und  fest  umzogen. 
Die  sich  alsbald  empor  zum. Himmel  wandten. 


125 

Die  Sterne  standen  noch  am  Hiramclsbogen, 
Sie  sahen  auf  des  alten  Dorfes  Triimaier, 
Und  niiher  brausten  laut  die  Meereswogen ; 

Und  in  der  Kirche  war  noch  schwacher  Flimmer, 
Doch  hald  drauf  sah  ichs  dunkel  driniicu  werden. 
Und  es  erstarb  des  Lichtes  letzter  Schimmer. 

So  legt',   ermüdet  von  der  Nacht  Beschwerden, 

Kraftlos  und  sch^vachi  tim  weiter  noch  zu  walleni 
Ich  eine  \Veile  nieder  mich  zur  Erden. 

Noch  eine  ^Veile,   und  ich  hör'  ein  Schallen: 
Es  trug  der  "Wind  es  von  der  Kirch'  heriiber, 
Es  d:uichte  mir,   als  war  ein  Schills  gefallen. 

Darob  ergrüFmich  Schaiir  und  kaltes  Fieber, 
In  allen  Gliedern  schien  es  mich  zu  packen, 
Ich  sah  noch  Einmal  in  die  Nacht  hinüber, 

Dann  wandt'  ich  eilig  ihr  die  ilücht'gen  Hacken, 
Und  fliehend  schnell  durch  Dornen,  Schilf  nnd 

Moor, 
Als  säfse  Tod  imd  Hölle  mir  im  Nacken, 

Kam  ich  vor  meines  Hauses  offnes  Thor. 

Dort  warf  der  Schrecken  mich  gewaltsam  nieder,, 
Doch  friili  am  Morgen  rifs  es  mich  empor. 


126 

Nicht  Fiuh  noch  Rast  fiir  die  zcrsclilagneu  Glieder: 
Noch  eh  die  Sonn'  em]porsticg  an  dem  Himmel, 
Stand  ich  schon  vor  der  alten  Ilirche  wieder. 

Verochwnndon  war  der  dunkeln  >7acht  Gewimmel, 
Die  Kirche  färbte  sich  mit  goldneni  Saiime. 
Es  legte  sich  der  Sinne  w^ild  Getiimrael. 

Mir  waxs,   als  wacht'  ich  auf  ans  einem  Traum?. 
^Var  es  des  heitern  Morgens  frische  Hülile, 
Die  alte  Still'  in  diesem  heiigen  Räume, 

"War  es  der  Trost  der  himmlischen  Gefühle, 
Die  dieser  Ort  so  oft  auf  mich  ergossen 
In  mancher  XiCiden  schwerer  banger  Schwiile? 

Mir  war  die  Nacht  wie  ein  Gesicht  zerflossen. 
Aufs  neue  war  das  Herz  dem  Glauben  offen. 
Und    schon    hatt'    ich    die    Kirche    aufgeschlos- 
sen. 

Der  erste  Punkt,    auf  den  das  Axig'  getroffen, 
Ist  jener  Ort,  wo  ich  das  Grab  erblickt: 
Ich  gehe  hin  und  offn'   es   stark  im  Hoifen, 

So  tief  ist  mir  dasZutraun  eingedruckt. 

Ich  öffn'  und  finde  —  o  ihr  ew'gen  "Wunden  ! 
Ihr  ew'gen  Dolche,  die  auf  mich  gezlickt !  — 


127 

Die  bleiche  Braut,  so  ich  dem  Tod  verbunden.  — 
AYarxi'iii  hr.t  euch ,  ihr  allzutreuen  Augen, 
Kicht  sch-'A'arze  Nacht  auf  immer  gleich  gebunden  ? 

O  Herz  ,   -woran  so  viele  Oualeu  saugen, 

■\Vas  hinderte  dich  damals  abzusterben? 
Ihr  Lippen,   die  noch  Lebensathera  hauchen, 

Was  hielt  euch  ab ,   euch  damals  zu  entfärben  ? 
O  Kräfte,   die  allmählich  mich  zerstören. 
Was  wehrt'  euch,  damals  gleich  mich  .zu  verder- 
ben ? 

Und  so  viel  Jahre  mufst'  ich  in  mir  nähren 
Das  traurige  Geheimnifs,  das  mich  quälet. 
Und  so  mir  selbst  den  ^Veg  zu  Gott  verwehren! 

Indefs  der  Tod  schon  meine  Stunden  zählet. 

Und  v^cr  mich  stellt  in  jedem  Schrecliensbild 
Die  !Öraut  der  Nacht,  die  ich  ihm  einst  vermähler. 

O  selig  jeder,   welchem  sanft  luiü  mild 

Aus  reinem  Sinn  luid  fröhlichem.  Gewissen 
In  innrer  Brust  der  Friede  Gottes  quillt ! 

Und  diesen  Frieden  mufst'  ich  lange  missen, 
O  Quell  des  Heiles  ,  unerschöpfter  Born, 
Von  dem  der  Gnade  reiche  Ströme  fliefsen! 


128 

Wcnd'  ab  von  mir  den  lang  getragnen  Zorn, 

Lafs  schlafen  endlich ,  iafs  sich  endlich  "brechen 
Des  Herzens  Noth  nnd  des  Gewissens  Dorn. 

Dir  ziemt  es ,   das  Verborgene  zu  rüchen. 

Und  neigst  dich  anch  des  Sünders  frommen  Bitten. 
Lafs  diese  Schrift  zur  fernen  Zulumft  sprechen, 

und  nimm  mich  auf  in  deine  ew'gen  Hütten. 

BONAVEINTURA. 


8  k  o  l  i  o  n, 

Kicht  einheimischen  "Wein  bietet  mir  an,  welcher 

die  Lippen  nux 
Herb'  anziehet;  beym    Mahl   rühm'  ich  mich  nicht 

s  o  Patriot  zu  seyn. 
Brutus    sagte:   Wo  £rey  leben  ich  kann,  acht'   ich, 

dafs  Roma  sey  j 
ich  j  wo    siifserej  Saft  Beben   entqxüUt,  find'  ich  «in 

Vaterland. 
A.  \y.  ä  c  a  L  £  0  X  Xi. 


129 


Bilder    der    Kind  hei  t. 


Der  Vi''inteT  hielt  die  Erde  noch  gefangen. 
Und  trauTig  standen  aUe  Eänm'  imd  Axicn. 
'Da  bliclit'  ich  auf  mit  sehnendem  Verlangen  : 
O  laft  mich  hald  die  liolden  Biixnien  schauen ! 
Indem  ich  hat,   höii'  icli  v.'io  Vögel  sangen. 
Sah  warme  Sonnenstrahlen  niederthaiien  ; 
Und  \Tie  der  goldne  Schein  hernieder  eilet. 
Kein  Bliimchen  mehr  in  kalter  Erde  weilet. 

Ich  safs  im  Schattezi  einer  alten  Linde, 
Und  vor  mir  sah  ich  hnnte  Tnlpen  hliihn, 
Die  Zweige  iibcr  mir  hewegt  vom  "Winde, 
Der  breiten  sanften  Blätter  helles  Gfiin. 
Mir  w'ar ,   als  ob  sie  sich  bestrebten  linde, 
Erinnning  ferner  Zeit  hcrbeyznziehn. 
Es  pocht  mein  Herz  von  ängstlichera  Erwarten', 
Und  ich  erkenne  plötzlich  nun  den  Gart:en. 


130 

Diefe  ist  öer  Ort,  -wo  ich  als  Kind  gespielctj 
Die  rothcn  Roseix  von  dem  Siratich  gepilücht; 
Mich  hat  der  Linde  Schotten  of  i.  gekühlet ; 
Die  glüliiidcii  ^.'Vaiigen  in  dicfs  Gxas  gedruckt. 
Ein  Eüfscr  SchiiuTiruer  oft  um  mich  gespielet ; 
In  frühe  Kindheit  wcrd'  ich  hier  cntrüc]'v.t. 
In  Sehnsucht  i^t  mein  ganzes  Htrx  eutglommeil, 
JVIeiii  Lehen,  aii  mein  Thnn  hinv^cggeschvvommen. 

"Wer  naht  sich  ans  der  Büsche  Finsternissen, 
Und  bleibt  bedächtig  beiden  Piosen  stchn? 
"Will  alle  Freude  mich  auf  einmal  grüfseri  ? 
Der  Kindheit  Vv-artcrin  soll  ich  hier  sehn  i^. 
Ach,   ich  -will  schnell  die  treuen  Lippen  Küsseit 
O  dafs  sie  eilte ,  z\i  mir  herzngehn  ! 
Sie  sieht  mich  nicht ,  und  ^Tählet  mit  Bedacht 
Zu  einem  Straufs  der  Rosen  schönste  Pracht. 

Ich  blicli'  auf  sie,  wie  sie  ihr  Tlum  betrachtet, 
l?^och  Einer  nun  an  ihrer  Seite  steht. 
\Yie  CT  gekommen,   hab'  ich  nicht  beachter. 
Im  Freudetaiunci  fast  meixi  Herz  vergeht. 


13» 

Da  er,  den  mir  seit  lange  Tod  nmr achtet. 
Mein  Jugendfreund  vor  meinen  Augen  steht. 
Ich  eile  hin :  mich  fest  zu  überzeugen 
\ViIl  ich  die  Arm',  ihn  zu  umfangen,  beugen. 

„"VYie  hab'  ich  so  in  finjterm  Wahn  geschn'chet ! 
Dich,  Theurer,  hielt  ich  lauge  fiir  gestorben» 
"Wer  hat  mit  Zauber  meinen  Sinn  umwebet  i 
Mit  Trauer  mir  der  Jugend  Lust  verdorben  ? 
Und  keiner  sprach  in  meinem  Gram:   er  lebet; 
Ich  hätte  Muth  durch  dieses  Wort  er-svorben. 
So  lange  ward  mein  Glück  mir  vorenthalten. 
Hier  find'  ich  dich  mit  dieser  treuen  -Alten.  ** 

Er  sieht  mich  an,  doch  er  bewegt  sich  nicht. 
Die  dargebotne  Hand  ^5,-111  er  nicht  fassen. 
Ich  bin  ,  spricht  er,  ein  warnend  Traumgesicht, 
Du  mulst,   wie  ich,    die  Erde  bald  verlassen. 
Ein  ew'ger  Schlaf  -wird  dich  umhüllen , dicht. 
Du  wirst  den  Tod,   der   liebend  naht,  nicht  hassen. 
Die  Liebe,   die  ich  zu  dir  trug  im  Leben, 
Zwingt  mich,   der  Liebe  Biütheu  dir  zu  geben. 


T32 

Er  nahm  die  BliTineu  ans  der  Treuen  Händen, 
Und  reidit  den  gtraxifs,  mich  kalt  betrachtend,  hin; 
Ich  mnfs  die  thräncnvollen  Angcn  wenden. 
Mir  ist  sein  Anblick  nun  nicht  mehr  Gewinn, 
,,Ist  diefs  ein  Träumen  ,    o  so  mag  es  enden  !  " 
So  hat  ich,   ,,es  ver-wdrrt  mir  meinen  Sinn.  ** 
Ich  sah.  die  Blnmcn,   mnfste  traiirend  sch-\yeigen. 
Wie  schon  verhliiht  das  zarte  Hanpt  sie  neigen. 

Mtifs  selbst  der  Liebe  holde  Blume  schwinden, 
"V^'^enn  meine  Hand  sie  zu  berühren  wagt : 
Wo  soll  ich  Trost  für  diese  Leiden  finden  ? 
AVer  blickt  atir  mich,   die  hier  vergessen  klagt? 
80  rief  ich  laut  und  rifs  des  Scklummers  Binden, 
Jedoch  kein  Licht  den  offnen  Augen  tagt. 
Nun  giebt  mein  Herz  nur  trüben  Bildern  Baiun, 
Und  es  erscheint  prophetisch  mir  der  Traum. 

so  P  HIK  B. 


135 


A  h  e  n  d  r  ö   t  h  e. 


Tiefer  sinket  schon  die  Sonne, 

Und  es  athmet  alles  Tiuhe, 
Tages  Arl>eit  ist  vollendet. 

Und  die  Kinder  scherzen  nmntcr. 
Qrüner  giäiizt  die  grüne  Erde, 

Eh  die  Sonne  ganz  versunken  ; 
Milden  Balsam  hanchen  leise 

In  die  Liifte  n\in  die  Blumen, 
Der  die  Seele  zart  berühret, 

■Wenn  die  Sinne  selig  trunken. 
Kleine  Vogel,   ferne  Menschen, 

Berge  himmelan  gcscll^v^^ngen, 
Und  der  grofse  Silherstrom, 

Der  im  Thale  schlank  ge-wamden. 
Alles  scheint  dem  Dichter  redend. 

Denn  er  hat  den  Sinn  eefnnden; 
Und  das  All  ein  einzig  Chor, 

Manches  Lied  aus  einem  Munde. 


1<2 


134 
Die      Berge. 

Sieht  uns  der  Blick  gehoben, 
So  glaubt  das  Herz  die  Schwere  zu  besiegen  j 
Zu  dcu  Himmlischen  oben 
Will  c?  dringen  und  fliegen. 
Der  Mensch,    empor  geschwungen. 
Glaubt  schon,  er  sey  durch  die  Wolken  gedrungen. 

Bald  mufs  er  staunend  merken, 
"Wie  ewig  fest  w^ir  auf  uns  selbst  begründet. 
Dann  strebt  in  sichern  W^erken 
Sein  ganzes  Thun ,   verbündet. 
Vom  Grunde  nie  zu  wanken, 
Und  baut  wie  Felsen  den  Bau  der  Gedanken, 

Und  dann  in  neuen  Freuden 
Sieht  er  die  kühnen  Klippen  sjiottend  hangen; 
Vergessend  aller  Leiden, 
Fühlt  er  einzig  Verlangen, 
An  dem  Abgrund  zu  scherzen. 
Denn   hoher  Muth  schwillt  ihm  in  hohem  Heizen. 


135 


Die      Vögel. 


Wie  lieblich  und  fröhlich. 
Zu  schweben,  zu  siugeu. 

Von  glänzender  Höhe 
Z\ir  Erde  zu  blicJieu  ! 

Die  Menschen  sind  thöxicht, 
Sie  könneu  nicht  zv.itschem^ 

Sie  jammern  in  Nöthen, 

■\Yir  flattern  geii  Himmel, 

Der  Jiiger  will  tödten. 

Dem  Früchte  wir  pichten; 
Wir  müssen  ihn  höhnen 

Und  Beute  ge\Yinneu, 


12 


Der     Ji  n  a  h  e. 

Wenn  ich  nur  ein  Vöglein  -wäre. 
Ach  "STie  >Y0llt'  ich  Instig  fliegen. 
Alle  Vögel  -weit  besiegen. 

Wenn  ich  so  ein  Vogel  hin. 
Darf  ich  alles  alles  haschen. 
Und  die  höchsten  Hirschen  naschen. 
Fliege  dann  znr  Mutter  hin. 
Ist  sie  Lös'  in  ihrem  Sinn, 
Kann  ich  lieb  mich  an  sie  schmiegen, 
Ihren  Ernst  gar  bald  besiegen. 

Bnntc  Federn  ,   leichte  Flügel, 
Dürft'  ich  in  der  Sonne  schwingen, 
Dafs  die  Lüfte  laut  erhlingen, 
"Weifs  nichts  mehr  von  Band  uixd  Zügel. 
"War  ich  über  jene  Hügel, 
Ach  dann  wollt'  ich  Instig  fliegen, 
Alle  Vögel  weit  besiegen. 


157 


Der      F  l  u  f  s. 


Wie  rein  Gesang  sich  windet 
Durch  wiindexhaTer  Saitenspiele  Rauschen, 
Er  selbst  sich  wieder  findet, 
"Wie  auch  die  "Weisen  taiischen, 
Dals  neu  entzückt  die  Hörer  ewig  lauschen: 

So  flierset  mir  gediegen 
Die  Silbermasse,  schlangengleich  gewuijden, 
Durch  Büsche ,  die  sich  wiegen 
Von  Zauber  siifs  gebunden. 
Weil  sie  im  Spiegel  neu  sich  selbst  ge fluiden ; 

\"\''o  Hiigel  sich  so  gerne 
Und  helle  "Wolken  leise  schwankend  zeigen. 
Wenn  fern  schon  matte  Stenve 
Aus  blauer  Tiefe  steigen, 
Der  Soiuxe  triuikne  Augen  ahwäxts  neigen. 


138 

So  scliimmern  alle  Wesen 
Den  Umrifs  nach  im  kiiidliclicii  Gcmüthc, 
Das  zur  SclionlieiL  erlesen 
Durch  milder  Gtutcr  Güte 
In  dem  Krystall  bewahrt  die  flücht'ge  Bliithe. 


Der       H  i  r  t. 


■^Venn  ich  still  die  Augen  lenke 
Auf  die  abendliche  Stille 
Und  nnr  denke,  dafs  ich  denke, 
'Will  nicht  Tiihcn  mir  der  "NTille, 
Bis^  ich  sie  in  Rnhe  senke. 

"Weil  noch  mHd  der  Mittag  gliihte. 
Wollt'  ich  an  der  Quelle  liegen, 
IMicli  in  siifse  Silder  wiegen,, 
Da  kam  Anmtith  ins  Gemüthe, 
Alle  Weluaiuh  zxi  besiegen.. 


^39 

ATcnu  ich  an  das  Bild  gedenke, 
Anf  die  abendliche  Stille 
Nun  die  stillen  Augen  lenke, 
AYill  nicht  Tuhcn  mir  der  AVille, 
Bis  ich  sie  in  Bxüie  s^nke. 


Die      Rose. 

Es  lockte  schöne  "Wärme, 

Mich  an  das  laicht  zu  wagen, 
Da  hrannten  v/ilde  Glmhen: 

Das  mufs  ich  ewig  klagen. 
Ich  konnte  lange  hiiihen 

In  milden  heitern  Tagen  ; 
Nun  raufs  ich  frdhe  ^velken, 

Dem  Leben  schon  entsagezi. 
Es  kam  die  Morgenrölhe, 

Da  lieXs  ich  alles  Zagen, 
Und  öffnete  die  Knospe,. 

"Wo  alle  Beize  laaen.. 


i4o 

Ich  Iionnte  frcniicUich  duften. 

Und.  meine  Krone  tragen. 
Da  \vard^zu  heils  die  Sonne, 

Die  rnnfs  ich  drum  verhlagen, 
"Was  soll  der  milde  Abend '^ 

Mnfs  ich  nun  traurig  fragen. 
Er  Itann  mich  nicht  mthr  retten, 

Die  Schmerzen  nicht  verjagen. 
Die  I\üihe  ist  verhlicheu, 

Bald  wird  mich  Kälte  nagen. 
Mein  kurzes  junges  Leben 

Wollt'  ich  noch  sterbend  sagen. 


Der    S chin  ett erlinZ' 


Wie  soll  ich  nicht  tanzen  ? 

Es  macht  keine  Mi'ihe, 
Und  reizende  Faxhen 

Schimmern  hier  im  Griiuen» 
Immer  schöner  glänzen 

Meine  biinteu  Fliigel, 


Immer  siifser  hauchen 

-  Alle  Meinen  Blüthen. 
Ich  nasche  die  Blüthen  ; 
Ihr  lioniit  sie  nicht  hüten. 

"Wie  grofs  ist  die  Freude, 

Sey's  spät  oder  frühe. 
Leichtsinnig  zn  schweben 

Ucber  Thal  und  Hügel. 
Wenn  der  Abend  säuselt. 

Seht  ihr  "Wolken  glühen ; 
Wenn  die  Lüfte  golden. 

Scheint  die  Wiese  grünet. 
Ich  nasche  die  Blüthen, 
Ihr.hönnt  sie  nicht  hüten. 

Die      Sonne. 


Mit  lieblichem  Bedauern 
Sehnt  sich  der  Mutter  Auge ,  und  mufs    traiiren ; 
Koch  einmal  sie  umfangend 
Vergehn  die  Kleinen  ,  an  den  Blicken  hangend : 


l42 

Sie  soll  und  iniifs  sich  trennen, 

Nnr  eine  Mutter  kann  solch  Leid  erlieimen. 

So  Strom'  ich  volle  Farben, 

Dafs  meine  Liehen  in  der  Nacht  nicht  darben  i 

Und  fort  vom  ird'schcn  Bande 

"Will  alles  hin  zn  mir  in  sanftem  Brande. 

Ach  dürft"  ich  mich  erniedern, 

Ihr  Itindlich  Feuer  dankbar  zu  erwiedern ! 

Koch  strömen  bunte  Fiuthcn, 

Und  heller  lodern  nur  die  Lebensgluthen, 

Die  Erde  scheint  zu  rauschen. 

Als  strebte  sie  den  "Wohusitz  zu  vertauschen.  — 

Nun  mufs  ich  dennoch  scheiden, 

Und  euer  Tändeln  bis  auf  Morgen  meiden  ! 

So  sauge  ,  llVIensch  ,  denn  trunken 

Der  grofsen  Mutter  letzte  Licbeshuiken ! 

Noch  einmal  will  ich  strahlen, 

Und  dann  versinken  in  der  Trcuramg  (Qualen. 


Jl5 


Die      Lüfte. 


Wie  säiifcln,    ach  so  linde! 

"Wir  in  den  Bliithcn, 
Und  lindern  heifse  Liebe 

In  kühlen  Düften. 

^Veiin  Blumen  süfs  erröthenj 
Beschämt  sich  neigen. 

Berührten  wir  die  schönen 
In  leichter  Eile. 

"Wenn  -wir  dann  Scherze  säuseln 
Dem  der  sich  grämet, 

So  "W'ird  die  leise  Freude 
Ihn  hald  beschämen. 


Der      Dichter 


"Was  -winisclicn.  und  was  streben  alle  Siuuen  ?  — 
Sie  mocliten  wieder  in  das  All  veTschv\''eben. 
"Was  i?t  das  höchste  Ziel  von  allem  Streben? 
Es  will  der  Mensch,  wann  er  verklart,  von  hinnen. 

Drum  wollt    ihr,  sel'gcn  Götter!  Dank  gewinnen 
Yon  dem,   der  hohem  Dienste  sich  ergeben. 
In  heiliger  Natnr  nur  lebt  sein  Leben, 
So  lafst  ihn  schnell  in  leichten  Dunst    zerrinnen. 

Es  schwebt  die  Seele  gern  anf  süfsen  Tönen, 

Und  lauschet  sinnend,    was  es  wohl  vcikünde. 
Ob  auch  die  Gottheit  schon  denWiinsch  gewähre  : 

Sie  wünscht  sich  im  Gesang  so  zu  verschönen, 
Dafs  ihren  Leib  das  Flammens^^  iel  entzünde, 
Sie  selbst  in  leisen  Ha\ich  sich  bald  veiMäre. 


^45 

Als  die  Sonne  nnu  versunken. 

Blühe L -noch  der  Abend  roth. 
-Lange  schienen  weit  die  Flammen, 

Gegenüber  stand  der  Mond » 
AYie  zwey  '\Yelten  gegenüber. 

Diese  bleich  xmd  jene  roth, 
Mitten  inne  kleine  Sterne 

An  deri  Himmels  Gürtel  hoch, 
Unten  dann  die  groise  Erde, 

■\^"o  im  tiefen  Dnnkel  schon 
Blnmcn  duften,   Bänme  ranschen, 

Boy  der  Nachtigallen  Ton. 
Blafs  -wird  jene  schöne  Gluth 

Und  die  Freude  sinkt  vom  Thron. 
Ferji  ist  ganz  des  Tages  IMutter, 

Lichter  scheint  der  bleiche  Sohn. 
An  dein  Scliimmer  freut  der  ?/Iensch  sich 

Und  ist  atich  im  Dnnkel  fioh. 


15 


146 


Der      W  and  er  er. 


\Vic  dciiilich  des  Mondes  Licht 
Zu  mir  spricht. 
Mich  beseelend  zu  der  Reise: 
„Folge  Iren  dem   allen  Gleise, 
Wähle  keine  Heimath  nicht. 
Ew'ge  Plage 

Bringen  sonst  die  sch-weren  Tage. 
Fort  zn  andern 

Sollst  dn  wechseln,   sollst  dii  ^Yandern, 
Leicht  entilichend  jeder  Klage." 

Sanfte  EhL'  nnd  hohe  Fhith 
Tief  im  Mnth, 

Wandr'  ich  so  im  Dxinkel  >Yeiter, 
Steige  mtuhig,    singe  heiter, 
Und  die  Welt  erscheint  mir  g\it. 


i47 
Alles,  reine 

Seh'  ich  mild  im  "Wiederscheine, 
Kichts  verworren 
In  des  Tages  Gliitli  verdorren ; 
Froh  umgehen  ,   doch  alleiiie. 


Der      Mond. 


Es  strehen  alle  Kräfte, 
So  matt  sie  sind,   znr  Erde  doch  zn  wirlien  j 
In  den  cwgcu  Bezirken 

Der  schönen  ATelt  ist  das  nnr  mein  Geschäfte ; 
Das  mnfs  oimmiichtig  immer  i<;h  versuchen, 
Und  traurig  dem  beschränkten  Loose  ilnchen. 

Seht  ihr  mich  jnilde  glänzen 
Und  ^yarme  Sommernächte  schon  erhellen, 
AVo  leise  Fren  le^vellcn 

Der  Erde  Kinder  kühlen  nach  den  Tänzen; 
Sinds  Sonnengeister  nur,  die  snnftcr  spielen: 
Mein  eignes  "SA'esen  künnt  ihr  so  nicht  fühlen. 

13 


43 

Doch  wenn  ich  seltsam  scheine,  ^ 

Ans  duiijtcln  ^Tolhcn  ängstlich'vorgcschlichen; 
Dann  ist  die  Hall'  entwichen, 

Es  merkt  der  IMcnsch  mit  Schaudern,  was  ich  meyne. 
So  zeigen  Goi^iev  sich,   um  euch  zu  weclien, 
Und  hissen  ahnden  die  verhorgnen  Schrecken. 


Eine      IsacJitigall. 

Sieh ,   es  steigt  zum  dunkeln  Throne 
Schon  die  Nacht  im  blauen  Mantel, 
Und  so  ströme  volle  "Wogen 
Xiieheslust  in  heifsex  Klage. 

Eine    an  dr  e. 
"VVas  die  AVorte  nimmer  sagten, 
"Wa.?^  in  tiefem  Herzen  wohnet; 
Das  ertöne  im  Gesänge, 
Das  verschöne  sich  im  Chore ! 


i49 

^  ID i e   er  s  t  e. 

Lange  war  «o  Bni&t  A-crsclilossen, 
Und  mir  fremd  die  siLfscn  Gaben. 
AVn>  i(.ii  x-^-nfstc,  war  nur  Hoilen, 
Bis  der  l.icbe  Pixif  mir  schallte. 

Die   zw  e  y  t  e. 
■\Tenn  der  Liebe  Ruf  nns  fa5?et, 
Eliilit  ein  Sterneiigiirtcl  oben; 
"Wenn  die  Kindheit  uns  verlassen, 
"Wird  CS  x^lötzlich  lichter  Morgen. 

Die   erste. 
Selig  ^var  ich  ganz  gc^vorden, 
Kühl  gelindert  das  Verlangen, 
Als  inmitten  solcher  "Wonne 
Keu  die  alten  Schmerzen  kamen. 

Di  e  z  lu  e  y  t  e. 
Nur  die  E\v'g^n  dort  im  Glänze 
Sind  bcfreyt  vom  dunheln  Loose, 
Dafs  ^    wo  Freuden  sich  entfalten, 
ÜSTeiie  Traner  mitbekommen. 


i5o 

Die   erste. 
In  der  Trauer  bliilicn  Rosen. 
Seit  die  Ernst  im  Schmerz  gcb.adet, 
Der  arts  hoher  Lnst  geflossen, 
Kann  ich  in  Gesängen  klagen. 

Die   z  II'  e y  te. 
Süfse  "VTcihnng  treuen  Gatten, 
AVenn  sie  gleichen  Schmerz  gesogen  ! 
Was  kein  Irdischer  errathen,  - 
rinden  sie  im  gleichen  Tode. 

Bey  cl e. 
Es  verschönet  sich  im  Chore 
Ijiehe.sliist  in  hcifser  Klage  ; 
"Was  die  Sonne  nimmer  sagte, 
Klagt  die  I^acht  a-iif  dunklem  Thi'ouc. 


i5i 


Das      Mädchen, 


Wie  ?o  innig ,  niöcht'  ich  sagen. 
Sich  der  meine  mir  ergicbr. 
Um  zu  lindern  meine  Klagen, 
Dafs  er  nicht  so  innig  liebt. 

"Will  ichs  sagen ,   so  entschwebt  es ; 
"Wären  Tone  mir  verliehen, 
Flöss'  es  hin  in  Hai'monieen, 
Denn  in  jenen  Tonen  lebt  es. 
Nur  die  Nachtigall  kann  sagen, 
AVic  er  iunig  sich  mir  giebt, 
Um  zn  lindern  meine  Klagen, 
Dals  er  nicht  so  innig  liebt. 


ifiS 


Der      Wasserfall. 


■Wenn  langsam  "VYelle  sich  an  Welle  schliefset. 
Im  breiten  Bette  fliofset  still  das  LeLcn, 
Wird  jeder  Wunsch  verscliwebcn  in  den  einen  : 
Nichts  soll  des  Daseyiis  reinen  Fliifs  dir  stören. 
Läfst  dn  dein  Herz  bethören  dnrch  die  Liebe, 
So  ^vcrden  alle  Triebe ,  losgelassen, 
Der  Kraft  in  vollen  Massen  sich  entladen, 
Dafs  unten  tief  >ich  baden  die  Gcfiihic, 
Im  buntesten  Gewühle  wilder  rauschen. 
Bis  ferne  Männer  lauschen  und  voll  Bang-en 
Das  nah  zti  sehn  verlangen,  was  mit  Grausen 
Die  Scel'  erftiilt  im  Sausen  solcher  "'.Vogen, 
Die  manchen  schon  betrogen,    und  niciit  ruhten. 
Bis  tiefer  in  die  Fluthen  cwgcr  Leiden 
Verschlu  'gen  sie  die  beyden,  die  vereinet 
Im  Silberschaum  den  süf.cn  Tod  beweinet. 


153 


D  i  e     B  l  u  jn  e  n. 

Die  schönen  Farben  dürfen  nicht  mehr  glänzen, 
Mau  darf  den  süffcn  Putz  nicht  mehr  entfalten. 
AVie  zieml'  ex  auch  zu  solchen  hohen  Tänzen, 
■\Yo  Sterne  heilig  \'\-alten. 
Die  das  Azur  urnltianzeii. 
Und  nimmer  vrohl  veralten? 

Wenn  sich  des  Himmels  Blumen  herrlich  zeigen, 
So  mtifs  der  Erde  Kindcrglaiiz  ja  sch-syeigen. 

Das  eine  Itann  uns  auch  die  Kncht  nicht  rauhen, 
Ddfs  wir  in  Düften  unser  Seyn  vcriiüudcn, 
Mufs  jungen  Blüthcn  noch  die  Lixst  erlaiiben, 
"Wo  sie  in  dimlicln  Granden 
Und  schöngCilochtnen  Lauben 
So  innig  sich  verbanden, 

Die  Luft  mit  süfserm  AVohlgcruch  zu  füllen, 
Je  dichter  sie  sich  selbst  in  Schatten  hüllen. 


•^54 

Vergeblich  strebt  der  Meiucli  mit  schlaxicm  Sijine, 
Von  welcher  Blume  ^vohl  der  Duft ,    zu  fühlen, 
Dafs  jeder  Blume  Geist  sein  Geist  gewinne  ! 
"Wo  holde  I,üfte  sinelcn, 
Dafs  jeder  Hatich  zerrinne, 
Umüossen  von  Gefühlen 

Vergilbt  er  bald,   von  -welcher  JLnst  er  trinket, 
VVenn  er  berauscht  in  Balsamfiiithen  sinket. 


Der       S  an  a:  €  r. 


Nimmer  wird  das  Leid  getndet. 
Dem  die  Lieder  mir  gefallen, 
Die  von  ferne  leise  hallen, 
AVo  es  gern  sie  hingesendet, 
Dafs  sie  wieder  zu  ihm  wallen. 

"Will  mich  Gcgcn-v\'"art  umfangen, 
Schöne  Liebe  gleich  erhören, 
Liebe  Schönheit  sich  bethören, 
Mnfs  ich  Feifnes  doch  verlangen, 
Und.  nur  auf  das  Echo  hören. 


So  wird  nie  mein  Sinn  gewendet, 
"Wenn  er  hört  die  Lieder  scliailen, 
Die  von  ferne  leise  hallen, 
"Wo  er  gern  sie  hiugcseudei, 
Dafs  sie  wieder  zu  ihm  wallen. 


Die      St 


e  r  n  e. 


Dil  staunest,  o  Mensch,  was  heilig  war  strahlen  ? 
O  folgiest  dn  nur  den  himmlischen  AVinken, 
Vernähmest  du  hesser ,   \vas    fxeniidlich  wir  hlinlien. 
Wie  wiircn  verschwunden  die  irdischen  (Qualen! 
Dann  flösse  die  Liehe  aus  ewigen   Schalen, 
Es  athmoten  alle  in  reinen  Aziiren, 
Das  lichthlaue  Meer  Timschwehte  die  iFluren, 
Und  funkelten  Stern'  auf  den  heimischen  Thalen. 

Aus  göttlicher  Quelle  sind  alle  genommen. 
Ist  jegliches  Wesen  nicht  eines  im  Chore  ? 
Nun  sind  ja  geöffnet  die  himmlischen  Thore, 
Was  soll  denn  das  hange  Verzagen  noch  frommen  ? 


156 

O  wäret  ihr  schon  5:ur  Tiefe  geklommen, 
So  sähet  das  Ilanpt  ihr  von  Sternen  umflogen 
Und  spielend  ums  H,crz  die  hindlichcn  "Wogen, 
ZiU  denen  die  Siarme  des  Lehens  nicht  hommcn. 

Die       G  eh  US  che. 


Es  wehet  huhl  und  leise 

Die  Luft  durch  dunkle  Auen, 
Und  nur  der  Himmel  Lichelt 

Aus  tausend  hellen  Augen. 
Es  regt  nur  Eine  Seele 

Sich  in  der  Meere  Brausen, 
Und  in  den  leisen  "Worten, 

Die  durch  die  Blatter  raxischen. 
So  tönt  in  Welle  AVelle, 

"Wo  Geisler  heimlich  traiiren ; 
So  folgen  W^orte  ^Vorten, 

"Wo  Geister  Lehen  hauchen. 
Durch  alle  Töne  tönet 

Im  hu  n  teil  Er  den  träume 
Ein  leiser  Ton  gezogen, 

Für  den ,   der  heimlich  lauschet. 


157 


Der      Dichter. 

Der  schwarze  IMantel  will  sich  dichter  falten, 
Die  freundlichen  Gespräche  sind  verschollen; 
"VVo  allen  "Wesen  tief  Gesang  entquollen, 
Da  mnrs  die  stumme  Einsamkeit  nun  \valten. 

Es  darf  den  grofsen  Flug  das  Herz  entfalten. 

Und  ^anta^ie  nicht  mehr  der  Täuschung  zollen. 
"Was  farbig  prangt,  mufs  bald  ins  Dunkel  rollen, 
Is'tir  unsichtbares  Licht  kann  nie  veralten. 

"Willkommen  ,   heil'ge  Nacht ,   in  deinen  Schauern ! 
Es  strahlt  in  dir  des  Lichtes  Licht  dem  Frommen, 
Führt  ihn  ins  grofse  All  aus  engen  IVIaiiern ; 

Er  ist  ins  Innre  der  Natur  gekommen, 

Und  kann  um  ird'schen   Glanz   nun   nicht  mehr 

trauern , 
1/Veil  schon  die  Binde  ihm  vom  Haupt  genommen. 

TR.    SCHLEGEL. 

14 


158 


Tili  er    und  Pflanze, 


Kurz  nur  ist  das  Verweilen   des  Frühlinges ,  Himmel 

und  Erde, 
Eurer    Vermählung  Zeit;  kurz  die  Berührung  des 
Lichts. 
Pflanze,    du    Erd'entsprofsne,   warum    so   strehst  du 

mit  deinen 
Faden  Ttnd  Eliithen   empor?   Pfianze,   dir  ist   es 
bewufst. 
Dich  verknüpfet  der  Sonn' und  dem  Fieiche  des  Lichts 

das  Geschlecht  nur ; 
Anders    verhält   sich  das   Thier,     anders   verhält 
sich  der  Mensch, 
"Welcher,  Sonnengebohren,    nur  dTirch  das  Geschlecht 

in  der  F.rde 
W'urzelnd,    den   Himmel    dadiirch    za\ihert    zur 
Erde  herab. 


159 
Durch,   die   ganze  Natur  wohnt  zeugende  Kraft  nur 

im  Manne. 
Dir,  du  zärtlich   Geschlecht,    gab   sie   das  Pilan- 
zengeschäft, 
Auszxihilden   durch  Sprossen   den   Sonnenschöf;ling 

von  innen. 
Welchen    mit     Liebe    der  Mann  impft    auf  den 
herrlichen  Grund. 
Pilanzennatur  auch   gab  sie  dem  'Weib:  ich  nenn'  es 

die  Pflanze 
Unter   den    Thieren,   den   Mann  unter  den  Thie- 
rcn  das  Thier. 
Zarter  ist  Liebe   des   "Weibs,    noth^vendiger,  stiller,. 

auch  ]iüri',cr ; 
Thierischer,   freyer,    allein    daurender  liebt  axich 
der  Mann. 
B  o  ?r  A  V  E  >r  T  V  R  A. 


14 


i6o 


B  er  gi/imniS'  Lehen, 


Der  ist  der  Herr  der  Erde, 

"Wer  ihre  Tiefen  niifst,  ' 

Und  jeglicher  Beschwerde 
In  ihrem  Schoofs  vergifst. 

AT  er  ihrer  Felsen- Glieder 
Geheimen  Bau  versteht, 

Und  unverdrossen  nieder 
Zu  ihrer  "Werkstatt  geht. 

Er  ist  mit  ihr  verhündet, 
Und  inniglich  vcrtrant. 

Und  vrird  von  ihr  entzündet, 
Als  war  sie  seine  Bratit. 

Er  sieht  ihr  alle  Tage 

Mit  neuer  Liehe  zit, 
Und  scheut  nicht  Flcifs  und  Plage ; 

Sie  läfst  ihm  lieine  Ruh. 


i6i 

Die  mächtigen  Gescliichtcu 
Der  längst  veiilossiicii  Zeit 

Ist  sie  iiiiu  zu  berichten 

Mit  Freundlichkeit  bereit. 

Der  Vorwelt  heii'ge  Lüfte 
ÜIn^^^ehn  sein  Angesicht. 

Und  in  die  Nacht  der  Klüfte 

Strahlt  ihm  ein  ew'ges  Licht. 

Er  trifft  auf  allen  "Wegen 
Ein  wohlhehanntes  Land, 

Und  gern  kommt  sie  entgegen 
Den  "Werken  seiner  Kand. 

Ihm  folgen  die  Gewässer 

Hiiifreich  den  Berg  hinauf, 

L"nd  alle  Felsenschlösscr 

Thun  ihre  Schätz'  ihm  auf. 

Er  führt  des  Goldes  Ströme 
In  seines  Kunigs  Haus, 

Und  schmfickt  die  Diademe 
Mit  edlen  Steinen  aus. 


l62 

Zwar  reicht  er  treu  dem  König 
Den  Gliickbeg.ibten  Arm, 

Doch  fragt  er  nach  ihm  ^yenig, 
Und  bleibt  mit  Freuden  arm. 

Sie  mögen  sich  erwürgen 

Am  Fufs  nm  Gnt  nnd  Geld, 

Er  bleibt  anf  den  Gebiirgcn 
Der  frohe  Herr  der  ^Velt. 


NOrALis. 


Loh    des   Weins, 


Axif  grüi'icn  Bergen  "svird  gcbohrcir, 

Der  Gült,   der  ims  den  Himmel  bringt. 

Die  Sonne  hat  ihn  sich  crliohrcn, 

Dafs  sie  mit  Flammen  ihn  durchdringt. 


i63 

Er  \Tird  im  Lciiz  mit  Lust  empfangen, 
Der  zarte  Schoofs  quillt  still  em^ior. 

Und  wenn  des  Herbstes  Früchte  prangen. 
Springt  aiicli  das  goldnc  llind  hcTVör. 

Sie  legen  ihn  in  enge  ATicgen 

Ins  unterirdische  Geschofs. 
Er  träumt  von  Festen  und  von  Siegen, 

Und  haut  sich  manches  luft'ge  Schlofs, 

Es  nahe  keiner  seiner  Kammer', 

"Wenn  er  sich  ungeduldig  dränge, 

Und  jedes  Band  und  jede  Klammer 
IMit  jugendlichen  Kräften  sprengt. 

Denn  unsichthar'c  "Wächter  stellen. 

So  lang  er  träumt,   sich  um  ihn  her; 

Und  wer  betritt  die  heil'gen  Sclnvellcn, 
Den  tritlt  ihr  Lufturawundner  Spee?. 

So  wie  die  Sch-\vingen  sich  entfalten, 
Läfst  er  die  lichten  Aiigcn  sehn, 

Läfst  ruhig  seine  Priester  schalten. 

Und  kommt  heraus,   wenn    sie  ihm  /lehn. 


i64 

Alis  seiner  ATicgc  chiiiliclm  Schoofsc 
Erhell«  int  er  im  Iirystallge-\vand, 

Verschwiegner  Eintracht  volle  Rose 
Trägt  er  hedenteud  iu  der  Hand. 

Und  iiherall  nm  ihn  ver.-^animeln 
Sich  seine  Jxmger  hocherfreut, 

-Und  tausend  frohe  Zungen  stammeln 
Ihm  ihre  Lieh'  und  Danjibarlieit. 

Er  spritzt  in  iingezähiten  Strahlen 
Sein  innres  Leben  in  die  Vv  clt. 

Die  Liebe  nippt  ans  seinen  Schaalen 
Und  bleibt  ihm  e^vig  zugesellt. 

Er  nahm,    als  Geist  der  goldnen  Zeiten, 
Vo3i  jeher  sich  des  Dirhicrs  an, 

Der  immer  reine  Licblichliciten 
In  trunJiucn  Liedern  aufgethan. 

Er  gab  ihm,    fci:ie  Treu  zu  ehren, 

Ein  Hecht  auf  jeden  hubscheu  Mtmd, 

Und  dafs  es  hoine  darf  ihm  wehren, 

Macht  Gott  durch  ihn  es  Allen  liund. 

>'OVAL.IS. 


i65 


Einsamkeit. 


Der  ist  nicht  einsam,  der  noch  Schmerzen  fühlet, 
Verlassen  von  den  Freunden  tind  der  "Welt, 
"Wenn  er  die  heifse  Angst  in  Traner  hühlet, 
Und  des  Verlustes  Bild  im  Herzen  hält, 
Vergangenheit  noch  kindlich  nm^  ihn  spielet 
Und  Ziihunft  einen  Spitgel  A'or  ihn  stellt  : 
Dem  sind  die  Schmerzen   Freunde  und  die  Tiui'inen, 
Und  er  gcnielst  sich  selbst  im  stillen  Sehnen. 

Doch  ^venn  das  Herz  entfremdet  fühlt  die  Lieben, 
Dnrch  Mifsrersländnifs  von  ilim  abge-wandt, 
Dann    mufs  der  Menj:ch  sich  inniglich  betrüben. 
Dann  -wandert  er  aus  seinem  Vaterland, 
Und  licine  Statt'  iit  ihm,  hcin  Heil  geblieben; 
Er  ist  von  Tempel,  Vv'eib  und  Kind  verbannt. 
Wohin  er  schazit ,  ist  ihm  die  AVeit  getrennt. 
Und  feindlich  ist  ihm  selbst  das  Element. 


i66 

Dann  fühlt  das  Herz  den  Todesdruck  der  Schwere, 
Um  sich  die  ausgestorbene  Natnr. 
Es  steht  allein,  und  eine  ^vüste  Leere 
Zieht  sich  durch  Thal  und  Wald  und  griine  Flur; 
Die  Freunde  waren  ,   stehn  im  Feindesheere,, 
Der  wilde  Hafs  verfolget  seine  Spur, 
Die  innre  Liebe  strebt  empor  zu  flammen, 
Doch  driiclit  die  schwarze  Nacht  das  Licht  zusamrnen. 

Dann  bin  ich  fern  im  Tode  eingeschlossen, 
Ich  höre  keinen  Ton,  der  zu  mir  dringt, 
Und  Freud'  und  Schmerz  sind  aus  der  Brust  geflossen, 
Die  in  '"ich  selbft  in  tiefsten  Aengsten  ringt, 
Auch  kein  Erinnern  dels,  was  sie  genossen. 
In  ihrer  tauben  Leere  wiederklin  gt, 
Und  höhnend  ruft  der  innre  1>Ö5C  Feind-* 
Genüge  dir,    so  wie  du  sonst  g^moynt ! 

Ich  bin  gefangen,  seufzt  die  arme  Seele, 
Bedarf  wolil  deren ,  ^•^■clclle  mich  verstehn ; 
Doch  wenn  ich  mich  so  stumm  verlassen  quäle. 
So  mufs  ich  in  mir  selbst  zu  Grunde  aehn. 


Was  frommt  es ,  •v^'emi  ich  dir  den  "Wiinjch  verhehle  ? 
Ich  nixifs  mein  Licht  in  andern  Augen  sehn. 
Mit  jenen   cia-=  ,  hin  ich  vou  dir  bcfreyet. 
Mit  mir  allein,  bin  ich    mir  selbst  cntz^Ycyet, 

Mit  ihnen  seh'  ich  die  mir  ahwärf;  neigen. 
Die  von  der  todten  Welt  sich  schon  geschieden. 
Und  die  ich  selig  fühlte  stets  mein  eigen ; 
Von  W^aldjnnd  Flnr  und  Thal  bin  ich  vermieden. 
Die  Blumen  wollen  sich  nicht  freundlich  zeigen, 
Die  Sterne  gönnen  mir  nicht  mehr  den  Frieden, 
Natur ,  die  Heiige ,  zieht  sich  weit  ziirücke, 
Ich  ilche  wohl,  sie  sieht  nicht  meine  Blicke. 

Das  Unsichtbare ,  das  ich  in  mir  hegte, 
Die  alte  Zeit ,  die  Liebe  zu  dem  Hohen, 
Der  Glaub'  an  Kunst,  den  ich  so  innig  pflegte, 
Ist  alles  mit  der  Liebe  weit  entflohen. 
Was  herzlicli  sich  mir  an  die  Seele  legte, 
Wird  sichtbarlich  und  will  mir  furchtbar  drohen ; 
O  Jammer  !  -svas  ich  e  ^v  i  g  stets  genannt, 
Ist  wild  und  zeitlich  vor  mir  hingebannt .' 


i63 

Versteinert  sieht  es  starr  mir  in  die  Blicke, 
■\Vas  geistersüfs  die  Seele  qtiilleud  stillte. 
In  Steinen  liegt  niiiiier  mein  kindlich  Glücke, 
"Was  sonst  in  schnellen  Blitzen  sich  enthüllte; 
Die  liebsten  Kinder  können  nicht  ziirückc, 
Das  Mutterherz  verstummt ,  und  an  dem  Bilde 
Erstarrt  es  seihst  und  wird  zxi  wildem  Stein, 
Die  tiefe  Traur  sinkt  in  sich  selbst  hineiix- 

"V^^enn  dann  die  Seele  hat  den  Fels  empfunden, 
Druckt  sie  durch  alle  Sinnen  wie  sie  ziirne. 
Im  Herzen  werden  Schmerzen  dann  entbunden. 
Die  Augen  saugen  Fluthen  aus  der  Stirne, 
Und  in  den  Thränen  bluthen  alle  Wxuiden. 
Voll  Mitleid  neigen  w^ieder  die  Gestirne, 
Im  ew'gen  Schmerz  verstummet  das  Verheerende, 
Es  löscht  der  Strom  das  Feuer,  das  verzehrende. 
Belebt  die  Ewigkeit  sich ,  die  verklärende. 

T  I  E  c  K. 


169 
Lied. 


Schaff  das  Tagwerk  meiner  Hände, 
Hohes  Glück,   dafs  ichs  vollende. 

Will  der  rothe  P-lorgcn  tagen, 
Hoffnung  hohe  Freude  geben, 
Rosenlicht  am  Himmel  schweben, 
Kühner  Muth  die  Kräfte  -wagen, 
Mufs  ich  sagen : 

Schaff  das  Tagwerk  meiner  Hände, 
Hohes  Glück,  dafs  ichs  vollende. 

Senkt  sich  milde  Röthe  nieder, 
"\Tcnn  die  Ruh  am  Eache  lauschet, 
Abend  kühl  im  Walde  raiischet, 
Dunkel  schlagen  ferne  Lieder, 
Seufz'  icii  wieder : 
Schaff  das  Tagwerk  meiner  Hände, 
Hohes  Glück,   dafs  ichs  vollende. 

TK.   SCHLEGEL. 


l'J 


Idylle, 

^Vas  regst  du,  mein  AVein,  in  dem  Fafs  dich? 
,,Es  brachten  die  Düfte  mir  Kunde 
Von  der  Inbrunst  meines  Erzeugers, 
Das  regte  das  Innre  mir  axif. 

Ich  möchte  die  Bande  zersprengeili 
Die  von  ihm  mich  ferne  hallen. 
Und  zerfliefsen ,   und  in  den  Düften 
Zusammenströmen  mit  ihm." 

So  bringen  heimliche  Stimmen 
Der  Geister  Psychen  die  Kunde 
Von  der  tmendlichen  Liebe 
Im  unendlichen  ,   ihrem  Erzeuger; 

Und  es  dehnet  sich  ihr  das  Herz  aus, 
In  unbeschreiblicher  "Wehmuth,^^ 
In  unaussprechlicher  Sehnsucht, 
Bis  die  irdische  Hülle  zerreifst. 


171 

T  0  d  t  e  n  -  0  p  f  e  r. 


I. 


Sinnesäudej'ini  g. 


Ich  -wollte  dieses  Leben 
Dxirch  ein  unendlicli  Streben 
Zur  E^Yigkeit  erhuhn. 
Icli  fragte  nicht  nach  dri'ibcn. 
Mein  Hoffen  rtnd  mein  Lieben 
War  mir  hienieden  schon. 


"VTas  die  Katur  gewoben-, 
"Was  Menschen  draxif  erhoben^ 
Verband  mir  Poesie. 
So  -wähnt'  ich  klar  zu  lösen 
Das  Gtite  samt  dem  Bösen 
Zu  hoher  Harinonie. 


1-3 

"Was  x>lötzUcli  abgcl.itochen,. 
War  dennoch  ausgesprochen 
Dem  ordnenden  Gefühl: 
Ein  Lied  war  mir  die  Jugend, 
Der  Fall  der  Heldentiigend 
Ein  göttlich  Trauerspiel. 


Doch  bald  ist  mir  zerronnen 
Der  ?.Tiit]i ,    so  dicfs  begonnen^ 
Die  Gnügsamhcit  in  Dunst. 
Gefesselt  vom  Verhängnifs 
Im  irdischen  Gcfängnifs  : 
AYas  hilft  mir  weise  Kunst  ? 


Die  Fiose,   I^aum  entfaltet, 
Doch  süfser  mir  gestaltet 
Als  aller  Schmuck  der  ^Tclt, 
Die  hat  ein  "Wtirm  gestochen. 
Die  hat  der  Tod  gebrochen, 
Die  hat  der  Sturm  gefallt. 


173 

I<run  schau'  ich  zu  den  Sternen, 
Zu  jenen  ew'gen  Fernen, 
■\Vic  tie?  aus  oder  Kluft; 
Und,    ihre  blauen  Augen 
Dem.  Himmel  zu  einsaugen, 
Hiiss'  ich  die  leere  Luft. 


O ,   T\'erde  mein  Orakel, 
Du,    die  du  ohne  Makel 
Der  falschen  Welt  entflohst ! 
Sieh  mich  in  meiner  Demutli 
Und  haiich'  in  meine  ^Yehmuth 
Der  zarten  Liebe  Tx-ost. 


"Wenn  dort  die  Ros'  erbliihte. 
So  sey  die  hcil'ge  Güte 
Endlos  gebenedoyt. 
Z-svar  sehnlich  \verd'  ich  schmachten. 
Doch  nicht  vermessen  trachten 
Aus  dieser  Sterblichheit. 


■^74 

■^Vo  ich  mich  -sviederfinde ' 
liey  meinem  süfseii  Kinde, 
JMiifs  Heil  sej'U  ,    AYcuin'  und  Licht. 
Sie  wird,  wenn  meiner  Zungen 
I3er  Klage  Laut  verklungen. 
Mein  himmlisches  Gedicht. 


Den  strahlenden  Karfunkel 
IS^ahm  ich  in  grausem  Dunlicl 
Der  Schlange  Tod  vom  Haupt. 
Ich  -will  ihn  hey  mir  tragen, 
In  allen  Lehenstagen 
■\Yird  er  mir  nie  gerauht. 


175 

II. 

^uf    der    Reise. 


Von  ferne  Itommt  zu  mir  die  trüLe  Kunde. 

Es  trennt  mich  ein  Gebirg-  mit  \Vald  und  Klüften, 
Blau  dämmernd  in  des  Horizontes  Diiften, 
Von  dort,  wo  ich  erlitt  die  Todcsv.mnde. 

Da  mach'  ich  anf  die  "STandrung  mich  znr  Stunde : 
"Wo  Bäche  stiirzcnd  rauschen  in  den  Schiliften, 
^Vo  Felsen  sich  gewölbt  zu  dtinkeln  Grüften, 
Da  ist  der  Pfad  mit  meinem  Sinn  im  Bunde. 

Hier  reiste  jüngst  hindurch,    die  ich  betra\ire, 

Isicht  achtend  auf  des  schroffen  V/egs  Bcschv.'erde  ; 
Zur  heitern  Landschaft  siidlich  hingezogen. 

Mai  ^vaTS ,   nun  heifst  es  Somm.er,   und  ich  schaure 
Von  lialtem  Stxirm  ;  ihr  ward  zum  Grab  die  Erde; 
,  Der  Lenz  hat  Allen,  Jugend  ihr  gelogen. 


176 

III. 
U er    G c smidhrunneiu 


Der  Himmel  lacht ,    es  ^vcllen  -svarme  Uifte, 

Die  Gauen  blühn  ringsum  mit  Wein   und  Korne. 
Hier  schirmen  Hügel  vor  des  Nordwinds  Zorne 
Ein  Meines  Thal  voll  frischer  AVic?cndii£te, 

Und  es  ergiefst  der  Schools  der  hiihlen  Klüfte 
Heilsamen  Trank  in  ewig  regem  Eorne. 
Da  fällt  mich  die  unheimliche ,   verworrne 
Vorahndung  an:    hier  sind  auch  Todtengrüfte. 

Kannst  du  dich  so,    Katur,    mit  Mord  besudeln? 
"VTic,    oder  war  dir  jede  Kraft  und  Tugend 
Vom  unerLittlichsten  Gestirn  gebunden? 

Ja,   hier,   wo  selbst  die  Quellen  Leben  si^rtideln. 
Hat,  in  der  Fioscnfiille  froher  Jugend, 
Mein  sufses  Leben  seinen  Tod  gefiiudeu» 


177 
Der  erste  Besuch  am  Grabe, 


Schon  "Wochen  sind  es,    seit  sie  hier  versenltet 
D,en  süfseii  Leib,   von  aller  Hxild  umflossen. 
Der  das  geliebte  AYesen  eingeschlossen, 
Zu  dem  umsonst  mein  Sehnen  nun  sich  lenket. 

■\YeIIi  ist  der  Kranz  ,   dem  Grabe  frisch  geschenket. 
Und  nicht  ein  Halm  dem  Hügel  noch  entsprossen  ; 
Die  Sonne  zielt  mit  glühenden  Geschossen, 
[Noch  Than  noch  Fi.egcn  hat  den  Staub  getränket. 

Atich  ^Terd■  ich  dazu  nicht  des  Himmels  branchcu. 
Kehr  dich  nur  \veg  ,    f  iihlloses  AYeltenange  ! 
Ihr  "Wolken  mögt  euch  anderswo  ergiefse;». 

Isur  meine  Tliränen ,    heil'gcr  Boden,    sauge! 

Bey  v.'armera  läebesblick  und  kühlem  Haxichea 
Der  Seufzer  sollen  AYnnderbhimen  sprielscu. 


178 

V. 

Geliebte     Spuren, 

Dich  sollt'  ich  hassen ,   und  ich  miifs  dich  liehen, 
Ort !    der  mein  Kleinod  geizig  ^Tolltc  haben, 
iNicht  nm  sich  sein  zn  freun ,    es  zu  vcrgrahen ; 
■  Seihst  reicher  nicht,   iudefs  ich  arm  gehliehen. 

Hier  sind  noch  ihre  Spuren  ciiigeschriehen: 

Atif  diesen  AViesen  safs  sie  j   Schatten  gahen 

Ihr  Eusch  und  Baum,  und  Früchte,  ?iezii  Iahen; 

Die  Bhimenlust  liefs  Au  und  Feld  sie  üben. 

Hier  sang  sie  noch  dem  Echo  muntre  Lieder; 
Jungfraulich  wandelnd  im  Cyancnhranze 
Liefs  sie  das  goldne  Haar  anmuthig  ilatteru. 

Bald  aber  sank  sie,    ach!    entseelt  danieder, 
■\Vie  den  Gespielen  weggerafft  im  Tanze 
Eiirydice  vom  Stiche  falscher  Nattern. 


179 

VI. 

Das     S clnu mieiili  e d. 


Oft,   wenn  sich  ihre  reine  Stimm'  erschwamgen, 

Schüchtern  midltiihn,  und  Saiten  drein  gerauschet, 
Hab'  ich  das  iinbe-wnfste  Herz  belanschet. 
Das  ans  der  Brit^t  melodisch  vorgedrungen. 

Vom  Becher,   den  die  "Wellen  eingeschlungen. 

Als 'aus  dem  Pfand,  das  Lieb' und  Treu  getaxischet. 
Der  alte  König  sterbend  sich  berauschet. 
Das  -svar  das  letzte  Lied,   so  sie  gesungen. 

Wohl  ziemt  sichs ,   dafs  der  Lebensmüde  Zecher, 
"Wenn  dunkle  Finten  still  sein  Lfcr  küssen, 
In  ihren  Schoofs  dahingiebt  all  sein  Sehnen. 

Uns  ward  aus  liebevoller  Hand  gerissen. 

Schlank,  golden,  süfsgefüUt,  bekränzt,  der  Becher; 
Und  xins  zu  Füfsen  braust  ein  Meer  von  Thräiien. 


i8o 

VII. 
Die    hin  Ulli  LS  che  Mutter 


Der  Himmel,    sagt  man,    Kann  Gewalt  erleiden, 
O  dl  eiligen  mciuer  liliclie  Liebcsp  feile 
Die  Wolhcii  durch,    dafs  ich  an  deinem  Heile, 
Geliebtes  Kind,  mein  Herz  doch  möchte  weiden! 

Dil  miifstest  von  der  treuen  Mutter  scheiden : 
Ward  eine  Mutter  droben  dir  zu  Theile? 
"Wer  sagt  dir  Tröstung,    die  dein  Mitleid  lieile, 
"VYeiui  du  so  fern  herabsohaust  auf  uns  beydeii  ? 

Ein  heii'ges  AVort  hat  Botschaft  ja  gesendet. 

Dort  -svaU'  ein  weiblich  Bild  der  Muttertriebe, 
Das  Herz  der  Welt ,    in  ewigem  Umarmen. 

O,    -wenn  von  ernster  Glorie  Strahl  geblendet, 
Die  zarte  Seele  flieht  zum  Schoofs  der  Liebe: 
Birg  du,    Maria,   sie  in  deinen  Armen! 


13^ 


viir. 
An    Novalis, 


Ich  lilage  nicht  vor  dir:    du  kennst  die  Trauer; 
Dil  Yi'eifst  wie  an  des  Scheiterhaufens  Flammen 
Die  Liebe  glüh'nder  ihre  Fackel  zündet. 
Der  Freuden  Tempel  stürzt'  auch  dir  zusammen. 
Es  hauchten  kalt  herein  des  Todes  Schauer, 
Wo  Reiz  und  Huld  ein  Brautgemach  gegründet. 
Drum  sey  mit  mir  verbündet, 
Geliebter  Freund ,   das  Himmlische  zu  suchen. 
Auf  dafs  ich  lerne ,   durch  Gebet  und  Glauben 
Dem  Tod  sein  Opfer  rauben. 
Und  nicht  dem  tauben  Schicksal  möge  fluchen, 
Defs  Zorn  den  Kelch  des  Lebens  mir  verbittert, 
Dafs  mein  Gebein  vor  solchem  Tranke  zittert. 

16 


l82 

Dil  schienest,  losgerissen  von  der  Erde, 

Mit  Icichcen  Gcistertrittcn  schon  zu  wandeln, 

Und  ohne  Tod  der  Sterblichkeit  genesen. 

Du  riefst  hervor  in  dir  durch  geistig  Handeln, 

AVie  Zauberer  durch  Zeichen  und  Geberde, 

Zum  Herzvereine  das  entbchwundne  'W'^esen. 

Lafs  mich  denn  jetzo  lesen, 

Was  deiner  Ernst  die  Himmel  anvertrauen; 

Das  lieil'ge  Drüben  zwar  entweihen  AYorte, 

Liefs'  auch  die  ew^'ge  Pforte 

Noch  -wen  zuracli,  er  schwiege  :  lafs  nur  schauen 

Mein  Aug'  in  deinem  ,  wenn  ich   bang  erbleiche. 

Den  Wiederscheiii  der  sel'gen  Geisterreiche. 


Es  ruft  uns  mit  lebendigem  Geräusche 

Des  Tages  Licht  zu  irdischen  Geschäften, 
Uir  leiblich  Theil  verleihend  den  Naturen. 
Die  Sonne  will  auf  sich  den  Bück  nur  heften. 
Und  diildet,   dafs  sie  allgebietend  täusche. 
Kein  Jenseits  an  den  himmlischen  Azuren. 
Doch  wenn  die  stillen  riiueu 


185 

Scheinbar  die  Nacht  mit  ihrer  Hiill'  iimdiiiilielt, 
Dann  öffnet  sich  der  Räum'  und  Zeiten  Ferne; 
Da  ^vinken  so  die  Sterne, 

Dafs  nnserm  Geist  ein  innres  Licht  cntfunltelt. 
Bcy  Nacht  ^yard  die  Unsterblichkeit  ersonnen. 
Denn  sehend  blind  sind  wir  im  Licht  der  Sonnen, 


Bey  Nacht  auch  iiberschreiten  ki'ihne  Tränme 

Die  Kltift ,   die  von  den  Abgeschiednen  trennet. 

Und  führen  sie  herbcy,   mit  uns  zn  kosen: 

"Wir  staxinen  nicht,  Avcnn  ihre  Stimm'  nns  nennet, 

Sie  ruhn  mit  uns  im  Schatten  grüner  Baume, 

Der-sTeil  sich  ihre  Grüfte  schon  bemoosen. 

Ach  die  erblich ncn  Rosen 

Auf  dem  jungfräulich  zai  ten  Angesichte, 

Das  selbst  der  Tod  ,  gleich  nach  der  That  versöhnet. 

Entstellt  nicht,    nein,   verschonet, 

Erblühn  mir  oft  im  nachtlichen  Gesichte, 

Dafs  meine  Brust  ganz  an  dem  Bilde  hänget, 

"SYovon  des  Tags  Gewühl  sie  wcggedränget. 

16  * 


So  ist  mir  ji'ingn  das  thcure  Kind  crscliienen, 

■Wie  axif erstanden  ans  der  Ohnmacht  Schliimmer;^ 

Eh  noch  das  dumpfe  Grab  sie  iiherhonimen. 

Uns  Tranrendcn  verscheuchte  sie  den  Kummer, 

Und  Nvaltete  mit  ihren  sufscn  Mienen, 

Als  wäre  sie  der  Heimath  nie  entnommen. 

Doch  heimlich  und  beklommen 

Schlich  sich  der  Z^veifel  ein  in  unsre  Seelen; 

Oh  sie,   xms  an|^ehörig,   -svahrhaft  lebte ? 

Ob  sie  als  Geist  nur  schwebte, 

Den  herben  Tod  uns  freundlich  zu  verhehlen? 

Und  keiner  wagte  sie  darum  zu  fragen, 

Um  nicht  den  holden  Schatten  zu  verjagen. 


Mir  hat  sich  Traum  und  "Wachen  so  verworren. 

Und  Grab  und  Jugend ,  dafs  ich  schwankend  zaudre 
Nach  irgend  einem  JLcbcnsgut  zu  greifen. 
Vor  allen  Elüthen  steh'  ich  fern  und  schaudre, 
Ais  würden  sie  von  einem  Hauch  verdorren. 
Und  nie  zu  labungsvollezi  Fr  lichten  reifen. 
So  mufs  ich  unstät  schweifen, 


185 

Alis  meiner  Liebe  Paradies  vertrieben, 
Bis  ich  gelernt  vom  Ird'schen  mich  entkleiden, 
Und  an  dem  Tröste  ^veiden,  ' 

Dafs  diese  Ding'  in  leeren  Schein  zerstieben; 
Und  n\ir  die  drinnen  wohnenden  Gedanken 
Sich  ewiglich  entfalten,   ohne  AVanken. 


Geh  hin ,    o  Lied  !   und  sage  : 

Du  jtigendlicher  Himmelsjiaher ,  labe 

Mit  deiner  AYeihe  den,    der  mich  gesunken, 

Dafs  er,    emporgeschvvtmgen 

Zum  Ziel  des  Sehnens ,   nicht  versink'   am  Grabe. 

Ich  bri:ig'  ein  Opfer  fiir  zwey  theure  Schatten, 

Lafs  uns  denn  Lieb'  und  Leid  und  Klage   gatten. 


136 

IX. 

An     denselben.. 

Dil  Thcurer ,  dem  ich  dieses  Lied  gesendet, 

Mills  ich  dich  selbst  schön  suchen  bey  den  Todten  ? 
Zur  Todtenfej'cr  hab'  ich  dich  entboten: 
Knn  werd'  ein  Todtenopfer  dir  gesi^endet. 

"Wer  sich  zu  ferner  Lieben  Heimath  wendet. 
Dem  -wird  gar  mancher  zarte  Grnfs  geboten; 
So  find'  in  dir  mein  Sehnen  einen  Boten, 
"Wenn  je  mein  Herz  dir  liebend   sich  verpfändet. 

Sag'  ihr  :  —  doch  in  der  Sprache  jener   Sphären 

Verstnmmt  der  Laut  des  Schmerze?,  denichmeyue. 
Und  diese  Traner  liifst  sich  dort  nicht  nennen. 

O  [könntest  du  den  Perlenschmuck  der  Zähren 
Ihr  bringen ,  die  ich  ilir  tmd  dir  nun  weine ! 
Für  wen    sie  ilicfsen  ,  w^eifs  ich  nicht  zi-i  trennen. 

A.   W.   S  C  H  li  E  G  E  L. 


187 

An     Novalis, 


I.      ^ 

"Wer  in  den  Blumen ,    'Wäldern ,   Bergesreilien, 

Im  klaren  Flnfs ,  der  sich,  mit  Bäumen  sclimucket, 
Nur  Endliches  ,  Vergängliches  erblicket, 
Der  tranre  tief  im  hellsten  Glanz  des  Maien. 

/    Nur  der  kann  sich  der  heil'gen  Schöne  freuen. 

Den  Blume,  "NVald  und  Strom  ziir  Tief'  entrücket, 
AVo  unvergänglich  ihn  die  Blüth'  entzücket. 
Dem  e-sY'gen  Glänze  keine  Schatten  dräuen. 

Noch  schöner  deutet  nach  dem  hohen  Ziele 
Des  Menschen  Blick,   erhabene  Gebehrde, 
Des  Busens  Ahnden,  Sehnsucht^iach dem  Frieden. 

Seit  icli  dich  sah,   vertraut'  ich  dem  Gefühle, 
Du  müfstest  von  uns  gehn  und  dieser  Erde, 
Du  gingst ;  fahr  -wohl ;  wir  sind' ja  nicht  geschieden. 


188 


II. 


■Wann  sich  die  Pflanz'  entfaltet  ans  dorn  Keime, 
Sind  Frühlingslüfte  liebliche  Genossen, 
Kommt  goldner  Sonnenschein  herabgeflossen, 
Sie  griint  tmd  wächst ,   empfindet  süfse  Träume. 

Bald  regt  sie  sich ,   in  Aengsten,  dafs  sie  sAnme, 

Litft ,   Sonne,    "Wasser,    die  sie  schön  genossen, 
Macht  quellend  Leben  lind  den  Kelch  erschlossen  j 
Niui  ist  es  Nacht,   sie  schaut  die  Siernenräume. 

Da  fiihlt  sie  Liebe,   und  den  stillen  Liiften 
Giebt  sie  ,    von  tiefer  Inbrunst  angesogen, 
Den  Blumengeist  und  stirbt  in  süfsen  Düften. 

So  "W^irdcst  du  ztim  Himmel  hingezogen. 

Sanft  in  Musik  schiedst  du  in  Freundesarmen, 
Der  Frühling  wich,  undKlagen  ziemt  uns  Armen. 

TIECK. 


i89 
Geistliche     Lieder^ 


"Was  war  icli  oline  dich  gewesen? 
■\Vas  wiird'  ich  ohne  dich  nicht  seyn? 
Zu  Furcht  lind  Aengsten  auserlesen^ 
Stand'  ich  in  weiter  "Welt  allein. 
Nichts  wüfst'  ich  sicher,   w^as  ich  liehte, 
Die  Zukunft  war  ein  dunkler  Schhmd ; 
Und  wenn  mein  Herz  sich  tief  betrühte, 
Wem  thät'  ich  meine  Sorge  kund  ? 

Einsam  verzehrt  von  Lieh'  und  Sehnen, 
Erschien'  mir  nächtlich  jeder  Tag ; 
Ich  folgte  ntir  mit  hcifsen  Thriiucn 
Dem  "svildcn  Lauf  des  Lebens  nach. 
Ich  fände  Unruh  im  Getümmel, 
Und  hoffnungslosen  Gram  zu  Haus. 
"Wer  hielte  ohne  Freund  im  Himmel, 
Wer  hielte  da  atif  Eiden  aus  ? 


190 

Hat  Christels  sich  mir  kund  gegeben, 
Und  bin  ich  seiner  erst  gcwifs, 
"Wie  schnell  verzehrt  ein  lichtes  Leben 
Die  bodenlose  Finstcrnifs. 
Mit  ihm  bin  ich  erst  Mensch  geworden; 
Das  Schicksal  wird  verklärt  durch  ihn, 
Und  Indien  nnifs  selbst  in  Norden 
Um  den  Geliebten  fröhlich  bliihn. 

Das  Leben  wird  zur  Liebesstunde, 
Die  ganze  Welt  spricht  Lieb'  und  Lust. 
Ein  heilend  Kraut  ■v\^'ichst  jeder  "Wunde, 
Und  frey  und  voll  klopft  jede  Brust. 
Für  alle  seine  tausend  Gaben 
Bleib'  ich  sein  dcmuthvolles  Kind, 
Gew^ifs  ihn  unter  Tins  zii  haben, 
"Wenn  zwey  auch  mir  versammelt  sind. 

O  !    geht  hinaus  auf  allen  ATcgen, 
Und  höhlt  die  Irrenden  herein, 
Streckt  jedem  eure  Hand  eut^^^egen, 
Und  ladet  froli  sie  zu  uns  ein. 


Der  Himmel  ist  bey  uns  axif  Erden, 
Im  Glauben  schauen  -wdr  ihzi  an ; 
Die  Eines  Glaubens  mit  uns  werden, 
Aiich  denen  ist  er  aufgctlian. 

Ein  alter,   schwerer  "Wahn  von  Siinde 
"War  fest  an  unser  Herz  gebannt ; 
\Tir  irrten  in  der  Nacht  wie  Blinde, 
Von  Reu  und  Lust  zugleich  entbrannt. 
Ein  jedes  "Werk  schien  uns  Verbrechen, 
Der  Mensch  ein  Götterfeind  zu  seyn, 
Und  schien  der  Himmel  uns  zu  sprechen. 
So  sprach  er  nur  von  Tod  und  Pein. 

Das  Herz  ,   des  Lebens  reiche   Quelle, 
Ein  böses  VS'esen  ^vohnte  drinn ; 
Und  wards  in  unserm  Geiste  helle. 
So  war  nur  Unruh  der  Gewinn. 
'Ein  eisern  Band  hielt  an  der  Erde 
Die  bebenden  Gefangnen  fest ; 
Furcht  vor  des  Todes  Richterschwerdte 
Verschlang  der  Hoffnung  Ueberrest. 


192 

Da  Itam  ein  Heiland ,    ein  Befreyer, 
Ein  Menschensohn,  voll  Lieb'  und  Macht; 
Und  hat  ein  allbelchend  Fener        "^ 
In  iinserni  Innern  angefacht, 
Nun  sahn  wir  erst  den  Himmel  offen 
Als  imser  altes  Vaterland, 
"Wir  Itonnten  glanhen  nnn  und  hoffen. 
Und  fühlten  uns  mit  Gott  verwandt. 

Seitdem  verschw'^and  bey  uns  die  Siinde, 
Und  fröhlich  wurde  jeder  Schritt; 
Man  gab  zxim  schönsten  Angebinde 
Den  Kindern  diesen  Glauben  mit ; 
Durch  ihn  geheiligt  zog  das  Leben 
Vorüber,   wie  ein  sel'ger  Tr?um, 
Und ,   e-w'gcr  Lieb'  und  Lust  ergeben, 
Bemerlite  man  den  Abschied  kaum. 

Noch  steht  in  w^mderbarem  Glänze 
Der  heilige  Geliebte  hier, 
Gerührt  von  seinem  Dornenhranze 
Und  seiner  Treue  weinen  wir. 


^93 
Ein  jeder  Mens.ch  ist  uns  willkonimen, 
Der  seine  Hand  mit  xms  ergreift, 
Und  in  sein  Herz  mit  anfgenommen 
Znr  Frucht  des  Paradieses  reift. 


IL 

Fern  in  Osten  Avird  es  helle, 
Grane  Zeiten  ^Terden  jnng  ; 
Ans  der  lichten  Farbenqxielle, 
Einen  langen  tiefen  Trunk ! 
Alter  Sehnsncht  heilige  Gevs^ihrnng, 
Siifse  Lieb'  in  göttlicher  VerklHriing. 


Endlich  kommt  znr  Erde  nieder 
Aller  Himmel  sel'ges  Kind, 
Schaffend  im  Gesang  ATeht  wieder 
Um  die  Erde  Lebenswind, 
^Veht  zu  neuen  ewig  lichten  Flammen 
Längst  verstiebte  Funken  hier  zusammen. 


17 


^94 

Ueberail  entspringt  <ixis  Grüften 
Neues  Leben  ,   neues  Blut, 
Ew'gcu  Frieden  uns  zu  stiften, 
Taucht  er  iu  die  Lebensfluth ; 
Steht  mit  vollen  Händen  ii^  der  Mitte 
Liebevoll  gewärtig  jeder  Bitte. 


Lasse  seine  milden  Blicke 
Tief  in  deine  Seele  gehn, 
Und  von  seinem  eyvgen  Glücke 
Solls i  du  dich  ergriffen  sehn. 
Alle  Herzen,   Geister  und  die  Sinnca 
"Vierden  einen  neuen  Tanz  bcginneji. 


Greife  dreist  nach  seinen  Händen, 
'Präge  dir  sein  Antlitz  ein, 
Mufst  dich  immer  nach  ihm  %Tenden, 
Blüthc  nach  dem  Sonnenschein  ; 
Wirst  dii  nur  das  ganze  Herz  ihm  zeigen, 
Bleibt  er  wie  eiai  treues  "Weib  dir  eigen. 


105 

IJjiser  ist  sie  nun  geworden, 
Gottheit,   die  uns  oft  crsclireclit. 
Hat  im  Süden  nnd  im  Norden 
Himmclskeirae  rasch  ge-vTCclit, 
Und  so  lafst  im  vollen  Gottefgarten 
Tren  uns  jede  Kiiosp'  nnd  Blullie  warten. 


III. 

Wer  einsam  sitzt  in  seiner  Kammer,^ 
Und  schwere,  Littre  Thrr-nen  weint, 
"Wem  nur  gefärbt  vo^t  Noth  und  Jammer 
Die  iSTaclibarscliaft  iiinhcr  erscheint ; 

Wer  in  das  Bild  vergangner  Zeiten 
Wie  lief  in  einen  Abgrund  sieht, 
In  welchen  ihn  ^'on  allen  Seiten 
Ein  süfses  AVeh  hinunter  zieht ;  — 

Es  ist ,  als  lügen  'Wunderschätze 
Da  unten  für  ihn  aufgehäuft. 
Nach  deren  Schloff  in  wilder  Hetze 
Mit  athemloser  Brust  er  greift. 


17 


196 

Die  Zi.iluinft  liegt  in  öder  Diivre 
Entsetzlich  lang  und  bang  vor  ihm  -7- 
Er  schweift  nnihcr,  allein  und  irre, 
Und  sncht  sich  selbst  mit  Ungcstiini. 

Ich  fair  ihm  -weinend  in  die  Arme  : 
Atich  mir  war  einst,  vfie  dir,  zu  Miith, 
Doch  ich  genas  von  meinem.  Harme, 
Und  weifs  nun ,  wo  man  ewig  xnht. 

Dich  mufs ,  wie  mich  ein  "Weseai  tiösten. 
Das  innig  liebte ,  litt  und  starb ; 
Das  selbst  für  die,  die  ihm  am  wehsten 
Gethan,  mit  tausend  Freuden  starb. 

Er  starb ,  und  dennoch  alle  Tage 
Vernimmst  du  seine  Lieb'  und  ihn. 
Und  Itannst  getrost  in  jeder  Lage 
Ihn  zärtlich  in  die  Arme  ziehn. 

?«Iit  ihm  kommt  neues  Blut  und  Leben 
In  dein  erstorbenes  Gebein  — 
Und  wenn  du  ihm  dein  Herz  gegeben. 
So  ist  auch  seines  ewig  dein. 


"W'as  du  vexlohrst ,  hat  er  gefiiiidou  ; 
Du  triffst  bey  ihm,  \-\-as  du  gelicht: 
Und  c^vig  bleibt  mit  dir  verbunden. 
Was  sein«  Hand  dir  Aviedcrgi^bt. 


IV. 

Unter  tausend  frohen  Stunden, 
So  im  Leben  ich  geftinden. 
Blieb  nur  eine  mir  getreu  ; 
Eine,  wo  in  tausend  Schmerzen 
Ich  erfuhr  in  meinem  Herzen, 
Wer  für  uns  gestorben  sey. 

Meine  "Welt  war  mir  zerbrochen* 
Wie  von  eihem  "\^"urra  gestochen 
Welkte  Herz  und  Blüthe  mir ; 
Meines  Lebens  ganze  Habe, 
Jeder  Wunsch  lag  mir  im  Grabe, 
Und  zur  Qual  w^ar  ich  noch  hier. 


^98 

Da  ich  PO  im  stillen  liiMuliLe, 
Ev/ig  weint'  und  wegverlangte. 
Und  iinr  Lliob  vor  Angst  und  ■\Valin; 
Ward  mir  plötzlich,  wie  von  ohen 
"SVeg  des  Grabes  Stein  gehohen, 
Und  mein  Innres  aiifgethan. 


"Wen  ich  sah ,  nnd  wen  an  seiner 
Hand  erhlichtc  ,   frage  Keiner, 
Ewig  w^erd'  ich  dicfs  nur  sehn; 
Und  von  allen  Lebenssutnden 
^Vird  nur  die,   wie  meine  Wunden 
Ewig  heiter,   ofTen  stehzi. 


\ 


'99 


V. 

"Wenn  ich  ihn  nuf  habe, 
■Wenn  ex  m.ein  nur  ist, 
"Wenn  mein  Herz  bis  hin  ztim  Grabe 
Seine  Trenc  nie  vergifst  :  ;. 

AVeifs  ich  nichts  von  Leide, 
Fühle  nichts ,  als  Andacht ,  Lieb'  nnd  Freude. 

"Wenn  ich  ihn  nnr  habe 
Lasb'  ich  alles  gern, 
Folg'  an  meinem  Wanderstabe 
Trengesinut  nur  meinem  Herrn  ; 
Lasse  still  die  Andern 
Breite,  liclite  ,  volle  Stralsen  wandern. 

Wenn  ich  ihn  nnr  habe. 
Schlaf'  ich  fröhlich  ein, 
E\\äg  wird  zn  süfser  Labe 
Seines  Herzens  Fiuth  mir  seyn. 
Die  mit  sanftem  Zwingen 
Alles  wird  erweichen  nnd  durchdringen. 


200 

"Wenn  ich  ihn  nur  habe, 
Hah'  ich  auch  die  ^Velt ; 
Selig  ,    wie  ein  Himmelsknabe, 
Der  der  Jungfrau  Schlej^cr  hält. 
Hingesenkt  im  Schallen 
Kann  mir  vor  dem  Irdischen  nicht  graue». 

"V^^'o  ich  ihn  nur  habe, 
Ist  mein  Vaterland ; 
Und  es  fällt  miir  jede  Gabe 
"Wie  ein  Erbtheil  in  die  Hand; 
Längst  vermifste  Briider- 
Find'  ich  imn  in  seinen  Jüngern  wieder. 


vr. 

Wenn  alle  \intTeu  werden, 
So  bleib*  ich  dir  doch  treu; 
Dafs  Dankbarkeit  auf.  Erden 
Nicht  ausgestorben  scy. 


201 

Für  mich  nmfing  dich  Ltideii, 
Vergingst  für  mich  in  Schmerz  ; 
Drum  geh'  ich  dir  mit  Frcxiden 
Auf  e^Yig  dieses  Herz. 

Oft  mufs  ich  hitter  -weinen, 
Dafs  an  gestorben  bist, 
Und  mancher  von  den  Deinen 
Dich  lebenslang  vergifst. 
Von  Liebe  nur  durchdrungen 
Hast  du  io  viel  gethan, 
Und  doch  bist  du  rcrkhingen, 
Und  keiner  denht  daran. 

Du  stehst  \'oll  treuer  Liebe 
Noch  immer  jedem  bey, 
L^nd  Vscun  dir  keiner  bliebe, 
So  bleibst  du  dennoch  treu; 
Die  treuste  Liebe  sieget. 
Am  Ende  fühlt  man  sie, 
"VVeint  bitterlich  und  schmieget 
Sich  kindlich  au  dein  Kaie. 


202 

Ich  habe  dich  empfunden, 
O  !    lasse  nicht  von  mir; 
Lafs  innig  mich  rerhiindeii 
Anf  ewig-  seyu  mit  dir. 
Einst  schauen  meine  Brüder 
Auch  -wieder  himmelwärts, 
Und  binkcn  liebend  nieder. 
Und  fallen  dir  ans  Herz, 

VII. 

Hymne, 


"Wenige  -wissen 
Das  Geheimnifs  der  Liebe,' 
Fühlen  Unersättlichkeit 
Und  e-vv'igcn  Durst. 
Des  Abendinahls 
Göttliche  Bedeutung 
Ist  den  irdischen  Sinnen  Riithsel ; 
Aber  wer  jemals 
Von  heifsen  ,   geliebten  Lippen 
Athem  des  Lebens  sog, 


Ä03- 

Wem  heilige  Gluth 

In  ziLteriide  "Wellen  das  Herz  schmolz, 

^Vem  das  Auge  aufging, 

Dals  er  des  Himmels 

Uiiergriiudliche  Tiefe  mafs, 

Wird  essen  von  seinem  Leil^c 

U'Sd  trinken  von  seinem  Bluic 

Ewiglich.. 

Wer  hat  des  irdischen  Leibes 

Hohen  Sinn  errathen  ? 

AVer  hann  sagen, 

D.ifs  er  das  Eint  versteht  ? 

Einst  ist  alles  Leib, 

Ein   Leib, 

In  himmlischem.  Blute 

Schwimmt  das  selige  Paar.  — 

O  !    dafs  das  Weltmeer 

Schon  erröthete, 

Und  in  duftiges  Fleisch 

Aufquölle  der  Fels! 

Nie  endet  das  siifse  Mahl, 

Nie  sättigt  die  Liebe  sich. 


204 

Nicht  innig ,  nicht  eigen  genug 

Kann  sie  haben  den  Geliebten. 

Von  immer  zarteren  Lippen 

Verwandelt  -wird  das  Genossene 

Inniglicher  nud  näher. 

Heifsere  "VS^ollnst 

Durchbebt  die  Seele. 

Durstiger  und  hungriger 

"Wird  das  Herz  : 

Und  so  -währet  der  Liebe  Genufs 

Von  Ewigkeit  zu  Ewigkeit. 

Hätten  die  Ni'ich lernen 

Einmal  gekostet, 
t 
Alles  verliefsen  sie. 

Und  setzten  sich  zxi  uns 

An  den  Tisch  der  Sehnsucht, 

Der  nie  leer  wird. 

Sie  erkennten  der  Liebe 

Unendliche  Fülle, 

Und  priesen  die  Nahrung 

Von  Leib  und  Blut. 

^OVAIilS. 


205 


Alte       Gedichte 

ans  dem  SpaniscJien. 


A  II  f    die    heilige    C  at.har  i  n  a. 

Reine  IVIagd ,   von  Idarem  Golde 
Hat  dir  Gott  ein  Herz  gegeben, 
Das  so  fromm  bestehen  sollte ; 
Thüt  der  13rust  das  dein'  entheben, 
"Wie  dein  Flehn  begehren  wollte. 

Ja  er  mahlt'  auf  deinen  AVänden 
Karmosincn  c^oixie  AVunden, 
\Vill  sein  Bhit  dazti  ver^venden. 
Da  ward  nachgebildt  gefxmden 
Jede  Qnal  an  Füfs'  und  Händen. 


18 


2o6 

Christi  Leiden  mufst' ,  o  Holde, 
In  der  Iliitte  dich  umgehen, 
Die  kein'  andre  Nahrung  w^olUe, 
"Was  sein  heilig  Mahl  nicht  zollte. 
Und  zxini  Lager  dürre  Reben, 


A  uf  d  t  r  Fi  l  grim  s  c  h  aft. 


Jungfrau  ,   ewig  Braut  am  Throne 
Dessen,   der  vor  allen  Zeiten 
Dich  zum  Tröste  uns  bereiten 
"Wollte ,   für  des  Lehens  Frohne. 
Du  des  heiigen  Gartens  Krone, 
Hohe  Perle,    so  uns  bliebe, 
Quell  der  gottgc-vveihtcn  Triebe, 
Strahlenglanz  der  evs^'gen  Liebe, 
Du,  von  der  Gott  selber  schriebe, 
Königin  dich  hiefs  zum  Lohne. 


207 
Thexire  Zuflucht  für  Entflohne, 
Milder  Oelbaum  reich  an  Fruchten, 
In  defs  Schatten  wir  uns  flüchteni 
Da  der  Friede  fciig  -wohne. 
Deiner  Glorien  lichte  Krone 
^Volltc  Salomo  schon  zeigen, 
Engel  fcyerns  in  den  Reigen  ;. 
Dn ,   der  sich  die  Himmel  neigen, 
Stnrani  die  Schö:isten  alle  sch\A'cigen, 
Vor  der  Mutter  mit  dem  Sohne. 


Ach  wie  spricht  in  sanftem  Tou€ 
Die  holdselge  Heiterkeit, 
Givadcnvolic  Gütigkeit, 
Dafs  sie  frcniidlich  nnser  schone. 
In  den  Feidorn  von  Sioiie 
Lilienbhime  hold  verschlossen. 
Frommer  Demiith  Palm'  entsprossen. 
Die  des  Segens  Fitll'  ergossen. 
Uns  gewaffnet  mit  Geschossen 
Allen  Schrecken  gar  znm  Hohne. 


18 


208 

LicL'  entquillt  ans  jeder  Zone 
Dir ,    des  Lebens  neue  Sonne, 
Leuclitcnd  JLicjir,    das  uns,    o  AYonnc, 
Neil  erscluif  im  ird'schcn  Thone. 
Herrin  ,    acli !    -w^as  sind  wir  oliue 
Deine  süfse  Huld  zu  achten? 
■\Venu  wir  gleich  die  Pein  verlachten, 
"Wird  die  Schuld  uns  trüh'  umnachten, 
Wenn  es  nicht  die  Augen  machten, 
Lichter  Iloirnun"-  Chalccdone. 


Schau  herab  von  deinem  Throne, 
Königin ,    zu  der  wir  trachten, 
Unsern  Feind  durch  dich  verachten, 
Jeden  Schmerz  in  Frieden  brachten, 
Ende  du  mein  tiefes  Schmachten, 
Dafs  ich  selig  bey  dir  wohne. 


209 


V  ovi  L,  ei  de  7t   Christi, 


Erd  und  Himmel  sich  beklagten, 

Trübe  w^ar  das  Licht  verborgen, 
Wüthcnder  das  Meer  zu  brüllen 

"\Yälzie  dunkel  seine  ^Vogen, 
Als  der  hohe  AYelterloser, 

An  dem  Kreuze  bald  gestorben, 
"VVorte,    würdig  heifser  Tliräncn, 

Also  sagte,    wie  sie  folgen: 
„Nun  ,    o  Kcrr ,    in  deine  Hände 

Sey  au  jetzt  mein  Geist  befohlen.** 
O  unsäglich  tiefe  Trauer, 

Unvergleichbar  bittre  Loose, 
Dafs  der  unerschafTne  Schöpfer 

Selber  zum  Geschöpf  g•e^vorden, 
Um  dieselben  zu  erretten, 

Die  ihm  gaben  Tod  ziim  Lohne  !  j 


210 

xN'iir  du  seine  hohe  iMutter, 

Reiner  Jungfraun  heiige  KronCi 

Dil  allein  vom  Trost  enllilcidct 

Magst  CS  sagen,  Freudeulose !  — 


d. 


Da  imn  todt  der  Herr  des  Lebens, 
Der  Tncin  Sohn,' 

Sey  der  Tod  das  Ziel  des  Strehens, 
Und  mein  Lohn. 

Mntter  ward  ich  -wie  noch  lieinci 
Ohne  Sorg*  nn  l  ohne  Schmerzen, 
Die  ich  jctzo  erst  be^Yeine, 
Seit  sie  doppelt  mir  im  Herzen, 
Doppelt  Leiden  mir  gegeben 
Um  den  Sohn, 

Dafs  im  Tod  der  Herr  des  Leben?; 
Ist  entflohn. 


211 

Weil  viel  Tod  i?t  üLeiwimdeu 

DiiTcIi  des  Einen  bittres  Sterben, 

Drum  mufs  billig-  tax  die  ^Viiuden 

Viele  Tod'  ich  Eine  sterben, 

Und  es  schielet  den  Trost  vergebens 

Von  dem  Thron 

Zu  mir  her  das  Licht  des  L,ebens 

Tür  den  Sohn. 

Vöglcin ,    die  ihr  fliegt  in  Reihen, 
Thicre  ,   \vai\delud  auf  den  Weiden; 
Sagt,    warum  wollt  ihr  nicht  schreye«, 
iVIich  ;'-u  tröftcii  in  den  Leiden? 
Der  allein  kein  Trost   gegeben, 
Weil  emiiohn 

In  den  Tod  der  Herr  des  Lebens, 
Der  mein  Sohn. 

rn.   SCHLEGEL. 


2.12 


TI  y  m  n  e  n 

nach    de  m    L  a  t  c  i  ni  s  ch  e  n. 


Die  vor  Liehe  sterbende   IM  a  r  i  a. 

Hört,    Sioiiiiinncii, 
Meine  Gespiclimieii ! 
Seht  mich  mitleidig  an. 
Saget  dem  Bräntigam, 
Liebe  ver\riindc  micli, 
Iviiiiimer  gesiiiidc  ich. 

Stützet  die  waiiliende 
Schmachtend  erkrankeiHle } 
Bettet  auf  Diif^en  sie 
iiühlet  mit  Liiftcn  sie: 
Denn  iu  mir  Aviälzen  sich 
Flammen ,    xmd  schmelzen  mich. 

Häufet  mir  Iahende 
Schhiiiimerhegabcndc 
Z\veige  zi;sammen  auf, 
Lcfft  mich  in  Flamraeu  drauf: 


213 
Als  Pliunix.  sterb'  ich  so, 
LeLeii  cr\TerL'  ich  so. 

Ob  Lieben  Leiden  scy. 
Ob  Leiden  Lieben  scy, 
\\'cif»  ich  zu  sagen  nicht  ', 
Aber  ich  klage  nicht ; 
Lieblich  das  Leiden  ist, 
Wenn  Leiden  Lieben  ist. 

Liebe  ,    was  quälst  du  mich  ? 
Besser  eiitseelst  du  ir^ich. 
Zögernde  Pcinigiing 
Heinnit  die  Yereinigung : 
Jalir'  ans  Sekunden  hier 
Machen  die  AVunden  mir. 

Erich  ans  des  Lebens  Schoof;, 

O  Seele,   strebend  los ! 

Das  Feuer  eilt  hinauf. 

Und  nimmer  %v'eiit  im  Lauf 

1 
Bis  an  des  Himmels  Rand  ; 

Dort  ist  mein  Vaterland. 


2l4 


Die   Himmelfahrt  der  Jungfrau. 


Phöbxis,  auf!    am  heitern  Himmel 

Strahle  hell  dein  Angesicht. 
Sieghaft  aus  der  Schiacht  Getümmel 
Kommt  die  Feidherrin  ans  Licht. 
Die  Stygischcn  Machte 
Schlug  Jiidiihs  Rechte, 
Maria,   so  die  Feinde. Lricht. 

Sch^rcb'  erlaucht  in  Siegesehren, 

L.^fs  der  Erden  Ficgion, 
Und  erschwinge  dich  zum  hehren 
Himmlischen  Palast  und  Thron; 
All  der  rollbracliten 
Thatcn  und  Schlachten 
Emi>fauge  den  bereiten  Lohn. 


215 

Zeuch  mit  fliegendem  Paniere 
Himmlische  iVIiliz  !    hinaus ; 
Den  Triumphes  •  "V\'"agcn  führe 
Jauchzend  in  der  Sterne  Haus  ; 
Den  Lorbeer  binde 
Und  Kränze  winde, 
Gieb  Rosen  ,    streue  Lilien  aus  ! 

Festlich  lodern  lafst  die  Flammen, 

O  ihr  glühnden  Seraphim  ! 
Stimmt  der  Hymnen  Klang  zusammen, 
O  ihr  süfsen  Cherubim  ! 
Jubelnd  vor  allen 
Lafs  Gabriel  schallen. 
Du  Brautbewerber,   deine  Stimm'! 

Deine  Arm'  entgegenbreite, 

Jesu  ,   zu  der  Mutter  Grufs  ; 
Sie  hinauf  zum  Vater  leite, 
Unter  manchem  keuschen  Kufs. 
Sohn  ,    die  dich  pflegte. 
Und  liebend  hegte, 
Hab'  ihrer  Liebe  nun  Genufs. 


2l6 

Heilgc  Drryheit  dor  PcTSOneii, 

Giel»  die  Krou'  des  Ruhmes  ihr ; 
Der  Sicgsköiiii'jiii  zn  lohnen, 
Beut  des  Zc]>icrs  goldiie  Zier. 
Von  nah  und  ferren 
Die  hohe  Herrin 
Mit  frommem  Lied  begrüfseu  wir. 

Heil  tausendmal  dir  ! 

Grufs   ohne  Zahl  dir  ! 
Beschirm  dein  Volk,    o  Königin. 

Starke  Bellona  ! 
-  Milde  Patrona  ! 
Gieb  deinen  Dienern  defs  Gevs'inn. 

Maria ,    reine  I 

Mutter  wie  keine  ! 
Zeuch  deine  Kinder  nach    dir  hin. 


2i7 


Vom    j üng s  ten    G ei'icht^ 


Jenen  Tag,  den  Tag  des  Zoren, 
Geht  die  ATelt  in  Brand  verloren, 
^Vie  Propheten  hoch  besch^voren. 

"Welch  ein  Granu  wird  seyn  nnd  Zagen, 
"Wenn  der  Richter  hommt ,  mit  Fragen 
Streng  zu  prüfen  alle  Klagen. 

Die  Posaun'  im  AVundertone, 
Wo  auch  v\'er  im  Grabe  wohne, 
Rufet  alle  her  zum  Throne. 

Tod ,  NatTir  mit  Staunen  sehen 
Dann  die  Creatur  erstehen. 
Zur  Verantwortung  zti  gehen. 

Und  ein  Buch  soll  sich  entfalten. 
So  das  Ganze  -svird  enthalten. 
Ob  der  Welt  Gericht  zu  halten. 


19 


-t3 

"Wann  der  Richter  also  richtet, 
Wird,  was  heimlich  war,  herichtet, 
UnSerocheu  nichts  geschlichtet. 

Ach  was  -vA^erd'  ich  Armer  sagen  ? 
AVer  beschirmt  mich  vor  den  Klagen? 
Da  üerechte  selber  zagen. 

Konig,  furchtbar  hoch  erhaben, 
Frey   i^ind  deiner  Gnade  Gaben : 
Woll'  atich  mich  mit  ihnen  laben. 

Milder  Jesn ,  woll'  erwägen, 
Dafs  du  kämest  meinetwegen, 
Um  mein  Heil  alsdann  zn  hegen. 

Ich  wMr  Ziel  ja  deines  Streben?, 
Kreuzestod  dci  Preis  des  Lebens  ; 
So  viel  Müh  sey  nicht  vergebens. 

Richter  der  gerechten  Rache, 
Kachsicht  üb'  in  meiner  Sache, 
Eh  ztim  letzten  ich  erwache. 


Reuig  mufs  ich  Angst  erdiilcleii. 
Tief  erröthend  vor  den  Schulden  : 
_Sieh  mi^h Fleh'ndcn ,  Gott,  mit  Hulden. 

Dn  >  der  lossprach  einst  Marien, 
Und  dem  Schdclier  selbst  verziehen. 
Hast  mir  Hoffnung  ancli  verliehen. 

Mein  Gebet  gilt  nicht  so  thctier ; 
Aber  lafs  mich ,  o  du  Trciier, 
Nicht  vergehn  in  ew'gem  Feuer. 

Zu  den  Schafen  lafs  mich  kommen, 
Fern  den  Böcken,  angenommen 
Dir  zur  rxechten  bey  den  Frommen. 

"Wann  Verworfnen  ohne  Schonung 
Flamm cnpcin  wird  zur  Belohnung, 
I\uf  mich  in  des  Segens  AYohntmg. 

Herz ,  zerknirscht  im  tiefsten  Grxiude, 
Bete,  dafs  ich  noch  gesunde, 
Sorge  für  die  letzte  Stunde. 


19 


220 

Thränen  iDringt  der  Tag  des  Zoren, 
Wo  ans  Staub  \vird  neu  geljoreii 
Zum  Gericht  der  Mensch  voll  Schnidcn. 
Darum  sich  ihn,  Gott,  mit  Hnlden ; 
Jesu,  milder  Ilcrrsclier  du, 
Gieh  den  Todtcn  ew'ge  Ruh. 

A.   \Y.   S  C  H  L  E  G  E  Iv 


221 


Helleiiik    und    Ro  in  antik. 


I. 

Das      Lehen. 

Kräftig    und    jauchzend    und    klar,    so   strömte    die 

"Welle  des  Lebens 
Durch  die  Seele  der  Menschen ,  in   euch  ihr  helkni« 

sehen  Zeiten, 
Als   vor   dem   Hauche   der    Sitten  zuerst  sich  die  Ne» 

hei  der  "Wildheit 
Brachen,  und  jugendlich  hlühcnd  die  Welt  aus  dem 

Nehel  hervortrat. 
Damahls  %yar   sie   ein   Spiegel    der  frischen  ,  lehendi» 

gen  Kräfte, 
Die  sich  im  Innern  erhildend  ansh  alles  Aenfsre  ver- 

,  schönten. 


2.22 

Leben  und  Glauben  war  Eins !  Man  wufste  noch 
nicht ,  dafs  man  glaubte. 

Denn   es   hatte   der   Mensch   noch   nie   besonnen  ge  * 

zweifelt. 

Hatte   nicht  kritisch  gewählt,  was   den  Zweifel  be- 
ruhigen möchte. 
Sehnsucht,   heiliges   Pfand  von  unseim  unendli- 
chen Dascyn, 

Freundlich  wärest  du  noch ,  warst  noch  des  Lebens 

Gespielin. 

\Tie  einst  unter    den  Hirten  Apoll  ein  geselliger  Hirt 

war, 

Also  verkehrten  mit  dir,  dti  Göttin  im  menschlichen 

Herzen, 

Traulich  der  irdische  "Wunsch  und  jede  vergängliche 

Hoffnxmg ! 

Schwester  nannten  sie  dich,  und  während  sie  spiel- 
ten im  Thale, 

Horchten   sie   deinem   Gesang,   der  von  den  Hiigeiii 

herabflofs. 

Und   genossen   das  himmlische  Lied  mit  den  Düften 

der  Erde.  — • 


223 

Schlug  dann  mächtig  das  Herz,  das  niaclite  die  Biiist 
nicht  beklommen, 

AYeit  und   hell,   wie    der  Äther   mit   freyen  Armen 

umschlinget 

Fluren  nnd  AVAlder  und  Berge,  —  so   schlang  sich 

die  geistige  Sinnnng 

Um   die  Wechselgestalt    des   leiblichen  Sinnes ,   und 

•  bcyde 

Gaben    das    fröhliche    Bild    harmonischer   Tage  des 

Frühlings. 
'Dafs  tms  ein  höherer  Geist  beseele,  denn  alle  Ge- 
stalten, 

"Welche  sich   um  uns  regen ,  das   fühlte  der  Mensch 

im  lebend'gen 

Wollen   und   Thun,  er  vermochte  sich  nicht  so  nie- 
drig zu  schauen, 

Oder    so     elend,   als   jetzt    ein  seellos   Spiel  der   Be- 
griffe, 

Mit  dem  Jammer  verbündet  der  künstlichen  Lebens- 
vergeudung, 

In    das    Haken  •  System    des    eisernen  Denkens  ihn 

hinwirft !  — 


224 

Statt  sich  niederzuwerfen  der  niedern  Schöpfung-, 

erhöh  er 
Seihst  die   kleinen  Naturen  au   seinen  tmsterhlicheu 

Busen, 
Und  umfing  sie   mit  geistiger  Lieh'  ,  als  ein  geistiges 

Lehen !  — 
Zwietracht    war    in   den   Dingen  atich  damahls, 

aher  im  Geiste, 
Der   zum   fröhlichen  Kampf  gciiht  und  immer  hereit 

stand, 
Lös'te    sich  Zwietracht  auf  in  Spiele  des  rühmlichen 

Kilmpfcns. 
Und    man    gedachte    nicht   dran,   sie  axifzulösen, 

sie  w  a  r  e  n  '  s, 
Wie    der  heroische  Blick   sie  fafste    mit  göttlichem 

Frohsinn  ! 
Also     ^vogte    dahin     das    Leben     in    herrlichem 

Strome, 
Und  hegriifste   den  Tod   als  ein   Meer,   wohin  sich 

die  Ströme 
Alle  drängen,  ein  Meer,  das  alle  Ströme  vereinet. 


.      £25 
Da  kamen" andre  Zeiten,   graue  Nacht 
Verschlang  der  Sonne  jngcaidlichen  Schein, 
Der  frische  Lebensgeist  war  ansgefacht. 
Man  wollte  lebend  ohne  Leben  seyn ! 
Des  kalten  Denliens  Ange  war  erwacht, 
Und  schaute  zweifelnd  in  die  AVeit  hinein. 
Es  war  des  Glaubens  schöner  HimmeLbogen 
Vojn  Nebeldunst  des  Forschens  rings  umzogen. 

Und  auf  den  Herzen  lag  der  Nebel  schwer, 
Sie  konnten  frey  nicht  athmen ,   nicht  erklingen! 
An  Herzens -Echo  war  die  Schöpfung  leer, 
Denn  sie  vermochten  nicht,   es  wach  zu  singen. 

Die  Seele  fiihlte  keinen  Frieden  mehr, 

« 

■\Vas  sollte  da  den  Zwist  der  AVeit  bez-v\dngen? 
Ei  floh  der  Kimste  muntres  Leben -Spiel, 
Aus  jener  Zeiten  Furcht  -und  Angst  -  Ge'vylihl. 

Auf  ewig  war  die  junge  Zeit  verschwunden, 
Da  Glaifben  noch  und  Leben  Eins  nur  waren, 
Da  sie  als  Kinder  kindlich  sich  verbunden. 
Und  keine  Trennung  hatten  noch  erfahren. 


226 

Das  Leben  zählte  sich  nach  bangen  Stnnden, 
Der  Glaube  ^vnfste  nicht  sich  zu  bewahren  ; 
AVeg-  von  der  Kerze  in  die  Lnft  gehaucht. 
Verfliegt  die  Flamme ,   und  die  Kerze  raucht. 

Ja  ,   Sonnentag  des  jungen  Menschenlebens, 
Einheit  von  Licht  und  AViirme  in  den  Seelen, 
Dich  sucht  das  forschende  Geschlecht  vergebens. 
Der  Suchende  mufs  ewig  dich  verfehlen! 
Du  bist  kein  Ziel  des  Forschens  noch  des  Strebens, 
Man  ist  der  Deine  ,    ohne  dich  zu  -wählen : 
So  schaun  wir  heinen  Stern  bey  Sonenschein, 
Die  Sonne  steht  und  glänzt  und  wärmt  allein. 

Doch  in  der  Nacht,   die  jetzo  war  gekommen. 
Da  sehnte  sich  der  Mensch  nach  Sternen  -  Schein; 
Als  ihm  das  eigne  Soiinoilicht  verglommen, 
Sanh  auch  die  Welt  in  Dunst  und  Kcbci  ein. 
Jetzt  fand  er  erst  sich  in  der  V\'elt  beklommen. 
Und  wollte  gerne  überweltlich  :e)'n. 
Hier  war  das  Leben  in  sich  selbst  geschieden. 
Hoch  übcr'm  Leben  wiuischt'  er  Lebens  -  Frieden ! 


Si27 

In  diese  Nacht  stieg  Je?us  Christus  nieder. 
Ein  "WuiiderthätCT  für  das  "Wuudcrschncn ! 
Er  stärltte  neu  die  schon  gelähmten  Glieder, 
Und  trocltnete  die  liiiigst  geflofsuen  Thrar.en; 
Er  brachte  nicht  das  Paradies  nns  wieder. 
Er  -wollte  nnr  das  Feindliche  versöhnen. 
Ach,   nnr  Entz^rcynng  kann  Versölmnng  gehen, 
Prüm  ranfs  der  Mensch  anch  der  Versöhnung  beben  ! 

])ie  Nebel  fliehn  vom  Himmels  Angesicht, 
Hoch  Dunst  nnd  Nacht  mnfs  anf  der  Erde  weilen; 
Ans  blanem  Dnnkel  winkt  der  Sterne  Licht, 
Nnr  dafs  wir  schann  ,  Avie  Dimst  nnd  Nacht  ver^Teilen. 
Und  ob  der  Sterne  Mnnd  auch  tröstlich  spricht; 
,,Der  Stern  in  euch  kann  zu  den  Sternen  eilen;'* 
Die  Himmels  -  Flamme  brennt  anf  irdnen  Kerzen, 
Wie  hebt  der  Geist  sich  mit  dem  Sinnen -Herzen  ?  — 

-\Yir  glauben  neu  ,  doch  v\'issend  ,  dafs  wir  glaiiben, 
Wir  haben  es  dem  Zweifel  abgezvrungen, 
Drum  fürchten  wir,   er  möchi'  uns  wieder  raiiben. 
Was  wil"  mit  banger  Sehnsucht  jetzt  utiischliingen  ; 


228 

Ja ,  Furcht  und  Bangheit  dii?icrn  iinsern  Glauben, 

Und  mit  dem  Zweifel  wird  noch  stets  gerungen, 

Das  Lehen  fliefst  nicht  mehr  in  frcyeni  Guf?, 

Es  Jirtinuiit  und  diininit  und  wechselt  sich  der    Flufs. 

» 

Wohin  sich  noch  die  "Welle  soll  ergiefsen  ? 
Ach. zu  den  Sternen,   deren  Bild  sie  trägt ! 
Es  möchte  auf^T'ärts  zu  den  Himmeln  fliefsen. 
Was  sich  als  Ilimmelsspiegel  drin  hevs^egt.  — 
„Dafs  diese  Sterne  in  der  Welle  sprielscn, 
,,Dafs  dieser  Strom  den  Himmel  in  sich  hegt!" 
W^ir  hören's  wohl ;   doch  schwer  ist's ,    zu  erfahren, 
"W^ic  "Weir  und  Himmel  einst  ein  Ganzes  Avaien!  — 

Leb'  ^^Oiil,    o  du  des  Glaubens  Herosthum, 
Du  rangst  und  spieltest  gern  im  Weltgewimmel. 
Religion  w^ard  drauf  ein  l'iitterthum, 
Die  Welt  verlingnend,  hampft  sie  für  den   Himmel. 
Uns,    Freunde,    .^ey  des  Glaubens  schönster  Tiuhm, 
Die  Welt  zn  lieben ,    als  den  ATeg  zum  Himmel. 
Wir  scheiden  PIlicht  und  Neigung,    Geist  und  Sinn, 
Doch  sinnlich  strebend  zu  dem  Geist'gen  hin. 


22g 

Zum  Ziel  des  Strebcns  ist  ein  mystisch  Bild 
Von  si^niiicli  •  gcist'gcr  Tlar.nonie  gestellt. 
Die  Schnsuclit  -sTivd  dnrch  Sehnen  iiocJi  gestillt, 
Als  Ort  des  Sehnens  lieben  wir  die  "Welt. 
So  anch  mit  Sehnsiichis  -  Düften  üherhüUt 
Die  neue  linnst  dem  Menschen  wohlgefallt, 
Hciienisch  Leben ,    du  bist  uns  verlohren, 
Drnm  haben  das  romant'sche  "syir  erhohren. 


ir. 

Der        Tod. 

Freylich  nns  schneidet   die   Parze   zu  früh    den  Fa- 
den des  Lebens !  — 
Jung  noch  bin  ich,    obwohl  schon  im  versilber- 
ten Haar. 
Ist  es   mir  doch  ,    als   waren    die  frischen  Spiele  des 

Jünglings 
Gestern  gewesen,   so  frisch  lacht  mir  noch  heute 
die  Welt. 

£0 


250 

Heute  noch  glänzt  mir  die  Rose  wie  Lippe  des  Mäd- 
chens ,    noch  heilte 
Duftet   der  Apfel  mich  an ,    wie    ihn   der  Knabe 

geschmeckt. 
Mir  ,   dem  Alten  ,    ist  ach  !    nichts  alt  ge^vorden  ,    die 

Seele 
Grlifset sich  selber  noch  jung,  griifset  den himmli« 
sehen  Tag !  — 
Aber  ich  iränme  zuw^eilen  vom  Tod,   von  lieben  Ge« 

storb'nen. 
Gleich  mir  waren  sie  jtmg ,   aber  wir  nannten  sie 
alt!  — 
Auch  begegnet  es  mir,   dafs  .-^ich  die  Eriunrung   ver- 
irret, 
Wunderbar  leb'  ich  zurück,   ach  und  ich  leb'  es 
aucl)  nicht ! 
Was  ich  gehört  und  geschn    in  vcrschicdnen   Jahren 

luid  Stunden, 
Was  sich  zu  anderer  Zeit ,   immer  auch  anders  ge- 
zeigt. 
Wird  mir  ein  Wtmdergemisch ,  ich  fiihl'  es  zugleich 

wie  der  Knabe, 


.231 
"Wie    der  Jiingling,   der   iMaiiu ,   —  acli ,   tiiid    so 
fiihr  icli's  nicht  rcdir. 
Jetzt  ist  heller  die  Stunde,   ich  könnt'  empfiudcu   als 

Knabe, 
Oder  als   Jüngling  i  nd  Mann,    jedes  in  jeglicher 
Kraft  !  — 
Sterben  sollt'  ich?  —  ich  hann's    nicht!    —  Dennoch 

führ  ich,  die  Parze 
Nahet  mit  haltender  Hand  mir  an  die  Schlafe  des 
Haupts ! 
Kränzt  mir  die   Schläfe  mit  Rosen,    und    reicht   der 

singenden  Lippe 
Dort  den  bekränzten  Pokal,  —  Leben,  an  würze 

den  Tod!    

Kinder,    war  es   denn  dunkel?    —   Du   ^vendcst  die 

Fackel,    o  Knabe!  — 
Seh'  ichDämmning  des  Tags?  glänzet  der  Morgen 
erapbr  ?  — 
Wende  die  nächtliche  Fackel!    —    mir  strahlt  in    ro- 
sigem JLichte 
Hermes  gelliigelter  Stab  mit  dem  Erneuungs  -  Sj'm« 
hol. 


£32 
Bin  ich  ein  Schatten  "gcAvordcn   in   diesem   Lichte  ? 

Du  bist  OS, 
Leichte   Gestalt;  —  jetzt  erst  fühl'  ich,   du  warst 
eine  Last !  — 
Freunde,    vernehmt  ihr  mich   noch?  —   Lebt   wohl, 

ich  folge  dem  Gotte, 
Lebend   in    leichter   Gestalt    grufs'  ich   Elysiiims 
Flur !  — 


Dil  hast  im  Tod  ein  weltlich  läed  gesungen;  — 
Mir  ist  das  ganze  Leben  nur  ein  Sterben, 
Die  wilden  Sinne  hab'   ich  lilng-t  bez-vyungcn! 

Ntu-  durch  den  Tod  lafst   sich  der  Himmel  erben, 
Diefs    "Wort   vernahm  ich  in  der  Kindheit  Tagen, 
Und  Märler- Kronen  wünscht'  ich  zu  erwerben! 

JEin  siilser  Gram  belohnte  mein  Entsagen, 

Ich  liebte  P.oscn,  liefs  sie  doch  verblühen, 
Von  ihrem.  Dorne  wollt'  ich  Kranze  tragen. 

Ich  «ah  das  Morgenroth  am  Himmel  glühen. 

Es  glidite  schon,  doch  dacht' ich  an's  Verglimmen, 
Der  hellste  Tag  miifs  v^or  der  Nacht  entfliehen, 


Das  sanfte  Steraeulicht   dem    Tag  entgeh wimmen : 
Tsichts  Itaiiu  beharren,  nichts  vereijiet  bleiben, 
Das  Lehen  selber  -svill  nicht  mit  sich  stimmen. 

Das  Stanbes  -  Leben  ist  7inr  ein  Verstauben; 

Doch  eines  blieb  mir  treu  und  sonder  AVanken, 
Und  sah  geruhig  ^Teli'  atif  AVcUe  treiben, 

Ein  AVunderlicht  im  Herzen  und  Gedanlicn, 
Ein  hohes  Sehnen ,  dem  hier  nichts  genüget, 
"  GesTindheits  -Ahnung  eines  Ewig  -  Kranken. 

Und  ob  der  Krankheit  dieser  Leib  erlieget. 

Des  Leibes  Ohnmacht  läfst  den  Geist    genesen  ; 
Es  siegt  der  Tod,    mein  Geist  hat  mit  gesieget!  — 

"Wolil  Vieles  ist  mir  \verth  und  lieb  gewesen. 
Im  raschen  AVechsel  der  Vergänglichkeit, 
Ach  war's  zur  Unverganglichkeit  erlesen!  — 

Seh'  ich  hinaus  in  jene  Ewigkeit, 

O  Licht  ujid  Laut,  euch  möcht' ich  wieder  finden. 
Doch  nur  dem  Schönen  als  Symbol  gOweiht  I  — 

Ach  diesen  ÄVuusch ,  ich  kann  ihn  nicht  ergrunden. 
Verklärtheit  will  ich  schaun,  nicht  Schatten-Bilde, 
Ich  will  mich  geistig -leiblich   -wieder  iindeu  !  — 


-=-.)  r 
Wer  kann  sie  ncniien  ,  diese  Sinnen  -  r\Iilde, 

Diefs  Leuchten,  Illingen  olinc  Siialil  und  Ton? 
2Mir  ^■v■ird    das  Sterben  süfs  in  diesem  Bilde  !  — 

Der  "Welt  cntriorben,  red'  ich  liimmli.-ch  schon!  — 
Geht  mir  der  riosa  Glanz  in  Dnfigcfühleii, 
Als  IVIondenlicht  den  schönsten  Flöten-Ton, 

Lebt    wohl!  ^md  leint  den  Tod  im  Lehen  fühlen!  - 

M  Is  I  o  c  H. 


235 


//  y  in  n  e  n. 


I. 

Apollo  ,  wirst  du  diese  Gliitli  noch  lindern  ? 
Ich  selber  sprang  hinunter  in  die  Tiefen, 
■\Vo  heil'ge  Musen  süfs  und  "wild  mich  riefen; 
Schon  fleh' ich  dich,  die  Freudeniluth  zu  mindern. 

Dein  Pfeil  biennt  stark,  und  willst  du  ihn  nicht  hin- 
dern. 
So  mufs  der  Stirn  die  letzte  ilraft  enttriefen; 

Die  Lieder,  so  im  Kanpt  mir  lange  schliefen, 

Versinken  auch  mit  andern  Chaoskindern. 

Gieh  Heill  die  treuste  Treue  soll  dir  lohnen, 
Kulm  hah'  ich  in  der  eignen  Brust  gerungen. 
Schon  s'.Tomt  mir  alle  Kraft  zum  Ziel  zusammen. 

Allmächt'ger !  wolle  jetzt  nur  freundlich  schonen. 
Und  hah'  ich,  \Tas  du  mir  enthüllt,  gesungen, 
Lals  mich  verzehren  schnell  \on  deinen  Flamme«. 


236 


II. 

Diana,  heirge,  wo  sind  deine  Erliste? 
Begeistrung  trinkt  der  'Löwe  sich  im  31ute, 
Titanen  schvA'ellt  der  *Wein  zum  Uebermnthe, 
Diana's  IVIilch  war  Sehern  wild  Gehiste. 

Umklirrt  blieb  still,  als  ob  es  nichts  nicht  wiifste. 
Das  Bäthselbild ,  Avie  auch  der  Taumel  fluthe, 
Bis  matt  vom  "Waffentanz  der  Priester  riihte. 
Der  grofsen  Göttin  tiefsten  Saum  noch  kiifste. 

Diana  ,  heil'ge ,  reich  zum  Tanz  die  "Waffen ! 
Als  ich  der  Brüste  Füll'  im  Marmor  schaute, 
Da  ward  von  deiner   Milch  das  Herz  mir  trunken; 

Und  ob  ich  gleich  im  Mark  vor  dir  ergraute. 
So  fühlt'  ich  Kraft  auch  ,  nimmer  zu  erschlaffen. 
Bleib'  in  Mysterien  ewig  mm  versunken. 


257 


III. 

Ich  soll  den  Schleyer,  Isis,  dir  zerreilsen. 
Es  ringt  das  kühne  Herz ,  dem  keiner  wehre, 
Zu  schanii,  vrie  sich  die  innre  Kraft  gehähre. 
"Was  frommen  Schleyer  da,  so  schön  sie  gleilsen  ? 

Sie  ^vollcn  feige  sich  dem  Licht  entreifscn, 
Dafs  trage  l\nhe  so  die  Schwache  mehre. 
Der  Blöden  Klugheit  jeden  Sinn  verhehre, 
Und  alle  dämmernd  sich  dem  Nichts  beileifsen. 

Den  Sclnrachen  mag  der  giofse  Blick  verderben, 
Dafs  er  sich  seihst  entflohen  da  versteine. 
Wo  jede  Kraft  dem  Starken  sich  erhöhte  ! 

Ich  fiihle  schon  den  Grnfs  der   ?^Iorgenrothe. 
Eh'  ich  nun  länger  ängstlich  sehnend  -weine, 
Lafs  gleich  das  Blut  den  grünen  Boden  färhen, 

TFu.   SCHLEGEIi. 


258 


Der     Zornige, 


Auf  zu  'ii  AYafTen  !  Auf  zu  'i\   ■Wallen  ! 
'W'^cr  sich  je  der  Ilänipfe  freute! 
Schirmt  mit  Erz  euch   um  den  Busen, 
Reifst    den   Stahl  von  eurer  Seite ! 

Ringt  empor  mit  allen  Kräften, 
So  \^ärd  euer  bald  die  Beute  > 
Hemmen  Felsen  eure  Schritte  ? 
Endlich  kommt  ihr  in  die  Weite. 

Hier  sind  Ströme  ühcrstürzcnd, 
Und  hier  hrennt  ein   grimmig  Feuer ; 
Lafst  das  Wilde  mit  dem  Wilden 
Kämpfen,  wird  sich  Euh  erzeugen. 

Nach  dem  Lichte  geht  mein  Klmpfen, 
Nach  der  Freyc  will  mein  Streiten: 
Wie  das  Dunkel  sich  herab  wirft, 
Will  mein  Herz  sich  mir  entzweven. 


^39 

Unten  hör'  ich  ^Vas?er  toben, 
Wie  die  Schlünde  nach  mir  geizen. 
Oben  will  der  Stiirm  mich  schelten,    ^ 
Und  der  Blitz  will  nach  mir  greifen. 

Soll  ich  Schlitz  in  Höhlen  Stichen? 
Nein,  das  Dnnliel  macht  mich  feiger. 
Anf!  mein  Trotz,  ?ey  uii 'gebändigt, 
Schau  die  Felsen  an ,  die   steilen. 

"^Yie  sich  ihre  Steine  ihiirmcn 
Und  sich  heinem  Willen  beugen. 
Also  aufrecht  streb'  mein  Herze, 
Dafs  du  Sturm,  Blitz,  Strom  nicht  scheuest. 

Fieifst  euch  nur ,  ihr  ^Tilden  Strudel, 
Steh  entgegen  ,  wild   Gesteine, 
Werft  euch  auf  mich  ,   Eichen  stamme, 
Fallt  hernieder  ,  Donnerkeile  ! 

Um  so  eh  bin  ich  gesunder 
Und  mein  Wille  springt  in's  Freye, 
^Vcnn  ihr  mich  bergunter  -^Tälzet, 
In  die  tiefen  Klüfte  schletic\ert. 


240 

Tiefer  liegt  der  "Wald  schon  unten 
Und  die  Finsteniifs  entflciiget, 
Anf  dj.c  Felsen  irot'  ich  herrschend. 
Mancher  Ast  entgegen  beuget. 

In  der  Höhle  Arm  gefangen, 
Bin  ich  dennoch  ohne  Scheue, 
Mein  Beraühn  war   nicht  vergeblich 
Und  ich  fühle  keine  Fieue. 

Tief  und  tiefer  will  ich  klimmen. 
Und  der  Oede  widerstreifen, 
Will  kein  Klang  mir  weiter  folgen, 
Muthigt  mich  doch  mein  Geschreye. 

Zu  den  Waffen!  Zu  den  W'affen! 
In  mir  tobt  ein  wilder  JLeue, 
Und  dem  Stahl  des  Schwerdtcs  zucken 
Funken  axis  dem  Stein ,  die  leuchten. 

Und  es  springen  mir  die  W^nde, 
Und  ich  sehe  scho)i  die  Bläiie. 
Meinem  Ringen  flieht  das  Dunkel, 
Oben  glänzt  die  Sternen  •  Reihe. 


Nieder  knie'  ich  nun  und  danlic, 
Goldne  Strahlen  ziehn  erfreuend 
Liehesnetze  nm  den  Kämpfer, 
Der  die  ^VafTen  \Teit  weg  streute. 

Endlich ,  Tiift  er  triumphireiid, 
Ist  mein  Herz  und  Lehen  euer. 
Alle  liliiftc  liegen  unten: 
Isun  Verzehr'  rnich  Lichesfeuer  ! 


Lied. 

In  meines  Herzens  Grunde, 
Dil  heller  Edelstein, 
Tunhclt  all'  Zeit  und  Stunde 
Nur  deines  ISTamens  Schein. 
Erfreuest  mich  im  Bilde 
Mit  Spiel  und  leichtem  Scherz, 
Rührend  so  süfs  als  milde 
Mir  an  das  wilde  Herz. 


TIECK. 


Sl 


242 

Uebcr  Berge  scli'  ich  ziehen 
Dein'  jus^endlich'  Gestalt, 
Doch  ,   ^vie  die  ^Volkeu  fliehen. 
Das  Eild  vorübcrwallt ; 
Es  führt  mich  fort  durch  "Wiesen 
Weit  ab  in  Thaies  Grmid, 
Doch  -wenn  ichs  will  geniefsen, 
Zerfliefset  es  zur  Stund. 

Ich  will  dich  nicht  nmfassen, 
ISTnr  fliehe  nicht  von  mir. 
Das  Bild  hann  ich  nicht  lassen, 
ISToch  läfst  es  anch  von  mir. 
Bey  dir  nnr  ist  gut  wohnen, 
Drnm  ziehe  mich  zu  dir. 
Endlich  innfs  sich  doch  lohnen 
Schmerz  ,   Sehnsncht  und  Begier. 

Bringt  jeder  Tagesschimmer 
Doch  neuer  HofFnnng  Schein, 
Und  schreibt  nns  beyd'   noch  immer 
Ins  Bxich  des  Lebens  ein. 


245 

Driim  lals  mich  vor  dir  grüiiea, 
Und  leben  froh  und  frey. 
Gerne  will  ich  dir  dienen, 
Dafs  .treu  dein  Herze  sey. 

BONAVE^TTÜRA. 


F   0    r    t   u   11    a    t. 

Romanze. 


Thanig  in  des  Mondscheins  Mantet 
Liegt  die  stille  Sommernacht, 

Und  ein  Ritter  reitet  singend 

■\Yicsenplan  und  VYald  entlang. 

Munter  zu,   mein  gutes  Prerdchen ! 

Sagt  er,    klatscht  ihm  sanft  den  Hals; 
"W'eifst  du  iiic]it,    daf~  \varLcnd  Lila 

An  dem  offnen  Fenster  ^vacht? 


^44 

Eivt  ja  kein  Turnier-  iind  Strcitrofs, 
AVic  sein  Ticitcr  steif  und  starr. 

Das  ,   den  Stachel  an  der  Stirne, 
Kur  so  blindlings  rennen  mag. 

Nein ,   du  trägst  auf  seinen  Zügen 

Den  behenden  Fortunat, 
Schmiegst  mit  ihm  dich  still  im  Dunkel 

Ueber  Stege ,    glatt  und  schmal. 

Eald  zu  dieser,  bald  zu  jener 

Ging  die  heimlich  nacht'ge  Bahn ; 

Abends  hin  mit  raschem  Sehnen, 
I'riih  zurüclt  mit  trägem  Gram. 

"Wann  ich  oft  von  deinem  riüchen 

IMich  zur  hohen  Kammer  sch^vang, 

Standst  du  still ,   bis  mich  empfangen 
Der  Geliebten  zarter  Arm. 

Ja  ich  ■v\'"cirs ,  wenn  eine  Spröde 
Herz  und  Thür  verschlösse  gar. 

Würdest  du  mit  leisem  Hufe 
Klopfen,  bis  sie  atifgethan. 


245 

\Yie  er  noch  die  M'orte  redet, 

Ocffiiet  sich  ein  heimlich  Thal, 

Bin  icli ,   sprach  er,    irr'  geritten? 
Ist  niirs  doch  so  unbekannt. 

■Wunderlich  durch 'St  rauch'  und  Baume 
Schleicht  des  IMondes  blasser  Strahl, 
Und  ein  Busch  mit  blühndcn  Rosen 

^Yinkt  von  driibcn  voll  und  schlank. 

Busch,  ich  grüfb  in  dir  mein  Bildnifs, 
Rosen  trägst  du  ohne  Zahl ; 

Und  rair  blüht  im  regen  Herzen 
So  der  Liebe  süfsc  AVahl. 

Manche  reif,    und  Knospen  andre, 

Alle  doch  verblühn  sie  bald, 
Und  der  Saft,  der  jene  fiiiltc, 

•Wird  den  j ungern  zugewandt» 

Denn  den  Kelch,    der  sich  entblättert,. 

Schlicfset  keines  Willens  Kraft. 
Lila  ,    Lila  !    diese  Knospen 

Drohn  dir  meinen  Unbestand, 


246 

Aber  dafs  du  nicht  ihn  ahndest, 

Komm'  ich  mit  dem  KriTUZ  im  IJaar, 

Biet'  ein  schön  errothend  Strüufscheu 
Deinem  \y eilten  Bnsen  dar. 

Rosen,   Rosen!    lafst  ench  pfliiclien. 
So  zu  sterben  ist  Iicin  Harm: 

O  ■sYie  -svill  ich  euch  zcrdr Liehen 

Zwischen  Ernst  und  Erust  so  \varm  ! 

.Und  er  lenlit  das  Eofs  entgegen, 

Doch  es  scheut  sich,   wie  es  naht. 

Und  er  liann  von  heiner  Seite 
picht  zur  Piosenlaub'  hinan. 

So  gewohnt  bcy  Nacht  zu  wandern, 
Thöricht  I\ofs  ,   r^'ie  jiOinint  dir  das  ? 

Fürchtest  du  die  Licht'  und  Schatten, 
"SVanhcnd  auf  dem  fcuclÄen  Gras  ? 

Doch  es  tritt  zurück  und  bäumt  sich, 
V»  ie   er  spornt  Tind  wie  er  mahxit ; 

•Dr.nif  mit  seinen  Vorderfür.^en 

Stampfet  ts  den  Grund  und  scharrt. 


247 
Wülilet  weg  den  lockern  Boden, 

^    Tief  iiud  lief  er  sich  hinab. 
Schätze,    glaub'  ich,   \yillbt  dn  graben; 
Eben  isis  ja  IMiltcrnacht. 

Unter  seinem  Hnf  niin  dröhnt  es. 
Das  sind  Bretter,    i-t  "ein  Sarg, 

Und  es  traf  ein  Schlag  ge%valtig, 

Dafs  der  sch-svarze  Decliel  sprang. 

Schvvingen  '\A'ill  er   sich  vom  Sattel, 
Doch  er  ftihlt  sicli  dran  gebaimt, 

Und  df-r  Gaul  steht  jetzo  ruhig 
Vor  dem  Sarg,    im  Eodcii  halb. 

Und  es  hebt  sich  wie  vom  Schliimnrer 

Eine  \vcii>liche  Gestalt, 
Deren  Züge  blasser  Kummer, 

Aber  sanfte  Lieb'  umw.illt. 

Kommst  du ,   hier  mich  zn  bestichen, 

Deine  Giaia,    Fortunat  ? 
Diese  Einden,    diese  Buchen 

Waren  Zeugen  iinsrer  That. 


2//3 

Wie  du  Treue  mir  scschworcur 

Wie  dein  Miind  so  flehend  l)at. 

Meine  Eos'  ich  dann  verlohreii, 
Und  die  Scliam  danieder  trat; 

Doch  die  Sünde  -svard  mir  theuer, 
Mahnte  luin  mich  fnlh  und  spat; 

Für  des  Angedenkens  Feuer 

Wufst'  ich  keinen  andern  Fiath, 

Alt  mich  hier  so  kiihl  zu  heltcn, 
"V\^ie  du  sielist,    dafs  ich  getiian. 

Ach!   ich  hofTi'  in  Liebeskctien 
Dich  noch  einmal  hier  zu  fahn. 

Von  des  stillen  Thaies  Schoofse 

^Vird  geschirmt  die  bani^e  Scham; 

Lieh'  erzog  hier  manche  Fiosc 
Für  die  eine ,   die  sie  nahm. 

Sieh  dicfs  Lager,   traut  und  enge. 
Wie  ich  sorgsam  anbefahl, 

DaXs  es  uns  zusammendränge 
Zu  dcv  süfsea  Wolhus  Qual. 


DxiTCii  des  Vorhangs  griincn  Schleyer 
Bricht  heia  Ull^villhonlmncr  Strahl, 

Und  ims  weckt  aus  ew'ger  Feycr 
Keiircr  Mond'  und  Sonnen  Zahl. 

In  den  hiihlen  Arm  zn  siiilien 
Bent  die  -heifse  Ernst  mir  dar. 

Deine  Seel'  im  Kll.-^c  trinl^eu 

Will  ich  nun  und  immerdar. 

X^eise  zieht  sie  ihn  hernieder  : 

Schuncr  Jungling,    so  erstarrt? 

Kanm  gehrochne  Angen  hebend. 
Sinkt  er  zu  ihr  in  den  Sarg. 

LiLi ,  Lila  !   wollt'  er  lispeln, 

Doch  es  ward  ein  sterbend  Ach, 

Weil  alsbald  des  Grabes  Schauer 
Seinen  Lebenshauch  verschlang. 

Mit  Geiö?e  taiinieln  wieder 

Fest  die  Bretter  auf  den  Sarg, 

Und  ein  Sturm  verwühlt  die  Erde, 
Die  der  Gaul  hat  aufgescharrt. 


250 

Heftig  bricht  er  alle  Rosen, 

Satisehid  blättern  sie  sich  ab. 

Streun  sich  zu  de»  Brantbetts  Weihe 
Purpurn  auf  das  griine  Gras. 

Weit  ift  schon  das  Rofs  entsprtmgcu, 
Flüchtig  durch  Gebirg'  und  Wald, 

Kojcmt  erst  mit  des  Tages  Anbruch 
Vor  der  Hütte  Lila's  an. 

Bleibt  da  stelin,   gczäTimt ,     gesattelt, 
Ledig ,    mit  gesenktem  Hals, 

Bis  die  arme  sclihimmcrloie 

Seine  üolscliaft  wohl  vcrttand. 

Und  dann  üoh  es  in  die    Wildnifs,, 
Wo  lieiu  Atii'  es  Avieder  sah, 

"Wolke  keinem  liiitcr  dienen 

Nach  dem  schlanken  Foruinat 

A.   W.    bCHLEGEt/. 


25l 


Der     Fr  i'i  hl  i  n  g. 


Der  Frühling  ist  ein  ATiiJuicrharcr  Traum 
Von  Liebe  ,  Gegenliebe  ,  hcii'gcm  Leben, 
Da?  jedem  Sclioofs  entquillt,  und  jeden    Baum 
Mit  heifser  Lieb'  erfnllt,  mit  inn'gem  Streben; 
"VV'o  das  Gebüsch  und  jeder  grütic  IJaum 
Sich  in  Umarmung  sehnet  hinzugeben, 
Und  alles  dräiigt ,  mit  gllihendcm  Verlangen 
Sicli  in  der  Liebe  goldncm  Netz  zn  fangen. 

Die  Erde  feyert  jetzt  die  süfse  Sttmde, 
■\Yo  sie  als  Braut  den  Himmel  zart  nmschlofs, 
Und  alles  jauchzte  zn  dem  schönen  Bunde, 
In  dem  der  Liebe  Flamme  sich  ergofs. 
IVTit  jedem  Jahr  erneuert  sich  die  Kunde  ^ 

Des  süfsen  Glücks ,   das  sie  als  Braut  genofs  ; 
Und  braiitlich  schralicl<.t  sie  dann  sich  stets  aufs  neue. 
Mit  jedem  Friilüing  kehrt  die  heil'ge  Weihe. 


S52 

Sie  ist  entschlummert  an  der  lieben  Brust 
Des  Jünglings  ,  dessen  Arme  sie  nmsclilierseix. 
Und  sie  empfindet  doppelt  ihre  Lust, 
AVeil  alle  Wesen  Freude  mit  geiiiefseio, 
Sie  ist  im  Trarim  sich  ihres  Glücks  hewufst, 
Denn  Liebesglüch  mufs  ihren  Schlaf  versiifsen: 
Im  Lunten  Tanze  um  ihr  Lager  ziehen 
Den  Zauberlireis  die  Himmels  ~  Melodieen. 

Es  ist  die  Erde,  die  in  zarten  Träumen 
Uns  ihre  süfsen  Liehlingskinder  zeigt. 
Die  ihrem  mütterlichen  Schoofs  entkeimen, 
AVenn  sich  die  höchste  'Wonne  zu  ihr  neigt; 
Und  Blüthen  mm  die  Zweige  weifs  umsäumen. 
Ein  heil'ger  Duft  aus  ihren  Kelchen  steigt, 
Sie  M'ollen  sich  zum  Ktifs  des  Himmels  dringen. 
Und  ihm  ein  Zeichen  ihrer  Liebe  bringen. 


Den  "Wald  durchströmt  ein  Hauch  mit  sanftem  "\Te- 

hen. 
Ein  jeder  Zweig  reicht  nns  die  grüne  Hand, 

Und  leise  "Worte  durch  die  Blatter  gehen. 

Und  alle  "Wesen  fühlen  sich  ver^vandt. 


.-< 


255 

Alis  jeder  Blume  schlüpfen  leichte  Feen, 
Und  jede  Knospe  ist  ein  Gci>tcrl):ind ; 
Die  Xachtigall  liebt  jetzt  die  zarte  Tio.-e, 
Sie  ruhen  Leyde  an  der  rilntlcr  Schoor^e. 

In  jeder  Pflinzc  regt  es  fich  und  drängt, 
E?  V,  ill  fich  Tins  ein  flammend  Lehen  zeigen; 
Ini  Innern  f.ihlet  .«ich  der  Geist  beengt, 
Er  strebt  das  liochste  Ziel  bald  zti  erreichen. 
Zum  Himmel  v.ürd  sein  Liebe.^liampf  gelerkt, 
Und  immer  nen  ans  Blüthen  Bliithcn  steigen: 
Sie  -.vollen  nicht  im  Schoofs  gefesselt  v/eilen, 
Mit  frischer  Ilraft  zum  süfscn  Lichte  eilen. 


^54 
Rommite  vom  Licht. 


ünsre  Erde  liebt  den  Actlier, 

Mochte  gern  der  Sonne  nakn. 
Starres  Eisen  \vard  lebendig. 

Als  das  Licht  hernieder  kam, 
Hcirges  Licht  der  heil'gen  Sonne, 

Und  lins  alles  Schöne  gab. 
Kühne  Steine  trieb  die  Tiefe, 

Hohe  Lüfte  schwebten  nah, 
Yen  dem  Acihcr  abgesendet. 

Um  die  greise  Bratit  zu  fahn. 
Scham  macht  roth  den  blanen  Schleyer, 

In  den  Adern  rinnt  IVTeiall, 
Edelsteine  blitzen  nnten, 

Und  in  "VVoUicn  blüht  der  Strahl, 
SiiTses  Blut  durchdringt  die  Glieder, 

Flammen  rieseln  imsichtbar, 
Sehnsucht  schwellt  die  üi)p'gen  Hügel, 

Grüne  Fülle  quillt  im  Thal, 


ß55 

Und  es  spielen  hunte  Thiere, 

■^Vo  den  Schoofs  der  Aetlicr  traf, 
rflanzca,  Thiere  und  Metall 

Atlimrn  nur  des  Lichtes  Kraft'; 
Andre  "Wesen  leuchten  anders. 

Mancher  Schein  von  einem  Strahl. 
Leichtes  Eisen  ,  fester  Acthcr, 

Steht  der  Mensch  volleudet  da, 
In  dem  Antlitz  glänzt  die  Erde 

Und  zur  Sonne  v/ill  die  That. 
"Wo  die  Farhen  ^^'iedcr  eins, 

"Wird  das  Licht  sich  selber  klar, 
Denltet  miithig  anf  die  RiicWichr, 

Wann  der  Heimath  es  gewahrt. 
Frohe  Zeichen  schant  das  Ange, 

'\Yo  das  kühne  Leben  wallt, 
■Wo  die  wilde  Erdenfüile 

Schön  vereint  i^t  zxi  Gesang: 
Da  erinnert  an  die  Sonne 

Uns  ihr  Abglanz ,  die  Gestalt. 
Freyer  regt  sich  dann  die  Liehe, 

Die  so  tief  verschlossen  lag  ; 


2j6 

>To  die  Scliünhcit  angCÄiirochcji, 

Hatte  Liebe  schon  gefragt. 
^Venu  das  Herz  ia  schüner  Liebe 

Kiilmlicli  scbwcbet  glcicli  dciU  Adr, 
Sirümet  iioch  die  Fantasie, 

AVie  die  Flamme  vom  Altar, 
Was  der  Geist  so  hell  gedichtet, 

J^ebet  ewig  fest  und  wahr; 
t'ud  zur  Sonne  kehrt  das  Licht, 

^Vo  das  heii'ge  xcin  und  hlar. 

rr^.   SCHLEGEL. 


257 


Der  Streit  für  das  Heilige. 


Zwra  Kampfe  denn  !   Noch  rlisten  sich  die  Frechen ; 
Die  YiQXie  Sonne  soll  nicht  auf^värts  kommen. 
Dem  Morgen ,    der  so  herrlich  ange^lommeu 
Will  ihre  Xacht  die  jnngcn  Fliigcl  brechen. 

Sie  drann  mit  ihren  -vTas^cfreiclicn  Bächen 

Dem  Fnnkcn  ans  Uraniens  Schoofs  genommen. 
Kommt  nur  anf  euren  WerlienhergesQhwommen, 
Die  Schmach  der  Gölter  weiden  Götter  rächen  ! 

In  eignen  Finten  früher  zu  versinken, 

Hebt  ihr  verwegne  Arme  nach  dem  Schönen, 
Ihr  stürzet  durch  der  Götter  fromme  Streiter; 

Koch  seilt  ihr  einzeln  ihre  Schwerter  blinken. 
Doch  bald  wird  voller  unser  Chor  criönen ; 
„Wer  will,  sey  mit  im  ü  n  s  !  *'  ruft  ein  Geweihter, 


^5Q 


Sa  n  f  t  111  u  t  lu 

Au5  den  "WoDteu  zieht  ein  Weben 
Labend  über  ■Wälder  hin. 
Und  es  fühlt  der  Mensch  sein  Lebeio, 
SijU  erwacht  sein  innrer  Sinn. 

Wie  der  Strom  sich  niedersenXet 
Und  die  Süfse  von  sich  giebt, 
AVird  die  matte  Ernst  getränket. 
Und  sie  fühlet,   dafs  sie  liebt. 

Dnrch  die  %veiten  Stcrnenräume 
Dringt  der  lieberolle  Sinn, 
Und  ^Tic  Engel  steigen  Tränme 
Auf  der  Leiter  her  und  hin. 

Ferne  glimmt  auf  goldnen  Bahnen 
.Koch  ein  heller  Fnnhe  schön, 
Und  ciib  sehnsllcht^volle5  Ahnen 
Will  ziiT  Lichtesbliitlie  gehn. 


259 
Berg  Ttnd  AValdimg,  Strom  luid  Fluren 
Tliaun  als  ^Tolke  lun  ihn  her, 
Axisgelüscht  &ind  alle  Spuren, 
Er  vergeht  im  wüsten  Meer. 

Und  kein  Halt  -will  ihm  erscheinen, 
Alles  flieht  und  zieht  so  -weit. 
Alle  Quellen  ftlhlt  er  ^vcincn, 
Einsam  steht  er  in  der  Zeit. 

Ach,   wo  bleiben  meine  Freuden, 
Die  Gespielen  meiner  Lust  ? 
Wollt  ihr  alle  mich  vermeiden  ? 
Klagt  er,   und  verschliefst  die  Brust. 

Alles  will  lun  mich  z'?rriiiuen, 
Mir  entfliehet  die  Gcbtalt, 
Steigt  in  meine  tiefsten  Sinnen 
Schon  die  Kölle  schwarz  und  kalt. 

Alles  ,   was  mir  freundlich  blühte, 
Ist  in  sich  z.iiäckgcflohn. 
Was  mein  Busen  kindlich  glühte  ; 
Ausgelöscht  ist  jeder  Ton. 


2.6o 

Wo  ich  ehemals  gelastend 
Ordnung  und  die  Liebe  sah. 
Steht  das  Chaos  jetzt  vcrwiistend 
Meiner  hangen  Seele  nah. 

Fern  nnd  ferner  zieht  das  Sehnen 
Der  cntflohnen  Liebe  nach, 
Kaxim  geblieben  sind  die  Thränen, 
Noch  des  Busens  tiefes  Ach !  — 

Und  er  wendt  sich  mit  den  Blicken 
In  die  schwarze  WoLkennacht, 
In  der  Finstre  wird  ein  Zacken 
Wie  ein  Blitzen  angefacht. 

Und  axis  den  Ge^vänderu  dunkel, 
Alis  den  Wolken ,   Bc:^  und  ^Vald, 
Schaut  mit  heimlichem  üefankel 
Zu  ihm  her  ein  Aiige  bald. 

Und  sein  Herze  \vird  ein  Blicken 
n  des  Auges  ew'gcs  Bild, 
Nichts  Itann  ihm  den  Wink  entrücken. 
Alle  Sehnsucht  ist  gestillt. 


2.6 1 

Kuu  ist  ihm  die  ^Vclt  entschwiUideii , 
Evv*i^  blickt  das  Auge  siifs, 
Dessen  L.ücliea  er  cmpfiiadeii, 
Und  6ciu  lii-ii:  ist  ihm  gcv.ifs. 

Dieser  frjigt  nach  keinen  Künsten, 
Die  ihm  'sVelt  xmd  Zeit  verheilst. 
Er  vcischmacui't  in  Liehcsbriinsten, 
Und  in  Gott  entfleiifst  der  Geist. 


TZECK. 


Der     Trau  m. 


Einst  ging-  der  Menschen  Triihsal  mir  zu  Herzen, 
Als  ich  mich  aufscrordcntlich  w^ohl  hcfand^ 
Ich  \var  vergnügt  tmd  aufgelegt  zum  Scherzen, 
Und  mit  Bciruhnifs  keine^^vegs  bekannt, 
Da  jammeri'  ich  ;    ,,Der  Mensch  hat  viele  Sclimerzen, 
„Und  jedes  Glucli  ist  doch  im  Grunde  Tand; 
,,ATir  gleichen  Elnmen :   hliihend  stehn  sie  heul, 
„Doch  morgen  hat  der  Sturm  den  Schmuck  verstreut. 


262 

„■Was  hilft  iiiisFrühling^luft ,  des  Himmels  Bläue 
„Das  weiche  Gras,   der  Baxinic  süfse  Frucht, 
,,Goh,    armer  Mensch !    gciiicfsc  froh,    zerstreue 
„Den  lliimmer,   der  hall-%vieder  dicli  hesiicht. 
,,Dcr  Tod  eilt  hin  zu  dir,    ach!    hcine  Reue, 
„Kein  Flchu  cr^Yeicht  ihn  ,    da  gilt  keine  Flucht. 
„Und  sollt'  icl)  Armer  Tiirancn  nicht  vcrgicfseia  ? 
„Nein,   Angen  ,    ihr  sollt  ungehindert  ilielsen. 

„Zwar  hal>'  ich  heute  {jiiten  Wein  getrunken, 

„Mein  Herz  schlägt  froh,   und  auch   mein  Muih  ift 

frisch, 
„Doch  sind  nur  hundert  J,ihre  noch  versunken, 

„Wiiikt  mir  nicht  mehr  ein  Weinhelanner  Tisch. 

„Zerstreut  sind  dann  des  Lehens  gliih'nde  Funken, 

,,Von  Staub  und  Asche  hin  ich  ein  Gemisch. 

„Es  geht  nicht  anders  ,  ich  mufs  Schmerz  empfindext, 

„Dafs  alles  Tinstiit  ist  xmd  wird  vcischv/indcn. 

So  \var  ich  in  den  dichten  Wald  gekorameu. 
Und  freute  mich,  den  Schatten  zu  trrciclicn. 
In  Sommerhitze  v/ar  das  Feld  entglommen, 
Die  Sonne  stand  iu  ihrem  höchsten  Zeichen. 


2^3 
Auch  die  Betriibnifs  liatt'  ich  mitgenommen, 
Sie  AvoUte  vor  der  Fruhlichhcit  rächt  weichen. 
Da  sehnten  sich  die  lieben  müden  Glieder 
Nach  Ruh,   ich  legte  mich  zum  Schlafen  nieder. 

Urplötzlich  staiid  ich  in  dem  Himmelreich, 
Das  könnt'  ich  an  den  vielen  Engeln  sehn. 
Tor  An^t  xind  Schrecken   ward  ich  todtenhleich, 
Und  si^rach:   „Ach  Gott!    es  i,-t  mu  mich  ge.^chchii, 
,,Hin^veg  du  schnöde  holde  Welt ,   enfsvcich ! 
„Wein!    Liehe!    Tanz!    ihr  miilst  nun  von  mir  gchn  ; 
„Ich  eile  in  das  Freudenreich  hinein: 
„Fahrt  wohU  fahrt  wohl,  es  mufs  geschieden  scyn. 

Als  ich  darauf  mich  um  und  tim  besah. 
So  trug  ich  goldne  Flügel  auf  dem  I\ücken, 
Ich  wufstc  nicht,  ^vie  mir  dabey  geschah, 
Dafs  ich  mich  sollt'  als  Englein  schon  erblicken. 
Ich  söhaut'  hinab  und  -war  der  Ohnmacht  nah, 
^s  stieg  die  Angst  und  wollt'  mein  Herz  zerdrücken. 
Tief  unter  mir  lag  meine  süfse  "V\''elt, 
Auf  blaue  Wolken  war  mein  Fufs  gestellt." 


264 

Die  weiten  Nebel  lagen  aiifgcLreitet 
Im  Hiiitergnuidc  blitzt  ein  goldnes  Schlofs, 
Dahin  %vard  allgemach  dtr  Fnfs  geleitet, 
Es  zog  sich  hin  der  Ejigol  ganzer  Trofs. 
In  einer  Vv'ollic  war  ein  Lncii  bercitcL, 
Es  war  euch  wohl  an  zwanzig  Ellen  grofs, 
Und  um  dasselbe  ^Yiniraclt  hin  nnd  her 
Der  holden  Engkin  zahllos  summend  Heer. 

Da   honnt'   ich  fiirder  nicht  die  Nengier  zähmen, 
Denn  dreister  %var  ich  jetzt  geworden  schon. 
Freund  Engel,  sprach  ich,  jiiiifst's  nicht  iibel  nehmen, 
Es  ist  niclit  lang,  dafs  icli  im  Himmel  Avohn', 
Drum  sollt  ihr  cucli  zn  sagen  fein    bequemen: 
"Was  giebt  es  hier '?  „Je  nun ,  Exehution ! 
„Sie  werden  bald  den  Delinquenten  bringen, 
„Mich   diiJikt,  ich   hur'  sein  Sterbelicd schon  singen. 

Verwundert  rief  icli  ans  :  Was  mufs  ich  hören, 
Geht  man  mit  Engelu  wie  mit  Mensciien  um '^ 
Freimd,  sprach  der  Engel:  lasse  dich  belehren 
Und  rede  nicht  so  freventlich  nnd  dumm. 


2^5 

Denn  wifs*",  der  Delinquent  liefs  sich  bethoren 
Vom  Reiz  des  ^Teincs  ;  ^Tohl ,  er  leide  drxira. 
Der  stolze  Biibe  hat  es  längst  verschuldet, 
Dafs  man  nicht  mehr  ihn  unter  Engeln  duldet. 

Vor  wenig  Tagen  ^var  hier  grofsc  Fete. 
Man  feycrte  den  sechsten  Schopfiingstag, 
Dem  Herren  -svars  gefallig ,  dafs  er  bäte 
Erzengel,   Heil'ge ,  dem  Gebrauche  nach. 
Auch  die  Familie .  Fast  der  Hahn  schon  krähte. 
Und  ^Virth  und  Gäste  -waren  froh  und  ^rach ; 
Ein  klein  Concert  sollt'  ihr  Ergötzen  schliefsen» 
Kapeir  lind  Sänger  sich  in  Lob  ergiefsen. 

Und  als  man  das  Te  Deum  ^Yollte  singen, 

Da  hatte  dieser  BusvvJcht  sich  betrunken. 

Die  Engel  liefsen  frisch  die  Harfen  klingen. 

Er  schlief  in  eine  Ecke  hingesunken. 

Man   w^eckt   ihn  endlich,  will  ihn   zu  sich  brino-en. 

Er  schimpft  und  sclnvört  :  er  sey  durchaus  nicht  trun- 
ken, 
Dochkönn'  und  wcrd'  er  nicht  sein  Solo  singen. 

Es  sey  zu  schwer,  und  werde  nicht  gelingen. 


266 

"Doch  bald  ihn  Engel  aus  dem  Saale  schaffte«, 
Ein  scharf  Geiichl  v.ird  über  ihn  bestellt, 
Die  "SVdche  mnfs  den  Armen  gleich  verhaften : 
Im  Himmel  gchts,  wie  unten  auf  der  Welt. 
Er  ^yird  verhuri  ,  nud  Advocaien  hlafften 
Fiir  ihn  und  gegen  ihn,  das  Urthcil  fallt: 
W^eil  Delinquent  sich  übernahm  in  W^ein, 
Soll  er  ein  Mensch  auf  drcyfsig  Jahre  seyn. 

Kaum  hat  der  Engel  dieses  Wort  gesprochen. 
So  zog  von  "weitem  ein  Getümmel  her. 
Durch  der  Zuschauer  Reihen  ward  gebrochen 
Und  fiirchtbar  schimmerte  der  Ihigel  AVehr. 
Dicht  an  das  Loch  war  ich  behend  gelirochen. 
Doch  scheuchte  mich  von  dort  der  Wachen  Speer, 
Und  naher  zog  die  hriegerische  Schaax 
In  deren  Mitte  der  Verbrecher  war. 

Strachs  ward  ein  lireis  ums  Loch   heruragcfiiKret, 
Ich  seh'  erstaunt  die  Engel compagnie, 
Sie  waren  alle  purpurroth  motuirei. 
Von  Golde  starr,   so  praclitig  sah  ichs  nie. 


267 

Mit  RciherLüscheii  war  der  Huth  gezieret. 
Der  Knopf  ein  Edeleteiii.    Mit  grofser  IVIüh 
Drängt'  ich  mich  dxirch  bis  hinter  ihre  Fronte, 
Dafs  ich  hcciiicm  da  sehn  und  hüreii  konnte. 

JErstaunend  sah  ich  der  Soldaten  Rücken 
Vom  goidnen  Flagelpaar  diirchans  entblöf.*t. 
Zum  Nachbar  sprach  ich  :   AVas  raiifs  ich  erblicken, 
Sind  mit  Bedacht  sie  ihnen  abgelöst  ? 
Er  sprach  r  Es  müssen  sich  Soldaten  schicken, 
Mit  Vorsatz  hat  man  sie  davon  erlöst. 
Denn  erstlich  hindern  Flügel  am  marscliiren, 
Und  z^-eytens  >YÜrdcn  alle  dcsertiren. 

Er  hxitte  diese  Rede  kaum  geendet, 
So  führte  man  den  Delinquenten  vor. 
Sein  Antlitz  war  nach  meiner  Seit'  gewendet. 
Er  blickte  furchtsam  auf  den  Axiditor, 
Den  hatte  man  bedächtig  mitgesendet, 
Dafs  er  das  harte  Urtheil  läse  vor. 
Er  zieht  den  Hut ,    die  Engel  präsentiren, 
Dann  hört'  ich  folgendes  laut  recitiren  ^ 


I 

VTcil  Delinquent  sich  ji'ingst  dem  Tnink  ergeben, 
Dafs  er  dem  Herrn  gestört  ein  frölili'cli  Malil, 
"Wird  er  verdammt,  auf  dreyfsig  Jahr  zu  leben 
Als  Mensch  in  jenem  dumpfen  Jammertha], 
Die  Strafe  schärf  ein  eingescnlues  Streben 
Zum  Himmlischen ,  und  Ahndung  von  dem  Fall, 
Er  suche  Ruhe,  mufs  sie  nirgend  finden, 
In  edler  "Wuth  soll  sich  dein  Herz  entziinden. 

Und  irrend  sollst  du  durch  die  Erde  streifen. 
Den  Himmel  auf  der  Erde  -vviithend   suchen. 
Statt  ew'gen  Gutes  ,  irdisches   ergreifen, 
Der  Menschen  Schichsal  uniuhvoll  verfluchen; 
Dann  trachte  neue  Guter  dir  zu  häufen, 
Das  schaale  Spiel  noch  einmal  zu  verstichen. 
Je  mehr  du  dich  mit  Erden t and  gefüllt, 
Je  wen'ger  sey  die  Sehnsucht  dir  gestillt. 

Das  angeerbte  Reich  sollst  du  erweitern 
Bis  an  der  engen  Erde  ^veitste  Küste ; 
Sollst  wiinschen:  Fiihrten  doch  zum  Monde  Leitern, 
Dafs  dort  mein  Arm  die  Fluren  auch  verwüste ; 


269 

Dana  seliac  dich,  das  LeLeii  zu  zcTSchcileni, 
Als  wenn  dein  Sinn  d.i?  frohe  Jen,-cits  AYiifste. 
Vergebens!  Tfeile,  "^Vasser,  rauschen  hin. 
Als  Tapfrer  lehe ,  dem  der  Tod  Gewinn. 

Und  ^veil  du  hier  im  ^Vein  dich  übernommen. 
So  sey  der  'Wein  auf  Eivlen  deine  Qual: 
J)es  Zornes  Feuer  fiihle  stets  entglommen. 
Führst  du  7um  I\Iund  den  schäumenden  Pokal. 
So  soll  der  Dämon  ein.it  dich  überkommen, 
Dafs  du  den  Freund  erschlägst  beym  frohen  r»lahl. 
Im  dumpfen  Wahnsinn  starr'  des  Königs  Blick, 
Gemeinheit  hält  auf  Erden  ihn  zurück. 

Mit  Cymbcln  ,  Pauken  ,    wilden    Klapperblechen, 
Von  gaiikelhaften  Satyrn  rings  umgeben, 
Such  des  Gewässens  ^Vurm  dann  zu  bestechen; 
Ein  e\v'ger  Taujnel  gey  hinfort  dein  Leben, 
So  suche  deine  That  an  dir  zu  rächen. 
Verdopple  kühn  dein  ungezälimtcs  Streben, 
Doch  nirgend,  nirgend  finde  süf.-^e  Kuh, 
Und  eil'  dem  Grabe  sehnsuchisvoller  zu. 


270 

Zum  liimmel  Lliclie  trotziger  empor. 
Die  Seele  falle  laclicrliclier  Spott, 
Mit  deinem  Ilccr  in  ^Tustcn  dringe  vor. 
Und  liröne  selber  dich  zn  einem  Gott, 
Um  dich  versammle  sich  ein   Schmeichler  -  Chor, 
Demüihig  Imicend  vor  dem  neuen  Gott. 
Verachtend  sprich:  "Was  dieser  "Wund'  entquillt, 
Ists  Ichor,  -v\ic  er  Götteradcrn  füllt?     '- 

Doch  endlich  ist  der  Strafe  Zeit  ge?ch>'\mnden. 
Und  von  der  Erde  darfst  du  wieder  scheiden. 
Von  deinem  Körper  wird  der  Geist  entbunden. 
Zu  Babylon  soll  endigen  dein  Leiden  j 
Hier  oben  schiicfsen  sich  der:  Sehnsucht  Wunden, 
Und  wandeln  sich  in  sanfte  Himmelsfreuden, 
Schau  nieder :  hier  liegt  Macedonia 
Ein  krcifscnd  AVcib ,  es  heilst  Olympia. 

Doch  dafs  du  nie  im  Stolze  magst  entbrennen, 
Dafs  ein  Gedüthtnifs  bleibe  dieser  Stunde: 
So  soll  der  Pubcl  e^vig  dich  verkennen. 
Durch  Schmähen  reizen  die  vernarbte  Wunde. 


Dip  Bessern  werden  dicli  den  Grof?eii  nennen,' 
Von  deinem  riieson:Tei,re  gcLKu  Kandc. 
Doch   soll  mans  Fef-lern ,  NachtigaU'n  nicht -wehren. 
Dich  Edlen  psychologisch  an  erhlären. 

Als  der  Auditor  dieses  hat  verlesen, 
Da  naht  ein  Scherge  A.qiu  Verhrccher  sich. 
Er  gab  sich  hin  mit  sanft  ergebnem  "Wesen, 
Obgleich  das  Roth  von  seiner  AVang'  entwich. 
Ich  \vill,  sprach  jener,  diese  Ketten  lösen. 
Allein  das  legt  in  eng're  Banden  dich. 
Er  fafst.  lind  warf  ihn  durch  die  OefTnnng  nieder. 
In  kaltem  Schrecken  bebten  Aller  Glieder. 

Behend  steckt'  ich  den  Kopf  hin  durch  die  Reihca, 
Der  Ell  gel  sank  mit  flehenden  Gebehrden  ; 
Doch  plötzlich  fafsie  mich  ein  heftig  Scheuen, 
Ich  sah  mich  schlafend  liegen  an  der  Erden. 
Da  hilft  nicht  mehr  dcx  "Wächter  trotzig  Dränen: 
O  Himmel!  rief  ich ,  was  soll  das  Avohl  ^A'erden? 
Gott  sey  mir  gnädig!   weh  mir  armem  Tropf! 
Der  El' gel  fallt  mir  wahrlich  anf  den  Kopf. 


27- 

Davoii  erwacht'  ich  auf  den  grünen  ATien, 
Und  alles  A'var  verschwunden  ganz  nnd  gar. 
Darol)  tliär  ich  verAVXiiulert  um  mich  schauen," 
Vom  lullen  Traiun  rieh  ich  die  Augen  lilar; 
Znni  liinimcl  hlickl'  ich  ant,  dem  reinen,  hlauen, 
Doch  k 'ine  OefTutuig  mehr  zu   sehen  war. 
Nachdenkend  sprach  ich:  Ist  er  grofs  gewesen? 
Ich  will  riiuarchum  und  Arrianiixn  Icccu. 

B. 


273 


L  0  o  s     der    E  i-  ä  e. 


Ist    denn    Krieg    vOii    Liebe  so   unzertrennlich  auf 

Erden  ? 
Giebt's  liein  ruhiges  Glück ,  nimmer  auch  glück« 
liehe  Ruh? 
Nein  !     Denn   siehe   die.  Erde ,   die  gleichen   Mnthes 

am  Himmel 
Zwischen  Venns  und   Mars    -wandelt  die  stiirmi- 
sche  Eahn. 
Schaffend   der   Erde   gleich,    du  Erdegchohrner,   he» 

■vvege 
Unverdrossen   dich  denn  zwischen  der  Lieb'  und 
dem  Krieg. 

L  L. 


274 


Ein    schön  kurzweilig  FastnacJitsspiel 

vom    alten    und    neuen  Jahrhundert, 


Tragirt    am    ersten    J cuuiarü   im   JiJir   nach    der 
Gehurt  des  Heilandes  1301. 


JDer  Herold  tritt  ein ,  verneigt  sich  und  spricht  .• 

In  dieses  neuen  Jahres  Namen 
Seyd  schön  willkommen ,  ihr  Herrn  nnd  Damen! 
Wir  verzehren  hier,   so  viel  ist  klar. 
Das  erste  Abendessen  im  Jahr; 
Und  weils  das  erste  Abendmahl  nun, 
So  mücht'  ich  gern  ivas  besonders  thnn. 
Kami  zwar  nxir  machen  einen  kleinen  Spafs : 
Je  nun'  s  ist  imiuer  doch  auch  etwa?. 
Es  hat  verlautet  vom  neuen  Jahrhi,indcrt ; 
Da,    denle'  ich  mir,    seyd  ihr  alle  verwiiiiuert, 
I>afs  es  so  ^vcnig  fällt  in  die  Sinne: 
Mir  nichts,    dir  nichts,   so  ist  man  drinnc. 


»75 

Man  dehnt  sich ,   man  gähnt ,  und  sich  heschant. 

Und  Siecht  noch  in  dei  bekannten  Hant. 

Ja,   wenn  nnter  Panhcn  und  Tromir'eten, 

"Wie  weiland  die  Mauern  hev  Jeiicho  thateil. 

Mit  Krachen  stürzlc  die  Scheidewand  ein. 

Und  durcli  die  Bresche  dann  sprang'  man  hinein: 

Da  wollt'  ich  anch  nicht  der  faulste  seyn. 

Doch  still  geht  den  ewigen  Gang  die  Natur, 

Ist  keine  Glocken- noch  Tcndeluhr, 

Die  durch  das  Gewicht  der  Planctenzüge 

Aiif  tausend  achtlumdert  und  eins  anschlüge. 

Ja  Leute  giebts  ,    die  mit  Paradoxen 

So  gröblich  um  sich  schlagen  wie  Ochsen, 

Die  sagen  :    Zeitalter  reisen  ^vie  Könige 

Incoguito  ,  CS  %Tissens  nur  wenige ; 

Das  neue  Jahrh'indert  sey  langst  begonnen, 

tvur  komm'  es  noch  nicht  ans  Licht  der  Sonnen, 

Weil  es ,    aus  heimlicher  Liebe  ein  Kind, 

Sich  schäme,   w^o  ehliche  Dummkopfe  sind; 

Auch  was  man  so  die  Zeiten  heifst, 

Das  schaffe  sich  selber  des  Menschen  Geist: 

Drum  wer  ans  Jahrhundert  nur  festigiich  glaubte. 


S76 

Dem  wachs'  und  blüh'  es  im  eignen  Haupte ; 
AVenn's  aber  von  innen  jiiclit  liämc  her, 
Von  anfsen  liriegt'  er  c?  nimmermehr. 
Ich  -will  nicht  entscheiden  so  grofse  Sachen, 
Allein  nm  eine  linrzwcil  zu  machen. 
So  führ'  ich  euch  vor  die  beydcn  Strunzein ; 
Die  Alte  gricfsgramig  und  voll  I\unzcln, 
Man  sieht  sie  niemals  lustig  schmunzeln; 
Die  Junge  zart,   doch  munter  und  kraftig, 
Die  Alte  mit  "SYeisethun  sehr  geschäftig. 
Doch  was  erzähl'  ich  eiicli  all'  den  Plunder? 
Da  sind  sie,   seht  selbst  und  hört  jelzunder! 

Das  neue  Jahrhundert  schläft  in  der  Wiege. 
Das  alte  Jahrhundert  sitzt  daneben, 
wiegt    lind   singt ; 

Alte. 
Schlaf,  Kindlein!  draufscn  so  dunkel  ist. 
Ach,    gar  ein  schrecklich  Gemunkel  ist. 
Wenn  du  dich  mtikscst  mehr  v>'ie  ein  Stein, 
"Willst  wie  unartige  Kinder  schreyn, 


277 
So  schlingt  dich,  der  alte  Saturn  hinein. 
Schlaf,  Jdhrhimdertchen ,   liltin,  Jkicin,  klein.' 

J  \i  11  g  e    wacht  auf  und  ichreyt : 
Äh! 

Alte. 
Mein  Herzchen,   willst  dn  Kinderpappe? 

J  II  n  g  c. 
Nein ,   Feste  will  ich ,    du  alte  Kappe. 
Ists  recht ,    dafs  ich  ohne  Gesang  und  Schall, 
Ohne  Pauhenschlag  und  Kanonenkjiall, 
Ohne  ]Mashcn,   Aufzug  und  Ehrenbogen 
Wie  ein  Dich  in  der  Nacht  komm'  eingezogen? 

Alte. 
Ey,    mein  Kind,  Feste  sind  unverständig, 
Auch  sind  die  Zeiten  gar  zu  elendig. 
Man  raufs  das  Geld  nicht  so  verschwenden. 
Und  es  lieher  an  die  Armuih  wenden. 

Junge. 
Ja  wohl  an  die  Armuth !    da  hast  du  Recht ! 
Denn  arm  und  erhärmlich  ist  dein  Geschlecht. 
Hat  denn  das  Volk  so  gar  keinen  Sinn 
Für  des  Jubels  und  festlicher  Freude  Ge\Yiun  ? 

24 


278 

Will  immer  an  schwerfälligem  Ernste  siechen. 
Nie  licclilicli  leben  wie  Römer  und  Griechen  ? 
Bey  denen  gabs  Kampfsiiiel  und  Bacchanalien, 
Herrliche  Triumph'  und  Saturnalien, 
Zu  .illem  Grofsen  gefeilte  bich  Scherz, 
Da  hatte  der  Witz  noch  ein  ander  Herz, 
Und  nie  ward  schöner  gehuldigt  den  Göttern, 
Als  wenn  sie  wurden  an  ihnen  zu  Spöttern. 
^Vie  damals  den  Fcldherrn  die  Soldateske 
Beym  Triumphe  nechte  mit  mancher  Burleske, 
So,  wollt'  ich,  hiUte  man  uns  genarrt. 
Ein  spöttliches  Grablicd  dir  gcpliirrt, 
Auch  meine  Geburt  gefeyert  desgleichen, 
Ge  weif  sagt  von  kiinftigezi  Narrenstreichen. 

Alte. 
Ey  ey,  das  könnte  ja  Anstofs  geben! 
Die  Nachbarn  gla;ibtcn  die  Scandala  eben. 
Lieber ,  um  meinen  Piuhm  zu  fristen, 
Ding'  ich  mir  einen  Akadcmisten, 
Der  meine  Verdienste  würdig  schätzt, 
und  in  umständlichen  Paragraiiheu  aus  einailder  setzt. 


^79 

Junge. 
So  wähle  nur  zn  befsrer  Verbreitung 
Den  Schreiber  der  Nationalzeiluiig. 
Der  hats  ja  mit  der  Piiblicitat, 
Das  heifst,  gar  trefflich  die  Kunst  versteht. 
Viel  Anflieben  zii  machen  nm  Nichts. 

Alte. 
Bist  dn  solch  eine  Feindin  des  Lichts  ? 
Hab'  ich  nicht  den  Aberglauben  zerstört  ? 
Die  Vorurthcile  ausgekehrt  ? 
Toleranz  nnd  Anfklärimg  erdachf, 
Und  die  Humanität  aufgebracht  ? 

J  n  n  g  e. 
O  geh  mit. diesen  hohlen  Worten  ! 
Ich  mufs  sie  hören  aller  Orten. 
Mit  %volüfeiler  ^Vaarhcit  und  Tilgen dflittern 
Zu  jjrahlen ,  das  ziemt  nur  dürftigen  Rittern. 
Die  Alten  habens  nicht  genannt. 
Jedoch  die  Sach'  weit  besser  gekannt. 

Alte. 
Nichts  hab'  ich  gelassen  unverfeinert. 
Alles  zierlich  rcrengt  und  rcrkleinert. 


«i  * 


280 
Die  Apostel  trugen  'neu  -warmen  Mantel: 
Das  macht,  sie  führten  gemeinen  "Wandel; 
Dräns  hab'  ich  denn,  nach  neustem  Geschmaclt, 
Geschneidert  einen  luftigen  Fracli. 
So  herrscht  nunmehr  zn  meinem  Ruhm 
Ein  neu  gesäubert  Christenthum, 
Nach  welchem  Christus  ein  guter  Mann, 
Sonst  aber  nichts  begehren  kann. 
Die  Offenbarung  meizie  Excgeteii 
Zu  nüchterner  Vernunft  umdrehten. 

Jung  e. 
Da  hast  du  wohl  w-as  rechtes  geschafff, 
"Wo  bleibt  dabey  die  himmlische  Kraft 
Der  Selier  Gottes  ,  der  heirgcn  Vater, 
Der  Märtyrer  und  Wunderthäter  ? 
Ihr  wollt  bcy  euren  ird'schen   Sinnen 
Die  Seliglteit  nebcnbey  gev\nnncn, 
Glaubt  keines  gcist'gen  Heils  Ankunft, 
Und  eure  ünmacht  nennt  ihr  Vernunft. 

-Alte. 
Kein'  innre  Erleuchiung  gab  es  nie. 
Das  erklart  man  aus  dct  Pi;3'chologie. 


28 1 

ATic  soUl'  ein  Geist  sich  zxi  uns  riiliren, 

Da  \Yir  dcrgleiclien  in  nns  nicht  spüren  ? 

Ecy  uns  geht  alles  begrciiiich  zn. 

Denn  ,  dafs  die  Natnr  Wunder  thu, 

Können  Avir  nimmer  mehr  zugeben. 

Von  drinn  AYohnendera  Geist,  Kraft  tmd  Leben, 

Das  sind  lauter  Jakob  •  Buhmsche  Mysterien  ; 

"W^ir  Schaffens  blofs  mit  todten  Materien. 

Die  -vverdea  gemischt  nach  M  idfs  und  Zahl, 

So  entstchn  die  Crcaturcn  zumal, 

Und  können  sich  dann  das  Leben  fristen. 

Da  lies  nur  meine  Enc5'klopädisten. 

Uns  alle,  -wie  wir  gehn  iind  siehn, 

"Was  in  und  durch  uns  mag  geschehn. 

Unterwerfen  sie  dem  Calcul. 

Junge. 
Da  giebt  das  Resultat  denn  Null. 
Freylich  liefsen  sich  solche  Phantomen 
Zusammenbacken  aus  Atomen» 
Die  innerlich  dienen  dem  Nichts  allein. 
Und  scheuen  sich,  wirklich  da  zu  seyn. 


282 

Da  so  luigottlich  ihre  Thateii, 
A'S'^ie  sollten  fie  die  Natur  crraihen. 
Die  nur  der  Gottheit  Schein  und  Bild, 
Unendlich  grofs  uiul  weis'  nnd  mild?. 

Alte. 

So  beruht  auch  meine  Staatsvcr\^'^altung 

Blofs  aiif  der  Rechnungsbücher  Haltung. 

Ich  hab'  erfunden  die  Statistik 

Samt  allen  Künsten  der  Cameralistik. 

Die  ]\Ieuschen  sind  Ziffern  zu  dieser  Fristi 

Der  Staatsmann  ist  der  Algebraist  : 

Er  schöpft  die  'Weisheit  an  den  Quellen, 

Geburts  -  und  Mortalitäts  •  Tabellen. 

Da  ist  nichts  so  grcfs  oder  so  klein, 

Es  kommt  mit  in  die  Rechnung  hinein. 

Mit  Patriotismus  bewiithschaften  wir  die  Wälder, 

Mit  Moralität  düngen  wir  die  Felder; 

Auf  die  Gedanken  legen  wir  Taxen, 

So  müssen  imsrc  Einkünfte  Avachscn ; 

Und  küfst  wer  sein  Liebchen  ,   heut  oder  morgen 

Mnfs  er  uns  für  die  Bevölkrung  sorgen. 


283 

Jung  e. 
So  ^Tird  der  IVIammon  allen  znm  Götzen, 
Sie  heuncn  nur  ein  selbstisch  Ergötzen. 
"Wo  sind  die  Zeiten  der  alten  Heiden, 
Von  denen  die  Geschichten  melden, 
Da  das  Vaterland  ,   seiner  Kinder  ^Vonlle, 
Und  ewig  quellender  Freiiden  Bronne, 
Sich  aller  Triebe  hatte  bemeistert, 
Zu  Noth  und  Tod  die  Brüder  begeistert  ? 
Bey  euch  macht  Helden  der  btmte  Rock, 
Ein  Bifschen  Löhnung  und  sehr  viel  Stock. 

Alte. 
Was  nützt  die  wilde  Vaterlandsliebe  ? 
Nein,    ^vir  beherrschen  iinsre  Triebe. 
Bey  uns  zielt  alles  auf  den  Nutzen  ; 
AVill  eins  niclit,    weifs  mans  zuiecht  zu  stuzen. 
Da  sind  zum  Beyspicl  die  Hirngespinnste, 
Die  sogenannten  schönen  Kiinste  : 
Die  dürften  nun  linden  gar  nicht  statt, 
Denn  vom  Schönen  -vs  ird  niemand  satt, 
Gebraiichi'  ich  nicht  zu  Handlangern  sie 
Bey  meinen  Fabrilien  und  Industrie. 


^84 

Man  liebt  jetzt  mir  vorniuift'gcii  Discitr«, 
Dnim  kam  die  Poesie  aiiLer  Cht», 
Ich   weifs  die  Phautcij-ie  zu  kiirauzen, 
MTifs  nach  der  prosaischen  Pfeife  tanzen. 
Den  Sittlichlicits  -  Piiiig  in  die  Nase  gelegt, 
Die  Fiifs'  im  Tact  der  Decenz  hew^egt. 
Das  \Yird  d.^r  f«  ine  Geschmack  genannt. 
Den  die  rohen  Alten  nicht  gekannt. 

J  n  n  g  e. 
O  du  Erzfeindin'  alles  Greisen  ! 
Vom  Schönen  tind  Edlen  atisgestofsen ! 
Zu  lang  hah'  ich  dich  angehört, 
Und  würde  zuletzt  noch  gar  bethört. 
Du  lästerst  die  Natur  und  Gott, 
Und  Fiecht  und  Frcyhcit  sind  dir  Spott, 
Zögst  gern  hinab  in  deine  Vernichtung 
Die  schöpferische  Kraft  der  Dichtimg, 
Kraft  deren  Nvir  alle  leben  und  weben 
Und  nach  unendlichem  Daseyn  streben. 
Statt  dessen  rühmst  du  deinen  Bettel: 
Ich  ^Yill  dich  erdrosseln,   du  garst'gc  Vettel! 

{springt  aus  der  Ifiege-) 


285 

Alte    heyseit. 
O  Himmel,   ^\ie  %Tird  sie  grofs  iiiid  stark! 
Mir  geht  ein  Granu  durchs  innerste  Marl«. 
^VilI  sehn,  ob  Trng  mir  mochte  glücken. 
Vielleicht  dt-n  Hitzkopf  zu  berücken i 
Sie  ist,    so  grob  xmd  wild  sie  thiit. 
Doch  voll  von  albernem  Edclmnth.  — 
Ach  liebes  Kind,   dti  brichst  mirs  Herz; 
Hüll  iihü  !   welch  ein  bittrer  Schmerz  ! 
Es  ist  mir  gar  nicht  um  mein  Leben, 
Das  woir."  ich  dir  gern  ans  Liebe  geben ; 
Aber  dafs  icli ,   in  meinen  alten  Jahren, 
Eine  solche  Schmach  noch  mnfs  erfahren, 
DaXs  du,    meines  Leibes  wahre  Frucht, 
Meine  einzige  Tochter,   so  verrttcht 
Deiner  Mutur  den  Hals  willst  umdrehen: 
Ist  was  entsetzlichers  je  geschehen  ? 

Jung  e. 
Halte  mich  nicht  auf  mit  solchen  Possen, 
Ich  war'  aus  deinem  Blut  entsprossen. 
Ein  jeder  Tropf  in  meinen  Adern 
Mufs  mit  dir  wixl  die  Lüge  hadern. 


286 

Sieh  meine  Gestalt,   mein  Angesicht, 
Sie  tragen  deine  Züge  nicht, 
Aiich   rath  mir  keijic  innre  Stimme, 
Die  Mnttcr  zu  verschonen  im  Grimme. 
Bereite  denn  dich  gleich  zn  sterben, 
Ich  will  dich  veriilgcn  und  verderben. 

Alte  heyseit. 
Nun  will  ich  noch  das  letzte  versnchen.  — 
Tocliter,    ich  pflege  sonst  nicht  zu  fluchen; 
Ich  bin  deine  Mntter,   heg  hcinen  Zweifel; 
Wo  nicht,   so  soll  mich  hohlen  der  Teufel. 

J  n  n  g  c. 
"Weil  du  die  Hülle  rufst  ztim  Zctigen, 
Mnfs  ich  mich  ihrem  Ausspruch  beugen, 
Mufs  mit  dem  Todesstreich  noch  zaudern: 
Wiewohl  mich  fafst  ein  heimlich  Schaudern, 
Ob  durch  solch  unauilösliche  Kette 
Das  Schicksal  dir  verlmüpft  mich  hätte. 

Alte  heyseh. 
So  läfst  die  Thörin  sich  beschwatzeil, 
Sie  glaubt  noch  an  die  alten  Fratzen. 


287 
Es  giebt  keinen  Tenfcl ,   das  weifs-  ich  lange, 
Dnini  ist  mir  vor  seinem  Hohlen  nicht  bange. 
Ntm  hoff'  ich  noch  so  fort  zu  reijieren 
Und  sie  am  Gängelband  zu  fuhren. 

Satan   tTittein,    schiiciiibt  ujicl  sj^ricJit , 
Hier  bin  ich,   ^vcil  du  mich  verlangst. 

Alte. 
O  welcher  Jammer  ,   w'-elchc  Angst ! 
Verlangt  hätt'  ich  nach  solchem  Schenel  ? 
Ich  kenn'  dich  nicht,  geh  fort,  du  Greuel! 

Satan. 
Ha  ha  ha !   bin  ich  nicht  bekannt  ? 
Und  doch,   "svenn  deine  Liist'  entbrannt, 
Hab'  ich  in  mancherley  Gestalten 
Als  Buhler  mit  dir  zugehalten. 
Jetzt  zeig'  ich  dir  mich  ,    wiG  ich  bin. 
Und  fahren  mufst  du  mit  mir  dahin. 
Du  hast  "Wechselbälg'  ans  Licht  gebracht, 
AVoriiber  Himmel  und  Hölle  lacht. 
Diefs  Kind  hier  hattest  du  gestohlen 
Und  schwuxst,   dich  solle  der  Teufel  hohlen. 


ü88 

AVofcrn  es  nicht  dein  Schoofs  gebohren; 
Dil  eichst,  die  Hölle  hat  gute  Ohren. 

J  11  n  g  e. 
Dank  sagen  miifs  icli  selbst  dem  Bösen, 
Dafs  er  mich  will  von  ihr  erlösen. 

Satan. 
Ich  hatte  lang'  auf  dich  gcpafst, 
Jetzt  hab'  ich  dich  fest  am  Kragen  gefafst. 

Alte. 
Ach ,   solch  Verfahren  nicht  besteht 
Mit  Aiiflilärung  und  Humanität. 

Satan. 
Schweig,     du  bist  mein,   für  deine  Frevel 
"Will  ich  dich  braten  in  Pech  und  Schwefel. 

Satan  führt  das  alte  J afirhwidert  ah. 

Junge. 
O  habet  Preis,   ihr  himmlischen  Mächte! 
Ich  hoffte  kaum,  dafs  ichs  A'^oUbrächte  : 
Allein  nach  eurem  Wollen  und  Fügen 
Hilft  selbst  das  Böse  dem  Guten  siegen. 


289 

Die  Alte  hat  mich  so  sehr  gestört. 

Das  Beste  ^vas  ich  \Tollte  veihehrt; 

Ich  f  lihlte  mich  beengt ,    bedrängt. 

Gewicht  nud  Bande  mir  umgehängt! 

Kiin  kann  ich  mit  neu  lebendigem  Regen 

Zn  kühnen  Thaten  mich  frisch  bewegen. 

Doch  ach  !   mir  selber  unbekannt 

Geworfen  an  des  Lebens  Strand, 

Darf  ich,    ihr  Hohen  ,   in  Demuth  bitten. 

Mich  vs'eise  zu  lenken  aTif  meinen  Tritten  V 

O  war  die  Abkunft  mir  bcwufst, 

Ich  flog'  an  meiner  Ehern  Briist, 

Da  -wollt'  ich  mit  heiligem  Sch\vur  verheifsen, 

Mich  ihrer  würdig  zii  beweisen. 

Die  JVolken  theilcii   sich ,    der    Genitis    und    d i « 
Freyheit  erscheinen  viit  LicJit  bekleidet. 

D  e  r  Ge  u  ins. 
Dein  Ruf  hat  sich  emjjor  geschwungen, 
Dein  Sehnen  ist  zu  uns  gedrungen: 
Für  deine  Inbrunst  und  kindlich  Vertrauen 

Sollst  du  in  wahrer  Gestalt  uns  scliauen> 

35 


SLgo 

Die  -wir  im   heiligsten  Verlangen 
Geheimer  Liehe  dich  empfangen, 
ISTimm  auf  die  Siiriie  diesen  Kufs 
Von  deinem  Vater  dem  Genins ; 
In  deiner  Mutter  briuistgen  Armen 
Sollst  du  zii  hohem  Thun  erv^^armeii. 
Bedenk,   du  bist  aus  himmlischem  Samen, 
Aus  \velchem  die  alten  IJerren  harnen. 
Glaub  kühn  zum  Hoch?ten  dich  berechtigt, 
Und  ringe ,    bis  du  dich  dcfs  bemächtigt. 

Die    Frey  h  ei  t. 
Meine  Tochter,   die  erste  Prüfmigszeit 
Hast  du  bestanden  mit  wackcrm  Streit, 
Da  deine  heuchelnde  Pilegcrin 
Nicht  umwenden  konnte  deinen  Sinn. 
Deine  Ehern  hatten  dich  verlassen» 
Dafs  du  zu  dir  Muth  solltest  fa?-^  n : 
So  findet  der  Mensch  sich  selbst  mühselig, 
Ringt  ztir  Besinmiug  sich  axif  allmnhlig, 
Und  wie  es  da  ^vird  hell  und  klar, 
"Wird  ihm  mein  Wesen  oiTeahar. 


£9X 

Ich  kann  nicht,  wie  die  Thoren  meyneii, 

Als  "blinde  "SVillkiihr  je  erscheinen. 

Kein,  der  Begriff  vorn  eignen  Scyii 

Ist  Quoll  nnd  Ursprung  mir  allein ; 

Und  -wer  sich  selber  so  begriffen, 

Der  kann  die  Weiten  kühn  durchschiffen^ 

Er  hat  den  heiligen  Magnet 

Der  un-vTandelhar  nach  Norden  steht. 

Der   Genius. 
Und  dann  ergiefst  sich  Geist  und  "Wille 
Ij!  neuer  Dichtung  schone  Fülle, 
Die  Natur  -svird  ihm  zum  Pantheon^ 
Da  träumt  er  suis  w^ie  Endymion. 

Freyheit. 
Auf,  meine  Tochter,  dring  hinan! 

G  en  i  ti  s. 
Dir  öffnet  glorreich  sich  die  Bahn. 

Freyheit. 
Siehst  du  des  Sieges  ^almen  glänzen  ? 

Genius. 
Blick'  auf  zu  jenen  Sternenkränzen. 


25  * 


292 

F  r  c  y  he  i  t. 
Einst  Jiüinmst  du  zu  der  Splinreii  Tanzen. 

Genius. 
Frey  von  der  Zeit,  des  Baumes  Gränzeii,     " 

Jung  e. 
2^0ch  einmal ,  einmal  segnet  mich  ! 

Genius  und  F  r  c  y  h  e  i  t. 
Dort  oben  stlm. '.-vir  ^vit■dcT  dich. 

{Beycle  verschiuinden  gen  Himrnel,  das  neue  Jahr- 
hundert  auf  der  Jlrde    ihnen  nach.) 

Der  Herold    tritt   ahermals  ein   und  spricht: 

So  hat  das  alt'  imd  sch%Tache  Jahrhundert 

Der  Teufel  gchohlt  samt  seinem  Plündert. 

Und  scyd  nuu  nicht  erschreckt  und  verwundert, 

Wenns  Picvoluzioncn  blitzt  und  dundcrt, 

Denht :   's  ist  das  neu'  und  starke  Jahrhundert. 

"Wenns  etwa  euer  Gemiith  kunnt*  laben, 

"Was  \vir  allhicr  tragiret  li.ibcn, 

So  lad'  ich  euch,   ihr  Herrn  und  Fraim, 

Den  zweyteu  Actus  axizus chatin. 


S03 

Der  leicht  noch  mehr  ergötzen  ma^, 

Ucber  hnndert  Jahr  anf  diesen  Tag, 

Ent\vedcr  in  dieser  Zeitlichkeit 

Oder  in  der  e^vigen  Herrliclikeit. 

Denn  dort  sind  wir  alle  noch  zehnmal  gcpcheidter. 

Und  treibens  mit  Spafs  nn  l  Lachen  viel  weiter. 

Darinn  besteht  ja  das  selige  Leben  ; 

Das  woir  uns  allen  der  Herrgott  geben. 

^  INHUMAKUS. 


k.- 'V  ^^  ^ -X,''V^'^'^''V  ^ 


/     e     n      n, 

sedi-udit   hei    Trominann   und    Wesselhöft. 


■,.■  ),r.:  >>> 


"^f^ 


TY-'-V^-i^'-rt 


^...,  V  1^