Skip to main content

Full text of "Naumannia : Archiv für die Ornithologie Vorzugsweise Europa's : Organ der Deutsche Ornithologen-Gesellschaft"

See other formats


NAUMANNIA. 


Journal 
für die Ornithologie, 


vorzugsweise Europas. 


Organ der deutschen Ornithologen-Wesellschaft, 


Redigirt 
von 


Eduard Baldamus, 


Pfarrer zu Diebzig in Anhalt, wirklichem, correspondirendem und Ehrenmitgliede 
mehrer Naturforscher - Gesellschaften. 


Sechster Jahrgang. 


Mit 4 Tafeln, 


Dessau, 1856. 


Druck und Verlag von Gebrüder Katz. 


— 


London, Williams & Norgate, Henrielta Streat, Coventgarden. 


| . Amioll- "u 
ihr Si 


are Me zurgpisaor Be 


Sehe. nen u) neh 


5 “ j flo "se 
“ = “ - EN. | 
I. ze “ 


f ana 
ar war 2 king “r 


TE > 
ke untl, 
ET he 


DR ng nn en ne nn Ku tn un 


BR Bl ‚a :idl 


ee ie x ie 


am 


Inhaltsverzeichniss. 


I. Originälaufsätze. 


Ueber die Lebensweise der Vögel Nordamerikas, welche im Staate Georgia 
vorkommen. Von Alex. Gerhardt 

Auszüge und Bemerkungen aus meinem Arnälielogischeil Megelinchs; Aa 
Tabelle über Ankunft und Wegzug der rag im Jahre 18°°/,,. Von 
W. Hintz IL 

Einzelne, auf einer asien in nenn gewonnene Beihächinuben, 
Von. Dr. B, Altum. D - 

Aphoristische Bemerkungen für ER a Demeiblben 

Ornithologischer Jahresberieht aus Bayern. Von J. Jäckel . 

Beobachtungen in. der Vogelwelt. Von von Preen.. ER ARAREO 

Die Brut- und Zugvögel in der Ya rn von Schwerin. Von Dem- 
selben 

Ornithologische Be aus Dr. R. irn Tagebuche einer 
Reise durch Egypten etc. Von E. Baldamus . 

Die Brützonen der Vögel innerhalb Skandinavien. Von H. D. 7 Wal- 
lengren, (Forts, u. Schluss.) . 

Ueber die „verdächtigen Arten‘ im Tolzsichukib a europäischen Vögel. 


Von Professor H. Blasius. . . . 
Bemerkungen über die Kan der Grau- u en ® 8. Fatio- 
Beaumont.. . : B.: 


Verzeichniss der Vügek i im) "Genfer Beskanl: Von Demselben . s 

Etwas über die Leinzeisige, Linaria, Briss. Von Chr. Ludw. Brehm . 

Ueber die Wasserschwätzer. Cinelus, Bechst. Von C. Brehm : 

Beiträge zur Ornithologie Nord-Ost-Afrikas mit besonderer Rücksicht süt 
die in Europa vorkommenden Arten der Vögel. Von Dr. A. E. 
Brehm. (Forts. von pag. 50: d. IH. re a 1852 d ah 
Hierzu eine col. Tafel. 3 

Ornithologischer Jahresbericht aus Bayern. | Wrohl Ph Pfarrer Hhokei. 
(Fortsetzung und Schluss.) . 
Fuligula Homeyeri, Bäd., ist wirklich nur eine klimatische Mika 
der gewöhnlichen F. ferina. Von Dr. C. W. L. Gloger 5 
Bruchstücke aus dem Manuscripte für die neue Auflage der ME Haleungen 
aus dem Gebiete der Niederjagdf“ Von C. E. Diezel . 

Der Entenfang bei Holitsch.. Von J. Finger 

Protokoll der zehnten Versammlung der Deutschen Ornithologen- sell. 
schaft 


Selte 


160 


173 
178 


194 


238 


252 


257 
202 


273 


- yrrdixc Beilage ar. —ı us 


Nr. la. Tabellarische ‚Uebersicht der Papagaien. Von Pr. Ch. L. 


Beonananter  .ı um u N 5.4) 
» » 1b Ueber das Halten der eh Von Chr. L. 

Brehm. .'. 2 Gene 
»  » 22. Bemerkungen über einige Vögel Harspak Ne Edm. 

De Selys-Longehamps . . 386 
»  » 2%. Recapitulation der in der Familie der Anker toi 

teten Hybriden. Von Demselben. . . 395 


»  » 3 Sendschreiben an die 10. D. O.-V. Von C. E. Diezel 397 
»  » 4. Ueber !die Eier von Smzagmeire pygmaea. Von Graf 


von Roedern .. 7 SR A 
»  » 5a. Ueber den Zug und das Nisten von ihrh rvoseus in 

der Umgegeud von Von March. Orazio An- 

tinorimaersa. 404 
»  » 5b. Picus eruentatus, Autin, n sp. "Von DenselbeniEhend 

eine Tafel) » . . 2.411 
» » 6. Eine Auerhahnjagd in Korkihd, "Von Dr. A Humbel . 414 
» » 7. Beobachtungen über Ankunft einiger gr in Kur- 

land, Von P. Büttner . . . 418 
»  » 8. Vorläufiges über die beabsichtigte a eines is 

ornithologiae ete. Von Dr. Assmann .....419 
”» » 9 Ueber die Fortsetzung von Baedecker’s Eierwerk. 

Von, J:iBaddeckeriwus u. ungut BURN 482 


»  » 10. Die Beobachtungstationen. Von Chr. L. Brehm . . 423 
1. Ueber Sitta europaea etc. Von Prof. H Blasius. 433 
2. Ueber Certhia familiaris ete. Von Demselben 440 
3 Die Arten der Gattung Anthus. Von Demselben . 459 
4. Bemerkungen über Brehm's Falken. Von Dem- 


selben ...., u ee, 4 

sc ie Mai 5. Ueber die Parus- kick Von Demselben . . . 468 
6.0.7. » „» Lerchen und Passer rufidorsalis, 

Brehm, . . a ut, VOR A 

8. Ueber die Blankellehren ERBEN 2A 

9. » isslBiohrammernuyuani ib. 15,4. magyar a 

‘10. » » Goldregenpfeifer . ... aaa. 478 

Ornithologische Bemerkungen. Von Die nike aa 

T.vBalco/contolorzlauetis«'.l. syn! vb man es 275 

2. Die Brehm’'schen Falken . . . 2.2.0.2. 47 

Y », ‚18. 3. Larus Heinei, von Homeyer . . . . 2...0..479 

4. Larus Michahellesii, Bruch. 2... 2....483 


EB „ 14 Ueber zweckmässiges Sammeln und Aufstellen von 
Thieren der höheren Klassen in Sammlungen. 
Von L. Martin... . ini Ad 
. » 20. Ornithologischer Salreshenicht’d aus Bayäche Von J. Jäckel 500 


I. 


Notizen, briefliche Mittheilungen ec. . . . . ».. . 76 190 267 425. 


II. 
Bitrarische Berichte. -. HR“, „180 nun, malen 0 BERATER TORE 208 


IV: 


Bekanntmachungen... “le 2 u... 0 a EEODTTRTZ TABU EREREN 


Nr. 1. 


Leber die Lebensweise der Vögel Nordamerikas, welche 
im Maate Georgia vorkommen. 


Von 


Alexander Gerhardt. 


(Fortsetzung.) 


Icterus Baltimore. 


Mitte Mai, wenn Alles in schönster Blüthe steht, kommt mit 
vielen anderen Zugvögeln zugleich der „Beutelstaar“ wieder an 
und wird am häufigsten in den Kronen der Tulpenbäume gesehen, 
wo er nach Insecten flattert, die sich in den aufbrechenden Blumen 
dieses majestätischen Baumes aufhalten. In seinen Sitten, theilweise 
auch in der Färbung, erinnert er an die Pirole, ist gleich diesen 
scheu und vorsichtig, hat volle, wenn auch unzusammenhängende 
Töne, welche er häufig ausstösst, und hängt, wenn auch in anderer 
Weise, sein Nest wie jene auf. Dies ist auch der Grund, dass man 
ihn hier mit dem Namen „Oriole“ bezeichnet; gewöhnlich geht er 
unter der Benennung: „hang bird,* wegen seines Nestes. Sein Lock- 
ruf ist „titi tui, häufig auch rrr, bisweilen auch ui,“ und er wird, 
80 wie der Gesang, besonders häufig im Frühling gehört, wenn sich 
mehrere Männchen voller Eifersucht herumjagen. Zu dieser Jahres- 
zeit kommt er auch öfters in die Gärten, welche er nur zur Beeren- 
zeit wieder häufiger besucht. Mitte Mai findet man in seinem Neste 
4— 5 Eier, welche von Farbe blass grünlichweiss mit violetten und 
schwarzen Linien und Punkten, nach Art derer von Lozia cocco- 


thraustes, gezeichnet sind. Die Länge ist 1", die Dicke 7'". Das 
Naumannla, 1856, 1 


2 


Nest wird an Zweigen von Tulpenbäumen, süssen Gummibäumen, 
häufig auch an lombardischen Pappeln, welche an den Eingängen 
der Gärten gepflanzt sind, bald niedrig bald hoch angelegt, und von 
Baumwollenfäden, Hanf, Bast, Pferdehaaren und Schaafwolle gebaut, 
innen mit Kuhhaaren und Baumwolle ausgefüttert; es ist 5 — 6 Zoll 
lang, 4 Zoll breit, der Napf 4 Zoll tief, das Eingangsloch ist 2‘ weit. 
Die Jungen locken pirolähnlich und werden von beiden Alten mit 
grossem Geschrei vertheidigt, wenn Thiere oder Menschen ihnen zu 
nahe kommen. Mitte September sieht man ihn noch. 

Einer derjenigen Vögel, welche das ganze Jahr über in Wäldern 
das meiste Leben verbreiten, ist der gehäubte Heher: ; 


Garrulus eristatus. 


Gleich seinem europäischen Anverwandten listig und verschlagen, 
zugleich räuberisch und grausam, zieht er in grösseren und kleineren 
Truppen hin und her, holt im Sommer aus aufgestellten Garben den 
Weizen, frisst Eier, Nestvögel, Eidechsen, Obst und die noch milchi- 
gen Körner des Mais. Im Herbst und Winter sucht er Eicheln und 
Haselnüsse. Bei Schnee fängt er sich öfters in Tellereisen, welche 
für Beutelratten gestellt waren, indem er nach dem Fleischköder geht. 
Kleine Vögel kennen seine Vorliebe für Eier recht wohl und verfol- 
gen ihn mit lautem Geschrei, wo sie ihn nur sehen. Bei seiner steten 
Wachsamkeit verscheucht er durch sein Schreien sowohl dem Jäger 
als den Raubvögeln ihre Beute; mit letztern lebt er in stetem Kampfe, 
doch sind diese Kriege mit Thurmfalken und Sperbern ganz unblutig, 
bald ist der Falke, bald der Heher der angreifende Theil. Eulen 
hasst er ganz besonders und kann, durch ausgestellte Käuzchen an- 
gelockt, in Menge erlegt werden. Sein Geschrei ist „titullihtu,* 
auch „göck, göck,“ bisweilen klingt es täuschend wie das von Pa- 
pageien; der gewöhnliche Ruf ist ein schallendes „käh;“ das Geschrei 
des rothschwänzigen Bussardes, Buteo borealis, ahmt er gleichfalls 
sehr treffend nach. Mitte Mai findet man, besonders auf schlanken, 
hohen Bäumchen, gemeinlich Buchen, sein grosses Nest, welches aus 
Reisern und Laub gebaut ist; innen werden Bast und andere weiche 
Stoffe zur Auskleidung verwendet; es enthält 4—5 Eier; die Farbe 
derselben ist theils grünlich, theils blass ockerfarben, mit feinen 
grauen, schwarzen und braunen Pünktchen bedeckt. Länge 14'', 
Breite 10‘; doch findet man auch schon im April Eier enthaltende 


3 


Nester. Auf junge Küchelchen machte er wiederholte Angriffe, ward 
aber von der Glucke zurückgescheucht. Im Winter, wenn kleine 
Vögel noch lange munter sind, setzt er sich schon gegen 3 Uhr zum 
Schlafen in Zweige der Eichen, welche noch dürre Blätter haben, 
und zwar in Gesellschaft von 8— 10 Stück, so dass man einen nach 
dem anderen herabschiessen, ja mit Steinen werfen kann, ohne dass 
die dicht nebenbei sitzenden Gefährten davonflögen. So schoss ich im 
Februar 1854 in wenigen Minuten 5 Stück. Im Herbst ziehen bis- 
weilen grosse Schaaren südlich. 


Caprimulgus vociferus. 


Die sogenannte „lärmende Nachtschwalbe“ kommt gegen 
den 8. oder 10. April an, doch hörte ich sie 1854 trotz rauhen Wet- 
ters schon den 31. März. Sogleich nach Sonnenuntergang beginnen 
die Männchen, häufig im Chor, ihr ganz eigenthümliches Geschrei 
hören zu lassen, welches täuschende Aehnlichkeit mit dem englischen 
„whipp poor Will,“ (peitsche den armen Wilhelm,) hat und 
sich am Besten dem Wachtelschlage an Kraft und Ausdauer ver- 
gleichen lässt, und dreissig und mehremal nacheinander ertönt. Dieser 
sonderbare Gesang, womit das Männchen das Weibchen anlockt und 
das während der Brütezeit die ganze Nacht hindurch bis zum Tages- 
anbruch ertönt, wird von der Zeit seiner Ankunft bis Ende Juli ge- 
hört, indess rief einer auch noch den 11. September dreissig Mal, ja 
ein anderer Ende desselben Monats noch zwölf Mal. Die neu ein- 
gewanderten Ansiedler in den Wäldern, die noch niemals einen solchen 
Lärm in der grössten Nähe ihrer Häuser gehört haben, werden in 
den ersten Nächten nach Ankunft dieser Schwalbe gänzlich vom 
Schlafen abgehalten; nach und nach gewöhnen sie sich daran. Um 
seine Stimme erschallen zu lassen, setzt sie sich entweder an die Erde, 
oder der Länge nach auf liegende Baumstämme oder Holzzäune; am 
Tage drückt sie sich in eine Vertiefung oder an einen Baum, fliegt 
aufgejagt überaus geschickt durch dichtes Unterholz, und fällt zwar 
bald wieder ein, lässt sich jedoch schwer nahe, ankommen. In den 
ersten Tagen des Mai findet man seine beiden Eier in einer Einsen- 
kung des Bodens auf der platten Erde. Sie messen 14 in der Länge, 
1” in der Breite. Die Farbe ist gelblichweiss, stark glänzend, mit 
braunen und grauen Flecken theils einzeln, theils dicht bedeckt. Im 


Juli findet eine zweite Brut statt. Ihr Flug ist wie der anderer Nacht- 
1* 


4 


schwalben: leicht, schön und geräuschlos. Die Nahrung wird theils 
an der Erde aufgesucht, theils in der Luft erhascht und besteht in 
Mist- und anderen Käfern, Schmetterlingen, nach welchen sie sich 
auch ‚rasch ‚in die, Luft erhebt, gleich darauf aber den frühern 
Platz einnimmt und,zu rufen fortfährt. Geschieht dies am Tage, so 
soll es Regen bedeuten. Im Juli ist die Mauser; im October der 
Wegzug. 


' Caprimulgus carolinensis. 


Kommt um ein paar Wochen später, gemeinlich erst um den 
20. April, und wird viel häufiger als vorhergehende Art gesehen. Da 
sie mit Sonnenuntergang ihr Lager verlässt und unter lauten, an See- 
schwalbentöne erinnerndem Geschrei mit schönen Flügelschlägen dahin 
eilt, so ist sie viel bekannter, als die lärmende Nachtschwalbe, welche, 
wie .der europäische Kukuk, von Tausenden der Stimme aber nicht 
dem Gefieder nach gekannt wird. Ueberaus grosses Vergnügen ge- 
währt es, ihrenı,Fluge zuzusehen; bald schwimmt ‚sie gleichsam in 
der Luft, nach Falkenart, bald eilt sie mit gewaltigen Schwingungen 
gleich Seevögeln dahin, bald verfolgt sie den Cerchneis sparverius 
hoch in der Luft, oder stürzt sich mit schnellen Flügelschlägen wie 
eine Taube vorwärts, oder aber schiesst in Gesellschaft von 20 Stücken 
dicht an der ‚Oberfläche der Flüsse und Teiche hin, wo sie trinkt 
und Wasserinsecten, fängt, Gegen alle Regel fliest diese Nacht- 
schwalbe noch ziemlich spät am Morgen, bis 9 Uhr; ja sogar.in der 
allergrössten Mittagshitze sieht man sie häufig schwärmen. Im Mai, 
und später wieder im Juli liegen die zwei Eier am blossen Erdboden 
und entbehren jeder Art von Unterlage. Sie sind 15‘ lang, 10. 
breit; die Grundfarbe ist ölgrün, auf welcher dunkelgraue, schwarze 
und braune Fiecke, Striche und Linien beinahe die ganze Fläche 
bedecken. Die Jungen sind, wie andere junge Nachtschwalben, über- 
aus ungestaltete Geschöpfe, welche sich nach Froschart am Boden 
hüpfend fortbewegen, ‚wenn man sie stört. Im August sah ich öfters 
einige 30 Stück lautlos in nördlicher Richtung ziehen. Am 19. Sep- 
tember 1854 sah ich noch grosse Mengen umherschwärmen. 


Chaetura pelasgia. 


Merkwürdig ist es, wie dieser Vogel so häufig noch unter die 
eigentlichen Schwalben, Hirundo, gestellt wird, da doch am Balge die 


5 


Merkmale: sichelförmige Flügel, vier nach vorn gerichtete Zehen mit 
überaus starken Nägeln ete. sich so leicht erkennen lassen, auch ohne 
den Vogel im Leben beobachtet zu haben. Die Bildung der Schwanz- 
federn, welche bekanntlich in unbefiederte Schäfte endigen, unter- 
scheiden diesen Vogel jedoch gleich von den eigentlichen Seglern, 
deren Lebensweise er jedoch besitzt und die er in Nordamerika ver- 
tritt. Sie erscheint gegen den 8. April, jagt sich gegen den Abend 
in kleinen Gesellschaften unter Geschrei hoch in der Luft herum, 
doch ist dasselbe mehr schnarrend und nicht so kreischend, wie das 
des Mauerseglers, Cypselus murarius. Häufig streicht sie über Flüssen 
an der Oberfläche hin, um zu baden, zu trinken und Insecten zu 
fangen. Am Tage verhalten sich die kleinen Gesellschaften meistens 
still und schreien erst gegen Sonnenuntergang. Am 1. Juni begann 
ein Paar in einen Schornstein sein Nest zu bauen, welches in 
einer Vertiefung des Gemäuers mit leimartigem Speichel angeklebt 
ward; bloss einzelne Holzstückchen und Halme waren zusammen- 
geleimt; keine Ausfütterung der Vertiefung, in welcher die Eier liegen. 
Die Grösse betrug 4 Zoll in der Länge, 2“ in der Tiefe und 2Y/, Zoll 
in der Höhe; am äussersten oberen Rande hing noch ein Stück Leim- 
masse, mit welcher das Nest an der Wand befestigt war. So viele 
Nester ich auch gesehen habe, so fand ich doch niemals einen Unter- 
stützungspunkt für den Bau vor, so dass sie lediglich nur auf die 
Haltbarkeit des leimartigen Speichels beschränkt waren. In eben be- 
schriebenem Neste lagen am 24. Juni 3 schneeweisse Eier, 7'/,‘" lang, 
5“ breit, welche hin und wieder schwarz punktirt waren. Da ich 
aber späterhin viele derselben erhielt und niemals wieder punktirte, 
so glaube ich,. dass diese Flecken vom Koth einer Hippobosca her- 
rührten, wie ich früher Aehnliches bei Chelidon urbica beobachtete. 
Während des Brütens mausert das Weibchen, so dass die Schorn- 
steine voller Federn hingen; manchmal kleben sie auch am Neste, 
man muss sich aber hüten, sie als dazu verwendet zu betrachten. 
Niemals fand ich mehr als 3 Eier im Neste. Das Männchen setzt sich 
bei Nacht mit in das so kleine Nest und brütet mit, wenn aber die 
Jungen ausgekommen sind und die Mutter sie Nachts über bedeckt, 
dann klammert es sich unterhalb des Nestes an und löst am Tage 
das nach Futter ausfliegende Weibchen im Erwärmen der Jungen ab. 
Beim Futtern schrieen diese ei, ei, ci, ei, ei, ei, ci, ei, mit nicht 
sehr lauter Stimme. Aus einem andern Neste, dem zu Johannis die 


en 
{f 


6 


Eier genommen waren, fiel am 15. August ein blindes Junges der 
zweiten Brut; dasselbe hatte überall noch blaue Kiele, bloss hin und 
wieder sprossten russfarbene Federn hervor, die Stacheln der Schwanz- 
enden waren bloss, auf welche sich das Thier gleich einem Specht 
stützte, mit seinen starken Füssen anklammerte und geschickt klet- 
terte; es war sehr böse und schrie tief kreischend. Bloss wenn die 
erste Brut gestört ward, schfeiten die Alten zu einer zweiten, ‚auch in 
alten hohlen, innen durch Waldbrände gänzlich verkohlten Bäumen 
trifft man die Nester an. Ende Juli versammeln sich die Alten und 
Jungen aus der unmittelbarsten Nachbarschaft und schwärmen mit 
Geschrei hoch in der Luft herum. Ende September versammeln 
sich Hunderte, welche aber nicht sehr hoch umherschwärmen. Anfang 
October sieht man fast keine mehr. 


Hirundo purpurea. 


Schon Mitte März, wenn irgend die Witterung günstig ist, er- 
scheint diese Schwalbe und bezieht sogleich die Kästen oder Flaschen- 
kürbisse, in welchen sie früher genistet hatte. So wie in Deutschland 
die Knaben für Staare und Sperlinge Kästen und Töpfe an Bäumen 
und Dachgiebeln befestigen, um jene Vögel zum Nisten einzuladen, 
so hängen hier Kinder und Neger vor den Häusern an Stangen etc. 
ausgehöhlte Flaschenkürbisse oder Kästen auf, mit Abtheilungen im 
Innern versehen. An manchen Plätzen, wo 20 oder mehr Paar 
brüten, herrscht ein überaus reges Leben in der Kolonie; Alles ist 
geschäftig, flattert, jagt und beisst sich mit Andern um den Besitz 
eines Nestplatzes oder fliegt mit Materialien zum Neste herbei; dabei 
lassen sie ihren aus vollen Tönen bestehenden nicht unangenehmen 
Gesang hören. Das Nest wird aus Reisern, Wurzeln, Blättern und 
Halmen gebaut, am Grunde mit Lehm verbunden, und: bildet ge- 
meinlich nur einen lockern Klumpen, der, nach der Grösse des Be- 
hältnisses, in welchen es angelegt ward, von 3 — 5‘ misst. Im Mai, 
häufig auch erst im Juni, findet man 3 — 4 reinweisse Eier, die 
8°" Jang, 5‘ breit sind. Die Jungen, welche ziemlich bald ausfliegen, 
kehren selten wieder zum alten Geburtsort zurück, sondern schwärmen 
in Gesellschaft der Eltern umher; sowohl im Fluge, als auf Bäumen 
sitzend, füttern die Alten, wobei die Jungen häufig einen Lockruf wie 
Edelfinken, „jüff, jüff, jüff* ausstossen.. Obgleich diese Schwalbe 
den Bienen nachstellt, so wird sie dennoch gern gesehen, da sie der 


7 


beste Wächter der Hühnerhöfe ist, denn sobald sie irgend einen 
Raubyogel bemerkt, so fliegt sie ihm auch sogleich mit grossem 
Geschrei entgegen, stösst nach ihm und schlägt mit den Flügeln 
nach seinen Augen und hat in wenigen Augenblicken mit ihren 
Gefährten denselben in die Flucht geschlagen. Obgleich sie dies 
Alles nur ihrer eigenen Brut wegen thut, so kommt diese Wachsam- 
keit doch auch andern Vögeln zu statten, und desshalb sucht man sie 
denn in die Nähe der Wohnungen zu ziehen. Das Geflügel der Höfe 
kennt recht wohl ihr Geschrei und eilt sogleich sicheren Verstecken 
zu; ihr Krieg gilt gewöhnlich den kleinen Thurmfalken, Cerchneis 
sparverius, welcher gemeinlich auf dürren Bäumen sitzt; von hier 
sucht sie ihn in Gemeinschaft mit anderen Vögeln, z. B. dem Kö- 
nigsfliegenfänger, Muscicapa audax, zu vertreiben. Der Falke 
thut, während seine Feinde mit Geschrei ihn umschwärmen, nichts 
weiter, als dass er bisweilen mit den Flügeln schlägt oder den Schnabel 
aufsperrt. Im Fliegen ähneln die Jungen denen der Ceeropis rustica, 
wenn ihnen noch die langen äussern Schwanzfedern fehlen. Gleich 
allen Verwandten ihres Geschlechts trifft man sie im Anfang ihres 
Erseheinens häufig über Flüssen fliegend, wo sie Phryganeen erhascht. 
Im September geht sie von hier fort. 


Cotyle riparia, 


Die amerikanische Uferschwalbe ähnelt in ihrer Lebensweise und 
Färbung der europäischen Cotyle riparia so sehr, dass man nicht an- 
stand, sie mit jener für ein und dieselbe Art zu halten. Mitte März 
erscheint sie und lässt an Klussufern herumschwärmend ihr Geschrei 
hören, welches wie „tschäh, tschäh, tschäh* klingt. Anfang 
Mai kamen kleine Gesellschaften in meinen Garten, und liessen sich 
auf Bohnenstangen nieder, von wo aus sie auf nahe gelegene Aecker 
und Felder flogen und Insecten auflasen, welche sie in kurzen Schrit- 
ten laufend verfolgten. Meilenweit an meinem damaligen Wohnorte, 
Ost-Tennessee, war kein hohes sandiges oder lehmiges Ufer zu 
finden, in welches sie ihre Höhlen hätten graben können, wesshalb 
ich vermuthe, dass sie auch zwischen Felsenspalten brüfen mögen. 
Trotz aller Mühe konnte ich wegen ungünstiger Oertlichkeit nicht 
entdecken, wohin die beobachteten Paare mit den aufgelesenen Nest- 
materialien, Stroh und zarten Halmen, flogen. In einigen sandigen 
Ufern, weit von jenem Platze, grub Ende März ein Paar eine 


8 


Höhle. Von jenem Trupp, 12 Stück, der in erwähnten Garten kam, 
war nach einigen Wochen keine einzige mehr zu sehen. Ein am 
5. Mai zu jener Gesellschaft gehöriges Weibchen hatte ein reifes 
Ei im Leibe, welches in Grösse und Farbe ganz dem der Cotyle riparia 
glich. Erst im Juli erschienen wieder einzelne bei meiner Wohnung. 
An den hohen Ufern des Ohio traf ich im Mai Kolonien von Hun- 
derten an. 


Parus canadensis. 


Der aus Europa kommende Vogelkenner findet, wenn er zumal 
im Herbst landet und die unermesslichen Forsten Nord- Amerikas 
betritt, in Thier- und Pflanzenwelt so grosse Uebereinstimmung, dass 
er sich öfters besinnen muss, ob er auch wirklich in einem anderen 
Welttheile oder noch in Europa sei, so täuschend ist zuweilen die 
Aehnlichkeit. Er findet hier im October streichende Baumläufer, 
Goldhähnchen, Sumpfmeisen und kleine Spechte, welche fast 
zum Verwechseln europäischen Arten gleichen. Diese Täuschung wird 
noch vermehrt, wenn Zaunkönige und andere kleine Vögel unter 
der Menge sich befinden, und er fast gleiche Locktöne wie in Europa 
hört. Einen wesentlichen Antheil an dem Leben, welches diese 
wändernden Gesellschaften verbreiten, hat die kanadische Meise, 
P. canadensis, welche wohl niemals einzeln, sondern meist paarweise 
angetroffen wird. Sie hat, gleich der europäischen Schwester, Parus 
palustris, und den Goldhähnchen beider Welttheile eine solche 
Anhänglichkeit zu anderen Individuen ihrer Art dass, wenn eines an- 
geschossen wird, das andere kaum entflieht, sondern es durch Locken 
zur Flucht ermuntern will. Ihr Lieblingsaufenthalt sind Obstgärten 
und wohlbewässerte Strecken, wo sie unermüdlich an Zweigen und 
Stengeln herumklettert und Insecten, deren Larven und Eier und 
Sämereien aufsucht, zwischen die Zehen nimmt und aufhackt. Im 
Winter holt sie die Saamen des Sumach. In der Gefangenschaft 
überaus zärtlich, lässt sie sich nur paarweise und mit Mühe erhalten 
und verlangt kleine Fleischstückchen, Nüsse und Kerne der Sonnen- 
blumen; kann man ihr zumal dann und wann einen Mehlwurm reichen, 
so ist man gewiss, sie am Leben zu erhalten. Mitte April findet 
man ihr Nest, das selten über Manneshöhe in der Höhle eines abge- 
brochenen Baumstumpfes oder eines vorjährigen Buntspechtnestes an- 
gelegt wird; es ist aus Baummoos und Bast gebaut, innen mit weichem 


9 


Filz aus Kanninchen-, Opossum- und Waschbärenhaaren ausgefuttert 
und enthält 6— 7 weisse Eier, blutroth nnd bläulichroth gefleckt und 
punktirt; sie messen 7 in der Länge, 5“' in der Breite. Lockton 
und’ Gesang fast ganz der von Parus palustris. 


Sitta carolinensis, Lath., melanocephala, Vieill. 


Sie vertritt in unseren Wäldern“ hier die Sitta europaea sehr 
würdig, da sie, gleich dieser, von früh bis in die Nacht rüstig an 
Bäumen auf- und abklettert, Nüsse und Eicheln zwischen Rinden 
der Bäume einklemmt, um sie bequemer aufhacken zu können, und 
in ihrem ganzen Wesen eine Behendigkeit an den Tag legt, die dem 
Beobachter heimathliche Erinnerungen erweckt. Sie hält sich im 
Herbst auf der Strichzeit zu Meisen, kleinen Spechten und anderen 
Vögeln und hat einen kläffenden Lockton, der wie „hau, hau, hau* 
oder „hiau, hiau, hiau“ klingt. Zeitig im Frühling lässt sie, wie 
der deutsche Kleiber, langgedehnte Laute hören, welche der Paarung 
vorausgehen; 2—- 3 Männchen hüpfen auf Aesten und Zweigen mit 
ausgebreitetem Schwanze und hangenden Flügeln um das Weibchen, 
welches seinerseits ruhig fortsucht und nur dann und wann nach einem 
der zudringlichsten Liebhaber hackt. Anfang April, den 7., trugen 
beide Alten mit grosser Emsigkeit viele Stückchen Baumrinde zu- 
sammen, welche die Unterlage bildeten. Das Nest selbst ward aus 
abgeschälten Baumbast gefertigt, innen mit Kuh-, Pferde-, Kanin- 
chen- und anderen Haaren ausgelegt; es mass 5 Zoll in Länge, 
4“ in der Breite, war 2 Zoll hoch und enthielt am 19. April ein 
paar frische Eier, welche aber beim Umfallen des Baumes zerbrachen; 
an den Schalen liess sich noch erkennen, dass sie so gross wie die 
der Sitta europaea, und ebenso gefärbt waren: weiss mit rothen 
Flecken und Punkten, zumal oben. Das Nest war in der Höhle eines 
alten Astes, 60' hoch, angelegt, die Höhle so weit, dass man bequem 
mit der Hand hineingreifen konnte. Wo sie zu aufgeschichtetem 
Mais kommen kann, wird sie sehr zutraulich, kommt alle Augenblicke 
wieder, um ein Korn zu holen, zwischen Rinde einzuklemmen und 
zu verzehren und gleich darauf ein anderes zu holen; desshalb kann 
man sie auch leicht lebend in Meisenkästen fangen und mit jenem 
Futter am Leben erhalten, 


10 


Emberiza?*) 


Niemals früher war mir diese Ammer zu Gesicht gekommen; 
erst im jetzigen Frühling 1854 hörte ich öfters einen mir noch un- 
bekannten Gesang, und zwar aller Orten in Wäldern und an Rändern 
derselben. Er begann oder schloss mit einem kurzen, schwer wieder 
zu gebenden Ton im Gesang der Sazicola rubetra, und lässt sich 
mit den Sylben „tih, hiiih, ti ti ti ti ti ti ti“ ausdrücken, und 
wird von früh bis lange nach Sonnenuntergang gehört. Ein Paar, 
welches ich Ende April im Gebüsch an der Erde laufen sah, war 
ganz und gar nicht scheu, sogar dumm, und liess sich langsam von 
Busch zu Busch treiben. Die Männchen setzen sich nach Gold- 
ammerart gem auf freistehende Aeste der Bäume, bisweilen sehr 
hoch, um zu singen, und antworten sich gegenseitig. Anfang Mai 
entdeckte ich da, wo das zuerst beobachtete Paar sich aufhielt, ein 
beinahe fertig gebautes Nest, im Grase stehend; als ich am 10. wieder 
nachsah, enthielt es fünf schneeweisse Eier, welche viele Aehnlichkeit 
mit denen der Jyn« torquilla hatten; sie massen 9'" in der Länge 
und 7“ in der Breite. Das Nest war ziemlich fest aus dünnen, 
trocknen Grashalmen gebaut und mass 8 Zoll in Länge, 6" in 
Breite, Höhe 3°. Der Napf war mit feinen Grashälmchen ausgelegt. 
In diesem Jahre — 1855 — erschien dieser Vogel gegen die Mitte 
des März. 


Emberiza? 


Einer unserer gemeinsten Standvögel und im Winter der unzer- 
trennliche Begleiter der Niphea hyemalis, bewohnt Gebüsche und 
Gestrüpp in der Nähe von Feldern, an Waldsäumen, selten in diehten 
Wäldern. Ebene und gebirgige Gegenden sind ihr gleich, da sie 
überall in Feldern, Wiesen, lichten Wäldern, auf Wegen und in 
Gärten Sämereien und Insecten zur Nahrung findet. Unter Gras- 
büschen oder in niederm Gesträuch wird das Nest schon Ende April 
angelegt, aus dünnen Halmen gebaut, innen mit Pferdeharen aus- 
gelegt; es misst 3!/,'“ im Durchmesser, die 4 Eier sind grünlichweiss, 
mit vielen rothbraunen Pünktchen über und über bedeckt, oben ge- 
wöhnlich mit schönem Kranz geziert. Die Länge ist 7Y,"', die 


*) Die Speciesnamen der drei folgenden Ammern fehlen im Manuseript, und 
werden nachgeliefert werden. D. Red. 


| 
| 


11 


Dicke 6‘. Oft steht das Nest auch unter überhängenden Grabenrän- 
dern, von laufenden Brombeeren verdeckt. Anfang Juni trifft man 
die zweite Brut an, desgleichen noch im Juli Nester mit Eiern. Der 
Lockruf ist-„zipp.* Der Gesang ähnelt dem Schnattern von Ka- 
narienvögeln. Keineswegs misstrauisch, geht sie leicht in Stellbauer, 
im Herbste in Sprenkel nach Hollunderbeeren. 


Emberiza? 


Erst im März erscheint diese Ammer und gesellt sich zu vori- 
ger, welcher sie auch in ihren Sitten gleicht. In manchen Jahren 
kommt sie erst im April, wenn kaltes Wetter ihre Ankunft verzö- 
gerte; so sah ich den 13. April 1850 noch grosse Schaaren kommen. 
Ihr Gesang hat täuschende Aehnlichkeit mit den letzten schwirrenden 
Tönen der Phyllopneuste sibilatriv. Mitte Mai ist das Nest vollendet 
und wird gemeinlich auf jungen Kieferstämmehen, doch auch auf 
Persimonen, Eiehen und anderen Bäumen, auf ersteren in einer Höhe 
von 4— 6‘, auf Bäumen hingegen zwanzig und mehr Fuss vom Erd- 
boden entfernt angelegt. Es misst 4, in der Höhe 2“; aussen be- 
steht es aus dünnen Pflanzenstengeln, innen aus feinen gelben Wur- 
zeln; der Napf wird dick mit Schweinsborsten ausgefüttert. Die 
4— 5 Eier sind sehr langgestreckt, fast 9' Jang, 6“ dick, schön blau- 
grün mit dunkelbraunen, schwarzen und rostfarbenen Flecken und 
Punkten weniger unten als oben gezeichnet. Bisweilen fand ich schon 
den 26. Mai flügge Junge, welche zum Theil auf benachbarten Aesten 
sassen. Den 24. Juni baute ein Paar zur zweiten Brut. 


Trochilus eolubris. 


Gegen den 13. April, wenn die Bäume die meisten ihrer Blü- 
then entfaltet haben, stellt sich dieses überaus niedliche Geschöpf ein 
und umschwärmt rastlos die Blumen, um aus ihnen Käferchen und 
kleine Hymenopteren, welche seine Hauptnahrung ausmachen, her- 
vorzuholen. Oefters fängt er auch Inseeten, indem er beinahe un- 
beweglich in der Luft steht (rüttelt), und den Kopf rasch hin und 
her wendend, nach Insecten späht, und hat er deren entdeckt, pfeil- 
schnell nach ihnen’sich entweder erhebt oder herunterstürzt und sie nie 
verfehlt. Diese Fangmethode währt oft lange Zeit, wie er überhaupt 
durch die grosse Kraftanstrengung beim Fliegen wenig zu ermüden 
scheint; ‚häufig bemerkt man auch, dass er in perpendikulären 


J 


12. 


Schwingungen geraume Zeit hin und her schiesst, wobei er einen 
ganz eigenen Ton von sich giebt. Beim Suchen nach Inseeten lässt 
er Töne hören, die an Cannabina sanguinea erinnern, und ist bisweilen 
so zutraulich, dass er Blumen umschwärmt, in deren grösster Nähe 
Personen sich aufhalten, wobei er scharf „tii, tii* lockt. Sein 
Flug lässt sich am treffendsten mit dem der Sphinxe vergleichen, so 
schnell ist er. Ende April hatte ein Paar sein niedliches Nestchen 
30 Fuss hoch auf einem dünnen, vom Stamme weit abstehenden Aste 
einer Buche angelegt, welches aber, als der Baum erstiegen und der 
Ast sorgfältig abgesägt ward, noch keine Eier enthielt. Es maass 
13), in der Höhe, Breite 1'/,“. Die Wandungen dick und fest in 
einander gefilzt aus Baumwolle und anderer weisser Pflanzenwolle. 
Aussenseite und Rand war mit Flechten bekleidet. Andere Nester 
standen auf Hikkorybäumen oder Eichen, aber immer so, dass über- 
hängende Zweige dem brütenden Weibchen oder den Jungen hin- 
reichenden Schutz vor der Sonne und vor Regen gewährten. Im 
Verhältnis zu seiner überaus geringen Körpergrösse entwickelt dieser 
Zwergvogel einen Muth und eine Unerschrockenheit, die sich kaum 
bei viel grössern Vögeln wiederfindet. Schon Junge, die nicht lange 
Zeit erst das schützende Nest verliessen, kämpfen mit grosser Er- 
bitterung, und zwar so, dass beide oftmals zur Erde herabfallen, aber 
auch da noch ihren Kampf fortsetzen. Alte hingegen verfolgen Turtel- 
tauben, sogar kleine Reiher (Ardea virens) mit überaus grossem 
Geschrei; so stiess einer unaufhörlich auf ein Colinshuhn (Ortya 
virginiana), welches sich in die dichtesten Zweige eines Gummibaumes 
vor seinen Angriffen geflüchtet hatte, aber auch da noch von ihm 
angegriffen ward. Mit eben solchem Umgestüm sollen sie auf Men- 
schen stossen, welche ihrer Brut zu nahe kommen. Erst spät im 
September zieht er von hier fort, oftmals sogar, wenn es schon 
mehrere Nächte gereift hat. So sah ich den 4. October 1852, ja den 
17. October 1853 noch einzelne. 


Cuculus americanus. 


Spät im Jahre, gegen den 25. April, trifft dieser Vogel erst ein 
und verräth sich sogleich durch sein Geschrei, welches wie das 
englische Wort „cow, cow, cow (cuh)“ klingt und ihm auch den 
Namen „Kuhvogel“ verschafft hat; gewöhnlich geht er unter der Be- 
nennung „Regenkrähe.“ Männchen und Weibchen sind äusserlich 


13 


überaus schwer zu unterscheiden, haben auch gleiche Grösse und 
sind früher mit der zweiten Art, C. erythrophthalmos, verwechselt worden. 
Es dürfte nicht überflüssig sein, hier die Hauptunterschiede beider mit- 
zutheilen. Cueulus americanus hat gelbes Augenlid und die das 
Auge umgebende nackte Haut ist bläulich, während (ueulus 
erythrophthalmos Augenlider und nackte Haut ums Auge 
dunkelzinnoberroth hat. Iris bei beiden Arten dunkel- 
braun. Der Schnabel der erstern Art ist unten und an 
der Wurzel des Oberkiefers nebst Längsstrich der Firste 
schön orange; bei erythrophthalmos ist der Unterschnabel so 
wie ein Fleck unterm Auge bläulich. In Angst und sonst in 
Aufregung stösst das Männchen ein entferntem Klappern eines Stor- 
ches vergleichbares Geschrei aus, und zwar im Mai Tag und Nacht 
hindurch. Dies ist auch die Zeit, wo auf Buchen oder in Weinranken 
in einer Höhe von 10 — 15‘ das Nest angelegt wird. Die Materialien 
zu selbigem bestehen aus starken Reisern, welche so locker und flach 
wie Taubennester aufgeschichtet werden; innen liegt etwas Baummoos. 
Die Grösse ändert von 8— 10". Die zwei Eier, welehe man bei jeder 
Brut darin findet, sind 11 lang, 8‘ breit, von Farbe apfelgrün, mit 
weissem, abreibbarem Kalküberzuge versehen. In den letzten Tagen 
des September sieht man ihn noch in den schwarzen Gummibäumen, 


deren Beeren er frisst. 
Cuculus erythrophthalmos. 


Gleicht in Sitten und Fortpflanzung sehr der vorhergehenden 
Art, frisst gleich ihr allerlei Inseeten, vorzüglich gern kleinere Cica- 
den, von welchen man öfters grosse Massen in seinem Magen antrifft; 
ebenso Orthopteren. Ihr Nest fand ich auf jungen Kiefern, 12‘ hoch, 
dicht am Stamme auf einem kleinen Aste angelegt; es war aus den- 
selben Stoflen wie die des (. americanus gebaut und enthielt am 
20. Mai zwei etwas bebrütete Eier, 11‘ lang, 8" dick, Farbe apfel- 
grün, mit verwaschenen, gelbbraunen Flecken bedeckt, welche aber 
durch Waschen und, Reiben nicht abgehen. Beide Alten brüteten 
gemeinschaftlich, so dass ich am 19. Abends das 5 und Tags darauf 
das © erlegte. 

r Colaptes auratus. 

Die Gruppe der Erdspechte wird hier durch den Goldspecht 

vertreten, der jedoch längeren und gebogeneren Schnabel, als der 


14 


Repräsentant des eigentlichen Geschlechtes Gecinus besitzt. Gleich 
diesen sucht er Ameisen und Regenwürmer von der Erde und von 
Baumstämmen ab; an Bäumen nach Insecten und deren Larven zu 
hämmern vermag er nicht. Im Herbst und Winter werden die 
Beeren der Mistel, der Korneliuskirsche und des schwarzen Gummi- 
baumes, desgleichen der Saame des Sumach begierig aufgesucht. 
Nichts seltenes ist es, zwanzig und mehr Stück auf einem Baume 
anzutreffen. Im Fluge, der kraftvoll und voll Geräusch ist, wird 
häufig ein „tuuit“ ausgestossen, auch lockt er wie Corvus moredula. 
Wenn irgend möglich, so werden die früheren Nestplätze wieder 
benutzt, so dass öfters Jahre nach einander ein Pärchen Goldspechte 
dasselbe Loch benutzt. Es wird von 8—-60' Höhe angelegt, in alten 
Kastanien, vorzüglich in Kiefern. Im April kämpfen die Männchen 
mit grosser Wuth um den Besitz, strecken den Hals, breiten den 
Schwanz aus und hüpfen unter den lächerlichsten Geberden auf den 
Gegner los, der auf einem Aste sitzt oder an dem Stamme ange- 
klammert hängt; dabei wird von beiden Seiten ein „uit, uit, uit“ 
vielmals wiederholt; bisweilen packen sie sich und fallen zur Erde 
herab, aber auch da wird der Kampf noch fortgesetzt; während dem 
sieht häufig das Weibchen zum Astloche heraus dem unblutigen 
Kriege zu. Vorzüglich zur Paarungszeit hört man ihn auch „ticke- 
ticketicketicke“, auch „kiäh, kiäh“ schreien. Das Nest wird 
bis 2‘ tief ganz glatt ausgehackt und enthält Mitte Mai 6 — 7 weisse 
Eier, 12‘ Jang, 10“ breit. Badet im Staube nach Hühnerart. Das 
Fleisch der Jungen ist ziemlich schmackhaft. 


Columba carolinensis. 


Diese Taube, von den drei nordamerikanischen Arten die einzige, 
welche als Standvogel hier verweilt, ist ein sehr netter Vogel, der 
schon zeitig im Jahre, wenn nur einigermassen die Witterung schön 
ist, seinen heulenden Ruf erschallen lässt; er klingt wie „u hüu, 
hu, hu, hu.“ Anfang April, bisweilen noch viel früher, begatten 
sich einzelne Pärchen. Doch findet man gemeinlich erst Mitte April, 
oft auch Anfang Mai, auf Holzzäunen 4 — 5’ hoch, oder auf Aesten 
hoher Kiefern ihr kleines, lockeres Nest angelegt, welches aus weni- 
gen, die Dicke von Krähenfedern nicht übersteigenden Reisern 
gebaut ist. Manchmal wird es aber doch auch mit mehr Kunstfleiss 
gefertigt, innen sogar mit dünnen Halmen ausgelegt. Die zwei schnee- 


15 


weissen Eier, bald länger, bald runder, messen 14 in Länge, 
10“ in Breite, und gleichen denen der Columba turtur sehr. Ein 
Junges, kaum 2° lang aber schon sehend, fand ich am 30. April 1854. 
Es war nicht im Geringsten so missgestaltet und breitschnäblich, wie 
andere Tauben, sondern niedlich gebaut und mit weissem kleinem 
Flaum wie gepudert. In Feldern, zumal nach der Ernte, trifft man 
sie von einigen wenigen Exemplaren bis zu vielen Hunderten an, wo 
es dann leicht ist, viele auf einmal zu erlegen. Vorzüglich gehen sie 
nach Buchweizen; doch verschmäht sie auch nicht, zur Zeit der 
Aussaat sich einzustellen und Weizen, Roggen und Gerste und andere 
Sämereien aufzulesen. Indess vertilgt sie auch eine Menge Un- 
kraut, indem ihrem scharfen Auge so leicht kein Körnchen entgeht. 
Wo man ihr nicht nachstellt, erlangt sie ziemlich viel Zutraulichkeit, 
mischt sich unter zahmes Geflügel der Hühnerhöfe und scheut selbst 
den Menschen nicht. 


Ortyx virginiana. 


Einer der hiesigen wenigen Standvögel, welcher durch munteres 
Wesen und angenehme Färbung gefällt, ist er allenthalben an- 
zutreffen. In Wäldern und Feldern, in Ebenen und auf Bergen, aber 
meistens in der Nähe von Fruchtfeldern, da er hier ohne grosse 
Mühe sein Futter, bestehend in Körnern und Sämereien, Insecten, 
Würmern und Beeren leichter auffinden kann. Die die Pflanzungen 
umgebenden Holzzäune geben ihnen, da die Winkel meistens dicht 
mit Unkraut bewachsen sind, vorzüglichen Schutz; hier laufen sie 
längs der Zäune geraume Zeit hin, ehe sie sich zum Auffliegen ent- 
schliessen können. Aufgejagt setzen sie sich öfters hoch auf Bäume; 
von hier aus oder von den erwähnten Holzzäunen herab lässt das 
Männchen von Mitte April an seinen Lockruf erschallen, der wie 
„O Bob White“ klingt und diesem Vogel auch häufig diesen Namen 
unter den Landleuten verschafft hat. Ende Mai oder Anfang Juni 
findet man unter Gestrüpp und überhangenden Grasbüschen das 
Nest, welches einen Fuss im Durchmesser hält, aus Halmen gebaut 
ist und von 10 — 19 Eier enthält; diese sind schr dünnschalig, stark 
zugespitzt, von Farbe weiss, gemeinlich mit lehmfarbenen Flecken 
bedeckt. Die Grösse ist 15°, die Breite 11”. Ein Weibchen, wel- 
HE. Mähen ein Paar Eier zertreten waren und welches eben 


zu brüten, hatte in aller Eile ein neues Nest gebaut und trug 


16 


ein Ei nach dem andern im Schnabel dahin; es fasste die Eier 
überaus behutsam am spitzen Ende an und nahm sie so weit als 
möglich in den Schlund; doch guckte das stumpfe Ende noch zum 
Schnabel heraus; das Männchen begleitete mit gravitätischen Schrit- 
ten jedesmal die Gefährtin. Mir fiel dabei ein, wie der europäische 
Kukuk seine Eier in Nester mit kleinem Eingangsloche bringt. Die 
Jungen schrieen wie junge Truthühnchen „pip, pip, pip, pip, pip.“ 
Alte, aufgejagt, „gri, gri, gri, gri, gri, gri, gri;“ in Angst und 
bei Gefahr langsam „tui.“ Die Mauserzeit fällt in den Anfang des 
Juli. Durch nachgeahmten Ruf des Weibchens kann man das Männ- 
chen und umgekehrt dieses durch jenen anlocken; so kam ein Weibchen 
aus dem Walde heraus und auf einen Apfelbaum geflogen, liess sich 
auch durch öfteres Locken so lange hinhalten, bis das Gewehr geladen 
war, wo es denn seine Leichtgläubigkeit mit dem Tode bezahlte. Im 
Herbst werden sie von Jägern, welche theils zu Fusse, theils zu 


Pferde sind, in Netze getrieben und in grossen Mengen gefangen. 


Ardea virens. 


Im April erscheint dieser kleine Reiher an Flüssen, kleinen 
Bächen und Sümpfen, sitzt hier theils auf Bäumen, theils steht er am 
Ufer nach Art der grösseren Verwandten, oder wadet langsam im 
Wasser nach Wasserinsecten, kleinen Fischen und Krebsen. Bei 
grosser Hitze jagt man ihn öfters von halb eingetrockneten Pfützen 
auf, welche durch Gebüsch gänzlich eingeschlossen sind. Beim Flie- 
gen zieht er den Hals ein und streckt die Beine aus, und er vermag 
mit seinen grossen Flügeln ziemlich gut sich fortzuhelfen; dabei stösst 
er häufig ein an Krähen erinnerndes Geschrei aus, laut und tief. 
Das Nest wird bisweilen ziemlich weit vom Wasser angelegt. So 
fand ich am 6. Mai 1854 ein Nest an einer Bergseite in einem 
Kieferngebüsch auf einer jungen Kiefer, 18° hoch vom Erdboden 
angelegt; ich entdeckte es dadurch, dass der Alte mit Geschrei davon 
flog. Es bestand aus starken Reisern und war so überaus lose auf- 
geschichtet, dass die Eier durchschimmerten. Das ganze Nest war 
ziemlich dreieckig, wie das von Botaurus mimutus, maass gegen 
14" Länge, 12“ Breite und enthielt vier frische Eier, deren Grösse 
13/,‘ Länge, 121/,“' Dicke betrug. Die Farbe ist blassgrün, einige 
hin und wieder mit weissem Kalküberzug. Ein anderes Nest, am 
10. Mai gefunden, enthielt nur drei Eier, welche aber länger waren, 


17 


Im ‚Juni kommen die Jungen mit den Alten öfters in die grösste 
Nähe der Häuser, obgleich die Alten oft ziemlich scheu sind. Spät 
im September geht er erst von hier fort. 


Scolopax minor. 


Das ganze Jahr über in Gebirgswäldern anzutreffen, am Tage‘ 
an liegenden Baumstämmen angedrückt, geht diese Schnepfe erst mit 
anbrechender Dunkelheit hervor, um nach Inseeten und deren Larven 
in die Erde zu bohren. Gern wählt sie ihren Aufenthalt da, wo 
kleine Bäche in der Nähe sind, wird auch häufig an Bergabhängen, 
ziemlich hoch, angetroffen. Sie ist einer derjenigen Vögel, welche 
am zeitigsten brüten; so jagte ich 1849 den 18. April im dichten 
Unterholze an einem faulen Stamme, in der Nähe einer Wiese, ein 
altes Weibehen auf, welches beim Auffliegen ‚die Füsse wie zer- 
schossen herabhängen liess, sich nach kurzer Strecke niedersetzte und 
mit herabhängenden Flügeln die Aufmerksamkeit von der Brut ab 
auf sich lenken wollte. Nachdem sie eine ziemliche Strecke halb 
geflattert, halb gelaufen war, schwang sie sich empor und flog mit 
schönen Flügelschlägen zurück. Sogleich beim Auffliegen merkte ich, 
dass hier das Nest sein müsste, wollte aber nicht eher nach selbigem 
suchen, bis ich die Alte beobachtet hätte. An den faulen Baumstamm 
gedrückt fanden sich drei Junge, welche sogleich mit ausgebreiteten 
und emporgehaltenen Flügeln davon eilten und sich unter Gebüsch 
und in Vertiefungen des Bodens drückten, so dass sie kaum zu 
entdecken waren und mir auch wirklich eins davon entging; ihr 
Geschrei war ein langgedehntes „zieh.“ Die Länge betrug von der 
Schnabelspitze bis zum Ende des kaum bemerkbaren Schwänzchens 
7 Zoll. Die Alte wollte ich in Fussschlingen fangen und bedeckte 
desshalb die Jungen mit einem Gitter; Nachts über war jedoch ein 
sehr starker Frost eingetreten und hatte die armen Kleinen getödtet. 
Das Weibchen hatte zu einer Zeit gebrütet, wo es bisweilen stark 
schneiete und heftige Kälte war. Am meisten aber vergnügen den 
Beobachter die Männchen an warmen Abenden von Mitte Februar 
ab, wo sie sogleich nach Sonnenuntergang einen eigenthümlichen 
Gesang hören lassen. Sie sitzen dabei in unbebaut gelassenen Fel- 
dern, welche mit Gestrüpp und hohem Grase überzogen sind. Hier 
fliegen sie mit schnurrenden F lügelschlägen auf, schwärmen im Kreise 


herum und lassen beim Niedersetzen, auf Wege oder in erwähntes 


Naumannla. 18%, 2 


18 


Gestrüpp, jedesmal den zwitschernden, nicht unangenehmen Gesan 
PP; ) 8 
und bald darauf einen Lockton hören, der sehr laut ist und an Crex 
pratensis erinnert; dieser wird auch beim Herumschwärmen gehört. 
Dieses Aufsteigen geschieht auch bei Mondschein und währt bis 
Anfang März. Gegen Mitte dieses Monats hat das Weibchen ein 
oO o© 
künstliches Nest aus wenigen Halmen im Gestrüpp am Erdboden 
Y 
angelegt, welches 3—4 Eier enthält. Diese sind 1%,“ lang, 1Y/," 
dick, schmutzig lehmfarbie, mit vielen rostbraunen, grünen und 
’ fe} be} 
schwärzlichen Flecken besäet. 


(Fortsetzung folgt.) 


Nr22. 


Auszüge aus meinem ornithologischen Tagebuche. 
Von 


W. Hintz 1. 


Sterna fluvtatilis. Seit 12 Jahren — da ich an meinem jetzigen 
Wohnorte (in Pommern) bin — findet sich alle Jahr ein Pärchen 
von oben benannter Art auf einem alten eirca 10 Morgen grossen 
Teiche hier ein, ohne jedoch zu brüten. Im Jahre 1847 erschienen 
drei Stück, sonst immer nur ein Päärchen. 'In diesem Teiche befinden 
sich drei alte Stubben, welche 1 bis 2 Fuss über dem Wasserspiegel 
hervorragen, auf welchen sie, wenn sie gefischt haben, sich niederlassen 
um auszuruhen. Sie entfernen sich nicht über 1500 Schritt von 
diesem Teiche. Auffallend ist esnoch, dass sie sich gegenseitig einer 
den andern füttern und zwar wird jedesmal der zuerst auf diesen 
Stubben sitzende von dem andern mit Nahrung versehen. 

Oieonia alba zog im Jahre 1854 den 28. August fort, was für 
die jungen Störche sehr spät war, weil dieselben in der Regel 
vom 1 — 14. August hier weggezogen sind, worauf die Alten sich 
noch 14 Tage verweilten und uns gegen den 1. September verlassen 
haben. Ueberhaupt sind dieses Jahr wenig Junge ausgekommen, 
denn ich habe unter 30 Nestern nur in einem zwei Junge bemerkt, 


19 


denn wo auch mehrere sich im Neste befanden, wurden dieselben bis 
auf eins ausgeworfen. In mehreren Nestern kamen keine Jungen aus 
und einzelne Nester waren gar nicht besetzt. — Am 23. August zog 
ein Flug von circa 100 Stück hoch in der Luft. 


Von dem auf meiner Scheune brütenden Pärchen wurde 1851 
einer zufälliger Weise erschossen; der zurückgebliebene fütterte die 
drei Jungen mit Mühe und Sorgfalt gross, und zog mit denselben zu 
gleicher Zeit am 1. September desselben Jahres fort. Seit der Zeit 
kommt jährlich ein Storch — was, wie ich glaube, das Männchen ist 
— und hält das Nest besetzt, ohne sich zu paaren, obgleich sich Lieb- 
haberinnen genug einfinden. Auch leidet er nicht, dass Andere das 


Nest in Besitz nehmen. 


Im Jahre 1830, wo hier die Cholera zuerst auftrat, fanden sich 
im Frühjahre in dem Dorfe Barzwitz 12 Paar Störche mehr ein, 
ausser den fünf Pärchen, welche daselbst jährlich brüteten; nach 
langem Kampfe baueten sich die fremden Gäste an und brach- 
ten auch mehrentheils Junge aus, jedoch im Jahre 1831 kamen 
nur die alten fünf Stammpaare und nur ein Pärchen von den Neu- 
angesiedelten, welche sechs Paare auch noch bis jetzt jährlich ihr 
Wochenbette dort aufschlagen. 

Wie lässt sich dies erklären? Wo sind diese 12 Paare herge- 
kommen? und warum kamen sie die folgenden Jahre nicht wieder? 
Nahrungsmangel kann hieran nicht Schuld sein, indem sich dort sehr 
grosse Wiesencomplexe finden, wo sich reichliche Nahrung wohl 
noch für mehrere findet. 


In der Forst- und Jagd-Zeitung von 1829 S. 420 führt der da- 
malige Oberförster v. Brixen, jetzt Ober-Landforstmeister zu Königs- 
berg in Preussen, an, dass bei seinem Wohnorte Neuhaus auf der 
Insel Wollin ein Storchweibehen mit zwei Männchen in demselben 
Jahre zurückgekehrt, die gemeinschaftlich das Nest vor dem Brüten 
in Stand gesetzt, sich begatteten, abwechselnd brüteten und bei ver- 


einter Pflege drei Junge erzogen. Ein gewiss seltener Fall. 


Aleedo ispida. 1848. 15. Mai waren in einem Neste fünf Junge 
6-8 Tage alt, den andern Tag waren dieselben fort und ich glaube 
bestimmt, dass sie von den Alten fortgetragen waren, indem sie aus 
dem Neste nicht allein herauskommen konnten, auch nicht zu spüren 
war, dass sich irgend ein Raubthier dem Neste genähert. 


y*+ 
- 


20 


1851. 15. April zwei Eier, das Weibchen war noch im Legen 
begriffen. 

1852. 27. April sechs Eier, nicht bebrütet, das Nest 11), Fuss 
über dem Wasserspiegel. 

1852. 31. Mai sieben Eier, nicht bebrütet, das Nest 20 Fuss 
über dem Wasserspiegel. 

Beide Nester waren !/, Meile von einander entfernt und daher 
bestimmt zwei verschiedenen Paaren gehörig. Auf beiden Nestern 
ergriff ich das Weibchen. 

Lanius collurio, als Bienenräuber. Diesen Sommer — 1854 — 
brütete ein Päärchen oben benannten Vogels 60 Schritt von meinem 
Wohnhause in dem dort befindlichen Zaune des Bienengartens. Ich 
bemerkte nun, nachdem die Jungen einige Tage aus den Eiern 
geschlüpft, dass die Alten immer unten nach den Bienenstöcken 
flogen; ich passte genau auf und bemerkte, dass die Alten täglich 
60—80 Bienen fingen, indem sie, wenn dieselben ins Flugloch eilten, 
jedesmal eine wegnahmen. Da ich ihnen den Willen liess, ohne sie 
zu stören, um desto länger meine Beobachtung fortsetzen zu können, 
so setzten sie ihre Räubereien täglich fort, auch dann noch, als die 
Jungen schon 14 Tage ausgeflogen waren; da ich nun den 15. Juli 
eine sechs wöchentliche Reise antrat, so weiss ich nicht, wie lange 
sie diese Räubereien fortsetzten, oder ob späterhin die Jungen auch 
Antheil genommen haben; ich werde nun beobachten, ob sie 1855 
wiederkommen. 

Anthus pratensis brütet hier ziemlich häufig auf dem grossen 
Wiesenterrain, und finde ich jährlich gegen 6—10 Nester, ohne mir 
viele Mühe zu geben. Oefter habe ich wohl zwei verschieden gefärbte 
Eier in einem Neste sefunden, aber dies Jahr — 1854 — fand ich 
ein Nest, worin die vier darin befindlichen Eier, sämmitlich bedeutend 
in der Farbe von einander abweichend waren. Vor zwei Jahren fand 
ich ein Nest dieses Piepers wohl 600 Schritt von den Wiesen entfernt 
auf Sturzacker unter einer Erdscholle; welcher Grund mag wohl das 
Weibchen zur Wahl dieser sonderbaren Brutstelle vermocht haben? 
Die von mir gefundenen Nester stehen in der Regel auf den Riesel- 
wiesen, da, wo die Wälle oder Abfuhrwege sind, beinahe mit dem 
Wasserspiegel der Gräben gleich, ja manchmal so niedrig, dass bei 
etwas hohem Wasser dieselben überschwemmt werden. Auch fand ich 


dieses Jahr ein Ei von Cueulus canorus in dem Neste von Anthus 


21 


pratensis, welches diesmal — unter wohl 40 gefundenen — etwas 
' anders gefärbt war, wie die Piepereier; es ähnelt ganz den Eiern des 
Kukkuks, welche ich sonst bei Sylvia einerea gefunden. Sollte, da ich hier 
jährlich einige Nester von Sylvia einerea mit Kukkukseiern gefunden 
habe, und*erstere dieses Jahr hier beinahe gar nicht vertreten waren, 
der Kukkuk nun wohl das Nest von 4. pratensis gewählt haben? 

Fringilla eannabina. In den Jahren 1835 bis 1838, wo mein 
Aufenthalt in Barzwitz !/, Stunde vom Östseestrande entfernt war, 
habe ich auf dem Höhenplateau, welches sich nach den Hellbergen 
hinzieht — damals raume Hutung mit Haidekraut und einzelnem 
Wachholdergebüsch bewachsen — viele Hänflingsnester, oder vielmehr 
ich hielt sie dafür (indem ich so nachlässig war, nicht ein Exemplar 
zu erlegen), gefunden. Der Vogel hatte zwar das Anschen eines 
Hänflings, jedoch war er ungemein scheu, und hielt gar nicht auf 
dem Neste aus; diese standen unter den einzelnen Gebüschen an der 
Erde, und die Eier waren immer ganz weiss, sehr selten einmal eins 
init wenig rothen kleinen Pünktchen. Da in der Gegend viele 
Hänflinge nisteten (indem ich doch jährlich gewiss gegen 50 Nester 
gefunden habe), diese aber stets im Gebüsch an 3 bis 8 Fuss Höhe 
hatten, und sehr selten einmal ein weisses Ei in einem Gelege war, 
so haben sich späterhin Zweifel bei mir eingestellt, ob dies auch 
wirklich F. cannabina gewesen ist, wozu mich die grosse Scheuheit 
der Vögel und die stets weisse Farbe der Eier bewogen hat. 

Fringilla coelebs. Die grünlichen Eier dieser Art habe ich nur 
hier zuerst gefunden, und zwar die 7—8 Nester nie über 6 Fuss 
Höhe, stets auf Wachholdergesträuch und nur einmal auf einer jungen 
Kiefer. An meinen früheren Wohnorten habe ich diese Varietät der 
Eier nicht gefunden. \ 

Corvus eorae. Im Jahre 1834 wurde ein Vogel dieser Art von 
dem Rittergutsbesitzer Herrn Wetzel auf Rötzenhagen bei Schlave in 
einem Kleestück gefangen, weil er am Flügel beschädigt war; der- 
selbe heilte die Wunde bald aus und wurde so zahm, dass er täg- 
liche Ausflüge nach dem hinter dem Hause befindlichen Park, ja so- 
gar nach dem nahe angrenzenden Walde machte, Hier wurde er 
aber späterhin von dem dort weilenden wilden Raben mit grossem 
Geschrei bis zum Hause verfolgt, und von diesen hier förmlich blockirt, 
denn eo wie er sich sehen liess, wurde er mit Geschrei empfangen 


und mit Rippenstössen regalirt. Von jetzt ab schloss er nun Freund- 


22 


schaft mit dem grossen Hofhunde und wurde dies sein steter Begleiter 
bei seinen Ausflügen und er von demselben geschützt. Im Jahr 1836 
begann er im Wohnhause auf einem Schranke — wo er des Nachts sei- 
nen Sitz hatte — viel Reisig zusammen zu tragen und ein sehr grosses 
Nest zu bauen, wobei sich der Geschlechtstrieb so stark äusserte, 
dass er sich öfters senem Lieblingshunde Preis zu geben bereit war. 
Er legte hier nun fünf Eier und bebrütete dieselben sechs Wochen 
so anhaltend, dass er sein Nest nicht verliess und auf sein Geschrei 
ihm Nahrung gebracht werden musste. Aber leider wurde die Hoff- 
nung auf junge Brut getäuscht, indem er nach sechs Wochen vom 
Brüten abliess und die Eier, wie vorauszusehen, faul waren. Das 
freundschaftliche Verhältniss mit dem Hunde blieb aber ungestört 
und täglich wurden Streifereien angestellt. Am zweiten Österfeier- 
tage, ich glaube den 16. April, wo sehr viel Schnee gefallen war, 
kam er flüchtig aus dem Walde zurück, fiel in den weichen Schnee 
auf dem Hofe und war verendet. Die Obduction ergab auch nicht 
die geringste Verletzung und musste sich derselbe, wahrscheinlich bei 
dem Herabstürzen in den Schnee, das Genick gebrochen haben. Im 
Jahre 1841 bekam mein Freund wieder einen jungen Raben aus dem 
Horste, dieser wurde nun nicht so sehr zahm, aber die Freundschaft 
zu dem Hunde und die Feindschaft der wilden Raben war dieselbe. 
Diesen hatte der Besitzer mehrere Jahre; da er keine Anstalt zum 
Brüten machte, auch viel wilderer und störrischer Natur war, so ver- 
muthete ich, dass es ein Männchen war. Nach mehreren Jahren ver- 
schwand er, und wir’ vermutheten, dass er erschlagen worden, indem 
er sehr oft Stücke Fleisch, Füsse ete. von geschlachtetem Vieh mit- 
brachte, welche er also doch geraubt oder gestohlen haben musste, 
wobei er dann auch das Ende solchen Gelichters gefunden haben mag. 

Buteo vulgaris. Im Jahre 1854 fand ich den Horst dieses Bus- 
sards, wovon das Weibehen — das Männchen habe ich nicht ‚gesehen 
— ganz weiss war, mit Ausnahme einiger schwarzen Flecken unter 
den Flügeln. Im Horst befanden sich drei Eier, welche sich doch 
auch von den andern Bussardeiern unterscheiden. Derselbe war un- 
gemein scheu und entfernte sich, nachdem ihm die Bier genommen, 
aus der Gegend. 

Ueberhaupt variiren diese Eier ungemein, indem sich sehr selten 
einige gleichen. Ich habe wohl schon einige Hundert unter Händen 
gehabt, doch wie gesagt, nur wenig gleich gezeichnete gefunden. Ich 


23 


besitze noch über 40, aber jedes ist verschieden. Ein Gelege vom Jahre 
1852 mit vier Eiern zeichnet sich dadurch aus, dass die Eier stufen- 
weise kleiner werden, so dass das kleinste nicht grösser wie das von 
Circus vufus ist. Ein Ei besitze ich von einer schwarzen Varietät — 
und war nur dies eine im Horste — welches sich durch seine Form, 
Farbe und Korn sehr von den andern unterscheidet. 


Sylvia thytis habe ich hier noch nicht brütend gefunden, dahin- 
gegen 8. phoenicurus häufig. 

Parus ater. Auch diese Meise habe ich nur einmal im Winter 
1847 gesehen, sonst noch nie bemerkt. 


Telmatias gallinage. Am 14. August 1854 berichtete mir ein 
Jäger, dass ihm der Hirte gesagt, dass schon seit 14 Tagen allabend- 
lich eine Beccasine sich auf die höchste Spitze einer einzeln stehenden 
Kiefer, circa 30 Fuss hoch, am Rande des grossen Bruchs setze, er 
selbst habe dieses heut Abend gesehen. Hierauf ging ich des andern 
Abends mit drei Begleitern hin, und siehe, dieselbe kam peckend 
angeflogen und setzte sich auf die Spitze der bezeichneten Kiefer, 
flog aber, da sie uns bemerkte, fort. Nach Verlauf von ungefähr 

_ drei Minuten kam sie jedoch wieder und nahm ihren Sitz auf der- 
selben Stelle ein, wo ich sie nun über eine Minute beobachtete und 


sie dann von ihrem luftigen Standorte herunterschoss. 


Scolopaz rusticola. Auch von dieser behauptet ein Freund von 
mir — ein sehr wahrheitsliebender- Mann und wohl einer der besten 
Schützen, die es gibt — dass er einmal um Johannis, wo die Brut- 
schnepfe noch zog, eines Abends das Männchen derselben, nachdem 
es einigemal um ein Bruch, wo junge Schnepfen waren, herumge- 
strichen hatte, sich auf die höchste, trockne Spitze einer Kiefer, eirca 
100 Fuss hoch, sich setzen sah. Beim Setzen nahm sie ganz die Gestalt 
des Storches an, d. h. sie liess die Beine lang herunterhängen, um so 
ihren luftigen Sitz einzunehmen, Sie wurde von dem Schützen ge- 
fehlt, Des andern Abends kam sie wieder angestrichen, nalım ihren 
Sitz ein, und che mein Freund noch zum Schiessen bereit war, kam 
dieselbe pfeilschnell von dem Baume herunter und liess sich auf der 
Wiese, die den Rand des Bruchs umgab, nieder, wo sie dann durch 
einen Schuss erlegt wurde. 

Llirundo urbiea. Wo hält sich dieselbe während des Zeitraums 
nach ihrer Ankunft bis zur Beendigung des Nestbaues und dann 


24 


während der Zeit nach ihrem Ausfluge bis zum Wegzuge des 
Nachts auf? 

In diesem Jahre — 1854 — kamen alle meine Hausschwalben, 
76 Päärchen, zu gleicher Zeit den 4. Mai Morgens an und fingen gleich 
den Neubau und das Ausrepariren der Nester an, jedoch des Abends 
waren sie alle fort und des Morgens wieder da, und so ging es fort, 
bis das Nest ungefähr zur Hälfte fertig war, wo dann beide Gatten auch 
des Nachts ihren Ruheplatz darin nahmen. Obwohl ich dieses schon 
alle Jahre bemerkt und sie genau beobachtet, so weiss ich doch nicht, 
wo sie sich des Nachts aufhalten. Nur einmal, im Jahre 1847, als 
ich mich 2 Uhr Morgens wegen Forstschutzes ins Revier begab, traf 
ich auf einem kleinen Sandhügel, ungefähr 100 Schritt von meiner 
Wohnung, gegen 50 Stück Schwalben, welche nahe vor meinen 
Füssen aufflogen. Obgleich ich späterhin sehr oft zu verschiedenen 
Zeiten des Nachts diesen Hügel abgesucht, habe ich doch keine wie- 
der gesehen. 

Als ich dieses Jahr — 1854 — am 13. August von einer Reise 
zurückkehrte, fand ich meine Schwalben mehrentheils ausgeflogen 
und kamen dieselben nur alle Tage des Morgens und Abends an, 
besuchten ihre Nester, schwärmten und spielten wohl '/, Stunde 
herum, worauf sie wegzogen. Wo blieben sie nun jetzt des Nachts? 
Am 27. August setzten sie sich auf das Dach meines Wohnhauses 
in die Morgensonne, putzten sich, zwitscherten ihr Liedchen, erhoben 
sich nach einer Stunde, flogen fort und kehrten nicht wieder. Nur 
fünf Pärchen hatten noch Junge im Neste, welche sie fleissig fütter- 
ten. Am 31. August flogen von diesen drei Paare aus, hielten bis 
zum 3. September Flugübung und waren verschwunden. Die Jungen 
der beiden letzten Paare verliessen das Nest am 7. September, hielten 
ihre Flugübung und verliessen am 9. September auch ihren Brutort. 

Die beiden Paare von H. rustica, welche hier nisten, hielten mit 
ihren Jungen eben solche Flugübungen. Am 6. September sammelten 
sie sich auf dem Dache, sonnten sich und waren den 8. fort. Jedoch 
hielten sich noch immer welche bei Tage oberhalb der Wiesen. Den 
20. September zogen des Abends zwischen 6 und 7 Uhr circa 400 
Stück in der Richtung nach N.N.W. immer einzeln, hinter und neben 
einander in Zwischenräumen von 20 bis 25 Schritt, und waren nun 
auch fort bis auf zwei, welche ich am 27. September zuletzt be- 
merkte, 


» 


Sollte Jemand über diese, wie mir scheint, interessante Frage 
Erfahrungen gemacht haben, so bitte ich dieselben, in dieser unserer 
Zeitschrift gütigst mitzutheilen. i 

Nucifraga caryocatactes. Dass derselbe auch hier wohl bisweilen 
sein Wochenbett aufschlägt, bin ich fest überzeugt, indem in diesem 
Jahre ein Pärchen den ganzen Sommer in meiner Nähe im König]. 
Vangeroer Revier sich aufhielt; jedoch ist alles Suchens ungeachtet 
das Nest nicht aufgefunden worden. 

Von Podiceps suberistatus erlegte ich einWeibchen auf einem klei- 
nen Teiche, welcher rundum mit Gras und Gebüsch bewachsen war, den 
29. Mai 1854; ich glaube bestimmt, dass dasselbe hier auch gebrütet, 
doch habe ich aller Mühe ungeachtet das Nest njcht gefunden. 


Tabelle über Ankunft und Wegzug der Vögel im Jahre 18°°/,.. 


Ankunft. Wegzug 


Anser segelum. 10/0. 1853 die ersten. |1%,. erster, */,. ein Zug von ca. 200, 
19/0. 3 Stück von| letzter. 
einer Art, die ich nicht 
kenne, sassen auf dem 
Acker. !6/,,. letzten. 
Cygnus musicus. |%ı2- 1853 2 Stück,|/z. 7, %. 2, %. 2 Stück, letzter. 
keine weiter. 
Alauda arvensis. \2"/. und 27/,. einzeln, |??/,. erste Zuglerchen, ?2/,,. letz- 
!/y. allenthalben. te, 2,0. einzeln, *%,. bei sehr 
stürmischem, einige Tage anhalten- 
dem Wetter noch einzelne. 
Sturnus vulgaris. |N/3. gleich häufig. “1. Juli. Vom 11. Septbr. bis 10. 
ß Oectbr. erschienen sie wieder, doch 
nur in schwachen Flügen, auch 
nicht täglich gesehen. 
Columba oenas. 28/,. 2 Stück. 7. August zuletzt gerufen, ?%,. letz- 
ten gesehen. 
Corvus Monedula. |\®/,. einzeln hoch in der|21. Septbr. bis Ende Octbr. öfter 
Luft. einzelne, am 15. Juli 3 Meilen nörd- 
lich von hier bei dem Dorfe Nemitz 
gegen 1000 Stück auf dem Felde 


gesehen. 

Alauda arborea. |?/,. gesungen. 23/,. erster, Zug — flugweise. — 
2/1. letzter. 

Vanellus oristatus. \%/,. 5 Stück. 15. Juli hier zuletzt. Am Ostsee- 
strande Ausgangs August noch 
viele. 

Fringilla cannab, |%z. 8. Oetbr. zuletzt. 


Columba palumbus,|"%/y. 2*%/g. gerufep. 23/,, 


26 


Ankunft. 


Wegzug. 


Grus cinerea. 


Milvus regalis. 
Motaeilla alba. 


Charadrius pluvial. 
"6/3. schlug gleich im 


Fringilla coelebs. 


carduelis. 


” 


Turdus-musieus. 


Ardea cinerea. 
Rubecula familiar. 
'elmatias gallinago 


Fringilla chloris. 
Anthus pratensis. 
Scolopax rusticola. 


Emberizaschoeniel. 


Ciconia alba. 


Totanus ochropus. 
Phyllopneuste rufa, 


Turdus iliacus. 
Sawicola oenanthe. 
Falco tinnunculus. 
Ciconia nigra. 
Jynz torquilla. 
Aegialites minor. 

»  hypoleucos. 
Ruticilla phönicur. 
Pratincola rubetra. 
Hirundo rustica. 


gallinula. '? 


13/2. 


Meile 


14),. 
15), 


Walde, keine im Win- 

ter 18°®/,, gesehen. 
17/,. 2 einzelne, keine 

weiter gesehen. 


18/,. 21/3. gesungen. 


18/,, 

19/,, 

20/,. Den 26. gemeckert, 
Den 1. Januar eine 
einzelne. 


29/,. auf dem Zuge. Im 
Ganzen sehr wenig. 


a 


5/,. einzeln. 17. allent- 


balben. 


En 
2/,. gesungen. 


Ya 


5/4. weiter keine bemerkt. 


2 Stück. Den 3. 


Mai alte. 


%/,]. letzter. Den 28. August über 
50 Stück auf dem Reckoer Felde, 
setzten sich auf die dort stehenden 
Stiegen des Buchweizens. 


27 a 


i1/,. erste Züge. */,1- letzte. 


14. erster Zugvogel, ?%/,.. letzter, 
sehr schlechter Fang, in vielen Jah- 
ren nicht so unergiebig gewesen. 


13. Septbr. erste Zugschnepfe, den 
30. Octbr. des Abends noch eine 
einzelne, welche ihr peka, peka, 
rief. 

Im Herbst keine gesehen. 


YU- 
4 


10° 
27/\0., den Herbst über häufig. 


Seit 2 Jahren hat sich hier ein Pärchen 
auf einem kleinen Teiche ange- 
siedelt. 

28. Aug. Wenig junge Störche, 
in mehreren Nestern gar keine 
Jungen, unter 30 Nestern nur in 
einem 2. 

7/,. Im August mehrere am Ostsee- 
strande gesehen. 

28/9. Seit Mitte October täglich 
mehrere in einem Garten. 

6/0. erster Zugvogel, ®/ı, letzter. 


2 
25/ . 


/9* 


or 


2. 


>10: 
5/ 
/9 


20/,. einzeln bis zum 27. 


NG 


Wegzug. 


Upupa epops. 
Cyanecula suecica. 
Budytes flavus. 
Columba turtur. 
Gallinula chlorop. 
Hirundo riparia. 


Cuculus canorus. 
Hirundo urbica. 


Gallinula porzana. 
Caprimulgus europ. 
Sterna fluviatilis. 
Oriolus galbula. 
Lanius collurio, 
Coracias garrula. 
Gallinula erex. 
Turdus pilaris. 
Corvus corone. 


Regulus ignicapil. 
Alauda cristata. 


Parus. 
Crueirostra curo. 


Pyrrhula vulgaris. 


Buteo lagopus. 


%,. fingen gleich an zu 


3/5. gerufen, waren we- 
niger wie im vorigen 


%/,. alle zugleich, fingen 
gleich an ihre Nester 


25/ 
/8* 


Yo 


Ya: 


17. Juli zuletzt gerufen. 


%/g. die letzten. 


26). 
2 


Io: 


10) 

ih 

Yıa- 

°/0. der erste Zugvogel. 

1/0. ein Zug von 6 Stück, weiter 
keine bemerkt. 


18/ 

10- 

26/,.. waren mehrere Züge — Fami- 
lienweise — hier. 


26/0. der erste Zug gegen 300 
Stück, Schwanz-, Hauben- und 
Kohlmeisen. 

27/),. nur dies einemal 4 Stück ge- 
sehen. 

5/11: den letzten gefangen, im Ganzen 
nur 3 Stück. Den 7. Dechbr. noch 
ein einzelnes Männchen in meinem 
Garten. 

Den 2. und 17. Decbr. einen einzel- 
nen. 


Forsthaus Schlosskämpen, im Januar 1855. 


W. Hintz I. 


28 


Nr. 3. 


Einzelne, auf einer Excursion in "Vorpommern gewonnene 
Beobachtungen. 
Von 


Dr. Bernard Altum. 


Wenn ich es hier wage, die Resultate meiner mit Freund Krü- 
per vom 10.—26. April d. J. unternommenen, leider jedoch wegen 
des anfänglich noch fast winterlichen Wetters wenig ergiebigen Ex- 
eursion in den pommerschen Hochwäldern zu veröffentlichen, so sehe 
ich mich wegen der frühern Aufsätze desselben auf nur einzelne Be- 
merkungen beschränkt, die noch obendrein, wie ich fürchte, für Viele 
nichts Neues enthalten werden, Trotzdem mögen sie hier eine Stelle 
finden, um jene von vorwiegend oologischem Standpunkte aus nieder- 
geschriebenen, interessanten Arbeiten meines Freundes zu ergänzen, 
Das Terrain, worauf wir uns bewegten, ist den Lesern unsrer Zeit- 
schrift nach seiner Extension bekannt; jedoch wird man: eine kurze 
Zeichnung des Landescharakters, der es zur Herberge so vieler ver- 
schiedener und gänzlich verschiedenartiger Vögel macht, vielleicht 
vermisst haben. 

Die betreffende Gegend bietet, abgesehen von einzelnen kleinen 
Dörfern mit dem umliegenden Ackerland, auf viele Meilen Weite, 
mehr oder weniger zusammenhängenden, öden Hochwald, gewöhnlich 
Nadelholz-, einzeln auch Laubholzwald, dar. Eigentliche Chauseen 
fehlen, die spärlichen Communalwege sind sehr wenig frequent. 
Keine Fabrikarbeit oder sonstige geräuschvolle Beschäftigung stört 
dort die Ruhe der Natur. Eine einzelne Theerschwelerei oder die Be- 
hausung eines Försters, vom dunkeln Kiefernwald, umkränzt sind die 
seltenen Gebäude, die man ausser den Dörfern antrifft. Die weit 
ausgedehnten Hochwälder, bleiben, weil entfernt von aller Communi- 
cation, unbesucht von Holzdieben und ähnlichen Frevlern, deshalb 


29 


nur geringe forstliche Controlle, als zumeist königliche Forsten sind 


sie frei von häufigen und lärmvollen Jagden — dem die Einsamkeit 
liebenden Adler gewiss willkommene Verhältnisse. — Aber noch 


bedeutende Umstände kommen hinzu. Es sind nämlich zunächst 
diese grossen Wälder nicht selten durch kleinere und grössere Land- 
seen unterbrochen, die nothwendige Bedingung für den Aufenthalt 
der Raubvögel, die von Fischen und Fröschen ausschliesslich oder vor- 
zugsweise lebend hier stets volle Tafel finden. Ein solcher See macht 
einen eigenthümlichen Eindruck auf den Naturfreund, der nach stun- 
denlangem Verweilen im Dämmerlichte des Waldes plötzlich heraus- 
tretend eine spiegelglatte Wasserfläche vor sich ausgebreitet sieht. 
Ein einzelner Colymbus eristatus belebt sie, über derselben rüttelt der 
reizende Pandion, und die beiden Milven schaukeln sich behaglich am 
Ufer lüstern nach Beute spähend. — Nicht so sehr mit dem Hoch- 
walde contrastirend wie jene offenen Landseen sind sumpfige kleinere 
Seen im Walde selbst, ja sie bilden selbst einen Theil des Waldes; 
es sind überschwemmte Waldniederungen, deren Holzbestand (Laub- 
und Nadelholz) gewöhnlich ausser einzelnen starken Bäumen, die dann 
gern einen Horst von Ag. naevia, Milwus ater, regalis, Ciconia nigra. ... 
tragen, nur kleineres Unterholz ausmacht. Mitten in diesen unweg- 
lichen Stellen treiben brütende Kranichpäärchen ihr Wesen, die Gegend 
umher mit ihrem Geschrei erfüllend, an den Rändern schwenkt sich 
die pfeilschnelle Schwalbenschnepfe (Tot. ochropus) in leichten Wen- 
dungen höchst gewandt durch die Aeste der Bäume, auch ein einzel- 
ner Colymb. minor hat einen solchen Platz sich zur häuslichen Nie- 
derlassung ausgewählt. Für den Sammler und Beobachter jedoch 
sind diese sumpfigen Waldstellen ein wahres Kreuz. Man müdet sich 
stundenlang in denselben ab ohne etwas anderes als die Bestätigung 
der vorher schon gehegten Befürchtung zu finden, dass man hier we- 
der sammeln noch beobachten könne, — Zuletzt ist noch das sich an 
der Küste entlangziehende Haff reich an Fischen und stellenweise be- 
säet mit Hunderten von Wasservögeln: gewiss ein wichtiges Moment 
für die Ansiedelung der grossen Raubvögel, während das offene 
Küstengefilde den kleinern beschwingten Räubern hinreichende Nah- 
rung bietet. 

Somit treffen gerade in diesem Theile Pommerns die günstigsten 
Umstände so trefflich zusammen, dass man es begreiflich findet, wie 


hier vor so vielen Gegenden Deutschlands eine so höchst mannigfal- 


30 


tige und eben so interessante Ornis zu finden ist. An brütenden 
Adlern allein hat diese Gegend fünf Species aufzuweisen: albieilla, 
fulva, (selten), naevia, haliaetos, und gallicus (ein Päärchen). Ob aber 
schon nach einem Decennium dieser Reichthum dort noch zu finden 
ist, steht dahin. Jetzt schon fängt man an, die ältesten Waldpar- 
zellen zu lichten oder gänzlich abzuholzen und junge Schonungen 
anzulegen. Schreitet diese forstmännische Cultur noch einige Jahre 
so weiter, so werden die meisten Adlerpäärchen aus den jetzigen Re- 
vieren verschwunden sein, so wie schon jetzt an manchen Stellen in 
Vergleich zu dem Bestande früherer Decennien eine sichtliche Ab- 
nahme bemerkt wird. 

Wenn ich nun nach dieser kurzen Umrisszeichnung des Terrains 
zu den „einzelnen Beobachtungen“ übergehe, so muss ich nochmals 
mein Bedauern aussprechen, dass ich, da die kalte Witterung manche 
Gäste bis gerade vor meiner Abreise, andere bis nach derselben zu- 
rückgehalten hatte, nur sehr Weniges liefern kann. 

Haliaetos albicilla. Die Anzahl so wie der Standort der jährlich 
besetzten Horste dieses grossen Adlers ist aus den frühern Aufsätzen 
Krüpers*) bekannt. Ich muss jedoch bemerken, dass schon diese und 
jene alte Kiefer, früher Trägerin eines solchen Horstes, der Axt des 
Forstmannes verfallen ist. Neue Horste werden nicht oder nur sel- 
ten angelegt. Geht ein solcher Horst aus irgend welcher Ursache 
zu Grunde, so verliert sich auch das Brutpaar aus- der Gegend. 
Auch die Jungen ‚scheinen sich nicht anzubauen; man sieht sie ohne 
Sorge für die Nachkommenschaft umhervagabondiren, und sie rücken 
dann erst als Brutvögel ein, wenn von einem alten Paare der eine 
oder beide Vögel umgekommen sind — und zwar wohl desshalb, 
weil bei der Grösse des Reviers eines Paares nicht leicht eine andere 
passende Stelle aufgefunden werden kann. Ein merkwürdiges Beispiel 
von einem solchen Einrücken möge hier erwähnt werden. Am13. April 
erlegten wir das abfliegende Weibchen des in einer verlornen Ecke 
eines ziemlich bedeutenden alten Kiefernwaldes in Rehhagen stehenden 
Horstes, und gingen in der Voraussetzung, dass das Männchen fortbrü- 
ten oder sich gar ein neues Weibehen als Stiefmutter der zu erwar- 
tenden Jungen herbeiholen würde, mit unserer schweren Beute, ohne 
den Horst nach den Eiern ersteigen zu lassen, nach Hause. Am 16. 


*) Siehe Naumannia Jahrgg. 1852 I. p. 61; 1853 p. 39. 


31 


strich wirklich das brütende Männchen ab, leider trotz unseres äusserst 
vorsichtisen Annäherns so früh, dass wir einen erfolgreichen Schuss 
nicht wagen konnten. Am 20. wiederholten wir nochmals unsern Be- 
such, um womöglich jetzt unsern Zweck zu erreichen; — und siehe 
da, es hatte sich nicht nur das Päärchen wieder ergänzt, sondern es 
waren nach der glaubwürdigen Aussage eines Försters, der in der 
Gegend sich täglich mit Anpflanzungen beschäftigte, seit mehren Ta- 
gen stets drei Adler bei dem Horste gewesen. Ob die beiden her- 
beigeholten Gäste Weibchen, oder ob es ein neues Paar war, kann 
ich nieht entscheiden. — Der eben genannte zweite Besuch am 16. 
liess uns recht deutlich die Sorge des verwittweten’ Männchens für 
den Llorst erkennen. Nachdem der Adler etwa auf 150 Schritt Entfer- 
nung abgestrichen war, bauten wir uns rasch aus Kiefernzweigen 
Hütten, um ihn bei seiner Rückkehr mit unserm groben Schroot un- 
angenehm zu überraschen. Kaum währte es 10 Minuten, als wir seine 
wohlbekannte, weitschallende Stimme in der Nähe vernahmen; lang- 
sam wiegte er sich im weiten Kreise dem Standorte des Horstes zu; 
allein sein scharfes Auge liess ihn irgend etwas Verdächtiges erken- 
nen, und wie von Zauberhand berührt polterte er urplötzlich schreck- 
haft in der Luft zurück, kehrte aber in ähnlicher Weise nach einer 
halben Stunde und dann abermals, trotzdem dass wir uns recht gut 
gedeckt zu haben glaubten, durch seinen Adlerblick gewarnt wieder 
nach derselben Frist zurück, um wiederum eiligst zu fliehen. Da 
mussten wir freilich die Hoffnung, ihn für jetzt zu erhalten, auf- 
geben. 

Ich kann es mir bei diesem Vogel nicht versagen, noch eine Be- 
merkung hinsichtlich seiner Farbe zuzufügen. Wenn ich von mir auf 
Andere schliessen darf, so ist es eine ganz gewöhnliche Sache, dass 
die Farben der Vögel bei hellem Wetter in einiger Entfernung im 
Freien beobachtet, stets höher, reiner, schöner erscheinen, als 
dann, wenn man den Vogel etwa erlegt hat und ihn nun in der 
Hand hält. Was z. B. eben erst als fast weiss und schwarz erschien, 
zeigt sich jetzt nur als helleres und dunkleres Grau — eine Erschei- 
nung, die nicht bloss den Laien in unserer Wissenschaft zu den ab- 
strusesten Beschreibungen der Vögel führen kann und sehr oft führt, 
sondern auch nicht selten den Kenner, wenn auch nicht geradezu 
irre leitet, so doch stutzig macht. So erscheint nun auch der alte 
albieilla, wenn er von der Sonne beschienen in der blauen Luft sanft 


P 


. 


32 


einhergleitet, am Kopf und Hals fast rein weiss. Dazu kommt 
noch (der wirklich rein weisse Schwanz. Ich möchte desshalb fast 
vermuthen, dass diese Erscheinung zu der von einzelnen Seiten ge- 
äusserten Behauptung Veranlassung gegeben habe, dass sein Verwand- 
ter, der Nordamerikaner leucocephalos auch zuweilen unsere Gegenden 
mit seinem Besuche beehre. Hätte man ihn einmal erlegt, so würde 
erwähntes. Bedenken zum grossen Theile wegfallen, aber, so viel 
mir bekannt ist, will man ihn nur gesehen haben. Durch gehörige 
Umsicht geleitete Beobachtung für diesen Fall bleibt deshalb sehr 
zu empfehlen. 


Was die Brutzeit für dieses Jahr anlangt, so hatte der Seeadler 
am 20. April noch unbebrütete Eier. Mehr als zwei Eier fanden 
wir in keinem Horste. 


Agquila naevia. Dieser in Pommern häufigste Adler langte in 
diesem Jahre erst am 18. April am Brutorte an, weshalb ich über 
sein Betragen nichts Sonderliches beobachten konnte. Seine zuweilen 
nicht weit von einander (auf Laubholzbäumen) stehenden, sämmtlich 
noch unbesetzten Horste bewiesen, dass sein Revier von nicht bedeu- 
tendem Umfange ist. Er liebt als vorzüglich von Fröschen lebend 
die sumpfigen Waldstellen, oder solche, in deren Nähe sich stehende 
Gewässer befinden. — Es ist möglich, dass er in mancher Gegend 
unseres Vaterlandes brütend vorkommt, wo man ihn bis jetzt noch 
nicht fand, denn wegen seiner Grösse mag man ihn oft für einen gros- 
sen, dunkel gefärbten Bussard halten. Ich erlaube mir deshalb, auf 
eine ganz einfache, sogleich in die Augen springende Diagnose der 
fliegenden naevia aufmerksam zu machen. Während nämlich bei 
buteo die Schwingen eine solide Fläche zeigen, sind bei naevia (auch 
bei albieilla) die Flügelspitzen durch die vereinzelt, fingerförmig 
auseinandertretenden Enddrittel der grössern Schwungfedern 
deutlich charakterisirt, — eine Eigenthümlichkeit, die sich bekannter 
Maassen bei mehren grössern Vögeln findet. 


Pandion haliaötos. Auch dieser Adler hatte sich in diesem Jahre 
bedeutend verspätet. Bei unserer Ankunft trafen wir ihn theils noch 
ziehend, theils bauend, indem er entweder den alten Horst reparirte 
oder neues Material hinzutrug. So sahen wir, durch Bäume gedeckt, 
einen Fischadler am 10. mit einem etwa 4—5 Fuss ‘langen, dünnen 
Zweige auf uns zufliegen. Ob er diesen im Schnabel oder in den 


33 


Fängen trug, kann ich nicht entscheiden. Ich wäre sehr geneigt, das 
erstere zu behaupten, wenn mir nicht bei den andern Raubvögeln das 
Gegentheil bekannt wäre, und hier meine Reflection erst da eintrat, 

als der Vogel bereits wieder verschwunden war. — Sein Horst ist so 
eigenthümlich angelegt, dass man ihn mit Sicherheit stets als ihm 

_ angehörig bestimmen kann. Stand und Form der übrigen Raubvögel- 
 horste sind im Gegensatz hierzu sehr verschieden: man kann selten 
mit Sicherheit sagen, ob ein Horst dem palumbarius, oder buteo, oder 
naevia, oder milvus, oder ater, oder peregrinus .... gehört und gar 
häufig ist der Besitzer eines solchen ein ganz anderer Vogel als der 
erste Baumeister; allein der unseres Pandion ist nie zu verkennen. 

Er wählt in einer passenden Gegend stets den allerhöchsten Baum, 
Kiefer oder auch Eiche, und zwar einen überständigen, dessen oberste 
Spitze als dürrer Zacken über den übrigen Wald emporragt. Auf 
diesen durchaus trockenen Zweigen, ja wohl auf einem einzigen, der 
sich mehrtheilig gabelt, balancirt der riesig grosse Horst dieses Vogels 

- frei in der Luft, den umgebenden Wald überragend, dechalkı oft 
schon aus grosser Entfernung sichtbar. Der Baum (namentlich Kiefer) 
enthält gewöhnlich bis zu einer Höhe von 50—60 Fuss noch keinen 
Zweig, dann folgt eine mehr oder weniger ausgedehnte Krone, und 
darüber präsentirt die trockne Spitze mit ihrem oft kaum armdicken 
Zacken den Horst. Ihn zu ersteigen ist oft eine lebensgefährliche 
Operation, und ist auch der Kletterer endlich bis zu ihm gelangt, so 
hängt er wie ein Specht unter demselben am Zweige, ohne weder 
"hineinlangen, resp. hineinsteigen, noch von unten her ihn durchbrechen 

zu können. Wenn andere Vögel ihre Nester durch Verstecken zu 
schützen wissen, so weiss er es durch eine solche Anlage. — Noch 

h interessanter als sein Horst ist seine Figur, die er, ein wahrer vari- 
abilis Proteus, bald so, bald anders fliegend zeigt. Denn bald fliegt 
er mit stark gebogenem Handgelenke, bald streckt er seine spitzen 
Flügel wie die (Querbalken eines Kreuzes ganz gerade, bald rüttelt 
er über dem Wasserspiegel, einem rüttelnden .Buteo lagopus nicht 


unähnlich, stürzt sich plötzlich nach einer Beute fast senkrecht herab 
und taucht unter die Fluth, dass die Wellen über ihm zusammen- 
schlagen, bald macht er ähnliche Flugübungen in einer Höhe von 
mehren hundert Fuss, stürzt sich nämlich etwa 30—40 Fuss herab, 
überschlägt sich vollständig, so dass der Rücken zur Erde gekehrt 


ist, fliegt darauf ruhig weiter, um gleich darauf denselben Purzel- 
Naumannla, 1800. 3 


34 


baum zu wiederholen. — Von seinem sonstigen Betragen habe ich 
weiter nichts beobachten können. 

Was die übrigen dort vorkommenden Raubvögel angeht, so 
kann ich vom Falco peregrinus die bekannte T’hatsache bestätigen, 
dass das brütende Weibchen äusserst fest auf dem Horste sitzt. We- 
der Rufen noch Klopfen sondern nur ein glücklich treffender Wurf 
gegen denselben vermochten es zu vertreiben. Seine drei Bier waren 
am 18. unbebrütet. — Schrecklich hatte das Räuberpaar unter den 
Kiebitzen gehauset, überall lagen in dem Walde (Mönkebuder Revier) 
die Fetzen dieser Schlachtopfer. 

Von dem dort sehr gemeinen Buteo communis war keine einzige 
auffallende Varietät zu sehen. — Erst am 25. April waren seine Horste 
regelmässig besetzt. 

Die beiden Milane regalis und ater, leicht auch in grosser Höhe 
durch die sehr ungleich tiefe Gabelung des Schwanzes zu unterschei- 
den, machten bei meiner Abreise noch keine Anstalten zu ihrem Brutge- 
schäfte. Die in frühern Jahren besetzten Horste von Bubo maximus 
waren verlassen. 

Astur palumbarius hatte am 12. schon ausgelegt. In dem sehr stark 
besetzten Reiherstande beim Ahlbecker See (auf dessen Inseln ausser 
einer Colonie von Sterna hirundo auch Cygnus olor jährlich brütet) 
enthielten die Horste am 15. Eier. — In einem Neste von Grus.ä- 
nerea befand sich am 18. ein volles Gelege (zwei Eier), — Turdus 
visciworus hatte am 19. sein Nest besetzt. — Falco subbuteo trafen wir am 
20. bauend an. — Columba oenas fing am 19. und 20. an zu legen. 
— Den ersten besetzten Bussardhorst fanden wir am 22. — Alcedo 
ispida baute theils am 25., theils hatte er ein Eı. 

Totanus ochropus schien mit uns angekommen und seine früheren 
Nistplätze wieder aufgesucht zu haben. Die Stellen, wo im vorigen 
Jahre die von ihm benutzten (Misteldrossel-) Nester, deren Rudera 
noch theilweise zu sehen waren, gestanden hatten, waren oft einige 
hundert Schritte vom nächsten Waldteich entfernt, ihre Höhe vom 
Boden 15 Fuss und darüber. Phyllopseuste rufa war am 13. einge- 
troffen; Hirundo rustica am 16.; an demselben Tage auch einzelne 
Sawteola oenanthe, in der Nacht vom 24. auf den 25. in sehr grosser 
Menge; Upupa epops und Phyll. trochilus hörten und sahen wir am 20.; 
Museie. atricapilla am 22. und (icon. nigra am 24. — Ein kleiner 
Trupp Nachzügler von Fringilla montifringilla trieb sich noch am 


35 


15. umher und eine einzelne Turdus torguatus am 17. — Numenius 
arguata war am 12. schon angelangt, machte aber noch am 25. keine 
Anstalten zum Brüten, indem er sich noch in kleinern oder grössern 
Gesellschaften zusammenhielt. Bei meiner Rückreise traf ich unmit- 
telbar vor Stettin (im Friedrichsthal) eine solche Gesellschaft von 
etwa 30—40 Individuen. — Von Spechten bemerkte ich ausser 
martius, viridis, major, medius, minor auch ein Päärchen von canus 
(am 22.). Jedenfalls wird dieser von Krüper (vielleicht wegen der 
Aehnlichkeit mit viridis) früher übersehene Specht auch in diesem 
Theile Pommerns nicht selten brüten. 

Schliesslich sei noch bemerkt, dass auf dem Haft in der Nähe 
des Ufers Hunderte von Fulica atra munter umherschwammen, wei- 
ter auf der Höhe belebte in nicht geringerer Anzahl Platypus marilus 
und noch weiter (durchs Fernrohr noch deutlich zu erkennen) Mer- 
gus serrator die grosse Wasserfläche, über der sich in geringer An- 
zahl einige Larus ridibundus und canus wiegten. Mergus merganser 
befand sich in etwa sechs oder sieben Individuen auf und etwa ein 
Dutzend Sterna hirundo über einer überschwemmten Wiese. 

Berlin im Juli 1855. B. Altum. 


Nr. 4 


Aphoristische Bemerkungen für Ausstopfer, 
Dr. .. 


(Hierzu eine Tafel.) 


In zwei Aufsätzen des Jahrganges 1855 dieser Zeitschrift, welche 
einige Bemerkungen über das Ausstopfen und Stellen der Vögel theil- 
weise oder ausschliesslich zum Gegenstande hatten, wurde darauf 
aufmerksam gemacht, dass die Stellungen derselben 1. naturgetreu, 
2. abwechselnd, 3. planmässig angeordnet sein müssten. 
Der erste Versuch, in einfachen Umrissen Skizzen zu geben, die 
diese Requisite für Diejenigen, welche keine Gelegenheit haben, die 
Vögel selbst in der freien Natur zu beobachten, möglich machen 


könnten, wurde vom Lithographen weniger gut ausgeführt, obgleich 
3" 


36 


jene beiden Reihertafeln immerhin dem besagten Zwecke vollständig 
dienen können. Besser ist die jetzt beikommende Stellungstafel ange- 
fertigt. Ueber die einzelnen Figuren habe ich weiter nichts zu be- 
ıerken, da der bekannte Zweck derselben Alles hinlänglich erläutert. 

Meiner frühern Bemerkung, dass Totanus öchropus sich gern auf 
Bäume setzt, gewandt in den Zweigen derselben umherspringt, wie 
eine Bachstelze mit dem Schwanze auf und nieder schlägt, möchte 
ich Aehnliches für Tot. glottis (Fig. 4.) und glareola anfügen. Viel- 
leicht werden spätere Beobachtungen ergeben, dass sich alle Wasser- 
läufer auf Baumzweige setzen. Für Stagnicola chloropus ist die That- 
sache, welche Baldamus Naum. 1855 II. pag. 413 als Notiz gibt, 
bekannt, und ich erinnere mich, dass Naumann in seinem herrlichen 
Werke das junge grünfüssige Rohrhuhn auf einem Zweige ruhen lässt. 
Auch Aetitis hypoleucos setzt sich zuweilen auf Bäume, auf breitere, 
horizontale Erhabenheiten (z. B. Schiffsrand) ganz gewöhnlich. So 
weit ist es durchaus naturgetreu, wenn man von der fast ermüdenden 
Einförmigkeit, die Sumpfvögel alle ohne Ausnahme auf das flache 
Brett aufzustellen, abweicht. Solche Vögel, die ausgenommen fliegend 
sich stets auf dem Boden aufhalten, wie z. B. Scolopax rusticula*), sind 
dann um so besser charakterisirt. 

Auch die Langhälsigkeit der Sumpfvögel, die man in den 
meisten Cabinetten findet, sucht man in dieser Allgemeinheit beim 
lebenden Vogel vergebens. Diejenigen, welche ich noch vor Kurzem 
zu beobachten Gelegenheit hatte, z. B. Machetes, Totanus zeigten 
diesen langhälsigen Cabinetsstil wahrlich nicht. Eine ruhende Stellung, 
wie Fig. 6 unserer Tafel (Rallus aquatieus) ist etwas ganz Gewöhn- 
liches, wesshalb ich auf den beiden ersten, so wie auf dieser Tafel 
die meisten Figuren mit mehr oder weniger eingezogenem Halse ge- 
zeichnet habe. 

Wenn man will, möge man auch die frühere Tafel der Blau- 
kehlchen als eine Stellungstafel ansehen. Die Fig. 1 zeigt den 
Vogel ganz in Ruhe mit aufgelockertem Gefieder und nachlässig 
herabhängendem Schwanze; Fig. 4 stellt ihn dar, wie er erschreckt 
etwa wegen einer meinem Zimmerfenster vorüberfliegenden Krähe 
einige Minuten lang nach der Stelle hinstierte, wo er den grossen 
schwarzen Vogel hatte verschwinden sehen. Flog gar Falco’ peregrinus 


*) S. jedoch zuvor p. 23. D. Herausg. 


87 


vorbei, der hier mitten in der grossen Residenzstadt sein Raubhand- 
werk Tag auf Tag mit möglichster Unverschämtheit ausübt, so ver- 
harrte er wie versteinert in dieser steifen Stellung wohl 10 Minuten 
und noch länger. Fig. 5 war die Haltung, welche er beim stärksten 
Gesange, namentlich beim heftigsten Schnurren annahm. Die Kehl- 
federn aufgeblasen, Körper, Hals und Kopf in derselben Richtung 
stark aufgerichtet, den Schwanz ziemlich horizontal tragend stand 
er da und trug sein Schönstes und Bestes mit nur kurzen Unter- 
brechungen oft Stunden lang vor, ein reizendes, wunderbares Mixtum 
von allerhand Vogelgesängen und Vogelstimmen (v. Hir. urbiea, Par. 
maj., Bud. flav., Sit. caes., Fr. coel., Al. arvens., Anth. camp. u. a.) 
mit der höchsteigenen Zuthat seines sonderbaren Schnurrens, Alles 
durch einander gearbeitet, so dass man zuweilen fast glauben konnte, 
er sänge und schnurrte zur selben Zeit. Das that er, wie gesagt, in 
der Stellung Fig. 5, und, was ich sehr zu bemerken bitte, am an- 
haltendsten und lautesten in seinem Kleide als Wolfü, was 
ich für das eigentliche Prachtkleid halte. Es ist daher nicht Zufall, 
dass Fig. 5 gerade als Cyanec. Wolfii gezeichnet ist. Der falsche 
Schluss, Wolfii sei desshalb um so sicherer eine gute Subspecies oder 
gar eine Species, weil es sich, abgesehen von der verschiedenen 
Brustfärbung, sogar im Gesange von leucocyana etc. unterscheide, liest, 
was auch Auctoritäten sagen mögen, zu Tage.*) Ein aurog ip — 
(er hat es gesagt) — gilt in unserer empirischen Wissenschaft nur sehr 
beschränkt. Jeder, der das richtig Beobachtete wahrheitsgetreu wieder 
gibt, ist Auctorität. Doch ich schweife zu sehr ab vom Thema. — 
Die drei übrigen Figuren der in Rede stehenden Tafel erläutern sich 
selbst. Dass nun bei dem Ausstopfen und Aufstellen anderer kleine- 
rer Vögel diese Blaukehlehenzeichnungen nicht auch als Norm dienen 
können, braucht wohl kaum bemerkt zu werden. Finken, Ammern, 
Lerchen, Rothschwänze, Meisen, Fliegenfänger, Rohrsänger u. s. w. 
in einer Blaukehlehenstellung ausgestopft wären ein gar zu unnatür- 


*) Auch die Einwendung, dass Wolfii im Herbst noch gefunden würde, trifft 
nicht, weil es durch Thatsachen constatirt ist, dass das Blaukehlchen zuweilen 
sämmtliche Federn wechselt, ohne von den schön gefärbten Brustfedern auch nur 
Eine zu verlieren. Inwiefern das von individuellen Eigenthümlichkeiten und spe- 
ciellen Einflüssen abhängt, ist mir unbekannt. Mein Individuum begann am Anfang 
des ‚Juli d. J. und vollendete gegen die Mitte dieses Monats seine vollständige 
Mauser, auch der blauen Brustfedern, im Gegensatze also gegen das erwähnte 
Factum. 


38 


liches Kunstwerk. Suum cuique! Und doch gibt es Sammlungen 
genug, an denen man kaum in einem oder andern der kleinen Vögel 
die natürliche Haltung ausgeprägt findet. 

Der Abwechselung und, wenn ich nicht irre, auch des Bedürf- 
nisses wegen werde ich für die fünfte Stellungstafel eine Gruppe 
Spechte wählen, ohne einen Text beizufügen. Die Spechte machen 
aus mehr als Einem Grunde den Ausstopfer gewöhnlich recht viel zu 
schaffen. Man sieht es diesen Vögeln in den meisten Sammlungen 
an, wie schwer es hält, gerade ihnen mannigfaltige und natürliche 
Stellungen zu geben. So wie man Sumpf- und Schwimmvögel alle 
ohne Ausnahme auf flachem Boden aufstellt, so hängen die Spechte 
ohne Ausnahme senkrecht an mehr oder weniger senkrechten Holz- 
stäben; — und doch gibt es Erdspechte, Geecinus (von 77 und 
xw£ıg), man hat selbst gewiss schon hundert Mal auf Spaziergängen 
den gemeinen Picus (Geeinus) viridis vom Erdboden aufgescheucht; 
auch ist die Stellung der Grün- und Buntspechte der Quere nach 
auf einem Zweige, wenngleich nicht gewöhnlich, doch auch nicht un- 
natürlich; eine solche, in welcher der Vogel im Begriffe steht, von 
einem Stamme abzufliegen, macht ebenfalls dem Präparator eine Man- 
nigfaltigkeit möglich; ferner sieht man die Haltung eines Spechtes, 
die er dann annimmt, wenn er den höchsten Zweig eines Baumes er- 
klettert hat, und nun auf den Schwanz gestützt mit aufgerichtetem 
Körper nach allen Seiten hin nach einer andern Zuflugstelle spähet, 
in den Sammlungen fast nie. Zur Versinnlichung und Nachbildung 
dieser Stellungen werden einige Figuren der Tafel dienen können. 
Jedoch bleibt, wie früher bemerkt, die Beobachtung in der freien 
Natur, die ja bei dieser Vogelgruppe im Allgemeinen keine Schwierig- 
keit hat, die Hauptsache. 

Schwimm- und Raubvögel könnten die nächste F ortsetzung der 
Stellungstafeln bilden. 

Zum Schlusse dieser wenigen Zeilen noch einige Bemerkungen. 
Bei einer grossen Anzahl von Vögeln nämlich, besonders kleinern 
Vögeln, sind die Rückenfedern in der Mitte längs des Schaftes dun- 
kel, fast schwarz gezeichnet. Ich erinnere an Calomoherpe phragm., 
melanop., caric., aquat., fluviat., locust., Accentor alpin., modul, Anthus 
arb., prat., cerv., aq., camp., Emberiza schoen., citr. etc., ferner an Ral- 
lus, Grus, Numenius u. s. w. Diese dunklen Schaftflecke bilden beim 
lebenden Vogel genaue Längsstreifen, welche interessante Zeichnung 


39 


man bei den ausgestopften Exemplaren sehr häufig vermisst. Ja sogar 
bei ganz einfarbigen Rückenfedern sind oftmals solche durch die blosse 
Textur der Federn gebildete Längsstreifen sichtlich, wie z. B. beim 
Blaukehlehen. Von der Bauchseite mancher Vögel gilt ein Aechnliches. 
Auch sehen wir mannigfaltige andere Färbungen dergleichen Zeich- 
nungen bilden. Es folgt also daraus, dass das Gefieder im Leben 
geordnet, bei den ausgestopften Vögeln ungeordnet liegt. 
Auch diese, allerdings nur geringe Unnatürlichkeit muss vermieden 
werden; man wolle aber ja die natürliche Lage und Ordnung der 
Federn von einem durch allerhand Bandagen erzwungenen Angepresst- 
sein derselben unterscheiden, was in den meisten Fällen nichts we- 


niger als natürlich ist. 


Gegen Einlenkung, Richtung und Setzung der Beine, bezüglich 
der Füsse, wird entsetzlich oft gröblich gefehlt. Bekanntlich haben 
die Beine nicht immer parallele Richtung, indem einige Vögel, na- 
mentlich im Allgemeinen diejenigen, welche sich auf Zweigen auf- 
halten, doch auch in ausgezeichneter Weise die Taucher und Steiss- 
füsse, dieselben häufig oder ausschliesslich auswärts, Andere, z. B. 
Anas, Mergus sie einwärts gerichtet setzen, beim Hüpfen sind die- 
selben gewöhnlich abwärts divergirend, ähnlich beim Klettern an ge- 
raden Flächen. Sonderbar! die ausgestopften Vögel zeigen nicht 
selten gerade das Gegentheil. — Ferner: Beim Einherschreiten und 
Laufen (im Gegensatz zu den hüpfenden Vögeln) bilden die Tibien 
und Tarsen selbstredend nie Parallelen, sondern der jedesmal stüt- 
zende Fuss wird dem Schwerpunkt des Vogels entsprechend nach 
innen gesetzt, so zwar, dass der Tarsus des vordersten Fusses unge- 
fähr vor der Mitte der Mittel- und Innenzehe des hintersten Fusses 
den Boden berührt. Jede Hühnerfährte auf dem Hofe wird Das be- 
stätigen. Wählt man also eine laufende Stellung für einen Vogel, 


dann ist auch in dieser Hinsicht das Leben zu copiren. 


Dass vorstehende Aphorismen höchst dürftig und für praktische 
Arbeiten unzureichend sind, erkennt Niemand mehr an, als ich selbst. 
Ein genaues Durchgehen der einzelnen Gruppen für diesen Zweck, 
80 wie eine bis zur annähernden Vollständigkeit fortgesetzte Anferti- 
gung der Stellungstafeln wird vom Interesse an dieser Sache, die 
sich am sichersten durch die Theilnahme an dieser Zeitschrift kund- 
gibt, abhangen. 


40 


Ausgestopfte Thiere, die allen gerechten Anforderungen strenge 
entsprechen, sind mindestens ebenso sehr als die Schöpfungen der 
Plastik, wirkliche, aber bis jetzt leider seltene Kunstwerke, und ge- 
wiss wurden mit genechtem, wohlverdientem Lobe die Arbeiten unseres 
Conservators Hrn. Martin als solehe Kunstwerke in öffentlichen Blät- 
tern anerkannt. Selten finden sich technische Fertigkeit und gründ- 
liche allseitige Kenntniss so verbunden, dass fehlerfreie Kunstprodukte 
in genauster Nachahmung der Natur geliefert werden, und man möchte 
daher billiger Weise solehen Künstlern eine andere Stellung, als die 
eines niedern Subalternbeamten wünschen. 

Berlin im November 1855. Dr. B. Altum. 


Nr. 5. 


Ornithologischer Jahresbericht aus Bayern, 
Von 
dem Pfarrer Jäckel zu Neubaus bei Höchstadt a. A. 


(Umfasst die Zeit vom 1. October 1854 bis ult. September 1855.) 


Falco subbuteo, L. Im Magen eines Anfangs October erlegten 
Männchens fand ich Reste von Geotrupes vernalis L., Gryllus coeru- 
lans, vieler Libellula vernalis und Phryganeen. *) 

Falco peregrinus, Briss.. Am 27. October wurde bei Nannhofen, 
Landgerichts Bruk in Oberbayern, ein Männchen erlegt und am 
2. December bei Arberg, am 10. und 18. Januar an ersterem Orte 
und bei Oberschwaningen in Mittelfranken dieser Falke beobachtet. 
Am 21. März a. c. erhielt ich ein altes Männchen, das über der Ver- 
folgung einer Ringeltaube am Saume eines Feldhölzchens bei Neuhaus 
geschossen wurde, und im Magen Reste von einem 'verzehrten Reb- 
huhn hatte; am 24. September sah ich einen Taubenfalken in den 
hiesigen Weihern nach Knäkenten stossen und am 21. October sass 
ein prächtiges Männchen lange Zeit in der Vertiefung einer geschlos- 
senen Bodenöffnung des alten Schlosses in Neuhaus. 


*) Die Insectenreste sind vom Herrn Privatdocenten Dr. Rosenhauer, die 
Sämereien von Herrn Professor Dr. Schnizlein in Erlangen, die Eingeweide- 
würmer von Herrn Professor Dr. von Siebold in München bestimmt, 


41 


Falco aesalon, Gm. Vom 18. Januar bis 19. April wurden bei 
Arberg in Mittelfranken sechs Merline beobachtet, ein siebentes Stück 
am 3. März bei Herrieden erlegt. 

Falco vespertinus, L. Auf Aufhütten bei München wurden im 
vorigen Herbst zwei Männchen und ein Weibchen geschossen. Am 
13. September erhielt mein Freund Johannes Büchele, Zeichnenlehrer 
in Memmingen, ein daselbst erlegtes junges Männchen. Im Magen 


"fanden sich grüne Säbelheuschrecken. 


Falco tinnunculus, L. Der heurige Frühlingszug begann in Mit- 
telfranken am 3. März. 

Pandion Haliaötos, L. Der Frühlingszug begann im hiesigen 
Weiherlande am 4. April, der Herbststrich am 30. August und dauerte 
den September hindurch. In beiden Perioden gab es sehr viele und 
waren die Herbstvögel ausserordentlich fett. Der Thran dieses Ad- 
lers, der Fischreiher, Rohrdommeln und Haubentaucher gibt eine 
unübertreffliche Stiefelschmiere. 

Pernis apivorus, L. Bei Arberg und Lellenfeld, wo er horstet, 
kam er am 9. März an. 

Buteo vulgaris, Bechst. Mäusebussarde gab es den ganzen Winter 
hindurch. Im Magen eines im Juli Erlegten fand ich 20 Maulwurfs- 
grillen; in den Eingeweiden Ascaris depressa. 

Buteo lagopus, Brünn. Am 15. October kamen die Rauhfuss- 
bussarde in hiesiger Gegend an, waren von da an den ganzen Winter 
hindurch hier, in Mittelfranken, Oberbayern u. s. w. nicht ungewöhn- 
lich und wurde am 11. Juni bei Arberg noch ein solcher Vogel ge- 
sehen. Im Coburgischen und Gothaischen wurden im vorigen Früh- 
jahre auf drei Krähenhütten gegen 400 dieser Bussarde erlegt und 
Herr Dr. Hellmann half täglich von 9 bis 11 Uhr Morgens regel- 


"mässig 14 bis 15 Stük schiessen (Naumannia 1854 pag. 399). Ob- 


wohl sich nun Herr Dr. Hellmann selbst an den Jäger- und Ormi- 
thologen-Pranger gestellt und Herr Leu (VIII. Bericht des natur- 
historischen Vereins in Augsburg pag. 16 n. 13) „solch unsinniges 
Vertilgen nützlicher Thiere* bereits gebührend gerügt hat, so halte 
ich es doch nicht für überflüssig, auch an meinem Theile hier ein 
ernstes Wort der Missbilligung auszusprechen. 

Aquila chrysaötos, L. Am 17. October wurde bei Hilpoltstein 
in der Oberpfalz ein Steinadler erlegt, welcher jetzt in der Samm- 
lung des zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg steht. 


42 


Im März wurde ein Männchen bei Oberstdorf in der Revier Fischen 
im Algäu und Ende Juni in der Gegend von Graseck bei Parten- 
kirchen wieder ein männlicher Steinadler auf dem Horste geschossen. 
Nach Zeitungsnachrichten ist im September „ein Lämmergeier“ auf eine 
an der Reuteralpe im bayerischen Hochlande weidende Schafheerde 
gestossen, wodurch diese Thiere so erschraken, dass sich 47 derselben 
in den jähen Abgrund stürzten. 

Haliaötos albieilla, Briss. Am 13. November wurde bei Erlen- 
stegen und auf dem Dutzendteich bei Nürnberg ein Seeadler gesehen 
und Tags darauf bei der Gerasmühle geschossen. Er wog 6, Pfund 
bayr., war weiblichen Geschlechts, 3 Fuss lang, 7 Fuss 5 L. par M. 
breit und hatte Hasenknochen im Magen. Das Geschrei vieler Krähen 
machten den Schützen auf den Adler aufmerksam. 

Milvus regalis, Briss. Der Frühlingsstrich begann am 2. März, 
wurde aber erst lebhaft vom 16. bis 20. ej. m. 

Milvus niger, Briss. Am 28. September kreisten zwei Stücke 
über dem Moorweiher, ®/, Stunden von hier. 

Astur palumbarius, L. In den Eingeweiden fand ich Ascaris 
depressa. 

Astur nisus, L. Von einem Geschwisterpaar' junger Sperber, die 
ich aufziehen wollte, ergriff am 22. Juli das Weibehen ihren Bruder, 
erwürgte und frass ihn. Ich konnte Beide an jenem Tage nicht mit 
reichlichem Futter versehen und ist also Hunger die Ursache dieses 
Kannibalismus gewesen. 

Circus eyameus, L.. Am 16. October traf ich am hiesigen Brands- 
weiher ein altes Männchen an. 

Circus aeruginosus, L. Am 6. und 23. April wurden bei, Arberg 
Sumpfweihen beobachtet. 

Aegolius otus, L. Am 4. März begann sie in den hiesigen Wäl- 
dern ihre Concerte. 

Surnia passerina, L. Am 18. März wurde ein altes Männchen 
der Sperlingseule bei Valepp im bayerischen Oberlande erlegt, wo- 
selbst sie auch um Kreuth und Tegernsee vorkommt. 

Bubo maximus, Ranz. Ein Männchen wurde am 9. October bei 
Oberdorf in der Gegend von Kaufbeuren erlegt. 

Cypselus apus, L. Am 1. Mai traf er in Dietersdorf bei Schwa- 
bach, am 2. in Cadolzburg Nachmittags, am 3. hier und in Mem- 
mingen, am 5. in Arberg ein. Es ist sehr bemerkenswerth, wie ge- 


ie 


| 
| 
| 


43 


nau der Segler in hiesigen Gegenden seinen Abzugstermin, Jacobi, 
einhält; man kann mit ziemlicher Sicherheit darauf rechnen, dass die 
Standvögel am 26. Juli wegziehen oder schon in der Nacht Abschied 
genommen haben. Dies war auch in diesem Jahre mit den am hie- 
sigen Schlosse brütenden der Fall, doch zogen hier noch bis zum 
29. Juli viele durch, ja selbst am 2. und 3. August umkreisten nicht 
wenige das Schloss zu Pommersfelden und die Klostergebäude zu 
Ebrach, am 4. August endlich sah ich hier am Schlosse noch eine 
kleine Schaar von Norden herabkommender Segler. 

Caprimulgus europaeus, L. Bei Arberg wurden die ersten am 
4. Mai bemerkt und begann ihr Wegzug schon zu Anfang des August. 

Cueulus canorus, L. Bei Arberg und Cadolzburg wurde sein 
Ruf zum ersten Male am 16. April, am 17. im Rothenburg’schen, 
am 20. bei Schwabach, dahier erst am 23. gehört. In die milderen 
Lagen des bayerischen Waldes kam er in der ersten Hälfte des Mai, 
in die rauhesten Lagen erst um die Mitte dieses Monats. Am 9. Juli 
hörte ich ihn hier das letzte Mal schreien. 

Jynz torquilla, L. Am 14. April wurde sein Schreien zu Die- 
tersdorf, am 17. zu Cadolzburg und im Rothenburg’schen, am 19. 
bei Arberg, 

Picus viridis, L.. Am 6. März erfreute mich zum ersten Male 


am 20. hier und am 21. bei Memmingen gehört. 


sein Frühlingsruf. 

Picus major, L. Am 8. März wurde sein erstmaliges Schnurren 
gehört. 

Pieus medius, L. In seinen Eingeweiden fand ich Taenia cra- 
teriformis. 

Pieus tridactylus, L. Ein stark mauserndes Männchen wurde 
am 24. Juli bei Hohenschwangau geschossen. 

Picus minor, L. Bei Arberg kam er vom 15. September den 
ganzen Herbst hindurch in Gärten u. s. w. gewöhnlich vor und brütet 
er daselbst. 

Merops apiaster, L. Im Juli wurden zwei Stück bei Betzigau 
unweit Kempten erlegt. 

Upupa epops, L. Kam am 13. April bei Arberg, am 18. bei 
Dietersdorf, am 19. bei Neuhaus an. 

Alauda arborea, L. Am 7. October hörte man noch abge- 
brochene Strophen ihres Gesanges und blieben diese Vögel bis spät 
in den November hinein in unseren Gegenden; erst Schneefall und 


44 


Kälte trieb sie südwärts. Am 1. März kam sie bei Arberg, am 2. 
bei Dietersdorf, am 5. dahier an, am 14. sang sie, obwohl einiger 
Schnee lag, sehr anhaltend. 

Alauda arvensis, L. Nachdem es in hiesiger Gegend am 11. No- 
vember zu schneien angefangen, sah ich Tags darauf bei vielem 
Schnee und starkem Wehen Flüge von 5 bis 20 Feldlerchen von Ost 
gegen West fliegen; auch am 13. bemerkte ich noch etliche. In der 
Nürnberger Gegend hielten nicht wenige den ersten Schnee aus; erst 
die heftige Kälte am 13. und 14. und der erneute Schneefall vom 
19. November, der gute Schlittenbahn brachte, trieb sie von dannen 
und waren sie wie mit einem Zauberschlage verschwunden. Am 24. 
und 25. Februar hörte ich hier drei einzelne Lerchen, während un- 
geheure Schneemassen die Gegend bedeckten. Am letztgenannten 
Tage setzte der Wind nach Süden um, es fing an zu thauen und 
siehe! mit dem Regen und milderen Lüften kamen die ersehnten 
Frühlingsboten immer zahlreicher an, so dass schon am 1. Mäız 
überall ihr lauter Gesang ertönte. 

Pleetrophanes nivalis, L. Am 18. Februar traf ich auf einem 
Stoppelacker der hiesigen Ortsflur bei sehr tiefem Schnee und stür- 
mischem Wetter drei Stück an. | 

Emberiza hortulana, L. Am 30. April sah einer meiner Freunde 
bei Arberg auf einem Brachacker sechs Stück, die sehr zutraulich 
waren und sangen. Eines der Männchen wurde geschossen. 

Emberiza eirluıs, L.. Am 14. October beobachtete ich einen 
Zaunammer an einem tiefen Graben des Moorweihers. 

Emberiza miliaria, L. Sang am 7. April zum ersten Male wie- 
der in hiesiger Gegend. 

Emberiza schoenielus, L. Verstrich zu Ende October und kehrte 
vom 15. März an wieder an die hiesigen Weiher zurück. 

Passer domestieus, L. Ein isabellengelber und ein fast weisser 
Sperling wurden bei Augsburg erlegt. 

Pyrrhula serinus, L. Am 17. October trieben sich vier Stück in 
einem hiesigen Baumgarten umher und hörte ich die letzten am 5. No- 
vember. Der Girlitz hat im vergangenen Sommer, gleichwie im Vor- 
jahre, in der Nähe Nürnbergs im Stadtgraben, am Gleishammer, 
Dutzendteich, in den Gärten bei St. Johannis u. s. w., desgleichen 
bei Erlangen im Schlossgarten und in der weiteren Umgebung zahl- 
reich gebrütet. Naumann hat gewiss Recht, wenn er das neuerdings 


45 


behauptete Vorrücken südlicher Vögelarten mach Norden blos auf 
einzelne Individuen und Paare beschränkt wissen will und der An- 
sicht ist, dass man das Vorhandensein der angeblich jetzt vordrin- 
genden Vögel früher nur nicht beobachtet habe, wohl aber die eine 
oder andere Art in neuerer Zeit an Zahl angewachsen sei und da- 
durch eine grössere, leicht in die Augen fallende Verbreitung ge- 
wonnen habe. Schon zu Professor Wolfs Zeiten lebte und brütete 
der Girlitz bei Nürnberg, wie ein Nest seiner Sammlung beweist, 
welches jetzt die Herren Dr. Sturm besitzen; allein so sehr ver- 
breitet war er durchaus nicht, wie jetzt, wo er überall in den Um- 
gebungen Nürnbergs zu finden ist. Zur Zeit der Reife des Kohl- 
und Salatsamens fallen Flüge von 12 — 15 Stück auf denselben. 

Fringilla spinus, L. Im Herbst gab es ziemlich viele Zeisige 
im Striche, im Winter wenige; dagegen wurden von 

Fringilla linaria, L., vom 5. October an, wo sich einige bei 
Arberg, Nürnberg und später bei Augsburg zeigten, nur selten kleine 
Flüge beobachtet. 

Fringilla coelebs, L., fing am 4. März zu schlagen an und waren 
die Weibchen am 12. ej. m. da. Zu Ende des März gab es in Gär- 
ten und Feldhölzern eine solche Unzahl von Finken, wie ich sie 
noch nie beobachtet habe. 

Fringilla montifringilla, L. Der Herbststrich begann am 2. Oc- 
tober; der Frühjahrstrich am 1. März und dauerte bis zum 12. April, 
wo die letzten gesehen wurden. 

Lozia eurvirostra, L., war im Sommer in den hiesigen Nadel- 
wäldern gemein. 

Calamophilus barbatus, Briss.. Am 14. October wurde in den 
Anlagen vor Augsburg ein Flug dieser für Bayern seltenen Meisen 
gesehen. Vor etwa zehn Jahren wurden gleichfalls daselbst in einem 
Garten vor der Stadt mehrere Bartmeisen bemerkt und ein Stück 
davon erlegt, das noch in einer Privatsammlung jener Stadt steht. 
Im December 1852 endlich wurden fünf dieser Vögel bei Fricken- 
hausen in Schwaben bemerkt, zwei davon gefangen und von meinem 
Freunde Büchele in Memmingen ein paar Jahre lang im Käfige ge- 
halten. 

Bombyeilla garrula, L, Ende Januar will man bei Schwabach 


Seidenschwänze gesehen haben, was sehr zu bezweifeln ist, da ich 


46 


sonst aus ganz Bayern und den Nachbarländern eine ähnliche Nach- 
richt nicht erhalten habe. 

Garrulus glandarius, L. Im Februar sah man Nusshäher bei 
dem auf den Schnee ausgeschütteten Rinderblute vor den Häusern 
sich einfinden, wo sie von den stärkeren Saat-, Raben- oder Nebel- 
krähen gewöhnlich weggebissen wurden. Sie waren gleich ihren Gat- 
tungsverwandten nur noch Haut, Bein und Federn. In den Einge- 
weiden Erlegter fand ich Spiroptera Anthuris und in sehr grosser 
Anzahl Taenia serpentulus. Das „Hiäh“ des Mäusebussards ahmt er 
täuschend nach. 

Corvus monedula, L. Mitte Octobers begann der Strich in hie- 
siger Gegend; am 1. März bezogen sie in Memmingen die Thürme 
wieder und traf ich durchziehende den ganzen März und April bis 
zum 12. Mai an, wo sie anderwärts schon Junge hatten. 

Corvus corone, Lth. Im Mai wurde eine weisse junge Raben- 
krähe im Augsburger Stadtwalde gefangen. 

Corvus cornie, L. Kam am 11. October hier an und war den 
Winter hindurch, wo es ihr und den andern Krähen bei dem tiefen 
Schnee schlecht genug ging, ziemlich gemein. 

Corvus frugilegus, L. Vom 20. October an sah ich hier grosse 
Schaaren unter vielem Schreien und häufigem Kreisen von Ost nach 
West ziehen; am 27. e. m. kam Schaar auf Schaar. Auf den sehr 
spät bestellten Weizenfeldern thaten sie im December Schaden, und 
bei dem grossen Schneefall im Februar kamen sie mit andern Ihres- 
gleichen in Menge in die belebtesten Städte. 

Pyrrhocora® alpinus, Vieill. Im März wurde sie bei Tegernsee 
geschossen. 

Sturmus vulgaris, L. Die letzten Staaren traf ich im vergangenen 
Herbst dahier am 27. October an; am 25. Februar kamen sie trotz 
des gewaltigen Schnees mit Regen und Südwind an, doch nur ein- 
zelne Quartiermacher; Tags darauf gab es schon viele, am 1. März 
sangen sie in allen Dörfern und Mitte März waren sie in den mil- 
deren Lagen des bayerischen Waldes eingetroffen. Am 10. Mai war 
hier die erste Brut aus den Eiern gekrochen. In den Eingeweiden 
fand ich Ascaris crenata. 

Merula rosea, Briss.. Am 6. Juni wurde eine Stunde von Lands- 
berg in Oberbayern aus einem Fluge von beiläufig 50 Rosenstaaren 
ein Stück geschossen und ausgestopft; am 7. August erhielt Herr Leu 


47 


in Augsburg ein schönes Männchen, das in einem Garten an der 
Stadt Günzburg a. D. erlegt wurde, und Herrn Dr. Becherer in 
Grönenbach wurde von einem Bauern berichtet, dass er in einem 
Fluge Staaren einen rosenrothen gesehen habe. Vor etwa 10 oder 
12 Jahren wurden im Dorfe Pfersee, eine halbe Stunde von Augs- 
burg, zur Zugzeit ein Paar dieser Vögel gefangen, die der damalige 
Pfarrer ausstopfen liess. 

Tichodroma muraria, L. Am 11. December erhielt die Samm- 
lung des zoologisch- mineralogischen Vereins in Regensburg ein Stück 
von Schliersee, Herr Leu in Augsburg am 3. Februar ein Männ- 
chen von Immenstadt, zu gleicher Zeit Herr Kress in Ebrach eines 
von Tegernsee. Herr Baron Richard von König- Warthausen traf 
Alpenmauerläufer im August 1854 am Planberge bei Kreuth und Te- 
gernsee, im März und April desselben Jahres Herr Dr. Gemminger 
zwei Stück in der Umgebung Münchens am Isarufer bei der Menter- 
schweige an. 

Anthus spinoletta, L. Am 31. December wurde ein Paar bei. 
Augsburg erlegt. 

Anthus pratensis, L. Die ersten Wiesenpieper hörte ich im die- 
sem Frühjahre einzeln am 23. Februar, erst am 1. März sah man viele 
auf überschwemmten Wiesen. 


Anthus arboreus, Bechst., kam am 16. April und sang am 18. 
ej. m. bereits überall. 
Anthus campestris, Bechst., kam am 21. April und war am 


1 Mai an seinen Sommerwohnplätzen nirgends mehr zu vermissen. 

Motaeilla alba, L. Nachdem sie am 27. October aus hiesiger 
Gegend alle abgezogen waren, traf ich am 7. November bei Nürn- 
berg noch ein Stück. Am 3. und 4. März kehrten sie heuer wieder. 

Motaeilla flava, L. 1854 sah ich die letzten gelben Bachstelzen 
am 11. October, die ersten 1855 am 16. April; am 19 ej. m. waren 
schon viele da. 

Oriolus galbula, L. Kam dahier am 5. Mai, bei Arberg erst 
am 8. ej. m. an. 

Petroeichla sawatilis, L. Am 11. September 1854 wurde im 
Schmausengarten bei Nürnberg ein Steinröthel zugleich mit 77 Peld- 
sperlingen auf dem Finkenheerde gefangen, für einen jungen Neun- 
tödter gehalten und mit seinen plebejischen Mitgefangenen durch Ein- 


48 


drücken des Kopfes getödtet (geknickt). Der Vogel steht prachtvoll 
gestopft in der Sammlung der Herren Dr. Sturm in Nürnberg. 

Turdus iliacus, L. Nach dem 28. October 'sah ich keine Wein- 
drossel mehr; am 3., 4. und 5. März liess sie sich in den untern 
Maingegenden hören und war dort am 11. genannten Monats ver- 
schwunden; am 6. ej. m. kam sie zahlreich bei Arberg ete. in Mit- 
telfranken an, wo am 13. April die letzten beobachtet wurden. 

Turdus musieus, L. Die ersten Singdrosseln kamen in Mittel- 
und Oberfranken am 4. März an, erst am 17. vernahm man in man- 
chen Gegenden, hier erst am 20. März ihren herrlichen Gesang. 

Turdus torquatus, L. Ende October kamen in Augsburg ein- 
zelne Ringamseln zu Markte. 

Turdus pilaris, L. Der Herbststrich begann am 1. November, 
der Rückstrich am 6. März und dauerte bis Mitte April. Es gab 
allerwärts, selbst im bayerischen Walde, nur wenig Krammetsvögel. 

(In der gräflich von Schönborn’schen Schlossbibliothek zu Pom- 
mersfelden befindet sich ein Quartant mit ungemein fleissig gezeich- 
neten und gemalten Abbildungen von Vögeln und Blumen von einem 
unbekannten Maler ohne Titel und Jahrzahl. Nach der Abbildung 
eines ganz weissen 1673 bei Coburg geschossenen Krammetsvogels 
folgt die Darstellung eines normal gefärbten Vogels dieser Art und 
hierauf die recht gute Abbildung des alten Männchens der Turdus 
atrigularis Natterer fast in Lebensgrösse mit der Unterschrift „Kram- 
metsvogel“. Demnach ist die Bechsteinsdrossel schon vor beiläufig 
150 Jahren in Franken beobachtet worden; auch ein Beweis für die 
Richtigkeit der oben bei Fringilla serinus allegirten Behauptung Nau- 
manns). 

Turdus viseivorus, L., kam am 1. März in Franken wieder an 
und sang am 12. ej. m. in den hiesigen Wäldern. In ihren Einge- 
weiden fand ich Ascaris ensicaudata und Taenia angulata. 

Turdus merula, L. Im eigentlichen Winter gab es auffallend 
wenig Amseln; am 21. Mai schlüpften die Jungen. 

Accentor alpinus, J. Fr. Gmel. Herr Leu erhielt am 11. Sep- 
tember ein Stück von Immenstadt, das auf dem Grat des 6000 Fuss 
hohen Steinberges geschossen wurde, ein zweites am 1. Februar von 
Füssen, wohin er nur bisweilen kommt, wenn im Gebirge viel 
Schnee liegt, Herr Kress endlich erhielt Anfangs Januar ein Exem- 
plar von Tegernsee, 


49 


Aeccentor modularis, L. Der Frühlingsstrich begann am 9. März 
und am 15. April sangen die Braunellen häufig in den Hecken. 

Salicaria arundinacea, Briss.. Am 8. Juli erhielt Herr Leu ein 
zwischen Binsen*) eingeflochtenes Nest des Rohrsängers mit zwei Eiern 
und einem Eie des Kukkuks aus der Umgebung von Augsburg. 

Salicaria locustella, Pennant. Herr Leu fand den Buschrohr- 
sänger bei Augsburg auch in diesem Jahre nicht nur nicht selten, 
sondern fast gemein unterhalb der Stadt auf den Griesern im Lech 
und auch im sogenannten Wolfszahn; am 17. Mai hörte er viele 
singen. 

Salicaria phragmitis, Bechst., kam einzeln in die hiesigen Weiher 
am 25. April, zahlreicher in den ersten Tagen des Mai; nach dem 
19. desselben Monats sah ich keine durchziehenden Schilfsänger mehr. 

Salicaria aquatica, Lth. Am 15. October, ungewöhnlich spät, 
traf ich noch ein Stück in den hiesigen Weihern an. 

Salicaria cariceti, Naum. Am 16. April sah ich in den Gräben 
der hiesigen Weiher die ersten Seggenrohrsänger und waren dieselben 
den April hindurch bis zum 19. Mai recht gewöhnlich. Ich habe 
die Mägen einer ziemlichen Anzahl dieser Vögelchen untersucht und 
in denselben Reste von Galleruca nympheae, Lyprus cylindrus, Ba- 
gous lutosus, eine nicht näher zu bestimmende Gerris und sonder- 
barer Weise ein für diesen kleinen Vogel verhältnissmässig grossen 
Planorbis hispidus, Drap. gefunden, welch letztern er doch wohl nicht 
anstatt groben Quarzsandes verschluckt haben dürfte. 

Regulus ignicapillus, Brehm. Bei Arberg, wo er in den Jung- 
hölzern zahlreich brütet, wurden die ersten am 13. April geschossen. 

Fieedula trochilus, L. Sang zum ersten Male am 4. April in 
hiesiger Umgebung. 

Ficedula ieterina, Eversm. Ficedula Eversmanni, Bonap. Herr 
Landarzt Ignaz Kress in Kloster Ebrach, im Begriffe, Fitis- und 
Weidenlaubvögel zu erlegen, schoss am 20. April 1855 in der Nähe 
seines Wohnortes im Handthalgrunde ein Männchen dieses seltenen 
Vögelchens, welches er, obgleich es ohne irgend einen Laut im Ge- 
büsche umhergeschlüpft war, alsbald für verschieden von den ihm 
bekannten vier Laubsängerarten erkannte und mir als Ficedula iete- 
rina zur Ansicht mittheilte. Die Diagnose der Letzteren in den Wir- 


*) Sollte arundin. wirklich in Binsen nisten? , D. Herausg. 
Naumannla. 186. ı 


50 


belthieren Europas von Keyserling und Blasius pag. 185 passte auf 
das Vögelehen, um aber ganz sicher zu gehen, übersandte ich es 
Herrn Pfarrer Baldamus und Herrn Professor Blasius, welch letzterer 
dies Steigerwald-Exemplar als vollkommen übereinstimmend mit den 
Originalexemplaren der Ficedula ieterina Eversmann und Ficedula Evers- 
manni Bonaparte erklärte. Man kennt das Thierchen nun aus Frank- 
reich, Braunschweig, Bayern und dem südöstlichen Russland (Kasan). 

Ficedula rufa, Lath. Am 21. October hörte ich sie zum letzten, 
am 22. März zum ersten Male wieder singen. 

Sylvia eurruca, Lth. Ankunft in hiesiger Gegend am 15. April. 

Sylvia atricapilla, Briss. Kam an am 4. Mai. 

Sylvia einerea, Briss. Am 3. Mai hörte ich sie zum ersten Male 
singen. 

Luseiola luseinia, L. Der Strich begann am 20. April. 

Oyaneeula sueeica, L. Die Letzten sah ich am 17. October, der 
Widerstrich begann am 26. März. 

Erithacus rubecula, L. Am 28. October war der Herbstzug be- 
endigt, darnach sah ich noch zwei einzelne Rothkehlehen am 26. No- 
vember und 5. December; am 10. März bemerkte ich einzelne auf dem 
Wiederstrich und erst am 20. ej. m. sangen sie in den hiesigen Hecken. 

‚Rutieilla phoenicurus, L. Ankunft am 17. April. 

Rutieilla tithys, Seop. Am 27. October sah ich hier im Dorfe 
die letzten Rothschwänzchen; am 12. März kehrten sie einzeln wieder, 
liessen sich aber erst vom 17. bis 20. ej. m. zahlreicher sehen. 

Pratincola rubetra, L. Ankunft am 21. April, der Zug dauerte 
bis Mitte Mai. 

Pratincola rubieola, L. Am 17. März wurde ein Stück bei Mem- 
mingen gefangen. 

Sawicola oenanthe, L. Die letzten Steinschmätzer wurden am 
1. October, die ersten am 17. April gesehen, der diesjährige Herbst- 
zug begann am 4. September und war am 18. ej. m. am stärksten. 

Lanius exeubitor, L. Während des’ tiefen Schneefalls kam er in 
das hiesige Dorf auf den grossen Reisighaufen meines Nachbars, wo 
er, wenige Schritte von meinem Hause, Sperlinge fing und oft 
einkehrte. Im Magen eines im Herbste Erlegten fand ich Abax 
striola Fabr. 

Lanius collurio, L. Ankunft am 4. Mai, die Letzten sah ich am 
13. September. ; 


5l 


Lanius rufus, Briss. Ankunft am 12. Mai. 

Museicapa grisola, L. Ankunft am 5. Mai. 

Museicapa atricapilla, L. Der Zug begaun am 14. April 
und dauerte bis 6. Mai (Augsburg, Füssen, Rothenburg a. d. T., 
Neuhaus). 

Chelidon urbica, L. Am 17. October beobachtete ich hier die 
letzten Hausschwalben; am 24. April Mittags 12 Uhr trafen sie wie- 
der ein und am 25. September gab es noch einzelne Nesthocker. 

Hirundo rustica, L.. Am 23. September mit Eintritt nasskalter 
Witterung, zogen sie ab; Einzelne wurden noch Tags darauf und bis 
zum 6. October, im Frühjahre die erste Rauchschwalbe bei Passau 
bereits am 22. März, hier erst am 7. April gesehen. Viele sah ich 
hier erst am 18., 19. April, der Hauptzug aber fiel auf die letz- 
ten Tage dieses Monats. Am 27. September 1855 bis zum 29. ej. 
sah ich hier nur noch wenige, am 30. aber viele von Norden kom- 
mende Durchzügler. 

Cotyle riparia, L. Am 5. Mai schwebten die ersten Uferschwalben 
über den hiesigen Weihern; der Herbststrich begann am 15. August 
und war am lebhaftesten vom 1. bis 9. September. 

Columba palumbus, L. Am 18. October sah ich die letzten, am 
4. März die ersten Ringeltauben. 

Columba oenas G@ml, L. Am unteren Main strichen sie am 3., 
4., 5. März; ich sah die ersten am 6. ej. m. Der Strich dauerte den 
ganzen März und April hindurch. 

Peristera turtur, L. Die Turteltaube kam am 4. Mai. 

Tetrao urogallus, L. Im Reichswalde bei Nürnberg hat der 
strenge Nachwinter die Auerhahnbalze etwas verspätet und begann 
dieselbe erst gegen den 1. April. Es wurden zwar schon am 16. März 
auf dem Revier Feucht sogenannte Falzspähne und am 19. März ein 
balzender Hahn angetroffen, später aber und resp. bis 1. April wurde 
kein solcher mehr ausgemacht. Die Auerhühner haben überhaupt nicht 
immer Stand gehalten, sondern je nachdem die Nächte mehr oder 
weniger kalt waren, die Stände in freieren mit denen in geschützteren 
Lagen gewechselt. Noch am 18. Mai wurde auf genanntem Revier 
ein balzender Hahn und in seiner Nähe zwei Hennen angetroffen. 
Da das Auerwild in Folge höchster Verfügungen, so viel nur immer 
möglich, geschont und gehegt werden soll, so wurde bis auf einen 


bei einem Herbsttreibjagen durch Unvorsichtigkeit geschossenen Hahn 
4* 


52 


weder heuer noch im vorigen Jahre auf dem ganzen Reichswalde ein 
Stück Auerwild erlegt. Im bayerischen Walde (Revier Finsterau) be- 
gann die Balze anfangs Mai, war zwischen dem 7. und 11. Mai am 
wärmsten und dauerte den ganzen Monat hindurch. Auch bei gün- 
stiger Witterung beginnt sie dort nicht eher, als frühestens zu Ende 
des April, Anfangs Mai aber bestimmt, wenngleich zu der Zeit der 
Schnee noch mehrere Fuss hoch in den Waldungen liest, was das 
Anspringen sehr erschwert. Die Jagd während der Balzzeit war auf 
genanntem Revier heuer nicht ergiebig und konnte man keinen beson- 
dern Ort bezeichnen, wo man an einem Morgen sechs bis sieben Hähne 
hätte hören können. Früher, als die Coulissen-Wirthschaft im Schwange 
war, welche für den Aufenthalt des Auerwildes und überhaupt für die 
Jagd günstig war, sind Hauptfalzplätze am Zusammfallbächl in der 
Wartei Hinterfirmiansreuth, in dem Scheuereckberger Holz, Nieder- 
maisen und längs der Leinbaumseige gewesen. Genannte Wartei hat 
von jeher eine günstige, geschützte und warme Lage für Federwild 
und die sehr geschlossenen Mittelhölzer bei der Judenseige geben im 
Winter warmen Unterschlupf. 

Tetrao tetrie, L. Am 8. bis 10. April begann in hiesiger Ge- 
gend die Balze und dauerte bis Mitte Mai. 

Im bayerischen Walde, und so allerwärts, hat der harte Winter 
185%/,, auf das Auer- und Birkgeflügel, sowie auf die Haselhühner, 
welche sich verschneien lassen, nicht nachtheilg gewirkt, da sich diese 
drei Wildgattungen von Knospen und jungen Nadelholztrieben näh- 
ren, ja selbst stellenweise, wo der Wind den Schnee abgejagt, Beeren- 
kräuter erhalten konnten. Ein im Januar am Schlossberge zu Wolfen- 
stein geschossenes Birkhuhn hatte Haselnuss- Birken- und Erlen- 
Blüthenkätzchen und in grosser Menge Knospen vom Schwarzbeer- 
kraute im Magen. 

Starna einerea, Briss. Die Hühnerjagd war in vielen Gegenden 
Bayerns im Sommer 1854 sehr gut zu nennen, im Grossherzogthum 
Hessen schlecht, im Odenwalde mittelmässig, in Rheinhessen z. B. bei 
Mainz sehr schlecht. Mein Freund Diezel schoss in der Gegend von 
Aschaffenburg, täglich jagend, im August 181 Stück. Ende Januar 
setzte sich der Schnee zusammen, dass einzelne kleine Stellen schon 
blank wurden, dann fror er fest; hierauf neuer fusshoher Schnee, der 
wieder eine Kruste bekam und auf diese abermals hoher Schneefall. 
Durch solche Eisdecken konnte sich nur an wenigen Stellen der Hase, 


53 


die Hühner aber gar nicht mehr durcharbeiten und so ging es ihnen 
denn an vielen Orten fast den ganzen Februar hindurch jämmerlich 
schlecht. In Frankfurt a. M. wurden während dieser harten Winter- 
zeit Massen von Hühnern auf den Markt gebracht, ebenso in Augs- 
burg, wo Unmenschen von Lieferanten eine solche Menge erlegten, 
dass Herrn Leu eine hausirende Wildprethändlerin eine ganze Schürze 
voll ganz abgemagerter und augenscheinlich zum Theil verhungerter 
Hühner um jeden Preis anbot. In Memmingen kamen sie in die an 
der Stadtmauer gelegenen Gärten und Schanzen, wo sie längere Zeit 
gefüttert wurden, und bei Passau in die Dörfer; in Pleinting an der 
Donau z. B. lief ein Huhn in den offenen Hausflur des dortigen 
Schulhauses mitten am Markte, wurde gefangen und frass augen- 
blicklich mit grosser Hast das vorgelegte Futter. Auch im Reichs- 
walde bei Nürnberg wurden nicht selten ganze Ketten in den Oit- 
schaften, auf Strassen und Höfen, Nahrung suchend, angetroffen, 
wobei viele gefangen, erlegt und unter Mitwirkung des Raubzeugs 
umgekommen sind. In den rauhesten Lagen des bayerischen Waldes 
überwintern selten Hühner, obgleich z. B. auf den Feldern von 
Finsterau und Heinrichsbrunn in manchem Sommer eine oder zwei 
Ketten ausgebrütet werden, die aber gewöhnlich im Winter südlicher 
ziehen und erst nach Schneeabgang wiederkehren. Die Zurückblei- 
benden suchen, wenn sie sich durch den Schnee nicht mehr auf die 
Winterfrucht durchzukratzen vermögen, in warmen und geschützten 
Wiesengegenden die nie ganz zufrierenden Brunnenquellen auf, woselbst 
sie an Bachpungen und Brunnenkresse eine nachhaltige und gesunde 
Nahrung finden und ihre förmlichen Winterquartiere aufschlagen. 
Solehe Quellen, besonders wenn sie mit Exrlen- oder Weidengebüsch 
umgeben sind, lieben sie nächst der Nahrung darum so sehr, weil sie 
dem Habicht weniger auffallen und Schutz finden. Der heurige 
Winter bedeckte längere Zeit auch diese Winteraufenthalte mit seinen 
ungeheuren Schneemassen, wesswegen sie sich aus den rauhesten 
Gegenden des bayerischen Waldes in dessen mildere Wintergegenden 
zogen, wo sie eher auf den Boden gelangen konnten, und obwohl 
auch hier der Schnee 5 bis 6 Schuh hoch die Felder bedeckte, fan- 
den sie doch auf den zahlreichen Mösern und an Quellen nothdürftig 
Nahrung, so dass daselbst der Winter nicht besonders nachtheilig 
eingewirkt hat und ein Eingehen auf höchstens 10%, angenommen 
werden darf. Im Frühjahre zeigten sich denn auch in diesen mil- 


54 


deren Lagen häufig Paarhühner, die eine ziemlich gute Jagd in Aus- 
sicht stellten. Auch hier kamen sie trotz tiefen Schnees, doppelter 
Eiskruste und grosser Kälte im Ganzen gut durch den Winter. 
Selbst während der kritischsten Zeit fand ich regelmässig in ihren 
Lagerstätten reichliches Gestüber, was von hinlänglicher aber magerer 
Nahrung zeugte, und sah nur höchst selten Raubvögel, dagegen grosse 
Haufen Hühner oftmals den ganzen Tag, ohne beunruhigt worden 
zu sein, auf ein und derselben Stelle liegen. Obgleich sehr abge- 
magert und erschöpft, hatten sie, sobald Thauwetter eingetreten war, 
alle Leiden vergessen und begrüssten sich bereits am Abend des 
28. Februar auf den hiesigen Fluren einzelne Familien mit ihrem 
Frühlingsrufe, und wenn ich auch in einzelnen Feldhölzchen die 
Reste von zwei und drei zerrissenen Hühnern fand, so gab es doch 
sehr viele Paarhühner. Trotz dieser günstigen Auspieien waren die 
Jagden fast allerwärts schlecht, in vielen Gegenden unter aller Kritik. 
Schreckliche Gewittergüsse, welche in der besten Brütezeit in ganz 
flachen Gegenden, namentlich in Unterfranken, niedergingen, machten 
das für manche. Jagdbezirke erklärlich, in vielen andern dagegen 
waren die günstigsten Verhältnisse vorwaltend und doch fiel die Jagd 
erbärmlich aus. Am 19. August suchte mein Freund Diezel von 
Morgens 7 Uhr bis Nachmittags 4 Uhr, ohne einen Schuss zu thun; 
am 21. ej. traf er vier Gelthühner an; im Vorbeistreichen einen Hahn 
erkennend, schoss er diesen herab, suchte die Hühner wieder auf und 
erkannte abermals einen Hahn. Als der Hund wieder vorstand, stellte 
er sich ihm gegenüber, erkannte auch einen dritten Herrn von Roth- 
schild und, wenn nicht Alles trügte, so war auch das vierte Stück 
ein soleher. Gewiss ein seltener Fall, dass unter vier alten Hühnern 
nicht eine einzige Henne ist. Mehr als 7 bis 10 Stücke enthielt im 
Aschaffenburg’schen nicht leicht eine Kette. Hierorts traf ich am 
22. Juli kopfreine Junge, am 23. August eine Kette, deren Junge 
kaum aufstehen konnten, deren Alte schreiend und flatternd in höch- 
ster Angst am Boden hin und her rannte, bis die Kleinen in Sicher- 
heit waren. Nach Mitte September gab es sehr schwache Ketten; die 
stärksten, die ich traf, zählten 15 — 16 Stück. Es scheint, dass viele 
Hühner erst an den Nachwehen des Winters eingegangen, und 
viele in Folge derselben gelt geblieben sind. In meiner Gegend hat 
sicherlich auch der dünne Stand der Getreidefelder den räuberischen 
Krähen das Auffinden mancher Nester erleichtert und viele Gelege 


59 


sind von Krauterinnen und Chamomillensammlern ruinirt worden. 
Ich habe nur von sehr wenigen Orten her erfahren, dass die Hüh- 
nerjagd ziemlich oder nahezu gut war; dies war z. B. der Fall bei 
Forchheim, Weingartsgreuth in Oberfranken, und auch da nur in ein- 
zelnen Fluren, nicht auf ganzen Jagdbezirken. In den Mägen und 
Kröpfen Erlegter fand ich Körner von dem Haidekorn, von Hafer, 
Gerste, Korn, Saamen von Bromus mollis, Centaurea eyanus, Poly- 
gonum aviculare, Alsine media, Panicum glabrum und Saamen 
mehrerer unbestimmbarer Grasarten. 

Otis tarda, L. Am 22. März wurde zu Rosing im Donaumoos, 
Gerichts Neuburg, ein männlicher Trappe erbeutet. Er setzte sich, 
geflügelt, zur Wehre und ging auf den Schützen los, der ihn mit dem 
Kolben seiner Flinte erschlug. Gewicht 18 Pfund. Im Mai 1853 
wurde ein Otis tetrax, L., in den Isarauen bei Freysing erlegt. 

Crex pratensis, Bechst. Am 15. Oetober wurde noch ein Männ- 
chen bei Augsburg erlegt. In diesem Frühjahre hörte ich den ersten 
sehr spät am 29. Juni. Im Magen eines Anfangs September Erlegten 
fand ich Spinnen und Heuschrecken (Epeira quadrata Clerk und 
Acridium grossum, L.). 

Ortygometra porzana, L. Ein Ende Augusts erlegtes Stück hatte 
im Magen Saamen von Polygonum avieulare, von einer Grasart und 
etliche, die wahrscheinlich zu Comarum palustre gehörten, auch einige 
Früehtehen von Ranunculus (repens?), alles abgerieben. 

Rallus aquatieus, L. Am 25. April flog eine Wasserralle in dem 
Hofe eines Kaufmanns in Augsburg mitten in der Stadt derart an 
das Fenster, dass sie todt herabfiel. 

Gallinula chloropus, L. Am 1. November sah ich noch einen 
einzelnen jungen Vogel auf den in einem hiesigen Teiche schwim- 
menden gemähten Binsen Nahrung suchend umhersteigen, am 13. April 
die ersten in den hiesigen Schlossgräben. Ein am 19, Mai geschosse- 
nes altes Männchen hatte im Magen Sämereien von Polygonum-Arten 
(amphibium, Persicaria, lapathifolium), von Rumex (maritimus?) und 
Sparganium, ein am 30. August erlegtes junges Teichhuhn Saamen 
von Nymphaea alba und Blattreste von einem Potamogeton. 

Fulica atra, I. Im vorigen Herbst hielten sie auf hiesigen 
Weihern den ersten Schnee und Eis aus; am 12. November, nach- 
dem schon zwei Tage zuvor in der Nacht die Weiher überfroren 
und den Tag über nicht mehr ganz eisfrei wurden, auch schon 


56 


ziemlicher Schnee gefallen war, sah ich noch zehn Blessen auf dem 
Mühlweiher bei sehr heftigem Schneesturme und vom starken Winde 
sehr aufgewühltem Wasser. In der Nacht auf den 13. November 
trat helles Wetter ein, froren alle Weiher fest zu und zogen die 
Blessen nach Süden weiter. Am 10. März kamen die ersten auf die 
Aisch, am 16. ej. auf unsere halboffenen Weiher und am 4. April 
waren sie zu vielen Hunderten auf der Fläche des grossen von Enten 
aller Art wimmelnden Moorweihers versammelt. Am 16. ej. war der 
Zug vorüber. Am 7. Mai fand ich ein Nest mit zwei Eiern wenige 
Schritte vom Ufer eines Teiches in einem Busche von Typha lati- 
folia. Bei ihren eifersüchtigen Kämpfen schwimmen sie mit schwanen- 
artig in die Höhe gehaltenen Flügeln, aufwärts gestürztem Schwanze 
und horizontal fast ganz auf die Wasserfläche vorgehaltenem Halse 
auf einander zu, erheben sich ganz in der Nähe Brust gegen Brust, 
fahren auf einander zu und werfen sich mit heftigen Fussstössen, wie 
kämpfende Haushähne, zurück. Im Magen einer am 30. September 
Erlegten fand ich schr viele Saamen von einem Potamogeton (lucens?). 
Wenn im Herbste die Binsen und Riedgräser aus den gefischten 
Teichen herausgemäht werden, erschlagen die Bauern oft viele Bles- 
sen, die sich von Lache zu Lache flüchten und sich endlich in die 
Binsen- oder Grasschoppen drücken. 

Grus einerea, Bechst. Anfangs Herbst 1854 hörte mein Freund 
Diezel nur sehr selten vom Himmel hoch das monotone Lied der 
Vögel des Ibikus; zu Anfang des Novembers, ihrer gewöhnlichen 
Strichzeit, gab es in Unterfranken viele Kraniche und am 20. De- 
cember (so spät eine grosse Seltenheit) sah Diezel noch einen Zug 
laut rufend in hoher Luftregion dahinsteuern. Am 3., 4, 5. März 
wurden sie am unteren Main in Unterfranken und im Frankfurtischen 
bemerkt, und am 26. März stand ein Einzelner in den hiesigen 
Weihern. 

In der Nähe von Frankfurt, Mainz, Darmstadt und Worms 
wurden sie im Herbst von den ersten Tagen Octobers an bis zum 
20. und 22. d. Mts. von Nordost nach Südwest segelnd bemerkt, und 
hielten sich die auf den Feldern Eingefallenen nur kurze Zeit auf. 
In diesem Frühjahre erschienen die ersten am 5. März, in der Rich- 
tung von Südwest nach Nordost, und man sah täglich starke Züge, 
bis sich gegen Mitte März hin schneidend kalter Nord- und Nord- 
ostwind einstellte, der den Zug unterbrach. Vom 22. ej. begann er 


ie 


| 
| 
| 
P, 
| 


57 


wieder mit Unterbrechungen bis Anfangs April. Nach Nachrichten 
aus dem grossherzoglich hessischen Odenwalde strichen sie im Monat 
December in grossen Schaaren durch. 

Oedienemus cerepitans, Temm. Am 18. October wurde ein Triel 
bei Markt Bruck in der Oberpfalz, zu Ende desselben Monats, ein 
desgleichen Vogel zwei Stunden von hier auf einem Anger bei 
Dechsendorf erlegt. 

Vanellus eristatus, Meyer und Wolf. Am 27. October sah ich 
die letzten, im heurigen Frühjahre nach eingetretenem Thauwetter die 
ersten Kiebitze am 28. Februar, und erhielt die ersten Eier am 
29. März. Im Magen eines am 25. Mai gefangenen drei Wochen 
alten Jungen fand ich viele glänzende Libellenreste, Käfer (Parnus 
prolifericornis, Bagous lutosus, Cyelonotum orbieulare), drei Planorbis 
hispidus Drap. und in den Gedärmen viele Bandwürmer. 

Charadrius pluvialis, L. Am 26. October kaufte Leu drei Stücke 
auf dem Markte in Augsburg. 

Aegialites hiatieula, L. In den Mägen zweier bei der Herbst- 
fischerei in einem hiesigen Weiher erlegten Sandregenpfeifer fand ich 
Haliplus fulvus, F., impressus, F., eine Agrion-Larve, viele Larven 
von Ephemera-Arten (Sialis lutaria), zwei kleine stachlige Diptera- 
Larven, Saamen von einem Potamogeton und von der seltenen Pilu- 
laria globulifera, endlich bei einem Exemplare eine Planorbis hispidus 
Drap., bei dem anderen drei Stücke dieses Tellerschneckchens. 

Hhypsibates himantopus, L. Ein Anfangs Mai 1855 erlegtes Exem- 
plar erhielt Herr Baron Richard König-Warthausen aus Rosenheim. 

Totanus glottis, L. Am 16. und 17. October traf ich bei der 
hiesigen Herbstfischerei während strömenden Regens die letzten klei- 
nen Truppe, am 19. April die ersten, drei Stück beisammen, an. 
Bis zum 17. Mai sah ich einzelne fast täglich, am letztgenannten Tage 
flog einer eifrig lockend (achtmal in einem Zuge) über mein Haus; 
von da an sah und hörte ich keinen mehr, bis am 1. Juli wieder die 
Töne eines fröhlich und anhaltend lockenden Wasserläufers dieser 
Art in mein Arbeitszimmer’ herein erschallten. Den August und 
September hindurch kamen mir Einzelne und Flüge bis zu 8 Stücken 
vielfach vor und wurden mir auch etliche Stücke eingeliefert. 

Totanus calidris, L., kamen hier am 20. März an; am 16. April 
hörte ich ihr Jodeln zum ersten Male und erfreute mich dieser ihr 
Gesang, der selbst während der Schneestürme des Aprils nicht ver- 


58 


stummte, bis tief in den Mai hinein. Im Magen eines Erlegten fand 
ich Hyphidrus ovatus und die Kiefer einer kleinen Wasserkäferlarve. 
Nach Herrn Baron Richard König-Warthausen kamen sie bei Klin- 
genbad in Schwaben am 23. März an ihren Brutplätzen an. Ob sie 
hier brüten, kann ich nicht gewiss sagen, vermuthe es aber. 


Nr. 6. 


Beobachtungen in der Vogelwelt. 
Von 
von Preen, Lieutenant. 


Seit dem Frühjahr mit der geodätischen Vermessung der Gross- 
herzogthümer*) beauftragt, habe ieh Gelegenheit gehabt, an verschie- 
denen Orten Beobachtungen über die Vogelwelt anzustellen, die mich 
wenigstens sehr interessirt haben. Ich theile sie Ihnen versprochener 
Maassen mit. 

In der Umgebung der Eisenbahnstationen Brahlsdorf und Kritzier, 
brütet sehr häufig die E. hortulana. Sie ist dort weit häufiger, aber 
viel scheuer als €. citrinella. Ferner brüten daselbst P. apivorus, F. 
subbuteo, Milvus ater und Ciconia nigra. In dem Rathhause der Stadt 
Boizenburg nistet Oypselus apus so überaus häufig, dass sein in der 
frühesten Morgendämmerung beginnendes Geschrei mich in dem nahen 
Klepperschen Gasthof zuweilen aufweckte. Ich glaube, dass dieser 
Segler sonst kaum irgendwo in solcher Menge vorkommt. In unglaub- 
licher Menge zeigt sich in den Gärten und an der Elbe der (€. canorus, 
ich glaube, weil er hier so viele Ammen unter den zahllosen Rohr- 
sängern findet. Leider fehlte mir die Zeit zum Nester- und Eier- 
suchen. 

Bei Blekede in Hannover beobachtete ich im Juni jeden Abend 
F. rufipes mas, wie er oft kaum 10 Schritt entfernt bei meiner Station 
Nachtfalter fing; er brütet gewiss in der Nähe. In einem Eichenholze 
an der Elbe ist ein sehr besuchter Reiherstand, unter den Reihern 
nisten zwei Milvus ater. Ueber den Buschwerdern an der Elbe gau- 
kelten häufig Circus rufus und einzeln cineraceus. 


*) Mecklenburg. 


59 


Der Herr Oberregierungsrath Wendt in Bleckede unterhält eine 
grosse Menge lebender Vögel von allen möglichen Arten. Die klei- 
nen Sänger und Finken schiesst er mit diekem Kleister. Dann setzt 
er sie in ein grosses mit Waschgeschirr versehenes Bauer. Bald 
fangen sie an sich zu baden und zu putzen und sind so nach wenigen 
Stunden wieder rein und glatt. Vielleicht kann man diese Methode 
beim Sammeln der so leicht durch den Schuss verdorbenen kleinen 
Vögel anwenden. 

Der Herr Oberregierungs-Rath theilte mir eine höchst interessante 
Erzählung mit, die ich, mit seiner gütigen Erlaubniss, Ihnen wieder- 
holen will. 

Zwei Tage vor dem Aufgang des Elbeises in diesem Frühjahr 
ging der Herr Auditor von Hammerstein, ein sehr eifriger Jäger, 
über die Elbe nach einem Dorfe. Auf dem Elbdeich sah er mehrere 
Leute stehen und trat hinzu. So wurde er Zuschauer folgenden Kampfes: 
Eine grosse Eule (St. aluco ??) lag auf dem Rücken an der Erde, die Flügel 
ausgebreitet, die Fänge in die Höhe gerichtet. Ein kleiner Raubvogel (F. 
nisus fem.??) stiess aus geringer Höhe fortwährend unter starkem Geschrei 
auf die Eule, die jedesmal zugriff und eine Menge Federn in den Fängen 
behielt; die Vögel kümmerten sich durchaus nicht um die vielen aufwenige 
Schritte dabeistehenden Menschen. Nachdem dies vielleicht eine halbe 
Stunde gedauert hatte, fiel der Falco n. todt zu Boden, er blutete 
am Halse und seine Brust war zerfleischt. Die Eule wurde sehr er- 
mattet von einem Bauer aufgehoben, in die Stube gebracht, wo sie 
sich bald erholte und während der Nacht durch Zertrümmerung einer 
Fensterscheibe sich befreite. Als der Herr Oberregierungs-Rath den 
Kampfplatz besuchen wollte, um die Vögel nach den Federn zu be- 
stimmen, ging die Elbe auf und machte so alle Bemühungen ver- 
geblich. Der Herr Öberregierungs-Rath, ein eifriger Leser der Nau- 
mannia, möge mir diese Veröffentlichung verzeihen. Die Erzählung 
war mir so interessant, dass ich sie nicht länger zu verschweigen ver- 
mochte. 

Bei Hitzacker auf dem Glienitzer Buschwerder sah ich in den 
Abendstunden mehrere Botaur, minutus hin und herfliegen, ich habe 
dies sonst noch nirgends gesehen, bin aber überzeugt mich nicht ge- 
irrt zu haben; Sylvia sueeica war äusserst häufig, ebensoso Act. hy- 
poleucos. 5 bie6 C. canorus flogen und riefen ab und zu. Ich fand 
ein Ei im Neste der $, einerea, den Eiern täuschend ähnlich. Der 


60 


alte ©. canorus sass dicht beim Neste, obgleich die Grasmücke brütete. 
Das Ei war circa 4 Tage bebrütet. 

Bei Eldena sah ich ganz kleine Junge von Ch. auratus auf einem 
Moore, die Alten thaten sehr besorgt. 

Am Ruhnerberge bei Marnitz brüten von seltneren Vögeln: 

A. naevia oder clanga. Circus eyanus, Cypsel. apus in allen Buchen, 
Picus Martius, P. viridis, P. minor. 'Lanius minor und rufus. Turdus 
viscivorus, Oyanecula suecica. Sylv. nisoria, Corvus corax, Oriolus gal- 
bula sehr häufig. Caprimulgus europaeus, Lox. coccothraustes sehr ge- 
mein. Alle drei Taubenarten. In der nahen Mosterniederung habe 
ich als Brutvögel bemerkt: 

Otis tarda, Oedienem. crepitans, Aegialites minor, Charadrius 
auratus, Telmatias gallinago, Numenius arquatus. Dies Verzeichniss 
dieser interessanten Gegend ist sicher noch sehr lückenhaft. Vielleicht 
fühlt sich ein Bewohner derselben angeregt es zu ergänzen. In mei- 
ner Eiersammlung befindet sich ein Ei von St. macrura, welches nur 
in Grösse und Korn mit den anderen stimmt, sonst in Zeichnung 
und Farbe und Form eine täuschende Aehnlichkeit mit den von Ch. 
hiatieula hat. Der Herr Lehrer Wüstnei hat es auf Poel gefunden und 
keinen fremden Vogel entdecken können, dem es angehören könnte. 

Unter meinen Vögeln befindet sich Cyps. Melba aus Schmalkalden, 
und Ardea purpurea aus Thüringen. 


Nr. 7. 


Die Brutvögel in der Umgegend von Schwerin. 


von Preen, Lieutenant. 


Diese durch Natur und Kunst so ungemein schöne Residenzstadt 
Mecklenburgs liegt an dem grossen See gleiches Namens, der mit 
zahlreichen anderen kleineren Seen zusammenhängt. In dem See liegt 
die interessante Insel, die Goldburg mit Wiesenkalkgrund, rings von 
Rohr umgeben; einige kleine kümmerliche Weidenbüsche und hohes 
üppiges Gras (Carex-Arten) bedecken dieselbe. Das Wickendorfer 


61 


und Rampermoor sind theils mit diehtem Buschwerk bewachsen, theils 
freie Moorflächen. Der Werder, ein grosses fast reines Buchenholz, 
von Wasser umschlossen, bietet reizende Spaziergänge dar. Südlich 
von der Stadt liest das Haselholz und Buchholz mit reichem Wild- 
stande. In dieser grossen Waldung sind alle Holzarten vertreten. 

Wenn nun auch diese Gegend keine besonderen Verhältnisse 
darbietet, so findet sich doch Manches Interessante, und zu einer 
ornithologischen Geographie dürfte dieser Aufsatz einen kleinen Bei- 
trag liefern. 

1. Aguila naevia. Im Sommer 1853 wurde auf dem Werder ein 
altes Weibchen erlegt, welches gebrütet hatte. Im Kropfe befanden 
sich eine grosse Menge Frösche und Eidechsen. Das Nest wurde 
leider nicht aufgefunden. 


2. Buteo vulgaris. Horstet in jedem Holze. Im Buchholz lebt 
ein ausserordentlich kleines und sehr scheues Paar, von dem ich schon 
zweimal, 1853 und 1855, sehr kleine Eier erhielt. 

3. Pernis apivorus. Einmal nistend bei Rabensteinfeld gefunden. 

4. Milvus ater. Ein Paar nistet im Buchholz, der Horst ist oft 
mit Fischgräten bedeckt. Beide Alten fischen häufig mitten in der 
Stadt auf dem Pfaffenteich. 

5. Milvus regalis. In jedem grösseren Holze. 

6. Falco subbuteo. Zweimal zur Brutzeit erlegt. Das Nest konnte 
ich nicht finden. 

7. Astur palumbarius. Zwei bis drei Horste im Buchholz. 

8. Accipiter nisus; oft zur Brützeit bemerkt, auch oft Eier er- 
halten, aber das Nest noch nicht selbst gefunden. 

9. Falco tinnunculus. Horstet häufig im Buchholz auf den hohen 
Kiefern. 

10. Circus rufus. Sehr gemein an allen Seen. 

11. Cireus eyanus. Zweimal bei Friedrichsthal auf dem Felde 
gesehen, auch erhielt ich Eier daher. 

12. Strix aluco. Sehr gemein in hohlen Bäumen und Gebäuden. 

13. Strix flammea. In der Stadt am Dom. 

14. Athene noctua nistet nicht selten in den alten hohlen Weiden. 

15. Otus vulgaris in allen Waldungen sehr gemein. 

16. Caprimulgus europaeus nistet im Buchholz. 

17. Oypselus apus nistet häufig am Dom. 


62 


18. Hirundo riparia in vielen Lehm- und Sandgruben. Bei Neu- 
mühl befindet sich ein Torfstich, der mitten im Torf eine dünne 
Schicht Sand enthält; diese Stelle haben sich mehre Päärchen aus- 
ersehen, obgleich sie kaum drei Fuss über dem Wasser und wohl 
zwei Fuss unter dem vorbeiführenden Wege liest. 

19. Hhirundo rustica und 

20. H. urbica sehr häufig in der Stadt. 

21. Alcedo ispida. Ein Paar nistet alljährlich in einer steinernen 
Brücke im Schlossgarten. 

22. Upupa epops im Werder und Buchholz. 

23. Certhia familiaris und 

24. Sitta caesia gemein. 

25. Jynx torquilla sehr häufig, besonders im Schlossgarten. 

26. Picus viridis selten. 

27. P. major, Werder und Buchholz. 

28. P. medius in den Birken an der Fähre einmal zur Brutzeit 
bemerkt. 

29. P. minor selten im Buchholz und an der Fähre. 

30. Cueulus canorus überall. 

31. Zanius minor im Schlossgarten. 

32. L. rufus nicht selten. Ein Paar brütet jährlich im Garten 
des Herrn Oberforstrath Passow mitten in der Stadt. 

33. 2. eollurio einige M. singen sehr schön. 

34. Museicapa atricapilla sehr selten. 

35. M. grisola häufig. 

36. Sawieola oenanthe häufig; ein Päärchen nistete 1854 in einem 
Steinhaufen mitten in der Stadt. 

37. Pratineola rubetra auf dem Ramper und Wickendorfer Moor 
einzeln. 

38. Rutieilla atra sehr häufig in der Stadt, so wie 

39. R. phoenieurus in allen Hölzern und Gärten. 

40. Turdus merula im Werder und Buchholz. 

41. T. viscivorus einige Exemplare im Buchholz auf Kiefern 
nistend. 

42. T, musicus überall. 

43. Rubecula familiaris ebenso. 

44. Oyanecula suecica mit braunem Stern, im Garten des Herrn 
Wizell und bei Pinnow. 


63 


45. Luscinia Aödon sehr häufig, wird sorgfältig gehegt. 

46. Sylvia nisoria auf dem Werder und im Buchholz. Nament- 
lich aber in den Anlagen auf dem Zippendorfer Hals sehr häufig. 

47. 8. cinerea 

48. 8. hortensis \ sehr häufig. 

49. S. eurruca \ 

50. S. atricapilla ziemlich häufig; legt zuweilen ganz rothe Eier. 
Zweimal erhielt ich Männchen mit brauner Stirnplatte. 

51. Phyliopneuste sibilatria, 

52. Ph. trochilus und 

53. Ph. rufa in allen Hölzern und Gärten sehr häufig. 

54. Hypolais vulgaris ist einer unserer häufigsten Sänger. Mitten 
in der Stadt unter meinem Fenster nisten zwei Päärchen. 

55. Calamoherpe palustris ziemlich selten auf dem Werder. 

56. ©. arundinacea und 

57. €. turdina sehr gemein. 

58. €. phragmitis namentlich auf der Goldburg häufig. 

59. ©. loeustella auf dem Ramper Moor oft beobachtet. Ein Nest 
habe ich noch nicht gefunden. 

60. Troglodytes parvulus und 

61. Accentor modularis sehr häufig. 

62. Regulus pyrocephalus. Im April 1853 fand ich auf dem Wer- 
der in einer Eiche ziemlich niedrig ein Nest mit sechs Eiern. Der 
Vogel sass darauf und war so dreist, dass er sich fast greifen liess. 

63. KR. erococephalus. In den Kiefern bei Zippendorf sind schon 
oft Nester gefunden. 

64. Parus eaudatus, 

65. P. coeruleus, 

66. P. major, 

67. P. ater, 

68. P. palustris, sind alle häufige Brutvögel. 

69. P. eristatus, einmal in einem Elsterneste brütend. 

70. €. frugilegus, am Nordende des Sees ist eine starke Colonie. 

71. Corvus corax, mehre Paare im Buchholz. 

72. ©. corniz, In beiden Spielarten gleich häufig. Verbastar- 
dirungen sind so häufig, dass man ınehr Bastarde als Achte Nebel- 
krähen sieht. Sie bilden wohl gewiss nur eine Art. 

73. C. monedula am Dom. 


64 


74. P. melanoleuca.in der Nähe der Stadt sehr selten, häufig in 
den Dörfern. 

75. Garrulus glandarius sehr häufig überall. 

76. Sturnus vulgaris in den Dächern der Stadt und den hohlen 
Bäumen auf dem Werder und im Buchholz. 


77. Oriolus galbula sehr häufig. 

78. Motacilla alba und 

79. M. flava sehr häufig. 

80. Anthus arboreus, die Eier scheinen nach dem Fundorte zu 


varliren. 


81. 
82. 
83. 
84. 
85. 
86. 
87. 
88. 
89. 
%. 
91. 
92. 
98. 
94, 
95. 


A. pratensis häufig. 


A. campestris selten. 
Alauda arborea, 
A. eristata und 


A. arvensis sehr gemein. 


Oynchramus schoeniculus sehr häufig. 


Emberiza eitrinella und 


E. miliaria überall. 


Fringilla coelebs, 


Fr. 
Fr. 


domestica, 
campestris, 


. cannabina, 

. carduelis, an den geeigneten Orten sehr gemein. 

. chloris häufig. 

. spinus einigemal im Buchholz zur Brutzeit beobachtet, 


das Nest nicht aufgefunden. 
96. Loxia coecothraustes auf dem Werder sehr häufig. 
97. Columba palumbus, 
98. ©. turtur häufig im Buchholz. 
99. C. oenas vermindert sich immer mehr. 


100. Perdix einerea und 


101. Coturnix vulgaris häufig. 


102. Aegialites minor, am Östorfer See. 


103. Tringa Schinzii brütet seit mehren Jahren, einzeln auf den 
Mooren am See und auf der Goldburg; die Eier unterscheiden sich 
nicht von den auf Poel gefundenen. 


104. Aititis hypoleucos sehr einzeln am See. 


105. Totanus calidris sehr gemein auf allen Mooren. 


_ 


65 


106. Machetes pugnax. Auf der Goldburg und andern Inseln im 
See, auch auf den Mooren. Ich habe oft Eier und Junge gefunden, 
aber nie ein Weibchen erhalten können. 

107. Telmatias gallinago auf allen Mooren. 

108. Telmatias major auf dem Plater Moor einmal auf den 
Eiern erlegt. 

109. Seolopax rusticola. Buchholz, einzeln. 

110. Botaurus minutus. Am Burgsee mehrmals geschossen, auch 
das Nest gefunden. 

111. Botaurus stellaris. An allen Seen. 

112. Ciconia nigra im Warnitzer Holz, ein Paar. 

113. €. alba. 

114. Grus sinerea brütete 1854 im Ramper Moor. 

115. Orex pratensis. 

116. Rallus aquaticus. 

117. Gallinula porzana. 

‚ 118. @. chloropus an den Seen nicht selten. 

119. Fulica atra äusserst gemein. 

120. Sterna nigra. Eine Colonie war 1854 am Ramper Moor 
und nistete auch sehr sonderbarer Weise auf abgekniektem Rohr über 
dem blanken Wasser. 

121. Sterna fluviatilis auf allen Inseln im See, namentlich häufig 
auf der Goldburg. Sie nistet hier nie auf Sand, sondern nur in dem 
langen Vigneagrase, welches sie niedertritt. Die Eier desselben Ge- 


_ leges sind sehr verschieden. Ich besitze drei aus einem Nest, eins ist 


braun, eins gelbgrün, eins hellblau ohne Flecken. Von den gewöhn- 


lichen Eiern der St. macroura sind sie leicht zu unterscheiden an den 


vielen kleinen Flecken, während macroura gewöhnlich nur grosse 


_ Flecken hat. Doch finden sich unzählige Ausnahmen. Was die Fär- 


bung und Form anbetrifft, so habe ich es gerade umgekehrt gefunden, 
wie es im Naumann beschrieben ist. 


I: 122. Xema ridibundum auf allen Seen in grossen Colonieen. 


123. Anser cinereus. Auf dem Medeweger und Schweriner See 
früher schr häufig. 
124. Cygnus Olor dom. wird in grosser Menge auf dem See ge- 
- halten. 
125. Anas Boschas gemein. 


126. An. strepera einmal ein Nest gefunden. 
Naumannia. 1A. 


a 


66 


127. An. querquedula. Häufig auf dem grossen See. 

128. An. erecca einmal auf dem Östorfer See. 

129. An. elypeata, soll auf dem Medeweger See nisten? 

130. Platypus ferinus. Sehr häufig auf den Seen. 

131. Pl. fuligulus, in einzelnen Paaren. 

132. Pl. clangulus, habe ich öfter im Sommer zur Brützeit ge- 
sehen. Ein Nest ist, wie ich glaube, noch nicht gefunden. 

133. Pl. leucophthalmos, ich.besitze zwei Eier hier vom See, die 
nur diesem Vogel angehören können. 

134. Mergus serrator, häufig auf der Goldburg unter Gebüschen 
und auf dem Werder in hohlen Bäumen. 1854 fand ich auf der 
Goldburg ein Weibchen mit sechs Jungen, von denen jedoch drei dem 
Platypus ferinus angehörten. Sollte M. serrator sich auch fremde Eier 
aneignen um sie auszubrüten, oder hatten die jungen Tauchenten ihre 
Mutter verloren und sich deshalb den kleinen Sägern angeschlossen? 
Die Eier des serrator sind bald gelb, bald grünlich grau. 

135. Podiceps eristatus, sehr gemein, 

136. P. minor, nicht selten aber sehr versteckt. 

137. P. suberistatus, wird zuweilen beobachtet. 


Die Zugvögel in der Umgegend Schwerins. 


Da die hiesigen Brutvögel natürlich auch als Zug- und Strich- 

vögel vorkommen, so habe ich ihre nochmalige Aufzählung unterlassen. 
1. Haliaötos albieilla selten. 
2. Aquila fulva sehr selten. 

. Pandion haliaötos selten. 

. Buteo lagopus nicht häufig. 

. Falco peregrinus sehr selten. 

„ aesalon selten. 
Cireus eineraceus nicht sehr selten, vielleicht Brutvogel. - 
. Lanius Exeubitor häufig. 


ann 


9. Turdus torquatus. In diesem Herbst sind bei Friedrichsmoor 
an einem Morgen fast 200 Stück im Dohnenstiege gefangen. 

10. T. pilaris häufig. 

11. T. iliacus sehr häufig. 

12. Oinclus aquaticus sehr selten. 

13. Nueifraga caryocatactes. 


67 


14. Bombyeilla garrula. 

15. Pleetrophanes calcaratus. 

16. " nivalıs. 

17. Fringilla montifringilla. 

18. 5 montium. 

19. 5 linaria. 

20. Pyrrhula vulgaris im Winter 1853/,, in der Stadt häufig. 

21. Loxia curvirostra selten. 

22. Tetrao tetrix verfliegt sich zuweilen im Winter hierher. 

23. Aegialites hiaticula. 

24. Charadrius auratus. 

25. Tringa minuta. 

‚26. ,„ alpina sind im Frühling und Herbst am See. 

27. Totanus glottis? und 

28. „ fuseus durchs Fernrohr beobachtet, unnahbar scheu. 

29. Limicola pygmaea, ich habe diesen Vogel zwar noch nicht 
erlegt, glaube ihn aber bestimmt erkannt zu haben. 

30. Telmatias gallinula. 

31. Numenius phaeopus. Von den schnepfenartigen Sumpfvögeln 
mögen hier noch weit mehr durchziehen. Sie sind aber hier. so ent- 
setzlich scheu und an sich so schwer zu unterscheiden, dass ich meine 
zweifelhaften Fernrohrbeobachtungen hier nicht aufführen mag. 

32. Ardea cinerea. 

33.»  egretta, einmal im Herbst 1853 erlegt, im Besitze des 
Herrn von Barner auf Trebbow. 

34. Sterna minuta sehr selten. 

35. Larus tridactylus. 

36. „  canus. 

Bio A furcus: 

38. „  marinus, diese vier Arten habe ich hier frisch erlegt 
gesehen. Es kommen aber im Winter gewiss noch andere Arten auf 
unsern See, 

39. Lestris parasitica. 

40. Phalacrocorar cormoranus, sehr selten auf dem See. 

Al. Anser arvensis. 

42. „  segetum, ' 

43. „  albifrons, ein sehr zahmeds Paar wurde auf einem Torf- 


loch erlegt. Ich besitze das Männchen, welches sehr klein ist und 
5°’ 


68 


vielleicht minutus angehört, Kürzlich erhielt ich auch ein junges 
Männchen mit fast schwarzem Gesicht, aber für minutus etwas zu 
gross. Ich kann mich unter diesen Gänsen nicht zurecht finden. 

44, Anas Penelope. 

45 m. ‚acuta: 

46. Platypus fuscus. 

47. H niger. 

48. - marilus. 

49. Mergus merganser brütet vielleicht. 

50. Mergus albellus. 

51. Colymbus septentrionatis. 

52. Alca torda. 


Schwerin, im October 1855. 
von Preen, Lieutenant. 


Nr. 8. 


Ornithologische Beobachtungen, 


aus Dr. Richard Vierthaler's Tagebuche einer Reise durch 


Esypten, Nubien, Dongola und Sennaar. 
Mitgetheilt von BE. Baldamus. 


(Fortsetzung von Naum. 1855. p. 479.) 


Im Betragen ähnelt Khynch. flavir. ganz den Seeschwalben. 
Sein Flug ist leicht und nicht zu schnell; den Kopf hält er 
dabei häufig gerade nach unten. Man sieht ihn eben so oft auf 
dem Sande der Ufer und Sandbänke sitzen. Nur nach wiederholten 
Schüssen und andauernder Verfolgung wird er scheu, obgleich er von 
erwähnter Sandbank, wohl der Brüteplätze halber, nicht ganz zu ver- 
scheuchen war. 

Gegen Abend bringt Tischendorf ein Weibehen von Ciconia 
Abdimii, wit einem reifen, leider etwas verletztem Ei im Legekanal. 
Es ist weiss, von der Grösse eines grossen Hühnereies, glattschalig 
und feinporig, hat ganz das Korn der Eier von (ic. alba und nigra, 


Po“ 


69 


nur nach Verhältnissen feiner. Sonst noch Sterna nigra und Mer. 
Savygqnii erlegt. Dieser nistet hier nach Art der H. riparia in Erd- 
löchern der Flussufer, die er selbst gräbt. Es war indess noch nicht 
möglich, zum Neste zu gelangen, da diese Löcher sehr tief sind. 

17. Mai. Mittags drei Uhr im untern Schiffsraum, wo das Ther- 
mometer hängt, 31'/,%. Excursion am linken Ufer. Erlegt F. gabar, 
vier Stück., Pyrrhulal. erucig., Aed. galactod., Nect. metall., Ploceus 
galbula. Gesehen: eine grosse Heerde von Cie. alba, häufig: Up. epops 
oder minor, Aedol. lugubris, Oie. Abdimü, Milv. parasit., Cath. peren., 
Al. eristata, Mer. Savygn. und virid, Cot. riparia, Col. risoria, 
letztere trägt Material zum Neste. 

18. Mai. Eine Jagdpartie auf einige Sandbänke, welche wir 
nur erreichen, indem wir ziemlich tief durch das Wasser waten. 
Erlegt: 12 Rlhyneh. flavir., 56 Eier desselben gesammelt. Hopl. spin. 
hat Eier und Junge (im Dunenkleide). Pteroel. coron., Aedol. lugubr. 
Bemerkt: grosse Schaaren Pelikane, grosse Geier. Die früher 
gefundenen Eier gehören wirklich Khyneh. flavir, an, ebenso die Nester: 
beide gleichen den heutigen; heute aber sahen wir 1. den Vogel vom 
Neste auffliegen und dasselbe schreiend umkreisen, 2. fanden sich in 
mehren Eiern fast völlig entwickelte Junge, die an dem sehr eigen- 
thümlichen Schnabel leicht kenntlich, 3. wurde bei einem Weibchen 
das reife Ei gefunden. Die grösste Eierzahl in einem Neste ist 
vier, gewöhnlich aber nur drei. In vielen Nestern noch nicht volle 
Gelege, die meisten Eier, mit Ausnahme von 2—3, frisch oder 
wenig bebrütet. Dagegen die Eier von Hopl. spin. meist mit rei- 
fen ‚Jungen. 

19. Mai. Gesehen und erlegt das Vorige, ferner Hypolais? — 
In der Nähe eines kleinen, aus Strohhütten bestehenden Ortes, Hil- 
lawe, finde ich in einem grossen Strohhaufen das Nest von Ixos 
plebejus mit zwei Eiern. Diese haben die Grösse der Eier von 
Pyrg. domestica und auf röthlich weissem Grunde viele hell- 
und dunkelbraune, sowie blaugraue Flecken, die sich nach 
oben zu einem Kranze häufen: das Nest ist, obwohl einfach, 
dünn und durchsichtig doch recht kunstvoll, der 2‘ im Breiten- 
durchmesser haltende Napf glatt und nett mit einer Art von sehr fei- 
nem Bast ausgelegt. Die äussere Lage besteht aus feinen Würzel- 
chen, Hälmehen, Spinngeweben, in welche seltener der Fruchtstaub 


von Asclep. procer. mit eingewebt ist. 


70 


20. Mai. Beim Suchen nach Nestern fand ich heute ein Nest 
der Drymoica ruficeps*). Es ist höchst kunstvoll aus weichen Federn 
und Hälmehen construirt, von ovaler Form, der grössere Durch- 
messer nach unten, in der obern Hälfte der seitliche Eingang, es 
war in einer Höhe von 2’ vom Boden zwischen Dattelwedeln befes- 
tigt. Ausser den bekannten Vögeln wird nur ein dem minor ähn- 
licher um Vieles kleinerer Charadrius häufig bemerkt und erlegt. 
Rhyneh flavir. scheint schon seltener zu werden. A. erlegt zwei Peli- 
cane mit der Büchse. Noch sehr viele Ceer. rustica. — 

Mittags vier Uhr fahren wir an Alt-Dongola vorüber. Die 
Flussufer sind hier flach, so dass einige Lehmhütten sichtbar werden. 
Thermometer 35°, eine Stunde nach Sonnenuntergang noch 30!/,0. 
Im Legedarm von Mer. Savygn. ein reifes Ei. 

21. Mai. Die Flussufer bieten noch immer wenig vom Bishe- 
rigen Abweichendes: Mimosen, in der Nähe menschlicher Wohnungen 
Datteln und geringer Landbau, Baumwolle, Bohnen, Gerste, Rieinus ete. 
Um Mittag legen wir bei dem ziemlich grossen Ort Tabbe am rech- 
ten Ufer an. Auf einer Sandbank 12 Rhynch, flavir. erlegt. Unter 
mehren Eiern eines Nestes befindet sich ein fast rein weisses mit 
bleichgrünlichen Flecken**). Hopl. spinos. kriecht uns in der Hand 
aus dem Ei.. Junge Cot. riparia, gelbe Kehle mit schwarzem Ringe. 
Vult. fulvus aus einer grossen Schaar erlegt. Sehr häufig Pelicane. 


*) Die Eier, (welche, von dem Dr. V. für mich bestimmt, sich neben mehren 
andern bei der kürzlich eingetroffenen, schon im Jahre 1852 abgegangenen Sen- 
dung von Bälgen befanden) haben mehr den Habitus von Linarien- als vonSylvien- 
eiern: 17 MM. lang und 11!/, MM. breit, von etwas gestreckter, schöner Oval- 
form, nur sehr schwach grünlich scheinender, fast rein weisser Grundfarbe, mit 
einem aus feinen Punkten und Wurmlinien von violettgrauer und kastanienbrauner 
Farbe gebildetem saubern Kranze am stumpfen Ende. Baldamus. 

**) Die Eier von Rhynch. flavir. variiren, gleich den Seeschwalbeneiern, deren 
Charakter sie tragen, sehr bedeutend nach Grösse und Form. Unter c. 50 Stücken 
misst das grösseste 43 und 27 MM., das kleinste 36 und 27"/, MM., ein beson- 
ders rundliches 37 und 30 MM. Die Durchschnittsgrösse beträgt 40 und 28 
MM. Die Grössenverhältnisse selbst bedingen schon die verschiedene Form, die 
bei der Mehrzahl eine gestreckt ovale (Form fast aller Seeschwalbeneier) und nur 
ausnahmsweise, wie obige Maasse beweisen, eine sehr gestreckte oder rundliche 
ist. Das Korn ist feiner, als das der gleich grossen Seeschwalbeneier (St. Dougalli, 
macrura, leucopareia u. a.), die Poren weniger tief, die Schale glatter, mattglän- 
zend. Die Grundfarbe ein in der Nüance nur wenig variirendes röthliches Braun- 
gelb, überall mit Schaalenflecken von hellerm und dunklerem Aschgrau und mit 
Zeichnungsflecken von Sepia und Schwarzbraun bedeckt, welche nur ausnahmsweise 
am stumpfen Ende einen Kranz bilden. Sie sind übrigens mit keinem mir be- 
kannten Eie zu verwechseln. Baldamus. 


a a u 


71 


Bei Verfertigung des Skeletts von Rhynch. lavir. finde ich, dass der 
Vogel den grossen Schnabel in Folge einiger starker Ligamente 
nur wenig öffnen kann. Dafür hat ihm die Natur ein sehr bieg- 
sames os frontis gegeben, das, ungefähr einen halben Zoll von der 
Schnabelwurzel entfernt, poröser als die übrigen Theile ist und dem 
Oberkiefer eine selbstständige Bewegung erlaubt. — 

Wir bringen bei heftigem Nordsturme die Nacht auf einer Sand- 
bank zu. 

22. Mai. Heftiger Sturm, trüber Himmel, bleifarbener Sonnen- 
aufgang, die Atmosphäre gänzlich mit Sand geschwängert. Die 
gegen vier Uhr passirten Ruinen von Difarr liegen in dichtem Ne- 
bel. Ans. egypt., Lar. fuseus, Oedien. erepit., Rhymeh. flavir. Von 
letztern sechs Stück erlegt; zehn sehr stark bebrütete Eier. 

23. Mai. Gegen 10 Uhr erhebt sich wieder ein starker Sturm; 
wir eilen das Ufer zu erreichen und legen beim Orte Kuri, gegen 
»/, Meilen vor Ambukol, an. Hier gesehen: Cath. peren., Cie. 
Abdim., Mil. paras., Col. risor., Mer. pusillus, Cot. ripar., Pelec. 
minor, Tant. Ibis, Ans. egypt., Hopl. spin., Plw. egypt., Fring. beng., 
Up. epops. — Gegen 4 Uhr heftiger Sturm unter fortwährendem 
fernen Donner. Mitten auf dem Nil, suchen wir mit aller Anstrengung 
das rechte Ufer zu erreichen, werden aber nach dem klippenreichen 
linken getrieben, und fahren endlich noch auf eine Sandbank auf. 
Der Fluss schäumt gleich einer wüthenden Bestie, die Wellen schla- 
gen über Bord, der Regen stürzt in Strömen, Blitz auf Blitz zuckt, 
ein tropisches Ungewitter. Von der Barke aus gleicht der aufgeregte 
Strom der offenen See, denn nirgends ist ein Ufer zu erblicken. 
Nach dreiviertel Stunden endlich wird es ruhiger, und nach einer 
Stunde können wir noch nach Ambukol hinüberfahren. 

24. Mai. Ein in der Ferne erblickter Tant. Ibis verleitet mich 
zu einer kleinen Exeursion, die mir zwar nicht den Tant., aber Corv. 
umbrin. und Perist. capensis liefert. (Gesehen: Al. crist. und isabell., 
Pyrhulal. eruciger, Sonst das sandige Nilufer, wie immer, reich an 
Sicindelen. 

Ambukol ist kein sehr grosser Ort, hat kein Militär, aber ein kaser- 
nenartiges Gebäude, und besteht aus vierechigen Lehmwandgebäuden. 

Achtzehn Kameele sind bereits gemiethet um uns und das Ge- 
päck durch die Wüste Bahinda zu führen. Wir bezahlen 30 Pi- 
aster für das Stück. 


12 


%5. Mai. Eine Jagdpartie nach einer Insel hat nur zwei Cypsel. 
ambrosiacus und eine Pyrrhulal. erucig. zum Resultat. Gesehen: in 
Menge die gestrigen Vögel. Cyps. ambros. scheint nicht häufig zu 
sein, ich sah nur ungefähr sechs Individuen. Mehre kleine Rhino- 
lophus, sowie ein grosser weisser, werden uns gebracht; ferner ein 
lebender junger Tant. Ibis. 


26. Mai. Mittags in der Sonne 45°, im Schatten 35°, Abends 
5 Uhr 25°. 

27. Mai. Cath. peren. läuft in den Strassen umher. Pter. (coro- 
natus?) im Dunenkleide. 


28. Mai. Bei einer Excursion nach Inseeten an den Kanal be- 
merke ich eine grosse Heerde von Plat. leucerod. und unter ihnen 
sieben Tant. Ibis. Meine Schwäche bemerkend, — ich war ohne 
Gewehr — lassen sie mich auf 30 Schritte nahe kommen. Tischen- 
dorf erlegt später zwei der Letztern. 

29. Mai. Bei grässlichem Spektakel, der in Schlägerei mit Ali- 
Aga (dem Kabassen) ausartet, werden die Kameele beladen, und um 
4 Uhr Nachmittag setzt sich die Karavane in Bewegung. A., Ti- 
schendorf und ich reiten voraus. Erlegt Pter. quadrieinetus. 

30. Mai. Nach einem Ritte von einigen Stunden halten wir an, 
um die Karavane zu erwarten, an einer Stelle, welche mehr einem 
Garten als einer Wüste ähnelt. Nachdem wir lange vergebens ge- 
wartet, erfahren wir von vorbeireitenden Arabern, dass die Karavane 
auf einem westlichern Wege bereits vorüber, und hatten nun entsetz- 
lichen Durst zu leiden, da dass wenige mitgenommene Wasser be- 
reits kaffeebraun und übelriechend geworden war. Gesehen: Cath. 
peren., Sphenur. acac., Al. bifase. und isab.; erlegt: Col. risor. (drei 
Stück) Pter. coron. Auf den Mimosen viele alte Vogelnester. 

31. Mai. Fauna und Flora die frühere. Die Vögel brüten hier 
während der Regenzeit. Alle Nester (alte), welche ich untersuchte, 
waren von unregelmässiger Kugelform meist aus Mimosenzweigen ver- 
fertigt, oben gegen Sonne und Regen verbaut mit seitlichem Ein- 
gangsloch. Auch Pyrg. domestica baut solehe Nester in die Mimosen. 
Die Vegetation wird ärmer. Sandebenen zwischen schwarzen Granit- 
bergen und Blöcken. (Klage über die in jeder Hinsicht mangelhafte 
Ausrüstung: der so grossartig angekündigten Expedition. Das ein- 
zige Thermometer ist „verpackt und wird, wie das Barometer zer- 


] 


73 


brochen gefunden“. Sogar für Reis ist nicht gesorgt, und bald fehlt 
es auch an Kaffee etc.) Antilope arabica. 

1. Juni. Sehr grosse Mimosen. Die Form ihrer Krone und 
ihr ganzer Bau ist, wie es scheint, in der Bahinda eine eigenthüm- 
liche. Die meisten bilden oben eine ganz runde, ein wenig concave 
Fläche und laufen nach unten regelmässig spitz zu, gleich einem um- 
gekehrten Kegel, vielleicht um dem Regen eine grössere Fläche zu 
bieten? Bir el Bahinda, der Brunnen der Wüste, eine weite, rings 
von schwarzen Bergen eingeschlossene, mit einzelnen Mimosen, 
Rhamnus spinae Christi und Halfa bewachsene Ebene, wird 
von den Arabern speciell Bahinda genannt. Es sind zwei Brunnen 
von 25° Durchmesser und 10‘ Tiefe. Am Rande eines jeden ist eine 
Art Kanzel von Mimosenstangen zum bequemern Wasserziehen ange- 
bracht. Häufig: Emb. striolata, Al. isab., Cath. peren., Col. risor., 
Lozia?, einzeln Sax. cachinn., Corv. umbrinus. 

2. Juni. Wir bleiben während des ganzen Tages, ich weiss 
nicht wesshalb — am Brunnen. 

3. Juni. Auch heute noch bis Mittag 4 Uhr am Brunnen. 
Sechs Col. risor. erlegt (auf zwei Schuss). Diese, Emb. striol. und 
die Lowia? (Coecothraust. cantans) finden sich in ganzen Gesellschaften 
am Brunnen. 

4. Juni. Das Terrain wird reicher an Gestrüpp und Bäumen. 
Unter der Mimose, in deren Schatten wir gegen 10 Uhr lagern, fanden 
wir zwei todte frische Sphenur. acae., die ersten gestorbenen Vögel, die 
ich je fand. Im Sande Fährten von Struthio eamelus. Corv. umbrin. 

5. Juni. Abwechselnd Sandebenen und Steppe, im S. eine 
Bergkette. Erlegt Vultur sp.?, von der Grüsse des fulvus, schwarz 
mit weissen Federrändern. Geschen: Edolius lugubris, Vult. fulv., eine 
Straussfeder. n 

6. Juni. Aufbruch: zwei Stunden vor Sonnenaufgang. Mangel 
an Wasser. Der Habir tröstet mit der Nähe des Flusses, den wir 
noch vor Mittag erreichen sollen. Trübe und bleifarben steigt die Sonne 
aus dem dieken Nebel empor. Das Blau des Himmels nur im Zenith 
sichtbar. A. und ich steigen ab, um auf Otis Houbara und Corae. 
abyss. Jagd zu machen. Gesehen Lamprot. rufwenter, Perist. capensis, 
zwei Otis nuba, sehr scheu; Cath. peren. begleitet uns längere Zeit. 
Der Weg, den wir seit gestern eingeschlagen, ist nicht der gewöhn- 
liche; die Reisenden pflegen sonst nach dem Djebel Royan zu 


74 


gehen, wir gingen nach Woad Bischare, 3 Stunden näher, da die 
Kameele nicht mehr ohne Wasser aushalten konnten, und nur mit 
Mühe bis zu dem beim Finsterwerden erreichten Flusse zu bringen 
sind. Auf dem Wege hierher verloren wir unsern braven Hund, 
Massachud, der erschöpft liegen geblieben war. 

7. Juni. Das Dorf Woad Bischare liegt auf einer Anhöhe, 
eine gute Viertelstunde vom Nil entfernt; es mag gegen 100 Togguls 
(Häuser) haben. Diese bestehen hier ganz aus Rohrgeflecht, durch 
Mimosenstämme getragen; neben ihnen stehen öfter Rekuben, d. h. 
Hütten mit plattem Dache, an den Seiten offen oder nicht. Wir 
bleiben einen Tag, um uns von den Strapazen der Wüstentour zu 
erholen. Der Nil ist trübe, roth, die Vegetation etwas reicher, die 
Ufer grün und, wie die Sandbänke, voll von Vögeln. Gesehen: 
Milv. paras., Cath. peren. — geht ungenirt unter die Togguls und 
sucht unter den Rekuben Schutz gegen die Sonne —, Alauda? (oder 
Pyrrhulal? — Grösse der cruciger, hellgrau mit schwarzem Kopf, 
vielleicht leucotis?) Hopl. spin., Corv. scapul. und umbrin., häufig; 
ebenso Pelee. onocrot., Pterocles, mehrere Species, Tant. Ibis, Rhynch. 
Navir., Ixos pleb., Columb. risor.?, Alec. rudis, Nect. metall., Ard. russ., 
Plat. leucerod. — Erlegt: Perist. cap., Cath. peren., juv., (eeropis 
rufifrons, (ie. Abdim., Melieraw polyzonus, Ploceus ? 

8. Juni. Mehre 100 Schritte westlich vom Flusse führt der 
Weg durch herrliche Mimosenparthieen, welche mit Rhamnus 
spin. Christi parkartig abwechseln. Im Osten thürmen sich ent- 
fernte und nähere Bergzüge auf, welche von dem majestätischen 
Felsen Djebel Royan, vor uns, beherrscht werden. Eine Stunde 
nördlich von diesem Berge erheben sich auch am linken Ufer un- 
bedeutendere Züge von Granitfelsen, welche sich indess bald nach 
Südwest hin verlieren. Gegen Mittag im kleinen Dorfe Belled 
Hejär, gegenüber dem Royan; die Togguls von Lehm. Die Be- 
wohner, artig wie immer, räumen uns sogleich die nöthigen Hütten 
ein. Am linken Ufer Baumwolle und ein Wald von Aselep. procer. 
Gesehen, ausser den vorigen: Lan. eueull,, Pyrrhulal. erueig., Al. erist. 
und isab., Ard. einer., Corac. abyss., Drimoica ? (mit hellblauem Flügel 
und Schwanz), Plotus Levaill., Ans. egypt., Ard. egretta, Merops pusill., 
Buceros?, Strie?, Edolius lugubris?*) — Dieser mir nur unter dem 


*) Ist Cercotrichas erythropterus, Hartlb. B. 


2 

5 

b) 
; 


75 


ihm vom B. v. M. gegebenen Namen bekannte Vogel ähnelt in 
Gestalt, Farbe (mit Ausnahme der weissen Flecke), Betragen und 
Gesang ganz unserer T. merula. Der Gesang ist nach Verhältniss 
der Grösse schwächer aber angenehmer, flötenartig und hat eben so 
wenig Strophen. 


9. Juni. Erlegt: Ploceus?, Pyrrhulal. leucotis, Nectar. pulchella, 
Col. risoria et? Caprim. elimacurus, Ard. russata, Rhynch. flavir. Ge- 
sehen: Plotus Levaill., Ibis relig. — Starkes Gewitter mit Sturm und 
gelbbraunen Sandwolken, welche die schwarzen Gewitterwolken bald 
bedecken; beide werden von der Sonne zu Anfang eigenthümlich 
beleuchtet. 


10. Juni. Erlegt: Vult. aurieul., Corac. abyss., Corv. umbrin., 
Pyrrhul. erueiger, Seotornis elimacurus, sehr häufig, Bucco? — Ge- 
sehen: viele Geier, Picus? Eine junge zahme Antil. dorcas wird uns 
für drei Piaster angeboten. Gegen Mittag kamen wir nach Belled 
Surab, Ali Aga’s frühern Garnisonsplatz, ein grosses Dorf, in wel- 
chem 400 Mann türkisches Militär liegen. (Man trifft, schon in 
Egypten, selten einen Araber, der nicht Schnitte im Gesicht — am 
häufigsten drei auf jeder Wange — Bauch, Rücken und Schultern 
hat; heute bemerkte ich zum ersten Male ein etwa halbjähriges Kind, 
welchem man gestern diese Einschnitte gemacht, und das voller 
4“ breiter und 1’ langer eiternder Wunden war; unbedeckt und un- 
verbunden wurde es in der Sonnengluth umhergetragen, zeigte, wie 
alle arabischen Kinder, eine gänzliche Gleichgültigkeit gegen Alles, 
und war ganz ruhig.) 


11., 12. Juni. Der Weg nach Belled Kerreri führt am Nil- 
ufer hin, und ist ziemlich baumreich. Das grosse Dorf erstreckt sich 
gegen eine halbe Stunde weit am linken Ufer hin, besteht aus Tog- 
guls von Stroh ete,, welche meist mit einem oder mehren Straussen- 
eiern verziert sind. August besteigt trotz des Widerstandes der 
Einwohner einige Mimosen, um die Nester von Ciconia Abdimü zu 
untersuchen. Diese stehen einzeln oder zu mehrern auf einem Baume, 
sind von verhältnissmässig geringem Umfange und enthielten drei bis 
vier bläulichweisse, feinkörnige, meist schön eiförmige Eier, welche 
noch unbebrütet waren. Gesehen: Bucer. erythrorhynch., Scot. climacur. 
— sehr häufig —, Ixos leucoceph. Dorf Umdurab, einige hundert 
Schritte vom Ufer, d. h. des weissen Nil, entfernt. 


76 


13. Juni. Am Morgen erblicken wir am jenseitigen Ufer das vor- 
läufige Ziel unserer Reise, die Stadt Chartum, die ganz den Eindruck 
eines orientalischen Ortes macht. Die Umgegend trägt einen öden, 
traurigen Charakter: Nichts als Sandebenen ringsum, kaum dass viele 
hundert Schritte von einander entfernt sich einzelne Mimosen zeigen. 
Wir befinden uns gerade an der Vereinigung des weissen und blauen 
Flusses; die Fernsicht wird indess durch eine mit dürftigem Grün 
bedeckte Sandinsel im weissen Flusse gehindert. 


(Fortsetzung folgt.) 


Il. Notizen, briefliche Mitteilungen ete, 


Milvus regalis, seine Eier in einen andern Horst tragend. 
Ich fand vor mehren Jahren einen Horst vom Königsmilan und nahm 
die vier bebrüteten Eier. Der Vogel legte zum zweiten Male in den- 
selben Horst. Ich hatte in meiner Abwesenheit dem Kuhhirten eines 
in der Nähe belegenen Bauergehöftes, von dessen Düngerhaufen der 
Vogel sich die Lappen zum Ausbau des Horstes geholt hatte, mit 
der Beobachtung desselben beauftragt; durch die täglich verursachte 
Störung sah sich das Weibchen veranlasst, seine inzwischen gelegten 
zwei Bier in einen andern circa 60 Schritt entfernten Horst zu tra- 
gen, in dem ich 14 Tage später drei bebrütete Bier vorfand. Im 
folgenden Jahre trug sich derselbe Fall bei einem andern Horste zu. 
Der Vogel war beim Abfliegen vom Horste vom Waldhüter gefehlt 
worden. Der Baum war wegen seiner Stärke nicht sogleich zu 
ersteigen, zwei Tage darauf war der Horst leer, und später kamen in 
einem circa 100 Schritt davon gelegenen Junge aus. Ein zweites 
Paar war nicht in der Nähe, wohl aber hatte ein Buteo vulg. kaum 
50 Schritt davon zwei Eier. 

Bei Otus vulgaris beobachtete mein älterer Bruder dasselbe, 
nur fand er die aus dem Neste weggetragenen Eier nicht wieder. 

Eier von @ueulus canorus in Nestern von Regulus flavicap. 
Mein eben genannter Bruder fand schon vor längerer Zeit ein Kuk- 


77 


kuksei in einem Goldhähnchen-Neste, dessen Eier unversehrt waren, 
obschon das Nest verlassen schien. Ich selbst fand noch vor drei 
Jahren ein Nest von Regulus flavicap. mit einem Kukkuksei. Das 
Nest war am äussersten Ende eines gegen 20 Ellen hohen Fichten- 
astes sehr versteckt angelegt, und enthielt fünf Eier, von denen drei 
zerbrochen waren. Das.Nest war verlassen. H. Hanls. 


Weisswerden eines Stwrnus vulgaris aus Schreck. In dem 
Zoologist, September 1852, findet sich eine Mittheilung eines Herrn 
Alfr. Ch. Smith, wonach ein schöner schwarzer Staar durch eine 
Katzenmusik vor dem Kaufladen, in welchem er gehalten wurde, so 
in Schreck versetzt wurde, dass er nicht allein erst nach zwei Tagen 
sich wieder einigermassen beruhigte, sondern auch bei der nachfol- 
genden Mauser fast ganz weiss wurde, und nur einzelne schwarze 
Federn wieder erhielt. 

Bonasia europaea in Schottland wieder angesiedelt. Die 

“ Haselhühner, welche bekanntlich in Schottland durch die jagdlusti- 
gen Einwohner ganz ausgerottet waren, sind nach einer Mittheilung 
in „the Zoologist,“ Febr. 1851, durch die Bemühungen des Lord 
Breadalbane wiederum einheimisch. Dieser erhielt 1838 und 1839 
aus Norwegen 54 erwachsene Haselhühner (etwa ”/, Hühner); einige 
wurden in den Forsten frei gelassen, andere in einem grossen Vogel- 
hause gehalten und ihre Eier grauen Hühnern und noch besser 
Fasanen zum Ausbrüten untergelegt und „jetzt sind alle Forste um 
Taymuth Castle voll Haselhühner.*“ Ein Theil derselben wandert 
jeden Sommer hinab nach Strath Tay, Blair Athol ete., kurz, das 
Haselhuhn ist wieder in Schottland einheimisch. 

Agquila chrysaötos, nicht unzähmbar. In den zwei trefflichen 
Werken: Gardens and Menagery of the Zoological Society und Illus- 
trations of British Ornithology, wird der Goldadler als unzähmbar 
dargestellt. In dem letzten spricht Herr Selby aus eigner Erfahrung 
in Bezug auf zwei Exemplare, die er selbst einige Jahre über hielt. 
Allein mein Freund Richard Langtry, Esq,, zu Fortwilliam bei Belfast, 
hatte 1835 einen Goldadler, welcher ungemein zahm und fügsam 
war. Er wurde im Sommer 1835 aus einem Neste in Invernessshire 
genommen und kam im September in den Besitz des Herrn Langtry. 
Der Vogel zeigte alsbald Anhänglichkeit an seinen Herrn und nach- 


78 


dem dieser ihn einen Monat besessen, liess er ihn frei umherfliegen. 
Der Goldadler missbrauchte diese Erlaubniss nicht, sondern kam bei 
der Fütterung jedesmal auf den Ruf seines Herrn. Er liess sich gern 
am Körper und an den Füssen streicheln und wurde nie böse. Bei 
der Abrichtung setzte man ihm zuerst eine Falkenkappe auf; allein 
dies unterliess man bald, da er auch ohne Kappe ruhig auf dem 
Arme sitzen blieb. Ueberhaupt blieb er viel lieber bei seinem 
Herrn, als dass er aufgeflogen wäre, wenn sich nicht eine Beute 
erblicken liess. Wenn er frei umherflog und er seines Herrn ansichtig 
wurde und dieser den Arm ausstreckte, so flog er hastig herbei, um 
sich niederzulassen. Er that dies auch, wenn Fremde zugegen waren, 
und ich habe dies binnen einer halben Stunde wohl ein Dutzendmal 
gesehen, auch ohne dass Herr Langtry den Vogel mit Futter an- 
lockte. Wenn der Adler sich auf dem Boden befand und die Aetzung 
ihm in grosser Entfernung hingeworfen wurde, so lief er nach der- 
selben, was er sehr geschwind konnte. Er baumte lieber auf, als die 
Seeadler. Wenn sein Herr umherspatzierte, so folgte er ihm von 
einer Baumgruppe zur andern und blieb oft weit hinter ihm, verlor * 
ihn aber nie aus den Augen. Mein Freund gab die volle Abrichtung 
dieses Vogels auf, weil derselbe zu gefährlich geworden wäre, da er 
selbst alte Schwäne anfiel und vom Ufer aufs Wasser Jagte. Auch 
Hunde waren nicht sicher vor ihm, und desshalb musste er eim- 
gesperrt werden. Er befindet sich seit einigen Jahren in der Mena- 
gerie der königlichen zoologischen Gesellschaft zu Dublin. 

(W. Thompson, Natural History of Ireland, Birds. Vol. I, I., II.) 

Dr. Th. Krüper. 


Zusätze zu Zanders Ornis der Insel Pöl: Als ein sehr 
fleissiger Besucher der Insel Pöl erlaube ich mir der anziehenden 
Schilderung, welche der Herr Pastor Zander *) gegeben hat, noch 
Einiges hinzuzufügen. Unter den Landvögeln habe ich noch E. 
hortulana und Lanius rufus beobachtet als Brutvögel. Streps. in- 
terpres nistet allerdings in 8 bis 10 Päärchen auf dem langen Werder. 
Ich besitze sehr viele variirende Eier. Wie mir scheint, ist die 


*) Naumannia L Bd. II. Hft., pag. 53. R 


79 


Farbe und Zeichnung derselben nach den Jahrgängen verschieden. 
Ch. hiaticula nistet allerdings zuerst auf dem kahlen Sande; sind ihm 
aber hier seine Eier mehrmals genommen, so geht er auf die Wiesen- 
flächen, wo er entweder im kurzen Grase, oder auf den vom Sturm 
heraufgewehten Tangstreifen nistet; die Eier haben dann eine weit 
dunklere graugrüne Grundfarbe und grössere Flecken, die zuweilen 
in gedrehten Reihen stehen. Eier, die denen des Ch. cantianus sehr 
ähnlich wären, habe ich nie gefunden, obgleich Ch. cantianus auch 
auf Pöl sehr selten brütet. Ich besitze drei Eier von dort, die frei- 
lich nicht grün, sondern braungelb aussehen. Sehr interessant war 
es mir, dass auch in solchen Wiesen- und Tangnestern die Eier stets 
auf kleinen Steinchen lagen. St. macrura brütet ebenso auf der kurz 
begrasten Wiesenfläche, wenn sie auf den Steinen ihre Eier mehr- 
mals verlor; auch diese Eier sind dunkler, oft grün oder braun. 
Ein kleiner Totanus flog in den Sümpfen zuweilen vor meinen 
Füssen auf, ich konnte ihn aber nicht erlegen, und auch kein Nest 
finden; ich glaube es war glareola. Machetes pugnax war 1854 sehr 
gemein; dagegen habe ich 1855 keinen einzigen bemerkt. In diesen 
Sümpfen wurde 1855 im Juni ein altes Männchen von Podie. auritus 
erlegt und mir überschickt. 

Im Frühjahr ist die Pöler Nachtigall oder der Klashanik, 
wie die Pöler die H. glacialis nennen, in unabsehbaren Schaaren an 
der Küste und übt sich in ihrem melodischen „Auh! A! u! liik!* 
dazwischen in Schwärmen von 20 bis 30 die schönen Pl. niger und 
fuscus. Abgesondert von der grossen Armee liegen zu 5 bis 6 A. pe- 
nelope, celypeata, atuta: während (Querquedula 'schon mit Boschas in 
den Sümpfen brütet. 

Im Herbst ist es der Strand, der mich besonders interessirt. 
Alle die vielen Arten aus der Schnepfenfamilie beleben ihn; da 
echwimmt, watet und taucht der Austernfischer, und die sehr 
seltene Avocette, die beiden Numeniusarten exereiren im Wasser, 
Limosen und Tringan am Strande. Aber nicht zu vergessen Ch. 
squatarola, dieser ewige Störenfried, der Einem jede Jagd verdirbt. 
Er ist der stets muntere Commandeur der anderen Strandvögel, der 
nur einmal aufzuschreien braucht, um sofort alle in Bewegung zu 
setzen, und den Schützen seinem Aerger zu überlassen. 


von Preen. 


80 


Der diesjährige Winter, 1855, welcher streng zu werden und 
zahlreiche Gäste aus dem Norden zu versprechen begann, ist seit der 
letzten Hälfte December wieder sehr gelind geworden, und unser 
Markt (Lyon) war nicht sehr reichlich versehen. Ich habe in meinem 
Kataloge der Umgegend von Lyon zwei Species anzuführen verges- 
sen, die hier gar nicht selten sind, nämlich: 

Pandion Haliaötos, ziemlich häufig an der Rhone, obwohl ich 
ihn niemals auf unserm Markte gefunden habe. Ein schönes Indivi- 
duum wurde im verflossenen Frühjahre zu Irigny erlegt. 

Phyllops. vufa. Auf dem Frühlingszuge; nistet nicht hier (zu 
Irigny) ist aber sehr häufig auf dem Herbstzuge. 

Ich erwarte noch einige authentische Data, um das betreffende 
Verzeichniss noch zu vervollständigen. 

Leon Olph-Galliard. 


Ornithologische Thesen. Unter den 12 Thesen, welche der 
Inaugural-Dissertation unseres wackeren Altum: „Similitudines Ho- 
meri cum Aeschyli, Sophoclis, Euripidis comparantur“, angefügt 
sind, befinden sich folgende drei ornithologische: 7) Complures colorum 
plumarum rationes non nisi earum textura, ut dieitur, sunt explicandae. 2) Sub- 
species avium sunt nullae. 3) Phoenicopteri natatoribus adnumerari optime jure 
possunt, und die allgemeine: Mn rerum natura certi limites desiderantur, 


quare systema naturae omnino congruum diffieillimum est. 


E. Baldamus. 


Billige Pariser Glasaugen. Sicher wird manchen Lesern 
der Naumannia die Notiz willkommen sein, dass man Pariser Vogel- 
augen am billigsten bezieht von dem Augenfabrikanten Ludwig 
Müller in Lauscha in Thüringen. Ich kann dieselben aus eigener 
Erfahrung sehr empfehlen. Dr. A. Meyer. 


8 


III. Literarische Berichte, 


1) Sur le „Catalogue des genres et sous-genres d’oiseaux contenus dans le 
Museum Britannique,“ de M. Georges-R. (ray, par S. A, Monseigneur 
le Prince Bonaparte. (Comptes rendus des s&ances de l’Aca- 
demie des Sciences, tome XLI, seance du 22 octobre 1855.) 


„Mehr als ein grosses Werk — heisst es — könnte dies Werkchen um seinen 
Werth beneiden; man findet zugleich darin 1) eine vortreffliche natürliche Classi- 
fication aller Genera, 2) ein Dictionaire ihrer Synonymen, 3) eine chronologische 
Uebersicht ihrer verschiedenen Namen, nebst einer Würdigung des Werthes oder 
Unwerthes ihrer Bedeutung. Das Buch ist künftig unerlässlich für Jeden, der sich 
ernstlich mit der Ornithologie beschäftigt. Uebertrieben ist die Strenge in der 
Anwendung des Prioritäts-Princips, die bis zur Berücksichtigung der orthographi- 
schen und Druckfehler der Originaltexte geht. In zwei Hauptpunkten ist Bericht- 
erstatter mit H. Gray nicht einverstanden: einmal mit der Zulassung Möhring’s 
unter die Autoren, deren Genus-Namen zu berücksichtigen sind, und dem Vorzuge 
Boddart’s vor Gmelin und Latham bezüglich der Species- Namen; sodann, dass 
H. Gray die beschränkte Anwendung eines Namens nicht zulässt, der mit 
einem andern gleichgeltend gewesen ist, indem er ihn auf immer unter 
die Synonyme verweist, während es in gewissen Fällen nicht nur erlaubt sein 
dürfte, ihn anzuwenden und für die Wissenschaft gleichsam wieder aufleben zu 
lassen, sondern sogar besser, als neue Namen für eine Partie Species zu 
schaffen, die er in seiner ursprünglichen allgemeinern Anwendung 
bereits in sich begriff. 


Der Prinz Charles Bonaparte ergreift diese Gelegenheit, um die vorzüglich- 
sten neuen Species bekannt zu machen, welche er auf seiner letzten Reise in 
Schottland und England kennen gelernt hat, und fügt einige Bemerkungen und 
Berichtigungen bezüglich älterer Arten hinzu. 


Buteo brachyurus, Vieill. ist Typus des Genus Buteola, Dubus. — 
Mehrere weisse Falkoniden, z. B. @hiesbreghti, Dub., albicollis, Lath., mit 
Unrecht unter Leucopternis gestellt, sind wahre Buteoninen des Genus Tachy- 
triorchis. — Pernis madagascariensis ist Nichts als ein junger Avicida. Ist es 
lophotes , D emm. (indicus, Less.) oder eueuloides, Sw., der allein gestellt bleiben 
muss? Der letztere ist jedenfalls Typus von Avieida. — Das beschränkte 
Genus Daedalion scheint besser unter die Perninae als unter die Accipitrinae ge- 
stellt werden zu müssen. — Falco novae-zelandiae muss von Jeracidea getrennt 
werden, um das Genus Harpe, Bp. zu bilden, das den wahren Falken folgen 
muss, — Es ist der wahre F. concolor, Hypotriorchis, Temm, seiner Be- 
schreibung, aber nicht der Abbildung (Aesalon ardesiacus), der sich an der Ost- 
küste Afrikas findet, trotz der entgegengesetzten Behauptungen der modernen Au- 
toren, die sie von Neuem verwechselt haben, — Tinn. punctatus, Cuv., ist kein 
Tiehornis, sondern ein echter Tinnuneulus, dem man den gracilis, Less., von den 
Sechellen, nähern muss, (nicht zu verwechseln mit dem unter Poecilornis schr gut 
plaeirten Amerikaner Swainsons.) 

Naumannia, 180, 6 


82 


Die Hierax müssen noch studirt werden, es giebt deren mindestens vier. — 
Das neue Genus Spiziapteryx, Kp., gehört vielmehr zu Polyboriuae als: zu Fal- 
coninae. — Das G. Buteogallus scheint besser unter die Morphninae als unter die 
Buteoninae placirt. — Man kennt bis jetzt 3 Arten Urubitinga: longipes, Ill., 
anthraeinus, Licht. (mezicanus, Dub.) und ardesiacus, Licht. (schistaceus, 
Sundev.) Eher zu dem letztern als zu anthrac. scheint Tschudi’s solitarius 
als junger V. zu ziehen. — Nisus tousseneli, Verr. ist kein wahrer Nisus; es 
sind 3 neue Arten dieser Familie in West-Afrika entdeckt worden. — Sparvius 
rufitorques, Peale, von den Fidji-Inseln, ist nicht ‚Sp. hyogaster, Müll.; die 
Diagnose eines schönen alten M., des Mus. Britann., ist: Statura Acc, nisi: 
griseo-perlaceus unicolor , fasciolis obsoletis; torque griseo-rufescente: subtus albo- 
vinaceus, gula, crisso tectrieibusque caudae inferioris candidis: reetrieum rachi- 
dibus supra nigris, infra albis: rostro nigricante: pedibus flavis; unguwibus nigris. 
— Zu den vielen Racen (?) der wahren Aceipiter ist Acc. nisosimilis, Tickell, 
1832, von Indien, hinzuzufügen, der identisch mit Dussumieri, Jerdon, aber 
nicht mit dem Temm, der dem dadius so nahe steht, zu sein scheint. — Üireus 
Mülleri, Heuglin, ist Pernopsis rufipennis, auch pyrrhopterus genannt, etc. 
Der als solcher bezeichnete Vogel von Constantinopel ist wirklich ein (ireus, der 
wegen der Farben und des Halsbandes den Strigiceps ähnelt, aber wegen der län- 
geren Füsse und der grauen Farbe der Flügel und des Schwanzes dem (©. aerugi- 
nosus nahe steht. — Das G. Acnemis, Kp., ist ausgezeichnet, und sein Typus S. 
gymnopodus, Gr., steht nur dem magicus, Müll. nahe, aber nicht dem Bubo 
nudipes, Vieill. (Ois. Am. s. tab. XVI.), der Nichts mit ihm gemein hat. — Otus 
grammicus, Gosse, ist ein Bubonine von rostrother Farbe, mit sehr kurzen Flügeln, 
nackten und starken Zehen, kleinem aber bedecktem Ohre, für den Kaup mit Recht 
sein G. Pseudoscops gegründet hat, dem er aber nicht schwarze Ohreulen mit offe- 
nem Ohre, welche das G. Nyetalops Waglers bilden, hätte nähern sollen. — Das 
G. Pisorhina Kp., auf einen falschen Charakter basirt, wird kaum bestehen können. 
Sein G. Nyetalatinus ist mein Gisella. Nyetalatinus albipunctatus, Kp., wird nur 
synonym von Gisella harrisi, Bp., die vorgebliche Nyctale harrisi, Cassin, sein. — 
An der Verwechselung der schönen und grossen Athene gymnopus, Hodgson, im 
Mus. -Brit., mit Strie nudipes, Nilss. unserer Ath. noctua, ist allein der Name 
schuld. Diese ausgezeichnete Art muss zu diesem kleinen Genus gestellt werden, 
und wird im Tableau des ois. de proie, Bp’s, die Stelle der Species 414 einnehmen. 
Ath. indigena, Brehm, ist nichts als eine starke und bleiche A. persica. Diese 
Race würde im ganzen Orient verbreitet scheinen, wie sie es in Nordafrika ist, 
wenn nicht gerade die Exempl. von Smyrna kleiner und dunkler wären. — Micro- 
glaux licua, Licht. wird von perlata, Vieill. nicht verschieden sein. — Die kleine 
amerikan. Gruppe Phalaenopsis, Bp., enthält sehr schwer zu bestimmende Arten: 
ich weiss nicht, ob die von Audubon abgeb. kleine Art (von Columbia) wirklich 
die infuscata oder passerinoides Südamerika’s ist und bin jetzt der Meinung 
Pucheran’s, dass die wahre Ph. nana, die von King, die kleinste Species 
Chili’s ist, die ich Ph. leucoloema genannt. Es ist unmöglich zu sagen, was die 
gnoma, Wagler, von Mexico, ist, infuscata ist es sicher nicht. — Unter den 
30,000 Vogelbälgen, welche Sir William Jardine nebst einer fast vollständigen 
ornithol. Bibliothek in seiner Residenz Dumfrieshire aufbewahrt, habe ich eine, wie 
ich glaube, neue Species von den Hoch-Anden Quitos gefunden und ihm dedieirt: 
Phalaenopsis Jardini, Bp., Rufo-ciocolatina maculis rufis; subtus rufescens in 
pectore obscurior, fascia gulari et subalari fusca: remigibus rectricibusque nigro 
rufoque fasciatis, maculis fascialibus rotundatis magnis. — 

Zu den zahlreichen Arten des 6. Spiloglaux, K’p- ist noch Sp. theomacha, Bp., 
von der Triton-Bay in Neuguinea, hinzuzufügen, ähnlich der ocellata, Hombr. & 
Jacquinot. — Ninox philippensis, Bp., ist sehr charakterisirt: Ciocolatina, in 


83 


‚pectore vin dihutior, tectrieibus alarum scapularibusque maculis candidis ornatis: 
subtus, albidis plumis secus medium, late ciocolatina: remigibus rectrieibusque fus- 
eis: ilis fascüs obsoletis pallidioribus et pogonio externo maculis conspieuis albidis; 
quinta omnium longissima, valde protracta; 3=b, 2—=8: rectrieibus fascüs 6 
pallidioribus valde strietioribus quam in N. bornensi: tarsis minus vestitis. — Bubo 
poensis, Fraser (Proc. 1852, p. 14) ist eine gute Species von Nyetaetos, im Mus. 
Brit., und hat 15 Zoll Länge. — Bubo nepalensis, Hodyson, ist dem &. Huhua 
zuzufügen. — Die beiden 6. Nyetaetus und Huhua, mit ihren Adlerflügeln, unter- 
scheiden sich kaum von einander, Aetoglaux ist synonym. — Urrua oder Mesomor- 
pha muss vielmehr mit den wahren Bubo, (mit gleichsam Fälkenflügeln) vereinigt 
werden. Ich glaube, dass turcomanus, Eversm. (non leucomanna!) der älteste 
Name für Bubo sibirieus, und es ist zweifelhaft, ob mein B. confuceius davon ver- 
schieden ist. — Nyctale Kirtlandi, Cassin, ist nicht verschieden von acadica, 
Gm., (passerina, Wils., Wüsoni, Boie.) — N. siju von Cuba, von der wir nur 
die Abbildungen in Ramon de la Sagra haben, ist vielleicht Str. havanensis, Licht., 
sogar phalaenoides, Vieill. — Pholeoptynz dominicensis, Vieill. (mehrere Exem- 
plare in London), ist sicher verschieden von cunicularia, und nach dieser scheint 
Temm. pl. color. 146 gemacht zu sein. Audub. hingegen scheint die genannte 
Art, ohne es zu wollen, abgebildet zu haben. Strix furcata, Temm., von den 
Antillen, scheint eine von den andern der beiden Amerika verschiedene Race 
zu sein: sie ist weisser und unterscheidet sich durch den stark ausgerandeten 
Schwanz. Ohne Zweifel auf sie und nicht auf die wahre perlata haben 
Reichenbach sein G. 6lyphidiura und Des Murs sein G. Strigymnhemipus 
gründen wollen. — sStrie personata ist nicht von Gould, sondern von 
Vigors, Gould hat sie cyclops genannt; es ist die ‚Str. novae- hollandiae von 
Stephens, aber nicht die von Latham, die einer andern Subdivision angehört. 
— Tanagra Selysia, Bp.. ist dennoch verschieden von taeniatus, die erstere aus 
Quito, die andere aus Columbia; bei dieser ist der Rücken dunkelbläulich, die 
Brust isabell; bei jener ist der Rücken vielmehr grün als bläulich, Brust und Un- 
terschwanz orange. Beide sind nicht Typen meines G. Dubusia, sondern davon 
abweichende Arten und beinahe Anisognathus. In keinem Falle dürfen die G. Bu- 
thraupis, Cab., Dubusia, Bp., und Compsocoma, Cab., welche eine kleine com- 
pakte Serie bilden, unter die andern G. zerstreut werden, wie es Gray und beson- 


ders Cabanis thun. — Ein vierter Compsocoma, der schönste von allen, aus 
Quito, ist so eben durch Jardine unter dem N. notabilis beschrieben. — Zu 


Buarremon ist B. virenticeps, Bp., aus Mexiko, zu fügen, ähnlich dem assimilis, 
aber grün statt grau in den Intervallen der schwarzen Kopfplatte. — Das W. des 
eleganten Lanio auritus, Dubus, ist früher von Selater unter dem N. Tachy- 
phonus zanthopygius beschrieben worden. — W. Jardine hat so eben ein eigen- 
thümliches Genus von Bueconiden bekannt gemacht, welches diese Familie mit den 
Toucans verbindet; er nennt diese eben so neue als merkwürdige Form Tetrage- 
nops ramphastinus. — Gould hat der Soeiete Zool. unter dem Namen Malacoeichla 
dryas, einen sehr merkwürdigen, besonders weil mexikanischen Vogel vorgelegt, 
der sich meinem G. (atharus nähert. Mit seiner Erlaubniss gebe ich folgende 
Beschreibung: Malacveichla, Gould. Rostrum parvum, breve, valde compres- 
sum; nares minimae, fere vestitae, vibrissis nullis. Pedes longissimi ; tarso digitis 
duplo longiore. Alae, spuria brevissima, remigum prima quintam aequante, 2—4; 
tertia omnium longissima. Cauda longieula. Plumae mollissimae. — Malae. 
dryas, Gould, Intense olivacea; subtus flavida, in gula pura, pectoreque dense 
oliwaceo-maculato vegetior, lateribus luridis: pileo, cervice, genisque latissime niger- 
rimis: remigibus rectrieibusque fuscescentibus: rostro aurantio: pedibus flavo-corneis. 
— Eine Drossel aus Panama, stärker als Turdus musieus, in den Magazinen des 
Mus. v. London, scheint mir unbeschrieben: Planestieus ensius, Bp., ex toto ein- 
0* 


34 


namomeo-ferrugineus; subtus pallidior, gula obsolete vie tantum striata. — M. 
Gould nennt Montifringilla leucura eine, wie er meint, von der europ. verschie- 
dene Species Asiens, Indiens, Persiens, und zu gemein in den Umgebungen von 
Erzerum, als dass sie sich nicht auch möglicherweise in Europa zeigen sollte. Der 
Schnabel, wenn er nicht constant schwarz sein sollte, ist dicker und stets sehr ge- 
streckt konisch, die gänzlich weissen Schwanzfedern in allen Altern ohne Schwarz 
an der Spitze. — Eine andere Fringillide dieser Gegenden, die Linota brevirostris 
meiner liste compar. des ois. d’Eur. et d’Amer. de 1837, dennoch eine gute Spe- 
cies, ist soeben wieder aufgefunden, und in den gebirgigen Umgebungen von Er- 
zerum, in Persien und Afghanistan sehr verbreitet: Pallidior, uropygio albo roseo 
induto: remigibus tertiarüs apice latissime albis; secundarüs margine externo amplo 
‚fere argenteo (uti in Rutie. tithyde): rectrieibus nigris albo late externe marginatis, 
et interne dimidio albis: rostro gracili, brevissimo. — Unter den Tauben ist Co- 
lumba holosericea, Temm. gleichfalls wieder aufgefunden, und ein zweitesEx. dem 
Mus. Brit. überbracht; sie bildet ein G., das wir Drepanoptila nennen nach ihren 
von Temm. so gut abgeb. und beschrieb. Schwingen. — M. Gould hat von den 
Salomonsinseln ein Ex. eines Jotreron erhalten, aber in zu schlechtem Zustande, 
als dass man entscheiden könnte, ob es viridis, L., in noch vollkommenerm Gefieder, 
als man es bisher gesehen, oder eine verschiedene Race mit fast gänzlich milch- 
weissem Kopfe sei. — M. Gray meint, dass meine Ptilocolpa carola das Jugend- 
kleid von griseipectus sei: jedenfalls ist seine im März 1855 von Hartlaub publi- 
eirte pectoralis eben so alt als diese letztere, und unterscheidet sich nicht von ihr. 
— Hemiphaga poliocephala, Gray, ist nicht Forsteni, Temm., wie Cassin meint, 
sie ist unter Anderm kleiner ; abersie ist nicht Typus meines G. Hemiplaga, schwankt 
vielmehr zwischen diesem G. und Zonoenas, deren wahrer Typus ©. novae-zelan- 
diae ist. — Carpophaga rufinucha, C assin, ist unsere paulina. — In London ist 
ein zweites Ex. meiner Ducularia pistrinaria. Eine zweite Art von Trocaza lebt 
in Marokko und selbst auf Madeira, mit der laurivora, Moquin, verwechselt, 
aber grösser, verschieden gefärbt, mit gänzlich schieferfarbenem nur in der Mitte 
mit einem weissen Querbande versehenem Schwanze: Tr. Buvrü, Bp.— Peristera 
spüodera, Gray, könnte trotz seines gelben Schnabels Jugendkleid der veränder- 
lichen Chloroenas plumbea, dagegen Turtur muroensis, Hodgs., von Indien, spe- 
eifisch von ‚Streptopelia humilis, von den Philippinen, verschieden sein. — In 
Amerika stellt man noch, als gute und neue Art, den jungen Grus-americanus 
unter dem N. Grus hoyiana, Dudley, auf. — Die Felsenrebhühner (Bartavel- 
les) bilden ein kleines selbst von den Rothfeldhühnern = laceabis — verschie- 
denes Subgenus, für welches ich den klassischen N. Perdix bewahre. Ich kenne 
davon 5—6 Arten, die beiden riesigen melanocephala und yemensis inbegriffen, und 
ich kann selbst die geographischen Grenzen jeder dieser so nahe verwandten Species 
bestimmen. Man weiss, wie lokal, obwohl in grossen Entfernungen sich wieder 
findend, unser P. graeca oder sawatilis ist, von Griechenland, Ungarn, den Liguri- 
schen Alpen und Römischen Apenninen, das unglücklicherweise täglich mehr aus 
Frankreich, und speciell ausPerigord, zu verschwinden droht, nicht inSpanien und 
Korsika lebt. P. chukar vom Himalaya verbreitet sich durch ganz Indien bis zu 
den äussersten Enden Chinas. Das Altaigebirge hat eine kleinere Race, die man 
P. altaica nennen könnte. In Syrien, Kleinasien, Arabien lebt eine zwischen 
graeca und chukar stehende, ganz neue Species, die wir vor einigen Jahren im 
Frankfurter Mus. synaica genannt haben. Die Ex. des Museums sind aus Persien, 
die in London vom Griechischen Archipel, und also europäisch. Also trotz 
der grossen Aehnlichkeit zwischen chukar und graeca doch noch eine Zwischen- 
art. — Ich unterscheide 30 Arten Bekassinen, von denen mehre noch nicht be- 
kannt sind. Die interessanteste darunter, von d. Hoch-Anden v. Quito, im Besitze 
von S. W. Jardine haben wir Xylocota Jamesoni, Jard. et Bp., genannt: Ni- 


85 


gricans, albido vario-maculata plumarum margine rufescente; subtus albida ex toto 
nigricante fasciolata; remigibus primarüs cum alula spuria pure cinereis; secun- 
darüs et tertiarüs nigris rufo-fasciolatis; cauda brevissima, rotundata, rectrieibus 
12; quatuor mediis latis subnigricantibus, extimis linearibus, angustis, cinereis, om- 
nibus obsolete fusco-fasciolatis. Das G. Xylocota entspricht nicht dem Kaup- 
schen Enalius, aber dem Homoptüura, Gray. — M. Hardy zu Dieppe hatte 
meine Aufmerksamkeit auf eine Somateria molliss., seiner Sammlung gelenkt, welche 
am Kinn das charakt. Kennzeichen der S. spectabilis trägt; es war ein junger V., 
der ausserdem Bastard sein konnte. So eben sah ich nun in London unter den 
Händen Gray’s mehre alte Individuen, welche beweisen, dass es eine Species ist; 
sie gehört den nördlichsten Gegenden Amerikas an und ich habe sie in Ueberein- 
stimmung mit M. Gray und in Nachahmung Linne’s, der einen Schmetterling so 
benannt, Somat. V. nigrum genannt.“ 


2) Die im Regierungsbezirke Schwaben und Neuburg vorkommen- 
den Vögel. Eine ornitholog. Skizze von J. F. Leu. Augsburg 
1855. In Commission der v. Jenisch & Stage’schen Buchhdlg. 


Die kleine, 20 Seiten füllende Broschüre führt in übersichtlicher Weise im 
Ganzen 228 Arten auf: 19 Tag-, 7 Nacht-Raubvögel, 111 Hockvögel (5 Schwal- 
benartige), 4 Würger. 3 Fliegenfänger, 5 Grasmücken, 4 Laubsänger, 5 Rohrs., 
5 Erds., 3 Steinschm., 3 Pieper, 3 Bachstelzen, 6 Drosseln, 2 Braunellen, 
7 Meisen, 7 Spechte, 9 Krähen, 2 Staare (roseus!), 3 Lerchen, 17 Finken, 
4 Ammern, 17 hühnerartige (5 Tauben, dar. domest. und risor. gezähmt), 36 Stel- 
zenläufer, 38 Wasservögel. — Was diesem Verzeichniss besondern Werth verleiht, 
ist die genaue Angabe der Localitäten nach dem musterhaften Vorgange J. Jäckels, 
der unermüdet fortfährt, durch Registrirung aller ihm bekannt werdenden Vor- 
kommnisse das Material für eine so zu sagen bis zur Topographie specialisirende 
ornitholog. Geographie seines Vaterlandes zu sammeln. 5 B. 


3. Zwei neue Arten der Ornis des russischen Reiches, 
von Eduard Eversmann. 


(Beschrieben in: Noch ein kleiner Beitrag zur Mammalogie und Ornithologie des 
russischen Reiches. — Bulletin de la Societe Impe6riale des Naturalistes 
de Moscou. Tom. XXVL) 


Yanellus Aralensis. Ch. fusco-cinerascens, abdomine, cauda remigibusque 
secundariis candidis, primarüs nigris; alarum tectricibus nigro alboque marginatis ; 
pedibus flavis. 

Er ist über die Hälfte kleiner als Van. gregarius, Pall., mit dem er auf den 
ersten Blick einige Aehnlichkeit hat, besonders in Hinsicht der grauen Farbe. 


Der Schnabel ist schwarz und dem von V. gregarius ähnlich, nur ist er etwas 
länger. Die Füsse sind gelb oder grünlich gelb, die Krallen schwarz. Die Läufe 
sind beträchtlich länger wie bei V. gregarius, nicht allein verhältnissmässig, son- 
dern auch in der Wirklichkeit; die Hornbedeckung ist wie überhaupt bei der 
Gattung Vanellus: die Läufe sind hinten genetzt, vorn getäfelt. Die Hinterzehe 
ist sehr deutlich und etwa so lang wie ein Glied der Aussenzehe, 


86 


Oberkopf, Hinterhals, Rücken, Flügeldecken, Brust und ein kleiner Theil des 
Vorderbauches sind graubraun, Kopfplatte und Rücken dunkler und mehr braun, 
Brust mehr aschgrau. Zum Vorderhalse hin wird diese braungraue Farbe allmälig 
heller und geht unmerklich in schmutziges Weiss über, so dass die Kehle, die 
Kopfseiten und die Stirn schmutzig weiss sind. Die Zügel haben keine Auszeich- 
nung. Der Bauch (sein vorderer Theil ausgenommen) und der ganze Schwanz mit 
seinen oberen und unteren Deckfedern sind weiss. Die Schwingen erster Ordnung 
sind schwarz, die der zweiten sind rein weiss mit schwarzen Spitzen, die hinteren 
aber, so wie die der dritten Ordnung sind ganz weiss. Die oberen Deckfedern der 
Flügel haben die graubraune Farbe des Rückens; die grösseren derselben aber 
haben weisse Ränder, die durch schwarze Binden von der graubraunen Farbe ge- 
trennt sind. Die unteren Flügeldecken, so wie der Flügelrand, sind weiss. Die 
Flügel sind von der Länge des Schwanzes. Die drei ersten Schwingen sind un- 
gefähr gleich lang, die vierte wenig kürzer. Der Schwanz ist beinahe gerade. 


Maasse: 

Länge von der Schnabelspitze bis zur Schwanzspitze (an einem 

Balge gemessen) beinahe . . . 2. 2 we 0200 104 
Länge des Flügels, vom Buge » . 2.2 nn. „0 61a“ 
Länge des Schnabels auf der Firstte. . » 2 2 2 2 2200 — 124," 
uaneeidestEaafsdae.):& „Srkmaa: aueee 7 Pl 
Mittelzehekohne Nagel ii uch Dre RL 3 
‚Aussenzehe; alien ae Baea) eeen 
Intenzahe ing An Ian ee re 11‘ 
Hinterzehe: ohne Nageln 2.7. mann an er en 3 


Lanius mollis. L. superne cinereö-vinaceus, subtus albidus (fuscescenti- 
undulatus), crisso hypochondrüsque vinaceis; fascia oculari nigra; remigibus 
nigris; 4ta — Ina basi albis; tectricibus albis, apice albis. 


Er ist noch etwas grösser als L. excubitor und also der grösste unserer Neun- 
tödter. Sein Gefieder ist sehr weich, ungefähr wie bei Bombyeilla garrula. 
Schnabel und Füsse haben die Gestalt und Grösse wie bei L. ercubitor. Ober- 
kopf und Hinterhals sind aschgrau, etwas ins Weinröthliche stechend; der Ober- 
rücken hat dieselbe Farbe, nur etwas röther; weiterhin zu den Schultern ‘und 
abwärts nimmt das Weinroth zu. Der Unterrücken ist wieder aschgrau und dieses 
geht zu den oberen Deckfedern des Schwanzes allmälig wieder in Weinroth über. 
Die Bauchseite hat eine weissliche Farbe, die stark mit Weinroth gemischt ist, 
besonders an den Seiten; alle Federn haben bräunliche gewellte Querbinden, etwa 
drei auf jeder Feder, was wohl auf jugendliches Alter zeigt. Die unteren Schwanz- 
decken sind blass weinroth, einfarbig. Die schwarze Augenbinde ist so wie bei 
L. excubitor. — Die Flügel sind schwarz, die 4. bis 9. Schwinge aber an der 
Basis in geringer Höhe weiss, wodurch ein kleiner weisser Spiegel gebildet wird, 
ungefähr wie bei L. excubitor, nur fehlt der grössere zweite Spiegel, indem die 
Schwingen zweiter Ordnung durchweg schwarz sind. — Die Schwanzfedern sind 
schwarz und weiss; die mittleren sind ganz schwarz, nur an der Spitze weiss ge- 
randet; weiter zu den äusseren Federn nimmt das Weisse allmälig zu, so dass jeder- 
seits die äusserste Feder auf der Innenfahne halb schwarz, halb weiss ist; die 
Aussenfahne aber ist ganz weiss und hat sowie die folgenden Federn auf der Aussen- 
fahne einen röthlichen Anflug, vorzüglich an der Basis. 


Diesen Neuntödter habe ich aus dem südlichen Altai, nicht weit von der 
chinesischen Grenze an der Tschuja. 


87 


4. Beschreibung einiger neuen Vögel von Vicomte du Bus 


de Ghisignies. 
Bulletin de l’Acad. Roy. de Belgique. T. XXI. p. 150.) 
Y sıq P 


1. Vireosylvia frenata. Y. supra flavido-cinerea; pileo pure cinereo; 
supereilüs ad nucham productis et genis dilute fulvescentibus; sublus albida ; 
hypochondriis dilute flavido-cinerascentibus; gula utrinque stria atra a basi man- 
dibulae descedente marginata; remigibus et rectrieibus [usco-cinereis, flavicante 
extus limbatis; tectrieibus alarum inferioribus et erisso flavidis. „Rostro et 
pedibus fuscis. 


Länge 19), Centim. — Hab. Ocana, Neu-Granada. 


2. Cyanoloxia concreta. Mas. (. caerulescenti-nigra; fronte super- 
eilüs et genis paulo dilutioribus; humeris cyaneis; alis el cauda nigris; tectrieibus 
alarum superioribus el remigibus secundarüs caerulescente limbatis. Rostro et 
pedibus nigricantibus. 


Länge 151/, Centim. Hab. Playa-Centi in Mexico. 


3. Pyrenestes personatus. Mas. P. saturate fuscus; capite absque 
oceipite, et lectricibus caudae superioribus coccineis, nitentibus; pectore coceineo 
tineto; reetrieibus duabus intermedüs supra, caeterarum pogonio externo obsolete 
coceineis. Rostro nigro; pedibus fuscis. 


Länge 14 Centim. Hab. Senegal. 


4. Poliospiza canicapilla. P. supra, cum lateribus capitis, fusco- 
cinerea; pileo fusco-nigricante et albido vario; sublus cinerea; supercilüs, qulture, 
venire et crisso albidis; remigibus et rectricibus obscure fuscis, cinerascente exius 
limbatis. Rostro et pedibus cinereo-fulvis. 


Länge 12 Centim. Hab. Senegal. 


Der Vogel ist dem Serinus tristriatus und zanthopygius, Rüpp. ähnlich, 
welche Abyssinien bewohnen. 


5. Quelea capitata. (0. supra brunnea, plumis singulis albido-fusce- 
scenle marginalis; capite pure sanguineo, mento et gullure nigris, sanguineo 
maculatis; sublus dilute fuscescens; hypochondriis brunneo varüs; ventre albido; 
remigibus et rectrieibus flavicante extus limbatis. Rostro brunneo, mandibulae 
basi dilutiore; pedibus rubro-fuscis. 


Länge 11"/, Centim. Hab. Senegal. 


6. Chrysomitris xanthogastra. Mas. (. nigerrima subnitens; speculo 
lato alarum, rectricum basi, exceptis duabus intermedüs, et abdomine cum hypo- 
chondris et crisso aureo-flavis. Rostro caerulescenti-nigro; pedibus brunneo 
nigris, 


Länge 9 Centim. Hab. Ocana, Neu-Granada. 


88 


5. Neue Vögel aus dem südlichen und westlichen Afrika, 
von Jul. und Eduard Verreaux. 


(Guerin-Meneville, Revue et magazin zoologique. 1835. No. 5.) 


1. Saria Africana. — Olivacea, supra brunnescens, subtus einerascens , re- 
gione periophthalmica nuda, rubra; supercilis albis; pedibus rubescentibus. 
Hab. Gabon. 


2. Barbatula formosa. — Nigra; fronte rubro; superciliüs flavis; dorso 
‚favo-maculato; abdomine flavo; rostro et pedibus nigris. — Hab. Gabon. 


3. Plalistira minima. — Supra nigra; subtus alba; fronte et genis albis; 
thorace in medio griseo ; rostro pedibusque nigris, — Hab. Gabon. 


4. Cheltusia Dinghani. — Capite nigro-fuliginosö; fronte alba; dorso 
‚Fusco-olivaceo, virescente; gula albo-cinerascente; collo et pectore ardesiaceis; 
abdomine et uropygio albis; tectrieibus alarum albo-marginatis; cauda nigra; 
rostro pedibusque nigris. — Hab. Africa meridion. 


5. Phaenicopterus erythraeus. — Rosaceo rubescens; tectricibus rubro- 
ignitis; cauda rubra; tibiis rubro-rosaceis; remigüs nigris. Hab. Africa 
sept., occid. et merid. 


6. Ueber das Nest und die Eier der Melanura Alberti, 
von John Gould. 


In der Zoologischen Gesellschaft in London legte John Gould ein Nest und 
zwei Eier der Melanura Alberti vor, welche er durch die Güte des Herrn Turner 
in Sydney erhalten hatte. Das Nest hatte Backofen-Form. Aussen war es aus 
Wurzeln, Ranken und Palmblättern gebildet, innen mit grünem Moose gefuttert. 
Es hatte 2 Fuss Länge, 16 Zoll Breite und war, eine Seite ausgenommen, über- 
deckt. Die Eier, 2"/, Zoll lang und 1°/, Zoll breit, haben eine dunkle Purpur- 
Chokoladenfarbe und sind dunkler gefleckt und gesprenkelt. Nest und Eier sind 
in der Sammlung des British Museum aufgestellt worden. 


7. Ueber einen neuen Dendrocolaptes, von Philip Lutley 
Selater. 


Der Verf. legte den Vogel, welcher von Mr. Wallace auf dessen Reise in 
Brasilien bei Para entdeckt worden ist, in der Zoologischen Gesellschaft zu London 
vor. Das vorgelegte Exemplar ist vom Capin River und ausser diesem und jenem 
in Wallace’s Sammlung ist keins bekannt. 


Dendrocolaptes Eytoni, Selater. _D. supra cinnamomeo-brunneus; 
caudae colore intensiore primarüs intus ad apices obscurioribus; capıtis collique 
superi plumis nigrescentibus, linea lata mediali fulvo-albida; subtus, mento et 
gula albis, pectore toto et ventre summo albido llammulatis, singulis plumis plaga 


89 


mediali albida utringue brunneo marginata; ventre imo et lateribus fulvis; tectri- 
cibus subalaribus pallide brunneis; rostro paulolo incurvo; mandibula superiore 
nigrescente, inferiore corneo; pedibus nigris. 

Long. tota, 9° 5''; alae 4°; rostri a rietu 1° 9°; a fronte 1° 5‘. 

Hab. in vieinitate Parae, imp. Brasiliensis. 


Die Art wurde zu Ehren des Herrn Eyton benannt, welcher in den „Con- 
tributions to ornithology“ eine ausführliche Arbeit über die Dendrocolaptinae ver- 
öffentlichte. (The Annals and Magazine of natural history. No. 87. March 1855.) 


8. Ueber einige Vögel Chile’s, von R. A. Philippi. 
(Wiegmanns Archiv. XXI. Jahrg. 1. Bd. 1. Hit.) 


Vorläufige Nachricht über einen neuen Flamingo. 


Als ich die Reise nach der Wüste Atacama unternahm, war ich weit davon 
entfernt zu glauben, dass ich in jenen dürren wasserarmen Gegenden eine den Na- 
turforschern noch unbekannte Art Wadvögel finden würde. Allein der erste Ge- 
genstand, welcher sich meinen Blicken darbot, als ich von den traurigen Höhen 
von Pingo-pingo herabsteigend an dem grossen Salzsumpf ankam, der sich 25 Le- 
guas weit von der Stadt Atacama nach Süden erstreckt, war ein Dutzend Flamin- 
g0s, die im Schlamme und in den kleinen Gräben die Larven von Libellen, Floh- 
krebse und kleine Paludinen fischten. Schon dazumal, ungeachtet ich kein deut- 
liches Bild vom gemeinen chilenischen Flamingo (Phoenicopterus ignipalliatus) im 
Gedächtniss hatte, erschien mir dieser Flamingo eine neue Art. Auch die Einge- 
borenen unterscheiden ihn sehr wohl vom gewöhnlichen, und nennen ihn nicht wie 
diesen Flamenco, sondern Parrin.. Nach ihren Berichten lebt die Parrina aus- 
schliesslich in der Cordillere, an den Seen und Sümpfen, die sich hier und da zer- 
streut finden, und zwar scheint ihre südliche Grenze die Cordillere von Copiapo zu 
sein. Ob sie sich auch nördlich von Atacama findet, konnte ich nicht erfahren. 
Sie brütet in den am höchsten gelegenen Seen, etwa 10—13000 Fuss über dem 
Meeresspiegel, und im Monat December werden die Eier häufig auf den Markt von 
Atacama gebracht. Es gelang mir auf der Hinreise ein Exemplar zu erlegen und 
auf der Rückreise zwei andere. Ihr Fleisch gab unsern einförmigen und einfachen 
Mahlzeiten eine angenehme Abwechselung. Doch muss ich sagen, dass ich das 
erste Mal nicht ohne einigen Widerwillen davon ass, indem das Fett von hochmen- 
nigrother Farbe ist und dem „Fricassde“ daher ein fremdartiges Aussehen gab. 

Als ich, nach Santiago zurückgekehrt, die mitgebrachten Bälge mit Exem- 
plaren des Ph. ignipalliatus verglich, sah ich, dass die Verschiedenheit zwischen 
beiden Arten weit bedeutender und wesentlicher ist, als ich Anfangs geglaubt hatte. 
Zuvörderst ist der Schnabel sehr verschieden: er ist viel breiter bei der Parrina als 
beim Ph. ignipalliatus; der Oberschnabel ist in der Mitte niedergedrückt und sehr 
viel schmäler als der Unterschnabel. Die Federn der Kehle bedecken das Kinn 
und reichen selbst noch etwas tiber den Kinnwinkel nach vorn, während beim Ph. 
ignipalliatus die Kinngegend in der Länge von mehr als einem halben Zoll voll- 
kommen kahl ist. Auch die Farbe des Schnabels ist verschieden, indem eine 
hochrothe Färbung zwischen der schwarzen Schnabelspitze und der hellgelben 
Sehnabelwurzel beobachtet wird. Irre ich mich nicht, #0 muss eine ähnliche Schna- 
belbildung beim Ph. minor stattfinden; die geringen literarischen Hilfsmittel, über 
welche ich hier disponiren kann, erlauben mir indessen nicht, ein bestimmtes Ur- 


90 


theil auszusprechen. Nicht minder wesentlich ist die Verschiedenheit, welche die 
Füsse darbieten; es fehlt ihnen nämlich jede Spur von Daumen. Diese 
Abweichungen in Schnabel- und Fuss-Bildung sind gewiss bedeutend genug, um 
die Aufstellung eines Subgenus zu rechtfertigen, ein Vergnügen, welches ich gern 
andern Naturforschern überlasse. Aber auch die Färbung weicht erheblich ab. 
Hals und Brust haben eine carmoisinrothe Färbung, oder ein Roth wie Weinhefe, 
die Deckfedern der Flügel sind dunkler roth als heim Ph. ignipalliatus, die ganze 
Spitze der Flügel ist schwarz, und der Schwanz läuft in eine Spitze aus, die über 
die Flügelspitze hinausragt. Die Füsse endlich sind isabellgelb. Was die Statur 
betrifft, so ist die Parrina etwas kleiner als der Ph. ignipalliatus, doch variiren die 


Dimensionen ein klein wenig, wie die nachfolgenden Messungen der drei Exemplare 
zeigen: 


Gesammte Länge von der Spitze des Oberschnabels bis zum Ende des 
Schwanzes beträgt: 


beim 1sten Exemplar . 34° b. 2ten 36°/,“ b. 3ten 351/,' 


das ostibiae misst . .. . . 8%, „ 10%” m 9/5" 
der tarsus misst . . . 2... sig“ 5 a 37 
der Flügel misst vom Flügelbug 

iS zn Spizen.n, Ca Soleil OB laut) ara ST RT 
den, Obersehnabel nem eh AS, aa LP 


deriNiiitelzehl. ih oe Mur 2a ui DL 23,“ 

Ich bemerke noch, dass alle drei erlegten Exemplare Männchen waren, die 
Weibchen waren vermuthlich mit Brüten beschäftigt. Ich nenne die Parrina Phoe- 
nicopterus andinus, und charakterisire sie kurz also: 


Ph. roseo-albus, parte inferiore colli fere pumiceo, alis fere coceineis, apice 
toto nigris; cauda alis longiore acuminata; rostro dilatato, turgido, mandibula su- 
periore medio depressa et multo angustiore gquam mandibula inferior; pedibus isa- 
bellinis, tridactylis. 


Habitat in lacubus paludibusque elevatis Andium deserti Atacamensis. 

Von Herrn W. Bollaert, welcher sich mehrere Jahre in der Peruanischen Pro- 
vinz Tarapaca aufgehalten, erfuhr ich, dass mein Ph. andinus dort wohl bekannt ist 
und dass er dort ebenfalls den Namen Parrina führt. Er kommt auch dort aus- 
schliesslich in der hohen Cordillere vor und niemals in den Küstengegenden. Es 
findet sich demnach die Parrina vom 19. bis zum 27° S. Breite am Westabhang der 
hohen Cordillere. 


Ardea Cocoi, Gay. Vor ein Paar Tagen bekam ich ein Exemplar der Ardea 
Cocoi, Gay oder vielmehr Desmurs, mit erfrorenen Zehen. Mehrere glaubwürdige 
Personen versicherten mich, dass es selten wäre, den Vogel mit unversehrten Zehen 
zu finden, und dass er auf seinen Wanderungen von Buenos Ayres über die Cor- 
dillere im Winter sich die Füsse erfröre. Mein Exemplar misst von der Schnabel- 
spitze bis zum Ende des Schwanzes 45 Pariser Zoll. Ich weiss nicht, warum Herr 
Gay und Herr Desmurs die Länge des Vogels nur auf 39 Zoll angeben. Dieser 
Reiher scheint mir durchaus identisch mit der Ardea caerulescens, Vieill., über 
welche ich augenblicklich nur das Nouv. Diet. d’hist. nat. von Deterville nach- 
sehen kann, in welchem der Vogel unter dem Namen Heron gaaa nach d’Azara 
sehr gut beschrieben ist. Das Synonym Ardea caerulescens vermisst man unter 
Ardea Cocoi bei Gay. 


Xanthornus cayennensis. Ich kann nicht unterlassen, bei dieser Gelegenheit 
eines lächerlichen Irrthums zu erwähnen, den die Herren Gay oder Desmurs bei 
Gelegenheit des Xanthornus cayennensis begehen; p. 346 heisst es erst in Folge 


91 


eines lapsus calami: „nur ein einziges Individuum dieses Genus findet sich in 
Chile“ und weiter: „dieser Vogel findet sich in Cayenne, im grössten Theil der An- 
tillen, auf den Gränzen (?) des La Plata, und in Chile in den Thälern von Copiapo.“ 
sic! Der Vogel ist aber gemein in ganz Chile, und in den Gärten von Santiago 
kann man ihn zu Hunderten sehen. Es ist ganz unmöglich anzunehmen, dass Herr 
Gay diesen Vogel wirklich nur in Copiapö gesehen habe, und muss man ‘annehmen, 
dass es lediglich eine Nachlässigkeit ist, wenn nur die Thäler von Copiapö als 
Fundort angegeben sind. Eine andre Nachlässigkeit, die auch schwer zu ent- 
schuldigen ist, ist die, dass Herr Gay nicht angiebt, dass der X. cayennensis der 
Turdus Thilius von Molina ist, und den Namen T'hile, Trile oder Chile führt, so 
dass Molina glaubte, das Land Chile habe von diesem Vogel seine Benennung er- 
halten. Ueberhaupt muss ich leider sagen, dass ich wenig Werke kenne, die mit 
so wenig Sorgfalt und Liebe ausgearbeitet sind, wie das Werk von Herrn Gay. 


Circus macropterus. Vor einiger Zeit habe ich auch, und zwar durch D. 
Eulogio Salinas, den Circus macropterus, Vieill., erhalten, welcher noch nicht 
als Bürger der Chilenischen Fauna bekannt war. Es ist ein altes ausgefärbtes 
Männchen. 


92 


IV. Bekanntmachungen. 


Als ordentliches Mitglied ist der D. O. G. ferner beigetreten: 
Herr Pfarrer Carl Westhoff in Ergste. 


Von den drei für die diesjährige Versammlung der D. O. G. in 
Cöthen vorgeschlagenen Terminen (s. Bekanntmachung im I. Quartal 
1855) ist die „erste volle Woche des Juni‘, also der 2, —5. 
Juni 1856 durch Stimmenmehrheit gewählt worden. Es haben in- 
dess von den 150 ordentl. Mitgliedern nur 37 ihre Stimmen abgegeben. 
Obwohl selbst für obigen Termin stimmend, wird der Unterzeichnete, 
um den Zweck dieser allgemeinen Abstimmung. der Gesellschaft zu 
erreichen, bei dem geehrten Vorstande die Zusendung von Stimm- 
zetteln an sämmtliche Mitglieder beantragen und das Resultat der 
Abstimmung in gleicher Weise den geehrten Mitgliedern baldmöglichst 
mittheilen. 

Diebzig, ım Januar 1856. 

E. Baldamus, Sekretär. 


Nr. 9. 


Die Brützonen der Vögel innerhalb Skandinavien. 
Von 
H. D. J. Wallengren. 


(Fortsetzung und Schluss.) 


Im Vorhergegangenen haben wir hauptsächlich zu zeigen gesucht, 
wie die Verbreitung der Brutvögel von der Vertheilung der 
Wärme und den dadurch bedingten klimatischen Verhält- 
nissen abhänge. Dann haben wir summarisch nachgewiesen, dass 
auch die Localverhältnisse eines Landes in engster Bezie- 
hung zu der Vertheilung der Vögel in demselben stehen. Es bleibt 
uns nun nur noch übrig, dies mehr im Detail darzulegen. 

Wir haben gesehen, wie ein gewisser Wärmegrad erforderlich 
iet für das Fortkommen einer jeden Art, und — da wir es hier nur 
mit den Brutvögeln zu thun haben — besonders für deren Propa- 
gation. Es ist uns jedoch ein vollkommenes Räthsel, warum z. B. 
gerade ec. + 15° mittlere Temperatur nothwendig ist für Falco sub- 
buteo, Fulica atra u. a., und warum diese Arten nicht auch in den 
arctischen Gegenden vorkommen können. Wir müssen die Sache su 
nehmen, wie sie ist, und darin ein Naturgesetz erkennen. Hierbei 
kann ınan gewiss mit Grund auf die verschiedene Nahrung hin- 
deuten, welche die verschiedenen Vogelarten nöthig haben, wesswegen 
wir darum auch weiter oben, als wir leugneten, dass die Nahrungs- 
mittel, d. h. deren geographische Verbreitung, die Hauptursache der 
geographischen Verbreitung der Vögel sei, doch zugaben, dass sie 
„Bedingungen in derselben Richtung“ wären, obwohl von mehr unter- 
geordneter Bedeutung. Diese untergeordnete Bedeutung tritt 


hier mit vollem Gewichte auf, wenn es sich um die locale Vertheilung 
Naumannla, 1860. i « 7 


98 


der Vogelarten handelt. Gleiche Wärme und gleiche Feuchtigkeit 
u. s. w. können auch sonst verschiedene Oertlichkeiten haben. Ge- 
wächse und Thiere werden aber doch verschieden sein, und da diese 
die Nahrungsmittel sind, welche den Vögeln angewiesen wurden, so 
muss auch deren Vertheilung eine local verschiedene sein. Dass 
Turdus torquatus und Anthus campestris so verschiedenen Localitäten 
angehören,.hängt von den verschiedenen Nahrungsmitteln ab, welche 
für die Existenz dieser beiden Arten nothwendig sind, vorausgesetzt, 
dass zugleich die atmosphärischen und klimatischen Verhältnisse pas- 
send sind. Aus demselben Grunde können z. B. die fischfressenden 
Vögel nicht an andern Stellen gefunden werden, als dort, wo sie ihre 
Nahrungsmittel zureichend vorfinden; und da auch unter ihnen eine 
Verschiedenheit stattfindet, — so dass z. B. Larus canus eben sowohl 
Süsswasser- als Seefische frisst, während ihr Verwandter, ZLarus 
marinus, nur von Seefischen lebt, so wählt erstere Landseen und das 
Meer, letztere dagegen nur das Meer und den Ocean. Aber obwohl 
die Nahrungsmittel von Bedeutung sind für die locale Verbreitung, 
so ist dies doch bei weitem nicht hinreichend, diese Sache vollkommen 
zu erklären; es führt uns nur hin zu einem Gesetze, welches wir 
auf folgende Weise ausdrücken: Je mehr omnivor oder polyphag 
ein Vogel ist, desto verschiedenere Localitäten bewohnt er 
und desto gleichmässiger vertheilt ist er in seiner Zone; 
und je eingeschränkter er hinsichtlich seiner Nahrungs- 
mittel ist, desto mehr ist er an gewisse Localitäten ge- 
bunden. Ausser den Beispielen, die schon angeführt wurden, weisen 
wir auf die Verbreitung von Corvus corax und Corvus cornie hin. 
Beide Arten sind omnivor, so dass sie allerhand Lebensmittel aus 
dem Thier- und Pflanzenreich verzehren. Demgemäss leben sie auch 
aller Orten. Die Meeresküste ist für sie ein ebenso beliebter Auf- 
enthaltsort, wie das Innere des Landes; Bergstrecken sind von ihnen 
eben so sehr gesucht, wie das Flachland; sumpfige Waldgegenden 
ihnen eben so angenehm, wie sandige; Nadelwälder eben so wohl, wie 
Laubwälder; und, was besonders letztere betrifft, dichte Wälder eben 
so wohl wie kahlere Gegenden. Es scheint kaum irgend eine Oert- 
lichkeit von diesen Arten besonders vorgezogen zu werden: die localen 
Verhältnisse mögen unter sich noch so verschieden sein, so findet 
man doch beide Arten, so dass sie rücksichtlich der Individuenzahl 
eine sehr gleichmässige Vertheilung innerhalb ihrer geographischen 


RN 


PETER 


99 


Zone*) haben. Pyrgita domestica dagegen, der hinsichtlich seiner 
Lebensmittel hauptsächlich auf die Cerealien beschränkt ist, und mehr 
als Beinahrung auch, die Früchte der Gärten oder die dort vorkom- 
menden Inseecten und deren Larven benutzt, hält sich nur in der 
Nähe von Menschenwohnungen an urbar gemachten Orten auf, so 
dass man ihn niemals in Mitten grösserer und zusammenhängender 
Wälder noch auch in Sümpfen und Morästen antrifft. Erst durch 
den Ackerbau wird eine mit sonst passlicher Temperatur versehene 
Gegend für P. domestica bewohnbar. Aber auch die Localverhält- 
nisse an und für sich können auf die Vertheilung gewisser Vogel- 
arten einwirken, ohne dass man desswegen sagen kann, dass sie in 
wesentlicher Hinsicht durch die Nahrungsmittel, die jeder Vogelart 
angewiesen sind, bedingt würde. Columba livia z. B. kommt auf den 
Trappgebirgen der Mittelmeerküste vor, und wird dann nicht eher 
als an Englands Küste, auf Färö und auf Rennesö bei Norwegen, wo 
dieselben Localverhältnisse eintreten, angetroffen. Anthus rupestris 
trifft man an den Meeresküsten, wo diese voller Klippen und Stein- 
massen sind, wogegen man ihn nicht in solchen Gegenden derselben 
Küste findet, welche flach und sandig und ohne Steine oder Klippen 
sind; dagegen tritt er wiederum auf an solchen Landseen, wo Klip- 
penmassen und Steine die Stränder seinem Aufenthalt am Meere, 
ähnlich machen, — mehrere andere Beispiele zu verschweigen. Dies 
alles führt uns zu dem Schlusssatze, ‘dass, gleich wie die Tem- 
peratur und die klimatischen Verhältnisse auf die Ver- 
breitung der Vogelarten von Einfluss sind, so auch die 
localen Verhältnisse das Auftreten gewisser Vogelarten 
bedingen, und dass dieselben (oder ihnen entsprechende) 
Arten sich unter ähnlichen Localverhältnissen ansässig 
machen, sofern nicht andere Hindernisse dagegen wirken. 

Nun können wohl die Localitäten, besonders durch Einwirkung 
der Menschen, bedeutenden Veränderungen unterworfen sein: Wälder 
werden abgetrieben, Moräste ausgetrocknet, öde Gegenden eultivirt 
u. 8. w. Daraus folgt, dass die Vogelfauna einer Gegend 
bei veränderten Localverhältnissen bedeutenden Verän- 
derungen unterworfen ist. Dass es wirklich in Skandinavien so 


*) Hierbei dürfte zu erinnern sein, dass wir ©. corone nicht als eine von €. 
corniz specifisch getrennte Art ansehen können. Warum — gehört nicht hierher. 


‘ 


100 


gegangen ist und noch geschieht, haben wir schon oben angedeutet, 
wesswegen wir hier nur dasselbe wiederholen, und als Beweis dafür 
uns auf Zarus minutus berufen wollen, welche Gothland verlassen 
hat und sich jetzt nur noch auf Oelands nördlicher Spitze findet; so 
wie auch Limosa aegocephala, welche gleichfalls von jener Insel zu 
verschwinden anfängt, wo die dort vorwärtsschreitende Cultur der 
„Myren“ ihre Aufenthaltsörter beschränkt, wogegen sie auf Oelands 
noch nicht von der Cultivirsucht angefochtenen „Myren“ gemein ist. 
An Orten in Schonen, wo früher viele kleinere Landseen mit Rohr 
und Schilf sich fanden, welche nun aber entwässert worden sind, ist 
Calamoherpe schoenobaenus und Ardea stellarus u. m. ganz und gar 
verschwunden, und an anderen Stellen, wo man jetzt mit dem Ent- 
wässern beschäftigt ist, sind Fulica atra und Podiceps rubricollis be- 
deutend im Abnehmen*) begriffen. 

So wie wir oben die Facta angegeben haben, nach welchen man 
auf den Einfluss schliessen kann, den die Temperatur auf die Ver- 
breitung der Vogelarten gegen Norden oder Süden auf unserer Halb- 
insel ausübt, so müssen wir nun auch den Einfluss der Localitäts- 
verhältnisse auf die Verbreitung derselben näher ins Auge fassen. 
Es ist natürlich, dass die Localverhältnisse, welche auf das Vorkommen 
der Vogelarten einwirken, mancherlei Art sein, und dass einige von 


*) Als noch weiteres Beispiel für die Abhängigkeit der Fauna von den Local- 
verhältnissen wollen wir hier noch anführen, dass in Dänemark, wo man jetzt nicht 
mehr Tetrao urogallus trifft, man auf Jütland in den Haufen, welche durch den 
Abfall von den Mahlzeiten der Ureinwohner gebildet wurden, Knochen von diesem 
Vogel gefunden hat, welches beweist, dass er damals ein dem Lande angehöriger 
Vogel war, besonders da er nirgend Zugvogel ist. Auch auf Seeland hat man in 
den Torfmooren Gebeine dieser Art gefunden. Da nun auch mehrere übereinstim- 
mende Zeugnisse beweisen, dass dieses Land vor Jahrtausenden eine herrschende 
Kiefernvegetation hatte, so folgt daraus, dass mit dem Verdrängen derselben durch 
die jetzt herrschende Laubholzvegetation auch genannte Art verschwand. Wie 
viele andere mehr an das Nadelholz gebundene Vogelarten dasselbe gethan haben 
mögen, lässt sich leicht denken. In denselben Haufen wurden auch Knochen von 
Alca impennis gefunden, welches beweist, dass, da auch diese Art den Urein- 
wohnern zur Nahrung diente, sie an den Küsten des Landes nicht selten sein 
konnte. Jetzt ist sie verschwunden, nicht nur in Folge der fortgesetzten Verfol- 
gungen der Menschen bei der Unfähigkeit des Vogels, der Gefahr zu entfliehen, 
welches man im Allgemeinen geneigt ist, als einzige Ursache anzunehmen, sondern 
auch in Folge der durch die steigende Cultur bedingten Abnahme der Wildheit der 
Küsten. (Siehe weiter Professor Steenstrups interessante Abhandlung über die in 
den genannten Haufen gefundenen Knochen in „Oversigt over det Kongl. Danske 
Widenskab. Selskabs Forhandl. 1855. p. 1— 19,“ welche uns, nachdem Obiges 
niedergeschrieben war, zu Handen gekommen ist.) 


101 


» 
ihnen grössern Einfluss darauf haben müssen, als andere. Wir wollen 
es versuchen, diese verschiedenen Localverhältnisse anzugeben und 
dabei zugleich auch die Arten anführen, deren Vorkommen davon 
abhängig ist, im Voraus aber bemerken, dass die Natur nicht so 
scharfe Grenzen gezogen hat, als wir es zu thun haben, um das 
Eigenthümliche in der Ornis der verschiedenen Localitäten auffassen 
zu können. 


Die Vogelarten, welche sich in der Nähe von zrossen Ge- 
wässern oder auf ihnen aufhalten, können Wasservögel (aves aquaticae) 
genannt werden, obwohl diese Benennung keinesweges in so ein- 
geschränkter Bedeutung, wie gewöhnlich, genommen werden darf, da 
man darunter nur Schwimmvögel (Natatores) versteht. Viele unter 
den sonst zu den Landvögeln gerechneten Arten halten sich nur in 
der Nähe des Wassers auf, und müssen desshalb zu gegenwärtiger 
Gruppe gerechnet werden. 


I. Die Küsten der grössern Meere besitzen zunächst eine 
ganz andere Ornis, als die, mit welcher wir weiter im Innern des 
Landes Bekanntschaft gemacht haben. Wir hören dort nicht das 
Meckern der Bekassine, auch nicht das Heulen des Rohrdom- 
mels; kaum eine Anas wiegt ihre nette Gestalt auf der spiegelklaren 
Woge, und kein Podieeps stimmt dort seine disharmonischen Serena- 
den an; aber an deren Stelle fallen uns die Seeschwalben' mit 
ihrem ewigen Geschreie lästig, während sie uns mit ihrem zierlichen 
und leichten Fluge vergnügen; schöne Möven besteuern dort die 
spielenden Fischzüge; Alken und Urien umkränzen die Klippenwände 
und der Strand wimmelt von scheuen Austernfischern und Stein- 
wälzern, während der noch wachsamere Eidervogel in der Ferne 
bedächtig die Bewegung des Jägers observirt; und noch weiter 
draussen auf dem Meere trifft man neue Repräsentanten der befie- 
derten Schaar. Die an den Flug der Schwalbe erinnernde Thalassi- 
droma tanzt dort über die Wogen hin, in welche die Möven ähn- 
lichen Procellarien nach Nahrung stosstauchen. 


Die dem Meere angehörenden Vögel können auf folgende 
Weise eingetheilt werden: 


1. Ocean-Vögel (aves pelagicae), wozu theils alle solche Arten 
gehören, welche nur auf einzelnen und weit von der Küste liegenden 


102 


Klippen und Scheeren brüten, und den grössten Theil ihres 
Lebens auf den grössern Weltmeeren zubringen — an 
solehen ist Skandinaviens Fauna nicht reich, und es ist noch nicht 
ausgemacht, ob irgend eine solche auf unsrer Halbinsel brüte — theils 
solche, welche den Küsten der grössern Weltmeere angehören, 
aber, gleich wie die Vorigen, nichtin die kleinern Binnen- 
Meere gehen. Beide können an unserer Halbinsel nur an der 
West- und Nord-Küste getroffen werden, da nur diese ans Welt- 


meer Srenzen. 


Erstere können eigentliche Ocean-Vögel (aves pelagicae) genannt 
werden, und zu ihnen rechnen wir: 


Procellaria glacialis, Puffinus anglorum, 


Thalassidroma pelagica, „Major. 


Die letzteren dagegen können mit der Benennung Halbocean-Vögel 
(aves subpelagicae) bezeichnet werden, und von solchen besitzt unsere 


Fauna: 

Lunda arctica, ‚Somateria spectabilis, Larus glaucus, 
Uria brünnichü, »„....stelleri, Lestris pomarina, 
Colymbus glacialis, Larus tridactylus, „  Parasitica. 


2. Meeres-Vögel (aves marinae), zu welchen alle solche Arten 
gehören, die sich nur am Salzwasser aufhalten, gleiehviel, ob 
dieses Weltmeere oder kleinere Binnenscen bildet. Darum 
kommen sie — so weit die übrigen Bedingungen ihrer Verbreitung 
es zulassen — an Skandinaviens West-, Ost- und Nordküste 
vor. Aber auch hierbei können wir zwei Gruppen unterscheiden. 
Die eine wird von solchen gebildet, welche klippenvolle Küsten 
lieben, die andere von solchen, welche flachlandige und sandige 
vorziehen oder auch beiden Localitäten angehören. Da nun 
Skandinaviens westliche und nördliche Küsten weit mehr Klip- 
pen und Scheeren bieten als die östliche, so treffen wir die Arten 
der ersten Gruppe gleichmässiger vertheilt und zahlreicher an In- 
dividuen auf der Nord- und Westküste, als auf der östlichen, wo ihre 
Verbreitung mehr oder weniger unterbrochen ist. Die Arten der 
zweiten Gruppe trifft man dagegen fast gleich reich an Individuen 
und ziemlich ununterbrochen auf allen Küsten der Halbinsel ver- 
theilt, insoweit es auf die Localverhältnisse ankommt. 


% 


103 


Zur ersten Gruppe, die wir Scheeren-Vögel (aves marinae rupestres) 
benennen wollen, rechnen wir: 

Uria rhingvia, Alca torda, Larus marinus, 
„ troile, Phalacrocorax cristatus, » Juseus. 
Larus argentatus, 

Letztere Gruppe, welche wir Strand-Yögel (aves marinae littorales) 
nennen, umfasst folgende Arten: 

Uria grylle, ‚Sterna macrura, Recurvirostra avocetta, 
Somateria mollissima, Strepsias collaris, Charadrius cantianus. 

3. Submarine-Vögel (aves submarinae), welche, obwohl eigent- 
lich dem Salzwasser angehörend und dort in grösster Menge 
vorkommend, sich aber doch auch an grössern Landseen auf- 
halten. An beiden Localitäten pflanzen sie sich fort, obschon manche 
von ihnen ihre Nester sehr weit vom Wasser anlegen können, während 
andere sie in dessen Nähe haben. Sie stehen im Uebergange zu 
den folgenden und sind: 


Phalacrocorax carbo, * ‚Sterna hirundo, Haematopus ostralegus, 
Vulpanser tadorna, * „  caspia, Anthus rupestris. 
Mergus merganser, * „ minuta, Aquila albieilla, * 

» serrator, * Larus canus, Charadrius hiatieula. 


Die mit einem Stern bezeichneten Arten sind solche, welche bis- 
weilen ihre Nester sehr weit vom Wasser anlegen, obwohl sie dorthin 
müssen, um ihre Nahrung zu holen. Sie haben auch das mit einander 
gemeinsam, dass sie zum Nestplatze oft Bäume wählen, und darin an 
die eigentlichen Waldvögel erinnern, zu welchen auch A. albieilla im 
Uebrigen gehört, und welche er hier repräsentirt. 

II. Die Landseen und Sümpfe haben wieder ein ganz anderes 
Aussehen betreffend der Vogelwelt. Hier begegnen wir, was die grössern 
Seen betrifft, nur hin und wieder einem submarinen Vogel, aber keinem 
einzigen Meeres-Vogel und noch weniger einem Ocean-Vogel. Andre 
Formen treten hier auf. Die Entenfamilie, welche auf den Meeren 
von den von der Entenform am meisten abweichenden Eidern reprä- 
sentirt wird, tritt hier in typischer Reinheit mit einem grossen 
Reiehthum an Arten und Individuen auf. Die Alkenform ist ganz 
und gar verschwunden, wird aber durch die analoge Colymbusform 
ersetzt, die in typischer Reinheit auf den Landseen auftritt, in 
den Sümpfen aber wieder von dem abweichenden Geschlecht Po- 
dieeps verdrängt wird. Die Mövenform, die an den Meeren s0 


104 


reich an Arten und Individuen war, tritt hier nur in der submarinen 
L. canus und der schwächern 2. ridibundus auf, wogegen die See- 
schwalbenform sich wohl noch zeigt, obwohl mit andern Arten, 
Die Wader treten artenreich und in typischer Reinheit auf, 
wogegen sie an den Meeren durch die abweichenden Geschlechter 
Reeurvirostra, Haematopus und Strepsilas repräsentirt werden. Die 
Sängerform, die an den Meeren nur durch die eine Anthusart 
vertreten wird, tritt hier reicher in Calamoherpe auf. Die Raub- 
vogelform, welche in der Meeresornis durch den submarinen Aguila 
albieilla repräsentirt wird, aber dabei eine Analogie in der dort vor- 
herrschenden Mövenform hat, tritt hier, obwohl noch nicht typisch, 
doch artenreicher als am Meere auf. 

1. Landsee-Vögel (aves lacustres) sind alle solche, welche den 
grössern und reinern Süssgewässern angehören, die sonach 
deren weiterstreckten und klaren Wasserspiegel, oder deren 
sandige und kiesige Stränder lieben; seltener halten sie sich 
auf Schlammboden und Lachen auf. Solche sind: 


Colymbus arcticus, Larus ridibundus, Pandion haliaötos, 
„ septentrionalis, Actitis hypoleucos, * Hirundo riparia.* 
Oidemia fusca, * Charadrius curonicus,* 


Ein oder die andere dieser Arten trifft man wohl auch am Meere 
an solchen Localitäten, die Achnlichkeit mit denen haben, welchen sie 
an den Landseen angehören, aber ihre grösste Individuen-Anzahl trifft 
man doch auf letzteren. Die, bei denen es sich so verhält, sind mit 
einem Stern bezeichnet. Pandion haliaötos gehört wohl auch den 
Flüssen und Sümpfen an, wenn deren Ufer waldbewachsen sind, und 
dort ersetzt er ganz und gar den submarinen Agwila albieilla, aber 
seine eigentlichen Aufenthaltsorte sind die Gegenden um Landseen, 
wo er vorzugsweise seine Nahrung an Fischen und submarinen und 
Landsee-Vögeln (der Ordnung der Schwimmvögel angehörend) holt. 
Hirunda riparia gehört auch den Flussufern an, wenn sie hoch und 
sandig sind, doch trifft man sie auch manchmal weit vom Wasser 
und an den Meeren. 

2. Sumpf-Vögel (aves stagnatiles) nennen wir alle solche, deren 
grösste Zahl in oder in der Nähe von kleineren, stillste- 
henden, oft schlammigen Süssgewässern gefunden werden, 
deren Ufer mit Rohr und Schilf bewachsen und auch wohl 
mit Weidengebüsch umgeben sind. Da die Skandinavische 


105 


Halbinsel besonders reich an solehen Localitäten in ihren nördli- 
cheren Gegenden ist, so findet sich dort auch ein besonderer Reich- 
thum an Sumpfvögeln, sowohl nach Anzahl der Arten als nach der 
Menge der Individuen. Die höhere Polhöhe verursacht, dass die 
Sumpffauna der Halbinsel einen borealen Charakter hat. 
Nach der höheren oder flacheren Lage der Sümpfe über dem Meeres- 
spiegel können sie in Alpen- und Flachlands-Sümpfe getheilt 
werden. Beide haben ihre besondere Vogelfauna, obwohl es in der 
Natur der Sache liegt, dass sie nicht so scharf von einander getrennt 
sein können, als wir hier genöthigt sind zu thun. Die Arten, welche 
an beiden Ortlichkeiten vorkommen, haben wir mit einem Stern 


bezeichnet. 


Alpen-Sümpfe sind solche, welche in der eigentlichen 
Alpenregion liegen, wo sonach die sogenannte Waldregion auf- 
hört. Sie liegen entweder so hoch, dass Bäume und Gebüsch ganz 
und gar aufgehört haben, und nähern sich somit der Schneegrenze, 
oder auch sind sie von Gebüsch von Betula nana und Weiden um- 
geben. Solche finden sich auf der Halbinsel nur auf den höheren 
Alpen längs der Reichsgrenze und in den Finmarken jenseits der 
Beugung des Alpenrücken gegen Osten unter dem 69” n. B. Die 
ihnen eigenthümlichen Vögel nennen wir Alpensumpf-Vögel (aves stag- 
natiles alpestres), und solche sind: 


Oidemia perspicillata ? Fuligula glacialis, * Phalaropus hyperboreus, 
„ nigra,” Anser albifrons, Tringa temminckü, * 


Lestris buffoni, 


Flachlandssümpfe dagegen sind solche, die dem niedriger 
liegenden Lande angehören und auf den Alpen nicht höher, als 
so weit die eigentliche Waldregion reicht, gefunden werden. Sie 
haben also den gemeinsamen Charakter, dass sie in grösserer oder 
geringerer Entfernung von hohem Wald oder von Acker umgeben 
und an den Ufern mit Rohr, Schilf und Riedgräsern bewachsen 
eind. Die ihnen zugehörigen Vogelarten nennen wir Flachlands- 
Sumpfvögel (aves stagnatiles rurales), und es sind: 


Podiceps (alle Arten), Kuligula ferina, Anas penelope, 
Fuliqula marila, * Anas boschas, „ acuta, 
„  eristata, „..oreöca,” Rhynchaspis elypeata, 
„  elangula, » querquedula, Anser leucopsis, 


106 


Anser segetum, ‚Sterna nigra, Rallus aquaticus, 
»  einereus, Fulica atra, Gallinula chloropus, 
Cygnus musicus, Ardea stellaris, Calamoherpe (beide Arten) 
„  olor, Rallus porzana, Circus. 


Von den hier aufgezählten Arten bilden besonders die Sumpf- 
weihen den Uebergang zu den Moorvögeln, so wie auch ein Theil 
der Entenarten, so wie A. boschas und querquedula, die man auch 
in Mooren trifft, wo sich nur hin und wieder eine Lache findet. Einige 
der Sumpfvögel trifft man auch am Meere, wie z. B. Anas penelope 
und aeuta, und Phalaropus hyperboreus, aber diese, so wie vorher auf- 
gezählte Vögel, haben doch ihre grösste Individuenzahl nicht dort, 
sondern hier, weswegen sie zur Sumpf-Fauna gerechnet werden 
müssen. 

Nahe bei den Landsee- und Sumpfvögeln dürfte der Ort sein, 
auch der Flussvögel (aves fluviatiles) zu erwähnen. Diese sind solche, 
die sich nur an fliessenden und mehr oder weniger rauschenden 
Wässern aufhalten und nur in deren Nähe ihre Nester anlegen. 
Sie gehören also den Flüssen und Bächen an. Ihre Anzahl auf 
unserer Halbinsel ist höchst beschränkt und nur Alcedo ispida und 
Cinelus aguatieus gehören hierher, von denen jedoch ersterer noch 
ein zweifelhafter Brutvogel ist. Hierher kann, wie oben bemerkt 
wurde, zum Theil auch Zirundo riparia und Pandion haliaetos gerech- 
net werden. 

III. Moorvögel (aves palustres) sind solche, welche, ohne gerade 
eigentlich offenes Wasser zu suchen, sich dennoch auf 
vom Wasser durchtränkten Boden, Mooren, Torfwiesen etc. 
aufhalten. Die Vegetation besteht aus Moosen, Riedgräsern und 
andern steifen Grasarten. Die Schwimmvögelform ist nun fast 
ganz verdrängt von der hier überwiegenden Waderform. 
Erstere wird hier nur von solchen Arten repräsentirt, welche, wie 
gesagt wurde, zwar eigentlich den Sümpfen angehören, aber auch 
solchen Mooren und Torfwiesen, wo eine oder die andere Lache, oder 
ein Torfgraben oder dergleichen die dürftige Gewächsmatte unter- 
bricht. Oft häufen sich die hier vorkommenden Gewächse zu grössern 
oder kleinern Hügelehen, wodurch das Terrain für die hierher gehö- 
renden Vögel sehr passend wird, ihre Nester dort anzulegen. Die 
Singvögelform ist hier gleichfalls sehr dürftig repräsentirt, und die 
Raubvögelform hat hier kaum andere Arten, als dieselben, welche 


107 


an Sümpfen und Landseen vorkommen. So wie die Sumpfvögel kön- 
nen auch die Moorvögel in zwei Gruppen eingetheilt werden, 
nachdem sie entweder in Mooren auf den Alpen oder auf dem 
Flachlande vorkommen; aber beide greifen doch in einander über 
mit den Arten, die in nachfolgendem Verzeichnisse durch einen Stern , 
bezeichnet sind. 


Die Alpenmoorfauna wird durch die Tringaform charak- 
terisirt, welche hier die überwiegende ist, wogegen die Flachlands- 
moorfauna durch die überwiegende Anzahl Arten aus dem 
Geschlecht Totanus ausgezeichnet ist. 


1. Alpenmoorvögel (Aves palustres alpinae) trifft man im Allge- 
meinen nicht unter der Grenze der Nadelholzregion auf den Alpen 
und sie sind folgende: 


Scolopaz gallinula, * Tringa maritima, Plectrophanes lapponica,* 
Tringa canutus, Numenius phaeopus, Strie brachyotos, * 

„  minuta, Charadrius morinellus, Anthus cervinus, 

„  subarquata, Squatarola helvetica, Alauda alpestris. 


Linaria rufescens, * 


2. Flachlandsmoor-Vögel (aves palustres rurales) trifft man im All- 
gemeinen nicht über die Waldregion hinaus, und sie sind: 


Scolopax rusticola, Totanus*glareola, Tringa alpina, * 
Pr major, „ glottis, Numenius arquata, 
» gallinago, * Charadrius apricarius, *  Vanellus cristatus, 
Totanus fuscus, Grus cinerea, Anthus pratensis, * 
„ calidris, * Rallus crex, Emberiza schoeniclus, * 
„  ochropus, Machetes pugnax, Motacilla flava. 


Unter diesen könnte man gewiss einige unter dem Namen von 
Wiesenvögeln (Aves pratenses) absondern, wie Kallus erex, Anthus 
pratensis u. a. m.; aber da sie besonders nasse Stellen aufsuchen und 
sich am liebsten unter grobem Grase oder unter Weidengebüsch auf- 
halten, mögen sie passenderweise unter die eigentlichen Moorvögel 
gerechnet werden. Andere, z. B. Charadr. morinellus und apricarius 
und noch einige, würde man ebenfalls in eine besondre Gruppe ab- 
scheiden können, und zwar unter dem Namen Haidevögel (aves ericetinae), 
aber da die meisten Alpen- und Landhaiden, wo sie vorkommen, 
feucht und wässerig sind, mögen sie am passendsten unter den eigent- 
lichen Moorvögeln stehen bleiben. 


108 


Was die übrigen Landvögel betrifft, so können sie am besten unter 
drei Gesichtspunkten betrachtet werden, je nachdem sie dem Felde, 
dem Walde oder felsigen Gegenden angehören. 

I. Feldvögel (aves campestres) sind solche, welche offene flach- 
‚landige Felder und bebautes Land suchen und sonach den 
Wald mit dessen Diekungen, Gebüschen und Bäumen scheuen. Sie 
zerfallen in folgende Gruppen: 

1. Sandvögel (aves arenariae), die man nur auf grösseren Sand- 
flächen trifft. Unsre Fauna hat nicht viele Repräsentanten dieser 
Gruppe, und die wir besitzen, nehmen nur einen sehr geringen Theil 
der Streckung in horizontaler Richtung gegen die Schneegrenze ein. 
Diese sind Anthus campestris und Otis tarda.*) 

2. Ackervögel (aves agrestes), die sich am liebsten auf eultivir- 
ten und besäeten Feldern aufhalten, und auf welche sonach der 
Ackerbau von grossem Einflusse ist. Solche sind: 

Alauda arvensis, Perdix cinerea, 
Emberiza miliaria, „  coturnie. 

3. Hierher können auch die Vögel gezogen werden, welehe sich 
gern zu den Wohnungen der Menschen halten, obschon sie einer- 
seits der vorhergehenden Gruppe näher stehen, und andrerseits zum 
Theil auch einen Uebergang zu den Waldvögeln bilden. Wir führen 
sie einstweilen hier auf, besonders da sie sehr an den Ackerbau 
gebunden erscheinen, und nennen sie aves aedhficales. Diese sind: 
Corvus monedula, Ciconia alba, Uypselus apus, 

Pyrgita domestica, Hirundo rustica, Falco tinnuneulus. 
n urbica, 

Die drei letztern, welche auch auf Felsen — und, was die zwei 
letztern betrifft, auch auf Bäumen — nisten, könnten auch den Ueber- 
gang zu einer andern Gruppe bilden: Klippenvögel (aves rupestres); 
dieser sind aber in unsrer Fauna sehr wenig, und kaum durch andere 
als diese genannten Arten repräsentirt. 

II. Waldvögel (aves sylvestres) sind solche, die den Wäldern 
angehören, oder doch vorzugsweise dort brütend gefunden 
werden, und Bäume und Gebüsch lieben, wo es auch sei: in grossen 
und diehten Wäldern oder in lichteren Plantagen. Wir theilen auch 


diese in Gruppen ein, wie folgt: 


*) Nicht in Deutschland, wo er bLebaute Felder vorzieht, oder in Russland 
ete., wo er Steppenvogel ist. D. Herausg. 


Were 


109 


1. Hainvögel (aves lucorum) nennen wir solche, die sich haupt- 
sächlich in lichten und raumen Laubwäldern oder an den 
Rändern derselben nach dem Flachfeld oder bebauten Lande zu, 
so wie auch in Gärten und Plantagen aufhalten, und daher oft 
in der Nähe von Häusern, obwohl sie im Allgemeinen ihre Nester 
Solche sind: 

Troglodytes europeus, * 
Upupa epops, 
Hypolais ieterina, > 


nicht an diesen anzulegen pflegen. 
Pyrgita montana, Sawicola rubetra, 
Chlorospiza chloris, 


Coccothraustes vulgaris. 


Lanius collurio, 
excubitor, 
Pica caudata, 


Cannabina linota, ‚Sylvia nisoria, 


Emberiza hortulana, „  eurruca, Corvus fruglegus. 
Parus fruticeti, „ hortensis, * Sturnus vulgaris, 
„ major, * „  einerea, Jynz torquilla. 


Erithacus phenicurus, * 

Die eigentlichen Waldvögel (aves sylvestres) dagegen halten sich mehr 
in dichten und weitläufigen Wäldern auf, und kommen wäh- 
rend der Brützeit seltener in die Nähe von offenem Feld 
und eultivirtem Land, und pflanzen sich auch selten in Nähe der 
Menschenwohnungen fort. Diese können am besten in zwei Grup- 
pen getheilt werden, je nachdem sie mehr die Eichen- und Buchen- 
wälder, oder die Nadel- und Birkenwälder vorziehen. Die, welche 
beinahe gleichsehr beiden angehören, haben wir mit einem Stern be- 
zeichnet. 

2. Laubholzvögel (aves nemorum) nennen wir solche, die sich 
hauptsächlich in grossen Buchen- und Eichenwäldern auf- 
halten, und diese sind folgende: 


Tetrao tetrix, * 
Ciconia nigra, 
Ardea cinerea, 
Columba oenas, 
Carduelis elegans, 
Fringilla coelebs, * 
Emberiza eitrinella, * 
Parus caudatus, 
Erithacus rubecula, * 
pr philomela, 
Sylvia atricapilla, 
Phyliopneuste sylwicola, * 


Phyllopneuste trochilus, * 
Anthus arboreus, * 
Turdus merula, * 

„  musicus, * 
Museicap atricap.,* 
Garrulus glandarius, 
Corvus cornir, * 

„ coran,* 
Nucifragacaryocatactes,* 
Coracias garrula, ® 
Sitta europaca, 


Verthia familiaris, * 


Picus medius, 

„ major, * 

„  canus, 

„  viridis, 
Cuculus canorus, * 
Striw otus, 

„  aluco, 

Astur palumbarıus, * 
Milvus regalis, 
Buteo vulgaris, * 


Pernis apivorus. * 


110 


3. Nadel- und Birkenwaldvögel (Aves pinetorum et betulatorum), 
lieben die Wälder von Pinus- und Betula- Arten. Die Vögel, 
welche dieser Gruppe angehören, sind: 


Tetrao urogallus, Regulus eristatus, Turdus viseivorus, * 
„» bonasia, * Parus ater, Picus tridactylus. 
Columba palumbus, in „  borealis, „minor, *. 
Lozxia (beide Arten), „  eristatus, „  leueonotus, 
Corythus enucleator, Aeccentor modularis, „  martius, * 
Pyrrhula sanguinea, * Phyllopneuste rufa, * ‚Strie tengmalmi, 
Carduelis spinus, Caprimulgus europaeus, * „. ulula, 
Fringilla montifringilla, Turdus iliacus, „  liturata. 


Alauda arborea, * »  pilaris, 

Einige der hier als Waldvögel aufgezählten Arten können von 
den übrigen getrennt werden, und zwar unter der Benennung: Busch- 
Vögel (Aves fruticetorum), weil sie im Allgemeinen vorzugsweise in 
Wäldern und Hainen solche Stellen aufsuchen, wo dichte 
Buschgewächse und Hecken das Erdreich feucht erhalten 
und die Sonnenstrahlen davon mehr abhalten, oder wo das 
Verhältniss an mehr freien und ausser dem Walde liegen- 
den Orten ungefähr dasselbe ist. Dies sind hauptsächlich fol- 


gende: 
Parus caudatus, Troglodytes europaeus, Turdus musicus, 
‚Sylvia cinerea, Erithacus rubecula, » merula, 
„  eurruca. en phoenicurus, Emberiza hortulana, 
„  atricapilla, cn philomela, en citrinella, 
„ hortensis, Saricola rubetra, Pyrrhula sanguinea, 
Hypolais ieterina, Clorospiza chloris, Tetrao. 


Andere wiederum können unter dem Namen: Heckenvögel (Aves 
dumetorum) abgetrennt werden, worin auch die mit einbegriffen sind, 
deren Heimath in gepflanzten Hecken, Dornengebüsch und anderm 
Gesträuch auf trockenem Lande und an mehr der Sonne ausgesetzten 
Plätzen ist. Solche sind: Zanius collurio, Cannabina linota, Sylvia 
nisoria u. m. Aber auch die meisten Buschvögel gehören hierher, 
so dass man kaum eine bestimmte Grenze zwischen diesen beiden 
Gruppen angeben kann, in soweit es unsre Fauna betrifft. 

III. Der Uebergang zu den Vögeln, die mehr oder weniger 
ausschliesslich klippigen Gegenden angehören, wird von denen 
gebildet, welche solche Gegenden aufsuchen, die von grössern oder 


111 


kleinern Felsblöcken erfüllt sind und die ihre Nester in Steinritzen an- 
legen. Diese kann man Aves sawatiles nennen, und sind diese in 
unsrer Ornis nur: Saxicola oenanthe und Motacilla alba, wobei in 
gewisser Hinsicht auch des submarinen Anthus rupestris zu gedenken ist. 


1. Auch kann man im Zusammenhang mit diesen solche 
anführen, welche, ohne ausschliesslich Alpenvögel zu sein, 
dennoch ihre Heimat auf Berghöhen, oder in bergigen und 
hüglichen Gegenden haben. Diese kann man Bergvögel (Aves 


montanae) nennen. Als solche führen wir an: 


Accentor modularis, Strix ulıla, 
Pyrrhula sanguinea, „ liturata, 
Nucifraga caryocatactes, Falco peregrinus, 
Fringilla montifringilla, „  lithofaleo. 


Alpenvögel (Aves alpestres) dagegen sind solche, die mehr aus- 
schliesslich den höhern Alpengegenden angehören, entweder 
so, dass man sie nur auf diesen, oder doch in Nähe derselben trifft. 
In Folge davon können sie in zwei Gruppen eingetheilt werden, nämlich: 

2. Eigentliche Alpenvögel (Aves alpinae) halten sich nur auf den 
hochliegenden Absätzen der Alpen auf, und, was die skandi- 
navischen Arten betrifft, meist oben über der Waldregion oder der 


Nadelholzregion. 


Es sind dies hauptsächlich folgende: 


Falco gyrfalco, Plectrophanes nivalis, 
Buteo lagopus, Lagopus alpina, 


‚Strin nyctea, 
wobei wir auch an oben angeführte Alpenmoorvögel, als ebenfalls 
hierher gehörend, erinnern, indem sie sowohl einen Uebergang zu 
dieser, wie auch zur folgenden Gruppe, durch Pleetrophanes lapponica 
und Linavia rufescens, bilden. 


3. Subalpinische Vögel (Aves subalpinae) sind dagegen die, welche 
mehr ihren Aufenthalt in den Alpenthälern haben, obwohl auch 
sie schr hoch auf den Seiten der Alpen hinaufgehen und 
auch in den über der Waldregion liegenden Gegenden getroffen werden 
können. Diese letztern haben wir besonders mit einem Stern bezeichnet: 


Aquila fulva, Lrithacus suecica, Lagopus subalpina, * 
Strie bubo, * Parus sibirieus, Cannabina flavirostris, 


„  lapponica, Turdus a ee Garrulus infaustus. 


112 


Sehen wir nun auf die Vertheilung der Landvögel unter die 
ihnen angewiesenen Localitäten zurück, so finden wir, dass die Wader- 
form, welche die vorherrschende unter den Moorvögeln war, hier 
nur von den am meisten von ihnen abweichenden Geschlech- 
tern Otis und Ciconia repräsentirt wird, so wie dieselbe Form 
in der Meeres- und Sumpf-Fauna wiederum von den abwei- 
chenden Geschlechtern Reeurvirostra, Haematopus und Fulica 
repräsentirt wird. Die Passeresform, in der Moor-, Land- 
see- und Sumpf-Fauna so gering vertreten, tritt nun da- 
gegen reich an Arten und Individuen auf. Die Form dersel- 
ben, die uns zuerst an den Landseen begegnete in den (alamoherpen, 
wird nun in den mit diesem Geschlechte in gewisser Hinsicht in der 
Lebensweise analogen Arten von HAypolais, Erithacus und Sylvia fort- 
gesetzt, welche, gleich Calamoherpe, die dichtesten Gebüsche aufsuchen, 
obwohl dies nicht gerade zwischen Schilf- und Riedgras-Arten ge- 
schieht, sondern unter Bäumen und Gesträuch, wobei aber dennoch 
von den meisten womöglich die Nähe von Wasser vorgezogen wird. 
In selber Weise, wie diese Form mehr ausschliessend die 
Wälder sich aneignet, wird sie auch an Arten ärmer. Unter 
den Waldvögeln im engern Sinne, welche (obwohl hinsichts des 
Nestbaues mehr an den Boden als an die Bäume gebunden) zur Auf- 
gabe haben, Zweige und Laubwerk der Bäume zu durchsuchen, tritt 
diese Form in den Arten des Geschlechtes Phyllopneuste auf. Andere 
von der eigentlichen Sängerform abweichendere Geschlechter und Arten 
gruppiren sich an dieses, je nach den verschiedenen Localitäten. Die 
Arten von Anthus nehmen mehr freiliegende Plätze ein, sei es im 
Walde, in Hainen, auf dem Felde oder in den sumpfigen Ge- 
genden der Alpen, und die Arten von Turdus nehmen sowohl die 
Gebüsche, als auch Wälder, so wie auch die klippigen Alpenthä- 
ler ein; nur das Geschlecht Cinelus wird auf die reissenden Flüsse 
und Bäche beschränkt. Die Bergfauna fügt noch eine neue Modi- 
fieation der Hauptform durch den abweichenden Accentor bei. — 
Die Passeresform, die uns in der Moorfauna in Emberiza 
schoenielus und Plectrophanes lapponica entgegentrat und die man als 
die typische der eigentlichen Passerform betrachten kann, 
wird in typischer Reinheit sowohl auf den Feldern, wie auch 
in den Hainen, Wäldern und auf den Alpen wiedergefunden; 


aber es gruppiren sich um sie mehr oder weniger abweichende 


113 


Formen. Auf den Feldern und in den Hainen wird sie von den 
Arten des Geschlechtes Pyrgita und Alauda umgeben, und in den 
Plantagen schliessen sich daran Arten der Form Chlorospiza und 
Coccothraustes, während die Wälder noch Fringilla und Carduelis 
hinzufügen, und die Nadelwälder besonders eine mehr von der 
Type abweichende Form, da Corythus und Loxria hier auftreten. — 
In unsrer Landsee- und Sumpf-Fauna besitzen wir keine Re- 
präsentanten der Parusform, aber in andern europäischen 
Ländern findet man ein oder den andern davon, z. B. Parus biar- 
mieus und pendulinus, welches beweist, dass diese Form auch an sol- 
chen Localitäten vorkommt. In der Waldfauna wird sie wiederum 
artenreicher, nachdem sie in typischer Reinheit durch Parus caudatus 
den Uebergang gefunden, welche deren einziger Repräsentant in 
der Buschfauna ist. Die Nadelwälder fügen zu der reinen 
Parus eine mehr abweichende und den Sylvien — besonders Phyl- 
lopneuste — sich nähernde Form durch den dort auftretenden Regulus. 
— Die Chelidonform, welche an den Landseen mit Hirundo ripa- 
ria auftritt, wird unter den Vögeln, für welche wir den Namen aves 
aedificales vorgeschlagen haben, bei uns am artreichsten, und zeigt 
eine Modification in der zu den Klippenvögeln übergehenden 
Cypselus; die Waldfauna hat nur den einen, von der Type mehr 
abweichenden Caprimulgus. — Die Form der Gregarien entbehrt 
in unsrer Ornis, wie auch überhaupt in unserm Welttheile, einen für 
die Landsee- und Sumpf-Fauna ausschliesslichen Reprä- 
sentanten. Erst in der Hainfauna tritt der der Feldfauna halb 
angehörende Corvus frugilegus in typischer Reinheit der Form 
auf, und wird dort von der der Hauptform am nächsten stehenden 
Pica, und dem von ihr mehr abweichenden Sturnus umgeben — beide 
ebenfalls in der Lebensart den Vogelarten der Feldfauna nahe stehend. 
In der eigentlichen Waldfauna erhält sie erst ihre grösste 
Artenzahl und kier kommen drei für diese Fauna eigene Modifica- 
tionen in Garrulus, Coracais und Nurifraga hinzu, unter denen erst- 
genannte auch als den Buschvögeln zugehörend betrachtet 
werden kann, und unter ihnen die Type repräsentirt. Die 
eigentliche Alpenfauna fügt. bei uns keine neuen Formen 
"hinzu, sondern nur Arten. Die übrigen Formen der Passeres, 
welche unsre Ornis besitzt, sind mehr isolirt und nur einzelne 


Repräsentanten von Familien andrer Zonen, wesswegen sie 
Naumannia, 1856. 8 


. 


ya 


114 


auch hier übergegangen werden können. — Die Type der Rlette- 
rerform — das Geschlecht Pieus — gehört mit ihren Arten aus- 
schliesslich der Waldfauna an, ‚und sehen wir auf das Verhalten 
der Arten unter sich, so finden wir, dass die beiden Arten, die 
den aussereuropäischen P. campestris, melanochloros u. m. am näch- 
sten kommen, und deren Gruppe man Erdspechte nennen könnte, 
den Laubwäldern angehören; doch können sie uns auch an die 
Hain- und Buschvögel erinnern, da sie auch in ihrem Körperbau 
— besonders was das Skelett betrifft — von allen Spechten der Syl- 
vienform am nächsten kommen; wogegen die übrigen, bei denen die 
Spechttype mehr entwickelt ist, den Wäldern und grösstentheils den 
Nadelwäldern angehören, „Baumspechte.” Den Erdspechten nä- 
hert sich der von der Type abweichende ‚Jynx, der mehr der Hain- 
als der eigentlichen Waldornis angehört. — Nachdem uns die 
Raubvögelform zuerst am Meere entgegentrat in dem submari- 
nen Aqguila albieilla und an den Landseen im analogen Pandion, 
tritt eine neue Modification der Haupttype unter dem an Sümpfe 
und Moorejgebundenen Circus auf, während in den Mooren sich auch 
die Nachtraubvögelform (Strix) zu zeigen beginnt. Circus, fast 
ausschliesslich an die Schilfwälder der Sümpfe und Moore ge- 
bunden, ist auch am weitesten von der Type der Tagraub- 
vögel entfernt — welche uns erst in vollkommener Reinheit 
in dem auf der Grenze zwischen der Feld- und Klippen- 
fauna stehenden Falco tinnunculus und dann in dem den Hainen 
angehörenden F. subbuteo entgegentritt. Hier in der Waldfauna 
gruppiren sich neue Modificationen um die Haupttype, durch Astur, 
Buteo, Milvus und Pernis, unter denen die beiden letzteren aus- 
schliesslich den Wäldern angehören, während die Alpen 
sich auch die Buteoform aneignen. Von der Raubvogelform 
gehören bei uns die kleineren und schwächeren Arten dem 
Walde an, während der Berg- und Alpenfauna die grösseren 
und stärkeren zukommen. — Die Hühnervögel treten erst in 
den Feldfauna auf, wo sie dem analogen und von der Wader- 
type ausgearteten Otis begegnen. Die Perdixform, obwohl 
in andern Ländern in der Wald- und Alpenfauna ihre Reprä- 
sentanten habend, fehlt bei uns in diesen beiden Faunen, wo sie 
von den Formen Tetrao und Lagopus ersetzt wird — erstere in den 
Wäldern und Gebüschen, letztere in den Alpen. 


| 


115 


Wie wir weiter oben bei Betrachtung der Bedeutung, welche die 
Nahrung für die Verbreitung der Vogelarten hat, zu dem Gesetze 
kamen: je mehr omnivor eine Art, desto unbeschränkter sei ihre lo- 
cale Verbreitung, und wie wir damit der Nahrung die einzige Bedeutung 
einräumten, welche ihr hinsichtlich der geographischen Verbreitung 
der Vögel gebührt, so dürften wir nunmehr auch das Gesetz auszu- 
sprechen berechtigt sein, dass die typischen Formen jeder Fa- 
milie — wenn auch mit verschiedenen Arten — meist die 
verschiedenen Localfaunen durchgehen, da hingegen die 
von der typischen Reinheit mehr abweichenden Formen 
auf gewisse bestimmte Localitäten beschränkt sind, und 
dass ferner die von der Haupttype am meisten abweichen- 
den Formen eine grössere oder geringere Neigung haben 
einen Anstrich von dem Charakter anzunehmen, welcher 
der vorherrschende in ihrer Localfauna ist. Wir erin- 
nern hier noch einmal an Recurvirostra einerseits, und ‚Podiceps an- 
derseits; weiter an Otis und den afrikanischen Gypogeranus. 

Hier im Detail zu zeigen, inwiefern oben anschaulich gemachte 
Localfaunen nach den vorherrschenden Verhältnissen der Provinzen 
in der Halbinsel sich stellen, würde uns zu einer allzuweitläufigen 
Topographie führen. Es ist auch nicht nöthig, da ein Blick auf eine 
ausführlichere Charte hinreichend ist, und ausserdem die Topographie 
unsrer Halbinsel anderweitig sehr umständlich abgehandelt ist. Es 
reicht hin zu sagen, dass das südliche Schweden, oder die Pro- 
yinz Schonen, welche grösstentheils ein Flachland ist, mit nur lich- 
ten Wäldern und niedrigen, kahlen Küsten, in seiner Ornis den 
überwiegenden Charakter der Feld- und Hainfauna hat, so- 
wohl hinsichtlich des Reichthums der Arten, als der Individuen, 
während seine Wasservogelfauna eine in die Augen fallende Ar- 
muth an Ocean- und eigentlichen Meeresvögeln hat, so dass 
die Strandvögel und die submarinen Arten an Anzahl und Menge der 
Individuen weit überwiegend sind. Die Temperaturverhältnisse ver- 
ursachen dabei auch, dass die Ornis dieser Provinz einen ausschliess- 
lich germanischen Charakter, mit nur geringem Anstrich von russisch- 
und asiatisch- und kaum merkbaren von arktisch-europäischem hat. 
Die Provinzen des mittlern Schwedens und südlichen Nor- 
wegens bis über Uplands Polhöhe hinauf, in welchem Bezirke 


grössere Stiesgewässer sich finden, die Ebenen und Felder anfangen 
Br 


116 


seltner und die Wälder ausgedehnter und zusammenhängender, auch 
die Stränder, besonders in den nördlichen Theilen, felsiger zu wer- 
den, tritt die Feldfauna zurück und die Waldfauna im Allge- 
meinen, aber hauptsächlich die Laubholzfauna hervor; die Land- 
see- und Sumpffauna wird artenreicher und die Meeresfauna 
fängt an Repräsentanten für die Scheerenvögel zu liefern. Der 
germanische Charakter zeigt sich noch ganz deutlich, wird aber mit 
dem russisch- und asiatisch-europäischen mehr gemischt, und die 
Meeresfauna zeigt einen deutlichen Anstrich von der arktisch-euro- 
päischen Ornis. Der Flachlandscharakter ist der überwie- 
gende und nur ein Theil Bergvögel zeigt sich zerstreut über 
den Bezirk. Nur die nördlichen Theile erhalten in Folge dort 
eintretender Localverhältnisse auch einen alpinischen Charakter in 
ihrer Ornis. Die darüber liegenden Provinzen bis zur Polhöhe 
der Tornea-Lappmark, in welchem die Nadelwälder vorherrschen, 
der Boden sumpfiger und mooriger, und die Berghöhen und Alpen 
überwiegend werden, sind die Sumpf-, Moor- und Nadelholz- 
faunen die herrschenden; die klippenreichen Stränder und das 
im Westen offene Meer geben den Küsten beinahe vollständige 
Ocean- und Meeresfaunen. Hier tritt auch in Folge der Tem- 
peraturverhältnisse, der germanische Charakter zurück, und der asia- 
tisch-europäische wird, sowohl im Flachlande als in der Alpenfauna 
vorherrschend, welche letztere hier vollzählig ist und in Folge der 
bedeutenden Höhe der Westküste sich bis zu dieser erstreckt. Die 
Gegend über dem 69% n. B. ist noch mehr voller Alpen und 
Moore, und hat Mangel an Wald. Hier ist die Moor- und Alpen- u 
fauna die vorherrschende und die Waldfauna hat fast ganz auf- 
gehört; der Charakter ist dabei fast ausschliesslich alpinisch-asiatisch 
und amerikanisch, während die Ocean- und Meeresfauna der Stränder 
beinahe ganz und gar arktisch ist. 

Bis jetzt haben wir hauptsächlich auf die Verbreitung der 
Vögel in horizontaler Richtung geachtet, und in dieser Hin- 
sicht ihre geographische Verbreitung angegeben — sonach wie nahe 
jede Vogelart der Schneegrenze kommt, oder wie weit sie sich von ihr 
entfernt. Aber nicht allein durch die Polhöhe wird die Schneegrenze 
bestimmt, sondern auch durch die Höhe über dem Meere. Jene 
senkt sich, je näher man dem Pole kommt, bis sie am 72° n. B. mit 
der Meeresfläche zusammenfällt. An den Alpen hinauf steigen ver- 


ee = ef EEE 


117 


schiedene Vogelarten bis zur Schneegrenze, welche jenen nicht aus- 
schliesslich angehören, sondern auch auf dem Flachlande vorkommen. 
Es bleibt uns sonach noch übrig, die Verbreitungsgrenzen in 
vertikaler Richtung für unsre Fauna anzugeben. Aber hier tritt 
das Phaenomen auf, dass gewisse Vögel sich der Schneegrenze in 
vertikaler Richtung eben so wenig nähern, als gewisse Baumarten. 

Unsre Alpengegenden erreichen nur die Kiefer, Fichte und Birke, 
so wie auch die Zwergbirke und Weide dort zu Hause sind; ihnen 
folgt ein Theil Vogelarten und hört in selber Entfernung von der 
Schneegrenze auf, wie diese. Von genannten Baumarten kommt die 
Birke, Zwergbirke und ‚die Weide der Schneegrenze in vertikaler 
Richtung am nächsten. Die Birke (Betula alba) hört bei 2000 Fuss unter 
der Schneegrenze auf, aber die Zwergbirke (Betula nana), welche von 
der Weide begleitet wird, nähert sich ihr auf 880 Fuss. Die Kiefer 
hört auf zu wachsen bei 2300 Fuss, und die Fichte bei 3200 Fuss unter 
der Schneegrenze. In derselben Entfernung von der Schneegrenze 
bleiben auch die in vertikaler Richtung diesen Baumarten folgenden 
Vogelarten, so dass sie nicht näher an der Schneegrenze brüten, als 
so weit jede der angegebenen Baumarten wächst; andre dagegen ge- 
hen über die Grenze dieser Baumarten hinaus. Wir nehmen zu die- 
sem Zwecke drei Regionen an: 

1. Die Nadelholzregion, welche aus Kiefer- und Fichten- 
wäldern gebildet wird, nimmt den niedrigsten Gürtel unsrer Alpen 
ein, und über sie hinaus gehen auch nicht folgende Vögel, die sonach 
in einer Entfernung von 2200 — 2800 Fuss von der Schneegrenze auf- 
hören *). 


Astur palumbarius, * Picus martius, Bombyeilla garrula, 

„ nisus, * „  leuconotus, } Cypselus apus,* 

L 

Aquila fulva, * „ major, * Hirundo, * 
Pandion haliastos, „ minor, * Turdus viscivorus, * 
Strir ulula, { „  tridactylus, »  Aiacus, 

„ liturata, Nucifraga caryocatactes, f „ musicus, * 

„  lapponica, Corvus cornin, * Motacilla, * 

»  Tengmalmi? * Pica caudata,* Anthus arboreus, * 

„  passerina? * Garrulus infaustus, Erithacus phoenicurus. * 


*) Die mit * versehenen Arten gehören zu SE eoh-sophiaten Vogel- 
fauna der Halbinsel und die mit f bezeichneten der russisch-europäischen an. 


‚Sylvia hortensis, * 
Phyliopneuste rufa, * 
Parus fruticeti, * 

„  borealis? 
Regulus cristatus, * 
Emberiza eitrinella, * 

» hortulana, * 


Fringilla coelebs, * 


118 


Carduelis spinus, * 
Cannabina flavirostris? 
Pyrrhula sanguinea ? 
Corythus enucleator, 
Lozia pithyopsittacus, * 
„  eurvirostra, 
Tetrao urogallus,* 
Totanus glareola, * 


» glottis, 


Anas boschas, 
„  acuta, } 
»  penelope, 
„  erecca, * 
Fuligula marila, 
& cristata, 
De clangula, 


Mergus merganser. 


2) Die Birkenregion, gebildet von Betula alba, welche die Sei- 


ten der Alpen gleich hinter der Nadelholzregion einnimmt und sich 
bis zu ungefähr 2000 Fuss von der Schneegrenze erstreckt, und von Be- 
tula nana und Salix-Arten, welche sich bis zu 880 Fuss von der 


Schneegrenze erstrecken. Hier finden sich folgende Vögel: 


Falco peregrinus, * 
»  tinnunculus, * 
»  lithofalco, 
‚Strix bubo, * 
Cueulus canorus, * 
Muscicapa grisola, * 
Lanius exeubitor, * 
Turdus pilaris, 
Erithacus suecica, 


Phyllopneuste trochilus, * 


Accentor modularis, * 
Parus sibirieus, 

Alauda alpestris, 
Emberiza schoenielus, * 
Plectrophanes lapponica, 
Fringila montifringilla, 
Tetrao tetrin? * 
Lagopus subalpina, 
Charadrius apricarius, * 


Numenius phaeopus, 


Tringa Temminckü, 
„» maritima, 
nulalpına, = 

Scolopaz gallinago, * 

Totanus calidris, * _ 

Oidemia nigra, 

Mergus serrator, f 

Podiceps auritus? 

Fuligula glacialis, 

Colymbus arcticus, 


= septentrionalis. 


3) Die Schneeregion, welche bei 880 Fuss nahe der Schnee- 
grenze beginnt und zu unterst mit Flechten und Moosen bewachsen 
ist. Hier finden sich folgende Vögel, die aber auch über die Schnee- 


grenze hinaus gehen: 


Falco gyrfalco. 
Buteo lagopus, 
‚Strix nyctea, 

»  brachyotos, * 
Corvus corax, * 
Turdus torquatus, * 


Cinclus aquaticus, * 


Anthus pratensis, * 

„ cervinus, 
Sazicola oenanthe, * 
Plectrophanes nivalıs, 
Linaria rufescens, 
Lagopus alpina, 
Charadrius morinellus, 


en hiatieula. * 


‚Squatarola helvetica, 
Tringa canutus, 
Scolopaxw gallinula, 
Phalaropus hyperboreus, 
Lestris buffoni, 

Larus canus, * 


Anser albifrons. 


119 


Aus der Vergleichung der vertikalen und horizontalen Ver- 
breitung der verschiedenen Arten ergiebt sich das Gesetz, dass 
die Arten, welche einen weiterstreckten Verbreitungsbe- 
zirk in horizontaler Richtung haben, auch in vertikaler 
Richtung weiter verbreitet sind, als diejenigen, deren Ver- 
breitung in horizontaler Richtung eine eingeschränktere 
ist. Alle die zur germanisch-europäischen Fauna der Halb- 
insel gehörenden Arten, die auf unsern Alpen bis in die Schnee- 
region vordringen, und sonach unter allen unsern Vögeln der Schnee- 
grenze am nächsten kommen, trifft man in allen europäischen 
Ländern, und auch ausser Europa ziemlich weit gegen Süden 
und Osten. Die zur Birkenregion der Alpen gehörenden Arten 
jener Fauna haben in horizontaler Richtung einen beschränk- 
teren Bezirk, als vorhergehende, und die germanisch-europ. Arten 
der Nadelholzregion im Allgemeinen einen noch beschränkteren. 
Während von der germanisch-europäischen Fauna 8 Arten bis 
zur Schneeregion steigen, geht kein einziger der russisch- 
europäischen bis dorthin, und von 14 zur Birkenregion gehö- 
renden zählt nur einer zur russisch-europ. Fauna u. s. w. 

Vergleichen wir ferner das Verhältniss der Zahl der Arten, 
die den verschiedenen Faunen unserer Halbinsel angehören, 
so finden wir, dass die Arten der nördlichen Faunen (der asia- 
tisch-, arktisch- und amerikanisch-europäischen) in der Schnee- 
und Birkenregion die zur germanisch- und russisch-euro- 
päischen undalso südlichen Fauna der Halbinsel gehörenden 
weit überwiegen; wogegen die letztere in der Nadelholzregion 
unsrer Alpen das grösste Uebergewicht hat. Wenn man nun 
weiss, dass z. B. die Birke, um die Blätter zu entfalten, einer Mit- 
teltemperatur von 11% bedarf, so könnte man schliessen, dass eine 
solche Mitteltemperatur das Minimum sei, welches die den beiden 
südlichen Faunen der Halbinsel angehörenden Vögel für ihre 
Fortpflanzung bedürfen, und dass eine geringere Mittelwärme 
nur von den Arten ertragen werden könne, welche bis in die Schnee- 
region hinaufgehen, während die, welche sich an die Nadelholzregion 
halten, eine noch höhere verlangen. 

Vergleichen wir endlich die von der Polhöhe abhängige Schnee- 
grenze mit der durch die Höhe über dem Meeresspiegel bedingten, 
#0 finden wir, dass z. B, in Norwegen, — wo die Dowre-Alpen im 


120 


Allgemeinen in der Höhe von 4—5400 Fuss über dem Meere und 
deren Schneegrenze mit 5300 Fuss auftreten — alle die zur germa- 
nisch-europäischen Vogelfauna gerechneten Arten, welche bis in die 
Birkenregion gehen, dort eine Höhe von 4420 Fuss über dem Meere 
erreichen. Unter dem 67° n. Br. dagegen, wo das Hochland im All- 
gemeinen eine Höhe von 4000 Fuss über dem Meere hat und die 
Schneegrenze bei 3900 Fuss einfällt, können die der Nadelholzregion 
angehörenden nur bis zu c. 700 Fuss ansteigen, dagegen die zur Bir- 
kenregion gehörenden bis zu c. 3120 Fuss. Da nun auch das Land 
sich dort terrassenartig vom Meeresspiegel gegen die Reichsgrenze 
erhebt, und die Westküste im Allgemeinen eine Höhe von ungefähr 
1500 Fuss hat, die östliche aber — oder das Land östlich um die 
Reichsgrenze, nach dem Bottnischen Busen zu flachländig und wenig 
höher liegend als das Meer ist: so folgt daraus, dass die Nadelholz- 
region mit ihren Vogelarten sich in ansehnlicher Breite 
von der Reichsgrenze zurückgezogen hat, während die Birken- 
region dagegen, zugleich mit der Schneeregion und deren 
Vogelarten, den übrig gelassenen Raum eingenommen hat. 
Hier nimmt sonach die Nadelholzregion die niedriger gelegenen Ge- 
genden ein, und die Vogelarten, die ihr in vertikaler Richtung 
folgen, gelangen hier kaum bis zu den Alpen. Die höher lie- 
genden Gegenden dagegen werden hier von den Birken- und Weiden- 
arten eingenommen, wesswegen auch nur die Vögel, die unter nied- 
riger Polhöhe diesen Bäumen an den Bergesseiten hinauffolgen, unter die- 
ser höhern Polhöhe auf die eigentlichen Alpen hinaufsteigen können. 
Während sonach die Höhe der Schneegrenze*) das Aufsteigen 
der zur germanisch und russisch - europäischen Fauna 
gehörenden Arten vom Meeresniveau in vertikaler Rich- 
tung bestimmt, so bestimmt sie andrerseitsauch das Herab- 
steigen der zu den asiatisch- und arktisch-europäischen 
Faunen der Halbinsel gehörenden Vogel-Arten zum Mee- 
resniveau. Die zur Schneeregion gehörenden Arten letzterer beiden 
Faunen gehen mit wenigen Ausnahmen, nur in die Birkenregion 


*) FürDenjenigen, der sich mehr im Detail über diese Verhältnisse aufklären 
will, gebe ich hier die Höhe der Schneegrenze unter verschiedenen Polhöhen an: 
bei 609 fällt die Schneegrenze in 5800 Fuss über dem Meere (Hardanger); bei 
61° (Sogne) 5600; bei 62° (Dowre) 5300, bei 64° (Areskutan) 4800, bei 67° 
(Sulitjelma) 3900, bei 70° (Alten) 3600, und bei 71% (Nord-Cap) 2400 Fuss 
über dem Meere. 


121 


und die zu dieser gehörenden steigen mehr oder weniger weit in 
die Nadelholzregion herab, so dass sie sogar im angebauten Lande 
vorkommen, wonach ihr noch weiteres Herabsteigen von den Tem- 
peraturverhältnissen des Flachlandes bedingt wird. 

Wir finden demnach hier eine Art von Uebereinstimmung zwi- 
schen gewissen Baum- und Vogelarten — und gerade darum, weil 
die geographische Verbreitung beider auf den Temperaturgesetzen 
beruht. 

Man kann hiernach die skandinavische Halbinsel in horizontaler 
oder vertikaler Richtung in folgende Vegetations-Regionen einthei- 
len, deren jeder gewisse Vogelarten eigenthümlich sind: 

1) Die Schneeregion, welche die grössten Höhen längs der 
Reichsgrenze einnimmt und deren Vogelarten wir oben aufgezählt. 

2) Die Birkenregion, welche in zunehmender Breite sich bis 
zum 68—69° zieht, worauf sie allein den ganzen Raum bis zum Eis- 
meere einnimmt, in so weit es Betula nana und die Weiden be- 
trifft. Die ihr eigenen Vogelarten haben wir auch schon oben auf- 
gezählt, so weit sie bis auf die eigentlichen Alpen steigen. Es können 
zu dieser Region aber auch die Flachlandsarten gezählt werden, 
welche nördlich von dem 69. Breitegrade brüten und bis ans 
Eismeer gehen. 

3) Die Nadelholzregion, welche neben voriger, 2800 Fuss 
unter der Schneegrenze, anfängt und in abnehmender Breite sich zwi- 
schen den 69—70. Breitegrad erstreckt. Zu den ihr eigenthümlichen 
Vogelarten, die wir, was die eigentlichen Alpengegenden belangt, an- 
gegeben, können auch die zur germanisch-europäischen Fauna 
gehörenden gezählt werden, welche in horizontaler Richtung 
bis zu genanntem Breitegrad gehen. 

4) Die Aspen- und Sorbusregion, welche unsre Alpen 
eigentlich nicht berührt und unbedeutend ins eigentliche Hochland 
eingreift, in horizontaler Richtung aber beim 66. Breitengrade aufhört. 
Zu ihr kann man alle die Brutvögel rechnen, welche bei 65—66° n. 
Br. aufhören und nicht auf die Alpen steigen; so z. B. Caprimulgus 
europaeus, Turdus merula u. 8. w. 

5) Die Fruchtbaum- und Haselregion, welche, ohne die 
Alpen oder in wesentlicher Hinsicht auch nur das Hochland zu be- 
rühren, in horizontaler Richtung bis zum 64. Breitegrade geht und zu 
der alle die Vögel gerechnet werden können, die bis Zum 63—64. 


122 


Breitegrade brüten, aber nicht bis in die Alpengegenden dringen, 
z. B. Corvus monedula, Lanius collurio, Garrulus glandarius u. m. a. 

6) Die Eschen- und Lindenregion, welche ebenfalls nicht 
die Hochländer berührt, und sich in horizontaler Richtung bis zwischen 
den 61-62. Breitegrad erstreckt. Hierher können die Brutvögel ge- 
rechnet werden, welche gegen Norden bis zu genanntem Breitegrad 
gehen, wie: Upupa epops, Cannabina linota u. m. a. 

7) Die Eichenregion, welche die Hochländer nicht berührt, 
in Schweden sich bis ungefähr zum 60° und in Norwegen bis zum 
62° erstreckt, und zu welcher alle die Vogelarten gerechnet werden, 
welche dieselbe Verbreitung haben, wie die Eiche, als: Aypolais ic- 
terina, Columba oenas u. m. a. 

8) Die Buchenregion, welche dem Hochlande ausweicht und 
in Schweden bis zwischen 57-—-58°, in Norwegen bis zum 59% geht. 
Zu ihr rechnet man die Vögel, welche bis zu diesem Breitegrade ge- 
troffen werden, wie Picus medius u. m. a. 

Vergleichen wir nun die verschiedenen Vogelfaunen der 
Halbinsel mit diesen Regionen und denen der übrigen Län- 
der unsres Welttheils, so finden wir, dass keine Art der ger- 
manisch-europäischen Vogelfauna auf der Halbinsel ihre Aequatorial- 
grenze hat, sondern dass diese sich viel südlicher findet. Da- 
gegen fällt die Polargrenze fast aller zu dieser Fauna gehören- 
den Vögelauf unsre Halbinsel, mit Ausnahme der oben (Naum. 
1855 p. 140) angegebenen Vögel, die der ganze Welttheil gemeinsam mit 
Grönland und zum Theil auch mit Spitzbergen besitzt, und wozu 
noch kommen Tringa alpina und Larus fuscus, die auf letztgenannter 
Insel vorkommen (Pennant. Arct. Zool. I. p. 89). Mehrere Arten 
der russisch-europäischen Fauna haben dagegen auf der Halb- 
insel sowohl ihre Aequatorial- als Polargrenze, und mehrere dabei auch 
ihre westlicke Grenze. Die Arten der asiatisch - europäischen 
Fauna haben fast ohne Ausnahme alle ihre Aequatorialgrenze, dagegen 
nicht alle ihre Polargrenze, und das um so weniger, als ein Theil von 
ihnen Polarvögel sind. Die Arten der arktisch- und amerikanisch- 
europäischen Fauna sind ohne Ausnahme Polarvögel und haben 
ihre Aequatorialgrenze im Allgemeinen in den nördlichern Thei- 
len der Halbinsel. Die amerikanisch-europäische Fauna ist über- 
dies so wenig repräsentirt, dass sie kaum als eine der selbständigen 
Hauptfaunen der Halbinsel betrachtet werden kann. Als selbstän- 


123 


dige Hauptfaunen bleiben sonach nur diese 4: die germanische, 
russische, asiatische und arktische, und in eben so viele 
geographisch-ornithologische Regionen kann die Halbinsel 
abgetheilt werden. Während freilich eine Menge Vogelarten _ 
ihre Brützonen über die ganze Halbinsel ausbreiten, hat dennoch das 
Flachland südlich vom 57°, dann das Land von diesem bis zum 
63—64°, ferner das Hochland bis zum 69°, und zuletzt das Alpen- 
land nördlich von hier bis zum Eismeere, jedes für sich so viel Eigen- 
thümliches in seiner Ornis, dass sie in dieser Hinsicht gut charakteri- 
sirt erscheinen. Wir wollen zum Schlusse unsrer Abhandlung ver- 
suchen eine Charakteristik dieser geographisch-ornitholo- 
gischen Regionen und damit eine allgemeine Charakte- 
ristik der Ornis der Halbinsel zu geben, welche vielleicht 
auch auf die unseres Welttheiles Anwendung finden könnte. 


1) Die kältere temperirte Region. 
(Regio temporata frigidior.) 


Es ist das die nördlichere der beiden mittlern temperirten 
Zonen in Europa, und hat ihre südliche Grenze am nördli- 
chen Fusse der deutschen Alpen. Die skandinavische Halb- 
insel liegt nur zum geringen Theile in ihr. Nur die südlichste Spitze 
derselben gehört ihr an, nämlich die Provinzen südlich vom 57°, 
Das Hochland Smalands (800 Fuss über dem Meeresspiegel) bil- 
det die natürliche Grenze im Norden für diese Region, welche 
sonach die Proinzen Schonen und Blekinge, so wie den süd- 
lichen Theil von Halland umfasst. 

Das Klima ist im Allgemeinen mild; die jährliche Mitteltempera- 
tur*) ungefähr + 7%: für den Winter — 1°, für den Frühling (März, 
April, Mai) +5°, für den Sommer +16° und für den Herbst (Sept., 
Oet., Nov.) +8°. Die grösste Kälte (—4° 9) fällt in den Januar 
und die grösste Wärme (+17° 4‘) in den Juli. Das Land ist im 
Allgemeinen ein Flachland, Acker mit Sandfeldern abwechselnd; nur 
die nördlichern Theile sind mehr bergig und waldbewachsen. Nadel- 
wälder fehlen fast ganz, und nur lichte Buchen- und Eichenwälder 
finden sich hier und da zerstreut. Der Landseen, Sümpfe und Moore 


*) Die Mitteltemperatur, die bier angegeben ist, ist die bei Lund herrschende, 


natürlicherweise etwas in dem Bezirke. 
N 2 


124 


sind im Vergleich mit dem übrigen Schweden nur wenige. Die Kü- 
sten sind im Allgemeinen flach und sandig, nur Blekinges Küstenstrecke 
ist mehr mit Klippen und Scheeren erfüllt. Sand, Humuserde, so wie 
Lehm sind herrschende Bodenart und, besonders die nördlichen Theile, 
ruhen auf Kreidelagern. 


Weiter oben haben wir die Vogelarten besonders aufgezählt, 
welche in der nördlichen Grenze dieser Region ihre Polargrenze 
haben. Hier wollen wir nur ihren allgemeinen Charakter ins Auge 
fassen. 

Den Charakter einer der temperirten Zone angehörigen 
Region erhält sie, so wie die nachfolgende, durch die zur ger- 
manisch-europäischen Fauna der Halbinsel gehörenden 
Vogelarten, welche ihre Polargrenze oft in Nähe des Polar- 
kreises und um den 68—69." haben. Aber während die folgenden 
einen mehr in die Augen fallenden russisch- und asiatisch-europäi- 
schen Charakter annehmen und einen mehr arktischen Anstrich er- 
halten, behält diese Region einen ausschliesslich germanischen 
Charakter bei, ausgesprochen durch die zur germanischen Fauna ge- 
hörenden Vögel, welche ihre Brützonen nicht über diesen Bezirk hin- 
aus erstrecken, so z. B. Picus medius, Circus rufus, Emberiza milia- 
ria u. a.; theils auch durch die Abwesenheit von rein asiatisch-euro- 
päischen Vogelarten*); denn die wenigen, welche, wie (olymbus ar- 
etieus, Scolopax gallinula u. s. w., hier brüten, gehören theils den 
nördlichsten Theilen des Bezirkes an, theils sind sie auch so selten, 
dass sie aus diesen Gründen als gänzlich aus ihrer eigentlichen Zone 
herausgetreten betrachtet werden müssen. So verhält es sich auch 
ınit den meisten zur arktischen Fauna gehörenden Arten, welche in 
diesem Bezirke brüten, wie z. B. Somateria mollissima. Diese 
Art kommt nur in zerstreuten Individuen brütend vor. 


Für die Benennung «ner kältern-temperirten Region spricht 
das Vorhandensein von einigen Arten, die wir oben als Bindeglieder 
zwischen der germanischen, russischen und asiatischen Fauna bezeich- 
net haben, so z. B. Turdus viseiworus, Numenius, Mergus, Loxia u. m. 
a.; so wie das zahlreiche Vorkommen der arktischen Sterna macrura. 


*) Die Arten, welche wir in oben gegebenem Verzeichniss als zweifelhaft 
angesehen haben oder auch als Bindeglieder zwischen den Faunen der nr 
insel, können hier nicht in Betrachtung kommen. 


125 


Wie wir schon oben andeuteten, kann die zu dieser Region auf 
der Halbinsel gehörende Ornis in zwei geographische Gebiete — 
ein östliches und ein westliches — getheilt werden, zwischen 
welchen die Waldhöhenzüge, welche vom Smaländischen Hochlande 
mit südöstlicher Richtung zur Meeresküste, zwischen den Städten 
Cimbritshamn und Ystad geht, und welche man Linneröds-Asen nennt, 
die Grenze bilden. Gewisse Vogelarten der Region haben ihre grösste 
Verbreitung östlich und andre westlich von diesen Höhenzügen, auch 
wenn sie nicht gerade ausschliesslich einem der Gebiete angehören. 
Das westliche Gebiet besitzt vorzugsweise: Calamoherpe arundi- 
nacea, Charadrius cantianus, Ciconia alba, Cygnus olor. u. s. w. Das 
östliche dagegen: Sylra nisoria, Otis tarda, Ciconia nigra, Larus, 
ridibundus u. s. w. 

Soweit diese Arten nördlich von dieser Region vorkommen, neh- 
men sie eine noch ausschliesslichere Richtung gegen Westen oder 
Osten an. 

Die Meeresfauna dieser Region beschränkt sich unter den 
eigentlichen Aves marinae bloss auf Larus marinus und L. fuscus, 
die hier in geringer Zahl brüten, im Uebrigen wird sie nur von den 
so genannten Strandvögeln und den submarinen Arten vertreten, mit 
Ausnahme des zur arktischen Fauna gehörenden Phalaerocorax und 
des zur asiatisch-europäischen Fauna gehörenden Mergus albellus, 
die sich hier nicht finden. 

Der Landseefauna fehlen die asiatisch-europäischen Colymbus- 
Arten; die Sumpffauna hat natürlich ganz und gar keine Alpen- 
sumpf-Vögel und in den Flachlandssümpfen auch keine der rein asia- 
tisch-europäischen, während sich alle germanisehen vorfinden; und so 
verhält es sich auch mit der Moorfauna. Die Feldfauna dagegen 
ist vollständig, eben so auch die Hain- und Laubwaldfauna, 
aber die Nadelholzfauna wird nur von einigen wenigen Arten re- 


‚präsentirt, und zwar nur von solchen, die auch in Laubwäldern vor- 
’ ’ 


kommen. Aves saxatiles finden sich; die Berg- und Alpen- 
vögel dagegen fehlen ganz und gar. 

* Vergleicht man nun die Fauna dieser Region in ihrem Ganzen 
mit den der andern Regionen, so kann man diese Region: die Region 
der spitzschwingigen Sylvien, der Sumpfsänger und der 
Taucher (Podiceps) nennen, weil diese Geschlechter hier am art- 
reichsten repräsentirt sind. Dennoch ist keines dieser Geschlechter 


126 


an und für sich hinreichend zur Charakteristik dieser Region, sondern 
das Charakteristische für dieselbe ist das Zusammenleben dieser 
Vogelgeschlechter mit Ausschluss der nahestehenden Ge- 
schlechter oder Formen. 


9) Die Juxtapolar-Region. 
(Regio juxtapolaris.) 

Diese Region besteht aus allen Provinzen der Halbinsel 
nördlich vom 57% bis 63—64.°, wo das eigentliche Hochland 
beginnt; und vom übrigen Europa gehören hierher das Hochland 
Schottlands und der Theil des russischen Reiches, welcher 
zwischen ungefähr denselben Breitegraden liegt; jedoch geht ihre 
Grenze hier in Folge der Temperaturverhältnisse etwas weiter nach 
Süden, als in unserm Lande. 

Die jährliche Mitteltemperatur ist hier, näher der Ostseeküste*), 
ungefähr +5°; für den Winter — 3°; für das Frühjahr +3°; für 
den Sommer + 15° und für den Herbst + 6°; die stärkste (mittlere) 
Kälte des Winters (— 5°) fällt in den Januar, und die stärkste (mitt- 
lere) Wärme des Sommers (+ 16°) in den Juli. Tiefer im Lande**) 
ist die jährliche Mitteltemperatur + 4°; im Winter — 5°; im Früh- 
jahr + 3°; im Sommer + 14°, im Herbst + 5°, während die stärkste 
Kälte des Winters — 7°, und die stärkste Wärme des Sommers + 15°, 

Das Land ist im Allgemeinen hüglich und bergig, an der Reichs- 
grenze und in Norwegen auch voller Alpen, obschon nicht in dem 
Grade, wie in folgender Region. Nur in Ostgothland findet sich ein 
eigentliches, grösseres Flachland. Die Nadelwälder beginnen vorzu- 
herrschen, und die Buche hat ganz und gar aufgehört; nur die Eiche, 
Esche, Aspe, Vogelbeerbaum und Fruchtbäume gedeihen noch. Das 
Land ist reich an Landseen und Sümpfen, auch trifft man bedeuten- 
dere Moore. Der Boden besteht im Flachlande aus Lehm, sonst aber 
aus humusreichem Lehmboden, Sand, Kies und Geröll; Granit, Glimmer, 
Schiefer und Bergkalk trifft man auf den Bergen. Die Seegestade 
sind im östlichen Küstenlande zwar flachländig, aber doch voller Klip+ 
pen und Scheeren; im westlichen dagegen ziemlich hochländig und 
alpenartig. 

*) Upsala. 
**) Fahlun. 


127 


Den Charakter der temperirten Zone*) erhält diese Re- 
gion durch dieselben Vogelarten, die der vorigen ihren 
temperirten Charakter geben. Hier ist er jedoch nicht mehr 
ausschliesslich germanisch, sondern dabei auch russisch- 
und asiatisch-europäisch, und der arktische Anstrich tritt 
noch deutlicher hervor. Dennoch ist der germanische noch weit 
überwiegend. 

Der dieser Region eigenthümliche germanische Charak- 
ter wird durch die Brutvögel der germanisch-europäischen Fauna 
ausgeprägt, deren Polargrenze mit der nördlichen Grenze der 
Region selbst zusammen- oder unbedeutend südlicher fällt. Solche 
sind: Milvus regalis, Strix aluco, Picus viridis, Jyn® torquilla, Sylvia 
atricapilla, S. eurruca, S. einerea u. m. Der hierzu kommende rus- 
sisch-europäische Charakter spricht sich durch die dieser Fauna 
eigenen Brutvögel aus, welche hier fast ganz und gar sowohl 
ihre Aequatorial- als Polargrenze haben, so wie z. B. Sitta 
europaea, und durch die ihr und der germanischen Fauna ge- 
meinsamen Brutvögel, deren Polargrenze mit oder in der Nähe der 
nördlichen Grenze der Region zusammenfällt, so wie z. B. Turdus vis- 
eivorus, Numenius arquata u. m. 

Dass diese Region eine Juxtapolar-Region ist — eine an die 
Polargegenden grenzende — zeigt deren Ornis durch die bedeu- 
tende Zahl rein asiatisch-europäischer Arten, deren Aequa- 
torialgrenze mit der südlichen Grenze der Region zusam- 
menfällt, oder doch in deren Nähe eintritt, wie: Strix ulula, Picus 
tridäctylus, Turdus pilaris, T. ihiacus, Totanus glottis, Fuligula elangula 
u. m. so wie auch durch das Auftreten rein arktischer Vögel, 
so wie Larus tridactylus, Phalacrocoraa: eristatus, Uria troile und Alca 
torda u. s. w. 

Auch diese Region kann in zwei Gebiete getheilt werden in 
ein östliches und ein westliches, nemlich durch die Bergzüge, 
welche der Norwegische Alpenrücken von den Helagsalpen südlich herab- 
schickt, die Jemtland von Norwegen trennen, durch Knipe- und Kroppe- 
Alpen sich fortsetzen und auf der Westseite der Göta-El£ bei der Insel 
Hisingen, nahe Götheborg, zur Meeresküste herablaufen. Wohl bewirkt 


*) Es dürfte wohl kaum zu erinnern sein, dass wir sowohl hier, wie im Vor- 
hergebenden und in folgenden Regionen, uns nur an Skandinaviens ornithologische 
Verhältnisse halten. 


128 


auch die Wasserscheide*) im Smaländischen Hochlande eine ganz 
merkbare östliche oder westliche Grenze für verschiedene Vogelarten, 
aber deren sind doch weit weniger und fast nur solche, welche, eigent- 
lich voriger Region angehörend, ihre Brützonen etwas über deren 
nördliche Grenze hinausgeschoben haben. 

Das östliche Gebiet besitzt hauptsächlich folgende Arten: 
Milvus regalis, Pernis apiworus, Coracias garrula, Falco subbuteo, Cir- 
eus cyaneus, Sylwia atricapilla, Phyllopneuste sylvieola, Oidemia fusca, 
Anser cinereus, Totanus glottis, Anas querquedula, Sterna nigra. 

Das westliche Gebiet dagegen besitzt vorzugsweise folgende: 
Turdus torquatus, Brithacus sueciea, Fringilla montifringilla, Linaria 
rufescens, Lestris parasitica, Larus tridactylus, VWulpanser tadorna?, 
Oidemia nigra, Phalacrocorax eristatus, Lunda arctica. 

Der Grund, warum das westliche Gebiet am meisten durch (was 
die Landfauna betrifft) eigentliche Bergvögel und subalpinische Arten, 
und das östliche dagegen durch Flachlandsarten ausgezeichnet ist, 
liegt in der Verschiedenheit der Localverhältnisse, welche auch ver- 
ursacht, dass die charakterisirenden Arten hauptsächlich von den asia- 
tisch- und arktisch-europäischen Faunen sind, während das östliche 
Gebiet durch hauptsächlich germanisch-europäische Arten ausgezeich- 
net wird. 

Was die Localfaunen der Region betrifft, so sind aus der 
Meeresfauna die Arten Lunda arctica, Larus tridactylus und Les- 
tris parasitica aufgetreten; die Scheerenvögel finden sich alle, aber 
von den Strandvögeln fehlen die die vorige Region auszeichnenden 
germanischen Arten: Recurvirostra und Oharadrius cantianıs. Von den 
submarinischen Arten fehlen die arktischen Phalacrocorax carbo 
und Mergus albellus, so wie auch die germanische Sterna minuta. 
In der Landseefauna fehlt die die vorige Region auszeichnende ger- 
manische Art: Larus ridibundus. Von der Alpensumpffauna be- 
sitzt die Region: Oidemia nigra und Fuligula glacialis, und aus der 
Flachlandssumpffauna alle die germanisch- und russisch -euro- 
päischen Arten, mit Ausnahme von Cygnus olor, Circus rufus und bei- 
nahe auch Calamoherpe arundinacea; aber von der asiatisch-europäi- 
schen nur: Fuligula elangula, F. marila und F. glacialis. In der Moor- 


*) Von dieser Wasserscheide ist auch Linneröds-As, welches die westliche 
und östliche Ornis voriger Region trennt, eine Fortsetzung. 


129 


fauna fehlen unter den Flachlands-Arten nur der asiatisch-euro- 
päische Totanus fuscus, und unter den Alpen-Arten: Tringa minuta, 
T. subarquata, Squatarola helvetiea, Plectrophanes lapponica, Anthus 
cervinus und Alauda alpestris. In der Feldfauna haben die Sand- 
vögel ganz und gar aufgehört und unter den Ackervögeln bemerkt 
man nur Alauda arvensis in unverminderter Individuenzahl, während 
Coturnix nur sporadisch ist und P. einerew ohne die nördliche Grenze 
der Region zu erreichen aufhört. In den allmählig an Artenzahl sich 
vermindernden Hain- und Laubwaldfaunen haben Sylvia nisoria 
und Pieus medius ganz aufgehört, aber statt ihrer haben mehrere Ar- 
ten der Nadelholzfauna sich eingefunden, so z. B. Strix ulula, Tetrao 
bonasia, Turdus iliacus, T. pilaris, Picus leueonotus u. m., welche in 
vorhergehender Region ganz fehlen. Aves saxatiles und mon- 
tanae, welch letztere in vorhergehender Region fehlten, finden sich 
hier. Aves alpestres finden sich ebenfalls, Strix lapponica und 
Cannabina flavirostris ausgenommen; doch so, dass sie mehr den nörd- 
lichern Gegenden des westlichen Gebietes und den nordwestlichen 
des östlichen angehören. 

Der allgemeine ornithologische Charakter dieser Region ist sonach 
kein ausschliesslich, sondern überwiegend germanischer 
mit einem stark in die Augen fallenden russisch- und asia- 
tisch-europäischen Anstrich; und wenn man die hier vorherr- 
schende Ornis mit den übrigen europäischen vergleicht, so kann man 
diese Region die Region der spitzschwingigen Sylvien, der 
Kiebitze und Landsee-Taucher (Colymbus) nennen. 


3. Die Polar-Region. 
(Regio polaris.) 

Diese Region umfasst das Land am Polarkreise selbst, oder 
vom Anfange des Skandinavischen Hochlandes an bis 690 
n. B., wo der norwegische Alpenrücken sich in der Rich- 
tung nach Osten krümmt. 

Die jährliche Mitteltemperatur ist, was die nördlichern Theile 
der Region*) betrifft ungefähr —2°, die des Winters — 17°, des Frühjahrs 
—3°, die des Sommers +12°, und die des Herbstes —2°; die stärkste 
Kälte (—17°) fällt in den Januar und die stärkste Wärme (14°) in 


*) Enontekis. 
Naumannia, 1866, 9 


130 


den Juli ein; in den südlichen Theilen ist das Klima natürlich etwas 
milder. Die Laubwälder haben ganz und gar aufgehört und Nadel- 
wald und Birkenwald nehmen allein die Fläche ein; grosse Sümpfe, 
Moore, kleinere Landseen, Wiesen und Hutungen, auch Sandhaiden 
findet man in diesem von Alpen und Bergen erfülltem Lande. Nur 
die Küstengegenden der Ostsee sind flachlandig. Der Boden ist im 
Allgemeinen sandig mit Humus, nur um dieFlussufer mehr lehmgemischt. 
Der Landbau ist gering und cultivirtes Land findet sich nur in den 
Küstengegenden und längs der grössern Flüsse. In dem nördlichern 
Theile der Region (um den 67° n. B.) ist das Land vom September 
bis in den Juni beständig mit Schnee bedeckt. Eine ununterbrochene 
Nacht dauert im Winter vier Wochen lang, erleuchtet nur durch die 
Mittagsdämmerung, das Licht des Mondes, und durch starkes Nord- 
licht; der kurze Sommer ist von einer hastigen Vegetation, reiner und 
angenehmer Luft und einem 4'/, Wochen langen beständigem Tage 
begleitet. Die herrschenden Felsarten sind in den höhern Gebirgen 
Glimmer, und Quarz und in den niedern Granit. 

Diese Region verliert schon an ihrer Grenze, oder nahe 
dabei, nicht weniger als ce. 30 Vogelarten der germanisch- 
und russisch-europäischen Fauna, die sich noch in voriger 
finden, so dass nur die durch die ganze Region fortgehen, 
welche die Ornis des ganzen Welttheils auszeichnen; da- 
gegen sind hier, nur mit wenigen Ausnahmen, alle zur asia- 
tisch-europäischen Fauna der Halbinsel gerechneten Arten 
aufgetreten und haben hier in Skandinavien ihre eigentliche Hei- 
math, und, was den grössten Theil derselben betriftt, auch ihre 
Aequatorialgrenze an oder in der Nähe der südlichen 
Grenze der Region, so wie auch nicht wenige an der nörd- 
lichen Grenze ihre Polargrenze haben. Der ornithologische 
Charakter dieser Region ist sonach ein überwiegend asiatisch- 
europäischer, vermischt mit einem germanisch-europäi- 
schen Elemente, welches südlich um den Polarkreis am 
meisten in die Augen fällt, aber immer mehr zurücktritt, 
je näher man der nördlichen Grenze der Region kommt. 
Das russisch-europäische Element, das sich in der Ormis fin- 
det, prägt sich fast nur durch die Arten aus, die wir als Ver- 
bindungsglieder zwischen der asiatisch- und russisch-euro- 
päischen Fauna betrachtet haben. 


131 


Das diese Region mehr der arktischen als der temperirten 
Zone angehört, zeigt sich darin, dass die meisten zur arkti- 
sehen und amerikanischen Fauna der Halbinsel gehörenden Ar- 
ten hier überall sich vorfinden, so z. B. Strix nyetea, Anser se- 
getum, Tringa maritima, T. canutus, Lestris Buffomi u. a. Die Region 
hat also zugleich mit dem überwiegenden asiatisch-europäischen 
Charakter ein stärker in die Augen fallendes arktisches 
Element, als die Juxtapolar-Region. 

Die Region kann, so wie die beiden vorigen, in ein östliches 
und ein westliches Gebiet getheilt werden. Die Grenze zwischen 
beiden wird von den Alpenzügen zwischen Schweden und Norwegen 
gebildet. In Folge localer Verhältnisse wird ersteres ein Flachland- 
letzteres ein Hochlandgebiet, und der verschiedene Charakter beider 
in ornithologischer Hinsicht wird durch diese Verhältnisse bedingt; 
die alpinischen Vogelarten gehören mehr zu letzterem und die Flach- 
landarten mehr zu ersterem Gebiete. 

Was nun die besondern Localfaunen betrifft, so besitzt diese 
Region die Oceanvögel, Somateria spectabilis & Stelleri und Larus 
glaueus ausgenommen. Von den Scheerenvögeln kommen alle Ar- 
ten vor, aber von den Strandvögeln fehlen dieselben, welche in der 
Juxtapolar-Region fehlen. Von den submarinen Arten fehlt die 
germanische Sterna minuta und der arktische Mergus albellus. Die 
Meeresfauna besitzt sonach, im Unterschiede von der Juxtapolar- 
Region: Colymbus glacialis, Uria Brunichi, Lestris pomarina und 
Phalacrocoraw carbo — alle zur arktischen Fauna der Halbinsel ge- 
hörenden Arten. Der Landseefauna fehlt ausser Larus ridibundus, 
die schon der Juxtapolar-Region fehlte, auch der germanische Chara- 
drius curonieus, der in vorgenannter Region vorkam. In der Sumpf- 
fauna fehlt, auf den Alpen, die arktisch-amerikanische Oidemia 
perspieillata, das Flachland dagegen besitzt nur die asiatisch-euro- 
päischen Arten, und unter den germanischen nur: Anas boschas, A. 
orecca, Bhynchaspis und Calamoharpe  schoenobaenus. Die übrigen, 
die sich in der Juxtapolar-Region finden, fehlen hier, ganz. Die 
Moorfauna besitzt alle ihre Alpenvögel, ausgenommen Tyinga subar- 
quata und Anthus cervinus.  Squatarola helvetica fängt hier an aufzu- 
treten, doch noch in geringer Zahl. Unter den Moorvögeln des Flach- 
landes haben Scolopax major und Vanellus eristatus, die noch in der 


„Juxtapolar-Region vorkommen, aufgehört; die übrigen Arten finden 
. 9* 


132 


sich alle, ausgenommen Totanus fuscus, der noch nicht aufgetreten 
ist. Die eigentliche Feldfauna wird nur durch Alauda arvensis reprä- 
sentirt, und unter Aves aedificales hat Corvus monedula ganz und gar 
aufgehört. In der Waldfauna haben. von den Hainvögeln der 
Juxtapolar-Region folgende aufgehört: Chlorospiza, Coccothraustes, 
Cannabina linota, Troglodytes, Upupa, Hypolais, Sylvia curruca, 8. 
cinerea, Alauda arborea, Lanius eollurio, Corvus frugilegus und Jynz. 
Von den Laubholzvögeln finden sich nur folgende, obwohl nicht alle 
bis zur nördlichen Grenze der Region gehen, sondern die meisten in 
der Nähe des Polarkreises zurückbleiben: Tetrao tetrix, Fring. coelebs, 
Ember. eitrinella, Phyllopneuste trochilus, Anthus arboreus, Turdus 
merula, T. musieus, Muscicapa, Corvus cornix, ©. corax, Picus major, 
Cueulus, Astur palumbarius und Buteo vulgaris. Die übrigen haben mit 
der Juxtapolar-Region aufgehört. Die Nadelholzfauna ist mit 
Corythus bereichert, der sich nicht in der Juxtapolar-Region findet; 
aber fast ganz und gar fehlen die jener Region angehörenden Columba 
palumbus, Turdus viseivorus und Caprimulgus. Alleavessaxatiles und 
montanae,so wie auch alleaves alpestres finden sich und haben hier, 
was beide letztgenannten Gruppen betrifft, ihre grösste Individuenanzahl, 

Im Vergleich mit andern Regionen kann diese die Region der 
Unglücksheher (Garrulus infaustus), der Wasserläufer und der 
Colymbus genannt werden. 


4. Die Circumpolar- Region. 
(Regio eircumpolaris.) 


In diese Region gehört der nördlichste Theil der Skandi- 
navischen Halbinsel der über den 69° n. B. hinaus liegt. 

Die jährliche Mitteltemperatur*) ist ungefähr 0°, im Winter —4°; 
im Frühjahr —1°, im Sommer +6°, und im Herbste 0°; die strengste 
Kälte des Winters (—5°) fällt in dem Januar, und die stärkste Wärme 
des Sommers (+8°) in den Juli ein. Alle eigentliche Wälder fehlen 
und nur Betula nana und Weiden gedeihen hier. Das Land ist 
bergig und hochlandig, mit tief einschneidenden Buchten**), und offen 
für die Nordwinde. Landseen und Sümpfe giebt es nur wenige, aber 
Alpenmoore und „Myren“ zahlreicher. Die Küste ist meistens steil 


*) Nord-Cap. 
**) Fjorden. 


133 


und vor ihr befinden sich zahlreiche Klippen und Scheeren. Acker- 
bau kann hier nicht getrieben werden. 

Der grösste Theil der zur germanisch-europäischen 
Fauna der Halbinsel gehörenden Arten, die in der Polar-Region 
vorkommen, finden sich in dieser gar nicht und sie besitzt 
keine andre als Falco peregrinus, Aquilla albieilla, Striw bubo, Cueulus 
canorus, Corvus corax, (. cornia, Hirundo urbieca, H. riparia, Lanius 
exeubitor, Turdus torquatus, Motaeilla, Anthus rupestris, A. pratensis, 
Sawieola oenanthe u. s. w., welche theils noch nördlicher vorkommen, 
theils, wie wir oben (Jahrg. 1855. p. 140) sagten, ‘dem skandinavi- 
schen Theile dieser Region den vor andern nordwestlichen Län- 
dern überwiegenden europäischen Charakter geben, — Resultat des 
Zusammenhanges mit dem festen Lande des Welttheils — und der 
sonach bei Vergleich der übrigen ornithologischen Regionen des Welt- 
theils nicht als charakteristisch für diese allein angesehen werden kann. 
Im Gegentheil muss man einräumen, dass der germanische Charakter 
der in der Ormis der vorigen Regionen so ausgeprägt war, hier weit 
weniger und kaum merklich hervortritt. Auch der asiatisch-euro- 
päische Charakter, der in voriger Region so überwiegend war, tritt 
hier mehr zurück, indem mehrere Arten fehlen, wie: Corythus, Loxia, 
Limosa rufa, Totanus glottis, Numenius u. m. Dagegen treten nur 
drei neue Arten dieser Fauna auf, nämlich: Anthus cervinus, Tota- 
nus fuscus und Tringa subarguata. Während nun sonach die germa- 
nische Fauna der Halbinsel bei der südlichen Grenze der Region sehr 
stark, und die asiatisch-europäische sehr merkbar abgenommen 
hat, nimmt dagegen die arktische Fauna der Halbinsel zu, 
sowohl der europäische als auch der amerikanische Theil 
derselben, und wird ganz vollständig, wobei auch die Individuen 
jeder Art über die Maassen zahlreich werden. Der allgemeine Cha- 
rakter der Zone ist sonach ein überwiegend arktischer; und hierzu 
kommt, dass nur schr wenige der Vogelarten, die der Fauna des 
skandinavischen Theiles dieser Region einen asiatisch - europäischen 
Anstrich geben, in andern Gegenden dieser Region, wo die Tempe- 
raturverhältnisse weniger günstig als in Skandinavien sind, so nörd- 
lich getroffen werden. 

Der Charakter einer eireumpolaren Region gebührt ihr 
desshalb, weil die sie auszeiehnenden Arten nicht allein ark- 
tisch sind, sondern auch in allen den Nordpol umgebenden 


134 


Ländern und Meeren, so weit animalisches Leben gedeihen kann, 
gefunden werden. So fand z. B. Capitain Parry bei seiner Nord- 
pol-Expedition: Pleetroph. nivalis unter 80° n. B., Lagopus alpina, 
Charadr. hiaticula und Tringa maritima, unter 790 55’, Sterna macrura 
in Menge brütend unter 80° 15° und ein noch nicht erwachsenes der- 
selben Art unter 81% 45, Larus glaueus bei 82% u. s. w. *). Keil- 
hau fand auf Spitzbergen Charadr. morinellus und mehrere andere, 
und nach Pennant**) kommt dort Plectroph. nivalis, Tringa alpina, 
Lunda aretica, Alea torda, Mergulus alle, Uria troile, Larus eburneus, 
L. fuseus, L. tridaetylus u. m. a. ebenfalls vor. 

Schon oben haben wir bemerkt, welchen Einfluss die Tempera- 
turverschiedenheit des westlich und östlich vom Nordcap gelegenen 
Theiles unserer Region auf die Ornis derselben übt. Ebenso wie 
vorige Regionen kann darum auch diese, was die skandinavische Halb- 
insel angeht, in ein westliches und ein östliches Gebiet getheilt 
werden, zwischen denen die von der Westküste der Porsangerfjord 
ausgehende und bei Kautokeino mit dem norwegischen Alpenrücken 
zusammentreffende Bergeshöhe die Grenze bildet. Die Vogelarten 
welche jedes dieser Gebiete charakterisiren, haben wir oben schon 
besonders aufgeführt. 

Was nun die besondere Localfauna betrifft, so ist die Ocean- 
und Meeresfauna vollzählig, so dass die Arten derselben, die in 
der Polar-Region fehlten, mit den übrigen zugleich aufgetreten sind. 
Jedoch fehlen die beiden germanischen Arten, die schon in der 
kälter temperirten Region aufhörten und Strepsilas collaris 
geht nicht östlich vom Nord-Cap. Unter den submarinen Arten 
fehlen ausser denen, die schon in voriger Region aufgehört, auch 
die germanische Vulpanser tadorna, und Haematopus ostralegus findet 
sich nicht östlich vom Nord-Cap; dagegen ist der arktische Mergus 
albellus aufgetreten. In der Landseefauna fehlen ausser den Arten, 
die nicht in der Polar-Region vorkamen, auch Pandion haliaötos 
und unter den Alpensumpfvögeln finden sich, ausser den in letztge- 
nannter Region vorkommenden Vögeln, auch Oidemia perspieillata, 
wie wohl sehr selten. Die Flachlandsümpfe, deren es hier wenige 
gibt, besitzen von den germanischen Arten, die in der vorhergehen- 


*) Narrative of an attempt to reach the North-Pole. London 1828. 
**) Arctic zoology. I. Vol. p. 89. Introduction. 


135 


den Region vorkommen, nur Anas crecca und Calamoherpe schoeno- 
baenus, welch letztere jedoch nicht östlieh vom Nord-Cap gefunden 
wird. Die asiatisch-europäischen Arten finden sich mit sehr weni- 
gen Ausnahmen. Die Alpenmoorvögel finden sich alle, aber 
Seolopax gallinula und Numenius phaeopus trifft man nicht östlich vom 
Nord-Cap. Als eigenthümlich für diese Region in Skandinavien 
treten Anthus cervinus und Tringa subarquata auf. Von den Flach- 
landmoorvögeln fehlen, ausser denen, die nicht in voriger Region 
vorkamen: Scolopax rusticola, Totanus ochropus, T. glareola, T. 
glottis, Grus einerea, Rallus erex und Numenius arquata, wogegen 
Totanus fuscus als neue Art zukömmt. In Betreff der Moorvögel der 
Alpen und des Flachlandes bemerken wir, dass, während der locale 
Unterschied zwischen ihnen und den übrigen Regionen sehr ausge- 
prägt ist, er hier fast ganz verschwindet, welches auch von den übri- 
gen Alpen- und Flachlandvögeln in der Weise gilt, dass man diese 
auch auf dem Flachlande gemischt findet. Die Feldfauna 
hat in dieser Region keine ihrer Arten und unter den so genannten 
aves aedificales trifit man nur Hirundo urbica und Falco tinnumeulus — 
letztern nur westlich vom Nord-Cap. Die Waldfauna besitzt unter 
den Hainvögeln nur Erithacus phoenieurus und Lanius excubitor, 
und unter den Laubholzvögeln nur Phyllopneuste trochilus, Corvus 
coraw und C. cornix, so wie auch Cueulus eanorus, alle übrigen feh- 
len. Aus der Nadelholz- und Birkenfauna findet sich nur: 
Fring. montifringilla, Parus borealis, Turdus iliacus, T. pilaris, Picus 
tridactylus? Strie ulula, und Falco peregrinus; Regulus eristatus nur 
westlich vom Nord-Cap. Aves saxatiles, montanae et alpestres 
finden sich, ausgenommen Nucifraga caryocatactes und vielleicht auch 
Pyrrhula sanguinea, welche mit voriger Region aufhörten. 

Im Vergleich mit den übrigen Regionen, würde man diese die 
Region der Spornammern, der Wassertreter und der Alken 
nennen können. 

Trolle Ljungby im Oktober 1855. 

H. D. J. Wallengren. 


136 


Zusätze und Verbesserungen zu dem Früheren im 
Jhrg. 1855, II. Quartal. 


Pag. 135. Zwischen Turdus merula und Motacilla alba muss Cinclus aquaticus 
eingeschaltet und in letzter Columne ein G. gesetzt werden. 

Pag. 136. Bei Accentor modularis müssen die Linien in den fünf ersten Columnen 
weggenommen, aber in den folgenden gesetzt werden. 

Pag. 138. Bei Phalacrocora® carbo müssen die Linien in den zehn ersen Colum- 
nen weggenommen aber in den Folgenden gesetzt werden. W. 


Beilage Nr. 5. 
Nr. 10. 
Leber die „verdächtigen Arten“ im Verzeichnisse der 
europäischen Vögel. 
Von 


Professor H. Blasius. 


(Eorlsetzung.) 


I. 

Der Erledigung der zweiten Frage stellt sich ein unbeseitigtes 
Hinderniss entgegen, die allgemeine Frage nach dem Artbegriff. 
Viele unter uns hoffen wenigstens von der Erledigung des allgemei- 
nen Artbegriffs eine Beseitigung aller Begehungs- und Unterlassungs- 
sünden der systematischen Ornithologie, besonders der europäischen, 
die von ihren Verehrern so gern als die Basis der ganzen Wissen- 
schaft in: den Vordergrund gestellt wird. Ob aber diese Hoffnung 
nicht allzu sanguinisch ist! Wozu soll, um eine nahe gelegene Frage 
aufzuwerfen, eine allgemeine Definition dienen, wenn die Kriterien 
derselben nicht in jedem einzelnen Falle leicht zu verfolgen und 
thatsächlich nachzuweisen sind! Was hat der Zoologie die Bestim- 
mung des Artbegriffs von Buffon genutzt, in dem philosophisch- 
denkende Naturforscher fast ihren einzigen Rückhalt finden! Ist 
irgend ein zweifelhafter Fall durch diese Begriffsbestimmung aufge- 
klärt worden? Und sind nicht Tausende von Fällen als erledigt an- 
zusehen, ohne dass das Kriterium von Buffon auch nur erörtert wor- 


137 


den wäre, oder man auf dessen Verifieirung gewartet hätte? Würden 
wir wohl geneigt sein, Pferd und Esel für ein und dieselbe Art zu 
halten, auch wenn in Südamerika alle Bastarde beider unter sich 
fruchtbar waren? Es liegt etwas von Bücherzoologie in dieser Be- 
griffsbestimmung, so sehr sie sich auch auf die lebende Natur beruft. 
Wir sind in vielen Fällen gezwungen, uns über Speeiesarten scheiden 
zu müssen, ohne auf die Erfüllung der Buffon’schen Kriterien warten 
zu können. Und was lässt sich nicht Alles mit diesem Kriterium 
machen: Arten, Nebenarten, Rassen, Subspecies oder Gattungen u. 
s. w., u. 8. w. Es lässt sich sogar nachweisen, dass durch die An- 
wendung eines solchen Princips viel Unheil in der Ornithologie an- 
gerichtet worden ist. Es ist noch die Frage, ob nicht auch jede 
andere Prineipreiterei, deren Kriterium so schwer oder so leicht zu 
verifieiren sind, wie durch gepaarte Päärchen, die Ornithologie auf 
Holzwege führen wird, 

Die Zeit der naiven Artauffassung und unbefangenen Naturbeob- 
achtung scheint vorüber. Es war eine schöne Zeit, in der man sich 
noch nicht so heftig über gute und schlechte Arten stritt, sagen die 
ängstlichen Gemüther. Wenn es weit kam, so stritt man sich dar- 
über, ob es nur einen Sperber oder zwei, einen grossen und kleinen, 
einen einzigen Kukuk oder zwei, 'einen braunen und grauen, einen 
einzigen Kauz oder zwei, Strix aluco und Strix stridula gebe. 
Und wenn dann Jemand einen Sperber von Mittelgrösse oder einen 
halbvermauserten grauen Kukuk mit alten braunen Federn beibrachte, 
war die Frage erledigt, bis die Geister der Erschlagenen von Neuem 
zu einer fortgesetzten Hunnenschlacht sich erhoben. Aber wie war 
das Alles ein Kinderspiel gegen jetzt! 

Brehm kann es sich als Verdienst anrechnen, den gemüthlichen 
alten Schlendrian gestört zu haben. Er hat mit verschwenderischen 
Händen gespendet, Arten und Unterarten, und für sich allein eine 
Armee in den Kampf geführt. Doch hat man ihn, wie es mir 
scheint, missverstanden, wenn man geglaubt hat, er wolle unbedingt 
mit der Aufstellung seiner zahlreichen Subspecies der bisherigen 
Ormithologie den Krieg erklären. Es ist ja im Allgemeinen sein 
Prineip, nicht zu verschweigen, zu welcher Species seine Subspecies 
gehören; und das konnten seine Anhänger, wie seine Gegner, in 
gleichem Maasse wünschenswerth finden. Allmählig aber hat sich die 
Sachlage anders gestaltet. Auch andere Ormithologen fingen an, die 


138 


Verschiedenheiten, die sich oft unläugbar innerhalb der bisher ange- 
nommenen Arten herausstellten, zu fixiren und als selbstständige Spe- 
cies zu behandeln. Der Gedanke lag nahe, dass nach dieser Standes- 
erhöhung auch manche der Brehm’schen Unterarten darauf Anspruch 
machen könnten, aus ihrer bisherigen Leibeigenschaft befreit zu 
werden und selbstständig aufzutreten. Wer kann behaupten, dass 
darin nicht Gerechtigkeit gelegen! Auch lag etwas Natürliches. darin, 
dass nun durch ein überfliessendes Maass die Zunge der Wage nach 
der umgekehrten Seite zum Ausschlagen gebracht wurde. Auf diese 
Art ist man in einigen Regionen der europäischen Ornithologie auf 
einen schwankenden Boden gerathen. Brehm hatte es prineipmässig 
dahin gebracht, dass die Grenzen seiner Subspecies unmerklich in 
einander überflossen, und damit konnten die Gegner seiner Ansichten 
vor Allen zufrieden sein. Nun aber waren die Subspecies theilweise 
zu Species avancirt, und die Grenzen zwischen den herkömmlichen 
Arten drohten auch einzubrechen. Darin lag Gefahr. Es musste für 
diejenigen, die scharfe Grenzen in der Natur anzuerkennen sich ge- 
drungen fühlen, eine Lebensfrage werden, gegen solche Ansichten 
den Kampf zu bestehen. 

Wenn man alle die rüstigen Hände und Federn bedenkt, die in 
Ornithologie machen, so begreift man kaum, dass dieser Kampf nicht 
heftiger geführt, dass er nach der einen oder der andern Seite nicht 
tödtlich geworden ist. Man muss sich die Gefahr entweder zu gross 
oder sehr klein gedacht haben; beide Partheien arbeiten ruhig neben 
einander fort, und schweigen gegen einander weiter. Aber an eine 
Aussöhnung oder Vereinigung ist am allerwenigsten zu denken. 

Die meisten Ornithologen erkennen es an, dass die Natur Ver- 
schiedenheiten darbietet, die durch die herkömmlichen Artabgrenzun- 
gen nicht ausgesprochen werden. In solchen Fällen sprach man 
sonst ganz unbefangen und anspruchslos von Varietäten, später weit 
bestimmter von geographischen oder klimatischen Varietäten, dann 
von Rassen, Localrassen u. dgl. Schlegel führte factisch die Vor- 
stellung der Nebenarten ein. Allmählig sind aus allen diesen Vor- 
stellungen reiche Fundgruben moderner Arten geworden, während hin 
und wieder noch ein gelungener Versuch gemacht wird, die herkömm- 
liche Anschauung von Art factisch festzuhalten. 

Und so führen wir Ornithologen denn zur Erbauung, und Er- 
götzung der übrigen Zoologen einen neuen babylonischen Thurmbau 


139 


auf, und wundern uns, wenn andere Naturforscher die Achseln zucken 
und humoristisch zu verstehen geben, es müsse wohl Etwas faul sein 
im Staate Dänemark. 

Es liegt Natürliches darin, wenn nicht allein die ängstlichen, 
sondern auch die nicht ängstlichen Gemüther aus diesem Wirrwarr 
sich befreien möchten. Es fragt sich aber, was ist hier faul, und wie 
ist dem Schaden abzuhelfen, damit nicht eine allgemeine Stagnation 
einreisse? 

Es mag wohl ganz erspriesslich sein, wenn wir uns im Allge- 
meinen über die Begriffe von Art, Unterart, Nebenart, Rasse etc. etc. 
philosophisch aufklären; doch wird schwerlich derjenige sich als fal- 
scher Prophet erweisen, der voraus verkündigt, dass durch solche 
Definitionen sicher kein Prokrustesbett geschaffen wird, in dem die 
widerspenstigen Glieder von selbst auf das normale Maass einschrum- 
pfen oder ausgerecekt werden. 

Die Natur gibt uns handgreiflich nur Individuen. Wo die Hand- 
greiflichkeit aufhört, fängt bei einigen Menschen die Philosophie an, 
während sie bei andeın hier zu Ende ist. Desshalb sagt man denn: 
Der Begriff der Art ist subjeetiv oder individuell! Folglich kann 
man es mit diesem Begriff halten wie man will, wenn ich diese Aeus- 
serung richtig verstehe. Und doch hat man dies nicht in unbe- 
schränkter Zügellosigkeit durchgeführt! Der babylonische Thurm- 
bau wäre sonst lange schon beendet! 

Doch worin hat das Hinderniss gelegen, das weise Maass, das 
den krassesten subjectiven Ausschweifungen einen Zügel angelegt hat? 
Wie es mir scheint, in der selbstbewussten oder instincetiven Forde- 
rung, dass man eine Art von jeder anderen müsse unterscheiden 
können! -Und doch gibt es Ormithologen, die es prineipmässig aus- 
sprechen: es gibt keine scharf getrennten Arten; die ganze Natur 
zerfliesst oder verschwimmt ohne Grenzen in einander! Das ist die 
Macht einer Theorie! Dieselben Ornithologen haben nicht nach ihrem 
Prineip gehandelt, sondern nach der stillen, instinetiven Forderung 
der Unterscheidung; denn sie haben ausgedehnte Artbeschreibungen 
gemacht, sogar mit zugehörigen Artkennzeichen. Hätten sie es mit 
ihrem Princip ernstlich gemeint, so konnten sie, der Ornithologie un- 
beschadet, statt jeder Artbeschreibung eine Schilderung einer beliebi- 
gen Mondlandschaft einfügen; ist eine Art im Ganzen nicht wieder 
erkennbar, so erfüllt die Schilderung der Mondlandschaft denselben 


140 


Zweck auch. Wer im Ernst des Glaubens lebt, Arten sind nicht zu 
unterscheiden, der thäte vielleicht besser, sich mit anderer Handarbeit 
zu beschäftigen. 


Arten sind zu unterscheiden — oder sie sind nichts werth! 


Auf das Wie der Unterscheidung kömmt im Allgemeinen wenig 
an; darüber kann man sich verständigen! Es gibt der Ornithologen 
nur Wenige, die es mit der Einsicht in die Vogelwelt so weit ge- 
bracht haben, wie mit der in das Einmaleins. Und mit den anderen 


lässt sich reden und überlegen. 


Dass ein und dasselbe Individuum wohl unter allen Umständen 
zu ein und derselben Art gezählt werden muss, gleichviel ob es alt 
oder jung ist, im Frühlings- oder Herbstkleide sich befindet wird in 
der Theorie wohl Niemand bestreiten. Es muss etwas Bleibendes in 
allen Veränderungen desselben Individuums vorhanden sein, das 
für die Art als solche charakteristisch ist. Auch ist es wohl billig, 
um die Vorstellung der Art zu erschöpfen, wenn die weiblichen In- 
dividuen in demselben Maasse, wie die männlichen beachtet und un- 
terschieden werden, wie man es in der Regel auch beabsichtigt hat. 
Man sollte wohl denken dürfen, dass es um eine Art nicht sehr 
günstig bestellt sein möchte, wenn sich die Weibchen derselben nicht 
von denen anderer Arten unterscheiden lassen. Dagegen ist es auch 
denkbar, dass Individuen ein und derselben Art sich nicht unter allen 
Verhältnissen auf ein und dieselbe Weise ausbilden; es ist denkbar, 
lass an den durch Aeusserlichkeiten bedingten Modificationen nicht 
beide Geschlechter in gleichem Maasse Theil nehmen. Man wird 
sich darüber verständigen können und müssen, was in jedem einzeln 
Falle als klimatische oder locale Varietät, als bleibende Rasse oder 
ausnahmsweise Abänderung anzusehen ist, was als scharf zu trennende 
Art, und was als endlos innerhalb der Grenzen einer Art in einander 
verschwimmende subjective Subspecies. Es scheint mir gar nicht 
gleichgültig, ob man eine beliebige Form als Species oder als Sub- 
species aufführt, und wenn ich in der nachfolgenden Uebersicht die 
Brehm’schen Subspecies unerwähnt lasse, so geschieht es, weil 
Brehm selber die in einander zerfliessenden Uebergänge zwischen 
denselben nachgewiesen zu haben glaubt, sie in Bezug auf ihre Art- 
berechtigung also selber schon klar bezeichnet hat. Es reicht nicht 
aus, dass die Verschiedenheiten augenfällig und constant sind; um 


141 


eine Art zu begründen, müssen sie auch für alle Zustände scharf zu 
sondernde Gränzen darbieten. 

Ueber Vultur fulvus und die Abgrenzung von seinen Verwandten 
haben sich schon gewichtige Stimmen vernehmen lassen, ohne zu 
ganz übereinstimmenden Resultaten zu kommen. Für die europäische 
Fauna ist es besonders wichtig, zu wissen, ob man den Vultur Fulvus 
oecidentalis, Schleg., wie es von Bonaparte geschieht, als getrennte 
Art anzusehen hat. 

Auch Gypaötos barbatus occidentalis, Schleg., den Bonaparte 
mit der Diagnose: „minor, coloribus vividioribus“ als Art aufführt, ist 
noch nicht über jeden Artzweifel erhoben. 

Noch weniger kann man Haliaötos ossifraga als eine von A. 
albieilla sicher getrennte Art ansehen. 

Ueber Haliaötos leurorypha und seine Identität mit wnicolor, 
Gray, und deserticola, Eversm., haben wir in der letzten Zeit gründ- 
liche Belehrung erhalten. 

Dagegen gehört die Gattung der Adler in Bezug auf Artab- 
trennung zu einer der unklarsten in der gesammten europäischen 
Ornithologie. 

Kaum ist die alte Linn &’sche Unterscheidung von Agwla Chry- 
saötos und fulva wieder in’s Leben gerufen; so taucht eine dritte noch 
zweifelhaftere Gestalt, die des Aquila Barthelemy, Jaubert, auf. 
Wenn es den Beschreibungen nach auch kaum einem Zweifel unter- 
worfen sein kann, dass diese letzte Form mit Ag. Chrysaötos identisch 
ist; so sind doch Gründe genug aufzufinden, über die Trennung und 
Vereinigung von Ag. Chrysaötos und fulva verschiedener Ansicht 
zu sein. 

Die Gruppe der Schreiadler hat sich in den letzten Jahren 
besonders fruchtbar erwiesen. Von den früheren Versuchen abzu- 
sehen, hat man mit lebhaftem Interesse den Ag. Clanga, Pall. im 
Gegensatz zu Ag. naevia wieder geltend zu machen gesucht. Und 
dafür hat sich Ag. Clanga nicht undankbar erwiesen. Die Formen, 
die man anfangs unter Ag. Clanga zu vereinigen gedachte, haben 
Mannigfaltigkeit genug gezeigt, um Veranlassung zu geben, den Ag. 
Juseo-ater, W odz., und Ag. orientälis, Cab., noch besonders abzutren- 
nen. Aber zu einer genügenden Begründung dieser vier Arten, die 
sich bei Brehm auf sieben erhöht haben, ist es noch nicht gekom- 
men. Ich habe diese Vögel in Deutschland und Russland im Freien 


142 


und in Sammlungen viel beobachtet und untersucht, und in zahl- 
reichen Exemplaren genau gemessen; aber bis jetzt bin ich noch 
nicht zu der erfreulichen Sicherheit mancher Ornithologen über diese 
Trennungen gekommen. Doch glaube ich Gründe zu haben, in der 
allgemeinen Körperfärbung und Grösse keinen speeifischen Gegensatz 
zu finden. Ganz übereinstimmende Form kam in verschiedener Fär- 
bung vom lichten Fahlbraun bis zum dunkelsten metallglänzenden 
Schwarzbraun vor, und lichtfahle Exemplare erhalten durch die Mau- 
ser wieder dunkle schwarzbraune Federn. In der Länge der Flügel 
und des Schwanzes, in der Totallänge und Flugweite ete., schliesst 
sich die westliche Ag. naevia ganz an die östliche Ag. Clanga und 
Verwandte an; eine Grenzscheide festzuhalten ist in diesen allgemei- 
nen Dimensionen unmöglich. Aber alle östlichen Formen haben un- 
geachtet vielfachen Schwankens einen weit stärkern Schnabel, als die 
westlichen. Und vielleicht gelingt es, auch noch andere Eigenthüm- 
lichkeiten zu finden, die durch unterscheidbare Grenzen die Trennung 
plausibel machen. 

Nebenbei will ich bemerken, dass ich Adler aus dem südlichen 
Russland besitze, durch welche jede Abgrenzung in den absoluten 
Dimensionen zwischen Ag. elanga und imperialis aufgehoben scheint.*) 

Der lebhaft geführte Streit über Ag. minuta und pennata scheint 
mir nicht bedenklich, wenn auch noch keine Aussicht vorhanden ist, 
alle Ansichten in eine einzige zu vereinigen. 

Wie schwer die Ansichten über die europäischen Edelfalken zu 
vereinigen sind, haben wir erlebt. Ueber die nordischen Formen 
haben sich fast so viele Ansichten ausgebildet, als combinatorisch 
möglich waren. Brehm und Hancock unterschieden zwei 
Formen, den grönländischen und isländischen, eine Ansicht, der ich 
geglaubt habe, mich anschliessen zu müssen. Als ich für letztere 
Form in den Wirbelthieren den Namen Gyrfalco in Anwendung 
brachte, geschah dies nicht, weil mir die norwegische Form unbe- 
kannt geblieben war, sondern weil ich es nicht hatte möglich machen 
können, sie von der isländischen zu trennen. Da ich beide für ein 
und dieselbe Art ansah, musste ich der älteren Benennung das Vor- 
recht einräumen. ‘Schlegel verfuhr umgekehrt, vereinigte den grön- 
ländischen und isländischen Falken als Nebenarten zu einer Species 


*) Dasselbe gilt von den Eiern dieser Arten aus Russland. D. Herausg. 


143 


und trennte von derselben den norwegischen Falken als besondere 
Art: F. gyrfaleo. Kjaerbölling ist nach einer genauen Vergleichung 
seines enorm reichhaltigen Materials wieder zu der früheren Ansicht 
zurückgekommen. Er hat nachgewiesen, dass der grönländische und 
isländische Falke durch ihre ganze Lebensdauer sich in Zeichnung 
und Färbung unterscheiden lassen, aber auch dass der isländische 
Falke neben dem grönländischen in Grönland auftritt. Direete Zu- 
sendungen von Grönland haben uns ebenfalls den Beweis geliefert, 
dass beide Formen dort neben einander vorkommen. Die Verbrei- 
tung beider hat Hollböll bewogen, den frühern groenlandieus als 
areticus zu bezeichnen. Kjaerbölling hat ferner darauf aufmerk- 
sam gemacht, dass der norwegische Falke in Färbung und Zeichnung 
von dem isländischen nieht zu unterscheiden ist; nach’Wallen- 
gren’s Aussage wird der norwegische Falke im Alter ebenfalls 
weiss. Dann fragt sich, was für Unterschiede noch bleiben, an denen 
man diese Formen unterscheiden kann, wenn man zufällig ihre Hei- 
math nicht kennt. Die Grösse bietet keine Grenzen dar; ich besitze 
Isländer, die von den Norwegern an Grösse übertroffen werden. 
Auch wenn ich Alles, was bis jetzt für die Trennung der norwegi- 
schen und isländischen Edelfalken vorgebracht ist, berücksichtige, 
scheint mir eine Willkür oder eine ungleichmässige Schätzung der 
Artcharaktere vorzuliegen. Es ist unverkennbar, dass der grönlän- 
dische Falke vom isländischen viel weiter entfernt steht, als der 
isländische vom norwegischen. Ich zweifle kaum daran, dass man 
den grönländischen vom isländischen in allen Zuständen wird unter- 
scheiden können. 

Die Trennung von Falco Feldeggi oder lanarius Schleg. und 
F. barbarus, L., scheint der Discussion noch fähig zu sein. 

Auch über F. peregrinus und die nahe verwandten ausländischen 
Formen ist noch keine durchgreifende Ansicht zu allgemeiner Ueber- 
zeugung gelangt. 

Unter den Eulen hat die Linne&’sche Strie stridula wieder 
Lebenszeichen von sich gegeben, und es auf’s Neue wünschenswerth 
gemacht, dass endlich der alte Streit bestimmt zur Entscheidung 
gebracht werde. 

Das Verhältniss der beiden Käuzchen: Stris Noctua und meri- 
dionalis ist ein ähnliches, wie das zwischen den verschiedenen Uhu- 
Färbungen, Strir Bubo, atheniensis, seandiaca, oder pallida, sibirica. 


144 


Wer sich bei übrigens gänzlicher Uebereinstimmung mit etwas Ab- 
weichung in der Färbung begnügt, kann Freude an diesen Arten 
erleben, wenn auch keine ungetrübte. Ich besitze Käuzchen aus 
Süd-Frankreich und Dalmatien, die so genau die Mitte zwischen 
Str. Noctua und meridionalis halten, dass man zweifelhaft sein kann, 
zu welcher von beiden Formen sie zu bringen sind, und man fast 
noch eine dritte Art für wünschenswerth halten könnte, um sich aus 
dieser Verlegenheit zu ziehen, im Fall man es nicht lieber bei einer 
einzigen Art bewenden lassen will. Es ist unverkennbar. dass die 
Uhus im nördlichen Skandinavien und Sibirien in der Färbung von 
denen im mittlern und südlichen Europa sehr abweichen, während sie 
in allen übrigen Eigenthümlichkeiten unter sich vollkommen überein- 
stimmen. ‘Aber schon im südöstlichen Russland und südlichen Sibi- 
rien kommen diese Thiere in Mittelfärbungen vor, die den Gedanken 
an eine ernstliche Arttrennung nicht recht aufkommen lassen möch- 
ten. Die süd-europäischen Uhus sind von den deutschen in keiner 
Weise wesentlich verschieden. 

Hirundo cahirica, Licht., führt Schlegel als Nebenart bei H. 
rustica, als H. rustica orientalis auf. 

Brehm führt eine der ZH. rupestris ähnliche afrikanische Form 
als Cotyle cahirica auf, die man nach demselben Prineip zu H. 
rupestris zählen könnte. 

Praktische Beobachtungen über die Umfärbung haben Aufschluss 
über die Bedeutung der von den schwarzen Fliegenschnäppern ge- 
trennten Arten gegeben. Muscicapa collaris und melanoptera, atri- 
capilla und museipeta waren Arttrennungen, bei denen die Weibchen 
und Jungen unberücksichtigt und ununterscheidbar geblieben waren. 
Wer nicht blos auf die Färbung der Männchen, sondern auf Form, 
Lebensweise und Verbreitung Rücksicht nahm, konnte wohl collaris 
von atricapilla trennen, musste aber jede weitergehende Sonderung 
von der Hand weisen. Und doch erklärten sich viele Stimmen für 
diese weiteren Arttrennungen mit vollkommen übereinstimmenden 
Weibchen und Jungen, und sie konnten sich sogar auf gepaarte 
Päärchen berufen. Beweis genug, dass das allein nicht ausreicht. 

Die Erfahrungen an diesen beiden Arten können auch lehrreich 
für diejenigen werden, welche unter allen Umständen eine. Muscicapa 
minuta von M, parva trennen wollen. Einstweilen sind dies wesent- 
lich Versuche in Farbenzoologie, obwohl man auch von Abweichungen 


145 


in Gesang und Eiern *) spricht. So lange keine wesentlichen Ab- 
weichungen im Bau dieser Thiere den einstweilen angegebenen Unter- 
schieden parallel gehen, sind die Erfolge sehr unsicher. 

Es wird sehr schwer halten, über Länius major, Pall., in’s 
Klare zu kommen. Und doch ist es wünschenswerth, die Angaben 
der Zoographia r. as. nicht ganz ad acta zu legen. 

Es ist häufig Brauch gewesen, den Lanius meridionalis mit minor 
zu vergleichen. Eine oberflächliche Beobachtung, die sich nicht blos 
an die Farben anklammert, kann es schon klar machen, dass man 
ihn seiner Verwandtschaft nach nur mit L. eweubitor **) vergleichen 
kann, mit dem er auch im Leben die grösste Uebereinstimmung 
zeigt. Im Bau stimmt er ganz mit L. excubitor überein, während 
er in den charakteristischen Eigenthümlichkeiten des Flügel- und 
Schnabelbaus nichts mit Zanius minor gemein hat. Aber auch in 
der Färbung kann man ihn nur mit L. exeubitor zusammenstellen 
wollen, wenn man die wichtigen Eigenthümlichkeiten der Farben- 
gegensätze und Farbenausbreitung in Anschlag bringt. Ich besitze 
mehrere Exemplare aus Südeuropa und Nordafrika, und habe noch 
weit mehr in Händen gehabt und beobachtet, in denen die Färbung 
von Kopf, Stirn und Hals allen Farbennuancen vom dunkelsten Grau- 
schwarz, das fast die Stirnfarbe des L. minor erreicht, bis zum hell- 
sten Grauweiss, das von dem unserer /. excubitor kaum zu unter- 
scheiden ist, durchläuft. An einen Uebergang zu L. minor ist dabei 
nicht zu denken; aber desto deutlicher tritt eine bedeutungsvolle An- 
näherung an L. eweubitor hervor. Wenn man die Anforderung stellt, 
dass Arten unter allen Umständen unterscheidbar sein sollen; so wird 
sich L. meridionalis als Art, so weit die bisher angegebenen Unter- 
schiede reichen, schwerlich halten lassen. Junge Vögel, die ich Ge- 
legenheit gehabt habe in Sieilien lebendig zu beobachten und zu er- 
legen, sind von den im Alter entsprechenden Jungen des deutschen 7. 
ereubitor nicht "zu unterscheiden. Im Allgemeinen sind, nach den 


*) Die Eier kommen allerdings in hellerer und dunklerer Färbung vor, aber 
leider— bei beiden Arten. Baldamus. 


*) Die Eier haben gleichfalls die grösste Achnlichkeit mit denen von eweu- 
bitor, und nicht die mindeste mit denen von minor, die sich bekanntlich so bedeu- 
tend von einander unterscheiden, dass sie nicht zu verwechseln sind. Die von 
meridionalis, europäische wie afrikanische Exemplare, sind von sehr constanter 
Färbung und Zeichnung, die von ewubitor variiren darin innerhalb bestimmter 
Grenzen nieht unbedeutend. Baldamus. 

Naumannia. 186, 10 


146 


Exemplaren zu urtheilen, die mir zur Untersuchung zu Gebote ge- 
standen haben, und die ich lebendig beobachtete, die dunkelsten 
Exemplare in Algerien gefunden worden; doch gibt es auch Indivi- 
duen dort, die ebenso hell sind, wie die sicilianischen. Vielleicht 
wird man geneigt sein, sich die Form des L. meridionalis als eine 
südliche geographische oder locale Varietät oder Rasse des L. ezeu- 
bitor zu erklären. 

Die Familie der krähenähnlichen Vögel bietet, so klein sie 
ist, noch viele Punkte dar, die einer sorgfältigen Würdigung be- 
dürfen. 

Garrulus glandarius hat sich allmählig: in zahlreiche Arten zer- 
splittert, die ausser in den Farbennuancen keine wesentlichen Ver- 
schiedenheiten darbieten. Die geringen Abweichungen in der abso- 
luten Grösse, die man als charakteristisch anzusehen wünscht, kann 
man alle am normalen @. glandarius beobachten. Ein und dieselbe 
Zeichnung ist trotz der abweichenden Färbung einzelner Körpertheile 
nicht zu verkennen. Die Farbennuancen, die als charakteristisch her- 
vorgehoben werden, sind für keine einzige dieser Formen ganz con- 
stant, und drohen bei einigen sehr in einander überzugehen. Der 
Bau ist bei allen wesentlich derselbe. Nur zwei dieser getrennten 
Arten habe ich im Leben beobachtet, aber trotz des bestens Willens 
in der Lebensweise, Bewegung und Stimme keine Spur von Ab- 
weichung auffinden können. Wenn Corvus glandarius, melanocephalus, 
Krynickü, Brandtii und vielleicht auch bispecularis und japonieus gute 
Arten sein sollen, so darf man wohl sagen, dass die Ornithologen 
bescheidene Ansprüche an ihre Lieblinge machen. Wollte man die 
europäischen Säugethierarten so billig vermehren, so würde man ihre 
Anzahl wohl auf das Zehnfache der jetzt begründeten Arten erhöhen 
können. Freilich ist dies Kunststück bei den Säugethieren auch schon 
versucht worden, Alles durch Geschwindigkeit: hier aber, wo man 
gezwungen ist, mehr als die Farbe des Kleides anzusehen, wird die 
lebhafteste Ausschreitung bald wieder auf das richtige Maass zurück- 
geführt werden können. Es würde nicht schwer sein, sämmtliche 
Säugethierarten mit der grössten Sicherheit bestimmen zu können, 
auch wenn sie alle dieselbe Färbung hätten. Ich möchte aber wohl 
einmal die fatale Ueberraschung der Ornithologen sehen, wenn an 
einem schönen Morgen zur Abwechselung alle Vögel einfarbig 
schwarz geworden wären! Die dann als Arten mit Sicherheit unter- 


147 


schieden werden könnten, würden wohl gute Arten sein! Ob mehr, 
will mir noch sehr zweifelhaft scheinen. 

Ob das Verhältniss von Corvus Pica und Pica mauritanica, Malh. 
von Corvus eyaneus, Pall., und Cyanopiea Cookü, Bonap., von Cor- 
vus Monedula, €. collaris, Drumm., und C. daurieus, Pall., ein we- 
sentlich anderes ist, als das der Heher zu einander, muss noch sehr 

in Frage gestellt werden. C. spermologus scheint auch in Büchern 
allmählig der verdienten Vergessenheit anheim zu fallen. C. leuco- 
phaeus wird wohl im Ernst jetzt von Niemand mehr für etwas ande- 
res, als eine Spielart des Kolkraben erklärt werden, und €. littoralis 
kann kaum Ansprüche auf diesen Rang im Systeme machen. 

Das Verhältniss von (€. Corone und Cornix kann einen inter- 
essanten Prüfstein für ornithologische Theorieen darbieten, und den 
Beweis liefern, ob Jemand den Muth hat, seine Theorie mit der 
Praxis in Einklang zu bringen. 

Es ist wohl nicht zu läugnen, dass Parus ultramarinus unserm 
P. coeruleus sehr nahe steht, obwohl die alten Männchen in der 
Färbung abweichen. Es ist nicht immer leicht, die Weibchen und 
Jungen beider Formen richtig unterzubringen, da in der Form keine 
wesentliche Abweichung stattfindet. 

Dass Parus borealis nicht wesentlich von P. alpestris abweicht, 
scheint als ausgemacht angesehen werden zu können. Dass beide in 
ihrer Lebensweise und Stimme keine Verschiedenheiten zeigen, kann 
ich aus eigener Beobachtung versichern. Ausserdem scheint es mir 
aber auch noch sehr wünschenswerth, die Unterschiede von Parus 
palustris und borealis, in Lebensweise, Bau und Färbung noch be- 
stimmter zu controlliren, als es bis jetzt geschehen ist. 

Wenn man den Parus frigoris, Selys, als feststehende Art in 
ornithologischen Schriften aufführt, so geschieht das gegen die aus- 
drücklichen Aussprüche des Autors. In der Beschreibung vergleicht 
Selys diese isländische Meise nur mit der nordamerikanischen P. 
atricapillus, und sagt zum Schluss: „Man muss noch Beobachtungen 
abwarten, um über die Art sicher zu sein. Es wäre vielleicht nicht 
ganz unwahrscheinlich, dass P. frigoris ein älteres oder Hochzeits- 
kleid von P. borealis wäre.“ Deutlicher kann man es doch nicht 
aussprechen, dass man diesen Punkt nieht für erledigt hält. 

Sitta europaea, caesia und uwraleusis benehmen sich gedruckt in 


Büchern s0 ungezwungen, wie drei ganz gute Arten. In der Natur 
10* 


148 


selber ist die Sache weniger bestimmt. Ich habe vielfache Gelegen- 
heit gehabt, sämmtliche Formen im Freien zu beobachten. Im 
Leben, in der Bewegung, im Benehmen, in der Stimme, im Lock- 
ton, in der Nistweise habe ich keine Spur von Unterschied sehen 
können, während die südliche und ganz abweichend gebaute und ge- 
zeichnete Sitta syriaca auch ‘dem Anfänger im Beobachten auf den 
ersten Blick auffällt. Der Unterschied beruht auch hier auf nicht 
sehr entfernt stehenden Farbennuancen. Und diese zeigen gar keine 
scharfen Grenzen. Die dänischen Formen, die man geneigt sein 
könnte, noch zu S. europaea, L., zu stellen, stehen ziemlich in der 
Mitte zwischen den schwedischen und deutschen. In der Nähe von 
Kopenhagen erlegte Weibchen sind in der Färbung der Unterseite 
nieht sicher mehr von den Männchen aus der Gegend von Braun- 
schweig zu unterscheiden. Die Sitta europaea, L., kommt im ganzen 
nordwestlichen Russland vor, wird aber nach der Dwina hin auf der 
Unterseite noch etwas heller. Die eigentliche €. uralensis kommt 
östlich von der Dwina vor, wird aber erst im Ural auf der Unter- 
seite ganz weiss. Nur so lange man Exemplare von möglichst ent- 
fernten Fundorten zusammenstellt, und diese im Leben unbeobachtet 
lässt, kann man sich der Hoffnung überlassen, in diesen drei Ab- 


weichungen gute Arten zu besitzen. *) 


Ob Certhia familiaris und brachydactyla, Brehm, als Arten in 
herkömmlichem Sinne angesehen werden sollen, scheint noch nicht 
Ueberzeugung aller Zoologen geworden. Dass Certhia Costae und 
C. Nattereri, Bon., nur als Namen für (. familiaris angesehen werden 


können, ist mit mehr Sicherheit ausgemacht. 


Die Gattung Cinclus hat ausser dem C. aquatieus trotz ihrer höchst 
eigenthümlichen Isolirtheit und Uebereinstimmung im Bau und Le- 
bensweise, Stoff zu neuen Arten, C. melanogaster und leucogaster 
gegeben. Gegen beide haben sich schon Stimmen erhoben; es 
sind wieder nur theilweise schwache Farbennuancen, die zur Tren- 


*) Professor Vilh. Liljeborg in Upsala theilt mir so eben mit, dass er die 
mitteleuropäische Form kürzlich in der Umgegend Upsalas aufgefunden. S. 
weiter unten die Notizen. Bezüglich der Eier kann ich nach weiteren Erfahrun- 
gen nur wiederholen, was ich bereits 1853 (s. Naum. 1853 p. 422) gesagt: Die 
Eier der sSitta syriaca sind specifisch verschieden von denen der caesia und 
europaea, während letztere gar nicht von einander zu unterscheiden sind. 

Baldamus. 


149 


nung dienen können. Dass C. melanogaster in Betragen, Lebensweise, 
Stimme und Fortpflanzung durchaus nicht von €. aquaticus abweicht 
kann ich aus eigener Erfahrung behaupten. 


Man hat nur die ornithologischen Bücher anzusehen, um sich zu 
überzeugen, dass Sturnus untcolor noch nicht zu den allgemein an- 
erkannten Arten gehört. Normale Exemplare von St. unicolor, die 
nördlich von den Apenninen vorgekommen wären, sind mir noch nicht 
zu Gesicht gekommen. Das steht jedenfalls fest, dass sich der sicilia- 
nische St. unicolor in den Lebensäusserungen nicht von St. vulgaris 


unterscheidet. 


Die Ansichten über die Drosseln haben sich, trotz der vortreff- 
lichen Arbeiten, die wir über dieselben besitzen, noch nicht ganz 
übereinstimmend gestaltet. Die von Turdus iliacus getrennten Arten, 
wie Turdus illuminus, Lbst., werden sich wohl leicht erledigen 
lassen. Schwieriger ist die Frage über Turdus Naumanni, die Dr. 
von Middendorff nicht anerkennen will.und deren von Naumann 
abgebildete Exemplare er zwischen T. fuscatus und ruficollis vertheilt. 
Man darf noch fragen, ob Turdus auroreus, Pall., wirklich in Europa 
vorgekommen ist, und was unter 7. auroreus, Glog., zu verstehen 
sei. Dass die von Naumann unter T. sibirieus abgebildeten jüngern 
Vögel zu derselben Art gehören, wie die alten, scheint mir nicht 
über allen Zweifel sicher zu stehen. Wenn man den Turdus varius, 
Pall, mit 14 Schwanzfedern, von einer ganz ähnlichen Form mit 
12 Schwanzfedern trennt, abgesehen vom ganz abweichend gebauten 
T. lunulatus und seinen Verwandten; so möchte sich wohl das Be- 
dürfniss einstellen, diese Trennung nicht auf ein einzelnes Individuum 
zu gründen. 

Man hat vermuthet, dass der Pallasische Accentor montanellus 
nicht mit den in Europa gefundenen übereinstimme, und letzteren dess- 
halb A. Temminckii genannt. Von Middendorff hält sie für über- 
einstimmend, und ich kann aus eigner Anschauung versichern, dass 
der bei Wien gefangene A. montanellus mit dem pallasischen Exem- 
plare ühereinstimmt. 

Man scheint allmählig davon zurückzukommen, Sylvia galactodes 
und familiaris als gute Arten zu betrachten. Ich habe viele süd- 
europäische, nordafrikanische und westasiatische Exemplare geschen, 
und die Originalexemplare der S. familiaris von M&netrids unter- 


150 


sucht, und zweifele nicht einen Augenblick daran, dass beide der Art 
nach durchaus nicht zu trennen sind. 

Dass Sylvia sericeea, Natterer, mit $. Cetti als identisch ange- 
sehen werden muss, ist schon ausgesprochen worden, und geht aus 
Vergleichung des Originalexemplares von S. sericea, Natt., in Wien 
mit Sicherheit hervor. 

Dass Sylvia seita, Eversm., mit Sylvia caligata, Licht., voll- 
kommen übereinstimmt, kann ich nach Vergleichung von einem Ori- 
ginalexemplar der S$. scita, das ich von Eversmann erhielt, mit 
dem Berliner Originalexemplar der 8. caligata bestimmt versichern. 
Das Berliner Exemplar ist ein älteres, das meinige ein jüngeres 
Individuum. 

Wenn Brehm die Syhra lanceolata, Temm., für identisch mit 
Sylvia locustella ansieht, so scheint dies nicht die herrschende Ansicht 
zn sein. 

Ueber das Verhältniss von Sylvia Cariceti zu S. aquatica scheint 
eine bestimmte Ansicht zur Herrschaft gelangt zu sein, wenn sie auch 
noch nicht unbedingt anerkannt wurde. 

Die Trennung von Sylvia turdoides und media, Malm., scheint 
noch nicht durch anderweitige Beobachtungen festgestellt zu sein. 

Ueber Sylvia arundinacea und palustris, und die vielfachen Ver- 
suche, von beiden noch neue Arten zu trennen, muss die Zukunft 
völligen Aufschluss bringen. Es ist auffallend, dass sich immer mehr 
Mittelformen zwischen diese beiden, äusserlich einander so sehr nahe 
stehenden, im Gesang und der Lebensweise aber so entfernten Arten 
stellen. Als eine solche Mittelform stellt Naumann seine S. horticola 
hin, die er für synonym mit S. pinetorum und arbustorum, Brehm, 
hält. Nach Originalexemplaren dieser beiden Formen von Brehm 
würde ich nicht abgeneigt sein, die S. pinetorum mit arundinacea, 
und die S. arbustorum mit palustris zusammen zu stellen, soweit die 
Bälge ein Urtheil zulassen. Ueber die der $. palustris jedenfalls nahe 
stehende S. magnirostris, Liljeb., sind noch fortgesetzte Beobachtun- 
gen wünschenswerth. 

Darüber, dass Sylvia elaica und ambigua als identisch anzusehen 
sind, kann wohl kein Zweifel mehr bestehen. Aber auch 8. Preghü 
Frfld., gehört ohne jeden Zweifel zu dieser Art, wie ich nach Unter- 
suchung von drei Originalexemplaren, die ich von Pregl erhielt, 
bestimmt versichern kann. 


151 


Man könnte Grund finden, sich fast zu wundern, dass Sylra 
Hypolais und polyglotta, Vieill,, als Arten neben einander so rasch 
allgemeine Anerkennung gefunden haben, da sie sich doch, von der 
Stimme abgesehen, fast nur in minutiösen Eigenthümlichkeiten des 
Flügelbaues unterscheiden. Es gibt noch so viele tüchtige ornitholo- 
gische Beobachter, die keine Gelegenheit vorübergehen lassen, ihr 
unverhohlenes Missfallen darüber zu erkennen zu geben, dass viele 
Vögel sich die Freiheit nehmen, im Flügelbau charakteristische Unter- 
schiede fest zu halten. Bonaparte gibt 8. polyglotta in Skandi- 
navien vorkommend an. Mir ist von schwedischen Ornithologen 
versichert, dass nur eine dieser Arten dort vorkomme, und diese ist 
nach den mir vorliegenden Exemplaren mit Bestimmtheit 8. Hypolais. 
Dieser Widerspruch würde noch aufzuklären sein. 

In der Gattung der Laubsänger begegnet uns zunächst der Name 
eines Verschollenen, „ce nom maudit d’ieterina,“ wie Bonaparte sagt. 
„Je fais voeu de ne plus m’en servir, quand m&me mon espece n’aurait 
pas et& engloutie par la mer avec son individe type tu& sous mes 
yeux par M. Cantraine & Ostie ete.“ fährt Bonaparte fort, wie auch 
Temminck in seinem Manual erzählt. Temminck’s Angaben Man. III. 
150 sind in diesem Falle sehr bestimmt und lassen kaum einen Zweifel 
über die Form zu, weil er den Flügelbau ausnahmsweise genauer 
erörtert. Es ist nicht möglich, dass, wie Bonaparte im Conspeetus 
p- 289 annimmt, diesen Angaben eine $. Trochilus zu Grunde gelegen 
habe. Wenn es auch vermuthet und behauptet ist, so hat man es 
doch keineswegs wahrscheinlich gemacht, dass die Sylvia icterina, Vt., 
eine andere Form sei. Ich habe ein einziges Mal in der Nähe von 
Braunschweig einen Vogel erlegt, der mit den Angaben von Tem- 
minck in allem Wesentlichen übereinstimmte, und den ich nur ge- 
zwungen mit S. Trochilus hätte vereinigen mögen. Das ist die Sylria 
ieterina der „Wirbelthiere Europas.“ Ich weiss von Eversmann per- 
sönlich, dass die Angaben in den Wirbelthieren Veranlassung ‚gegeben 
haben zu seiner S. icterina, von der er auch Abweichungen in der 
Stimme anführt. Bonaparte hat in seinem unverhohlenen Widerwillen 
gegen den Namen ieterina den Namen Eversmanni für diese Form 
vorgeschlagen. Der Zusammenhang mit der Temminck-Vieillot’'schen 
Form ist jedoch nicht zu verkennen. Eversmann hat diese Form im 
eüdöstlichen Russland mehrfach beobachtet und erlegt. Die von 


Eversmann herstammenden Originalexemplare, welche ich besitze und 


152 


gesehen habe, stimmen unter sich und mit den berührten Angaben 
vollständig überein. Nur im südöstlichen Russland scheint diese Form 
häufiger vorzukommen. Aus dem westlichen Europa sind bis jetzt 
ausser den von Vieillot etwa benutzten Exemplaren nur drei Indivi- 
duen bekannt geworden: das von Temminck und Bonaparte er- 
wähnte, von Cantraine bei Ostia erlegte, ein bei Braunschweig erlegtes, 
und ein im vergangenen Jahre beim Kloster Ebrach in Oberfranken 
geschossenes Exemplar, welches ich genau verglichen und über das 
ich durch Herrn Pfarrer Jäckel weitere Auskunft erhalten habe. 
Dies letztere stimmt genau mit den Exemplaren aus Russland und 
Braunschweig überein. Je häufiger diese Thiere in constanter Form 
auftreten, desto wahrscheinlicher wird es, dass man es hier wirklich 
mit einer guten Art zu thun hat, die dann wohl im Ernst darauf 
Anspruch machen könnte, den ursprünglichen Namen ieterina wieder 
zu führen. Dass sie sich unter den bekannten Arten am meisten 
S. Trochilus anschliesst, ist nicht zu verkennen. 

Ebenso ist es klar, dass die Syhria sylvestris, im Fall sie sich als 
Art bestätigen sollte, nach der Beschreibung von Naumann sich am 
nächsten an S. rufa anschliesst, und demnach wohl nicht gut an eine 
Identität derselben mit der S. icterina zu denken sein wird. 

Während Gloger in seinem Handbuch Sylvia subalpina und 
conspieillata als Arten streicht und mit Sylvia eurruca und einerea 
zusammenzählt, erscheinen beide jetzt als Typen von einer abweichen- 
den Gattung. Dass sie als Arten nicht mit unseren nordischen ver- 
einigt werden dürfen, muss, von den körperlichen Eigenthümlichkeiten 
abgesehen, dem Naturbeobachter auf den ersten Blick klar werden. 

Ueber Sylvia rubricapilla darf man sich in Bezug auf die Art- 
berechtigung wohl noch nicht ganz beruhigen. Vor zwei Jahren 
habe ich im botanischen Garten in Braunschweig ein brütendes ge- 
paartes Päärchen dieses Vogels mehrere Wochen hindurch täglich 
stundenlang beobachten können. Anfangs wunderte ich mich, dass 
ich, nach meiner ersten Ansicht, immer nur das rothköpfige Weibchen 
auf dem Neste sah, während bei einem andern Neste in der Nähe 
das Männchen mit dem Weibchen im Brütgeschäft abwechselte. Da- 
durch wurde ich veranlasst, nach dem Wechsel auf dem Nest auf- 
merksam zu achten, und sahe endlich, dass beide Alten Rothköpfe 
waren. Bald hörte ich denn auch das rothköpfige Männchen singen, 
und der Gesang war ganz derselbe, wie der des kaum zwanzig 


153 


Schritte entfernten schwarzköpfigen Männchens. Beide wetteiferten 
nicht selten im Gesange mit einander. Ich freute mich auf den Kopf- 
putz der Jungen, fand mich aber seltsam überrascht, als sie sich voll- 
kommen wie die des benachbarten schwarzköpfigen Vaters erwiesen. 
Man wird mir vielleicht einwenden, dass dies nicht die richtige Art, 
sondern eine zufällige Varietät gewesen sei; und darauf würde ich 
antworten: wer verbürgt mir denn, dass diese richtige Art etwas 
anderes sei! Das noch in meinen Händen befindliche Männchen ist 
von dem beschriebenen jedenfalls nicht zu unterscheiden. 


Ueber die specifische Trennung der Blaukehlchen haben wir 
kürzlich von Altum einen bedeutungsvollen Fingerzeig erhalten. 
Vorauszusagen ist es freilich noch nicht, ob diese Andeutungen für 
sehr lebhafte Verehrer dieser Trennungen genügen werden. Da sich, 
so weit ich aus Originalexemplaren und aus zahlreich im Leben 
beobachteten Individuen beurtheilen kann, die Weibchen und Jungen 
dieser so verschiedenartig gefärbten Männchen nicht von einander 
unterscheiden lassen, so konnte es sich nur um die Männchen handeln. 
Ich habe die rothbrüstigen im Norden von Europa, die andern For- 
men in Deutschland im Leben vielfach beobachtet, aber einen Unter- 
schied in Stimme und Benehmen nicht bemerken können. 


Dass Rutieilla Cairii nicht wesentlich von $. Tithys verschieden 
ist, wird wohl kaum mehr bezweifelt. Ich habe diese blasse Form 
auch in den östlichen Alpen wiederholt im höhern Gebirge beobachtet 
und aus Steiermark erhalten. 


* Die sehr nahıe Verwandschaft von Sazieola Rubicola und Hem- 
prichü ist nicht abzuleugnen. Eine Form, mit der Zeichnung und 
Färbung der letztern aber weit geringerer Körpergrösse, kommt im 
südlichen Ural vor. Das Verhältniss dieser drei Abweichungen ist 
noch einer sicheren Aufklärung bedürftig. 


‚ 

Von Sarieola Oenanthe, dieser Art von so auffallend ausgedehnter 
Verbreitung, hat sich allmählich Sazicola saltator, Menetr., und 
S. squalida, Eversm., losgerissen. Ich habe die Originalexemplare 
von Mendtries sorgfältig untersucht, Originalexemplare von Evers- 
mann in Händen, und beide mit zahlreichen Exemplaren mitteleuro- 
päischer 8. Oenanthe verglichen, ohne irgend einen Unterschied, auf 
den eine Art mit Sicherheit zu gründen wäre, auffinden zu können. 
Die nordrussischen Steinschmätzer stimmen zum grössten Theil mit 


154 


den Originalexemplaren der beiden Arten überein, ohne in der Lebens- 
weise und im Benehmen irgend einen Unterschied von den deutschen 
Steinschmätzern zu zeigen. 

Es ist nicht vorauszusehen, ob man geneigt sein wird, den Streit 
über Sazicola aurita und stapazina als erledigt anzusehen. Mit 
mehrfachen Abweichungen reiht sich Saxicola salina, Eversmann, 
beiden an. 

Bonaparte führt noch Sawieola leucomelas und lugens als getrennte 
Arten auf, während andere Ornithologen nicht daran zweifeln, dass 
beide identisch seien. 

Wenn man sich bei den praktischen Vögelkennern und in Büchern 
hinsichtlich der bestehenden Ansichten über Motacilla alba, Yarrelliüi 
und lugubris, M. flava, campestris. neglecta, einereocapilla, Kaleniczenküt, 
melanocephala und nigricapilla, Anthus aquatieus, obscurus, rupestris, 
immutabilis und orientalis, Anthus pratensis, montanus, cervinus und 
ruficollis erkundigt hat; so darf man dreist behaupten, dass die euro- 
päische Ormithologie noch keine Veranlassung hat, auf ihren Lor- 
beeren sich zur Ruhe zu legen. Ich müsste fürchten, allzu weitläuftig 
zu werden, wenn ich hier meine eigenen Beobachtungen und Erfah- 
rungen in sehr verschiedenen und entgegengesetzten Theilen Europas 
mittheilen wollte. Den genannten Gattungen schliessen sich die Ler- 
chen würdig an. Alauda Duponti habe ich oben schon erwähnt; ich 
halte sie noch keineswegs für eine sicher begründete Art. 

Ueber Alauda arvensis, cantarella, undata und Bufoni müssen 
sich in die Ansichten noch vereinigen. Alauda Calandra und brachy- 
daetyla zeigen sich allerdings sehr mannigfaltig ausgebildet; ob aber 
A. bimaeulata, Mene&tr., und A. Pispoletta, Pall., Men£tr., von beiden 
zu trennen sind, ist noch nicht erledigt. Die Originalexemplare von 
Menetries schienen mir noch nicht hinreichend Grund dazu darzu- 
bieten. Auch A. longipennis, Eversmann, über die ich gar kein 
bestimmtes Urtheil habe, müsste hier in Betracht kommen. 

Ueber die Verwandtschaft von Alauda alpestris, penieillata oder 
seriba, bicornis und albigula ist noch kein allgemein anerkanntes 
Urtheil festgestellt. 

Ueber die Rohrammern, Zmberiza Schoeniclus, intermedia und 
pyrrhuloides, die ich sämmtlich in Dalmatien nebeneinander beobachtet 
habe, ohne in Stimme oder Benehmen eine Verschiedenheit zu be- 
merken, sind die Ansichten durchaus noch nicht übereinstimmend. 


155 


Die Trennung von Eimberiza fucata, lesbia und provincialis ete. muss, 
um sie ganz sicher zu stellen, noch durch eine weit genauere 
Kenntniss dieser Thiere, als man sie bis jetzt besitzt, unterstützt 
werden. 

Emberiza caspia, Menetr., ist eine kleine Form von E. Miliaria. 
Die Originalexemplare, welehe ich untersucht habe, weichen in andern 
Eigenthümlichkeiten nicht wesentlich vom E. Miharia, wie sie in 
Deutschland im Jugendzustande vorkommt, ab. Auch E. granativora, 
ME&netr., ist nach den Originalexemplaren das Jugendkleid von 
E. melanocephala. 

Wie viel noch, auch bei häufiger zu beobachtenden Vögeln, in 
der europäischen Ornithologie eines endgültigen allgemeinen Urtheils 
entbehrt, mögen die Haussperlinge, Fringilla domestica, cisalpina und 
salicaria beweisen. 

Es scheint, als ob Diejenigen, die Fringilla incerta, Risso, für 
eine durch Gefangenschaft etc. im Gefieder ausgeartete Pyrrhula 
erythrina halten, trotz Bonaparte’s Widerspruch Recht behalten sollten. 
Der Streit ist aber wieder ein Beleg von den Irrlichtern, die aus 
dem beweglichen Sumpfboden einer ausschliesslichen Farbenzoologie 
aufsteigen. Wenn die Kämpfer, Degland, Bonaparte, Jaubert etc. dem 
fraglichen Delinquenten. den Schnabel öffneten und den Gaumen be- 
trachteten, so könnten sie sofort wissen, wer Recht hätte. Dass die 
körnerfressenden Vögel in der Bildung des Gaumens durchgreifende 
und den natürlichen Gruppen ganz parallel laufende Unterschiede 
zeigen könnten, mag bei vielen Ornithologen wohl für eine eben so 
verwegene Ketzerei gelten, als dass die meisten Vögel im Bau der 
Flügel und der Schwungfedern constante charakteristische Unterschiede 
darbieten, — inzwischen aber auch zuweilen mausern. 

Bonaparte führt im Conspeetus vier Leinfinken auf: Acanthis 
rufescens, Linaria, Hollbölli und canescens. Vordem unterschied man 
nur eine einzige Art. Brehm hat die Zahl derselben sehr ver- 
vielfacht. Wir haben Gelegenheit gehabt, die sehr reichhaltige und 
höchst interessante Reihe der Brehm’schen Leinfinken neben einander 
mit einem Blick übersehen zu können, und sind gezwungen gewesen, 
die Ausdauer in den minutiösen Trennungen bewundern zu müssen. 
Und nun fragen wir nach dem Endresultat für die Wissenschaft, so 
etwas, was man, wie Faust sagt, schwarz auf weiss mit nach Hause 


tragen kann. Derjenige Naturforscher, der in neuern Zeiten mehr 


156 


als alle andern Gelegenheit gehabt hat, diese Vögel zu allen Jahres- 
zeiten, in allen Zuständen Jahre lang zu beobachten, und sie Jahre 
lang im Freien beobachtet hat, von Middendorff, erklärt alle für ein 
und dieselbe Art. Es gibt allerdings lang- und kurzschnabelige, roth 
und weissbrüstige Sommer- und Winterkleider, roth- und weiss- 
bürzelige, und noch sehr viele, die zwischen diesen zu liegen schei- 
nen; da wird es schwer werden, einen Mittelweg einzuschlagen, auf 
dem ja auch die Wahrheit nicht immer zu liegen scheint. 

Fringilla islandica ist noch immer ein ungelösetes, nun bald ver- 
schollenes Räthsel. Pyrrhula coccinea und vulgaris wollen zuweilen 
noch für mehr als die Grenzmarken derselben Art angesehen sein. 

In den Ansichten und Kämpfen über die Kreuzschnäbel sind 
Thienemann und Brehm noch immer die entgegengesetzten Flügel- 
männer; doch auch fast die einzigen unvermittelten Kämpfer. 

Davon, dass Tetrao brachydactylus, Temm., nicht von T. albus speci- 
fisch verschieden ist, kann man sich, wenn man nur einen einzigen Tag auf 
diese Thiere mit Erfolg Jagd gemacht hat, ohne Mühe überzeugen. Dass 
T. scoticus in demselben Verhältniss zu T. albus steht, wie der irlän- 
dische Hase zum veränderlichen Schneehasen, scheint allmählich still- 
schweigende Ueberzeugung geworden zu sein. Ueber Tetrao rupestris, 
Reinhardti und Islandorum wird die Verständigung wohl auch nicht 
ausbleiben. 

Perdia Labatei wird wohl bald einer stillen Vergessenheit an- 
heimfallen. Ich habe mir nicht allein persönlich,. sondern auch durch 
meine Freunde in den Alpen, die grösste Mühe gegeben, in seinem 
ursprünglichen Heimathsthale und im Ganzen in den südwestlichen 
Alpen dieses Rothhuhns habhaft zu werden; aber vergeblich. Man 
sagt, dass nur der Autor Kunde von dieser neuen Art habe.*) 

Die Versuche, Gallinula minuta und pygmaea wieder in eine 
einzige Species zu vereinigen, kann man doch wohl nicht ganz un- 
beachtet vorübergehen lassen, ohne nach Kenntniss und Neigung Parthei 
zu ergreifen. 

Ueber das Verhältniss von Charadrius pluvialis und longipes, falls 
letzterer wirklich ein Maltheser ist, müsste die europäische Ornithologie 
aufgeklärt werden. 


*) Und dieser auch nur von einem Exemplare Baldamus. 


157 


Ueber Tringa Sehinzü und alpina, Scolopax. Gallinula und Sa- 
binii, Gallinago und Brehmi hat sich noch immer kein alleinherr- 
schendes Urtheil gebildet. 

Bonaparte hält noch immer an zwei Silberreihern, Zgretta alba 
und nivea, fest, während andere Ornithologen sich mit einer einzigen 
Art begnügen. | 

Eine schwere Aufgabe für die Vereinigung der Ansichten werden 
die Schwäne und Graugänse darbieten, 

Die Singschwäne sind in letzter Zeit Gegenstand einer sehr 
lebhaften, aber in ihren Resultaten noch nicht völlig abgeschlossenen 
Diseussion geworden. Man hat zuerst die kleinen von den grossen 
geschieden, nach der Farbe des Schnabels sowohl als nach der Bildung 
des Brustbeins. Erweiterte Erfahrungen, wie Schlegel deren mit- 
getheilt, und andere noch unbenutzt vorliegen, zeigen das Schwankende 
in den Gegensätzen der Schnabelfärbung, fast bis zu den leisesten 
Uebergängen zwischen den Extremen. Noch grössere Schwankungen 
scheinen, besonders bei den kleinen Singschwänen, in der Verwachsung 
der Luftröhre mit dem Brustbein vorzukommen; ich kann darüber 
aus eigner Erfahrung und in Vergleich mit den gelieferten Abbildungen 
und Beschreibungen urtheilen. Ich habe viele Individuen der kleinen 
Singschwäne gesehen, aber kaum ein einziges, was genau mit dem 
andern überein gestimmt hätte. Es scheinen entweder zu wenig oder 
zu viel Arten unterschieden zu sein. Nordische Naturbeobachter wollen 
auf die absoluten Dimensionen am wenigsten Werth legen; sie be- 
haupten, dass in ein und demselben Neste grosse und kleine Eier 
vorkommen, und aus den zuletzt gelegten kleineren Eiern sich auch 
kleinere Thiere entwickelten. Es wäre zu verwundern, wenn man in 
einer Reihe von Jahren über die Singschwäne noch ebenso dächte, 
wie jetzt. 

Naumann hat die Saat- und Blässengänse nach der Färbung 
des Schnabels, nach dem Verhältniss der Flügel zum Schwanze und 
nach der Grösse geschieden. Schlegel legt diesen Unterschieden 
weniger Werth bei, streitet die Bedeutung von einigen ganz ab, und 
stellt die Farbe der Füsse des lebenden Thieres in den Vordergrund. 
Selys-Longehamps fasst die Gegensätze wieder anders auf. So 
sehr sind die Ansichten der meisten Bearbeiter von einander abweichend. 
Dass Individuen vorkommen, deren Stellung nach der Färbung und 


den Dimensionen des Schnabels z eifelhaft ist, erleidet keinen Zweifel. 
K 


158 


Ueber die bedeutenden Grössenunterschiede beruhigen sich die nor- 
dischen Naturbeobachter nach den vorhin angedeuteten Erfahrungen 
wieder leicht. In jedem Falle aber ist das endgültige Schicksal der 
Graugänse jetzt noch nicht festgestellt. 

Ueber Anas Homeyeri und mergoides haben sich schon verschie- 
dene Stimmen ausgesprochen, die noch einer Vereinigung harren. 

Dass Carbo Desmarestüi nicht wesentlich von Graculus verschieden 
ist, scheint herrschende Meinung geworden. Ueber Pelecanus minor 
und Sula Lefevrü, Bald., sind viele Ormithologen jedoch noch nicht 
im Klaren. 

Die Gattung der Möven hat in jüngster Zeit bedeutende Umge- 
staltungen erlebt. Ueber die Trennungen von Larus eburneus und 
brachytarsa, ridibundus und capistratus, canus und Heinü, argentatus 
und Michahellesü, leucopterus und glacialis, fuseus und Juscescens 
können wir stellenweise noch ausgedehnte Nachweisungen erwarten. 

Die Trennungen von Puffinus. major und fuliginosus, Procellaria 
glaeialis und minor, Mormon arctica und glacialis, Cepphus Grylie, 
Mandtü und Carbo, Uria Lomvia und Hringvia müssen noch ihre end- 
gültigen Bestätigungen erwarten, wahrscheinlich ohne sie sämmtlich 
zu erlangen. 

Dass Colymbus baltieus nur ein kleiner C. aretieus ist, scheint 
allgemeine Ansicht geworden. Ueber die Trennung von Podiceps 
rubricollis und den nur dem Namen nach vorhandenen P. longirostnis, 
Bp., ist noch nichts Entscheidendes bekannt, während Podiceps arc- 
ticus nach den gründlichen Untersuchungen (der nordischen Zoologen 
sich endlich wohl aus den zoologischen Schriften der Neuzeit verab- 
schieden sollte. 

Die Reihe der verdächtigen Species ist wider Willen etwas lang 
geworden. Das ist nicht Schuld eines Einzelnen; es ist die Schuld 
der fleissigen, vielseitigen Arbeit an unserem ornithologischen Thurmbau. 
Sie liefert den erfreulichen Beweis von rührigem Leben und Thätigkeit. 
Das andere findet sich von selber. An dem, was noch zu thun ist, 
meine ich, könnte und müsste sich die D. O. Gesellschaft thätig be- 
theiligen. Und zwar durch Discussion, durch Mittheilung von That- 
sachen, sowohl aus dem freien beweglichen Leben, wie aus der todten 
Sammlung. Ein Resultat wird sich dann wohl von selber finden. 
Das Abstimmen nach Kopfzahl ist ein blosses geselliges Privatvergnügen, 


das seinen selbstvernichtenden Humor in sich trägt. Man hat nicht 
s 


159 


nöthig hinzuzufügen: es soll aber nichts darauf ankommen! Viele der 
erwähnten Formen sind schon todt; sie müssen nur öffentlich begraben, 
oder im Wege des Rechts für todt erklärt werden. Wir dürfen keinen 
Verschollenen unter uns dulden. Andere sind krank, sehr krank! 
Einigen derselben kann vielleicht noch geholfen werden. Bei Anderen 
wird man die Lebensfähigkeit abstreiten müssen; sie sind, wie so viele 
neugeborene Chinesen, von ihrer Geburt an einem hartherzigen, ge- 
wissenlosen Hungertode preisgegeben worden. Man wird sie am besten, 
wie einen abgeschiedenen Matrosen, dem Meere der Vergessenheit 
übergeben, oder behandeln wie junge Hunde und Katzen, die Niemand 
gross ziehen will, weil sie Niemand gefallen. Auf Vielen ruht vielleicht 
nur ein unbegründeter Makel des Verdachts; diesen Unschuldigen 
muss geholfen werden, damit sie zu ihrem vollen Rechte kommen. 

Und wenn nun gefragt würde, wer soll helfen; so möchte ich 
antworten: Jeder, der kann und hat, Liebhaber, Sammler und Forscher, 
Nesthocker und Nestflüchter, wie die feindlichen Brüder mit liebens- 
würdig triumphirender Selbstgefälligkeit sich selbst taufen. Alle kom- 
men und sollen helfen, wenn sie nicht lieber in ihrer triumphirenden 
Selbstgenügsamkeit einander über die Schultern ansehen. Jeder sollte 
sich bescheiden, offen zu sagen, was er ‘weiss oder nicht weiss, ohne 
seine Phantasieen einzumischen. Denn Thatsachen behalten immer 
Recht und helfen vorwärts, während nicht Jeder gern mit anderer 
Leute Gedanken eine Luftfahrt macht. Die Ornithologie ist nun einmal 
eine Erfahrungswissenschaft und kein Absenker der speculativen Phi- 
losophie. Oder hat denn die speculative Ornithologie irgend einen 
neuen Vogel entdeckt, oder ein Nest gefunden, oder einer kranken 
Species vom Leben zum Tode verholfen? Denn das ist ja auch eine 
Samariterthat; auch schlechte Species pflanzen sich sonst wie eine 
„ewige Krankheit“ fort. Die speculative Ornithologie aber schwebt 
erhaben über dem irdischen Getümmel im Weltganzen, und hat kein 
Herz für unsere kleinen Freuden und Leiden. 

Jeder aber, Nesthocker oder Nestflüchter, soll sich bescheiden und 
in seinen Grenzen bleiben. Es soll nicht jeder Nestflüchter einen 
heiseren Singvogel für eine neue Species ausgeben, wenn man ihn 
nicht an seinen Federn auch unterscheiden kann; er muss z. B. soviel 
Ahnung von nesthockender Physik haben, dass er es dem verküm- 
merten, aus dem letzten, kleinsten Ei hervorgebrochenen Nestküken 
einer Gans nicht als selbstständiges Species-Verdienst anrechnet, wenn 


160 


es mit seinem beschränkteren Stimmorgan einen ganz andern Ton 
hervorbringt, wie sein riesenhafter erstgeborner Bruder. Er darf sich 
wundern, aber er soll es der Hausschwalbe nicht übel nehmen, und 
sie desshalb als Art verkennen, wenn sie in Sibirien, wo sie keine 
Häuser findet, mit der Uferschwalbe zusammen in Erdlöchern brütet. 
U. s. w. In Summa sollten beide bedenken, dass ein, organisches 
Wesen noch kein Rechenexempel ist, dass ein Vogel sich auch nach 
der Decke strecken muss, dass die Kräfte der umgebenden mannich- 
faltig wechselnden Natur ungesehen auf ihn einwirken, und seine 
Federn, seine Stimme und seine Zier färben nach ewigen Gesetzen, 
von denen wir noch nicht übermässig viel wissen. Sie sollten bedenken, 
dass jede Vogelspecies unbeschadet ihrer Würde als Species, in jeder 
Hinsicht eine gewisse Mannichfaltigkeit in sich einschliessen könne, 


und nicht jede Abweichung auch eine andere Art sein müsse, 


Neil: 


Bemerkungen über die Gruppe der Gran-Meisen, 
Mesanges grises — Pari cinerei. 


Von 


Mr. J. S. Fatio-Beaumont. 


Indem ich Ihnen die nachfolgenden Bemerkungen für Ihr Journal 
übergebe, bevorworte ich, dass ich unter der Benennung Grau- 
Meisen, Pari einerei, folgende fünf europäische Arten: .P. sibirieus, 
lugubris, palustris, borealis, alpestris und die nordamerikanische atri- 
capillus zusammenfasse. Diese kleine Gruppe, deren Arten sicher 
viele Beziehungen unter einander haben und deren unterscheidende 
Charaktere auf den ersten Anblick nicht immer in die Augen fallen, 
ist eben hinsichtlich der specifisischen Charaktere bis heute ziemlich 
unvollkommen beschrieben worden: vielleicht, weil die Schriftsteller 
während ihrer Arbeit nicht alle Arten zugleich vor Augen hatten. 
Mr. Degland in seiner Ornith. europ. scheint die interessante Gruppe 
am besten gekannt und die besten Beschreibungen (I vol. p. 291—296) 


ee) 


161 


davon gegeben zu haben. Ich bin vollkommen einverstanden 
mit ihm in Allem, was P. sibirieus, lugubris und palustris betrifft, 
aber ich glaube zu seiner Beschreibung von P. borealis und 
atricapillus folgende Modificationen geben zu müssen: 


1. Parus borealis, de Selys. Die Seiten und Unter-Schwanz- 
federn sind hell-aschgrau mit einem Anfluge von Hellrosa; Ober- 
theil, Rücken, Bürzel von einem vollkommen reinem Asch- 
grau, ohne irgend einen olivenbraunen Schein, wie es 
die betreffende Note zu diesem Artikel bei Mr. Degland (p. 294) 
glauben machen könnte. 


2. Bei P. atricapillus erstreckt sich, wie auch M. Degland bemerkt, 
das Schwarz der Kehle und der Oberbrust viel weiter als 
bei borealis. Die Seiten sind entschieden ockergelb, und die 
obern Partieen haben eine sehr ausgesprochene Nüance ins 
Olivenfarbige.*) 


3. Von P. alpestris, welche ich als neue und gute Art betrachte, 
gebe ich eine vollständige Beschreibung. Sie wurde vor eini- 
gen Jahren auf dem Mont Saleve, 1/, Lieue von Genf, von 
einem jungen :Manne meiner Bekanntschaft erlegt. Diesem 
eben so guten Beobachter als grossen Jagdliebhaber verdanke 
ich den zeitweiligen Besitz dieses Vogels, den ich mit den 
übrigen Arten unserer Gruppe, die ich sämmtlich in meiner 
Sammlung besitze, aufmerksam verglichen habe. Die Eier 
haben wir Ihnen geschickt. **) 


Diagnose. Parus alpestris: Dessus de la töte, oceiput, nuque, gorge 
et poitrine moir mat ü weflets vouw trös prononees. 
Joues et cotes du col blanes. Taille 12 CM. 6 MM. 


*) Mr. Degland gibt die Färbung der „parties sup6rieures “ gerade um- 
gekehrt an; sie sind nach ihr (l. c.) bei atricapillus „d'un gris uniforme,“ und 
bei borealis „teintes d’olivätre.“ Im Manuscript des Herın Fatio Beaumont heisst 
es von borealis: „gris cendr& parfaitement pur.“ Baldamus. 


**) Diese unterscheiden sich nur durch die kürzere, gedrungene Form 
von den Eiern des Parus palustris. Doch habe ich unter sehr vielen Gelegen des 
letztern auch eins gesehen, welches nur diese Eiform zeigte, während es noch sehr 
fraglich bleibt, ob die, bei den Eiern der eigentlichen Meisen überhaupt seltene 
rundliche Form die gewöhnliche bei alpestris ist. Es geht mir mit den Eiern von P. 
palustris, borealis und alpestris ebenso wie mit denen von Silta caesia, europaca 
und manchen andern modernen Arten: ich vermag sie mit und ohne Loupe nicht 
von einander zu unterscheiden. Baldamus, 

Naumannla, 1800. 11 


162 


Beschreibung. Der Obertheil des Kopfes ist gänzlich 
von einer schwarzen Platte bedeckt, die sich über das Genick 
und selbst über den Oberrücken herabzieht, ganz wie bei P. 
atricapillus. Dieses Schwarz ist nicht glänzend und metallisch, wie 
bei P. palustris, sondern matt und von einer Färbung ins Röth- 
liche (teinte rousse), noch viel entschiedener, als bei P. atri- 
capillus. Dieser Unterschied ist besonders auffallend, wenn man den 
Vogel gegen das Licht gehalten betrachtet. Die Kehle, der Hals und 
die Brust sind von demselben matten, röthlichen Schwarz, ihre 
äussersten Federränder weiss. Obertheil und Deckfedern 
der Flügel sehr dunkel aschgrau, die grossen Deckfedern 
haben eine Einfassung von einer ähnlichen aber viel hellern 
Färbung. Die Schwungfedern sind braunroth, mit einer 
schmalen hellern Einfassung. Die Steuerfedern haben die 
Farbe des Rückens; die beiden Seitenfedern sind an der 
Aussenfahne heller, und merklich kürzer als die übrigen, was 
dem Schwanze eine viel abgerundetere Gestalt gibt, als dies 
bei allen übrigen Arten der Gruppe der Fall ist. Wangen 
und Seiten des Halses rein weiss. Untertheile weisslich- 
grau, an den Seiten mit einem leichten Anfluge von Rostroth. 
Schnabel braun, merklich stärker und länger als bei P. palustris, 
und etwas länger als bei P. atricapillus. Füsse und Nägel braun 
ohne irgend einen Anflug von Bleifarbe, und merklich 
schwächer als bei P. palustris. 

Das Individuum, welches mir bei der Beschreibung vorlag, fand 
sich unter mehren andern P. palustris am Rande eines Waldes an 
dem Abhange des Mont Salve. Die grosse Menge von Meisen, die 
sich auf den Bäumen an diesem Waldrande versammelt hatte, erregte 
die Aufmerksamkeit des jungen Jägers, der Halt machte, um sie zu 
beobachten. Es fiel ihm sogleich das Gefieder und die Stimme von 
einigen unter der Menge auf, und es schien ihm bald ausgemacht, 
dass nicht alle zu P! palustris gehören könnten, für die er sie anfangs 
gehalten hatte. Er erlegte ein Individuum, das er mehrmals in ein 
Astloch eines Baumes hatte schlüpfen sehen, von dem er es herab- 
schoss. Es war Mitte Jun. Was ihm am meisten auffiel, während 
er die Vögel beobachtete, war die sehr ausgesprochene Verschie- 
denheit des Gesanges, der ihm grosse Aehnlichkeit mit dem von 
Fr. Spinus zu haben schien. 


163 


Ich glaube ganz entschieden, dass es eine neue Art ist; 
wo nicht, so könnte man die Vögel nur auf Parus atricapillus 
beziehen. 


Soweit meine Notizen vom Jahre 1849. — Im vergangenen Jahre 
(1854) hat Mr. J. B. Bailly eine Ornithologie Savoyens in 4 Bänden 
herausgegeben, ein Werk, das seinen Verfasser als genauen und ge- 
wissenhaften Beobachter documentirt. Ich finde im 3. Bande p. 66 
u. f. einen langen Artikel, den er einer neuen Parus widmet,.und 
den er wie ich P. alpestris nennt. Dieser Artikel stimmt vollkommen 
mit dem Obigen überein, und ich gebe Ihnen den Anfang desselben 
mit Bailly’s eigenen Worten. 


„Als ich im April 1848 zum ersten Male in unsern Alpen diese 
Meise traf, war ich sofort überrascht von ihrer Affinität mit P. lugu- 
bris, von welcher ich doch wusste, dass sie unserm Klima nicht 
angehöre. Lange Zeit verhindert, sie zu beschreiben, entschloss ich 
mich endlich 1851, sie als Localrasse dieser Art zu beschreiben; dies 
geschah in einer Notiz der Bulletins de la Societ@e d’hist. nat. de 
Savoie, welche ich später im Januar 1852 nach neuen Untersuchungen 
berichtigte. Damals beschrieb ich, gleichfalls in den Memoiren dieser 
Gesellschaft, in einer zweiten Notiz diese Meise als neue Art unter 
dem Namen, den ich ihr heute noch bewahre. 


i1* 


164 


Nr, 12. 


Verzeichniss der Vögel, welche sich im Thale von Genf 
und an den Seiten der dasselbe einschliessenden 
Berge finden. 


Von 


Mr. J. 6. Fatio-Beaumont. 


_ Das Thal von Genf hat eine Ausdehnung von 18 bis 19 Lieues 
in der Länge, bei 3 bis 4 Lieues in der Breite. Ich rechne dazu 
den See und die Thalabhänge des Gebirges, also das ganze Becken 
von Genf und gebe zuerst das specielle Verzeichniss*), um einige 
allgemeine Bemerkungen daran zu knüpfen. 


1. Brutvögel. 2. Zugvögel. 
Die cursiv gedruckten sind | 

Standvögel. a) Regelmässig. b) Zufällig. 
Neophron perenopt. Circus eineraceus. Vultur fulvus. 
Aquila fulva. Fring. montifring. Gypaöät. barbat. 
Circaet, gallicus. Linaria borealis. Vieill. Aquila naevia, 
Buteo vulgaris. Coryus corax. „  albieilla. 
Pernis apivorus. „  frugilegus Pandion haliaöt. 
Milvus regalis. Turdus pilaris. Buteo lagopus. 

„ ‚Haßer: „  Aliacus Falco peregrinns. 
Cireus rufus. Erythacus cyaneeula, „ vesperlinus. 
„ eyaneus. Columba oenas, „  eenchris, 
Astur nisus. Oedienemus crepitans Strix passerina. L 
»»  palumbarius. Charadr. pluvialis. „  Scops. 
Falco subbuteo. „ morinellus. Picus canus. 


*) Der leichtern Uebersicht und Raumersparniss halber habe ich das in Form 
eines „Tableau methodique“ eingerichtete Mspt. in vorliegender Weise abgeändert, 
und hoffe ich, dass der Herr Vrf. damit einverstanden sein wir. Baldamus. 


1. Brutvögel. 


Die cursiv gedruckten sind 


Standvögel. 


Falco lithofalco.**) 
»,  tinnuncul. 
Strix aluco. 
»» psilodaetyla L 
»» Tengmalmi. 
»» /lammea. 
»,  brachyotus.** 
»,  bubo. 
„ otlus. 
Picus martius. 
„  viridis. 
„ major. 
„‚ minor. 
Jynx torquilla. 
Cuenl. canorus. 
Loxia curvirostra. 
Pyrrhula europaea. 
„ serinus 
Coccothr. vulgaris. 
Chlorosp. chloris. 
Passer domesticus, 
„ montanus. 
»»  petronius. 
Fringilla coelebs. 
Br nivalis. 
Carduelis elegans. 
„ spinus. 
Cannabina linota. Gray. 
r) eitrinella. Bp. 


Emberiza citrinella. 


” eirlus. 

» ein. 

> hortulana, 
ee schoenielus 
Pr miliaria, 


Parus major. 
„ alter 


„ eoeruleus. 


165 


2. Zugvögel. 


a) Regelmässig. 


Charadr. hiatieula. 
er minor. 
Vanell. eristatus. 

” helveticus. 
Grus cinerea. 
Ardea cinerea. 

” purpurea. 

„  garzetta. 

„  comala 

„ stellaris 

„  minula. 

“ Nyelicorax 
Ciconia alba 

„ nigra. 
Numenius arquala. 

” phaeopus. 
Limosa aegoceph. 

„  rufa. 
Totanus glottis. 

„ fuseus. 

„  ealidris. 

„ glareola. 

„ ochropns. 
Machetes pugnax. 
Scolopax major. 
Tringa canutus. 

„  subarquala 

„ einelus. 

„  minuta. 

» Teminckii 
Fulica atra 
Lestris pomarinns 
Larus marinns. 

„ argentatus. 

„  eanus 
Sterna fissipes. I 
Anser, sylvestris. Briss 


„  brachyrhyn. Baill. 


b) Zufällig. 


Piucs medius. 
Passer italieus. Degl]. 
Cannabina flavirostris. L, 
Linaria rufescens. Vieill. 
Emberiza nivalis. 

„ lapponica. 
Parus biarmicus. 

„» pendulinus. 
Corvus cornix. 

Pastor roseus. 
Bombyeilla garrula. 
Museicapa atricapilla. 
Alauda brachydactyla. 
Anthus Richardi. 
Sylvia curruca. 

„ Passerina. 

„ eonspicillata. 
Hypolais elaica. 
Calamoh. turdina. 

+ palustris. 
Coracias garrula, 
Merops apiaster, 
Columba livia. 
Otis larda. 

„ tetrax. 

Cursor europaeus. 
Charadr. cantianus. 
Haematop. ostraleg. 
Pratincola glareola, 
Ardea alba. L. 

\» egrettoides. Temm, 
Platalea leucerodios. 

Ibis faleinellus, 

Totanus stagnalilis. 
Tringa rufescens. Vieill. 
„  pygmaea. Mey. 

Arenaria calidris. Mey 


Strepsilas interpres. 


"*) Sollten die doppelt besternten Arten, F. lithofalco, Stryz brachyotus und Scolopax 
gallinula wirklich so weit südlich nisten? 


Baldamus. 


1. Brutvögel. 


Die cursiv gedruckten sind 
Standvögel. 


Parus cristatus. 

„„  Palustris. 

„ alpestris. Fatio. 

„ caudatus. 
Regulus eristatus. 

„ ignicapillus. 
Corvus corone. 

»„  monedula. 
Pyrrhoe. alpinus. 

>> graculus. 
Pica caudata. 
Garrul. glandarius. 
Nueifr. caryocat. 
Sturnus vulgaris, 


Hirundo rustica., 


S urbiea. 
n rupestris. 
u riparia, 


Cypselus apus. 

» melba. 
Caprimulg. europ. 
Museicapa grisola. 

» albieollis. 
Lanius excubitor. 

» minor. 

s. „zufußz 

„ eollurio. 
Alauda arvensis. 

„  arborea. 
Anthus campestris. 

„ pratensis. 

„ arboreus. 

„  spinoletta. Degl. 
Motacilla alba. 

= boarula. 

>= flava. 
Cinclus aquaticeus. 
Oriolus galbua. 
Turdus merula. 


„ torquatus. 


166 


2. Zugvögel. 


a) Regelmässig. 


Anas clypeata. 
„ acula. 
„ Sirepera, 
„  penelope. 
„ querquedula 
„. creece, 


Fuligula elangula. 


» marila. 

en ferina. 

51 ceristala Degl. 
„ nyroca. 

5 fusca. 


Mergus merganser, 
= serrator, 
„  albellus. 
Colymbus glacialis 
Mr arctiens. 
„ septentrionalis, 


Podiceps cristatus. 


5 rubricollis. 
ss eornutus. Lath 
Sn aurilus. Lath. 


b) Zufällig. 


Phalaropus hyperboreus. 

31 fulicarius. Bp. 
Himantopus melanopt. 
Reeurvir. avocella. 
Phoenicopter. roseus. Pall. 
Lest. Cephus. Keys & Bl. 

„ longieauda. Briss, 

» Larus fuscus 

„  Audonini. 

„  eburneus. 

„  tridactylus. 

„  1ethya@tos. 

„  alrieillus. 

„ minutus, 

„»  Sabinii. 

Sterna angliea 

„  caspia, 

„  cantiaca 

„  paradisea. 

„  minuta. 

„» leucoptera. 

„» leucopareia. 
Puffinus einereus. 
Thalassidr. pelagica. 
Phalaeroc. carbo. 
Pelecanus onoerolalus. 
Anser ferus. L. 

„  albifrons. Mey. 

„  erythropus. L. 

„ berniela. Temm, 
Cygnus ferus, Briss. 
Anas purp.-virid. Schinz. 


Fuligula glacialis. 


ar rufina, 
X mollissima. 
r nigra. 


Uria troile. 


Alca torda. 


Turdus musicus. 
„ viscivorus. 
Petroc. saxatilis. 
„ eyanea. 
Saxicola oenanthe 
rubetra. 
rubieola 
Erythacus luscinia 
phoenicurus 
„ tithys 
7 rubecula. 
Aeccentor alpinus 
„ modularis. 
Sylvia atricapilla. 
»  hortensis 
„ orphea. 
„ einerea. 


Phyllopn. zrochilus. 


167 


1. Brutvögel. 


Phyllopn, sylvicola. 
Bonelli. 

Hypolais polyglotta. 
icterina. Grerbe. 


Calamoh. arundinacea. 


PN phragmitis. 
„ aqualica 
= loeustella. 


Troglodytes europ. 
Sitta europaea. 
Certhia familiaris. 
Tichodroma muraria. 
Upupa epops. 
Alcedo ispida. 
Columba palumbus 
turfur, 
Tetrao urogallus. 


„» tetriw. 


Die cursiv gedruckten sind Standvögel. 


Lagopus alpinus. 
Perdix graeca. 

„ einerea. 

„, eolurnix, 
Actitis hypoleucos. 
Scolopax gallinago. 

Br gallinula** 

a5 rusticola. 
Rallus aquaticus. 
creX. 
porzana. 

„ pusillus. 

» Bailloni. 
Gallinula chloropus. 
Larus ridibundus. 
Sterna hirundo. 
Anas boschas. 


Podiceps minor. 


rufa. s»» bonasia. 
1. Die Zahl der in unserm Bassin und den dasselbe begrenzenden 
Bergen aufgefundenen Arten beläuft sich auf: 
306, davon sind: 
'213 Stand- und regelmässige Zugvögel, 
93 kommen nur zufällig vor. 
Von den 213 indigenen Arten gehören: 
46 Standvögel und 
59 Zugvögel 
S.: 105 der Ebene, 
24 Standvögel und 
3 Zugvögel 
'S.: 27 dem Gebirge, 
4 Standvögel und 
43 Zugvögel 
'S.: 47 dem Sumpfe "und .den Ufern, 
3 Standvögel und 
31 Zugvögel 
'8.: 34 dem See an. 


168 


Von den 306 Arten nisten, wieich mich habe überzeugen kön- 
nen, 146 Arten bei uns. 

Die Gesammtheit der in Europa aufgefundenen Arten beträgt 
nach Temmink 504, nach Degland 506 und nach Schlegel 526. Es 
kommen sonach wenigstens %/, davon in unserm Thale vor. Es gibt 
vielleicht keine andere Localität von so geringer Ausdehnung in Eu- 
ropa, welche einen so grossen Artenreichthum aufweisen könnte. 
Ohne Zweifel liegt das eines Theils an der merkwürdigen Verschie- 
denheit des Klimas, welche unser Bassin in sich vereint — Dank 
unsern Gebirgen, von denen die einen auf ihrem Gipfel mit ewigem 
Schnee und auf den Abhängen mit prächtigen Wäldern, die andern 
mit Felsenwänden bedeckt sind, welche von der Sonne unserer Sommer 
erwärmt werden; — andern T'heils an dem Umfange unseres Sees, 
der für die Wasservögel das Meer und die Sümpfe ersetzt, welche 
sie durchaus während einer gewissen Zeit des Jahres verlassen müssen. 

2. Die allgemeinen Wanderungen von Nord nach Süd und von 
Süd nach Nord führen uns gewisse Arten zu, welche in drei Kate- 
gorien getheilt werden könnten. 

A. Die Vögel, welche im Frühlinge und Herbste durchziehen, ohne 
sich hier aufzuhalten, wie z. B. Museicapa atricapilla, albieollis, 
Ardea, purpurea, comata u. m. a. 

B. Diejenigen, welche im Frühjahre von Süden kommen, um zu 
nisten und den Sommer hier zuzubringen, und um im Herbste 
wieder fortzuziehen, z. B. die Wachteln, die Schwalben, 
Segler u. s. w. 

C. Endlich diejenigen, welche nur im Herbste zu uns kommen, 
den Winter hier zubringen und mit den ersten Frühlingstagen 
nach dem Norden zurückkehren, wie die Colymbus-, Podiceps- 
und Enten- Arten. 

3. Es gibt Arten, von denen einige Individuen Standvögel bei 
uns sind, während der grösste Theil fortzieht. Einige dieser Arten 
sind im Sommer häufiger als im Winter, z. B. die Lerchen, Bach- 
stelzen etc., andere hingegen, wie die Meisen, Möven ete. zahlreicher 
im Winter. 

4. Eine Anzahl von Arten bemerkt man häufig auf ihrem 
Frühjahrszuge, aber gar nicht oder sehr selten auf dem Herbstzuge, 
so Grus cinerea, Ardea comata, andere dagegen, wie Üiconia nigra 
sieht man nur im Herbste und fast nie im Frühjahr. 


169 - 


5. Die Sumpfvögel, welche eine doppelte Mauser haben, zeigen 
sich bei uns gewöhnlich nur in einem Gefieder mit den Farben bei- 
der Kleider. - 

6. Endlich mehre Arten Sumpf- und Wasservögel, welche im 
Jugendkleide bei uns gemein sind, sieht man alt nur sehr selten und 
theilweise gar nicht. Solche sind Strepsilas, die Larus- und Colymbus- 
Arten u. m. a. 

Ich füge jetzt noch einige Notizen über seltene und erst seit we- 
nigen Jahren bei uns beobachtete Vögel hinzu. 

1. In den letzten Tagen des April 1854 hatten wir einen merk- 
würdigen Durchzug von Falco rufipes. Sie hielten sich einige Tage 
hier auf und liessen sich besonders auf Bäume in der Nähe von 
Morästen und feuchten Wiesen nieder. Männchen und Weibchen, 
alle alt, waren in fast gleicher Anzahl da. Man erlegte eine grosse 
Menge, welche sich heute in den Sammlungen hiesiger Liebhaber 
befinden. Wie soll man diese merkwürdige Erscheinung eines Vogels 
erklären, der sonst so selten bei uns ist und stets nur einzeln bemerkt 
wurde, wie ich selbst ihn nur zweimal seit 25 Jahren gefunden habe. 

2. Bombyeilla garrula, der uns im Winter von 1814 überaus 
zahlreich besucht hatte, ist seitdem nur im Jahre 1848 beobachtet 
worden, wo zwei Individuen im Spätherbste bei Rolle, im Canton 
Wallis, 6 Lieues von Genf, erlegt wurden. 

2. Zwei Coracias garrula wurden in diesem Jahre (1855) im 
September in unsern Umgebungen erlegt. Nur selten einmal kommt 
dieser brillante Vogel in unserer Gegend vor. 

4. Pastor roseus, der, wenn er sich verirrt, doch nur selten 
unsere Alpen überschreitet, wurde im Monat Juni 1838 nahe bei der 
Stadt geschossen. Männchen und Weibehen, im vollkommenen Hoch- 
zeitkleide, wurden mir damals von einem meiner Freunde geschenkt, 
der sie innerhalb weniger Tage auf seiner Besitzung erlegt hatte. 
Er hatte sie mehrmals in Gesellschaft von Sturnus vulgaris gesehen, 
von denen einige Paare jährlich in einem seiner Wohnung nahen 
Gehölz nisten. Er glaubt, dass das Paar unter den Staaren ge- 
nistet habe. 

5. Merops apiaster, Männchen und Weibchen adult., wurden vor 
7 oder 8 Jahren bei Bex, im Canton Wallis, an der Östgrenze un- 
seres Thales erlegt. Beide figuriren in der Sammlung eines meiner 
Bekannten. 


D 170 


6. Haemat. ostralegus, schon seit lange bei uns beobachtet (der 
erste bekannte Fall datirt vom Jahre 1807), kommt, glaube ich, viel 
häufiger vor, als man denkt. Er ist mir dreimal, in den Jahren 1837, 
1541 und 1853, gebracht worden, und ich kenne ausserdem noch 
mehrere andere Fälle. Ich würde mich nicht wundern, wenn es sich 
fände, dass er uns alljährlich besucht, freilich aber immer einzeln. 
Die Individuen mit weissem Halsbande sollen nach Temm. und mehren 
andern Autoren das Winterkleid tragen, und die ohne Halsband das 
Sommerkleid. Das wäre aber, nach Degland, ein Irrthunı, weil man 
beide neben einander in jeder Jahreszeit sähe. D. stützt sich dabei 
auf zahlreiche Beispiele, die keinen Zweifel mehr lassen, und betrachtet 
vielmehr die Individuen ohne Halsband als alte, die mit Halsband 
als solche, die ihr vollkommenes Gefieder noch nicht erlangt haben. 
Ich theile ganz die Ansicht dieses Autors, und obgleich weniger gut 
placirt als er, kann ich doch noch einen Beweis mehr zu denen 
liefern, welche ihm seine Ueberzeugung gegeben. Der im Jahre 1841 
getödtete Austernfischer, der sich in meinem Kabinette befindet, hat 
keine Spur von Halsband, und ein anderer, der im Spätherbste 1851 
geschossen wurde, und den ich selbst gesehen, hatte gleichfalls keins. 
Das könnte aber nicht sein, wenn Tenmiminck Recht hätte, weil der 
erste das Hochzeitskleid und der zweite das Winterkleid hätte tragen 
müssen. 

7. Tringa platyrhmeha (pygmaea.). Ich fand ein Exemplar im 
Mai 1843 auf dem Markte in unserer Stadt, leider aber so zer- 
schossen, dass ich es für meine Sammlung nicht präpariren konnte. 
Mir ist kein weiteres Vorkommen dieser hochnordischen Art bekannt. 

8. Phalarop. hyperboreus, an unserm See viel seltener als: sein 
Verwandter, Ph. platyrh., wurde 1852 im Herbstkleide erlegt. 

9. Sterna anglica wurde seit etwa zehn Jahren zweimal im 
Hochzeitkleide erlegt. Beide Exemplare befinden sich in hiesigen 
Sammlungen. 

10. Sterna paradisea wurde 1848 gleichfalls im Hochzeitkleide 
geschossen. Der zweite Fall, der das Vorkommen dieser Seeschwalbe 
auf den Gewässern unseres Sees constatirt. 

11. sSterna leucopareia kommt uns von Zeit zu Zeit aus dem 
Süden und Osten Europas zu. Wir verdanken die Entdeckung dieser 
vor 1846 bei uns unbekannten Art zweien jungen unerschrockenen 
Jägern und guten Beobachtern. Sie fanden mehre Individuen ver- 


171 


einigt, und schossen drei davon, deren eins, Dank ihrer Güte, heute 
meine Sammlung ziert. Sie haben seitdem diesen Vogel 1848 und 
1849 wieder gesehen. Sie mögen auch schon früher an unsern See 
gekommen, aber wegen ihrer Achnlichkeit mit St. nigra, wenn man 
sie nur im Fluge sieht, übersehen worden sein. 

12. Larus ichthyaötos. Man sieht diese östliche Art im westlichen 
Europa wohl überall nur sehr selten. Ein Individuum im Jugend- 
kleide wurde auf dem See nahe bei der Stadt in den letzten Tagen 
des Jahres 1848 erlegt. Diese Möve kommt in der Grösse dem 
Larus marinus sehr nahe, auch bietet das Jugendkleid beider Arten 
viel Analoges, nur dass die Färbung im Allgemeinen bei ichthyadtos 
heller, der Schnabel und die Füsse merklich schwächer sind als 
bei marinus. 

Da das Jugendkleid dieser Art noch nicht beschrieben 
ist, so möchte eine Beschreibung desselben von einigem In- 
teresse sein. 

Die Kehle und der obere Theil des Halses sind die einzigen 
Partieen, welche rein weiss sind. Die Brust, der Bauch, die 
Seiten und die untern Schwanzdeckfedern sind überall trüb- 
weiss, mit grossen, sehr hellbraunen Flecken auf jeder 
Feder, welche an den Seiten etwas dunkler werden. Die 
Wangen und die Seiten des Halses sind weiss mit sehr fei- 
nen graubraunen Streifen auf jeder Feder. Kopf, Nacken, 
Mantel und alle Decekfedern des Flügels graulich weiss mit 
braunen Flecken, welche dunkler als an den Untertheilen sind. 
Schwanz sehr düster braun gefleeckt und marmorirt, die 
beiden Aussenfedern haben mehr Weiss, als die übrigen, die 
beiden Mittelfedern sind fast ganz braun, alle haben am Ende 
eine ziemlich breite braune Binde. Die Schwingen erster 
Ordnung sind schwärzlich braun mit viel hellerer Spitze. 
Sehnabel schwärzlich, die Basis des Unterkiefers fleisch- 
farben wie die Füsse und Schwimmhaut. Iris hellbraun. 

Der Vogel steht, wie ich ihn beschrieben habe, in meiner Samm- 
lung. Ich glaube nicht, dass noch ein anderes Individuum auf unserm 
See erlegt worden ist. 

Unser Vogel gehört zu den Arten, welche zur Genüge beweisen, 
wie übelbegründet zuweilen die von manchen Autoren bis ins Lächer- 
liche vermehrten Genera sind. Einige Ormithologen haben in ein 


172 


einziges Genus, unter dem Namen Xema, die kleinen Arten vereinigen 
wollen, welche im Sommer eine dunkele Kappe tragen, weil sie — 
sagt man — alle einen ziemlich dünnen Schnabel haben. Wohin 
‚ denn nun mit unserer Art? Wo diese Möye placiren, die mit 
der Kopfplatte der Xema die Grösse und den Schnabel der Zanus 
vereinigt? \ 

13. Larus atrieillus ist nur einmal, so viel ich weiss, auf unserm 
See erlegt worden, im October 1848, und zwar im Jugendkleide. 
Sie ziert meine Sammlung. 

14. Larus capistratus --- von der Mehrzahl der jetzigen Ormni- 
thologen als Localrasse zu L. ridibundus gezogen — hat sich ziemlich 
häufig auf unserm See, aber immer nur im Winterkleide gezeigt. 

Ich kann diese Fusion der beiden Arten nicht annehmen: denn, 
des immerhin in Betrachtung zu ziehenden Grössen-Unterschiedes zu 
geschweigen, der auf den erste Blick Jedem auffällt, der beide 
Möven neben einander sieht; ohne ferner den sehr ausgesprochenen 
Differenzen, welche Temminck angibt, Rechnung zu tragen — kann 
ich nicht begreifen, wie es zugehen sollte, dass sich diese Möve 
auf unserm See, wo die Lachmöve so gemein ist, selbst Stand- und 
Brutvogel, niemals in Gesellschaft dieser letztern sich findet, wenn jene 
eben nur Rasse oder Varietät von dieser wäre. ZL. capistratus zeigt 
sich nicht alle Jahre, und wenn sie auf unsern See kommt, mischt 
sie sich unter keine andere Species und hält sich immer nur wenige 
Tage auf. j 

15. Zarus Sabinii bewohnt ausschliesslich den arktischen Kreis 
und sein Erscheinen in Europa ist so selten, dass man die einzelnen 
Fälle seines Vorkommens auf unserm Continent zählen kann. Ich 
bin so glücklich, zu den in Europa erlegten Individuen zwei auf un- 
serm See geschossene hinzuzufügen, das erste im April 1849, das 
zweite im December 1850. Beide tragen das Winterkleid. Da dies 
noch nicht beschrieben ist, so glaube ich diese Lücke ausfüllen zu 
müssen. 

Vordere Partieen des Kopfes, Kehle, Unterhals, Brust, 
Bauch, Seiten, obere und untere Schwanzdeckfedern rein 
weiss; Scheitel und Nacken von derselben Bleifarbe, welche 
der Vogel im Sonmerkleide hat; ein schwärzlicher Fleck vor 
dem Auge. Das schwarze Halsband, welches diese Möve im 
Hochzeitkleide ziert, ist bereits vollkommen sichtbar. Mantel und 


173 


Sehultern aschblau, aber bleicher als im Sommerkleide; die 
kleinen Flügeldeckfedern schwarz, aschgrau eingefasst; 
mittlere und grosse Deckfedern von der Farbe des Mantels, 
aber heller gesäumt. Schwingen erster Ordnung ihrer ganzen 
Länge nach schwarz, mit Ausnahme eines grossen weissen Ran- 
des, der sich fast über die ganze Innenfahne erstreckt; Secun- 
därschwingen weisslich aschgrau, mit weissen Spitzen. 
Schwanz weiss, an der Spitze mit einer schwarzen Binde; die 
Aussenfedern gänzlich weiss. Schnabel schwarz, der freie 
Augenliderrand röthlich; Füsse hellbraun, Iris dunkel- 
braun. 

Diese Species zeichnet sich unter allen ihren Gattungsver- 
wandten durch ihre ausserordentlich niedrigen Füsse und ihren 
sehr gegabelten Schwanz aus, Charaktere, die sich in so hervor- 
stechender Weise bei keiner der übrigen europäischen Arten finden, 
und die ihr eine gewisse Aehnlichkeit mit den Sterninen verleihen. 

Genf im December 1855. J. G. Fatio. 


Nr. 13. 


Etwas über die Leinzeisige, Linaria, Briss. 
Von 


Chr. Ludw. Brehm. 


Die Leinzeisige haben erst in neuerer Zeit die Aufmerksamkeit 
erregt, und die Theilnahme gefunden, welche sie verdienen, und ich 
kann mich rühmen, auf ihre Erforschung mehr Zeit und Mühe, als 
irgend ein anderer Ornitholog verwendet zu haben, wozu mir nicht 
nur die Lage meines Wohnortes, sondern auch mein langes Leben 
die beste Gelegenheit gegeben hat. Es würde viel zu weit führen, 
wenn ich die in meinem Vogelfange und in meinem Verzeichnisse 
der europäischen Vögel — siehe Naumannia 1855, Heft — aufge- 
führten Arten und Unterarten hier beschreiben wollte. Wenn es mir 
gelingt, einen Maler zu finden, welcher die Köpfe der verschiedenen 
Vögel dieser Sippe so abbildet, wie die der Kreuzschnäbel in der 
Naumannia Jahrgang 1852 Heft 2 abgebildet sind; dann bin ich 


174 


. 


bereit, eine kurze Schilderung der ganzen Sippe hier mitzutheilen; 
früher aber nicht. 

Jetzt willich nur Einiges über die verschiedenen Zeiten, in denen 
diese Bewohner des hohen Nordens in unsrem Vaterländ erschie- 
nen, nach den Beobachtungen meines langen Lebens hier mittheilen. 

Sobald ich Vögel zu sammeln anfing — es geschah in meinem 
zwölften Jahre — waren es besonders die seltener erscheinenden, welche 
ich zu erhalten suchte. Mit den Leinzeisigen — in Thüringen 
Bergzeisige genannt — wollte es mir einige Jahre nicht gelingen. 
Erst im Anfange dieses Jahrhunderts erhielt ich einige im October 
und November, allein ich kann das Jahr nicht mehr angeben. In 
den Jahren von 1807 bis 1809, in denen ich studirte, kamen bei Jena 
keine Leinzeisige vor; ebensowenig von 1809 bis 1813. 

Zu Anfange des letztern Jahres zog ich nach Renthendorf. In 
den, ersten Jahren meines hiesigen Aufenthalts suchte ich die Lein- 
zeisige vergeblich. Erst im Herbste 1819 erschienen einzelne in 
unseren Thälern, von denen mehrere hier überwinterten; ich erhielt 
einen am 20. Januar 1820. Im Herbste des letztern Jahres war der 
Zug stärker, brachte aber nur die gewöhnlichen rothbrüstigen, 
welche zum Theil den Winter hier verweilten. 

Erst im Herbste 1822, und zwar im November, machte ich die 
Bekanntschaft mit meiner Zinaria ‚Havivostris, von welcher ich 2 Stück, 
zwei Männchen aus einer kleinen Gesellschaft, die wahrscheinlich aus 
lauter solchen Vögeln bestand, auf einen Schuss erlegte. 

Im October 1825 erhielt ich zuerst meine Zinaria canigularis, welehe 
ich aber damals für einen halbjährigen Vogel von Linaria alnorum 
hielt; denn derselbe Herbst brachte uns die ZLinaria Holböllü, alnorum, 
agrorum et betularım. Sie überwinterten zum Theil in unsern Thälern 
und zogen im März und April in ihre Heimath zurück. Im Herbste 
desselben Jahres erschienen nur einzelne; ebenso in den folgenden Jahren. 

Am 23. März 1844 schoss mein seliger Sohn Oskar von einer Erle, 
!/, Stunde von hier, meine Zinaria longirostris, die Fringila camescens, 
Kjaerbölling, welche sich jedoch von der ächten Fringilla borealis (ca- 
nescens) auct. nach meiner Meinung dadurch unterscheidet, dass sie 
eine rothe Brust hat, welche dieser fehlt. Im Herbste 1847 erhielt 
ich aus der Gegend von Altenburg das Weibchen zu dieser sehr 
seltenen Art. Diese beiden Vögel sind die einzigen, welche ich je 
erhalten habe. 


175 


Im Herbste 1846 zeigten sich wieder einige Leinfinken, und 
zwar hauptsächlich rothbrüstige, in der hiesigen Gegend; allein 
der Herbst 1847 war in Hinsicht des Zuges dieser Vögel wie der 
der Seidenschwänze höchst merkwürdig. Eine Eigenthümlichkeit dieses 
Herbstes und des darauf folgenden Winters war die Erscheinung der 
vielen Nordlichter, welche ich vorher nie so schön und nie so oft 
gesehen hatte. Als im Februar die folgenreiche und Unglück brin- 
gende Umwälzung in Paris geschehen war, wusste der Aberglaube, 
freilich post festum, diese Nordlichter als Vorboten der Ereignisse 
sehr leicht zu erklären. Mir aber war der Umstand, dass sie, diese 
dem Vaterlande der Leinzeisige angehörenden Erscheinungen, mit 
diesen in unsrem Himmelsstriche zusammen trafen, sehr merkwürdig. 
Man mag dieses Zusammentreffen erklären, wie man will und kann, 
die Zahl der im November in Deutschland erscheinenden Leinzeisige 
war ungeheuer. Auf dem Thüringer Walde wurden sie zu Tausenden 
gefangen, so dass ganze Tragkörbe voll dieser schönen und lieben 
Thierchen zu Markte gebracht und dem Magen geopfert wurden. Wie 
viele seltene mögen da verloren gegangen sein! Allein was schon 
damals nicht nur mir, sondern auch einem meiner Vogelfänger höchst 
auffallend war, ist der Umstand, dass ganze Gesellschaften erschienen, 
unter denen sich nicht ein einziger rothbrüstiger Leinzeisig be- 
fand. Dieser Mann sagte mir beim Ueberreichen von 9 Stücken, 
die er zusammen gefangen hatte — es waren 5 Din. leuconolos und 
4 L. septentrionalis —, es sei in diesem Herbste eine besondere Art 
Zitscherlinge — so heissen hier die Leinzeisige — vorhanden, 
welche keine rothe Brust bekämen. Diese Vögelchen blieben grössten 
Theils den Winter hier und kehrten freilich in Hinsicht ihrer Zahl 
in ähnlichem Verhältnisse, wie die grosse Armee aus Russland, in 
ihr Vaterland zurück. In diesem Herbste waren sie auch in Schweden 
haufenweise erschienen und hatten selbst den Winter zum Theil dort 
zugebracht; ich besitze mehrere, welche im Februar bei Gothenburg 
gefangen waren. 


Vom November 1847 bis Februar 1848 erhielt ich, die Linaria 
longirostris, Holböllii und canescens ausgenommen, alle Arten und Unterarten 
der Leinzeisige, und da ich Hunderte untersuchte und grossentheils 
präparirte: war es mir möglich, folgende Subspecies in zwei grossen 
Reihen festzustellen, nämlich: 


176 


1) von rothbrüstigen: Linaria longirostris, tenuivostris, Holböllü, 
alnorum, agrorum, betularum et microrhynehos.*) 

2) von weissbrüstigen: Linaria borealis (canescens), robusta, ru- 
Jescens, canigularis, dubia, assimilis, leuconotos, septentrionalis, Havirostris et pusilla. 

Nie vorher und nie nachher habe ich diese äusserst verschiedenen 
Vögel erhalten oder auch nur gesehen. 

Im Herbste 1853 zeigten sich wieder einige Leinzeisige in 
unseren Thälern; es waren rothbrüstige der gewöhnlichen Arten; sel- 
tene fand ich nicht unter ihnen. 

Aeusserst merkwürdig in Hinsicht des Erscheinens der Leinzeisige 
ist der zuletzt vergangene Herbst. Im October 1855 erschienen die 
ersten in grössern oder kleinern Flügen, ihr Durchzug dauerte hier 
bis Ende Decembers, ging aber hauptsächlich auf den Höhen fort, 
so dass nur wenige in unsere an Erlen und Birken, die ihnen hin- 
längliche Nahrung geboten hätten, reichen Thäler herabkamen. Ich 
erhielt einige 30 Stück, unter denen sich’aber zu meiner und Anderer 
grossen Verwunderung auch nicht ein einziger ächt rothbrü- 
stiger befindet. Sie gehören folgenden Subspecies an, nämlich: 
der Linaria canigularis, dubia et assimilis. Es sind aber unter ihnen 
auch Vögel mit starkem rothem Anfluge, über welche ich mir eine 
Erklärung vorbehalte; denn sie sind sehr merkwürdig. Die Thatsache, 
dass es im vorigen Herbste keine rothbrüstigen Leinzeisige **) 
hier gab, ist um desswillen sehr wichtig, weil sie die Richtigkeit der 
Trennung der roth- und weissbrüstigen beurkundet. Wären die 
weissbrüstigen halbjährige Männchen, so müssten sie allein, ohne 
dass alte unter ihnen wären, die Flüge dieser Vögel bilden, was den 
Erfahrungen ganz widerspricht, nicht zu gedenken, dass man bei ge- 
nauer Kenntniss und sorgfältiger Beobachtung die alten von den 
halbjährigen Männchen recht gut unterscheiden kann, da jene 
vollständigere Schwung- und Steuerfedern und festere Knochen haben. 
Es gibt also Leinzeisige, welche nie eine rothe Brust bekommen, 
also die weibliche Zeichnung der rothbrüstigen zeigen. Etwas 
Achnliches sehen wir bei Museicapa museipeta, der ächten Muscicapa 
parva (minuta, Schill.) verschieden von meiner Muse. rufigularis, der 
Rutieilla montana, Brm. (Erythacus Cairü, Degl.), der Sylvia, rubricapilla, 


*) Schon Brisson unterscheidet in seiner Ornithologia 1. Bd. S. 343—344 
Linaria rubra major et Linaria rubra minor. 
**) Dasselbe gilt von hiesiger Gegend. Baldamus. 


ee 


177 


Landbeck ete. Die Artverschiedenheit der roth- und weiss- 
brüstigen Leinfinken ist also schon durch die von mir in diesem 
Herbste gemachte Beobachtung entschieden. 

Allein einen andern auffallenden Umstand habe ich noch bei diesen 
Leinzeisigen beobachtet. Ich habe 23 derselben, und weil die 
Geschlechtstheile bei ihnen im Herbste schwer zu erkennen sind, bald 
nach ihrem Tode präparirt, ehe die Testikeln und Eierchen undeutlich 
werden. Da fand ich denn zu meinem wirklichen Erstaunen unter 
dieser ganzen Gesellschaft nur zwei Weibchen; alle übrigen waren 
Männchen. Jene müssen also von diesen fast ganz getrennt ziehen, 
sonst würde man beide Geschlechter so ziemlich in gleicher Anzahl 
in den Flügen antreffen. Wahrscheinlich gehen die Weibchen früher 
weg als die Männchen, oder nehmen einen andern Weg als diese. 

Diese Vögel müssen überhaupt auf dem Rückzuge ganz andere 
Strassen einschlagen als bei der Herbstwanderung. Denn wenn man 
auch in Betracht zieht, dass oft nur der zehnte Theil von den aus- 
gewanderten Leinzeisigen wiederkehrt, so würde man doch im 
Frühjahre immer noch viele sehen müssen. Das ist aber nicht der 
Fall. Man bemerkt nur in manchen Frühjahren Leinzeisige bei 
uns, und zwar im März und April. Sie fallen dann, da ihnen die 
Erlen und Birken wegen des ausgefallenen Samens nicht mehr wie 
im Herbste Nahrung bieten können, auf die Stoppeläcker, um hier 
die ausgefallenen Körnchen verschiedener Pflanzen des sogenannten 
Unkrauts aufzulesen. Ich nannte desswegen die Subspecies, bei welcher 
ich dies zuerst bemerkte, Linaria agrorum. In Pommern bemerkt man 
unsere Leinzeisige fast jedes Jahr einzeln oder in kleinen Flügen; 
auch bleiben sie dort länger; denn ich besitze durch die Güte des 
Herrn von Homeyer einen Leinzeisig, welcher dort um die Mitte 
Mai, also zu einer Zeit, in welcher er hier niemals mehr gesehen 
wird, erbeutet wurde. 

Für den Naturforscher sind die Leinzeisige auch aus dem 
Grunde höchst interessante Vögel, weil sie nach den verschiedenen 
Subspecies eine Verschiedenheit in der Grösse zeigen, welche Staunen 
erregt. Sie stehen wie die Orgelpfeifen in allmählich abnehmender 
Grösse neben einander, so dass Zinaria pusila neben Linaria robusta 
nicht wie eine Krähe, sondern wie eine Dohle neben einem 
Kohlkraben erscheint. Ihre richtige Bestimmung ist eine wirkliche 
Aufgabe für den Ornithologen. 


Naumannia. 156. —, 12 


178 


Nr. 14. 


Leber die Wasserschwätzer, Cinclus, Bechst. 


Zaunköniggestalt, zusammengedrückter, pfriemförmiger Schna- 
bel, mit ritzartigen Nasenlöchern, reiches, dichtes Gefieder, 
wie bei den Wasservögeln, schwarzbraun auf dem 


Oberkörper. 


Die Wasserschwätzer sind höchst merkwürdige Vögel; dies 
sieht man schon daraus, dass es sehr schwer ist, ihnen eine Stelle im 
System anzuweisen. Linn rechnet sie zu den Staaren, und 
nannte wahrscheinlich den nordischen * sSturnus cinclus; allein ein 
Sturnus ist er nicht einmal dem Schnabel nach, geschweige in seiner 
ganzen Gestalt und Beschaffenheit. Er steht ganz vereinzelt da und 
desswegen hatte Bechstein sehr recht, ihn — er kannte nur den 
deutschen — unter dem besondern Sippennamen Cinelus aqnaticus auf- 
zuführen. Die Wasserschwätzer bewohnen die Gebirgswasser 
von Europa und Asien — ob die von Abyssinien, weiss ich nicht — 
und gehen weit nördlich hinauf, denn Oinclus leucogaster lebt in Sibirien 
und mein Cinelusi septentrionalis in Skandinavien bis hoch in Norwegen 
hinauf. — Er ist ebensowohl Land- als Wasservogel; denn er 
läuft an den Ufer- und auf den Sandbänken wie die Bachstelzen 
herum, und schwimmt und taucht wie die Steisfüsse, ja er rennt 
auf dem Grunde der Bäche und kleinen Flüsse eine ziemliche Strecke 
weit weg. Er lebt zur Brutzeit paarweise, ausser ihr einzeln, ist 
Stand-, Strich- oder Zugvogel, frisst vorzugsweise Wasserinsecten 
und ihre Larven, baut ein warmes Nest und legt 3 bis 6 glattschälige 
weisse Eier. 


*) Er beschreibt ihn: ‚Sturnus niger, pectore albo; doch ist in seiner Beschrei- 
bung weiter unten der Ausdruck abdomen jerrugineum unrichtig; denn gerade der 
Unterbauch ist, Cinclus leucogaster ausgenommen, stets dunkler, als die Unter- 
brust und bei keinem rostfarben. 


179 


Die Sippe hat nur wenige Arten. 
1. Der deutsche Wasserschwätzer, Cinclus aquatieus, Bech- 


stein. 
Artkennzeichen. 


Der Schwanz ist zwölffederig, der Vorderhals weiss, 
rein, oder dunkel bespritzt, der Unterbauch im ausge- 
färbten Kleide dunkelbraun oder braunschwarz. 


Beschreibung. 


Unser Wasserschwätzer ist 6‘, 9 bis 7 5“' lang, wovon 
auf den Schwanz 1’, 6‘ bis 9“ kommen, und 10“ bis 10" 8 
breit, wovon die längste Schwungfeder nur 2“ 1‘ bis 2‘ wegnimmt, 
woher es kommt, dass die Flügel die Schwanzwurzel kaum erreichen. 
Der Schnabel ist stärker oder schwächer, länger oder kürzer, gerade 
oder sanft aufwärts gebogen; die Füsse sind stark, mittellang, mit 
starken, hohen und kurzen Nägeln, auf der vordern Seite hell-, auf 
der hintern dunkelhorngrau; der Schnabel ist hornfarben, der Augen- 
stern hellbraun, das Augenlid mit rein- oder grauweissen Federn 
besetzt, wodurch ein weisser Ring um das Auge gebildet wird. Der 
Kopf, Nacken, Hinterhals und die Halsseiten sind braun, der 
Rücken, die Schultern, der Bürzel und die Oberschwanzdeckfedern 
schieferfarben mit breiten schwarzen Spitzenkanten; der Oberflügel 
ist schieferschwarz mit hellern Kanten, an den Schwungfedern mit 
bald verschwindendem, weissem Spitzensaume; der Unterflügel ist matt-, 
an den Deckfedern braunschwarz. Die Kehle, die Gurgel, der Kropf 
und der Brustanfang milchweiss, was unten wie abgeschnitten ist, 
der übrige Theil der Brust rothbraun, was nach unten und an den 
Seiten dunkler, am Bauche tief- oder schwarzbraun, sogar braun- 
schwarz wird; der Schwanz und seine unteren Deckfedern sind 
schwärzlich. — 

Die Weibchen sind gewöhnlich lichter, als die Männchen, 
und stets etwas kleiner, als diese. 

Dies ist das Kleid der alten Herbstvögel, in welchem sie 
am Schönsten aussehen; gegen das Frühjahr werden sie dunkler und 
verlieren die weissen Spitzenkanten an den Schwungfedern. 

Die jungen Herbstvögel haben an dem Braun des Vorder- 
körpers helle und an dem Weiss des Halses oft dunkle Federränder, 


12” 


180 


welche beim Weibchen bemerkbarer sind, als beim Männchen, 
und sich während des Winters abstossen. | 

Vor der Mauser sieht das Gefieder, welches durch die starke 
Reibung bei der Berührung mit dem Wasser viel von seiner Länge 
verloren hat, sehr schlecht aus. Die Abreibung der Federn ist 
oft so stark, dass ein am 15. Julius 1834 bei der Bastei in der 
sächsischen Schweiz geschossenes Weibchen an den Seiten des Hal- 
ses weissgrau aussieht, weil der schwarzgraue Federgrund sehr vor- 
steht. 

Das Jugendkleid weicht sehr ab; der ganze Oberkörper ist 
hell schieferfarben mit schwärzlichen Federkanten; der ganze Unter- 
körper ist schmutzigweiss, oft gelb überflogen, am After dunkel, an 
den Unterschwanzdeckfedern rostgelb, an den Spitzen aller Federn mit 
schwärzlichen Strichelchen, welche an manchen Federn unvollkom- 
mene Halbkreise bilden. Die Seiten sind schieferfarben, was aber 
erst recht bemerkbar wird, wenn die Jungen ausgeflogen sind, dann 
erscheint auch die dunkle Zeichnung auf dem Weiss weniger deut- 
lich. — 

Die kaum ausgekrochenen Jungen sind mit schwarzblau- 
grauen Dunen ziemlich dicht bedeckt. Die Federn, welche bei den 
Landvögeln am Unterkörper in nicht sehr breiten Streifen zum Vor- 
schein kommen, bedecken gleich Anfangs, wie bei den Wasservögeln, 
den ganzen Unterkörper, einen schmalen Mittelstreifen vom Kropfe 
an ausgenommen. Diese Einrichtung ist um deswillen nothwendig, 
weil ihr Nest stets in der Nähe des kalten Wassers steht und nicht 
selten von demselben bespritzt wird. 

Die Mauser der Alten beginnt im Julius und wird im August 
vollendet, die der Jungen erfolgt gewöhnlich etwas später, so dass sie 
im September erst vollendet wird. Doch besitze ich ein am 19. Au- 
gust 1855 in Oberöstreich geschossenes junges Weibchen, bei welchem 
sie fast vollendet ist, 


Aufenthalt. 


Alle europäischen Wasserschwätzer — einen einzigen aus- 
genommen, dessen Sommeraufenthalt wir nicht kennen — lieben die 
hellen Gebirgswasser, besonders solche, in denen Forellen wohnen; 
sie müssen aber mit Bäumen besetzt ein, einen steinigen Grund ha- 
ben und bei uns im Winter zum Theil offen bleiben. Auf dem 


181 


Thüringer Walde, in“ den Gebirgen des Voigtlandes, der sächsischen 
Schweiz und anderer bergigen Gegenden habe ich ihn an allen 
Bächen und kleinen Flüssen geschen. Er lebt aber auch in den 
Thälern der Alpen, namentlich in denen der Schweiz, in Oberöst- 
reich und andern bergigen Gegenden. Auf Rügen und in Holland 
kommt er nicht vor. Von den Aufenthaltsorten der verschiedenen 
weiter unten zu beschreibenden Arten und Unterarten wird dort die 
Rede sein. Es gibt auch Arten, welche streichen, sogar wandern; 
denn wenn in kalten Wintern die Bäche ihres Standortes zufrieren, 
suchen sie offene Stellen derselben auf. So sah ich am 14. Januar 
dieses Jahres meinen Cinchıs medius eine Viertelstunde von hier mitten 
in meinem Filialsdorfe Kleinebersdorf, wo er ganz gegen sein sonst 
so scheues Wesen auf den Eisbänken des mitten offenen Rodabaches 
herumlief und die Menschen auf 20 Schritte an sich vorübergehen 
liess. Der Wasserschwätzer ist überall einzeln, weil er in wei- 
ter Strecke seine Nahrung suchen muss und deswegen in seinem, 


wenigstens '/, Stunde langen Reviere, kein anderes Paar dulden kann. 


Betragen. 


Er ist ein schr munterer, gewandter und scheuer Vogel, welcher 
sich gern unter und an die Ufer auf hervorragende Steine und 
Stöcke setzt, und um sich nach Nahrung umzusehen, sich oft nach 
allen Seiten umdreht. Befindet sich im Wasser eine Sandbank oder 
eine andere hervorragende Stelle: dann läuft er gern auf derselben 
herum. Er geht aber auch oft mit dem halben Körper im Wasser 
dem Strome entgegen und lässt sich die Insecten, seine Nahrung, zu- 
führen. Er schwimmt aber auch geschickt auf der Oberfläche des 
Wassers, taucht rasch unter dieselbe, läuft eine Strecke auf dem 
Boden fört und kommt an einer ganz andern Stelle wieder zum 
Vorschein. Wenn er verfolgt wird, setzt er sich gewöhnlich so, dass 
er schwer zu sehen ist, weil er vom Ufer, überhängenden Gebüschen 
oder einem andern Gegenstande gedeckt wird, ja er kriecht nicht 
selten unter die Eisbänke am Ufer, wenn sie nicht hart auf dem 
Wasser aufliegen; im letztern Falle würde er unter ihnen nicht ath- 
men können. Hierbei kommt ihm aber auch seine Farbe sehr gut 
zu Statten; denn sein Oberkörper ähnelt einem dunkeln Steine oder 


Pflocke und sein weisser Vorderhals sieht wie Wasserschaum aus. — 


182 


In allen seinen Bewegungen zeigt er eine" besondere Schnellig- 
keit und Gewandtheit. Er trägt im Sitzen und Laufen den Körper 


etwas aufgerichtet, ausgenommen, wenn er im Wasser spaziert und 


den Schwanz oft emporgehoben, wie der Zaunkönig, mit welchem 
er überhaupt Aehnlichkeit hat. Sein sehr dichtes Federkleid macht 
es ihm möglich, nicht nur die strengste Kälte ohne Beschwerde zu 
ertragen, sondern auch, da es, beständig angefettet, kein Wasser ein- 
dringen lässt, im harten Winter zu schwimmen und unterzutauchen. 
Er ist sehr heitern Gemüths und deswegen stets munter und fröhlich, 
was alle seine Bewegungen verrathen. Sein Flug hat mit dem eines 
Eisvogels viele Aehnlichkeit. Er ist pfeilschnell, mit sehr geschwin- 
der Flügelbewegung, geht gerade aus, tief auf dem Wasser hin, jede 
Krümmung des Baches genau einhaltend, aber nur kurze Strecken in 
Einem fort. Wenn ein Mensch oder ein anderes dem Vogel ver- 
dächtiges oder furchtbares Geschöpf am Ufer oder gar im Wasser 
steht, biegt er aus und fliegt in einem grössern oder kleinern Bogen 
eine Strecke neben dem Bache hin, und wenn er eine Zeitlang ver- 
folgt worden ist, steigt er oft hoch in die Luft, fliegt so über den 
Schützen weg und senkt sich dann wieder. Alles dies führt er trotz 
seiner kurzen Schwingen mit grösster Geschicklichkeit aus. — 

Wenn er aufgejagt wird, stösst er einen wie zerr oder zerp 
klingenden Ton aus. Zur Paarungszeit lässt das Männchen seinen 
grasmückenartigen, nicht sehr lauten Gesang hören, welcher recht 
artig klingt; es sitzt dabei auf einem Steine oder Pfahle, auf einem 
über das Wasser herein hängendem Zweige, auf einem Wehrbalken 
und dgl. Am fleissigsten singt das Männchen in den Morgenstunden. 


Nahrung. 


Diese besteht fast nur aus Insecten und ihren Larven. Man 
findet in seinem Magen mehrere Mückenarten, Culex, Wassermotten, 
Phryganea, Hafte, Ephemera und verschiedene Käferchen. Die 
Pflanzentheilchen, welche in demselben angetroffen werden, ver- 
schluckt er wahrscheinlich nur zufällig mit den an ihnen sitzenden 
Inseeten. Kieskörnchen enthält sein Magen stets. Es ist sehr möglich, 
dass er die Eier und kleinen Jungen der Fische frisst; doch habe 
ich Forelleneier nie in seinem Magen entdeckt; er kann auch schwer- 
lich zu ihnen gelangen, da die Mutter derselben sie gewöhnlich in 
eine mit dem Schwanze gebildete Furche legt und mit Sand etwas 


183 


zudeckt. Ebenso wenig habe ich kleine Fischehen in ihm bemerken 
können; dass er sie aber verdauen kann, ist keinem Zweifel unter- 
worfen, denn in Tröbnitz fütterte vor einigen Jahren die Schuljugend 
zwei junge Wasserschwätzer im Neste zum Vergnügen mit ihnen. 
Herr Peisker, Besitzer der Erdmansdorfer Mühle an der Roda, bei 
welcher sich stets Wasserschwätzer aufhalten, versicherte mir noch 
vor wenig Tagen, dass sie das Fett, womit die Zapfen der Mühlräder 
geschmiert werden, wenn es geronnen wäre, sehr gern frässen und 
sehr keck mit dem Schnabel abpickten. — 


Fortpflanzung. 


Er brütet unverstört gewöhnlich nur ein Mal, selten zwei Mal 
im Jahre und zwar im April. Zu Anfang dieses Monats fängt er an 
zu bauen und um die Mitte desselben zu legen. Das Nest steht im- 
mer am Wasser, besonders da, wo ein Fels über dasselbe hinweg- 
oder an demselben emporragt, oder ein Erlenstock, oder ein Wehr 
eine passende Höhlung bildet, oder unter Brücken, Wasserbetten in 
den Mauern der Radstuben der Mühlen, Eisenhämmer u. dgl., sogar 
auch in den, Schaufeln der Mühlräder, wenn diese eine Zeitlang still 
gestanden haben. Am Angenehmsten ist es unserm Wasserschwät- 
zer, wenn er das Nest so unter einem Wasserbette anbringen kann, 
dass vor demselben eine Wassermasse herabstürzt. Dann ist es na- 
türlich vollkommen gegen die Nachstellungen der Katzen, Marder, 
Itisse und Wiesel geschützt und nur noch denen der Ratten zu- 
gänglich. Ein solches sah ich vor einigen Jahren in der Radstube 
der Neumühle bei Tröbnitz, zu welchem ich nicht eher gelangen 
konnte, als bis der Mühlenbesitzer mir zu Liebe das Wasser abge- 
schlagen hatte. Es sieht sehr schön aus, wenn die Alten keck durch 
den Wassersturz hindurchfliegen, um zur Brut zu gelangen. Das 
Nest ist in einer Höhlung gut verborgen und wegen des Wassers oft 
schwer aufzusuchen und schwer zu erlangen. Es besteht äusserlich 
aus dürren Reisern, Grasstengeln, Graswurzeln und dürren Gras- 
blättern, Strohhalmen, oft auch aus Wasser- oder Erdmoos und ist 
inwendig mit dürren Baumblättern ausgelegt. Es ist locker gebaut, 
hat aber dieke Wände, ist inwendig etwas tiefer als eine Halbkugel 
und hat stete einen engen Eingang, der gewöhnlich dadurch entsteht, 
dass er die Höhlung, in welcher es sich befindet, ganz ausfüllt. Ist 
aber das Nistloch zu gross, dann bekommt es eine Decke, wie ein 


184 


Zaunkönignest und ein enges Eingangsloch. Es besteht dann grossen- 
theils aus Moos.*) In der Schaufel eines Mühlenrades füllt es diese 
gewöhnlich zum Theil aus und ist mit grosser Kunst in eine nach 
unten sich öffnende so angebracht, dass es nicht herausfallen kann; 
es ist dann zuweilen zwei Fuss lang. Man findet darin vier bis 
sechs Eier, welche 10 bis 12'‘ lang, 8 bis 81,“ breit, sehr 
verschieden gestaltet, dünn- und glattschälig, mit deutlichen Poren 
und glänzend weiss sind. Das Weibchen bebrütet sie mit einem 
grossen Brutflecken mitten am Unterkörper, welcher aber ausserhalb 
des Nestes von den daneben stehenden langen Seitenfedern vollstän- 
dig verdeckt wird, so emsig aus, dass man es auf ihnen oder auf 
den zarten Jungen ergreifen kann; aber dennoch hat es gewöhnlich 
nur zwei, seltener drei Junge, welche von beiden Eltern sorgfältig 
aufgefüttert werden. Das Faulwerden mehrerer Eier dieses Vogels 
rührt wahrscheinlich daher, dass das Nest oft ganz feucht ist. 
Wenn die Alten bei dem Neste nicht gestört werden, legen sie 
ihr scheues Wesen ab und, werden zutraulich, so dass sie sich vor 
den Menschen wenig fürchten. Die Mühlenbesitzer der hiesigen Ge- 


gend haben sie sehr gern und schonen sie deswegen. ’ 


Feinde. 
Die Eier und Jungen sind den Nachstellungen der Katzen, Mar- 
der, Iltisse, Wiesel und Ratten sehr ausgesetzt; die Alten haben 


wenig, Feinde. 
Jagd und Fang. 


Sie sind schwer zu schiessen; entweder müssen sie vorsichtig 
beschlichen, oder an ihren Lieblingsorten erlauert werden. Am Besten 
gelingt die Jagd auf sie, wenn sich zwei oder drei Schützen ver- 
einigen, und Einer dem Andern den Vogel zutreibt. Freilich muss 
er dann im Fluge geschossen werden, was nicht leicht ist. An seinen 
Lieblingsplätzen fängt man sie mit kleinen Falleisen, Laufschlingen 


und Leimruthen. 
Nutzen. 


Ihr Fleisch ist sehr wohlschmeckend und ihr Gesang, wie ihr 
Wesen, sehr angenehm. 

Vorstehende Schilderung passt auf alle europäischen Wasser- 
schwätzer, den Cinclus melanogaster ausgenommen; es ist nun noch 


*) Ich habe es in solcher Gestalt auch frei auf Felsenabsätzen und Baum- 
oder Pfahlstumpfen stehend gefunden. Baldamus. 


185 


übrig, die verschiedenen Ausprägungen derselben, welche man gewiss 
Species nennen kann, mit ihren Subspecies hier aufzuführen und 
kurz zu beschreiben. 

1. Der hochköpfige Wasserschwätzer, Cinelus aquatieus, Bechstein. 
(Sturnus einclus, L.) 

Bedeutende Grösse; zwölffederiger Schwanz, weisser, 
oft dunkel bespritzter Vorderhals, umbrabrauner Hinter- 
hals, sehr dunkler Oberrücken und äusserst hoher Scheitel. 

Die eben angegebenen Kennzeichen unterscheiden unsern Vogel 
von seinen Verwandten hinlänglich; sein brauner Oberhals sticht gegen 
den dunkeln, im Herbste mit Schwarz überzogenen Rücken schr ab 
und das Braun seiner Brust ist ein schönes Rostbraun, beim Weib- 
chen wenig heller als beim Männchen; am After ist es schwarz- 
braun. Das Jugendkleid unterscheidet sich von dem der Ver- 
wandten dadurch, dass seine dunkeln Federkanten auf dem Rücken 
wie im ausgefärbten Kleide sehr breit sind und dadurch eine ganz 
dunkle Farbe bewirken. 

Ich erhielt ihn vom Thüringer Walde von der Göltsch und vom 
hiesigen Rodabache; von dem letztern ein gepaartes Paar, ein Nest- 
paar und ein anderes Junges in der Mauser. Als Subspecies gehört 
hierher: 

Der mittlere Wasserschwätzer, Oinclus medius, Brehm, (Cinclus aquati- 
eis, Bechst., Sturnus einelus, L.) 

Bedeutende Grösse, zwölffederiger Schwanz, weisser, 
oft dunkel bespritzter Vorderhals, graubrauner Hinter- 
hals, nicht sehr dunkler Oberrücken und mittelhoher 
Scheitel. 

Er hat mit dem vorhergehenden die Grösse gemein, oder über- 
trifft ihn in derselben um Etwas, unterscheidet sich aber von ihm leicht 
durch den nicht umbra-, sondern graubraunen Hinterhals und 
die viel undeutlichern schwarzen Spitzenbinden, wodurch 
der Oberrücken fast immer lichter, als bei dem vorhergehenden 
erscheint. Das Rostbraun seines Unterkörpers ist weniger verbreitet, 
als bei diesem — es geht weiter oben in das Schwarzbraun des Bau- 
ches über — gewöhnlich fahler und bei beiden Geschlechtern gleich, 
beim Männchen sogar oft heller als beim Weibchen. Der 
Schnabel ist wie bei C. aquat. mittellang, mittelstark und etwas auf- 
wärts gebogen; der Scheitel aber weit niedriger als bei diesem. Bei 


186 


den Jungen fallen die weniger deutlichen dunkeln Federkanten des 
Oberkörpers sehr auf. 

Ich fand ihn an den Bächen des Thüringer Waldes — am 
23. Juni 1327 schoss Herr Bonde dort in meiner Gegenwart eine 
Mutter mit ihrem jungen Männchen *) — erhielt von seiner Güte ein 
am 22. April 1855 beim Neste erlegtes gepaartes Paar mit den Eiern, 
bekam ein anderes gepaartes Paar von der Göltsch und mehre ein- 
zelne, ein Paar von der Roda, wo er die Stelle des früher dort woh- 
nenden Cinchus aquaticus eingenommen hat, und ein Weibchen, welches 
mein Sohn Alfred am 18. Januar dieses Jahres eine halbe Stunde 
von hier schoss. 

2. Der südliche Wasserschwätzer. Cinclus meridionalis, Brehm, 
(Cinelus aquaticus, Bechst.) 

Bedeutende Grösse; zwölffederiger Schwanz, weisser, 
oft dunkel bespritzter Vorderhals, hellumbrabrauner Hin- 
terhals, wenig dunkler Oberrücken, rostrothbraune Brust 
im ausgefärbten Kleide, sehr gestreckter, etwas aufwärts 
gerichteter Schnabel und mittelhoher Scheitel. 

Von den vorhergehenden unterscheidet er sich auf dem ersten 
Blick durch seine helle Brustfarbe; denn diese ist ein ächtes 
Rostrothbraun, was aber von schieferfarbenen Seiten begrenzt ist, 
und sich bald in dies Schieferfarben oder Schwarzbraun des Bauches 
verliert; der Hinterhals ist heller als bei allen Verwandten und die 
dunkeln Ränder des Rückens reiben sich bei den einjährigen Vögeln 
so ab, dass ein am 15. März 1835 bei Gurl in Kärnthen geschos- 
senee Männchen auf dem ganzen Rücken fast rein schieferschwarz 
aussieht. 

Die Weibchen sind röther als die Männchen, ja bei den 
letztern kommt es vor, dass die Brust bei stark abgeriebenen Federn 
anstatt rostrothbraun, rostbraun aussieht. Die jungen Vögel kenne 
ich nicht. 

Dieser schöne Wasserschwätzer lebt in Kärnthen, woher ich drei 
Stück durch des Herrn von Guber Güte erhielt. Ihm sehr verwandt 
ist seine Unterart der rothbrüstige Wasserschwätzer, Cinclus rufipectoralis, 
Brehm, (Cinelus aquatieus, Auct.) 


*) Die Schwester des letztern, welche ich auch besitze, hatte er 5 Tage vorher, 
da sie sich bei der Verfolgung auf den Grund des Wassers an einen Stein gedrückt 
hatte, mit der Hand ergriffen. 


187 


Bedeutende Grösse: zwölffederiger Schwanz, weisser, 
oft dunkel bespritzter Vorderhals, umbrabrauner Hinter- 
hals, wenig dunkler Rücken, rostrothbraune Brust im aus- 
gefärbten Kleide, wenig gestreckter, etwas aufwärts ge- 
riehteter Schnabel, sehr hoher Scheitel. Er ähnelt dem vor- 
hergehenden sehr, hat aber oft noch mehr Rostrothbraun an der 
Brust, einen dunklern, d.h. einen schwärzlichen Bauch, einen kürzern 
Schnabel und höhern Scheitel. 

Auch er lebt in Kärnthen; allein ich erhielt auch ein gepaartes 
Paar von der Göltsch, ein einzelnes am 28. März 1855 im Thüringer 
Wald geschossenes Weibehen, und war Augenzeuge, als am 23. Juni 
1827 Herr Bonde daselbst ein altes Männchen mit seinen beiden 
Jungen erlegte; diese ähneln ganz denen der Verwandten. 

3. Der fremde Wasserschwätzer. Cinclus peregrinus, Brehm, (Cinclus 
aquaticus, Bechst.) 

Mittlere Grösse; zwölffederiger Schwanz, weisser, oft 
dunkel bespritzter Vorderhals, dunkelumbrabrauner Hin- 
terhals, dunkler Rücken, ausgefärbtes Kleid mit Dunkel- 
oder Schwarzbraun der Oberbrust, welches bald in das 
Schwarz des Bauches übergeht; der aufwärts gebogene 
Schnabel kurz und hoch; der Scheitel hoch. Dieser Wasser- 
schwätzer ist auf den ersten Blick von allen vorhergehenden durch 
seinen sehr dunkeln Unterkörper zu unterscheiden. An ihm 
erkennt man ihn schon im Fluge, und durch ihn verbindet er diese 
mit dem Cinclus septentrionalis, welehem er so sehr ähnelt, dass ich ihn 
früher für eine Art mit ihm hielt, was er aber nicht ist. Ich nannte 
ihn Cinelus peregrinus, weil ich ihn nur im Herbste, im Winter und zu 
Anfange des Frühjahres vor der Brutzeit durch meinen geehrten 
Freund Bonde vom Thüringer Walde erhielt. Meine alten Vögel sind 
alle dort geschossen: ein 3 am 12. December 1819, ein anderes am 
3. April 1855, ein © am 5. November 1851, ein anderes am 3. April 
1840 und ein drittes am 28. März 1855. Ich weiss nun gewiss, dass 
er nicht im Thüringer Walde brütet. Da ich ihn nun zur Brutzeit 
aus keiner (Gegend unseres Vaterlandes erhielt, nannte ich ihn Cinelus 
peregrinus. Allein zu meiner grossen Freude hat mein Sohn Alfred 
am 19. August 1855 ein junges, noch unvermausertes Männchen in 
Oberösterreich im Aschachthale 1200 Fuss über dem Meere erlegt, 
und mir dadurch die Gewissheit gegeben, dass er doch in Deutschland 


188 


nistet. “Diese wurde noch vermehrt durch ein kaum vermausertes 
Männchen, welches derselbe am 3. September 1855 an der Göltsch 
schoss. Das Jugendkleid ähnelt dem der Verwandten, ist aber 
auf dem Ober- und Unterkörper merklich dunkler, als diese; beson- 
ders treten an diesem die schieferfarbigen Seiten stark vor. 

Ihm steht sehr nahe, als Unterart von ihm, der Felsenwasser- 
schwätzer, Cinelus rupestris, Brehm, (Cinclus aquaticus, Bechst.) 

Mittlere Grösse; zwölffederiger Schwanz, weisser, oft 
dunkel bespritzter Vorderhals, dunkelumbrabrauner Hin- 
terhals, sehr dunkler Rücken, ausgefärbtes Kleid mit 
Dunkelrost- oder Dunkelbraun an der Oberbrust, was bald 
in das Schwarz oder Braunschwarz des Bauches übergeht; 
der fast ganz gerade Schnabel ist gestreckt, der Scheitel 
mittelhoch. x 

Dieser Wasserschwätzer unterscheidet sich von dem zunächst 
vorhergehenden 1) durch die gewöhnlich lichtere Farbe des 
Unterkörpers, 2) den längern, dünnern Schnabel und 
3) den nur mittelhohen Scheitel. Das Jugendkleid ist eben 
so dunkel auf dem Oberkörper, als bei dem zunächst vorhergehenden. 
Er bewohnt vorzugsweise die Bäche und Flüsse höherer Gebirge; ich 
erhielt ein gepaartes Paar aus der sächsischen Schweiz, ein Paar, 
Vater und Tochter, von der Göltsch, einzelne von daher, vom Thü- 
tinger Walde und ein Männchen aus Dalmatien. Das letztere ist um 
so auffallender, da nicht weit von diesem Lande der hell gefärbte 
Cinchus meridionalis wohnt und den Beweis liefert, dass die Wasser- 
schwätzer nach dem Süden hin lichter werden. 

4. Der nordische Wasserschwätzer. Cinclus septentrionalis, Brehm, 
(Sturnus einelus, L.) 

Sehr bedeutende Grösse; zwölffederiger Schwanz. 
weisser Vorderhals, schwarzbrauner Hinterhals; Rücken, 
Brust und Bauch der alten Vögel sehr dunkel; der Unter- 
körper vom Kropfe an fast ganz schwarz; der Schnabel 
gestreckt. 

Er ist etwas grösser, als alle vorhergehenden, fällt aber auf den 
ersten Blick durch seine fast schwarze Farbe der Brust auf, so dass 
er durch sie auch von den beiden zunächst vorhergehenden zu unter- 
scheiden ist. Er ist, wie schon oben bemerkt wurde, der echte 


Sturnus einelus, L., denn es heisst von ihm auch in der Fauna suecica 


189 


p- 216: Motacilla peetore albo, corpore nigro. Er bewohnt vielleicht nur 
Skandinavien, wenigstens erhielt ich ihn aus keinem andern Lande; 
auch bin ich fest überzeugt, dass er diese Halbinsel nicht verlässt, 
also nieht in Deutschland vorkommt, was ich früher glaubte. Um 
den grossen Unterschied der Wasserschwätzer zu erkennen, muss 
man diesen und den Cinelus meridionalis neben einander stellen. 

Wahrscheinlich gibt es auch eine ihm ähnliche Subspecies, doch 
kenne ich sie nicht. 

5. Der schwarzbäuchige Wasserschwätzer. Cinclus melanogaster, Br. 
Kleiner Körper, sehr dunkle Zeichnung, 10 Steuerfedern. 

Er ist merklich kleiner, als alle vorhergehenden, nur 6'' 5‘ lang, 
wovon auf den Schwanz 1‘ 6 gehen, und 8“ 4 breit, wovon 
die längste Schwungfeder 1’ 10 einnimmt. In der Zeichnung ähnelt 
er ganz dem Üinclus septentrionalis, ist aber am Vorderkörper noch 
dunkler, am Vorderhalse schmutzig-milchweiss, viel kleiner und durch 
seinen zehnfederigen Schwanz hinlänglich von ihm verschieden. Er 
erscheint ganz selten an der Küste Rügens, wo ihn Herr Dr. Schilling 
im November 1819 für mich und später einmal für das Museum zu 
Greifswald erleste. Ob er anderswo vorgekommen ist, weiss ich 
nicht. Siehe über ihn Brehm’s Beiträge zur Vögelkunde 2. Bd. S. 111. 
Er bildet eine sehr gute, auch von Nr. 4. hinlänglich verschiedene 
Art. Ausser diesen hier beschriebenen Vögeln gibt es noch den 
weissbäuchigen Wasserschwätzer, (inclus leucogaster, Pall., wel- 
cher sich von seinem Vaterlande Sibirien schwerlich nach Osteuropa 
verirrt und den pallasischen, (inelus Pallasi, mit ganz dunkel- 
braunem Unterkörper; er lebt in Ostindien und steht im Frankfurter 
Museum. — 

Renthendorf im Januar 1856. L. Brehm. 


Il. Notizen, brielliche Mittheilungen ete. 


Die Linne’schen Typen in der zoologischen Sammlung der 
Universität Upsala. — 

.... Leider sind die«zoologischen Sammlungen unserer Univer- 
versität seit vielen Jahren und eigentlich seit den Zeiten Linne’s und 
Thunberg’s arg versäumt worden, und die historisch so wichtigen, 
wenn auch schlecht präparirten Typ-Exemplare Linn@’s zum grossen 
Theil zu Grunde gegangen. Es wird meine nächste Aufgabe sein, 
die übrig gebliebenen mit der modernen Nomenclatur zu identifieiren. 
Gerade unter den Vögeln aber finden sich nur sehr wenige Linneische 
Typ-Exemplare, da Linne seine Beschreibungen theils nach Zeich- 
nungen, theils nach ausgestopften Exemplaren anderer Sammlungen, 
die längst untergegangen, gemacht hat. Dagegen finden sich unter 
den alten Reptilien und Fischen, und besonders unter den Schnecken 
noch viele Original-Exemplare Linne's. 

Sitta caesia? in Schweden. — Als eine interessante Notiz muss 
ich Ihnen mittheilen, dass ich neulich hier bei Upsala eine 
Form von Sitta getroffen, die fast ganz mit Ihrer caesia über- 
einstimmt. Sonst habe ich, wie auch unsere andern Ormithologen, 
hier in Schweden, zumal im Süden (Schonen etc.), nur die Sitta 
europaea, L., gefunden. Unsere obige Form von caesia ist unten 
nur sehr wenig lichter gefärbt, als die deutsche. Noch habe ich nicht 
Gelegenheit gehabt, zu erfahren, ob diese Form, wie ich glaube, hier 
die seltenere sei, hoffe aber bald in’s Klare darüber zu kommen. 

Corythus Enucleator, Striv nyctea, Parus sibirieus, borealis und 
palustris bei Upsala. — Nach einer Abwesenheit von mehren Jahren 
ist in diesem Winter 1855/,, Cor. Enuel. wieder hierher gekommen, 
jedoch nicht zahlreich. Wie gewöhnlich auch einige Striw nyetea. 
Dagegen habe ich bis jetzt vergebens nach P. sibirieus gesucht; sie 
scheint nur sehr selten soweit nach Süden herabzugehen. P. borealis 
aber ist hier sehr gemein, während von P. palustris immer nur wenige 
Individuen, und zwar im Laubholz in den Gärten, nahe bei Häusern etc. 
gefunden werden. Diese Formen halten sich jedenfalls constant. 


Vilh. Liljeborg. 


191 


Die Graugänse in Mecklenburg. Schon seit mehren Jahren 
habe ich meine Aufmerksamkeit auf die hier vorkommenden Grau- 
gänse gerichtet, und soviel ich vermochte, gesammelt. Es sind deren 
denn auch eine ziemlich grosse Anzahl durch meine Hände gegangen, 
und ich besitze noch fünf Stück Anser arvensis, Naum., in meiner 
Sammlung. In den beiden letzten Jahren habe ich gegen 15 Stück 
zu verschiedenen Zeiten untersucht, und in diesem Jahre (1855) er- 
hielt ich am 6. Oct. zwei Stück, am 28. Oct. drei, am 24. Nov. drei, 
am 12. Dec. drei Stück. Alle diese Gänse, so wie alle, welche ich 
aus sicherm Versteck mit dem Fernrohr beobachten konnte, gehören 
unzweifelhaft zur A. arvensis, N., so dass ich fast glauben möchte, 
dass A. segetum, N., bei uns fehlt; um so mehr, da ich diese auch 
in keiner der hiesigen Sammlungen angetroffen habe. Gern hätte ich 
deshalb womöglich ein typisches Exemplar des Hrn. Prof. Naumann. 
Am 28. October (1855) beobachtete ich noch eine Schaar von 60 bis 
70 Stück Schwalben, FH. rustica und urbica, auf dem Pfaffenteiche bei 
Schwerin, und erst am 10. November verliess uns das letzte Päär- 
chen H.rustica. Am 19. November sah ich eine unabsehbare Schaar 
Goldregenpfeifer, Charadr. auratus, auf den Ebenen bei Ludwigslust. 


von Preen: 


Vorläufig theile ich mit, dass ich Leptoptilos Rüppellü, Vier- 
thaler, mit aller Bestimmtheit für das Weibchen von crumenifera 
erklären muss. Ganz analoge Gefieder-Verschiedenheiten zeigen an- 
dere Störche, als z. B. die javanische Cie. capillata. Dr. Hartlaub. 


Zur Fortpflanzungsgeschichte von (ue. canorus.*) Am 
14. Mai 1855 fand ich im Pötnitzer Forste bei Dessau im Klafter- 
holze ein Nest von Motacilla alba mit einem Kukkuksei, und 
gegen einen Fuss vom Neste entfernt auf dem Holzkloben, worauf das 
Nest stand, ein Ei der Bachstelze. Jedenfalls hatte der Knkkuk 
dies Ei mittelst des Schnabels dort hingetragen: denn hätte 
er es aus dem Neste geschoben, so wäre es bei einer Fallhöhe 
von eirca 4 Zoll auf der harten Unterlage unzweifelhaft zer- 


*) Herr Hofjäger A. Thiele besitzt mehre sehr interessante Kukkukseier 
sammt Jen dazu gehörigen Gelegen, besonders aus den Nestern von Passer do- 
mesticus, Cal. arundinacea ete., deren Abbildung wir auf einer zweiten Tafel Kuk- 
kukseier geben werden. Zugleich bitten wir um fortgesetzte Mittheilung von 
Thatsachen, die sich auf obenbezeichnete Rubrik beziehen. Baldamus. 


er es doch sonst thut, wenn er sogar mehre Eier im Neste findet, 
nicht im Neste hat liegen lassen. Sollte ihm der Instinkt gesagt haben, 
dass der Vogel leichter 2, als 4, 5 oder 6 zählen und also den Ein- 


192 
brochen. Es ist unerklärlich, dass er dies eine Bachstelzenei, wie 
dringling leichter bemerken könne? A. Thiele. 


IN. Literarische Berichte, 


9) Note sur les oiseaux des iles Marquises, et particulierement 
sur le genre nouveau Serresius. Par 8. A. Msg. le Prince 
Bonaparte. (Aus Compte rendu des Scances de l’Acad&mie des Sciences, 
tom. XLI., seance du 3 Dec. 1855.) — 4 p. in 4°, 


Der H. Verf. findet unter einer Sammlung Vögel, welche H. Edelestan 
Jardin auf jenem Archipel gesammelt hat, ausser einer neuen Species und 
Gattung Tauben, 20 Species als jener Inselgruppe angehörig zu kata- 
logisiren. Papageyen: 1. Coriphius dryas, Gould (Goupili, Hombr. et Jacq.) 
Pihiti der Insulaner. Passerinen: 2. Eudynamis tahitensis, Sparrm., Kaevaeva 
d. Ins. — 3., 4., 5. Pomarea nigra, Bp. ex Sparrm. (M. maupitiensis, Garnot, 
Zool. p. 592) das M. ganz schwarz Patiateo, das alte M. schwarz und weiss, und 
das W., Koksovia, rostroth (Muse. lutew, Latb. — Vieill., Enc., p. 834); alle 
drei abgebildet in dem Atlas de la Coquille, Pl. XVII, 1 — 3. — 6. Tatare 
otaitensis, Bp. (longirostris, Gr. ex Gmel.,) Komako. Herrlicher Sänger! 
Reichenbach’s auf eine zweite Art (Tatare luscinius von den Mariannen) basirtes 
Genus Hybristes unterscheidet sich nicht davon. ‚Sylvia syrine, Kittl. (Tatare 
rousserolle, Homb. et Jacq.) wäre nach Dr. Pucheran eine 3. Species. Reich. macht 
daraus sein Genus Eparnetes: allein das schöne Exemplar des Mus. (von den Ka- 
rolinen) steht so zwischen den Genn. Tatare und Calamoherpe, dass es unmöglich 
ist, das eine vom andern zu entfernen. 7. Collocalia, oder besser: Salangana 
(G&ofr. St. Hil. 1836) fueiphaga, Bp. ex Thunbg. Kopeka. Tauben: 
8. Thouarsitreron leucocephala, Bp. ex Gr. Koukou. (Dazu die neue Species 
weiter unten.) Reiher: 9. Herodias sacra, Bp. ex. Gmel. (jugularis, Forst.) 
Matuku. Sehmepfen: 10. Pluvialis longipes, Temm. (orientalis, Schlgl.) Turi. 
Einmal auf Malta gefunden, und desshalb unter dem irrthümlichen Namen virgi- 
nianus, der einer sehr ähnlichen amerik. Art gehört, als europäisch bezeichnet. 
11. Totan. oceanicus, Less. — Kivi. T. brevipes, Vieill. und griseopygus, Gould, 
stehen ihm mindestens sehr nahe. 4avien: 12. Piscatrir candida, Reich. ex 
Steph. (Pelecanus piscator, L.) Tococvo. Junger V., sehr interessant. 13. Phae- 
ton candidus, Briss. (favirostris, Brandt.) Toake. 14. Anous stolidus, 
Leach, oder wenigstens eine verwandte und nicht unterschiedene Art. 15. Hah- 
plana fuliginosa, Wagl., oder vielmehr antarctica, Cus. — Taa. Ein altes und 
zwei junge Individ., wie sie in der Fauna japonica abgebildet sind. Auch in Europa 
vorgekommen (zweimal). 16. Gygis candida, Forst. (alba, Sparrm.) 
17. Daviion capensis, L. — Kaputu. (Der Damier du Cap, der neuerlich auf 
unsern Meeren gefangen worden ist.) 18. Diomedea ewulans, L. 19. Phoebetria 
Fuliginosa, Reich. ex Gm. (Diomed. fusca, Aud.) 20. Fregetta tropica, Bp. 


nn 0 706,006 


193 


ex Gould. Pitai. Bisher unter den Synonymen verloren und desshalb in- 
teressanter, als wenn sie neu wäre, unterscheidet sich diese Art von allen andern 
der Gruppe Procellariae durch ihre Grösse, und ist sogar mit Bulweria columbina 
‚Riesin darunter, da sie fast neun Zoll misst. Im Gefieder nähert sie sich der 
Pr. leucogastra, Bp. ex Gould, unterscheidet sich aber von ihr, wie von allen 
andern, durch die Ausdehnung und Reinheit des Weiss an der Kehle, 
Diagn.: Maxima inter congeneres: nigro-fuliginosa, gula, collare nuchali, pectore 
imo , abdomine, lateribus, erisso, macula subalare, tectrieibusque caudalibus infra 
supraque albis, inferioribus apice nigricantibus: cauda subfurcata: rostro pedi- 
busque ex toto nigerrimis. — 21. Serresius galeatus, Bp., nov. spec. et gen., 
Upe der Insulaner. Es ist nur der Kopf, die Füsse und die Flügel vorhanden, 
aber diese charakteristischen Theile sind hinreichend zum Beweise, dass diese 
Art um ein gutes Drittheil grösser ist, als die grössten bekannten Muscadivorae. 
Der Schnabel misst 11/, Zoll, die Zehen sind länger als die der grossen Goura 
coronata. Die befiederten Tarsen und die an der Basis des Schnabels sehr aus- 
gedehnte, mit schuppenförmigen Federn bekleidete Membran, am Rande warzig, 
und im Leben vielleicht eine Art aufrichtbarer Karunkel, — unterscheiden dies 
schöne Genus der Carpophaginen von allen andern. Es erhält seine Stelle in 
der Reihe der Carpophaginen vor dem Genus Globicera, und bildet den Flügel 
seiner Familie. B. 


Naumannia, 186. 13 


194 


Nr. 15. 
Beiträge zur Ornithologie Nord-Ost-Afrıkas 
mit besonderer Rücksicht 


auf die in Europa vorkommenden Arten der Vögel. 
Von 
Dr. A. E. Brehm. 


(Forlsetzung von p. 50 des III. Heftes, Jhgg. 1852 der Naum.) 


Mit den Edeladlern haben wir eine der reichsten und interessan- 
testen Gruppen der Ornis Nord-Ost- Afrikas beendet. Ich zweifle 
nicht, dass zu den Genannten noch manche neue Aquila hinzukommen 
wird; bin auch überzeugt, noch andere Arten gesehen zu haben, kann 
diese aber nicht weiter erwähnen, da sich meine Mittheilungen nur 
auf positive Beobachtungen gründen. Betrachten wir uns jetzt die 
unächten Adler genauer. 

Erst tief im Innern Afrikas, da wo die tropischen Regen jene 
unerforschlichen Waldungen begründeten, also ungefähr vom 16° der 
nördl. Br. an, tritt der sonderbare 


Spizaötos occipitalis, Daud. 


einzeln auf. Weiter südlich wird er häufiger. Sein Kleid ist bekannt; 
der junge Vogel ähnelt dem Alten. (Dass die Beschreibung, welche 
le Vaillant von dem jungen Vogel gab, einen anderen Adler, wohl 
der Aquila Brehmii galt, habe ich schon erwähnt.) 

Die Maasse des gehäubten Adlers sind folgende: 
Länge. nen rn. beim :r194r. 9; beim QAlN 
Breite... 7 es 2 fl er N, WABn 


195 


Vom Bug bis zur Spitze der 4. 
Schwinge. » . 2 ........ beim: 129%; beim @ 13. g« 


Schwanz besonders gemessen rer en, ol TE 
Schnabel innen (vom Schnabelspalt 
bis zur Spitze). . . . ZB 25 

5 längs der Firte . . . ana UA Er oe, 2 
Höhe des Tarsus Ri ERW EHI 
Mittlere Zehe ohne ee Sasisırt« u ran Ba 
Hintere „ 3 - PL ga ee 1 Pe rar are IL 
Innere ” n erlie en EI Se CL 
Aeussere „ ” „ „on: l4 Pr GE 
Ordnung der Schwingen: ei 5> 3>6>2> 7 Tui 

Farben: 


Iris: hochgelb. 

Schnabel: hornfarben, Spitze dunkler, Basis heller. 
'Wachshaut: hellgelb. 

Zehen: strohgelb. 

Der gehäubte Adler ist ein ziemlich träger Vogel, aber ein braver 
und gewandter Flieger. Seine Heimath, die er nie verlässt, sind die 
Urwälder. Hier sieht man ihn ruhig in den Wipfeln der Mimosen 
sitzen und unter höchst ernsthaften Bewegungen mit seiner Haube 
spielen. Bald kraust er die Stirn, schliesst die Augen halb und richtet 
nun seine Haube auf, dass sie senkrecht steht, breitet die einzelnen 
Federn derselben seitlich aus und sträubt das übrige Gefieder; bald 
legt er die Haube wieder glatt auf den Nacken nieder. Diese wichtige 
Beschäftigung treibt er halbe Stunden lang, ohne sich zu regen, ohne 
ein Bein fürder zu setzen. 

Bemerkt er aber etwas Jagdbares, so ein Mäuschen, ein Erd- 
eichhörnchen, ein girrendes Täubchen, einen Flug der unsern Finken 
(zumal was ihre grosse Anzahl anlangt) vertretenden Webervögel, 
dann lernt man den trägen Träumer von einer ‚andern Seite kennen. 
Blitzschnell streicht er mit kurzen, raschen Flügelschlägen ab, windet 
sich, unserm Habicht gleich, gewandt durch das dichteste Gestrüpp, 
und erfasst seine Beute fast unfehlbar. Er ist in seinem Betragen 
am Besten mit dem Habicht zu vergleichen, vereinigt aber mit dessen 
Frechheit und Raublust die Kühnheit des Adlers: er ist der beste 
Räuber des Waldes. Nur den geordneten Waldstaat der Affen be- 


unruhigt er, wie alle andern Adler nicht; bei einer Gesellschaft, 
13* 


196 


welche unter sich das ausgeprägteste Schutz- und Trutzbündniss aus- 
übt, würde er schlechte Geschäfte machen. Ich selbst erinnere mich 
noch heute mit Vergnügen daran, wie einmal ein Raubadler auf 
einen gewöhnlichen Waldaffen (Cereopithecus griseoviridis) stiess, 
und augenblicks von der ganzen Bande der flinken Spielgesellen des 
Bedroheten so kräftig angegriffen wurde, dass die Federn nach allen 
Richtungen stäubten und der Räuber trotz seinen gefürchteten Waffen, 
sein Heil in eiliger Flucht suchen musste. — Ueber seine Fortpflan- 
zungsgeschichte ist mir Nichts bekannt. 

Seit kurzer Zeit ist ein neuer Habichtsadler in unserem Gebiete 
aufgefunden worden: der Spizaötos leucostygma, Heuglin, dessen Be- 
schreibung mit Nächstem durch die k. k. Akademie der Wissen- 


schaften veröffentlicht werden wird. 


Wenn das Leben der Morgenfrische des Urwaldes schon weniger 
vernehmbar geworden, wenn die Schreier und Sänger auf Raub oder 
Nahrung ausgezogen, und die Sonne höher heraufsteigt im Osten, 
kräftiger sich durch das Laubwerk des hehren Domes bricht, indem 
Du wandelst, Schütz im Urwald, dann wirst Du wohl auch hoch in 
den Lüften einen königlichen Vogel gewahren, bald toll dahin jagend, 
wie ein des Zaumes lediges, junges Ross, bald still sich wiegend im 
blauen Aetherduft, ohne Flügelschlag, ohne sichtbare Bewegung, bald 
in der Höhe sich verlierend, bald näher zu Dir herabsteigend. Dir 
wendet er die glänzend schwarze Brust, die silberweissen Schwingen 
zu; jetzt dreht er sich, Du gewahrst brennende, glühende Farben, 
welche seinen phantastischen Körper schmücken — kennst Du den 
stolzen Gesellen? Lege das leichte Jagdrohr bei Seite, nimm die 
kurze Büchse, aber ziele gewandt und sicher! Des Waldes Echo 
hallt den Donner Deines Geschützes wieder — der Vogel ist ver- 
schwunden, aber Du hast ihn nicht erlangt. Sieh dort in weiter 
Ferne, zu der sich Dein Blick durch jene Lichtung stiehlt, schwebt, 
taumelt, tanzt er, lacht er Deiner — Schütz Du musst besser treffen! 
Oder glaubst Du getroffen zu haben, und nur ein Gebilde Deiner 
Phantasie habe Dich geneckt? Ich glaube es auch! Doch nein, der 
Vogel lebt, existirt wirklich, ist verwundbar, sterblich wie Du. Geh 
hinaus in die weite, vom Urwald und der Wüste begrenzte Steppe, 
beschaue die einzeln stehenden mächtigen Bäume, die noch nicht der 


ee EZ a a a ne HE 


197 


Termite gefrässiger Schwarm zum Opfer auserkoren, dort steht 
sein Haus, dort wirst Du ihn wieder finden. Dort glaubst Du zu 
hören, wie er Dir zuruft: 


„Ich steige zur Sonne 
Mit keckem Muth 

Und sauge voll Wonne 
Die himmlische Gluth 
Und wiege mich droben 
Im goldenen Schein ; 
Es winken nach oben 
Die Flächen so klein. 
Da schau ich hernieder 
Zum Erdenschoos 

Und schaue wieder 

Und fühle mich gross. 
Ach währte doch immer 
Das stolze Glück! 

Ach müsst’ ich doch nimmer 
Zur Erde zurück!“ 

Ja, müsst er doch nimmer zur Erde zurück. Könntest Du ihn 
stundenlang, tagelang, wenn auch nur mit den Blicken verfolgen! 
Doch nein! Du würdest bedauern ihm nicht folgen zu können, Du 
würdest wünschen, dass Dir die geistigen Schwingen, die Dir schon 
längst geworden, zu wirklichen würden, Dich ihm nach in die Lüfte 
zu tragen. Nach solchem Vorbild fliegen zu lernen, das würde Dein 


glühendster Wunsch. 
Aber zur Erde muss er nieder, dort nur kann er sein Werk ver- 
richten. Verfolge ihn nicht mit Mordgedanken, wenn er Dir sich 
wieder naht, zu Deinem, zu Deiner Mitgeschöpfe Wohl, senkt er 
sich zur Erde nieder. Dem Dir gefährlichen, unheimlichen Gewürm, 
den Schlangen, die mit Dir Deine Behausung zu theilen sich er- 
frechen, die sich Dir unter Dein Lager drängen, wenn Du es auf- 
schlägst in ihrem Gebiet, die Dir den Fuss mit giftigem Zahne ver- 
letzen, wenn er, ohne Absicht, sie berührte, gilt sein Kampf und 
er bleibt immer Sieger. 

Der Vogel, den ich meine und der in meiner Erinnerung noch 
80 mächtig lebt, ist der Gaukler, wie ich ihn mit le Vaillant und 
Wiegmann nenne: 

Helotarsus ecaudatus, Smith. 


*) Ersterer nennt ihn le bateleur; letzter schlägt für ihn den Genus-Namen 
„uyuertg“ vor. 


198 


Er ist in der That eine phantastische Erscheinung. Es ist, als 
habe der Schöpfer einen Prachtvogel bilden wollen, und sich in der 
Ordnung vergriffen. Als Adler steht der Gaukler einzig in seiner 
Art da; er übertrifft durch seine Gestalt. die kühnsten Gebilde der 
Phantasie, durch seinen Flug Alles, was Fliegen heisst. Die Pracht 
seiner Farben, die merkwürdige Befiederung wird durch das glühende 
Kolorit, seiner nackten, beschuppten oder behäuteten Stellen gehoben; 
sein Betragen ist ebenso auffallend, als seine Färbung; seine Erschei- 
nung gleicht seiner merkwürdigen Gestalt. Ich habe oben ungefähr 
die Gefühle-wiedergegeben, welche mich bewegten, als ich den Pracht- 
vogel zum ersten Male erblickte; nicht der Naturforscher allein aber 
ist es, welchem der Gaukler vor allen andern Vögeln besonders auf- 
fällt, auch der Nomade der Steppe, der Bewohner des Walddorfes 
empfindet dasselbe. Und weil der rege Diehtergeist des ungebildeten 
Volkes seiner Heimath alles Das, was für ihn ungewöhnlich oder un- 
begreiflich, in das Gewand der Sage hüllt und in diesem so der 
Nachwelt vorführt, lebt auch der Gaukler in Wort und Lied unter 
den Araberhorden des Ost-Sudahn, deren Gruss Poesie, deren Wort 
dichterisch, deren Abschiedsgruss nicht selten rhythmisch ist. Die 
Lieblingskinder der Phantasie des Arabers sind die Sagen und 
Mährchen; sie ziehen sich durch das ganze Leben der Leute hindurch, 
sind nicht der Kinder Schlaflied, sondern der Männer Unterhaltungs- 
stoff am nächtlichen Feuer, verbreiten sich traditionell von Geschlecht 
zu Geschlecht und gewinnen dadurch für uns noch besonders an Werth, 
dass ihnen gewöhnlich etwas Positives zu Grunde liegt. 

„Die Gnade des Allbarmherzigen“, so sagt das Mährchen, „stattete 
alle Thiere der Erde mit besonderen Gaben aus, die sie so lange be- 
halten werden, als sie sich dieser Gnade würdig zeigen. Wehe dem, 
der Allah’s des Gerechten und Heiligen Strafgericht auf sich ladet; 
ihm wird es geschehen wie jenen Menschen, die jetzt des Teufels — 
vor dem uns der Herr schützen möge — und des Adamsohnes Antlitz 
in wunderlicher Vereinigung zur Schau tragen, und Affen heissen, 
wie dem Strauss, der ob seines Hochmuths die Schwingen verlor; 
aber wohl dem, die „seiner Gnade sich freuen.“ In der weiten Steppe 
gewahrst Du einen Falken, den Allah, der Höchste und Erhabenste, 
mit hoher Weisheit ausgestattet, den „Sukher el hakihm“ (Arztadler). 
Er ist ein Arzt unter den Vögeln des Himmels, kundig der Krank- 
heiten, die die Geschöpfe des Herrn betreffen, aber auch kundig der 


199 


Kräuter und Wurzeln sie zu heilen. Aus weit entlegenen Ländern 
siehst Du ihn Wurzeln :mit seinen Zehen herbeitragen*), Du wirst 
Dieh vergeblich bemühen, willst Du ergründen, wohin er gerufen 
worden, um Kranke zu heilen. Ihre Wirkung ist unfehlbar; ihr 
Genuss giebt Leben, ihr Verachten Tod; sie gleichen dem „Hedjahb“ 
(Amulet), den des Gottgesandten Hand geschrieben — der Friede des 
Allbarmherzigen sei über ihm! — einem Gebete Mahommeds, des 
Propheten, den wir in Demuth preisen. Dem „Armen vor der Gnade 
des Herrn“, dem Adamsohne, ist es nicht verboten, sich ihrer zu 
bedienen. Sei achtsam, wo der Arztadler sein Haus gründet, hüte 
Dich, seine Eier zu verletzen, warte bis die Federn seiner Kinder 
kein Blut mehr fliessen lassen, dann gehe in des Adlers Haus und 
schädige eines seiner Kinder an seinem Leibe. Alsbald wirst Du ge- 
wahren, dass der Vater gen Morgen fliegt, wohin Du Dich wendest 
im Gebet, warte bis er zurückkommt, harre geduldig. Er wird er- 
scheinen mit einer Wurzel in seinen Händen, erschrecke ihn, damit 
er Dir die Wurzel überlasse, ergreife sie ungescheut, denn sie kommt 
vom Herrn, in dessen Hand das Leben ruht und ist frei von Zau- 
berei; dann gehe hin und heile Deine Kranken: „sie werden alle ge- 
nesen, so es ihnen also vom Allbarmherzigen bestimmt ist.“ 


In der That der Vogel verdient es, poetisch beschrieben zu wer- 
den, wie es die Araber gethan. Ich will hier noch Einiges über sein 
Betragen mittheilen; seine Maasse kann ich nicht geben, da ich den 
Vogel, wenn auch hundert Male gesehen, doch nie erlegt habe**), ob- 
gleich ich gar oft, freilich stets mit der Büchse und im Fluge auf 
ihn schoss. Man kann sich keinen schöneren Flug denken, als den 
des Gauklers; sein Flug ist es, nach welchem man ihm diesen Namen 
beigelegt hat. Wenn das Kameel das „Schiff der Wüste“ genannt 
werden kann, darf man den Vogel wohl mit grösserem Rechte ein 
Schiff der Lüfte nennen; jenes ist nur mit einem schwerfälligen 
Lastschiffe zu vergleichen, dieser mit einem idealen Schnellsegler. 
Sein Flug ist so auffallend, dass man ihn in jeder Entfernung kennt, 
ihn, wenn man den Vogel einmal gesehen, nimmer wieder verwechseln 


*) Der Araber bält jedenfalls die Schlangen, welche der Vogel aufhebt, für 
Wurzeln, und gründet auf diese Annahme allein seine Sage. 


*) Während meines Aufenthaltes in Nord-Ost- Afrika wurde von uns und 
unsern Jägern nur ein einziges Exemplar des Gauklers erlegt. 


200 


kann. Das ist kein Fliegen, das ist ein Tanzen, Schwimmen, Gaukeln, 
Capriolen-Machen, Sich-Ueberstürzen, Spielen, Possentreiben in der 
Luft; jetzt durchfurcht der Gaukler gelassen ohne Flügelschlag die 
Bläue, jetzt poltert, stürzt er sich kopfüber tief herab, dreht, wendet 
sich, dass er beinahe den Rücken nach unten kehrt, jetzt wirbelt 
er mit fröhlichem 

„Hi-hi-bi-hi“ wieder in die Höhe 

Verschwebend 


Verschwirrend 
Im Aetherduft — 


jetzt fliegt er mit regelmässigen, sehr schnellen Flügelschlägen, jetzt 
hebt er die Schwingenspitzen, wie der Gleitaar hoch über seinen 
Körper und jagt sausend erdab — jeden Augenblick wechselt der 
Phantast, der Narr mit seinen Künsten. Er tummelt sich nach seines 
Herzens Lust, ohne Regel, ohne Noth, ohne Sinn, aber mit Grazie 
in jeder Bewegung, in der Luft herum; er fliegt als sei es nur des 
Spielens wegen, nicht als müsse er auf Nahrung ausgehen. Es scheint, 
als dächten alle Feinde der Raubvögel so als ich; nie habe ich ge- 
sehen, dass die schreiende Rotte der Krähen ihn verfolgt hätte, nie 
dass ihn ein anderes Thier geneckt. Gewiss, sie alle haben ihre 
Freude an dem Lufttänzer, dem närrischen Kerl, der sie nur ver- 
gnügen, nie ihnen schaden kann. Wohl schwimnit ein Adler maje- 
stätisch durch die Luft, wohl freut sich der Vögel Freund an dem 
Adel des königlichen Thieres, dem Gaukler gegenüber erscheint der 
Edeladler unendlich plump; der Gaukler entreisst durch seine Toll- 
heiten dem „Fürsten der fliegenden Schaaren“ die Aufmerksamkeit 
seiner Bewunderer. Eigentlich beschreiben lässt sich der Flug des 
Vogels nicht; wer ihn gesehen hat, vergisst ihn nie wieder, das ist die 
beste Beschreibung. Doch will ich noch bemerken, dass der Vogel 
trotz seiner Spielereien nie seine Sicherung vergisst; er bleibt stets 
in hinreichender Entfernung von den Menschen. 

Seine Heimath sind die Steppen südlich des 16° der nördl. Br.: 
Belled Tahka, Sennahr, Kordofahn, Abyssinien (wo er 
höchst bezeichnend „Hevei-Semmei“ — „Himmels-Affe“ genannt 
wird) Dahr-el-Fuhr (Darfur) ete. Hier baut er auf hohe Bäume einen 
flachen Horst, welcher nach Aussage der Eingeborenen 2—4 grosse 
Eier enthalten soll; Heuglin erhielt zwei flügge Junge aus einem 
Horste und brachte sie lebend nach Wien. Er frisst in der Freiheit 
nur Reptilien, vorzugsweise Schlangen, und wird dadurch zu einem 


201 


wahren Wohlthäter der Menschheit. Seine starken, mit festen, grossen 
und dicken Schuppen besetzten Füsse, mit vortrefilichen, äusserst 
scharfen Krallen, sind gegen den Giftzahn der Vipern (im weite- 
sten Sinne) hinlänglich geschützt, und diesen gegenüber furchtbare 
Waffen; der dichte Federmantel — dichter als bei allen übrigen 
Sehlangenfressern! — schirmt Brust und Bauch. Die Federn 
dieser Theile sind sehr lang, hart, höchst elastisch; ihre Farbe ist 
tiefschwarz, ohne irgend einen anderen Farbenschimmer; im Leben 
liest, wie bei dem Königskranich ein graulicher Duft auf dem 
Gefieder. 

Der Gaukler ist, wie alle Reptilienvertilger ein starker Fresser, 
zieht bei guter Zeit auf den Raub aus, durcheilt ungeheure Strecken 
und erscheint gegen Mittag regelmässig an Wasserplätzen: Strömen 
oder Regenteichen, um zu saufen. Er verweilt hier mehrere Stun- 
den, badet, putzt sich, fliegt aber bei der geringsten Störung auf 
und davon, ohne sich wieder niederzulassen. Nur der Zufall bringt 
ihn in die Gewalt des Jägers; regelmässig jagen lässt er sich nicht. 
Er ist sehr scheu. [ 

In der Gefangenschaft wird er bald ziemlich zahm, und gewöhnt 
sich leicht an frisches Fleisch. Ein italienischer Kaufmann Nicola 
Ulivi, — derselbe, welcher die ersten Exemplare des Balaeniceps Rex 
vom weissen Flusse brachte — besass ein junges Exemplar längere 
Zeit lebendig; zum andern Male sah ich den Vogel in Wien. Die 
dort noch lebenden zwei jungen Vögel sassen oft auf der Erde und 
trugen dann den Körper sehr wagrecht, damit die Spitzen der auf- 
fallend langen Flügel den Boden nicht berührten; wenn sie bäumten, 
standen sie gerade und sträubten das Gefieder. 

Der im Sudahn wohnende Gaukler unterscheidet sich von einem 
mehr südlich wohnenden, durch die dunkeln Schwungfedern zweiter 
Ordnung. Mein Vater hat ihn, wenn ich nicht irre, Helotarsus 
brachyurus genannt (nach einem Exemplare des berliner Museum); 
in Wien fand ich ihn unter dem Namen: H. fasciatus aufgestellt, 
Dazu kommt noch Helot. leuconotos, Paul v. Würt., nach Einigen 
eine selbständige Art, nach Andern nur ein sehr alter Vogel von 
H. eeaudatus, Daud. Genaue Untersuchungen sind mir nicht be- 
kannt geworden. 


202 


Von den eigentlichen Schlangenadlern, Circaötos, Vielliot, 
kommen, so weit mir bekannt geworden, in Nordost-Afrika drei 
Arten vor. Sie haben mit dem Voorhergehenden nichts als die Nah- 
rung gemein, sind träge, zanksüchtige, dumme Gesellen, die Einen 
mit ihren grossen Augen albern anglotzen und sich — wenigstens in 
Afrika — ruhig todtschiessen lassen, haben so ein Stückchen Schlan- 
gennatur von ihren ewigen Kämpfen mit diesen angenommen: den 
schlechten Humor dieser Ohnefüssler, während jener, wie gesagt, ein 
lustiger Patron ist, der sich — so weit meine Beobachtungen reichen — 
nie mit Seinesgleichen rauft, sondern nur dem widerwärtigen, bös- 
artigen Geschmeiss den Krieg erklärt hat, sonst aber tanzend und 
spielend in aller Gemüthlichkeit sein Leben hinbringt. Er in steter 
Beweglichkeit, munter, fröhlich, friedfertig, jene ruhig, faul, grillig, 
zänkisch — was haben die mit einander gemein?! 

Der eine dieser grossköpfigen, glotzenden Grillen- oder besser 
Schlangenfänger ist der europäische Schlangenadler, Circastos brachy- 
dactylus, Temm., und während des Winters regelmässig über nah- 
rungversprechenden Riedgrasplätzen anzutreffen. Im Ganzen gesellig, 
sieht man ihn oft in Gesellschaft von 6 — 12 Stück auf den Felsen 
am Strome sitzen und allerhand Reptilien aufpassen, öfter aber träge 
über der „Halfa“ (Riedgras) schweben. Es darf aber nur einer eine 
Schlange oder Eidechse fangen wollen, wenn ihrer mehrere sind, da 
giebt’s gewiss erst eine tüchtige Beisserei, wie unter den Schmarotzer- 
milanen. Diese sind nun einmal geborne stehllustige Bettler, mit 
denen sich die edeln Räuber nie einlassen, sondern ihnen lieber ihre 
Beute hinwerfen (welche dann erst recht ein lautes und grimmiges 
Gezänk unter der gemeinen Gesellschaft erregt und von Einem allein 
gar selten ins Trockne gebracht wird) und da ist das nicht gerade 
wunderbar. Aber bei selbstfangenden Vögeln ist ein solcher Futter- 
neid gewiss etwas Seltenes und Gemeines. Ich habe ihre hitzigen 
Kämpfe lange nicht begriffen, endlich wurde mir die Ursache der- 
selben klar. Sowie sich einer herabsenkt, um eine Beute aufzunehmen, 
eilt ein Zweiter auf ihn zu und nun geht eine Balgerei los, die so 
heftig wird, dass sie sich in einander verkrallen, gegenseitig am 
Fliegen hindern und zur Erde stürzen. Das kann man in Aegypten 
oft sehen. Ihr ganzes Benehmen ist höchst gemein, bussardähnlich. 
Langsame Flügelschläge, lange anhaltendes Schweben ohne Bewegung 
charakterisiren sie schon von Weitem. Mittags besuchen auch sie in 


203 


Aegypten die Sandbänke im Strome, um zu saufen, hüpfen dort 
rabenartig herum, fliegen auch wohl von einer Stelle zur andern und 
entfernen sich dann langstm. Abends, im Sudahn auch Mittags, 
während der grössten Hitze, bäumen sie auf, sitzen dort ganz gerade 
und verbringen die Nacht, vielleicht ohne ein Glied zu rühren. Zu 
ihrem Nachtquartier wählen sie gern einzeln stehende Bäume auf 
weiten Halfaflächen. 
Die zweite Art dieser Gesellen ist 


Circaötos orientalis, nobis (Vogelfang, S. 11), 


ein Vogel, welcher mit dem Vorhergehenden gar nicht verwechselt 
werden kann. 

Artkennzeichen: Etwas kleiner als Circaötos brachy- 
dactylus (C. leucopsis, C. gallieus, auet.), der ganze Unterkörper 
vom Kinn an weiss, lichtbraun gefleckt, ohne dunkles Kropf- 
sehild. — Beschreibung. Maasse. 


hänge ‚sıisin.. erollsngeuldst nodzeiluorn 2urb—gr 

Vom Bug bis zur Flügelspitze (im Bogen) 1‘ 6% ge 
Schwanz besonders gemessen . . 2... 9-91" 

Höhe desiDaraus oyinaw „um ont): horn, gi gun gu 
Miutelzehlsurtl. ash. „anbauen au onen; 1.1011” 
linterksherinba"l zarsos, sich ya loan um, 12-2144: 
Einerexiehesill „ushidraug) swaih, alkız 1” 4 
Aeussere Zehe “2... vn en 1” 20 


Beschreibung. 


Der alte Vogel ähnelt auf seiner Oberseite dem europäischen 
Schlangenadler sehr, ist vielleicht nur etwas lichter, unterscheidet 
sich aber, von vorn betrachtet, auf den ersten Blick so von ihm, 
dass er als eine besondere und sogenannte „gute“ Art angesehen 
werden muss, d. h. wohl für eine solche, deren Unterscheidungs- 
merkmale auch dem Anfänger in der Ornithologie in die Augen fallen 
müssen. Er zeigt nämlich nicht die Spur eines Kropfschildes, welches 
bei dem €. gallicus bekanntlich sehr stark hervortritt und bei Weib- 
chen oft dunkler als der Rücken ist. Bei unserem ©. orientalis ist 
die Kropfgegend bei Männchen und Weibchen rein weiss, ebenso die 
Backen, letztere erscheinen jedoch grau, weil die haarartigen Feder- 
chen, welche sehr dicht stehen, alle höchst feine, dunkle Schaft- 


204 


striche und hinter der Ohrgegend dunkle Spitzen haben. Das Kinn 
und die Gurgel ist mit eben solchen, höchst strahligen, d. h. dünn- 
bärtigen Federn besetzt. Bei den Federn, welche den Kropf beklei- 
den, treten die dunkeln, sehr feinen Schaftstriche auch noch mehr 
hervor, werden aber nach der Spitze der Federn hin von lichtbrau- 
nen, keilförmigen, mit ihrer Spitze nach der Basis der Feder gerich- 
teten Flecken eingerahmt. Diese keilfürmigen Flecken, deren Farbe 
nach der Spitze hin dunkler wird, treten so wenig hervor, dass der 
Kropf des Vogels nicht stärker gefleckt erscheint, als der einer alten 
Aquila pennata. Die Kropfgegend und deren Bedeckungen sind also 
bei C. orientalis und brachydactylus gar nicht mit einander zu ver- 
gleichen. Bei diesem besteht sie aus dunkelgraubraunen Federn, 
welche nur an der Basis etwas Weiss oder Weissgrau zeigen, bei 
jenem aus Federn, welche ganz weiss sind und nur an der Spitze 
einen wenig, hervortretenden lichtbraunen Fleck haben. Auch die 
dunkeln Querbinden, welche die Spitzen der Federn der Brust und 
des Bauches des europäischen Schlangenadlers zieren, treten bei 
Circaötos orientalis weit weniger hervor; sie sind blass und’ viel 
kleiner, schmäler und kürzer, an vielen Federn nur Punkte, wesshalb 
die ganze Unterseite viel lichter und weniger geschäckt erscheint; 
beim Männchen sieht man an den Federn des Bauches gar keine 
Querbinden mehr und nur noch vier bis sechs Federn haben bräun- 
liche Punkte an der Stelle dieser Querbinden. Die grossen Federn 
an den Hosen des Weibcehens sind noch schwach gebändert, bei dem 
Männchen aber rein weiss. Die Schwänze beider Arten unterscheiden 
sich bloss durch ihre verschiedene Länge; der des (. brachydactylus 
ist nach eigenen Messungen beim Weibchen 11}/,” lang, beim Weib- 
chen vom €. orientalis aber nur 9/4“. Die Flügelspitzen erreichen 
bei C. brachydactylus das Ende des Schwanzes, bei C. orientalis das- 
selbe bis auf 9; die Flügel messen bei diesem vom Bug bis zur 
Spitze nur 1‘ 6° 9°, beim C. brachydactylus aber mindestens 1‘ 8", 
beide Maasse vom Weibchen genommen. Die Unterflügel sind eben- 
falls bei C. orientalis weit weniger gefleckt, als bei C. brachydactylus. 
Es spricht sich also auf der ganzen Unterseite des Körpers unseres 
orientalischen Schlangenadlers eine viel lichtere Färbung aus. 

Der orientalische Schlangenadler bewohnt Aegypten, wo er auch 
im Winter lebt, streift jedenfalls nach Europa hinüber, obgleich er 
dort noch nicht aufgefunden wurde, und geht bis nach dem Sudahn. 


205 


Seine Lebensweise gleicht der des vorigen; über seine Fortpflanzungs- 
geschichte ist mir nichts bekannt geworden. 
Am südlichsten lebt der dritte Schlangenadler 


Circaätos zonurus, Paul von Würtemb,., 


welcher von uns selbst nicht beobachtet worden ist. Ich verdanke 
der Güte meines Freundes Heuglin folgende Notizen über ihn: 
Länge des Vogels 1‘7”. Schnabel wie die Wachshaut orangefarbig, 
Spitze dunkler, Füsse schmutzig gelb, Iris dunkelgelb. 

Der alte Vogel ist oben schiefergrau, jede Feder heller ge- 
säumt; Unterseite und grosse Unterflügeldeckfedern sind braungrau; 
auf dem Unterleib und an den Seiten haben die Federn weisse Quer- 
flecken und Tropfen, welche sich zu Binden vereinigen, ohne bis an 
die Schäfte der Federn zu reichen; die Unterschwanzdeckfedern sind 
weiss mit bräunlichen Querflecken; der Unterrücken und die oberen 
Schwanzdeckfedern sind schieferschwarz mit weisser Basis und Rand; 
die Schwingen, vorzüglich die erster Ordnung, sind schimmelgrau 
mit hellen Endsäumen, schwarzen Spitzen und dunkeln Binden, die 
in der Nähe der Wurzeln an der inneren Fahne schwarz werden. 
Der Schwanz ist schneeweiss mit zwei breiten schwarzen Binden. 

Nach diesem ist das Artkennzeichen kurz folgendes: 

Ein Sechstel kleiner als ©. brachydactylus, schiefer- 
farben, Unterseite weiss betropft, Schwanz weiss mit zwei 
dunkeln Binden. 

Se. Hoheit, der Herzog Paul Wilhelm von Würtemberg entdeckte 
diesen Vogel in Kamamil, Land der Beni-Schongola am obern 
blauen Flusse; Heuglin fand ihn am weissen Flusse auf und berichtet, 
dass er neben den Reptilien auch todte Fische fressee Er wird wohl 
genauere Nachrichten über ihn veröffentlichen. 


Die Sippe der Seeadler, Haliaetos, auet., weist in Nordost- 
Afrika zwei Arten auf. Während des Winters sieht man an den 
Seen Unter- und Mittelägyptens regelmässig die eine, welche mir 
von Hal. albieillus verschieden zu sein scheint, wesshalb ich sie als 
eigene, selbständige Art betrachte. Der Vogel bleibt noch tief bis 
ins Frühjahr hinein in Aegypten und soll, nach Aussage meiner 
arabischen Jäger, am Menzaleh-See brüten. Man gewahrt ihn nicht 


206 


gerade selten, bekommt ihn aber nicht oft vor die Büchse und fast 
nie vor die Flinte Die Araber nennen ihn „Schomedt“, der 
„Furcht erregende“*) und kennen ihn also gar wohl. Er stösst 
jedenfalls auch auf lebendes Federvieh, denn sein Erscheinen ist für 
die Schaar der tauchenden oder sich glättenden Enten stets ein 
Zeichen zur Flucht, während sie doch vor dem Fischadler so wenig 
Scheu haben, dass sie ihn ruhig mitten unter sich sitzen sehen.**) 
Mit dieser Annahme stimmen auch alle erhaltenen Berichte überein. 
Seine Beschreibung ist kurz folgende: 
Alter Vogel: 

Kehle; Brust und Bauch lichtröthlich grau, die länger stehenden 
Federn so verblichen, dass sie graulich isabellfarben erscheinen, die 
Unterschwanzdeckfedern etwas dunkler als die der Brust oder des 
Bauches; der Oberkopf und Nacken lichtgelblichgrau, fast weissgrau, 
die Schulterfedern wie die Schwungfedern dunkelgänsegrau, der Ober- 
flügel wie der Nacken lichtgelblichgrau, der Schwanz weiss. 

Der Vogel ist merklich kleiner als alle übrigen europäischen 
Seeadler; von dem nicht weit von ihm, bei Sarepta wohnenden 
Haliaötos orientalis, Brm. unterscheidet er sich auf den ersten Blick 
durch den viel geringeren Umfang. Der ganze Vogel ist gedrunge- 
ner als die übrigen, ihm ähnlichen Seeadler. 

Das Jugendkleid kenne ich nicht. 

Maasse des alten %&. 


Länge . . . 2... 2° 5“ vom Bug bis zur Flügelspitze. 
Breiten WM Tr ls 
Höhe des Tarsus . . . 45% 


Mittelzehe ohne Nagel. . 2" 7“ 
Ind er rn Mn 
‚Aeussere 2 u 
Eintere 2 ERDE GT, 
Die Iris ist silberweiss, der Schnabel, die Wachshaut und die Füsse 
sind hellgelb. » 
Sein Betragen ist das des Haliaötos albieillus. Sollte sich die 
Art feststellen, so nennen wir ihn 
Haliaötos funereus (mit Rüppell??) 


*) Von „schamadta“ — von Furcht geschüttelt werden. 


**) Vergleiche erstes Heft der Naumannia „Der Winter in Aegypten.“ 


207 


Der zweite dieser Sippe ist der prächtigste der ganzen Suite, 
Haliaetos vocifer, le Vaill. Man zählt diesen Vogel neuerdings in den 
Verzeichnissen der europäischen Vögel auf, wohin er meiner Ansicht 
nach nicht gehört. Wir haben ihn nördlich des 18° n. Br. niemals 
angetroffen; er ist ein Bewohner des oberen Niles, des Urwaldes. 
Dort gehört er hin, dort würdigt man seine Schönheit ganz. Man 
muss ihn auf einem in der Fülle der Tropen schwelgenden, vielleicht 
mit Schlingpflanzen überwebten, über den Stromspiegel gebeugten 
Baume sehen, um das zu begreifen. Es ist uns keineswegs gleich- 
gültig, wo wir einen Vogel sehen; die Umgebung trägt wesentlich 
dazu bei, seine Schönheit zu erhöhen oder zu mässigen. Im dichten, 
menschenleeren Urwalde schaut der „Abu-Tohk“*), so nennen ihn 
die Eingebornen, gar majestätisch von seinem Königssitze herab — 
und dem Schützen dreist in’s Rohr; in baumleeren Gegenden findet 
man ihn nie. Obgleich das Auge in jenen Waldungen an farben- 
prächtige Vögel gewöhnt ist, erscheint er doch stets in seiner vollen 
Schönheit, hauptsächlich wohl wegen seiner ziemlich bedeutenden 
Grösse. Er stellt den Seeadler in seiner höchsten Pracht dar und 
erinnert sogleich an Haliaötos leucocephalus, dessen verschönertes Ab- 
bild er zu sein scheint. 

An den Flüssen und Strömen des Ost-Sudahn gehört unser 
Vogel nicht zu den Seltenheiten. Man findet die alten Vögel immer 
paarweise in treuer Gemeinschaft; gewöhnlich sitzen Männchen und 
Weibchen eines Paares auf ein und derselben Baumkrone, gern auch 
auf Bäumen, welche der Strom fortgeschwemmt und auf Inseln ge- 
worfen hat. Jedes Paar mag ein Revier von ungefähr einer Stunde 
haben. Bei Tage sind sie nie weit von dem Strome entfernt, kreisen 
aber mit lautem, gellendem Jubelrufe oft halbe Stunden lang hoch 
in der Luft. Ich kenne keinen Raubvogel, dessen Stimme so weit 
vernehmbar wäre; der Ruf klingt wie gie—a—gie—gie—gie--a, oft 
gedehnt, meist aber abgebrochen und mehrere Male nach einander 
wiederholt. Nicht selten kommt es vor, dass man ihn viel eher ver- 
nimmt, als sieht, so hoch kreist er. Sein Charakter scheint ziemlich 
sanft zu sein. Am Weihnachtstag des Jahres 1850 sahen wir ihn 
zwar einen Reiher (Ardea atrieollis, Wagler) eifrig verfolgen, glau- 
ben aber nicht, dass es in der Absicht geschah, ihn zu fangen. Es 


*) Vater, resp. Erzeuger des Schalles, Tones, Echos. 


208 


schien uns eher eine Spielerei zu sein. Der Seeadler konnte dem 
Reiher durchaus den Rang nicht abgewinnen, weil dieser ebenso 
schnell flog als jener. Auffallender Weise machte der Reiher jede 
Bewegung des Seeadlers getreulich nach. Dass er wirklich Jagd auf 
lebende Thiere macht, glauben wir nicht. Er frisst Fische und Aas; 
todte Thiere, welche den Fluss herabschwimmen, erhob er, sobald er 
sie erblickte, selbst wenn sie so gross waren, dass er sie nicht aus 
dem Wasser ziehen konnte. Er zog sie dann im Wasser nach Inseln 
hin, wo er sie hart am Wasser verzehrte. Gewöhnlich fanden wir 
Fischüberreste in seinem Magen. Viel Vergnügen gewährte uns eine 
am 15. December 1850 gemachte Beobachtung: Ein Weibchen des 
Abu-Tohk hatte einen sehr grossen Fisch erhoben und verzehrte ihn 
auf einer uns gegenüber liegenden Sandbank. Mit Hülfe eines treft- 
lichen Fernrohres konnten wir jede seiner Bewegungen wahrnehmen. 
Der Fisch wurde zuerst abgehäutet und dann höchst sorgsam skeletirt. 
Während dieser langweiligen Beschäftigung erschien ein Krokodil- 
wächter (Hyas | Plwianus] «@gyptiacus) und begann ohne Weiteres 
die Mahlzeit mit ihm zu theilen. Es war in der That komisch, das 
Benehmen des kleinen, frechen Schmarotzers zu beobachten. Blitz- 
schnell kam er an die Tafel gelaufen, nahm sich rasch ein paar 
Brocken und verzehrte sie in einiger Entfernung. Der Adler drehte 
dann und wann, mit scheinbarer Gutmüthigkeit, den Kopf nach ihm, 
als wolle er ihm sagen: „na friss nur, kleiner Schelm, vor mir bist 
du sicher.“ Trotz alledem zweifle ich nicht, dass unser Krokodil- 
wächter seine Sicherheit nur seiner Schnelligkeit und Gewandtheit 
zu verdanken hatte; sein Amt beim Krokodil mochte ihm wohl ge- 
lehrt haben, wie man sich an grosser Herren Tafel zu verhalten habe. 

Wenn sich der Abu-Tohk gesättigt hat, sucht er, wie seine 
nordische Sippschaft, gern den dürren Wipfel eines Baumes, um zu 
verdauen. Stehen solche Bäume auf Inseln, dann kann man darauf 
rechnen, den Vogel zu gewissen Tageszeiten auf ihnen zu sehen. 
Zur Nachtruhe wählt er jedoch lieber dichtere Waldpartien, wo er 
sich dann von den kreischenden Papageien in den Schlaf singen 
lässt. In der Haltung ist er ebenfalls ein ganz ächter Seeadler. 

Seine Fortpflanzungsgeschichte kenne ich nicht. 

Junge Vögel werden in der Gefangenschaft bald zahm. Dermalen 
befindet sich ein Exemplar des Vogels in der k. k. Menagerie zu 
Schönbrunn. 


209 


Ueber den Federwechsel des Seeadlers hat mein Vater in 
Cabanis Journal f. O. Jahrgang 1853, Seite 199 u. ff. die nöthigen 
Nachrichten mitgetheilt. 


Neben den einzeln sich einfindenden Seeadlern erscheint in 
Aegypten jeden Winter massenhaft der Fluss- oder Fischadler 


Pandion haliaötos, Sav. 


Er ist dort nur Zugvogel, jedoch den arabischen Jägern Unter- 
ägyptens unter dem Namen „Mansuhri“ (der Späher)*) wohlbekannt. 
Schon zu guter Zeit — Ende Septembers, Anfang Octobers — er- 
scheint er an den Seen und beginnt seine stets ergiebige Jagd. Man 
sieht ihn zu vier bis sechs Individuen über gewissen Stellen der Seen 
kreisen und begegnet ihm überall. Abends zieht er sich in die 
Palmenwaldungen zurück, wo er ebenfalls in kleinen Gesellschaften 
seine Nachtruhe hält und ziemlich leicht geschossen werden kann. 
Ebenso, wenn auch nicht so häufig, findet man ihn in ganz Unter- 
ägypten an den Stromarmen von Damiath und Reschied, selbst 
an jedem grösseren Kanale des Delta. In Oberägypten ist er seltener, 
wenn auch noch immer regelmässig anzutreffen. Dagegen verfliegt 
er sich sehr selten bis in die südlichen Stromländer; wir haben ihn 
über dem weissen Flusse schweben sehen und hoch oben am blauen 
Flusse angetroffen. Diese Beobachtung widerlegt die Behauptung 
mancher Omithologen — wenn ich nicht irre namentlich die 
Kaup’s — dass unser Vogel innerhalb der Wendekreise nicht an- 
zutreffen sei. Ende Februar rüstet er sich zur Heimkehr, Mitte 
März findet man ihn nur noch sehr selten, Anfangs April ist er 
verschwunden. 

Die reichliche Nahrung, welche er sich in seinem Winterquartiere 
leicht und ohne Nachstellungen ausgesetzt zu sein erringt, macht ihn 
so fett, dass er kaum präparirt werden kann. Seine Rührigkeit und 
Lebendigkeit behält er bei. Gar oft lässt er seine Stimme ertönen, 
zumal wenn ihrer mehrere beisammen sind, welche sich dann gern 
begrüssen und antworten. Dabei scheint er in der Fremde nicht mit 


*) Von nassara, die Augen fest auf etwas richten; an einzelnen Orten pflegt 
man ihn auch „Rhatahs“ — Taucher — zu nennen. 
Naumannla, 1866, 1 


210 


gar so grosser Strenge unberufene Gäste seines Gleichen aus seinem 
Reviere zu vertreiben, als er daheim zu thun pflegt; vermuthlich, 
weil er weiss, dass für alle stets gedeckter Tisch zu finden ist. So 
weit meine Beobachtungen reichen, bleibt er zur Sommerszeit nie- 
mals in Aegypten. 

Wir kommen nun, wenn wir mit Rüppell im System weiter- 
gehen, zu der interessanten und ziemlich zahlreichen Sippe der 
Edelfalken. Welcher Naturforscher hätte wohl nicht seine Freude 
an diesen kühnen, edeln Gesellen! Der Luftocean ist ihr Element, 
die Jagd ihre Lust; ein Leben voller Kämpfe, voller Mühen und 
dennoch so schön! Welchen Feind hat der flügelschnelle Edelfalk 
ausser dem Menschen? Keinen. Seines Herrschers Macht drückt ihn 
nicht, er dünkt sich dem König der gefiederten Schaaren ebenbürtig. 
Hohe Felsen sind seine Warte, Königspaläste sein Haus; ihm gilt es 
gleich, ob die ungebundene Naturkraft, ob Menschenhand die Massen 
übereinander thürmte, welche er bewohnt; er fürchtet den Menschen 
nicht. Mitten im Gewühl der volkbelebten Städte, auf den höchsten 
Zinnen der Thürme nimmt er sich Herberge mit ebenso grosser 
Freiheit, als er sich den mächtigsten Wipfel des hundertjährigen 
Baumes auswählt, um auf ihm seinen Horst zu gründen. Nur nach 
den höchsten Orten strebt er, er verachtet das Niedrige. Mit voll- 
bewusster Kühnheit drängt er sich unter die thierfeindlichen Men- 
schen; dem, was sie hegen und pflegen, erklärt er von vorn herein 
den Krieg; das ist nicht die Bettelei, mit welcher der Milan sich 
seinen Horst auf die rundgeendete Zinne des Minarets erbaut, um 
von da herab nach dem zu spähen, was sie wegwerfen, nicht die 
Zutraulichkeit, mit welcher der Röthelfalk die Giebel der Gebäude 
Athens bezieht: er erscheint im Vollgefühle seiner Kraft und kürt 
sich seinen Sitz. „In Felsen wohnt er und bleibet auf den Klippen 
am Felsen und in festen Orten. Von dannen schauet er nach der 
Speise und seine Augen sehen ferne.“ Und was die Augen sehen, 
das erbeutet er sich; nur die Schwere schützt vor ihm. Sein Muth 
ist seinen übrigen Eigenschaften gleich. Fällt der rothnackige 
Falk (Falco cervicales) doch selbst die Antilopen an, wenn er dazu 
abgerichtet wurde! Der Edelfalk vereint Adel und Raubgier in 
glücklichster "Weise in sich; er ist ein vom Schöpfer gebildeter 
Räuber. 


211 


Man möge mir es verzeihen, wenn ich meinen Lieblingen unter 
den Raubvögeln dieses kurze Vorwort weihe. Doch nun zu meinem 
Thema. Nordost- Afrika besitzt nach meinen Beobachtungen sechs 
Arten von Edelfalken. Zu ihnen gesellen sich jedoch während des 
Winters noch mehrere Arten, um die in ihrer Heimath allzu rauhe 
Jahreszeit in einem milderen Klima zu verbringen, wie viele kann 
nieht mit Sicherheit angegeben werden; ich habe fünf Arten bemerkt. 
Der häufigste dieser Wintergäste ist ohne Zweifel der Wanderfalke, 


Falco peregrinus, Linne. 


Er trifft im Spätherbst regelmässig in ziemlicher Anzahl ein und 
bezieht vornehmlich die Palmenwälder in der Nähe der Seen des 
Landes. Hier giebt es für ihn eine vortreffliche Jagd. Da sind so 
grosse Entenschaaren beisammen, dass er sich eben nicht viel Mühe 
zu geben braucht, eine zu fangen: es ist für ihn ein Spiel. Ich habe 
im ersten Hefte der Naumannia mitgetheilt, dass ich beobachtete, wie 
ein Wanderfalke in wenigen Minuten vier Enten erhob, wovon ihm 
drei Stück durch die schreiend ihn verfolgende Bettlerschaar ‚der 
Schmarotzermilane abgejagt wurden. Die Enten sind an den Seen 
seine hauptsächlichste und gewöhnlichste Nahrung, weil ihre Anzahl 
wirklich alle Schätzung unmöglich macht und sie an den meist sehr 
seichten Stellen ihr beliebtes Manöver, in Einem fort zu tauchen oder 
sich durch fortwährenden Flügelschlag in einen Regenmantel zu hüllen, 
nicht anwenden können. Der Wanderfalk nimmt übrigens ohne Be- 
denken einen Schwimmvogel vom Wasser auf und stösst also nicht 
allein auf fliegendes oder laufendes Wild; nur auf Vögel, welche auf 
der Erde sitzen, habe ich ihn nicht stossen sehen: diese treibt er 
vorher auf. Unser Vogel würde an den Seen aber auch ohne Enten 
recht bequem leben können, denn diese vereinigen eine zahllose 
Menge für ihn schmackhafter Vögel, so dass er seine Jagd keines- 
wegs auf eine ein.'ge Familie zu beschränken braucht, 

Doch nicht die Palmenwälder der Seen sind es allein, welche 
dem kühnen Räuber ein Asyl gewähren, auch die in der Nähe von 
Dörfern sich befindenden Palmenhaine bieten ihm ein willkommenes 
Obdach; selbst bis in die Urwälder wagt er sich hinauf. Am 18. 
Januar 1851 erlegten wir hoch oben am blauen Flusse, zwischen 
dem 13. und 12. Grade der nördlichen Breite, ein Exemplar 


des Vogels. Das ist zwar das einzige mir bekannte Beispiel, dass er 
14* 


212 
so weit nach Süden geht, doch mag es wohl öfters vorkommen. 
Wahrscheinlich bleibt ein so weit gegangener Vogel niemals lange in 
jenen Gegenden. Wozu auch? Er sieht sich dort so würdig vertreten, 
dass er seiner ihm ebenbürtigen Sippschaft der Urwälder gern das 
Feld räumt und freudig die Kunde gen Norden bringt: es giebt unter 
der senkrecht herabstrahlenden Sonne auch gar prächtige Raub- 
gesellen! In den Waldungen Unter- und Mittelägyptens ist er da- 
gegen ein regelmässig zu bemerkender Wintergast; auch in Ober- 
ägypten ist er nicht gerade selten. Hier giebt es Flughühner- 
ketten, aus denen ein recht saftiges, wohlschmeckendes Stück geholt 
werden kann, Raben, welche den Fang durch hartnäckige Gegen- 
wehr würzen (Corvus umbrinus, Hedenborg), Nebelkrähen, die er 
auch nicht verschmäht, Tauben und dergl. — auch sieht er die all- 
bekannten sieben (grossen) Krokodile Oberägyptens; — dort hat er 
die Taubenhäuser der Fellahhiha oder ägyptischen Bauern, welche 
für ihn reiche, nachhaltige Vorrathskammern sind, die Brütofen, 
aus deren „Bauche“ — um mich arabisch auszudrücken — gar 
manches Hühnchen hervorgeht, und Menschen, welche seiner nobeln 
Passion keine Hindernisse in den Weg legen. Wir haben ihn gar 
oft in seiner friedlichen Stimmung, d. h. mit vollgefülltem Kropfe, 
mitten in Dörfern gesehen, wo er auf hohen Palmen, die aus des 
Fellah Gehöfte emporgewachsen waren, seiner Verdauung pflegte. 
Dagegen erinnere ich mich nicht, ihn jemals auf Felsen sitzend be- 
obachtet zu haben. Er brütet nicht in Nordost-Afrika. 
Zu ihm gesellt sich, jedoch sehr selten, der Schlachtfalke, 


Falco lanarius, Linne. 


Wir selbst haben diesen schönen Falken nie erlegt; jedoch 
mehrere Exemplare, welche unzweifelhaft dieser Art angehörten, 
gesehen. Angeblich waren sie in Mittelägypten geschossen worden. 
So viel steht also fest: der Schlachtfalke kommt in Nordost-Afrika 
vor, jedoch höchst selten. 

Kaum minder selten ist dort der Baumfalke 


Faleo subbuteo, Linne. 


Die einzigen Exemplare, welche während meines Aufenthaltes in 
Afrika erlegt wurden, sah ich in der Sammlung eines Italieners, 
aus dessen Händen ich sie in der Meinung rettete, Falco Eleonore 


2 213 


vor mir zu haben. Mein Vater, dem ich sie einsandte, bestimmte 
sie jedoch als ächte Baumfalken, und zwar als zur Subspecies Falco 
arboreus, Brm. gehörend. Sie wurden im April des Jahres 1849 am 
Menzaleh - See erlegt. 

Auch Eleonorens Falken 


Falco Eleonorae, Gene, 


welcher nach Rüppell auf einer Insel des rothen Meeres häufig ist, 
haben wir nicht erlegt. 
Der östliche Zwergfalke 


Falco aesalon, Linne et Brm. 


ist dagegen zur Winterszeit nicht selten in Aegypten. Wenn man 
die von dort mitgebrachten Exemplare mit den hochnordischen, dem 
Falco lithofaleo, Linne, Gmel. et Brm., vergleicht, bemerkt man so- 
gleich die ziemlich bedeutende Verschiedenheit beider Vögel. Ich 
glaube nicht an „klimatische Varietäten“ und halte sie deshalb mit 
meinem Vater für specifisch verschieden. Zur besseren Verglei- 
chung beider Arten gebe ich hiermit ihre vollständige Beschreibung. 


1) Falco lithofaleo, L., Gm. et Brm. 


Das alte Männchen. Unterseite roströthlich, sehr lebhaft ge- 
färbt, jede Feder mit schwarzem, nach der Spitze der Feder zu 
breiterem Schaftstrich, die Kehle licht isabellgelb ohne Flecken, ein 
Streif unter den roströthlichen Wangen ebenso gefärbt, aber mit 
einzelnen schwarzen Schaftstrichen; der Unterflügel schwarz und 
weiss gebändert, das Schwarz das Weiss bedeutend überwiegend; der 
Unterschwanz aschgrau mit breiter schwarzer Endbinde und sechs 
deutlichen schwarzen Querbinden, so wie hart an der Basis der 
Federn einer Reihe bindenartiger Flecken, die Unterschwanzdeckfedern 
liehtgrau mit dunkeln Schaftstrichen. 

Oberseite dunkel schieferblau, Schwungfedern schwarz; die 
Federn des Nackens dunkler als die Schulterfedern, ebenso die 
Federn des Kopfes; jede Feder mit schmalem, schwarzem Schaft- 
strich; der Oberschwanz aschgrau; die Stirne isabell, höchst fein 
schwarz gestrahlt, das Nackenband rostroth. 

Das alte Weibchen. Unterseite isabell, die Kehle lichter, 
jede Feder, mit Ausnahme der Kinn-, Bauch- und Hosenfedern, mit 


214 


schwarzem Schaftstrich und grossem 3—4'' langem, 2—3‘ breitem, 
braunem Endfleck, die Unterbauchfedern ganz ohne Schaftstriche, 
die Hosenfedern nur mit wenigen, schmalen, lichtbraunen Schaft- 
strichen. An den Oberbrustfedern nehmen die braunen Flecken das 
Innere der ganzen Feder ein, sind in der Mitte der Feder sehr 
breit, werden nach der Spitze zu schmal, nur 1), breit; bei den 
Seitenbauchfedern wird der grosse braune Fleck durch zwei isabell- 
gelbe runde auf der äusseren Fahne stehende Flecken unterbrochen; 
der Unterschwanz ist braungrau und hat ausser der gelblichen End- 
binde noch recht deutliche, sehr lichte, gelbliche Querbinden. Die 
Oberseite ist ziemlich einfarbig braungrau; die einzelnen Federn des 
Mantels sind gänsegrau und haben einen sehr schmalen, gegen die 
Spitze der Feder zu etwas breiteren, schwarzbraunen Schaftstrich, 
ausserdem aber noch einen rostrothen Endsaum und eine bis drei 
lichtröthliche Binden; die Seitenränder der Federn sind ebenfalls 
bräunlich. Die Stirn ist lichtgelb, der Kopf graubraun, weil die 
Federn ziemlich breite bräunliche Ränder haben, die Schaftstriche 
‚sind stark und sehr dunkel, fast schwarz; die Federn des Halskragens 
sind an der Basis weiss, gegen das Ende hin rostgelb und an der 
Spitze mit einem braungrauen Schaftflecke versehen, welcher an den 
tiefer (mehr nach unten) liegenden Federn breiter wird; die Bürzel- 
federn sind grau, mit breiten lichtgelben Binden und Rändern. 


Das junge Männchen. Die Unterseite licht rostgelb, am 
Kinn weisslich gelb, hier wie am Unterbauch ohne Flecken, die 
Oberbrust und Seitenfedern mit braunen Flecken, welche so gross 
sind, dass sie die Grundfarbe fast vollständig verdecken; an der 
Oberbrust sind es nach der Spitze der Feder zu breiter werdende 
Längsflecken mit feinen schwarzen Schaftstrichen, an den Seiten 
nehmen sie fast die ganze Feder ein, werden jedoch durch runde 
oder rundliche licht rostgelbe Seitenflecken bindenähnlich getrennt; 
auf dem Bauche sind sie ziemlich schmale, nach der Spitze der 
Feder zu etwas breiter werdende Längsflecken. Die Hosen haben 
ähnliche Längsflecken. Der Unterschwanz zeigt ausser der licht- 
gelben Endbinde noch 7 deutliche röthliche Querbinden. Die Ober- 
seite braungrau, die Federn mit rostrothen Rändern und Binden, 
sowie feinen Schaftstrichen; die Bürzelfedern lichtgrau mit rothen 
Rändern. Der Halsring sehr undeutlich. 


215 


Aus Vorstehendem ergiebt sich folgendes Artkennzeichen: 

Das Männchen auf dem Oberkörper dunkel schieferblau, 
auf dem unteren rostgelbroth mit dunkelbraunen Längs- 
flecken; das alte Weibchen oben aschgraubraun mit rostfarbi- 
gen Querbinden und Spitzenkanten, unten gelblichweiss 
mit grossen braunen Längsflecken; der junge Vogel oben ohne 
helle Querbinden, unten mit grösseren und dichter stehen- 
den Flecken, sonst dem Weibchen ähnlich. 


2) Falco aesalon, Linne et Brm. 


Das alte Männchen. Unterseite rostgelblich, sehr licht, Kehle 
und Wangen weiss, erstere ungefleckt, letztere mit schwarzen, 
schmalen Schaftflecken; die Seiten der Brust, des Bauches und die 
Hosen ein Wenig dunkler, als die Brust und der Bauch, die einzelnen 
Federn dieser Theile mit einem sehr schmalen, bloss gegen die Spitze 
der Federn hin etwas breiteren Schaftflecken; der Unterschwanz sehr 
lichtgrau, die mittleren Federn ausser der Endbinde mit noch höch- 
stens fünf undeutlichen Binden, oder vielmehr sich zu Binden 
einigenden Flecken. Ganze Oberseite licht schieferblau, der Kopf 
und untere Nacken etwas dunkler als der Mantel, die Schaftstriche 
der Kopffedern breiter als die des Mantels. Der Unterflügel weiss 
und schwarz gebändert, das Weiss entschieden vorherrschend. 

Das alte Weibchen ist dem der vorhergehenden Art sehr 
ähnlich, erscheint aber viel lichter, weil alle Flecken kleiner und die 
Federränder breiter sind. Der Unterschwanz zeigt ausser der End- 
binde sieben lichtröthliche Querbinden. Die lichten Binden des 
Unterflügels sind breiter als bei F. lithofaleo. Die Farbe des Ober- 
körpers ist mehr grau. 

Dem Weibchen ähnelt 


Das junge Männchen. Es ist aber viel lichter und die 
dunkelbraunen Längsflecken, so wie die Endsäume und Binden der 
Rückenfedern treten mehr hervor. Der Schwanz zeigt sechs licht- 
röthliche, nach dem Bürzel zu grauliche Binden. 

Das Artkennzeichen ist folgendes: 

In allen Kleidern licht roströthlich, die alten Vögel 
mit sehr wenigen Flecken, die Jungen mit deutlichen rost- 
rothen Binden auf den Rückenfedern. 


216 


Je mehr ich beide Vögel betrachte, um so mehr werde ich von 
der specifischen Verschiedenheit derselben überzeug. Naumann 
hat Falco lithofaleo abgebildet, Falco aesalon aber wahrscheinlich 
nicht gekannt, weil er ihn sonst gewiss auch bildlich dargestellt haben 
würde. Das junge Männchen, welches wir vor uns haben, ist noch 
dunkler, als die Naumannsche Abbildung; es mag wohl jünger sein; 
sein Vaterland ist Island. Diesem Vogel gegenüber gehalten tritt 
der ganz verschiedene Charakter unseres jungen Falco aesalon*) so 
auffallend hervor, dass man beide sofort für verschiedene Arten 
erklären muss. Diese Ansicht erhält dadurch noch besonderes Ge- 
wicht, dass unter den vielen Exemplaren des Falco aesalon, welche 
ich aus Aegypten mitgebracht habe, sich auch nicht ein einziges 
Exemplar von Falco lithofalco befand. 

Es mag sein, dass Falco aesalon unter einem andern Himmels- 
striche lebt, als F. lithofaleo, der Bewohner Islands, Norwegens etc. 
und Gast in Deutschland (welches F. aesalon zuweilen ebenfalls be- 
sucht; so haben wir Exemplare aus der Gegend von Leipzig). Dies 
ist für uns aber kein Grund sie als „klimatische Varietäten“ zu 
erklären, sondern wir halten beide Vögel für besondere „gute“ Arten. 

Beide Vögel lassen sich freilich weit leichter unterscheiden, als 
beschreiben, wesshalb ich sie auch mit Nächstem abbilden werde. 
Will sich jedoch der Naturforscher, welcher verschiedene Zwerg- 
falken besitzt, die Mühe nehmen, die oben gegebene Beschreibung 
mit ihnen zu vergleichen, so wird er die Artverschiedenheit derselben 
bald bestätigt finden. — 

Man findet die Zwergfalken einzeln, oft auch in kleinen Gesell- 
schaften, durch ganz Aegypten verbreitet. Am 14. März 1852 schoss 
ich aus einer Gesellschaft von ungefähr zehn Exemplaren drei Stück; 
in den früheren Tagen desselben Monats waren wir dem Vogel schon 
oft begegnet; gewöhnlich war ein Pärchen dieser niedlichen Gesellen 
zusammen. Im Allgemeinen zieht er kleine Mimosenhaine, zumal 
wenn sie mitten in Feldern stehen, den grösseren Waldungen (Palmen) 
vor, obwohl er auch in ihnen angetroffen wird. Solche Mimosen- 
haine beherbergen gewöhnlich viele kleine Vögel, z. B. Bienenfresser, 
Sänger, Feldsperlinge (Pyrgita salicaria, rufipeetus, Bp.) ete., 


*) Wir würden die Namen umgekehrt haben, hätte mein Vater beide vopeı 
nicht schon früher unter denselben Namen wie oben ‚beschrieben. zur F 


217 


denen der flinke Räuber eifrig nachstellt. Der Zwergfalke erscheint 
im October und verlässt das Land Ende März wieder; Anfang März 
ist er noch in der Mauser, welche schon im December beginnt. Bei 
den jungen Vögeln tritt der Federwechsel erst im März ein und wird 
dann wohl erst einige Monate nach Ankunft in der Heimath beendet. 
Wahrscheinlich ist er in Aegypten häufiger als man glaubt; der 
kleine Bursch wird, wenn er aufgebäumt hat, gar leicht übersehen 
oder verkannt. Wenn er fliegt, ist er freilich sehr leicht zu erkennen. 
Sein Flug ist ganz der des Edelfalken, aber so schnell, dass der 
Vogel selbst von fertigen Schützen öfters gefehlt wird. Er scheint 
nicht weit südlich zu gehen; in den Tropen habe ich ihn, so viel 
mir erinnerlich, nicht gesehen. — 

Das sind die Wintergäste der Nilländer. Nicht minder reich 
sind diese aber an Edelfalken, welche sie ihre bleibende Heimath 
nennen. Wir begegnen hier, als stätigen Bewohnern, drei Arten 
wanderfalkenartiger Vögel, welche noch nicht recht von einander 
getrennt und übereinstimmend benannt zu sein scheinen, weil man 
sie selten zusammen und in zwei Museen gleich bestimmt findet. 
Auch sind die Unterscheidungsmerkmale zwischen ihnen ziemlich 
fein, so dass eine Verwechselung der Charaktere leicht vorkommen 
kann. Ich will versuchen, eine genaue Beschreibung der bezüglichen 
Species zu geben, gestehe aber ganz offen, dass ich mir nicht getraut 
habe, diese allein auszuarbeiten, und mir meines Vaters Hülfe habe 
erbitten müssen. Dieser hat alle die von mir aus Afrika mitgebrach- 
ten Exemplare der bezüglichen Arten unter den Händen und damit 
eine Menge von Material zur Vergleichung gehabt, wie es selten 
einem ÖOrnithologen und Systematiker geboten werden dürfte. Ob 
unsere Namenbelegung die richtige ist, d. h. ob jeder Vogel, den 
wir als Art beschrieben, wirklich denselben Namen trägt, den er 
ursprünglich erhalten hat, können wir nicht mit apodiktischer Gewiss- 
heit behaupten; der herrschenden Verwirrung wird aber dennoch ab- 
geholfen werden, wenn wir drei Arten richtig, aber vielleicht unter 
falschen Namen beschreiben, weil dann die Kritik rege werden und 
die resp. Namen vor die geeignete Stelle setzen wird. Wir fordern 
die Kritik sogar heraus, dies zu thun, damit wir selbst erfahren, 
welcher Art dieser oder jener Name gebührt. Für die richtige Be- 
stimmung der verschiedenen Kleider ein und derselben Art glauben 
wir bürgen zu können. Obgleich ich viele Edelfalken gemessen habe, 


218 


kann ich doch nur von einigen Exemplaren die Maasse geben und 
zwar von solchen, welche ich noch besitze; es könnte, wollte ich alle 
die Messungen hier wiedergeben, sonst leicht Verwirrung entstehen. 


I. Wanderfalken, deren Mittelzehe länger als der Lauf ist. 


1) Falco Feldeggii, auct. 


Artkennzeichen: Länge der Mittelzehe 21”, Höhe des 
Tarsus 17”, Flügel überragen den Schwanz (um 3”); die 
Brust des alten Vogels ungefleckt, Nacken rostroth, Vor- 
derkopf stets dunkel. Der junge Vogel vorn mit schmalen 
Längsflecken und deutlichem, hellem Nackenbande. Länge 
des Männchens 13“, Länge des Weibchens 16“. 


Beschreibung. Das ganz alte Männchen. 


1 BEE SE har dns 5. 2 1273, 
Breiten. an RETTEN IE 
Vom Bug bis zur gilke pe 2. | Sue 107747 
Schwanzlänge. . . . . A a 
Die Flügel überragen den aa Ne 3 
Schrabel' längs der Birste %. HN NR TR 
Davon ab' für'die Wachshaut 4 a 
dE Bo) Egg Bo ue) BEE goes A url a a Br ti 
IMittelzeietohne@Napell er „meer Em ER EN AR URGED 
HlinterzeitevohnesNapel"". un N N N. 37 
Innere "ZeRerülne> Nagel. an, KERN RE Se 
Aeussere Zehe ohne Nagel. . . . : . . „13 


Ganze Unterseite rostgelb, Kehle sehr licht, fast weiss, die Federn 
der Brust- und Bauchseiten bläulich angeflogen, mit zwei bis drei, 
nach der Spitze zu dunkleren kleinen herzförmigen schwarzen und 
schwarzbraunen Flecken am Schaft; die Hosen graulich überflogen 
mit sehr feinen, nur in der Mitte der Feder ausgesprochenen Schaft- 
strichen; der Backenstreif schwach dunkelbraungrau, an den Seiten 
rostbraun; Schnabel an der Basis gelb, an der Spitze blau. Ober- 
seite blaugrau, auf dem Bürzel am lichtesten; die Federn mit einer 
oder mehreren schwarzen Binden; die Stirne gelblich, der Kopf tief 
blaugrau mit dunkeln, hervortretenden Schaftstrichen, über und hinter 
dem Auge ein undeutlicher dunklerer Streif, welcher sich bis an den 


219 


Nacken fortsetzt; der Hinterkopf und Nacken rostroth, in der Mitte 
mit einem dunklen Fleck; die Schwungfedern schwarz, deutlich rost- 
graugelb gebändert; die Unterflügeldeckfedern licht rostgelb, mit dun- 
kelbraunen Querbinden und pfeilförmigen Spitzenflecken; der Schwanz 
blaugrau, mit breiter dunkler Endbinde und sieben anderen ziemlich 
deutlichen dunklen Querbinden. 


Das alte Weibchen. 
EIERN IA EI E 
Vom Bug bis zur Schwingenspitze . . » ....... 11" 9" 
SAID ERZERTee erereee 
Schnabel längs der Firtte . . Be En a Pa 
Lauf und Zehen wie beim eh 


Ganze Unterseite hochrostgelb, an dem Kinn und der Kehle 
blassrostgelb, durchaus dunkler als beim Männchen; längs der Mitte 
der Brust mit kleinen, länglichen, herzförmigen, dunkelbraunen 
Spitzenflecken, welche an den blaugrau überflogenen Seiten-, Hosen-, 
Unterbauch- und Unterschwanzdeckfedern in schmale Querbinden 
übergehen, von denen manche Federn bis fünfe zeigen (andere nur 
zwei); sie sind am Deutlichsten ausgesprochen an den Seiten der 
Unterbrust, am Undeutlichsten am Unterbauche. Der Unterschwanz 
ist schiefergrau, nach der Wurzel hin in’s Gelbgraue mit sechs bis 
acht schmalen Quer- und breiter schwarzer Endbinde vor der rost- 
gelben Spitzenkante. Diese Binden sind auf beiden Fahnen deutlich 
ausgesprochen. Ganze Oberseite schieferfarben, auf dem Unterrücken 
und Bürzel merklich lichter (schieferblau), durchaus dunkler als beim 
Männchen, die Federn mit weniger deutlichen Binden. Die dunkle 
Farbe des Oberkörpers zeigt sich am Meisten am Kopfe; dieser ist 
schieferschwarz, längs der Mitte der Stirn und des Scheitels graulicher, 
mit tiefschwarzen Schaftstrichen. Hinter den Augen ein breiter 
schwarzer Streif, welcher an den Seiten des Nackens herabgeht; der 
obere Theil der Wangen ist schwarzgrau mit schwarzen Schaft- 
strichen; der Backenstreif ist breit und schwarz; das Rostroth des 
Nackens zeigt sich nur in Seitenflecken, welche schwarz gestreift 
eind; auf den Steuerfedern treten acht dunkle Querbinden deutlich 
hervor; die Endbinde ist breiter und wie beim Männchen rostgelb 
gesäumt. Der Unterflügel ist rostgelb mit schwarzen Querbinden; 
die hintern langen Deckfedern haben acht dunkle Binden. 


220 


Ein Uebergangsvogel, welchen wir besitzen, zeigt, dass das 
Jugendkleid ohne mittleres Kleid in das des alten übergeht, wie ganz 
derselbe Fall bei Falco peregrinus stattfindet. 

Das Jugendkleid unseres Vogels ist dem des Falco peregrinus 
täuschend ähnlich. Ganze Unterseite weiss mit gelblichem Anflug, bis 
zum Kropf ungefleckt; von da an bis zum Unterbauch mit braunen 
Schaftstreifen und Längeflecken, welche an den Seiten breiter sind, 
an den längsten Seitenfedern aber durch Querbinden ersetzt werden; 
die Hosen haben beim & braune Schaftstreifen, beim © diese und 
Querflecken; der Unterbauch ist ganz ungefleckt; die Unterschwanz- 
deckfedern sind blassgelblich; beim Männchen kaum merklich dunkler 
gefleckt, beim Weibehen mit dunklen Querbinden; der Unterschwanz 
rostgelb, mit 9—12 dunklen Querbinden. Die Oberseite ist düster 
graubraun, beim Weibchen schwarzbraun; alle Federn mit gelblich 
grauen Spitzenkanten, welche auf dem Unterrücken graugelblich wer- 
den; die Schwungfedern beim Männchen schwärzlich, beim Weibchen 
schwarz; beim Unterflügel tritt das Schwarz vor; die Unterflügeldeck- 
federn sin] gelblich weiss, mit braunen Querflecken, welche längs 
des Bug Längeflecken werden. Der Kopf ist beim Männchen dunkel- 
braun, beim Weibchen braunschwarz mit helleren Federkanten, längs 
der Mitte des Kopfes bis zum Scheitel mit so breiten, gelblichen 
Federkanten, dass diese herrschende Farbe werden, und auf der Stirn 
das Schwarz nur in den Schäften erscheinen lassen. Hinter den Augen 
zeigt sich ein blassgelblicher, braungestreifter Fleck, welcher sich in 
einer Binde um den Nacken herumzieht und beim Männchen weit 
herab erstreckt, beim Weibchen aber unterbrochen und weniger be- 
merkbar ist. Die Backen sind beim Männchen weiss, beim Weibchen 
oben schwarz, die Backenstreifen beim Männchen schmal, braunschwarz 
mit etwas Rostfarbe gemischt, beim Weibchen breiter und schwarz. 
Beide Geschlechter deuten schon in der Jugend durch diese Kopf- 
zeichnung und verschieden dunkle Färbung des Oberkörpers die ver- 
schiedene Zeiehnung der Geschlechter im ausgefärbten Kleide an. 

Das Jugendkleid geht im zweiten Lebensjahre, vom März an 
durch vollständige Mauser in das ausgefärbte über; ein am 17. Mai 
1848 zu Molbess in Kordofahn geschossener Vogel steht mitten 
in der Mauser. 

Von den Jungen des Wanderfalken unterscheiden sie sich: 

1) durch den ungefleckten Unterbauch, 


221 


2) durch die etwas hellere Zeichnung des Unterflügels, 

3) durch die helle Zeichnung des Mittelkopfs und des Nackens 
hauptsächlich aber, und zwar untrüglich, 

4) durch die Grösse: das junge Weibchen von Falco Feldeggü 
ist gerade so gross, oder kaum grösser als das junge Männchen 
des Wanderfalken. 

Feldeggs-Falke ist der häufigste Falke dieser Gruppe in den 
Urwäldern, am weissen und blauen Flusse, dem südlichen Theile 
Kordofahns, des Belled Tahka ete., kommt aber auch in Aegypten 
vor, wenngleich viel seltner, als im Ost-Sudahn. Hier vertritt er 
unseren Wanderfalken in jeder Hinsicht, denn er giebt ihm an 
Kühnheit und Raublust Nichts nach. Die ‚höchsten Spitzen der Baum- 
wipfel sind seine Warte, vornehmlich die Spitzen der diekhäutigen 
Adansonie, welche einen grossen Theil des Jahres hindurch unbe- 
laubt dastehen. Von hier aus stürzt er sich pfeilschnell herab, um 
einen vorüberfliegenden Vogel zu fangen, misslingt ihm das, dann 
kehrt er etwas langsamer zu seinem Sitze zurück. Auch zu seiner 
Nachtruhe wählt er gern die Adansonien; sonst sieht man ihn wohl 
auch in den Wipfeln der Mimosen in fast senkrechter Haltung sitzen, 
um auf der einmal gewählten Stelle die Nacht zu verbringen. 

Von Chartum aufwärts ist er nicht gerade selten, gehört aber 
immer unter die Vögel, welche nicht alle Tage geschossen werden, 
weil er sehr scheu ist und ein grosses Revier besitzt. Hier duldet er 
keinen Seinesgleichen. 

Sein Flug ist pfeilschnell, dem des Wanderfalken ähnlich aber 
rascher; er ist, selbst wenn er nicht gerade schnell fliegt, nicht all- 
zuleicht im Fluge zu schiessen. Hat man, wenn er auf hoher Baum- 
spitze sass, auf ihn geschossen, ohne ihn zu verwunden, so kommt 
er oft, einen sehr weiten Bogen beschreibend, zu demselben Baume 
zurück; noch öfter thut dies sein kleiner Vetter F ruficollis. 

Männchen und Weibchen halten sich, auch ausser der Brutzeit 
immer zusammen, allein es gehört ein ganz besonderes Glück dazu, 
beide Gatten ein- und desselben Paares zu erlegen. 

Feldeggs-Falke ist eine sehr angenehme Erscheinung. Die 
stolze Haltung kündet den Adel des Vogels. Er ist aber auch ein 
eifriger und gewandter Räuber. Seine Nahrung besteht aus allem 
Federwild, welches er fortschleppen kann; seine Heimath giebt ihm 
Nahrung in Hülle und Fülle. Die Tauben, seine gewöhnliche Speise, 


222 


sind so häufig, dass er sich eben keine grosse Mühe zu geben braucht, 
Nahrung auf eimen Tag zu erlangen. Er fängt gewöhnlich im Fluge 
und stürzt dabei sausend schief auf den zu fangenden Vogel herab, 
verfolgt diesen aber nicht weiter, wenn er fehlgriff. 

In Aegypten kommt unser Vogel wahrscheinlich nur zuweilen vor; 
er ist dort jedenfalls nicht Standvogel. Das oben beschriebene, ganz 
alte Männchen wurde am 9. März 1852 bei Theben gefangen; es 
war sehr abgemagert und starb schon am folgenden Tage. Ausser 
ihm habe ich, so viel ich mich noch erinnere, nur noch ein junges 
Männchen in Aegypten erlegt: es wurde von dem Tempel Kohm- 
Ombos herabgeschossen. 

Ueber seine Fortpflanzung ist mir Nichts bekannt geworden; ich 
vermuthe, dass er in den Urwäldern auf Bäumen brütet, weil Ost- 
Sudahn wenig Gebirge mit so steilen Felshängen hat, als diese ‚Art 
Falken sie zu Rastplätzen wünschen. In Abyssinien, wo er jedenfalls 
auch vorkommen wird, mag er auf Felsen nisten; dort fehlt es ihm 


nicht daran. 


II. Wanderfalken, deren Mittelzehe kürzer als der Lauf ist. 


2) Falco biarmicus. 


Artkennzeichen: Länge der Mittelzehe 21‘; Höhe des 
Tarsus 24”; die Flügel erreichen die Schwanzspitze bis 
auf 6“; die Brust immer gefleckt; der Kopf und Nacken 
rostroth; die Schwanzbinden licht. Der junge Vogel aber 
einfarbig; die Federn der Unterseiten mit breiten schwarzen 
Längsflecken; Kopf und Nacken rostroth mit starken 
schwarzen Schaftstrichen, die Füsse blau. 


Beschreibung: Das alte Männchen eines gepaarten Paares 


Länge NAT Ver lH 
Breite +, “u NIE ET SE; Bi 
Vom Bug bis zur Spitze aa Flügels TS 31 10% 
Schwanzlange . hd nee ca 6 
Höhe des Tarsus . . Ur 2 er 17.7 809517722 
Länge der Mittelzehe Aug: Bag BD Ber Dr. 7 22 703 5775 3 E20 
5 „ Hinterzehe „ CHR CT; 17 A063 PAR 0111770 7» 10 
” „ inneren Zehe „ sedaalilnuinet Ha wu 11% 
e „ äusseren Zehe Dual a. Ha ala 


223 


Schnabel längs der Firte . : 2.2.2202... 1 1g" 
Die Flügel erreichen die Schwanzspitze bis auf . . 6‘ 
Gewicht 1 Pfd. 4 Loth (Wiener Gewicht). 

Das alte Männchen. Ganze Unterseite licht rostgelb, die 
Kehle gelblich weiss, bis zum Kropf ungefleckt, die Federn des 
Kropfes und Bauches mit schwarzbraunen Schaftstrichen; die der Brust 
mit herzförmigen und rundlichen dunkelbraunen Spitzenflecken und 
solchen Schaftstrichen; die Seitenfedern haben mehrere (bis drei) mehr 
oder minder deutlich ausgesprochene solche Flecken, die Federn der 
Hosen mit blaugrauem Umflug und mehreren rundlichen Flecken; die 
Unterschwanzdeckfedern mit zwei bis vier kleinen pfeilförmigen Flecken; 
der Unterschwanz schieferfarben mit acht bis zehn schmalen, hellrost- 
farbigen Querbinden und hellrostfarbiger Spitzenkante. Der Kopf und 
Nacken sind hochrostfarbig; die Federn haben schwarze Schaftstriche, 
welche auf der Hinterstirn und über den Augen so breit werden, dass 
sie das Rostroth fast oder ganz verdrängen; die Vorderstirn ist weiss- 
lich mit schwarzen Schaftstrichen; hinter den Augen zieht sich ein 
schwarzer Streif nach den Seiten des Nackens herab; in der Mitte des 
Nackens steht ein schwarzer Fleck; die Backenstreifen sind schwärzlich 
mit etwas Rostroth; die weissen Zügel haben vor den Augen einen 
schwärzlichen Anstrich. Der Oberkörper oft dunkelschieferfarben, der, 
Oberrücken schwarz, von ihm an mit wenig in die Augen fallenden, 
graublauen Querbinden, von denen die kürzeren Federn eine, die 
langen Schulterfedern aber sechs haben; der Unterrücken und Bürzel 
sind am lichtesten, die Federn dieser Theile deutlich gebändert; die 
Steuerfedern sind schwarz, die mittleren lichter als die äussern. Die 
Binden erscheinen graulicher und deutlicher grau gewässert, als von 
unten. Die Schwungfedern sind mattschwarz, die der ersten Ordnung 
am dunkelsten; auf der Innenfahne haben sie alle fünf bis zwölf nach 
dem Schaft zu rostgelbliche, nach der Kante zu weissliche Quer- 
flecken, zu denen an den Schwungfedern 2. Ordnung noch vier bis 
- fünf wenig bemerkbare, blaugraue Querflecken auf der äussern Fahne 
kommen. Der Unterflügel ist an den Schwungfedern schwärzlich, 
deren Schlitze dunkler und ungefleckt; die Querflecken erscheinen 
lichter als von Oben betrachtet. Die Unterflügeldeckfedern sind weiss- 
gelblich, vorn gelblichweiss, hier mit schieferfarbigen, übrigens mit 
schwarzen Querbinden und Querflecken, welche an den kurzen als 
Längeflecken erscheinen. 


224 


Das alte Weibchen desselben gepaarten Paares hat fol- 
gende Maasse: 


Länge: 2 sad er ee 
Breite. sie: = E - N Ab 
Vom Bug bis zur "Spitze dan zweiten Schvungede u 6 
Schwanzlänge . . . . N & lasse RE 
Die Flügel erreichen die Schwanz bis auf... 94 
Höhe des Tarsus.. . . ARE BER TLETTE 2. 
Länge der Mittelzehe zen Yazi)ı RR 0 1175 1° .10 

5 „ . Hinterzehe „ e ae er 11 

m „ Inneren Zehe „ ? = ter nd 124 

4 „  ÄuSseren „ 5 PATENTE DER EA au 
Schnabel längs der Spitze . 2 2 2 2.0. Mi ygit 


Gewicht 1 Wiener Pfd. 15 Lth. 

Ausser der Grösse unterscheidet sich das alte Weibchen von dem 
alten Männchen dadurch, dass die braunen Flecken am Unterkörper 
grösser, die Flecken auf den Hosenfedern dagegen kleiner sind, als beim 
Männchen; der Oberkörper ist viel dunkler, dessen Federn sind braun- 
schwarz, rostgelblich gesäumt und nur an den längeren Federn mit 
undeutlichen, rostgelben oder blaugrauen Binden besetzt, von denen 
auf den Oberflügeldeckfedern bloss an den längeren Federn eine Spur 
zu bemerken ist. Die Backenstreifen sind deutlicher ausgesprochen, 
der schwarze Streif hinter den Augen ist breiter, vor den Augen 
steht ein schwarzer Halbkreis; die hintere Stirn ist dunkler als beim 
Männchen. 

Jugendkleid. Der Vorderkörper blassrostgelb, bis zum Kropfe 
weisslich und ungefleckt; von da an mit schwarzen und braunschwarzen 
breiten Längeflecken, welche an der Spitze der Feder das Gelbe ver- 
drängen und an den langen Seitenfedern in Querflecke übergehen; 
diese zeigen sich auch an den Unterschwanzdeckfedern. Der Bauch 
ist liehter und hat schmale Längeflecken; eben solche haben auch die 
etwas dunkleren Hosen. Der Oberkörper ist einfach schwarzbraun, 
düster von Farbe, ohne die geringste Zeichnung. Der Kopf ist grossen- 
theils rostgelb, mit breiten, braunschwarzen Längestreifen, welche auf 
der Hinterstirn und in einem Streif über den Augen die Rostfarbe 
verdrängen; im Nacken steht ein schwarzer Fleck; der Stirnanfang 
ist gelblich weiss mit schwarzen Schaftstrichen; der Streif hinterm 
Auge, der Halbkreis vor demselben, und der, Backenstreif wie bei 


225 


dem alten Vogel gleichen Geschlechtes, die Wange aber dunkler als 
bei diesen, schwarzgrau mit schwärzlichen Schaftstrichen. Der Ober- 
flügel hat ganz die Farbe des Rückens; die zwölf vordersten Schwung- 
federn haben auf der innern Fahne vier bis neun rostfarbige Quer- 
flecken, die übrigen Schwungfedern sind ungefleckt; nur bei einigen 
der hintern zeigt sich eine Spur dieser Flecken. Der Unterflügel ist 
grauschwarz, mit den schon bemerkten Querflecken; die Unterflügel- 
deckfedern sind schwarz, mit einem bis fünf rostgelben oder gelblich 
weissen, rundlichen Flecken auf jeder Fahne. Der Schwanz hat die 
Farbe des Flügels mit schiefergrauem Anflug und neun bis zehn rost- 
röthlichen Querbinden auf beiden Fahnen; am Unterschwanz ist die 
Grundfarbe und die Farbe der Binden blässer. 


Auch dieser Vogel geht aus dem Jugendkleide unmittelbar in 
das ausgefärbte Kleid über; das Exemplar, nach welchem vorstehende 
Beschreibung entworfen worden ist, beweist dieses durch einige ver- 
mauserte Falken auf das Vollständigste. 

Mein Vater trennt von diesem Wanderfalken unter dem Namen 

Falco tanypterus 
einen Falken dieser Gruppe, wohl mit der schönste von allen. 

Die Gründe für die Richtigkeit seiner Meinung sind eben so ge- 
wichtig für mich, als meine Zweifel dagegen. Ich wage es noch 
nicht, ein eigenes Urtheil über diesen Vogel abzugeben, lasse aber 
eine genaue Beschreibung dieses prachtvollen Falken folgen, will auch 
meines Vaters Gründe für die Annahme der eignen Art und meine 
Zweifel mittheilen. 


Artkennzeichen: Der Vorderkörper blass rostgelb, mit 
sehr kleinen, braunen Schaftstrichen und rundlichen End- 
flecken; der Kopf ganz rostlehmgelb, mit kaum bemerk- 
baren schwärzlichen Schäften und Schaftstrichen, der 
Backenstreif sehr schwach rostgelb mit schwarzen Schaft 
streifen; der ganze Mantel schieferfarben, auf dem Ober- 
rücken schieferschwarz, mit zwei bis vier rostgelben Quer- 
binden und solcher Spitzenkante. 

Beschreibung. Das alte Weibchen. (Ein Männchen be- 
sitzen wir nicht.) 

Die Maase sind, so viel wir von dem ausgestopften Exemplare entneh- 


men können, fast dieselben wie die des Faleo biarmicus, für dessen ganz 
Naumannia. 18%. 15 


226 


alten Vogel ich den Faleo tanypterus (nach meines Vaters Bestimmung) 
halten möchte. Der Totalhabitus ist der des Falco biarmieus; seine 
Farbe und Zeichnung weicht aber bemerklich von diesem ab. 

Der Unterkörper ist blass rostgelb, am Vorderhalse lichter, bis 
zum Kropf ungefleckt. Von da an zeigen die einzelnen Federn 
schwärzliche Schaftstriche, welche nicht, wie bei Falco biarmieus, bis 
zur Wurzel gehen, sondern nur an der vordern Hälfte der Feder 
sichtbar werden, sich an der Spitze etwas erweitern, und deswegen 
an der Brust kleine, rundliche und herzförmige Flecken bilden. Auf 
dem Bauche und an den Hosen sind sie wenig bemerkbar, an den 
Seiten aber werden sie grösser und haben an einigen Federn ein bis 
zwei ähnliche Flecken hinter sich, ohne jedoch Querflecken zu bilden. 
Sie sind nicht halb so gross, als bei Falco biarmicus und bilden des- 
wegen eine viel schönere Zeichnung. Auch die Unterschwanzdeck- 
federn zeigen sie nur angedeutet. Der Oberkörper ist schieferfarben, 
auf dem Oberrücken schieferschwarz, auf dem ganzen Mantel, d. h, 
auf dem Oberrücken und ÖOberflügel mit zwei bis vier deutlichen 
schön rostgelben Querbinden und solcher Spitzenkante; der Unter- 
rücken und Bürzel ist mohngraublau, gelblich überflogen, mit drei 
bis fünf schieferfarbenen Querbinden. Der ganze Kopf und Nacken 
ist rostlehmgelb, auf der Hinterstirn mit kaum bemerkbaren, schwärz- 
lichen Schäften, welche über den Augen kleine Schaftstriche werden, 
und auf dem Nacken, in dessen Mitte ein schwärzlicher Fleck steht. 
in kleinen Spitzenflecken sich zeigen. Die Vorderstirn ist rostgelblich 
weiss, hinter den Augen ist ein schwarzer Streif nur angedeutet, vor 
denselben befindet sich ein schmaler schwarzer Halbkreis; die sehr 
schmalen Backenstreifen sind gelblich rostfarben, mit schwarzbraunen 
Schaftstrichen. 

Die Schwungfedern sind schieferfarben, alle mit sieben bis 
zwölf rostgelben und rostgelblichweissen Querbinden, welche an den 
Schwungfedern erster Ordnung bogenförmig und so breit werden, dass 
sie das Schwarz fast verdrängen, während bei F. biarmicus das 
Schwarz die entschieden vorherrschende Farbe ist. Auf der äusseren 
Fahne haben alle Schwungfedern, die drei ersten ausgenommen, drei 
bis sechs blaugraue Querbinden oder Querflecken. Die Unterseite 
des Flügels erscheint wegen der breiten Querbinden rostgelblich und 
rostgelblichweiss mit schmalen schwarzen Querbinden, welche an vielen 
Unterflügeldeckfedern als herzföürmige oder Längeflecken erscheinen 


227 


Die Steuerfedern sind schwarz, nach der Mitte hin grauschwarz, mit 
zehn bis elf rostgelben Querbinden, von denen die Spitzenbinde am 
breitesten ist. Auf dem schwarzen Unterschwanz erscheinen diese 
Binden ebenso deutlich als auf der oberen Seite; sie sind viel breiter 
als bei F. biarmieus. 

Dieser Vogel unterscheidet sich also von F! biarmieus: 

1) durch die sehr kleinen Flecken des Unterkörpers, 

2) durch die rostgelben Binden der Mantelfedern, welche lichter 
gefärbt sind, als bei F. biarmiecus, 

" 3) den mohngraublauen Unterrücken und Bürzel, 
4) den ganz rostlehmgelben Oberkopf, welcher bei F. biarmieus 
eine schwarze Hinterstirn hat, 

5) die kaum angedeuteten, dunklen Striche hinter den Augen, 
welche bei F! biarmicus sehr deutlich sind, 

6) die sehr schmalen und lichten Backenstreifen, welche bei 
F. biarmieus schwarz und sehr ausgesprochen sind, 

7) den viel lichteren Unterflügel, auf welchem die dunkle Zeich- 
nung so zurücktritt, dass er blass rostgelb und schwarz gebändert 
erscheint, während er bei F. biarmicus schwarz und gelb gebändert 
ist, und endlich 

8) durch die Schwanzzeichnung. Bei F. biarmicus sind die gel- 
ben Querbinden des Schwanzes nicht halb so breit als die schwarzen, 
während sie bei F. tanypterus fast gleiche Breite mit ihnen haben. 

Fürwahr, das sind gewichtige Unterscheidungsmerkmale genug, 
und dennoch wage ich, an der specifischen Verschiedenheit beider 
Falken zu zweifeln. Ich gebe schr viel auf Maasse. Immer habe ich 
gefunden, dass die Grössenunterschiede verschiedener Individuen der 
gleichen Vogelart höchst gering sind; ich habe oft beobachtet, dass 
man durch genaue Messungen selbst bei Vögeln, deren Geschlechter 
sich wenig unterscheiden, das Geschlecht sofort bestimmen kann. 
Nun weiss ich recht wohl, dass es auch Vögel giebt, welche sich in 
allen Maassen sehr ähneln, allein nie habe ich eine so vollkommene 
Uebereinstimmung aller Körpertheile bemerkt, als sie zwischen F} 
biarmieus und F. tanypterus stattfindet, — selbstverständlich unter 
Berücksichtigung des Geschlechts. Beide Vögel sind genau gleich 
gross; jeder Körpertheil ist genau gleich gestaltet. Ferner haben 
beide Vögel dasselbe Vaterland, welcher Umstand auch für meine 
Meinung spricht, weil wir selten zwei sich so sehr ähnelnde Vögel in 


15" 


228 

ein und demselben Lande finden. Endlich aber möchte ich das auf 
der Oberseite fast einfarbige, auf der Unterseite sehr gefleckte Jugend- 
kleid mit dem auf der Oberseite gebänderten, also mehrfarbigen und 
auf der Unterseite weniger gefleckten ausgefärbten Kleide verglei- 
chend, schliessen, dass ein sehr alter Vogel alle Merkmale des alten 
Kleides in ausgeprägterer Form zeigen wird. Giebt man das nicht 
zu, so wird man wenigstens zugestehen müssen, dass der fragliche 
F. tanypterus auch als: Ausartung betrachtet werden kann; bis jetzt 
steht er wenigstens noch sehr einzeln da: wir besitzen ein einziges 
Exemplar des Vogels.*) 

Dagegen sind meines Vaters Gründe für die Annahme einer 
besondern Art folgende: 

Die Wanderfalken und ihre Verwandten paaren sich nicht früher, 
als bis sie ausgefärbt sind. Da nun das vorher beschriebene Paar 
des F. biarmieus ein gepaartes Paar ist (es wurde auf einen Schuss 
erlegt), so ist er überzeugt, dass das Weibchen ausgefärkt ist, sich 
also in der Zeichnung fernerhin nicht wesentlich verändern wird. 
Die Zeichnung von F. tanypterus ist aber durch die gelben Binden 
des Oberkörpers so sehr von der des F\ biarmicus verschieden, dass 
an eine zufällige Veränderung nicht zu denken ist, und zwar um se 
weniger, da dieser F. tanypterus offenbar ein sehr alter Vogel ist und 
die Analogie bei allen diesen Falken den Schluss feststellt, dass mit 
zunehmendem Alter die Zeichnung auf dem Oberkörper einfacher, 
nicht bunter wird. Wollte man sagen, F tanypterus sei ein jüngerer 
Vogel, als F! biarmicus, so würde dem der Umstand widersprechen, 
dass alle diese Falken kein mittleres Kleid bekommen, sondern im 
zweiten Lebensjahre aus dem Jugendkleide sogleich in das ausgefärbte 
übergehen. Aus diesen Gründen wird mein Vater diesen F. tanyp- 
terus für eine eigene Art halten, bis ihm ein Ornitholog den Ueber- 
gang eines Falco biarmicus in den Falco tanypterus nachgewiesen 
haben wird. 

Dieser Nachweis wird bis jetzt wohl noch nicht möglich sein, 
weil wir den fraglichen Vogel sowohl, als auch F. biarmicus noch zu 
wenig kennen. Immerhin dürfte es aber erwünscht sein, das Urtheil 


*) Doch erinnere ich mich genau, noch ähnlich gefärbte Vögel gesehen und 
erlegt zu haben; einmal habe ich aber den Falco tanypterus in Gesellschaft des 
Falco biarmicus beobachtet. 


229 


der Fachgelehrten zu vernehmen. Ich bitte desshalb die Herren 
Ornithologen, in dieser Zeitschrift ihre Ansicht zu veröffentlichen. — 

F. biarmieus vertritt in Egypten unseren Wanderfalken und ver- 
drängt so ziemlich Falco Feldeggü, welcher, wie schon bemerkt, un- 
gleich häufiger im Sudahn. Er hat so ziemlich die gleiche Lebens- 
weise unseres Wanderfalken. Man sieht ihn an den Felswänden der 
Nilgebirge (Kalk) regelmässig, findet ihn aber auch in Palmen- 
wäldern. Ein Paar dieser schönen Falken bewohnt die Pyramiden 
von Djieseh; ich selbst habe von der Spitze der Cheops herab 
einen Gatten dieses Paares, welcher tief unter mir dahin flog, erlegt; 
das Paar wird wohl wieder ersetzt worden sein und bewohnt jedenfalls 
noch seinen alten Standort. Andere bewohnen die Tempel Ober- 
egyptens. Will einer meiner Leser einmal dort Edelfalken jagen, so 
wird er sie gewiss finden, wenn er folgende Orte besucht: die Pyra- 
miden von Djieseh und Sakahra, den Djebel Abu-Fehde bei 
Monfalut, die Tempel von Denderah, Karnak, Medinet-Habu, 
Edfu und die Felsberge bei Assuan. Sein Horst ist leicht zu 
finden; man sieht ihn von Weitem. Er steht auf den Pyloren der 
Tempelgebäude, in Spalten senkrechter Felswände etc. Vergeblich 
ist jeder Versuch, solch einen Horst ersteigen zu wollen. Die Wände 
der Pyloren sind noch eben so glatt, als sie vor Jahrtausenden waren; 
die Felswände, denen der stolze Vogel seinen Horst vertraut, sind 
stets so hoch, dass auch hier an ein Besteigen des Horstes nicht zu 
denken ist. Wahrscheinlich horstet dieser Wanderfalk auch auf 
Palmen; dann hat derjenige, welcher das Glück hat, einen solchen 
Horst zu finden, leichte Arbeit, die Eier zu erhalten; ich habe freilich 
niemals ein solches Glück gehabt. 

Der dritte, oder wenn man will, der vierte dieser einander so 
ähnelnden Wanderfalken ist der 

Falco cervicalis 

von dessen Selbständigkeit ich vollkommen überzeugt bin. 

Artkennzeichen: Etwas kleiner als F. biarmieus, mit gleich- 
langen Flügeln; nur der Hinterkopf und Nacken rost- 
farben, oder rostgelb mit breiten schwarzen Schaftstri- 
chen; im Alter der Vorderkörper fast ganz ungefleckt; in 
der Jugend mit breiten schwarzbraunen Längetlecken, die 
schwarzen Schwanzbinden im Alter schmal; Lauf 2“, Mit- 
telzehe 19%, — Die Maasse kann ich nicht geben. 


230 


Beschreibung des alten Männchens, 


Ganze Unterseite licht rostlehmgelb, fast ganz ungefleckt, nur 
hie und da bemerkt man kleine braune Striche und Längeflecken 
(Schmitzen) an den Spitzen der Federn, welche an den Seiten und 
Hosen deutlich vortretende herzförmige und Querflecken bilden, die 
an den Unterschwanzdeckfedern sehr unvollständig sind. Der Ober- 
körper ist mattschwarz mit schieferfarbigen Querbinden und Quer- 
flecken, welche auf dem Oberrücken fehlen. Die Kopfzeichnung weicht 
von der des (der beiden) Vorhergehenden sehr ab. Der grösste Theil des 
ÖOberkopfes ist schwarz, die Federn nach Hinten zu mit rostfarbigen 
Rändern, welche auf dem Hinterkopf und Nacken so breit sind, dass 
sie das Schwarz in Schaftstreifen zurückdrängen. Auf dem Stirnanfang 
bemerkt man nur eine schmale, gelblich graue -Querbinde; vor und 
unter dem Auge steht ein schwärzlicher Halbkreis, hinter ihm ein ‘ 
breiter schwarzbrauner Streif; der Backenstreif ist schmal, schwarz 
mit etwas Rostfarbe gemischt. Die Schwungfedern sind schwärzlich 
auf der inneren Fahne, mit fünf bis zwölf rostgelblich weissen, hin 
und wieder auch grau weissen Binden, zu denen an der Spitze der 
Feder noch mehr oder weniger deutliche Flecken kommen; die der 
zweiten Ordnung haben auf der äusseren Fahne fünf bis sieben, 
wenig bemerkbare schieferfarbige Querflecken. Der Unterflügel ist 
grauschwarz, mit den schon bemerkten Querbinden; die Unterflügel- 
deckfedern sind rostlehmgelb, die vorderen weisslich, mit schwarzen 
Querflecken und Querbinden, welche nur an den kürzesten Federn 
als Längestriche erscheinen. Der Schwanz ist schieferfarben — 
welche Farbe bald ins Gelbgrau verschiesst — mit zwölf bis vierzehn 
schmalen, schwarzen Querbinden und rostgelblicher 'Spitzenkante; auf 
den mittelsten Schwanzfedern sind die dunklen Binden schmäler als 
bei allen übrigen verwandten Wanderfalken Nord-Ost- Afrikas (nur 
1Y/,“ breit). Der Unterschwanz ist aschgrau, mit den bemerkten 
Binden. 


Das junge Männchen 


ähnelt dem des Faleo_biarmieus ausserordentlich. _ Der Vorderkörper 
ist weisslich, auf der Brust und dem Bauche in’s Rostgelbe ziehend, 
vom Kropfe an bis zum Unterbauche mit so grossen, schwarzbraunen 
Längeflecken, dass diese das Blassrostgelb fast ganz verdrängen. 
Auf dem Unterbauche und an den Hosen sind sie schmal, und an 


231 


den Unterschwanzdeckfedern fehlen sie ganz. Die Oberseite ist düster 
schwarzbraun, hin und wieder mit kaum bemerkbaren, helleren Feder- 
rändern; der Oberkopf ist von dem gelblichweissen Stirnbande an 
schwarzbraun, nach Hinten zu mit gelblich rostfarbigen Federkanten, 
welche auf dem Nacken das Schwarz wie bei dem alten Vogel fast 
ganz verdrängen. Vor dem Auge steht ein schwärzlicher Halbkreis, 
hinter ihm ein schwarzbrauner Streif. Die Schwungfedern sind 
schwarzbraun, bis zur zwölften mit drei bis zehn rostgelblichen Quer- 
binden auf der inneren Fahne, zu denen an der Flügelspitze noch 
ein heller Punkt kommt. Der Unterflügel ist grauschwarz mit den 
schon bemerkten Binden; die Unterflügeldeckfedern sind schwarzbraun 
mit rostgelben Flecken auf jeder Fahne, welche an den kürzeren als 
Kanten erscheinen; der Schwanz ist schwarzbraun, mit vier bis 
zehn rostgelben Querbinden und heller Spitzenkante, welche auf der 
schwarzgrauen Unterseite sehr sichtbar sind. 

Dieser Falke kann, weil er in die zweite Gruppe der Wander- 
falken gehört, nur mit FL biarmicus verwechselt werden, unterscheidet 
sich von ihm aber durch den fast ganz ungefleckten Unterkörper, das 
vorherrschende Schwarz auf dem Oberkopfe und die schmalen dunklen 
Binden an den Schwung- und Steuerfedern im ausgefärbten Kleide 
hinlänglich. Im Jugendkleide erkennt man ihn an seinem platten 
Scheitel, seinem viel kleineren Schnabel und seiner geringeren Grösse. 
Als Altersverschiedenheit des F. biarmieus kann er nicht angeschen 
werden, weil er einen dunkleren Kopf und ungefleckteren Unterkörper 
hat, welche Veränderungen ein und dasselbe Alter bei F. biarmicus 
niemals hervorbringen würde; sieht man dazu vollends, wie ich, den 
F. tanypterus als ganz alten Vogel des F. biarmicus an, und bedenkt 
das, was ich oben über den Uebergang vom Jugendkleide in das 
ausgefärbte Kleid von allen Wanderfalken gesagt habe, so wird man 
sofort von der specifischen Verschiedenheit des Falco cervicalis und 
Falco biarmicus überzeugt sein. 

Seine Lebensweise ist die der vorigen; über seine Fortpflanzungs- 
geschichte ist mir Nichts bekannt. Auch er ist, wie alle Vorigen, der 
europäischen Ornis zuzuzählen; die Susemihl’sche Tafel 9 stellt un- 
serer Ansicht nach den F\ cervicalis vor. 

Der kleinste, entschieden aber der schönste aller in Nord - Öst- 
Afrika lebenden Wanderfalken, denn das ist er, ist 


Falco ruficollis, Swainson, 


232 ’ 


wohl mit der schönste aller Falken des Erdballs. Meine Beobachtun- 
gen über ihn hat der Herr Dr. Hartlaub bereits veröffentlicht; ich 
habe nichts Wesentliches hinzuzufügen. 


Ich komme nun zu einem Baumfalken, welcher entweder der 
junge Vogel des Falco Eleonorae, Gene, oder eine neue Art ist, 
welche wir fi 

Falco graeilis *) 5 
nennen würden. Mein Vater hat, die letztere Ansicht vertretend, 
des Vogels in seinem Vogelfange, Seite 27, schon Erwähnung gethan. 
Wir haben den Vogel nur ein einziges Mal erlegt, doch ist er auch 
bei Kairo von Heuglin beobachtet, geschossen und abgebildet worden. 
Ich gebe diese, von meinem Freunde für mich gefertigte Abbildung, 
weil sie sehr treu und in jedem Falle von Interesse ist; denn ent- 
weder zeigt sie das Jugendkleid des F! Eleonorae, von dem ich noch 
keine Abbildung kenne, oder einen neuen, wahrscheinlich zur 
europäischen Ornis gehörigen Vogel. Diesen will ich vor der Hand 
als FL gracilis beschreiben, bitte aber alle Fachgenossen, ihre Ansicht 
über die fragliche Species in einer unserer ornithologischen Zeit- 
schriften kundzugeben. . 

Artkennzeichen: Grösse des Baumfalken, die Backen- 
streifen klein, der Oberkörper mattschwarz, mit grau- 
weissen Federrändern, welche auf dem Kopfe sehr breit 
sind; der Unterflügel sehr stark rostfarben gefleckt, Flü- 
gel erreichen das Schwanzende nicht; Länge 12". 

Beschreibung des jungen Weibchen». 

Die ganze Unterseite hellisabell, vom Kropfe an mit schwarz- 
braunen Längeflecken, welche aber überall, auch an den Seiten, die 
helle Grundfarbe sehr durchscheinen lassen, und an den Hosen und 
Unterschwanzdeckfedern besonders schmal sind. Die Oberseite matt- 
schwarz, in’s Bräunliche, an den Seiten des Nackens mit zwei licht- 
isabellfarbigen Flecken, deren Federn dunkle Spitzenflecken haben. 
Der Mantel überall mit grauweissen Federsäumen, welche auf dem 
Unterrücken merklicher werden, auf dem ganzen Kopfe und an den 
Oberschwanzdeckfedern aber so breit sind, dass die Zeichnung dieser 
Stellen ganz bunt erscheint. Ueber dem Auge ein schmaler, isabell- 
farbiger Streif, unter ihm ein breiter, schwarzer Streif, welcher sich 


*) Hierzu Tafel I. 


233 


mit dem kleinen, schwarzen Backenstreif vereinigt. Die Schwung- 
federn mattschwarz, alle mit isabellfarbiger Spitzenkante und mit vier 
bis sieben, hellrostfarbigen Querflecken auf der inneren Fahne, welche 
den beiden letzteren fehlen. Der Unterflügel grauschwarz, mit den 
schon erwähnten Flecken, welche auf dem halbausgebreiteten Flügel 
deutliche breite Binden bilden. Die Unterflügeldeckfedern graulich 
isabellfarben, mit schwärzlichen und braunen Querbinden, so dass die 
helle Farbe die Hauptfarbe bleibt. Der Schwanz braunschwarz, mit 
sechs bis acht hellrostfarbigen Querflecken auf der inneren Fahne, 
und solchen einzelnen Punkten auf der äusseren Fahne, welche an 
der ersten Steuerfeder fehlen; die beiden mittleren Federn sind ganz 
ungebändert. Auf dem mattschwarzen Unterschwanze bilden diese 
Flecken deutliche Querbänder. 

Das ausgefärbte Kleid kennen wir nicht. 

Maasse des beschriebenen jungen Weibchens: 


EEE was: m en. Be 
Se a 
Vom Bug bis zur Ir Sniibe Lea 2. A De 2 ger 
Schwanzlänge . . KR REN? 
Schnabel längs der Firste NEE ET TE RE za 
- IE RE 7: gu 
Höhe des Tarsus . . . ER 1eranyze 
Länge der Mittelzehe ohne Nagel RER EHRE ZEIT 
en „ Hinterzehe „ e 1) 7 y PD 4. 
is „ Inneren Zehe „ 2 N Sir 
A Sr AUSSELEN „u e SER 10" 
Die Flügel erreichen den Schwanz de auf er 8 
Ordnung der Schwungfedern: 2> 3> 1> 4> 5> 6 etc. 
Farben: 


Iris: braun. 

Schnabel: hornblau. 

Füsse: strohgelb. 

Augenring und Wachshaut: grünlich gelb. 

Von dem gleichalten Baumfalken unterscheidet sich unser 
Falco gracilis, vesp. Falco Eleonorae jung, durch den langen Schwanz, 
dessen Spitze die Flügel nicht erreichen, während sie beim Baum- 
falken über dieselbe hinausragen; durch die hellen Kanten des Ober- 
körpers, welche beim Baumfalken nur angedeutet sind; durch den 


234 


hell isabellfarbigen Streif über dem Auge; das wenige Schwarz an den 
Backen, welches beim Baumfalken die ganzen Backen einnimmt, und 
die kleinen Backenstreifen; durch die hellen Unterflügeldeckfedern, 
die grösseren, resp. viel deutlicheren Binden auf den Schwung- und 
Steuerfedern, den lichteren Unterkörper etc. 

Das Männchen gleicht dem Weibchen, hat aber wie die Abbil- 
dung zeigt, auf dem Mantel noch breitere Endsäume. 


Der letzte der von mir beobachteten Edelfalken ist der 


Falco concolor, Temm, 


wenigstens glaube ich, dass die von mir erlegten Vögel dieser Art 
angehören. Ich weiss recht wohl, dass es auch von diesem Falken 
wenigstens zwei einander sehr ähnliche Arten giebt; ich selbst habe 
zwei Arten im Berliner Museum gesehen, beide waren aber noch 
unter gleichem Namen aufgestellt. Ich finde in meinem Notizbuche 
darüber folgende Bemerkung: „Ein Paar Falco concolor des Mus. 
Berol. sind anders als die unsrigen, und zwar viel dunkler und lang- 
flügeliger; beide unterscheiden sich von einander so wesentlich, dass 
sie jedenfalls zwei Arten angehören. Ihre Artkennzeichen würden 
sich so charakterisiren lassen: 


Falco concolor. 


Gefieder durchaus einfarbig bleigraublau, Schwingen- 
spitzen schwarz, die Kehle kaum lichter als der übrige 
Körper, alle Federn mit schwarzen Schaftstrichen, der 
Schwanz überragt die Flügel um 15; Schwanz kaum merk- 
lich gebändert; vom Bug bis zur Flügelspitze beim 5 30 
Centimeter, beim ©? 31 C.M. 

Falco concolor des Mus. Berol., welchen ich, im Fall er noch 
nicht beschrieben ist, 

Falco cyanostolos 
nennen würde: 1 
Gefieder dunkelblaugrau, am Unterkörper noch dun- 


kler, Backen schwarz, Kehle hell, Schwanz ziemlich deut- 
lich gebändert, von den Schwingen überragt, Kopf dunkel 


235 


bis gegen den Nacken hin, Schwingenspitzen schwarz, vom 
Bug bis zur Flügelspitze 28 Centimet., Füsse und Schnabel 
stärker als beim Vorhergehenden. 

Ausführlicher kann ich diesen Vogel nicht beschreiben; er steht 
aber im Berliner Museum und ist im Susemihl Tafel 9. als A concolor 
abgebildet. Beide Vögel des Mus. Berol. wurden von Hemprich und 
Ehrenberg mitgebracht, das 5 stammt aus Barakan, das @ aus 
Abyssinien. 

Dagegen kann ich aber von unserem Falco concolor, d. h. dem 
unserer Sammlung, eine genaue Beschreibung geben; denn wir be- 
sitzen ein gepaartes Paar und jeder Ornitholog weiss, wie wichtig die 
gepaarten Paare zu einer genauen Artbestimmung sind: *) 

Maasse desö; des ®. 
ET SR 
Breiler'. mins ET EN Ay 
Vom Bug bis zur NEL Bag EL UN BEN 
Eriieyanzlänpe ae eure un. eiimenmiien sie In ker HE 


Flügel erreichen das Schwanzende bis auf 1 RE JE NS 3, 
Schnabel längs der Firte . . . ... Ih top A 
- im +Spalhıor um minute, 1% .; OUT 
Höhe des Laufs . . . . JualTe, AB BROT ar. 
Länge der Mittelzehe ohne Nagel. KR a 2 a LE 2 
„ der Hinterzehe „ n Pl: 6"; 6" 

„ der äusseren Zehe ohne Nagel ® 10"; 10" 

„ der inneren 3 5 „ url 10"; 10 


Farben. Iris: braun; Schnabel: blauschwarz; Füsse: blassorange; 
Augenring und Wachshaut: orange. 


Beschreibung. Das alte Männchen: 


Das ganze Gefieder durchaus einfarbig bleigraublau, an der Kehle 
ein wenig lichter, jede Feder mit sehr schmalem, schwarzem Schaft- 
strich, welcher an den Federn des Kopfes, Hinter- und Vorderhalses 
am deutlichsten hervortritt; die sechs ersten Schwungfedern schwarz, 
die übrigen wie der Rücken, alle mit fünf bis zehn wenig bemerk- 


*) Siehe die Diagnosen und vergleichende Beschreibung von F. arcadicus, 
Eleonorae und concolor von Heuglin, Naumannia I. Bd. 3. Hft. p. 31 u. f. 
D. Herausg. 


236 


baren, weissgrauen, dunkelgewässerten Querflecken auf der inneren 
Fahne, welche an den fünf hinteren Schwungfedern fehlen. Der Un- 
terflügel wie der obere, mit denselben Querstreifen. Der Schwanz 
wie der Rücken mit kaum angedeuteten helleren Querbinden an den 
drei äusseren Federn, die zwei mittleren Steuerfedern mit breiten, 
schwärzlichen Spitzenbande. 


Das alte Weibchen unterscheidet sich bloss dadurch vom Männ- 
chen, dass seine Querbinden an den Schwungfedern deutlich hervor- 
treten, an den vorderen bis auf zwölf sich steigern, auch an den 
längsten Unterflügeldeckfedern sichtbar sind und dass der Schwanz 
deutliche weissliche Querflecke auf der inneren Fahne zeigt, welche 
nach der Mitte hin undeutlich werden, an den beiden mittleren Steuer- 
federn kaum angedeutet und auch am Unterschwanze nicht sehr 
deutlich sind. 


Wegen dieser wirklieh fast einfarbigen Zeichnung habe ich dem 
ebenbeschriebenen Vogel den Art-Namen F: concolor gelassen, obgleich 
vielleicht mein Falco cyanostolos ursprünglich unter #. concolor ver- 
standen worden sein mag, wie oben von Schlegel im Susemihl. 


Unser F. concolor lebt sehr einzeln in Nord-Ost- Afrika; er ist 
von uns bloss drei Male erlegt worden, und zwar das eine Mal ohn- 
weit der ägyptisch-nubischen Grenze, weshalb ich auch ihn für den 
in Europa möglicher Weise vorkommenden halte. Er ist sehr wenig 
scheu und lebt, wie alle Edelfalken, mit seinem Gatten in treuer 
Gemeinschaft. Mehr weiss ich über ihn nicht zu sagen. 


Nachtrag von Ludwig Brehm. 


Ich bin nicht nur mit der Unterscheidung des Falco cyanostolos 
et concolor vollkommen einverstanden, sondern auch fest überzeugt, 
dass es noch einen Falken giebt, welcher den beiden genannten schr 
ähnlich ist und meines Wissens Falco plumbeus genannt worden ist, 
oder doch so heissen kann. Er hat so ziemlich die Grösse des Falco 
cyanostolos und gleicht ihm auch in Hinsicht auf die langen, über die 
Spitze des Schwanzes hinausragenden Flügel. In der Farbe aber 
ähnelt er sehr dem Falco concolor. Doch treten bei ihm die dunkeln 
Schaftstreifen am Kopfe, Vorder- und Hinterhalse weniger deutlich 


237 


hervor. Früher war ich geneigt, ihn mit Falco arcadieus, Linderm. 
für eine und dieselbe Art zu halten; allein jetzt bin ich anderer Mei- 
nung und von seiner Selbständigkeit vollkommen überzeugt. Anstatt 
eine weitläufige Beschreibung zu geben, verweise ich auf Susemihls 
Abbildung Taf. 54. Nr. 4., welche vorzüglich genannt werden muss. 
Auf derselben Tafel sind auch die beiden Geschlechter des Falco 
Eleonorae recht gut abgebildet; allein der schwarzbraune Vogel Nr. 3. 
ist ebenso wenig ein Falco Eleonorae als der Falco plumbeus Nr. 4. 
Ich muss mich sehr wundern, dass man diese in der Zeichnung und 
Grundfarbe äusserst verschiedenen Vögel als eine Art hat aufführen 
können. Es ist eine bekannte Sache, dass manche Raubvögel, na- 
mentlich die Rauchfuss-, gemeinen und Wespen - Bussarde in 
Farbe und Zeichnung sehr abändern, nicht so die Falken. Wie ähn- 
lich sind sich die Baumfalken unseres Vaterlandes, und der Falco 
Eleonorae, welcher doch Nichts ist, als eine veränderte Ausgabe der- 
selben, sollte so sehr abändern? Das ist gegen alle Analogie und 
ich glaube das nicht eher, als bis mir Jemand ein gepaartes Paar 
zeigt, von welchem der eine Gatte die Susemihlsche Abbildung Nr. 1. 
der andere der Nr. 2 oder 3. ähnlich ist. Die Abbildung Nr. 54. 
3. stellt, wie die Nr. 53. ohne allen Zweifel den Falco arcadieus, 
Linderm., dar, und dieser sollte so auffallend abändern, wie die 
Vögel der Tatel 54. zeigen? Das lässt sich kaum denken, und des- 
wegen halte ich diese Abbildungen für die 3 verschiedener Falken. 


(Fortselzung folgt.) 


238 


Nr. 16. 


Ornithologischer Jahresbericht aus Bayern. 
Von 
dem Pfarrer Jäckel zu Neuhaus bei Höchstadt a. A. 
(Umfasst die Zeit vom 1. October 1854 bis ult September 1855.) 


(Fortsetzung und Schluss.) 


Totanus glareola, L., kam in den hiesigen Weihern am 18. April 
an und hörte ich sein Jodeln während dieses und des ganzen Monats 
Mai täglich. Am 12. Juli standen drei Stück tief in einem grossen 
Weiher auf dem gemäht n schwimmenden Schwadengras; auch diese, 
sowie vier am 18. August angetroffene Bruchwasserläufer jodelten 
noch, doch nicht mehr so vollkommen, wie im Frühjahre. 

Totanus ochropus, L. Am 12. October wurden noch Einzelne: in 
der Gegend von Gunzenhausen gesehen; hier kamen sie am 7. April, 
im Wiederstriche Mitte Juli an, wo ich zwei Stück in einem der 
ganz frei im Felde bei Buch liegenden Fischteiche auf gemähten im 
Wasser schwimmenden Riedgräsern emsig nach Nahrung umhersteigen 
sah. Am 28. August sah ich die letzten. 

Aetitis hypoleucos, L., kam sehr spät erst vom 16. Mai ab an 
die Weiher meiner Gegend. 

Limosa aegocephala, L. Am 25. und 27. April sah ich an den 
Poppenwinder Weihern je ein Stück und hörte am letztern Tage 
auch ihn jodeln. 

Limosa rufa, Briss. Am 27. September 1854 wurde ein Weib- 
chen an der Wertach unweit Augsburg erlegt, das Herr Leu erhielt. 

Machetes pugnax, L. Die ersten Kampfstrandläufer traf ich an 
den hiesigen Teichen ungewöhnlich frühe, bereits am 7. April, in 
einem kleinen Fluge von zehn wahrscheinlich jungen Vögeln an, unter 
welchen ein junges Männchen mit sehr dunkler Brust war. Bis zum 
12. Mai sah ich nicht ein Stück mehr, an diesem Tage aber bis zum 


239 


22. Mai täglich Flüge von 7, 14, 20, 25 Exemplaren, oft mehrere 
Schwärme zugleich. Es waren fast durchgängig Weibchen und junge 
Vögel; ganz alte Männchen kamen mir nicht zu Gesicht, vom 
21. Mai an nur alte Weibchen, deren ich Etliche erhielt. Drei sehr 
dunkle Männchen, im fast vollendeten ersten ‘Frühlingsgewande, 
beobachtete ich am 16. Mai in Gesellschaft dreier Weibchen, sah 
öfters, wie eines der Männchen mit aufgesträubter Krause kampf- 
fertig auf den Weiherdämmen herumtrippelte, ohne dass es jedoch 
zu dem eigentlichen Turniere gekommen wäre. Ein glücklicher 
Schuss streckte zwei Prachtexemplare, ein Männchen und ein junges 
Weibchen, nieder; an ersterem waren die Gesichtswarzen noch unter 
dem Gefieder verborgen. In den Mägen fand ich viele Phryganeen 
(Limnophilus griseus) und kleine Käferchen: Pissodes notatus, Cyelo- 


notum orbieulare, Sitones tibialis, Rhinoncus pericarpius. 


Tringa subarquata, Güld. Von Mitte bis Ende October einzeln 
und bis zu drei Stücken an den Pappenwinder Weihern. Im Schlund 
und Magen eines Stückes fand ich 15 Stück Ephemeralarven (Sialis 
lutaria). 

Tringa einelus, L., ist während der Fischerei in unseren Weihern 
in grösseren und kleineren Flügen gar nicht selten gewesen; am 
18. October sah ich einen von zwei Totanus glottis geführten Flug 
von zwölf Stücken, am 19. Mai drei Stück, zwei Wintervögel und 
ein Männchen im schönsten Hochzeitkleide, beisammen. 


Ascalopax gallinula, L., verschwand am 1. November aus den 
hiesigen Weihern und strich vom 4. bis 27. April wieder durch. 


Ascalopax gallinago, L, In hiesiger Gegend war der Herbst- 
strich schlecht und dauerte den October hindurch. Einzelne haben 
an warmen Quellen überwintert und begann der Wiederstrich mit dem 
6. März, welcher noch schlechter als der Herbststrich war. Am 
15. April hörte ich die erste Bekassine meckern. In den Mägen 
Erlegter fand ich Saamen von Polygonum (avieulare oder convol- 
vulus?), Panicum glaucum und Reste von Käfern (Hydrobius fuscipes), 
in den Eingeweiden die Taenia variabilis in sehr grosser Menge. 
Guten Appetit zu den bekannten Leckerbissen! Die Benennung 
„Heerschnepfe* finde ich bezeichnend. Am 15. October flogen aus 
einem Bruche vor mir zwölf Bekassinen heraus und in einem Haufen, 
wie Staare, in einen der nächsten Weiher, Um Frankfurt a. M., 


240 


Mainz, Darmstadt, Worms, war der Herbstsrich ziemlich gut, der im 
Frühjahr ganz schlecht. 

Scolopaz rusticula, L. Den ganzen Herbst bis in den November 
gab es fast allerwärts in Bayern sehr viele Schnepfen. Im Aschaffen- 
burgischen kamen auf einem Treibjagen nach Füchsen 8 dieser Lang- 
schnäbel zum Vorschein. In der Gegend letztgenannter Stadt wurden 
bereits am 4. März bei Himmelthal 3 Stück angetroffen und am 
11. März auf einer Jagd 8 gesehen und Einer geschossen. Es hat sich 
dort die alte Regel bewährt, dass die Schnepfen, wenn es das Wetter 
erlaubt, in den ersten Tagen des März in den Rhein- und Maingegenden 
ankommen. In hiesiger Umgebung sah und hörte man am altbekannten 
privilegirten Schnepfensonntag Oculi nicht einen Einzigen; sie kamen 
nemlich bei uns im Nürnberger Reichswalde und bei Gunzenhausen 
erst an Josephi (19. März), entweder schon Tags zuvor oder in der Nacht 
vom 19. auf den 20. März an; einen Einzigen ging ich indessen schon 
am 14. dieses Monats Nachts 9 Uhr auf einem Weiherdamme auf. Der 
Strich war hier, im Reichswalde, bei Passau und anderwärts schlecht 
und bis zum 26. März, längstens am 4. April beendigt. Nur bei Klein- 
wallstadt im Aschaffenburgischen wurden am 22. März auf 3 weit von 
einander entfernten Ständen 7, 11 und 13 Schnepfen gesehen, was 
vielleicht schon seit 6 bis 8 Jahren nicht mehr vorgekommen war. Auch 
in einzelnen Reichswald-Distrikten der Reviere Fischbach und Eibach 
waren Viele bemerkbar. 

Im bayerischen Walde hängt der Beginn des Strichs von dem 
schnelleren oder langsameren Abgange des Schnees ab und tritt in 
keinem Falle vor der ersten Hälfte des Monats April, in den-höch- 
sten und rauhesten Lagen erst im Mai ein, doch begann er auch hier 
einmal in einer Reihe von 15 Jahren nach einem leichten Winter 
schon Anfangs April, wo es auf den hohen Bergen bei Finsterau 
wärmer als in den Thälern war. Im bayerischen Walde brüten sehr 
viele Schnepfen auf den so häufig vorkommenden Seigen, Versum- 
pfungen, den sogenannten Auen und Mösern, und ist daher die Jagd 
im Frühjahre in der eigentlichen Waldgegend von keinem Belange, 
da „der Schnepf“ schon gepaart ankommt und sogleich nach seiner 
Ankunft seine Nistgeschäfte beginnt. Sobald er in der Brut ist, 
wird nicht mehr nach ihm geschossen; desto erfreulicher wird aber 
die Jagd im Juli und August auf den Hochfilzen, wenn die jungen 
Abflieglinge, deren es in manchem Jahre viele giebt, streichen und 


241 


zu dem zweiten Schnepfenstriche in einem und demselben Jahre ein- 
laden. Auf Steigerwaldrevieren (Wachenroth, Weingartsgereuth), bei 
Arberg in Mittelfranken und bei Augsburg in den Wäldern bei Die- 
dorf haben 1855 nicht wenige Schnepfen gebrütet. 

An der Bergstrasse zeigten sich die Ersten am 2. März. Im 
hessischen Odenwalde, bei Frankfurt a. M., Mainz, Darmstadt, 
Worms erschienen zu Anfang Octobers ziemlich viele Schnepfen und 
blieben bis in den November in den\Gebirgen (Odenwald, Taunus etc.), 
während in den Ebenen und namentlich in den nassen Waldungen 
nur wenige angetroffen wurden. Mit dem 8. und 9. März erschienen 
die Ersten wieder, und um den 20. d. M. war der Strich in vollem 
Gange. Schon die zuerst Angekommenen wurden paarweise ange- 
troffen und häufig bemerkt, dass sie vor dem Hunde laut aufgingen, 
und wenn keine von dem tödtenden Blei erreicht wurde, fortstrichen 
und nicht mehr angetroffen werden konnten. In nassen Waldungen, 
besonders in Kiefern, lagen die meisten und waren besonders vom 
18. März an die südlichen Hänge des Taunus an vielen Stellen ge- 
segnet, während in der trockenen Ebene zwischen Frankfurt, Darm- 
stadt, Mainz sehr Wenige waren. Sie blieben bis zum 6. bis 8. April. 
Im hessischen Odenwalde war der Strich vom 19. März an 8 Tage 
lang ziemlich gut, wurde aber dann durch kalte Witterung verdorben. 

Numenius arquata, L. Am 19. October sah ich die letzten Brach- 
vöge. Am 21. März kamen sie in Mittelfranken bei Arberg wieder 
an, am 30. ej. m. begann der Strich durch das hiesige Weiherland, 
welcher am 22. Mai beendigt war. Bei Wemding in Schwaben, wo 
am 5. Juni einer über dem Neste gefangen wurde, dann bei Ohrnbau 
und Gunzenhaussen in Mittelfranken brütet dieser schöne Vogel, von 
welchem am 7. September Herr Forstwart Jägerhuber in Arberg 
30 Stück auf dem Hutwasen bei Schönau antraf. Am 13. August 
flog eine Schaar Abends 6 Uhr bei heftigem Regen lange Zeit ganz 
nahe an den Häusern schreiend über einen der beiden Weiher um- 
her, welche den hiesigen Ort in zwei Hälften scheiden. 

Ibis faleinellus, L. Forstaktuar Model in Gunzenhaussen schoss 
am 20. October in einem grossen, etwa 70 Tagwerk Fläche haltenden 
abgelassenen Weiher zwischen den Orten Brand und Laubenzedel, 
eine Stunde von G., einen sehr schönen jungen Ibis. Der Schütze 
ging an jenem Tage Nachmittags auf die Entenjagd an die in jener 
Gegend ziemlich häufigen kleineren Weiher und kam hiebei an den 


Naumannia, 1850. 16 


242 


bereits gefischten grossen Gräfensteinberger Weiher. Mitten in dem- 
selben, wo der Schlamm am tiefsten war, stand der Ibis. Der 
Schütze konnte sich nur auf 95 bis 100 Schritt nähern, da stand der 
Vogel auf und setzte sich an einer andern Stelle des Weihers. Nach- 
dem Model den Versuch, sich zu nähern, mehrmals wiederholt hatte, 
schoss er auf obige Weite 2 mal, ohne den Ibis getroften zu haben, 
worauf sich dieser entfernte. Abermals kam der unermüdete Jäger 
auf 100 Schritt wieder zu Schusse, fehlte aber wieder mit beiden 
Läufen. Nun flog der Vogel davon und war erst nach einer Stunde 
wieder zu finden. Neun Schüsse, keinen näher als 90--100 Schritte, 
feuerte der Schütze in 4'/, Stunden auf den schönen Fremdling ab, 
und erst bei dem letzten Schusse, zu welchem M. weit auf dem 
Bauche heranrutschen musste, erhielt der Ibis einen einzigen Schrot 
und stürzte, nachdem er noch ein Paar hundert Schritte fortge- 
strichen war, todt herab. 

Ardea cinerea, L. Am 13. September beobachtete ich an einem 
Reiher einige auffallende Züge im Betragen dieses Vogels. Derselbe 
strich in weiten Kreisen um einen Weiher bei Bingarten, schrie an- 
haltend und viel, schnell hinter einander sein rauhes Krächzen aus- 
stossend, wobei er den Hals nicht zurückgebogen trug, sondern den- 
selben in langgezogener S-form vorwärts streekte, was er besonders 
dann that, wenn er mit eiligen Flügelschlägen forteilte. Es war be- 
stimmt ein grauer Reiher. Am 23. August fand ich im Gärtchen an 
meinem Hause eine weibliche gemeine Kröte (Bubo vulgaris). Da 
ich gerade einen jungen lebenden Reiher unterhielt, welcher acht Tage 
zuvor leicht geflügelt worden war, kam mir der Gedanke, den Ver- 
such zu machen, ob diese Kröte den Reiher tödten würde. Ich zer- 
trat derselben den Kopf, brachte sie dem Reiher in den Schlund und, 
damit er sie nicht wieder hervorwürgen konnte, legte ich ihm oberhalb 
der Kröte eine leichte Schlinge um den Hals. Losgelassen ging er 
langsam 15 Schritte weiter, versuchte 2mal unter heftigen Anstren- 
gungen sich zu erbrechen, machte dann, sichtlich sehon gelähmt und 
hochbeiniger als sonst, noch 2 Schritte und fiel todt um, ohne nur 
noch im Mindesten zu zucken. - 

Egretta alba, L. Am 14. October Nachmittags 3 Uhr standen 
im ausgefischten Moorweiher, eine Stunde von hier, 50—60 Stück 
graue Reiher, unter ihnen die leuchtende, blendend weisse Gestalt 
eines Silberreihers. Als ich mich. näherte, standen alle wie Soldaten 


243 


in Reihe und Glied, hoch aufgerichtet da. Auf eine Entfernung von 
mehr denn 200 Schritt standen sie zugleich mit einander auf. Im 
Osten standen dunkle Regenwolken und der siebenfarbige Bogen; im 
wolkenlosen Westen neigte sich die Sonne zum Niedergange und be- 
leuchtete die von dem dunkeln Gewölke grell abstechende herrliche 
Gestalt der Egrette, welche sich enge an ihre grauen Verwandten 
anschloss, mit ihnen wegstrich und nach einiger Zeit wiederkehrte 
Sie kreisten hierauf Alle oftmals über der grossen anlockenden 
Weiherfläche und stürzten sich plötzlich, fast in senkrechter Linie, 
sausend und im Fluge sich überwerfend, an die verlassene Stelle 
wieder herab. Die Gesellschaft der vielen grauen machte den Silber- 
‚reiher ebenso scheu, wie diese. Wenn er aufflog, war der Hals einige 
Zeit in eine schöne S-form gelegt, wurde aber dann ganz nach Art 
des gemeinen Fischreihers arrangirt. Er hielt sich noch mehrere 
Tage in den Moorweihern auf, strich in der weitern Umgegend um- 
her und gwurde in der letzten Woche des Octobers erlegt. Herr 
Privatdocent Dr. Rosenhauer erhielt ihn für die Universitätssammlung 
in Erlangen. Am 24. October wurde Herrn Leu in Augsburg eben- 
falls ein prächtiger junger Silberreiher geliefert. Vier Stücke zeigten 
sich mehrere Tage bei Günzburg und Weissenhorn an der Donau 
und an der Rott, einem südlichen Zuflusse. Jäger gaben sich viele 
Mühe, einen zu erlegen, aber umsonst. Endlich gelang es dem Apo- 
theker von Weissenhorn, zwei Stücke auf einen Schuss zu tödten. 
Botaurus stellaris, L. Der Herbstzug dauerte bis tief in den 
November; am 23. Februar erhielt Herr Leu ein Männchen von 
Lindau; hierorts und in Mittelfranken begann der Wiederstrich in den 
ersten Tagen des April. Am 2. October erhielt ich aus hiesiger Gegend 
2 Weibchen, wovon das eine Reste von Rhynchoten (Notonecta glauca 
in mehreren Exemplaren, 2 Naucoris cimicoides, Ranatra linearis ) 2 Li- 
bellula sanguinea und eine 4"/, Zoll lange Perca vulgaris im Magen hatte, 
Ay 11. October erhielt ich aus den hiesigen Weihern wieder ein Weib- 
 elien und fand im Magen eine kleine Naturaliensammlung: Argutor ver- 
nalis, Omaseus nigrita, Parnus prolifericornis, Aphodius fimetarius, pro- 
‚dromus, Rhinoncus inconspeetus, Erirhinus acridulus, Sitones hispidu- 
Jus, Cassida margaritacea, Galeruca rustica, Chrysomela staphylaea, Coe- 
@inella 14pustulata, viele dieser Käfer in mehreren Exemplaren; ausser- 
dem die Knochen einer Rana esculenta, eine Spinne (Lycosa riparia). 


mehrere Rhynehoten (Naucoris eimicoides), etliche Libellen (Libellula 
16* 


244 


sanguinea), einen nicht näher zu bestimmenden Acridulus, mehrere 
Bernsteinschneckengehäuse (Suceinea amphibia), wohl nur zufällig in 
den Magen gekommene Grasspelzlein und Früchte von Bidens tri- 
partita, sogenannte „Bubenläuse“, von denen dem Vogel auch viele 
in den Puderdunengruppen der Befiederung hängen geblieben waren, 
und endlich die leeren Bälge von verschlungenen Euprepia fuliginosa- 
Raupen. Von den Haaren dieser Raupen war die innere Magenwand 
über und über, wie ein Kuckucksmagen, behaart. Die Farbe und 
Länge der Haare und die nackten Bälge liessen nicht den mindesten 
Zweifel, dass jener Pelz durch den \Genuss der um damalige Zeit 
höchst gemeinen kleinen Bärenraupe entstanden war. Die vielen gar 
kleinen-Käferchen, welche diese Rohrdommel im Magen hatte, dürften 
beweisen, dass sie auch am Tage oder doch am frühen Morgen oder 
gegen Abend ihrer Nahrung nachgeht. Der Mond ging am 10. Oc- 
tober, an welchem sie erlegt wurde, Abends 7 Uhr 20 Minuten auf, 
10 Uhr 57 Minuten unter und am 14. October war das letzte Viertel. 
Der Mond schien also nur kurze Zeit und schwach und die Nächte 
waren grossentheils sehr finster. Die Raupen und Früchtehen der 
an Gräben und Teichrändern wachsenden Bidens werden darthun, 
dass die Rohrdommel Nahrungs halber auch auf das Freie kommt. 
Der Vogel war ungemein fett und lieferte mir eine nicht genug zu 
empfehlende Stiefelschmiere, zu der jährlich Fischreiher, Steissfüsse, 
thranende Tauchenten, Fischadler etc. ihren Beitrag liefern müssen. 


Am 19. Juli wurde ein Männchen bei Augsburg geschossen und 
am 15. September begann in hiesiger Gegend der Herbststrich. 


Scotaeus nyeticorax, L. Im Juli wurde ein Nachtreiher in den 
Isar-Auen bei Freysing geschossen. 

Ciconia nigra, L. Am 18. September liessen sich in den Wäl- 
dern bei Diedorf bei Augsburg zwei schwarze Störche sehen. 


Ciconia alba Briss. kam in Memmingen am 17. März in der 
Mittagsstunde, hier am 19. und in Bamberg am 20. ej. m. an. Am 
31. März waren beide Gatten hier, deren erstes Geschäft war, das 


Nest mit herbeigetragenem Soor (dürrer Riedgrasstreu) auszubessern 


und sich auf dem Neste zu begatten, wobei das Weibchen stehen 
bleibt. Am 7. April setzte sich dieses zum Brüten, wurde am 
12. ej. m. von dem Männchen, das eben Soor herbeigetragen hatte, 
auf den Eiern sitzend getreten und brachte die seltene Anzahl von 


245 


fünf Jungen aus, die alle gross gezogen wurden. Gegen das Ende 
des Monats Mai erhöhten die Alten den Nestrand stark mit Dornen 
und vom 15. Juni an mussten bereits Vater und Mutter zugleich vom 
Neste abwesend sein, um für die stets hungrige Kinderschaar Nahrung 
herbeizuschaffen. Während der sengenden Junihitze brachten die 
Alten im Schnabel fleissig Wasser und flössten es den lechzenden 
Jungen ein, bespritzten diese auch durch Schütteln ihres zu diesem 
Zwecke in den nahen Teichen nass gemachten Gefieders. Häufig 
stellte sich auch einer der Alten auf den Nestrand, mit dem Rücken 
gegen die Sonne, liess die Flügel herabhängen und schützte die 
Jungen, wie mit einem Sonnenschirm, gegen die grosse Hitze, wobei 
die ganze Familie die Schnäbel vor Erschöpfung aufsperrtee Am 
5. Juli fingen die Jungen an, im Neste zu springen und die Flügel 
dabei zu schwingen, am 11. ej. m. konnten sie sich mit ausgebreiteten 
Flügeln und herabhängenden Beinen eine Zeit lang fliegend über dem 
Neste halten; am 14. verliessen drei Junge ihre Geburtsstätte und 
kreisten bei herrlichem Wetter himmelhoch, so gewandt wie die Alten 
umher; die zwei Nestpätzlein aber unten auf dem Schlote schauten 
sehnsüchtig zu den wonnigen blauen Regionen hinauf, wo die Ihrigen, 
in mächtigen Kreisen fliegend, sich ergötzten. Am Abend kamen die 
Jungen wieder aufs Nest, doch konnten zwei davon nicht sogleich 
wieder festen Stand gewinnen und fielen herab, wobei einer ein Bein 
brach, der andere aber sich so wehe that, dass er nach einigen Tagen 
auch zu Grunde ging. Am 15. Juli Morgens hatten Alle das Nest 
verlassen. Am 7. August kamen die drei Jungen Mittags allein aufs 
Nest, klapperten und kreischten ihr Fitschi abwechselnd und versuch- 
ten sich dann aus dem Neste zu drängen. Zwei flogen sodann auf 
den nächsten Schlot, wo der eine, ein junges Männchen, seiner Schwester 
auf den Rücken flog und die Begattung versuchte. Lorenzi (10. August) 
gilt hier als der Abzugstermin der Störche; richtiger ist Bartholomäi 
(24. August). Am 25. August sah ich hier die letzten. Bis zu der 
1814 erfolgten Abbrechung des hiesigen Hochgerichtes haben die 
Störche auf einer der beiden steinernen Säulen desselben gebrütet. 
In dem benachbarten Adelsdorf hat im vorigen Jahre ein Storchen- 
paar auf dem Schlote des dortigen Schlosses gebaut. Das erste Nest 
brannte herab, ein zweites an dieselbe Stelle gebautes warf der Sturm 
herab; gleichwohl erneuerten sie es zum dritten Male und brachten 
ein Junges aus, 


246 


Cygnus musicus Bechst. Das vergangene Jahr war, wie durch 
viele andere Seltenheiten auf ornithologischem Gebiete, so auch durch 
die grosse Anzahl von Schwänen ausgezeichnet, welche auf den baye- 
rischen Gewässern erschienen sind. Von der Mitte Februars an wurden 
von zwei Stücken, einer bei Eichendorf an der Vils, ein anderer bei 
Landshut an der Isar in Niederbayern, zwei Stück bei Hohenschwan- 
gau erlegt. Anfangs März zeigten sich zehn Schwäne bei Uffenheim, 
von denen einer bei Ulsenheim geschossen wurde. Auch auf dem 
grossen Breitenauer See bei Bamberg liessen sich um dieselbe Zeit 
zehn Stück sehen, von denen ebenfalls zwei erbeutet wurden. Die 
übrigen blieben auf dem schönen See bis Mitte April und wurde am 
15. genannten Monats in öffentlichen Blättern versichert, dass sich die 
majestätischen Vögel auf diesem Gewässer heimathlich niedergelassen 
und begattet hätten, auch bereits zu nisten begännen. Obwohl von 
Forstamts wegen in Schutz genommen, wurde jedoch von Bauern- 
schützen so lange auf sie gefeuert, bis sie fortzogen. Zwischen dem 
20. bis 27. März wurden 6 Schwäne in einem Weiher bei Ober- 
kemathen am Hesselberg gesehen und ein Stück davon geschossen. 
Ueber Neustadt herauf, wo ebenfalls dergleichen Thiere gesehen 
wurden, erschienen sie am 7. März in hiesiger Gegend, im Aisch- 
grunde, und wechselten den ganzen Monat hindurch auf der Aisch, 
Regnitz, den Bischoffsweihern bei Erlangen, den Bucher-, Neuhäuser-, 
Hesselberger- und Poppendorfer Weihern umher. Auf den beiden 
Bischoffsweihern lagen am 17. März auf drei Truppen elf Schwäne, 
vier Stück davon, zwei Alte und zwei grauliche Junge, strichen häufig 
herauf auf den '/, Stunde von Neuhaus gelegenen grossen Brands- 
weiher; oftmals lagen sie auch auf dem etliche Hundert Schritte von 
meinem Wohnhause entfernten Angerweiher. Am 8. März erhielt ich 
ein altes Männchen, das schon zwei alte Schüsse hatte und 21 Pfund 
wog, aus den Weihern von Buch; ein zweiter, 18 Pfund schwer, 
ebenfalls ein altes Männchen, wurde bei Willersdorf erlegt und mir 
gebracht. Im Magen hatte er sehr vielen Sand, Quarzkörner und 
einen langen Pflanzenstengel mit mehreren Aesten, wahrscheinlich von 
Polygonum amphibium. Zehn Tage nach der Erlegung kroch ihm 
ein Blutegel aus dem Halse. Am 11. März wurden zwei Stücke 
bei Forchheim erlegt, die ich ausgestopft gesehen habe. Schon in 
früheren Jahren blieben einmal fünf Schwäne fast bis zum Mai auf 
dem grossen Bischoffsweiher bei Erlangen, auf welchem ihnen ein 


247 


höher gestellter Forstbeamter gar treuherzig ein hölzernes Bruthaus 
hatte bauen lassen. O sancta simplieitas! 

Anser segetum J. Fr. Gml. Mit Eintritt der Kälte und des 
Schnees im November kamen die Gänse, doch nur in mässiger An- 
zahl aus Nord nnd Nordost nach Süd und Südwest rasch gezogen 
und hielten sich wenig oder gar nicht auf; die letzten sah ich den 
12. December, sieben Stück. Während des tiefen Schnees im Christ- 
monat und Januar sah ich hier nur selten einzelne kleine Truppe, 
nur einmal eine Schaar von 62 Stücken. Diese wenigen Ausnahmen 
abgerechnet, waren sie bis zum Februar verschwunden, wo der Zug 
wieder von Süd und Südost nach Norden und Nordost begann. 
Während des Februars haben sie dermassen Mangel gelitten, dass sie 
zu förmlichen Gerippen abmagerten. Am 24. März sah ich hier die 
letzte Saatgans. Der Frühjahrstrich war hier und in den untern 
Maingegenden (Aschaffenburg) ergiebig, da viele Gänse vorhanden 
waren. Im grossherzoglich hessischen Odenwalde, bei Frankfurt a. M., 
Mainz, Darmstadt, Worms waren die Verhältnisse im Wesentlichen 
dieselben, wie hierorts. 

Mareca penelope, L. Am 31. October sah ich auf den Neuhäuser 
Weihern die letzten Pfeifenten, auf dem Wiederstriche vom 3. März 
an viele Hunderte auf der ausgetretenen Aisch. Als das Hochwasser 
verlaufen war, kamen sie auf alle Weiher hiesiger Gegend und waren 
den März und April hindurch jeden Tag in grossen Flügen zu schen. 
Vom 2. bis 12. Mai hielten sich auf dem Angerweiher vier junge 
Männchen und in den Poppenwinder Weihern 12 Stück gepaarte 
Pfeifenten bei herrlichem Wetter auf und machten mir Hoffnung, 
dass sie dableiben und brüten würden. Diess kam zwar nicht so; 
aber doch scheinen sie in der Nähe genistet zu haben, da ich hier 
schon am 4. September wieder vier Stücke antraf;. am 24. ej. m. 
stellten sich 'grössere Flüge ein. Die Mägen solcher Enten, welche 
im October erlegt wurden, waren mit handlangen Stücken von Schwa- 
dengras und klarem Sande angefüllt. 

Oyanopterus querquedula, L. In den Mägen im August Erlegter 
fand ich viele Saamen von Ranunculus aquatilis, Festuca (fuitans?), 
Potamogeton (lucens?), Polygonum Persicaria und Nymphaca alba; 
ein im Mai erlegtes Männchen hatte im Magen ein Stück Naucoris 
eimicoides und Saamen von Rumex (maritimus?), Arten von Polygo- 
num (amphibium, Persicaria und lapathifolium) und grosse abgeriebene 


248 


Potamogeton-Kerne. In den hiesigen Weihern haben viele Paare ge- 
brütet und waren im August grosse Schaaren dieser Enten anzutreffen. 

Dafila acuta, L. Am 14. October kam ein Trupp von elf Stücken, 
worunter ein Männchen im Prachtkleide, auf die hiesigen Weiher; 
der Strich dauerte bis Ende des Monats; im Frühjahre begann er am 
17. März und lagen am 24. genannten Monats eine Schaar von 36 
Stücken auf dem Neuweiher. Den ganzen März hindurch und bis 
zum 22. April konnte ich täglich Flüge von 14, 24 und mehr Stücken 
sehen. In den Mägen Erlegter fand ich Saamen von Polygonum 
amphibium, Persicaria, lapathifolium, Rumex (maritimus?), Pilularia 
globulifera, 

Anas boschas, L. Der Herbststrich war in hiesiger Gegend im 
Vergleiche gegen das Vorjahr nicht besonders. Man sah wohl Flüge 
zu einigen Hunderten, gegen die Tausende, die sonst hier durch- 
streichen, eine sehr geringe Anzahl. Als der Hauptstrich beginnen 
sollte, winterte es ernstlich zu und man sah wenig Enten mehr. Erst 
um Weihnachten kamen sie massenweise auf die ausgetretene Aisch 
und gab es im Januar viele, im Februar sehr, im März ungemein 
viele Zugenten; am 16. April war der Strich zu Ende. Am 23. August 
und 4. September traf ich noch zwei Ketten in den Bucher Weihern, 
deren Junge noch nicht aufstehen konnten und von denen die letztere 
erst am 19. September, wo aber die Jungen vollkommen flügge waren, 
beschossen wurde. Im Herbst 1854 wurde ein männlicher Albino bei 
Geisenfeld erlegt. 

Anas cerecca, L. Mitte Octobers war der Herbststrich zu Ende; 
der Frühjahrsstrich dauerte vom 3. März bis 13. April. 

Röhynchaspis clypeata, L. Vom 7. bis 13. April traf ich hier 
2 Paare. 

Glaucion clangula, L. Im Winter 185%,, gab es auf den baye- 
rischen Flüssen und offenen Bächen viele Schellenten; am 17. März 
kamen sie auf den hiesigen Weihern an, von welchen sie am 4. April 
verschwanden. Ich habe mehrmals beobachtet, wie einzelne Männchen 
verliebt um Weibchen mit langausgestreckten (zur Wasserfläche in 
halbem rechten Winkel) Hälsen herumschwammen, letzere zurückbogen 
und den Hinterkopf und Nacken, nach Art des klappernden Storches, 
auf den Rücken legten, so dass der Schnabel senkrecht nach oben 
stand. Sie stiessen hierbei einen hohen, schrillen, doch nicht sehr 
lauten Ton aus, der wie Knirrr lautete. Naumann erwähnt das nicht. 


249 


Puligula marila, L. Am 12. Februar. wurde ein altes Männchen 
bei Günzburg auf der Donau geschossen. 

Fuligula eristata, Raj. Vom 19. October an bis 5. December traf 
ich sie einzeln und in Schaaren bis zu 21 Stück auf den Weihern 
bei Neuhaus u. s. w. an; der Frühjahrstrich begann hier am 17. März 
und dauerte bis zum 13. April, während welcher Zeit es viele „Kie- 
bitzenten* in kleinen Flügen von vier bis zehn Stücken gab. Im 
Magen einer Erlegten fand ich einzelne, wohl nur zufällig verschluckte 
Grasspelzlein, die bei Enten obligaten Sämereien Polygonum (amphi- 
bium, Persicaria, lapathifolium), Rumex (maritimus?), Potamogeton, 
Larven grosser Phryganea- und Ephemera-Arten, ein unkenntliches 
Fischlein, die Knochen einer Rana esculenta, Schneckengehäuschen 
(Pisidium fontinale) und Kieselchen bis zu Linsengrösse. 

Fuligula nyroca, Güld. Am 1. November sah ich hierorts die 
letzten 30 Moorenten; am 24. März trafen sie auf den Weihern wieder 
ein, brüteten nachgehends und schwärmten in grösseren Flügen am 
24. September in der Gegend umher. 

Fuligula ferina, L. Sie kamen am 17. März auf unsern Weihern 
an, brüteten und schlugen sich gegen Ende Septembers in Flüge zu- 
sammen. Im Magen Erlegter fand ich die oft genannten Sämereien. 

Merganser castor, L. war im Winter 185%,, auf der Donau, Iller 
und dem Lech zahlreich in Flügen von zehn bis vierzehn Stücken 
vorhanden und wurde oft erlegt. Am 21. Juli wurde ein Weibchen 
und drei Junge in der Mehringer Aue bei Augsburg geschossen. Es 
waren dort dreizehn Junge ausgebrütet worden. 

Mergus albellus, L. war, wie der vorige, im Winter auf offenen 
Gewässern, der Donau u. s. w. häufig; am 20. März kam er auf die 
hiesigen Weiher und sah ich die letzten am 7. April. 

Phalaerocorax carbo, L. Mitte Decembers wurde bei Kempten 
eine Scharbe erlegt. 

Sylbeocyelus minor, Lath. kam auf den Weihern dahier am 
6. April an. Am 18. September erhielt Herr Büchele in Memmingen 
drei kaum einige Tage alte Steissfüsse dieser Art, welche mit zwölf 
andern zum Theile alten, zum Theile heurigen Vögeln in einem dor- 
tigen Weiher im Netze gefangen wurden. 

Podiceps auritus, Briss. Ein junger Vogel wurde am 6. Septem- 
ber bei Nürnberg geschossen. 


250 


Podiceps cornutus, Loth. Am 6. Januar wurde ein junges Männ- 
chen bei Günzburg erlegt. Am 14. October bemerkte ich im Blätter- 
weiher bei Poppenwied drei Stück Steissfüsse, welche sich unter eine 
Schaar von sechszehn Blässen (Fulica atra) gemischt hatten und 
ganz vertraut mitten in der enggeschlossenen Gesellschaft lagen. Ich 
konnte sie für niehts Anderes, als gehörnte Steissfüsse (Herbstvögel) 
halten. Mr 

Podiceps eristatus, L. kam auf hiesigen Weihern am 17. März 
an, das Weibchen erst am 4. April, nachdem das Männchen sein 
Kruorrr Tage lang sehnsüchtig hatte vernehmen lassen. Sehr possir- 
lich sind die Präliminarien des Begattungsaktes. Die Brust gegen 
einander zugekehrt, mit hochaufgerichtetem Halse und aufgeblähter 
Krause stehen sie sich in ihrer gewöhnlichen schwimmenden Stellung 
gegenüber, ohne zu schreien, schütteln beide Kopf und Krause heftig, 
schlängeln den Hals bis auf den Rücken hinab, richten ihn schnell 
zu erneutem Schütteln und Zusammenbiegen wieder auf und setzen 
diese verliebten Tändeleien, die ich oft mit angesehen habe, längere 
Zeit fort. 


Lestris pomarinus, Temm. Am 26. October wurde ein junges 
Weibehen bei Augsburg am Lech lebendig gefangen und Herrn Leu 
überbracht. 


Lestris parasita, Brünn. Im Magen eines jungen Vogels dieser 
Art fand ich Neuroptern in grosser Anzahl: die gemeine ZDimno- 
philis griseus und die seltenere atomarius. 


Larus ridibundus, L. Am 17. October stellten sich zur Fischerei 
in hiesiger Gegend viele Lachmöven ein, meistens Alte im reinsten 
Winterkleide, wenige im ersten Wintergewand. Sie blieben bis zum 
5. November und schwammen oft ganz in der Nähe der zahmen 
Gänse nahe an den Häusern meines Pfarrdorfes umher. Am 18. März 
kamen sie im Wiederstriche auf die Aisch und die Weiher und waren 
hier bis zum Anfange des Monats Juni täglich in nicht geringer 
Anzahl anzutreffen. 


Larus tridactylus, L. Am 15. April wurde eine solche Möve 
bei Gutsberg in der Gegend von Schwabach halbtodt gefangen. 
Landarzt Kress erhielt von Tegernsee ein Stück, welches eine ganz 
kleine Spitzmaus, der Beschreibung nach Sorex pygmaeus, im Magen 
hatte und wohlgenährt war. 


251 


Larus fuscus, L. Mitte Octobers wurde eine junge Heringsmöve 
bei Erlangen, am 2. November ein junges Weibchen bei Augsburg, 
am 19. Juli ein junges Männchen bei Lindau auf dem Bodensee 
geschossen. 

Sterna anglica, Mont. hat Herr Leu auf Lechinseln zu Ende des 
Monats Mai in grosser Anzahl brütend angetroffen. 

Sterna hybrida, Pall. traf ich in diesem Jahre am 14. Mai nur 
in einem einzigen Exemplare auf dem Strittweiher unter schwarzen 
Seeschwalben an. 

Sterna leucoptera, Meisn. und Schinz. Am 25. März kreisten 
acht Stücke hoch in der Luft mit schwarzen Seeschwalben über den 
Poppenwinder Weihern umher, kamen nur flüchtig auf kurze Zeit 
schussmässig herab und waren am nächsten Tage alle verschwunden. 
Am 13. Juni wurde von einem Paare bei Günzburg an der Donau 
das Weibchen erlegt. 

Sterna nigra, Briss., kam auf den Weihern hiesiger Gegend am 
3. Mai an; erst am 7. ej. m. waren die Standvögel alle da. Im Juli 
Geschossene hatten Donacien, Libellen (Agrion), Spinnen (Lycosa), 
Pterostichinen, Notoneeten, Aphodier, mehrere Gryllus- Arten (Gom- 
phoeerus lineola) und eine grosse Anzahl von geflügelten rothen und 
braunen Ameisen im Magen. 


Anhang. 


Merops apiaster, L. Im vorigen Jahre brütete zu Randersacker 
bei Würzburg ein Paar Bienenfresser. Das Nest wurde ausgenommen 
und befindet sich ein Exemplar der Jungen im zoologischen Museum 
zu Würzburg ausgestopft, das andere ist im Besitze des Herrn 
Seminar-Inspeetors Blank daselbst. Anfangs der dreissiger Jahre 
hat auch ein Paar bei Nürnberg in der Gegend von Schniegling ge- 
brütet und wurden die Jungen von Bauernknaben gefangen und an 
Sammler verkauft. Eines dieser Exemplare ist noch vorhanden und 
habe ich solches geschen. 


252 


Nr. 17. 


„Fuligula Homeyeri“ Bäd. 
ist wirklich nur eine klimatische Abänderung der 
gewöhnlichen F. ferina. 


Von 
Dr. €. W. L. Gloger. 


Dass sie nur dies und Nichts weiter sei, auch wenn sie vermuth- 
lich selbst unter wärmerem Klima es meistens erst mit dem höhe- 
ren Alter wird, musste für Jeden, der sich ernstlich mit der Frage 
über das Abändern befasst hat, sehr nahe liegen. Denn bekanntlich 
hat keine andere Farbe in so hohem Grade wie die rostrothe, nebst 
den mit ihr verwandten, die eigenthümliche Neigung, sich im höheren 
Alter der Individuen und besonders unter wärmeren Himmelsstrichen 
zu erhöhen, oder zu verstärken, und sich dann zugleich auf Kosten 
anderer benachbarter Farben räumlich weiter atıszudehnen, letztere also 
mehr oder weniger zu verdrängen und gleichsam aufzuzehren. Man- 
che derselben macht sie daher schliesslich, oder stellenweise, ganz 
verschwinden. Eines der bekanntesten Beispiele hiervon, obwohl noch 
lange nicht eines der auffallendsten, liefern uns die Wiesen-Pieper: 
und zwar gleichviel, ob man die Individuen mit rostrother und zu- 
letzt mit röthlich-weinfarbiger Kehle für eine „besondere Art“ (An- 
thus rufigularis s. cervinus) hält, oder ob man sie nur 'als klima- 
tische Abänderungen des gewöhnlichen A. pratensis betrachtet. Denn 
immer sieht man bei ihnen die in der Nähe des Rostrothen stehenden 
Schaftflecke in demselben Grade abnehmen, wie das Rothe seinem 
Umfange nach gewinnt. Daher verschwinden sie bei manchen Indi- 
viduen selbst an solchen Stellen ganz, wo andere sie noch deutlich 
besitzen. 

Es geschieht also bei ihnen dasselbe, nur eben mehr im Kleinen, 
was bei Ful. Homeyeri, verglichen mit F. ferina in deren gewöhnli- 


253 


cher Färbung, als der wahrscheinlichste Grund ihrer Verschiedenheit 
von der letzteren zu vermuthen stand. Nämlich es war anzunehmen: dass 
bei F. ferina der schwarze Gürtel des Unterhalses und der Oberbrust, 
trotz seiner bedeutenden Breite, sich durch Ausdehnung des Rost- 
rothen vom Kopfe und Oberhalse abwärts recht wohl mit der Zeit 
ganz verlieren könne, und wirklich verlieren möge; dass also X. Ho- 
meyeri dann blos als höchster klimatischer Färbungszustand älterer 
Thiere von F. ferina sich darstellen würde. 

Als gewiss jedoch war dies freilich so lange nicht anzusehen, als 
nicht Uebergangs- oder Mittelstufen zwischen beiderlei Färbungen den 
thatsächlichen Beweis für die Richtigkeit dieser Voraussetzung ge- 
liefert hatten. Solche waren aber damals, als ich letztere aussprach, 
zufälligerweise in Deutschland noch nicht bekannt: während sie in 
Frankreich schon ein Jahr früher beschrieben worden waren, ohne dass 
ich davon wusste; ebenso, wie es natürlich von Herrn Bädeker noch 
weniger zu verlangen war, dass er damit schon hätte bekannt sein 
sollen. Anderenfalls würde er vermuthlich kaum daran gedacht ha- 
ben, das ihm von Holland aus zugekommene Färbungs-Extrem für 
eine besondere Art zu halten. Ebenso aber würde ich dann keinen 
Grund gehabt haben, die Ansicht, dass es nur eine klimatische 
und höhere Alters- Abänderung der F. ferina sei, bloss als „höchst 
wahrscheinlich“ hinzustellen, wie ich damals (im „Journale für Orni- 
thologie“, Jahrg. 1854, S. 404—5) bei Gelegenheit es gethan habe. 
Vielmehr würde ich dann gar kein Bedenken haben tragen dürfen, 
kurz und bestimmt zu erklären: sie könne nur dies und Nichts wei- 
ter sein. 

Derjenige von allen bisher Betheiligten, der am leichtesten den 
wahren Sachverhalt würde haben wissen können, und dem es daher 
eigentlich zugekommen sein würde, uns Deutsche über denselben auf- 
zuklären, statt sich nun erst von einem Deutschen darüber unterrich- 
ten zu lassen, wäre offenbar Herr Olph-Galliard gewesen. Denn 
ihm, dem Bewohner von Lyon, würde es jedenfalls näher gelegen 
haben, als irgend Einem von uns Deutschen, Kenntniss von dem- 
jenigen zu haben oder zu nehmen, was Herr Dr. Jaubert zu Mar- 
seille bereits im Jahre 1853 in der zu Paris erscheinenden „Revue 
de Zoologie“, (8. 118 ete.) über nicht weniger als vier Exemplare seiner 
Sammlung veröffentlicht hat, welche alle vier noch solche Mittelstufen 
zwischen „A! Homeyeri“ und ferina darstellen, also die für Herrn Bä- 


254 - 


deker und mich damals noch bestehende Lücke zwischen beiden 
Färbungszuständen ausfüllen, und welche mithin das als thatsächlich 
bestätigen, was ich gleich von Anfang her als „höchst wahrschein- 
lich“ hingestellt hatte; und zwar „hingestellt“, um bei Zeiten auf be- 
stimmtere Aufklärung und vorsichtige Prüfung hinzuwirken. 

Alle vier Exemplare des Herrn Jaubert nämlich haben in der 
That noch einen sehr deutlichen, rundherum gehenden, wenn auch 
viel schmäleren Halsring oder Brustgürtel, als die gewöhnliche 7. ferina. 
Mithin verbinden sie diese offenbar so mit „F! Homeyeri“, dass entweder 
letztere keine besondere Art sein kann, oder dass nun eben sie selbst eine 
dritte Art würden bilden müssen. Und wer etwa Lust haben möchte, sie 
für eine solche anzusehen, dem will ich seine Freude hieran um so weniger 
verkümmern, je geeigneter dieselbe sein würde, auch mich zu ergötzen. 

Indess würde sie dies freilich bei Weitem nicht in dem Maasse 
vermögen, wie eine wahre Ironie des Schicksals oder der Humor des 
Zufalls es dadurch gethan hat, dass es gerade Herr Olph-Galliard 
sein musste, der auf den Einfall gerathen ist, mir und der ornitho- 
logischen Welt kürzlich in der „Naumannia“ (Jahrg. 1855, Heft III, 
S. 402— 3) das vermeintliche „Unzulässige“ von Ansichten, „Voraus- 
setzungen und Schlüssen“ darlegen zu wollen, die offenbar die Natur 
selbst (vermittels der Jaubert’schen Exemplare) schon für sehr‘ wohl 
zulässig erklärt hatte, bevor ich Veranlassung gehabt und genommen 
hatte, sie als „höchst wahrscheimlich“ richtig auszusprechsn. 

Inwieweit sonst „Vorsicht“ zu Hrn. Olph-Galliard’s Eigenschaften 
gehört, und ob namentlich etwa so, wie ich dieselbe (auch bei aller 
sonstigen Entschiedenheit von Ansichten und wissenschaftlichen Grund- 
sätzen) mir schon zu einer Pflicht gegen mich selbst zu machen 
gewohnt bin, dass weiss ich freilich nicht. In diesem Falle aber hat 
er sie, oder sie ihn jedenfalls eben so sehr verlassen, wie es hinsicht- 
lich der, ihm sonst wohl innewohnenden Logik‘ der Fall gewesen ist. 
Billigermaassen wird mir aber nicht zuzumuthen sein, dass ich, der 
ich hierunter vermöge seines höchst unvorsichtigen Angriffes habe 
leiden sollen, nun auch geneigt sein wolle, hiebei wirklich irgend- 
wie zu leiden. Indess will ich mich gern mit Hervorhebung der 
wesentlichsten Punkte begnügen. Denn bekanntlich kann Jemand 
leicht in drei Zeilen mehr Unrichtiges oder Halbwahres und Schiefes 
oder Verkehrtes durch einander mengen, als der Gegner auf drei 
Seiten zu berichtigen oder zu widerlegen im Stande ist. 


255 


So z. B. will Herr Olph-Galliard zwar nicht „darauf bestehen, 
dass F. Homeyeri eine „„gute Art““ sei“; ja, am Schlusse fügt er 
sogar noch die Worte bei: „Immerhin bleibt aber die Aufstellung einer 
Art nach bloss zwei Exemplaren desselben Geschlechts eine gewagte.“ 
Indess hält er sie auch durchaus (und freilich sehr mit Recht) nicht 
für einen Bastard; wo möglich noch weniger aber will er sie für 
eine klimatische oder sonstige Varietät gelten lassen. Denn eben 
deshalb allein streitet er ja gegen mich. Für was also hält er sie 
denn eigentlich? da sie doch nothwendig Eines hiervon sein muss. 
Eben hierüber, sagt er, seltsamer Weise, gar Nichts. Er führt mit- 
hin einen blossen „Streit um des Kaisers Bart“, ohne sich darüber 
zu erklären, ob dieser bereits einen „Bart“ habe, oder wie er den- 
selben trage. Was für einen Zweck aber soll oder kann ein solches 
Gezänk ohne jede, einigermassen klare und positive eigene Meinung 
wohl haben, als den, überhaupt nur zu „streiten, um zu streiten“, 
oder — sieh hiermit gegen eine bestimmte Person zu versuchen.*) Bei 
diesem gleichfalls etwas „gewagten“ Vergnügen kann man aber gelegent- 
lich sehr an die unrechte Person kommen, die nicht eben gewohnt ist, nur 
„Sand darüber zu streuen“, wo ein wenig Pfeffer und Salz hingehören. 

Herr Bädeker, so wie ich selbst, und neuerlich auch Herr v. 
Homeyeri, (im Journ. f. Ornith. 1855, S. LXVI) wir halten die 
F. Homeyeri, abgesehen von anderen Gründen, schon darum für kei- 
nen Bastard von F. ferina und F. nyroca, weil sie offenbar nicht 
zwischeninne steht. Herr Olph-Galliard dagegen hält sie. für kei- 
nen Bastard, obgleich er mit aller Gewalt sich einreden will, 
dass sie „zwischeninne stehe“. Indem er dies aber kühnlichst fort- 
behauptet, während Andere vermuthlich jetzt längst alle von diesem 
Versehen zurückgekommen sind, übersieht er fortwährend noch, dass 
ihr gerade dasjenige ganz und gar fehlt, was sie dann offenbar haben 
müsste: (gleichviel, ob man sie, wenn sie es besässe, für einen Ba- 
stard halten wollte oder nicht.) Nämlich Herr Olph-Galliard übersieht 
den, für beiderlei Fragen kurzweg entscheidenden Mangel dessen, was 
auch die Jaubert’schen Thiere besitzen. Dies ist: der „Mangel“ jeder 
Andeutung von einem schwarzen Halsringe. Einen solchen Ring hat 
bekanntlich schon F nyroca, wiewohl nur schmal und mitten um den 


*) Herr Dr. Gloger wird sich in Cöthen selber überzeugt haben, dass der fast 
an Schüchternheit grenzenden Bescheidenheit des liebenswürdigen Mannes der- 
gleichen Absichten ete, sehr fern liegen müssen. D. Herausg. 


256 


Hals; F. ferina besitzt ihn sogar als mächtig breiten Gürtel um den 
Unterhals und die Oberbrust. Erstere hat ihn beiläufig Y,—, Zoll 
breit, letztere aber 3—4 Zoll. F. Homeyeri dagegen zeigt auch nicht 
eine Spur von ihm. Wie aber kann Herr Olph-Galliard da immer 
noch dabei verharren, zu sagen: sie „stehe zwischeninne“, wenn ihr 
gerade ein so bestimmter Hauptcharakter beider Arten fehlt? — Das 
wäre ja für diesen Punkt ornithologisch gerade so, wie wenn mathe- 
matisch Jemand behaupten wollte: das arithmetische Mittel von Y, — 
2/, und 3—4 falle nicht zwischen 1!/, und 2, sondern es sei —= (. 
Herr Olph-Galliard geht aber noch weiter. Ich hatte nach 
Bädeckers Beschreibung und vortrefflicher Abbildung seines Exemplars 
gesagt: dasselbe „stimme entschieden gar nicht mit F. nyroca überein, 
wohl aber desto mehr nur mit FF ferina“. Derselben Ansicht war 
offenbar Herr Bädeker selbst; und Herr v. Homeyer, der bei der 
Ornithologen- Versammlung zu Halberstadt auch das Exemplar des 
Herrn Olph-Galliard selbst gesehen und sich dasselbe wahrscheinlich 
recht gut angesehen hat, stimmt mir ausdrücklich noch jetzt hierin 
bei: (obgleich er die „Art für eine gute halten“ will.) Ja er gibt 
mir sogar wiederholentlich, nämlich an zwei Stellen seines Aufsatzes 
darüber im „Journ. f. Ornith.“, hierin Recht. Und, siehe da! nun 
beruft sich Herr Olph-Galliard auf dieses nämliche Exemplar, um 
die Behauptung aufzustellen: dasselbe „stehe umgekehrt der nyroca 
näher, als der ferina“! Wer mag also da wohl Recht haben? Ver- 
muthlich: wer am wenigsten den Verdacht gegen sich hat, beim Sehen 
die Phantasie mitwirken oder sie gar überwiegen zu lassen, und wer 
dabei auch seine Gedanken so weit zusammennimmt, dass er weder 
übersieht, was an dem oder jenem Punkte von sonst Vorhandenem zu 
einem bestimmten Vergleiche fehlt, noch dass er Dinge zu finden 
meint, von denen überhaupt Nichts vorhanden ist. Und Herr v. Ho- 
meyer ist, wenigstens bisher, nicht dafür bekannt, dass ihm solche 
Phantasiespiele zu begegnen pflegten. Ich glaube auf ihn daher um 
so mehr vertrauen zu dürfen, da er gerade in dieser Frage ander- 
weitig mein Gegner ist: während er von der Gegnerschaft des Herrn 
Olph-Galliard noch eben so wenig wusste, wie Letzterer von der 
seinigen. Von irgend welcher Parteilichkeit also kann beiderseits 
keine Rede sein. Indess genügt es, wiederum nach dem an sich 
klaren, mithin am wenigsten relativen Punkte zu fragen. Also: wie 
steht es mit dem Halsbande? Steht es bei Herrn Olph-Galliard’s 


257 


Exemplare auch jenem „der nyroca näher“, als denen einer gewöhn- 
lichen ferina? Antwort: nein! es fehlt ihm ganz! — 

Um so deutlicher, wenn auch schmäler als ferina in der ge- 
wöhnlichen Färbung, haben es die vier Exemplare Dr. Jaubert’s. 
Eben deshalb, und weil er schlechte Arten verwirft, (selbst den soge- 
nannten „Siurnus wunicolor“) also nicht so leicht eine neue auf- 
stellt, beging er freilich den Fehler, seine Thiere für Bastarde zu 
halten. Indess hatte er natürlich gerade in dem Halsbande einen 
Grund zur Entschuldigung, welcher bei dem Extreme „F. Homeyeri“ 
durchaus nicht vorhanden war. Auch scheinen die Spiegel auf den 
Flügeln seiner Vögel in der That noch merklich heller, dem Weissen 
sich nähernd, und der Rücken dunkler, so wie Bauch und Seiten 
lichter, mithin denen der nyroca etwas ähnlicher. (Doch hat auch 
ferina den Rücken im Sommer- oder Herbstkleide merklich dunkler, 
als gewöhnlich im Frühjahre.) Diese Abweichungen von dem Bädeker- 
schen Exemplare, mit weniger stark verschönerter anderweitiger Fär- 
bung im Gegensatze zu dem weit mehr veränderten Halse, zeigen 
aber wiederum nur, was man überall sieht: dass auch klimatisch nie- 
mals alle Individuen gleich stark an allen Körpertheilen abändern. 
Vielmehr durchkreuzen ihre Verschiedenheiten einander sehr vielfach. 


Berlin, den 28. März 1856. 


No. 18. 


Bruchstücke 
aus dem Manuscripte für die neue Auflage der 
„Erfahrungen aus dem Gebiete der Niederjagd,“ 
Von 


€. E. Diezel, 


1. Das Missrathen der Feldhühner im Jahre 1855. 


Durch ganz Deutschland tönen in der Jägerwelt die bittersten 
Klagen über das diesjährige gänzliche Missrathen der Feld- 


hühner. 
Naumannin. 18, R 17 


258 


Wo sie, in gewöhnlichen Jahren, zu Hunderten geschossen wur- 
den, da ist jetzt nur noch von Dutzenden die Rede. Altersgraue 
Waidmänner versichern, so etwas noch nie erlebt zu haben. 

In München, dessen Umgebung von jeher wegen seines grossen 
Reichthums an diesem Federwilde berühmt war, kam in diesem Herbste 
das Wort „Feldhuhn“ auf den Speisezetteln, selbst der vornehmsten 
Gasthäuser nur als seltene Ausnahme vor. 

Allein nicht blos bei uns, sondern auch in Frankreich wurde 
allgemein über diesen Mangel geklagt und es sind, um nur Ein Bei- 
spiel anzuführen, in einer der besten Lagen der Normandie zwei sehr 
geübte Schützen, die sonst am 1. September, als dem allgemeinen 
Termin des Jagdaufganges in Frankreich, durchschnittlich 50 bis 80 
Feldhühner lieferten, diessmal von dieser bedeutenden Anzahl bis auf 
drei herabgesunken. 

Was ist denn nun aber Schuld an dem gänzlichen Missrathen 
dieser sonst so fruchtbaren Federwildgattung? 

Die Meinungen hierüber sind getheilt. Manche geben dem vo- 
rigen Winter, d. h. dessen Nachwehen im Frühjahre, Manche dem 
nassen Sommer, und wieder Andere, von denen man wohl am sicher- 
sten behaupten kann, dass sie das Recht auf ihrer Seite haben, beiden 
Uebeln zugleich die Schuld. So viel ist gewiss, dass der uner- 
wartete und ziemlich bedeutende Schnee, der noch so spät im vorigen 
Frühjahre fiel, schon allein schlimm genug gewesen sein würde, wenn 
ihm auch nicht nach und nach noch zwei andere Schneefälle nach- 
gekommen wären, die noch überdiess mit einer so harten Kruste 
überzogen waren, dass es den armen Hühnern fast unmöglich wurde 
diese doppelte und dreifache Bodendecke zu durchdringen und an 
die offene Erde zu gelangen. Mangel überhaupt, und besonders so 
anhaltender und grosser Mangel an Futter, hat aber jederzeit Mattig- 
keit, und diese Mattigkeit den Untergang durch Raubthiere jeder 
Art zur nothwendigen Folge. 

Dieses war nun auch im letzten Frühjahre der Fall, und man 
sah, als der Boden wieder frei geworden war, in hiesiger Gegend 
bei Weitem weniger Paarhühner, als in andern Jahren, aber desto 
mehr Federn von solchen, die von den Raubvögeln geschlagen wor- 
den waren. 

Doch würde diese, wenn gleichwohl allerdings fühlbare Abnahme, 
noch zur Noth zu verschmerzen gewesen sein, wenn nur nicht in der 


259 


besten Brütezeit anhaltender Regen noch einen Nachtheil anderer Art 
hervorgerufen und die fortdauernde Nässe, besonders in den Ebenen 
und in fast allen tieferen Lagen, ein gänzliches Abstehen der Eier 
herbeigeführt hätte. Nächstdem waren selbst die ausgekommenen 
Ketten fast alle geringzählig und bestanden meist nur aus sieben bis 
zehn Stücken. 

Ob nun dieses seinen Grund darin gehabt hat, dass auch die 
Thiere im Freien, wenn sie eine längere Zeit hindurch Mangel gelitten 
haben, erfahrungsmässig weniger Junge als sonst gewöhnlich ausbrin- 
gen, oder, wie es mir scheinen will, die etwas gewagte Voraussetzung, 
dass die unterste Lage der Eier vom Wasser erreicht und daher kalt 
geworden, die obere aber in statu quo geblieben sei, die richtigere 
ist, will ich jenen zahlreichen Kennern der Ornithologie, mit denen 
unser Zeitalter überhaupt, in specie aber unser deutsches Vaterland 
so vorzugsweise gesegnet ist, zu entscheiden überlassen. 

Allen schwankenden Hypothesen abhold, halte ich mich blos an 
das, was ich wirklich erlebt und mit eigenen Augen gesehen habe; 
bezweifle übrigens auch schon a priori: dass eine Henne, nachdem die 
untersten Eier in ihrem Neste durch das stehengebliebene Wasser kalt 
geworden sind, ihr Brütegeschäft noch weiter fortsetzen und die obere 

„Schichte vollends ausbrüten werde. Es liegt gleichsam etwas Natur- 
widriges in dieser Idee. 

Wenn ich jedoch erwäge, dass wir schon viele eben so schlimme 
und wohl noch ungleich schlimmere Winter, als der vorige war, ge- 
habt und dennoch kaum jemals einen so gänzlichen Mangel an jungen 
Feldhühnern erlebt haben, als im letzten Sommer, so drängt sich mir 
gleichsam unwillkürlich die Ueberzeugung auf, dass die anhaltende 
Nässe sowohl in der Brütezeit, als auch unmittelbar nach dem Aus- 
schlüpfen der jungen Vögelchen ungleich mehr Einfluss auf das 
Missrathen dieser Federwildgattung gehabt habe. 

Zu dieser Ansicht bestimmen mich hauptsächlich zwei Gründe, 
nämlich: erstlich der Umstand, dass im verflossenen Frühjahre nicht 
überall die Bemerkung gemacht worden ist, dass es an Paarhühnern 
fehle, wie z. B. der P. B. M. J.-P., ein sehr aufmerksamer Beob- 
achter, in der Umgebung von München keinen merklichen Unterschied 
gegen andere Jahre gefunden hat; und zweitens: dass wir schon mehr- 
mals schr nasse Sommer gehabt, ohne einen gleichgrossen Nachtheil 


wahrzunehmen; weshalb meiner Ansicht nach der Unterschied nur 
Te 


260 


hauptsächlich darin liegen dürfte, dass z. B. in den Jahren 1816 
und 17 der Regen sich gleichsam über alle Sommermonate ausge- 
breitet, im letztverflossenen Jahre aber sich auf einen viel kürzeren 
Zeitraum concentrirt hat, dabei so reich an heftigen und schnell auf 
einander folgenden sogenannten Schutt- oder Gussregen gewesen ist, 
dass jede Vertiefung des Bodens sich in eine Art von kleinen See 
verwandeln und entweder das Absterben der Eier oder den Unter- 
gang der schon ausgekrochenen Hühnchen zur unausbleiblichen 
Folge haben musste. 

Soviel ist übrigens gewiss, dass, wenn der bedeutende Schnee, 
den wir jetzt schon haben und zu dessen Wiederabgehen mitten im 
‚Winter, besonders bei zunehmendem Monde sehr wenig Aussicht vor- 
handen ist, ich sage, wenn der hohe Schnee, den wir jetzt schon haben, 
sich noch vermehren oder wohl gar durch einfallendes Thauwetter und 
darauf folgenden Frost eine Kruste bekommen sollte, der Ruin der 
Niederjagd überall, wo nicht geeignete Schutzorte in hinlänglicher 
Anzahl, und ohne Rücksicht auf die damit verbundenen Kosten, 
Futterplätze angelegt und mit den nöthigen Erfordernissen reichlich 
versorgt werden, auf Jahre hinaus unvermeidlich sein wird. Hat 
doch der vorige Winter schon nachtheilig genug gewirkt, wenn daher 
der jetzige, in die Fusstapfen seines Vorgängers tretend, ein Gleiches 
thut, so werden wir in der nächsten Zeit auch auf das letzte Ver- 
gnügen, welches uns die Katastrophe von 1848 noch übrig gelassen 
hat, beinahe ganz verzichten müssen. 


2. Falco subbuteo lässt das Futter für seine Jungen aus der 
Luft herabfallen. 


Herr Revierförster M. zu H. hat mir hierüber nachstehende 
Mittheilung gemacht: In der Abth. Seegwald des hiesigen Forstes steht 
auf einer hohen Buche ein aussergewöhnlich grosser Horst, der aus 
dem Material von wenigstens zwei Traglasten Reisserholzes aufgebaut 
ist. Auf diesem Horste finden sich jedes Jahr zwei Stockfalken be- 
hufs der Gründung ihrer Familie ein. Schon sechs bis acht Jahre 
lang wurden die beiden Alten, entweder über dem Brüten, oder nach 
demselben, bei der Fütterung, geschossen und es kamen nie Junge 
davon, dennoch aber findet sich in jedem Sommer cin neues Paar ein. 

Einmal geschah es, dass die beiden Eltern nicht zu Fall gebracht 
werden konnten, da man ihnen zu spät, erst nach der Brütezeit, zu 


261 


gefallen ging. Durch die häufig misslungenen Anstände bei dem 
Horste, der fünf Junge enthielt, und durch öftere Fehlschüsse nach 
den Alten, wurden diese so scheu gemacht, dass man sie gar nicht 
mehr zur Fütterung herbeikommen, sondern nur hie und da in weiter 
Entfernung um den Horst kreisen sah, so zwar, dass, bei Fortsetzung 
des Anstandes der Hungertod der Jungen anzunehmen war. Da man 
nun der Alten um jeden Preis vor der Tödtung der Jungen habhaft 
werden wollte, so wurde der Anstand abwechselnd durch mich und 
den Forstaufseher A. fortgesetzt. Trotzdem nun, dass man die Alten 
nicht mehr auf den Horst sich niederlassen sah, war dennoch der so 
fressgierigen Nachkommenschaft kein Hunger anzumerken. Eines 
Tags kam der Forstaufseher von besagtem Anstande zurück, ohne dass 
er auf meine Ablösung gewartet hatte, und erzählte mir, wie unsere 
Bemühungen umsonst seien, da das Füttern dürch die Alten ohne auf 
den Horst sich niedeızulassen geschehe. Nachdem er über zwei 
Stunden gestanden, sei von oben durch den Baumeipfel Etwas her- 
unter in den Horst gefallen, er sei durch das Geräusch am Laube 
darauf aufmerksam geworden und habe auch in diesem Moment hoch 
über der fraglichen Buche einen der beiden Vögel wegstreichen ge- 
sehen. So fabelhaft es nun auch lautete, dass die Alten der Gefahr 
dadurch zu entgehen suchen sollten, dass sie den Frass aus einer so 
unerreichbaren Höhe, in der sie von unten im geschlossenen Walde 
kaum zu bemerken waren, herab in den Horst fallen liessen,*) so wurde 
doch bei der Fortsetzung des Anstandes die Bemerkung gemacht, dass 
die Jungen, ohne dass ihre Ernährer zum Horste kamen, doch keinen 
Hunger zeigend, frisch und munter fortlebten und von jener Zeit an öfter 
Stücke des wahrscheinlich neben das Ziel gefallenen Frasses unter 
der Buche aufgefunden wurden, was vorher nicht der Fall gewesen war. 


3. Wie schafft Scolopaz rusticola ihre Jungen fort? 

Schon von jeher hat in der Jägerwelt eine Meinungsdifferenz 
darüber obgewaltet: auf welche Weise die Waldschnepfe ihre Jungen 
durch die Luft forttrage, ob nämlich zwischen Hals und Brust, 
oder mit Hülfe der Ständer? und ich habe in meinem Werke: 
„Erfahrungen aus dem Gebiete der Niederjagd“ für beides gültige 


Autoritäten namhaft gemacht. 


Dieselben Beobachtungen machte Herr Amtmann West in Klietzen bei dem 
Horste von Circus eineraceus, 8. Naumannia 1853 pag. 225. D. Herausg. 


262 


Es war mir daher sehr erwünscht, durch den Königlichen 
Revierförster K. hierüber ohnlängst folgenden näheren Aufschluss zu 
erhalten : 

Auf dem Forstreviere B. im Distrikte Tannenhals sah derselbe 
diesen Transport mehrmals, zu verschiedenen Zeiten und auf ver- 
schiedene Weise, bewerkstelligen. Ich gründe hierauf die ‚Ver- 
muthung: 

„dass die alte Schnepfe ihre Kinder nur, wenn sie noch ganz 
klein und kurz zuvor aus dem Ei geschlüpft sind, zwischen 
Schnabel und Hals, späterhin aber zwischen den Stän- 
dern trage.“ 

Diese Ansicht möchte wohl allerdings einige Wahrscheinlichkeit 
für sich haben und schon um dessentwillen näher geprüft zu werden 
verdienen, weil dadurch die zwischen den bisherigen Beobachtern 
obwaltende Meinungsverschiedenheit über die Art und Weise des 
Fortschaffens junger Schnepfen sich vollkommen ausgleichen würde. 


C. E. Diezel. 
No. 19. 
Der Entenfang bei Holitsch. 
Von 
J. Finger. 


Zwischen Göding und Holitsch theilt sich die fischreiche Morawa 
in mehrere Arme, verfolgen wir den Lauf eines solchen, und zwar 
des Holitsch zunächst liegenden Seitenarmes, so gelangen wir zu 
einem künstlich angelegten Canal, und an diesem fort, zu einem 
Weidenhölzchen, das einen, ebenfalls künstlich gebauten, mit einer 
Rohrwand eingerahmten Teich umgibt. — Blicken wir durch eines 
der vielen in der Rohrwand angebrachten Schaulöcher auf den Was- 
serspiegel hinaus, so entfaltet sich vor uns das Bild des regsten und 
bewegtesten Lebens. — Hunderte von Enten in den mannigfachsten 
Grössen und Färbungen tummeln sich hier in wunderlichen Stellun- 
geu auf der glatten Fläche herum, und es bedarf einiger Zeit, bis 


265 


wir uns in diesem Gewimmel zurechtfinden, und die verschiedenen 
Arten dieser Wasserbewohner einer näheren Musterung unterziehen 
können. — 

Am häufigsten finden wir die grosse Stockente (Anas boschas) 
vertreten, deren goldgrün glänzende Kopffedern von den schief darauf- 
fallenden Strahlen der Octobersonne beleuchtet, wie Smaragde aus 
dem bunten Farbenchaos herausblitzen; nach ihr am zahlreichsten ist 
die Schaarente Anas crecca, die zur Rechtfertigung ihres deutschen 
Namens sich in grossen Gruppen zusammenhält; hier sind sie durch 
ihre immerwährende Beweglichkeit, durch ihr beständiges Tauchen 
und Putzen und lautes Herumplätschern die Störenfriede der Gesell- 
schaft, nicht minder, wie ihre kleinen Verwandten, die Knäkenten An. 
querquedula, die sich immer an sie anzuschliessen suchen, und da- 
durch Zank und gegenseitiges Verfolgen hervorrufen, was nicht eher 
aufhört, bis ein kategorisches Guak — gak eines alten Stockenters 
den Frieden wieder herstellt. — Ein zeitweiliges leises Pfeifen ver- 
räth uns, dass auch die Pfeifente, An. penelope, diesem Cirkel nicht 
fehlt, und der dicke braune Kopf, der jetzt aus dem Wasser herauf- 
taucht, plötzlich verschwindet, um an einer anderen Stelle wieder zu 
erscheinen, gehört der tauchenden Tafelente, Anas ferina. — Ein 
wunderschönes Thier ist die Löffelente, Anas elypeata, schade, dass 
sie eine so monströse Nase hat, die sie entstellt, und schon von wei- 
tem kennzeichnet; wir finden nicht viele davon, aber jedenfalls mehr 
als von der aristokratischen Spiessente, Anas acuta, mit ihrem schlan- 
ken Natternhals, und ihren Bewegungen voll Eleganz und Grazie. — 
Noch eine Ente fällt uns auf durch die schwarzen Perltropfen auf 
der weissen Brust und den grossen Rostfleck am Flügel, es ist Anas 
strepera, die Mittelente, die ganz vereinzelt, in einer Schaar kleiner 
Moorenten schwimmt, deren weisse Augen uns entgegenflimmern 
gleich dem Leuchten eines Glühwurms. — 

Das Auge trennt sich nur ungern von diesem freundlichen Bilde, 
das einen so angenehmen Eindruck auf den Beschauer gemacht, und 
es ist schwer zu glauben, dass gerade diese Stelle, der Schauplatz 
unzähliger Mordthaten ist. — Mordthaten, freilich nur an Entenleben, 
— für deren Vernichtung man in dem Bedürfnisse eine Entschuldi- 
gung sucht — aber doch an Leben. — 

Würde man bei der ungeheuren Menge der Opfer, die hier ge- 
fallen sind, statt der gebräuchlichen Tödtungsmethode des „Abgnickene” 


264 


jene der Türken angewendet haben, die mit ihren „La il laha il Al- 
lah, ihrer Beute den Hals durchschneiden, um sie verbluten zu las- 
sen, so wäre — rechnet man die Blutmasse einer Ente gleich Y, des 
Körpergewichts — das angesammelte Blut nahezu hinreichend, den 
Wassergehalt des Teiches zu ersetzen. — Die weiter unten ange- 
führten Ziffern werden zeigen, ob diese Annahme übertrieben ist, und 
dürften zugleich die Consumtionsgrösse, dieser — zum Glücke arten- 
und individuenreichen — Wildgattung andeuten, wenn die Lieferung 
einer einzigen Bezugsquelle eine solche Stärkezahl erreicht. — 

Doch davon später; sehen wir uns vorher den Teich als Schlacht- 
feld näher an. — Wie schon oben gesagt, ist er ein Kunstgebilde, in 
der Form eines langen Vierecks, dessen vier Ecken, in gekrümmte, 
gegen die einwärts gerichteten Spitzen immer enger werdenden Ka- 
näle auslaufen, die in anfangs hohen, später immer gedrückteren 
Bögen mit einem Netze .überspannt sind, das zuletzt in ein Sackgarn 
Die Ufer des Teichs bis zu den erwähnten Kanälen sind, 


endigt. 
einige Schritte vom Wasserspiegel entfernt und mit ihm paralell lau- 
fend, mit einer sieben Schuh hohen Rohrwand umzogen, deren Zweck 


natürlich die Deckung des Entenfängers ist. Längs den hörner- 
förmigen Kanälen aber sind die Rohrwände in einer anderen Rich- 
tung, und deren mehr, in Distancen von je drei Schritten, angebracht, 
die alle gegen die Spitzen der Gänge hinlaufen, so zwar, dass man 
zwischen ihnen stehend zwar den Canal überschauen, aber nicht auf 
den Teich hinaussehen kann. — 

Die Benutzung dieser Vorrichtungen, und überhaupt die ganze 
Manipulation beim Fange selbst ist sehr einfach. — Ein gut dressir- 
ter Hund — klein, von beliebiger Farbe — und einige zahme Enten 
spielen die Hauptrollen bei diesem Drama, und von ihrem Zusammen- 
wirken hängt das günstige Resultat des Fanges ab. — Die Dressur 
des Hundes besteht darin, auf einen Wink seines Herrn, des Enten- 
fängers, um die Rohrwand herum zu laufen, und dadurch die Auf- 
merksamkeit der Enten auf sich zu lenken; die Sache der zahmen 
Enten ist es dann, in jene Richtung hinzuschwimmen, in der sich der 
Hund bewegt. — 

Vor dem Beginnen des Fangens müssen Wind und Wetter genau 
beobachtet werden. — Bei einer Windstille können alle vier Ecken 
benützt werden, bei bewegter Luft nur die dem Winde entgegenge- 
setzten zwei Ecken, da bei der feinen Witterung der Enten ihnen 


265 


der leiseste Luftzug die Nähe eines Feindes verrathen würde. — 
Durch ein hingeworfenes Stückchen Brod zeigt der Fänger seinem 
Hunde die Stelle der Rohrwand an, von wo aus er seinen Kreislauf 
beginnen soll. — Gehorchend schlüpft der Getreue durch eine zu 
diesem Zwecke angebrachte Lücke, kömmt an den Wasserspiegel hin- 
aus, läuft längs demselben fort und an dem obern Ende der Wand 
wieder hinaus. — Sein Erscheinen wird mit lauter, freudiger Accla- 
mation von den Enten begrüsst. — Die zahmen Enten, die mitten 
unter den wilden am Teiche sich herumtreiben, wissen ganz gut, dass 
dieser Hund nie allein, sondern gewiss immer in der Nähe seines 
Herrn ist, und dass dieser Herr ihnen immer Futter vorstreut, wenn 
sie sich beeilen zu ihm zu kommen. 

Sie schwimmen daher in jener Richtung fort, die ihnen der Lauf 
des Hundes angibt. — und ihnen nach zieht eine Schaar wilder En- 
ten. — Bei den mit Netzen überzogenen Kanälen angelangt, wird es 
wohl mancher der letzteren unheimlich, eine und die andere versucht 
wieder umzukehren, aber die Netze sind hoch und fein, und die 
zahmen schwimmen gar zu ungenirt vorwärts, um den Verdacht 
einer Gefahr zu rechtfertigen, und so folgen sie denn in langen Zü- 
gen ihren Verführern nach, dem Tode entgegen. — Bei den schiefen 
Rohrwänden an den Gängen entwickelt der Hund seine grösste Thä- 
tigkeit; hier umkreist er Wand für Wand, und folgen die Enten nur 
langsam, jede Wand drei bis vier mal, bis er endlich die Bethörten 
über die Hälfte des Kanals gebracht hat. — Nun tritt plötzlich der 
Entenfänger hinter der schützenden Wand vor, an den Kanal heran. 
— Voll Schreck erheben sich die Wildlinge, flattern in Todesangst 
an den Netzen auf, eilen, stürzen im Gange vorwärts und gerathen 
endlich in das Sackgarn. — Ruhig schwimmen die Cultivirten fort, 
und erwarten ihren Blutlohn, der in einer Handvoll Gerste besteht, 
nach deren Verzehrung sie wieder auf den Teich zurückkehren, um 
sich gleich darauf an der nächsten Ecke zu derselben schönen Rolle 
gebrauchen zu lassen. — 

Die armen Gefangenen werden nun Stück für Stück aus dem 
Sacknetze herausgenommen, durch Entlenkung der Halswirbel ge- 
tödtet und auf Haufen zusammengeworfen. — Die ganze Procedur 
hatte keine halbe Stunde gedauert; still und lautlos begonnen, hatte 
sie ebenso geendet; der Erfolg ist die Ausbeute von 60 — 80 und 
oft noch mehr Enten. — 


266 


In der Regel wird an einem Tage nicht öfter als viermal gefan- 
gen, ausser der Teich ist mehr als gewöhnlich bevölkert. — Solcher 
Art wurden schon viele Tausende von Enten erbeutet, und*dem con- 
sumirenden Wien und Brünn zugeführt. — Das Fangresultat der 
letzten zehn Jahre ist folgendes. — 


Jahr 1845 1846 1847 1848 1849 1850 1851 1852 1853 1854 


Grosse || 1604 4663 4546 2807 425 940 1110 1674 1543 9524 


Mittlere 78 508 815 395 4l 171 362 257 182 3083 


Kleine |) 1075 1494 4504 1678 845 662 3935 1093 779 2209 


Summa || 2757 6665 9865 4880 1311 1773 5407 3024 2504 12036 


Unter grossen Enten sind die Stockenten, unter den mittleren 
die Pfeif-, Spiess-, Tafel-, Löffel- und Sammt-Enten und unter den 
kleinen die Schaar-, Moor- und Knäkenten verstanden. — 


Im Jahre 1800 bis inclusive 1854, der Zeit, seit welchen der 
detaillisirte Ertrag des Teiches notirt ist, wurden über 400,000 Stück 
gefangen. — Trockne Herbste bringen wenig Enten; so war z. B. 
die Ausbeute des Jahres 1822 die schwächste und betrug an grossen 
Enten 609 Stück, an mittleren 54 Stück und an kleinen 211 Stück, 
im Ganzen also 874 Stück; desto ergiebiger aber waren die feuchten 
Jahre: 1814, 1830, 1831, die zusammen 41,164 Stück einbrachten 
und zwar: 


Grosse | Mittlere. Kleine. | Summa. 


1814 12,172 466 4380 17,018 
1830 5684 966 4096 | 10,746 
1831 6559 447 6394 13,400 


Es sind dies ganz schöne Resultate und um so überraschender, 
als sie während der wenigen Monate in jedem Jahre erzielt wurden, 
in denen der Fang auf diesem Teiche zulässig ist, nämlich vom hal- 
ben August an bis zur Bildung der ersten Eisdecke, was oft schon 
im November geschieht, und dann wieder im Frühjahre in der letzten 
Hälfte März und einige Tage im April. Gewöhnlich ist der October 
am einträglichsten. 


267 


So toll es bei Tage auf diesem Teiche zugeht, so öde und todt 
ist es während der Nacht, dann schwimmen nur die zahmen Enten 
darauf herum, denen man durch Ausziehen der Schwungfedern die 
Flugkraft genommen; die wilden, die dem verführenden Beispiele der 
Lockenten nicht gefolgt, fliegen allabendlich in die Morawa hinaus, 
um zu fischen und ihrer Nahrung nachzugehen. — Gegen Morgen 
aber kommen sie wieder, viele neue Gesellschafter mitbringend, auf 
den Teich zurück. — Dieses schaarenweise Kommen und Gehen, 
wobei jede besondere Art immer eine gesonderte Gesellschaft bildet, 
ist höchst interessant zu beobachten. — Bei einiger Uebung ist man 
im Stande blos nach dem verschiedenen Geräusch‘, das die über uns 
ziehenden Enten durch ihre Flügelbewegung hervorbringen, zu be- 
stimmen, welcher Art sie zugehören. 

Sein Entstehen verdankt dieser Teich dem Gemahl der Kaiserin 
Maria Theresia, Franz I, welcher ihn, anfangs der sechziger Jahre 
des vorigen Jahrhunderts nach dem Muster des Rastadter Enten- 
fanges im Grossherzogthume Baden zu bauen befahl. 

Wenn die entenreichen Moorgegenden an der Donau, Theiss und 
Save solche Anlagen besässen, welche Erträgnisse liessen sich von 
ihnen erwarten! — 


Il. Notizen, brielliche Mittheilungen ete, 


14. Astur mieronisus, Bp. ist in Portugal angetroffen worden, 
und zwar wurden beide Eltern beim Horste erlegt, und dieser 
sammt den Eiern und den Alten Sr. Maj. dem Könige' von 
Portugal gebracht, der ein grosser Freund der Ornithologie ist. 


J. G. Fatio-Beaumont. 


15. Leptoptilos Rüppelli eine gute Art. Da haben wir’s nun! 
Die ewig wahre Natur nimmt leider von unserer mit noch so grosser, 
ja mit äusserster Gewissheit ausgesprochenen Meinungsäusserungen 
wenig Notiz; und so ist denn Leptopt. Rüppelli sehr wahrscheinlich 
eine schr gute Art und nicht das Weibchen von crumenifer. Ich 
correspondirte über diese Angelegenheit mit Dr. Alfred Brehm und 


268 


erfuhr von ihm, dass 5 und © adult. von L. erumenifer keine Fär- 
bungsunterschiede wahrnehmen lassen, dass allerdings jüngere Vögel 
die grossen teetrices alarum und remiges externae weisslich gesäumt 
zeigen, aber in ganz andrer Weise. A. Brehm ist (ebenso Dr. R. Vier- 
thaler) von der Artverschiedenheit beider überzeugt. Und wenn man 
erwägt, wie zahlreiche Individuen dieser gewaltigen Storchart gerade 
ihm (und V.) vorgekommen, so ist auf den Eindruck, welchen er 
von den frischen Z. Rüppelli sich bewahrt hat, gewiss alles nur 
mögliche Gewicht zu legen. Dr. G. Hartlaub. 


16. Muscicapa atricapilla hat auch in diesem Jahre sein altes 
Brutkästchen in meinem Garten bezogen, aber nicht das alte, ziemlich 
schwarze, sondern ein junges, wahrscheinlich einjähriges, in dem Brut- 
kasten ausgekommenes Männchen; es hat bis zuletzt keine schwarzen 
Federn, selbst nicht am Bürzel bekommen. Das Paar kam gleich- 
zeitig aber ziemlich spät — wie viele andre Vögel in diesem Jahre. 
— Am 24. April Morgens vier Uhr hörte ich den Gesang, und sah 
den lieben Ankömmling wiederum in der Oeffnung desselben Käst- 
chens sitzen, das nun schon seit sechs Jahren von seinen Eltern 
benutzt worden ist. Schon am zweiten Tage nach seiner Ankunft 
begann der Nestbau, und nach zehn Tagen enthielt das Nest die 
ungewöhnliche Zahl von acht Eiern, von denen ich, um den Armen 
die Ernährung der Jungen zu erleichtern, drei Stück wegnahm. Die 
fünf andern kamen aus und verliessen am 15. Juni das Nest und 
wurden von den Eltern noch an demselben Tage in den nahen Wald 
geführt. Das Weibchen, wahrscheinlich das alte, blieb auf den 
Eiern und Jungen sitzen, wenn der Kasten herabgenommen und der 
Deckel geöffnet wurde, flog auch nicht ab, wenn der Kasten wieder 


an den Baum gehängt worden war. Baldamus. 


269 


IN. Elßarfiche Berichte. 


10) Tableaux paralleliques de l’ordre des Gallinaces, par S. A. Msgr. le 
Prince Ch. Bonaparte. (Extrait des Comptes rendus des sdances 
del’Acad&mie des Sciences, tom. XLII., seance du 12 Mai 1856.) 


„Im Verfolg meiner Studien über die Parallel-Classification bin ich dahin 
gekommen auf die Praecoces, welche die zweite Unterklasse der Vögel bilden, 
dieselben Principien anzuwenden, mit deren Hülfe ich die Altrices, die erste Unter- 
klasse, eingetheilt habe. Ich gebe hier die tabl. syst@matiques der IX. Ordnung, 
der ganzen Ordnung der Gallinaceae, d. h. die Tribus der Passerigalli, und die 
der drei Cohorten der wahren Gallinaceae, deren letzte die zahlreichste ist. Man 
weiss, dass diese Ordnung, welche ich in der Reihe nicht höher als auf das Niveau 
der Tauben stelle, eine der letzten meiner ersten Subelassis, nichts weniger an 
der Spitze der zweiten steht, in welcher ihr die Ordnung der Wader folgt, welche 
der der Reiher entspricht; dann die Ordnung der Palmipedes, den Gavien entspre- 
chend, und endlich die Rudipennes, welche die Klasse der Vögel beschliesst, ent- 
sprechend den Impennes, gleichfalls den letzten ihrer Serie.“ 


Ordo IX. Gallinae. 


Tribus I. Passeraceae. 


Fam. 1. Mesitidae: 1 Subfam. 1 Gen. 2 Spee 
n 2. Megapodiidae: 2 „ (le a Eee 
»„ 3. Rollulidae: Üinsgmech Aula) Por 
» 4. Numididae: Dans buy Bu 
» 9. Meleagrididae: 1 . INeE® 5 » 
Tribus II. Gallinaceae. 
Cohors I. Craces. » 6. Cracidae: 1% 9% a 
» 7. Penelopidae: 2 N u Pr Tee 
Cohors II. Galli. » 8. Pavonidae: 2 a re 
» 9. Phasianidae: 2 P ee 10 
Cohors Ill. Perdices. „ 10. Tbinocoridae: 1 = Zul: Tunds 
„ 11. Pteroclidae: 2 R Mel 
„ 12. Tetraonidae: 1 ö DE 
„ 13. Perdieidae: 4 y 3a» NV 
„ 14. Tinamidae : ar. SU BA 


- I. Tribus 14 Fam, 24 Subf. 102 Gen. 345 Spee. 


270 


Conspectus Gallinarum geographieus. 
Drdo IX. Gallinae. 


Tribus 1. Tribus II. Gallinaceae, = 
Passeraceae. Cohors I. | Cohors II. Gohors III. 
Craces. Galli. Perdices. 
rn 2 4 |5|I6| 7 |s | 9 hol ıı 19 13 14 
=: EEIESS|E Sl: 3 
2 ® = |222|:.232|823 3 3 
== Eis=53|: 28|1|23 2 3 Perdiide | & 
SS = ler | =|35 | 228 |= z 
= E | 3 | E = le] ® |s 
| SERIE ER 
„Berges AREBER sro =8jle|E 
SS PPAE BEBRHRBSEBEIEHEIBIE SIE 
aSgbB BE BEPS HHBBS HBBEIER AB 
SE EEE =12|=. s/ejele|e3 3|3 
3|2|= == SIE Sızıal2l513 58 
> ri El >. 5 = Fr 513 
[31 öl! 31° Kaneinel) ® 
ı® » | D 
| | % Im | 
| | Mi 
Europa 000/000 elzialol 0 0|2|0 89/0 1|1 0/0] 22 
Asia 020 1/0/0 0.0/0/0/0 810'4/2/6 30708/6||0/0| 99 
Africa 20060/1/7100/0,0/0| RK) 011.0,0 26/0 3/3||0/0| 53 
America [0.0/0/0.00 3/1228] 1 0 ‚o 7001110 2010| 0 32) 2] 130 
Oceania |o 83/110 0|0.0 0 0l2!5 6/0lolo 0/0 1010 8 1000| 53 
Orbis 1211013121177 [31101281 11219 31]817 |14] 2 23]71140)18120]32] 21346 


11) Espöces nouvelles d’Oiseaux d’Asie et d’Amerique, et tableaux 
paralleliques des P&elagiens ou Gaviae; par S. A. Msgr. le Prince 
Ch. Bonaparte, etc. Compt. rend. et. Und — ebendaselbst — Obser- 
vations sur la zoologie g&ographique de l’Afrique, et descript. 
d’un nouveau genre et de novelles esp&ces d’Oiseaux. 

Wir beschränken uns, wie beim Vorigen, auf die Mittheilung der „Tableaux“, 
da wir, wollten wir das Wichtigste von den Notizen, Beschreibungen, Diagnosen 
etc. geben, eben Alles übersetzen müssten. Diejenigen unserer Leser, welche sich 
speciell für die speciellen Bemerkungen des gelehrten Naturforschers interessiren, 
sind ohnehin im Besitze seiner fast allwöchentlichen Publicationen. 


Conspectus Gaviarum systematicus. 


Ordo VII. Gaviae. 
Tribus I. Totipalmi. Fam. 1. Pelecanidae: 2Subf. 6Gen. 18Sp. 


: 2. Tachypetidae: I ag 2 
.“ 3. Phalacrocoracidae: 1 „ Den 38 
n 4. Plotidae: are ER DB’, 
e 5. Heliornithidae: OR Sn Ei 
5 6. Phaötonitidae: es SE Bu, 
Tribus II. Longipennes. „ 7. Procellariidae: Enyieen ULTRA, 
n 8. Chionidae: 1085 1 Zn 
1 9. Laridae: A: AT, 2108, , 
Tribus III. Urinatores. „ 10. Alcidae: SE Is, gone 
» 11. Colymbidae: il, ar3 I 8; 
„ 12. Podicipidae: ir, Denn 282, 


(Ordo VIII. Ptilopteri.) 
(rare ‚Spheniseidae: 355 80.5 15%) 
III Tribus. 12 Fam. 20 Subf. 104 Gen. 385 Sp. 


271 


Conspectus Gaviarum et Ptilopterorum geographicus. 


Ordo VII. 
Ordo VII. Gaviae. Pilopferi. 
Tribus 1. Tribus II. Tribus II. 
Totipalmi. Longipennes. Urinatores. 
Fam 1 |2/3j415]|6 7 8 9 10 1112] 13 
zer so E |e ede] | 
3 EB==EE2%| 5 |S > 2 =&| j 
E s2ses| = = 3% 8 |=S| 5 H 
E =222=2=2| 5 |: : Sazelrs l 
= =: 25) & |? Sal 
iu.E A| | 
= h B N 
| I®| | 
| || 
Team Rrötzelisnssrellst -lwleır | 
Subfam. | Bee soaslwes-rernainst| =“ | 
wall: Ssrzarrnrp>scoarn| ao 
SBSsEbiE BEBEBBRSGBSERER SE 
sl2i2 2181511321 8|8!13|8|513|515| 23|5|53] 8 |< 
e/21S5353 53/512 > 2325 2|2[|3|213|=2|=|3 
2.®le/2je/2l2]|&|21813|51°\2,5|°|2°|==|%|5 
=) |=8/°|2]5|1=13/312|8| | |8.|° |=| |=]3| 2.5 
= -HR-] lie Slim. = [=] = PlelIS|> 
®o e|s 318 e|3 3 = 2 5 ele| e|l>. 
Di F3E al » B Is 
=. © |: u 
Elli - = | 8 
>» 
E | | 
Wei Jan aa! a 
Europa 2/2/1,5/0/0/0]111310/0|4 3017)0|2)2]6|3|7|0|0|| 95 
Asia 221,10 11/13/8003 11512 110.12)701|010 80 
Africa 2|1/1/6/1/2/0!2.100/0/1/10161)0/0 0/0)1]2|0|| 56 
America 3/2|1142|1,3|]4115,0|2|4 3624 2 05531131610 || 145 
‚Oceania 2412 6.1)012) 745 2|0|211025.0 /0/0/0.0|7 | 611 || 122 
[örbis 9191288151413 |107012]2]7olaja | anafs elıajı | 3% 


12) Die Isepiptesen Russlands. Grundlagen zur Erforschung der Zug- 
zeiten und Zugrichtungen der Vögel Russlands. Von Dr. 
A. von Middendorff. (Aus den Memoires de l’Academie des Scienses de 
St. Petersbourg. VI. Serie, T. VIII, besonders abgedruckt.) 
gr. 4°. 144 p. und 1 Charte. Petersburg 1855 bei Eggers u. Comp., 
Leipzig Leop. Voss. 1 Rthlr. 20 Ngr.*) 


Wir machen mit wahrer Freude auf dies neue Zeugniss des grossen Fleisses 
und der hohen Wissenschaftlichkeit der Arbeiten des Hrn. Verf. aufmerksam. Der 
Einleitung, welche die Entstehungsgeschichte des vortrefflichen Werkes, einige 
allgemeine Andeutungen über seinen Gegenstand, das Verzeichniss der Quellen 
(92, ausser den eigenen Beobachtungen und denen der in Sibirien beauftragten zu- 
verlässigen Personen) und der beobachteten Vögel (135 Arten) enthält, folgt das 
105 Seiten einnehmende „Verzeichniss der Ankunfts- und Abzugszeiten“ unter 
Angabe der Quellen, des Beobachtungsortes, und der geographischen Breite; so- 
dann „Andeutungen zu einer Verarbeitung des vorstehenden Materials“, eine 
„Uebersicht der mittlern Ankunftstage einiger Zugvögel in Finnland und Skan- 
dinavien.“ Auf der Karte sind die Orte gleicher Ankunftstage gewisser Vögel 
durch Linien verbunden: Ankunftslinien — Iseptitesen (von {oog — gleich und 
Emumrmoig — Herbeifliegen).. Wir kommen auf dies eben vor Schluss gegen- 
wärtigen Heftes eingegangene hochwichtige Werk später noch ausführlich zurück. 

Baldamus. 


*) Geschenk des Hrn. Verf. an die Bibliothek der D. O.-G. und an den Herausg. 


272 


IN. Bekanntmachungen. 


Das IN. Heft war bereits vor den Tagen der Versammlung 
gedruckt, und sollte nur noch das Protokoll derselben aufnehmen. 
Da dies indess nebst den Beilagen ein selbstständiges, ziemlich starkes 
Heft bilden dürfte, das sobald als möglich ausgegeben werden soll, so 


haben wir das gegenwärtige geschlossen und versendet. 


Diebzig, den 18. Juni 1856. Die Redaction. 


.. 


Protokoll 


der zehnten Versammlung der Deutschen Ornithologen - Gesellschaft. 


Verzeichniss der Mitglieder der zehnten Versammlung der 
D. 0.-6. zu Cöthen vom 2. bis 5. Juni 1856. 


1. Msgr. le Prince Charles Lucien Bonoparte. 

2. Msgr. le Prince Gabrielli, aus Rom. 

3. Mr. Leon Olph-Galliard aus Lyon. 

4. Herr Dr. Nils Kjärbölling aus Kopenhagen. 

„ Prof. H. Blasius aus Braunschweig. 

„ Pastor H. Zander aus Meelenburg. 
Custos €. F. Wiepken aus Oldenburg. 
„ Pastor Chr. L. Brehm aus Renthendorf. 
„ Dr. Julius Hofmann aus Stuttgart. 

10. „ Pfarrer Johannes Jäckel aus Bayern. 
1l. „ Sanitätsrath Dr. Hennecke aus Goslar. 
12. „ Major Kirchhof auf Schäfferhof, (Hannover). 
13. „ Grutsbesitzer J. Kratsch aus Altenburg. 
MAR vr, N H. Porzig „ # 

15. „ Dr. B. Altum aus Berlin. 

16. „ Dr. €. L. Gloger aus Berlin. 

17. ,„  Conservator L. Martin aus Berlin. 


TEN 
$ 


18. „ Bildhauer Schmitz aus Berlin. 

19. ,„ Apotheker Güebelhausen aus Leitzkau. 

20. „ Lieutenant Balduin v. Münchhausen aus Leitzkau. 
2l. „ Pastor Gueinzius aus Prödel. 

22. „ Pastor emer. Rimrod aus Halle. 

23. „ Fabrikant F Sehlüter aus Halle. 

24. „ Fabrikant W. Sehlüter aus Halle. 


Naumannla. 180, 18 


274 


25. Herr Forstinspector Wegener aus Magdeburg. 
26. Frau Forstinspector Wegener aus Magdeburg. 
27. Herr Gutsbesitzer H. Wendenburg aus Beesenstedt. 


283. „ Naturalienhändler EZ. Klocke aus Dresden. 
29. „ Pastor Krutsch aus Pegau. 

30. „ Partikulier @. H. Kunz aus Leipzig. 

31. ,„ Inspector R. Tobias aus Leipzig. 

32. „ Partikulier A. Troost aus Leipzig. 

33. „ Lehrer fl Schach aus Russdorf. 

34. „ Fabrikant Arnoldi aus Gotha. 


35. „ Bankdirektor W. Ehmer aus Dessau. 

36. „ Buchhändler Katz aus Dessau. 

37.  „ Hofjäger A. ©. Thiele aus Dessau. 

38. „ Einnehmer F. Griesing aus Cöthen. 

39. „ Dr. A. Lutze aus Cöthen. 

40. „ Buchhändler P. Schettler aus Cöthen. 

41. ,„ Gymnasiallehrer M. Schneider aus Cöthen. 
42. „ Dr. Herrklotsch aus Gröbzig. 

43. „ Amtmann R. Hess aus Wulfen. 

44. „ Prof. Dr. J. F. Naumann aus Ziebigk. 
45. ,„ Kunstgärtner Edm. Naumann aus Ziebigk. 
46. „ Rittergutsbesitzer (€. Nette aus Wörbzig. 


47. „ Pastor W. Pässler aus Brambach. 
48. „ Oekonom J. Reinicke aus Kleinpaschleben. 
49. „ Amtmann Ad. Säuberlich aus Wiendorf. 


50. „ Baumeister A. Sehring aus Edderitz. 
5l. „ Einnehmer Wernicke aus Rosslau. 
52. „ Pfarrer E. Baldamus aus Diebzig. 


Cöthen, den 2. Juni 1856. 


In der heute Abend 8'/, Uhr im kleinen Saale des „Prinzen v. 
Preussen“ eröffneten Vorversammlung wurden Herr Sanitätsrath Dr. 
Hennecke aus Goslar zum ersten, und Herr Lieutenant Balduin von 
Münchhausen aus Leitzkau zum zweiten Vorsitzenden (fast ein- 
stimmig) erwählt. Betreffs der Tagesordnung und des Programmes wurde 


festgestellt, dass morgen nach einem kurzen populären Vortrage „über das 


275 


Halten der Singvögel“, von H, P. Brehm, die Discussion über den 
„Speciesbegriff“ beginnen und den Hauptgegenstand der diesjährigen 
Tagesordnung bilden solle. Ferner meldeten Vorträge an: Herr Conserv. 
Martin aus Berlin: über zweckmässiges und fehlerhaftes Sam- 
meln und Aufstellen der höhern Thierklassen; H. P. Brehm: 
„Besprechung grosser Reihen von Falken, Piepern etc., welche 
er mitgebracht; Pf. Baldamus: über die jagd-, forst- und land- 
wirthschaftlich nützlichen und schädlichen (europ.) Vögel.“ 
(Die eingegangenen schriftlichen Mittheilungen s.weiterunten.) Sodann wurde 
zu morgen eine Einladung der Versammlung zu ihrem Geschäftsführer, 
Amtmann Nette, zu Mittwoch Abend ein zu Ehren der Gesellschaft arran- 
girtes Concert, zu Donnerstag Abend eine gleichfalls zu Ehren der Gesell- 
schaft Hrn. Dr. A. Lutze veranstaltete Soiree musicale angekündigt. 


Schluss der Vorversammlung 11 Uhr. 


Um 6 Uhr hatte Herr Apotheker Giebelhausen den von den beim 
Geschäftsführer Anıtmann Nette stattgehabten Diner zurückgekehrten Mit- 
gliedern eine lebende Aquila chrysaötos vorgezeigt, ein jung aus dem 
Horste genommenes Kind des schönen Männchens, welches Hrn. Professor 
Naumann als Typus seiner Beschreibung gedient hat und desshalb doppelt 
interessant. Leider war Herr Giebelhauseu behindert, den folgenden 
Tag in Cöthen zu bleiben; und so haben anch nicht alle Mitglieder der 


Versammlung den schönen Goldadler in Augenschein nehmen können. 


Cöthen, den 3. Juni 1856. 


Der Vorsitzende, Hr. Dr. Hennecke, eröffnet die Versammlung, 
zu welcher sich auch viele Nicht-Mitglieder aus Cöthen und der Umgebung 
eingefunden haben, in dem festlich geschmückten grossen Saale des „Prin- 
zen von Preussen“ gegen 9'/, Uhr mit einer kürzeren Anrede.*) Er deutete 
darauf hin, dass die Ornithologen sich „hier auf klassischem Boden“ und 


an der „Geburtstätte ihrer Gesellschaft“ befinden, dass in Braunschweig, 


*) Das schöne Lokal war auf Veranlassung des Hrn. Geschäftsführers, 
Rittergutsbesitzer Carl Nette in Wörbzig, ebenso reich, als geschmackvoll 
mit Sehilf, Laub und Gewächshauspflanzen ete. decorirt worden. Hinter der Tribüne 
erhob sich unter Blumen die Büste seiner Hoheit, des Herzogs Leopold von 
Anbalt-Dessau, vor derselben die schr wohlgetroffene des Hrn. Prof. Dr. J. 
F. Naumann, ein Werk des genialen Bildhauers Hrn. Schmitz aus Berlin. 
Von dieser weiter unten noch Näheres. 

18* 


276 


oder vielmehr in den romantischen Ruinen der Harzburg, der Wunsch leb- 
haft geworden sei, die 10. Versammlung aus Liebe und Achtung gegen 
den allverehrten Veteran Prof. Naumann und zur Erinnerung an das 
erste gemüthliche Znsammensein in Cöthen — wiederum hier zu halten, 
Dass diese Wahl auch in weiteren Kreisen Beifall gefunden, dafür spreche 
die grosse, bisher noch nicht erreichte Anzahl der gegenwärtigen Vereins- 
genossen, unter denen ein hochverehrtes Ehrenmitglied und zwei ordent- 
liche Mitglieder aus weiter Ferne gekommen. Er habe den Auftrag, der 
Versammlung im Namen der Geschäftsführer ein „freundliches Willkommen“ 
zuzurufen; dass dies herzlich gemeint sei, davon gebe die improvisirte, 
äusserst geschmackvolle Decoration des Versammlungssaales, welche ihren 
freundlichen Eindruck nicht verfehlen werde, ein beredtes Zeugniss. Sodann 
den „Gästen“ den Zweck dieser Versammlung darlegend, wünscht er den 
Debatten „einen freundlichen, gemüthlichen Ton“, wie er schon in Braun- 
schweig vorgewaltet habe und wie er die „Wissenshaftlichkeit keineswegs 
ausschliesse.“ Er erklärt nun die Versammlung für eröffnet. 

Hr. P. Brehm ergreift sodann das Wort zu dem gestern angekün- 
digten Vortrage „über das Halten der Singvögel“, kann aber nicht umhin, 
vorher seine Freude über die zahlreich und tüchtig vertretene Versamm- 
lung auszusprechen. Er ist glücklich, seinen alten Freund Prof. Nau- 
mann, den Meister in der europäischen Ornithologie, und so viele andere 
würdige Gelehrte wiederzusehen; glücklich, mit den Versammelten das 
ausgezeichnete Ehrenmitglied, den gelehrten und geistreichen Naturforscher 
Prinzen Charles-Lucien Bonaparte, von Herzen und mit Stolz Will- 
kommen heissen zu können; er freut sich, dass die Versammlung auch 
ausserhalb des engern Kreises der Gesellschaft so vielen Beifall findet, und 
wünscht, dass auch diese Versammlung dazu beitragen möge, die Orni- 
thologie populär zu machen. (Den Vortrag über das Halten der Sing- 
vögel s. Beil. Nr. 1.) 

Der Sekretär erhält darauf das Wort zur Ablegung des Jahre s- 
berichtes (s. Schluss des Protokolls.) 

Der Vorsitzende eröffnet nun die Discussion über die Frage: „Was 
ist Species? und zwar namentlich in der Ornithologie?“ 

Zunächst bemerkt Hr. P. Brehm, dass er als Einleitung zur Dis- 
cussion wenige Worte zu sagen habe, wenige, obwohl gerade er bei dieser 
Frage besonders betheiligt sei. Er habe vielleicht gefehlt, dass er seine 
Subspeeies mit Namen von Species-Dignität bezeichnet habe, sei jedoch 


bereit, einen andern, die Sache von vornherein erklärenden Weg einzu- 


277 


schlagen. Der alte Speciesname solle der Species gehören, die Subspecies 
aber einen dritten Namen (nach dem Vorgange des Prof. Schlegel) er- 
halten; z. B.: 
Spee.: Turdus musieus: 
Subsp.: 4 en a) alticeps; 
- er b) minor; ete. 

In dieser Weise wolle er jetzt sein System durchführen. Ob man 
nun diese Formen Subspecies oder Race nenne, sei ihm gleichgültig: 
„Sicher ist, dass diese Formen und diese Unterschiede in der Natur exi- 
stiren, und dass diese Racen oder Subspecies sich fortpflanzen. Desshalb 
müssen sie auch ihre Geltung im System behalten und erhalten. Der 
dürre Stamm des Linneschen Systems hat sich zu einem weitverzweigten 
und reichbelaubten Baume entwickelt; die Naturwissenschaften haben über- 
haupt seit jenem grossen Geiste bedeutende Fortschritte gemacht. Auch 
die Ornithologie ist so mächtig vorgeschritten, dass man ihre Fortschritte 
speciell bestimmen und nachweisen kann. Wichtig an und für sich, wie 
das Studium der Subspeeies oder Racen für den Ornithologen ist, gewährt 
es zugleich die merkwürdigsten Einblicke in das Wesen des Vorrückens, 
des Verschwindens und Auftretens, der Wanderung der Vögel. So rückte 
die Haubenlerche nach Baedeckers Mittheilungen bei Witten in West- 
phalen vor, — es ist meine Subspecies Galerida eristata viarum —; jetzt 
rückt sie auch in Ostfriesland vor, und zwar dieselbe Subspecies. Graf 
Wodzicki schickte mir Calamoherpe turdina major aus Galizien, und mein 
Sohn Alfred hat sie aus Aegypten mitgebracht. Es wandern also diese 
Vögel von Galizien nach Aegypten! Ich könnte noch eine lange Reihe 
von Beispielen zum Beweise des Gesagten anführen, wenn es noch über- 
haupt nöthig wäre, die Wichtigkeit der Sußspecies oder Racen für den 
gründlichen Forscher zu beweisen; etc. 

Dr. Gloger. Um den Begriff von „Art (species)“ festzustellen, müsse 
man von den Individuen ausgehen: da überall sie die Species bilden. 
Nur in der organischen Natur, nicht in der unorganischen, gebe es wahre 
Individuen; eben die erstere bestehe jedoch aus lauter Individuen; und jedes 
von diesen gehöre einer bestimmten Species an. (Bloss die Bastarde als 
selten vorkommende Ausnahmen haben gleiche Antheil an zwei Arten zu- 
gleich.) Mehrere Species zusammen, aber zuweilen auch schon Eine für sich 
allein bilden eine Gattung, Genus. 

Der erste Trieb jedes Individuums bleibe der seiner Selbsterhaltung; der 


zweite sei der zur Forterhaltung seiner „Art“, durch Erzeugung neuer 


278 


Individuen gleicher Art, zur fortwährenden Wiedererfüllung derselben 
Zwecke, welche das Dasein von Individuen jeder Species in dem grossen 
Ganzen der Natur habe. Aber schon bei manchen Pflanzen, desgleichen 
bei den meisten Thieren und namentlich bei allen Wirbelthieren, seien 
zum Behufe der Fortpflanzung stets die Individuen verschiedenen Ge- 
schlechtes erforderlich, die meistens auch sonst mehr oder weniger unter 
sich verschieden erscheinen. Mithin gehören schon deshalb überall min- 
destens „zwei Individuen* dazu, um den Species-Begriff „in conereto* 
vollständig darzustellen. Demnach bleibe hierzu schon eine Combination 
erforderlich. Diese verviellältige sich zuvörderst noch dadurch, dass ebenso 
die jugendlichen Individuen dem Aussehen nach oft bedeutend von den 
älteren abweichen. Was aber die Sache häufig am meisten verwickele, 
sei der Umstand, dass bei sehr vielen Arten sogar die Individuen gleichen 
Alters und Geschlechts unter verschiedenen Himmelsstrichen, oder sonst 
unter verschiedenen äusseren Verhältnissen einander nicht genau gleich sehen. 
Im Gegentheile: bei manchen Arten seien dieselben gerade in dieser Be- 
ziehung sehr bedeutenden Abweichungen unterworfen. Dies erschwere in 
solchen Fällen das Erkennen der zusammengehörigen Individuen, und 
mithin das Feststellen der „Art“ nach dieser ihrer Gesammtheit, in 
sehr wesentlichem Grade. 

Gleichwohl sei für die Wissenschaft überall Nichts unerlässlicher, als: 
das richtige „Feststellen“ jeder Art, gerade nach diesem ihrem gesammten 
Umfange. Und zwar müsse es dies um so mehr schon darum bleiben, 
weil man deutlich sehe, dass es keinen Begriff gebe und geben könne, 
welchen die Natur selbst bestimmter festhalte, als den von „Ar- 
ten“. Dies zeige sie unverkennbar durch ihr höchst klar ausgesprochenes 
Bestreben, dieselben trotz der erwähnten theilweisen Abweichungen der 
Individuen unter sich dennoch stets in sich „rein“ zu erhalten: indem sie 
das Entstehen etwaiger neuer Arten, durch gelegentliche Vermischung der 
bereits vorhandenen unter sich, unbedingt verhindere. Solche „neue“, 
von der Natur nicht selbst geschaffene oder Zwischen-Arten würden näm- 
lich die zuweilen, aber nur ganz ausnahmsweise vorkommenden Misch- 
linge zweier Arten, die Bastarde, sein oder werden können, wenn sie es 
dürften. Denn sie würden es nur können, wenn ihnen die Natur die 
Fähigkeit sich unter sich fortzupflanzen, gewährt hätte, und wenn sie 
ihnen somit gestattete, sich in gleicher Weise dauernd fortzuerhalten, wie 
es diejenigen wirklichen Arten thun, aus deren Vermischung sie entstan- 


den sind. Ganz im Gegensatze hierzu aber gestatte sie ihnen stets nur 


279 


ein kurzes, rein individuelles Dasein. Denn sie habe das, eben so eigen- 
thümliche als leicht erklärliche und mithin jedenfalls höchst beachtens- 
werthe Gesetz aufgestellt, dass Bastarde unter sich, auch wenn sie eine 
Begattung unter sich versuchen, (wozu sie jedoch überhaupt schon sehr 
wenig Antrieb zeigen) stets unfruchtbar sein und bleiben sollen. Diesen 
Zweck, ebenso wie die Anlage des geringen Reizes dazu, erreiche sie 
durch ausdrücklich mangelhafte Geschlechtsorganisation der Bastarde. Da- 
her die Erscheinung, dass allen die Fortpflanzung selbst bei einer Wieder- 
verbindung mit Individuen von einer der beiden reinen Stammarten doch ' 
nur höchst selten gelinge: obgleich dann ihre Nachkommenschaft bereits 
wiederum zu dieser einen „reinen Art“ zurückkehre. So bestimmt halte 
die Natur dieses Interdiet und durch dasselbe das in sich reine Fortbe- 
stehen der Species aufrecht. 

Dieser Erfahrungssatz reiche daher Ein- für alle Mal hin, um neben- 
her auch die seltsame, aber freilich erst neuerlich wieder aufgestellte An- 
sicht: dass gar etwa „das Klima neue, besondere Arten hervorbringen“ 
solle, oder dass man jemals irgendwie „klimatische Varietäten als beson- 
dere Arten“ betrachten dürfe, — in das Reich jener eben so grundlosen 
als logisch unhaltbaren Phantasieen zu verwerfen, die jeder erfahrungs- 
mässigen Naturanschauung widerstreben. Vielmehr sei jede Varietät auch 
die individuell abweichendste immer wieder auf dieselbe Art, gleichsam 
die Urspecies, von deren Gesammtheit auch sie nur ein Theil bleibe, 
zurückzuführen. Die meiste Schwierigkeit zeige sich hiermit oft für län- 
gere Zeit bei solchen einzelnen Arten, bei welchen eine wirkliche soge- 
nannte „Racen-Bildung“ stattfinde; (wie bei der gemeinen Krähe, in deren 
beiderlei Färbungen als Nebel- und Rabenkrähe.) Schliesslich lege auch 
hier die leichte, häufige, ohne Zwang von Aussen her erfolgende und 
fruchtbare Vermischung dieser, anscheinend freilich sehr eigenthümlichen 
Race auf die entscheidendste Weise Zeugniss ab für das naturgemässe 
Zusammengehören derselben, als blosser Theile einer und derselben Art. 

Was aber sei demnach eine wirkliche Art, ‚Species? — Antwort: 

Alles, was entweder seiner Abstammung nach, oder zum Be- 
hufe der Fortpflanzung zu einander gehört, bildet Eine Art. 

Kürzer und praktisch bestimmter zugleich werde eine solche allge- 
meine „Definition“, (die natürlich ihrem Sinne und Zwecke nach ver- 
schieden sei von der Angabe specifischer Merkmale für die einzelnen „Con= 
ereten* Fälle) sich schwerlich fassen lassen. Dem Inhalte nach aber 


könne sie allerdings nur die nämliche sein, wie bereits früher. 


280 


Vermöge der „Abstammung“ und Fortpflanzung umfasse der Begriff 
in dieser Formulirung alle Verschiedenheiten der Geschlechter, des 
Alters, der Jahreszeiten und sämmtliche Abänderungen, — die 
beständigen (‚„Racen“) ebenso, wie die wechselnden; — ferner auch die 
Ausartungen, und so weit als gebührend sogar die Bastarde. Die ge- 
wöhnlichen oder schlichtweg sogenannten Abänderungen, daher ins Beson- 
dere auch die klimatischen, seien darin mitenthalten: weil sie aus einander 
selbst entstanden seien und noch ebenso auf’s Neue entstehen; die „Racen“, 
' als beständigere Varietäten, aus demselben Grunde und wegen ihrer Fort- 
pflanzung mit einander; ferner auch die Ausartungen: weil sie, obgleich 
von den regelrecht gefärbten und gestalteten Individuen der Species ab- 
weichend, doch eben von solchen abstammen; desgleichen sogar die Ba- 
starde, insofern auch sie denjenigen beiden Arten, von welchen sie 
herstammen, zu gleichen Theilen angehören. Dagegen werde ihnen hin- 
sichtlich der „Fortpflanzung“ das Recht, für Arten zu gelten, vermöge 
dieser Begriffs-Definition auf doppelte Weise abgesprochen. Denn einer- 
seits „gehören“ zu diesem Behufe sie selbst gerade nicht „zu einander :* 
da sie unter sich unfruchtbar seien und nur im Falle der Wiederver- 
mischung mit einer der beiden Stammarten bisweilen fruchtbar werden. 
Mithin erscheinen sie für diesen Zweck lediglich wiederum auf diese Arten 
hingewiesen. Andererseits gehören ja auch schon ihre beiderseitigen 
Aeltern, weil sie Individuen zweier verschiedenen Arten seien, „zum Be- 


hufe der Fortpflanzung‘‘ ebenfalls nicht „zu einander.“ 


Die zweite, wissenschaftlich - praktische Frage, wie und woran man 
die Species „in concreto“ erkennen solle, bleibe für’s Erste hier noch 
bei Seite. Denn zuvörderst gelte es die Besprechung dessen, was, dem 
bereits Angedeuteten gemäss, in die Arten selbst als deren Theile hin- 
eingehöre, wie also die Begriffe auch hiervon bestimmt festzustellen 


und warum sie gebührend festzuhalten seien. 


Die Beantwortung dieser Frage habe Redner eigentlich bereits vor 
mehr als 20 Jahren, (in seiner Schrift über „das Abändern der Vögel 
und Säugethiere,* Breslau 1833,) auf ziemlich umfassende Weise ge- 
iefert. Indess glaube er, daran jetzt sowohl im Allgemeinen, wie im 
Besonderen, um so mehr wieder erinnern zu müssen, da in Worten und 
Begriffen immer noch so vielfach gegen das gefehlt werde, was sich 
doch bei einigem Nachdenken so leicht als das allein sachgemäss Rich- 


tige ergebe. 


281 


Sei doch sogar ein so durchaus verwerflicher, den richtigen Begriff 
gänzlich verwirrender Ausdruck, wie der: „klimatische Ausartungen“(!?), 
erst kürzlich aul’s Neue wieder gebraucht oder vielmehr höchlichst miss- 
braucht worden. Denn eine „klimatische‘‘ Abänderung stelle ja eben 
das geradeste Gegentheil von „Ausartung“ dar. Erstere nämlich sei, phy- 
siologisch ausgedrückt, entweder eine weitere „Fortbildung“ der ur- 
sprünglichen Charactere der „Art“, namentlich ihrer Färbung und 
Zeichnung; oder sie sei eine „Rückbildung“ derselben. Mithin stelle 
sie nur entweder eine Vervollkommnung oder Schwächung der bleibenden 
Eigenthümlichkeiten der Species dar. So z. B. der sogenannte „italienische 
Haussperling“, verglichen mit dem „spanischen“ oder nordafrikanischen 
einerseits und mit unserem deutschen andererseits. 

Unter der Bezeichnung „Ausartung“ dagegen könne man, wie 
dies bereits in dem 1. $. der genannten Schrilt gezeigt worden sei, schon 
einfach logischer Weise nichts Anderes verstehen, als: das theilweise oder 
mitunter gänzliche Heraustreten mancher Individuen aus den „ursprüng- 
lichen Eigenthümlichkeiten der „Art“. Eine dergleichen Abweichung 
sei z. B. ein weissgefleckter, ganz weisser oder gelblicher, isabellfarbiger 
Haussperling. Solche Fälle seien aber weder „blosse Abänderungen“, 
noch haben sie es mit „klimatischen“ Einflüssen zu thun. Vielmehr zeigen 
sie einen pathologischen Zustand an, der unter jederlei Klima vorkommen 
könne und wirklich unter jedem vorkomme. — Auch die Ausdrücke 
„Abart“ für „Abänderung“, so wie „Spielart“* für „Ausartung“, seien 
zu verwerfen: da sie jeder Klarheit ermangeln, daher nur die Begriffe 
verdunkeln und verwirren. Ein Gleiches aber gelte von der Bezeich- 
nung „zufällige Abänderungen“ für „Ausartungen“; denn auch sie 
drücke gerade das Wesentlichste der letzteren, nämlich den Widerspruch 
zu den eigentlichen Characteren der „Art“ ganz und gar nicht aus. 

Eine der am häufigsten ganz unpassend gebrauchten Benennungen sei 
ferner das Wort „Race“. Denn nicht bloss in der Anthropologie, Thier- 
arzneikunde, Landwirthschaft und von daher selbst im gewöhnlichen Leben, 
sondern auch schon in der schlichten „angewandten Ornithologie* der 
Hühnerhöfe und Taubenschläge pflege man sich bekanntlich des Ausdrucks 
„Race“ immer nur für solche Varietäten zu bedienen, welehe sich 
durch eine theils ursprüngliche, theils im Verlaufe der Zeit und der Ge- 
herationen angenommene Beständigkeit ihrer wesentlichsten Eigen- 
schaften auszeichnen. In der „‚wissenschaftlichen Ornithologie“ da- 
gegen sehe man, besonders neuerlich, sehr. gewöhnlich das Gegentheil hier- 


282 


von geschehen. Für wirkliche Racen, wie Raben- und Nebelkrähe, denke 
nur höchst selten Jemand an den Gebrauch dieses Ausdruckes; und für 
die meisten Ornithologen sei daher der ganze Begriff dessen, was man 
unter dieser so beachtenswerthen Eigenthümlichkeit zu verstehen habe, all- 
mälig so verloren gegangen, als habe derselbe überhaupt nie bestanden, 
Wer sich jetzt des Wortes bediene, thue dies gewöhnlich für klimatische 
Abänderungen. Bekanntlich seien aber gerade sie die unbeständigsten 
von allen: da sie überall sich hauptsächlich erst mit dem Alter bestimmter 
ausbilden, in den Einzelheiten ihrer Färbung und Zeichnung sich häufig 
gleichsam durchkreuzen u. s. w. Bei ihnen durchlaufe daher fast jedes 
Individuum sehr verschiedene Abstufungen. Denn sowohl die klimatischen 
Verschönerungender Standvögel im Süden, wie die mancher Zugvögel im Süden 
und Norden oder NO, seien bei den jungen oderjüngeren Exemplaren derselben 
noch sehr wenig oder gar nicht vorhanden. Junge Sperlingsmännchen z.B. sehen 
im ersten Herbste ihres Lebens nicht bloss in ganz Italien, sondern sehr 
häufig selbst in Aegypten genau so aus, wie gewöhnlich bei uns. Unmög- 
lich könne man doch aber sagen wollen: sie würden mit dem höheren 
Alter zu anderen „Racen‘‘. Gerade als „Racen‘‘ könne man ja, dem sonst 
allgemeinen Sprachgebrauche gemäss, immer nur Varietäten von stand- 
hafter Eigenthümlichkeit bezeichnen. — Vollends am allerwenigsten zu 
billigen sei der ganz ungeographische Ausdruck „Local-Racen“-für solche 
„klimatische Abänderungen“. Denn weit entfernt davon * bloss „local“ zu 
sein, d. h. sich auf diese oder jene Oertlichkeit' von geringem Umfange 
zu beschränken, finden sich ja ziemlich viele klimatische Varietäten über 
sehr bedeutende Strecken mehrerer ganzer Welttheile verbreitet. Ja, es 
gebe vielleicht wenige unter ihnen, deren gesammtes Vorkommen nicht 
bedeutend weiter herumreiche, als die Wohnsitze irgend eines noch so 
zahlreichen Volksstammes der Erde. Mit welchem Rechte also könne 
man ein solehes Vorkommen oder solche Varietäten „local“ nennen? 

Wirkliche Racen könne es, wie leicht einzusehen, bei jeder der 
wenigen zur Racenbildung geneigten Arten füglich immer nur 2 geben: 
da ja eben die Neigung hierzu in dem eigenthümlichen Hange einer sol- 
chen Species bestehe, nur Farben-Extreme entstehen zu lassen; Mittel- 
stufen dagegen meist ganz auszuschliessen. Denn mit einem häufigen Vor- 
kommen dieser würde natürlich auch die ganze „Racenbildung“ von selbst 
aufhören. 

Umgekehrt walte bei allen klimatisch variirenden Arten die ent- 


schiedenste Neigung vor, alle’ mögliche Uebergänge der Extreme in 


283 


einander, so wie vielflache Kreuzungen der Mittelstufen, hervorzu- 
rufen; zumal da selbst unter gleichem Klima nur wenige Individuen auf 
genau gleiche Weise abändern. Eben diese grosse Veränderlichkeit 
nach Graden trotz dem Festhalten an den bleibenden Grundzügen der 
„Art“, sei also das Bezeichnende von klimatischen Varietäten; für die 
Racen dagegen, wo es deren gebe, sei es das Verharren in den beiden 
für die Species überhaupt möglichen Extremen; und für Ausartungen 
sei es das Heraustreten aus den Eigenthümlichkeiten der „Art.“ Mit- 
hin könne es für das Eine wie für das Andere gar keine passendere Aus- 
drücke geben, als diejenigen, welche sich von selbst als die am nächsten 
liegenden darbieten: während ein gesuchter oder versuchter Gebrauch an- 
derer nur zu Unklarheiten und Missverständnissen führe. 

Ueber das Bestehen klimatischer Varietäten als blosser durch 
äussere Verhältnisse bedingter Abänderungen von „Arten“ überhaupt 
sei glücklicherweise jetzt nicht weiter zu streiten, und namentlich für 
Deutschland nicht. Bloss im Einzelnen könne hin und wieder ein Zweifel dar- 
über herrschen, was eine blosse Varietät oder was eine selbständige Art 
sei. Nur dürfe man sich vor Allem nieht daran stossen, dass in manchen 
Fällen das Abändern sehr weit gehe; denn allerdings gebe es manche 
Arten, bei welchen die blossen Varietäten in den Extremen zehnfach wei- 
ter von einander entiernt stehen, als dies anderswo zwischen unzweifel- 
haft guten Arten der Fall sei. Indess gelte Ersteres ja auch nur von 
solchen Arten, die gewisse, als vorzugsweise leicht veränderlich bekannte 
Farben tragen. Von einem zum Voraus bestimmenden allgemeinen, für 
alle Fälle geltenden Maasse könne daher freilich durchaus nicht die Rede 
sein; wohl aber gelte ein meist sehr ähnliches für die unter sich ähnlichen 
Fälle, wo Färbung, Zeichnung und sonstige Verhältnisse ungefähr die 
nämlichen seien. 

Nach welchen speeiellen Grundsätzen in Bezug auf das Eine wie auf 
das Andere bei der Beurtheilung solcher Abänderungen oder fraglicher 
Arten zu verfahren sei, habe der Vortragende schon in der erwähnten 
Schrift angegeben. Einige Zusätze und neue Erweiterungen dazu wolle 
er jedoch im Verlaufe der ferneren Besprechung liefern: da natürlich der 
Umstand, dass letztere bei der vorjährigen Versammlung der Gesellschaft 
als Hauptgegenstand auf die Tagesordnung für die jetzige Zusammenkunft 
gesetzt worden sei, ihm Veranlassung gegeben habe, sich Jetzt mit beson- 
derem Interesse an den Verhandlungen über eine Frage zu betheiligen, 


die er bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten specieller, als je früher, an- 


254 


geregt und zu durchgreifendster Prüfung empfohlen habe. Die Bestätigun- 
gen seien inzwischen hinreichend nachgefolgt; und namentlich haben seine 
deutschen Freunde in Russland sie auf ihren Reisen weit umher in Menge 
geliefert. Indess begnüge er sich fürs Erste mit diesen einleitenden Be- 
merkungen, um zunächst Anderen, besonders aber seinem werthen Freunde, 
Herrn Dr. Altum, Zeit und Raum zu lassen zu etwaigen Gegenbemer- 
kungen und zu einigen weiteren Ausführungen hinsichtlich der soeben be- 
sprochenen Punkte. Denn bei aller Selbständigkeit des Einen gegenüber 
dem Andern seien sie doch, mit ihrer beiderseitigen Anschauung der ge- 
sammten Frage, sehr bald nicht bloss im Ganzen, sondern gewöhnlich 
auch bis in die speciellsten Einzelnheiten der besonderen Fälle hierin 
zusammengetroffen. 

Herr Dr. Gloger tritt hiernach ab und Herr Dr. Altum wird daher 
vom Vorsitzenden zum Vortrage aufgefordert. Dieser lautet: 

„Meine Herrn! Durch den Vortrag des Herrn Dr. Gloger ist mir 
Einiges vorweggenommen und durch die anfängliche Erklärung des Herrn 
Pastor Brehm für Anderes der Grund entzogen; ich sehe mich also nur 
mehr auf einige wenige Worte beschränkt und will mich deshalb kurz 
fassen. 

Den Begriff der Species kann man einfach definiren als Wesens- 
gleichheit. Diejenigen Vögel bilden eine und dieselbe Species, welche 
wesensgleich sind; und diese Gleichheit ihres Wesens beweisen sie da- 
durch, dass sie, gegenseitig sich verbindend, solche Junge zeugen, welche 
in jeder Weise den zeugenden Alten gleich sind in den verschiede- 
nen Stadien ihres Lebens. Die beiden Geschlechter also und die Jungen 
in auf- und absteigender Linie bilden demnach die Art. Finden wir aber, 
dass die erzeugten Jungen den Alten nicht gleich sind, dass sie also 
sowohl von dem zeugenden Männchen wie von dem zeugenden Weibchen 
verschieden sind, so folgt daraus, dass die Alten ebenfalls nach ihrem 
Wesen, nach ihrem Plane, nicht dieselben Vögel waren. Solche den 
Aeltern ungleiche Junge sind aber die Bastarde, sowohl nach dem 
äusseren Kleide, als, was wichtiger ist, nach der Fortpflanzungsbeschränkt- 
heit. Sie beweisen also, dass die Alten nicht derselben, sondern einer 
verschiedenen Art angehören. Sie sehen, meine Herren, dass ich der 
Sache nach ganz auf dasselbe geführt werde, was vorher als Species auf- 
gestellt und erörtert wurde. 

Ich gehe aber weiter: Es folgt aus dieser Definition, da gleich eben 
„gleich“ ist, weil eine Wesensgleichheit also keine Stufen, keine 


285 


graduellen Verschiedenheiten zeigen kann, dass das dem Begriffe 
Species entsprechende Reale weder potenzirt noch depotenzirt werden 
könne, dass also Unterarten, Subspecies unmöglich sind. Art ist 
Art, so wie gleich gleich ist; jedes wesensungleiche Thier bildet also 
keine Unterart, sondern eine neue, der ersten gegenüberstehende. 
Die einzige Erscheinung, die bei ganz unbefangener Naturbetrachtung als 
eine depotenzirte, depravirte Art, oder vielmehr als ein depravirtes 
Wesen, als ein Unterwesen erscheint, ist der Bastard; und ich muss 
somit solche hybride Vögel als wirkliche Subspecies der Stamm- 
arten, also z. B. das Rackelwild als eine Subspecies von urogallus 
und tetrie ansehen. — Alles andere, meine Herrn, was sich sonst 
als Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit innerhalb derselben Art zeigt, 
berührt das Wesen des Vogels nicht, sondern ist blosse Aeus- 
serlichkeit, Farbe oder Dimension; für solche Verschiedenheiten 
ist und bleibt aber nicht Subspecies, sondern Varietas, der in sämmt- 
lichen übrigen Branchen der Zoologie feststehende term. techn. und die 
einzig richtige Bezeichnung. — Bei dem Begriffe Genus ist es freilich 
"anders. Wir können ihn als Wesensähnlichkeit definiren; Achn- 
lichkeit aber hat Grade; es können sich Wesen nach ihrer Aehnlichkeit 
in verschiedener Weise nahe stehen, und wir können also von mehr oder 
weniger ähnlichen Wesen reden. Deshalb kann man auch, je nach dem 
Stande der Wissenschaft, die Grenzen eines Genus erweitern und ver- 
engern; hier also gibt es wirkliche Subgenera. Jedoch möge die Defini- 
tion als Wesensähnlichkeit uns das in Erinnerung bringen, dass es bei 
der Aufstellung der Genera eben auf das Wesen und dessen äusseren 
Ausdruck, also auf den Tootaltypus des Vogels im äusseren Bau und 
Leben ankommt, nicht aber auf ein vereinzeltes körperliches Merkmal, 
wie etwa bei den Species! Es folgt dann ferner aus dieser Definition, dass 
sich Genus und Genus einander in Gesammtausdrucke als unähn- 
lich gegenüberstehen müssen. Wenn man diesen Gesichts- und Stand- 
punkt verliert, so wird man, auf modernem Wege weiter fortfahrend, für 
jede Species ein besonderes Genus schaffen können, wie man ja factisch 
jetzt fast keine zwei europäische Meisen oder Schwalben mehr einem und 
demselben Genus angehören lässt. — Doch das gehört nicht hierher, 
ich kehre daher zur Species zurück. 

Fragen wir weiter: Woran erkennt man, ob ein Vogel zu 
einer bestimmten Species gehöre oder nicht, so ist das im All- 


gemeinen durchaus nicht zu bestimmen. Es ist unmöglich, die Natur 


286 


von vorn herein philosophisch construiren zu wollen. Jede Art hat ihre 
eignen Gesetze, innerhalb deren sie variirt; diese lernen wir aber nur 
durch genaue Untersuchung und praktische Beobachtung. Doch können 
wir sehr wohl einige Gesichtspunkte aufstellen, die uns als Normen in 
zweifelhaften Fällen mit ziemlicher Sicherheit über das Speciesrecht ent- 
scheiden lassen. Es mögen nun einige Prineipien, welche sich durch 
Beobachtung und Nachdenken ergeben, hier kurz angeführt werden und 
ich unterbreite sie dem Urtheil der verehrten Versammlung; behalte mir 
Jedoch deren Anwendung auf die Gesammtheit der europäischen Vögel 
für eine eigne Arbeit vor und begnüge mich hier zur Erläuterung nur 
mit einem oder anderem Beispiel. 
Es sind folgende: 

1) Diejenigen Veränderungen, welche sich aus irgend wel- 
chem Grunde bei einzelnen Individuen zeigen, können 
auch bei allen Individuen derselben Art eintreten. Wenn 
also eine Erscheinung in einer Gegend vereinzelt auftritt, so haben 
wir keinen Grund, dann eine neue Species zu machen, wenn die- 
selbe Erscheinung in einer andern Gegend Regel ist. Als Beispiel’ 
mögen die Haussperlinge dienen und das, was Gloger in seiner 
Schrift über das klimatische Abändern der Vöger und Säugethiere 
darüber angibt. 

2) Jede Veränderung, welche specifisch gleiche Vögel einer 
Gegend in den verschiedenen Stadien ihres Lebens er- 
fahren, kann sich unter andern Lebensverhältnissen dieser 
Thiere steigern oder vermindern. Die graduelle Verschieden- 
heit der Kleider der Jungen und Alten, der Weibehen und Männchen 
kann also unter besonderen Einflüssen — mögen dieselben individuell, 
klimatisch oder wie sonst sein — von der gewöhnlichen Er- 
scheinung abweichen, aber wohlgemerkt nur auf derselben 
Scala sich erhöhend oder verringernd. Ein hahnenfederig ge- 
färbtes Weibchen ist demnach ebenso wenig vom Normalkleid spe- 
eifisch verschieden, als ein weiblich (oder jugendlich) gefärbtes 
altes Männchen. Man betrachte von diesem Gesichtspunkte aus 
2. B. Sylvia rubricapila. Wäre diese rothköpfige Grasmücke nicht 
eine Form von atricapilla, sondern etwa von melanocephala, so wäre 
dieses Kriterium durchaus nicht anwendbar; denn bei dieser letzteren 
steigt die Farbe des Oberkopfes nicht durch Rothbraun, sondern 


durch Grau zum Schwarz. Eine rothköpfige melanocephala wäre eine 


287 


gute Species; eine rothköpfige atricapilla hat aber hinsichtlich ihres 

Speciesrechts von,vorn herein die stärkste Präsumtion gegen sich; 

hier liest die abweichende Färbung in der normalen Scala, dort nicht. 

3) Die [Verschiedenheiten der Sommer- und Winterkleider 
geben Beurtheilungsgründe ab für die artliche Selbst- 
ständigkeit solcher Vögel, die stets einen mehr sommer- 
lichen oder winterlichen Aufenthaltsort haben. Man 
beurtheile danach u. a. die Schneehühner. 

4) Die Aberrationen sive Ausartungen (Albinismen ete. etc.) geben 
uns bedeutsame Winke für die Neigung gewisser Gruppen 
oder einzelner Species, irgend eine Farbe zu verändern. 
Man beachte die Acyanismen der Meisen, wonach Parus ultra- 
marinus als Species bezweifelt werden muss, ferner die bekannte 
Neigung der rabenartigen Vögel zu albiniren und zu canesciren, 
wonach man Corvus dauricus, ferner (. cornie und corone beurtheilen 
möge. 

5) Da Species Wesensgleichheit ist, Gleichheit und Ungleich- 
heit aber nie vermittelt werden kann, so lässt auch die 
äussere Ausprägung dieser Wesensgleichheit in den Klei- 
dern keine Brücke von der einen Art zu einer andern zu; 
und folglich vernichten die Uebergänge das Speciesrecht 
der Extreme. Die Blaukehlchen mögen als Beispiel hiervon dienen. 

6) Zuletzt erwähne ich noch des Mitwirkens der Oologie, 
welche als Hülfswissenschaft der ÖOrnithologie gerade zur 
Beurtheilung der Species gewiss oft von bedeutendem 
Momente sein wird. Die Eier variiren freilich mannigfach, zum 
Theil weniger, zum Theil mehr als die Vögel selbst. Jedoch wird 
der Oolog von Fach schon wissen, was eine artliche Verschiedenheit 
ist und was er nur als Varietät zu betrachten hat. 

Sie sehen also, meine Herren, dass es unmöglich ist, von vorn 
herein etwas darüber feststellen zu wollen, was jedesmal in concreto eine 
Species sei, oder was nicht, sondern blosse Abänderung oder dergl. Viel- 
mehr bleibt für jeden einzelnen Fall die genaueste Beobachtung und 
Prüfung erforderlich, freilich verbunden mit einigem Nachdenken. Die ange- 
führten 6 Punkte könnten noch unschwer vermehrt werden durch andere 
Bemerkungen; solche werden sich jedoch aus dem Gesagten zum Theil von 
selbst ergeben. So äusserte mir Herr Dr. Gloger einmal, dass einfach 


gefärbte oder fast einfarbige Vögel trotz grosser äusserer Aehnlichkeit 


288 


doch recht wohl bestimmt speeifisch unter sich verschieden sein könnten, 
während die buntfarbigeren ein viel weiteres Feld des Variirens hätten, 
ohne dass an eine artliche Verschiedenheit zu denken sei. — Und aller- 
dings müssen wir, selbst auch abgesehen von solcher Einfarbigkeit oder 
Buntheit, nach obigen Kriterien oft eine grosse auffällige Menge verschie- 
dener Kleider doch nur unter eine einzige Species fassen. Ich halte mich 
z. B. für vollständig berechtigt, den Falco melanogenys Gould’s aus Neu- 
holland mit unserm peregrinus, den frontatus Gould’s (ebendaher) mit unserm 
subbuteo specifisch zu identifieiren. Ja ich würde, wenn in Neuholland 
auch ein Merlinfalke vorkäme, was ich nicht weiss, mir zutrauen, sein 
äusseres Kleid zu malen, ohne dass ich ihn gesehen oder eine Beschrei- 
bung von ihm erfahren hätte.*) Anderseits aber müssen wir ebenso bei 
ganz kleinen Verschiedenheiten als specifischen Diagnosen verweilen. 
Zeigt nämlich ein Vogel, jung oder alt, Männchen oder Weibchen, fast 
ganz dasselbe Aeussere, so haben wir keinen Grund eine, wenn auch 
geringe, Abweichung bei einem andern unbeachtet zu lassen. Jede Art, 
oder wenigstens jede engere Gruppe, hat ihre bestimmten Gesetze; diese 
müssen wir auffinden und nach diesen urtheilen. Ein sogenannter „orni- 
thologischer Blick“ für sich allein beweist noch gar nichts. 

Von plastischen Verhältnissen gelten, mutatis mutandis, die erstge- 
nannten Gesichtspunkte ebenfalls. Die Schnäbel z. B. variiren an Länge, 
Höhe, Breite bei den Individuen aller Species, bei kleinen Schnäbeln 
weniger, bei langen mehr. Wollte man darauf hin fortwährend Species 
gründen, so würde man, fein mit dem Tasterzirkel messend, bei einigen 
Arten so viel neue Arten machen können oder müssen, wie man Indivi- 
duen vor sich hätte. 

Das ist im Allgemeinen Dasjenige, meine Herrn, was ich Ihnen 
über diesen Punkt vorzutragen mir vorgenommen hatte; und ich bitte 
Sie, auch diesen Beitrag zu dem Ganzen in Betracht der Wichtigkeit der 
Sache freundlich würdigen zu wollen. 

Der Vorsitzende fordert nun zur Debatte über diesen Gegenstand auf. 

Prof. Blasius erklärt, trotzdem noch nicht zu wissen, wie er solche 
Prinzipien anwenden solle. 

Dr. Altum meint gesagt zu haben, dass stets ein verschiedener 


Maassstab angelegt werden müsse; jedes engere Genus habe seine besondere 


*) Der Redner frägt die Versammelten, ob wobl in Neuholland ein solcher 
Falke vorkäme? Niemand kennt einen solchen; auch Prinz Bonaparte verneint es, 


239 


Norm, nach der es äusserlich sich verändere; jede Speeies habe ihre 
Scala, die müsse studirt werden; in jeder Gruppe zeigten sich gewisse 
eigenthümliche Gesetze, die müsse man durch Beobachtung aufzufinden 
suchen, und eben sie als Maassstab anlegen da, wo noch Zweifel herrsche; 
dann könne man schon ziemlich sicher gehen. Ein allgemeines Gesetz ist 
in der Natur nicht vorhanden; der eine Vogel ist in der Jugend schwarz, 
im Alter weiss, der andere umgekehrt. 

Herr Dr. Gloger will noch einige Speeialitäten nachtragen, theils 
um seine vorige Rede zu ergänzen, theils an manche der inzwischen von 
den andern Herren gemachten Bemerkungen anzuknüpfen. Er sagt: 

Die Art, wie man Principien anzuwenden habe, pflege sich überall 
schon aus diesen selbst zu ergeben. So denn auch hier. Habe man sich 
dieselben aber gebührend angeeignet, dann sei es leichter, sie an wirklich 
vorliegenden Exemplaren zweifelhafter Species oder Varietäten auch sofort 
anzuwenden, als mit kurzen Worten allgemeinhin zu sagen, wie man die 
Sache überhaupt anzufangen habe. Dagegen sei es natürlich in dem 
ersteren Falle äusserst leicht, die jedesmaligen Gründe anzugeben, warum 
man das Eine diesen Principien gemäss bloss für eine Varietät, das 
Andere hingegen füreine gute Species halten könne. Man habe dann hiermit nur 
Anderen zu sagen, was man ohnehin sich selbst sagen müsse. Denn der 
Unterschied eines Verfahrens nach bestimmten Grundsätzen von einem 
solchen ohne diese beruhe ja eben darin, dass man bei ersterem sich in 
jedem einzelnen Falle der Gründe für das Eine und gegen das Andere 
bewusst zu werden suche und suchen müsse. Theorie und Praxis’ 
also Principien und deren Anwendung, müssen einander hier, wie 
überall durchdringen. Richtige Prineipien seien die Leuchte auf dem 
Wege der Praxis; ohne sie tappe man bei letzterer aufs Gerathewohl im 
Dunkeln. Mit ihnen dagegen könne man häufig sogar in schwierigen 
Fällen über manche augenblicklich noch vorhandene Lücke in dem posi- 
tiven, erfalhrungsmässigen Wissen hinweg zu dem Richtigen gelangen. 
Das glaube der Vortragende erst neuerlich wieder bei „Auligula Homeyeri“ 
bewiesen zu haben. Während Einige dieselbe mit einem ziemlichen An- 
scheine von Recht für eine besondere Art, die Meisten dagegen ohne 
Grund für einen Bastard zwischen F.'ferina und F. nyroca ansehen wollten, 
sei er vom ersten Augenblicke an der Meinung gewesen, dass man sie 
„höchst wahrscheinlich nur für eine klimatiche Varietät der ersteren und 
zwar in deren höheren Alter,“ zu halten habe, Positiv zu beweisen aber 


sei diess freilich damals noch nicht gewesen, weil Uebergänge von 
Naumannla. 1856. 19 


290 


ihr zu der gewöhnlichen jerina wenigstens bei uns damals noch nicht 
bekannt gewesen seien. Inzwischen habe sich aber die Thatsache heraus- 
gestellt, dass in Frankreich (durch Dr. Jaubert zu Marseille) dergleichen 
Mittelstufen schon beschrieben gewesen seien, bevor man in Deutschland 
auf den Gedanken kam, das eine Färbungsextrem als „A. Homeyerif, 
für eine besondere Species anzusehen.*) 

Dergleichen Fälle seien mithin wohl geeignet, zu zeigen, um wieviel 
eher man gerade in schwierigen Fällen auf Grund richtiger Prineipien 
auch wirklich das Richtige treffe, als wenn man solche Prineipien ent- 
weder überhaupt nicht besitze, oder wenn man sie nicht folgerichtig genug 
durchführe. Irren, oder wenigstens in Zweifel bleiben, könne man aller- 
dings, je nach Umständen, bisweilen auch mit ihnen; besonders, wenn 
eben das gerade vorliegende Material zur Untersuchung noch zu lücken- 
haft sei. Durchschnittlich betrachtet, werden indess wirkliche Fehler unter 
je zehn Fällen kaum einmal vorkommen. Dann aber werde es doch wohl 
ohne Zweifel ein sehr viel geringeres Unglück für die Wissenschaft sein, 
hin und wieder Eine gute Species einstweilen zu übersehen, oder zu ver- 
kennen, und sie einstweilen für eine blosse Varietät zu halten, als neun- 
mal blosse Varietäten als vermeintliche Species aufzustellen! Denn eine 
wirklich gute „Art“ finde sich doch späterhin immer wieder. Eine 
schlechte dagegen werde man eigentlich nie ganz wieder los, da” man sie, 
auch nachdem sie thatsächlich beseitigt worden sei, doch immer noch als 
nutzlosen Ballast unter den Synonymen mit herumzuschleppen habe. Mit- 
hin spuke sie dennoch wieder als historisches Gespenst fort. Und leider 
habe es vielfach bei 2 oder 3 solchen „umgehenden Geistern“ (oder viel- 
mehr Ungeistern) nicht einmal sein Bewenden. Im Gegentheile: bei 
manchen weit verbreiteten und stark abändernden Arten gebe es deren 
bereits ein halbes Duzend. Vor ihnen werde uns für die Folge nur eine 
sorgfältige Anwendung richtiger Prineipien bewahren; ebenso, wie sie uns 
jetzt endlich von der Menge schon vorhandener befreien solle. 

Redner glaube diese Grundsätze bereits in seiner erwähnten Schrift 
nach allen Richtungen hin speciell dargelegt zu haben; Andere, darunter 
namentlich seine vielgereisten Freunde v. Nordmann und v. Midden- 


dorff, seien in der praktischen Anwendung derselben überall nachgefolgt. 


*) Der Nachweis hierüber war zur Zeit der Versammlung gerade im Drucke 


begriffen. Er findet sich daher bereits im vor. Hefte der „Naumannia“ S. 252u.f. 
j Bald. 


291 


Er wollte daher, nachdem so viele Bestätigungen vorliegen, jetzt nur 
einige Nachträge dazu in Bezug auf solche Punkte liefern, in Betreff deren 
er damals noch entweder nicht weit genug gegangen sei, oder für die er da- 
mals weniger Gründe und beweisende Thatsachen anzuführen gehabt habe, 


als deren sich gegenwärtig herausstellen. 


So gehöre es z. B. unter die sehr gewöhnlichen Erscheinungen, dass 
man südliche Varietäten kleiner finde, als die Individuen gleicher 
„Art“ bei uns. Dies hänge ohne Zweifel sehr einfach mit der vermehrten 
Ausdünstung bei höherer Wärme, also mit dem hierdurch verursachten 
stärkeren Säfte-Verbrauche zusammen. Wie gross der Unterschied hierin 
sein müsse, darauf lasse namentlich die Beobachtung von Raubvögeln 
schliessen. Während dieselben bei uns nur selten oder manche fast nie 
trinken, wisse man, dass z. B. in Aegypten die Adler täglich, und mit- 
unter sogar noch mehr als 'Einmal, nach dem Nil oder sonst zum Wasser 
Niegen, um zu trinken oder sich auch wohl zu baden. Der Organismus 
behalte demnach in der wärmeren Luft südlicher Länder, oder solcher, 
die sonst (in Folge einer klimatisch-extremen geographischen Lage) einen 
besonders warmen Sommer haben, von einer gleichen Menge ernährender 
und bildender Stoffe nicht so viel zur wirklichen Ausbildung in sich, wie 
in kühleren Gegenden. Ein Gleiches aber gelte in der, an sich dünneren 


Luft grosser Hochebenen. 


Auf dieselbe Weise erkläre sich ferner auch die rasche Verschöne- 
rung südlicher und nordöstlicher Vögel mit dem zunehmenden 
Alter. Die Ausdünstung 


g, als vermehrte Hautthätigkeit, betreffe der Natur 


der Sache nach immer hauptsächlich die wässrigen Stoffe, dagegen sehr 
viel weniger oder fast gar nicht die unter denselben in der Haut mitent- 
haltenen färbenden. Letztere können und müssen sich demnach mehr an- 
häufen, also verdichten und zugleich nach ihrer chemischen Beschaffenheit 
vollkommener entwickeln. Ohnehin liege diess überall zugleich schon in dem 
Bestreben jedes Organismus nach weiterer Vervollkommnung. Daher die Er- 
scheinung, dass erstens dortige Exemplare meist bereits im zweiten oder dritten 
Jahre ihres Lebens gleich schön aussehen, wie unter den unsrigen erst die sehr 
hoch bejahrten, und dass zweitens letztere es nie indem Grade werden können, 
wie viele dortige. Denn auch dort erreichen ja viele gleichfalls ein hohes 
Alter; sie bleiben also dem unsrigen bei gleichen Jahren stets um das 
voraus, was als Wirkung aller solchen klimatischen Einflüsse zu betrachten 


sei. Hieraus werde es mithin erklärlich, warum bei uns z. B. auch die 
19* 


292 


schönste alte Blaumeise doch nie ein vollständiger „Parus ultramarinus“ 
und kein noch so alter Haussperling zu einer vollendeten „Zringilla 
hispaniolensis“ (!) werden könne. 

Bei Raubvögeln ins Besondere, zumal bei den grösseren und mittel- 
grossen Arten derselben, erscheine die Grösse bekanntlich einem vor- 
zugsweise bedeutenden Wechsel unterworfen. Indess bedürfe es hierzu 
gerade bei ihnen gar nicht einmal klimatischer Einflüsse: obwohl solche 
natürlich sehr oft mit hinzutreten. Vielmehr erkläre sich die Sache genügend, 
wenn man sich auch nur die Umstände vergegenwärtige, unter welchen 
bei ihnen das Aufziehen der Jungen von unmittelbar neben einander woh- 
nenden Paaren oft Statt finde. Von ihren sehr wenigen Eiern sei nämlich, wie 
bekannt, sehr häufig eines gar nicht einmal befruchtet. Wenn dies aber z. B. 
unter zwei Gelegen von je 2 Eiern bei einem Paare der Fall sei, bei dem 
zweiten dagegen und bei einem dritten Gelege von 3 Eiern nicht: so wird 
es dem ersten Paare weit leichter fallen, sein Eines Junges mit übermässig 
reichlichem Nahrungsvorrathe zu versorgen, als es dem dritten werden 
könne seine 3 auch nur ganz kärglich durchzubringen. Kein Wunder 
also, wenn vor Allem bei grossenRaubvögeln auf die individuelle Grösse- 
verschiedenheit in Betreff zweifelhafter Arten sehr viel weniger zu geben 
sei, als bei jederlei anderen Vögeln. Die Sache beschränke sich jedoch bei 
jenen auch nicht auf die grossen und mittelgrossen Species allein. Denn 
schon der Sperber lege gleichfalls oft nur 3—4, zuweilen aber auch 6 
oder 7 Eier. Demnach komme sogar er bereits in die Lage, mitunter 
doppelt so viel Junge ernähren zu müssen, wie sonst. Es bedürfe mithin 
wahrlich nicht der früheren, ja in Frankreich sogar neuerlich wieder 
geschehenen Annahme zweier Arten von ihm, um sich das Vorkommen 
ungewöhnlicher Grössenabweichungen bei ihm zu erklären.*) 

Bei den Eulen seien schon in Europa die hochnordischen Exemplare 
oft bedeutend grösser, als die bei uns heimischen; für Nordamerika gebe 
Audubon die entsprechenden Unterschiede mehrfach, und nicht ohne sein 
eigenes Verwundern hierüber, als noch viel grösser an. Allgemein be- 


trachtet, liege dies offenbar an dem grossen Nahrungsreichthum, welcher, 


*) Hr. Dr. Gloger ersucht mich zu bemerken, dass er von hier ab 
manches Einzelne in dem noch Folgenden zum Behufe des Abdruckes etwas 
weiter ausgeführt habe, als ihm dies an dem ersten Versammlungstage sein 
körperliches Befinden mündlich zu thun gestatten wollte. Er hoffe jedoch auch 
die Leser der „Naumannia“ hiermit einverstanden zu sehen. 


D. Seecr. 


z 293 


trotz der geringen Anzahl von Thier- und Pflanzen-Arten unter so hohen 
geographischen Breiten, doch aus der Menge vorhandener Individuen, so 
wie vermöge jener Ueppigkeit entstehe, zu welcher das pflanzliche und das 
niedere thierische Leben dort, nach dem langen Winterschlafe, plötzlich in 
dem kurzen, aber heissen Sommer mit seinem fast ununterbrochenen Sonnen- 
scheine erwache. Gemässigtere Gegenden bieten einen so grossen, wenn 
auch rasch vorübergehenden Reichthum nicht. Der Unterschied hierbei 
zu Gunsten Amerikas ins Besondere aber, verglichen mit dem Europas und 
Nordasiens, hänge wahrscheinlich mit der sehr verschiedenen, oder viel- 
mehr umgekehrten Massenbildung der beiden Festländer zusammen. Wäh- 
rend sich nämlich in Amerika die Landmasse von seiner Mitte aus gegen 
Norden hin ungemein erweitere, nehme dieselbe in der alten Welt unter 
denselben Breitegraden ab. So werden in der Neuen die Brüträuwe für 
nordische Vögel, im Vergleiche zu denen der südlicher wohnenden und 
zu ihren eigenen Ueberwinterungsräumen, überaus weit. Ein so gewalti- 
ger Umfang aber gestatte nun den Individuen sich viel mehr auszubreiten 
und sich daher überall noch günstiger in die so überaus reichliche Nah- 
rungsmasse zu theilen, als dies füglich in der Alten Welt geschehen könne. 

In wärmeren Klimaten erscheine für warmblütige Thiere das 
Bedürfniss einer warmhaltenden Bedecekung natürlich geringer; und 
für Säugethiere sei, bei ihrem stets zweimaligem Haarwechsel, der Unter- 
schied hierin ungemein viel grösser, als bei Vögeln. Indess habe Redner 
schon in der erwähnten Schrift es hieraus erklärt, warum der Geier- 
adler (Gypaitos barbatus) im Süden, wo er meistens auch weniger hoch 
auf den Gebirgen wohne, den unteren Theil der Fusswurzel minder tief ab- 
wärts befiedert zeige, als die Exemplare der schweizer Alpen. Hoch im 
Norden gehe die stärkere Befiederung der Füsse bei anderen Raub- 
vögeln sichtlich zugleich mit dem Alter fort. So bei den grossen hoch- 
nordischen Edelfalken, der grossen Varietäten-Gruppe von Falco candi- 
cans. Hier zeigen offenbar die hellsten oder weissesten und mithin ältesten 
jeder Varietät die am weitesten abwärts reichende Fussbefiederung. Um- 
gekehrt, mithin klimatisch entsprechend, scheine sie bei dem rauchfüssigen 
Bussarde auf Japan um beiläufig ein Drittheil verringert. Hr. Schlegel 
weise bei der, in der „Fauna japaniea“ gelieferten Abbildung sehr ange- 
messen auf den bekannten, obwohl meist wenig beachteten Umstand hin, dass 
überhaupt nur bei den rauchfüssigen Adlern eine vollständige Befiederung der 
Beine vorhanden sei, aber nicht bei diesem Bussarde. Hier erscheine im 
Gegentheil der Sohlentheil des Fussblattes kahl, daher mit Schuppen be- 


294 . 


legt; und er werde nur eben, besonders oberwärts, von den vorn und seit- 
wärts herumstehenden Federn mit überdeckt. Somit scheine hierdurch 
nun so der Anfang oder die Anlage zu einem weiteren Kahlwerden, auch 
rings um den Umsprung der Zehen herum, schon von selbst gegeben. 
Ferner scheinen manche Eulen mit schwachbefiederten Beinen in diesem 
Punkte gleichfalls bedeutend abzuändern. Wenn aber solche Dinge nicht 
einmal für die verschiedenen Individuen von Einer Species genau fest- 
stehen: wie könne man da vollends gar ohne Weiteres auf geringfügige 


Abweichungen darin Genera gründen wollen? — 


Ein Hauptpunkt von besonderer Wichtigkeit unter denjenigen, hin- 
sichtlich deren der Vortragende seine früheren Annahmen oder Voraus- 
setzungen durch neuere Thatsachen bedeutend übertroffen gesehen 
habe, sei die verringerte oder vermehrte Länge der Flügel bei 
manchen Vogelarten, je nachdem sie dem Klima ihres Wohn- oder 
Brutlandes gemäss entweder Standvögel bleiben können, oder Zug- 
vögel werden müssen. Bei dem Abfassen seiner Schrift über das Ab- 
ändern seien ihm hiervon bloss eine geringe Anzahl von Beispielen be- 
kannt gewesen. Darum habe er diese Frage, so richtig ihm die Sache 
theoretisch auch bereits damals erschienen sei, doch für’s Erste nur mit 
grosser Vorsicht behandeln können. Inzwischen habe jetzt namentlich 
Schlegel in Betreff solcher japanischer Arten, die meistens auch sonst 
noch weit verbreitet seien, wohl ein Duzend oder noch mehr Belege 
dazu geliefert. Der interessanteste hierunter sei indess offenbar der bei 
dem, bekanntlich in allen fünf Welttheilen einheimischen Gold-Regen- 
pfeifer „Charadrius pluvialis s. auratus.“ Dieser habe nicht blos, wie zu 
erwarten, kürzere Flügel in warmen Ländern, als in kälteren, son- 
dern auch speciell die kürzesten in denen Amerika’s. Das treffe also 
ganz eigenthümlich genau damit zusammen, dass gerade nur die gesammte 
Landmasse Amerikas nicht aber die der vier Erdtheile der östlichen Halb- 
kugel, ihrer ganzen Erstreckung nach ein zusammenhängendes Ganzes 
bilde: so dass also, mit Abrechnung der westindischen Inseln, meist kein 
Vogel über das Meer zu wandern brauche. Diese geographische Eigen- 
thümlichkeit sei gewiss um so beachtenswerther, weil die Folge hiervon 
sich wahrscheinlich auch noch auf manche andere Vögel mit ausdehne. 
Ferner stehe eine merklich grössere Länge der Flügel in Betreff grön- 
ländischer oder sonst hochnordischer Individuen, besonders unter 


den Singvögeln, bestimmt fest. Eben die übrigen hochnordischen müssen 


295 


aber meistens auch weit genug wandern; und die grönländischen haben 
dann wieder einen oder zwei bedeutende Meeresarme zu überfliegen. 

Aehnlich, wie hiernach die Flugwerkzeuge sich durch vermehrten Ge- 
brauch stärker ausbilden, während sie es bei vermindertem Gebrauche 
weniger thun, so könne ein gleiches auch mit den Beiss- oder Fresswerk- 
zeugen, also den Schnäbeln geschehen. So vor Allem bei den Saamen- 
schälern, und nächst ihnen bei solchen Insectenfressern, die, wie u. a. 
die Würger, vorzugsweise von hartschaligen Käfern ete. leben, deren 
Arten meist in südlicheren Gegenden grösser seien. 

Bei den Kreuzschnäbeln z. B., deren Arten sich neben der etwas 
verschiedenen Grösse entweder nur, oder doch hauptsächlich nur, durch 
eine specifisch charakteristische Gestalt und Stärke der Schnäbel unter- 
scheiden, sehen wir diese Unterschiede sich öfters bedeutend abschwächen: 
(obwohl sie, trotzdem, immer noch leicht als gute Arten kenntlich bleiben.) 
Denn es gebe Exemplare des Fichten-Kreuzschnabels, deren Schnä- 
bel, wenn auch der Gestalt nach der specifischen Regel treu bleibend, 
nicht viel weniger stark und kräftig erscheinen, als jene der meisten 
Kiefer-Kreuzschnäbel; umgekehrt sei nicht selten bei letzteren der 
Schnabel ähnlich schwach, wie bei der Mehrzahl von ersteren. Dies rühre 
offenbar davon her, dass kurz nach dem Ausfliegen der Jungen beider oft 
der Saame derjenigen Nadelholz-Gattung, auf welche jede Art vorzugs- 
weise angewiesen ist, gleichfalls „ausgeflogen“ sei: während jener der 
andern Gattung noch in den Zapfen "sitze. Auf der Erde suchen ihn diese 
Vögel aber fast nie auf. Dagegen wisse man, dass in solchem Falle jede 
Art, wenngleich nur aus Noth, doch regelmässig zu der für die andere 
bestimmten Saamen-Gattung greife. Ebenso wisse man jedoch auch, wie 
ausserordentlich viel schwerer es den Fichten-Kreuzschnäbeln falle, die hart- 
schuppigen Kieferzapfen zu bearbeiten, als die weichen von Tannen oder 
Fichten, und wie ungemein sehr diese beiderseits den Kiefer-Kreuz- 
schnäbeln die Sache erleichtern. Dies müsse nun gerade hier darum von 
bedeutendem Einflusse auf die stärkere oder schwächere Entwickelung der 
Schnäbel bei jungen, also noch in der Fortentwiekelung begriffenen Indi- 
viduen sein, weil der Schnabel dieser Gattung nicht bloss ebenso, wie die 
meisten andern Körnerfresser, zum nachträglichen Schälen der Saamen 
diene; sondern weil er vor Allem zugleich ihr Bruchwerkzeug sei, um durch 
gewaltsames Umbiegen und wirkliches Zerbrechen der Schuppen zu den 
Saamen zu gelangen. Dazu seien aber die Fichten-Kreuzschnäbel nur 


bei den, ihnen speciell zugewiesenen Tannen- und Fichtenzapfen befähigt, 


296 


ebenso wie die kleine Art mit den weissen Flügelbinden, Loxia leucoptera s. 
taenioptera, dies nur für die noch viel weicheren Lärchenzapfen sei. Da- 
gegen müsse die letztere Art, wie man es bei den im Käfige gehaltenen 
Exemplaren sehe, die Schuppen der Fichtenzapfen ebenso, wie erstere die 
von Kieferzapfen, immer vorherzur Hälfteoder mehr geradezu durchnagen, um 
sie dann erst rückwärts umzubrechen und so die Saamenkörner zu er- 
reichen. Für die Kiefer-Kreuzschnäbel aber, die ohne Weiteres auch die 
harten Schuppen der Kieferzapfen umzuknicken vermögen, sei das Bear- 
beiten der Zapfen von Tannen und Fichten recht eigentlich nur ein 
Spiel, nicht eine Kraft - Uebung. Ihr Schnabel könne sich demnach 
in solchem Falle hieran auch nicht so kräftig wie sonst entwickeln. 
Daher könne Redner überhaupt nur drei Arten, für die Alte und 
Neue Welt zusammen, als bestimmt gute anerkennen; die vermeint- 
lich besonderen asiatischen und nordamerikanischen aber 
nicht. Vielmehr scheinen ihm diese fremden alle mindestens im hohen 
Grade zweifelhaft. Denn ihre Färbungseigenthümlichkeiten seien kaum 
auch nur bemerkenswerth klimatische; die ohnehin geringfügige Abweichung 
der Schnäbel hingegen könne sehr leicht bloss auf derjenigen Verschieden- 
heit beruhen, welche zwischen den Zapfen der dortigen Kiefern-, 
Tannen-, Fichten- und Lärchen- Arten, verglichen mit den unsrigen, 
Statt finde. Gehen ja doch in manchen andern Fällen solche Abweichun- 
gen sehr viel weiter. 

So vor Allem bei dem Tannenhäher oder Nussknacker, Caryoca- 
tactes. Hier erscheine die bloss individuelle, ganz bestimmt nicht spe- 
eifische Verschiedenheit der Schnäbel in Betreff ihrer Länge, Stärke und 
mithin zugleich ihrer Gestalt nach den Extremen sichtlich noch grösser, 
oder mindestens nicht geringer als bei den Kreuzschnäbeln für alle 
3 wirkliche Arten. Darum werde nachzuforschen bleiben, ob die vor- 
zugsweise diek- und kurzschnäbligen Exemplare dieses Vogels nicht vor- 
zugsweise aus denjenigen Theilen Europas, namentlich aber Sibiriens her- 
stamme, in welcher die Arve oder Zirbelkiefer (Pinus cembra) 
grosse Waldungen bildet. In Europa sei dies freilich eigentlich nicht der 
Fall: — noch sehr viel weniger, als bei der Lärche für den weiss- 
bindigen Kreuzschnabel, — da jene auf den schweizerischen und süd- 
deutschen Gebirgen immer nur in kleinen oder sehr mässigen Beständen 
vorkomme. Alle dortigen Forstwirthe seien jedoch aus guten Gründen 
einstimmig der Meinung, dass man eben _dem Tannenhäher das Pflanzen dieser 


Arven-Gruppen (vermöge der von ihm vertragenen oder verlorenen Saamen) 


297 


zu verdanken habe, ähnlich, wie der Eichelhäher als geborener, von der 
Natur bestellter Eichen-Pflanzer wirke. Denn ersterer liebe die, gern und 
häufig auch von Menschen gegessenen „Zirbelnüsse“ noch mehr, als Hasel- 
nüsse; er hacke sie daher ohne Zweifel nicht ohne bedeutende Mühe und 
Kraftanwendung aus den mehr als faustgrossen, sehr hartschuppigen und 
natürlich sehr fest am Stiele hängenden Zapfen heraus. 

Ebenfalls bedeutend, und freilich in den Extremen oft mit ansehn- 
lichen Verschiedenheiten der Gesammt- (Rörper-) Grösse verbunden, aber 
jedenfalls um Vieles geringer, als beim Tannenhäher, seien die Abwei- 
chungen der Schnäbel nach Gestalt und Grösse bei den Rohr-Ammern 
verschiedener Länder, oder in südlichen auch wohl dieht neben einander. 
Hier nun habe man, trotz der entschiedenen sonstigen Gleichheit der In- 
dividuen, zuerst 2, nachher 3 und schliesslich gar 4 Arten zu sehen ge- 
meint; und Redner selbst habe früher an 2 derselben, in den Form- und 
Grösse-Extremen, geglaubt. Jetzt aber, wo mit der Zahl der untersuchten 
Stücke die Unterscheidbarkeit auch nur zweier Species, und noch mehr 
die von mehreren, sich als gar nicht möglich erweise, jetzt könne er sich 
die Sache hier nur ähnlich denken, wie bei den Kreuzschnäbeln und 
beim Tannenhäher. In gleicher Weise nämlich, wie nach Norden zu 
die pflanzliche Hauptnahrung des Rohrammers, die Saamen der Sumpf- 
und Hirsegräser, und diese ganzen Pflanzen selbst, immer kleiner 
werden: so werden auch die Schnäbel der Individuen von jenem immer 
kleiner und schwächer, daher zugleich ihre Gestalt noch länglicher. Ebenso 
kehre sich nach Süden hin, im Ganzen betrachtet, Beides um. Ins Be- 
sondere müsse es bemerkenswerth erscheinen, dass es recht diek- und 
rundschnäbelige Rohrammern, die hierin thatsächlich dem Gimpel 
ähnlich sehen, (Eimberiza pyrrhuloides Pall., von Anderen E. palustris und 
E. aquatica genannt,) bloss in denjenigen Landstrichen Südeuropas gebe, 
wo man seit 1—2 Jahrliunderten das nützlichste und wahrscheinlich auch 
für diese Vögel mit den wohlschmeckendsten Saamen versehene, aller 
Sumpfgräser, nämlich den Reis, theilweise in bedeutender Menge anbaue, 
— ihn, dessen Körner schon von ansehnlicher Grösse und mit einer nieht 
bloss dicken, sondern zugleich so eigenthümlich zähen Schale umgeben 
seien, dabei auch sehr fest an dem zähen, harten Strohe sitzen, von wel- 
chem der Vogel sie abzwicken müsse, Wie ergötzlich also, wenn man 
sich denke, dass jene vermeintliche „Art* mit so dickem Schnabel, die 
nunmehr den Ornithologen solches „Kopfzerbrechen“ verursache, wenig- 


stens für Europa vielleicht erst vermöge des Reisbaues „entstanden“ seil 


298 


Was also gelegentlich auch das Klima gethan haben solle, — nämlich „beson- 
“ dere neue Arten hervorbringen!* — das hätten dann in Betreff der „Zmb. 
aquatica“ die italienischen Landwirthe gethan. Denn geschichtlich habe 
der Anbau des Reis nicht gerade seinen Weg so genommen, dass man 
füglich annehmen könnte, der Vogel sei demselben von Asien her all- 
mählig nachgerückt. Im Gegentheile unterliege es kaum einem Zweifel, 
dass in dem ursprünglichen Vaterlande des gewöhnlichen oder Sumpf- 
Reises (im Gegensatze zu dem auf trockenem Boden wachsenden Berg- 


Reise) jemals Rohrammern vorkommen, oder gar da nisten sollten. 


Abgesehen von dergleichen Einflüssen gebe es jedoch noch einen 
zweiten Punkt, welcher eine specifische Verschiedenheit gleichfalls 
im höchsten Grade verdächtig mache. Diese sei: die vollständige 
Aehnlichkeit (oder vielmehr entschiedene Gleichheit) aller dieser Vögel 
nach Farben und Zeichnung trotz der ziemlichen Buntheit beider 
an sich, die also gerade eine recht merkliche Verschiedenheit wirklicher 
Arten hierin, wenn sie dies wären, sehr nahe gelegt und sehr leicht 


ausführbar gemacht haben würde. 


Eben dieser Gesichtspunkt aber, — die allzu grosse Aehnlich- 
keit oder gar vollständige Gleichheit der Farben und Zeichnung bei 
sichtlicher Anlage zur Mannichfaltigkeit und Verschiedenheit — 
bleibe ein höchst beachtenswerthes Kriterium zur naturgemäss rich- 
tigen Beurtheilung zweifelhafter Species überall, wo derselbe an- 
wendbar sei: d. h. wo eine solche Buntheit vorhanden und wo also 
mit ihr die „Anlage zur Mannichfaltigkeit“ für gute wirkliche Species 
gegeben sei. Denn jedes Einerlei widerspreche in solchem Falle dem 
anerkannten allgemeinen Bestreben der Natur nach möglichst grössester Ab- 
wechselung bei Allem, was sie geschaffen haben, nicht aber nach Ein- 
förmigkeit desselben. Diesen Punkt und diesen Erfahrungssatz hätte man 
bei der Kritik der Species nie vergessen sollen: und zwar um so weniger, 
da ja eben die Grundlage oder Handhabe dazu jederzeit schon in den 
fraglichen Arten oder Varietäten selbst gegeben erscheine. Man brauche 
da also gar nicht ausserhalb dieser nach Analogien zu suchen, wie man 
es bei den klimatischen Varietäten fast immer thun müsse, um von sicher 
erkannten Veränderungen der einen Species analog auf die noch zweifel- 


haften der anderen zu schliessen. 


Seltsamer Weise aber sei man sich über diese höchst wesentliche 


Seite der gesammten Trage bisher entweder gar nicht klar geworden; 


299 


oder man habe sie meist eben so vollständig übersehen wie sie bei einigem 
Nachdenken gewiss nahe liege. Und zwar sei dieses Vergessen nicht 
bloss geschehen von Seiten der „Artenzersplitterer“, (wie Hr. von Midden- 
dorff sie zu nennen pflege,) oder kürzer: der „Artenspalter“; sondern wohl 
auch noch von Seiten der meisten „Artenhalter“, — wie man etwa den 
Redner und seine Meinungsgenossen zur Wiedervergeltung möchte bezeichnen 
können. 

Bei solchen Arten, wo eine nicht bunte, sondern mehr einförmige 
Zeichnung und Färbung herrsche, da könne dieser Gesichtspunkt natürlich 
keine Anwendung finden: weil dann eben die „Anlage zur Mannichfaltig- 
keit“ überhaupt, oder doch zu einem bedeutenden Grade derselben fehle. 
Wo sie jedoch vorhanden sei, da sehe man sofort auch den grossen Reich- 
thum der Natur an Mitteln, Ideen und Combinationen zu recht vielseitiger 
Umgestaltung einer und derselben Grundidee, nicht aber jene wahrhaft 
klägliche Armuth hieran, welche ihr Manche so kurzweg- zuschreiben, 
(freilich ohne sich dessen bewusst zu werden.) Das zeige sich unter An- 
derem besonders in der Gattung der Strand- oder Sandpfeifer, Aegia- 
lites, mit ihren 15—20 verschiedenen Arten. Da erscheine bei allen die 
Hauptfärbung fast oder ganz gleich; und die bunte Zeichnung des Kopfes 
und Halses, mit ihren weissen und dunklen Stirn-, Kehl- oder Brust- 
binden, sehe gleichfalls bei allen sich ähnlich. Trotzdem aber sei die- 
selbe für jede Art charakteristisch verschieden. Dasselbe gelte jedoch 
in sehr ähnlicher, wiewohl nicht gleicher Weise auch gerade bei 
fast allen wirklichen Arten von Ammern, (mit alleiniger Ausnahme des 
einförmig lerchenartig gefärbten Grauammers.) Und zwar sei die Sache 
hier um so erklärlicher, weil bei dieser Gattung die Mannichfaltigkeit der 
Farben an sich, abgesehen von der verschiedenartigen Form ihrer Ver- 
theilung, hier eine ganz bedeutende sei. Dieser „Anlage zur Abwechselung“ 
entsprechend, seien die ungefähr 20 wirklichen Arten Europas, Nordafri- 
kas und besonders Asiens durchgängig auf charakteristische Weise ver- 
schieden gezeichnet. Bloss die Rohrammern, wenn sie nach ihren 
Schnäbeln verschiedene „Arten* bilden sollten, würden in Zeichnung und 
Färbung alle genau einander gleichsehen! Und zwar „genau gleich“: 
obwohl sehon ihre bunte Halszeichnung einen bedeutenden Wechsel für wirk- 
liche Species gestattet haben würde, ohne dass es dazu einer Wahl anderer 
Farben, wie andere, zum Theil ziemlich nahe verwandte Arten der Gat- 
tung sie tragen, bedurft haben würde. Wie aber sollte da gerade bei 
ihnen die Natur sich in dem Einerlei gefallen haben’? 


300 


Dieselbe Frage und dieselbe Antwort seien anwendbar auf die vermeint- 
liche Verschiedenheit der „Zmberiza cioides“ von der gewöhnlichen E. cia 
und der „EZ. caesia s. rufibarba“ von der gewöhnlichen E. hortulana. Die 
eine von ihnen stelle in beiden Fällen bloss eine klimatische Abweichung 
der andern vor, und Nichts weiter. Irgend etwas specifisch Charakteri- 
stisches habe die eine so wenig wie die andere; zumal aber die roströth- 
liche Kehle und der Bartstreif der zweiten bilde ein sehr deutliches Seiten- 
stück zu der ähnlich rothwerdenden Kehle des Wiesenpiepers und vieler 
Wachtel-Männchen im Frühlinge. Die Erscheinung an sich bleibe die- 
selbe, auch wenn sie in dem einen dieser 3 so ähnlichen Fälle bleibend 
sei, während sie in den beiden anderen sich bloss im Frühjahre zeige. 
Denn dieser Unterschied hänge natürlich mit der bloss einfachen Mauser 
in dem einen Falle und mit der doppelten in den, anderen zusammen. 
Der grünliche Anflug auf dem grauen Kopfe des gewöhnlichen Ortolans 
aber, als des nördlichen, rühre mit von der gelben Kehle her und ver- 
schwinde eben desshalb auch mit ihr bei der südlichen Varietät: indem 
hier die erst roth werdende Kehle nun den Kopf röthlichgrau übertünchen 
helfe. Dem ersteren Falle entspreche auch der graugrünliche Kopf der 
englischen Wiesenbachstelze, Motacilla Raji, im Gegensatze zu den 
reingrauen der unsrigen. Mit dem Verschwinden des Gelben der Unter- 
seite am Herbstkleide verschwinde auch hier das Grünlich oberhalb, um 
hier, wie dort, einem rostgelblichen Anfluge zu weichen. 

Aehnliche Fragen habe man sich überall vorzulegen, wenn man 
entweder neue Species aufstellen, oder die von Anderen aufgestellten rich- 
tig beurtheilen wolle. Anderenfalls täusche man sich, wie Andere, und 
schwebe in der Gefahr, sehr oft schlechte und zuweilen auch wohl gute 
„Arten“ zu verkennen. 

Wäre dagegen einerseits nach dem oben dargelegten, anscheinend 
theoretischen, in der That aber gerade aus ganz erfahrungsmässigen An- 
schauungen hergeleiteten Grundsatze in Betreff der Buntheit verfahren 
worden; und hätte man sich andererseits zugleich überall gebührend ge- 
fragt, welche etwaige Veränderungen der Individuen bei Arten mit 
sehr zum Abändern geneigten Farben aus der specifischen Färbung 
und Zeichnung derselben entstehen können, oder welche nicht, und 
welche von beiden also hiernach für speeifisch-charakteristisch zu halten 
seien, oder welche nicht: dann würde es wahrlich nicht eben sonderlich 
schwer gewesen sein, uns bei inländischen Vögeln und bei ausländischen 


vor jener Unzahl von unhaltbaren „Arten“ zu bewahren, zu deren endlich 


301 


gründlicher Bekämpfung wir uns nun immer allgemeiner hingedrängt sehen. 


. Denn sehr häufig können, wie schon gesagt, blosse Varietäten einer und 


derselben Species unendlich weiter von einander verschieden sein, als dies 
anderswo bei eben so vielen wirklichen Arten der Fall ist. 

Daher seien facultativ „unterscheidbar“ und speeifisch „verschieden“ 
sehr häufig zwei eben so himmelweit unter sich „verschiedene* 
Dinge, in Betreff deren es wahrlich hohe Zeit sei, dass man sich etwas 
mehr als bisher bemühe, sie gleichfalls „unterscheidbar“ finden zu lernen. 

Irgendwie „unterscheidbar* nämlich, und zwar nicht allein mit vol- 
ler Sicherheit, sondern oft sogar mit Leichtigkeit „unterscheidbar“ sei z. B. ja 
bei A. buteo, F. lagopus oder gar bei F. apivorus, bei den Männchen von Tringa 
pugnax im Frühjahre, unter je 20 und mehr Individuen gewöhnlich jedes 
einzelne; dennoch falle es Niemanden ein, sie darum als „verschieden“ 
anzusehen. Ebenso könne man sich etwa von Turdus pilaris aus den 
Marktkörben eines Wildprethändlers oft mit Leichtigkeit eine Reihe von 
20—30 Exemplaren heraussuchen, die sich alle mit einander eben so gut 
und zum Theil sogar weit besser von einander unterscheiden lassen 
würden, als die gesammten „Arten“ von Wiesenbachstelzen oder Blau- 
kehlehen: während man umgekehrt bei Turdus musicus, also bei einer 
Species derselben Gattung, in gleichem Falle schon Mühe haben werde, 
auch nur zwei oder gar drei Exemplare herauszufinden, die einander nicht 
zum Verwechseln ähnlich sähen. Wenn also der Maassstab sowohl für 
Arten, wie für blosse Abänderungen je nach Verschiedenheit der einzelnen _ 
Fälle ein so höchst verschiedener sei: so müsse es vor Allem darauf an- 
kommen, ihn für beiderlei Fälle, (ebenso wie für andere, wo er weder 
ein so übermässig langer sei, noch in so hohem Grade kurz ausfalle,) rich- 
tig zu ermitteln. Dahin gelange man aber freilich mit allem blossen, objec- 
tivem oder physischem „Sehen“ ohne Denken, Vergleichen und logischer 
Schlussfolgerung aus Beidem nie. 

Vergleiche man jedoch, im Gegensatze zu allen solchen buntgefärbten 
und leicht variirenden Arten, jene allbekannten Fälle, wo ganz unzwei- 
felhaft „gute Arten wirklich nur sehr geringfügige, aber dafür auch 
standhafte Unterschiede zeigen: so „sehe* man eben sehr leicht, 
ohne dass man sich durch Nachdenken sonderlich anzustrengen brauche, 
dass es jederzeit nur solche Arten seien, die sich durch eine besondere 
Einfachheit und Gleichmässigkeit oder Einförmigkeit ihrer Fär- 
bung auszeichnen, also nicht bunt sind. Nämlich: entweder fehle ihnen 


das, was man Zeichnung nennen könne, ganz oder fast ganz, indem ihre 


302 


Farben überall sanft in einander übergehen; oder wenn sie eine mehr 
oder weniger bestimmte Zeichnung besitzen, dann sei dieselbe nur eine 
sehr einfache, gleichförmige und gleichmässige: d. h. eine gleiche oder fast 
gleiche, sowohl an dem gesammten Gefieder der Species, wie an dem 
jener verschiedenen Species unter sich. Die speeifischen Unterschiede aber 
liegen dann bald in gewissen ‚kleinen, jedoch standhaften und bestimmten 
Verschiedenheiten der Form, oder der Färbung und Grösse, bald in meh- 


reren dieser Punkte zugleich. 


Beispiele hiervon unter den einheimischen Arten seien, was Formen- 
und Grössenunterschiede betreffe: der Kiefer- und Fichten-Kreuz- 
schnabel, so wie der Baum- und Wiesenpieper; hinsichtlich der 
Grösse allein, jedoch in sehr bedeutender Weise: der Drossel- und 
Teieh-Rohrsänger, nebst Sylvia curruca und 8. Orphea; in Betreff der 
Färbung: der Teieh- und Sumpf-Rohrsänger, und mit einiger Grössen- 
verschiedenheit zugleich: der Sprosser und die Nachtigall; endlich 
ganz besonders noch . jitis Bechst. und s. abietina Nilss., (S. rufa!! auett.) 
bei fast vollständiger Gleichheit der Farbe und mit sehr geringer, aber 
sicherer und standhafter Unterschiedenheit in der Gestalt einzelner Theile. 
Sehr im Gegensatze zu ihnen zeige der am Kopfe so charakteristisch 
bunt -gezeichnete Seggen- oder Binsen-Rohrsänger in der Färbung, nach 
Jahreszeit und Klima, (als $. cariceti und „Ss. aquatica“,) schon eine weit 
grössere Verschiedenheit seiner Individuen, als die speeifische von je zwei 


der eben genannten Arten sei. 


Was aber ganz besonders zu beachten bleibe, sei die praktisch beob- 
achterische Erfahrung, dass gerade solche höchst nahe verwandte 
Arten stets um so mehr verschieden seien nach Aufenthalt, Le- 
bens- und Nistweise, Färbung und Zeichnung der Eier, Stimme und 


Gesang ete. 


Umgekehrt jedoch, und wie man es naturgemäss nicht anders habe 
erwarten können, seien hierin die blossen Varietäten Einer und derselben 
Species, auch wenn sie äusserlich noch so verschieden aussehen, einander 
gleich. Ebenso gelte dies natürlich stets von den wirklichen, eigentlichen 
„Racen“, wo es, wie bei den gemeinen Krähen und wahrscheinlich auch 
bei der weissen Bachstelze (als „Motacilla Yarellü“), „wirkliche Racen* 
gebe. Denn weder bei den Haussperlingen verschiedener Länder, noch 
bei Ortolanen, Wiesenpiepern und Blaukehlehen mit verschieden 


gefärbter Kehle, weder zwischen Raben-und Nebelkrähen, noch auch 


303 


zwischen grau- und schwarzrückigen weissen Bachstelzen, weder bei 
Wiesenbachstelzen mit der allerverschiedensten Färbung des Kopfes, 
noch bei dem halben Duzende von angeblichen „Arten“ der fast über 
die ganze Erde verbreiteten Rauchschwalbe, habe irgend Jemand hierin 
Verschiedenheiten gefunden, Im Gegentheile: Audubon, welcher die 
Rauchschwalbe während seines wiederholten Aufenthaltes in Frankreich 
und England 6 Jahre lang in Europa, so wie sein ganzes übriges Leben 
lang in Amerika beobachtet habe, stütze seine Behauptung über die spe- 
eifische Nichtverschiedenheit der amerikanischen (Hirundo rufa s. americana) 
von der europäischen H. rustica ausdrücklich mit auf die „vollständige 
Gleichheit beider in Wohnort, Lebens- und Nistweise, Stimme, Gesang 
u.8.w.“ Und zwar sei Audubon, weil Andere sie immer noch als verschie- 
den ansehen wollten, zu wiederholten Malen auf seine Behauptung ihrer 
Nichtverschiedenheit und auf seine Gründe dafür zurückgekommen. Hr. 
von Nordmann habe mehrfach, namentlich im Kaukasus, die rothbäu- 
chige Varietät („H. Boissonneautü“) mit fast weissbäuchigen der gewöhn- 
lichen Varietät gepaart gefunden und gesehen, wie die Jungen theils mehr 
der Mutter, theils mehr dem Vater ähnlich wurden. — Selbst die Species- 
Gläubigen, insofern sie als Reisende und praktische Beobachter dergleichen 
angeblich verschiedne Arten beobachtet haben, seien daher über die Frage 
nach Verschiedenheiten derselben im Leben mit klugem, aber wenig ehr- 
lichem Stillschweigen hinweggegangen. Oder, wenn nicht: so haben sie 
nur erklären können, Nichts davon wahrgenommen, sondern Alles „gleich“ 
gefunden zu haben. Um so mehr aber fallen dann auch die specifischen 
Unterschiede als haltlos in sich zusammen. 

Der Grund hiervon sei wiederum einfach der: Die Natur habe 
es nirgends an dem wirklich Erforderlichen fehlen lassen, daher auch 
nicht an der nöthigen Zahl von Arten lebender Wesen: da eben jede Art 
nach ihrer Weise und je an ihrem Platze die Bestimmung habe, im 
Naturleben und zu dem gesammten Naturhaushalte zu wirken. Daher 
also das verschiedene Leben, Wohnen und Wirken auch der ihrem 
Aussehen nach unter sich ähnlichsten Arten. Ebenso schaffe die Natur 
jedoch auch nichts Ueberflüssiges und Zweckloses. Offenbar „zwecklos* 
aber würde sie gehandelt haben, wenn sie „verschiedene Arten“ geschaffen 
hätte, die an denselben Orten mit andern bloss auf gleiche Weise ‚leben 
und wirken sollten, wie es diese „anderen“ schon ohne sie thun. Sehen 
wir ja doch, ganz im Gegentheile, sogar Eine und dieselbe Art sehr häu- 


fig an sehr verschiedenen Orten leben, und mithin unter sehr verschiedenen 


304 


‚Umständen „für das Naturleben wirken.“ Gleichwie hiernach aber die 
verschiedene Lebensweise das vorzüglichste Kriterium für sehr ähnliche 
wirkliche Arten sei, ebenso könne man diesen Erfahrungssatz auch 
gewiss ohne Bedenken umkehren und sagen: alle solche vermeintliche 
Arten, die sich im Leben, Verhalten und Wirken erfahrungsmässig 
nicht unterscheiden, seien eben keine wirkliche „Arten.“ 

Zugleich müsse man hierbei natürlich ebenfalls wieder „cum grano salis“ 
urtheilen. Man dürfe also z. B. nicht, wie es beim Haussperlinge ge- 
schehen sei, Gewicht darauf legen, ob eine Thierart ‘in wärmeren Län- 
dern oft weit entfernt von Menschen auf Felsen wohne, oder, wo diese 
fehlen, und namentlich unter nördlichem Klima, in Gebäuden leben. 
Denn wo sollen denn Haussperlinge, Hausmäuse, Hausratten und Haus- 
marder wohl geblieben sein, bevor es Menschen gab, und namentlich bis 
dieselben weit genug in der Cultur vorgeschritten waren, um sich Häuser 
bauen zu lernen? 

In manchen andern Fällen seien bei den Angaben über solche Ver- 
schiedenheiten entweder Täuschungen vorgekommen oder Zweifel aufge- 
taucht, welche nun zu berichtigen oder genauer als bisher zu prüfen sein 
werden. Der Graf v. d. Mühle z. B., der in sehr bestimmter Weise die 
Selbständigkeit des rothbärtigen Ortolans in Schutz nehmen wollte, weil 
er die Nester und Eier desselben von denen des gewöhnlichen verschieden 
gefunden zu haben glaube, habe sich dafür am besten selbst durch gröb- 
liche Verwechselungen bestraft und widerlegt. Denn er habe, wie man so- 
fort ersehe, die Nester und mithin auch die Eier des gewöhnlichen fälschlich 
dem rothbärtigen zugeschrieben; dem gewöhnlichen hingegen, dessen regel- 
mässiges Nisten auf der Erde man hinreichend kenne, schiebe er Nester mit 
Eiern zu, welche „im Gesträuche 3—4 Fuss hoch über dem Boden“ ge- 
standen haben! Sie gehören wahrscheinlich gar keiner Ammern-Art, sondern 
irgend welchem andern Vogel an. — Die rothkehligen Wiesenpieper sehe 
freilich sogar Herr v. Middendorff als von dem gewöhnlichen versehie- 
den an; doch habe er letzteren wahrscheinlich gar nicht selbst im Leben 
beobachtet, da in den von ihm bereisten Landstrichen  Sibiriens haupt- 
sächlich die rothkehlige Abänderung vorzukommen scheine. Indess werde 
auch die gewöhnliche da wohl nicht ganz fehlen. Daher sei eine theil- 
weise Verwechselung beider (oder vielmehr nur ihre Nichtunterscheidung) 
im Leben um so leichter möglich gewesen, weil sie einander sowohl hierin, wie 
im Gesange, nach Herrn v. Nordmann’s ausdrücklicher Versicherung, 


„unbedingt gleichen (absolument les memes)“; während sie an der Färbung 


305 

natürlich bloss ganz in der Nähe zu unterscheiden seien und selbst noch 
in diesem Falle nicht immer. Zugleich sollen die Eier des rothkehligen 
nach Andern merklich verschieden sein. Herr v. Nordmann spreche 
von ihnen leider nicht speciell, obwohl er die „propagation* im Ganzen 
unter dem „absolument les m&mes“ ausdrücklich mit einschliesse. Diess 
würde er jedoch gewiss nicht so kurzhin gethan haben, wenn er von 
einer Verschiedenheit der Eier wüsste. Indess werde man einen Vogel, 
der im Herbste durchaus gar nicht, und selbst im Frühjahre meist nur 
im männlichen Geschlechte von dem andern zu unterscheiden sei, wohl 
schwerlich für speeifisch von diesem ansehen könne, weil er Eier lege, 
die, so weit man sie kenne oder zu kennen glaube, nicht genau mit den 
ohnehin so bedeutend unter sich selbst verschiedenen des letzteren überein- 
stimmen. Denn erstens kenne man sie, namentlich aus Nordeuropa, noch 
gar nicht hinreichend, und bei manchen sei der Ursprung so zweifelhaft, 
dass sie vielleicht von ganz andern Vögeln herstammen. Zweitens habe 
man ja schon immer mehr Fälle kennen gelernt, wo die Eier von sehr 
bekannten Arten sich nicht bloss auf ähnliche Weise klimatisch verändern, 
daher namentlich verschönern, wie Vögel selbst; sondern wo ein und die- 
selbe Art sogar in derselben Gegend an verschiedenen Nistplätzen so 
verschieden gefärbte und gezeichnete Eier lege, wie es die von rothkehli- 
gen Wiesenpiepern und von gewöhnlichen kaum zu sein scheinen. Man 
werde sich daher wohl auch hier dureh weitere Erfahrungen bald über- 
zeugen, dass es bei Vögeln überhaupt weder blöosse Eier-Species, noch 
blosse Sommer- oder Winter-Species, noch auch (wie unter den Haus- 
sperlingen!) bloss männliche Species gebe; daher wahrscheinlich auch keine, 
die, wie der Wiesenpieper mit rother Kehle, all’ diese Absonderlichkeiten 
so in sich vereinigte, dass sie eine solche „Eier-, Sommer-* und meist 
auch „bloss männliche Species“ zugleich wäre. 

Ein Punkt, welcher sehr viele der vermeintlichen Arten höchst ver- 
dächtig mache, und welchen die Aufsteller derselben bisher ganz zu 
übersehen pflegen, sei die auf höchst unwahrscheinliche Weise be- 
schränkte geographische Verbreitung derselben. 

Am weitesten gehen hierin offenbar die Engländer. Bei ihnen sei 
dieser Glaube gleichsam zu einer besondern „Art“ von specifisch-ornitho- 
logischen Patriotismus geworden: indem sie bereits wenigstens 3 besondere 
Vogelarten lediglich für ihr Vaterland allein, oder gar nur für einen sehr 

| beschränkten Theil desselben in Anspruch nehmen. Diess seien, wie be- 


' kannt, eine „besondere Art* Wiesenbachstelzen, Motacilla Raji; des- 
Naumannla, 186, 20 
E23 


306 


gleichen eine „besondere“ weisse, M. Yarrellü; und drittens ein beson- 
deres Weiden- oder Moor-Schneehuhn, ZLagopus scotieus. Die erste 
sei, wie schon erwähnt, sichtlich nur eine klimatische Varietät für einige 
Theile des nordwestlichen ‘Europa’s überhaupt, wenn sie auch vorzugs- 
weise in Britannien zu Hause sei, dessen eigenthümlich kühlem Inselklima 
sie entspreche. Die zweite bilde vielleicht aus demselben Grunde eine 
sehr ähnliche „Race“, wie es bei gleicher Hauptlarbe die Rabenkrähe 
neben der Nebelkrähe thue; und sie beschränke sich ebenfalls nicht so 
britisch -exelusiv auf Britannien allein, wie dortige Ornithologen sich ein- 
bilden. Denn z. B. auch Degland, (der weder an die eine „Art“ noch 
an die andere glaube, sondern mit Recht alle Wiesen- und weisse Bach- 
stelzen Europa’s ohne Rücksicht auf die verschiedenen Färbungen bloss 
für je Eine Species halte), sage ausdrücklich, dass er die M. Yarrellü 
mitten im hohen Sommer aus der Umgebung seines Wohnortes Lille er- 
halten habe. Das Weiden-Schneehuhn ohne weisses Winterkleid „ZLago- 
pus scoticus“, gehöre allerdings nur dem britischen Inselreiche, und sogar 
nur einem ziemlich kleinen Theile desselben an. Warum es nur eine 
klimatische Varietät sein könne, habe Redner schon vor mehr als 20 Jahren 


in der erwähnten Schrift nachgewiesen; Herr Schlegel habe diese An- 


sicht, (freilich meist so, als wäre sie ursprünglich die seinige), weiter ver- 


breitet, wenn auch nicht eben deren genauere Begründung; und der höchst 
rühmlich bekannte Reisende Darwin, einer der bewährtesten und viel- 
seitigsten Naturforscher Englands, habe vor 16 Jahren, ohne von dieser 
Ansicht über das Moorhuhn zu wissen, darauf hingewiesen, dass auch 
der unveränderliche irländische Hase, der sogenannte „Lepus hibernieus“, 
bloss eine solche klimatische von L. variabilis sei, die nur aufgehört habe, 
ein weisses Winterkleid anzulegen. Mithin liege eine vortreffliche Ana- 
logie aus demselben Inselreiche für eine, hierin dem Schneehuhn ganz 
ähnliche Säugethier-Art vor. 

Doch bei den englischen speciesgläubigen Ornithologen habe das 
Alles bisher nichts gefruchtet. Sie verharren bei dem rührend-naiven 
Glauben, (freilich ohne sich denselben zoologisch oder logisch-rationell 
klar zu machen), dass es die Natur der Mühe werth gefunden oder gar 
für nothwendig gehalten habe, für jene‘ zwei Streifchen Land, welche 
man Grossbritannien nennt, und welche etwa den fünfzigsten Theil von 
Gesammt-Europa ausmachen, eigens 3 besondere Vogelarten zu schaffen! 

Bekanntlich sei aber die geographische Verbreitung der Arten bei 
den Säugethieren mit die beschränkteste: während sie bei den Vögeln, sehr 


307 


begreiflicher Weise,, die verhältnissmässig weiteste sei, die es gebe und 
geben könne. Dennoch sei es zweifelhaft, ob sich selbst unter den klein- 
sten, oft so schwer aufzufindenden Säugethieren. (im Gegensatze zu den 
so leicht zu findenden Vögeln), auch nur Eine sich wirklich bloss auf 
dasselbe Europa beschränke, welches doch zu einigen Duzend Malen 
grösser sei als Britannien, das gleichwohl 3 Vogel-Species extra haben 


soll. „Risum teneatis amiei!* si — potestis. 


Die Wahrheit sei, dass es nicht bloss Vögel, sondern auch Pflan- 
zen und sogar Inseeten gebe, die, ohne irgendwie absichtlich oder zu- 
fällig durch Menschen weiter verbreitet worden zu sein, in allen 5 Erd- 
oder „Welttheilen“ zu Hause seien. Kenne man doch u. A. 3 oder 
4 Schmetterlings- Arten, noch dazu aus der Zahl der grösseren, die 
zwar in Europa und Neuholland gemein, aber noch nicht zwischen- 
inne gefunden worden seien. Dennoch falle es keinem Entomologen ein, 
sie dieser wunderlich unterbrochenen Verbreitung wegen für speeifisch 
verschieden anzusehen, wie man diess von Seiten der Ornithologen schon 


unendlich viel geringerer Entfernungen wegen so oft gethan habe. 


Eine zweite Wahrheit sei daher die, dass in der Örnithologie das 
Zersplittern der Arten und das übermässige Zertheilen der Gattungen, ab- 
gesehen von dem Schaden, welchen sie anderweitig anrichten, für diesen 
Zweig der Wissenschaft auch die gesammte Lehre von zoologischer Geo- 
graphie ruiniren: indem sie jeden ursprünglichen Zusammenhang zer- 
stören, alle tieferen Beziehungen des Ganzen unter sich aufheben, und 
die so zersetzten Atome nur chaotisches Stückwerk übrig lassen. Und 
doch sei, mindestens was die Kritik der Species betreffe, die .ge- 
sammte ÖOrnithologie noch „auf Rosen gebettet“, im Vergleiche zur 
Entomologie, Conchyliologie und namentlich zur Säugethierkunde. Die 
Schuld müsse daher nothwendig nicht sowohl eine sachlich-objective, als 
vielmehr eine subjective sein, bei welcher man daher schwerlich umhin 
könne, an jenen bekannten Satz zu denken, dessen Urheber nicht bloss 
ein grosser Dichter, sondern zugleich ein grosser, als Reformator da- 
stehender Naturforscher war: — „Wo irgend noch die Kunst gesunken, 
da sank sie durch die Künstler.“ — Denn in der Wissenschaft 


könne es gewiss auch nicht anders sein. 


Der Vorsitzende schlägt nach diesem Vortrage eine halbstündige 


Pause vor, 
20* 


308 


Nach Wiederbeginn der Sitzung um 1 Uhr eröffnet er die Discus- 
sion. Pf. Baldamus meint*), trotz der scharfsinnigen und gelehrten 
Auseinandersetzungen der Herren Dr. Gloger, Altum u. A. noch immer 
nicht zu wissen, was Species sei. Es sei noch immer keine Definition 
des Begriffes gegeben. Dr. Altums „Wesensgleichheit“ sei nur 
„eine Uebersetzung“ des Wortes Species. Die angegebenen Kriterien 
seien meist negative. Er wünsche positive zu haben, einen objectiven, 
greif- und fassbaren Begriff von dem, was Species in der Ornithologie 
sei, eine kurze Diagnose der ornithologischen Species. 

Dr. Altum: Ich habe den Begriff der Species allerdings als Wesens- 
gleichheit festgestellt, welche Wesensgleichheit zwischen den Individuen 
derselben Art dadurch bewiesen wird, dass durch Vereinigung von 
Männchen und Weibchen solche Thiere, wie die Aeltern selbst sind, er- 
zeugt werden. Die Jungen, wie die Alten, sind entweder reine Männchen 
oder reine Weibchen, und sie zeigen ganz dieselben Eigenschaften und 
Stadien, wie jene, — was Alles bei den Bastarden sich anders verhält. 
Diese beweisen, wie vorhin gezeigt, die Wesensungleichheit der zeugenden 
Aeltern. Dass Pf. Baldamus in meiner Definition nichts Reales, nichts 
Objeetives findet, ist mir sehr erklärlich; weniger jedoch, wie er etwas 
derartig Handgreifliches, wie stofflich oder farbig Vorliegendes, in einem 
„Begriffe“ erwartet. Ein Begriff ist nie materiell, nie objectiv, sondern 
ein Verstandesschema, eine logische Kategorie. Wenn es also darauf an- 
kommt, eine verstandesmässige, oder — wenn Sie wollen — philosophi- 
sche Definition zu geben, so wolle man solche nicht der Unsichtbarkeit 
und Ungreifbarkeit zeihen. Ein Anderes ist es, meine Herren, wenn wir, 
den Fuss auf das Gebiet der Realität setzend, fragen: Woran erkennen 
sr eine wirkliche Species? Was sind die äusseren Merkmale 
derselben? Wie können wir wissen, ob dieser oder jener 
Vogel, der im Kleide von einer bekannten Species abweicht, 
mit derselben artlich identisch ist oder nicht? — Und zur 
Lösung dieser sehr wichtigen, praktischen Frage glaube ich in den vorhin 
angegebenen sechs Punkten Fingerzeige gegeben zu haben, die man näher 
prüfen wolle. Vielleicht finden sich noch mehrere Anhaltspunkte. 


In gegenwärtiger Zeit scheint man aber zu meinen, das Bestimmende 


*) Ich brauche wohl nicht zu bemerken, dass manche meiner Einwendungen _ 
nur den Zweck hatten, die Discussion lebondiger zu machen, und den Rednern 
Gelegenheit zu weiterer Entwickelung ihrer Ansichten zu geben. 

Baldamus. 


309 


einer Species bestände in einer kleinen, ja oft sehr kleinlichen Farben- 
nüance, in einem etwas grösseren oder kleineren Schnabel oder dergl., 
ohne daran zu denken, dass durch solche Kleinigkeiten und Zufälligkeiten 
in den meisten Fällen die Verschiedenheit weder bezeichnet wird, noch 
für sich allein erkennbar ist. Man stellt eine Suite Vögel derselben 
Species zusammen, gibt den „grösseren“ einen Namen, benennt auch die 
„kleineren“ und dann noch diejenigen, welche „mitteninne“ stehen. Die, 
welche dann zu keiner der vermeintlichen drei „Species“ ganz passen, 
kommen unter dem Titel „Varietas“ zu denjenigen nagelneu, sehr wohl- 
feil und leicht geschaffenen und mit einem schweren Namen belegten 
„Species“, der sie am nächsten zu stehen scheinen. Dann wird eine 
zweite (wirkliche) Species hergenommen, die charakteristisch von der 
ersten abweicht, und auf dieselbe Manier in zwei, drei „Species“ gespal- 
ten. Auf der höchsten Zinne der „Wissenschaftlichkeit* aber glaubt man 
zu stehen, wenn man diesen „neuen Arten“ gleich auch noch einen neuen 
Genusnamen aufprägt. Mit „ornithologischem Blicke“ macht man Species; 
unter Recurs auf das „Urtheil der Nachwelt“ macht man Genera! Aber, 
leider! der „ornithologische Blick“ ohne Prineip, und darum ohne Wissen- 
schaft, geht gar sehr auf Glatteis, ist factisch auch schon oft ausgeglitten; 
und das „Urtheil der Nachwelt“ wird diese Wirthschaft, die mir ebenso 
naturwidrig, als der wahren Wissenschaft nachtheilig erscheint, sicher 
nach Verdienst zu richten wissen, wie es die „Mitwelt* zu thun bereits 
begonnen hat. Der grüne Tisch bringt graue Theorie, wo man die 
grüne Natur nicht zu Rathe zieht und selbstgenügsam auf die „Dorf- 
ornithologen“, die Mitrepräsentanten praktischer Naturforschung, herab- 
schaut. „Am grünen Tische, — so sagte mir neulich Jemand, — macht 
man diese Genera; und ich kann versichern, dass gar viele dieser gene- 
risch getrennten Thiere im Leben, in der Natur, ganz dieselben oder 
höchst ähnlich sind.* 


Baldamus weiss sich sachlich mit den Ansichten seines Freundes 
Altum einverstanden; nur muss er wiederholen, dass ihm die Defini- 
tion des Speciesbegriffs nicht genügen kann, ebenso wenig als die 
Buffon’s. Er erinnert sich eben einer ganz nagelneuen, die er gelesen zu 
haben glaubt, ohne jedoch sicher zu sein, dass er sie nicht etwas anders 
wiedergibt. Nämlich: „eine gute Species sei eine solche, die jeder 
Anfänger, eine schlechte, die Niemand unterscheiden könne.“ 
(Heiterkeit!) 


310 


Dr. Altum. Nun es ist nicht zu leugnen, dass diese Definition 
wenigstens den Vorzug der Originalität hat. Ich fahre indess fort. 

Nach den von mir früher entwickelten sechs Punkten wird man 
finden, um es nochmals zu sagen, dass es bei einigen Arten sogar auf 
„ganz grosse“ Farben- und auf gewisse plastische Verschiedenheiten 
durchaus nicht ankommt. Ich stehe z. B. nicht an, falls die Etiquetten 
im Berliner Museum richtig sind, Falco cervicalis,, tanypterus, peregrinoides, 
anatum, abietinus, melanogenys und peregrinus als specifisch gleiche 
Vögel zu betrachten, während ich bei andern Arten schon auf „ganz 
kleine“, oft kaum zu findende Unterschiede hin eine Art adoptiren 
muss. Jede verschiedene Species wird also hierin schon verschieden sein, 
So halte ich die Aquila clanga von naevia, Parus borealis von palustris, 
Calamoh. palustris von arundin. für specifisch geschieden. Um die Trag- 
weite der genannten Gesetze in praxi nachzuweisen, diene noch folgendes 
Beispiel: Ich muss danach Lanius. excubitor, borealis oder septentrionalis, 
orbitalis, lathora und carolinensis für speeifisch gleich, L. meridionalis dagegen 
für specifisch verschieden von L. eweubitor halten. Die erstgenannten sind — 
ausser andern Gründen, die ich hier absichtlich weglasse, — nichts weiter, 
als die nach beiden Seiten hin erhöhten Verschiedenheiten, wie sie bei 
unserm ezcub. vorkommen; sie sind also von diesem nur gleichsam quan- 
titativ verschieden. Dagegen ist meridionalis, aus diesem Prineip nicht 
zu erklären, qualitativ abweichend. Ohne feste Prineipien, ich wieder- 
hole es, würde man mit dem „ornithologischen Blicke“ sicher oftmals 
falsch sehen. Es soll hiermit natürlich nicht behauptet sein, als könne 
man etwa nicht auch mit Principien bisweilen irren; aber fehlt man 
dann, so fehlt man von einer objectiven Basis aus, und es lässt sich 
über den Fehler wissenschaftlich disputiren. Stellt mir aber Jemand als 
Beweis nicht ein naturhistorisches Prineip, sondern seinen „ornithologi- 
schen Blick“ entgegen, der ihm etwa eine neue Blaukehlchenart geschaffen 
hat: „tum nihil est, de quo disputemus!“ Die Sache kann dann zu keinem 
wissenschaftlichen Resultate kommen, denn der „ornithologische Blick“ 
kann weder bewiesen noch widerlegt werden. Das arme Kleid des Blau- 
kehlehens bleibt, trotz aller Uebergänge, trotz ganz gleicher Sitten, 
Stimme etc. seines Trägers, dennoch eine „gute Art“, wenn auch 
vielleicht nur im Sinne der originellen, von Baldamus zu grosser Heiter- 
keit mitgetheilten „nagelneuen Speciesdefinition.* 

Ich glaube also, meine Herren, mit meiner philosophischen Defini- 


tion um so weniger abgewiesen zu werden, als ich für die Praxis jene 


all 


Kriterien beifügte, welche mir die Natur der Sache bot. Es bleibt der 
Erfahrung und Beobachtung überlassen, diese Kriterien bei den ein- 
zelnen Species anzuwenden, und so die einzelnen Verschiedenheiten 
sich sehr nahe stehender Arten nach Prineip und Gesetzen zu wür- 
digen. 

Prof. Blasius: Die Sache des Speciesbegriffs kann nur auf prak- 
tischem Standpunkte entschieden werden. Da können aber auch negative 
Kriterien vollkommen ausreichen. Scharfe Grenzen aber müssen überall 
vorhanden sein, denn sonst ist jede Unterscheidung unmöglich. 

Dr. Hennecke: Man hat bisher, wenn man von „Species“, also, 
dem jetzt gebrauchten Ausdrucke gemäss, von „Wesensgleichheit“ sprach, 
nur das Aeussere des Vogels im Auge geliabt. Aber auch das Innere 
dürfte vielleicht doch mit zu berücksichtigen sein. Anatomische und 
physiologische Untersuchungen zu diesem Behufe sind noch wenig ange- 
stellt. Vielleicht werden sie zur Aufstellung eines definitiven Speciesbe- 
griffs mithelfen können? 

Dr. Gloger: Auch die inneren Organe können sehr wohl verschie- 
den sein, ohne dass hierdurch ein Speciesunterschied begründet, oder dass. 
selbst ein sonstwie begründeter etwa hierdurch erst sicherer festgestellt 
würde. Maecgillivray, ein Freund des trefflichen Audubon, (Lehrer 
desselben für Anatomie und Verfasser eines verdienstlichen Werkes über 
die Raubvögel Britanniens), hat wiederholte und genaue Untersuchungen 
in dieser Beziehung angestellt. Derselbe habe aber z.B. bei Fulco tinnun- 
culus den Darmeanal um !/; der Länge abweichend, die Blinddärme zwi- 
schen 0 und !/, Zoll abwechselnd, und sogar unsymmetrischer Weise vor- 
handen auf der einen Seite, dagegen fehlend auf der andern gefunden. 
Ueberhaupt gehöre es ganz und gar nicht zum Berufe der Anatomie, je- 
mals der „Zoologie“ oder ins Besondere der Ornithologie „Species unter- 
scheiden“ zu helfen. Vielmehr sei und bleibe Letzeres ein- für allemal 
Sache der Zoologie, folglich auch der Ornithologie, und zwar nicht blos 
für sich allein, sondern zugleich für die Anatomie mit. Denn in der That 
sei diese, auch wenn man ihr die Vögel ungerupft hingebe, gar nicht im 
Stande, viele unserer besten Species zu unterscheiden; gerupft aber würden 
ihr sehr häufig nicht einmal die sonst guten Genera kennbar sein. Oder wenn 
sie es wären, so würde auch sie dieselben zunächst immer nur zoologisch, 
aber nicht anatomisch zu unterscheiden vermögen und zu unterscheiden 
suchen müssen. Sie könne der Zoologie allerdings vielfach sehr nützlich 


werden, und sie sei es namentlich für die Grundfragen der zoologischen 


312 


Systematik schon längst in hohem Grade geworden; Mit- oder Schieds- 
richterin über die Species werde sie aber weder je sein können, noch werden 
wollen. Eines jedoch, was anatomisch fest stehe und für unsere Frage mit 
anwendbar erscheine, sei: dass vor Allem die gesammte Schädelbildung 
sehr vieler Thiere, zumal einer grossen Zahl von Säugethieren, so wie 
auch die mancher Vögel 5 einem so bedeutenden Varriien theils dem Alter 
nach, theils nach individuellen Zufälligkeiten unterworfen sei,- wie man 
dies, ohne es zu sehen, meistens nicht entfernt vermuthen würde. Am 
weitesten gehe dies unter den Säugethieren bei gewissen Pflanzenfressern, 
die viel harte, feste Stoffe geniessen und sie mühsam zermalmen müssen; 
ferner bei vielen Raubthieren und zumal bei den schweineartigen Thieren. Darum 
glaube Redner auch, wie schon erwähnt, auf die Abweichungen in der Grösse 
der Schnäbel bei saamenschälenden Vögeln und bei manchen anderen 
pflanzenfressenden weniger Gewicht legen, sondern ihre Verschiedenheit als 
mit in der örtlich, zeit- oder landstrichweise verschiedenartigen Nahrung 
begründet ansehen zu müssen. 

Dr. Hennecke: So scheint es denn, dass auch die innern Organe 
keinerlei positive Resultate für die Speciesbestimmung darbieten — 

Dr. Gloger: Auch „positiv“ und „negativ“ seien, philosophisch be- 
trachtet, nur äusserlich verschiedene, aber für die Begriffsbestimmung selbst 
ganz unwesentliche Formen des Ausdruckes. Bei gleicher Bestimmtheit 
und Richtigkeit sei daher eine „Form“ so gut, wie andere. Es handele 
sich dafür, ob man diese oder jene wähle, gewöhnlich nur darum, welcher 
von beiden eine Sprache die bequemsten oder dem Sinne nach zutreffend- 
sten Wörter liefere, um den Ausdruck des Begriffs zu formuliren. In 
einer so vorzugsweise reichen und mit logischer Schärfe in sich ausge- 
bildeten Sprache, wie es vor allen anderen die unsrige sei, (seil. die deut- 
sche überhaupt, wenn auch nicht gerade unsere speeifisch deutsch-ornitho- 
logische!) sei es daher meist ein Leichtes, negative Begriffsformeln in po- 
sitive umzugestalten. Man braucht nur z. B. statt „ungehäubt“ oder 
„ungehörnt“ zu sagen „glattköpfig“, und „nackt“ oder „kahl“, statt „ohne 
Schuppen“ oder „ohne Federn.“ Ja, der Sinn von „kurzschwänzig, 
kurzschnäblig“ u. dergl. sei positiv, enthalte aber zugleich die Negation 
von „langschwänzig“ ete. in sich. Nur von bloss „negativen Beweisen“ sei 
freilich sehr oft wenig oder Nichts zu halten. — Für unsern Zweck bleibe 
aber stets das festzuhalten, dass praktische „Species-Bestimmung“ 
für conerete Fälle, d. h. an den jedesmal vorliegenden Individuen, und 


wissenschaftlich-allgemeine daher „abstraetive“ Definition des „Be- 


313 


griffes von Species“ überhaupt, mithin auch für die Ornithologie ins 
Besondere, zwei unter sich höchst verschiedene Aufgaben seien. 

Prof. Blasius „will nicht über philosophische Begriffe disputiren, die 
für die Praxis von keiner Bedeutung sind.“ 

„Aus dem vielfachen Schwanken in der praktischen Anwendung des 
Artbegriffs sind ornithologische Zustände hervorgegangen, von denen sich 
mancher Naturforscher unbefriedigt und mit Widerwillen abwendet. Der 
Gedanke scheint nahe gelegen zu haben, dass in das mühsaın aufgebaute Chaos 
nichts leichter Ordnung zu bringen geeignet sein dürfte, als ein klar ausge- 
sprochener Speciesbegrift, den man als maassgebend an jeden einzelnen zweifel- 
haften Fall anlegen könnte. Auch mag man sich mit der Hoffnung getragen 
haben, man könne aus dem Artbegriff jede einzelne Species nach ihrem 
ganzen Umfange durch einen. bloss logischen Prozess construiren. Und 
was würde uns Ornithologen noch zu wünschen übrig bleiben, wenn wir 
diesen Stein der Weisen gefunden hätten, und Jeder in seiner Hand ihn 
könnte wuchern lassen! Wir würden uns plötzlich in das ornithologische 
Schlaraffenland versetzt sehen, und brauchten nur nach dem feststehenden 
Begriff den Mund zu öffnen, um die fertig gebratenen Species hinein- 
fliegen zu lassen. 

Aber wäre der Erfinder dieses Begriffs nicht zugleich der letzte Or- 
nitholog! Würden wir andern mehr‘ sein als ornithologische Maschinen, 
die diesen aus sich selbst construirenden Begriff ohne weiteres Nachdenken 
zur Ausführung brächten! 

Doch würde einen grösseren Triumpf die aprioristische Naturphilo- 
sophie nicht feiern können. Und wir würden im ruhigen Genuss eines 
ewigen ornithologischen Landfriedens schwelgen müssen, sobald wir uns nur zu 
der allgemeinen Begriffsbestimmung verstanden’ hätten. Das wäre ein El- 
dorado für alle ängstlichen Gemüther, und für die, welche die Summe 
der Weissheit gern „in nuce“ schwarz auf weiss nach Hause tragen. Auf 
diese Aussicht hin liesse sich schon Manches wagen. 

Aber wir haben noch keine Ursache, unsere Furcht und Hoffnung aus- 
schliesslich auf den Besitz der Wunderlampe einer solchen Begriffsbestim- 
mung zu setzen. Was hat es geholfen, dass Oken nach naturphilo- 
sophischer Allwissenheit so viele Thiere und Wesen als „nothwendig auf- 
zufindende“ vorausprophezeite; sie sind dessen ungeachtet noch nicht ge- 
funden, ebenso wenig, wie der Kohlenstoff im reinen Wasser, der doch 
nothwendig da sein muss, blos weil Oken die Natur mit der dreizähligen 


Brille ansieht. Auf den Schultern des grossen Gedankenequilibristen 


314 


stehen ja auch Männer mit weiterem Bliek, die da behaupten, der liebe 
Gott habe in der Ornithologie nur bis vier zählen können, oder höchstens 
bis fünf; von da wiederhole sich Alles hier unter dem Monde. 

Und was hat es geschadet, dass Hegel mit naturphilosophischem 
Machtspruch erklärte: „es giebt nach dem absoluten Begriff keine Planeten 
zwischen Mars und Jupiter!“ Die empirischen Astronomen haben sich 
nicht abschrecken lassen, und man muss gewärtig sein, dass sie jetzt alle 
acht Tage einen neuen herbeischleppen, und zugleich eine gute Species! 
Und ebenso werden sich auch die ornithologischen Empiriker nicht durch 
den Machtspruch einer allgemeinen Begriffsbestimmung aus ihrer Bahn 
drängen lassen, 

Das ist der alte, im Dualismus der menschlichen Natur tief begrün- 
dete Gegensatz zwischen der Philosophie und Empirie, oder, wie der 
Harzer Bergmann sagt: zwischen den Theoretikern und Praktikern; die 
Einen verstehen’s, aber sie können’s nicht machen, und die Andern kön- 
nen’s machen, aber sie verstehen’s nicht! Von diesem Gesichtspunkte aus 
glaubte ich schon bei der vorigen Versammlung erklären zu müssen, dass 
wir durch philosophische Erörterung des Speciesbegrifis noch keineswegs 
die Schwierigkeiten in der Abgränzung der einzelnen Arten überwunden 
hätten, auch wenn der allgemeine Speciesbegriff wirklich aufgefunden 
würde. Ein unantastbarer, philosophisch vollgültiger Speciesbegriff wird 
in der Regel die empirischen Schwierigkeiten so wenig berühren können, 
oder der empirischen Beobachtung eine so schwierige Aufgabe stellen 
müssen, dass er uns faktisch nicht vom Fleck bringt. In allen fraglichen 
Fällen handelt es sich um die Lösung von empirischen Fragen und 
Schwierigkeiten, die nicht durch die Begriffsabgränzungen einer allgemeinen 
Definition erledigt werden können. 

So nothwendig es im Ganzen ist, sich über allgemeine Begriffe auf- 
zuklären, so interessant es sein muss, uns gegenseitig über den Begriff 
der ornithologischen Species in’s Reine zu bringen; so wenig fühle ich 
mich geneigt, die einzelnen fraglichen Fälle allein vom Standpunkte der 
Speculation aus zu erledigen. Sollte es nothwendig sein, einen Stand- 
punkt ausschlieslich festzuhalten; so würde ich mich unbedingt für den 
der Empirie erklären, auch auf die Gefahr einer übeln Nachrede nach 
der Definition des Harzer Bergmann’s. ; 

Mir scheint es jedoch nicht, als ob die bisher in der Versammmlung 
ausgesprochenen Ansichten so sehr weit vom empirischen Standpunkte ent- 


fernt wären. Von einer speculativ naturphilosophischen, durch die blosse 


315 


Bewegung des Gedankens aus sich selbst herausschaffenden Definition ist 
nicht die Rede gewesen. Die erörterten Definitionen tragen schon an und 
für sich, aber mehr noch in ihren Regulativen für die praktische An- 
wendung, den Charakter der Empirie an der Stirn! Nur darin scheinen sie 
sich theilweise zuweilen vom Standpunkte der ausschliesslichen Empirie 
entfernen zu wollen, dass sie die Lücken der Beobachtung durch theore- 
tische Hypothesen auszufüllen suchen. 

Das ist nicht der Weg, auf dem wir eine allgemeine Verständigung 
herbeiführen können. Ueber ein und dieselbe Thatsache lassen sich oft 
verschiedene Hypothesen aufstellen; dem Einen sagt diese zu, dem Andern 
jene, und einem Dritten gar keine. Ist eine Hypothese durch Thatsachen 
verificirt, so haben für dasEndresultatallein die Thatsachen eine Bedeutung, und 
die Hypothese ist erledigt; ist eine Hypothese nicht durch Thatsachen zu 
verifiziren, so fällt jede Bedeutung derselben weg; widerspricht eine Hypo- 
these anerkannten Thatsachen, so richtet sie sich selber. Nur Thatsachen, 
nicht Hypothesen, können in zweifelhaften Fällen allgemein überzeugend 
und entgültig entscheiden. Es ist nichts einfacher, als über Thatsachen 
und deren Allgemeingültigkeit zu ein und derselben Ansicht zu gelangen. 

Schwieriger ist es, über die Bedeutung der Thatsachen eine allge- 
mein übereinstimmende Ansicht zu gewinnen. Nach den in unserer Ver- 
sammlung erörterten Vorstellungen über die Species zweifle ich jedoch 
keinen Augenblick daran, dass in diesem Punkte ebenfalls eine Verstän- 
digung zu erreichen sein wird. 

Als Kriterien des Artbegriffs sind Bedingungen hervorgehoben wor- 
den, deren Nothwendigkeit sicher Niemand von ‘der Hand weisen wird. 
Wer will es bestreiten, dass die Natur unmittelbar nur Individuen där- 
bietet, und wir nach bestimmten Beobachtungen an den Individuen erst 
durch einen Gedankenprocess die Vorstellung der Art gewinnen müssen? 

Nichts ist wahrer, als dass die Möglichkeit der Artvorstellung durch 
einen innerlicehen Grund in der Gesammtheit der Individuen, die zu 
derselben Art zählen, bedingt werden muss. Aber wir haben nur an den 
Aeusserungen der Individuen ein Mass und einen Beleg für diesen inneren 
einheitlichenGrund der Art. Ohne eine einheitliche äussere Erscheinung wären 
wir nicht berechtigt, auf einen einheitlichen oder bleibenden inneren Grund zu 
schliessen. Nur an die Aeusserungen des inneren Species - Prineips 
können wir uns halten, wenn wir eine specielle Frage zur Entscheidung 
bringen wollen. 


Es ist sicherlich unbestreitbar, dass wir in allen Individuen, die zu 


316 


derselben Art gehören, eine Uebereinstimmung des Wesens annehmen 
müssen. Doch worin besteht das Wesentliche, in welchem die Individuen 
derselben Species übereinstimmen müssen? Und was ist in den Eigen- 
schaften der Individuen unwesentlich und darf beim Abgrenzen des Spe- 
ciesbegrifis übersehen werden? Dies Wesen besteht sicherlich nicht in 
einer einzelnen constanten Eigenschaft. Wer will sich anheischig machen, 
auch nur zwei Individuen vorzuweisen, die in allen Eigenthümlichkeiten 
absolut identisch sind? Diese Uebereinstimmung des Wesens muss auch 
bei bestimmten Schwankungen einzelner Eigenthümlichkeiten noch erhalten 
bleiben! Sie hat kein absolutes, voraus zu bestimmendes Mass. . Kann 
man doch sogar, wenn von Arten mit getrennten Geschlechtern die Rede 
ist, nicht behaupten, dass Männchen und Weibchen in ihrem Wesen ab- 
solut übereinstimmend seien! Für den Speciesbegriff ist die so unbedingt 
wichtige Geschlechtsverschiedenheit jedoch keine wesentliche. Aber auch 
für Zwitter müssen wir eine Abweichung der Individuen derselben Art zu- 
gestehen, ohne dass die Einheit der Species dadurch gefährdet wird. Und 
wir können a priori in keinem einzigen Falle feststellen, wie weit die 
Schwankungen der Individuen innerhalb ein und derselben Art sich er- 
strecken sollen. Mit jedem Schritte werden wir von der allgemeinen phi- 
losophischen Definition auf die Empirie hingewiesen, die am leichtesten 
eine Verständigung über die Bedeutung der 'Thatsachen vermittelt. 

Die Wichtigkeit des Büffon’schen Speeieskriteriums scheint auf der 
Hand zu liegen. Doch sehen wir genauer zu; so liegt es noch offener 
auf der Hand, dass das Fortpflanzungsprineip nicht im Stande ist, eine 
allgemeine Vorstellung der Species abzugränzen, so‘ wenig auch die Ab- 
gränzung der Species diesem Prineip widersprechen darf. Es setzt ge- 
trennte Geschlechter voraus; was soll aber aus den vielen Naturkörpern 
werden, deren Geschlechter fortpflanzungsfähig in einem einzigen Indivi- 
duum vereint, oder die ganz geschlechtslos sind? Sie bilden doch auch 
Species; aber wir sind gezwungen, bei der Speciesabgränzung unter ihnen 
ganz von den Büffon’schen Bedingungen zu abstrahiren. Nach der Büf- 
fon’schen Bestimmung könnte man sich versucht fühlen, jedes Zwitterin- 
dividuum für eine besondere Species zu halten, und unter geschlechtslosen 
Naturkörpern jede Möglichkeit einer Species abzustreiten. 

Aber auch für die Naturkörper getrennten Geschlechts scheint mir 
die Anwendung bedenklich. Das Kriterium beruft sich mit der grössten 
Bestimmtheit auf die Erfahrung. Strenge genommen können wir also nur 


nach den in der Fortpflanzung beobachteten Päärchen, oder nach ganz be- 


317 

stimmt vorliegenden Paarungen schliessen. Die nicht in gegenseitig beo- 
bachteter, erfolgreicher Paarung nachgewiesenen Individuen können wir, 
wenn wir ausschliesslich das Prineip Buffon’s anwenden wollen, nicht 
mit Grund als derselben Art zugehörig ansehen. Sie würden, wie je be- 
liebige andere, auch möglichst verschiedene Individuen, unverbunden ein- 
ander gegenüberstehen, auch ®enn sie in der Form übereinstimmen. 
Gestehen wir es nur offen ein, dass; wenn wir die nicht in erfolgreicher 
Paarung betroffenen Individuen mit andern in solcher Paarung betroffenen 
von der selben Form in ein und dieselbe Art zusammenstellen, dies nur 
wegen der Uebereinstimmung der Form geschieht, und durchaus nicht wegen 
des gar nicht beobachteten Büffon’schen Kriteriums. Und hierin liegt, oder 
ich müsste sehr irren, des Pudels Kern über den Speciesbegriff. Wir 
schliessen mit Grund, dass bei der Uebereinstimmung der Form eine 
erfolgreiche Paarung möglich sein würde. 

Doch warum sollen wir auf dem Wege hypothetischer Schlussfolge, einer 
Definition zu Liebe, zu einem Resultate gelangt zu sein uns einbilden, zu 
dem wir auf ganz anderem Wege gekommen sind? Wenn wir in dem 
einen Falle weil wir ganz und gar keinen Anhaltspunkt haben, schliessen 
müssen, dass Thiere von übereinstimmender Form zu ein und derselben 
Art gehören; so können wir auch in dem anderen dasselbe thun und von 
der erfolgreichen Paarung abstrahiren, oder diese als nothwendige Folge 
auf sich beruhen lassen. Und fragen wir uns ehrlich, wie viele von den 
zu ein und derselben Species gezählten oder zu zählenden Individuen ord- 
nen wir nach einer bestimmt beobachteten erfolgreichen Paarung, und wie 
viele nach der Uebereinstimmung der Form ein! Und, ich frage ganz 
ernsthaft, nehmen wir einen jeden Vogel, den wir in isolirter Stellung 
seines Lebens oder seiner Freiheit berauben, nicht jede Möglichkeit, sich 
nach dem Büffon’schen Fortpflanzungsprineip über seine Species auszu- 
weisen? Wir täuschen uns, wenn wir behaupten, dass wir consequent und aus- 
schliesslich die Species nach dem Büffon’schen Fortpflanzungsprineip abgrenzen. 

Doch hat das Büffon’sche Fortpflanzungsprineip in seiner Anwendung 
auf den Speciesbegrifl eine noch weit bedenklichere Seite. Die ungezügelte 
Theorie der gepaarten Päärchen kann uns einmal plötzlich mit einer ganz 
unerwünschten Bescheerung beglücken: und ich weiss gar nicht, wesshalb 
sie es nicht schon gethan hat. Gesetzt, man wäre auf einem beliebigen 
andern Wege zu der Ueberzeugung gekommen, dass eine Vogelspecies in 
constant verschiedenen und geographisch scharf getrennten Racen ausge- 
bildet sei, der Jagdfalke z. B. als Falco islandieus in Island, als F. groen- 


318 


landieus in Grönland, als F. Gyrfaleo in Norwegen: was folgt? Jeder wird 
unter diesen Voraussetzungen den Gyrfalco nur mit Gyrfalco, den islandieus 
nur mit islandieus und den groenlandicus nur mit grönlandieus gepaart ge- 
funden haben können: folglich sind nach dem Fortpflanzungsprineip als 
höchster und einziger Autorität alle drei Racen vortrefiliche Arten. Wenn 
es auf anderem Wege feststünde, dass Gdrrulus glandarius, Brandtü, Kry- 
niezkäi, Melanocephalus ete. nur geographisch streng getrennte Varietäten 
oder Racen derselben Art seien; wie soll sich glandarius mit Brandtü 
oder Melanocephalus ete. paaren können, da er mit ihnen nicht an den- 
selben Fundorten zusammen vorkommt? Gesetzt auch, diese Formen wür- 
den sich untereinander paaren, wenn ihnen eine günstige Gelegenheit ge- 
boten würde; so muss man doch nach dem Fortpflanzungsprineip alle für 
verschiedene Arten halten, bloss weil sie nie einander zu Gesicht gekom- 
men sind. Diese Art von geographischer Unmöglichkeit, sich mit einander 
erfolgreich zu paaren, scheint mir doch zu bedenklich, um danach als 
höchstes Prineip Speeies abzutrennen. Würde man nach diesem Prineip 
consequent verfahren, so würde man von allen Standvögeln aus verschie- 
denen Gegenden behaupten können, sie seien verschiedene Species, auch 
wenn sie im Uebrigen in Nichts verschieden sind. Die Elstern in Frank- 
reich paaren sich sicher nie mit denen in Russland; ausschliesslich nach 
dem Fortpflanzungsprineip, nach gepaarten Päärchen schliessend, würde 
man sagen dürfen, die französischen und russischen Elstern sind ganz 
verschiedene Species: denn sie paaren sich nie unter einander, sondern 
immer nur mit ihren Landsleuten! Ich sehe nicht ein, wie man bei dem 
jetzigen Stande der Dinge das Fortpflanzungsprineip als höchstes Kriterium 
für die Abgrenzung der Species anerkennen, und dabei die Vorstellungen 
von geographisch- oder local getrennten Racen, oder klimatischen Varie- 
täten festhalten kann. 

Ich bin fest überzeugt, dass wir uns täuschen, wenn wir das Fort- 
pflanzungsprineip als höchste und einzige Autorität über die Species ent- 
scheiden lassen wollen. Wir würden uns nicht für berechtigt halten, die 
russischen Elstern oder Dohlen von den französischen als Art zu unter- 
scheiden, wenn sie nicht zugleich einen Unterschied der Form, der 
Bildung oder Färbung ete. darböten. Es ist also die Form, nach der 
wir in letzter Instanz entscheiden, nicht die Fortpflanzung. 

Und die Form würde uns auch nicht in Zweifel darüber lassen, dass 
Pferd und Esel zwei verschiedne Species sind, wenn auch alle Maulthiere 


und Maulesel in der Welt unter sich fortpflanzungsfähig wären. In Sachen der 


319 


Fortpflanzungsfähigkeit der Bastarde dürfen wir uns ohnelıin nicht auf die Pflan- 
zenwelt berufen; es giebt eine Menge Pflanzenbastarde, die sich unter sich fort- 
pflanzen, ohne desshalb den Stammarten irgend einen Makel anzuhängen. 

Nicht desshalb sind Thiere, Pflanzen oder Mineralien gute Species, 
weil sie sich unter sich, oder ausschliesslich unter sich erfolgreich fort- 
pflanzen; sondern viel eher umgekehrt: weil sie gute Species sind, pflanzen 
sie sich mit Erfolg unter einander fort, falls sie die Fähigkeit, Neigung 
und Gelegenheit dazu haben. Auf die Gelegenheit aber kommt viel an. 
Wenn sie keine Gelegenheit dazu haben, so können wir höchstens uns 
berechtigt fühlen, daraus den Schluss zu ziehen, dass sie es vielleicht 
wegen mangelnder Gelegenheit unterlassen; aber nicht, dass sie verschie- 
‘dene Arten sind, weil sie es unterlassen. 

Wenn wir nach unseren Discussionen die Frage an uns stellen, ob 
wir zu einem Speciesbegrifi gekommen seien, der allen Anforderungen 
Genüge leistet, so hat Jeder das Recht, zu sagen: Nein! Denn das hängt 
nicht bloss von dem diseutirten Speciesbegriff ab, sondern auch von dem 
an diesen Begriff gestellten Anforderungen. Der Begriff kann sehr gut 
erläutert sein, und doch den Anforderungen vielleicht nicht entsprechen, 
weil die Anforderungen über jede Berechtigung an einen Begriff hinaus- 
gehen. Wer in naturhistorischen Dingen sanguinische Anforderungen an 
Begriffe macht, wer sie als Wünschelruthe benutzen will, um sich bequem 
und sicher zeigen zu lassen, wo der gesuchte Schatz vergraben liegt, der 
wird sich in seinen Anforderungen überall getäuscht finden. Wer solche 
sanguinische Anforderungen nicht gehegt hat, wird sich sicher durch die 
Discussion in der Versammlung gefördert gesehen haben. Wer vom all- 
gemeinen Gesichtspunkte aus Befriedigenderes über die Species zu sagen 
weiss, soll willkommen sein. 

Sogar Derjenige, welcher nach seiner Ueberzeugung behauptet, wir 
seien zu gar keinem Resultat gekommen, ist in der vortheilhaften Lage 
gewesen, sich zu überzeugen, dass man auf diesem Wege auch zu kei- 
nem Resultat, wie er es wünscht, kommen kann. Und dies negative 
Resultat halte ich auch an und für sich nicht für unwichtig. Es liegt eine 
Aufforderung in demselben, eine anderweite Verständigung zu suchen, in 
der Alle sich befriedigt fühlen können, denen an einer Verständigung ge- 
legen ist. 

Vielleicht ist eine Verständigung, ich beabsichtige nicht entfernt zu 
sagen: eine Speciesdefinition, möglich, wenn wir unsern Blick über das 
Gebiet der Ornithologie hinaus einigermassen erheben. Es ist ganz in 


320 


der Ordnung, wenn wir in unseren Versammlungen speeiell uns nur mit 
Ornithologie beschäftigen; aber wir müssen uns nicht anstellen, als ob die 
Ornithologie eine von allen übrigen naturhistorischen Diseiplinen himmel- 
weit abweichende Wissenschaft sei: wir dürfen die Anschauungsweisen und 
Untersuchungsmethodon in den übrigen Naturwissenschaften nicht igno- 
riren. Wir Ornithologen haben zunächst zu bedenken, dass wir Zoologen 
sind, Zoologen, die in in einer besondern Thierklasse arbeiten. Unsere 
Anschauungsweise kann also zuvörderst nur eine zoologische sein, die 
allerdings durch den speciellen Charakter der Klasse der Vögel modifieirt, 
nicht aber aller anderen zoologischen Anschauungsweise gegenüber gestellt 
werden kann. Doch auch die zoologische Anschauungsweise im Allge- 
meinen -ist wieder nur eine specielle Richtung der gesammten naturhisto- 
rischen Auffassung. Die Zoologie ist auch augenblicklich noch in allzu- 
wichtige Grenzstreitigkeiten mit der Botanik verwickelt, als dass sie von 
der botanischen Auffassungsweise ganz abstrahiren dürfte. Und im Wesent- 
lichen wird ja in beiden organischen Naturreichen ein und dieselbe Me- 
thode angewandt, um Species abzugrenzen und zu bestimmen. Hat ja 
sogar die Mineralogie im Allgemeinen keinen von den in beiden andern 
Naturreichen eingeschlagenen Wegen abweichenden angewandt, um zu ihren 
Vorstellungen von Species zu kommen. 

Fassen wir denn den Baum, der uns im Wege liegt, lieber am Stamme 
an, als an den Zweigen; vielleicht ist er weniger störrisch! Fragen wir 
uns zunächst, was ist eine-naturhistorische Species im Allgemeinen, gleich- 
viel ob sie dem Thier-, Pflanzen- oder Mineralreich angehört, und dann 
erst, was ist eine Thier- oder Vogelspecies! Erwarten wir aber nicht, 
dass irgend eine Antwort auf diese Frage, auch die richtigste und beste, 
uns über irgend eine specielle Schwierigkeit und Beobachtung auf einem 
Zaubermantel hinweg heben soll, sondern fordern wir eher umgekehrt, 
dass sie uns alle Schwierigkeiten und Aufgaben der speciellen Beobach- 
tung klar und eindringlich ins Gewissen ruft, um sie zu überwinden. 
Oder, wenn wir den Standpunkt des speculativen Definirens oder des phi- 
losophischen Construirens in den Naturwissenschaften aus Grundsatz ver- 
meiden wollen, fragen wir uns und machen es uns klar, wie die Natur- 
geschichte im Ganzen auf die Vorstellung der Species kommt, wie sie es 
anfängt, um Species im Speciellen abzugrenzen, und unter welchen Um- 
ständen und Bedingungen sie sich mit den abgegrenzten Species beruhigt. 
Es giebt ja in allen drei Naturreichen und auch in der Ornithologie Spe- 
cies, über die sich ein jeder beruhigt fühlt; diese können uns als Muster 


» 


321 


dienen. Haben wir uns über diese Fragen zur Genüge aufgeklärt; so 
sind wir vielleicht toleranter gegen eine jede beliebige Speciesdefinition, 
vielleicht macht sich auch ein Jeder seine genügende Definition der Vogel- 
species selber, oder er beruhigt sich sogar über die Vogelspecies ohne 
jede Definition. Nur über die schlechten Species beruhigt er sich nicht, 
auch wenn sie sich unter dem Deckmantel der elegantesten und scharf- 
sinnigsten Definition einschleichen wollten. 

Der allgemein eingeschlagene Weg, in der Naturgeschichte zur Vor- 
stellung der Species zu gelangen, ist der einer anschaulichen Vergleichung 
der in der Natur gegebenen Individuen; nicht der einer Construction durch 
einen a priori festgestellten Begriff. Nur dadurch, dass wir aus der Ge- 
sammtheit der der Beobachtung zugänglichen Individuen, die in irgend 
welchen Eigenthümlichkeiten übereinstimmenden empirisch zusammenfassen 
und empirisch von allen übrigen trennen, gelangen wir zu den Vorstel- 
lungen irgend welcher systematischer Einheiten. Systematische Einheiten, 
also auch Species, sind nur insofern in der Natur begründet, als unter 
den von der Natur gegebenen, der Beobachachtung zugänglichen Individuen 
irgend welche in bestimmten Punkten unrer sich übereinstimmen und von 
den übrigen abweichen. Wären alle Individuen unter sich vollkommen über- 
einstimmend, so würden sie nur eine einzige systematische Einheit bil- 
den; wären alle unter sich in allen diesen Eigenthümlichkeiten ab- 
weichend, so würden wir nie über die Vorstellung der Individuen hinaus- 
kommen. Keine einzige Begrifisbestimmung würde im ersten Falle eine 
Sonderung, im zweiten ein Zusammenfassen hervorzubringen im Stande 
sein. Die Begrifle und Begriffsbestimmungen können im empirischen That- 
bestande nichts ändern; sie können und müssen sich erst aus dem That- 
-bestande entwickeln. Nur dadurch gewinnen wir erst eine Vorstellung, einen 
Begriff von einer systematischen Einheit, einen Begriff von einer Species, dass 
wir klar, ‚bestimmt erkennen, in welchen Eigenschaften die Individuen der be- 
stimmt vorliegenden Species unter sich übereinstimmen, in welehen Eigen- 
schaften sie von allen übrigen Individuen abweichen. Der Begriff ist das 
Endresultat der empirischen Vergleichung; nicht der Anfang, das ursprüng- 
liche Regulativ, um die Empirie zu maassregeln. Aus dem Grunde werden 
sanguinische Hofinungen auf Begrifisbestimmungen nie in Erfüllung gehen,“ 

Dr. Hennecke: Vielleicht ist die „spec. Differenz“ besser zu definiren ? 

Baldamus: Ich sehe wohl, wir bringen eine allgemeingültige 
Definition des „Speciesbegriffs in der Ornithologie* nicht zu Stande, 


und müssen uns schon zufrieden geben, 
Naumannla, 186, 2l 


322 

Dr. Gloger. Ich meine sehr im Gegentheile: der wirkliche Begriff 
stehe für uns, wie allenthalben in der Natur, hinreichend fest. Nur 
dürfen wir nicht verlangen, dass irgend welche allgemeine Begriffsformel 
uns jemals auch positiv das eigenthümlich specifische Wesen irgend einer 
besondern Vogelart, oder negativ ihre „Differenz* von der oder jeder 
anderen Species angeben und mithin sagen solle, ob sie von dieser an- 
deren wirklich verschieden (ihr „wesensungleich“) sei! Das hiesse etwas 
rein Unmögliches verlangen. Ist man ja doch gerade erst neuerlich wie- 
der sehr in Zweifel darüber gerathen, wie man gewisse niedere 'Thiere und 
Pflanzen von einander unterscheiden und für welches von beiden man sie 
halten solle. So unsicher ist durch neuere Untersuchungen sogar die sonst 
für bestimmt gehaltene Grenze zwischen den beiden organischen Reichen 
jetzt geworden: und noch dazu trotz aller Mikroskope, oder vielmehr eben 
durch die Mikroskope. Wie könnten wir da erwarten, dass irgend ein 
Mensch im Stande sein werde, uns zu sagen: an was man in der befie- 
derten Klasse des Thierreiches jede beliebige Species Ein- für allemal 
von jeder noch so nahe verwandten anderen solle unterscheiden lernen ?— 
Geben wir also jeden Wunsch hiernach auf. Dann wird von selbst auch 
jede weitere Frage nach ihm ruhen. 

Prof. Blasius legt nun eine Reihe von Sitta caesia bis uralensis auf 
und zeigt, dass die Extreme zwar weit genug von einander stehen, um 
an eine Artverschiedenheit denken zu lassen, dass sie aber durch die. 
verschiedensten Mittelstufen und Uebergänge von caesia durch europaea, L. 
bis wralensis hin, so mit einander verbunden seien, dass man eine sichere 
Grenze zwischen diesen „drei Speeies“ nicht zu ziehen vermöge. So 
verhalte es sich mit vielen andern modernen Arten, die als Extreme der 
Färbung oder Grösse, wohl gar noch eine oder zwei Mittelstufen dazu, 
sich als „gute Species“ einzudrängen suchten. 

Dr. Altum. Man möge ihm erlauben, an dieser Suite Sitta die 
obigen Gesetze in Anwendung zu bringen. „Man entferne die 4 mittelsten. 
Wie können wir nun, nachdem eine Lücke in die vorhin untheilbare Suite 
gekommen ist, urtheilen, ob die übrig gebliebenen Extreme artlich gleich 
sind? Sehen Sie, m. H., diese zurückgebliebenen weisen noch in ganz 
bestimmter Weise auf einander hin; tie Lücke, die uns materiell durch 
die Entfernung der Mittelfärbungen entstanden ist, können, ja müssen wir 
verstandesmässig als wenigstens ergänzbar, (wenn auch vielleicht in 
rerum natura nirgends wirklich ergänzt), denken. Es sind die Exemplare 
des einen Extrems in den etwas verschiedenen Färbungen nichts anders 


323 


als die Weiterbildung des anderen Extrems, wie es auch hier in einigen 
Stufen andeutend schon vorgebildet ist; eine Weiterbildung, sage ich, hier 
von den weissbäuchigen anfangend, oder eine Rückbildung, wenn ich von 
den braunen beginne. Es kommt kein qualitativ anderes Moment hinzu, 
sondern es ist bloss eine quantitative Steigerung oder Verminderung. 

Baldamus. Herr P. Brehm hat die Güte gehabt, eine grosse Menge 
interessanter Bälge aus seiner grossartigen Sammlung mitzubringen. Wollen 
wir sie nicht ansehen, und ihm Gelegenheit geben, seine Ansichten, z. 
B. an der reichen Falkensuite da zu entwickeln? 

(Allgemeine Zustimmung.) 

Dr. @loger will zuvor noch einige Worte über wirkliche „Racen,*“ 
mit Anwendung auf mehrere europäische Arten, bei welchen eine deut- 
liche Neigung zu „Racenbildung“ vorhanden sei, einschieben. 

Worin diese bestehe — nämlich in dem Festhalten der Indivi- 
duen an zwei Färbungs-Extremen, also mit Vermeidung einer Bildung 
von Mittelstufen — sei bereits erörtert. Vorhanden aber sei diese Nei- 
gung, zunächst, und wie schon der selige Faber gezeigt habe, bei den 
kleineren Raubmöven- (Zestris-)Arten, wo sie darin bestehe, dass es 
neben den gewöhnlichen Individuen mit weissem Bauche auch solche mit 
brauner Unterseite gebe, die also fast einförmig russfarbig aussehen. Fer- 
ner: bei der gemeinen Krähe, in deren Erscheinung als „Raben- und 
Nebelkrähe;“ drittens, und zwar in ganz entsprechenden Färbungen, bei 
der weissen Bachstelze als gewöhnliche Motacilla alba und sogenannte 
„M. Yarrellii. 

Schon in den ersten zwei oder drei Fällen, nämlich, bei eben 80 
vielen Raubmöven-Arten, noch mehr jedoch in den beiden anderen Fällen, 
bei den Krähen und Bachstelzen, sei in dem einen der beiden Extreme, 
dem dunklen, eine Verwandtschaft oder Racenbildung mit dem Mela- 
nismus nicht zu verkennen; und letztere zeige namentlich bei den 
Säugethieren, wo er sehr viel häufiger (in freiem Zustande) vorkomme, 
als bei Vögeln, einigen Hang dazu, in gewissem Grade auch wohl klima- 
tisch aufzutreten. Umgekehrt sei dieser „Hang“ unter den Vögeln bei 
der Bachstelze und Krähe offenbar weit stärker, als man ihn bei irgend 
einem Säugethiere kenne. Denn es gebe kein Land und kein Klima, wo 
z. B. melanitische Individuen des gemeinen Fuchses, Wolfes, Bären, oder 
solche von Hamstern, Eichhörnchen und Rehen ete. so häufig wären, wie 
es die Rabenkrähe für manche Landstriche Europa’s, oder „Mot. Yarrellü* 


für England sei. Aus dem Klima allein werde sich also die „Racenbil- 
2” 


324 


dung“, wahrscheinlich nie .erklären lassen, auch nicht oder kaum unter 
Beihilfe der sich allerdings von selbst aufdringenden Annahme: dass alle 
Racenbildung auf einer besonderen, speeifisch-eigenthümlichen und feinen 
Empfänglichkeit des Organismus beruhe, sich bereits in Folge sehr gering- 
fügiger Abweichungen der mitwirkenden äusseren Verhältnisse für je eines 
der specifischen Extreme zu entscheiden. 

Je mehr aber der Grund hierzu physiologisbh räthselhalt erscheine, 
um so weniger dürfe man die Thatsachen an sich vernachlässigen, oder 
sie verkennen und speciesmacherisch -falsch deuten. Bei den Raubmöven 
sei Letzteres, glücklicher Weise, Niemandem eingefallen; um so gebräuch- 
licher aber sei es leider noch bis heute bei sehr Vielen in Betreff der Bach- 
stelzen und Krähen. Und doch könne gerade bei den Krähen offenbar 
Nichts deutlicher sein, als: dass sie eben keine „besondere Arten“ sein 
können. Dies zeige schon ihr, so überaus häufiges Verpaaren mit ein- 
ander in allen Ländern und Landstrichen, wo man sie bisher irgendwie 
neben einander wohnend angetroffen habe. Und wiederum für jeden ein- 
zelnen solchen Verpaarungsfall beweise es der Umstand, dass nur höchst 
selten eines der Jungen ein Farben- und Zeichnungs-Mischling werde: 
indem fast immer wieder bloss reine Nebel- und Rabenkrähen daraus 
entstehen. Umgekehrt würden ja aber, wenn die Eltern verschiedene 
Arten wären, ihre Jungen gerade sammt und sonders (ohne jede Aus- 
nahme) entschiedne Mitteldinge zwischen beiden werden müssen. Denn 
in diesem Falle würden ihre Jungen Bastarde sein; eben „Bastarde“ 
aber sehen bekanntlich nie und nimmer bloss Einem von beiden Eltern 
gleich, sondern stets beiden in gleichem Grade ähnlich. Das liege auch 
so in der Natur der Dinge, dass es gar nicht anders sein und gar keine 
Ausnahme erleiden könne; viel weniger, dass es sich hier geradezu um- 
kehren sollte! Ferner würden ja zwei wirkliche Arten, die sich so häu- 
fig mit einander verpaarten, eine ganz besondere Neigung hierzu besitzen 
müssen, die ihnen dann, wie all’ ihre sonstigen Eigenschaften , nur von 
der Natur selbst verliehen sein könnte. Und in der That habe man sich 
theilweise zu der seltsamen Ansicht verirrt, den vermeintlichen beiden 
Krähenarten eine solche Neigung ausdrücklich zuschreiben zu wollen. Das 
hiesse aber, der Natur selbst eine gröbliche Absurdität zuschreiben, Denn 
nachdem sie, wie wir sehen, zum Behufe der reinen Forterhaltung aller 
wirklichen Arten das allgemeine Gesetz gegeben habe, dass Bastarde 
unter sich ganz unfruchtbar sein und sogar im Falle einer Wiederver- 


bindung mit Individuen von einer der beiden reinen Stammarten bloss 


925 . 


ausnahmsweise zeugungsfähig werden sollen: so würde sie ja zwei solchen 
Arten, denen sie eine „Neigung zur Verpaarung“ und Vermischung bei- 
gelegt hätte, recht eigentlich den Trieb eingeflösst haben, einander hier- 
durch beiderseits allmählich selbst zu vernichten! Was hätte denn aus 
zwei solchen „Arten“ werden sollen, wenn sie Jahrtausende lang einer 
so verkehrten Neigung folgen sollten, überall,- wo sie neben einander 
wohnten, durch Erzeugung von Bastarden unfruchtbare Individuen in die 
Welt zu setzen? — Auf solche Ungereimtheiten sei man verfallen, um 
schlechte Arten aufrecht zu erhalten, damit man dann wieder andere, 
meist noch viel schlechtere auf diese erstere zu stützen versuchen könne! 

Umgekehrt jedoch, entspreche das fortgesetzte Wiederentstehen der 
beiden reinen Farbenextreme, selbst aus der geschlechtlichen Vermischung 
beider, ebenso dem, gerade bei den Krähen schr entschiedenen Hange zu 
Racenbildung, wie es jeder specifischen Verschiedenheit derselben und 
dem ganzen Wesen von Bastard-Erzeugungen widerspreche. Weniger 
entschieden sei dieser Hang bei den Bachstelzen, so ähnlich beiderseits 
die Racenfärbung auch sei. Dies hänge aber hier wohl mit der doppelten 
Mauser zusammen, welche die Racenbildung nur am Sommerkleide rein 
hervortreten lasse. 

Eigenthümlicher Weise hänge dieselbe aber zum Theil auch mit dem 
Geschlechte zusammen. In den Gebirgen von Süd-Oesterreich z. B., wo 
Nebelkrähen im Sommer zu den Seltenheiten gehören, sollen, einem neuen 
Berichte von dort her zufolge, die Weibchen gemischter Paare stets oder 
fast immer Nebelkrähen sein. Auf der Insel Ceylon gebe es, wie Layard 
versichere, von der bekannten melanitischen „Race“ der Haushühner, dem 
sogenannten „Mohrenhulhne“, ebenfalls bloss Hennen. Nur bei ihnen seien 
Kamm und Kehllappen, Füsse, Leibes- und Knochenhaut schwarz; .bei 
Hähnen dagegen entweder gar nicht oder nur in geringem Grade. Layard 
verweise daher bei diesem Anlasse mit Recht auf den bekannten und seit 
Jahrhunderten als merkwürdig betrachteten Umstand, dass auch die so- 
genannten „dreifarbigen Hauskatzen* immer nur weiblichen Geschlechts, 
aber nie (oder fast nie) Kater seien. Das könne sich auch bis heut noch 
kein Physiolog erklären. Gleichwohl stehe es thatsächlich so fest, wie 
irgend Etwas. 

Bei Säugethieren gehe die Racenbildung, wie schon bemerkt, noch 
weiter, als bei den Vögeln. So u, a. beim Eisfuchse, Canis lagopus, 
den bereits Faber in dieser Beziehung den Raubvögeln theils zur Seite, 


theils gegenüber gestellt habe; denn bei diesem vernichte in dem einen 


326 


Falle die Racenbildung sogar die sonstige Neigung der Species, ein weisses 
Wintergewand anzulegen. Nämlich bloss die gewöhnliche Race von 
ihm, welche den gewöhnlichen (weissbäuchigen) Raubmöven entspreche, 
indem sie im Sommer oberwärts braungrau, unterhalb dagegen weiss aus- 
sehe, werde im Winter überall weiss, Die einförmig russfarbige aber, 
die also der braunbäuchigen Raubmöve entspreche, bleibe Winter und 
Sommer hindurch einfarbig dunkel. Beide Racen vermischen sich, da sie 
untereinander leben, stets ebenso ohne Weiteres mit einander, wie beider- 
lei Raubmöven und wie Raben- und Nebelkrähen; dennoch gehen, noch 
bestimmter als bei letzteren, .aus der Vermischung doch immer wiederum 
die reinen Racen hervor. Denn Mitteldinge, wie sie bei den Krähen in 
Europa, wenn auch verhältnissmässig selten, aber doch überhaupt vor- 
kommen und nach Pallas in manchen Gegenden von Sibirien sogar eine 
sehr gewöhnliche Erscheinung bilden, seien beim Eisfuchse ganz unerhört 
und völlig unbekannt. 

Sogar in der Pflanzenwelt komme, im freien Zustande, eine theil- 
weise Racenbildung hinsichtlich der Färbung der Blumen vor: nämlich 
zwei extreme Farben, aber nicht eine mitteninne stehende Zwischenfarbe. 
Die Leberblume, Hepatica triloba (Anemone hepatica, Lin.), diese schöne 
Frühlingspflanze, blühe gewöhnlich schön schmalteblau, jedoch nicht sel- 
ten auch pfirsichblüthfarbig, aber nie lilasfarbig; und keiner gärtnerischen 
Kunst, die eine ganze Anzahl gefüllter wie ungefüllter, heller, dunkler 
und weisser Abänderungen erzielt habe, sei es noch gelungen, die lilas- 
ähnliche Mittelfärbung zu erzeugen. Die Gauchheil-(Anagallis-) Arten, 
worunter die nördlich einheimische A. arvensis, blühen gewöhnlich mennig- 
oder fast scharlachroth, nicht selten auch himmelblau, aber nie violett 
oder sonst in der Mittelfärbung, und die grösseren fremden Arten behalten 
in den Gärten, wie die unsrigen auf dem Felde, immer nur eine der ur- 
sprünglichen Racenfärbungen. Eine gemischte bleibe ausgeschlossen. 

Und hiermit hoffe Redner, — wie es freilich auch schon in seinem 
Werkchen über das Abändern geschehen sei, — klar gemacht zu haben, 
was Racen seien oder was nicht, und wo man sich also dieses Aus- 
druckes angemessen zu bedienen habe, oder wo nicht. — 

Herr P. Brehm legt sodann eine Suite von Falken vor. „Meine 
Herren, ich lege Ihnen hier eine Reihe von interessanten Falken vor. 
Lassen Sie mich jedoch zuvor der Vollständigkeit wegen einige Worte 
über die eigentlich europäischen Wanderfalken sagen, die ich nicht 
mitgebracht habe, Sie zerfallen in: 


327 


I. Aechte Wanderfalken (Falcones migratorü veri). 


Die Mittelzehe ist länger, als die Fusswurzel; der 
schwarze Backenstreif deutlich, bei den meisten gross. Im 
ausgefärbten Kleide ist der Oberkörper schieferblau mit dunkeln 
Querbinden, der Unterkörper gelblich, rostgelb, oder gelblichgrau mit 
braunen Flecken. Im Jugendkleide hat der braune Oberkörper rost- 
gelbliche Federkanten, der gelblichweisse oder weissliche Unterkörper 
braune Längeflecken. Bei dem kaum flüggen Vogel ist die Wachshaut, 
nackte Augen-, Fuss- und Zehenhaut bläulich, wird aber bald nach dem 


Ausfliegen eitronengelb. 


1. Der ächte Wanderfalke, Falco peregrinus L. (Falco com- 
munis L.). Er zerfällt in folgende Subspeeies, so weit mir solche be- 
kannt sind. 

a) Falco peregrinus cornieum, Brm. Der Krähen wanderfalke. 

Länge 15‘ bis 18° mit rostgelbem Unterkörper im ausgefärbten 
Kleide und hohem Scheitel, brütet in Deutschland, wandert bis nach 
Afrika. 

b) Falco peregrinus abjetinus, Brm. Der Tannenwanderfalke. 

Viel kleiner, nur 131/,‘ bis 17° lang, mit wenig hohem Scheitel; 
wandert durch Deutschland bis nach Egypten. 

e) Falco peregrinus griseiventris, Brm. Der graubäuchige Wan- 
derfalke. 

Zwischen a und b in der Grösse mitteninne stehend, 14"/3'' bis 17° 
lang, im Alter mit schiefergrauer Grundfarbe am Bauche, in der 
Jugend stark gefleckt mit grossen Backenstreifen; in Skandinavien, wan- 
dert durch Deutschland. 

d) Falco peregrinus leucogenys, Brm. Der weisswangige Wan- 
derfalke. 

Er ist ungefähr so gross, als der zunächst vorhergehende, 14!/,‘ bis 
17!/,‘ lang, mit weisslichen Wangen, etwas schmalen Backenstreifen 
und im Jugend- und ausgefärbten Kleide mit kleinen dunkeln Flecken 
am Unterkörper; er zieht durch Deutschland bis nach Egypten. 

Von ausländischen Wanderfalken, so weit sie mir bekannt 
sind, gehören hierher: { 

e) Falco peregrinus melanogenys, Gould et Brm. Der schwarz- 
wangige Wanderfalke. 


In Grösse und Zeichnung den vorhergehenden ähnlich; das 


328 


Schwarz unter den Augen bedeckt fast die ganzen Wangen. 
In Australien. 

f) Falco peregrinus anatum, Brm. 

Von allen vorhergehenden durch den dunkleren, schieferschwärzlichen 
Oberkörper und das andere Verhältniss der Mittelzehe zur Fusswurzel 
unterschieden. In Nordamerika. b 

g) Falco peregrinus orientalis, Brm. Der östliche Wanderfalke. 

Er ist viel kleiner als alle vorhergehenden, kaum so gross als Falco 
Feldeggii, ihnen aber in der Farbe und Zeichnung ähnlich. Er lebt in 
Ostindien und steht im Museum zu Mainz. 

2. Feldegg’s Wanderfalke (Falco barbarus, L., F. Feldeggü, auct.). 

Fusswurzel 17°”, Mittelzehe 21’, alt mit Rostroth auf dem Hinter- 
kopfe, jung mit hellem Nackenquerband und solchem Längestreif auf dem 
Vorderkopfe. Ich lege hier 5 Stück vor, ein Paar alte und ein Paar 
Junge Vögel, wie auch ein 1jähriges Weibchen in vollem Uebergange vom 
Jugend- zum ausgefärbten Kleide. 

Das alte Männchen ist auf dem Oberkörper wanderfalkenartig ge- 
zeichnet mit rostrothem Hinterkopfe und Nacken, aber dunklem Vorder- 
kopfe; sein Unterkörper ist hoch rostrothgelb, ‚fast ganz ungefleckt. 

Das viel grössere alte Weibchen ist auf dem Ober- und Unter- 
körper dunkler, als das ausgefärbte Männchen, mit weniger weit 
verbreitetem Rostroth auf dem Kopfe, und grösseren und häufigeren dunkeln 
Flecken auf dem Unterkörper. 

Das Jugendkleid ähnelt sehr dem des Falco peregrinus leucogenys, 
allein das breitere helle Nackenquerband und der Längestreif auf dem 
Kopfe, wie der ungefleckte Unterbauch, vor Allem aber die geringere 
Grösse, unterscheiden es auf den ersten Blick von dem des Wanderfalken. 

Das ljährige Weibchen zeigt deutlich, dass diese Falken, wie 
unsere Wanderfalken, kein mittleres Kleid haben, sondern aus dem Jugend- 
kleide sogleich in das ausgefürbte übergehen. 

Feldegg’s Falke lebt einzeln im südlichen Europa, soll sogar im 
Jugendkleide schon in Deutschland vorgekommen sein und wandert bis in 
das mittlere Afrika hinein. Mein Sohn traf ihn am weissen und blauen 
Flusse, so weit er südlich gekommen ist, in den Urwäldern an, wo er 
unsern Wanderfalken, dem er,auch im Betragen ganz ähnlich ist, 
vertritt. 

Ich halte diesen Vogel für den ächten Feldeggsfalken, den Falco 


peregrinoides, Temm. und von der Mühle, weil er schon wegen seiner 


329 


langen Mittelzehe unter allen Verwandten die meiste Aehnlichkeit mit dem 
Wanderfalken hat. Auch ist er sehr wahrscheinlich Falco barbarus, 
Gm., L. und Falco barbarieus, Briss. Der Erstere sagt von ihm: Syst. 
Nat. I. p. 272.: F. cera pedibusque luteis, corpore eoerulescente fuscoque 
maculato, pectore immaculato, caudo fasciato. Der Ausdruck „Pec- 
tore immaculato“ passt nur auf diesen Falken und unsern Falco cervicalis. 
Brisson sagt von seinem Falco barbaricus in seiner Ornithologia Tom. I. 
p- 99: „Praecedenti (id est Falconi peregrino) paulum magnitu- 
dine cedit. Capite donatur crasso et rotundo. Superne pallide est 
einereus ad coeruleum vergens, maculis nigris variegatus. 
Inferne flavicat et maculis longitudinalibus*) variegatur. Remiges nigri- 
eant, oris exterioribus albis. Rectrices sunt einereo-coerulescen- 


tes, septemque taeniis transversis, fuscis striatae. 


Diese Beschreibung Brisson’s passt durchaus nur auf unsern 
Feldeggs-Falken; denn die Bezeichnung: „Praecedenti paulum magni- 
tudine cedit* würde ausser ihm nur auf unsern Fulco cervicalis anwendbar 
sein, allein die Bestimmung: „Rectrices sunt ceinereo-coerulescentes, sep- 
temque taeniis transversis fuseis strietae* kann auf unsern Falco cervicalis, 


da er 12 bis 14 Schwanzbinden hat, keine Anwendung finden. 


Bemerken muss ich noch, dass Susemihls Abbildung seines Falco 
Feldeggii nicht hierher gehört, — bei ihr ist fast der ganze Oberkopf 
rostroth und der Unterkörper deutlich gefleckt, — sondern wahrscheinlich 
unsern Falco biarmicus darstellt. Da nun nach dem Gesagten der Name 
Falco Feldeggii ein sehr unbestimmter und spät gegebener ist, schlage ich 
mit Bonaparte — Revue critrique de l’Ornithologie europ@enne de Mr. 
le Dr. Degland — vor, ihm ins Künftige seinen alten Namen Falco 


barbarus wieder zu geben. 


Die sehr genaue Beschreibung dieses Falken bitte ich im 1. Hefte 
dieses Jahrgangs der Naumannia S. 25 nachzulesen; sie ist mit grosser 
Sorgfalt nach den von mir in Köthen vorgezeigten Exemplaren von meinem 


Sohne Alfred entworfen. 


II. Unächte Wanderfalken (Falcones migratorü spurli). 


Die Mittelzehe ist kürzer als die Fusswurzel; der Backen- 
streifist klein, bei mehreren im Alter nur angedeutet. 


*) Noch kein ganz alter Vogel. 


330 


Der Oberkörper ist im ausgefärbten Kleide verschieden gezeich- 
net, der Unterkörper blassgelb mit braunen Flecken. 

Im Jugendkleide hat der sehr dunkle Oberkörper rostfarbige 
Federkanten und einen solchen Nackenfleck; der gelblich weisse Unter- 


körper sehr grosse schwarzbraune Längeflecken. 


1. Der Nackenfalke, Falco cervicalis Mus. Berol. Von Suse- 
mihl als Falco peregrinoides abgebildet Taf. 9. 

Die Fusswurzel ist 24°, die Mittelzehe 19“ lang; er ist 
etwas grösser als Falco barbarus. 

Beim ausgefärbten Vogel ist der Oberkörper mattschwarz mit 
schieferfarbigen, auf dem Rücken fehlenden Querbinden und Querflecken, 
der Unterkörper rostlehmgelb, fast ganz ungefleckt; der Hinterkopf 
und Nacken rostfarbig mit schwarzen Schaftstrichen. Der schiefer- 


farbige Schwanz hat 12 bis 14 schmale schwarze Querbinden. 


Das Jugendkleid ist oben düster schwarzbraun mit wenig be- 
merkbaren helleren Federrändern, unten rostgelblichweiss oder weisslich 
mit grossen schwarzbraunen Längeflecken. Im Nacken ein rostfarbiger 
Fleck. 

Dieser Falke ist nicht schwer von seinen Verwandten zu unter- 
scheiden mit einem der ersten Abtheilung kann er wegen der kürzeren 
Mittelzehe — sie ist 3° kürzer als die Fusswurzel — verwechselt werden 
und in Bezug auf den folgenden Falco biarmicus (Falco lanarius, Belon.) 
macht ihn die geringere Grösse, der kleine Schnabel und im ausgefärbten 
Kleide der wenig verbreitete rostrothe Nackenfleck und der fast ganz un- 
gefleckte Unterkörper hinlänglich kenntlich. 

Ich finde nirgends, ausser in der Naumannia Heft I. S. 36 eine aus- 
reichende Beschreibung; aber die oben angeführte Abbildung Suse- 
mihl’s ist, wenn sie auch Manches zu wünschen übrig lässt, so treu, 
dass man den Vogel nicht verkennen kann. Er lebt sehr einzeln in 


Nordostafrika und verirrt sich zuweilen nach Südeuropa. 


2. Der südliche Wanderfalke. Falco biarmicus nobis. (Falco 
lanarius*), Belon et Schlegel.) Falco Feldeggü- Schl. Pl. col. 470 jun. 
Susem. Vog. Europ. Taf. 8. 


*) Ist um desswillen eine unpassende Benennung, weil man unter diesem 
Namen gewöhnlich einen ganz andern Falken versteht. 


331 


Er. hat so ziemlich die Grösse des europäischen Wanderfalken 
denn das Männchen ist 15° 6‘ lang und 36’' 6° breit; das viel grössere 
Weibchen misst 17‘ 6° in der Länge und 40° 6“ in der Breite. 


Er unterscheidet sich im Alter sehr leicht von allen vorhergehenden 
durch den fast ganz rostrothen Kopf und Nacken — nur die 
Hinterstirn ist dunkel — und von den beiden zuletzt beschriebenen durch 


den weit mehr gefleckten Unterkörper unterschieden. 


Im Jugendkleide ähnelt er dem Falco cerviealis ausserordentlich, 
hat aber einen gewölbten Kopf, stärkern Schnabel und einen grösseren 
Körper, wodurch man die jungen Vögel beider Arten, wenn man sie 


neben einander sieht, auf den ersten Blick unterscheiden kann.*) 


3. Der gefleckte Falke. Falco tanypterus, Brm. 


Wir besitzen und kennen nur den alten, ausgefärbten Vogel, welcher 
sich von dem zunächst vorhergehenden, mit welchem er gleiche Grösse 


hat, sehr deutlich unterscheidet 


1) durch den ganz rostlehmgelben Kopf, welcher bei Nr. 2. 


eine schwarze Hinterstirn hat, 


2) durch den sehr schmalen rostgelben, mit schwarzen 
Schaftstrichen gezierten Backenstreifen, welche bei 


F. biarmicus schwarz und sehr deutlich sind, 
3) durch die kleinen Flecken des Unterkörpers und 


4) durch die rostgelben Binden auf dem Mantel. 


Einer der anwesenden Berliner Herren, wenn ich nicht irre, der 
Herr Dr. Altum, hat mir gesagt, dass sich im königl. zoologischen 
Museum zu Berlin ein ähnlich gezeichneter Falke aber mit sehr abgetra- 
genem Gefieder befinde. Ueber diesen Vogel sind wir, ich und mein 
Sohn Alfred, verschiedener Meinung, was, wie die genaue Beschreibung 
in der schon erwähnten Abhandlung, S. 32 zu finden ist. 


*) Ich legte in Köthen 4 Stück dieser Falken, ein gepaartes, auf einen 
Schuss erlegtes Paar und ein Paar junge Vögel vor und erfuhr von Blasius, 
dass er einen juugen Falken dieser Art aus Osero in Dalmatien erhalten habe. 
Eine sehr genaue Beschreibung von ihm steht Naumannia 1856, Heft 1, 8. 29. 


Brehm. 


932 


Ausser diesen Falken lege ich der Gesellschaft noch ein gepaartes 
Paar von Falco ruficollis und F, eoncolor, auch einen Jungen von Falco 


gracilis vor.*) 
Der Vorsitzende schliesst hierauf die Sitzung gegen 2 Uhr. 


Die Zeit bis zum Mittagsessen wurde der Besichtigung des reichen, 
in einem Nebenzimmer aufgestellten Vorrathes von selteneren Vögeln und 
Eiern gewidmet, welehe Herr Dr. Kjärbölling auch diesmal mitgebracht 
hatte. Unter den von Herrn Naturalienhändler E. Klocke aus Dresden 
vorgelesten Bälgen erregten die von Emberiza aureola (3 St.), rustica 
(2 St.) und Zimosa Terek (alt und ganz jung) und unter den Eiern die 
von eben genannten (17 St) und den beiden andern Arten besondere 


Aufmerksamkeit, 


An dem Diner hatten sich viele Gäste aus Köthen und seiner Um- 
gegend, auch Damen, betheiligt. Herr und Frau Geheimrath Fels aus 
Köthen, welche dem Prinzen Ch. L. Bonaparte und dessen Begleitung mit 
seltener und von den liebenswürdigen Gästen dankbar angenommener 
Gastfreundschaft bei sich aufgenommen, führten nach 2 Uhr den Fürsten 
Gabrielli aus Rom nebst Gemahlin, Prinzess Augusta, der vierten, 
eben vermählten Tochter unseres grossen Naturforschers, in den Speise- 
saal, wo sie von dem Prinzen empfangen und in seiner freundlichen, herz- 
gewinnenden Weise zu den Herren Prof, Naumann, Brehm, Hennecke 
und Andern geführt und diese ihnen vorgestellt wurden. Nachdem die 
ersten Trinksprüche von dem Herrn Amtmann Nette Sr. Hoheit, dem 
Herzoge Leopold Friedrich von Anhalt-Dessau-Köthen und vom 
Pf. Baldamus Ih. Hoheiten dem Erbprinzen, der Erbprinzessin und dem 
Herzogl. Hause gebracht worden waren, folgten andere auf den „ausge- 
zeichneten Gast“, auf den Vorstand, die Vorsitzenden, den Secretär, die 
Geschäftsführer, die reisenden Ornithologen, die aus weiter Ferne gekom- 
menen Mitglieder, die Gäste etc. Die anfangs hier und da fortgesetzte 
Debatte über den Speciesbegriff und einige andere „brennende“ Fragen 
fanden, wenn nicht ihre Lösung, so doch ihre vorläufige Erledigung in 


dem Geiste gemüthlicher Tafelheiterkeit. 


*) Alle wurden mit Freude und Aufmerksamkeit gemustert und von Allen 
bewundert. Was ich über sie zu sagen hätte, steht Alles in den schon mehrmals 
genannten Abhandlungen 8. 38 bis 44. Brehm, 


333 


Nach Tische führten die von dem Amtmann Nette und den anwe- 
senden Gästen freundlichst zur Disposition gestellten Wagen die Tischge- 
sellschaft nach der Besitzung des gastlreien Geschäftsführers, nach dem 
eine halbe Meile von Köthen gelegenen Wörbzig*). Hier zerstreuten sich 
die gern geschenen Gäste bald in den Räumen des Hauses und der 
Gärten; überall plaudernde, disputirende, singende Gruppen, Der von 
den Anstrengungen der Reise und seinen fortgesetzten Arbeiten ermüdete 
Prinz wurde durch einen improvisirten Männerchor aus seinem Schlummer 
geweckt und lächelte freundlich — wie immer — in den Muthwillen der 
„Jüngeren Ornithologie* hinein, die sich bald darauf in den Saal begab, 
um nach der Musik des Piano einen „etiquettelosen“ Tanz zu wagen. 
Diese fröhliche, gemüthliche Stimmung erhielt sich bis spät in die Nacht 
hinein, wo die Gesellschaft, voll Dank für das freundliche Wirthspaar, 


nach Köthen zurückkehrte, 


Köthen, den 4. Juni 1856. ' 


Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung um 9'/, Uhr. 


Herr P. Brehm, welcher gestern seinen Freund, Herrn Prof. Nau- 
mann, nach Ziebigk begleitet hatte, entschuldigt dessen Ausbleiben mit 
Unwohlsein und bringt ein Stück von einem armstarken Zweige von 
Populus eineres mit, in welchen Geeinus viridis fast einen Zoll tief nach 
der Raupe von Cossus aesculi gemeisselt. Die regelrecht gemeisselte Oeff- 
nung hat aussen 26 MM. Höhe, bei 13 MM. Breite, verjüngt sich nach 
innen bis zu 19 MM. Länge und 4 MM. Breite, und trifft ziemlich die 
Mitte der im Kerne sitzenden Raupenhöhlung. Die Raupe ist wahrschein- 
lich unzerstückt aus dieser Höhlung hervorgezogen worden. Diese befand 


sich in einer Höhe von 18 bis 20 Fuss vom Boden, 


Der Herr Vorsitzende zeigt an, dass Herr Arnoldi aus Gotha, 
der Verfertiger des vortrefflichen Obstkabinettes, einige Vogeleier als 
Probe ausgelegt. (Diese werden als vortreflich nachgebildet und zu dem 


angegebenen Zwecke [als Surrogat beim Unterrichte in Gymnasien ete. zu 


*) Auch schon Tags zuvor hatte mein ausgezeichneter Kollege die bis dahin 
angelangten Mitglieder der Versammlung zum Diner nach Wörbzig abgeholt, 


Der zweite Geschäftsführer, 


334 


dienen] vollkommen ausreichend anerkannt und empfohlen. Natürlich 
sind sie zu rein wissenschaftlichen ete. Studien nicht zu gebrauchen.) 

Herr Conseryator Martin bringt nun der Versammlung die freund- 
lichsten Grüsse des Herrn Geheimraths Prof. Dr. Lichtenstein, der 
leider und zum grossen Bedauern der Versammlung durch Amtsgeschäfte 
gehindert wurde, an derselben Theil zu nehmen. Den für heute angekün- 
digten Vortrag über Sammlung und Aufstellung der höhern Thierklassen 
verspricht Herr Martin auf morgen. 

Der Herr Vorsitzende eröffnet hierauf die Fortsetzung der gestern 
abgebrochenen Debatte, welche Se. Hoheit Prinz Charles-Lucien 
Bonaparte durch Mittheilung seiner Ansicht über Species einleitet. 

Pf. Baldamus wird vom Herrn Vorsitzenden aufgefordert, diese 
auszüglich in deutscher Sprache zu geben, erklärt indess, dass sie sich 
nicht wohl im Auszuge werde geben lassen und bittet um einige Zeit 
zum Uebersetzen. (Wir geben die Uebersetzung des Zusammenhanges 
wegen gleich jetzt und zwar nach einer spätern Umarbeitung des Herrn 


Verfassers.) 


Ueber den Speciesbegriff. 

Willkür und Gesetzlosigkeit sind die schlimmsten Erscheinungen, 
und besonders unerträglich im Gebiete der Wissenschaft. 

Und doch gerade sie herrschen in dem schönsten Zweige der Natur- 
kunde; denn in willkürlicher und gesetzloser Weise ist die Mehrzahl der 
modernen Species aufgestellt und nach der Laune des Begründers „Species“, 
„Race“ oder „Varietät“ genannt worden. Dieser Zustand der Dinge muss 
aufhören! 

Eigentlich erst seit Linne hat die Bestimmung der lebenden 
Species, wie sie Jetzt gilt, eine feste Basis gewonnen. Die der ver- 
schiedenen Typen von Arten, welche in den einzelnen geologischen 
Epochen untergegangen, wird künftig den Haupttitel des Ruhmes 
unseres unsterblichen Cuvier bilden. Der Vergleichung dieser beiden 
Kategorien von Species, und gleichsam der Beurkundung ihrer 
Abkunft (filiation) widmet sich so eben in Amerika einer der grössten 
lebenden Naturforscher, Agassıiz. 

Aber vor Allem wird man uns fragen: Was ist Species? und darf 
man besonders ihre Beständigkeit oder ihre Veränderlichkeit an- 
nehmen? Die erste Annahme aufrecht erhalten wollen, wäre nichts 
Anderes als eine Absurdität, und zwar eine Absurdität, die auch den in 


335 


der Wissenschaft am wenigsten Bewanderten einleuchten muss. Die zweite 
Annahme, unerklärt und unbegrenzt, würde aus der Wissenschaft ein Chaos 
machen, dem Niemand nahe zu kommen wagen würde. 

Sprechen wir es denn aus mit einem der hellsten Geister unseres 
Jahrhunderts, mit Prof. Isidore Geoffroy St. Hilaire, dass „die 
Charaktere der Species weder absolut beständig, noch unbe- 
gränzt veränderlich sind. Sie sind beständig für jede Species, 
so lange sich dieselbe inmitten gleicher Verhältnisse fortsetz1 
(perpetue). Sie modifieiren sich, wenn die Umstände sich ver- 
ändern.“ 

Sind die Verhältnisse permanent, so sind es die Species auch. Die 
erhaltende Kraft wirkt allein mit aller Macht. Die modifieirende Kraft 
kann nicht anders gegen sie ankämpfen, als indem sie die die Species 
umgebende Welt verändert. 1 

Daher die sehr scharfen Grenzen der Abänderungen (variations) bei 
den in Freiheit lebenden Thieren. 

Daher auch die ausserordentliche Variabilität der domestieirten Thiere, 
Die Racen, meistentheils geographisch, erkennt man an den Modificatio- 
nen, welche mehr oder weniger mit den Umständen vorübergehen, die 
sie hervorgebracht haben und die gewöhnlich von der graduellen Verbrei- 
tung — in Folge der Vermehrung der Individuen — ferner von den 
mehr oder weniger beträchtlichen Verschiedenheiten des Aufenthaltes, des 
Klima, der Nahrung und selbst der Lebensweise abhangen. Aber diese 
Racen, so scharf abstechend sie auch sein können, verschwinden doch 
mit, oder existiren wenigstens nicht lange nach dem Aufhören der 
Verhältnisse, welche sie erzeugt haben. Ihre zeitweilige Existenz kann 
nicht besser als mit der der Bastarde verglichen werden, welche, ob- 
wohl fruchtbar, sich doch nicht regelmässig fortpflanzen, oder verschwinden, 
indem sie zu einer der Arten, von denen sie abstammen, durch die 
Wirkung wiederholter Kreuzung zurückkehren. Die Uebergänge zwischen 
‚den verschiedenen Racen und ihren Typen sind die besten Beweise, 
welche wir liefern können, um jene vorgeblichen Species unter die Racen 
zu verweisen, mit denen sich der wahre Zoolog trotzdem nicht minder 
eifrig beschäftigen wird. 

Wenn unsere Behauptungen der Beweise bedürften, so würden uns 
unsre Hausthiere, — welche wieder wild. und typisch werden, nachdem 
sie so grosse Verschiedenheiten durchlaufen haben, dass sie in der Natur 


generisch sein würden, — deren unumstössliche in Menge liefern, 


836 


Und nach diesen Beispielen, die wir täglich vor Augen haben, und 
die man — man müsste denn blinder sein als Homer — sehen muss: 
Wer kann noch zweifeln an der Abstammung der Species, welche sich 
augenscheinlich durch die Zeitalter und die Umwälzungen unserer Erd- 
kugel hindurch modifieirt haben? Die absolute Beständigkeit der Species. 
wir wiederholen es, ist ungereimt, und nur indem sie diese Ungereimt- 
heit zur zweiten Macht erheben, können die Anthropologen, welche sie 
aufrecht erhalten, mit uns über den gemeinschaftlichen Ursprung der ver- 
schiedenen Menschenracen sich einigen. Wird man unserer handgreiflichen 
Doktrin von der „begrenzten Veränderlichkeit“ die Lehre von 
den successiven Schöpfungen und die sogenannte Translations- Theorie 
entgegenhalten? Und die früheren untergegangenen 'Thiere, von denen 
wir noch überall Analoga erblieken, sollten sie alle. ohne Nachkommen- 
schaft verschwunden sein? Nein! Sprechen wir es mit der Eindringlichkeit 
der Ueberzeugung aus: die Krokodile, die Elephanten, die Rhinoceros der 
Vorwelt sind die Voreltern derjenigen, welche sich in unserer Epoche 
fortpflanzen, und sie würden nicht mehr existiren können ohne die wechseln- 
den Modificationen, welche ihre Organisation infolge der Verhältnisse 
erleiden musste, die für ihre Nachkommen zur zweiten Natur geworden 
sind. Und ich sage wechselnde Modificationen, weil es evident ist, 
dass die Zahl der Species die Tendenz der Zunahme nicht der Ab- 
nahme hat. 

Eben desshalb finden wir, bei dem gegenwärtigen Zustande der Dinge, 
die Definition des Speciesbegriffes von Prof. Isid. Geoffroy St. Hilaire vor- 
trefflich: „Species ist eine Zusammenfassung oder eine Reihen- 
folge von Individuen, charakterisirt durch eine Gesammtheit 
von unterscheidenden Zügen, deren Vererbung bei der jet- 


zigen Ordnung der Dinge natürlich, regelmässig und unbe- 


grenzt ist!“*) Und wir wiederholen sie hier in der Hoffnung, dass sie, 


sanktionirt durch die hohe Autorität des deutschen Ornithologen-Con- 
gresses, wenigstens als Führer dienen möge für die Anerkennung der 
guten Vogelspecies und die Verbannung der schlechten aus dem Kataloge 
der Wissenschaft.“ 

Past. Brehm legt nun seine ausgezeichneten Suiten von Anthus vor, 


denen Prof. Blasius eine Reihe von den von ihm mitgebrachten hinzu- 


*) „L’espece est une collection ou une suite d’individus, cearacterises par un 
ensemble de traits dis!inetifs, dont la transmission est naturelle, r&guliere et inde- 
finie dans l’ordre actuel des choses!!* 


337 


fügt. Ersterer knüpft daran folgende Mittheilungen.“ Ich lege der Ver- 


sammlung zunächst vor: 


A. Die Stelzenpieper, Corydalla, Vie. 

Bonaparte hat die Brachpieper unter dem Sippennamen Agrodoma 
wegen des kürzeren Nagels der Hinterzehe, welcher bei den eigent- 
lichen Stelzenpiepern einen langen Sporn bildet, von ihmen getrennt. 
Allein diese Sippe steht aus dem Grunde auf sehr schwachen Füssen, 
weil unsere Corydalla orientalis, welcher Niemand den Charakter eines 
Stelzenpiepers absprechen wird, einen wenig ausgebildeten, meine 
Corydalla campestris arenaria hingegen einen ziemlich entwickelten Sporn 
besitz. Die letztere verbindet die Brachpieper mit den Stelzen- 
piepern, und die Corydalla orientalis diese mit jenen. Beide Vögel setzen 
also den Systematiker, welcher diese Pieper in 2 Sippen aufführen will, 
in grosse Verlegenheit, weil er nicht weiss, zu welcher Sippe er sie rech- 


nen soll. Von diesen Piepern lege ich vor: 


I. Aechte Stelzenpieper. Corydallae proprie sie dietae. 

1) Richards Stelzenpieper, Corydalla Richardi, Vig. (Anthus 
Richardi, Vieill. Anth. rupestris, Menet.) Unsern Brachpiepern ähnlich 
aber viel grösser, mit deutlich ausgesprochenen dunkeln Längeflecken auf 
dem Oberkörper und am Kropfe, durch welche er sich dem Baum- 
pieper in der Zeichnung nähert; mit sehr ausgebildetem Sporn. Die 
beiden äusseren Steuerfedern fast ganz weiss. In Südspanien, Südfrankreich, 
Italien und auf dem Zuge auf Helgoland. Seine Subspecies kenne ich 
noch nicht. 

2) Der östliche Stelzenpieper, Corydalla orientalis, nobis. Merk- 
lich kleiner als Nr. 1., auf dem Oberkörper rostgelblichgrau, an den bei- 
den äussern Steuerfedern rostgelb mit kleineren Füssen und kürzerem 
Sporn. Im Winter in Nordostafrika. 

3) Hasselts Stelzenpieper, Corydalla Hasselti auet. Kleiner und 
auf dem Oberkörper grauer als Richards Stelzenpieper, mit auffal- 


lend langem Sporn. Auf Java. 


I. Unächte Stelzenpieper. (Brachpieper.) Corydallae haud proprie sio dietae, 
(Agrodroma, Bp.) 
Ihre Fusswurzel und ihr Sporn ist kürzer, als bei den eigentlichen 
Stelzenpiepern. 
1) Der Sandbrachpieper, Corydalla arenaria, Brm. Langer 


Sporn, durch welchen er sich an die eigentlichen Stelzenpieper an. 
Naumannla. 1850, 22 


338 


söhliehst. Zeichnung wie unsere Brachpie per, mit rostgelblichem An- 
flug an dem Ober- und blassgelblichem auf dem Unterkörper. Auf den 
Sanddünen Hollands. R 

2) Vierthalers Brachpieper, Corydalla Vierthaleri, nobis. So gross 
wie ein Seidenschwanz, also der grösste aller bekannten Pieper, 
oben gelblich erdgrau,! dunkler gewässert, unten rostgelblich weiss; eine 
sehr gute Art; im Winter in Nordostafrika. 

Die folgenden bilden die Art: 

3) Anthus campestris, Bechst. a)Derdünnschnäblige Brachpieper, 
Anthus campestris tenuirostris, Brm. Der grösste unter den folgenden Brach- 
piepern, aber viel kleiner als Corydalla Vierthaleri, mit sehr langem -dün- 
nen Schnabel, schlankem Körper und etwas ins Rostgraugelbe ziehenden 
Oberkörper; in Griechenland. 

b) Der schlanke Brachpieper. Corydalla campestris gracilis Brm. 


Dem a) ähnlich, mit nur mittellangem Schnabel; auch in Griechenland. 


ce) der Feldbrachpieper, Corydalla campestris arvensis, Brm. Einige 
Linien kürzer, als b, auf dem Oberkörper erdgrau, nicht ins Gelbgraue 
ziehend, mit starkem mittellangem Schnabel. Brütet in Norddeutschland 
und wandert durch Mitteldeutschland. 

d) Der starke Brachpieper. Corydalla campestris robusta, Brm. 
So gross, wie der zunächst vorhergehende, stark von Körper und Gliedern, 
mit längerem Schnabel und ungeflecktem Kropfe. In Norddeutschland. 

e) Der gestreifte Brachpieper. Corydalla campestris striata, Brm. 
Dem von d) ähnlich, aber mit einem mit vielen Längestreifen besetztem 


Kropfe. Er brütet in der Umgegend von Leipzig. 


f) Der wahre Brachpieper. Corydalla campestris vera, Brm. 
Merklich kleiner und besonders schlanker als e), mit erdgrauem Oberkörper 
und schlankem Schnabel. Dies ist der eigentliche Brachpieper Bechsteins. 


Denn er lebt in Thüringen und hier. 


g) Der Ackerbrachpieper. Corydalla campestris agrorum, Brm. 
Etwas kürzer als f), auf dem Oberkörper noch etwas erdgrauer, mit kur- 
zem dickem Schnabel; in der Gegend von Renthendorf und in 
Pommern. 

h) Der nordische Brachpieper. . Oorydalla campestris septentrio- 
nalis, Brm. Kleiner als alle vorhergehenden, auf dem Oberkörper erd- 
grau, mit dunklern Längeflecken und mit mittelgrossem Schnabel. In 
Skandinavien. j 


339 


i) Der bogenschnäblige Brachpieper. Corydalla campestris sub- 
arquata, Brm. So gross, als g), aber mit etwas bogenförmigem Schnabel; 
kommt bei Wien, und auf dem Zuge in der hiesigen Gegend vor. 

k) Der nubische Brachpieper. Corydalla campestris rufescens, 
Brm. Fast so gross als e), aber viel schlanker und anders gefärbt. Denn 
der Oberkörper geht so stark in das Rostgraugelbe, dass dieses der Wü- 
stenfarbe nahe kommt. Er wandert durch Nordostafrika. 


B. Aechte Pieper. Anthus, Bechst. 
1. Baumpieper. Anthi arborei. 


Der Nagel der Hinterzehe ist kürzer als sie, und sehr bogen- 
förmig, durchaus kein Sporn. Wir führen die uns bekannten als Baum- 
pieper, Anthus arboreus, Bechst. auf. Diese Art wird gebildet durch 
folgende Subspecies. 

a) Der starke Baumpieper, Anthus arboreus validus, Brm. Er ist 
der grösste Baumpieper, bis 6° 9“' lang, oben olivengrün lerchen- 
farben, unten an dem Vorderhalse gelblich, übrigens gelblichweiss, am 
Kropf mit vielen braunen Längeflecken. Er brütet einige Stunden von Halle. 

b) Der Laubholzpieper, Anthus arboreus foliorum, Brm. Etwas 
kleiner als a, aber mit merklich grösserem Schnabel. In den Laubhöl- 
zern Mitteldeutschlands. 

ec) Der Binsenbaumpieper, Anthus arboreus juncorum, Brm. Et- 
was kleiner als der zunächst vorhergehende, mit merklich kürzerm Schna- 
bel. Auf den binsenreichen Schlägen der Nadelwälder Mitteldeutschlands 
und Schleswigs; wandert bis nach Egypten. 

d) Der Grasbaumpieper, Anthus arboreus herbarum, Brm. Kaum 
kleiner als c, aber mit einem viel kürzern Schnabel. Auf den grasreichen 
Schlägen der Gebirgsnadelwälder, namentlich auf dem Rücken des Thürin- 
ger Waldes und den Waldblössen der hiesigen Gegend. 

e) Der gelbkehlige Baumpieper, Anthus arboreus lutei-gularis, 
Brm. Das ist ein recht schöner Baumpieper, fast das unter seinen 
Verwandten, was Anthus rufigularis unter den Wiesenpiepern ist. 
Seine Zeichnung ist im Ganzen schöner, als bei den Verwandten, die 
Grundfarbe des Unterkörpers gelber und die des Oberkörpers mehr in das 
Olivengrüngelbe ziehend; allein sein Hauptkennzeichen ist die 
Kehle; denn diese ist sammt dem Vorderhalse im Herbste und Frühjahre 
hoch rostgelb. Er streicht selten durch die hiesige Gegend und wan- 


dert bis nach Egypten, 
2° 


340 


-"f) Der Felsenbaumpieper, Anthus arböreus' saxorum, Brm: Etwas 
kleiner‘ als. alle vorhergehenden , mit kürzerem' Schwanze und dunklerem 
Oberkörper. " Die dunkeln Flecken sind auf ilim grösser, die hellern Kan- 
ten aber schmäler, weswegen der Kopf und Oberrücken merklich dunk- 
ler als bei den Verwandten ist. Sein Schnabel ist ungefähr ‚so‘ gross, 
als bei A. arb. juncorum, und sein Nagel der Hinterzehe etwas länger und 
weniger bogenförmig als bei diesem. Herr Maedel in Gotha fand: diesen 
Vogel auf den Felsen der 3 Gleichen bei Erfurt, und ich erhielt ausser 
diesem noch einen aus der Gegend von Wittenberg, der sich auf dem 
Zuge befunden hatte. 

g) Der kleinschnäblige Baumpieper, Anthus arboreus mierorhyn- 
chos, Brm. . Er ist kaum grösser als der zunächst vorhergehende, wie die 
andern Verwandten gezeichnet und von allen durch seinen winzig klei- 
nen Schnabel leicht zu unterscheiden. Das ist der ächt nordische 
Baumpieper. Denn er lebt in Scandinavien. 

(Die Reihe der vorstehenden Pieper erregte zwar die. Bewunderung 
der anwesenden Ornithologen,’ veranlasste aber keine besondere Be- 


sprechung, anders war es bei) 


Il. Den Wasserpiepern, Anthis aquatieis. 

Sie unterscheiden sich von allen vorgehenden durch die dunkeln 
Füsse und das doppelte Kleid, von den Brach-*) und Baumpie- 
pern. auch durch den langen Sporn der Hinterzehe. Die, Weib- 
chen sind wenig oder nicht kleiner als die Männchen; bei den vorher- 
gehenden sind sie stets kleiner. Sie leben in der alten und neuen Welt. 
Ich lege folgende 5 Arten vor: 

1) Den Bergwasserpieper. Anthus aquatieus, Bechst. (Anthus 
spinoletta, Bp.) I 

Bonaparte hat ihn Anthus spinoletta genannt, weil er Alauda spinoletta 
Linne’s hierher zieht. Allein des Letztern Beschreibung — Syst. Nat.I 
794. A. (lauda) rectricibus fuscis; extimis duabus oblique 
dimidiato albis. Mandibula superior nigricans, inferior'in- 
carnata, pedes fusci, pratensi magnitudine, ultra.7 polliees 
longa et in humidis nidificans. j 

In dieser Beschreibung passt auf unsern Wasserpieper nicht: 

1) Die Bezeichnung: „‚pratensi magnitudine“, weil der Wasserpie- 


»dı stets viel grösser, als der Wiesenpieper ist, 


*) Den Sandbrachpieper, Corydalla arenaria, ausgenommen, 


341 


2) Die Bestimmung „in humidis nidifieans*,' wodurch doch offen- 
bar Stmpfe und Moräste, aber nicht die Hochebenen der Gebirge*) bezeich- 
net werden. 


Offenbar hat der Ausdruck „pedes fusci* unsern grossen Zoologen 
Bonaparte bestimmt, den Wasserpieper unter Linne’s Alauda spino- 
letta zu verstehen. Da aber Linne’s übrige Beschreibung ganz auf den 
Wiesenpieper passt und dieser, wenigstens in manchen Subspecies zur 
Brutzeit auch braune Füsse hat: so glaube ich mich nicht zu irren, wenn 
ich die Alauda spinoletta auf einen meiner Wiesenpieper beziehe. Diese 
Auseinandersetzung schien mir nothwendig, um mich zu rechtfertigen, 
wenn ich für unsern Wasserpieper den unzweifelhaften Namen Anthus 


aquaticus, Bechst. beibehalte. 


Seine mittlere Länge beträgt 6/,‘. Die äusserste Steuerfeder 
hat einen rein weissen keilfürmigen Fleck, im Hochzeits- 
kleide ist er oben braunlich, aschgrau oder schwärzlichbraungrau, 
dunkler gewölkt; unten grauröthlich oder röthlichgrau, im Herbst- und 
Jugendkleid oben dunkelolivengrau, dunkler gewölkt, unten schmutzig- 
weiss, am Halse mit braunen Längestreifen. Er lebt im Sommer auf den 
Hohen Gebirgen, im Winter an den Quellen, Es giebt von ihm folgende 


Subspecies: 


a) Der grosse Wasserpieper, Anthus aquaticus major, Brm. 

ör ist 7’ lang, also ein sehr grosser Pieper, und durch diese 
Grösse leicht von seinen Verwandten zu unterscheiden. Er kommt sehr 
selten in den hiesigen Thälern vor, und zwar nur in sehr strengen 


Wintern. 


b) Der Alpenwasserpieper, Anthus aquaticus alpinus, Brm. 
Etwas kleiner als a) mit mittellangem, starkem Schnabel. Auf den 
Alpen, namentlich auf den Kärthner, ebenso auf dem Jura; im Winter 


wie der vorhergehende auf den Erdmannsdorler Wiesen des Rodathales. / 


c) Der Winterwasserpieper, Anthus aquaticus hiemalis, Br. 

So gross als der vorhergehende, mit langem, sehr dünnem Schnabel. 
Ich erhielt ihn im Hochzeitkleide aus Witten in Westphalen, im Herbst- 
kleide aus Witten, von dem Thüringer Walde, den Erdmannsdorfer Wie- 
sen und aus der Schweiz. 


*) Doch: eben die „humida“ der Gebirge, die er stets aufsucht, zumal in 
der Brutzeit, D. Herausg. 


342 


d) Der Uferwasserpieper, Anthus aquaticus rivalis, Brm. 

Merklich kleiner als alle vorhergehenden, mit ziemlich langem dün- 
nem Schnabel. Im Winter auf den Erdmannsdorfer Wiesen und in Süd- 
frankreich. 

2) Der östliche Wasserpieper, Anthus orientalis, Alfr. et Osk. 
Brm. 

So gross als der zuletzt beschriebene Wasserpieper und ihm ähn- 
lich gezeichnet, aber dadurch hinlänglich als Art von ihm verschieden, 
dass er im Hochzeitkleide auf dem Oberkörper deutlich schwarz 
gefleckt, im Herbstkleide auf demselben hellolivengrün, und 
deutlich braunschwarz auf dem schmutzigweissen Unterkörper, auf dem 
Kropfe wenig deutlich grau gefleckt ist. Die äussere Steuerfeder hat 
einen reinweissen keilförmigen Fleck. 

Mein seliger Sohn Oskar schoss diesen Vogel im Hochzeitkleide 
zu Ende des März 1850 bei Alexandrien und Alfred 3 Stück im 
Herbstkleide bei Thor, am rothen Meere. Ich bin fest überzeugt, dass 
er sich auf seiner Wanderung von Asien nach Alexandrien auf eine der 
südöstlichen griechischen Inseln verirrt. Seine Subspecies kenne ich nicht. 

3) Der Felsenwasserpieper, Anthus obscurus, Keys. et Blas. 
Alauda obscura, Lath. 1. 2. pag. 294. (1790). Anthus rupestris, Nilss.)' 

Er ähnelt dem Wasserpieper sehr, hat aber gewöhnlich im Herbst- 
kleide auf dem Oberkörper deutlichere dunkle Längeflecken und 
in jedem Kleide einen trübweissen keilföürmigen Fleck an der äus- 
sern Steuerfeder, Er lebt und brütet an den felsigen Küsten der 
Nord- und Ostsee, und wandert im Winter nach dem Süden. Er tritt in 
folgenden Subspecies auf, als: 

a) Der langschnäblige Felsenwasserpieper, Anthus obscurus 
longirostris, Brm. 

Er ist gross, 6° 4‘ bis 8° lang, und unterscheidet sich von seinen 
Verwandten durch den langen, sehr schlanken Schnabel. Er brütet an 
der schwedischen Westküste. 

b) Der ächte Felsenwasserpieper, Anthus obscurus rupestris, 
Brm. (Anthus rupestris, Nilss. Anthus immutabilis, Deg].) 

Er ist merklich grösser, als der vorhergehende, hat einen mittellan- 
gen starken Schnabel und das Eigenthümliche, dass er selten ein Hoch- 
zeitkleid anzieht. Das ist der eigentliche Anthus rupestris, Nilss. Ich 
besitze ein Paar von ihm selbst und kann also über seinen Anthus rupe” 


stris urtheilen. Es ist aber auch der Anthus immilabilis, Degl., denn 


343 


seine Beschreibung passt vollständig auf ihn. Selbst der Umstand ist 
hierbei nicht zu übersehen, dass er gewöhnlich im Herbstkleid brütet. 
Ich sage offen, dass ich noch keinen Anthus obscurus rupestris im Hoch- 
zeitkleide gesehen habe. So ist also Degland sehr zu entschuldigen, 
wenn er diesen Vogel als eine besondere Art, die er aber später zurück- 
genommen hat, aufstellte; eine gute Subspecies ist sie jeden Falls. Er 


bewohnt die Küsten der Nordsee. Die meinigen stammen aus Schweden. 


ec) Der Küstenwasserpieper. Anthus obscurus littoralis, Brm. 

Der kleinste unter den Felsenwasserpiepern, merklich kleiner 
als a) und viel kleiner als b), mit ziemlich langem und etwas schlankem 
Schnabel. Auch er bekommt ziemlich selten das Hochzeitkleid. Unter 
meinen 4 zur Brutzeit erlegten Vögeln dieser Art trägt nur einer das 
Hochzeitkleid, die andern haben das Herbstkleid nicht abgelegt. 
Ich benannte diesen Pieper nach den Stücken, welche der selige Faber 
auf einer Insel des Kattegat geschossen hatte. Später erhielt ich sie aus 
Schweden. 

Der Umstand, dass nur wenige Felsenwasserpieper ein Hoch- 
zeitkleid anlegen — die Wintermauser unterbleibt bei den meisten Von 
ihnen — ist sehr merkwürdig und würde allein schon hinreichen, diesen 
Pieper als eine besondere Art zu bezeichnen, denn alle die zur Brut- 
zeit erlegen Bergwasserpieper, Anthi aquatici, welche ich gesehen 
habe, trugen ihr Hochzeitkleid. (Ueber die Besprechung, welche die Was- 


serpieper veranlassten, weiter unten.) 


Noch zeige ich von Wasser piepern vor: 

4) Den nordamerikanischen Anthus ludovieianus,, auet. 

Unter dieser Benennung sind wenigstens 2 Subspecies begriffen, 
nämlich: r 

a) Der grosse nordamerikanische Waserpieper, Anthus ludo- 
vieianus major, Brm. 

Obgleich ich ihn den grossen genannt habe — er ist dies nur 
im Vergleiche zu seinem nahen Verwandten — ist er doch nur 6"/,” 
lang, also nicht grösser als die meisten Bergwasserpieper, im 
Herbstkleide auf dem Oberkörper olivenbraun, mit wenig vortretenden 
dunkeln Längeflecken, mit einem gelblichen Streifen über dem Auge und 
2 hellgrauen, etwas ins Gelbliche ziehenden Querbinden auf den Flügeln. 
Die Schwung- und Steuerfedern sind schwarz, olivenfarbig gesäumt. Die 


äusserste grössten Theils, die 2. in einem Spitzenfleck, rein weiss, Der 


344 


Unterkörper ist rostgelb, mit sehr vielen schwarzbraunen Längeflecken an 
dem Kropfe und der Oberbrust. Der Schnabel und die Füsse sind tief- 
braun. Er brütet im hohen Norden von Amerika und wandert schaaren- 
weise durch die vereinigten Staaten. 

b) Der kleine nordamerikanische Wasserpieper, Anthus 
ludovieianus minor, Brm. 

Merklich kleiner als der vorhergehende, denn er ist 1‘ kürzer als 
er; im Herbstkleide auf dem Oberkörper lichter, mit hellgrauen Flügel- 
binden und mattrostgelben, an dem Kropfe und der Brust, selbst an 
der Kehle, braun in die Länge geflecktem Unterkörper. Er brütet ge- 
wöhnlich, doch nicht immer, in diesem Herbstkleide Sein Hoch- 
zeitkleid hat grosse Aehnlichkeit mit dem der Felsenwasserpieper, 
ist aber auf olivengraubraunem Grunde kaum merklich dunkler gefleckt 
mit gelben Augenstreifen und 2 hellgrauen Fltgelbinden, schwarzen, oli- 
vengrau gesäumten Schwung- und Steuerfedern und röthlichrostgel- 
bem Unterkörper, welcher nur an dem Kropfe, wie den Seiten der 
Kehle und des Körpers, einige wenig bemerkbare bräunliche Längefleck- 
chen zeigt. — 

Dieses Hochzeitkleid ist hier zum ersten Mal beschrieben. Es 
war, wie auch der Vogel, Wilson unbekannt, denn sein Anthus ludovicia- 
nus, ist wie die Abbildung deutlich zeigt, die grosse Subspecies dieses 
Piepers. — 

Auch er bewohnt den hohen Norden Amerikas. Einer von diesen 
beiden hat sich nach Grossbritanien verirrt. Wer sich über den erstern 
mehr unterrichten will, den verweise ich auf Wilsons prachtvolles Werk, 
in welchem er im 5. Bande auch abgebildet ist. Endlich gehört noch 
hierher: 

5) Der südamerikanische Wasserpieper, Anthus cha auct. 

Er ist etwas kleiner, als unsere Bergwasserpieper, Anthus aqua- 
tieus, und ihnen ähnlich gezeichnet, mit 2 hellgrauen Flügelbinden und 
kaum bemerkbaren dunklern Flecken auf dem olivengraubraunem Ober- 
körper, an der äussern Steuerfeder grossen Theils weiss, auf dem Unter- 
körper trübweiss, am Kropfe mit braunschwarzen, an den Seiten mit 
braunen Flecken. Der Nagel der Hinterzehe ist sehr kurz, die Farbe 
der Füsse schwarzbraun. Er scheint kein Hochzeitkleid anzulegen. Sein 
Vaterland ist Südamerika. 

(Die Wasserpieper veranlassten eine sehr lebhafte Debatte, welche 
ich scherzhafter Weise mit den Namen „der Pieperschlacht“ belegte. 


845 


Blasius und Zander hatten mehrere Berg-und Felsenwasserpieper 
mitgebracht und meinten, es sei kaum möglich, beide Arten richtig zu be- 
stimmen. Ja der erstere, weleher in seinem berühmten Werke „die Wir- 
belthiere Europas“ beide Arten nach dem verschiedenen Weiss an 
der äussersten Steuerfeder genau bezeichnet hatte, war jetzt sehr geneigt; 
sie für eine Art zu erklären. Ich widersprach auf das Bestimmteste und 
behauptete beide Arten, wenn sie mir vorgelegt würden, nach der äus- 
sern Steuerfeder, ohne nach den Etiketten zu sehen, auf den ersten Blick 
bestimmen zu können. Nun wurden mir eine ziemliche Anzahl dieser 
Vögel vorgelegt, und die Bestimmung gelang mir bei allen, einen ein- 
zigen ausgenommen, welcher mich in Verlegenheit setzte. Dies war ein 
am St. Gotthard geschossener Pieper, aber kein Anthus agqratieus, son- 
dern ganz entschieden ein Anthus obseurus. Der Umstand, dass er wirk- 
lich vom St. Gotthard stamme, war gar nicht zu bezweifeln; denn Bla- 
sius hatte ihn selbst dort erlegt. Ich leugne es nicht, ich wusste nicht, 
was ich denken sollte. Ich bat mir diesen Vogel, einen wahren Stein 
des Anstosses, noch ein Mal aus, und bei der genauen Musterung desselben 
löste sich das Räthsel. Es war ein Herbstvogel und also offenbar einer; 
welcher von der Küste auf seiner Wanderung nach dem Mittelmeere auf 
den St. Gotthard gekommen und dort geschossen worden war. Dagegen 
konnte Freund Blasius Nichts sagen; er behielt sich aber vor, seine 
Meinung erst dann bestimmt auszuprechen, wenn er mehrere solche 
Pieper vom St. Gotthard werde erhalten haben. Ich sagte ihm voraus, 
dass alle dort zur Brutzeit erlegten ächte Anthi aquatiei sein würden. 
Der Erfolg wird lehren, ob meine Prophezeiung richtig ist, oder nicht. — 

Unter den Felsenwasserpiepern befand sich auch einer von 
Degland, welche von diesem selbst als sein Anthus immutabilis bestimmt 
war, und mich in der Ueberzeugung bestärkte, dass dieser Pieper mein 
oben aufgeführter Anthus obseurus rupestris ist. — 

So endigte denn diese Pieperverhandlung mit der Bestimmung, dass, 
wenn die Sommerpieper vom St. Gotthard meine Voraussetzung recht- 
fertigen, der Berg- und Felsenwasserpieper, Anthus aquaticus et obs- 
curus, trotz ihrer grossen Aehnlichkeit als zwei Arten feststehen. 

Mich würde schon der Umstand, dass die erstere auf den Alpen 
und den Rücken anderer hoher Gebirge, die letztere aber an den Meeres- 
küsten lebt, dahin bestimmen, beide Vögel als zwei Arten aufzuführen. —) 

Zuletzt legte ich noch einige Wiesenpieper vor und zeigte die 


ausserordentliche Verschiedenheit, welche der 


346 


II. Wiesenpieper, Anthus pratensis. 


(Alauda spinoletta, L., Al. pratensis, L., Alauda trivialis,? L.) zeigt. 

Der Schnabel ist schlank, der lerchengraue Oberkörper zieht mehr 
oder weniger ins Olivengrüne, der weissliche Unterkörper ins Rostgelb- 
liche, über dem Auge ein heller Streif, auf dem Flügel 2 lichte Quer- 
binden. Der Kropf und die Seiten stark braunschwarz gefleckt; die äus- 
* sere Steuerfeder zur Hälfte, die zweite in einem keilfürmigen Flecken 
weiss; der Nagel der Hinterzehe ein wenig länger, wenig bogenförmiger 
Sporn. Er brütet in Sümpfen und Morästen, und erscheint in vielen 
Subspecies, z. B. 

a) Der dänische Wiesenpieper, Anthus pratensis danicus, Brm, 

Er unterscheidet sich von allen Verwandten durch seine Grösse auf 
den ersten Blick, denn er steht in ihr dem Anthus aquatieus rivalis nicht 
nach. Sein Schnabel ist mittellang und mittelstark, sein Sporn sehr 
wenig bogenförmig. In Dänemark und auf dem Zuge durch Deutschland. 

b) Der nadelschnäblige Wiesenpieper, Anthus pratensis 
acurostris, Brm. 

Ein etwas kleiner Pieper mit sehr gestrecktem, äusserst dünnem 
Schnabel. Auf dem Zuge in Mitteldentschland, überwintert zuweilen an 
den offenen Quellen der Erdmannsdorfer Wiesen. 

e) Der kleine Wiesenpieper, Anthus pratensis minor, Brm. 

Ein sehr kleiner Pieper mit mittellangem Schnabel ünd sehr langem 
Sporn, im Hochzeitkleide mit rostgelbem Unterkörper; wandert durch 
Deutschland. 

(Die Vorzeigung der anderen, weniger deutlich unterschiedenen Sub- 
species des Wiesenpiepers versparte ich auf eine andere Zeit.) 

Doch lege ich noch vor 

2) Den Bergpieper, Anthus montanellus, Brm. et Bonde. 

Ein Pieper von mittlerer Grösse mit etwas kurzem, über den 
Nasenlöchern hohem Schnabel, mit mittellangem Sporn und bei Wiesen- 
pieperzeichnung mit so stark geflecktem Kropfe, dass dieser zur Brutzeit 
beim Männchen einen grossen schwarzen Fleck über der Brusthöhle zeigt. 
Er ähnelt meinem Morastpieper, Anthus pratensis stagnatilis, allein er 
ist etwas kleiner, hat grössere schwarze Kropfflecken und einen weit kür- 
zern Schnabel. Die Jungen ziehen auf dem Ober- und Unterkörper 
schr ins Rostgelbe. Er bewohnt den Bergrücken des Thüringer Waldes, 


kommt aber auf dem Zuge auch in die Ebenen, ja er wandert jm 


347 


April zuweilen schon paarweise! — Das ist allerdings ein Pieper, 
welchen, mit Blasius zu reden, ein Kamel niemals von den Verwandten 
unterscheiden lernen wird, und dennoch halte ich ihn mit Baldamus 
und Andern für eine gute Art und zwar aus folgenden Gründen. 

1) Bewohnt er ganz andere Orte, als seine Verwandten. Diese leben 
tief unten am Sumpfe und Moraste, er aber hoch oben auf dem Rücken 
der Gebirge, 

2) Er weicht im Gesange gar sehr von seinen Verwandten ab. Ich 
berufe mich zum Beweise für diese Behauptung auf das Zeugniss der 
Ornithologen, welche vor 2 Jahren von Reinhardsbrunn aus mit dem 
Herrn Förster Bonde unsern Bergpieper an seinem Brutorte beobach- 
tet haben. 

3) Legt er ganz andere Eier, als diese. 

Die vorstehenden beiden Arten Pieper veranlassten keine Bespre- 
chung, wohl aber die beiden folgenden, nämlich: 

1) Der rothkehlige Wiesenpieper, Anthus ruficularis, Brm. 

In jedem Alter treten die schwarzen Längeflecken auf dem Ober- 
körper so vor, dass die lichte Zeichnung desselben nur in Kanten der 
schwarzen Federn sichtbar ist. Bei den alten Vögeln ist die Kehle, aber 
nur diese, bei recht alten Vögeln auch die Seite des Vorderhalses rost- 
roth. Der Schnabel ist kurz. Im Uebrigen hat der Vogel Wiesenpieper- 
farbe und Zeichnung. Das Jugendkleid kenne ich nicht. Das Herbst- 
kleid unterscheidet sich untrüglich von dem der Wiesenpieper durch 
die grossen schwarzen Flecken des Oberkörpers. 

Dieses erste Herbstkleid geht in Afrika durch eine Wintermauser 
in das ausgefärbte Kleid über. Da nun die alten rothkehligen 
Pieper ihr Gefieder im Herbst wechseln: so sehen die einjährigen 
Vögel mit ihrem frischen Gefieder gewöhnlich schöner aus, als die alten, 
welche ihr Kleid schon ein halbes Jahr getragen haben. — 

Dieser Pieper überwintert in Egypten. 

2) Der rothbrüstige Pieper, Anthus cervinus, Keys. et Blas. 
Motacilla cervina, Pall. Anthus pratensis rufigularis, Schleg. 

Dem vorhergehenden ähnlich, aber im ausgefärbten Kleide nicht nur 
an der Kehle, sondern auch an dem Kropfe und der Brust weinfarbig- 
rostroth. Im ersten Herbstkleide unterscheidet er sich von dem zunächst 
vorhergehenden nur durch den längeren Schnabel. Er brütet im nörd- 
lichen Russland, in Sibirien und in Lappland, überwintert in Egypte"” 


und ist auch schon in Deutschland vorgekommen, Auch er trägt sein 


348 
erstes Herbstkleid bis in den Februar, dann legt er sein’ Hoch« 
zeitkleid, welches zugleich das ausgefärbte ist, an und trägt es bis an 
seinen Tod. Im Sommer verschiesst es sehr. 

(Blasius war sehr geneigt, die beiden vorstehenden Pieper für 
eine und dieselbe Art mit dem Wiesenpieper zu erklären. Er be- 
hauptete, wenn man den rothen Vorderhals wegdächte, so könnte man 
. keinen Unterschied zwischen Anthus pratensis et cervinus angeben. Dem 
widersprach ich, und wies an 13 Stücken von Anthus cervinus et rufigularis 
nach, dass man selbst an den Vögeln im ersten Herbstkleide die Wie- 
sen-, rothkehligen und rothbrüstigen Pieper auf den ersten Blick 
erkennen könne. Bei den beiden letztern nämlich ist die dunkle Zeich- 
nung des Oberkörpers, weil, wie schon oben bemerkt wurde, die schwar- 
zen Flecken viel grösser, als bei Anthus pratensis sind, weit mehr aus- 
gesprochen, als bei diesem: ja diese Flecken nehmen bei Anthus cervinus 
et rufigularis den grössten, bei Anthus pratensis aber den kleinsten Theil 
der Federn ein. 

Da dieses Kennzeichen an allen vorhandenen Stücken nachgewiesen 
wurde, so war Nichts dagegen zu sagen. Es dient aber auch dazu, um 
bestimmen zu können, wohin diese Vögel wandern. Von ihm geleitet, 
kann ich mit Gewissheit behaupten, dass unser Anthus pratensis sehr selten 
nach Egypten zieht. Unter allen von meinen Söhnen dort erlegten und 
mir zu Gesicht gekommenen Exemplaren dieser Vögel befinden sich nur 
2 Stück Anthus pratensis, alle andern gehören dem Anthus cervinus oder 
rufigularis an. Anthus pratensis wählt also einen andern Ort zu seinem 
Winteraufenthalt, als jene beiden genannten Arten. Auch daraus geht die 
Verschiedenheit dieser Vögel hervor. 

Degland hält diesen Pieper für eine örtliche Varietät von Anthus 
pratensis; denn er sagt in seiner Ormithologie europeenne, 1. Vol. p. 423: 
ce n’est qu’une simple variöte locale de l’Anthus pratensis, qui ne differe 
de cette espece que par la couleur rougeätre lie de vin, que la gorge et 
la poitrine prennent au printemps*) ete. Hier steht er aber mit sich selbst im 
Widerspruche. Wie kann ein Ornitholog, welcher einen Anthus immutabilis 
aufstellt, einen Anthus cervinus als Art stürzen, ohne alle Folgerichtigkeit aufzu- 
geben? Die Beobachtungen unseres ausgezeichneten Blasius beweisen. aber 
deutlich, dass Anthus cervinus keine örtliche Varietät — nach meiner Meinung 
giebt es gar keine solche — von Anthus pratensis sein kann, sonst würden 
beide zur Brutzeit nicht an denselben Orten gefunden. So war nach 


diesen sehr interessanten Erörterungen Anthus cervinus bis jetzt als Art 


849 


stehen ‚geblieben, so geistreiche Gegner er auch gefunden hat und wird 
wolil auch künftig seine Stelle behaupten können.) 

Baldamus führt an, dass die Eier von 4. cervinus, ihre Authen# 
tieität vorausgesetzt! so sehr von denen von A. pratensis verschieden 
sind, dass sie schwerlich ein und derselben Art angehören können. Der 
Unterschied sei „speeifisch.“ 

Dr. Altum: Auch 4. arboreus legt zweierlei total verschieden ge- 
zeichnete Eier, die einen sind lercheneier-artig, die andern mit Brand-. und 
Marmorflecken gezeichnet. Sollte nicht pratensis auch so verschiedene 
Eier legen? 

Baldamus kennt allerdings kein zweites Beispiel von so abwei- 
ehender Zeichnung, als sie die Eier von arboreus bieten. Er hat aber 
niemals Eier von pratensis gesehen — obschon er deren in Menge aüs 
vielen Localitäten besitzt — welche jene brandfleckenartige Zeichnung 
haben. Er besitzt deren selbst aus dem hohen Norden, aus denselben 
Gegenden, woher die Eier von cervinus stammen. Eier von A. ‚pratensis 
sind jene von Schrader herkommenden Eier sicher nicht, ob von 
cervinus, das ist nun eben noch die Frage. 

P. Pässler zeigt eine Anzahl von Schrader gesendeter Eier 
von cervinus vor, und führt dazu an, dass der Sammler berichtet, cervinus 
niste ganz anders als pratensis, an trockenen, höheren Stellen u. s. w. 

Prof. Blasius hat keinerlei Unterschied in Lebensweise, Betragen, 


Stimme ete. gefunden. Auch sah er beide vorgebliche Arten im nördlichen 


Russland vermischt und, — wie pratensis überall — an sumpfigen Stellen. 


Er fragt, ob der Sammler zuverlässig genug sei, um auf seine Autorität 
überhaupt Etwas zu geben. 

Baldamus zweifelt selbst — seit längerer Zeit — an der Aechtheit 
dieser Eier, die theils A. arboreus, theils Plectroph. calcarata angehören. 
Er wird in diesem Zweifel noch bestärkt durch die von Herrn P. Päss- 
ler mitgebrachten Exemplare, deren eines er für ein Budytes-Ei und 
2 andere für Eier von Plectr. calcar. halten will. Dieser Ansicht treten 
auch, nach genauerer Untersuchung, Dr. Kjärbölling, Kunz u. a, 
Oologen bei. 

Prof. Blasıius erklärt, dass auf so unzuverlässige Autorität hin für 
die Wissenschaft Nichts zu gewinnen sei. 


*) Die Unrichtigkeit dieser Behauptung, nämlich dass Anthus cervinus nur 
im Hochzeitkleide vorn roth sei, haben wir oben gezeigt. Brehm, 


350 


Baldamus fügt hinzu, dass eben desshalb die Eier von A. cervinus 
bis auf Weiteres als nicht vorhanden anzusehen und also für diese 


VSpeciesfrage ohne alle Bedeutung seien. 


Der Vorsitzende fordert darauf den Pf. Baldamus auf, bis zur 
Pause hin den angekündigten populären Vortrag über jagd-, forst- und 
landwirthschaftlich nützliche und schädliche Vögel zu halten, 
— s. Beilage Nr. 11. — dem sich nach der halbstündigen Pause, (welche 
besonders der Besichtigung der schon in der Naumannia erwähnten letz- 
ten Vogelsendung des verstorbenen Dr. Richard Vierthaler 
gewidmet wurde), eine kurze Debatte über diesen Gegenstand anschloss, 
welche wir des Zusammenhanges wegen gleichfalls in der Beilage geben 


werden. 


Der Herr Vorsitzende bringt sodann die nächstjährige Ver- 
sammlung zur Sprache. Zunächst den Ort derselben betreffend, so 
sind zwei Einladungen vom Herrn P. Zander nach Rostock, und vom 
Herrn Dr. J. Hoffmann nach Stuttgart ergangen. Brieflich schlägt 
Herr Dr. Hartlaub noch Frankfurt a. M. als geeigneten Ort vor. 
P. Zander wiederholt seine Einladung, verspricht freundliche Aufnahme 
und schlägt Herrn Prof. Dr. Röper in Rostock, als Localgeschäfts- 
führer vor, der sich dazu zu erbieten die Güte gehabt hatte. — Nach kurzer 
Debatte wird Rostock fast einstimmig zum nächstjährigen Versammlungs- 
orte, so wie Herr Professor Dr. Röper zum Localgeschäftsführer 


gewählt. 


Baldamus schlägt nun vor, über den Termin dieser Versammlung 
gleichfalls wieder abzustimmen, um so mehr, als Herr v. Homeyer einen 
andern als den diesjährigen Termin (Juli) wünsche. Zugleich legt er die 
Stimmzettel und Stimmliste der allgemeinen Abstimmung der Gesellsehaft 


auf den Tisch. Diese ergeben folgendes Resultat: 


Eventuell. 
——TTITT  n /\__ rn 
Juni. Juli. September. Juni. Juli. September. 
42. Ta 4. 4. 20. 10. 


Nach längerer Debatte wird Herr P. Zander ersucht, seine Ansicht 
darüber zu geben; er spricht für den ersten Termin, die erste volle 
Woche des Juni, welcher darauf mit grosser Majorität angenom- 


men wird, 


351 


Der Präsident lässt darauf über die vorgeschlagenen Ehrenmitglieder 


abstimmen. Es werden einstimmig zu Ehrenmitgliedern ernannt: 


» 1 


or 
. 


6. 


14. 
15. 
16. 


Hrn. 


n 
» 
n 
j ” 


” 


Se. Hoheit der Erbprinz Leopold Friedrich Franz Nicolaus 
zu Anhalt. 

Se. Kaiser]. Hoheit der Erzherzog Stephan Franz Victor von 
Oesterreich. 

Se. Hoheit der Grossherzog Nicolaus Friedrich Peter von 
Oldenburg. 

Se. Majestät der König Dom Pedro V. von Portugal. 

Se. Hoheit Dom Louis Philippe, Herzog von Oporto. 

Mr. le Baron de la Fresnaye zu Falaise, Calvados. 

„ Charles de Souanc& zu Paris. 

» le Marechal Vaillant, Kriegsminister, zu Paris. 

„ le Prof. Moquin-Tandon, zu Paris. 

Sir George R. Gray, Esq., Direetor des British Museum. 

„ Philip Lutley Selater, M. A. F. Z. S., Oxford. 

„ William Jardine auf Jardine Hall, Dumfrieshire. 

„ George Ord, Esq., Präs. der Academie der Wissenschaften 
zu Philadelphia. 

„ Spencer Baird, Professor in Washington. 

Mr. E. Mulsant, Professor ete. in Lyon. 


» J. Bourcier, Ex-Generalconsul in Eeuador, in Paris. 


Der Sekretär legt zugleich die Antwortschreiben der im vorigen 
Jahre ernannten Ehrenmitglieder vor. Es sind solche eingegangen von 
Sr. Durehl. dem Prinzen Max von Wied, d..d. 26. Juli 1855. 


Edm. De Selys Longehamps, » 17. August 1855. 
Baron Dubus de Ghisignies, s 1% 5 1855. 
Marchese Oratio Antinori, ” Men 1855. 
J. S. v. Gonzenbach, a 1855. 
Staatsrath Dr. A. v. Middendorf, „ 14. Januar 1856. 
Prof. Vilh. Liljeborg, it „1856, 


Herr de Selys hat zugleich „fast alle seine ornithologischen Publi- 
kationen“, und Hr. Dr. v. Middendorf sein neuestes Werk, die „Ise- 
piptesen Russlands“ der Bibliothek zum Geschenk gemacht. (Das Ver- 
zeichniss der einzelnen Nummern im Geschäftsbericht.) 

Herr B. von Münchhausen frägt an, ob die weissen Störche 
(iberall #0 verspätet und vereinzelt angekommen und die Brutgeschüfte so 


unregelmässig betrieben, als er dies in seiner Umgegend zu beobachten 


"352 


Gelegenheit‘gehabt? — Man hat dergleichen fast überall beobachtet. Es 
müssen eine sehr grosse Menge dieser Vögel vielleicht aul ihrem Zuge zu 
Grunde gegangen sein. Auch aus andern Ländern sind ‚bereits Klagen 


über das Ausbleiben einer grossen Anzahl kund geworden. 


Herr Dr. Lutze aus Köthen zeigt an, dass auf vorher bei ihm ein- 
zusendende Bestellung die lebensgrosse, wohlgetroffene Büste J. F. Nau- 
mann’s, modellirt vom Bildhauer H. Schmitz, zu haben sei, der Gyps- 
abguss zu 5 Thlr., in weissem Marmor ausgeführt zu 50 Friedrichsd’or. 

Der sehr renommirte Büchsenmacher Herr F. Berger aus Köthen 
hatte verschiedene Jagd- und besonders Vogelflinten von zum Theil neuer 
Construction und vortrefflicher Arbeit ausgelegt, die vielfach versucht 
wurden und grossen Beifall fanden, 

Die Buchhandlung von Paul Schettler endlich hatte die lithogra- 
phirten Portraits von Prof. Dr. J. F. Naumann und dessen verstorbenen 
Bruder, Förster Naumann auslegen lassen. 

Nachdem der Pf. Baldamus noch eine oologische Sonder- 
sitzung für morgen früh 7 Uhr vorgeschlagen, wird die Sitzung um 2 Uhr 
geschlossen. 

An dem Diner — im Saale der Eisenbahn -Restauration — nahmen 
auch diesmal mehrere Gäste aus Köthen ete. Theil; unter andern Herr 
Staatsminister v. Gossler, die Herren Geheimrath und Oberlieutenant 
Vierthaler u. A. — Herr Dr. Lutze lud die Versammelten zu einem 
Besuche seiner Ateliers für diesen Nachmittag und zu einer Soiree 
musicale auf Morgen ein. Ein Theil der Ornithologen begab sich zu 
Herrn Dr. Lutze, während ein anderer die Herzogliche (Naumann’sche) 
Vögelsammlung besuchte. 

Der Abend vereinigte wiederum Alle in dem Saale des „Prinzen von 
Preussen“, wo ein von dem ausgezeichneten K. Sächs. Hofsänger, Hrn. Eilers, 
zu Ehren der Gesellschaft gegebenes Concert, und später die „übliche 
Bowle“ und des Herrn Vicepräsidenten launige Ergüsse einen Theil der 


Gesellschaft bis spät in die Nacht zusammenhielten, 


Köthen, den 5. Juni 1856. 


Präsident Dr. Hennecke eröffnet die dritte Sitzung um 9, Uhr 
und lässt den Beschluss fassen, diese letzte Sitzung ohne halbstündige 
Pause abzuhalten und selbe etwas früher (um 2 Uhr) zu schliessen, weil 


1 


353 


inanche Mitglieder schon an demselben Nachmittage abzureisen beschlossen 
hätten. 

Herr Pf. Baldamus war durch schmerzliche Familienverhältnisse, zum 
grossen Bedauern der Versammlung, noch vor Eröffnung der Sitzung zur 
Abreise veranlasst worden. Dr. Altum vertrat dessen Stelle als Secretair. 

Der Präsident theilt ztmächst den Inhalt der eingegangenen Zu- 
schriften mit: 

1. Ein Brief des Herrn Senator ete. ete. Edm. De Selys-Long- 
cehamps in Lüttich, der sein Bedauern ausspricht, wiederum an dem 
Besuche der Versammlung verhindert worden zu sein, und zwei interes- 
sante Arbeiten a) über einige Vögel Europa’s, b) Revue der „Recapitulation 
der Hybriden in der Familie der Anatiden“ zusendet. S. Beilage Nr. 2. 

2. Vom Herrn Förster C. E. Diezel in Kleinwallstadt „Sendschreiben 
an die zehnte Ormnithologen - Versammlung zu Köthen.“ S. Beilage Nr. 3. 

3. Von Herrn Assessor Grafen Rödern in Breslau „Beschreibung 
und Abbildung einiger interessanten Eier seiner Sammlung nebst deren 
Originalen.“ S. Beilage Nr. 4. 

4. Ein Brief des Herrn Dr. A. Hummel aus Kurland, „Beschrei- 
bung einer Auerhahn- Jagd in den Sumpfwäldern Kurlands* und „Zug- 
tabellen.*“ Auszüglich in Beilage Nr. 6 a. b. 

5. Von Herrn Dr. Assmann in Leipzig, der seit vielen Jahren an 
einer „umfassenden Ornithologie arbeitet, welche die gesammte Vogelwelt 
in kurzen Beschreibungen umfassen soll.“ Er bittet die Mitglieder unter 
Darlegung seines grossartigen Unternehmens um Unterstützung durch 
literarische Hülfsmittel. S. Beilage Nr. 8. 

Der Vorsitzende ersucht die Versammelten, dieses wichtige Werk 
durch Zusendung von einschlagenden Schriften an den Herrn Verfasser 
oder auf irgend eine andere Weise fördern zu wollen. 

6. Ein Schreiben des Buchhändlers Herrn J. Baedecker in Iser- 
lohn, betr. die Fortsetzung des Eierwerkes von F. W. J. Baedecker. 
8. Beilage Nr. 9. 

7. Ein Brief des Herrn August von Kubinyi, Direktors des 
k. k. ungarischen National-Museums in Pesth, meldet den beklagenswerthen 
Verlust, welchen das genannte Institut und die deutsche Ornithologen- 
Gesellschaft durch den Anfang Octobers 1855 erfolgten Tod des Kustos etc. 
Salomon P£tenyi*) erlitten. 

*) Wir hoffen später den Nekrolog dieses eifrigen Ornithologen liefern zu 


können. x D. Red, 
Naumannla, 18%, 23 


354 


8: Briefe vom Herrn Baron Dubus de Ghisignies aus Brüssel, 
Pastor Wallengren aus Trolle-Ljungby, H. v. Homeyer u. m, A. 
welche der Versammlung ihre Grüsse senden und bedauern, dass sie der- 


selben nicht beiwohnen können. 


9. Ferner war ein Brief von Herrn Dr. Hartlaub eingegangen, 

3 
der vorläufig zum Theil vorgelesen wird, da Dr. Altum an einen Passus 
einige Bemerkungen zu knüpfen wünschte und desshalb hiermit bis nach 


Erledigung des übrigen Geschäftsberichtes zu warten sich erbeten hatte. 


Dr. Hartlaubs Vorschlag, Herrn Phil. Lutley Schlater als 
Ehrenmitglied aufzunehmen, war schon Tags vorher angenommen; der 
ferner als Ehrenmitglied von ihm in Vorschlag gebrachte Herr Professor 


Baird in Washington wird einstimmig als Ehrenmitglied aufgenommen. 


Hiernach fordert der Vorsitzende die Versammlung auf, über die im 


vorigen Jahre schon gemachten Vorschläge definitiv beschliessen zu wollen. 


Der erste war der des Herrn Baron König-Warthhausen, orni- 


thologische Beobachtungsstationen betreffend. 


Prof. Blasius meinte, der Antragsteller hätte seinen Vorschlag 
genauer specialisiren müssen; man müsse wissen, was für Verpflichtungen 
solche Beobachter auf sich nehmen sollten. Der Zug der Vögel und die 
genauen Notizen hierüber böten einen wichtigen und interessanten Gegen- 
stand hierfür. Auf die Erinnerung des Herrn Dr. Gloger, dass die 
vielfach errichteten meteorologischen Beobachtungsstationen sehr geeignet 
wären, auch den ornithologischen Beobachtungen zu dienen, bemerkt 
Prof. Blasius, dass doch nicht immer Meteorologen und Ornithologen 
zusammenwohnen würden. Nach einigem Debattiren über das Was der 
Beobachtung im Einzelnen wird der Meister der Beobachtung, Herr Past. 
Brehm, ersucht, seine Meinung hierüber gütigst mittheilen zu wollen. 
Er meint, dass sich gar manche anziehende und sehr wichtige Einzelheit 
als Gegenstand böte. Man müsse ein Verzeichniss anfertigen, worin 
namentlich angegeben würde, wann die ersten Vögel jeder Art in einer 
bestimmten Gegend ankämen, wann der Hauptzug stattfände, wann die 
letzten, die nordischen, Individuen die Gegend erreichten; in welcher 
Anzahl sie sich zeigten, in welcher Menge sie blieben, wann sich die 
Schwärme auflösen, wann das Brutgeschäft begönne, wann die 
ersten, wann die letzten Jungen aus{lögen, wann und in welcher 
Weise der Abzug sei. S$. Beilage Nr. 10. 


355 


Der Vorsitzende berichtet noch über die ornithologischen Stationen 
in Schweden und fügt auch Dr. Hartlaub’s Mittheilungen (laut Brief) 
über derartige Stationen in Belgien bei. 

Prof. Blasius will, dass Jeder seine Gedanken darüber in der 
Naumannia niederlegen, Dr. Hennecke, dass man den Herrn Baron 
König- Warthhausen um eine bestimmte Erklärung angehen solle. 
Doch scheine der Gegenstand zu wichtig und interessant, als dass es 
gut wäre, noch länger mit dessen Ausführung zu zögern; Herr Pastor 
Brehm habe ja Speeialien genug angegeben, die der genauen Beobachtung 
werth wären; und so wird denn beschlossen, gleich Hand ans Werk zu 
legen. Sehr bereitwillig melden sich für die Uebernahme solcher Beobach- 
tungen die Herren Pastor Brehm, Past. Zander, Past. Pässler, 
Dr. Hoffmann, Prof. Blasius, Custos Wiepken, Lieut. v. Münch- 
hausen, Dr. Kjärbölling, Pf. Jäckel, so dass bereits verschiedene 
Gegenden von solchen Beobachtern vertreten sind. 

Der Vorsitzende nimmt nach Erledigung des ersten Vorschlages den 
zweiten in Angriff, den über gleiches Maass. Nach kurzer Debatte, 

‚ vorzüglich erregt durch die abmahnende briefliche Bemerkung Dr. Hart- 
laub’s, dass es in der Ornithologie auf Millimeter nicht ankomme, welcher 
Bemerkung aber Herr Prof. Blasius und mehrere Oologen mit Entschie- 
denheit zu widersprechen sich veranlasst fühlen, wird schliesslich bestimmt, 
auf Kosten der Vereinskasse eine lithographirte Tabelle auf Pergament, 
die alle gangbaren Längenmaasse enthielte, der Naumannia beizufügen. 
Wer die Naumannia nicht hielte, brauchte auch eine solche Tabelle nicht 
zu erhalten. 

Ueber den dritten zu erledigenden Vorschlag, in ähnlicher Weise, 

"wie die besprochene Tabelle, auch eine Farbentafel anfertigen zu 
lassen, wird heftig gestritten. Herr Dr. Hartlaub hatte die Anfertigung 
derselben brieflich befürwortet, jedoch theilten die Anwesenden seine An- 
sicht nicht. Prof. Blasius bemerkt, sie sei unpraktisch, da durch 
Zeit und atmosphärische Einflüsse die Farben mit der Zeit verändert 
würden; Dr. Altum stimmt bei und fügt noch hinzu, dass die Ausführung 
zweitens unmöglich sei, verweiset auf einige vor ihm liegende Exem- 
plare einer Lerchensuite Brehms und fragt, wie man diese feinen 
Farbennüancen auf einer Tafel, schematisch, darstellen wolle? Tausende 
von Farben würden zur Vollständigkeit nicht ausreichen. Dazu käme noch, 
dass ganz gleiche Farben durch die verschiedene Textur der Federn ein 


verschiedenes Aussehen gewönnen. Es sei viel besser, dass man durch 
23* 


356 


Vergleich sich verständlich mache und die etwaigen Abweichungen von 
der zum Vergleich gebrauchten Färbung beifügte. Ausserdem sei die 
Ausführung sehr kostbar. Herr Pastor Brehm billigt die Bemerkungen, 
er: beschreibe wo möglich immer vergleichsweise, rede z. B. von 
Lerehenfarbe; Jeder wisse dann, welchen Farbenton und Charakter er 
meine. — Der Antrag wird desshalb als in, der Ausführung, unnütz, 
unmöglich und zu kostspielig verworfen. 

Nach Erledigung dieser vorjährigen Vorschläge macht Herr Dr. 
Gloger darauf aufmerksam, dass ein Katalog über das Material 
der,Naumannia höchst wünschenswerth sei. So manche interessante 
Notiz verkröche sich so zwischen andere Mittheilungen, dass gewöhnlich 
lange Zeit vergeblichen Suchens erfordert würde, um selbe ‚wieder aufzu- 
finden. Zudem wäre auch ein solches Verzeichniss der Einzelheiten des 
Ueberblickes wegen sehr willkommen, was das beste Schutzmittel ‚vor 
Vergessenheit sei. Die Sache wird bei dem stets wachsenden Material 
als nothwendig erkannt. Herr Dr. Hoffmann bemerkt, dass er schon 
ein solches Verzeichniss über den Inhalt der ersten drei Bände der Nau- 
mannia besitze und stellt selbes sehr bereitwillig der Gesellschaft zur 
Disposition. - Die vollständige (sehr mühsame) Anfertigung wäre sehr zu 
wünschen. Das zuyorkommende Anerbieten Dr. Hoffmann’s wird mit 
Dank angenommen und die Sache der Redaction zur Ausführung‘ über- 
lassen.*) 

Hierauf fordert der Vorsitzende auf zur weiteren Verfolgung des 
Hauptihemas. Es werden zunächst die Certhien einer längeren Erörterung 
unterworfen. 

Sowohl Pastor Brehm als Prof, Blasius hatten von diesen Vögeln 
sehr instructive und vollständige Suiten mitgebracht. 

Herr Pastor Brehm beginnt: „Meine Herren! Wir haben während 
dieser Versammlung ‘schon so manche Species begraben, ich will nun 
auch noch die Certhia ‚Costae bestatten. ' Zuvor aher betrachten Sie 


diese Suite: 


I. Langzehige Baumläufer (Certhiae macrodactylae). 


Ihre Zehen sind lang, ihr Schnabel ist mittellang oder 
ziemlich kurz. Auf dem Oberkörper herrscht das Lohfarbige vor, 


ihr Unterkörper ist glänzend milchweiss. 


*) Spätestens mit dem Schlusshefte dieses Jahrganges soll ein genaues 
Sachregister der früheren Jahrgänge gegeben werden. D. Red, 


-t 


357 


Alle diese sind beeriffen unter der Art: 

Der lohrückige Baumläufer, Certhia familiaris, L. (Certhia 
scandulosa, Pall.). 

Er zerfällt in folgende Subspeeies: 

a) Der langzehige lohrückige Baumläufer, Certhia familiaris 
macrodactyla, Brm. 

Er hat einen ziemlich langen Schnabel und lange Nägel bei bedeu- 
tender Baumläufer-Grösse. Wohnort Mitteldeutschlands Nadelhölzer. 

b) Der ächte lohrückige Baumläufer, Certhia familiaris 
vera, Brm. 


Der Schnabel und die Nägel sind mittellang, bedeutend kürzer als 


“bei a). Dieser ist die ächte Certhia familiaris, L.; denn er lebt in der 


Nähe von Stockholm, hat aber eine weitere Verbreitung. Ich erhielt ihn, 
und zwar ein gepaartes Paar, aus Pommern, einzelne aus Kiel und Gali- 
zien und fand ihn hier brütend. Er ist in unsern Nadelwäldern der ge- 
wöhnlichste Baumläufer. Blasius schoss ihn in der Nähe von Braun- 
schweig und bekam ihn als Certhia Costae aus der Schweiz, wenn ich 
mich in dieser letzteren Angabe nicht irre.*) 

ec) Der nordische lohrückige Baumläufer. Certhia familiaris 
septentrionalis, Brm. (Certhia Costae, Parzudaki. ‘ Certhia Nattereri, Bp.) 

Er unterscheidet sich von Nr. 1 und 2 durch die etwas geringere 
Grösse und den bedeutend kürzeren Schnabel auf den ersten Blick. Er 
bewohnt die Nadelhölzer Skandinaviens und geht hoch nördlich hinauf, 
weswegen ich ihn auch septentrionalis genannt habe. Er wandert aber 
auch, und zwar paarweise, durch Deutschland und Galizien. Ob er in 
unsern Nadelwäldern brütet, kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Die 
beiden gepaarten Paare und die einzelnen, welche ich besitze, sind ausser 
der Brutzeit geschossen.  Diess ist nach meiner Meinung die ächte Certhia 
Costae, welehe ich aber schon im Jahre 1831 **) unter dem oben stehenden 
Namen als eine Subspeeies von Certhia familiaris aufgeführt habe. Ein 
durch meinen Freund Baldamus erhaltenes, vom Jura ***) stammendes 


Männchen der Certhia Costae stimmt in Grösse, Schnabelgestalt und 
*) Aus dem Depart, des Basses Alpes. Der Herausg. 


**) Siehe mein Handbuch der Naturgeschichte aller Vögel Deutschlands, 
B. 210. 


*"*) Ebenfalls aus dem D£part. des Basses Alpes und von Brehm sofort als 
seine septentrionalis erkannt, Der Herausg. 


358 


Zeichnung so vollständig mit meinen Stücken der (©. fam. sept. überein, 
dass auch der allergeübteste Ornitholog nicht den geringsten Unterschied 
finden konnte. Dieser Ansicht waren auch alle Anwesenden. Früher 
hatte schon Sundeval in Stockholm dasselbe behauptet und Jeder von 
uns Beiden war unabhängig von dem Andern, was der Herausgeber 
dieser Blätter bezeugen wird, zu der eben ausgesprochenen Ueberzeugung 
gekommen. 

d) Der kurzschnäbelige lohrückige Baumläufer. Certhia 
Jamiliaris brachyrhynchos, Brm. 

Er ist etwas grösser als alle vorhergehenden und an seinem kurzen 
Schnabel sehr kenntlich. Ich erhielt ihn aus Witten, Görlitz und der 
hiesigen Gegend, aus der letzteren aber nur einmal. Im Winter nähert 
er sich den Häusern. 

e) Der kleine lohrückige Baumläufer. Certhia familiaris 
pusilla, Brm. 

Er ist der kleinste mir bekannte Baumläufer, merklich kleiner als 
die C. f. sept., mit sehr kleinem Schnabel aber lebhafter Lohfarbe auf 
dem Oberkörper. Gegen den zunächst vorhergehenden gehalten erscheint 
er wie ein Zwerg. Ich bekam ihn aus Dalmatien und erlegte ihn ein 
einziges Mal in der hiesigen Gegend. Bemerken muss ich noch, dass er 
in meinem „Vogelfang“ S. 76 irrthümlicherweise mit C. fam. sept. ver- 
einigt worden ist, denn dass diese bis Dalmatien herabgehe, glaube ich 
Jetzt nicht mehr. Die C. /. pusilla unterscheidet sich von der letzteren 


auch durch ihre lebhaftere Rückenfarbe. 


II. Langschnäbelige Baumläufer. (Certhiae macrorhynchae.) 


Ihre Nägel sind kurz, ihr Schnabel ist sehr oder doch 
mittellang; auf dem Oberkörper herrscht Schwarzgrau vor, ihr Unter- 
körper ist trüb-, nie milchweiss. Sie gehen nicht über Deutsch- 


land hinauf. Die hierher gehörenden Vögel bilden die Art: 


des kurzzehigen Baumläufers. Certhia brachydactyla, Brm. 
In dieser Art sind folgende Subspecies begriffen. 


a) Der grossschnäbelige kurzzehige Baumläufer. Certhia 
brachydactyla megarhynchos, Brm. 

Sein Schnabel ist auffallend gross, bis 8'/,' lang; sein 
Unterrücken, zuweilen auch der ganze Oberkörper, zieht bei schwarz- 


grauer Grundfarbe etwas ins Lohfarbige. Er bewohnt die Gärten, mit 


359 


Laub tragenden Bäumen besetzten Flussufer, Alleen und Laubhölzer des 
mittleren Deutschlands. 

b) Der ächte kurzschnäbelige Baumläufer. _Certhia brachy- 
dactyla vera, Brm. 

Er ist etwas kleiner als der vorhergehende, hat auch einen kürzeren 
Schnabel und Schwanz als dieser und zieht auf dem Oberkörper weniger 
in das Lohfarbige, spricht also den Charakter dieser Gruppe, die schwarz- 
graue Grundfarbe des Oberkörpers, mehr aus. Er bewohnt die mit Laub 
tragenden Bäumen besetzten Orte von ganz Deutschland, namentlich die 
Gegend von Renthendorf, das ganze Rodathal und einen grossen Theil 
des Saalethales, die Gegend um Leipzig, Zeitz, Altenburg, Berlin, Pots- 
dam, ganz Pommern, Westphalen, Baiern, lebt auch in Nordamerika etc. 
und nistet gern in den Höhlungen der Gebäude. 

e) Der mittlere kurzzehige Baumläufer. Certhia brachydactyla 
media, Brm. 

Er ist etwas kleiner als Nr. 2 und unterscheidet sich von ihm: durch 
den wenigstens um 1‘ kürzeren Schnabel. Er hat gleiche Aufenthalts- 
orte mit dem zunächst vorhergehenden. 

d) Der auffallende kurzzehige Baumläufer. Certhia brachy- 
dactyla paradora, Brm. 

Er ist kleiner als alle andern Verwandten dieser Abtheilung, hat 
auch einen merklich kürzeren Schnabel, aber einen so dunkel schwarz- 
grauen Oberkörper, dass sich das Lohfarbene nur auf dem Bürzel und 
auch hier wenig verbreitet zeigt. Er bewohnt Ungarn und kommt in der 
hiesigen Gegend so selten vor, dass ich nur ein einziges Männchen und 


zwar am 10. December 1855 hier erhielt: 


III. Rostrückige Baumläufer. Certhiae torso ferrugineo. 


Die Baumläufer dieser Abtheilung haben einen ziemlich gros- 
sen Schnabel, kurze gebogene Zehen, eine rostrothe Grund- 
farbe auf dem Oberkörper, einen stark ins Rostfarbige zie- 
henden Schwanz und rostfarben angeflogene Seiten. 

Ich kenne nur eine Species und Subspeecies, diese ist: 

Der rothrückige Baumläufer, Certhia rufi-dorsalis, Brm. Er 
ist der grösste von allen europäischen Baumläufern, bis 5‘ 10" lang 
und durch seine Gestalt und Farbe sehr ausgezeichnet. Dem Schnabel 
nach ist er eine Certhia brachydaetyla. Denn sein Schnabel ist so lang 


als bei dieser, er misst beim Männchen 7'/,''—, ebenso auch nach seinen 


360 


kurzen, gebogenen Nägeln; allein seiner Farbe nach hat er mit den 
kurzzehigen Baumläufern nicht die geringste Aehnlichkeit, denn er 
ist viel röther als irgend ein langzehiger Baumläufer und unterschei- 
det sich von diesen nicht nur durch den viel grössern Schnabel, sondern 
auch durch die rostrothe Grundfarbe des Oberkörpers, welche sich auch 
ganz deutlich an den Schwung- und Steuerfedern zeigt, (die lichte Flügel- 
binde hellrostroth färbt, auf dem Unterrücken und Bürzel leuchtend vor- 
tritt und die Seiten des Unterkörpers rostgrau erscheinen lässt. Die ganze 
Zeichnung dieses Vogels ist so auffallend, dass er mit keinem andern 
Baumläufer verwechselt werden kann. Ich bitte alle Ornithologen auf 
diesen Vogel besonders aufmerksam zu sein. Er stammt aus Westphalen, 
ist aber dort von meinem theuern Bädecker im Herbste geschossen und 
auch sehr selten. Denn die andern Baumläufer, welche ich bei meinem 
Freunde dort erlegt habe, gehören nicht hierher. Die Zukunft muss über 
diesen merkwürdigen Vogel Aufschluss geben. 

Meinen Söhnen habe ich aufgetragen, aus Spanien Baumläufer 
mitzubringen; wir werden bald schen, welche Arten dort leben. 

Die Besprechung über die Baumläufer wurde sehr lebhaft. Blasius 
hatte grosse Lust, meine Certhia brachydactyla als Art zu bestatten. Ich 
führte ausser der äussern Verschiedenheitbeider Arten noch an, dass Certhia 
Jamiliaris die Nadelwälder, ©. brachydactyla hingegen die Laubhölzer, Gär- 
ten und andere mit laubtragenden Bäumen bedeckten Plätze bewohnen. 
Dagegen versicherte Blasius, dass dies in den Umgebungen Braunschweigs 
ganz anders sei. Dort finde man nichts, als laubtragende Bäume und 
unter ihnen nur einige wenige Kiefern; dennoch seien beide soge- 
nannte Arten Baumläufer vorhanden. Dagegen liess sich allerdings 
Nichts sagen. 

Dann führte er an, dass die Länge des Schnabels kein sicheres Un- 
terscheidungszeichen abgäbe. Denn man finde unter Certhia familiaris Vögel 
mit Schnäbeln, welche an Länge die mancher Certhia brachydactyla über- 
träfen. Dies leugne ich durchaus nicht, machte aber bei dieser Gelegen- 
heit auf die Wichtigkeit der Subspecies aufmerksam, dass nur die eine, näm- 
lich die Certhia fam. macrodactyla, und zwar im männlichen Geschlechte 
einen längeren Schnabel hat, als meine (©. brach. media im weiblichen, 
oder meine Certhia brachyd. paradora im männlichen Geschlechte. Die 
letztere habe ich eben paradora genannt, weil es auffallend ist, dass sie 
als Certhia brachydactyla einen kurzen Schnabel besitzt. Ueberdiess muss 


man bei den Baumläufern, deren Männchen stets einen längern Schna- 


361 


bel als die Weibchen haben, auf diese Verschiedenheit stets Rücksicht 
nehmen und deswegen nur die Vögel ein und desselben Geschlechtes von 
Oerthia brachydactyla mit denen von (©. jamiliaris vergleichen. — 

Um meine Certhia brachydactyla zu retten, zeigte ich an den mitge- 
brachten Exemplaren die verschiedene Zeichnung des Ober- und Unter- 
körpers, und wies darauf hin, dass der letztere bei Certhia familiaris 
blendend-, bei- ©. brachydaetyla hingegen trübweiss sei. Blasius 
entgegnete, dies Kennzeichen sei sehr trügerisch, man finde viele Certhia 
Jam. mit unrein-weissem Unterkörper. Das gab ich zu; denn die reiner 
oder unreiner weisse Farbe des Unterkörpers dieser Vögel hängt von zu- 
fälligen Umständen ab. Die Baumläufer schlafen gern in den Schorn- 
steinen, zumal wenn diese, wie in manchen armen Walddörfern, von 
Holz gemacht sind. ° Da wird natürlich das Weiss vom Rauche gefärbt. 
Selbst die Witterung hat auf die weisse Farbe der Baumläufer Einfluss. 
Ist z. B. der Herbst und Winter kalt und trocken: dann sind auch die 
Baumstämme trocken oder mit etwas Schnee bedeckt, färben also die 
daran herumkletternden Baumläufer nicht dunkel, während ihr 
Weiss bei anhaltend regnerischer Witterung an der nassen Rinde der 
Stämme schmutzig wird. Um dieses verschiedene Weiss der beiden Baum- 
läuferarten zu erkennen, muss man frisch vermauserte Vögel vor sich 
haben. — 

Mehr Glück hatte ich gegen meinen geehrten Freund und Gegner 
mit der Hinweisung auf die verschiedene Zeichnung des Oberkörpers der 
beiden Baumläuferarten, indem die verschiedene Farbe desselben bei Üer- 
thia familiaris Lohfarbe, bei C. brachydactyla hingegen schwarzgrau 
ist. Dabei ist höchst merkwürdig, dass bei der Subspecies, der Certhia 
brachyd., welche den kürzesten Schnabel hat, nämlich bei €. brachyd. pa- 
radora, dieses Schwarzgrau am meisten hervortritt, so dass an ihm, wenn 
die bedeutende Schnabellänge nicht mehr wegweisend ist, auch ein Ka- 
mel, um mit Freund Blasius zu reden, beide Arten sicher unterschei- 
den kann. Die Verschiedenheit der Eier, welche ich angeführt hatte, 
wollte Blasius in Abrede stellen, Da kamen mir aber die anwesenden 
ÖOologen zu Hülfe und versicherten, dass sie die Eier beider Arten auf 
den ersten Blick mit Sicherheit unterscheiden könnten. Auch machten 
diese auf die Verschiedenheit im Nestbau beider Arten aufmerksam, und 
ich führte noch an, dass ©, brachyd. sehr gern in den Gebäuden nistet, 
was (, jamiliaris nie thut. Endlich zeigte ich die Verschiedenheit im 


Locktone der beiden Arten, Blasius gestand, darauf nicht gehörig 


362 


geachtet zu haben, aber mehrere Nestflüchter unter den anwesenden 
Ornithologen stimmten mir sogleich bei, und Jaekel und Kunz ver- 
sicherten, beide Baumläuferarten schon auf 30 Schritte am Locktone unter- 


scheiden zu können. 


So endigte denn diese sehr anziehende Verhandlung über die Baum- 
läufer, und die Certhia brachydactyla bleibt trotz den heftigen Angriffen 
ihres kräftigen und gewandten Gegners auf ihrer, von mir angewiesenen 
Stelle stehen und freut sich herzlich ihres nunmehr gesicherten Daseins, 


während die arme Certhia Costae todt liegen bleibt. —) 
An diese Erörterung Brehms schliesst sich eine lebhafte Debatte. 


Dr. Hoffmann bemerkt zunächst, dass er die helleren, silberglän- 
zenden (amiliaris) stets in Laubhölzern gefunden, die dunklern, grau- 
lichen (brachydaetyla) aber in Nadelhölzern. 

Dr. Hennecke: Wir sehen Verschiedenheiten, wir können 2 Reihen 
dieser Thiere unterscheiden, deren jede noch in den einzelnen Individuen 
mancherlei Variationen zeigt. Aber nun bitte ich Sie, Hr. Pastor Brehm, 


um das wissenschaftliche Resultat der entwickelten Ansicht. 


P. Brehm: Ich trenne die Certh. in 2 bestimmte Species, in bra- 
chydactyla und familiaris; erstere ist immer im Nadelwald. Ganz bestimmt 
sind sie durch den Lockton unterschieden, der bei drachyd. wie dit, dit, 
dit, und bei /am. ziht, ziht, ziht lautet. 

Pfarrer Jaekel stimmt Letzterem unbedingt bei, nnd kann jede 
Wette eingehen, am Lockton beide sicher zu unterscheiden. Conservator 
Tobias und Kunz sind ganz derselben Ueberzeugung. 

Prof. Blasius: Ich traf in Laubholz beide an. Wir müssen aller- 
dings 2 Reihen von unsern Certkien unterscheiden, nennen wir sie Racen 
oder wie wir wollen. Aber wie sollen wir ein einzelnes Vögelchen be- 
stimmen? Die Schnäbel können kein Kriterium abgeben, in jeder Reihe 
finden sich kurz- und langschnäblige Individuen; eben so wenig die helle 
Farbe des Unterleibs, denn die variirt auch in jeder Gruppe; eher noch 
wäre die Färbung des Rückens ein Merkmal; aber auch hier kommen 
Differenzen vor. Die sonstigen plastischen Verhältnisse können ebenfalls 
keinen festen Anhaltspunkt geben. — (An seiner und Brehms Suite 
weiset er fortwährend die Belege seiner Behauptungen nach.) — Ich kann, 
m. H., keine Certhia bestimmen, wenn ich nicht beide Gruppen beisam- 
men habe, es fehlt uns an Unterscheidungskennzeichen, durch welche so- 


wohl wir selbst eine absolute Gewissheit bei der Bestimmung erhalten, 


363 


als auch einen Andern, der sie noch nicht kennt, die Bestimmung auch 
eines einzelnen Individums lehren können. 

Past. Brehm: Ob wir bis jetzt ein singulares Merkmal kennen oder 
nicht, verschlägt nichs gegen die artliche Verschiedenheit, da sie ja im 
Ganzen sowohl am Kleide, als auch an dem Lockton deutlich zu unter- 
scheiden sind. Bei Calam. palustris und arundinacea haben wir ein solches 
Zeichen aufgefunden: ich öffne nur den Schnabel, dann sehe ich bei pa- 
lustris, auch bei den Jungen, 2 schwarze Flecken auf der Zunge, welche 
arund. nicht hat. Wer dieses Merkmal nicht kennt, wird bei diesen 
Thieren noch mehr in Verlegenheit sein, als bei der Bestimmung von 
Certh. jam. und brachyd.; ohne dass doch durch des Menschen Unfähigkeit, 
zu entscheiden, das Speciesrecht einer der beiden Arten anzutasten wäre. 

Past. Pässler: Ich kann die Verschiedenheit der beiden Species 
auch durch ihre verschiedene Nistweise unterstützen; /amiliaris baut näm- 
lich ein stets mit Federn ausgelülltes Nest, das von brachyd. ist kleiner 
und loser. Ich kann beide bestimmt unterscheiden. Auch die Eier unter- 
scheide ich, die von brachyd. sind gross gefleckt, während jamil. feiner 
punktirte Eier legt. Prof. Blasius kann diese Unterschiede so strenge 
nicht finden. 

Der Vorsitzende sieht es als eine wichtige Erklärung des Hrn. Prof. 
Blasius an, dass derselbe den Unterschied nicht versteht oder anerkennt, 
und glaubt die Erörterung eines neuen Themas veranlassen zu dürfen, da 
Niemand neue Momente für-oder wider das Artrecht der beiden Certhien 
vorbringen kann. 

Er fordert daher Hrn. Dr. Altum auf, das Wort zu nehmen über 
die Würdigung der bei der vorjährigen Versammlung auf die Tagesord- 
nung gesetzten Schwäne. 

Dr. Altum: Die Anregung, auch die Schwäne einer wissenschaft- 
lichen Prüfung zu unterwerfen, ist, wie Sie wissen, m. H., vorzüglich 
entstanden durch die Beschreibung und Abbildung kleiner Schwäne, welche 
ich in der „Naumannia“ niedergelegt habe, weil mir diese 'Thiere von 
allen Beschreibungen des Cygn. minor wesentlich abzuweichen scheinen. 
Hr. Dr. Hartlaub in Bremen hat auf die genaue Erforschung Mühe 
und Zeit verwandt, und neuerdings ein Factum beobachtet, das er uns 
in dem jetzt eingegangenen Briefe an Baldamus mittheilt. Ich will also erst 
den bezüglichen Passus des Briefes vorlesen, und erlaube mir dann 
einige Bemerkungen zuzufügen. — Er lautet: „Es wird Ihnen bekannt 


sein, in welchem Stadium sich die Schwanen-Geschichte befindet. 


364 


Man ist noch immer darüber im Unklaren, ob der von Dr. Altum 
beschriebene Schwan eine neue Art oder vielmehr gleichartig mit ‘©. 
Bewickii sei. Ich muss mich jetzt sehr entschieden für das Letztere aus- 
sprechen. Auf unserem Stadtgraben lebt seit länger als 8 Jahren ein ©. 
Bewicki, den ich alljährlich des öfteren beobachtet habe. Derselbe zeigte 
bis dahin die Schnabelbasis halb , wie man dies bei ©. Bewiekii beschrieb 
und abbildete, und Sie können sich daher mein Erstaunen denken, als ich, 
vor einigen Tagen den Vogel einmal wieder beobachtend, Altum’s 
Schwan erblickte; die Wurzelmitte der Maxilla war abgegränzt und glän- 
zend schwarz, und nur in der Mitte dieser schwarzen Stelle ist noch ein 
kleines gelbes Fleckchen zu bemerken! Ich glaube nach dieser Beobach- 
tung, die schon vor mir unsern Conservator, Herr Schrader, gemacht 
hatte, dar? man wohl nicht länger daran zweifeln, dass Altum’s Schwan 
der sehr alte Bewiekü sei. Wenigstens zweifeln wir hier nicht mehr 
daran.“ 

Das also ist die T'hatsache, der lebende Cygn. minor zu Bremen ist 
jetzt schwarzstirnig geworden. Nicht etwa, m. H., um mit Gewalt 
die kleinen Singschwäne in 2 Species zu zerspalten, sondern um die Sache 
noch der fernern Beobachtung dringlichst zu empfehlen, bemerke ich gegen 
Hartlaub’s Schluss, dass die schwarze Stirnzeichnung im hohen Alter 
entstände, dass das v. Zittwitz’sche männliche Exempl. nur 2-3 Jahr 
alt ist; das hohe Alter ist also hier nicht der Grund der Färbung ge- 
wesen. Zweitens ist noch immer der nierenförmige Doppelhöker nicht 
durch die Farbe erklärt. Es ist derselbe freilich von keiner bedeutenden 
Höhe, aber doch vorhanden. Erlauben Sie mir, zur bessern Verständi- 
gung, m. H., eine Zeichnung auf die Tafel*) zu machen. — Es ist die 
flache Stirnplatte bei music. und minor hier doppelhökerig aufgetrieben. 
Die Zeichnung ist dann folgende: Sie wissen, dass Naumann den Un- 
terschied von musicus (seinem wanthorhinus) und minor (melanorhinus), die 
Schnabelfärbung betreffend, dahin angiebt, dass beim ersten das Nasen- 
loch, beim letzteren die Nasenhöhle im Schwarzen liegt. Die 
Grenze zwischen Gelb und Schwarz variirt ungemein; doch wird die Nau- 
mannsche Diagnose in jedem Falle richtig sein. Hier aber bei dem frag- 
lichen ist nur derjenige seitliche Fleck gelb, der im grauen Ju- 


gendkleide noch mit Federn bedeckt war, der ganze übrige 
*) Der Redner zeichnet auf die im Saale aufgestellte Wandtafel 2 Schwa- 

nenköpfe im Profil und von oben, und erörtert an den Figuren seine Bemer- 

kungen. , 


365 

Schnabel ist schwarz. Die Grenze dieser Stelle können Sie bei allen 
music. und minor im spätern Alter stets leicht erkennen an der kleinen Furche, 
die von der Schnabelfirste zur Nasenhöhle und dann nach unten hin 
zum Mundwinkel sich wendet, wie ich hier zeichne. Diese Stelle, und 
nur diese allein, ist bei dem von mir beschriebenen Schwan gelb und 
zwar orange. Es ist also diese gelbe Färbung nicht etwa unregelmässig, 
sondern sie ist anatomisch -physiologisch ganz scharf begrenzt; während 
sich bei musieus und minor diese Schärfe ‘der Begrenzung auch nicht im 
Mindesten findet.”— Die Bemerkung Schlegels anlangend, dass auch bei 
musicus zuweilen die Stirn mit einem kleinen schwarzen Fleck bezeichnet 
vorkäme, beruht auf einer gar nicht so seltenen Thatsache. — Weitere 
Gründe für die Verschiedenheiten beider habe ich nicht, und würde ich 
mich freuen, wenn älmliche Nachweise, wie die Hartlaub’s, auch noch 
die letzten Zweifel an der Identität heben würden. — Mit vollster Ent- 
schiedenheit aber muss ich der Ansicht entgegentreten, dass alle Sing- 
schwäne nur eine einzige Art seien, wie eine solche neulich ein gediege- 
ner Forscher brieflich mir gegenüber ausgesprochen hat. Abgesehen von 
allem Andern zeigen diese kleinen und grossen ganz verschiedene Lebens- 
weise, Die ersten ziehen schon im October durch Westphalen, und halten 
sich auf den grossen Mooren auf, letztere erscheinen nur in strengen 
Wintern und folgen den Flüssen. Nie sind beide gemischt. 

Prof. Blasius. Man hat die Schwäne nach der Zahl der Schwanz- 
federn, nach der Farbe des Schnabels, nach Bildung der Luftröhre unter- 
schieden. Die Grösse der Schwäne variirt ungemein, auch die Farbe der 
Schnäbel. Die Bildung des Brustbeins und der Luftröhre variiren eben- 
falls nach dem Alter sehr bedeutend. Die Platte vor der Stirn, auf welche 
Dr, Altum aufmerksam machte, wird freilich nicht zu einem Höker nach 
meiner Ansicht. Aber selbst, wenn der Höker da wäre, möchte ich nicht 
auf dieses hin eine Trennung stützen. 

Dr. Altum. Alle Variabilität gebe ich gern zu. Von 4 der kleinen 
(neuen) Schwäne habe ich die Luftröhren untersucht. Nach dem Alter 
waren alle verschieden. Ich weiss selır wohl, wie Gelb und Schwarz in der 
verschiedensten Vertheilung sich bei musicus finden; auch ist die Körper- 
grösse schr variabel. Ob aber diese verschiedenen Kleider in einander 
übergehen, ob sie nicht vielleicht innerhalb bestimmter Grenzen 
variabel sind, wie ich das durch das Naumann’sche Diagnostikon der 
Schnabelfärbung eben für mus. und minor gezeigt, und für die neuen durch 


eine ‚nähere Bezeichnung des gelben Fleckes zu bestimmen gesucht habe, 


366 


ist eine andere Sache. Und käme dann noch die zum kleinen Doppel- 
höker aufgetriebene Stirnplatte hinzu, so hätte man ja scharfe Grenzen 
und bestimmte Kennzeichen. £ 

Dr. Gloger. Was die Hökerbildung anbetrifft, so ist die nicht von 
grossem Belang bei der Bestimmung. Anser cygnoides soll im wilden Zu- 
stande keinen Höker haben. 

Dr. Altum. Dasselbe zeigt Anas tadorna mas in verschiedener Jah- 
reszeit und manche andere Enten in verschiedenem Alter. Allein 
daraus dürfte doch für Schwäne nichts zu schliessen“sein. Wenn mir 
gezeigt wird, dass bei C'ygn. musicus ein solches Phänomen vorkommt, so 
kann das allerdings als nachweisendes Analogon gelten; nicht wohl 
aber Etwas, was bei einer Gans oder einer Ente Statt hat. Hat Jemand 
je einen Cygn. musicus gesehen, bei dem die Stirnplatte sich so verändert 
hätte, wie die hier in Frage stehende Eigenthümlichkeit der kleinen Sing- 
schwäne? — Und zudem ist auch bei Anser cynoides gar keine solche 
Stirnplatte, die sich buckelförmig auftreibt, es ist eine ganz anderartige 
Hökerbildung! also um so weniger analog. 

Uebrigens, um es nochmals zu sagen, urgire ich die Verschieden- 
heiten nicht, um die neue Species als solche aufrecht zu erhalten, sondern 
nur, um der Wahrheit näher zu kommen, und empfehle sie deshalb noch 
der fernern Beobachtung; denn nach meiner innersten Ueberzeugung steigt die 
Wissenschaftlichkeit unserer Ornithologie, wenn die grosse Verschieden- 
heit der Kleider und die Anzahl der Arten im umgekehrten Ver- 
hältnisse stehen, zumal, wenn die äussere Variabilität als naturhistorisch 
begründet nachgewiesen werden kann. Dadurch baut sich ein organisches 
Ganze auf, das innerlich zusammenhängt. Eine abweichende Färbung, 
Zeichnung hat viel höheres wissenschaftliches Interesse, wenn sie ein va- 
riirendes Kleid einer bekannten, als wenn sie eine neue Art ist. Ich 
werde mich demnach im Interesse der Wissenschaft freuen, wenn mein 
neuer Schwan nichts als Umänderung der schon längst bekannten minor 
ist, und es knüpfen sich dann noch fernere wissenschaftliche Erörterun- 
gen über das Wie, Wodurch u. s. w. dieser Erscheinung hier an. Zer- 
reissen wir aber in moderner Weise Alles in Species, was irgend in einer 
liussern Beziehung varürt, ohne Plan, ohne Prineip, nur eben, weil wir 
Species haben wollen für verschiedene Färbungen, so kann nach meiner 
Ansicht von einer wissenschaftlichen Behandlung kaum mehr die Rede 
sein, und die ganze Zoologie ist grösstentheils nichts als ein trocknes 


Unisono von Beschreibung der Kleider, 5 


367 


Da keine neuen Momente mehr für die eine oder andere Ansicht über 
die Geltung der Schwäne vorgebracht werden, kann die Sache durch die 
BeobachtungDr. Hartlaub’s freilich gefördert, doch noch nicht für voll- 
ständig erledigt angesehen werden. Der Vorsitzende empfiehlt deshalb 
noch weitere Forschung und fordert dann Hrn. P. Brehm auf, über die 


Meisen einen Vortrag zu halten. 


Hr. Past. Brehm: Wir müssen zunächst nun auch der Species alpe- 
stris die letzte Ehre erweisen; auch sie kann ferner nicht mehr zu den 
Lebendigen gezählt werden. Zuvor erlaube ich mir indess der Versamm- 


lung eine Reihe von Parus vorzulegen, welche viel Beifall finden werden: 
I. Parus major, L., Die Finkenmeise (Kohlmeise). 


Hierher gehören: 

a) Parus major verus, die ächte Finkenmeise. Mit wenig Asch- 
graublau auf dem Bürzel, mittellangem Schnabel und ziemlich niedrigem 
Scheitel. In Skandinavien, Deutschland, weswegen ich sie für den ächten 
Parus major, L. halte, 

“  b) Parus major robustus, Brm. Mit kurzem starkem Schnabel und 
honem Scheitel. In Deutschland. 

c) Parus major cyanotos, Brm., welchen man auch für eine besondere 
Art halten kann. Er ähnelt Nr. a, hat aber einen aschgraublauen 
Unterrücken, wodurch er sich auf den ersten Blick unterscheidet. Er 
scheint nicht über Deutschland hinauf zu gehen; in Pommern und in der 
hiesigen Gegend ist er nicht selten. Ich erhielt gepaarte Paare und eine 


ganze Familie von ihm. 


2. Parus pallidu, Brm. (P. bokhariensis). Die blasse Finken- 
meise. Der Finkenmeise ähnlich in Gestalt, Grösse und Zeichnung, aber 
von andern Farben; denn der Mantel zieht nicht ins Grüne, sondern ist asch- 
graublau, mit weisser Flügelbinde, und der Unterkörper weissgrau 
mit breitem schwarzem Mittellängenstreif, wie bei Parus major. Diese 


Meise ist dem von mir auch vorgezeigten 


3) Parus atriceps von Java sehr ähnlich, aber viel grösser, und we- 
niger schön in ihren Farben, Ich hielt sie erst für den Parus bokhariensis 
des Berliner Museums. Allein die anwesenden Berliner Herrn versicher- 
ten mir, dass sie dies nicht sei, und so sehe ich mich genöthigt, ihr einen 
besonderen Namen zu geben. Sie erscheint sehr selten in Deutschland 


als verirrter Vogel, Als eine Subspecies von ihr betrachte ich jetzt — 


368 


früher hielt ich ihn für eine Species —, den Parus pallidus intercedens.*) 
Er ist ihr ähnlich, aber die Grundfarbe eines Ober- und Unterkörpers 
steht zwischen ihm und dem Parus major gerade in der Mitte; denn die 
des Oberkörpers zieht etwas ins Grünliche und die des Unterkörpers ins 
Gelbliche. 

Hierher gehört auch noch: 

4) Parus minor, Schlegel. Dieser ist eine ächte Kohlmeise, aher 
etwas kleiner als sie Auf dem Unterkörper blass, fast wie Parus palli- 
dus, auf dem obern mit etwas Gelbliehgrün. Sie lebt auf Japan. 

Alle diese Meisen halte ich für verschiedene Ausgaben unseres 
Parus major, (eine Ansicht, der Niemand widersprach.) 

Von den Blaumeisen lege ich ausser den unsrigen die dunkel- 
blaue Blaumeise, Cyanistes violacens, Brm. (P. violaceus, Vaill., P. 
ultramarinus, Bp., P. Teneriffa, Less., P. coeruleanus, Malherb.) vor, 
welche sich mit ihrem blauschwarzen Kopfe und Halsringe, graublauem 
Rücken und weiss gekanteten Schwung- und Steuerfedern sehr schön 
ausnimmt und viel Beifall erhalten wird. Hoffentlich finden sie meine Söhne in 
Südspanien. Das Merkwürdigste ist aber offenbar eine Reihenfolge won 
Sumpfmeisen, wie sie nirgends zu sehen ist. Sie zerfallen in 2 Haupt- 


abtheilungen. 


1. Eigentliche Sumpfmeisen (Poecilae proprie sic dictae). 


Sie haben keine deutlichen lichten Einfassungen der Schwungfedern 
und bilden: die Art Poecila palustris, Kaup. (Parus palustris L.) die 
Sumpfmeise. Sie zerfällt in: 

a) Die grosse Sumpflmeise Poeeila palustris stagnatilis, Brm. Sie 
ist 4 9’ lang und die grösste dieser Abtheilung, mit etwas lichterer 
Rückenzeichnung, als unsere gewöhnliehe Sumpfmeise. Sie lebt in Ga- 
lizien. Allein mein Sohn Reinhold schoss im Herbste 1854 ein gepaartes 
Paar und eine einzelne im Saalthale bei Jena. Anderswo ist sie mir nicht 
vorgekommen, auch habe ich sie aus keiner andern Gegend, als aus Ga- 
lizien durch die Güte des Herrn Grafen von Wodzicki erhalten. 

b) Die ächte Sumpfmeise, Poecila palusiris vera, Brm. Sie ist 
3 bis 4 kürzer, als Nr. 1., und auf dem Unterkörper etwas lichter, 
mit mittelgrossem Schnabel. Sie ist der ächte P. palustris, Linne. Denn 


sie lebt in der hiesigen Gegend und in Schweden, namentlich in der Um- 


*) Siehe Brehm, Vogelfang 8. 241. 


ICh 


SET 


= 


an a 


er: 


369 


gegend von Stockholm, woher ich ein Männchen erhielt. Ich vermuthe 
deswegen gewiss mit Grund, dass dieser grosse Forscher die in seiner 
Nähe lebenden Meisen vor allen andern werde benannt haben. 

e) Die kleinschnäblige Sumpfmeise. P. pal. subpalustris, Brm. 
Kaum kleiner als Nr. 2., aber mit merklich kleinerm Schnabel; in der 
hiesigen Gegend. 

d) Die schmutzige Sumpfmeise. P. palustris sordida, Brm. Sie 
hat die Grösse, Gestalt und Zeichnung der vorhergehenden, aber ihr 
Unterkörper zeigt ein sehr schmutziges Hellgrau. In Mitteldeutschland. 

Von allen diesen Meisen besitze ich gepaarte, die Richtigkeit der 


Subspecies beweisende Paare, von jeder der 3 letzten mehr, als eins. 


Uneigentliche Sumpfmeisen. Poceilae haud proprie sie dietae. 


Sie haben deutliche helle Einfassungen der Schwung- 
federn, meist roströthliche, oder so angeflogene Seiten und 
bilden mehrere Arten. 

1) Die sibirische Sumpfmeise. 

a) Poecila sibirica vera, Kaup. (Parus sibiricus, Gmel.) Sie ist 5‘ 
lang, mit schwarzgraubraunem Kopfe, rostgraubraunem Oberkörper, schwärz- 
licher Kehle, und grauem, an den Seiten rostfarbigem Unterkörper. Verirrt 
sich aus dem asiatischen Russland nach Europa, kommt aber auch in 
Norwegen vor. 

b) Die kleinschnäbliche sibirische Sumpfmeise, (Poecila sib» 
microrhynchos, Brm., früher Parus septentrionalis, Brm. Sie hat einen 
kleinern Schnabel, längern Schwanz und grauern Rücken, als Nr. 1., und 
lebt in Russland. 

2)Die Trauersumpfmeise, Poecila lugubris, Kaup, Parus lugubris, 
Natt. Etwas grösser, besonders stärker, als die zunächst vorgehende, 
mit schwarzgrauem Kopfe und herrschender grauer Farbe, ohne Rost- 
farbe. In Illyrien. 

3) Die dunkle Sumpfmeise, Poesla lugens, Brm., Parus lugens, 
Brm. Etwas kleiner und dunkler, als Nr. 2. — Kopf und Kehle sind 
schwärzlich — mit hellerm Unterkörper und grösserm Schnabel. In Grie- 
chenland. 

4) Die schwarzköpfige Sumpfmeise, Poecila melanocephala, Brm. 
(Parus melanocephalus, auct.) Sie ähnelt der folgenden, ist aber wegen 
ihres längern Schwanzes noch etwas länger, hat einen ganz schwarzen 


Kopf und Vorderhals — der letztere ühnelt dem des Päürus ater — und 
Naumannla, 1890, 24 


370 


breiten hellen Kanten an den Schwungfedern. Sie bewohnt Nordamerika 
und verirrt sich vielleicht von da ein Mal nach Europa. 

5) Die Sumpfweidenmeise, Poeeila salicaria, Brm.*) Diese zer- 
fällt nach ihren Subspeeies in folgende: 

a) Die Alpen-Sumpfweidenmeise, P. salicaria alpina. Brm., (Par. 
alpestris, Bailly). Sie giebt an Grösse der Poecila lugubris wenig oder 
Nichts nach, hat aber einen sehr grossen Schnabel, breite Schwung- und 
Steuerfedern, an den erstern breite helle Federkanten und übrigens die 
Zeichnung unserer Sumpfmeise. Auf den Alpen der Schweiz. 

b) Die nordische Sumpfweidenmeise, Poecila salicaria borealis, 
Brm., Parus borealis, Selys et Liljeborg. Schwächer als a, mit län- 
germ Schwanze und viel kleinerm Schnabel. Die Aussenränder der 
Schwung- und Steuerfedern sind weisslich. In Norwegen. 

ec) Die ähnliche Sumpfweidenmeise, Poecila salicaria assimilis, 
Brm. Früher Par. assimilis Mit noch längerm Schwanze, aber kleinerm 
Schnabel, als b. Auf den Gebirgen Galiziens. 

d) Die angrenzende Sumpfweidenmeise. Poecila salicaria ac- 
cedens, Brm. Früher Parus accedens, Brm. Ich habe diese Meise ?. ac- 
cedens genannt, weil sie sehr nahe an Poec. salic. borealis angrenzt. Der 
einzige Hauptunterschied besteht in ihrem etwas kürzerem Schwanze und 
ihren mehr rostgrau angeflogenen Seiten. Sie ist sehr selten in unsern 
Thälern, hatte aber vor mehrern Jahren auf einem Berge der hiesigen 
Gegend in einem Nadelwalde gebrütet; ich schoss daselbst von den nicht 
lange ausgeflogenen Jungen 3 Stück. 

e) Die ächte Sumpfweidenmeise, Poecila salicaria vera, Brm. 
Früher Parus salicarius, Brm.**) Noch etwas kleiner, als d), mit kürzerm 
Schwanze und Schnabel und roströthlich angeflogenen Seiten. Sie ist häu- 
figer, als die zunächst vorhergehende, in den hiesigen Thälern. 

f) Die mäusegraue Sumpfweidenmeise, Poecila salicaria murind, 
Brm., Parus murinus, Brm. Noch kleiner und dunkler auf dem Ober- 
körper als Nr. e), mit deutlich rostroth angeflogenen Seiten und kleinerm 
Schnabel. Auch in unsern Thälern. 

Von den 4 letztern besitze ich mehrere gepaarte Paare. (Diese Gruppe 
erregte die Bewunderung der Anwesenden, veranlasste aber keine Besprechung.) 


Die Versammlung war; den Erörterungen des verdienstvollen Altmei. 


*) Die grössern folgenden Meisen habe ich schon im Jahre 1831, freilich nur 
anatomisch, als Parus salicarius beschrieben. Siehe Handbuch 8. 465. 


en Siehe Brehm’s Handbuch $, 465, 


371 


sters der Ornithologie mit regstem Interesse und lebhafter Theilnahme ge- 
folgt. Mehrfach wurden Versuche angestellt, einzelne aus den Suiten dar- 
gereichte Individuen zu bestimmen, nach den angegebenen Diagnosen, und 
man stimmte endlich in dem Resultate überein, dass Parus palustris und 
borealis specifisch verschieden, borealis mit alpestris aber gleich sei. 

Hr. Dr. J. Hoffmann wurde nun aufgefordert, seine Mittheilungen 
über die von ihm mitgebrachten, eigenthümlich gefärbten jungen Sperber (5) 
zu geben. 

Ich habe die Ehre, der Versammlung hier eine Varietät von F! nisus 
vorzulegen, die, so viel mir bekannt, noch nicht beobachtet, oder beschrieben 
wurde. Es ist, wie schon aus der Grösse ersichtlich, ein männlicher 
Vogel; das Kleid hat noch die meiste Aehnlichkeit mit dem Jugendkleide, 
und ich habe desshalb zur Vergleichung ein solches mitgebracht. Ganz 
auffallend ist das vorherrschende Rostroth am ganzen Unterkörper, nament- 
lich an Hosen und Bauchseiten. Auf der Oberbrust, wo beim jungen 
Vogel die rundlichen getüpften rothbraunen Flecken stehen, zeigt diese 
Varietät längliche Pfeilflecken von mattschwarzer Farbe. Die Hosen haben 
keine Querbinden, sondern spitze Pfeilflecken. Scheitel, Nacken, Rücken 
und Bürzelfedern sind auffallend lebhaft rostroth gerandet. Die untern 
Schwanzdeckfedern, welche sonst rein weiss sind, haben’ rostbraune Enden. 
In den Dimensionen der einzelnen Körpertheile zeigt der Vogel nichts 
Abweichendes. 

Da es mir interessant war, über das Alter des Vogels Aufschluss zu 
erhalten, liess ich den Rumpf mazeriren, um aus der Beschaffenheit der 
Knochen das muthmassliche Alter zu entnehmen, und da ergab sich dann, 
dass der Vogel wahrscheinlich das erste Lebensjahr schon überschritten, 
also nach dem Jugendkleide mindestens einmal dieses sonderbare Kleid ge- 
tragen hatte. 

Ich lege ihnen hier die Knochenreste vor und zum Vergleich das 
Scelet eines alten Individuums, das blauen Rücken und auf der Brust 
lebhaft rot gewellte Federn trug. Es zeigt sich kein bemerklicher Unter- 
schied in der Consistenz der Knochentheile. Nur am Becken der Varie- 
tät zeigen sich Hüftbein und Sitzbein nicht so eng mit dem Kreuzbein 
verwachsen, als bei dem andern. Die Pneumatieität der Knochen beider 
Scelete stimmt ziemlich genau überein. 

Herr P. Brehm bestimmt dieselben als seiner intercedens angehörig. 

Hr. Pastor Brehm zeigt noch eine reiche Auswahl von Fring. linaria, 


dieer in zwei Reihen, roth- und weissbrüstige, zerlegt, und deren Ver- 
24" 


372 


schiedenheit er an den einzelnen Exemplaren nachweist. (Man vergl. den 
Aufsatz von ihm. Naum. 1856. II.) 

Sodann legt er noch eine grosse Anzahl Blaukehlehen vor, die 
er in den verschiedenen Färbungen noch für eigene Spezies hält.*) 

„Auch von Cyanecula lege ich noch eine Reihenfolge vor. Als Sip- 
penkennzeichen stelle ich auf: Der Schwanz ist an der hintern 
Hälfte roth, an der vordern schwarz; die vermauserten Männ- 
chen haben am Vorderhalse ein schönes Blau. Das Jugend- 
kleid ist auf dem Oberkörper und am Vorderhalse schwarz oder schwärz- 
lich mit rostgelben Längeflecken. Das erste Herbstkleid hat bei den 
Männchen oben amKropfe einen blauen Gürtel, unter ihm einen schwar- 
zen und unter diesem einen hoch rostrothen, bei den Weibchen nur 
einen schwärzlichen Halbmond. Gegen das Frühjahr, d. h. im Februar 
und März, erfolgt die Mauser und bringt den Männchen die anfangs matt- 
blaue Kehle, welche sich bald in das herrlich glänzende Blau ausfärbt, 
während die Weibchen ihren schwärzlichen Halbmond behalten und in spä- 
tern Jahren mehr oder weniger Blau am Vorderhalse bekommen. 

Die Mauser der alten Vögel erfolgt bald nach der Brutzeit. Das 
Blau des Herbstkleides ist bei ihnen auch etwas matt und färbt sich erst 
gegen das Frühjahr prächtig aus. Die Mauser der einjährigen Vögel er- 
streckt sich fast nur auf den Vorderhals. Ich kenne folgende Arten und 
Unterarten, welche aber nur im männlichen Geschlechte mit Sicherheit 
zu unterscheiden sind. 

1) Das schwedische Blaukehlehen, Cyanecula suecica, Brm., 
(Motaecilla suecica, L.). aa Das alteund einjährige Männchen hat einen 
grössern oder kleinern, rein zimmetfarbigen Fleck in der blauen Kehle, in 
welchem die Federspitzen nie weiss gekantet sind. Von Sibirien bis 
nach Schweden zur Brutzeit, auf dem Zuge äusserst selten in Deutsch- 
land, überwintert in Aegypten. v 

2) Das östliche Blaukehlchen, Cyanecula orientalis, Brm. Der 
zimmetfarbige Kehlfleck der Männchen hat eine weisse Einfassung. Aeus- 


serst selten auf dem Zuge in Deutschland, im Winter in Egypten. 


*) Auch in Sibirien und Lappland kommt Cyanecula orientalis Brm. vor, nur 
mit dem Unterschiede, dass hier der weisse Kreis um den rothen Kern der Brust- 
zeichnung entweder nur schmal, oder gar nur auf einigen Federn zu sehen, also 
unterbrochen ist. Solche Kleider sind also die auffallendsten Mittelfärbungen 
zwischen coerulecula Pall. und orientalis Brm. B. 


rn 


373 


Eine Subspeeies von ihm ist das doppelfarbige östliche Blau- 
kehlchen, Cyanecula orientalis bicolor, Brm. Dem vorhergehenden ähn- 
lich, mit wenig Zimmetbraun auf dem weissen Sterne. In Aegypten, 
äusserst selten auf dem Zuge in Deutschland. 

3) Das dunkle Blaukehlchen, Cyanecula obscura, Brm. Die 
Kehle der Männchen hat ein dunkles Blau‘ mit wenig ausgebreitetem 
weissen Stern, welcher mit zunehmendem Alter immer kleiner wird und 
bei ganz alten Vögeln fast oder ganz verschwindet. Diese Art tritt in 
folgenden Subspecies auf, als: 

a) Das grosse dunkle Blaukehlehen, Cyänecula obseura major, 
Brm. Es unterscheidet sich auf den ersten Bliek durch seine Grösse von 
allen Verwandten; wandert durch Mitteldeutschland. 

b) Das langschnäblige dunkle Blaukehlchen. Cyäneculä ob- 
seurd longirostris, Brm. Durch seinen langen Schnabel sehr ausgezeichnet, 
wandert durch Deutschland. 

ec) Das kleine dunkle Blaukehlchen, (. obscura minor, Brm. 
Das kleinste von allen Blaukehlehen, und deswegen leicht zu erken- 
nen; brütet in Norddeutschland. 

4) Das Wolfische Blaukehlehen, (©. Wolfi, Brm. Mit präch- 
tig hochblauer Kehle beim Männchen, in welcher nur die einjährigen 
Vögel eine Spur von weissem Stern, die alten aber ein reines Blau haben. 
Brütet in Mitteldeutschland, fehlt im Mecklenburgischen. 

5) Das weisssternige Blaukehlchen, (. leuco-cyana, Brm. 
Mit prächtig atlasweissem Stern auf hochblauer Kehle der Männchen, wel- 
cher mit zunehmendem Alter immer grösser und schöner wird und dem 
Vogel ein herrliches Ansehen giebt. Es zieht durch Mitteldeutschland, 
überwintert in Aegypten. 

(Diese Blaukehlchen interessirten alle Anwesenden, besonders aber 


Altum und Hoffmann, welche Beide in Bezug auf die Verschiedenheiten 


der Arten anderer Meinung als ich gewesen waren; bei der Ansicht der 


vorgelegten Reihe aber ihre frühere Behauptung zurücknahmen. Altum 
zweifelte an der Richtigkeit der Trennung der C. sueeica et orientalis, weil, 
wie er glaubte, alle ©. suecica an dem braunen Stern etwas Weisses hät- 
ten. Als ich ihm aber nachwies, dass bei allen nordischen Blau- 
kehlchen, der ächten Cyanecula suecica,. die zimmtbraunen Federn des 
Sterns nie weisse Spitzen, wie bei COyanecula orientalis hätten — die aus 
Egypten gebrachten Männchen der C. suecica zeigen auch an den hervor- 


wachsenden zimmtbraunen Federn keine weisse Spitze — so schien. er 


374 


seine Meinung zu ändern. "Ja er hatte eine solche Freude’ an meiner 
Blaukehlchensuite, dass er bei einem Tauschgeschäfte — ich wollte 
ihm Blaukehlchen für Zimosa terke und ihr Ei geben, lieber auf jede 
Vergütung verzichten, als eine Lücke in diese Suite gebracht wissen 
wollte, was ich dankbar erkenne.*) 

Endlich lege ich noch mehrere neue Vögelarten vor, nämlich 
zuerst eine Reihe von Ammerlerchen, Melanocorypha. 

1) Die Kalanderlerche, Melanocorypha calandra, Boje. Alauda 
calandra, L. . - 

Eine grosse Lerche mit dickem Schnabel, oben lerchenfarben, an 
jeder Seite des Halses mit einem schwarzen Fleck. Das Weibchen ist 
kleiner, als das Männchen. 

a) Die weisskehlige Kalanderlerche, Melanocorypha calandra 
albigularis, Brm.; früher Melanoe. albigularis, Brm. 

Der Schnabel ist mittelgross, hoch und etwas kurz, der Oberkörper 
ächt feldlerchenfarbig, die 1. Steuerfeder fast ganz weiss, die 2., 3., 4. 
und 3. mit einer weissen Spitze. Der weissliche, an den Seiten graue 
Unterkörper mit einem schwarzen Fleck auf jeder Seite des Halses, unter 
ihm und neben der Kehle.mit braunen Fleckehen. In Dalmatien. Eine 
andere Subspecies ist 

b) Die grosschnäblige Kalanderlerche, Melanocorypha calandra 
megarhynchos, Brm. 

Der Oberkörper zieht mehr ins Aschgraue, die erste Steuerfeder hat 
weniger weiss und der merklich längere Schnabel ist grösser als bei a). 
In Algerien und auf Sardinien. Eine 3. Subspecies ist 

c) Die kleine Kalanderlerche, Melanocorypha calandra subea- 
landra, Brm., früher Melanoc. subcalandra, Brm. 

Kaum kleiner als a), mit kürzerm Schnabel und kleinerm schwarzen 
Halsfleck, viel häufigern dunkeln Flecken an dem Vorderhalse und Kropfe, 
und mehr Grau an den Seiten als bei a). In Griechenland und Dal- 
matien. 

2) Die halbringige Kalanderlerche, Melanocorypha semitorquata, 
Brm. 

An Gestalt und Grösse auch eine Kalanderlerche mit etwas klei- 
nerem Schnabel, als die vorhergehenden, aschgrauem, schwarzgeflecktem 


’ 
*) Es braucht wohl kaum bemerkt zu werden, dass das in Parenthese Ste- 
hende spätere Zusätze des H. P. Brehm enthält, der seine Vorträge selbst aus- 
zuarbeiten die Güte hatte. D. Redaction. 


375 


Oberkörper, fast rein weissem Unterkörper mit wenigen, kaum braunen 
Fleckchen am Halse, wenig Grau an den Seiten und so grossen schwar- 
zen Flecken an den Halsseiten, dass diese nur einen Streif an der Gur- 
gel leer lassen. Die 1. Steuerfeder ist grössten Theils weiss, nur die 2. 
und 3. hat eine weisse Spitze, der Unterflügel ist grauschwarz. An der 
Wolga bei Sarepta. 

3) Die rostgrauliche Kalanderlerche, Melan rufescens , nobis 

So gross wie Mel.cal. subealandra, mit gestrecktem niedrigem Schnä- 
bel, rostgrauem, braunschwarz geflecktem Oberkörper, und weissem, 
auf dem Kropf und an den Seiten etwas rostgrauem Unterkörper, mittel- 
grossen schwarzen Halsseitenflecken und rostbraunen Längeflecken an den 
Kropfseiten. Ihr Hauptkennzeichen aber bilden die Schwung- und Steuer- 
federn. Bei allen vorhergehenden haben die mittlern Schwung- 
federn eine breite weisse Spitzenkante, von welcher unser 
Vogel gar keine Spur zeigt, und die 1. Steuerfeder ist bei 
allen Kalanderlerchen fast ganz oder doch grössten Theils 
weiss, bei der unsrigen aber schwärzlich mit hellerm Saume 
und rostgelblicher Spitze. Im Winter in Ostsudahn. — 

Diese beiden letzten Lerehen bilden die Gegensätze. Die Melan. 
semitorquata zeigt Aschgrau und die rufenscens Rostgrau in höchster Aus- 
bildung. Beide sind gute Arten. 

Auch zeige ich 2 kurzzehige Lerchenarten vor, nämlich: 

1) Die rostrückige kurzzehige Lerche, Calandrella ferrunginea, 
Alfr. Brm. (Calandrella einnamomea, Bp.; früher Melanocorypha ferrugi- 
nea, nobis.) ! 

Eine sehr ausgezeichnete kleine Lercehe von 5’ 9‘ Länge, mit 
bogenförmigemn Schnabel und etwas kurzem, wenig bogenförmigem Sporn, 
sehr stumpfem, kurzem Flügel — die Schwungfedern 1. Ordnung treten 
im zusammengelegten Flügel nur 2’ über die der 2. vor —  hochrost- 
farbigem Oberkörper, an welchem auch die Schwung- und 4 mittlern 
Steuerfedern diese Farbe tragen, überall mit rostweisslichen Federkanten 
und weisslichem, am Kropfe rostfarbig in die Länge geflecktem Unter- 
körper. Der Unterflügel ist zimmetfarbig, die erste Steuerfeder grössten 
Theils rein weiss, die 2, 3. und 4. meist braunschwarz, die 2. auf 
der äussern Fahne und an der Spitze weiss, die 3. und 4. vorn so ge- 
säumt. Diese seltene Lerche zeigt recht deutlich, wie der Schöpfer die 
Thiere dem Boden, auf welchem sie leben, gemäss gefärbt hat. Sie be- 
wohnt den Ocker-Boden Kordofahns und trägt seine Farbe. Als Bona- 


376 


’ 


parte vor einigen Jahren in Renthendorf war, zeigte ich ihm diese 
Lerche als eine neue Art; er erkannte sie als solche an und nahm sie 


in seinem Consp. avium auf. 
Eine ganz andere Art ist 


2) Die kurzflügelige kurzzehige Lerche, Calandrella brachy- 
ptera, Brm. 

Eine kleine neue nur 5'' lange Lerche mit so kurzen Schwingen, 
dass im zusammengelesten Flügel die Schwungfedern 1. Ordnung gar 
nicht über die der 2. vorstehen. Der Schnabel gebogen, hoch und 
spitzig. Der Oberkörper schwarzbraunlerchenfarbig; die Schwing- und 
Steuerfedern sind schwarz, die erste der letztern an der äussern Fahne 
weiss, der Unterkörper rostgrau, gelblich weiss, am Vorderhalse weiss, 
am Kropfe mit schwarzbraunen Längeflecken. Auf Java. Ich weiss nicht 
ob dieser Vogel schon beschrieben ist oder nicht. Ich habe ihn mitge- 


nommen, um die Aufmerksamkeit der Ornithologen auf ihn zu richten. 


Auch lege ich der Versammlung einige Sperlinge vor und zwar 
zuerst 

1) Den rothrückigen Haussperling, Passer rufidorsälis, nobis. 

Unserm Haussperling etwas ähnlich, täuschend ähnlich aber 
meinem Passer intercedens, welcher bekanntlich zwischen Passer domestieus 
et italeus in der Mitte steht und einen kastanienbraunrothen Hinterhals 
und Oberrücken hat. Nur sind bei unserm Pusser rufidorsalis die Farben 
höher und schöner; denn der Oberkopf hat ein helleres Aschgrau und der 
Rücken ein höheres Kastanienbraunroth, welches weniger, oder fast gar 
nicht, gefleckt ist und sich beinahe über den ganzen Flügel verbreitet. 
Die Weibchen und Jungen ähneln denen unseres Haussperlings sehr, 
haben aber weniger dunkle Längeflecken auf dem Rücken und sind so- 
gleich an ihrer geringen Grösse zu erkennen; denn dieser Passer rufidor- 
salis ist nicht grösser, als unser Feldsperling, also 1, kleiner als 
Passer domestieus. 

Wir besitzen von diesem Vogel 2 Subspecies in beiden Geschlech- 


tern: 


a) Den grosschnäbligen rothrückigen Sperling, Passer ru- 
‚fidorsalis megarhynchos, nob. 
Sein Schnabel ist gross, sein Schwanz etwas lang, auch auf dem 


Rücken des Männchens sind die schwarzen Längeflecken ziemlich häuflg. 


377 


b) Der kleinschnäblige rothrückige Sperling, Passer rufidor- 
salis microrhynchos, nobis. 

Er unterscheidet sich von dem vorhergehenden durch den kleinen 
Schnabel, dem kürzern Schwanz und die auf dem höher gefärbten 
Rücken des Männchens kaum bemerkbaren dunkeln Flecken. 

Beide Subspecies leben in Ostsudahn und sind bei Chartum nicht 
eben selten. 

Wenn meine Söhne aus Spanien Sperlinge mitgebracht haben wer- 
den, will ich mit Gottes Hülfe eine Abhandlung über diese Vögel, 
so weit ich sie kenne, mittheilen. 

Zu den wenigen Arten der Steinsperlinge, welche man kennt, 
brachte mein Sohn noch eine neue mit, nämlich: 

Den weisskehligen Steinsperling, Petronia albigularis, nobis' 

Er hat die Gestalt unsers Steinsperlings,. und ähnelt ihm auch 
in der Farbe, aber nicht in der Zeichnung; denn sein ganzer Oberkörper 
ist sperlingsgrau mit hellgrauem Augenstreif, aber ohne solchen Mittel- 
kopfstreif, wie bei unserer Petronia, auf dem Rücken kaum merklich dunk- 
ler gewölkt, mit 2 wenig vortretenden hellen Flügelbinden; die Schwung- 
und Steuerfedern sind grauschwarz, heller gesäumt; der Unterflügel ist 
grau, der Unterkörper weissgrau, an dem Kropfe und den Brustanfängen 
sperlingsgrau. Die weisse Kehle ist von einem dunkelsperlingsgrauem 

“breiten Streifen eingefasst. Beide Geschlechter sind in der Zeichnung nicht 
verschieden. Von der Petronia petronella, welche einen gelben Kehlfleck 
hat, unterscheidet er sich nicht nur durch die weisse Kehle, sondern auch 


durch den Schnabel und die übrige Zeichnung. Er lebt in Sennaar. 


Ausser diesen vorstehenden Vögeln lege ich zuletzt den Ornitho- 
logen noch vor einen sehr seltenen, von ihnen noch nie gesehenen Vogel, 
nämlich: 

Wodzickii’s Heuschreckenschilffänger, Zoecustella Wodziekü 
Brm. 

Ich bemerke tiber ihn vorläufig nur so viel, dass er mit Locustel- 
laluscinioides viele Aehnlichkeit hat, aber viel kleiner ist und sich auch 
noch wesentlich von dieser durch die erste Schwungfeder unterscheidet. 
Er lebt in Galizien. 

Da aber der Herr Graf kein Freund neuer Arten ist, so würde er 
vielleicht der Erste sein, welcher die nach ihm benannte Art umwürfe, 


wenn sie nicht fest! begründet würde, Zu dieser Begründung fehlt mir 


378 


jetzt die Zeit, und darum behalte ich mir vor, diese Vögel nächstens 
zusammen zu stellen und genau zu beschreiben.“ 

Hr. Pf. Jaeckel legt einige der in Bayern geschossenen Ficedula 
ieterina und Meissneri vor, und giebt darüber folgende Mittheilung: 

„Am 20. April 1855 schoss der Landarzt (Kress) zu Kloster Ebrach 
im Steigerwalde (im k. bayr. Regierungsbezirk Oberfrankeu) eine Ficedula, 
die er ‘sofort von den ihm bekannten Laubsängerarten verschieden erkannte. 
Ohne einen Laut vom lebenden Vogel gehört oder in seinem Betragen 
etwas Auffallendes bemerkt zu haben und die icterina nur nach einer un- 
genügenden Diagnose in Schinz’s europäischer Fauna dem Namen nach 
kennend, sprach er die bestimmte Ueberzeugung aus, nur ict. könne sein 
Vogel sein. Ich erbat ihn mir zur Ansicht, fand ihn mit der Diagnose 
der ict. in den Wirbelthieren von Keys. und Blasius übereinstimmend 
und schiekte ihn, um ganz sicher zu gehen, durch Baldamus gütige Vermitte- 
lung an Pr. Blasius, welcher ihn mit seinem Originalexemplare der 
Fie. ict. Eversm. — F! Eversmänni. Bonap. vollkommen übereinstimmend 
fand,*) 
Ich beauftragte noch vorigen Herbst Herrn Kress, einen sehr tüch- 
tigen Beobachter, (der heuer auch Muscicapa parva bei Ebrach brütend be- 
obachtet hat, ein ungemein scharfes Ohr für Vogelstimmen hat und z. B. 
Certhia familiaris et. brachydaetyla mit einer zu jeder Wette erbötigen Ge- 
wissheit am Lockton und Gesang unterscheidet), im Frühjahre 1856 genau 
auf die Zet. Acht zu geben. Der Erfolg war, dass er an der Stelle, wo 
er ein Jahr zuvor das erste Exemplar schoss, am 18. April d. J. ‚ein 
Männchen und an den beiden darauf folgenden Tagen noch 2 desgleichen 
erlegte, welche vollkommen mit dem vorjährigen übereinstimmten. Vom 
Lockton sagt Kress, dass er bestimmt tiefer sei, als bei Trochilus, der 
Gesang sei beinahe wie bei diesem, aber heller und melodischer, dabei 
sehr stark. Die Abweichung im Gesange liege in der Mitte, die Ver- 
schiedenheit falle hier sehr in das Ohr, es sei ihm aber unmöglich, die- 
selbe mit Worten zu versinnlichen. Icterina halte sich in reinem. Laub- 
walde auf, während trochilus gemischte Hölzer, und reinen Nadelwald be- 
wohnt, wie dies auch hier häufig ist. Eines dieser Männchen, ein herr- 
liches Eremplar, habe ich die Ehre, der p. p. Versammlung vorzulegen. 

F. sylvestris, Meissner. Am22. April 1856 sah Herr Kress an einem 


Weiher bei Kloster Ebrach 2 ungemein lebhafte Vögelchen, wahrschein- 
*) S. Abhandlungen des zool. mineral. Vereins in Regensburg 1856, 7. Heft, 
Anhang pag. 143—49. > 


379 


jich ein gepaartes Paar, und hörte von ihnen einen Lockton, wie er noch 
keinen ähnlichen von einem Laubsänger vernommen hatte, Der Ton war 
dem der Nachtigall ähnlich, aber schwächer, jedoch stärker, als bei dem 
Rothschwanze. Kress folgte ihnen, während sie sich neckten und Jag- 
ten, etwa eine Stunde, um vielleicht weitere interessante Beobachtungen 
zu machen und endlich zu schiessen. Er erlegte das Weibchen davon, 
welches ich mich beehre, der p. p. Versammlung vorzulegen. Der Schwanz 
ist kürzer als bei ru/a, mehr abgerundet als keilförmig; die Flügel, vom 
vordersten Gelenkbuge an gemessen bis zur Spitze der längsten Schwung- 
feder, gleichfalls kürzer als an rufa, nicht länger als bei Regulus ignicapillus; 
der ausgebreitete Flügel gerundeter als an allen andern Laubsängern, 
Die 4. Schwungfeder die längste, die 3., 5. und 6. einander gleich, 2. 
und 8. einander gleich, die 7. der 8. näher als der 6. Die 4., 5. und6. 
Schwinge auf der Aussenfahne verengt; demnach die Stellung im Sys- 
teme: Fic. silvestris, rufa, Bonelli. Das Köpfchen des vorgezeigten Ex- 


emplars runder; nicht so zugespitzt als an rufa. 


Der Gedanke an eine Bastarderzeugung der Sylvestris durch troch. und 
rufa liegt nahe. Dieser Annahme kann ich nicht beitreten. Bastarde 
stehen, in der Grösse namentlich, zwischen den Arten, welchen ihre Er- 
zeuger angehören, also z. B. Tetrao medius zwischen urogallus und tetrir. 
Sylv. steht nicht (wenigstens die vorgezeigte nicht) zwischen troch. und 


rufa, sondern ist kleiner als sie. 


Der Schnabel der ‚Sylv. ist von dem der rufa sehr verschieden; von 
oben gesehen viel breiter, spitzwärts allmählich verlaufend, während er 
bei rufa in der Mitte eingeschnürt ist und von da an spitzewärts 
sehr schlank verläuft. Der Schnabel der Sylvä rufa ist, von oben ge- 
sehen, in der Form den Schnäbeln von troch. und Eversmanni sehr ähn- 
lich, jedoch auch von denselben wieder wesentlich verschieden. Bei der 
vorgezeigten Sylv. ist ein Ausschnitt an der Spitze des Oberkiefers nicht 
einmal mit der Lupe zu bemerken und der Oberkiefer an seiner Spitze 
sehr zart übergebogen, während bei troch. und Eversm. die Kerbe des 
Oberkiefers sehr markirt und die Spitze besonders beim troch. viel stärker 
abwärts gebogen und meistens in ein Häkchen verlängert ist. In der Fär- 
bung ist das Schnäbelchen von dem des troch. sehr verschieden, viel dunk- 
ler am Ober- und vornehmlich am Unterkiefer, nur die Schneide etwas 
licht horngelblich. Bei trochilus dominirt am Unterkiefer das Gelb, bei 
Sylv. das Hornbraun. 


380 


Am 10. Juni a. ec. hörte Herr Kress wieder einen solchen Vogel 


im Hochwalde bei Kloster Ebrach im sogenannten Weiherholz. 


Ferner lege ich noch einen weiblichen jungen Herbstvogel von Fiec. 
rufa vor, an welchem die zweite Schwinge der Länge nach in der Mitte 


zwischen der 8. und 9. steht.“ 


Dr. Hennecke berichtet über das bekannte Päärchen von Petroec. sa- 
watilis. Es lebt noch. Das Männchen legte schon im Decemb. sein Pracht- 
kleid an und war im Februar schön vermausert. Das Weibchen begann 
erst im März, mauserte aber nicht so vollständig. Im April war bei ihm 
die Mauser zu Ende. — Dr. Altum bemerkt hierauf, ‘ dass bei seinem 
Blaukehlehen, an dem sich im vorigen Jahre während der Mauser und 
kurz nachher 2'/, Species entwickelt hatten, jetzt später, langsamer und 


sehr unregelmässig sich der Federwechsel zeige. 


Bar. v. Münchhausen berichtet, dass in seiner Gegend 14 Tage 
lang eine Zurdus torquatus während der Brutzeit beobachtet worden sei, 


das Nest aber habe nicht aufgefunden werden können. 


Der Vorsitzende erinnnert dann daran, dass noch ein Gegenstand 

. [3 
auf der Tagesordnung zur Erledigung für die diesjährige Versammlung 
stehe; das seien die Gänse. Er ersucht deshalb die anwesenden Her- 


ren, auch hierüber Mittheilungen zu machen. 


Es schien jedoch Niemand der Anwesenden Gelegenheit gehabt zu 
haben, Erfahrungen über diesen schwierigen Gegenstand sammeln zu 
können, ausser dass Dr. Altum bemerkte, dass sich im zool. Garten zu 
Berlin 4 Anser ulbifrons befänden, von denen das eine Exemplar fleisch- 
rothe Füsse habe, also nach Selys und Schlegel pallipes sei. Es 
unterscheide sich aber nicht bloss durch diese Färbung von den 3 ‘andern, 
sondern auch durch etwas grösseren Körperbau und durch einen 
diekeren Hals, so dass es an diesem letzten Kennzeichen leicht schon 
aus einiger Entfernung zu unterscheiden sei. Ob diese äussere Verschie- 
denheit auch eine specifische Differenz anzeige, darüber habe er kein 
Urtheil. 


Der Vorsitzende. Wir müssen somit diesen Gegenstand als unerle- 
digt ansehen und haben an ihm noch ein schönes Feld der Beobachtung. 
Es erübrigt dann noch, die Tagesordnung unserer nächsten Versammlung 
festzusetzen. Es sind noch weitere Aufklärungen über: Falken und Gänse 


nothwendig. Ferner müssen noch nachgetragen werden Erörterungen über 


2 5 


a Tr 


381 


die Gattungen Motacilla und Budytes. Auch ist neues Material über Anthus 


pratensis und cervinus sehr erwünscht. 


P. Blasius: Diejenigen Herren, welche einzelne Punkte der dies- 
jährigen Besprechungen für noch nicht genügend erledigt halten, mögen 
in der „Naumannia“ die Sache zur Besprechung bringen, damit die voll- 
ständige Erledigung der fraglichen Differenzen bei der nächsten Versamm- 


lung möglichst bewerkstelligt werden kann: 


Der Vorsitzende stimmt zu, und macht fernernoch darauf aufmerk- 
sam, ob nicht auch ein mehr allgemeines Thema bestimmt und im 


nächsten Jahre besprochen werden könnte. 


Die Versammlung billigt diesen Vorschlag, und Hr. P. Brehm 


nennt gleich ein solches: 


„Woher kommt die bedeutende Verminderung der Vögel und 


„wie ist dagegen anzukämpfen ?* 
Dieses Thema wird freudig begrüsst und allgemein angenommen. 


Hr. Past. Brehm verspricht, wenn es ihm möglich wäre, sicher nach 
Rostock zu kommen, eine grössere Anzahl gepaarter Paare mitzubringen, 


um seine Ansichten über Subspecies (oder Racen) darzulegen. 


Die Versammelten danken freudig erregt für diese Zusage des gei- 
stesfrischen, gemüthlichen Veteranen, und schmeicheln sich mit der frohen 
Hofinung im künftigen Jahre der Versammlung wiederum beiwohnen zu 
können, welche in den jetzigen Tagen des näheren Zusammenlebens und 
Wirkens sowohl für Geist und Gemüth, als auch für die Förderung der 


Wissenschaft die angenehmste Rückerinnerung bei Allen hinterlassen wird. 


Dr. Hennecke: Es bleibt mir nur zum Schluss unserer schönen 
Versammlung noch übrig, den aufrichtigsten Dank auszusprechen dem 
Prinzen Charles Lucien Bonaparte, der durch seine Gegenwart 
nicht wenig zum Glanze dieser unvergesslichen Tage beigetragen und 
auch hier, wie überall, für die Wissenschaft, für unsere Gesellschaft und 
die „Naumannia“ rastlos thätig gewesen ist und durch seine Güte und 
Freundlichkeit aller Herzen gewonnen hat. Zu danken habe ich der Ver- 
sammlung für die Nachsicht, die sie mir bewiesen. Zu danken endlich 
unsern Geschäftsführern, die Nichts versäumt haben, um uns den Aufent- 


Ihat in dem gemütblichen Köthen so angenehm als möglich zu machen, 


382 


Und somit schliesse ich denn die zehnte Versammlung der deutschen 
Ornithologen-Gesellschaft in Cöthen. 


Auf ein zahlreiches und frohes Wiedersehn in Rostock! 


Im Namen des Vorstandes. 
Chr. L. Brehm. 


Im Namen und Auftrage des abwesenden Sekretärs. 
Dr. B. Altum. 


Nach den Tagen der Versammlung sind an Unterzeichneten 
noch eingegangen: 

1) Brief nebst 2 Beilagen und 3 Tafeln Abbildungen (Pieus eruen- 
tatus, Antinori und Aceipiter nisoides, Antinori) vom Hrn. Mar- 
chese Oratio Antinori in Smyına. (Beil. Nr. 5, a. b.) 

2) Brief von H. G. von Gonzenbaöh in Smyrna, nebst einer 
Sendung von 88 (sehr schön präparirten) meist sehr interessanten 
Vögeln, welche leider für die Versammlung zu spät angelangt. 

Es befinden sich darunter die Typen des Hrn. Marchese An- 
tinori von seinem Pieus eruentatus © % et juv., Aceipiter nisoides, 
5 et juw., und Athene vigilans %; ferner Buteo pojana %, Buteäe- 
tos leucurus Q 5, Sylvia Rüppeli © jw., Sylvia elarisona, Trugw © 
5, Sylvia rubricapilla, © & et Jw. eine Suite von Acridoth. roseus 
vom ersten bis vierten Jahre, Vultur fulwus, albieollis (?) eine- 
reus ete. Unter den Eiern zeichnen sich besonders 4 Stück in 


der Gestalt sehr von einander abweichende von Acridoth. roseus aus. 
Diebzig, den 19. August 1856. 


E. Baldamus, Sekretär, 


Beilage Nr. 1. 


Ueber das Halten der Stubenvögel, 
Von 


Chr. L. Brehm. 


In unserm sentimentalen Zeitalter zeigt sich die zarte Gesinnung 
vieler Menschen auch darin, dass man das Halten der Stuben- 
vögel für höchst unrecht erklärt und von der Obrigkeit 
gänzlich verboten wissen will. Das sei nicht nur eine Grausam- 
keit gegen die Segler der Lüfte, welche, ihrer Freiheit beraubt, zu 
einer ewigen Gefangenschaft verurtheilt würden, sondern habe auch 
eine ganz unverantwortliche Verminderung der Singyögel zur Folge. 
Es sei deswegen kein Wunder, wenn unsere Wälder, Gärten und 
Fluren, ihrer lieblichen Bewohner, der herrlichen Sänger beraubt, ganz 
verödet erscheinen müssten. Die Stubenvögelliebhaberei sei aber 
auch um deswillen noch verderblicher, weil viele Sänger mit Amei- 
senpuppen gefüttert werden müssten, wödurch die für unsere Bäume 
höchst nützlichen Ameisen auch stark vermindert, wo nicht ganz ver- 
tilgt würden. Gegen diese Beschuldigungen erlaube ich mir Folgen- 
des zu bemerken. Das grosse Mitleid mit den in Käfigen oder Ge- 
sellschaftsbauern (Voliören) befindlichen Vögeln ist um so auffallender, 
je weniger es sich in Bezug auf andere Geschöpfe an den Tag giebt. 
Man findet es ganz in der Ordnung, dass Pferde in den Trittmühlen 
ihr Leben lang gehen oder schwere Lastwagen ziehen müssen, Kühe 
bei der Stallfütterung den grössten Theil ihres Lebens sich nur nie- 
derlegen und aufstehen, aber sich nicht 10 Schritte weit bewegen 
können, dass Hunde, bis an ihren Tod an der schweren Kette liegend, 
jeder Unbill der Witterung ausgesetzt bleiben, dass Schweine, in den 
engen Koben (Stall) gesperrt, ein trauriges Leben führen, um zum 


384 


Lohne dafür geschlachtet zu werden, dass in der Schwebe aufgehäng- 
ten Gänsen das Fressen durch Einstopfung von Kleienpfröpfen (Gänse- 
nudeln, Gänsewulchefn) zur Qual gemacht wird etc. Und warum 
sentimentalisirt man nicht bei solchen Erscheinungen? Weil bei diesen 
Schindereien der Eigennutz oder der am Strengsten gebietende Herr, 
der theure Magen, betheiligt ist. Gegen das Halten der Stubenvögel 
aber eifert man, obgleich diese sich sehr wohl befinden. Diess sieht 
man am Deutlichsten an ihrem Gesange und Betragen. Der erstere 
ist ein Ausdruck ihres Wohlgefühls, denn er verstummt sogleich, 
wenn ihnen ein widriger Zufall begegnet. Und wie wohl thut den 
Stubenvögeln die Liebe ihres Herrn. Sie begrüssen ihn mit Gesang, 
wenn er nach der Abwesenheit von einem oder mehreren Tagen bei 
ihnen eintritt. Um ihre Freude über seine Wiederkunft recht an den 
Tag zu legen, tragen z. B. die Steindrosseln nicht ihren Natur- 
gesang, sondern angenommene Strophen oder angeleınte Lieder vor, 
weil ihnen die Aneignung desselben schwer geworden und sie deswegen 
durch diese ihrem Herın eine desto grössere Freude zu machen 
meinen. Wie glücklich sie sich in der Liebe ihres Herrn fühlen, 
wird ein Beispiel beweisen. Der eine meiner 2 Stubenvögel — 
mehr als diese besitze ich nicht — ist ein weiblicher Bastard vom 
Stieglitz und Kanarienvogel und heisst „Lieschen.“ So oft ich 
ihn mit diesen Namen rufe: antwortet er mir unter lieblichen Bewe- 
gungen des Körpers mit seinem lieblichen Locktone. Neulich hatte 
er seinen rechten Fuss so zwischen zwei Drathstifte eingeklemmt, 
dass er hängen blieb, sich den Fuss sehr verwundete, den einen Flü- 
gel zerschlug und wie todt aussah. Ich befreite, fütterte und pflegte 
ihn. Aber er blutete und war so elend, dass ich ihn zu verlieren 
fürchtete. Des andern Tages sass er wieder auf seiner Sitzstange, 
den verwundeten Fuss angezogen und immer noch krank. . Sobald 
ich ihn aber rief, antwortete er doch wieder, um mir seine Besserung 
anzuzeigen. — 

Die Last der Gefangenschaft empfinden die Vögel auch aus dem 
Grunde nicht schmerzlich, weil sie in der Freiheit hauptsächlich der 
Nahrung wegen herumfliegen, und gesättigt oft Stunden lang ruhig 
sitzen. Da sie nun in der Gefangenschaft reichliches Futter erhalten 
und sich durch Herumhüpfen hinlänglich bewegen können: haben sie 
zum Fliegen oft so wenig Lust, dass viele die Thüre ihres Käfigs 


offen sehen können, ohne dass es ihnen einfällt, zu entfliehen. Für 
x . 


: 


385 

ihr Wohlbefinden in der Gefangenschaft spricht auch der Umstand, 
dass sie in ihr mehrere Jahre leben. Ich habe manchen Kanarien- 
vogel gesehen, welcher 15 oder 16 Jahre alt war, ja ich weiss ein 
Beispiel, dass einer 23 Jahre gelebt hat. Wurde doch ein Papagei 
in Holland einige 80 Jahre alt. Was also die Grausamkeit gegen die 
Vögel, welche in Käfigen gehalten werden, anlangt, so haben wir ge- 
sehen, dass es eben eine vermeintliche, aber keine wirkliche ist. 

Es bleibt nun noch übrig, die behauptete bedeutende Verminde- 
rung der Singvögel durch die Stubenvögelliebhaberei zu beleuchten. 
Dass die Zahl der Singvögel in unsern Wäldern und auf unsern Flu- 
ren sich verringert hat, wird kein aufmerksamer Beobachter in Abrede 
stellen; allein dies hat ganz andere Ursachen, als die Stubenvögellieb- 
haberei, welche in frühern Jahren weit grösser war, als jetzt. Jeder- 
mann weiss, wie viele Waldstreeken unseres Vaterlandes in neuerer 
Zeit in Feld umgewandelt und wie viele andere ihrer grossen Bäume 
beraubt worden sind, dass aber auf diesen neuen Feldern keine Wald- 
vögel wohnen und auf den jetzt dastehenden Christbäumehen weit we- 
niger derselben, als auf den ehemals dort prangenden Klötzerbäumen *) 
leben können, ist sehr begreiflich. Ueberdiess werden die Busch- 
reihen ausgerottet, die Zäune beschnitten, die hohlen Bäume gefällt, 
und die Sümpfe ausgetrocknet und man wundert sich, dass es in der 
Gegend weniger Singvögel als in frühern Jahren giebt! Dazu kommt, 
dass wir in der letzten Zeit mehrere harte Winter und ungünstige 
Frühjahre gehabt haben, welche manche Vögel umgebracht und ihrer 
Fortpflanzung hinderlich gewesen sind. Vergleicht man nun die we- 
nigen Stubenvögel mit der zahllosen Menge Derer, welche dem Ma- 
gen**) geopfert, von Raubthieren und Raubvögeln gefangen, auf dem 
Zuge vernichtet und durch Zerstörung der Nester durch gottlose 
Knaben umgebracht werden: so kommen diese gegen jene in gar 
keinen Betracht. Und man will dem armen Schneider und Schuh- 
macher, dem Sieb- und Korbmacher, dem Weber und andern an das 
Zimmer gefesselten Menschen, welche nur Sonntags die freie Natur 
geniessen können, die Freude, einen Stubenvogel zu halten und sich 
durch ihn das Bittere ihrer Lage etwas zu versüssen, durch Geschwätz 
‚oder Gesetz verkümmern. Man will dem Naturforscher die Beobach- 


*) Bäume, welche oft 1 Elle im Durchmesser hatten. Brm. 
**) Es werden jährlich Tausende der köstlichsten Sänger, Drosseln, (Kram- 
metsvögel) Lerchen, u. 8. w, gefangen — und gegessen | Baldamus,. 
Naumannla 1850 25 


386 


tnng seiner lieben Vögel in der Stube unmöglich machen! Das ist 
eine alberne Weichherzigkeit gegen die Thiere und eine unverzeih- 
liche Grausamkeit gegen die Menschen. Gesetzt auch, die Ameisen 
wären unbedingt nützliche Thiere, was schwerlich zu erweisen ist: so 
ist auch die Menge ihrer Puppen, welche von armen Leuten gesam- 
melt und den Sängern gegeben wird, Nichts gegen die, welche auf 
andere Weise vertilgt werden und bei dem in unserem Werke über 
die Stubenvögel vom Grafen von Gourcy angeführten Universal- 


futter können sie fast ganz entbehrt werden. 


Beilage Nr. 2.a. 


Bemerkungen über einige Vögel Buropa’s. 
Von 
Edm. De Selys Longcehamps. *) 


(Membre de l’Acad&mie royale des seiences de Belgique, ele.) 


Bei den folgenden Bemerkungen habe ich grossentheils die Ab- 
sicht gehabt, dem Aufrufe des Herrn Prof. Blasius in den beiden 
vortrefflichen Artikeln zu entsprechen, welche er in der, Naumannia 
publieirt hat, — über die verdächtigen Arten im Verzeichnisse der 
europäischen Vögel, sowohl bezüglich ihres Vorkommens in Europa 
als ihres Specieswerthes. — 


>) Monsieur et honorable collegue. 
J’ai le regret de ne pouvoir me rendre A l’assemblee ornithologique de Ceethen, 
&tant retenu iei cette annde par mes devoirs de citoyen, a cause de Elections. 
Je cherche du moins, Monsieur, ä temoigner tout l’interet que je prends A 
votre Reunion en Vous adressant ei-joint: i 
1. Note sur quelques Oiseaux europdens douteux, 
2. Addition ä ma Recapitulation des anatide hybridae, 
3. un eroquis d’anthus tristis, Baillon. 
J’expedie en meme temps par la poste 3 paquets contenant presque tout ce 
que j'ai publie jusqwiei en Ornithologie. Le tout franco pour Votre societe. (14 
notices differentes, sauf erreur, et 2 Volumes.) ‘ 
Je ne suis revenu ä Liege qu’ hier soir; je erains que mes envois n’arrivent 
pas & temps pour la Reunion, desorte que je m’arr&te pour ne pas manquer la poste., 
Recevez je Vous prie, Monsieur, l’assurance de ma parfaite consid&ration et de 
mes sentiments tout devoues 
Edm. de Selys Longcehamps, 
membre de l’Acalemie de Belgique el senateur. 


Liege, 31. Mai 1856. 


387 


Vultur aurieularis. Die Publikationen des Herrn Dr. Jaubert 
(in Marseille) lassen keinen Zweifel über sein zufälliges Vorkom- 
men in der Provence. 

Buteo albidus. Alle Exemplare dieser weisslichen Race oder Va- 
rietät mit hellen Flügeln, welche ich gesehen habe, waren Weib- 
chen, und sie kommen in kleiner Anzahl während strenger Winter 
in Belgien vor. Indess hat der Herr Vieomte de Spoelbergh in 
Löwen ein Männchen erhalten. 

Bubo sibirieus. Ich besitze einen Uhu von den Niederalpen, 
(Variet.) welcher in seiner Färbung dieser sibirischer Race 
näher steht, als dem typischen, gewöhnlichen Uhu. 

Lanius major. Das Vorhandensein von einem oder zwei 
weissen Spiegeln an den Flügeln ist durchaus nicht standhaft 
in Belgien, so dass ich den major,den ich aus Russland erhalten habe, 
von dem Belgischen eweubitor specifisch nicht zu unterscheiden vermag, 

Nueifraga brachyrhynehos.. Die lappländischen Exemplare, 
welehe mir Herr Prof. Sundeval geschickt hat, waren mir sehr ab- 
weichend vom caryocat. erschienen. Jetzt habe ich Zwischen- 
formen aus Schweden wie aus den Pyrenäen erhalten. Ich be- 
sitze alle Formen, von der mit dem Schnabel von Corvus corone, 
bis zu der mit dem Schnabel von Fregilus graculus. Der Schnabel 
varjirt vielleicht wie der der Kreuzschnäbel; vielleicht nach den 
Zapfen der Tannen oder Fichten, von denen sich je der Vogel haupt- 
sächlich nährt. 


Corvus spermologus. Man sche über diesen amerikanischen 
Vogel meine „Note sur les oiseaux americains indiquds comme especes 
europeennes.* Es ist ein Corvus und kein Lycos. 

Pleetroph. mivalis. Die Grösse und Gestalt des Schnabels 
variiren sehr, von dem der Pmb. miliaria, bis zu dem der Emb. rustica. 

Ember. intermedia. Hier, glaube ich, giebt es drei verschie- 
dene Typen, obwohl der Schnabel innerhalb gewisser Grenzen 
varirt: 

Pyrrhuloides ist stets grösser und hat einen längern Schwanz. 

Intermedia ist dem Sehoenielus ähnlich, hat aber im Kleinen den 
Schnabel von pyrrhuloides. Sie ist gemein in der Provence und 

in Egypten. 


Schoenielus allein kommt in Belgien vor und wandert im Win- 
25* 


388 
ter aus.- Man findet Schoeniclus oft mit sehr kleinem und dünnem 
Schnabel, besonders Junge. Herr Marchese Durazzo in Genua 
hat sie mit Unrecht fürJunge von Emb. Durazzi oder provincialis 
gehalten. Man erkennt stets den Schoeniclus an den röthlichen 
Flügeln. 

Ember. pusilla ist nichts anderes, als Emb. Durazzi adult. und 
Emb. lesbia des Prinzen Bonaparte. Ich kenne, ausser der rustica, 
welche viel grösser ist, keine nahestehende Art in Europa. Denn 
fueata ist nicht europäisch. Bei pusilla ist der Flügel am Ellenbogen 
olivenfarbig und der Kopf hat drei rostfarbige Streifen. 

Ember. aureola. Herr Jaubert hat, glaube ich, bewiesen, dass 
Emb. provincialis, Buff., das Jugendkleid ist, und Emb. Selysii, V e- 
rany, ist nach Bp. das Uebergangskleid. 

Emb. dolychonica ist nach Bp. gute Art, und Emb. Bona- 
partei, Barthelemy — E. pityornis, sind keine Species, nach 
den Abbildungen, welche ich gesehen. Ich habe die Notiz verloren, 
in welcher ich bemerkt hatte, auf welche Arten sie zu beziehen seien. 

Fring. chloris et Spinus. Ich besitze einen Bastard von beiden 
Arten, im Zustande der Freiheit erzeugt, aus der Nähe von Lüttich. 

Fring. coelebs et montifring. Bastard, von H. Bovie bei Lö- 
wen beobachtet. 

Pyrrhula vulgaris, var. nigra — Loxia septentrionalis, Gm. wurde 
einmal in Lüttich gefangen. 

Pyrrhula eoceinea (major) scheint mir keine gute Art zu sein. 
Er ist in Belgien noch im November 1855 durchgezogen. 

Lozxia ceurvirostra. Ich besitze eine Reihe von denen mit starkem, 
kurzem Schnabel (Form von pityopsittacus im Kleinen) bis zu denen 
mit sehrschwachem langem (Form von Z. americana); aber der europäische 
Vogel unterscheidet sich stets von der americana durch seine stärkere 
Taille. Ich glaube, dass die americäna eine lokale Race von eur- 
virostra ist, wie die leucoptera eine solche von bifasciata sein dürfte. 
Dieselben Merkmale der Grösse und des Schnabels trennen die beiden 
amerikanischen Vögel von den beiden europäischen und sibirischen. 

Carpodacus erythrina. Es ist sehr endgültig constatirt, dass die 
vorgebliche Fring. incerta das Weibchen dieser Art ist. 

Acanthis rufescens | scheinen mir kaum drei R’acen ein und 

= linaria | derselben Art zu sein. Ich besitze die 
n Holbölli \ Uebergänge von einer Schnabelform zur 


389 


andern, besonderszwischen Holböll, welche in Belgien im December 1855 
gemein war, und Zlinaria, welche zu derselben Zeit, wie im Februar 
1848, durchwanderte. A. rufescens zieht in Belgien alljährlich durch. 
Ebensowenig kann ich eine Grenze ziehen, um ihn von linaria (bore- 
alis) zu trennen. Was Ac. canescens betrifft, der in Belgien noch nicht 
beobachtet wurde, so finde ich ihn sehr ausgezeichnet durch 
seinen kurzen, starken Schnabel und seinen langen Schwanz, abge- 
sehen von seinem weisslichen Gefieder. 


Melanocorypha leucoptera, Pall. Ein sehr schönes, durch Herrn 
Miedel im November 1855 in Lüttich gefangenes Exemplar steht 
in meiner Sammlung. 

Otocoris alpestris, ziemlich häufig auf dem Durchzuge in 
Belgien. Zwei Exemplare aus Archangel sind bemerkenswerth 
wegen der hellen Partieen der Kehle und der Stirn, welche 
nicht gelblich, sondern weisslich sind. 

Anthus Richardi, häufig durchziehend — wahrscheinlich 
jährlich — in der Nähe von Brüssel und Lille. 

Anthus obscurus. Ich vermag keine Demarkationslinie zu ziehen 
zwischen dieser Art und den A. immutabilis, rupestris, htoralis etc. 
mehrerer Autoren. Bei allen ist die äussere Schwanzfeder 
hellgrau gezeichnet, was den obseurus in allen seinen Zuständen sehr 
gut vom spinoletta unterscheidet, bei dem diese Federn weiss ge- 
zeichnet sind. 


Anthus rufigularis. Einmal von Herrn Bovie bei Löwen beob- 
achtet, und zwar die afrikanische Race, nicht die sibirische , cervinus, 
welche ich nur durch die Abbildung des Hrn. v. Middendorff kenne. 


Anthus tristis, Baillon. Um zu der auf der Tagesordnung ste- 
henden Discussion über das Genus Anthus beizutragen, lege ich der 
Versammlung die Copie einer Abbildung vor, welche ich bei dem 
seel. Baillon in Abbeville nach dem einzigen Exemplare, auf welches 
er seinen A. tristis gegründet, gefertigt habe. Er beschreibt ihn — 
in seinem „Catalogue des Mammiferes, Oiseaux etc. observ&s dans 
Varrondissement d’Abbeville, 1834, p. 14. No. 90. — folgendermaassen: 


„Anthus tristis: superne olivaceo-fusco et nigrieante varius, inferne ob- 
scuro lutescens; pectore et hypochondriis maculis oblongis nigricantibus ; 
striis obsoletis in ala; rectrice) extima ceinerascente sordida; rostro fusco; 
ungue postico longo, vix curvato, acutissimo; pedibus fuseis. Longit. totalis 


4 poll. 6 lin.“ / 


390 


Das Exemplar ist im April erlegt. Als ich es untersucht hatte, 
war ich überzeugt, dass es eine Art von Melanismus von A. pratensis 
sei. Die röthliche Farbe des Untertheils des Körpers ist durchaus 
nicht dieselbe, wie bei rujigularis, und die Formen haben keinen Be- 
zug zu obscurus,' zu dem man den tristis auf den ersten Anblick und 
wegen des Grau der äussern Schwanzfedern zu beziehen hätte ver- 
sucht sein können. Ich habe auf die Aufklärung dieser Frage nur 
deshalb einiges Gewicht gelegt, weil man diese Varietät als neue 
Art publieirt und mit einem Namen versehen hat. 

Motacilla et Budytes. Ueber diese schwierige Racen-Frage kann 
ich nur wenig Aufklärung geben. Für die Budytes finde ich die 
Farbe der obern Kehle, (gelb oder weiss) als standhafteres 
Kennzeichen, als die Farbe des Kopfes. Was ich davon in 
meiner Sammlung besitze ist Folgendes: 

1°, Alaveola (Rayi). Kehle gelb; Kopf olivenfarbig mit gelben 
Augenbraunen. England. Zufällig durch Belgien wandernd. 

2°, Aava (negleeta). Kehle gelb; Kopf aschgrau (5), oder oli- 
venfarbig (©). Augenbraunen weiss. Belgien etc. 

var. 4 Die Partie der Augenbraunen zwischen dem Auge und 
Ohre gelb. Ich habe sie einzeln in Italien und Deutschland ge- 
funden. 

var. 3. Keine Augenbraunen, nur auf einen Fleck hinter den 
Augen reducirt. Ich habe sie einzeln in Italien gesehen. 

var. 3. Kopf dunkelaschgrau, fast schwärzlich. Augenbraunen 
weiss. 

3%. melanocephala. Kehle gelb; Kopf schwarz, ohne Augen- 
braunen (3) oder schwärzlich aschgrau, ohne Augenbraunen (£). 
Bewohnt Egypten, Algier, Griechenland; zufällig in Italien und 
Belgien. 

var. nigricapilla, Bp. Kopf mattschwarz oder schwärzlich. 
Zufällig in Belgien. Ich kann sie nicht von der wahren melanoceph. 
unterscheiden. 

* var. Feldeggü? Kopf schwärzlich, ohne Augenbraunen; ein 
wenig Weiss über der Kehle. Vielleicht Bastard von melanoceph. 
und einereocapilla, Zufällig in Belgien und Frankreich. 

4°, cinereocapilla. — Kehle weiss, Kopf aschrau (5) oder oli- 
venfarbig (©) ohne Augenbraunen. Gemein in Italien. ‘Zufällig 
in Belgien, 


391 


var. Augenbraunen deutlich weiss. Italien. Oft sind die 
Augenbraunen unvollständig oder auf einem Fleck hinter dem Auge 
reducirt, aber die Kehle stets weiss. 

Es folgt aus dem Gesagten, dass es Uebergänge: 

zu flaveola 
1°. von flava ?,, melanocephala 
„  einereocapilla 
2°. von melanoceph. zu cinereocap. giebt; 
und dass weder das Vorhandensein der Augenbraunen, noch ihre Farbe 
constant ist, dass sich aber im Allgemeinen in demselben Lande nur 
ein Typus findet, dessen Unter- Varietäten Ausnahmen sind. 

Von den wahren Motacillen, den Verwandten der alba, besitze ich: 

1°. alba, Typus, aus Belgien, etc. 

2°. maderasputana, aus Indien, mit grauem Rücken, unterschie- 
den von der alba durch das hinten weiter herabsteigende Schwarz des 
Kopfes und durch das weiter verbreitete Weiss des Flügels. 

3%. Yarrelli (lugubris) wie alba, aber der Rücken im Sommer 
schwarz, die Flügel heller. Aus England; zufällig in Belgien. 

40, Algira, De Selys; ähnlich der leucoptera, aber weniger gross, 
im Winterkleide mit schwarzem Rücken, die Flügel breit weiss. 
Sollte es vielleicht eine Yarrelli sein, die den schwarzen Rücken im 
Winterkleide beibehält? Ä 

5°. leucoptera; aus Bengalen. Im Winterkleide, aber der Rücken 
schwarz; der Schwanz lang, wie bei lugens. 

6°. lugens; aus Japan. Ausgezeichnet durch eine schwarze Linie 
über den Augen und den längeren Schwanz. 

Cinclus melanogaster. Ein Exemplar dieser Varietät ist bei Lüt- 
tich erlegt worden. Ich habe aus den Pyrenäen den aquaticus und 
Zwischenformen erhalten. 

Oreoeinela aurea. Drei in Belgien im Herbste gefangene Exem- 
plare, welche ich untersucht habe, (eins davon ist durch H. Dubois 
abgebildet und befindet sich in meiner Sammlung) sind durchaus dem 
typischen des H. Hollandre, im Museum zu Metz ähnlich, 
(14 Steuerfedern, Schnabel eben so dünn, als bei Turd. viscivo- 
rus; dritte Schwinge die längste, die zweite so lang als die vierte; 
Grösse sehr bedeutend — Totallänge 31 C.-M., Flügel, geschlossen, 
17, Tarsus4, Schwanz 11'/, ©.-M., Schnabel vom Mundwinkel 30 M.-M, 
von der Stirn 28, Höhe 8. M.-M.) 


392 


Der Turdus aureus des H. Degland ist nach einer exotischen 
Art, vielleicht Zunulatus, beschrieben. 

Es wäre sehr interessant, zu constatiren, ob ausser aurea wirk- 
lich noch eine andere Oreocinela in Belgien erlegt worden ist; ich 
zweifle so lange daran, bis dass der Beweiss davon geliefert sein 
wird. 


Turdus fuscatus. — In Belgien geschossen. Ich zweifle an der 
specifischen Differenz der, gleichfalls in Belgien erlegten, Naumanni. 

Turdus atrigularis. — Ein junger Vogel ist in Belgien gefangen 
worden. 

Turdus pallens. — Einmal in Belgien und einmal in Holland be- 


obachtet. Aehnlich den indischen Exempl., aber sehr verschieden von 
dem japanischen T! daulias. 

Turdus minor. — Das in Belgien gefangene Exempl. meiner Samm- 
lung ist von Dubois abgebildet. 

Turdus merula, var. ferruginea (sehr altes ©?) ist merkwürdig 
wegen der braunrothen Farbe des Unterkörpers, mit grossen, schwar- 
zen, schwach abgegrenzten Flecken.‘ Sie ist zweimal in Belgien be- 
obachtet; ein Exempl. befindet sich in meiner Sammlung. 

Calamoh. palustris et arundinaeea. — Die palustris hat abwei- 
chende Gewohnheiten. Sie hält sich hauptsächlich in Getreidefeldern*) 
weit vom Wasser auf. Das Gefieder ist etwas mehr olivenfarbig und 
weniger rostfarben, die Flügel länger als arundin. — Calamoh. fusei- 
eapilla von Dubois abgebildet, und Sylvia pratensis, Jaubert, sind 
unbedingt die wahre palustris. 

Rutieilla sueeiea et eyanecula. — Man findet beide Racen in Bel- 
gien (die suweeica seltner und zufällig). Ich habe Uebergänge zwischen 
eyanecula und Wolfii beobachtet, 

Rutieilla Cairii — scheint mir keine Species zu sein. Ich habe 
in Belgien Männchen im grauen Jugendkleide nisten sehen. 

Hypolais pallida, Gerbe, (Rev. zool.) ist eine gute Species aus Al- 
gier, zur Gruppe der elaeica gehörend. Ich zweifle ein wenig, dass 
sie wirklich Spanien bewohnt. 


*) In Belgien, so auch in Holstein, Schleswig, Ungarn, und wahrscheinlich über- 
all da, wo die Felder feucht sind und Wasser in der Nähe haben. In trocknen 
Gegenden sucht sie feuchte Wiesen mit Gebüsch, besonders Saalweiden auf, und 
ist da am häufigsten in dem niedern Ufergesträuch der grössern und kleinern Flüsse 
bis mitten in die Gärten der Dörfer und Städte hinein. B. 


393 


Hypolais ieterina, Gerbe und polyglotta, Vieill. kommen beide 
in Belgien vor, aber die kurzflügelige Art — polygl. — ist hier 
sehr selten. 

Parus Ledoucei, welche in Algier Parus ater ersetzt, soll in den 
Alpen gefunden sein. Ich glaube es nicht. Vielleicht im Süden 
Spaniens. 

Parus frigoris, De Selys. — Ich bin jetzt sicher, dass P. frig. 
keineswegs zu P. borealis gehört. Sie ist hingegen der nordame- 
rikanischen atricapillus so nahe kommend,-dass ich nicht anstehen 
würde, das einzige Exemplar, welches ich besitze, auf P. atricap. zu 
beziehen, wenn nicht noch die Verschiedenheit des Vorkommens 
(Island) einigen Zweifel bestehen liesse. 

Parus borealis, De Selys et P. alpestris, Bailly, sind ein und 
dieselbe Art. Unter den Exempl. von borealis, welche ich aus 
Schweden erhalten habe, befinden sich einige, welche einen Ueber- 
gang von borealis zu palustris zu bilden scheinen. 

Museicapa speeulifera. — Mein typisches 3 im Sommerkleide, aus 
Alsier, unterscheidet sich von albicollis durch den Mangel des weissen 
Halsbandes, und von M. ficedula (luetuosa, atricapilla) durch das Vor- 
handensein eines grossen weissen Spiegels an den Schwingen. 

Es ist sonderbar, dass atricap. bei seinem doppelten Durchzug 
in Belgien sehr gemein ist, während albieollis daselbst seltener 
vorkommt. 

Hirundo vufula,*) Temm. — Meine Vermuthungen über den wah- 
ren Aufenthalt dieser Art waren richtig. Sie bewohnt in der That, 
nach Marchese Antinori, die Gebirge im Mittelpunkte von Klein- 
asien. Aber sie scheint mir nur eine bleichere Race der daurica 
(alpestris) zu sein. — H. melanocrissa, welche sie in Egypten ersezt, 
weicht weit mehr ab. 

Certhia costae, Bailly. Findet sich nicht in Belgien. Sie scheint 
sich von der familiaris wie Sitta europaea von caesia, Parus borealis 
von palustris, Picus Kamtschatkensis von minor zu unterscheiden. 


*) Nicht diese Art, sondern H. cahirica, Lichtst., kommt in der Zugzeit in 
manchen Hochthälern der Schweizer Alpen gar nicht selten vor. H. Nager-Do- 
nazians, hei dem ich noch einige Exempl. sah, behauptet sogar, dass sie allein 
während des Zuges im Ursernthal vorkomme, und hielt sie für gewöhnliche 
rustica, die ich dort nicht bemerkt, und die nach Nager auch während der Zug- 
zeit fehlt, Baldamus. 


394 


Man hat mir den letzteren mit dem Etiquet: „ARussie meridionale * 
verkauft. 

Merops apiaster ist am 26. Mai 1856 zu Tongres in Belgien ge- 
schossen worden. 

Upupa bifasciata, Brehm. Ich besitze Zwischenstufen zwischen 
ihr und epops. 

Cueulus eamorus. Ich weiss, dass die Eier in Europa in den 
Nestern verschiedener Arten gefunden worden sind; aber in den 
Umgebungen von Lüttich geschah dies bisher nur in denen von 
Acc. modularis. Indess habe ich nie ein blaues Kukkuksei ge- 
sehn; die welche ich besitze, sind weiss, grau und braun marmorirt 
oder punktirt. 

Glareola torquata. Bei Lüttich am 20. Mai 1856 getödtet. 

Otis Macqueeni. Drei- oder viermal in Belgien beobachtet, 
gegen Ende des Herbstes oder zu Anfang des Winters. Ist es wohl 
wahr, dass die echte Houbara in Europa erlegt worden ist? 

Numenius tenuirostris hat, nach den HH. Bovie und Roberti, 
einmal in der Nähe von St. Trond in Belgien genistet. 

Anser pallipes, De Selys (roseipes, Schlegel.) Ich habe diese 
Art noch nicht im Naturzustande beobachten können. Der Name 
Schlegels scheint mir besser gewählt, als der meinige. 

Anser arvensis, var. leuconyx, De Selys, (Naumannia 1855.) Ich 
habe arvensis gesehen, bei denen die Nägel theilweise weiss 
sind. Ich schliesse daraus, dass die leucony® nur eine zufällige Va- 
rietät, keine Race ist. 

Fuligula Homeyeri. Ich besitze ein im J. 1830 zu Lüttich er- 
legtes Exemplar, welches von dem in der Naumannia abgebildeten 
5 verschieden ist; der Rücken ist nämlich braun, mit feinen, dunkel- 
grauen Wurmlinien, so dass es noch mehr der nyroca gleicht. Ich 
glaube in der That, dass dieser Vogel, den auch H. Jaubert in 
Marseille beobachtet hat, ein Bastard von ferina und nyroca ist. In- 
dess bleiben mir noch einige Zweifel, weil Gestalt und Farbe des 
Schnabels und der Füsse vollständig denen der ferina gleichen, wäh- 
rend er von der nyroca Nichts als den weissen Spiegel und den dun- 
keln Rücken hat. 

Puffinus. Ich kenne nur folgende Arten in Europa: 

1. Oinereus, @mel. (Proc. puffinus, Temm.) 
2. major, Faber. 


395 


3. fuliginosus, L. 
4. anglorum, T. 
5. obseurus, Gin. 
Der P. Kuhlii vom mittell. Meere scheint mir vom anglo- 
rum nur durch den dünneren Schnabel verschieden. 
Procellaria hasitata? T., oder diabolieca, Bp. ex Lhermin., wäre 
nach einem in dem Museum von Boulogne sur mer aufbewahrten 


Exemplare einmal in la Manche gefangen worden. 


Beilage Nr. 2.b. 


Reyue der „Recapitulation des Iybrides, observes dans Ja Famille 
des Anatidees“ 
par 


Edm. De Selys-Longchamps. 


Ich verweise für die Details auf die Nummern des eben ge- 
nannten Memoires, im „Bulletin de ’Academie de Belgique“ und füge 
folgende Zusätze und Verbesserungen hinzu. 

1. Oygnus olor % und immutabilis ©. (8. Recapit. Nr. 1.) 

2. Oygnus atratus % und olor ©. (Proceed. Zool. Soc. 1847.) 

3. Cygnus olor und Anser cinereus. (Citirt von M. Morton 
nach F. Cuvier, ohne Zweifel durch doppelte Anführung von Nr. 4.) 

4. Cygnus musicus % und AÄnser einereus @. (8. Recap. Nr. 2.) 

5. Berniela leucopsis % und Berniela canadensis @. Diese Ba- 
starde sind fruchtbar bei mir gewesen. (Recap. N. 3.) 

6. Bernicla brenta und Bern. leucopsis. Im Kabinet der Societe 
du Jardin zoologique d’Amsterdam conservirt. 

7. Bern. canadensis %, und Ans. einereus @. (Recap. N. 4.) Sind 
unfruchtbar. 

8. Ans. einereus 5 und Bern. canadensis ©. (Recap. N. 5.) Un- 
fruchtbar. 

9. Ans. eygnoides 3 und Bern. canadensis 9. (Recap. N. 6.) Un- 
fruchtbar. 


396 


10. Bern. leucopsis 5 und Ans. cinereus ©. (Recap. N.6.) Un- 
fruchtbar. 

11. Ans. albifrons und Bern. leucopsis. (Recap. N. S.) 

12. Ans. eygnoides und Ans. pallipes. Sind fruchtbar und haben 
sich bei mir von Neuem mit pallipes gekreuzt. 

13. Ans. eygnoides 3 und Ans. cinereus ©. (Recap. N. 9.) 
Fruchtbar. . 

14. Ans. cinereus (ferus) und domestieus, dann von Neuem ge- 
kreuzt mit Ans. arvensis im zool. Garten von London. 

15. Ans. segetum (oder arvensis?) und A. pallipes. 

16. A. cinereus 3 und A. eygnoides ©. (Recap. N. 10.) Frucht- 
bar. 

17. A. eygnoides 5 und Chenal. aegyptiaca g. (Recap. N. 11.) 

18. A. einereus (ferus) und domesticus. (Recap. N. 12.) 

19. A. einereus und Cairina moschata. (Recap. N. 13.) 

20. Plectropterus gambensis und Chen. aegyptiaca. (Recap. N. 14.) 

21. Cairina moschata 3 und Chen. aegyptiaca 5. (Recap. N. 15). 

22. Chenalop. aegyptiaca und Anas boschas, var, (Recap, N. 16.) 

23. Tadorna vulpanser 3 und An. boschas 9. (Recap. N. 17.) 

24. Cairina moschata 53 und An. boschas g. (Recap. N.18.) Un- 
fruchtbar. (Ist Anas purpureoviridis, Schinz.) 

25. An. boschas 3 und (air. moschata 9. (Recap. N. 19.) 

26. An. boschas und Anas obscura. (Angeführt von M. Morton 
in den Vereinigten Staaten.) 

27. An. boschas und An. boschas, var. (Recap. N. 20.) 

28. An. boschas 3 und An. acuta ©. (Recap. N. 21.) 

29. An. acuta 3 und An. boschas ©. (Recap. N. 22.) 

30. An. boschas und An. strepera. 

31. Diese (N. 30) von Neuem mit An. penelope gekreuzt. 

32. An. querquedula und Rhymchaspis elypeata. (Recap. N. 23.) 

33. Air sponsa 3 und Fuligula eristata g. (Recap. N. 24.) 

34. Anas boschas 3 und Fuligula rufitorques ©. 

35. An. penelope und An. acuta. 

36. Fulig. nyroca und Fulig. cristata. (Zool. Garten in London.) 

37. Diese (N. 36) von Neuem mit Fulig. nyroca gekreuzt. (Eben- 
daselbst.) 

38. Fulig, eristata und An. querquedula. (Von M. Morton ci- 
tirt.) 


397 

39. Fulig. nyroca und Fulig. ferina, (An. Homeyeri, Baedecker.) 
Im freien Zustande. 

40. Fulig. speetabilis und Fulig. mollissima (Anas V. nigrum, 
Bp.). Vielleicht kein Bastard. Im Zusande der Freiheit. 

4). Fulig. elangula und Mergus albellus. (Anas mergoides, Mer- 
gus anataris, Eimbeck. Im Zustande der Freiheit. 

NB. Anser intermedius, Naum., ist vielleicht ein Bastard. 

Man kann den sehr wahrscheinlichen Schluss aus dieser Liste ziehen, 
dass fast alle Arten der Familie der Anatidae Hybriden er- 
zeugen können, von denen einige fruchtbar, aber die 
Mehrzahl unfruchtbar ist. 

Liege, den 31. Mai 1856. 


Edm. De Selys Longchamps. 


Beilage No. >. 
An die 10. Versammlung der D. 0. 6. zu Cöthen. 


Sendschreiben 
von 


c. F. Diezel. 


In der allgemeinen Forst- und Jagdzeitung v. J. 1849 im No- 
vemberhefte kommt in einer Recension meines Werkes: „Erfahrungen 
aus dem Gebiete der Niederjagd* folgende Stelle vor: „Die Nach- 
richt, welche Herr Diezel Seite 215 mittheilt, nach welcher ein ge- 
wisser Forstmeister Schuster zu Hederwar in Ungarn im October 1828 
auf einem Wintersamenfelde 1000, sage tausend Stück Schnepfen 
angetroffen haben will, die, wenn sie aufgethan waren, in einer Ent- 
fernung von 200 Schritten immer wieder einfielen, bezieht sich — 
wenn überhaupt wahr — offenbar nicht auf unsere Waldschnepfe, 
sondern es waren höchst wahrscheinlich Brachvögel (Numenius arquata 
oder N. medius), die bekanntlich auch „lange Gesichter“ haben, über- 
haupt den Schnepfen ähnlich sind und auch von Linnd zu der 
Gattung Scolopax gezählt wurden. Die Gründe, welche für diese 


398 


Vermuthung sprechen, sind folgende: 1) dass von den erwähnten 
Vögeln keiner geschossen wurde, also nicht genau untersucht werden 
konnte, sondern dass sie auf eine Entfernung von 30 Schritten nur 
gesehen und für Schnepfen „gehalten“ wurden; 2) dass die Wald- 
schnepfe höchst selten, gewöhnlich zufällig und dann nur einzeln, auf 
freiem Feld einfällt; dass sie niemals und nirgends zu so grossen 
Flügen sich vereinigt, was bei den obenbenannten Vögeln und meh- 
reren verwandten Gattungen, z. B. den Regenpfeifenarten, gewöhn- 
lich der Fall zu sein pflegt.“ 


Aus diesen ’'Aeusserungen scheint deutlich hervorzugehen: dass der 
Herr Recensent diese ganze Geschichte zwar nicht geradezu für eine 
‚geflissentliche Erfindnng, wohl aber für einen Irrthum des Erzäh- 
lers hält. 


Er setzt daher im letzteren Falle eine optische Täuschung, eine 
Verwechselung mit anderen Vögeln voraus und glaubt, dass das, was 
Herr Forstmeister Schuster gesehen, keine Waldschnepfen, sondern 


Numenius arquata oder medius gewesen seien. 


Ich kann nun zwar allerdings nicht in Abrede stellen, dass be- 
sagte Erzählung auch mich im ersten Augenblicke ausserordentlich 
überrascht und mehrere Zweifel bei mir erregt hat; allein, wie un- 
wahrscheinlich auch die Sache klingen mag, so möchte ich doch 
einigermaassen Bedenken tragen, sie geradezu für einen Irrthum zu 
erklären, theils weil man überhaupt aus weiter Ferne und ohne mit 
den örtlichen Verhältnissen einer Gegend genau bekannt zu sein, 
über dergleichen Vorkommnisse nur selten ein richtiges Urtheil fällen, 
theils und hauptsächlich aber auch, weil ich nicht wohl glauben 
kann, dass ein Mann, der nicht nur in einem an Waldschnepfen so 
überaus reichen Lande, wie Ungarn, gelebt, sondern auch dem Jagd- 
fache selbst angehört hat, in so geringer Entfernung als 
30 Schritte sind, sich getäuscht haben sollte, und würde nur in dem 
einzigen Falle mich zu einer solchen Voraussetzung entschliessen, 
wenn etwa besagter Forstmeister Schuster durch ein sehr schwaches 
Gesichtsorgan verhindert gewesen wäre, der Wahrheit auf den Grund 
zu kommen. 


Wenn er sich aber auch — wir wollen diesen Fall einmal an- 
nehmen — geirrt und andere Vögel für Schnepfen angesehen haben 
sollte, so kann ich mich dennoch nicht dazu verstehen, im Einver- 


399 
ständnisse mit der Meinung des oben erwähnten Herrn Recensenten 
zu vermuthen, dass diese Vögel Brachhühner gewesen seien. 

Ich stütze diese meine Ansicht ganz einfach auf folgende, so- 
wohl aus der Gestalt und der Lebensweise, als des Habitus etc. 
dieser Thiere hergenommene Gründe. 

Von dem Numenius arquata hier zu sprechen wird nieht nöthig 
sein, denn dieser grosse, hochgestellte, aufrecht gehende ‚oder viel- 
mehr laufende Vogel ist, ganz abgesehen davon, dass er, nach meiner 
Beobachtung, nur selten in grösserer Anzahl beisammen erscheint, 
in vielen Stücken so wesentlich von der Waldschnepfe verschieden, 
dass ein Jäger von Fach ihn kaum mit ihr wird verwechseln 
können. | 

Einen langen Schnabel hat er freilich auch, aber nebstdem auch 
lange Ständer und zwar so lange, dass keine Schnepfe einen Wett- 
lauf mit ihm würde eingehen können. 

Gehen wir nun vollends auf die Regenpfeifer über, so sind diese 
um eben so viel zu klein und zu niedrig, als jene zu gross und zu 
hoch waren. 

Ich will das aber gar nicht in Anschlag bringen, sondern blos 
fragen: Wann sitzt wohl jemals ein so beträchtlicher Schwarm sol- 
cher Vögel beisammen und steckt den Kopf unter die Flügel, ohne 
sich von der Stelle zu bewegen? Wie stimmt ihre fortwährende 
Unruhe und Beweglichkeit, so wie ihr schnelles Laufen, mit dem 
langsamen, fast watschelnden Gang einer Waldschnepfe überein? 
Welche Aehnliehkeit hat ihre lichtgraue Hinterseite mit dem dunkeln, 
braunrothen Rücken einer Schnepfe? Und wie kann man ihren viel 
schlankeren Körperbau, ihren leichteren und schnelleren Flug, ihre 
kleinere Gestalt und ihre viel weissere Brust mit der ihrigen ver- 
wechseln? 

öndlich möchte ich auch noch fragen: 

Ist es nicht wenigstens eben so unwahrscheinlich, dass tausend 
grössere Brachvögel, als dass eben so viele Schnepfen beisammen 
gesehen worden sein sollen? Also, wie gesagt, Brachvögel werden 
es wohl schwerlich gewesen sein; ich würde daher vielleicht auf 
Kiebitze gerathen haben, die dem kurzsichtigen Beschauer etwa zu- 
fällig eämmtlich ihre dunkle Hinterseite zugewendet haben könnten, 
oder auf eine der kleineren Entenarten, besonders weil diese nach 
der ihrem Geschlecht eigenthümlichen Weise alle die Köpfe unter 


400 


die Flügel gesteckt hatten, (ein Umstand, dessen ausdrückliche Er- 
wähnung schon von vornherein zu beweisen scheint, dass der Refe- 
rent nicht kurzsiehtig gewesen sein könne, indem er sonst den- 
selben nicht so genau würde. wahrgenommen haben), allein beides ist 
um deswillen nicht wahrscheinlich, weil sich die Kiebitze-beim Ab- 
streichen, wo nicht ‘dureh ihr allbekanntes Geschrei, doch gewiss 
durch ihre blendend weisse Brust, so wie die Enten durch das starke 
Rauschen ihrer Flügel selbst dem allerunerfahrensten Anfänger in 
der Jagdpraxis hätten kenntlich machen müssen und auch nicht so 
bald wieder eingefallen sein würden. 

Bevor ich nun diese Betrachtungen schliesse, will ich noch zwi- 
schen der in Rede stehenden Erscheinung in der Vogelwelt und 
einer andern, ziemlich ähnlichen, eine, wie ich hoffe, nicht ganz un- 
passende Vergleichung anstellen. 

Der in der Ornithologie unvergessliche Naumann erzählt irgend- 
wo — ich erinnere mich dessen nicht mehr genau — dass sein 
Bruder einst im Spätherbst einen Schwarm von 4 bis 5 Hundert 
Feldhühnern, im Abstreichen begriffen, beisammen gesehen habe. 

Als ich diese Stelle zum ersten Mal las, war ich höchlich 
erstaunt, und es entstand in meinem Innern ein wahrer Kampf zwi- 
schen Glauben und Nichtglauben; denn mit dem, was ich in einer 
sehr langen und sehr glücklichen Praxis als Jäger und Wildzüchter 
aus der Naturgeschichte des Feldhuhns, welches noch überdies von 
jeher ein Hauptgegenstand meiner Aufmerksamkeit gewesen war, 
gelernt und beobachtet hatte, stimmt eine so ungeheure Zahl durch- 
aus nicht überein. Hatte ich doch in meinem ganzen Leben nie- 
mals mehr als etwa 35 bis 40 Stück, und auch das kaum ein paar 
Mal, bei Einem Volke gesehen; wie sollten sie denn also auf einmal 
zu so vielen Hunderten zusammengekommen sein? 

Um diese Zweifel zu beschwichtigen, musste ich mir fort und 
fort wiederholen: Vater Naumann hat’s gesagt, oder vielmehr: 
Vater Naumann hat’s geschrieben, und was der schreibt, ist so 
wahr als ein Evangelium. 

Und auf diese Weise nahm ich — nach der Bibelsprache — 
meinen Glauben, eigentlich aber meinen Zweifel gefangen. 

Später zog ich nähere Erkundigungen ein und erfuhr nun von 
allen Seiten, dass Revierförster Naumann nicht nur ein ausgezeich- 
.neter, mit den besten naturhistorischen Kenntnissen ausgerüsteter und 


401 


mit den schärfsten Sinneswerkzeugen begabter Jäger, sondern auch — 
quod bene notandum — ein durchaus wahrheitsliebender Mann 
gewesen sei. 

Von der Zeit an, wo ich diese Nachricht aus ganz zuverlässiger 
Quelle erhielt, habe ich mich nun beruhigt; und das würde vielleicht 
auch bei den Schnepfen des Herrn Forstmeisters Schuster der Fall 
sein, wenn ich Gelegenheit hätte, gehörigen Ortes nach seiner Indi- 
vidualität zu fragen; da das nun aber nicht thunlich ist, weil Heder- 
war in Ungarn viel zu weit ausser dem Bereiche meiner Correspon- 
denz liegt, so wähle ich den kürzeren Weg, indem ich hiermit an 
den obersten Gerichtshof „in rebus ornithologieis“ appellire und mich 
an solche Leute wende, die den Nagel auf den Kopf zu treffen wissen. 


Wollte der Herr Präsident des besagten Collegiums in dieser 
Streitsache ausnahmsweise das Referat selbst übernehmen, so würde 
mir das doppelt lieb sein; denn, in der That, ich bin auf seine rationes 
decidendi sehr gespannt. 

Ein Fall, dessengleichen vielleicht Anderen schon mehrmals, 
mir aber noch niemals vorgekommen ist, ereignete sich unlängst auf 
dem sogenannten Flörsheimer Bruche vor den Augen des dortigen 
Waldhüters. 

Ein Sperber hatte nämlich einen Krammetsvogel geschlagen und 
fortgetragen, als plötzlich ein Stockfalke durch die Luft herbeigesaust 
kam und an dem Sperber das jus retorsionis ausübte. Mit dieser 
doppelten Beute gerieth er nun an die dort vorbeifliessende soge- 
nannte Schwarzbach. 

Hier machte sich der Krammetsvogel los und entkam glücklich, 
der Stockfalke aber strich mit dem Finkenhabicht, den die Nemesis 
so schnell erreicht hatte, in den nahegelegenen Wald, wo er den 
Augen des Zuschauers bei dieser Scene bald entschwand und ver- 
muthlich ohne alle verwandtschaftliche Rücksichten seinen Amtsbruder 
verzehrt haben wird. 

Obgleich ich nun dieses höchst interessante Schauspiel nicht 
selbst mit angesehen, .so ist doch mein Referent ein so durchaus 
glaubwürdiger Mann, dass ich mich ohne alles Bedenken durch Unter- 
zeichnung meines Namens für die Wahrheit der Sache verbürge. 

Ich darf jedoch nicht unterlassen, bei dieser Gelegenheit eine 


allgemeine und einige spezielle Fragen hier aufzustellen, um deren 
Naumannla, 1860, 24) 


402 


geneigte Beantwortung ich erfahrenere Ormnithologen, als ich bin, und 
namentlich den mit der Raubvogelsippschaft besonders vertrauten 
Dr. Gloger in Berlin hiermit höflichst ersuche. 

Hat man schon mehrmals gesehen, dass kleinere Falken, 
auch wenn sie keinen Raub in den Fängen trugen, z. B. 
Nisus, subbuteo, Aesalon ‘etc. vom Hühnerhabicht (palumbarius) 
oder anderen stärkeren Falken geschlagen und verzehrt 
worden sind? 

Und wenn dergleichen noch nicht wahrgenommen worden sein 
sollte (was wohl weniger der Grossmuth, als der Schwierigkeit, die 
kleinen Bursche einzuholen, zuzuschreiben sein dürfte), wie sich die 
vorhin erzählte Erscheinung erklären lässt? 

a) Ob der Stockfalke jenen Sperber für einen andern Vogel 
gehalten ? 

b) Oder gerade von sehr heftigem Hunger befallen gewesen ist? 

c) Oder endlich, wie sich fast vermuthen lässt, sich blos den Kram- 
metsvogel hat aneignen wollen, also nur gelegenheitlich und durch 
den Drang der Umstände genöthigt worden ist, den Sperber, der 
seinen Raub in den Fängen hielt, gleichsam ohne Vorbedacht mit- 


nehmen musste? Diezel. 


Beilage Nr. 4. 
Ueber die Bier von Ortygomelra pygmaca, 


“ Von Graf Roedern. 


Herr Fr. W. Bädeker hat die Güte gehabt, eine treffliche Ab- 
bildung *) zweier Eier aus meiner Sammlung zu liefern, welche ich 
für die ächten Eier von Ortygometra pygmaea halte. 

Sie haben die gewöhnliche Form der kleinen Rohrhühner-Eier; 
das erste derselben hat einen Längendurchmesser von 26 M.-Meter 
und einen grössten Breitendurchmesser von 20 M.-Meter, es ist auf 
blass graugelblichem Grunde braunroth und aschgrau gefleckt und 
fein gepunktet, so jedoch, dass die Zeichnung sich um das stumpfe 
Ende mehr zusammendrängt; — das zweite Exemplar hat einen 


*) Die schönen Abbildungen werden mit einer späteren Eiertafel gegeben 
werden. D. Herausg. 


403 


Längendurchmesser von nicht voll 26 M.-Meter und einen grössten 
Breitendurchmesser von nicht voll 20 M.-Meter, seine Grundfarbe 
hat einen nur wenig gelblichern Ton und ist mit zahlreicherer und 
grösserer Fleckenzeichnung versehen, welche sich hier an beiden 
Enden häufiger zeigt. Beide Eier haben eiuzelne graue Schaalen- 
flecke und eine reine, feste, nur wenig glänzende Schaale. 

Das betreffende Nest wurde von einem Förster in Schlesien in 
der Gegend von Gross-Glogau in einem grossen, theils offenen, theils 
mit Erlen und Weiden bewachsenen Oderbruch entdeckt, und be- 
zeichnete er die darin gefundenen 4 Eier als solche des Mondhühn- 
chens (so nennen die Leute Ortygometra pusilla und pygmaea). Von 
diesen 4 Stück wurde eines zerschlagen, zwei kamen in meinen Besitz 
und das vierte, welches genau mit dem hier zuerst beschriebenen 
Exemplar übereinstimmt, befindet sich noch in den Händen eines 
andern Sammlers. 

Würde mir nur 1 Exemplar dieser Eier zur Bestimmung vorgezeigt, 
so möchte ich vielleicht geneigt sein, dasselbe für ein Spulei von 
Ortyg. porzana zu erklären; aber einerseits ist die Schaale der hier 
in Rede stehenden Eier völlig normal entwickelt, andererseits ist mir 
nicht bekannt, dass ein im freien, natürlichen Zustande befindlicher 
Vogel lauter Spuleier in sein Nest legen sollte. Hiernach möchte 
ich keinen Anstand nehmen, diese von Ortygometra pusilla ganz ver- 
schiedenen Eier, welche dabei den entschiedenen Charakter von Rohr- 
hühner-Eiern an sich tragen, als dem Baillon’schen Riedhühnchen 
angehörig zu erklären, zumal in der bisherigen Bestimmung solcher 
Eier bei den so ähnlichen Federkleidern der beiden kleinen Rohr- 
hühner- Arten und ihrer versteckten Lebensweise em Irrthum wohl 
leicht möglich ist. 

Uebrigens gehören beide Arten in Schlesien durchaus nicht zu 
den ganz seltenen Vögeln, ihr Nest aber aufzufinden, wird in dem 
Terrain, wo sie zu leben pflegen, immer sehr schwierig und müh- 
sam bleiben. 

Zur Vergleichung, resp. Ausfüllung der beigegebenen Kupfertafel 
hat Herr Bädeker noch zwei Abbildungen der Eier von Ortygo- 
metra pusilla, sowie einiger anderer, theils seltener, theils noch neuer 
Eiersorten beigefügt, welche mit bekannter Meisterhand gefertigt und 
#0 vorzüglich sind, dass eine speciellere Beschreibung derselben fast 


überflüssig erscheint, 
26* 


404 


Pastor roseus legt wohl nur selten Eier mit Fleckenzeichnung*); 
sonst sind dessen hübsche Eier mit ihrer glatten, glänzenden Schaale 
und mit ihrer, der von Sturnus vulgaris gleichenden Farbe jetzt 
wohl in den meisten grösseren Sammlungen zu finden. 

Eier von Calandrella sibirica und pispoletta sind in den letzten 
Jahren vielfach aus den südrussischen Steppen gekommen; erstere 
gleichen bis auf ihre weit geringere Grösse sehr den Eiern der 
Kalander-Lerche. 

Von Elanus melanopterus sind von Herrn Brehm in Aegypten 
gesammelte Eier in viele Sammlungen gewandert; sie sind durch ihre 
Schaale und ihre wie mit Blut über und über tief und blass ver- 
wischte Färbung von allen mir bekannten Raubvogel-Eiern wohl 
leicht zu unterscheiden. 

Breslau, im Juni 1856. 

Graf Roedern, Assessor. 


Beilage No. 5.a. 


Ueber den Zug und das Nisten von Aeridotheres roseus 


- 


in der Umgegend von Smyrna. 
* Von 


March. Orazio Antinori. 


Mein Wunsch, dass einige der in so grosser Menge hier durch- 
gezogenen Rosenstaare hier auch nisten möchten, hat sich glück- 
lich erfüllt. Er hat in den nahen Bergen genistet und viele Eier 
sind in unsern Händen. Es wird hoffentlich den Lesern unserer 
Zeitschrift nicht unangenehm sein, die näheren Umstände kennen zu 
lernen. 

Die Rosenstaare begannen also ihren Durchzug durch die Gegend 
von Smyrna**) gegen den 15. Mai; denn an diesem Tage befand ich 


*) S. die Anmerk. zu Beilage zu Nr. 5a. 
**) Derselbe Durchzug ist auch in Syrien und an verschiedenen Punkten der 
Küste bis Beiruth und noch weiter herab beobachtet worden. 


405 


mich auf der Jagd und beobachtete grosse Flüge in der Richtung 
von SW. nach NO,, mehr als von S. nach NO., wie in den folgenden 
Tagen. Einer dieser Trupps flog so nahe bei mir vorüber, dass ich 
trotz ihrer Schnelligkeit hinterher schiessen und 4 Stück tödten konnte. 
Dies waren sämmtlich Junge vom ersten und zweiten Jahre, so dass 
ich, auch in dem ganzen Haufen nicht das schöne Roth der Alten 
gewahrend, das man in der Luft sehr gut unterscheiden kann, daraus 
schloss, dass diese Trupps nur aus Jungen jenes Alters bestanden. 
Diese meine Vermuthung wurde noch bestätigt durch verschiedene, 
von andern Jägern an demselben Tage erlegte Individuen: keins da- 
von trug das Kleid des dritten Jahres. Ich kann versichern, dass 
das Kleid nur erst mit der Vollendung des dritten Jahres vollständig 
ausgefärbt ist; vielleicht sogar erst mit dem vierten, denn einige 
Junge, welche im vergangenen Jahre in der Umgegend von Smyrna 
gefangen und bis heute lebend erhalten worden sind, haben das erste 
Jugendkleid während dieser ganzen Zeit nur sehr wenig verändert, 
welches ganz so ist, wie es Prof. Bonelli bei Temminck beschreibt. 
Wenn Sie meinen, dass eine genaue Beschreibung der verschiedenen 
Kleider dieses Vogels wie wir sie in grosser Anzahl besitzen, der 
Wissenschaft nützlich sei, so brauchen Sie nur einen Wink zu geben. 
‚Jetzt zur Fortsetzung der Geschichte ihrer Wanderung. Am 18. Mai 
wiederum auf der Jagd mit Herrn v. Gonzenbach, sahen wir eine 
immense Menge alter Individuen, in geringer Höhe über dem Boden, 
sowohl über den neuen englischen Gottesacker, als an den Seiten und 
über das alte Kastell, welches die Stadt beherrscht, hinwegziehen; und 
als ich mich am 24. Mai bei Sonnenaufgang neben einem minerali- 
schen Wasser, Ligia genannt, zur Linken des Golfes von Smyrna 
befand, hatte ich beim Fortgehen meine Freude daran, zahlreiche 
Schwärme dieses Vogels zu betrachten, welche auf den Zweigen der 
Bäume so dicht neben einander sassen, dass es aussah, als wären 
alle mit rothen Blumen bedeckt. Den 29., 30. und 31. Mai, wie ich 
im Imparziale schrieb, und in den folgenden Tagen, bis zum 5. Juni, 
fand der stärkste Durchzug statt, und von diesem Zeitpunkte an 
wurden sie stationär. Nicht mehr rapide, hohe und zahlreiche und 
nur nach Norden gerichtete Züge, sondern langsame, niedrige, kleine, 
nach allen Richtungen der Bussole. Voll die Felder, voll die Gärten, 
voll die Dörfer bis auf die Mauern der Häuser. Diese Thatsachen 
erhoben uns bis zur Gewissheit, dass sie in den den Golf umgeben- 


406 


den Bergen genistet haben würden, aber trotz der unausgesetzten 
Aufmunterungen und Versprechungen konnten wir — Dank der 
crassen Unwissenheit dieser Bevölkerung und der unbesiegbaren 
Trägheit der Landleute — nur wenige Eier erhalten, (die wir sehr 
theuer bezahlen mussten), und zwar nicht vor dem 27. Juni. Da 
diese Eier alle das Junge im Embryo mehr oder weniger ausgebildet 
enthielten, und dabei alle in Fäulniss übergegangen waren, so war es 
klar, dass die Eltern bei der Brut gestört und jene mindestens seit 
14 Tagen gelegt worden waren. Der Mensch, welcher sie brachte, 
sagte uns, dass er sie auf einem Berge, 7 Stunden nach dem Innern 
zu, gesammelt habe, und dass die Türken ihn dabei überrascht, ge- 
schlagen und verhaftet. Die Beschaffenheit dieser Eier bewog Herrn 
v. Gonzenbach und mich, selber das Aufsuchen derselben eifrig zu 
unternehmen, so dass wir am Morgen des 30. Juni nach dem Dorfe 
Bournabat aufbrachen, dessen Gärten und umliegende Berge, wie 
man uns versichert hatte, voll von Rosenstaaren waren. Und wir 
blieben nicht unbelohnt: denn nicht allein auf dem Wege, welchen 
wir zurücklegten, sondern auch in den Strassen der Dörfer, auf dem 
Grün der Mauern, auf den Bäumen der Höfe und Gärten hatten wir 
ein reiches Feld, diesen eigenthümlichen Vogel in der Nähe zu be- 
obachten. Während wir auf der Schwelle eines Hauses einen Führer 
erwarteten, flog ein junger Rosenstaar durchs Fenster in die Stube, 
und wurde sogleich vom Hausherren gefangen und uns übergeben; 
viele andere Junge folgten mit einem ganz eigenthümlichem Gezwit- 
scher ihren Müttern, und wir sahen nun wohl, dass wir für das Ein- 
sammeln der Eier zu spät gekommen seien. Nachdem wir dem Führer 
eine gute Belohnung versprochen, wenn er uns dazu verhelfen werde, 
dass wir die Nester untersuchen könnten, begaben wir uns auf den 
Weg nach den Bergen. Es ist hier der Ort, Ihnen zu sagen, dass 
die ziemlich rauhen und hohen Hügel, welche die Seiten des Golfs 
von Smyrna und das Thal und den Golf von Bournabat besonders 
gegen Norden umgeben, und den Fuss der höhern Gebirge bilden, 
aus zu Tage liegendem Bruchkalk und Kalkspath bestehen und mit 
errantischen Granitblöcken von verschiedener Grösse und Gestalt be- 
deckt sind. Dieses massenweise übereinander gehäufte Gestein ge- 
währt keinen Platz für irgend welehe Vegetation mit Ausnahme von 
Asphodelus ramosus. Unser Weg also ging in der Richtung dieser 
unwegsamen Berge nach Norden zu, und nach einem mühseligen 


407 


Steigen in dem engen Bette eines Bergwassers, an dessen Ufer das 
schöne Nerium Oleander und das reizende Agno casto in Fülle wuch- 
sen, kamen wir nach einer guten Stunde an dem Fusse der höheren, 
von den Griechen „Megalo-petra“ und von den Türken „Bojuk-tasc“ ge- 
nannten Berge an. Während unseres ganzen Weges im Bette des 
Baches hatten wir eine grosse Menge Rosenstaare angetroffen, welche 
zum Trinken herabkamen; zuerst warfen sie sich auf die Erde, dann 
setzten sie sich auf das Oleandergebüsch, wo sie gleichsam wie durch 
Zauber dem Auge verschwanden, indem sich ihre Rosenfarbe mit der 
der Oleanderblüthen vermischte. Kaum begannen wir den Hügel 
hinaufzusteigen, als wir eine andere Beobachtung machten: da war 
kein Stein oder Felsblock, der nicht hier und da von den weissen 
Exerementen dieser Vögel bedeckt gewesen wäre, eine so grosse 
Masse hatte sich dort aufgehalten! Aber wie gross war unser Er- 
staunen, als wir in einer Entfernung von c. 200 Metres über uns die 
Felsen vollständig mit Weiss bedeckt sahen, als ob dort, auf einer 
Oberfläche von über 200 Quadratschritten, Wäsche ausgebreitet läge. 
Oben angekommen fanden wir ein wahres Lager und Schlachtfeld 
zugleich. Die Nester waren hier zu Tausenden, einige fast ganz frei 
und unbedeckt, andere dermassen unter den Blöcken versteckt, dass 
man diese fortwälzen musste, um jene zu untersuchen; einige standen 
einen Fuss tief und darüber, andere konnten nicht mit dem Arme 
erreicht werden. Die Nester standen so‘ dieht neben einander, 
dass sie sich oft berührten. Sie sind ohne alle Kunst angelegt, denn 
der Vogel begnügt sich mit einer in den Boden gescharrten Vertie- 
fung, in welcher einige trockne Strohhälmehen oder Blätter von 
Agno casto, und sehr selten ein Rand von Grashalmen sich befinden, 
und ich sah mehrere, in denen die Eier auf dem nackten Boden 
lagen. Diese Nistweise setzt sie einer grossen Zahl von Feinden aus, 
welche von allen Seiten herbeiströmen. Desshalb sagte ich, dass ich 
ein Schlachtfeld gefunden; denn um sich eine Idee von der Menge 
der von den Schakals, Mardern, wilden Katzen, Mäusen ete. ge- 
tödteten Nestvögel zu machen, erfahren Sie, dass ich auf einem 
Raume von fünf Quadratschritten 14 Paar Flügel und 3 Ueberreste 
von Alten gesammelt habe: Wer kann ferner angeben, wie viele 
Eier von den Schlangen vernichtet wurden? Mit einem Worte, es ist 
eine wunderbare Erscheinung, wie sich trotz aller dieser Feinde der 


Rosenstaar vermehren kann; und wenn er von der einen Seite seine 


408 


Vermehrung seiner grossen Anzahl verdankt, so dürfte andererseits 
die Sorgfalt, mit der er seine Eier bewacht und bebrütet, und die 
Schnelligkeit des Wachsthums und der Befiederung der Jungen nicht 
weniger Einfluss darauf haben. 


Da aus der oben gegebenen Geschichte des Zuges hervorgeht, 
dass sie nicht vor den ersten Tagen des Juni ihren Wohnplatz hier 
aufgeschlagen, und folglich nicht vor dem 6. bis 8. d. M. ihren Nest- 
bau begonnen haben dürften, so hatten doch die Jungen sämmtlich 
am 25. oder höchstens 27. Juni ihre Nester verlassen. In der That 
entsprachen unsre an Ort und Stelle gemachten Entdeckungen voll- 
kommen den uns von den Leuten von Bournabat am 30. gemachten 
Mittheilungen, dass nämlich seit 4 oder 5 Tagen die Jungen mit den 
Müttern in die Gärten gekommen seien; so wie der eines zuverlässi- 
gen Jägers, der in einer weit von der unsrigen entfernten Gegend 
am 22. Juni eine immense Zahl von flugfähigen Jungen in den 
Nestern gefunden hatte. Daher fanden wir in einer so grossen An- 
zahl von Nestern nur 2 flugbare Junge und alle andern ausgeflogen. 
Von Eiern fanden wir nur wenige, sämmtlich faul, und nur je zwei 


im Neste. 


Diese Eier massen, im Durchschnitt, 13° im grossen, und 91,“ 
im kleinen Durchmesser. Ich sage im Durchschnitt, weil wir nicht 
zwei vollkommen gleiche gefunden haben: einige birnförmig, andere 
elliptisch, andere oval. Einige sind fleischfarbig-weiss, andere perl- 
farbig-weiss mit einem Stich ins hellblaue; einige haben einzelne sehr 
kleine dunkle Punkte*) am stumpfen Ende; die Schale ist sehr schön, 
fest und sehr glänzend. Obgleich die Zahl der Eier gewöhnlich 2 
bis 3 betragen mag, entsprechend der Zahl der Jungen, welche den 


*) Mein Freund, H. Kramer, ein junger sehr unterriehteter Chemiker, ist 
der Meinung, dass diese Punkte von den Ameisen herrühren könnten, und ich bin 


um so weniger abgeneigt, ihm beizupflichten, als ich sie auf den ersten Anblick 


für ein Produkt von Insekten gehalten habe. Antinori. 


Beide Herren befinden sich dennoch im Irrthum, wenigstens bezüglich des 
mir zugesandten gefleckten Exemplars: die Punkte erweisen sich unter der Loupe 
wie unter den Reagentien als Schalenflecke von ziemlich intensiver, rothbrauner 
Farbe, wie solche nicht allzu selten auch bei andern ungefleckten Eiern, nament- 
lich von der nämlichen Grundfarbe und deren dunkleren Nüancen, aber auch rein 
weissen vorkommen, z. B. bei denen von Sturn. vulgaris, Petrocoss. sawatilis und 
cyanus, Rutic. phoenie,, tithys und andere. Der Herausgeber. 


409 


Alten in den ersten Tagen ihrer Freiheit folgen, so mag sie doch 
dessenungeachtet oft auf 4 bis 5 steigen.*) 

Das grosse Missverhältniss zwischen der Zahl der Männchen und 
Weibehen, von welchen ich in meinem letzten Briefe sprach (8 Männ- 
chen unter 10 erlegten Individuen) reducirt sich auf einen viel klei- 
neren Ausdruck; denn obwohl es in Wirklichkeit existirt, so er- 
schien es eben desshalb grösser, weil die meisten Vögel gerade in 
der Brütezeit erlegt wurden, wo die Weibehen die meisten Stunden 
des Tages auf den Nestern zubrachten. Eine andere Thatsache führt 
zu demselben Schlusse: dass nämlich die Männchen, deren Weib- 
chen brüteten, bei der Heuschreckenjagd sich von den übrigen trenn- 
ten und, mit einer Heuschrecke im Schnabel, nach den Bergen zu 
flogen, ohne Zweifel, um die brütenden Weibchen (oder später die 
Jungen) zu versorgen. 

Die Niederlagen, welche die Rosenstaare den Heuschrecken be- 
reiten, haben ihre Ursache nicht sowohl in der Sorge für ihre 
Existenz, als vielmehr in einem Zerstörungs-Instinkt, in einer Anti- 
pathie gegen dieselben; denn die Rosenstaare stürzen sich darauf, 
-tödten sie unter fortwährendem Hüpfen und Schreien auf alle Weise, 
und lassen den grössten Theil unverzehrt liegen. 

Als ich eines Morgens 5 Rosenstaare, welche mit grossem 
Appetite die Früchte des weissen Maulbeerbaumes verzehrten, über 
eine halbe Stunde lang beobachtete, sah ich, wie sich alle Augen- 
blicke 2 oder 3 von ihnen von dem Baume auf die Erde stürzten, 
um eine zwischen den Stoppeln eines gemähten Feldes erscheinende 
Heuschrecke zu tödten, ohne sie zu fressen. Diese Vögel sind so 
wenig scheu, dass man sie ruhig auf 4 bis 5 Schritt beobachten 
kann, ohne dass sie zu entfliehen versuchen. Auf den Bäumen 
sitzend sind sie noch zutraulicher. 

Die Eltern sind sehr besorgt um ihre Kinder und sobald eins 
von ihnen ruft, kommt sicher der Vater oder die Mutter herbei, um 
es mit sich hinwegzuführen. Die Jungen sind beinahe sofort nach 
dem Ausfliegen im Stande, allein zu fressen, und die Alten sind nur 
als Führer bei ihnen, um ihnen die Speise leichter zu verschaffen. 


Diese schnelle Entwickelung der jungen Rosenstaare macht , dass sie 


*) Ich halte aus verschiedenen Gründen die Zahl von 5— 6 für die regel- 
mässige, Der Herausgeber. 


410 


höchstens 10 bis 12 Tage nach dem Ausfliegen die Eltern verlassen 
können; denn ich versichere Ihnen, dass heute, wo ich dies schreibe, 
bereits der grösste Theil der Alten verschwunden ist und dass sich 
die Jungen bereits zusammengeschlagen haben. 

Ich hätte Ihnen noch viele andere kleine Beobachtungen zu be- 
richten, aber das Thema ist zu reich, und ich habe schon zu lange 
Ihre Zeit in Anspruch genommen ..... 

. Sie werden erstaunen, das 3 am Etiquett des anschemenden 
Weibchen von Syhra atricapilla zu finden; — aber was werden Sie 
sagen, wenn ich versichere, dass jene scheinbaren Weibchen dieser 
Species in Wahrheit schöne und gute Männchen einer andern 
Speeies — vielleicht der rubricapilla? — sind. Und was werden Sie 
sagen, wenn Sie Weibchen, wie Nr. 609 und 611, mit dem mehr 
schwarzen als rostbraunen Kopfe der jungen atricapilla sehen? Die 
Thatsache steht fest, dass die Individuen, welche wir Ihnen gesendet, 
wie viele andere unserer Sammlung, sämmtlich von mir geschossen, 
präparirt und secirt wurden, so dass ich positive Sicherheit über 
ihr Geschlecht. habe. f 

... Die Sylvia orphea, Nr. 558, bietet mir keinen Unterschied 
von den beiden andern Nr. 316 und 494, welche von H. Truqui 
selbst als elarisona bestimmt worden sind, und es sind demnach, wie 
mir scheint, entweder alle 3 Individuen orphea oder clarisona, oder 
die Species des H. Truqui ist nur eine nominale. 

... Wenn die Farbe der Usatertheile der Hirundo cahirica hin- 
reichend zur specifischen Trennung von H. rustica ist, so gehören die 
beiden Exemplare 411 und 412 der ersteren Art und in diesem Falle 
kommen beide Species hier vor. ‘) 

Smyrna im Juli 1856. 

Oratio Antinori. 


(Aus dem Italienischen vom Herausgeber.) 

*) Kaum hatte ich die Uebersetzung des Vorstehenden beendigt, als mich der 
Zufall zu einem in meinem Gehöfte befindlichen Neste von MH. rustica führte. Wie 
erstaunte ich, als ich neben zwei hellbäuchigen Jungen ein drittes von weit inten- 
siverer Färbung der Untertheile fand, als die Ex. von Smyrna und dem 
Ursernthale (s. p. 395). Noch mehr aber stieg meine Verwunderung, als ich 
Tags darauf das 5 des Paares als „cahirica“ entdeckte und erlegte — ebenfalls 
von dunklerer Färbung, als die erwähnten — während das © eine gewöhnliche 
rustica ist. Beide liegen zu Jedermanns Ansicht neben den asiatischen etc. 
Exemplaren. B. 


411 > 
Beilage Nr. 5b. 


Pieus eruentatus, Antinori, n. sp. 


(Hierzu eine Tafel.) 


Diagn. Vertice toto coccineo (in mase.) vel nigro, coceineis coloris notato 
(in fem.); peetore medio sanguineo (in masc.) vel cicerinofusco 
(in fem.); pennis analibus rubris; remigibus macula alba termi- 


natis; statura Piei majoris. 


Beschreibung. Altes M.: Schnabel graulich hornfarben; Iris 
nussbraun; Stirnfedern weisslich isabell; Scheitelfedern blutroth, kurz 
zugespitzt, steif, etwas glänzend, das Aschgrau der Basis durch- 
blieken lassend, das von dem Roth durch eine kleine schwarze. Quer- 
binde, welche die Mitte der Feder einnimmt, getrennt ist. Der Nacken, 
sowie der Rand, welcher das Roth des Scheitels von der weissen 
Augengegend trennt, der Oberhals, der Rücken, die Flügel, die 
oberen Schwanzdeckfedern und die Steuerfedern sind schwarz, * Von 
dem Unterkiefer erstreckt sich eine schwarze Binde *) seitlich am 
Halse herab und verbindet sich mit einer von den Schultern kom- 
menden nach der Brust zu, wo sie sich mit einer andern sehr schönen 
von glänzendem Blutroth vermischt, welehe die Mitte der Brust ein- 
nimmt. Die Seiten des Kopfes, des Halses und die Untertheile mehr 
oder weniger trübe isabellfarben-weiss, mit Ausnahme der Steiss- 
gegend und der Unterschwanzdeckfedern, welche hell karminroth 
sind. Schulterfedern rein weiss, Flügeldeckfedern aussen schwarz, 
innen weiss. Schwingen schwarz, auf ‘der Aussen- und Innenfahne 
weiss gefleckt, die grossen mit einem weissen Fleck endigend. Die 
6 inneren Steuerfedern schwarz, die äusseren ‚mit weissen Flecken 
und weisser Spitze. Füsse graulich schwarz. 

Altes W. Stirnfedern roströthlich weiss. Scheitel schwarz, mit 
einzelnen blutrothen Federspitzen. Die schwarze Binde, welche, wie 
beim M., von der Wurzel des ‚Unterkiefers nach der Brust herab- 


steigt, ist etwas weniger ausgedehnt. Alle Untertheile schmutzig rost- 


*) Genau #0 breit, als der Unterkiefer an der Basis hoch ist. B. 

*) An dem mir vorliegenden Exempl. ist bei genauerer Betrachtung der 
Brustschild durch röthlichgraue Federn, von denen die der schwarzen Binde zu- 
nächst stehenden sogar einige schmutzig rothe Bartfasern haben, angedeutet. B. 


412 


farben weiss, aschfarbig an den Weichen und an der Brust, an wel- 
cher keine Spur von Roth ist. Die weissen Flecken der äusseren 
Steuerfedern sind grösser, als beim M., dem es in allen anderen 
Theilen, wie in der Grösse, gleicht. 

Junges M. Stirnfedern dunkler rostfarben. Das Roth des 
Kopfes erstreckt sich kaum über die Mitte des Scheitels, dazwischen 
viel Schwarz sichtbar. Von dem hintern Augenwinkel geht ein schwärz- 
licher Fleck aus, der bis an’s Ohr hin verschwindet. Die schwarzen 
Seitenbinden des Halses endigen bei vielen Individuen in schwarze 
lanzettförmige Flecken, welche sich von der Brust nach den Weichen 
hin ziehen, oberhalb derselben schmaler werden und allmälig ver- 
schwinden. Das Roth der Brustbinde ist bei vielen Jungen kaum 
angedeutet*) und das der Steiss- und Unter schwanzfdeckedern weniger 
ausgedehnt, alsbeidenalten Vögeln, denensie in allem Uebrigen gleichen. 

Dimensionen der Alten: 
Totallänge Surgrr, Schnabelöffnung Ieı2444 
Länge d. Schwanzes 3° Länge des Tarsus 11%. 
Die Schwingen verhalten sich bei: 
Picus major: 1 die kleinste; 2— 17; 3.4. 5. die längsten; 6 fast—3. 4.5. 
„ eruentatus: 1 Mittelgrösse; 2—= 6; 3.4 die längsten; 5 fast —3. 4; 
7<2 
„ medius: 1 kleiv, 2 etwas = 7; 3. 4. 5 die längsten; 6 viel> 2. 

Es war im August 1853, als ich diesen Specht zum erstenmal 
beobachtete und zwar in den Gärten von Damaskus, wo er häufig 
ist wegen der ausserordentlichen Menge von Fruchtbäumen, von denen 
ausser den Nussbäumen die Pflaumen- und Kirschbäume erwähnt zu 
werden verdienen und in erster Stelle wohl 9 verschiedene Arten 
Aprikosen, welche während des ganzen Sommers ausgesuchte Früchte 
liefern. Diese Beobachtung gab mir damals die Idee, ihn 'Pieus 
damascenus zu nennen; als ich ihn aber später nicht allein in anderen 
Gegenden Syriens, sondern auch in Anatolien beobachtete, in dessen 
südlichen, am Meere liegenden Provinzen ich ihn ziemlich häufig 
fand, so hielt ich es für besser, dem beschränkenden, von der Loka- 
lität genommenen Namen den von eruentatus zu substituiren, der di 
charakteristischen blutrothen Flecken der Brust bezeichnet. Da es 
mir nachher nothwendig schien, diese Species besser zu beobachten, 


*) Das mir vorliegende Ex. hat 8 Federn mit schönen rothen Bartspitzen. B, 


enfg Us] % SON I 
URUF  SMIDFUBN.D SMF 


415 


indem ich in Damaskus nur junge Individuen kennen lernte und es mir 
erst 2 Jahre nachher gelang, mir alte zu verschaffen, so nahm ich 
Anstand, ihr jenen Namen wiederzugeben, trotzdem, dass er von 
meinem Freunde v. Gonzenbach und von mir mit dem Namen 
„P. damascenus“ bezeiehnet wurde, so oft wir Kataloge der von uns 
in Anatolien und Syrien gesammelten Vögel nach Europa gesandt 
haben. Und wahrscheinlich nur die einseitige Kenntniss eines solchen 
jungen Individuums, mit dem Etiquett P. damascemis, von dem treff- 
lichen italienischen Entomologen Sig. Truqui (dem ich es mit der 
Bitte, es untersuchen zu lassen, übergeben hatte) vor einem Jahre 
nach Paris geschickt, konnte einen jungen Ornithologen dieser Haupt- 
stadt verleiten, meinen P. damascenus als P. medius, juv. zu bestim- 
men. In der That eine sonderbare Verwechselung! Dennoch ist nicht 
leicht zu begreifen, wie ein so grosser Irrthum möglich war, wenn 
man, ohne den vielen wichtigen Charakteren Rechnung zu tragen, 
welche die beiden Speeies unterscheiden, die Grössenverhältnisse 
berücksichtigt hätte; mein jetziger Picus eruentatus ist in der 
Jugend viel grösser, als der alte P. medius, mit dem man ihn 
identifieiren zu dürfen glaubte. Oder sind es vielleicht die lanzett- 
förmigen schwarzen Seitenflecken an dem Roth der Brust, die sich 
kaum bis auf die Weichen erstrecken, welche das Auge und das 
Urtheil des Pariser Ornithologen getäuscht haben, dass er sie mit den 
breiten schwarzen Streifen, welche nicht nur die Seiten der Brust, 
sondern auch die ganzen Weichen des P. medius zieren, verwechselt 
hat? Und dann, wie konnte er das Roth der Brust des P. eruen- 
tatus, das auch bei den Jungen sehr bemerkbar ist, ferner den Unter- 
schied in der Struktur derrothen Scheitelfedern — bei P. medius zart, 
lang, seidenartig, bei eruentatus starr, kurz und beim Betasten fast 
stechend, — so ganz unbeachtet lassen? Es würde mir leicht sein, 
noch viele andere vergleichende Beobachtungen beizubringen; indess 
glaube ich, dass die vorstehende genaue Beschreibung der Alten und 
Jungen und die getreue Abbildung derselben mehr dazu beitragen 
würde, als meine Worte, den Irrthum eines Andern aufzuklären und 
über die Güte dieser neuen Species ein Urtheil zu bilden. 

In seinen Sitten ist der P. eruentatus weit sanfter, als seine Ver- 
wandten, denn er liebt weniger die Einsamkeit, schreit weniger, hält 
sich mehr an bewohnten Orten, nahe den Wohnungen; niemals habe 
ich ihn in grossen Wäldern angetroffen, Er zieht die Fruchtbäumg 


414 


vor, wo er eine grosse Menge der von der Süssigkeit der Früchte 
angezogenen Ameisen findet. Seine Stimme gleicht der des P. major, 
aber er schreit weniger. Im August des verflossenen Jahres habe 
ich Junge auf den türkischen Begräbnissplätzen von Scalanuova an- 
getroffen, und ich vermuthe, dass er seine Eier in die Löcher der 
alten Bäume. von Pistacea Terenbinthus legt, welche dort in riesiger 
Grösse wachsen; aber bis diesen Augenblick ‘habe ich sie mir trotz 
aller angewandten Mühe nicht verschaffen können. Die Araber in 
Syrien nennen diesen Specht Nacar-el-Hairab. 
Smyrna, 3. Juli 1856. Orazio Antinori. 


(Aus dem Italienischen v. Herausg.) 


3 


Beilage No. 6. 


Kine Auerhahnjagd in Kurland. 


Einer Einladung des Försters Hrn. Elsberg folgend begab ich 
mich zur Balzzeit kurz nach Ostern nach dem Kronsforste zu All- 
schwangen. Das Thauwetter hatte bedeutende Massen von Schnee 
hinweggeräumt, indessen lag doch noch in den Wäldern so viel, dass 
man, halb Wasser wie er war, Mühe genug hatte, um durchzukom- 
men. Ich kam gegen Abend in der Forstei, wie hier der landes- 
übliche Ausdruck ist, an und der Förster, dem an dem glücklichen 
Erfolge meiner Jagd viel gelegen war, hatte nichts Eiligeres zu thun, 
als meine Gewehre einer genauen, freilich unnöthigen Inspeetion zu 
unterwerfen und mir sodann einen Führer und ein Pferd zu bestellen. 
Kurz nach Mitternacht brachen wir auf, mein Führer voran; ein 
Glück, dass er helle Beinkleider anhatte, sonst hätte ich ihn im 
Dunkel des Waldes sicherlich verloren, zuweilen musste ich ihn 
doch noch durch einen Zuruf an meine Seite zurückführen. Mein 
kleines kurisches Pferdehen schritt sicher über die umherliegenden 
Aeste und Baumstämme, und Alles ging gut, bis wir an einen, mit 
einer zollstarken Eisdecke belegten Sumpf kamen, denn es fror in 
der Nacht doch immer noch bei 7°. Mein Führer schritt schweigend 
und das Geräusch seiner Schritte so viel als möglich dämpfend, zu- 
weilen von einer Segge zur andern springend, vor mir her. Plötzlich 
blieb mein Pferd, das schon mehrere Male die Füsse nur mit Mühe 


415 


aus dem Schlamme gezogen hatte, total stecken und nach manchem 
fruchtlosen Versuche, es vorwärts zu bringen, fasste ich einen kühnen 
Entschluss und sprang ab. Es war gar kein angenehmes Gefühl, 
sich bis über das Knie in dem eisigen Schlamme zu befinden, noch 
dazu, wie ich jetzt erst entdeckte, mit defecten Wasserstiefeln. Ich 
schritt jedoch muthig vorwärts, bis ich den Schein eines Feuers 
unter den Bäumen bemerkte, auf das mein Führer losging. Es waren 
die Wächter der „Falz“, die hier übernachteten, um unberufene 
Schützen abzufangen. Die Leute in ihren grauen Röcken und Bein- 
kleidern, mit langen Haaren und einer Abart von Calabreserhüten, 
an den Füssen die hier gebräuchlichen Sandalen, Basteln genannt, 
gaben uns die erwünschte Nachricht, dass sich wirklich „Hähner in 
der Falz“ befänden. Ich schritt also mit meinem Führer abermals 
vorwärts. 

Nach kurzer Zeit gelangten wir wieder in einen Sumpf, und 
nachdem wir denselben durchwatet, in einen Waldtheil, der noch 
schlechter zu passiren war, als dieser, da der Boden aus nichts als 
Seggen bestand, zwischen denen sich sumpfige Stellen hinzogen. 
Meine Mühe wurde jedoch bald belohnt, da ich nach kurzer Zeit die 
abgebrochenen Zungenschläge des falzenden Hahnes hörte. Sofort 
begannen wir das „Springen“. Für einen, wie ich, in dieser Jagd 
noch Ungeübten hat das, namentlich in solchem Terrain seine be- 
deutenden Schwierigkeiten. Man kommt mitunter in die unbequemste 
Stellung, in der man, um den Zweck der Jagd nicht zu verfehlen, 
regungslos zu verharren genöthigt ist. Alle Mühe war aber diesmal 
vergebens. Es fing schon an zu tagen. Die Wahrscheinlichkeit, dem 
Hahne auf Schussweite nahe zu kommen, ohne gesehen zu werden, 
schwand immer mehr; ich liess jedoch nicht nach mit Vorrücken, bis 
der Hahn, ungefähr bis auf 150 Schritt von uns entfernt, aufflog und 
über die Gipfel der Bäume hinschwebend, mir bald aus den Augen war. 

Um das zu schen, hatte ich aber den Weg nicht gemacht, und 
80 beschloss ich denn, auf den Rath des Försters, des Abends auf 
den „Einfall“ zu gehen. Das geschah. Die Morgenpartie durch den 
Sumpf wiederholte sich, nur mit dem Unterschiede, dass das Eis 
auf dem Sumpfe diesmal fehlte. Da es mir im Gehen ziemlich warn 
geworden war, 80 liess ich ıneinen Ueberrock bei den Buschwächtern 
zurück und ging, blos mit einem leichten Rocke bekleidet, bis an die 
Stelle, von welcher aus ich am Morgen den Hahn hatte auffliegen 


416 


sehen. Mein Führer hiess mich unter einen Baum setzen und ruhig 
die Dinge abwarten. Die Sonne begann zu sinken, schon war der 
Boden in dichte Schatten gehüllt, bald spielten nur noch die Gipfel 
in röthlichen Lichtern. Die kleineren Vögel schwiegen nach und 
nach, dichter Nebel stieg aus den Sümpfen und ich sass immer noch 
vegungslos, trotzdem, dass mich erbärmlich in der feuchten Kälte zu 
frieren anfıng. 

Plötzlich ein Rauschen in der Luft, das Schlagen mächtiger 
Schwingen wurde hörbar, und mit brausendem Geräusch fiel der 
Hahn auf demselben Baume, auf dem er am Morgen gefalzt, wieder 
ein. Bald noch ein zweiter, dritter und vierter. Vergessen war Frost 
und Müdigkeit, bei den ersten Zungenschlägen des Vogels erhoben 
wir uns, und ich benutzte die Freiheit, die Glieder rühren zu kön- 
nen, dazu, mir eine Erquieckung aus der Feldflasche zu nehmen. 
Wir fingen wieder an zu springen, jedoch der Abend sank schnell 
und mein Führer machte mir begreiflich, dass in der Dunkelheit 
an ein Schiessen nicht zu denken sei, wir müssten am nächsten 
Morgen unser Heil versuchen. Widerstrebend musste ich ihm Recht 
geben; und nun begann in der Dunkelheit das Zurückspringen, denn 
wir mussten diese Vorsicht wieder anwenden, um den Hahn nicht zu 
verscheuchen. Bald mit einem Baume zusammenrennend, bald die 
Füsse oder das Gewehr im Gesträuche verwickelnd, bald bis an die 
Hüften in ein Wasserloch fahrend, folgte ich in keiner rosenfarbenen 
Laune meinem Führer bis an das Wachtfeuer, woselbst ich die Nacht 
zubringen wollte, um am folgenden Tage desto eher am Platze zu 
sein. Bald waren einige Zweige wandartig in einander geflochten, um 
den schneidenden Nordwind abzuhalten; junge Tannenzweige bildeten 
mein Lager, auf das ich, die Füsse gegen das Feuer gekehrt, den 
Kanonenschüssen einiger englischen Schiffe horchte, die kaum eine 
Stunde entfernt auf der See kreuzten und damit ihren Booten, 
welche die Ufertiefe sondirten, Signale gaben. Lange dachte ich 
an die ähnlichen Lagen, in denen ich in Schleswig gewesen war, 
bis ich endlich einschlief. Bald wurde ich geweckt, und aufspringend 
stand ich in den noch nassen Kleidern schauernd im kalten Morgen- 
winde. Wieder begann die Fahrt durch die Sümpfe und nach kurzem 
Horchen am jenseitigen Ufer das Balzen des Hahnes und unser 
Springen. 


417 


. 

Das Glück begünstigte mich: immer näher Schritt um Schritt 
kamen wir dem Thiere, das auf einem wagerecht vorstehendem 
Aste hin und hertrippelte, die Flügel schlug und den Schwanz aus- 
breitend seine durchdringenden Locktöne erschallen liess. Plötzlich 
stutzte der Hahn und flog ab. Ich hob schon das Gewehr um aufs 
Gerathewohl hinter ihm her zu schiessen, als mein Führer durch eine 
Geberde mich ruhig stehen hiess und zugleich auf einige Hennen zeigte, 
welche am Fusse des Baumes versammelt, die Ursache des Herab- 
fliegens gewesen waren. Für mich, da ich das zum ersten Male sah, 


war es eine äusserst interessante Scene, das Benehmen der Thiere zu 


beobachten. Leider dauerte es nicht lange — es waren nur wenige 
Hennen — so flog der Hahn wieder auf den Baum und verhielt sich, 


einige Schläge abgerchnet, still. Ich war zwar schon in Schussweite, 
wollte aber doch noch versuchen etwas näher zu kommen, um nicht 
zu fehlen und trieb deshalb meinen Führer vorwärts. Beim ersten 
Schritte aber, den dieser that, breitet der Hahn die Flügel aus, ein 
Augenblick noch — und mein Schuss kracht durch den stillen Mor- 
gen und der mächtige Vogel stürzte herab unter die angstvoll 
flüchtenden Hennen. Es war ein grosses Thier, 12 Pfd. schwer. 
Leider hatten die Buschwächter, denen ich befahl, ihn nach Haus 
zu bringen, ihm die Schwungfedern meistentheils ausgerissen, so dass 


er nicht zum Ausstopfen zu gebrauchen war. — 


Schloss Edwahlen in Kurland, im Mai 1856. 


Dr. August Hummel, 


Naumannia, 18% 27 


418 


Beilage Nr. 7. 


Beobachtungen über Ankunft einiger Vögel in Kurland 


(unter c. 56° B. und 40° L.). 


Von 


P. Büttner. 


48 | 49 | 50 | 51 


Columb. oenas. 
Alauda arvensis 
Sturnus vulgaris 
Vanellus crist. 
Scolop. rustic. 
Mot. alba 

Grus cinereus 
Cic. alba 

F. Tinnune. 
Sazxic, oenanthe 
Phyllopn. rufa 
Hirundo rustica 
Motae. flava 
Yunz torquilla 
Cuculus canorus 
Sylv. phoenicurus 


Musecicap. alricap. 


Lusciola luscinia 
Fr. coelebs. 
Milvus regalis 
Coracias yarrula 
Fring. erythrina 
Crex pratensis 


er: 
| 
% | 9% |?% | 1% 
ne ea 2 25), 
% |?%|?% | 2% 
AR: 
u 
| — | 222% 
ja 1a u 
13), | — | 29, | 19, 
a — 119, Ik: 
17); ie [11 16 
— | a 
ik 
Ei 
= 29,2%, %, 
a 
za la 


419 


Beilage Nr. 8. 


Schon als unsere Gesellschaft in Leipzig tagte, legte ich der- 
selben das Manuscript, die Grundlage einer umfassenden Ornitholo- 
gie vor, die, so vollständig, als es dem Einzelnen möglich, die ge- 
sammte Vogelwelt in kurzen Beschreibungen umfassen sollte. Seit 
dieser Zeit habe ich unausgesetzt und rüstig an diesem Lieblingsunter- 
nehmen fortgearbeitet, und das Manuscript ist zu dem Umfange von 
15 Voluminibus, jeden zu 8—1200 Seiten gerechnet, angeschwollen. 
Da kein Naturforscher so anmassend sein darf, allesselbst sehen, alles selbst 
beschreiben zu wollen, selbst wenn ihm das reichhaltigste Material zu Ge- 
bote stünde, so bin ich auf folgende Weise verfahren. Ich suchte 
alle Diagnosen und Beschreibungen, die zugänglich waren, zusammen- 
zustellen, und, wo es ging, sie mit Exemplaren in Museen oder noch 
lieber mit frischen Bälgen zu vergleichen, wobei sich denn bald her- 
ausstellte, dass kaum 2 Beschreibungen desselben Vogels bei verschie- 
denen Schriftstellern sich in allen Stücken gleichen, wenn nicht etwa 
dieselben Exemplare benutzt wurden; ein Umstand, der deutlich be- 
weist, wie Oertlichkeits- oder andere Verhältnisse von Einfluss sind, 
und sehr leicht zu Subspecies Veranlassung geben können. Jede No- 
tiz über Vorkommen in den verschiedensten Ländern ist gehörigen Orts 
eingetragen, und so ist die Grundlage einer ornithologischen Geo- 
graphie zugleich mit berücksichtist worden. Alles ferner, was ich 
über Lebensweise, u. s. w. in den oft heterogensten Schriften fand, 
ist gesammelt und aphoristisch verarbeitet, mit gewissenhaftester An- 
gabe der Quellen, aus denen ich schöpfte. Ganz besonders ward die 
Synonymik berücksichtigt, und wo ich nicht selbst ein Urtheil fällen 
konnte, der Gewährsmann für den oder jenen Namen angeführt. 

Dass dies ein böses Stück Arbeit ist, besonders wo man sich, 
wie in neuester Zeit an der Tagesordnung, mit dem Zersplitterungs- 
system und Arten- wie Genusmacherei wegen der geringfügigsten Un- 
terschiede beschäftigt, man möchte sagen, mit Wuth betreibt, sieht 
‚Jeder ein, der nur in einem kleinen Abschnitte die möglichst voll- 
ständige Synonymik zusammenzubringen wünscht. Das Synonymen- 
register zum Manuseript umfasst bereits circa 300,000 Namen, unter 
denen allein gegen 8000 Genusnamen, also mehr als die bekannten 


Vögel. Und täglich mehrt sich die Zahl; denn Genera wie Species 
91° 


420 


und Sub-Sub-Sub-Speecies mit besondren Namen, wachsen wie Pilze aus 
der Erde. Und wären diese Namen immer nur sprachriehtig gebildet, 
und so, dass sie leicht dem Gedächtniss sich einprägen, indem sie 
eine Eigenschaft, die augenfällig genug ist, bezeichneten! Selbst 
wissenschaftlich gebildete Männer sündigten gegen diesen ersten aller 
Grundsätze und bildeten sprachwidrige, nichtssagende, oder selbst der 
skandinavischen Zunge schwer zu bewältigende Namen. (Beispiel Al- 
cedo durch Versetzung der Buchstaben Daeelo, durch abermalige Ver- 
setzung Lacedo u. s. W.) 

Doch auf dieses Thema werde ich bei einer anderen Gelegenheit 
zurückkommen. „Jetzt dazu, weshalb ich eigentlich diese Zeilen an 
unsere ehrenwerthe Gesellschaft richte. 

Ich beabsichtige nämlich vorerst einen Auszug aus meinem Ma- 
nuseripte unter dem Titel erscheinen zu lassen: 

„Clavis Ornithologiae (Ob besser Nomencelator?) seu dispositio syn- 
optica Ordinum, Familiarum, Generum et Speeierum avium, alphabe- 
tico ordine digestorum; 

Junctis variorum Auctorum Diagnosibus originariis, Synony- 
mis, vivendi ratione, patria.“ 

Bei jedem Genus und bei jeder Species also zunächst die Origi- 
naldiagnose verschiedner Schriftsteller, dann alle mir bekannt gewor- 
dene Namen (Synonyme), mit genauer Angabe der Stelle, wo sie ge- 
braucht worden (eine zeitraubende Arbeit: denn durch das häufige 
Abschreiben der Citate ohne selbstige Einsicht sind unendliche Feh- 
er entstanden, wie Bonaparte’s Conspectus und andere Werke auf 
allen Seiten reichhaltig darthun), wo es ging, Geschlechts- und Al- 
tersverschiedenheiten, Abweichungen, Vaterland u w. 

Da wir jetzt eigentlich noch von keinem natürlichen System 
sprechen können, das Allen und allen Anforderungen entspräche, 
so habe ich die alphabetische Ordnung gewählt, wodurch es möglich 
ward, die verschiedensten Gruppirungen der verschiedenen Schrift- 
‚steller zu übersehen; d. h. alle Namen, die Synonymen eingerechnet, 
finden sich an ihrer alphabetischen Stelle, und; um Raum zu sparen, 
die dazu gehörigen Namen mit ihrem Namensgeber nur durch Glei- 
chungszeichen angedeutet; z. B.: ; 
Tosterops dorsalis Vig. et Horsf. Linn. Trans. XV. p. 235. Gould, 

Birds of Austral. IV. t. 81. Uebersetzt y. Reichenb. p. 83. folgt 

Diagnose. — Certhia coerulescens Lath.— Sylvia lateralis Lath,— 


421 


Philedon eoeruleus Cuv.—= Meliphaga coerulea Steph.—= Sylvia an- 

nulosa Swains.— Zosterops coerulescens. Blyth. 

Philedon coeruleus, Cuv. regn. an. II. p. 245 — Zosterops dorsalis 

Vig. H. 

Sylvia annulosa 8. Swains. Zool. illustr. t. 165.— Zosterops dorsalis. V.H. 
Meliphaga coerulea Stephens, cont. of Shaw’s gen. Zool. XIV. p. 264 

== Zosterops dorsalis Vig. Horsf. u. s. w. 

Selbst die. Brehmschen Subspecies sind gebührend mit aufge- 
nommen; denn kann ich auch nieht immer mit demselben stimmen, 
so muss man doch dessen Scharfsicht und unermüdeten Fleiss bewun- 
dern, und Jeder muss doch, wenn ihm eine solche vorkommt, wissen, 
was er etwa davon zu halten habe; auch ist es noch gar nicht ent- 
schieden, ob nicht noch dieselben, wenigstens theilweise, zu Ehren 
kommen werden, wie es mit einigen bereits geschehen. 

Die Deutschen klagen gewöhnlich, dass ihre Leistungen so wenig 
vom Auslande berücksichtigt werden. Offen gestanden sind die Deut- 
schen selbst Schuld, indem sie es jederzeit unterlassen haben, gute 
lateinische Diagnosen zu geben. Die breitgedrückten, oft seiten- 
langen Beschreibungen, die namentlich einige deutsche Schriftstel- 
ler geben, sind oft dem Deutschen schon widerlich, und es ist, hat 
man den Vogel nicht vor sich, schwer, die Hauptcharactere heraus- 
zufinden, wie mir das so häufig passirt ist; wie vielmehr dem Aus- 
länder, der namentlich unsere gewöhnliche Druckschrift, selbst, wenn 
er deutsch versteht, nicht lesen kann; wohl aber, wenn lateinische 
Lettern angewendet werden. Dazu kommt: nur gute Arten lassen 
sich gut diagnostieiren. Die meisten Subspesies von Brehm lassen sich 
aber nicht anders characterisiren als etwa: Exactissime idem, sed 
rostro sextantem lineae majore, aut minore, alis 3,‘ longioribus, co- 
lore levissime sie aut sie adsperso etc. 

Werden die Deutschen, wie Franzosen und Engländer, Schwe- 
den und Nordamerikaner, gute, d. h. nicht aus wenigen Worten be- 
stehende, sondern eine kurze Beschreibung bietende Diagnosen machen, 
so werden ihre Leistungen auch vom Auslande berücksichtigt werden. 

Noch die Bitte an alle Mitglieder, mich dureh literarische Hülfs- 
mittel möglichst unterstützen zu wollen; denn besonders fehlen mir 
noch mehrere grössere Reisewerke, besonders englische und franzö- 
eische, ein grosser Theil der Literatur über afrikanische, asiatische 
Vögel u. s. w. Hochachtungsvoll Dr. Assmann, 


422 


Beilage Nr. 9. 


An Einen verehrlichen Vorstand der deutschen Ornithologen-hesellschaft, 


Die deutsche Ornithologen-Gesellschaft hat die Dedikation des in meinem 
Verlage erschienenen Werkes: 

„die Eier der europäischen Vögel, nach der Natur gemalt von F. W. J. 

Bädeker, mit der Beschreibung des Nestbau's von L. Brehm und 

Pässler,* 
anzunehmen die Güte gehabt. 

Es liest mir ob, der eben jetzt stattfindenden Jahres-Versammlung Be- 
richt zu erstatten über den Fortgang dieses Werkes. Darum erlaube ich 
mir, Einem verehrlichen Vorstand die Mittheilung zu machen, dass das 
Forterscheinen des Werkes und dessen Vollendung gesichert ist, dass aber 
durch Nichteinhaltung der contractlich festgestellten Lieferungsfristen Seitens 
des artistischen Instituts, welches die Ausführung der Tafeln übernommen 
hatte, eine unangenehme Verzögerung im Erscheinen der zweiten Lieferung 
eingetreten ist, ohne unser Verschulden. 

Die Zeichnungen sind bis auf wenige fertige. Das vor allen anderen 
qualifieirte Institut des Herrn Theod. Fischer in Kassel, aus welchem 
Proben mir vorliegen, und im nächsten Hefte des „Journals für Ornitho- 
logie“ veröffentlicht werden, — hat die Ausführung der folgenden Tafeln 
(in der Vollendung der Originalzeichnungen) eontractlich übernommen, und 
seine Einrichtungen so getroffen, dass die zweite Lieferung von acht Tafeln 
im nächsten Herbst d. J., und fortan jährlich wenigstens zwei Lieferungen 
erscheinen werden, so dass das Ganze also innerhalb vier Jahren vollendet 
sein muss. 

Durch die Anerkennung und Theilnahme, welche das Werk bei den 
verehrten Mitgliedern der deutschen Ornithologen-Gesellschaft und bei den 
Ornithologen des Auslandes gefunden hat (und voraussichtlich noch immer 
mehr finden wird), ist das Werk gesichert. — 

Einem verehrlichen Vorstande empfehle ich mich 

ganz ergebenst 


Julius Bädeker. 
Iserlohn, den 1. Juni 1856. 


.423 


Beilage Nr. 10. 


Die Beobachtungsstationen. 


Ueber die Wichtigkeit der Beobachtungsstationen kann unter uns 
gar kein Streit sein. Ich habe über den Zug, Sommer- und Winteraufent- 
halt der Vögel sehr sorgfältige Beobachtungen angestellt, und nach der ver- 
schiedenen Oertlichkeit eine wirklich auffallende Verschiedenheit darin ge- 
funden. Davon kann man sich in der Renthendorfer Gegend recht deutlich 
überzeugen. Jena ist von hier nur 6 Stunder, Auma nur 3 Stunden weit 
entfernt. In den Umgebungen der erstern Stadt kommen die Frühlings- 
vögel 4 bis 6, ja 8 Tage früher, in der letztern aber um mehrere Tage 
später an als hier. Das rührt daher, dass Jena viel niedriger, Auma hin- 
gegen bedeutend höher als Renthendorf liest. Es kommt also bei diesen 
Beobachtungsstationen nicht nur auf ihre mehr nördliche oder südliche 
Lage, sondern ebenso sehr auf ihre grössere oder geringere Höhe über dem 
Meeresspiegel an. Ebenso ist hierbei die Beschaffenheit der Gegend, ob 
diese eben oder hügelich, ein tiefes Thal oder eine hohe Bergebene ist, und 
welche Eigenthümlichkeiten sie hat, d. bh. ob sie trockenen oder feuchten 
Boden, Sümpfe, Seen und Teiche hat, oder wasserarm ist, ob ein Fluss sie durch- 
strömt oder nicht, und wie seine Ufer und die Erdarten seines Bettes beschaffen 
sind, welche Bodenverhältnisse sie hat, ob Laub- oder Nadelhölzer in ihr liegen, 
Felsen oder Trümmern von Burgen ihr eigenthümlich, hohe oder niedrige 
Berge in ihrer Nähe befindlich sind u. s. w. Alles dieses muss berück- 
sichtigt und im Berichte bemerkt werden. Die Aufzeichnungen dürfen sich 
aber nicht nur auf die Wanderung der Vögel beschränken, d. h. nicht blos 
angeben, an welchem Tage der erste Staar und der letzte in einem Jahre 
gesehen wurde — in diesem erschien dieser Philosoph unter den Vögeln 
hier schon am 8. Februar, im vorigen am 26. desselben Monats, — son- 
dern auch, welche Vögel und in welcher Menge sie in der Gegend, und 
wann sie brüteten, wann sie anfıngen das Nest zu bauen und wie sie darin 
fortfuhren. So bauten z. B. in dem hiesigen Pfarrgarten in diesem Jahre 
Certhia brachydactyla und Paroides caudatus schon in den letzten Tagen 
des März, wurden aber erst in der Mitte des April mit der Ausfütterung 
des Nestes fertie. Ein Paar Hypolais vulgaris fing ibr Nest hier am 14. 
Mai an, hörte am 22. desselben Monats, weil Tags zuvor ein heftiger Platz- 


424. 


regen gefallen war, auf zu bauen, fuhr aber am 28. Mai wieder fort und 
vollendete es bald. Die ersten ausgeflogenen Jungen von Motaeilla sulphurea 
sieht man hier oft schon in den letzten Tagen des April, die der Motaeilla 
alba in den ersten Tagen des Mai. In diesem Jahre hingegen bemerkte ich 
solche Junge der M. sulphurea am 14. Mai, die der M. alba erst am 
24. Mai. 

Wird dieses Alles genau bemerkt, dann bekommen wir ein deutliches 
Bild von dem Vogelleben in ganz Europa und können, wenn die Eigen- 
thümlichkeiten der Witterung mit angegeben sind, was ganz unerlässlich 
ist, daraus wichtige Folgerungen ziehen. 

Es geht aus dem Gesagten hervor, dass der Beobachtungsstationen 
möglich viel sein müssen und dass die auf ihnen Stehenden mit Aufmerk- 
samkeit die Vögelwelt beobachten und das Bemerkte mit Sorgfalt aufzeich- 
nen müssen. Ich kenne jedoch die deutschen Ornithologen und die Mit- 
glieder unseres Vereins zu gut, als dass ich an ihrem Eifer, ihrer Gewandt- 
heit im Beobachten und an ihrer Genauigkeit ‚beim Niederschreiben ihrer 
Bemerkungen nur einen Augenblick zweifeln könnte, und da sich schon 
mehrere der anwesenden Herren zur Uebernahme des Waächtdienstes auf den 
verschiedenen Stationen bereit erklärt haben, erwarte ich von dieser Ein- 
richtung, wenn sie erst ins Leben getreten sein wird, recht viel Gutes. 

Chr. L. Brehm. 


Da der vom H. Rendanten abhängige Theil des Geschäftsberichtes 
. » . x . . . . 
noch nicht eingeliefert ıst, so werden wir diesen sammt Beilage 11 im 


nächsten Hefte geben. Der Secretär. 


Durch die Güte Sr. Hoheit, des Prinzen Charles-Lucien Bona- 
parte wurden dem Unterzeichneten vier Tafeln noch nicht abgebildeter 
Vögel, (darunter eine prachtvolle Abbildung des prächtigen Eeleetus puni- 
ceus, Bp. ex Gmel., von F. Willy gemalt) für die Naumannia überge- 
ben. Wir werden sie der Reihe nach bringen und beginnen mit der 

Fulica eristata, Gm., 
welche wir diesem Hefte beigeben. E. Baldamus, 


425 


Il, Notizen, briefliche Nittheilungen  ete. 


Am 21. Juni d. J. wurde mir ein junger Kukkuk aus dem Neste von 
Fring. chloris gebracht. G. Schumann. 


Vier Anas rufina im Sommer in Bayern. Ich erhielt jüngst von den 
biesigen Weihern zwei prächtige Männchen von Anas rufina. Es waren 4 Stück 
beisammen, als ein Bauer unter sie feuerte. Höchstwahrscheinlich brütet diese 
Ente heuer bei uns. Erlegt wurden sie am 21. Juni, spät genug, um an einen 
ständigen Aufenthalt behufs der Fortpflanzung denken zu können. J. Jäckel. 


Ueber T. Schinzii, die an unserer Küste wegen des häufigen hohen Wassers 
und des scheusslichen Eierraubens immer seltener wird, möchte ich Ihnen einige 
Notizen mittheilen. So lange man auf der Insel Poel noch grössere Schwärme von 
Tringen trifft, tragen diese das blaugraue Winterkleid mit einigen, oft vielen, Fe- 
dern des Hochzeitkleiles gemischt. Man findet unter diesen Schwärmen Schnäbel 
und Beine von allen möglichen Längen und Höhen, und wer nur um diese Zeit die 
Alpen- und Schinzstrandläufer sah, wird nicht au zwei Arten glauben. Sobald aber 
die Brützeit näher rückt, verschwinden diese Schaaren und man trifft nun an den 
ausgebreiteteten Brutstellen kleine, 8 bis 10 Stück sturke Gesellschaften oder nur 
einzelne Päärchen, die aber alle zu den kurzschnäbligen T\. Schinzii gehören. T. 
alpina habe ich um diese Zeit unter hunderten, die ich sah und schoss, nie mehr 


beobachtet, 


426 


Alle diese gepaarten Exemplare stimmen genau mit der trefflichen Naumann- 
schen Beschreibung. Nun treiben sich aber ausser diesen noch einige wenige viel 
scheuere umher, von denen ich erst zwei erhalten habe; diesen fehlt jede Andeu- 
tung einer schwarzen Brust; diese ist vielmehr grauweiss, mit einzelnen braunen 
Flecken, Oberbrust und Hals rostgelb mit braunen Flecken, sonst sind sie den äch- 
ten brütenden T. Schinzü gleich gefärbt, nur dass alles Braun und Gelbbraun viel 
lebhafter ist und auch die Flügeldeckfedern schöne hellbraune Kanten haben, 
Junge Vögel vom Jahr sind es nicht, ich habe sie öfters gesehen, wenn die andern 
erst zu legen begannen; doch glaube ich bestimmt behaupten zu können, dass sie 
bier nicht brüten. Bei den wenigen Paaren, die an unserm Schweriner See brüten, 
ist es aber anders, da habe ich öfter lang- und kurzschnäblige in einem Paar ge- 
sehen und erlegt; aber alle haben nur sehr mattes, viel unterbrochenes Schwarz am 
Unterleibe, selbst die langschnäbligensind viel matter, als die Poeler kurzschnäbligen. 
Im Herbste sieht man wieder T. Schinzii und alpina in derselben Schaar, doch scheint 
mir Schinzü das Winterkleid weit später anzulegen, als alpina. Schiesst man spätim 
Jahre sich genügend Exemplare aus den ungeheuren Schaaren, die dann alle das 
graue Kleid tragen, so findet man alle Schnäbel- und Beinlängen in einander über- 
gehend; wenn nun diese Uebergänge nicht vielleicht junge T. alpina sind, was ich 
beinahe nicht glaube, so halte ich T. Schinzii nur für eine Lokalrace, vielleicht ent- 
standen durch das häufige Zerstören der Bruten. Ich werde in diesem Herbste 
vielleicht Gelegenheit haben, diese Beobachtungen noch zu vervollständigen und 
mir ein reiches Material zu sammeln, im Frühjahr gebricht mir leider die Zeit. 


An Graugänsen besitze ich 4 verschiedene, alte arvensis in Bälgen, 1 sehr 
kleine albifrons und 1 junge kleine Gans, ob albifrons oder minulus, weiss ich 
nicht. Wenn ich nach Cöthen komme, bringe ich diese mit, wahrscheinlich werde 
ich aber nicht können. Sollten Sie diese für die Versammlungzur Ansicht wünschen, so 
schreiben Sie mir, bald darüber und bemerken Sie auf dem Couvert „Angelegenheit 
der Ornithologen-Gesellschaft.“ Mein Bruder wird sie Ihnen dann senden. Ich 
bin sehr begierig, wie es den Gänsearten auf der nächsten Versammlung gehen 
wird, glaube aber, dass eine endliche Entscheidung erst erfolgen kann, wenn diese 
verschiedenen Arten oder Racen an ihren Brutplätzen gehörig beobachtet 
werden können. 


Es wäre für uns sehr zu wünschen, dass eine Bestimmung über den Artbe- 
griff getroffen würde; die Ansicht des Herrn Professor Blasius ist sehr gut nach 
meiner Ansicht; man muss die Arten in den Weibchen und Jungen unterscheiden 


können und sie dürfen keine reinen Farbenarten sein. 


Ueber das Meckern der Bekassine habe ich viele Beobachtungen ge- 
macht, diese Vögel brüten hier ja so ungemein häufig. Ich bin mir aber nicht 
klar darüber geworden. Nur so viel kann ich Ihnen als sicher angeben, dass die 
Bekassine sehr oft in derLuft „Dikiit“ ruft; ich glaube aber, dass dies ebenfalls nur 
Weibchen sind, die zwar auch den Flattersturz ausführen können, dabei aber kein 
Meckern hören lassen und es auch weit seltener und kürzer thun, und dann so- 
fort, wohl auch noch während der letzten Momente des Abstürzens, ihr „Dikiit“ be- 


427 


ginnen; von einem meckernden Männchen habeich das „Dikiit“ niegehört. Ichglaube, 
wenn auch noch nicht überzeugt, dass das Meckern mit den Stimmorganen hervor- 
gebracht wird; was mich am meisten hierzu veranlasst, ist, dass ich öfter in grosser 
Nähe ein Abstürzen sehe, ohne das Meckern zu hören, welche Erscheinung ich mir 
sonst nicht erklären kann. 


Die kleinen weissen Eier, die vielleicht €. eisticola angehören, stammen aus 
einem Nest, dem der $. cinerea sehr ähnlich gebaut, über dem Wasser eines kleinen 
Teiches in einem Weidenbusch versteckt. Ich habe den Vogel nicht beobachten 
können, da ich keine Zeit hatte. Sollte sich aber cisticola wirklich so weit nörd- 
lich angesiedelt haben? 


An Eiern habe ich in diesem Winter, ausser was ich Ihrer Güte danke, nichts 
Neues erhalten, verspreche mir aber viel vom Sommer, namentlich an (. canorus- 
eiern. Destomehr habe ich in diesem Winter meine Vogelsammlung bereichert ; 
an selteneren Sachen erhielt ich Aq. fulva, 5 juv., naevia 9, sehr kleines Exemplar 
mit völlig ausgebildetem Eierstock. F. aesalon @, Anas strepera 5, sehr alt mit 
ganz braunem Flügel und mehrere andere. von Preen. 


Theses aus Theobald Krüper’s Doctor-Dissertation. 


I. 


Speciei nolio non externis est definienda rationibus. 


I. 


Cyaneculae variationes unam eandemque lanlum constiluunt speciem. 


III. 


Quid sid species natura ipsa, quid genus scientia docet. 


IV. 


Ad avium systema constiluendum ovorum cognilio maximi est momenti. 
” 


Carissimo Jaeckelio ad conventum Ornithologorum illustrium 
Germaniae, et in specie ad Carolum Lucianum Buonaparte 
profieiscenti : 

O quantum invideo! Sine me properabis ad illum 

Clarior qui splendet Caesare, fratre suo! 
C. Ae. Diezel. 


428 


Berichtigung. 


Gestern erhielt ich das IV. Quartal unserer Naumannia, 1855, und finde 
darin (p. 487) von meinem ausgezeichneten Freunde, Professor Blasius, ange- 
führt, dass nach meiner Aussage das Vorkommen von Catoptrophorus semipal- 
matus in Skandinavien „nicht ungewöhnlich, wenn auch nicht regelmässig“ sei. 
Wir sprachen über das Vorkommen etlicher in den Verzeichnissen der europäischen 
Fauna aufgeführten verdächtigen Vogelarten, darunter auch über das Vorkommen 
fraglicher Art, und ich äusserte, dass diese Art in Skandinavien einmal im Som- 
mer gefunden worden ist (nach Baron Paykull’s Angabe), wie ich auch in meiner 
Abhandlung über die Brützonen der Vögel innerhalb Skandinavien (Naum. 1854 
p- 256) bemerkt habe; ich fügte aber auch hinzu, dass es nicht unwahrschein- 
lich sei, dass dieser Vogel im Norden unserer Halbinsel öfter — wenn auch nicht 
brütend — vorkommen möchte. Da dies aber nur meine subjective Ansicht ist, 
so habe ich diese Beriehtigung im Interesse der Wahrheit geben wollen. 

Trolle-Ljungby bei Christianstadt in Schweden, den 19. Juli 1856. 

H. D. J. Wallengren. 


In der Naumannia, II. Band 3. Heft, p. 19, hat sich ein Druckfehler einge- 
schlichen, den ich erst jetzt bemerkte, und den ich noch nachträglich zu berichtigen 
bitte. Quensted am Harz liegt nieht unter 210 45° N. B., sondern unter 510 45’. 

Halle im Juli 1856. Rimrod, 


Nekrolog 


Am 1. Januar 1856 starb zu Lille der Dr. med. €. D. Degland in Folge 
einer langen und schmerzhaften Krankheit, die ihren Hauptsitz in der Brust hatte. 
Frankreich und die Ornithologi®@ hat mit ihm einen eben so bescheidenen als tüch- 
tigen Gelehrten, seine Vaterstadt einen ihrer besten Bürger, das Corps medical 
eines seiner gelehrtesten und unsere Gesellschaft eines seiner uneigennützigsten 
und liebenswürdigsten Mitglieder verloren. Wir entnehmen dem in Lille erschei- 
nenden Echo du Nord auszüglich die folgenden Notizen. 

Come Damien Degland, geb. zu Armentieres am 6. Juli 1787, er- 
hielt seinen ersten Unterricht in der Centralschule und dem Lyceum zu Douai. 
Sohn eines sehr ausgezeichneten Arztes und vortrefllichen Bürgers, erbte er die 
Tugenden seines Vaters, besonders die Güte und Bescheidenheit seines Charakters. 
Im ‚Jahre 1806 ging er nach Paris, um Medicin zu studiren. Diese damals so 
glänzende Fakultät gab ihm Dubois, Boyer, Chaussur, Pinel, Corvesart, 
Halle ete. zu Lehrern. Er machte reissende Fortschritte, und in dem Hotel de 
Dieu, wo er bald heimisch war, die Bekanntschaft des später so berühmten Mar- 
solin, der ihn zu seinem Präparator und Repetitor wählte, und mit dem er in 
dauernder Freundschaft verbunden blieb, Dupuytren und Capurou trugen 


429 


gleichfalls bei, den scharfen Beohachtungsgeist in ihm zu bilden. Er wurde Dr. d. 
Medicin den 5. December 1811. Trotz der Wünsche und Anerbietungen seiner 
Professoren, welche einen so ausgezeichneten Zögling gern in der Hauptstadt be- 
halten wollten, liess er sich im Jahre 1812 in Lille als Arzt nieder. Zunächst 
Armenarzt, dann Arzt an dem Militärhospital, wo er unter der Menge seiner Kran- 
ken selbst ein Opfer des herrschenden Typhus wurde, zwei Monate lang im Deli- 
rium lag, uud nur durch ein Wunder seiner Constitution dem L@ben erhalten wurde. 
Während der langsamen Reconvalescenz wandte er sich dem Studium der Natur- 
wissenschaft zu, die er, wie Jedermann weiss, mit grossem Erfolg kultivirt hat. 
Während der hundert Tage Chirurg des Vortrabs der Stadt Lille, 1815 Chirurg 
der Escadron der Nationalgarde zu Pferde, 1827 chirurgien major der Artillerie, 
1839 der Nationalgarde von Lille, und von da ab Arzt des Hospitals $. Sauveur 
zu Lille, wo er stets der erste ankam, und wohin er noch drei Wochen vor seinem 
Tode sich mühsam schleppte. Im Jahre 1839 wurde er für die dem Staate und 
der leidenden Menschheit geleisteten Dienste zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. 
Ein warmer Freund der Armen, die inmitten seiner vielfachen Beschäftigungen 
stets eine theilnahmvolle Aufnahme und Hülfe fanden, übte er einen grossen mora- 
lischen Einfluss auf die Klasse der Arbeiter. Man sah ihn bei allen Emeuten die 
Gruppen durchlaufen, zur Ruhe ermahnen, unglaublichen Anstrengungen sich un- 
terziehen, um das Volk zu beruhigen und gewöhnlich damit endigen, dass er die 
ärgsten Schreier und Aufrührer beim Kragen nahm und mitten aus dem Haufen 
hervorzog, ohne dass man sich ihm widersetzte. Die Armen haben aber auch seine 
Liebe nicht vergessen: in Masse drängten sie sich zu seinem Grabe, um ihm das 
letzte Lebewohl zu sagen. — Als Gelehrter nimmt D. einen Ehrenplatz unter den 
Männern ein, welche die Stadt Lille berühmt gemacht haben. _ Seine medicinischen 
wie seine ornithologischen Arbeiten sind anerkannt worden von allen gelehrten 
Gesellschaften Europas. Er war der Gründer der „Societ& centrale de medecine,“ 
deren Arbeiten er seit einer Reihe von Jahren dirigirt hat; so wie des „Musde 
d’histoire naturelle de Lille,“ dessen Direktor er bis zu seinem Tode geblieben. 
Viele gelehrte Gesellschaften des In- und Auslandes haben ihn zu ihrem Mitgliede 
ernannt. Dr. D. besass eine schöne Eier- und Käfersammlung, welche er der 
Societ@ des sciences et arts von Lille vermacht hat; eine fast vollständige, vor- 
treffliche Sammlung von europäischen Vögeln, welche die Stadt Lille acquiriren 
und unter dem Namen „Musee Ornithologique de Come Damien Degland“ in den 
Galerien ihres Museum aufstellen wird. Ferner hinterliess er mehrere Werke, an 
welche er die letzte Hand legte, und seine letzten Anordnungen galten der zweiten 
Ausgabe seiner Ornithologie europ&enne. Er starb, 68 Jahr alt, ruhig „voller 
Geistesgegenwart, ohne Schmerzen, indem er selbst die letzten Pulsschläge zählte, 
in den Armen seiner Kinder und seiner Freunde, die er sich zeitlebens bewahrt.“ 


B. 


430 


IV. Bekanntmachungen, 


Eine Eiersammlung bestehend aus 200 Arten in circa 
1000 Exemplaren und gut gehalten, ist zu dem soliden 
aber festen Preise von 50 Thlr. zu verkaufen. 


Näheres durch Julius Täschner in Görlitz. 


Oiseaux d’Europe. 


Desiderata de M. de Selys Longchamps, a Liege. 


Haliaetus leucorpynhus. 
Falco lanarius. 

Aquila imperialis adulte. 
Falco sacer. 

— gyrfalco adultus. 
Alauda Duponti. 
Cinclus leucogaster. 
Turdus ruficollis. 

— sibirieus. 

Ruticilla erythrogastra. 
Sazicola saltator. 
Accentor Temmincki (ou montanellus). 
Emberica rustica, 

— fuscata, 

— chrysophrys. 

Loxia rubrifasciata. 
Carpodacus roseus, 

— caucasicus. 

Anthus cervinus. 
Regulus proregulus. 
Grus leucogeranus. 
Scolopaa sabini, 


- 


431 


Anser ruficollis. 

— hyperboreus adultus. 
— intermedius. 

Anas falcata. 

— glocitans (bimaculata), 
— formosa. 

— islandica. 2 

— stelleri, 2 

Larus roseus. 

—— sabini adultus. 
Hydrochelidon fuliginosum, 
Procellaria hasilata, 


[Prospectus.] 
A 
MONDECRALH 


THE BIRDS FORMING 


THE TANAGRINE GENUS CALLISTE, 


ILLUSTRATED BY COLOURED PLATES OF ALL THE 
KNOWN SPECIES, 


By PHILIP LUTLEY SCLATER, M. A,, 


FELLOW OF CORPUS OURISTI COLLEGE, OXFORD, F, 2.8, ETC, 


The genus Calliste contains, as its name imports, some of the most richly- 
coloured birds of the family of Tanagers-—-one of the groups which render the 
Ornithology of Tropical America conspieuous beyond that of other parts of the 
globe for the beauty and variety of eolouring of its members. Few of these birds 
were known to the older authors, but of late, since so many collections have been 
formed in the Sub-Andean regions of New Grenada, Eeuador and Peru, their num- 
bers have been very considerably increased, and about 50 species of this genus 
are now registered in tbe annals of science. Some of these have never been figured 
at all, others only badly or imperfectly, or in works which, on account of their high 
price or rarity, are not generally accessible to the lover of Natural History. 


452 


It is therefore proposed to devote a small octavo volume to the description 
and illustration of this genus of birds, and fo issue it at a price which will render 
it attainable by every one. It will contain figures of the size of life of every spe- 
cies, taken from speeimens now in the possession ofMr. Selater or kindly entrusted 
to him for that purpose, together with a complete account of all that is yet known 
concerning their localities, manners, habits, and general history. And it is hoped 
that such a series of plates of these beautiful objeets, accompanied by the inform- 
ation above mentioned, cannot fail to be interesting to all lovers of science, and to 


advance in some measure our knowledge of the varied productions of Nature. 


‘The work will be published at short intervals, in Four Parts. Each Part, 
priee 10s. 6d., will contain about Twelve Coloured Plates and the corresponding 
letterpress. The First Part is expected to be ready on the Ist of June. 


The Plates will be drawn and coloured by Oudart, the well-known artist 


attached to the Jardin des Plantes at Paris. 


LONDON: 
JOHN VAN VOORST, 1. PATERNOSTER ROW, 


BY WHOM SUBSCRIBERS’ NAMES ARE RECEIVED. 


Beilage zum Protokoll 
der zehnten Versammlung der deutschen 
Ornithologen - Gesellschaft. 


Nr. 12. 


Von 


J. H. Blasius. 


Um eine Vorstellung davon zu geben, nach welcher Weise man 
auf naturhistorischem, empirischem Wege zur Vorstellung und Abgrän- 
zung, zur Begründung einer Species kommen kann, will ich einige zwei- 
felhafte Formen nach vorliegenden Exemplaren unter einander vergleichen. 


1. Sitta europaea, L. u. s. w. 


Wer die europäischen Klaiber sowohl im Leben wie im Balge, sorg- 
fältig beobachtet und untersucht hat, wird nicht daran zweifeln können, 
dass zwei Formen ohne alle Uebergänge zu einander und auch nach der 
Lebensweise scharf getrennt von einander vorkommen: man kann beide 
nicht als Arten verbinden wollen. 

Die eine dieser Formen ist die Sitta syriaca. Sie weicht durch 
Flügelbau und Schwanzzeichnung, Lebensart und Nistweise so entschie- 
den von den übrigen Formen ab, dass ich sie hier ausser Frage stellen 
kann. Wenn Brehm sagt, diese Art sei !/, grösser, als unsere grössten 
Klaiber, so beruht dies sicher nicht auf genauer Messung. Der Schnabel 
dieses syrischen Klaibers ist etwa 1'' bis 2‘, der Lauf kaum 1‘ länger, 
und der Flügel meistentheils kürzer, oder erreicht höchstens die Länge 


des kleinsten Individuums der andern Art. Auch finde ich es nicht natur- 
Naumannla, 1966, 28 


434 


gemäss, diese Sitta syriaca mit Sita uralensis und europaea, als weiss- 
brüstige, in eine Gruppe zusammen, und der sSitta caesia gegenüber zu 
stellen. Diese Rücksicht auf die ziemlich übereinstimmende Farbe der 
Brust ist nur zu sehr geeignet, das natürliche Verhältniss dieser Formen 
zu verdunkeln. Die Sitta syriaca hat weder der Form, noch der Zeich- 
nung, noch der Lebensweise nach irgend eine Uebereinstimmung mit den 
drei andern Formen, während diese unter sich in diesen Beziehungen 


vollständig übereinstimmen. 


Es handelt sich also hier nur um die Formen, die man früher mit 
dem gemeinsamen Namen sSitta europaea bezeichnete, und von denen man 
später die Sitta europaea var. sibirica, Pall, unter dem Namen $. ura- 
lensis oder asiatica, und die S. caesia glaubte als Arten trennen zu müssen. 
Brehm hat in seinem Vogelfang die dahin gehörigen Formen unter acht 
verschiedenen Namen getrennt, unter denen, wie es scheint, vier Anspruch 
auf wirkliche Arten machen. Ich will die auf der Versammlung in Cö- 
then vorgezeigten Exemplare nach ihren Dimensionen und Färbungen der 
Reihe nach erwähnen, um die specifische Bedeutung dieser Formen er- 


läutern zu können, 


(7) N 

= E = 28. .1.8,-| Ben Sure 

3 = & Ei 5 S5 2 |ı22|> 
ZA E - © a er er Sale 
= B u 
1. W. Braunschweig. | 70 137,5“) 21‘ 18 198] 6 9,8 
2. M. | Braunschweig. | 70. [38 20,5 | 18,6 | 10 6,5 | 9,8 
3.| M. | Braunschweig. | 69 |38,5 20 18 976, 5,82109,3 
4.| W. Kopenhagen. 70 137,5 21 17,8 | 9,8 | 6,6 |- 9,5 
5.| W. Kopenhagen. 69° |37 20 17 9,5 | 6,3 | 9,6 
6.|M. Kopenhagen. 69 |38 20,3 17 9,7_\. 6,2 |.9,7 
7.|M. Wologda. 70 1839 21 17,5 | 9,6 | 6,3. |.9,6 
8.| W. Stockholm. 70 138 20 18,6 | 9,8") 6,7 | 9,2 
9.| M. Schweden. 68 [37 19,5..|..18 9,5 | 6,3 | 9,5 
10. M. Stockholm. 70 138 20,5 | 18,6 | 9,38 | 6,6 | 9,6 
11.| W. Archangel. 69 137,5 20 18,3 | 9,6 | 6,5 | 9,5 
12.| W. Ural. 68 137 20 18 9,5 | 6,3 19,6 
13.| M. Ural. 66 136 19 17 9 5,8 | 9,3 
14.| M. Nimon. 65 134,5 18 16,6 | 9 5,0 | 9 


435 


Die Färbung dieser Individuen ist in folgender Weise verschieden: 


Nr. Halsseite. Brust. Bauch. Weichen. 

45 | rostgelb. dunkelrostgelb. | dunkelrostgelb. | dunkelrostbraun. 

2. rostgelblich. rostgelb. dunkelrostgelb. rostbraun. 

3. |  rostweislich. rostgelb. rostgelb. rostbraun. 

4. weisslichmitrost-| blass rostgelb. rostgelb. matt rostbraun. 

‚farbenem Anflug. 

5. |weisslichmitrost-|weisslichmitrost-| blass rostgelb. | matt rostbraun. 

farbenem Anflug.| gelbem Anflug. 

6. weisslich. weisslich mit rost- | weisslich mit rost-| dunkelvostbraun. 

gelbem Anflug. | gelbem Anflug. 

7. weiss. weiss. weiss mit rostgel- rostbraun. 

bem Anflug. 

8. weiss. weiss. weiss mit rostgel-| matt rostbraun. 

bem Anflug. 

9, weiss. weiss. weisslich. rostbraun. 
10. weiss, weiss. weiss. dunkelrostbraun. 
3, weiss. weiss. weiss. rostbraun. 
12. weiss. weiss. weiss. wenig und matt 

rostbraun. 
13. weiss, weiss. weiss. wenig und matt 

rostbraun. 
14. | weiss. weiss. weiss. wenig und matt 

rostbraun. 


Die Färbungen dieser Individuen schliessen in dieser Reihenfolge 


sich so genau an einander an, dass es nicht möglich ist, die Formen 


von 1 bis 12 nach dieser Rücksicht zu trennen. Nr. 2 und 3 von Braun- 
schweig sind verschieden, aber liegen so dicht in ihren Farbennüancen 
an einander, dass es nicht möglich wird, eine Gränze zwischen beiden 
festzuhalten. Dies gilt noch mehr von 3 und 4, aus Braunschweig und 
Nr. 7 
aus Nordrussland, bildet mit 8, 9 und 10 aus Skandinavien eine unun- 
Nr. 12, 13 und 


14 vom Ural schliessen sich in der Färbung der Männchen unmittelbar 


Kopenhagen, von 4 und 5, und von 5 und 6 aus Kopenhagen. 


terbrochene Reihe, die in 11 ihre letzte Gränze erreicht. 


an Nr. 11 an, sind aber unter sich ziemlich übereinstimmend und wesent- 
lich nur in der Grösse verschieden. 

Würde man Nr. 3, 4 und 5 aus dieser Reihe entfernen, so würde 
es vielleicht möglich sein, eine Gränze festzuhalten. Dasselbe gilt für 
Nr. 9, 10, und 11. 


6, 7 und 8 die S. europaea, 


Dann hätten wir in Nr. 1 und 2 die $. caesia, in 
12, 13 und 14 
Brehms Sitta coerulescens, pinetorum und foliorum liegen innerhalb der 
28* 


und in die S. uralensis. 


436 


Gränzen von 1 und 2. ‘Die Sitta advena, Brehm, würde in der Gegend 
von Nr.3 und 4 zu suchen sein; es würde willkürlich sein, sie bis Nr. 5 
auszudehnen. Unter Nr. 9 hätte man nach Brehm’s eigener Andeutung 
Sitta suecica zu verstehen. Für Nr. 10 und.11 würde man nach dieser 
Auffassung noch einen neuen Namen zu geben haben. Aber an eine Un- 
terscheidung dieser Formen, welche mit diesen Namen versehen wären, 


würde man nicht denken können. 


Ich habe es oft versucht, die nach ihren Färbungen noch genauer 
wie in der obigen Uebersicht bezeichneten Individuen nach der Beschrei- 
bung, ohne auf die Etikette zu achten, wieder aufzusuchen; doch in der 
Regel vergeblich. Auch habe ich in Cöthen vergeblich aufgefordert, 
scharfe Unterschiede für diese verschiedenen Formen anzugeben. Und 
dabei muss ich bemerken, dass sich die Zwischenglieder zwischen den 
verschiedenen Individuen der oben erwähnten Reihen leicht vermehren 
lassen, und dass ich sie seit der Zeit schon wieder vermehrt habe. 
Wer hier Species, oder auch nur Subspecies unterscheiden will, versucht 
sich in einem Kampfe mit dem Unmöglichen. Wer hier ernstlich von ir- 
gend einer nach allen Richtungen unterscheidbaren Form redet, führt die 
Ornithologie aus den Gränzen einer exacten Wissenschaft auf den 
schwankenden Sumpfboden der subjectiven Willkür hinüber. 


Und dasselbe gilt von den Unterschieden nach den Dimensionen, 
die übrigens doch noch den Schein einer exacten Unterscheidung an sich 
tragen können. Ich besitze S. caesia aus Braunschweig von 66‘ bis 70 
Totallänge, mit einer Mundspalte von 9‘ bis 10‘; sämmtlich unten 
dunkel und heller rostgelb. In den Gränzen derselben würden Brehm’s 
‚S. caesia, coerulescens, pinetorum und foliorum liegen. Ein jeder wird leicht 
einsehen, dass willkührliche Absonderungen innerhalb dieser Gränzen, 
sogar wenn dieselben noch erweitert würden, nicht über die Gränzen der 
Beobachtungsfehler hinausgehen könnten. Auch solche Unterscheidungen 
bewegen sich auf dem schwankenden Boden der Willkühr, und sind 
sicher nur nach dem ungefähren Augenmass und nicht mit Zirkel und 
Massstab aufgestellt! 


Vollends muss ich das von der Behauptung Brehm’s aussprechen, 
dass S. uralensis halb so gross sei, als S. europaea. Das kleinste Exem- 
plar, welches ich ‘kenne, und ich habe über 60 Exemplare dieser Art 
untersucht, ist unter Nr. 14 aufgeführt; es fiel auch in Cöthen durch 
seine Kleinheit auf. Die Flügel desselben sind nur 24/,‘, die Läufe nur 


437 


1/,'! kürzer, als bei S. europaea unter Nr. 9 aus Schweden. Das grössere 
Exemplar von S. uralensis, Nr. 12 vom Ural, steht an Grösse vollkommen 
der S. europaea Nr. 9 aus Schweden gleich. Ich habe wiederholt S. caesia von 
einer Kleinheit gefunden, die kaum über die Grösse von Nr. 14 hinausging. 

Nachdem es aus den Mittheilungen in Tabelle 1 und 2, zwischen 
deren Individuen ich nach eigener Beobachtung noch viele Zwischenglie- 
der einschieben konnte, klar geworden sein mag, dass die aufgestellten 
Speeies in allen Riehtungen in einander übergehen, dass die von Brehm 
angedeuteten Subspecies, deren Charakteristik freilich nur sehr allgemein 
gehalten ist, in ihren Unterschieden die Gränzen der Beobachtungsfehler 
nicht einmal erreichen können, würde ich nicht auszusprechen nöthig 
haben, dass an eine scharfe Species- oder Subspeciesunterscheidung, dass 
an jede scharfbegränzte Absonderung innerhalb dieser Reihe nicht zu 
denken ist. Dass Brehm, oder jeder beliebige andere Ornitholog, ein 
speciell vorliegendes Individuum mit einem speciellen Namen zu belegen 
im Stande ist, und auch im günstigsten Falle sich darin consequent 
bleibt, wäre noch kein Gegenbeweis. In der Ornithologie kommt es auf 
Virtuosität gar nicht an; was einer klar und bestimmt erkannt hat, muss 
er auch klar und bestimmt nach seinen Gründen mittheilen können, 
damit Andere, die keine Virtuosen sein wollen, das Kunststück auch 
nachzumachen im Stande sind. Eine Unterscheidung, die nicht jeder 
nachmachen oder verifiziren kann, hat keine Bedeutung für die Zoologie. 

Fragen wir endlich nach einer Berechtigung solcher Unterschei- 
dungen durch eine Verschiedenheit in der Stimme, der Lebensweise und 
‚Fortpflanzung*); so fällt die Antwort noch durchgreifender aus, als wenn 
wir Färbung und Grösse ins Auge fassen. Wer hat je die Verschieden- 
heit dieser Formen nach Lebensweise und Fortpflanzung behauptet, und 
klar nachgewiesen! Und doch wird jeder Beobachter über den Charakter 
derjenigen Form, die er tagtäglich beobachten kann, nicht im Unklaren 
sein. Ich habe diese Art in Deutschland, Frankreich, den Alpen, Ita- 
lien, Dalmatien und Ungarn bis zum nordöstlichen Russland zahlreich 
beobachtet und in Stimme und Benehmen keine Spur von Verschieden- 
heit auffassen können. Die vom gemeinen Klaiber unterschiedenen Spe- 
eies und Subspeciess muss ich nach meinen Erfahrungen für Bücher- und 
Stubenunterscheidungen halten, die sich vor der Beobachtung in der freien 
Natur nicht halten können. 


*) Die Eier von S, europaea lassen sich nicht von denen der caesia unter- 
scheiden. D. Herausg. 


438 


Und doch sind WVerschiedenheiten da, und die Unterscheidungen 
haben einen Sinn, wenn auch nicht den der Species oder Subspeeies. 


Aber welchen? 


In Mittel- und Südeuropa kommt herrschend die Form vor, die man 
’S. caesia genannt hat. In Mittel- und Norddeutschland, in Dänemark 
und manchen Gegenden Russlands findet man blassere Färbungen, denen 
Brehm den Namen S. advena beilegt. In Dänemark, Schweden und 
einem grossen Theil von Nordrussland kommt die Färbung der S. europaea, 
L., vor; doch wissen wir. dass in Schweden und Nordrussland noch 
einzelne Individuen von der Färbung der . caesia auftreten. Im Ural 
und in Sibirien wohnt die S. uralensis oder asiatica. Jede dieser For- 
men ist an eine bestimmte Region vorherrschend, doch nicht absolut 
ausschlieslich, gebunden. So wie diese Regionen einander nähern, gehen 
auch diese Formen in einander über. Sie erleiden ebenso wenig nach 
ihrer geographischen Verbreitung als nach ihren naturhistorischen Eigen- 
schaften eine Unterbrechung. Sie bilden ein zusammengehöriges Ganzes, 
das sich nach der geographischen Verbreitung allmählich in seine Gegen- 
sätze spaltet. 


Gehen wir von der S. europaea, L., aus, so ist die S. caesia eine 


südliche, die S. uralensis eine östliche Form derselben Art. 


Ich würde kaum irgend etwas dagegen einwenden mögen, zu sagen, 
es seien klimatische Abänderungen ein und derselben Art, wenn der 
Ausdruck nicht eine Hypothese einschlösse, die den Causalzusammenhang 
andeuten will. Thatsache ist, das das Klima in denjenigen Ländern, wo 
diese verschiedenen Formen vorherrschend vorkommen, verschieden ist; 
dass das Klima aber die Abweichungen hervorgebrachthabe, ist dieHypothese, 
die wahr und falsch sein kann, (die aber, bis ein bestimmter Causalzu- 
sammenhang empirisch nachgewiesen ist, auf sich beruhen mag. Ich 
will in dieser Beziehung nur an den klassichen Schluss von Hebel er- 
innern: „Wenn im Frühjahr die Frösche quacken, so schlägt das Laub 
aus; folglich quacken die Frösche das Laub heraus!“ Ich glaube sogar, 
dass in diesem Falle die Frösche nicht alles Laub herausquacken, weil 
sonst ein S. advena, Br., neben einer caesia in Deutschland, und eine 
caesia neben einer europaea in Schweden nicht gleichzeitig vorkommen 
könnte. 


Ich halte es einstweilen für gerathener, sich von den Thatsachen 


möglichst wenig zu entfernen, und zu sagen, diese drei Formen sind 


439 


örtliche oder Localvarietäten ein und derselben Art. Ich trage dabei- die 
Bedenken Dr. Gloger’s gar nicht. Es zwingt mich Niemand, eine 
Localität auf bestimmte Dimensionen zu beschränken. Eine Localität 
kann meinetwegen möglichst gross sein, und z. B. die ganze alte Welt, 
gegenüber der neuen, umfassen. In diesem Falle würden drei Locali- 
täten zu sondern sein, 1. Mittel- und Südeuropa, 2. Skandinavien und 
Nordrussland und 3. Sibirien. 

Diese drei Localvarietäten können, wie die Oertlichkeiten selber, in 
allen möglichen Annäherungen und Uebergängen zu einander vorkommen, 
wie es die Beobachtung gezeigt hat. Und diese Uebergänge sind der 
sicherste Beweis dafür, dass an Species und Subspecies dabei nicht zu 
denken ist. 

Aber woher nun diese Verschiedenheiten der Ansichten, denen im 
Wesentlichen doch Thatsachen gleicher Art zu Grunde liegen? Woher 
z. B. die Verschiedenheit der hier dargelegten Ansicht mit der extrem 
gegenüberstehenden von Brehm? Die Gründe scheinen mir auf der 
Hand zu liegen. 

Brehm legt vorzugsweise Werth auf die Färbung, auf Abweichungen 
sogar nach schwachen Färbungsnuancen. Er würde sonst nicht S. syriaca 
mit uralensis und europaea in eine Gruppe zusammen und die S. caesia 
gegenüber gestellt haben. Mir scheint es dagegen, als ob man, im Zu- 
sammenhange mit der’ Lebensweise, zunächst den Bau und die plastischen 
Verhältnisse nach ihrer Uebereinstimmung oder Verschiedenheit beachten 
müsse, und von schwachen Farbenabweichungen, denen keine andere wich- 
tige Verschiedenheit parallel geht, zu abstrahiren habe. 

Brehm legt ferner viel Werth auf die relativen Grössenverhältnisse, 
führt aber oflenbar die Unterscheidungen wesentlich nach dem Augen- 
maass aus. Ich dagegen bin der Ansicht, dass man die Grössenverhält- 
nisse genau mit Zirkel und Maassstab verfolgen muss, nicht um jede Ab- 
weichung für wichtig, für eine neue Entdeckung, für eine neue Species 
oder Subspecies zu halten, sondern um sich von den Grössenabweichungen 
nicht irre führen zu lassen, und die Grenzen derselben zu bestimmen. 

Brehm ist Virtuos im Unterscheiden, hat aber in Folge dessen 
auch eine so unwiderstehliche Neigung zu unterscheiden, dass er Unter- 
schiede fest zu halten sucht, wo er selber, wie bei seiner S. advena, Ue- 
bergänge nicht verkennen kann. Ich dagegen bin der Ansicht, dass Ge- 
gensätze, die durch allmählige Uebergänge mit einander verbunden sind, 


nicht scharf getrennt werden können, und eine specifische Sonderung in 


440 


Büchern unnütz ist, wenn ihr kein scharf getrennter Gegensatz in der 
Natur entspricht. 


Endlich ist Brehm, obwohl er nicht von vorgefassten Theorien, sondern 
von bestimmt beobachteten Thatsachen ausgeht, sehr geneigt, die beob- 
achteten Einzelheiten über den Thatbestand hinaus zu verallgemeinern. 
Er sagt z. B. S. advena verirrt sich aus Ungarn selten nach Deutschland. 
Das ist offenbar ein Schluss, dem eine hier nicht weiter erwähnte That- 
sache zu Grunde liegen kann, aber ein Schluss, der sich handgreiflicher 
Weise gar nicht verificiren lässt, da die Klaiber überall ohne Geburts- 
schein umherfliegen. Auch ist der Schluss in dieser Allgemeinheit falsch, 
da S. advena in Gestalt von Nr. 3 ein tagtäglicher Bewohner von Braun- 
schweig, und auch bei Kopenhagen nicht ungewöhnlich ist, endlich eben- 
falls am Niederrhein, in Westfalen, und in der Mark vorkommt. Verall- 
gemeinerungen dieser Art sind sehr geeignet, den wirklichen Thatbestand 


zu verdunkeln. 


2. Certhia familiaris L. u. s. w. 


Die Unterscheidung der Formen in der Gattung Certhia ist ein Ge- 
genstand, der mich seit Jahren in der freien Natur, wie in Sammlungen 
ernstlich beschäftigt hat. Ich habe diese Vögel eine Zeit lang nur im 
Freien beobachtet, erlegt, genau gemessen und nach ihren Färbungen be- 
schrieben, um die Verschiedenheiten ihres Vorkommens auf irgend eine 
Gesetzmässigkeit zurückzuführen. Nur die interessantesten Formen be- 
hielt ich in Bälgen zurück. So habe ich Baumläufer aus fast allen Ge- 
genden Europa’s, von Sicilien und Dalmatien an durch die Alpen und 
Deutschland bis in’s nordöstliche Russland hin frisch untersucht. Um 
die vorkommenden Verschiedenheiten von einer bestimmten Oertlichkeit 
in ihrer ganzen Ausdehnung mit der Mannichfaltigkeit aus verschiedenen 
Ländern vergleichen zu können, habe ich in den letzten Jahren eine ziem- 
lich grosse Anzahl Individuen aus der Nähe von Braunschweig in Bälgen 
aufbewahrt. Brehm hatte die Freundlichkeit, mir seine Species und Sub- 
species freigebig mitzutheilen, so dass ich sie mit meinen Vorräthen ver- 
gleichen konnte. Aus den im Verlauf des letzten Jahres bei Braunschweig 
erlegten Individuen hebe ich ungefähr den dritten Theil hervor, um die 
im frischen Zustande genommenen Maasse der Discussion zu unterwerfen, 


und füge demselben einige Maasse von Originalexemplaren Brehm’s hinzu 


441 


Ia. Oberseite lohfarbig oder rostgelblich. C. jamiliaris. Br. 


=|2| 2 | oo oz | E 232 > | Bene 
Se m ® =2| 58 3 |eSe8 u 33 a: en 
ela| a |75| 22 | Preel“ 88 | =: |F8 
= .. 2 = na == m» E = .. 7 
1. 25,5 7,0. 4,0% 6,8°13,6'+4,0'15°' 42,4 | 1. 
2.55 |25 12751132 |70 142 7,0 13,6 +3,7 15,2+2,9 | 2. 
3157 |26 127 |13,3 |7,0 |4,25 [7,0 |3,4 +4,3 15,2+2,7 | 3. 
4.156 [27,5 |25,5114,2 |7,6 4,6 |6,8 |3,5 +42 [5,0423 | 4. 
5.159 128 |27 114,0 [7,5 /4,6 16,6 |3,5 +4,3 [5,0+42,5 | 5. 
6.157 |28 |25 J14,2 |76 |4,75|7 |3,6+3,7 15,242,6 | 6. 
7.155 |29 23,5114,3 |7,8 |4,8 |6,8 |4,0 +4,2 j92+3,0 7 
8.160 |27 28 |14,5 |8,0 15,0 \6,6 [3,6 +46 !5,4+2,5 | 9. 
9.56 127,5 |24 144 |7,8 15,0 17,2 |40 +4,11 |5,2+3,0 |10. 
10.158 |27 1255115 182 |5,2 |6,8 |4,0 +41 15,2+2,6 |ı1. 
11160 |29 |27,5l114,8 |82 15,3 |7,0 |4,0 +4,83 15,3+3,0 |18. 
12.158 127,5 25,515 82 15,3 |6,6 13,6 +4,0 |5,2+3,0 |14. 
13.157,5 27,5 |25 15 83 154 |71 |3,8 +4,5 15,0+2,6 |15. 
14.61 |29 |28 15,2 |8,7 5,8 |71 |35 +45 15,1+2,6 [20. 
15.60 |29 |27 15,6 [9,0 |6,0 [7,0 |40 +4,5 |5,2+3,0 |283. 


la. Oberseite bräunlichgrau oder graubraun. C. brachydactyla. Br. 


zig = ol 25 | € e: > I“ 
al 21% |Bei5E | 2 |8s| 3.5 & 8 
ee ialiaeı en mem | © 2 e 
>|. a ER: ) = |"E2| - 2 = EB 
=| ® q er 5 52 a8 s$ 

4,9 6,8 3,8''+4,3' 5,0°'+2,7'" 8 

5,2 |70 13,5 +3,55 5,1 +2,6 lız 

54 |7,0 13,7 +3,9 5,1 +2,5 |16 

5,5 7,0 4,2 +3,5 15,0: +2,8..|17 
20.59 27 126,5115,0 |8,5 15,6 17,0 4,0 +3,6 15,0 +2,3 |ı8 
21.58 26 125 115,2 8,7 15,7 I6,8 13,6 +3,7 15,0 +2,5 |19 
22.56 25,5 23 15,3 18,75 5,8 |6,7 13,4 +40 148 +2,5.|21 
28.61 127 128 15,3 8,75 |5,8 7,2 |3,8 +3,5 |5,4- +2,5 122 
24.160 128 126,515,8 19,0 |6,1 |7,2 142 +4,0 |5,5 +2,9 124 
25.62 27 129 16,0 9,5 16,8. 17,2 14,0 +35 155 +2,5 |25 
26.60 28,5 |26,5116,0 9,3 |6,4 |6,8 13,8 +4,2 |5,2 +2,7.|26 
27.159 28  [25,5115,8 19,3 |6,4 |7,2 40 +37 15,5 +2,6 |97 
28.58 28,5 124 16,2 19,3 6,6 |7,2 14,0 +3,8 15,5: +2,6 |28 
29.60 28,5 |26 16,2 19,6 6,8 |7,3 13,8 +3,5 |5,2 +2,5 |29 
30.60 28,5 |26,5j16,4 |9,9 |7,0 |7,2 4,0 +4,5 |5,3 +2,8 |80 


442 


Ib. Certhia familiaris. Brehm. 


Nr. 


14. 


15. 


I 


Fund- 
ort. 


Braun- 
schweig. 
Braun- 
schweig. 


Braun- 
schweig. 
Braun- 
schweig. 


Braun- 
schweig. 


schweig. 


Braun- 
schweig. 


Braun- 
schweig. 


Braun- 
schweig. 


Braun- 


schweig., 


Basses, 
Alpes. 


Renthen- 
dorf. 


Braun- 
schweig. 
Braun- 
schweig. 
Braun- 
schweig. 


g Färbung Frbung Färbung | a 
© der Bezeich- 
= der Unter- Bar nun 
& |Oberseite. 5 Weichen. & 
=g seite. 
M.| blass rost- |unrein weiss.| rostfarbig 

gelblich. überflogen. 
W.|blass weiss-unrein weiss. weiss. ? 

lich rostfar- 
big. 

W.idunkel rost-| rein weiss. | rostfarbig |C. fam. pusilla. 
farbig. überflogen. Br. ? 
M.|dunkel rost-unreinweiss.| schwach |. fam. pusilla. 
farbig in’s rostfarbig Br. ? 

Bräunliche. überflogen. 
W.|dunkel rost-| rein weiss. weiss. |C. jam. pusilla. 
gelblich. Br. ? 
W.| blass rost- |rein weiss. | schwach |C. /am. brachy-| Braun- 
gelblich. rostfarbig rhynchos. Br. ? 
überflogen. 
M.|dunkel rost-|ziemlichrein| rostfarbig ? 
gelblich in's} weiss. überflogen. 
Bräunliche. 
W.|lebhaft rost-| rein weiss. | schwach ? 
gelb. rostfarbig 
überflogen. 
M.| bräunlich ziemlich schwach |C. Costae, Parz. 
rostgelb. |rein weiss. | rostfarbig | (Verglichen.) 
überflogen. 
M. blass weiss-| rein weiss. | rostfarbig ? 
lichrostgelb. überflogen. 
M.|lebhaft und] rein weiss. | rostfarbig |C. Costae, Parz. 
dunkel rost- überflogen. | Originalexem- 
gelb. plar. 
M.|sehr lebhaft| ziemlich | rostlarbig | C. familiaris. 
und dunkel-| rein weiss. | überflogen. | Br. Original- 
rostfarbig. exemplar. 
W.| rostgelb. |rein weiss. | rostfarbig |C. f. macroda- 
überflogen. letyla.Br.(Vergl.) 
M. dunkel rost-| ziemlich | rostfarbig \C. f. macroda- 
gelblich. |rein weiss. | überflogen. ctyla.Br.(Vergl.) 
M. lebhaft und|rein weiss. | schwach |C. f. macroda- 
dunkel rost- rostfarbig |ctyla. Br. (Ver- 
farbig. überflogen. glichen.) 


17), 


443 


IIb. Certhia brachydactyla. Brehm. 


2 Färbun ' | = 
£ rbeng der 4 Farbung, Bezeich- | Fund- a “ 
Nr.) Z der are der non art (88 
& |Oberseite, RL Weichen. & ı leo 
Z seite. | = © 
16.|M.| braungrau | ziemlich | weisslich. ? Braun- | ?1/, 
in’s Rostfar- rein weiss. schweig. 
bige. 
17. W. dunkel unrein rostfarbig |C. brach. para-, Braun- | ®/, 
braungrau. | weisslich. | überflogen. dowa. Br. |schweig. 
18.| W.| braungrau. | grauweiss. | stark rost- |C. brach. media. Braun- | 12/, 
| farbig über-| Br. (Vergli- |schweig. 
flogen. chen.) 
19.|W.. dunkel | grauweiss. | stark rost- |C. br. megarhyn-\ Görlitz. | 2%, , 
braungrau. farbig über-|chos. Br. Origi- 
flogen. nalexemplar. 
20.|M. schwärzlich| ziemlich | stark rost- ? Braun- | 9, 
rostbraun. |rein weiss. [farbig über- schweig. 
flogen. 
21.|M.| dunkel schmutzig | rostfarbig ? Braun- | %, 
braungrau. | weisslich. | überflogen. schweig. 
22.| W.|schwärzlich| unrein rostfarbig | ©. brach. vera. Benthen-| 1%, , 
rostbraun. weiss, überflogen. |Br. Originalex.| dorf. 
23.| W.|schwärzlich) ziemlich schwach | €. brach. vera. | Braun- | 17/,, 
braungrau. | rein weiss. | rostfarbig | Br. (Vergli- |schweig. 
überflogen. chen.) 
24.|M.| braungrau. | ziemlich | stark rost- ? Braun- | 2%, 
rein weiss. [farbig über- schweig. 
flogen. 
25.|M. dunkel rost- rein weiss.) rostfarbig |C. br. megarhyn-| Witten. | 15/,, 
bräunlich. überflogen. |chos. Br.Or.-Ex. 
26. | W.dunkel rost-, grauweiss. | rostfarbig ? Braun- | 2°, 
bräunlich. überflogen. schweig. 
27.|M.\dunkel rost-unrein grau-| stark rost- |C. brachyd. vera.\Benthen- 1%, , 
bräunlich. weiss. (farbig über-| Br. Original- | dorf. 
flogen. exemplar. 
28.|M.| dunkel ziemlich schwach ? Braun- | %, 
braungrau. |rein weiss. | rostfarbig schweig. 
überflogen. 
29. M. dunkel rost- unrein stark rost- |C. br, megarhyn-|Renthen -| 12/,, 
braun. weiss. farbig über-|chos. Br. Origi-| dorf. 
flogen. nalexemplar. 
30.|W.| dunkel- | grauweiss. | schwach ? Braun- | 12/, 
braun, rostlarbig schweig. 
überflogen. 


| 


444 


Für die Anordnung dieser Reihenfolge ist die Entfernung der Kiefer- 
spitze vom Vorderrande des Nasenlochs zu Grunde gelegt, da sich dieses 
Maass mit der grössten Sicherheit bestimmen lässt. 


So wenig es zu verkennen ist, dass es Baumläufer mit hellrostgelber 
oder lohfarbiger, und andere mit dunklerer, schwarzgrauer oder mehr braun- 
grauer Rückenfarbegibt; eben so wenig kann ich die Thatsache verhehlen, dass 
ich in vielen Fällen zweifelhaft bin, zu welcher der beiden Gruppen ich 
ein bestimmt vorliegendes Exemplar zu stellen-habe. Zu diesen zweifel- 
haften Exemplaren würde ich Nr. 7, 14, 15 und auch Nr. 12 rechnen, 
wenn es kein Originalexemplar wäre. Alle vier Exemplare sind so ent- 
schieden rostfarbig braun, dass in dieser dunkelbraunen Färbung der 
Rückenfedern eine Annäherung an die folgende Gruppe nicht zu verken- 
nen sein kann. Noch entschiedener aber tritt in der zweiten Reihe bei 
Nr. 16, 21, 25, 26, 27 eine lichte Rostfarbe auf den Rückenfedern auf, 
die bei Nr. 18, 19 und 24 fast ganz fehlt. Ich würde Bedenken getragen 
haben, Nr. 25 und 27 in die zweite Reihe zu stellen, wenn es keine 


Originalexemplare wären. 


So verschieden können also zwei Ornithologen über dasselbe an- 
schauliche Faktum denken! Aus den Angaben der Tabellen ist ersicht- 
lich, dass auch die Färbung der Unterseite keine scharfen Gegensätze 
zeigt. ; 

Es scheint mir gar keinem Zweifel unterworfen, dass eine Unter- 
scheidung nach Farben und Farbenbeschreibungen für eine bedeutende 
Zahl der vorkommenden Individuen nicht ausreichend ist. Ich bezweifle 
sogar nach eigner Erfahrung, dass man jedes Individuum, auch wenn man 
grosse Reihen neben einander vor sich liegen hat, sicher und bestimmt 
einordnen kann. Den Beweis habe ich in sehr ausgedehnten Reihen vor 
Augen liegen. 

Die Flügellänge, ein Maass, welches sich bestimmt beobachten lässt, 
wechselt bei C. familiaris von 25‘' bis 29, bei C. brachydactyla von 
25,5‘ bis 28,5. Sie wechselt in beiden Reihen ohne Unterschied des 
Geschlechts und der Färbung. Nur das kann man im Allgemeinen sagen, 
dass grössere Exemplare in der Regel auch längere Flügel haben. 


Die Schwanzlänge wechselt bei ©. jamiliaris von 23‘ bis 28°, bei 
©. brachydactyla von 23‘ bis 29“. Auch darin liegt kein Anhaltspunkt 
für irgend welche Unterscheidung, abgesehen davon, dass sich die Schwanz- 


federn leicht abstossen. 


445 


Bei C. familiaris wechselt die Schnabellänge vom Vorderende des 
Nasenlochs an zwischen 4‘ und 6‘, bei (©. brachydactyla zwischen 4,9''' 
und 7‘. Von 15 aufgeführten C. familiaris haben 8 Exemplare von Nr. 
8 bis 15 einen längern Schnabel als die ersten C. brachydactyla unter 
Nr. 16, und 8 Exemplare von (©. brachydactyla unter Nr. 16 bis 23 einen 
kürzeren Schnabel als die letzte C. jamiliaris unter Nr. 15. 


Wollte man die einzelnen Exemplare nach der Schnabellänge in 
Gemeinschaft mit der Färbung der Oberseite bestimmen, so müsste mehr 
als die Hälfte sämmtlicher Individuen unbestimmt bleiben. Ungefähr das- 
selbe Resultat erhält man, wenn man sich nach der Länge der Mund- 
spalte oder der Gesammtlänge des Kopfes und Schnabels richten wollte. 
In den Schnabeldimensionen liegt ganz und gar kein ausschliessliches 
Unterscheidungszeichen für beide Arten, oder auch für die Geschlechter 
derselben. 


Auch die Fussbildung ist zur Unterscheidung und Begründung beider 
Arten benutzt worden. 


Die Länge des Laufs wechselt bei C. familiaris von 6,6‘ bis 7,2‘, 
bei C. brachydactyla von 6,8'' bis 7,3‘. Das sind keine Gegensätze, 
die an und für sich auf eine specifische Verschiedenheit hindeuten. 


Die Länge des Daumens wechselt bei C. familiaris von 3,5‘ bis 4, 
bei ©. brachydactyla von 3,4'' bis 4,2''; die der Daumennägel bei C. fa- 
miliaris von 3,7 bis 4,6, bei C. brachydactyla von 3,5'' bis 4,5. 
Die Länge der Mittelzehe schwebt bei (©. familiaris zwischen 5''‘ und 
5,4, bei ©. brachydactyla zwischen 4,8'' bis 5,5‘; die des Mittelzehen- 
nagels bei C. jümiliaris zwischen 2,3‘ und 3,0'', bei C. brachydactyla 
zwischen 2,3 und 2,9 Unterschiede sind für beide Formen offenbar 
nicht vorhanden, oder sie liegen für Thiere von gleicher Grösse inner- 
halb der Grenze der Beobachtungsfehler, oder übertreffen dieselben kaum 
merklich. Man kann vielleicht mit Bestimmtheit sagen, dass C. brachy- 
dactyla, umgekehrt, wie es der Name andeutet, sogar häufiger lange Zehen 
hat, als C. jamiliaris. Der Daumen erreicht nur bei 5 Exemplaren von 
©. familiaris eine Länge von 4‘, während 7 Exemplare von (©. brachy- 
dactyla dieselbe Grösse erreichen; die Mittelzehe erreicht nur bei 2 Exem- 
plaren von C. familiaris eine Länge von 5,3‘, während 6 Exemplare von 
©. brachydactyla dieses Maass erreichen. Nur das ist im Ganzen klar, 
dass grössere Vögel in der Regel auch grössere Zehen haben, ein Re- 
sultat, welches ich sehr wenig überraschend finde. 


446 


Und nun möchte ich wohl fragen, was von Färbung und Körper- 
verhältnissen übrig bleibt, um beide Arten mit Sicherheit zu unter- 
scheiden! 

Endlich sind auch die Lebensverhältnisse zu berühren. Brehm sagt, 
dass C. familiaris die Nadelwälder, (©. brachydactyla die Laubhölzer und 
Gärten bewohne. In der Nähe von Braunschweig giebt es keine Nadel- 
wälder. Ich habe in den letzten Jahren in der Nähe von Braunschweig 
einige 70 Certhien geschossen, fast alle an zwei bestimmten Stellen, in 
deren Nähe, ausser etwa 6 Stück alten einzelnen Kiefern und etwa 5 Stück 
einzeln stehenden Rothtannen, gar kein Nadelholz vorkommt; einzelne 
geschlossene Gruppenvon Nadelholz kommen erst von diesem Punkte an in 
einer Entfernung von fast einer deutschen Meile vor. Man kann also 
wohl sagen, dass diese Certhien, die sämmtlich zudem noch entfernt von 
den angedeuteten einzelnen Nadelstämmen erlegt wurden, dem Laubholz 
angehören müssen: und das Verhältniss war ungefähr 40 ©. jamiliaris auf 
30 ©. brachydactyla. Ferner habe ich zahlreiche Certhien in den Alpen- 
gegenden und am Fusse der Apeninnen erlegt, und das Verhältniss der 
beiden Formen war auch dort nicht wesentlich abweichend. Auch im 
nördlichen und mittleren Russland ist das Verhältniss, so weit ich es 
habe beobachten können, kein wesentlich anderes. Daraus folgt minde- 
stens, dass man auf den Aufenthalt kein entscheidendes Gewicht legen 
kann. 

Man giebt an, dass die Eier von C.jamiliaris fein und dicht punktirt, 
die von C. brachydactyla grobgefleckt seien! Im Mai dieses Jahres fing 
ich ein Weibchen von C. brachydactyla in einer Rindenspalte einer Robinia 
Pseud-Acacia, etwa 6 Schritte von einem Wohnhause entfernt in einem 
Garten, auf dem Neste mit 7 Eiern. Sämmtliche Eier sind in der einen 
Hälfte fast rein weiss und ungefleckt, drei derselben haben an dem dicken 
Ende einen schmalen Kranz von mattrothen dichtgedrängten Punkten und 
feinen Punktfleckchen, drei andere haben am dicken Ende entferntstehende 
und ziemlich gleichmässig verbreitete, sehr mattröthliche Punkte und 
Punktfleckehen und das siebente ist nicht eirund, sondern lang gestreckt 
ellipsoidisch, und in der einen Hälfte bis etwas über die Mitte mit kaum 
merklichen, sehr entferntstehenden, ganz blass röthlich feinen Punkten und 
Punktfleckchen bestreut, fast ungefleckt. In demselben Garten, fast 60 
Schritte entfernt, in der Rinde eines absterbenden Birnbaums, war gleich- 
zeitig ein Nest von C. familiaris, mit viel grösser, dichter und dunkler, 


fast über die ganze Oberfläche gefleckten, und am breiten Ende mit einem 


447 


dichten Fleckenkranzeversehenen normalen Baumläufereiern. Beide alte Vögel 
habe ich in Händen gehabt, und besitze die Eier noch. Es ist daraus 
zu ersehen, dass die Angaben der Oologen keineswegs so sehr ver- 
allgemeinert werden dürfen, als es geschehen ist. Es ist mir nicht einge- 
fallen, die Verschiedenheit der Eier, die Brehm anführte, in Abrede 
zu stellen; ich habe nur gegen die Verallgemeinerung Einsprache gethan 
auf Grund meiner eigenen Beobachtungen. Und ich habe mindestens eben 
so wenig Grund, meine eigenen Beobachtungen in Frage zu stellen, als 
die der Oologen. Ich stelle nur in Abrede, dass der von den 
Oologen behauptete Unterschied ein durchgreifender sei. Ich frage nicht 
einmal, ob die Oologen auch immer gleichzeitig mit den Eiern den 
Verfasser derselben in Händen gehabt haben, oder ob derselbe ein Anony- 
mus, oder in passender Entfernung geblieben, und das Resultat durch 
Zusammenziehen entfernter Umstände erschlossen sei. Denn das konnte 
die Festigkeit der Ueberzeugung graduell auch ändern. 

Endlich ist die Stimme verschieden; Certhia jamiliaris lockt nach 
Brehm: ziht, ziht, ziht, und ©, brachydactyla: dit, dit, dit. Ich will dar- 
über sagen, was ich bestimmt weiss. Ich kenne noch andere Locktöne, 
die ich mit diesen Lettern nicht bezeichnet finde. Und was nennt man 
nicht Alles Lockton? Im Ganzen ist es unmöglich, mit unseren derben 
deutschen Lettern eine jede Vogelsprache zu bezeichnen; sogar der Kukuk 
und Wiedehopf. wissen davon zu sagen. Bei den Certhien kenne ich einen 
etwas tieferen, leiseren Lockton, der in der Regel ungefähr wie srih, srih, 
srih, oft weit schärfer, wie szrih, szrih, szrih, zuweilen sogar wie zrih, 
zih, oder ziht lautet, und einen anderen, weit höheren, mehr flötenden und 
meist laut und hastig, kurz und rasch hintereinander ausgestossenen Lock- 
ton, der ungefähr wie dit, dit, dit sich anhört. Ich habe manche Certhia 
geschossen, ohne von ihr einen Lockton gehört zu haben, manche, bei 
der ich zweifelhaft war, ob der Lockton von ihr selber oder von einem 
in der Nähe kletternden Individuum herrührte. Im Ganzen aber muss 
ich sagen, dass ich in den Wäldern bei Braunschweig, die, wie erwähnt, 
sämmtlich Laubwälder sind, gewöhnlich nur den ersten Lockton, srih oder 
szrih, lang ausgezogen, ruhig und leidenschaftslos, vernommen habe, ob- 
wohl etwa 4 Certhia familiaris auf 3 O0, brachydactyla unter den Erlegten 
sich vorfanden, Den hohen, hastig und kurz ausgestossenen Ton dit, dit, 
dit habe ich nur höchst selten, oft wochenlang gar nicht gehört, auch 
wenn unter den erlegten Individuen unzweifelhaft ©. brachydactyla sich 
befanden. Daraus ist jedoch, wie aus allen negativen Beobachtungen, 


448 


noch kein exactes Resultat zu erschliessen. Ich nahm mir vor, bestimmt 
auf das Verhältniss zu achten, und kann einstweilen schon eine ganz 
bestimmte Thatsache mittheilen. 

Am 17. October d. J. hörte ich in der Nähe von Braunschweig 
mehrfach den Lockton srih, oder szrih oder ziht, und überzeugte mich 
sehr bald, dass er von mehreren Baumläufern herrührte, die in einiger Entfer- 
nung von einander auf verschiedenen Eichenstämmen kletterten. Die Stimme 
aller Individuen waren im Wesentlichen übereinstimmend, und es war 
keine Spur-von dem hohen, raschen dit, dit, dit zu hören.- Ich wartete 
ab, bis einer dieser Baumläufer, den ich bestimmt glaubte locken zu hö- 
ren, von einem Eichengipfel abwärts nach dem nächsten Stamme_ flog, 
und schoss ihn herunter. Der Vogel lebte noch und liess, auf der Erde 
liegend, wiederholt sein tiefes langgezogenes srih oder szrih hören. Sogar 
als ich ihn in der Hand hielt, stiess er noch öfters ein ganz lang gezo- 
genes scharfes szrih, zuletzt sogar fast ziih, ziiih ete. aus. Das war 
doch offenbar der Lockton, den man (. jamiliaris zuschreibt; aber der 
Vogel war eine unzweifelbare C. brachydactyla, Nr. 23 der Tabelle, fast 
zum Verwechseln dem Originalexemplar der C. brachydactyla Nr. 22 
ähnlich. 

Daraus schliesse ich, dass auch die sehr bestimmt und sicher zu un- 
terscheidende Stimme kein ausschliessliches Mittel darbietet, die beiden 
unsicheren Certhien sicher zu unterscheiden. Und ich frage wieder nicht, 
ob denn die Herren Nestflüchter mit der Behauptung, dass man auf 30 
Schritt die beiden Certhien am Lockton unterscheiden könne, bloss 
ausdrücken wollen, dass man auf dreissig Schritte die beiden Locktöne 
unterscheiden könne, oder dass mit einem jeden dieser Locktöne auch 
unzweifelhaft immer ein und derselbe Urheber in Verbindung stehe. Das 
nämliche kann man aus dem Locktone doch wohl allein nicht schliessen, 
sondern müsste den Vogel im günstigsten Falle dazu in der Hand haben. 
Jeder der Herren Nestflüchter möge mit sich selber darüber zu Rathe 
gehen, wie oft er dies günstige Zusammentreffen des Locktons mit dem 
Vogel in der Hand beobachtet habe. Denn streng genommen reicht das 
Beobachten des Vogels auf eiuige Entfernung nicht hin, um über seine 
specifische Stellung sicher zu sein; giebt es doch unzweifelhafte Fälle, in 
denen man in Zweifel sein kann, wenn man sogar den Baumläufer in der 
Hand hat. Können die Herren Nestflüchter auch die nach Färbung und 
Schnabellänge durchaus zweifelhaften Individuen auf 30 Schritte am Lock- 


ton unterscheiden? Dann unterscheiden sie sicher nur den Lockton, und 


449 


schliessen daraus auf die Species. Ein Schluss aber ist nach alterthüm- 
licher Logik keine Beobachtung. Den Lockton selber an und für sich 
getraue ich mir auf mehr als, 60 Schritte zu unterscheiden. 

Ich halte dafür, dass die Naturgeschichte der, Baumläuferlocktöne 
noch nicht hinreichend Sicherheit hat, um für die Unterscheidung und 
Begründung von an und für sich noch durchaus nicht feststehenden, son- 
dern in vielen Fällen sehr zweifelhaften Arten angewandt werden zu 
können. Und ich möchte den Herrn Nestflüchtern, um diese Sicherheit 
herbeizuführen, anrathen, dass sie nicht zu viel denken und schliessen, 
sondern beobachten. Zum Unglück für die Ornithologie beschaffen sich 
die Herren Nesthocker schon viel zu viel mit ornithologischem Denken. 

Dass die obenerwähnte (©. brachydactyla, die ich auf den beschriebe- 
nen Eiern mit der Hand fing, auch einige Federn im Neste hatte, und 
das Nest so fest zusammenhing, dass ich die Eier in demselben weg- 
tragen konnte, will ich beiläufig ebenfalls erwähnen. 


Wonach denn soll man nun die beiden Arten mit Bestimmtheit unter- 
scheiden, abgesehen davon, dass man, auch wenn sie bestimmt unter- 
schieden wären, was sie übrigens nicht sind, nicht immer Eier, Nester, 
Locktöne und Nadelholz bei der Hand hat! 


Alle einzelnen Eigenthümlichkeiten sinken vor unsern Augen von der 
Höhe der Unfehlbarkeit herab; sie dürfen mindestens nicht in dem Maase 
verallgemeinert werden, als es geschehen ist. Alle einzelnen Charaktere 
sinken in einzelnen Fällen bis zu zweifelhafter Unbestimmtheit herab. 
Einzelne Individuen sind nach allen Rücksichten unbestimmbar. Viele 
Füsse aber helfen nicht zum Gehen, wenn sie alle lahm sind. Ein ge- 
sundes Bein muss ein guter Fussgänger haben, auch wenn er statt des 
zweiten einen Stelzfuss führt. 


_ Wenn Certhia brachydactyla und familiaris wirklich gute Arten sein 
sollten, so kann man sie bis jetzt noch nicht als solche für sicher be- 
gründet ansehen. Man kann aber jedenfalls viele Gründe dafür geltend 
machen, dass sie nicht als scharfgetrennte Arten angesehen werden 
können. Diejenigen, welche sie für gute Arten halten, werden zunächst 
sich zu beeifern haben, Unterscheidungscharaktere aufzufinden, nach denen 


auch andere Örnithologen sie mit Sicherheit unterscheiden können. 


Und nun hat Brehm noch eine dritte Art aufgestellt, (©. rufidorsalis, 
Br., die wir in Cöthen zu sehen Gelegenheit hatten. Diese Art hat 


nach der Beschreibung den langen Schnabel und die kurzen Zehen der 
Naumannla. 1856, 20 


450 


©. brachydactyla, aber eine rostrothe Grundfarbe des Oberkörper. Man 
kennt nur die Heimath, aber weder Aufenthaltsort, Nest, Eier noch 
Lockton von derselben. So verschieden sind nun die Ansichten über 
ein und dasselbe Factum; ich würde geneigt gewesen sein, aus einem 
solchen einzelnen Exemplare zu schliessen, dass die Natur unter den 
europäischen Baumläufern nur eine einzige scharfbegränzte Art beabsich- 
tigt, und Brehm schliesst aus derselben Thatsache, dass sie deren drei 
gemacht habe! 


Doch im Ernst scheint mir dies eine Individuum zur Begründung 
einer neuen Art noch nicht auszureichen. Einige Vögel haben die Nei- 
gung ausnahmsweise schwarz, andere weiss, andere grau zu werden; 
weshalb soll ein Baumläufer auch nicht einmal etwas ungewöhnlich roth 
werden, ohne deshalb als neue Art aufgegriffen werden zu müssen? Wenn 
ich nicht das feste Prinzip hätte, aus negativen Beobachtungen keine po- 
sitiven Schlüsse zu ziehen, so würde ich zu bedenken geben, dass dieser 
rothe Baumläufer, wenn er eine gute Art wäre, wahrscheinlich in West- 


falen oder anderwärts schon häufiger gefunden sein würde. 


Ueber Certhia Costae, Parz. will ich noch anführen, dass das oben- 
erwähnte Exemplar unter Nr. 11 zwar eine ganz gute (0. familiaris, Br., 
ist, dass ich aber auch Originalexemplare dieser Art seitdem ge- 
sehen habe, die ich nach der Farbe der Oberseite unbedingt zu C. bra- 
chydactyla stellen würde. In beiderlei Originalexemplaren ist jedoch die 
rein weisse, seidenglänzende Unterseite übereinstimmend. Vielleicht hat 
sich der Begründer der Art vorzugsweise durch die Färbung der Unter- 
seite leiten lassen. Dass aber auch hier von keiner bis jetzt sicher zu 
unterscheidenden und genügend begründeten Art die Rede sein kann, 


scheint mir selbstverständlich. 


Wenn es schon mehr als schwierig ist, die beiden unterschiedenen 
Arten von Brehm auseinander zu halten; so wird erst die Trennung 
der Subspecies vollends unmöglich! Das rührt  theilweise daher, dass 
Brehm die Dimensionen nur im Allgemeinen in relativen Ausdrücken 
andeutet, ohne genügend bestimmte Maasse mitzutheilen. Theilweise aber 
ist die Unmöglichkeit, diese schwankenden Gestalten festzuhalten, auch in 
der Natur der Dinge selber begründet. In der obigen Tabelle sind meh- 
rere Originalexemplare von Brehm aufgeführt, andere sorgfältig mit 
Originialexemplaren von Brehm verglichen, einige mit Fragezeichen nach 


bestem Ermessen nach den Brehm’schen Beschreibungen bestimmt, und 


451 


doch noch viele unbestimmbar geblieben. Ich bin weit entfernt, diese 
unbestimmbaren für neue Snbspecies auszugeben, obwohl ich glaube, dass 
man nach dem Prinzip von Brehm dazu gezwungen wäre. 

Nr. 3, 4 und 5 muss ich nach ihrer geringen Grösse und der inten- 
siv gefärbten Oberseite für C. pusilla, Brm., halten; dann aber weiss ich 
mit den noch kleinern und ganz blassen, wirklich rostfarbenen Nr. 1 und 
2 gar nichts anzufangen. Nr. 6 könnte C. f. brachyrhynchos sein; aber 
mit 7 und 8 ist wieder gar nichts anzufangen. Nr. 10 würde C. Costae 
oder C. f. septentrionalis sein können, wenn nicht der Balg so ganz 
impertinent blass, weisslichgelb wäre, was doch C. Costae nicht sein darf. 

Nr. 17 stimmt ganz mit O. drachydactyla paradoxa; aber Nr. 16 hat 
so entschieden rostgelblichen Anflug auf der Oberseite, dass sie sich 
nirgend fügen will; der Vortheil, dass die kurzschnäbelige Subspecies von 
©. brachydactyla sich erst recht durch die Farbe unterscheiden solle, fällt 
hier ganz weg, Nr. 19 und 25 würde ich unbedingt nicht zu C. br. me- 
ER stellen, wenn es keine Originalexemplare wären. ‘ Dass die 
Schnabellängen von Nr. 22 und 27, beide Originalexemplare von C. 
brachydactyla vera, im Gegensatz zu Nr. 19 und 25 der Beschreibung von 
Brehm absolut widersprechen, ist ein Faktum, das über die Sicherheit 
in den Abgränzungen der Subspecies kein günstiges Vorurtheil zu ver- 
breiten geeignet ist. 

Nr. 24 und 26 werden durch diese Widersprüche der Originalexem- 
plare mit den relativen Maassangaben der Beschreibungen vollends unbe- 
stimmbar. Nr. 30 hat so wenig Rostfarbe, dass man es nach dem ange- 
deuteten Prinzip kaum mit Nr. 29 zusammenstellen dürfte, 

Aus den tabellarischen Uebersichten ist ersichtlich, dass ich sämmt- 
liche Subspecies von Brehm in Braunschweig erhalten habe. Aus den 
Maassangaben und kurzen Notizen von Reisen ersehe ich, dass ich auch 
ziemlich alle Subspecies am Fusse der Apenninen bei Terni und Bologna, 
bei Messina, an verschiedenen Punkten der Alpen und in Ungarn gefun- 
den habe. Wenn ich diese Thatsachen verallgemeinern wollte, so müsste 
ich schliessen, dass die Subspecies der beiden Arten eine sehr allgemeine 
Verbreitung haben, und dass überall an den Orten, wo ich die Baum- 
läufer mehrfach beobachtet habe, auch noch mehrfach andere Formen, 
als die Brehm’schen Subspecies vorkommen. 

Dass allen diesen Verschiedenheiten der Subspecies innerhalb ein und 
derselben Reihe irgend eine Verschiedenheit in der Lebensweise, im Be- 


nehmen, in Fortpflanzung und Stimme entspräche, habe ich nie beob- 
29* 


‚452 


achten können. Auch. ist es bis jetzt von keinem einzigen Ornithologen 
behauptet worden. Sogar Brehm selber führt keine, einzige Beobachtung 
an, die darauf hindeuten könnte. Es ist immer nur von den Verschie- 
denheiten der beiden Hauptspecies in dieser Beziehung die Rede. 

Irgend eine durchgreifende Verschiedenheit in Verbreitung oder an- 
dern . Lebensverhältnissen müsste aber doch wohl Statt finden, wenn man 
bei diesem vielfachen Schwanken in Grösse und Färbung einer Sub- 
species, gleichviel was man unter einer solchen verstehen wollte, „mehr 
als einen individuellen Werth zuschreiben- wollte. Ich will es unverhohlen 
aussprechen, dass ich den unter den Europäischen Baumläufern aufge- 
stellten Subspecies, so weit ich aus eigenen Erfahrungen schliessen kann, 
auch nur einen individuellen Werth zugestehen kann. Ich habe die Ueber- 
zeugung, dass Brehm durchaus richtige Einzelbeobachtungen in dieser 
Gattung durch nicht genügend begründete Verallgemeinerung zu einer 
Bedeutung hat erheben wollen, die sie in der Natur nicht besitzen. 

Das aber, kann mein geehrter Freund und Gegner Brehm sagen, 
ist eine subjective Ansicht! Und mit Recht! Ich hehaupte das ja auch 
von seiner eigenen. Um solche subjective Ansichten zu objectiver Ueber- 
zeugungskraft zu erheben, muss man sie mit möglichst bestimmten Beob- 
achtungen , mit unbezweifelbaren Thatsachen begründen. Ich will es dahin 
gestellt sein lassen, ob ich in den vorhergehenden Angaben genügende 
Gründe für meine Ansicht beigebracht habe; doch würde ich mich gar 
nieht wundern, wenn Jemand aus denselben entnehmen wollte, dass auf 
Grössen- und Färbungsunterschiede innerhalb beider Arten allein nicht 
viel zu bauen sei. Und welche andere unbezweifelbare Verschiedenheiten 
in den Lebensverhältnissen mit den Abweichungen der Subspecies ver- 
bunden sein können, kann ich auseinanderzusetzen und zu begründen 
billig einem Jeden überlassen, der diese Subspecies für tiefer in der Natur 
begründet hält. Ich kenne bis jetzt keine, fühle aber auch nicht die ge- 
ringste Abneigung, mich von jeder möglichen durchgreifenden Abweichung 
überzeugen zu lassen. 

Wenn ich die Ansicht zu motiviren gesucht habe, dass die bisher 
in Europa unterschiedenen Baumläuferarten keine scharf getrennten Spe- 
cies sind, und die innerhalb derselben aufgestellten Subspecies eine bloss 
individuelle Bedeutung haben; so ist das nach ‚meinen bisherigen Erfah- 
rungen meine volle Ueberzeugung. Doch will ich gar nicht verhehlen, 
dass ich dieser Ueberzeugung, um sie vollkommen auszusprechen, noch 


Vieles hinzuzufügen hätte, 


453 


Schon Hamlet hatte eine sehr positive Ueberzeugung davon, dass 
zwischen Himmel und Erde manche Dinge existiren könnten, von denen 
unsere Schulweisheit sich nichts träumt. Und so mag es vielleicht auch 
hier sein. Die Schulweisheit hat sich dann wenigstens nach den That- 


sachen zu richten, nicht die T’hatsachen zu hofmeistern. 


Thatsache scheint es mir nun zu sein: 


1) dass viele Baumläufer eine hellrostfarbige, 

2) andere eine dunklere, braungraue Grund-Färbung der Oberseite 
besitzen und 

3) einige in der Färbung eine sehr speciesfeindliche Mitte halten. 


Ferner dass: 


1) die hellrostfarbigen im Ganzen einen kürzern, 

2) die dunkelbraungrauen im Ganzen einen längern Schnabel be- 
sitzen, und 

3) dass zahlreiche Individuen von beiden Färbungen vorkommen, 
bei denen die Schnäbel nicht allein von gleicher Länge sind, sondern 


sich das angegebene Verhältniss sogar umkehrt. Siehe Nr, 9 bis Nr. 23. 


Es scheint mir ferner unbezweifelbar festzustehen, dass bisher noch 
Niemand: 

1) einen hellrostfarbigen Baumläufer gefunden habe, dessen ‚Schna- 
bellänge die (von ungefähr mindestens) der Hälfte der dunkelfarbigen Indi- 
viduen, noch weniger das Maximum der Schnabellänge der dunkelfarbigen 
erreichte; und 

2) noch. kein dunkelfarbiger Baumläufer bekannt gaworden ist, dessen 
Schnabellänge die von ungefähr mindestens der Hälfte der hellrostfarbigen 
Individuen nicht überträfe, und nicht weit vom Minimum der Schnabel- 
länge der hellfarbigen ‚sich entfernt hielte. 


Ich kann nicht annehmen, dass ein so häufiges Zusammentreffen 
einer ungefähr bestimmten Färbung mit einer ungefähr bestimmten Schna- 
bellänge' ein blosser Zufall‘ sein könne. Dies Zusammentreffen ist trotz 
seiner Ausnahmen und trotz seiner zweifelhaften unentschiedenen Mittel- 
bildungen ein Naturgesetz. Dies Naturgesetz lüsst sich aber wegen seiner 
zweifelhaften unentschiedenen Mittelbildungen nicht in der Schulformel von 
zwei scharf getrennten Species aussprechen. Aber es lässt sich aus- 
sprechen, und wohl auch benennen. Wie, ist mir fast ganz gleichgültig; 


nur nicht Species! 


454 


Doch in diesem Falle auch nicht Localvarietät; denn ich zweifle 
nicht daran, dass beide Formen an den meisten Oertlichkeiten neben 
einander vorkommen. Und wenn sie dies nicht thun sollten, müsste das 
doch vorher festehen. Vielleicht: Rasse, oder Subspecies, oder Varietät; 
darüber mögen die Schulweisen sich streiten! 

Wie nun diese beiden Formen, die keine guten Species sind, sich in 
ihren Lebensbeziehungen verhalten, scheint mir mehr aus sorgfältigen Be- 
obachtungen, als aus verallgemeinernden Schlüssen und Hypothesen her- 
vorgehen zu müssen. Dazu werden nun die Herren Nestflüchter das 
Ihrige beitragen. Ich möchte ihnen aber anrathen, in einigen Fällen 
nicht eher zu urtheilen, bis sie. den Vogel in der Hand haben. Ein 
Sperling in der Hand ist auch für solche Fälle besser, wie zehn auf dem 
Dache. Und damit sie sich die Aufgaben nicht allzuleicht machen, 
möchte ich ihnen ganz besonders folgende Fragen zur Lösung empfehlen: 

Wie lockt, baut und legt z. B. Nr. 7, 12, 14, 15, 16, 21, 25, 26, 
27, wenn sich eine dieser Nummern einmal sollte unter günstigen Um- 
ständen betreffen lassen. 

Und halten sich diese Nummern ausschliesslich in Laub-, oder in 
Nadelholz auf, oder leben sie, gerade wie es kommt, wie bei Braun- 
schweig, eben da, wo sie im Ganzen Holz finden? 

In Letzterem würde ich Seitens der besagten Baumläufer eine 
weise Politik anerkennen müssen. Denn „wer sich nicht nach der 
Decke streckt, dem bleiben die Füsse unbedeckt,“ sagt Goethe. 

Ueber die Stimmen der Baumläufer kann ich nachträglich noch 
einige bestimmte 'Thatsachen hinzufügen. 

Am Nachmittage des 29. Oktobers beobachtete ich in Gemeinschaft 
mit einem ornithologischen Jagdgefährten fast eine Viertelstunde lang 
einen Baumläufer, der an einer Eiche von mittlerer Höhe kletterte und 
öfters, mehr als dreissig mal, sein leises srih, szrih u. s. w. einzeln oder 
zweimal wiederholt hören liess. Nachdem ich mich überzeugt, dass auf 
etliche hundert Schritte kein anderer Baumläufer in der Nähe war, nach- 
dem ich diesen kletternd an drei Bäumen ununterbrochen im: Auge be- 
halten, und nach einem vierten abwärts fliegen gesehen, auch von diesen 
vierten wieder ihn sein srih, szrih wiederholt hatte rufen hören, schoss ich 
ihn herunter. Der Vogel war ein Weibchen, dessen Eigenthümlichkeiten 
ich unter Nr. 31 erwähnen will, von einer Färbung und Schnabel- 
länge, die nach Brekm’s Originalexemplaren unbedingt zu C. brachy- 
dactyla herechtigt haben würden. 


455 


An demselben Nachmittage, eine halbe Stunde später, hörte ich den 
andern Lockton: dit, dit, dit, laut und hellflötend in einiger Entfernung. 
Als ich hinzuging, bemerkte ich zwei Baumläufer auf verschiedenen ziem- . 
lich hohen Bäumen, und in der Nähe nur Parus palustris, caudatus und 
Picus medius. Nachdem ich den einen dieser Baumläufer, der ziemlich 
rasch und eilig kletterte, wieder an vier verschiedenen Bäumen beob- 
achtet, und mehr als zwanzig Mal seinen Lockton unzweifelhaft von ihm 
gehört hatte, erlegte ich ihn an der Mitte des fünften Stammes, fast in' dem- 
selben Moment, als er zuletzt seine Stimme hatte hören lassen. Dieser 
Vogel ist Nr. 32 der unten folgenden Uebersicht, ein Männchen und 
nach Färbung und Schnabellänge eine unzweifelhafte C. brachydactyla von 
Brehm. 


Der auf dieselbe Weise, in gleicher Tonhöhe lockende Gefährte 
dieses Baumläufers der von meinem Jagdgenossen im Auge gehalten wurde, 
und der dem eben erlegten Individuum ununterbrochen geantwortet hatte, 
flog bei dem Schuss von seinem Baum, der etwa 30 Schritte entfernt 
stand, auf eine niedrige Buche, wo er sofort, ebenfalls fast im Augen- 
bliek seines Lockens, erlegt wurde. Dieser letztere ist Nr. 33 der fol- 
genden Uebersicht, ein Weibchen und ebenfalls nach Färbung und 
Schnabellänge eine zweifellose C. brachydactyla, Brehm, in der Färbung 
der Oberseite mit einem so auffallendem Anflug von Weiss, wie ich ihn 
bei C. brachydactyla selten gesehen habe, so dass er nach den Prinzipien 
von Brehm sicherlich Grund zu einer neuen Subspecies abgegeben haben 
und mit dem vorhergehenden Exemplar als ein gepaartes Päärchen ange- 
sehen werden könnte. 


Ich halte es für wünschenswerth, auch für diese drei Individuen 
Maasse und Färbung 'genau anzugeben, um Jedem, der ein Interesse für 
diese Speciesdiscussion hat, ein selbstständiges Urtheil zu ermöglichen. 


= 

S = 

El jE3 s : 

2 £ m =. g = 

7 pe | B2 a: - un& 2 B 
S 2 5 E GB = > 
E 5 E | & | 58 & ® ® 
£ F nee glg] & B. 
| ® E 5 zo 27 = 

S © BD, DE & 2 

& 3 B 5 


„80 27,10 26,7 15" 8,9" 5,75" fa 3,7" 43,6 5,4 42,5 
32. so 26,5’ 26 14,5" 8,7% 5,6 am 3,5+3,7" 5,8''+2,6' 
33.162‘ 27°. 128” 15° |9,0”l5,8“ [7,3% |3,6 43,5% 15,0 42,7% 


456 


| „= | = E23} > 
Fe 8.2 ce BZ z ei [3 
2 a ai ® 2 um 
31.| W. | schwärzlich| rein weiss. | schwach ©. brachy- | Braunschw. [öyyıo. 
braun grau. rostfarbig |dactyla, Br. 
angeflogen. 
32.| M. | braungrau | rein weiss. | schwach | (©. brachy- |Braunschw. ET 
mit weiss- rostfarbig' |daciyla, Br. 1 
lichem An- überflogen. M 
flug. 
33.| W. |schwärzlich-| unrein | stark rost- | ©. drachy- |Braunschw. soo. 
braun mit | weisslich. |farbig über-|dactyla, Br. 
‚ weisslichem flogen. 
Anflug. 


Alle drei Exemplare, die ich mit genauer Bezeichnung aufbewahrt habe, 
zeigen viel weniger Rostfarbe auf der Oberseite als die Qriginalexemplare 
No. 19, 25, 27 und 29 der (©. brachydactyla von Brehm; sie stehen in 
der Färbung den Originalexemplaren (©, brachyd. vera von Brehm Nr. 22 
und der folgenden Nr. 23 am nächsten, Unter allen Umständen ist kein . 
Zweifel daran, dass sie sämmtlich nach Färbung und’ Schnabellänge und 
nach‘ Vergleich mit Originalexemplaren zu C. brachydactyla zu stellen 


sind. 


Die aus diesen Beobachtungen festgestellte Thatsache ist also: 


1) dass zwei unbedingt sichere Individuen von C. brachydactyla, Br., 
Nr. 23 und 31, den Lockton srih, szrih, oder zih, der nach Brehm 
nur von (C. familiaris gehört werden soll, und 

2) dass zwei ebenfalls unbedingt sichere Individuen derselben Form, 
©. brachydactyla, Nr. 32 und 33, die beide mit einander flogen und sich 
gegenseitig antworteten, den hohen flötenden Lockton dit, dit, dit, von 


sich gegeben haben, den man nach Brehm erwarten konnte. 


Ein und dieselbe Brehmsche Art lockt also auf beiderlei Weise, 
wie sie soll und darf, und wie sie nach Brehm nicht soll und nicht 
darf, beides je nachdem sie Neigung oder andere Gründe für dies’ oder 


jenes zu haben scheint. 


Ueber die Stimme der letzgenannten vier Individuen Nr. 23, 31, 32 
und 33 bin ich unbedingt sicher. Exemplare von (. faniliaris, Br., deren 
Stimme ich mit Bestimintheit unterschieden hätte, habe ich kürzlich nicht 


457 


erlegt; wohl aber weiss ich ganz bestimmt, dass ich früher öfter O. fa- 


miliaris erlegt habe, die srih, szrih ete. lockten. 


Ich werde nicht ermangeln, meine Beobachtungen über die Stimme der 
Baumläufer gelegentlich fortzusetzen. Nicht deshalb , weil ich noch den 
Gedanken nicht loswerden könnte, dass in der Stimme ein specifischer 
Unterschied sei; sondern um möglicher Weise zu erfahren, unter welchen 
Umständen ein Baumläufer so oder so lockt. 


Freilich schlägt das in die Psychologie der Vögel ein, und man 
muss, ehe man seine Logik in dieser Richtung in Bewegung setzt, immer 
des weisen Ausspruchs von Asmus eingedenk sein: „Missverständnisse 
kommen daher, dass Einer den Andern nicht recht versteht!“ Es kann 
dabei nur darauf ankommen, die betreffenden Thatsachen ganz sicher 
festzustellen; dann steht es einem Jeden frei, auf diese Thatsachen die Logik 
nach eigenem Ermessen anzuwenden, d. h. Missverständnisse auf eigene Faust 
zu riskiren. Es fragt sich noch sehr, ob Alles, was man mit dem 


Namen Lockton benennt, auch wirklich Lockton ist. 


Indem ich einstweilen von C. familiaris, L., Abschied nehme, nicht 
ohne ein gewisses Mitgefühl für C. brachydactyla, Br., wie man es gern 
einem jeden Verunglückten zuwendet, will es mir scheinen, als ob 
es viel mehr Anstrengung koste, eine schlechte Species aus Büchern 
wieder heraus zu bringen, als in dieselben einzuführen. Denn mit einer 
schlechten Species haben wir zu kämpfen gehabt: Alles in Allem ge- 
nommen kann nach der Definition von Baldamus sicherlich „gar Nie- 
maänd“ diese Species unterscheiden! Und das ist die treffendste Definition 


von einer schlechten Species, die je gegeben ist. 


Doch es drängt mich, dem Andenken der Hingeschiedenen, gleichsam 
als Grabrede, noch einige ernste Worte zu widmen. Sie ist aufgestiegen, 
wie ein rasches Meteor; aber Niemand hat sie begrüsst mit dem Be- 
geisterungsjubel, der ein berechtigtes Dasein anerkennt; sie hat ihr kurzes 
Leben gefristet in Kummer und Sorgen, sie ist spurlos wieder wegge- 
weht, und ihr Andenken wird ausgelöscht sein im Munde der Zukunft! 
Friede ihrer Asche! 


Aber wie ist dieser kurze Traum möglich gewesen! Wie hat man 
sagen können: es giebt zwei gute Arten; die eine ist lohfarbig, die an- 
dere schwarzgrau, die eine kurzschnäblig, die andere langschnäblig, die 
eine lungfingerig, die andere kurzfingerig, die eine legt grob die andere 


458 


feingefleckte Eier, die eine lockt wie eine Schwarzdrossel die andere wie 
ein Regenpfeifer et. Wir wissen es 'alle nicht; aber. deshalb bin ich 
kühn genug, zu vermuthen. Man hat das sagen können, weil es von 
einzelnen Individuen wahr ist: und von diesen Einzelnen hat man auf 
die Uebrigen geschlossen. ‘Man hat die Beobachtung halb gemacht und 
die andere Hälfte durch Logik ergänzt. Auf dem Wege der Logik "aber 
liegen ‘die Klippen der Missverständnisse. Man hat sie für die glückli- 
chen Inseln gehalten, und ist auf ihnen gelandet und 'gestrandet, ohne 
die zahlreichen Ausnahmen im Hintergrunde zu erblicken. Man hat der 
Natur zugetraut, dass sie sich nach vorgeschriebener Uniform bequemt 
habe. 


Brehm hat, die Species gemacht nach einer gewissen Zahl von 
Exemplaren, nach denen sie als gut getrennte Arten erscheinen konnten. 
Man hat sie stillschweigend angenommen oder abgelehnt, ohne sie im 
ausgedehnten Maasse zu controlliren. Fast allein Naumann hat mit be- 
stimmten Beobachtungen und Thatsachen Fronte gegen den neuen Ein- 


dringling gemacht; ich weiss nicht, ob auch noch jetzt. 


Brehm allein hat in reichem Maasse die Mittel in Händen gehabt, 
die beiden Arten nach Dimensionen und Färbung wieder zu vernichten. 
Aber er hat sie nicht dazu benutzt, wozu sie gut waren: er hat Sub- 
species daraus gemacht. Subspecies aber sind Blei an den Füssen einer 
guten, und ein Mühlstein am Halse einer schlechten Species. Man vergisst 
es ihnen nicht, dass sie sich einmal in die Rolle der Species einge- 
drängt haben, obwohl sie mit Beifall in derselben durchgefallen sind. 
Es sind Prätendenten, von denen man vermuthen muss, dass sie im 
Stillen unter fremdem Namen noch immer nach ihrer verlorenen Krone 
trachten, und den ersten unbewachten Moment benutzen, ihren erlosche- 


nen Purpur wieder aufzufrischen. 


Und nun kamen die Oologen hinzu. Sie hatten ein Nest oder auch 
einige von (. brachydactyla gefunden mit grobgefleckten Eiern; ein Nest 
oder einige von Ü. jamiliaris mit feingefleckten Eiern: folglich war jedes 
Nest mit grobgefleckten Eiern C. brachydactyla und umgekehrt! Auch die 
Logik beweisst sich in unsern Zeiten mit Dampf: Alles durch Geschwin- 
digkeit! Haben sich die Oologen immer gefragt: was sie denn unter C. 
brachydactyla, et familiaris zu verstehen hätten! Hätten sie auf diese Fragen 
eine gründliche Antwort gegeben; so würden sie nachdenklich geworden 
sein! Hätten sie zu jedem Nest und Ei auch den Urheber in Händen 


459 


gehabt und aufbewahrt, so würden ihre Antworten Grund gehabt haben. 
Aber sie haben wahrscheinlich immer Eier und Nester gehabt, und die 
Vögel nicht immer ernstlich auf ihren Taufschein inquirirt, 

Und endlich ist die Legion der Nestflüchter par excellence hinzuge- 
kommen. Sie haben eine C. jamiliaris locken hören, wie eine leise 
Schwarzdrossel, eine C. brachydactyla vergleichbar einem Regenpfeifer: und 
nun ist jeder Baumläufer, der srih, srih lockt, eine C. familiaris und um- 
gekehrt jeder andere eine C. brachydactyla; Alles durch Geschwindigkeit, 
ohne den Vogel selber immer zu Rathe zu ziehen, oder um seine An- 
sicht zu fragen. Und ebenso ist es mit dem Laub- und Nadelholz er- 
gangen! 

Oder sollte ich ausser Naumann der Einzige sein, der das Alles 
anders gesehen und gehört hat; freilich nebenbei auch so, wie die Herren 
sagen, aber wieder gleichzeitig nebenbei auch ganz anders! Sollten 
die Baumläufer allein in Braunschweig, in den Alpen, oder in Italien 
und Dalmatien, gerade da, wo ich mich sehr nach ihrem Treiben umge- 
sehen habe, und wo sie in unerschöpflicher Zahl existirten, nicht Regel 
und Ordre pariren wollen! Und hier in Braunschweig, wo ich sie am 
genauesten und nur in Laubholz kenne und tagtäglich sehen, hören und 
schiessen ‚kann, fügen sie sich keiner vorgeschriebenen Ordnung. Sie be- 
nehmen sich, wie überall eine gute Species thut, ziemlich mannichfaltig, 
und lassen sich nicht in spanische Stiefeln einpressen. 

Komme mir aber Niemand zur Rettung des hingeschiedenen Schein- 
lebenden mit den abgebrauchten Unterscheidungen von Nesthockern und 
Nestflüchtern: ich frage sonst, wer denn eigentlich der Nesthocker, der 
Theoretiker ist! Ich selber weiss mich unschuldig. Ich behaupte fest: 
wer die europäischen Baumläufer im Leben vielseitig beobachtet und die 
im Leben beobachteten Individuen gründlich untersucht hat, der wird 
gründlich von dem Gedanken geheilt werden, dass sie in zwei oder meh- 


rere gute Arten zu trennen seien. 


3. Die Arten der Gattung Anthus. 


Die schon seit einigen Jahren auf der Tagesordnung stehende Pieper- 
Frage ist nicht allein noch nicht erledigt, sondern durch das Referat von 
Brehm in der Naumannia 1856 p. 337 von der endlichen Erledigung 
nur noch weiter entfernt worden. Ich halte dafür, dass Versammlungen 


460 

die beste Gelegenheit darbieten, für solche Fragen eine Menge von Ma- 
terial herbeizuschaffen, die streitigen Gesichtspunkte hervorzuheben und zu 
beurtheilen, dass sie aber nur ausnahmsweise dazu dienen werden, so 
starr entgegenstehender Ansichten, wie die von Brehm im Gegensatz 
zu denen so vieler anderer Ornithologen, zu endgültiger Erledigung zu 
bringen. Zur endgültigen Erledigung ist eine gründliche, sogar penibel 
gewissenhafte Durchforschung des Materials erforderlich. Unter Material 
will ich aber nicht bloss Bälge, sondern Bälge im Zusammenhang mit 
den gesammten Lebenserscheinungen der Thiere verstanden wissen, soweit 
sie thatsächlich, und nicht durch Hypothesen, feststehen. 

Als ich für die Wirbelthiere Europas die unterscheidenden Charaktere 
der Anthus-Arten untersuchte, habe ich über den specifischen Werth der 
zweifelhaften Arten wenig nachgedacht und gar nichts in der freien Natur 
beobachtet gehabt. Ich habe damals, wie auch jetzt noch, gedacht: ein 
Schelm giebt mehr als er hat, oder weiss! Mein Wissen aber bestand in 
Folgendem: Ich kannte persönlich im Leben den Anthus aquaticus, pra- 
tensis, arboreus und campestris, in Bälgen den A. obscurus und Cervinus, 
und war in einem unbedingten Irrthum, in gänzlicher Unkenntniss über 
4. Richardi. Es kam mir schon damals sehr sonderbar vor, dass A. aqua- 
ticus von obseurus, A. pratensis von Üervinus oder rufigularis sich nur durch 
eine schwache Farbennuance unterschied, während die übrigen Arten es 
in dieser Beziehung an anderen Dingen nicht fehlen liessen. Aber die 
Bälge, die ich untersucht hatte, unterschieden sich wirklich; und die le- 
benden Thiere von A. obscurus und Cervinus kannte ich nicht. Es ist mir 
immer zuwider gewesen, aus negativen Beobachtungen, in diesem Falle 
aus dem, was ich nicht kannte, positive Schlüsse zu ziehen. Also nahm 
ich herkömmlich, ohne deshalb übertrieben autoritätsgläubig zu sein, diese 
Arten als gegeben auf. Dass aber im Anthus rupestris und petrosus nichts 
als A. odscurus, in A. rujigularis Brhm. nichts als Cervinus Pall. zu er- 
blicken sei, schien mir schon damals keinen Augenblick unsicher. Aus- 
serdem kannte ich die Originalexemplare der sämmtlichen Brehm’schen 
deutschen Pieperarten im Berliner Museum, und diese hatten mir, wenn 
ich sie mit dem, was ich von diesen Thieren in der freien Natur wusste, 
zusammenhielt, einen so gründlichen Widerwillen gegen diese deutschen 
Vogelspecies beigebracht, dass ich sogar die beiden Goldhähnchen in 
Zweifel gezogen haben würde, wenn ich sie nicht persönlich gekannt hätte. 

Das Alles hat sich nun geändert. Ich habe den Anthus rupestris, 


Cerdinus und Richardi im Freien persönlich kennen gelernt, diese vielen 


461 


Anthus-Species sind zu Subspecies degradirt, und eine jede neue Species, 
die nach ähnlichen Prinzipien getrennt ist, bringt mich gar nicht mehr 
ausser Fassung, auch wenn ich. sofort überzeugt bin, dass sie, nach mei- 
ner Art die Dinge anzusehen, nur eine individuelle Bedeutung hat, das 
heisst, als Species unbedingt unbegründet oder sogar schlecht ist. 

Den Sommer 1840 brachte ich im Norden Russlands zu, wo Anthus 
Cervinus ein sehr häufiger Vogel ist. Als ich ihn zuerst im Freien sich 
bewegen sah und singen hörte, dachte ich nur an A. pratensis, und wun- 
derte mich, als ich den Vogel erlegt hatte, einen A. Cervinus vor mir zu 
sehen. 

Ich habe den Vogel dort fast tagtäglich zahlreich gesehen, ihn häufig 
erlegt, ihn zu Dutzenden genau untersucht, gemessen und beschrieben 
und mich überzeugt, dass er nach seinen Lebensäusserungen unbedingt 
bis in’s Kleinste übereinstimmend mit A. pratensis und äusserlich nach 
den Bälgen nicht von dieser Art zu trennen ist. Ich habe ununter- 
scheidbare Uebergänge zwischen beiden Färbungen zahlreich in den Händen 
gehabt, deren Stellung durchaus willkürlich gewesen sein würde. Die- 
selben Erlebnisse muss ich über diejenigen Anthus Cervinus berichten, die 
ich später im südlichen Frankreich und in Dalmatien und Italien beob- 
achtet habe. Exemplare aus Nordafrika und Westasien muss ich allen 
diesen durchaus gleich stellen. 

Ganz ebenso ist es mir mit Anthus obscurus ergangen, den ich zahl- 
reich im Norden beobachtet habe. Ich erinnere mich nicht, dass je die 
Stimme und das ımelancholische resignirte Leben eines Vogels einen so 
grossen Eindruck auf mich gemacht hätte, als von Anthus aquatieus in 
den unaussprechlich einsamen hohen Alpenthälern der Centralkarpathen. 
Auch in den Alpen, wo er eine so überaus häufige Erscheinung ist, und 
wo ich ihn sieben Sommer hindurch habe beobachten können, hat er 
mich immer vorzugsweise angezogen. Wer diesen Vogel in den Gebirgen 
Mitteleuropas kennt, und dann in den Lebensäusserungen des nordischen 
Anthus obscurus eine wesentliche Abweichung findet, eine andere, wie sie 
4. aquaticus in den Alpen auch unter sich zeigt, der muss sehr viel besser 
beobachten und unterscheiden können, als ich es selber gekonnt habe. 
Nach den Lebensäusserungen sind diese T'hiere übereinstimmend, in 
Grösse, Bau und Zeichnung dieselben, in schwachen Farbennuancen ein- 
zelner Federn häufig ‚etwas abweichend, ‚doch, wie ich aus Erfahrung 
weiss, auch nicht selten so nahe stehend, dass man über ihre Stellung in 
Zweifel sein muss. Und ist doch Brehm selber, wie er selbst andeutet, 


462 


in Zweifel gewesen! Kam doch auch, als das Kunststück des Anthus- 
Bestimmens produeirt wurde, der eine fragliche Anthus einmal als Anthus 
aquaticus und dann als obscurus aus der Feuerprobe. Aber ich habe aus 
ganz anderen Gründen geschwiegen, wie Freund Brehm vermuthet. Ich 
habe geschwiegen, weil ich auf solche Virtuosenthaten gar nichts gebe, 
und weil ich ganz für natürlich halte, dass einer in der Hitze des Ge- 


fechts einmal auch eine falsche Saite berührt. 


Es würde meine Ueberzeugung über die specifische Bedeutung von 
A. aquaticus und obscurus nicht einen Moment erschüttert haben, wenn 
auch. über kein einziges Exemplar irgend ein Zweifel bestanden hätte. 
Einen Irrthum kann man verbessern und dann sind die Folgen desselben 
bei Bestimmen eines vorliegenden Individuums beseitigt. Meine Ueber- 
zeugung über den Werth beider Species beruht nicht mehr, wie ehedem, 
auf der reineren oder trübern Färbung des hellen Keilfleckes auf der er- 
sten Schwanzfeder. Und darauf beruhte ja das Kunststück ausschliesslich. 
Auch halte ich das Räthsel nicht für gelöset; denn ich finde in meinen 
Reisenotizen, dass ich den Vogel in der letzten Woche Julius, nicht im 
Herbst, erlegt habe. Und im August findet man an demselben Fundorte 


noch Nester von Anthus aquaticus mit Eiern. 


Ich habe die Ansicht, dass wir hier Mückensaigen, wenn wir beide 
Formen als Species festhalten, auch wenn man sie wirklich unterscheiden 
könnte, während wir in anderen Regionen gezwungen sind, Elephanten 
überzuschlucken, ohne an eine neue Speciestrennung denken zu können. 
Bei einer so grossen Uebereinstimmung in den Lebensäusserungen und 
der Form; bei so geringer Abweichung in der Färbung würde ich mich 
nicht leicht über die Artverschiedenheit beruhigen können. Die geogra- 
phische Verbreitung kann nur dann zu irgend einer Bedeutung gelangen, 
wenn man über die Species im Klaren ist. Geographische Arten, die 
sonst nicht zu unterscheiden sind, muss ich für Phantasiegebilde halten, 
mit denen man der Wissenschaft nur schaden, nie nutzen kann. Geogra- 
phische Hypothesen zum Abgrenzen oder Zusammenziehen von Thier- 
formen, die man nicht gründlich untersucht hat, sind Prinzipreitereien, 
die in der Regel einen unglücklichen Erfolg gehabt haben. Ich könnte 
Beispiele anführen. 

Da ich einmal an der Discussion über die Anthus-Arten Theil ge- 


nommen habe, so will ich meine Ansicht über die Artabgrenzungen hier 


nicht verschweigen, zugleich aber aussprechen, dass ich für jetzt nur das 


463 


Endresultat anzudeuten gedenke, ohne meine Gründe für die Folge 


verschweigen zu wollen. 
Für gute Arten sehe ich an: 
1. Anthus Richardi, Vs. 


Ich habe früher irrthümlich geglaubt, dass A. rupestris, Menetr. zu 
dieser Art gehöre, mich aber durch Vergleichung der Originalexemplare 
in Petersburg eines Andern belehrt. 

Brehm sagt: „Seine Subspecies kenne ich noch nicht.“ 
Das ist ein Ausspruch, der unendlich tief blicken lässt! Also muss doch 
ein jeder Vogel a priori „seine Subspecies“ haben! Aber, mein 
theurer Freund Brehm, ist das nicht auch Prinzipreiterei? Wenn es 
blos eine Sehnsucht wäre nach Subspeeies, ich könnte lächeln; aber er 
hat welche, das steht fest, obwohl sie leider noch Niemand kennt! Noch 
in den Schleier der Zukunft gehüllt, sehe ich sie nebelhaft vor meinen 
Augen aufsteigen. Werden damit nich die ungeborenen, unglücklichen Nach - 
kommen verurtheilt bis in’s dritte und vierte Glied, ehe sie im Mutter- 
leibe empfangen waren! Wir Beiden waren ja im schönen Köthen we- 
nigstens darin einig, dass wir nur auf Thatsachen schwören wollten! 
Und jetzt stehe ich seufzend allein, und rufe: „Auch Du, mein Brutus!*“ 

Ich erinnere mich des Corydalla orientalis, Brehm, und der Corydalla 
Rasselti, Brehm, nicht mehr ganz bestimmt, bin aber fest überzeugt, dass 
diese Artabtrennungen noch weit exacter begründet werden müssen, als 
es bei dieser Gelegenheit geschehen ist, wenn sie auf allgemeine Aner- 
kennung Anspruch machen wollen. Das glaube ich schon allein nach 
der Mannichfaltigkeit behaupten zu können, in der A. Richardi vorkommt! 


2. Anthus campestris, Bechst. , 
Dahin ist nach Vergleichung des Originalexemplars zu zählen Anthus® 
rupestris, Menetr. Ferner rechne ich unbedingt dahin Corydalla arenaria, 
Brehm, von den Sanddünen Hollands. 


3. Anthus arboreus, Bechst. 
4. Anthus pratensis (L.) 


In dieser Art würde ich geneigt sein, zwei Formen zu unter- 
scheiden. 
a) Anthus pratensis (L.) auct. 
Dahin stelle ich unbedingt Anthus montanellus, Brehm et Bonde. Ich 
besitze noch die in Gotha von unserm Freunde Altum präparirten 


464 


Originalexemplare, die ganz ehrliche Exemplare von A. pratensis „sind, 
gleichviel, wie sie gesungen haben, und gleichviel, obauch Baldam us im 
raschen Taumel der Gesellschaftsfreuden sich zu einem momentanen Spe- 
ciesenthusiasmus hat hinreissen lassen. Bewohnt Anthus pratensis denn 
nicht auch die Gebirgsrücken, und zwar solche, gegen welche die des 
Thüringerwaldes wahre Zwerge sind. . Würde eine Zugvogelspecies, die 
blos einen Rücken des Thüringerwaldes bewohnt, auch von'jeder Prinzip- 
reiterei a priori abzusehen, nicht ein geographisches Monstrum sein? 

Wir können es noch erleben, dass Gloger uns mit. scharfer Zuchtruthe 
in ‚der Leichgläubigkeit unter die Engländer stellt, die nicht blos ihre 
Inseln, sondern auch ihre Ornithologie vom lieben Gott für sich. allein 
gemacht glauben. Wir könnten mit E. M. Arndt sagen: „Sein Vater- 
land muss grösser sein“. wenn er uns den Eindruck einer soliden, wohl- 
bestellten Species machen soll. Auf dem Brocken hauset schon der aller- 
beste A. pratensis! Und über den Gesang lässt sich noch viel sagen 
und ‚denken, sogar, wenn man eine musikalische Photographie von dem- 
selben aufnehmen und vorweisen könnte: und zwar vom Standpunkte 
des Nestflüchters! | 

b) Anthus Cervinus, (Pall). 

Dahin zähle ich unbedingt Anthus rufogularis, Brehm, obwohl es auch 
von Middendorf aus zoologisch-geographischen Gründen, die er mitzu- 
theilen unterlässt, nicht scheint, als ob Mot. Cervinus, Pall. mit A. rufogularis, 
Brehm, synonym sei. Zoologisch-geographische Gründe a priori sind 
Hypothesen, durch deren Anwendung man zu ganz irrigen Resultaten ge- 
jangen kann, wie auch von Middendorff bei seinen ausführlichen Aus- 
einandersetzungen über Tetrao canadensis gründlich bewiesen; hat. „Bei der 
Verwirrung, welche in den Benennungen der Pieper herrscht, lege ich 
einen Nachdruck darauf, dass ich hier unter Anthus Cervinus, P all. denje- 
nigen Vogel verstehe, welcher von Keyserling und Blasius beschrieben 
worden ist“, sagt 1. c. von Middendorff. Das aber überhebt uns allen 
weiteren Nachdenkens und Discutirens: denn dieser von uns beschriebene 
Vogel war gerade A. rufogularis, Brehm, aus dem nordöstlichen Afrika und 
Südeuropa. Und dieser ist vollkommen ‚übereinstimmend mit den Exem- 
plaren von A. Cervinus, die ich später in Südfrankreich, Dalmatien und 
in Nordrussland erhielt. Er lebt zwischen Felsen und in meilenweiten 
Sümpfen, gerade, wie er das Terrain vorfindet, genau so wie A. pratensis, 
und legt Eier, über welche Oologen mit Recht. noch im, Unklaren sind, 


weil sie nichts Sicheres von denselben wissen. 


u 


465 


5. Anthus’aquaticus, Bechst. 

In dieser Art würde ich für die alte Welt drei Formen unterschei- 
den, die man beliebig Racen- oder Localvarietäten nennen mag, ohne 
dass ich gegen irgend einen Namen, ausser dem der Species, protestiren 
würde. 

a) A. aquaticus, Bechst. Aus Mitteleuropa. 

b) A. obscurus Penn. Dahin ist zu zählen ‘A. petrosus Flem., 
A. rupestris Nilss. und A. immutabilis Degl. Aus Nordeuropa. 

ec) Anthus Coutelli Audouin, oder A. nigripes, Hempr. et Ehrenb. 
oder A. orientalis Brehm. Denn dieser letzte Name ist nach Vergleichung 
von Originalexemplaren aller drei Formen synonym mit A. Coutelli Aud. 


Aus den Ländern des östlichen Mittelmeeres. 


4. Bemerkungen über Brehm’s Falken. 


Schon in Cöthen habe ich auf einige Missverständnisse aufmerksam 


. gemacht, die sich in dem Referat über die von Brehm vorgezeigten 


Falken wiederfinden. Brehm unterscheidet: 


I, Aechte Wanderfalken, mit langer Mittelzehe. 
1. Falco peregrinus, L. 
2. Feldegg’s Wanderfalken (Falco barbarus L., F. Feldeggi, auct.), 
den er auch für F. peregrinoides Temm. und von der Mühle hält. 

“ Ueber den Vogel selber kann sicher kein Zweifel bestehen; über 
dessen Vorkommen und Synonyme aber scheinen sich Missverständnisse 
eingeschlichen zu haben. Es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, dass 
die Art zuerst von Temminck unter dem Namen F. peregrinoides auf- 
gestellt, aber bis jetzt noch nie in Europa gefunden worden ist. Man kann 
vielleicht darüber unsicher sein, ob der Name F. barbarus, L. auf diese Art zu 
beziehen ist, obwohles sehr unwahrscheinlich ist; dass aber der Schlegel’sche 
Name FF. Feldeggi unter allen Umständen nicht auf diese Art bezogen werden kann, 
darf man wohl als ausgemacht ansehen. Ich kenne den F. Feldeggi aus 
der Sammlung Feldegg’s sehr genau, und habe ihn’ selber frisch in 
Dalmatien erhalten; desshalb glaubte ich in Cöthen gegen diese Bezeich- 
nung profestiren zu müssen. Und welcher Autor hat denn diesen Falken 
je vorher mit den Namen F. Feldeggi belegt? Falco peregrinoides, von der 
Mühle ist ganz und gar nicht auf dies Thier zu beziehen, sondern auf 


den wirklichen Falco Feldeggi, Schlegel. Die Verwirrung scheint mir daher 
Naumannia, 188. 30 


466 


zu rühren, dass der Name F. peregrinoides von Temmick und von der 
Mühle für ganz verschiedene Thiere angewendet, von Brehm aber für 
synonym angesehen, und auf diesem Umwege der F. peregrinoides, Temm,, 
nicht durch Beobachtung, sondern durch Schlussfolge, zu einem Europäer 
creirt worden ist. Die Bemerkung von Brehm, dass die Abbildung des 
F. Feldeggi von Suhemihl nicht zu dieser Art gehöre, hätte das Miss- 
verständniss heben können, da Susemihl die besten Gründe haben 


musste, den wirklichen F. Feldeggi abzubilden! 


II, Unächte Wanderfalken, mit kurzer Mittelzehe. 
Hier unterscheidet Brehm drei Arten: 


1. Falco cervicalis, Licht. Mus Berol. 
2. Falco-biarmicus, Brehm. 


3. Falco tanypterus, Brehm. 


Der Name F. biarmicus ist von Temminck, der Name F. tanypterus 
von Lichtenstein bestimmt angewandt. Wenn Brehm unter diesen Na- 
men dieselben Thiere versteht, welche von anderen Ornithologen mit dem- 
selben belegt worden sind, so ist es in der Ordnung, sich auf den ersten 
Autor zu berufen, wenn man irgend einen eitiren will; wenn aber Brehm 
unter diesem Namen andere Thiere verstanden wissen will, so kann dies 


nur zur Verwirrung führen. 


1. F. cervicalis Licht. 


Brehm gibt an: „er lebt einzeln in Nordostafrika, verirrt sich zu- 
weilen nach Südeuropa, und ist kleiner, als der folgende, F. biarmicus Br.“ 

Im Berliner Museum steht ein einziges Originalexemplar dieser Art, 
vom Cap der guten Hoffnung, welches ich sorgfältig gemessen habe. Es 
ist mindestens eben so gross, in einzelnen Maassen sogar etwas grösser, 
als das entsprechende Geschlecht der folgenden Art.. Aus der Verbrei- 
tung kann ‚man ersehen, dass die Art wenigstens in den beiden End- 
punkten Afrikas angetroffen worden ist; wie aber steht es mit dem Vor- 
kommen in Europa? Wenn die Angabe nicht blos eine Vermuthung 
auf Grund der Möglichkeit ist, so wird es für die Einführung einer 
neuen Species in Europa unbedingt erforderlich, ganz bestimmt anzugeben, 
wann und wo diese Verirrung vor sich gegangen, wann und wo der 
Vogel in Europa betroffen worden, und was aus den Belegstücken, den 
verirrten Vögeln, geworden ist. Ich hoffe zuversichtlich, dass Freund 


RE 


467 


Brehm eine bestimmte, nicht misszuverstehende Angabe über das Vor- 
kommen dieser, und auch der vielen anderen in seinem interessanten 
Werke über den Vogelfang für Europa als neu eingeführten Arten nicht 
schuldig bleiben wird! Ich fühle mich gedrungen, so lange zu ermahnen, 
so lange zu bitten, bis wir über alle nur mit einer allgemeinen Andeu- 
tung für Europa als neu eingeführten Arten die erforderliche bestimmte 


Auskunft besitzen. 


2. Der südliche Wanderfalke. Falco biarmicus, Brehm. 
F. lanarius, Belon et Schleg. F. Feldeggi, Schleg. 


Es thut mir leid, dass Brehm den Vogel F. biarmicus genannt hat, 
und nicht allein deshalb, weil er schon F! Feldeggi und lanarius Schleg. 
hiess, oder deshalb, weil Temminck schon einen anderen Vogel mit 
demselben Namen, F. biarmicus, benannt hat, und zwar den Pi 'ceroikalie 
Licht; sondern allein des Namens willen, der endlich einmal verschollen 
schien, und jetzt doch nicht hätte wieder aufgewärmt werden sollen, be- 
sonders für einen südlichen Vogel. Denn was heisst biarmieus denn 
anders, als biarmisch, permisch, vom alten Biarmien, dem jetzigen Perm, 
am Westabhange des Urals? Was hat dieser schöne Falke, der ausser 
dem nördlichen Afrika nur noch die schönsten Länder des classischen 
Alterthums bewohnt, verbrochen, um in das allerdings auch altberühmte 
russische Verbannungsland verschickt zu werden? Oder soll der Name 
biarmicus auch hier mehr nach einem psychologischen als nach einem 
etymologischen Gedankengange abgeleitet und etwa deshalb angewandt 
worden sein, weil Parus biarmicus ausser seinem Namen zwei Bartzwickel 
im Gesicht hat? Es wird wohl besser sein, den Namen seiner Verges- 
senheit zu überlassen, und sich mit 7. Feldeggi Schl. oder . lanarius 
Schl. zu begnügen, wenn man nicht mit Bonaparte meint, dass der 
Name F. barbarus L. identisch mit F. lanarius alphanet Schl. sei und hier 
in Anwendung gebracht werden könne. Der Name F. Feldeggi bezieht 
sich auf den von Feldegg in Dalmatien aufgefundenen Vogel, von dem 
der griechische, der F. peregrinoides v. d. Mühle, nicht wesentlich ab- 
weicht, Ich selber habe in Dalmatien, nicht in Ossero, sondern bei Spa- 
latro, diesen Falken erhalten. Baldamus hat ihn im südlichen Ungarn 
horstend gefunden. Im Mainzer Museum steht ein Exemplar, das in der 
Gegend von Mainz geschossen worden sein soll. Brehm führt an, dass 
der junge Vogel dem F, cervicalis ausserordentlich ähnlich sei, sich aber 


durch einen gewölbten Kopf, stärkeren Schnabel und grösseren Körper 
30* 


468 


unterscheide. Nach ganz genauen Messungen, die ich an Bälgen und 
theilweise an frisch erlegten Thieren angestellt habe, kann ich diese 
Abweichungen in der Form des Kopfes und in der Grösse nicht bestä- 
tigen. Schlegel nimmt an, dass der F. biarmieus T. oder F. cervicalis Licht. 
mit dem F. Feldeggi identisch sei. Die Jungen lassen sich gar nicht un- 
terscheiden, und die Alten stehen einander ungemein nahe, für gute Arten 


zu nahe, 


3. Falco tanypterus Br. 
Nach der Beschreibung ist anzunehmen, dass Brehm wirklich den 
F. tanypterus Lichtenstein’s in Händen gehabt habe; auch habe ich 
an dem Exemplare in Cöthen keine Abweichung gesehen. Im Berliner 
Museum stehen acht Vögel dieser Art, fünf alte in verschiedener Zeich- 
nung, ein Uebergangskleid, und zwei Junge. Die Jungen sind von 
denen des F. Feldeggi Schleg. kaum mit Sicherheit zu unterscheiden. 


5. Ueber die Parus-Arten 


sind die Acten noch weit vom Schluss. 


Brehm führt Parus bockhariensis des Berliner Museums, und. des 
„vollständigen Vogelfangs“ unter dem neuen Namen Parus pallidus Brehm 
auf. Brehm gibt nicht an, aus welchen Gründen dieser Namenwechsel 
vorgenommen worden ist; ich glaube, wir werden sämmtlich der Ansicht 
sein, dass eine solche Wiedertaufe zur Aufklärung und Feststellung der 


Species nicht das Geringste beitragen kann. 


Ferner führt Brehm eine neue Sumpfmeise: Parus lugens Brehm, 
neben P. lugubris Natt. auf. Die Angaben sind allzu fragmentarisch, 
um irgend eine bestimmte Andeutung über ihre speeifische Selbstständig- 


keit in denselben erblicken zu können. 


Brehm führt an, dass er den P. borealis De Selys oder P. alpestris 
Bailly schon im Jahr 1831 anatomisch unter dem Namen Parus Salicarius 
beschrieben habe. Und De Selys erwähnt $. 393, dass er aus Schweden 
Exemplare erhalten habe, welche einen Uebergang von P. borealis zu P. 
palustris zu bilden scheinen. Diese Exemplare habe ich bei De Selys 
gesehen, und finde ebenfalls, dass sie so entschieden Mittelexemplare sind, 
dass man keiner Art ein besonderes Vorrecht auf dieselben zugestehen 


kann. Ich kann nur auf's Neue dazu auffordern, die Charaktere dieser 


469 


beiden Formen auch fernerhin gründlich zu controlliren; denn die Aus- 
sichten auf zwei scharfgetrennte Species: P. palustris et borealis, trüben 
sich immer mehr. Will man aus diesen Mittelformen leichtsinniger Weise 
nicht wieder neue Species machen, denen um so viel leichter neue Mittel- 
formen wieder auf der Ferse folgen können, oder sie ganz ignoriren; so 


sind beide Arten Species, die man nicht unterscheiden kann: also schlechte 


Species! 


6. Unter den Lerchen 


führt Brehm eine neue europäische Kalanderlerche, Melanocorypha semi- 
torquata Brehm, aus Sarepta auf. Ich glaube, dass diese neue Art noch 
ausführlich mit ihren Verwandten verglichen werden muss, ehe man sie 
als sicher begründet ansehen kann. Ich besitze Weibchen und Junge, 
die fast ganz genau mit der Beschreibung von Brehm übereinstimmen; 
diese gehören aber mit Bestimmtheit der Alauda tatarica Pall. an. Diese 
Art kommt in der Umgebung Sarepta’s vor. Es wird viel dringlicher 
sein, diese neue Art von A. tatarica scharf zu sondern, als von A. Ca- 
landra. Ich will dabei bemerken, dass in der Zeichnung der Schwanz- 
federn die A. tatarica unter sich nach Alter und Geschlecht sehr abweicht, 
und fast ebenso in der Zeichnung der Halsseite. Die Unterflügel sind 
bei A.tatarica aber in allen Zuständen schwarz, bei A. mongolica weiss, und 
bei A. Calandra braungrau mit fahlweisslich abschattirten Federkanten. 

Melanocorypha rufescens Brehm ist, wie ich aus der Vergleichung der 
Originalexemplare in St. Petersburg schliessen muss, übereinstimmend mit 
Alauda bimaculata Menetr. Alles, was Brehm als charakteristisch an- 
führt, Grösse, Färbung der Schwung- und Schwanzfedern, ist bei beiden 
Thieren ganz übereinstimmend. Auch die Färbung des Gesammtgefieders 
ist bei beiden dieselbe. 


7. Ob der Passer rufidorsalis Brehm, 


identisch sein soll mit der Pyrgita rufidorsalis des Berliner Museums, 
Nomenclator p. 47. ist nicht wohl auszumachen. Dass er aber überein- 
stimmend ist mit Passer arboreus Lichtenst. in Bonap. Conspect gener. 
avium. p. 510 n. 13, scheint mir nicht allein aus der kurzen Diagnose, 
sondern auch aus den Exemplaren in Leiden, auf die Bonaparte sich 


beruft, mit Sicherheit hervorzugehen. Sümmtliche Angaben der Grösse 


470 


und Färbung in der Beschreibung von Brehm passen genau mit den 


Exemplaren in Leiden. 


8. Ueber die Blaukelchen 


bin ich in der Ansicht, dass sie nur eine einzige gute Ari ausmächen, 
noch gar nicht erschüttert. Diese Vögel, von denen ich die von Brehm 
unterschiedenen fünf Arten sämmtlich im Leben habe beobachten können, 
sind in Stimme, Bewegung und Aufenthalt, sind in allen Lebensäusserungen 
als übereinstimmend anzusehen; sie weichen in der Grösse, im Bau, in 
allen plastischen Verhältnissen nicht mehr unter einander ab, als auch die 
Individuen von anderen verwandten, als Arten unzweifelhaft feststehenden 
Vögeln untereinander abweichen; die Weibchen und Jungen der- 
selben unterscheiden sich gar nicht, und die Gegensätze, welche sich in 
Kehl-Färbung der Männchen zeigen, sind durch vielfache Uebergänge' 


untereinander vermittelt. 


Cyanecula suesica hat einen zimmtfarbigen Fleck auf der weissen Kehle 
Bei C. orientalis hat dieser Fleck eine weisse Einfassung; diese weisse Ein- 
assung kommt von schwachen Spuren an bis zur vollen Deutlichkeit vor, 
wie es Dr. Altum anführt. In C. orientalis bicolor reducirt sich das 
Zimmtbraun auf dem weissen Stern bis zu einem Minimum. Bei C. leucocyanea 
ist blos ein weisser Stern vorhanden, der mit dem Alter immer ‚grösser 
wird; bei C. obscura ein weisser Stern, der mit dem Alter immer kleiner 
wird. Bei Braunschweig kommen beide, aber nicht mit Geburtschein, vor, 
so dass ich unter allen Umständen nur sehen kann, ob der weisse Stern 
gross oder klein ist. Bei C. obscura verschwindet der weisse Stern im 
Alter ganz. Bei C. Wolfi haben nur die einjährigen Vögel einen kleinen 
weissen Stern, die alten sehen so aus, wie die alte ©, odbscura: sie haben 
beide ganz blaue Kehlen. Und beide haben mir die Zahl ihrer Jahre 
nie so ganz bestimmt verrathen wollen, so dass ich immer nur sehen 


kann, ob ein Stern vorhanden ist oder nicht. Damit ist die ununterbro- 


chene Reihe fertig. 


Ich finde in den ungemein reichhaltigen Brehm’schen Suiten, die 
ich durch Brehm’s Freundschaft Gelegenheit gehabt habe zum Theil 
ganz genau untersuchen zu können, die schönsten Belegstücke dafür, dass 


sämmtliche Formen zu einer einzigen Art gehören. 


471 


9. Die Rohrammern, 


Ich hatte eine Reihe von Rohrammern: Eimberiza Schoeniclus, intermedia 
und pyrrhuloides oder palustris mit nach Cöthen gebracht, um durch Augen- 
schein den Beweis zu liefern, dass diese Thiere nach der Stärke und 
äusseren Form .des Schnabels nicht zu trennen seien. Da diese Vögel 
nicht zur Discussion kamen, so würde ich auch hier von denselben 
schweigen, wenn Gloger im Referat des Protokolls S. 297 diese Vogel- 
gruppe nicht aus einem Gesichtspunkte beleuchtete, mit dem ich nicht 
einverstanden bin, obwohl er, dasselbe Resultat, wie ich, aus seinen 
Schlüssen folgert. 


Ich habe die Ueberzeugung, dass man das Trennen der Individuen 
in verschiedene, das Verbinden derselben zu ein und derselben Species 
nur auf dem Wege der Empirie, mit Thatsachen, begründen kann. 

Gloger hat in der angedeuteten Auseinandersetzung wiederholt den 
Beweis geliefert, dass er dasselbe Resultat durch Denken, durch Aufstel- 
lung von Hypothesen über den Causalzusammenhang in den Abweichungen 
der Form und der Farben, zu erreichen eine unwiderstehliche Neigung 
hat. Diese Art der Behandlung hat den Vorzug, sehr geistreich und an- 
ziehend sein zu können, und den Nachtheil, dass sie leicht auf Abwege 
und Irrwege führt. Ueber. den Causalzusammenhang selber wissen wir 
im Allgemeinen in solchen Fällen wenig oder gar nichts, und sind des- 
halb gezwungen, desto mehr über denselben zu denken und zu vermuthen. 
Solche Vermuthungen oder Hypothesen schieben sich allzugern demjeni- 
gen, der ein erklärendes Prinzip so sehnlichst sucht, als eine bereits 
thatsächlich erledigte Formel für den Causalzusammenhang unter. Für 
das Endresultat ist das nur dann nicht schädlich, wenn dies auf anderem 
Wege schon unerschütterlich feststeht. Steht ein solches Endresultat aber 
nicht schon ohnehin fest, so wird ein Jeder, der in der Angelegenheit 
selbstständig urtheilt, bei einem nicht zutreffenden Vordersatze einer nicht 
zutreffenden Hypothese, auch an der Folgerichtigkeit des ganzen Schlusses, 
also am Endresultat zweifeln, obwohl das Endresultat unbeachtet des 
fraglichen Schlusses richtig sein kann. 


In Bezug auf die Rohrammern sagt Gloger, er könne sich die Sache 
nur ähnlich denken, wie bei dem Kreuzschnabel und Tannenhäher. Nach 
Norden hin würden die Samen der Sumpf- und Hirsegräser, wie die 
Gräser selber, und mit ihnen zugleich die Schnäbel der Individuen, immer 


472 


kleiner; im Süden umgekehrt komme, um es kurz zu wiederholen, die 
dickschnäbeligen E. pyrrhuloides nur da vor, wo man Reis baue, sei viel- 
leicht erst infolge des Reisbaues in Europa entstanden. Der Causal- 
zusammenhang ist der, dass die Abhülsung der kleinen Samen wenig, die 
der Reiskörner viel Kraftanstrengung erfordere, und der Schnabel gemäss 
der Kraftanstrengung sich ausdehne. Ein, Gedankenzusammenhang ist 
hier offenbar nicht zu verkennen; aber die Thatsachen führen uns einen 
anderen Weg. N 

Zunächst ist es keineswegs der Fall, dass die- Samen einer und der- 
selben Art wesentlich kleiner werden, wenn die Pflanzen kleiner sind. 
Dann sind -ferner im Norden die betreffenden Gewächse durchaus nicht 
kleiner, häufig sogar umgekehrt grösser als im Süden. Dann sind. aber 
auch ferner keineswegs die Schnäbel der Rohrammer durchgängig im 
Norden kleiner; die kleinsten und kürzesten, welche ich gemessen habe 
und in Bälgen besitze — weit schwächer, als manche aus Norddeutschland — 
habe ich in Dalmatien gefunden. Dort kamen sie an denselben Fund- 
orten zusammen mit der diekschnäbeligen E. pyrrhuloides vor. Diese E. 
pyrrhuloides ist allerdings regelmässig verbreitet nur in Südeuropa, unter 
anderen auch in der Lombardei und in Toskana, wo Reis gezogen wird. 
Aber auch im übrigen Italien kommt sie vor, wo auf 20 Meilen in die 
Runde kein Reis gezogen wird. Häufiger aber, als irgendwo, ist sie, zu- 
sammen mit E. intermedia und Schoeniclus, in Dalmatien einheimisch. 
Wer Dalmatien kennt, wird. wissen, dass es kaum irgend einen Fleck 
Erde darbietet, wo Reis gezogen werden kann, und dass im Ganzen in 
Dalmatien kein Reis gezogen wird. Woher soll nun die unglückliche 
Emb. pyrrhuloides in Dalmatien ihren Reis beziehen? Jedenfalls kann sie 
nicht täglich nach’ der Lombardei und Italien hinüber fliegen, um Reis 
zu holen!: Und auch das würde ihr während des grössten Theils des 
Jahres nichts fruchten, weil sie dann auch dort keinen Reis antreffen würde. 
Es muss hinter diesen Schnäbeln noch etwas anderes verborgen liegen! 

Der Gedankenzusammenhang in dieser Reflexion ist so klar, dass ein 
Jeder es für möglich halten könnte, aus verschiedenen Eiern ein und 
desselben Geleges nach Belieben E. Schoeniclus oder pyrrhuloides zu ziehen. 
Und doch geht dieser Gedankenzusammenhang an der unerbittlichen Macht 
der Thatsachen verloren. ; 

Für die Beurtheilung der Species ist dieser Gedankenzusammenhang 
aber auch nicht erforderlich. Wenn es feststeht, dass die zersplitterten 


Formen in allen Richtungen durch Uebergänge mit einander verbunden 


473 


sind, dass es zahlreiche Mittelbildungen giebt, die man unter, keine der 
getrennten Species unterbringen kann, dann hört alle Sonderung, ausser 
der der Individuen, von selber auf. Eine Büchertrennung, die von der 
Natur nicht consequent unterstützt wird, ist ein erneueter Kampf mit 
Windmühlenflügeln! 


10. Die Goldregenpfeifer. 


Da es sich um das allgemeine Prinzip der Speciesbestimmung und 
Abgrenzung handelt, so will ich noch ein von Gloger hervorgehobenes 
Beispiel berühren, in welchem mir der Causalzusammenhang nicht klar 
geworden ist, und bei welchem ich den Thatsachen stellenweise wider- 


sprechen muss, Es ist die Reflexion über Charadrius pluvialis S. 294. 


Gloger sagt, durch vermehrten Gebrauch bilden sich die Flugwerk- 
zeuge stärker, durch verminderten schwächer aus, gleich den Schnäbeln. 
Deshalb haben die Goldregenpfeifer in wärmeren Ländern kürzere Flügel, 
als in kälteren, und die kürzesten speciell in Amerika.. Das treffe eigen- 
thümlich genau damit zusammen, dass Amerika eine zusammenhängende 
Ländermasse bilde, und die Vögel nicht über das Meer zu wandern 
brauchten, dass sie in wärmeren Ländern Standvögel bleiben könnten, 
während sie in kälteren ziehen müssten. In dieser Schlussfolge wird die 
Länge des Flügels von der Kraftanstrengung, und ich denke, die Kraft- 
anstrengung von der Länge des Weges abhängig gemacht. Für die 
Länge des Weges aber macht es doch wohl gar keinen Unterschied, ob 
die Vögel eine bestimmte Zahl von Breitengraden zu Lande oder zu 
Wasser durchfliegen. Danach sehe ich nicht ein, weshalb die Flügel 
der amerikanischen Goldregenpfeifer, die unter denselben Breiten hausen, 
kürzer sein sollen, als die europäischen. Aber sie sind es durchgängig 
auch nicht! Unter den von mir genau gemessenen Goldregenpfeifern 
finde ich mehrere aus Braunschweig mit einer Flügellänge von 6” 1 
bis 6° 4,5''; mehrere im Sommer im Norden vor der Zugzeit, und zu 
Anfang der Zugzeit erlegte von 6 2" bis 6” 4‘; ein Ch. pluvialis lon- 
gipes aus Üelebes mit 6 3; zwei vom Cap. mit 6 2,5“ und 6 
ein Ch. pluviales virginicus von Venezuela von 6” 5"; mehrere aus Nord-, 
amerika von 6‘ 1’ bis 6° 4'" Flügellänge. ‚Bei allen beträgt die Länge 
des Unterarmes gegen 2’; bei den frischerlegten die Länge des Oberarmes 


eben #0 viel. Dass der von Venezuela, der einzige, den ich von dort 


474 
kenne, den das Klima nicht zum Ziehen verleiten kann, den längsten 
Flügel hat, ist offenbar nur Zufall, jedenfalls aber aus dem angedeuteten 
Prinzip des Causalzusammenhanges nicht zu erklären; dies Exemplar, im 
Museum zu Leiden, hat sogar noch grössere Flügel ‚ als die weiter nörd- 
lich in den Freistaaten erlegten. 

Die von Celebes haben ebenso grosse Flügel, wie die meisten in 
Braunschweig erlegten. Das wärmere Klima zeigt keinen Unterschied. 

Wenn ich den Causalzusammenhang nur speciell in seinen Anfangs- 
und Endpunkten construiren will, muss ich annehmen, dass die Individuen 
im Norden vor dem Zuge alle kurze Flügel haben, und die Flügel wäh- 
rend ihres Ziehens lang wachsen, in Folge der Kraftanstrengungen. Aber 
die in Nordeuropa erlegten haben, ehe sie sich auf die Wanderung be- 
geben haben, durchschnittlich eben so lange Flügel, als die im Süden 
nach der Zugzeit getödteten, eben so lange Flügel, wie die im Frühjahr 
zurückkehrenden. 

Und sollte es im Ganzen wohl denkbar sein, dass eine normal aus- 
gebildete, reife Feder während der Zugzeit in Folge des Fliegens noch 
länger würde? 

Dr. Gloger und ich haben im Endresultat über die Goldregen- 
pfeiferarten vielleicht dieselbe Ansicht, ich weiss es nicht; aber wir haben 
dieselbe offenbar auf ganz verschiedenem Wege gewonnen. Ich gehe 
davon aus, so viel als möglich die Thatsachen festzustellen, und hüte 
mich, bis das geschehen ist, ernstlich vor allem Denken über Verhält- 
nisse, die ich nicht unmittelbar an dem vorliegenden Thiere beobachten 
kann oder beobachtet habe, z. B. über Klima, dessen Einwirkung wir 
a priori nicht kennen, über Geographieund Aehnliches. : Ich habe a priori 
gar kein Bedürfniss nach Erklärungsgründen; denn die Thatsachen beste- 
hen und Niemand kann sie wegdemonstriren. Ich will von vorn herein 
nicht die Thatsachen im Lichte der Prinzipien sehen, sondern aus den 
Thatsachen die Prinzipien herleiten. Kann ich in Folge der beobachteten 
Thatsache die Species unterscheiden, so freut mich das, und ich thue es 
ohne irgend einen wissenschaftlichen Widerwillen. Kann ich es nicht, so 
führe ich meinen Gegner an den gefährlichen Punkt und sage ihm: Hie 
Rhodus, hic salta! Thut er das und überführt mich eines Besseren, so 
weiss ich ihm Dank dafür. Das Nachdenken aber kommt zu allerletzt, 


und lässt sich auf Alles, was einer Hypothese ähnlich sieht, gar nicht ein. 


475 


Beilage Nr. 13. 
Ornithologische Bemerkungen. 


Von J. H. Blasius. 


1. Falco concolor auct. 


Im ersten Bande der Naumannia 3. p. 31. gibt Heuglin die Unter- 
schiede von F. arcadicus, Lind., F. Eleonorae, Gene und F! concolor, T., an. 

Die erste Art, den F.arcadieus, Lind., hat er selber nicht gesehen; 
zur zweiten eitirt er Temminck Plauches col., Beschreibung, und zur 
dritten Temminck Plauches col., Abbildung. 

Dass unter der ersten F. Eleonorae, Gene, zu verstehen ist, erleidet 
wohl keinen Zweifel, obwohl der Bau des Flügels unklar angegeben 
wird. 

Die zweite Art, von Heuglin F Eleonorae genannt, ist ohne Zwei- 
fel, wie das Citat ebenfalls ausspricht, F. concolor Temminck, Beschrei- 


bung; und jedenfalls nicht F. Eleonorae, Gene. 


Die dritte Art ist, wie Heuglin selber eitirt, F. ardesiacus, Vieillot. 
Diese letztere Art ist offenbar dem Merlin verwandt, während die beiden 
arsten zu den Baumfalken gehören, und dem F. subbuteo, L. sehr nahe 
stehen. 


Im dritten Hefte des 6. Jahrgangs der Naumannia 1856 führt Brehm 
jun. zwei neue Falkenarten aus dem nordöstlichen Afrika. auf. 


Auf Seite 234 erwähnt er einen F\ concolor, T., von dem er nach 
Exemplaren des Berliner Museums einen F. cyanostolos als neue Art trennt. 
Die Angaben lassen über beide Arten, und darüber dass die letztere 
nicht neu ist, gar keinen Zweifel zu. 

Auf Seite 232 wird ein junger Vogel, für den Fall, dass er nicht 
zu F. Eleöonorae gehören sollte, unter dem neuen Namen F. gracilis be- 
schrieben und abgebildet. 

Um diese neuen Arten beurtheilen und mit den bekannten ver- 
gleichen zu können, will ich die von den Originalexemplaren entlehnten 
Mausse beifügen. 


476 


F. ardesiacus, Vt. 


k“ Elenoorae, Gene] F. concolor, T. 


M. | w. M. | w. m | W. 
Flügellänge |11° 6‘ |11“ 9 | 10° 5“ 11" Say gu 
Schwanzl. 6" zu 6 zıu 54 gu 5. 6 54 6 54 gu 
Lauf 1. ya 1% 4,5" 1% gu 1 3,9" 1° Tu 1 gu 


Mittelzehe 
ohne Nagel 1° yıu 1" 4,5" 1 2,9. 1 3,3 1" 1,5" 1°' 2,5% 


Nach den auf Seite 235 mitgetheilten Maassen und der Beschreibung 
des F. concolor, Brehm, erleidet es gar keinen Zweifel, dass der F! ar- 
desiacus, Vt., unter diesem Namen zu verstehen sei. Brehm erklärt, er 
habe ihm den Namen F. concolor wegen seiner einfarbigen Zeichnung 
gelassen, obwohl unter dem Namen F. concolor ursprünglich sein F. eya- 
nostolos verstanden worden sei, und auch Schlegel und Susemihl die- 


sen Namen im gleichen Sinn gebraucht haben. 


Auch in der Naumannia 1855, S. 252 und 253 hat Schlegel die- 
sen Namen wieder in gleicher Bedeutung angewandt. Ein Grund gegen 


diese Nomenclatur wird wohl auch schwerlich gefunden werden. 


Nebenbei verdient der F. concolor, T., soweit die Färbung dafür ent- 
scheidend sein sollte, den’ Namen in weit höherem Grade als der F! ar- 


desiacus. 


Brehm deutet in der angeführten Aeusserung schon selber an, dass 
sein Name F. cyanostolos nur ein neuer Name für F. concolor, Temm., 
sei, und keine neue Art bezeichne, obwohl es nach der Aeusserung 
S.234: „F* concolor des Mus. Berol., welchen ich, im Fall er noch nicht 
beschrieben ist, F: cyanostolos nennen würde,“ als zweifelhaft hingestellt 
wird. Dieser F. cyanostolos ist, näch den Originalexemplaren in Berlin, 
aber wirklich zweifellos die von Temminck unter dem Namen F. con- 
color beschriebene Art. Demnach würden beide Namen auf ihre ursprüng- 


liche Bedeutung zu reduciren sein. 


Von dem unter dem Namen F. gracilis, Brehm, als neue Art be- 
schriebenen Falken ist Brehm nicht sicher, ob er vielleicht der junge 
Vogel von F. Eleonorae, Gene, sei. Von F. Eleonorae kenne ich den alten 
Vogel, Uebergangskleider und Junge, theilweise die Originalexemplare in 
Turin, theilweise andere aus Syrien. Die Zeichnung und Färbung dieses 
F. gracilis erinnert nicht entfernt an das Jugendkleid von F. Eleonorae. 


477 


Auch würde eine Vergleichung mit den Dimensionen von F. Eleonorae 
den Gedanken, dass man es mit einem Jugendkleide desselben zu thun 
habe, sofort beseitigen. 

Brehm sagt, F. gracilis müsse entweder ein junger F! Eleonorae oder 
eine neue Art sein; warum nicht noch ein drittes: ein junger. Vogel 
von einer anderen bekannten Art, von F. concolor, T., u.s.w. Die 
Länge des von Brehm beschriebenen jungen Weibchens ist 12‘; Flügel- 
länge 9" 6“: Schwanzlänge 5‘ 3°‘; Lauflänge 1‘ 3,5‘; Mittelzehe 
ohne Nagel 1‘ 3. Eine grössere Uebereinstimmung eines jungen Vo- 
gels mit F. concolor, T., in den oben mitgetheilten Tabellen ist doch 
nicht wohl denkbar. Ich bin fest überzeugt, dass Brehm, wenn er seinen 
F. cyanostolos vor Augen gehabt, und nicht blos aus der Erinnerung ge- 
kannt hätte, beide identifieirt haben würde. 


Die Synonymie würde demnach folgende sein: 


1. Falco Eleonorae, Gene. 
F. arcadieus. Linderm. 
F. concolor, v. d. Mühle. 


2. Faleo concolor, Temm., Deser. 
F. Eleonorae, Heuglin. 
F. cyanostolos, Brehm jun. 
F. gracilis, Brehm jun. und sen. 
F. unicolor, Licht. Mus. Vind. 


3. Falco ardesiacus, Vieill. / 
F. concolor, Brehm jun., Heugl. 
F. unicolor, Swains. 

F. concolor, T. Fig. 


In Bonapartes Conspectus Gen. Av. sind die drei Arten durch kurze 
Diagnosen vortrefilich charakterisirt und in ihren Synonymen ausführlich 
erörtert. 


2. Die Brehm’schen Falken. 


In der Darstellung der Wanderfalken bemerkt Brehm jun. $. 217 
des 6. Bandes der Naumannia, dass er sich nicht sicher wisse, ob die 


Nomenclatur, welche er angewandt, die richtige sei. Er glaubt der herr- 


478 


schenden Verwirrung abzuhelfen, wenn er die Arten richtig, aber viel- 
leicht unter falschen Namen beschreibt, weil dann die Kritik rege werde, 
Er fordert die Kritik sogar heraus, die resp. Namen vor die geeignete 


Stelle zu setzen. 


Die bisherige Nomenclatur ist, obwohl die Beschreibungen nicht 
immer so exact waren, wie es hätte möglich sein können, eine conse- 
quente gewesen. Die von Brehm weicht allerdings stellenweise bedeu- 


tend von derselben ab. 


1. Der F. Feldeggi, Brehm jun., S. 218, ist meines Wissens bisher 
nie mit dem Namen F. Feldeggi benannt worden; es ist unzweifelhaft 
der F. peregrinoides, Temm. Bonaparte in seinem Conspectus führt ihn 
in derselben Gruppe mit F. peregrinus auf unter der Bezeichnung: Cauda 
brevis, digiti elongati, macula mystacalis, dilatate, und der speciellen Diag- 
nose: minor, nucha rufescenti, subtus flavo-rufescens, und eitirt Temm. pl. 
col. 479 hinzu. 


2. Der Name F! biarmicus, T., ist nie für die vorliegende Art, son- 
dern synonym mit F. cervicalis, Licht., angewandt worden, wie auch Bo- 
naparte im Conspectus dies ausgesprochen hat. Der Name F: biarmicus, 
T. ist aber mit Recht in Vergessenheit gerathen, da dieser afrikanische 
Falke mit Biarmien, dem jetzigen Perm, nie in Berührung gekommen sein 
wird. Es ist höchst wahrscheinlich, dass Brehm unter dem Namen F. 
biarmicus den F. Feldeggi, Schlegel, beschreibt. Die Maasse stimmen 
genau; die sehr ausführliche Beschreibung lässt jedoch noch einige Eigen- 
thümlichkeiten dieser Art im Unklaren. Doch kann wohl kaum eine an- 


dere Art der Beschreibung zu Grunde gelegt worden sein. 


3. Der F. tanypterus, Br. ist identisch mit dem F. tanypterus, Licht., 
wie die Originalexemplare des Berliner Museums beweisen. 


4. Falco cervicalis, Brehm, S. 229, ist unzweifelhaft übereinstim- 
mend mit dem F. cervicalis, Licht. Auch Bonaparte im Conspectus 


wendet den Namen im gleichen Sinne an. 


Das gegenseitige Verhältniss dieser letzten drei kurzzehigen Arten 
ist noch nicht genügend aufgeklärt. Die jungen Vögel von allen drei 
Arten sind sehr schwer zu unterscheiden, und es ist sehr wünschens- 
werth, für die Alten noch andere Unterschiede als die der sehr schwan- 


kenden Zeichnung und Färbung aufzufinden. 


479 


Brehm unterscheidet wieder, wie es von Brisson und Gmelin ge- 
schehen, zwei Merlinfalken, F. Aesalon, Gm., L., oben licht schieferblau, 
nach Brehm in Egypten und zuweilen in Deutschland gefunden, und F. 
lithofaleo, Gm., L., oben dunkelschieferblau, in Norwegen, Irland und 
als Gast auch in Deutschland einheimisch. Der letzte ist in Nord- und 
Mitteleuropa bekanntlich Zugvogel; von ersterem behauptet Brehm er sei 
in Egypten nur Wintergast. Brehm hält beide Formen, obwohl sie 
so sehr verschiedenen Aufenthalt haben, nicht für klimatische Varietäten, 
und hat darin wahrscheinlich sehr recht. Aber er hält beide Vögel aus 
diesem Grunde „für besondere gute Arten“, und in diese Alternative 
möchten wohl schwerlich alle Ornithologen einstimmen. 

Es würde sehr interessant und sehr wünschenswerth sein, zu er- 
fahren, wo sich der F. Aesalon, Gm., Br., der in den Nilländern Winter- 
gast ist, im Sommer aufhält, und sogar, wie er im Sommer aussieht. 
Dasselbe Interesse nimmt in Aufenthalt und Färbung der nordische F! 
lithofaleo, Gm., Br., für die Wintermonate in Anspruch, die er bekannt- 
lieh nicht im nördlichen und mittleren Europa verlebt. Irgendwo muss 
der nordische doch im Winter und der südliche im Sommer existiren! 
Der griechische F. Aesalon ist noch derselbe, der in Norwegen und Is- 
land brütet und im Herbst auf dem Zuge durch Norddeutschland kommt. 
Auch besitze ich alte Männchen von F. Aesalon aus Egypten, die in der 
Färbung mit den auf dem Herbstzuge in Braunschweig geschossenen 
vollständig übereinstimmen. £ 

Ehe man aus den Farben der beiden Arten die Ueberzeugung fassen 
kann, dass beide bestimmt gesonderte Arten seien, müsste man beide 
vielleicht aus beiderlei Jahreszeiten, aus Sommer und Winter kennen. 
In der Grösse und in allen plastischen Verhältnissen sind beide bekannt- 
lich vollständig übereinstimmend; und Gmelin und Brisson sind beide 
keine Vorgänger, auf deren Autorität mehr zu geben ist, als man selber 
bestätigen kann. Wenn so geringen Farbenabweichungen, wie den hell 
und dunkelgefärbten Merlinen nicht noch bedeutende andere Verschieden- 
heiten parallel gehen, so werden die Artentrennungen schwerlich sich 
wieder einer allgemeinen Anerkennung zu erfreuen haben. 


3. Larus Heinei, v. Homeyer. 


‚ Im Jahr 1853 gab von Homeyer in der Naumannia $. 129 die- 
jenigen Eigenthümlichkeiten an, durch welche sich seine Larus Heinei 


480 


von Larus canus L. unterscheidet. Larus Heinei ist danach grösser, schlan- 
ker, gestreckter in der ganzen Gestalt, in Schnabel und Füssen, der Flügel- 
rand, die Handfedern und die grossen Deckfedern sind schieferschwärzlich, 
in das etwas dunklere Grau des Rückens übergehend, die zweite Primär- 
schwinge nur auf der Innenfahne mit weissem Fleck bezeichnet u. s. w. 
Diese Angaben beziehen sich auf Larus canus, als eine feststehende 
bekannte Form. 

In den bisherigen Beschreibungen von Larus canus ist auf einen 
Gegensatz zu L. Heinei natürlich keine Rücksicht genommen; man hat 
Individuen beschrieben, die nach dem Zufall Z. canus oder L. Heinei sein 
konnten. Aus den bisherigen Beschreibungen ist keine feste Ansicht 


darüber zu gewinnen, was v. Homeyer unter Larus canus versteht. 


Ich habe mich seither sowohl in der Natur, als in Sammlungen be- 


müht, über beide Arten in’s Klare zu kommen, 


Den nächsten festen Anhaltspunkt zur Unterscheidung erhielt ich an 
den Exemplaren der Mainzer Sammlung, die nach Bruchs Angaben 
genau mit den Originalexemplaren von Homeyer verglichen sind, und an 
den Beschreibungen beider Arten im Journal für Ornithologie IH. 283, 
284. Dass danach die Exemplare von L. Heinei im Mainzer Museum 
mit L. Heinei von Hom. übereinstimmen, ist nicht zu bezweifeln; ob 
aber der Zarus canus des Mainzer Museums mit dem von Homeyer über- 
einstimmt, ist aus den vorliegenden Thatsachen und Angaben noch nicht 


ganz sicher. 


Vorausgesetzt, dass Larus Heinei von H. mit dem im Mainzer Mu- 
seum identisch ist; so scheint es mir keinem Zweifel unterworfen, dass 
Temminck im Manuel II. p. 771 diese Art unter dem Namen Z. canus 
beschrieben hat. Es scheint mir jedoch zweifelhaft, ob Temminck auch 
nur irgend ein Exemplar von Homeyerschen oder Bruch’schen 2. canus 
dabei im Auge gehabt habe. Der Homeyer’'sche Larus Heinei ist Tem- 
minck’s Larus canus. Der Bestand des Leidener Museums widerspricht 
dem durchaus nicht. Auch Naumann beschreibt unzweifelhaft unter 
dem Namen L. canus den Homeyerschen ZL. Heinei, und nicht die Form, 
welche im Mainzer Museum unter dem Namen Z. canus steht. In der 
Sammlung De Selys in Longchamps, in der Sammlung in Frankfurt, in 
Berlin existirt nur Darus Heinei, nicht L. canus. Alle Exemplare von 
der Ostsee, von den niederländischen Küsten, vom adriatiatischen Meere, 


von der Küste Kleinasiens, die mir seither in die Hände gekommen, 


481 


sind L. Heinei. Die frischerlegten Exemplare vom Canal und vom Nie- 
derrhein, die ich seither untersucht, gehören sämmtlich zu L. Heinei. Es 
mag theilweise Zufall sein: ich habe seither weder im Freien, noch in 


Sammlungen, ausser der des Mainzer Museums, L. canus gesehen. 


Man kann demnach wohl billig fragen, was hat man unter L. canus 
zu verstehen, und wo kommt er vor? Bruch gibt als Heimath seines Z. 
canus die nördliche Hemissphäre, speciell Island und die Färöer an. 

Doch auch an L. Heinei kann man wieder irre werden, wenn man 
unter anderen die Exemplare des Mainzer Museums mit den Angaben 
von Homeyer’s in der Naumannia und mit der Beschreibung Bruchs ver- 
gleicht. Beide Beschreibungen deuten auf die weit längern Flügel des 
L. Heinei hin. 

Nun hat L. canus nach Homeyers Angaben eine Flügellänge von 358 
bis 392 Mm. Ein altes Exemplar von L. Heinei in Mainz hat eine 
Flügellänge von 360Mm.; ein von Homeyer 387, und das grösste 395 Mm. 
Dabei kann man keine Unterschiede festhalten wollen. Die Mundspalte 
von L.canus wechselt, nach Homeyer, zwischen 53 und 58 Mm., die von 
L. Heinei zwischen 53 und 64 Mm.; das erwähnte alte Exemplar von L. 
Heinei in Mainz hat ebenfalls nur eine Mundspalte von 53Mm. Auch in 
diesen Dimensionen liegen keine sicher trennenden Gegensätze. Die Lauf- 
länge wechselt bei L. canus von 53 bis 56Mm. Das erwähnte Exemplar 
von L. Heinei in Mainz hat 52, das grösste von Homeyer 60 Mm. Lauflänge. 
Auch hierin kann sicherlich kein specifischer Unterschied gefunden wer- 
den. Homeyer gibt an, L. Heinei habe auf der zweiten Primärschwinge 
vor der Spitze nur auf der Innenfahne einen weissen Fleck; Bruch sagt, 
das Sommerkleid desselben Thieres habe an den zwei ersten schwarzen 
Schwingen einen 2 Zoll breiten weissen Fleck. Von den Färbungs- 
unterschieden am Flügelrande u. s. w. erwähnt Bruch gar nichts. In 
Bezug auf die Färbung des Flügelrandes und der grossen Schwungfedern 
habe ich, bei übrigens vollkommen ausgefärbten Vögeln, mehrfache Ab- 
weichungen gefunden, die mit keiner der beiden Angaben stimmen. 


Wenn nun auch L. Heinei in vielen Fällen grösser und gestreckter 
ist, als Z. canus, so geht doch aus Homeyers eigenen Angaben, aus den 
Exemplaren in Mainz und aus vielen andern, die ich genau gemessen 
habe, hervor, dass dies nicht immer der Fall ist, dass im Gegentheil 
viele Exemplare von L. Heinei kleiner sind, als viele von L. canus, dass 


im Ganzen die Gränzen der Dimensionen beider Arten nicht auffallend 
Naumannia, 1866. 31 


482 


auseinanderliegen. Wenn beide Arten in der Färbung des Flügels und 
in der Zeichnung der grossen Schwungfedern specifisch verschieden sind: 
so sind doch die specifischen Unterschiede bis jetzt nirgend so durch- 
greifend und so bestimmt hervorgehoben worden, dass sie zur sichern 
Unterscheidung beider dienen könnten. Wenn auch nach den überein- 
stimmenden Angaben von Homeyer und Bruch der Schnabel von L. 
Heinei bei gleicher Länge schlanker oder schwächer ist, als der von Z. 
canus: so bietet diese Eigenthümlichkeit doch keinen Anhaltspunkt der 
Unterscheidung dar, wenn man nicht beide Arten gleichzeitig in Hän- 
den hat. 

Es scheint mir demnach festzustehen, dass die bisher angegebenen 
Charaktere nicht hinreichen, um beide genannten Mövenarten in allen Zu- 
ständen und Dimensionen sicher unterscheiden zu können. Es liegt offen- 
bar im Interesse beider Arten und des ornithologischen Publikums, ganz 
sichere Anhaltspunkte zu besitzen, an welchen die ornithologische Beob- 
achtung sich anschliessen kann. Diese würden zunächst in detaillirten 
Beschreibungen beider Arten, mit Hervorheben der speciellen Artunter- 
schiede zu suchen sein; und diese Beschreibungen dürfte die Ornithologie 
wohl zunächst vom: Autor der neuen Art, von Homeyer, vorzugsweise 
zu erhalten wünschen müssen. 

Aus diesen Beschreibungen würde sich dann auch ersehen lassen, 
ob der Z. canus von Homeyer mit dem von Bruch übereinstimmt, und 
ob ausser Bruch in neuerer Zeit noch irgend Jemand mit Bestimmtheit 
den L. canus beschrieben habe. Im Ganzen würde man die Synonyme 
dieser Mövengruppen mit Sicherheit erledigen können: was so lange, 
als man nicht weiss, was Homeyer unter Larus canus versteht, un- 
möglich ist. Wenn die Bestimmungen des Mainzer Museums richtig sind, 
oder vielmehr mit denen von Homeyer übereinstimmen, so darf man beide 
Arten als längst bekannt und als beschrieben ansehen. Denn Larus canus 
von Bruch stimmt ohne allen Zweifel überein mit der Gavia cinerea 
Briss., Ornith. VI., p. 175, n. 8. Auch der Z. canıs Pall. Zoogr. ge- 
hört wahrscheinlich zu dieser Art. 

Schon Pallas zweifelt daran, dass die verwandte Belgische Form 
mit seiner Z. canus übereinstimme, ohne dies jedoch als sichere Thatsache 
mitzutheilen. Von Temminck und Naumann ist dagegen der Name Z. 
canus mit Bestimmtheit für diejenige Form angewendet worden, die Ho- 


meyer unter dem Namen Z. Heinei als neve Art anführt. 


483 


4. Larus Michahellesii, Bruch. 


Bei wiederholtem Aufenthalt in Dalmatien und an den übrigen 
Küstenländern des adriatischen Meeres habe ich mir Mühe gegeben, mir 
eine Vorstellung von Larus Michahellis, Feldegg, oder Larus Michahellesü 
Bruch, zu machen. Ueberall glaubte ich jedoch dort nur die, mir von 
den nordischen Seeküsten her wohlbekannte und oft genau untersuchte, ver- 
wandte Art /L. argentatus zu erblicken. Ich konnte an den dalmatischen 
Silbermöven in Bewegung und Lebensweise keine Abweichungen sehen, und 
fand nach genauen Messungen in den Dimensionen keine grösseren Unterschiede, 
als auch die nordischen Silbermöven oft genug unter sich darbieten. Auch 
die Färbung des Rückens wollte mir nicht wesentlich von der der nor- 
dischen abweichend vorkommen. Es war mir deshalb interessant, im 
Museum in Mainz ein Exemplar von L. Michahellesii aus Dalmatien, 
also ein Originalexemplar von Bruch, untersuchen zu können. Ich fand 
in ihm das gewöhnliche Vorkommen der dalmatischen Silbermöven wie- 
der, doch nicht eine einzige wesentliche Abweichung von der nordischen 


L. argentatus. 


Die Farbe des Mantels ist nicht merklich dunkler, als bei der Sil- 
bermöve; und die Maasse in der unten folgenden Uebersicht zeigen eine 
Uebereinstimmung, die eine specifische Sonderung unmöglich macht. Ich 
muss nebenbei bemerken, dass ich am adriatischen Meere frische Exem- 
plare gemessen habe, die das Originalexemplar von Bruch und das von 
dem bei Braunschweig erlegten L. argentatus an Grösse noch überfrafen. 


Im Journal für Ornithologie 1855, 8. 282, stellt Bruch den L. leu- 
cophaeus Licht. als Synonym zu L. Michahellesii, während er in demselben 
Journal im Jahrgang 1853, S. 101, diese Art wegen des stärkeren Schna- 
bels trennt und als wohlbegründete Art hinstellt. Die spätere Aenderung 
ist unter allen Umständen eine irrige; Larus leucophaeus Licht. kann 
unbedingt nicht mit L. Michahellesii oder argentatus zusammengezogen 
werden. Will man L. leucophaeus Licht. mit irgend einer anderen Spe- 
cies zusammenstellen, so kann man sie nur an ZL. cachinnans, Pall. an- 
‚reihen; während man L. Michahellesii sicher nie von L. argentatus wird 
trennen dürfen, L. leucophaeus Licht. hat dieselbe dunkle Farbe des 


Mantels, durch welche sich L. cachinnans, vor allen verwandten Arten aus- 
81”? 


484 


zeichnet, und schliesst sich auch in den Dimensionen dieser Art an, die, 


wie fast alle Möven, in der absoluten Grösse sehr schwankt. 


Um ein Urtheil über diese Uebereinstimmungen und Abweichungen 
möglich zu machen, will ich die Maasse zusammenstellen: 


1. Larus 2 o 4. 5. 

argentatus. \Michahellesii| cachinnans | achinnans |leucophaeus. 
Ganze Länge 21" 20‘ 20° gu 19° 10% 20° 
Flügellänge 15° 15° 6 Terz Ye? 16 og 
Schwanzlänge [rg 20 6 g10. gg s..10“ 
Mundspalte EA PN 2‘ 6,5" 2° 11,5 2 Sa) ,bi. 
Firste 1° 10% un 944 PUR 3, 9% eu 
Zwischen dem 
Nasenloch u. 
der Schnabel- 
spitze 10° 105% 10,8% 10,7°% 10,75." 
Lauflänge But 2 5 20 zu 2 6 2” 6,5% 
Mittelzehe mit 
Nagel 244,5 [1911442 1071,5°% 44,3" 1101170 44,900 101100 p4,30 
Farbe des Man- 
tels hellbläulich | hellbläulich | dunkelgrau | dunkelgrau | dunkelgrau 
Heimath Braunschweig | Dalmatien. Caspisches Buchara, Arabien. 

Meer. 
(Originalex.) (Originalex ) 


Die Bemerkung Bruch’s in der Monographie von 1853, dass sich L 
leucophaeus von Michahellesii durch stärkern Schnabel unterscheidet, ist 
ganz begründet. Nicht minder aber ist die Farbe des Mantels specifisch 
abweichend. 


Soweit ich ZL. Michahellesii in der Natur und nach Original- 
exemplaren kenne, wird man sie nicht von ZL. argentatus trennen, 


aber auch nie mit Z. leucophaeus zusammenstellen können. 


Braunschweig im Oktober 1856. 


H. Blasius. 


485 


Beilage Nr. 14. 


Ueber zweckmässiges Sammeln und Aufstellen von Thieren der 
höheren Klassen in Sammlungen. 
Von 
L. Martin. 


Bei dem regen Fortschreiten der Naturwissenschaften und 
ins Besondere einzelner Zweige der Zoologie wird eine zeitgemässe 
Beleuchtung des Sammelwesens, wie es noch gegenwärtig betrieben 
wird, im Gegensatze dazu, wie es fernerhin betrieben werden möchte, 
hoffentlich nicht ohne Berücksichtigung bleiben. Indem ich mich 
daher an eine derartige Betrachtung wage, kann ich nicht umhin, zu- 
vörderst meine Verwunderung darüber auszusprechen, dass ich dieses 
Feld der Kritik noch so ganz ohne Vorgänger zu betreten habe. 
Ich muss demnach um so mehr wünschen, dass gegenwärtiger Auf- 
satz recht Viele zum Nachdenken und zu kritischen Betrachtungen 
über das Sammelwesen im Fache der Zoologie anregen, daher auch 
Beurtheilungen von Seiten Anderer hervorrufen möge. 


Es ist eine sehr allgemeine Klage sowohl des grossen Publikums, 
wie aller derjenigen Naturforscher, welche dem lebendigen „Geiste 
in der Natur“ nachspüren, dass unsere zoologischen Sammlungen 
dem grössten Theile nach ihrem Zwecke wenig entsprechen, weil sie 
zu wenig von dem Leben der Thierwelt in der Natur darstellen. 
In dieser Beziehung wird es nöthig, zwei Fragen zu beantworten. 


Die erste hiervon ist die: warum und wozu wir überhaupt 
naturhistorische Gegenstände sammeln? — Die einfache Ant- 
wort hierauf würde etwa sein: um uns zu jeder beliebigen Zeit 
die wünschenswerthe Gelegenheit zur Einsicht über die mannichfachen 
Form-, Struktur- und Farben- Verhältnisse der verschiedenen Natur- 
Körper zu verschaffen. 


486 


Bis zu diesem Stadium, wo also die Thiere der höheren Klassen 
in Bälgen, Häuten und dergl. zur Belehrung aufbewahrt werden, 
kann man allerdings kurzweg einverstanden mit allen Denjenigen 
sein, welche in dem Individuum nichts weiter schen und erkennen 
wollen, als: das todte „Exemplar“ zur äusseren Demonstration. Und 
hierin würden somit unsere Sammlungen höherer Thiere zwar nur 
den Sammlungen vieler niederen Thierformen gleichkommen; dennoch 
würden sie aber so überaus bescheidenen wissenschaftlichen Ansprü- 


chen schon zum grössten Theile genügen. 


Doch sehr im Gegensatze hierzu sehen wir, dass man schon seit 
den ersten Zeiten zoologischer Sammlungen sich vielfach bemüht hat, 
den höheren Thieren eine der in ihrem wirklichen Leben sich 
wenigstens annähernde Form wiederzugeben. Und dieses, so 
vielfach mindestens versuchte, wenn auch selten oder nie wirklich 
erreichte Streben führt uns nun zu der zweiten Frage: weshalb 
stellen wir die Thiere der höheren Klassen überhaupt zum 
grössten Theile auf? und warum begnügen wir uns nicht damit, sie 
nur in Bälgen, oder gar in blossen Häuten zu besitzen? — Ohne 
Zweifel thun wir Ersteres deshalb, um uns, wie Anderen, ein möglich 
getreues Bild nicht blos von todten, sondern auch von lebenden 


Individuen zu verschaffen. 


Die Beantwortung dieser zweiten Frage nun habe ich mir zum 
Thema gewählt, und glaube eine zeitgemässe Besprechung derselben 
als ganz besonders wichtig ansehen zu dürfen. 


Wenn wir die langen Reihen unserer Sammlungen höherer Thiere 
durehwandern und endlich, müde von systematischer Anschauung, 
das blosse „Exemplar“ als solches auf einige Zeit vergessen wollen, 
um uns an dem „Individuum“, so, wie es einst der Natur angehörte, 
zu erfreuen und zu erfrischen: dann schweift das Auge sehr oft 
lange vergebens umher, ehe es da oder dort einen jener gewünschten 
Ruhepunkte findet, welchen ihm der Anblick einer naturgetreuen 
Darstellung des Lebens gewährt. Noch in den meisten unserer 
Sammlungen lässt sich daher auf den ersten Blick erkennen, dass nur 
die Systematik und Diagnostik überall noch das Scepter führt; und 
fast hat es den Anschein, als wären dieselben recht eigentlich dazu 
da, um (wie bekanntlich ein berühmter Naturforscher sich ausgedrückt 


hat) wenig mehr als „Leichenkammern“ zu sein und zu bleiben. 


487 


Denn einen viel besseren Eindruck, als diesen, kann es nicht machen, 
wenn man Thiere von der allerverschiedensten Haltung im Leben 
dennoch in Sammlungen meist in gleicher oder fast gleicher Stel- 
lung dastehen sieht. Wenn man aber System und Diagnostik mit 
Recht als den leitenden Faden betrachtet, der uns auf dem grossen 
Felde der Naturgeschichte zurechtweisen soll: so thut man doch offen- 
bar sehr Unrecht daran , hierüber die wirkliche und wahre Haupt- 
sache, die eigentliche Natur- oder Lebens-Geschichte und deren 
Anforderungen, fast ganz zu vergessen. Oder hat sie etwa. keine 
Ansprüche zu machen? Giebt es nicht, wenigstens für ihre Kenner, 
gleichfalls eine „Diagnostik“ nach dem Leben? d. h. machen bei 
den Thieren der höheren Klassen etwa die meisten systematischen 
Gruppen, die Familien, Zünfte und sehr häufig selbst noch die 
Gattungen, sich im Leben nicht durch unterscheidende Eigen- 
thümlichkeiten ihrer Haltung und Stellung dem praktischen 
Beobachter meist sofort kenntlich? Beruhen ferner diese Unterschiede 
etwa nicht auf besonderen Eigenthümlichkeiten ihrer gesammten orga- 
nischen Bildung und Gestaltung, auf dem Verhältnisse der verschie- 
denen Körpertheile zu einander? Wenn dies aber so ist: wer könnte 
da der Taxidermie ein Recht geben, solche Eigenthümlichkeiten be- 
liebig zu verwischen, indem sie oft den unter sich verschiedensten 
Wesen eine gleiche Haltung giebt? Oder was gäbe dem Systema- 
tiker ein Recht, sich mit solcher Natur-Unwahrheit nicht blos zu 
begnügen, sondern wohl gar den bequemen Hang nach ihr still- 
schweigend zu unterstützen? wenn er nur eben die gewöhnliche 
Diagnostik in Folge dessen ebenfalls recht „bequem“ anwenden kann! 
Dasjenige, was ihm zu einem so passiven Verhalten seinerseits wohl 
Veranlassung, aber wahrlich kein Recht geben kann, ist der Umstand, 
dass eine genauere Kenntniss der Thiere im Leben und nach dem 
Leben gewöhnlich Niemanden so fremd ist, wie der Mehrzahl unserer 
Kabinets-Systematiker. 

Zu der naturgeschichtlichen Unrichtigkeit, welche in dieser natur- 
widrigen Gleichförmigkeit der Stellungen liegt, kommt dann auch 
noch die Geschmacklosigkeit eines solchen Einerlei’s hinzu, welches 
den schneidendsten Gegensatz zu der allseitigen Mannichfaltigkeit der 
Natur mit ihrem bewunderungswürdigen Wechsel von Gestaltungen 
bildet. Während unsere meisten Kabinets-Zoologen sich an beide 
Fehler #0 gewöhnt haben, als gehörten dieselben für Sammlungen 


488 


ebenso zur Ordnung, wie sie gegen alle Natur-Ordnung verstossen, 
fühlt gewöhnlich Niemand sie richtiger und mit besserem Humor 
heraus, als das unbefangene grössere Publikum mit seinem unverdor- 
benen Natursinne, ähnlich, wie sich derselbe nicht selten auch den 
gelungenern und missrathenern Erzeugnissen der Kunst gegenüber 
geltend macht. (Denn letztere soll ja eben nichts mehr sein wollen, 
weil sie offenbar „nicht mehr“ und nichts Höheres sein kann, als: 
die treue Nachbildung des bleibend Schönen in oder nach der 
Natur.) Und wer unter den naturwissenschaftlichen Fachgelehrten 
die Mängel der Taxidermie am häufigsten richtig erkennt, das sind, 
wie zu erwarten, ein grosser Theil unserer jüngeren und selbst auch 
der älteren Physiologen. Denn sie müssen sich allerdings gewöhnt 
haben, auf die Erscheinungen des Lebens von Gattungen, Familien etc. 
und auf deren plastischen Ausdruck auch durch taxidermische Kunst 
mehr Gewicht zu legen, als blos auf die äusserlichen Charaktere der 
Species: da gerade ihnen bei ersteren stets der Gedanke vorschwebt, 
dieselben als nothwendige Folgen der ihnen zu Grunde liegenden 
organischen Bildung zu betrachten. Für alle solche Beschauer aber 
sind unsere Sammlungen höherer Thiere meist wie übererdische, 
aber wahrlich nicht wie „überirdische* Katakomben, aus denen 
keine Geschichte, am wenigsten aber Naturgeschichte in deren eigent- 
lichem Sinne, zu holen ist. — Was kann auch ein missbildeter Balg 
mit glotzenden Augen und weit aufgesperrtem Rachen uns erzählen? 
— Nichts, als dass eine sehr flüchtige oder naiv ungeschickte Hand 
und gedankenlose Unkenntniss ihm so Arges angethan haben. 

Zur Ehre mancher Sammlungen und mancher tüchtigen Con- 
servatoren muss man hier aber freilich auch hinzufügen, dass eine 
so traurige allgemeine Schilderung nicht ohne rühmliche Ausnahmen 
zutrifft. Ich bin jedoch überzeugt, dass eben diese Wenigen auch 
meine Schilderhebung gegen den alten Zopf nicht blos billigen, son- 
dern bereitwilligst unterstützen werden. 

Zu einer besseren Aufstellung in zeit- und naturgemässerem 
Sinne gehören: zuvörderst richtigere oder fleissigere Beachtung 
und Behandlung der Körperverhältnisse; dann eine auf Natur- 
beobachtnng gestützte Wiedergabe der Stellung und der charakte- 
ristischen Lebensm omente. 

So einfach und natürlich diese beiden Forderungen auf den ersten 
Blick hin erscheinen, so wenig allgemein haben sie bisher Erfüllung 


489 


gefunden. Und doch würde letztere eine gänzliche Reform des 
Sammelwesens (der Präparation) und der Aufstellung (Taxidermie), 
also der Conservation überhaupt, zur Folge haben. Aber während 
neuerlich in fast allen Zweigen der Wissenschaften, der Künste und 
des gewerblichen Lebens an weiterer Ausbildung und Vervollkomm- 
nung gearbeitet worden ist, und während so die verschiedenartigsten 
Speeial-Schulen entstanden sind, ist bis auf diese Stunde für eine 
Fortentwickelung der Naturalien-Präparation so gut wie gar Nichts 
geschehen. Das ganze Sammelwesen liegt noch gar zu sehr, oder 
fast ausschliesslich, in den Händen des Dilettantismus; und Mancher, 
der eine Stunde lang dem Abbalgen eines Vogels zugesehen hat, 
glaubt schon genug begriffen zu haben, um nun als Sammler nach 
fremden Ländern gehen zu können. Ein Anderer wieder, der einen 
Vogel mittler Grösse leidlich auf die Beine zu bringen vermag, hält 
sich bereits für vollkommen reif, um als Conservator eines Naturalien- 
Kabinets fungiren zu können. Es wird also hohe Zeit sein, auf die 
umfassendere Ausbildung tüchtiger Fachmänner für die verschiedenen, 
hierzu erforderlichen Verrichtungen hinzuwirken. 

Das Ganze zerfällt nämlich in zwei gesonderte Verrichtungen, 
die sehr oft nicht beide von Einer und derselben Person ausgeführt 
werden. Die erste von ihnen, welche es nur mit dem Sammeln selbst 
und mit dem vorläufigen Zubereiten zu thun hat, (also das ge- 
wöhnlich so genannte Präpariren,) genügt für den blossen Sammler 
und Reisenden; und sie verlangt nur einige Sorgfalt, aber noch keine 
eigentliche Kunstfertigkeit. Die zweite Verrichtung dagegen, das 
naturgemässe Aufstellen und nachherige Conserviren, oder die 

_ Taxidermie, soll und kann sich zu einem besonderen, über das blos 
- Handwerksmässige hinausgehenden Zweige plastischer Kunst zu er- 
heben suchen. 

Das blosse Präpariren nun ist daher eine Sache, welche von 
solchen, theils gelehrten, theils ungelehrten Leuten ausgeführt wird, 
die in fernen Gegenden oder Welttheilen den Zweck verfolgen, 
Material für unsere Sammlungen herbeizuschaffen. Eine tüchtige 
Vorbildung bleibt auch für diesen Zweck, obgleich derselbe verhält- 
nissmäseig nur ein sehr beschränkter ist, fast eben so nothwendig, 
wie die von Conservatoren; denn, wird das so gesammelte Material 
in fehlerhafter Zubereitung eingeliefert, so ist schr häufig alle spätere 
Kunstfertigkeit nicht im Stande, den Schaden auch nur leidlich 


490 


wieder gut zu machen. Nun herrscht bis jetzt aber gerade bei die- 
sem Sammeln grossentheils noch ein so arges und gröbliches Zopf- 
thum, dass es zu verwundern ist, wie man sich dasselbe so lange 
hat ruhig gefallen lassen können. Ein ganz besonderer und leider 
nur allzu häufiger Uebelstand hierbei ist der, dass gelehrte Rei- 
sende sich aus pecuniären Rücksichten gezwungen sehen, anstatt 
und neben rein wissenschaftlichen Arbeiten zugleich als 
Techniker zu fungiren, ohne dass sie vorher Zeit oder Lust ge- 
habt haben, sich auch nur auf nothdürftige Weise mit den Erforder- 
nissen dieser Technik bekannt zu machen. So aber, und weil ihnen 
wegen unzureichender materieller Mittel die helfenden technischen 
Kräfte fehlen, (da man selbst auf Staatskosten gewöhnlich blos Rei- 
sende ohne Präparatoren aussendet,) leidet nothwendig das Eine sehr 
wesentlich unter dem Andern; am meisten aber kommt fast immer 
las Technische dabei zu kurz. Es bleibt daher in der That un- 
billig, von „gelehrten Reisenden“ in dieser Hinsicht gutes, oder 
auch nur grösstentheils brauchbares Material zu erwarten. Denn 
zumal anatomische Untersuchungen und zugleich Präpariren für zoo- 
logische Sammlungen sind unter heissen Klimaten gewöhnlich auch 
beim besten Willen gar nicht so zu vereinigen, dass Eine Person 
Beides verrichten könnte: weil über dem Einen der ganze Gegen- 
stand für das Andere verdirbt. So überraschend schnell tritt Fäul- 
niss ein. Man muss nur eben selbst unter solehen Klimaten gelebt 
und gesammelt haben, um sich dies und so mancherlei andere dort 
eintretende Uebelstände so vorstellen zu können, wie sie leider wirk- 
lich sind, und wie ich sie während meiner Sammler-Reise in Süd- 
Amerika erfahren habe. Dann wird man sich den wahrhaft jänmmer- _ 
lichen Zustand erklären können, in welchem die von solchen, zur 
Ungebühr doppelt und dreifach in Anspruch genommenen Männern 
gesammelten Bälge sich befinden. Und doch scheint ihr Zustand 
äusserlich noch sehr oft gar nicht in solehem Grade schlimm, wie er 
sich späterhin zeigt, wenn der Taxiderm dazu kommt, sie ausstopfen 
und aufstellen zu sollen. Da geht ihm, besonders bei Säugethieren, 
häufig der ganze Balg unter den Händen in Stücken, oder er wird 
bis zur völligen Unbrauchbarkeit haarlos; u. s. w. 

Ganz anders jedoch und doppelt erfolgreich würde es sein, 
wenn es gelehrten Reisenden möglich wäre, sich mit ausgebildeten 
Technikern auf Reisen zu begeben. So dagegen, wie bisher, ist 


491 


as Material, welchesim Allgemeinen jetzt in unsere Sammlungen gelangt, 
nur selten befriedigend; und Männer wie Schrader, (der ein wirk- 
licher Künstler im Präpariren genannt zu werden verdient,)*) Wahl- 
berg und einige wenige Andere, stehen als würdige Vorgänger für 
eine bessere Methode noch so vereinzelt da, dass ihr Beispiel von 
wenig Einfluss auf die schlechten, gedankenlosen Arbeiten so vieler 
Anderen hat sein können. —- 


Ein ferneres, grosses Uebel bleibt der wahre Heisshunger der 
Species- und Genusmacherei nach neuen „Species“. Wäre er nicht 
gar so übermächtig gross, so würde sicher eine bessere Behandlung 


der Präparate schon eher eingetreten sein. 


Aber der merkantilische Wahlspruch: „die Menge muss es brin- 
gen“, scheint leider auch hier seine tiefen Wurzeln geschlagen zu 
haben. Und doch ist hier, wie überall, Nachlässigkeit eine sehr 
schlechte „Speeulation.“ Denn gewiss kann man überhaupt sagen: 
wer, anstatt flüchtig und nachlässig obenhin zu arbeiten, fünf Bälge 
ordentlich zubereitet, wird hierzu im Durchschnitte wenig mehr Zeit 
brauchen, als der Nachlässige, um deren 6 nach seiner Art so übel 
zuzurichten, dass sie jeder mindestens um die Hälfte weniger werth 
sind, dem Taxidermen aber doppelt oder dreimal so viel Zeit kosten, 
wie er zu ersteren brauchen würde. Das galt namentlich von einigen 
grossen Vogel-Sendungen, die im Verlaufe der Jahre 1851—54, von 
deutscher Hand gesammelt, aus Nordost-Afrika gekommen sind. 


Hiernach wird es zuvörderst nothwendig sein, auf die Haupt- 
Fehler aufmerksam zu machen, welche gegenwärtig an den meisten 


Objecten auszusetzen sind. 


Im Allgemeinen, besonders in Betreff der Säugethiere, ist die 
jetzt gebräuchliche Präparations-Methode in mancher Hinsicht viel 
zu complieirt und zeitraubend, und liefert trotzdem selten gute Prä- 
parate. Andererseits ist sie wiederum viel zu oberflächlich und un- 
zureichend. Sie muss dahin umgeändert werden, dass sie Zeit und 
Raum, — die zwei wichtigsten Dinge für jeden Reisenden in fernen 
Ländern, erspart ; und man muss hierbei darauf bedacht sein, in 
jeder Hinsicht gute und unverdorbene Präparate zu liefern. Alles 


*) Ich habe hierbei nur objeetiv die Behandlung seiner Präparate im 


Auge. 


492 


dies ist bei gutem Willen stets leicht genug zu erreichen; es ver- 
langt nur eben, dass der Sammler ein Mann sei, der sein Fach mit 
hinreichender Kenntniss und mit Sorgfalt betreibt. 


Was nützen uns z. B., mit Abrechnung der kleineren Arten, die 
nach dem bisherigen Verfahren roh ausgestopften (d. h. ausgefüllten) 
Säugethierfelle ohne Angaben der Proportionen des Thieres? Wir 
haben da einen meist formlosen, verzogenen Balg vor uns, dessen 
Transport bei grossen Arten viel Raum weggenommen hat, und der 
gerade deshalb, weil er, — statt innerlich, wie äusserlich der Luft 
zugänglich zu bleiben, — vorläufig so „ausgefüllt“ worden war, nicht 
schnell genug ausgetrocknet ist, so dass er am Kopfe und viel- 
leicht zugleich an den Beinen faul geworden ist. So lange derselbe 
dann auch bei uns trocken bleibt, sehen wir den Schaden freilich 
nicht; denn die durch Fäulniss locker gewordene Epidermis häng- 
jetzt noch fest. Wenn er jedoch nicht äusserst vorsichtig aufgeweicht 
wird, so werden bald ganze Stellen kahl. Ja, es zeigt sich nament- 
lich bei dickhäutigen Thieren, welche in heiss-feuchtem Klima gesam- 
melt worden sind, sehr oft, dass sogar die Cutis durch unsichtbare 
Fäulniss („Verstockung*) bis zum Zerbröckeln morsch geworden ist. 
Was soll nun ein Conservator mit einem solchen Thiere, welches oft 
halbe oder ganze Hunderte von Thalern gekostet hat, anfangen? 
Wäre kein Balg aus demselben gemacht worden, sondern blos die 
Haut ohne Knochen und Schädel verständig präparirt und so einfach 
getrocknet worden: so würden viel Zeit, viel Raum und viel Trans- 
portkosten erspart worden sein; und, was die Hauptsache ist, die 
Haut würde ein brauchbares Exemplar geliefert haben. 


Darum bin ich bei Säugethieren von einiger Grösse ganz ent- 
schieden gegen ein solches Ausfüllen, obgleich es dem Thiere für 
den Handel und zum Behufe, einer vorläufigen Untersuchung ein 
besseres Ansehen giebt. Bei kleinen Arten, wo die Haut, wenn sie 
nicht muthwillig vernachlässigt wird, schnell genug trocknet, und 
wenn sie nicht ausgefüllt wird, für den Händler und Käufer ganz 
entstellt wird, mag es vorläufig bei dem bisherigen Verfahren ver- 
bleiben. 


Aehnlich schlimm, wie bei den Säugethieren, geht es nicht selten 
auch bei den Vögeln. Zwar werden wir bei ihnen wohl nie umhin 
können, Bälge zu machen; aber auch hier, namentlich bei grösseren 


493 


Arten, kann eine Vereinfachung, verbunden mit verständiger Behand- 
lung in anderer Beziehung, sehr zweckmässig eingeführt werden. 
Denken wir hier nur an jene mannichfachen und gröblichen Verun- 
staltungen, welche so oft vorkommen und späterhin durch keine 
Kunst verbessert werden können. So können besonders zu grosse 
Erweiterungen, (wie unmässiges Ausstopfen der Kehlhaut bei Peli- 
kanen, zu lang oder zu kurz gemachte Hälse und dergl.,) fast nie 
wieder auf ihre wirkliche Form zurückgeführt werden. Was lässt 
sich ferner mit faul gewordenen Beinen anfangen? — 

Die Ausrede, dass das Klima an derartigen Uebeln Schuld habe, 
kann hier keine Entschuldigung bilden. Vielmehr sind solche Fehler 
jederzeit nur die Folgen einer kenntniss- und gedankenlosen Behand- 
lung der Gegenstände. Denn in der That können in dem feucht- 
heissen Klima einer regnerischen Tropengegend, (wie ich dies aus 
meiner eigenen dortigen Erfahrung weiss,) eben so gewiss gute Prä- 
parate gemacht werden, wie in der trockenen Kälte Sibiriens; es ge- 
hört nur eine sorgfältige, auf Nachdenken gestützte und den Um- 
ständen gemäss verschiedene Behandlungsweise dazu. 

Zwei Grundbedingungen beim Naturaliensammeln aber sind 
hiernach: eine vollständige Kenntniss des Fäulniss- Prozesses, und 
richtige Anwendung der dagegen wirkenden Schutzmittel. 

Zu den ferneren Feststellungen beim Sammeln gehört natürlich 
stets eine so weit als möglich ausführliche, von dem frischen Indivi- 
duum entnommene Bezeichnung des Geschlechts, der Formver- 
hältnisse, der verloschenen oder leicht verlöschenden Farben, der 
Jahreszeit, der Oertlichkeit und des „Datums“. Präparate mit 
dergleichen Angaben versehen, werden stets einen bedeutend höheren 
wissenschaftlichen Werth haben, als solche, bei welchen diese Erfor- 
dernisse fehlen. Wer z. B. auf die Farben der Augen bei den hö- 
heren Thieren geachtet hat, der wird wissen, wie sehr dieselben oft 
nach Alter und Geschlecht, ja sogar nicht selten auch nach der 
Jahreszeit und nach dem Klima, verschieden sein können. Alles 
dies aber hängt innig mit dem übrigen Organismus zusammen; es 
darf also zu seiner Zeit bei dem aufgestellten Thiere gleichfalls nicht 
unberücksichtigt bleiben, wenn dasselbe nach Möglichkeit naturgetreu 
werden soll. Wie ganz rücksichtslos bisher in dieser Beziehung meist 
verfahren worden ist, brauche ich kaum zu erwähnen. Und doch 
sind ganz besonders Angaben der Maasse zur Andeutung der 


494 


Formverhältnisse eine so wesentliche Sache, dass ohne sie auch der 
tüchtigste Conservator nicht immer im Stande ist, mit Sicherheit ein 
richtig geformtes Wesen zu schaffen. Alle ferneren Angaben, wie 
Datum, Ort ete., sind, wie gesagt, in wissenschaftlicher Hinsicht stets 
von grösstem Interesse; und sie würden es noch in erhöhtem Maasse 
werden, sobald man in in den klimatologischen Forschungen, (oder 
vielmehr m deren gebührender Anwendung auf die Zoologie, zum 
Behufe einer schärferen Kritik der Species,) weiter fortschreiten wird. 

Damit nun aber durch so vielfache Bezeichnungen, die gleich- 
wohl unerlässlich nothwendig erscheinen, dem Sammler keine unnö- 
thigen Zeitverluste erwachsen, so wird es nothwendig sein, für die 
verschiedenen derartigen Bemerkungen bestimmte einfache Zeichen 
festzustellen, ähnlich denen, welche man bereits zur Unterscheidung 
von Männchen und Weibchen sehr zweckmässig eingeführt hat. 
Hierüber hätte ich mancherlei Vorschläge zu machen. Der Umfang 
des gegenwärtigen Aufsatzes erlaubt mir jedoch nicht, mich auf die- 
sen Gegenstand, zu dessen Versinnlichung eine Figurentafel gehören 
würde, schon jetzt weiter einzulassen; daher will ich denselben einer 
besonderen Besprechung vorbehalten. Wie sehr Manches dergleichen 
von ernstlichen Forschern bereits lange gewünscht worden ist, bewie- 
sen die, auf der letzten Ornithologen-Versammlung zur Sprache ge- 
brachten Vorschläge zur Einführung eines allgemeinen Maasses, zur 
Herausgabe einer Farbentafel, u. s. w.*) 

Noch hätte ich freilich so manches Weitere über das Sammeln 
zu sagen; da dies aber meist rein mechanische Manipulationen, so wie 
ganz besonders das Sammeln der niederen Thiere betrifft, so will ich 
es lieber einem ferneren Artikel, oder vielleicht einem kleinen Lehr- 
buche vorbehalten. 

- Ganz besonders wäre nun ebenso noch über das Aufstellen 
der ausgestopften Naturkörper zu sprechen. Was sich darüber sagen 


*) Man hatte dabei übrigens, nebenbei gesagt, hinsichtlich der Wahl des 
Stoffes zu einem solchem Maasse in Bandform, also statt eines „Maassstabes“, 
mit allzu grosser Aengstlichkeit auf die hygroskopischen Einwirkungen verwie- 
sen, denen manche Stoffe unterliegen. Dem wurde aber die ganz richtige Be- 
merkung entgegengestellt, dass in gleichem Grade, wie das Maass, gewöhnlich 
auch das zu messende Object hygroskopisch sei, dass mithin Ausdehnung oder 
Verkürzung an beiden zugleich stattfinde, und dass man also doeclı überall und 
zu allen Zeiten auf gleiche Resultate gelangen werde. 


495 


lässt, wäre unendlich viel; aber gerade deshalb will ich mich beschei- 
den, wenigstens im Einzelnen recht wenig darüber zu reden. Den 
allgemeinen Kern meiner Ansichten hierin, die ohnehin, wie ich wohl 
nicht zweifeln darf, alle praktische (beobachtende) Naturforscher theilen 
werden, glaube ich schon im Vorhergehenden so weit als nöthig an- 
gedeutet zu haben. Und wer sie theilt, wird sich dieselben leicht 
selbst ebenso weiter ausführen können, wie er mit mir der Ueber- 
zeugung sein wird, dass es hohe Zeit sei, mehr und anderes Leben 
in unsere zoologischen Sammlungen zu bringen, als dasjenige, 
welches jetzt hauptsächlich Dermesten, Anthrenen, Tineen und son- 
stige schlechte „Conservatoren“ (mit oder ohne geschriebenes An- 
stellungs-Patent) hineinbringen. 

Dass alle naturhistorischen Sammlungen, oder wenigstens die 
öffentlichen, zunächst wissenschaftliche Bildungs- Anstalten sein 
sollen, dieser Ansicht wird natürlich Jedermann beipflichten. Warum 
sie aber nicht gleichzeitig auch zu allgemeinen Bildungs-Anstalten 
sollen gemacht werden können, in denen also zugleich eine recht 
„allgemeine“ Gelegenheit zu wahrer, getreuer Naturanschauung 
zu erlangen sein sollte: das, glaube ich, dürfte einer viel ernsteren 
Erwägung, als bisher, werth sein. Und nur durch eine lebenstreue 
Aufstellung der Gegenstände, so weit eine solche möglich ist, kann 
sich dieser Zweck erfüllen lassen. 

Wir haben ja herrliehe und kostbare Sammlungen der mannich- 
fachsten Art, welche die verschiedenartigsten Werke menschlicher 
Kunst enthalten; und diese Sammlungen werden ebenfalls zu den 
wissenschaftlichen Anstalten gezählt. Ferner haben wir für jedes 
einzelne Fach besondere Kunstschulen. Wie über die Maassen küm- 
merlich dagegen sind, emem „Kunst-Museum“ gegenüber, die natur- 
historischen ihren gesammten inneren und äusseren Verhältnissen 
nach gestellt! Und sollte etwa die Natur mit ihren Gebilden so viel 
weniger werth sein, als die Gebilde menschlicher Kunst, ‘das blosse 
Menschenwerk? Oder streift eine so überwiegende Bevorzugung der 
letzteren, mit Ilintenansetzung der ersteren, nicht sehr nahe an das, 
was man gewöhnlich so sehr zu scheuen vorgiebt, an die „Vergötte- 
rung des eigenen Menschengeistes?* Gewiss ist wenigstens ein 80 
verschiedenes, wenn auch zunächst blos äusserlich sich kundgebendes 
Maass von Huldigung für Beides gar zu ungleich, als dass man einen 
Vorwurf dieser Art wird kurzweg abweisen können, 


496 


Jedenfalls muss unseren Naturalien-Sammlungen im Vereine mit 
der Wissenschaft, der auch sie dienen, die Pflicht obliegen, die 
Menschheit mit der Natur vertrauter zu machen und bei ihr jene dank- 
bare Liebe für dieselbe, zu welcher der unverdorbene Mensch ohne- 
hin. geneigt ist, rege zu erhalten: während die blos klassische Bildungs- 
Methode, trotz ihrer guten Seiten, Jahrtausende lang den Nachtheil 
mit sich geführt hat, die Kenntniss der Natur von sich fern zu halten. 
Ein Gleiches aber thun überdies bei sehr vielen Menschen die besonderen 
unvermeidlichen Verhältnisse des gewöhnlichen, praktischen Lebens. 
Zwar wird in wissenschaftlich- (oder, wie Viele es dünkelhaft nennen, 
„unwissenschaftlich-) populärer“ Weise jetzt viel für allgemeine Natur- 
kunde gethan; und, Dank der immer praktischer werdenden Richtung 
unserer Zeit, erkennen bereits viele geistig bevorzugte Männer ihren 
Standpunkt auch richtig als einen solchen, auf welchem sie hierdurch 
um so erfolgreicher für das Gemeinwohl nützlich wirken können. 
In dieser Hinsicht kann es aber keinem Zweifel unterworfen sein, 
dass eine naturgetreue, lebendigere und geschmackvollere Aufstellung 
unserer Sammlungen von höheren Thieren in sehr bedeutend höherem 
Grade anregend und belehrend zugleich würde einwirken müssen, als 
das bisherige Verfahren. Wohl haben einzelne Museen, unter der 
Wirksamkeit tüchtiger Conservatoren, hierin bereits viel recht Lobens- 
werthes geleistet; so u. a. die zu Pisa, Turin und Stuttgart, von 
welchen daher Jeder, welcher sie gesehen hat, mit wärmster Aner- 
kennung, spricht. Aber, wie erfreulich auch solche einzelne Fort- 
schritte zum Besseren sein mögen, so bleibt es doch eben sehr zu 
bedauern, dass sie noch immer nicht allgemeiner geworden sind. 
Einen Hauptgrund hiervon wird man freilich darin finden mögen, 
dass es meistens zu sehr an solchen Technikern fehlt, denen nicht 
blos mechanisches Geschick und Fähigkeit in den Handgriffen zu 
Gebote stehen, sondern die mit einem gewissen angeborenen Sinne 
für Plastik auch die erforderliche, durch Beobachtung erworbene 
Kenntniss von dem Verhalten der Thiere im Leben verbinden. 

Aber wenn es hieran so vielfach mangelt, so liegt die Schuld 
doch wohl auch sehr wesentlich mit an den allzu geringen Ansprü- 
chen, die man bisher seitens der Wissenschaft und ihrer Vertreter an 
die Aufstellung überhaupt gemacht hat. Denn sie erkannten hierin 
meist eben so wenig den geringen Werth oder geradezu Unwerth 
des Mangelhaften, wie den höheren Werth und höheren Nutzen des 


497 


Besseren oder wirklich Guten. Ein wirksamer äusserer Antrieb 
sich des letzteren zu befleissigen, war daher für die Conservatoren 
selten vorhanden. Er kam nur ausnahmsweise vor; und der innere 
Trieb, wo ein solcher bestand, fand selten auch nur die wünschens- 
werthe freundliche Aufmunterung, viel weniger den verdienten mate- 
riellen Lohn. Denn bis vor Kurzem war man gewöhnlich zufrieden 
mit Jedem, der sich als Conservator ausgab, stellte ihn ohne beson- 
dere Prüfung an und forderte allerdings nicht viel von ihm, gab ihm 
jedoch auch meistens nur so viel, dass er, namentlich zu Anfange, 
kaum davon existiren konnte. Dergleichen Verhältnissegiebt es leider 
noch in Menge; und es gehört unter den gegenwärtigen Verhältnissen 
grosse Liebe zur Sache dazu, wenn sich ein junger Mann so 
ganz ohne bestimmte Aussichten einem Fache widmen soll, "bei dem 
er Viel zu überwinden und wenig dafür einzuerndten hat. 

So ist denn, wie schon bemerkt, die gesammte Naturalien- Con- 
servation meist noch Sache des Dilettantismus. Fast Jeder, der sie 
überhaupt betreibt, fängt sie auf eigene Faust, ganz für sich, an; 
und nur Wenige werden sagen können: wir haben unsere Kunst 
praktisch und theoretisch erlernt. Wenn es daher an tüchtigen Män- 
nern darin, und zum Theile sogar an wirklichen Fach-Künstlern 
glücklicherweise doch nicht ganz mangelt: so liegt der Grund hiervon 
in jener besonderen Neigung von Autodidacten fast alle Fächer, die 
sie antreibt, sich mit einem derselben neben einem andern so lange 
zu befassen, bis sie in dem ersteren so tüchtig geworden sind, um 
sich nun darauf allein verlegen zu können. Eben daher jedoch rührt 
es zugleich, dass es fast noch eben so viele Ausstopf-Manieren giebt, 
wie es Conseryatoren giebt. Es thut also gewiss vor Allem Noth, 
dass eine bestimmte Basis in das Ganze gebracht wird; d. h., es be- 
darf einer Vereinigung aller Manieren in Betreff ihrer besseren Eigen- 
thümlichkeiten zusammengenommen. 

Als die erste Vorbedingung, welche an einen guten Con- 
servator zu machen ist, wird obenan zu stellen sein: ein gutes 
Beobachtungsvermögen, also die angeborene Fähigkeit und 
Neigung, die Natur selbst richtig aufzufassen. Zugleich aber muss 
er zweitens ein entschiedenes bildnerisches Talent besitzen: d. h. 
er muss im Stande sein, das Beobachtete getreu wiederzugeben. 
Zu diesem Behufe, so wie um sich dasselbe mit Sicherheit festzu- 


halten, muss er bereits eben so gut im Skizzen-Zeichnen, wie im 
Naumannia 16 32 


498 


Modelliren in Thon geübt sein, oder sich die erforderliche Fertig- 
keit in Beidem nachträglich zu erwerben suchen. Und was dem ent- 
weder schon vorangegangen sein, oder nachfolgen und wobei er ver- 
harren muss, ist: dass er jede Gelegenheit zu eigener Beobachtung 
wahrzunehmen suche. Ohne sie darf er sich also nicht ohne Wei- 
teres darauf verlassen oder gar darauf verlegen, solche Stellungen, 
wie manche der besseren zoologischen Werke mit Abbildungen sie 
von Thieren liefern, kurzweg nachbilden und wiedergeben zu wollen. 
Denn, so nützlich auch mehrere dergleichen englische, deutsche und 
holländische Werke, (mit gänzlichem Ausschlusse aller oder fast aller 
speeifisch-französischen,) ihm für diesen Zweck werden können: so 
bleibt doch auch bei ihnen sehr häufig noch eine schärfere kritische 
Auswahl’nöthig. Zu einer solchen Kritik derartiger Vorbilder gehört 
aber wieder eine Grundlage von eigenen Erfahrungen, welche nur 
eben die eigene Beobachtung liefern kann. *) 


*) Fast nur Gould, dieser Meister ohne Gleichen als naturhistorischer 
Künstler, (ebenso, wie er leider als haltloser Speciesmacher „ohne Gleichen“ 
dasteht,) wird hierin unbedenklich als Muster dienen können; und nächst ihm 
der deutsche, jetzt in London beschäftigte Maler Wolf, von welchem z. B. 
die Abbildungen zu Rüppell’s „Uebersicht der Vögel Nord-Ost-Afrika’s“ (im 
Gegensatze zu dessen früheren Werken) herrühren. Die nächste Rangstufe 
hinter Beiden möchte der Schlegel- und v. Siebold’schen „Fauna japonica* 
zuzuerkennen sein; doch stehen ihr die vortrefflichen englischen Holzschnitte 
in den „Menageries and Zoological Gardens“ im Ganzen wohl gleich. 
Von denen in Kaup’s Thierreiche sind unter den Säugethieren und Vögeln 
ebenfalls viele recht gute; Aehnliches gilt, wiewohl nicht ohne manche Aus- 
nahme, von den Säugethieren Landseer’s in Richardson’s „Fauna boreali- 
americana“; weniger schon in Betreff der von Swainson gezeichneten Vögel 
in dem 2. Theile dieses Werkes. In der Gmiffith’schen so genannten „Ueber- 
setzung von Cuvier’s Thierreich“, — bei welcher aber die ungemein reichen 
Zusätze mehr als das Achtfache des französischen Urtextes beitragen, — be- 
finden sich unter den von Oberstlieutenant Hamilton Smith, (diesem her- 
vorragendsten Kenner der Säugethiere) selbst gezeichneten viele sehr gute 
nachahmenswerthe. Dagegen enthalten die französischen Werke, auch die bril- 
lantesten Prachtwerke mit dem blendendsten Colorit, fast nur sehr mittelmäs- 
sige oder geradezu schlechte Bilder, von denen man keines, bis herab auf die 
neuesten in der „Exploration de 1’ Algerie“, als „nachahmenwerth“ bezeichnen 
kann. Vollends aber die neueren amerikanischen Prachtwerke bringen auf 
ihren Lithographien so wahrhaft abschreckende und geschmacklose Carricaturen, 
dass man allerdings gewiss mindestens keinen deutschen Taxidermen vor ihrer 
Nachbildung zu warnen braucht. 


499 


Anderweitige technische Fertigkeiten, die besonders zur Herstel- 
lung der Säugethiere erforderlich‘ bleiben, sind: ein dem Gerben 
ähnliches Vor- oder Zubereiten der Häute, um den, beim Trocknen 
zu Verzerrungen führenden und dem Käferfrasse ausgesetzten Haut- 
muskel zu entfernen; ein kürschnerartig sorgfältiges Nähen; das 
Malen der nackten Theile, u. s. w. Denn der Taxiderm soll, da er 
so weit als möglich Alles selbst sein muss, mehr oder weniger auch 
Tapezirer, Tischler, Schlosser und zum Nachbilden von Schädeln 
ganz besonders auch Holzbildhauer sein. Und zwar muss er dies 
aus dem Grunde um so mehr selbst zu werden sich bemühen, weil 
ihm dergleichen Dinge von anderen Händen selten zu Dank würden 
gemacht werden. — Dass er sich dabei eine genaue Kenntniss von 
einem bedeutendem Theile der Anatomie zu erwerben suchen und 
zugleich in der eigentlichen Naturgeschichte zu Hause sein muss, 
versteht sich von selbst. 

Die Summe aller hier genannten (und vielleicht auch noch eini- 
ger nicht genannten) Fertigkeiten und Kenntnisse zu erlangen, ist 
keine Kleinigkeit; und sie wird unter nicht günstigen Umständen nicht 
Jedem erreichbar. 

Es dürfte daher für Viele von Interesse und besonders manchen 
Vorständen von Sammlungen angenehm sein, zu erfahren, dass ge- 
genwärtig bei dem Königlichen zoologischen Museum zu Berlin 
die, gewiss zeitgemässe Absicht vorhanden ist, soweit es die Umstände 
gestatten, eine Schule für Naturalien-Präparation, Taxidermie 
und Conservation in der Art zu errichten, dass hierbei nicht gerade 
nur das eigene Bedürfniss der Anstalt zum Aufarbeiten der vielen 
bereit liegenden eigenen Vorräthe berücksichtigt werden soll. Dem- 
zufolge soll nach und nach eine mässige Anzahl von sich qualificiren- 
den jungen Leuten zu mehrjährigen, theoretischen und praktischen 
Unterrichts-Cursen aufgenommen werden: ebenso, wie es mit Solchen, 
die bereits mehr oder weniger Uebung darin besitzen, zum Behufe 
der Nachhilfe geschehen soll. Noch eher und leichter wird ein 
Gleiches natürlich der Fall bei Denjenigen sein, welche nur das Prä- 
pariren zum Behufe der Taxidermie, nicht aber letztere selbst, zu 
dem Zwecke erlernen wollen, um zunächst als tüchtig vorgebildete 
Sammler und Beobachter mit Erfolg reisen zu können, ohne die bis- 
herige Gefahr, die gesammelten Gegenstände in einem Zustande ein- 


zusenden oder zurückzubringen, in welchem sie den Conservatoren 
32* 


500 


damit ein „wahres Kreuz und Leiden“ bereiteten und Zeitverluste 
verursachten, von denen sie freilich oft keine Ahnung haben mochten. 
Für solche blosse Präparatoren wird es natürlich auch bloss einer 
verhältnissmässigen, weit kürzeren Schulzeit bedürfen, als für Die- 
Jenigen, welche sich zu wirklichen, „fertigen“ Conservatoren ausbil- 
den wollen. 

Ich glaube, nur noch hinzufügen zu dürfen, dass, wie es von 
richtiger sachlicher Einsicht und gutem Willen für das Bessere zu 
erwarten stand, der Vorschlag hierzu sowohl bei dem obersten Leiter 
der Anstalt, wie bei der hohen staatlichen Departements- Behörde, 
sich der wohlwollendsten Aufnahme zu erfreuen gehabt hat. Es 
wird also diesem Bestreben an freundlicher Aufmunterung und rich- 
tiger Leitung nicht fehlen. 


Berlin, den 19. September 1856. 


L. Martin, 
Conservator am Königl. zoologischen Museum. 


No. 20. 


Ornithologischer Jahresbericht aus Bayern 


von dem Pfarrer Jäckel zu Neuhaus bei Höchstadt a. A. 


(Umfasst die Zeit vom 1. Oktober 1855 bis ult. September 1856.) 


Falco peregrinus, Briss., jagte den ganzen Oktober, November 
und December in der hiesigen Gegend, besonders häufig, so lange 
die Weiher noch offen waren, nach Stock-, Pfeif- und Knäkenten, 
Am 24. Februar begann sein Wiederstrich und dauerte den ganzen 
März hindurch, während dessen er auf die Tausende von Strich- 
enten Jagd machte, welche die Moorweiher passirten. Am 11. De- 
cember wurde ein sehr schönes Männchen, das ein Rebhuhn ge- 
kröpft hatte, vom hiesigen Schlosse herabgeschossen. Ende Februar 
schoss ein solcher Falke in pfeilschnellem Fluge hinter einer Stock- 


501 


ente über einen hiesigen Jäger dahin und stiess die Ente in einiger 
Entfernung herab. Um letztere dem Räuber abzunehmen, eilte der 
Jäger herbei, der aufgescheuchte Falke kreiste während des Suchens 
in der Nähe umher und suchte durch oftmaliges Niederstossen zur 
Erde, wie wenn er seinen Fang aufnehmen wollte, den Jäger von 
der Ente weg in eine falsche Richtung zu führen: wobei der Nase- 
weis zweimal bis auf Schussweite herankam. Erst als die Ente, 
welche mit aufgerissenem Halse noch lebend in einem Graben sass, 
geschossen war, strich der Falke ab. Am 8. März brachte ein 
Doppelschuss eine Schaar von wenigstens drittehalbtausend Enten, 
welche sich in dem Eise des in der Nacht vom 7,/8. März bei Ost- 
wind und Windstille ganz überfrorenen grossen Moorweihers eine 
Stelle offen zu erhalten gewusst hatten, zum Aufstehen. Sogleich 
eilte ein Wanderfalke herbei, stiess aber, da die gewaltige Schaar 
enge zusammenhielt, nach einem Antrach der Anas boschas mehr- 
mals fehl, gab dann die Jagd auf den grossen Schwarm auf und 
verfolgte eine einzelne Knäkente. Ein herrlicher Anblick, diese bei- 
den trefflichen Flieger alle Kräfte aufbieten, das Entlein hart über 
dem Eise, über ihr den Falken dahinschiessen zu sehen. Er war 
sichtlich bemüht, sie in die Höhe zu bringen, was endlich auch ge- 
lang. Wie nun die geängstete Ente jener offenen Stelle zustrich, 
fuhr der Falke in mächtigem Bogenschusse unter ihr herauf, schnitt 
ihr den Pass ab und zog endlich unverrichteter Dinge weiter, das 
par force gehetzte Thierchen aber warf sich platt aufs Eis am 
Weiherrande nieder. Ein anderer Falke hatte in denselben Weihern 
lange Zeit Stockenten vergeblich umhergejagt; ein grosser Schwarm 
strich über dem etwa 6 Minuten davon entfernten Strittweiher bei 
Bingarten und fiel ein. Da legte der Falke die Flügel an, schoss 
zur Erde herab, eilte nahe am Boden fliegend dem Weiher zu und 
überrumpelte die Enten dermaassen, dass sie im Schrecken aus dem 
Weiher hinausstrichen. Da erhob sich der Falke und ein Antrach, 
der sich vom Schwarme getrennt, war in einem Augenblicke seine 
Beute. Was sagen wir zu solchen Zügen aus dem Vogelleben? Ist 
es. Instinkt? ist es Verstand? was diese Falken in obigen Fällen» 
wie erzählt handeln liess? Ich fand in ihm Taenia globifera. 

Falco aesalon, Gm. Der Strich begann in Mittelfranken An- 
fangs Oktober; im November wurden zwei junge Merline auf Vogel- 
heerden bei Nürnberg gefangen. 


502 


Faleo tinnumeulus, L. Im heurigen Frühjahre erhoben einige 
Artikel des Augsburger Tagblattes ein lamentables Geschrei über 
die auf dem Rathhause, den Thürmen und Kirchen der Stadt woh- 
nenden Thurmfalken. Diese Vögel, hiess es, thäten viel Schaden; 
man könne keine schöne Taube mehr halten, weil sie ihnen zum 
Raube würden, auch die Singvögel fingen sie weg. Dem zu Folge 
erging Regierungsbefehl an das. Forstamt und den Magistrat der 
Stadt, die gefährlichen Räuber wegschiessen zu lassen, womit auch 
begonnen wurde. Mein wackerer Freund, Herr Leu, nahm sich im 
Tagblatte der Thurmfalken an, veröffentlichte die Sektionsbefunde der 
eingelieferten Bösewichter, welche Mäuse und Heuschrecken gekröpft 
hatten, und erbot sich, für jeden bei dem Erwürgen einer Taube 
geschossenen und sammt seinem Schlachtopfer eingelieferten Thurm- 
falken dem unglücklichen Taubenbesitzer 1 Fl., für jeden solchen 
Falken aber, der im Magen Reste von Vögeln habe, welche als 
Singvögel gehalten würden, was nur selten vorkomme, 24 Kr. zu 
bezahlen. Darauf hin beschloss der Magistrat, die Thurmfalken, 
weil sie doch nicht so schädlich seien, in Ruhe zu lassen. Einem 
neuen Regierungserlasse, der abermals das Wegschiessen anordnete, 
fielen wieder einige der geächteten Falken zum Opfer, bis ein zwei- 
ter geharnischter Artikel aus Leus Feder dem Vertilgen ein Ende 
machte. 


Pandion haliaötos, L. Bei Augsburg wurde noch am 30. Ok- 
tober ein männlicher Fischaar geschossen; der Wiederstrich begann 
am 1. April und war Mitte dieses Monats beendigt; die letzten sah 
ich am 17. April. 


Pernis apivorus, L. Herr Leu erhielt am 24. Juli ein 5 von 
Donauwörth, und am 9. August ein @ von Stettenhofen bei Augs- 
burg. Sie hatten Wespenlarven, ganze Wespen und einer Federn 
von einem jungen Nestvogel im Magen. 


Buteo vulgaris, Bechst. Am 29. Januar erhielt Herr Leu ein ©, 
dessen Magen ganz mit Igelstacheln angefüllt war. 

Buteo lagopus, Brünn. Im „Journal für Ornithologie* von Dr- 
Cabanis II. Jahrgang, 1854, pag. 48?, habe ich mitgetheilt, dass 
Herr Leu zu Augsburg am 11. Juni 1854 einen noch nicht flugbaren 
Jungen Rauchfussbussard erhielt. Diese Angabe beruht auf einem 
bedauerlichen Schreibfehler meines werthen Berichterst aiters; der 


503 


fragliche Vogel war ein junger Buteo. Die ersten Nebelgeier trafen 
hier am 15. Oktober 1855 ein. 

Aguwila chrysaötos, L. Herr Leu erhielt 5 Steinadler, den ersten, 
ein Männchen, am 21. November von Stolzingen unweit Günzburg, 
wo er auf der Krähenhütte erlegt wurde, am 11. Januar 1856 ein 
Weibchen am Gründten bei Immenstadt geschossen, am 20. ej. ın. 
ein altes Männchen von Berchtesgaden, am 10. Februar wieder ein 
starkes altes Männchen von Ramsau und am 15. ej. m. ein Weib, 
das bei Sonthofen im Algäu im Schlageisen gefangen wurde und 
Reste einer Gemse nebst vielen Gemsenhaaren im Magen hatte; ein 
anderer hatte einen Hasen verzehrt. Anfangs December und Januar 
soll in der Gegend von Starnberg ein Stück erbeutet worden sein. 
Die Jäger im bayrischen Oberlande schneiden ihnen geme die 
Klauen ab, und tragen diese, in Silber gefasst, als Uhrgehänge 
neben gefassten Wolfs- und Luchszähnen und anderen derartigen 
Jagdinsignien. - 

Haliaötos albieilla, Briss.. Zu Ende des Decembers wurde ein 
Seeadler bei Augsburg gesehen, am 31. ej. m. ein junges Weibchen 
auf der Isar bei München, am nämlichen Tage ein alter Vogel bei 
Augsburg am Lech, am 2. Februar ein junges Männchen am Aus- 
flusse des Lechs in die Donau erlegt und am 23. Februar ein See- 
adler bei Gersthofen in der Gegend von Augsburg gesehen. 

Milvus regalis, Briss. Der Wiederstrich begann am 9. März, 
war in der Zeit vom 20,21. ej. m. am stärksten und Anfangs 
April beendigt. Ein im August Erlegter hatte Reste von Mäusen, 
Fröschen, Caraben und Heuschrecken im Magen. 

Cireus cyaneus, L. Am 13. November wurde ein Weibchen bei 
Kloster Ebrach in Oberfranken, und am 12. September 1856 wieder 
ein solches in Oberbayern bei Schrobenhausen geschossen. 

Circus eineraceus, Mont. Am 7. December erhielt Herr Leu 
burg ein junges Weibchen von Günzburg in Schwaben. 

Surnia funerea, Lath. Am 9. November 1855 wurde bei Augs- 
burg ein schönes Weibchen der Sperbereule erlegt. 

Bubo mazimus, Ranz. Zu Ende Oktobers wurden 2 Uhue bei 
Kaufbeuren und Kempten, einer bei erstgenannter Stadt im Decem- 
ber und Ende Oktobers ein Männchen bei Hohenfurth eine Stunde 
nördlich von Schongau in Oberbayern erlegt, wo diese Vögel all- 
jährlich in einer unzugänglichen Felswand horsten. 


504 


Cypselus apus, L., kam hier sehr einzeln am 30. April an und 
flog über den Moorweihern; am hiesigen Schlosse kreisten die 
ersten am 2. Mai, einem kalten Tage, dem eine Nacht folgte, in 
welcher die Bohnen in den geschütztesten Lagen erfroren. Erst am 
13. Mai wurden in Memmingen die ersten Mauersegler gesehen. Am 
28. Juli sah ich hier zum letzten Male die Standvögel, am 29, ej. m. 
keine mehr, Tags darauf kreisten laut schreiend etliche durch- 
ziehende bei grosser Hitze über dem Schlosse und am 31. Juli die 
letzten über den Klostergebäuden zu Ebrach. In Memmingen wur- 
den die letzten am 2. August und von Dr. J. W. Sturm noch am 
7.September (!) auf der Höhe des Moritzberges bei Nürnberg ein Ein- 
zelner beobachtet. 


Caprimulgus europaeus, L. Bei Arberg in Mittelfranken wurde 
der erste Nachtschatten am 26. April erlegt. 


Oueulus eanorus, L. Bei Kloster Ebrach rief der Kuckuck zum 
ersten Male am 12. April, bei Arberg am 17., hier am 22., bei 
Augsburg am 23. ej. m. In den Mägen Erlegter fand ich Raupen 
von Spinnern und Spannern, ferner Caraben-Reste; Leu fand darin 
Maikäfer und Raupen von Gastropacha potatoria, welche den Ma- 
genrändern die bekannte Behaarung gaben. Kuckucke gab es heuer 
sehr viele. 


Jynx torquilla, L. Kam bei Arberg am 12. April, hier am 15, 
bei Kloster Ebrach am 16. ej. m. an. 


Pieus canus, Gm. Am 19. December wurde ein altes Weibchen 
bei Augsburg erlegt. 


Pieus major, L. Ich fand in, ihm die Taenia erateriformis. 
Am 7. Mai 6 Eier. Augsburg. 


Pieus tridactylus, L. Herr Leu erhielt im November und Ja- 
nuar 2 Männchen von Immenstadt im Januar und 21, April je ein 
Päärchen aus Oberstdorf im Algäu. Anfangs November wurde ein 
weiblicher Dreizehenspecht im Grünewalder Parke bei München er- 
legt. Herr Dr. Gemminger in München, welcher vor mehreren 
Jahren ein Päärchen aus dem Forstenrieder Parke erhielt, schreibt 
mir, dass dieser Vogel, wenn er, die Gebirgsforste verlassend, in 
die Gegend von München etc. herabkomme, als Unglücksbote zu be- 
trachten sei; denn er kündige durch sein Erscheinen den Borken- 


505 


käfer an, der dieses Spechtes vorzügliche Nahrung auszumachen 
scheine, wie ihn 8$—10 untersuchte Mägen belehrt hätten. Ein An- 
fangs Februar bei Tegernsee erlegtes Exemplaar sah ich ausgestopft. 


Merops apiaster, L. Die in meinem vorigen Berichte erwähnten 
2 Bienenfresser wurden nicht im Juli, sondern am 18. Mai 1855 aus 
einem Fluge von 7 Stücken bei Betzigau in Schwaben erlegt. 


Coracias garrula, L.. Am 19. Mai wurde eine Blauracke bei 
Pyrbaum in der Oberpfalz erlegt. 


Upupa epops, L. 1856 gab es wenige Wiedehopfe; bei Arberg 
huppte der erste am 18. April, bei Ebrach am 20, hier am 23.ej. m. 
In Mägen Erlegter fand ich Maikäfer, Maulwurfsgrillen, viele un- 
kenntliche Raupenbälge, Poecilus cupreus, und kleine Amaren. 


Alauda arborea, L. Am 29. Oktober wurden die letzten in 
Mittelfranken bemerkt, kamen daselbst am 8. Februar wieder an und 
liessen am 17. ej. m. überall ihren schönen Gesang ertönen. 


Alauda arvensis, L. In Mittelfranken verstrichen die letzten 
Nachzügler am 17. November; die ersten im abgewichenen Winter 
sah ich hier am 28. Januar, einem herrlichen Tage, auf der grünen 
Saat. Tags darauf schneite und stürmte es abscheulich und winterte 
in den folgenden Tagen unter schneidend kaltem Winde und Schnee- 
stürmen wieder vollständig zu. In dieser Zeit sah ich bis zum 8. 
Februar nur einzelne Lerchen, Trüppchen bis zu höchstens 10 
Stücken. Am 9. Februar (einem sehr schönen Tage, Mittags 1 Uhr 
11 Grad Wärme) wurde indess der Strich lebhafter: von früh 2 Uhr 
an den ganzen Tag über hörte ich Lerchen lockend über den hie- 
sigen Ort streichen und herrlich singen. Am nämlichen Tage wur- 
den diese Frühlingsboten bei Arberg, Tags darauf bei Memmingen 
gehört, am 15. ej. m. jubelten sie über allen Fluren, vereinigten sich 
aber bei den noch folgenden Schneefällen auf grosse Haufen von 
mehreren Hunderten. Herr Leu erhielt ein Stück, bei welchem der 
Unterschnabel fast noch einmal so lang, als der obere ist. 


Emberiza miliaria, L., sang am 3. April zum ersten Male wie- 
der in hiesiger Gegend. 
Emberiza schoenielus, L. Der Strich dauerte den ganzen Ok- 


tober, und immer geringer werdend, den November hindurch bis 
zum 9. December, wo die letzten Rohrammern geschen wurden; der 


506 


Wiederstrich begann hier am 2. Februar; am 5. März sangen die 
Standvögel. 

Pyrrhula rubicilla, Pall. Den ganzen Winter hindurch in sehr 
grosser Anzahl. 

Dryospiza serinus, L. Am 9. April sangen viele im Erlanger 
Schlossgarten. 

Acanthis spinus, L. Von Anfang Oktobers den ganzen Winter 
hindurch gab es viele Zeisige, im laufenden Spätjahre begann der 
Zug schon am 26. September 1856. 

Ac. linaria, L. Vom 30. Oktober an, wo in Mittelfranken die 
ersten Birkenzeisige gesehen wurden, gab es den ganzen Winter 
bis Anfangs Februar allerwärts in Bayern eine Unzahl dieser Vögel. 
Mitte Februars sah man nur selten kleine Truppe, in denen sie in 
der Gegend von Arberg noch bis zum 18. April blieben. Es waren 
zu jener Zeit die Kuckucke, Wiedehopfe, Wendehälse, Meisen- 
mönnche (Sylv. atricapilla) und die Trauerfliegenschnäpper bereits 
angekommen, von nordischen Gästen noch die Rothdrosseln und 
Bergfinken vorhanden. 

Fringilla chloris, L., hatte am 24. Mai, 

Fring. coelebs, L., am 13. ej. m. seine volle Bierzahl. 

Fring. montifringilla, L. Der Zug begann mit einzelnen Quar- 
tiermachern am 4. Oktober, wurde lebhaft zu Mitte dieses Monats 
und schwoll nachgehends dermaassen, dass bis in den December hin- 
ein eine Unzahl von Bergfinken gefangen und auf die Märkte der 
grösseren Städte gebracht wurde. Den ganzen Winter hindurch 
gab es überall in Bayern sehr viele dieser willkommenen Heerdvögel. 
Bei Arberg wurden die letzten am 18. April bemerkt und bei Augs- 
burg im Wolfszahn, einer schönen Flussaue zwischen dem Lech und 
der Wertach, noch am 11. Juni ein Männchen im schönsten Hoch- 
zeitsgewande erlegt. 

Coecothraustes vulgaris, Pall. In den Buchenwaldungen des Stei- 
gerwaldes zeigten sie sich im November in grossen Schwärmen und 
enormer Menge. 

Loxia eurvirostra, L. In den Waldungen bei Augsburg gab es 
den Winter hindurch ziemlich viele Fichtenkreuzschnäbel. 

Parus eoeruleus, L. Am 18. Juli erhielt Herr Leu eine junge 
Blaumeise, deren Schnabel wie an einem Kreuzschnabel gekreuzt 
ist, bei Blaumeisen ein seltenes Vorkommniss. 


507 


Parus major, L., ein Nest mit 13 Eiern wurde am 15. Mai und 
von Parus cristatus, L., am 20. April mit 6 Eiern im hohlen Aste 
einer Espe bei Augsburg gefunden. 


Bombyeilla garrula, L. Hr. Leu erhielt am 23. Februar ein 
Päärchen von Ingolstadt. ; 


Garrulus glandarius, L. Am 19. Januar 1856 sah ich auf den 
Schneefeldern und dem an der Oberfläche aufthauenden Eise der 
tiefgelegenen Wiesen hiesiger Gegend (früh 10 Uhr 31/, °, 11 Uhr 
6° Wärme) eine sehr grosse Menge Insekten der verschiedensten 
Gattungen und anderes Gethier sehr lebhaft umherkriechen. Die bei 
Weitem grösste Mehrzahl bestand aus zolllangen und kleineren sam- 
metschwarzen Cantharidenlarven, kleinen Spinnen (Pachygnatha Li- 
steri, Clubiona holosericea, Lycosa alacris, Thomisus calieinus?) klei- 
nen Caraben und Staphylinen (Argutor vernalis, Pterostichus strenuus, 
Philonthus ebeninus, Lathrobium terminatum, Queduis attenuatus, 
in grosser Menge Cryptobium fracticorne), ferner aus einzelnen, aber 
sehr flinken Myriapoden (Lithobius forficatus), Raupen von Agrotis 
segetum, Regenwürmern und Crustaceen (Asellus vulgaris und Por- 
cellio laevis). Die Häher, Elstern und Grünspechte liessen sich diese 
willkommene Nahrung sehr schmecken. So weit ihnen die seltene 
Tafel gedeckt war, sah ich sie auf dem Schnee und Eise geschäftig um- 
herhüpfen, auflesen und sich Gutes thun. Am 21. Januar thaute es 
stark, der Schnee setzte sich und war an den Feldern grösstentheils 
verschwunden, alle Gräben waren voll Wassers und liefen; da gab 
es noch mehr Insekten und fand ich in den Mägen vieler erlegter 
Häher ausser Eicheln und vielen Phytonomus punctatus, grossen 
Rüsselkäfern, immer die Thiere des obigen Speisezettels, besonders 
die Raupen von Agrotis segetum und Staphylinen. Am 4. Mai er- 
hielt Hr. Leu ein Nest mit 5 Eiern. 


Nueifraga earyocatactes, L. Meinem eben genannten Correspon- 
denten wurde Mitte Oktobers ein junges Männchen von Kaufbeuren, 
das Haselnusskerne, Spinnen und Rüsselkäfer im Magen hatte, und 
am 1. Mai ein Exemplar von Kempten geliefert. 

Corvus monedula, L. Der heurige Herbstzug begann in der er- 
sten Woche des Septembers und dauerte den Monat hindurch. 

Corvus cornir, L., kam hier in der Mitte des Novembers an. 
Bei Augsburg gab es den Winter hindurch viele. Ein Theil des 


508 


dortigen Stadtgrabens wurde abgelassen und ausgetrocknet. Darin 
lagen Tausende von Teichmuscheln, weswegen sich Nebel- und 
Krähenraben in Schaaren einfanden und von den Schaalenthieren 
frasen. Herr Leu erhielt eine graue Krähe, deren Oberschnabel 
um !/‚«kürzer, als der untere war. 


Corvus frugilegus, L., flog am 22. März in einer gewaltigen 
Schaar, Dohlen darunter, laut schreiend und kreisend über den hie- 
sigen Ort, in der Richtung von Ost nach West. Im Magen einer 
Erlegten fand ich Hanfkörner und die Steine von Kornelkirschen. 


Sturnus vulgaris, L. Die letzten Staare sah ich hier am 27. 
Oktober, die ersten Ankömmlinge hier bereits am 27. Januar. Ein- 
getretenes Winterwetter unterbrach den Zug, so dass in Memmingen 
und Arberg ihre Ankunft erst am 9. Februar erfolgte; am 13. ej. m. 
flogen bereits sehr viele auf den hiesigen Wiesen mit Krähen umher, 
gegen Ende des Hornungs waren sie überall und hatten am 13. Mai 
Junge.. Am 5. Juni verheerte ein furchtbarer Hagelschlag einen 
weiten Strich hiesiger Gegend auf Entsetzen erregende Weise. An 
80,000 Dachziegel wurden in einem einzigen Orte herabgeschlagen, 
Fenster zertrümmert, die Feldfrüchte von den 2 Loth bis zu Y, Pfd. 
schweren Schlossen strichweise gänzlich vernichtet, alte und junge 
Haasen, Rebhühner, Krähen, Nusshäher, Tauben, Lerchen und sehr 
viele junge Staare erschlagen, oder ihnen die Flügel zerbrochen und 
junge Vögel aus ihren Nestern auf die Erde geschleudert. 


Anthus spinoletta, L., kam bei Augsburg um die Mitte Decem- 
bers an. 


Anthus arboreus, Bechst. Ankunft am 16. April. 

Anthus campestris, Bechst. Ankunft am 21. April. 

Motacilla alba, L. Die Letzten verstrichen am 15. November, 
sehr einzelne wurden am 22. Februar hier, am 28. bei Ebrach, am 
3. März hier, am 5. ej. m., bei Arberg bemerkt, in den folgenden 
Tagen zeigten sie sich zahlreich. 

Budytes flava, L. Die ersten gelben Bachstelzen traf ich bei 
den Schaafheerden hier am 17. April, am 19. ej. m. begann der ei- 
gentliche Zug. 

Oriolus galbula, L., kam hier am 6.Mai an. Bei Augsburg, Ar- 
berg und in meiner Gegend gab es in diesem Sommer gegen das 
vorige Jahr nur wenig Pirole. 


509 


Turdus iliacus, L. Der Herbststrich begann am 11. Oktober 
und dauerte diesen Monat hindurch, am 11. März kehrten sie wieder, 
waren zahlreich bis zum April, am 18. letzgenannten Monats wurden 
bei Arberg die Letzten gesehen. 


Turdus musieus, L. Der Wegstrich begann Mitte Oktobers und 
dauerte bis Anfangs November, am 15. Februar nahm der Frühlings- 
zug bei Arberg seinen Anfang, wurde lebhafter am 3. März, und 
war Mitte dieses Monats so ziemlich beendet. Im hiesigen Walde 
sangen die ersten am 25. Februar; flügge Junge gab es am 16. Mai. 


Turdus torquatus, L. Die ersten Ringdrosseln kamen in Augs- 
burg am 28. Oktober zu Markte. 


Turdus pilaris, L. Vom Herbst bis zum Frühjahre 1855/56 gab 
es ungemein viele Krammetsvögel und wurden die letzten bei Ar- 
berg am 8. April gesehen. 

Turdus viscivorus, L. 5 Eier am 23. Mai. 

Turdus merula, L. Am 6. Mai fand ich in hiesigem Walde ein 
Nest mit 4 Jungen, denen die Schweiffedern zu wachsen anfiıngen. 
Am 24. Mai 5 Eier. 

Accentor modularis, L. Anfang des Frühjahrstriches den 25. 
März. Augsburg. 

Salicaria arundinacea, Briss. Im vorigen Jahresberichte (Nau- 
mannia 1856, pg. 49) soll es heissen „zwischen Rohrstengeln“, statt 
„zwischen Binsen“, wie durch ein Versehen geschrieben wurde. 

Salicaria locustella, Penn. Am 22. September erhielt Herr Leu 
ein Männchen, das in einem Garten von Lechhausen gefangen wurde. 
Am 20. April hörte er sie zum ersten Male wieder singen und zwar 
im Schmutterthale jenseits von Augsburg; am 27. April schoss er in 
den Lechauen, wo er von allen Seiten viele Vögel schwirren hörte, 
2 Männchen, am 1. Mai wieder 3 Stücke und am 22. ej. m. traf er 
viele Lokustellen auf der Lechhauser Au. 

Salicaria phragmitis, Bechst. Am 27. April sah ich den ersten 
Schilfsänger in einer blühenden, mit altem Rohre hoch durchwachsenen 
Schwarzdornhecke am hiesigen Schlossgraben; am 15. Mai wurden 
mir die letzten Erlegten geliefert, in deren Mägen ich kleine Schna- 
ken, Ichneumonen, Rüsselkäferchen und Cereyon flavipes fand. 

Salicaria cariceti, Naum. Vom 20. April bis 7. Mai habe ich 
aus den hiesigen Weihern viele Erlegte erhalten. In den Mägen 


510 


fand ich Donacien, Philhydrus marginellus, Cyelonotum orbieulare, 
viele Phytobius quadricornis, Stratiomyslarven, Lyprus eylindrus, Phy- 
tonomus nigrirostris, Apion virens, fuscirostre, Bagous lutulentus, 
Erirhinus acridulus, Sitones lineatus. 


Regulus ignicapillus, Brehm. Am 18. April wurden die Ersten 
im Steigerwalde und bei Arberg erlegt. 


Ficedula sibilatrie, Bechst. Ankunft im Steigerwalde am 13. 
April. 


Fie. trochilus, L., kam im Steigerwalde am 11. April, bei Augs- 
burg am 13, hier am 16. ej. m. an. Von Fie. icterina, Viell., Evers- 
manni, Bonap., hat Hr. Landarzt Kress im Kloster Ebrach im Stei- 
gerwalde am 18. April und den folgenden Tagen 3 Männchen erlegt, 
welche mit dem am 20. April 1855 eben daselbst geschossenen Männ- 
chen und dem Evermannschen Originalexemplare des Hrn. Professor 
Blasius übereinstimmen. Ich habe diese 4 Stücke der letzten Or- 
nithologenversammlung in Köthen vorzulegen die Ehre gehabt*) und 
Hrn. Prof. Blasius noch besonders mitgetheilt. Dexselbe schrieb 
mir d. d. Braunschweig den 18. August 1856: 


„Wenn ich sämmtliche ieterina—=Eversmanni, die ich kenne, 
„mit Trochilus zusammen vergleiche, so ist es mir nicht 
„mehr möglich einen sichern Unterschied festzuhalten. 
„Die Farbe ist nicht constant abweichend, die Grösse 
„wesentlich dieselbe. Der Kopf mit Schnabel wechselt 
„bei Trochilus von 12,2" bis 12,8' bei zicterina von 
„12,5 bis 13,2‘; das sind die Unterschiede, die kaum 
„über die Beobachtungsfehler hinausgehen. Schwanzlänge 
„wesentlich dieselbe Die Flügellänge bei. Trochilus von 
„30 bis 31, bei icterina von 29,5‘ bis 31,6‘; das 
„hat keine Bedeutung. Die Lauflänge bei Trochilus von 
„88° bis 9,2, bei ieterina von 8,6“ bis 9,5‘; ebenso 
„ohne Bedeutung. Bei Trochilus steht die erste kleine 
„Schwingfeder 1,5‘ bis 2,8, bei ieterina 3‘ bis 3,7" über 
„die obern Deckfedern vor; darin scheint eine Verschie- 


*) Naumannia 1856, pag. 378. 


511 


„denheit angedeutet, deren Grenzen jedoch sehr dicht zu- 
„sammenliegen. Bei icterina ist der Unterschied der 


2. und 5. Schwungfeder: 0,3) 0,2”) 0,5) 0,9) 1% 
2. und 6. > 1,344 .1,820.1, 7.4.1 Deut 1 u 


„Bei Trochilus wechselt der Unterschied der 


2. u. 5.Schwungfeder zwischen: 1,5‘) 1,6‘) 1,7) 1,6 
2 u. 6. N = 0,9 om 05 0,4 


„Nr: 5 von icterina ist fast schon zweifelhaft und nähert 
„sich Nr. 1 von Trochilus so sehr, dass völlige Ueber- 
„gänge nicht unwahrscheinlich sind, wenn auch nicht 
„nachzuweisen. Rechnet man vollends etwas auf Beob- 
„achtungsfehler "auf verschiedene Haltung des Flügels beim 
„Messen, so werden die Unterschiede sehr geringfügig. 
„Um so weniger aber lässt sich etwas Entscheidendes 
„darauf geben, als oft, wie Sie selber schon bemerkten, 
„der eine Flügel mit dem andern nicht ganz überein- 
„stimmt, und sicher in der relativen Federlänge jede Spe- 
„eies — — Schwankungen unterworfen ist. Solche Schwan- 
„kungen finden aber auch in der Stimme statt; ich habe 
„Trochilus mit sehr leiser und sehr starker Stimme und 
„entsprechendem Lockton geschossen, die gute Trochilus 
„waren. So lange der Typus des Liedchens derselbe ist, 
„würde ich keine andere Species vermuthen. Bei uns ist 
„der normale Trochilus im Gesange sehr abweichend, be- 
„hält aber denselben Typus bei. 


„So sehr es mir wünschenswerth scheint, auch ferner 
„diese beiden Formen in jeder Beziehung zu beobachten 
„und nicht aus den Augen zu verlieren, so wenig bin 
„ich nach dem bisherigen Material von ihrer speeifischen 
„Abweichung überzeugt. Blasius.* 


Fieedula rufa, Lath., sang im vorigen Herbst noch am 17. und 
21. Oktober, im Frühjahre hörte ich sie zum ersten Male am 18. 
März, am 21. und 22. ej. m. war sie in Mittelfranken und Ober- 
franken in geeigneten Lagen überall zu hören. Von Ficedula sylve- 
stris, Meissner, schoss Herr Kress am 22. April 1856 an einem 
Weiher bei Kloster Ebrach von 2 mit einander fliegenden Stücken 
ein Weibehen, das ich gleichfalls der heurigen Ornithologenversamm- 


512 


lung vorgelegt*) und Herrn Professor Dr. Blasius mitgetheilt habe, 
welcher indessen keine so wesentlichen Abweichungen von rufa an 
ihr hat finden können, dass er eine specifische Verschiedenheit als 
wahrscheinlich ansehen könnte. Er sagt unter Anderem in seinem 
oben allegirten Briefe: 
„Ihre sylvestris ist der kleinste Laubvogel, den ich je 
„gesehen; doch habe ich rufa, die ihm bis fast auf 1” in 
„der Flügellänge nahe kommen. Der Flügel ist nur 2° 
„lang; Naumann gibt für sylWestris 2 4" bis 2” 6 
„Flügellänge an. Ich habe bei rufa zwischen 2 15‘ bis 
„2° 5° gefunden. Der Flügelbau Ihrer sylvestris ist im 
„Allgemeinen der von rufa; die Flügel etwas kleiner und 
„runder. Naumann gibt Abweichungen in anderer Rich- 
„tung an, die aber auch nicht wesentlich von rufa ab- 
„weichen. Die Färbung deutet auf die intensivere Fär- 
„bung des Jugend- oder des Winterkleides, besonders auf 
„ersteres. 
„Ich habe nie einen Vogel gehört, der sang wie Tro- 
„chilus und dann neunmal „dilm, delm“ hinzufügte, wohl 
„aber zweimal „dilm, delm“ sagte; wenn ich solche schoss, 
„so waren es gute Trochilus, und hatten Trochilus-Eier 
„und Nest. — — Da sibilatrix, Trochilus, rufa und Bo- 
„nelli, die so vortrefflich zu unterscheiden sind, da wo sie 
„vorkommen auch in Masse vorkommen und Niemand 
„auch nur eine Minute lang unklar bleiben kann, so 
„wird es schwer halten, durch einige unbestimmte, in Ei, 
„Nest, Vogel und Lebensbeobachtung vielleicht stark ver- 
„wechselte Fälle zu einer neuen Art zu gelangen. 
Blasius.* 


Die Naumannsche Beschreibung der sylvestris ist so beschaffen, 
dass sie, was die Formen betrifft, nach einer rufa entworfen sein 
könnte. Woher er die Exemplare hatte, nach denen seine Beschrei- 
bung gemacht ist, gibt er nicht an. Er sagt nur, dass er keines von 
den beobachteten Stücken in Händen gehabt und nach einem ausge- 
stopften gepaarten Paare und Jungen beschrieben habe, die er wohl 


*) Naumannia 1856, pag. 378 fi. 
Pag 


513 


alle. von Brehm mitgetheilt erhalten haben mag, von welchem er 
anführt, dass dieser glücklicher als er gewesen und den Vogel und 
‘ sein Nest mit Eiern und Jungen aufgefunden habe. Baldamus 

und Pässler haben von denen von ihnen singend und bauend beob- 
achteten fraglichen Laubsängern auch keinen in Händen gehabt, Pässler 
„das Weibchen beim Bauen belauscht, aber die Vögel im Freienvon 7ro- 
chilus nicht unterscheiden können!“*) Blasius hat die Eier der syl- 
vestris bei Freund Baldamus gesehen und bezeichnet sie als bunt- 
gefleckte Trochilus- Eier. Also Trochilus-Eier und Trochilus- Be- 
nehmen und Flügelbau von rufa! — So viel noch im Auszuge aus. 
dem etc. Blasius’schen Briefe. 

Sylvia curruca, Lath. Ankunft dahier am 18. April. 

A S. atricapilla, Briss. Schon am 5. April sah Dr. J. W. Sturm 
in Nürnberg ein Weibchen im Stadtgraben; am 11.ej. m. kamen sie 
bei Arberg an. 

S. cinerea, Briss., sang hier am 25. April. L 

S. nisoria, Bechst. Herr Leu erhielt ein Junges Männchen von 
Augsburg am 17. Oktober 1855. 

Luseiola luseinia, L. Am 10. April wurden die ersten Nachti- 
gallen bei Augsburg, am 27. ej. m. bei Arberg gefangen. 

Oyanecula suecica, L. Der Zug dauerte den ganzen Oktober hin- 
durch, begann wieder am 19. März und war vom 27. ej. bis zum 10. 
"April am lebhaftesten. Brütet bei Augsburg an Wassergräben des 
rechten Lechufers und anderwärts. 

Erithacus rubecula, L. Am 31. Oktober wurden in Mittelfranken 
die letzten Rothkehlchen bemerkt; am 9. December flog bei tiefem 
Schnee ein nicht das geringste Zeichen etwaiger zeitweiser Gefangen- 
schaft an sich tragendes Männchen durch den Ausgussstein der Küche 
in mein Haus, wurde in meiner Studierstube gefangen, starb aber 
trotz aller Sorgfalt. Es flogen in dieser kritischen Zeit Zaunkönige 
und Kohlmeisen, Nahrung suchend, in die Häuser. Am 19, März 
kamen die ersten wieder, am 22. ej. sangen hier viele. 

Rutieilla phoenieurus, L., kehrte am 18. April wieder. 

R. thitys, Scop. Das letzte Röthschwänzchen sah ich am hie- 
sigen Schlosse am 27. Oktober; am 18. März kam es bei Arberg, 
am 2]. hier, am 22. ej. in Kloster Ebrach an. 


”) Wie hat er denn erfahren, dass e8 „‚Weibehen‘* und noch dazu von „„yl- 
vestristt waren? 


Naumannia, 1866. 33 
- 


514 
» 


Pratincola rubetra, L. Ankunft bei Augsburg am 27, bei 
Kloster Ebrach am 30. April. 


Pr. rubicola, L. Am 12. Oktober erhielt Hr. Leu noch en 
Männchen aus der Gegend von Augsburg; bei Kloster Ebrach kam 
es an am 20. März. 


Sazieola oenanthe, L. Ankunft dahier am 11. April. Im Magen 
Poecilus cupreus und kleine Gryllus-Arten. 

Lanius excubitor, L. 4 Eier am 25. April. Augsburg. 

L. collurio, L. Ankunft bei Augsburg am 1. März. Ich hörte 
ihn den Ruf der Sterna nigra nachahmen und erhielt ein Männchen 
mit stark verlängerter und verkrümmter Hinterkralle des einen Fusses. 

L. rufus, Briss. Am 26. April kamen die ersten rothköpfigen 
Würger hier an, am 10. September wurde ein Exemplar bei Arberg 
geschossen. 

Museicapa grisola, L. Ankunft bei Arberg am 5. Mai, fing am 
15. ej. hier zu bauen an und gab den Versuch erst auf, als der hef- 
tige Wind zum dritten Male die Anfänge des Nestchens von dem 
Balkenkopfe herabgeweht hatte, den sich das Päärchen auf einem 
Anbaue meines Hauses nahe an einem Fenster zur Niststelle auser- 
sehen hatte. 

Museicapa parva, Bechst. Von Ende Mai bis zum 24. Juni be- 
obachtete Herr Landarzt Kress in Kloster Ebrach in einem schönen 
Buchenbestand des Steigerwaldes ein Männchen dieses seltenen Flie- 
genschnäppers mit blassröstgelber Kehle, welches immer auf derselben 
Stelle, einem Raume von 200 Schritten, sang. Das Weibchen sah 
er nicht, es unterliegt jedoch keinem Zweifel, dass an jener Stelle 
ein Päärchen brütete.e Kress schoss endlich auf den niedlichen Sän- 
ger, der wegflog und angeschossen verendet sein mag; denn am an- 
dern Tage war sein Gesang nimmer zu vernehmen. 

Museicapa atricapilla, L. Am 15. April kamen sie bei Arberg, 
am 18. bei Kloster Ebrach an, am 20. ej. waren sie in allen geeig- 
neten Lagen. . 

Müseicapa albieollis, Temm. Ankunft 18. April. Kloster Ebrach. 

Chelidon urbica, L. Der Hauptzug war Ende September 1855 
vorüber, am 6. Oktober flogen um die hiesige Kirche noch ziemlich 
viele, am 12. wurden die letzten bei Arberg, am 14. Oktoker noch 
3 in Kloster Ebrach gesehen. Ihre Wiederkunft habe ich durch 


515 


Versehen nicht aufgezeichnet, am 19. September beobachtete ich in 
den Nestern unter den Chören der Häuser noch viele Junge, in 
Fürth noch grosse Schaaren, am 20. ej. m. dahier die letzten Mehl- 
schwalben; am gleichen Tage zogen sie in Ebrach ab. 

Hirundo rustica, L. Die letzten Rauchschwalben wurden hier 
am 14. Oktober gesehen, Tags zuvor kreisten noch viele am Thurme 
meines Pfarrortes. Schon am 12. Februar brachte ein öffentliches 
Blatt die Nachricht von der Ankunft der ersten Schwalben in Würz- 
burg. Ob es die rustica oder Hirundo joumalistica gewesen, kann 
ich mit Bestimmtheit nicht sagen. Ferner schreibt mir ein sonst 
glaubwürdiger Berichterstatter, dass sich Anfangs Februar in Füssen 
(an der Tyroler Grenze) viele H. rustica auf dem Drahte eines Blitz- 
ableiters niedergelassen hätten. In Arberg wurden die ersten am 
18. März, in Memmingen am 9. April, hier am 11., in Ebrach am 
13. ej. m. gesehen. Am 17. April sah ich hier erst die zweite, am 
19. aber ziemlich viele. Am 24. Juli waren die Jungen abgeflogen 
und der Hauptzug im Herbst am 27. September beendet. Im Ok- 
tober 1855 wurde eine weisse Schwalbe, mit bräunlichen Schatten an 
der Halsgegend, bei Starnberg geschossen. 

Columba palumbus, L. Der Zug war anı 8. Oktober zu Ende 
und begann wieder am 24. März. 

©. oenas, Gml. Der Zug begann im Frühjahre am 29. Februar 
und war am stärksten vom 4. bis 18. März. 

Tetrao tetrix, L. Am 29. December erhielt ich aus hiesiger 
Gegend eine einem Falken abgejagte Birkhenne. Der ganze Kropf 
und Magen war vollgepfropft mit Blättern, Stengeltheilen und Beeren 
von Viscum album, Fichtennadeln, einigen Knospen der Espe und 
Föhrenzäpfchen. 

Phasianus colchieus, L. Die Fasane haben auf den Auen un- 
serer südbayerischen Flüsse, z. B. auf den Isarauen bei Freising und 
anderen Orten durch die Ueberschwemmungen, an denen der Som- 
mer 1856 überreich war, sehr gelitten. Die Fasane, welche seit 
mehreren Jahren in der Lechhauser Aue und am Wolfszahn bei 
Augsburg lebten und sich fortpflanzten, sind schon im Winter zu 
Grunde gegangen und wurden im Frühjahre neue eingesetzt. 

Starna einerea, Bries. Seit 1848 ruht auf Allem, was Jagd 
heisst, ein wahrer Fluch. Im Aschaffenburgischen wurden während 


des barbarischen Schnees im December die Hühner in Scheunen und 
33* 


516 


Futterschobern, wo sie ihr Leben zu fristen suchten, mit Händen er- 
griffen und traf Diezel noch am 10. Mai Alte paarweise an, ein 
schlimmes Zeichen zu solcher Jahreszeit. Hier kamen sie, von Fal- 
ken und anderem Raubzeug stark dezimirt, leidlich durch den Win- 
ter, liessen am 14. Februar ihren Paarungsruf ertönen, waren am 
23.ej. gepaart und berechtigte die Zahl der angetroffenen Paar- 
hühner zu der Hoffnung auf ein gutes Hühnerjahr. Die gar vielen 
schweren Gewitter, Wolkenbrüche, Ueberschwemmungen und Ha- 
gelschläge, die in vielen Gegenden Bayerns entsetzlichen Schaden 
an Grund und Boden und Feldfrüchten, theilweise auch an Wal- 
dungen anrichteten, zerstörten Bruten und erschlugen Junge und 
Alte. 


Ortygion coturnie, L. Am 17.Oktober wurden noch viele Wach- 
teln zum Verkaufe auf den Augsburger Markt gebracht und am 17. 
November noch eine Einzelne bei Arberg erlegt, woselbst sie am 27. 
Mai wieder ankamen, während hier am 10. ej. m. die Erste gehört 
wurde. 


Crex pratensis, Bechst. Am 4. Oktober erhielt Herr Leu 2 
Männchen von Nördlingen und sah Wachtelkönige noch am 9. No- 
vember auf dem Augsburger Wildprettmarkte. Hier kam er Mitte 
Mai an. 


Ortygometra porzana, L. Am 5. November erhielt ich 2 von 
Streumähern in hiesigen Weihern gefangene Sumpfhühner. Am 27. 
März begann der Frühlingszug, wurde am 10. April lebhafter, am 
12. ej. gab es viele. In den Mägen fand ich ausser sehr feinem 
Sande und kleinen Kieselchen, unkenntliche Insektenreste, Cureulio- 
niden, Otiorhynchus ovatus, Phryganidenlarven, viele kleine Conchy- 
lien und einiges Carpologische: Panicum cerus galli, Sparganium und 


Ranunculus; von Eingeweidewürmern: Distomum militare. 


Rallus aquaticus, L. Am 5. Januar erhielt Herr Leu eine Junge 
lebend, am 6. Februar ein Weibchen, beide von Augsburg, von 


Gallinula chloropus, L., eben derselbe 3 junge Vögel am 7, und 
9. November und 7. December. 


Fulica atra, L. Am 5. November verschwanden sie von den 
hiesigen Weihern; Herr Leu erhielt noch am 28. November eine 
lebende Blasse und fand Erlegte auf dem Wildprettsmarkte in Augs- 


517 


| burg noch am 13. December bei sehr tiefem Schnee. Am 17. März 
kamen hier Einzelne, mehr schon am folgenden Tage an und Ende 
März lagen auf einem sehr grossen Weiher 300-400 Blassen. Am 
9.März fand ich in demselben Typha latifolia-Busche, der im vorigen 
Jahre ein Nest barg, wieder ein solches ganz nahe am Ufer mit 
voller Eierzahl und gewahrte merkwürdiger Weise noch am 24. Sep- 
tember 2 Kettlein mit Jungen, die noch nicht älter, als höchstens 
8—10 Tage waren; denn sie hatten rothe Köpfe. An Helminthen 
fand ich in Erlegten die Taenia inflata, im Magen Kiesel bis zur 
Grösse mittlerer Bohnenkerne. 

Grus einerca, Becht. Am 22. März zogen Morgens 23 Stück 
laut rufend durch die Poppenwinder Weiher, '/, Stunde von hier. 
Von 2 Zurückgebliebenen wurde Nachmittags ein schönes altes Männ- 
chen erlegt, das andere angeschossen. Der Erbeutete hatte Hafer- 
und Buchwaizenkörner, Rhynchoten, Rüsselkäfer, (Phytonomus pun- 
ctatus), Gryllotalpa vulgaris und die Knochen und Federn eines klei- 
nen Vogels im Magen, welchen ich für einen Seggenrohrsänger hielt, 
ausser diesen Nahrungsmitteln hatte er Steinchen und Kieselchen bis 
zur Grösse eines starken Bohnenrkernes verschlungen. Im Gefieder 
waren viele Schmarotzer: Docophorus rotundatus, ausser welchem 
der Kranich auch Lipeurus ebraeus beherbergt. 

Oedicnemus crepitans, Temm. Am 20. Juli erhielt Herr Leu 
ein junges Männchen dieses im südlichen Bayern nicht ungewöhnlich 
brütenden Vogels von der Lechhäuser Aue. 

Vanellus eristatus, Mey. und Wlf. Am 5. November sah ich 
hier die letzten Kiebitze, am 13. Februar (es blühte die Haselnuss- 
staude und wühlten die Geotrupes) die ersten 2 Ankömmlinge. Bis 
zum 3. März zeigten sich noch sehr wenige, bei Augsburg die Ersten 
am 8, bei Arberg am 15. März. Am 30. März wurden mir schon 
Eier gebracht, zu einer Zeit, wo die Nächte sehr kalt und Morgens 
die Weiher fast ganz überfroren waren. In einem 3 Wochen alten 
jungen Kiebitz fand ich die Taenia variabilis. 

Squatarola helvetica, Briss.. Am 27. September beobachtete ich 
lange Zeit 4 Stück dieser schönen Vögel, welche in den Moorweihern 
einen Trupp von 15 Alpenstrandläufern anführten. Früher sind mir 
Kiebitzstrandläufer hier nicht vorgekommen. 

Charadrius pluvialis, L. Bei Arberg zeigten sich die ersten 
durchwandernden am 29. März. 


518 


Eudromias morinellus, L. Am 8. September erhielt Herr Leu 
ein junges Weibchen von Schrobenhausen. 

Aegialites hiatieula, L. Am 15. Oktober traf ich im abgelasse- 
nen Moorweiher einen Einzelnen, am 27. September 3 junge Vögel 
ebendaselbst an. 

Totamus glottis, L. Am 7. und 8, Oktober sah ich je einen 
hellen Wasserläufer, am 11. fünf, am 15. ej. m. einen Einzelnen an. 
Kress beobachtete bei Ebrach den ersten am 18. April, ich in den 
Moorweihern am 23. ej. m. Am 27. April hörte ich wieder einen 
Einzelnen, sah Tags darauf 6 Stücke auf einem, 2 auf einem andern 
Fluge, von denen mehrere in der Luft jodelten; ein neuntes Stück 
stand im Soor, Riedgrase, eines kleines Weihers und jodelte, nach- 
dem die übrigen 6 Kameraden weggestrichen waren, denselben ant- 
wortend, sehr anhaltend im Sitzen. Ich habe mich hievon mit 2 tüch- 
tigen Jägern, die bei mir waren, auf das Gewisseste überzeugt und 
würde ausserdem nicht wagen, einem Beobachter, wie Naumann, 
zu widersprechen. Vom 21. bis zum 28. September 1856 war der 
Zug durch die Weiher der näheren und weiteren Umgebung von 
Neuhaus stark, so dass ich an einem Tage von verschiedenen Seiten 
mehrere erhielt, die sehr fett waren nnd einen trefflichen Braten lie- 
ferten. Im Magen und Schlund hatten sie Kaulquappen und Noto- 
nekten, einer ein 1'/, Zoll langes Fischlein. Gewöhnlich machten 
Einzelne die Anführer von Alpenstrandläufern. 

Totanus fuseus, Briss. Am 17. April standen in einem der Wei- 
her bei Poppenwied, in welchem auch kleine Rothschenkel Nahrung 
suchten, 2 Stück im Winterkleide und am 6. September wurden aus 
einer Schaar von 18 Stücken ebendaselbst 2 Männchen und ein Weib- 
chen geschossen und eingeliefert. In den Mägen fand ich 3 Naucoris 
cimicoides, Kaulquappen von Rana esculenta und ein Triton palustris- 
Weibchen nebst einigen wohl zufällig in den Magen gekommenen 
Stücken einer Wasserpflanze, eines Potamogetons, Sie waren ‚sehr 
fett und lieferten schmackhaftes Wildprett. 

Totanus calidris, L. Am 28. März waren überall in den Wei- 
hern hiesiger Gegend kleine Rothschenkel in Flügen von 5—7 Stücken, 
mehrere Tage zuvor waren die Ersten angekommen. Von. dieser 
Zeit an konnte ich sie täglich sehen und ihr fröhliches Jodeln hören, 
am 28. April fand ich in den Moorweihern ein von Krähen aufge- 
hacktes und ausgetrunkenes Ei und erhielt im Herbst am 27, Sep- 


519 


tember den Letzten, der mit anderen hier durchzog. Bei Augsburg, 
wo sie in sehr grosser Anzahl brüteten, fand Hr. Leu auf einer 
Lechinsel am 27. April ein Nest mit 4 wenig angebrüteten Eiern, 
doch wurden solche schon 14 Tage zuvor gefunden, am 17. Mai gab 
es Junge im Flaumkleidee [In den Mägen fand ich Onthophagus 
fraeticornis, Ephemera- und Phrgyanea-Larven, und leere, ihrer Sand- 
umhüllung entkleidete Phryganeenköcher; an Helminthen Taenia filum. 

Totanus glareola, L. Die ersten Bruchwasserläufer kamen in die 
hiesigen Weiher am 10. April, am 19. ej. war der Strich am stärk- 
sten, sie flogen in Schaaren zu 20 Stücken und darüber. Am 28. 
April jodelte einer im Sitzen, zwischen den Seggengraskufen 
(Schöpfen) eines Weihers stehend. Ich kann mit aller Bestimmtheit 
versichern, dass dies zuweilen, wenn auch selten, geschieht. Am 8. 
Mai hörte ich sie ihren an die Haidelerche so sehr erinnernden Früh- 
lingsgesang zum letzten Male ableiern; der Wiederstrich begann am 
26. Juli und war am lebhaftesten am 7. August wo sie in allen Wei- 
hern in grosser Anzahl anzutreffen waren. 

Totanus ochropus, L. Am 29. März flogen die Ersten laut 
lockend über Neuhaus; vom 4. bis zum 11. April war der Zug am 
stärksten. Hier gehört er zu den seltenen Wasserläufern, weil unsere 
Weiher zu freie Ufer ohne alles Gebüsch haben und ihm passende 
Aufenthaltsorte nur in ihren schlammigen Abzugsgräben bieten. An 
solehen traf ich ihn im Spätsommer am 7. August auf dem Wegzuge 
in mehreren Exemplaren; vom 22. bis 31. ej. m. war der Strich am 
stärksten. 

Aetiturus Bartrami,*) Wils, hatte am 3. Juni bei Augsburg an 
der Wertach, wo er in grosser Anzahl brütete, 4 Eier. 

Limosa aegocephala, L. Am 10. April zeigte sich die erste 
Pfuhlschnepfe in den Moorweihern, Tags darauf sah ich 2 kurz nach 
einander durch die Bucher Weiher lockend nach den erstgenannten 
Weiher streichen. Am 17. April standen daselbst in dem 72 
Tagwerke grossen Teiche 2 sehr schöne Exemplare in dem aus dem 
Wasser aufsprossenden Riedgrase, ihr Gefieder putzend. In der 
Nähe befindliche Kiebitze entflogen zuerst, dann folgten die Limosen, 
im Fluge einen herrlichen Anblick gewährend. Am 19., 22. und 23. 
April sah ich je ein Stück, das vom letzgenannten Tage, ein altes 


*) Offenbar Namenverwechselung, weil A. hipoleucus? D. Red, 


520 


Männchen, befand sich mit 16 Kampfstrandläufern, Staaren und 
Kiebitzen auf einer Stelle. Am 27. April endlich sah ich 5 und 
Tags darauf.6 Exemplare dieses Vogels, dessen Jodeln ich oft ver- 
nahm. Zur Zeit seiner Ankunft blühte auf allen feuchten Wiesen 
unserer Weihergegend der ultramarinblaue Frühlingsenzian (Gentiana 
verna) und grünte der Weissdorn. 


Limosa rufa, Briss. Am 8. Mai hörte ich in den Moorweihern 
eine rothe Pfuhlschnepfe öfter ihr „Keukeukeu“ rufen. 


Machetes pugnax, L. Die ersten Kampfstrandläufer, junge Männ- 
chen, kamen hier am 10. April an und waren diese Vögel den ganzen 
April hindurch bis zum 8. Mai sehr häufig, in Flügen von 2, 4, 8, 
10, 12, 16, 40 und nahe an 100 Stücken. Junge Männchen mit 

‘ ziemlich zur Hälfte entwickelten weissen oder dunkeln Krägen sah 
ich am 10. und 23. April. Am 17. des ebengenannten Monats erhielt 
ich 3 auf einen Schuss erlegte junge Männchen, die noch keine 
äusserlichen Spuren ihrer Halszierde und keine Gesichtswarzen hatten, 
sondern noch vollständig im ersten Frühlingsgewande standen. Den 
letzten Jungen erhielt ich am 8. Mai mit halbentwickeltem Feder- 
kragen und ohne Gesichtswarzen. Am 17. April schlich ich, von 
Dämmen gedeckt, ganz nahe an eine Schaar, die auf einer nassen 
Wiese Nahrung, suchte; es waren 40 Stück, junge Männchen und 
Weibchen, beide Geschlechter trieben sich abgesondert von einander 
umher, aufgescheucht aber vereinigten sie sich in Einen Flug. Am 
28. September erhielt ich ein schönes Männchen, welches Alpenstrand- 
läufer anführte. In den Mägen Erlegter fand ich häufig die Limno- 
philus griseus, Naucoris eimicoides, Cyclonotum orbiculare, Philhy- 
drus testaceus, Parnus auriculatus, Sitones —?, Agonum viduum, 
Bembidium velox und Saamen von Polygonum Persicaria, an Hel- 
minthen die Taenia brachycephala. 


Tringa einclus, L. Am 10. Oktober erhielt ich aus den Moor- 
weihern 4 auf einen Schuss erlegte Alpenstrandläufer, sah kleine 
Flüge bis zu 6 Stücken den Oktober hindurch, einen Einzelnen noch 
am 24.ej. m. Am 27. September dieses Jahres sah ich die Ersten, 
15 Stück, angeführt von 4 Squatarola helvetica, Tags darauf 2 Flüge, 
deren Anführer ein Totanus glottis und ein Machetes pugnax war. In 
den Mägen von 8 Erlegten fand ich sehr zarte unkenntliche Lar- 
ven und die ungemein kleinen Schneckchengehäuse der Vertigo sep- 


521 


temdentata Fer., welche das Vögelchen wahrscheinlich statt Sandes oder 
Kieselchen zum Zerreiben der Nahrungsmittel verschluckt. Man 
könnte wohl denken, hiezu seien diese Conchylien nicht nöthig. Ich 
fand in den Mägen auch viele Ranunculus- und Potamogeton-Frücht- 
chen, und Saamen von Polygonum Persicaria und Nymphaea alba. 
Vielleicht werden die Conchylien um der Saamen willen, wenn nicht 
etwa Beide zum Zerreiben der Nahrungsmittel verschluckt. 

Ascalopax gallinula, L. Ankunft am 27. März. 

Asec. gallinago, L. Im Herbst 1855 gab es hier auffallend wenig 
Bekassinen, sie blieben aber bis zum 20. November. Am 23.Februar 
sah ich in hiesigen Weihern eine Einzelne, die jedenfalls den Winter 
hier zugebracht hatte; am 8. März begann der Strich, war aber ohne 
Bedeutung. In den Mägen Erlegter fand ich Saamen von Alysma-, 
Polygonum-, Seirpus- und Carex-Arten. 


Scolopax rustieula, L. Im vorigen Herbst bis zu Ende des No- 
vembers gab es viele Schnepfen. In Unterfranken zeigten sich in 
den Maingegenden Einzelne schon am 12. und 14. Februar, die 
Hauptkarawane war aber noch zu Ende des Hornungs zurück. Am 
20. März wurde der erste Schnepf bei Arberg erlegt; in hiesiger Ge- 
gend waren die bekannten Schnepfensonntage alle vorüber und noch 
zeigte sich kein Einziger. Palmarum, sonst Tralarum, 

War hier noch keiner da; 

Auch Josephi (19. März) 

Nicht kamen sie. 

Halleluja (Charsamstag, 22. März) 
Da sind sie ja! 


Der Strich war übrigens fast allerwärts sehr schlecht und in 
wenigen Tagen zu Ende; wer etliche Schnepfen schoss, konnte von 
besonderer Gunst Dianas sagen; Freund Diezel, der unermüdete 
Jäger ist in diesem Frühjahre nicht einmal zum Schusse gekommen, 
obwohl seine beiden Hunde wie Quecksilber durch den Wald rann- 
ten. Zu Ende Oktobers 1855 soll bei Planeck in der Münchner Ge- 
gend eine weissgescheckte Schnepfe geschossen worden sein. 


Numenius arquata, L. Die letzten Brachvögel sah ich hier am 
17. November, die ersten (4) ungewöhnlich frühe schon am 18. März. 
In den beiden Strichperioden 1856 gab es in den Weihern und auf 
den Ängern meiner Gegend diese Vögel sehr häufig in Vereinen 


522 


von 2, 5, 18 bis 30 Stücken. In Oberbayern und Schwaben brüte- 
ten auf den Möösern sehr Viele; am 5. Juni erhielt Herr Leu einen 
Jungen im Flaumkleide vom Erdinger Moos bei München. 


Ardea purpurea, L. Am 8. September erhielt mein eben ge- 
nannter Freund einen jungen Purpurreiher von Schrobenhausen in 
Oberbayern. 

Buphus comata, Pall. Im Herbste 1855 zeigten sich mehrere 
Rallenreiher in Mittelfranken an der Altmühl bei Pappenheim und 
wurde ein alter Vogel geschossen. 


Ardeola minuta, L. Am 11. October erhielt ich eine Zwergrohr- 
dommel aus den hiesigen Weihern. Sie hatte 2 kleine Fische (Barsche) 
und 1 Notonecta glauca im Magen und war sehr fett. 

Botaurus stellaris, L. Den ganzen October und November hin- 
durch bis zum 7. December erhielt Herr Leu aus verschiedenen Ge- 
genden Schwabens Rohrdommeln; Herr Zeichnenlehrer Büchele in 
Memmingen am 20. December ein Stück bei 15° R. Am 11. März 
begann der Wiederstrich, der Wegzug am 13. September. In den 
Eingeweiden fand ich Holostomum cornu, Ascaris microcephala. 


Ciconia alba, Briss. Schon zu Ende Februars will man Störche 
bei Memmingen und am 2. März im obern Aischgrunde bemerkt haben. 
In hiesiger Gegend kamen sie am 10. März, in Neuhaus das 
Männchen Nachmittags 3 Uhr am 18. März an. An demselben Tage 
strichen noch 2 über hiesigem Orte umher, setzten sich auf das Nest, 
wurden aber beide abgetrieben. Am 24. März sah ich 5 Stück durch 
den Aischgrund streichen; erst am 8. April kam das Weibchen zwi- 
schen 12 und 1 Uhr Mittags hierher und es begann sofort die Be- 
gattung. Am 7. Juli verliessen beide Alte das Nest, um für die 4 
hungrigen Jungen genug Atzung herbeischaffen zu können; Tags 
darauf begann der stärkste unter den Jungen mit Springen ‘und 
Flügelsehwingen im Neste; am 22. Juli verliessen sie es und trieb 
sich die ganze Familie in der Umgebung umher. 

Am 19. August versuchten 2 Junge die Begattung und, nach- 
dem schon am 7. genannten Monats Strichstörche auf hiesigem 
Schlosse sich eingefunden und übernachtet hatten, verschwanden die 
Letzten am 23. August aus der Gegend. 

In Nürnberg waren statt 3 Paaren, die gewöhnlich da sind, nur 
ein einziges erschienen und dieses brütete nicht; auch das im nahen 


523 


Adelsdorf an der Aisch brütende Paar war nicht eingetroffen. Es 
müssen viele Störche auf der Reise zu Grunde gegangen sein. 


Anser segetum, J. Fr. Gm. Am 4. October wurden die ersten 
Saatgänse bei Augsburg gesehen, am 5. ej. m. sah ich daselbst hinter 
Gersthofen auf der Saat eine Schaar von 80—100 Stück; Mitte die- 
ses Monats wurden grosse Züge in Altbayern bei Landshut u. s. w. 
auch im Ebrachgrunde 4 Wochen darnach beobachtet. Im December 
und Januar zeigten sich hier nur manchmal Flüge von 10, 30 bis 50 
Stücken, von Mitte Februars aber wieder viele Gänse in Zügen bis 
zu 100 Stücken. Gegen den März hin wurden sie immer we- 
niger zahlreich und am 8. ej. m. sah ich die Letzten. 


Mareca penelope, L. Am 25. October war hier der Strich schon 
gut, am besten am 17. November, wo grosse Schaaren auf den gros- 
sen Weihern lagen und ihr Pfeifen vernehmen liessen. Auf der 
Donau blieben sie bis spät in den December. Sie kehrten wieder 
am 7. März und waren vom 18. ej. m. bis 17. April in Flügen zu 
80 bis 200 Stücken, am 21. April nur noch wenige da. Im gegen- 
wärtigen Herbst kamen sie Mitte Septembers in den hiesigen Wei- 
hern an. In den Mägen: Polygonum hydropiper und Sparganium, 
in den Eingeweiden Taenia laevis. 


Cyanoptorus querquedula, L. Ankunft dahier am 8. May. In 
Erlegten fand ich in Schlund und Magen Rossblutegel, viele durch 
die Magenreibung von den Steinchen entblösste Köcher von Phryga- 
neen, Parnus proliferieornis, Cyclonotum orbieulare, Hydrobius fusei- 
pes, Naucoris cimicoides, viele Conchylien (Planorbis) und Saamen von 
Potamogeton, Polygonum Hydropiper, Festuca fluitans, Ranuneulus 
aquatilis, Sparganium (simplex oder samosum) und von Carex-, Juncus- 
und Seirpus-Arten. 


Dafila acuta, L. Die ersten Spiessenten sah ich hier am 9. März, 
am 28. ej. m. war der Zug lebhaft und am 17, April lagen mehr 
denn 30 Stücke unter den Pfeif- und Märzenten auf dem grossen 
Moorweiher. In den Mägen Samen von Cyperaceen, Carex ambulla- 
cea, Potamogeton, Ranunculus, Polygonum Hydropiper. 


Anas boschas, L. Im Herbste 1855 gab es hier ziemlich viele 
Enten (so auch in Bayerns Nachbarschaft bei Frankfurt a. M., Mainz, 


524 


Darmstadt, Worms). Mit Eintritt der Kälte und des Schnees ver- 
schwanden sie und kamen sehr einzeln zu Ende Januars auf die aus- 
getretene Aisch. Am 10. Februar gab es viele; vom 13. ej. aber bis 
etwa zum 18. März strichen Tausende und aber Tausende durch und 
konnten sich alte Jäger hiesiger Gegend nicht erinnern, solche Enten- 
massen gesehen zu haben. Am 24. März war der Hauptstrich vor- 
über. Der Herbststrich begann sehr zahlreich zu Ende des August. 


Anas erecca, L. Der Zug dauerte bis Anfangs December, begann 
wieder in der ersten vollen Woche des Februar und war am lebhaf- 
testen in der Zeit vom 18/,.. März. Im Magen eines Krükenten- 
Männchens fand ich Ranunculus- und Polygonumfrüchtchen und 
ein Schrotkorn von der Sorte, die man auf Hühner schiesst. Das- 
selbe war in den Magen nicht etwa durch den Schuss gedrungen, 
sondern war vom Boden des Weihers vielleicht anstatt eines Kiesel- 
chens aufgeschnattert worden. 


Rhymehaspis clypeata, L. Vom 31. März bis 23. April waren 
sie in den hiesigen Weihern zu 2 bis 4 Paaren nicht ungewöhnlich 
zu sehen. Zu einem Päärchen hielt sich ein Antrach der Knäkente. 
Noch am 13. Mai traf Herr Dr. J. W. Sturm auf dem Dutzend- 
teich bei Nürnberg ein Päärchen an, welches dort gebrütet haben mag. 

Oidemia fusca, L.. Am 11. December erhielt Herr Leu ein 
Weibchen von Ingolstadt. 


Glaueion clangula, L. Der Strich dauerte hier und bei Augs- 
burg, nachdem sie bereits am 17. November angekommen waren, bis 
zur Mitte des Decembers; auf dem Lech und den grossen Flüssen 
blieben Schellenten auch den Winter über da. Der Wiederstrich 
begann bei Augsburg am 6., hier am 11. Februar und war am 8. 
März, wo ich unter Tausenden von Märzenten nur ein einziges Paar 
auf einer offenen Stelle ‚der sonst gänzlich überfrorenen Weiher an- 
traf, beendigt. 

Fuligula marila, L. Im Herbste 1855 erhielt ich die letzten 
Exemplare am 20. November; am 8. März zeigten sie sich wieder 
und blieben hier bis zum 2. April. 


Fuligula nyroca, Güld. Die letzten Moorenten verstrichen von 
unsern bayerischen Gewässern erst Anfangs December, am 18. März 
begann hier der Wiederstrich. In den Mägen Erlegter fand ich die 
Larven von grossen Libellen, Agrion- Arten und Phryganeen, nebst 


525 


vielen Köchern der letzteren, Käferchen (Sitores) kleine Muschelchen 
und Saamen vom Schwadengras, Wasserkümmel, Polygonum Persicaria, 
Nymphaea alba und Potamogeton-Arten, und in den Eingeweiden von 
Jungen, denen die Schwungfedern zu wachsen anfingen, die Taenia 
lanceolata. 

Fulig. ferina, L. Der Herbstzug dauerte bis Ende Novembers 
und zeigten”sie sich auf den hiesigen Weihern in Schaaren bis zu 12 und 
25 Stücken. Der Wiederstrich begann am 8. März, wo ich 20 Tafel- 
Enten mit wohl dritthalbtausend Märzenten und einem Schellenten- 
Paare auf einer offenen Stelle des überfrorenen Moorweihers antraf. 
In Mägen Erlegter fand ich viel Kiessand und Saamen vom Schwa- 
dengras, Polygonum Hydropiper, Panicum cerus galli und Potamogeton 
in grosser Anzahl und einen einzelnen wohl nur zufällig verschluck- 
ten Saamen von Bidens tripartita, im Diekdarme die Taenia lanceolata. 

Fulig. rufina Pall. Am 21. Juni schoss ein Bauer von Poppen- 
wind in den dortigen, ®/, Stunde von hier entfernten Weihern auf 
einen Schuss von 4 Kolbenenten 2 herrliche Männchen, beide im 
Prachtkleide. In den Mägen fand ich Schwadengras. Der späten 
Jahreszeit wegen war mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass diese 
schmucke Ente auf unsern Weihern, wo auch die Moor- und Tafel- 
Ente ihren Sommersitz hat, brüten werde. Das intermittirende Fieber, 
welches mich fast ein halbes Jahr lang nicht verliess und Ursache 
der Lückenhaftigkeit meiner heurigen Aufschreibungen ist, liess mich 
über diesen Punkt leider keine Gewissheit erlangen. 

Merganser castor, L. war den ganzen Winter hindurch auf un- 
sern bayerischen Gewässern, namentlich am Bodensee, der Donau, 
Isar, Iller u. s. w. sehr häufig. Auch während dieses Sommers wur- 
den in der Mehringer Aue bei Augsburg solche Säger bemerkt. 

Merganser serrator, L. Am 9. November erhielt Herr Leu ein 
junges Männchen von Lindau, am 22. ej. ein Weibchen von Günz- 
burg, am 2. December wieder ein junges Männchen von Höchstädt, 
von woher ausserdem noch mehrere junge Vögel, 4 und 9, auf den 
Markt nach Augsburg gebracht wurden. 

Mergus albellus, L. war den Winter über häufig auf unseren 
grossen Gewässern. 

Phalacrocorar carbo, L. Am 2. December 1855 wurden 2 Alte 
auf dem Sulzbergersee bei Kempten beobachtet und einer davon ge- 
schossen. Am 5. Januar 1856 erhielt Herr Leu ein altes Weibchen 


526 


von Lindau, 5 Tage darnach von ebendaher ein junges Weibchen. 
Im Winter 18°%,, wurden 2 Stücke ohnweit Donauwörth geschossen. 

Sylbeocyclus minor, Lath, kam auf den hiesigen Teichen am 
2. April an. Ich fand heuer ein Nest mit 2 Eiern, das nicht eine 
Hand breit von einem Weiherdamme auf einem Grasschopfe stand. 
Aus den Eingeweiden bekam ich Taenia multistriata. 

Podiceps cornutus, Lath. Herr Leu erhielt am 28. November 
ein junges Männchen von Höchstädt an der Donau. 

Pod. suberistatus, Jacg. Am 23. October lagen 3 Stück ao 
einem Weiher bei Poppenwind, wovon ein Stück erlegt und mir ge- 
bracht wurde; es war ein Weibchen im ersten Herbstkleide, hatte 
im Magen Reste von Rüsselkäfern und einen aus Bauchfedern und 
einen aus der hintersten Schwungfeder gebildeten Ballen, in den 
Eingeweiden einen sehr grossen Bandwurm, den Schistocephalus 
dimorphus. 

Podiceps eristatus, L. Auf der Altmühl und Donau gab es bis 
in den December hinein viele Langhälse. In der Nacht vom 2%,,. 
März kam der Erste hier an, das Weibchen folgte am 3. April; am 
22. ej. m. sass dieses schon fest im Neste, 4 Tage darauf erhielt ich 
die 3 Eier. 1855 hatten sie die ungewöhnliche Anzahl von 4 Jungen 
ausgebrütet. 

In den Mägen Erlegter fand ich häufig die Naucoris eimicoides, 
in den Eingeweiden die Taenia capillaris. 

Colymbus torquatus, Brünn. Am 24. December erhielt Herr 
Leu ein Weibchen im Uebergangskleide vom Ammersee in Ober- 
bayern; ebenso von 

C. septentrionalis, L., am 22. December von Sonthofen im Algäu 
ein junges Weibchen. 

Larus canus, L. Am 6. December wurde bei Edenbergen, 2 
Stunden von Augsburg, ein junges Weibchen der Sturmmöve erlegt. 
Es sass täglich auf einem Brückengeländer an der Schmutter und 
lauerte auf Fische. Am 11.. December wurde auch bei Memmingen 
auf der Iller ein Stück im ersten Winterkleide geschossen. 

Larus fuseus, L. Herr Leu erhielt 2 junge Vögel, ein Männ- 
chen von Donauwörth am 21. November und Tags darauf ein Weibchen 
vom Lech bei Augsburg. 

‚Sterna hirundo, L. Ankunft bei Augsburg am 25. April. Am 
2. Juli erhielt Herr Leu 2 noch nicht ganz befiederte Junge von 


527 


einer Lechinsel in der Mehringer Aue, wo diese Seeschwalbe zugleich 
mit Lachseeschwalben, jede Art zu Dutzenden, brütete., 

Sterna minuta, L. Anfangs Juli 1855 wurde eine solche See- 

Schwalbe in der Gegend von Wertingen an der Zusam in Schwaben 
geschossen. 
_ Sterma anglica, Mont. Am 27. April traf Herr Leu viele Lach- 
seeschwalben bei Augsburg an; am 2. Juni erhielt er ein Weibchen 
mit Eiern wie kleine Erbsen am Eierstocke; am 2. Juli 5 lebende, 
noch nicht ganz befiederte Junge von der eben genannten Lechinsel 
in der Mehringer Aue, am 4. Juli wieder 2 Junge und eine Alte. 
Die Jungen hatten meist Knochen von Fröschen und Eidechsen im 
Magen, eine Junge eine ganz frische, alte Lacerta crocea. Am 21. 
Juli kam ein junges Männchen lebend den Lech herabgeschwommen. 
Es war Hochwasser eingetreten und hatte die jungen, noch nicht 
flugbaren Vögel von den Inseln weggeschwemmt. 

Sterna leucoptera, Meissn. und Schinz. Am 11. Juni sah ich 
hier 2 Stück unter schwarzen Seeschwalben. 

Sterna nigra, Briss. kam hier einzeln am 22. April an, vom 27. 
ej. m. bis 8. Mai war der Hauptzug. In den Mägen Erlegter fand 
ich häufig die gemeine Limnophilus griseus. 

Neuhaus bei Höchstadt a. A. (Bayern), 

im October 1856. Jäckel, Pfarrer. 


528 


Il. Notizen, briefliche Mittheilmgen ete. 


Am 4. October 1856 sah-ich in den Moorweihern eine ‚Limiceola pyg- 
maea Lath. in der Mitte eines gefischten Weihers auf dem Schlamme 
umherlaufen. Das harmlose Vögelchen kam langsam auf den Weiher- 
damm zu, auf welchem ich mit einem Begleiter stand, und näherte 
sich bis auf wenige Schritte, trippelte ganz vertraut einige Zeit vor 
uns herum und wendete sich dann in den Weiher zurück. Wie ich 
nun darauf zuging, stand es auf, flog sehr niedrig in langsamem Fluge 
in den nächsten morastigen Weiher, wo es sich wieder ebenso ge- 
müthlich herumtrieb. Den Körper waagerecht, die Brust etwas höher 
getragen, den Hals eingezogen, die Schnabelspitze gegen die Brust 
gesenkt, trippelte das seltene Strandläuferschnepfchen in wundersamer 
Grandezza einher. Den Schnabel hielt es im Fluge stark abwärts. 


Jäckel. 


Caryacatactes guttatus. 
Brütet sicher in West-Gothland, denn am 8. Juni sah ich auf 
10 Schritt Entfernung 2 derselben, in einem sehr alten mit Kiefern 
gemischtem Fichtenbestande zwischen Tidaholm und Fröjered. 


Totanus glareola 
hatte in diesem Jahre 1856 ihr Nest in dem Garten an meiner jetzi- 
gen Behausung, bei Tidaholm, der von mehreren Seiten mit Gebäuden 
umgeben ist. 40 Schritt davon fliesst der Tida-a (Fluss), an dessen 
beiden Ufern es die schönste Gelegenheit zu Brutplätzen für sie gab. 
Eines Morgens führte die Mutter ihre drei Jungen über den Hof 
unter immerwährendem Geschrei nach dem Flusse. 


Totanus hypoleucos. 

Die Jungen desselben sah ich, vom Hunde beunruhigt, ins 
Wasser gehen und sich durch Schwimmen retten. Dies scheint dem 
ganzen 70t.-Geschlechte eigen zu sein, denn dasselbe thaten auch die 
Jungen von Totanus calidris, ochropus und glareola. 


529 


Hirundo und Cypselus. ; 

In der Provinz West-Gothland (meinem jetzigen Wohnorte) trat 
ein sehr zeitiger Frost ein, so dass fast die meisten Kartoffeln er- 
froren. Tags darauf waren alle Schwalben und auch der Mauer- 
segler verschwunden, wodurch eine grosse Menge von Jungen dem 
Hungertode anheim fielen. Ich fand sehr viele Nester, wo die Jungen 
tbeils halbwüchsig, theils flügge, todt lagen. Die Insecten waren 
nach den Frostnächten eben so häufig wie vorher, und scheint nur 
die Furcht vor der Kälte die Schwalben zu vertreiben. Futtermangel 


war es gewiss nicht! 
Gadamer. 


IV. Bekanntmachungen. 


Nach gefälliger Mittheilung des H. Prof. Dr. Röper in Rostock, 
welcher die Güte gehabt hat, das Geschäftsführeramt für die nächste 
Versammlung zu übernehmen, kann diese wegen Mangel an Unter- 
kommen nicht in der ersten vollen Woche des Juni stattfinden, 
und ist deshalb um 8 Tage, also auf die zweite volle Woche des 
Juni verlegt worden. 

Die speciellen Einladungen werden mindestens 6 Wochen vor 
dem Termine versendet werden. 

Im Auftrage des Vorstandes 
der Secretär. 


Die literarischen Berichte über die seither eingegangenen Schriften, 
der Geschäftsbericht, die Rechnungsablage, das Verzeichniss der Ge- 
sellschafts-Mitglieder und das Inhaltsverzeichniss der früheren Jahr- 
gänge der Naumannia in dem in circa 14 Tagen erscheinenden 
1. Hefte des neuen Jahrganges dieser Zeitschrift. 


im Heft IV. der „‚Naumannia“, um deren Berichtigung der Leser ersucht wird. 


. 279, 


292, 
295, 
297, 
306, 
307, 


” 
322, 
325, 


326,, 


2. 


19 v. 
11 v. 
4 v. 
16 v. 
13 v. 
2 v. 
13 v. 
12v. 
2 v. 
12,7 


Druckfehler 


o0.: verweisen st. „‚verwerfen“. 

u.: Enten st. „Eulen“. 

u.: Bruhwerkzeug st. „Bruchwerkzeug‘“. 

u.: ihrer Gestalt nach st; „ihre Gestalt noch“, 

u.: hinter „klimatische‘“ fehlt das Wort Abänderung. 
0.: ist, „sich‘‘ wegzustreichen. 

u.: vor „chaotisches Stückwerk‘ fehlt als. 

o.: vor „bestimmt“ fehlt so. 

u.: Raubmövem st. „Raubvögeln“. 

u.: eine lilasfarbige st. ‚‚die lilasfarbige‘. 


ee 


AT von MUSRS nr 


22 ED 
Deoaı niet 


apa Dergas PANIC CSU TR 


sn0nbD SUYDY 9 PPOLOIME] DNODMZ 7 I%2'E 


mwuvzıl DBWODRID 29°C TPILEND DOPAF 'G 
NP SMDIO %G 321977915 SULNDWF OP 
mE pi T—— 


äs 


va 


>> 


IT 


k 


Beilage Nr. 1. 


Tabellarısche Uebersicht 


der 


PAPAGAIEN. 


Von 
$r. Hoheit 


Charles-Lueian Prince Bonaparte, 


„Da Herr Charles de Souance& in seinem vortrefflichen Verzeich- 
niss der Papagaien der Sammlung seines Oheims — des Prinzen Massena 
— meiner ersten Classifieation mit ihren Irrthümern gefolgt ist, ohne die 
Verbesserungen aufzunehmen, welche wir derselben gemeinschaftlich ge- 
geben, noch jene, welche ich in der Galerie des Pariser Museums eingeführt 
habe; so glaube ich im Interesse der Wissenschaft und ohne in irgend eine 
Erörterung hierüber einzugehen, eine allgemeine Uebersicht dieser 
Ordnung geben zu müssen, wie der gegenwärtige Höhepunkt der Wissen- 
schaft, meine jüngsten Studien und die so lichtvollen des Herrn de Souance 
— eine in der That würdige Einleitung des schönen Werkes, zu dessen 


Publikation ich ihn mehr als jemals auffordere — sie mir aufgüstellen erlauben.“ 


- 


w 


Do 


1. Anodorhynchus, Sp 
. hyaeintbinus, Zath. 
(mazximiliani, Spix.) 
. leari, Bp. 
(hyacinthinus, Lear.) 
. glaueus, Fieill. 
Ohyaeinthinus, Spix.) 


2. Arara, Spix. 
. spixi, MWagl. 
. trieolor, Bechst. 
(lichtensteini, Wagl.) 


3. Macrocercus, Vieill. 
. macao, 2. 


. aracanga, Gm. 


4. Ara, Br. 


3. ararauna, 2. 


? caninde, Wagl. 


5. Sittace, Wagl. 
* (Genis ntudis. 


9. militaris, Z. 


(ambiquus? Bechst.) 
severus, (Gm. 
(eastaneifrons, Lafr.) 
. maracana, Fieill. 
(illigeri, Kuhl. 
fuscatus, Il 
purpureo-dorsalis, Spix.) 
makawanna, (m, 
primoli, Bp. 
(auricollis, Cassin. 
auritorques, Massena. 
chrysotorques, Licht.) 
** (Genis plumosis. 


rubrigenjs, Zafr 


1 
a 


Subfam. I. Macrocereinae. 


Te ze, 


6. Psittacara, Spix. 


. nobilis, Z. 


(cumanensis, Licht.) 


. halıni, Souance. 


(nobilis, Hahn, Vog.) 


. aculieandalus, Mieill. 


(macrognathus? Spix. 
modestus, Licht.) 


. haemorrhous, Spix. 


(acuticaudatus, Wagl.) 


. icterotis, Massena. 


7. Evopsitta, Bp. 


. frontatus, Caban. 
2]. guiänensis, Dr. 


(A. eayana? Less.) 


2. maugaei, Sowanc. 
. chloroptera, Souwanc. 


evops, Wagl. 

(typus, Bp.) 

wagleri, Gr. 
(eryihrochlora, Hartl. 
guatho, Licht.) 


6. milrata, Zischudi. 
. erylhrogenys! Less 


(rubrilarvata, Mass.) 


8. Aratinga, Spix. 


. guamouba, (rm. 


(luteus, Bodd. 
carolinae-augustae, Sp.) 


\ 
'9. Cyanolyseus, Bp. 


. palagonus, Fieill. 


(byroni, Children, 
cyanolyseos, Lear. 
Patagonicus, Licht.) 


30. 


31. 


= 


w 
nn 


33. 


34. 


35. 
36. 


37, 
38. 
39. 
40. 
41. 


42. 


10. Rhynchopsitta, Bp. 
pachyrhyncha, Sm. 
(strenuus, Licht.) 


11. Nandayus, Bp. 
melanocephalus, Vieill. 
(nenday, Gr. 
armillaris, Ill.) 


12. Enicognathus, Gr. 


2. leptorhynchus, Aing. 


(cherayeus? Molina 
rectirostris, Meyen 
ruficaudus, Sm. 
erythrofrons, Less.) 


13. Microsittace, Bp. 
smaragdina. Gm. 


14. Pyrrhura, Bp. 
vitlala, Sham. 
(undulata, Ill. 
fasciata? Spix.) 
devillii. Mass. 
molinae, Mass. 
(phonicura, Licht. 
pyrrhura, Reich.) 
beryllina, Souanc. 
melanura, Spix. 
leueotis, Auhl. 
calliptera, Mass. 
versicolor. Gm. 
(cyanoptera, Bodd. 
anaca, Wagl.) 


? squamala, Lath. 


luciani, Deuille. 


. eruentata, Wied. 
(squamosus? Kuhl, nec Auct. 


erythrogaster, Shan. 
cyanogularis , Spiw.) 


. rupicola, Tschudi. 
. chiripepe, Fieill. ex Azara. 
. ehlorogenys, Wagl. 


(perlatus, faem. Spix.) 


. lepida, Wagl. 


(perlatus, mas, Spix.) 


> oRDel 


Ser] 


Subfam. 2. 


15. Myiopsitta, Dp. 

48. murina, Gm. 
(monachus, Bodd. 
cotorra, Fieill. ex Azaral 
cinereicollis, PVieill. 
buccalis, Bechst.) 

49. calita, Jard, & Selby. 

50. murinoides, Temm 

51. canicollis, Wagl. 
(murinus, Sm.) 

52. aurifrons, Less. nee Spix. | 
(frontalis? Dewville. ) 

53. orbygnesia, Bp. 

54. lineola, Cass. 
(tigrina, Souance.) 

55. sitophagus, Zschudi. 
(agilis, Licht. nee Gm.) 


16. Tirica, Bp. 
56. xanthoptera, Spix. 
(zanthopterygius!masnec fad, 
57. viridissima, Auhl. 
(tirica, Gm. 
rufirostris, Ill. nee Gm. 
brasiliensis, Br. 
chiriri. Fieill. ex Azara.) 
58. virescens, (Gm. 
(cayennensis, Br. 


17. Brotogeris, Vig. 
59. pyrrhopterus, Zath. 
(griseocephalus, Less. 
griseifrons, Bourj,) 


| 
Nil 


> PSITTACORUM. 
. PSITTACH 


. Psittacidae. 
I. Americani. 


N 


Conurinae. 


21. Chrysotis, Sw. 
= Rostro nigro. 


( 18. Conurus, Bp. ex Kuhl. 

N 60. solstitialis, Z. 

H (luteus, Vieill, nec Bodd.) 
61. jendaya, Z. 79. 
N (aurifrons, Sp. 

\ aurei-capillus, Il. 

| eruentus, Less.) 
carolinensis, Gm. 
(illiniaca, Br. 
ludovicinianus, Gm.) 

. xanthogenius, Bp. 
(lutei-capillus? Pieill.) 


- pulverulenta, Gm. 

auripalliata, Less. 

flavinuehus, Gould. 

oecipitalis! Verr.) 

. amazonica, Lath. 
(vernus, Licht.) 

. paeeilorhyncha, Shaw. 

82. 

. festiva, Gm. 


ochrocephala, Gm. 


. chloronota, Souanee. 


. aureus, Gm. non L. 85. mercenaria, Fschudi. 
(brasiliensis, Lath. nee Gm.)| 86. guildingi, Fig. 
eanieularis, Zath. 87. ochroptera, Gm. 

. pelzi, Leiblitz. (amazonius gutture luteo, Br. 
(eburneirostrum, Less.) barbadensis, Br. 

. pertinax, Z. wanthocephalus, Sw. 
(barbarossa, Licht. xzanthops, var. a, Wagl.) 
cayennensis, Aliq.) 88. xanthops, Sm. Wagl. nec Sp. 

. chrysophrys, Sm. 89. hypochondriaca, Zicht. 


(zanthops, Spix, nec Sw.) 
. leucocephala, Gm. 
(eollarius, L. 
vinaceicollis!Lafr.) 
. albifrons, Sparm. 
(erythrops, Cuv.) 
dominicensis, @m. 


. aeruginosus, L. 
(martinica, Br. 
plumbeus, Gm. 
chrysogenys, Mass.) 
. eactorum, Wagl. 
(flaviventer, Spix.) 
. nanus, Fig. 92. 


. weddeli, Deville. 93. viridigenalis, Cass. 
(glaueiceps? Hartl.) 
19. Psittovius, Bp. *%k%* Rostro rubro. 

. tovi, Gm. 94. dufresnianus, Auhl. 
(ehrysopogon, Less.) (dufresni, Sw.) 

. jugularis, Deville. 05. brasiliensis, Z. 
tuipara, L. ew Marcgr. (eyanotis, Sm.) 
(ehrysopterus? Gm. 96. bouqueli, Bechst. 


7 & 7 
tovi? Shaw. . diadema, Spia. 


eayennensis, Sm.) 08. coceineilrons, Sowane 
5. Ini, Gm. (lilacina? Less.) 
09. autumnalis, 2. 
20, Pyrilia, Bp. 
? 100. aestivalis, Gm, 


Iypien, Zp. 
(pyrilia, Bp.) 


. amazoninn, O des Murs. 


(agilis? Gm, nee Licht. jun.) 
. erylbrura, Auhl 


tumultuosa, Zschudi 


pretrii, Zemm, 


Subfam. 3. Psittaculinae. 


22. Onochrus. Bp, 
104. havanensis, Gm. 
(augustus? Gr. nec Shan.) 
105. vinaceus, Wied. 
(columbiunus? Spix 
fimbriolatus, Licht.) 


23. Derotypus, Wagl 
= Rostro albido. 
aceipitrinus. Z. 


106. 


24. Caica, Less. 

107. melanocephalus, 4. 

108? leucogaster, ZU. 

(badiceps, Lear.) 

109. pileatus, Gm. 

110. melanotis, Zafr. 

111. barrabandi, Auhl. nec Sm, 
25. Gypopsitta, Bp. 


112. vulturina, Wagl. 


26. Pionus, Wagl. 
113. menstruus, 2. 
114. 


115. 


purpureus, Gm. 
eorallinus, Bp. 
(sordidus? L.) 
maximiliani, Auhl. 
(flavirostris, Wied. 
cobaltinus, Massena.) 


116. 


117. siy, Azara. 

(mazimiliani, Wagl. nee K.) 
. chalcopterus, Fraser. 
(haemorrhous, Licht.) 
senilis, Spiw.  » 


seniloides, Mass. 


27. Graydidactylus, B 
. brachyurus, Auhl, 

(pumilio, Spia. 

viridissimus, Sm.) | 


mm 
— [0 


28. Pionopsitta, Bp. 
122. pileata, ‚Scopoli, nee Auet. 
(mitrata, Licht. 


maitoca? Spix.) 

29. Triclaria, Wagl. 
Vieill. 
(malachitea, Spiw.) 


123. eyanogastra, 


30. Urochroma, Bj. 
124. hueti, Zemm. 
125. purpurata, Gm. 
126. surda, ZU. 
(chrysura, Sm) 
127. porphyrura, Sham. 
128. melanonota, Ill. 


129. melanoptera, Gm. 


31. Psittacula, Br 

130, passerina, 2. 

(eyancptera, Sw.) 
131. guyanensis, Sm. 
(capeasis! Lath. 
gregaria, Spiw 
viridigsima, Lafr.) 
132. coelestis, Less. 
133. conspieillata, Zafr. 

(oyanopis, Licht.) 
134, eyanopygia, Souanc. 


135. modesla, Caban, in Schomb 


32. Palaeornis, Vig. 

. alexandri, 2. 
(eupatria, L. 
nepalensis, Hodgs.) 

137. torquatus, Dr. 

(streptophorus, Desm. 

frenatus, Ill. 

cubicularis, Wagl.) 

bitorqnatus, Auhl. 

(bicollaris, Fieill.) 

. parvirostris, Bp. 
(torquatus ex Abyssinia.) 

. borbonica, Bp. 
(borbonica torquata, Br. 
alexandri var., L. 
layardi? Blyth.) 

. schisticeps, Zodgs. 
(himalayanus? Less.) 

. eyanocephalus, 2. 

. columboides, Fig. 

(melanorhynchus? Syk. 

viridieollis, Cassin. 
(viridimystax? Blyth.) 

. ealthrapae, Zayard. 


144. 


(gironieri, Verr.) 


33. Belocercus, Müller. 
malaccensis, Gm. 
(erythrocephalus? Gm. 
erubescens? Shaw. 
barbatulatus, Bechst. 
erythrogenys, Less.) 
pondicerianus, (Gm. 


146. 


147. 
(borneus! Wagl. 
nigrirostris? Hodgs. 
melanorhynehus, Wagl. 
derbyanus, Fraser. 
mystacinus, Licht.) 

148. barbalus, Gm. 

(erythrogenys, Blyth. 

luciani, Verr.) 

149. 

150. modestus, Fraser, 


eaniceps, Blyth. 


*) Psittinus la ‚iridi iluti 
te viridis, subtus dilutior; torque cervicali et uropygio plumis Havis elegantissime nigro undulatis; cauda brevissima. 


Subfam. 4. Palaeornithinae. 


34. Prioniturus, Wagl, 
151. platurus, Pieill. 
(setarius, Temm. 
spatuliger, mas. Bourj.) 
152? flavicans, Oassin. 


35. Tanignathus, Wagl. 
153. maerorhynchus, Z. 

(nasutus, Lath. 

megalorhynchus, Bodd.) 
154. märginatus, Gm. 
(olivaceus, Gm. 
gala, Bodd.) 
155. mulleri, Zemm. 
156. sumatranus, Aajft. 
157? gramineus, Gm. 


36. Psittinus, Blyih, 
158. incertus, Shaw. 


(malaccensis, Lath. nee Gm. 


azureus, Temm) 


159. torquatus, *) Gm. ex Sonner. 


160. 


169. 


37. Prosopaea, Bp. 
personata, Gr. 


38. Aprosmietus, Gould. 


. erythropterus, Zath. 


(melanotus, Less.) 


. vulneratus, Wagl. 


(jonquillaceus? Vieill. 
melanotus, Bp.) 


. amboinensis, Z. 


(eyanopygius, Vieill.) 


. scapulatus, Fieill. 


(seapularis, Ill.) 


. tabuensis, Zath. 
. hypophonieus, Müll, 
. splendens, Peale. 


. atrigularis, Peale. 


39. Purpureicephalus. Bp. 
pileatus, Fig. nec Scop. 


40. Barnardius, Bp, 


. [ypieus, Dp. 


(barnardi, Lath.) 


. zonarius, Shaw. 


(baueri, Gould.) 


2. semitorquats, Quoy. $_ Gaim. 


(zonarius, Gould nee Shaw.) 


173. 


174 
175. 


176? palliceps, Gould. 


177. 


178. 
179. 


180. 
181. 
182. 


183. 


184. 


185. 


186. 


187. 
188. 


189. 
190. 
191. 


192. 
193. 


41. Platycercus, Vig. 
pennanli, Shaw, 
(elegans, Gm. 
gloriosus, Lath. 
splendidus, Shaw.) 
adelaidae, Gould. 
flaveolus, Gould. 


amathusia, 2p. 
(eyanogenys! Gould.) 
splendidus, Gould. 
eximius, Sham. 
(capistratus, Shaw.) 
ignitus, Zeadbeat. 
ieterolis, ZTemm. 
browni, Temm. 
flaviventris, Temm. nec Wa; 
(caledonieus! Lath.) 


42. Barrabandius, Bp. 
rosaceus, Fig. 
(barrabandi, Sw. nec Kuhl, 
smwainsoni, Desm ) 
melanurus, Gould. 
(anthopeplus, Fig.) 


43. Cyanoramphus, Bp. 
paeificus, Forst. 

(phaeton, ©. des Murs. 
unicolor? Bourj. Mus. Br.) 
unicolor, Fig. 
novae-zelandiae, Sparm. 
(sparmanni, Less. 
frontatus, Licht. 
pacificus, Gm.) 
novae-guineae, Bp. 
aucklandieus, 2p. 
erythrotis, Wagl. 
(paeificus, Fig. & Bour).) 
auriceps, Auhl. 

ulietanus, Zath. 


PSITTACH 


Psittacidae. 
drbis anliqut. 


mtr ee nn 


Platycereinae. 


. multicolor, Bronn. 

. pulcherrimus, Gould. 
. haematonotus, Gould. 
. haematogaster, Gould. 


. haematorrhous, 2p. 


m 


44. Psephotus, 


(zanthorrhous! Gould.) 


(haematogaster! Gould.) 


45. Nymphicus, Wagl. 


199. novae-hollandiae, @m. 


(guy, Less. 


auricomis, Sm.) 


46, Euphema, Wagl. 


. pulchella, Sham. 


(edwardsi, Bechst. 
azureus, Less.) 


. chrysostoma, Kuhl. 


(venusta, Fig.) 


. elegans, Gould. 
. ehrysogastra, Lath. 


(aurantia! Gould.) A 


. petrophila, Gould. 


2057 sonancaei, Bp. 


. splendida, Gould. 
. bourki, Gould, 


47. Melopsittacus, Gould. 


undulalus, Shan. 


6. Pezoporinae, 


ER FE ENGE 
— 


48, Pezoporus, Gould. 
209. formosus, Zath. 


(terrestris, Sham ) 


7. Psittaeinae, 


49, Mascarinus, Less. 


210. obscurus, Z. 


(madagascariensis, Less) 


50. Paeocephalus, Sw. 
211. magnirostris, Bp. 


(pachyrhynchus, Hartl.) 


212. levaillantii, Zath. 

213. aubryanus, Sowanee. 
(lecontü, Verr.) 

214. gulielmi, Jardine. 


215. fuseicapillus, Verr. nec Vieill. 


(hypoxanthus? Peters.) 
216. ruppelli, Gr. 
217. senegalus, 2. 
(senegalensis, Br.) 
218. vufiventris, Rupp. 
219. meyeri, Rupp. 
220. Navifrons, Rupp. 


51. Psittacus, L. 
221. erythacus, £. 
222. timneh, Fraser. 


52. Agapornis, Selhy. 
23. taranta, Stanley. 
24. pullaria, Z. 
2 
2 


25. roseicollis, Fieill. 
26. swinderiana, Auhl. 


53. Poliopsitta, Bp. 
27. piela, Hartl. ex Lath. 
28. cana, Gm. 


54. Cyclopsitta, Hombr. 
229. loxia, Cuv. 
230. desmaresti, Garnot. 
231. diophthalma,Zombr 
? palmarum, Forst. 


| 


55. Nasiterna, Wag 
232. pygmaea, Quoy $* mr 


8. Eeleetinae. 


56. Urodiscus, Bp. 
233. spatulifer, Bourj. 
(discosurus, Fieill.) 
57. Geoffrozus, Less. 
234. personatus, Sham. 
(batavensis! Lath.) 
(spadiocephalus, Kuhl.) 
236. pucherani, Bp. 
237. heteroclitus, Zombr. 
(cyaniceps, Pucheran.) 
238. eyannieollis, Müll. 


58. Psittacodis, Wagl. 


239. magnus, Gm. 
(sinensis, Gm. 


polichrous, Scopoli. 
viridis, Lath. 
lateralis, Shaw. 
prasinus, Less. 
240. intermedius, Bp. 
241. westermanni, Bp. 
(orientalis? Auct.) 
59, Eclecrus, Wagl. 
242. puniceus, L. 
(cardinalis, Bodd) 
243. linnaei, Wagl. 
244. grandis, Gm. 
245. cornelia, Bp. 
60. Loriculus, Biyih. 
* Rostro rubro. 
246. vernalis, Z. 
247. indieus, Dr. 
(asiatieus? Lath. 
minor, Wagl. 
philippensis, Bour;j.) 
248. cyanolaemus, Bp 
249. apicalis, Sowance, 
250. puniculus, Bp. 
“* Nostro nigro, 


. gulgulus, 4%, 


251 
252. stigmatus, Müll 


61, Liemetulus, Bj 
* Rostro nigro 
‚253. bonaparlii, Sowane, 
| %%* Kostro ruhro 
1254. philippensis, Zr, 

(minor? Lath 
enlacıssi, Wagl 


rubrifrons, Nig )) 


255, regulun, Sowanod, 


(nn un nn 


235. fuseieapillus, Vieill. nee Verr. 


9. Dasyptilinae. 

ne, 
62. Coracopsis, Wagl. 

*= Rostro albido. 
256. niger, L. 
257. vasa, Sham. 

"= Roslro nigro. 
258. comarensis, Peters. *) 


63. Stavorinus, Bp. 
250. paragua, (Gm. 


64, Dasyptilus, Wagl. 


260. peequeli, Less. 


261. fulgidus, Less. 


*) Minor; subglaueus. 
**) Simillimus N. 


Familia I. Psittacidae. 


1111 bl III 


10. Nestorinae. 


65 Nestor, Wagl. 
262. notabilis, Gould.’ *) 
263. hypopolius, Horst. 
(novae-zelandiae, Less. 
australis, Shan. 
meridionalis, Gould. 
nestor, Lath.) 
264. esslingi, Souance. 


66. Centrurus, Sw. 
265. produchus, Gould, 


vix nigreacens; alis caudaque aeneo-virentibus; ex Africa m. orient, Anyromo. 
hyippolio, sed valde Wajor et rostro ingente, extat in Musaeo Orn. Dom. Kirchhoff. Schacferhofi ptope Ni 
» Nie 


Bee _ nn — 


(novae-zelandiae, Bp. nee Less.) 


11. Plyetolophinae. 


67. Eolophus, Bp. 
266. roseus, Fieill. 


(eos, Fig.) 


68. Cacatua, Br. 
267. cristatus, 2. 
(leucolophus, Less.) 


268. moluecensis, (m. 


270. philippinarum, (m. 
271. sanguineus, (Gould. 


272. leadbeateri, Fig. 

273. sulphureus, Gm. 

274. aequatorialis, Temm. 

275. parvulus, Zp. 

276. eitrino-eristatus, Zras. 

277. galerita, Zath. 
(ehrysolophus, Less.) 

278. triton, Temm. 
(cyanopis? Blyth.) 

279. liemetorhynchus, 2p. 


70. Licmetis, Wagl 
280. tenuirostris, Auhl. 
(nasieus, Temm.) 


281. pastinator, Gould. 


m 1. Do! 


269. duerops, Homhr. $ Jacq. 


69. Plyctolophus, Ill. 


0RDO 


Series 


Familia 


12. Calyptorhynchinae. 
Er 
71. Callocephalon, Less. 

282. galealum, Zath. 


(australe, Less.) 


72. Calyptorhynchus, Vig. 
283. funereus, Shan. 
284. xanthonotus, Gould 
285. baudini, Fig 
286. banksi, Zath. 
(magnificus, Shaw.) 
287? macrorhynehus, Gould. 
288 naso, Gould, 
289. leachi, Aukl. 
(cooki, Temm. 
solandri, v. Hass. 
temmincki, Kuhl.) 


nburg W. 


13. Mieroglossinae. 


73. Mieroglossus, Geoflr. 
0. aterrimus, Gm. 

(gigas,' Lath. 

griseus, Bechst. 
goliath, Kuhl. 

ater, Less.) 


1. alecto, Temm. 


Familia 3. Trichoglossidae. 


14. Trichoglossinae. 


74. Lorius, Br. 
292. domicella, Z. 
(atricapilla, Wagl.) 
. chloronolus, Gould. 
94. garrulus, Z 
(aurora, Gm.) 
295. tricolor, Steph. 
(lomi, L.) 
. eyanauches, Müll. 
(superbus, Fraser.) 


75. Eos, Wagl. 

. indiea, Gm. 
(coecineus, Lath.) 
. tubra, G@m. 
(coeruleatus, Shan.) 
. guebiensis, Gm. 
(eoceineus, Br. 
squamotus, Scopoli.) 
300. viciniata, Bechst. 
(eucullatus, Shaw. 
cochinchinensis, Lath. 
isidori, Sm.) 
301. eyanogenia, Dp. 
302. 
303. 


semilarvata, Dp. 
eyanostriala, Gr. 
(borneus! Less. 
reticulata, Müll.) 


76, Chalcopsitta, Bp. 


304. novae-zuineae, Gm. 
305. seintillata, Gr 
306. rubiginosa, 2p 


77. Charmosina, Wagl 
307. papuensis, (m. 


78. Lathamus, Less. 
308. discolor, Shaw. 
Bechst 
lathami, Bechst. 
Vieill. 
australis, Kuhl. 


ruhrifrons, Less.) 


(humeralis, 


banksianus , 


mn N 
79. Trichoglossus, Vig. 


. haematodus, Z. 

. forsteni, Bp. 

. ornatus, Gm. 
eyanogrammus, Magl. 

. massena, Bp. 

. multicolor, Gm. 
(swainsoni, Jard.) 

. verreauxi, Bp. 

. rzubritorques, Fig. 

. ehlorolepidotus, Aukl. 
(matoni, Fig.) 


80. Psitteuteles, Bp. 
. euteles, Zemm. 
. versicolor, Fig. 
. iris, Temm. 


. placens, Temm. 


81. Glossopsitta, Bp. 
. australis, Zath. 
‚Sham.) 


pusilla, Shaw. 


(coneinnus, 
323. 
324. porphyrocephala, Diet. 
(purpurea, Wagl. 


florentiae, Bourj.) 


82. Coriphilus, Wagl. 

25. Kuhli, Fig. 

26. fringillaceus, Gm. 
(pipilans, Lath. 
euchlorus, Forst.) 

- 


327. solitarius, Zach. 


(eoceineus, Shaw.) 


. 

328. goupili. Zombr. $ Jarg. 
(dryas, Gould.) 

329. tailianus, Gm. 


(saphirinus, Forst, 
porphyrio, Shaw. 
vini, Less.) 


? eyaneus, Sparm.) 


nn 


Fam. 4. Strigopidae. 


———_ 


15. Strigopinae. 
mm  —_— 


83. Strigops, Gr. 
330. habroptilus, Gr. 


67 


"HBUTOLDI0.OBN | 


“wunmuo) 3 ) 


LG 


-TUBOLIOIY ‘I SOLIOg 


owunseyisg # 


"ORurgpruIooe[eT] 


aeumaoosgelg F* 


= 
1-2 
= 
u 
— 
g Ho oo © »eunodozag = &s 
== 
ER 3 
=: 
4 a Sun © ORureygisg = = 
re zz 
= 
De 5’ aD > euNDapT en — 
” © — 
E 2 
re = 
a o oo» © seunydiseq ® ei = 
E- E 
u & zu 
8 == 
En BP» 0 o50 0 SBUNoJoN > a 
N ® » 
F | B 
Ei 
SE 
5 5 zo "orurgdopopig = z. 
er) a oo © oeurgousgaoydieg 
pe: 3 A 
Depissofsom 7 
"OBUISSOJSOLOTNL 


"SNOTHAVAHOH9 MNYOYVLLISI SALIAISNOD 


"oBurssojdoyari], zu RpissoßorpL] ic 


owudosrgs | — onpidosung 


INHALTSVERZEICHNISS 


DER 


SECHS ERSTEN JAHRGÄNGE 


DER 


NAUMANNIA. 


A. NAMEN-REGISTER. 


NB. Die römischen Ziffern bezeichnen die Bände (Jahrgänge); die grösseren (nur bei 
den 2 ersten Jahrgängen) die Hefte; die kleineren die Seitenzahl. 


Aurtum, Dr. Bern., Eine neue? Drossel. 
II. 3. 67. (Mit ill. Abbild.) 
Eine neue? Schwanenart. IV. 145. 
(Mit ill. Abbild.) 
‚Ueber die Farben der Vogelfedern und 
° deren Schillern. IV. 293. 
_ Planmässiges Sammeln, Ausstopfen 
-und Stellen der Vögel. V. 29. 
Nachtrag zu den neuen deutschen Schwä- 
nen. V. 101. (Mit ill. Abbild.) 
Oyaneeula suecica, orientalis, dichrosterna 
- und Wolfi. V.166. (Mit ill. Abbild.) 
Ueber Ausstopfen und Stellen d. V. 
im Allgemeinen. V. 301. (Mit drei 
4 Stellungstafeln.) 
- Ueber das Meckern der Bekassine. 
V. 362. 
Einzelne auf einer Exeursion in 


> 


Ueber Anser albifrons, pallipes. VI. 380. 
Notizen. II. 3. 24; 84. III. 229; 449; 
452. IV. 398. V. 219, 

Axtınons, Marchese Oratio, Ueber eine 
wahrscheinlich neue Cypselus-Art. 
Cyps. Galilejensis, Ant, V. 307. (Mit 
ill. Abbild.) 
eber den Zug und das Nisten von 
Aeridoth. roseus, VI. 404. 


he _ Vorpommern gewonnene Beobach- 
Pieus eruentatus, Ant., n. sp. VI. 411. 
(Mit ill. Abbild.) 


ngen. VI. 28. 
horistische Bemerkungen für 
ü 
. 
i 
w 
“ 
Assmann, Dr. med., Vorläufiges über die 


‚usstopfer. VI. 35. 
Ueber den Speciesbegriff. VI. 284; 
{ beabsicht. Herausg. eines Clavis orni- 
thol. VL 419, 


808; 310; 322. 
Ueber den neuen Schwan. VI. 363. 
Biroezoren, Fr. W, J. Fuliyula Homeyeri. 
IT. 1. 12, (Mit ill, Abbild.) 


Barpanmvs, A. C. Ed., Beiträge zur Na- 
turgesch. einiger dem 8. O. Europa’s 
angeh. V. II.1.28; 2. 70; 4.39; II. 2.81. 

Vorläufiges über depyornis mazimus. 
I. 4. 48, 

Die Oologie und die Systematik. 
I. 4. 69. 

Zur Naturgeschichte der Calamoh. 
locustella. 1. 4. 76. 

Verzeichniss der Brutvögel in der 
Umgegend von Diebzig. I. 3. 55. 

Materialien zur Kemntniss der geogr. 
Verbreitung d. V. Europas. III. 
158. (Mit ill. Karte.) 

NeueBeiträgezurFortpflanzungs- 
gesch. von Cueul. canorus. III. 307. 
IV. 415. (Mit ill. Abbild.) 

Beiträge zur Oologie und Nido- 
logie. III. 419. (Mit ill. Abbild.) 

Bemerkungen und Zusätze zu Zan- 
der’s „europäische Pieper.“ IV, 24. 

Ueber die Eier von Aguila pennata und 
minuta, IV.173. (Vergl. III. 420.) 

Notizen und literarische Berichte, 
I.1.55; 2.89; 100;4. 84; 86; 1.1. 
104; 2. 119; 3. 85; II. 102; 106; 228; 
337; 339; 453; 456; 461; IV. 106; 205; 
207; 400; 402; V. 111; 114; 224; 406; 
423, 519; VI. 81; 192; 268; 269. 

Brur, Gustav, Notiz, II, 1.96. (Nueifr. 
caryocat.) 

Berfinens, Th., Beobachtungen über 
Pernis apivorus. IV. 335. 

Berur, Fr., Notiz, III. 105. (Cueul. ca- 
norus). 

Benor, Dr. Fr., Versuch einer natürl. 
COlassifikation d. Vögel. V. 196, 

Notiz. V. 111. (Milo regalis.) 

Buasıus, Prof, H., Ueber die „verdüch- 
tigen Arten“ im Verzeichnisse 
d. europ. V., (als Europäer). V. 480. 

1 


Gera 


6 


Ueber die „verdächtigen Arten‘ im 
Verzeichnisse d. europ. V. (als 
Species). VI. 136. * 

Ueber den Speciesbegriff. VI. 313. 

Ueber Sitia europaea und Verwandte. 
VI. 433. 

Ueber Certhia familiar. und Verwandte. 
VI. 440. 

Ueber die Arten der Gattung Anthus. 
VI. 459. 

Bemerkungen über Brehms Falken. 
VI. 465. 

Ueber die Parus-Arten. 

Ueber die Lerchen. 

Ueber Passer rufidorsalis. 

Ueber d. Blaukehlchen. ?VI. 468—473. 

Ueber d. Rohrammern. 

Ueber die Goldregen- 
pfeifer. 

Ornithologische Bemerkungen. 
(F. coneolor, Brehmsche Falken, 
Larus Heinei u. Michahell.) VI. 475 ff. 

voN Bock, Dr. E., Vorläuf. Bemerkk. 
über d. Ornis d. Provinz Valdivia 
(Chile). V. 494. 

von BOENIGK,O., Bemerkk. über einige 
V., vorzugsw. über die Fortpfl. v. 
Turd. pilaris. I. 4. 29. 

Notizen. I. 4. 87; IL. 3. 81. 

Bor, Dr. E., Notiz. I.2.100. (Puit. fulv. 
in Meeklenburg.) 

BoLLe, Dr. Carl, Berliner Correspon- 
denz. V.221. 

Pyrrhula Enueleator in Amerika. (Aus 
Audubon.) V. 424. 

Abweichende Provinzialnamen d. 
V. der Märk Brandenburg (M. A 
Hansmann.) V. 317. 

Portugiesisches Idiotikon Zur 
Ornis des westl. Afrika. V. 213. 

BoLsmAnn, H., Verzeichniss der im 
Münsterlande vorkommenden V. 
(Mit Altum) II. 3. 24. 

Nachträge dazu. III. 449. 

Die Münsterländischen Trivial- 
namen einiger V. V. 313. 

BONAPARTE, Prince Ch. Luc., Notes sur 
les Larides. IV. 209. 

Ueber den Speciesbegriff, VI. 334. 

Tabellarische Uebersicht und Con- 
speelus geographicus der Papagaien. 
VI. 383, 

BrAHTs, Dr. A., Vogelfauna von Neu- 
wied. V. 329. 

BrEHM, Chr. Ludw., Ueber das Nisten 
der Wachholderdrossel in 
Deutschland. 1.1.23. f 

Etwas über die Arten der europäi- 
schen V. 1.1.69. 

Der Aufenthalt und Zug d. V. (bei 
Renthendorf) vom 1. Aug. 1848 an. 
1.2.23. 

Die Unter-Renthendorfer Teiche 
und die Schilfsängerjagd darauf. I. 
2. 29. 

Das Genus Calidris. I. 2. 66. 


Einige Bemerkungen über europ. u. 
nordostafrik. V. ete. I. 3. 22. 

UeberSpecies undS$ubspeeies. II. 8. 

Ueber die Kreuzschnäbel (Orwei- 
rostra). III. 178; 241. (Mit Abbild.) 

Kurze Schilderung der. Kleider der 
europ. Falken u. anderer Raubv. 
IV. 46. 

Ueber die Ehen der Vögel. IV. 321. 

Die Zeichnung der Kehle steht bei 
den V. gewöhnlich mit ihrem Gesange 
in Beziehung. V. 54. 

Verzeichniss d.europ. V. nach den 
Species und Subspecies. V. 266. 

Etwas über die Leinzeisige, Zinaria, 
Br: Wl. 173. 

Ueber die Wasserschwätzer, Cinclus, 
Bechst. VI. 178. 

Ueber den Speeiesbegriff. VI. 276. 

Ueber die europäischen Wander- 
falken, Falconesmigratorüveri.V1.326. 

Ueber die Pieper, Anthi. VI. 337. 

Ueber die Baumläufer (Certhiae). VI. 
356. 

Ueber die Meisen (Pari). VI. 367. 

Ueber dieBlaukehlehen (Cyaneculae). 
VI.:372. 

Ueber einige neue Lerchen (Melano- 
corypha u. Calandrella). VI. 374. 

Ueber einige Sperlinge (Passer und 
Petronia). VI. 376. b 

Ueber Zocustella Wodzickü. VI. 377. 

Ueber das Halten der Stubenvögel. 
VI. 383. 

Ueber die Beobachtungsstationen. 
VI. 423. 

Nachtrag zu Alf. Brehm’s Falco 
eyanostolos u. coneolor. VI. 236. 

BrEHM, Dr. Alfred, Der Winter in 

Egypten, in ornithol. Hinsicht. I. 1. 
44, 


Beiträge zur Ornith. N. O. Afrika’s, 
in besond. Rücksicht auf d. europ. 
Arten. II.3.38; V.1; VI. 194. (Mit 
ill. Abbild. F. graeilis.) 

von BüLow, Notiz. II. 3. 72. (Ei von 
Circaöt. brachyd.) > 

Bürtner, Beobachtungen über An- 
kunfteiniger V.in Curland (1844 
bis 1854). VI. 418, 

Ca»anıs, Dr. J., Ueber die Verwandt- 
schaft von Cypselus, Caprimulg. und 
Trochius in oolog. Hins. IV. 223, 

Notiz. II. 2. 122. (Turd. migrator. in 
Thüringen.) 

CALWER, Dr., Ornithol. Idiotikon von 
Württemberg. IH. 94. 

Notizen. III. 455. 

CARSTENSEN, Verzeichniss der in der 
Umgegendvon Tangeru.imnördl, 
Fez vorkommenden V. II. 1. 76. 

DeEsLAnD, Dr. C.-D., Premitre liste des 
Ornithologistes, etc. de France. 
V. 118; 418, 

Notiz. V. 412. (St. fuliginosa in Frank- 
reich.) 


De#ne, Dr. A, Beiträge zur Ornithologie. 
III. 203. 

Ornithologische Bemerkungen. IV. 37. 
Ornithologische Erinnerungen. IV. 42. 
Diezer, C. E., Bruchstücke aus d. Mspte. 
d. neuen Aufl. der „Erfahrungen aus d 

Gebiete d. Niederjagd“. VI. 257. 
Sendschreiben an die X. Ornith.- Ver- 

sammlung zu Cöthen. VI. 397. 
Distichon an C. L. Bonaparte. VI. 427. 

Du»oıs, Charles, Notizen. II. 1. 96; III. 
223; 336. 

Fartıo-BEaumont, G., Bemerkungen 
über d. Gruppe der Graumeisen. 
VI. 160, 

Verzeichniss der Vögel des Genfer 
Beckens. VI 164. 

Notiz. VI. 267. (Ast. mieronisus inPor- 
tugal.) 

Fınser, Julius, Einige Beobachtungen 
über Vorkommen v. Albinos unter 
d. V. III. 154. 

Der Entenfangb.Holitsch. VI. 262. 

Fuarrort, Dr., Ueber eine Varietät v. 
Turdus iliacus, III. 101. 

Ueber eine Varietät v. Corvus pica. 
V. 398. 
Vogelfauna des Wupperthals s. 
Hopf. 
Nekrolog des Dr. G. B. Hopf. 1.3. 82. 
GaDAMmER, H., Angabederim nordöstl. 
Schonen vorkommenden V\. etc. 
1.3.1. 

Ornithologische 

1 III. 406. 

Zur Naturgesch. von Oidemia fusca, 
Numen. arquata und Pavo erist. V. 89. 
Notizen. V. 110; VI. 528. 

Georrroy Sr. Hıraıke, Isid., Quelques 

renseignements nouv. sur !’de- 


Miscellaneen. 


0... 2yornis maximus. I. 4. 73. 

GerHARDT, Alex., Etwas über den Vogel- 
j gesang im südl. N.- Amerika. 
> III. 37. 


a“ Die jagdbaren Vögelder Vereinigt. 

R Staaten v. N.-Amerika. III. 378. 

Skizzen aus dem Vogelleben Nord- 

Amerika’s. IV. 192. 

Ueber die Lebensweise der V. Nord- 

Be (Georgia). V. 380; 458; 
1 


Verzeichniss der Vögel des Staats 
Georgia, nach White. V. 382. 
Grosen, Dr, C.L., Fuligula Homeyeri ist 
“wirklich nur eine klimat. Abände- 
-_ „= rungv. F.ferina. VI. 252. 
* Ueber den Speciesbegriff. VI. 277; 
7289; 811; 812; 322. 
_ — WVeber „Ragenbildung“, VI. 323. 
Goxzennacn, J.G., Einige ornithol. 
Notizen über Smyrna. I. 1. 19. 
Hasıcur, W., Notizen. IL 1. 99; III. 105. 
Hıumanonen, L, Phil. Mag., Verzeich- 
niss der in den Küstengegenden 
des Wenern-Boes observ. V. II. 
290, 


Bemerkungen zu Brehm’s Aufs. 
„über Speeies und Subspecies“, 
IV. 329. 

Notiz. IV. 107. (Albino, und Muse. 
atricap. häufig.) 

Hans, H., Notizen. VI. 76. 
Hansmann, Dr. A., Einiges über Vogel- 

stimmen. V. 96; 181. 

Abweichende Provinzialnamen d. 
V.ind. Mark Brandenburg. V. 317. 

Berliner Correspondenz. V. 513. 

Notizen. II. 2. 123. 

Harrtraug, Dr. G., Ueber neue nord- 
amerik. Gänse. II. 1.2. 

Ueber Grus americanus u. canadensis 
I. 12.2. 

Ueber einige neue oder weniger be- 
kannte V.N. Amerika’s. II. 2. 50. 

Berichtüber eineSendungv. V.,ge- 
sammelt um Valdivia durch Dr. 
Philippi. II. 207. 

Ueber die Ornithologie West-Afri- 
ka’s. III. 326. 

Ueber die Thätigkeit aussereuro- 
päischer Ornithologen der Ge- 
genwart. IV. 220. 

Vorläufiges überdievonDr.B. Altum 
beschriebene Schwanenart. IV. 
327. 

Notizen. VI. 191; 267. (Zeptopt. Rüppelli.) 

Hecker, Dr. J., Ueber d. Verbreitung, 
das Nest und das Ei der Salic. Auwia- 
tilis. II. 47. (Mit ill. Abbild.) 

HELLMANN, Dr. A., Ueber das Zungen- 
organ d. V., insbesond. des Zeir. uro- 

gallus. III. 139. 

Verzeichniss.d. Vögel eines Theils 
von Thüringen ete. III, 276. 

Notizen. II. 230; IV. 399. 

HENNEcKE, Dr., Ueber das Vorkommen 
und Nisten v. Turdus sazatilis am 

nördl. Harze. IV. 325. 

Notizen. VI. 311; 380. (Turd. sazat.) 

von Heuscuin, Dr. Th., Beobacht. 
über Zug- u. Strichzeit in Süd- 

Deutschland vork. V. 1.2.61... 

Ueber Falco arcadicus, Eleonorae u. con- 
color. 1. 3. 31. 

Ueber Circus Mülleri, Heugl. 1.3. 36. 
(Mit ill. Abbild.) 

Beobacht. über d. Fortpflanz. ver- 
schied. V. in 8. W. Deutschland. 
I. 3. 64. (Mit v. Warthausen.) 

Hınrz, W., Notizen aus meinem orni- 

thol. Tagebuche. IV. 285. 

Auszüge aus meinem ornithol. Tage- 
buche u. Zugtabellen 185®/,. VI. 18. 

Horrsann, Dr. Jul, Beitrag zur Nutur- 
gesch. v. Fringilla Serinus. II. 3. 58. 

Varietüt von Falco nisus. VI. 371. 

von Hom»yer, E.F,, Ueber den asch- 
grauen Kukkuk (Cudulus canorus). 

List 

Ueber den Federwechsel der Soe- 
taucher (Colymbus,) 1.1. 14, 

Ueber Ch. L. Bonaparte’s „Kovue 

1? 


eritique de l’Ornith. 
Degland ete.“ II. 2. 71. 
Ueber den Federwechsel der Vögel, mit 
Rücksicht auf Schlegels ‚‚Sendschreiben 
ete.‘“ III. 64. 
Larus Heinei, Hom., n. sp. III. 129. 
Notiz. III. 227. (Haliaöt. albie. 45 Tage 
hungernd.) 

Horr, Dr. G. B., Vogelfauna des 
Wupperthals. 1.3.74. 

Hummer, Dr. A., Ornithol. Mitthei- 
lungen aus Curland. V. 321. 

Eine Auerhahnjagd in Curland, 
VI. 414. 
JAECKEL, J., Materialien zur baye- 
rischen Ornithologie. II. 2. 119. 
Verzeichniss der Trivialnamen der 
bayerschen V. II. 391; V. 70. 
Ornith. Jahresbericht aus Bayern. 
VI. 40; 238; 500. 
Ueber Fieedula ieterina, Eversm., u. 
F. Meissneri. VI. 378. 
Notizen. V. 108; 112. 

Karrıck, L., Zur Naturgesch.d.Wald- 
schnepfe, Scolop. rustieula. II. 2. 79. 

von KETTNer, Ornith. Bemerkk. auf 
einer Reise ins südl. Frankreich. 
T.1.15. 

Kırc#Horr, C., Notiz. I. 4. 86. (Frühe 
Ankunft v. Yan. erist. u. Scolop. gal- 
linago.) 

KJAERBOELLING, Dr. N., Verzeichniss 
der in Dänemark vork. seltenern 
V.0T./3:488. 

Bemerkk. über einige zur Ansicht 
mitgebrachte V.u. Eier. I. 1.9. 
Ueber Olangula mergoides, n. sp.? III. 327. 
Mittheill. über meine literar., samm- 
lerische u. beobacht. Thätigkt ete. IV. 

304. 

von KoEnıG- WARTHAUSEN, Baron Rich., 
Beobb. über die Fortpfl. verschied. 
V. in S. W. Deutschland. 1.3. 64. 

Einige Notizen über Pica ceyanea. 
IV. 30. 

Beobachtt. über domesticirte V. 
IV. 32. 

MaterialzurFortpflanzungsgesch. 
v. Alcedo ispida. IV. 160; V. 107. 

Zur Kritik: (Willibald’s Nester und 
Eier ete.) V. 116, 

Die Vogelwelt im letzten Winter. 
V.1732 

Notizen. V. 216; 406. 

Krurrer, Dr. Theob., Die Adler Pom- 
merns. I. 1.61; III. 39. 

Notizen. IV. 20#£; VI. 77; 427. 

Kuxz, G. H., Beitrag zur Naturgesch. 

v. Oueul: eamorus. 1.2. 51 

Kritische Beleuchtung des Aufs.: 
Aq. brachyd.“ 1. 3. 61. 

Die Oologie, physiologisch betrach- 
tet. IV. 194. 

LAnDseck, Dr. L., Bemerkk. über d V. 
des Mindel- u. Kamel-Thales in 
Bayern. V. 73, 


europ. de 


„über 


Le£r&vee, Aug., Notice sur les Fous 
d’Europe (Sula). I. 4. 37. 

L£Er£vee, A., Ueber die ‚„‚Ornithologie von 
Savoyen, von J. B. Bailly.“ V. 114; 413. 

LicHTenstein, Prof. Dr. H., Ver- 
biegungdesOberarmknochens bei 
Pultur fulwus. I. 1.4. 

Abweichende Federbildung bei 
einer Moldauischen Hausgans. 
1.1.4. 

Liusesorg, Prof. Dr. Vilh., Beiträge 
zur Ornithol. des nördl. Russland u. 
Norwegen. II. 2. 87. 

Notizen. VI. 190. (Linsesche Typen, 
Sitta eaesia in Schweden ete.) 

von LOEBENSTEIN, Baron, Ornithol. No- 
tizen, gesammelt auf einer Reise in 
Ungarn. 1.3. 12. 

Lvessert, H., Notizen. IV. 105; 398; 
09 ; 
LunGersHausen, L., Notiz. III. 103. (Sel- 

tene V. im nördl. Türingen.) 

von Mautzan, Baron, Notizen. I. 2. 101. 

Marrın, L., Ueber zweckmässiges Sam- 
meln und Aufstellen ete. in Samm- 
lungen. VI. 485. 

von Meısom, O., Notiz. III. 102. 
mazim. trägt seine Jungen fort.) 

MoescHer, H., Bericht aus Sarepta. 
III. 296. 

Verzeichniss der bei Sarepta ete. beo- 
bacht. V. III. 303. 

voN MUELLER, Baron J. W. Dr., Gruppe 
der Zwergadler. 1.4. 24. 
Sylvia Naumanni. I. 4. 26. 
Abbild.) 

Vorläufiges über Aepyorn. maximus. 
I. 4. 48. 

Diagnosen der im I. Bd. der „Beitr. zur 
Ornith. Afrika’s“ enthalt. neuen 
Arten. 14.97. 

Balaeniceps rex. II. 1. 84. (Mit Holz- 
schnitt.) 

Biographische Notiz über Carl Lueian 
Bonaparte. II. 1. 90. 

von MUELLER, Notizen. V. 104. 

voN MUENCHHAUSEN, B., Pastor roseus in 
Leitzkau. V. 242, 

Notiz. VI. 380. (Turd. torquatus in Leitz- 
kau brütend) 

Naunann, Prof. Dr. J. F., Das Vorkom- 
men seltener europ. V. in Anhalt. 
1 EM52.37 

Kritische Bemerkk. über einige in 
Deutschl. seltene Drossel-Arten. 
Ir3s1} 

Vorläufige Anzeige der ete. Drossel-Arten, 
We Supplement-Hfte d. N. d. V. D. 
I 


(Bubo 


(Mit ill. 


Die AR ne Drossel, Turd. 
illuminus. I. 1. 80. e 
Zur Erklärung des Titelkupfers 
(Gänseschnäbel). IH. 5. (Mit ill. 
Abbild.) 

Einige Notizen über d. V. der Um- 
gegend,v. Sarepta ete. III. 23. 


Buteaötos leucurus. III. 256. (Mit 2 ill. 
Abbild.) 

Das Frühjahr 1853 und unsre Zug- 
vögelin Anhalt. II. 353. 

Reminiseenzen über stufenweise Entwick- 
lung d. vaterl. Ornithologie ete. IV. 149. 

Rüge. IV. 202. 

Kritik der „Planches color. des Ois. 
de la Belgique ete. par Ch. Dubois.“ 
IV. 388. 

Notiz. II. 1. 104. (Calamoh. Auviatilis in 
Anhalt.) 

von NEGELEIN,O.W., Verzeiehniss der 
im Grossherzogth. Oldenburg vork. 
V. IH. 53; 447; IV. 204. 

Notizen. III. 223; 224. 

OLrn-GALLIARD, Leon, Erithacus Mous- 
sieri,n. sp. II. 3. 68. (Mit ill. Abbild.) 

Ueber die europäischen Röthlinge 
(Rutieilla, Erithaeus). V. 39. 

Verzeichniss d. Vögel der Um- 
gegendv. Lyon. V. 44. 

Zur Verfärbungstheorie bei Pteroel. 
setarius, und Stellung der Pferoel. im 
System. V. 311. 

Notizen. III. 103; 106; 333, 400; V. 215; 
VI. 80. 

PırssLer, W., Ueber Aquila brachyda- 
etyla. I. 1. 24. 

Ueber Abweichungen einiger V. in 
Bezug auf Nestbau, Grösse ete. d. 
Eier. I. 2. 38. 

Beobb. über einige inländische V. 
T. 3. 56. 

Antikritik (gegen Kunz: „Krit. Be- 
re ete. über 4g. drachyd.). I. 

288.» 

ZurCharakteristik derEier. III. 147. 

Notizen. II. 1. 95. (Tot. ochropus.) 

Pıcur, F., Notiz. II. 1. 102. (Nueifr. caryo- 
cat. u. Parus ater.) 

Purarue, W.A.E., Ueber das Meckern 
der Bekassine. II. 1. 24. 

Oologische Notizen u. Eintreffen 
einiger V. bei Celle ete. III. 30; 399. 

Einige oologische Merkwürdigkei- 
ten. III. 445. 

Notizen. III. 98. 

vos Preen, Beobb. in der Vogelwelt. 
VI. 58. 

Die Brut- und Zugvögel in der Um- 
gegend von Schwerin. VI. 60. 

Zusätze zu Zander’s Ornis d. Insel 
Pöl. VI. 78. 

Notizen. V. 517; VI. 191; 425. 

Reır, Dr. W,, Notiz. II. 1. 104. (Nyeticorax 
bei Halle, Ans. seget. gezähmt.) 

Rımzop, Ankunft einiger V. in d. Gegend 
v. Quenstedt am Harz. I. 3. 19; 
VL 428. 

Rınprueison, Albr., Notizen. III. 454; 
IV. 191, (Fang v. Gypaöt. barb. u. 
Brüteplatz v. Hir. rupestris.) 

vox Roeoenn, Graf, Ueber die Eier v. 
Ortygometra pygmaca. VI. 402, 

Notizen. III. 223; 224; 334. 


Runz, J., Ueber die bei Mühlheim am 
Rhein vork. V. I. 3. 51. 

Sanp, Georges, Ornithol. Erinnerungen. 
V. 408. 

ScHach, Fr., Ueber den Zug der V. in der 
Nähe von Crimmitschau. I. 3. 73. 

Ueber die Gründung und bisherige 
Wirksamkeit eines ornith. Spe- 
eialvereins im Pleissengrunde. 
U. 3. 78. 

Ueber das Vorkommen d. Calamoh. 
loeustelaim Altenburgischen. IV. 
344. 

Ueber den Fang der Raubvögel. IV. 
350. 

Notizen. II. 2. 123; IV. 395. 

ScHLeseL, Prof. H., Ueber Verfärben u. 
Wachsen der Federnohne Mauser 
ete. Sendschreiben ete. II. 2. 19. 

Ueber meine Verfärbungstheorie. 
V. 249. 

, Verzeichniss der mir bekannten 
Arten der Falken. V. 251. 

Ueber die Saat- und weissstirnigen 
Gänse. V. 254. 

Ueber Altum’s Schwan. V. 258. (Mit 
ill. Abbild.) 

Probetafeln meiner Vogelfauna 
der Niederlande. V. 259. 

Meine Schriften über die Dodo’s. 
V. 260. 

SCHLEGEL, Dr. F., Ueber den Wechsel 
zwisehen Leben und Tod in der 
Natur. II. 2.4. 

SCHNEIDFR, Mor., Notiz. II. 1.104. (Nyeti- 
cor. jwv. in Anhalt.) 

SCHOMRURGK, Rich., Ueber Rupieola auran- 
tia. 1. 2. 34. 

Ueber Prionites Momota. 1.4. 21. 

Schumann, G., Notiz. VI. 525. (Junger 
Kukkuk im Neste v. Fring. chloris.) 

Dr Serys-Longeuamrs. Bemerkk. über 
die wahren Gänse (Anser) Euro- 
pa’s. Sendschreiben ete. V. 261. 

Zusätze dazu. V. 397. 

Bemerkk. über einige Vögel Euro- 
pa’s. VI. 386. 

Recapitulation der in d. Fam. d. 
Anatiden beob. Hybriden. VI. 395. 

Meine Desiderata. VI. 430. 

SPEERSCHNEIDER, Dr., Vergleichende 
Aufzählung der auf d. 8. 0. Thü- 
ringerwalde und in N. W. Thü- 
ringen vorkommenden V. III. 362; 
IV. 175. 

Beiträge zur Anatomie u. Physio- 
logie d. Vögel Europa’s. IV. 87. (Mit 
ill. Abbild.) 

Sraupe, Dr. Fr., Grundriss eines na- 
türl. Systems d. Vögel ete. IV. 311; 
357. 

Tiere, Ad., Notiz. VI. 191. (Fortpfl. v 
Cuoul, canorus.) 

Turenemann, G., Einige Bemerkk. über 
Albinos. II, 2,40, 

Notizen. I. 4. 86, 


THIENEMANN, W., Eröffnungsrede der 
VI. Ornith. Versammlung zu Halber- 
stadt. III. 127. 

Torıas, R., Beitrag zur Naturgesch. 
des Oriolus Galbula. I. 1. 17. 

Beitrag zur Naturgesch. des Rufie. 
Thitys. 1.1. 52. 

Verzeichniss der ind. Oberlausitz 
vork. Vögel. I. 4. 50, 

Ueber die Zerstörung der Vogel- 
bruten. I. 1. 58. 

Ueber die Fortpfl. von Cueul. canorus. 
II. 325. 

Notizen. I: 1. 99; II. 1. 102; II. 335. 

VIERTHALER, Dr. R., Ornithol. Tage- 
buchsbericht einer Reise auf dem 
blauen Nil, ete. II. 1. 28. 

Ueber Leptoptilos Rüppelli u. Lanius Kiek. 
II. 2. 56. 

Ueber Ibis religiosa. II. 2. 58. 

Einige Beobb. über d. Zugvögel im 
innern Afrika. III. 18. 

Ornithol. Beobb. aus R. V.s Tagebuche 
seiner Reisen in Egypten, Nubien, Don- 
gola, Sennaar ete. V. 371; 469; VI. 64. 

WALLENGREN, H.D.J., Die VögelGoth- 
lands. II. 78. 

Brützonen der Vögel innerhalb Skan- 
dinavien. IV. 62; 113; 235; 129; 429; 
1497; 

Ueber die nordischen Edelfalken. 
V. 247. 

Berichtigung. VI. 428. 

Notiz. IV. 203. (Wintervögel in 
Schweden.) 

WENDENBURG, H., Notiz. I. 2. 100. 
(Doublette auf Haliaöt. albicilla.) 

WERMANN, G., Ueber Wachtauben etc. 
III. 332. 


Weste. Notiz. III. 225. (Schädlichkeit 
von Circus cineraceus.) 

WIEPKEn, C. F., Bericht über eine Ex- 
eursioninden Jahdebusen. IV.352. 

Notiz. III. 454. (Limosa rufa, Van. me- 
lanog. ete. in Oldenburg.) 

Ueber Museicapa parva u. einige Cala- 
moherpen. II. 2. 43. 

Wonzickı, Cas. Graf, Ueber einige noch 
wenig bekannte Vögelarten in 
Ostgalizien. I. 2. 63. 

Ueber Aquila minuta, Brehm, u: pennata, 
Brief ete. III. 93. 

Der wichtige Einfluss d. Vögel auf 
Feld- und Waldwirthschaft ete. 
III. 131. 

Einige Worte gewissenhafter Beobb. über 
d. Fortpflanz. des Rallus aguat. III. 267. 

Ornithologische Notizen. IV. 82. 

Noch ein Wort über Agquila pennata, 
IV. 166. 

Ueber Aquila pennata. \. 65. 

Noch ein Wort über 4g. pennata. V. 327. 

Notizen. V. 405. (Eier u. Nester v. 
Cal. fluviatilis, Picus leuconotus, Muse. 
parva, Ag. pennata.) 

Zanver, H., Eine ornithol. Exeursion 
nach d. Insel Pöl. I. 2. 53. 

Einiges über die Äbänderungen d. 
Motac. alba u. Budytes flavus. I. 4. 9. 

Ueber die europäischen Pieper. 
EV: 

Notizen. III. 102; IV. 206. (Curs. ewrop. 
u. Calam. pinetorum in Mecklenburg.) 

Zucnorn, E. A., Bericht über die am 
Obersee gesammelten u. beob. V., 
von J. E. Cabot. II. 3. 64. 

Literaturberiehte. III. 231; 461; 
IV. 109; VI. 85. 


B. ARTEN-REGISTER. 


Accentor 
alpinus 


modularis. 1. 3. 59; 4. 87. I. 1. 100 


montanellus. 
Aceipiter s. Astur. 
Acridotheres 


roseus. 1.1. 7; 3. 13; II. 2. 84; III. 24; 


IV. 119. VI. 404. 
Actitis 
Bartrami 


hypoleucus. I. 1. 45; 2. 100; VI. 528 


macularia 
| rufescens. 


 Aegialites s. Charadrius. 


Aepyornis maximus. I. 4. 48; 74. 


s alpestris. I. 2. 4; II. 2. 99; III. 454 
. arborea. III. 106 
arvensis. V. 215 
bifasciata. I. 1. 45 
brachydact. 
calandra 
eantarella 
eristata. I. 2. 47; IV. 144 
isabellina. I. 1. 45 
leucoptera. II. 2. 68 
moreatica 
scriba 
tartarica. II. 1. 97; III. 228. 
Alca 
impennis. IV. 285 
torda. II. 3. 14. 
Alcedo 


ispida, IV. 117; 160; V. 107; 406; V1.19 


haleyon 

rudis. 1. 3. 65. 
Anas...II. 2.77 

acula 

albeola 

americana 

bimaculata 

boschas. V. 402 

clangula, TIL. 224 

elypeata. 1. 3.74 


collaris 
erecca 
domestica. V. 412 
Jalcaria. IV. 273 
Fferina. I. 2. 22 
Fuligula. 1.2. 101 
fusea. 1.2. 22; V. 89 
glacialis. I. 2. 22; II. 3. 23; V. 104 
glocitans 
histrionica. IV. 275 
Homeyeri. II. 1. 12; V. 402; VI. 252 
islandica 
leucocephalus. 1. 3. 21 
leueophthalmus 
marila. I. 2. 21; III. 337 
martloides 
marmorata 
mergoides. III. 327 
mollissima. 1.4. 87; II. 2. 115; IV. 309 
moschata 
nigra. I. 2. 22 
penelope 
perspicillata 
querquedula. III. 411 
rufina. 1. 2. 21; 101; VI. 425 
rutila 
spectabilis. IV. 309 
sponsa 
Stelleri 
strepera. 1. 3. 20; IV. 272 
tadorna. 1.2. 21. 
Anser...II 2. 77;IIO. 5; V. 254; 261; 397 
aegypliacus 
albifrons. I. 2. 20 
arvensis. 1. 2. 19; III. 5; V. 104 
brachyrhynchos x 
canadensis 
einereus. 1.3. 20; 1.1.102;3. 21; V. 104 
gambensis 
hyperboreus 
intermedius. 1. 2. 19 
leucopsis. III. 408 
minutus, I. 2. 20; IV. 268 
rufleollis. IV. 269 
segetum. 1.2. 19; II. 1. 104; III. 4; V.104 
torquwatus, III. 206; 407; IV. 269; V. 104, 


Anthus...IV.1; 24 Buteaötos * 
aquatieus. I. 3. 70 leucurus. III. 24; 256; 296. 
arboreus. 1. 3. 59 Buteo.... I. 1.72 
campestris. 1. 2. 47 Zagopus. IV. 399 
cervinus. II. 2. 98 pojana 
litoralis ; vulgaris. I. 3. 64; II. 2. 72. 
obseurus. II. 2. 111 Calamoherpe. ... I. 2. 29 
pratensis. VI. 20 aquatica. I. 2. 2. 46 
Richardi arundinacea. I. 2. 45; 3.57; 4. 30. II. 1. 
rufogularis. 96; 2. 44 
Aquila ... 1.1. 71; 3. 22 carieeti. I. 2. 46 
albieilla. 1.1. 35; 2. 100; II.1. 61; 3. 18; Cettü 
II. 39; 227; IV. 42 eistieola 
Bonellüi Alwviatilis. I. 1.3; II. 1. 104; II. 47; 
brachydactyla.1.1.4;24; 3. 61; 64; 4.84; V. 405 
II. 1. 74; 88; IV. 83. lanceolata - 
chrysaötos. I. 3.24; II. 2.. 72; VI. 77 loeustella. 1.2. 3; 4. 76; 77; II. 1. 100; 
elanga. 1. 3. 24 103; 3. 85; III. 225; IV. 344; 398; 
JFulwa. 1.1. 2; IV. 287 V. 104 a 
Fuseicapilla. 1. 3. 24 luseinioides 
fuseo-atra. 1. 3. 27 media. IV. 136 
haliaötos. 1.1. 2; 3.13; II.1. 69; III. 445 » melanopogon 
VI. 209 nigrifrons. I. 3. 58 
imperialis. 1.1.3; 3.13; II. 3. 81; III. 25 palustris. I. 3. 57; II.2. 44; IV. 136 
leucocephalos. 1. 1. 3; IV. 71 phragmitis. I. 3. 57; V. 104 
leucoryphos pinetorum. IV. 206 
minuta. 1. 2. 65; II. 93 turdina. IV. 399. 
naevia. 1.3.13. I. 1. 27; 68; 99; II. Calidris....I.2. 66 
43; 445, IV. 69 arenaria 
pennata. 1.1. 36; 3. 13; 4. 24; II. 2. 76; Mülleri. 
IV. 173; V. 327; 405 Calliope s. Sylvia. 
pomarina. ]. 3. 29 Caprimulgus 
rapax. Il. 1. 37 elimacurus 
subnaevia. I. 3. 30 europaeus. III. 135 
unieolor. I. 3. 26 ruficollis. 
voeifer. U. 1. 35. : Carbo 
Archibuteo. 1. 1. 72. ceormoranus. 1.2.18; 3. 22. II. 2. 83 
Ardea....I.2. 73; 100; 3.15; II. 3. 23 eristalus 
alba Desmarestü 
bubuleus graculus 
cinerea. 1. 2. 78 medius 
comata. 1. 2. 13; 4. 39 pygmaeus. 1.2.87, 3.15 
egretta. 1.4. 41; V. 518 suleinostris. 
garzetta. 1.2.79 Cathartes 
lentiginosa percnopterus. 1. 3. 22; II. 3. 39; V. 401 
minuta. 1. 3. 73. IV. 251 pileatus. II. 1. 46; 3. 39. 
nyeticorax. I. 2.13; 82; I. 1. 98; III. Certhia 
103; 104 brachydactyla. 1. 4. 30. I. 1. 100 
purpurea. 1.2. 13; IV. 251 Costae 
stellaris. II. 2. 48; 3. 84; 85 Familiaris. I. 2. 49, 4. 30; IV. 299 
Veranyi. B Nattereri. I. 2. 74. 
Astur Charadrius 
nisus. V. 215; VI. 401 asiatieus 
mieronisus. VI. 267 cantianus 
palumbarius.1.2,38; 1.1.99; IV.85; 205. hiatieula. III. 414 
Balaeniceps s Homeyeri 
rex. U. 1. 84. minor. I. 2. 50; 3. 60; 2.100; I. 1. 95 
Bombyeilla morinellus 
garrula. I. 3. 68; I. 3. 81. plwvialis. III. 34 
Bubo s. Strix. pyrrhothorax 
Budytes....I.4.9 squatarola. III. 454. 
campestris Ciconia 
einereocapillus Abdimü. VI. 75 
favus. 1. 4.9; II. 2. 74 alba. II. 3. 15; III. 406 
melanocephalus. III. 228 americana 


nigricapilus. II. 2. 74. nigra. II. 1. 98; III. 446. 


Cinelus. VI. 178 
aquatieus. I. 2. 4; 46 
melanogaster. 

Circaötos s. Aquila. 

Circus. 
eineraceus. 11. 3. 85; IIL. 225 
eyaneus. 11.1.99 


Mülleri, 1. 5. 36 
pallidus. 1.1.6; IV. 74 
rufus. 

Columba 
aegyptiaca 


chalcopsilos. II. 1. 48 
gelastes. III. 455; IV. 243 
livia e 
"  migratoria 
venas. ]. 3. 72 
palumbus 
risoria 
turtur 
Colymbus. ...I.1. 14; 2. 22 
arctieus. II. 452 
glacialis 
septentrionalis. III. 103. 
Coracias 
garrula. 1. 2. 40; II. 1. 97. 99. 
Corvus 
caryocatactes. I. 2. 70; 3. 67; 4. 87; UI. 
1.96; 101; 102; III.85; 415; VI.25;528 
eorax. 11. 3. 15; V. 110; VI 21 
cornix. IV. 291 
corone. I. 2. 40; 66; IV. 120 
eyaneus. IV. 30 
Srugiegus 
glandarius. 1.2. 40; 67. I1.1.101; V.407 
graculus 
- infaustus 
! leucophaeus 
melanocephalus 
monedula 
piea. 1.3. 66; III. 417; IV. 85; V. 398 
Pyrrhocoraz. 
Coturnix s. Perdix. 
Crex 
pratensis. IV. 82. 
Crucirostra. III. 178; 241 
bifaseiata. II. 103; IV. 242 
eurvirostra 
pityopsittacus. 
Cuculus 
americanus 
canorus. 1.1. 11; 2.48; 51; III. 105; 
106 ; 184; 204; IV, 113; 287; 400; 415; 
V. 518; VI. 20; 76; 191; 425 
glandarius. 
Cursor 
dsabellinus. I. 1. 45; III. 102, 
Cyanecula s. Sylvia, 
Oygnus 
immutabilis 
minor. 1. 2. 21 
musieus. 1.2. 21; 4. 86; 87; II. 1. 102; 
III. 454 
olor. 1. 2. 20 
n. »p.? (Altum.) IV. 145; 327; 898; V. 
101; 258, 


Cypselus. VI. 529 
apus. 1. 4. 88 
caffer. II. 1. 34 
galilejensis. V. 307 
melba. IV. 154. 
Diomedea 
chlororkynchos. 111. 455; IV. 265 
exulans, IV. 265. 
Drymoica ruficeps. II. 1.45; VI. 70. 
Elanus 
melanopterus. IV. 154. 
Emberiza 
aureola. Il. 2. 105 
caesia. II. 2. 76 
calcarata. 1.2.6; IV. 309; 237 
ehrysophrys 
cia, I. 3. 69 
einerea 
eirlus. 1.3. 69 
eitrinella. 
Durazüi 
Fucata 
hiemalis 
hortulana. 1.2.4;4. 86. I. 1. 101 
intermedia. II. 2. 76 
melanoeı plıala 
miliaria 
nivalis. 1. 4. 86 
palustris. 1. 3. 14; 58 
pityornis u 
pusilla. II. 2. 106; IV. 236 
rustica 
schoentelus. II. 1. 101; V. 112 
striolata. 
Erithacus s. Rutieilla. 
Eudytes s. Colymbus. 
Falco. I. 1.73; IV. 46; V. 247; 251; 489 
aesalon. IV. 287; VI. 215 
arcadieus. 1. 3. 31 
barbarus. IL. 2. 74 
biarmieus. VI. 222 
candicans. 11. 1. 9 
cenchris. 1. 1. 5; IV. 287 
cerviealis. IV. 229 
chiquera. II. 1. 48 
coneolor. 1. 3. 31; VI. 234; 475 
cyanostolos. VI. 234 
Eleonorae, 1. 3. 31 
Feldeggü. 11. 2. 73 
gracilis. VI. 232 
gyrfaleo. 1.1.9; V. 129 
islandious 
lanarius. 1. 1. 37; 3. 13; IV. 68 
lithofaleo. VI. 213 
peregrinus. IL. 1. 
VI. 34; 211 
. rufioollis. VI. $1 
rufipes. 1.1. 5, 3. 18; III, 334; IV. 398; 


99; 2. 73; IV. 43; 


sacer, II. 2. 73 

subbuteo. 1.4. 87; IV. 43; VI. 260; 401 

tanypterus. VI. 225 

tinnuneulus. III. 418; IV. 44; V, 219. 
Fringilla 

borealis 

brovirostris 


campestris. IV. 39 
canariensis. I. 2. 101; 201 
canescens 
cannabina. VI, 21 
carduelis 
chloris 
eitrinella. III. 228 
coccothraustes 
coelebs. 1. 2. 48; 3. 69; VI. 21 
domestica 
hispanica 
incerta 
italica 
islandica 
linaria. II. 2. 76; IV. 398 
montana s. campestris 
montifringilla. 1.2. 48 
montium. 1. 2. 6 
nivalis_ I. 2. 6 
petronia 
pusilla 
serinus. I. 3. 15; 68; I. 3. 
205 
spinus. 
Fulica 
alra 
cristata. 
Fuligula s. Anas. 
Gallinula 
chloropus. III. 335 
porzana 
pusilla. V. 405 
pygmaea. \I. 402 
Glareola 
melanoptera. 1.2.14 
pratineola. 1.2. 14; 83; 3. 20; II. 2. 83. 
Grus 
antigone 
einerea. I. 1. 101 
leucogeranos 
pavonina. I. 1. 45 
virgo. 
Gypaötos 
barbatus. II. 2. 72; 3. 39; III. 454. 
Haematopus 
ostralegus. II. 3. 17; III. 452. 
Helotarsus ecaudatus.... VI. 196. 
Hemipodius 
andalusicus. 
Himantopus 
rufipes. I. 2. 9; 3.16; II. 2. 84; III. 334. 
Hirundo. VI. 529 
alpestris 
riparia 
rupestris. IV. 191; V.471; 472 
rustiea. 1. 3. 68; III. 408; V. 403; VI. 
23; 24 B . 
urbica. V. 403; VI. 23; 24. 
Hypolais s. Sylvia. 
Ibis 
Ffaleinellus. I. 2. 11; 3. 15; II. 2. 85; 
IV. 251 
religiosa. II. 2. 58. 
Ixos 
obseurus 
plebejus. VI. 69. 


58 II. 


10 


Jynx 
torquilla. 1.3. 72. 

Lagopus s. Tetrao. 

Lanius 
borealis 
collurio. V. 218; VI. 20 
eucullatus 
excubitor. 1. 2. 41 
Kiek. II. 2. 57 
meridionalis 
minor. 1.2.42; IV. 126 
personatus 
rufus. 

Larus. IV. 209 
argentatus. 1.2. 16, III. 414 
atrieilla 
Audouini 
cachinnans 
canus. ]. 2. 16; III. 414 
capistratus 
eburneus. IV. 264 
fuseus. 1.2.16; 4, 87 
gelastes 
glauceus 
Heinei. III. 129; VI. 479 
ichthyaötos. VI. 171 
leucophthalmus 
leucopterus. IV. 263 
marinus. I. 2. 16 
melanocephalus. II. 2. 81 


Michahellesi. VI. 483 
minutus. II. 2. 110; IV. 264 
plumbiceps 

ridibundus 

Rossi 


Sabinü. VI. 172 
tridaetylus. I. 2. 17. 
Leptoptilos 
Argala. U. 1. 32 
Rüppellii. IL. 2. 56; VI. 1915 267. 
Lestris....I. 2. 18. 
Buffonü 
parasitica 
pomarina. II. 2. 123 
skua. IV. 262. 
Limicola 
pygmaea. I. 2. 10; IV. 253; VI. 528; 
V. 105. 
Limosa 
cinerea. II. 2. 108 
melanura. I. 2.10; 3.15; II. 334 
Meyeri. II. 2. 77 
recurvirostra. II. 2. 108. 
rufa. 1.2. 11; II. 2. 77; III. 454. 
Loxia s. Fringilla, Crueirostra und 
Pyrrhula. 
Lusciola s. Sylvia. 


Machetes 

pugnazx. V. 405. 
Macroramphus 

griseus. 
Melierax polyzonus. II. 1. 43. 
Mergulus 

alle. IV. 284. 
Mergus 


albellus. 1. 2. 22. 


cueullatus 
merganser. I. 2. 22; 99; 100, II. 1. 11; 
102; 2. 123; I. 224; IV. 397; V. 406 
serrator. 1.2. 22; 99; II. 3. 84. 
Merops 
apiaster. I. 3. 21; 65; IV. 117; VI. 251 
persica. 
Milvus....I.1. 73; V. 216 
ater 
varasiticus. II. 1. 44; V. 475 
regalis. I. 2. 38; 4. 30; I. 3. 16; V.111; 
216; 410; VI. 76. 
Mormon 
Fratercula 
glacialis. 
Motacilla 
alba. I. 2. 46; 4. 9; II. 3. 15; 71 
eitreola 
lugubris 
sulphurea 
Yarellii. IV. 129. r 
Musecicapa 
atrieapilla. II. 1. 103; III. 228; IV. 206 
eollaris. I. 1. 8; IV. 287; V. 405 
grisola. 1. 3. 68 
parva. I. 1. 8; 38; II. 2. 43; 76; IV. 398; 
V. 405. 
Nauclerus 
Jurcatus. 
Neophron s. Cathartes. 
Nucifraga s. Corvus. 
Numenius 
arquatus. I. 3. 15; III. 33; V. 89 
borealis. IV. 307 
phaeopus. I. 2. 11 
tenuirostris. I. 2. 11 
syngenesicus. 
Oedicnemus 
erepitans. V. 109. 
Oriolus 
galbula. I. 1.17; 2. 41; II.1. 97; IV. 119. 
Otis 


houbara. I. 2. 101; IV. 247° 
tarda. 1.3. 15 
tetraz. 1. 2.7; 3. 15; III. 103; 228; 455; 
IV. 247. e 
Pandion s. Aquila. 
Parus... VI. 160 
ater. II. 1. 103 
alpestris. II. 2. 100; III. 103 
barbatus 
bieolor 
borealis. 11. 2. 70; 100; 3. 71; III. 103; 
IV. 142; VL 160; 190 
caudatus. I. 2. 47; 8. 71; 4. 30 
coeruleus. 1. 3. 71 
oristatus 
eyaneus. 1.2. 4; IV. 143 
Sruticeti, IV. 141 
lugubris, 
major. 1. 3. 71; IL 1. 06; 3. 16; V. 218 
palustris. IIT. 135; VL 160; 190 
pendulinus. TI. 1. 39 
sibirious. VI. 190, 
Pastor s. Acridotheres. 
Pavo cristatus, V. 89. 


11 


Pelecanus 

erispus. II. 2. 82 

minor. II. 2.78 

onocrotalus. I. 3. 21; IV. 281. 
Pelidna 

alpina 

Bonapartü 

minuta 

pectoralis 

Schinziüi. III. 452. 

subarquala 

Temminckü. 
Perdix 

einerea. IV. 83 

ecoturnix. IV. 84 

graeca 

Franeolinus 

petrosa 

rubra 

sazatilis. 
Pernis 

apivorus. I. 2. 39; IV. 335. 
Petrocoss. s. Turdus. 
Phaöton 

aethereus. 1. 2. 16. 
Phalacrocorax s. Carbo. 
Phalaropus 

einereus. I. 2. 9. 

rufus. IV. 260. 
Phasianus 

colchicus. 
Phoenicopterus 

antiquorum. 
Phyllopn. s. Sylvia. 
Pica s. Corvus. 
Picus..... III. 135 
canus 
eruentatus. VI. 411 
leuconotus. I. 2. 7; 101; V. 405 
major. 1. 4. 30; IV. 299 
martius 
medius. I. 2. 49 ; IT. 3. 15 
minor 
numidieus 
tridactylus. I. 2. 7 
viridis. IV. 299. 
Platalea 

leucerodius. V. 401. 
Platypus s. Anas. 
Plectroph. s. Emberiza. 
Podiceps 

arcticeus. IV. 307 

auritus. IV. 282 

cornütus. I. 2. 15; IV. 307 

eristatus 

longirostris. II. 2. 78 

minor 

suboristatus. VI. 25. 
Porphyrio hyacinthinus. 
Prionites momota. I. 4. 21. 
Procellaria 

glacialis, II. 1. 12; 2. 110; IV, 265 

minor. IV. 308, 
Psittacus. VI. 352 

grandis, II. 39. 
Ptorocles, V. 311 


alchata. V. 311 
arenarius. 1.1. 45; 2. 7. 
Puffinus 
arcticus (Anglorum). IV. 266 
einereus 
Fuliginosus 
major. IV. 266 
obscurus. 
Pyrrhocorax s. Corvus. 
Pyrrhula 5 
caucasica 
enucleator. 1.2.6; V. 424; VI. 190 
erythrina. IV. 241 
githaginea 
phoenicoptera 
rosea. 1. 2. 6 
sibirica 
vulgaris. II. 3. 23. 
Rallus 
aquaticus. III. 276; 413; IV. 82; 259. 
Recurvirostra 
avocetta. 1. 3. 16; 73; IL. 1. 98. 
Regulus 
Ravieapillus. I. 3. 60 
ignieapillus. IV. 143 
proregulus. 
Rhynchops flavirostris. 
VI. 68. 
Rupicola 
aurantia. 1. 2. 34. 
Ruticilla. V. 39 
atra. 1.1. 52; 3. 71 
aurorea 
Moussieri. II. 3. 68, (Tfl.) 
phoenicurus. I. 3.70; V. 219 
tithys S. atra. 
Salicaria s. Calamoherpe. 
Saxicola 
aurita 
cachinn ans 
leucomelas 
lugens 
oenanthe. IL. 3. 17 
rubetra. III. 104 
rubicola. I. 2. 3; II. 3. 71; IV. 130 
stapazina. 
Scolopax 
gallinago. 1.4. 86; II. 1. 24; III. 411; 
IV..290; V. 112; 362; 405; VI. 23 
gallinula. V. 106 
major. III. 407; 452 
rustieola. I. 3. 73; II. 2. 79; III. 453; 
IV. 395; VI. 23; 240; 261; 397 
Sabinii. 
Serinus s. Fringilla. 
Sitta. VI. 433 
caesia. IV. 138; VI. 190 
europaea. 1. 2. 49; IV. 138; 299 
syriaca 
uralensis. IV. 138 
Somateria s. Anas. 
Squatarola s. Vanellus. 
Stagnicola s. Gallinula. 
Sterna 
affinis 


anglica 


V. 478; 479; 


12 


cantiaca. IV. 264 
caspia 
Fuliginosa. 1.2. 15; V. 412 
hirundo. I. 3. 60; II. 414; VI. 18 
leucopareia. I. 3. 20; 4. 44 
leueoptera. 1. 3. 20; 4. 47; II. 2. 78; 
IV. 265 
macrura. III. 414 
minuta. I. 3. 60; II. 3. 81 
nigra 
paradisea 
stolida 
velox. 
Strepsilas 
collaris 
Strix ... III. 136 
aluco. 1. 3. 65; IV. 45; VI. 59 
aedium 
ascalaphus 
brachyotus 
dubo. I. 1.100; 2.74; III. 102; 419; 
453; IV. 46; 291 
capensis. II. 1. 10 
dasypus. 1. 3. 64; IV. 44 
fammea. II. 223; IV. 45; 80; V. 404 
laetea. II. 1. 56 
laponica 
nebulosa 
nisoria. I. 1. 6 
noetua. I. 2. 99; III. 137; IV. 80 
nyetea. IV. 287; VI. 190 
otus. II. 3. 12; VI. 76 
passerina. I. 3. 64 
scops. I. 3. 13 
stridula. II. 335 
uralensis. I. 1. 7; 3. 13; II. 2. 47; 74, 
Sturnus 
unieolor 
vulgaris. 1. 3. 69; IV. 119; 299; V. 217; 
218; VI. 77. 
Snla 
alba. 1.2. 18; IV. 281 
Lefevri. 1. 4. 37. 
Sylvia 
atricapilla. 1. 2. 45 
calliope 
einerea. TI. 224 
conspicillata 
ceurruca. I. 3. 71; V. 218 
elaica 
hortensis 
hypolais 
ieterina. VI. 378 ; 510 
luseinia. III. 336 
magnirostris. UI. 2. 95 
Meissneri. 1.3. 56; VI. 378; 512 
melanocephala 
Nattereri. 1. 3. 71 
Naumanni. 1. 4. 26 
nisoria. 1. 2. 2 
olivetorum 
orphea 
philomela. I. 2.1 
polyglotta 
provincialis 
rubecula. I. 2.44; V. 410 


rubrieapilla. I. 4. 26 

rufa. II. 2. 95; V. 406 

Rüppellü 

salicaria 

sarda 

sibllatrir 

subalpina 

suecica. I. 2. 44; 99. II. 1. 100 

trochilus. I. 2. 44. 
Tachypetes 

aquilus. 1.2. 16. 
Tantalus 

ibis. 
Telmatias s. Scolopax. 
Tetrao 

albus. II. 2. 112 

bonasia. VI. 77 

brachydactylus 

islandorum 

lagopoides. IV. 244 

lagopus. 11. 2. 113 

medius. IV. 244; V. 108 

scolicus 

tetrix 

urogallus. II. 3. 12. 
Thalassidroma 

Bulwerüt 

Leachii 

pelagica. IV. 266 

Wilsonü. 
Tichodroma 

muravia, 
Totanus 

calidris 

Juseus. II. 3. 18 

glareola. 1. 2. 50; VI. 528 

glottis. I. 3. 73 

ochropus. I. 2. 100; II. 1. 95; VI. 34 

semipalmatus. IV. 256 

stagnatilis. 1. 2. 8; 3. 15; II. 2. 85. 
Tragopan abyssinicus. II. 1. 54. 
Troglodytes 

parvulus. II. 1. 99; 2. 123. 124; 3. 81. 
Tringa (s. auch Pelidna.) 

canulus 

maritima, 
Turdus...1.3.1;4. 1 

atriqularis. 1. 3. 1; 70; 4. 6; II. 1. 97 


13 


eyaneus 
dubius. II. 2. 74 
fuscatus. 1.3. 10; 4.5; II. 2. 74 
Juseilateralis. IV. 37 
Üiaeus. II. 1. 81; III. 101; 226; 407; 
IV. 289 
Üluminus. 1. 4. 3; II. 1. 80 
merula. 1. 3. 70; V. 404 
migratorius. I. 4. 7; II. 2. 122 
mollissimus. 1. 3.5; 4. 2 
musicus. I. 2. 44 
Naumanni. 1.1. 8;3.2;4.3 
nova species? Altum. II. 3. 67. (TA.) 
obscurus. II. 2. 75 
pallens. 1. 3.5;4. 3 
pallidus. 1.1. 9; Il. 1. 97 
pilaris. 1.1. 23; 2.42; 4. 30; II. 1. 98: 
100; 3. 84; IV. 288 
ruficollis. I. 3. 10; 4. 6 
sazatilis. I. 1. 11; 2. 72; 1.3.23; IV. 
228: 325 
sibirieus. 1. 3.5; 4. 7, II. 2. 75 
solitarius. I. 1. 10:3. 5; 4.3 
Swainsonii, I. 4. 3 
torguatus. V.130; VI. 380 
Whitü. 1. 3.5; 4. 2; IV. 127 
Wilsonü. I. 3.5; II. 2. 75. 
Vanellus 
eristatus. I. 2. 50; 4. 86 
gregarius 
spinosus. 
Vultur...I.1. 70:3. 12; IL.1. 38; 56 
aurieularis. II. 3. 45 
einereus. I. 1.1; 2. 99 
fulvus. 1.1. 1. 31; 2. 100; II. 3. 40 
Kolbü 
oceipitalis. II. 1. 40; 3. 45 
Rüppellü. II. 3. 41. 
Upupa 
epops. 1. 2. 49. 
Uria 
grylle 
hringvia 
lomvia 
Mandtii 
troile. 
Xema s. Larus. 


GC. SACH-REGISTER. 


Statuten der D. 0.-G. IL. 1. 7. 
Protokolle der Ornithologen-Ver- 
sammlungen. 
IV. Vers. zu Leipzig, 1850. I. 3. 88. 
ven, Berlin,ztenl. IL 12T, 


VI. „ ), Altenburg, 1852. II. 2. 1. 


VI. „ „ Halberst., 1853. II. 113. 
VII. „ , Gotha, 1854. IV. 219. 
IX. „ , Braunschweig, 1855. V. 
226. 
X. „., Cöthen, 1856. VI. 273. 


I. Abbildungen. 

Balaeniceps rex. (Holzschn.) II. 1. 86. 

Buteo leucurus. III. 256. 

Circus Mülleri. I. 3. 36. 

Oyanecula. V. 166. 

Oygnus®? Altum. IV. 145. 

Oypselus galilej. V. 307. 

Erithac. Moussieri. II. 3. 68. 

Falco graceilis. VI. 232. 

Fulica cristata. VI. 

Fuligula Homeyeri. II. 1. 12. 

Picus eruentatus. VI. 411. 

Sylvia Neumannia. I. 4. 26. 

Turdus? II. 3. 67. 

Gänseschnäbel (Ans. arvens. et segetum.) 
TI. '6, 

Gänseschnäbel u. Schwanschnäbel (Ans. 
intermed., Cygn. Alt., minor, musicus.) V. 
101; 258; 261. 

Kreuzschnäbel. II. 178; 241. 

1. Stellungstafel \ 

2. ” ” 

3. ”„ ” 
Eier v. Buteaöt. leucur. II. 256. 
Eier von Cue. canorus. III. 307; 415. 


Calam fluviat. 
Eier von „  Tocust. III. 47, 
„,  luscinioid. 


Pica eyanea 
Garr. infaust. 
Coccyst. gland. 
Eier von / Anth. cerv. 
Emb. pusilla. 


III. 419. 
\i =) 


V. 301; VI. 35. 


Cursor europ. 


Karte zur geogr. Verbr. D. V. in Europa 
III. 158. 


II. Allgemeines, Vermischtes und 
Systematik. 


Adler Pommerns. I. 1. 61; III. 39; VI.30. 
Alauda sibirica. 1I. 2. 68. 
Aquila Barthelemyi. IV. 106. 
„  minuta et pernata. TI. 2. 9; 65. IH. 
93; IV. 166; 173; V. 60; 65; 327. 
Artbegriff, über den, VI. 276; 334. 
Arten der europ. Vögel. I. 1. 69. 
„ neue, europ. u. nordafrikanische. I. 
3. 22. 
„ die verdächtigen im Verz. der 
europ. V. V.480; VI. 136. 
Baumläufer, die europ., VI. 356; 440, 
Beiträge zur Ormith. N. 0. Afrika’s. V. 
1; VI. 194. 
Bemerkungen über einige Vögel Eu- 
ropa’s. VI. 386. 
Beobachtungen über einige inländi- 
sche V. I. 3. 56; IL. 1. 9. 
Beobachtungsstationen,über. VI.423. 
Buteaötos leucurus. III. 24; 256; 296. 
Calamoherpe arundinacea. t II.2. 44. 
nr palustris. 
COyanecula suecica, orient., dichrost. ete. V. 
166 ; 372; 470. 
COypselus Galilejensis. V. 307. 
Falco concolor. "VI. 475. 
Falken, Verzeichn. d. bekannten Edel-. 
V. 251. 
ni die hochnordischen Edel-. V. 
227; 247; 489, 
E über die Wander-. 
465; 477. 
Ficedula icterina u. Meissneri. VI. 378; 510; 
512. 
Fringilla serinus. DI. 3. 58; III. 205. 
Fuligula Homeyeri. II. 1.12; V.402; VI. 
252. 
Gänse, die Saat- u. weissstirnigen. II. 5; 
V. 254. 
»  diewahrenEuropa’s. V.261;397. 
Graumeisen, Gruppe der. VI. 160; 368. 


VI. 327; 


Kehle, Zeichnung der, u. Gesang. V. 54. 
Kreuzschnäbel, die, III. 178; 241, 
Larides, Notes sur les. IV. 209. 
Larus Heinei. VI. 479. 
„ Michahellesü. VI. 483: 
Leinzeisige, die. VI. 173. 
Lerehen, neue. VI. 374; 469. 
Locustella Wodzicki. VI. 377. 
Meisen, die europ. VI. 367; 468. 
Mittheilungen aus Curland. V. 321. 
Muscic. parva et minuta. II. 2. 43. V. 405. 
Numen. borealis. IV. 307. 
Oologie und Systematik. I. 4. 69. 
Ornithol. Bemerkungen. VI. 475. 
Ornithol. Jahresbericht aus Bayern. 
VI. 40; 238; 500; 528. 
Papageien, tabell. Uebers. der. VI. 352. 
Parus alpestris et borealis. TI. 2. 101; II. 
103; IV. 142. 
= Fruticeti ete. IV. 142. 
Pernis apivorus. IV. 335. 
Pica cyanea. IV. 30. 
Pieus eruentatus,. Vl. 411. 


Pieper, d. europ. 1V.1; 24; VI.337; 459. 


Podiceps cornutus et arcticus. IV. 307. 

* Pterocliden, Stellung im System. V. 311. 
Rauchfussadler. II. 2. 10. 
Rohrammern, die. VI. 471. 
Röthlinge, dieeurop. V. 39. 
Sendschreiben an die 10. ‚Vers. der 

D. 0.G. VI. 397. 
Sitta europaea, caesia ete. IV.138; VI. 433. 
Schwanenart, eine neue? IV. 145; 327; 
398; V. 101; 258; VI. 363. 
Species und Subspecies, über. 
IV. 329. 
Sperlinge, einige neue. VI. 376; 469. 
Strix liturata u. uralensis. II. 2. 9. 
Stubenvögel, üb. d.Halten der. VI. 383. 
System, natürliches d. V. IV. 311; 357; 
V. 196. 
Tetrao bonasia, VI. 77. 
Tringa alpina et Schinzi. VI. 425. 
Turdus n. sp.? II. 3. 67 


II. 8; 


„ Genus, in Europa. 1.3.1; 4.1. 
„»  Juscilateralis, lrhm, IV. 37. 
Wasserschwätzer, die. VI. 178. 


III. Idiotika. 


Bayersches Idiotikon. III. 391; V. 70. 
Brandenburger ldiotikon. V. 317. 
Münsterländisches Idiotikon. V. 313. 
Portugiesisches Idiotikon. V. 213. 
Württemberger Idiotikon. III. 94. 


IV. Diagnosen und Beschreibungen, 


Afrika’s, Diagnosen neuer Arten. I. 4. 27. 
Afrika’s, N. O., Beitr. z. Ornith. VL. 194. 
Enthält Diagnosen und Beschreibungen von: 
Circaktos orientalis. p. 208. 
.* zomurus, p. 205. 
Haliuitos funereus. p. 208. 
Yılco aesalon. p. 215, 


„ lithofalco, p, 218, 


FalcoFeldeggü. p. 218. 
„ biarmicus. p. 222. 
„ tanypterus. p. 225. 
„ cervicalis. p. 229. 
„ ruficollis. p. 231. 
„ graeilis. p. 232. 
„»  eoncolor. p. 234. 
cyanostolos. PD. 234. 
Spizad tos oceipitalis. 194. 
Amerika’s, neue ete. Arten. 
Anthus cervinus. U. 2. 98. 
„ obscurus. II. 2. 111. 
Aquwilla chrysaetos. 
»  elanga. 
„»  JFusca. 
»  Jusco-atra. 
„»  imperialis. 
»  naevia. 
„»  Pomarina. 
„  subnaevia, 
unicolor. 
Buteäetos leucurus. III. 256; 296. 
Calamoh. magnirostris. 
scita. 
Circus Mülleri. I. 3. 36. 
Uypselus galilejensis. V. 307. 
Eimber. aureola, Il. 2. 105. 
„  pusilla. II. 2. 106. 
Erithacus Moussieri. ]I. 3. 68. 


Falco arcadicus, Pleon. et concolor. 


VI. 475. 
Fuligula Homeyeri. II. 1. 12. 
Genus Aguda. L 1.71. 


„» „Archibuteo, ].1. 72. 

5 Buto. 1.1.72, 

»  (alidris. 1. 2. 66. 

»  Cerchnäis. I. 1. 74. 

»  Circaktos. I. 1. 72 

„ Falco. 11.78: 

»  Haliaetos. I. 1. 70. 

„»  Hierofaleo. 1.1. 73. 

„ * Milvus. 1.1.73. 

» Pandion. 1.1. 72. 

„ Pernis. I 1.72. 

„ Wultm. I 1.70, 

Zwergadler. ]. 4. 24. 

Tan Kiek. 1. 2. 57. 
Larus Heinei. III. 129. 

„  minutus, II. 2. 110. 
Leptoptilos Rüppellü. TI. 2. 56; 

267. 
Zimosa eynerea, 11. 2. 108, 
Parus alpestris. VI. 161. 
Picus eruentatus, VI. 411. 


Procell. minor, IV. 308, 


Sula Lefevrü. 1. 4. 37, 
Sylvia abietina. II. 2. 95. 
„  Naumanni, I. 4. 26. 


| 
| 
93 I. 3. 24— 30. 


N 11.2. 95. 


IT. 2. 50. 


1.3. 31; 


VI. 191; 


Turdus illuminus. 1.4. 3. II. 1. 80. 


„2. 8p.? II. 3 67. 


V. Verschiedene Kleider, Weder- 


Verfürben, 


wechsel, 


Aluuda alpestris, Sommerkl, Il. 2. 99, 


Anas quergu, IL, 411. 


Calamoh. phragm. et locust. V. 104. 

Calidris arenar. 1. 2. 66. 

Charadrius minor. II. 1. 95. 

Cuculus canorus. 1.1. 11. 

Oyanecula. V. 166; 236. 

Farben, der Federn, u. Schillern. IV. 
293. 

Federwechsel u. Verfärbung. III. 64. 

Haematop. ostral. VI. 170. 

Kleider, der europ. Falken. IV. 46. 

Kleiderwechsel in der Gefangschft. 
II. 410. 

Lagopus alpin. et subalp. Sommkl. 
112; 113. 

Larus ichthyaöt. Jugendkl. VI. 171. 
„»  Sabinü. Winterkl. VI. 172. 

Muse, luetuosa, Mauser. III. 228. 

Muse. parva. V. 405. 

Nueifr. caryocat. II. 1. 96. 

Oriolus galbula. I. 1. 17. 

Plectroph. calcar. IV. 309. 

Pterocles setarüus. V. 311. 

Rutie, tithys, Kleider. I. 1. 52. 

Seetaucher, Mauser. I. 1. 14. 

Saxicola cachinnans, Nestkleid. V. 472. 

Somat. molliss. Sommerkl. II. 2, 115; IV. 
309. 

Somat. spectab. Sommerkl. IV. 309. 

Verfärben und Wachsen d. Fed. ohne 
Mauser. II. 2.19; V. 237; 249. 


II. 2. 


VI. Abänderungen, Varietäten, 
Albino’s ete. 


Albino’s. IL 2. 40; III. 154; IV. 107. 
Anas boschas, pallescens. 402. 

Astur nisus. VI. 371. 

Budytes flava. 1. 4. 9. 

Fring. montana, u. fuliginosa. IV. 39. 
Motac. alba. 1. 4. 9. 

Parus major. II. 3. 16: 

Pica varia. V. 398. 

Saxie. Oenanthe. II. 3. 17. 

Sturnus vulgaris. IV. 77. 

Turdus iliacus. III. 101. 


VlI. Bastarde (Hybriden). 


Recapitulation der Hybriden unter den 
Anatiden. IV. 395. 

Clangula mergoides. III. 327. 

Merg. mergans. & et An. clangula &. II. 
224. 

Tetrao lagopoides. IV. 244, 
„  medius. IV. 244; V. 108. 


VII. Aufenthalt, Geographische Ver- 
breitung, Vorrücken einzelner 
Arten. 


Geographische Verbreitung d. V. 
Europa’s. III. 158. 

Brütezonen in Skandinavien. IV. 62; 
113; 135; V. 229; 429; VI. 97. 


16 


IX. Vogelfaunen einzelner Länder 
und Gegenden. 


Species und Subspecies d. europ. V. 

V. 266. k 
Afrika, N.O. 11. 3. 38. 

E N.W. (Tanger ete.) II. 1. 26. 

Bayern. II. 2.119; (s. „Jahresberieht“ 

aus Bayern.) 
Boulomnais. V. 418. 
Chile. III. 220. 
Curland. V. 325. 
Diebzig (Brutvögel). II. 3. 55. 
Genfer Becken. VI. 164. 
Georgia. V. 382. 
Gothland. III. 78. 
Lyon. V. 44; 404; VI. 80. 
Mindel- und Kamel-Thal. V. 73. 
Mühlheim a. Rhein. II. 3. 51. 
Münsterland. II. 3. 24; III. 449. 
Neuwied. V. 329. 
Ober-Lausitz. I. 4. 50. 
Obersee, in N.A., IL 3. 64. 
Oldenburg. III. 53; 447; IV. 204. 
Pöl. 1.2.53; VI 78. 
Pyrenäen. V. 419. 
Russland, N., u. Norwegen. II. 2. 81. 
Sarepta (S.0.Russl.) II. 23; 303. 
Savoyen. V. 413. 
Schonen, N.O., II. 3.1; III. 406. 
Skandinavien (s. Brütez.) III. 406; 407. 
Schwaben. V. 423. 
Schwerin. VI. 60; 66. 
Seine inferieure. V. 423. 
Smyrna. II 1. 19. 
Thüringen. III. 276; 362; IV. 175. 
Ungarn. I. 2. 86. 
Valdivia. II. 207; V. 494. S 
Wenern-See. II. 290. 
Wupperthal. I. 3. 74. 


X. Vorkommen seltener Arten und 
seltene Vorkommen. 


In den Alpen: 
Hir. Boissoneautü. V. 400. 
In Anhalt. 1.1.1;2.1. 
Calam. fluviat. TI. 1. 104. 
In Altenburg: 
Calam. locust. IV. 344. 
Merg. merg. IV. 397. 
In Belgien: 
Alauda nigra. II. 1. 97; III. 228. 
Budyt. melanoc. III. 228. 
Corae. garrula. TI. 1. 97. 
Nyetie. communis. II. 1. 98. 
Otis tetrax. III. 228. 
Recurv. avoc. I. 1. 98. 
Serinus citrin. III. 228. 
Turdus atrigul. II. 1. 97. 
„ Pallidus, Gmel. 11.1. 97. 
Bei Breslau: 
Aquila imperialis. TI. 3. 81. 
a See N häufig II. 3. 85. 
ircus cinerae. 
Falco lanarius. Z, IV. 68. 


2 EEE 


ME VE EN. VER 


In Dänemark. I. 3. 58; V. 215. 
In Deutschland. 1.4. ı. 
In Frankreich: 
Sterna fuliginosa. V. 412. 
Im Genfer Beeken. VI. 169. 
Bei Halle, Zörbig ete.: 
A. nycticorar. TI. 1. 104. 
Am Harz. II. 3. 22. 
In Hessen: 
Elanus melanop!er. IV. 154. 
Bei Lyon: 
Cath. perenopt. (zieml. häufig.) V. 401. 
In Mecklenburg: 
Ans. cinereus, brüt. 
„  axp. et seget. | 
„ torquatus. 
Anas glacialis, | 
Ard. egretta. V. 518. 
Cursor europ. III. 102. 
Limic. pygmaea. V. 105. 
Otis Houbara | 
Picus leuconotus. 
Vultur fuleus. j 
Bei Meiningen: 
Turd. migratorius. II. 2, 122. 
Bei Memmingen. V. 108. 
Bei Münster: 
Ard. stellar., häufig. II. 3. 84. 
Eudyt. arctic. III. 452. 
Haemat. ostral. III. 452. 
Merg. serrator, Prachtkl. II. 3. 84. 
Telmat. major, brüt. III. 452. 
Tringa Schinzi, brüt. III. 452. 
In der Oberlausitz: 
Cygnus musieus. II. 1. 102. 
Vultur cinereus. 1.2. 99. 
In Oldenburg: 
Alauda alpestris. 
Oygnus musicus. 
Limosa rufa (Ende Juni). 
Vanellus melanogaster. | 
In Pommern: 
Aquila fulva. 
Cueul. canorus (20 St.). 
Falco aesalon. 
„  cenchris, 
Muse, collaris, 
Strix. nyetea. 
Vultur® 
In Portugal: 
Astur mieronisus, VI. 267. 
Am Rhein: 
Oygnus zanthorh, 
Larus fuseus. 
Somat, molliss. 
In Sachsen: 
Ans, torquatus, III. 206. 
Carbo Cormoranus, IV. 395. 
Oygmus musieus, I. 4. 86, 
Lestris pomarina. II. 2. 123. 
In Schlesien: 
Falco rufipes, 
Fring, linaria, $ brütend. IV. 398 
Muse, parva, 
In Skandinavien: 
Acridoth. roseus, IV. 119. 


V. 104, 


I. 2. 100; 101. 


. III. 454. 


IV. 287. 


Las. 


17 


Alauda eristata. IV. 144. 
Alca impennis. 4285: 
Alcedo ispida. Fa 4/3 
Anas falcaria, = ana: 
„ histrion. » 2052 
„  strepera. „ 212. 
Anser minutus. » 268. 
„  rufieollis. „» 269. 
„»  torquat. 269, 
Aquila leucoceph. „ 71. 
„  Naevia. Fach 
Ardea minuta., 
„» Purpur. | » 251. 
Calamoh. media, \ 2 
= „136. 
»  palustris. 


Circus pallidus. Er TA. 
Columba gelastes. III. 455, IV. 243. 
Corvus corone. IV. 120. 

Corythus enueleator, VI. 190. 
Diomed. chlororh. IIT. 455; IV. 265. 


„ exulans. IV. 265. 
Ember. pusilla. „. 236. 
Faleo lanarius. ke 
Fring. erythrina. BAT. 
Ibis falcinell. a 2. 
Lanius minor. 4126. 
Larus eburn. Fer 

„  lencopt. 268. 

„  minutus, u 264. 
Lestris catarr. „ 262. 
Lozxia bifasciata, .„ 242. 
Mergul. alle, „ 284. 
Merops apiast. m BT: 
Motac. Yarrelli. „ 4129. 
Oriohus galbula. Sch 
Otis Houbara. „247. 

„ fetraz. 

Parus borealis. VI. 190. 


„  eyanus. IV. 143. 

„  Ppalustris. VI. 190. 

„  sibirieus, VI. 190. 
Pelecan onoerot. IV. 281. 


Phal. fulicar. u 2260, 

Podiceps auritus. , 282. 

Procell. glacialis, ,„ 265. 

Pufin. anglor. N „266. 
„major, 


Rallus aquat. III. 413; IV. 259. 
Regul. ignicap. IV. 143. 
Sazrie, rubicola. „ 130. 
Sitta caesia. VI. 190, 
Sterna cantiaca, IV. 264. 

„»  leucoptera. ,„ 265. 
Strix flammea. 7 4480, 

„ noctua (Retz). „ 80. 

„ nyetea. VI. 190, 
Sula bassana. IV. 281. 
Thalasidr, pelagica, IV, 266. 
Totan. semipalm. IV. 256. 
Tringa platyrh. » 268. 
Turd, varius, 197, 

In Thüringen: 

Ard, nyeticor. 
Calymb, septentr, 
Crueir, bifasciata, 
Otis tetraz, 


III. 108. 


Turdus saratilis. IV. 228. 
Im Westerwalde: 

Anas glacialis. II. 3. 23. 
In Würtemberg: 

Otis tetrax. III. 455. 


XI. Zug-, Strich-, Winter- u. Soemmer- 
vögel. 
(S. auch: Jahresberichte sub Nr. II.) 


Winter inEgypten. I.1. 44. 
»  » Würtemberg. V. 171; 406. 
en weBerlin, VE. Bar Dig: 
»  » Lyon. II. 333; V. 404. 
„» bei Münster. III. 230. 
„ In Schlesien. IV. 105. 
»  » Schweden. III. 413; 415. 
Im Winter: Sommervögel. II. 1. 102; 
III. 106; 224; IV. 107; 395. 
Zugtabellen: Afrika. III. 18. 
Anhalt. III. 353. 
Celle. III. 30; 399. 
Curland. VI. 418. 
Harz. II. 3. 19. 
Krimmitschau. I. 3.73. 
Oberfranken. V. 108. 
Pommern. VI. 25. 
Schonen. I. 3. 10. 
Schweden. IV. 113; 119. 
S.-Deutschl. L 2. 61. 
Thüringen. I. 2. 23; IV. 
399. 
Strich und Zug: 
in Bayern. VI. 40; 238. 
Frühlingszug von: 
Accent. modul. I. 4. 87. 
Acridoth. roseus. VI. 404. 
Bombye. garrula. TI. 3. 81. 
Ciconia alba. TII. 406. 
Cucul. canorus. IV. 113. 
Mergus serrator. II. 3. 84. 
‚Scol. gallinago. I. 4. 86. 
Sturn. vulgar. IV. 119. 
Vanell. cristat. 1. 4. 86, 
Herbstzug von: 
Ans. leucopsis. III. 408. 
„ torquatus. III. 407. 
Cypselus apus. I. 4. 88. 
Hirundo rustica. III. 408. 
Turdus iliacus. III. 407. 


XII. Domestieirte Vögel. 


Domesticirte Vögel. IV. 32. 
Stubenvögel. VI. 383. 


XII. Fortpflanzung. 


Fortpflanzung im Allgemeinen. 

Beiträge zur Oologie und Nido- 
logie. II. 419. 

Beiträgezur Fortpflanzungsge- 
schichte von Cwue. canorus. I. 2. 
48; 51; II. 105; 106; 203; 204; 
228; 307; 446; IV. 285; 400; 415; 
V. 518; VI. 20;,76; 191; 425. 


Fortpflanz. versch. V. in S. W. 
Deutschland. I. 3. 64. 
Fortpflanzung von: 
Acridoth. roseus, VI. 404. 
Alcedo ispida. IV. 160; V. 107; 406; 
Vals 
Aquila albieilla. I. 1. 35; I. 1. 61; 
III. 39. 
Aquila naevia. II. 1. 68; TI. 43. 
» Ppennata. ]. 1. 36; II. 2. 76. 
Ardea ceinerea. 1.2. 78. 
„  eomata. I. 4. 39. 
„ egretta. I. 4. 41. 
„  garzetta. 1. 2. 79. 
„  nyeticor. I. 2. 82. 
Calamoh. arundin. I. 3. 5®. 
z Aluviatil. III. 47. 
de locustella. I. 4. 77; IL. 1. 100; 
103. 
Calamoh. palustris. I. 3. 57. 
hi phragmit. 1. 3. 57. 
Carbo cormoran. II. 2. 83. 
»  Pygmaeus. I. 2. 87. * 
Ciconia alba. VI. 18. 
„»  Abdimü. VI. 75. 
Circaöt. brachyd. I. 1. 24; II. 1. 74; 
IV. 83. 
Drymoica ruficeps. VI. 70. 
Ember. palustris. I. 3. 58. 
Falco lanarius. I. 1. 37. 
Fring. Serinus. II. 3. 58. 
Gallinula chloropus. III. 335. 
Glareola torquata. ]. 2. 83. 
Himantop. melanopt. II. 2. 84. 
Iros plebejus. VI. 69. 
Larus melanoceph. II. 2. 81. 
Mergus merganser. 1. 2, 99; 100 
Milvus regalis. Il. 3. 16; V. 216. 
Muscie, atricap. IV. 206; VI. 268. 
»  parva, I 1. 39. V. 405. 
Nucifr. caryocat. 1. 2. 70. 
Pandion haliaet. II. 1. 69; TIL. 44. 
Parus major. II. 1. 96. 
»  pendulin. I. 1. 39. 
Phyllops. Meissneri. I. 3. 56. 
Rallus aquaticus. II. 276. 
Rhynchops flavirostris. V. 479. 
Sterna hirundo. III. 414; VI. 18. 
„  leucopareia. 1.4. 44. 
„» leucoptera. 1. 4. 47. 
‚Sylvia suecica. I. 2. 99. 
Syrnium uralense. II. 2. 47. 
Turdus plaris. I. 4. 30. 
„  saratilis. I. 2. 72. 
Abweichungen in Nestbau und 
Eiern. I. 2. 38; IV. 106. 
Alauda cristata. I. 2. 47. 
Anth. campestr. 1. 2. 47. 
Calamoh. arundin. UI. 1. 96; I. 2. 45. 
„»  cariceti. I. 2. 46. 
Oerthia familiar. I. 2. 49. 
Chaadr. minor. 1.2. 50. 
Cinel. aquat. 1. 2. 46. 
Corac. garrula. 
Corvus corone. 
„  glandar. 


I. 2. 40. 


Falco apivorus. | 
„» milvus. + 1.2. 38, 
„ Ppalumbar. 

Fring. coelebs. KTosas 


„  montifring. | 
LDanius excubitor, I. 2. 41. 
„ minor. I. 2. 42. 
Milvus. V. 216. 
Motac. alba. I. 2. 46. 
Oriol. galb. I. 2. 41. IL. 1. 97. 
Parus caudat. I. 2. 47. 
Picus medins. I. 2. 49. 
Sitta europ. I. 2. 49. 
Sylvia atricap. I. 2. 45. 
ee 
„  suecica. | 
Turdus music. I. 2. 44. 
»  pilaris. 1. 2. 42. 
Upupa epops. I. 2. 49. 


Brütezonen in Skandinavien. IV. 


62; 113; 235; V. 129; 429; VI. 97. 
Bruten, Zerstörung der. I. |. 58. 
Bruten, späte, von 

Oedien. crepit. V. 109. 

Strir flammea. III. 223; V. 404. 

Telm. gallinago. V. 405. 


Brutgeschäft, das, im Allgem. III. 


416. 
Brutkästehen. V. 217. 


Brutvögelin der Umgeg. v. Diebzig. 


U. 3. 55. 


Brutvögel auf dem Schweriner See. 


V. 517. 
Ehen der Vögel. IV. 321. 


Eier, zur Charakteristik der. II. 


147. 419. 

Eier, Färbung und bei spätern 
Bruten. III. 355. 

Eier, oologische Notizen. III. 30; 399. 
„ ” ” neue, und 
seltenere oder unsichere. I. 1. 
34; 45; 46; 48. III. 419. V. 471; 472. 
VI. 70; 161; 402, 

Eier,abweichende von: 

Anas domestica. V, 412. 
Ag. naevia, III. 445. 
„ pennata, IV. 173; V. 327; 405. 
Anthus pratensis. VI. 20. 
Buteo vulgaris. VI. 22. 
Calamoh, turdina. IV. 399. 
Ciconia nigra. III. 446. 
Corvus coraz. 11. 3. 15; V. 110. 
„  cornir. IV. 291. 
Fringilta cannabina, VI, 21. 
” eoelebs. VI. 21. 
Muscie, parva. V. 405, 
Sylvia einerea, III. 224. 

Eier, Nachlegen in leere Nester, 
Vertauschen der Bier. 

Acc, modularis. II. 1. 100, 

Astur palumbar, IV. 205. 

Iynz torg. IV. 291. 
hanius collurio, | 
Sturnus vulgaris, 
Sylvia ourruca, 


V. 218, 


Nest, (Standort) von: 
Accent. modularis. I. 3. 59. 
Aquila naevia. II. 1. 27; 68. 
Bubo lacteus. II. 1. 56. 
Bubo maximus. IL. 1. 100; III. 453; 
IV. 291. 
Calamoh. locustella. I. 4. 76; IL. 1. 100; 
103; 3. 85; IV. 398. 
Certhia famil. IV. 299 ; I. 4. 30. 
Charadr. minor. I. 3. 60; IL. 1. 95. 
” hiaticula. III. 414. 
Falco tinnune. V. 219. 
Garrulus glandar. II. 1. 101. 
Grus cinerea. II. 1. 101. 
Haliaöt. albieilla. IL. 1. 61. 
Zaise. luscinia. III. 336. 
Machetes pugnax. V. 405. 
Merg. merganser. I. 2. 99; 100; II. 2. 
123; V. 406. 
Neophron pileatus. II. 1. 46. 
Pandion haliaätos. II.1.61; 69; VI.32. 
Parus ater. II. 1. 103. 
» major. V. 218, 
Phyllops. rufa. V. 406. 
Picus major. ]. 4. 30; IV. 292. 
„»  viridis. IV. 292. 
Rutic, phoenieur. V. 219. 
Sitta europ. IV. 292, 
Sterna hirundo et minuta. 1. 3. 60, 
Strix stridula. II. 335. 
Sturn. vulg. IV. 292. V. 217. 
Totan. glareola. Vl. 528. 
„  ochvop. II. 1. 95; VI. 34. 
Troglod. parvu. II. 1. 99; 2. 123; 
3. 81. 
Turdus torquatus. V. 130. 
Nistanstalten, künstliche (Brut- 
kästchen ete.) V. 217. 
Nistplätze, (seltenere, Kolonieen 
und einzelne). 
Seltenere Brutvögel in Mecklen- 
burg. VI. 58. 
Acridoth. roseus. VI. 404. 
Anas fuligula. 1. 2. 101. 
„ rufina. I. 2. 101; VI. 425. 
„ maria. III. 337. 
Anser cinereus, IL. 1. 102; 3. 21. 
Aquila naevia, II. 1. 99. 
Calamoh. fluviatilis. III. 47; V. 405 
® pıinetorum. IV. 206. 
Charadr, auratus, III, 34. 
Cicon, nigra. II. 1. 98. 
Falco gyrfalco. V. 129, 
„  rufipes. III. 334; VI. 58. 
Gallinula pusilla, V. 405. 
Glareola austriaca, 1. 3. 20. 
Himantop, rufip. ILL, 334, 
Hirundo rupestris, IV, 191; V. 471 
Ibis faleinellus, 1.3. 15, 
Larus minutus. 11.2, 110, 
Limosa melanura, III. 334, 
Merg. merganser, I, 2, 99; 100; IL, 1 
102. 2. 128. 
Merops apiaster. VI. 251. 
Muscie, albicollis, V, 406 
„  parea IV, 308. V 4056 


#* 


Nucifr. caryocat. II. 1. 101; 

85; VI. 25; 528. 

Numenüus argquat. III. 33. 

Picus leuconotus. V. 405. i 
Reihereolonien. I. 2. 73; 3. 16. 

Podiceps suberistat. VI. 25. 

Sterna arctica et hirundo. III. 414. 

Syrnium uralense. II. 2. 47. 

Turdus iliacus. IV. 289. 

» plaris. I. 1.23; 4. 29; H.1. 

98; 100; IV. 288. 

Turdus saxatilis. II. 3. 23; IV. 325. 

„»  torquatus. VI. 380. 
Wahldes Nistplatzes. II. 338. 
Verhältniss der Geschlechter. 

Ardea 

Actitis hypoleue. 
Totan. ochropus. 
Merg. albellus. III. 414. 


102; III. 


I. 2. 100. 
| 


XIV. Lebensweise, Gewohnheiten. 


Lebensweised. V.N. Amerik. (Ge- 
orgia). V. 380; 458; VI. 1. 
Skizzen aus d. Vogelleben N. Ame- 
rik. IV. 192. 
Ornithol. Erinnerungen. IV. 42. 
Aetitis hypoleucus. VI. 528. 
Alauda arvens. V. 215. 
Anser segetum. I. 1. 104. 
„  torquatus. III. 407. 
Aquila albieilla. IV. 42. 
„  chrysaetos. VI. 77. 
„.. vocifer. II. 1.35. 
Astur nisus. V. 215; VI. 401. 
»  palumbar. IV. 44; 85. 
Calamoh. locustella. III. 225. 
Circaöt. brachydact. IV. 83. 
Corvus coraz. VI. 21. 
Coturnix. IV. 84. 
Orex pratens. IV. 82. 
Oueul. canorus. III. 204. 
Ember. Schoeniel. V. 112, 
Eulen. V. 215. 
Falco chiquera. TI. 1. 48. 
„»  Peregriwus. IV. 43; VI. 34; 211. 
„ subbuteo. IV. 43; VI. 260; 401. 
»  tinnme. IIT. 418; IV. 44. 
Fring. canar, ]. 2. 101. 
Garrul. glandar. V. 407. 
Grasmücken. V. 408. 
Grus pavonina. II. 1. 45. 
Hacmat. ostral. II. 3. 17. 
Haliaöt. albieilla. II. 3. 18; III. 227. 
3. . Dosen. IR Aug: 
Helotarsus ecaudatus. VI. 196. 
Hirundo rust. et urbica. V. 403; VI. 
23; 24. 
Ibis religiosa. II. 2. 58. 
Larus argentat. | TIT. 414. 
„  camus. ‘ 
Leptoptilus Argala. II. 1. 32. 
Melierax polyzonus. II. 1. 43. 
Milvus regalis. V. 111; 410; VI. 76. 
„  parasitieus. V. 475. 
Nucifrag. caryocat. III. 415. 


20 


Numen. arquata. V. 89. 
Oidemia fusca. V. 89. 
Pandion haliaötos. VI. 209. 
Parus major. II. 1. 96. 
Pavo eristat, V. 89, 

Perdix cinerea. IV. 83. 
Pernis apivorus. IV. 42. 
Pica varia. III. 417. 
Prionites momota. I. 4. 21. 
Psittacus grandis. TV. 39. 
Pyrrhula vulgaris. II. 3. 23. 

” enueleator. V. 424. 
Rallus aquaticus. IV. 82. 
Rhynchops flavirostris. V. 478; VI. 68. 
Regulıs flavicap. 1. 3. 60. 
Rubecula familiar. V. 410. 
Rupieola aurantia. 1. 2. 34. 
‚Scolop. gallinago. VI. 23. 

„ major. III. 407. 

„. rusticula. II. 453; IV. 395; 

VL 23; 261; 397. 
Störche (u. Trappen). V. 405. 
Strix aluco. IV. 45; VI. 59. 

„ Dubo. III. 102; 419; IV. 46. 

„ dasypus. IV. 44. 

„» Jlammea. IV. 45. 

„ noctua (et F. aesalon.). I. 2. 99. 

„ otus. II.3. 12; VI. 76. 
Tetrao urogallus. II. 3. 12. 
Totanus fuscus. II. 3. 18. 
Tragopan abyssinicus. II. 1. 54. 
Troglot. parvul. II. 2. 123. 
Turdus merula. V. 404. 

Yultur. II. 1. 38; 56. 

„  oceipitalis. II. 1. 40. 
Wachtauben. II. 332; 120. 


XV. Nahrung, Nutzen und Schaden. 


Einfluss d. V. auf die Feld- und 
Waldwirthschaft. III. 131. 
Aquila albieilla. III. 227. 

„: rapaz. I], 1.37: 
Astur palumb. IV. 85. 
Circus eineraceus. III. 225. 
Falco subbuteo. 1. 4. 87. 
Garrulus glandar. VI. 507. 
Grus pavonina. II. 1. 45. 
Lanius collurio. VI. 20. 
Milvus regalis. V. 216. 

„»  Parasitic. II. 1. 44. 
Pica varia. IV. 85. 

‚Scolop. gallinago. 


XVI. Jagd und Fang. 


Auerhahnjagd (in Curland). VI. 
414. 

Dohnenstrich in Pommern. 
293. 

Doublette auf Haliaöt. albieilla. I. 2. 
100. 

Entenfangbei Holitsch. VI. 262. 

Feldhühnerjagd in Bayern 1854. 
VEs2: 

Feldhühner, Missrathen der, ete. VI. 


257. 
wi; 
„ 


IV. 


Jagdertrag in Zerbst. III. 102, 
IV.’or. 


Jagdbare VögelN. Amerika’'s. II. 
378. 
Perlhühnerfane im blauen Nil. VI.53. 


Raubvogeljagd. IV. 399, 
Raubvogeltang. IV. 350. 


ha Gypaät. barbat. II. 


454. 


Raubvögel, in Schweden erlegte. 


II. 3.14 
Schilfsängerjagd. I. 2.29. 
Schnepfenjagdin Bayern. VI. 240. 


XVU. Stimme, Gesang, Lock- ete. 
töne. 


Vogelgesang in N. Amerika. III. 37. 
Vogelstimmen. V. 96; 181. 

Ardea stellaris. II. 2. 48. 

Calam. arundinae. et palustris. II. 2. 9. 

Ember. lapponica. IV. 237. 

Meckern der Bekassine. II. 24; 
II. 411; IV. 290; V. 112; 362; 
VI. 426. 

Museic. parva. 1.1. 39. 

Scolop. gallinula. V. 106. 

Turd, iliacus. III. 226. 


XVII. Anatomie und Physiologie. 


Abweichende Federbildung_ ete. 
1.1.4. 
Beiträge zur Anat. u. Physiol. d. 
V.E. IV. 87. 
Oologie,die, physiologisch betrach- 
tet. IV. 194. 
Oologie und Systematik. I. 4. 69. 
Verbildungen körperl. Theile. II. 
1.4; 3. 21. 
Ardea, die schwammige Haut an 
d.Brustete. II. 3. 23. 
Charadr. plwvialis. VI. 294: 473, 
Platal, leucerod., Luftröhre bei. V. 
401. 
Zungenorgan, das, der. V. III. 139. 


XIX. Taxidermie, Sammlungen. 


Aphoristische Bemerk. für Aus- 
stopfer. VI. 35. 

Ausstopfen und Stellen .d. V. im All- 
gem. V. 301. 

Planmässiges Sammeln, Aus- 
stopfen und Stellen d. V. V. 29, 
Zweckmüssiges Sammeln und Au f- 

stellen ete. VI485. 


XX. Geschichte der Ornithologie. 


Reminiscenzen über stufenweise 
Entwicklung der vaterl. Ornith. 
in der ersten Hälfte unseres Jhh. 
IV. 149. 


XXI. Reisen, Exceursionen, 
Egypten, Reise in ete V. 371; 4609, 
VI. 68, 


re. 


des Hrn. v. Meyerinck. 


21 


Egypten, Reise auf dem blauen Nil. 
11.1. 28. 

S. Frankreich, Reise in das. II. 1. 15. 

Jahdebusen, Excurs. in den. IV. 352, 

Pöl, Excurs. auf die Insel. I. 2, 53. 

N. Russland und Norwegen, Reise 
in. I. 2, 87. 

Ungarn, Reise in. I. 1. 28; 2. 70; 3. 
12; 4. 39; II. 2. 81. 

Vorpommern, Excursion etc. VI. 28. 


XXII Verzeichnisse lebender Orni- 
thologen, Sammler ete, 


1.3. 84; 4. 88; II. 3. 85; III. 231; V. 
118; 413. 


XXIII. Biographieen, Nekrologe. 


Biographische Skizze des Prince 
Ch. Lue. Bonaparte. II. 1. 90. 


Nekrologe. 
Oscar Brehm. 1. 3. 83. 
Dr. C. D. Degland. VI. 428. 
W. Heynemann. III. 460. 
Dr. G. B. Hopf. 1.3. 82, 
Dr. Richard Vierthaler. III. 456. 


XXIV. Berichte über Speeialvereine, 
Beobachtungsstationen ete. 


Gründung ete. des ornith. Special- 
ver. im Pleissengrunde, II. 3. 78, 

Ornith. Klubb in Berlin. 

Ucber Beobachtungsstationen. VI. 
423. 


XXV. Ornithol. Material, Literatur, 
Kritik. 


Ornithol. Material in Zeitschriften 
etc, zerstreut. 

In Abhandl. der Naturf. Ges. zu 
Görlitz. 1.1. 55. 

In Abhandl. der phys. Kl. d. Kön. 
Preuss. Akad. d. Wissensch. 
III. 350. 

Im Archiv des Vereins d. F. d. Na- 
turg. in Mecklenburg. I, 1. 57; 
2.98. 

In Beiträge zur Rhein. Natur- 
gesch. ete. III. 464, 

Fortschritte d.Geogr. u. Natur- 
gesch, von v. Froriep. III. 351. 

Im Jahrbuch der neuesten ete, Er- 
findungen und Entdeckungen 
ete, TII. 461, 

In Isis. I. 2, 93; IIL. 345. 

Korrespondenzblatt des zool. 
mineral, V,in Regensburg. II. 
2. 119; IT, 464, 

Museum Senkenbergianum. I 
2. 92., 


F} 
Novaactaete. Acad. C 


Carol. ete. III. 348. 
-  Rhea. 1.1.56. 


Literatur der europäischen Ornis. 


I. 1.58; 2. 89. 


zen. Leop. 


Literaturberichte: III. 231; 339; 
IV. 109; 402; V. 114; 224; 413; 519; 


VI. 81; 192; 269. . 


22 


Kritik: 

Ueber Bonaparte’'s „Rev. crit. de 
l’Ornith. ete. de Degland.“ II. 2. 71. 

Ueber Bailly „Ornith. de la Savoie.‘“ 
V.,413. 

Ueber Dubois „Planches color. ete.“ 
IV. 388. 

Ueber Willibald „Nester und Eier 
etc.“ 'V. 116. “ 


Z 
5