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Full text of "Naturphilosophie"

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1 






t 

I 



6(^u^fonneI ffic 6ie 'Berdnioten 6(ao(en oon Jlmert!a: 
Copyright 1919 by B. Q.Teubner in Leipzig. 



HUt Jit^t^ elnf(^(le0U(^ ^s VÜbtffttfvat^fit^t»^ ootbeMt««« 



Druif opN B.iB.Ccu&Ncr, Drtsöcn. 



StUt 

Einleitung. Die naturp^ilofop^ifi^e Strömung 6et (^egenoatt . . 5 

A. ^llgtmtlntt (Teil. 

(Elftes Kapitel. Cntfte^ung nnb C^arafter btt modernen tlaturp^tlo« 
fopbie. 

1. €ntfte^ung 8 

2. Aufgabe 15 

3. niet^obe 14 

4. €iniDön5e 15 

Smeites Kapitel. Die Stellung 5er ttaturiDiffenfi^aft im Softem öer 
IPiffenfc^aft. 

1. aus 5er (&ef<4i<4te 5er Klaffififationsoerfui^e 17 ' 

2. 5ttr Kritif 21 

Drittes Kapitel. IDefen unö üorausfe^ungen 5es ttaturertennens. 

I. tDefen 24 

II. Dorausfe^ungen. 

1. Die Hugenmelt realer ttafuroorgönge 34 

2. Die (Ettennbarteit realer tlaturoorgünge 38 

Diertes Kapitel. Trensen un5 tDert 5es ttaturertennens. 

1. (Prenjen 48 

2. ÜOert 56 

B. Befoitderer (Teil. 

5ünftes Kapitel. £eib un5 Seele. 

I. Die Seinsfrage. 

1. Dualismus .63 

2. niaterialismus 71 

3. Spiritualismus 80 

4. 35entitötst^eorie 84 

11. Die Sufammen^angsfrage. 

1. Die tL^totit 5er Q)e(^feln)irtung 87 

2. Die (E^eorie 5es Parallelismus 90 

Sec^ftes Kapitel Das Problem 5es Zthtns 101 

1. Uled)anismtts un5 Ditalismus 103 

2. nted)anismus un5 (Celeologie 109 

Sd^luft. trionismus un5 Dualismus in 5er ttaturp^ilofop^ie . . .113 
£iteraturt)er3ei(^nis . . 119 



finteitttttg 



feine befonöere flufmetifamleit öet flndiife öet ftttpflnftungen (1885), 
einet Unterfu^ng übet bas Oer^altnis bes P^t||ij(^en 3um Pfyc^« 
f^en. 3n feinem ZOitbnö} ber P^yfif (1862) toanbte et fi(^ gegen bie 
Unsulongli^kit bet mec^anifc^en Bettac^faingstoeife. 3u9lei(^ fot« 
bette et botin ben (Ecfo^ bet €rllatung butc^ b^n Begtiff einet ntSg» 
lic^ft einfachen Befc^teibung, bie Oetbrongung bes Koufolbegtiffs 
bnxd) btn Sunftionsbegtiff, oot allem bie Befeitigung {egUd^et titettt« 
p^yfil. ntad^r IRapoellunb Qer^ bilben bas Oteigeftitnienet P^yfilet, 
bie in ben testen 3a^t3e^nten tDefentlic^ 3um Ausbau bet natut« 
uriffenfc^aftli^en Sr!enntnist^eotie beigeitagen ^aben, unb iwax im 
Simte eines telatioiftifc^en p^onomenalismus. Sud} Poincar^, bet 
ftan35fif(^e p^yftfet, fein gac^genoffe unb £anbsmann p, Du^em 
fotDte ntainoens Stautet (Diffotb bütfen ntc^t unettDa^nt bleiben. 
Die (Bebanlen Ittac^s ^aben ftatf amegenb auf Ilatutfotfc&et bet 
(BegentDottr fofetn fie fic^ nllgemeineten gragen 3uu)anbten, getoitö. 
Oet P^yftologe OettDotn unb bet (E^emilet ©ftoalb finb c^atalte* 
tiftifd^e Beifpiele. OettDotn gab in feinem Ztffthxit bet P^yfiologt^ 
eine oon IRad) beeinflußte p^ilofop^ifd^e <5tunblegung feines Spe3ial« 
gebietes, ©fttoalb ^ielt 1901 Dotlefungen übet Ilatutp^ilofop^ie ön 
bet £eip3iget Uniüetfit^ unb befomtte botin ausbtfidli^, oon Tttadi 
bie ftärlftendinflüffe empfangen 3u^aben. Bemetlensmetttoatfetnet 
bas <5eftänbnis (Dfttoalbs, et bürfe bie p^ilofopbie nic^t als eine tDif« 
fenfc^aft be3ei(^nen, bie et „im üblichen Sinne** ftubiett \)abe. Selbft 
bas „toilbe" Stubium bet p^ilofop^te, bas et butc^ oielfa^es £efen 
p^ilofop^ifc^et St^tiften bettieben ^abe, fei fo ©enig fyftematifc^ et* 
folgtr bog et es nic^t als einen itgenbtoie austei^nben €tfa^ bes 
getegelten Stubiums anfe^en bötfe. (ts butfe fomit bie P^ilofop^ie 
eines Itatutfotfc^ets nid)t btn Hnfptud^ et^eben, als ein gefc^Ioffcnes 
unb tingsum abgeglättetes p^ilofop^if (^ Syftem 3u gelten. „Die <£t^ 
3eugung folc^et Syfteme muffen toit ben gac^p^ilofop^en übeilaffen. 
VOix finb uns beffen beumfet, ba}ß bei unfetet fltbeit beftenfalls ein 
©eboube 3uftanbefommt, beffen Bauatt unb imtete ©nti^tung allet* 
otten ben flnf^uungsfteis unb bie Oenigen)o^n^eiten etlemten lögt, 
bie oon unfetet täglichen Bef ^aftigung mit beftimmten ©ruppen oon 
ttatutetf^einungen ^ettü^ten.** 3ut (Ergan3ung unb Oettiefiing fei« 
net Dotlefungen gtünbete ©fttoalb bie feit 19Ö1 etfc^einenben fln« 
naien bet Itatutp^ilofop^ie. Beibe, bie in3toif^en in oiettet flufloge 
untet bem (Eitel Utobetne tlatutp^ilofop^ie (1914) etfc^ienenen Oot^ 



8 I. (Entftc^ttttg mt^ (t^orafter btx moöernen Ita turylytlofopl^tc 

, [opl^ie unterhält mit bm HaturtDiffenfc^ften ein plotomfc^es Ciebes« 
vexltüinls; anftatt fi^i^ ot^fd^Iiegen, toitft fie nur oeifio^ene 
Blicfe auf ben reichen Befi^et hinüber, (ts txübtigi bei P^Iofop^e^ 
nrill fie nic^t enrig unfru^tbor bleiben, nic^s, oIs enölic^ *boii in Me 
£aube' 3u ge^en unb mit öen HatuttDiff enfc^ften ein folibes e^elic^ 
Bünönis 3u fAIiefeen." 

A. ungemeiner tCeil 

Cr fies Kapitel. 

Ctttftelftitttg nitö €l|aralter 
6er itto6enteit Hatnrp^ilofop^ie. 

Zlaturpl^ilofop^ie als felbftSnöige Oifsiplin gab es bis 3um 18. yäft* 
^unbert fo toenig töie eine oon bet „P^ilolop^ie" oerfcftiebene IDiffet^ 
fi^aft. Bis ba^in tDoren |7^iIofop^ie unb IDiffenfc^aft Beseic^mtngen 
für biefelbe Sac^e, motzte au(^ f^n flriftoteles ^erfte" unb „propo? 
beutif^e" P^ilofop^ie oon ber übrigen P^ilofop^ie unter f (Rieben fyi^ 
ben. Die altgriec^ifc^e, ber Schule piatons nrxb flriftoteles' entftam« 
mtnbt Slieberung ber P^ilofop^ie in £ogit p^ijfif unb (Et^if, in t^eo« 
retif^e unb praltif^e p^ilofop^ie erhielt fic^ bis ins 18.3a^r^unbert 
Bis ba^in ^atte bie^^P^yfif ' als „Itaturle^re", u)ie ber Hante befagt, 
ni^t nur Haturp^ilofop^ie (in ber fpäteren unb heutigen engeren Be^ 
beutung bes IDortes), fonbern au(^ bie oerfc^iebenen tteile ber Ilatur* 
uriffenft^aft toie Botanilr 3ooIogie, fllftronomie, ja au^ bie Seelem 
le^re ober Pfyi^ologie in no(^ ungef (biebener ©n^eit enthalten. 
'P^yfiologoi' ^atte flriftoteles Iltdnner mit Orales, flnajimanber und 
flnajcimenes genannt. IRan be3ei^net fie bes^alb noc^ ^eute als bie 
ionift^en Ilaturp^ilofop^en. Seit bem 17.3a^r^unbert loft fi(^ bie Pfg^ 
(^logie los. IHe feitl^er Haturp^ilofop^ie unb P^yfif umfaffenbe 
„P^yfiologie" erfährt im 18. Ja^r^unbert i^re Bef^ränfung auf bie 
lebenbe Ilatur. 3uglei^ lommt bie Unterft^eibung einer fpefulatioen 
unb empirifc^en P^yfil ober Haturle^e auf. Oiefe Unterfc^eibung 
bedt fi(^ in getmffem Sinne mit ber (Trennung oon Haturwiffenft^aft 
unb Zlaturp^ilofop^ie. 

(Ein lel^nei^ Beifpiel für bie bis in bie tleu3eit fi(^ erl^oltenbe 
toeit^ S<^ffu^9 ^^ IDortes li^ilofop^ie bilben Oescar^! Pi^injipieni 



p^ilofopl^ie als (Brunölage feines Syftems" &ar3uftellen uittetne^men^ 
löte es fl. DretDS (1894) oerfu(^te. 

Die nad^!antif(^ertp^iIofop^eTt Sichte, Sc^ellittg, ^egel |iel^ 
in öem Rufe, öie tritifc^en 6ten3eTt Kants an3u Ifi^n übertprungcfl^ 
o^ne Rüdfi(^t auf (tt^äfycnrtq, \a mit oolliget Oetac^tunQ alles (Ett^« 
tif c^en \xdi rein aptiotifd^et Demunftfpelulation anoettrout 3U Ijabim. 
$t(^te f^teibt öas tDott nieöet : ^Oie IDiffenfc^aftsIe^e fragt fd^e^ 
tetöings ni^t nac^ öet (tt^äfycunq unb nimmt auf fie \d}U^ietbifig$ 
leine RucEfic^t. Sie mügte voalfc fein, au^ U)enn es gar teine Crfo|* 
rung gäbe." IDie toenig aber au(^ gid^te — u)ie Kant — ein abfoluiae 
0er achter öer (Erfahrung roar, erfie^t man aus feiner Bemerfun^ es 
feien öieienigen, „meldte a priori p^antafierten, too es galt, $alta 6^ 
3ubTingen, ebenfo u)ie öiejenigen, öie fi^ auf öie tmrlli(^e Bef^ffen» 
^eit öer Dinge beriefen, wo öas apriorifc^e 3öeal öargeftellt tDeröen 
follte, üon Öen Derftonöigen mit öer gebfi^renöen Dera^iung attg^ 
fe^en n)oröen". So notroenöig öer p^ilofop^if^e (Beift in öen IDiffcm 
f(^aften fei, au^ öie „Utitroirfung öes ^iftotifc^cn IDiffens" fei unei# 
be^rlic^, öamit nic^t „in empirif^en Sad)exr( a priori p^(antafieit 
roeröe, ftatt grünöli^er ffiele^rfamfeit". 3mmer^in tritt im Syftenle 
§i(^tes öie Befc^äftigung mit öer Itotur Ijinter anöeren 3ntercffeit 
ftarf 3UTü(I. 

tDie fte^t es um St^elling? (Er ^at (pon Kant abgefe^en) öas Der* 
öienft, öie Haturp^ilofop^ie aus i^rer Oermifd^ung mit anöeren pl^ilo« 
fop^if c^en Unterfu^ungen befreit unö 3um Range einer felbftonöigett 
Dif3iplin innerhalb öer gefamten P^ilofop^ie erhoben 3u ^ben. Set* 
nen „3öeen 3U einer p^ilofop^ie öer Ratur " (1797) Hefe er eine, iSoet^e 
fe^r 3ufagenöe, flb^anölung „Don öer IDeltfeele" (1798) unö 1799 öen 
„(Erften €ntu)urf eines Syftems öer Raturp^ilofop^ie" folgen, fyxüe 
gi^te öie gan3e Ratur als eine Sc^affenstat öes abfoluten 3^ 5U be* 
greifen gefu(^t fo aner!annte Sc^elling Ratur unö <5eift als öie beiden 
fo3ufagcn glei^bere^tigten ©ffenbarungcn öes flbfoluten. Sc^n öet 
Umftahö, öa^ Stelling öie meöi3inif(^e Doftortofiröe befa^, la^t fein 
3nterefte für enipirif^e Raturforf^ung üermutcn. „DWr rDiffen", 
fü^rt er in öer „(Einleifamg 3u öem fintrourf eines Syftems öer Ha« 
turp^ilofop^ie" (1799) aus, „nii^t nur öies oöer jenes, fonöern urft 
U)iften urfprünglic^ überhaupt nid^ts als 6urc^ (Erfahrung unö mitteK 
öer €rf a^ung, unö infofern befielt unfer gan3es IDiffen aus (Erfa^« 
rungsfä^en. 3u So^en a priori meröen öiefe So^e nur öaöur^i ba}i 



12 I. (Entfte^ung un6 €f)axafitx btt moöemen ttaturp^itofopliie 

lömten {ene m(^t me^t als (Brunölage et {(feinen, meiere (ier oielme^ 
öle Jtotoenöigfeit öes Begriffs fein foll." (Ein fe^r anfc^aiili(^es Bet« 
(piel f St Tegels Oetfo^xen bietet feine Definition ftet IDärme (Snsyft 
§ 303): „I)ie IDornte ift öos Sic^tDiebet^erftellen ftet ZUaterie in if^er 
gormlofigleit, i^re SIöIRsfeit öet Iriump^ i^ter abfttalten fjotm* 
gemtatübetöiefpe3ifif^enBeft{mmt^eiten; %e abftralte, nur an ß^ 
feienöe Kontinuität als Hegation öet Hegation ift ^iet als flttimtfit 
gefegt." Solche Definition tut empitif(^ geftimmten (Dffttn begreif* 
li^ettDeife fe^r me^e. tDet mit Tegels Denboeife unb ibortptagung 
oertraut ift, mixb fid^ glei(^ an eine ä^nlic^ gef^ilöerte Definition aus 
feinet Red^tsp^ilofop^ie erinnern. Dort roirö bie Strafe alsllcgation 
öer Hegation beftimmtrDer Derbre^er üerneint bie Rec^tsorbnung, 
^er Staat üerneint feinerfeits btn Derbrei^er, inbem er bie Strafe üb« 
i^n oer^ängt. 3n ä^nli(^er tDeife fuc^t Qegel als fpebilatioer p^ili^ 
fop^ au^ bie (Erfi^tnung ber töärme in allgemeinfte Begriffe, b/ff. 
Kategorien unfetes Oerftanbes, ein3ufangen, (Er befinbet fit^ alfo mit 
biefem Unterfangen glei^fam in einer gan3 anbettn (Ebene ber Be* 
trac^tuTtg als ber empirifc^e P^yfüer, m^xm biefer IDorme als leben» 
bige Energie ber HIolefularben)egung beftimmt. Den IDert fof(^ 
empirif (^en Definition an3utaften, fonrntt ^egel nic^t in bexi Sinn. lU« 
betrachtet er empirifc^e Begriffsbeftimmungen eben nic^t als We 
eigentliche Ceiftung ber p^ilofop^ie. VHqxi begreift Iei(^t, ba^ Jtatur» 
forf^er mit i^rer ausfcbliefelic^en Ri^tung auf (Erfahrung an bex^ 
artigen Spefulationen »enig ©efallen finben. Um fo weniger bes* 
l^alb, als Tegels auf getoiffen ariftotelif^enDorausfc^ungen beru^enbe 
Behauptung über bie Unmoglid^feit ber (Ejiften3 eines ©eiteren pia* 
neten bur c^ Ceoerriers (Entbeciung bes Jteptun birett u)ibetlegt würbe. 
Das ftimmte mifetrauifi^ gegen btn gansen Hegelianismus unb 3ugleic^ 
gegen bie P^ilofopl^ie überhaupt. 

3mmer^in betoeifen bie ertDä^trten flusfprü(^e, ba% S^^*^» SäjeU 
ling, Hegel im Ptin3ip bem (Erfa^rungsu)iffen freunblic^er gefinnt 
loaren, als i^r Ruf exvoaxien läfet. 

Dollenbs ber heutigen P^ilofop^ie gilt es als eine Selbftoerftänbltc^* 
feit, ba% fie an feinem Punite gegen bie geftftellungen ber €rfa^* 
Tungsuriffenf haften oerftofeen barf, bafe fie mit i^nen, nic^t gegen fie 
arbeiten mu§. 



14 I. (Entfte^ung unh (C^arafier 6er mobenten ttaturp^üofop^ie 



flufmerlfam!eit öes p^iIo(of)^en imtet^alb bet ll)clianf(^auungsle^re 
ouf öie gragenac^ 6ei Bejte^ung öer naiunx)i{{en{(^Qft 3u btn übtigen 
Kitltut gebieten. Oa totrö ettoa öie (ErötteTUng von Belang, tote {i(^ 
naturtDifjenfc^ftii(^e Refultate ju öem überlieferten teligiöfen VOelU 
bilö üer^alten, oon toel^er Bebeutung fie für öie et^if^e Cebensf ü^^ 
rung öes ütenfc^en {inö, toie {ic^ überhaupt öa$ naturtDi{{enfc^aftIi(^e 
IPeltbilö öer betreffenöen 3^it ausnimmt. Solche Betra^tung mac^ft 
unmittelbar aus öem naturmiffenf^ftlic^n Arbeitsgebiet öur^ ton« 
fequentes IDeiteröenfen heraus. (&eraöe bei {o((^er engen Derbmöung 
mit öem Satfac^enmaterial oermag fie überaus fruchtbar sutoeröen. 
3eöes Beöenfen über UTSgli^feit unö IDert eines öer artigen Unter» 
ne^mens miib 3erftreut bmä} ein tDerf roie öas B. Baoints, roel^es 
mit einsetoiffenfc^aftUc^r Umfielt unö p^ilofop^ifc^er (Einfi^t über 
ollgemeine (Ergebniffe unö Probleme öer llaturizriffenfc^ft (1914) 
^anöelt. 

HatuTp^iloJop^ie aI|o ift öie IDif|enf^ft oon öem Öie Hatur 
unö i^re (ErforJ^ung betreffenöen Allgemeinen, eine Synopfis (3u» 
fammen|(^au) öer Haturmiffenf^ften in öem erläuterten öoppelten 
Sinne. 

3. Die niet^oöe öer Hattirp^ilofop^ie. 

ZRet^oöe beöeutet tDeg, mittel unö rietet fic^ öa^er mif öem 3U 
eneic^enöen 3i^Ir ben 3u löfenöen Aufgaben. A^nli^ 3i^I^ foröetn 
o^nlic^e ZRet^oöen, oerf^ieöene Aufgaben muffen mit oerf^ieöenen 
Ztlitteln in Angriff genommen tperöen. Oer öen 3q>^<I befaßt, mug 
Öie entfpre(^enöen ÄTittel »ollen, mtxm anöers fein Der^alten finn* 
ooll fein foll. Das 3iel öer IDiff enf d^aft ift ein Syftem allgemeingültiger 
Begrünöung, ein Syftem, ö. ^. eine einheitlich oertnüpfte Oiel^it cion 
Urteilen. UMffenunö Begrünöungen bringt au^ öas oortoiffcnfcfyxft» 
lic^e BeiDu^tfein 3uftanöe, aber o^ne Syftem, me^r ober weniger yu* 
fällig. Straffheit öer IUet^oöe eignet öarum öem loiffenfc^fili^en 
(Seifte, — aud^öer p^Iofop^ie,fof«rnfieauf U)iffenf^aftli(^en(E^ralter 
Anfpru(^ erl^ebt. Die <£igentämli(^leit öer p^ilofop^if^en IDiffem 
f^aft er3eugt eigentümliche p^ilofop^if^e lltet^oöen. 3m toefent* 
lid^en 3U)ei i)erf^i^öene..Iltan lann fie als Raöuftions* unö Syn* 
opfismet^oöe be3eici^nen. BeiöeliegenimlDefenöer p^ilofopf^ie als 
öer U)iffenfc^aft pon öen prirgipien, öem Allgemeinen oöer, toie man 
auc^ jagen f arm, oon öen „legten Dingen" bef c^lo jfen. Bei öer Reöuf« 
tionsmet^oöe ^anöelt es fic^ um Analyfe (AuflSfung, 3ßtlegung), um 



16 L (Entfte^ttng unb C^arottet 6et»mo6cmen notmrp^ilofopye 

lüeffeits oot3ube^aIten, obioo^I es ^iet feine ^5^ften, fimdid^ tDalft^ 
ne^mboten unö tontrollietbaren Srtump^e feieti Die «.eilten Xta^ 
turnrfffenfc^aften" öütfen ftol3 fein auf i^e (Erfolge, flberfie feilten 
btn ®eift öet (E;afi^eit (bie „flfribie") audi in öen an&eren IDiffen^ 
f ^aftenni(^t übet feiern— (Eine efaDosoetänöerte $otmuIietung bes- 
gelben (Etnioanbes ^ält öet Ilatutp^ilof op^ie entgegen, fie fei 2. „VXe^ 
tap^yfil —leine foliöe $otf^ung". — IRetap^ypI beöeutet für 
9tele ein toa^tesSc^tedgefpenft. häufig felbfi für \oliie, öiei^e eigene 
unbetDugte ntetap]^i||il got ni^t gem^en. 3ut Beruhigung biene 
i^nen bie petfit^etung, ba^ Hotutp^ilofop^ie in bzm oon uns ge^ 
meinten Sinne nic^t ^eifeen foll: in irgenbeinem Sinne metap]^yfif4? 
fpefulieren über biellatut an Stelle^folibet " (Erfa^ungsetfenntnis, 
fonbern „folibe" nac^benfen übet bie „foIibe"H)iffenf^aftbet Ilatut. 
Oo(^ bas fei, menbet man weitet ein, 3. „ttbetf lüf figet tupus 
— (Ein3eIfotf^ung genügt". — flUerbings, genügfame ©eiflet 
begnügen fic^ mit toenigem. ®egen bas Banaufentum blofeet Hü^ 
Uc^Icitsbcttat^tung !ampfen felbft bie ^immlifc^en ©ottet per* 
gebens, gef^toeige bie Hatutpl^ilofop^en. Doc^ bebenle man, 6ag 
^pra{tif(^' au^ all bas genannt 3u mexben oetbient, toas bie 3ntet^ 
effen t^eotetifd^et Stageftellung unb geiftiget £ebensfü^ung übet« 
^pt fotbett. nichts aber ift leiertet ju 3eigen als bies, bafe bie ben^' 
Unbt Betra^tung b^t Ilatut o^ne pffilofop^ifc^e Befinnung ni^t ben 
Umfang mögli^et, butc^aus finnDoUet fragen etf(^5pft Die (bis^ 
fü^tung unfetes eigenen Untetne^mens mug unb toitl) ben Betoeis 
hierfür erbringen, ^iet fei mit gleich an eins etimtett S(^n i^ten 
Begriff empfangt iebe (Ein3eln)iff enf c^af t bet 3bee nad] t>on bet p^ilo« 
fop^ie. IDas ITatut ift, lann nur p^ilofop^ifc^ ausgemalt toetben. 
Denn iebe einselne Ilaturu)iffenf(^aft f e^t i^r allgemeinftes Obfeft, 
eben bie Hatut, na^ ber fie i^en Hamen empfangt, ooraus, (Begem 
fianbslos ift aud^ ber le^te ^intoanb, tlaturp^ilofop^ie bebeute 4.„0er :> 
betblic^e Derpfufc^ung ber llaturu)iffenf(^aftett\ — 
Solches Unheil coirb lein Oerftanbiget oon einer Ilaturp^ifofop^ie in 
btm oon utts befinierten Sinne eruKirten lömten. Hic^t jeber natura» 
forfd^er toirb Heigung unb Begabung für p!^iIofop^if^e Betrachtungen 
aufmeifen. Hi^t {eber, ber fie in fi^ fpürt, mirb fi^3u feber nafairp^ilo« 
f op^if (^en Ceiftung !^inge3ogen füllen. $ür ^gel unb S(^IUng etaxi 
merben i^m Sinn unb ©ef^mad fehlen. Aber nur Kur3fi(^ge oer* 
n)e<^feln 3bee unb IDtrfli^feitr IDefen unb (Erfc^einung. (Belegcnt* 



18 IL Pie Stellung 6er llotun»!ffenf(^oft im Sijfteme 6et TDiffenfc^often 



(Detttunft, Simtestoa^rnc^mung, IDoücn) Dialeftü, P^yfilunö (Et^ilr 

ein^Aliefeli^ Politit Die atiftotclilc^e (Einteilung fügte öen ©efi^ts- 

purtft t^eotetif(^et, praftifc^et unö poeti{^et I>if3ipHnen ^in3u unb 

blieb im IHittelalter ©ot^enfc^enö. Das 16. unö 17. jta^l^unöett |(^uf 

alsöann eine foI(^e Spe3ialifierung öet Haturprobleme, öafe fie fi(^ 

nii^t gut mz\ft öem flllge meinbegriff P^y|if («= Hatutle^te über* 

^aupt) fügten, fluc^ fehlten ®efc^ic^teunöSpra(^n)i{|enfc^aftimarifto* 

telifc^en Syftem. Darum fuc^te granris Bacon, öer (Trompeter einer 

neuen 3eit — toie er fi^ felbft nennt — , öem Bcöürfnis nac^ einer 

neuen Klaffififation geregt 3u toeröen, öie öem tatfä^Ii^en Stanöc 

öes IDiffensbetriebes beffer gerecht touröe. 3n feinem tDerfe über öie 

IDüröe unö Derme^rung öer IDiffenl^aften (de dignitate et augmen- 

tis scientiarum, 1623) be3et^nete er alle XDijfenfc^aften als einen in* 

telleftuellen ©lobus (Globus intellectualis), öen er mit ^ilfe einer 

pfy^ologil^en Dreiteilung oon (Beöäc^tnis, p^antafie unö Oerftanö 

glieöerte. Das ffieöät^tnis richte fi^ auf öas <Kn3eIne unö er3cuge 

öie Ö5ef^ic^tsu)iffenfc^aften, toobei Bacon Kirchen* unö Literatur* 

gef^ic^te fourie öie ffiefd^ic^te öer p^ilofopl^ie als desiderata be3ei(^* 

nete. Die p^antafie ritzte |i^ auf fingierte (Ein3elöinge unö ftfytffe 

öie Poefie, epif^e, öramatifc^e unö aIIegorif^*öiöaftiJ(^e. Der Der» 

ftanö enöli^ fuc^e öas Allgemeine unö bringe öie p^ilofop^ie ^erüor. 

Deren ©biefte feien ®ott, IUenf^ unö Hatur ; öem3ufolge glieöere fie 

fi(^ in natürli^e (Ideologie, Hnt^opologie unö Kosmologie. IDö^« 

renö Bacon p^yfiologie unö Pfyi^ologie öer inöioiöueden Hnt^ropo« 

logie (im ©egenfa^ 3ur fo3ialen, fi^ mit Politif befaffenöen) 3ure(%* 

nete, 3erlegte er öie Kosmologie in einen befc^reibenöen unb erfloren* ' 

öen (teil. Diefe (Einteilung rouröe im tDefentli^en oon ö'fllembert in 

öer grofeen fran3öfifc^en (En3yf lopäöie (1756) feftge^^alten. Hur fuc^te 

er im (Begenfa^e 3U Bacon au^ öer IHat^cmatif geregt 3u ©er öen, öie 

er als abftrafte IDiffenf^aft be3ei^nete. — 3m 19. 3a^r^unöert umr* 

öen öie früheren pfy^ologif^en (Einteilungen nac^ ©eiftesfroften ab* 

geloft bmii öie Kläffififation nac^ ©bfelten. ^egel glieöerte in feiner 

^yllopäöie öer p^ilofop^if^en IDiffenf^aften (1817) öas (Befamt* 

ujiffen in £ogif, Hatur* unö ffieiftespl^ilofop^ie. (Er begrünöete öamit 

öie uns ^eute geläufige 3t3Deiteilung : Hatur* unb (Beiftestoiffenf^f* , 

ten. (Ebenfo ©erfuhren 3eremias Bent^am (1829) unö fl. IlT. flmp^e j 

(1834), ipobei beiöe unter öem (Einfluffe öer Syftematifer £ittn(4^ 

3uffieu unö Decanöolle ftanöen, öie ibrerfeits öie Si^^iteilung beoor*^ 



20 II. Pie Stellmtg 6er tttthinolffentc^aft im Si^fteme bzx tPiffetifd^aften 

(Begenfa^, ber ^eute nic^t mel^t als fo fielet unb felbfioerftanbli^ an« 
ettannt tDetben fömte, ba^i fi(^ auf i^n eine Klaffifilation gtflnben 
lie^e. Hic^tUatut unb(Bei{i, fonbetnZlahit unb 6e{c^i(^te fei bet toaste 
®egen{a^. $üt btn Ilatuifotfc^et f^abe bas einselne gegebene (Bbytlt 
feiner Beoba^tung niemals als fol^es tDiffenf^aftlic^en IDert, für bm 
Qiftorifer bagegen befiele bie Aufgabe, irgenbein (Sebilbe ber Der» 
gangenl^eit in feiner gan3en inbioibuellen Huspragung 3U ibeeller 
®egenn)ärtigfeit neu 3U beleben. 3n ber HaturtDiffenfcbaf i ^anbele es 
fic^ um allgemeine <5e!e^mägigteit, in ber ®ef(^i^te bagegen um eim 
malige IDirllit^feit. (5efe^esu)iffenfc^aften auf ber einen, Ereignis* 
roiffenf haften auf ber anberen Seite; jene be^errfdjt oon nomot^eti* 
fc^er, b. fj. ©efe^e fu^enber IUet^obe, biefe regiert x>on ibiogra«» 
pl^if ^er, b. \), bas (Eirgelne erforf djenber UTetl^obe. — fln biefe Unter* 
fd)eibungen feines £e^rers Inüpfte ^eimi^ Ridert anin einer S^rift 
'Kultur ©iffertfd^aft unb Haturoiffenfc^aft' (l.fl.1898, 2. fl. 1910) fo- 
tDie in feinem größeren IDerfe über bie (5ren3en ber naturiDiffem 
ft^aftli^en Begriffsbilbung, bas eine logifche (Einleitung in bie ^ifto* 
rif^enrDiffenf(^aften3ufein beabficbtigt (1902, 2. fl. 1913). Hatur fei 
in materialer ^infi^tbietoertinbifferente, informaler Qinfic^tbiegene* 
ralifierenb aufgefaßte (5efamtu)irllic^!eit. llaturerfenntnis generali« 
fiere, Kultur ©iffenf^aft inbioibualifiere. Die Kulturtoiffenfc^aften 
^anbeln naii Ridert i^em ©egenftanbe nac^ ©on ben auf bie allge* 
meinen Kultur toerte besogenen ©bieften, i^r^r Ulet^obe nac^ ftellen 
f ie — als ]^iftorif(^e IDiffei^c^aften — beren einmalige ttntroidlung in 
i^er Befonbei^eit bar. Sie betroc^ten' f ür i^re 3votd^ nur bas als 
U)ef entlid^, toas in feiner inbtoibuellen (Eigenart für btn leitenben Kul* 
turmert Bebeutung ^at. ,,Sie toä^Ien ba^er inbbibualifierenb als 
'Kultur' etroas gans anberes aus ber lDir!li^!eit aus, als bie llatur* 
u)iffenfc^aften es tun, toenn fie biefelbe IDirfli^Ieit gener alifierenb 
als ^Ilatur' betrauten, ba in btn meiften Sällen bie Bebeutung eines 
Kulturoor ganges gerabe auf ber (Eigenart beruht, bie i^n oon anberen 
unter f (Reibet, roä^renb umgefc^rt bas, voas i^m mit anbeten gemein* 
fam ift, alfo fein naturroiffenfc^aftli^es DJefen ausmacht, ber ^iftori* 
f c^en Kulturroiffenfc^aft unroefentli^ fein roirb.'' 2n biefer tDeife oer* 
fid^t Ridert btn ffiegenfa^ oon Ilatur* unb Kulturtoiffenfc^aften. 

IDie ftellt fid? (Dfiioalb 3u unferem (Begenftanb? — 3n bem flufbou 
ber IDiffenfc^aften, btn er in feiner 'P^ilofop^ie ber IDerte' barlegt, 
unterf^eibet er brei ©ruppen oon tDif f enf d^af ten : ©rbnungsu)iffcm 



20 il. DU Sttltutig ha natnrmtfTtTtfi^aft tm Sqfttmt 6« lDitttTt[<I|afttn 
Segenfa^ 6et ^eute m(^t me^t als |o [idtei unb felbltveiftänblii^ an* 
cElannt toeiben tömte, öag {ii^ auf i^n eine KlaI[ifU(ition grünben 
liege, nidjtltatur urri)®ei(t, lonöetnUatur unö (5e(^i(^te fei öer nwlft« 
ffiegenfa^. $üi bm Ilatutfotfiiiei ^abe öas einjelne gegebene ©bjelt 
feiner Beobai^tung niemals ats foI(^es mif|enf(^aftlid}en lüett, füi ien 
^tftoiifei bogegen befiele bie Aufgabe, iigen{>ein ®ebilbe bei Dei> 
gangenlfeit in |einei gan3en inbioibueüen Cluspiägung ju tbeellet 
©cgentDärtigfeit neu 3u beleben. 3n öer naturroilfenftfeaft tfanbele es 
Hä} um ollgemeinefficfe^äfeigleit, in bei (5cid)iii}te bogegen um ein« 
malige IDirtli^feit. ©efetiestDiJfcnjdfaftert auf bet einen, (£ieignis> 
totffen|djaften auf ba anbeten Seite; jene be^errfc^t Don nomotljeti» 
(djex, b. Ij. Sefe^e fucEjenber niet^obe, biefe regiert con ibiogiO' 
p^if^cr, b. ^. bas lEit^cIne etfotfdjenber IlTet^obe. — fln biefe Untei* 
fAeibungen feines Centers fnüpfte ^eimicl) Ridett on in einer S^ifi 
•Kultuumfienfdjaft unb Hatutmiffenffiioft' (1. fl. 1898, 2. fl. 1910) fo» 
wie in feinem gtöSeten IDetle üb« bie ffirenjen bet natuttDiffen* 
fi^aftlii^en Begtiffsbilbung, bas eine Iogif*e Sinteitung in bie ^ifto» 
rif^enlDilienfc^aftenjufein beabfiAtigt (1902, 2. fl. 1915). Hatui fei 
in ntateriaIei^iniic^tbietDertinbiffeiente,infot maier ^injidjtbiegene«' 
ralifietenb aufgefaßte ffiefamtmiilli^Ieit. Itatuieifenntnis generali* 



24 IIL tPefen unb Potttttsfetttngen 6es llatttrertennens 

tung, <Befe^) fu^t, oon ftem 3n6ü>t(menert als folc^em abftTa^iert. 
3foI{etenftet flbftraftion ober beMenen \\ii alle IDiffen((^ften 3ut 
Beftimmuitg unö (Benrfnnung %ct ®egen|t8nöe, mag audi We IIlc* 
t^oöc im cinsclncn fe nac^ öen ©bieften unö Sielen oetf^ieöenjein. 
Sofern Jtatur* ober lüiltunxnffenfd^aften öabet auf 6ie (Ermittlung 
oon „Urja^e unb UHrfung" ausgeben, unterliegen fie berjelben Kau* 
fallategorie, u)emgftens fofernberenreinlogif^e Struftur in grage 
lommt. OeTi[n logifc^ ift es oSIIig glei^gültig, ob bie in bem Kaufal« 
oer^SItnis ^mtki Öorgönge behauptete (Befe^mSgigteit empirifc^ 
nur einmal, roie etroa in ber (Er [(Meinung unb Beroegung Cutters ober 
Hapoleons auftritt, ober ob fie beliebig oft angetroffen »erben !ann, 
toie in btn ejperimentellen llaturtDiffenfc^aften. 

Uaäi allebem bürfen xdxx jagen: flu^ ^eute no^ ftamnien iro^ ber 
(Einroonbe alle ©bjefte ber IDiffenf(^att „aus Ilatur unb (Beifteswelt". 
(Der ttitel biefer Sammlung befte^t alfo bur^us 3u Re<^t.) Diefe 
Seftftellung foll feine ®eringf<%ä^ung gegenüber bm in monier ^in* 
fic^t fidrenben Unterfu^ungen ber legten 3a^3c%nte, fpe3ien ber Ba* 
bener S*ule, bebeuten, fonbern nur bies 3um flusbrud bringen, ba% 
ber '(Beiff bas Prin3ip ber Kultur ift unb bleibt, ©b man alfo üon 
(Beiftes* ober Kulturroiffcnfc^aften fprii^t, ift im ©runbe ein blofeer 
IDortftreit. t>as ^tfc^etbenbe bleibt bas g^ft^alten an b^m Segen* 
fa^e 3urif(%en unmittelbar ©orgefunbener Haturnrirllic^feit unb ber 
bur^ Sei^estotigteit er3eugten tDertmirfli^feit. 

Drittes Kapitel. 

tOefett tttt6 Ooratt$fet|tittgen btt Ratttrerfeiiiieii$. 

I. tDefen. 

(Erfahrung ^eijjt bas Oort, bas wie laum ein 3n)eites beim Ilatur* 
forf^er in flnfe^en fte^t. Ülit ber (Erfahrung fi^ in (Einflang 3U wif* 
fen, ift i^m eine fi(!^ere Bürgfc^aft ber IDa^r^eit; gegen bie (Erfahrung 
oerftofeen, Reifet für i^n, bie gunbamente bes (Erfemtens erfi^ütterm 
Was aber bebeutet (Erfa^ung? & ift fein gan3 einbeutiges H)ort. 
(Erfahrung famt foioo^I eine SüIte oon IDa^rne^mungen bebeuten 
als auc^ 3ur Be3ei^nung bes Probuftes bienen, bas erft bur^ ge* 
banlli^e Bearbeitung bes IDa^ne^mungsmaterials 3uftanbeIommt. 

ntan über3eugt fi(| leicht, ba^ IDal^tnel^mungen bie le^te (Srunb* 
läge bes Itahir erfemtens bilben. Oeffen Auge nie bie (Begenftanbe 



26 111, tPefen mt6 Porausfe||mt^en 6es ttatttrerfennens 

es gelingt, öen Segenftanö öer Kontrolle öes (F^perimentes 3u unter« 
merfen. Das IDefen öes (Experimentes befte^t öarin, öurc^ fort* 
^efe^te OerSnöerung öer Beöingungen öen Eintritt unö bie (Eigene 
art eines Dorganges 3U beobachten. (Ein (E^eriment ift öes^alb 
nur barm moglit^, mtrm öerfelbe ober ein oljnlii^er Dorgang fic^ 
»ieöer^olen läfet. Hic^t die ©cgenftänöe öer Ilaturu)iffen|(^aft finö 
öem (Experiment sugSnglic^. (Bebirgsformationen unö (^efteine ettoa 
muffen in ibrcr unmittelbar oorgefunöenen (Eigenart beobachtet unö 
jtuöiert rocröcn. fluc^ ©bicitc u)ie öie Sterne finö öer Beeinfluffung 
öurc^ ntenfc^en^anö nic^t unter iDorfen. 3n öer flftronomie oollsie^t 
\xdi öas „(Experimentieren" gleic^fam nur auf feiten öes flftronomen, 
nid^t öes oon i^m 3u unterfuc^enöen ©cgenftanöes. Durc^ BcobaA* 
tung unö IlTeffung öer am Sternhimmel fic^ oollsie^enöen Deranöe* 
rungen fuc^t öer flftronom mit ^ilfe oerfc^ieöener (Einftellung öes 
gernro^rs öen Cauf öer <5eftirne genauer 3U ermitteln. Aber fein 
Der fahren bcöeutet fein (Experimentieren im engeren Sinne, fonöern 
nur allgemeiner ein forgfames, roiffenfc^aftli^es Beoboc^te«. 
^ Ourc^ (Einführung öes (Experimentes erfährt eine IDiffenfc^aft fiets 
eine geu)altige Bereicherung. (Experimente finö geeignet, i^r einen 
^o^en ®raö oon Senauigfeit oöer, roie man 3u fagen pflegt, (Exaft« 
^eit 3U ©erleiden — o^ne ba% öes^alb alle nic^tscxpetimentcllen IDif* 
f enfc^aften f c^Iec^t^in ungenau oöer unexaft fein müßten, fluc^ p^ilo* 
logie unö (5cf^ic^tsu)iffenfc^aften galten auf 'flfribie' ! Die Straffheit 
öer IITet^oöe (melcbe le^tere {e nad^ öen Objetten fic^ oerfc^ieöen ge* 
ftaltet) btnöet öie Sorfc^er auf allen ©ebieten. IDcr ein u)iffenfc^aft* 
liebes £anö betritt, ift gleiAfam beim erften Schritte frei, beim 3U)eiten 
öagegen f)at er gebunöene IlTarfc^route. flnöerfeits ift öie (Exaft^eit 
ouc^ fcfion aus öem ®runöe tcin Prioilegium öer experimentellen 
IDlffenfc^aften, roeil öos blofee (Experiment — als eine gleic^fam ro^e 
geftftcllung Don lEatfac^en, eine Anhäufung öes 'Stoffes* — o^ne ge* 
öantli^e Husöeutung gar nichts oöer öoc^ nur oer^altnismagig roenig 
für öie legten 3w>ecle öer IDiffenf^aft beöeutet. Ceic^t unö ^ouftg 
ereignet fic^ 3uöem öie Deru)e^flung 3U)ifc^en experimentell er mit« 
teltem (Eatbeftanö unö öeffen t^eoretifc^^er Bearbeitung. 3ft nic^t im 
©runöe fc^on alles 'göftif*e* lE^eorie? 11 c^t nur (Eoet^e, fonöern 
au^ ein P^yfifer oon öer epoc^ema^enöen Beöeutung eines Q. Qer^ 
^at hierauf in öer (Einleitung feiner tltec^anif mit tlac^öruct ^in* 
geu)iefen. 



28 HL tPefen unb Porattsfe^migen bts natttterfenngits 

rung aus bereits belarmten <5efe^en unö (E^eorien Öeöu3iett mixb. 
fyxttt 3. B. Raoult eicpettTnentell ermittelt, ba% für ein unö bosfelbe 
Cöfungsmittel öie reöujierte S^melspunlternieörigung — ö. ff. jene, 
öie 1 g Subftanj, 3u 100 g Cöfungsmittel ^in3ugefügt, bewirft — um* 
gefe^rt proportional feinem UToIefuIorgetDit^t ift, fo leiteten oon 
t'^off unö piand öasfelbe ®efe^ fyllogiftifc^ aus öer mec^anift^n 
IDormet^eorie ab. 

€ru)eifen fi(^ fo 3nöuItion unö Oeöuftion oIs unentbehrliche unö 
3ufammenge^örige galtoren moöerner Itaturforft^ung, fo ift i^r er* 
folgreic^es 3neinanöergreifen 3uglei^ ein fdjlagenöes 3cugnis für 
öie Befähigung unferes ©eiftes 3u fieserer Ilaturerfenntnis. ffin mot* 
ter SIepti3ismus wirb ^ier öur^ öen CErfoIg fiegreic^ u)iöerlegt. Um 
leugbare lEatfa^en mk öie jiftronomifd^e Dorausfage bis auf öen 
Bruchteil einer Sefunöe oöer eine är3tli^e Oiagnofe mit ^ilfe öer 
Röntgenftra^Ien, eine (Enungenfc^aft öer P^yfif u)ie öie öra^tlofe 
lEelegrap^ie oöer öer ftol3e flufftieg eines £uftfc^iffes befunöen ein* 
öringlic^er als lange abftralte Ausführungen öie ^atfa^e, öag in öie* 
fen unö ä^nli^en gällen unfer Streben nac^ Haturerlemttnis feine 
Utopie war. IRan öarf ^ier geraöe3U oon einer abfoluten (Enei* 
^ung öes €rfenntnis3ieles fpre^en. Denn öie richtige Rechnung, öie 
3U einer ffntöecfung oöer tec^nif^en ffirfinöung ffi^rt, ftimmt eben. 
Don einem Rle^r oöer U)eniger 3U reöen, ift ^ier finnlos. SinnDoII 
^öc^ftens unter einem gan3 anöeren <5efi^tspunfte. 3eöer <5egen* 
ftanö öer Ilaturerfenntnis nämlic^ ift unenölic^er Beftimmung Täi(\q, 
u)ie jeöe ttrfinöung unbegren3ter Derbefferung. Darum ift in öiefem 
Sinne jeöe Ilaturerfenntnis, wie jeöe (Erfenntnis überhaupt, tro^ 
jener flbfolut^eit i^rer ©ültigfeit öoc^ u)ieöer mit einem relatioen 
3nöe5 behaftet. 

ni^t immer, ja nur in oer^SItnismäfeig feltenen gällen, ift öas iöe* 
ale 3i^If fei ^ öer u)iffenf^aftli^en (Erfenntnis im allgemeinen oöer 
fpe3ien öer Raturerfenntnis, mit einem Schlage erreichbar. RTü^fam 
mufe öer gorf^er oft einen fteilen Berg erflimmen. flis tDertooIIe, ja 
unentbe^rli^e Krüden aber öienen i^m öabei öie ^ypot^efen. 
3tDif(^en öem apoöiftifc^en Urteile : es ift notwenöig fo unö öem affer* 
lorifc^en: es ift fo (wobei öiefe Urteile aud} negatio fein fönnen) be* 
finöetfic^ öas problematifc^e Urteil: es famt fo fein, ^pot^efen finö 
Urteile öer le^teren gotm, flusfagen über öas, toas fein fann, toas 
möglic^erweife ift. Die Qypot^efe im wiffenfd^aftlic^en Sinne ift ein 



20 1!. Die Stellmtg 6er ttatunDiffent^aft im Si^fteme 6er IPiffenfc^aften 

^egenfo^, ber IjmU nic^i mej^r als |o fi^er unö {elbfioetfiänölic^ an* 
erlamti toetöen fönne, öag fi^ auf i^n eine Klaffififation gtünöen 
liege. UiditUatm unö<5eift, fonöetnttatut unb Sef^ic^te fei öet toaste 
®egcn|a^. gut 6en Hatuiforfc^er ^abe 6as eirt3elne gegebene ©bjeft 
feiner Beobachtung niemals als (olt^es tDiffenfc^aftlic^en IDerl, für öen 
Qiftotüer öagegen befiele bie Huf gäbe, itgenöein ®ebilöe öet Oer^ 
gangen^eit in feiner gansen inbioiöuellen HusprSgung 3u ibeeller 
®egenu)ärtigleit neu 3u beleben. 2n ber HaturioiffenfAaf t ^anbele es 
fi(^ um allgemeine <5efe^mäfeigteit, in ber ®ef(^i(^te bagegen um ein* 
malige IDitlHc^Ieit. (Befe^esiDiffenfc^aften auf ber einen, (Ereignis» 
iDiffenfc^aften auf ber anberen Seite; jene be^errfd^t von nomot^cti* 
fc^er, b. ff. (Befe^e fu(^enber IlTet^obe, bicfe regiert pon ibiogra* 
p^ifd^er, b. ^. bas (Eir^elne erforfdjenber Iltet^obe. — fln biefe Unter« 
fAeibungen feines £e^rcrs Inüpfte Qcinric^ Ridcrt an in einer S^rift 
'Kultur wiffenfc^aft unb naturiDiffenfc^aft' (l.fl.1898, 2. fl. 1910) fo- 
toie in feinem größeren IDerle über bie (Brensen ber naturu)iffem 
fc^af tlii^en Begriffsbilbung, bas eine logifcBe (Einleitung in bie ^ifto* 
rif(^enn)iffenf(fyiften3ufein beabfi*tigt (1902, 2. fl. 1913). ttatur fei 
in materialer ^infi(^t bie toertinbiffetente, informaler ^infi^tbiegene* 
ralifierenb aufgefaßte (5efamtn)ir!li(^Icit. Ilaturerfenntnis generali« 
fiere, Kulturu)iffenf(^aft inbimbualifiere. Die Kulturtoiffenfc^aften 
f)anbeln nad) Ridert i^rem ©egenftanbe nac^ oon b^n auf bie allge* 
meinen Kulturtoerte be3ogenen ©bicften, i^r^r ÜTet^obe nac^ ftellen 
f ie — als ^tftorifc^e U)iff enfc^aften — beren einmalige (Entmidlung in 
i^er Befonbei^eit bar. Sie betrachten- für i^re 3w)ecle nur bas als 
mef entlid^, toas in feiner inbidbuellen (Eigenart für bm leitenben Kul« 
turu)ert Bebeutung ^at. „Sie loä^Ien ba^er inbimbualifierenb als 
'Kultur' ettoas gan3 anberes aus ber IDirllic^feit aus, als bie Ilatur« 
tDiffenf haften es tun, toenn fie biefelbe IDitflic^fcit gener alifierenb 
als ^Ilatur' betrachten, ba in ben meiften gälten bie Bebeutung eines 
Kultur Vorganges gerabe auf ber (Eigenart beruht, bie i^n pon anbeten 
unterfc^eibet, toä^renb umgele^rt bas, uws i^m mit anberen gemein« 
fam ift, alfo fein naturtDijfenfc^aftlic^es IDefen ausmacht, ber ^iftori« 
f c^en KulturiDiffenfc^aft unoefentlic^ fein oirb." 3n biefer IDeife oet« 
fid^t Ridett ben ©egenfa^ oon Ilatut« unb Kultutoiffenfc^aftem 

IDie ftellt fi^ (Dflroalb 3u unfetcm (Begenftanb? — 3n bem flufbou 
bet IDiffenfi^aften, ben et in feinet ^p^ilofop^ie bet IDette' baticgt, 
untetf^eibet et btei (Bruppen oon IDiff enf d^af ten : ©tbnungsmiffen* 



22 IL Die SteÜmtg öer natürtpiffent^oft im St^fteme öer tPiffenf diaften 

öet gegebenen Ilatur gefc^aff en ^at. (Die berechtigte Unter f^eiöung oon 
SiDiIifation unö Kultur ift im flugenblid nebenfäc^lid}.) (Beifi aber 
normen wir nun eben öas Prin3ip, öen Scbopfer öer in öer Kultur 
roirlfamen unö obieftioierten Umformung, ©eiftesroiffenfc^aften alfo 
finö nac^ öen eben gegebenen Beftimmungen U)iffenfrf?aften oon öen 
öurc^ öen ®etft erseugten, 3U)cdbc3ogencn ©ebietcn öer U)irflic^Ieit 
— oöer, was fac^Uc^ öasfelbe befagt, KulturtDiffenfc^aften. 

Don öer notroenöigfcit öiefer Trennungen legen unberoufet unö 
U)töer i^re eigentliche -flbfidjt duc^ jene 3ßugnis ab, öie nic^t mnbe 
roeröen 3u nrieöcr^olen, alle U)iffenfc^aften feien im ©runöe Ilatur* 
u)if|enfc^aftcn. U)ie oiele roeöer naturroiffenfc^aftlic^e noc^ natur* 
p^ilofop^ifc^e (Elemente finö ettoa in ^aeclels bclanntem populären 
VOttl enthalten ! flusfagen über öie (Enlftc^ung unö (Entroidlung öes 
(E^riftentums, über erlenntnist^eoretifd^e unö metapbyfifc^e Pro* 
bleme! Die (Erörterung öerartiger (Begenftönöe naturtDiffen|d^aftlic^ 
oöer naturpl?ilo|op^if(^ nemitn, Reifet in ein unöiffercn3iertes Denfen 
oerfallen. Ä^nlic^es gilt oon ©fttoalö. 3n einigen jeiner IDerte oer* 
folgt er öie ®e?*i^te öer c^emifc^en Wiflenfc^aft, öas U)cröen unö 
UJirlen „großer IHämtcr". Das aber |inö u)ieöerum (Beger.ftänöe, öie 
nur bei einem öle Derfc^ieöcn^citcn nioellierenöen Dcrfa^ren 3u öen 
HaturtDiffenfc^aften gerechnet roeröen lomten. ©fttoalö felbft fie^t 
fi^ in feinem er mahnten Aufbau öer IDiffenfc^aftcn oer anlaßt, öen 
oon i^m fonft, münölic^ wie fcferiftlic^, oerfemten ©eiftes* oöer KuU 
turroiffenf^aften ILribut 3U 3onen. (Er glieöert öie HaturiDiffenfd^af* 
ten in energetifc^e unö biologif^e Dif3iplinen. 3ene rieten fi^ auf 
öie leblofe, öiefe auf öie lebenöige Ilatur. 3nner^alb öer Unteren aber 
entgeht nun au^ Öfttoalö nic^t einem gen)iffen Dualismus. Huc^ er 
fpnc^t oon „ffirfc^einungen unö BetottgungeUr roel^e öem IUenfc^en 
imSegenfa^ 3U allen anöeren Cebeioefen eigen finö". Dem* 
3ufolge gelangt er öann au^ 3u einer „Kulturologie", öie — mag fie 
unter einem geroiffen, freiließ nidjt erfc^Spfenöcn (Befic^tspuntt als 
angeunmöte oöer fpe3ielle Biologie gelten öürfen — öodb öer Sadje 
naii eben nichts anöeres als Kultur» oöer ©eiftcsroiffenfc^aft öarftellt. 
U)03u aber öann jene Derabfolutierung öer HaturtDiffenfc^aft, too« 
öurc^ namentlich bei populären Gelegenheiten eine arge Der* 
roirrung entfielen mufe? — Hiemanö leugnet, ba% öie 'geiftigen* Dor* 
gange £ebensäufeerungen öes IUenf^en, öes Iompli3ierteften IDir* 
beltieres, finö, fi^ öemna^ auc^ öurc^aus 'biologif^er' Betrachtung 



24 IIL tPefen unb Potttttsfcftmtgen 6<s nattttetfennens 

tun9, ^f^t) fu^t, oon öem Snöioibuellen als folgern abftra^iert. 
3foHcr€n6et Äbfttaftlon aber bcötenen |ic^ alle lDiffen|c^often 31« 
Beftimmuitg unb ^tDinnung i^er ®egenfi&nöe, mag auc^ bie IJle« 
t^ob« im einseinen Je na^ ben ©bjeften unb 3tclen oerfc^ieben fein. 
Sofern Halur* ober KuHurnriffenfd^aften babei auf bie ffirmitttung 
oon ^Urfa^e unb DWrIung'' ousge^er, unterliegen (ie berfelben Kau* 
fallategorie, u)emgftens fofern berenreinlogif^e Strultur in grage 
lonunt. Oettn logif^ ift es oSIIig gleichgültig, ob bie in bem Kaufat 
oer^ältnis iwmx Dorgänge behauptete <5e{e^magigfeit empirif^ 
nur einmal, u)ie etuw in ber ffirf^einung nnb Beu)egung Cutters ober 
Hapoleons auftritt, ober ob fie beliebig oft angetroffen werben lann, 
roie in iftn experimentellen ttaturrDiffenjc^aften. 

Itac^ allebem bürfen roir jagen: fluc^ ^eute noc^ ftammen tro^ ber 
(EintDonbe alle ©bjefte ber IDiffenf^aft „aus ttatur unb ©eiftesroelt". 
(0er (Eitel biefer Sammlung befielt alfo bur(fyius 3U Re^t.) Diefe 
Seftftellung foU leine ®eringf(^ä|^ung gegenüber ben in mancher ^in* 
fic^t Ilärenben Unter fuc^ungen ber legten 3a^t sehnte, fpesiell ber Ba« 
bener SAuIe, bebeuten, fonbern nur bies 3um flusbrud bringen, bQ% 
ber '©eiff bas Prin3ip ber Kultur ift unb bleibt. ®b man alfo Don 
©eiftes* ober Kultur ujiffenfc^aften fpri^t, ift im ®runbc ein blofeer 
IDortftreit. Das ffntf^eibenbe bleibt bas geft^alten an bem <5egen* 
fa^e 3nrif(^en unmittelbar oorgefunbener Itaturunrllic^feit unb ber 
burc^ ©eifiestätigteit erseugten IDertoirflidjfeit. , 

Drittes Kapitel. 

IDefeit unb Ooratisfelttitdett btt Ratitrerfeniteit^. 

I. tOefen. 

(Erfahrung ^eigt bas tDort, bas u)te laum ein sroeites beim Ratur« 
forf^er in flnfe^en fte^t. Rtit ber firfa^rung \\äi in (Einflang 3U wif* 
fen, ift i^m eine fixere Bürgf^aft ber TDaffc^ftii; gegen bie ffirfa^rung 
oerftofeen, Reifet für i^n, bie ^nbamente bes <&tlennens erf^üttern. 
Was aber bebeutet (Erfahrung? £s ift tein gan3 einbeutiges VOott 
(Erfahrung larni foroo^I eine gülte oon n)a^rne^mungen bebeuten 
als audi 3ur Be3ei(^nung bes Probuftes bienen, bas erft burj^ ge» 
banllic^e Bearbeitung bes R)a^ne^mungsmaterials 3uftanbeIommt. 

ntan über3eugt fi^ leicht, ba% n)al^rne^mungen bie le^te <6runb< 
läge bes Raturerlennens bilben. R)effen Auge nie bie <5egenftanbe 



26 IlL tPefen unb Porausfe||mt^en 6es ttatttrerfennetts 

es gelingt, btn Segenftanö 5er Kontrolle öes <E|^erimentes 3u unter« 
merfen. Das tDefen öes (Experimentes befte^t öarin, öurc^ fort« 
^efe^te Oeranberung ber Bebingungen ben Eintritt unb bie (Eigen«' 
ort eines Dorganges 3u beobachten. (Ein (E^eriment ift bes^olb 
nur bann moglit^, mexm berfelbe ober ein oljnli^er Dorgang fic^ 
roieber^olen läfet. Hic^t alle ©cgenftonbe ber Ilaturu)iffen|c^aft finb 
bem (Experiment 3ugangli(^. (Bebirgsformationen unb (Befteine etuw 
muffen in ibrer unmittelbar oorgefunbenen (Eigenart beobachtet unb 
ftubiert werben, fluc^ ©bjelte roie bie Sterne finb ber Beeinfluffung 
burc^ ntenf^en^anb nic^t untcrtDorfen. 3n ber flftronomie oollsie^t 
fic^ bas „(Experimentieren" glcic^fam nur auf feiten bes flftronomen, 
nid^t bes oon i^m 3u unterfuc^enben ©egenftanbes. Dur^ BeobaA* 
tung unb ÜTeffung ber am Sternhimmel fic^ ooU3te^enben Deronbe« 
rungen fui^t ber flftronom mit ^ilfe oerfc^iebener (Einftellung bes 
$ernro^rs bm Cauf ber ©eftirne genauer 3u ermitteln. Aber fein 
©erfahren bebeutet fein (Experimentieren im engeren Sinne, fonbern 
nur allgemeiner ein forgfames, tDiffenfc^aftlic^es Beobachte«. 
^ Ourc^ (Einführung bes (Experimentes erfäljrt eine IDiffenfc^aft flets 
eine geroaltige Bereicherung. (Experimente finb geeignet, i^r einen 
^o^en ®rab oon (Benauigleit ober, toie man 3U fagen pflegt, (Exaft* 
^eit 3U ©erleiden — o^ne ba% bes^alb alte ni(^t'»expetimentellen IDif* 
fenfc^aften fc^Iec^t^in ungenau ober unexaft fein müßten, fluc^ p^ilo* 
logie unb ©cf^ic^tstDiffenf^aften galten auf 'flfribie' ! Die Straffheit 
ber Utet^obe (welcbe le^tere je nad^ bm ©bjelten fic^ oerf^ieben ge* 
ftaltet) binbet bie Sorf^er auf allen ©ebieten. IDer ein u)iffenf(^aft« 
li^es £anb betritt, ift gleiAfam beim erften Schritte frei, beim 3U)eiten 
bagegen i^at er gebunbene IlTarfc^route. flnberfeits ift bie (Exaft^eit 
auc^ f(fion aus bem ®runbe tcin Privilegium ber experimentellen 
IDiffenfc^aften, rocil bas blofee dipexlmeni — als eine gleic^fam ro^e 
geftftellung oon lEatfa^en, eine Anhäufung bes 'Stoffes* — o^ne ge* 
bantli^e Ausbeutung gar nichts ober boc^ nur oer^altnismagig roenig 
für bie legten 3o>ecfe ber IDiffenf^aft bebeutet. Ceic^t unb ^ouftg 
ereignet fi^ 3ubem bie Derujed^flung 3U)ifc^en experimentell ermit* 
teltem (Eatbeftanb unb beffen t^eoretifc^er Bearbeitung. 3ft nic^t im 
©runbe f^on alles *gaftif*e* lE^eorie? 11 c^t nur (Boet^e, fonbern 
audi ein p^yfiler oon ber epoc^ema^enben Bebeutung eines Q. Qer| 
^at hierauf in ber (Einleitung feiner tltec^anif mit tlac^bruct ^in^ 
geu)iefen. 



28 HL tPcfen unb öorattsfe^mtgcn öes Itatttrerfenngits 

rung aus bereits belarmten Sefe^en unö (E^eotien 6e6u3tett mxxb. 
fyitte 3. B. Raoult efpetimentell ermitlelt, öafe für ein unö bosfelbe 
Xöfungsmittel öie reöujterte S(^Tnel3piittfterTtieört9ung — ö. ^. jene, 
öie 1 g Subftan3, 3u 100 g Cöfungsmittel ^in3ugefügt, betDirlt — um* 
gelehrt proportional feinem IlToIefuIargewit^t ift, fo leiteten t>an 
t'^off unö piand basfelbe <5efe^ fyllogiftif^ aus öer mec^anifc^en 
IDärmet^eorie ab. 

ffirroeifen fid? fo 3n6uItion unö Oeöuttion als unentbehrliche unö 
3ufammengf^örige gaftoren moöerner Itaturforfc^ung, fo ift i^r er* 
folgrci^es 3neinanöergreifen 3uglei(^ ein fdjlagenöes 3^ugnis für 
öie Befähigung unferes ©eiftes 3u fieserer Ilaturerfenntnis. ffin mat« 
ter Sfepti3ismus wirb ^ier öurc^ öen (Erfolg fiegrei^ ujiöerlegt. Un« 
leugbare lEatfac^en mk öie jiftronomifd^e Dorausfage bis auf öen 
Bruchteil einer Sefunöe oöer eine ärstli^e Diagnofe mit ^ilfe öer 
Röntgenftra^Ien, eine (Enungenfc^aft öer P^yfil wie öie öra^tlofe 
lEelegrap^ie oöer öer ftol3e flufftieg eines Cuftfc^iffes befunöen ein* 
öringlic^er als lange abftrafte Ausführungen öie datfac^e, öafe in öie* 
fen unö ä^nlic^en Sollen unfer Streben nac^ Haturerlenntnis feine 
Utopie roar. Illan öarf ^ier geraöe3u oon einer abfoluten (&nrei* 
^ung öes (Erlenntni$3ieles fprec^en. Denn öie richtige Rechnung, öie 
3u einer ffntöeclung oöer tec^nif^en ^finöung fü^rt, ftimmt eben. 
Don einem Rle^r oöer IDeniger 3U reöen, ift ^ier finnlos. SinuDoII 
^öc^ftens unter einem gan3 anöeren <5efi^tspunfte. 3eöer (Begen* 
ftanö öer Ilaturerfenntnis nämlic^ ift unenbliä^ex Beftimmung fö^(1g, 
roie jeöe (Erfinöung unbegren3ter Derbefferung. Darum Ift in öiefem 
Sinne jeöe Raturerfenntnis, wie lebe ÄErfenntnis überhaupt, tro^ 
jener flbfolut^eit i^rer (Bültigfeit öoc^ oieöer mit einem relatioen 
3nöef behaftet. 

Ri^t immer, ja nur in oerpitnismäfeig feltenen Sollen, ift öas iöe* 
öle 3i^If fei es öer toiffenfc^aftlic^en (Erfenntnis im allgemeinen oöer 
fpe3iell öer Raturerfenntnis, mit einem Schlage erreichbar. Rtü^fam 
mu| öer Sorfc^er oft einen fteilen Berg erflimmen. Als toertpolle, ja 
unentbe^rli^e Krüden aber öienen i^m öabei öie ^ypot^efen. 
3tDif^en öem apoöiftif^en Urteile : es ift nottoenöig fo unö öem äff er* 
lortfc^en: es ift fo (wobei öiefe Urteile aud} negatio fein fonnen) be* 
finöet fi^ öas problematif^e Urteil: es famt fo fein, ^ypot^efen finö 
Urteile öer Unteren S^rm, flusfagen über öas, roas fein fann, toos 
mdglic^ertDeife ift. Die Qypot^efe im toiffenfd^aftli^en Sinne ift ein 



30 11!. IPefen unb Porttttsfe^ungen 6es Itttturetfennens 

ben oielme^t „bk Qypot^efen aus bm (Erfc^einungen Öeöu3iert'': in 
hac philosophia (sc. experimentali) hypotheses deducuntur ex 
phaenomenis et redduntur generales per inductionem. Somit untet« 
f^eiöet HctDton 3toci Arten oon ^ypot^cfcn: empirif^ i)erifi3ictbatc 
unö emplrif^ nid^t oerift3ietbote, tDie wir feine iluffoffung umf^rei* 
ben lonncn. fl^nli^es gilt von 6em Der^dtcn eines lebenöen Ilatut* 
fotfc^crs gegenüber 5en Qypot^efen. ©ftioalö bemerft in 6et Dor* 
reöe 3u feinen Dorlefungen übet Hoturp^ilofop^ie, et ^abe fic^ be» 
mü^t, ein Bu^ 3U fc^teiben, „in toel^em feine ^ypot^efe aufgeftellt 
oöer benu^t tootöen ift". Dobei oetfte^t et untet Qypot^efen folc^e 
flnno^men, „toel^e übet öen no^toeisbaten (Eotbeftonö öet 6ar3u» 
ftellenöen (Erfc^einung ^inousge^en, unö öeten Ric^tigfeit fic^ nic^t 
efperimentell prüfen läfet. 3nsbefonöete ift eine ^pot^efe öaimtd^ 
gefenn3ei(^net, öafe fie öet Itlannigfoltigfeit öes äotbeftönöes ge* 
öa^te toeitere IKannigfoItigfeiten ^in3ufügt, öeten tDirfli^es Dot« 
^anöenfein nic^t no^toeisbar ift". Bei öem „oöllig legitimen" toiffen* 
f^aftlid^en Hilfsmittel öet ootläufigen Annahme oöet Ptotot^efe 
öagegen toitö nac^ ©ftioolös Definition „öet Beoboc^tung ni^ts ^in* 
3ugefügt, toas fic^ öet Prüfung ent3ie^t, fonöern umgele^rt aus öet 
(Erfahrung ein Sdfini gesogen, 3U öem Stoede, i^n öet Prüfung auf 
öen Umfong feinet ©eltung 3U untettoetfen". fllfo : ©fttoalö le^nt, 
gan3 im Sinne Hetotons, ivoat beftimmte, gtunöfS^Iic^ ni^t efpeti» 
mentellnac^ptüfbote ^y po tiefen ab, öo4( behält auc^ et eineanöete 
Art oon no^ nic^t in öet (Erfa^tung beftotigten, obsumt an fi^ oeti» 
fi3iei baten „Annahmen" bei, öie et bann als Proto tiefen besei^net 
Sein frü^etes Detöift übet öie Atomt^eotie ^at ©fttoalö instoif^en 
aufgehoben. 3üngfte Sotfc^ungen, toelc^e öie (Efiftens öet IRoIefüIe 
efperimentell ermittelten, beftimmten i^n Öa3u. — IDeit entgegen* 
f^mmenöet oer^ält fi^ ^oedel, unö 3iDat untet Beibehaltung i^tes 
Hamens, gegenübet öen Qypot^efen. Souw^I ^infi^tlic^ i^tet dat* 
fäc^Iic^feit in feinem eigenen Syftem als auc^ i^tet Unentbe^tli^feit 
in öet UHffenfAaft über^upt. 3n öet IDiffenfd^aft ©ie im täglichen 
Cebett feien U)it 3um „(Blauben" (im toeiteten Sinne) genötigt, 3u 
Dotftellungen, „toel^e öie Cüden öes IDiffens ausfüllen oöet an öef* 
fen Stelle tteten". IDet auf foI(^e Annahmen gan3 oer3i(^tet unö eine 
IDiffenf^aft blog aus „fixeren (Eatfa^en" aufbauen XDolh (tote es 
oft oon „befc^tänften Köpfen" in öet moöetnen fogenannten ey aften 
tlatuttoiffenf^aft gef (^e^e), öet oetsic^te öamit auf öie (Erlenntnis öet 



32 Hl. TPefen nnh Porausfetungen bcs ttatttretfennens 

fop^ie als Denfen öer IDcIt gemäfe 6em Prtn3ip öes Ileinften Ktaft- 
ma^es, finbet in öet heutigen Betoegung bts pragmoüsmus fomte in 
öet PenftDeife eines Ittac^ unö Poxncati ilfct $ortfe^ng. Illa^ bf 
finiert in feinem IDetfe 'i&cfenntnis unö 3rrtum' öie (Erfenntnis ab 
Anpaffung öet (Beöanlen an (Eatfac^en oöer Anpaffung öet (Beöanlen 
aneinanöet, mithin als eine fltt Seleftionsootgang. Det Ptagma» 
tismus nennt mit 3amcs loa^t alles, loas fic^ auf öem (Bebiete öet 
intelleftuellcn Übet3eugung aus beftimmt angebbaten ©tünöen als 
gut ettoeift. flu^ et bettac^tet öie IDa^t^eit als einen flnpajfungs* 
pt03e6, bei öem es fic^ um öie Detifi3ietung altet Dotftellungen öutc^ 
neue (Etfa^tungen, um öie (Einotönung öiefet in jene l^anöele. So 
finöet öet Pragmatismus in öem (t^eotetifc^, intelleftuell) Btau^* 
baten ein Kritetium öet IDa^t^eit. (Et etfennt alfo öie IDa^t^eiten an 
il^ten gtüc^ten, i^ten (Etfolgen — nic^t für itgenötoelc^e 3i^lß» fon* 
öetn eben nut für öie 3ißl« unjetes 3ntellefts. 3n|ofetn tteibt öer 
Pragmatismus eine fltt intelleftuellet (Erfolgspolitif. Begibt et fi^ 
öamit nic^t, loie alle politif, auf einen |e^ ft^lüpftigen Boöen, auf 
öem öie DettDe^jlung öes Hü^lic^en mit öem IDa^ten oft {(^toet 5u 
oetmeiöen ift? Det Pragmatift toirö ettoiöetn: ^bt i^r b^nn übet- 
^aupt ein anöetes Kriterium, öas IDa^te 3u etfennen, als öafe i^t am 
gebli^e IDa^t^eiten öut^ i^te Braud^batfeit 3ut (Entöedung neuer 
IDa^t Reiten, öutd^ öen (Erfolg, legitimiert? Die grage ift an fic^ öutc^* 
aus bete^tigt unö fü^tt in fc^wietige logifc^e (Beöanlengfinge hinein. 
n)ie immet man fie beanttootten mag, fo oiel ift getoig : walft unö 
toitlK^ ift oft genug etnms, toas fid^ (minöeftens ootfibetge^enö) als 
übetaus „uubtauc^bat^ettoeift, toas gan3 unö gat ni^tin öeniis^eti« 
gen 3ufammen^ang unfetet IDa^t^eiten paffen tpill, loas liebgeu)ot* 
öene (E^eotien umftöfet unö uns 3rDingt 3um Umlet nen. IDet fie^t 
ni^t, öafe es füt öie Aufnahme neuet IDa^t^eiten eine feinestoegs 
günftige Dispofition ift, mit öet flnetfennung eines bis öa^in un^ 
ct^örten IDirllic^en nnb IDa^ren 3U »arten, bis fic^ feine Brau^* 
bar feit ^erausftellt! ©lonomie er3ie^t praftifd^ unö tljeoretif^ leic^ 
jur (Erägl^eit unö, roenn öer flusörud erlaubt ift, 3ur SpiefeigJEeit. Sie 
lommt oor lauter Sorgen, ob etrods mo^l „praftifc^^ift, nit^t 3ur mut^ 
gen 2at, öie fi^ auf einen neuen ®3ean »agt. Die IDa^rl^eit ift oft 
^art. ni(^tjeöer lann fie ^ören. Utan^erftirbt an i^r. Seelif«^, toenn 
et eine unauf^ebbate (Erfc^ütterung feines IDefens erfährt, öie i^m 
Cebensiraft unö Cebensfreuöi gleit raubt. Körperli^, xoenn er etu^a 



84 IIL topfen urtb OoTattsfftMwgen 6ts ttahitctfgitnens 

II. Doroitsfetitttden bt% ttotitrerfennens. 
1. Die Httgentoelt ttaltt Hatutoot gange. 

tMe aügcmeinfte Dorausfc^ng feet Ilatutu)iffenfc^ften i|l offen« 
fici^tli^ öie, öofe es überl^oupt ©egenftänöe im ollgemeinen, fpesiell 
(Begenjtänöe 6er Hotur gibt, Me 6er (Erforf^ung irgenönne 3ugangli^ 
fiTt6. Die HoturtDiffcnfci^oft ftrcbt no^ objeftioen Beftimmungen 6er 
Haturgegenftänöe. (Es fragt fi^ aI{o, tDorin 6iefe ©bjeftioitot befte^ 
U)ie |ie erlenntnist^eoretif^ 3U 6euten ift. IDas Reifet objeftioe Wxib 
li^feit im Sinne öcr Iloturu)i|fenf^aft? Die S^öge gipfelt in 6cm 
Problem 6er flufeenroelt, 6eren <5egenfton6e un6 Dorgonge ie6et 
llaturforfc^er 3U unterfuc^en beabfici^tigt. Betont 6o^ pian^ es fei 
unmogli^ 3U leugnen, „ba^ 6ie gan3e bisherige (Enttoidlung 6er p^y* 
fifolij^en (Erfenntnis gera6e ouf eine mogli^ft n)eitge^en6e grun6* 
jäpti^e (Trennung 6cr Dorgonge in 6cr oufeeren Hotur oon 6en Dot* 
gongen in 6er menfd^Hc^en (Entpfin6ungsn)elt ^inorbeitet". 

Koum ettDos crj^eint 6em Coien als ein fo müßiger ®egcnfton6 6es 
Ilad^6enlens toie 6ie Sroge no^ 6er Reolität 6er flufeenwelt. 
flII 6as, tDir6 er fogen, toos uns umgibt, roos »ir mit unferen flugen 
fe^en, toos »ir l^ören un6 betoften, follte hur eine ©nbilbung fein, 
nur ein ttroum un6 feine ^on6greifIi^e IDirfliciifeit? 3ft es ni(i|t Ilarr« 
^eit, 3ö)eifel in 6ie IDirlH^feit 6er 6o^ loo^rgenommenen flufeem 
©elt 3U fe^en? IKoc^t oonen6s 6ie Ceugnung 6er Realität 6er flu|em 
»elt nid^t reif für ein Honen^ous? 3a, ift es ni^t ein f^Iogen6er 
BeiDeis für 6ie Unfru^tborfeit p^ilofop^if^er Grübeleien, »enn man 
überhaupt fol^e gan3 fcIbftocrftanMit^cn un6 unbe3U)eifeIbaren 
Dinge ou^ nur einen flugenblid in (Ertoägung 3ie^t? — ®ema^, lic* 
ber gefun6er HTenf^cnoerfton6 ! (Es ift eine ^errlic^e Soc^e um bid} 
un6 6eine Autorität. Aber ou^ 6ein flnfe^en toiegt nur fo oiel als 
6eine (5rün6e. Bift 6u 6enn wixlliii gefun6? IDo ift 6ein fltteft? IDer 
ftellt es 6ir aus? Dos beforgft 6u felbft. Du brou^ft biäi nur auf 6ic^ 
felbft 3U befinnen, nur mit fritifc^er Son6e bIo63uIegcn, was an 6ir 
»irhic^ gefun6 ift. (6e^ nur mutig ans IDer!. 3uoor6erft bift 6u ein 
noiocr Realift, »ie 6ic^ 6ie (Erfcnntnist^eoretifer *etifettieren'. Aber 
überlege nur ein tocnig, un6 6u »irft 6i(^ 3um Derloffen 6iefes primi« 
tiocn Sta6iums ge6rängt feiert. Der (6egcnftan6, 6en 6u too^nimmft, 
foll ein »irfii^er, objeftioer, realer (5egenftan6 fein, un6 3iDar fo, ©ie 
6u i^n eben »o^rnimmft. Der (6egenftan6 felbft gilt 6ir als färbig. 
Der \d)wax}t Körper, meinft 6u, ejiftiert als fol^cr, ou^ roenn er 



36 III. IDefen un6 Dorattsfelunsen bes ttaturerfenneiis 

gemiffet (Eatfa^en unö ift 4. o^ne Konfuneit} mit beffeten Qypo^ 
tiefen. 

Oemto^ begegnet Me flugemoelt manc^etlei (Einm&n&en. IDit be« 
fc^tänfen uns ouf ben p^Snomendiftifc^en (EintxKtnö, u)ie et uns bei 
öen Pofitioiften IlTa^, Kleinpetet unö Pe^Ib entgegentritt. Oiefe 
P^änomenaliften begnfigen fi^, n)ie i^t Home anbeutet, mit (Et« 
f (Meinungen obet IDo^ne^mungen, beten gefe^mägigeBeftimmungen 
3U etmitteln ollein bie Aufgabe bet tlatutfotf^ung fei. Die flugentr>elt 
fei eine but^aus fibetfififfige Annahme, (ßnteales Ding ift na^ DTac^ 
fein ttanf3enbentes (Etnxts, fonbetn lebigli^ bas ^®ebanfen{t|mboI 
füt einen ffimpfinbungsfompley oon telatioet Stabilität", fluc^ bet 
P^onomenalift lemtt eine oom SubfeK unb beffen IDillfüt unab^äm 
gige IDelt bes begebenen, b.^. (in feinet Spraye) bet *€mpfinbung*. 
Auf bet einen Seite ftc^t i^im bas Segebene, bie ftnpfinöungen, auf 
bie nac^ KIcinpeters gotmulietung ^in legtet 3nftan3 alles anfommt". 
Auf bet anbeten Seite bie ,,oieIfac^ geffinftelten ^ilfsmitteWet IDiffen* 
f^aft". ®b nun abet bie phänomenalen ©efe^mäfeigleiten o^ne tram 
f3enbentc Rcalfaftoren überhaupt petftänbli^ finb — biefe grage be» 
untu^figt oielc P^änomenaliften nic^t. ^iet 3eigt fi^ beutli^ bas Oet* 
^ängnisoolle bes einfeitig ge^anb^abten 6fonomieprin3ips. 3^^ 
nä^ft U)äte es offenbat bie einfa^fte Annahme, bie gan3e IDelt auf 
ben eigenen Beu)ugtfeinsin^alt 3U bef^ränlen. Unb 3U)at auf bm 
momentan gegentoättigen; benn bie Annahme eines bleibenben te» 
alen 2di ift beteits eine tealiftif^e ^ypot^efe. Oet Solipfismus wSxt 
fomit bie Konfequen3 bes teinen (D!onomieptin3ips. IDi^tiget obet 
ift ein anbetet ©efi^tspunft. IDeil metap^yfif^e ^ypot^efen füt 
bie empitif^e gotfc^ung überflüffig finb, bes^alb fommen fie füt 
fene P^änomenaliften unb Pofitioiften überhaupt ni^t in Betta^t 
Als ob es nic^t no^ anbete intelleftuelle 3nteteffen gäbe als bie bet 
empitif^en (En3elfotf(i|ung ! Oet P^änomenalift leibet on pofitioifti« 
f^et ©enügfamfeit. IlTag bie Hatutfotf^ung als fol^e o^ne IlTeta« 
p^yjil unb batum au^ o^ne bie metap^yfif^e ^ypot^efe bet Außen» 
toelt ausfommcn, leitete etweift fi^ als betec^tigt, ja als unoetmeib» 
li^ füt bie p^ilofop^if^e Deutung bet naturu)iffenf^aftli^en®biefte. 

Anbete p^änomenaliften toie B. (Itbmann — toel^et Ssmus toäte 
ni^t oielbeutig? — nehmen ausbtüdlic^ ein ttanf3enbentes, felbftän» 
biges, oon unfetem (Erfemten unabhängiges Scienbes an, bas bet et* 
femtbaten Außenwelt 3ugtunbe liege unb fid^ in feinen IDitlungen 



38 111. TPefen unb Porattsfeftungtn bts Itaturerfennens 

I Die Haturunnenf^often pflegen feine bewufete fluseinonöerfe^ng 
mitöemProblemöetflufeentDelt. Oenno^fotfd^enfie, *oIs ob' es eine 
f ol^e gebe. Sie richten i^r gan3es Detfa^ren auf öie (Ermittlung von 
Reolitäten, öie oon öem gegemDortigen BetDufetfeins* unö IDo^ne^« 
mungsin^dt öes ein3elnen Sor|c^ers oerf^leöen finö, alfo itgenötoie 
einen tranf3en6enten 3ufommen^ang ni^t blofe uw^rgenommener 
oöet gebartet, oollenbs ni^t blog geträumtet ober etngebilöetet 
©egenftonöe barftellen. 3n biefem Sinne alfo ift öie Bxinoifme einer 
realen flufeentoelt eine, obivoat oon i^nen {elbft nic^t roeiter erfemtt* 
nist^eoretif^ gellärte, Dorausfe^ng ber Haturmiffenfc^aften. UTan 
^at fie ni^t mit Unrc^t als bie „^ypot^efe ber ©nsetoifjenfc^aften 
par excellence" ((E. Becker) beseic^net. 

2. Die Ctfemtbat feit tealet Uatutootdilitde. 

fllle tt)iffenfc^ftli(^e Bemühung »äre oon oorn^erein (imtlos o^ne 
bie (Erroartung, ba% bie als flugenmelt por ausgefegte IDirflii^feit 
überhaupt erforfc^bar ift. Diefe (Erwartung fc^Iiefet i^rerfeits bie roei«' 
tere Dorausfc^ng ein, ba^ eine gemiffe ©rbnung in bcm Reiche ber 
flufeenroelt, alfo au^ ber Hatur, befielt. 3eber Haturforfd^er ftrebt 
na^ btt fluffinbung biefcr ©rbnung im Sein unb ©efc^e^en ber 
HaturtDirflic^feit. Kaufole 3wfammcn]^änge bilben fein 3iel. Heben 
bem Problem ber flufeentDcIt betrifft alfo bas Problem ber Kaufalitat 
eine 3U)eite allgemcinfte Dorausfel^ng ber Ilaturu)iffenfc^aft. 

KottfalitSt besiegt fic^, xo\e ber tlame befagt, auf bie causa ober 
Urfac^e. Diefe aber mufe oon ber ratio, bem ©runbe, unterf^icben 
»erben. Seinsgrunb unb (Erfenntnisgrunb finb sroeierlei. Die Unter* 
f^eibung gilt in boppclter ^infi^t. (Einmal, infofern bie logif^en 
Dorausfe^ungen, ctroa für bie (Bültigfcit eines Sc^Iuffes, ni^t ntit 
benr ealen Bebingungen irgenbeines (Bef^e^ens oermec^felt werben 
bürfen. Sobamt in folgenber ^infit^t. iDas oon Hatur früher ift, 
famt glei^rooy bas Spätere für unfere (Erfemttnis fein. Das betonte 
f^n flriftoteles. Die (Er f Meinungen, bie finnli^en IDa^rne^mungen 
bilben btn flusgangspunft bes begimtenben tlaturerfemtens. Dod^ 
finb fie in ber realen ©rbnung bas „Spätere", nämli^ IDirfungen, 
aus bemn bie Urfa^en erf^loffen U)er ben. 3m Stabium bes entroidel« 
ten Haturerfemtens bagegen famt gemäfe ber erörterten Perfle^tung 
oon 3nbuftion unb Debuftion aus ben erfannten Urfac^en bie IDir* 
fung oorausgerec^net U)erben. 3n biefem $alle ift alfo bas oon natur 



40 111. tPefeit ttw6 Porttttsff|ttW9en 6€s ttatttrerfeitwens 

mit ein etnsiget Oorgang. Aber, wtrtn mix nun oon allet raumli^« 
3eitH4en \owie and) von in^altli^«nebenfa(^n^et Petfc^ieben^eit eim 
mal obfe^en, fo behalten toit bodf no<^ etoms ®emeinfame$ fibtig. 
Kein $oH gleicht 6em anbeten bis ins Ileinfte. Unb bodf gibt es in 
ber Itbnnigfaltigleit oeruKtnbter $älle ein gemeinfames Allgemeines. 
ZRSgen bie jic^ ansie^enben ober abfto^nben Iltaffen fo oetfc^ieben 
fein wie 3U)ei Strei^^SIser einetfeits unb 3tDei QimmelsfStpet anbete 
feits, eine allgemeine Konftans be^ant in bet Perfc^ieben^eii (Eben 
biefes Allgemeine ift es, UKts bas Kaufalgefe^ in ber fpejiellen $otm 
bes tletpionfc^en Sraoitationsgefe^es als eines beftimmten llaturge« 
fe^es umf^teibi IDä^tenb bas Kaufa(prin3ip formal logif^en 
(Otaxaftex ttagt — mag man es als Oenfttotoenbigfeit ober nur als 
gorberung (Poftulat) anfe^en — , wirb es im Kaufalgef e^ in^altli^ 
erffiUt, unb 3rDar auf ®runb oon Beoba^tungen. Die Haturgefe^e 
rDur3eIn in ber (Erfa^ung unb finb i^rer (Bülügfeit nadi auf bie (Erfa^* 
rung bef^ränlt, alfo nur oon empirif^^inbuüioet i&ältigleit. Dabei 
ftimmen manche fogenamtte Haturgefe^e, U)eil auf ibeale, empirifd^ 
rn^t rein gegebene gSIIe be3ogen,über^aupt nur amto^ernb. Sie be* 
bürfen eines geu)iffen 2nbci, ber bie lonfreten Bcbingungen i^rer 
flnmenbung berüdfi^tigt. Boi|Ie unb Dtariotte fanben 1662 bas 
»)i<^tige ®efe^ nac^ bem bas Oolumen ber <&afe umgele^rt propoti* 
üonal bem Drud, fomit bcs probuK aus Drud unb Polumen fon^ani 
ift. Oiefes <5cfe^, bas nur für fonftante (Temperatur gilt, ift nur an* 
na^ernb ri^tig. Oasfelbe gilt oon bem ®ay<£uffacf^en ®efe^, bas 
fi^ auf bie flusbe^nung ber (Bafe unter bem (Einfluß ber Sempera^ 
iuroerfinberung besiegt. (Bay«£uffac fanb bie l)oIumen3una^me proi* 
portional ber demperaiursuna^me, unb 3uxir eine für alle (Bafe iben» 
tif^e 3una^mc. Spatere Derfud^e führten 3U bem Ergebnis, ba^ oer^ 
f c^iebene (Bafe oer f ^iebeneSpannungs'^unb ^sbe^nungsfoef fi3ienten 
befi^en, toel^e ledere toieber unter fi^ oerf^ieben finb, bog ferner 
|eber biefer Koeffi3ienten fi^ mit ber Oi^te bes (Bafes Snbert. Ho^ 
fpSter ftellte oan ber IDaals eine 3uftanbsglei^ung auf, bie unter Per' 
meibung ber bem ntariottefc^en orie bem (Bat|«£uffacf^en (Befe^ an» 
^aftenben Segler quellen eine U)eit genauere Beftimmung ermögli^i 
Don'eu)igen,e^ernen, gro6en®efe^en'3U reben, ift alfo, ftrenggenom« 
men, me^ oon pat^etif^^bi^terif^er als oon e;alt^u)iffenf<4aftlic^er 
Bebeutung, infofern loir jene Öefe^e 3nHtr 3U *poftulieren' allen 
(Brunb ^aben, o^ne fie iebo(^ empirif(| ftrenge naci^iDeifen 3U lönnen. 



42 In. TPefen unb Porausfetmtgen 6es ttatttterfennens 

toir itgen&eine Kraft, bie bas betmtKe. Das Out^einanber ift lein 
(Begenftanb bet Beobachtung toie bas tegelma^ige Hac^einonber 
faufaloetbunbenet Ootgonge. ttbet btn (Erfa^ungs«(empttif^{ym 
t^etif^en) d^ataftet bes Kaufalgefe^es ^ettf^t untet btn Kunbigen 
Sinftimmigleit. Hi^t bagegen borüber, ob bas Kaufalptinsip untet 
Dotausfe^ng feinet Aptiotitot obet Oenfnottoenbigleit als ein ana« 
lytif^es (Htiftoteles, Si^olaftil, Oescattes) obet ein fynt^etif^es 
(Kant) flptiori 3U gelten ^at, ob bie Utfäd^(i(^!eit als folc^e burc^ 
bloßes Oenlen aus bem Sef^e^en als einem Ootgange in bet 3^it 
(but^ beffen logif^e 3etgliebetung obet flnalyfe) auffinbbat ift, obet 
ob {ie 3U bem 6ef(^e^en ^insugebac^t loitb unb batum fijnt^etif^n 
S^ataftet ttägt. 

IDie man fi^ au^ in biefet Angelegenheit entf(^eiben mag, gons« 
li^ oetfe^It ift bie laien^ft anaIytif(^e$otmuItetung: 3e^en)itlung 
l^at i^te Urfac^e. Sol^e (tautologie fe^ bas 3U Beu)eifenbe üotaus. 
Denn es fragt fic^ getabe, ob alles Sein unb (Befc^e^en als IDitlung 3tt 
betrauten ift, obet ob ein fc^Ie^t^in utfptflngli^es obet utfäc^Iic^ 
(Ereignis mSgli^ ift. (Ein folc^es nehmen bie extremen, tic^tiget : bie 
'eigentlichen' 3nbetetminiften für ben fteien IDillensootgang als tDitl* 
li^ an. Sie fe^en fic^ bamit, voie naif bem Bis^etigen beutli^ ift, in 
IDibetfptuc^ mit natutn)iffenf(^aftlid^et Oenftoeife. Ob abet biefe 
auf btn Ootgang bes freien IDolIens mit Re(^t flnmenbung finbet, 
ift ni^t but^ einen blinben natuttDiffenf^aftlic^en Dogmatismus, 
fonbetn mit butc^ eine befonbete Untetfuc^ung met^obif^ einnmnb«' 
frei ju entf^eiben. 

aifo: bas regelmäßige flufeinanber — nic^t Ourc^einanbet — 
ift bas ein3ige, qkis roit empitifc^ f eftsuftellen oetmögen. flbet batum 
bebeutet nun boif mift offne Q)eitetes iebes tegelmä^ige Hac^ein« 
anbet eine laufale flb^Sngigleit. mit Rei^t u)ies Sc^open^auet in 
feinet betü^mten Oiffettation übet bie oieifa^e IDut3el bes So|es 
oom 3utei<^enben ®tunbe (principium fiendi, cognoscendi, essendi, 
agendi — (Brunb bes Sefc^e^ens, (Erlennens, Seins, ^nbelns) gegen 
Qume auf bie regelmäßige Hufeinanberfolge oon Sag unb Zla^t 
l^in, bie fein Detftdnbiget faufal ©erlnüpft benle. S^n biefes Bei» 
fpiel ma^t beutli^, baß bie bloße regelmäßige Aufeinanberfolge, 
beren geroo^n^eitsmäßige (Ern)artung Qume 3U ausfc^Iießlid^ be« 
tonte, nic^t bem IDefen ber Kaufalität genügte. Denn biefe ©et» 
langt bie Regelmäßigteit eines unmittelbat, b. ^. biteft unb um 



44 III. TPefen nnb Poratisfe^mtgen 6es ttalttrgrfennews 

genug IlTcnf^cn, öie on jene fc^Ioue 3i9cuncrin erinnern, ©elc^gjöner 
olten $rQu erflorte: S(^enlen Sie mir bie ^ube, bie Sie Quf bcnt 
Kopfe tragen, bann loerben Sie nie toieber Kopff^mersen bef cnnnen. 
Die glfidlic^e Befi^erin ber ^ube aber behielt btefe für fic^, flis fie 
]ebo(^ fpiter u)ieberum oon Kopff(^mer3en geplagt xombt, ftS^nte 
fie: Qotte i^ bie ^ube nur ber 3i9eunerin gegeben! Derartige Rm* 
menmor^en, bie oielfa^ als Qausmebi3in in flnfe^en fielen, be» 
ru^en roeniger auf erleuchteter als auf primitioer, oon inbipibueller 
Seffi^Isbetonung be^errf^ter Kaufalbetra^tung. Itlan lann bes«* 
^alb oon i^nen fagen, ba^ fie ben Sufall anbeten, ba^ fie nichts toiffen 
oon bem Unter f^ieb, ob etioas infolge ober tro^ eines anberen ober 
gan3 unabhängig oon i^m gefc^ie^t. 

Unlritif(^ ift enbli^ au<^ bie Deru)e^flung oonUrfa^e unb 
Bebingung, obglei^ gerabe ^eute oon mannen gerabesu ber (lr< 
fa^ bts Urfac^begriffs bmät ben ber Bebingung bsm.besBebingungs« 
lomplejes im Hamen ber IDiffenf^ft geforbert toirb. HamentH^ 
tritt Derioorn, unter erfi^tli^er unb aeitge^enber flb^ongigfeit 
oon VHa^, als eifriger flnroalt biefer gorberung auf. (Eine ftreng m\\* 
fenf(fyjftli^e Darftellungsroeife fcnne leine Urfac^cn, fonbern nur ge» 
je^mä^ige flb^ängigleiten. Kaufale ®efe^ma^ig!eit fei „fpeiulatioe 
Wlyftil", lonbitionale (Befe^mäfeigfcit fei (Erfahrung. Die laufale 
IDeltanj^auung muffe besl^alb ber lonbitionalen n)ei^en. S^n 
nun ^atte in feiner Cogil oon ber Jaunen^aften Art" gefproc^en, mit 
ber nrir unter ben Bebingungen bie Urfa^e aussuroo^Ien belieben. 
Co^e ffimpfte für ben ^Sa^ ber oielen Ürfa^en", beffcn tti^tbea^* 
tung „in bie traurigften Deru)irrungen ber Begriffe" hineingeführt 
Itabe. A^nli^ in unferen Sagen o. Kries, o. l^nfemann, Ribber t unb 
Kods. 

mit Re^t erinnert ber Konbitionismus batan, bog eine Summe oon 
galtoren an bem 3ufianbefommen eines jeben (Bef^e^ens beteiligt 
ift. Keine Bebingung fann fehlen, o^ne bog ber fonfrete Dorgang in 
feiner (Ban3^eit irgenbwie oeränbert roirb. 3nfofern finb alle (fon* 
freten) Bebingungen „glei^u)ertig, ©eil notroenbig". Aber — bie 
m^totkn ^ben es i^rem IDefen na^ mit allgemeinen, abftraften 3u« 
fammen^fingen 3u tun. flu^ bie Kaufalt^eorie maci^t leine Rus* 
na^me. n)enn fie oon Urfa^e unb IIKr lung rebet, fo greift fie aus bei 
Unenblic^Ieit ber Bebingungen einselne l^eraus. Rein nrilllürlic^? 
Keinesioegs. Sonbern auf 6runb ber Beobachtung, bog für bas 



46 ni. tPefen unb Dotousfe^ungen bts ttoturerfennens 



unö fann öatum bodj nxd)t beanfprui^en, öic Kaujolitot 3u öeröron* 
gen. Denn and} er reöet von '©eje^mäfeigfeit'. Darin aber ftedt öct 
(8runögeöan!e öer Kaufalität: öie notioenöige Derlnüpfung. Der 
!onfequent 3u (Enöe ge6a(^te Konbitionismus roüröe \\d} überhaupt 
in unmogli^e Aufgaben oerfhiden unö öamit öie HHffenfcfyifl felbft 
aufl^eben. Denn {eöer Dorgang ift in einer Unenölid^feit öon Be* 
öingungen oeranlert, öie alle 3U entioinen ein unmoglii^es Unter* 
fangen beöeutet (51üdli<^eru)eife aber beruht öie HHffenfc^aft auf 
flbftraltion oöer, roie man au^ fagen fann, auf ttypifierung, auf öct 
^erausarbeitung gan3 beftimmter, unter geoijfen (Befid^tspunlten 
]\il öarbietenöer typif^er 3uge in öer gülle öes Seins unö ©ef^e^ens. 
So öarf au* fpe3ien öie oiffenfi^aftli^e Kaufalerüorung aus öer Un* 
enöli^leit öer Beöingungen öie im lonireten galle unmittelbar unö 
regelmSfeig öorausge^enöen Beöingungen als Urfad^en ausoa^Ien. 
3a, fie mufe es tun, roill fie ni(^t auf fii^ felbft vtxi\d}im. Dafe ein 
Dorgang Ieöigli<^ unö f^Iec^t^in oon einer ein3igen *Urfa<^e' ^er«» 
rü^re, ift me^r öie Oentoeife öes ooroiffenf^aftli^en, populären 
Beoufetfeins als öie öer u)iffenf(^aftli<^ geläuterten (Erforf^ung oon 
Urfai^e unö IDirlung. (Kne erleu^tete Kaufalbetrad^tung unrö nii^t 
in flbreöe ftellen, ba% feöer Dorgang auf einer Diel^eit Don Beöin* 
gungen beruhe. Darum fann 3.B. öer biologifc^ Dertreter öer ttnt*' 
oidlungsmei^anil, VO. Rouf, öer mit Deroorn roegen öes Konöitio» 
nismus in literarifd^er ge^öe liegt, öarauf ^intoeifen, er ^abe in fei* 
ntn Schriften ftets „öas IDort Urfa^e eines ©efc^e^ens in öem Sinne 
einer Be3ei<^nung für öie ffiefamt^eit unö Konfiguration aller an 
einem ®ef(^e^en beteiligten gaftoren oöer Komponenten gebrandet". 
Sooiel über öas IDefen öer Kaufalität. Unfere grage, ob unö im 
oief ern öie Kaufalität alsDorausfe^ng öer HHffenf ^aft gelten mufe, 
ift bis je^t erft teilroeife beantwortet, ds erübrigt öie Unterfud^ung, 
üjel^es öie Dörausfe^ungen öer Kaufalität felbft unö i^rer 
flnoenöung finö. — IDie lommt es, öafe ein lenlbares Cuftfc^iff auf* 
fteigen fann? IDelc^es finö öie allgemeinften Beöingungen feines 
flufftiegs? Die Antwort lautet: IDeil es leichtere Stoffe als £uft gibt, 
oeil es mogIi<^ ift, öem nac^ beftimmten med^anifc^en Prin3ipien fon* 
ftruierten, con einem UTotor getriebenen Cuftf^iffe eine (Eigenge* 
{(^roinöigfeit gegenüber öem tPinöe 3u geben ufu). Ä^nlic^ perfa^en 
n)ir, mmn mix öas gallen eines flpfcis aus öer allgemeinen Sd^roer* 
traft, öer flnsie^ungsfraft öer Korper, ableiten. ®ne öerartige (fau» 



48 IV. (bunten unb Wni hts tlatttrerf^nnens 



tatioe, öa^er im Prii^ip meßbare unb berechenbare, Be3ie^ungen 
betoegter Elemente jurüdfü^rbor. ®b aber biefe OorausfeluTtg auf 
öas (5an3e öer IDlrfli^Ieit ausgeöe^nt tperöen 6arf, ift eine $tage, 
öie auf (Bruno blofeer Dernunfterroagung (a priori) md)t bejaht roer* 
&en lann unb mit Rüdfi(^t auf öie (Erfahrung (a posteriori), roie fic^ 
jeigen rolrfc, oerneint werben mufe. HHr rühren bamit an öie grage 
nad^ öen (5ren3en öes tlaturerlennens. 

Diertes Kapitel. 

(Sreitjeit tin6 lOert 6e$ Itotitrerfennens. 

1. ^renjeit. 

Unfere flufmerifamleit gilt im folgenöen ni^t öen 3ufaIIigen<6ren* 
3en, öen no^ ^eute befte^enöen Cüden inner^Ib öer tlaturtDiffen* 
fc^aft, fonöern öen grunöfa^Iic^en, unauf^ebbaren Sc^ranten, in öie 
öas Üaturerlennen gebannt bleibt. Über foli^e 3u reöen — lönnte 
mancher Ilaturf orfi^er, Don feiner ©nftellung aus öurcfyius mit Re^t, 
meinen — erübrige |i(^. IDenn fie unauf^ebbar feien, lümmerten 
fie uns ni^t roeiter. bod} öie p^ilofop^if(^e Betra^tung per^alt fid^ 
^ier leinesoegs fo gleichgültig. Sie fie^t in öen (6ren3en öes (Er« 
lennens ein eigentümliches ©bjeft i^res Hac^öenfens. 

flilgemeinfte (Brensen finö oie jeöer ©iffenf^aftli^en (Erlenntnis 
fo au^ öem Haturerlennen geftecit. Sie liegen 1) in öer eftenficen 
Utennigfaltigfeit öes Seins unö ffief^e^ens. fllle HHffenfcfyift beruht 
auf flbftraltion unö ^at öem3ufoIge ^ets nur einen beftimmten Aus* 
f ^nitt öes IDirllic^en 3um ©egenftanöe. fluc^ öort, roo fie auf Kaufd** 
analyfe gerichtet ift, beftimmt fie immer nur ein relatio Heines, ob* 
3tDar toac^fenöes Stüd öer IDirtli^teitsIurpe. 3eöes (Befc^e^en, bos 
Sallen eines Hpfels u)ie öie (Entfte^ung eines £ebeu)efens, befinöet 
fi^ in einer Unenöli^leit pon Besie^ungen 3u anöeren Slieöern öer 
IDirllic^Ieit. Darum ift in jeöem Salle öie fogenannte (ErHSrung, 
matam irgenöein (Befc^e^en mit einem anöeren 3ufammentraf, im 
(Brunöe nur ein Schema, öas uns öen 3ufammen^ang öes ©efc^e^ens 
in feinen (BrunÖ3ügen ein oenig erhellt. Alles befonöere ©ef^e^en 
aber, öie gan3e inöipiöuelle IlTannigfaltigleit öer IDirtlic^Ieit, bleibt 
aus öem allgemeinen Schema unableitbar. ®eraöe öarum ift au^ 
nur fo tpenig porausbeftimmbar. Zllan öen!e an {ene 3a^Irei^en 
tDe^felfälle — man nennt fie mit einem etoas fc^illernöen flusörud 



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60 1V > <5ren3en unb tPcrt öes ttoturerfennenf 

barer Sufammcn^änge öes IDirlli^en beseic^nen alfo t^rcm IDefen 
nadi öie äufeerftcn (6rcn3fteine, iwi\äien öenen fi(^ alle Haturfor j^uhg 
abjpielt. (®b man ^ier oon (Brensen öes Haturerlenncrts fprec^en 
t9(M, ift fc^Iiegli^ eine $rage ber Benennung, tpel^e bie Sa^e felbft 
nii^t berührt.) 

Aus bem Bisherigen folgt, bag alles Raturer!ennen 3) an btm Un« 
oernünftigen ebenjo roie an bem Unerfa^baren feine Sc^ranle finbet. 
ds folgt bies aus bem IDefen bes Haturerlennens, wie es im öorigen 
Kapitel enttoidelt iDurbe. Die UTat^ematiler ^aben bie fogenannte 
(ßuabratut bes 3itlels als ein unfinniges Sc^einproWcm erlannt, bie 
P^yfiler bie Bemühung um ein perpetuum mobile aufgegeben, toeil 
fie beffen reale Unmogli^Ieit im Rahmen bes uns belannten Ilatur* 
gef(^e^ens einfa^en. €benfo fonbe ber flftronom fein €tlenntnis* 
öbleft in einem Stern, öon bem i^m bisher in leiner IDeife bur^ 
birelte ober inbirefte finnli(^e IDa^ne^mung Kunbe warb. 

IDie aber fte^^t es mit bem f ©genannten IDefen ber t) nge? S^n* 
bet unfer Haturerlennen au<^ an i^m eine prin3ipielle Sc^ranfe unb 
in oeldjem Sinne etwa? — Ceic^t ift einsufe^en, bafe wir but c^aus fln» 
lafe ^aben, Don einer IDefenserlenntnis ber Dinge unferer raumseit* 
li^en IDelt 3U reben. Dringen wir boii beifpielsweife immer tiefer 
in bas IDefen beftimmter Kranl^eiten ein. IDir erlennen in gewiffen 
Ba3inen bie fpe3ififd}en Erreger gewiffer Störungen im ©rganismus, 
unterfc^eiben bie einen gunftions^emmungen ober ©rganflörungen 
fe^r beutli^ Don anberen unbjerforf^en immer genauer ben Bebin» 
gungslomplef. IDenn ferner ber P^yfiler fi<^ mit Dorliebe ber DJen* 
bung bebient, eine ©ruppe oon drf^einungen ^beru^e" auf biefem 
ober jenem „Prin3ip", fo ^at au(^ er bamit in biefem Sinne burc^aus 
eine IDefenserlenntnis ber betreffenben Dorgänge erlangt, flusbrfict* 
Ii(^ betont barum ber P^yfifer Kayfer, es gebe Pro3effe, bie uns „bas 
wirllic^e IDefen ber IDärme erlennen laffen^. IDas in aller IDelt foHte 
benn au(^ „IDefen" für bie empirifi^e gorfc^ung anbers bebeuten als 
ber Inbegriff ber UTerlmale unb gaftoren, an .beren Dor^anbenfein 
gerabe biefer Dorgang im Unterfdjiebe Don allen übrigen gelnüpft ift? 

Die grage nadj ber IDefenserlenntnis ber Dinge fann noc^ in einem 
anberen Sinne Derftanben werben, nämlic^ als bie grage nac^ bem 
IDefen ber Dinge, fofern es als *^inter^ ben erfaßbaren Dingen ©er» 
-borgen gebat^t wirb. §ier barf ba^ingeftellt bleiben, ob unb in vod* 
äftm Sinne ein fo gefaxtes IDefen ber Dinge cernünftigerweife ©b* 



52 IV. (Brenjen unh tDert bts ttaturerfenitens 

(BetDaltftreic^, eine übertoiffenfc^ftHi^e Sntfc^eiöung, gan3 allge* 
tmin nvtx öie S-^age als finnoon unö bere^tigt ansuerfennen, öie im 
Bereif trtffenf^aftli^et Srageftellung auftaucht? Ueben 6er grage 
naäf 6em Sein taucht öie toeniget ötingli^e, abet gan3 anöets« 
attige na^ bem tDert e auf. (Befe^t, öas (Erfa^ungserfennen ^oüe 
alle S^ögen na^ öen Haturerfc^einungen, i^ren iBefe^en unö 3ufam* 
men^ängen reftlos beantoortet, fo rooren öamit no(§ unerleöigt öie 
fogenannten tebens* unö ©emütsfragen na<^ „Sinn unö Beöeutung" 
öes Haturgansen, nadi „3ieV unö ^5^^^** unferes eigenen Dafeins, 
öle (Brunöfrage: „D)03u finö mit auf (Er öen?" ^at iemals öie IDiffen*» 
fc^aft auf fol^e gcagen Reöe unö flntoort geftanöen? Sie oermag 
es i^em IDefen na^ ni^t, wenn {ie fi^ felber re<^t begreift. Sie 
ftcebt, tDiei^ Harne an}eigt, nac^lDif fenunömufeöent ©laubenöas 
iffm gemäße Selö einräumen, o^ne einen IDiöerfpru^ 3U)if^en beiöen 
öulöen 3U tonnen. Hur eine unlritifc^e (Beiftes^altung fann öarum 
Don öer IDiff enf^ft erhoffen unö »erlangen, oas eine Angelegen« 
^eit öer IDillenjc^ft, öes 6(aubens unö öer flber3eugung, öes Qer« 
3ens unö feelif^^Ieibli^en (T^arafters ift. Dom 'Banferott' öer IDif* 
fenfc^aft in Sa^en öes ©laubens reöen, Reifet in Irititlofer IDeife gan3 
oerf^iß^ene (heterogene) (Brofeen unö (Bebiete gegeneinanöer aus* 
fpielen. IDie oft ©uröe öie Ignorabimus* Klage Du Bois^Reymonös 
3U 4cbauungs3tDeden unö 3ur ^erabfe^ng^öer XDiffenf^aft in öen 
flugen öes ^laubigen miprau^t unö ausgebeutet ! 

1872 ^ielt Da Bois^Reymonö auf öer £eip3iger Derfammlung öer 
Haturforfc^er unö Äc3te feinen berühmten Dortrag über öie ®rcn3en 
öer HaturerfenntniS. 1880 fpra^ öerjelbe (Belebte in öer Berliner 
flfaöemie öer IDiffenft^aften über öie Sieben IDeltratfel (beiöe Dor* 
träge erfi^ienen in neuefter Auflage 1907). niemals »eröen mix nadt 
Du Bois^Reymonö erlennen : öas IDefen oon UTaterie unö Kraft, öen 
Urfprung öer Belegung, öie €ntfte^ung öer einfachen Sinnesempfin* 
öung, öie IDillensfrei^eit. Auf öiefe oier Ratfei be3og er fein Ignora- 
bimus (roir roeröen niemals toiffen), fein ignoramus (toir toiffen noc^ 
ni^t) auf öie folgenöen örei: auf öen Urfprung öes £ebens, öie an* 
fc^einenöe 3töedmafeig!eit, öas vernünftige Oenfen. Dies feien 3ö)at 
ni^t unübern)inöli^e („tranf3enöente''), aber öo<^ oorlfiufig ixn* 
gelSfte Rätfei. 3n feinem DoIIsbuc^e „Die rOeltratfel" bemühte fi^ 
Qaedel, öiefe fieben Rätfei auf ein ein3iges allumfaffenöes IDeltratfel, 
öas Subftan3probIem, 3u reöu3ieren. ITIaterie unö Kraft feien einfad^ 



54 IV. (Brensen unö IPert 5es Itatttttrlcnnens 

anld^auung** ift, ftrengc genommen, ein IDiöetfptu^ in ft(^. Denn bie 
KaturtDtffenfi^aft ds fol^e bleibt öer tDeltanf^auung fern. Die Be^ 
rfidfit^tigung öer HaturrDiffenfd^ft ffir öie IDeltanf^ouung i\t eine 
ebenfo bere^tigte toie einjeitige goröerung. Denn aufeer öen Uaim^ 
miffenf^afien fordert eine ollfeitige tDeltanf^auung oud^ no^ öie 
Be3ugna^me auf öie (Befc^ic^tstDiffenf^aften. 

Konfteter gefpro%n: öieS^öge nadj öemDer^ältnisoonCott unö 
Ha tur über fteigt gan3li(§ öie Kompetensf p^or e öer empirif^enHatur* 
unHenfc^aft. Hflangel an erlenntnist^eorettfdjer Sc^ung ©errät ein 
Sa^ roie öiefer : „Die XDiffenfc^aft ^at im 19. jfa^^unöert öie ffin^eit 
oon (5ott unö IDelt betoiejen" (^aedel). 3n IDa^r^eit ^at öie IDiffen«' 
f(^aft, fpe3iell öie HaturtDiUenf^^^ft» We Dorgänge unferer raum3eit* 
lid^en IDirflid^Ieit 3u ftuöieren, o^ne fic^ irgenöu)ie um einen trän* 
|3enöenten Unter* oöer Überbau öiefer IDirllidjIeit 3U lünmtern. §ier 
ift im met^oöif^en 3ntereJ{e einer unbefangenen Haturforf^ung 
ftrengfte Heutralität geboten. 3eöer IHifebrau^ empirijd^er gor* 
[c^ung im Dienfte fubjeftioer metap^yfifc^er 3ntere|fen oerfällt öem 
Ric^terfpru^ öes erfenntnist^eoretifd^en 3cnfors. Hur Kur3|i(^tig* 
feit fann mSiinen, öer gortfdjritt in öer (Entöedung Don Haturgefelen 
^abe als fol^er fdjon öen metap^yfij^ geöac^ten „perfönlic^en ffie* 
fe^eber" überflüjfig gemalt oöer gar roiöerlegt. I)ie|e IDiöerlegung 
foröerte — wenn \k möglich fein follte, u)as im flugenblid gleici^* 
gültig ift — erft eine befonöere erfenntnist^eoretifi^e unö metap^y* 
fif^e (Erörterung, bei öer alleröings öas Haturgefc^e^en, fpe3iell alles 
3tDe(ftDiörige in öer Hatur, nii^t unber ü(fli(^tigt bleiben öürfte. Sdjon 
öie (Eatfg(^e, öafe ein Ilaturforf^er oon öer Beöeutung Darnrfns öer 
^ypot^efe eines aufeertoeltlii^en (ejtramunöanen) ffiottes ni^ ab* 
geneigt toor, foUte poreilige Haturforfi^er rocnigftens na^öenllici^ 
ftimmen, flnöerfeits ift in öiefen toie 5^nli(^en gragen ftas 3^ugnis 
ein3elner, felbft ^eroorragenöer Dertreter öer HaturiDiffenf^aft ni^t 
an3u betoeisfroftig. Denn öer berühmte Haturforfii^er ift ni^t o^ne 
üjeiteres ein erlenntnisfritifdj gefd^ulter UTetap^yfiler. Überhaupt ift 
es gef ä^rli(^, öen Suggeftionen einer in irgendeiner ^infi^t beroo^r* 
Un Autorität au^ auf einem (Bebiete 3u erliegen, auf öem fie i^re 
Kompeten3 nit^t öuri^ Orünöe erhärtet ^at, Konferoatioe, am „®Iau* 
ben öer l>ater" pietötooll ^angenöe ©eiftes* unö (BemütsDetfaffuttg 
eines ba^nbrec^enöen naturforf^ers ben)eift für öen IDa^r^eitsge^t 
überlieferter ffilaubensle^ren ebenfooenig wie ein ent^ufiaftifd^er 



56 IV. <5ren3cn nnb tPcrt 6es ttaturerfcwticns 

2. Der VOtxi Ott HatiinDiffeitfd^aft. 

flis öenlenfce IDefen motten mix btn Sufatmnen^öng öer ItatHt' 
etfc^etnungen begreifen^ bie 3un3(^{t pettoinenöe SuIIe 6et Cinbrüde 
geiftig oerotbeiten unb be^enf^en. 3ebet gortf^ritt bcr naturs)il» 
fenjc^aft bebeutet eine neue (Erffillung biefes Dexlängens. 3nfofetn 
^at es Sinn, oon einem SelbPsioed ber HatutiDiffenf^aft yx reben. 
Aber jebes Kultur jyftem trögt ni^t nur einen (innnanenten) 3o>ed 
unb ©ert in fi(^ |elbft. & gel^Srt 3ugleid} als ©liejE) bem Jansen bcr 
Kultur an. So roirb bie grage mogli^: Was leiflet bie HaturiDiffem 
f(^aft über i^ren rein t^eoretifc^en IDert hinaus ffir bie Deroirl* 
lid^ung anberer, i^rem IDefen sunä^ft frember Kultur aufgaben? 

„Die IDeltbeJiegerin unferer lEage" nannte Du Bois^Reymonb in 
feinem ertoä^nten Dortrage bie naturtDiffenf^aft. Unb ntan^es 
anbere Coblieb i^rer lEriump^e u)urbe feitbem angeftimmt. Rings 
um uns geum^ren mit bie tDunberiDerle ber tte^nil, in benen ji^ 
bie ffiebanfenorbeit eines füllen unb mü^famen Sorf(%ens offenbart ! 
fludj ^ier barf bas IDort Äntoenbung finben, oeldjes in einem gan3 
anberen 3ufammen^ange gefc^rieben fte^t: „Sie^e — es ift alles neu 
getoorben!'^ Die fü^nften fcoartungen, prop^etifc^e Bilber, bie cor 
3a^r^unberten oon naturroiffenfd^ftlic^en Köpfen gef<^aut ourben, 
^aben \iäi oerroirllid^t. 3ebes 3a^r bringt eine gfiire neuer über^* 
raf (jungen. (Ein ^be ift nic^t ab3ufe^en. Staunen toürbe Roger 
Bacon, fener für ejaftes Raturerlennen begeifterte mittelalterli^ 
möni} ber Unioerfität ©jforb, fo^e er bie Erfüllung ber Bilber, bie 
fein Seift bei lonfequenter €tforf(^ung ber Ratur bur^aus für mög^^ 
Ii<^ ^ielt: bie R)afferfa^3euge, „bie rubern o^ne Rtenf^en, fo bafe 
fie, toä^renb ein ein3elner Rlenfcl^ fie regiert, mit einer größeren 
S(^nelligleit ba^infa^en, als oemt fie ooll fd^iffbeoegenber Uten* 
fc^en oären", — bie tDagen, „bie o^ne ein Her mit einem unermefe»^ 
lid^en Ungeftüm in Bewegung gefegt oerben", — bie glugmafc^inen^ ' 
bie geftatten, „ba% ein IlTenfd} in ber IlTitte bes Apparates fi^enb bie« 
fen bmdi einen lünftli^n RTec^anismus leitet unb bie Cfifte urie ein 
Dogel im gluge burc^mifet", — bie 3nftrumente enblic^ „3um (Be^en 
auf bem IDaffer fooie 3um (laufen o^ne irgenbroel^e (Befa^r, toic 
fllejanber ber ©rofee foI<^e Dotrid^tungen ^erftellen liefe". Der H)elt» 
eroberungsbrang, mddjet im Beginn ber Reu3eit bie ©eifter ergriff, 
^at fi(^ als feine Ä^imore ern)iefen. 3uf(^anben getöötben finb bie 
peffimiftifc^enlDarnungen bes alten Kir^enfd^riftftellers Cadantius, 



58 IV. (bttn^tn unb TDtxi öes nottttttfeniiens 

einer uberragenöen losmijc^en Uta^t, einer Ulac^t, öie — oon öen 
einen ^perfönnc^", von öen anbeten „unpetiSnli^", r>on öen öritten 
als ^überpetjonlic^*^ beftimmt — feine Pläne unö Öffnungen oft 
{o^ öur^ Kataftrop^en oerf(^ieöenfter Hrt vereitelt, dro^ alleöem 
gibt uns öer unauf^altfame Sieges5ug unferer Cinfid^t in öie tlatut» 
gefe|e öas Hec^t 3u öem Oertrauen, öag öer ZTtenf^ irnmet me^ öie 
demente in feinen Bann snringt, öurc^ (Entöedung öer Basillen unö 
anöerer Kran!^eitsbeöingungen !orperIi(^em Ceiö^n unö Siechtum 
Dorbeugt, überhaupt öurd^ june^menöe €rfenntnis öer menfc^Iic^en 
Hatur unö i^er lDa<^stuntsbeöingungen immer bejfer öie ®runö» 
lagen eines fraftoollen unö eölen Iltenfc^enlebens l^erftellt. 

§ier winlen öer fogenannten bioIogi|<^en€t^iI gro^e fluf» 
gaben, tro^ aller (5ren3en, öie öiefem Unternehmen anhaften. 
Denn öas naturu)inen{4aftli4 allein faßbare Sein gebort gleid^» 
fam einer anöeren*€bene an als öas Sein^follen, welches eine 
©illenmäfeige Beftimmung unö (Ergreifung oorausfe^t. Seins* 
begriffe unö IDertbegriffe, ©efe^eunö normen finö 
met^oöif(^ fc^orf 3u f^eiöen. Hormen aber beivotden niii^t, 
irgendeine beliebige, fonöern öie menfc^li^e tlatur 5u regulieren. 
Oa^er ift Öie Kenntnis öer £ebensgefe^e unferer Hatur, öie (Ein* 
fic^t in öie Beöingungen i^rer ^öc^ftmSgli^en Steigerung, i^e 
ffinorönung in öen losmif^cn 3ufammen^ang eine gebieterifc^e 
Hottoenöigleit, o^ne öeren (Erfüllung öie befte motalifi^e flbfic^ 
fulturell gefe^en, ein Derfu^ mit untauglichen UTitteln bleiben 
mufe. 3eöes Sollen, öas ni(^t in öen Cebensmoglidjiciten oer* 
anlert toore, roüröe gegenftanöslos fein unö leine Ausfielt auf Der«« 
u)irlli(^ung beanfpruc^en. (Eine Kultur, öie öen 3ufammen^ang mit 
öen naturgegebenen Beöingungen menfc^lic^er €|ciften5 einbüßte, 
verfiel 3U allen Seiten öer ^tartung unö verlangte nac^ öemRouffeau* 
ruf: ^Surüd 3ur Hdtur !" IDo^l beöeutet Kultur Überoinöung, Um* 
formung, Dereöelung öer blofeen Uatur, oo^l ift fie felbft Zlic^t* 
(me^r)=«Ilatur, öarum jeöoc^ feinesroegs Unnatur. Deren Dermei* 
öung aber ift öurc^ blofee fogenannte fittlii^e (Befinnung unö „gute 
flbfi^t" ni(^t ^imet(^enö geroa^rleiftet, fonöern an öie einfi^ts volle 
(Erfaffung unauf^ebbarer Uatur* unö iebensgefe^e gebunöen, öie 
öen Illenfc^en unbarm^ersig in i^en oft graufamen unö leiövoUen 
Kaufal3ufammen^ang vervrideln. Der Kultur auf flieg öesüten» 
fc^engefc^lec^tes verlangt ni(^t nur ^uteQerjen, fonöern 



60 IV. (Srew^en mtb tPcrt bts Itatuterfeiittens 

aus öem allgemeinen Strome entnehmen unö öet Itlenf^^eit nu|^ 
bat machen fSnne. IDenn et aber öie feinet Derfügung untertDOt* 
f ene freie (Energie, ftatt |ie im Sinne öer llTen|<^^eit unö UTenf <^Ii<%» 
leit 3U Derioenfcen, fcurc^ ülifebraui^ oöer Hac^Iäffigfeit öer 3^tftreu» 
ung oerfallen laffe, fo maift er fi^ eines ^Raubes an bem allgemein 
nen (5ute ber IUenji^^eit" f^ulbig. Cin jol^er „Raubbau'' fönne 
niemals loieöer gutgema^t »erben, »eil niemals eine serftreute 
Energie' u)ieber in freie überf i%bar fei. (Er fei barum jene unoersei^* 
lic^e, loeil unroibenufli^e „Sünbe roiber ben ^eiligen (Beiff. 

Diefcr fogenannte energetifc^e 3mperatiD bietet eine neue 
naturiDiffenf^aftli^e Begrünbung ber an fi^ alten £ebensregel, feine 
„Kraft gut 3u oerwenben". 3m Rahmen te^nif^'siotlifatorif^er 
Unternehmungen ift er geeignet, bur^ Dereinfa^ung, bur^ Sparen 
an allem Überflüffigen unb Rebenfä^Ii^en btn fogenannten 
nu^ngsfoeffi3ienten menfc^Ii^er Arbeit gewaltig 3U er^o^en, Dor 
allem au^ „öfonomif^" mit bem oor^anbenen BTenf^enmaterial 3u 
©erfahren, „IlTenf(^enö!onomie"(R.(Bolbf(^eib) uialten 3U laffen. 
übertragen auf bas geiftig'fittlic^e (Bebiet aber ruft er eine $ülle oon 
Bebenfen wa^, über roel^e fein $ürfpre^er allsu forglos ^intDeg* 
3ufc^en fc^eint. tDorin 3eigt fi^ bie 'ri^tige' Derwertung ber oor* 
^anbenen Energie? Oiefe grage beutet auf bie (6runbf^n)ierig!eit. 
Sie ©erlangt nac^ einem ITlafeftab, einer Horm, bie i^rerfeits ni<%t 
me^r mit rein naturwiffenf^aftlic^cn ITOtteln auffinbbar ift. 3«it unb 
Kraft erfpart ber (Erfa^ einer mü^fam erlernbaren Klaoierlc^nif 
burd^ P^onola unb pianola (e^te Symptome eines „Rü^Ii^feite"' 
prin3ip$, um ni^t 3U fagen bes 'flmcrüanismus' !). 3ft barum fol^er 
•(Erfa^' — bie Derroanblung Icbenbig f^aff enber Kunft in Itlaf^inerie 
— f^on als 'wertpolP erwiefen? — Unb nun oollcnbs bie S^roierig» 
leiten auf geiftig^ittlic^em (Bebiete ! Der 'fojiale IDert', für (Dftroalb 
ber oberfte et^if^e Rlafeftab, ift f^roerli^ mit bemDerftanbe bere^em 
bar. Kein Raturforf^er ber Königsberger Uniperfität, ber elioa b^n 
Jungen Kant mit ben gluten ringen fa^, ^fitte 3utreffenb 3u bere^* 
nen oermoc^t, ob es f03ial „nü^Iic^'' fei, i^n — auf eigene £ebens* 
gefaxt ^in — 3u retten. TOo^er wäre ein Kriterium bes fo3iaIen 
Ruhens in biefen unb ä^nli(^n SäHen 5u nehmen? Kamt ni^t bie 
innere, in ftorfen Äefü^Ien grftnbenbe Rottoenbigfeit ^eroif^^n fyin^ 
belns auf langet £inie einen loeit größeren fo3iaIen IDert oerbfirgcn 
als blofee Derftanbeserwägung, roel^e oft nur ein fleines Stüd ber 



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