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Full text of "Nelly Sachs Collection 1891-1992"

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WESTDEUTSCHER  EUND?ül.;^ 
Abt.  Schulfunk 


Dieses  M>^  .r.sc;ip'  ist  üfhöbörrediüldi  gesrhOtzf.  Es  dari 
ohne  Ge«el;rn{']un':  nidi'  yormr^dj  '^i^ai^n.  Insbesondere 
darf  es  ifid^r  Qrvz  id^;  i[>!?w8i>e  o.  in  ÄüszSgei; 
abgesdhiübei),  üoör  in  soiis-j^e/  Weiss  ve^visuäüigi 
werden.  Fiir  RiiJidiünk^wed^s  if^irl  doS  M(^?yjsknpt  Di^r 
mit  Genen:^(!cii]nri  des  Werdsu^sdien  Ründiunks  Koi^i 
benutzt  ;verv5i. 


ÜBER  LYRIK 
Nelly  Sachs 

Auswahl  und  Rahmentext : Willi  Erfurth 


Sendung  am  Samstag^  dem  27. Januar  I968;,  von  9.00  -  9.30  Uhr 
4. Sendewoche 


Sendereihe:  ^^ Literatur  unserer  Zeit" 


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Inhalt : 


Nelly  Sachs:  0  die  Schornsteine 


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Wenn  ich  nur  wüßte 


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Stimme  des  Heiligen  Landes 


Walter  A.  Berendson:  Zu  den  *^Späten  Gedichten'^ 


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Nelly  Sachs:  Eine  Schöpf ungsminute 


Hilde  Domin:  Offaier  Brief  an  Nelly  Sachs 


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Regie : 


Technik: 


Studio: 


Aufnahme : 


-  1  ■ 


Sprecher: 


Die  jüdische  Dichterin  Nelly  Sachs  wurde  I89I  in  Berlir. 

geboren.  194o  emigrierte  sie  nach  Schweden,  wo  sie  eine 

zweite  Heimat  fand. 

Die  Dichtung  von  Nelly  Sachs  wurde  einer  breiteren 

Öffentlichkeit  erst  bekannt^  als  sie  I966  mit  dem 

Nobelpreis  für  Literatur  ausgezeichnet  wurde. 

Im  Mittelpunkt  ihrer  Lyrik  steht  der  Leidensweg  des 

jüdischen  Volkes. 


Nelly  Sachs;  0  die  Schornsteine 


0  die  Schornsteine 

Auf  den  sinnreich  erdachten  Wohnungen  des  Todes, 

Als  Israels  Leib  zor  auf.velost  in  Rauch 

Durch  die  Luft  - 

Als  Essenkehrer  ihn  ein  Stern  empfing 

Der  schwarz  wurde 

Oder  war  es  ein  Sonnenstrahl? 


0  die  Schornsteine! 

Preiheitswege  für  Jeremias  und  Iliobs  Staub  • 
Wer  erdachte  euch  und  baute  Stein  auf  Stein 
Den  Weg  für  Flüchtlinge  aus  Rauch? 


0  die  Wohnungen  des  Todes, 

Einladend  hergerichtet 

Für  den  Wirt  des  Hauses,  der  sonst  Gast  war 

0  ihr  Pinger, 

Die  Eingangsschv^elle  legend 

Wie  ein  Messer  zwischen  Leben  und  Tod  - 


0  ihr  Schornsteine, 

0  ihr  Pinger, 

Und  Israels  Leib  im  Rauch  durch  die  Luft! 


-     3     - 

Ilelly   Sachs;    '7enn   Ich  nur  wüßte 

Wenn  ich  nur  wüßte, 

T/orauf  dein  letzter  Blick  ruhte. 

V/ar  es  ein  Stein,  der  schon  viele  letzt 

Getrunken  hatte,  bis  sie  in  Blindheit 

Auf  den  Blinden  fielen? 


Blicke 


Oder  war  es  "Erde, 

Genug,  u:n  einen  Schuh  zu  füllen, 

Und  schon  schwarz  geworden 

Von  soviel  Abschied 

Und  von  soviel  Tod  bereiten? 

Oder  war  es  dein  letzter  Weg, 

Der  dir  das  Lebewohl  von  allen  7/egen  brachte 

Die  du  gegangen  warst? 

Eine  Wasserlache,  ein  Stück  spiegelndes  Metall, 
Vidleicht  die  Gürtelschnalle  deines  Feindes, 
Oder  irgend  ein  anderer,  kleiner  Wahrsager 
Des  Himmels? 


Oder  sandte  dir  diese  Erde,  ^ 

Die  keinen  ungeliebt  von  hinnen  gehen  läßt 
Ein  Vogelzeichen  durch  die  Luft, 
Erinnernd  deine  Seele,  daß  sie  zuckte 
In  ihrem  qualverbrannten  Leib? 


_  4   - 


Nelly  Sacho  :  Sti  iine  des  Helligen  Landes 

0  meine  Kinder, 

Der  Tod  ist  durch  eure  Herzen  gefahren 

V/ie  durch  einen  Weinberg  - 

Malte   Israel  rot  an  alle  Wände  der  Erde. 

Wo  soll  die  kleine  Heiligkeit  hin 
Die  noch  in  Txeinera  Sande  wohnt? 
Durch  die  Röhren  der  Abgeschiedenheit 
Sprechen  die  Stiniinen  der  Toten: 

Leget  auf  den  Acker  die  Waffen  der  Rache 
Damit  sie  leise  werden  - 

Denn  auch  Eisen  und  Korn  sind  Geschwister 
Im  Schöße  der  Erde  - 


Wo  soll  denn  die  kleine  Heiligkeit  hin 
Die  noch  in  meinem  Sande  wohnt? 


Das  Kind  im  Schlafe  gemordet 

Steht  auf;  biegt  den  Baum  der  Jahrtausende  hinab 

Und  heftet  den  weißen,  atmenden  Stern 

Der  einmal  Israel  hieß 

An  seine  Krone. 

Schnelle  zurück,  spricht  es 

Dorthin,  wo  Trinen  Ewigkeit  bedeuten. 


6 


Walter  A.  Berendsohn;  Zu  den  "Späten  Gedichten" 


Es  gibt  drei  Voraussetzungen  für  das  Verständnis  dieser  Lyrik. 
Die  erste  bildet  die  Erlebniswelt  der  Lichterin.  Sie  hat  von 
1933-40  ein  "Leben  unter  Bedrohung"  im  Dritten  Reich  geführt. 
Ein  Äfenn,  den  sie  liebte,  ist  im  Konzentrationslager  zu  Tode  ge- 
martert worden.  Liebe  Freunde  verschwanden.  Sie  selbst  hatte 
schon  den  Gestellungsbefehl  für  den  Arbeitsdienst  in  Händen, 
als  sie  sich  mit  ihrer  alten  kranken  Mutter  im  Plugzeug  nach 
Schweden  rettete.  Jahrelang  pflegte  sie  in  kärglichen  Verhält- 
nissen die  Kranke,  die  in  hundert  Nächten  Zwiesprache  führte  mit 
geliebten  Toten.  In  Winter  1943/44  beginnt  aus  diesen  Erlebnis- 
sen ihre  sprachschöpferische  Dichtung  aufzublühen. 

Die  zweite  ist  ihre  tief innerliche  Religiosität,  die  Mythen, 
Dogmen,  Bekenntnisse  und  traditionelle  Vorstellungen  auflöst  in 
ein  unsichtbares  Universum,  das  erfüllt  ist  von  mystischen,  ma- 
gischen, seelenhaften  Kräften,  in  dem  alle  Erscheinungen  der 
großen  und  kleinen  Umwelt  zu  tragfähigen  Symbolen  werden  für 
ihre  tief  aufgewühlte,  leidensfähige,  sehnsuchtsvolle  Seele. 

Die  dritte  ist  der  ?/ille  und  die  Fähigkeit,  Gedichte  zu  lesen, 
ohne  sie  umzusetzen  in  die  rationale  Sprache  des  Alltags.  Man 
kommt  dem  Verständnis  dieser  Lyrik  näher,  wenn  man  sie  vergleicht 
etwa  mit  den  Malereien  Paul  Klees,  die  nicht  einen  Gegenstand 
der  Wirklichkeit  darstellen,  sondern  nur  wegweisende  Zeichen 
sind  für  die  schaffende  Phantasie  des  Betrachters  in  die  unsicht- 
bare Welt  hinein.  Vielleicht  ist  es  noch  besser,  an  Erlebnisse 
musikalischer  Gebilde  zu  denken,  um  deren  Schilderung  sich  zwar 
die  Dichter  oft  bemühen,  die  aber  im  günstigsten  Fall  nur  in 
bildlicher  Sprache  anzudeuten,  aber  auch  nicht  in  die  Alltags- 
sprache zu  übersetzen  sind.  Es  sind  Entdeckungsfahrten  hinein 
in  eine  V/elt,  die  mit  den  Sinnen  allein  nicht  zu  erfassen  ist. 


-  7  - 


Aus  den  Erlebnissen  stammt  die  tiefe  Schwermut  dieser  Dichtun- 
gen, die  Religiosität  schafft  ihren  sinnvollen  Zusammenhang,  die 
schöpferische  Sprachgewalt  macht  sie  zu  künstlerischen  Gebilden 
von  hohem  Rang* 

In  ihren      Späten        Gedichten     hat  Nelly   Sachs   das 
mächtige   Motiv   der   jüdischen  Volkskatastrophe    im  Dritten  Reich 
weit  hinter   sich  gelassen,    das   sie   in     Das        Leiden 
Israels,        In       den       Wohnungen       des        To- 
des,       Eli        und      Sternverdunkelung     ge- 
staltete.   Nur  hier  und   da  dringt    ein  Nachklang   ein.    Auch  in  ihren 
späten   dramatischen  Dichtungen     Abram        im        Salz, 
Nachtwache     und      Simson        fällt        durch 
Jahrtausende      geht    sie   von  realistischen    Szenen  aus, 
um  sich   dann  über   sie   zu   erheben   in   das   ihr  wesentliche   religiös- 
ethische Reich   hinein.    In  einer  Anzahl   kurzer  mimusartiger   Szenen 
und   Gedichten   in  den   Sammlungen     Und        niemand        weiß 
weite   I',        Flucht        und        Verwandlung, 
Fahrt        ins        Staublose        und      Noch        fei- 
ert       Tod        das        Leben        löst   die   Dichterin   sich 
immer  weitgehender   von  der   gegenständlichen  7/irklichkeit   los  und 
wendet    sich  mehr  und   mehr  dem   Seelenleben  der  Menschen   im  Kraft- 
feld  des  unsichtbaren  Universums    zu.    Die    Sprache   mystischer  Re- 
ligiosität  ertönt   immer   schwereloser,    reiner  und    innerlicher. 

Ihre   letzten  veröffentlichten  Gedichte    sind    die   drei   Gruppen 
Glühende        Rätsel.    Sie    sind   gegenüber  allen  vorher- 
gehenden ausgezeichnet   durch  Kürze   infolge   Verdichtung.    Viele 
von   ihnen   gehen  aus  von  unscheinbaren  Einzelheiten  der   Wirklich- 
keit.  Einige   Beispiele: 

Diese   Nacht 

ging  ich  eine  dunkle  Nebenstraße 

um  die  Ecke. . . 


Auf  und  ab  gehe  ich 
in  der  Stubenwärme... 


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-   8   - 


Ich  wasche  raeine  Wäsche... 


Sie  sind  aber  nur  Anlässe,  um  rasch  vorzustoßen  in  die  innere  Welt. 
Zum  Beispiel  ■■ 

Meine  Hände  gehören  einen  f ortt:eraubten  Flügelschlag. 

Ich  nähe  mit  ihnen  an  einem  Loch, 

aber  sie  seufzen  an  diesem  offenen  Abgrund. 

Leid  und  Schmerz,  Trauer  und  Tränen,  Abschied  und  Tai,  der  ?/eg  ^ 
in  die  Ewigkeit,  Sehnsucht  und  Geheimnis,  Auferstehung  und  Wie- 
dersehen mit  den  Toten,  ganz  persönlich  erlebt  und  erlitten, 
sind  die  Themen,  und  alles  Licht,  das  ins  schwere  Dunkel  dringt, 
komuit  aus  dem  Jenseits.  Mit  dem  sich  auflösenden  Ich  verschmilzt 
die  gesamte  unendliche  Umwelt  in  unzähligen  phantasievollen, 
Assoziationen.  Daraus  erwächst  die  Spannweite  und  Ausdruckskraft 
einer  neugeschaffenen  Bildsprache.  Ich  gebe  einige  Beispiele, 
die  verhältnismäßig  einfach  sind: 

Mein  Schatten,  dieses  ermüdete  Kleidungsstück;  Kontrapunkt  Tod; 
das  Sehnsuchtsseil;  Zungenübungen  am  Ende  der  Tonorgel;  Mitter- 
nacht, das  schwarze  Auge;  steinbeladener  Atem;  die  Erde  singt 
Abschied  in  allen  Tonleitern;  deine  Angst  ist  ins  Leuchten  ge- 
raten; die  abgeschälte  Rinde  des  Daseins;  die  Seufzerbrücke  un- 
serer Sprache;  Ahnungen,  wandernde  Ähren  auf  schwarzem  Feld; 
Erde,  Träne  unter  den  Gestirnen;  Tod  -  sei  mir  kein  Stiefvater 
mehr;  Tanz,  die  verlorene  Sternschnuppe;  dein  Jahrhundert,  eine 
Trauerweide,  gebückt  über  Unverständliches;  die  blaue  Flamme 
der  Agonie;  Lilien  am  Äquator  des  Leidens;  Prophezeiungen  - 
fahle  Blitze  an  der  Aschenwand;  der  Trauermantel  Nacht;  die  Erde, 
ein  Fußbreit  Jammer  unter  ihrem  Schöpfer,  die  Elemente  reißen 
an  ihren  Ketten  zur  Vereinigung;  die  Geisterschrift  der  Wolken; 
die  Muscheln  mit  dem  Konzert  der  Tiefsee. 

Aber  es  gibt  viele  konpliziertere ,  die  uns  tiefer  hineinreißen 
in  die  geheiranisträchtige  Jenseitswelt. 


9  - 


Es  werden  immer  häufiger  Stimmen  laut,  nicht  nur  im  deutschen 

Kulturkreis,  sondern  in  vielen  Ländern,  die  Nelly  Sachs  gerade 

aufgrund  dieser  späten  Gedichte  als  die  mächtigste  deutsche 

lyrische  Sprachgestalterin  unserer  Zeit  betrachten.  Sie  steht 

den 
zweifellos  in  Verbindung  mit  der  vorherrscheiy  Kunstströmung  m 

aller  Welt,  die  im  krassen  Gegensatz  zur  Massenballung  und  zur 
sozialen  Massenproblematik  unseres  Zeitalters,  die  nur  durch 
lebensbejahende  humane  ethische  Steuerung  auf  allen  Gebieten  zu 
lösen  und  zu  bewältigen  wären,  den  Ausweg  sucht  in  einem  gestei- 
gerten Individualismus,  der  den  sinnvollen  Zusammenhang  der 
äußeren  Wirklichkeit  negiert,  alle  überlieferten  Formen  sprengt 
und  in  der  Dichtung  eine  völlig  neue  Sprache  erstrebt.  Nelly 
Sachs  gehört  dazu,  auch  wenn  bei  ihr  im  letzten  Grunde  Einheit 
und  Sinn  bewahrt  bleiben  durch  ihre  ethisch-religiöse  Haltung. 
Deshalb  ist  es  möglich,  vorauszusehen  und  vorauszusagen,  daß 
auch  ihre  späte  Dichtung  langsam  und  stetig  in  viele  Sprachen 
eindringen  und  von  der  ganzen  literarischen  Welt  aufgenommen 
werden  wird. 


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Sprecher: 


Nach  diesem  Essay  des  schv^edlschen  Literaturwissen- 
schaftlers V/alter  Ao  Berendsohn  hören  Sie  das  Gedicht 
''Eine  Schöpfungsminute  im  Auge  des  Baalschem''  von 
Nelly  Sachs c 

Baal  Sehern  Tov  war  der  Begründer  des  Chassidismus^ 
einer  religiösen  Bewegung  im  l8o Jahrhundert^  die  das 
Gefühl  und  die  Offenbarung  Gottes  in  der  Natur  betonte. 
Unsere  Sendung  schließt  mit  einem  offenen  Briefe  den  die 
deutsche  Schriftstellerin  Hilde  Domin  im  Sommer  I966 
an  Nelly  Sachs  geschrieben  hat. 


-  11  - 


Kelly  Sachs:  Slno  Sohöpfungsrainute  im  Auf:e   des  Baalschem 

Mitten  im  Jahrhundert  -  das  Jahr  steigt, 

ein  Flüchtling-:,  in  die  Luft  -  Rennorohne  Scheuklappen 

schleppend  die  Kette  seiner  Tage,  alle  angezündet  von  Besessen- 


und  mit  Peuerhänden  betend  dorthin  wo 

der  Landvermesser  Krieg  noch  Platz  gelassen 

für  die  Halluzination  einer  Grenzübersteigung. 

Denn  auf  dem  Himalaja  der  Qualen 

bluten  auf  grünen  Kindertraumwiesen 

gemeinsam  Sieger  und  Besiegte  damit 

künftige  Morgen  und  Abende  ihre  Farbe 

nicht  vergessen  in  der  großen  Sterbeschlacht. 

Wenn  auch  die  alte  Frau  im  Herdrauch  blinzelt 

und  im  kräutersegnenden  Mond  Kaffee  beschwört 

aus  verstorbenen  Eichelhülsen  - 

Und  der  Borg  seine  Höhle  auftut 

für  den  Heiligen,  der  seinen  Mantel  schürzen  muß 

und  einige  Sterne  an  den  Hut  stecken 

im  Dunkeln  -  ehe  er  die  Gebete  der  Verfolgten 

die  vom  Fußboden  bis  zum  Himmel  aufgebahrt  sind 

mit  Heimweh  beflügeln  kann  - 


heit 


Und  das  Jahr  in  Wehen  gekrümmt  und  in 

lange  schon  ausgerechneter  Geometrie 

rauchend  am  Schwanz  des  Kometen 

mit  abgehäuteten  Tagen  hängend 

fast  schon  nicht  mehr  wahr  im  Massengrab  des  Schlafes. 

Alles  Herzklopfen  der  Versteckten  drängt  zum  Wirt 

der  mit  seinen  hohen  Bauernstiefeln  oben  schnell 

am  Himmel  schreitet  oder 

unten  einen  Gast  bedient. 


-   12   - 


Alles  sucht  Asyl  bei  ihm,  der  sich  auftut  -  wächst  und  weitet 
nach  der  Richtung  Ewigkeit. 

Und  es  ist  Nacht,  die  sich  geladen  hat 

mit  Sprengstoff  des  Erwachens,  und  aufspringt 

das  Geheimnis  der  Sekunde  -  entstirnte  schon 

in  Baalschems  ungebrochenem  Blick,  der  zieht 

am  Faden  der  Gnade  Leben  und  T^d 

in  Gottversöhnung  hoch. 

Und  die  Farbe   Nichts   lugt  nachtentfärbend 
aus  dem  Opfertod  der  Zeiten 

wenn  der  Heilige  tanzend  die  Gebete  weitersagt 
die  sie  im  Geäst  der  Adern  hängen  ließen 
oder  zur  Entzündung  einer  Martersonne» 


Allen  die  nur  bis  zur  Grenze  glauben 

wo  Gestirne  noch  die  Uhren  stellen 

schenkt  er  die  Sekunde,  die  sein  Augen-Blick 

für  das  Unsichtbare  vorbereitet  - 

im  Geburtenbett  der  Tränen  aufgefangen  hat. 


-  14  - 


Hilde  Domin;  Offener  Brief  an  Nelly  Sachs 


Liebe  Nelly, 

ich  schreibe  Dir  diesen  Brief,  publice.  Ich  will  öffentlich 
aussprechen,  was  Du  für  mich  getan  hast,  denn  ich  denke,  Du 
hast  es  für  viele  getan  und  kannst  es  für  viele  tun.  Pur  alle, 
die  in  der  einen  oder  andern  Weise  an  dem  gleichen  Trauma  leiden. 
Das  will  ich  feststellen,  und  danach  will^^gS  auch  zu  analysieren 
versuchen,  • 

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Bei  Kriegsende  sah  ich  zum  ersten  Mal  Bilder  aus  den  Konzentra-  ' 
tionslagern.  Viele  haben  sie  damals  zum  ersten  Mal  gesehen: 
außerhalb  Deutschlands  und  vor  allem  auch  in  Deutschland.  Auch 
in  Deutschland,  ich  wiederhole  dies  ausdrücklich,  (ich  selber 
war  weit  weg,  auf  einer  Insel  im  Karibischen  Meer).  Am  schlimm- 
sten waren  mir  die  Leichenhaufen:  all  diese  nackten  hilflosen 
Körper,  wie  ein  Lager  von  verrenkten  Puppen  übereinander  gesta- 
pelt. Ich  konnte  keine  nackten  Körper  mehr  sehen,  besonders  keinen 
Schlafenden  -  in  den  Tropen  schläft  man  ja  oft  nackt  oder  fast 
nackt  -  ohne  mich  zu  ängstigen  vor  den  Leichenpuppen,  diesen      ' 
hilflosen  Objekten  von  Anderer  Tun.  Jeder  Liegende  wurde  mir 
sofort  zur  Leiche,  zog  Trauben  von  Leichen  an.  Das  habe  ich  da- 
■^  mals  nie  ausgesprochen,  das  hätte  ich  niemandem  sagen  können,  mein 
■Entsetzen  war  nicht  mitteilbar.  Sollte  ich  vielleicht  sagen: 
"Schlafe  nicht.  Sofort  liegen  lauter  Leichen  da?" 

Als  ich  Deine  Gedichte  las,  im  Winter  59/60,  also  fast  15  Jahre 
•  später,  da  hast  Du  meine  Toten  bestattet,  all  diese  fremden 

furchtbaren  Teten,  die  mir  ins  Zimmer  kamen.  Sie  stiegen  auf  in 
.einem  weißen  wirbelnden  Schaum,  sie  verloren  diese  Puppenhaf tig- 
keit  der  Menschen,  denen  nur  angetan  worden  war,  dies  umgekehrte 
Eobotertum,  und  gingen  ein  in  das  Gedächtnis  aller  Gestorbenen. 
In  Schmerz  aber  ohne  Bitterkeit  lösten  sie  sich  ir^einen  Worten 
und  stiegen  auf  wie  ein  milchiger  Dunst,  ich  sah  es  sich  auf- 
lösen, fortziehen.  Sie  kamen  nicht  mehr  in  dieser  Form  zu  mir 
zurück.  Ich  breche  in  Tränen  aus,  wie  ich  dies  schreibe,  aber 
ich  will  es  trotzdem  aussprechen,  und  auch  öffentlich. 


*  * 


-  15  - 


\ 


Diese  große  ßtharsis,  diese  Erlösung  haben  Deine  Gedichte 
bewirkt,  alle  wie   ein  Gedicht:  während  doch  das  Einzelne 
Deiner  Gedichte  den  Leser  preßt  und  nur  selten  am  Endo  freigibt - 
DeshalTo  also  habe  ich  Deine  Gedichte  mit  Leidenschaft  gelesen. 
Ich  sehe  kein  zweites  Werk,  das  diese  Toten,  diese  so  besonders 
unglücklichen  Toten  unter  den  vielen  schlecht  gestorbenen,  der 
Erinnerung  der  Menschheit  einfügt  wie  das  Deine.  Das  müssen  wir 
alle  Dir  danken:  wir  die  Überlebenden.  Wir,  die  verschont  wur- - 
den  als  Opfer,  und  in  gleicher  Weise  die,  die  überlebt  haben  auf 
der  Seite  der  Mitschuldigen.  Und  die  junge  Generation,  die  diese 
ganze  Last  erben  muß  und  für  die  Du  sie  leichter  gemacht  hast. 

Der  Dichter  trägt  mehr  zum  Weiterleben,  zum  gemeinsamen  Weiter- 
leben bei  (um  diese  fatale  "Bewältigung"  einmal  menschlich  zu  be- 
nennen) als  alle  Politiker  zusammen.  Du  hast  diesen  Toten  die 

St  imme  gegeben.  Mit  Deinen  Worten  sind  sie  -  tlagend  aber  doch  - 
gegangen,  den  Weg,  den  die  Toten  gehen.  Das  konnte  nur  einer  tun, 
der  ein  Opfer  und  ein  Ausgestoßener  war  und  zugleich  ein  deut-   •" 
scher  Dichter.  Einer,  dem  die  deutsche  Sprache  zu  eigen  ist  und  ,. 
der  also  ganz  ein  Deutscher  ist.  Und  der  zugleich  ganz  zu  den 
Opfern  gehört. 

Ich  kann  über  all  dies  mit  Unbefangenheit  sprechen,  mehr  als 
jeder  andere.  Und  ich  will  es  auch  tun.  In  der  Paulskirche  hörte 
man,  Du  seiest  ein  jüdischer  Dichter.  StiLirnt  das?  Bist  Em, 
Nelly  Sachs,  ein  '^jüdischer  Dichter"? 

Thematisch  gesehen  bist  Du's.  Aber  was  ist  ein  Jude?  Besonders  - 
wenn  er  nicht  den  Glauben  hätte.  Du,  Glückliche,  du  glaubst.    -^ 
Aber  wenn  er  nicht  den  Glauben  hätte?  Du  hast  es  für  uns  alle 
definiert;  "An  uns  übt  Gott  Zerbrechen",  hast  Du  gesagt.  '^Ein 
Jude  ist  genau  wie  die  anderen,  nur  alles  etwas  mehr",  sagte 
Bernard  Shaw  sehr  witzig,  eine  Definition ^  die  sich  ebensogut 
wohl  auf  die  Deutschen  anwenden  ließe,  aber  doch  nur  in  Grenzen 
richtig  ist.  (Die  Dichter  sind  "alles  ein  wenig  mehr  als  andere", 
zum  Beispiel.  "Lebendiger",  wenn  Du  willst.  Von  den  Juden  läßt 
sich  das  doch  nicht  so  sagen.)  Nur  in  dem  also  stimmt  es:  an  uns 
wird  etwas  mehr  "Zerbrechen"  geübt  als  an  anderen.  Exemplari- 
scher wird  es  geübt,  wieder  und  wieder,  äcDweit  das  Gedäch^Jüs 
des  Abendlandes  reicht. 


-  16   - 


Bitte,  miiCiverstc.he  mich  nicht,  ich  glaube  nicht,  daß  y^ir  da 
sind,  dcimit  dir;  conditio  huraana  auf  of^iner  Bühne  wieder  und  wie- 
der an  uns  vollstreckt  werde,  stellvertretend  und  ohne  Milderung-, 
Lehrbeispiel  eines  Weltenlenkers,  der  unser  als  Demonstrations- 
objekt bedürfte.  Die  Theologen  sehen  da  manchmal  eine  Art  höheres 
Programm.  Ich  sehe  nur  die  Tatsache,  die  sehr  irdische,  geschieht' 
liehe  Tatsache,  ich  stelle  sie  fest:  und  mit  Grauen.  Wie  man  vie- 
les mit  Grauen  ansieht,  was  geschehen  ist  und  geschieht.  Was  ein- 
fach "wirklich"  ist.  Den  Juden  ist  häufiger  und  krasser  die  Rol- 
le des  Ecce   homu   zugefallen,  aufgedrängt  worden,  als 
anderen.  Historisch  war  es  ihnen  einfach  nicht  vergönnt,  sich 
von  diesem  ihrem  Sonderstatus  zu  befreien. 

Du  also,  in  Deinen  Gedichten,  sprichst  von  diesem  Prügelknaben 
der  Menschheit,  von  den  Juden,  und  fast  nur  von  ihnen.  Und  fast- 
nur  von  diesen,  die  vernichtet  worden  sind,  vor  bald  einem  Vier- 
teljahrhundert. Und  von  Dir,  dem  Dichter,  der  ihnen  nachstirbt. 
Diesen,  die  ins  Äußerste  getrieben  wurden,  an  die  Grenze  des 
Menschseins.  Und  die  für  die  andern  zu  einem  Probierstein  gemacht 
wurden,  an  dem  Nicht-zu-versagen  ein  Äußerstes  an  Menschlichkeit 
verlangte.  In  einem  äußersten,  in  einem  extremen   Sinne  bist  Du 
daher  die  Stimme  des  Menschen.  Und  Deine  Stimme  spricht  deutsch.- 
Zu  Deutschen. 

Das  gute  Buch,  las  ich  kürzlich,  sei  das  Buch  des  Lesers.  Das 
schlechte  dagegen  das  Buch  seines  Autors  und  nur  das.  Das  Gleiche 
gilt  -  und  in  erhöhtem  Maße  -  für  das  Gedicht.  Das  gute  Gedicht 
gehört  seinem  Leser,  jedem  einzelnen  Leser,  gleichgültig  wann 
und  wo  er  es  liest  oder  lesen  wird.  Es  erneuert  sich  mit  jedem 
Loser,  wird  das  Gedicht  sehr  verschiedener  Leser  sein,  wenn  auch 
nicht  alle  das  gleiche  lesen  werden:  sondern  jeder  nur  die  fein- 
ste Nuance,  die  es  zu  'feeinem"  Gedicht  macht. 

In  diesem  Sinne  schon,  also  grundsätzlich,  tritt  Deine  Person 
hinter  Deinem  Werk  zurück.  7/ie  die  Person  eines  jeden  Dichters 
hinter  dem  Werk  zurücktritt.  Es  würde  in  einem  gewissen  Maße 
gleichgültig,  ob  Du  ein  Jude  bist,  ein  assimilierter  oder  nicht, 
ob  Du  eine  Frau  bist,  auch,  was  Du  erlebt  hast.  ?/ichtig  ist  nur' 
das  '/yerk,  und  was  Du  ins  Werk  getan  hast.  Und  das  wäre  nur  vom  ' 
Leser  her  zu  sehen.  xMan  könnte  also  den  Autor  wegdefinieren 


-  17  - 


aus  seinem  Werk,  ihn  zum  Verschwinden  bringen  in  der  dünnen  Luft 
der  Abstraktion.  Hier  "konsequent"  zu  sein,  das  wäre  jedoch  ein 
Taschenspielertrick  des  Intellekts.  Vielmehr  frißt  das  ';7erk  den 
Autor  auf,  es  nährt  sich  von  seinen  Erf  ahxrungen ,  von  seiner  ganz 
besonderen  Begegnung  mit  der  Wirklichkeit,  dieser  unwiederholbaren 
Verbindung  von  historischen,  sozialen  und  persönlichen  Faktoren. 
Das  Gedicht  ist  die  Essenz  des  Gelebten:  exemplarisch  und  voll- 
ziehbar gemacht.  Das  Schicksalhafte  am  Privaten.  Suspenlierte 
Zeit,  auf  einen  Punkt  gebracht,  eingefrorene  Augenblicke.  Kann 
der  Leser  sie  für  sich  wieder  ins  .Fließen  bringen?  Auch  die  Augen- 
blicke eines  Sonderschickaals  wie  des  Deinen?  Denn  es  ist  ein 
Sonderschicksal.  Oder  das  der  Lasker-Schuler  oder  der  Kolmar?  ■ 
Wozu  hier  von  Frauen  reden?  Das  Gleiche  gilt  für  Heine  und  die, 
die  nach  ihm  kamen,  bis  hin  zu  Celan.  Ich  rechne  nicht  nach,  wer 
abstammungsmäßig  "dazugehört",  wir  bewegen  uns  hier  in  einem  gei- 
stigen Raum,  es  geht  um  die  konkrete   R  e  a  1  i  t  ä  t  ',  die  der 
Dichter  zu  leben  und  in  Sprache  zu  verwandeln  hat.  Das  "Sondor- 
schicksal"  ist  vielleicht  der  besonderen  Erfahrung  von  Grenzbe- 
wohnern vergleichbar,  um  nur  ein  Beispiel  zu  nennen:  je  nach  den"  • 
historischen  Gegebenheiten,  je  nach  der  Veranlagung,  wird  beim 
Einzelnen  der  Anteil  der  Sondererfahrung  am  Gesamt  seiner  Erfah- 
rung variieren  (auch  auf  verscL>iedene  Ebenen  transponiert  wer- 
den), wobei  auf  jeden  Fall  auch  das  Besondere  noch  ins  Schicksal- 
hafte sublimiert  wird.  Zumindest  beim  Dichter  von  Rang.  Er 
schreibt  für  alle.  Der  Dichter,  der  ein  "Grenzbewohner"  wäre,  auch 
für  die  Nichtgrenzbowohner.  Niemand  weiß  ja  auch,  an  welche  Gren- 
ze es  ihn  verschlagen  könnte.  Das  ist  etwas  Exemplarisches.  Alle 
sind  wir  antastbar.  Unter  dem  einen  oder  dem  andern  Vorzeichen.   ' 
Daher  also  schreibst  Du  für  alle.  Ganz  wie  die  Droste,  ganz  wie 
die  Lasker.  Oder  wie  Matbert  oder  wie  Trakl  oder  wer  immer.  Und  na- 
türlich in  erster  Linie  für  die,  deren  Muttersprache  deutsch  ist. 
Und  deren  Muttersprache  deutsch  sein  wird  (oder  die  docn  deutsch 
wie  eine  eigene  Sprache  lesen).  Und  bist  daher  ein  deutscher 
Dichter  und  kannst  gar  nichts  anderes  sein.  Du,  die  Du  von  den 
Opfern  redest  und  selber  mit  knapper  Not  entkamst.  Und  die  Du 


18   - 


immer  wieder  davon  krank  bist.  Davon  lebt  Deine  Lyrik,  von   dieser 
großen  Spannung,  dieser  "Vereinigung  des  Unvereinbaren",  die  Poesie 
immer  war  und  heute  nur  mehr  ist,  weil  die  Realität  uns  äußerste 
Spannungen  zu  leben  gibt.  Dies  Merkmal  moderner  Dichtung,  das 
Paradox,  das  in  aller  Munde  ist,  das  wird  ja  nicht  von  irgendwo 
in  die  Kunstform  gebracht,  das  wird  zuerst  und  vor  allem  doch 
gelebt  ,  aufs  Heikelste  gelobt.  Da  wird  einer  verstoßen  und 
verfolgt,  ausgeschlossen  von  einer  Gemeinschaft,  und  in  der  Ver- 
zweiflung ergreift  er  das  Wort  und  erneuert  es,  macht  das  V/ort 
lebendig,  das  Wort,  das  zugleich  das  Seine  ist  und  das  der  Ver- 
folger. Der  vor  dem  Rassenhaß  Flüchtende  ist  nur  der  Unglücklich- 
ste, der  am  meisten  Verneinte  unter  den  Exildichtern  überhaupt. 
Und  während  er  noch  flieht  und  verfolgt  wird,  vielleicht  sogar 
umgebracht,  rüstet  sich  sein  Wort  schon  für  den  Rückweg,  um  ein- 
zuziehen in  das  Lebenszentrum  der  Verfolger,  ihre  Sprache.  Und  so 
erwirbt  er  ein  unverlierbareres  Bürgerrecht,  als  wenn  er  fried- 
lich hätte  zuhause  bleiben  dürfen  und  vielleicht  sein  Wort  nicht 
diese  lO-aft  einer  äußersten  Erfahrung  hätte,  die  es  so  stark 
macht  (oder  auch  gar  nicht  erst  entstanden  wäre).  Und  er  kann 
nicht  anders  als  die  Sprache  lieben,  durch  die  er  lebt  und  die 
ihm  Leben  gibt.  In  der  ihm  doch  sein  Leben  beschädigt  wurde. 
Das  äußerste  Vertrauen  und  die  Panik  fallen  hier  zusammen,  das   , 
Ja  und  das  Nein  sind  nie  mehr  zu  trennen.  Entscheidung  ist  hier 
vorweggenommen,  Versöhnung  des  ünversöhnbaren  generiert  sich 
selbst,  ein  -  wenn  auch  kleiner,  gemessen  am  Ausmaß  des  Unheils  - 
Beweis,  ein  Abglanz  noch  von  "jener  Kraft,  die  stets  das  Böse 
will  und  stets  das  Gute  scha,fft".  Wenn  daher  alle  Dichter  das  ' 
Paradox  leben  (schon  in  der  zunehmenden  Unvereinbarkeit  des 
Innen  und  des  Außen,  und  auf  viele  Weisen),  so  leben  die  deutschen 
Dichter  jüdischen  Schicksals,  um  sie  so  zu  nennen,  in  diesem 
historischen  Augenblick,  es  eben  um  einige  -  unwägbare  -  Grade 
härter. 

Mögen  die  Gutmeinenden  uns  kein  falsches  und  sentimentales  Eti- 
kett umhängen.  Die  Stimme  wird  gehört,  weil  sie  eine  deut- 
sche Stimme  ist.  Wie  würde  sie  sonst  die  Menschen  in  diesem 
Lande  erregen. 


-  19  - 


Aber  wozu  bestehe  ich  ei£:entlich  so  darauf,  da  es  doch  vorent- 
schieden ist,  v^ie  ich  sagte,  und  also  der  7/ille  nichts  hinzufügen 
und  das  Sträuben  nichts  wagnehaen  kann?  Nicht  das  eigene  und  auch 
^ nicht  das  fremde.  Nur  durch  die  physische  Ermordung  des  lebenden 
Worts,  nur  durch  eine  neue  Bücherverbrennung  ließe  sich  das  so 
Vereinte  trennen.  Und  selbst  dadurch  nicht,  denn  das  Wort  hat 
schon  gewirkt,  fließt  schon  in  anderen  Worten  weiter.  Ich  glaube 
aber,  daß  es  notwendig  ist,  daß  der  Tatbestand  als  solcher  in 
seiner  heiklen  Widersprüchlichkeit  endlich  einmal  klar  analysiert 
und  eingeordnet  wird.   Sine   ira   et   studio. 
Das  versuche  ich.  Dazu  eignet  sich  diese  Feier  zu  Deinen  Ehren  vor 
allem  andern. 

Es  ist  auch  kein  falscher  Nationalismus  dabei,  wenn  ich  "deutsch" 
sage.  Wie  klänge  er  gerade  auch  in  unserem  Munde.  Die  deutschen  ' 
Dichter  sind  keine  "Fußballmannschaft",  die  mit  andern  in  Wettbe-  " 
werb  träte  zu  Ehren  einer  Nationalflagge.  Es  handelt  sich  ganz  ein- 
fach  um  Gegebenheiten.  Die  Sprache  ist  das  Gedächtnis  der  Mensch- 
heit. Je  mehr  Sprachen  man  lernt,  umso  mehr  nimmt  man  teil  an 
der  Erinnerung  der  Menschen,  die  aus  allen  Sprachen  besteht.  Die 
Dichter,  vor  anderen,  halten  diese  Erinnerung  lebendig  und  bunt.  . 
Ich  meine:  sie  erhalten  sie  virulent,  indem  sie  die  Sprache  immer 
wieder  spitz  und  verwundend  machen,  die  sich  dauernd  abschleift 
und  entschärft.  Das  kann  jeder  nur  mit  seiner  Sprache  tun.  Die 
unsere  ist  eben  deutsch.  Daß  der  Ausgestoßene  überdies  ein  be- 
sonders waches  Verhältnis  zum  Wort  hat,  gerade  wegen  seiner  Inti- 
mität mit  fremden  Sprachen,  daß  er  ganz  von  selbst  zum  "Botschaf- 
ter" wird,  in  die  fremden  Sprachen  die  eigene  hineintragend,  und 
umgekehrt  der  Muttersprache  "Welt"  anverwandelnd,  ist  nur  ein 
weiteres  der  Paradoxe,  die  sein  Leben  ausmachen. 

Die  Dichter  tragen  ja  auch  nicht  nur  die  Pakten  hinzu,  zu  dem  Ge- 
dächtnis, wie  es  die  Wissenschaft  tut.  Sie  tragen  sie  auf  eine 
eigentümliche  Weise  hinzu.  Dafür  bist  Du  ein  gutes  Beispiel: 


20   - 


t    * 


Deine  Dichtung  erhält  das  Unheil  lebendig,  denn  Du  bist  die 
Stimme  dieser  unseligen  Toten.  Und  zugleich  erlöst  Du  von  dem 
Unheil.  Y/ie  die  Dichter  von  jeher  und  für  die  Zeiten  den  Schrek- 
ken  und  zugleich  die  Katharsis  des  Schreckens  mit  sich  brachten. 

Lyrik  ist  wie  ein  großes  Glocke nläuten:  damit  alle  aufhorchen. 
Damit  in  einem  jeden  das  aufhorcht,  das  nicht  einem  Zweck  dient, 
das  nicht  verfälscht  ist  durch  die  Kompromisse*  Und  das  gilt  für 
das  verzweifelte  Gedicht,  und  noch  für  das  negative  und  das 
"ärgerliche»»  Gedicht:  es  ist  ein  Glockenläuten.  In  Wahrheit  gibt 
es  kein  Gedicht  »'gegen",  das  nicht  zugleich,  und  weit  mehr,  auch 
ein  Gedicht  "für'»  wäre:  Anrufung  von  Helfern,  um  gemeinsam  etwas 
Uniebbares  zu  überkommen.  Und  darin  besteht  auch  die  Katharsis: 
in  einem  letzten  Glauben  an  den  Menschen,  ohne  den  Lyrik  nicht 
ist.  Lyrik  wendet  sich  an  die  Unschuld  eines  jeden,  an  das  Beste 
in  ihm:  seine  Freiheit,  er  selber  zu  sein.  Das  kann  ^-^^  Elektro- 
nengehirn leisten,  kein  noch  so  gut  funktionierender  Apparat. 
Und  auch  kein  »»funktionierender"  Mensch.  Nur  das  Ich  kann  das 
"Du'»  des  Nächsten  sein  und  seines  Bruders  Hüter.  Seines  Bruders 
Hüter.  Dies  große  Versäumnis! 

Nelly,  Du  bist  so  sehr  weit  weg.  Nein,  nicht  in  Schweden.  Auf 
dem  Wege  "wo  die  Neuentdeckungen  für  die  Seelenfahrer  harren»». 
Verzeih,  daß  ich  Dich  auf  diese  Weise  rufe.  Drehe  Dich  um  und 
sage  Deinen  jungen  Lesern  in  Deutschland,  daß  jeder  einzelne  ge- 
braucht wird,  damit  Du  die  Toten  nicht  umsonst  bestattet  \\'^ä ; 
im  deutschen  Wort.  Einem  Wort  der  Liebe.  Der  "Liebe, 
die  die  Sonne  bewegt  und  die  andern  Sterne»»,  wie  der  Vater  aller 
Exildichter  sagt . 


Heidelberg,  Juli/August  I966. 


^ 


WESTDEUTSCHER  RUNDFUNK 
-  Kulturelles  Wort  - 


„COPYRIGHT" 

Dieses  Maniiikfipi  isl  urhrt^rrschtlic}»  geschützl.  Es  darf 
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werden.  Für  Rundlunkzwecke  dar!  das  Mnnuskiipt  nur 
mit  Genehmigung  des  Westdeutschen  Rundlunks  Ko'n 
benutzt  werden. 


\u'%  /i ^-\ 


NELLY        SACHS 
Ein  Portrait   von  Erich  K 


Sendung:  UKW -West,  am  16.  August  1959  von  18.45  -  19.00  Uhr 


¥ 


• 


"7^   cv 


''  '-tl^i.^' 


-  1  - 


•  Wenn  du  dir  deine  ifaide  neu  aufricliteet  - 
Deinen  ^rd,    Schlaf  statte    Tluch  und  Stuhl   - 
Häni^e  nicht  deine  frtteime  an   sie,  die  dahingegangen t 
Die  nicht  mehr  mit   dir  wohner.  werden 
An   den   Ptein,  '       — 


Blüht  an  das   H0I2, 

E«  weint  eonat  in  deinen  Schlaf  hinein, 

Den  kurzen,  4en  du  ncch  tun  auSt» 


•>;- 


«r 


Seufze  nlcl  t,   wenn  du  dein  Laken  bettest, 


^ 

Oi 


£e  mischen  eich  00ns t  deine  Träume 


^:cbi^eiß  der  Toten. 


Ach,  es  sind  die  tSnde  md  die  Geröte 
Wie  die  Windharfen  empfänglich 
Und  wie  ein  Äcker,  darin  dein  -"eid  wSchat, 
Und  sparen  das   taubverirandte  in  dir* 


ß 


Baue,    wenn   die  .  tundenuhr  rieeelt^ 
Aber  weine    nicht   die  Minuten   fort 
Mit  dem  r>taub   zusaia^^^en. 
Der  dae  Licht  verdeckt.   ^ 


kn  Bande  des   Stidviertela   der  Stadt  Stockholm,   dort,    wo  die  glatten 
Staraeen  der  auf  viele    Pelaineeln   verteilten  Stadt  wieder  eiMMil   vor 
einer  ^asser^litzern  Bucht  enlen,   wohnt   im  dritten  Itockv.erk  des 
Mietahausee  Bergaundatrand  23  eine  ungefähr  siebEig jährige  ?rau,derfjr| 
eigentliche  Heimat    Deutschland  ist.    Ca«   anae.^mliche  Voratadthaua 
in  der  langen  liaueerÄeile   entepric  .t   de»  «chwedischen   I^urchöchnitt 
und  fällt  nicht  weiter   auf.    und  doch   iat  ea  für  eine   *  eihe  von  Sin- 
wohnern  Fluchtburg  und  Ruheort  nach  entaetslicher     anderachaft. 
Olierlebendo  alnd  hier  aus  allen  Richtun  en  der  ffindroae  susaioaen^e* 


-  2  - 

r 

wirb«lt  worden,  und  ait  d«n  dunklen  Hrlnnerungen  überfällt  eie  ihr 
Basein  von  2eit  su  Zelt  wl«  ein  bitteres  Wtind«r,  denn  wen  die  penlbl 
Bürokratie  Ihrer  zahlreichen  öäfachyr  noch  beseer  funktioniert  hätte, 
als  eie  es  ohnehin  tat,  durften  sie  gar  nicht  mehr  existieren.  Auch 
ßie  war  n  für  dia  Ofan,  den  Strick,  für  dia  SrachieSungalager  be- 
BÜffiKt,  euch  sie  sollten  eich  wie  ihr  ganzes  Volk  in  Rauch  auf- 
lösen, ghepartner  und  Kinder,  Freunde  und  Verwandts  blieben  im 
Maihl«er-  der  Xodesi^aachinerle  zurück,  und  eo  begleiten  Tote  ihr  Wa- 
ohan und  Schlafen,  ihre  Xräuiae  und  Tränen,  ihr  »ohnen  und  "Siederan- 
fan^en.  Die  Hand  einer  selts-^men  Pügung  susasaien  »It  BeneGhllcheia 
Helferalnn  inmitten  unmenechlicher  2eit  hat  eie  an  Jen  Strand  der 
Äleren  nd  an  den  riand  der  ec^wediecben  iiaup  atadt  versetzt.  Sia 
»Ind  berlebonde,  auf  den  Fala  geapUlt,  und  wann  auch  die  Steine 
fremd  und  hart  sind,  sd  bieten  ele  doch  Sicherheit.  Sie  "bauen" 
und  "wohnen",  aber  mit  der  Erinnerung  wachet  auo  alten  'cchr  ;cken  daa 
«lesen  von  ihrer  ai^ienen  Staubrerfailenheit.  Ea  iet  merkniirdlft.  zu 
überleben. 


"Verlowß  Menschenmasaj  ich  bin  die  Einaaakeit 
Ma  ihr  «eachwister  sucht  auf  dieser  ?elt  - 
C  Israel,  von  aeintsr  Füeae  Leid 
Bin  Ich  ein  'cho,  das  zum  Äiaanel  gellt." 

Die  siebzigjährige  Frau  im  dritten  Stockwerk  Be*ir»und8trand  dreiuna- 
zwanzig,  eine  aierlic'.e,  freundliche  und  scheue  Peraoa,  halset  Kelly 
5acha.  Kelly  äJache  ist  eine  von  den  wenigen,  die  öer  dea  ganzen 
l8rm«litl5chan  Volk  zu^^edechten  Vernichtung  entkamen  und  in  ihr  sind 
Israels  Leihen  »'>tliBcie  reworden.  8«»  Ihr  Leben  verdankt  eie  Sc  weden, 
genauer  ausgedruckt,  einer  Frau,  die  bei  uns  Je d ersann  kennt I  SelHsa 
La-  erldf  und  nächst  ihr  einem  Mitglied  des  äch^edisühen  Könlf  shauses, 
Achtze'mhunderteinunjneunzlg  in  Berlin  geboren  und  aus  wohlhabandan 
Battaa  etamraand,  kam  sie  zu  Hitlert  Zelt  gleich  vielen  G.jfährten  unt» 


-  3  - 


die  vSclrecken  de»  orgenlaierten  Antlsemltiemus.  Acht  Jahre  -  von 
1933  -  1944  -  hielt  sie  eich  in  Berlin  verborgen,  fiacht  fUr  Hacht 
•nmrtete  sie  mit  ihy^rer  kranken  Kutter  das  ÄuSerste,  uea  Tranüport 
m  eines  der  Schomsteinlaßer  v-.n  ^aidanek,  Treblinka,  Auechwita  ode; 
Ber£en-Belßen.  Kelly  Sache  wurde  <^eUf  e  eines  furo  tbaren  ScLicksala 
an  einen:  geliebten  ^enecheni  elnaal  etand  si«  unerkannt  in  hlicheter 
Angst  uniformierten  Verfol-fsrn  ge  enüber,  erst  nnch  fUnf  Ta^  en  fand 
eie  die  Sprache  wieder,  öc^.on  die  *»fnfzehn4ährige  hatte  ihre  ä'arc'en 

■  .      -  -   - 

mx   r^eloa  La^^erlöf  geschickt;  darsu»  entstend  ein  Briefwechsel,  und 
er  urde  die  Rettung.  Eine  deutsche  )*'rtiundin,  die  kurzfristig  nach 
Schweden  kam,  machte  ^en  Boten •  Sic:  s^childerte,  in  elcher  Gefahr 
Mutter  und  Xochter  schwebten.  Ala  Kelly  S^ch^  in  letzter  IH. nute  mit 


ihrer  Äutter  chweden  erreichte,  traf  ßie  die  Lagerlöf  nicht  mehr 
labend  an.  Eine  feihe  von  Gedichten  entstanden  in  den  Ki^iChtwachen  sm 
Krankenbett,  denn  die  Todesfurcht  vvich  nicht  von  :^er  Mutter,  und 
bald  Bahnl^  der  Tod  Kelly  Sachs  den  letzten  M -nachen,  der  ihr  g^blie^ 
ren  wari 


o 


*  Ab^-ewandt  warte  ich  auf  dich 

^eit  fort  von  den  Lebenden  weilet  du 

oder  naht 


Abgewandt  nfti^t»  ich  auf  dioh 

^%nr4   nicht  dürfen  Freigelaösaene 

mit  ;'chl Ingen  der  ehnsucVt 

eingefangen  werden 

noclt  ^.akrönt 

mit   der  Krone  aui3   Plane tens taub  - 


-n» 


Die  Lit-be  ist  eine  Sandpflanae,  die  den  i'euer  dient 

und  nicht  verzehrt  i^lrd  - 

Abgewandt 

wartet  «ie  auf  dich  -•• 


-  4  - 


# 


Lyrische  nchilderun^en  der  Fünfzehnjährigen  gaben  Sin  rücke  der 
Landschaft  wieder;  aart  und  einfach,  besaßen  sie  ©ine  ^awisse 
Veiwandtschaft  mit  Keller  und  Mörike.  Wie  steht  ee  ®it  den Versen  der 
Secheig-  und  Biebsigjährigen?  Die  Zartheit  paarte  eich  mit  dem 
Grauer.,  die  larheit  ait  der  Verzvö-flung  und  die  Sinfachheit  mit 
der  Hoffnung;  das  Genrie  aber  verschwand.  "Mein  Leben  ist  so  in 
Schmerz  zerrissen,  d«8  ich  jedösael  ins  Feuer  tauche ,  um  mir  die 
forte  «u  holen.  Mich  überfällt  da©  Zagen,  dann  komiLen  die  »echte, 
und  ich  wa^.e  ee.**  Diese  Sorte  schrieb  Selly  Sachs  is  Jahre  1946 
an  den  Strindbergforecher  irofessor  Berendsohn.  Ihre  in  den  Jahren 
1947,  ig49f  57  und  59  erschienenen  Gedichtbände  zeigen  das  l^achstum 
der  Sprache  und  eine  steitende  Kraft  der  Bilder.  *  In  Windeaelkie  da 
Samenkorn  jgtgjend,  bevor  ^s  wieder  Licht  ward«,  geben  ihre  bis  «um 
Äußersten  verdichteten  Verse  -  mit  Hilkee  ?  ort  n  -  "die  Sndsuiamen, 
nicht  die  Einzel posten»  wiedör.  Sie  sind  der  getreue  RückstAnd  eines 
Leidens,  dfs  nicht  graasveratört  auf  den  beharrt,  was  es  verlor, 
©ndern  das  sich  grenzünlos  auf^etan  hüt,  um  sich  verwandeln  zu 
lassen.  Alle  Formen  solcher  ärfahrun^^,  Flucht,  Verfolgung,  Preinde, 
Tod,  bedeuten  Verwandlung  und  Aufbruch:  "Der  Himmel  übt  an  dir 
Zerbrtdlsen,  du  bist  In  äor   0Mide",  hei3t  es  im  letzten  üedichtband 


von  Kelly  Sache,  und  an  anderer  Stellet  "  Hier  ist  Axaen  äu  Mgen  - 
diese  Krönung:  der  »orte  -  die  ins  Verborgene  zieht  -  und  Frieden  - 
du  groSes  Au£snlid  -  dai;  alle  Cnruht-  verschließt  -  mit  deinem  himm- 
lischen fimpernkrauz  -  Du  leisiste  aller  acburten."  Der  Himmel  ist 
1»,  «er  Zerbrechen  übt,  und  die  ^^chmerzen  der  S9«le  sind  es,  die  Ihn 
i;eblf«i  helfen.  Die  fast  Siebzig jRVrige  an  der  Liljeholmebuoht  in 
Stockholm  wecheelt  nie  t  mehr  den  "ohnort,  und  mit  aecht  schreckt 
sie  vor  der  «iederbcgegnung  mit  einem  Lande  zurück,  da«  ihr  das 
ÄMlerste  aniutun  versuchte,  indessen  aahlt  sie  seiner  Bosheit  mit 

VerMt»  zurück,  di«  «uai  ochönsten  gehöran,  was  e^«  in  unserer  Sprache 

Je 


/ 


-  5  - 


^ 


• 


geschrieben  wurde.  ISelly  Sr?ch8  hat  In  Schweden  ihr  Aayl  aufgeechiagei 
Ihr  lichten  und  Sagen  aber  \sandert  asylloa  und  eehnsUchtig  i$  Unend- 
licher., Und  sc  weht  kosaische  Luft  in  ihren  Gedichten  der  Jahre  1947 
1949»  57  und  59.  ßie»  die  ibrea  Volk  und  eeinem  Sterben  ergreifende 
Totenkla^e  f««un.^en  hf^t,  be^jleitet  Im  fernen  Äxil  als  alte  Frau  den 
neuen  Anfant  Israels  in  seiner  Wüötenheiisat,  leraels,  dae  eeine  ver- 
i^einten  Kinder  von  allen  Enden  der  Srde  heimholte  und  "Davide  pBalmei 
atu  in  den  Sand  8C> reibt."  Itt  es  vörwunderlicb,  daß  sich  der  Bichte- 
ring  die  .  roSen  Sternbilder  jüdlscTier  LeidenafiBChichte  und  JüdisCei 
Kenigatums  tief  in  die  t'eele  gebrannt  haben,  Biob,  Abraham,  Jakob, 
Daniel,  Saul,  der  Seli«r  des  Sohar  und  die  ChaBoiden?  Kein,  das  ist 
nicht  verwund erlichi  Kelly  Sechs  eintet  die  Väter  ihres  Glaubene,  daa 
geschlagene  und  erwählte  Israel,  denn  seit  Job  8«der  Asche  sa3  und 
Abrahams  Messer  auf  de  Moriaberge  blitzte,  gibt  ea  nur  noch  ein 
^üdiscbea  Schicksal.  Eie,  die  ihre  Jotenkle^e  "in  die  Luft  s.^hrieb", 
30  wie  Greiee,  Kinder»  Bräute  und  Mütter,  IL  nner  und  Frauen  aus  den 
Kaminen  der  Verbrer nun  slager  durch  die  Luft  heimfuhren,  keine  Türen 
■ihr  brau eher d,  «ie  hat  die  verlassene  und  durchbohrte  fiNNitur  aller 
Vvelt  an  ihr  Hers  genomtcen:  auch  die  Verfir^starung  des  Tiechanlslerten 
Todes. *•  Von  der  J^orgenwache  bia  zur  Sacht  hofft  iBrael  auf  den  Herrn" 
spricht  der  Spalm»  km  Itreeundstrand  in  Stockholm  h&t  «Ine  Jer  kluger 


Jungfrauen 

»»achter, 

lÄchter 


laispe  anö  ?e#näter  gtitellti 


sage  delnec  Herrn: 

ee  ißt  durc  litten  ..• 


und 


Seit   den  Scheiterhaufen  mnzuzllnö^n 

der    morgen  alngt 

und  nach tgf rönnen  Biut 

ta  Hahnenschrei 


-  6  - 


< 


soll  flie3en   ..•• 

Äo   auch  die  S^^raohe  kein  fuetee  Haus  mehr  bietet,   wo   sie   iaimür 
neue   .  ch^ellen  Ubersc   reitet  und  vom  m^stiechen  Sterben  in  frach— 
sende©  i»öben  kündet,   da  ist  wohl  der  Verschluß  an  eelnem  Platz s 
•An  Stelle  von  ^eim^it   --  halte  ich  die   Vernrandlungen  -  der     elt^*^ 
So  ^i^  es  ihr  Gedicht   sa^t: 

"Von  Bgoht  gi?»teinigt, 
hob  u!i oll  Schlaf 

in  L^nds flucht  weit  hinaus 

Grenzlinien 

, ,    .  .       .  *  ' 

die  Geburt  an  meiner  ■»t  ge2:ogen  einst 

verlöschte  Tod 

mit  einer  Mand  Musik 

Erlöste  3:-iebe 


mmmmmm      mmmmmmmmmmmmm 


eich  ihr  ötfer-blld 

Ik  aiö    Freiheit   schrieb     * 


m 


Kelly  Seche  v^urdi-  spät  ^;orettet,  spät  entdeckt  und  epät  au©  gro^^er 
Ämut  ^reloltt  und  erst  ßiuSte  ihr  di^  achnediöchu  Akademie  für 
Sprache  und  Dichtung  einen  Frhrenaold  amtMfÜieri,  u?:e  die  deutsche 
auf  ale  aufm?  rksaiB  wurde*  Die  heutf^ 


äam  Feleeneiland  mm 


L  IJeholmeviken  und  I*»  Ittrand  der  Molaren  skandinavia«ll#  byrik 
Ina  Deut  sehe  überträgt,  ^Ir  haben  allen  ö^rund,  ihr  dichterisch  a 
Schaffen  kennen  und  lieben  a>  lernen*  Die  triprache  baut  uns  eine 
Brücke,  und  nur  derjenige,  der  ihren  i^und  «um  frenden  etempjbeln 
mili,  fehl  nicht  hinUb.r*  ftir  ^rlXBen   eine  e^^Be  Dichterin  unserer 
iprache  am  3trand  der  Mälarent 


Q   ^^^'rr>'^^-^^'^^^   I  hiOL^yyy> 


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Abfüllung:. .Ml^..^?.elles.W^^^  Ri  1 1  ^  .r.ma.]xn 

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Tiltl: 


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Reih«: Autor: 


Sendetog: 


2.1c1966 


lo   Programm 


SENDER  FREIES   BERLIN 
Manuskript  produktionsreif 


Di«M  Manmkrlpt  Itf  urh«b«rr«chtlich  gttchiHzt;  «in«  Verwertung  olin«  Genetimigung  des  Autors  ist  nictit  gestattet.  Insbesondere  darf  das  Manu- 
skript weder  ganz  noch  teilwetoe  abgeschrieben  oder  in  sonstiger  Weise  vervielfältigt  werden.  Eine  Verbreitung  Im  Rundfunic  oder  Fernsehen  bedarf 
der  Zustimmung  des  Senders  Freies  Berlin. 


'^^ 


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Seit  der  Zeit  des  ersten  Tempels  zu  Jerusalem  sind  die  Psalmen 
Gebets-  und  Liedgut  des  Gottesvolkes „  Lob  und  Dank,  Prophetie, 
Vertrauen,  Reue  und  Jubel  zu  dem  einen  unsichtbaren  Gott,  dem 
Gott  des  Bundes,  all  das  hat  sich  in  den  150  überlieferten  Lie- 
dern des  Psalters  erhalten»  Teilweise  wirken  sie  frisch  und  neu, 
wie  in  den  Tagen  Davids,  dem  viele  der  Psalmdichtungen  zuge- 
schrieben werden» 

Psalmen  -  diese  Art  der  Dichtung  hat  nur  die  hebräische  Litera- 
tur aufzuweisen,  nur  Israel  konnte  aus  seiner  Gotteserkenntnis 
heraus  diese  Gebete  und  Lieder  hervorbringen c 

Gewiß,  die  Psalmen  stehen  in  einer  Tradition,  sie  sind  ein  Pro- 
dukt des  antiken  Orients ,  und  auch  in  anderen  Kulturen  können 
psalmahnliche  Dichtungen  nachgewiesen  werden,  aber  trotz  aller 
möglicherweise  vorhandenen  Parallelen  der  Form  kami  gesagt  wer- 
den, daß  Israels  Psalter  an  dichterischer  und  geistlicher  Kraft 
einmal  isto 

Weit  in  die  vorchristliche  Zeitrechnung  reichen  die  Psalmdich- 
tungen zurück.  Es  wird  vermutet,  daß  der  gesamte  Psalter,  so, 
wie  er  uns  überliefert  ist,  schon  im  2o  Jahrhundert  vor  Christus 
vollständig  vorgelegen  hat.  Unter  den  Handschriftenfunden  von 


/(^ 


/ 


-  2  - 


\ 


Qumran  befand  sich  eine  Auslegung  des  3?.  Psalms.  Ein  Hinweis 
darauf,  daß  der  Psalter  bei  den  Anhängern  der  Qumran-Sekte 
-  etwa  um  das  Jahr  1oo  vor  Christus  -  als  Heilige  Schrift  an- 
erkannt war,  denn  warum  sonst  hätte  man  einem  Psalm  eine  be- 
sondere Auslegung  widmen  sollen? 

Zu  allen  Zeiten  beschäftigten  sich  die  Gläubigen  -  Juden  und 
Christen  -  mit  dem  Psalter.  Es  ist  ja  kein  Zufall,  daß  Martin 
Luther  in  den  Jahren  1515  bis  1516  als  Professor  in  Wittenberg 
Vorlesungen  über  den  gesamten  Psalter  gehalten  hat,  und  ebenso- 
wenig kann  es  zufällig  sein,  daß  mit  der  Auslegung  der  sieben 
Bußpsalmen  Luthers  erste  größere  Schrift  in  deutscher  Sprache 
vorgelegt  wurde.  Das  war  im  März  1517-  Noch  ahnte  niemand,  was 
aus  dem  Bruder  Martinus,  Augustiner  in  Wittenberg, werden  wirde. 
Wenige  Monate  später  aber  verbreitete  sich  die  Nachricht  von  den 
95  Thesen  des  Mönchs  in  Windeseile  durch  Deutschland  und  Europa. 

Noch  eines  kann  gesagt  werden,  nämlich  daß  Luther  auch  durch 
die  Psalmen  zu  seinem  ganz  persönlichen  Glauben  käme  In  den 
Bußpsalmen  fand  der  spätere  Reformator  ein  Menschenbild,  das 
seinen  Vorstellungen  entsprach.  Die  Heiligen  Gottes  waren  kei- 
nesfalls "heilig",  wie  es  die  Kirche  gern  gesehen  hätte,  sie 
waren  menschlich  und  sündhaft,  sie  sahen  keinen  Ausweg  vor  dem 

* 

Gericht  Gottes,  sie  bekannten  ilire  Schuld,  sie  verheimlichten 
nichts.  Gerade  diese  Haltung  und  die  gläubige  Hinwendung  zum 
Schqpfer  sind  es,  die  Luther  als  Voraussetzung  für  ein  gott- 
gefälliges  Leben  betrachtet.  Weg  von  der  Selbstgefälligkeit, 
weg  von  der  Werkgerechtigkeit  hin  zu  dem  Worts  "Allein  durch 
den  Glauben." 


) 


:».■■■ 


-  3 


Im  Jahr  der  450o  Wiederkehr  des  Reformationstages  ist  es  sicher 
gut,  an  diesen  Aspekt  in  Luthers  Leben  zu  erinnern.. 
Auch  in  den  folgenden  Jahrhunderten  wurde  immer  wieder  versucht, 
das  Wort  Gottes  neu  in  die  deutsche  Sprache  zu  übertragen^ 
Besonders  -  und  das  interessiert  uns  ja  im  Zusammenhang  mit  der 
heute  beginnenden  Reihe  -  die  Psalmen  wurden  immer  wieder  ver- 
deutscht. Greifen  wir  nur  drei  jüdische  Gelehrte  heraus; 
Moses  Menselssohn,  Heinrich  Graetzund  Martin  Buber.  Die  Psalmen, 
übersetzt  von  Moses  Mendelssohn  in  den  achtziger  Jahren  des 
18.  Jahrhunderts,  erschienen  bei  Friedrich  Maurer  in  Berlin« 
Der  Autor  schrieb  damals  in  seiner  Vorrede  an  die  Lesers 
"Ich  bin  so  wenig  in  Neuerungen  verliebt  gewesen,  daß  ich  mich 
sogar,  was  die  Sprache  betrifft,  genauer  an  Dr.  Luther  gehalten, 
als  an  spätere  Übersetzer.  V/o  dieser  richtig  übersetzt  hat ^ 
scheint  er  mir  auch  glücklich  verdeutscht  zu  habens  und  ich 
habe  selbst  die  hebräischen  Redensarten  nicht  gescheut,  die 
er  einmal  in  die  Sprache  aufgenommen,  ob  sie  gleich  nicht 
echtes  Deutsch  sein  mögen.  Da  sie  der  Gebrauch  nun  einmal 
der  Sprache  gleichsam  einverleibt,  und  der  Andacht  geweihet 
hat;  so  verlieret  der  Übersetzer  viel,  der  sie  durchaus  ver- 
melden  will.  Ich  glaube  also  von  jeder  meiner  Abweichung 
Rechenschaft  geben  zu  können,  und  wo  ich  dem  Texte  untreu 
geworden  bin,  da  liegt  der  Fehler  in  meiner  Einsicht,  nicht 
in  meinem  Willen«" 


Soweit  ein  Auszug  aus  dem  Vorwort  zur  zweiten,  verbesserten 
Auflage  der  Psalmen,  übersetzt  von  Moses  Mendelssohn,  er- 
schienen 1788  in  Berlin. 


-  4  - 


em 


Knapp  hundert  Jahre  später  gab  der  in  Fachkreisen  berühmte 
Breslauer  Historiker  Heinrich  Graetz  einen  zweibändigen 
"KritischenCommentar  zu  den  Psalmen  nebst  Text  und  Übersetzung" 
heraus.  In  diesem  Werk  -  das  für  den  Psalmleser,  auch  wenn  er 
nicht  der  hebräischen  Sprache  mächtig  ist,  sehr  viele  interessan^ 
te  Aspekte  eröffnet  -  klingt  ein  neuer  Ton  an, 
Graetz  schreibt  in  seinem  Vorwort:  "Für  solche,  welche  nicht 
um  ein  Jota  von  dem  rezipierten  Texte  abgewichen  wissen  wollen, 
ist  dieses  Buch,  Übersetzung  und  Erklärung  der  Psalmen  nach 
kritischer  Methode  nicht  geschrieben.  Denn  wie  es  solche  wenig 
kümmert,  daß  ihre  Behandlung  der  heiligei>6chrif t  der  Logik  und 
poetischen  Aesthetik  geradezu  Hohn  spricht,  weil  sie  in  d 
Sinn-  und  Geschmackswidrigen  das  Wahrzeichen  der  rechtgläubigen 
Religiosität  erblicken  -  so  kümmert  es  sie  eben  so  wenig,  dai3 
unter  den  Gebildeten  die  Zahl  der  Verächter  der  Religion,  welche 
doch  ihre  Wurzel  in  der  heiligen  Schrift  hat,  sich  stetig  ver- 
mehrt, weil  diese  sich  von  dem  öfter  Trivialen  und  Kindischen 
der  Diction  abgestoßen  fühlen." 

Trotz  des  Vorwortes,  in  dem  -  anders  als  bei  Moses  Mendelssohn  ~ 
Luther  nicht  erwähnt  wird,  fühlt  sich  der  Kommentator  und  Über- 
setzer -  bewußt  oder  unbewußt  -  dem  lutherdeutsch  verpflichtete 
Die  erwähnte  poetische  Ästhetik  freilich  ist  bei  Luther  mehr 
gewahrt,  als  bei  Professor  Graetz o  Nimmt  man  beispielsweise 
den  bekannten  2J> ,   Psalm,  dessen  erster  Vers  bei  Luther  lautet  2 
"Der  Herr  ist  mein  Hirte ,  mir  wird  nichts  mangeln« o"  dann  heißt 
die  gleiche  Stelle  bei  Graetz:  "Der  Herr  ist  mein  Hirt,  so  wird 
mir  nichts  abgehen. . . " 


-  5 


"Mir  wird  nichts  mangeln"  oder  "so  wird  mir  nichts  abgehen"  ^^ 
wenn  ein  Leser  vor  diese  Textalternativen  gestellt  wird,  so 
wird  die  Entscheidung  sicher  immer  für  den  fast  vierhundert 
Jahre  älteren  Text  ausfallen.  Bei  Martin  Buber,  dem  Psalm- 
Übersetzer,  dem  Verdeutscher  des  hebräischen  Textes,  der  in 
unserer  Zeit  mit  großer  Treue  ans  Werk  ging,  lautet  die  gleiche 
Stelle;  "Er  ist  mein  Hirt,  mir  mangelts  nichto"  Knapp,  nüchtern, 
maßvoll  -  und  trotzdem  dem  Luthertext  ähnliche 

Doch  damit  genug  der  Anmerkungen  zu  den  verschiedenen  deutschen 
Übersetzungen  des  Psalters;  sie  gehören  zwar  dazu,  aber  über 
der  heute  beginnenden  Reihe  soll  nicht  umsonst  das  Wort  aus 
dem  44.  Psalm  stehen:  "Gott,  wir  haben' s  mit  unseren  Ohren 
gehört,  unsere  Väter  haben *s  uns  erzählt,  was  Du  getan  hast 
zu  ihren  Zeiten  vor  alters«  •* 

Können  wir  die  Worte  dem  Psalmisten  glaubwürdig  nachsprechen? 
Haben  wir  es  wirklich  mit  unseren  Ohren  gehört,  haben  wir  es 
aufgenommen  in  unser  Gedächtnis,  was  Gott  getan  hat?  Ist  uns 
der  Psalter  nicht  fremd  geworden,  manchmal  herabgewürdigt 
zum  gern  benutzten  Zitatenschatz?  Wer  von  den  Zeitgenossen 
hat  einen  Psalm,  der  für  sein  Leben  eine  besondere  Bedeutung 
hat,  wer  fühlt  sich  einem  Psalm  besonders  verbunden?  Sei  es 

0 

wegen  seiner  sprachlichen   Schönheit,  sei  es  wegen  des  Inhalts o 
Bei  wem  weckt  ein  bestimmter  Psalm  Erinnerungen c  An  freudige 
oder  schmerzliche  Ereignisse? 


Diese  Fragen  standen  am  Anfang  der  Überlegungen,  die  dann 
schließlich  zur  Sendereihe  "Mein  Psalm"  führten.  Kein  all- 
tägliches Unternehmen,  keine  Frage,  die  jeder  auf  Anhieb 
beantworten  kann  und  deshalb  ist  es  besonders  zu  begrüßen. 


6  - 


daß  sich  einige  Autoren  gefunden  haben,  die  an  dieser  Reihe 
mitarbeiten  wollen.  Schon  allein  der  Briefwechsel  mit  möglichen 
Mitarbeitern  war  aufs chlußre ich»  Viele  mußten  absagen,  weil 
sie  keine  Beziehung  zu  den  Psalmen  hatten.  Bei  einer  eventuellen 
Umfrage  würden  sich  die  Stimmen  mehren,  die  die  Präge  nach 
einem  Lieblingspsalm  verneinten.  Quer  durch  alle  Schichten  der 


Bevölkerung,  quer  durch  die  jüdischen  Gemeinden  ebenso 


,  wie 


durch  die  katholischen  oder  evangelischen  Gemeinden,  bei  denen 
Ja  der  Psalter  auch  zu  den  Heiligen  Büchern  gehört,,  Gerade  des- 
halb ist  die  Reihe  -  so  meine  ich  -  notwendig,  sie  könnte  den 
Hörer  wieder  hinführen  zu  den  Schönheiten  der  jahrtaussende- 
alten  Dichtung  der  Psalmen.  Das  jedenfalls  ist  beabsichtigt.. 

Die  nun  folgende  erste  Sendung  in  der  Reihe  "Mein  Psalm" 


ist  Nelly  Sachs  gewidmet,  die  vor  wenigen  V/ochen  mit  de 
Literaturnobelpreis  ausgezeichnet  wurde. 


m 


-   7 


Spr ' in 


Wohin  0  wohin 

du  Weltall  der  Sehnsucht 

das  in  der  Raupe  schon  dunkel  verzaubert 

die  Flügel  spannt, 

mit  den  Flossen  der  Fische 

immer  den  Anfang  beschreibt 

in  Wassertiefen,  die 

ein  einziges  Herz 

ausmessen  kann  mit  dem  Senkblei 


der  Trauer. 


Wohin  0  wohin 

du  Weltall  der  Sehnsucht 

mit  der  Träume  verlorenen  Erdreichen 

und  der  gesprengten  Blutbahn  des  Leibes; 

während  die  Seele  zusammengefaltet  wartet 

auf  ihre  Neugeburt 

unter  dem  Eis  der  Todesmaske« 


Spr  o : 


Ein  Psalm,  ein  Klagelied  aus  unserer  Zeit,  geschrieben  von 
einer  Frau,  die  in  ihrer  Seele  das  Leid  eines  ganzen  Volkes 
trägt:  Nelly  Sachs,  Die  Leidensgeschichte  Israels  im  Herzen 
einer  einzelnen,  sprachgewaltigen  Prau,  die  von  sich  selber 
sagte,  sie  habe  geschrieben,  um  zu  überleben.  Eingehüllt  in 
die  ewigen  Werte  des  Gottesvolkes,  wie  in  einen  Gebetsmantel, 
lebt  die  1891  in  Berlin  geborene  Dichterin  in  Stockholm» 
Hiob  und  die  Propheten  sind  ihr  ebenso  Weggefährten  wie  Jakob 
Böhme  und  Meister  Ekkehard .  Kein  einzelner  Psalm,  von  dem  sie 
sagen  könnte,  er  bedeute  ihr  mehr  als  alle  anderen.  Doch  dem 
Leser,  der  sich  in  die  Worte  der  Dichterin  vertieft,  wird  die 


8  - 


Spr' in: 


geheimnisvolle  Übereinkunft  ihrer  Sprache  mit  der  Sprache  de 
biblischen  Psalters  in  großer  Klarheit  deutliche 

0  du  weinendes  Herz  der  Welt! 

Zwiespältiges  Samenkorn 

aus  Leben  und  Todo 

Von  dir  wollte  Gott  gefunden  werden 

Keimblatt  der  Liebe. 


3 


Bist  du  verborgen  in  einer  Waise, 

die  am  Geländer  des  Lebens 

schwer  sich  stützend  weitergeht? 

Wohnst  du  bei  ihr,  dort 

wo  der  Stern  sein  sicherstes  Versteck  hat? 


0  du  weinendes  Herz  der  Welti' 

Auch  du  wirst  auffahren 

wenn  die  Zeit  erfüllt  ist. 

Denn   nicht  häuslich  darf  die  Sehnsucht  bleiben 

die  brückenbauende 

von  Stern  zu  Stern! 


Spr  o  5 


So  lautet  ein  Gedicht,  das  dem  im  Suhrkamp  Verlag,  Prankfurt, 
erschienen  Band  "Fahrt  in  Staublose  «  Die  Gedichte  der 
Nelly  Sachs"  entnommen  ist.  Der  Dichter  des  137.  Psalms 


dagegen  schrieb 


2.    Spr. 


An  den  Wassern  zu  Babel  saßen  wir  und  weinten,  wenn  wir  an 
Zion  gedachten«  Unsere  Harfen  hingen  wir  an  die  Weiden;  die 
daselbst  sind. 

Denn  dort  hießen  uns  singen,  die  uns  gefangen  hielten,  und  in 
unserem  Heulen  fröhlich  seins 


9  - 


1  .  Spr. : 


"Singet  uns  ein  Lied  von  Zion!" 

Wie  sollten  wir  des  Herrn  Lied  singen  in  fremden  Landen? 

Vergesse  ich  dein,  Jerusalem,  so  werde  meiner  Rechten  vergessene 

Meine  Zunge  soll  an  meinem  Gaumen  kleben,  wo  ich  dein  nicht  ge- 
denke ; 
wo  ich  nicht  lasse  Jerusalem  meine  höchste  Preude  sein« 

Psalmwort,  jahrtausendealt,  -  Liohterwort,  geschrieben  in 
unserer  Zeit.  Verbunden  durch  den  gleichen  Herzschlag,  durch 
die  gleichen  Gedanken,  so,  wie  es  an  den  nachfolgenden  Ge- 
dichten und  Psalmen,  die  im  Wechsel  gelesen  werden,  ebenfalls 
deutlich  werden  wird«  Manchmal  jedoch  stehen  sich  Psalm  und 
Gedicht  geradezu  kontrapunktisch  gegenüber. 


Spr'  m: 


Wer  aber  leerte  den  Sand  aus  euren  Schuhen, 

Als  ihr  zum  Sterben  aufstehen  mußtet? 

Den  Sand,  den  Israel  heimholte, 

Seinen  Wandersand? 

Brennenden  Sinaisand, 

mit  den  Kehlen  von  Nachtigallen  vermischt, 

mit  den  Flügeln  des  Schmetterlings  vermischt, 

mit  dem  Sehnsuchtsstaub  der  Schlangen  vermischt 


m 


it  allem  was  abfiel  von  der  Weisheit  Salomos  vermischt, 


mit  dem  Bitteren  aus  des  Wermuts  Geheimnis  vermischt 


0  ihr  Pinger, 

die  ihr  den  Sand  aus  den  Totenschuhen  leertet, 

Morgen  schon  werdet  ihr  Staub  sein 

in  den  Schuhen  Kommender! 


1o 


2o  Spr.: 


Wenn  der  Herr  die  Gefangenen  Zions  erlösen  wird,  sc  werden 

wir  sein  wie  die  Träumendeno 

Dann  wird  unser  Mund  voll  Lachens  und  unsre  Zunge  voll  Rühmens 

seinu 

Da  wird  man  sagen  unter  den  Heiden:  Der  Herr  hat  Großes  an  ihnen 

getan! 

Der  Herr  hat  Großes  an  uns  getan;  des  sind  wir  fröhlich. 

Herr,  bringe  wieder  unsre  Gefangenen,  wie  du  die  Bäche  wieder-- 

bringt  im  Mittagslande o 

Die  mit  Tränen  säen,  werden  mit  Preuden  ernten« 

Sie  gehen  hin  und  weinen  und  tragen  edlen  Samen  und  kommen  mit 

Freuden  und  bringen  ihre  Garben« 


Spr 'ins 


Land  Israel, 

Deine  Weite,  ausgemessen  einst 

von  deinen,  den  Horizont  übersteigenden  Heiligen» 

Deine  Morgenluft  besprochen  von  den  Erstlingen  Gottes, 

deine  Berge,  deine  Büsche 

aufgegangen  im  Flammenatem 

des  furchtbar  nahegerückten  Geheimnisses • 


Land  Israel, 

erwählte  Sternenstätte 


für  den  himmlischen  Kuß! 


Land  Israel, 

nun  wo  dein  vom  Sterben  angebranntes  Volk 

einzieht  in  deine  Täler 

und  alle  Echos  den  Erzvätersegen  rufen 

für  die  Rückkehrer, 

ihnen  kündend,  wo  im  schattenlosen  Licht 

Elia  mit  dem  Landmanne  ging  zusammen  am  Pflug, 


-  11  ~ 


der  Ysop  im  Garten  wuchs 

und  schon  an  der  Mauer  des  Paradieses  - 

wo  die  schmale  Gasse  gelaufen  zwischen  Hier  und  Dort 

da,  wo  Er  gab  und  nahm  als  Nachbar 

und  der  Tod  keines  Erntewagens  bedurfte • 


Land  Israel, 

nun,  wo  dein  Volk 

aus  den  Weltenecken  verweint  heimkommt 


um 


die  Psalmen  Davids  neu  zu  schreiben  in  deinen  Sand 


und  das  Peierabendwort  Vollbracht 
am  Abend  seiner  Ernte  singt  - 


steht  vielleicht  schon  eine  neue  Ruth 

in  Armut  ihre  Lese  haltend 

am  Scheidewege  ihrer  Wanderschaft« 


2.  Spr.j 


Da  Israel  aus  Ägypten  zog,  das  Haus  Jakob  aus  dem  fremden  Volk, 

da  ward  Juda  sein  Heiligtum,  Israel  seine  Herrschaft« 

Das  Meer  sah  es  und  floh;  der  Jordan  wandte  sich  zurück; 

die  Berge  hüpften  wie  die  Lämmer,  die  Hügel  wie  die  jungen  Schafe 

Was  war  dir,  du  Meer,  daß  du  flohest,  und  du,  Jordan,  daß  du 

dich  zurückwandtest, 

ihr  Berfie,  daß  ihr  hüpftet  wie  die  Lämmer,  ihr  Hügel  wie  die 

jungen  Schafe? 

Vor  dem  Herrn  bebte  die  Erde,  vor  dem  Gott  Jakobs, 

der  den  Fels  wandelte  in  einen  Wassersee  und  die  Steine  in 

Wasserbrunnene 


Spr'  m: 


Aus  dem. Wüstensand  holst  du  deine  Wohnstatt  wieder  heimo 
Aus  den  Jahrtausenden,  die  liegen  in  Goldsand  verwandelte 


12  - 


Aus  dem  Wüstensand  treibst  du  deine  BäurD,e  wieder  hoch 
die  nehmen  die  Quellen  hin  zu  den  Sternen  - 

Aus  dem  Wüstensand  in  den  soviel  Schlaf  einging 
vom  Volke  Israel 


ziehst  du  der  Schafe  Schlummerwolle  an  den  Tag» 
Mit  der  Erinnerung  als  Rutengänger 

gräbst  du  die  versteckten  Blitze  der  Gottesgewitter  aus, 
wälzt  die  Steine  zum  Bethaus 

Steine,  die  fester  Schlaf  um  die  magische  Nacht 
von  Beth  -  El  sind, 

und  gefrorene  Zeichen  um  der  Heimwehleitern  Gesproßo 
Am  Abend  aber,  wenn  die  Erde  ihre  letzte  Melodie 

am  Horizont  spielt  und  die  Brunnen  dunkle  Rahelaugen  sind 
öffnet  Abraham  den  blauen  Himmelsschrein 

darin  die  funkelnde  Tiara  des  Tierkreises  ruht, 
Israels  ewige  Siegestrophäe 

an  die  schlafenden  Völker  der  Welt. 


2,  Spro i 


Gott  Zebaoth,  tröste  uns,  laß  leuchten  dein  Antlitz;  sc  genesen 

wiro 

Du  hast  einen  Weinstock  aus  Ägypten  geholt  und  hast  vertrieben 

die  Heide  und  denselben  ge- 
pflanzt« 

Du  hast  vor  ihm  die  Bahn  gemacht  und  hast  ihn  lassen  einwurzeln, 

daß  er  das  Land  erfüllt  hat» 

Berge  sind  mit  seinem  Schatten  bedeckt  und  mit  seinen  Reben 

die  Zedern  Gottes. 


13 


1  o  Spr 


O  P 


Du  hast  sein  Gewächs  ausgebreitet  bis  an  das  Meer  und  sei 

Zweige  bis  an  den  Strome. 

Warum  hast  du  denn  seinen  Z&un  zerbrochen,  daß  ihn  zerre ii3t 

alles  I»  was  vorübergeht? 

Es  haben  ihn  zerwühlt  die  wilden  Säue  und  die  wilden  Tiere 

haben  ihn  verderbt o 

Gott  Zebaoth,  wende  dich  doch,  schaue  vom  Himmel  und  siehe  an 

und  suche  heim  diesen  Weinstock 

§ 

und  halt  ihn  im  Bau,  den  deine  Rechte  gepflanzt  hat  und  den 

du  dir  fest  erwählt  hasto 

Siehe  drein  und  schilt,  daß  des  Brennens  und  Reißens  ein  Ende 

werde « 

Deine  Hand  schütze  das  Volk  deiner  Rechten  und  die  Leute,  die 

du  dir  fest  erwählt  hast|, 

so  wollen  wir  nicht  von  dir  weichen.  Laß  uns  leben,  so  wollen 

wir  Deinen  Namen  anrufen o 

Herr,  Gott  Zebaoth,  tröste  uns,  laß  dein  Antlitz  leuchten; 

so  genesen  wir« 

Dichtung,  Jahrtausendealte,  den  meisten  von  uns  geläiJifig 
in  der  Übersetzung  Martin  Luthers,  der  die  gewaltigen  Worte 
aus  der  Sprache  des  alten  Bundes  hinübertrug  zu  allen^  die 
sich  der  deutschen  Sprache  bedienten« 
Dichterwort  aus  unserer  Zeit»  Den  meisten  von  uns  geheimnis-- 


voll  dunkele  Gesprochen  von  einer  Frau,  die  aus  den  Quellen 
Israels  schöpfte  und  in  der  Sprache  der  Menschen  schreibt y 
von  denen  viele  schuldig  geworden  an  dem  Volk,  aus  dem.  der 
Psalter  überliefert« 


Spr ^ in 


Traumgebogen  weit,  weiter 

Sterne nrückwärts  in  der  Erinnerung, 

schlafwasserge fahren 

durch  gekrümmte  Staubsäulen, 

des  Landes  Kanaan  heidnischen  Sand  küssend, 

« 

der  anders  gesiebt  mit  durstigen  Göttern, 


^.  14 


doch  Wüste  mit  Honig  und  Milchgeschmack 


Dieses  Bündel  Sonnenge strahle , 

ein  Riese  legte  es  ab  von  der  Schulter 

und  hinein 


in  Abrahams  Laubhüttenhand « 


Die  zuckte  golddurchstochen 


Und  wieder  ein  Strahlenfinger, 

hoch  zeigend  durch  Bibelnacht 

auf  Tyrannenwort, 

Rizpa, 

das  Muttergestirn, 

gehorsam  ihrer  Herzader, 

ließ  Schakale  abfallen 

wie  Mondwasser 

von  der  Söhne  über 

den  Tod  verurteilten  Leichenliaut . 


Tiefer  in  Aschenzeit, 
auch  Antigone 
siebte  Freiheit 
im  Echo  des  Staubes  - 


In  der  Schattenecke 


meergrau  im  Ysop 
schnuppert  der  Esel, 
blaugeträumt  das  Auge 
vor  Engelsentzückene 


-  15  - 


Nachtverbunden  lehnt  Bileam 
neben  unbegriffner  Sendung. 


Klage ,  Klage ,  Klage 

in  Harfen,  Weiden,  Augen, 

und  Tempel  nur  noch  im  Peuer! 


Israel,  knisternde  Fahne  im  Salz, 

und  die  Flucht  abgeschnitten 

mit  des  Meeres  weinendem  Schwert 

oder 

im  Angstschweiß  vergraben 

an  einer  Mauer,  rauchend  vor  Jägerdurst 


Flucht,  Flucht,  Flucht, 
Fluchtmeridiane  verbunden 
mit  Gott-Sehnsuchts»-Strichen 


Flucht  aus  den  schwarzgebluteten  Gestirnen 
des  Abschieds, 

Flucht  in  die  blitztapezierten 
Herbergen  des  Wahnsinns, 


Flucht,  Flucht,  Flucht 
in  den  Gnadenstoß  der  Flucht 
aus  der  zersprengten  Blutbahn 
kurzer  Haltestelle  - 


-  16 


Die  Gedichte 


Wohin  0  wohin 


(Seite  14o) 
0  du  weinendes  Herz  der  Welt!   (Seite   79) 


Wer  aber  leerte  den  Sand  aus 
euren  Schuhen 

Land  Israel 

Aus  dem  Wüstensand 

Gebogen  durch  Jahrtausende 


(Seite  11) 
(Seite  126) 
(Seite  129) 


(Seite  ^62) 


wurden  dem  im  Suhrkamp  Verlag,  Prankfurt,  erschienenen  Band 
"Fahrt  ins  Staublose"  -  Die   Gedichte  der  Nelly  Sachs  entnommen^ 


Die  Psalmen? 


137 

126 


8o, 
8  - 
2o 


(An  den  V/assern  zu  Babel  o»») 
(Wenn  der  Herr  die  Gefangenen«.,») 


114    (Da  Israel  aus  Ägypten  zogoo.) 


(Gott  Zebaoth,  tröste  uns«oo) 


wurden  In  der  Luther-Übersetzung  zitiert 


/ 


AbltllMng:. .Kult. 1^*6 11  e^^  Redakteur: HailS    Ritterma]^^ 

TM.I: WSjTAJi^^^^^A^^  WORTEN 

Uber''*Neriy''B'äcEs ünH"*'iH"re""üedIcH"t'e 

, Autor:   .  .  Werner  Rhode 


MIm: 


: .  J.l,^^.-12.§3, 


Send«elt/Pro9r.:  ...21^^5-22  .00.^.1^^^ 

II*    Programm 


3^  ^    ^^6? 

SENDER  FREIES  BERLIN 


Manuskript  produktionsreif 


DtaMt  Manmkript  lit  urheb«*rechtlicl)  geKliütxt;  eine  Verwertung  ohne  Genehmigung  det  Autors  ist  nicht  gestattet.  Insbesondere  darf  dos  Manu- 
ikrliit  wedar  ganz  noch  teilweise  obgeechrieben  oder  in  sonstiger  Weise  v«-vietfältigt  werden.  Eine  Verbreitung  im  Rundfunk  oder  Fernsehen  bedarf 
dar  ZmNmmung  des  Senders  Freies  Berlin. 


Sprecher : 


Von  dem  Philosophen  Theodor  W.  Adorno  stajnmt  das  denkwürdige 
Urteil,  nach  Auschwitz  sei  es  nicht  mehr  möglich,  ein  Gedicht 
zu  schreiben.  "Wenn  wir  weiterleben  wollen" ,  so  schrieb  Hans 
Magnus  Enzensberger ,  "muß  dieser  Satz  widerlegt  werden*  Wenige 
vermögen  es.  Zu  ihnen  gehört  Nelly  Sachs.  Ihrer  Sprache  wohnt 
etwas  Rettendes  inne.  Indem  sie  spricht,  gibt  sie  uns  selber 
zurück,  Satz   um  Satz,  was  wir  zu  verlieren  drohten:  Sprache. 

Nelly  Sachs  wurde  I891  als  Tochter  jüdischer  Eltern  in  Berlin 
geboren.  Nach  1933  mußte  sie  sieben  Jahre  unter  Hitlers 
Schreckensherrschaft  zubringen.  Ereunde,  unter  ihnen  die 
greise  Selma  Lagerlöf  und  ein  Mitglied  des  schwedischen  Kö- 
nigshauses, retteten  sie  und  ihre  Mutter  1940  vor  der  Ver- 
schleppung. In  Stockholm  fand  sie  Zuflucht  und  allmählich 
eine  neue  Heimat. 

Ihre  frühen  Arbeiten,  teilweise  in  Zeitschriften  und  Antholo- 
gien der  zwanziger  Jahre  gedruckt,  sind  meist  verlorengegan- 
gen. Nach  der  Emigration  fing  sie  von  neuem  an,  schrieb  Ge- 
dichte, dramatische  Versuche,  beispielsweise  das  Mysterien- 
spiel "Eli",  und  übersetzte  schwedische  Lyrik  ins  Deutsche. 


i 


P 


-  2  - 


Das  poetische  Gesamtweric  der  ITelly  Gachs  erschien  zu  ihr 
70.  Geburtstag  1961  unter  dem  Titel  "Fahrt  ins  Staubl 


em 


ose 


im  Frankfurter  Suhrkamp-Verlag.  Hier  begegneten  viele  zum 
ersten  Mal  Nelly  Sachs  und  ihrer  poetischen  Schöpferkraft. 

Die  erste  Gedichtsammlung,  die  in  der  Emigration  entstanden 
ist,  trägt  den  Titel  "In  den  Wohnungen  des  Todes":  erschüt- 
ternde Verse  zum  Schicksal  des  jüdischen  Volkes  in  den  Kon- 
zentrationslagern, den  Nestern  des  Grauen^  von  weinenden 
Kindern,  Müttern  und  Greisen.  Den  Henkern  und  ihren  Mitwis- 
sern wird  nicht  verziehen  und  nicht  gedroht.  Trauer,  Mitleid 
und. Klage  lassen  keinen  Platz  für  Haß  und  Anklage. 


■  .'?'•> 


Spr ' in : 


0  DIE  SCHOimSTEINE 

Auf  den  sinnreich  erdachten  Wohnungen  des  Todes, 

Als  Israels  Leib  zog  aufgelöst  in  Rauch 

Durch  die  Luft  -  . 

Als  Essenkehrer  ihn  ein  Ötern  empfing 

Der  schwarz  wurde 

Oder  war  es  ein  Sonnenstrahl? 

0  die  öchornsteine! 

Preiheitswege  für  Jeremias  und  Hiobs  Staub  - 
Wer  erdachte  euch  und  baute  Stein  auf  Stein 
Den  Weg  für  Flüchtlinge  aus  Rauch? 


'  t.  .  i  l  Lj 


.   K. 


•)^•- 


0  die  Wohnungen  des  Todes 
Einladend,  hergerichtet 

Für  den  Wirt  des  Hauses,  der  sonst  Gast  war  - 
o  ihr  Finger, 


i) 


Die  Eingangsschweile  legend 

Wie  ein  Messer  zxfisciieii  Leben  und.  Tod  - 

0  ihr  Schornsteine, 

0  ihr  Finger, 

Und.  Isia3ls  Leib  im  Rauch  durch  die  Luft! 


I 


Sprecher: 


Diesem  Gedicht  ist  ein  wort  aus  dem  Buche  Hieb  vorangestellt: 
"Und  wenn  diese  meine  Haut  zerschlagen  sein  wird,  so  werde 
ich  ohne  mein  Fleisch  G' tt  schauen.  '  Die  Polaritäten  allen 
Daseins  werden  beschworen:  Leib  und  Seele,  Gefangenschaft 
und  Freiheit,  Heimat  und  Flucht,  Tod  und  Leben.  Sie  werden 
erweitert,  variiert,  in  Beziehung  gesetzt  oder  gleichgesetzt 
mit  den  Gezeiten  des  Kosmos,  mit  Ebbe  und  Flut,  Finsternis 
und  Licht,  Schöpfung,  Untergang  und  Neubeginn.  Die  Erfahrung 
des  Leidens  in  der  Welt,  chassidische  Mystik  und  christliche 
Auferstehiings-Verheißung  lassen  die  Dichterin  hoffen  und  ah- 
nen,  daß  auf  das  Sinken  ein  Steigen,  auf  den  Aufbruch  eine 
Ankunft,  auf  den  Abschied  eine  Wiederkunft  folgen  muß.  Diese 
Ahnung  wird  freilich  an  keiner  Stelle  in  der  Tonart  herkömm- 
licher religiöser  Erbauungslyrik  mitgeteilt,  sondern  unauf- 
dringlich-eindringlich chiffriert,  in  bezwingend  schlichten 
oder  kühnen,  ätherisch  leichten  oder  mystisch  geheimnisvollen 
Metaphern,  in  Assoziationen  zwischen  Sichtbarem  und  Unsicht- 
barem, zwischen  Sprache  und  Schweigen. 


^  - 


Spi  'in: 


ERDE,  PLMETENGREIS ,  du  saugst  an  meinem  Fuß, 
der  fliegen  will, 

o  König  Lear  mit  der  Einsamkeit  im  Arme. 

Nach  innen  weinst  du  mit  den  Meeresaugen 

die  Leidenstrümmer 

in  die  Seelenwelt, 

Auf  deiner  Silberlocken  Jahrmillionen 

den  Erdrauchkranz,  Wat'?  '.nn  gestirnt 

im  Brandgeruch. 

Und  deine  Kinder, 

die  schon  deinen  Todesschatten  werfen, 

da  du  dich  drehst  und  drehst 

auf  deiner  Sternenstelle, 

Milchstraßenbettler 

mit  dem  Wind  als  Blindenhund. 


Sprecher: 


Im  k(3ni^>chen  Zusammenhang,  auf  der  Sternenwaage  gewogen, 
ist  der  Mensch  Staub,  Sand,  Rauch,  flüchtig,  flüchtend,  ver- 
wehend in  der  Luft,  im  Wind.  Doch  die  Luft  zittert  vor  Ah- 
nungen, und  der  Wind  ist  Medium  des  Übergangs;  er  führt  als 
Blindenhund  den  bettelnd  umherirrenden  Planetengreis  Erde, 
dessen  Augen,  Meere,  angefüllt  sind  mit  Tränen. 

Auf  die  Blindheit  der  Erde  wird  auch  in  dem  Gedicht  "Chor  der 
Sterne"  hingewiesen.  Doch  klingt  hier  zugleich  die  Hoffnung 
an,  daß  die  Erblindete  einmal  wieder  sehen  wird: 


-  5  - 


Spr 'in: 


WIR  STERNE,  wir  Sterne 

wir  wandernder,  glänzender,  singender  Staub  - 
Unsere  Schwester  die  Erde  ist  die  B  .inde  geworden 
Unter  den  Leuchtbildern  des  Himmels  - 

« 

Ein  Schrei  ist  sie  geworden 

Unter  den  Singenden  - 

Sie ,  die  Sehnsuchtvollste 

Die  im  Staube  begann  ihr  Werk:  Engel  zu  bilden  - 

Sie,  die  die  Seligkeit  in  ihrem  Geheimnis  trägt 

Wie  goldführendes  Gewässer  - 

Ausgeschüttet  in  der  Nacht  liegt  sie 

wie  Wein  auf  den  Gassen  - 

Des  Bösen  gelbe  Schwefellichter  hüpfen  auf  ihrem  Leib. 

0  Erde,  Erde 

Stern  aller  Sterne 

Durchzogen  von  den  Spuren  des  Heimwehs 

Die  Gott  selbst  begann  - 

Ist  niemand  auf  dir,  der  sich  erinnert  an  deine  Jugend? 

Niemand,  der  sich  hingibt  als  Schwimmer 

Den  Meeren  von  Tod? 

Ist  niemandes  Sehnsucht  reif  geworden 

Daß  sie  sich  erhebt  wie  der  engelhaft  fliegende  Samen 

Der  Löwenzahnblüte? 


Erde,  Erde,  bist  du  eine  Blinde  geworden 
Vor  den  Schwesternaugen  der  Ple jaden 
Oder  der  Waage  prüfendem  Blick? 


-  6  - 


Mörderhände  gaben  Israel  einen  Spiegel 
Darin  es  sterbend  sein  Sterben  erblickte  - 

Erde ,  o  Erde 

Stern  aller  Sterne 

Einmal  wird  ein  Sternbild  Spiegel  heißen. 


Dann  o  Blinde  wirst  du  wieder  sehn! 


Sprecher: 


Erst  muß  die  Zeit  -  der  Embryo  der  Ewigkeit  -  durchlitten, 
muß  das  Leben  verschmerzt  werden,  dann  wird  der  Mensch  aus 
seiner  Verpuppung  erlöst,  verwandelt  durch  Gott,  der  ihn 
entlarvt*  Bis  dahin  verdeckt  Staub  das  Licht,  ist  Leiden 
Versteck  für  das  Licht,  Wege  sind  Umwege.  Im  Tod  flüstert 
das  Samenkorn.  Hinter  den  Horizonten  beginnt  die  leiseste 
aller  Geburten. 


Das  Heimweh  dorthin,  das  sich  lyrisch  immer  wieder  erregend 
manifestiert,  darf  freilich  nicht  mit  fatalistischer  Veit- 
flucht oder  gar  lebensmüder  Jenseitsschwärmerei  verwechselt 
werden: 


Dann  würde  man  Nelly  Sachs  gründlich  mißverstehen.  Sie  ist 
keine  Weltverächterin,  mag  sie  auch  noch  so  weit  auf  ihrer 
Bilderstraße  vordringen.  Nur  wenige  haben  sich  der  Wirklich- 
keit so  entschlossen  gestellt  wie  sie,  die  aufrichtig  be- 
müht ist,  Vergangenheit,  Gegenwart  und  Zukunft  zu  bewältigen. 
Die  Dichterin  kann  und  will  nicht  Kain  der  Verantwortung 
für  den  Brudermord  an  Abel  entheben.  Sie  stellt  die  große 
Frage:  Warum...?  Und  sie  mahnt  eindringlich  die  Völker  der 


-  7  - 


Erde,  nicht  zu  hassen,  nicht  das  Leben  iind  das  Weltall  der 
Worte  zu  zerstören« 


Spr'in: 


KAIN!  Um  dich  wälzen  wir  ims  im  Marterbett:. 

Warum? 

Warxim  hast  du  am  Ende  der  Liebe 

deinem  Bruder  die  Rose  aufgerissen? 

Warum  den  unschuldigen  Kindlein 
verfrühte  Flügel  angeheftet? 

Schnee  der  Flügel 

darauf  deine  dunklen  Fingerabdrücke 

mitgenommen 

in  die  Wirklichkeit  der  Himmel  schweben? 


Was  ist  das  für  eine  schwarze  Kunst 
Heilige  zu  machen? 
Wo  sprach  die  Stimme 
die  dich  dazu  berief? 


Welche  pochende  Ader 
hat  dich  ersehnt? 


Dich 

der  das  Grün  der  Erde 

zum  Abladeplatz  trägt 


Dich 


der  das  Amen  der  Welt 

mit  einem  Handmuskel  spricht  - 

Kain  -  Bruder  -  ohne  Bruder  - 


(Zäs\ir) 


-  8  - 


VÖLKER  DER  ERDE 

ihr,  die  ihr  euch  mit  der  Kraft  der  unbekannten 

* 

Gestirne  umwickelt  wie  Garnrollen, 

die  ihr  näht  und  wieder  auftrennt  das  Genähte, 

die  ihr  in  die  Sprachverwirrung  steigt 

wie  in  Bienenkörbe, 

um  im  Süßen  zu  stechen 

und  gestochen  zu  werden  - 


•  V  •■ 


Völker  der  Erde, 

zerstöret  nicht  das  Weltall  der  Worte, 

zerschneidet  nicht  mit  den  Messern  des  Hasses 

den  Laut,  der  mit  dem  Atem  zugleich  geboren  wurde. 

Völker  der  Erde, 

0  daß  nicht  Einer  Tod  meine,  wenn  er  Leben  sagt  - 

und  nicht  Einer  Blut,  wenn  er  Wiege  spricht  - 


Völker  der  Erde, 

lasset  die  Worte  an  ihrer  Quelle, 

denn  sie  sind  es,  die  die  Horizonte 

in  die  wahren  Himmel  rücken  können 

"uad  mit  ihrer  abgewandten  Seite 

wie  eine  Maske  dahinter  die  Nacht  fcähnt 

die  Sterne  gebären  helfen  - 


AM^i«n9:...I^ylt]m?.eIl.es...Wo.rt Redakteur:.  Hans..Eitter^aim., 


Titel:. 


DAS  LESBARE  UNIVERSUM 
■Über""Le¥en''"imd  Werk  von  lelly  BäcHs 


Reihe: 


Sendetag: .......l Sendezelt/Progr.: 


Autor: .V.„H* E..x...i....t;....z , 

21« 2.0-22 o 00  Ulir 
lo   Programm 


SENDER  FREIES  BERLIN 
Manuskript  produktionsreif 


Dieses  Manuskript  ist  urheberrechtlich  geschützt;  eine  Verwertung  ohne  Genehmigung  des  Autors  Ist  nicht  gestattet.  Insbesondere  darf  das  Manu- 
skript weder  ganz  noch  teilweise  o^eschrieben  oder  in  sonstiger  Weise  vervielfältigt  werden.  Eine  Verbreitung  im  Rundfunk  oder  Fernsehen  bedarf 
der  Zustimmung  des  Senders  Freies  Berlin. 


Sprecher 
Spreclierin 


Sprecher: 


Der  diesjäh-rige  Friedenspreis  des  deutschen  Buchhandels 

wird  am  17«  Oktoher  «  Nelly  Sachs  verliehenoWaren  ^s  hip- 

her  vor  allem  Philosophen  ^and  Wissenschaftler.^  die  den 

» 

Preis  bekame,n,  so  w.lrd  dieses  Mal  eine  Diclite.rin  aueg'^- 
zeichnet o 

Bis  vor  wenigen  Jahren  war  das  Werk  von  Nelly  Sachs  hei  'ins 
kaiuD  bekannte  Eine  erste  Sammliang  ihrer  Ly.rik  erschien  1946 
im  Auf  bau- Verlag  in  Berlin,  eine  zweite  drei  Jahre   dara'jf 


im  Berman-Fischer-Querido- Verlag  in  Amsterdam^  Aber  erst  al  ? 
Ellermann  1957  ^^^  ^^^   Deutsche  Ver.lags^> Anstalt  1959  B'Jcher 
von  ihr  herausbrachten,  wurden  weitere  Kr^^ise  auf  Nelly 
Sachs  aufmerksam«  1961  kam  eine  Gesamtausgabe  der  Gedichte 
im  Suhrkamp-Verlag  heraus;  sie  enthielt  die  Bände  "In  d^^-n 


if 


0(f 


h 


-  2  - 


Wolmungen  des  Todes",  "Sternverdunkelimg"  ^  ^"Und  niemani 
weiß  weiter",  "Flucht  und  Verwandlung"  sowie  zwei  n.ooh.  rdclrrä 
in  Bucliform  erschienene  Zyklen«  Zudem  wurde  Nellj  Sachs  "be- 
kannt mit  einem  Band,  in  dem  ihre  szenischen  DichtUi'ir=jen  ge- 
sammelt sindo  Das  darin  enthaltene  Spiel  ""Eli^''  .firde  laelir- 
fach  als  Hörspiel  gesendet« 


Geboren  wurde  Nelly  Sachs  1891  in  Berlino  Ihre  fraheii  Ar^bei- 


ten  sind  -  während  des  Dritten  Reiches 


verschulleno  Kxr 


vor  Ausbruch  des  Krieges  konnte  sie,  zusaiumen  mit:  llirri 


?  .  .5i 


Mutter,  nach  Schweden  fliehen,o  Selina  LagerlcSi^  ~ta  Hitgliec 
des  schwedischen  Königshauses  und  die  Notelst;ix  >'^iii£  h^^iraa 
ihr,  unterstützten  sie«  Man  ehrte  sie  mit  einem  eo::i:j^eäji'i3'0]:L^'n. 
LiteraturpreiSo  Zurückgezogen  lebt  sie  in  StocldioliSo 

Zum  erstenmal  wieder  nach  Deutschland  kam  sie  1960c  ixm  « 


in  Meersburg  «  den  Droste-Preis  entgegenzun'^hüien  für  ilrr 
lyrdsches  Werk,  das  -  wie  es  in  der  Verltlhun.gaui"kun.d«  Meß 


n 


den  Bogen  schlägt  von  der  Prophetie  des  Alte^x  5\;:ni^s  :3u  den 


Erlebnisbezirken  unserer  Zeit 


.  ?t 


Das  große  Thema  ihrer  Dichtung  ist  das  Schicksal  des  jüdi- 
schen Volkes»  In  den  "Wohnungen  des  Todes"  ^  ihx-fm  ersten 
Band,  spricht  sie  von  den  Konzentrationslagern o  Die  T^xte 
kommen  aus  dem  ganz  persönlichen  Betroff enae."::).«  Ma:!  ark^init 
das  am  deutlichsten  an  dem  Zyklus  "G-ebete  für  -lez:.   t>:^!;-*:i 
Bräutigam",  der  in  dem  Buch  enthalten  ist«  Dan  erste  Gereicht 
dieses  Zyklus  lautet: 


n 


9   ^ 


opr'  'ixii 


Die  Kerze,  die  ich  für  dich  angezündet  habe^ 
Spricht  mit  der  Luft  der  Plammenspr.ache  beben ^ 
Und  Wasser  tropft  vom  Auge;  aus  dem  G-rabe, 
Dein  Staub  vernehmlich  ruft  zum  ew'gen  Leben« 


Sp 


•Vi     • 


-  5  - 


0  hoher  Treffpunkt  in  der  Armut  Zinmero 


Wenn,  ich  nur  wüßt 


e,  was  die  Elemente  meinen. 5 


S) 


Sie   deuten  dich,    denn  alTies  deutet  iiDme 


r* 


Auf  dich;  ich  kann  nichts  tun  als  weinen <, 


Ein  anderer  Zyklus  des  Bandes  heißt s  '^ Grab eahrif teil  in  d.  e 
Luft  geschrieben"  -  in  die  Luft  geschrie'ben  wie  der  Rsuvjh 
•über  den  Verbrennungsöf  en<,  Erinnerung  v^:St   c  as  leben  des 


Hausierers,  der  Markthandlerin^  des  opino ;3al ors oliers ,  aer 
Tlinzerirj,  des  Narren,  der  Schwachsinnigen^  der  Malerin9  de 


Steinsaumlers,  der  Ertrunkenen,  der  Ruhelosen  herauf o  Heren 


Sie  als  Beispiel  das  Gedicht  ''Der  Marionettenspieler 


!f 


•». 


A 


Spr 'ins 


Die  weite  Welt  war  zu  dir  eingegangen 

Mit  Sand  im  Schuh  und  Ferne  an  den  Wangen« 

Am  Sonnenfaden  zogst  du  sie  herein 
Da  ruhte  sie  auf  deinem  Meilenstein o 

Die  Schwalbe  baute  in  Elias  Haaren 

Ihr  Nest;  bis  er  in  Sehnsucht  aufgefahi^eno 

Der  Totengräber  nach  dem  Rätsel  grabend, 
Fand  eine  Jungfrau  in  dem  Rosenabend o 

Das  Zwillingspaaa  aus  Lächeln  und  aus  Weinen 
Versuchte  sich  in  Liebe  zu  vereineno 


So  tanzte  Erde  rund  mit  ihrer  Sternmusik 
Auf  deiner  Hand;  bis  sie  verlassen  schwieg 


-  ^  - 


Spr. : 


Die  Dichtung  von  Nelly  Sachs  ist  erfüllt  von  einem  Pathos , 
das  es  kaiim  sonst  in  der  gegenwärtigen  deutschen  Dichtimg 
gibt,  einem  durch  und  durch  erfüllten  imd  deshalb  notweridi« 
gen  Pathos,  verpflichtet  dem  Geist  jüdischer  Mystiko  Ein 
Volk  erscheint  als  ein  Leib,  der  sich  in  Hauch  a'oflösto  Wir 
lesen  Ihnen  die  Klage,  die  am  Anfang  des  Gedichtbandes  steht s 


Spr  *  in 


0  die  Schornsteine 

Auf  den  sinnreich  erdachten  Wohnungen  des  Todes, 

Als  Israels  Leib  zog  aufgelöst  in  Bauch 

Durch  die  Luft  - 


000 


0  die  Sctornsteine! 

Freiheitswege  für  Jeremias  \ind  Hiobs  Staub  • 
Wer  erdachte  euch  und  baute  Stein  auf  Stein 
Den  Weg  für  Flüchtlinge  aus  Rauch? 

0  die  Wohnungen  des  Todes, 

Einladend  hergerichtet 

Für  den  Wirt  des  Hauses,  der  sonst  Gast  war 

0  llir   Finger, 

Die  Eingangs schwelle  legend 

Wie  ein  Messer  zwischen  Leben  und  Tod  - 


0  ihr  Schornsteine, 

0  ihr  Finger, 

Und  Israels  Leib  im  Rauch  durch  die  Luft! 


Spr  o : 


-  5  - 


Der  Tod  erscheint  als  riesengroßes  Gestirne  Oder  als  ^jiiab« 
sehbarer,  den  Menschen  einkreisender  Valdo  Oder  als  Kapitän 
auf  einem  Schiff.  In  immer  neuen  Bildern  ist  er  auf  diesen 
Seiten  gegenwärtige  Er  bringt  den  schmalen  Streifen  Hellig« 
keit,  der  das  Leben  ist,  zum  Verlöschen^  aber  es  heißt  auchs 


n 


Und  ihr  werdet  hören,  durch  den  Schlaf  hindurch  /  Verde t 


ihr  hören  /  Wie  im  Tode  /  Das  Leben  beginnt'^  o  ünuberhcrbar 
der  Anruf,  der  aus  Nelly  Sachs •  Gedichten  auf  de.n  Lesenden 
zukommt,  ixnüberhörbar  das  Beschwörende  dieser  Strophens 


Spr • in  2 


Wer  aber  leerte  den  Sand  aus  euren  Schuhen, 

Als  ihr  ziim  Sterben  aufstehen  mußtet? 

Den  Sand,  den  Israel  heimholte, 

Seinen  Wandersand? 

Brennenden  Sinaisand, 

Mit  den  Kehlen  von  Nachtigallen  vermischt^ 

Mit  den  Flügeln  des  Schmetterlings  vermischt, 

Mit  dem  Sehnsuchts staub  der  Schlangen  vermischt, 

Mit  allem,  was  abfiel  von  der  Weisheit  Salomos  vermischt^ 

Mit  dem  Bitteren  aus  des  Wermuts  Geheimnis  vermischt  « 


0  ihr  Pinger, 

Die  ilir  den  Sand  aus  Totenschuhen  leertet, 

Morgen  schon  werdet  ihr  Staub  sein 

In  den  Schuhen  Kommender I 


-  6  - 


Spr  o  2 


Nicht  zu  übersehen  ist  das  Weitausgreifende  in  der  Lyrik: 
dieser  Frau«  Beda  Alleman  hat  in  einem  ausgesaiclmeten  Auf-» 
sats  «  er  steht  in  dem  Suhrkamp-Buch  "Nelly  Sachs  zu  Ehjt?en"\ 
in  dem  eine  Reihe  vorzüglicher  Arbeiten  vereiriigfc  sind  - 
darauf  hingewiesen,  daß  das  Werk  der  Nellj  Sachs  im  Ralimen 
der  Nachkriegs-Lyrik  als  die  Wiederauf nahriie  der  kosiai sehen, 
Dichtung  mit  modernen  Mitteln  bezeichnet  werden,  kann 5  daß 
der  mystische  Atem  des  Buches  £l  lar^  jenes  Haupt teils  der 
Katbala^  der  als  Kommentar  zum  lentateuch  angelegt  Ist^  in 
ihren  Gedichten  lebt;  daß  es  in  dieser  l)ic'b.üurg;  iMner  wieder 
darttm  g'ehe,  die  Sprache  der  Toten  zu  sprechen^  '^Mn  Racken 
des  Todes  einen  Acker  zu  bestellen"  ^  einem  gehe iüinis vollen 

und  entschwundenen  Alnhabet  eine  Artikulation  abz^ugewir^x^en; 

> 
daß  das  Gesicht  der  Erde  in  dieser  Lyrik  ein  ausgesprochenes 

Wüsten-  und  Totenantlitz  ist,  kaum  je  anders  als  in  den  harten 

Varianten  von  Stein^  Sand  und  Staub  erscheint« 

Hören  Sie  in  diesem  Zusammenhang  bitte  das  rolgende  Gedicht 
aus  dem  Band  "Sternenverdunkelung" s 


Spr •in: 


Erde, 

alle  Saiten  deines  Todes  haben  sie  angezogene, 

zu  Ende  haben  sie  deinen  Sand  gtküßtj 

der  ist  schwarz  geworden 

von  soviel  Abschied  und  soviel  Tod  bereiteno 


-  7  - 


Oder  fühlen  sie,  daß  du  sterben  mußt? 

Die  Sonne  ihr  Lieblingskind  verlieren  wird^ 

und  deine  Ozeane, 

deine  schäumenden,  licht entzündeten  Vasserpferde 

an  den  Mond  geseilt  werden, 

der  in  azurgefärbter  Nacht 

ein  neues  Becken  für  die  Sehnsucht  weiß? 

Erde, 

viele  Wunden  schlagen  sie  in  deine  Rinde, 

deine  Sternenschrift  zu  lesen, 

die  in  Nächte  gehüllt  ist  bis  zu  Seinem  Thron  hinauf 

Aber  wie  Pilze  wachsen  die  kleinen  Tode 


an  ihren  Händen 


o  o  o 


o  •  • 


Erde , 

wenn  auch  ihre  Liebe  ausgewandert  ist, 

ihre  Brände  ausgebrannt, 

und  es  leise  geworden  ist  auf  dir  und  leer  « 

vielleicht  augenlose  Stelle  am  Himmel, 

darin  andere  Gestirne  zu  leuchten  beginnen 

bienenhaft  vom  Dufte  des  Gewesenen  angezogen  « 

4 

SO  wird  dein  namenloser  Staub,  den  sie  benannt, 
dem  sie  Ss.   viele  Vandernamen  gaben 
dTirch  sie  ins  Gold  der  Ewigkeit  gemünzt, 
doch  seine  selige  Heimat  haben. 


-  8  - 


Spr«  i 


Wer  mit  dem  Unters tat ement  der  zeitgenössischen  Lyrik  Ter= 
traut  ist,  wer  sich  eingehört  hat  in  dieses  auf  weite 
Strecken  in  lakonische  Sprechen,  sieht  sich  in  den  Gedicht. 
Räumen  von  Nelly  Sachs  Vorstellungen  und  Vokabularen  Forma- 


en  Tag 


tionen  gegenüber,  die  eine  ganz  neue  Anstrengung  des  Ver- 
Stehens  fordern.  Daß  ein  Gestirn  erlischt  und  an  anderer 
Stelle  wieder  entzündet  wird;  daß  Schritte  an  das  Rätsel 
der  Erde  klopfen;  daß  der  Tod  in  sein  blutverwirrtes  Fest 
heimkehrt;  daß  die  Träne  ihre  Sehnsucht  verschläft  zu  fli€.:3en 
daß  der  Schlaf  wie  Rauch  auszieht  aus  dem  Leib  5  daß  die  Haoht 
der  Friedhof  für  den  Schiffbruch  der  Sterne  ist;  daß  der 
Hahnenschrei  vom  Mond  aufgezogen  ist;  daß  man  auf  den  Feldern 
das  Kraut  der  Entzweiung  pflanzt;  daß  die  Wunde  zwisch 
und  Facht  unser  Wohnort  ist;  daß  die  Propheten  den  Tierkreis 
als  Blumenkranz  ums  Haupt  gewunden  haben;  daß  Augen  tief  in 
den  Schädel  sinken  wie  Höhlentauben  in  die  Facht »  daß  das 
Sternbild  von  Hiobs  Blut  einmal  alle  aufgehenden  Sonnen  er- 
bleichen lassen  wird;  daß  die  BruDen  Israels  Tagebücher  sind- 
daß  die  Zeit  vom  Heimweh  des  Menschen  wie  eine  Muschel  rauscht 
daß  eine  Mutter  mit  ihrer  Geburt  wie  mit  einer  Insel  allein 
ist;  daß  man  den  Tod  mit  einer  Leiter  aus  Heimweh  übersteigt  ^ 
das  alles  sind  Funde,  die  aus  einer  unvergleichlichen  Radika» 
lität  des  Denkens  und  Sehens  kommen,  aus  einem  Schmerz,  der 
buchstäblich  jedes  Wort  lenkt.  Selbst  in  Gedichten,  in  denen 
ein  vergleichsweise  einfaches  Motiv  Sprache  wird,  öffnet;  sich 
sofort  ein  Bereich,  der  über  Jede  mögliche  Beschreibung  hinaus« 
weist.  Als  Beispiel  dafür  lesen  wir  Ihnen  das  Gedicht  •'Schmet- 
terling": 


-  9  - 


Spr'in: 


Welch  schönes  Jenseits 

ist  in  deinen  Staub  gemalt« 

Durch  den  ]la  unenkern  der  Erde, 

durch  ihre  steinerne  Schale 

wurdest  dr  gereicht, 

Absch^edsv/ebe   in  der  Vergänglichkeiten  Maß 

Schmetterling, 

aller  Wesen  gute  Nacht o 

Die  Gewichte  von  Leben  und  Tod 

senken  sich  mit  deinen  Flügeln 

auf  die  Rose  nieder 

die  mit  dem  heimwärts  reifenden  Licht  welkt 

Welch  schönes  Jenseits 
ist  in  deinen  Staub  gemalt • 
Welch  Königszeichen 
im  Geheimnis  der  Luft. 


Spr  •  s 


Der  Schmetterlinge  Die  ^'Gewichte  von  Leben  und  Tod^'\  Welche 
irjiere  Spannung •  Je  tiefer  Nelly  Sachs  in  ihi:^e  Sprache  ein- 
dringt, desto  mehr  wird  ihre  Dichtung  zu  einer  arprobung 

* 

der  Möglichkeit  irdischer  Existenz  überhaupt.  Leb'n  imd  Tod, 
Hier  und  Dort,  treten  immer  deutlicher  als  die  ent3cheidendf.n 
die  Meditation  und  die  Bilder  weitertreibenden  Begriffe  her- 
vor; 


-  10  - 


Spr ' in : 


Du 

in  der  Nacht 

mit  dem  Verlernen  der  Welt  Beschäftigte 

von  weit  weit  her. 

Dein  Finger  die  Eisgrotte  bemalte 

mit  der  singenden  Landkarte  eines  verborgenen  Meeres 

das  sammelte  in  der  Muschel  deines  Ohres  die  Noten 

Brücken-Bausteine 

von  Hier  nach  Dort 

diese  haar genaue  Aufgabe 

deren  Lösung 

den  Sterbenden  mitgegeben  wird« 


Spr«  i 


Man  sieht,  wenn  man  dieses  Gedicht  vergleicht^  mit  dem  Gebet 
für  den  toten  Bräutigam,  das  wir  Ihnen  zu  Beginn  lasen,  i^/ie 
weit  Felly  Sachs  in  einen  Bereich  gelangt  ist,  in  dem  das 
Wort  menschliches  Schicksal  überhaupt  meint,  auch  wenn  sich 
die  Dichterin  durch  das  "Du"  am  Anfang  selbst  anspricht.  Die 
Sprache  ist  gekennzeichnet  durch  ein  Ineinander  v^n  überzeu- 
gender "Abstraktion"  imd.   einer  Metaphorik,  die  von  Härte  uri 
Genauigkeit  leuchtet.  Berühmt,  viel  zitiert  ist  der  Anfang 
der  zitierten  Strophe:  "Du  ...  /  mit  dem  Verlernsn  der  Welt 
Beschäftigte".   Aber  auch  dies  ist  unvergeßlich?  "Br'ücken» 
Bausteine  /  von  Hier  nach  Dort  /  diese  haargenaue  Aufgabe  / 
deren  Lösung  /  den  Sterbenden  mitgegeben  wird". 

Die  Sterbenden  befinden  sich  auf  der  Flucht,  aus  diesem  in 
ein  anderes  Leben.  Wenn  Nelly  Sachs  von  Flucht,  von  Flucht- 


-Il- 


lingen spricht,  tut  sie  es  zunächst  im  Zusammenhang  mit  dem 
Schicksal  Israels •  Aber  zugleich  verweist  sie  damit  auf 
menschliche  Existenz,  menschliche  Hinfälligkeit  überhaupt o 
In  dem  Band  "Und  niemand  weiß  weiter"  heißt  es  etwas 
"Das  ist  der  Flüchtliiife  Planetenstunde  /  Das  ist  der  Flücht- 
linge reißende  Flucht  /  in  die  Fallsucht,  den  Todl"^ 
An  anderer  Stelle  ist  von  Opfern  und  Henkern  die  Rede^  von 
Gejagten  und  Jägern«  Selbst  die  Nacht,  die  Dunkelheit ^  er-» 
scheint  als  Jäger: 


Spr • in  t 


In  einer  Landschaft  aus  Musik, 

in  einer  Sprache  nur  aus  Licht, 

in  einer  Glorie, 

die  das  Blut 

sich  mit  der  Sehnsucht  Zunge  angezündet 


9 


dort,  wo  die  Häute, 

Augen,  Horizonte, 

Wo  Hand  und  Fuß 

schon  ohne  Zeichen  sind, 

dort  wo  des  Sandelbaumes  Duft 

schon  holzlos  schwebt 

und  Atem  baut  an  Jenem  Räume  weiter, 

der  nur  aus  übertret'nen  Schwellen  ist  - 


..*•■ 


Hier  wo  ein  rotes  Abendtuch 
den  Stier  des  Lebens  reizt 


bis  in  den  Tod» 


-  12  - 


Hier  liegt  mein  Schatten, 
eine  Hand  der  Nacht, 

die.  mit  des  schwarzerj.  Jägers  Jagegeist 
des  Blutes  roten  Vogel 
angeschossen  hat« 


Spr 


o 
o  o 


Werner  Weber  hat  in  einem  Aufsatz  -  in  dem  bereits  erwälmtsn 
Buch  "Nelly  Sachs  zu  Ehren"  -  vom  Thema  der  Flucht  in  ihrem 
Werk  gesprochen:  "Ihre  Welt  scheint  beherrscht  von  der  unhol^ 
den  Gewalt  der  Austreibung;  immer  fort  vom  gedeckten  Ort« 
Ihr  Ziel  ist  das  Gehen;  das  Unterwegs  ist  ihre  Unterkaofto 


In  der  Veränderung  hat  sie  ihre  Heimat 


o  o  o 


Jede  Ankunft  ist 


ein  Tod  und  also  gleich  ein  Beginnen  » . »  Wandern  und  Fahren, 
einst  eine  Figur  der  Sehnsucht,  ist  eine  Figur  der  Verfol- 
gung geworden;  dort  zog  den  Menschen  eine  Kraft,  da  stoßt  ihn 
die  Gewalt  im  Rücken  an.  Das  Fahren  ist  dem  Flüchten  gewichen 
Im  Flüchten  erkennt  die  Gegenwart  ihre  eigene,  genau  sprecher- 
de Gebärde.  Bliebe  es  dabei  -  beim  Melden  der  Flucht  -  dann 
wirkte  die  Dichtung  der  Nelly  Sachs  gewiß  mitten  aus  der 
Epoche  und  trüge  ein  denkwürdiges  Dat-om  und  würde  es,  sc  ein- 
gfla  sen  in  die  Gelegenheiten  einer  Stunde  der  Geschichte, 
vielleicht  nicht  mehr  los.  Aber  diese  heutige  Dichterin, 
offen,  nein:  ausgesetzt  dem  Jetzt  und  dem  Hier  \md  im  Besit.3 
uralter  Erinnerui^en  vom  Wege  des  Menschengeschlechts, 
mystisch  erfahren  im  Aufschwung  und  in  Abstürzen:  Nellv  Sachs 
denkt  die  schreiende  Figur  der  Flucht  in  die  singende  Figur 
des  Tanzes  hinüber." 


«  13  - 


Spr^in: 


Einmal  aufmerksam  geworden,  wird  man  entdecken,  daß  von  der 
Musik,  vom  Tanz  in  den  verschiedensten  Zusammenhajigen  g«« 
sprechen  wird.  Vor  allem  Sand  und  Stein  verwandeln  sich  immer 
wieder  in  Musik. 


In  der  blauen  Ferne, 
wo  die  rote  Apfelbaumallee  wandert 
mit  himmelbesteigenden  Wurzelflüssen, 
wird  die  Sehnsucht  destilliert 


für  alle  die  im  Tale  leben 


Die  Sonne,  am  Wegesrand  liegend 

mit  Zauberstäben, 

gebietet  Halt  den  Reisenden. 

Die  bleiben  stehn 

im  gläsernen  Albtrauir , 

während  die  Grille  fein  kratzt 


am  Unsichtbaren 


und  der  Stein  seinen  Staub 
tanzend  in  Musik  verwandelt 


Spro  t 


Man  wird,  je  mehr  man  sich  einliest,  desto  häufiger  auch  Be« 
griffen  und  Bildern  wie  "Geometrie",  "Sterngeometrie'S  ^'Geo- 
metrie des  Weltalls"  begegnen.  Die  innere  Korrespondenz  mit 
den  Bereichen  Musik  und  Tanz  liegt  auf  der  Hando  Eine  Lai  d« 
Schaft  erscheint  in  geometrischen  Grundformen,  ein  Tag,  das 
Leben  eines  Menschen.  Immer  wieder  wird  hingewiesen  auf  die 


-  1^  - 


"Zeichnung"  der  Dinge,  die  Zeichnxing  eines  Blatts,  die 
"Sternenzeichniing"o  Reicht  die  Zeichnung  in  die  Tiefe  der 


Zeit  zurück^  so  wird  sie  zur  "Zeichnung  der  Geologie 


38 


Ist  die  Tiefe  menschlicher  Erfahrung  gemeint,  so  entsteht 
die  "Geistergeologie  der  Liebe" : 


Spr*in: 


Vergebens 

verbrennen  die  Briefe 

in  der  Nacht  der  Nächte 

auf  dem  Scheiterhaufen  der  Flucht, 

denn  die  Liebe  windet  sich  aus  ihrem  Dornenstrauch 

und  beginnt  schon  mit  Flammenzungen 

ihren  unsichtbaren  Himmel  zu  küssen, 

wenn  Nachtwache  Finsternisse  an  die  Wand  wirft 

und  die  Luft 

zitternd  vor  Ahnungen 

mit  der  Schlinge  des  anwehenden  Verfolgers 

betet: 


Warte 


bis  die  Buchstaben  heimgekehrt  sind 

aus  der  lodernden  Wüste 

und  gegessen  von  heiligen  Mündern 

Warte 

bis  die  Geistergeologie  der  Liebe 

aufgerissen 

und  ihre  Zeitalter  durchglüht 

und  leuchtend  von  seligen  Fingerzeigen 

wieder  ihr  Schöpfungswort  fand» 


-  15  - 


Spr  o : 


Geistergeologie  der  Liebe  -  das  erinnert  uns  an  einen  Satz 


der  Dichterin,  in  dem  sie  am  deutlictLsten  das  Ziel  des  Me 


•*■>. 


sehen,  ihr  eigenes  Ziel  im  besonderen,  genannt  hats 
"Wir  sind  betroffen,  auf  Erden  zu  leben  und  die  ungeheuere 
Aufgabe  durchzuführen,  diesen  Stern  zu  durchschmerzen  -  zu 
durchlieben  -  bis  er  durchsichtig  wird,  von  unserem  gesagten 
oder  ungesagten  Wort  durchzogen  -,  dieser  Geheimsctirif t^  mit 
der  wir  ein  unsichtbares  Universum  lesbar  machen  für  ein 
göttliches  Auge«" 

Ein  für  das  Verständnis  der  Dichtung  dieser  Frau  entscheiden« 
der  Satz*  Das  menschliche  Wort  wird  als  Geheimschrift  ver« 
standen,  mit  der  wir  unser  Leben,  unseren  Traum^  unsere  inne- 


esbar 


re  Welt,  das  "unsichtbare  Universum"  sichtbar  machen^ 
für  ein  "göttliches  Auge"«  Gewiß,  dieses  unsichtbare  Univer« 
sum  sichtbar  zu  machen,  ist  Aufgabe  aller  Dicht^ongo  Unver- 
kennbar aber  ist,  daß  Nelly  Sachs  mit  einer  ganz  spezifischen 
Radikalität  arbeitet  und  dabei  zu  einer  ^'Lesart'^  gelar  gt  ist  .3 
die  es  vorher  nicht  gegeben  hat,  zu  einem  unvergleichlichen 
Verstehen  jener  "knospenden  Welten",  von  denen  in  den  folger« 
den  Strophen  gesprochen  wird: 


Spr • in: 


Im  Park  Spazierengehen  - 

vorbei  an  den  Wegweisern,  die  Sternbilder  Unruhe 

mit  N-ummern  bezeichnen 

wo  in  den  Krankensälen  das  Sterben  liegen  blieb 

vielleicht  schon  in  die  Hierarchie  der  hohen  Werke  einge 


gangen  '- 


-  16  - 


mm  im  Fielen  - 

die  Glieder  schon  außer  sich. 

das  neue  Zeitalter  der  lippenlosen  Sprache  des  Wachstums 

zu  ergreifen 

die  rauschende  -  duftende  -  malende  - 

Der  Fuß  in  der  Tra\imkunst  des  Schwedens  untervtfiesen 

von  der  sprengenden  Kraft  des  Durkels. 

Davids  Tanz 

vor  dem  Mirakel 

die  knospenden  Welten  in  der  Bundeslade  führend  - 


!pr. : 


Wie  in  ihren  Gedichten  zeigt  Nelly  Sachs  in  ihren  szenischeii 
Dichtungen  -  sie  erschienen  unter  dem  Titel  "Zeichen  im  Sand" 
-  das  Schicksal  Israels  als  Gleichnis  menschlicher  Existenz  . 
überhaupt.  Am  überzeugendsten  in  dem  von  Alfred  Andersch  für 
den  Funk  entdeckten  Spiel  "Eli",  das  den  Untertitel  "Ein 
Mysterienspiel  vom  Leiden  Israels"  trägt.  Es  handelt  sich  ux 
eine  Folge  von  Bildern,  eine  Meditation,  ein  auf  Rollen  ver» 
teiltes  Gedicht  vom  Mord,  den  ein  deutscher  Soldat  in  Polen 
an  einem  jüdischen  Jungen  Eli  begeht;  ein  obiger  3chura!^.acher , 
Michael,  sucht  den  Mörder.  In  ihren  kurzen  Ei laut eräugen  su 
dem  Text  schreibt  Nelly  Sachs,  daß  es  sich  bei  dem  Schuhmacher 
-  nach  der  chassidischen  Mystik  -  um  einen  der  sechs-onddreiSig 
'Gottesknechte  handle,  die  das  "unsichtbare  Universyjä"  tragen . 

* 

Die  Szenerie  des  ersten  Bildes:  der  Marktplatz  eine-  kleinen 
polnischen  Stadt.  Die  Häuser  in  Ruinen.  An  einem  Brunnen 
arbeitet  ein  Mann.  Die  Wäscherin  kommt,  trägt  einen  Krrrb  Kit 


Bleichwäsche,  sagt  in  "singendem  Ton 


tt  • 


-  17  - 


SprHns 


Komm  von  der  Bleiche,  der  Bleiche, 

hab'  Sterbewäsche  gewaschen, 

dem  Eli  das  Hemd  gewaschen, 

Blut  herausgewaschen,  Schweiß  herausgewaschen 

Kinderschweiß  -  Tod  herausgewaschen  »o 


9 


Spr*  i 


Zu  dem  Mann: 


Spr • in 


• 


Will  es  zu  dir  tragen,  Samuel, 

in  die  Kuhgasse  tragen  zum  Abend, 

wo  die  Fledermäuse  in  der  Luft  herumblättern^ 

wie  ich  blättere  im  Bibelbuch, 

um  das  Klagelied  zu  suchen,  darin  es  raucht^ 

darin  es  brennt  und  die  Steine  herunterfallen  «o 

Das  Hemd  von  deinem  Enkel  will  ich  zu  dir  tragen 

vom  Eli  das  Hemd  - 


Spr* : 


Sie  berichtet,  was  vorgefallen  ists  daß  man  Eiis  Eltern  aloge 
holt  hat,  daß  er  ihnen  nachgelaufen  ist  im.  Nachthemd ,  in  der 
Hand  die  Pfeife,  mit  der  er  den  Lämmern  ijind  Kälbern  ge*» 
pfiffen  hato 


Spr "ins 


Und  als  der  Eli  sah, 

mit  seinen  achtjährigen  Augen  sah, 

wie  sie  antrieben  seine  Eltern, 

durch  die  Kuhgasse,  die  Kuhgasse, 

hat  er  die  Pfeife  an  den  Nund  gesetzt  und  hat  gepfiffen 


-  18  - 


Und  niclit  tiat  er  gepfiffen 

wie  man  pfeift  dem  Vieh  oder  im  Spiel, 

sagte  die  Witwe  Rosa,  als  sie  noch  lebte 

den  Kopf  hat  er  geworfen  nach  hinten, 

wie  die  Hirsche,  wie  die  Rehe, 

bevor  sie  trinken  an  der  Quelle» 


9 


Zum  Himmel  hat  er  die  Pfeife  gerichtet 
zu  Gott  hat  er  gepfiffen^  der  Eli, 


sagte  die  Witwe  Rosa,  als  sie  noch  lebte 


Spr  o  s 


Ein  Soldat  sei  mit  im  Zuge  gegangen,  der  ha.be  Eli  mit  dem 
Kolben  seines  Gewehrs  erschlagen. 

So  also  der  Anfang  des  Spiels.  Der  Ton  verrät  die  Nahe  der 
Gedichte,  ist  aber  deutlicher  von  "realea^^  Vorgängen  be- 
stimmt. Zunächst  wenigstens.  Denn  während  der  Suche  Michaels 
nach  dem  Mörder  greift  die  Sprache  stellenweise  wieder  in 
eine  Bildwelt,  die  von  der  vorgegebenen  nicht  auf  direkte 
Weise  abzuleiten  ist.  Der  Mörder,  als  er  gefunden  ist,  sagts 


Spr 'ins 


Wenn  er  den  Kopf  nicht  nach  hinten  gewo:  f en  hätte  5 

so  hätte  ich  ihn  nicht  erschlagen, 

der  Milchzahn  wäre  nicht  mit  der  Pfeife  heiwmsgefalleii! 

Aber  -  das  war  gegen  die  Ordnung  - 

den  Kopf  nach  hinten  zu  werfen  « 

das  mußte  zurechtgerückt  werden. 

Und  wohin  hat  er  gepfiffen?. 

Ein  heimliches  Signal? 

Ein  Zeichen  durch  die  Luft  - 

außerhalb  Jeder  Kontrolle  - 


^  19  - 


Hilfe,  Schuhmacher, 
der  Milchzahn  wächst  aus  der  Erde  - 
beginnt  mich  anzuknabbern  - 
durch  meine  Schuhe  hindurch  - 
meine  Füße  zerfallen  ~ 


werden  Erde  - 


Spr  o : 


Der  Mörder  begirjit  zu  Schreiens 


Spr " in 


Wo  ist  da  die  Ordnung,  die  Weltordnung 

Ich  bin  am  Leben, 

ich  bin  nicht  tot  - 

nicht  gehangen  « 

nicht  verbrannt  - 

nicht  lebendig  in  die  Erde  geworfen  - 

es  ist  ein  Irrtum,  ein  Irrtum, 

ich  zerfalle,  zerfalle  - 

Ich  bin  ein  Stumpf  - 

sitze  aif  dem  Sand, 

der  soeben  noch  mein  Fleisch  war  - 


Spr 


o  o 


"Surreale"  Vorstellungen  treiben  die  Sprache  weiter ^  suchen 
das  Entsetzliche  zu  fassen.  Schien  es  zii  Anfaj^g  des  Spiels c, 
als  sollten  deutlich  iimgrenzte,  beschreibbare  ßzen%n   ent- 
stehen, so  wird  im  weiteren  Verlauf  erkennbar c>  daß  die  'lra:,i- 
samkeit  des  Geschehens  derartige  Begrenzungen  durcLbricht  ^ 
sich  im  autonomen  Wort,  in  der  Wort-Reihung,  im  Schrei  arti* 
kuliert. 


-  20  - 


Als  "Spiel  von  Jägern  und  Gejagten"  bezeichnet  Nelly  Sachs 
auch  den  Text  "Abram  im  Salz"»  Abgestimmt  ist  er  auf  swei 
Sätze,  die  sie  vorangestellt  hat;  "Bei  den  Ausgrabungen  in 
Ur  fand  man  oft  auf  der  Erde  den  Abdruck  \ind  das  Muster  von 
Gegenständen,  die  selbst  gänzlich  in  Staub  zerfallen  waren» 
Es  war  die  Schrift  des  schon  unsichtbar  Gewordenen,  die  man 


zu  lesen  versuchte 


it 


.  I       f 


>.  I 


Im  Prolog  zu  dem  Stück  heißt  es,  der  Ausgräber  lese  in  der 
"Bibel  des  Staubs" .  Von  einem,  zerfallenen  Gerippe  ist  die 

I 

Rede  und  einer  goldenen  Kette»  "Der  Hals  der  tiaxlich  / 
zwischen  dem  Geschmiede  einging  /  in  seine  Nachtexistenz  / 


ließ  immer  noch  /  nebelgraues  Gedenken  zurück 


Aufschlußreich  die  Regieanweisung  zur  ersten  Szene.  Die  Bilder 
stiegen  "gobelinartig"  auf,  notiert  Nelly  Sachs.  Eine  Salz- 
landschaft nach  der  Sintflut  soll  auf  der  Bühne  erscheinen | 
im  Hintergrund  ein  Tempelturm  wie  eine  Riesenwurzel  als 
bläulicher  Schatten. 

Und  in  ihren  Anmerkungen  zu  der  Arbeit  betont  die  Dichterin, 
das  Bühnenbild  solle  "stets  aus  weiten  Fernen  koamen" ,  ss 
solle  nur  in  Umrissen  deutlich  werden,  in  dieser  Hinsic:ht 
vergleichbar  den  Jagdszenen  der  Eiszeithöhlen.  Die  SalzlaLd» 
Schaft  solle  abstrakt  wirken,  "ein  Skelett  aus  Weix^"'» 


Besondere  Bedeutung  in  dem  Stück  kommt  dem  Jägerkönig  Kimrod 
zu,  der  die  "Dürstenden"  verkörpert,  der  auf  der  "Suche  nach 
einem  Dahinter"  ist.  Seine  Jagdbeute  ist  der  Tierkreis. 


-  21  - 


Als  er  in  der  vierten  Szene  auftritt,  ist  er  in  eine  Rauch- 
wolke gehüllt,  trägt  er  Stierhörner  und  ein  rotes  Pello  Er 


durchbohrt  die  Nacht  mit  einem  Pfeil,  "in  Raserei 


»c 


9      JLXX   XUCXk^C^J.  ^X.    C)    Wie    6S 


heißt,  und  sagt: 


Sor'ins 


Die  Stimme  fangen 
Das  neue  Wort  fangen 
Ich  bin  der  neuen 
Wörter  König! 


•  •  • 


In  die  Wurzel  der  Rächte  ziele  ich 

in  die  W-urzel  der  Lüfte  ziele  ich 

Die  Pfeile  kommen  zurück       i 

mit  neuen  Worten 

Gazellenworten 

Hyänenworten 

Stierworten 


Spr 


e  • 


Die  Nacht  erscheint  als  der  Grund,  in  dem  die  Worte  zn   Hauöe 
sind.  Nimrod  jag'fc  mit  Pfeilen  nach  ihnen.  Er  ist  auf  der 
Suche  nach  den  "neuen  Worten". 


Nimrod  ist  also  der  Jäger.  Aber  zugleich  der  Ge^jagt.e.  Ge^jagt 

von  wem?  Vom  "Durstgeist"  Lilitu.  Nimrod  fragt  ihns  "Wer 

bist  du  denn  /  der  mich,  den  Jäger,  jagt?"  Lilitu  antwortet: 

"Ich  bin  der  Durst  auf  eine  neue  Zeit  -"  Der  Durst  auf  ftine 

neue  Zeit.  So  wie  Nimrod  von  ihm  getrieben  wird,  so  wird 

der  tote  Abram  von  der  Stimme  seiner  Mutter  "gejagt'' s  er  solle 

helfen,  die  neue  Zeit  zu  schaffen.  Nachdem  es  zunächst  noch. 

von  ihm  heißt,  er  sei  abwesend  ("Mit  allen  Umwegen  konane  ich", 

sagt  er  von  fern),  ist  die  Antwort  auf  den  letzten  Ruf  seiner 
Mutter: 


-  22  - 


SprHn: 


Jage  mich,  jage  mich 
durch  die  Feuer  der  Sonne 
Jage  mich,  d^^ge  mich 

* 

durch  die  Todesflöten  des  Mondes 
Alle  Horizonte  zerreiße  ich 
wie  Leichentücher. 


Spro  s 


Und  an  anderer  Stelle,  kurz  davor,  sa^t  er 


Spr'in: 


Ich  breche  aus  den  Wänden 

aus  den  Dächern 

Ich  breche  aus  dem  grünumrandeten  Schlaf 

Ich  breche  aus  den  Meeren 


aus  den  Feuern  - 


Spro  s 


Ein  schwieriges  Stück,  vor  allem  wohl,  weil  die  entscheiden- 
den Begriffe,  vor  allem  "Jäger"  und  '^Gejagter''''  in  selr  eigen- 
williger Bedeutung  gebraucht  werden •  Zudem s  wie  weit  sind 
wir  fort  von  jeder  vertrauten  Dramaturgie o  Nellj  Sa^hs  selbst 
bezeichnet  das  Spiel  als  "Kulttheater",  das  ^^elementartn 
Gefühlen"  Ausdruck  verleihen  solle o  Beheimatet  sei  es  in  Ur 
in  Chaldäa,  zur  Zeit  des  Mondkultes o  Ein  Hinweis  wiederum 
darauf,  wie  tief  in  historisches  Bewußtsein  hinein  die 
Wurzeln  ihrer  Dichtung  reicheno  « 


Vierzehn  dieser  Spiele  sind  in  dem  Band  "Zeichen  im  Sani" 
versammelt*  Einige  davon  haben  nur  wenige  Seiten  Umfang o 
Auf  der  Bühne  werden  diese  Dichtungen  schwer  zu  realisieren 


-  25  - 


sein.  Ganz  erschließen  sie  sich  erst  beim  Leseno  Aufschloß« 


reich  sind  die  Untertitel o  Etwa:  "Versuch  eines  Ausbrue'^^s 


n 


-?t 


"Ein  Delirium  aus  Einsamkeit",  "Ein  Spiel  von  der  Freiheit' 


9 


St 


Einige  Szenen  aus  der  Leidensgeschichte  der  Erde^"«  Die  sen« 


tralen  Themen  der  Dichtung  von  Nelly  Sachs  sind  unschwer  darin 
wiederzuerkennen« 


Das  Bild  wäre  unvollständig,  würde  man  nicht  hinweisen  au 
die  Arbeit,  die  Nelly  Sachs  als  Übersetzerin  schwedischer 


4?» 
±. 


Lyrik  ins  Deutsche  tut«  Bisher  hat  sie  zwei  Anthologie 


herausgebrachte  19^7  -  im  Aufbau-Verlag  -  den  B-and  ''^Von  Welle 
und  Granit",  zehn  Jahre  später  -  im  Büchner-Veriag^  Darmstadt 


-  die  Sammlung  "Aber  auch  diese  Sonne  ist  heimatlos 


falls  im  Büchner-Verlag  veröffentlichte  sie  -  unter  dem 
Titel  "Der  Schattenfischer"  -  einen  Band  Gedichte  von  Johannes 
Edfelt,  bei  Suhrkamp  eine  Auswahl  von  Gunnar  Ekeiof ^  in  der 
von  Enzensberger  herausgegebenen  Reihe  "Poesie^ o 


Was  die  Übertragungen  von  Nelly  Sachs  auszeichnete»  ist  die 
Tatsache,  daß  den  schwedischen  Gedichten  zu  eigener  Aus« 
drucksfülle  kommende  deutsche  Gedichte  gegenübersteherio  Man 
spürt  deutlich  den  menschlichen  und  kons  tierischen  ^"'Einsatz 


1/0 


der  großen  Vermittlerin*»  Einige  der  übersetz'  i'j:.  Gediciht 


e 


zeigen,  wie  nah  sich  darin  zwei  Erfahrungswelten  sind;  einige 
entsprechen  im  Ton  der  Lyrik  von  Nelly  Sachs  in  so  hohem 
Maße,  daß  man  sie  ihr  zuschreiben  könnte,  wußte  man  die 
Namen  der  Autoren  nicht» 


-  2^  - 


Die  Lyrik,  die  szeniscilen  Diclitimgen,  auch  die  Übertragxingen 
-  das  alles  weist  zurück  auf  ein  intensives  Leiden,  das 
seinen  Grund  hat  in  dem  entsetzlichen  Schicksal  dieser  Frau, 
zu  einem  Leiden  am  Hiersein  überhaupt  wurde.  Der  schwedische 

I 

Dichter  Ragnar  Thoursie  bezeichnet  sie  als  eine  Schwester 
Kafkas.  Karl  Schwedhelm  hat  hervorgehoben,  daß  sie  trotz  der 
äußersten  Schändung  des  Menschenbildes  in  den  Lagern  nicht 
anklagt,  sondern  klagt;  daß  in  ihrer  Dichtung  die  Formel 
eines  bildlosen  Glaubens  hervortritt,  dem  das  Wort  Gefäß 
aller  Bilder  bedeutet;  daß  ihre  Dichtung  der  Entrückung 
jüdischer  Mystik  ähnlich  ist,  für  die  das  Wort  der  dem 
Menschen  mögliche  Weg  zu  wortloser  Vollkommenheit  ist.  - 

Ein  durch  seinen  Schmerz  und  seine  Einsamkeit  ergreifendes 
Werk,  in  dem  An-  und  Abwesenheit,  Nähe  und  Ferne,  Schrei 
und  Stille  plötzlich  nicht  mehr  zu  unterscheiden  sind. 


4) 


Abteilung: MJ?.?.?!.^tur. Redakteur: ¥..^?.}?:^.?....B!)^Oä.e 

x,^,. DAS  LESBARE  UNIVERSUM 

Ul5"er'*Xeb*en"'ün'd''W 

Reihe: Autor: Walter  Helmut  Fritz 


Sendeielt/Progr.: ...  ^I.o  2o-22  •  00    Uhr 

Haüptpf  ögfämm  *'" 


Sendefag: :}Q^±,:19^. 


SENDER  FREIES  BERLIN 
Monuskript  produktionsreif 


Dieses  Manuskript  ist  urheberrechtlich  geschützt;  eine  Verwertung  ohne  Genehmigung  des  Autors  ist  nicht  gestattet.  Insbesondere  darf  das  Manu- 
skript weder  ganz  noch  teilweise  abgeKhrieben  oder  In  sonstiger  Weise  vervlelfdltigt  werden.  Eine  Verbreitung  Im  Rundfunk  oder  Fernsehen  bedarf 
der  Zustimmung  des  Senders  Freies  Berlin. 


V<y\ 


O^ 


0<y^^JÜ<y\lju^^    ] 


I 


O 


Sprecher: 


NelU,  i<^<^'> 


Sprecher 
Sprecherin 


i 


1 


Der  diesjälirige  Friedenspreis  des  deutschen  Buchhandels 

wird  am  I7.  Oktober  -  Nelly  Sachs  verliehen.  Waren  es 

j  ■ 

bisher  vor  allem  Philosophen  und  Wissenschaftler,  die 

den  Preis  bekamen,  so  wird  dieses  Mal  eine  Dichterin 


ausgezeichnet. 


\ 


\ 


\ 


Bis  vor  wenigen  Jahren  war  das  Werk  von  Nelly  Sachs  bei 
uns  kaum  bekannt.  Eine  erste  Sammlung  ihrer  Lyrik  erschien 
19^6  im  Aufbau-Verlag  in  Berlin,  eine  zweite  drei  Jahre 
darauf  im  Berman-Fischer-Querido-Verlag  in  Amsterdam.«  Aber 
erst  als  Eilermann  1957  und  die  Deutsche  Verlags-Anstalt 
1959  Bücher  von  ihr  herausbrachten,  wurden  weitere  Kreise 
auf  Nelly  Sachs  aufmerksam.  1961  kam  eine  Gesamtausgabe 
d^  Gedichte  im  Suhrkamp-Verlag  heraus;  sie  enthielt  die 
Bände  "In  den  Wohnungen  des  Todes".  "Sternverdunkelimg" , 
"Und  niemand  weiß  weiter",  "Flucht  und  Verwandlxing"  sowie 
zwei  noch  nicht  in  Buchform  erschienene  Zyklen.  Zudem 


■.\ 


Spr'in: 


wurde 


'■/. 


-  2  - 


i 


1»  »t* 


Nelly  Sachs  bekannt  mit  einem  Band,  in  dem  ihre 


szenischen  Dichtimgen  gesammelt  sind#  Das  darin  ent- 
halteüe  Spiel »tjgli"  wurde  mehrfach  alsHörspiel  gesendet 

Geboren  vairde  Nelly  Sachs  1891  in  Berlin,  Ihre  frühen 


Arbeiten  sind  -  während  des  Dritten  Reiches  -  verschollen. 
Kurz  vor  Ausbruch  des  Krieges  konnte  sie,  zusammen  mit 


ihrer  I  Mutter,  nach  Schweden  fliehen.  Selma  Lagerlöf ,  ein 
Mitglied  des  schwedischen  Königshauses  und  die  Nobel- 


stiftung halfen  ihr,  unterstützten  sie.  Man  ehrte  sie  mit 
einem  schwedischen  Literaturpreis.  Zurückgezogen  lebt 
sie  in  Stockholm. 


Zum  erstenmal  wieder  nach  Deutschland  kam  sie  1960,  \im 

I 
-  in  Meersburg  -  den  Droste-Preis  entgegenzunehmen  für 

ihr  lyrisches  Werk,  das  -  wie  es  in  der  Verleihungsurkunde 


hieß  -  "den  Bogen  schlägt  von  der  Prophetie  des  Alten 

Bundes  zu  den  Erlebnisbezirken  unserer  Zeit". 

I 
Das  große  Thema  ihrer  Dichtung  ist  das  Schicksal  des 

jüdischen  Volkes.  In  den  "Wohnungen  des  Todes",  ihrem 

« 

ersten  Band,  spricht  sie  von  den  .   zentrationslagern. 


Die  Texte  kommen  aus  dem  ganz  persönlichen  Betroffensein. 
Man  erkennt  das  am  deutlichsten  an  dem  Zyklus  "Gebete  für 

den  toten  Bräutigam",  der  in  dem  Buch  enthalten  ist.  Das 

'  .  # 

erste  Gedicht  dieses  Zyklus  lautet: 


Die  Kerze,  die  ich  für  dich  angezündet  habe, 

' — '-  .   '  • 

spricht  mit  der  Luft  der  Flammensprache  Beben, 

I 

Und  Wasser  tropft  vom  Auge ;  aus  dem  Grabe , 

I 

Dein  Staub  vernehmlich  ruft  zum  ew'gen  Leben. 


\ 


\. 


,^ 


Spr. : 


.h- 


Spr •in: 


-  5  - 


\ 


\v 


\ 


I 

0  hoher  Treff pvinkt  in  der  Armut  Zimmer. 

I 
Wennich  nur  wüßte,  was  die  Elemente  meinen; 

Sie  deuten  dich,  denn  alles  deutet  immer 


Auf  dich;  ich  kann  nichts  tun  als  weinen. 


Ein  anderer  Zyklus  des  Bandes  heißt:  "Grabschriften  in  die 


Luft  geschrieben"  -  in  die  Luft  geschrieben  wie  der  Rauch 
über  den  Verbrennungsöfen.  Erinnerung  ruft  das  Leben  des 


Hausierers,  der  Markthändlerin,  des  Spinozaforschers,  der  ' 


ii 


Tänzerin,  des  Narren,  der  Schwachsinnigen,  der  Malerin,  des 


Steinsammlers,  der  Ertrunkenen,  der  Ruhelosen  herauf.  Hören 


Sie  als  Beispiel  das  Gedicht  "Der  Marionettenspieler": 


Die  weite  Welt  war  zu  dir  eingegangen 

I 
Mit  Sand  im  Schuh  und  Ferne  an  den  Wangen. 


*  % 


Am  Sonnenfaden  zogst  du  sie  herein 
Da  ruhte  sie  auf  deinem  Meilenstein. 

Die  Schwalbe  baute  in  Elias  Haaren 

t 

Ihr  Nest;  bis  er  in  Sehnsucht  aufgefahren. 


( 


,__  Der  Totengräber  nach  dem  Rätsel  grabend. 
Fand  eine  Jungfrau  in  dem  Rosenabend. 


-V. 


Das  Zwillingspaar  aus  Lächeln  \ind  aus  Weinen, 

i  •    •       ■   ■ 

t 

yersuchte  sich  in  Liebe  zu  vereinen. 
•  I  ■*  • 

I 

So  tanzte  Erde  rund  mit  ihrer  Sternmusik 


Auf  deiner  Hand;  bis  sie  verlassen  schwieg. 


!■ 


\ 


\ 


•t9. 


1 


Spr. : 


0 


Ö 


-  A-  - 


Die  Dichtung  von  Nelly  Sachs  ist  erfüllt  von  einei  Pathos' 
das  es  kaxom  sonst  In  4er  gegenwärtigen  deutschen  Dichtung 
gibt,  einem  durch  und  durch  erfüllten  und  deshalb' not- 
wendigen Pathos,  verpflichtet  dem  Geist  oüdischer  Mystik. 
Ein  Volk  erscheint  als  ein  Leib,  der  sich  in  Rauch 
auflöst.  Wir  lesen  Ihnen' die  Klage,  die  am  Anfang  des 
Gedichtbandes  steht:'    ,\ 


0  die  .Schornsteine 

Auf  den  sinnreich  erdachten  Wohnungen  des  Todes, 

Als  Israels  Leib  zog  aufgelöst  in  Rauch 

Durch  die  Luft  -   ■ 


•  •  • 


0  die  Schornsteine! 

Freiheitswege  für  Jeremias  und  Hiobs  Staub  - 
Wer  erdachte  euch  und  baute  Stein  auf  Stein 
Den  Weg  für  Flüchtlinge  aus  Rauch? 


'0  die  Wohnungen  des  Todes, 
Einladend  hergerichtet 

Für  den  Wirt  des  Hauses,  der  sonst  Gast  war  - 

I 

0  ihr  Finger, 

Die  Eingangs schwelle  legend 

1 

Wie  ein  Messer  zwischen  Leben  und  Tod  - 

i 
I 

0  ihr  Schornsteine, 

0-.  ihr  Finger, 

Und  Israels  Leib  im  Rauch  durch  die  Luft! 


•^ 


^  . 


/ 


/   f 


-  5  - 


Spr. : 


« 


# 


Spr 'in 


^ 


Der  Tod  erscheint  als  riesengroßes  Gestirn.  Oder  als  \m  - 
absehbarer,  den  Menschen  einkreisender  Wald.  Oder  als 
Kapitän  auf  einem  Schiff.  In  immer  neuen.  Bildern  ist  er 
auf -cLiesen  Seiten  gegenwätrtig.  Er  bringt  den  schmalen 
Streifen  Helligkeit,  der  das  L^ben  ist,  zum  Verlöschen, 
aber  es  heißt  auch:  "Und  ihr  werdet  hören,  durch  den 

^       ■  ■ 

Schlaf  hindurch/  Werdet  ihr  hören/  Wie  im  Tode/  Das 
Leben  beginnt".  Unüberhörbar  der  Anruf,  der  aus  Nelly 
Sachs'  Gedichten  auf  den  Lesenden  zukommt,  unüberhörbar 
das  Beschwörende  dieser  Strophen: 

*  ♦      ' 

*  • 

Wer  aber  leerte  den  Sand  aus  euren  Schuhen,  "      •  • 


\ 


Als  ihr  zum  Sterben  aufstehen  mußtet? 
Den  Sand,  den  Israel  heimholte. 


Seinen  Wandersand? 


f 


Brennenden  Sinais and,  .     v  . 

*  ,  *       * 

Mit  den  Kehlen  von  Nachtigallen  vermischt,      •    : 

Mit  den  Flügeln  des  Schmetterlings  vermischt ,   ♦ 

Mit  dem  Sehnsucht est aub  der  Schlangen  vermischt, 

Mit  allem,  was  abfiel  von  der  Weisheit  Salomos  vermischt. 

Mit  dem  Bitteren  aus  des  Wermuts  Geheimnis  vermischt  - 


?* 


0  ihr  Finger,   %..'  """"  ~  "   "■ 

Die  ihr  den  Sand  aus  Totenschuhen  leertet. 
Morgen  schon  werdet  ihr  Staub  sein 
In  den  Schuhen  Kommender! 


Vh 


-  6  - 


Spr. : 


P 


Ijicht  zu  übersehen  ist  das  Weitausgreifende  in  der  Lyrik   - 
dieser  Frau.  Beda  Alle.ann  hat  in  einem  ausgezeichneten 
Aufsatz  -  er  steht  in  dem  Suhrkamp-Buch  »Nelly  Sachs  zu 
Ehren",  in  dem  eine  Reihe  vorzüglicher  Arbeiten  vereinigt 
sind  -  darauf  hingewiesen,  daß  das  Werk  der  Nelly  Sachs 
im  Rahmen  der  Nachkriegs-Lyrik  als  die  Wiederaufnahme  der 
kosmischen  Dichtung  mit  modernen  Mitteln  bezeichnet  werden 
kann;  daß  der  mystische  Atem  des  Buches  Sohar,  jenes  Haupt - 
teils  der  Kabbala,  der  als  Kommentar  zum  Tentateuch  ange- 
legt ist,  in  ihren  Gedichten  lebt;  daß  es  in  dieser  Dich- 
tung immer  wieder  darum  gehe ,  die  Sprache  der  Toten  zu 
sprechen,  «im  Rücken  des  Todes  einen  Acker  zu  bestellen", 
einem  geheimnisvollen  und  entschwundenen  Alphabet  eine  ' ' 
Artikulation  abzugewinnen;  daß  das  Gesicht  der  Erde  in 
dieser  Lyrik  ein  ausgesprochenes  Wüsten-und  Totenantlitz 
ist,  kaum  je  and'ers  als  in  den  harten  Varianten  von  '  •   ../ 
Stein,  Sand  und  Staub  erscheint.  ' 

!. 

Hören  Sie  in  diesem  Zusammenhang  bitte  das  folgende  Ge- 


9       dicht  aus  dem  Band  "Sternenverd-onkelukg": 


Spr 'in: 


\ 


Erde, 


alle  Saiten  deines  Todes  haben  sie  angezogen,   • 

zu  Ende  haben  sie  deinen  Sand  geküßt; 

der  ist  schwarz  geworden 

von  soviel  Abscl^ied  und  soviel  Tod  bereiten. 


-  7  - 


Q 


Oder  fühlen  sie,  daß  du  sterben  mußt? 

Die  Sonne,  ihr  Lieblingskind,  verlieren  wird 

und  deine  Ozeane,  • - 

deine  schäumenden,  licht entzündeten  Wasserpferde 

an  den  Mond  geseilt  werden, 

der  in  azurgefärbter  Nacht 

ein  neues  Becken  für  die  Sehnsucht  weiß?  ' 

Erde, 

viele  Wunden  schlagen  sie  in  deine  Rinde, 

deine  Sternenschrift  zu  lesen, 

die  in  Nächte  gehüllt  ist  bis  zu  Seinem  Thron  hinauf. 

'  ■  .    ■ 

Aber  wie  Pilze  wachsen  die  kleinen  Tode 

-  * 

an  ihren  Händen  • . .  . 


•  • 


Erde , 

wenn  auch  ihre  Liebe  ausgewandert  ist, 

\ 

ihre  Brände  ausgebrannt , 

und  es  leise  geworden  ist  auf  dir  und  leer  -  : 

vielleicht  augenlose  Stelle  am  Himmel, 

darin  andere  Gestirne  zu  leuchten  beginnen 

bienenhaft  vom  Dufte  des  Gewesenen  angezogen  - 

so  wird  dein  namenloser  Staub7"den  sie  benannt, 

dem  sie  soviele  Wandernamen  gaben 

durch  sie  ins  Gold  der  Ewigkeit  gemünzt 

doch  seine  selige  Heimat  haben. 


-  8  - 


Spr  • : 


0 


# 


Wer  mit  dem  Unterstatement  der  zeitgenössischen  Lyrik 
vertraut  ist,  wer  sich,  eingehört  hat  in  dieses  auf  weite 
Strecken  hin  lakonische  Sprechen,  sieht  sich  in  den  Gedicht 
Räumen  von  Nelly  Sachs  Vorstellungen  und  Vokabularen  Forma- 
tionen gegenüber,  die  eine  ganz  neue  Anstrengung  des  Ver- 
stehens  fordern.  Daß  ein  Gestirn  erlischt  -und  an  anderer 
Stelle  wieder  entzündet  wird;  daß  Schritte  an  das  Rätsel 
der  Erde  klopfen;  daß  der  Tod  in  sein  blutverwirrtes 
Nest  heimkehrt;  daß  die  Träne  ihre  Sehnsucht  verschläft  • 
zu  fließen;  daß  der  Schlaf  wie  Rauch  auszieht  aus  dem  Leib; 
daß  die  Nacht  der  Friedhof  für  den  Schiffbruch  der  Sterne 

_'      (     ' 

ist;  daß  der  Hahnenschrei  vom  Mond  aufgezogen  ist;  daß  man 

»  •  •   '  ■  ^-^ 

auf  den  Feldern  das  Kraut  der  Entzweiung  pflanzt;  daß 
die  Wunde  zwischen  Tag  und  Nacht  unser  Wohnort  ist;  daß 
die  Propheten  den  Tierkreis  als  Blumenkranz  \ims  Haupt 
gewunden  traben;  daß  Augen  tief  in  den  Schädel  sinken  wie 
Höhlentauben  in  die  Nacht;  daß  das  Sternbild  von  Hiobs 
Blut  einmal  alle  aufgehenden  Sonnen  erbleichen  lassen  wird; 
daß  die  Brunen  Israels  Tagebücher  sind;  daß  die  Zeit 
vom  Heimweh  des  Menschen  wie  eine  Muschel  rauscht;  daß 
eine  Mutter  mit  ihrel^  Geburt  wie  mit  einer  Insel  allein 
ist;  daß  man  den  Tod  mit  einer  Leiter  aus  Heimweh  über- 
steigt  -  das  alles  sind  Funde,  die  aus  einer  unvergleich- 
lichen Radikalität  des  Denkens  und  Sehens  kommen,  aus 
einem  Schmerz,  der  buchstäblich  jedes  Wort  lenkt •  Selbst 
in  Gedichten,  in  denen  ein  vergleichsweise  einfaches  Motiv 
Sprache  wird,  öffnet  sich  sofort  ein  Bereich,  der  über 
jede  mögliche-*  Beschreibung  hinausweist.  Als  Beispiel  dafür 
lesen  wir  Ihnen  das  Gedicht  "Schmetterling": 


Spr'in: 


Spr. : 


Spr'in: 


"  9  - 


Welch  schönes  Jenseits 


ist  in  deinen  Staub  gemalt. 
Durch  den  Flammenkern  der  Erde, 


i 


durch  ihre  steinerne  Schale 


wurdest  du  gereicht, 

Ahschwiedswebe  in  der  Vergänglichkeiten  Maß 

Schmetterling, 

I 
aller  Wesen  gute  Nacht. 

Die  Gewichte  von  Leben  und  Tod 


senken  sich  mit  deinen  Flügeln 

•  i 

auf  die  Rose  nieder 


die  mit  dem  heimwärts  reifenden  Licht  welkt. 


Welch  schönes  Jenseits 


1 
ist  in  deinen  Staub  gemalt. 

Welch  Königszeichen 

im  Geheimnis  der  Luft. 


Der  Schmetterling.  Die  "Gewichte  von  Leben  und  Tod". 

I 

Welche  innere  Spannung.  Je  tiefer  Nelly  Sachs  in  ihre 

■ — -.  J. 

Sprache  eindringt , desto  mehr  wird  ihre  Dichtung  zu  einer 

I 
Erprobung  der  Möglichkeit  irdischer  Existenz  überhaupt. 

I  "     - 

Leben  -und  Tod,  Hier  und  Dort,  treten  immer  deutlicher  als 
i  ♦ 

die  entscheidenden,  die  Meditation  und  die  Bilder  weiter- 

i 

treibenden  Begriffe  hervor: 


Du 


in  der  Nacht 


\ 


mit  dem  Verlernen  der  Welt  Beschäftigte 
von  weit   weit  her. 


CT 


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Spr 


•  * 


'y^ 


t   •». 


-.'♦ 


'  ♦   1 


-  1o  - 


dein  Finger  die  Eisgrotte  bemalte 

mit  der  singenden  Landkarte  eines  verborgenen  Meeres 

das  sammelte  in  der  Muschel  deines  Ohres  die  Noten 

Brücken-Bausteine  > 

von  Hieijnach  Dort    ^- 

diese  haargenaue  Aufgabe 

deren  Lösung    ' 


■  ">■ 


den  Sterbenden  mitgegeben  wird 


:^an  sieht,  wenn  man  dieses  Gedicht  vergleicht,  mit  dem 


jf 


aebet  für  den  toten  Bräutigam,  das  wir  Ihnen  zu  Beginn 
Lasen,. wie  weit  Nelly  Sachs  in  einen  Bereich  gelangt  ist, 
in  dem  das  Wort  menschliches  Schicksal  überhaupt  meint, 
auch  wenn  sich  die  Dichterin  durch  das  "Du"  am  Anfang, 
selbst  anspricht.  Die  Sprache  ist  gekennzeichnet  durch 
3in  Ineinander  von  überzeugender  "Abstraktion"  und  einer 


Metaphorik,  die  von  Härte  und  Genauigkeit  leuchtet.  Berühmt, 

I    ...  .   . 

viel  zitiert  ist  der  Anfang  der  zitierten  Strophe:  "Duoo../ 
mit  dem  Verlernen  der  Welt  Beschäftigte".  Aber  auch  dies 
ist  unvergeßlich:  "Brücken-Bausteine/von  Hier  nach  Dort/ 


diese  haargenaue  Aufgabe/deren  Lösung/den  Sterbenden  mit- 

i 

gegeben  wird",  ■'  • 

I  ■   ■■■    ■■ 

Die  Sterbenden  befinden  sich  auf  der  Flucht,  aus  diesem 

I 

in  ein  anderes  Leben.  Wenn  Nelly  Sachs  von  Flucht ,  von 

Flüchtlingen  spricht,  tut  sie  es  zunächst  im  Zusammenhang 

mit  dem  Schicksal  Israels.  Aber  zugleich  verweist  sie  damit 

i 

auf  menschliche  Existenz,  menschliche  Hinfälligkeit  über- 
haupt. In  dem  Band  "Und  niemand  weiß  weiter"  heißt  es  etwa: 


-  11  - 


"]?as  ist  de  r  Flüchtling  e  Planetenst\ande/  Das  ist  der 
Flüchtlinge  reißende  Flucht/  in  die  Fallsucht,  den  Tod  !" 
Ar.  anderer  Stelle  ist  von  Opfern  und  Henkern  die  Rede, 
von  Gejagten  und  Jägern.  Selbst  die  Nacht,  die  Dunkel- 

j  ,   ..      ■  .         . 

heit,  erscheint  als  Jäger: 


'  — > 

4 


/' 


V, 


Spr  m:   -_  In  einer  Landschaft  aus  Musik 


in  einer  Sprache  nur  aus  Licht, 


♦ . 


ii;  einer  Glorie, 

die  das  Blut 

sich  mit  der  Sehn^sucht  Zunge  angezündet, 


dort ,  w  o  die  Häute , 
Augen,  Horizonte, 


\ 


Wo  Hand  und  Fuß 


schon  ohne  Zeichen  sind, 


\ 


dort  wo  des  Sandelbaumes  Duft 

schon  holzlos  schwebt 

und  Atem  baut  an  jenem  Räume  weiter, 

der  nur  aus  übertret'nen  Schwellen  ist  - 


Hier  wo  ein  rotes  Abendtuch 
den  Stier  des  Lebens  reizt 


bi 


Hi 


s  in  den  Tod. 


er  liegt  mein  Schatten, 
eine  Hand  der  Nacht, 

die  mit  des  schwarzen  Jägers  Jagegeist 
des  Blutes  roten  Vogel  \-.^, 
aiigeschossen  hat. 


r*. 


Spr* : 


} 


-  12  - 


Wörner  Weber  hat  in  einem  Aufsatz  -  in  dem  bereits  er- 

[  ■  .-   ■--  ■       •  ,-   • 

wohnten  Buch  "Nelly  Sachs  zu  Ehren"  -  vom  Thema  der  Flucht 

in  ihrem  Werk  gesprochen:  "Ihre  Welt  scheint  beherrscht 
von  der  unholden  Gewalt  der  Austreibung;  immer  fort  vom 


gedeckten  Ort.  Ihr  Ziel  ist  das  Gehen;  das  Unterwegs  ist 

::  I     - 

-  ihre  Unterkunft.  In  der  Veränderung  hat  sie^ihre  Heimat... 

==-Jede  Ankunft  ist  ein  Tod  und"älsogleich  ein  Beginnen... 
Wandern  und  Fahren,  einst  eine  Figur  der  Sehnsucht,  ist 
eine  Figur  der  Verfolgung  geworden;  dort  zog  den  Menschen 
eine  Kraft,  da  stößt  ihn  die  Gewalt  im  Rücken  an.  Das  Fah- 
■  ren  ist  dem  Flüchten  gewichen.  Im  Flüchten  erkennt  die 
Gegenwart  ihre  eigene,  genau  sprechende  Gebärde.  Bliebe 
es  dabei  -  beim  Melden  der  Flucht  -  dann  wirkt.e  die  Dich- 

'.I  •        • 

tiing  der  Nelly  Sachs  gewiß  mitten  aus  der  Epoche. und  trüge 


ein  denkwürdiges  Datum  und  würde  es,  so  eingelassen  in  die 
Gelegenheiten  einer  Stunde  der  Geschichte,  vielleicht  nicht 
mehr  los.  Aber  diese  heutige  Dichterin,  offen,  nein:  ausge- 

* 

setzt  dem  Jetzt  "und  dem  Hier  und  im  Besitz  uralter  Erinne- 
rungen  vom  Wege  des  Menschengeschlechts,  mystisch  erfahren 
im  Auf schwimg  und  in  Abstürzen:  Nelly  Sachs  denkt  die 


schreiende  Figur  der  Flucht  in  die  singende  Figur  des 

I  .    ■■ 

Tanzes  hinüber."  ■•• 

r  •«»  • 

;■  • 

Einmal  aufmerksam  geworden,  wird  man  entdecken,  daß  von 
der  Musik,  vom  Tanz  in  den  verschiedensten  Zusammenhängen 
gesprochen  wird.  Vor  allem  Sand  xind  S-^ein  verwandeln  sich 

f 

immer  wieder  in  Musik« 


• 


'  '■ 


-  15  - 


Spr '  in : 


1 


Spr. : 


In  der  blauen  Ferne, 

wo  die  rote  Apfelbäumallee  wandert 

mit  himmelbesteigenden  Wurzelflüssen, 

wird  die  Sehnsucht  destilliert 

für  alle  die  im  Tale  leben. 


Die  Sonne,  am  Vegesrand  liegend 

i 

mit  Zauberstäben, 

I 

gebietet  Halt  den  Reisenden« 


.  ^ 


Die  bleiben  stehn 


\>. 


im  gläsernen  Alb träum,     s 
während  die  Grille  fein  kratzt' 


\^ 


am  Unsichtbaren 


und  der  Stein  seinen  Staub 

! 

tanzend  in  Musik  verwandelt. 


;   •- 


t  f 
I 


Man  wird,  je  mehr  man  sich  einliest,  desto  häufiger  auch 


Begriffen  und  Bildern  wie  "Geometrie^,  "Sterngeometrie", 


"i 


I 


eometrie  des  Weltalls"  begegnen.  Die  innere  Korrespon- 


denz mit  den  B  er  eichen  Musik  und  Tanz  liegt  aul'  der  Hand. 

I  .   -   • 
Eine  Landschaft  erscheint  in  geometrischen  Grundformen, 


ein  Tag,  das  Leben  eines  Menschen.  Immer  wieder  wird  hin- 

gewiesen  auf  die  "Zeichnung"  der  Dinge,  die  Zeichnung  eines 

t 
Blatts,  die  "Sternenzeichnung".  Reicht  die  Zeichnung  in  die 


Tiefe  der  Zeit  zurück,  so  wird  sie  zur  "Zeichnung  der  Geo- 
logie". Ist  die  Tiefe  menschlicher  Erfahrimg  gemeint,  so 
entsteht  die  "Geistergeologie  der  Liebe": 


\ 


\ 


Spr'in: 


\ 


-  1^  - 


\ 


\ 


Vergebens 

verbrennen  die  Briefe 

i  ■ 

in  der  Nacht  der  Nächte 

auf  dem  Scheiterhaufen  der  Flucht  ^'"  ' 

denn  die  Liebe  windet  sich  aus  ihrem  Dornenstrauch 

und  beginnt  schon  mit  Flammenzimgen 

ihren  unsichtbaren  Himmel  zu  küssen 


\ 


»>' 


<•■  .*.  it  •« 


wenn  Nachtwache  Finsternisse  an  die  Wand  wirft 
und  die  Luft 

zitternd  vor  Atmungen 

J        ■      ■      ■■  ■'     "      ■■  ' 

mit  der  Schlinge  des  anwehenden  Verfolgers 

betet: 


Warte 

I    -•    ■  ^.     . 

bis  die  Buchstaben  heimgekehrt  sind  ^^  - 


aus  der  lodernden  Wüste 


Spr. : 


^und  gegessen  von  heiligen  Mündeiii 

Warte  -  --— - --'  !      r~  •--Vv-:  -. 

I 

bis  die  Geistergeologie  der  Liebe 

I  -  -    -,.  .-.. . 

aufgerissen 

und  ihre  Zeitalter  durchglüht  • '• 

und  leuchtend  von  seligen  Fingerzeigen 

wieder  ihr  Schöpfung s wort  fand.  ' 

J 

Geistergeologie  der  Liebe  -  das  erinnert  uns  an  einen  Satz 
der  Dichterin,  in  dem  sie  am  deutlichsten  das  Ziel  des 
Menschen,  ihr  eigenes  Ziel  im  besonderen,  genannt  hat: 
"Wir  sind  betroffen,  auf  Erden  zu  leben  und  die  ungeheuere 


Aufgabe  durchzuführen,  diesen  Stern  zu  durchschmerzen  - 
zu  durchlieben  -  bis  er  durchsichtig  wird,  von  unserem 
gesagten  oder  ungesagten  Wort  durchzogen  -,  dieser  Gehelm- 


\ 


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-  15  - 


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Spr ' in : 


r 


tchrift,  mit  der  wir  ein  unsichtbares  Universum  lesbar   '•" 
lachen  für  ein  göttliches  Auge."     -    •:.     '.  ... 

:in  für  das  Verständnis  der  Dichtung  dieser  Frau  entschei- 
.ender  Satz.  Das  menschliche  Wort  wird  als  Geheimschrift 
^erstanden,  mit  der  wir  unser  Leben,  unseren  Traum,  unsere 
innere  Welt,  das  "unsichtbare  Universum"  sichtbar  machen, 
esbar  für  ein  "göttliches  Auge".  Gewiß,  dieses  unsicht- 
bare Universum  sichtbar  zu  machen,  ist  Aufgabe  aller  Dich- 
liung.  Unverkennbar  aber  ist,  daß  Nelly  Sachs  mit  einer  ganz 
spezifischen  Radikalität  arbeitet  und  dabei  z-u  einer  "Les-  • 


art"  gelangt  ist,  die  es  vorher  nicht  gegeben  hati  zu 
einem  unvergleichlichen  Verstehen  jener  "knospenden  Veiten", 
von  denen  in  den  folgenden  Strophen  gesprochen  wird; 
Im  Park  Spazierengehen  -  -    * 

vorbei  an  den  Wegweisern,  die  Sternbilder  Unruhe   ^ 

mit  Nummern  bezeichnen 

I  • 
wp  m  den  Krankensälen  das  Sterben  liegen  blieb 

vielleicht  schon  in  die  Hierarchie  der  hohen  Werke  einge-   - 

gangen  -   . 
nun  im  Freien  - 

die  Glieder  schon  außer  sich 

das  neue  Zeitalter  der  lippenlosen  Sprache  des  Wachstums- ' 
ZU  ergreifen  ■ 

die  rauschende  -  duftende  -  malende  - 

I  •  '.V 

Der  Puß  in  der  Traumkunst  des  Schwebens  unterwiesen  ' 
von  der  sprengenden  Kraft  des  Dunkels. 


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Spr.: 


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Spr 'in: 


Spr. : 


-  16  - 


\ 


Davids  Tanz 

vor  dem  Mirakel 

.1   '  • 


!'ülir( 


Wie  in  ihren  Gedichten  zeigt  Nelly  Sachs  in  ihren  szeni- 
schen Dichtungen  -  sie  erschienen  unter  dem  a?itei  "Zeichen 
im  Sand"  -  das  Schicksal  Israels  als  Gleichnis  menschli- 
clier  Existenz  überhaupt.  Am  überzeugendsten  in  dem  von  Al- 
fred Andersch  für  den  Punk  entdeckten  Spiel  "Eli" ,  das  den 
Untertitel  "Ein  Mysterienspiel  vom  Leiden  Israels"  trägt. 
Es  handelt  sich  um  eine  Folge  von  Bildern,  eine  Meditation, 
ein  auf  Rollen  verteiltes  Gedicht  vom  Mord,  den  ein  deut- 
scher Soldat  in  Polen  an  einem  jüdischen  Jungen  Eli  begeht? 
ein  junger  Schuhmacher,  Michael,  sucht  den  Mörder.  In  ihren 
kurzen  Erläuterungen  zu  dem  Text  schreibt  Nelly  Sachs,  daß 
sich  bei  dem  Schuhmacher  -  nanh  H^-n  ^Mac^^AA  r.^i — 


iV 


Mystik  -  um  einen  der  sechsunddreißig ~Gottesknechti"  handle, 
die  das  "unsichtbare  Universum"  tragen. 

Die  Szenerie  des  ersten  Bildes:  der  Marktplatz  einer  klei-. 
nen  polnischen  Stadt.  Die  Häuser  in  Ruinen.  An  einei  Brun- 
nin arbeitet  ein  Mann.  Die  Wäscherin  kommt,  trägt  einen 
Korb  mit  Bleichwäsche,  sagt  in  "singendem' Ton": 
Kimm  von  der  Bleiche,'  der  Bleiche. 

bab'  Sterbewäsche  gewaschen,  ' 

I      .  '         ■  • 

dem  Eli  das  Hemd  gewaschen, 

I  ■■  . 

Blut  herausgewaschen,  Schweiß  herausgewaschen, 
Kinderschweiß  -  Tod  herausgewaschen  -. 
Zu  dem  Mann: 


;h: 


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ib 


m 


am 


-  17  - 


Spr'in: 


Will  es  zu  dir  tragen,  Samuel, 

I  • 

in  die  Kuhgasse  tr^-feSB  zum  Abend, 

i 
wo  die  Fledermäuse  in  der  Luft  herumblättern, 


wie  ich  blättere  im  Bibelbuch, 


um  das  Klagelied  zu  suchen,  darin  es  raucht, 

i 
darin  es  brennt  und  die  Steine  herunterfallen  - 


Enk( 


/ 


vom  Eli  das  Hemd  - 


Spr. : 


.'  J 


Sie  berichtet,  was  vorgefallen  ist:  daß  man  Elis  Eltern 

I  .4 

abgeholt  hat,  daß  er  ihnen  nachgelaiifen  ist  im  Nachthemd, 
in  der  Hand  die  Pfeife,  mit  der  er  den  Lämmern  tmd  Kälbern 
gepfiffen  hat.  "  '       r 


Spr'in:  Und  als  der  Eli  sah. 


\ 


mit  seinen  achtjährigen  Augen  sah, 
wie  sie  antrieben  seine  Eltern, 


-f  •  •«  .1. 


durch  die  Kuhgasse,  die  Kuhgasse,  " 

I  . 
hat  er  die  Pfeife  an  den  Miind  gesetzt  und  hat  gepfiffen 

Und  nicht  hat  er  gepfiffen  ' 

I  -     •  ■■  ■ 

wie  man  pfeift  dem  Vieh  oder  im  Spiel, 


sagte  die  Witwe  Rosa,  als  sie  noch  lebte, 
— -  den  Kopf  hat  er  geworfen  nach  hinten, 
-__::  wie  die  Hirsche,  wie  die  Sehe, 
- -bevor  sie  trinken  an  der  Quelle. 

i  -  •       . 

Zum  Himmel  hat  er  die  Pfeife  gerichtet, 


*  •  I     • 


■V-: 


zu  Gott  hat  er  gepfiffen,  der  Eli, 

sagte  die  Witwe  Rosa,  als  sie  noch  lebte. 


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Spr.x 


Spr'in: 


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•  V 


-  18  - 


■  t. 


Ein  Soldat  eei  mit  im  Zuge  gegangen,  der  habe  Eli  mit 
dem  Kolben  seines  Gewehrs  erschlagen.,  '     ■■      \ 

So  also  der  Anfang  des  Spiels.  Der  Ton  verrät  die  Nähe 
de^  Gedichte ,  ist  aber  deutlicher  von  "realen"  Torgängen 
bestirnt.  Zunächst  wenigstens .  Denn  während  der  Suche 
Michaels  nach  dem  Mörder  greift  die  Sprache  stellenweise 
Wieder  in  eine  Bildwelt,  die  von  der  vorgegebenen  nicht 
auf  direkte  Weise  abzuleiten  ist.  Der  Härder,  als  er  ge- 
fimden  ist,  sagt:  '  '  j 

Wenn  er  den  Kopf  nicht  nach  hinten  geworfen  hätte,  ' 
so  hätte  ich  ihn  nicht  erschlagen,  '• 

der  Milchzahn  wäre  nicht  mit  der  Pf eif e  herausgefallen I 
Aber  -  das  war  gegen  die  Ordnimg  -    •  '   *-  ■  '■'^' 
den  Kopf  nach  hinten  zu  werfen  -    •       '  "•  -' 
das  mußte  zurechtgerückt  werden. 

» 


Und  wohin  hat  er  gepfiffen? 
Ein  heimliches  Signal? 
Ein  Zeichen  durch  die  Luft  -  ' '.' 
außerhalb  jeder  Kontrolle  - 
Hilfe,  Schuhmacher, 

^er  Milchzahn  wächst  aus  der  Erde  - 

I 

beginnt  mich  anzuknabbern  - 
durch  meine  Schuhe  hindurch  - 
meine  Püße  zerfallen  - 


•{■V. 


».. 


♦•• 


werden  Erde  - 


Spr, : 


Der  Mörder  beginnt  zu  schreien: 


-  19  - 


Spr ' in : 


ö 


Spr# : 


Wo  ist  da  die  Ordn\mg,  die  Welt Ordnung  - 

Ich.  bin  am  Leben, 

ich  hin  nicht  tot  - 

nicht  gehangen  - 

nicht  verbrannt  - 

nicht  lebendig  in  die  Erde  geworfen  - 

es  ist  ein  Irrtum,  ein  Irrtum,. 


Lch  zerfalle,  zerfalle  - 


Ich  bin  ein  Stumpf  - 
sitze  auf  dem  Sand, 


-." », 


der  soeben  noch  mein  Fleisch  war  - 

"Siirreale"  Vorstellungen  treiben  die  Sprache  weiter, 
suchen  das  Entsetzliche  zu  fassen.  Schien  es  zu  Anfang  des 
Spiels,  als  sollten  deutlich  umgrenzte,  "beschreihhare  Sze- 
nen entstehen,  so  wird  im  weiteren  Verlauf  erkennhar,  daß 
die  Grausamkeit  des  Geschehens 'derartige  Begrenzungen  durch| 

< 

bricht,  sich  im  autonomen  Wort,  in  der  Wort-Reihung,  im 
Schrei  artikuliert. 

Als  "Spiel  von  Jägern  \md  Gejagten"  bezeichnet  Nelly. Sachs 
auch  den  Text  "Abram  im  Salz".  Abgestimmt  ist  er  a\if  zwei 
Sätze,  die  sie  vorangestellt  hat:  "Bei  den  Ausgrabungen  in 
Ur  fand  man  oft  a\if  der  Erde  den  Abdruck  und  das  Muster 
von  Gegenständen,  die  selbst  gänzlich  in  Staub  zerfallen 
waren.  Es  war  die  Schrift  des  schon  unsichtbar  Gewordenen, 
die  man  zu  lesen  versuchte." 


-  20  - 


O 


€ 


Spr ' in : 


Im  Prolog  zu  dem  Stück  heißt  es,  der  Ausgräber  lese  in  der 
"Bibel  des  Staubs".  Von  einem  zerfallenen  Gerippe  ist  die 
Rede  \md  einer  goldenen  Kette.  "Der  Hals  der  traulich/ 
zwischen  dem  Geschmeide  einging/  in'  seine  Nacht exi st enz/ 
ließ  immer  noch/  nebelgraues  Gedenken  zurück  •• 

Aufschlußreich  die  Regieanweisung  zur  ersten  Szene.  Die 
Bilder  stiegen  "gobelinartig"  auf,  notiert  Nelly  Sachs. 
Eine  Salzlandschaft  nach  der  Sintflut  soll  auf  der  Bühne 
erscheinen;  im  Hintergrund  ein  Tempelturm  wie  eine  Riesen- 
wurzel als  bläulicher  Schatten. 


id  in  ihren  Anmerkungen  zu  der  Arbeit  betont  die  Dichterin, 
das  Bühnenbild  solle  "stets  aus  weiten  Fernen  kommen",  es 
solle  nur  in  Umrissen  deutlich  werden,  in  dieser  Hinsicht 
vergleichbar  den  Jagdszenen  der  Eiszeithöhlen.  Die  Salz- 
landschaft solle  abstrakt  wirken,  "ein  Skelett  aus  Weiß".   , 

Besondere  Bedeutung  in  dem  Stück  kommt  dem  Jägerkönig     ',' 

■ 

Nimrod  zu,  der  die  "Dürstenden"  verkörpert,  der  auf  der 

"Suche  nach  einem  Dahinter"  ist.  Seine  Jagdbeute  ist  der 

i  ' 

Tierkreis.  Als  er  in  der  vierten  Szene  auftritt,  ist  er  in 

eine  Rauchwolke  gehüllt,  trägt  er  Stierhorner  und  ein  rotes 
Pell.  Er  durchbohrt  die  Nacht  mit  einem  Pfeil,  "in  Raserei", 
wie  es  heißt, Und  sagt: 

Die  Stimme  fangen 
Das  neue  Wort  fangen 


4. 


Ich  bin  der  neuen 
Wörter  König 1 


5 


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Spr.: 


'h . 


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.1. 


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Spr • in : 


\ 


l 


-  21  - 


In  die  Wurzel  der  Nächte  ziele  ich 
in  die  Wiirzel  der  Lüfte  ziele  ich 

Die  Pfeile  kommen  zurück 

-"*■■'■     . . 
mit  neuen  Worten  ;^ 


Gazellenworten 

Hyänenworten 

Stierworten 


"■.->.  ^ 


.'■<   • 


Ddje  Nacht  erscheint  als  der  Grund,  in  dem  die  Worte  zu 
Hause  sind.  Nimrod  Jagt  mit  Pfeilen  nach  ihnen.  Er  ist 
auf  der  Suche  nach  den  "neuen  Worten".  '^ 

Ni|mrod  ist  also  der  Jäger.  Aber  zugleich  der  Gejagte. 
Gejagt  von  wem?  Vom  "Durstgeist"  Lilitu.  Nimrod  fragt 
ihn:  "Wer  bist  du  denn/der  mich,  den  Jäger,  Jagt?" 
•  Li^litu  antwortet:  "Ich  bin  der  Durst  auf  eine  neue  Zeit  -" 
Der  Durst  auf  eine  neue  Zeit.  So  wie  Nimrod  von  ihm  ge- 
trieben  wird,  so  wird  der  tote  Abram  von  der  Stimme  seiner 


Mutter  "gejagt":  er  solle  helfen,  die  neue  Zeit  zu'schaf- 
fen.  Nachdem  es  z\mächst  noch  von  ihm  heißt,  er  sei  ab- 
wesend ("Mit  allen  Umwegen  komme  ich",,  sagt  er  von  fern), 
ist  die  Antwort  auf  den  letzten  Ruf  seiner  Mutter:  .   .  ' 

Jage  mich,  Jage  mich  -^ 


durch  die  Feuer  der  Sonne 

I   • 

Jage  mich,  Jage  mich 


durch  die  Todesflöten  des  Mondes 
Alle  Horizonte  zerreiße  ich 


wie  Leichentücher. 


a 


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Spr ' in : 


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Spr.: 


I . 


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•^^y 


•     » 


-  22  - 


Und  an  anderer  Stelle,  kurz  davo^^  sagt  exx 


löti  breche  aus  den  Wänden 
a-u.s  den  Dächern 


^1•• 

K^ 


1 


h  breche  aus  dem  grfinuinrandeten  Schlaf 


■•t 


loh  breche  aus  den  Meeren 


aus  den  Feuern  - 


''«•■ 


Ein  schwieriges  Stück,  vor  allem  wohl,  weil  die  entschei- 


denden Begriffe,  vor  allem  "Jäger"  und  "Ge^jagter"  in  sehr 
eigenwilliger  Bedeutung  gebraucht' 'werden.  Zudem:  wie  weit 

......  '     •         -  ■    •  t  i 

* 

si^nd  wir  fort  von  jeder  vertrauten  Dramaturgie.  Nelly  ^- 

I  •   '  ■  ■  '  ' 

Sachs  selbst  bezeichnet  das  Spiel  als  ''Kulttheater",  das 

-•  -*• 

"elementaren  Gefühlen"  Ausdruck  verleihen  solle.  Beheimatet 
sei  es  in  Ur  in  Chaldäa,  z\ir  Zeit  des  Mondkultßs.  Ein  Hin- 


weis wiederum  darauf,  wie  tief  in  historisches  Bewußtsein 


hinein  die  Wurzeln  ihrer  Dichtimg  reichen.  - 


Vierzehn  dieser  Spiele  sind  in  dem  Band  "Zeichen  im  Sand" 
versammelt.  Einige  davon  haben  nur  wenige  Seiten  Umfang. 
Auf  der  Bühne  werden  diese  Dichtungen  schwer  zu  realisieren 


sein.  Ganz  erschließen  sie  sich  erst  beim  Lesen.  Auf schluß- 
reich  sind  die  Untertitel.  Etwa:  "Versuch  eines  Ausbruchs",^ 
"Ein  Delirium  aus  Einsamkeit" ,  ••Ein  Spiel  von  der  Freiheit" , 
"Einige  Szenen  aus  der  Leidensgeschichte  der  Erde".  Die 
zentralen  Themen  der  Dichtiing  von  Nelly  Sachs  sind  un- 
schwer darin  wiederzuerkennen. 

i 
Das  Bild  wäre  unvollständig,  würde  man  nicht  hinweisen  auf 

die  Arbeit,  die  Nelly  Sachs  als  Übersetzerin  schwedischer 

•!. 

Lyrik  ins  Deutsche  tut.  Bisher  hat  sie  zwei  Anthologien 


-  23  - 


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herausgebraclit .  19^7  -  ini  Auftau-V erlag  -  den  Band  "Von 

Welle  xincL  Granit",  zehn  Jalire  später  -  im  Büohner-V.erlag, 

j  • 

Darmstadt  -  die  Sammlung  "Aber  auch  diese  Sonne  ist  heimat- 
los*!. Ebenfalls  im  Büchner-Verlag  veröffentlichte  sie  -  • 

unter  dem  Titel  "Der  Schattenfischer"  -  einen  Band  Gedichte 

I 
von  Johannes  Edfelt,  bei  Suhrkamp  eine  Auswahl  von  Gunnar 

Ekeiöf ,  in  der  von  Enzensberger  herausgegebenen  Reihe 

« 

"Poesie". 

Was!  die  Übertragungen  von  Nelly  Sachs  auszeichnet,  ist  die 


»^•;  *. 


Tatsache ,  daß  den  schwedischen  Gedichten  zu  eigener  Aus-  ^ 
drucksfülle  kommende  deutsche  Gedichte  gegenüberstehen,  ^an 

'   . .    .  •     .  \ 

spület  deutlich  den  menschlichen  und  künstlerischen  "Ein- 
satz" der  großen  Vermittlerin.  Einige  der  übersetzten  Ge- 
dichte zeigen,  wie  nah  sich  darin  zwei  Erfahrungswelten 


\ 


\ 


sind;  einige  entsprechen  im  Ton  der  Lyrik  von  Nelly  Sachs 
in  'so  hohem  Maße,  daß  man  sie  ihr  zuschreiben  könnte, 
wüßte  man  die  Namen  der  Autoren  nicht. 

Die!  Lyrik,  die  szenischen  Dichtungen,  auch  die  Übertragun- 
gen! -  das^  alles  weist  zurück  auf  ein  intensives  Leiden, 
das  seinen  Grund  hat  in  dem  entsetzlichen  Schicksal  dieser 
Frau,  zu  einem  Leiden  am  Hiersein  überhaupt  wurde.  Der 
schwedische  Dichter  Ragnar  Thoursie  bezeichnet  sie  als 
eine  Schwester  Kafkas.  Karl  Schwedhelm  hat  hervorgehoben, 
daß  sie  trotz  der  äußersten  Schändung  des  Menschenbildes 
in  den  Lagern  nicht  anklagt,  sondern  klagt;  daß  in  ihrer 
Dichtung  die  Formel  eines  bildlosen  Glaubens  hervortritt, 
dem  das  Wort  Gefäß  aller  Bilder  bedeutet ;  daß  ihre  Dichtung 


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-  24  - 


der  Entrückung  jüdischer  Mystik  ähnlich  ist,  für  die  das 
Wort  der  dem  Menschen  mögliche  Weg  zu  wortloser  Vollkommen, 
heit  ist.  - 

Ein  d\irch  seinen  Schmerz  und  seine  Einsamkeit  ergreifendes 
Werk,  in  dem  An-  und  Abwesenheit,  Nähe  und  Ferne,  Schrei 
und  Stille  plötzlich  nicht  mehr  zu  unterscheiden  sind. 


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DEUTSCHLANDPUNK 
Abt,  Literatur 
Rodaktion  Dr.  Kliemann 
Hausapparat  348/349 


SCHRIFTSTELLER  UNSERER  ZEIT 

Nally  Sachs 

Porträtiert  von  Horst  Bienek 


^,  A.^  .\^  ^r 


MKH*anMi«OTaai^Bava 


# 


Sprecher  i    (Autor-Text)  : 
Zitatsprecher: (Fremdzitate) 
Sprecherin  (Nelly  Sachs)  : 

Produzent  : 
Aufnahme  am  : 
Schneiden  am  : 
Probe  um  s 


/ 


Sendung  am  Donnerstag,  den  30.9-1965^  22. oo  -  22.:>o  Uhr 


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Sprecher  :    Dichtung  als  Dasein  :  dieser  von  Wilhelm  Lehmann  aphoristisch 

formulierte  Begriff  ist  nicht  nur  zu  einem  Schlüsselwort,  son-| 
dern  auch  zu  einem  Kriterium  d^r  Dichtung  geworden.  Lehmann 


Zitat- 
sprecher: 


Sprecher: 


sagt  : 


'Jeder  von  uns  sucht  seine  Wirklichkeit  und  die  seines  Gegen- 
standes. Sie  zu  finden,  dazu  verhilft  uns  die  Dichtung,  sie, 
die  kein  Nebenbei,  kein  zufälliger  Schmuck  ist  und  die  Be- 
mühung eines  ganzen  Lebens  braucht,  um  wirklich  zu  werden. 
Dichtung  erzeugt,  wenn  nicht  Leben,  so  Dasein.' 

In  solchen  Sätzen  wird  Dichtung  verstanden  als  etwas,  was  sie 
in  ihren  vollkommensten  Gcibilden  immer  war,  als  etwas,  das  uns 
angehört,  das  unsere  Welt  ausmacht,  das  im  Benennen  den  Dingen 
und  dem  Dasein  Sinn  gibt.  Nimmt  man  sie  als  Maßstab  für  die 
lyrischt:^n  Produktionen  der  Gegenwart,  so  wird  man  bald  zu 
unterscheiden  Verstehen  das  Ephemere  vom  Beständigen,  die 
Tauschung  von  der  Wirklichkeit,  den  Schein  von  der  Wahrheit. 
Dichtung  ist  nur  da  möglich,  wo  sie  Existenz  faßbar  macht. 
Sie  darf  kein  "zufälliger  Schmuck" sein. 


Erschütterung  ging  deshalb  -  darüber  ließen  sich  auch  andere 
Zeiten  nicht  hinwegtäuschen  -  immer  von  einer  Lyrik  aus, 
die  aus  einem  inneren  Zwang  entstand,  die  ebenso  die  Person 
des  Schreibenden  wie  seiü  Welt  begriff  und  ausdrückte.  Wir 
sind  gerade  heute,  wo  das  Wort  von  der  'intellektuellen  Mach- 
barkeit  des  Gedichts'  bereits  zu  einem  abgegriffenen  Klischee 
geworden  ist,  für  eine  solche  Lyrik  hellhörig  geworden.   In 
hohem  Alter,  in  Einsamkeit  und  Verzweiflung  hat  Elsa  Lasker- 
Schüler  geäußert,  daß  sie  zerbrechen  müßte,  könnte  sie  keine 
Gedichte  mehr  schreiben.  Und  Gertrud  Kolmar,  eine  der  größ&n 
und  zugleich  unbekanntesten  Dichterinnen  deutscher  Sprache, 
hat  ein  Jahrzehnt  lang  ihre  E-istenz  im  Gedicht,  im  vor  der 


Welt  verheimlichten  Gedicht,  gefunden.   Zu  Lebzeiten  hat  si 


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^  * 


-  2  - 


nur  weniges  veröffentlicht,  und  dieses  wenige  war  fast  ohne 
Echo  geblieben.   19^3  wurde  sie  in  c-in  Arbeitslager  im  Osten 
deportiert,  seitdem  ist  sie  verschollen. 

Eine  dritte  jüdische  Dichterin,  Nelly  Sachs,  hat  ebenfalls  die 
Schrecken  und  Höllen  jener  Zeit,  an  denen  die  beiden  anderen 
zugrunde  gegangen  sind,  erlebt  -  sie  hat  sie  überlebt.   In 
'  letzter  Minute  ,  im  Juni  1940,  als  die  deutsche  Armee  bereits 
in  Prankreich  einmarschierte,  konnte  sie  durch  Vermittlung  von| 
Selma  Lagerlöf  nach  Schweden  emigrieren.   Auch  sie  hat  ihre 
Existenz  im  Gedicht  gefunden,  ihre  Heimat  in  der  deutschen 
Sprache.  Und  in  c:inem  Augenblick,  da  SS-Leute  Menschen  jüdi- 
scher Herkunft  in  die  Gettos  und  Gaskammern  trieben,  hat  sie 
in  einer  kleinen  Mietswohnung  in  Stockholm  in  eben  dieser 
Sprache  das  Denkmal  für  die  Opfer  geschrieben  :  die  Grabschri 
ten  'In  den  Wohnungen  des  Todes'. 


Nc^hmen  wir  noch  Elisabeth  Langgässer  hinzu,  die  als  Jüdin  zum 


Katholizismus  konvertiert  war.   Sie  blieb  in  den  srchwi 


Kriegs  jähren  in  Bvjrlin,  mit  Schreib-  und  Publikationsverbot 
belegt,  ständig  bedroht  von  den  Dtjportationen.   Aber  die  Spra 
konnte  man  ihr  nicht  nehmen,  die  deutsche  Sprache,  in  der 
sie  mit  'D^^r  Laubmann  und  die  Rose'  vielleicht  ihre  schönsten 
ihre  vollendc;tsten  Gedichte  geschrieben  und  in  der  sie  'Das 
unauslöschliche  Siegel'  verfasst  hat,  einen  der  ganze  wenigen 
Romane  von  Belang,  die  im  Dvjutschland  der  Hitler-Herrschaft 

entstanden  sind. 

das^ 

Man  muß  sich'^^rgegenwärtigen  :   In  einer  Zeit,  da  man  diese 

vier  Frauen  aus  der  deutschen  Sprache  vertreiben  wollte,  habe 
sie  gerade  dieser  Sprache  einige  ihrer  schönsten  Zeugnisse 
abgerungen.   Und  sie  haben  nicht  nur  eine  Tradition,  von  dor 


i' 


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-  1>  - 


Droste  über  Ricarda  Huch,  fortgesetzt,  sondern  auch  einen  Höhe- 
punkt In  der  deutschen  Lyrik  markiert,  der  bis  in  unsere  Gegen- 
wart nachwirkt. 


Sie,  die  in  die  äußere  Emigration  der  Fremde  oder  in  di 


e  innere 


des  Arbeitslagers  getrieben  wurden,  haben,  neben  manchen 
biographischen  Verwandtschaften,  vor  ^llem  eines  gemeinsam  : 
die  dichterische  Sprache  als  Refugium,  als  unzerstörbares  Ge- 
fäß ihrer  Gedanken  und  Gefühle,  als  Ausdruck  ihrer  Hinwendung 
zu  einer  höheren  Macht  als  jener,  die  ihre  Umwelt  beherrscht. 
(Daher  die  Anrufung  der  biblischen  Gestalten  bei  Else  Lask 
Schüler,  bei  Nelly  Sachs  und  bei  Gertrud  Kolmar,   die 


er- 


Beschwörung der  rosa  mystica  Maria  bei  der  konvertierten  Elisa- 
beth Langgässer).  Wohin  sie  das  Schicksal  auch  getrieben  hat, 
die  Sprache  ist  ihre  Heimat  geblieben.  Sprache  als  Heimat. 
Sprache  als  Verwandlung  der  Welt.  Nelly  Sachs  hat  das  in  einem 
Satz  signifikant  ausgedrückt,  der  ihrem  Gedichtband  'Flucht  und 
Verwandlung*  als  Motto  vorangestellt  ist  : 

m 

Sprecherin  :An  Stelle  von  Heimat  /  halte  ich  die  Verwandlungen  der  Welt. 

Sprecher  :  Dieser  Satz  könnte  richtungsweisend  über  dem  ganzen  Werk  der 

Nelly  Sachs  stehen.  Ein  Werk,  das  von  den  Themen  der  Verfol- 
gung, der  Flucht  und  der  Suche  nach  Heimat  geprägt  ist  bis  in 
die  jüngste  Gegenwart  hinein.  Angefangen  von  den  'Grabschrlf tenl 
in  die  Luft  geschrieben'  bis  zur 'Fahrt  ins  S'caublose'  haben 
sie  diese  Themen  immer  wieder  beschäftigt.  Sie  hat  dabei  nicht 
nur  den  Leidensweg  eines  gequälten  Volkes  in  ihren  Versen  .  . 
festgehalten,  sondern  ist.  nach  einer  Formulierung  des  Literar- 
historikers Valter  Berendson  ,  "die  Dichterin  jüdischen 
Schicksals"  geworden.   Wenn  man  in  später  Zelt  fragen  wird,  wer 
das  Entsetzliche  dieser  Jahrhundertmitte  artikuliert  hat,  dann 


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Zitatspr^i 
eher: 


«  4  - 
"wird  man  auf  Nolly  Sachs  verweisen  müssen.   ^Das  Schreibon  war 
mein  stummer  Schrei  \  bekannte  sie  einmal.   So  hat  sie  Worte 
und  Bilder  gefunden  für  ein  Geschehen,  das  man  glaubte,  nicht 
in  Worte  oder  Bilder  setzen  zu  können.   Aus  der  Zeit  ist  sie  ins 
Zeitlose  hinausgetreten,  aus  dem  Einzelfall  ins  Allgemeine, 
aus  der  Beschreibung  in  die  Metapher.   Immer  noch  geht  von  ihren 
Versen  Erschütterung  aus,  der  man  sich  nicht  entziehen  kann 
und  die  auch  jene  Leser  trifft,  die  die  Zjit  der  Verfolgung  nich| 
erlebt  haben.   Ihre  Gedichte  werden  als  poetische  Registratur 
des  Leids  in  Erinn^^rung  bleiben. 

Nelly  Sachs,,  I89I  in  Berlin  geboren,  wuchs  in  einem  großbürger- 
liehen  Hause  auf  •   Ihr  Vater  galt  als  musisch-,  .  vor  allem  der 
Musik  war  er  zugeneigt;  in  seher  großen  Bibliothek  kam  .  die 
Tochter  mit  den  Weisheitsbüchern  des  Ostens,  mit  den  Sagen  und 
Märchen  aller  Zeiten  und  Völker  und  mit  den  W>^rk:en  der  Roman- 
tiker in  Berührung.   Einflüsse,  die  in  ihren  ersten  Arbeiten 
du-utlich  zu  spüren  waren.   Walter  Bc^rendson  hat  die  häusliche 
Umwelt, in  der  Nelly  Sachs  erzogen  wurde,  so  beschrieben  : 

"Im  Sachs 'sehen  Hause  gab  es  keine  ausgesprochen  jüdisch-reli- 
giöse, eher  eine  freigeistige  Atmosphäre,   Aber  (ihre)  Dichtung 
ist  von  Anbeginn  von  inniger  Religiosität  cur.chtrankt .   In 
m^anchen  Gv::dichten  finden  sicHchristliche  Symbole.   Die  jüdische 
Mystik  wurde  Nelly  Sachs  erst  spät  durch  christliche  Freunde 
zugetragen,  wirkte  dann  aber  sehr  stark  und  nachhaltig  auf 
sie  als  etwas  im  Grunde  zutiefst  Verwandtes...  Mit  17  Jahren 


s 


chrieb  Nelly  Sachs  die  ersten  Gedichte,  seither  ist  ihre 


Produktion  nie  versiegt..." 


Sprecher:   Das  erste  Buch  von  Nelly  Sachs  war  1921  erschienen,  ein  schmale 

Band  mit  ^Legenden  und  Erzählungen'.   Später  entstanden  Märchen' 
spiele  für  Puppen-  und  Marionetten-Theater .  Erste  Verse  ver- 


» 


-  5  - 


off entlichte  damals  das  'Berlinär  Tageblatt',  die  JVossische 
Zeltung'  und  die  'Jugend'  in  München.  Nach  1935  wurden  von  ihr 
Beiträge  nur  noch  in  jüdischen  Zeitungen  gedruckt. 


Ihren  Band  'Legenden  und  Erzählungen'  hatte  sie  1921  an  Selma 


Lagerlöf  geschickt  mit  der  Widhiung  ; 


Sprecherin  :   "Dieses  Buch  . . .  ist  geschri 


Leben  vone 

l 


iner  jungen  Deutschen^ 


die  in  der  großen  schv/edischen  Dichterin  ihr!  leuchtendes  Vor- 


bild verehrt 


ti 


Sprecher  :    Damit  begann  zwischen  Selma  Lagerlöf,  die  schon  19o9  den  Nobel- 
preis erhalten  hatte  und  hoch  gerühmt  war,  und  der  jungen 
Anfängc^rin  eine  Freundschaft^  die  sich  über  Jahrzehnte  hinweg 
bewährte.   Selma  Lagerlöf  hat  Nelly  Sachs  buchstäblich  vor 

den  drohenden  Gas|e4^^  gerc;ttct  :  durch  ihre  Fürsprache  und 

eny 

die  des  Prinz  ^4iugc,'n  von  Schweden  eri^ichte  sie,  daß  Nelly 

Sachs  zusammen  mit  ihrer  alten  Mutter,  in  einem.  Augenblick, 
da  bereits  die  ersten  Deportationen  der  Juden  nach  dem  Osten 
gingen,  die  Ausreise  erhielt.   Seit  diesc^r  Zeit  lebt  sie  in 
Stockholm,  in  .:;inum  Miethaus  am  Bergsundstrand,  direkt 
gegenüber  dom  Mälarensee.   In  dem  Land  ihrer  Sprache,  in  der 
sie  schreibt,  war  sie  seitdem  erst  einmal,  als  man  sie  in 
M^ersburg  am  Bodc^nsee  mit  dem  Droste-Preis  ehrte.   Jetzt,  wo 
sie  alt  gev/orden  ist,   will  sie  nicht  mehr  nach  Deutschland 
zurückkehren  : 

Sprecherin:  'An  Sterile  von  H..imat  /  halte  ich  die  Verwandlungen  der  Wult.' 


Sprc^cher  :  Nelly  Sachs  war  schon  19^0  v:;ine  Schrif tst<::llerin  von  ausge- 
prägter Individualität.   Ihr  "gültiges"  W^^rk  aber  beginnt. 


nach  ihren  eigenen  Worten,  w^rst  in  den 


ja'j 


Lbnr.-iyl  Jahren  lAr-Hdi 


) 


» 


-  6  - 

pchmüTTr^^,  als  sie  dem  Tod  schon  anverwandt.  Ihm  aber  nicht 
ganz  ausgeliefert  war.  Als  19^6  ihr  erster  Gedichtsband  er- 
schien *In  den  Wohnungen  des  Todes  ^,  im  Aufbau-V^^rlag  in  Berlin 
da  spürte  man  sofort  :  hier  war  die  Stimme  einer  Dichterin,  die 
in  der  Flut  der  damals  erscheinenden  Bekenntnis-  und  Erlebnis- 
lyrik alle  andern  weit  überragte.   Kein  Vers^  keine  Zeile, 
hat  bis  heute  an  Substanz  verloren.   'Dein  L^^^ib  im  Rauch  durch 

im 

die  Luft',  heißt  ein  Zyklus,  ein  anderer  'Chöre  nach  Mitter- 
nacht',  ein  dritter  ^Gra>Jschrif ten  in  die  Luft  geschrieben^ 
Ep-i-taphe  für  ihre  toten  Brüder  und  Schwestern,  die  in  den 
Vernichtungslagern  umgekommen  sind  un^i,  wie  Celan  sagt,  'ein 
Grab  in  den  Lüften^  bekommen  hab^n.   Aber  sie  will  nicht  noch 
einmal  Namen  beschv/ören,  Namen  sind  Zeugnis,  sind  Demonstration 
sind  aufbrechende,  blutende  Erinnerung.   Aus  der  persönlichen 
Vertrautheit  heraustreten,  eine  allgemeine  Formel  für  ihre 
Existenz  finden,  das  will  sie.   So  heißen  die  Gedichte  : 
'Die  Markthandlerinj   'Die  Tänzerin',  'Der  Spinozaforscher', 
'Der  Hausierer'.   Und  dahinter  sind  die  Anfangsbuchstaben  ge- 
setzt,  ganz  unpersönlich,  ganz  lapidar.   G.P.   oder  D.H.  oder 


H.Hc   Um  einer  zeitlosen  Wahrheit  willen  faßt  sie  deron  Leben 


in  eine  Chiffre.  In  diesen 


spürt  man  noch  Rilke 'sehe 


Anklänge,  die  nach  und  nach  von  einer  expressiven  Sprachge- 
bärde abgelöst  werden* 


V 


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-  7  - 


Sprecherin:   Der  Hausierer  /g.P/7 


Sprecher: 


Du  hattest  einen  weiten  Weg  zu  gehn 
Von  Nadeln  und  Zwirn  bis  zu  den  Engeln  - 
Der  Tod  kam  deinen  Kram  besehn. 
An  einer  Sichel  sang  sein  Dengeln/ 
Aufgingen  Scheren  wie  im  Wlndeswehn 
Der  Mond  lag  bleichend  auf  dem  Linnen. 
Sand  leerte  sich  aus  einem  Kinderschuh  - 
Du  aber  standst  im  schrecklichen  Beginnen 
Und  nahmst  an  Angst  wie  an  Gewichten  zu. 
Doch  deine  Füße,  längst  gewohnt  das  Wandern 
Wußten  nun  den  Weg,  den  andern. 
Deine  Augen,  die  die  Elle  abgemessen 
Tauten  Spiegel  aus  dem  längst  Vergessen. 
Deine  Hände,  die  die  Münze  nahmen 
Starben  wie  zwei  Beter  mit  dem  Amen. 

Die  Titel  der  Gedichtbände  skizzieren  die  Entwicklung  der 
Lyrikerin.   Dc-n  *  Wohnungen  des  T  odes^  ,  unmittelbar  unter  dem 
Eindruck  der  Verfolgungen  entstanden/T olgte  als  nachhallende 

Erinnerung  'Sternverdunklung*  (19^9).  dann  jene  resignierende. 
hilflose  Gestü  des  'Niemand  weiß  weiter'  (1957)  bis  hin  zu 
'Flucht  und  Verwandlung'  (1959).  das  schon  die  Überwindung  des 
Schmerzes  zeigt  und  hinweist  auf  die  Hoffnung,  die  aufrührerisc: 
ist,  auf  das  große  elementare  Erlebnis  der  Flucht,  die  zugleich 
Verwandlung,  Umwandlung,  Metamorphose  bedeutet.  Von  dort  geht 
die  'Fahrt  ins  Staublose'  (I96I),  in  der  jener  schwarze, 
tragische  Dithyrambus  aufklingt  :  'Noch  feiert  Tod  das  Leben'. 
Inmitt>in  der  'allmächtigen  Gegenwart  des  Todes'  der  demonstra- 
tive Hinwois  auf  das  Leben  !  Der  Tod,  der  kommt,  um  das  ,  was 
lebt,  zum  Verstummen  zu  bringen,  muß  das  Leben  feiern,  muß  es 
noch  feiern. . .  ^ 


Dazwischen  liegt  ein  reiches  Übersetzungswerk  aus  dem  Schwedi- 
schen ms  Deutsche 


-  8  - 


Sprecherin:   "als  Dank  an  mein  Gastland" 

Sprecher  :   und  die  Arbeit  an  zwei  szenischen  Werken  ^Eli'  und  'Simson 

fällt  durch  Jahrtausende',  die  sich  in  kein  Genre  einfügen 
lassen.   Sie  sind  Gedieht, Mysterienspiel,  Vision  und  Beschwö- 
rung  zugleich,  auf  der  Bühne  kaum  darstellbar;  bisher  haben  si 
ihre  Realisierung  nur  im  Hörspiel  gefunden* 

Unverwechselbar  ist  ihre  Sprache,  die  übrigens  gleich  mit  dem 
ersten  Gedichtband  in  ihrer  ganzen  Ausdruckskraft  und  Intensi- 
tät spürbar  war.  Sie  ist  von  den  Büchern  der  Propheten  und  de] 
Psalmen  ebenso  beeinflußt  wie  von  der  Thora  und  den  Legenden 
d<:^r  Chassidiia;  aufgenommen  hat  sie  auch  die  Bilderwelt  des 
Surrealismus  und  die  moderne  Formensprache  der  schwedischen 
Lyrik.   Ihre;  Wurzel  aber  ist  im  deutschen  Expressionismus  zu 
suchen,  von  dort  bezieht  sie  das  Ekstatische  wie  das  Visionäre,| 
das  so  spezifisch  für  Nelly  Sachs  wurde  und  ihre  Gcidichte  zu 

t 

*Anrf ungern'  macht.   Sie  ist  die  einzige  neben  Gottfried  Benn 
und  nach  seinem  Tod  die  letzte,  die  den  Sprachkanon  des 
Expressionismus  aufgenommen  und  ihn  bis  in  unsere  Tage  ständig 
verwandelt  und  erneuert  hat.  Geblieben  ist  ihr  auxßerdem  eine 
Art  'kosmischer  Sternenklang \  der  an  Däubler  erinnert,  ein 
Ton,  der  bei  ihr  wie  bei  der  Lasker-Schült^-r  einen  deutlichen 
religiösen  Akzent  bekommen  hat.   Überhaupt  wäre  es  einer 

genauen  Untersuchung  wert,  einmal  die  Gemeinsamkeiten  der 

f 

Sprache  bei  Nelly  Sachs,  bei  Else  Lasker-Schüler  und  Gertrud 

Kolmar  herauszufinden* 


Es  gibt  einprägsame  Bilder  bei  Nelly  Sachs,  die  immer  wieder- 
kehren v   Dazu  gehört  eine  Vorliebe  für  Wörter  wie  Sand,  Staub, 
Gestii'n^  S.:erne,  Meer,  Leib,  Schmerz,  Tod,  Nacht,  Schatten, 


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-  9  - 


Licht,  Samenkorn,  Schlaf,  Minute,  Sekunde,  Stunde  -  für  die 
Elemente  der  Zeit,  die  in  ihrem  Werk,  wie  überhaupt  m  der 
modernen  Lyrik  wichtig  geworden  sind.  Es  sind  dabei  aber  vor  al 
lern  die  Vereinigungen,  die  solche  Worte-  miteinander  «eingehen  : 
Wandersand  ...  brenn-^-nder  Sinaisand...  Dünensand  ...  der  mit 
den  Flügeln  des  Schma tterlings  vermischte  (Sand)...  Metaphern 
für  das  Flüchtige,  das  Vorübergehende  ,  das  Ephemere.  Bilder 
für  die  verrinnende,  die  tödliche  Zeit  :  'Licht  wird  aus 
Sand',  oder  :  'Sand  leerte  sich  aus  einem  Kinderschuh'.   Sand 
als  unerbittlicher  Ablauf  von  Z^it  (Sanduhr),  Sand  als  Bild  der 
Gewesenheit,  als  etwas  nicht  mehr  Vurwandelbaras,  als  fliehende^ 
vorwahendu  Erinric^rung  : 


Sprecherin: Der  Sand  in  meinem  löchrigen  Schuh 

das  warst  du  -  du  -  du 
M<xla    ich  S.md  der  einmal  Fleisch  war 
Odc*r  Goldhaar  -  oder  Schwarzhaar  - 
Odo-r  die  Küsse  und  ueine  schnieiche.linde  Hand 
Sand  male  ich,  Sj.nd  -  Sand  -  Sand 

Sprecher  :  S  .nd,  der  an  die  Zeit, die  abläuft,  und  damit  auch  an  die  Ver- 
gänglichkeit der  Verfolger,  der  Mörder  erinnert  : 

Sprecherin:  'Oh  ihr  Finger 

die  ihr  den  SeiUd   aus  Totenschuhen  leertet 
Morgen  schon  werdet  ihr  Staub  sein 
In  den  Schuh^^n  Kommender...' 

•ST:recher:   Nelly  Sachs,  die  an  die  Verwandlung  der  Welt  glaubt,  an  die 

Metamorphose  als  Wiederkehr,  im  Sand  ist  alle  Hoffnung  für  sie 

erloschen.   Cas  Samenkorn  hingegen  bedeutet  Auferstehung. 

Samenkorn  und  Sandkorn  werden  so  zum  Synonym  für  Leben  und  Tod, 

für  Werden  im  Untergang,  für  das  Wachsen  im  Schwinden  :  das 

Ewigkeits zeichen. 


0 


-  10  - 

Sprecherin :Nur  zu  wiegen  sich 

in  Lichtmusik  aus  Ebbe  und  Flut 
nur  zu  wiegen  sich 
im  Rhythmus  des  unverwundeten 
Ewigkeitszeichen  : 

Lebein  -  Tod  - 
Sprecher:   Das  Isttoei  ihr  weit  über  das  Metaphorische  hinaus  ein  brennend 


e 


Zeichen  geworden.   Immer  wieder  sucht  sie  für  diesen  Vorgang  ne 
Variationen  zu  finden.  Es  ist  ihr  eigenes  Erleben,  das  sich 


Wfee*iiÄCh|  in  Poesie  urngesetzt  hat.  Je 


nes  Bewußtwerden  des  Todes! 


-  und  im  Tode  die  Wiedergeburt,  die  Rettung  ;  nach  der  Flucht 
die  Verwandlung;,  die  Auferstehung;  das  neue  Leben  in  einer 
anderen  V/elt,  m  einem  anderen  Haus,  unter  einem  anderen  Dach. 
Schon  in  den  ersten  Gedichten  heißt  es  : 

Sprecherin: 'Und  ihr  werdet  hören  /  durch  den  Schlaf  hindurch  /  werdet  ihr 

hören  /  wie  im  Tod  das  Leben  beginnt . ' 


Sprecher:   Und  später  nennt  sie  Tod  und  Geburt  :  'den  Gott  vererbten 

Zwillingsüchmuck' .  Und  dann  wieder  :  'Wenn  sich  das  Samenkorn 
im  Tode  d^s  Lebens  erinnert'.   Immer  die  Paarung,  die  V.-rbindungl 

*- 

des  Gegensatzes»  ihr  demonstrativer  Versuch,  im  Tod  nicht  das 
Ende  zu  sehen,  sondern  zugleich  den  Anfang,  im  Beginn  aber  auch 
bereits  die  Vollendung  : 

Sprecherin: 'O  keine  Ankunft  ohne  Tod.* 

Cprecher  :  Daher  Ihre  fast  quälende  Beschv;örung,  ihre  magische  Benennung 

« 

immer  des  gleichen  Zustande  : 
Sprecherin: 'Er  aber  /  hört  das  Samenkorn  flüstern  im  Tod  -' 


Sprecher  :  Und  dann,  i,n  alttestamentarischen  Heilsglauben  : 


I 


-  11  - 


Sprecherin: '  Wer  zuletzt 

hier  stirbt 


Sprecher 


wird  das  Samenkorn  der  Sonne  .  '  ' 

zwischen  seinen  Lippu-n  tragen.'  ■ 

Im  Samenkorn  Ist  das  G.^helmnls,  ist  das  Mysterium  verschlossen. 
Es  kann  jede  Stunde  aufbrechen.   Man  weiß,  daß  das  Ungeheure 
kommen  wird.   Ist  c^s  der  Tod  ?  Ist  es  der  Messias  ?  Ist  es 
der  Retter  ?  Das  Samenkorn  gibt  sein  Geheimnis  nicht  preis. 
Erst  im  Tode.   Di^^r  Tod  gebiert  das  Luben  : 


Sprecherin:Wer  zuletzt 

hier  stirbt 


wird  das  Samenkorn  der  Sonne 
zwl^^ohen  seinen  Lippen  tragen 
wird  die  Nacht  gewittern 
m  der  Verwesung  Todeskampf 


Alle  vom  Blut 
entzündeten  Träume 
werden  im  Zickzack-Blitz 
aus  seinen  Schultern  fahren 
stigmatisieren  die  himmlischem  Haut 
mit  dem  G^h^amnis  d^r  Ciual , 

Well  Noahs  Arche  abwärts  fuhr 
die  Sternbilderstraßen 
wird 

wer  zuletzt  hier  stirbt 

den  Schuh  mit  Wasser  angefüllt 

am  Fuße  haben 

Darin  ein  Fisch 

iiilt  seiner  Rückenflosse  Heimwehsegel 

die  schwarz  vertropfte  Zeit 

In  ihren  Gottesacker  zieht* 


i 


-  12  - 


Sprecher:   Die  Welt  der  N.^lly  Sachs  ist  die  Welt  von  Hiob.   Sein  Schicksa 

Wird  zum  Schicksal  aller.   Zum  Trost  der  Überlebenden.   In 
■  ihren  V.^rsen  "lebt  die  Hiobsgeschichte  alles  durchlautend" 
mit,  sagt  Werner  Weber.  Aber  N.lly  Sachs  versucht  auch  neue 

Gleichnisse  und  neue  Mythen  zu  schaffen,  ebenso  gewaltig  und 
elementar  wie  jene  aus  dem  Alten  Testament.   Ist  die  Rettung 
der  Häftlinge  von  Bergen-Belsen,  Mauthausen  und  Dachau  beim 
Einn::arsch  der  Amerikaner  nicht  ebenso  wunderbar  wie  die 
Rettung  der  Israeliten  im  Roten  Meer  ?  Ist  da  nicht  ein 
neuer  heimatloser  Ahasver  ? 

Sprecherin:  'Ein  Fremder  hat  immer 

'seine  Heimat  im  Arm 
wie  eine  Waise 

für  die  er  vielleicht  nichts 
als  ein  Grab  sucht!' 


Sprecher  : 


Sprecherin 


Sprecher: 


Ist  dies  nicht  der  esohatologische  Glaube  der  prophetischen 
Bücher,  der  hieraus  spricht  : 

'Tod 

Meergesang 

spül^^nd  um  meinem  Lt.^ib 
salzige  Traube 
durstlockjnde  m  meinem  Mund  - 

Aufschlägst  du  die  Saiten  meiner  Adern 

bis  sie  singend  springen 

knospend  aus  den  Wunden 

die  Musik  meiner  Liebe  zu  spielen 

Und  ist  nicht  mitten  unter  uns  Hiob  ^hautlos,  augenlos,  hat 
Hiob  Gott  gebildet'),  alle  Fahrnisse 'und  Prüfungen  in  uner- 
schütterlichem Glauben  bestehend  : 


0 


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-  13  - 


Sprecherin:  Vertrieben 


e 


aus  Wohnungen 

Windgepeitschte 

Mit  der  Sterbeader  hinter  dem  Ohr 

die  Sonne  erschlagend  - 

Aus  verlorenen  Sitten  geworfen 

dem  Gang  der  Gewässer  folgend 

dem  weinenden  Geländer  des  Todes 

halten  noch  oft  in  der  Höhle 

des  Mundus  -    .   . 

ein  Wort  versteckt 

aus  Angst  vor  Dieben 

sagen  :  Rosmarin 

und  kauen  eine  Wurzo'l 

aus  dem  Acker  gezogen 

oder 

schmecken  nächtelang  :  Abschied 


sagen 


Die  Zeit  ist  um 

wenn  eine  neue  Wunde  aufbrach 

im  Fuß. 


'a 


Reißend  wird  ihr  Leib 

im  Salz  der  Marter  fortgefressen. 

Hautlos 

c.ugenlos 

hat  Hieb  Gott  gebildet.  , 

0  der  kriegszerrissene  Loib  des  Pferdes 
an  dem  fraglos  die  Fliegern  stechen 

und  die  Äckerblume  durch  die  leer^  Augenhöhle  wachst  ! 

Nicht  der  sterndeutende  Bileam 
v/ußte  von  curcm  Gcheijinis> 
als  seine  Eselin 
den  Engel  im  Auge  behielt  ! 


K' 


V  V 


Sprecherin: 


-  14  ~ 


Sprecher  :    In  den  Go'dichten  der  Nelly  Sachs  stoßen  wir  auf  das  Wort  vom 

"durchschrnerzen".   In  diesem  Sinne  hat  sie  ihre  Gtidlchte 
"durchschraerzt"  und  erfahren,  ohne  im  Erlebnis  steckenge- 
blieben zu  sein.   Die  Z^^lt  der  Mörder,  die  Zoit  der  V.rfolgu] 
ist  durch  'Flucht  und  Verwandlung'  überwunden,  im  Mysterium 
des  Scimonkorns  und  des  Sundkorrio  findet  sie  die  Entsprechung 
für  L^ben  und  Tod,  und  in  der  Anrufung  der  Gestalten  aus  dem 
Alten  T^.staiiient  die  mythenbildende  Kraft,  die  bis  in  unsere 
Zoit  reicht.   In  diesen  B^-zirken  hat  Nelly  Sachs  ihr^^  neue 
Heimat  gesucht. 


Koramt  oiner 

von  ferne 

mit  v;::iner  Sprache 

die  vielleicht  die  Laute 

verschließt 

mit  du-m  Wiehern  der  Stute 

odür 

dem  Piv^^pen 

junger  Schwarzamseln 

oder  auch  V7ie  eine  knirschende  Sage 

die  alle  N-.ohe  zerschneidet  - 

Koramt  ein<;.'r 

von  ferne 

mit  Bewegungen  des  Hundes 

oder 

vielleicht   d(^r  Rattu 

und   ^s   ist  Vfinter 

30  kleide      lim  warm 

kann  :-^uch  sein 

er  hat  Feuer  unter  den  Sohlen 

(vielleicht  ritt  er 

auf  einem  Meteor) 


so  schilt  ihn  nicht 


schreit  - 


i 


»A 


-  15  - 

Ein  Fremder  hat  immer 

seine  Heimat  im  Arm 

wie  eine  Waise 

für  die  er  vielleicht  nichts 

als  ein  Grab  sucht. 


/ 


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litoratCir  iö 


i3c'i?li3a^  den  7#li'~*19C6     '^cy* 
xccl^:  Ecllin 


H      I    ,  •  Kccl^:  Ecllin 


"  Geh ört---üv^l<:iaoa-«-nii;i£::ö teilt   »^ 


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SuQ  7i>,  G-eburttitajj,'  von  Xiclly  cnch-;  •'  ,..      :  ■■■  .  •.    ■ 

\,    .         .  • 

...    -     ■ ,  •  -       •    ,    -      .    ■.     ■      -:■ 

Ifttirt  |Plnui3uc,  der  IIorau'JcuTjcr  Cor  Ijcrlüimten  L':vr5rea£jioi:iG!r.ui^- 

•  I  ......  4*"    •  -  *| 

Brief  r:u  iliro'ui  194G  eracliiouencn  Gccliclitl)cnd  "In  acn  i;o!:riiujr;en 


dccj  l'CKloG",  der'ci<^i  mit  dein  Gcbickcal  öca  ^Udicchen  "^olkea  crarj- 

I  -■■■■■•  • 

eir;atic2c.'rncti;u;      "Jo  cohcint,  daß  ia  noiiclion  dioscx»  Ili'irjicii  aor 
ScIirfi^brscnnGCiiroi  über  den  laiiTicnocliliciiaton  naGocximord  der  liaiiccb- 


<» 


Ann;;  .inc,upuiil; t  m;d  Ox't  der  i^iclitiaji^  von  ^^^clly  Oücia:rGiud  in  dioccn 


:/;oi>claichüa  üu  ond^Uil;ii;;er  jjicht un^  £;c;7o:cdcn  iG'l;#^'  ''   ;• 


H- ' 


lo9i  in  Bc^rlin  alc  ^Siind   oln-dx  judlGchon  übI)rli:antonfauiilo  i:;o-- 


Dorc 


•.^ 


n,  wuclio  i3io  in  der  I-ü4turvollcxi  A-onoüx^bUro  cincG  jüdi^jüiicn 


J^ilrdcrlicmGca  aul*,  PrUii  boi:ann  £;iü  fjolbst  nabb ,  l:ii:ia';;lcrif;.c!:ora 


AuGdruc3c  su  cuoiicn,  laufsiisiorto,  tanstc  xmd  ccjbriüb  Godiclitu^.  V.eni 

.  •   .  .        -.■,■■        ■   ■  •  j-     ■       ■'  '     I  -■■  ■ 

dcvop  cLvca-^o'  i^^cli  Ciu5ün,  ID^l  ein.  Baud  Xyi'iüciier  i'rorjn,  1^32    .■     ' 

clito  Im  f'ilorli.ner  Ta;^cblat t" ;  AVüiii^;  davon  war  vielleicht  auch 


Gödi 


..  i- 


v/irdlich  l:)cclcutcricli  bOia:crkeni;vvor"if  vvuraber  aat  ^eaen  Pallclie 


er  OL 


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3  cid;  abi;cicijnondo  -^^irletniaintciioitcit»  J/aß  nnG  oj;  auci)  .'•je- 


\7CiJe2i  3ciii,  ivaü  ►;elna  I^ijcrlüi'  tiu  derv *irboiten  i;o  cchLitiito*  ;jc>i 


j. 


•■■■  '  ilirca  rOiiafsöljnton  labcnc^jcuir  l^satto  i>cll^  wCicli£i  rdt  ibr  Urioi'e  ce- 


v.'Gcl|i3cXt  uiid  ihr  dio  ercton  dicbtoriccten  Vcr;JucbG  Uboracijadt. 

r.  *  ^  «  ,  * 

"  .■     .•  ■  '■        ■■  •'  ■';  ■     .  ■  .      .  ■■  ■*..•.■■ 

da  iivar  donaa  der  ccluvodiocliüii  'Aiiülrüarii.i  aucb  iccine  Ui-ibclcainto 
ciehr,  ala  in  uorjucr  1939  ciae  i-i-cuiidiu  von  IIclI^  Uucl:ii;  ^clr-;a 
tac^^i«^'^- um  liili:o  :t:iü?  die  in  Deute clilcnd  vora  i'odo  Bcdrobto  bat« 
194Ö  coocbüh  das  üncrwartoto:  Koll^  üacba  xmä  il^re  L^ittcr  i:^lLm:_ 


durch  dio  Vcrijlt tlun^;  ;jclwa  Lrinerlüfs  nacli  wciiv^cdca 

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ül)xd::;c  Pardlio  kan  iai  den  ICoiL'^oritra'tiaiiGlaA'orii  uir.#. 


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l.äULcr!pi:indlicIic  Prau  Ibia  in  ücm  letzten  Uinlcel  iLruo  Gein 
ÄG  vTurdo  zu  einer  ürfehrun-,  öio  v;eit  über  doo  ci-on 


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;:c:iij;I:j;al  liinaui3£rifx^  urad  üio  mi-b  ilca  leid  doa  ß-coonit;jüaiDcliön 
Ccliiblcnnls  bclud.  Dpätejt«  cairfco  ITolly  i^nolia,  öaß  cio  öioG  co  ' 
unerliört  co^m^lt  habe,  daß  es  sie 'fast  bia  cn  die  Crcrj::o  ihroa 
Lobüiij  v/arf  uirl  dis  v.ortQ  l!]r  wio  i^a  acinvoror  IU\aiikIicit  Uüd 


tiex'Cx^  *raucr  icancn. 


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Labe  rair  da  cchrüibsii  köHDGü,  wo  idi'oonat'veri^ancea  iTllro^ 
leb  wußiJu  e>ü,  icb  habo  ::iich  ^Toxtet  aüdurcli...  Gr;iia  nab  den      > 
2üd  iot.  daa  Wort  CGlcoa'3ün,y.Gnn  ixm  nicb  fragen  wOrdo,  wor  nicla 
Ccloljrt  hlitto,  KU  dieisaii /orten  au  lioriWn,  so  fc^nn  icb  nur        ". 
inaor  v/iodcr  sa^jon;  der/Tod,"  '. 


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i:ö11.V  r:acba  bolclacit  i/ibrca  |:?oaicb'i  iziit  dca  Jod  der  Opfer' aucb  " 
die  ilraordnunG  dca  Il'aaanen,  ddr  iviciiachlicblcoit  diu'cb  aon  raiscHic- 

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nuxi^-eja  daa  a^odca, 


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tat%e  vl^r::iUl.nu57c  «U  <^u^rw<;<i,  et;va  renn  sie,  sc^--ti   «ai  d-v 
auch t  /  v.ach  -r;;r;«r  •ii.r.-.^-^.«  ^.^^  ^,^.^  ^^^  ^^^  ^^^  -j^t^^iok-. 
Iui7^  x:;oaiU:.rl;   ".a  .teile  vaa  Kclmat  /  l^alto  \c}i  dio  ^cr:^u;d- 


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Thla  Mnuscript  is  belng  s«nt  to  you  at  th«  requeat  of 

of  Mr.  Michaal  Roloff  j^.    "/ ■'t/3  i 


^XlTj^M 


Vd/Ij) 


oM    I 


"ELI" 
by 
Nellv  Sachs 


v/ith 


V 


music   by 
Hans  Keller 


f 


TranslatGd  by  Chrir,^-.onh<->^  ''olrae 


^^-'^'•^^SSION:   Friday,  26th  April  1963:  ß.20-9. 


20  p.m. 


t;[ip,d 


R.P.   RE7  r.Oi  TL0.77e3 


I 


^t^'iS 


■^^i.J*,jT   ,'^aliH  ..f-t   ■'i^iiiiiiiiim 


i  :.^\ 


fc  V 


.V  -fir^rw'^y^ 


'   ^     ■  >*■* 


ELI 
by  Nelly  Sachs 
Translated  by  Christopher  Holme 


«M 


i;  VJOMAN:   (Chanting) 


V 


\ 


From  the  laundry,  the  laundry  I  come, 
from  v;ai.hing  the  garments  of  death, 


VI 


from  v/ashing  the  shirt  cf  Eil, 


"» . 


washing  out  the  blood,  washing  out  the 

sweat, 
child-sweat  -  washing  out  death • 
To  you,  Samuel,  will  I  bring  it, 
to  the  Kuhgasse  bring  it  at  evening, 
where  the  bats  flutter  round  in  the  air 
as  I  flutter  the  Bible  pages 
looking  for  the  Song  of  Lamentation, 
where  it  burns  and  smokes  and  the  stones 

fall^ 
Your  grandson^s  Shirt  will  I  bring  you, 
the  Shirt  of  Eli  - 
It  was  your  son,  Samuel,  on  the  moming 

when  they  fetched  him, 
tore  him  from  bed,  firom  sleep  - 
as  they  had  torn  open  the  door 

r 

to  the  Shrine  of  Secrets  in  the  Temple  - 

forbid,  forbid  - 

thus  they  tore  him  from  sleep. 

Rahli,  hi8  wife,  too,  they  tore  from  aleep 

drove  her  before  them  through  the  Kuhgasai>^ 

drove  them  both, 
the  Kuhgasse  -  the  widow  Rosa  sat 
at  the  corner,  at  the  windov;, 
and  told  the  story  of  how  it  happenedj 


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1,  mWdli    (Cont«d) 


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until  they  shut  her  mouth| 

with  a  thorn,  because  her  husband  was  a  g 


Eli  in  bis  nightshirt  ran  after  hia. 

his  pipe  in  his  hand, 

the  pipe  he  had  played  in  the  fielda 

to  lamb  and  calf  - 

and  you,  grandfather  Samuel, 

ran  after  your  grandson* 

Andwhen  Eli 'saw, 


-n 


saw  with  the  eyes  of  an  eight-year-old 


how  they  drove  his  parents 


»w.-»W>«»«'J*'» 


through  the  Kuhgasse,  the  Kuhgasse, 

he  put  the  pipe  to  his  mouth  and  blew  iti 


^  j  -  -^ '  i\^jifTj  afTlT*1 


And  he  did  not  blow  it 


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* 

as  one  who  pipes  to  his  cattle  or  in  play,  . 
Said  the  widow  Rosa  while  she  was  yet  äLive^ 
no,  he  threw  back  his  head 
like  the  stag  or  the  roebuck 
before  it  drinks  at  the  spring. 
He  pointed  the  pipe  .to  heaven,  . 


he  piped  to  God,  did  Eli, 


Said  the  widow  Rosa  while  she  was  yDt   alivd 


he  piped  to  G#d, 

A  soldier  marching  with  the  procession 


mMMBNMWmffW 


looked  round  and  saw  Eli 

piping  to  high  heaven, 

Struck  him  down  with  his  rifle  butt| 


mtaam 


mmm 


a  young  soldier  he  was,  very  young  8till| 
Said  the  widow  Rosa# 
Samuel  took  up  the  corpse, 
grandfather  Samuel,  said  Rosa, 


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i;  WOMAN:  (Cont'd) 


PAUSE 


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-3- 


sat  dofvm  upon  a  milestone, 
and  was  dumb  -  was  dumb. 


V/as  not  Michael  then  at  band 
to  come  to  the  rescue  of  Eli? 
^       Michael  was  in  the  house  of  prayer, 
in  the  burning  house  of  prayer, 
he  checke d  the  flames^ 
he  saved  Jossele, 
saved  Dajan, 
saved  Jacob, 
but  Eli  is  dead. 
And  the  widow  Rosa  added  too 
that  Michael  came  a  minute  too  late, 
a  tiny  minute, 

look,  tiny  as  the  eye  of  my  needle 
with  which  I  had  just  been  s ewing  up  the 


torn  seam 


of  Eli^s  Shirt, 


Why  do  you  think  he  came  too  late, 

he,  whom  no  enemy  detained? 

He  took  one  step  into  the  side  street, 

a  Single  step, 

there  where  the  house  of  Miriam  once  stood, 

and  then  he  turned  round  - 

and  Eli  was  dead* 

Then  said  the  widow  Rosa:- 

But  Michael  has  the  unbroken  Vision j 

not  like  ours  which  sees  only  fragments  - 

he  has  the  Balshem  vision, 

from  end  to  end  he  sees.»** 


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i;  T*OWAN  (Contld) 


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X   muet  ask  Michael  what  he  knowa • 
For  he  stitches  sole  to  Uppers, 
he  must  know  more  than  how  to  wander  to 

the  grave • 


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M 


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1  am  a  washerwoman, 

I»ve  made  the  lye,  iWe  washed,  I»ve  rinsed, 


but  today  at  the  laundry, 

there  where  the  seam  was  torn  on  Eli ^6  Shirt  ••  "^ 

there  it  toök  hold  of  me  - 
I  must  ask  Michael  the  shoemaker. 


SCENE  VflO    }' 

f 

FROM  A  RUINED  ALLEY  CHILDREN 
COMB  RUNMING  ON  TO  THE  MRKET 
PLACE 

2i  OLDER  GIRL: 


■^.. 


The  school  teacher  said 

4  '    ■ 

today  was  the  day 

of  Michaelas  wedding  years  ago, 

the  day  they  snatched  Miriam,  his  bride,  from 


him 


3;  YOUNGER  GIRL: 


4.  OLDER  GIRL: 


5.  BOY: 
3EIZING  HER 

6.  OLDER  GIRL: 
FREEING  HERSELF 

PULLING  A  RAG  OUT 
OF  fkE  RÜBBIJ 


before  the  blessing  of  the  candles. 


What  shall  we  play? 


■\'/e'll  play  wedding  and  candle -blessing 
and  I'll  be  the  bride. 


And  1*11  snatch  you  away» 


M 


.  V 


No,  I  don't  want  that, 

I»ll  find  myself  a  baby  to  cradle. 


'V. .  '   «■*■ 


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6;  OLDER  GIRL  (ContM)    Here  is  linen, 


PTraCTNG  UP  V/OOD 


■  i 


S INGING 


7':  BOY: 


Ö,  OLDER  BOY: 


and  here 's  a  piece  of  vrood 
charred  only  at  one  end» 
Now  I've  got  a  baby, 
a  baby  with  black  hair, 
And  now  I'll  cradle  it. 

Once  on  a  time  there  was  a  tale  - 


mm0mmm>,*n»f 


n<*fMmmt»,imMm 


Cthe  tale  is  rww-^  gay  one, 

'      -■ .111 ^    -^:^-— ■ ■.._^.   .   ...  ■■...^     .»»a,JC»^.^».-.i-... 


X 


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.IL  ^'lllilli 


the  tale  begins  with  singing 


mimmmmmi>^»it»^w<m'xtm»K»»*H'^^i 


****tm 


about  a  king  of  the  Jews. 


.  iiii»'^'""*-''^-*^*'**^'' 


Ulm  n  -fil'i '—■ «^-~—-  •.t^-.-^^..  ^^ ■^p^...^.,[.^|^.|^,^-. 


Once  on  a  time  there  was  a  king  - 
a  king  there  was,  he  had  a  queen, 
the  queen  she  had  a  vineyard  - 
Lyulinka ,  my  child • . . . . 


The  vineyard  had  a  tree, 
the  tree  it  had  a  bough, 
the  bough  it  had  a  little  nest  - 


Lyulinka,  my  child 


iV-fi^.. 


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4ri 


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/>  />: 


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y.: 


Look,  Jossele  has  found  bones  - 

«Vho  makes  himself  a  pipe  of  dead  men's  boMff 

will  never  pipe  the  cattle  forth"  - 

Jossele,  fill  the  bücket  at  the  fountain, 
run  round  the  lime-heap  there  where  they< 

building , 

building  outside  the  gates  the  new  town, 

no  gates  are  there  any  more, 

no  old  town  any  more, 

no  house  of  prayer  any  more, 

only  earth  enough  for  the  holy  ground; 


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■A'j'fc*, ,. ;  \±^ji.  J^a  ii 


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8.  OLDER  BOY:  (ContM) 
(TOHINSELF) 


This  was  a  house  here,  this  was  a  hearthi^ 
There's  a  saucepan  still,  burnt  llack. 
Here^s  a  coloured  ribbon, 
perhaps  it  was  a  cradle  bow  - 
perhaps  it  was  an  apron  string  - 

who  knows? 

Here^s  a  skull-cap#, 

VJho  v/ore  it.? 

A  young  man  or  an  old  one  or  a  boy? 

Did  it  guard  the  eighteen  benedictions , 

the  silent  onesj 
f rom  idle  thoughts ,     .. . 
from  wicked  thoughts, 
or  -  who  knows? 


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9.  BOY: 


Don't  cry,  Jossele. 

Let  US  build  the  old  house  anew. 


Ww— '»WW  ■'  ''  — 


^,,,m^.^t»mm  —  ■  "***~*'''**"~~nniTiirrr[n  ^»im.ijt. 


nww 


If  tears  hang  on  the  stonework, 


*  »■w>H^,j~^-H«iin 


if  sighs  hang  on  the  woodwork, 


»,,VM«1»*'^« ""♦*^"'  -^  '*^>*<»..-«wwwia— 1>— Wmp(li»n  I  n  mt>im»mmmmK..»^m,Mi."H* 


if  the  little  children  can't  sleep, 
death  has  a  soft  bed. 


10.  OLDER  GIRL: 


11.  BOY: 


12;  OLDER  GIRL: 


It's  late  already, 
let 's  go  home, 

Give  me  your  baby, 

I'll  throw  it  on  the  rubble, 

there  it  can  cryi 


No,  let  it  be, 

Miriam  its  name  is, 

and  1^11  go  into  the  kitchen, 

and  fetch  a  whisk, 


i 


i 

.s 


that'll  do  for  a  head. 


MS 


'.^A: 


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12.  OLDER  GIRL  (ContM) 
SINGING 


AS   TMEY  ALL  GO  OFF 
SLOV-TT 


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-7- 


The  nest  it  had  a  little  bird, 

the  bird  it  had  a  little  wing, 

the  wing  it  had  a  little  f eather  - 

Lyulinka  my  child... 


The  King  he  had  to  die, 

the  Queen  she  had  to  perish, 

the  tree  ha(Lto  shatter, 


the  bird  fly  from  its  nest 


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SCEME  THREE 

HAI^IMFRING   OF  COBBLER'S   HAMMER, 
THEN  SILENGE 


13.  MICHAEL: 


Little  shoe,  little  shoe  . 
You  trod  so  lightly,  Miriam, 
the  grasses  rose  behind  your  feet, 
Here  is  the  strap  you  tore, 

« 

as  you  hurried  towards  me,  that  time  - 

quick  is  Icve, 

the  sun  as  it  rises 


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COBBLER'S   HA^^MER 


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is   slov/er  far# 


Miriam  - 

What  constellation  saw  your  death? 

Was  it  the  moon,  the  sun,  or  the  night? 

with  Stars,  or  without? 


Big  shoe,  man^s  shoe^ 
The  shoes  of  Isidor, 
the  pawnbroker^s  shoes, 

T 

heavy  shoes • 

A  worm  is  stuck  to  the  sole, 

a  trodden  worm. 


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13'.  MICHAEL  (Cont'd) 


COBBLER'S  HAMMER 
SILENCE 


• 


-Ö- 


The  moon  shines  on, 

just  as  when  it  saw  your  death. 


Children's  shoes,  children's  shoes, 


trodden  over  on  the  inside, 


lamb's  wQol  sticking  to  them  - 


> 


Eli,  -  Eli,  - 
(HE  SOBS) 


^ 


SCENE  FOUR 


MUS IC t   THE  RENDINQ 
TGlNfES  OF  A  PIPE 

14«  MICHAEL: 


i^: 


Samuel, 

I  pray  you  to  he^p  me  find  what  I  am  seeking. 

I  seek  the  band  into  which 

the  corruption  of  this  earth  has  entered, 

I  seek  Eli^s  murderer» 

I  seek  the  dust 

which  since  Cain  has  mingled 

with  every  murderer^s  dust  and  waited, 

meanwhiie  ha.s  formed  birds  perhaps, 

and  then  murderers • 

Perhaps  it  formed  the  mandrakes 

for  which  Rachel  gave  up  a  night  to  Leah  - 

Samuel,  old  grandfather  Samuel, 

let  me  ask  your  dumbness, 

V/as  he  shorter  than  I   and  taller  than  you," 

the  murderer? 

His  hair,  was  it  blond? 


His  eyes,  black,  blue,  grey? 

Oh  Samuel   (S0B3ING) 

How  many  millions  of  men  has  the  earth? 

Murderers  like  Cain« 


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14 i  MICHAEL  (ContM) 


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KUSIC: 
SHEPHERDS»  PIPES 


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-9- 


Crumbled  mandrakes, 
nightingale  dust^ 


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Look  oh  look, 

« 

the  candle  throws  the  shadow, 

and  your  dumbness  speaks, 

speaks  out  of  Eli^s  flute • 

Very  young  still  he  is, 

very  young  his  murderer, 

the  nose  i-s  broad, 

its  nostrils  quiver  v/ith  blood  lust, 

the  eyes  have  the  pupils  of  a  wolf , 

the  mouth  is  small  as  a  child^s  - 

Thus  faces  are  compounded  in  dreams, 

water  poured  from  the  invisible  - 

It  is  ßone,  Samuel,  dumb  Samuel. 

But  it  burns  in  my  eyes. 

Until  I  find  him  ^ 

it  will  get  between  me  and  everything 

on  this  earth, 

it  will  hang  in  the  air. 

In  the  bror-d  I  eat 

this  nightmare  dust  will  be  my  food. 

In  the  apple  I  eat 

the  murderer 's  face  will  lurk. 

Dumb  Samuel,  grandfather  Samuel, 

your  Speech  has  already  reached 

where  all  dust  is  at  an  end^ 

Beyond  the  17ord  this  deed  was  compoundedt 

I  go  to  seek  the  murderer.... 


UNREAL  DEPARTING  FOOTSTEPS 


PIPING  IN  THE  DISTANCE 


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-10- 


3CENB  FIVE 

MENDEL  THE  PEDDLAR  CALLS 
ÖW  tilg  V7ARES.   SURROUNDED 
■  Sy  ÖNLOOkERS 


15  i  MENDEL: 


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Bargain  offerl  Amazing  opportunityt 


It  is  my  privilege  to  show  you:- 


Flowered  aprons,  washable,  colour-fast; 
Aprons  with  butterfly  design; 
Stockings  of  wool,  stockings  of  silkj 

straight  from  Paris. 
Elast ic,  Iqok^  you  can  .Stretch  It 


from  here  to  kingdom  come,  and  back  it 


Springs  - 


direct  from  America* 


'  '...j 


^''  '  \Vti 


'  >  ►  01 


From  England  I  have  lavender  for  headaches 
and  peppermint  for  a  bad  digestion. 
But  this  linen  now  from  Russia  - 


not  now  for  the  dead,  no  longer, 

not  for  the  feet  pointing  toward  the  door, 

* 

no,  for  the  lovely  bride,  for  baby  too  - 


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16.  A  VJOMAN:  (TO  HER  HUS3AND) 


17  •  MN: 


Look,  husband, 

what  a  holiday  dress  that^d  make  for  me, 

just  now  with  the  New  Year  Coming  in. 

V7e  live  in  the  Poor  House, 

you  have  neither  table  nor  chair, 

what  do  you  want  with  such  stuff? 


lö.  WOMAN: 


Why  look  now, 

the  little  Sterntal  woman 

has  a  better  husband  than  I, 

he 's  büught  her  the  fine  scarf  already. 


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H-^, 


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19.  MAN: 

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20.  V/OMAN: 

P;,""-^ 

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21.  r-ffiNDEL: 


22.  MN: 


23.  MENDEL: 


24-.  MAN: 


FADE  IJP  OLD  FAS  HI  ONE  D 
KNIFE-GRINDER  AT  "^ORK 


-11- 


*^'.\'', 


IVhere  you  now  stand  it  ran  with  blood  - 


V7e  are   saved 


and  ought  to  rejoice  in  our  safety* 


t  >'* 


Bargain  offer I  Amazing  opportunityl  ... 
You,  pedlr'.r,  you're  spoiling  the  women 


all  over  again* 


The  love  of  finery 


orings  our  black  mourning  crape  out  in 

pleats  and  flounces* 


I  have  no  wife, 

but  if  I  had  one,  I^d  vie  with  Solomon. 
He  v/ho  praises  the  virtuous  wife 
praises-  her  attire  as  well^ 

Very  v/ell,  measure  me  a  length  of  the  stuff, 
so  thnt  she  can  rejoice  in  her  safety* 


2  5.  KNIFE-GRINDER: 


Scissors  to  grind, 

Knives   to   grind, 

Sickles   for  the   nev/  crop  - 


2  5A  ANOTIIER  VJOM/iN: 


I  v;ish  he^d  be  off 


and  do  his  grinding  away  from  here. 
The  noise  of  knives  grinding 
Is  more  than  a  body  can  stand. 


26.   KNIFE-GRINDER: 


^ 

o 


Next  time  you  eat 
you ^11  need  a  knife  - 
Next  time  you  harvest 
you^ll  need  a  knife  - 
^^hen  next  you  dress 
two  knives  you^ll  need. 


,  * 


4 


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GRINDING 
27.  OTHER  WOMAN: 


A  lot  it  matters  to  you  -  ' 

or  don't  you  feel  it?  -  that  your  grinding 
carves  ud  the  heart  of  the  world. 


2Ö.  KNIFE-GRINDER: 


29t  OTKER  VJOMAN: 


I  hate  nobody, 

v/ant  to  give  no  offence, 

I  grind  because  it*s  my  trade  - 

So  it  ^s   his  trade, 
as    it^s   mine  to  weep 
and  another's   to  die^ 


30.   A  GIRL   (   TO  MENDEL)  Pedlar,   I  want   to  buy  a  hank  of  woollen 

yarn  # 

(TO   IffiR  COMPANION) 

Rachel,  let  me  lay  the  hank  around  your 

wrists, 

You  h^ld  them  still  while  I  wind 

and  it^s  like  sayin^  goodbye. 

Me  they  held  fast  by  the  wrists 


UP  DANCE  MUSIC,  ".T:TO 
FEET  STA^^ED  IN  DANCE 
^YTHM  AND  HOLD  UNDER 


^fm* 


i— *i 


and  took  my  mother  av/ay  - 

and  the  ge-odbye  went  from  her  to  me   - 

from  me  to  her,  ' 

ff 

tili  it  was  at  an  end  - 


31.  SECOND  GIRL: 


There^s  a  twitching  under  my  foot. 
The  pavement  of  our  longing  must  be  here 

at  an  end. 


crutches,  there  my  lameness  lies 


There,  my 

There  go  all  the  journeys 

trodden  by  my  lame  feet^ 


^•>r 


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'P.yj 


*^»yi^' 


' !».  .  .  -*  k..'  •   fi.v* 


iit^tii 


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'fai^lil 


■•  4 


'• 


-12- 


32.   THIRD  GIRL: 


Alv;.?.ys,   w'ien   my   feet  got  a  nev;  vround 

* 

a  journey  w?.s  r.t  an  end 
like  a  clock  that  strikes. 


33  •  GIRL; 


34  •  HUI\'CH3ACK 


I  v^anted  to  see  my  love  once  rnore 

but  then  they  took  away  my  eyes 

from  that  time  on  I  counted  midni^ht, 

Now  I  am  but  a  tear  removed  from  rny  love^ 

and  the  last  wound  has  opened  in  my  foot  - 

Don^t  dance-  so  i:eavily 

knockin^  at  the  \7alls  of  sleep  - 

it  could  flood  you  out 

all  the  youn^;  hearts  that  are  in  it  - 

there'll  be  love  dust,  - 

v;ho  knovrs  how  that  grain  v/ill  t:iste  - 

who  knov/s? 


DANCE  :^^SIC  OUT 


35.  YOUNG  r;omN:  • 


Ilunchback,  don^t  stare  at  my  child  like  thatl 
God  preserve  it  from  the  evil  eyel 


^  36^  HUMCH3ACK: 


Forbid  that  I  should  secnrch  it  with  my  look, 
I  only  v;onder  how  you  were  able  to  bear  it 
in  these  times  - 


37.  YOUNG  iTOVu^N: 


In  a  hole  in  the  earth  I  bore  it, 

In  a  hole  I  suckled  it  - 

Death  took  its  father, 

me  he  did  not  take, 

sav/  the  milk  in  my  breasts 

and  did  not  take  me. 


.  3Ö.  HUNCHBACK: 


And  did  not  take  you  - 


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39.    YOUNG  ',70II/IN; 


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40.   HUNCHB/XK: 


DANCE  mnjr. 
41.   rOUNG  TTOiMAN: 


42.   HUNGHBACK: 


43.   YOUNG  I'70MN: 


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OUT  DANCT  MrwTr» 
44.   HUNGHBACK: 


-13- 


Forsive  me  if  l  offended  you. 

But  God  preserve  me, 

I  thought  at  first  * 

you  were  a  living  piece 

of  Israel 's  misfortune. 

# 

You  looked  at  my   hump, 

thought  it  was  the  satchel 

in  which  the  scapegoat  carries  the  nation'e 


misfortune ♦ 


To  me  it  3een 


ems 


a  hundred  or  more  years  have  passed 
since  I  sat  in  my  hole  -  • 
I  can't  bear  the  light  any  more  1 
I  only  blink  « 

To  me  these  seem  not  human  beings, 
Mounds  of  earth  I  saw  dancing  /  ' 
Night  can  preserve  no  names. 

The  dancers  throw  long  shadows. 
It's  a  late  hour  already  in  Israel. 

The  evening  sun  blots  out  their  bodies. 
V/hatever  barks,  whatever  sings 
I've  long  forgotten  - 


Yes,  a  late  hour— 

and  there  comes  Michael,  the  last. 


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-14- 


SCENE  SIX 


MD  OUT 


•45."  MICHAEL:    (AS 


FLUTE  Al^T)  nrr>r 


How  many  miUions  of  men  h^,  ^u 

.  "^®^  "as  the  earth? 

Murderers  like  Cain, 

w=-  bear  de.th  at  the  tip.  Of  ,,eir  ten 


fingers? 


FLUTE    AND   nrrji 


In  the  bread.I  eat 

this  night.are  dust  will  be  .y  rood; 

in  the  apple  I   eat 

the  murderer's   face  will  lurk  - 

Here  is  the  place 

v^here   baker  Isaac  of  the  shuffi  ■ 

"®  shufflmg  galt 

was  Struck  down  because  of  = 

„.   ,  ^®  °^  ^  s'^Sar  bretzel, 

H-  Shop  Sign  was  an  iron  bretzel 

on  it  the  children's  eyes 

had  fastened  with  longing, 

and  eaten  their  fili  of  it. 

One  child  feil  dead, 

one  who  had  eaten  enough,  for  ever. 

Thought  Isaac, 

I'll  bake  a  sugar  bretzel, 

then  another  and  once  again, 

so  that   thevm    n^-t- 

^'^"^^--tthemselvestodeath 
with  their  e/es   on   ^u      • 

®^es   on  the  iron  bretzel. 

One  bretzel  he  bairpH 

'^  oaiced,   no  more. 

The  iron  bretzel  glowed 

^3  in  the  baker 's  oven  fire, 

^ntil  a  man  of  war  took  it  away 

and  melted  it  dnwn  r^ 

^ovm  for  another  death. 


^  . 


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45.  MICH/:eL  (Cont'd) 


-15- 


There,  where  you  carried  your  children, 


mother  - 


I  belleve  we  were  seven  in  number  - 
^  there  your  body  subsided  on  to  the  grave  - 
your  withered  breaata  hung  over  it  in 


mourning 


My  mother, 


your  murderer  held  a  mirror  before  you 

so  that  you  might  have  a  comic  death  - 

Mother,  you  looked  at  yourself 

until  your  jaw  sagged  on  to  your  breast  - 

but  the  great  Angel- spread  his  wings  over  youl 


X 


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'               »y 

,■■'  n 

1 

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Through  the  barbed  wire  of  the  tirnes 

he  came  hasting  to  you 

with  torn  wings  - 

for  iron  and  steol  have  rxo\-m   ranoant,  mother. 

buildin;^  primeval  forösts  in  the  air  - 

murderers'  brains  have  grovm  rampant  - 

creepers  of  premeditated  anguish  sprouting 


from  them. 


Mirror,  mirror, 


MMMHMMtMMM 


'*****«*«'»«IP 


echo  from  the  forest  of  the  dead  - 


»r*«*»^. 


victims  and  hangmen, 

victims  and  hangmen 

played  with  their  breath  upon  you  the 


dyi^S  game. 


Mother, 


one  day  there Ul  be  a  constellation  called 

Mirror • 


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46.'  A  M'IN: 


-16- 


47.  SECOND  ^L"lN: 


4Ö»  FIRST  MAN: 


49.  SECOND  MAN: 


50.  THIRD  M/,N: 


51,  MICHAEL: 


Is  he  still  sayins  kaddish  into  th 


e  mirror 


all  this  time? 


Yes.  He  spealcs  in  prayers  for  the  dead. 
Holy  Balshem, 

last  sheaf-carrier  of  Israelis  stren^th 
weaker  your  people  has  beco.e  and  .elker, 

s  sv/iinmer 

whom  only  death  brings  to  land. 
They  said: 

because  of  rny  jerking  Shoulders 
they  hate  me  - 

They  said: 

because  of  my  perpetual  smile 
they  hate  me  - 

They  said; 

because  of  this  heap  of  stone 
which  was  once  my  house 
they  hate  me  - 

I  see, 

3-e  the  beginnins  of  your  jorkins  Shoulders, 

Simon, 
when  „ith  Abraham  you  dug  the  „eil  of  the 


^^Seven  Oaths" 


in  Beersheba  - 
I  see, 


I  see  the  beginning  of  your  smile,  Aman, 
In  Horeb  planted  in  the  seven  eiders, 
to  sprout  agaln 

sprout  in  the  wandering  dust  of  the  lip; 


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-17- 


51,  MICHAEL  (Cont  M)    Stones  r.re  stones  - 


Earth  of  Paradise  in  them,  but  in  r^reed 

destroyed*  . 
But  they  do  not  knov/  the  be^inning, 
not  the  eternal  beginning  - 
and  that's  why  they  hate  us  - 


52.  BYSTANDER3: 


That^s  v/hy  they  hate  us  - 


53.  ^ÜCHAEL: 


But  I  teil  you: 

Manv  a  one  of  you  has  had  the  potent  faith, 

behind  the  curtain  of  night 

has  forced  dovm  the  great  tr.'-nquillisers 

^»life  and  death^^  l» 

Not  with  v;eapons  alone  v;as  the  battle  fought, 

I  teil  you: 

Battlefields  there  are,  battief ields 


w 


hich  the   inventors   of  daylignt   nurüer 


have   never  dreamed   of • 

Many   a  prayer  has   hun^  v/ith  flar.:ing  v.dngs 

before   the  canon^s   rnouth, 


many  a  prayer 

has  burnt  up  the  night  like  a  sheet  of  paperl   i| 

Sun,  moon,  cxid   stars  have  bcen  arrayed  by 

Israelis  prayer 
along  the  potent  strings  of  faith  - 
diarnonds  and  carbuncles 
about  the  dying  throat  of  her  people  - 


n 


Ohl   Ohl 


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54.  A  VCICE: 


Is  this  Michc.el? 


,  Av  -''•-"''"-' 


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55:  SECOND  VOICE: 


SCEME  EIGHT 


56^  FIRST  VOICE: 


57.  SECOND  VOICE: 


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5ß.  OLD  WOMAN: 


No,  don't  you  see 

s 

hovr  it  flames  in  the  dark  corner  - 
it's  a  Cherub  of  death  and  firel 


f.    I 


The  air  is  nev/, 
gone  is  the  smell  of  burning, 
gone  is  the  smell  of  blood, 
gone  is  the  smell  of  smoke, 
the  air  is  n&ri . 

In  ray  ear  there^s  a  noise 

as  if  someone  were  pulling 

the  barb  from  thev/ound  - 

the  barb  that  is  stickins  in  the  middle  of 

the  earth* 
Sorneone  t?.kes  the  two  halves  of  the  earth 


apart 


like  an  apple  - 


the  two  halves  of  today  and  yesterday  - 

takes  out  the  massot 

and  joins  the  casing  together  again. 

Isn't  he  Coming  yet,  the  Rabbi? 
Still  not  here  yet,  the  Rabbi  - 


GETS  UP  AMD  GOES 

TO  I^ET  HIM.  VJEEPING 


I  baked  a  cake 
in  the  oven  out  there  in  the  fields  - 
the  other  vromen  said, 
That 's  a  fine  cake  you've  baked, 
your  holiday  cake,  I  said, 
It's  for  the  Rabbi,  the  cake. 


v,^ 


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-19- 


56.  OLD  "!'70MA.N  (ContM)   I  took  three  measures  of  flour, 


as  Sarah  did  when  she  baked  for  the  angelS|^> 


the  angels 

who  came  to  Abraham  at  evening  - 


59.   RABBI: 


There^s  nothing  in  the  scripture  about  their 

Coming  at  evening  - 


60 •   OLD  TOM/VN: 


Al^^ays  the  angels   come  at  evening ♦ 
And  the  water  at  the  spring 
has   a  mouth  that  speaks» 


61  •  R.\BBI: 


VJhy  are  you  crying,  grandma? 


62.  OLD  WOMAN: 


Have  I  not  a  right  to  cry? 
The  rats  have  eaten  the  cake, 

the  cake  for  the  Rabbi . 


63.  R/^BBI: 


Nev7  flour  will  be  given  you 

and  we^ll  eat  the  cake  together  - 


64.  OLD  ^''OMN: 


Can^t  bake  any  more, 
can't  eat  any  more, 


^•1:EPING  MORE  VIOLENTLY 


1 


cm  only  weepi 


65  .  RArBI: 


Do  you  live  in  the  house  with  the  old  peoplei 

grandma? 


66;  OLD  WOM/iN: 


I  live  in  the  third  cellar 
on  the  market  place ♦ 


67.  RABBI: 


VJhy  don^t  you  live  with  the  old  people? 


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6Ö.  0LD>70I'^AN: 


-20- 


Because  I  must  live 
there  where  I  .live  - 
Yehudi  v/as  born  there, 
Natel  v/as  born  there, 
Taubel  was  born  there  - 


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DANCE 


their  cry  is  still  in  the  place, 
and  Taubel ^s  dance  is  in  the  place  - 
Michael  gave  me  a  pair  of  sh^es 
because  the  grave-earth  had  entered  into 

the  cid  ones, 
Yehudi 's  earth, 
Taubel 's  earth, 
Natel 's  earth. 

They're  shoes  from  Rabbi  Sassow, 
they're  Zaddick  shoes, 
holy  shoes,  holy  dancing  shoes. 
Taubel 's  dancing  is  in  them. 


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SCENE  NINE 


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69.   TROOP  OF  YCUNG  Ml'.SONS 

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(SINGING) 


70.  FIRST  I1/.S0N: 


(.S-'  '^"' 


l'Je  build,   we  build 

the  new  town,  the  nev/  tov/n, 

the  new  townt 

We  bake,   vre   bake 

the  bricks  of  the  new  townl 


Moses  baked  bricks, 

David  baked  bricks , 

Now  we  bake  bricks jj 

we  the  survivorsl 

His  thornbush  in  the  desert 

are  we,  we,  v;et 


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-21- 


71 •  ALL:  (S INGING) 


We  bake,  we  bake, 

to  build  the  new  house.^. 

^^e  build,  v/e  build,«* 

the  neav  tovm,   the  new  tovm,* 

the  new  to\>ml 

V7e  bake ,   we  bake 

the   bricks   of  the  new  townl 


72.  JÜCH3L: 


I  fear  you  don'ttrench  deep    enough, 

t 

those  foundations  will  only  bear  the  easy- 

going • 
The  nevr  Pentateuch,  I  teil  you,  the  nev; 

Pentateuch 
is  written  in  mildew,  the  mildew  of  fear 
on  the  v/alls  of  the  death  cellars  • 
I  savr  one  v;ho  gnavred  his  own  flesh 
filling  himself  out  to  one  side  like  the  moon 
and  thinning  dovm  towards  the  other  v/orld* 
I  saw  a  child  smile 

before  it  was  throv/n  on  to  the  flames  - 
Where  is  that  now? 
My  God,  where  is  that  now? 


c 


SCENE  TEN 


F)LUTE 

73*  MCHAEL  (AS  KE  WANDERS) 

So  this  was  a  country  road  - 

look  there,  trees  laid  flat 

in  the  sand  like  our  dead 

with  dislocated  limbs, 

fields  of  ashes. 

He  v/ho  sits  in  the  dark 

li.a:hts  himself  a  dream  - 


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73.  raCH.'^JlL  (Cont'd) 


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74.  OLD  KNIFE-GRIIvIDER: 


He  v/ho  loses  his  bride 
embraces  the  air  - 

he  whose  gsw-ment  was  touched  by  death 

so  that  it  cried  out 

has  thoushts  eating  at  hlm  like  v/orms  - 

Once  I  saw  a  dowser, 

his  wand  jumped  up 
whenever  a  spring  was  found. 
So  I  seek  everyv/here 
the  murderer  who  murdered  Eli, 
So  I  seek  everywhere 
^  the  s  pring  of  hate 
which  was  given  Israel  to  drink. 
But  even  though  I  knew  better  than  I  do, 
you  from  another  tribe 
how  could  I  explain  it  to  you? 

Brother,  why  do  you  speak  such  words? 
V  !7hen  we  lay  in  the  hay-loft, 

in  the  Pole  Yarislav's  hay-loft 

thenwe  were  both  one, 

Eyes  only,  to  espy  the  enemy, 

Ears  only,  to  listen  for  creaking  s teps  - 

hair  on  the  head 

to  rise  to  heaven  in  damp  t error  - 

there  ca.7ie  to  us  one  sleep 

one  hunger,  one  awakening  - 

came  the  yellovr-eyedl  owl 

who  collects  twigs 

when  she  smells  death  - 

looked  into  the  loft  window, 

cried  out  like  a  hangman's  daughter, 

if  he  had  had  one. 

Tuwool 


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75.  MICH.'JIL: 


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-23- 


I'iTho  are  you,  grandpa? 


76.  KNIF3E-GRIKDER : 


77  i  mich/j:l 


I  am  not  nor  em   I  grandpa I 


You  are  not  yet  you  speakl 
Are  you  tlie  knlfe-grinder? 


4 


7Ö.  KNIFE-GRINDER: 


Yes. 


79.  rCCCIi/JlL: 


So  you  knov;  the  truth,     Uhere  do  you  come 

from? 


ÖO.  KNIFE-GRIMDER: 


VThy  do  you  answer  as  in  a  question-game? 


ßl.  MICI-L'JEL: 


For  the  reason  that  there's  fire  in  the 

stone, 

and  therefore  life, 

and  in  the  knife  death  - 

Therefore  day  af ter  day  you  2^i^<^  life  v/ith 


death. 


?/here  do  you  come  from? 


02.   KNIKE- GRINDE ^t: 


Alive  out  of  death» 

« 

From  there  v/here  the  murderers  sowed  my 

."people  in  the  earth, 
0  may  its  seed  bp  füll  of  starsi 
But  I  v/as  only  half  so\>m, 
lying  already  in  the  grave, 
knew  already  hov;  the  v/armth  leaves  the  fleeh 
how  iiiotion  leaves  the  bones  - 
heard  already  the  langua;^e  of  the  bones, 

V 

when  corruption  sets  in  -  ' 


language  of  the  blood  when  it  congeals  - 
language  of  the  dust 
striving  anew  after  love  - 


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-24- 


Ö3.  MICH/^L: 


3ut  hov;  v/ere  you  sr.ved? 


C4.  KNIFE-GRINDER 


We  had  fled, 

Amschel,  brov/n  Yehudi,  and  I. 

Three  nations  were  taken  captive 

three  languages  taken  captive, 

hands  taken  captive 

to  be  made  to  dig  their  ov/n  graves , 

to  grasp  their  ov/n  death, 

Bodies  were  slaughtered 

and  the  remains  poured  out  on  the  ground 

Hovf  niany  thousands  of  millions   of  miles 

of  anguish  from  -  Ah  -  H! 


05.   MICH/*ELt 


But  you,   you? 


Ö"6.  KNIKE-GRINDER^ 


The  soldier 


wr 


ho  f illed  in  the  earth  over  us 


and  buried  us  -  .      . 

blessings  be  on  him  - 

he  saw  by  the  lantern  light, 

for  it  v/as  night, 

that  they  had  not  slaughtered  me  enough 

and  that  my  eyes  were  opening  - 

and  he  fetched  me  out 


and  hid  me  - 


07  •  MCHAEL: 


Hid  you? 


ÖS,  KNIFE-GRINDER: 


The  soldier  that  moming  - 

so  he  told  me  later  - 

had  had  a  letter  from  his  mother* 

Blessinr^s  be  on  her. 


""Ute 


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"'iHMitt^iJni  •/  ■"'■iHf  ''^■ 


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vy^7  ; 


-2  5- 


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09.  KHIFE-GRINDER:    (Cont'd) 


For  that  reason  he  was  not   intoxicated  like 

the  rest 
and  sr.v/  the  blinking  of  my  eyes* 
The  mother  \vrote: 
^^Really  I  mer.nt  to  put  this  letter  vrlth  the 


i 


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socks 


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the  home-knitted  ones* 


Sut  my  longin^^  ;^?Me   me  no  peace  -  " 

blewssin;;s  be   on  itl  ' 

"and  I  ai::  v.^riting  today 

vdthout  waiting  tili  theyare  finished 

But  your  suit ,  th6  blue  one, 

has  been  brushed  and  hung  out  to  air 

because  of  the  :noth-pov;der. 

So  it  v/on^t  sniell  of  it 

when  you  co;.ie." 


'tf 


3ut  it  didn^t  happen 

that  she  v:as  able  to  post  the  letter  at  once, 

for  she  feil  ill  during  the  night. 

And  a  neighbour  cai^ae  - 

blessings  be  on  herl  r 

asked  how  she  w^wS  - 

but   rer.lly  all  she  v;anted  v/as   an  onion  « 

a  sniall  one  to   cook  with  her  potatoes, 

for  her  ovm  v/ere   finished. 

Ah  that  she  ate  potatoes 

and  not  turnips  - 

* 

Blessed  be  all  onions  - 

and  she  vras  given  an  onion 

and  took  the  let'cer  to  the  post 

and  the  soldier  got  it  on  that  morning 


V   ■« 


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-26- 


Ö9:    XNIFE-GRINTDER:    (Cont'd) 


90.  rTICH'JIL: 


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91.   KNIKE-GRINDER: 


HE  'TAHDERS  ON 


I»m  soins  to  the  Rabbi  in  the  grave-tovm. 

My  body  v/ill  hold  out  no  longer, 

Sand  has  touched  the  sand  - 

Yet  now  it  is  the  one  death  I  'die, 

the  other,  which  resides  in  a  hangman^s 

band  muscles 
like  a  skeleton  key  in  the  burglar^s  fiöt, 
that  I  don't  need  any  more, 
I  have  the  right  keyl 


and  did  not  get  intoxicated  like  the  others  -   /* 

.*■  ' 

and  sav/  the  blinking  of  my  eyes  - 

Hov;  meiny   onion  skins  canie  together  there 

to  save  youl 

And  what  more  v.dll  sprout 

from  your  onion  luck? 


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SCEJJE  ELEVEN 


92.  LEI^DEL: 


93.  A  M.1N: 


I  am  pleased,  I  bx,i   pleasedl 


What  plerses  you,  Pedlar? 


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M 


94.  r^ENDEL: 


I  am  ple?sed 

that  I  gave  riichr.el  a  pair  of  laces 

for  his  wandering  shoes, 

If  he  reaches  Paradise 

he '11  have  my  laces  on  his  feet, 

The  de^.th-shirt  of  Eli  too  was  of  my  linen  - 

He  v/ears  it  now  -  it  is  next  his  body. 


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97.  MICHAEL:  (Cont'd) 


9ö.  VOICE  OF  THE 

FINGERS : 


99.  A  FINGER: 


GURGLING  mrsjv/ 

100.  VOICE  OF  THE  FIRST 

KILLER: 


EFFECTS 


101.  mCH'.EL: 


102.  VOICE  OF  THE  SECOND 

KILLER: 


-2Ö- 

"The  Gloved  fingers  will  stroke  you" 

" as  you  s  ew  it  up" . 

The  finsers  v/hich  grow  here 

are  fingers  of  men's  hands 

wen 's  finsers... 


! 


she  Said 


^•/e  are  the  fingers  of  the  killers. 

Each  one  has  caused  a  premeditated  death 

like  a  false  moonstone. 

My  finger's  specialty  was  strangling 
the  compression  of  the  windpipe 
with  a  slight  tum  to  the  right. 


Your  knees,  Michael,   "  .   / 
your  v/rists  - 

* 

do  you  hear,  of  glass  - 
everything  is  fragile  on  earth  - 

« 

a  good  man 's  not  afraid  of  dust  - 
and  here 's  a  wineglassful  of  blood. 

« 

Great  death,  great  death,  come  - 


That's  out  of  fashion,  the  great  death. 
Here  are  the  small  prettv  deaths  - 


your  neck  - 


Just  there  v^here  the  hair  gets  downy  - 


103.  VOICE  OF  THE  THIRD 

KILLER: 


In  the  name  of  Science  - 

ff 

this  injection  - 

whoever  volunteers  turns  light-coloured 
like  rotten  v/ood  - 


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104 •  A  LONG  BONY  FINGER:   Don^t  be  afraid. 


I  want  neither  to  bid  goodnight  to  your 

windpipe 
nor  be  rough'.  to  your  JointSt 
I'm  only  the  profesaorial  finger 
of  the  new  v/isdonit 

I  want  a  little  conversation  with  your  grey 

raatter  - 


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105.   BUCHAEL 


Av;ay  -  away  -  away  fVom  me^ 


106.  VOICE  OF  THE 

PROFESSORIAL  FINGER: 


Job  is  grown  weakjj 

tired  or^r^n-grinder  of  a  once-fresh  tune. 

The  seas  have  been  drawn  out  into  horse- 

power  on  one  hand» 
and  into  tap-v;ater  on  the   other« 
Their  ebb  and  flow  are   in  the  hands   of  a 

moon-man» 
Michael   the  shoe-nia.ker 
sews   sole  and  Uppers  together 
with   his  waste-product  thread  - 
Shoemaker  sainti     Shoemaker  sainti 


♦ 
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107.  VOICE: 


Chimneys  were  the  last  things  to  touch  Israel^ 

sorrow» 
Jeremiah^s  body  in  smoke, 
Job 's  body  in  smoke 
the  Lamentations  in  smoke ^ 
whimpering  of  little  children  in  smoke, 
mothers '  cradle  songs  in  smoke, 
Israelis  way  of  freedom  in  smoke  - 


v*< 


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-30- 


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lOÖ^  ANOTHER  VOICil: 


I  was  the  chimiiey-sweep  - 
My  li^ht  turned  black  - 


109 •  A  TREE 


I  ara  a  tree. 


FALL  OF  TREE 


I  ocn   no  lon^7;er  stand  straight, 

It  hung  on  me  and  swung 

as  though  all  the  world^s  v;inds  hung  and 

svmng  on  me. 
Blood  pressed  on  to  my  roots  - 
all  the  birds  v/hich  nested  in  my  crov/n 
had  bloody  nests. 
Every  evening  I  bleed  afresh  - 
my  roots  clirnb  from  their  grave 


Michaeli  Michaeli 


110^  MICK.'-JSL 


OhI  Chi  Is  that  star  lost? 


»i'<i  iitilimmiiamtmmni^mttiim'^Kmtmt, 


111,  ECHO: 


Lostl 


112.  MICK.'J:L; 


OhI  OhI 


SCEME  THIRTEEN 


113,  CREATURE: 


Michaeli 


114.  I-ICHAEL: 


'7ho  are  you? 
Hirsch  the  tailor 


in  his  lifetirae  looked  like  that. 

You  have  perishable  Company  with  you  - 


115 •  CREATURE: 


Hirsch  am  I,  the  tailor,  and  my  neighbour 

there 
V7as   someone^s  v/ife,    perhaps  my  own  - 
I  don^t  knov:  -   for  although 
there    by   the  chimney 


I 


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-31- 


115.  CREATURE:  (ContM)  I  was  accounted  for  dead, 


»"»»••^ 


I  s^* 


once  over  the  frontier  it  is  hard  to  find 

ahything  a^ain. 
One  minute  past  midnight 
everythins  looks  the  saxne  -. 
But  hov/ever  that  may  be, 
if  I'd  listened  to  my  blessed  vdfe 
I'd  be  sittins  with  the  living  in  America, 
among  whom  I  have  a  brother  - 
not  here  a:-nong  my  like, 
Look,  she  said, 
vrhen  it  all  began, 
You're  a  stag,  Hirsch,  a  stag, 
SO  you  must  scent  it  Coming 
o.r  hasn^t  the  Jevdsh  oeoüle 
a  nose  for  what's  in  störe?  - 
the  knives  are  stirrin^  in  the  drawer, 
the  scissors  of  the  great  tailor  are  grating, 
and  the  fire  in  the  stove  is  forming  grisly 

faces 
as  in  the  v:itch  of  Endor's  cave  - 
But  above  all,  I  feel  glances, 
glances  squinting  like  the  cat's  - 
Michael,  Michael  - 


Uif: 


you  they  have  not  touched, 


you  they  have  spared, 


■**«•»-»*»« 


^ 


^fi^H■Jr• 


and  you  stood  up  to  them  everywhere^ 

■"•■*"^""'"* "'" " "  "■"■"■■*'•*■■*«*-■•■■'""""  '"^  .-   •    .^^  • 

so  to  speaJ^  to  v/indward, 

as  my  one-time  customer  the  gojnekeeper  would 

have  Said, 
like  a  game  animal 

4 

which  has  lost  its  scent  - 


^ 


../ 


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'•^v:^^;^':  ... 


-^ 


-32- 


■■» 


SHCUTING 


116.  TI-E  CHirtJEY: 


117.  VOICE: 


es 


115,  CKSATURE  (CONT'D^   hnt  >-.^  i-i 

■■'    ^■'      °^^  ''le  they  broußht  to  bay 

because  of  rny  protruding  cheekbon 
^^^   also  because  of  ^ly  ler-s, 

Dep.th,  you  have  Wo  sickle-blades, 
they  Said, 

it^s  quicker  that  way. 

Unless  you  send  your  people  up  in  smoke, 

unless  you  burn  your  flesh  and  blood 

we'll  unscrew  your  pelvis-  .•■  '   . 

and  renove  your  tv/o  sickle-blades. 

And  then  you '11  have  better  feeding 

than  all  of  us  to^ether. 

Smoke  weishs  :.ore  heavily  in  the  stomach  than 

bread. 
And  I  ate  smoke, 

« 

and  I  stoked  HTM  into  the  fire. 

And  I  ran  into  the  v/ood 

and  there  stood  raspberry  canes, 

and  I  ate  raspberries 

after  I  had  stoked  HIM  into  the 

and  I  cou-Ld  not  die, 

because  I  am  Death, 

there  -  the  ChimneyJ 

I  am  the  Camp  Commandant. 

March,  march 

go  the  thoughts  from  my  headi 


fire, 


Hear  0  Israel. 

HE  our  God, 

«Hfl 

KE  the  ONE  - 

Come  gathering, 
a  time  is  there 


gathering, 


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Michael, 


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\' imi  r ifii'iiiiilki \^ 


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-33- 
/       117*  A  VOICE    :    (ContM)      a  tiiTie  v/hich  had  run  out  - 

gather  it  up  - 


SCENE  FOüRTEEN 


gather  it  up  - 


WIRSAL  ACCUS  TIC, 
SCKG  OF  BIRDS  AND 
CRICiCETS 

IIÖ,  MICH/J2L: 


He  who   goes   gathering  death-moments 

needs   not  a  baslcet,    but  a  heart  to  fill  - 

The  f Inders   last  pointed   in  this  direction, 

iTiurderers   betray  the  iViUrderer  in  the   end* 

I  seek  the  murderer  who  murdered  Eli» 

Hov/  peaceful  is  this  spoto 

The  crickets  sing, 

the  jay  is  called  by  its  mate. 

The  cov;  has  the  prineval  face 

of  a  creature  just  stroked  by  its  Creator^  s 

hand . 
As  everyv/here,  the  farmer  is  tastin^  out 

the  secret  of  the  wheat-graint 
A  ^ood  day  to  you,  f armer, 
would  there  be  a  shoemaker^s  in  this 

neic!:hbourhood? 


119.  FARIIER: 


You  corne  from  over  there,  across  the 


frontier? 


You've  a  death-brow  - 


119A  MICH/J:L: 


How  do  you  see  that? 


120.  far^^i:r: 


^\^hen  a  nian  has   soiTiething  shinins  between  the 


biö:  as  a  snowflake   -  • 


eyes 


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121.  mCE\EL: 


122.   FART^ER: 


-3i.- 


Kay  be 


thcit   the   death  of  ;;iy  r-eople   shines   in  .r.e. 
A  Pole   are   you  or  even  -   a  Jev;? 


123.  i^SCHAEL: 


On  this  ecrth  I  a.-n  both. 


124.  FARI.^R: 


FLUTE 


That  is  nuchl 

There  beyond  the  bis  rne.-^.dov; 
is  the  v.^ay  to  the  villa^e. 
Next  door  to  the  inn  -arden 


is  the  shoeniaker 's  s 


nop 


12  5.  CHILDREN: 


If  IM  a  pipe  like  that   , 
I'd  be  pipinc  ciay  ai-d  night  - 
I'd  be  piping  in  ny  sleep  - 
The  calves,  the  sheep,  the  foals 
v;ould  all  cor.-ie  runnin-'. 


126.  rnCH.'JüL: 


127.    3YSTAOTERS; 


T-h  t 


t's   fron  a  dead   child 


■♦- 


u.     oniS    -DlOtj    - 


From  a  dead  child? 


TOT*  ■»/-T^IT/.  -TIT 


129,    3yS TANDERS: 


130.   mcVAEL: 


131.    3YSTA::DERS: 


132.   MCHAEL: 


133.  3Y,STANDERS: 

134.  MICHAEL: 


pipi^:g 


From  a   boy 

who  was  inurdered  - 


/" 


l'i^ho  was  murdered  - 

As  his  parents  were  beinj;  driven  to  their  death 
he  ran  after  in  his  shirt  - 

After  in  his  shirt  - 

On  this  pipe  he  piped  to  God  for  help  - 
To  God  for  help  - 

« 

Then  a  soldier  Struck  him  dov/n  - 


SCS?IE  FIFTEEN 
135.   A  r^I/.N:    (IDENTIC/L   'HTH 


-35-- 


THS  r^RDSRER) 


136.  CHILD: 


There  hands  the  bee  svmrn. 

Hark  to  the  rnusic  it  i^akes. 

There ^s  honey, 

never  i?ias   the  lime-tree   flov;ered  so  v/ell, 

what   luck 

that  it  was  spared  by  men's  wars. 

How  nice  it  smells  here,  fathcr^  ohi 
And  then  the  hcmey  on  our  breo.d,  oh^ 


137.  M0TH2R:  (FROM  THE 
HCUSE) 


1^11  just  pick  the  lettuce 

and  chop  the  chervil  for  the  soup, 

dinner  will  soon  be  ready. 

Why  don't  ycu  ßet   out  your  b./,-erfly  net, 

child? 
Look  at   all   -cr.ose   moths    on   the  v      nie   - 


FLUTE  OFF 


13Ö.   CHILD: 


Vfnat   sc  and  v/as   th-t?     Like   soü^eone  crylng? 


139*  30Y: 


Yes,  it  v/as  Isidor  the  tradesr.ir.n^s  voice 
as  v/e  drove  him  out  of  the  vill^f.e. 
Oy,  he  Said,  oy, 
ajid  there  he  lay  in  the  ditch. 


140.  SECOND    BOY: 


And  reached    out   for  his    cap, 

look,    like  this,   with  his   h^nd   tv.rne/ 

inwr.rds, 
jus-c   as   he  used  to  do  when  \:b±r\\\g  '    ings   - 
and  Hans    called  out, 


"Has   the    evening   sun  cau^ht  you.      ?lP 


9^.' 


and  r.ave   him  another  to  remember     s   ^y 


SCENE  SIXTEEN 


SHOSrVJCEl'S  SHOP  IM 
FROMTIER  VILLAGE. 
HAf^''I2RING  ON  LE.'.TKER 


141.  SHOEM\KER: 


142.  MCHAEL: 


t     ^  t  t 


-  f  U 


^36- 


Michael  you  are  and  nov;  my  journeyinan. 

A  Jew,  saved,  and  now  lodged  vdth  rne. 

True,  great  wrong  was  done  you, 

but  perhaps  you  are  for  us 

like  sr.oes  of  .f  crmer  ti:;.es,  of  ".ori^;  ago. 

They  fitted  nobody, 

good  leather,  but  unsuited  - 

no   use  for  our  climate. 

For  the  desert  perhaps, 

for  "Che  Iloiy  Land  perhaps, 

for  those  market s  perhaps 

where  the  Isidors  hawk  their  •  :  -^ 


Q 


ifferently  fro.r.  :/•.. 


But   of   course    ac    i^hings  v/ent.  vri^r.   y.  .    then   - 

no,    th^.t  v/e  didn^t   v;ant   - 

not    like  trat   -   ..ot   like    th:.\     - 


Since  Abraham  wander ed  forth   frc.v.    Jr 

we  have   spent    our  efforts 

to  build   our  house   tov/ard  HII^! 

as   others   build   facing  the   sun. 

True,   many  turned  thernselves   in  ::he   opposite 


direction  - 


old  shepherds  let  the  star-cl 


VwV 


::   s  szr,..\e 


unhe  •  s .  Ci 


and  slept  like  Isidor  and  the  pawnbrckar  with 

crooked  f in^ers • 

But  there  was  a  boy  -  ELI  • « . • • 

(^-•V.rxs   OF?  IN  HORROR) 


t«^ 


142;  MICHAEL  (ConVd) 


sm;>ll  girt: ^ 

143.   MN: 


144.   SKOEI-iAKER: 


145.  MICH/j:L: 


146.  K'J^: 


147.  CHILD: 


14$.  MAN: 


149.   CKILD:    (CRYING) 


150.  JL'.N: 


151.   mCH/^L:    (ALOLT) 


152:   CHILD: 


-37- 

Who's  that  Coming  there? 
■/ho 's  -chfit? 


Are  ny   ahoes   ready? 

%  journeyr..an's    just  working  at  thera. 

This   sole  can't  be  patched, 
it's   tom  up  the  middle. 

Make  nie  a  new  sole  then. 


Father,    th±s  is   the  man  who  haa 
There   it  is   on  the   flower-pot. 
0  let  me  play  itl 


•ne 


pipe 


You  don't  play  strancers' 


pipes , 


Ti-.^. 


-i-ht;  pirje  _ 


She  's  crying 


because  she  v/ants  her  mother. 
She  always  wants  so:nething. 
One  day  it's  the  blackbird 


rr 


vmich  used  to  come  for  scraps 
and  then  disappeared 
another  it's  the  cid  sheepdo 
which  ran  across  the  rails 
and  was  run  over  - 

Sverything  begins  with  wanting. 

Even  the  earth  there  in  the  flov/erpot 

and  the  hides  r.here 

from  which  the  shoes  are  cut. 

The  pipe  - 


i 


Vf 


I  r  n  n 


-3Ö- 


153.  M/.N: 


ii 


154;   CHILD: 


155.  m.K: 


LITTIE  GIRT,  .q  nnc, 


IMl  buy  you  a  pipe. 

!'7hen  you  've  got  it 

all  the   children  vall   follow  you 

and  ßive  you  their  toys. 

No,   this   pipe,' 

then  the  cowstll  come  and  the  little  calves. 

No:   Come  on  now.   (VTOIJNTLY)   Co.-^ael 


/■ 


156. 


MICHAEL:    (SPEAKING  TG 
HBjSELF  AS   IN  Ä  " 

DREy\?f;    — ' 


/^' 


The  nose   broad, 

its  nostrils   quiverins  with  bloodlust, 

the  eyes  with  the  pupils  of  a  wolf , 

the  :7iouth  as  small  as  a   child's. 

Ilurderers   like  Cair»: 

with  death  spitted  on  their  ten  fin-ers. 


SCENESEVE  I\TEE  N 


157.  MOTHER:    (Simm       Sleep  ccmee  like  .  wayfare 

* 

says,  Sleep,  Sleep,  Sleep. 

All  the  trees  30  Walking 
all  the  trees  go  Walking 
lift  up  their  root-feet 


I5ÖI  CHILD: 


when  I 


pipe 


159.  MAN: 


Oh,  0hl  The  pipe 's  put  a  spell  on  her, 
the  pipe 's  given  her  fever. 
Oh,  ohj 


I60.  MOTHER: 


Ssh  -  she's  asle 


ep 


U 


,'."*^-'L 


..   a^ML.*;»^  >L  ■  .^  -Jk« 


■TT»«»»t»r«r  f 


161,  WJN: 


162.  MOTHER 


y 


-39- 


ti 


'•' 


Oh,  teeth  a/-eryv;here, 

do  you  hear  hov:  it  rattles? 

The  black  horse  is  climbing 

and  showing  its  teeth* 

The  calves  drink  \^dth  their  teeth 

and  fleck  the  udders  with  blood 

the  rye-stalks   bitten  off  -  teeth  v/ithout 


rats  - 


do  you  hear  it,  v/ife, 
here  in  the  roö.Ti, 
there,  there, 
toeth  and  not  bricks  - 


^7ife,  the  bricklayer  must  be  hanged. 

m 

Be  quiet  nov/, 

the  child^s  acleeo, 

the  fever 's  very  high. 


163.  MAN: 


Now  it's  r-.ttlin^, 

the  whole   house  rattles  - 


164.   CHILD:    (IN  A   FEVERISH 

DR2/31 )  ~ 


All  the   trees  ^o  v;alking 

all  the   trees  go  Walking 

lift  UD  their  root-feet   and  v;alk 

when  I  Dioe   - 


i.  iT 


16  5  i  M/"iN: 


All  the  shades   ,^o  Walking , 


corne,   dear  hearse-cloth, 

Cover  up  the  vrhite  moon-tooth   for  ne, 

« 

'•/asn't  it  a  milk-tooth 


KNOCKING  AT  TI-IE  DCCR 


wnich  dropped  fron  his  mouth  with  the  pipe? 
■•Jife,  wife, 


the  milk  has  teeth, 
teeth. 


V^Jfcj 


4     '   -*  *-*  y 


y^"" 
i"* 


166.  Ki/.N:    (C ALLING) 


-40- 
VJho's  knockins;?     IVho's   there? 


167.  VOICE: 


They  say 

you  once  killed  a  holy  child? 


16Ö*   MAN 


Stuff  and  nonsense I 
All   children   are   holy. 


169 0  VOICE: 


They  sry  you  killed  a  holy  child» 


170;    JIAN: 


All   children  are  holy» 


171*  VCICE: 


Yoi^r  child  -  is  ill  -  very  ill 


172  •    I^IAN:    (LAUGIIS 

SCORNFUI,LY) 


Aha,    the   doctor  it   is  you  are   - 
There ^s   a  snell  of   it  in  the   air, 
Camo  airl 
S  ort  er   of  hur.ir.n   fleshl 


173.   MOTIiER:    (3MRISKS)        The   child  is   der.dl 


KGTf'SH  CRIES  TP 

HSRSSLF.  ^^':^;  rums 
OUT  CF  TIS  Rco::. 
sla:s  ?h5  door.  . 

DISSOlJ/vFT  CHORD, 


SCE^S   EIGHTSEM 


Our  child  is  deadj 


174,   M.\N: 


If  he   hadn't  tlirown  his  head  back 


I  shouldn't  have   Struck  him  dovm, 


1^ »I  ^ 


n^tnii^f^aw* 


the   lailk-tooth  v/ouldn^t  have   fallen   out  v/ith 

the  pipe, 
But   that  was   contrary  to  Order, 
to  t hrow  the   head   back, 
that   had  to   be    corrected. 
And  v;hore   did  he   pipe   to? 

___i.^— ^w>— >— www— ■  I  n  I  I  I      I     IUI  m'tm« 

A  si^^cil  throu^h  the  air, 
free  of  all  control  - 


r.  • 


■NMAV 


■  A..  ......  A.<ri-   *v7r..    a>..- 


ii;:v. 


.■    * 


yjcjdtiiit 


*^  3'fri 


IK 


V. 


-1+1- 


174.  MAN:    (ContM) 


Help,    shoeniaker, 
^    the  milk-tooth  is  gfoWing  out  of  the  earth, 
beginning  to  gnaw  at  me , 
right   through  my  shoe  - 
my  feet  are   crumbling, 
becoming  eartlTT-TsHRliKING) 
.     vJhere's  the  Order  in  all  this 


( 3/;.'fLING) 


•-^'""'^"'"'^ ^ — T7,^A0-r T^Tnrld  Order? 

TJhat's  become  of  Order,    •.orxu 

I  Gm    alive, 

I   aTi  not  dead,   .•" 

not  hung 

not  burned 

not  throv;n  living  into  the   earth 

it's  a  mistake,    a  mistake,        . 

it's    crurr.bled,    crumbled  away  - 

Um  a  stump 

sitting  on  the  sand 

that  a  mor.ent  ago  was  my  flesh  - 


17.5. 


;.EL:  ( S5EIKG 
A  VISION 


176.  M^^N: 


177.  mich;:el: 


The  air  opens  out  in  circles . 
The  enbryo  grows  in  the  v;omb, 
On  its  brov;  glov.s  the  primal  light 
Child  vdth  the  light  of  God, 
read  in  the  hands  of  the  murderer 

My  hands,  my  hands  - 

don»t  leave  me,  o  my  hands  - 

i;iy  hands  are  crumbling  - 

On  the  horizon  a  wound  is  opening 
bleeding  mouth  of  Samuel 
open  you  dumb  mouth l 


;  4 


17Ö,  S/;MUEL: 


ELI  l 


¥ 


1*1 


•  ^• 


V 


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m 


f^... 


i 


179.  mich;j:l: 


bml- 
6.2.63 


-42- 


The  womb  dissolves  in  siiioke 

the  prirnal  light  floafs  at  my  brow  - 

I  see  far  - 

the  crumbling  one 

his  eyes  becone  holes  - 

the  light  seeks  out  other  mirrors 

I  see  through  the  holes 

into  your  skull 

which  frames  that'world 

which  you  as  at  a  command  have  packed  inside 

it, 
as  in  a  soldier's  knapsack  - 
there  it  lies  -  tv/itching, 
an  insect-star  v;ith  wings  torn  off  - 

# 

Under  my  feet  it  jumps  up. 
From  my  hands  it  plunges  down. 
My  heart  pours  soiiiething  out  - 

footprints  of  Israel, 
gather  yourselves  togetherl 
Last  earthly  moments  of  Israel 
gather  yourselves  togetherl   '  ' 
Last  moments  of  suffering,  '  .  ' 
gather  yourselves  cogetherl 


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Kl'ITl^riLKS  WORT 


LITERATUR 


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NACHDRUCK  VERBOTEN    ! 

TITEL;     Von  Büchern  und  Schrif t- 

stellern 


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AUTOR ;   Paul  Schallück 
REDAKTION;   Luther 
COPYRIGHT;   Autor 


(Unkorri£iert ! ) 


LÄNGE : 


SENDUNG  II; 


\ 


18  Minuten 


\ 


\/w^  C^-- A~  CV  ^-A^'^   Aj'-^S^XA^ 


r 


3 


# 


In  Stockholm,   in  einem  fünfstöckigen  Mietshaus,    le"bt 

I 

eins  Prau,  Sie  ist  siebzig  Jahre  alt.  Sie  schreibt  Ge- 

i       '  •   ■ 

dichte  und  Mysterienspiele  und  überträgt  gegenwärtige 

schwedische  Lyrik  ins  Deutsche,  Von  den  Gedichten  die- 
ser einsamen  Prau  hat  Karl  Pinthus,  der  IIerausg.eb)er 


der  "Menschheitsdämmerung",  gesagt,  sie  sem  "der  vor- 


läufig und  wahrscheinlich  letzte  Ausklang  deutscher 


Sprache  in  jener  dreitausend jährigeh  Ahnenreihe,  die  . 

mit  den  Psalmisten  und  Propheten  begann,"  Die  sieb- 

I  ,      "^    •  ■ 

zigjährige  Prau  im  fünf stö.ckigen  Mietshaus  zu  Stock-  .. 

I 
hoim  heißt  NELI.Y  SACHS.  Vor  wenigen  Jahren  war  ihr 

Name  noch  fast  unbekannt.  Heute  widmet  man  ihr  Ge-  ■ 

I  ■■  .  ■   •  .   •. 

dichte  und  Prosastücke;  heute  nennt  man  sie  "eine  gei- 


stige Schwester  Franz  Kc.fkas";  heute  fällt  ihr  Name, 
weijm  von  den  groi  en  Dichtern  unseres  Jahrhunderts  die 

Rede  istt 

I  .     ■    • 

Wer  ist  Kelly  Sachs?  Die  Biographen  vissen  nür^enig 


über  ihr  Leben  zu  berichten^  Sie  bissen,  daß  Nelly 

I 
Sachs  1891  in  Berlin,  in  einem  wohlhabenden  jüdischen 

Hause  geboren  vurde,  daß  sie  sich  zwischen  1933  und 

194o  mit  ihrer  kranken  Mutter  in  Berlin  verbergen 


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■  -2   -■ 

;"  ■  •  • 

konnte,  daß  der  Ehemann,  di.o  Kinder,  Pr-eunde  unä_  Be-_: 

kannte  ermordet  wurden,  daß  sie  sich  mit  Hilfe  der 

.■  -  ■       .,  i  --<y ■   .■     ■*;  '■  •'  ■  ■■■ 

griisen  Selma  Lagerlöf  und  eines  Mitglieds  des 


schvjedischen  Königshauses  nach  Schweden  hat  retten 


;  / 


können  und  dort  ankam,  als  Selma  Lagerlöf  gestorben 
wai,  daß  sie  seitdem  in  Stockholm  lebt,  deutschen 


•  «w  •■ 


Boden  nicht  wieder  betreten  hat  und  Gedichte  schreibt. 

Dal  ist  nicht  viel.  Dennoch:  die  kargen  Lebensdaten  der 

Neily  Sachs  haben  das  Schicksal-  des  Judentums 

I  .'.■*.  • 
schw  igend  in  sich  aufgenommen.  In  den  Gedichten  der 

Nelly  Sachs  ist  die  Tragödie  des  Judentums  als  Echo 

wiedererstanden,  ist  sie  Wort  und  Stimme  geworden, 

« 

Die  Gedichte  dieser  Prau  sprechen  mit  der  Stimme  der 

I  .   _. 

Propheten,  "i^ein  Leben  ist  so  in  Schmerz  zerrissen", 

hat  sie  1946  bekannt,  "daß  ich  jedesmal  ins  Feuer 

« 

tauche,  um  mir  die  Worte  zu  holen.  Mich  überfällt  das 

I  .       ■ 

Zagen,  dann  kommen  die  Nächte,  uhd  ich  wage  es." 

Kelly  Sachs  hat  es  gewagt,  in  den  Wohnungen  des  Todes 
dem  Peuer  der  Erinnerungen  Worte  zu  entreißen,  Verse, 
Gedichte,  Beschwörungen,  gesprochen  mit  dem  Mimde 

I 

! 

eines  Heutigen  und  von  alttestamentarischer  Gewalt.  ' 

Ihre  früheren  '^erke,  nur  zu  einem  kleinen  Teil  in 
Zeitschriften  und  Anthologien  der  Zwanziger  Jahre  er- 
schienen,  sind  verschollen.  Ihr  allererstes  Buch, 
lange  vor  dem  zweiten  Weltkrieg  veröffentlicht,  war 
eine  Sammlung  von  Legenden.  Im  Jahre  1946  dann  gab 

der  Aufbau-Verlag  in  Berlin  den  ersten  Gedichtband 

j 
heraus,  "In  den  Wohnungen  des  Todes",  Gedichte,  ih 

denen  das  Schwei,,en  der  Tot- n  aus  deutschen 
Konzentrationslagern  Sprache  wurde,  1946  gab  es  die 


.  •» 


/ 


/ 


Mtab. 


-  3  ~ 
[^    "DDR"  noch  nicht;  1946  konnte  man  auch  im  heute  ver- 

:.-  f insterten  Teil  unseres  Landes  noch,  lesen:  "Ihr  Zuschau- 

i  •  ■  ■  .    ■  '  ■   .  .. 

"^  enden/  Unter  deren  Blicken  getötet  \]nräe,/  \}±q   man 

..-auch  einen  Blick  im  Rücken  fühlt,/  So  fühlt  ihr  an 

-  •    I 

-"  euerm  Leibe/  Die  Blicke  der  Toten,/  v^ieviel  Erinnerung 


wächst  in  Blute/Der  Abendsonne?"  Heute  v/erden  die  Ge- 
dichte  der  Nelly  Sachs  in  keinem  ostdeutschen' Verlag. 


o 


o 


.1 


!'•' 


mehr  ediert.  1949  gab  der  Berman-Pischer  Verlag  die 


. _  "SternveiSunkelung"  heraus;  der  Hamburger  Verleger 

i  ■  ^ 

Heinrich  Ell ermann  druckte  1957  den  Band  "Und  niemand 

.  v^eiß  i^eiter";  und  in  der  Deutschen  Verlagsanstalt 

I 

erscxhi^n  1959  "Flucht  und  Ven^andlunß"  •  Alle  diese 
Gedichtbandchen  hat  nun  der  Suhrkatap  Verlag  in  Frank- 

»        *  *  . 

fürt  am  x^lain,  ergänzt  durch  bisher  noch  nicht  ver- 
öffentlichte Gedichte,  gesa..nielt  unter  dem  Titel 


FAHRT  vINS  STAUBLOSE  herausgebracht,  eine  durchdachte, 
geschmac^kvoll  aufgemachte  und  gedruckte  Publikation 

von  386  Seiten* 

i  ^ 

Aus  den  "Wohnungen  des  Todes"  hinaus  hat  Nelly  Sachs 

i         •  ■ 

zu  uns  gesprochen,  hat  sie  sprechend  Anker  gev/orfen: 
das  V/ort,  die  Zeile,  das  Gedicht.  Und  es  ist  v/ahr- 


scheinlich,  daß  Wort,  ^eile  und  Gedicht  ihr  selbst 
zu  Rettungsankern  vurden,  daß  die  Beschwörungen  des 
unermeßlichen  Sterbens  und  die  "Grabinschriften^ 
in  die  3^ft  geschrieben,  gev/idmet  den  toten  Brüdern  und 
Schv/bstern" ,  daß  die  Gedichte  aus  den  Wohnungen  des 
Todes  Dokumente  einer  Lebensrettung  bedeuten;  Denn  dn- 


Wort 


und  nur  das  Wort  ist  die  einsame  Insel  ihres 


^ 


Aufenthaltes,  auf  der  sie  nach  den  Schrecknissen  neu 


'■  /. 


o 


o 


-  4  - 
zu  leten  versucht.  Tod  \md  Stern,  Sand  und  Ewigkeit, 


Pinger  und  Schuh,  Sehnsucht  und  Geheicinis  -  das  sind 

I 
wiederkehrende  Zeichen  in  den  Gedichten  der  Nelly 

I 

•  !  ■  ■■ 

Sachs ♦  Nackt  steht  der  Tod  in  den  Wohnimgen  des  Todes, 
kein' poetisches  Bild  läßt  sich  finden,  seine  Nacktheit 


zu  bekleiden.  Der  Stern  aber,  das  Bild  der  Sehnsucht, 

!  . 

der  Ferne,  des  Heicnwehs  und  eines  nicht  mehr  irdischen 


T 


Trostes  steht  über  den  Wohnungen  des  Todes*  Zu  diesem 
Stern  ist  sie  unterwegs,  noch  immer  auf  der  '/ander- 

\ 

...Schaft,  auf  der  Flucht,  hineingeordnet  in  das  Leid 

""•  t-^       -  ^. .  . 

und  in  den  Chor  der  '^ändernden:  "Unsere  V7ege  ziehen 

\7ir  als  Gepäck  hinter  uns  her  /  mit  einem  Fetzen  des 

I 

Landes  darin  ^^/ir  Rast  hielten  /  sind  ^ir  bekleidet," 

i 

Der  Stern  über  der  Flucht.  .   . 

•   I 

Aber  der  Stern  kann  sich  verdunkeln.  Dann  ist  es 

.••I 

Nacht,  und  es  ist  noch  immer  Nacht  in  den  gl>  henden 
Gedichten,  die  Nelly  Sachs  1949  unter  dem  Titel 
"Sternverdunkelung"  herausgebracht  hat.  Niemals  v^ird 
sich  die  Nacht  ganz  erhellen  für  den,  dem  das  Heim:weh 
die  Sprache  raubt  und  zugleich  das  V/ort,  das  Gedicht, 


die  Erinnerung  aufzv;ingt,  damit  gesprochen  v;erde,  v^ie 


die  Propheten  sprachen,  leidend  unter  dem  Zvang  der 

Gesichtes  "Helt  frage  nicht  die  Totentrissenen/  vohin 

I         ' 
sie  gehen/  sie  gehen  immer  ihrem  Grabe  zu..  In  solchen 

i  •• 

Sternverdunkelungen  wird  das  Schicksal  der  Heimatlosig- 

i 
keit  be\^ußt  erfahren.  Und  heimatlos  bedeutet  für 

Nelly  Sachs  nicht  so  sehr  Trennung  von  einem  geo- 

I 

graphischen  Gebiet,  es  bedeutet  getrennt  sein  von  der 
Heimatsprache,  "Ihr  Mund  hat  ein  Dorn  verschlossen,/ 
Ihre  Sprache  ist  an  ihre  Augen  verlorengegangen,/  Die 


-  5  - 


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• 

1 

•                 •■  .  >  . 

i 

■t- 


i-eden  vjie  Brunnen,/  Darin  ein  Leichnam  trunken  ist." 


\ 


Um  das  Schweigen  der  Toten  ertragen  zu  können,  das  die 

I   ■        •  ■  ■• 

Konsequenz  der  Heimatlosigkeit  väre,  -werden  Abraham  und 

Jakob,  Hiob,  Daniel,  Saul  und  der  Prophet  Elias  ange- 

rufen.  So  werden  Gedichte  zu  Deichen,  das  Meer  der    •. 


I  * 

Heimatlosigkeit  zu  bannen.  Die   Sprache  allein  kann 

!  \ 

noch  Heimat  sein.  Wenngleich  das  Wort  "deutsch"  in 

V 

'r 

keines  der  gemeinten  Gedichte  ein^^egangen  ist,  wird  die 

» 

Sprache  in  immer  neuen  Bildern,  in  einem  imerhörten 
Metaphcrnreichtutn,  in  kühnen,  gedanklichen  Reduzie- 
run  .en  und  rauschhaften  Assoziationen  zur  Sti  irae  des  . 

-*  '"-^  '•  ■ "  *    .  •  .  '■ 

Heimwehs  nach  der  deutschen  Sprache.  "Aus 

dem  Kochtopf  der  Sprache,  die  wir  unter  Tränen  er- 

lernten,  ern'.hren  wir  uns."  Da  sticht  der  "w-eiße  ■■ 

Sehnsuchtsdorn",  da  wird  der  Mensch  "vom  Stemmeisen 

-'■■'■■ 
der  Sehnsucht  durchbohrt",  da  blickt  er  "den  heim- 

wärtsziehenden  Segeln  der  Melancholie  nach",  das  Heim- 

weh  erscheint  unter  den  Bild  der  "schmerzenden  Nabel- 

schnür".  Es  ist  so,  als  habe  der  Sturm  der  Flucht 

und  der  Meißel  des  Leids  die  Passade  der  Worte  aufge- 

brochcn,  als  klaffe  hinter  den  Vierten  eine  Geistes-  . 

landschaft,  die  wir  bisher  nicht  wahrgenommen  haben, 

t 

weil  wir  in  der  Sicherheit  und  Eindeutigkeit  der 
Sprache  leben  und  uns  ihrer  bedienen,  statt  ihr  zu  • 
dienen.  Ein  einziges  V^ort  kann  ein  ganzes  Schickai  in 
sich  aufnehmen,  ein  ^'ort  zum  Beispiel,  das  in  die 
Schlagertexte  eingegangen  ist  und  an  den  Ecken  der 
Automaten  als  kleine  Münze  den  Herumstehenden  ge- 
reicht wird 5  das  Wort  Abschied.  "Abschied-/  aus  zwei 
Wxmden  blutendes  Wort."  Da  ist  kein  bestimmter  Ab- 


'\ 


• 


-  6  - 

schied  gemeint ,  kein  Rückcrirmern  an  bestinimte  Türen. 
Das  ist  Endsurauie,  alle  iVbscniede  zusammengenonnien; 
ein:  Begreifen,  dem  der  Tod  über  die  Schulter  blickt. 
Im  Gedicht  vom  |bschied  nimmt  das  Heiaweh  mystische, 
kosmische  Züge  an.  Beda  Alleniann  sagte,  daß  "das  Werk 
der  Nelly  Sachs  im  Rahmen  der  Nachkriegs-Lyrik  als  die 
ViederaufnahQe  der  kosmischen  Dichtung  mit  modernen 
Mitteln  zu  bezeichnen"  sei.  In  den  Gedichten  ist  der 

tem  des  Alten  Tostauents  und  des  Chassidismus  zu 
spüren,  nicht  aber  die  kosmische  Begeisterung  des 


J        ■  ^        • 

deutschen  Expressionismus.  Denn  ehe  der  mystische  Ate 

aus  fernen  Vergangenheiten  zu  Nelly  Sachs  kommen   '■ 

konnte,  passierte  er  die  V/ohnungen  des  Todes. 


m 


__   Noch  immer  sind  1957  in  den  Gedichten  des  Bändchens 


'jUnd  keiner  weiß  weiter"  die  Erfahrungen  der  Plucht, 
der  Blick  in  die  Wohnungen  des  Todes  und  die  Nacht 


0 


der  Sternverdunkelung  für  die  nun  eSjährige  Dichterin 
.nicht  besänftigt.  Sie  haßt  nicht,  sie  hat  nie  gehaßt; 
•aber  sie  vergisst  auch  nicht,  kann  nicht  vergessen.  • 

1  ' 

Noch  immer  ist  sie  auf  der  Plucht.  "Das  ist  der 

•  Flüchtlinge  Plane tcnstunde./  Das  ist  der  Flücht- 

•  I 

linge  reißende  Flucht/  In  die  Fallsucht,  in  den  Tod!" 

\  Und  der  Gedichtsammlung  von  1959  "Plucht  und  Verwand- 

I  •-   ■ 

lung"  gab  sie  das  Motto:  "An  Stelle  von  Heimat/  halte 

ich  die  Verwandlungen  der  ^/elt,"  Nun  bricht  die   ■ 

i   ^. 

schDierzende  Kraft  dos  Heimwehs  in  die  Tiefe,  gleich^  ' 
sam  durch  das  ^'ort  noch  hindurch,  in  die  Geheimnisse 
io„  Plucht  und  Verv,ondluns.  Jetzt  obo^  ist  dio  Sprache 
nicht  mehr  nur  neue,  sondern  auch  schützende  Heimat. 

i         ' 

Die  Sprache  ist  zum  beschützenden  Zauber  geworden, 


\ 


••\%» 


•I 


-  7  - 


« 


X 


0 


der  dem  Leben  die  Gevvißheit  des  Todes,  des  schon  er- 
fahrenen und  des  komaenden,  verzeiht.  Das  Gedicht 
kann  jetzt  hinter  den  Rücken  des  Todes  treten.  "Aber 

j  .  '  • 

vielleicht/  haben,  wir/  vor  Irrtum  Rauchende/  doch  ein 
wanderndes  '^eltall  geschaffen/  mit  der  Sprache  des 
Atems?"  Der  Schmerz  is.t  nicht  genommen  von  dieser  Frau, 
die  Nacht  ist  nicht  gelichtet,  aber  es  kann  in  der 

>  * 

Dunkelheit  ein  kleines  Licht  gesehen  werden:  "Licht  '■ 
ward  aus  Send",  aus  dem  bände  Sirais,  aus  dem  Sande  Is- 
raels, alles  ist  Verwandlung  und  Verwandlungen  unter- 
Torfen,   die  an  die  stelle  von  Heinweh  gesetzt  und  auf- 
gerufen  wircS  gegen  das  Schweifen,  das  noch  immer 
droht,  ,        .  .  • 

Ih  den  bisher  unveröff entlieh ten'Gedichten,  die 
er  Suhrkarap  Verlag  dem  Band  FAHRT  INS  STAUBLOSE  einge- 
ordnet  hat,  in  den' Kapiteln,  die. dem  ganzen  Band  den  !' 
Titel  geben,  und  in  "Noch  feiert  der  Tod  das  Leben"   " '^ 


erscheint  das  Thema  der  Gedichte  erv^eitert,  die 

iprache  jedoch  noch  mehr  verdichtet,  Die  Metaphern 
i    "■  ■• 

verkürzen  sich,  ballen  und  drängen  sich  im  Vers.  Mehr  ■ 

und  mehr  verliert  die  Sprache  den  individuellen  Bezug; 
deutlicher  noch  als  in  den  Gedichten  bisher  wird  die 

« 

Sprache  der  Nelly  Sachs  zum  universalen  Ausdruck, 
Anruf,  Mahnung  und  Beschwörung,  das  bleibt;  aber  der 
ycrs  erreicht  nun  bisweilen  eine  ungeahnte  Leichtigkeit 
Am  Anfang  stand  die  Nacht  in  den' Wohnungen  des  Todco 
und  die  Nacht,  in  der  Nelly  Sachs,  vom  Schmerz  zer- 
rissen, das  Gedicht  gewagt  hatte.  Jetzt,  in  den 
letzten  Gedichten,  ist  die  Nacht  ein  Ort  geheimnis- 


•  voller  Ruhe  in  den' Abgründen  der  Pforte,  einer  Ruhe,  in 


o 


o 


-  8  - 

3er  "erlöste  Liebe/  sich  ihr  Sternbild  in  die  Freiheit 
schrieb."  Liebe  kann  wieder  sein  in  Flucht  und  Ver- . 
'/Handlung,  auf  der  Fahrt  ins  Gtaublose.  "Der  Himmel 

■  •  4 

Übt  an  dir/  Zerbrechen./  Du  bist  in  der  Gnade," 
fJl  eichzeitig  mit  dem  Gedicht  band  "Fahrt  ins  Staubloee" 
hat  der  Suhrkamp  Verlag  ein  schmales  Bändchen  NELLY 
SaCI-IS  ZU^  ehren  herausgebracht,  Gedichte,  Prosa, 


Aufsätze  als  Widmungen.  Darin  stehen  Gedichte,  ^rosa- 
stücke  und  Dialoge  von  Ingeborg  Bachmann  und  Günter   - 
Eich,  Hermann  Kasack  und  Ilse  Aichinger,  Paul  Celan.  " 
Hilde  Domin  und  anderen.  Boda  Allemann  liefert  einen  '  - 
Au  satz  mit  dem  Titel  "Hinweis  auf  einen  Gedicht-Raum"; 
:ians  Magnus  Enzensberger  spricht  über  "Die  bteine  der 
Freiheit".  Konrad  Wünsche  hat  "Über  Nelly  Sachs  und  die' 
■    Ordnung  der  Sprache"  gearbeitet;  Karl  Schivcdhelm  über  . 
"Wälder  der  Traumgesichte".  Sivar  Arn6r  berichtet  über  ' 
Begesnungen  mit  ITelly  tiachs,  Peter  Hamm  über  Nelly  1 
Sachs  als  nbersetzcrin  schwedischer  Lyrik.  Alles  in 


allem  ein  Bändchen,  das  der  Leser  der  Gedichte  als 

I    ■ 

ausgezeichnete  Ergänzung  ansehen  darf.  Beide 
Editionen,  der  Gedichtband  FAHRT  IIIS  ^JTAUBLOSE  und 
NELLY  bACnS  ZU  EHREN  legen  das  Urteil  nahe,  daß  Nelly 
Sachs  zu  den  großen  Dichtern  deutscher  Sprache  gezähT* 

I 

'--yiQTdQn   muß",  eine  Frau,  in  der  das  Heimweh  nach  der 
ipr^che  aufgebrochen  ist  zu  unvergleichlichen  Wort- 
Schöpfungen.  "Denn  es  muß  ausgelitten  werden/  das 
Lesbare/  und  Sterben  gelernt/  im  Geduldigsein-"» 


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Radio-Essay 


Sendung  am  23.  Mai  1958 


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Ein  Mysterienspiel  vom  Leiden 

des  jüdischen  Volkes-" 

von  Nelly  Sachs  •        ^  :.••.■ 

mit  einer  Einführung  •"  •'  .■'■•„  • 
von  Walter  A.  Berendsohn 

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Musik:    Moses   Pergament 


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„COPYRIGHT'' 

^  D'  — cf^ //: ::nü*!.:r;pt  i.'i  »trhebürrcchillch geschützt. 


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];  l::^:'.-.*!«..»\i;<;  i;:icl  d-::.5  Autors  n::!;»  voi*v/c.r;:i  v/cr- 
§  da;.  Vor  al\:.^^  i:t es  unzulcns':^,  da:  /v'kinij;:krip[ 
5  oder  Voile  d^rau!;  obiuschrcib./n  oder  in  son- 

Sfür  Rundfurikzwccke  bedarf  eter.Jc':-.  (.'•:•:*  Gc> 
|i  ncl-j/ni^^'ji:'-«  d:^s  Süddcui.:cSijn    r^r;-.'?!.:ikc. 

LI  • .        .  .  ;  •• 

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Personen 


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1 .  Prau 

2 .  Prau , . 


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Maurer  •  .       ,■„■.. 

Maurergehilfe  (Jossele) 
Prau  •  '^'  •"  ■  '  • 


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Grösseres  Mädchen 
Kleineres  Mädchen 

«  • 

Knabe    *  •   • 


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Michael 

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Männerstimme 


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1. 

Stimme    \  '  v  . 

•'-;■■  2. 

Stinme  (=  Männers 

• 

• 

Hausierer  Mendel 

• 

Frau 

Mann  ■  -      ' !     :/ 

Scherenschleifer  ' 

.  ••      ', 

Halhw.  Mädchen 

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Kinder 

Der  Bucklige 

Junge  Prau      •  •  ; 

Mädchen  (m. Stöcken) 
Michael 


1.  Beter  (=  Schimon)' 

2.  Beter  (=  Aman) 
Mendel 

Der  Bucklige 
Dajan 


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Rabbiner  (=  Daja 

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1. 

Stimme 

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2. 

Stimane 

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2  Beter 

• 

• 

Alte  Prau 

* 

• 

Männerchor 

• 

Mäc.chenchor. 

.  Zimmermann   "  \' 

.  Der  Bucklige 

■  /'7"1 

1. 

Maurer 

2. 

Maurer 

.• 

3. 

■  • 

Maurer 

• 

• 

Daian  .'  ."•  - 

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•            T 

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Scherenschleifer 

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• 

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...             , 

Mendel    •'  '  '  '•  .' 

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• 

Der  Alte  /  "  ,  '  ■: 

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Michael 

1  . 

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Stimme  aus  dem  Schornstein 
.  Stimme  eines  Sterns'  . 
1^"   Stimme  eines  Baumes 
2.   Stimme  eines  Baumes 

Stimme  der  Spuren  im • Sand 
Stimme  det  Nacht 
Das  Wesen 
■  Michael  ^  • 

stimme 


I.  ■■- 


Michael 

• 

' 

Stimmen  der  Pinger  (  4  der 

folgenden) 

• 

1. 

Pinger 

4.  Pinger 

2. 

Pinger          ^ 

5.  Pinger 

3. 

Pinger 

6.,  Pinger 

7,    Pinger 

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Michael 
Bauer  • 

Frauen  und  Kinder 


1  •   Knabe      -^  ^.  .•.• 
2,   Knabe     ^ .  .  •  • 
Sohn  des  Lehrers 


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Lehrer 


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Meister 
Michael 
Der  Mann 
Las  Kind 


1 

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Der 

Mann 

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Die 

Frau  ■ 

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Das 

Kind  ■•, 

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Stimme   •  ' 

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■    Michael     ••  '■ 
Ler  Mann     •" 
,  Stimme  des  Samuel 


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Durchgehende  Sprecherstimme 


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Katastrophe  des  jüdischen  Volkes.  In  unA-czählton  ITächtr- 
kamen  die  toten  Angehörigen  und  Freunde  zu  Besuch  bei 
der  Kranlcen  und  hielten  Zwiesprache 'cit  ihr.  Aus  der  ' 
unendlichen  Kette  dieser  makabren  Erlebnisse  ist 
■die  ergreifende  Klage  um  das  jüdische  Schicksal  erwachsen, 
.durchtränkt  von  tiefreligiöser  Zuversicht 'und  von 

'        .       .   *  •"  ."  . 

tröstlichen  Glauben  an  die  Möglichkeit  aufbauenden"  neuen 
Lebens  trotz  allem  und  dennoch.  .■■■'•,•  •   '■  '   ■•  -■  :  '• 

Nach  und  nach  liess  ITelly  Sachs ' mich  toiinehmen  an  allen  ' 
Stadim  ihres  Schaffens.  Ich  bekam  verschiedene  Passüno-cn 

r        »  -  *•  ,  ...  ,    . 

ihrer_ neu; entstehenden  Gedichte  und  dramatischen  Versuche' 
zu  sehen.  Schliesslich  zeigte' sie  mir  'auch  ein  Werk   '  '  ' 
das  schon  im  Winter  1943/44  entstanden  "war:  "Sli.  ein'  .  ,-. 
Mysterienspiel  vom  Leiden  Israels."  Es 'stellt  ein  geheim-' 
nisvolles  Geschehen" dar.  Das  grobreale  Anfangs er^ignis  ' 
wird  nur  erzählt.  Die  Deutschen  haben  In  den  Ruinen  eines' 


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polnischen  Städtchens  die  Eltern  des  achtjährigen  Eli  .   ■' 
-..aus  dem  Bett  geholt  _und' fortgeführt .  Der' Knabe  ist  ihnen 

'  •  *  '  •  .  .  .  .      • 

im  Hemde  nachgelaufen  und  hat "seine " Flöte ,  mit  der  er  "'' 
,  ..sonst  die  Kerde  loekt,  zum  Himmel  erhoben  und  Gott  um  Hilfe 
angefleht.  Der; Soldat  aber  hat  gefürchtet,  es  sei  ein    .  ■ 
geheimes  Signal  und.  hat  ihn  totgeschlagen  mit  dem  Kolben  '  " 
seines  Gewehrs.  Dem  jungen  Michael  aber  hat  Gott 'die 
;  Gabe  des  sechsten  Sinns  gegeben.-  Am  Abend  sieht  er  bei 
Samuel,  dem  Großvater,  der  die  Sprache  verloren  hat  und 
.  stumm  geworden  ist  beim  Anblick  des  Mords,  im 'Totenhemd 
des  Knaben  das  Gesicht  des  jungen  Mörders.  Er  macht  sich 

t 

:  auf  den.  langen ' Weg, "findet  ihn  in  einem  deutschen  Dorf 
.jenseits  der' Grenze  und  erlebt,  wie  er  -an  seinen 


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Gewissensqualen  zu  Grunde  geht.  Dann  ist  Michaels 

und 
.  Mission  erfüllt, /Gott  nimait  auch  ihn  zu  sich.  ALcr  diese 

.  okkulte  Handlung  ist  eingebettet  in  eine  lange  Reihe 

kurzer  Volksszcnen,  die  mich  sofort  stark  an  Georg 

Büchners  "V/oyzek"  erinnerten  (ein  V/erk,  das  Nelly  Sachs 

nicht  kannte  und  erst  aufaeine  Veranlassung  las.) 

Sie  sind  sehr  realistisch  mit  zahlreichen  lebhaft   _  • 

'.erfassten  anschaulichen' Sinzelzügen;  in  ihnen  spiegelt 

■  sich  nicht  nur  die  grauenvolle  Zeit  der  Zerstörung  .alles': 

Menschlichen,  sondern  auch  das  immer  wieder  aufblühende  " 

'"  Leben  der  Jugend  und  das  unwandelbare  Gottvertrauen 

'       *  "     ■•.■'■'••...-•'•  '     '    ■   :•  ''  \       •  :•• 
der  Juden.  /'      '     '■'..     '  -.       .;.  ■  v'  "  '  ^--      ..'  '  V, 


"Die  Luft  ist  neu  -, • • 
fort  ist  der  Brandgeruch, 

fort  ist  der  Blutgeruch', 

.  •  .  *•     .   .    . 

fort  ist  der  Qualgeruch  - 
die  Luft  ist  neu! " 


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Voll  Gottvertrauen  wird  am  Aufbau  der  neuen  Stadt    '  * 
gearbeitet.  Das  steht  im  Kern  der  Lichtung,  die  frei  ist 

% 

von  selbstvergiftendem  Hass,  weil  das  ganze  Geschehen 

'  .  *        - 

.letzten  Endes  in  Gotxes  Händen  ruht. 

1951  konnte  ich  dieses  ergreifende  Werk  von 'wundervollem 
-künstlerischem  Gleichgewicht  auf  Subskription  in 
200  Exemplaren  herausgeben.  Die  Dichterin  aber  strebte 
fort  von  diesem  Motiv,  fort  von  dem  Trauma  des  jüdischen 
Unglücks,  hingezogen  zu  •dorn  die  Menschheit  umspannenden 
religiösen  Geheimnis  und  zu  seinem  reineren,  o-elösteren 
Ausdruck. 


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IV 


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Der  erste  Gedichtband  "In  den  Wohnungen  rles  Todes" 
(Berlin  1947)  steht  noch  .fast  ganz  im  Bannkreis  der  • 
Gaskammern,  im  zweiten,  "Sternvürdunkelun,g'^  r  Am.c,tP.^rin^  I949) 
wachsen  schon  viele  Gedichte  weit  über  die  engen  Grenzen 
jüdiPcher  Erlebnisse  hinaus  und  der  dritte. "Und  niemand 
weiss  weiter,  (Hamburg  und  München  1957)  birgx  nur  noch 
Nachklänep  des  jüdischen  Leids.  Die  gleiche  Entwicklung 
durchlaufen  die  bisher  ungedruckten  dramatischen  Dichtungen. 

"  ELI  ",  den  Erstling  ihrer  Arbeiten  für  das  Theatfer, 
nennt  Nelly  Sachs  ein  Mysterienspiel.  Worin  das  ?:Iysteri-am 
in  Wahrheit  besteht,  darüber  sagt  die  Dichterin  selbst: 


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"Dieses  Mysterienspiel  hängt  sehr  innig  mit  der  '    - 

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;■  '  t  '*  ■  '        •  *  ' 

chassidischen  Mystik  zusammen.  Es  hat  wohl  zur.:  Inhalt 
ein  Märtyrergeschehen  unserer  ".Zeit,'  begibt  sich  aber 
überall  hinaus  und' will  dadurch  hiesiges  Leiden  durch- 
sichtig machen  und  Fenster  in  ein  unsichtbares  Universum 
öffnen,  einfach,  um'  es  für -die  Überlebenden  aushaltbar-' 


•   • 


zu  machen  und  mögliche  Aussichten  zu  zeigen.  ' 

Michael  ist  der  ausgesandte  Bote,  gehört  zu  der  Schar 
der  Sechsunddrcissig-auf  denen  das  Universum  ruht  nach  der 
chassidischen  Legende.  Dies  sind  die  geheimen  Gottes- 
knechte oft  in  den  niedrigsten  und  verachtetsten 
Stellungen,  die  den  "Ruf"  erhalten,  aber  selber  auch 
gänzlich  unwissend  darüber  .sind.  Das  Wort  Jesaja 

deutet  auf  sie  hin.  Nur  die  Dunkelheit  des  Göttlichen  weiss 

Min   ihn. 
Michaels  Rolle  ist  ganz  passiv.  Er  führt  aus,  was  ihm 

« 

befohlen  und  was  er  bluthaft  fühlt.  Er  bindet  die  Flammen 
und  hat  den  ungebrochenen  Blick,  den  Balschem  Blick 


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Er  gibt  die  Kontras.tgcstalt.  ab   zu  der  Dorfbevölkerung 

■  ■  *   • 

und  allen  anderen  .Handelnden.     .  .  •  . 


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In  der  chassidischen  Mystik  drückt'  jede  Minute  ganz   ■ 
existentiell   gelebt,, ganz   gleich   ob   getanzt,   gesungen 

•  * 

gebetet  wird,  Göttliches  aus.  Der  Hausierer,  der  über 
Land  geht,  ist  im  Grunde  genau  so  erfüllt  wie  die  anderen, 
y^enn   er  seinen  Kram .  verhandelt.  Das  Geheimnis  leuchtet  ■ 


I  4 


hinter  dem  V/ort.  Auch  das  letzte  Bild  hat  ein  Iviotiv 

der.  chassidischen  Mystik  verwandt,  nämlich  den  Mutterleib, 

'   ■  .......  ,^. 

darin  das  Kind  mit  dem  Urlicht  ruht.  Bei  der  irdischen 

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.  .       -   .   •  r*  *  .  '         ^   .         .    1  :    •     .         .  .  ■  *      .      >   .     •   ,  , 

,*  '  ■  •  • 

Geburt  verschwindet  es  dann*. Hier  aoll  es  noch  einmal 

• .  ■  •  •        •••.•••.,      •■,-./..     .  ,       I  _ 

die  Verbindung  geben  miit  dem  Kind  Eli  als  Opfer,  und  ,  .•  *^'*" 

t  -  T 

Michael"  als  geheimem  Gottesknecht .  ••''\v -'•"••' 'v«  •:'■"' C'  •-  •/ 


•  •  • 


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Michael,  wird  ja  die  ganze  Zeit  "geführt"  bis  er  findet.  . 
Und  verzaubert,  nach  der  Pfeife  'gehen  zuletzt  die  Kinder 
und  das  Vieh  mit."  '"  .  "v     •  -•• '   ^  *"       '  •   •'  .    '  ..  •'  • 


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•'   'V 


Dieses  Spiel  war  mein  Erstling,  und  damals  wo.r  alles  •>,,  • 

eine  mit  Messern  durchstochene  blutende  V/eltmiinute.  "'■*■. 

■•■...    .  .      .-     *"   •   •".■.' 

. '  •"  .  ,         .       ■  •  ' » 

So  kommt  es,  dass  vieles  jetzt  vielleicht  erschrecken  kann." 


Soweit  Nelly  Sachs.  .    '■''  *'.•■"'■  .  '      .  •'    " 

Aus  dem  Schmelzgut  leidenschaftlichen  Schmerzes  in  einem 
Guss  entstanden,  ist   "  E.  1  i",,  ein  Werk  von  dauerndem 
V/ort,  das  als  Hörspiel  wie  als  Bühnonspiel  seine  ergreif enri«-^ 
Wirkung' nicht  verfehlen  wird.  Die  furchtbare  Vergoiigen- 

*  • 

heit  ist  über  uns  hingegangen  v/ie  ein  langandauerndes 
ungeheures  Weltgewitter,  unter  dem.  wir  uns  machtlos 
beugten.  Lange  hielten  wir  die  Erinnerungen  unserm 


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Bev/usötöein  fem.   Nun  ist  ^  die  Zeit  reif,  sie  herauf- 
"zub-o schwören,  um  sie  zu  durchleuchten  und  in  ihrer 
Bedeutung  für  unsere  innere  Welt  zu  verstehen.  . 
Die  Dichterin  Nelly  Sachs  hilft  uns,  sie  aus  dem 
.  Wirrwarr  von  Ha,ss  und  Abscheu  und  Verfluchung  und 
Schain  zu  erlösen.  •   ;   -  ■ 


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i^ttfßmmmt'mmtmm'mmmtmmimi'mumim'^m 


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I.   Bild 


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..Sprecher:    Da  ist  der  Marktiolatz  einer  kleinen  polniGchen  Landstaat, 
v'  '   •      Einige  Überlebende  des  jüdischen  Volkes  haben  in  den  ■ 

■  Kuinen  rings;am  Obdach  gefunden.  In  der  Mitte  ein'Brimncn. 
SAIOTEL,  der  stuiran  geworden  ist,  arbeitet  daran,  Höhren  ■ 
•;  ''■    [  abzufeilen  und  einzusetzen.  Zwei  FRAUEN  konine'n  mit  Wäsche. 


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"Unrealistische  Akustik 


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Erste   Prau: 


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im  sin,p;enclGn  Ton  •  .       .'.../•*.     '.■   ..• ."  '.    ......•' ^   ••     •    . 

KoffiTü  von  der  Bleiche,,  der  Bleiche,  "     ■         '.    ' 

hab'    Sterbewäsche   gewaschen,  *     ... 

dem  Eli  das  liecid  gov/aschen,         ;  "  •    /     • 

Blut  herausgewaschen,    Schweiss  herausgewaschen. 

•  •  •  .  •   -  .  .  .  » 

Kinderschweiss  -  Tod  hcrausgcwaschen  -. 

Zum  Rohrlc^^or;  ;,  •  -  -  ^  ^■:.*•  '  .^•''.    .   '■'      •' '  • 


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V/ill  es  zu  dir  tragen,  Samuel,  ■   '       '  *'■',• 
in  die  Kuhgasse  tragen  zum  Abend,  .'.'■•■  ;   . 
wo  die  Fledermäuse  in  der  Luft  herumblättern, 
wie  ich  blättere  im  Bibelbuch..-  "''■',     ■    ' 
um  das  Klagelied  zu  suchen, ' darin  es  raucht, 
darin  es  brennt  und 'die  Steine  herunterfallen  -. 


■   ■  Das  Hemd  von  deinem  En]cel  will  ich  zu  dir 
vom  Eli  das  Hemd  -    •" 

*  I  •      . 

•        # 

Zweite  Prau:  V/ie'  kam  es  Gittol,  dass  er  stumm  wurde? 


'Erste  Frau:  War  an  dem  Morgen,  als  sie  den  Sohn  holten, 

aus  dem  Bett  rissen,  aus  dem  Schlaf  -. 

*   *  » 

V/ie  sie  vorher  aufgerissen  hatten 


tra..^en 


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-2- 


Zweite  Prau:  die  Tür  zum  Schrein  der  GehGimnisse  im  Teirroel  - 

•   behüte,  behüte  -,         •    ' 

* 

vso  rissen  sie  ilmaus  dem  Schlaf.  '  . 

'.  ■  .    •■   Rahli,  seine  Prau,  rissen  sie  auch  aus  dem  Schlaf  -, 
.  '       -  trieben  sie  vor  sich  her  durch  die  Kuhgasse, 

die  Kuhgasse  -.hat  die  ?/itwe  Rosa  ,c;eseGGen 


0 


O 


\ 


an  der  Ecke,  am  Fenster ,^ 


t    I 


und  erzählt  hat  sie  es,  v;ie  e  s' hergcgan^^cn  ist, 
bevor  sie"  den  Mund  ihr  geschlossen  haben,  '.  ■'.- 
mit  einem  Dorn,  weil  ihr  Mann  Gärtner  war.-^ 

•        ■  • 

Ist  der  Eli  im  Nachthemd  seinen  Eltern  nachgelaufen, 
in  der  Hqnd  die  Pfeife,    -     T  ''■■,'■'■'.■.'.  .i.-"  ••'■■ 


•  •  « 


mit  der  er  gepfiffen  hat   auf  der   vi'eide,'   .  ■    '. 

'■  •■  ■  ■  .  •.         •  • 

den  Mmmern,    den  Kälbern  - 

..        ■  ■   :•-   ■•  .         •   :     ■■   -^    -  •       ■  : 

und  ist  der  Samuel,    der   G-rosovater, 'seinem  5nkel 

,   •        ■        V  •    •  ^  ■        •     . 

I 

:  nachgelaufen  -.    .  \   ..•.• 

•  ^  ..  •  I 

Und  als  -der  Eli  sah,  •.  ■       ".   ■'  ■ 

mit  seinen  achtjährigen  Augen  sah,  '  ■' 

* 

wie  sie  antrieben  seine  .Eltern,  ' 

durch  die  Kuhgasse,  die  Kuhga 


,  ,  C«  C!  O 
C-v  kJ  O  V_/  • 


hat  er  die  Pfeife  an  den  Mund  gesetzt  und  hat  gepfiffen. 

Und  nicht  hat  er  gepfiffen,  '  ■■ 

v/ie  rian  pfeift  dem  Vieh'  oder  im  Spiel, 

sagte  die  Witwe  Rosa,  als  sie  noch  lebte, 

den  Kopf  hat  er  geworfen  nach  hinten,  • 

wie  die  iiirsche,  wie  die  Rehe, 

bevor  sie  trinken  an  der  QuellC'. 

Zum  Himmel  hat  er  die  Pfeife  gerichtet,     '  ' 

zu  Gott  hat  er  gepfiffen,  der  Eli, 

sagte  die  V/itwe  Rosa,  als  sie  noch  lebte. 


-  3  - 


Zv/eite  Prau: 


Golien  wir  abseits,  Gittel,  dass  er  nicht  liö.rt, 
unser  Gespräch  hört,  der  Stunrae. 

MUSS  wie  ein  Schv/ariin  sonst  einsaugen  unsere  Worte 
kann  nichts  herausbringen  aus  seinem  Halse, 
zugeschnürt  mit  Tod. 

Gehen  a-.^Goits.  "       .   •  • 


Erste  Prau: 


o 


Zweite  Prau: 


o 


Ging  ein  Soldat  mit  ia  ' Zuge , 

sieht  sich  um  nach  dem  Eli, 

wie  der  pfeift,  hoch  zum  Himmel  - 

schlägt  ihn  tot  mit  dem  Kolben  seines  Gewehres. 

War  der  Soldat  no.ch  ein  Junger,  sehr  Junger, 

hat  die  Witwe  Rosa  gesagt,  ... 

Nimmt  der  Samuel  die  Leiche, 

.  .-   •  •  •  ■    . 

setzt  sich  nieder  auf  einen  Meilenstein'.- 
und  ist  stumm,  • 


•  k 


War  denn  der  Michael  nicht  zur  Stelle 
dass  er  hätte  retten  können  den  Eli? 


Erste.  Prau:   War  der  Michael  im  Bethaus, 

im  brennenden  Bethaus,' 
hat  die  Plammen  gebunden, 
hat  den  Jossele  gerettet, 
^   den  La Jan  gerettet,' 
den  Jakob  gerettet, 
aber  der  Eli  ist  tot.^ 


-  A  ~ 


Zweite  Prau:  sinnend: 


Und  wäre  vielleicht  mit  ihm  zu  Ende  gewesen, 
den  Augenblick,         '  -  •  "  '   .  . 
den  0  Er  uns  vcrlasGen?   • 


Erste   Frau: 


o 


o 


X  . .: 


.-  \'\' 


«     •* 


•  > 


Es  hat  die  \7itv/e  Rosa  noch  hinsugefü.-t, 

\  ■  ,        -    -  -  -        . 

dass  der  Michael  eine  Minute  zu  spät  kara,  ;  '■' 
eine  winzige  Minute,' ■'•-':'  '.  '  •■'    ■  .'  '•..   "  • 
sich,  so  winzig  wie  das  Öhr  meiner  Nähnadel  ■■.  . 

•mit  der  ich  vorhin  noch  diesen  eingerissenen  S 

•     ••        ■   •      •     ••■■■■    -     •  -•■    ■■         •  ;.  ■    ■ 

an  Eli 's  Hemd  festnähte.        ■    ^''    ■■   ',        '--'.."■■■' 

■Was  meinst  du,  warum  er   zu  spät  kam,    ■•'.•  ^- ■,■-■;':    .', 

•  ■^  ^   ■' 

er,  den  kein  Peind  aufhielt?  '  ■ 

Er  tat  einen  Schritt  in  die  Uebene-asse".    '■.:"' 

einen  einzigen  Schritt,'-   '       .  '  • '■■  .^       ■' ■ 

'■  .        -  .      •  :■  ■-■   ■   ■•■.-..' 

da  wo  der  Myriam  ihr  Haus  einmal  gestanden  hat 

und  dann  wandte  ei?  sich  um  *--  :  ^"'   *   •■'-■:•  '  .       .  ' 
..  -         »  •  ■    ■  .  ,   ''•-.■...■.'' 

•  •'  's'  • 

und  der  Eli  war  tot.        ''  '' '       ...'''• 

« 

.  ■  •■  ■    ■     •  .  ■  ,'.■•, 

Da  sagte  die  Witwe 'Rosa  noch;    '  '■  ■  ■■ 

Hat  doch  der  Michael  den   ungebrochenen  Blick, 
nicht  den  unsrigcn,  der  nur  Scherben  sieht  -   ' 
-  den  Baischemblick  hat  er,        "     ■  ■ 
von  einem  Ende  der  Welt. zum  andern  ■ 


lum 


i  » 


-i   • 


Zweite -prau:  Ich  will'  dir  sa>en  Tri  tt.oi  \^-n   n-.u    • 
•   .   ■  vio-j.  öc;-,i^xi,  u-j-xrei,  ein  Geheimes: 

ich  höre  die  Schritte!; 
Erste  Prau:   Was  hörst  du  für  Schritte ,  Basia? 


\- 


-  5  - 


o 


o 


Zweite  Frau;  Als  sie  holten  den  Eisik,  meinen  Mann, 

den  Bäcker,  v/eil  er  huk   die  Brezel, 
.,  die  Zuckorbrezel  mit  vcrTootenem  Mehl, 
als.  sie  ihn  vom  Backofen  holten, 

7 

gab  ich  iiim  den  M.antel, 

denn  .es  schnitt  drausaen  die  Kälte  -  ■ 

wieherten  sie  wie  Pferde,   ' 

die  sich  freuen   auf  den  Hafer  -  : 


.  •  *: 


"Koiimit  zurück,    sclineller'  als    er  ihn  anzieht 

■  • 

koimnt    zurück!  '^ 

• '    ■  ■  •      ■ 

4 

Kam  zurück,  doch  oline  Schritte! 

Da  "bef^annen  die  Schritte  im  Ohr!        ■.  ., 

Die  schweren  Schritte, 

die  starken  Schritte, 

•         •  • 

die  sagten  zur  Erde: 

ich  breche  dich  auf  -  .     - 

dazwischen  sein  schlürfender  Schritt, 

I  ■ 

denn  er  ging  wenig,  ' 
atmete  schwer  in  der  Kälte, 
am  Backofen  stand  er, 
"bei  Tag  und  bei  Nacht  - 


Erste  Prau:   Hörst  du  auch  jetzt  die  Schritte? 


Zweite  Frau:  Die  wohnen  im  Ohr  mir; 

sie  wandern  zur  Tagzeit, 
sie  v/andern  zur  Nachtzeit, 

» 

•   ob  du  sprichst ^  ob  ich  spreche, 
ich  höre  sie  immer» 


-  6  - 


o 


Erste  Frau: 


Präge 


den  Michael, 


oTj  er  dir  kann  fortnehmen  die  Schritte. 

Näht  er  auch  Sohle  an  Oberleder  fest, 

weiss  er  doch  mehr  als,  nur  v/andern  2um  Grabe  • 

Will  dir  sagen,  Basia,  bin  eine  V/äscherin, 

hab'  Lauge  gebrüht,  gewaschen,  gespült, 

aber  heute  auf  der  Bleiche,' 

da,  wo  der -Saum  war  gerissen  an  Eli '  s  Hend  - 


C*ä 


S 


ah  es  mich  an  - 


•  !• 


Zweite  Prau:  Könnt'  ich  es  nur. 


würde  ich  da  oben  aufnehmen  den  Saum, 
den  die  Sonne  blutig  macht,  ,    '",'.• 
könnten  des  Eisiks  Au.^en  mich  ansohn  - 


o 


würde  ich  sagen: 


gefangen  bin  ich  in  einem  Gitter, 

...  ,  _ 

in  einem  Gitter  von  Schritten, 


schworen  Schritten, 


mach  auf  das  Gitter,  . 

dasö  ich  hoiauskann  aus  den 

den  starken  Schritten," 

die  a^ufbrechen  die  Erde  - 

dazwischen  dein  schlürfender  Schritt  -  . 


Unrealistische  Akustik 


Erste  Prau:   Der  Brunnen  läuft  ! 


Zweite  Prau:  Der  Brannen  läuft! 


trinkt  aus  den  Händen 


Nimrn  fort  die  Schritte,         .  ' 

aus  dem  Ohr  mir  die  Schritte  -  fällt  nieder 


die  Schritte  -  Schri'tte  - 


■a^r^w« 


m^lß^mmm^mm       i  ii  i  iii  ■■  niip»«  i— »^>w 


<■  *  l     .  • . . » 


II.   Bild 


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o 


Sprecher:   Der  gleiche  Karktplatz  wie  vorher.  Der  Brannon  plätschert 


\  •■■ 


Maurer: 


I    4      '  n*-. 


Im  Hintersrund  öffnet  sich  eine  schmale,  zerstörte  G 
_  -Grüne  Landschaft  schimmert  überall  hindurch.  An  einur 

der  Hausruinen  arbeitet  ein  alter  MAURER  mit  JOSoELE, 
.  seinem  Gehilfen.  ' 


p  o  vi-«  o. 


•  *>. 


V   • 


* 

•   .Unrealistische  Akustik:    Geräusche   des  Plauerns. 


Jossele,    fülle   den  Einer  ani  Brunnen, 

•.      ••  •  .  . 

.vlauf  um  den  Kalk,  dort  wo  sie  bauen, 

,  -vor  den  Toren  bauen,  die  neue  Stadt. 

Sind  keine  Tore  nehr,  -  ,  .^-  "  •'  '•/  - -v 

ist  keine  alte  Stadt  nehr. 


Ist  kein  Bethaus  mehr, 


•  t 


«••  k 


nur  noch'Erde  senug  für  den  guten  Ort  !   f^r  3lch: 

Das  war  ein  Haus  hier,  das  war  ein  Herd. 
Steht  noch  ein  Kochtopf,  s chwarz gebrannt.' "  ' 


Hier  ist  ein  buntes  Band 


. ,»;. 


Vielleicht  vvars'ein  Wiegenband  - 
vielleicht  auch  ein  Schürzenband  - 

« 

V/er  weiss  ?       .  ' 
Hiei?  ist  ein  Käppchen. 
Wer  trug's? '    . 


i^m  ^jungeriviann  oder  ein  alter  Mann,  oder  ein  Kna"be? 

Schützte  die  18  •Seconssprüche ,  die  stillen, 

vor  den  eitlen  Gedanken, 

vor  den  bösen  Gedanken,   •        •     •  ; 

Oder  -  wer  weiss?  , 


-  8  - 


Sprecher: 


Eine  FRAU  in  Hemd  eilt  durch  die  schmale  Gasse,  klopi' 
mit  dem  Finger  an  Mauern  und  Stoine. 


Llauror: 


Ester  Weinberg,  was  klopfst  du  hier, 
es  sitzt  keine  Antwort  im  Stein. 


Jossele:    Die  Frau  entfloh  der  Krankenstube, 

jetzt  hebt  sie  Steine  auf  und  wirft'  sie  fort  - 


•< 


o 


Maurer: 


•  •  \ 


Will  ausbrechen  aus  ihrem  Kerker  - 


Jossele : 


Aber  was  tut  sie  nun? 

t 

öffnet  und  schliesst  ihre  Hände  wie  Becher 

» 

und  füllt  sie 'mit  Luft. 


Frau: 


sin/cend: 


o 


Dein  rechtes  Bein 
vogelleicht  - 
dein  linkes  Bein 


YOgelleicht  -  ' 
Locken  im  Südv/ind  - 


Herzen  können  wie  Wasser  zittern  in  der  Hand  - 

wie  Wasser  zittern  -   ,  ' 

0  ...   0  .  ..  läuft  fort.  (. 


Maurer: 


Sie  schafft  ihr  Kind, aus  Luft  - 
V/ir  schaffen  Gräber, 
aber  sie  ist  schon  ausgebrochen  - 
lernt  schon  bei   Ihm-' 


^  > 


»   n 


^  , 


-  9  - 


Jossele : 


kommt  2urück.7:elauien; 


Die  Prau.ist  tot.  ■   .  . 
Sa.^rte  zu  einom  Stein:  "Ich  koinine," 
stiess  die  Stirn  daran  und  starb.- 
Dieser.  Brief  iag':neben'"ihr/ './  ■..••' 


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Maurer: 


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Jossele : 


Maurer: 


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lesend: 


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.  Dies  ist.  von  Gad,    ihren  Mann,  ■'■.-':".•-■    ■ 

>>.  ,  ^  •     ••       .  *  '  .■.•■..•  '''■,*,*. 

der  sich  iirr  Steinbrucla  zu  Tode    trug, 


\  *•• 


an  Israels   Last   -'- 


't . 


t 

. .   .    •»  -• 


..'  \ 


'».-•.    • 


"Fein  .vcrädert  wie' deine    Schläfen  v/arder  Stein.-'' 
Leste   ihn  an' die  '^^ange- vor  den  Einschlafen'  '         ;•  '  • 

*  ■  '   •  '  .    ■  ■  ■  ..,«,'-. 

fühlte   seiiie   Vsrtiefun.^en,'"  '■   '•.'"■.■.''':  ■••."A-.    '■'.;.'•  '•.■'''•'.■ 
fühlte   seine   Erhöhun/^en,     ■■•'•■•■■'■.•'•       ..";;.■,;..•.  ...^■.    '•        . 


seine    C-lätten  undRisso  -. 


r  . 
O 


T. 


•    • 


hauchte   ihn  an,    ...,. 


'.     •    .< 


■■:).,:•'     .1 


y.   •» 


* 

•     * 


»     -  I  •  .  -.        (  t 

und  er  atmet  wie  du,  Ester" ... .  " 


»    I 


weint  und    seufzt. 


.»    ••• 


•■  Mr    .• 


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ß 

Weine  nicht,  Jossele.    ■"'..- 
■Bauen  wir' doch  aufs  Neue  das  alte  Haus. 

■  ♦  ■ 

Hängan.sich  die  Tränen'-ans  Gestein, 
hängen  sich  die  'Seufzer  ans    Gcbcälk, 
können  nicht' schlafen  die   kleinen  Kinder, 
hat  der  Tod  ein  v/oiches  ■  Bett . 

■*  •  ■  « 

Mauert.    sin,Tt' und   nfeiftr.  ■    '  .      ■ 


»        ' 


-    10   - 


Maurer;- 


y 


^Meister  de^r  V/elt    .'      ^  .  •■  '   ■  :' 

-      •  ■   N         ■  "..;■''. 

Du,   Du,    Du,    Du    !    '  '  .      ,        _ 

'Meister  aller  Steine  !  •  ■■ 

Du,  Du,  Du,  Du  !  .      •  : 

Wo  kajin  ich  di.ch  finden,  .        /  ■ 

'       .  I  •  • 

und  wo  kann  ich  dich  nicht  finden? 
Du,  Du,  Du,.  Du  .!  "• 


/»/• 


•  . .  * 


III.   B  5-^1  d 


Sprecher:        Aus  den  Ruinen' der  Gasse  kommen 

_,    Marktplatz  /-claufen.    .' • 


KINDER  auf   den 


O 


Gröss.eres  Mädchen: 

.    „  Der  Schulhelfer  hat  gesagt,.  '  '  . 

es  sei  liGute  .der  Tag,-  ,.  .    ! 
...     an  dem  vor  Jahren  des ■Michael  Hochzeit  war 

und^an  den  sie  ihm  Myriam,.  die  Braut,  raubten 
vor  dem  Kerzensegnen.  '  ,■'  ■ 


Kleineres  Mädchen:    '• 
■   ■  ■  .    ^  V/as  wollen-  wir  spielen? 


Grösseres  Mädchen: 


Knabe : 


Hochzeit  und  Kerzensegnen, 
und  ich  bin  die  Braut.. 


I 


Und  ich  raube  dich.   Ergreift 


o 


le . 


"  I  ■!  I 


'nMP~«l<l^a«a|v^«ipMMii«^pVi«iWP«««p 


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-  11  - 


.1 


Grösseres.  Mädchen:  /     '     '    •  ' 

•     ,   ;  /  'sich   losinachenrl  !   •• 


,  I 


•Nein,  ich  will  das" nicht,  .  ' 

*■   • 

ich  suche  mii'  ein  Kind  zum  Wiegen.  ' 
'einen  Petzen  aus  dc:n  G-eröll  ziehend:' 


♦• 


O 


♦  .' 


•^   \, 


*    * 


•  ■■"!,•• 


Hier'' ist  Stoff-, 


•. 


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'  t  y 


.<*   '-. 


V 


hier  ist  ein   Stück  Holz, 
.^.nur  v/eni£  angekohlt.      '\, 

■  •     ■  '  .      •  ! 

•V Jetzt  habe   ich  ein  Kind-, 


t  « 


•■»• 


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.    ,-    J' 


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und 


*••  » 


•.V 


rfi". 


O 


Knabe : 


ha t   s  c h v/ä r z  e  s .  Haar , 

.•.*.■    '  ,'>-  ♦  ■  •  •  •  ■     •  ', 

.  ich  will  OS  wiegen.    .  „■ 


• ,  ' » 


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*•     -         I 


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2) 


,  i  ■    •  1 

'  Sin;:rend: 


».  / 


1  •  II 


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•        1 

k      ■  *  ♦ 


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V       .,  . 


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■  '  .  '  * 

Es  war  einmal-  eine  Märe".  •   • 

«.-.-•  .  ■•  ..    ..       '  ■    ,     ■.'•■■■ 

die   Märe   ist  \^amiqht   fröhlich. 

Die'  Lläro  hobt*  an-  nit  Simsen  '-'V';- 

•von  oinem  jüdischen  König.  '   .  ' '  •. 


I''  \ 


* . 


«    I 


» , 


Es  war  oinr.ial    ein' König, 

..--.-.•■ 

der  König  hatte  eine  Köni,c'in''  -'"  '  ' 
die  Königin, -hatte  einen  Wingort  - 
Ijulinko,  x:iQin   Kind  .-.  .   ■;■ 

,  '  \       t      '  \ 

..-'.♦» 

3)   Der  -.Vingert,  der  hatte  einen  Baurn, 
der  Baum,  der  hatte  'einen  -Zweig,  ' 

-   •  der  Zweig,  der  hatte  ein  Nestchen  - 
Ljulinke,  mein  Kind  ...' 


Du,  der  Jossele  hat  Knochen  gefunden  - 

wer  sich  aus  dem  Totenbein  eine  Pfeife  macht, 

dem  kOLumt  kein  Vieh  fort  -   -  -. 


\ 


-  12  - 


.  / 


Grösseres  Mädchen:  .  .'      •*"  "  • 
'■  '   ■  .  Es- .ist  'schon  spät,  ~ 


\\ 


v/ir  wollen  nach  Kause   ^^ehn. 


.Knabe : 


Gib  her  dein  Kind,  ••     ••''     '•   . 

.1 . 
ich  vverf  es   auf's   Geröll, 

da  kann  es  '  s  ehre  in. '••  .•'•'•••';:/.". 


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Grösseres  Mädchen:" 
'*'■■' :"V'     Nein,  lass.- das  s'eihv^ '•^'' '•' 


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es  heisst  Myriam,  v--  i"- '■"'  ::'•■'.■  ■■::,•■ 

-  #■  .      ■  ♦*  *.     ,  •         '   ■       •  .  -   "' 

und' ich' welrde  ,in  die   Küche   sehn, 


■•.•, 


und  mir  eiTien  Quirl  holen,  '>^'-.-', 
so, hat  es  einen, Kopf. 


4.  r"!  ,  ■•  •  t  *^    * 


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Singend: 


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4)'   Das.lToöt,  das  hätte  ein 'Vö;;-olchen 


das  Vögolchen,  das  hatte  ein  Plügelchen,  ' 

•  -..■*  '     , '   •   "  ,   "  •    -■•"■.■,    >.  .  ,  ,  »p  ■ 

_  •  •   .  '  '  • «       •.  ■  ,  ,  .   ■    ' 

-das ' Plügelchen,  .das  hatte  ein  Pedorchen  - 

■'t  -  -   . 

■  Ljulinke , .  mein  Kind  . V.^  ".     •■  •  '  '  "'  ^ 


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..  •■:•:'■  Gehen ■  alle  langsam  fort,  hinter  der  Bühne  Gesan,o-: 

,   ■   •  .    •     •  •  •        •  V    ■' 

5)        Der  König,    der  nusste   sterhen,' 

/    ..    die   Königin,  ,  die   r.iusste   verderben,  "' ' 

•  '     '     der  Baurii  musste  -zerbrechen, 

das  ■.Vögelchen.  fliehen  vom  Neste  ...  ' 


;  • 


.\ 


.* 


■I 


13 


IV.  Bild 


Sprecher:    Im  einzigen  unzerstörten  Haus  der  alten  Stadt:  die  Sciiuii-- 

mache rwcrks tat t  des  Michael.  Im  Fenster  Mondschein  und 

• 

offenes  Feld.  An  den  VJ'änden  stehen  auf  Brettern  die 
Schuhe.  Vor  dem  Fenster  der  Schustertisch. 

•  ;  .  .■,__■  MICH/iEL,  gross,  mager,  mit  rötlichem  Haar,  nira/xt  ein. 

•  •_■,  ■  '•  ■■  .^  Paar  Schuhe  von  Wandhrett,  stellt  sie  auf  den  Arbeitstisc: 


j 


O 


Michael : 


@ 


hebt  einen  Schuh. hoch,  dass,  er  sich  schv/arz  gegen  das 
Iviondlicht  abhebt.  Es  ist  ein  kleiner  Danenschuh.  *   • 

;  .1  .       .      .    - 

;•,"-•■  -  "    ,  '  .        ■   _   '  ,      ■  -  »M 

/.  ••.■-'•  .  '♦ 

'  .  .  ••  • 

Du  gingst  so'  leicht,  .Myriari,  ,  ■,■■   .  '  .■  '  -  "    ■  '  , 

'♦  .       •  .         .       '     •         •         •      .   •,'  •  '     ■  ■  ' 

die  Gräser  standen  hinter  dir  auf.  '''■''■     ■         -/'''• 
Hier,,  diese  Spange  riss,  .  '•-  ...   ;  V. 

'  '  -.  '   .      .    '  •  .       ..  .:.•..■.■.■ 

als  du  mir  entgegeneiltest  ~  darnals  - 

* 

schnell  ist  die  Liebe,   ...  ■'.■.'    '•'   '   '  ;■ 

..  ,       •     •  ■      •    . .  »  -■ 

die  Sonne,  wenn  sie  steigt,  •'  ]'   '■  ;^ 

,  .  •   .  '       -.      ■  ^     .      ... 

ist  langsam  gegen  sie.    '   -  .  '     ■-■.- 

••  .    .   - 

Myrian  -  •  ...   ■  '  ,   '   ' 

•  ■  •         - 

*  4 

Welches  Gestirn  sah  deinen  Tod?  ! 

■War  es  der  Mond,  die  Sonne,  oder  die  Nacht; 
nit  Sternen,  ohne  Sterne? 


Vision: 

Man  hört  huschende   Schritte. 
eine   rohe   Manne rs  t iipjae  ;  ^ 


T?n 


in  Seufze n,    d ann 


Rohe  Manne rstinme:  ■       • 

Schön  bist  du,    meine    Freundin,     ■, 

wäre  ich  dein  Bräutigam, 

ich  wäre   eifersüchtig  .auf  den  .Tod 

doch   so   - 

» 

'  .         Wildes  Lachen.  Schrei 


■^mmmmm^^i^^^'' 


^^mmi^^m^mmmm^mmm^mirtir^'^^'mf—mmtmmi'm^ifimi^w^KamiH^mmmtmmtmmi 


-  u  - 


o 


Michael: 


Er  erhebt  sich,  er/^reift  ein  paar  schwere 
Manne  rs  chuhe : 

Isiciors  Schuhe,.  .  ■ 

des  Pfandleihers  Schuhe, 

schv/ere    Schuhe, 

Ein  Yv^urn  hängt  'an  der   Sohle, 

ein  zertretener  Wurm. 

Der-'Mond    scheint   v/eiter,  -  •  •" 

so   sah  er   deinen  Tod.         .  '  ' 


V- 


Vision: 
lan  hört  schwere  Schritte. 


Erste  Stinme :  »       * '  • 

Nicht  hängen, 


hab  in  einem  Kästchen,   ''-■   •  ";  .  _  / 
aus  Sandelholz  ist  das  Kästchen  - 

*  ■ 

war  der  Schnuckschrein  der  reichen,  dann 

•■        ... 

gute  Kundschaft  gewesen  -  ,   , 


Sari 


9 


Zweite  Stimme  :  *  • 

•Sprich,  was  ist^s  mit  dem  Kasten  ? 


Erste  Stinme: 

Ha.b  ihn  begraben,  hinter  der  .Buche, 

der  einzigen  Buche  zwischen  den  Tannen  - 

liegt  ein  Ringds^rin, 

hat  einen  Stein,  einen  Brasilianer, 

ein  blaues  Peuer  hat  der  Brasilianer  - 

das  ganze  Mittelmeer  ist  darin  - 

blau,  so  blau,  vienn   die  Sonne  spielt  - 


■MM«««^"** 


mm 


i[riw»li       IUI     I        !>.    III       H'i  I  ■»■"      "' 


IP        iwil— ——W—i W 


15 


!s 


rste  Stirame: 


ITein  •-.  in  den  Tasqhen  klappert  nichts,  leer  --. 
.^  Das  ist  der  Nachtwind,       . 

der  so  silbern  in  den  Blättern  klappert  -  ' 


Zv/eite   Stiniine: 

;.      "So   klappre 


mit  dem  iJachtwind,'   du  - 


r- 


O 


Michael:- .  .;•  Kinderschuhe, 


I- 


»   '■*■ 


nach   innen  Getreten/'-.'  /■ 

Larmwolle  haftet   daran  -  ■ 

■■•  •  '  ,'  ■  •'  •.  ■  ■  -  ■ 
Eli--     ■•  ■.. 


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'*'  "  '«-■'. 


.  » 


Der  zerreissenr-n  Ton  einer  Pfeife  ist  zu  hö: 


ron. 


Al» 


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Sprecher: 


V.   Bild'.  ,-.••■:•  ■.'    ■  ■■■••:  •     .'■•■  ,-   ;  ■  ■ 

In  einem  fast  zerfallenen  Gemäuer  sitzt  SAJ/TJSL,  der 
stumn  geworden  ist,  auf  einer  Bretterpritcche .  In  seiner. 
SchoiB  liegt  das  Sterbehemd  seines  Enkels  Eli. 
Eine  Kerze  flackert.  MICHAEL  tritt  ein. 


Michael:    Samuel, 


Toh   bitte  dich  mir  .finden  zu  helfen, 

Ich  suche  die  Hand, 

ich  suche 'die  Au.^7en,  .'  . 

ich  suche  den  Llund., 

ich  suche  das  Stück  Kaut,' , 


was 


ich   suche. 


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Michael: 


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'    •  •  4. 


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Sprecher: 


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j  0 


darin  die  Päulais  dieser  Erde  eingegangen  ist, 
ich  suche  Elis  Mörder! 

.        *        • 

Ich  suche  den  Staub,  .••' 

der  sich  seit  Kain  vermischt  hat 

mit  allem  Mörderst.aub  und  gev/artet,       '.' 

'  '  '  * 

Vielleicht  hat  er  Vögel  inzwischen  gebildet'-  ' 
und  dann  Mörder.,  ■  • 


•,''n- 


.** 


•  ••  '  ,1 


«  Z'^-*  -■ 


•l  -0 


Vielleicht  hat  er  die  Alraunäpfel  gebildet,'../ 

t 

für  die  Rachel -abtrat  eine  Nacht  der  Lea  --  '•' 


1 1 


Samuel,    lass   mich  deine    Stununheit   f raren:'    '•/'. 

.  A  »'  -  * 

•'       ■  «.    ^  •  ....  ,      .   -   «*   '         .         ,..♦►•..     ^  ;        .   . 

War  er  kleiner  als  .ich  und  >:^rö.sser  als  du?  -':• 


••  •  *  ■ 


/Sein  Haar,  v;a,r  es  blond?  -•:.';;."..  'v*'  .  '"  /.  ■  '. 
Seine  Augen,  schwarze,  blaue ,' graue'?  -  "•• 
0,  Samuel   .schluchzend  ■  •  ••     •    "  ■-  • 


•  't 


V/ieviel  Millionen  Menschen  hat  die  Erde? 


V  . 


•  t 


Mörder  wie  Kain.  ; 
Zerfallene  •Alraunäpfel, 
Nacht igallens taub. 


Statt  der  Antwort  reicht  SaIIUEL,  der  Sturze,  ihn  die 
Hirtenpfeife  seines  Enkels,  des  er3chla,';enen  ELI. 
MICHAEL  haucht  hinein  und  bei  diesen  Tönen  erscheint 
.auf  ELIS  Sterbehemd,  im  Schoss'des  Stummen,  ein   .  ' 


Männerkopf. 


'. '  \ 


Akustik;  Töne  der  Hirtenüfeife 


«  .  ■• 


'mmm' 


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-  17  - 


Micliael :  f^ieh,    o    sieh  - 


O 


die   Kerze   v/irft  den   Schatten  -  • 
oder  deine    Stunii-iheit  •  spricht': 

*   • 

Sehr  jung  noch,  '- 
die  Nase  ist  breit,-  • 

V  *  , 

ihre  Pliigel  zittern  "vor"  Wollust ,  ..     —  . 
die  Augen  haben  die  Pupillen  eines  Wolfes,*- 
der  Mund  ist  klein  wie  von  einem  Kind  -  .  **• 

So  werden  Gesichter  in.  Träunen  gemischt  - 
V/asser  aus  Unsichtbareiri' gegossen  -      *  '  ■ 


« f 


es. ist  fort,  aber 


es  brennt  •  in  .iiieinen  Augen 
bis  ich  ihn  finde.     '"  • 


wird  es  sich  voi^schieben  jedem  Ding  auf  dieser  Erde 
stehen  wird  es. in  der- Luft, 


esse" ich  mein  Brot 


9 


SO  esse  ich  diesen  Schreckensstaub, 

esse  ich  einen  Apfel,,  , 

so  esse  ich  sein  Gesicht  -   •  ' 

Samuel,  •  . 

deine  Sprache  ist  schon  da, 

wo  aller  Staub  zu  Ende  ist. 

<  •  '   .  ' 
Hinter  dem  Wort  ward  dieses  .^remischt! 


Akustik;  unrealistische  Gcinritte  Michaels  onlfemen  sich. 
Von  Ferne  die  Tone  dor  Pfeife. 


■•"■ 


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mf^m^^TK^ 


mm^r^mmmmm 


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,.,  ,* 


-  .18  - 


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VI.   B.l  1  d 


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Sprecher.:   Ein  neuer  Tag. 


Da'ist.  v/ieder  der  Marktplatz  nit  dem  plätschernden 
Brunnen.  An  seiner  völlig  zerstörten  Seite  geht  er. 

ins. freie. Feld  •über.  Auf  deci  sandigen  Ackorpfad  steht 

•  '•'-'■■.■■'.         ... 

'der  HAUSIERER  I.ENDEL  und  ruft  seinen  Kram  aus,    /'.  .  . 
umringt  von  ZUSCHAUERN.       ,       .'■  '  ■ 

.Akustik;  lo  Brunnen,   2o  Stimmen  der  Zuochauer. 


/, 


Mendel: 


•"^  •. 


o 


*  l 


Durch  einen  ausserordentlichen  Zufall 
,  bin  ich  in, der  Lage,  euch  anzubieten: 
Waschechten  Schürzenstoff,,  blumenbedruckt, 
öchxTiCtterlings  bedruckt,  '   •■ 

Strümpfe  aus  Wolle,  Strümpfe  aus  Seide,  schon  aus  Paris: 
-Dieses  Gummiband,  dehnbar  wie  Länder  und  Reiche 
und  v/ieder  zurückschnappend  - 
■direkt  aus'  Amerika«  .   ' 

Aus, England  Lavendel  für  den  Kopfschmerz 
und  Pfefferminz  des  schlechten  Magens  halber  - 


ber  dieses  Linnen  aus  Russland  - 


nicht  für  die  Toten  mehr, 

nicht  für  idie  Püsse  hingestreckt  zur  Tür 

für^s  Bräutchen  nun  und  auch  f ür ' s  Kind  ■ 


Eine  Frau  .  zu  ihrem.  Mann: 
'  ,"        Sieh  her,  . 


dies  war  ein  Pestagsstoff  für-m.ich, 
nun  wo  das  Neujahr  bald  beginnt. 


-  19  - 


Mann: 


Da  wohnen  wir  im  Armenhaus , 
nicht  Tisch' hast  du  noch  Stuhl, 
v/as'  soll -das  Zeu,:r?         .  '■ 


f 


Frau: 


./•'.;■ 


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''■'  Mann: 


'  •'.'•.  •  f 


*  •  • 

>  >  •, 


Frau: 


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Mann : 


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o 


Sieh  doch,  •  •  .  ' 

die. kleine  Sterntalorin, 

■•  ■      ■  •■ 

.  •  »»'1     ,  , 

sie  hat  den  besseren  Mann, 


t .  • 


er  kaufte    iiardas    schöne   Hals  tucli 


'i 


schon. 


,  • 


yio   du  stehst,  rann  Blut  - 
■  ■   '    ■  •  •.    *•  «•  .  ■  .     .  . 


.  V 


•.  * 


.  » 


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■*•.. 


*   » 


Wir  sind  /gerettet'  '• 


,  •; 


%    ■ 


■V  .  V 


*.•.  1" 


». 


und,sollen  uns  der' Rettung . freun. 


.  J 


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',**: 


zum  Hausierer 


,' ' 


f  nn- 


%' 


-w 


Du  verdirbst  die  V/eiber  aufs   Heue,     y  ■  .■; ' 

Die' Putzsucht  •■■.''.•.'  ■'  ""  ' 

legt  den  Trauerflor  zierlich  in  Falten  noch. 


,.y 


Mendel: 


Ich  hab'  kein  V/eib,    •  -■"■•  "     " 

■ 

doch  hät|;  ich  eins,  würd  ich  mit  Salor.io  es  halten: 
Lobt  er  die  tugendhafte  Frau,'' 
lobt  er  auch  ihr  Gewand  dazu- 


Mann : 


Miss  es  schon  ab,  das  Zeug! 


Ein  Scherenschleifer:  * 

Scheren  'zu  schleifen. 


iVi 


osser  zu   schleifen, . 


Siehe 
1             ■  • 

In 

für 

die 

neue 

Saat 

t 

*  *  •         '  * 

»                                  •  • 

i 

•    1 

. 

• 

• 

20 


Eine  Frau:   Port  soll  er  gehn. 

•Y/enn.er  schleifen  will, 
soll  er  abseits  schleifen 

-  j 

\'   wer  kann. noch  anhören 
..  ,    /     der  Messer  Geschleife  -  . 


o 


f 


Scherenschleifers  ■        '    ' 

■     •■/.•""'  V/illst   du  v/ieder   essen, 

»-  .  '  -  -      ' 

;.'  ;      '  ;  •■;"•  brauchst  du  ein  Messer  - 

.;•...  ;  ■  '" .  •  willst  du  wieder  ernten, 

'  .*...,■•   •  '•    ■■  ^s  ^         "  '        ■      ■ 

..  ■-       ■.'./'   Drauchst   du   ein  Llesser  -• 


.1- 


■  \ 


'f-  ..  .» 


•  < 


v/illst   du  dich  bekleiden, 
.brauchst   du   zwei   L!esser. 


i » 


.^. 


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' ».  1 


•* ,  •  '• 


•     •  •  ♦•       •  i* 


•»  -  .'  » 


scnleif t. 


•      4  ^ 


^^ 


^  . 


,    .-..^ 


Frau: 


0  'diese    Gleichgültigkeit    !  .     ••••':■*■    ■'    ,  .  -^ 

;:     •■••  :••     .  .     •■  ■•    •-.••  ■  ^     -•:^  •-.-;■•••. -• 

..Verstehst   du  nicht,    dass   dein   Geschleif 
das   Herz   der  V/elt   in  S'tücke   schneidet? 


*•. 


■.    •     ■  *, 


-•     ^ 


O 


*••;:  • 


Scherenschleifer:  '    •*  ' 

,      •     Ich   hasse   Nieraanden, 

'  will  Niemanden  kränken  - 

•      .        .  .         .      ■■  • . 

•  .  •,  .       schleife  ich,'  so  .ist  *  S' mein  Gewerb  - 


Fra.u : 


\ 


S'ist  sein  Gev;erb,  . 

v/ie   meines  V/einen  ist  -  ; 

und   das   des   Andern  Sterben! 


' Die  Eine 


Zwei  halbwüchsige  Mädchen 
zum  Hausierer:      '  •  * 


rohen  vorüber 


wmr^m''^m'imm^*^^i^^^m^mii^mmmmßmi^fmm'^'^mtmm^^^m»9^^^''''^i^ 


^mrt^mmmmm 


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i.  '\\' 


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-   21    - 


Eine   La.je    Woll,c:arn  will   ich  kaufen.  ■    Zur   Gefährtin: 
Lass   legen  mich  die   Lage    un  die  rlandgelonke    dir. 

•  .  ■  ' 

y/ickle    ich  und   du  hältst  -still, 

so  ist*s  wie  Abschiednehmen. 

Hielt  man  mich  am  Handgelenke  fest 

und  nahm  die  Mut t er  fort  -        '•..•■ 


und  der  Abschied  ging  von  ihr  zu  mxir  - 

.'-■.-'*•  • 

'  "       ■■'•-. 

von  mir  zu  ihr,'   'v''     •,  •   -v 
bis  er  zu  ^nde  war  -^ 


. « 

1 


gehen  weiter.' 


\  .• 


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*.  . 


,  ■.■  Akustik;  unter  clon  letzten  ^»orton  der  beiden  Mädchen 
■•.  TANZWEISE.   dazu  stampfende  Tanz s ehr itTi~ 


Der  Bucklige: 


/  . 


Welche   Sehnsucht   im.   acbein  -  •;^.    .  '        .    • 

'der  alte  Adam  gärt   in  Ton,"  ,  '    ... 

.  .     •  ;  •       .      '    ,        ■  • ■    •     •  •  •   .   ' 

.-  '.  -         .  •  I  '  ■   • 

der  neue  LIensch  hat  seine  erste  Ripoc  schon  - 


I  < 


Akustik;  Tanzweise  und  Tanzschritte  brechen  plötzlich 


O 


Mädchen: 


Es  zuckt  unter  meinemi  Puss. 

■Die  Flur  der  Sehnsucht  muss  hier  zuende  sein. 

/'    '  '  ■  .  • 

Da,  meine  Stöcke, 

das  sind  alle  meine  Wege^ 


Sprecher:   Ein  blindes  MÄDCHEN  ist  unter  die  Tanzenden  getreten. 

In  den  Händen  hielt  sie  Stöcke  und  Reiser.  Sic-  hat  sie 
■  zerbrochen  und  von  sich  geworfen. 


Mädchen;    Immer,  wenn  meine  ?üsse  eine  neue  Wunde  bekamen, 

war  ein  Weg  zu  Ende, 
wie  eine  Uhr, .die  schlägt. 


■^^':p*^  ■ 


PWP*""^^"— «^i 


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■ 


Madchen:   '.  Ich  wollte  noinen  Geliebten  noch  einmal  sehn. 


►  •-      » 


a'ber  da  nähme n  sie  mir  neine  Aur^en  -/.;"'' , 

von  da  ab  zahlte  ich  Mitternacht. 

Nun  bin  ich  aur  noch. eine  Träne  von  meinen  Geliebten 

entfeirnt,  • ;     '  -^    ,  ■  ■.   '  ^- 

und  die  letzte'  Wunde  ist  in  meinen  Puss  aufgebrochen  - 


*'  » 


Kinder: 


sin;-:end  ■ 


*  :'\ 


».  i 


t'r  •• 


t 

■  I 


.A 


0 


.'•V/ir  haben  Stöcke   bekorjiien, 


.> 


--fi 


*■  »•. 


•••» 


•-« .    * 


.Wege   bekoiniien, 


»., 


V-  '  -  s 


•   i 


-   ♦ 


Gerippe  •bekoitinen, 


•  ■-..    s. 


ei 


ei 


ei  - 


« 


-  • 


_  »  . 


■   1  • 


*\: 


*  V 


*«  \ 


r^- 


\  K 


;VDer  Bucklige: 


.1-  ';••■ 


'  >    •  «  . 


Sie. hat  ja  nur  die  Gerippe  ihrer  Wege  mit 'Vlracht- 
das  Fleisch  ist  von  der  Sehnsucht '  fortgezehrt  -  •'  : 
sie,  wollte  ihren  Geliebten  noch  einrrial  sehn  - 


>  • 


aber  der  'Teufel 


scheut  den  Spiegel  der  Liebe  in  einem  Mcnschenblick 


.  1 


und  zerbrach  ihn  - 


■■■■«. 


1. 


Ikustilc;    Tanzweiso   und   Tansschri.tte  wieder   einsetzend 
und  v/ährend   des   Pol^^enden   in  die   Perne   rückend 

-IT. . I   II  ti  I     -   — ■' ■    .   -  -  II      — »  ■ ■ 


■.  V 


Der  Bucklige :  •  ^    .   . 

Tanzt  nicht  so  schwer^ 


nicht  an  die  ^/ände  des  Schlafes  pochen, 
könnt'  euch  überschv/eiurüen, 
zuviel  junge  Herzen  darin  -  • 
wird  Liebesstaub  {jeben  - 

w  *  ( 

•    '   '. 

v;er  v/eisb  wie    das  Korn  schmecken  v/ird   - 


wer  weiss? 


23 


o 


Eine  JUN-GE  FRAU  mit  KIND  auf  dem  Arn   zu  den  EüCKLIGSN. 


Junge  Prau:  Buckliger!  Starre  doch  mein  Kind  nicht  so  an! 

'  '   •  •  . ' 

»  .  •  ■  '■ 

•.,  •  \  .  .  .      • 

''  •        Gott  behüte  es  vor  dem  bösen  Blick  -', 


Der  Bucklige : 

,  '  .    Behüte,  dass  ich.  es  mit  meinem  Blick  versen^^rte 

•       Wundern  tu  ich  mich  nur.'  •   .  - 

■  ."*•  -^  wie  du  es  hast  gebären  können    •  .   '  '   .. 

in  dieser  Zeit  -  ' '.•  '  '  «  '  •        '  '; 


.  '  v 


,  •  •  * 


Junge  Prau:  Im  Erdloch  hab  *  ichs  geboren, 

-  t  *  •  *    * 

.Im  Erdloch  gesäugt-      ,;' 

\    •  '  •.  • 

Tod  nahm  seinen  Vater,  . V"  .' 

mich  nahm,  er  nicht, 

■     '      .    ^    -.     .     . 

;  _  ■  sah  die  Milch  in  meiner  Brust 
und  nahm  mich  nicht. 


■I  .  I  *  / 


\. 


<  ■ 


X 


Der  Bucklige:       .  '  " 

wiederholend: 


Und  nahm  dich  nicht  - 


•Junge  Prau:  Verzeih,  wenn  ich  dich  kränkte. 

Aber  Gott  behüte, 
dachte  erst,    .•   ' 
du  seist-  ein  lebend  Stück 
vom  Unglück  Israels. 


Der  Bucklige:  auf  seinen  Buckel  zei/^end 

•  ( 

/  • 

•  Du  sahst  auf  meinen  Buckel, 
.  '.     glaubtest  or  sei  der  Ranzen, 

•  .... 

s  .      '       ■  ■  . 

■   -darin  der. Bock  das  Unglück  seines  Volkes  trä^t. 


« 


t  '  ^ 


24 


Jun.'TG   Prciu:   Es    üclieint  ruir. 


dass' hundert  Jahi- .oder  räOiir   vor:'::m^Qri  sei 


seit   iclx   im  Erdloch   oass   -  :, . 

ich  Izzinn  das  Licht  nicht'  Dohr  YOTtraron  - 

f  .  . 

ich  blinzle  nur  -  -      "      ' 

•         < 

Dies  scheinen  keine  Llenschen  mir, 
ErdhÜ5.:el    53eh  ich   tanzen  -  .  •'''.■ 

die   I^i'acht   vorwahrt  keine   Najiien.  *       ' 


Der  Buckli^;e:  '  *•     •"         ""  ^-  '"  ''■■'/"''  '    \.  • 

-  .  •  Die    Tänzer  werf  eh  lange    Schatten.  '*^' •- 

■ ;  ■"  Es  ist   schon  späte  Zoit   in  Israel!    '••, 


■•■'/  ' 


y 


'  /  ,  ■ 


»  » 


M. 


Jurc'e  Prau:   Die  Abonddonne   blGrxdet   ihre   Leiher  fort. 

\yas   bellt,    was    singt,  '   "   •-  '^^    ;  • 

4 

;    ■  •  ;  '    vergass  ich  län^^st  -  ^  /".':^:^' 


\t  '■  •• 


.  1  • . 


o 


Der   Buckli£;e : 

Ja,    Gpäte    Zeit-  - 


Michael: 


«1»     I 


und   da  konnit  Michael,    der  Letzte. 


v/andernd  '      ,  ^ 

Wieviele  Millionen  Menschen  hat  die  Erde? 
Mörder  wie  Kain, 

die  .den  Tod  an  zehn  ?inr;erspitsen  trafen? 


Esse   ich  iiiein  Brot   ,  .      •  -    < 

so  esse  ich  diesen- Schrockensstauh, 
esse  ich  einen  Apfel,      .  ' 

* 

so  esse   i'ch  scin'Gesicht  - 


mmm-^mi^m 


•  •  •,'    • 


VT  7 


vIj..    3,  i'l   d 


•Sprecher:      Im  ilint orgrund  des  Markt platses   führt 


,-i 


Cil 


ie 


verstörte    ( 


Q   ins   oiicne   Feld.    Das  3c th 


lau  s  1  i  c  wt  in 


/ 


TrüL^jnern,  so  wurde  hier 


ein  Bctzelt  errichtet 


V 


ütorlebende  •  ÜITGLIEBEHLEH  GSÄffiliroE,    darunt 


er  der  DA  JA] 


der  alte   G-cictlicli 


0 ,   IcoL:::ie 


V! 


n    • 


1  QIC    Grasse   herunter  und    ver-- 


sa^niaelri  siel: 


1   beim  .Bot seit   2un  IT 


ujaiirsr;ottesdicnst 


Q 


»;• 


»A' 


»  » 


•;-•  ; 


.  •  ■    » . 


.  •      • 


Akustik:    ^^tir^ren  dor'Uhisteh 


enden  und  VorbeiArcl: 


üuden 


•  <  • 


»     •• 


Erster  Beter 


« 


»V 


f  •» 


*  ^». 


-  ♦. 


«» 


I  % 


Hier  ist  -die  Gtcli" 


I  • 


' ;  » 


\  1 


.wo  man.  den  Bäcker  Sisik'  mit  de: 


n  schlürfenden  Schritt 


t-  »   0 


yiQßon  einer  Zuckerhrosel  erschl 


Iren   hat 


\ 


•  .-> 


va: 


ein  Ladenschild  eine  eiserne  Brczej 


± 


hatten  sich  die- 'Kinderbl 


icke 


I  ♦• 


Q 


die 


be 


hnsuchtsblicke  an  sie '  gehangen 


•  >» 


>♦•: 


H   '    »   ^. 


»V.  assen  sich  satt 
■■•  Fiel  Eines  hin,'' 


üaran 


f  ••  ' 


hatte  genug  gegessen 


*!■      • 


Dachte  der  Eisik 


1 1 


.V  %' 


ich'hacke  eine  Zuckerfcrezel 


♦  ; 


'd  ann  .  n  0  c  h  eine'  un 


d  wieder  so 


dasssie  sich  nicht  zu  Tq 


e  essen 


•^-; 


mit  den  Aug.en  '  an  der  Eisenbrezel 


Hat  eine  gebacken,  keine 


lue  hr 


Hat   die   Eis enb 


V» 


o  o- 


O.    C/U 


el  gestrahlt 


wie  in>  Backofenfeuer 


bis 


sie  ein  Kriojsnann^ herunternahm 


einschmolz  für  den  nächsten • Tod 


'^m 


*i>»^^  tm94^  *w 


Ein  Mann     "  ,?:elit  vorljoi 


N 


O 


o 


V 


Dort,    \70    du  deine   Kinder  go trafen  hast   - 
ich  glaube,    sieben  waren  v/ir  an  der  Zahl   - 
dort   ir;t   dein  Leib   ein^/:esunkcn   zur   G-rabhöhle   -- 
trauernd   hänfnen  die  "veraasen  Brüste   darüber. 


?T 


TT,  ^  -i_  i 


i.ioine   i.iu  0  ucr 


•   '.  dein  Llürdor  hat  dir   diesen  Spie^rel  vor^^ehalten  , 

damit   du   ein  kurzweilig  Sterben  haben  solltest   - 

4 
f 

Mutter,  du  hast,  dich  an^^esehn,         .      .  '   • 

bis  dir  die  Kinnlade  herunterfiel  -,  ■     ■••   '* 

■     .  ••  ■  .  "'  -  .   *• 

aber  der   grosse  :]n:;el  hat   seinorx   Schatten  darüber   gelegt! 
•  DurcJi  den  Stäche Idraht   der   Zeit 

.  kaii:   er  su  dir  .i-^ceilt,  '         '' 

'rüit   den  klügeln  zerrissen  -;  .'  ■  - 

donn  Stahl  und  Eisen  sind   ins   V/uchern  gekonimon,    rlutter  - 

•  •  ,  *  . 

.,  '     .  haben  Urv/alder  in  den  Lüften  gebildet  -        "     '.  ■ 

Mcrdergehirne    sind  ins   Wuchern  gekommen  -, 
.    Lianen  der   erklügelten  Qual  sind   aus   ihnen  aus '-eschlaren 

•      •  •  . 

Spiegel,  Spiegel, 
•   du  Echo  aus  dem'\7alde  der  Toten  -, 
Opfer  und  Henker, 
.  •   ■      Opfer  undHenlicr  '    '  .     •'  '   ■ 

}  ^ 

.     spielten  mit  ihrem  Atem  ^terbespiel   auf  dir  -. 
.     Muti;er,     .  •        "    '       '    ^  .       ■ 

OS  wird   ein  Sternbild   einirial  Snie-ol  licissen! 
'       "    Geht  fort.     .■'■,'■•■.  .  •     '      . 

Zweiter  Beter:   "  '  . 

Sagt   er  noch,imi:ier  Kaddisch  in  den  Spiegel   hinein? 


mmmmm^tmmtmmmmmß^mm» 


■•"«•■■«•• 


■WBi— »*— "1         ■■■  ■ 


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1 

• 

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• 

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■• 

.•  -   27   - 

f 

Erster  3e 

tcr:  • 

» 

■» 

• 

• 

J?... 

Er  rcdot   in 

To'bengobeten.  . 

' 

1 

-  ■ 

• 

• , 

i 

i  •  V 


Dajan: 


o 


o 


\\ 


Hoili'rer  Ba^lscliem,-  ..  -..,. 

du  letzter  Garben  träger  von  Israels  Kre.ft, 


G 


chwäelior  v/ird  dein  Volk  und   schwächer, 


ein  ocliwiininer,  • 

•  •    ■  •       •■>'■'.•     ;■■■  *■    •'./' 
den  nur  noch  der  Tod  an  Land  bringt'.  -.^ 


•k  . 


.\1 


^'■*  . 


'•  • 


.\    . 


.X. 


.^  ■   «  > 


.1 


.  •  ... 

Aber  ich  sage  euch:  ^Z:  ..  •.     .......  ^  'v  ',.  .  '  .   •,  .  -; 

Msmcher  unter  euch  hat  den  ziehenden  Glauben  geha'^cft 


s. 


•  .  ' 


!•♦• 


hat  hinter  den  Vorhang  der  Nacht  ';*; 


die  grossen  Beruhigungen  '^Leoen  una  ±oa 


u 


heruntorgezwungen!  ;    ;•■■.■...•;'.:/ 

Nicht,  nur  nit  V/afien  wurde   gekämpft, 


7 


ich  sa-re   eiich: 


'  r 


*  <  •■ 


f   V 


Kainpfplätze'gibt  es  -  Kampf  platze , 
von  denen  die  Erfinder  des  Tagmordes 
sich  nichts  träunien  lassen. 
Manches  Gebet 


\. . 


u 


} 

>      • 


hing  nit  'den  flammenden  Flügeln  vor  der  Mündung  der 

Kanone,  .  ..'  .  •         '.'       '  .  *''' 

.•  ■■      ■  •        '    ■ 

manches    Gebet         "'    • 


hat   die   i^Iacht  verbrannt  v/ie    ein  Blatt   Pa 


pier ! 


Sonne, 'Mond  und  Steine  hat  loraols  Gebet  aufgereiht 
an  den 'ziehenden  Schnüren  des  Glaubens  -, 
'Diamanten  und  Karfunkelsteine 
un  den  sterbenden  Hals  seines  Volkes 


0  ! 


0  1 


i 


I 


•  I 


•-•••«•^l»*! 


Pf«av«ii^K-««n 


Schimon: 


A:nan : 


Mendel 


f* 


X 


N 


2Ü 


Sie  sa.'^en: 


u.^.  neiner  schlenkrigon  Gchultern  willen 


hassen  sie  mich 


Sie    sagen: 


Un 


.eines      iin^T^erwähr enden  Lächelns  v/illen 


hassen  sie   mich  - 


m        1 


s 


"!  P     cj  D  rr 


ge  n 


uiTx  dieses   Steinhaufens  y/illen 


der 


eirLiiial  mein  Haus  war 


■•  •  •, ' 


:r,t 


hassen  sie  mich  - 


/ 


r  i 


■j 


> ' 


O 


Der  Bucklige 


Wenn  ich,  Bettler,   '•  /;   .   .  "'",  ' 

den  Hut  mit  dsr ,  Vo.-^Glfedor  undrehe, 

so  ist's  ein  C-rab' für  das  Geld, 

setze  ich  ihn  auf,  •.   •    '  * 

so  ist  *  s  etv/as, 

was  iriit  Pliescn  zu  tun  hat.  ;   •  •  .  > 

überhaupt  Lleichtun  bei  einerx  Juden: 

Ein  Eiskeller  un  eine  gefrorene  Träne  !  - 


V  , 


\ 


Da Jan: 


Ich  sehe ,      •  • 

sehe   den  Anfauj^'  deiner  schlenkrigen  Schultern,    Schimon  - 

4 

als  du  grubst  mit  Abraham  den  Brunnen  der  "Dieben  Sohw-urc 
in  Ber  Schaba  ~  '   ■  • 

*  « 

Ich  sehe, 

'  '  '      » 

ich  sehe  den  Anfang  deines  Lächelns,  Arnan  - 
an  Horeb  eingepflanzt  dön  siebzig  Alten," 


!! 


*«wa«»a 


"•"■•»»••'•■i^"»- 


■^P^"t««W»l 


•^w^itme^)^ 


29 


Dajan: 


dass  es  keint,    :•   '  ;  ' 

keimt  aj^i  wandernden  Staub  der  Lippe  -.  '   ■ 

S.teine  sind  Stoine  -.■..•".'■       . 

.  Erde  vou.  Paradies- darin,  aber  in  Gierigkeit  uin^^ebracht .- 

Sie  aber  v/issen  den  Anfang  nicht, 
'•den  'ewigen  Anfang  nicht  ~,  ,  .  V 

und  daruin  hassen  sie  uns  -•       ■   .-  .  •      '  /•'    •• '  • 


',•  -I 


.*» 


#S.* 


Ö 


Alle  Umstehenden:  '  ■'':.'  '  ;  :• 

•'"  '•...'  ..  .Daruin  hassen,  sie- uns  , -. 


^ 


Da Jan: 


•■  *  •< 
t  »■ 


■  > 


aufschreiend:  >,  ;•.' 
'  '  -  "'  ^  .  ■   •'   .  '.  -. 
Eli  un  dich  -,  '  '  , 


/  ', 


deinen  Anfan^^  v/issend  - 


•      kl     ■  ii  . . 

tri  eilt 


21JO.-VV, 


.  O    C-Ci.1^ 


r*  p.  •v'^ 


. » 


» 1 


K 


•i  .> 


IV- 

»' 


VIII.      B   1   1   d 


o 


Sprecher:   Im  Betzelt  geht  der  Gottesdienst  zuonde'.  .Der  Schatten 
.  .  •  .   .   des  siebenarmigen  Leuchteis  zeichnet  sich  auf  der 

■  Zeltv/and  ab.  Der' 1UB3INER  sagt  die  Schofar-^^eisen  ' 

•  -  1^ 

an.  .  •'    ■  ..'  »■■■■■' 


Akustik:  übe 


■v^ 


'•1  '>  >Y1 


Stirone  des  Rabbiners . 


Gcbetmurmcln  im  Zelt  erhebt  sich  die 


Stimme  des  Rabbiners:        '    . 

^eki&    man  hört  einen  'lan^>-en,  eintöni.<ren  laut. 

Stimme:    Schevvarim   drei  aufeinanderfolgende  L.ontP. 


Stimne : 


Terud 


Trillerlaute . 


1  » . 


30 


1 


Da  3  an : 


o 


Aber' ich  sa.^e  euch:    -^  . 

mancher  von   euch "hat  den  ziehenden  Glauben 

hat  hinter  dem  -Vorliang  der  Nacht 

die  .'^rossen  Eeruhifrun^^en  "Leben  und  Tod"  - 


"""  ,ri  Vi  '~\  l  "\  "1"  ' 


o  ^*-^o 


heruntergezvvungen!    • 

Nicht   nur  mit   V/"affen  wurde  gekänpft, 

» ■ 

ich  sage    euch:  ■   ''■'' 

Kampfplätze  gibt  es  -  .Kampfplätze, 

von  denen  die  Erfinder  des  Tagmordes 

sich  nichts    träiimen  lassen.  .'      ',  .• 

•     '  '  •       •  "  ■    •  .  ..."■' 

Manches    Gebet  ,..'•' 

♦•- 

-       .      >  *  »  '      .  .. 

^        •.   .   -  ' 

hing  mit  den  flanmienden  Flügeln  vor  der  Mündung  der 

Kanone,  '      .  ^  .  /  •  '  . 

* 
manches  Gebet 

hat  die  Nacht  verbrannt  v/ie  ein  Blatt  Papier! 


^onne, "Mond  und  Sterne  hat  Israels  Gebet 


.(•-• 


aui gereiht 


an  den  ziehenden  Schnürcn^des  Glaubens  -, 
Diamanten  und  Karfunkelsteine 

4 

\ 

um  den  sterbenden  Hals  seines  Volkes 


0  ! 


0  ! 


Eine  Stimme :  "  . 

Ist  dies  da  Michael? 


Zweite  Stimjne: 

.  Nein  -  siehst  'du  nicht, 

,  •       ■  '  .    • .  »    ■ 

v/ie's  in  der  dunklen  Ecke  flammt  - 

'ein  Cherub  ist*s  aus  Tod  und  Eeuer  - 

* 

Die  Beter  verlassen  das" Zelt 


/  .  t 


-    31    - 


Einige   Beter :• 


u- 


uteG   T.Teujalir! 

•  "      ■     ^  ■ 

ITößQ   der  Auo-enblick 


rr 


u  Ende  sein  ! 


'St. 


da  Er  uns'  yerlasoen. 


o 


rster  Betör 


Die  Luft  i 


st    1 


neu  '- 


fort  ißt  der  Brand 


c-» 


eruch'  - 


'  ^  I 


.  / 


fort- 


ist der  Blutf\'erucli  - 


•i  >: 


t  • 


fort,  ist  der 'Quälgeruch  - 
die  Luft  ist  neu!  ■   '.,  i-- 


» ,    ': 


«    .'      r 


^     ./ 


o  •      » 


,    ♦. 


V» 


'  •  \ 


Zv/eiter  Beter 


/• 


o 


In  noinesi  Ohr  ist 


*•  ■«  ► 


ein   Geräusch 


.Is  ob   jeiTxand   dab 


I-  ' 


m    •  k 


ei  y/äre 


de 


C'4- 


n  üt 


den  Stf^ohel 


,chcl  aus    der  Wunde   zu  zioiin  -  '  v'' ■  ■''. 

•  •  ■ 

,    der  in  der  I/litto   der  Erde   steckt  - 


\ , 


Jemand  niant  die  beid 
wie  einen  Apfel  -. 


en  Hälften  der  Erde 


.-■./^  -5 


e   ausemandei 


die  beiden  Hälften  von  Heute  und   Gestern  -, 
nimrrtden  Wurin  heraus-' 


•    * 


und  fü-t  das   Gehäuse  wieder  zusaimnen    ! 


Pio   Beter   schreiten   iihP-r  den' Plat 


xaxz. 


Hinzutretende:       .   • 

linloortc  Israel  seine  Seele  zum  Sterben 


Andere:    Das  Hoinholorhorn  hat  geblasen. 

Es  vorgass  uns  nicht!     .  ■ 

'  ■  '       ^'''^^   beide  Handflächen  einrerraben 
.  .    ■    hat  5r  sein  Volk!  '• 


- «  •' 


52  - 


j 


Sprecher: 


ALLE   sinJ  fortgCj^'ia.ngen,  der  Marktplo.tz  ist  leor. 

EINS  ALTE  Y?j^J3     konnr.t  urxd  setzt  sich  auf  den  Brunnenrand 


0 


0 


Alte   Prr.u:    Korruiit    er  noch   nicht,    der  Rabbi   -, 

.inLner"  noch' nicht    der.  Rabbi  -. 


1 1 


a  k Girant  der  Rabbi! 


Steht  auf  und  _>A_eht  ihn  ent/i-c^bn;  weinend ; 
Kab  ich  einen. Kuchen  gebacken, 
draussen  im  Ofen  auf  der  Weida  -, 
haben  die  anderen  Frauen  gescagt: 
schön  iot  deii>  Kuchen,     .'  '  '  '.  • 
dein  Feierta;.;;skuchen!'  Kab  ich  gesart: 
ist  für  den  Rabbi,  der  Kuchen. 
Hab  drei  Mass  Mehl  genommen, 

v/ie  die  Sari  tat,  als  sie  buk  für  die  Engel, 

»■..*., 

die  Engel,    •"'■.•.,' 

.  ■      .  * 
die    zujU  Abraham  kaiTien  am  Abend"-     "'•■' 


Rabbi: 


In  der  Schrift  steht  nichts,  dass  sie  am*  Abend  kamen  - 


Alte  Prau:  Immer  kommen ^ die " Enge L 'am  Abend, 

Und  das  V/asser  am  Quell 


Rabbi: 


hat  einen  Mund,  der  spricht. 


'^'arum  v/einst  *du  Mütterchen? 


Alte  Prau:  Soll  icli -nicht  v.^einen?. 

Haben  die  x4atten  gesessen  den  Kuchen, 
den  Kuchen  für  den  Rabbi! 


Rabbi : 


UeuGS   iv5el:l  v/ird  man  dir  .^rüben,' 
und  wir   es oon  zuscurJüGii  den  Kuchen 


■j'j 


t , 


Alte   Frau: 


Kann  nicht   r:ehr  backen, 
kann  nicht  iriOhr   essen. 
Kann  nur  noch  weinen».- 


Weint   heftiger. 


Rabbi: 


_.  ;  V/ohnst-  du  im  Haus   bei    den  Alten, 
■    Mütterchen?.         . ' ' • 


I        I 


I  . 


Alte    Frau:    Im  dritten  Keller  v/ohne   ich, 

am  Marktplatz. 


'  .■ . 


■ » ■ ' 


.  't.  .  ..  ■  . 
• » 


f<  • 


0 


Rabbi: 


Warur.i  wohnst   du  nicht  bei   den  Alten  ? 


*  I     t  ' 


Alte  Frau:  Weil  ich  v;ohnen  muss , 

dort,  wo  ich  wohne. 


*         4    * 


:» 


'Ist  der  Jehudi  dort  geboren,  \- 

•  .  ...       .  .  '  ,   \        .  *  ., 

der  Natel  dort  ,Q:eboren,  "•"•'  .  -'    ^'' 

das  Taubel  dort  .q;eboren  -••' 

ist  noch  ihr  Schrei  darin,   ■'  • '.  ' 

von  dem  Taubel  der  T,anz  darin  -  "   .  '  • 

der  Michael  hat  rair  ein  Paar  Schuhe  geschenkt, 

weil  in  die  alten  die  Grab erde  hineinging, 

vom  Jehudi  die  Erde,'- 


•    •• 


vom  Taubel  die  Erde,  • 

vom  Natel   die  Erde". 

Sind  Schul vom  Rabbi  Sassbw, 

•      •  •    . 

sind  Zaddik-Schuhe,   " 

Heil  schuhe  ,  .heilifje  Tanzschuhe . 
Ist  vor.  Tc.ubol  der  Tanz  darinnen« 

I 

Seht!  .  be.rännt  zu  'tanzen.    •   '■ 


"'■II  Ü    I    I  »W  I 


i 


34  - 


IX.      E  i   1  d 


Sprecher:      Im  ileuen  Jahr -wird  ein  neuer  Anfang  ^eiaacht.   Die   neue 


Stadt  wird  auf, -c baut.    HAl'JDV/iilRKER '  gehen  über  den  verfallen 
Karktplatz.'Der  DAJAN,    der  ALTE,    und   der  bucklige   BETTLER 

spreclien   zu   ihnen.-    •    •■■''''•''  ' 

.  •>  ,  ,  .  ' 

■ ..    .       '\  ..  .    ^  .  •■  .       •   . 

•  •  •  ■  ,  .  • 

.    •  .  .  .  .  •  '  r 

Unrealistische  Akustik;    Schritte   und  Arbeit-;  1  arm ,    S •■••  --e n . 
Harnnorn,    später    Gesan^c:;    Lied:    Wir   bauehTTir~öiFenr.Tr;: 

*^'^^'^*'^***^**  '   '  ■■■■— ^— — ^''*^— III    *  ^n  ai—  ■   .    ■     I  ^-^-^     

1  '      •   ■   » 


0 


4. 


■  \ 


•  .V'v 


Der  Bucklige:    '••  •  ■  -r'  .,;/'^'' 

Das  ist  eine  Tür?.  '•  ' '- 


!   ' 


0 


7 


'•?.' 


■M»; 


,  ,  •  * 

Eine  Tur  ist  -ein  Messer  ••''••■■••'•.•■•'•'•  • 

■  %  ■  .  .>   .      .•,...  ... 

und  teilt  die  V/elt  in  zwei  .Teile. 
Stehe  'ich  davor  und  klopfe  an,  ''. 


•-  V 

« '  •     ■  -  • , 


A    •*. 


»    ••    .  « 


* 


V/eil  icn  ein  Bettler  bin'j^  •';>/ 

ff.  •   •        •       ■•    .    - 

.so  wird  mir  vielleicht  auf/retan  .  .■  •  :v  '  •   '  /'   "  ■'•'  .  .■ 
und  der  Geruch  .von*  Gebratenem   "'  •"*•  V  '        •  ■ 
und  der  Geruch  von  eingeweichter  Wäsche  'strömt  heraus. 
Es  ist-  der  Geruch  der- menschlichen  Wolmunren.    •.  .■.'•'. 
Hat  man  eine  feine  Bettlornase,  '   "  '"•  ' 

kann  man  aucH' Tränen' ,  "  ; '   '  '  '      .     '  '   .  •  '  .• 

'  •  -  * 

oder,  eingebautes  Glück,  riechen.  •,. 

Die  Prau  aber  sagt:  •   ,  ' 


"Nein,,  es/ist  zu  früh  am  T 


age" 


und  "nein"  .sa,ft  die  sich  schliessende  Tür. 
■   An  der  zweiten  Tür  kororie  ich  zu  spät, 
•  gerade  habe,  ich  noch  einen  Blick 
.  .   in  ein  aufgetanes  Bett  erwiocht, 
und  die  Tür  schliesst  sich,. 
.'  traurig  wie  ein  Abend ser^-en. 


'  #yWlfci<^t>i    I  II  ■■ 


W^^m^t^^^m^^^g^^ 


«^■■■'  ■      r  •• 


35 


Der  Buckli.^e : 


ZiiminGriiiann,'  hängü   keine   Türen 

CS    sind   die    Messer, 

die    die  V/olt    zersclineiden. 


cm 


> 


0 


Zirj:ier::iann: 


¥ 


vlann,    niimr^d einen  Verstand    zusaininen, 
Türen  sind   für   die   Kälte  und   für   die  Diebe. 
Und    da  die   Kälte    aueh   ein  Dieb   ist, 
SO    ist    es   richtig,    v/ie  es    ist. 


V 


Bettler:  ,  Hier  ist  IsraeT,  Tür  der  V/elt, 
:      Tür  der  Welt  öffne  dich! 


ZirrjTiermann: 


Die  ist  gut  ,:^ebaut, 
die  rührt  sich  nicht, 


ber  dahinter. 


dahinter  reisen  die  Schwalben. 


O 


Schar  junger  Maurer: 

Lied 


Wir  bauen,  v;ir  bauen 

die  neue  Stadt,  die  neue  Stadt, 

die  neue  Stadt !   '    '  .'  '  • 

Y/ir  brennen,  wir  brennen 

die  Zie/^'cl  der  neuen  Stadt!  • 


Dajan: 


•Und  Abraham  hub  seine  Hütte  auf, 

.wieder  und  wieder,  '   .  ■  ," 

und  setzte  sie  in  die  Richtung  zu  I  h  ::i. 


»^•mtmm^'^mmmmm 


0 


Erster 


urer : 


Moses  hat  gebrannt! 
David  hat  .^":ebrannt! 

* 

Jetzt  brennen  v;ir, 

wir,  die  Überlebenden!. 

Sein  Dornenstrauch  in  der  V/Uste, 

sind  wir,  wir,  wir  ! 


Zweiter  Maurer: 

Wir  brennen. 


und  hier  ist  unser  Leuchter! 


O 


Dritter  Maurer:  ",'      .  •;'  - 

•   ,  .  Wir  haben  die  neuen  Wunder! 


\i 


Unsere  Wüste  hatte  auch  Wachteln  und  Mannacrot 

■"  •  ■  » 

eine  Zeit  lobte  ich  von  Schnee,  .  ■ 

* 

ass  Wolken  und   HinnTiol   auf  - 


Ein  Zirnnermann:    •  '  .  .      . 

'  ■   .     '• 

Was  sagst  du  izu  dem  Geheimnis  einer  Kartoff elschale, 
die  über  die  Sündflut  des  Hasses  an  meine  Pässe  spülte. 
Das  ist  meine  Arche  gewesen.  '   . 

'Wenn  ich  jetzt  "Gott"  sare ,  . 
y/eisst  du,  woher  die  Kraft  komrit. 


Alle  singen: 


'* 


Lied 

V/ir  brennen,  wir  brennen, 

das  neue  Haus  zu  bauen  . . 


•  • '  •»  N 


*»^— ■••ii*« 


I— — "■—— W— «^W  ip mmt 


Da Jan: 


-  37  - 


Ich  fürchte,  ihr  öcliachtet  nicht  tief 'a-enU'-. 

die  Grundnauern  werden  nur  Leichtlebiges  tragen! 

Der  neue  PcntatGUch,  sage  ich  Euch,  der  neue  Pentateuch, 

steht  mit  dem  Schirmiel  der  Anrst  2:oGchrieben 


auf  den  Wänden  der  Todcskeller!' 


f  - ,. 


«  .  •       •     • 

Erster  Maurer,  zu  Da.jan;  :  •'  .  ,  .  ■■  ''/  '■^:.-   •         .  •   ,  .  . '. 

öpar'  dein  Erinnerungsheu  für  den  nächsten  Winter 


•    ft 


O 


Alle 


r*^ 


Dajan: 


hier  sind  junge  Mädchen,  v.-'.  ■'•'■■.    "  ', 

hier  ist  frisches  Gras,   'r'-  ■  *.  •  •/  •  '  " 

•  •  ■    .  ■  •   •.■♦•■.■■   •  ,  -  ■'  '  •  . 
Staubanbeter  sind  v/ir  (?)\  •    '.'■•-.•  "   '  "•  ' 

Solange  der  Staub-  solche  Früchte  gebiert, 
werden  wir  in  seinem'  Acl-cer  wühlen'   ■.'■• 


\ 


und  Staub-Paradiese  schaffen. 


.  r 


.1  *      • 


I  . 


I  .  t  • 


Lied,  dazu  Mädchenchor;  ' 

Wir  brennen,  v/ir  brennen, 

das  neue  Haus  zu  bauen  - 

Wir  bauen, , wir  bauen 

die  neue.  Stadt,  die  neue  Stadt. 

V/ir  brennen,  wir  brennen 


uie  Ziegel  der  neuen  Stadt. 


Gesang  entfernt  sich,  dahinein: 


Ich  sah  Einen  sein  eigenes  Fleisch  benagen, 
sich  wie  der  Mond  nach  einer  Seite  rundend, 
und  magernd  hin  zur  andern  Welt  -.   ■   '  '• 
Ich  sah  ein  Kind  lächeln, 
bevor,  es  in  die  Flammen  geworfen  wurde  - 

Wo  bleibt  das?  '   ' 

Mein  Gott,  wo  bleibt  das? 


■^■■MWi^ 


■—  ■    iimmfi^m^  •  mm^^m 


X.   Bild 


Landstrasse 


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I  • 


Mendel:    Dies  also  war^  'ne  Land  Strasse 

t 

t  ' 

sieh  da:  Bäume  hingelegt   •.,. 
in  den  Sand  wie  unsere  löten 
mit  verrenkten  Glieclern 
^  \'  '  Felder  aus  Asche/" 


•  « • 


Schrenschleifer  ,    . 

rückv/ärts    zeigend: 

Sind  da  alle, etwas  angekantet,  Bruder  mein. 

Mendel:,  ...Wer  ifii  Dunkeln  sitzt, 

zündet  sich  ^nen   Traun  an  - 
Wer  die  Braut  verliert, 
umarißt  die  Luft  -  .  '    '   ■ 
wem  der  Tod  das  Kleid  strich, 
dass  es  schrie,    •   ': 


-  59  - 


Mendel: 


i ' 


an  dem  essen  die  Gedanken  wie  Y/üriner  - 

aber  ^z^t,    dass  icli  die  Ware  gerettet  hatte 

^"  '   ■ 

unter   derü   Gestein. 

Der  Verdienst  war  nicht  schlecht  heute  - 


Scherenschleifer:  •  . 

•  v      V/as   meinte    der  Mann  da, 


o 


als  er  den  mit  den  schlenkrigen  Schultern 


.  • 


und  euch  Andere  herauszählte?  . 


4        « 
I  .   1 


Mendel : 


Wie  seil  ich  das  wissen?  •:•' 


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\'-. 


V 


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>^ 


Sah   einmal   einen  Rutengänger. 
.  '  .  -  *'  "  /■       •       •       . 

Die   Rute    schlUc^";  -auf  y '; -.      '   .'I- 
wenn  eine    Quelle   gefunden  war 
So    sucht   der  Dajan   überall    .  ■ 


.\ 


nach  der  Quelle  des  Hasses,  •  •  '  ,.  '.  . 

•  ■  *  ^      -   • 

die  man  Israel  zu  trinken  gab.  '  >   v 

•  .  .  .7 

-  t  *. 

Aber  wenn  ich  es  auch  besser  wüsstc, 

du,  von  einem  andörn  Stamm,   /.  ;  • 

wie  sollte  ich  es  dir  erklären  können? 


Scherenschleifer:    .  •'.  ." 

Warum  sagst  du,  Bruder,  solche  Worte!' 


/ 


Als  war  auf  dem  Heuboden  la.gen,      _  ,    ; 

beim  Polen  Jarislav  auf  dem  Heuboden, 

da  v/aren  wir -beide  eins!  ' 

Augen  nur,  den  Feind  zu  erspähn, 

Ohren  nur,  auf  das  Knarren  der  Stiege  zu  achten  - 

Haare  auf  "dem"  Kopf, 

um  z'Oiii  Himmel  zu  s'c eigen  in  feuchter  Angst  - 


■•*».  .mH 


mm^m^Kmm^m^ 


11^   iii»»mi»  I  ■ 


•»■•»»»■»«1»«^ 


40  - 


o 


Scherenschleifer:  \ 

kam  ein  Schlaf  zu  uns, 

•  #  ■ 

^  ,  ■   ■   *   ■• 

'ein  Hunger,   ein  Erwachen  - 
..      kam  die  gelbäugige  Eule, 
die  Zv;eige  sammelt,   •   ., 

« 

wenn  sie  den  Tod  riecht  - 
.  sah  ins  Bodenfenster,     ...    .<  • . 

schrie  wie  'ne  Henkerstochtor, 
■  wenn  der  eine  gehabt  hätte:    '  • 

•  *  * 

uhu! 


I » 


o 


Mendel: 


Du  hattest  einen  Gurgollaut  im  Traum 
wie  ein  Ertrinkender  - 


Scherenschleifer: 

.  •   .   Du  sprachst  soviel  von  einem  Licht, 

0 

••    das   deinen  Kram  entzündet   hätte   -  ' 


endei:  Hörst   du  die    Crrill.crj,    Bruder? 


.'  h*  /••  . 


Scherenschleifer: 

Nein. 


I ) 


Mendel: 


Schade 


y' 


es  ist  der  hellste  Laut  auf  dieser  Welt, 
nicht  jedes  Ohr  nimmit  ihn  auf. 
Aber  sahst  du  eine? 


Scherenschleifer: 

•Nein  - 


N 


!<■      I  I 


m^mmmmm  i  ■  ■      i 


l«i>IM'     <    III    li»W<  ■ 


1^1  ■     — — »> 


.i 


-  41  - 


Mendel: 


Noch  Liehr  schade; 

sie  sitzen  da,  wo  das  Unsichtbare  beginnt. 

Sie  betteln  schon  an  der  Pforte  des  Paradieses, 

s 

sagte  die  Grossmutter  zu  uns  Kindern. 
.Einmal  aber  sass  eine  Grille.  -  • 
auf  einer  Rolle  rosa  Atlasband  - 

t  * 


I  I 


Scherenschleifer:-    ..  :.     "/-■"*.••.   ••'V'  .'   -T  ^•-   ': 

,     •  •>  •   ■        ,  ■         .  '  ^ 

.   •  ■■   -Z^  einem  verwilderten  Hund ,  der  vorüberläuit ; 


O 


/  1 


^4 


o 


•v,-.-; 


*. . 


\'  »V 


Komm,  konüu,  Kamerad.  ^ 
Mit  deinen  vier  Pfoten 


V     i       -  , 


,* 


.  r 


••  •       t  -        "  ■  •     .     •  .  -   • 

■••kannst   du  meine   beiden  begleiten.  ..    ..', ' 

•  '■     '       -••  •  •    ■       .  '  '• 

Hat  der  Mendel  seine  Grille,'  -  ''  ■■  . 

...   •    •  -  r   •  .       •   -'   •  ,    w.   •  .  ^  _   •.  .  .  -,' 

•'hab  ich  meinen  Hund.     ■'.  '■':;:■■/ 

«  •*  .         .  .      .  '  •   •      '     '  - 

Schleif  ich,  wird  '  er  bellen  -.  "  ■  ■  '. 

■  ^    •  -.  ^   -■■•   '   ■  :•.         ''  ■       ■ 
"•^ind  zwei,  über  die  der  Wind  fährt,:- 

zwei  zum  Hungern  und  Draussenstehn,  ■'■ 
.  .      ■  .   .   -.     ......    -  -'.-^ 

mit  der  Erde  unter  unsern  Pfoten  -.  •'" 
Geht  in  seine  Pupille  Sonne,  Mond  und 
und  'ne  ganze  Welt  -.   '     '  ■     ■-' 

•  •  ■  ,  »      ■    ' 

0  du  warmer,  laufender  Erdensand 
mit  zwei  Spie^^eln  -   '  " 


•»■!. 


Sterne  - 


•  ;*  ' 


I   • 


'  i' 


EIN   IiBTTEL]±;^Tü:P   Gi^EIS      könnt    ihnen   en t /co re n . 


Mendel: 


V/er  bist  du  Väterchen? 


Mendel: 


\ 


N 


Der  Alte:   Ich  bin  nicht  und  auch  kein  Väterchen! 


Du  bist  nicht,  aber  du  rodest  doch! 
Woher  kommst  du?  ' 


um  1  !■  I»  !■ 


"  *l  <  ■  >P»^^i»^^^M 


-    42   - 


Der  Alte        zei/?t   auf    das   Schercnschleif  errad  : 

Bist   du  ein  ocherensciileifer? 


Scherenschleifer: 

Ja.  . 


Der  Alte 


So  weisst  du  Bescheid 


o 


Scherenschleifer 


t  •  » 


V/ 


arum  antv/orteä    du  wie   im  \ 


ragespiel? 


\ 


Der  AJLtQ;   ..  Darum 


weil  im  Stein  Feuer  ist 


. '  ♦     * .  ■  •  •            •■ 

also'  Leton     .    .:. ' .     ''  -  'V  •  ^           .      .* 

*•■         ■ '.        •  •.   '  .   ■ '     ■    .'  ■  „   "f" 

I  ■                         .            * 

und   im  Messer  Tod  -  •■■   ■   '     •,  '''-; 

'  -.  ■             •  ■'..       ■  ■■<■•     •  • 

Also  schleifst  du  täglich- das  Leb 


Daher  konme  ich 


^ 


'en  mit  de: 


Tod 


r  A 


Scherenschleifer 


Lebendig  aus  dem  Tod? 


». 


<*  i 


© 


^  * 


^  t 


\ 


Der  Alte:   Wo  die  Mörder  mein  Volk  in  die  Erde  säten, 
•.•  •     '   0,  sein  Same  sollte  .sein  sterncnreich!   ' 


O  ^"L. 


bcne renschleif er: 

Aber  Du?- 


\ 


Der  Alte:   Ich  v/urde  nur  halb  gesät, 
.   .  lag  schon  im  Grab. 

Wusste  schon,  wie  die  V/ärme  aus  dem  Fleisch  .o-eht  - 

aus  den  Knochen  das  Bewegliche  fortgeht  - 

hörte  schon  die  Sprache  des  Gebeins,  v/enns  zerfällt 


"II  1 1  ■  ■ 


Der  Alte:   Sprache  dos  Bluts,  wenns  gerinnt  - 

•  Sprache  des  Staubs,    '  •   '.   • 
.  ■   wenn  er  neu  um  die  Liete  wirtt  - 


-  43  - 


1 


Scherenschleifer: 

Aber  wie 


wurdest   du  /gerettet? 


l:> 


is    •  ' 


%   ^. ' 


t  .: 


O 


Mendel:  • '•  Hast  einen  Ein;-;  .i-ehabt,  .  ••   -•  ■•  ■■  '  "  \  ■ 

■''••  ■•■.■..•  ■  ^  •   eine  schöne  Perle  in  Kauf  gegeben,  .  .• 

•■  ,...  /.*•■  das  Leben  bezahlt  mit  einen  heimlichen  Schein? 


Der  Alte 


Arm 


ensäcke 


'». ' 


\- 


Mit  Pra^-iren  aus^c^estcpft  und  mit  Gezänk 


o 


\'^ 


«r 


iVas  v/isst   ihr 


.  \ 


o 


«       •     »    • 


MQnxi  die   Leiber  leer  v/erden 


.rauschen  wie   die  'Muscheln 
*  ■     /  •   •      •  ■ 


^jenn   sie    auffahren  mit    den  weisslocki>een  Vo^er^ 


t:>' 


••  \ 


der  Ewi/Tkeit? 


u- 


f  • 


•   •  •: 


»  \ 


Scherenschleifer 


•   • 


Iber  saA'e  uns,    wie  wurdest  du  \crerettet? 


o 


t^ 


4 


Der  Alte:   '^^aren  v/ir  ^ , geflohen, 


der  Amschel,  der  braune  Jehudi  und  ich. 

Hat  man  drei  Länder  ein.ref angen, 

drei  Sprachen  eingefangen, 

hat  ilände  ein^^^ef an.-Ten 

und  sie  ihr  Grab  groben  lassen, 

ihren  Tod  anfassen  lassen,.   • 


Hat  die 


Leiber  erschlagen 


■^■f^!^^ 


>^IW«V«'W«W«I^MVM> 


Der  Alte: 


und  den  AbhulD  hinuntergegossen.  -  •   . 
V/ieviel  Milliarden  Qualennieilen  von  o ,  _ 


I  h.  m 


«   ! 


I'iendel 


Aber  du,  du? 


o 


Der 


ri. 


Itc:  '  Der  Soldat, 


t  • 


der  die  ^ 


Tl^n^rl 


rde 


•  - 

über  uns  zuschüttete 


und  uns  tegruTo  - 


geseg 


e^rnet  sei  e 


r  - 


'  t"   • 


er  sa 


b  "bei  der  Laterne  Scliein, 


denn  es  v;a 


r  ilacht 


f , 


•<_  1 


a 


ass  sie  mic 


li  nicht  genug  gescnx 


U->^v:: 


cn  hatten 


I ' 


. » 


•v- 


und  dass  sich, meine 


Außion  öffneten  -, 


und  ''er  holte  laich  heraus 
und  verbarg  mich  -   •  .:;.■  •• 


•V 


\ 


o 


Scherenschleifer 


Sehr  unglaubwürdig 


Mendel:    Man  kann  nicht  vvissen,-. 

sprich  nur  v/eiter. 


\ 


Der  Alte:  ■'  Es. hatte  der  Soldat  - 

f 

•dies  sagte  er  mir  später  - 
am  gleichen  Morgen  einen  Brie 


f  von  seiner  Mutter  bekommen 


Gesegnet  sei  sie! 

Darum  war  er  nicht  berauscht  wie  die 
und  sah  das  Zwinkern  meiner  Augen. 
Die  Mutter  schrieb: 


andern 


1 


• . » 


-  44  - 


Der  Alte:,  und  den  Abhub  hinuntergegossen.  -   ■         ,   ^ 

■  •  ..  ■  V/ieviel  Milliardon  Qualenmeilen  von  o,   Ihm-! 


Ivlendel : 


Aber  du,    du? 


o 


o 


Der  Alte:   Der  Soldat, 


»   I 


\ 


der  die  Erde  über  uns  zuschüttete 

•■  .  ■  ./     '  •  -  •    ■  .'  •       '"   •■  •••  .'•• 
und  uns  begrub  -  .         .  '  - 

^  gesegnet  sei  er  .-  ^  '  •    -  .  . 

•■  *'.  '        ' 

,:  er  sah  bei  der  Laterne  Schein, 


.  * 


•   « 


denn  es  v;ar  Nacht, 


*. 


•  ■* 


dass  sie  mich  nicht  genug'  geschlagen  hatten,'  ' 

und  dass  sich. meine  Augen  öffneten-,  '  ' 

und  er  holte  mich  heraus  "  •*   ■  •  •..- 

....  9 

*  *   *.  • 

•  .  und  verbarg  mich  -   '  '.     •  ..  •  .'■'.    •  '    *  :• 


•    9     r 


\ 


\ 


Scherenschleifer: 


Sehr  unglaubwürdig. 


Mendel: 


Man  kann  nicht  wissen, 
sprich  nur  v/eiterV 


\ 


Der  Alte:  '  Es  hatte  der  Soldat""- 

•dies  saffte  er  mir  soäter  - 


am  gleichen  Morgen  einen  ürief  von  seiner  Mutter  bekonmier 

Gesegnet  sei  sie! 

Darum  war  er  nicht  berauscht  wie. die  andern 

und  sah  das  Zwinkern  meiner  Augen. 

Die  Mutter  schrieb: 


^mmmmimmm^i^m^Hßm 


immmmm^m^m» 


-  45  - 


'-> 


o 


Der-  Alte:   "Diesen  Srief  wollte  loh  eigentlich  zu  den  Strumpfen  Icfs 

derx  selbstgestrickten.   '  '  ■  ^'  ■   '  / 
Aber  die  Sehnsucht  liess  mir  keine  Ruhe  - 

gesegnet  sei  sie  !•••..  ..  ■ 

♦     .  .  . 

und  ich  schreibe  schon  heute 

und  warte  nicht,  bis  sie  fertig  sind. 


Der  Anzug  aber,  der  blaue, 


«      • 


ist  gebürstet  und  an  die  Luft  gehängt, 
•  wegen  des  Mottenpulvers. 

So  riecht,  er  nicht  mehr,  ■■   "  '  • 
wenn  du  kommst."  .  ■   "         '  : 


O 


Aber  es' war  nicht  so,       ■'  '■•  ' 

dass  sie  den  Brief  gleich  einstecken  konnte, 

7 

denn  sie  würde  krank  über  Nacht. 

•  ■      ■    . 

/•  "Da  karn  eine  NachlDarin  - 

;  gesegnet  sei  sie!  -       ••     '.       .       ■■ 
fragte  nach  dem  Ergehn  -  , 

aber  eigentlich  wollte  sie  hur'  eine  Zwiebel  haben  - 
eine  kleine  Zwiebel  für  die  Kartoffeln, 
denn  zu  Ende  waren  ihre  ^eigenen.  '  ^  •  > 

■  0,  dass  sie  Kartofifeln  ass    .'   ' 
und  keine  Rüben  - 

* 

Gesegnet  'seien  alle  Zwiebeln!  «     ' 

und  sie  erhielt  eine  Zwiebel 

und  nalim  den  Brief  zur  Post 

und  der  Soldat  erhielt  ihn  an  jenem  Morgen, 

*  ■  '  * 

und  berauschte  sich  nicht  wie  die  andern  - 
und  sah  das  Zwinkern  meir^or  Augen  -   '  •   ' 


i. 


I . 


■^"■"•••«•••"p« 


••^mmmm^^ 


-  .4-6  - 


bchercnschleiferr 

V/ieviel  Zv/iebelschalen  haben  sich  da 

ZU  deiner  Rettung!    ' 
;  Und  was  wird  weiter  keimen 
;•       aus   deinem  Zwiebelglück?    •         •  ' 


zus  amme  nge  t an 


o 


Der  Alte:   Ich  geh  zum  Rabbi  in  die  Sräberstadt. 

Der  Leib. will  nicht  mehr  halten, 

r 

,••  Sand  hat  den  Sand  berührt  -.    .     .  - 

.  ■  .  ■   .  Doch  nun  sterbe  ich 'den  eine  n  Tod    .  • 
"  •-     ~  .      ■   '.      '  .  '  .■  ■ 

/  .der  andere,  in  der  Handmuskel  eines  Henkers  sitzend 

'.  ■"■   .■•      ^iö  ein^Dietrich  in  des  Diebes  Paust       ■  "'    '  ■  . 


\ 


den  brauch  ich  nicht  mehr,  • 
ich  hab  den  rechten, Schlüssel ! 


Geht  weiter. 


S0H£RSHSOHLEI?L'B    '  ur.d      MENDEL      wn-nri  o rnd  . 


Mendels  .       Ich  freue  mich,    ich  freue  mich! 


^ 


O 


Scherenschleifer:  .' 

V/as   erfreut  dich, 


Bruder? 


Mendel:     Ich  freue  mich, 


y 


dass  ich  dem  Michael  ein  paar  Schnürbänder 
für  seine  V/ander  schuhe. 
Kommt  er  ins  Paradies,  ' 

r  • 

'  l  r  ' 

hat  er  meine  Schnürbänder  am  Puss! 

Auch  war  des  Eli'  Sterbehemd  von  meinem  Ze 


1. 


scnenicte 


eu£j 


Scherenschleifer:  •■•  ■ 

Warum  war  ee  gut, 


dass  du  dem  Schuhmacher  die  Schnürbändcr  rabst 
und  warum  soll  er  sterben,  /  .jung  wie  er  ist? 


-  47  - 


o 


Mendel: 


f:feheimnisvoll : 


Ich  weiss   es  nicht,    • 

aber  gut  ist  es  auf    jeden  Pcill,  '    . 

Ein.  Sechsunddreissiger   kann   er   sein:* 

auf  dessen  Taten  die  V/elt  ruht  -    -  -    ' 

einer,  der  dem  Lauf  der  Gev/ässor  folgt 

und  die  Erde  sich  drehen  hört  - 

bei  dem  ^die  Ader  hinter  dem  Ohr,-        •"'   "  -  ' 

die  bei  uns  nur  in  der  Sterbestunde  schläirt, 

jeden  Tag  schlägt',      ^     ■"    ''  /   '    *   ' 

*  • '     ■  . .  ■    •  .   ■   '  '  ■    '      ■  '   ■     i   . 

einer,  der  Israels  Wanderschuhe  zu  Ende  trä^rt  - 


>   ',♦* 


o 


Scherenschleifer:. 

KocLTi,    mein  Hund, 


.  > 


♦. 


Mendel: 


du  siehst  aus,  als  ob  du  Hunger  hättest'; 
die  Zunge  hängt  dir  aus  dem  Hals,'"-' 
also  bist  du  auch  durstig  .-.    ■  ■*■■■..'  '  •  ■ 
^i'IlT   gehen  in  das  Dorf,  .*  '  "- 


•   t 


wenn  noch  ein  Halm  vom  Storchennest  davon  übrig  ist 
ZU  einem'  Bauern,   • 

sofern  von  ihm  noch  ein  Pingernagel  aufzutreiben  is 

suchen  eine  Sichel, 

schärfen  sie  .    .   •   '  , 

und  schneiden  mit  ihr- -das  Unlcraut  auf  dem  Felde  - 

violleicht  finden  wir.  auch  eine  Wasserlache, 

darin  der  Tod  noch  nicht  seine  blutigen  Hände  wusch 

und  dann  trinken  wir  -    ' 

grüsst  und  wandert  mit  dem  Hund  querfeldein. 

Nun  ist'.s  wie  vorher: 
gerettet  aber  allein  ! 


'( 


'mtrwim^'^g^'t^mmm^^KMtm  m  'i  ■■  ^'i^-wnp— 


■  *   i^l  >■  '  ■   |IW 


XI 


Bild 


-  48  - 


Sprecher:   MICHAEL,  von  cloin   Jie  Leute  sagen,  er  habe  den  unge- 

hrochenen  Blick,  den  Balschemblick  -  von  einem  3ndc  der  ■ 
V/elt  zum  andern  -  Michael  hat  sich  auf  die  Wanderschaft 
geniacht,  den  Mörder  Elis  zu  finden.  In  V/aldo,  nachts, 
ßorät  er  an  einen  Ort  des  Todes.  Zu  ihm  spricht  alles 
von  der  Vernichtung  Israels,  die  Ruine  des  Schorneteinfj , 

•    ..;  '    Stern,  Baum,  die  Nacht  und  noch  die  Spuren  der  aetöteten 


»  iN    1 


o 


■-  t. 


im  Sand.  •   '/'     '  "• 

..  ,  ,  ,     .  .     '  ■:■'.'■   .  ':•■  '  .   •   ■ 

Unrealistische  Akustik;  Michaels  Schritte,  vVind  una  T ör e 
für  einzelne  Stimmen.     '  '.  ~~     ' 


I  • 


Stimme  aus  dem  Schornstein:'  •*  .  ._  '  ■' •  ■   ''   .  '     .•  ■'  '  , 
;  ,  .  ..f)  _  Wir  Steine  sind  die^letzten,  die  Israels  Leid  berührten. 

;.  •.••■"■^-'  '•  ■  ■  Jeremias  Leib  im  Rauch,   "'  .'    ■'  •'.'-•■■  /   ■  .■  ■  ■  . 

«       , ,  ^-         ■,  ,  ...    '  •  -,        *..♦*''•■.•'    •   ' 

Hiobs  Leib  im  Rauch,- "•;•"  •    '  •'"  '   x.-'.       '       •  • 

•   .     '  '  .  -    „  ;      ^   '   - 

•  .  *  t  ■  .1 

'  .'.'■  .■  die  Klagelieder  im  Rauch,  '   '  "•  •'      ;•  ■ 

■■-  '  '      '  ■-■'"."■  ■  :,      .  -■■  .  '        ■■     '   ■'■  '  '  ■    :■  ' 

.  •■  der  kleinen  Kinder  Wehklagen  im  Rauch,  •  '   -  .'      .'  > 

•  ■  -  •   ■  •  ... 

r  ♦  • 

der  Mütter  Wiegenlieder  im  Rauch  -  .''"'   ..  ■ 
.■   Israels  Preiheitsweg  im  Rauch  -i  ■  ■ "  ,•  -'j  ■..•   ,  •  ■,     '.  '  ■ 


,( 


O 


Stimme  eines  Sterne:   ^   •     •      '  .  "'  '' 

2)    Ich  bin  der  Esse;ikehrer  gewesen  -, 

i 

mein  Licht  wurde  schv/arz  - 


Ein  Baum: 

3)    Ich  kann  nicht  mehr  gerade  stQhn  -       . 

es  hing  an  mir  und  schaukelte, 

als  hingen  alle  Winde  der  Welt  an  mir  und  schaukelten 

Zweiter  Baum:       '  '   • 

•.  .  ■  4)-   Blut  drang  an  meine  Wurzeln  -  ■ 

,.  .  alle  Vögel,  die  in  meiner  Krone  nisteten. 


^mmmm 


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'^'•■•"•^••i^i*"*^»iW."«^»»"^»fi"W^»»- 


'••^••»••^•w 


-  49  - 


Zv/eiter  Baum:  -       '■    ■  '     V 

4)    .    hatten  blutige  Nester.  ■ 

Jeden  Abend   blute    ich  von  Neuem  - 
•meine  V/urzel   steigt  aus  ihrem  Grabe  - 


O 


•  * 


•■•  V   .' 


o 


Die  Spuren  im  Sande:   ' .   -  ' 

'  5)   Wir  füllten  die  letzten  Minuten  mit  Tod. 

\  ■' ":'  ■.  ..  ■ 

/   •  -   .Reiften  wie  Äpfel  von  schweren  Männerschritten  - 

■_,;   .   __  die  Mütter,  die  uns  anrührten,  hatten  Eile  -   '  :  •  ■  '  '  ' 

.;  :;^-,  .■;;., aber  die  Kinder  waren  so  leicht' wie  ein 'iTrühlingsreiTen  - 


t   ■( 


I  •  ) 


»f 


Stimme  der  Nacht:  '  .•■■=-,  ..':■:  '  '■'•";•' 
i    ■:,     6)   Hier  sind  ihre  letzten  Seufzer;  ' ,-.  '.•'   '  '.     '  '  ■.' 

/    '.',•.'■■;  ich  bewahrte  sie  für  dich,'  ".•'.''■■■■'  ■■■      ■■ 

^        .  ;.  .      >  •      •        .        ..  ■    .   •    *     H  .  •.         . 

,/:  ':    .         fühle    sie!  •','-  .     '.•••'.,■      '    ./ '•     ■'      '.  '       ■ .' 

'        »       "••  *  -         .       ■  *      .        -    ' .    •         ■  '  ' '        '   '  ^  . .    ''       '  *.'  ' 

r  ■•■Ihre  Wohnungen  sind   in  den  nie  aiternäen  lüften  -  ' 

*  ,  *    *  '  m  -  - 

■    V     'A.-.  .-^^  ^-^^  Atemzügen  Kommender  -,.  ..     ■      ■    '.. 
..•••    ;      'unbegreiflich  in  der  Trauer  der  Nacht  -        ■     '      '        ■ 

Während  MICHAEL   den  StiiTmien   lauscht/unterscheidet   er 
zwischen  Baum.wurzeln  ein   "wESEN,    das   am  Boden  sitzt 
und   an  einem  weissen  Gebetmantel  näht.'  .Daneben  liegt 
im  Grase   ein  Schädel.  '^^        '  '■"■'^    '  ' 


Sprecher: 


•      •. 


Das,  V/esen:  Michael! 


Michael:   näher  kommend: 


Hirsch,  der  Schneider, 

t  * 

sah  bei  Lebzeiten  ähnlich  aus. 

Du  hast  verwesliche  Gesellschaft  neben  dir  - 


mfm'mtmwmmmimmmm 


-  50  - 


%, 


Das  Wesen:  Hirsch  bin  ich,  der  Schneider,  und  die  T^Iachbarin  da, 

y/ar  jemandes  Frau,  vielleicht  die  meine  - 
ich  weisG  es  nicht  -  denn  obgleich  ich  dort 
bei  der/i  Schornstein 
als  Tod  angestellt  war, 

so  ists  schwer,  über  der  Grenze  was  v/iederzufinden. 
Eine  Minute  nach  Mitternacht  .  ' 

•    •  •  ■  *       - 

^  sieht  alles  gleich  aus  -.   /  ^  ••.  ' 
-^ber  wie  dem  auch  sei,     -  . 


O 


'    *« 


*    * . 


hätte  ich  auf  die  Selige  gehört,  •    ..  _ 

*  '       '  ' 

.so  säss  ich  bei  den  lebenden  in  Amerika., 


unter  denen  ich  einen  Bruder  habe . 


j  I 


•  -   t 


und  nicht  hier  unter  meines  Gleichen, 


o 


•     1  ■• 


Sieh,  hat  sie  gesagt, 

als  es  begann* 

Du  bist  ein  Hirsch,  . ' 

also  musst  du  es  ahnen,  -  '•. 

.•    ■     .  • 

die  Juden  sind  überhaupt  ein  ahnendes  Volk  ~: 

es  rühren  sich  die  Messer  in  der  Lade, 

es  knirscht  die  grosse  Schneiderschere  -, 

das  Feuer  im  Herd  aber  bildet  /gräuliche  Gesichte 


wie  beim  Weibe  von  Ensor  - 


.« 


vor  allem  aber:  ich  fühle  Blicke, 
Blicke  schielend  wie  die  der  Katze  - 
Michael,  Michael  -   '      .   . 
dich  haben  sie  nicht  angerührt, 
geschont  haben  sie  deiner, 
und  hast  dich  ihnen  gestellt  überall, 
sozusagen  im  Gegenv/ind, 


-  51  - 


Das  Wesen:  hätte  mein  früherer  Kunde,  der  Jägermeister,  gesagt  - 

wie  ein  Wild,        -•  '       • 


0 


'>  .'■ 


das  die  V/itterung  verloren  hat  - 
aber  mich  hahen  sie  angestellt,     '   ' 
meiner  herausstehenden  Backenknochen  wegen, 
aber  auch  meiner  Beine  wegen. 

n     ■  '        .  ■        ' 

Tod, 'du  hast  zwei ' Sichelmesser , 

haben  sie  gesagt,    •  .     • 

da  geht  es  schneller.  "' 

Legst  du  nicht,  dein  Volk  in  Rauch, 

/ 
brennst  du  nicht  dein  Pleisch^und  Blut, 

so  lockern  "wir  deine  Beckenschraube  .  .   •■  * 

und  neiimen  deine  beiden  Sichelmesser  fort.. 

Und  dann  hast  du  auch  bessere  Nahrung 

als'  v;ir  alle  zusammen,       ■    [    ^    . 

Rauch  wiegt  schwerer  ipi  Magen  als  Brot  -. 

Und  ich  habe  sie  gebrannt, 

und  ich  habe  Rauch  gegessen, 

r 

\  '  ■ 

und  ich  habe   Ihn  verheizt  -. 
Und  ich  bin  in  den  V/ald  gela.ufen, 
und  es  haben  Himbeeren  gestanden  -, 

■','.■  ,  ■  •  • 

und  ich  habe  Himbeeren  ge.^-^essen, 
nachdem,  ich  Ihn  verheizt  habe  -, 
und  ich  habe  nicht  -  sterben  können, 

*  * 

weil  ich  der  Tod  bin  -         < 


aber  sieh  da  - 


sieh  da  - 


'V 


schreiend 


.s 


mmmm^'^^'^mm^^-'^m^ 


-  52  - 


Der  Schornstein: 

Ich  bin  der  Lagerkommandant. 


^— > 


Marsch,  marsch  ;  . 

« 

gehen  meine  Gedanken  aus  meinen  Kopfe  heraus  ! 


Stimme : 


7) 


Höre.  Isra.el. 


^  ■ 


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#  ^-«  fc     I  . 


!»:'•.  •- 


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E  r 

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unser  'j-ott, 

Einer  - 


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•  ,* 


SjilR  SCHORNSTEIN   stürzt  zusammen. 


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1    >••* 


\ 


-.  Las  Wesen  sterbend: 


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V.« 


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I.V. 


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4 


Höre    Israel   - 

E  r     unser  Gott   - 


Er  -  Einer    . 


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0 


•  Die  Euss-Spuren  im  Sande:    •.  ' 

• '■  .'  .   Samm.le,  sammle,  Michael, 

■  .  .   .  .  eine  Zeit  ist  wieder  da, 

die  sich  abgelaufen,  hat  -V- 

■  *  •  .         -  ' 

;  ■  .  .       hebe  sie  auf  - 

hebe  sie  auf  - 


t  «• 


,» 


\- 


• , 


Micnael:/''  liüclct  sich  irx  den  Pußsiouren 


»I*  II»  1'^ 


.?^ehend;  ■ ''  •  -: 


Ein  Todesminutensammler  hat  keine  Körbe 
nur  ein  Herz  zu^'  füllen-   '  . 


< .  i 


•   ■    "■•11   fV 


^y 


XII 


Bild 


Sprecher:      Aus   dem  \7ald   tritt  MICMEL     in  die   Heide,    in 


s  i..oor 


der  nächtlichen  Grenzlandschaf t.  Fingerkraut  wächst  hier. 
•;  I^ie  PINGER  der  Spezialisten  des  Tctens  beginnen  zu  sprecl 


10 


\ 


Unrealistische   Akijstik:      Michaels    S.Vhri  1 1 e  ,    W i n -•   und  ' 
';  lOQiiguren   für  die   einzelnen    FU-i  r^i^or^    .      •• 


•  i 


♦  # 


Q   Michael:  ,-.  .Alle  Wegweiser  zeigen  nach  unten.  ,  '■      --. 

.   •  Fihgerkiräuter  wachsen  hier  ,.■■.••  .'   .  '  ■.•.    '•■  '■ 
■  •  .  ■       ■  .^  aber  nicht  die,"'  .''••■..  *•,.■..'...■'.■■.■'  '■  -   •  ., 

..-  mit  denen  Myriam'  ihren  kleinen  Schuh  füllte. 
/•.■  daran  die  Spange  riss:  -,  .  ■     '  .  '  V"    * 

"nähe  sie,  während  die  Pinger  dich  streicheln"  - 

'   -   ■     -  .  •  •,    •        »     .•         .  . 

t  ■    -  , 

.  dies  hier  sind  Pinger  von  Menschenhänden.  ■  ■  .- 


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'•   I« 


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o 


Stimme  der  Finger:   .  ...    '.  ■,''."  '  '    ■■  ••  '  . 

_  .,,   .,  Wir  sind  die  Pinger  der  Töter.   .  ,  '  '  '  :  ■  "  . 

Jeder  hat  einen  erklügelten  Tod  angesteckt 

wie  einen"  falschen  Mondstein.   i-  ■•  •   .  ,  ••.' 

'  ,   '  .  ■  .  ■        ••,   •  •  ,'••• 

,   Siehe,  Michael,  so  etwa'-  "'  -'■ 

Ein  Pinger  .fi:reift  nach  Michaels  Kehle;  ., 

•  ■  . 

Mein  Pinger  hatte  zum  Spezialgebiet  das  Wargen 
da-3  Eindrücken  des  Kehlkopfs'  ■  •   .■ 

'  '         ■  ■  ■  ■         . 

mit   einer  kleinen  V/endung  nach  rechts. 
Gurgelnder  Laut.       ■.  [■'  '      '  : 


MI  CHS  EL      ist  h  in.:-esu  nkPr^-. 


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^«•WOTWviwn 


•'^^^mm-m^mm 


-    54  - 


Stiinine   des    zweiten  Töters: 

Deine   Knie,    Michael, 


d e ine   liand ge le nke 


hörst   du,    aus    Gla,s   - 


alles   ist   zerbrechlich  auf  Erden.   '- 

Der  Promine    pfeift   auf  den   Staub   -, 

.        •  ... 

und   hier  ist  ein  Y/einglas  .Blut   -.     ' 


o 


t  ,  • 


Michael:  '  Grosser  Tod,  grosser  Tod,  komin  -  .,,.  *•  •, 


•  .1 


n 


^timne  des  zweiten  Töters:   •:■■ 
:'.  "•    Der  ist  aus  der  Mode.. 


••»< 


*  » 


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.t 


« 


V,   .•  ■  . 


Hier  sind  die  kleinen,  niedlichen  Tode  - 

1     ,  ».         .  •  '   (  •        ; 

f         .  .      '   •  *    •    •  •  f  •  .      •  ...  '  .* 

dein  Nacken  -  '•:•...•;■  :'••■-  "'-   .  •*  ..•:  'V. 


/ .. 


.  t 


t , . 


dort,   v/o   das  Haar   flaumig  v/ird   - 


I  ; 


;■   -i. 


*  ■    1 


Stinirne  des  dritten  Töters:      v.-'-.   v.^    .  •    .. 
.-..     .    ■         ••.Id  Namen  der  Wissenschaft   - 


diese  Spritze  - 


.»-.«._•«  ., 


wer  sich  opfert,  scheint  hell, 
wie  faules  Holz  -  •  ':  ' 


* 


>• 


V  . 


'  I 


'     «>.. 


> 


Ein  langer  knöcherner  Pinger: 

Keine 'Angst; 


ich  will  weder  deiner  Kehle  gute  Nacht  sagen, 

noch  deine  Gelenke  kränken. 

Ich  bin  nur  der  Dozentenfinger 

der  neuen  Weisheit. 

Ich  will  ein  wenig  mit  deinem  Weichbrot  plaudern  - 


Michael: 


Fort  - 


-   55  - 


o 


stirnine   des  Dozentenfingers ':  •   .        •      ' 

Eiob   ist  schwach  geworden, 

* 

■   ■    rjüder  Leierniann  einer,  einst  frischen  Weise. 
Das  Meer  ist  einesteils  zu  Pf erdekräf ten,' 
andernteils  zu  Leitungswasser  gestreckt  worden. 

"S. 

Ebbe  und  Plut  sind  in  der  Hand  eines  Mondnannes. 
Der  Schuhmacher  Michael 

■  .      näht  Ober-  und  Unterleder  zusai^imen       •-  ■  •. 

''■■■.,■■"'■' 
.  mit  seinem  Faden 'aus  Abfallsprodukt  -   '   .'  '. 

Nähnadelheiliger!  -     -.  ■ 


.L        1 


4 


Schlief  die  Füllfeder  unter  euch, 
die  euer  Volk  frei  gekauft  hätte? 


Stimme  des 


O 


wild  gestikulierenden  Fingers:    ..    ."'■., 
Ich  bin  der  Dirigentenfinger.    '  '■  '  ;  .  ■  •' ■ 

Ich  dirigiere  die  Musik  zu  ihrem  "gute  Nacht". 

MarschjTiUGJk  ist  zu  hören.  '  " 

Alt  musste  die  Erde  werden,     •  7 

bis  der  Hass,  ■ 

der  sich  blutig  mühte,        '  ' 

das  Rätsel  Jude  zu  lösen, 

den  Einfall  bekam,     . 

es  aus  der  V/elt  zu  werfen  mit  Musik  - 


Musik  v/ird  schv/ächer. 


Michael: 


schrei end> 

Ist  dieser  Stern  verloren?. 


•  Echo: 


Verloren  - 


Michaels  Stimme: 

Höre  .  .  . 


I  "WIHII.J. 


■I  fll   ■■■!«■« 


-  56  - 


XIII.   Bild 


Sprecher;   Aus  den  Todesbezirken  ist  MICHAEL  über  die  Grenze 

ins  Nachbarland  gewandert.  G-cf^en  Kittag  begegnet  ilui 
ein  BAUER  mit  einer  Kuh  a^-n  Halfter  vor  den:  Grenzdorf. 


Unrealistische  Akustisch;  G-rillcnzirpen.  Vorrel-r-;f  ■ 


»      « 


O 


Michael: 


o 


Bauer 


\ 


•Michael : 


•    « 


/ 1 


•       *  ■   * 

Die  Finger  zeigten  zuletzt  nach  dieser  Richtung.  . 
Mörder  verraten  den  Mörder  zürn  Schluss. 

»  * 

Wie  friedlich  diese  Gebend.  ;   •  .•  ■  ;•.  ' 

l|  •   •.^'  ....... 

'  .   1        •  '  ,    _    ■ 

■Die  Grillen  zirpen.-:      .  -^.v-  •  '      -  "•   •  •' 

'  ■'   ■       .  •    :■■•.'_■■    ■'■;   • 

ein  Eichelhäher  ruft   seihe   Gesellin.       ■    ■.■■•••;••■  ' 

,  .    •  . .  _    .       . 

Die   Kuh  hat   das  gleiche  Urweltgesicht,  '    '  ,' ■  ..'. 

■/  .  •  ■  ,■ 

alsv/äre    es   eben  von  der  riand   des   Schöpfers    ge&troichelt 

■  worden.'  ■  •      ' 

Wie  überall  schmeckt  jetzt  der  Bauer  das.'  Gehei:r.nis  des 
Weizenkornes  ab.     '    ...     *        -   .     •  .  ' 
Zum  Baue Po 


Einen  j[<uten  Tag,  .   •,   •  •  •  .  /  '• 

ist  wohl  eine  Schuhmacherv/erkstatt  hier  in  der  K 


ane? 


KoniTiist  v/ohl  von  drüben  hinter   der   Grenze 
hast    eine    Sterbestirn  - 


Woran  siehst  du^s? 


Bauer: 


\'!Qmi   einer  zwischen  den  Augen  etwas    leuchten  hat, 


gross  wie  eine  Schneeflocke  - 


•  .'  ;  ■  , 


-  >o  a  - 


Michael : 


Mag  sein, 

dass  der  Tod  meines  Volkes  an  mir  leuchtet. 


Bauer: 


Bist'  ein  Pole  oder  Jude  gar? 


O 


Michael:    Auf  dieser  Erde  bin  ich  beides. 


Bauer: 


Das  ipt  viel ! 


Dort  unten  hinter  der  grossen  V/eide 

geht  der  Weg  ^um  Dorf. 

Neben  dem  Wirtsgarten'..  ■  ^    '  '     '' 

•  •   •   , 

ist   die   Sc liulir<ia,c h e rw e r k g t a 1 1 . 


Akustik;   unrealistischo  Schritte  Michaols^ 
Grillonzii-pen,    7o<elruf  -.vic    oben.     "  ~^~^ 

FRATJEN     und      KINDER     korünen  herbei.    IvIICKAEL 


o 


Kinder: 
(aufge- 
teilt) 


Hätt  ich  eine  solche  Pfeife, 

so  würde  ich  Tag  und  Nacht  pfeifen 

im  Schlafe  vmrd '  ich  pfeifen  - 

Die  Kälber,  die  Schafe,  die  Fohlen, 

alle  würden  koipjnen. 


Michael:    ,  Sie  ist  von  einem'  toten  Kind  - 


'  \ 


Alle  Umstehenden:  v/Merholen. 

«— ■— — ^~— i— i— il  I  ■  «1  I  ■     Hill 

Von  einem  toten  Kind  - 


Michael: 


, Von  einem  Knaben, 
der  ermordet  v/urde  - 


Umstehende :  . 


Der  ermordet  v;urde  - 


mm^'ti^mmr* 


■^1  ■  I  I  »■!  p<^ipi^ii^T<wnwn^— ■'■'«»»r'^^*'*y^^^ 


-   57 


■«x  r  •  1 


.uicxiael;  Als  -Man   suine   Sltcrrx  zur.i  Tode   antrieb, 

* 

.  lief  er  im  Hemde  nach  -      '   . 


Umstehende: 


Ir.i  Hemde  nach  - 


Michael:   '  Auf  dieser  Pfeife  pfiff  er  un. Hilf e  zu  Gott  - 


o 


Umstehende: 


Michael : 


/* 


Pfiff  er  um  Hilfe  zu  Gott  - 


Da  erschlug  ihn  ein  Soldat'- 


Umstehende : 


La  erschlug  ihn  ein  Gcldat  - 


1 

1 

%                         • 

•V  -    Michael    * 

\    pfeift 

U' 


,  •  ,  » 


l," 


•'. 


XIV.   Bild 


o 


Sprecher:   MICHAEL  läst;t  das  V/eideland  hinter  sich.  Am  Rande 

.  des  Dorfs  steht  iin  Feld  eine  Vogelscheuche, 
,   aus  alten,  raetallenem  Kriegsgerät  suGaInii^angäba3telt5 
das  die  Dorfbewohjner  am  Kriegsende  auflasen,  als  sie 
begannen,  ihre  Felder  wieder  zu  .bestälen.  KITABE^'  v/erfen 
,   •   Steine  nach  dem  klirrenden -Machwerk,  u;t.  sich  im  Treffen 
zu  üben.  In  seinem  Garton  steht  der  DORFS CKÜLLZHRER 
und  beobachtet  die  Bienen.  (MUTTER) 


Akustik;  klirrende  Geräusche  von  Stoinv; ü 

die  die  Vogelscheuche  treffen.  MICHAELS  Schri't t e .' 


O.   ^  V^  X  i  ^ 


■  P  II  y  I   m  11  11» 


-  53 


^±n   Knabe:   nach  dem  Wurf, 


Das  klang,  als  ob  Jemand  schrie 


Zweiter  Knabe: 

•  Ja,  .  das  v/ar  Isidor  des  Krämers  Stimme, 

als  wir  ihn  aus  dem  Dorf  trieben, 

Oi,  sagte  er ,  oi, 

..  und  da  lag  er  im  Graben.   • 


Erster  Knabe:   |  *  **^\ 

Und 'griff  nach  seinem  Käppchen, 

sieh  so,  mit  der  Hand  nach  innen  gebogen,.  ' 

das  war  seine  Art  beim  Abwiegen  -," 

und  der  Hans  rief:      .   ' 

*     •        »  *  -   • 

"Hast  die  Abendsonne  im  Käppchen?" 
^  .      und  gab  ihm  noch  einen  - 


Lehrer: 


0 


Da  hängt. der  Bienenschwarm; 

I    •  .  -   •  ■ 

horch  wie  er  musiziert. 

Das  gibt  Honig, 

nie  hat  die  Linde  so  reich  geblüht," 

welch  Glück,         •  .  * 

dass  sie  vom  Menschenkrieg  verschont  blieb. 


Sohn: 


Wie  das  hier  riecht, .Vater,  o  ! 
Und  der  Honig  dann  aufs  Brot,  o! 


Mutter 


vom  Haus ; 

Ich  heb  hoch  den 


Sa.lat  aus 


und  schneid  den  Kerbel  zur  Suppe, 
das  Mittagessen  ist  bald  fertig.. 


wmmmmmmmmmmwu 


^m^^mm  ■!>«  » 


HW    I     ■    will    I  I  — ^^t— »^iwip^w**»  ^—w^^pm^PT^^ 


^ummmm^ »    ■  9»m  ■      ■ 


/    • 


-  59 


1 


„A 

o 


i..ut  "tGi* : 


L 


ehrcr 


Sohn 


Lehrer 


Willst  du  nicht  den  Schraette.ilint^-skescher  holen,  Hans, 
sieh  die  vielen  Falter  auf  dem  Thymian  - 


hebt  einen  Stein  auf. 
Ja,  gleich  ! 


y 


Lass  die   VogelsciiGUciie  ,       • 
zuviel   Leichen.^orucli   im  Ack 


die   Krähen  v/ardcn  inimer  mehr  - 


1   f 


Kein,  dorthin  will  ich  werfen 


Den  "Juden  treffen 


',% 


I  •  • 


aar  über  die  Grenze 


'     • 


Kichb   doch! 


ö 


Sohn 


X  • 


iiOiirer 


Sohn 


Warum  denn  heute  nibht  und  gestern  ia? 


Obgleich  ich  Rechenlehrer  bin,  .''.\:.'*   . 
kann  ich  dies  mathQiriatische  Rätsel  nicht  1 


osen 


Michael  /^eht   vorbei 


^ 


tur  sich 


Gestern  hätte  ich  ihm  den  Stoin^ nachgesandt ,    '  "   • 

er  wäre  wohl  dort,  neben  der  Dunggrubo  niedergefallen, 

und  hätte  zwei  Püsse  zura  Fallen  /xobracht? 

heute  bleibt  er  in  meiner  Hand, 

aber  ich  werde  'ihn  in  den  Teich, werfen, 

damit,  sich  v/enigstens  etwas  erschreckt  - 


-•II  I  1 1 1  i^M 


■^^w  it^m 


XV.   Bild 


-  60  - 


Sprecher:  .Der  Prophet  Jesaja  sagt :'".. .mit  dem  Schatten  seiner 
■  .   ■  Hand  hat  er  mich  bedeckt,  er  hat  sich  zum  glatten 

Pfeil  gemacht  und  mich  v/ieder  in  seinen  Köcher  gesteckt.' 
Unerkannt  von  den  Menschen  und  sich  selbst  seiner  Sendun.. 


C 


nicht  bevAisst,  musste  MICHAEL  so  an  diesen  Ort  i-elanQ 


in  die  SchuhiTiachcrwerkstatt .  Sein  MEISTSR  ist  einer 
von  denen,  die'  alles  Vergangene  "nicht  gewollt"  haben. 
DER  MNH,   DAS  KIND        ■     ••        '  '.   '  ' 

...  .  '■.-.■'■•""  .     ■_ 

Schuhmacherwerkstatt  im  Grenzdorf.  '*.  ' 


Meister: 


0 


Wein,  so  nicht,"  gewiss  nicht!  ...   ..-. 
Nur  -  vielleicht  seid  Ihr  für  uns  '■  •  '    ■" 
wie  Schuhe  von  früher,  von  noch  früher. 
IJiemandein  haben  sie  gepasst,    ''       '- ''  -  / 
gutes  Leder,  aber  ungeeignet  -  "''/,,    ■.  '     ;.  • 
nichts  für  unser  Klima,      ;.  "     /  •"   *   . 

*  -  .",       .  »  ,  .  * 

vielleicht  für  die  Wüsten,   ■■.       • 

,; -     ;  t;'  .     .   .  ■'■■•;''• 

vielleicht  fürs  heilige  Land  -     '  ''    .  •'■• 
vielleicht  für  die  Märkte  dort, 

m 

wo  die  Isidore  anders  feilschen  als  bei  uns  - 

aber  natürlich  so  •-  ^ 

nein,  das  wollten  wir  nicht  - 

so  nicht  - 


:/Iichael:  Seit  Abraham  aus    Ur  auswanderte, 

haben  v/ir  uns    bemüht, 

•  7 


unsere  wohnung  zu  Ihm  .hinsubaucn, 
wie  andere  nach  der  Sonnenseite  bauen  - 

freilich,  manche  schlössen  sich  der  entgegen<:-esot2ter 
Richtung  an  - 


mmmm^m'*-    *M  >■*  ■ 


■■■■I      I       11»    ■!■  ■<■ 


■   "  ■^•»^»■i^i»^^wipwwBwwr-"i^»*.^« 


""<•»•■■■"•■•■ 


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"  W  ftßm^'m^^^m^mi^^^- 


-   61    - 


Llichacl: 


alte  Hirten   Hessen  die    Stenienuliren  öchlap;en 
und   schliötün  wio    Isidor  und  der  Pfandleiher  ir.it 

•  I 

gckrüin::iton  Fini7;ern.  .    '   ' 

Aber  es  war   Gin_  Knabe   -El    i  MOTIV    •■•LI 


'  ^^*^  aAM».4^««M«H 


Meistor,  die  Sohle  schreit  in  meiner  Hand 

I  t  ' 

+- 


Sie    ciunstet   nach  Tod   - 


o 


■n./r 


Meister: 


i^ag  sexn,    ■  ;    •  •  / 
denn  ein  Rind  hat  seine 
und  dann'  -  '  .•  ^  ..  ••'  "■ 


Pfoten  ausgestreckt 


4  «   i. 


.1 
4  J 


»«• 


t  . 


EIN  MNIT     mit     3iriEM  KLI^IHEH  MÄDCHKN  an   der  Hand 


tritt  ein* 


Der  Mann:   Sind  neine  Stiefel,  ferxig?  .• 


•  *  • 


O 


Meister: 


/ 


Michael: 


Der  Geselle  arbeitet  gerade' daran  - 


Die  Sohle  ist  nicht  mehr  zu  flicken, 
ein  Riss  geht  in  der  Mitte  - 


;... .  . 


/ 


0  nacht  do.cn"  eine  neue  Sohle  - 


Kind : 


Vater,  dies  ist  der  Mann, 
der  die  Pfeife  hatte.  .  ,'  ', . 
Dort  liegt  sie  auf  dem  Blumentopf. 
0,  lass  mich.pfeifen!  ' 


Der  Mann:   Man  pfeift  nicht  auf  fremden  Pfeifen. 


Das  Kind:  ,   weinend 


<JL 


Die  Pfeife   - 


■>»■»■    •—— M 


w^0m-m<  ■■» 


62 


O 


Der  Mann:   Sic  weint, 


weil  sie  Sehnsucht  nach  ihrer  Mutter  hat. 

Immer  hat  sie  nach  etwas  Sehnsucht: 

einiaal  ist  es  die  Drossel,  ■ 

die  sich  die  Futterbissen  holte 

und  V er- schwand,  .   . 

dann  wieder  der  alte  Schäferhund,     '  • 

als  er  übder  die  Bahnschranke  lief 

und  überfahren  wurde  - 


^  1\ 


ichael: 


laut . 

Alles  beginnt  mit  der  Sehnsucht. 


A 


uch  die  Erde  da  im. Blumentopf 
und  die  Hiiute  hier, 
daraus  die  Schuhe  geschnitten  werden. 


Kind: 


Die  Pfeife  - 


O 


Der  Mann:   Ich  werde  dir  eine  Pfeife  kaufen. 

•  Wenn  du  sie  hast, 
,   so  folgen  dir  alle  Kinder 

* 

und  geben  dir  ihr  Spielzeug  -  ■ 


Kind: 


Nein,  diese  Pfeife,  .   / 

dann  kommen  die  Kühe  und  die  kleinen  Kalbe 


/ 


DSRJiAyN  nimmt  DAS  KIND,   um  hinfiur'.:,,::,,-.^.. n . 


"•■ÜWF^^ti— — 


•  y 


••  \ 


-   C"    - 


i-v» 


...J     ''  ."■•1     '|r|     • 


O  :0  Vi    • 


KoL'jii  n-'oii!  Hefti/?    •    Komm    ! 


Das  kleine    Mädchen   schluchzt. 


m.wmmKrm*mm 


Liichacl 


o 


•vor  sich  hin  sprechend  wie  im  Traum. 
Die  Käse  breit 

ihre  Piagel  zittern  vor  V/ollust  "- 

i         ■  . 

die  Auggn  mit  den  Pupillen '  eines  V/olfes 
der  Mund  klein  wie  von  einem.  Kind« 

.       "  .     r   ■  .    t  •.-,-•.■ 

'      '•,'".  *  :     •       •  • 

Mörder  wie  Kain  ,    *''  •   ^   •  '■'.       ^"  • 

nit- dem.  Tod  aufzelm  Fingerspitzen  aufgespiesst. 


I  i  "  ♦'  •  • 


«  •. 


;  • . 


XVI 


Bild 


.*  t 


*' 


Sprecher:    DEJR  MANN,  der  mit  seinem  KIND   zum  Schuhnaciier  kar:, 

,..■•■  •.        ■•',  « 

,"      trug   die    Züge    des   Gesichts,    das   iUCI-IfVEL     auf     ELIS 

»  ■  •         . 

.    Sterbehemd,    im  Schosse    des    sturmrtcn   Samuel   zuerst 


o 


gesehen  hatte.  -^Iso  erkannte  MICHAEL    ELIS   I.Iörder. 


•     • 


So  sehnlich  "vrünscht  sich  das  Kind  des  Mannes  die 
Hirtenpfeife  des  ELI,   die  MICHAEL  von  stuim-en  Samuel 
miit  auf  die  Wanderschaft  bekami,  dass  es  in  der  Nacht 
im  Fieber  davon  träumt.  • 


\ 


\ 


MUTTER,      STIr/IL^E 


Mutter: 


sin.'^end 

Schlaf  konunt  wie  ein  Wandersmann 

sagt:  Schlaf,  schlaf ,  s chlafe  - 


O 


Kind : 


Alle  Bäi:une  wandern 
alle  Bäiine  wandern 
heben  ihre  Wurzelfüsse 

I 

\'jQinn  ich  pfeife    - 


Der  Mann: 


Mutter: 


0^0'-.  ! 


•  « 


Seht  -  sie  schläft  - 


«      • 


O 


Der  Mann:  .  0,  übe -all  Zähne,'   •,  •■■' 

Hörst  du,  wie  es  klappert? 
.  ■      Hohlzahn  statt  Hafer. 

Der  Rappe  steigt'. 
Schüttelt  die  Kähne 
und  zeigt  die  Zähne. 


.  l 


I' 

Die  Kälber  trinken  mit  den  Zähnen, 

> 

dass  die  Sutor  blutig  werden  - 

der  Roggen  abgebissen  -  Zähne  ohne  Ratten 

hörst  du  es,  Prau, 

hier  in  der  Kaimrier, 

(ia,    da        zeigt  auf  die  'Wand 

* 

Zähne  statt  der  Ziegel  -  . 

Prau,  der  Maurer  nuss  an  den  Gal.Tcn  - 


•■»■«i»"*«»."^"^  •~" 


"■VfMiap<««i4|p*ttN 


»PM  I      II«,. 


-rriu: 


So  schweig  doch, 

das  Kind  schlaft  ^^ 

das  Piebor  ist  sehr,  hocli! 


Der  Mann:   Nun  klappert  es, 


Kind 


o 


Mc;nn 


\ 


o 


Mann : 


das   ganze   Haus  klapToert  - 


I , 


im  Trauin  fieüris: 
Alle   'ßäurriG   wandern 


•    V, 


alle   BäuiTi 


e   wandern 


heben  ihre   \^urzelfüsse   und  wandern 
wenn  ich  pfeife  -"'-''.    .  .'  ."    ■....-■;■•    • 


Alle   Schatten  v/andern/  *      •   •     ' 

konm,    liebes  Bahrtuch,    "    : 

,    »    ;    ,  ■•  .       •    * 

t.      ,  • 

.  •    •       •. 

deck  mir  den  weissen  Mondzahn  zu;  .  •   •  .   ' 
war  es  nicht  ein  Mio Ihz ahn,  ••■;'•'•■'  V  ' 
der  aus  seinem  Mundo  fiel  mit  der  Pfeife  - 

Prau,  Prau,  ''  .  •■■•::.;  '  ■    . 
die  riilcli  hat- Zähne, 

t  '     *     . 

Zähne.      '  EskloT^f  t   an. 


ruf' 


Wer  klopft?  Wer  da? 


Stimme : 


\ 


M 


oYi 


la. 


öag- 


du  sollst  ein  heiliges  Kind  getötet  haben? 


X 


V 


^'4 


6 


—     OD 


Iviann 


Lari,    Fari,    Futterv/urzel. 
Alle   Kinder   sind  heilig! 


Stimme : 


Sollst  ein  heiliges  Kind  getötet  haben-. 


Mann : 


Alle  Kinder  sind  heilig 


Stimme : 


Dein  Kind  -  ist 'krank  -  sehr  krank! 


O 


Mann : 


■\ 


höhnisch  lachend.     '  .  / 
Aha,  der  Arzt  bist  du  '-   ...  ' 

Es  riecht  schon  in  der  Luft, 

Lagerluft !  .  '  '\ 

Du  Menschenf leischsortierer ! 


Muttor: 


Das  Kind  ist  tot! 


o 


ivlann : 


abwesend 


o  —  was  -? 


Stimme : 


Hörst  du  nicht?  Lein  Kind  ist  tot! 


Mutter: 


Unser  Kind  ist  tot! 


Akustik:  Mutter  v/eint  vor  sich  hin. 


•  «■^■w« 


Mann  renni:   aus    dein  z^immer,    schiäfft   Tür  zu.^ 
Dissonanter   Akkord.  ■        . 


^ 


/ 


-  67  - 


XVI.   Bild 


Sprecher:    MICI-IAEL  glaubt  seine  Sendung  erfüllt. 

Er  vorlas  st  das  Dorf  und  muss  wieder  den  ^Ä'ald 
durchvy andern.  La  stockt  ilim  der  Schritt. 
■.  /.   ■;     DER  FlANM,   SAMUEL,   STBEvE 
\-         Akustik:  Winde  Michaels  Schritt,  der  stockt 


■  •        > 


O 


Michael: 


Ein  Blick  trifft  mich  im  Rücken, 

■'  •      '        .  *   '  - 
ich.  v/erde   festgehalten.     • 


Mann : 


Wenn  er  den  Kopf  nicht  nach  hinten  gev/orfon  ^'ci^:z\>^  ^ 

so  hatte  ich  ihn  nicht  erschlagen, 

der  Milchzahn  wäre  nicht  mit  der  Pfeife  herausgefal 


mim   VC  >■  ->  » 


Aber  -  das  "war  /:xr:en'  die  Ordnung  - 


v»^   <^ 


den  KoT)f  .nach  hinten  zu  werfen  - 


o 


das  musste  zurechtgerückt  werden  -. 

Und  v/ohin.  hat  er  gepfiffen? 

^in  heiml^iches  Signal? 

Ein  Zeichen  durch  die  Luft- 

ausserhalh  jeder  Kontrolle  -  ,    ' 


Hilfe ,  Schuhmacher, 


der  Milchzahn  v;achst  aus  der 


V»    i-i  v^ 


Ul  L 


:le 


beginnt  mich  anzuknabbern  - 
durch  meine  Schuhe  hindurch  - 

I 
■ 

meine    Püsse      zerfall   en- 


weraen  Erae  - 


schreiend: 


V/o  ist  da  die  Ordnung,  die  Weltordnung  - 
ich  bin  am  Leben, 


.  ^  -^m^^   -•««»'«■■«»«WM 


li  II  9  n^im^^mm 


wm-mmmm/^-^mm 


^ 


/ 


68  _ 


'Izxin : 


o 


ich  'bin  nicht  tot  -        •  .  ■ 

nicht,  gehangen  -     ■  .'    .         ■   • 

nicht  verbrannt  - 

nicht  lebendig  in  die-  Erde ' geworfen  -  - 

CS  ist  ein  Irrttur.,  ein  Irrtum, 

ich  z'  c  r  f  a  1  1  0,  ,   zerfalle- 

ich  bin  ein  Stumpf  -  •■   '  '.  ''  -v 

■  sitze  auf  dem 'Sand,    '..■'-:'.■-   '".   ' 

•>  •         ,  *  -  ,     ,     ..••■•■'        •       .  ■   •  - 

der  soeben  noch  mein  Fleisch  war  -  •  '  ■  ' 


brüllend 


•L  o 


Michael: 


visionär. 


•   ■  • 


i^s  öffnet  sich  die  Luft  in  Kreisen  -  . 
Es  wächst  der  Embryo  im  Mutterleib  -'  •  " 

■  f  •         ■  • 

Auf  seiner  Stirn  das  ürlicht  leuchtet  - 

V  .      .   ^  > 

Kind  mit  dem  Gotteslicht     '   •  .    . 

■ '        i   ■  • 

lies  in  den  Händen  des  Mörders  - 


o 


Der  Mann:   Meine  Hände, "meine  Plände  -  ■ 

•  ,  •   geht  nicht  fort,  o  meine  Hände  - 
meine  Hände  zerfallen  - 


Michael:    An  Horizont  bricht  eine  Wunde  auf 

« 

blutender  Mund  des   Samuel       : 
öffne   dich  du  stummer  Mund! 


•Samuel: 


Eli 


Michael:    Der  Mutterleib  zerfliesst  in  I^; 


auch 


das  Urlicht  fliegt  an  meine  Stirn  - 


c 


69 


Michael: 


icli  sehe  weit  - 


O 


Zerfallender 

seine  Augen  werden  Löcher  - 

das  Licht  sucht  sich  andere  Spiegel 

•ich  sehe  durch  die  Löcher  -   • 

Brille  für  Sonnenfinsternis  •- 

in  deinen  Schädel 

der  die  Welt  einrahmt, 

die  du  v/ie  befohlen  darin  eingepackt  hattest, 

wie  in  einen  Soldatentornister  -    .       - • 

da  liegt  sie  -  zuckend,   ■  .  "    . 

ein  Insektenstern  mit  ausgerissenen  Flügeln  - 


\ 


es  rührt  sich  eine  Hand  darin, 

die  einen  Blitz  gestohlen  hat  -" 

ein  Rabe  verzehrt  ein  Menschenbein  - 


der  Blitz  verzehrt  den  Raben  - 


N, 


ich  sehe  nichts  mehr  - 


Stimme  und  Chor: 

Fußspuren  Israels , 

sammelt  euch! 


Letzte  Erdenminuten  Israels, 
sammiclt  euch! 
Letzte  Leidensminuten, 
sammelt  euch! 


Michael: 


Unter  meinen  Füssen  fährt  es  auf. 
Aus  meinen  Händen  stürzt  es  hin. 
Mein  Herz  giesst  etwas 'aus*- 


V 


-70  - 


Stinme : 


Deino   Schuhe    sind  vertreten   -   koimri.  ! 


E     N     D     E 


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Series  VI:  Writings  about  Nelly  Sachs,  1957-1967. 

This  series  is  in  German. 
ca.  0.25  linear  foot 

Scope  and  Content: 

This  series  consists  of  radio  lectures  and  other  writing  about  Nelly  Sachs.  Radio  lectures  consist 
mainly  of  documentaries  about  Nelly  Sachs  and  her  writings,  most  of  which  were  produced  by 
Berlin  radio  stations.  One  interview  of  Nelly  Sachs  focuses  on  her  75th  birthday.  In  addition  to 
the  documentaries,  there  are  2  German  transcripts  of  her  play  Eli,  one  broadcast  by 
Süddeutscher  Rundfunk,  the  other  by  ARD  Norddeutscher  Rundfunk.  There  is  also  an  English 
Version  of  the  play  by  the  British  Broadcasting  Company.  Other  writings  found  in  this  series 
include  essays  and  lectures  about  her  writing  as  well  as  theater  programs  for  productions  of 
Nelly  Sachs'  play  Eli.  Essays  include  three  by  Walter  A.  Berendsohn,  a  literary  historian  and 
friend  of  Nelly  Sachs. 

Box  Folder     Title  Date 


2 
2 


6  (Vl.b)     Radio  Programs 

7  (VI.c)     Writings  and  Theater  Programs  about  Nelly  Sachs 


1958-1965 
1957-1967 


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PRIX  ITALIA  1963 


ELI 

Hörspiel  von 
Nelly  Sachs 


<i. 


ARD 


Norddeutscher  Rundfunk 
Hamburg 

Bayerischer  Rundfunk 
München 


« 


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Nelly  Sachs 


Nelly  Sachs,  1891  gehören,  war  fast  unbekannt,  als  sie 
1940,  in  letzten  Augenblick,  durch  das  Eingreifen  Selnia 
Lagerlöfs  und  des  schwedischen  Prinzen  Eugen  aus  ihrer  ' 
Heimatstadt  Berlin  nach  Stockholn:  gerettet  wurde.  Ihre 
frijhen  ./erke,  zum   kleihsten  Teil  in  Zeitschrifter  und 
Anthologien  aus  den  zwanziger  Jahren  gedruckt,  sind  ver- 
schollen. Während  der  sieben  Jahre,  die  sie  mit  ihrer  Mut- 
ter unter  Hitlers  Schreckensherrschaft  lebte,  senkte  sich 
ein  Schweigen  über  ihren  Namen,  von  dem  Hans  Magnus  ^nzens- 
berger  sagt,  daß  es  "heute  noch  in  jeder  Zeile,  die  sie 
schreibt,  zu  vernehmen  sei".  Ihre  Angehörigen  verschwan- 
den einer  nach  dem  anderen.  Nur  durch  einen  glücklichen 
Zufall,  kurz  nach  dem  Ausbruch  des  Krieges,  während  der 

Okkupation  Dänemarks  und  Norwegens,  gelang  ihr  selbst  die 
Flucht. 

Nelly  Jachs  gehört  dem  PEN-Club  in  London  für  im  Ausland 
lebende  deutsche  Schriftsteller  an.  Sie  wurde  1957  Mitglied 
der  Deutschen  Akademie  für  Sprache  und  Dichtung,  erhielt 
Stiftungen  dos  Nobelkomitees,  1958  den  LiteraturprciB  des 
Verbandes  schwedischer  Lyriker  und  1959  den  Droste-Preis, 
bei  dessen  Überreichung  sie  das  einzige  Mal  nach  dem  Krieg 
m  Deutschland  war.  Ferner  wurde  1961,  an  ihrem  siebzigsten 
Geburtstag,  in  Dortmund  ein  Literaturpreis  nach  Nelly  Sachs 
benarmt  und  ihr  zum  ersten  Male  überreicht.  Gleichzeitig 
erschien  in  Suhrkanp-Verlag  ihr  lyrisches  und  szenisches 
Gesaiiitwerk.  i 


•Nelly  Sachs«  frühester  dramatischer  Versuch,  das  Mysterien- 
spial  ''Eli-',  ist  nach  ihrer  eigenen  Aussage  noch  während  des 


II 


Krieges,  in  einigen  "Feuernächten  der  Qual"  begonnen  worden. 
Da  dieses  wichtige  und  bedeutende  //ork  mit  mehr  ala  siebiiig 
Mitwirkenden,  dazu  Stimir.en  und  Chöre,  durch  seine  Horapli- 
zierthoit  sowohl  auf  der  3ühne  als  auch,  wie  sich  erwies, 
im  Rundfunk  nicht  heinisch  werden  konnte,  wurde  geaeinsaia 
mit  der  Dichterin  der  Plan  eines  radiof onischen  Textes  ver- 
abredet, für  den  IJelly  Sachs  Heinz  Schwit^:ke  als  Iiitarbei- 
tor  autorisierte.  Es  erwies  sich  dabei,  daß  uan  mit  einfachen 
ZusaniTjenfaysungen  und  Umstellungen  eine  überaea-^ende  Kör- 
spielforn  gewinnt,  die  die  innere  und  äußere  Handlung  der 
groJ3en  Dichtung  und  ihre  Sprachkrc.ft  für  alle  verständlich 
zur  v/irkung  bringen.  Diese  Neufassung,  bei  der  ITelly  Sachs 
beratend  mitgewirkt  hat,  wurde  vom  i^orddeutschen  Runafunk 
am  1.  Oktober  1961  zum  ersten  Mal  gesendet.  Sie  ist  üeit- 
desi  in  Deutschland  (seit  kurzem  auch  schon  in  England') 
mit  ungewöhnlicher  Anteilna-ime  mehrmals  wiederholt  worden. 
Ihre  radiofoni sehen  V/irkung en  sind  auch  der  Musik  Hans 
Kellers  und  der  Regie  Heinz  von  Gramers  zu  danken. 


:i  2ii  u 


Das  Hörspiel  beginnt  mit  der  Erzählung  einer  ^Yäscherin. 
Sie  nat  den  Mord  an  dem  kleinen  jüdischen  Jungen  Eli 
nicht  selbst  gesehen,  hat  aber  sein  Sterbehemd  gewaschen, 
Zeugin  war  die  y»'itwe  Rosa.  Sie  hat  miterlebt,  wie  der 
achtjährige  Eli  mit  einer  Pfeife  hinter  seinen  Eltern 
herlief,  die  von  deutschen  Soldaten  abgeführt  wurden.  In 
seiner  Verlassenheit  und  Verzweiflung  hat  Eli  damals  die 
Pfeife  zuTxi  Hiaiiiel  erhoben  und  zu  Gott  un  Hilfe  gepfiffen. 
Ein  junger  Soldat,  der  dies  bemerkte,  und  der  den  Pfiff 
für  ein  geheimes  Signal  hielt,  h<-t  sich  daraufhin  umgedreht 
und  Eli  mit  seinem  Gev;ehrkolben  erschlagen. 


III 


In  den  kleinen  jüdisch-polnischen  Städtchen,  in  dem  Eli  ge- 
lebt hat,  siixd  die  Spuron  der  Zerstörung  seitdem  noch  längst 
nicht  beseitigt.  In  den  Ruinen  spielen  Kinder  mit  brandigen 
Petzen  und  ICnochen  und  singen  das  traurige  Lied  von  Sterben 
des  jüdischen  Königs  und  seiner  Könir/in.  ■ 

Der  junge  3chui:iacher  i-iichael,  ein  Auserwählter,  dem  G-ott 
die  öabe  des  sechsten  Sinns  gegeben  hat,  kann  während  der 
Arbeit  an  den  vielen  grossen  und  kleinen  Schulien  seine  geraub^ 
te  Braut  liyriam  und  den  Knaben  Eli  nicht  vergessen.  Er  geht 
zu  Samuel,  dem  vor  Schrecken  stumm  gewordenen  Großvater 
Slis,  und  dort  sieht  er  plötzlich  als  Vision  das  Gesicht 
des  Mörders  vor  sich.  Mit  Elis  Flöte  macht  er  sich  auf  den 
V^eg,  diesen  Mörder  zu  suchen. 


Die  Stationen  auf  Michaels  vfeg  sind  Erinnerungen  an  die  grauen- 
volle Zeit  des  Mordens  und  der  Zerstörung.  Doch  erlebt  ör 
auch  die  Ereude  am  Aufbau  der  neuen  Stadt  und  das  unwandel- 
bare Gottvertrauen  der  Juden  mit.  Da,  wo  einst  Blut  floß, 
bietet  heute  der  Händler  Mendel  wieder  seine  Waren  an,  und 
der  Scherenschleifer  schärft  die  Sicheln  für  eine  neue  Saat, 
Als  Tanzmusik  aufklingt,  zuckt  es  den  J'Iädchen  in  den  Füßen, 
doch  die  eine  ist  lahm  und  die  andere  blind,  und  eine  junge 
Muttor  erzählt  einem  Buckligen  von  der  Geburt  ihres  Kindes 
in  einem  Erdloch. 

Michael  denkt  an  den  Bäcker,  der  wegen  einer  Zuckerbrezel 
erschlagen  wurde,  und  an  eine  junge  i'Autter,  die  man  gefoltert 
hat.  Drei  Männer  tesQgnen   ihm  und  erzählen,  warum  man  sie 
gehaßt  hats  wegen  seiner  schlenkrigen  Schultern  den  einen, 
wegen  seines  Lächelns  den  anderen,  und  wegen  seines  Hauses 
den  dritten. 


Auf  der  nächsten  Station  seiner  Wanderung  erlebt  Michael, 
wie  die  Hoffnung  auf  eine  bessere  Zukunft  wächst,  Stimmen 


IV 


preisen  die  reine  Luft,  aus  der  aller  Blutgerucli  verschwun- 
den ist,  und  die  Erneuerung  der  Erde,  aus  deren  Mitte  nun 
alle  Verderbnis  entfernt  wurde  wie  der  Wurm  aus  einem  Apfel. 
Eine  alte  Frau  weint  zwar,  weil  die  Äatten  den  Kuchen  gefres- 
sen haben,  den  sie  für  den  Rabbi  gebacken  hat.  Doch  der  Rabbi 
tröstet  sie  und  verspricnt  ihr  neues  Mehl.  Fröhlich  singend 
gehen  die  Maurer  an  die  Arbeit,  um  wieder  aufzubauen.  Aber 
Michael  warnt,  denn  wenn  nicht  tief  genug  ausgeschachtet  wird, 
können  die  Grundmauern  nur  leichtlebiges  tragen. 

Danach  wandert  er  weiter,  und  noch  einmal  begegnen  ilim  der 
Scherenschleifer  und  der  Hausierer  B/Iendel.  Der  eine  berichtet, 
daß  er  halbtot  schon  im  Massengrab  lag,  als  ein  barmliersiger  ' 
Soldat  ixhn  gerettet  hat,  und  erzählt  von  den  unendlichen  Ur- 
sachen der  Dankbarkeit.  Der  andere  schenkt  Michael  neue 
Schnürbänder  für  seine  Schuhe.  Es  freut  ihn,  daß  der  auserwähl^ 
te  Michael,  wenn  er  eines  Tages  ins  Paradies  wandert,  dann 
seine  Schnürbänder  am  Fuß  haben  wird. 


Auf  seinem  weiteren  rteg  kommt  Micnael  durch  eine  grausige 
Landschaft,  Menschenfingor  wachsen  aus  der  Erde  und  sprechen 
SU  ihm.  Pinger  der  Vförger  und  Mörder,  die  mit  entsetzlichen 
Worten  vo:a  Töten  reden.  Bäume,  an  denen  Leichen  hingen, 
und  denen  die  Axt  an  die  Wurzel  gelegt  wird,  ergreifen  das   ' 
Wort.  Und  auch  Hirsch,  der  jüdische  Schneider,  der  zu  den 
Helfern  der  Mörder  gehörte,  erzählt  noch  einmal,  daß  er 
bei  dem  großen  Schornstein,  durch  den  der  Rauch  der  verbrann- 
ten Leiber  zum  Hiomel  stieg,  als  Tod  angestellt  war.  Auch 
hört  man  die  gräßliche,  mitleidlose  Stimme  des  Lagerkomman- 
danten. 


Schließlich  krümmen  sich  die  Einger  der  Würger  und  weisen 
Michael  den  Weg  in  eine  friedlicnere  Gegend.  Ein  Bauer  zeigt 
ihm,  wo  er  eine  Schumacherwerkstatt  und  Arbeit  findet.  Dort 
hat  der  Cherub  mit  der  Elöte  endlich  sein  Ziel  erreicht 


denn  unweit  lebt  der,  den  Michael  sucht,  mit  seiner  Prau 
und  seiner  kleinen  Tochter. 

Als  der  gesuchte  Mörder  bald  darauf  mit  seinem  Kind  die 
Werkstatt  betritt,  erkennt  ihn  B/fichael  sofort.  Das  kleine 
Mädchen  aber  erblickt  die  Flöte  Elis  und  wünscht  sich  heftig 
sie  zu  besitzen.  Doch  das  Gewissen  des  Vaters  erlaubt  nicht, 
daß  sein  Kind  sie  mitnimmt  und  spielt.  Ihr  unerfüllter  Wunsch 
macht  das  kleine  Mädchen  krank,  sie  hört  und  sieht  in  Pieber- 
träumen,  wie  alle  Welt  der  Flötenmelodie  folgt  und  selbst 
die  Bäume  wandern.  Mutter  und  Vater  fürchten  um  das  Leben 
ihres  Kindes.  Auch  der  Vater  wird  schließlich  vom  Fieber 
gepackt.  Ihn  verfolgen  klappernde  Zähne,  und  eine  Stimme 
klagt  ihn  des  Mordes  an  Eli  an.  Als  sein  Kind  stirbt,  rennt 
er  gehetzt  aus  dem  Haus.  Voller  Entsetzen  muß  er  erleben, 
daß  ihm  auf  der  Flucht  Glied  für  Glied  vom  verwesenden  Kör- 
per fällt.  Michael  aber  sieht  im  Schädel  des  Aufgelösten  die 
zuckende,  lebendige  Welt  und  ruft  allen  jüdischen  Gläubigen 
prophetisch  zu: 

"Fußspuren  Israels, 

saiiunelt   euch! 

Letzte  Erdenminuten  Israels, 
sammelt  euch! 

letzte  Leidensminuten 
sammelt  euch!" 


Die  Inhaltsangabe  des  bilderreichen  Stückes,  das  aus  der 
Tradition  chassidischer  Mystik  lebt,  kann  nur  ungefähr  gegeben 
werden,  weil  sich  manches  rational  nicht  erfassen  läßt.  Gefühl 
und  Phantasie  aber  verstehen  die  gleichnishaften  Vorgänge  beim 
Hören  ohne  große  Mühe. 


ELI 


Hörspiel 


von 


Nelly  Sachs 


Regie: 
Musiks 


Heinz  von  Gramer 
Hans  Keller 


P  E  R  S  0  W  VI  N  : 


Frau 

Größeres  Mädchen 

Kleines  Mädchen 

Knabe 

Größerer  Junge 

Michael 

Mendel 

Eine  Frau 

Mann 

Ein  Scherenschleifer 

Andere  Frau 

Ein  Mädchen 

Ein  zweites  Mädchen 

Ein  drittes  Mädchen 

Der  Bucklige 

Junge  Frau 

Ein  Mann 

Zweiter  !Iann 

Dritter  Mann 

Eine  Stimme 

Eine  zweite  Stimme 

Alte  Frau 

Rabbi 

Schar  junger  Männer 
Erster  Maurer 


Ein  Finger 

Stimme  des  ersten  Töters 
Stimme  des  zweiten  Töters 
Stimme  des  dritten  Töters 


Ein  langer  knö ebener  Pin 


.CT 


er 


Stimme  des  Dozentenfingers 
Stimme 

Andere  Stimme 

Ein  Baum 

Echo 

Das  Wesen 

Der  Schornstein 

Stimme 

Bauer 

Kinder 

Komparsen 

Ein  Mann 

Kind 

Mutter 

Knabe 

Zweiter  Knabe 

Meister 

Stimme 

Samuel 

Ein  Mann 


.  1  ^ 


Sprecher: 


Frau: 


(l.  Szene) 

Kehrt  eine  Frau  in  die  zerstörte  Stadt  zurück 


und  spricht 


O   (1   9 


(im  singenden  Ton) 

Komm  von  der  Bleiche,  der  Bleiche, 

hab'  Sterbewäsche  gev;aschen, 

dem  Eli  das  Hemd  gev/aschen, 

Blut  herausgewasohen,  Schweiß  herausgewaschen, 

KinderBohweiß  -  Tod  herausgewasohen  -. 

Will  es  zu  dir  tragen,  Samuel, 

in  die  Kuhgasse  tragen  zum  Abend, 

wo  die  Fledermäuse  in  der  Luft  herumblättern, 

wie  ich  blättere  im  Bibelbuch, 

um  das  Klagelied  zu  suchen,  darin  es  raucht, 

darin  es  brennt  und  die  Steine  herunterfallen  -. 

Das  Hemd  von  deinem  Enkel  will  ich  zu  dir  tragen, 

vom  Eli  das  Hemd,  - 

War  dein  Sohn,  Samuel,  am  Morgen,  als  sie  ihn  hoL; 

aus  dem  Bett  rissen,  aus  dem  Schlaf  -,       ^^^ 

Wie  sie  vorher  aufgerissen  hatten 

die  Tür  zrm  Schrein  der  Geheimnisse  im  Tempel  - 
behüte,  behüte  -, 

so  rissen  sie  ihn  aus  dem  Schlaf. 

Rahli,  seine  Frau,  rissen  sie  auch  aus  dem  Schlaf  ■ 

trieben  sie  vor  sich  her,  die  beiden,  durch  die 

Knhgas  s  e , 
die  Kuhgasse  -  hat  die  Witwe  Rosa  gesessen 
an  der  Ecke,  am  Fenster 
und  erzählt  hat  sie  es,  wie  es  hergegangen  ist. 


-  2  - 


noch  Frau: 


bevor  sie  den  Mund  ihr  geschlossen  haben, 

mit  einem  Dorn,  weil  ihr  Mann  Gärtner  war. 

Ist  der  Eli  im  Nachthemd  seinen  Eltern  nachgelaufen, 

in  der  Hand  die  Pfeife. 

mit  der  er  gepfiffen  hat  auf  der  Weide, 

den  Lämmern,  den  Kälbern,  - 

und  bist  du,  Großvater  Samuel,  dem  Enkel 

nachgelaufen  -. 

Und  als  der  Eli  sah, 

mit  seinen  achtjährigen  Augen  sah, 

wie  sie  antrieben  seine  Eltern, 

durch  die  Kuhgasse,  die  Kuhgasse, 

hat  er  die  Pfeife  an  den  Mund  gesetzt  und  hat 

gepfiffen. 

Und  nicht  hat  er  gepfiffen, 

wie  man  pfeift  dem  Vieh  oder  im  Spiel, 

sagte  die  Witwe  Rosa,  als  sie  noch  lebte, 

den  Kopf  hat  er  geworfen  nach  hinten, 

wie  die  Hirsche,  wie  die  Rehe, 

bevor  sie  trinken  an  der  Quelle. 

Zum  Himmel  hat  er  die  Pfeife  gerichtet, 

Zu  Gott  hat  er  gepfiffen,  der  Eli, 

sagte  die  Witwe  Rosa,  als  sie  noch  lebte. 

Zu  Gott  hat  er  gepfiffen. 

Ging  ein  Soldat  mit  im  Zuge, 

sieht  sich  um  nach  dem  Eli, 

wie  der  pfeift,  hocb  zum  Himmel  - 


-  3  - 


noch  Frau: 


schlägt  ihn  tot  mit  dem  Kolben  seines  Gewehres, 

War  der  Soldat  noch  ein  junger,  sehr  ;)unger, 

hat  die  Witwe  Rosa  gesagt. 

Nimmt  der  Samuel  die  Leiche, 

Großvater  Samuel,  sagt  die  Rosa, 

setzt  sich  nieder  auf  einen  Meilenstein  - 

und  ist  stumm,  -  ist  stumm, 

(Pause) 

■War  denn  der  Michael  nicht  zur  Stelle, 

daß  er  hätte  retten  können  den  Eli?  - 

War  der  Michael  im  Bethaus, 

im  brennenden  Bethaus, 

hat  die  Flammen  gebunden, 

hat  den  Jossele  gerettet, 

den  Dajan  gerettet, 

den  Jakob  gerettet, 

aber  der  Eli  ist  tot. 

Es  hat  die  TiTitwe  Rosa  noch  hinzugefügt, 

daß  der  Michael  eine  Minute  zu  spät  kam, 

eine  winzige  Minute, 

sieh,  so  winzig  wie  das  Öhr  meiner  Nähnadel, 

nlt  der  ich  vorhin  noch  diesen  eingerissenen  Saum 

an  Eli's  Hemd  festnähte. 

Was  meinst  du,  warum  er  zu  spät  kam. 

er,  den  kein  Feind  aufhielt? 


-  4  - 


noch  Frau: 


Er  tat  einen  Schritt  in  die  Nebengasse, 
einen  einzigen  Schritt, 

da  wo  die  Myriam  ihr  Haus  einmal  gestanden  hat  - 

und  dann  wandte  er  sich  um  - 

und  der  Eli  war  tot. 

Da  sagte  die  Witwe  Rosa  noch: 

Hat  doch  der  Michael  den  ungebrochenen  Blick, 

nicht  den  unsrigen,  der  nur  Scherben  sieht  - 

-  den  Baischemblick  hat  er, 

von  einem  Ende  zum  andern  . , , 

Will  den  Michael  fragen,  was  er  weiß, 

Näht  er  auch  Sohle  an  Oberleder  fest, 

weiß  er  dochmehr  als  nur  wandern  zum  Grabe. 

Bin  eine  Wäscherin, 

hab«  lauge  gebrüht,  gewaschen,  gespült, 

aber  heute  auf  der  Bleiche, 

da,  wo  der  Saum  war  gerissen  an  Elitg  Hemd  - 

da  sah  es  mich  an  - 

7^11  den  Michael  fragen,  den  Schuster. 
(Ab.) 


Sprecher: 


(2,  Szene) 

Kommen  Kinder  aus  den  Ruinen  der  Gasse  auf  den 
Marktplatz  gelaufen  . . . 


~  5  - 


Größeres  Mädchen: 


Der  Schulhelfer  hat  gesagt, 

es  sei  heute  der  Tag, 

an  dem  vor  Jahren  des  Michaels  Hochzeit  war, 

und  an  dem  sie  ihm  Myriam,  die  Braut,  raubten 
vor  dem  Kerzensegnen» 


Kleineres  Mädchen: 


Y/as  wollen  wir  spielen? 


Größeres  Mädchen: 


Knabe : 


Hochzeit  und  Kerzensegnen, 

und  ich  bin  die  Braut. 

Und  ich  raube  dich,  (ergreift  sie) 


Größeres  Mädchen:  (sich  losmachend) 

Nein,  ich  will  das  nicht, 

ich  suche  mir  ein  Kind  zum  V/iegen, 

(Einen  Petzen  aus  dem  Geröll  ziehend) 

Hier  ist  Stoff, 
hier  ist  ein  Stück  Holz, 
nur  wenig  angekohlt. 
Jetzt  habe  ich  ein  Kind, 
und  es  hat  schwarzes  Haar, 
ich  will  es  wiegen. 


(singend) 

1)  Es  war  einmal  eine  Märe, 

die  Mä:?G  ist  gar  nicht  fröhlich. 


o 


noch  Größeres  Mädchen: 


Die  Märe  hebt  an  mit  Singen 
von  einem  jüdischen  König. 


2)   Es  v/ar  einmal  ein  Koni 


g? 


der  König  hatte  eine  Königin ^ 

die  Königin,  hatte  einen  V/in^cert  - 


Ljulinkej,  mein  Kind 


o  o  o 


3)   Der  Wingert,  der  hatte  einen  Baum, 
Der  Baum^  der  hatte  einen  Zv/eigj, 
Der  Zv/eigj  der  hatte  ein  Ilestohen  - 


Ljulinke,  mein  Kind 


009 


Knabe  s 


Duj,  der  JoGsele  hat  Knochen  gefunden  - 

wer  sich  aus  dem  Totenbein  eine  Pfeife  macht 

dem  kommt  kein  Vieh  fort  - 


Größerer  Junges 


Jossele,  fülle  den  Eimer  am  Brunnen, 
lauf  um  den  Kalk,  dort,  v/o  sie  bauen, 
vor  den  Toren  bauen,  die  neue  Stadt, 
Sind  keine  Tore  mehr, 
ist  keine  alte  Stadt  mehr, 
Ist  kein  Bethaus  mehr, 

nur  noch  Erde  genug  für  den  guten  Ort!  (für  sich) 
Das  war  ein  Haus  hier,  das  war  ein  Herd, 
Steht  noch  ein  Kochtopf,  schwarzgebrannt. 


-  7  - 


noch  Größerer  Junge: 


Knabe  j 


Hier  ist  ein  buntes  Band 5 
vielleicht  wars  ein  VYiegenband  - 
vielleicht  auch  ein  Schürzenband  - 
wer  weiß? 

Hier  ist  ein  Käppchen. 
Wer  trug^s? 

Ein  junger  Mann  oder  ein  alter  Mann,  oder  ein  Knabe? 

Schützte  die  18  Segenssprüche,  die  stillen, 

vor  den  eitlen  Gedanken, 

vor  den  bösen  Gedanken, 

oder  -  wer  weiß? 

Weine  nicht,  Jossele. 


Bauen  wir  doch  aufs  Neue  das  alte  Haus. 
Hängen  üich  die  Tränen  ans  Gestein, 
hängen  sich  die  Seufzer  ans  Gebälk, 
können  nicht  schlafen  die  kleinen  Kinder, 
hat  der  Tod  ein  weiches  Bett. 
Größeres  Mädchen: 

Es  ist  schon  spät. 


Knabe : 


V/ir  wollen  nach  Hause  gehn. 
Gib  her  dein  Kind, 
ich  werf  es  aufs  Geröll, 
da  kann  es  schreien. 


3 


Größeres  Mädchen 


Sprechers 


4) 


Nein,  laß  das  sein, 

es  heißt  Myriam, 

und  icli  werde  in  die  Küche  gehen, 

und  mir  einen  Quirl  holen, 

so  hat  es  einen  Kovf. 

(singend) 

.Das  Nest,  das  hatte  ein  Vögelchen, 

Das  Vögelchon,  das  hatte  ein  Plügelchen, 

das  Plügelchen,  das  hatte  ein  Pederchen 


Ljulinke,  mein  Kind 


0  •  • 


dehen  alle  langsam  fort  , „ . 
5)   Der  König,  der  mußte  sterben , 

* 

die  Königin,  die  mußte  verderben, 

der  Baum  mußte  zerbrechen, 

das  Vögelchen  fliehen  vom  Weste  . . . 


(3.  Szene) 


Sprecher 


Michael: 


Sitzt  der  Schuster  Michael  bei  der  Arbelt  und  häm- 
mert . , , 
Kleiner  Schiih,  kleiner  Schuh. 

Du  gingst  so  laicht,  Myriam, 

die  Gräser  standen  hinter  dir  auf. 

Hier,  diese  Spange  riß, 

als  du  mir  entgegen  eiltest  -  damals  - 

schnell  ist  die  Liebe, 


Wi 


-  9  - 


Michaels 


noch  Michael:   die  Sonne,  wenn  sie  steigt, 

ist  langsam  gegen   sie. 
Myrian  - 

Welches  Gestirn  sah  deinen  Tod? 

i^ar  es  der  Mond,  die  Sonne,  oder  die  Nacht,« 

mit  Sternen,  ohne  Sterne? 

(Schusterhammer  hämmert,  schweigt) 

Großer  Schuh,  Männerschuh, 

Isidors  Schuhe, 

des  Pfandleihers  Schuhe, 

schwere  Schuhe , 

Sin  Wurm  hängt  an  der  Sohle, 

ein  zertretener  7/urm. 

Der  Mond  scheint  weiter, 

so  sah  er  deinen  Tod. 

(Schusterhammer  hämmert.  Schweigt) 

Kinderschulie,  Kinderschuhe. 
ETach  innen  .«i^etroten. 


Michael: 


Lammwolle  haftet  daran  - 


Eli^Eli^ 


(schluchzt) 


m 


-  1o  - 


(4.  Szene) 


Michael: 


(Der 


zerreißende  Ton  einer  Pfeife  ist  2u  hören.) 


Samuel, 

ich  bitte  dich  mir  finden  zu  helfen,  was  ich  suche. 
Ich  suche  die  Hand, 

darin  die  Fäulnis  dieser  Erde  eingegangen  ist, 

ich  suche  Elis  Mörder! 

Ich  suche  den  Staub, 

der  sich  seit  Kain  vermischt  hat 

mit  allen  Mörderstaub  und  gewartet, 

vielleicht  hat  er  Vögel  inzwischen  gebildet  - 

und  dann  Mörder. 

Vielleicht  hat  er  die  Alraunäpfel  gebildet, 
für  die  Rachel  abtrat  eine  Nacht  der  lea  - 
Samuel,  alter  Großvater  Samuel, 
laß  mich  deine  Stummheit  fragenj 

* 

War  er  kleiner  als  ich  und  größer  als  du, 

der  Mörder? 

Sein  Haar,  war  es  blond?  - 

Seine  Augen,  schwarze,  blaue,  graue?  - 

0,  Samuel  (schluchzend) 

Wieviel  Millionen  Menschen  hat  die  Erde? 

Mörder  wie  Kain, 

Zerfallene  Alraunäpfel, 

Nachtigall ens taub . 

(Akustik:  Töne  der  Hirtenpfeife) 


-  11  - 


noch  Michael:  Sieh,  oh  sieh  - 


die  Kerze  wirft  den  Schatten  - 

imd  deine  Stummheit  spricht, 

aus  Elis  Plöte  spricht  sie: 

Sehr  jung  noch,  ist  er, 

sein  Mörder  sehr  jung, 

die  Nase  ist  breit, 

und  ihre  Flügel  zittern  vor  Wollust, 

die  Augen  haben  die  Pupillen  eines  Wolfes  - 

der  Mund  ist  klein  wie  von  einem  Kind  - 

So  werden  Gesichter  in  Träumen  gemischt  - 

Wasser  aus  Unsichtbarem  gegossen  - 

Es  ist  fort 9  Samuel,  stummer  Samuel« 

Aber  es  brennt  in  meinen  Augen; 

bis  ich  ihn  finde, 

wird  es  sich  vorschieben  jedem  Ding  auf  dieser  Erde. 

Stehen  wird  es  in  der  Luft, 

esse  ich  mein  Brot, 

so  esse  ich  diesen  Schreckensstaub 

esse  ich  einen  Apfel, 

so  esse  ich  des  Mörders  Gesicht  - 

sti;imriier  Samuel,  G-roßvater  Samuel, 

deine  Sprache  ist  schon  da, 

wo  aller  Staub  zu  Ende  ist. 

Hinter  dem  Wort  ward  dieses  gemischt! 


-  12  - 


noch  Michaels  Ich  gehe,  den  Mörder  suchen  ... 

(Akustisch?  unrealistische  Schritte  Michaels  entfer- 
nen   sich.  Von  Ferne  die  Töne  der  Pfeife.) 


(5.  Szene) 


Sprecher! 


Mendel! 


Ruft  der  Hausierer  Mendel  seinen  Kram  aus,  umringt 

von  Zuschauem  . . , 

Durch  einen  außerordentlichen  Zufall 

bin  ich  in  der  Lage,  euch  anzubieten: 

Waschechten  Schürzenstoff,  blumenbedruckt, 

schmetterlingsbedruckt, 

Strümpfe  aus  Ylolle^   Strümpfe  aus  Seide,  schon  aus 

Paris. 
Dieses  Gummiband,  delinbar  v/ie  Länder  und  Reiche 
und  wieder  zurückschnappend  - 
direkt  aus  Amerika o 

Aus  England  Lavendel  für  den  Kopfschmerz 
und  Pfefferminz  des  schlechten  Magens  halber  - 
Aber  dieses  Linnen  aus  Rußland  - 
nicht  für  die  Toten  mehr, 
nicht  für  die  Füße  hingestreckt  zur  Tür  - 
für 's  Bräutchen  nun  und  auch  für»s  Kind  - 


-  13  - 


Eine  Prau: 


Mann: 


Frau: 


Mann: 
Fran: 


Mann: 


Mendel; 


Mann: 


schon. 


(zu  ihrem  Mann) 
Sieh  her, 

dies  war  ein  Festtagsstoff  für  mich 
nun  wo  das  Ueujahr  bald  beginnt. 
Da  wohnen  wir  im  Armenhaus, 

-   • 

nicht  Tisch  hast  du  noch  Stuhl, 

was  soll  das  Zeug? 

Sieh  doch, 

die  kleine  Stemtalerin, 

sie  hat  einen  besseren  Mann, 

er  kaufte  ihr  das  schöne  Halstuch 

Wo  du  stehst  rann  Blut  - 

Wir  sind  gerettet 

und  solleia  uns  der  Rettung  freun. 

(zum  Hausierer) 

Du  verdirbst  die  Weiber  aufs  Heue,  Hausierer. 
Die  Putzsucht 

legt  den  Trauerflor  zierlich  in  Falten  noch. 
Ich  hab  kein  Weib, 

doch  hätt  ich  eins,  würd  ich  mit  Salomo  es  halten: 
Lobt  er  die  taugendhafte  Frau, 
lobt  er  auch  ihr  Gewand  dazu  - 
Nun  gut,  miß  es  schon  ab,  das  Zeug, 
damit  sie  sich  der  Rettung  freut. 


-  14  - 


Ein  Scherenschleiferj  (mit  Schleif steingeräusch) 

Scheren  zu  schleifen, 
Messer  zu  schleifen, 
Sicheln  für  die  neue  Saat  - 

Andere  Praus  ,  Fort  soll  er  gehn. 

Wenn  er  schleifen  will, 
soll  er  abseits  schleifen  - 
wer  kann  noch  anhören  - 
der  Messer  Geschleife  - 
Scherenschleifer: 

V/illst  du  wieder  essen, 
brauchst  du  ein  Messer  - 

willst  du  wieder  ernten, 
brauchst  du  ein  Messer  - 
••   willst  du  dich  bekleiden, 
brauchst  du  zwei  Messer* 

« 

(schleift) 


Andere  Prau:   0  diese  Gleichgültigkeit! 


Verstehst  du  nicht,  daß  dein  Geschleif 


das  Herz  der  Welt  in  Stücke  schneidet? 


Scherenschleifer : 


Ich  hasse  Niemanden, 

will  Niemanden  kränken  - 

schleife  ich,  so  ist's  mein  Gewerb  - 


-  15  - 


Andere  Frau:   ß.iet  sein  Gewerb, 

wie  meines  Weinen  ist  - 

und  das  des  Andern  Sterben! 
Ein  Mädchen:   (zmi   Hausierer) 

Eine  Lage  .oUgarn  will  ich  Wen.  (.ur  Gefährtin) 

dir. 
Wickle  ich  und  du  hältst  still, 

so  ist's  wie  Abschiednehmen. 

Hielt  man  mich  am  Handgelenke  fest 

und  nahm  die  Mutter  fort 

und  der  Abschied  ging  yon  ihr  zu  mir  - 

von  mir  su  ihr, 

^±s   er  zu  Ende  war  - 

« 

(Akustl=oh=  untor  den  letzten  V/orten  der  beiden 
Mädchen  Tanzwelse,  dazu  stampfende  Tanzachritte.) 
Zweites  Mädchen: 

Es  zuckt  unter  meinem  Fuß. 

Die  Flur  der  Sehnsucht  muß  hier  zuende  sein! 

Da,  meine  Stöcke,  da  liegt  meine  Lahmheit. 

Das  sind  alle  meine  Ifege. 

die  ich  lahm  gegangen  bin. 


Drittes  Mädchen: 


Immer,  wenn  meine  Fuß 
war  ein  Weg  zuende, 


e  eine  neue  Wunde  bekamen, 


wie  eine  Uhr,  die  schlägt. 


-  16  - 


Mädchen; 


Der  Bucklige 


Ich  wollte  meinen  Geliebten  noch  einmal  sehn, 

aber  da  nahmen  sie  mir  meine  Augen  - 

von  da  ab  zählte  ich  Mitternacht. 

Nun  bin  ich  nur  noch  eine  Träne  von  meinem  Gelieb- 
ten entfernt, 

und  die  letzte  Wunde  ist  in  meinem  Juß  aufgebrochen 

Tanzt  rieht  so  schwer, 

nicht  an  die  Wände  des  Schlafes  pochen, 

könnt'  euch  übers chwemmon, 

zuviel  junge  Herzen  darin  - 

wird  Liebesstaub  geben  - 

wer  weiß  wie  das  Korn  schmecken  wird  - 

wer  weiß? 


(Tanzmusik  aus) 

Junge  Praus    Buckliger!  Starre  doch  mein  Kind  nicht  so  an! 

Grott  behüte  es  vor  dem  bösen  Blick  - 
Der  Bucklige:   Behüte,  daß  ich  es  mit  meinem  Blick  versengte 

Wundern  tu  ich  mich  nur, 

wie  du  es  hast  gebären  können 

in  dieser  Zeit  - 
Junge  Prau:    Im  Erdloch  hat'  ich 's  geboren, 

Im  Erdloch  gesäugt  - 

Tod  nahm  seinen  Vater« 

mich  nahm  er  nicht, 

sah  die  Milch  in  meiner  Brust 

und  nahm  mich  nicht. 


-  17  - 


Der  Bucklige  s  Und  nahm  dich  nicht  - 

Junge  Fraus    Verzeih,  wenn  ich  dich  kränkte. 

Aber  Gott  behüte, 

dachte  erst, 

du  seist  ein  lebend  Stück 

vom  Un^^lück  Israels. 
Der  Buckliges   Du  sahst  auf  meinen  Buckel, 

glaubtest  or  sei  der  Ranzen, 

darin  der  Bock  das  Unglück  seines  Volkes  trägt. 


Junge  Frau: 


(Tanzmusik) 

Es  scheint  mir. 


daß  hundert  Jahre  oder  mehr  vergangen  seien, 

seit  ich  im  Erdloch  saß  - 

ich  kann  das  Licht  nicht  mehr  vertragen  - 

ich  blinzle  nur  - 

Dies  scheinen  keine  Menschen  mir, 

Erdhügel  sah  ich  tanzen  - 

die  Nacht  verwahrt  keine  Namen. 

« 

Der  Bucklige:   Die  Tänzer  v/erden  lange  Schatten. 

Es  ist  schon  späte  Nacht  in  Israel! 
Junge  Prau:    Die  Abendsonne  blendet  ihre  Leiber  fort. 

Was  bellt,  was  singt, 

vergaß  ich  längst  - 


.  I 


(Tanzmusik  aus) 


t 


-  18  - 


Der  Bucklige:  Ja  späte  Zeit  -  - 


und  da  komnt  Michael,  der  Letzte. 


(6.  Szene"^ 


Sprecher: 


Michaels 


Spricht  der  Michael  beim  Wandern 
(I'löte) 

(wandernd) 


9      O     9 


frr  • 

V 


^±e   viele  Millionen  Menschen  hat  die  Erde? 
Mörder  wie  Kain, 

die  den  Tod  an  zehn  Fingerspitzen  tragen? 
Esse  ich  mein  Brot 

so  esse  ich  diesen  Schrcckensstaub, 

esse  ich  einen  Apfel, 

so  esse  ich  sein  Gesicht  - 

(Flöte) 

Hier  ist  ciie  Stelle, 

wo  man  den  Bäcker  Eisik  mit  dem  schlürfenden  Schritt 

wegen  einer  Zuckerbrezel  erschlagen  hat. 

War  sein  Ladenschild  eine  eiserne  Brezel, 

hatten  sich  die  Kinderblicke, 

die  Seimsuchtsblicke  an  sie  gehangen, 

alBon  sich  satt  daran. 

Fiel  Eines  hin, 

hatte  für-  imer  genug  gegessen. 
Lachte  der  Eisik: 


-  19  - 


noch  Michaels   ich  backe  eine  Zuckorbrezel^ 

dann  noch  eine  und  wieder  soj, 
daß  sie  aich  nicht  zu  Tode  essen^ 
mit  den  Augen  an  der  Eisenbrezel^ 
hat  eine  gebacken^  keine  mehr. 
Hat  die  Si3enbrezel  gestrahlt, 
wie  im  Backof enf euer, 
bis  sie  ein  Kriegsmann  herunternahm, 
einschmolz  für  den  nächsten  Tod.  - 


(Flöte) 


Dort,  wo  du  deine  Kinder  getragen  hast,  Mutter,  - 
ich  glaube,  sieben  waren  wir  an  der  Zahl  - 
dort  ist  dein  Leib  eingesunken  zur  Grabhöhle  - 
trauernd  hängen  die  greisen  Brüste  darüber. 
Meine  Mutter, 

dein  Mörder  hat  dir  einen  Spiegel  vorgehalten, 

damit  du  ein  kurzweilig  Sterben  haben  solltest  - 

Mutter,  du  hast  dich  angesehn, 

bis  dir  die  Kinnlade  herunterfiel  -, 

aber  der  große  Engel  hat  seinen  Schatten  darüber 

gelegt! 

Durch  den  Stacheldraht  der  Zeit 

kam  er  zu  dir  geeilt, 

mit  den  Flügeln  zerrissen  -; 

Denn  Stahl  und  Eisen  sind  ins  Wuchern  gekommen, 

Mutter  -^ 


-  2o  - 


noch  Michaels 


haben  Ur^välder  in  dm  Lüften  gebildet  - 

Mördergohirne  sind  ins  Wuchern  gekommen  -, 

Lianen  der  erklügelten  Qual  sind  aus  ihnen  ausge. 

schlagen  - 
Spiegel,  Spiegel, 


du  Echo  aus  dem  Walde  der  Toten  -, 
Opfer  Lind  Honlcer, 
Opfer  und  Henker 

spielten  mit  ihrem  Atem  Stcrbespiol  auf  dir  - 
Mutter, 

es  wird  ein  Sternbild  einmal  Spies-el  heißen! 


(7.  Szene) 


Sprecher; 
Ein  Mann: 


Zweiter: 


Erster: 


Zweiter; 


Sprechen  die  Männer  über  Michael  . . . 

Sagt  er  noch  immer  Kaddisch  in  den  Spiegel  hinein? 

Ja.  Er  rodet  in  Totengebeten. 

Heiliger  Balschem, 

du  letzter  Garbenträger  von  Israels  Kraft, 

Schwächer  geworden  ist  dein  Volk  und  schwächer, 

ein  Schv/iEimer, 

den  nur  noch  der  Tod  an  Land  bringt. 

Sie  sagten; 

lun  meiner  schlenkrigen  Schulter  willen 
hassen  sie  mich  - 
Sie  sagten: 

Um  meines  immerwährenden  Lächelns  willen 
hassen  sie  mich  - 


-•  21  - 


Dritter: 


Michael: 


Sie  sagten 


um   dieses  Steinhaufens  willen, 
der  einirial  nein  Haus  v;ar, 
hassen  8ie  mich  - 
Ich  sehe, 

sehe  den  Anfang  deiner  schlenkrigen  Schultern, 

Schimon  • 

als  du  grubst  mit  Abraham  den  Brunnen  der  "Sieben 

Schv/üre" 

in  Ber  Scheba  - 

Ich  sehe, 

ich  sehe  den  Anfang  deines  Lächelns,  Aman  - 
am  Horab  eingepflanzt  den  siebzig  Alten, 
daß  es  keimt, 

keimt  am  wandernden  Staub  der  lippe  -. 
Steine  sind  Steine  - 

Erde  vom  Paradies  darin,  aber  in  Gierigkeit  umge- 
bracht. - 
Sie  aber  wissen  den  Anfang  nicht, 

den  ewigen  Anfang  nicht, 

und  darum  hassen  sie  uns  - 


Alle  Umstehenden: 


Michael: 


Darum  hassen  sie  uns  - 


Aber  ich  sage  euch 


Mancher  von  euch  hat  den  siehenden  Glauben  gehabt; 

hat  hinter  dorn  Vorhang  der  llacht 

die  großen  Beruhigungen  "Leben  und  Tod" 

heruntergezvrungen! 


-  22  - 


noch  Michael:  Nicht  nur  mit  Waffen  wurde  gekämpft, 

ich  sage  euch: 

Kampfplätze  gibt  es  -  Kampfplätze, 
von  denen  die  Erfinder  des  Tagmordes 
sich  nichts  träumen  lassen. 
Manches  Gebet 

hing  mit  den  flammenden  Flügeln  vor  der  Mündimg 

der  Kanone, 
manches  Gebet 

hat  die  Nacht  verbrannt  wie  ein  Blatt  Papier! 

Sonne,  Mond  und  Sterne  hat  Israels  Gebet  ausgereiht 

an  den  ziehenden  Schnüren  des  Glaubens  -, 

Diamanten  und  Karfunkelsteine 

um  den  sterbonden  Hals  seines  Volkes 

0!  0! 


•W  ••  '«•• 


Eine  Stimme:   Ist  dies  Michael? 

Zweite  Stimme:  Nein  -  siehst  du  nicht, 

wie 's  in  der  dunklen  Ecke  flammt  - 
ein  Cherub  ist's  aus  Tod  und  Pouer- — 


(8.  Szene) 

Erste  Stimme:   Die  Luft  ist  neu  ~, 

fort  ist  der  Brandgeruch  -, 
fort  ist  der  Blutgeruch  -, 


-  23  - 


noch  Erste  Stimme: 


Zweite  Stimme 


Alte  Frau: 


Sprecher: 


Alte  Frau: 


fort  ist  der  Qualmgeruch  -, 

die  Luft  ist  neu! 

In  meinem  Ohr  ist  ein  Geräusch, 

als  ob  jemand  dabei  wäre, 

den  Stachel  aus  der  Y/unde  zu  ziehn  - 

den  Stachel,  der  in  der  Mitte  der  Erde  steckt  - 

Jemand  nimmt  die  beiden  Hälften  der  Erde  auseinan- 


der 


wi 


le  einen  Apfel  -, 

die  beiden  Hälften  von  Heute  und  Gestern  -, 

nimmt  den  Wurm  heraus 

und  fügt  das  Gehäuse  wieder  zusammen! 

Kommt  er  noch  nicht,  der  Rabbi  ~, 

immer  noch  nicht  der  Rabbi  -, 

Da  kommt  der  Rabbi! 

Steht  die  Prau  auf  und  geht  dorn  Rabbi  weinend 
entgegen  . . „ 

Hab  :*.ch  einen  Kuchen  gebacken, 

draußen  im  Ofen  auf  der  Weide  - 

haben  die  anderen  Frauen  gesagt: 

schön  ist  dein  Kuchen, 

dein  ?e:?crtagskuchen!  Hab  ich  gesagt: 

ist  für  den  Rabbi,  der  Kuchen. 

Hab  drei  Maß  Mehl  genommen, 


-  24  - 


noch  Alte  Frau: 


Rabbi: 
Alte  Frau: 


Rabbi: 
Alte  Frau: 


Rabbi 


Alte  Frau: 


wie  die  Sari  tat,  als  sie  buk  für  die  Engel, 
die  Engel, 

die  zum  Abraham  kamen  am  Abend  - 

In  der  Schrift  steht  nichts,  daß  sie  am  Abend  kamen 

Inner  kommen  die  Engel  am  Abend. 

Und  das  Wasser  am  Quell 

hat  einen  Mundj  der  spricht 

Warum  weinst  du  Mütterchen? 

Soll  ich  nicht  weinen? 

Haben  die  Ratten  gegessen  den  Kuchen, 

den  Kuchen  für  den  Rabbi! 

m 

Neues  Mehl  wird  man  dir  geben, 
und  wir  essen  zusammen  den  Kuchen  - 
Kann  nicht  mehr  backen 
kann  nicht  mehr  essen. 


(weint  heftiger) 


Rabbi: 


Kann  nur  noch  weinen. 

Wohnst  du  im  Haus  bei  den  Alten 


Alte  Frau? 


Rabbis 


Mütterchen? 


Im  dritten  Keller  wohne  ich, 

am  Marktplatz« 

Warum  wohnst  du  nicht  bei  den  Alten? 


-   25    - 


Alte  Frau: 


Vifeil  icli  wolinen  muß, 

dort;  wo  ich  wohne, 

Ist  der  Jehudi  dort  gehören ^ 

Der  Natel  dort  gehören, 

das  Tauhel  dort  geboren  - 

ist  noch  ihr  Schrei  darin, 

von  dem  Tauhel  der  Tanz  darin  - 

der  Michael  hat  mir  ein  Paar  Schuhe  geschenkt, 

weil  in  die  alten  die  Grahorde  hineinging, 

vom  Jehudi  die  Erde, 

vom  Taubel  die  Erde, 

vom  Natel  die  Erde* 

Sind  Schuh  vom  Rabbi  Sassow, 

sind  Zaddik-Schuhe, 

Heilschuhe,  heilige  Tanzschuhe. 

* 

Ist  vom  Taubel  der  Tanz  darinnen. 


(Tanz) 


(9»Szene) 


Schar  junger  Maurers 

Lied 


Y/ir  bauen,  v/ir  bauen 

die  neue  Stadt,  die  neue  Stadt, 

die  neue  Stadt! 


-  26  - 


noch  Schar  junger  Maurer; 


Sprecher 


Wir  "brennen,  v/ir  brennen 

die  Ziegel  der  neuen  Stadt! 

Kommen  die  jungen  Maurer,  und  einer  spricht  ••• 


Erster  Maurer:  Moses  hat  gebrannt! 

David  hat  gebrannt! 


Michael: 


Jetzt  brennen  wir, 

wir,  die  Überlebenden! 

Sein  Dornenstrauch  in  der  Wüste, 

•         « 

sind  v/ir,  v^^ir,  v;ir! 


Alle  singen:    Lied 


Wir  brennen,  wir  brennen, 

das  neue  Haus  su  bauen  • • . 

Wir  bauen,  wir  bauen  ••• 

die  neue  Stadt,  die  neue  Stadt, 

die  neue  Stadt! 

Wir  brennen j  wir  brennen 

die  Ziegel  der  neuen  Stadt! 

Ich  fürchte,  ihr  schachtet  nicht  tief  genug, 

die  Grundmauern  werden  nur  Leichtlebiges  tragen! 

Der  neue  Pentat euch,  sage  ich  Euch,  der  neue  Penta- 

teuch! 

steht  mit  dem  Schimmel  der  Angst  geschrieben 

auf  den  V/änden  der  Todeskeller! 

Ich  sah  Einen  sein  eigenes  Fleisch  benagen, 

sich  v/ie  der  Mond  nach  einer  Seite  rundend, 


--  27  - 


noch  Michaels   imd  magernd  hin  zur  andern  Welt  -• 

Ich  sah  ein  Kind  lächeln, 
iDevor  es  in  die  Flammen  gev/orfen  wurde  - 
Wo  bleibt  das? 

« 

Mein  Gott,  wo  bleibt  das? 


(lo#  Szene) 


Sprechers 


Spricht  der  Michael  wieder  beim  Wandern  .•. 


Michaels 


(geht  -  Plöte) 

Dies  also  war  'ne  Landstraße 

sieh  das  Bäume  hingelegt 

in  den  Sand  wie  unsere  Toten 

mit  vorrenlcten  G-liedern 

Felder  aus  Asche. 

V/er  im  Dunklen  sitzt, 

zündet  sich  ^nen   Traum  an  - 
Wer  die  Braut  verliert, 
umarmt  die  Luft  - 
wem  der  Tod  das  Kleid  strich, 

daß  es  schrie, 

an  dem  eBsen  die  Gedanken  wie  Würmer  - 

Sah  einmal  einen  Rutengänger. 

Die  Rute  schlug  auf, 

v/enn  eine  Quölle  gefunden  war. 

So  such  ich  überall 

den  Mörder,  der  Eli  gemordet  hat* 


-  28  - 


noch  Michael:   So  such  ich  überall 

nach  der  Quelle  des  Hasses, 

dlG  man  Israel  zu  trinken  gab. 

Aber  wenn  ich  es  auch  besser  wüßte, 

du,  von  einem  andern  Stamm, 

wie  sollte  ich  es  dir  erklären  können? 
Alter  Schrenschleifer; 

Warum  sagst  du,  Bruder, solche  Worte! 

Als  wir  auf  dem  Heuboden  lagen, 

beim  Polen  Jarislav  auf  dem  Heuboden, 

da  waren  wir  beide  eins! 

Augen  nur,  den  Feind  zu  erspähn, 

Ohren  nur,  auf  das  Knarren  der  Stiege  zu  achten  - 

Haare  auf  den  Kopf, 

uni  zun  Hininel  zu  steigen  in  feuchter  Angst  - 

kan  ein  Schlaf  zu  uns, 

ein   Hunger,   ein   Erwachen  -, 

kan  die  gelbäugige  Eule, 

die  Zweige  sanmielt, 

\i^r)ii   sie  den  Tod  riecht  - 

sah  ins  Bodenfenster, 

schrie  wie  *ne  Henkerstochter, 

wenn  der  eine  gehabt  hätte? 

uhu! 
Michael:       "Jer  bist  du,  Väterchen? 


9 


Scherensctileif  ers 


Michael: 


Ich  bin  nicht  und  auch  kein  Väterchen! 
Du  bist  nicht j,  aber  du  redest  doch! 
Bist  du  der  Scherenschleifer? 


Scherenschleifer: 


Michael: 


Ja, 


So  weißt  du  Bescheid.  V/oher  kommst  du? 


Scherenschleifer: 


Michael: 


Warum  ant^vortest  du  wie  im  Pragespiel? 

Darum^  weil  im  Stein  Peuer  ist, 

also  Leben 

und  im  Messer  Tod  - 

Also  schleifst  du  täglich  das  Leben  mit  dem  Tod. 

V/oher  konr.ist  du? 


Scherenschleifers 


Lebendig  aus  dem  Tod. 

Daher,  v/o  die  Mörder  mein  Volk  in  die  Erde  säten. 

Oh,  sein  Same  sollte  sein  sternenreich! 

Ich  aber  wurde  nur  halb  gesät, 

lag  schon  im  Grab. 

Wußte  schon,  wie  die  Wärme  aus  dem  Fleisch  geht  - 

aus  den  Knochen  das  Bewegliche  fortgeht  - 

hörte  schon  die  Sprache  des  Gebeins,  wenns  zerfällt  - 

Sprache  des  Bluts, wenns  gerinnt  - 

Sprache  des  Staubs, 

wenn  er  neu  um  die  Liebe  wirbt  - 


-   :;o   - 


Michaels 


Aber  wie  v/urdest   du  gerettet? 


Scheronsclileif  crs 


i: 


Michael: 


ffaren  wir  rroflohen 


der  Amschelj,  der  braune  Jeliudi  und  iche 

Hat  man  drei  Länder  eingefangen,, 

drei  Sprachen  cingefangonj, 

hat  Hände  eingefangen , 

und  sie  ihr  Grab  graben  lassen , 

ihren  Tod  anfassen  lassen* 

Hat  die  Leiber  erschlagen ^ 

und  den  Abhub  hinimt ergo gössen  -. 

Wieviel  Milliarden  Qualenneilen  von  o,   Ihn-! 

Aber  du,  du? 


Scherenschleifer: 


Michael: 


Der  Soldat 9 

der  die  Erde  über  ^ons  zuschüttete 

und  uns  begrub  - 

gosegnet  sei  er  - 

er  sah  bei  der  Laterne  Schein, 

denn  es  war  ITacht, 

daß  sie  mich  nicht  genug  erschlagen  hatten, 

und  daß  sich  meine  Augen  öffneten  -, 

und  er  holte  mich  heraus 

und  verbarg  mich  - 

Verbarg  dich? 


-  31  - 


ScherenschlGif crs 


Es  hatte  der  Soldat  - 

dies  sagte  er  mir  später  - 

am  gleiclicn  Morgen  einen  Brief  von  seiner  Mutter 

"bekommen. 

Gesegnet  sei  sie! 

Darum  v\^ar  er  nicht  berauscht  wie  die  andern 

und  sah  das  Zwinkern  meiner  Augen, 

Die  Mutter  schrieb s 

^'Diesen  Brief  wollte  ich  eigentlich  zu  den  Strümpfen 

legen^ 

den  selbstgestrickten. 

Aber  die  Sehnsucht  ließ  mir  keine  Ruhe  - 

gesegnet  sei  die! 

und  ich  schreibe  schon  heute, 

und  warte  nicht ,  bis  sie  fertig  seind. 

Der  Anzug  aber^  der  blaue, 

ist  gebürstet  und  an  die  Luft  gehängt, 

wegen  des  Mottenpulvers, 

So  riecht  er  nicht  mehr, 

v/enn  du  komiViSt,'* 


Aber  es  v/ar  nicht  so, 

daß  sie  den  Brief  gl..ich  einstecken  konnte, 

denn  sie  v/urde  krank  über  Nacht • 

Da  kam  eine  Nachbarin  - 

gesegnet  sei  sie!  - 


-  32  - 


noch  Sciaerenschleifcr 


Michael: 


fragte  nach  dem  Ergohn  - 

aber  eigentlich  wollte  sie  nur  eine  Zwiebel  haben 

eine  kleine  Zwiebel  für  die  Kartoffeln, 

denn  zu  Ende  waren  ihre  eigenen. 

0,  daß  sie  Kartoffeln  aß 

und  keine  Rüben  - 

Gresegnet  seien  alle  Zwiebeln!  - 

imd  sie  erhielt  eine  Zwiebel 

und  nahm  den  Brief  zur  Post 

•  ■   • 

und  der  Soldat  erhielt  ihn  an  jenen  Morgen, 

imd  berauschte  sich  nicht  wie  die  andern  - 

und  sah  das  Zwinkern  meiner  Augen  - 

Wieviel  Zwiobelschalen  haben  sich  da  zusamcngetan 

zu  deiner  Rettung! 

Und  vms   wird  weiter  keinen 


aus  deinen  Zwiebelglück? 
Scherenschleifer: 


Ich  geh  zum  Rabbi  in  die  Gräberstadt. 
Der  Leib  will  nicht  mehr  halten, 
Sand  hat  den  Sand  berührt  -. 
Doch  nun  sterbe  ich  den   einen   Tod 
der  andere,  in  der  Handmuskel  eines  Henkers 
wie  ein  Dietrich  in  des  Diebes  Paust, 
den  brauch  ich  nicht  mehr, 
ich  hab  den  rechten  Schlüssel! 


sitzend 


(Geht  weiter) 


-  33  - 


(11  •  Szene) 


Mendel 


Ein  Mann: 


Mendels 


Ein  Manns 


Mendels 


Ich  freue  micTa,  ich  freue  niichl 
Was  erfreut  dich;,  Bruder? 
Ich  freue  niichj 

daß  ich  dem  Michael  ein  paar  Schnürbänder  schenlcte 

für  seine  Wanderschuhe ^ 

kommt  er  ins  Paradies, 

hat  er  meine  Schnürbänder  am  Fuß! 

Auch  war  des  Eli'  Sterbeheind  von  moinem  Zeug  -, 

Das  trägt  er  nun  -  er  hat  es  nun  am  LcITd, 

Warum  war  es  gut, 

daß  du  dem  Schuhmacher  die  Schnürbänder  gabst, 

und  warum  soll  er  sterben,  jung  wie  er  ist? 

(geheimnisvoll) 

Ich  weiß  es  nicht, 

aber  gut  ist  es  auf  jeden  Fall. 

Ein  Sechsunddreißiger  kann  er  sein, 

auf  dessen  Taten  die  Welt  ruht  - 

einer,  der  den  Lauf  der  G-ev/ässer  folgt 

und  die  Erde  sich  drehen  hört  - 

bei  dem  die  Ader  hinter  dem  Ohr, 

die  bei  ims  nur  in  der  Sterbestunde  schlägt, 

jeden  Tag  schlägt, 

einer,  der  Israels  Wanderschulie  suende  trägt  - 


-  34  - 


Michael; 


(12^  Szeno) 

(Unrualistische  Akustik s  Michaels  Schritte,  Wind 

und  Tonfiguren  für  die  einzelnen  Stiimen) 

Ich  wandere,  ich  wandere 

überall  such  ich 

den  Mörder,  der  Ell   gemordet  hat, 

die  Quelle  des  Hasses, 

die  man  Israel  zu  trinken  gab. 

Alle  Vi^egweiser  zeigen  nach  imten. 

Pingerkräuter  v/achsen  hier, 

aber  nicht  die 

mit  denen  Myriam  ihren  kleinen  Schuh  füllte, 
daran  die  Spange  rißs 


"nähe  sie,  während  die  Pinger  dich  streicheln"  - 
Es  sind  Pinger  von  Menschenhänden, 
Menschenfinger,  die  hier  wachsen  oo. 


Stimme  der  Pins:er; 


Ein  Pingers 


Wir  sind  die  Pinger  der  Toter. 

Jeder  hat  einen  erklügelten  Tod  angesteckt 

v/ie  einen  falschen  Mondstein. 

Mein  Pinger  hatte  zum  Spezialgebiet  das  Würgen, 

das  Eindrücken  des  Kehlkopfs 

mit  einer  kleinen  Wendung  nach  rechts. 

(Gurgelnder  laut) 


35 


Stimme  des  ersten  Töt.jrsj 


Michael 


Deine  Knie,  Michael, 

deine  Handgelenke  - 

hörst  du,  aus  Glas  - 

allec^  ist  aerhrcchlich  auf  Erden.  - 

Der  Fronrae  pfeift  auf  den  Staub  -, 

imd  hier  ist  ein  Weinglas  Blut  -. 

Großer  Tod,  großer  Tod,  kormi  - 


Stimme  des  zweiten  Töters: 


Der  ist  aus  der  Mode,  der  große  Tod, 
Hier  sind  die  kleinen,  niedlichen  Tode  - 
dein  l^Tackon  - 

dort,  v/o  das  Haar  flaumip  wird  - 


Stimme  des  dritten  Töters 


Im  Namen  der  Wissenschaft  - 


rTn 


c-iese  üüritse 


wer  sich  opfert,  scheint  hell, 
wie  faules  Holz  - 


Ein  langer  knöcherner  Finder 

Keine  Angst; 


ich  will  weder  deiner  Kehle  gute  lacht  sagen, 

noch  deine  Gelenke  kränken. 

Ich  bin  nur  der  Dozentenfin?"er 

der  neuen  Weisheit. 

Ich  will  ein  wenig  mit  deinen  Woichbrot  plaudern  - 


-^  36  ^ 


Michaels 


Fort  -  fort  ^  fort  von  mir. 


Stimme  des  Dozcntenfingers 


Hiob  ist  schvrach  geworden <, 

müdor  Leiermann  einer  einsi;  frisclien  Weise. 
DoB  Meer  ist  einesteils  zu  Pf erdekräften, 
andernteils  su  Leitungsv/ascer  gestreckt  worden. 

m 

Ebbe  und  Flut  sind  in  der  Hand  eines  Mondnannes, 

Der  Schuhmacher  Michael 

näht  Ober-  und  Unterleder  £'UGaim:ien 

mit  seinen  Faden  aus  Abfallprodukt  - 

Fähnadelhoiliger!  -  Nähnadelheiliger! 

Schornsteine  sind  die  Letzten,  die  Israels  Leiden 

"berührten 
Joremias  Leib  im  Rauch, 

Hiobs  Leib  im  Rauch, 

dio  Klagelieder  im  Rauch, 

« 

der  kleinen  Kinder  Wehklagen  im  Rauch, 
der  Mütter  Wiegenlieder  im  Rauch  - 
Israels  Preiheitsweg  im  Rauch  - 
Andere  Stimme s  Ich  bin  der  Essenkehrer  gev/esen  -, 


Stimme 


Ein  Baums 


mein  Licht  wurde  schwarz  - 

Ich  bin  ein  Baum. 

Ich  kann  nicht  mehr  gerade  stehn  - 

es  hing  an  mir  Lind  schaukelte, 

als  hingen  alle  Winde  der  Welt  an  mir  und  schaukel- 
ten - 


-  37  - 


noch  Ein  Baumj  Blut  drang  an  meine  Wurzeln   - 

alle  Yögel,  die  in  meiner  Krone  nisteten, 
hatten  blutige  Nester, 
Jeden  Abend  blute  ich  von  Feuern  - 
meine  Wurzel  steigt  aus  ihrem  Grabe  ~ 


ichaels 


Echo: 
Michael: 


ichael!  Michael! 


Oh!  Oh!  Ist  dieser  Stern  verloren? 
"Verloren! 


Oh!  Oh! 


(15.  Szene) 


Das  V/eson: 
Michael: 


Das  Wesen: 


Michael! 

Vfer  bist  du? 

Hirsch;  der  Schneider, 

sah  bei  Lebzeiten  ähnlich  aus. 

«... 

Du  hast  vcrwesliche  Gesellschaft  neben  dir  - 
Hirsch  bin  ich,  der  Schneider,  und  die  Nachbarin 

war  jemandes  Prau,  vielleicht  die  m.eine  - 

ich  weiß  es  nicht  -  denn  obgleich  ich  dort 

bei  dem  Schornstein 

als  Tod  angestellt  war, 

SO  ists  schwer,  über  der  Grenze  was  v/iederzuf inden. 


^  38  - 


noch  das  Wesen: 


Eine  Minute  nach  Mitternacht 
sieht  alles  gleich  aus  -. 
Aber  wie  dem  auch  sei, 
hätte  ich  auf  die  Selige  gehört, 

« 

so  saß  ich  hei  den  Lebenden  in  Amerika, 

•unter  denen  ich  einen  Bruder  hahe 

und  nicht  hier  unter  meines  Gleichen. 

Sieh,  hat  sie  gesagt, 

als  es  begann« 

Du  bist  ein  Hirsch, 

also  mußt  du  es  ahnen, 

die  Juden  sind  überhaupt  ein  ahnendes  Volk  -: 

es  rühren  sich  die  Messer  in  der  Lade, 

es  knirscht  die  große  Schneiderschere  -, 

das  Peuer  im  Herd  aber  bildet  gräuliche  G-esichte 

wie  beim  Weibe  von  Ensor  - 

vor  allem  abers  ich  fühle  Blicke, 

Blicke  schielend  wie  die  der  Katze  «- 

Michael,  Michael  - 

dich  haben  sie  nicht  angerülirt, 

geschont  haben  sie  deiner, 

und  hast  dich  ihnen  gestellt  überall, 

sozusagen  im  Gegenwind, 

hätte  mein  früherer  Kunde,  der  Jägermeistor,  ge- 


sagt - 


wie  ein  Wild, 


-  39  - 


noch  das  Wesen: 


das  die  Witterung  verloren  hat  - 
aber  mich  haben  sie  angestellt, 

« 

meiner  herausstehenden  Backenknochen  wegen, 

aber  auch  meiner  Beine  wegen, 

Tod,  du  hast  zwei  Sichelmesser, 

haben  sie  gesagt, 

da  geht  es  schneller. 

I/egst  du  nicht  dein  Volk  in  Rauch, 

brennst  du  nicht  dein  Fleisch  und  Blut, 

so  lockern  wir  deine  Beckenschraube 

und  nehmen  deine  beiden  Sichelmesser  fort. 

Und  dann  hast  du  auch  bessere  Nahrung 

als  wir  alle  zusammen, 

Rauch  wiegt  schwerer  im  Magen  als  Brot  -, 

Und  ich  habe  Rauch  gegessen, 

und   ich  habe   Ihn    verheizt  -. 

Und  ich  bin  in  den  Wald  gelaufen, 

•und  es  haben  Himbeeren  gestanden  -, 

und  ich  habe  Himbeeren  gegessen, 

nachdem  ich   Ihn   verheizt  habe  -j, 

und  ich  habe  nicht  sterben  können, 

weil  ich  der  Tod  bin  - 

(schreiend) 


da  -  der  Schornstein!  -  - 


-  4o  - 


Der  Schornstein: 


Stimme: 


Sprecher: 


Ich  bin  der  Lagerkommandant. 

Mar seh 9  marsch 

gehen  meine  Gedanken  aus  meinem  Kopfe  heraus! 

Höre   Israel, 

E  r       unser  G-ott, 

Er       Einer- 

Sammle,  sammle,  Michael, 

eine  Zeit  ist  wieder  da, 

die  sich  abgelaufen  hat  - 

hebe  sie  auf  - 

hebe  sie  auf  - 

Wandert  der  Michael  also  weitei^.  -  , 


(H«    Szene) 

(Unrealistische  /ikustiks    Grillen,   Vogelriif) 


Michael: 


Ein  Todesminutensammler  hat  keine  Körbe, 

nur  ein  Hera  zu  füllen  - 

Die  Pinger  zeigten  zuletzt  nach  dieser  Richtung, 

Mörder  verraten  den  Mörder  zum  Schluß. 

Ich  suche  den  Mörder,  der  Eli  gemordet  hat  -. 

Wie  friedlich  diese  Gegend. 

Die  Grillen  zirpen, 

den  Eichelhäher  ruft  seine  Gesellin. 

Die  Kuh  hat  das  gleiche  Urweltgesicht, 


-  41  - 


noch  Michaels 


Bauer: 


Michael: 


Bauer: 


Michael: 


Bauer: 
Michael: 


Bauer: 


Sprecher: 


Kinder: 


als  wäre  es  eben  von  der  Hand  des  Schöpf ers-  gestrei- 
chelt wordene 

Wie  überall  schmeckt  jetzt  der  Bauer  das  Geheimnis 

des  V/eizenkorns  ab. 

Einen  guten  Tag,  Bauer, 

ist  wohl  eine  Schuhmacherwerkstatt  hier  in  der  Nähe? 

k 

Kommst  wohl  von  drüben  hinter  der  Grenze, 

hast  eine  Sterbestirn  - 

Viforan  siehst  du's? 

V/enn  einer  zwischen  den  Augen  etwas  leuchten  hat, 

groß  wie  eine  Schneeflocke  - 

Mag  sein, 

daß  der  Tod  meines  Volkes  an  mir  leuchtet. 
Bist  ein  Pole  oder  Jude  ^ar? 


Auf  dieser  Erde  bin  ich  beides* 

Das  ist  viel! 

Dort  hinter  der  großen  Weide 

geht  der  Weg  zum  Dr:.rf  • 

Neben  dem  Wirtsgarten 

•r 

ist  die  Schulimacherwerkstatt. 

Wandort  der  Michael  also  hinunter  ins  Dorf*.* 

(Plöte) 

Hätt  ich  eine  solche  Pfeifo, 

so  würd  ich  Tag  und  Nacht  pfeifen  -, 

in  Schlafe  würd  ich  pfeifen  - 

Die  Kälber,  die  Schafe,  die  Pohlen^ 

alle  würden  kommen* 


42 


Michaels 


Sie  ist  von  einem  toten  Kind;  die  Pfeife 
Alle  Umstehendens  (wiederholen) 


Michael: 


Umstehendes 
Michaels 


Umstehendes 
Michaels 
Umstehendes 
Michaels 


Von  einem  toten  Kind? 

Von  einem  Knaben, 

der  ermordet  vmrde  - 

Der  ermordet  wurde  - 

Als  man  seine  Eltern  ziim  Tode  antrieb, 

lief  er  im  Hemde  nach  - 

Im  Hemde  nach  ~ 

Auf  dieser  Pfeife  pfiff  er  um  Hilfe  zu  Gott  - 

Um  Hilfe  zu  Gott  - 

Da  erschlug  ihn  ein  Soldat  - 


(pfeift) 


(15.  Szene) 


Sprecher: 


Ein  Mann; 


Kinds 


Geht  ein  Mann  indessen  durch  den  Garten  mit  seinem 


Kind 


o  •  • 


(identisch  mit  dem  Mörder) 
Da  hängt  der  Bienenschwarm; 
horch  wie  er  musiziert. 

Da  gibt  es  Honig, 

•  •  • 

nie  hat  die  Linde  so  reich  geblüht. 

■ 

welch  Glück, 

daß  sie  vom  Menschenkrieg  verschont  blieb. 

Wie  das  hier  riecht,  Vater,  o! 

Und  der  Honig  dann  aufs  Brot,  oh. 


-  43  - 


Mutter? 


(vom  Haus) 

Ich  heb  noch  den  Salat  aus 

und  schneid  den  Kerbel  zur  Suppe, 

das  Mittagessen  ist  bald  fertig. 

Willst  du  nicht  den  Schmetterlingsketscher  holen, 

Kind , 
sieh  die  vielen  Falter  auf  dem  Thymian  - 

(Man  hört  den  Flötenton) 


^i^<i'         I>a3  klang,  als  ob  jemand  schrie. 
Knabe:         Ja,  das  v/ar  Isidor  des  Krämers  Stimme, 

als  wir  ihn  aus  dem  Dorf  trieben, 

Oi^  sagte  er,  oi, 

und  da  lag  er  im  Graben, 
Zweiter  Knabe:  Und  griff  nach  seinem  Käppchen, 

sieh,  so,  mit  der  Hand  nach  innen  gebogen, 

das  war  seine  Art  beim  Abwiegen  -, 

und  der  Hans  rief: 

"Hast  du  Abendsonne  im  Käppchen?" 

und  gab  ihm  noch  einen  - 


Sprecher: 


Meister: 


(16,  Szene) 

In  der  Schuhmacherwerkstatt  des  Grenzdorfes  .., 

(Lederklopfen) 

Michael  sind  Sie,  mein  Geselle  jetzt. 


-  44  - 


noch  Meisters 


Michael: 


ums  - 


Ein  Judo,  gerettet  und  bei  mir  eingekehrt, 

Gewiß,  man  hat  Euch  Unrecht  getan, 

aber  vielleicht  seid  ihr  für  uns 

wie  Schuhe  von  früher,  von  noch  früher. 

Niemanden  haben  sie  gepaßt, 

gutes  Leder,  aber  ungeeignet  - 

nichts  für  unser  Klima, 

vielleicht  für  die  Wüsten, 

vielleicht  fürs  heilige  Land  - 

vielleicht  für  die  Märkte  dort, 

wo  die  Isidore  anders  feilschen  als  bei 

aber  natürlich  so  wie  es  dann  mit  Euch  kam  - 

nein,  das  wollten  wir  nicht  - 

so  nicht  -  so  nicht  - 

* 

Seit  Abraham  aus  Ur  auswanderte, 
haben  wir  uns  bemüht, 

unsere  Wohnung  zu   IHM   hinzubauen, 
v/io  andere  nach  der  Sonnenseite  bauen  - 

freilich,  manche  schlössen  sich  der  entgegengesetzten 

Richtung  an  - 
alte  Hirten  ließen  die  Sternenuliren  schlagen 
und  schliefen  wie  Isidor  und  Pfandleiher  mit 
gekrümmten  Fingern. 
Aber  es  war  ein  Knabe  -Ell... 

(unterbricht  erschrocken) 


-  45  - 


noch  Michael:  Wer  ist  das,  der  da  kommt? 

Wer  ist  das? 


Sprechers 


Tritt  ein  Mann  mit  einem  kleinen  Mädchen  an  der 
Hand  • . . 


Der  Mann: 
Meister: 


Michael: 


Der  Mann: 
Kind: 


Der  Mann: 
Das  Kind: 


Der  Mann: 


Sind  meine  Stiefel  fertig? 

Der  Geselle  arbeitet  gerade  daran  - 

Die  Sohle  ist  nicht  mehr  zu  flicken  - 

der  Riß  geht  in  der  Mitte  - 

So  macht  doch  eine  neue  Sohle  - 

Vater 9  dies  ist  der  Mann, 

der  die  Pfeife  hattet 

Dort  liegt  sie  auf  dem  Bli;mentopf  • 

0,  laß  mich  pfeifen! 

Man  pfeift  nicht  auf  fremden  Pfeifen* 

(weinend) 

Die  Pfeife  - 

Sie  weint, 

weil  sie  Sehnsucht  nach  ihrer  Mutter  hat. 

Immer  hat  sie  nach  etwas  Sehnsucht: 

einmal  ist  es  die  Drossel, 

die  sich  die  Futterbissen  holte 

und  verschwand, 

dann  wieder  der  alte  Schäferhund, 


•■  46  - 


noch  Der  Mann:  als  er  über  die  Bahnschranke  lief, 


Michaels 


Das  Kinds 
Der  Manns 


Kinds 


Der  Manns 


und  überfahren  wurde  - 

(laut) 

Alles  beginnt  mit  der  Sehnsucht. 

Auch  die  Erde  da  im  Blumentopf 

•und  die  Häute  hier, 

» 

daraus  die  Scliiihe  ge schnitten  werden, 

Die  Pfeife  - 

Ich  werde  dir  eine  Pfeife  kaufen. 

Wenn  du  sie  hast, 

so  folgen  dir  alle  Kinder 

und  geben  dir  ihr  Spielzeug  - 

Hein,  diese  Pfeife, 

da  kommen  die  Kühe  und  die  kleinen  Kälber 

Nein!  Komm  nun!  (heftig)  Komm! 


(Das  kleine  Mädchen  schluchzt.  Die  beiden  entfer- 
nen   sich.) 


Michaels 


(vor  sich  hin  sprechend  wie  im  Traum) 

Die  Nase  breit 

ihre  Flügel  zittern  vor  Wollust 

und  die  Augen  mit  den  Pupillen  eines  Wolfes 

• 

der  Mund  klein  wie  von  einem  Kind. 

Mörder  wie  Kain 

mit  dem  Tod  auf  zehn  Pingerspitzen  aufgespießt. 


-  47  - 


(l7o  Szene) 


Sprechers 


Mutters 


Kind: 


Der  Mann: 


Mutter: 
Der  Mann: 


Singt  im  Haus  beim  Garten  die  Mutter  ein  Wiegenlied  . . .' 

(singend) 

Schlaf  kommt  wie  ein  Wandersmann 

sagt:  Schlaf,  schlaf,  schlafe  - 

Alle  Bäume  wandern 

alle  Bäume  wandern 

heben  ihre  Y^Turzelfüße 

wenn  ich  pfeife  - 


Oh 


-  Oh  «!  Die  Pfeife  hat  sie  verhext, 


die  Pfeife  hat  ihr  Fieber  gemacht 

Oh  -  Oh  -! 

Seht  -  sie  schläft  ^ 

Oh,  übe^rall  Zähne, 

hörst  du,  wie  es  klappert? 

Der  Rappe  steigt, 

und  zeigt  die  Zähne, 

Die  Kälber  trinken  mit  den  Zähnen, 

daß  die  Euter  blutig  werden  - 

der  Roggen  abgebissen  -  Zähne  ohne  Ratten  - 

Hörst  du  GS,  Frau, 

hier  in  der  Kammer, 

da,   da 

Zähne  statt  der  Ziegel  - 

Frau,  der  Maurer  muß  an  den  Galgen  -- 


^  48  - 


Prau; 


Der  Manns 


Kinds 


Mann 


So  schweig  doch; 

das  Kind  schläft, 

das  Fieber  ist  sehr  hoch! 

ITirn  klappert  es, 

das  ganze  Haus  klappert  - 

(im  Trauni  fiebrig) 

Alle  Bäume  v/andern, 

alle  Bäume  wandern, 

heben  ihre  Wurzelfüße  und  wandern, 

wenn  ich  pfeife  - 

Alle  Schatten  wandern, 

komm,  liebes  Bahrtuch, 

deck  mit  dem  weißen  Mondzahn  zu; 

war  es  nicht  ein  Milchzahn, 

der  aus  seinem  Munde  fiel  mit  der  Pfeife  - 

Frau,  Frau, 

die  Milch  hat  Zähne, 

Zähne. 


(Es  klopft  an) 


Manns 


Stimmes 


Manns 


(ruft) 

Wer  klopft?  Wer  da? 

Man  sagt 

du  sollst  ein  heiliges  Kind  getötet  haben? 

Lari,  Fari,  Futterwurzel. 

Alle  Kinder  sind  heilig! 


-  49  - 


Stimme  § 


Manns 


Stimme 


Der  Mann: 


Mutter: 


Sollst  ein  heiliges  Kind  getötet  haben* 

Alle  Kinder  sind  heilig. 

Dein  Kind  -  ist  krank  -  sehr  krank! 

(höhnisch  lachend) 

Ahaj  der  Arzt  bist  du  - 

es  riecht  schon  in  der  Luft^ 

Lagerluft! 

Du  Menschenfloichsortierer! 
(schreit  auf) 
Das  Kind  ist  tot! 
Unser  Kind  ist  tot! 


Sprecher; 


Vv'eint  die  Mutter  vor  sich  hin,  rennt  der  Mann 
aus  dem  Haus  schlägt  die  Tür  zu  . . . 
(Dissonanter  Akkord) 


(18.  Szene) 


Mann  s 


\Jenn.   er  den  Kopf  nicht  nach  hinten  geworfen  hätte, 

so  hätte  ich  ihn  nicht  erschlagen, 

der  Milchzahn  wäre  nicht  mit  der  Pfeife  herausge- 
fallen! 

Aber  -  das  war  gegen   die  Ordnung  - 

der  Kopf  nach  hinten  zu  werfen  - 

das  mußte  zurechtgerückt  werden  -. 

Und  wohin  hat  er  gepfiffen? 


^  5o  ~ 


noch  Manns 


Ein  heimliclies  Signal 

Ein  Zeichen  durch  die  Luft  - 

außerhalb  jeder  Kontrolle  - 


Michaels 


Hilfe,  Schuhmacher, 
der  Mi"'.chzahn  wächst  aus  der  Erde  - 
beginnt  mich  anzuknabbern  - 
durch  meine  Schuhe  hindurch  - 


meine  Füße 


zerfallen- 


w 


TT 


erden  Erde  -  (schreiend) 


^7o  ist  da  die  Ordnung,  die  V/eltordnung  - 

ich  bin  am  Leben, 

ich  bin  nicht  tot  - 

nicht  gehangen  - 

nicht  verbrannt  - 

nicht  lebendig  in  die  Erde  geworfen  -  -  (brüllend) 

03  ist  ein  Irrtum,  ein  Irrtum, 


ist 


zerfallen,   zerfallen- 


ich  bin  ein  Stumpf, 

sitze  auf  dem  Sand, 

der  soeben  noch  mein  Fleisch  war  - 

(visionär) 

Es  öffnet  sich  die  Luft  in  Kreisen  - 

Es  wächst  der  Embryo  im  Mutterleib  - 

Auf  seiner  Stirn  das  Urlicht  leuchtet  - 

Kind  mit  dem  Gotteslicht 

lies  in  den  Pländen  des  Mörders  - 


-  51  - 


Mann 


Michael: 


Meine  Hände,  meine  Hände  - 

gellt  nicht  fort,  o  meine  Hände  - 

meine  Hände  zerfallen  - 

Am  Horizont  bricht  eine  Wunde  auf 


blutender  Mund  des  Samuel 


Samuals 


öffne  dich  du  stummer  Mund! 
Eli! 


Michaels 


Der  Mutterleib  zerfließt  in  Rauch 
das  Urlicht  fliegt  an  meine  Stirn  - 
ich  nehe  weit  - 


Zerfallender 


seine  Augen  v/erden  Löcher  - 

das  Licht  sucht  sich  andere  Spiegel 

ich  sehe  durch  die  Löcher 

in  deinen  Schädel 

der  die  »/7elt  einrahmt, 

die  du  v/ie  befehlen  darin  eingepackt  hattest , 

wie  in  einen  Soldatentornister  - 

da  liegt  sie  -  zuckend, 

ein  Insektenstern  mit  ausgerissenen  Flügeln  - 

Unter  meinen  Füßen  fährt  es  auf. 

Aus  meinen  Händen  stürzt  es  hin 


Mein  Herz  gießt  etwas  aus  - 


Fußspuren  Israels, 

sammelt  euch! 

Letzte  Erdenminuten  Israels, 

sammelt  c^^.ch ! 

Letzte  Leidensminuten, 

sammelt  euch! 


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Beratungsräumen  und 
unserer  Lehrküche  im  VEW-Haus, 
Dortmund,  Neutor,  sind  Sie  jederzeit 
zu  einem  völlig  unverbindlichen  Besuch  willkommen. 

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Dortmund,  Ostenhellweg  52,  Ruf  34029 


KLEINES   CHASSIDISCHES  WÖRTERBUCH 

Balschem,  Baal  -  Sehern    heißt  wörtlich  „Herr  des  (göttlichen) 

Namens".  Bezeichnung  für  göttlich 
inspirierte  Wundertäter  im  allgemei- 
nen, für  Rabbi  Israel-ben-Eliser,  den 
Begründer  des  Chossidismus  im  Be- 
sonderen. 


Balschem  -  Blick 


Chossidismus 


Dajän 


Die  seltene  Fähigkeit,  Menschliches 
und  Göttliches,  Materie  und  Geist, 
d.  h.  den  gesamten  Kosmos  mit  den 
Wechselwirkungen  seiner  Kräfte,  in 
einem  Blick  zu  umfassen. 

von  hebräisch:  fromm.  Volkstümlich- 
mystische Bewegung,  im  18.  Jahrhun- 
dert in  der  Ukraine  entstanden.  Die 
Chassidim  (Bezeichnung  der  Anhän- 
ger dieser  Bewegung)  scharen  sich 
um  charismatisch  gewählte,  religiöse 
Meister.  Später  wird  diese  führende 
Rolle  erblich  und  verliert  ihren  ein- 
stigen Sinn.  -  Ursprüngliche  Bedeu- 
tung des  Chossidismus:  an  Stelle  der 
komplizierten  talmudischen  Gelehr- 
samkeit fordert  er  von  seinen  An- 
hängern nur  unmittelbar  freudige 
Hingabe  an  Gott  und  seinen  Willen. 
Sehr  bald  aber  tritt  dos  Ausweichen 
in  den  Wunderglauben  hinzu. 

Eigentlich  „Richter".  Ein  in  Fragen 
des  religiösen  Rechts  besonders  be- 
wanderter Gelehrter.  Do  in  der  jüdi- 
schen Gemeinde  auch  alle  Dinge  des 
täglichen  Lebens  bis  zur  Behandlung 


DIE  DIELE  ... 

ist  mehr  nur  als  ein  Durchgang.  Denn  schon  hier  empfängt  der  Besucher  den 
ersten  Eindruck  von  Stil  und  Wohnkultur.  Geräumige  Dielen  werden  oft  sogar 
für  gesellige  Veranstaltungen  benutzt.  Wählen  Sie  darum  für  die  Wandbeklei- 
dung der  Diele  wirksame,  freundliche  Tapeten.  Unsere  Nr.  1724,  mit  licht- 
grauem Untergrund  und  munteren  Farbklecksen  aufgelockert,  wäre  genau  das, 
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Die  36  Gerechten 


10 


-ß^, 


Guter  Ort 
Heimholerhorn 


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Kaddisch  sagen 
Pentateuch 

Rabbi 

Rabbiner 


UND 


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DORTMUND,  HANSASTR.  76 
RUF  23335 


inlersfil 


Skandia/ interStil  Schröer 
Dortmund  Kleppingstroße 
Ed(e  Viktoriastrasse 


praktischer  Verrichtungen  in  Haus 
und  Geschäft  unter  religiösen,  also 
ethischen  Gesichtspunkten  zu  sehen 
sind,  holt  man  häufig  die  Entschei- 
dung des  Daiän  in  Zweifelsfragen 
ein. 

Nach  einer  alten  Tradition  des  Tal- 
mud wird  angenommen,  daß  Gott 
seine  Gnade  der  Weit  nicht  entzieht, 
wenn  auch  nur  36  Gerechte  in  einer 
Generation  gefunden  werden  kön- 
nen. Von  diesen  weiß  keiner  vom 
Andern,  noch  etwa  von  seiner  eige- 
nen Auserwähltheit. 

Friedhof 

=  Schofär,  Hörn  (eines  Widders), 
Posaune,  mit  dem  am  Neujahrs-  und 
am  Versöhnungstag  durdi  mehrmali- 
gen Ruf  dos  Gewissen  der  Menschen 
geweckt  und  aufgerufen  wird. 

Sterbegebete  sprechen. 

=  Tora  (hebr.  Lehre)  =  die  5  Bücher 
Mose. 

Ehrende  Anrede.  Im  Deutschen  ken- 
nen wir  auch  die  Form  „der  Rabbi", 

Verdeutschte  Form  des  Wortes  Raw. 
Diese  Form  wird  aber  nur  auf  tal- 
mudgelehrte Rabbiner  im  traditio- 
nellen Sinne  und  vor  allem  auf  be- 
amtete Rabbiner  des  Westens  ange- 
wendet. Der  chassidische  Wunder- 
rabbi ist  kein  „Rabbiner". 


. . . und  immer 


^g^ä 


angezogen! 


.  .  .  auch   bei  Theatervorstellungen 


* 


NDIVIDUELLE. 
SACHKUNDIGE 
ERLEDIGUNG 
ALLER 


BANKGESCHÄFTE 


Uraufführung   im   Rahmen   der  „Woche   der   Brüderlichkeit" 


ELI 


Ein  Legendenspiel  vom  Leiden  Israels 


von 


Nelly  Sachs 

Für  die  Bühne  eingerichtet  von   Imo  Wilimzig 
Bühnenmusik  von  Moses  Pergament 

■/ 
Inszenierung:  Imo  Wilimzig  a.  G. 

Bühnenbild  und  Kostüme:  Carl  Wilhelm  Vogel  a.  G. 

Musikalische  Leitung:  Rolf  Agop 

Regieassistenz:  Jörn  Behrmann 


TEPPICHHaUS 


DORTmUND  •  (UESTEHHELLWEO 

DOS  FÜHRENDE  SPEZiaiHAUS  FÜR  DEUTSCHE  TEPPICHE>ORIENTTErPICHE  UND  eRRDINEN 


\ 


Marktplatz  einer  kleinen  polnischen  Landstadt 

Die  Wäscherin Ursula  Neumann 

Die    Bäckersfrau Maria  von  Bingen 

Samuel,  der  Stumme,  ,  «.  .     • 

Elis  Großvater Josef  Schmitz 

Der  Maurer Josef  von  Dziegielewski 

Jossele,  sein  Gehilfe      ....  Wolfgang  Giese 

Die   irre   Frau Use  Anton 

Halbwüchsiges    Mädchen    .     .     .  Egie  Müller 
Mädchen  und  Knabe 

Die  Schuhmacherwerkstatt  Michaels 

Michael,  ein  junger  Schuhmacher  Manfred  Lucht 
2  männliche  Stimmen 

In  einem  zerfallenen  Gemäuer 

Samuel        Josef  Schmitz 

Michael Manfred  Lucht 

Der  Marktplatz 

Der   Bucklige,   ein   Bettler  .     .     .  Gerd  Kunath 

1.  Zimmermann Heinz  Ostermann 

2.  Zimmermann Jörn  Behrmann 

Der   Maurer Josef  von  Dziegielewski 

Jossele       Wolfgang  Giese 

Der    Dajän Willem  Hoenselaars 

Der   Hausierer  Mendel   ....  Hans  Keller 

Die  Wäscherin Ursula  Neumann 

Junge  Frau Ingund  Mewes 

Halbwüchsiges  Mädchen     .     .     .  EgIe  Muller 

Der  Scherenschleifer Ehrhardt  Grosser 

Die  Bäckersfrau Maria  von  Bingen 

Das  blinde  Mädchen Marien  Kohn 

Der  Mann  mit  der  Spiegelscherbe  Robert  Olbruck 

Michael Manfred  Lucht 

Mädchen  und  Knabe 

Inspizient 
Aufführungsrechte  beim 


Landstraße.  Vom  Krieg  verwüstete  Gegend 

Der  Hausierer  Mendel  ....    Hans  Keller 

Der  Scherenschleifer Ehrhardt  Grosser 

Der  alte  Mann Curt  Wilcke 

Todeslandschaft  /  Grenzlandschaft 

Michael Manfred  Lucht 

Die  Stimmen  des  Schornsteins, 

eines    Sterns,    eines    Baums,    der 

Spuren  im  Sande,  der  Nacht 

Hirsch,    der    Schneider   ....    Hans-Joachim  Krätke 

Stimmen   der   Finger 

Im  Dorf  jenseits  der  Grenze 

Michael Manfred  Lucht 

Die  Bäuerin Isabella  Ott 

Der  Mann Friedrich  Haupt 

Seine   Frau Clarissa  Sypniewski 

Halbwüchsiger  Knabe     ....  Jürgen  Panke 
Kinder 

Schuhmacherwerkstatt  jenseits  der  Grenze 

Der  Schuhmachermeister     .     .     .     Erhard  Riemer 

Michael Manfred  Lucht 

Der  Mann Friedrich  Haupt 

Sein  Kind Annette  May 

Im  Hause  des  Mannes 

Der  Mann Friedrich  Haupt 

Seine    Frau Clarissa  Sypniewski 

Sein  Kind Annette  May 

Stimme  des  Arztes 

Draußen 

Michael Manfred  Lucht 

Der  Mann Friedrich  Haupt 

Samuel        Josef  Schmitz 

Der   Dajdn Willem  Hoenselaars 

Bewohner 

des  polnischen  Städtchens 

:   Josef   Bosman 

Suhrkamp-Verlag,  Frankfurt/M 


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Dortmund  Hansastraße   1 

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mit  Orlg.  bayr.  Kapellen 

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dos  Nadttcabaret 
besonderer  Art 

KOMMELECKE 

die  Blerschdnke 
zum  kurzen  Umtrunk 


Die  18  Segenssprüche  Gebet,  das  dreimal  am  Tag,  mor- 
gens, nachmittags  und  abends  ver- 
richtet wird. 


Synagoge 


Talmud 


Preiswerte  KOche 


Vorrögl.  Küche 


Das  Uriicht 


griechisch,  zunächst:  Gemeinde, 
dann  =  Versammlungsort  für  die  Ge- 
meinde, Bethaus.  Synagogen  gab  es 
erst  nach  der  Zerstörung  des  Tem- 
pels. 

Hebr.,  wörtl.  Belehrung,  Lehre«  Be- 
zeichnung für  das  frühe  nachbib- 
lische jüdische  Schrifttum  der  Spät- 
antike, das  zunächst  nur  mündlich 
weitergegeben  und  gegen  500  n.  Chr. 
abgeschlossen  wurde.  Der  Talmud  ist 
weitgehend  aus  rabbinischen  De- 
batten hervorgegangen,  die  er  in 
der  exakten  ursprünglichen  Form 
festhält.  Er  setzt  sich  zusammen  aus 
Interpretationen  der  Bibel,  deren 
Gesetze  und  Vorschriften  er  der  ver- 
änderten Gegenwart  anzupassen 
sucht,  und  aus  volkstümlichen  Sagen 
und  Erzählungen.  Der  Rabbiner  des 
Ostens  hatte  immer  auch  ein  Tal- 
mudlehrer zu  sein,  der  nach  dem 
talmudischen  kasuistischen  Gesetz 
Recht  sprechen  konnte. 

Die  Fülle  des  Lichtes  der  Schöpfung, 
dessen  übergroßen  Glanz  zu  ertra- 
gen dem  Menschen  seit  dem  Sünden- 
fall verwehrt  ist.  Nur  als  Ungebo- 
rener, als  Kind  im  Mutterleib,  kann 
der  Mensch  es  noch  schauen.  We- 
nige   besonders    Begnadete    (so    die 


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36  Gerechten)  erlangen  im  Laufe  ih- 
res gläubigen  Lebens  diese  Fähigkeit 
wieder. 

Geistiges  Haupt  einer  Chassidi- 
sdien  Gemeinde.  Ein  im  Glauben 
und  in  der  Lauterkeit  seiner  Gesin- 
nung Bewährter.  In  diesem  Sinne  ein 
„Gerechter". 

Die  hoffnungslose  Armut  bei  der 
Masse  der  ostjüdischen  Bevölkerung 
infolge  von  scharfen  Beschränkungen 
der  Bewegungsfreiheit,  der  Berufs- 
ausübung etc.  durch  die  Obrigkeit 
ließ  eine  starke  Neigung  zur  Wun- 
dergläubigkeit entstehen.  So  konnten 
die  Schuhe  des  Zaddiks,  dem  das 
Volk  übernatürliche  Fähigkeiten  zu- 
schrieb, die  Gabe  des  Tanzes  ver- 
mitteln. 


Immanuel  Kant  über  die  jüdische  Religion: 

„.  .  .  Sie  haben  Ihre  Religion  mit  einem  solchen  Grade  von 
Gewissensfreiheit  zu  vereinigen  gewußt,  die  man  ihr  gar 
nicht  zugetraut  hätte  und  dergleichen  keine  andere  sich  rüh- 
men kann.  Sie  haben  zugleich  die  Notwendigkeit  einer  un- 
beschränkten Gewissensfreiheit  zu  jeder  Religion  so  gründ- 
lich und  so  hell  vorgetragen,  daß  auch  endlich  die  Kirche 
unsererseits  darauf  wird  denken  müssen,  wie  sie  alles,  was 
das  Gewissen  belästigt  und  bedrücken  kann  von  der  Ihrigen 
absondere,  welches  endlich  die  Menschen  in  Ansehung  der 
wesentlichen   Religionspunkte  vereinigen  muß." 

(Brief  an  Moses  Mendelsohn  über  dessen  Buch  „Jerusalem" 
1783) 


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Moses  Pergament 

Der  Komponist  der  Bühnenmusik  zu  „Eli" 
Pergament   ist   1893   geboren.   Mit   fünfzehn   Jahren    fuhr   er 
nach   Petersburg   und   war  vier  Jahre   long  Schüler  am   dor- 
tigen Konservatorium  in  der  Violinklosse  von  Auer.  Sein  er- 
stes    Kompositionskonzert   gab  er   1914   in   Helsingfors.   Fünf 
Jahre  war  er  Violinist  beim   Philharmonischen   Orchester   m 
Helsingfors    unter    Georg    Schneevoigt.    1920    begab    er    sich 
nach  Paris,  wo  er  den  größten  Teil  der  Musik  zu  dem  Ballett 
„Krelantems  und  Eldeling"  komponierte,  das  1928  seine  Ur- 
aufführung in  der  Stockholmer  Oper  erlebte.   1921-1922  ab- 
solvierte   er    den     Opernkapellmeisterkursus   am  Sternschen 
Konservatorium    in   Berlin.    1923   wurde   er   Musikkritiker   am 
Svensko   Dogblodet,    1942   bei   der   Aftontidningen    in   Stock- 
holm. Während  der  ganzen  Zeit  war  er  kompositorisch  tätig. 
Sein  bisher  größtes  Werk  ist  die  abendfüllende  Symphonie 
für  Sopran,  Tenor,  Chor  und  Orchester  „Dos  jüdische  Lied" 
(1944),   die   große   Aufmerksamkeit   in    Skandinavien   weckte. 
Mit  dem   Einakter  „Das  Geheimnis  des  Himmels"  (1953;  ur- 
aufgeführt 1957  in  Dortmund)  erwarb  Pergament  den  ersten 
Preis   bei    dem    interskandinavischen    Wettbewerb   des    Kom- 
mermusikvereins  „Fylkingen". 


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«  aa  OToafciMliiiit»  wnim  ttNv  4aa  #tM«Lta  lAa 
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Nelly  Sachs ^  Mysterienspiel  vom  Leiden  Israels  "Eli" 

Der  Schauplatz  dieser  szenischen  Dichtung  ist  ein  jüdisches  Städt- 
chen in  Ptlen,  das  nach  dem  zweiten  Weltkrieg  in  Trümmern  liegt.  In 
diesem  lande  lebten  Tor  1939  etwa  30  Millionen  Menschen,  von  denen 
etwa  3  Millionen,  also  10^^. Juden  waren.  Diese  waren  im  14.  Jährhun- 
dert aus  Deutschland  eingewandert,  als  dort  im  Zusammenhang  mit  den 
Kreuzzügen  wüste  Pogrome  stattfanden  und  hatten  eine  deutsche  Mundart 
mitgebracht,  aus;  der  sich  das  Jiddische  (das  Judendeutsch)  entwickelte, 
mit  hebräischen  und  polnischen  Brocken  vermischt.  Die  Juden  bildeten 
in  den  kleinen  Städten  den  Mittelstand  zwischen  dem  Adel  und  den  Bau- 
ern und  waren  in  allen  bürgerlichen  Berufen  tätig,  auch  als  Handwer- 
ker^i  Sie  assimilierten  sich  nicht  der  Umwelt,  betrachteten  sich  nicht 
als  Polen,  sondern  blieben  ein  jüdisches  Volk  mit  eigener  Sprache  und 
Religion.  Die  ganze  geistige  Überlieferung  des  Judentums  blieb  hier 
lebendig.  Ja,  es  entwickelte  sich  im  18.  Jahrhundert  unter  der  Führung 
von  Rabbinern  eine  schwärmerisch-mystische  Religionsbewegung,  der 
Chassidismus  und  im  19*  Jahrhundert  eine  von  ihm  durchsetzte  jiddische 
Literatur,  dazu  schliesslich  Ansätze  einer  hebräischen.  Diese  blühende 
jüdische  Kultur  ist  unter  der  Schreckensherrschaft  des  Dritten  Reichs 
vernichtet  worden. 

Nelly  Sachs  ist  in  Berlin  in  einem  wohlhabenden,  freigeistigen 
Heim  aufgewachsen.  Sie  hat  zwar  jüdischen  Religionsunterricht  bekom- 
men und  neigte  gewiss  innerlich  zur  Religiosität,  aber  war  durchaus 
nicht  orthodox  und  zweifellos  auch  an  christlichen  Überlieferungen 
interessiert.  Aus  der  reichen  Bibliothek  ihrea  Vaters  fesselte  sie 
die  grosse  deutsche  romantische  Überlieferung  einschliesslich  der  Mär- 
chen-, Sagen-  und  Legendenwelt.  Novalis  gehörte  zu  ihren  Lieblings>- 
schriftstellern,  ja,  sie  beschäftigte  sich  auch  mit  Jakob  Böhmes  tief- 
sinniger Mystik.  Als  dann  christliche  Freundinnen  sie   mit  Martin  Bu- 
bers chassidischen  Büchern  bekannt  machten,  fand  sie  darin  bestätigt. 


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-  2  - 


was  sie  selbst  schon  in  sich  entwickelt  hatte.  Die  jüdische  Mystik 
auch  der  älteren  Zeit:,  vor  allem  der  Sohar,  bot  ihr  fruchtbare  See- 
lennahrung* Sie  vertiefte  sich  in  Gershon  Scholems  Buch  über  dies>e 

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grosse  geistige  Tradition  des  Judentums,  die  der  biblischen  Überlie- 
ferung eine  so  tiefsinnige  Deutung  gibt. 

Das  sind  die  Voraussetzungen  für  die  Entstehung  des  Mysterienspiel» 
vom  Leiden  Israels  "Eli",  aber  nicht  die  Quelle.  Man  kann  diese  Dich- 
tung nicht  aus  ihnen  ableiten.  Sie  ist  geboren  aus  den  aufwühlenden 
Erlebnissen  der  Dichterin  im  Dritten  Reich,  die  sie,  die  so  selten 
Prosa  schreibt,  einmal  wenigstens  anf^deutend  geschildert  hat  unter 
dem  Titel  "leben  unter  Bedrohung".  Da  heisst  es:  u»a.j 

"Es  kamen  Schritte.  Starke  Schritte.  Schritte,  in  denen  das  Recht 
sich  häuslich  niedergelassen  hatte.  Schritte  stiessen  an  die  Tür.  'So- 
fortf,  sagten  sie,  ^die  Zeit  gehört  uns! • 

Die  Tür  war  die  erste  Haut,  die  aufgerissen  wurde.  Die  Haut  des 
Heims.  Dann  fuhr  das  Trennungsmesser  tiefer.  Aus  der  Familie  wurden 
Teile  ausgeschnitten,  Teile,  die  in  die  weit  fort  eroberte  Zeit  ver- 
frachtet wurden.  In  die  Zeit  der  gekrümmten  Einger  und  der  starken 
Schritte.  Mit  der  die  Vögel  zogen  mit  dem  Angesicht  des  Frühlings. 

Und  das  geschah  auf  dieser  Erde.  Geschah  und  kann  geschehen.  Und 
das  Kind  hatte  neue  Schuhe  bekommen  und  wollte  sich  nicht  von  ihnen 
trennen.  Und  im  Blick  des  TJreises  lag  schon  Gottes-Auszugs-Asche. 

Und  ich  war  angebunden  an  einen  Traum.  Ein  Traum  aus  Fingern  und 
Schritten.  Ass  mich  satt  an  der  Angst.  Die  Gerüchte  saugten  wie  Blut- 
egel. Die  Nacht  war  der  Rahmen  um  den  Henker- in  der  Kraft  unterm  Haut- 
wams, über  Schwan eng ebogenem  Rücken  den  Taktstock  der  Zeit.  Fünf  Ta- 
ge lebte  ich  ohne  Sprache  unter  einem  Hexenprozess.  Meine  Sprache  war 
zu  den  Fischen  geflohen,  ohne  sich  um  die  übrigen  Glieder  zu  kümmern, 
die  im  Salz  des  Schreckens  standen.  Die  Stimme  floh,  weil  sie  keine 
Antwort  mehr  wusste  und  *  sagen ^  verbtten  war..«* 


-  3  - 


Der  Zusammenhang  dieser  Erlebnisse  mit  dem  Mysterienspiel  ist  hand- 
greiflich* Die  Schritte  bilden  ein  Gitter  um  die  Bäckerin  Basia,  seit 
die  Henkersknechte  des  Dritten  Reichs  ihren  Mann  Eisik  geholt  haben. 
Samuel,  der  Grossvater  des  achtjährigen  Knaben  Eli  verliert  die  Spra- 
che, als  der  junge  Soldat  den  Knaben  mit  seinem  Gewehrkolben  totschlägt* 
Aber  es  sind  nicht  nur  solche  Einzelheiten,  die  aus  dem  allerpersön- 
lichsten  Erleben  der  Dichterin  stammen,  sondern  das  grauenvolle  Schick- 
sal der  Juden  im  Dritten  Reich  erschütterte  sie  so  tief,  dass  die  Ge- 
dichte, die  sie  vorher  im  Bannkreis  der  deutschen  Romamtik  in  gebunde- 
ner Form  und  traditioneller  Sprache  geschrieben  hatte,  ihr  nicht  mehr 
genügten,  nicht  mehr  echter  Ausdruck  ihres  Innern  waren.  Es  entstanden 
schon  vor  1940,  dem  Jahr  ihrer  Flucht  nach  Schweden,  noch  in  Deutsch- 
land Gedichte  von  völlig  anderem  Gehalt  und  Gepräge.  Sie  musste  sich 
befreien  von  dem  ungeheuren  Druck,  der  auf  ihrer  Seele  lastete,  um 
weiterleben  zu  können.  Aber  die  entstehenden  Gedichte  erschienen  ihr 
so  ungeheuerlich,  unkünstlerisch  und  unannehmbar,  dass  sie  alles  ver- 
nichtete. 

Erst  im  Winter  1943/44  entstand  in  einigen  Nächten  die  szenische 

Dichtung  "Eli",  der  Nelly  Sachs  in  der  polnischen  Welt  des  Chassidis- 
mus  eine  Heimat  gabj  dadurch  gewann  sie  zugleich  den  Abstand  von  ih- 
rem persönlichen  Erleben,  der  erforderlich  ist,  um  ein  Kunstwerk  von 

Rang  zu  gestalten. 

Das  Werk  trägt  den  Titel  "Eli",  aber  der  Knabe  ist  keineswegs  die 
Hauptfigur.  Sein  Tod  wird  nicht  einmal  auf  der  Bühne  dargestellt,  son- 
dern die  Wäscherin  Gittel  erzählt  ihn  nach  dem  Bericht  der  verstorbe- 
nen Witwe  Rosa,  der  Prau  des  Gärtnera,  also  aus  zweiter  Hand,  der  Bäk- 
kerin  Basia  zu  Anfang  des  1.  Bildes.  Nein,  die  Hauptfigur  ist  Michael, 
der  Schulimacher.  Er  wird  immer  wieder  auszeichnend  charakterisiert 
durch  ungewöhnliche  Äusserungen  seiner  Glaubensgenossen. 

"Hat  doch  der  Michael  den  ungebrochenen  Blick, 


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4  - 


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nicht  den  unsrigen,  der  nur  Scherben  sieht  -  - 

-  den  Balschemblick  hat  er  - 

von  einem  Ende  der  Welt  zum  andern," 

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"War  der  Michael  im  Bethaus, 
im  brennenden  Bethaua^ 
hat  die  Flammen  gebunden, 
hat  den  Jossele  gerettet, 
den  Dajan  gerettet, 
den  Jakob  gerettet, 
aber  der  Eli  ist  tot, " 

Er  besitzt  also  ungewöhnliche  magische  Eigenschaften*  Und  der  Hausie- 
rer Mendel  meint,  dass  er  einer  der  sechsunddreissig  Gerechten  sein 
könne,  auf  deren  Taten  -  nach  der  chassidischen  Legende  -  die  Welt 
ruht, 

"einer,  der  dem  Lauf  der  Gewässer  folgt 

und  die  Erde  sich  drehen  höxt, 

bei  dem  die  Ader  hinter  dem  Ohr, 

die  bei  uns  nur  in  der  Sterbestunde  schlägt, 

jeden  Tag  schlägt, 

einer,  der  Israels  Wanderschuhe  zu  Ende  trägt," 

Michael  füllt  mit  seinen  Erlebnissen  von  den  17  Bildern  des  Mysterien- 
Spiels  neun,  die  seine  übernatürlichen  Fähigkeiten  anschaulich  machen. 

In  seiner  eigenen  Werkstatt  hebt  der  Schuhmacher  einen  kleinen 
Frauenschuh  hoch,  den  seiner  Braut  Myriam,  die  ihm  vor  Jahren  am  Hoch- 
zeitstag geraubt  worden  ist.  Da  erlebt  er  als  Vision  die  Szene  ihrer 
Ermordung,  Nach  einer  langen  Zeit  reglosen  Sinnens  ergreift  er  ein 
Paar  schwere  Männerschuhe  und  erlebt  das  Gespräch  zwischen  dem  Pfand- 
leiher Isidor  und  seinen  Mördern,  Als  er  auch  Elis  Schuhe  in  die  Mor- 
genröte hineinhebt,  ertönt  der  zerreissende  Ton  der  Pfeife,  die  der 


;/. 


-  5  - 


Knabe  mit  zurückgeworfenem  Kopf  gen  Himmel  gerichtet  hat,  um  G-ottes^ 
Hilfe  herbei  zurufen.  Das  geschieht  im  4.  Bild* 

Im  5*  befragt  er  den  verstummten  Grossvater  Samuel  nach  dem  Aus- 
sehen des  Mörders  und  erblickt  dann  im  gewaschenen  Totenhemd  Elis  das 
Gesicht: 

"Sehr  jung  noch, 

die  Nase  breit, 

ihre  Flügel  zittern  vor  Wtllust, 

die  Augen  haben  die  Pupillen  eines  Wolfes 


_  II 


Er  macht  sich  auf  die  Wanderschaft,  um  ihn  zu  finden.  Unterwegs,  kommt 
er  zu  einem  verfallenen  Schornstein,  dem  Rest  eines  Vernichtungslagers. 
Er  hört  seine  Stimme  berichten  von  Israels  Leib,  der  im  Rauch  durch 
ihn  zog  auf  seinem  "Preiheitsweg",  dazu  die  des  Sterns,  der  Essenkeh- 
rerwar, eines  Baums,  der  Spuren  im  Sande,  der  Nacht.  Dann  aber  spricht 
ihn  Hirsch,  der  Schneider  an,  der  ihm  erzählt,  wie  man  ihn  gezwungen 
hat,  Tod  beim  Verbrennen  der  Leichen  seiner  Glaubensgenossen  zu  spie- 
len, ehe  er  selbst  sterbend  erlöst  wird.  Aber  das  letzte  Gebet  kann 
er  noch  beten:  "Höre  Israel  -  Er  unser  G#tt  -  Er,  der  Eine..."  Michael 
beschwört  hier  im  11.  Bilde  das  schreckliche  Schicksal  seines  Volkes 
aus  der  Vergangenheit  herauf  und  niimnt  das  Leiden  Israels  in  sein  Herz 
auf,  so  wie  Nelly  Sachs  es  getan  hat,  ehe  sie  diese  Dichtung  schuf. 
Nicht  weit  davon  wird  er  von  den  Fingern  und  den  Stimmen  der  Henker 
bedroht,  sodass  er  die  erlittenen  Qualen  der  Opfer  nacherlebt  bis  fast 
zum  Tode. 

Die  letzten  fünf  Bilder  (l3*-17#)  spielen  jenseits  der  polnischen 
Grenze  in  einem  deutschen  Dorf,  Michael  hat  die  Pfeife  Elis  mitgenom- 
men, die  magische  Anziehungskraft  auf  Menschen  und  Tiere  ausübt,  wenn 
er  darauf  pfeift.  Ein  Kind,  die  Tochter  des  Mörders,  wird  von  einem 
heissen  Verlangen  nach  ihr  ergriffen,  erkrankt,  fiebert  und  stirbt. 
Der  junge  Soldat  ist  jetzt  Pächter  auf  einem  Bauernhof,  aber  er  und 
der  Bäcker,  der  seinen  Kollegen  getötet  hat,  weil  er  trotz  strengen 


-  6  - 


Verbots  Brezel  für  die  hungernden  Kinder  gebacken  hat,  werden  von 
schweren  Gewissensbissen  gepeinigt:  die  Bilder  der  Kinder  verfolgen 
sie  mit  Halluzinationen,  sodass  sie  wirres  Zeug  reden.  Im  Wald  erlebt 
dann  Michael,  wie  der  Mörder,  nachdem  er  seine  Schuld  bekennt  hat, 
vor  seinen  Augen  zerfällt,  von  innen  zerfressen.  Eine  Stimme  ruft  dann 
auch  Michael  heim  aus  der  Wanderschaft  auf  der  Erde: 
"Deine  Schuhe  sind  vertreten  -  komm.'" 

Diese  Michaelszenen  sind  es  zweifellos,  die  der  Dichtung  den  Cha- 
rakter eines  Mysterienspiels  gegeben  haben. 

Die  Bilderreihe  von  Michael  ist  die  einzige  durchgehende  "Handlung" 
des  Stückes.  Er  ist  kein  Kämpfer,  kein  streitbarer  "Held".  Es  fehlt 
auch  der  leidenschaftlich  kämpfende  Gegner.  Es  gibt  keinen  Konflikt, 
kein  Zusammenprallen  von  tief  aufwühlender  Heftigkeit.  Verglichen  mit 
der  Dramatik  von  den  griechischen  Tragödien  bis  zur  neueren  Zeit  etwa 
bei  Ibsen  und  Strindberg  ist  dieses  Werk  undramatisch,  eine  Bilderreil 
he  mit  Gesprächen  und  Geschehnissen,  aber  nicht  eine  sich  steigernde 
und  wieder  sinkende  Reihe  Auftritte  mit  heftigen  Zwisten  und  jähen 
Wendungen.  Das  ist  nicht  als  Kritik  an  diesem  Mysterienspiel  gemeint, 
sondern  als  Charakteristik  seiner  Eigenart. 

Was  i|jch  anfangs  von  dem  Tode  Elis  berichtete,  gilt  auch  von  den 
meisten  der  übrigen  jüdischen  Einzel Schicksale,  die  neben  den  schon 
erwähnten  in  diesem  Werke  stehen:  sie  werden  nicht  auf  die  Bühne  ge-. 
bracht,  sondern  erzählt,  aus  der  dramatischen  Darstellung  in  die  epi- 
sche überführt.  Über  die  Szenen  hinaus,  die  Michael  in  seinen  Visio- 
nen heraufbeschwört,  erleben  wir  noch  einige  erschütternde  Schicksale 
umittelbar  mit.  Aber  diese  wenigen  Ausnahmen  ändern  nicht  das  Wesen 
der  Dichtung. 

Es  gibt  in  ihr  ja  noch  acht  Bilder,  in  denen  Michael  überhaupt 
nicht  vork.mmt.  Prägen  wir  nach  ihrem  Gehalt,  so  wird  offenbar,  dass 
weder  Eli  noch  Michael  der  Hauptgegenstand  des  Werkes  sind,  sondern 


Uli    . 


-  7  - 


"das  Volk  Israel",  was  ja  im  Untertitel  "Ein  Mysterienspiel  vom  Lei- 
den Israels"  klar  ausgesprochen  ist.  Das  unschvildige  Opfer  Eli  und 
einer  der  %   Gerechten,  sie  sind  nur  zwei  der  Einzel  Schicksale,  die 
in  das  Leiden  aller,  in  ein  Massenschicksal^  eingebettet  sind. 

Das  Schicksal  Israels  wird  unter  drei  öe Sichtspunkten  in  dieser 
Dichtung  beleuchtet.  Das  besondere  Leiden  in  diesem  Zeitalter  des 
Dritten  Reichs  wird  sehr  breit  und  mannigfaltig  geschildert,  aber  die 
Ereignisse,  die  es  hervorgerufen  haben,  liegen  in  der  Vergangenheit 
und  werden  ja  grösstenteils  nur  erzählt.  Dadurch  gewinnt  die  Dichte- 
rin viel  Raum  für  zwei  andere  Seiten  vom  Dasein  Israels.  Zunächst  für 
das  Neubeginnen.  Schon  im  ersten  Bild  arbeitet  der  stumme  Maurer  Sa- 
muel an  der  Wiederherstellung  des  Brunnens,  der  am  Ende  der  Szene  wie- 
der fliesst.  Im  zweiten  macht  ein  anderer  alter  Maurer  mit  einem  (Je- 
sellen  eine  Hausruine  wieder  wohnlich.  Das  dritte  Bild  zeigt,  dasa; 
die  Kinder  schon  wieder  spielen,  wenn  auch  traurige  Spiele,  in  die 
viel  aus  der  Schreckenszeit  hineindringt.  Aber  im  6.  Bild  wird  das 
wieder  beginnende  neue  Leben  auf  dem  Marktplat2i  breit  geschildert, 
obwohl  es  mit  dunklen,  schicksalsschweren  Reden  durchsetzt  wird.  Der 
Hausierer  Mendel  preist  seine  Waren  an  und  macht  erfreuliche  Geschäfte 
der  Scherenschleifer  bekommt  Arbeit.  Ein  Spielmann  spielt  auf  und  alle 
tanzen.  Noch  stärker  wird  das  Neubeginnen  im  9.  Bild  dargestellt. 
"Die  Mädchen  füllen  die  Krüge  und  reichen  sie  den  bestaubten  Maurern, 
welche  vorübergehen,  um  die  neue  Stadt  zu  bauen."  Zu  Dajan,  der  an 
die  Vergangenheit  erinnert  und  mahnende  Worte  spricht,  sagt  einer  der 
jimgen  Maurer: 

"Spar  dein  Erinnerungsheu  für  den  nächsten  Winter  - 
hier  ist  frisches  Gras. 

(er  bekränzt  ein  Mädchen) 
Staubanbeter  sind  wir. 
Solange  der  Staub  solche  Früchte  gebiert, 


:/. 


-  8  - 


werden  wir  in  seinem  Acker  wühlen 

und  Staubparadiese  schaffen. ••" 
Das  Leben  fordert  sein  Recht  und  das  Volk  Israel  wird  weiter  in  die 
Zukunft  hineinwachsen*  Es  erlebt  ja  nach  der  Katastrophe  im  Dritten 
Reich  eine  nationale  Renaissance  im  Staate  Israel,  der  1948  gegründet 
wurde  und  sich  in  den  zwei  Jahrzehnten  seither  allen  politischen, 
wirtschaftlichen  und  sozialen  Hindernissen  zum  Trotz  erfreulich  ent- 
wickelt hat. 

Immer  wieder,  an  fünfunddrei ssig  Stellen  dieser  Dichtung,  ist  nicht 
von  den  einzelnen  jüdischen  Gestalten  und  ihrem  Schicksal  die  Rede, 
sondern  vom  Volke  Israel,  seiner  Geschichte,  seiner  Tradition.  Im  ?• 
Bild  z*B.  besprechen  die  Männer  in  tiefer  Erregung  die  Frage,  warum 
denn  die  Umwelt  die  Juden  immer  wieder  hassvoll  verfolgt  und  quält 
und  mordet • 

"Bettler  (geht  an  die  Tür  und  klopft): 
Hier  ist  Israel,  Tür  der  Welt, 
Tür  der  Welt  öffne  dichl 
Zimmermann; 

Die  ist  gut  gebaut, 

die  rührt  sich  nicht..#" 

hören  wir  im  9.  Bild*  So  war  es  in  Wirklichkeit.  Am  25.  November  1936 

sagte  Chaim  Weizmann  (der  spätere  erste  Präsident  der  Republik  Israel) 

vor  einer  englischen  Unt ersuchung ak#mmission  unter  Earl  Peel:  "Es  ist 
keine  Übertreibimg  von  mir  zu  sagen,  dass  in  diesem  Teil  der  Welt  sechs 

^llionen  verurteilt  sind,  eingesperrt  zu  sein,  wo  man  sie  nicht  wünscht, 
und  für  welche  die  Welt  eingeteilt  ist  in  länder,  wo  sie  nicht  leben 
können,  und  in  Länder,  in  die  sie  nicht  zugelassen  werden."  Als  dann 
1938  die  Konferenz  für  diese  Frage  in  Evian  am  Genfersee  zusammentrat, 
zeigte  sich,  in  wie  geringem  Umfang  die  beteiligten  Länder  willig  wa- 
ren, Juden  aufzunehmen,  und  daher  fielen  sechs  Millionen  in  die  Hände 


;/. 


11.: 


^  9  - 


der  Henkersknechte  des  Dritten  Reichar* 

Die  Stimme  aus  dem  Schornstein  im  11.  Bild  sagt; 

"Wir  Steine  sind  die  Letzten,  die  Israels  Leib  berührten. 

Jeremias  Leib  im  Rauch, 

Hiobs  Leib  im  Rauch, 

die  Klagelieder  im  Rauch, 

der  kleinen  Kinder  Wehklagen  im  Rauch, 

der  Mütter  Wiegenlieder  im  Rauch  - 
Israels  Preiheitsrweg  im  Rauch  -  ^ 

und  die  Stimme  des  Sterns  fügt  hinzu: 

"Ich  bin  ein  Essenkehrer  gewesen, 

mein  Licht  wurde  schwarz» " 
Dieses  Wechselgespräch  ist  eine  Variation  auf  den  Anfang  des  ersten 
Gedichts  der  Sammlung  "In  den  Wohnungen  des  Todes": 

"0,  die  Schornsteine 

auf  den  sinnreich  erdachten  Wohnungen  des  Todeff, 

als  Israels  Leib  zog  aufgelöst  in  Rauch 

durch  die  Luft  - 

Als  Essenkehrer  ihn  ein  Stern  empfing 

der  schwarz  wurde« .«"^ 
die  auch  eine  Fülle  von  Einzelschicksalen  -  "Gebete  für  den  toten  Bräu- 
tigam" und  "Grabschriften  in  die  Luft  geschrieben"  -  einfügt  in  die 
Klagelieder  vom  Untergang  des  ;jüdi sehen  Volkes,  und  die  Chöre  des  gan- 
zen Universums,  die  einstimmen  in  die  Toteiiklage.  Auch  der  Lyrikband 
"Sternverdunkelung"  ist  grösstenteils  dem  Volk  Israel  und  seiner  Über- 
lieferung gewidmet.  In  allen  drei  Dichtungen  ist  wahrhaftig  das  V#lk 
Israel  der  eigentliche  Gegenstand.  Daher  sind  sie  mit  Fug  und  Recht 
im  Taschenbuch  des. Verlags  Suhrkamp  unter  dem  Titel  "Das  Leiden  Isaraels" 
vereinigt  (DM  3. — ), 

Den  Mut  zum  Neubeginnen  holen  sich  die  chassldischen  Juden  im  pol- 


-io- 


nischen Städtchen  aus  ihrer  Religiosität,  die  an  mehr  als  80  Stellen 

der  Dichtung  beredten  Ausdruck  findet* 

Der  alte  Maurer  singt  und  pfeift  bei  seiner  Arbeit  im  2.   Bild: 

"Meister  der  Welti 

Du,  Du,  Du,  DuJ 

Meister  aller  Steine.' 

Du,  Du,  Du,  DuJ 

Wo  kann  ich  Dich  finden, 

und  wo  kann  ich  Dich  nicht  finden? 

Du,  Du,  Du,  Dui" 

Die  zwiefache  Präge  ist  nicht  orthodoxe  Glaubenaf estigkeit,  sondern 
chassidische  Mystik» 

Im  7.  Bild  sammelt  sich  eine  Scher  Beter  vor  dem  Beginn  des  Neu- 
jahrsgottesdienates.  Einer  sagt: 

"Heiliger  Balschem, 

du  letzter  Garbenträger  von  Israels  Kraft, 

Schwächer  wird  dein  Volk  und  sdh wacher, 

ein  Schwimmer, 

den  nur  noch  der  Tod  ans  Land  bringt." 
Dajan  erwidert  ihm  u.a.: 

"Nicht  nur  mit  solchen  Waffen  wird  gekämpft 

(er  weist  auf  ein  zerschossenes  Haus) 
ich  sage  euch: 

Kampfplätze  gibt  es  -  Kampfplätze, 
von  denen  die  Erfinder  des  Tag^^rdes: 

sich  nichts  träxomen  lassen. 

Manches  Gebet 

hing  mit  flammenden  Flügeln  vor  der  Mündung  der  Kanone, 

manches  Gebet 

hat  die  Nacht  verbrannt  wie  ein  Blatt  Papier J 


'7 


-  11  - 


Sonne,  Mond  und  Sterne  hat  Israels  G-ebet  aufgereiht 
an  den  ziehenden  Schnüren  seines  Glaubens  - 
Diamanten  und  Karfunkel st eine 
um  den  sterbenden  Hals  seines  Volkes. " 
Als  dann  im  8.  Bild  die  Beter  aus  dem  Betzelt  treten,  sa^t  der  erste 

Beter: 

"Die  Luft  ist  neu  - 

fort  ist  der  Brandgeruch, 

fort  ist  der  Blutgeruch, 

fort  ist  der  Qualgeruch  - 

die  Luft  ist  neu]" 
Und  der  zweite  fährt  fort: 

"In  meinem  Ohr  ist  ein  Geräusch, 

als  ob  jemand  dabei  wäre, 

den  Stachel  aus  der  Wunde  zu  ziehen  - 

den  Stachel,  der  in  der  Mitte  der  Erde  steckt  - 

Jemand  nimmt  die  beiden  Hälften  der  Erde  auseinander 

wie  ein  Apfel, 

die  beiden  Hälften  von  Heute  und  Gestern  - 

nimmt  den  Wurm  heraus 

und  fügt  das  Gehäuse  wieder  zusammen]" 

und  weiter  heisst  es: 

"Das  Heimhölerhom  hat  geblasen. 

Er  vergass  uns  nicht] 

Auf  beide  Handflächen  eingegraben 

hat  Er  sein  Volk." 

Diese  Religiosität  hat  das  jüdische  Volk  durch  Jahrtausende  der 
Verfolgung  und  des  Leides  zusammengehalten.  Goethe  nennt  es  "das  be- 
harrliche Volk".  Die  religiöse  Zuversicht  hat  ihm  die  Widerstandskraft 
gegeben,  immer  wieder  neu  zu  beginnen. 


./. 


-  12  - 


Wenn  vor  mir  zwei  Dichtungen  liegen  Ton  gleichem  künstlerischen 
Rang  und  die  eine  nur  Einzelschicksale  schildert,  die  andere  aber  die 
Einzelschicksale  einbettet  in  das  Massenschicksal  etwa  eines  Vtlke©, 
so  gewinnt  diese  in  meinen  Augen  Monumentalität,  die  der  anderen  fehlt, 
Nelly  Sacha-  hat  sich  im  Mysterienspiel  vom  Leiden  Israels^  mit  dem  Schick- 
sal ihres  leidgeprüften,  leidgehärteten  Volkes  identifiziert,  was  auch 
zahlreiche  Briefe  aus  dieser  Zeit  bestätigen*  Sie  hat  ihm  ein  unver*- 
gängliches  Denkmal  gesetzt«  Weil  ich  erkannte,  dass  dieser  Dichtung 
ein  dauernder  Platz  in  der  Weltliteratur  gebührt,  habe  ich  sie  schon 
1951  in  einer  bibliophilen  Ausgabe  herausgegeben,  als  erst  wenige  Nel- 
ly Sachs  verehrten  um  ihres  Werks  willen. 

Einen  hohen  Rang  erreicht  dieses  Mysterienspiel  durch  die  schöpfe- 
rische Sprachgestaltxong  der  Dichterin.  Sie  hat  selbstverständlich  nicht 
die  Umgangssprache  der  polnischen  Juden,  die  deutsche  Mundart  des.  Jid- 
dischen wählen  können,  sondern  hat  sich  für  dieses  Werk  eine  neue  hoch- 
deutsche Sprache  geschaffen.  Schon  durch  die  Verse  unterscheidet  sie 
sich  von  der  Alltagssprache.  Sie  sollen,  wie  vor  der  ersten  Zeile 

steht,  "im  singenden  Ton"  gesprochen  werden.  Dieses  halb  gesungene 
Rezitativ  wird  gefgrdert  und  unterstützt  mit  allen  denkbaren  sprachli- 
chen Mitteln,  vor  allem  mit  zahlreichen,  nicht  selten  Reihen  von  Wie- 
derholungen, z^B»  in  den  ersten  VersBn: 
"Komm  von  der  Bleiche,  der  Bleiche, 

hab'  Sterbewäsche  gewaschen, 

dem  Eli  das  Hemd  gewaschen, 

Blut  herausgewaschen,  Schweiss  herausgewaschen, 

Kinderschweiss  -  Tod  herausgewasrchen  -  " 
Manchmetl  steigert  sich  der  singende  Ton  zum  Gesang.  Dazu  k#mmt  noch 
die  überreiche  Bildersprache.  Ich  zähle  nicht  weniger  als  235  Bilder 
und  Vergleiche  in  dieser  Dichtung  von  61  Seiten,  als#  über  4  durch- 
schnittlich auf  der  Seite,  und  viele  sind  breit  ausgeführt.  Sehr  tft 


./. 


-  13  - 


ist  diese  aufblühende,  sich  üppig  entfaltende  Sprache  mit  den  religio 
sen  Motiven  verknüpft,  sodass  diese  sich  durch  ihr  Sprachgewand  von 
der  weltlichen  Sphäre  abheben. 

Einige  Beispiele  aus  der  weltlichen  Sphäre: 

"Gefangen  bin  ich  in  einem  Gitter, 

in  einem  Gitter  von  Schritten, 

mach  auf  das  Gitter, 

dass  ich  herauskann  aus  den  schweren  Schritten..."   \ 

s 

"Eine  Lage  Wollgarn  will  ich  kaufen. 

Lass  legen  mich  die  Lage  um  die  Handgelenke  dir. 

Wickle  ich  und  du  hältst  still, 

so  ist's  wie  Abschiednehmen." 

"Stahl  und  Eisen  sind  ins  Wuchern  gekommen, 

haben  Urwälder  in  den  Lüften  gebildet. 

Mördergehirne  sind  ins  Wuchern  gekommen, 

Lianen  der  erklügelten  Qual  sind  aua  ihnen  ausgeschlagen." 

"Eine  Tür  ist  ein  Messer* 

und  teilt  die  Welt  in  zwei  Teile." 

sagt  der  Bettler,  vor  dem  sie  sich  immer 

abweisend  schliesst. 

"Wer  im  Dunkeln  sitzt, 
zündet  sich  einen  Traum  an  - 
Wer  die  Braut  verliert, 

0- 

umarmt  die  Luft  - 

Wem  der  Tod  das  Kleid  strich, 

dass  er  schrie,  ^ 

aji  dem  essen  die  Gedanken  wie  Wurmer. " 


V 


-  14  - 


Einige  Beispiele  in  Verbindung  mit  religiösen  Äusserungen: 

Die  Wäscherin  sagt  vom  gewaschenen  Totenhemd  Elis: 

"Will  es  zu  dir  tragen,  Samuel, 

in  die  Kuhgasse  tragen  zum  Abend, 

wo  die  Fledermäuse  in  der  luft  herumblättern, 

wie  ich  blättere  im  Bibelbuch, 

um  das  Klagelied  zu  suchen,  darin  es  raucht, 

darin  es  brennt  und  die  Steine  herunterfallen  -  " 

Von  einer  Mutter,  deren  Kind  getötet  worden  ist: 

"Will  ausbrechen  aus  ihrem  Kerker" 
und  als  sie  sich  getötet  hat: 

"aber  sie  ist  schon  ausgebrochen, 
lernt  schon  bei  Ihm  -  " 

Michael  sagt  zum  verstummten  Samuel,  nachdem  er-  das  Gesicht  des  Mör* 
ders  gesehen  hat: 

"Samuel, 

deine  Sprache  ist  schon  da, 

wo  aller  Staub  zu  Ende  ist. 

Hinter  dem  Wort  wai«( dieses  gemischt." 

Ein  Zimmennann  sagt: 

"Was  sagst  du  zu  dem  Geheimnis  einer  Kartoffelschale, 
die  über  die  Sintflut  des  Hasses  an  meine  Püsse  spülte. 
Das  ist  meine  Arche  gewesen. 
Wenn  ich  jetzt  'Gott'  sage, 
weisst  du,  woher  die  Kraft  kommt." 

Mendel  sagt  von  den  Grillen: 

"sie  sitzen  da,  wo  das  unsichtbare  beginnt« 

Sie  betteln  schon  an  der  Pforte  des  Paradieses;." 


V 


9 


-  15  •• 


Der  Alte,  der  aus  dem  Massengrab  gerettet  wurde: 

"Was  wisst  Ihr, 

wenn  die  leiber  leer  werden, 

rauschen  wie  Muscheln, 

•y  wenn  sie  auffahren  mit  den  weisslockigen  Wtgen 

>'■ 
der  Ewigkeit  -  " 

Michael : 

"Die  Kuh  hat  das  gleiche  Urweltgesacht, 

als  wäre  es  eben  von  der  Hand  des  Schöpfers  gestreichelt  worden*" 

Zum  Meister  im  deutschen  Dorf  sagt  er: 

"Seit  Abraham  aus  Ur  auswanderte, 
haben  wir  uns  bemüht, 
unsere  Wohnungen  zu  Ihm  hinzubauen, 
wie  andere  nach  der  Sonnenseite  bauen 


-  it 


Indem  Nelly  Sachs  die  grauenvollen  Ereignisse  grösstenteils  nicht 
unmittelbar  auf  die  Bühne  bringt,  sondern  erzählen  lässt,  indem  sie 
den  Neubeginn  des  aufbauenden  Lebens  einbezieht  und  die  chassidische 
Religiosität  alle  Gespräche  durchdringend  darstellt  und  in  Rhythmus 
und  Melodie  der  Sprache  mitschwingen  lässt,  macht  sie  das  Entsetzli- 
che und  Erschütternde  aushaltbar,  erhebt  es  in  die  Sphäre  grosser  Kunst. 
Ich  kenne  fast  alles,  was  an  Dichtung  in  deutscher  Sprache  über  die 
jüdische  Katastrophe  im  Dritten  Reich  geschrieben  worden  ist,  aber 
dieses  Mysterienspiel  steht  auf  einer  anderen  höheren  Ebene.  Allein 
für  diese  Dichtung  hat  Nelly  Sachs^den^Nobelpreis  der  literatur  ver- 


dient J 


^''""^v 


//lÄi^v     ^  .  >c/^ec/U^'''^w 


Walter  A,   Berendaohn. 


/ 


-v  '7 


\ 


Hilde  ^r.'-■^r^'.    Offener  Briof 


an  Nelly  Sachs  . 


\j7(ih^  ^(^ 


Jn> 


Liebe  Kell7/t  ^^   0.-1  •  i 

ich  schreib.  Dir  die.en  Brief,  publice.  Ich  will  öffentlxch 

aussprechen,  v.as  Du  für  rrdch  ,-etan  hast,  denn  ich  denk.,  Du 
ha.t  e.  für  viele  getan  und,  kann. t  es  für  viele  tun.  Pur  alle, 
die  in  der  einen  oder  andern  '.Veise  an  dera  _gleichen  Trauma  leiden. 
Das  will  ich  feststellen,  und  danach  willM  auch  zu  analyBieren  ^  • 
versuchen,.  ..   -•'      .. 

Bei  Krie,rsende  oah  ich  zum  ersten  Mal  Bilder  aus  den  Konzentra-   ^  , 
tionslagern.  Viele  haben  sie  damals  zuia  ersten  Mal  gesehen:    . 
außerhalb  Deutschlands  und  vor  allem  auch  in  Deutschland.  Auch 
in  Deutschland,  ich  wiederhole  dies  ausdrücklich.  (Ich  selber 
war  weit  wo,;,  auf  einer  Insel  im  Karibischen  Ileer).  Am  schlxmm- 
ut^-^n  waren  mir  die  Leichenhaufen:  all  diese  nackten  hilflosen 
Körper,  wie  ein  La^er  von  verrenkten  Puppen  übereinander  gesta- 
,elt.  Ich  konnte  keine  nackten  Körper  mehr  sehen,  besonders  keinen 
schlafenden  -  in  den  Tropen  schlaft  man  .ja  oft  nackt  otler  fuet 
nackt  -  ohne  mich  zu  än.rstigen  vor  den  Leichenpuppen ,  d  lesen 
hilflosen  Objekten  von  Anderer  Tun.  Jeder  Lie,:ende  wurde  mir 
sofort  zur  Leiche,  zog  Trauben  von  Leichen  an.  Das  habe  ich  da- 
mals  nie  ausgesprochen,  das  hatt.  ich  niemandem  sagen  können,  mein 
•Entsetzen  war  nicht  mitteilbar.  Sollte  ich  violleicht  sagen: 
"Schlafe  nicht.  Sofort  liec:en  lauter  Leichen  da?"      ■  .        . 
Al'^  icb  D-dne  Gedicht«  las,  im  V/inter  59/60,  als«  fast  15  Jahre   • 
^  sr/itpr,  da  hast  Du  meine  Toten  bestattet,  all  diese  fremden 
^  furchtbaren  Teten,  die  mir  ins  Zimmer  kamen.  Sie  stiegen  auf  in 

■  ein.n  weißen  wirbelnden  Schaum,  sie  verloren  diese  Puppenhaf tig- 
keit  der  Menschen,  denen  nur  ar.getan  worden  war,  dies  umgekehrt« 
T^obot.rtura,  und  gingen  ein  in  das  Gedächtnis  aller  Gestorbenen. 

■  in  Scnmerz  aber  ohne  Bitterkeit  lösten  sie  sich  ir^öeinen  Werten 

■  un.i  stiegen  auf  wie  ein  milchiger  Dunst,  ich  sah  es  sich  auf- 
lösen, fortzienen.  Sie  kamen  nicr.t  mehr  in  dieser  Perm  zu  mir 
zurück.  Ich  brec-r...  in  Tränen  aus,  wie  ich  dies  schreibe,  aber 
ich  will  es  tr^tr.dum  oussprecnen,  und  auch  öffentlich. 


-  15   - 


1 


\ 


Diese  große  ßtharsis,  diese  Erlösunt:  haben  Deine  Gedichte 
bewirkt,  alle  wie   ein  Gedicht:  während  doch  das  Einzelne 
Deiner  Gedichte  den  Leser  preßt  und  nur  selten  am  Endo  frei-ibt- 
Deshalb  also  habe  ich  Deine  Gedichte  mit  Leidenschaft  ^-e lesen. 
Ich  sehe  kein  zweites  7/erk,  das  diese  Toten,  diese  so  besonders 
unglücklichen  Toten  unter  den  vielen  sohl  cht  gestorbenen,  der 
Erinnerung  der  Menschheit  einfü^-t  wie  das  Deine.  Das  müssen  wir 
alle  Dir  danken:  wir  die  Überlebenden.  Wir,  die  verschont  wur- 
den als  Opfer,  und  in  gleicher  Weise  die,  die  überlebt  haben  auf 
der  Seite  der  Mitschuldigen.  Und  die  junge  Generation,  die  diese 
ganze  Last  erben  muß  und  für  die  Du  sie  leichter  gemacht  hast. 

Der  Dichter  trägt  mehr  zum  Weiterleben,  zum  gemeinsamen  Weiter- 
leben bei  (um  diese  fatale  "Bewältigung"  einmal  menschlich  zu  be- 
nennen) als  alle  Politiker  zusammen.  Du  hast  diesen  Toten  die 
St  imme  gegeben.  Mit  Deinen  Worten  sind  sie  -  tlagend  aber  doch  - 
gegangen,  den  Wog,  den  die  Toten  gehen.  Das  konnte  nur  einer  tun, 
der  ein  Opfer  und  ein  Ausgestoßener  war  und  zugleich  ein  deut- 
scher Dichter.  Einer,  dem  die  deutsche  Sprache  zu  eigen  ist  und 
der  also  ganz  ein  Deutscher  ist.  Und  der  zugleich  ganz  zu  den 
Opfern  gehört. 

Ich  kann  über  all  dies  mit  Unbefangenheit  sprechen,  mehr  als 
jeder  andere.  Und  ich  will  es  auch  tun.  In  der  Paulskirche  hörte 
man,  Du  seiest  ein  Jüdischer  Dichter.  Stimmt  das?  Bist  Im, 
Nelly  Sachs,  ein  "jüdischer  Dichter"? 

Thematisch  gesehen  bist  Du's.  Aber  was  ist  ein  Jude?  Besonders 
wenn  er  nicht  den  Glauben  hätte.  Du,  Glückliche,  du  glaubst. 
Aber  wenn  er  nicht  den  Glauben  hätte?  Du  hast  es  für  uns  alle 
definiert:  "An  uns  übt  Gott  Zerbrechen",  hast  Du  gesagt.  "Ein 
Jude  ist  genau  wie  die  anderen,  nur  alles  etwas  mehr",  sagte 
Bernard  Shaw  sehr  witzig,  eine  Definition,  die  sich  ebensogut 
wohl  auf  die  Deutschen  anwenden  ließe,  aber  doch  nur  in  Grenzen 
richtig  ist.  (Die  Dichter  sind  "alles  ein  wenig  mehr  als  andere", 
zum  Beispiel.  "Lebendiger",  wenn  Du  willst.  Von  den  Juden  läßt 
sich  das  doch  nicht  so  sagen.)  Nur  in  dem  also  stimmt  es:  an  uns 
wird  etwas  mehr  "Zerbrechen"  geübt  als  an  anderen.  Exemplari- 
scher wird  es  geübt,  wieder  und  wieder,  äoweit  das  Gedächwils 


16  - 


Kitte,  mißvT;rot:-.he  :nich  niciit,  ich  £:l-ubo  nicht,  ä-,-Ai   -/vir  d'i 
aind,  drünit  die  conditio  human-.t  auf  ofäicr  iUlhne  wieder  und  -.vie- 
der  an  uns  vollatreckt  werde,  atellvert'retend  und  ohne  ivlildorun.; , 
Lehrbeispifji.  eines  V/eltenlonker3 ,  der  un^ier  aly  Demonstr'-..tionL-- 
objekt  bedürfte.  Die  Theologen  uuhun  da  manchmal  oine  Art  h;;hore3 
Programm.  Ich  sehe  nur  die  Tataache,  die  sehr  irdische,  geschicht- 
liche Tatsache,  ich  stelle  cie  fest:  und  mit  Grauen.  Wie  m-m  vic- 
los  mit  Grauen  ansieht,  was  geschehen  ist  und  geschieht.  Was  ein- 
fach "wirklich"  ist.  Den  Juden  ist  häufiger  und  krasser  die  Rol- 
le des  Ecce   homu   zugofall'c;n,  aufgedrängt  worden,  als 
anderen.  Historisch  war  es  ihnen  einfach  nicht  vergönnt,  sich 
von  diesem  ihrem  Sonderstatus  zu  befreien. 

Du  also,  in  Deinen  Gedichten,  sprichst  von  diesem  Prügelknaben 
der  Menschheit,  von  den  Juden,  und  fast  nur  von  ihnen.  Und  fast 
nur  von  diesen,  die  vernichtet  worden  sind,  vor  bald  einem  Vier- 
teljahrhundert. Und  von  Dir,  dem  Dichter,  der  ihnen  nachstirbt. 
Diesen,  die  ins  Äußerste  getrieben  wurden,  an  die  Grenze  des 
Menschseins.  Und  die  für  die  andern  zu  einem  Probierstein  gemacht 
wurden,  an  dem  Nicht-zu-versagen  ein  Äußerstes  an  Menschlichkeit 
verlangte.  In  einem  äußersten,  in  einem  extremen   Sinne  bist  Du 
daher  die  Stimme  des  Menschen.  Und  Deine  Stimme  spricht  deutsch. 
Zu  Deutschen.       • 

Das  gute  Buch,  las  ich  kürzlich,  sei  das  Buch  des  Lesers.  Das 
schlechte  dagegen  das  Buch  seines  Autors  und  nur  das.  Das  Gleiche 
gilt  -  und  in  erhöhtem .Maße  -  für  das  Gedicht.  Das  gute  Gedicht 
gehört  seinem  Leser,  jedem  einzelnen  Leser,  gleichgültig  wann 
und  wo  er  es  liest  oder  lesen  wird.  Es  erneuert  sich  mit  jedem  . 
Loser,  wird  das  Gedicht  sehr  verschiedener  Leser  sein,  wenn  auch 
nicht  alle  das  gleiche  losen  werden:  sondern  jeder  nur  die  fein- 
ste Nuance,  die  es  zu  'feinem"  Gedicht  macht. 

In  diesem  Sinne  schon,  also  grundsätzlich,  tritt  Deine  Person 
hinter  Deinem  Werk  zurück.  '/Vie  die  Person  eines  jeden  Dichters 

t 

hinter  dem  Werk  zurücktritt.  Es  würde  in  einem  gewissen  Maße 
gleichgültig,  ob  Du  ein  Jude  bist,  ein  assimilierter  oder  nicht, 
ob  Du  eine  Frau  bist,  auch,  was  Du  erlebt  hast.  Wichtig  ist  nur^ 
das  Werk,  und  was  Du  ins  Werk  getan  hast.  Und  das  wäre  nur  vom  ■ 

hon.  Man  könntu  also  den  Autor  wegdefinieren 


1      »"T 


auü    ijeinom   Work,    ihn   zum    V'.:,r.-c::/;.i\Ak.n   hvir.-''::n    in    u--r   diirir:--;:t   Lui't 
cloi-   At:::trakti^"^n.    Hior    "kc^rio j':,iu. rit"    zu   ;:i,.in,     k;j   'A'är',.    j'..'.ij"!.    cir. 
T'.u:chGnür-ielortrick   do3    Iritoll'.;kt  • .    Vi-i;..  >Lr    :'ri;?t   d':.;:^    'Jl?rk    o-n 
Autor    ':.iuf ,    3^>   rriVirt    ^^ich    '/:;}.    ,i-::.l:.uri   Eri'-^hi'unr'::'. ,    v.'n    j-jiri.)-   ^--.^.z 
kcjr^nd'jron   3o^  .-^rnung   mit    'ii.r   7irkli  jiik:;i  t ,    'liej;r^r  un'Aic.d-ji':iv:it  ••r^r: 
V^^rUnduri^^   von    hii^  ooriücli.;n  ,    ^jo:zi*;.]  ori    laid    por^^''ni  ich^n    ?•.  t:  *.or'..n  . 
Dris    G^;dicht    i^jt   dio    E^.-senz   d^.2S    G(;l^:;bton:    uXcrr^rA  .iriiDci'.   und    voll- 
ziehb^ir   gom:icht.    Das    SchicKLrclh'ifte    an:   Privatt-^n.    Sujptva  li^^rto 
Zeit,    auf   oinen   Punkt   g:^bracnt,    ulngufrorene    Au^"enbl  ick.. .    Kann 
der    Lc-y^ev   3i^.i    für    c^ich   wi^^d'jr    ins    Fli-.;i3cn   brin^^'^n?   Auch   di^j    Aurori- 
blicke    eines    Sondersohick:^.ul3   vjie    d.a3   D-jin^^n?.  Denn   erj    i^'t    t;in 
Sondor3chickL>al.    Od^^r   da^    der   L.'joker-Schih]  ..r   od-.r   d^-r   Kolm*;r? 


Vozu  hior   von   Fr-iuen   rodeln 


L 


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Icdch-    ,^'ilt    für   K'-ino   und 


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diu    nach    ihm   kameai,    bis    hin.    y.u    C-;lan.    Ich   rochne    nicht    n*tch,    wer 


ibst  iL'imungsraaßig    ^'d':zu,i;-a.hort "  ,    wir   bowe/^t-^n   un 


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Lichter  zu  leb.rn  und  in  Sprache  zu  v.i.T";;and-^ln  hut.  D' 


ch.ick::ail'^  ist  vi^^l.l^ioiit  J-jr  basonder-ai  Erfahren.-  von   Gronzbe 


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ivohnern   verr-'l-ichbar ,    um   nui^   ein   3ui 


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u   nennen 


nacn   dtjn 


hiistoi'ischen   G-:.^'*ebonheiten ,    j      n*-ich    der   Vuranlagun^---; ,    wird    V.^'im 


Einzelnen   d^r   Anteil   der    Sond^- i'^i^rf alirnny:    am   C 


/  V..    kj)  :x  l 


It 


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in-^r   Erfah- 


rung variieren    (auch-  auf   v:  ryeh  i',  d-"ine   Eb  jn^jn    ti'aneponi.ert   wuT'~ 
den),    wobei    auf    jeden   P'iil    üuch   da:r    i^.esondert.;    noch   ins    Schicks*-.!- 


h'vfte    sublim.i'.rrt    wird.    Zumindest    heim   Dict^ter   von   Ran^-r.    Er 


o 


ohreibt    filv   alle.    Der   Dichter,    der*   ein    **Grenzbvr/vohner"   wär( 


.uch 


für   die    Nichts renzbewohn^r •    Ni-arrind   Wo-ii3    j'i     luch.,    -^n  w-jlche    Gren- 


ze   (3S    ihn  verschlagen   kcainte.    Dar;    ist    etwas    Exemplarisch 


V^    '..>     • 


11 


rj 


ind 


,v  1  r    an 


tastbar.  Unt..r  dem  einen  oder  dem  and',:rn  Vorseichun 


Daher  also  schreibst  Du  für  alle.  Ganz  wie  die  Droste,  ganz  wie 
die  Lasker.  Oder  wie  Maibert  od^r  wie  Trakl  oder  wer  immer.  Und  n*i- 
türlich  in  erster  Linie  für  die,  deren  Hut tei^sprache  deutsch  ist. 
Und  deren  Muttersprache  deutsch  s^^in  wird  (oder  die  docn  deutsch 
wie  eine  eigene  Sr)r:iche  iesen).  hnd  bist  d*ih-jr  ein  deutsch.er 
Dichter  und  kannst  gar  nich.ts  '.aidures  seiri.  Du,  die  Du  von  den 
Opfern  redest  und  s^-lber  mit  Knopper  l^Iot  untKumst,  Und  die  Du 


lo   - 


immer  wieder  davon  krank  bist.  Duvon  lebt  Deine  Lyrik,  von  difasor 
großen  Spannung,  dieser  "Vc;reini,5un£:  d..'S  Unvereinbaren",  die  Toeisi 
immer  war  und  heute  nur  niehr  ist,  weil  die  Realität  unj  äußerste 
Spannungen  zu  l^b^n  gibt.  Dies  i-ierkmal  moderner  Dichtung,  das 
Paradox,  das  in  aller  Munde  ist,  das  v;ird  ja  nicht  von  irgendwo 
in  die  Kunstform  gebracht,  das  wird  zuerst  und  vor  allem  doch 
gelebt  ,  aufs  Heikelste  gelobt.  Da  wird  einer  verstoiien  und 
verfolgt,  ausgeschlossen  von  einer  Gemeinschaft,  und  in  der  Ver- 
zweiflung ergreift  er  das  Wort  und  erneuert  es,  macht  das  Wort 
lebendig,  das  Wort,  das  zugleich  das  Seine  ist  und  das  der  Ver- 
folger. Der  vor  dem  Rassenhaß  Flüchtende  ist  nur  der  Unglücklich- 
ste, der  am  meisten  Verneinte  unter  den  Exildichtern  überhaupt. 
Und  während  er  noch  flieht  und  verfolgt  wird,  vielleicht  sogar 
umgebracht,  rüstet  sich  sein  Wort  schon  für  den  Rückweg,  um  ein- 
zuziehen in  das  Lebenszentrum  der  Verfolger,  ihre  Sprache.  Und  so 
erwirbt  er  ein  unverlierbareres  Bürgerrecht,  als  wenn  er  fried- 
lich hätte  zuhause  bleiben  dürfen  und  vielleicht  sein  Wort  nicht 
diese  Kraft  einer  äußersten  Erfahrung  hätte,  die  es  so  stark 
macht  (oder  auch  gar  nicht  erst  entstanden  wäre).  Und  er  kann 
nicht  anders  als  die  Sprache  lieben,  durch  die  er  lebt  und  die 
ihm  Leben  gibt.  In  der  ihm  doch  sein  Leben  beschädigt  wurde. 
Das  äußerste  Vertrauen  und  die  Panik  fallen  hier  zusammen,  das 
Ja  und  das  Nein  sind  nie  mehr  zu  trennen.  Entscheidung  ist  hier 
vorweggenommen,  Versöhnung  des  Unversöhnbaren  generiert  sich 
selbst,  ein  -  wenn  auch  kleiner,  gemessen  am  Ausmaß  des  Unheils  - 
Beweis!  ein  Abglanz  noch  von  "jener  Kraft,  die  stets  das  Böse 
will  und  stets  das  Gute  schafft".  Wenn  daher  alle  Dichter  das  • 
Paradox  leben  (schon  in  der  zunehmenden  Unvereinbarkeit  des 
Innen  und  des  Außen,  und  auf  viele  Weisen),  so  leben  die  deutsche 
Dichter  jüdischen  Schicksals,  um  sie  so  zu  nennen,  in  diesem 
historischen  Augenblick,  es  eben  um  einige  -  unwägbare  -  Grade 
härter. 

Mögen  die  Gutmeinenden  uns  kein  falsches  und  sentimentales  Eti- 
kett umhängen.  Die  Stimme  vvird  gehört,  weil  sie  eine  deut- 
sche  Stimme  ist.  Wie  würde  sie  sonst  die  Menschen  in  diesem 

Lande  erregen. 


I   •  .1 


c 


Aber  ivozu    b-etoiK:    icn    tl.:e;  tJioh    no    l->-ui'.    d-    --   d--^}- 


^3Chiedr.n   ist ,    v;i, 


icii  o'ic't 


•■^-'■^  "'l^'O^  ''-J-^^'  v/1  IL.  >'iicht::  hi-zuii^.--r 


nicht  d'i3  fremde.  Uur   duror  dj 


'^ort^,  nur  duroh  pine  neuo  2uoK^.rv..rl:r-nnui 


r''.:/:;i:>Ci.L-    ^;r.!.G>N.ii(M,:    d.-..^    1- }'-n.-i,-M 


un^:    1 


1  -? 


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Vereinte   trennen,    und    üelb:^   ci'.iurcr;   nici.t,    d-m   d'::^   '^ort    M    t 
^cnon  ,-ewirKt,    flie:.t    ..chon   in   andor.n    <7ort..n  .v..it..r.    icn    -..ul^ 
Hfcer,    daß    es    nctv;endi^:   i.;t,    d:9    d.:r   T:.;tber;tand    olo    :.olci...r    ir; 
Geiner  heiklen   "/idersprüchlichKeit   endlici.    einmal    kl'.r 
und   eintfeordnct   \«.-ir-d.      Sin 


«        i  r  a        o   t        3    t   u  d    ü    r    . 
D'is  versuche    ich.    Dazu   eignet    ;.;ich  diec-e   Feier 
illem  andern. 


'»     --T 


u  Deinon  Ehrrr,  vor 


V 


'  w ; 


ist  auch  kein  falnchor  Nat 


ionalit:miu-:  dabei 


sage.  ',Vie  klänge  er  gerade 
Dichter  sind  keine  "Pubball 


v;enn    ich    "deutf; 


werb    träte    zu  Ehren   e 


auch   in  unserem  Kunde.    Die    deutsci 
mrannGohaft",    die   mit 


1  »'•:» 


cn 


n 


ff 


"indGjrn    in   ;7ettbe- 


fach   um   Gegebenheiten.    Die    Spr-ch 


iner  Nationalflagge.    E^:    h'indelt   ^jich 


^•■.    «• 


n 


z    Ein- 


heit. Je  mehr  Spr-ohon  man  It^rnt 
der  Erinnerung  der  Menschen,  dio 


e  iat  d';s  Gedachtni^i  d 


er  j'.leiioch- 


umso  mehr  nimmt 


man  teil  ''tr 


liU 


Dichter,  vor 


'Hnderen,  halt 


.'illen  Sprachen  besteht  ."^Di 


Ich  meine:  sie  erhalt 


•n   diese  Erinnerun-b--  1 


ng  lebendig  und  bunt 


en  3ie  virulc.nt,  indem 


wieder  spitz  und  V(;ryv'und 


e  die  Sprache  imm-^r 


end  maoiien,  d 


und  entschärft.  Das  k^-nn  ied 


,  die  sich  dauernd  abschleift 


unsere  ist  eben  deutsch.  Daß  d 


jed^^r  nur  mit  seiner  Sprache  tun.  Die 


onders  waches  Verhält 


r  Ausgestoßene  überdi 


e 


:>  c:« 


■3    e 


;in  be- 


tTiität    mit   fremden  Sprachen,    d 


niü    zum  V/ort   hat,    gerade  wegen   seiner   Inti- 


ai, 


ter"  wird,  in  die  fremd 


er  ganz  von  selbst  zum  "B.,'t£>chaf- 


umgekehrt  der  Muttorspruche  "Welt 
weiteres  der  Paradoxe,  d 


en    Spr-.chen   die    'eigene    h 


.ineintragend  ,    und 


II 


^nverwandelnd,  ist  nur  ei 


n 


ie  sein  Leben 


luamachen 


Die  Dichter  tragen  ja  auch  nicht  nur  die  Fakten  hinzu,  zu  dem  Ge- 
dächtnis, wie.3s  die   v7is3enschaft  tut.  Sie  tragen  sie  auf  eine 
eigentümliche  Weise  hinzu.  Dafür  bist  Du  ein  gutes  Beispiel: 


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-   20   - 


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Deine  Dichtung  erhält  das  Unheil  l^-;bendig,  denn  Du  bist  die 
StiKine  dieser  unseligen  Toten.  Und  zu/rleich  erlöst  Du  von  dem 
Unheil.  Wie  die  Dichter  von  jeher  und  für  die  Zeiten  den  Schrek- 
ken  und  zugleich  die  Katharsis  des  Schreckens  mit  sich  brachten. 

Lyrik  ist  wie  ein  großes  Glocke nläuton:  damit  alle  aufhorchen. 
Damit  in  einem  jeden  das  'aufhorcht ,  Jas- nicht  einem  Zweck  dient, 
das  nicht  verfälscht  ist  durch  die  Kompromisse.  Und  das  gilt  für 
das  verzweifelte  Gedicht,  und  noch  für  das  negative  und  das 
"ärgerliche"  Gedicht:  es  ist  ein  Glockenläuten.  In  V/ahrheit  gibt 
es  kein  Gedicht  "gegen",  das  nicht  zugleich,  und  weit  mehr,  auch 
ein  Gedicht  "für"  wäre:  Anrufung  von  Helfern,  um  gemeinsam  etwas 
Uniebbares  zu  überkommen.  Und  darin  besteht  auch  die  Katharsis: 
in  einem  letzten  Glauben  an  den  Menschen,  ohne  den  Lyrik  nicht 
ist.  Lyrik  wendet  sich  an  die  Unschuld  eines  jeden,  an  das  Beste 
in  ihm:  seine  Freiheit,  er  selber  zu  sein.  Das  kann     Elektro- 
nengehirn leisten,  kein  noch  so  gut  funktionierender  Apparat. 
Und  auch  kein  "funktionierender"  Mensch.  Nur  das  Ich  kann  das 
"Du"  des  Nächsten  sein  und  seines  Bruders  Hüter.  Seines  Bruders 
Hüter.  Dies  große  Versäumnis! 

Nelly,  Du  bist  so  sehr  weit  weg.  Nein,  nicht  in  Schweden.  Auf 
dem  Wege  "wo  die  Neuentdeckungen  für  die  Seelenfahrer  harren". 
Verzeih,  daß  ich  Dich  auf  diese  Weise  rufe.  Drehe  Dich  um  und 
sage  Deinen  jungen  Lesern  in  Deutschland,  daß  jeder  einzelne  ge- 
braucht wird,  damit  Du  die  Toten  nicht  umsonst  bestattet  hsäi 
im  deutschen  Wort.  Einem  Wort  der  Liebe.  Der  "Liebe, 
die  die  Sonne  bewegt  und  die  andern  Sterne",  wie  der  Vater  aller 
Exildichtor  sagt. 


4 

1 


Heidelberg,  Juli/August  1966 


HoLLff^R,     K^^ 


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Ein  junger  Schweizer  Musiker : 


Heinz  Holliger 


In  dem  Konzert  des  Tonhalle-Orchesters 
unter  der  Leitung  von  Erich  Schmid,  das 
Studio  Zürich  am  Dienstag,  14.  Januar, 
um  20  Uhr,  sendet,  erklingen  «Drei  Lie- 
beslieder» von  Heinz  Holliger,  nach  Tex- 
ten von  Georg  Trakl.  Es  singt  Lucienne 
Devallier,  Alt. 


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(  . 


Biographische  Notizen 

Geboren  1939  in  Langenthai,  Matura  am 
Gymnasium  in  Burgdorf,  musikalische  Stu- 
dien in  Bern  (Sandor  Veress,  Komposition; 
Emile  Cassagnaud,  Oboe;  Sava  Savof f.  Kla- 
vier), Paris  (Pierre  Pierlot,  Oboe;  Yvonne 
Lef^bure,  Klavier),  und  Basel  (Pierre  Bou- 
lez,  Komposition). 

1959:  I.Preis  für  Oboe  im  internationalen 
Musikwettbewerb  in  Genf  und  Preis 
des  Schweizerischen  Bundesrates  für 
die  beste  künstlerische  Leistung. 

1960:  Preis  des  Schweizerischen  Tonkünst- 
lervereins. 
1961:  1.  Preis  für  Oboe  am  internationalen 
Musikwettbewerb  der  deutschen 
Rundfunkanstalten  in  München. 
Seither  Konzertreisen  durch  alle  wichtigen 
Musikzentren  Europas  und  der  USA.  Heinz 
Holliger  gilt  heute  als  einer  der  besten 
Oboisten  Europas.  Sein  umfangreiches  Re- 
pertoire reicht  vom  Barock  bis  zur  Mo- 
derne. Namhafte  Komponisten  wie  Frank 
Martin,  Klaus  Huber,  Conrad  Beck,  Jacques 
Wlldbcrger,  Rudolf  Kelterborn,  Sandor  Ve- 
ress, Jürg  Wyttenbach  u.a.  haben  für  ihn 
Werke  geschrieben. 

Sein  bisheriges  kompositorisches  Schaffen 
ist  geprägt  durch  die  sehr  persönliche  Aus- 
einandersetzung mit  dem  Komposltlonsstil 
Alban  Bergs  und  Anton  Weberns  und  mit 
dem  dichterischen  Werk  von  Georg  Trakl, 
Nelly  Sachs  und  dem  frühverstorbenen 
Schweizer  Lyriker  Alexander  Xaver  Gwer- 
der.  Die  surreale,  musikalischem  Ausdruck 
sehr  naheliegende  Symbolwelt  dieser  im 
ZwLschenrelch  zwischen  Traum  und  Wirk- 
lichkeit, Leben  und  Tod  schwebenden  Ge» 
dichte  gab  Heinz  Holliger  das  thematische 
Material  für  eine  ganze  Reihe  seiner  Werke. 
Die  drei  für  die  cLlebeslleder»  ausgewähl- 
ten Gedichte  CJeorg  Trakls  aus  dem  Zyklus 
«Sebastian  im  Traum»  sind  drei  Stufen  ei- 
ner geistigen  Entwicklung  vom  Irdischen 
zum  Himmlischen.  Diese  Entwicklung  ist 
ebenfalls  in  der  Musik  spürbar:  Im  Laufe 
der  drei  Lieder  löst  sich  der  expressive, 
kompakte  Orchesterklang  in  schwebende 
Strukturen  und  flimmernde  «Klangtep- 
piche» einzelner,  soUstisch  behandelter  In- 
strumente auf. 

Die  Lieder  sind  (im  Gegensatz  zu  den  spä- 
teren Kompositionen  von  Heinz  Holliger) 
nicht  zwölftönig  konzipiert.  Keimzelle  des 
gesamten  musikalischen  Materials  ist  ein 
am  Anfang  des  ersten  Liedes  vom  Alt  allein 
vorgetragenes  slebentönigea  Motiv  auf 
«Septemberabend»:  Symbol  der  Spätzelt, 
des  Sterben«.  B.  H. 


Heinz  Holliger 


Geboren  1939  in  Langenthai.  Studien  in  Bern,  Paris  und  Basel.  Als 
Oboist  sehr  erfolgreiche  solistische  Karriere  (Festspiele  von  Salz- 
burg, Luzem,  Edinburgh,  Prades,  u.a.  U. S.A. -Tournee). 
Kompositionsschüler  von  Sandor  Veress  und  Pierre  Boulez. 
Werke: 

3  Liebeslieder  (Trakl  für  Alt  und  Orchester  (i960) 
(UA:  Tonkünstlerfest  Genf  1962) 
Klavierlieder  (i960) 

Erde  und  Himmel,  Kantate  (1961 ),  Schott 
Elia,  3  Nachtstücke  für  Klavier  (1961),  Schott 

Schwarzgewobene  Trauer,  Studie  für  Sopran  u.  3  Instrumente  1961/62. 
(UA:  IGNM  Basel) 

Sequenzen  über  Joh.  I,  32  für  Harfe  (1962) 
Mobile  für  Oboe  und  Harfe  (1962),  Schott 
(UA:  Domaine  Musical  Paris) 
Improvisationen  für  Oboe,  Harfe  und  12  Solo-Streicher  (in  Arbeit) 


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Aus  dem  Prograrimhoft  der  ISCivI,    Amsterdaa,    Juni    1963 


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glühende  T{ätsel 

NAC    M     Gl   DK   MT  IN    VON     NE  ILY    SACHS 


für  eine  Altstimme  und  zehn  Instrumentalisten 


(1964) 


Studien-Partitur 
Edition  Schott  5001 

HEINZ^  HOLLIGER  -  "GLOWING  ENIGMAS" 
after  poems  by  Nelly  Sachs 

For  one  alto  volce  and  ten  Instrumentalists 

(1964) 

Study  score  -  Edition  Schott 


B.  S  C  H  OTT'S 


Dedicated  to  Nel?uy  Sachs 
Commlssloned  by  South-West  Radio  Baden-Baden 
for  the  Donaueschingen  Festival  1964 

First  performed  on  October  IJ ,    1964 

at  Donaueschingen 
by  the  Ensemble  Domalne  Musical,  Paris, 
conducted  by  Pierre  Boulez 

Soloist:  Jeanne  Deroubalx 

S  ö  H  N  E     •     M  AI  N  Z    . 


Schutt  &  Co.  Ltd.,  London    •     B.Schott's  Söhne  (Editions  Max  Eschig),  Paris 

Schott   Music  Corp.  (Associnted  Mur,ic  Publishcrs  Inc.),  New  York 


Printfd  in  C.i'rmany 


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Für  CNelly  S^(^hs 


AiiftragswcMk  des  Südvvestfunks  Baden-Baden 
für  die  Donaueschinger  Musiktage  1964 


Die  Uraufführung  fand  am  17.  Oktober  1964  in  Donaueschingen  statt 
Es  spielte  das  Ensemble  Domaine  Musiail,  Paris,  unter  der  Leitung  von  Pierre  Bouh' 

Solistin:  Jeanne  Deroubaix 


I  ' 

t 

Diese  Nacht 

ging  ich  eine  dunkle  Nebenstraße 

um  die  Ecke 

Da  legte  sich  nnein  Schatten 

in  meinen  Arm 

Dieses  ermüdete  Kleidungsstück 

wollte  getragen  werden 

und  die  Farbe  Nichts  sprach  mich  an; 

Du  bist  jenseits! 


II 

Einsamkeit  lautlos  samtener  Acker 

aus  Stiefmutterveilchen 

verlassen  von  rot  und  blau 

violett  die  gehende  Farbe 

dein  Weinen  erschafft  sie 

aus  dem  zarten  Erschrecken  deiner  Augen  - 


1 1 


III 

Im  verhexten  Wald 

mit  der  abgeschälten  Rinde  des  Daseins 

wo  Fußspuren  bluten 

glühende  Rätsel  äugen  sich  an 

fangen  Mitteilungen  auf 

aus  Grabkammern  — 

Hinter  ihnen 

das  zweite  Gesicht  erscheint 

Der  Geheimbund  ist  geschlossen  — 


IV 

Ausgeweidet  die  Zeit 

auf  deines  Angesichtes  Bernstein 

Das  Nachtgewitter  zieht  flammend  heran 

aber  der  Regenbogen 

spannt  schon  seine  Farben  ein 

in  den  hintergründigen  Streifen  aus  Trost 


Meine  geliebten  Toten 
ein  Haar  aus  Dunkelheit 

heißt  schon  Ferne 

wächst  leise  durch  offene  Zeit 

Ich  sterbe  geheimes  Maß  füllend 

in  die  Minute 

die  sich  knospend  reckt 

aber  hinterrücks  haben  sie  die  Feuerzungen 

der  Erde  aufgepflanzt  — 

Eine  Rebe  die  ihren  Wein  der  Flamme  übergibt 
sinke  ich  rückwärts  — 


Entnom 


„,en  aus  Kelly  Sachs.  Ausgewählte  Geduhtc    ■    Suhrk^mp  Vorlag,  Frankfurt  am  Mair, 


BESETZUNG       UND      ZEICHEN 


L 


Altstimme 


Gesang 


gesprochen 


Sprechton 


^ 


Sprechgesang 


geflüstert 


bczeici^non  keine  absolute  Tonhöhe,  sondern 
£E     geben  nur  die  ungefähren  Umrisse  der  Sprechhnie  an 

geschlossen 
(stimmhafter  Konsonant 


offen 
(Vokal) 


oder  Zischlaut) 


Flöte   •  Viola   •    Baßklarinette  in  B,  auc 


Cimbalum      2 


h  Kontrabaßklarinette  in  B  (i  Spieler) 


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-=  pres  du  chevalet  (nahe  am  Steg) 

-  weither  Lederschlegel 

=  Saiten  mit  Fingernägel  zupfen 


Holz   I  -  mit  Holzstiel  des  Lederschlegeh 


[h.Schl.|  -  harter  Lederschlegel 
ped. ^  =  Pedal  langsam  heben 


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Harfe      ^ 


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acc. 


acc. 


■'    Schlagzeug  (5  Spieler)      - 

Caracas   •    3  Templeblocks  '  •   4  Bongos   •   3  Tomtoms   •   1  Tambour  de  basque 

.Rührtrommel    •    t  große  Trommel    •    .  kleine  Trommeln  mit  Saite  (hell  /  sehr  hell) 

.  Triangeln  (ho*  /  tief) ;    con  sord,  -  Triangelstab  mit  einem  dünnen  Gummisd^lauch  übersehen 

4  hängende  Becken  (sehr  hoch  /  ho.i.  /  mittel  /  tief)  mit  Nadeln  oder  dünnen  Nägeln 

3  Tamtams  (boc+^/ mittel /tief)       3  Gongs    5E.. — s— 


13  Plattenglocken    ^E 


Röhrenglocken 


(  U,^  evtl.  Röhrenglocke  ) 


(hromatisöx 


■]■  -=  harter  Hammer 
^j"  ==  weicher  Hammer 


Glockenspi 
(Hämmerchen) 


yCrotales    ^^^ H        H        I     =i-L 

iel      T^ir: — -;/~:i  Marimba    ^i^;.^jK.r=J|pz:i:::== 


6/    ZZ 


Celesta 


.  Metallstäb*en     [äl      Trommelschlegel '    H       hart.  Spiegel      ^  =  weiche  Schlegel     ^  =  Jaz.besen 


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Artikel  von  Josef  Häusler  aus  dem  Sonderheft  der  Zeitschrift  "Begegnung" 
("Internationale  Bodensee-Zeitschrif t" ,  Amriswil/Schweiz) ,  gedruckt  als 
Sondernuinmer(Programinheft)  zu  den  "Donaueschinger  ^Musiktagen"  1964 


ü 


unct^ukzessiv  gleichermassen  hinlänglich  dif- 
ferenzT^reaZ^dlich:  kann  irgendein  musika- 
lisches Objekf^ifwigdurch  seine  akustischen 
und  physikalischen  Eigönsdiaften  einen  Zeit- 
begriff hervorbringen,  der  dies^nK-XJbjekt  im 
ganz  Besonderen  zu  eigen  wäre?»  ^--C::^;;^^^^^ 
Auf  dem  Hintergrund  solcher  Betrachtungen 
entstand  die  Strukturierung  der  «Fragme 
in  denen  Eloy  zeitlich  differenzi^rteruT  sich 
geschlossene  Klangwelten j&riTlIclarSeine  Vor- 
liebe für  orientalisßhe^usik  findet  in  dieser 
Partitur^^eineli  besonders  bemerkenswerten 
J^iedefschlag.  Eloy  verwendet  hier  zum  ersten- 


mmm 


mal  in  der  europäischen  Musik  die  «Tabla  Ta- 
rang^  ein  indisches  Schlaginstrument^J)ie'Ta^ 
bla  Tarang  stellt  eine  SonderJoniraerTabla 
dar,  die  in  der  traditi^neltenindischen  Raga- 
Musik  den  Melodi^qrnstrumenten  meist  paar- 
weise^^^ugeördnet  ist,  als  Geräuschfaktor  ge- 
Ezt  wird  und  eigene  rhythmische  Verläufe 
artikülier-t  Die  Tabla  Tarang  unterscheidet 
sich  von  der  gewöhnlichen  Tabla  insbesondere 
dadurch,  dass  sie  verschieden  gestimmt  und 
somit  innerhalb  der  gleichschwebenden  Tem- 
perierung ohne  Schwierigkeiten  verwende; 
werden  kann. 


I 


Heinz  Holliger 


Bevor  man  noch  den  Komponisten  Holliger 
kennenlernte,  ging  in  der  Fachwelt  der  Ruf 
des  Instrumentalisten  Holliger  von  Mund  zu 
Mund.  Konzerte  und  Rundfunkaufnahmen  wie- 
sen einen  Musiker  aus,  dem  die  Tugenden  ei- 
nes hervorragenden  Interpreten  in  besonde- 
rem Mass  zueigen  sind.  Seine  akrobatischen 
Spezialitäten :  Flageoletts,  Doppelflageoletts, 
Flatterzungeneffekte  und  Doppeltriller  haben 
ihn  zu  besonderen  Erfahrungen  auf  dem  Ge- 
biet des  Oboenklanges  geführt. 

Heinz  Holliger  ist  25  Jahre  alt.  Er  kommt  aus 
dem  bernischen  Ort  Langenthai,  besuchte  bis 
1958  das  literarische  Gymnasium  Burgdorf 
und  gleichzeitig  das  Konservatorium  Bern. 
Dann  ging  er  für  ein  Jahr  nach  Paris  und  stu- 
dierte bei  Pierre  Perlot  Oboe,  bei  Yvonne  Le- 
febure  Klavier.  1959  brachten  ihm  der  Inter- 
nationale Musikwettbewerb  in  Genf  und  1961 
der  Internationale  Musikwettbewerb  der  Deut- 
schen Rundfunkanstalten  in  München  jeweils 
den  ersten  Preis  ein;  vor  kurzem  übertrug  ihm 
die  Musikhochschule  Freiburg/Br.  die  Leitung 
ihrer  Oboenklasse. 

Allerdings  hat  HolHger  sich  nicht  auf  sein  In- 
strument spezialisiert.  Er  war  bereits  in  seinen 
Berner  Konservatoriumsjahren  Kompositions- 
schüler von  Sandor  Veress  gewesen;  als  Pierre 
Boulez  von  1961  -  63  an  der  Basler  Musik- 


akademie  eine  Meisterklasse  für  Komposition 
leitete,  führte  Holliger  dort  seine  Studien  wei- 
ter. In  diesen  Jahren  war  es  auch,  dass  man 
auf   den    Komponisten    Holliger    aufmerksam 
zu  werden  begann.  Nimmt  man  die  «Glühen- 
den Rätsel»,  die  bei   den  Donaueschinger  Mu- 
siktagen uraufgeführt  werden,  und  das  noch 
in  Arbeit  befindliche  szenische  Werk  «Der  ma- 
gische Tänzer»  hinzu,  so  weist  sein  Werkregi- 
ster seit  1960  zehn  Titel  auf.  Die  Besetzung 
ist  zumeist  kammermusikalisch,  verwendet  nur 
einmal   -   bei    den    drei    Liebesliedern    nach 
Georg  Trakl    (1960)   -  das   grosse  Orchester. 
Drei    dieser   zehn    Kompositionen    sind    reine 
Instrumentalstücke,    die   übrigen    ziehen   eine 
Singstimme   und    mit   dem    vokalen    Element 
natürlicherweise  auch  das  literarische  Medium 
heran.  In  diesem  Zusammenhang  ist  es  inter- 
essant, dass  selbst  von  der  Instrumentalmusik 
nur  ein  Werk,  das  «Mobile»  für  Oboe  und  Har- 
fe  (1962),   der  literarischen  Bezugnahme  ent- 
rät.  Die  drei   Nachtstücke  für  Klavier   «Elis» 
(1961)  sind  durch  Trakls  Elisgestalt  inspiriert; 
die  «Sequenzen»  für  Harfe  (1962)  beziehen  sich 
auf  einen  Satz  aus  dem  Johannesevangelium. 
Solche  Bezugnahme    weist    darauf    hin,  dass 
Holliger  seine  Musik  nicht  als  selbstgenügsame 
Ordnung  von  Tönen  und  Konstellationen  an- 
sehen, sondern    auf    dem  Hintergrund    eines 
«expressiven   Ortes»    verstanden   wissen   will 


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Dieser  Ort  liegt  in  den  meisten  Fällen  (Trakl- 
Lieder,  Elis,  Erde  und  Himmel,  Schwarzge- 
wobene Trauer,  Glühende  Rätsel,  Der  magi- 
sche Tänzer)  im  Grenzbereich  zwischen  Le- 
ben und  Tod. 

Es  wäre  nun  freilich  falsch,  wollte  man'von 
Holliger  eine  illustrative  musikalische  Lyrik 
erwarten.  Zwar  gibt  es  im  ersten  der  drei 
Trakl-Lieder  —  der  bis  jetzt  dramatischsten 
Partitur  Holligers  —  ein  paar  Momente,  die 
man  als  Illustration  deuten  könnte.  Indessen 
verstärken  diese  Stellen  nur  Atmosphäre  und 
Affekt  des  Gedichtes,  dessen  Spannungskurve 
Holliger  aufs  genaueste  folgt.  So  überzeugend 
die  Liebeslieder  als  Proben  einer  schöpferi- 
schen Begabung  sind,  so  eindringlich  sie  die 
Aura  der  Dichtung  in  Klang  umsetzen,  und  so 
deutlich  sie  die  Beherschung  der  musikalischen 
Mittel  in  der  Situation  nach  Schönberg  und 
Berg  belegen:  mit  den  nachfolgenden  Kompo- 
sitionen hat  Holliger  eine  grössere  Subtilität 
des  Ausdrucks  erreicht.  Er  entwickelte  eine 
Kunst  der  feinen  Nuancen,  der  sorgfältig  dif- 
ferenzierten Tönungen,  ein  Hineinhorchen  in 
die  Eigenwelt  der  Klänge,  ein  Erforschen  ihrer 
Vibrationen,  Verästelungen  und  expressiven 
Schwebungen.  Seither  schreibt  Holliger  eine 
vorwiegend  lyrische  Musik,  die  indessen  des 
konstruktiven  Rückgrats  keineswegs  entbehrt. 
Die  beiden  instrumentalen  Zwischenspiele  der 
Kantate  «Erde  und  Himmel»  nach  Gedichten 
von  Alexander  Xaver  Gwerder  (1961),  deren 
eines  der  Krebs  des  anderen  ist,  lassen  dies 
deutlich  genug  erkennen. 

Wie  sich  literarische  Anregung  mit  konstruk- 
tiver Planung  mischt,  wie  diese  Mischung  in 
musikalischen  Symbolismus  und  Klangpoesie 
mündet,  dafür  sind  die  drei  «Elis»-Stücke  ein 
Beweis.  Zarte,  verschwebende  Klänge;  Nach- 
hall- und  Flageolettwirkungen,  wie  sie  auch 
Boulez  in  seiner  Dritten  Klaviersonate  anwen- 
det; Glissando  auf  den  Klaviersaiten;  An- 
schlag einzelner  Saiten  mit  dem  Finger;  indi- 
sche Rhythmen,  deren  Symbolgehalt  den  Wor- 
ten Trakls  entspricht;  häufiger  Wechsel  der 
Vorschriften  für  Tempo  und  Vortrag  —  all  das 
summiert  sich  zu  einer  Ausdruckskunst  von 
hohem  spirituellen  Reiz.  Ihre  Tugend  heisst 
Diskretion,  ihre  Formen  sind  von  webem- 
scher  Kürze.  Ohne  Zweifel  hat  Webern  in  der 
Sprache  sowohl  wie  in  der  Wahl  kammer- 
musikalischer Besetzungen,  besonders  auch  in 
der  melodischen  Führung  der  Singstimmen 
auf  Holliger  eingewirkt.  Man  könnte  auf  die 
Mehrzahl  seiner  Kompositionen  jenen  Satz 
anwenden,  den  Schönberg  über  die  Streich- 
quartettbagatellen von  Anton  Webern  schrieb: 
««Einen  Roman  durch  eine  einzige  Geste,  ein 
Glück  durch  ein  einziges  Aufatmen  auszu- 
drücken: solche  Konzentration  findet  sich  nur, 
wo  Wehleidigkeit  in  entsprechendem  Masse 
fehlt». 


Doch  gerade  in  der  Führung  der  vokalen  Linie, 
nicht  nur  im  Bereich  des  Klangsensualistischen, 
zeigt  sich  Holligers  Bestreben,  ein  persönli- 
ches Idiom  zu  entwickeln,  einen  feinnervigen 
melodischen  Adel,  der  den  Oszillogramm- 
charakter  nachwebernscher  Melodik  zur  Vor- 
aussetzung hat,  ihm  aber  eigene  lyrische 
Schwebungen  abgewinnt.  Seit  seinen  Trakl- 
Liedern  bezieht  Holliger  bei  der  Gestaltung 
des  Vokalen  auch  den  Sprech  ton  und  die  ver- 
schiedenen Übergangsstufen  zwischen  Gesang 
und  Sprechen  in  seine  Kompositionen  ein. 
Welche  Differenzierungsmöglichkeiten  ihm 
hier  verfügbar  geworden  sind,  beweist  die 
Kantate  «Schwarzgewobene  Trauer»  für  So- 
pran und  drei  Instrumente  nach  einem  Ge- 
dicht von  Heinz  Weder  (1961/62),  ein  Werk, 
das  im  Ebenmass  von  Substanz,  Ausdruck  und 
Feinnervigkeit  der  Gestaltung  zu  seinen  über- 
zeugendsten Schöpfungen  gehört. 
Auf  einer  gleichen  Ebene  steht  das  «Mobile» 
für  Oboe  und  Harfe  (1962).  Hier  kommt  zur 
schlüssigen  Formulierungsgabe  noch  ein  be- 
sonderer formaler  Plan,  für  den  der  Werktitel 
den  Anhaltspunkt  liefert.  Die  Form  ist  nicht  ein 
für  allemal  geschlossen,  sie  gibt  vielmehr  dem 
Interpreten  analog  zum  Klavierstück  XI  von 
Karlheinz  Stockhausen  und  zur  Dritten  Kla- 
viersonate von  Pierre  Boulez  eine  Anzahl  mö- 
glicher «Fahrbahnen»,  nach  denen  er  die 
zwölf  Partikel  der  Komposition  miteinander 
verknüpfen  kann.  Holliger  hat  ihre  Zahl  auf 
drei  beschränkt;  sie  können  im  Konzert  auch 
alle  nacheinander  gespielt  werden. 

Für  seine  jüngste  Arbeit,  die  der  Öffentlichkeit 
vorgestellt  wird,  «Glühende  Rätsel»,  hat  Hol- 
liger fünf  Gedichte  aus  dem  gleichnamigen 
Zyklus  von  Nelly  Sachs  ausgewählt.  Er  cha- 
rakterisiert die  Partitur  mit  folgenden  Worten: 

«Ich  versuchte  in  dieser  Komposition  die  in 
Kammermusikstücken  mit  kleiner  Besetzung 
erworbenen  Erfahrungen  auf  ein  grösseres 
Instrumentarium  zu  übertragen  und  gleichzei- 
tig die  klanglichen,  ausdrucksmässigen  und 
formalen  Bereiche  weiter  zu  differenzieren. 
Das  Werk  ist  fünfteilig.  In  den  Teilen  I  bis  III 
werden  voneinander  klar  unterschiedene 
Struktur-  und  Fprmelemente  ausgebildet.  Im 
vierten  Teil  sind  die  Strukturtypen  des  dritten 
und  zweiten  Satzes  in  rückläufiger  Anordnung 
wiederholt;  gleichzeitig  wird  die  Fixierung  der 
Tondauem  immer  ungenauer  und  gibt  so  im- 
provisatorischen Elementen  Einlass.  Teil  V,  in 
sich  fünfteilig,  bildet  die  Synthese  und  Wei- 
terentwicklung der  vorangegangenen  Ab- 
schnitte, wobei  sich  freie  und  streng  durch- 
organisierte Strukturen  teils  überlagern  und 
gegenseitig  beeinflussen,  teils  einander  gegen- 
überstehen. Das  Werk  ist  Nelly  Sachs  gewid- 
met». 


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Junge 

Schweizer 

Komponisten 


Heinz  IHolliger 
Klaus  IHuber 
IHans  Ulrich  Lehmann 
Jürg  Wyttenbach 


B.  Schott's  Söhne  •  IVIainz 


JUNGE  SCHWEIZER  KOMPONISTEN  BEI  SCHOTT 


Heinz  Holliger 


Geboren  1939  in  Langenthal/ Schweiz.  Studierte  in  Bern 
und  Paris.  Erhielt  1959  den  Ersten  Preis  für  Oboe  im 
Internationalen  Musikwettbewerb  in  Genf  und  den  Preis 
des  Schweizerischen  Bundesrates  für  beste  künstlerische 
Leistung  in  diesem  Wettbewerb,  1960  den  Preis  des  Schwei- 
zerischen Tonkünstleruereins,  1961  den  Ersten  Preis  beim 
Internationalen  Musikwettbewerb  der  deutschen  Rundfunk- 
anstalten in  München.  Kompositionsstudien  bei  Sandor 
Veress  und  Pierre  Boulez. 


Elis 

Drei  Nachtstücke  für  Klavier  (1961) 

5  Minuten 

Ed.  Schott  5383  DM  5,— 

Uraufführung:  19.fanuar  1962  -  Basel  •  Solist:  Jürg  Wyttenhach 

Erde  und  Himmel 

Kleine  Kantate  für  Tenor,  Flöte,  Violine,  Viola,  Violoncello  und  Harfe  (1961) 
Text  von  Alexander  Xaver  Gwerder  (1923-1952)  aus  »Dämmerklee« 

I  Erde  und  Himmel  •  II  1 .  Zwischenspiel  •  III  Rondo  •  IV  2.  Zwischenspiel  • 
V  Die  letzte  Stunde 

8  Minuten 

Studienpartitur  Ed.  Schott  5031  DM  4,— 

Uraufführung:  10.  funi  1963  -  IGNM-Fest  Amsterdam  •  Amsterdamer  Instrumental- 
ensemble  •  Leitung:  Heinz  Holliger  •  Solist:  Louis  Devos,  Tenor 


Mobile 

für  Oboe  und  Harfe  (1962) 

4-12  Minuten 

Ed.  Schott  5384  DM  12,— 

Uraufführung:  13.  Februar  1963  -  Domaine  Musical,  Paris  ■  Solisten:  Claude  Maison- 
neuve,  Oboe  •  Francis  Pierre,  Harfe 


Sequenzen  über  Johannes  I,  32  •    .*...»      '   '    ,  •  '  •  .     * 

für  Harfe  (1962) 
3  Minuten 

Ed.  Schott  5472  DM  6  — 
Uraufführung:  7.  August  1962-  Kirche  San  Gian,  Celerina  •  Solistin:  Ursula  Holliger 


Vier  Miniaturen 

für  Sopran,  Oboe  d'amore,  Celesta  und  Harfe  (1962/63) 

Texte  von  Mechtüd  von  Magdeburg  und  anonyme  Texte  (mittelhochdcutsch/lat.) 

I  Doppel-Herzkanon  •  II  Carillon  •  III  Bicinium  •  IV  Double 

6  Minuten 

Uraufführung:  21.  März  1965  -  Bern  •   Solisten:  Ingrid  Frauchigery  Sopran  •   Ursula 

Holliger,  Harfe  •  Heinz  Holliger y  Oboe  d*amore  Jürg  Wyttenbach,  Celesta 


Glühende  Rätsel 

für  eine  Altstimnie  und  10  Instrumentalisten  (1964) 
Text  von  Nelly  Sachs 

I  Diese  Nacht  ging  ich  in  eine  dunkle  Nebenstraße  •  II  Einsamkeit  lautlos  samtener 
Acker  •  III  Im  verhexten  Wald  •  IV  Ausgeweidet  die  Zeit  •  V  Meine  geliebten 
Toten 

H.  •  Baß-Klar,  m  B  (Kb.-Klar.  m  B)  •  Via.  •  Cimbalum  •  Hfe.  -  S.  (2  kl.  Tr.  • 
Schellentr.  •  Rührtr.  •  gr.  Tr.  •  4  Bong.  •  3  Tomt.  •  3  Tempelbl.  •  2  Mar.  •  2  Trgl.  • 
4  hg.  Beck.  •  3  Tamt.  •  7  Crotales  •  Röhrengl.  •  12  Plattengl.  •  3  Gongs  •  Glspl.  • 
Marimb.  •  Gel.  [5  Spieler]) 

15  Minuten 

Studienpartitur  Ed.  Schott  5001  DM  8, — 

Uraufführung:  17,  Oktober  1964  -  Donaueschinger  Musiktage  •  Ensemble  Domaine 
Musical,  Paris  •  Leitung:  Pierre  Boulez  •  Solist:  Jeanne  Deroubaix 


Klaus  Huber 


Geboren  1924  in  Bern.  Musikstudium  am  Konservatorium 
Zürich  bei  Willy  Burkhard  (Komposition)  und  Stefi  Geyer 
(Violine).  Von  1955  bis  1956  Kompositions-  und  Instru- 
mentationsstudien bei  Boris  Blacher  in  Berlin.  Mehrere  Jah- 
re Lehrer  für  Violine  am  Konservatorium  Zürich.  Dann 
(1960-63)  Lehrer  für  Musikgeschichte  und  Literaturkunde 
am  Konservatorium  Luzern  und  für  theoretische  Fächer 
(1961-63)  an  der  Musikakademie  Basel.  Seit  1963  ist 
Klaus  Huber  Leiter  der  Klasse  für  Komposition  und  In- 
strumentation an  der  Basler  Musikakademie. 

1959  Erster  Preis  im  internationalen  Kompositionswettbewerb  der  SIMC,  Italien;  1962  Zu- 
erkennung  der  Medaille  der  Arnold  Bax  Society,  London.  Verschiedene  weitere  Preise  und 
Auszeichnungen. 


Inventionen  und  Choral 
für  Orchester  (1956) 

Orchesterbesetzung:  21-2-2-4-2-20-P.  S.  (kl.  Tr.  •  gr.  Tr.  •  kl.  Beck. 
Tamt.  •  2  Tomt.)  -  Hfe.  •  Gel.  -  Str. 

14  Minuten 

Studienpartitur  in  Vorbereitung 

Uraufführung:  1959  -  Radio-Orchester  Beromünster  •  Leitung:  Erich  Schmid 


Zw^ei  Sätze  für  sieben  Blechbläser  (1957/58) 

2  Tromp.  •  2  Hm.  •  2  Pos.  •  1  Tb. 

ca.  8  Minuten 

Studienpartitur  Ed.  Schott  5038  DM  6, — 

Uraufführung:  26.  Oktober  1959  -  Lausanne  • 
Leitung:  Victor  Desarzens 


Orchestre  de  Chambre  de  Lausanne 


Noctes  •     . 

für  Oboe  und  Gembalo  (1961) 

14  Minuten 

Ed.  Schott  5461  (in  Vorbereitung) 

Uraufführung:  8.  September  1961  -  Kranichsteiner  Musiktage ,  Darmstadt 
Heinz  Holliger,  Oboe  •  Edith  Picht-Axenfeld,  Cembalo 


Solisten: 


Moteti  -  Cantioncs 

für  Streichquartett  (1962/63) 

Motetus  I  •  Motetus  II  •  Cantio  I  •  Interventio  Nigra  (Deploratio)  •  Motctus  III  • 

Motetus  IV  •  Cantio  II  •  Interventio  Sinistra  •  Motetus  V  •  Motetus  VI  •  Iiitervcntio 

Ignis  •  Recordatio  Cantioiiis  •  Silentium  Cantionis 

25  Minuten 

Spielpartitur  Ed.  Schott  5385  DM  8,— 

Uraufführung:  25.  Mai  1964 -Basel  ■  Societä  Cameristica  Italiana 

Cantio  -  Moteti  -  Interventiones  (1963) 

Streichorchesterfassung   der   entsprechenden   Sätze   aus   »Moteti   Cantiones« 

Cantio  •  Interventio  Sinistra  •  Motetus  I  •  Motetus  II  •  Interventio  Ignis  •  Recordatio 

Cantionis  •  Silentium  Cantionis 

14  Minuten 

Uraufführung:  21.  August  1965  -  Menuhin-FestivaU   Gstaad    •    Zürcher  Katmner- 

Orchester  •  Leitung:  Edmond  de  Stoutz 

La  Chace 

für  Cembalo-Solo  (1963) 

4  Minuten 

Ed.  Schott  5429  DM  6,— 

Uraufführung:  8.  März  1965  -  Erlangen  •  Solistin:  Edith  Picht-Axenfeld 


Hans  Ulrich  Lehmann 


I 


Gehören  1931  in  Biel.  Musikstudlium  in  Biel  Zürich  und 
Basel;  Komposition  bei  Pierre  Boulez  und  Karlheinz 
Stockhausen  ( Musik- Akademie  Basel).  Musikwissen- 
schaftliche Studien  an  der  Universität  Zürich.  Er  wirkt  als 
Lehrer  für  musiktheoretische  Fächer  an  den  Berufsahteilun- 
gen der  Musik-Akademie  Basel  (»Schola  Cantorum  Basi- 
liensis«  und  Konservatorium). 

1964  Kunstpreis  des  Lions  Club  Basel.  Seit  1964  Präsident 
der  Ortsgruppe  Basel  der  IGNM. 


Quanti  I 

per  flauto  obbHgato  e  complesso  da  camera  (1962) 

Flöte  -    I:  Viol.  •  Tromp.  in  C  •  Ten.-Pos.  •  Baß-Klar.  •  Hfe. 

II:  Vibr.  •  Marimb. 

III :  Klar,  in  B  •  Fag.  •  Hr.  in  F 

IV:  Enghschhr.  •  Vlc.  •  Kb. 

13  Minuten 

Uraufführung:  14.  Februar  1963  -  Genf-  Orchestre  de  la  Suisse  Romande  •  Dirigent: 
Jacques  Guyonnet  ■  Solist:  Severino  Gazzelloni 


Alveare  Vemat 

für  Flöte  und  Streichorchester  (1965) 
14  Minuten 

Alveare  Vemat  -  Erstfassung  1965 

für  Flöte  und  12  Solo-Streicher  (7  Viol.  •  2  Vln.  •  2  Vlc.  •  1  Kb.) 

14  Minuten 

Studienpartitur  in  Vorbereitung 

Uraufführung:  26.  August  1965  -  Internationale  Festwochen  Luzern  •  Festival  Strings 

Lucerne  •  Leitung:  Rudolf  Baumgartner  ■  Solist:  Aurele  Nicolet 


I 
I 


Episoden 

für  Bläserquintett  (1963/64) 

Flöte  •  Oboe  •  Klarinette  in  B  •  Hörn  in  F  •  Fagott 

11  Minuten 

Spielpartitur  AV  14  DM  20  — 

Uraufführung:  1.  März  1965  -  Zürich  •  Stalder-Quintett 


Komposition  für  19  (1964/65) 

Orchesterbesetzung:  1  •  2  •  2  •  1  -  1  •  1  •  1  •  0  -  S.  (2  kl.  Tr.  •  2  Beck.  •  Tarnt.  • 
3  Tomt.  •  Gong  •  Röhrengl.  •  Vibr.  [2  Spieler])  -Hfe.  •  Cel.  •  Klav.  -  Str.  (1  •  1  •  1  •  1  1) 
10  Minuten    AV 

Uraufführung:  25.  Juli  1965  -  XX.  Internationale  Ferienkurse  für  Neue  Musik,  Darm- 
stadt '  Dirigent:  Bruno  Maderna 


Wyttenbach 


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Geboren  1935  in  Bern.  Literaturgymnasium  und  Konserva- 
torium in  Bern.  Weitere  kompositorische  und  pianistische 
Ausbildung  am  »Conseruatoire  Nationale  superieur  de 
Paris<i  und  an  der  Niedersächsischen  Hochschule  für  Musik 
in  Hannover.  Als  Pianist  in  Deutschland,  Frankreich, 
Spanien  und  der  Schweiz  hervorgetreten,  vor  allem  als 
Interpret  Neuer  Musik.  •       • ;   - 


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Drei  Sätze 

für  Oboe,  Harfe  und  Klavier  (1963) 
10  Minuten 

Uraufführung:  Oktober  1963  -  IGNM-Konzert,  Basel  •  Solisten:  Heinz  Holliger, 
Oboe  '  Ursula  Holliger ,  Harfe  •  Jürg  Wyttenbach,  Klavier 


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Konzert 

für  Klavier  und  Orchester  (1963/64) 

Orchesterbesetzung:  3  •  2  •  2  •  Bassetthr.  in  F  •  2  -  4  •  3  •  2  •  1  -  3  P.  S.  (3  kl.  Tr.  • 
gr.  Tr.  •  2  hg.  Beck.  •  3  Tarnt.  •  Tamb.  •  3  Tomt.  •  3  Bong.  •  3  Gongs  •  Mar.  • 
Röhrengl.  •  Glspl.  •  Vibr.  •  Xylorimba  [zus.  4  Spieler])  -  2  Hfn.  •  Gel.  -  Str.  (12  •  0  • 
6  •  6  •  6  [ad  lib.  nur  3  Kb.,  mind.  3  mit  5  Saiten])     AV 

Uraufführung:  11.  März  1966  -  Musica  Viva  München  •  Dirigent:  Bruno  Maderna  • 
Solist:  Jürg  Wyttenbach 


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Divisions 

für  Klavier  und  neun  Solo-Streicher  (1964)  '  '  ' 

10  Minuten  •  '   ' 

Studienpartitur  AV  73  DM  6,—  ''  ■  •  •  -.  .     " 

Uraufführung:   18.  Dezember  1964  -  Bemische  Musikgesellschaft,  Bern  •  Leitung: 
Alexander  van  Wijnkoop  •  Solistin:  Janka  Brun 

Divisions  »    r 

für  Klavier  und  großes  Streichorchester  (1965)      ;     *  . . 

10  Minuten 

Uraufführung:  19.  Januar  1966  -  NDR  Hamburg  '»Neues  Werk« 
Madema  •  Solist:  Jürg  Wyttenbach 


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Dirigent:  Bruno 


Sutil  und  Laar 

10  Scherzlieder  für  kleinen  gemischten  Chor  und  Klavier  vierhändig 
nach  Gedichten  von  Hans  Peter  Matter  (1964) 

I  Sutü  und  Laar  •  II  Sutils  Traum  •  III  Unterm  Volk  •  IV  Die  Rache  •  V  Der 
Kuchen  •  VI  Sutils  Trost  •  VII  »Laar  pour  l'art«  •  VIII  Die  Nuß  •  IX  Im  Park  • 
X  Das  Ende 

12  Minuten 

Partitur  Ed.  Schott  5675  (in  Vorbereitung) 

Uraufführung:  Sommer  1966  -  Bern  •  Leitung:  Ernst  Schlaefli 


De  Metalli 

Aus  den  »Profezie«  des  Leonardo  da  Vinci 
für  Baß  und  Orchester  (1964) 

1  Uscirä  dell*  oscure  •  II  A  molti  seguaci  •  III  E  chi  non  fia 
metterä  •  V  Questo  travagHera  •  VI  O  animal  mostruoso 
rimarran 

Orchesterbesetzung:  1  •  0  •  3  •  2  -  3  •  3  •  2  •  1  -  2  P.  S.  (2  kl.  Tr. 

2  Tamt.  •  Gong  •  3  Trgl.  •  6  Tomt.  •  Peitsche  •  Xyl.  [2  Spieler])  -  Hfe.  •  Klav.  -  Str. 
(0-0-0-4-3)    AV 

12  Minuten 

Uraufführung:  8.  März  1965  -  Lübeck  •  Dirigent:  Gerd  Albrecht  •  Solist:  Jens  Flottau 


IV  Questo  com- 
VII   Per  costui 

gr.  Tr.  •  2  Beck.  • 


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Die  Auffühnmgsmateriale  zu  den  Orchester-  und  Kammermusik-Werken  dieses 
Verzeichnisses  stehen  leihweise  nach  Vereinbarung  zur  Verfügung.  Alle  übrigen 
Werke  sind  käuflich  erhältlich,  soweit  Preise  angegeben. 

Preisänderungen  vorbehalten. 

Das  Verzeichnis  wurde  im  Februar  1966  abgeschlossen. 


B.  SCHOTT'S    SÖHNE    .   MAINZ 

6500  Mainz,  Weihergarten  5 

Geschäftszeit:  Montag  bis  Freitag  von  8.00  bis  13.00  und  14.00  bis  17.30  Uhr. 

Telegrammadresse:  Scotson,  Mainz  •  Telefon:  06131  (Mainz)  24341 


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-i..^.-..en,  .ux    .0..  .nnrun..n.  au;?  d.c  Erleb.,  an.   Bino  ^ol^^Iro^^o  £t--r-.i,     «, 
cor:^l  .chocc  der  k-önstlPi-i^cho  /-uGclruck    '^::  ^rioV-^-"  '-r--n •      ■  '  • 


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...   1^...  .u.^  .13  .cir-  .'.or-t  cprochou,  nicht  ..l-.en  ei:^zi-.r  L.-,'-  .-a.. 
-icn  ccil^  ko,r..-n.   Das  ;lbt  nicht  nur  ein  Bii:  d.r  7.ci-  •,-.   ->..  

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Uor  ......  Cl.  ,roaso  j-U.l.o:,o  Dichterin  un=..o.~  2cl=  Cio  C.U«  ecc  Sc-.-.-,, ,  c~, 

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-ui  uchr..i  Gor  lorr-wifluns  wird. 

Vcn  cor  Srcndunr  -icr  unm.no ohlichen  Verrol^uu^c:;  vmr-.  -ic  '.  J  •.  '-.., 
^•crrnd  -«sp-olt.   -in,:   clor  ersten,  dio  i^-  -^^ ,  v.-i-^     .... 
-v;,..r.o^,  eio  b.  rüh:.±.  ^cn^odinche  Dicht.rin.  di.  achcn  Trü:;  r,,.  ^^0-^,  S^'  v 

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fi?,G  laiijo  öle  Kunct  d<^r  f:roGnon  Moicterin  bevrandorc  •hw'^^tte.  Bio  loisstoro  truj:  auch  durch  pereön— 

lichoc  Eineroif^ni  offolctiv  su  der  Gax-antio  l)oi>  die  oiuo  Vorciutico'üzu:^^-  für  das  Acylrocht  v/ar© 

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Uud  dio  dor^r-i  Gcr^ttoto  bomüito  oiish^  co  bixld  v/io  r^öj^lic!:  den  f ron::.on  L:.r.c:o  ihro  Eaukbarl:^r5 
SU  "boscu^-o-a^   in  dor  oinsi^^stcn  Forrn^  dto  Ihr  3U  CTobote  ctando  Alo  gio  oini2;^riiUS3on  sc'::7odisch 
vorstohoii  p-olcrnfc  hw^tto^  rir;«:  cio  cn^   cchv/odiccho  Lyrik  las  Doutscho  su  ^jOT^^-^c^o'^.   T>o  G;:feGta;:d 


cohlicoßlich  oi:io  Iclcir.o  Antholc^iio^  dio  die  loVa^fto  Bc-randoruns  der  '70TZT3tc':iazi  rich'vOr  or- 
i:;ocI:to  u:id  ihr  auch  -  bei  v;icdorholtc:i  Grolo.::c-hoito'a  -  dio  Anorkonnun^  dor  schvvodicchon  Akadorlv| 
oi-A*brui2^  v;:;s  für  ele  Gov;ohl  cino  inoraliccho  ?:ilr:  r.uch 'cino  jovdcco  cl:o::oxi3ch©  S':;ü-'j20  bodou^bG-boo 
!at  ihror  Zcvitrcillvrik  und  vor  cilloin  lait  ihren  dichtoricchen  :^nur!:-:i';:cn  ü^cr  dio  jüiiGchen 


O^fir  dos  dri-bton  Eoiohoc:  -  uoho   ndt  ihrer  orc^on  Godi cht Carrnlunj  "In  d^n  ^Vohnunc^n  clos  Todo:^"; 
dor  dranutischon  Lc2:ondö"31i"  u^id  dor  suoiten  6cdichtEciri:aLun2  "S'^or.-vordünkGluvis'*  -  fand  Holly 
Sachs  nach  und  nach  ein  \-...-.'Ochicdoncn  Stellan  der  'Vol^i  Gohör©   3ckixnnto  :ih:indinuvi3cho  Elohtur  b^ 
^t^-'non  ihro  ^Torko  su  ülporGotscn^  unter  ihnen,  uor  Sclv-vcdo  JchanneD  Bdx'cl'b  und  dio  ^lor-vo^crin 

•t.' -"or   üwl.^Om^o     -»»n    i*u*?rx»CC^    u^^r    öCli;/Ow:.S    u*lC.   i-^-j/^x-*,:»,^    5«-<**>-*uuUi«    •»•-ioi-.N-'«     .^^...j.»^-    ♦•-»ww*^.*— •^^-'w^w^^     ^u    •.ti.y-. 

» 

Ehro  Gno      Icg  Bod:uicanicto  von  allen  v;c:r  .jedoch  dio  loidcnsch::rtllcho  ;;;or:i^i''70  Hoakticn  in  2^>- 
wiesen  deutschen  -^reioeno    In  dorn  L.::.ndc^  xio  d!:;3  Lehen  von  sochc  -illionon  Jud^n  ouch^iLhlich  r-a 

B'oia^iio  dieser  iCla:;ocic:i£;ortn  c.n   .'on  jüdischen  lhcGoncraho#- 

lüs  ist  nic/.t  m«lno  Auf^aho^  hior  eino  psycholo^ischo  oder  poo'jir.ch-forvr.lo  Analyse  von  Koll^ 
Sachs ^  Plch;kunst  zu  r>^'^oiu   I-cin  Auftrete  l>c£chrc:^ki  sich  nur  dcirau::?^,  Sie,  ;-eino  vorehrten  Zur- 


höror;^  oo:;ohl  auf  den  all^^-^ni^inen  alc  auch  auf  der.  rroesifi::ch  jüdischen  l^crb  die^cer  der  Fern 

ein 
nach  r-^ersönliohcn  Produktion  hinzuv;v?iccn^  «leren  tiefster  Sinn  gs  x:cv^  olz/'^^oczizdi  euhlirrlortc: 

Sprachrohr  für  oine  janso  llation  su  dienen© 

la  Ib,i  IC^xS  Gchriob  Ilelly  Sachs  einen  Ericf  an  PL'ofeasor  VJaltor  Bchrcndsohn^   in  dem  unt-i^r 
andoroT*  f ol:;endcs  ctand: 

"Mjin  Loben  ist  co  in  Schmors  zorricson^  d^sD  ich  godcsrjil  in  F-uor  taucho^  un  ndr  dio  l'Jort« 
au  den  const  Unsäglichen  su  hole-»  Imraor  uie:ler  ühorkom<±  nich  d:i3  Za^onj  das  mich  ::tun:n  nriclic. 
v;ill  vor  don  Ubcrni;lchtij:cno  Und  es  komnen  dio  iläohtoj,  v;o  cn  ruicli  tt^orv/eltict  und  icV.  es  slttv:.\ 


wajor*  \zxzz9 


n 


AuG  diocom  Schnorz^  dioson  von  Schmerz  zerrissonon  Lobon  blü:ion  zuerct  a.lco  dio  Gedichte 
hervor^  die  äIg  Samirauus  dca  Hcr-on  "lu  den  Wol^nun^cvi  do::  Todes  "  tra^eri*  Slo  orschicno'a  iu 
Ja!n^o  104!?  im  Auroau  Verlas,- Berli:;,  U'nd  das  ^auzo  Euc:i  ist  uaol;  Kelly  Sach::' 


V*irtv»»^<f<''* 


ihrer,  "totön  Brüdorii  und  Schvcsfcorii  £;Gv/idmo'c"o  Das  Eacl:  cvithöl^o  vier  ALtoilu?.p;o:.:  Doi-  Loib  in 
Eaucl:  durch  dio  Uif'c,  CTcboto  f'Llr  den  toten  Bräutisam^  G'cibschriftcu  i;-  dlo  l/^ft  £oschriobca  und 
Dio  Chöro  "ncich  dor  Httcrnacht"© 

Ich  riSchto  £cnio,  uu  i-.  nodias  res  zu  konnor^   ciiiis^o  Beispiele  aui:;  dioacr  S-roüiiun*^  gobon«  • 
Eior  hcibrn  Sic   zuerst  des  ßcho:i  borüiirrf;  jov/ordeno  Gedicht  O';  dio  Schienet ci-*o«   ^s  i-*?-   ^'-'-   -^-^'^-. 
I-otto  £iU2  d«a  Euch  liioV  ▼•Mohor.: 

I  ^  t 

.  -  -  • 

"U'id  v.-or.vi  dioso  !i:-iv;o  Haut  zcrcchUfio;:  soiu  wird,  co  vyordo  ich  ohuo  noin  Ploisc!:  G-oüt  schaue 

■    .  '  •  - 

0  dio  Schor/iStoino 

Auf  den  elnnroich  erdachton  IVohuunscr:  dos  xodos, 
.      Ale   Icrciols  Loib  zoi;  auf;:;olÖ3t  in  Rauch 

t 

Purch  die  Luft  - 

Als  J)c3<2nlcchror  ih:  ei'c  Storn   ei;;5fir.<^* 

»  *■         ' 

Dor  Gchv/arz  7rarcl«       .'  "  ^    • 

•  ♦      • 

Oder  r/ar  os   eir.  Sonnoustra;.!? 


0  dio  £c!iorn3tcinoI 

Fr#lhoitsvo2;o  füi*  Jcromias  und  Hiobs  Staub  - 


V/or  erdachte  euch  und  bauto  Stoin  auf  Stein 

r  •• 

Don  ^Vo2  für  FlüchtJLudi^"'  aua  Kciuch'? 


0  dio  r;ohnunj;on  «ies  Todo3, 

J^inladond  hor^^iorichtot 

Für  den  V/irt  dc3  Hausos,  dor  const  Gast  v;ar  - 


-  4  - 


0  ihr  Finder 

Di©  Ivinsansßßchwollo  lejond 


T  .-?-,'>  n»'^     n \-!  A     1*  n  r^     -» 


v/io  oi-a  Ii)Sßar  swischon  Looo:i  und  A'od 


0  ihr  Schoriistoinoi 
0  ihr  Fi:nn;or5 


T.»*-P4»T 


Und  Israolc  Loib  ira  R?A;ch  durch' dio  LuftS 


a  diG  Zoit  allzu  boircuzt  ic^b  in  YorUältuic  su  aora  ^vaa  oireiitlich  su  ca-or.  v/äro  übor  I^elly 
id  ihro  Dichtu-;;,  r-.i3S   ich  mich  auf  eino  kloino  Auswahl  'boocV.rcr.lcc;^    Ich  v;ill  das  Crodic- 


Sachc  un 

"Ihr  ZuGchaucnden*^   loser/. 


Uvitor  dorc-  Blicken  c^totcj  r.urdo^ 


^Vio  si5.a  auch  oino:i  Blicl:  irii  Rücken  f iCilt, 


So  fi-lt  ihr  r<u  ouorrii  Laijo 


V;ioviel  'orßc'.icndo  Au£o:i  v/orvlca  ouch  Rusohu 

iVcr.n  ihr  aus  dou  Vorstoclcör.  oivi  Vcllchca  pflüclc'o* 


T7  •  «         ^ 


IVioviol  f Ichcad  orhoheno  ncndo 

Itt  dorn  ri-ör^byrorliart  geßchluviscaica  CtostvoI^o 

lor  alfeou  Sicher^? 

üi^Tiol  ?lriu;icruus  v/ächcjt  ir^  Blu-to 

Dor  Abondso'^ine? 


0  dio  u:.j;^^^*'^£^^^'*^  \7icjönli©d«r 


In  der  lurtoltc^ube  llciohtruf 


/%  «» 


I/anch  oiacr  hätto  Stcnic  heruntcrliol^u  Icönncui 
Kur*  rmsß  es  der  alto  Brunnen  filr  ihn  tuiU 


Ihr  Zuschcaieudou^ 

Di«  ihr  keino  ISrderhand  erliob'i^ 

Abor  die  ihr  Cc\:x  Staub  uicht  vo;i  ouror  Sohiicucht 

Sohiifctoltotp 

Dlo  ihr  Gtohcn  bliebt,   dort,  v;o  er  su  Licht 

Yorv/tiudolt  \;ird# 


Abor  iloll^r  S^chs  süc!itist  c.uch  ihr  cijcnos  7ollr.<j  sie  ist  keinosr/ovc  bliuu^  g 


OS   rarxho  sibt,  dio  Ccuf  gottferr^on  :^7c£c;i  gcv/andelt  cir.d,  v/oit  enirüclct  auch  vor-  ihrer  idcclloii 
liicaioua  und  dafii:  ^ib-i  cio  In  '.:c:r.  Gcdic::t  ''Lanva  haben  ^vir  dis  Lauscher!  verlerat"   ein  Bcdsyiui: 

•  •  '    '  '  \ 

Lans^  hab^.i  v/ir  daß  Liiuccho;;  verlernt!  ^        '  . 

Katto  Br  uns   j;ftpflcnst   oincit  r.u  laucchou    '    . 

IrTio  Dli;;c;:2;^ac  £Opflai:st,  am  o:vircn  Über;,  ^  "  '    • 


•  •• 


V/olltcn  v;ir  v.o.chson  s.uf  foist'u  Triftoi;, 
IVio  Salat  im  HauG^;artcu  stöhn«    . 


Vi/'eun  wir  auch  Goschc^^ta  habcr,, 
di©  woit  fort  tihToii  . 


Von  Scinoni  Lic!it 


OJ 


•VJonr*  \vir  euch  dcic  vVar^cor  auc  ?.öhrc;i  trinke;;. 
Und  03  erst  sterbend  nciht 
Unßorcm  ©irvir;  durstondon  lixnd  - 


V/enn  v/ir  auch  auf  oincr  Strc^cco  achrciten. 
Darunter  die  ^lirdo  sumSchv/oircu  jcbracht  v/urdo 
Von  oinora  Pflastor, 
Verkaufen  dürfen  v;ir  nicht  uncor  Ohr, 


••• 


-  6  - 

0*  wicht  unser  Ohr  düi'fcr.  wir  verkauf ••'ti» 
Auch  i'Mf  dorn  ..irkto 

Ta'b  nnr.öh  einer  cclv.^oll  eine;!  Sprung 
Auf  dor  Sohncucht  Soil^ 


V7«il  <2)r  ctv/as  hörte^ 

/ius  dGui  Stcubo  heraus  tat  or  Joii  S-oraus 
U;id  £ätfci;;to  Goin  Ohr« 
Prc:3ct^  o  prttsst  an  de?r  Zorstörun^  ^»5 
s  Aa  äIü  Sri#  des  laucokcndo  Ohr^    - 
Uiid  ihr  v/ordot  hörcc^ durch  dd  uchiaf  hinduroh 
y'eruct  ihr  höroii  '  . 


Dac  Loboa  bo^iir.nt 


t^e 


Dia  Dichtorir-  vorciuht  a'licr  nicht  ini:nor  ^ans  ir-  d5.o  v/ürvcnde  2ittorhoit  ihror  i5^1a£Oi;oiccut 
Siü  tröstot  s:.uch  und  irulint  ::u  neuem  Lou'Ou  ur.d  r:oue*^  Tateno   Dac  höriuca  ^vir  auc  rcl^odcji  Gedicht 


orßohor*t 


/a  liuchj 


Dio  das  neuo  Eauc  b^ucvi 


Vci::^  du  dir  doitio  IVcadc  ;:cu  i:iufrichbv::t  - 
Deinen  Hord^  Schlafctatt^  Ticch  und  Stuhl  j 


.licht  doino  Trä:;cu  uh  sio^  die  dahinfie^angonf 


Elo  nicht  mohr  ndt  dir  v/ohncn  v/ordou 


Ai^i  den  Stoinj 
lUoht  an  des  Kola  - 


Es  weint  sonct  in  deinen  i:^chl:^.f  hinein^ 
Don  kurzen^  den  du  noch  tun  niucst^ 


-  7  - 


CouTsc  nichts  v;onu  du  dcivi  Lsikcü  bettest # 
Es   n)ischo;i  eich  son^t  dcin^  Tri'iurr^ 
üt  dem  SchivGlcs  der  Tote::» 


Ach,  oc   sind  die  i^äidc  u:id  dio  Gorä*GQ 
V;io  dio  üindharfcn  onrpf£-.2lich 
Und  v/io  oixx  Ackor  di-riii  dein  L^id  v/äclistj 
Und  cpürca  das  Stau'vvonvaud'bo  in  dir« 


Baiio^  wen  dio  Stuudciiuhr  riccclt^ 
Abor  v/oip.o  nicht  dio-  I'Snutcu  fort 

D«r  das  Licht  yord'^clit« 


«K«l 


Dio  zwoi'co  Abteilur.jj,  Goboto  a^üi'  der.  toter.  Bräuti^cni^   cohildort  c-j.3  Leiden  u-.-.d  £on  Uivcor-c-«;.. 
iiaia  hat  dio  Schöiilicit  ur.d  C-e.,;alt  diccor  Sp-cho  ni--  'Je-  nc;r»scndc;-.  u-.d  dour.oc.:  kU=r.icch  orhzbc 
viai  Sprache  i«  cWlsson  AV^cch-ittc-^  vo;^  Lorcas  Blut!iOchsclt  vn'ilic'.ic;;.   Auch  r.lt  Sc-fka,  'üiid  in 
denserjou  Atonauso  vo::  ihrer  tiefe:;  r^li-iöco-.  Yorc.n'^rrur.r  gesprochene   .'Caf.cc.c  Gctt  ict  abor  oi- 
u;-.bcrrainichoi-3  ur.nahbaror  Gott,  der  •ich  des  .-r,:oü  il.:;;cc^icv.  nit  soi-o  uubc^cmtv/ort-tcri  Preise:: 
nicht  ar.r*inin:'5  und  il.v.  ir.  Vorr./oinunG  zu-rundo  ->-.hor.  läset,  Kelly  Sc.c::c  hat  sich  «ivi  a 

» 

Gottosbild  sGcchaffc-^    Ihr  Gott  ist  fast  Idc-tiGch  lait  Solatoic  C;ottczhö^iff^   "U-tor  C- 


Uder©3 


B«£«  dor  rassische  Dichter  ur.d  Lcr^hor,  7orcte--.o  icli  dus  unbc-.-c..zto  Stv/c-S;,  des  ich  bo^ronst  iu 
mir  fitilc,"  Also  el::o  Art  vc-a  Pr-t?v.iet!ras,  ;vrj:r.  rrr.n  so  rill,  Das  höcV.sto  ifc-.-chlicho^  das  Eei-, 
cto  und  £ac  Lichtcstoin  ibncchonsir.n  ist  für  IloHy  Saclic  oin  Ab::lcnz  dos  Göttlichen  und  coniit 
wird  für  5io  Gott  selber  «in«  Br;yöit«runs  dlcGi^r  rd^pnachaftoa  ins  Unendliche 


'•«  Uo 


Ich  nöchtoa   oho  wir  woitoriohcn,  oinij«  doutscho  Stiriiion  übor  dio  V-ohnun-r-  dos  Todes 


citi>,i'v 


rs  Qchoint  mir  »äialicli  cyniitoir^tisch,   dasc  £orado  ceictisa  Äraiso  in  Dcutcchlc^nd  nicht  nur  rron 
doa  lahalt  AUu^r  G«dichto  ergriff on  sltd,  aondorn  weh  vcn  der  c^haboneu  Snrach 


oj  von  der  un< 


-l-ublich  reichen  V.'olt  dor  Ix^taph.r,  dio  dor  Dichterin,  mn  kenn  faet  aa-cu  intuitiv  in  Eohir- 


-  8  - 


^nvachct.  Zuerst  II:..nc  Se.li'ortj  Fuldacr  Volltszcdtun"-,   iu  Aa-'uct  1947  j 

^* 

...Gott  eellicr  »aiss  dr-r  Vorf;;cs^jri-a  do  GriiTcl  -ofü^irfc  habor.  cuT  dass  eio  Zeu^-nic  ahU^o 
roi'  ihr  Volk.   VJiö  Gi-rroirend  di«  s^^-oer,«  Klago  "ua  do-  tote»  Bräuti^an:,  u-  -uttor  und  Kiud  u::cl  ^vio 
r.oc!:  uu  xx^  Fcnccheu,   co  r.och  un  tote  Dine«,   dio  sie  so  virI:lichk«itG-ah  u:-d  doch,  wieder  i:i  ühci-- 
natlirlichcr  VJoiso  zu  com  GrausigcA  in  Bczicliur-s  8ct:it  «,c  Vor  diosor  Frcu>  iio  dac  Lold  sur  Die: 
torin  £;orr.uc!it  hat,  ur.d  dio  nicht  alc  Rächcrir.  ur.d  ArJclä^oriu  doa  doutcchcn  Volle  devi  Spio-ol  vo:- 


l'-- 


bält,  i-i  dM  •£  cchaucn  ka-ivi,  v/io  "Isracla  Loib  r.uf-elÖEt  in  Hauch  durch  dio  Luft   20s",  lcöa-:ioa 


wir  UU3  -.lur  still  ur;d  tief  verneig;«';. 


Profcsnor  Alfr-- ;  On-^ad,  rionshur--^,  Juli  1947,  Ga-t: 

000 CG  ic-c   mir  '.'..   lAvlr.jo-dow  Bedürfnis   Ihncr.  su  Gcigo::,  dacß  Sio  nlb 


schcv^  ?roduhtio;i  a-c  dor  Spitzo  clloi-  G-o-ouTvart-L-ril:  lie^ono  Froi  70-1  jodor  Horkö:2-^aich>cit, 
cuGccrhnro  allsr  Schahlo-.i.-,  aus   eij^nsten  F^n:;>fi;idor.,   r„it  oi-.-ier' Ihr.ca  oi'-ouo-.  S-r-sho  Iczcc-  S-'j 
io  Visione»  Tor  dori  Lccor  und  Hörer/  donu  als  Borufs^prochor  haho  ich  iio  r-ohrftch  suri  Vortr.;  = 


r 


.    ^ 


cbruch-h/i  orstoiiC;i,   Bs  ist  iloichfftllG   rr^lvi-r  Kcror  Bo^iürf-i::   Ih-.o::  diesen  Eavi!:  U'u:  ^iosoc 


Urboil  SU  ca^c::© 


So  schriol.  x..ycL  Üjor  dac  cr:;to  ^uclu^IJach  den  s^voitcn  v^ordon  ca  Lob^^osän^*^  70:1  ni^ 
Öpauuu:i2  und  Sc.;ö;;hoifca      '    '  .  *    , 

Das  nächcto  Buc;:  hcisst  "St.3raTördunkGluus"  und  ist  1G40  orsohicncu  boi  Borir^nn-^iochor. 
Ea  enthält  fli.:r  Abtcilun-cn:.  Und  roiceond  ict  dio  Zoitj  Dio  liiGchol  c-uct,  Uborlobondo,  Land 
Icraol  und  iü;  u^hoi-.in,  Folrondcs  cchreiht  liolly  Suchs   1543^  -./iodcrur.  ar.  ?rofescor  Bc'.irondsohn. 
über  dio  orct.,  Abtcila.i'-;  • 

"?l-.in  r-ouor  Cykluc   ,  Und  rois3ond  ißt  dio  Zeit  ,  ist  aua  cor  ^„n^st  vor  allen  r^ochreiciorbo- 
Tod  iu  Vorrloich  zur^  loisa  nttüriichons  dio  Uhr  der  Zeit  fiillondon,  entctandono" 

« 

Die  swoito  ^otoiluni  ,  Dio  lUcchcl  sauet  ,  handelt  7on  Versaneeuen  in  Israel,  von  der  Crösco 
der  ?rci>h«toii,  von  dor  kolossalen  /.uf-abo,  von  der  -^Iciti^cn  iüssion  zu  der  sich  dac  Voll:  bc- 

I 

rufen  fühlte. 

r^r  dritt«  loil  ,  Dio  Oborlobcndon  ,  iat  v.-icdrr  oin  Nachklan-  dor  orlitton.-'  lotsten  Seit. 


-  9  -    .     , 

#  •  • 

Dor  vior'bo  Toll  c!a$,o:;cnj     Lü'.^d  Icra«!  j»  bcharidolt  dio  P^oualssance  dec   jüdicchon  Volkoc  Ton 
hout##   Hior  kli:is;t  Gcho;i  ein  ^r^nz  ncucx"  Tov.  uurcho 

Dor  abcchliossoiclo  Toil  des  Buch'^s   ^   Im  Gchciririiö   $   izt   luit   cubjoktivcvi  Failon  durc>/,;obc:.'.^ 

Ich  T/ill  auch  tj.u£   dieser  Sam.TJun£  oinif;o  God5.oht9  vorlcj&on^   damit  Sic   öl.)  ?^rt\?icl:lun2  der 
Dic!rl:o;'*in  v/Ährnohm^rri«   Hier  ict  dio  Sprache  fo.3t  nouj  dio  ^-btr^^jhorr.  siud  zchlrcichor  ii'*d  vcrblof': 
Boc:oud*^rs  frappirr^b  dor  r.chillorndo  Hoichtun  iin  F^rDiuno-^  dieser  ^ota;y.:crn^  v/^^^un  voa  Brsir-non 
üborhau'pt  dio  Rodo  scdv.  kr^un,  dcnu  cio  Gohaii'rb  v/io  i:i  Trauco© 

Ich  boEir^.i'^.o  nit  doni  Oodicht  "Schritte"©  Hier  vciltet  z\r^r  noch  oi:i  liaclzlzlc^z  -^^  äori  or::t-oa 

Bucho«   Ei;i  ii)'ito  Icuchto':  ur.c.  cbonfallc   cnt^cs'-ii«  ,  . 

•  *  .- 

•    •  -►    - 

"auf  da^G  dio  V^?ri?ol-''ccn  nicht  Vorfol-'-^r  werdon" 

Schritte  — 


v^      • 


I;.  v/v^lcl;cn  Grottcr.  der  3 

seid  ihr  bov.'Cihrtj 

dio  ihr  do;;:  Ohr-^n  oi^;ßt  v:oizzc,ri;;to^^ 

komrAendo,!  Tod? 


Schritte  - 


lücht  Voiclflus  r.och  ScTTaiu^w^r  Singov/cidcj 


»och  cor  Wut6chv;itiic:ido  ^ctz 


nur  £  c  fc  r  i  t  t  0 


ßchritto— 


ürsv:»ttcpiol  von  Heuhcr  uud  Opfer# 
Vcrf ol^v:r  und  Yorfolrtonj 
Jä:;or  und  Gojajt  — 


id0i>i<k  JLooO 


dio  dio  Zelt  rois5c.;d  machen 


dio  Stunden  mit  IVölfon  bohüicc^n^ 


-  lo  - 


d^Tu  Flucht  lins  dio  Flucht  auclöccVi'?:^« 


in  Blut  Co 


Schi'i':to 


dio  Zeit  aü!;lc::d  ndt  Schroica*  Seui^soLT.j 
Austritt  dcc  ßlutv^o  Vis  os  jicrinnt^ 


Todo:::icliv;oi3s  zw  Stuiidc^  läurc*ad  — 


Schrltto     Cot  Hcr.k^r 


Scl:Uiiclc:'!2oiior  in;  Cciu^i  ^-"  w'do^ 

7on  v;clc'Aen  Scli-ivc/rsmond  cchroolrlich  :^oso;c:!i? 


In  dor  i-Ucik  dor  ßphtiron 
wo  ccVirillt  euor  Tont 


^ 

r  . 


Jötzt  #ln  Boißpiol  von  I^olly  Stohs'     Bohfr.:.;dlun2;  do-^  uouuniea teilen  blblicch-or.  -'otivoo   Ich  17a?:'- 

#  "• 

lo  C^z  GodicVi  vo;;  Abrahcirr.>  üoor  den  sio  spätor  cia  ^roaccG  Dra:?.:;  4;c£cUrio'bo;i  hat^  v;oriu  iü 

•  -  • 

v;io  in  Drc;rr.  v/ird  Abrahara  dargecteilt  alc  dor  rr^zto  SucUor  mid  ?ir.dc:r  oir.oc  S^cichtbaro*:;:  Potte 


■  * 


A  b   r  a  h  a  21 


0  E^I 


aui  dom  riio:idver«i#j;olto:i  ür^ 

dor  du  i:z  Scxudo  dor  abtro;^'^ oiidc?.  Siutflut;iü;>;ol 


diö  saucondo  ^vliscliol 


die:;  Gotteßjrehoiinaißaos  Tcvidont  - 


0  DU 


dor  du  aus  dorn  v/cinoadcn  Stor.fjild  2äV1o-:g 


den 


Aoi\  dcc   lobcndca  Lo'bor.c  hol; 2t  — 


-  11  - 

« 

\>t3  iv.  ^l-5n  f  ^mrl-ön  A'iend  Ccc  "liouto"   clari;!  'dlo  iiJiro  brennt, 
0  DU 


dor  dio  Schncuc'.it  an  don  Eorizcu-i  ü-:.'r  unciclvcoar 


**■    ■'^'Y^  " 


hoftote 


,V<^'        *-«,«*  "S-*^    £^f        <— 


-  k 


dio  Boc'to  drr  Trriu:n:>  borc^ltetc 
•»  • 

für  dio  Scliar  der  cicii  ttoor-'ocijoudou  Prop!:otc:v 

•  * 

0  DU 
auG  dessen  ohr.o-.-jdon  Elufc  . 

*  '  -  ► 

■     «ich  das  ^ chr:.zt'iQXli:iz^vOTt  "Socio"   cutpuppto, 

-  -  •  - 

0  rj  • 

i  .  ■  -  *      ; 

.  ^-.  '   -  urvrul^id;®  IVclioa  dio  i;i  uns oro^,,  Adern 

.       nocU  Imni.'^r  iuoht  voll  "rci^c-r.  ihr  iocrr 

V  "/        die  Uhren  svllcr  Zcitcnf 

•  * 

diu  coiinon-  yiid  rnondd;.vrc*nlcuchtotc:i 

'  •  •      •  1  ■  . 

haßt  du  auf  r^^vi^^Vroit   scctoHt  -  •      •  ' 

ü     ,*y^J«Ui      ;,'Jlii..  C*i*-*^ -.»«'♦  i-vi  4./^'l-     -*U«#^ 

den  v/ir  niit  unnoron  Laiben:  ans  P^ndc  "brin2;cn  liiscon  -   •  .      ' 
dortj  TTO  fivllo  Hcifo  hinf älltl 

« 

Kuü  wieder  curücl:  zu  uncoror  alctucllon  travischon  ZciU  Viio  ©in  aulcij:.2oador  Soufsv^r«  cino 
Kealction  so^en  dio  Unsorechtirjcvsit  Uinj^:;  folsendas  Godicht: 


I   . 


W:i.ram  die  scV.v/s^rzo  .-ntv/ori'^^i:  liassos 
auf  doin  Dascdn  Israölt 


Frt^T'lltv'i'ilu^ 


«»ir^cri  Stcrr*  vor.  v/^itcrher 


filc   die  andoro;i« 


Vcrlcc.uft  itn  dlaco  I^rdo 


(ls\rit  Fa;v::c.rr2coit'  fort  eich  erl^o« 


Deir.o  Hor/Zuuft  vcnvachGon  rait  Unlcraut  - 
doino  StorAO  vertauscht 
.  gorcu  allG3  vz-rxc  I'bttv^n  und  l^ürmorii  gehört ^ 
und  doch  vc:i  dc;i  Sraunisvuduf^'^r^  dor  Zoit 
vrio  Ibiidv;aßfior  fort^^oholt  in  die  Fervic-o 


Im  Chore  der  ^ndrri^n 


hazt  du  socur.^on 


ci:-!  er.  ?o:i  höher 


odor  üir.o'a  To;i  tiofor  - 


der  Abo:idj:'C;u;o  haot  du  dich  ir.c  Blut  iov/orfc:: 
v/l0.#iu  Schmers  dcvi  s.ndc>rc..;;rt..;;ucht# 


Liv::-:!  iiSt  dein  Schatten 


und  OS  ist  cpäto  Zoifc  fiir  dich  2ov;ordon 
IcriTvoll 


'jVio  weit  doin  V/oj  von  dei:  Scj^iiunj 
den  ^'icn  dor  7rfcc;i  entlang 
bis  zu  dor  l'/o^bicrun*; 


da  du  in  Aocho  sicfallcnj 


dein  Foind  mit  dem  Hauch 
deir.os  vcfrbrr/nntTX:  LniTje» 


ciolno  Toc'vcrlactsrnholt 


zn.  die  StlrÄ  d^c  Iii!r-i-:;?lG   -chrlcb! 


0  solcher  TodJ 


V/o  cillo  liclfcudor.  Er^^ol 


Kiit  blu'coridon  Sch7/i:i*:on 


serrlcB^n  in  Stcscholdraht 


der  7.cit  hin^crJ 


raa  dio  £chv;r.rso  /ntrori;  Ccc:*  licssos 


cuf  cl?v^  DcLSoin 


I  t 


Und  Äoch  ein  Icloir-oc  Godicht^  dac  ich  u-^crr.  IccsCr.  i;iöch'bo,   dr.c  lo*i::ta  in  dioceni  Buc'-/v/ü1L 
®s  alö  EiajoVa-ji;,  und  Aucdi^ucl^  \'iclloich'b  einec  dor  Gchö;i3toii  Pooiao  ds:>r  laoucr.  "Zc^it  ist;     • 

'    S   c  h  in  e  t  t  o  r  1  i  u  !:  o  *.  •    '     ■.'■."      '  •• 

f;olc!i  col;c;;o5   Jcnsoita  '       ■         •  '    * 

ist  iTi  doinc;i  Stnu'b  :;cr.:xlt.  '         :. 

■  -  _ 

ViXTch  de:;  riar:norf:oi'r.   u-.,.'  T^rc^^-is 
:     durch  ihre  atoiw^onic  Schd«  *  ' 

•  .  '  .  .  i 

vmrdesfc  du  :^croicht^  '' 

.        *  ■  "•  •  *  '    '    '         * 

Abcchiii?dr.r;obo  in  der  Vc^r^äii:;clichlcoitcn  fccso 


Schr.^ttesrlir,:: 

Dio  Gcv.'ichtc  vo';i  Lo-K-n  u:id  Tod 
conlccii  eich  m5,t  deii:.'::;i  Flüj;oln 
auf  dl6  Eoo«  niodor 

dio   nit   döra'koir;:;;ärtßr«ir.cndrr.  Lich-i  -- llct. 


-    -JA   — 


icb   i?   v'^^inc:;  Staub   roin^ili:« 
Welch  ICönlcssoic'icvi 
in:  Ooh©iT)uis  d^'^r  UiT'b« 


Ich  mächto   IhiiCTi  gerro  v;io  'oci  den  vori^jori  Euchoj   ctia  Boicpiol  go'bt?-   vca  dor  Hc::^ktioi:   ii: 
dGUoGc.iO'ji  Soolc.io   ♦■  ^ '.  '•  1  TZ  \  *;  v  c  :■■    v  ü  P  €  $  cor  •w4o^'-.xuwu*»wi.it^^u..ii^  aer  ^'<^^i,<^^^  »j»^-^^^^^^  ^^-^uc^^o*!^   L>o»ii^v>o 


"•••D-s  ^Vori  borli^ron  reicht  nicht  hin«  das  Buch  hat  roir  ^voh  cctsino  Gi^o  hut>inn:^l  £osj:i;t, 

♦  1 

coiuo  /ufrab^  cci  2U  bo?ur* ruhiger.«   r».J  -»cur^rj.-.icu.i;:^  xS^  uv;^    ti,^.  ^i^o^L-c.   soi  v^^^iOw^^w.  c.^cr  -ro;:-^^^ 


▼    -^^•*. 


dar  Schnorz  dc^s  lüa— ütlcchc  2oit£C-ö3:)icchor  ^^7ri::c     * 

Eio  StornT#rdu;v:olunc  i^"^  ^^^  31ui-3  cvif  don  lüllioacii^rab  dor  Judcrio   Der  ?hoc::i:v:  aus  Ihro:^ 
Acchc:,  der  Gccan;  auc  ihron  Schreien^  c!io  itla::o  Ic:raol3  :;;^  clor  I^OT  dieser  l^VolU   Ich  hciuii-  i:ich 

Ea  o::  cibor  dasu  f c:;i-  v/arj  bo-rclfo  ioh;>  d:;::;:   os  dieocc  Loid  ILoitorn^  vor.rx*:dör:.  und  £orjtaltc:: 

no:;itaricchGG  u-id  Houfciüor:  fliorccn  sur:c.ixnr:?:ij   eine  voli::onuc-.o  Iwoli;;io;:i;vät  vereint  ^lit  oiucr 
2;c:iialcu  Bccr.^/an^  ri.ix'  Vnr^ucli  c;uf  dic-cr::  Heu:::  cir-c-A  dcutlic'.wa  Eo;;;rl:?f  vcu  .'.on  Such  su  c:-^'-^-* 

i 

ist  ausalcr.tr.loGo   Abar  ciucs  v;ill  ich  noch  ^a^c-:    dioso  Frau  ict  die  Ei^htorin  ihres  Voll:o3i 
und  da:;  hoisiitj  vic'  roch  nicnrlc  dor  /i^nd  crin::r  Toten  und  üoborlobondonc   r.irum  2:;^richt  er  -^oii 
der  Qualy  von  der  VcriüV'^ifiunsj  von  den  G.:h:yii:;:i::^  von  dem  Troct  doo  l^-^ncclion  iiborliauv^t«,  :7or  v- 
den  v/irhlich  Gosonv/äi^tison  v/oicc  sich  nicht  v^^r^./crrcn  und  aucroiotsit*^  J'^r  findet  soinc  Koirat 
untor  doa  v:. rdunuolt cn  Stornono"  ' 

D<:;su  oin  Briof  docj  Redakteurs  der  Ko\r«in  7:citux:Q9  i-Uchon>  Littcraturbluttj 


Kl.^-'rhard  Friedrich  :     ''••oich  riiöchtc?  Ihnon  ncch  persönlich  \:v.rcr.y  daz:^  dor  ^csonccnt  Holluut 


—»—■■jti'  I'— 


von  Cubo  r,ur  das   cllcr-allorticrGto  von  Ihren  Oodichten  bev/o^t  \;ar  und  rdr  ;:oöa:;t  1;.,^:?  c>3  je- 

böro  zu  d<&m  Schönctcn  v/as  er  30  er.  Lyrik  unserer  Zeit  iolcr.cn  habe»" 

•« 
Diofloc   cchricb  n\o.T.  vor  faßt  sehn  Jahren»  Seitdem  cind  z'^iz  dor  s--'*son  '-Veit  Stir.u^on  cn  das  OhJ 


^  ir>  - 


^or  Diehtorlr*  c^l^-'-cl-*  ^'*^  '^^''^'  ^.l*^^3r  Sov.^a^idr^ru'i^^  nio'vb  :rjr  ir.  v;orto;i  so';Ic^.or;^  r.uch  in  Täte:;  c^rsrC. 
Igu«  Icl:  hu'bc  Ihn^n  -chov;  Tov:  cl^;i  €:k:i^n-iivi5'.vlcol':c'V\  Dichb^^^rn  c;c2procyiCi:a  Jlo  ^^^lly  Scic^c''  C-cdic-.'Cv: 
üoorcotsc:^o   Aue!';  fr:;r.7.ö'i:tr^oh<?f*  itcilio'aiccl^c,  hol-r:iii:cUo  lud  ar.oriko.:^isc'.vo  Dic'vbcr  liabon  ihro 

mit  lloH-tr  Sc« che'  ocuvro  r-tc^iol^ciio  - 


*a  '  («* 


Xri  Sorbet  orschoir.t  in  ]^ilcrri:::ür.nn  Vdflßj  oir.o  u.-^uo  Lyr?.lcscrirduii^  *'U-id  nior.r.r.d  woicr;  i7oi'bor*'o 
Dicßo  Gcdiclrbc»  tiv^^ca  v/'-^it  hi;-.CiUS  Ül)cr  die  olo;;i3cjh.xi  u;id  biblischen  Ibtive^   so:?s;rra  dicao  »icV.t 


fordorv:  v;io  dioco  kurso  3.-jli:^r.dluni;  ilvrer  LyrüCo    lc!i  r.r.GQ  Liicl;  d-zio  auf  iiaupir^) novit o  oGcpiirüdco:: 
Ivolly  Sc^.chG  hat  f  ol^i."»;.dc-^  drnr.'s.tiGoho  V/crl:^^  ^onchricb-^ns 

"Eli"a  oiv:  lystcrio-ßplolo   Gedruckt  lixlr^iD  1G50» 

"Abrar:::  I^nvachon  oder  ß^hncjuckt  uu3  r-wirct^o    Ic.nU':ikri^-.tt  '       . 


viol  7:c:z',':^:^:.  ;;oar jv^it«>t©  u)io  ht:it  rdr  oivio  klciv^o  i^uu.J.u:;s  ivonin:?;.:taro  ü::)or  ihre  SrÄr-ntik  j^S^g..- 
und  ich  «jlciul-jo  kaiv..i:>   dnan   ich  nit  oij;o:iCji  '.'Vorier.  ein  boG2<^ros  Bild  von  dlocon  V/c-rl: '•/.:i  j^obe^.i« 
kö-jinto«    Ich  v/ill  lRini;;o::  dcxrr.u-::  vorlesen© 


*/4AW     i^>  XV^  M^i  I«      *'j^  w»  o  V.  .*  Jb  «^kii  >  ^>«»  W  <t»  J.Ji-.  .^  i-^  v.»      rj;v.-i*       Vrf  «.  »»  1^  »-J      V«X  vk  «•!.'.  s>  <bM  L't^Vtf       •  v.*,«  L»  vfc*^,»^      Lii.w         .    -^   /►*.A.»viJ     *  iUui»u<wWr-  Clor 

Vorfol^un^iCoi  unter  der  I'Iü'tyrorsoito  liier  i:::t  dc.ü  Oprc:^-Ionlccr  Thv^r^u  in  einer  kloincia  polni^ichc. 
ÜL:    -;  r.r.inonütadt  hcimicch  Eov/ordono  I-in  iCnabo  icfc  ornordot  worden  rron  cdnon  Soldaten  .'^.Ic   or 
ßoino  Ilirtcni^fcixe  Än::tatt  zur  Hcrdo  su  C-ott  orhob  in'Ooincr  Uoto   T-ic-::   i'^t  der  Ausrcnrc^rankt  vc 
Bociuf trauten  der  J^£cndcu  ein  hoi:.J.ichcc  ßpion-i::'.:w;l  su  v/itt^^rn»  IVor  kr.nn  noch  olmo  ilia::: brauen 


-  12  - 


D.\c   LojoridvT,idi^a;ra  ir.t  boreito   19^^3-44  ^.wfcß'bÄncIcri«   V.'ac   die  Dichtorin  hier  bitt-^r  und  cc^ufzo.id 

frcLiit^  hat  alco  nur  2U  Cor  botroff(?nd€u  Zeil;  c!.irol:t^  Ec-siohunjo 

"v;or  2li:iu'^ü  uocli"^  rra:;i;  cio  v/oitcy^  "a-i  dio  cv;i:;o  Soolcukr^fi  Teile   cio  sich  cori  urid  da 

ofi'cn'Larb*  hior  in  der  Pfoifo  oincc  rCindcG   die  conc'5   dr.c  Vioh  su  sc;r:i;:oln  die  Auf^ci.'bo  ha'bo^ 

öir.ö 
Und  d:3  si'oicrt  cio  zoVoor  alc/Aro  SyuthoEO^oiu  Synibol  dos  G-ansc::p  Tor  ^kr.Uj  der  2!ördor  im 

dcr.i^lchsahiii  ^v!iro  nicht  roit   d:r  Pfc^ifo  hcraucj;crc;llo:; 
A^ooT  dac  X72.r  K^^r^on  dio  Ordr.uu^  -       " 

«  % 

do;i  ICopf  nac!i  hiivio:i  v/^r^rfor.  — 

das   Liuüsto  surcch^^orücl<:1;  \:ctCLc:.  -  ,  .         ^ 

Und  v;ohia  ':r/b  or  ;;^07:fij?f c-n* 

i2i:i  hoiinlic!i03  Si^ud* 

*  • 

r.rA  Zoicliai  durch  dio  LiuTb-- 

aucGorV.arj  3v:der  Kontroll©  —  '  *•  . 


C7c-jjirc;:  bei  dorii  Torf ol:;'-^r  do:i  Blr.drucl:  clr-02  hcin:licht:ju  Syii'oli;  horvorroTto  D^j  I^-'*or.:dartico:>  v-«- 
to;;roi:riicho  dr^^'^^  den  Ja^cndi^n  zu:a  ►brd©  Das  ;w:5r!:-i:iirdi^c  an  diti3o::i  Iclv^in^;;;;  Dru.;:;:;  iJt^  da:::^  dv:ir 
ISrdor  schli^^i:d:lich  dc;i2U  j;Dtri"oben  vvlrd^   ciwh  d^-  L^bcn  au  .ichr-^no  ^nd  ;;icV.i  oiwa  durch  cu^t;^./... 


I 


Zv;:.U[:*   condoiv.  durch  cd\io:i  Inr.oron  Prosccs,  de^^  der  Sc!;ul<!« 

Ub</r  d;ii:  Dr..:.-.^  I;ach<.v;acl:o^   cch.r^^ibt  I^olly  Seuche  fol^ondc^: 

"Eas  raholono  Taor.cx  allor  Zeiten  "Honlccr  und  Opf^r"   ict  ::uoh  dor  Inhc.lw   jiniic  Sv^>lton  drcuiL;«« 
ticchon  Vor;;uohQ3   die  erlittene  Drani^tilc  cius  Ihr^^a  iui.'cnnpuul:t  dir  cht  i:..  de  Sr.^.^ui-viiikt  uos  Eri...L 
unisu3ofcson#  Kicr  ß^tst  dio  lhib<9lochnur  direkt  liitt  deni  Aur-vr^chön   sv;oior  *Brsclios3ö';ion  nicht  suonl- 
OotJohocGoncn  cuig   Eac  S;.lol  £;;icchon  ilonhor  und  0^rv>r  aoobon   :xu.f  furchtbarste  IVc-iJio  durchlobt 
cctzt  aich  CiUf  innorc;tor  Pjono  zv/lschoa  boid-^n  Opforn  fort^  diojca  Ihil  0^,;.:%.:;^'  z,^:^  h5.::^büo    J-c'i  hcvb^ 


«      1  i     — 


iu   dor  i:'eoIc^Ci'::chioht 


vorluider-i  dio  IVs'Jlt"»   Auch  hier  hut  <ii0  For-a  cic-;  dorn  Gci^cl'iGhou  c:i'^cyo.CGto   '■^ii>  AlbtrcAiu  Ccr  in 
ciuora  iCuhctall  soin  ricrA^oz  Au^^c^/.lic:  ciufcchlä./];^  er.lio  ;7ir.do  sorlsrlcht  und  iu  oi;-'Ou  uncich-bbaror. 
Ur.ivorcu:::  ^///lot  dir.vli   ctch  cVlc  Spr^cho  un:soro:j  Bluto3  ci':isGic/.r-0'bo    Kir  Au^soiiccsto  in   oi-o  i-ir.u.t^, 
clor  r:c;^loi:^ic;iCu  cihnoa   den  Raum  dru^olu  unccr  x^.ur.rclcän^fiiOG  f  äll'i  Giv!;  ur^d  Bodo  —  nichts   izt  x^orlcr-* 

*  ... 

rc::o  So  roicivb  für  die  Sülv/.o  uicht  dor  IcorA^-oatioiiello  Eauu  —  clor  Flus  C'US   dor  s^orbrooheno;^  Schal, 
bau'l;  oicli  oir.o  Fccto  iu  ncuor  Dimr.i3ic-io  KicVt   dort  v;o  jrr.dero  IVoltcr.  loiro  fuc^  uns   su  mGisicrci- 
•oori;:non  co»dor:i  dor'is  v;o  uvxcr  Tu;:  und  la'jscn  neue-  Iv-^lte;^  i;ol.ärcu  Lunc«" 

rig  rrÄiniitik  Icolly  Sacl^s'  soi^t   oivio  ctarlco  icndcris  sur  üicdorl;-lc'1:,u::f;;  eoo   iTiltoii  nry-cii^clicii 

I  ■ 

findcu  v/ir  in  ihren  Drama  "Abrrir:::  r:ri/acho:n  oc!cr  Sohncuch^:  cuc  Durct"^  v/o:.J.*!;  ich  ;^otzt  schli^scu.. 

•  *  -  * 

willo  I'ölly.  Seuche   cohroi'ji;  darüber:  •        • 


I 

Grcchi^-'.c:;.   i::.  Echöclrci'i-Vorlu^j  au3  dv^n' tticrGctsunfion  «Jcuu:  G-ot'ofricd  Hord-^rc  '  Jli.:i3cho  Dic!:- 
"i;uv:.;:;cn''  /zuorsit  17S1  in  Dcutcchlcind  ^cirud:;:/  drirau::  Gootho  schon  "Goldhörnor  :xiz  C.on  S^ciub  so;*' 

•  •• 

übor[;Cw.wOllt«    Hohr  bodurfto   o::  für  :tiich  nidit  und  die  Gocicl'.'bG  fu^:ron   :rir   :d'*:  v;ildcr.i  G*lr.ns  cnt-« 

C-cv/lß5   orion^ulorto  ich  mich  über  dl#  Atn'jo::'ohär':  d:?r  Zoi<:   in  dnr  Ch^ld ii.it chen  und  lal^ylonicohcn 
ric!;oUn^  ubor  dcnu^  v/urdo  ßusj;cv;icch'i;  und  dn£   innoro  Cc^sicht  bc:;;^nn   su   st'^i;;-;;^«   Eio  Gleichheit 
9.\xo  f\i'St^uze'rAyc:i\Ti^Qni  Abstand  mit  d<?u  rr;ond;;csO';;;rncn  Verfolgern  d-^u  Durct  und  Jaf^otriobj  do-a 
rauchondcu  Öfen  fU:  dio  0;^:fcr  —  Vv^roincoltc  v;'-<.rn^-':i'5:,  w-tlvATvCA  dor  Soh^^r  vc.r  ;:o  übür/;:Hti:;;o*;?.d  in 

X»*4k  W^      Ci  VJx  u  J.0<^  Xi.ivO  X  U      UMkkrr^       ;^XC».,      «^XXs^M       hX9      TWJ**      4«*..Xw'*'*v      M..«      \.^.lt      *-*'^l\a\^      {•Xtk'.rx^*      J^'.«  hv  .iiU.  o 


Zudem  v,urdo  auch  in  dor  Form  der  V^-^r^uch  i^%rx:;t  dc\c  uralto  Kultthoator  das  mitist 


a 


dcrx  öl«nin:;tr<rcn  Gc;>f'jl;lc;n  d#8  li^ns oh.cn Aus druch   ::u  v.^rloi!i.?n*   c.uf:;  Ileuo   2U  crr/ochf-:«    D-;   'M.o  Brr::r-» 


-  13  - 


y^i^r  dos  Körpers  ;;rii\;iz^:;',h;.f'v  vor  de;.:  V/crt  l)ü-i,\r.t  .r^o  v;ar  vt^s  r.crtürlicl:^  die  C:,öro  dor  V/alinli^^sco 
ßc.ou  in:  Ziel:  Zacl:  -  da   Durct— Ja;ico!*ör.:'   in  oi;:or  aufvclGstc:!  '^ccrci^xro^^c:  lil;i;^,oricc..  .   s:un  lloiid— 
rott  C'lr:  ziehen  zu  Ir.ccr^no   Allo  vorcuchcu   cJ^r-C  jchöimnisvollo  Gcfansrnschaf^^  au  durc*ibrcchcr.» 
Ilirm^oa  der  Jä(;;ürl:ciil^  v-^i^rköroort  dca  Jc.-widur;:-i  für  die  ßchl;:fv/andlcri2  c;   :*:D-:id'^c::o^-c'Äc:i  Chörco 


D:iG.  Suc'^ca  nach  «'Inoni    "rahi;:ti»'r"  hat  bo::o;'cric:-: 


<» 


Dor  irdische  Tlorlr.rcic,  :iir:croC.z  hVati^c  Bc:i'':C|>  ^:iO:;innt  run.  Hiinr.:-!  -u   •;lc::iso:i  alc  dor  IE  ja.r 
Abrö>aTa  uuc  der  Totc:\höhlo  -(-.ritt  lii  dio  er  ^ov;orf  en  v;r,ro   Es  wird  z'^oichcan  Blut  rit   dcri  Stor^ic 
Ccv;och::elt.  Solusuclit  ciuc  Darr.t  ^clrorc:';,  d^r  oru-is'?  r.rv:öcho;ido  su  oir.ora  u::c;icl:'i::arc;i  C-ot*!:»   ^.U3 
nöa  dor-  Loi'o  fiict  zv^rroic^jc-.idcr-  Ilolni^/ah  v;ird  or  in  tlto  bildorlor.c?;-:.  S-.härcr^  au'J  E;ido  '^-'G-ia-'to 

^  O*         w  ^^ 

Abrr.n  i^t   zur.:  Todn  u:^d  zm:\  L-'^j.r.i  [^otro.ffi'Ti  von  dor  V^ar-do  "G-o-bt"©  " 

ras5  cir.d  die  '.-Vorfcc^  uiid  Koini^rutaro  c.^^t'  Dicl^icrin«  Sic  cohen^   r^oino  rQ.rxu  und  I-crrcv-:   -ic^   "..-- 
ta'ijihftrn  Kolly  £t\cl.r-'  .-5;iud  uic!;t   alltä2:lioho   "2::;  v/ird  ::lelcl:5:cira  Elu'b  rAt  dcc,  Stv.rr.:r:i  ro:.;oc>.col';i 


..?     r- 


cc^i;:  Bild  fclr  di^/:  Vorliältuls  av;icicl:c;;   '.biaCdvcniSt^olo  uud  Hinii.:^!.  ic-j  dccl;  ulcl.'f;  cinoiü  joac:i  co 


.M*r. 


schorb   zu  5c.i:Krf'^::o    IcL  rnöcV.to^  l;evor  ic>,  c;c;;licDi:o#   oino  klol^o  Stolle  auc.  der.  Sd.luro  dieser 

...  .    ■  ■  -       ♦ 

♦ 

Zu  Aufi.Ag,  <^^<^i''  Hs^-Jluui;  -^^t   ^i^   niJl^Lrrc^cIi  oi^:o  ^i^dcrütirvu^^o^   dio  dc^  ilir::n:''^l   zy:±olici<r,.r'^^   S-: 
v/ird  es  tlr.c  ^2i;?:r.'*r£tirjnCj  dio  Stijr^rx  etucc  Br.-clc:^   dio  i:och  wcdior  und  deutlicher  dioc^cs  Sy-o*... 
roprä^Outi^rbo   De..«  .Cl-d  hat  r,ur  ein  paar  V.'ort©,  die  inira'tjr  v.lcdor  rcfr:;.innc.3Gi^  sur^tc-:l:o::^ic-: 
"Dor  Iwö-i^  der  Goju^tou  cinst"j>   alr;o  f^in  ^y:.ti::chcr  llir.\^niz  vxif  i^-^n  kcn-c^ndcu  A^raharv»  X^ts  !?rr 
kulr.:v;:loi*t  ram  ScMu;7s   In  einor.  Eialo^  si;l::ohuii  deu  B;i£cl  ur.d  J^xo.;.^ 


Ich  broch.o  ;;ius  de»  ICödoÄ 
caz  dcii  Kutten 

•8.ü^  allci'k  lüorci'o  Fciuc-r;:>  VJo;iO-;i 
"brochri  ich  a.uß 


doüu  ich  Ächiiö  iLiLch  so  nach  Dirl* 


10  - 


lu  eiucn  vorherrohoudon   Bilde  heut  mn  dou  Vater  uvid  iie  .Vut'O'^r  A'^ratrjs  auf  uor  Sucho  uacl:  d«m 
r>cha  ^'oceher.a  3io  wollon  ihu  liurüok   i;i  dio  IIoir;j-Vv  holo::,   ius  Bltoruhau:)«  i^un  sind  sio  v/ioCor  i;a 


Co 


r  1301:0  und  r-ach  doa  /lucbruch  Abram  hört  r.ui;  wiedor  dio  nc:;ö;idor:  ErGor.^.ctin::»:>vni  hiutor  dor 


Sltiuo: 


Ta  l^äll'i  dio  -öttlicao  öti::rn:)  oiui: 

?i!:i!--:ol:    Ooh  su  dou  Hütto-ji     A  h  r  u  n 


Ooh  :.u  do:^  Wios^u 


LaJG  Groasstoi;:o  um  doiucr.  Acl^cr  cotzoii 

» 

icnn  v;o  dac  üajs^MBleherto  bo;ji;;;/;; 
liosiuut  di^  Qual  - 

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Du  hact   tach  iui  Grrabo  jorufota  "A1>raJ" 
Du  UaM'b   i^cL  uit  dcrii  Blc^'l^t  doi:.cr'l;odod:t 


wiUD  »C»«  w  «^ujT'O 


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u;-:d  doc>4  ai'iSCwÄohßou 
an  moiv^ou  Flolccl; 
\;i«;/  oi;:  Plü^öl  -  .  -   . 
übereil  lo2i:v/.-t  du  iu  lidr 
ß^ric^coGt  v/io  Blätter 


Ciu   Li^iner  xic;ut3 
Ja-io  Liich^  ja£;o  mich 
durcl;  dio  Fouor  dor  »ior.no 


durch  di®   *odc-sflötc;i   des 


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??:irol: 


-  20  - 


Ich  zorroisco  cvllo  rlorisor-tc 
Donu   icVi   sehno   mich  go  nach  Dir! 


A  b  r  n  u  #  Butdockor 
vom  storyicütkooono::  Orfc^ 


in  Blindheit  hio''jcri(\ov 


Kir.tor  allor.  IIöiirj:,tnc*:clii 
hftct  clu  dio  Eoinnt  so^uuclc::» 


A  b  r  a  ni  #  I^r.vÄohtcrj 


Krctllnc;  i;:  der  Kacht^vaiadlorcckcir 
auf  don  VJcje  - 


Ibino  raniGu  und  Ilorrcij   ica  haoo  i;:i  Ar.fa::-  von  der  Stur^r^.oit  ;;o^2-roc;u.:.^  vo;i  dor  Stuii^ioit 

dio  3ov;o:il  dtui  Loid  s:.lc  ciuc!:  dio  Froudo  voranlafjcon  >c\uno   Vo;:  civ:or  rc!;;::^rc..sl.:;i  S;,u:^*c)i"L  ul)cr;> 

€ivior  rtuinriaoi^  auL  dor  C-osan;;  und  Lied  üprichtj  o':  fro!:,   oIj  ^/eh^^Üti;:,   ob   3oh>n>r2!'^ft  ciurc!:dri-:- 

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cnd^   02  ict  imr.':^r  das  Gebäroa  oir.o;^  Erlobuiscoc*   'ilo.^  vir  noc';.  ciut  der  Ila-^d  dic;:<ii'r  ricI^'Lcrii;  su 
ijr.vj^Lrtc;:  haboii*  lic:,*!;  in  dem  Scl^vj-oic^n  dor  Zukur.rt  vcrbors;o;\.  7^s  z\x  crrct^::   i^-'^  ur.Li^^iicU   Ca 
vir  aber  dio  ur.orhörto  joicti^e  3crv7C^licV.-<:(?^l':;.  dic-ceii   cinai^artix«*:::   I'c;:cchcv.  kf::v::.o.i^  sind  vir 
Üborccut:;^!  <-^--  llollj'  Sachs  auch  der;  Rost  dc-r  iV.r  f:u::or:cccöncr.  Zc;it  r.it  ^cr^ialcr.  dichtoricchoa 
Loittiur.i^ci;  au:3i^Lillon  ivird« 


liollvü  oac'.iS     Produl-ctio; 


«.ufbßu  Vorlof:,  B--^rllr.,   ISA?»  G^I.c.^^tc^ax:.^ 


9 


yo^/lVoll9  und  QTOTit^  Aufbau  Vorlag^^  Eorlii:»   1247c  ^inc  Anthologie  Qohvrocicchor  Poo-io 
c!oG  s\v:^-i5ri;^otCi!  cJul^rUiiuclcrtc  l;:i  Üvcrco'oriuu::^  vou  J^olly  See!:::© 


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Series  VII:  Photos,  1940,  1966. 

1  folder 

Scope  and  Content: 

This  series  holds  a  few  duplicates  of  photos.  Most  photos  in  this  collection  have  been  removed  to 
the  photo  collection.  The  duplicates  found  here  include  photos  of  Nelly  Sachs  and  of  her  meeting 
King  Gustaf  Adolf  of  Sweden. 

Box  Folder     Title  Date 

2  8  Duplicates  1940,  1966 


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Friedenspreisträgerin   des   Deutschen  Buchhandels  1965 

Nel  ly    Sachs 


Foto :   Riwkin,  Stockholm 


Abdruck  honorarfrei. 


Bei  Abdruck  bitte  Belege  an  die  Pressestelle  des  Börsenvereins  des 
Deutschen  Buchhandels  e.  V..  8  Frankfurt  am  Main.  Postfach  3814 


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^(XNTANDC  MiSDAWH« 

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Friedenspreisträgerin  des  Deutschen  Buchhandels  1965 


Nelly    Sachs 


Foto:   Riwkln,  Stockholm 


Abdruck  honorarfrei. 


Bei  Abdruck   bitte   Belege  an   die   Pressestelle   des   Börsenverplns   des 
DeutscJien  Buchhandels  e.  V.,  6  P'rankfurt  am  Main,  Postfach  3914 


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All  pictures  in  this  display  case  were  obtained 

through  the  courtesy  of  the  Swedish  Information  Service, 

Ne¥^  York« 


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129  GAST  -vci  STRVllT         ^.         LvfnrvoiTK.  N'EW  YORK  10021 


TEL:  (212)  -.1-6  lOd 


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FAX:  (212)  988-1305 


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SI3::aTV.-E  O?  -P.E?7iRER: 


Series  VIII:  Addenda,  1966-1980,  1988,  1992. 

This  series  is  in  German. 
3  folders 

Scope  and  Content: 

Addenda  consists  of  various  items  added  to  the  collection.  The  first  folder  holds  a  broadcast 
address  concerning  the  Nobel  Prize  given  to  Nelly  Sachs  in  1966  as  well  as  Information  on 
theater  pieces  about  Nelly  Sachs.  This  series  also  contains  documents  pertaining  to  an 
International  Interdisciplinary  Symposiunn  on  Nelly  Sachs  and  photos  of  a  Performance  of  Eli  bv 
a  school  in  Berlin.  ^ 

Title  Date 

Addenda  -  Broadcast  Address  and  Theater  Pieces       1966-1980 

Addenda  -  International  Interdisciplinary  1992 

Symposium 

Addenda  -  ''Eli"  Performance  by  Rudolf-Steiner- 
Schule  in  Berlin  -  Photos 


Box 
2 

2 


Folder 
9 

10 

11 


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Broadcast  address  20. IC, 1966 


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This  year's  Nobel  prize  for  literature  has  been  awardsd  to  two 
outstanding  Jewish  authors  ,  each  of  whorri  represents  Israelis 
message  to  our  time  -  Samuel  Agnon  and  Kelly  Sachs;  the  forner 's 
home  is  in  Jerusalem  and  the  latter  has  been  livfng  in  Sv/eden 
since  1940  as  an  emigrant  and  is  now  a  Swed5sh  subject.  The  pur- 
pose  of  combining  thcse  two  prizev/inners  is  to  do  justice  to  the 
individual  achievements  of  each,  and  the  sharing  of  the  prize  has 
its  special  justif ication:  to  honour  two  writers  who,  althougli 
they  write  in  different  languages ,  are  unitcd  in  a  spiritual 
kinship  and,  so  to  speak,  complement  each  othcr  in  a  splendid 
striving  to  prcsent  the  cultural  heritage  of  the  Jev/ish  pcople 
by  the  written  word  and  from  a  coirinon  source  of  inspirationj  which» 
in  them  has  proved  to  be  a  vital  power. 

Samuel  Agnon's  rcputation  as  the  foremost  writer  in  modern 
Hebrcw  literature  has  gradually  pcnetrated  lingnistic  barriers 
which  in  this  case  are  particularly  obstructive.  His  most  inpor- 
tant  works  are  now  available  in  othcr  languages,  and  there  is 
even  a  selection  of  his  Short  stories  available  in  Swedish  vrith 
the  title  I  havets  mitt  (»'In  the  Middle  of  the  Sea").  Agnon,  nov 
78  years  old,  began  writinq  in  Yiddish  but  scon  chanqed  to  Kebrew, 
which  according  to  experts  ho  handles  with  absolute  mastery,  in 
a  taut  and  sonorous  prosc  style  of  cxtraordinary  cxprcssivcner.s. 
He  was  only  twenty  when  he  Icft  his  native  tov/n  in  Hast  Galicia- 
where  ha  had  receivcd  a  learned  upbr inging  as  the  scion  of  an 
old  and  respected  family.  He  feit  drawn  to  Palestine,  v;hcrc  now, 
as  an  aged  classical  author,  he  can  look  back  on  the  long  strugg.- 
le  for  national  re-establish^nent  and  where  the  so-callcd  cultural 
Zionism  owns  in  him  one  of  its  fincst  productivc  Champions* 


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Agnon's  unique  quality  as  a  writcr  is  Chief ly  apparcnt  in  the 
great  novcl  cycle  from  bis  nativc  town  of  Buczacz,  once  a  flouri- 
shing  centre  of  Jewish  piety  and  rabbinical  learning,  now  in  ruins. 
Reality  and  legend  stand  side  by  sidc  in  bis  narrative  art.  "Tbc 
Bridal  Canopy*'  is  the  namc  of  one  of  bis  most  charactcristic  sto- 
ries,  in  its  ingenious  and  earthy  humour  a  Jewish  counterpart  to 
''Don  Quixote**  and  *'Tyl  Eulenspiegel".  But  perhaps  hiS  grcatest 
achievement  is  bis  novcl  ^A   gueBt  for  the  -night**  ,  which  teils  of 
a  Visit  to  the  war-ruinod  city  of  bis  childhood,  Buczacz,  and  the 
Storyteller 's  vain  attcmpts  to  asscmble  tbe  congregation  to  a  Ser- 
vice in  the  synagogue*  Witbin  the  framework  of  a  local  cbronicle 
we  sce  a  wonderful  perspective  of  destinics  and  figurcs,  of  ex- 
perience  and  meditation.  Agnen  is  a  realist,  but  there  is  always 
a  mystical  admixture  which  lends  to  even  the  greyest  and  griminest 
scenes  a  golden  outline  of  stränge  fairytale  poetry,  oftcn  rcminis- 
cent  of  Cbagall's  motifs  from  the  world  of  tbe  Old  Testanent,  He 
Stands  out  as  a  deeply  original  writer,  endowcd  with  rcmarkable 
gifts  of  humour  and  wisdom  and  with  a  perspicacious  play  of  thought 
cornbined  with  naive  perception;  in  all,  a  consummate  expression  of 
the  Jewish  charactor. 

Nelly  Sachs,  like  so  many  otbcr  Gerraan-Jewish  writers,  had  to 
suffer  the  fate  of  cxile,  Througb  Swedish  intervention  she  was 
saved  from  persecution  and  the  tbreat  of  deportation  and  brought 
to  this  country»  Driven  by  the  storm,  she  has  since  then  v/orkod  in 
peace  as  a  refugee  on  Swedish  seil,  attaining  the  maturity  and 
authority  that  are  now  confirmed  by  the  Nobel  prize.  Of  recent 
ycars  she  has  been  acclaimed  in  the   Gerraan  world  as  a  wr5tcr  of 
convincing  wortb  and  burning  sincerity.  With  noving  intensity  of 


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feeling  she  has  given  voice  to  thc  Jewish  race's  world-wide  tra- 
gedy,  which  she  has  expressed  in  lyrical  laments  of  a  painful 
bcauty  and  in  dramatic  legonds  whose  synbolic  language  corabines 
roodernistic  daring  of  inspiration  with  echoes  of  ancient  biblical 
poctry,  She  has  identificd  hcrself  utterly  with  the  faith  and 
ritual  mysticism  of  her  people  in  order  to  create  out  of  thera  a 
World  of  imagery  which  docs  not  shun  the  terrible  truth,  that  of 
the  cxtermination  camps  and  thc  corpse  factories,  but  at  thc  same 
time  rises  above  all  hatrcd  of  the  pcrsecutors,  nerely  revealing 
a  genuine  sorrow  at  man 's  debascment.  Let  it  suffice  here  to  men- 
tion  the  mystery  play  ''Eli'',  thc  8-year-old  boy  who  is  beaten  to 
death  by  a  German  soldier  in  Poland  whcn  hc  blows  on  his  shephcrd's 

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pipe  to  call  on  heavcn's  hclp  whcn  his  parcnts  are  taken  away.  The 
visionary  cobbler  Mikacl  managcs  to  tracc  thc  culprit  in  the  next 
village;  the  soldier  has  bccn  scizcd  by  reinorse  and,  at  the  en- 
counter  in  the  forest,  collapscs  without  Mikael's  having  to  raisc 
his  hand  against  him.  This  end  denotcs  a  divine  justice  which  has  . 
nothing  to  do  with  earthly  retribution. 

Nelly  Sachs 's  writing  has  bccome  thc  most  intensc  artistic 


exprcssion  of  the  Jewish  spirit  s  rcaction  to  suffering  in  cur 

time,  and  from  that  vicwpoint  too  can  indeed  be  said  to  fulfil 

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thc  humane  purpose  underlying  Alfred  Nobel 's  will. 


Anders  Östcrling 


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The  Swedish  Academy^s  citation: 

Samu&l  JosGph  Agnon ;  For  his  profoundly  characteristic  narrative 

art  with  motifs  from  the  lifc  of  thc  Jewish 
people. 


Nelly  Sachs: 


For  her  outstanding  lyrical  and  dramatic 
writing,  which  interprets  Israelis  destiny 


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ith  touching  strongth 


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ear  Dr«  Fred  Grubel: 


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2b4  Washington  Park 
Brooklyn,  N.Y.  11205 

telephone  212  838-1286 

December  21,  1979 


^^  ^ 


You  are  cordially  invited  to  a  pftrforinMfce  of  THE  RAVINE, 
a  theatre  place  based  on  the  life  and  work  o£  the  late 
German  Jewlsh  Nobel  laureate,  Nelly  Sachs,  to  be  glven 
at  3  P.M.  Sunday  aftemoon,  January  13,  at  The  Brotherhood 
Synagogue,  28  Graxnmercy  Park  South,  In  Manhattan« 


THE  RAVINE  Is  an  hour  long  drama  rltual  based  on  16  of  the 
poems  of  Nelly  Sachs,  telling  the  story  of  the  poet's  life 
(she  gained  entry  to  Sweden  from  Nazi  Germany  in  1940)  and 
relating  the  historical  experience  of  the  Holocaust  to 
Human  Rights  in  the  world  today.  The  authors  and  per formers 
are  the  husband  and  wife  team,  Irene  LeHerissier  and 
Arthur  Bergida  Binder.  The  music  in  the  piece,  which 
employs  flute  and  drum,  voice,  trumpets  and  bell,  has  been 
composed  by  A.B.  Binder,  who  in  the  last  ten  years  has 
written  79  songs  to  poetry  of  Nelly  Sachs» 


LeHerissier  and  Binder  have  given  THE  RAVINE  since  April 
1977  at  more  than  a  dozen  universities,  including  Yale, 
Brandeis,  McGill;  and  most  recently  a  greatly  revised  version 
was  given  at  The  Festival  for  New  Theatre  at  SUOT/Stony  Brook. 

LeHerissier  and  Binder  have  developed  also  a  shorter 
memorial  piece,  0  MY  CHILDREN,  based  on  9  poems  of  Nelly 
Sachs  with  music  and  with  pantomime.  0  MY  CHILDREN  was 
first  given  at  Temple  B«nai  Abraham  in  Livingston,  N.J. 
as  part  of  a  creative  Sabbath  evening  Service,  and  the 
very  same  was  given  for  an  audience  of  12-14  year  olds  at 
Cedar  Lake  Camp,  llilford,  Pa.,  along  with  a  Workshop  on  the 
milieu  and  life  and  work  of  Nelly  Sachs.  .^--- 


LeHerissier  and  Binder  hope  to  bring  the  force  and  the 
important  perception  and  poetry  of  Nelly  Sachs  organically 
into  the  life  of  the  Community,  by  means  of  these  works  that 
they  have  already  formulated,  and  by  means  of  new  works 
that  they  are  planning. 


Yom:«.  sincerely 


'gida 


er  and^rene  LeHerissier 


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THE 


RAVINE 


a      dra  mat  i  c 


ritual      based      on   the 


Nobel    Prize   poetry  of    NELLY    SACHS 


by  IRENE   LEHEPwISSIES  &  ARTHUR  BINDER 
directed  by  MURRAY  LEVY/VALERIE   KNIGHT 

"quietly  impassioned  coramittment" 


music:  A.  B.  Binder 


ARTHUR  SAINER/VILIAGE  VOICE 


"I  congratulate  you  on  the  songs...  certainly  füll  of 

the  extraordinary  passion  of  the  poems"  —  '         jan  DE  GAETANI  -  mezzo  soprano 


SUN., 


JAN.    13, 


3  PM 


THE 


BROTHERHOOD      SYNAGOGUE 


28  GnAI2:ERCY  PAUK  SCUTE,  K.Y.C. 
SUGGESTED  DONATION,  $3 


THE     RAVINE 


a  dramatlc  meditation  —  based  on  the  poetry  of  NELLY  SACHS 
wich  original  music  composed  by  Arthur  Bergida  Binder  — 


Witten  and  perfomed  by  Irene  LeHerissier  and  Arthur  Binder  . 
directed  by  Murray  Levy /Valerie  Kaight. 

ki.XA.XXkXXAkii 

In  1966  Nelly  Sachs  shared  the  Nobel  Prize  for  Literature  with 
the  Israeli  novelist,  S.Y.  Agnon.  Nelly  Sachs  was  a  Germaa  Jew 
who  escaped  the  Naais  to  Sweden  in  the  Spring  of  19A0.  She  was 
49  years  old  at  that  time.  Living  in  Stockholm  with  her  mother 
in  a  small,  two  roon  apartment,  Nelly  Sachs  leamed  Swedlsh  ~ 
eventually  she  became  well  known  and  won  prlzes  for  her  translations 
of  modern  Swedish  poetry  into  German.  But  from  her  first  daya 
of  exLle,  she  began  to  write  poetry  out  of  her  own  anguish  of 
the  Holocaust.  Until  her  death  in  1970  she  never  departed  from 
this  terrible,  Signal  themej  and  yet  her  poetry  is  aarked  by  a 
special  quality  of  illuacLnation.  She  bequeathed  her  es täte 
to  UNICEF  "for  the  orphans  of  the  world", 

M'äXAkAJt 


About  the  authors/perforaers:  Irene  LeHerissier  worked  for 
four  years  with  Peter  Schximann's  BREAD  AND  PUPPET  THEATER, 
induding  two  European  tours.  She  has  a  B.A.  in  Anthropology, 
Magna  Cum  Laude,  from  Fairleigh  Dickinson  University.  Arthur 
Bergida  Binder  studied  with  the  flutist  Samuel  Baron,  and  at 
the  Yale  School  of  Music.  He  has  wricten  79  songs  to  poetry 
of  Nelly  Sachs,  and  works  as  a  New  York  State  Poet-in-the-Schools 

Murray  Levy  worked  with  the  FSEE  S0UTHE2N  THEATER,  with  the 
BREAD  AND  PUPPET  THEATER,  and  for  the  past  five  years  has 
worked  in  West  Germany  with  the  director  George  Tabori, 

Valerie  Knight  has  acted  for  five  years  with  Marketa  Kimbrell's 
NEW  YORK  STREET  THEATER  CARAVAN.  She  plays  the  lead  in  the 

production,  MOLLY  M&GUI2E,  to  tour  Europe  in  the  Spring. 


For  further  Information,  call  212  858-1286. 


Wednesday,  August  29, 1979 


The       Three     VilJage     Herald 


STONY   BRnOK,    N.Y. 


Experimental  theatre  a  huge  success 


byLou  Roller 

First  there  was  the  long  harren 
Summer,  during  which  not  a 
Single  theater  Company  produced 
not  a  Single  event.  One  wonders 
to  what  the  Three  Village  area 
ascribed  its  pride  in  cultural 
abundance.  Then,  like  an 
avalanche,  there  cai|ie  the  Stony 
Brook  University's  New  Theater 
Weekend  1979,  staged  last  Friday 
through  Sunday  in  assorted  halls 
of  the  Surge  B  complex  on  the 
Campus. 

It  was  a  well  planned  and 
incredibly  exciting  festival  of 
almost  mammoth  proportions, 
produced  jointly  by  the 
Welldiggers  Experimental 
Tlieater  Company,  the  Fine  Arts 
Center  and  the  Department  of 
TTieaters  Arts,  all  under  the 
direction  of  the  University's  Bill 
Bruehl,  and  co- produced  by  Art 
Kempf  and  Beruria  Stroke.  And  it 
brought  seven  exciting 
experimental  theater  production 
into  a  chain  of  three  days  of 
repeat  Performances, 

interspersed  with  a  variety  of 
related  events,  such  as  music, 
Workshops  and  panel 

discussions. 

This  quasi-ma  rathon 

undertaking  would  have  filled  the 
Summer  had  it  been  spread  out 
over  several  weeks.  As  it  was 
scheduled,  it  overwhelmed  the 
Weekend,  and  the  senses  of  all 
those  present.  But  most  of  those 
present,  even  while  the 
Community  was  certainly 
invited,  were  all  the  familiär 
faces  from  the  thea.trical  groups 
around  the  area.  And  there  lies 
the  Problem  with  what  is  called 
experimental  theater.  It's  as  if  it 
scares  the  public  at  large. 

The  losers  are,  of  course,  those 
who  didn't  como.The  varietv  of 

^the 
fperimentar*  umbreUa 
bound  to  please  practically  evei 
taste.  There  was  "The  Ravine,"  a 
dio-recital  of  narralions,  poetry 
readings  and  song  based  on  the 
writings  of  Nobel  Laureate  Nelly 
Sachs.  The  husband  and  wife 
team  of  Arthur  Binder  and  Irene 
LeHerissier  invented  and 
superbly  delivered  a  powerful 
series  of  theatrical  devices  which 
shocked  the  viewers'  sensibilities 
even  beyond  the  potent  poems, 
many  of  which  described  the 
holocaust  in  absolutely 
unforgettable  terms. 


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A  weird  exercise  conceived  by 
Stephanie  Doba,  Ruth  Hardinger 
and  Stephanie  Skura,  consiting  of 
moving,  molding,  wrapping  and 
throwing  two  large  canvas  hoods 


big  enough  to  contain  five  people, 
thereby  devising  shapes  and 
forms  of  both  abstract  and 
concreto  natures,  some  of  which 
were  easily  recognized  and 
others  providing  assorted 
meanings  to  different  beholders. 

There  was  the  brilliant  young 
actor  Peter  Rose,  delivering  a 
solo  redtal  titled  *'The  Circular 
Heavens  5,'*  meaning  that  this 
was  the  fif th  version  on  the  same 
theme.  With  hardly  a  spoken 
Word,  Rose  presented^a  series  of 
very  common  pictures,  starting 
with  a  man  sweeping  the  stage, 
setting  props,  then  having  a 
ieisurely  lunch  in  a  rowboat,  and 
going  from  there  to  a  long  list  of 
surreal  demonstrations  of 
everyday  acüvities  that  involved 
more  props,  more  eating,  and 
constant  changes  of  costume.The 
whole  mime  finally  ended  with 
sweepmg  tne  stage  again  and 
packing  up,  as  if  saying  from  dust 
you  came  and  to  dust  you  return, 
sustaining  yourself  in  between  by 
trying  to  do  your  osvn  thing. 

Most  importantly,  there  was 
*'Making  Peace,"  a  two  act  play 
of  giant  proportions,  written  by 
Karen  Malpede  and  presented  by 
the  New  Cycle  Theater,  in  which 
a  large  and  compentent  cast 
described  three  ghostly  figures 
looking  down  on  a  world 
religious,  sexual,  racial  and 
intellectual  conflicts.  The  lovely 
happy  Unding  presents  the  truth 
of  the  title,  and  projects  that 
individualand  collective  freedom 
will  more  than  serve  its  own 
purposes. 

Steve  Ben  Isreal  provided  his 
stand-up  monoloque  dealing  with 
minor    and     major     political 

concepts  that  Surround  us  and 
that  we  tend  to  take  in  stride  until 
someone  points  out  how 
important  or  ridiculous  they  are. 
He  does  this  in  a  very  funny  way, 
like  a  nightclub  comedian, 
unfortunately       reducing       the 

impact  of  his  powerful  material 
»y       frequent        losses        of 
►ncentration. 

And  from  Cambridge  came 
ank  Licatoportraying  Nicolai 
►gors  '^Diary  of  a  Madman," 
iginally  scheduled  for  two 
rformances,  but  unfortunately 
ncelling  the  one  this  reviewer 
itended  to  cover. 
Plans  are  naturally,  to  make 
is  an  annual  event.  and  from 
le  perspective  of  all  those  pres- 
ent, it  has  been  long  overdue.  If 
the  immense  task  of  Staging  such 
a  festival  doesn't  do  the  hard- 

working  sUff  in,  the  future  of 

* 

experimental  theater  in  this  area 
will  become  less  esoteric. 


SATURDAY,  JUNE    17,    1978 


THE  TIMES  ARGUS,  BARRE-MONTPELIER,  VT. 


'Prisoners  OfConscience^ 


Takes  To  Stage 


ByKATEWINSLOW 

A  grim  remembrance  of  the  past 
pertinent  to  both  present  and 
future  will  be  brought  to  Mont- 
pelier  Saturday  night,  when  Irene 
LeHerissier  and  Arthur  Bergida 
Binder  dramatize  the  life  and 
words  of  German  writer  Nelly 
Sachs. 

The  two  New  York  City  artists 
seek  to  recall  the  Nazi  holocaust  of 
the  Jewish  people  in  their  Per- 
formance. The  three-part 
dramatization  also  attempts  to 
teach  and  remind  audiences  that 
people  are  still  being  killed,  tor- 
tured  and  imprisoned  for  their 
beliefs,  color,  ethnic  origin  or 
religious  beliefs  in  the  modern-day 
World. 

The  dramatization,  "Nelly 
Sachs  on  Prisoners  of  Con- 
science,"  was  written,  directed 
and  is  performed  by  LeHerissier 
and  Binder.  The  music  was 
composed  by  Binder. 

The  musical  play  has  been 
performed  by  the  couple  during 
the  past  year  in  various  Colleges, 
universities  and  towns  around  the 
Northeast. 

LeHerissier,  an  actor  who 
worked  with  Vermont's  ßread  & 
Puppet  Theater  for  four  years, 
described  Nelly  Sachs  as  a  Jewish 
poet  who  fled  Germany  with  her 
mother  in  1940,  wrote  continually 
thereafter  about  the  horrors  of  the 
holocaust  and  is  little  known  in  the 
United  States. 

Sachs  won  a  Nobel  Peace  Prize 
for  literature  in  1966  and  continued 
writing  in  her  adopted  home  of 
Sweden  until  her  death  in  1970. 

LeHerissier  said  she  and  her 
husband,  Binder,  chose  Sachs  as 
the  central  focus  of  their  work 
because  "sometimes  one  person's 
Story  teils  the  story  of  many 
Ilves.^  ^ 


Sachs'  poetry  inspired  Binder  to 
compose  76  pieces,  16  of  which  are 
used  in  their  dramatization. 

LeHerissier  described  Sachs' 
writing  as  being  füll  of  "rieh, 
mystlcalinsights." 

She  said  Sachs  "writes  truly 
about  an  abyss,  but  there  is  always 
a  saving  quality  in  her  work." 

Binder,  who  has  been  working  on 
the  music  for  10  years,  said  Sachs 
has  a  '^prophetic  style,  but  she 
doesn't  use  words  symbolically. 
When  she  says  mountain,  she 
means  mountain. 

"She  was  dedicated  to  looking  at 
the  European,  Jewish,  Western 
tragedy,  despite  what  it  cost  her," 
he  said. 

Binder  described  his  com- 
positions,  inspired  by  her  words, 
as  "raw,  strong  music." 

The  play  is  divided  into  three 
sections,  LeHerissier  said  Friday 
on  a  Middlesex  mountaintop, 
where  the  two  were  rehearsing. 

It  includes  a  biography  of  Sachs 
and  also  depicts  present-day 
horrors. 

Interweaving  all  scenes  and 
sections  of  the  70-minute 
dramatization  are  selections  of 
Sachs'  poems. 

Binder  said  the  props  are 
minimal,  because  **the  con- 
centration  camps  didn't  have 
much."  He  said  everything  they 
use  in  their  play  can  fit  in  or  on  top 
of  a  Volkswagen  bug. 

The  majority  of  the  musical 
Instruments  used  throughout  the 
dramatization  are  handmade  by 
the  two  artists,  as  are  the  props. 


New  York  University 

School  of  Continuing  Education  and  Extension  Services 
General  Sludies  Program 

228  Shimkin  Hall 
Washington  Square 
New  York,  N.Y.  10003 
Telephone:  (212)598-2395 


April  9,  1978 


TO  WHOM  IT  I-AY  CONCERN 


On  March  30,  1978  i  had  the  privilege  to  witness  a  very  moving 
Performance  at  Columbia  university,  entitled  Kelly  Sachs, a  meditation 
on  a  lifo.  The  authors  and  performers  wore  Arthur  Binder  and  his 
vife  Irene  LeHerissier.  As  i  was  a  friend  of  Nelly  Sachs  for  30 
years  l  was  anxious  to  hear  this  commemoration,  but  at  the  same 
time  very  sensitive  and  afraid  of  anything  that  might  have  been 
out  of  tune  with  the  spirit  of  Nelly  Sachs*  character  and  poetry. 
But  the  Performance,  centered  on  the  poem  "O  my  children",  was 
done  with  such  sincerity,  simplicity,  and  reverence  -  the  reading, 
the  flute  and  percussion,  the  gestures  -  that  the  performers  had 
me  in  tears.  The  dignity  and  humanity  of  the  presentation  came  to 
a  climax  when  the  words  of  poetry,  toward  the  end,  were  heard 
in  the  original  German.  A  friend  who  does  not  know  the  language 
experienced  the  samo:  the  great  verse  were  uttered  in  such  a  way 
that  their  ritual  of  mourning,  their  exhortation  to  the  living, 
their  cosmic  incantation  were  communicated  even  to  those  in  the 
audience  without  German,  Kelly  would  have  approved  of  it. 


yCi/ta.    ^'  L^cU^u-ou^ou. 


.•  -  *  •  * 


^itd  tliG  Comp^im6nt2  oj  .  .  . 


SWEDISH 
INFORMATION  SERVICE 

8  Easi  öpth  Strttt,  'New  York,  N.  Y.  1002  r 


the  american-siuedish  news  exchange 


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NELLY  SACHS 

Internationales  interdisziplinäres  Symposion 

2.  -  4.  Oktober  1992,  Stuttgart-Hohenheim, Tagungshaus  der 
Akademie  der  Diözese  Rottenburg-Stuttgart 

Tagungsbericht 


Nelly  Sachs,  geboren  am  1Ü.  Dezember  1891  in  Berlin,  ge- 
storben am  12.  Mai  1970  in  Stockholm  und  dort  begraben  auf  dem 
Jüdischen  Friedhof,  gehört  zu  den  bedeutenden  Autoren  der  Mo- 
derne in  Lyrik  und  Drama.  Gemeinsam  mit  dem  ihr  auch  eng  ver- 
bundenen, im  selben  Jahr  in  Paris  verstorbenen  Lyriker  Paul 
Celan,  steht  ihr  Name  für  ein  singuläres  und  unverwechselbares 
Profil  deutschsprachiger  Dichtung  der  Nachkriegszeit.  Und  bei- 
de Autoren  gehören  zu  den  letzten  bedeutenden  Stimmen  jüdischer 
Herkunft  in  deutscher  Sprache  aus  dieser  Generation. 

Person  und  Werk  haben  zahlreiche,  bedeutende  Auszeichnungen 
erfahren:  1957  wurde  Nelly  Sachs  Mitglied  der  Deutschen  Akademie 
für  Sprache  und  Dichtung  in  Darmstadt;  1958  erhielt  sie,  als  er- 
ster Preisträger,  den  Lyrik-Preis  des  Schwedischen  Schriftstel- 
lerverbandes; es  folgten  1959  der  Literaturpreis  des  Kulturkrei- 
ses im  Bundesverband  der  Deutschen  Industrie;  1960  der  Meersburger 
Droste-Preis  für  Dichterinnen;  1961  die  Mitgliedschaft  in  der 
Hamburger  Freien  Akademie  der  Künste.  Im  gleichen  Jahr  stiftete 
die  Stadt  Dortmund  einen  Nelly  Sachs-Preis , dessen  erste  Preis- 
trägerin die  Namensgeberin  wurde.  196  3  folgt  die  Mitgliedschaft 
in  der  Bayerischen  Akademie  der  Schönen  Künste;  196  5  der  Friedens- 
preis des  Deutschen  Buchhandels;  schließlich,  1966,  als  Höhepunkt, 
der  Nobelpreis  für  Literatur  (gemeinsam  mit  Samuel  Josef  Agnon) 
und,  1967,  die  Ehrenbürgerschaft  ihrer  Heimatstadt  Berlin.  1961, 
zum  Siebzigsten  und  1966,  zum  75.  Geburtstag, erschienen  zwei  re- 
spektable Festschriften  gleichen  Titels  im  renommierten  Suhrkamp- 
Verlag,  gefolgt  von  einem  ähnlich  gearteten  Band  'Das  Buch  der 
Nelly  Sachs'  1968  (Neuauflagen  1977  und  1991).  Bis  zum  Jahr  1967 
ist  ein  großer  Teil  des  Werkes  in  sämtlichen  skandinavischen,  den 
wichtigsten  westeuropäischen  Sprachen  sowie  in  Hebräisch  und  Ame- 
rikanisch erschienen.  Die  deutschen  Originale  der  Werke  erschei- 
nen seit  1961  in  zum  Teil  durchaus  auf  Repräsentativität  abstel- 
lenden Ausgaben. 

Was  auf  den  ersten  Blick  wie  ein  besonderer  Glücksfall  er- 
scheint, erwies  sich  für  die  nachfolgende  Rezeption  rasch  als 
Hanidikap.  Nach  bedeutenden  ersten  Impulsen  einer  Nelly  Sachs- 
Forschung  im  skandinavischen  Raum  sowie  einer  Reihe  wichtiger 


-  2  - 


größerer  Untersuchungen  in  den  60er  und  anfangs  der  70er  Jah- 
re in  Deutschland,  erscheint  die  v;issenschaf tliche  Beschäfti- 
gung mit  dem  Werk  der  Dichterin  gesamthaft  nach  wie  vor  eher 
spärlich.  Die  mit  der  RegelmäßigKeit  der  Jahreszeiten  und  An- 
lässe sich  getreulich  wiederholenden  Feuilletons  vermochten 
diesbezüglich  keine  Abhilfe  zu  schaffen.  In  den  letzten  Jahren 
haben  die  editorischen  und  biographischen  Forschungen  von  Ruth 
Dinesen  einige  Lücken  schließen  helfen.  Ähnliches  gilt  bereits 
von  den  vorausgegangenen  Arbeiten  Erhard  Bahrs.  Doch  hatte  die- 
ser noch  in  seinem  'Autorenbuch'  von  1980  unvermindert  Anlaß  ge- 
sehen, von  einem  "seit  den  70er  Jahren  einsetzenden  Prozeß  der 
Verdrängung"  des  Werkes  zu  sprechen,  der  zum  Teil  "zu  einer  To- 
talamnesie" geführt  habe.  Im  übrigen  gilt  diese  Feststellung, die 
aufgrund  einer  Reihe  von  seither  erschienenen  Arbeiten  wohl  etwas 
zu  mildern  wäre, nicht  nur  für  die  literaturwissenschaftliche  Aus- 
einandersetzung mit  dem  Werk.  Vielmehr  erscheint  sie  charakte- 
ristisch für  dessen  Wirkungsgeschichte  im  ganzen  und  berührt 
selbst  noch  die  Frage  der  Präsenz  des  Namens,  vom  Biographischen 
ganz  zu  schweigen.  Trotz  der  skizzierten,  beachtlichen  Aufmerksam- 
keit, die  Werk  und  Dichterin  in  der  Anfangszeit  ihres  Bekanntwer- 
dens gezollt  worden  war,  kann  von  breiterer,  gar  dauerhafter 
Wirkung  und  Präsenz  schwerlich  gesprochen  werden.  Einzig  in  Be- 
zug auf  die  Biographie  ist  inzwischen  durch  die  große  Arbeit  von 
Ruth  Dinesen  aus  dem  Jahre  1991  ein  maßgebliches  Fundament  gelegt 
worden. 

So  gesehen  erscheint  es  durchaus  an  der  Zeit, durch  neue  An- 
sätze und  Fragestellungen,  auch  durch  Erweiterung  des  Blickfeldes 
und  schließlich  durch  Rekapitulation  des  Standes  der  Forschung 
Impulse  dafür  zu  geben,  daß  zumal  die  Literaturwissenschaf t^aber 
nicht  nur  sie,  sich  dieses  ebenso  reichen  wie  bedeutenden  und  viel' 
schichtigen  Werkes  in  neuer  und  adäquater  Weise  versichert .Der  Ver 
such  seiner  Aneignung  aus  der  Perspektive  unterschiedlicher  Diszi- 
plinen mag  dafür  vielleicht  gleichfalls  hilfreich  sein.  Womöglich 
kann  so  der  Reichtum,  die  Spannbreite  und  die  Bedeutung  dieses 
Werkes  auch  neuen  Leserschichten  aufgeschlossen  werden.  Dafür  hat 
das  Hohenheimer  Nelly  Sachs-Symposion  1992  unter  der  wissenschaft- 
lichen Leitung  von  Michael  Kessler  und  Jürgen  Wertheimer       An- 
stöße zu  geben  versucht. 

Es  ist  schwerlich  zu  verschweigen,  daß  Anlaß  und  Thematik 
eines  großen  Teils  der  Dichtungen  der  Nelly  Sachs  und  die  von  ihr 


-  3  - 


repräsentierte  und  praktizierte  Weise  des  Umgangs  mit  Sprache 
und  Geschichte  durch  die  jüngsten  Entwicklungen  in  unserem  Land 
in  bestürzender  Weise  an  Aktualität  gewonnen  haben.  Denn  wieder 
brennen  in  Deutschland  Häuser  und  Menschen.  Die  Erinnerung  an  das 
Scheitern  einer  ersten  deutschen  Republik  und  Demokratie  und  an 
alles, was  diesem  folgte,  drängt  fast  unwillkürlich  sich  auf.  Al- 
brecht Schöne  hat  vor  Jahren  in  seiner  Rede  zur  'Göttinger  Bücher- 
verbrennung 1933', über  den  historischen  Anlaß  hinaus,  die  Linie  in 
die  Gegenwart  gezogen,  noch  ehe  erahn-,  gar  erkennbar  war, was  heu- 
te geschieht . "Anzunehmen,  daß  wir  heute  Lebenden  insgesamt  anders 
uns  verhalten  hätten  als  die  früheren,  unter  den  gleichen  Einflüs- 
sen, mit  den  gleichen  Erfahrungen,  gibt  es  keinen  zureichenden 
Grund".  Er  sollte  recht  behalten.  Hans  Mayer,  in  seiner  Jerusalemer 
Rede  über  'Das  Gedächtnis  und  die  Geschichte',  sprach,  als  stünde 
ihm  das  Heute  des  Jahres  1992  vor  Augen.  "Da  nichts  geklärt  oder 
gar  gelöst  wurde,  ist  alles  noch  und  wieder  da.  Weil  auch  der 
Wohlstand  nicht  mehr  selbstverständlich  erscheint,  entdecken  Men- 
schen meiner  Generation  plötzlich  wieder  die  allzu  vertrauten  Ver- 
haltensformen und  Denunziationen  von  einst.  Man  erfindet  sich  neue 
Juden,  auch  wenn  es  nicht  mehr  Juden  sein  müssen.  Noch  gibt  es,  vom 
Grundgesetz  und  vom  Rechtsstaat  her,  starke  Gegenkräfte.  Allein,  die 
wohlmeinende  Beteuerung  'Bonn  ist  nicht  Weimar'  muß  begründet  und 
verteidigt  werden".  Das  war  1983.  Heute,  zehn  Jahre  später,  er- 
scheint dies  als  eine  Warnung,  der  nachzukommen  man  sich  beeilen 
muß,  wenn  es  nicht  zu  spät,  einmal  wieder  zu  spät  sein  soll.  "Wenn 
die  Propheten  einbrächen  durch  die  Türen  der  Nacht" ,  heißt  es  in 
einem  berühmten  Gedicht  der  Nelly  Sachs,  "mit  ihren  Worten  Wunden 
reißend  in  die  Felder  der  Gewohnheit ...  und  ein  Ohr  wie  eine  Hei- 
mat suchten. . .würdest  du  hören?"  Nicht  vieles  spricht  dafür,  nach 
wie  vor.  Eben  aus  diesem  Grund  ist  die  Beschäftigung  mit  dem  Werk 
der  Dichterin  und  mit  dem  Zeugnis  ihres  Lebens  ein  Gebot  der 
Stunde. 


•  •  •  •  • 


Der  Beschäftigung  mit  Werk  und  Leben  der  Dichterin  zuge- 
wandt waren  die  verschiedenen  Beiträge  zum  Hohenheimer  Symposion. 
Gesamthaft  stehen  sie,  in  der  Variabilität  der  Zugänge  und  In- 
teressenlagen, für  dessen  Vielschichtigkeit  und  geben  Zeugnis 
von  seiner  Aktualität  und  Bedeutung.  Einige  Beiträge  konnten 


•*w 


-  4  - 


in  Hohenheim  selbst  nicht  vorgetragen  werden.  Sie  waren  jedoch 
dafür  bestimmt  und  standen, zum  Teil  als  fertiger  Text,  zum  Teil 
noch  in  Form  eines  Summary,  bereits  zur  Verfügung  und  werden  da- 
her Eingang  in  die  Dokumentation  finden.  In  leicht  modifizierter 
Form  gegenüber  dem  seinerzeitigen  Programm  lassen  sich  gesamthaft 
vier  Sektionen  benennen:  1 . Poetologische  Grundlagen ,Metaphorik , 
Sprache;  2 .Analysen, Interpretationen , Kontexte;  3 .Jüdische , reli- 
giös-mystische , theologische  Motive ;  4 .Biographie , Wirkungsgeschich 
te ,Forschungsstand , Bibliographie . 


•  •  *  *• 


Dem  ersten  Themenkomplex  Poetologische  Grundlagen ,Metaphorik , 
Sprache   sind  insgesamt  fünf  Beiträge  zuzuordnen.  Erhard  Bahr  (Los 
Angeles) , der  in  Hohenheim  nicht  vortragen  konnte , seinen  Text  aber 
rechtzeitig  übersandt  hatte,  untersucht  in  Weiterführung  einer  be- 
reits in  seinem  Nelly  Sachs-Buch  von  1980  angestellten  Überlegung 
die  Frage  der  Grenzen  der  poetischen  Metapher, und  zwar  sowohl  in 
künstlerischer , also  dichterischer , als  auch  in  ethischer  Perspektive. 
Am  Beispiel  eines  gegen  das  Sträuben  der  Dichterin  auf  Drängen  des 
Herausgebers  in  die  Gesammelten  Gedichte  aufgenommenen  Textes  wird 
die  Problematizität  des  darin  Verwendung  findenden  poetischen  Bildes 
(Schmetterlingsmetapher)  analysiert  und  als  Sentimentalisierung  bzw. 
als  Vorgang  der  Dehumanisation  charakterisiert .Der  Vergleich  zu 
einem  späteren, autorisierten  Gedicht, in  dem  bewußt  auf  den  Gebrauch 
der  nämlichen  Metapher  im  vergleichbaren  Kontext  verzichtet  wird, zeigt, 
daß  die  Dichterin  ein  ausgeprägtes  Sensorium  für  die  Ambivalenz  die- 
ses Sprachgebrauchs  entwickelt  hat. Dabei  verdeutlicht  sich, daß  die 
Gültigkeit  der  poetischen  Metapher  nicht  abhängig  ist  vom  Verzicht 
auf  historische  und/oder  situative  Referenz  und  auch  nicht  von  der 
Preisgabe  der  Spannung  zwischen  Referenz  und  Imagination, sondern 
zu  bemessen  ist  an  der  Authentizität  der  Bilder. 

Paul  Hoffmann  (Tübingen)  untersucht , durchaus  im  Zusammenhang 
mit  den  hier  aufgeworfenen  Fragen,  das  Pathos  der  Nelly  Sachs. Drei 
bewirkende  Zusammenhänge  des  dichterischen  Pathos  -  Ergriffenheit 
durch  die  Erhabenheit  des  Kosmischen , Erschütterung  durch  Leid  und 
Leiden,  Ursprungserinnern  des  dichterischen  Wortes  -  werden  im 
Kontext  der  Lyrik, mit  Seitenblicken  auf  Zeit-und  Schicksalsgenossen 
(Mombert ,Wolf skehl , Celan) , präzise  herausgearbeitet .Charakteristisch 
für  das  Pathos  der  Nelly  Sachs  erscheint  einmal  die  Verbindung  von 


-  5  - 


kosmischer  Ich-Ausweitung, individueller  und  kollektiver  Leid- 
Erfahrung  und  'Ausbruch  aus  dem  Privaten'.  Ihr  Pathos  entbehrt 
im  bewußten  Verzicht  des  Gestus  der  Verkündigung ,v;ird  gebrochen 
durch  den  prüfenden  Gang  der  Reflexion , auch  der  Reflexion  der 
Sprache/die  das  Pathos  des  schöpferischen  Wortes  modifiziert 
und  präzisiert  durch  Verknappung.  Losgelöst  von  einer  'vergif- 
teten' Sprachrealität  verfügt  die  Dichterin  gleichwohl  über  kei- 
ne andere  als  ihre  Sprache:  Die  Dichtung  der  Nelly  Sachs /authenti- 
scher Ausdruck  jüdischen  Schicksals  und  mystischen  Ursprungge- 
denkens /  spricht  deutsch . 

Das  poetische  Verfahren  bei  Nelly  Sachs  und  Paul  Celan  ist 
Thema  eines  perspektivenreichen  Beitrags  von  Michael  Krämer (Stutt- 
gart) .  Insbesondere  im  Hinblick  auf  das  Spätwerk  beider  Autoren 
werden  wachsende  Berührungspunkte  und  wechselseitige  Bezugnahmen 
deutlich  gemacht^die  ja  bekanntlich  auch  biographisch  belegbar 
sind.  Insgesamt  wird  für  Nelly  Sachs  ein  höheres  Maß  an  Konno- 
tativität  beobachtet /Worauf  wohl  auch  der  Vorwurf  einer  größeren 
Konventionalität  ihrer  poetischen  Sprache  zurückzuführen  sein  wird 
und  wohlmeinender  auch  die  Unterstellung, ihr  Dichten  sei  'verstand' 
lieber'  und  womöglich  'tröstlicher'  als  das  Paul  Celans /das  auf- 
grund artikulierter  Präsenz  profunder  Sprachskepsis  für  hermeti- 
scher und  kryptischer  gehalten  und  dadurch  als  'moderner'  einge- 
schätzt wer de. Gemeinsam  ist  beiden  Autoren  die  Intention, Verlore- 
nes nicht  auf  immer  verloren  zu  geben  und  die  Insistenz  auf  der 
Prüfung  von  Versöhnungspotentialen  des  Wortes  einerseits , dem  Ma- 
nifestwerdenlassen  der  Hoffnungslosigkeit  solchen  Vorhabens  an- 
dererseits. 

Birgit  R.Erdle  (München)  untersucht  in  ihrem  Beitrag  über 
den  Zusammenhang  von  Sprache , Gewalt  und  Alter ität  die  lebensge- 
schichtlichen und  poetischen  Bedingungen  des  Sprechens  der  Nelly 
Sachs  im  Kontext  des  insbesondere  durch  Emmanuel  Levinas  entwickel- 
ten Denkens  der  Alterität  und  arbeitet  hinsichtlich  der  poetischen 
Struktur, insbesondere  der  frühen  und  mittleren  Gedichte,  Elemente 
einer  Poetologie  der  Stratif ikation  heraus, die  mit  Beispielen  be- 
legt wird. 

Das  dialogische  Prinzip  bei  Nelly  Sachs  ist  Gegenstand  der 
Untersuchung  im  Beitrag  Jürgen  Wertheimers  (Tübingen) .Genauerhin 
handelt  es  sich  um  den  Versuch  einer  chronologischen  Poetologie 
des  dialogischen  Sprechens  in  der  Lyrik  der  Nelly  Sachs. Dabei 
sind  im  Großen  drei  Phasen  auszumachen:  Unmittelbar  nach  der 


-  6  - 


Shoah  erfolgt  eine  (bewußtseinsrettende)  Flucht  in  das  Spre- 
chen. Eine  zweite  Phase  dokumentiert  die  programmatische  Ver- 
wandlung der  Sprache  in  eine  organische  Ersatzlebensform  des 
Subjekts.  Im  Spätv/erk,  drittens,  ist  eine  Art  systematische 
Auflösung  des  Subjekts  und  vielstimmige  Öffnung  der  Sprache  bis 
hin  zur  Dekomposition  geordneter  Diskurse  zu  beobachten. 


* ** *  * 


Dem  zweiten  Themenkomplex  Analysen , Interpretationen , Kontexte 
sind  insgesamt  fünf  _■  Beiträge  zuzuordnen. Die  ersten  vier  sind  auf 
dem  Symposion  vorgetragen  worden, der  fünfte   hat  aus  sachlichem 
Interesse  zusätzlich  Aufnahme  in  die  Publikation  gefunden. Vor 
dem  Hintergrund  von  Nietzsches  'Geburt  der  Tragödie'  und  Ovids 
Metamorphosen'  unternimmt  Hansgerd  Delbrück  (Wellington)  in  seinem 
Beitrag  über  Nelly  Sachs  und  das  Mitleid  eine  nuancenreiche  Lektüre 
des  Zyklus  'Glühende  Rätsel ' .Dabei  ergibt  sich  eine  weiterführende 
Interpretation  der  in  der  Forschung  häufig  in  Zusammenhang  mit 
Nelly  Sachs  gebrachten  Kategorie  des  Mystischen. Hinsichtlich  des 
Mitleid-Begriffs  wird  beobachtet  einmal  der  Verzicht  auf  jegliche 
Artisten-Metaphysik, was  von  Bedeutung  für  das  Transzendenzverständ- 
nis ist. Ferner  die  Entdeckung  der  Mitleidseite  jeden  Leids  als 
-Befreiung  von  Selbstmitleid  und  Leidenspathetik,die  eine  Trans- 
zendierung  des  Ich  ermöglicht  unter  Verzicht  auf  das  Pathos  der 
falschen  Theatralik  uneinlösbarer  Forderungen. 

Barbara  Oehler  (Heidelberg)  demonstriert  mittels  der  Analyse 
des  zum  Spätwerk  gehörigen  Gedichtes  'Wer  ruft?'  Schwierigkeiten 
der  Interpretation. Das  Vorhandensein  eines  metaphorischen  und  topi- 
schen Beziehungsgeflechts  zu  früheren  Werkphasen  ebenso  wie  Selbst- 
zitate oder  vergleichbare  Anspielungen  einerseits, die  Antreffbar- 
keit  sinnkonnotierender  Wendungen  andererseits  erleichtert  nicht 
die  Interpretation, sondern  führt  in  spezifische  Probleme  und  inten- 
siviert den  Eindruck  der  Rätselhaftigkeit, der  jedoch  nicht  Folge 
gewollter  ' Verrätselungen '  und  gesuchter  ' Tiefe' , sondern  Ausdruck 
authentischer  Aporie  angesichts  unüberwindbaren  Sinndefizits  ist. 

Gerd  Träbing  (Cisano)  untersucht  am  Beispiel  des  Gedichts 
'Bin  in  der  Fremde'  aus  der  dritten  Folge  des  Zyklus  'Glühende 
^^^^®^'  Anklänge  von  Ambivalenz  der  8.  Diese,  lesbar  als  Zahl, 
Zeichen, Wort  impliziert  und  suggeriert  eine  überwältigende  Band- 
breite möglicher  Anspielungen,  Bedeutungen  und  Verschlüsselungen, 
die  kenntlich  zu  machen  und  zu  erläutern  der  Beitrag  sich  bemüht. 


-  7  - 


Barbara  Wiedemann  (Regensburg)  untersucht  mit  Schwerpunkt 
auf  dem  Verhältnis  von  Vorveröffentlichungen  und  Buchpublikation 
des  1959  erschienenen  Bandes  'Flucht  und  Verwandlung'  die  Arbeits- 
weise der  Nelly  Sachs  und  beobachtet  eine  durch  verschiedene  Ein- 
griffe syntaktischer , interpunktioneller  und  insbesondere  versglie- 
dernder Art  bewirkte,  bewußte  Veränderung  von  Makro-  und  Mikrokosmos 
der  Gedichte. Daran  wird  zugleich  kenntlich, daß  der  untersuchte  Wan- 
del der  Publikationsvarianten  als  eine  das  Wort  in  seinem  Eigenge- 
wicht neu  bewertende  Form  dichterischer  Aussage  und  nicht  etwa  nur 
als  mehr  oder  weniger  beliebige  Variationsfreudigkeit  zu  bewerten 
ist. 

Johannes  Anderegg  (St. Gallen) , dessen  Beitrag  zusätzlich  in 
die  Publikation  aufgenommen  wird, zeigt  anhand  einer  eindringenden 
Interpretation  des  Gedichts  'Die  Tänzerin'  aus  dem  frühen  Zyklus 
•Grabschriften  in  die  Luft  geschrieben ' unter  erklärender  Bezugnah- 
me auf  zahlreiche  zentrale  Chiffren  die  Ausarbeitung  einer  Sprache 
der  Verwandlung  und  ihrer  Zeichen  auf , der zufolge  der  Titel  ' Grab- 
schrift' ,  jenseits  gattungsmäßiger  Zuordnungen  im  Sinne  von  memento 
oder  Klage,  mehr  signalisiert  als  rhetorische  Apostrophe  oder 
fiktionale  Inszenierung. Als  Sprache  am  Rande  markiert  der  Zyklus- 
titel im  Werk  der  Dichterin  ein  Paradigma  des  Gedichtes  selbst  und 
ist  insofern  von  größter  Bedeutung  für  deren  Verständnis  und  Praxis 
-dichterischen  Sprechens . 


•  ••  •• 


Der  dritte  thematische  Komplex  Jüdische ,reliQiös-mvstische , 
theologische  Motive  umfaßt  insgesamt  sechs  Beiträge.  Margarita 
Pazi  (Tel  Aviv)  beschäftigt  sich  mit  der  Frage  nach  Jüdischen 
Aspekten  und  Elementen  im  Werk  der  Dichterin , wobei  sie  insbeson- 
dere auf  die  Täuschungspotentiale  diesbezüglicher  Mutmaßungen  auf- 
merksam macht  und  die  Problematizität ,  ja  Anstößigkeit  der  Katego- 
rien 'Versöhnen  und  Verzeihen'  in  ihrer  nicht  selten  geläufigen 
Anwendung  auf  Intention  von  Werk  und  Person  der  Dichterin  verdeut- 
licht .Darüber  hinaus  werden  eine  Reihe  genuin  jüdischer  Motive  un- 
terschiedlicher Provenienz  einer  präzisen  Fassung  zugeführt;  im 
übrigen  wird  nachdrücklich  darauf  verwiesen , daß  allgemeine  Zuord- 
nungen von  Motiven  in  der  Lyrik  der  Nelly  Sachs  den  Charakter  einer 
riskanten  Gratwanderung  haben. 

Mark  H.Gelber  (Beershewa)  untersucht  die  poetischen  und  poetisch 
mystischen  Funktionen  der  Rhetorik  von  Raum  und  Ortsnamen  in  der 


-  8  - 


Dichtung  der  Nelly  Sachs. Dabei  werden  sowohl  Hinweise  auf  die 
nicht  minder  bedeutsamen  Zeitindikatoren  gegeben,  als  auch 
die  Frage  der  Bedeutung  des  Kosmischen  gestreif t .Neben  einer 
rein  metaphorischen  Funktion  geographischer  Termini  werden 
Shoa-verwandte  Ortsnamen  behandelt , sodann  die  Bedeutung  der  Bei- 
ziehung biblischer  Ortsnamen , die  durchaus  polysemischen  Charakter 
hat , schließlich  der  Hinweis, daß  der  geographische  Aspekt  ihrer 
poetischen   Sprache  indikatorisch  von  Bedeutung  ist  für  die 
Explikation  von  Schechina .Auch  'zionistische'  Motive, im  nicht 
politischen  Sinn  des  Wortes , werden  aufgespürt. 

In  Weiterführung  anderer  Arbeiten, insbesondere  der  von  P. 
Kersten  und  M.Krieg , untersucht  Magda  Motte  (Aachen)  die  Entwick- 
lung und  Bedeutung  der  Schmetterlingsmetaphorik  im  Werk  der 
Dichterin  und  fragt  nach  der  Deutung  des  Bildes  in  seiner  Viel- 
schichtigkeit und  nach  seiner  religiösen  Relevanz  unter  Bezugnah- 
me auf  die  Tradition  dieser  Metaphorik  in  Literatur , Kunst  und  My- 
stik. 

Karl-Josef  Kuschel  (Tübingen)  wendet  sich  in  seinem  Beitrag 
Hiob  und  Jesus  gegen  eine  nicht  ungebräuchliche  theologische  Ver- 
einnahmung der  Lyrik  der  Nelly  Sachs, gegen  die  Konstatierung  von 
Bekenntnis, Zeugnis  und  Glaube, die  den  Text  zum  Stichwortgeber  de- 
generiert .Bezüglich  des  Hiobmotivs  wird  eine  Verschärfung  und 
Radikalisierung  des  Hiob-Problems  gegenüber  dem  biblisch-frömmig- 
keitsgeschichtlichen Vorwurf  beobachtet .Ähnlich  scheint  der  Ge- 
brauch des  Jesusmotivs  nicht  geeignet  zur  Konstatierung  latenter 
oder  manifester  Christologie , womöglich  in  triumphalistischem  Sin- 
ne. Schließlich  entwickelt  der  Beitrag  eine  Reihe  interessanter 
Perspektiven  für  ein  theologisches  Gespräch  mit  Nelly  Sachs. 

Im  konturierenden  Rückgriff  auf  Hinweise  bei  Hans  Jonas  und 
George  Steiner  unternimmt  Michael  Kessler  (Tübingen)  den  Versuch, 
im  kursorischen  Durchgang  durch  das  lyrische  Werk  die  Anwendbar- 
keit der  Kategorien   Transzendenz   und   Transzendieren   auf  die 
Dichtung  der  Nelly  Sachs  zu  überprüfen.  Dabei  zeigt  sich, daß  die- 
se ihre  Gültigkeit  gewinnen  nicht  im  geradlinigen  Beziehen  auf- 
tretender Motive  auf  Gegebenheiten  christlicher  oder  jüdischer 
Überlieferung, auch  nicht  durch  das  Diagnostizieren  von  Spuren  ei- 
nes Glaubens, sondern  in  der  Aufrechterhaltung  und  Gewinnung  bzw. 
Wiedergewinnung  eines  Gebrauchs  von  Sprache, der  als  Ethos  zu  klas- 
sifizieren wäre. 


-  9  - 

Hans-Peter  Bayerdörfer  (München)  hat  in  Hohaheim  nicht  vortra- 
gen können. Sein  Beitrag  zu  dem  Mysterienspiel  'Eli '  im  Vergleich 
mit  analogen  Tendenzen  in  der  Dramenproduktion  von  J.L.Perez  läßt  die 
Notwendigkeit  erkennen /nicht  im  gattungsgeschichtlichen  Rekurs 
zu  verharren / sondern  stärker  von  der  Moderne  charakterisierte 
Vergleichsbeispiele , insbesondere  das  Weltthoat^rmodell  einerseits , 
dezidiert  chassidische  Vorgaben  andererseits  heranzuziehen .Dann 
lassen  sich  analoge  Tendenzen  feststelleN»;  Vorordnung  von  Raum  und 
Bewegung  vor  Dialog  und  Text , nonverbale  Elemente /mehrdimensionale 
Aufladung  des  Sichtbaren/ simultane  Präsenz  von  Welt /Leben  und  To- 
ten /Ständige  Transgiession  in  Raum  und  Bewegung. 


*  •  *  •  • 


Der  vierte  Themenkreis  Biographie /Wirkungsgeschichte .For- 
schungsstand /Bibliographie   umfaßt  vier  Beiträge.  Zunächst  un- 
tersucht Gabriele  Fritsch-Vivie  (Herdecke)  biographische  Aspek- 
te in  den  bisher  wenig  beachteten  und  noch  weniger  rezipierten 
Szenischen  Dichtungen.  Tatsächlich  erweist  sich  die  Beobachtung 
einer  latenten  Biographie  im  szenischen  Werk  als  aufschlußreich/ 
insofern  das  Erfinden  und  Auseinander-Stellen  von  Figuren/anders 
als  der  lyrische  Prozeß  des  Verdichtens/  das  Blickfeld  auf  die 
Autorin  erweitert  und  Spiegelungen  beinhaltet /die / zumindest  par- 
tiell/entschlüsselt werden  können. 

Ruth  Dinesen  (Kopenhagen) /Verfasserin  einer  bedeutenden 
Biographie  der  Autorin,  untersucht / im  Ausgang  von  der  diesbe- 
züglichen These  William  G.  Nieder lands  unter  dem  Titel  Spätfolgen 
der  Verfolgung/  gestützt  auf  bisher  unveröffentlichte  autobiogra- 
phische und  künstlerische  Aussagen/  die  Genese  des  sog.  ' survivor 
Syndrome'  in  ihren  markanten  Stationen:  Exil/  Tod  der  Mutter/ 
' Wiedergutmachung' /Durch-  und  Zusammenbruch /Trauerarbeit .Die  da- 
bei ermittelten  Faktoren  treten  aufschlußreich  dem  Korpus  der 
bisher  bekannten  Briefe  und  dem  Prosatext  'Leben  unter  Bedrohung' 
zur  Seite  und  ermöglichen  neue  Bewertungen  und  Gesichtspunkte 
sowohl  für  die  biographische  als  auch  für  die  poetologische 
Betrachtung  von  Werk  und  Autorin. 

Lionel  Richard  (Paris) /Übersetzer  von  Gedichten  der  Nelly 
Sachs  ins  Französische /hat  ihn  Hohenheim  nicht  vortragen  können. 
Sein  vorgesehener  Beitrag  war  jedoch  weitgehend  fertiggestellt 
und  wird  daher  in  die  Publikation  auf genommen. Sein  Thema 


-  10  - 


die  Probleme   der  Arbeit  des  Übersetzers  im  Kontext  von  Werk 
und  Autor.  Angesichts  des  weitgehenden  Fehlens  poetologischer 
Selbstaussagen  ist  der  im  Zusammenhang  der  Ubersetzungsarbeit 
gewachsene  Briefwechsel  mit  Nelly  Sachs  von  großem  Interesse 
und  besonders  auf schlußreich. In  Frage  und  Antwort  wird  über  den 
Prozeß  der  Übertragung  hinaus /Unter  Berücksichtigung  jeweils 
spezifischer  Anmerkungen  der  Dichterin,  das  Problem  der  damit 
untrennbar  verbundenen  Interpretation  und  Sinnerläuterung  er- 
örtert.Durch  die  dem  Beitrag  angeschlossene  Erstpublikation 
von  ca.  20  Seiten  mit  Brief en, Anmerkungen  und  Erläuterungen 
sowie  Antworten  auf  Fragen  des  Übersetzers  seitens  der  Dichte- 
rin gewinnt  die  Darlegung  höchstes  Interesse. 

Michael  Braun  (Aachen)  hat, dies  sei  dankbar  vermerkt, 
meiner  Bitte    entsprochen  und  für  das  Symposion  einen  diffe- 
renzierten Forschungsbericht  erarbeitet , der  in  Hohenheim  mit 
großer  Anerkennung  zur  Kentnis  genommen  wurde, ebenso  wie  die 
gleichfalls  von  ihm  erarbeitete , den  Stand  vom  Herbst  1992  re- 
präsentierende und  die  bisher  vorliegenden  Hilfsmittel  dieser 
Art  wertvoll  ergänzende  und  fortführende  Bibliographie  der  Se- 
kundärliteratur .Beides  erscheint  für  die  weitergehende  Beschäf- 
tigung mit  Werk  und  Person  der  Dichterin  besonders  hilfreich 
und  wird  daher   Eingang  in  die  Publikation  finden. 


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Abschließend  ist  festzustellen , daß , auch  wenn  manche  Fragen 
und  Aspekte  des  Werkes, der  Biographie  sowie  der  Forschung  nur 
marginal  behandelt  werden  konnten  und  auch  wenn  die  in  extenso 
behandelten  Themen  mitunter  eher  den  Charakter  von  Problemanzei- 
gen als  schon  den  einer  definitiven  Problemlösung  haben,  der  Er- 
trag des  Symposions  ein  durchaus  beachtlicher  war.  Dazu  beigetra- 
gen haben  neben  bekannten  Repräsentanten  der  Nelly  Sachs-Forschung 
nicht  zuletzt  auch  eine  Reihe  von  jüngeren  Wissenschaftlerinnen 
und  Wissenschaf tlern, die  durch  neue  Beobachtungen  und  Fragestel- 
lungen dem  Fortgang  der  Forschung  gleichfalls  wichtige  Impulse 
haben  geben  können.  Die  Mitwirkung  von  Vertretern  anderer  Fach- 
richtungen war, wie  berichtet , diesbezüglich  ebenso  bereichernd  wie 
förderlich. Insofern  darf  gesagt  werden, daß  das  Konzept  der  Veran- 
staltung im  ganzen  aufgegangen  ist  und  die  Absicht,  weiterführen- 
de Impulse  für  Forschung  und  Rezeption  zu  geben , durchgedrungen. 


-  11  - 


Für  die  Realisierung  des  Symposions  war  die  Unterstützung 
durch  die  DFG  eine  unerläßliche  Hilfe,  für  die  hier  noch  einmal 
eigens  zu  danken  ist.  In  der  Kooperation  zwischen  dem  von  mir 
geleiteten  Institut  für  Fort-  und  Weiterbildung  und  der  Akademie 
der  Diözese  Rottenburg-Stuttgart , vertreten  durch  Frau  Dr. Iris 
Gniosdorsch.die  auch  in  der  Tagungsleitung  mit  engagiert  war, 
wurde  in  bewährter  Weise  ein  stimmiger  organisatorischer  und 
atmosphärischer  Rahmen  geschaf f en , der  für  das  Gelingen  der  Tagung 
angesichts  eines  thematisch  sehr  dichten  Programms  ungemein  hilf- 
reich war.  Einmal  mehr  erwies  sich  zugleich  die  Fruchtbarkeit 
des  inzwischen  in  zahlreichen  gleichgearteten  Veranstaltungen 
bewährten  Schwerpunkts  interdisziplinärer  Arbeit  im  Bereich  der 
Literatur  und  Geistesgeschichte^  nach  den  Symposien  zu  Hermann 
Broch  (1986),  Eichendorff  (1988),  Siegfried  Kracauer  (1989),  Joseph 
Roth  (1989)  , Erich  Fromm  und  die  Frankfurter  Schule  (1991)  und 
nunmehr  Nelly  Sachs  (1992)  . 


Rottenburg,  c^en  13.  Januar  199  3 


lU  ^  lUM^ 


Dr. Michael  Kessler  M.A. 


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AKADEMIE  DER  DIOZESE 
ROTTENBURG-STUTrCART 


Im  Schellenkönig  61 
7000  Stuttgart  1 
Telefon  (0711)  2195 


Referenten 
und   Themen 

Prof.  Dr.  Johann  Anderegg*  (St. Gallen) 
Nelly  Sachs:  Gedicht  und  Verwandlung 

Prof.  Dr.  Ehrhard  Bahr*  (Los  Angeles) 

'Meine  Metaphern  sind  meine  Wunden' .Nelly  Sachs  und  die  Grenzen 
der  poetischen  Metapher 


Prof.  Dr.  Hans-Peter  Bayerdörfer*  (München) 

Dramatischer  Symbolismus  und  jüdische  Tradition. Nelly  Sachs' 
••Eli"  und  J.L.Peretz'  "Bei  Nacht  auf  dem  alten  Markt" 

Michael  Braun  (Aachen/Merzenich) 

Phasen, Probleme  und  Perspektiven  der  Nelly  Sachs-Rezeption. For- 
schungsbericht und  Bibliographie 

Prof .Dr. Hansgerd  Delbrück  (Wellington) 

Nelly  Sachs  und  das  Mitleid:  Der  Zyklus  'Glühende  Rätsel'  vor  der 
Folie  von  Nietzsches  'Geburt  der  Tragödie'  und  Ovids  'Metamorphosen' 

Dr.  Ruth  Dinesen  (Kopenhagen) 

Spätfolgen  der  Verfolgung 

Birgit  R.  Erdle  M.A.  (München) 

'Sagen  war  verboten':  Sprache , Gewalt  und  Alterität  bei  Nelly  Sachs 

Dr. Gabriele  Fritsch-Vivie  (Herdecke) 

Der  biographische  Aspekt  in  den  Szenischen  Dichtungen  der  Nelly  Sachs 

Prof. Dr. Mark  H.  Gelber  (Beersheva) 

Nelly  Sachs  und  das  Land  Israel. Die  mystisch-poetischen  Funktionen 
der  geographisch-räumlichen  Assoziationen 

Prof. Dr.  Paul   Hoff mann  (Tübingen) 

Das  Pathos  der  Nelly  Sachs 

Dr. Michael  Kessler  (Rottenburg/Tübingen) 

'Dichte  der  Abwesenheit '. Transzendenz  und  Transzendieren  im 
Werk  der  Nelly  Sachs 

Dr.  Michael  Krämer  (Stuttgart) 

'Wir  wissen  ja  nicht, was  gilt'. Zum  poetischen  Verfahren  bei 
Nelly  Sachs  und  Paul  Celan. Versuch  einer  Annäherung 

Dr. Karl-Josef  Kuschel  (Tübingen) 

Hiob  und  Jesus. Die  Gedichte  der  Nelly  Sachs  als  theologische 
Herausforderung 

Prof .Dr.Magda  Motte  (Aachen) 

'Der  Verwandlung  sichtbarstes  Zeichen' .Die  Schmetterlingsmetapho- 
rik  im  Werk  der  Nelly  Sachs 


-  2  - 


Barbara  Oehler  (Heidelberg/Berlin) 

'Wer  ruft? '.Ein  Gedicht  aus  dem  Spätwerk  von  Nelly  Sachs .Schwie 
rigkeiten  der  Interpretation 

Prof . Dr . Margar ita  Paz i  (Tel  Aviv) 

Jüdische  Aspekte  und  Elemente  im  Werk  der  Nelly  Sachs  und 
ihre  Wirkungen 

Prof. Dr.  Lionel  Richard*  (Paris/Amiens) 

Ingenium^Humilität, Präzision. über  die  Arbeit  eines  Übersetzers 
der  Lyrik  der  Nelly  Sachs 

Prof.  Gerd  Träbing  M.A.  (Cisano) 

Anklänge  von  Ambivalenz  der  ' 8 ' ?Zahl , Zeichen, Wort  und  Vielfalt 
von  Anspielungen  am  Beispiel  von  'Bin  in  der  Fremde'. 

Prof .Dr. Jürgen  Wertheimer  (Tübingen) 

'Ich  und  Du'.  Zum  dialogischen  Prinzip  bei  Nelly  Sachs 

Dr. Barbara  Wiedemann  (Regensburg) 

Um-Brüche. Nelly  Sachs'  Arbeitsweise  im  Spiegel  der  Publika- 
tionsvarianten 


Mit  *  gekennzeichnete  Beiträge  konnten  auf  dem  Symposion 
nicht  vorgetragen  werden,  werden  aber  in  die  Publikation 
aufgenommen  (vgl. Bericht) 


hH 


LEO      BAECK      INSTITUTE 

129  HAST  73rd  STREET    •    NEW  YORK,  N.  Y.  10021    •    RHinelander  4-6400 


June  23,  1988 
MKG/370/8-  FG 


TO:   Archives 
FROM:  Fred  Grube! 


RE:   Photos  attached 


The  enclosed  photos  represent  a  Performance  of  Nelly 
Sachs'  "Eli"  by  the  students  of  the  Rudolf-Steiner- 
Schule  Berlin  im  Januar  1988.  I  received  this  material 
from  Professor  Eberhard  Roters,  whose  daughter  is  one 
of  the  Student  actors. 


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