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Full text of "Neue Beiträge zur näheren Kenntniss der Siphonophoren"

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593.72 
G27 


NEUE    BEITRAGE 


ZUlt  NÄHEHEN  KENNTNISS 


DER 


SIPHONOPHOREN 


VON 


Dr.    KARL     GEGENBAUR, 

M.  D.  A.  D.  N. 


MIT  SIEBEN  STEINDRUCKTAFELN. 


DER  AKADEMIE  ÜBERGEBEN  AM  2.  SEPTEMBER   1859. 


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Der  wesentlichste  Fortschritt  unserer  Kenntniss  von  den  Siphonophorcn  con- 
centrirt  sich  in  der  immer  allgemeiner  zur  Geltung-  kommenden  Anschauungs- 
weise, nach  welcher  diese  Geschöpfe  mannigfaltig-  zusammengesetzte  Colonien 
von  polypenartigen,  bald  auch  medusenähnlichen  Individuen  sind.  Freilich 
wird  diese  Anschauung  in  ihrem  Detail  nach  eben  so  viel  Richtungen  gebro- 
chen, als  Beobachter  der  Siphonophoren  aufgetreten  sind,  und  es  kommen 
eben  so  viele  Modificationen  der  eben  angeführten  Grundidee  zum  Vorscheine, 
die  aber  sämmtheh  sich  in  zwei  Reihen  zusammenstellen  lassen. 

Die  eine  derselben  wird  von  Kölliker*)  und  C.  Vogt**)  repräsentirt, 
nach  denen  an  den  Siphonophorencolonien  nur  gewisse  Gebilde  als  Individuen 
zu  betrachten  waren,  während  andere  als  blosse  Organe  erschienen.  Indivi- 
duen wären  nur  die  polypenähnlichen.  Mägen  der  Colonie,  die  übrigen  Theile, 
wie  Schwimmstücke ,  Deckstücke,  Taster,  Fangfäden  und  Geschlechtsgemmen 
seien  als  Organe  anzusehen,  die  entweder  dem  gemeinsamen  Stamme  oder  den 
einzelnen  ..Polypen"  zukämen,  je  nachdem  sie  (wie  z.  B.  manche  Deckstücke, 
die  Fangfäden  beinahe  aller  Siphonophoren  und  die  Geschlechtsgemmen  der 
Diphyiden)  mit  den  Polypen  verbunden  seien,  oder  von  diesen  abgesondert 
am  Stamme  sässen.     Auch  Quatrefages***)  huldigt  dieser  Auffassungsweise, 

*)  Zcitsfhr.  f.  wiss.  Zoologie  v.  Siebold  u.  Kölliker   Bd.  IV.     1853.    S.  306  ff.      Die 
Schwimmpolypen  von  Hessina.      1853. 
**)  Zeitschr.  f.  wiss.  Zoologie  Bd.  LTJ.      1851.    S.  521.      Rechercb.es  sur  les  animaux  in- 
ferieurs  de  la  me'diterranee.     Premier  memoire.     Geneve   1854. 
***)  Annales  des  sciences  naturelles.     Ser.  IV.  Tome  II.  p.  140. 


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334  Karl  Gegenbaur, 

und  lässt,  nach  Untersuchungen  an  Physalien,  nur  die  polypenartigen  Magen, 
sowie  die  Geschlechtsgemmen  als  ernährende  und  zeugende  Individuen  be- 
stehen. 

Die  andere  Auffassung  wird  bekanntlich  von  Leuckart  vertreten,  der 
die  Siphonophorenstöcke  durch  die  Erscheinung  des  Polymorphismus  erklärt, 
und  demzufolge  alle  Anhänge  eines  Siphonophorenstammes,  unter  welcher 
Form  und  mit  welcher  Function  betraut  sie  auch  auftreten  mögen,  morphologisch 
als  Individuen  ansieht.  Die  typische  Form  des  in  gerader  Linie  fortentwickel- 
ten Individuums  ist  die  Medusengestalt ,  die  an  den  Schwimmglocken,  an  den 
Geschlechtsgemmen  und  zum  Theile  auch,  wenn  auch  minder  entschieden ,  an 
den  Deckstücken  sich  offenbart,  und  die  sich  zu  der  einfacheren  Poly penform, 
welche  die  ernährenden  Individuen  der  Colonie  besitzen,  gerade  so  verhält,  wie 
die  an  den  Hydras  -  Polypen  aufgeammten  Medusen  zu  ihren  Ammen,  welchen 
beiden  stets  derselbe  einheitliche,  nur  zu  einer  verschiedenen  Entwickelungs- 
höhe  gelangende  Cölenteraten  -  Typus  zu  Grunde  liegt. 

Dieser  Auffassung,  die  Leuckart  zu  verschiedenenmalen  in  letzter  Zeit 
uns  vorgeführt*),  habe  ich  selbst  beigepflichtet,  nur  mit  der  einzigen,  nicht 
sein1  wesentlichen  Beschränkung,  dass  ich  die  Fangfäden  nicht  Individuen 
gleich  erachtete,  indem  ich  cüese  Gebilde  mit  ähnlichen  der  Hydroiden- Polypen, 
z.  B.  den  Tentakeln  einer  Coryne,  an  deren  Organnatur  gewiss  niemand  zwei- 
feln wird,  verglich.  Ich  habe  mich  aber  inzwischen  von  der  Richtigkeit  der 
Leuckart'schen  Deutung  vollständig  überzeugen  können,  und  gebe  selbst 
für  die  Fangfäden  der  Siphonophoren  die  morphologische  Gleichwertigkeit  mit 
Individuen  zu,  nachdem  ich  gelernt  habe,  dass  jene  Gebilde  wohl  physiologisch 
den  Tentakeln  der  Hydroiden  zur  Seite  gesetzt  werden  können ,  dass  sie  aber 
morphologisch  ein  weit  selbständigeres  Verhalten  besitzen,  und  dass  jener 
Theil,  von  dem  sie  entspringen,  niemals  ein  Individuum  ist,  sondern  als  eine 

*)  Ueber  den  Polymorphismus  der  Individuen,  oder  die  Erscheinungen  der  Arbeitsthei- 
lung  in  der  Natur.  Giessen  1851.  —  Zoologische  Untersuchungen,  Erstes  Heft. 
Giessen  1853.  —  Zur  näheren  Kenntniss  der  Siphonophoren  von  Nizza.  Archiv  f. 
Naturgesch.      1854. 


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Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntnis*  der  Siphonophoren. 


335 


Verästelung'  des  gemeinsamen  Stockes  gefasst  werden  muss.  Aber  selbst  wenn 
jene  fangfadenartigen  Bildungen  von  Theilen,  die  Aequivalente  von  Individuen 
wären,  entsprängen,  so  wäre  dies  kein  Gegenbeweis,  da  ja  auch  Medusen  am 
Körper  von  Hydroiden  hervorsprossen. 

Wenn  man  aber  auch  an  der  individuellen  Natur  der  einzelnen  Anhänge 
des  Siphonophorenstammes  festhält,  so  kann  dabei  nicht  genug  urgirt  werden, 
dass  dieselbe  nur  in  der  morphologischen  Bedeutung  der  Anhänge  be- 
ruht, und  es  ist  deshalb  scharf  zu  unterscheiden  zwischen  physiologischer  und 
morphologischer  Analogie.  Ein  solcher  Unterschied  scheint  nun  von  Kölliker 
nicht  gemacht  zu  werden,  da  er  annimmt,  dass  Leuckart  die  mannigfaltigen 
Anhänge  für  wirkliche,  für  absolute  Individuen  halte,  wogegen  dann  freilich 
nichts  weiter  erinnert  werden  kann. 

Der  Begriff  des  Individuums  bewegt  sich  hier,  wie  alle  Thatsachen  der 
vergleichenden  Beobachtung  lehren,  innerhalb  einer  grossen  Breite,  so  dass 
dieselben  Gebilde,  welche  wir  in  einem  Falle  als  bestimmtes  Individuum  (im 
absoluten  Begriff)  erkennen,  wie  z.B.  die  Meduse  der  Velella,  in  einem  an- 
dern Falle  nur  als  eine  einfache  Knospe  erscheint,  wenig  organisirt,  niemals 
selbständig  werdend  (so  z.  B.  eine  Geschlechtsknospe  von  Agalma),  und  des- 
halb physiologisch  wie  ein  blosses  Organ  sich  verhaltend.  Die  Verwerthung 
der  zwischen  diesen  beiden  Endpunkten  der  Organisation  eines  Geschlechts- 
Individuums  liegenden  Modifikationen ,  die  in  ununterbrochener  Reihe  laufen, 
weist  die  Individuumbedeutung  auch  des  niedrigst  organisierten  Knospengebildes 
aufs  deutlichste  nach,  und  wir  müssen  bei  consequentem  Verfahren  entweder 
alle  Knospengebilde  am  Siphonophorcnstocke  für  Individuen  und  Individuen- 
äquivalente, oder  alle  für  Organe  erklären. 

Ich  will  aber  noch  einen  andern  Grund  für  die  Nothwendigkeit  einer  von 
beiden  zuletzt  erwähnten  Auffassungen  anführen:  Es  sind  an  den  Siphonopho- 
ren  vielfach  Anhänge  bekannt,  die  entfernt  von  den  sogenannten  Polypenlei- 
bern stehen,  so  die  Schwimmglocken,  die  Taster,  Deckstücke  und  manche  an- 
dere. Es  ist  aber  auch  ein  wohl  von  niemandem  umzustossender  Satz,  dass  das 
Organ  anatomisch  nur  dem  Individuum  angehört,  oder  mit  andern  Worten,  dass 


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336  Karl  Gegenbaur, 

ein  für  sich  existirendes  Organ  ohne  Individuum  undenkbar  ist,  weil  eben  der 
Begriff  Organ  den  Begriff  Individuum  schon  voraussetzt.  Somit  gibt  es  weder 
absolute  Geschlechtswerkzeuge,  noch  absolute  Mägen  oder  Tastorgane!  Und 
überall  da,  wo  Erscheinungen  vorliegen,  die  auf  ein  freies  Organ  hinweisen, 
müssen  sie  auf  ein  Individuum  bezogen  werden,  welches  nach  einer  oder  der 
anderen  Richtung  modilicirt  ist,  indem  bald  die  eine  bald  die  andere  Function 
auf  Kosten  der  übrigen  ausgebildet  sich  darstellt. 

So  bleibt  denn  noch  die  andere  Ansicht  bestehen,  dass  alle  Theile  der  Si- 
phonophorencolonie  Individuen  vorstellten,  die  an  einem  allen  gemeinsamen 
und  ihnen  als  Zeugimgsstätte  dienenden  Stocke  befestigt  sind,  und  sich  zu  die- 
sem in  ganz  ähnlicher  Weise  verhalten  wie  die  Individuen  eines  Hydroiden- 
stockes. 

Nach  allen  gegenwärtig  vorliegenden  Thatsaclien  zu  schliessen.  isl  es  dicht 
wahrscheinlich,  dass  die  oben  vertretene  Auffassung  eine  wesentliche  Aende- 
rung  zu  gewärtigen  hat;  denn  so  weit  auch  die  Schwankungen  sind,  innerhalb 
deren  sich  die  Foftnerseheihung  der  genannten  Geschöpfe  bewegt,  so  ist  doch 
jeder  dieser  dadurch  bedingten  verschiedenartigen  Zustände  leicht  aus  jener 
Auffassung  erklärbar,  und  kann  so  vielmehr  nur  zu  ihrer. Ergänzung  dienen. 
Eine  Sammlung  neuer  diese  Geschöpfe  betreffenden  Thatsachen  hat  somit  nur 
Interesse,  insofern  durch  sie  die  den  feineren  Ausbau  des  bereits  Begründeten 
anstrebenden  Momente  gegeben  werden.  Die  folgenden  iVliUlieilungen  gehen 
von  diesem  Gesichtspunkte  aus.  Sie  sind  entstanden  aus  einer  längere  Zeit 
hindurch  fortgesetzten,  nicht  wenig  mühevollen  Untersuchung  eines  reichen 
Materials,  welches  das  freundliche  Entgegenkommen  des  Herrn  Steenstrup 
aus  dem  Universitäts  -  Museum  zu  Kopenhagen  mir  zu  diesem  Zwecke  gebo- 
ten hatte. 

Sowohl  Diphyiden  als  Physophoriden ,  aus  beiden  Familien  vorzugsweise 
solche,  die  nur  höchst  unvollständig  gekannt,  lagen  in  einer  nicht  geringen 
Zahl  von  gut  erhaltenen  Exemplaren  vor,  und  konnten  bei  ruhigerer  Muse  ge- 
prüft werden,  als  es  dem  die  Meerküsten  aufsuchenden  Forscher  durch  che 
Fülle  der  dort  sich  drängenden  Formenwelt  gewöhnlich  gestattet  ist.     Dazu 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntnis*  der  Siphonophoren.  337 

kommen  noch  einige  neue  Arten,    von  denen  eine  einer  interessanten  neuen 
Gattung  angehört. 

Von  grossem  Werthe  war  mir  endlich  die  genaue  Längen  -  und  Breiten- 
grade-Verzeichnung der  Fundorte,  so  dass  ich  hoffen  darf,  zur  Kenntniss  der 
geographischen  Verbreitung  dieser  bis  jetzt  fast  nur  aus  Nordsee  und  Mittelmeer 
naher  bekannt  gewordenen  Thiere  nicht  unwichtige  Beiträge  zu  liefern. 


I.    D  I  P  H  Y  I  D  E  N. 

1.     ABYLA    TRIGONA    Q.  &  G. 

(Figg.   1  —  12.) 

Seit  der  ersten  Beobachtung  dieser  Diphyide  durch  Quoy  und  Gai- 
mard*)  ist  nichts  näheres  mehr  darüber  bekannt  geworden;  denn  die  von 
Vogt  unter  diesem  Namen  beschriebene  Form  ist  nichts  anderes  als  A.  penta- 
gona. Daher  war  mir  die  Prüfung  einer  grossen  Anzahl  von  gut  conservirten 
Exemplaren  von  grossem  Belange,  namentlich  in  Berücksichtigung  des  Verhal- 
tens der  dem  gemeinsamen  Stamme  ansitzenden  Gruppen  von  Einzelthieren, 
und  die  Beziehungen  derselben  zu  jenen  Thatsachen,  che  durch  mich  und  Leu- 
c  fear t  an  der  verwandten  Abyla  pentagona  vor  mehreren  Jahren  aufgefunden 
wurden.  Aber  auch  eine  sorgfältige  Untersuchung  der  bis  jetzt  allein  bekann- 
ten Theile,  der  Schwimmstücke  nemlich,  durfte  nicht  übergangen  werden;  sie 
war  schon  deshalb  geboten ,  um  daraus  die  Verhältnisse  der  Gattung  mögliehst 
sicher  zu  stellen,  nicht  minder  auch,  um  vergleichende  Gesichtspunkte  mit  der 
anderen  Art  daraus  abzuleiten. 

Die  beiden  Schwimmstücke,  welche  den  Stamm  der  Colonie  an  ihrer  Ver- 
einigungsstelle abtreten  lassen,  sind  nur  lose  miteinander  verbunden,  so  dass 


*)  Annales  des  sciences  naturelles   1827  und  Isis  Bd.  XXI. 

Vol.  XXVII.  43 


338  Karl  Gegenbaur, 

eine  Trennung  äusserst  leicht  zu  Stande  kommt,    viel  leichter  als  bei  Abyla 
pentagona. 

Das  kleinere  vordere*)  oder  obere  Schwimmstück  ist  von  der  Seite  her  zu- 
sammengedrückt, höher  als  breit,  und  breiter  als  dick. 

Es  ist  nicht,  wie  Quoy  und  Gaimard  anführen,  unregelmässig  geformt, 
sondern  lässt  bei  nur  einiger  Betrachtung  eine  bestimmte  Zahl  von  Flächen  und 
Kanten  erkennen ,  che  sich  mit  etwas  Sorgfalt  studiert  auf  genau  entsprechende 
Theile  des  vordem  Schwimmstückes  von  Ab.  pentagona  zurückführen  lassen,  so 
dass  ungeachtet  grosser  Formdifferenz  eine  überraschende  Harmonie  sich  her- 
ausstellt, die  in  der  Vergleichung  von  beiderlei  unteren  Schwimmstücken  noch 
ferner  bestätigt  wird. 

Von  den  sechs  an  ihm  unterscheidbaren  Seiten  ist  nur  eine  von  einer  ebenen 
Fläche  gebildet  und  regelmässig  viereckig  gestaltet;  die  übrigen  werden  theils 
von  mehreren  und  sehr  verschieden  gestalteten  Flächen  begrenzt,  theils  besi- 
tzen sie  von  Kanten  und  Zacken  überragte  Vertiefungen,  wie  dies  an  der  un- 
teren Seite  der  Fall  ist,  wo  die  Mündung  des  Schwimmsacks  sich  findet  und 
eine  tiefe  Excavation  zur  Aufnahme  des  oberen  Endes  des  hinteren  Schwimm- 
stückes vorhanden  ist.  Das  ganze  Schwimmstück  ist  streng  symmetrisch 
gebaut. 

Beginnen  wir  die  Betrachtung  der  Begrenzungsllächen  von  jener  aus,  wel- 
che dicht  vor,  oder  —  wenn  man  sich  die  beiden  Schwimmstücke  hegend  und 
die  Mündung  des  vorderen  Schwimmstücks  nach  hinten  und  oben  gerichtet 
denkt  —  über  dem  Schwimmsacke  liegt,  so  finden  wir  diese  ein  schmales 
langgezogenes  Viereck  (a)  vorstellend,  welches  unten  in  zwei  kurze  die  Mün- 
dung der  Schwimmhöhle  überragende  Zacken  ziemlich  stark  ausläuft. 

Am  Schwimmstück  von  Abyla  pentagona  ist  diese  Fläche  nicht  vorhanden, 
man  kann  ihre  Entstehung  sich  aber  dadurch  vorstellen,  wenn  man  die  dort 
befindliche  unpaare  Kante  der  obern  pentagonalen  Begrenz ungsfläche  sich  ab- 
gestumpft denkt. 


*)  Ich  glaube  diese  Bezeichnung  der  altern :  „Saugröhrenstück"  vorziehen  zu  müssen. 


Neue  Beiträge  zur  näheren   Kenntnis*  der  Siphonoplioren.  339 

Die  Oberfläche  zeig!  eine  sechsseitige,  an  manchen  Exemplaren  sanft  ver- 
tiefte Facette,  die  nach  vorn  ansteigt  und  in  eine  meist  etwas  vorstehende  Kante 
auslauft.  Jene  sechsseitige  Facette  entspricht  der  fünfeei%en  von  Ab.  pentagona. 
Die  sechste,  vordere,  die  Firste  des  ganzen  Schwimmstücks  bildende  kommt 
dadurch  zu  Stande,  dass  liier  die  vordere  Seite  des  Schwimmstücks  eine  von 
der  Firste  an  beginnende  und  zum  Theile  noch  die  obere  Begrenzung  mit  bil- 
dende, dann  aber  in  sanfter  Biegimg  nach  abwärts  tretende  Fläche  besitzt,  statt 
der  bei  Ab.  pentagona  befindlichen  scharfen  Kante.  Die  oben  erwähnte  vordere 
Fläche  (c)  wölbt  sich  sanft  nach  vorne  zu,  und  läuft  fast  parallel  mit  der  vier- 
eckigen Fläche  der  andern  schmalen  Seite  nach  abwärts,  wo  sie  immer  schmä- 
ler werdend  in  einer  zuweilen  haekenförmig  gekrümmten  Spitze  endet.  Auf 
I meiden  Breitenseiten  lässt  das  vordere  Schwimmstück  dann  noch  drei  Facetten 
erkennen:  erstlich  eine  trapezförmige  kleinere,  welche  an  die  beiden  oberen  Be- 
grenzungsflächen stösst,  dann  zwei  grosse,  die  durch  eine  der  Länge  nach  ver- 
laufende fein  gezähnelte  Kante  von  einander  geschieden  sind.  Auch  die  Seiten- 
flächen lassen  sich  auf  jene  der  Ab.  pentagona  zurückführen.  Die  beiden  grossen 
((/)  last  quadratförmigen  Flächen,  welche  vorn  sich  zur  gebogenen  Kante  ver- 
einigen, werden  durch  ganz  analoge  Flächen  repräsenlirt.  welche  aber  durch 
das  Auftreten  einer  oben  trapezförmigen  Fläche  (Fig.  5.  f),  sowie  durch  den 
Umstand,  dass  ihre  untere  Kante  die  Mündung  einer  Vertiefung  umgibt,  min- 
der regelmässig  erscheinen. 

Die  trapezförmige  Fläche  kann  durch  Abstumpfung  der  beiden  seillichen 
Ecken  der  pentagonalen  Oberfläche  des  vordem  Schwimmstücks  von  Ab.  penta- 
gona entstanden  gedacht  werden. 

An  der  unteren  Fläche  befindet  sich  in  der  Mitte  eine  grosse,  fast  das  ganze 
Stück  bis  zur  Wölbung  durchsetzende  vierseitige  Höhlung,  deren  Eingang  hin- 
ten von  zwei  etwas  nach  aussen  gekrümmten  Zackenfortsätzen  begrenzt  wird. 
Diese  Fortsätze  umstehen  mit  den  von  der  vorderen  Kante  gebildeten  Zacken 
einen  viereckigen  Raum,  in  dessen  Mitte  die  runde  Oeffnung  des  Schwimmsacks 
liegt,  über  die  von  vorne  und  hinten  her  jene  ausgeschweiften  Knorpelstücke 
sich  hinbiegen. 

43* 


340  Karl  Gegenbaur, 

Das  Innere  des  vorderen  Schwimmstückes  birgt  drei  wichtige  Theile,  nem- 
hch  1)  den  Schwimmsack,  2)  den  Anfang  des  Stammes  nebst  der  Höhle  zur 
Aufnahme  des  oberen  Endes  vom  hinteren  Schwimmstück  und  3)  den  sog. 
Saftbehälter  der  Autoren. 

Der  Schwimmsack  weicht  bezüglich  seiner  Lage  sehr  von  jenem  der 
Ab.  pentagona  ab ,  er  steht  fast  senkrecht  im  hinteren  Räume  des  Schwimmstücks 
(vergl.  Fig.  1.  A.  Fig.  5)  und  nimmt  im  Verhältnisse -zu  den  übrigen  Theilen 
einen  nur  kleinen  Daum  ein.  Er  ist  cylindrisch  geformt,  nur  gegen  sein  blin- 
des Ende  zu  etwas  zugespitzt  und  vor  seiner  Mündung  (Fig.  5.  a)  sich  gleich- 
falls wenig  verengend.  Das  blinde  Ende  neigt  sich  häufig  etwas  gegen  die 
Mitte  des  ganzen  Schwimmstücks  und  empfängt  dort  den  sofort  sich  zu  theilen 
beginnenden  Gefässcanal.  wodurch  ebenfalls  eine  Abweichung  von  Abyla  pen- 
tagona sich  erweist. 

Das  nähere  Verhalten  der  Gefässe  auf  dem  Schwimmsacke  war  nicht  mit 
Sicherheit  zu  bestimmen ,  obgleich  in  manchen  Exemplaren  die  Andeutungen 
davon  auf  grosser  Strecke  nicht  zu  verkennen  waren. 

An  der  Mündung  der  Schwimmhöhle  fand  ich  mehrmals  zwei  einander 
correspondirende,  den  Eingang  verengende  Zahnbildungen,  die  der  knorpelig 
festen  Grundlage  des  Schwimmstückkörpers  selbst  angehörig  sind. 

Der  Anfang  des  Stammes  erscheint  als  eine  runde,  in  der  Grösse 
sehr  wechselnde  Höhlung,  für  welche  bei  Abyla  'pentagona  kein  specielles  Ana- 
logen aufzufinden  ist.  Er  liegt  genau  unter  der  Scheitelfirste  des  Schwimmstücks 
und  drängt  sich  zwischen  das  obere  Ende  des  Schwimmsacks  und  den  Saft- 
behälter ein ;  nach  unten  setzen  sich  die  starken ,  bei  Weingeistexemplaren  alle- 
zeit trüben  Wände  an  dem  Stamm  selbst  fort,  der  meist  eine  Strecke  weit  con- 
trahirt,  einen  Theil  des  weiter  oben  beschriebenen  trichterförmigen  Hohlraumes 
einnimmt.  Ausser  dem  Stamme  gehen  liier  noch  zwei  Canäle  ab,  einer  zum 
Schwimmsack,  der  andere  nach  vorn  zum  oberen  Ende  des  Saftbehälters. 

Der  Saftbehälter  (Fig.  1.  1  c.  Fig.  5.  d)  hegt  im  vorderen  Theile  des 
Schwimmstückkörpers,  fast  die  ganze  Höhe  desselben  senkrecht  durchziehend; 
er  stellt  einen  langgezogenen,  mit  seinem  oberen  Ende  gegen  den  Stammes- 


\rui'  Beiträge  zur  näheren  Kennlniss  der  Siphonophoreti.  341 

Ursprung  sich  neigenden,  unten  aber  stumpf  abgerundeten  Schlauch  vor,  des- 
sen Wandungen  dasselbe  maschenartige  Gefüge  zeigen,  wie  dies  von  anderen 
Diphyiden  schon  mehrfach  beschrieben  ist.  Ausser  der  Form  und  Lage  unter- 
scheidet er  sich  von  dem  analogen  Theile  bei  Ab. pentagona  noch  dadurch,  dass 
er  niemals  in  einen  dünnen  Fortsatz  sich  auszieht. 

Das  untere  Schwimmstück  (Fig.  1.  B.  Figg.  2,  3,  4)  ist  entfernt  einer 
unregelmässigen  dreikantigen  Pyramide  vergleichbar,  welche  oben  sich  rasch 
verjüngt  und  dann  in  einen  langen  dünnen  Fortsatz  übergeht,  der  durch  seine 
Insertion  in  die  Höhle  des  vorderen  Schwimmstücks  eine  Vereinigung  beider 
bewerkstelligt. 

Betrachtet  man  das  Schwimmstück  von  der  vorderen  Seite,  so  sieht  man 
liier  eine  etwas  mehr  links  auf  einem  Vorsprunge  beginnende  Kante  sich  sanft 
biegend  aber  scharf  vortretend  über  die  Medianlinie  nach  rechts  herabziehen 
und  unter  der  Schwimmsackmündung  in  eine  dieselbe  überragende  starke  Spitze 
(c)  auslaufen. 

Oben  entspringt  diese  Kante  von  dem  Winkel  einer  die  Vorderseite  des 
spitzen  Endtheiles  bildenden  Fläche,  die  von  der  Seite  gesehen  einen  scharfen 
Ausschnitt  vorstellt. 

Eine  andere  ähnlich  geformte  Fläche  bildet  die  rechte  Seitenwand  des  End- 
Üieiles  und  läuft  ebenfalls  in  einen  Winkel  aus ,  der  sich  aber,  obgleich  weniger 
vorragend,  etwas  weiter  herabzieht  und  ebenso  eine  Kante  aus  sich  hervorge- 
hen lässt.  Diese  biegt  etwas  nach  vorn,  verläuft  aber  dann  scharf  und  weit 
vortretend  nach  abwärts  über  die  Schwimmsackmündung,  um  dort  in  eine  sehr 
stark  gegen  letztere  eingebogene  Zacke  (</')  überzugehen.  Sie  entspricht  der 
äusserst  stark  vorspringenden  Kaute  und  Zacke  bei  Abyla  pentagona ,  welche  mit 
der  Kante  c  die  dort  vordere  Fläche  begrenzt.  Somit  wäre  die  bei  Abyla  pentagona 
ganz  an  die  Seite  gerückte  Fläche  gleich  der  Vorderfläche  des  Schwimmstücks 
von  Abyla  trigona. 

Auf  der  andern  Seite  scheint  diese  Zacke  zu  fehlen;  die  Seite  ist  flach, 
läuft  ununterbrochen  auf  der  Insertionsstelle  fort,  an  der  sie  die  linke  Begren- 
zung bildet,  während  sie  erst  nach  oben  weiter  hinten  in  einer  starken,  der 


342  Karl  Gegenbaur, 

ganzen  Länge  des  Schwimmstückkörpers  entlang  laufenden  Kante  ihre  Grenze 
findet.  Sie  ist  somit  die  grösste  Fläche  des  Stücks.  Dass  aber  die  auf  der 
rechten  Seite  so  stark  entwickelte  Kante,  die  in  einen  Zahnfortsatz  endigt,  nicht 
gänzlich  fehle,  zeigt  die  Untersuchung  der  Mündung  des  Schwimmsacks,  wo 
sich  denn  ein  dem  rechten  Zahnfortsatze  entsprechender  linker  vorfindet,  der 
auf  seinem  gewölbten  Rücken  auch  eine  sehr  bald  auslaufende  fein  gezähnelte 
Kante  (e)  trägt.  Diese  Kante  ist  jener  der  andern  Seite  symmetrisch,  wenn  auch 
verkümmert;  sie  ist  aber  hinsichtlich  der  gesammten  Sculpturverhältnisse  ana- 
log der  bei  Abyla  pentagona  stark  ausgebildeten  Kante,  die  rechterseits  vorspringt 
und  in  einen  der  drei  stinken  Zacken  sich  verlängert. 

An  der  hinleren  Seite  des  Schwimmstüeks  erheben  sich  zwei  ungleich 
breite  und  hohe,  etwas  eingebogene  Lamellen,  und  zwar  eine  grössere  linke 
und  eine  kleinere  rechte  («■).  Die  erstere  (6)  entspringt  schon  weit  oben  an  dem 
Insertionstheile .  tritt  dann  stark  nach  aussen  and  erreicht  am  unteren  Dritlheile 
ihrer  Länge  ihre  grösste  Breite,  wobei  sie  zugleich  an  ihrem  freien  Rande  be- 
trächtlich verdickt  erscheint,  und  an  jeder  Kante  ihres  Randes  feine  Zähnelung 
aufweist.  Hier  lehnt  sich  diese  Lamelle  an  ihrem  Ursprünge  an  eine  Längs- 
kante und  bildet  mit  dieser  einen  (b)  der  beiden  starken  ausgeschweiften  Fortsätze, 
welche  die  hintere  Wand  unter  der  Schwimmsackmündung  vorstellen.  Sie  ent- 
spricht offenbar  der  nur  weniger  vorspringenden  gleichfalls  beiderseitig  gezäh- 
nelten  Leiste  bei  Abijla  pentagona ,  welche  die  Decke  über  dem  zum  Austritt  des 
Stammes  gebildeten  Halbcanal  vorstellt. 

Die  andere  Lamelle  («.)  ist  weniger  breit  und  hoch,  sie  lehnt  sich  an  die 
vorher  beschriebene  und  deckt  mit  ihr  den  Austrittscanal  des  Stammes  von  der 
rechten  Seite  her.  Ehr  unterer  fast  rechtwinklig  vorstehender  Rand  besitzt  ver- 
hältnissmässig  sehr  grosse  Zacken,  und  lässt  sich  am  Körper  des  Schwimm- 
stücks in  eine  Kante  verfolgen,  che  gleichfalls  in  einen  ausgeschweiften  Zahn- 
fortsatz übergeht.  Bei  Ab.  pentagona  treffen  wir  als  Analogon  zwar  keine  La- 
melle, wohl  aber  eine  breit  sich  erhebende  Leiste  mit  gleichfalls  gezähneltem 
Rande,  welche  sich,  nachdem  sie  den  Verschluss  des  Halbcanals  eine  Strecke 
weit  bewerkstelligt,  nach  aussen  und  unten  wendet,  um  in  die  letzte  der  grossen 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntniss  der  Siphonophoren.  343 

Zacken  auszugehen,  hie  Verhältnisse  der  beiden  Lamellen  zu  einander  haben 
schon  (Juoy  und  Gaimard  beobachtet,  doch  scheinen  diese  innigere  Bezie- 
hungen angenommen  zu  haben.  Ich  fand  sie  beide  stets  getrennt,  wenn  auch 
einen  Theil  ihrer  Länge  nach  einander  berührend.  Die  Sculptur  an  der  Unter- 
seite des  Sehwimmstücks  ist,  wie  bereits  zu  ersehen  ist,  das  Resultat  der  Zahn- 
bildungen, in  Welche  die  mannigfachen  Kanten  und  Fortsätze  des  Schwimm- 
stückkörpers hier  endigen.  Die  beiden  vorwärts  gebogenen  Zähne  sind  die  En- 
den der  beiden  hinteren  Kanten.  Man  sieht,  wie  namentlich  durch  drei  Stücke 
(nicht  durch  fünf,  wie  Q  iioy  und  Gaimard  sagen)  der  Eingang  der  Schwimm- 
höhle verengt  wird;  es  sind  vorn  zwei  stark  gebogen«;  seitliche  Zannfortsätze 
und  hinter)  eine  aus  der  Vereinigung  der  beiden  hinteren  Fortsätze  gebildete 
wuisttörmigc  Leiste,  auf  der  eine  fein  gezähnelte  Begrenzung  sichtbar  ist.  Das 
Einspringen  dieser  drei  Gebilde  formirt  aus  dem  Eingange  des  Schwimmstücks 
eine  Figur,  die  einer  Wappenlilie  vergleichbar,  und  deren  Mittelblatt  und  Spi- 
tze von  der  Unterfläche  der  vorderen  Schwimmstückleiste  gebildet  ist. 

Ich  habe  der  Beschreibung  der  beiden  Schwimmstücke  etwas  mehr  Aus- 
führlichkeit gewidmet,  weil  es  in  meiner  Absicht  lag,  vorzüglich  den  Vergleich 
mit  der  Sculptur  von  Ab.  pentagona  durchzuführen,  und  daraus  den  Satz  abzu- 
leilen,  dass  den  beiden  Arten  von  Abyla  ungeachtet  ihrer  schein- 
baren Form  Verschiedenheit  Ein  Plan  zu  Grunde  liege,  der  nicht 
allein  im  Grossen,  in  der  Idee  des  Thieres  ausgeprägt,  son- 
dern selbst  noch  in  den  kleinsten  Kantenbil den  erkannt  wer- 
den kann. 

Der  Schwimmsack  von  Ab.  trigona  weicht  wenig  von  jenem  der  Ab.  penta- 
gona ab,  er  ist  in  der  Mitte  etwas  erweitert,  dicht  über  der  Mündung  dann  wie- 
der stärker  verengert  und  an  seinem  oberen  Ende  einfach  zugewölbt.  Die  Ver- 
bindung zwischen  Stamm  und  Schwimmsack  wird  durch  den  [nsertionstheil 
vermittelt;  dieser  ist,  wie  schon  (Juoy  und  Gaimard  erkannten,  seiner  gan- 
zen Länge  nach  von  einem  feinen  Canale  durchbohrt,  der  am  Grunde  des 
Schwimmsacks  an  diesen  hinantritt  und  sich  in  vier  Gelasse  spaltet.  Von  die- 
sen habeich  nur  einen  Theil  des  Verlaufs  wahrnehmen  können,  nemlich  den 


344  Karl  Gegenbaur, 

oberen,  da  bei  allen  Exemplaren  das  untere  Ende  des  Schwimmsacks  entweder 
fehlte  oder  zerstört  war.  Dem  Gesehenen  zufolge  scheint  jedoch  nichts  abwei- 
chendes von  dem  von  Leuckart  an  Ab.  pentagona  beschriebenen  zu  be- 
stehen. 

Ein  eigenthümliches  Verhältniss  scheint  nach  dem  Verluste  des  Haupt- 
schwimmstücks einzutreten,  und  dieses  darf  hier  nicht  übergangen  werden, 
wenn  es  auch  vorläufig  etwas  paradox  erscheint.  In  der  zur  Aufnahme  des  obe- 
ren Endes  vom  unteren  grossen  Schwimmstück  bestimmten  Höhle  traf  ich  in  ei- 
nem Falle  ein  kleineres  Schwimmstück  an,  welches  fast  den  ganzen  Raum  er- 
füllte und  sich  mit  seinem  unteren  Ende  gerade  im  Niveau  der  Unterfläche  des 
Schwimmstücks  befand.  Da  das  letztere  bezüglich  seiner  Grösse  völlig  ausge- 
bildet war,  so  glaubte  ich  mich  zu  der  Venauthung  berechtigt,  dass  liier  einer 
jener  Fälle  vorliege,  wo  nach  dem  Verluste  eines  Schwimmstücks  sich  wieder 
ein  anderes  erzeugt,  Fälle,  die  von  mir  an  anderen  Diphyiden  schon  oftmals 
zur  Beobachtung  kamen.  Es  ist  auch  liier  wie  dort  das  hintere  Sehwinmistück, 
welches  an  dem  unverletzten  vorderen  (dem  Saugröhrenstücke  des  Esch- 
scholtz)  sich  bildet;  dieses  Regenerationsbestreben  führt  dann  zur  Bildung 
überzähliger  Stücke,  die  auch  von  Leuckart  oft  gesehen  sind.  Es  ist  aber 
bekannt,  dass  alle  zum  Ersatz  gebildeten  Stücke  die  Form  der  früheren  besitzen. 
sowie  auch  die  per  excessum  entstandenen  nur  nach  kleinerem  Massstabe  ange- 
legte Wiederholungen  der  benachbarten  sind.  Ich  hoffte  in  dem  jungen 
Schwimmstücke  die  Form  des  erwachsenen  zu  erkennen ,  erstaunte  aber  nicht 
weiiig,  als  ich  eine  viel  einfachere  und  von  dem  erwachsenen  abweichende 
Form  erblickte.  Das  junge  Schwimmstück  war  einer  langen  vierseitigen  Py- 
ramide vergleichbar,  zeigte  vier  etwas  ausgehöhlte  Flächen  und  vier  stark  vor- 
tretende Kanten,  die  um  die  Mündung  in  ebenso  viel  Zacken  sich  fortsetzten, 
so  dass  also  genug  Verschiedenheiten  von  der  ausgebildeten  Form  gegeben 
waren.  Wenn  man  liier  den  Fall,  dass  ich  es  gar  nicht  mit  einem  Schwimm- 
stücke ,  sondern  etwa  nur  mit  einem  dem  Stamme  angehörigen  und  mit  diesem 
in  die  Höhle  zurückgezogenen  Gebilde  zu  thun  hatte,  ausschliesst ,  wie  es  aus 
später  ersichtbaren  Gründen  nothwendig  ist,  so  bleibt  nur  noch  die  Annahme, 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntniss  der  Siphotwpfwren.  345 

dass  entweder  das  junge  Schwimmstück  eine  von  dem  allen  ganz  verschiedene 
Gestall  besitzt,  oder  dass  das  neugebildete  Stück  nicht  allein  in  einer  abwei- 
chenden Form  entstehe,  sondern  auch  in  derselben  persistire.  Welcher  Fall 
i\f\-  hier  zutreffende  sei,  will  ich  liier  nicht  entscheiden,  beseheide  mich  viel- 
mehr nur  mit  dem  Zusätze,  dass  ich  hier  eine  Umwandlung  für  unwahrschein- 
licher halten  muss  als  eine  bleibende  abweichende  Bildung,  welche  letztere 
vielleicht  in  der  aus  erschöpfter  Productivität  entsprungenen  gerillteren  Grösse 
ihrer  Form,  in  der  mit  dem  Auftreten  eines  neuen  und  relativ  viel  kleineren 
(wohl  auch  klein  bleibenden)  Stückes  geänderten  Bedeutung  ihrer  Architektonik 
einige  Erklärung  lindet. 

Vom  Stamme  waren  nur  bei  sehr  wenigen  Exemplaren  solche  Stücke 
erhalten,  dass  über  die  Formen  der  denselben  besetzenden  Individuen  Zuver- 
lässiges zu  beobachten  war,  doch  auch  das  Wenige  genügte  vollständig.  Der 
Anfangstheil  des  Stammes  verhält- sich  wie  bei  Ab.  pentagona,  indem  auch  dort 
nur  polypenähnliche  Individuen  mit  Fangfäden  angebracht  waren ,  welche  die 
bekannten  Entwicklungsstufen  offenbarten.  Erst  weiter  unten  sah  man  das 
Auftreten  der  geschlechtlichen  Individuen,  deren  nähere  Gestalt  bei  der  grossen 
Hinfälligkeit  der  jungen  Hülle  nicht  wohl  festzustellen  war;  dagegen  zeigte  sich 
bei  einem  Exemplare,  wo  ein  älteres  Stück  des  Stammes  sich  zwischen  die  bei- 
den deckenden  Lamellen  des  unleren  Schwimmstücks  eingeklemmt  hatte,  die 
gruppenweise  Anheftung  der  Individuen  in  ganz  wohlerhaltener  Weise. 

Die- Deckstücke  und  Geschlechtsglocken,  polypenartigen  Mägen  und  Fang- 
fädeu  waren  in  den  Einzelheiten  erkennbar. 

Die  Deckstücke  waren  heim  förmig,  oberhalb  jedoch  nicht  abgerundet,  son- 
dern flach,  zuweilen  sogar  etwas  vertieft  und  am  Rande  mit  vier  Ecken  ver- 
sehen, wovon  die  beiden  vonleren  weiter  von  einander  entfernt  waren  als  die 
hinteren. 

I»ie  hintere  Wand  des  Helmes  setzte  sich  mit  bauchiger  Wölbung  nach 
unten  fort,  lief  dort  in  eine  Spitze  aus,  während  die  seitlichen  Partien  von 
vorne  her  stark  ausgeschnitten  und  mit  gezähnel lern  Rande  versehen  noch  wei- 
ter nach  abwärts  reichten  und  in  eine  die  eben  erwähnte  Spitze  überragende 
Vol.  WVII.  44 


346  Karl  Gegenbaur, 

Platte  ausliefen.  Das  Nähere  dieser  Form  ist  leicht  aus  den  beigegebenen 
Zeichnungen  ersichtlich  (vergl.  Fig.  9.  10.  11.  «).  Die  vordere  breite  Wand  des 
Deckstücks  war  relativ  niedrig  und  dachartig  vorstehend.  An  den  Ecken  ging  sie 
gebogen  in  die  Seitenwände  über.  Von  vorne  und  unten  her  ist  das  Deckstück 
ausgehöhlt:  es  ist  eine  muldenartige  Vertiefung  gebildet,  welche  sich  auch 
auf  den  den  Saftbehälter  einschliessenden  Rüektheil  fortsetzt. 

Jedes  Deckstück  ist  inmitten  seiner  viereckigen  Oberfläche  an  den  Stamm 
befestigt.  Hier  wird  es  von  ihm  durchsetzt,  und  ehe  er  vollständig  durchge- 
treten, geht  hier  jederseits  nach  den  Vorderecken  ein  erst  dünner,  dann  keu- 
lenförmiger Fortsatz  in  die  Gallertsubstanz  ein.  und  endet  nahe  unter  jeder  der 
beiden  Ecken. 

Ausserdem  geht  vom  Stamme  noch  nach  hinten  eine  kurze  Verbindung  zu 
einer  fast  die  ganze  Höhe  des  Deckstücks  einnehmenden  längsovalen  Blase,  dem 
Saftbehälter  (Fig.  9.  12. c),  und  aus  einer  erweiterten,  in  der  unteren  Verlie- 
fung gelegenen  Stelle  entspringt  der  Magen  sammt  den  Fangfäden,  und  da- 
selbst sitzt  auch  die  die  Geschlechtsproducte  bergende  Glocke. 

Der  Saftbehälter  besitzt  Wandungen ,  die  mit  grossen  polygonalen  Zellen 
bedeckt  sind. 

Der  Magen  lässt  die  drei  den  übrigen  Diphyiden  zukommenden  Abschnitte 
erkennen.  Auch  der  Fangfaden  bietet  nichts  abweichendes,  namentlich  von 
Ab.  pentagona.  Er  besteht  aus  einem  starkem  Hauptfaden,  der  mit  zahlreichen 
secundären,  mit  Nesselbatterien  geendigten  Fädchen  besetzt  ist. 

Die  Gesehlechtsglocke  (Fig.  9.  10.  11.  6)  ist  bei  jungen  Gruppen  kaum 
grösser  als  der  Saftbehälter  des  Deckstücks.  Sie  besteht  aus  einem  pyramidalen, 
oben  gegen  die  Insertionsstelle  schräg  abgestutzten  Körper,  der  fünf  Längskan- 
ten aufweist,  welche  sämmtlich  in  starke,  die  Mündung  der  Glocke  umstehende 
Zacken  (6')  auslaufen.  Alle  fünf  Zacken  erscheinen  bei  jungen  Glocken  gleich 
stark  und  sind  etwas  nach  unten  gerichtet.  Ihre  Ränder  sind,  wie  auch  die 
Längskanten,  sägeartig  ausgezackt. 

Die  Höhle  der  Glocke  wird  bei  manchen  zum  grossen  Theile  von  einem 
kolbigen  Organe  erfüllt,  welches  sich  im  Grunde  mit  der  Glocke  verbindet,  und 


.Vn/e  Beiträge  zur  näheren  Kertwkms  der  Siphonophoren.  347 

in  welchem  man  bald  Eier  bald  Samen  —  so  muss  ich  eine  feinkörnige  Masse 
deuten  —  antrifft.  Bei  andern,  und  dies  sind  zumeist  die  älteren,  ist  die 
Schwimmhöhle  leer.  Ob  an  einem  Stamme  mir  Individuen  desselben  Ge- 
schlechtes sitzen,  oder  ob  er  diöcisch  ist,  muss  ich  dahingestellt  sein  lassen. 

Naeh  diesen  Untersuchungen  schein!  es  ungewiss,  ob  trotz  der  mit  jener 
von  Ab.  pentagona  analogen  Bildung  der  Individuen  -Gruppen  ein  gleiches  Ver- 
halten, wie  dort  von  Lenckart  und  mir  entdeckt  ward,  stattfinde.  Es  scheint 
ungewiss,  ob  die  Einzelgruppen  vom  Stamme  sich  ablösen,  selbständig  weiter- 
leben und  so  als  jene  merkwürdigen  Formen  erscheinen,  die  unter  dem  Namen 
der  Eudoxien  bekannt  sind.  Wenn  nun  aber  schon  aus  theoretischen  Grün- 
den angenommen  werden  kann,  dass  es  auch  hier  durch  Ablösung  der  Einzel- 
gruppen zur  Eudoxienbildung  komme,  so  werden  alle  Bedenken  dagegen  noch 
durch  die  Beobachtung  widerlegt;  denn  auch  die  selbständige  Eudoxienform 
von  .46.  iriijomt  glückte  mir  aufzufinden. 

Aus  verschiedenen  Begionen  der  Meere  aufgefischt,  lagen  mir  Formen 
vor,  die  mit  den  vorher  des  näheren  beschriebenen  Einzelgruppen  überein- 
stimmten und  dieselbe  Grundgestalt,  wenn  auch  in  weiterer  Ausbildung  ein- 
zelner Theile,  aufwiesen.  Diese  Weiterbildung  zeigten  vornehmlich  Deckstück 
und  Geschlechtsglocke.  Das  erstere  war  namentlich  an  seiner  Vorderfläche  viel 
breiter  geworden  und  zeigte  am  oberen  Bande  derselben  bei  einem  Exemplare 
einen  halbmondförmigen  Ausschnitt  (Fig.  10.  a).  Die  Oberfläche  war  eben,  von 
dem  Eintritte  des  Stammes  keine  Spur  mehr  sichtbar.  An  den  hinteren  Partien 
waren  die  Kanten  mehr  ausgesprochen.  Von  den  beiden  Blindcanälen,  die  wir 
oben  vom  Stamme  ausgehend  gegen  die  Vorderecke  des  Deckstücks  treten  sa- 
hen, war  nur  einer  noch  in  Zusammenhang  mit  dem  Canalsysteme  der  Eudoxien. 
der  andere  lag  völlig  frei  in  die  Glassubstanz  des  Deckstücks  eingebettet.  Es 
ist  dies  nicht  zufällig,  denn  es  wurde  bei  mehreren  Exemplaren  immer  in  der- 
selben Weise  gesehen. 

Die  Geschlechtsglocke  war  beträchtlich  grösser  als  bei  den  oben  be- 
schriebenen, noch  mit  dem  Stamme  verbundenen  Eudoxien,  so  dass  ihr  unteres 
Ende  stets  das  Ende  der  Hinterwand    vom  Deckstücke  überragte.      !>as  öftere 

44* 


348  Karl  Gegenbaur, 

Ende  der  Glocke  ist  schnabelförmig  gebogen  und  besitzt  vorne  eine  in  die 
(Juere  verlaufende  Kante,  aufweiche  eine  entsprechende  Kante  des  Deckstücks 
mehr  oder  weniger  genau  sich  anfügt.  Die  fünf  in  ebenso  viele  Zacken  auslau- 
fenden Längskanten  vertheilen  sich  derart,  dass  zwei  an  der  Vorderwand  be- 
findliche erst  in  halber  Höhe  der  Glocke  entspringen  und  fast  parallel  mit  ein- 
ander in  die  betreffenden  Zacken  sich  fortsetzen.  Zwei  andere  finden  sich  die- 
sen mehr  zur  Seite;  sie  begrenzen  nach  oben  zu  die  breite  Vorderflache,  wäh- 
rend diese  nach  unten  von  den  beiden  vorigen  eingefasst  wird.  Linkerseits 
dehnt  sich  die  Vorderfläche  viel  weiter  nach  aussen,  bildet  eine  flügelförmige 
Erweiterung,  deren  Hand  auch  andere  Umrisse  zeigt  als  auf  der  rechten  Seite, 
so  dass  die  ganze  Geschlechtsglocke  dadurch  ziemlich  ansymmetrisch  gestaltet 
erscheint  (Fig.  10).  Die  fünfte  Kante  ist  nach  hinten  gerichtet  und  bildet  den 
grössten  Zacken.  Der  Schwimmsack  </  bietet  nichts  auffallendes  dar,  er  bildet 
eine  schlauchförmige,  vor  seiner  Mündung  zuweilen  wenig  eingezogene  Höhle, 
deren  blindes  Ende  sich  zuweilen  etwas  spitz  nach  hinten  auszieht,  Die  Gefässe 
treten  an  jener  Spitze  zum  Schwimmsaeke  und  scheinen  vier  an  der  Zahl 
zu  sein. 

Der  bei  jüngeren  beobachtete  Geschlechtskolben  fehlte  allen  grösseren, 
was  jedoch  nicht  wohl  ein  Grund  sein  kann,  hier  andere  Verhältnisse  obwaltend 
anzunehmen,  als  sie  bei  der  Eudoaäa  euboides  Lkt.  von  mir  und  Leuckart  aus- 
einandergesetzt worden  sind. 

Es  ist  unsere  Eudoxia  zur  Erreichung  einer  für  diese  Wesen  beträchtlichen 
Grösse  bestimmt,  wie  ich  aus  einzelnen  Deckstücken  sehliesse,  die  mir  aus  ver- 
schiedenen Meeren  vorliegen.  Die  grössten  besitzen  eine  Breite  von  6'".  Es 
nauss  demnach  wohl  auch  die  Lebensdauer  einer  solchen  eine  beträchtliche  sein, 
und  die  physiologische  Auffassung  der  Eudoxien  als  Einzelwesen  wird  dadurch 
nicht  wenig  bestärkt,  während  dabei  die  morphologische  als  Individuen  poly- 
morpher Gruppen  nicht  beeinträchtigt  wird.  Die  selbständige  Lebenserschei- 
nung der  Eudoxien  nach  der  Ablösung  vom  gemeinsamen  Stocke  der  Abyla- 
colonie  machen  wohl  eine  besondere  Benennung  dieser  Geschöpfe  nothwendig, 
sowie  wir  ja  auch  für  die  Medusen  und  ihre  Ammenstöcke  je  besondere  Namen- 


Neue  Beiträge  :nr  näheren  Kenntniss  der  Siphonophoren.  349 

register  zu  führen  gezwungen  sind,  wenn  auch  die  Verhältnisse  hier  etwas  an- 
ders liegen  wie  dort.  Ich  schlage  deshalb  für  meine  Eudoxie  die  Bezeichnung 
/•:.  trigonae  vor,  wodurch  zugleich  die  Abstammung  aage'deutet  ist 

Die  Verbreitung  der  Abylu  irigmiu  über  die  Meere  wird  von  den  Entdeckern 
nicht  genau  berücksichtigt,  indem  sie  nur  die  Strasse  von  Gibraltar  anführen, 
und  bemerken,  dass  sie  auch  noch  in  anderen  Meeren  getroffen  worden  sei. 

Die  mir  vorliegenden  Exemplare  stammen  grösstentheils  aus  dein  atlanti- 
schen Meere  (20°  N.B.  36°  W.L.;  25°  N.B.  34°  W.L;  30°  N.B.  19°  W.L; 
33°  KB.  40°  W.L.;  38°  N.B.  34°  W.L),  dann  aus  den  westindischen  Ge- 
wässern, und  einige  auch  aus  dein  indischen  Meere.  Die  Eudoxien  wurden  ge- 
troffen:  im  atlantischen  Meere,  an  der. Guineaküste  und  in  den  westindischen 
Gewässern. 


2.     ABYLA  PE  N  T  A  G  O  N  A   Eschsch. 

(Figg.    17  —  19.) 

Es  ist  vielleicht  manchem  eine  nicht  zu  rechtfertigende  Sache,  hier  noch- 
mals die  Beschreibung  emes  Geschöpfes  aufzunehmen i  welches  in  den  letzten 
Jahren  so  sorgfältigen  Beobachtungen  als  Gegenstand  gedient  hat,  und  um  so 
weniger  möchte  es  verzeihlich  erscheinen,  als  ich  mich  nicht  einmal  mit  jenen 
Forschern  bezüglich  der  Opportunität  der  Umstände  auf  gleiche  Stufe  stellen 
darf,  und  nur  an  todteu  Exemplaren  untersuchen  und  nachprüfen  konnte,  was 
jene  an  lebenden  beobachtet. 

Es  gilt  aber  liier  weniger  den  wohl  hinreichend  aufgeschlossenen  physiolo- 
gischen Verhältnissen ,  als  dem  bis  jetzt  so  weiii^-  berücksichtigten  Studium  der 
Architektur  einzelner  Theile,  und  die  Vornahme  der  Abyh  pentagona  ist  um  so 
unerlässlieher,  als  daraus  das  Allgemeine  des  Architekturplanes  der  Diphyiden- 
Schwimnistocke  wie  die  specielleren  Homologien  mit  Aln/Ia  trigom  erkannt  wer- 
den können. 

Das  obere  Schwimmstück  (Figg.  17,  18.  A.)  von  Abyh  -pentagona  erscheint 
für  sich  betrachtet  als  ein  von  fünf  rechtwinkeligen  quadratischen  Seitenflächen 


350  Karl  Gegenbaur, 

und  einer  pentagonalen  Ober-  und  Unterfläche  begrenzter  Körper,  welcher 
durch  die  Verlängerung  von  drei  Seiten  und  die  Unterfläche  noch  mit  einem 
kurzen  viereckigen  Fortsatze  versehen  ist.  Aus  dem  Verhalten  der  fünf  Kanten 
der  oberen  Fläche  lässt  sich  jenes  der  Seitenfläche  leicht  abstrahiren ;  es  ist  fol- 
gendes. Die  beiden  vorderen  Kanten*),  die  unter  einem  rechten  Winkel  zu- 
sammentreten, bilden  mit  der  vorderen  Längsfirste  eine  Spitze,  welche  zugleich 
die  vorderste  Spitze  des  ganzen  Schwimmapparaies  ist.  Sie  entspricht  der  Spi- 
tze des  vorderen  Schwimmstücks  von  Diphyes.  Die  Seitenflächen  (//),  welchen 
besagte  Kanten  angehören,  sind  fast  quadratisch  und  sind  das  Analogen  der  bei- 
den hinteren  Seitenflächen  des  vorderen  Diphyes -Schwimmstücks.  Die  beiden 
hinteren  paarigen  Kanten  der  Oberfläche  (V)  sind  die  längeren  und  begrenzen 
die  hinteren  Seitenflächen  nach  oben,  sowie  sie  auch  die  kürzeste,  hintere  Flä- 
che des  Schwimmstücks  zwischen  sich  nehmen.  Diese  hintere  Fläche  («)  zieht 
sich  unten  mit  den  beiden  hinteren  Seitenflächen  in  einen  schräg  nach  abwärts 
gerichteten  Fortsatz  aus,  dessen  Sculptur  auf  eine  entsprechend«1  des  unteren 
eingepasst  ist.  Die  beiden  hinteren  Seitenflächen  (6)  sind  analog  den  vorderen 
Seitenflächen  von  Diphyes,  sowie  die  durch  den  Besitz  der  Schwimmsackmün- 
dung ausgezeichnete  hintere  Fläche  sich  eben  dadurch  als  der  unteren  oder  Ba- 
saltiäche  bei  Diphyes  analog  markirt.  Die  Basälfläehe  des  vorderen  Schwimm- 
stücks ist  mit  der  oberen  fast  gleich  gestaltet,  nach  hinten  wird  sie  aber  nicht 
wie  jene  von  einer  queren  Kante,  sondern  von  einem  jederseits  von  einem 
Vorsprunge  beginnenden  Ausschnitte  begrenzt,  dem  Ende,  des  Fortsatzes,  wel- 
cher vier  im  Viereck  stehende  Zähne,  die  Ausläufer  von  den  ihn  bildenden  Sei- 
tenkanten, aufweist.  Diese  Zacken  umstehen  eine  Höhlung,  welche  sich  durch 
den  Fortsatz  bis  nahe  in  den  Mittelpunkt  des  Schwimmstückkörpers  verlängert 
und  den  Durchlass  für  den  dort  entspringenden  Stamm  der  Colonie  vorstellt. 
Hieran  knüpft  sich  leicht  die  Analogie  mit  Diphyes;  es  ist  dieser  Fortsatz 


*)  Der  Bezeichnung  vorn,  hinten  u.  s.  w.  bediene  ich  mich  in  der  Art,  dass  ich  mir 
beide  Schwimmstücke  mit  einander  verbunden  denke,  und  die  vordere  Seite  des  un- 
teren grösseren  Schwimmstücks  hiebei  auch  als  massgebend  für  das  obere  kleinere 
annehme. 


Neue  Beiträge  :><r  näheren  Kenntnis*  der  Siphonophoren.  351 

das  Analogon  des  bei  vielen  andern  ebenfalls  vorragenden  Abschnittes,  in 
welchen  sieb  das  untere  Schwimmstück  inserirt.  Den  gfössten  Theil  des  In- 
nern vom  Schwimmstückkörper  nehmen  der  Schwimmsack  und  der  Saftbehäl- 
ter ein;  ersterer  liegt  schräg  im  hinteren  oberen  Abschnitte  und  öffnet  sich  auf 
der  Mitte  der  hinteren  Flache,  er  ist  länglich  geformt,  sein  blindes  Ende  zuge- 
spilzt.  In  der  Mitte  seiner  Länge  besitzt  er  eine  sanfte  ringsum  laufende  Ein- 
schnürung, wodurch  eine  hintere  schwächere  und  vordere  stärkere  Erweite- 
rung entsteht. 

Bezüglich  der  Gefässvertheilung  werden  von  Kölliker*),  Vogt**)  und 
Leuckart  verschiedene  Angaben  gemacht.  Vogt  lässt  jene  seitlichen  Ge- 
lasse, die  von  hinten  kommen,  sich  theilen  und  einen  Ast  bogenförmig  mit  dem 
entsprechenden  der  anderen  Seite  sich  auf  der  Kuppel  vereinen,  von  Kölli- 
ker dagegen  werden  ausser  den  seitlichen  einen  starken,  nach  oben  gerichteten 
grossen  Bogen  beschreibenden  auch  zwei  untere  angegeben,  die  „geraden  Wegs 
gegen  die  Mündung  verlaufen  und  sich  hier  zu  einem  Ringgefäss  vereinen." 
Der  von  mir  gefundene  Thatbestand,  an  den  sich  meine  schon  früher  zu  Mes- 
sina gemachten,  aber  nicht  veröffentlichten  Notizen  anschliessen ,  stimmt  gänz- 
lich mit  dem  überein,  was  Leuckart***)  hierüber  bemerkt  hat:  Es  sind  vier 
Radialgefässe  vorhanden;  von  diesen  steigt  eines  geraden  Weges  vom  Ende 
des  Centralstammes  an  der  hintern  Wand  zur  Schwinimhölilenöfmung  herab; 
ein  anderes  verläuft  von  da  erst  nach  oben  bis  zum  blinden  Ende  des  Schwimm- 
sacks, den  es  übersteigt,  um  sodann  in  der  Mittellinie  der  Vorderfläche  seinen 
Verlauf  fortzusetzen.  Die  beiden  noch  übrigen  Canäle  bilden  auf  den  Seiten- 
flächen des  Schwimmsacks  einen  nach  oben  zu  convexen  Bogen  und  steigen 
darauf  gleichfalls  zur  Schwimmhöhlenöffnung  herab,  wo  alle  vier  durch  ein  ge- 
meinschaftliches Ringgefäss  zu  einem  zusammenhängenden  Systeme  vereinigt 
werden. 

Der  Saftbehälter  stellt  eine  unregelmässig  runde  oder  ovale,  von  grossen 

*)  Die  Schwimmpolypen  von  Mrpsina  S.  44. 
**)  ltccherchus  sur  les  rniiimmr   inlericurs  pag.  122. 
***)  Zoolog.   Untersud.,   lieft  I.  S.  51.     Die  Kipkonoplioreii   von   Nizza  S.  13. 


352  Karl  Geeenbaur 


-i 


Zellen  ausgekleidete  Höhle  vor,  von  deren  Oberfläche  ein  gegen  die  vordere 
Längsfirste  zu  gerichteter  Fortsatz,  einem  kurz  gezogenen  Blinddärmchen  ähn- 
lich, seinen  Ursprung  nimmt.  In  Fällen  ist  diese  Holde  nur  spindelförmig  und 
das  Ende  der  Spindel  stellt  den  bei  der  runden  Form  mehr  abgesetzten  Fort- 
satz vor.  Von  derselben  Oberfläche,  aber  weiter  nach  hinten  zu,  entspringt 
der  Canal,  durch  den  die  Höhlung  des  Saftbehälters  mit  dem  Stamme  ver- 
bunden wird.  An  derselben  Stehe  tritt  auch  der  schon  oben  beregte  Canal  zu 
dem  Schwimmsacke  vom  Stamme  ab. 

Das  untere  Schwimmstüc'k  ist  bekanntlieh  pyramidal  geformt  und 
lässt  im  allgemeinen  fünf  Längskanten,  die  ebenso  viele  grössere  Flächen  be- 
grenzen, erkennen;  siimmtliche  Kanten  laufen  an  der  die  Schwimmsackmün- 
dung zeigenden  Basis  in  Zacken  aus,  die  aber  äusserst  ungleich  entwickelt  sind, 
indem  drei  grössere  und  zwei  kleinere  unterschieden  werden  können. 

So  viel  im  allgemeinen.  Betrachtet  man  die  Schwimmstücke  von  vorne, 
d.  h.  auf  der  der  Austrittsstelle  des  Stammes  entgegengesetzten  Seite,  so  sieht 
man  dort  eine  vordere  Fläche,  die  von  zwei  Längskanten  begrenzt  ist.  Die 
eine  davon,  die  linke,  macht  auf  ihrem  Verlaufe  einen  schwachen  Bogen  nach 
links  und  endet  in  einem  kurzen  Zackenfortsatze  (c),  während  die  andere 
rechte  eine  weiter  oben  beginnende  und  stärkere  Ausbiegung  nach  rechts  voll- 
führt und  erst  in  der  Mitte  ihres  Verlaufs  eine  mehr  mit  der  vorderen  Kante  pa- 
rallele Richtung  einschlägt  und  dabei  so  beträchtlich  vorspringt,  dass  sie  mit 
einem  starken,  so  ziemlich  in  gleicher  Höhe  mit  der  Schwi isackmündung  vor- 
tretenden Zacken  (</)  endet.  Die  linke  Längskante  hegt  in  der  Fortsetzung  der 
mittleren  Längsfirste  des  oberen  Schwimmstücks,  sie  ist  daher,  wie  auch  aus 
anderen  Gründen,  als  die  Mittelkante  der  Vorderfläche  anzusehen,  und  hat  auch 
ihr  Analügon  bei  den  Diphyes.  An  die  eben  beschriebene  Fläche  schliesst  sich 
eine  andere  auf  der  linken  Seite  an,  die  nach  hinten  zu  ebenfalls  von  einer 
mächtig  vorspringenden  und  in  einen  grossen  Zackenfortsatz  (e)  auslaufenden 
Kante  begrenzt  ist.  Es  ist  dies  die  Fortsetzung  der  entsprechenden  Seiten- 
kante des  oberen  Schwimmstücks.  Die  rechte  Seite  bietet  etwas  complicirtere 
Verhältnisse  dar.     Man  erblickt  erstlich  oben  eine  kleine  dreieckige  Fläche,  de- 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntniss  der  Siphonophoren.  353 

ro n  kürzere  I!asalkante  nach  oben  gerichtet  und  an  die  hintere  rechte  Seiten- 
fläche des  vorderen  Schwimmstücks  angepasstist  (Fig.  IS).  ■ —  Von  der  nach 
abwärts  gerichteten  Spitze  dieses  Dreiecks  nimmt  eine  hohe  Kante  ihren  Ur- 
sprung, die,  nachdem  sich  mit  ihr  auf  dem  halben  Wege  eine  andere  von  hin- 
ten kommende  verbunden  hat,  gerade  nach  abwarte  lauft  und  den  stärksten 
Zacken  (a)  bildet.  Durch  die  aecessorische  vom  oberen  hinteren  Winkel  der 
eben  erwähnten  Dreieckfläche  ausgehende  Kante,  durch  den  hinteren  der  bei- 
den längeren  Schenkel  des  Dreiecks,  und  endlich  durch  die  von  der  Spitze  je- 
nes Dreiecks  entspringende  Kante  wird  eine  fast  rhombische  Fläche  (Fig.  18, 
li.  n")  gebildet,  die  ausschliesslich  der  Rückseite  des  Schwimmstücks  zukommt. 
Da  dieselbe  ihre  innere  Seite,  sowie  ihre  untere  (</)  kantenartig  vorspringen 
lässt.  so  bildet  sich  dadurch  die  rechte  Wand  eines  nach  abwärts  weit  geöffne- 
ten Halbcanals-,  dessen  linkseitige  Begrenzung  durch  eine  eigentümliche  Um- 
bildung der  hintersten  oder  fünften  Längskante  des  Schwimmstücks  zu  Stande 
kommt.  Diese  beginnt  an  einem  kurzen  dreieckigen,  in  die  Vertiefung  der  obe- 
ren Schwimmstückbasis  eingepressten  Vorsprunge,  und  setzt  sich  dann  in  ei- 
ner rasch  an  Breite  zunehmenden  Lamelle  (&")  nach  abwärts  fort,  wo  sie  auf 
dem  Wege  sich  so  gegen  die  linke  Kante  der  rautenförmigen  Fläche  neigt,  dass 
zwischen  beiden  nur  ein  feiner  Spalt  übrig  bleibt.  Durch  das  Ueberbiegen  die- 
ser Famelle  kommt  so  der  fast  vollständige  Verschluss  der  unter  ihr  liegenden 
Rinne  zu  Stande,  die  erst  weiter  unten  durch  die  Divergenz  der  beiden  sie  de- 
ckenden Leisten  sich  Öffnet.  An  dieser  Stelle  ist  auf  der  hinteren  Wand  der 
rechten  Längskante  eine  mehr  oder  minder  deutlich  ausgesprochene  muldenför- 
mige Vertiefung  bemerkbar,  und  es  ragt  die  hintere  Kante  (b')  noch  mit  einem 
breiten,  tief  ausgezackten  I lande  zum  Theil  noch  über  den  hier  zum  Vorschein 
kommenden  Stamm  hinweg,  macht  aber  alsbald  eine  Wendung  nach  der  ande- 
ren Seite  und  läuft,  nur  wenig  mehr  vorragend,  gerade  nach  abwärts  in  den 
stumpfen  Zacken  (b)  aus. 

Die  obere  mit  der  Unterfläche  des  vorderen  Schwimmstücks  correspondi- 
rende  Fläche  ist  schräg  von  vorn  nach  hinten  abgestutzt  und  zieht  sich  nach 

hinten  in  einen  dreieckig  aufgerichteten  Fortsatz  aus.   von  welchem  die  beiden 
Vol.  XXVII.  45 


354  Karl  Gegenbaur, 

vorhin  erwähnten  den  Stammcanal  bergenden  Kanten  entstehen,  so  dass  diese 
in  der  Spitze  dieses  Fortsatzes  mit  einander  vereinigt  erscheinen. 

Die  untere  oder  Basalfläche  (Fig.  19)  des  grösseren  Schwimmstücks  weist 
dann  alle  die  Ausläufer  der  Längskanten  nach,  die  vorhin  beschrieben  wurden, 
und  erhält  durch  das  überwiegende  Vorragen  dreier  dieser  Zacken  (a.  d.  e)  ihre 
dreieckige  Gestalt  (vergl.  Fig.  19).  Zwischen  jenen  Zacken  (a,  6),  welchen 
weiter  oben  den  einen  Durchlas»  des  Stammes  bildenden  Kanten  entsprechen, 
bemerkt  man  eine  vom  freien  Rande  gebildete,  schief  gegen  die  Mündung  der 
Schwimmhöhle  gerichtete  Einbiegung,  und  am  Rande  der  Schwhnmhöhlen- 
niündung  sind  zwei  kurze,  stumpfe  Zähachen  sichtbar,  welche  den  Eingang 
etwas  verengen.  Sie  entsprechen  bezüglich  ihrer  Lage  den  Zackenenden  der 
beiden  vorderen  grossen  Längskanten,  die  wir  bei  .46.  trigona  wirkliche  einwärts 
gebogene  Zähne  formiren  sehen.  Ich  finde  dieser  Bildungen  nirgends  Erwäh- 
nung gethan. 

Hinsichtlich  der  Schwimmhaut  (Velum)  linde  ich  dieselben  Verhältnisse,  wie 
sie  von  den  früheren  Beobachtern  angegeben  sind.  Nicht  so  bezüglich  der  Ge- 
fassvertheihmg.  Kölliker  und  Leuckart  sind  zwar  darüber  einig,  dass  Ge- 
fässe  sich  über  den  Schwinunsack  verbreiten ;  allein  der  letztere  sagt  einfach  dar- 
über: „Die  vier  Längsgefässe  entsprechen  der  Gruppirung  und  Verlauf  der  vier 
Hauptlängsfirsten ;  die  Firste,  che  den  Längscanal  bildet,  ist  ohne  Gefässe." 
(Zoolog.  Untersuch.  Taf.  III.  Fig.  1.  S.  57.)  Kölliker  dagegen  findet  die  Ver- 
breitung etwas  complicirt  und  scheint  auch  bezüglich  der  Endigung  der  Längs- 
stämme im  Ringgefässe  nicht  ins  Reine  gekommen  zu  sein ,  da  er  die  Gefässe 
theils  sich  „spurlos"  verlieren,  theils  mit  knotenförmigen  Anschwellungen  auf- 
hören lässt.  An  Exemplaren ,  welche  die  Schwimmhaut  gut  conservirt  zeig- 
ten, linde  ich  den  sich  an  den  hinteren  Theil  des  Schwimmsackgrundes  inse- 
rirenden  Gefässstamm  in  vier  Gefässe  ausstrahlend ,  die  sich  so  vertheilen ,  dass 
sie  je  den  Längskanten  entsprechen,  mit  Ausnahme  der  links  am  Schwimm- 
stücke  gelegenen  Hauptkante  (e).  Drei  von  diesen  Gelassen  scheinen  nun  ge- 
rade nach  abwärts  zu  laufen,  immer  den  zugewiesenen  Kanten  entsprechend, 
und  dann  in  den  Ringcanal  einzumünden.     Das  vierte,  jenes,  welches  unter 


Neue  Beiträge  zur  pokeren  Kenntniss  der  Siphonophoren.  355 

der  grösstentheils  dir  Decke  für  den  Stammdurchlass  bildenden  Kante  sich  fin- 
det, kann  etwas  über  die  Hälfte  der  Schwimmsacklänge  verfolgt  weiden,  und 
scheint  dann  zu  enden.  Ich  vermochte  wenigstens  bei  keinem  Exemplare, 
seihst  da.  wo  der  übrige  Gefassverlauf  ganz  deutlieh  war,  die  Fortsetzung  zu 
beobachten.  Dagegen  sah  ich  immer  etwas  unter  der  Mitte  seines  Verlaufs  ein 
anderes  Gefäss  rechtwinklig  von  ihm  abtreten  und  auf  der  linken  Seitenwand 
des  Schwimmsacks  genau  bis  unter  jene  Längskante  des  Schwimmstücks  ver- 
laufen, welche  bisher  von  keinem  Gefässe  begleitet  war.  Hier  wendet  sich  der 
Ast  fast  rechtwinklig  wieder  nach  abwärts,  und  geht  dann  endlich  der  Kante 
entsprechend  zum  Ringcanale.  Kolliker  (Siphonoph.  S.  46)  scheint  etwas 
ähnliches  gesehen  zu  haben,  indem  er  ebenfalls  eine  Verzweigung  angibt;  er 
verlegt  dieselbe  jedoch  auf  die  rechte  Seile  des  Schwimmsacks  (nach  meiner 
Auffassung)  und  lässt  das  den  Ast  abgebende  geraden  Weges  bis  zur  Mündung 
absteigen,  wo  es  ohne  deutlichen  Zusammenhang  mit  dem  Ringgefässe  enden 
soll.  Wenn  mir  auch  die  eben  geschilderten  Verhältnisse  des  Gefässverlaufes 
deutlich  waren,  so  möchte  ich  doch  bei  der  Subtilität  des  Gegenstandes  nicht 
wagen,  daraufhin  die  früheren  Angäben  umzustossen,  vielmehr  will  ich  mir 
die  Frage  dadurch  offen  halten,  weiteren  Forschungen  die  Entscheidung  darü- 
ber anheimstellend,  ob  sich  diese  Gefässe  so  einfach  verhalten,  wie  Leuckart 
angibt  und  abbildet,  ob  solche  Complieationen  Platz  greifen,  wie  es  Kolliker 
beschreibt,  oder  ob  das  von  mir  geschilderte  Verhalten  die  Regel  sei.  Der 
scheinbar  irreguläre  Gefassverlauf  auf  der  linken  Seite  gibt  der  Vermuthung 
Raum,  dass  liier  eine  mehr  individuelle  Abweichung  vorliege,  während  das 
sonst  so  gleichmässige  Verhalten  der  äusseren  Schwimmstück-Sculptur  auf  eine 
ähnliche  Reständigkeit  der  inneren  Gefässvertheilung  schliessen  lässt. 

Ungeachtet  der  so  prägnanten  Asymmetrie  des  unteren  Schwimmstücks 
ist  es  doch  nicht  allein  möglich,  sondern  sogar  leicht,  die  symmetrische  Grund- 
form herauszufinden  und  mit  dieser  dann  den  Vergleich  mit  den  entsprechen- 
den Stücken  der  Gattung  Diphyes  und  der  A.  pentayona  anzustellen.  Wenn  man 
die  Grössenverhältnisse  der  fünf  einzelnen  Längskanten  als  im  Ganzen  irrele- 
vanter Dinge  weniger  betont,  so  treffen  sieb  bei  A.  pentagona  eine  unpaare  vor- 

45* 


356  Karl  Gegenbaur, 

dere  Längskante  (c),  zwei  ungleich  entwickelte  seitliche  (d.  e)  und  zwei  noch 
mehr  ungleich  gebildete  hintere  Längskanten,  che  durch  besondere  lappenartige 
Vorsprünge  einen  Durchlasseanal  für  den  Stamm  bilden.  Dieselbe  Anordnung 
ist  auch  bei  Diphyes  vorhanden :  stets  finden  sich  die  beiden  hinteren  Kanten,  die 
häufig,  indem  sie  mit  einander  am  freien  Hände  verwachsen,  einen  wirklichen 
Canal  herstellen;  stets  sind  auch  die  beiden  seitlichen  Längskanten  ausgeprägt. 
Dagegen  ist  die  vordere  niedere  Längsfirste  bei  Diphyes  minder  constant,  sie 
fehlt  aber  nie  vollständig  und  ist  im  mindesten  Falle  durch  eine  kurz  über  die 
Mündung  des  Sehwimmsacks  beginnende  Kante  repräsentirt. 

Eine  Reihe  von  Abylen  mit  woblerhallenem,  zum  Theil  aus  dem  Durch- 
lasse heraustretendem  flottirenden  Stamme;,  erlaubt  mir,  die  Beziehungen  der 
hier  befindlichen  Gruppen  von  Knospenbildungen  (Eudox.)  einer  erneuten 
sorgfältigeren  Untersuchung  zu  unterwerfen,  als  deren  Resultat  ich  zur  Genug- 
thuung  Leuckart's  den  von  ihm  geschilderten  Modus  des  Ursprunges,  Befe- 
stigung des  Deckstückes  am  Stamme  völlig  erkenne  und  deshalb  auch  ganz  auf 
die  jenseitige  Schilderung  verweisen  kann.  Es  freut  mich,  meinen  Irrthum  und 
einen  früher  von  mir  erhobenen,  freilich  auf  theoretische  Gründe  gestützten 
Widerspruch  somit  selbst  widerrufen  zu  können. 

Die  untersuchten  Exemplare  stammten  aus  dem  Mittelmeere,  der  Gibraltar- 
Strasse  und  vielen  Punkten  des  atlantischen  Meeres. 

Als  eine  neue  Abyla-Art  kann  folgende  aufgefüllt  werden: 

3.     ABYLA    PERFORATA  //.  sp. 

(Figg.   20.  21.) 

Die  beiden  Schwimmstücke  dieser  in  einem  vollständigen  und  mehreren 
einzelnen  Stücken  untersuchten  Art  verhalten  sich  zu  einander  wie  bei  Abyla 
pentagona,  wie  denn  auch  das  vordere  mit  dem  gleichen  jener  Art  die  wesent- 
lichste Uebereinstimmung  aufweist. 

Es  wird  von  sieben  Flächen  begrenzt  und  stellt  an  seiner  oberen  und  un- 
teren Fläche  ein  etwas  langgezogenes  Fünfeck  vor  (Fig.  21)  mit  drei  schmalen 
und  zwei  langen  etwas  ausgeschweiften  Seiten.     Die  Oberfläche  ist  plan,  die 


Neue  Beiträge  zur  näheren   hennlniss  der  Sipkonophoretl.  357 

untere,  welche  eine  blindsadkförmige  Einbuchtung  zur  Aufnahme  des  hinteren 
Schwimmstücks  aufweist,  ist  an  der  Seite  mit  vorstehenden  Rändern  versehen 
und  steigt  "ach  vorne  zu  gegen  die  unpaare  Mittelfirste  stark  an,  so  dass  die 
durch  die  Vereinigung  der  beiden  vorderen  Seitenflächen  entstehende  Kante 
beträchtlich  länger  ist  als  jede  der  beiden  Kanten,  welche  aus  der  Vereinigung 
der  beiden  grossen  hinteren  Seitenflächen  mit  der  Hinterfläche  hervorgehen. 
Die  letztere  ist  last  quadratisch,  bei  einem  Exemplare  unten  etwas  verbreitert 
und  mit  vorstehenden  Ecken  versehen.  In  der  Mitte  von  ihr  findet  man  die 
Mühdung  des  Schwimmsacks. 

Der  Schwimmsack  («)  nimmt  den  hinteren  Theil  des  Stücks  ein  und  besitzt 
ca.  }Ä  von  dessen  Länge.  Er  steigt  nur  wenig  gegen  die  obere  Fläche  an,  ist 
in  seiner  Mitte  bauchig  erweitert  und  in  seinem  Grunde  kuppenförmig  nach 
oben  zugespitzt.  Au  seiner  unteren  Wand,  da,  wro  er  der  Einbuchtung  der  Un- 
terfläche des  Schwimmstücks  am  nächsten  liegt,  verbindet  ihn  ein  kurzer  senk- 
recht abtretender  Canal  mit  dem  dort  beginnenden  Stamme,  von  dem  noch  ein 
nach  vorne  gehender  Canal  sich  zu  dem  Saftbehälter  (b)  verfügt.  Dieser  nimmt 
den  grössten  Theil  der  vorderen  Hälfte  des  Schwimmstücks  ein  und  erscheint 
als  eine  ovale  oder  rundliche  Blase,  welche  an  den  Wänden  che  bekannte 
Structur  aufweist  und  durch  den  Mangel  eines  Blindfortsatzes  sich  namentlich 
von  jenem  von  Ab.  pentagona  auszeichnel. 

Das  untere  grössere  Schwimmstück  (Fig.  20.  B)  misst  3^'",  besitzt  eine 
Form,  die  im  allgemeinen  mit  jener  der  Diphyes  grosse  Aehnliehkeit  besitzt,  so 
dass  ich  es  sicher  für  das  untere  Stück  einer  solchen  genommen  haben  würde, 
wenn  ich  es  nicht  in  seinem  natürlichen  Zusammenhange  mit  dem  oberen,  den 
Abyla- Typus  ausgeprägt  tragenden  getroffen  hätte.  Auch  durch  die  fast  voll- 
ständige Symmetrie  seiner  Flächen  und  Kanten  differirt  es  von  den  bekannten 
Abyla -Arten. 

An  seinem  oberen  Ende  besitzt  es  eine  kuppeiförmige  Spitze,  welche  sich 
in  die  betreffende  Vertiefung  des  vorderen  Schwimmstücks  fügt.  Die  vordere 
Partie  des  oberen  Endes  ist  in  eine  Spitze  ausgezogen,  die  sich  an  die  hintere 
Kante  des  vorderen  Schwimmstücks  fortsetzt,  und  sich  seitlich  an  je  eine  aus- 


358  Karl  Gegen  bau  r, 

geschweifte  dünne  Lamelle  anschliesst,  die  gleichfalls  der  Sculptur  des  oberen 
Schwimmstücks  angepasst  ist. 

Als  seitliche  Begrenzung  sind  acht  Flächen  anzuführen,  von  denen  je  eine 
auf  vorne  und  hinten  und  je  ein  paar  auf  die  beiden  Seiten  treffen.  Die  vor- 
dere Fläche  ist  nicht  durchauslaufend,  sie  ist  fast  lanzettförmig  und  entsteht 
dadurch,  dass  die  von  der  vorderen  oberen  Spitze  entspringende  Längskante 
sich  bald  theilt,  und  jede  Kante,  nachdem  sie  etwas  nach  aussen  gebogen,  von 
der  Mitte  ihrer  Länge  an  sich  wieder  gegen  die  Medianlinie  wendet,  so  dass 
beide  convergirend  an  der  unteren  vorderen  Spitze  des  Schwimmstücks  sich 
wieder  in  spitze  Winkel  vereinigen. 

Auf  der  Mitte  jeder  Seite  verläuft,  gleichfalls  von  einer  Seitenkanie  des 
oberen  Schwiiiiinstücks  ausgehend,  wieder  eine  Längskante  nach  abwärts,  um 
seitlich  von  der  Schwimmmündung  auszulaufen;  durch  sie  wird  die  Seite  in 
zwei  Flächen  getheilt. 

Endlich  verlaufen  nach  hinten  zwei  Längskanten  in  starker  Krümmung 
nach  abwärts  und  begrenzen  die  Rückfläche,  die  aber  derart  asymmetrisch  ist, 
dass  sie  mehr  auf  die  rechte  denn  auf  che  linke  Hälfte  trifft.  Unten  überragt 
diese  Fläche  die  Schwimmmündung  und  zeigt  zwei  durch  einen  grossen  Aus- 
schnitt getrennte  stumpfe  Zacken  oder  die  Fortsätze  der  schon  erwähnten 
Längskanten. 

Der  Schwimmsack  (</)  zeigt  wenig  auffallendes.  Er  nimmt  den  vorderen 
Theil  des  Schwimmstücks  ein,  ist  in  der  Mitte  etwas  bauchig  erweitert  und 
oben  stumpf  gewölbt.  Die  Gefässverbindung  mit  dem  Stamme  wird  durch  ei- 
nen feinen  Canal  hergestellt,  welcher,  die  obere  Kuppe  des  Schwimmstücks 
durchsetzend,  etwas  unterhalb  des  Grundes  vom  Schwimmsacke  an  denselben 
hinantritt  und  liier  in  vier  Canäle  ausstrahlt. 

Die  Mündung  des  Schwimmsacks  (6')  ist  mit  keinerlei  Auszeichnung  ver- 
sehen. 

Der  hintere  Theil  des  Schwimmstücks  wird  von  einem  parallel  mit  dem 
Schwimmsacke  verlaufenden  Canale  durchsetzt,  der  erst  am  hintern  Drittheile 
mit  schräger  Mündung  sich  öffnet;  sein  oberes  Bett  ist  beinahe  halbmondförmig 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntniss  der  Siphonophoren.  359 

und  lieg!  auf  der  oberen  fläche  des  Schwimmstücks.  Es  hat  dieser  Canal,  der 
den  Stamm  aufzunehmen  und  zu  schützen  hat,  seine  Analogie  mit  der  tarnet 
lenartigen  Bildung-  der  andern  Abyla-  Arten,  erinnert  aber  mehr  an  die  Gattung 
Dipkyes,  bei  der  mehrere  Arten  bekanntlich  mit  einem  ahnliehen  Durchlasse  \ 'er- 
sehen sind.  Bemerkenswerth  ist,  dass  die  Sculptur  seiner  Oberfläche  die  ein- 
zige (wenn  schon  schwach  entwickelte)  Asymmetrie  des  ganzen  Schwimm- 
stücks aufweist,  so  dass  ein  sonst  die  Abylen  auszeichnendes  Merkmal  hier  ge- 
rade an  jenem  Orte  sich  findet,  wo  bei  den  andern  Abylen  die  asymmetrische 
Bildung  der  Theile  ihren  Culminationspunkt  erreicht  (siehe  oben  Alnjlu  pentagona 
und  trigona). 

Vom  Stamme  zeigten  zwei  darauf  untersuchte  Exemplare  nur  Rudimente, 
an  denen  sieh  kein  näheres  Verhältniss  mehr  eruiren  liess. 

Die  untersuchten  Exemplare  stammten  mit  Eudoxien  der  Abtjla  trigona  von 
der  Guineaküste. 


E     U     D     O     X     I     A. 

Die  gewissermassen  individuelle  Natur,  welche  die  unter  dem  Namen  der 
Eudoxien  bekannten  medusoiden  Gruppen  nach  ihrer  Ahlösung  vom  Stamme 
einer  Diphyiden-Colonie,  wie  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  anzunehmen,  noch 
lange  Zeit  offenbaren,  mag  rechtfertigen,  sie  so  lange  noch  als  besondere  For- 
men anzuführen,  bis  sie  nach  und  nach  auf  ihre  Abstammung  zurückgeführt 
und  den  betreffenden  Colonien  zugewiesen  werden  können,  wie  dies  schon  frü- 
her bei  Etui  campanukta  Lt.  für  Diphyes  aetminata  Lt.,  bei  Eud.  cuboides  für  Ab. 
pentagona  und  vorhin  bei  Eud.  trigonae  für  Abyla  trigona  geschah. 

EUDOXIA   BOJANI    Esch,  (?) 

Obgleich  ich  noch  nicht  mit  Sicherheit  zu  behaupten  wage,  dass  die  von 
mir  unter  obenstehendem  Namen  zu  beschreibende  Eudoxie  wirklich  dieselbe 
sei.  die  Eschscholtz*)  in  dem  südlichen  atlantischen  Meere  beobachtet  hat, 

'•'     cf.   dt.   pag.   125. 


360  Karl  Gegen baur, 

so  glaube  ich  doch,  bei  der  Unmöglichkeit,  jene  oft  nur  ganz  dürftig  beschriebe- 
nen Formen  bestimmt  wieder  zu  erkennen,  mein  Verfahren  durch  mehrfache 
Uebereinstimmung  mit  den  Angaben  jenes  Forschers  einigermassen  gerechtfer- 
tigt zu  sehen.  Jedenfalls  dürfte  solches  zu  einer  geringeren  Complication  führen 
als  das  entgegengesetzte. 

Das  Deckstück  gleicht  einigermassen  einer  Glocke  mit  schräg  abgestutzter 
Basis ,  derart  dass  die  eine  Seite .  die  wir  als  linke  bezeichnen  wollen ,  weiter 
herabreicht  als  die  andere. 

Die  Wölbung  dieser  Oberfläche  ist  nicht  gleichmässig,  sondern  vorne  sind 
zwei  Längskanten  vorhanden,  die  eine  nicht  sehr  tiefe  aber  ziemlich  breite 
Hohlkehle  begrenzen,  welche  von  oben  bis  unten  herabverläuft.  Oben  gehen 
beide  Kanten  mit  sanfter  Biegung  ineinander  über  und  formiren.  indem  sie  da- 
bei etwas  stärker  vortreten,  eine  quer  auf  der  Höhe  des  Deckstücks  stehende 
Kuppe,  von  welcher  nach  beiden  Seiten  und  nach  hinten  che  glatten,  sanft  ge- 
wölbten Begrenzungsflächen  sich  ausbreiten.  Am  unteren  Ende  der  vorderen 
Hohlkehle  gehen  beide  Längskanten  nach  aussen  und  verlaufen  in  die  betref- 
fenden Seitenränder  aus.  von  denen,  wie  aus  dem  vorhin  Gesagten  erhellt,  die 
linke  weit  über  die  rechte  hinausragt. 

An  der  Unterfläche  des  Deckstücks  befindet  sich  eine  bis  zur  Hälfte  der 
Höhle  reichende  Vertiefung,  die  besonders  nach  hinten  zu  ausgebildet  ist  und 
die  vorne  über  den  gewölbten,  etwas  ausgeschnittenen  Unterrand  der  schon  er- 
wähnten Holdkehle  einbiegt. 

Es  wird  die  Höhle  somit  vorzüglich  von  den  Seitenwänden  der  Glocke  be- 
grenzt, während  sie  vorne  fast  völlig  geöffnet  erscheint. 

An  der  Längenachse  des  soliden  Theils  der  Glocke  bemerkt  man  einen 
bald  im  Bogen,  bald  auch  gerade  zur  Spitze  gerichteten  Strang,  der  von  der 
Mitte  der  unteren  Concavität  seinen  Ursprung  nimmt.  Er  ist  an  seinem  oberen 
Ende  meist  kuglig  oder  auch  kolbig  erweitert  und  stellt  eine  mit  polygonalen, 
feingranulirten  Zellen  ausgekleidete  Höhle  vor.  Es  ist  dies  der  nunmehr  als 
Saftbehälter  fungirende,  im  Deckstücke  gebliebene  Best  des  Diphyidenstammes, 
von  dem  die  Eudoxie  als  Individuengruppe  gesprosst  ist.     Dadurch  dürfte  ein 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntnis*  der  Siphonophoren.  361 

Unterschied  von  andern  Eudoxien  gegeben  sein,  bei  denen  der  Saftbehälter  als 
selbständige  Ausstülpung  sich  bildet  Die  Höhe  der  Deckstückglocke  beträgt 
bis  zu  H'". 

Man  sieht,  dass  diese  Beschreibung  auch  auf  die  Eudoxia  campanulata  von 
Leuekart*)  passt,  und  könnte  daher  wohl  auf  eine  Identität  beider  Thiere 
schliessen,  wenn  dem  nicht  die  Form  des  sogleich  zu  erwähnenden  Schwimm- 
stücks widersprechen  würde. 

\  011  Eudoxia  Bojani  wird  zwar  von  Eschscholtz  angegeben,  dass  das 
Deckstück  einen  Kugelabschnitt  vorstellt;  allein  es  ist  aus  der  abgebildeten 
Skizze**)  ersichtlich,  dass  diese  Bezeichnung  wohl  nur  aus  einer  irrigen  Auf- 
fassung der  Contöureü  entstanden  sein  kann.  Auch  der  hohlkehlenförmige 
Ausschnitt  an  der  Vorderseite  ist  angedeutet,  sowie  auch  die  gegen  die  Spitze 
gerichtete  Linie  wohl  den  sogenannten  Saftbehälter  vorstellen  soll,  von  dem  der 
Text  nichts  erwähnt. 

Von  dem  unteren  Ende  des  Saftbehälters  ragt  eine  knopffürmige  An- 
schwellung in  die  Cavität  des  Deckstücks  vor  und  hieran  inseriren  sich  Poly- 
pen mit  Fangfäden  sowie  das  schwimmglockenformige  Generationsorgan.  Es 
stellt  das  letztere  eine  vielseitige,  an  ihrem  oberen  Drittheil  pyramidal  zuge- 
spitzte Säule  vor,  die  vier  Längsflächen  sind  ungleich,  indem  die  hintere  bei 
weitem  die  breiteste  ist,  die  vordere  dagegen  die  schmälste,  und  die  beiden 
seitlichen  zwischen  beiden  die  Mitte  halten.  Von  den  vier  diese  Fläche  begren-r 
zenden  Kanten  sind  die  beiden  hinteren  etwas  flügeiförmig  ausgedehnt,  die  bei- 
den vorderen,  anfänglich  wenig  vorstehend,  bilden  erst  am  unteren  Drittheile 
eine  vorgebogene  Leiste.  Sämmtliche  Kanten  sind  feingezähnelt.  Alle  vier  lau- 
fen in  Spitzen  aus,  welche  die  Mündung  des  Schwiirnnsacks  umstehen.  Die 
beiden  vorderen  sind  kleiner  als  die  hinteren  und  neigen  sich  etwas  gegen  ein- 
ander. Die  hinteren  werden  durch  die  Fortsätze  der  Rückenfläche,  die  nur  mit 
einem  schwächen  Ausschnitte  versehen  ist,  untereinander  verbunden,  und  da- 
durch differirl  diese  Eudoxie  von  <\r\-  Eud.  eampanulata  Lt.  auf  ausgezeichnete 


*)  Zoolog.  Untersuch.  Heft  1.  8.  43. 
**)  Taf.  12.  Kg.  1. 


Vol.  XXVII.  46 


362  Karl  Gegen  baur, 

Weise.  Leuckart  sagt  nur:  „die  letzten  Ausläufer  der  ürsten förmigen  Längs- 
kanten springen  in  Form  eines  kleinen  Zahnes  nach  unten  vor,"  während  ihm 
die  beträchtliche  Grösse  der  hinteren  Spitzen  und  die  Verbindung  zwischen  bei- 
den wohl  nicht  entgangen  wäre.  Dagegen  hat  Eschscholtz  diese  Eigenschaft 
des  Schwimmstücks  unserer  Eudoxie  bei  Eud.  Bojani  ausdrücklich  erwähnt.  Es 
heisst  dort  (pag.  126):  „Die  zwei  Spitzen,  welche  sich  an  der  Seite  des  Körpers 
belinden,  wo  die  Saugröhre  hervortritt,  sind  kürzer  als  die  beiden  übrigen  und 
vollkommen  von  einander  getrennt,  dagegen  die  beiden  übrigen  längeren  her- 
vorstehen, aber  nur  einen  schwachen  Ausschnitt  zwischen  sich  habe»."  Man 
sieht,  dass  Eschscholtz  das,  was  ich  als  auf  der  Hinterseite  vorhanden  an- 
gebe, auf  der  Seite  erwähnt,  und  kann  allerdings  hieraus  wieder  ein  unter- 
scheidendes Merkmal  machen.  Allein  wenn  man  bedenkt,  dass  seitliche 
Asymmetrie  bis  jetzt  bei  Eudoxien  -  Schwimmstücken  in  solcher  Weise  noch 
nicht  beobachtet  ist,  sowie  dass  bei  der  Untersuchung  Drehungen  des  Schwimm- 
stücks so  leicht  vorkommen,  so  kann  man  es  wohl  für  begründet  halten,  wenn 
ich  die  Angaben  des  Eschscholtz  auch  auf  diese  Eudoxie  beziehe,  und, 
wenn  auch  nur  provisorisch,  beide  zusammenbringe. 

Die  Grössen  Verhältnisse,  auf  welche  Eschscholtz  noch  bei  der  Art-Dia- 
gnose grosses  Gewicht  legt,  können  bei  unserer  gegenwärtigen  Kenntniss 
der  Siphonophoren  wohl  nicht  entscheidend  sein ,  selbst  nicht  einmal  die  rela- 
tiven, da  wir  ein  Fortwachsen  einzelner  Theile  und  ein  Nachsprossen  der  zu 
Verluste  gegangenen  kennen,  wodurch  also  jeglicher  Massstab  für  die  Grössen- 
verhältnisse  mehrerer  Stücke  uns  genommen  wird. 

Der  Schwimmsack  folgt  im  ganzen  den  äusseren  Contouren  des  Schwimm- 
stücks. An  seinem  mittleren  Drittheile  ist  er  am  weitesten  und  zieht  sich 
oben  und  nach  vorne  zu  in  eine  Spitze  aus.  Ein  vom  Stamme  aus  hinter 
das  obere  Ende  des  Schwimmstücks  sich  begebender  Canal  strahlt  an  letz- 
terem in  vier  Gefässe  aus ,  von  denen ,  wenn  ich  recht  gesehen ,  das  vordere 
mittlere  nicht  über  die  Höhe  des  Schwimmsacks,  sondern  die  Spitze  umge- 
hend auf  der  einen  Seite  nach  vorne  und  unten  verläuft. 

Der  Geschlechtskolben  fehlte  an  jedem  der  untersuchten  Exemplare,  ebenso 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntnis*  der  Siphonopheren.  363 

war  keine  Ersatzi>Iocke  zu  beobachten,  Mägen  und  Fangfäden  waren  da- 
gegen anwesend,  und  ergäben,  soweit  diese  Theile  eine  Untersuchung  zu- 
liessen,  nichts  bemerkenswerthes. 

E  U  D  0  X  I  A    P  R I  S  M  A  T  I  C  A  n.  sp. 

(Figg.   13—16.) 

In  mancher  Hinsicht  schliesst  siel)  diese  Eudoxie  an  jene  der  Abylen  an, 
so  dass  wohl  angenommen  werden  kann,  dass  die  Muttercolonie  ein  Abyla- 
stock  sein  werde.  Das  l  leckst  (ick  (Fig.  13.  a)  ist  ein  von  fünf  Seitenflächen 
begrenzter  Körper,  dessen  obere  plane  Fläche  somit  ein  Pentagon  repräsen- 
tirt  (Fig.  15).  Die  Seiten  desselben  verhalten  sich  so  zu  einander,  dass  zwei 
längere  in  eine  nach  vorne  gerichtete  Spitze  zusammentreffen;  sie  sind  meist 
etwas  eingebogen,  so  dass  die  Spitze  um  so  mehr  proeminirt.  Um  merk- 
liches kürzer  sind  zwei  andere,  ebenfalls  symmetrische  Seiten ,  -endlich  die 
fünfte,  hintere  ist  die  kürzeste.  Aus  dem  Verhalten  der  Oberfläche  lässt  sich 
auch  die  seitliche  Begrenzung  leicht  verstehen,  da  die  Seitenflächen  alle  gleich 
hoch  sind  und  eine  gedachte  Grundfläche  der  oberen  vülli»-  entspricht.  Die 
beiden  vorderen  Seitenflächen  sind  mit  einem  bogenförmigen  Ausschnitte  ver- 
sehen, durch  welchen  die  vordere  Längsfirste  um  ein  Drittel  verkürzt  wird. 
Das  Ende  dieser  Firste  ist  zahnartig  zugespitzt  und  jederseits  ragt  noch  ein 
anderer  Zahn  von  dem  Ausschnittsbogen  der  Seitenfläche  gegen  den  mittle- 
ren hervor  (Fig.  16.  u'). 

An  einzelnen  Deckstücken  sind  die  Flächen  —  zuweilen  sänimtlich  — 
etwas  vertieft,  was  auch  auf  manche  Kanten  übergeht;  und  dem  Deckstück 
immer  ein  abweichendes  Aeussere  verleihen  kann.  Alle  Kanten  sind  regel- 
mässig fein  gezähnelt. 

Die  Unterfläche  weist  eine  gewölbte  Höhle  auf,  welche  bis  in  die  Hallte 
der  Höhe  reicht,  aber  vorzüglich  der  vorderen  Partie  des  Deckstücks  zuge- 
theilt  ist.  Ueber  ihr  liegt  der  in  zwei  voneinander  abstehende  Hälften  ge- 
lheilte Saftbehälter  (Fig.  13.  15.  c),    der  in   seinen  Umrissen  sehr  jeaen  voti 


364  Karl  Gegenbaur, 

Eud.  ruboides  nachahmt,  und  auch,  wie  dort,  in  der  Mitte  einen  oberen  kürze- 
ren (<?')  und  unteren  längeren  (c")  Fortsatz  aussendet. 

Das  sogenannte  Schwimmstück  (Fig.  14)  erscheint  als  eine  vierseitige, 
aber  schräg  abgestutzte  und  in  einen  hinteren  stielartigen  Fortsatz  ausgezo- 
gene Pyramide,  deren  Kanten  sämintlieh  in  starke,  die  Schwimmhöhle  wie- 
der umstehende  Zacken  auslaufen;  die  beiden  hinteren  Längskanten  sind  am 
stärksten  ausgeprägt  und  springen  auf  flügelföraiig  vorstehenden  Lamellen 
vor,  so  dass  die  von  ihr  begrenzte  Rückenfläche  dadurch  die  breiteste  wird. 
Sie  ist  aber  auch  die  längste,  indem  die  beiden  zackenförmigen  Enden  der 
Kanten  weiter  unter  einander  verbunden  sind  und  viel  weiter  vorragen  als 
die  vorderen.  —  Der  Schwimmsack  weicht  in  nichts  wesentlichem  von  je- 
nem der  Eud.  cuboides  ab. 

Ein  Geschlechtskolben  (Fig.  14.  g)  wird,  mit  wenigen  Ausnahmen,  immer 
in  demselben  aufgefunden;  er  ragte  bald  bis  zur  Hälfte,  bald  über  §  der  Länge 
in  die  Schwimmhöhle  vor  und  liess  Eier  oder  eine  feinkörnige  Masse  als  Sa- 
men unterscheiden. 

In  dem  oben  erwähnten  Stiele  verläuft  der  Verbindungscanal  des 
Schwimmsacks  zum  Stamme,  von  welch  letzterem  mehrmals  die  Rudimente 
des  Magens  zu  erkennen  gewesen  sind. 

Die  längste  dieser  Eudoxien  mass  3'". 

CUBOIDES    VIT  R  E  U  S   (J.  #  G. 

Unter  diesem  Namen  haben  Quoy  und  Gaimard  ein  eudoxienartiges 
Wesen  beschrieben ,  dessen  Deckstück  eine  ausgezeichnete  Form  besitzt ,  und 
überdies  noch  durch  seine  Grösse  gegen  die  darunter  befestigten  Theile,  na- 
mentlich che  Geschlechtsglocke,  bedeutend  abstach;  der  Nachweis  des  letzte- 
ren, freilich  von  jenen  Beobachtern  ganz  anders  gedeuteten  Theiles  in  der 
Gestalt  einer  schräg  abgestutzten,  in  der  Umgebung  der  Oeffnung  mit  fünf 
Zähnchen  versehenen  Pyramide  lässt  obige  Annahme  ausser  allem  Zweifel. 
Es  dürfte  aber  aus  den  so  ungleichen  Grössen  Verhältnissen  zwischen  Deck- 
stück  und  Gesehlechtsglocke  dennoch  die  Unvollständigkeit  des  Thieres  inso- 
fern sich  erweisen,   als   den  untersuchten  Exemplaren  die  entwickelten  Ge- 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntniss  der  Sipfwnophoren.  365 

schtechtsglocken  abgingen  und  nur  die  Ersatztheile  derselben  vorhanden  wa- 
ren. Es  liafrii  sii  ganz  ähnliche  Verhältnisse,  wie  sie  bei  jenen  Eudoxien 
bestehen,  die  Eschscholtz  als  besonderes  Genus  „Ersaea"  bekannt  machte. 

Obgleich  mir  hievon  nur  Deckstüeke  zu  Gebote  standen,  so  glaube  ich 
doch  bei  der  charakteristischen  Form  derselben  sie  anführen  und  hiedurch 
auf  sie  aufmerksam  machen  zu  müssen. 

Das  Stück  ist  am  besten  einem  \\ Tutel  vergleichbar,  an  welchem  alle 
acht  Ecken  in  der  Richtung  der  Diagonalaohsen  in  ebensoviele  Spitzen  aus- 
gezogen sind  und  die  sechs  Flächen  dadurch  muldenförmig  vertieft  erschei- 
nen. Die  untere  Fläche  des  Würfels  ist  am  meisten  concav,  sie  bildet  die 
Höhle  zur  Aufnahme  des  Stammes  und  der  Anhänge  desselben.  Ueber  ihr 
liegt  ein  nach  zwei  Seiten  ausgebuchteter  Saftbehälter,  der  von  seiner  eng- 
sten Stelle  einen  blindgeendeten,  keulenförmigen  oder  blasenartig  erweiterten 
Fortsatz  gegen  die  obere  Fläche  zu  aussendet  und  wenig  über  den  Mittel- 
punkt des  Würfels  hinausreicht. 

Die  Grösse  dieses  Deckstücks  beträgt  4'". 

Der  Fundort  ist,  wie  bei  den  vorher  beschriebenen  Eudoxien,  das  atlanti- 
sche Meer. 


Alle  bisherigen  Erfahrungen  über  die  als  Eudoxien  etc.  bekannten  po- 
lymorphen Individuengruppen  der  Diphyidencolonien  lassen  einen  gewissen 
Plan  erkennen,  nach  welchem  die  Architektur  der  Deckstücke  mit  jener  der 
Schwinunstücke  der  Gesanuntcolonie  eine  im  allgemeinen  sehr  übereinstim- 
mende ist.  Ich  habe  "schon  früher  hierauf  aufmerksam  gemacht  und  sehe  es 
auch  durch  diese  neuen  Untersuchungen  erwiesen.  Als  massgebend  erscheint 
immer  das  vordere  der  Schwinunstücke,  wenn  diese  übereinander  gefügt  sind: 
sitzen  sie  nebeneinander,  so  herrscht  meist  gleichartige  Bildung.  Wir  erhal- 
ten dadurch  einen  Fingerzeig ,  auch  jene  Eudoxien,  die  bezüglich  ihrer  Ab- 
stammung noch  unbekannt  sind,  sicher  gruppiren  zu  können  und  die  mor- 
phologischen Verhältnisse  der  gesammten  Diphyidenfamilien  somit  umfassen- 
der zu  erschliessen.  Es  ergeben  sich  in  dieser  Beziehung  drei  leicht  unter- 
scheidbare Können  von  individualisirten  Einzelgruppen  der  Diphyiden: 


566  Karl  Gegenbaur, 

1)  Solche  mit  kubischen  oder  doch  mit  oben  abgeplatteten  Deckstücken. 
Hieher  gehören  die  Eudoxien  der  beiden  Abyla- Arten,  sowie  Eudoxia 
prismaüca  Gbr.  und  Cüboides  vitrcii.s  von  Quoy  &  Gaimard.  denn  die 
Grundform  ist  auch  bei  letzterer  Art  ein  Würfel. 

2)  Eudoxien  mit  zugespitztem  Deckstücke.  Eudoxien  der  Gattimg  Diphycs, 
Arten,  wie  sie  Eschscholtz  beschrieben,  und  die  Gattung  Ersaea 
Esch.  gehören  hieher. 

3)  Eudoxien  mit  abgerundetem  Deckstücke,  Diplophysa  Gbr.  Sie  entspre- 
chen in  der  Sculptur  der  Diphyiden  -  Gattung  Praya. 


DI  PH.    CAMPANULIFE11A   Quoy  £  Gaim. 

(Figg.  23  —  26.) 

Unter  vorstehendem  Namen  haben  uns  Oimy  und  Gaimard  eine  bei 
Gibraltar  eingefangene  Diphyes  bekannt  gemacht,  aus  deren  Beschreibung  und 
Abbildung  ich  einige  unter  den  mir  vorliegenden  Exemplaren  mit  grosser 
Bestimmtheit  wieder  erkenne,  wenn  auch  so  manche  Angaben  jener  Reisenden 
nicht  ganz  genau  mit  dem  von  mir  gesehenen  sich  zusammenfügen  lassen. 

Die  beiden  Schwimmstücke  erscheinen  ineinander  gefügt  und  sind  von 
gleicher  Länge  (Fig.  23).  Nach  der  Trennung  ist  das  untere  (ß)  das  längere 
wegen  des  nun  zum  Vorschein  kommenden  Fortsatzes,  mit  dem  es  dem  vor- 
deren eingefügt  war. 

Das  vordere  Schwimmstück  (Hg.  23.  A.  Flg.  26)  ist  von  der  Seite  her 
wenig  comprimirl.  über  seiner  Mitte  etwas  nach  vorne  zu  ausgebogen,  läuft 
aber  in  eine  derbe  Spitze  aus.  die  noch  etwas  nach  vorne  zu  übergebogen 
erscheinen  kann.  Der  kleinere  vordere  Theil. der  Basis  wird  von  der  Schwimm- 
höhlenmündung  eingenommen,  den  grösseren  hinteren  finde  ich  vorn,  die 
Schwimmhöhlenmündung  überragend  und  nach  hinten  zu  schräg  abgestutzt. 
Auf  der  Oberfläche  verlaufen  drei  wenig  vorstehende,  aber  doch  scharf  aus- 
gesprochene Längskanten,  und  zwar  eine  mittlere  über  die  vordere  Längs- 
firste und  zwei  seitliche,    der   vorderen  nahe  liegende.     Alle  drei  beginnen 


Neue  Beiträge  :ur  näheren  Eenntniss  <ln-  Siphonophoren,  367 

von  der  Spitze  und  treten  an  der  Sehwimmhöhlennuinduni;'  (a)  auf  die  Ober- 
fläche von  ebenso  vielen  breiten  dreieckigen  Zacken,  die  alle  mit  der  Dasis 
einander  berührend  immer  mit  ihrer  Spitze  gegen  die  Mündung  des  Schwimm- 
sacks geneigt  sind,  so  dass  <\cv  Eingang  dazu  dadurch  verengert  wird.  Das- 
selbe bewirkt  auch  theilweise  die  Vorderwand  (Fig.  26.  b)  der  zur  Aufnahme 
des  unteren  Schwimmstücks  dienenden  Höhlung,  die  hier  nach  vorne  sich 
neigt  und  in  zwei  durch  doppelbogig  ausgeschnittene  Ränder  verbundene 
Zacken  ausläuft.  Der  Mittellheil  dieser  Wand  ist  im  Profile  über  das  Niveau 
der  seitlichen  Partien  hervorragend. 

Das  Innere  des  Schwimmstücks  nehmen  der  Schwimmsack  (Fig.  26.  a), 
die  Aufnahmshöhle  des  unteren  Schwimmstücks  (</)  und  der  Saftbehälter  (c) 
ein.  Der  Schwimmsack  ist  einer  umgekehrten  Anaphora  ähnlich,  unten  en- 
ger, oben  weiter  werdend,  und  zuletzt  bei  rascherer  Verengerung  noch  in 
einen  kurzen,  wie  es  scheint,  beständig  verkommenden  Zipfel  auslaufend,  der 
bis  dicht  unter  die  Spitze  des  Schwimmstücks  reicht.  Einmal  sah  ich  das 
Ende  dieses  Zipfels  kolbig  erweitert.  Um  die  Mündung  ist  die  Handmembran 
(Yrlum)  (leidlich  vorhanden,  minder  klar  jedoch  ist  der  Gefässverlauf,  von 
dem  ich  nur  die  beiden  Seitengefässe  erkannte.  Sie  treten  weit  oben  an  den 
Schwimmsack.  wenden  sich  dann  im  Dogen  nach  aufwärts,  um  von  da,  eine 
Schlinge  bildend,  abwärts  zum  Dinggefäss  zu  verlaufen.  Dass  auch  die  bei- 
den anderen  Gelasse  vorhanden  sind,  habe  ich  keinen  Grund  zu  bezweifeln. 

Der  Saftbehälter  (r)  nimmt  etwa  .\  der  Länge  des  Schwimmstücks  ein. 
Er  stellt  eine  längliche,  oben  mit  einer  tiefen  Einschnürung  versehene  Höhle 
vor,  deren  knopftörmiges  Ende  bis  in  die  Spitze  des  Schwimmstücks  reichen 
kann,  und  dann  sich  dicht  neben  den  Endzipfel  des  Schwimmsacks  lagert. 
Die  Aufnahmshohle  nimmt  einen  beträchtlichen  Raum  ein,  der  in  einem  Falle 
jenem  des  Schwimmsacks  an  Volumen  wohl  gleichkam.  Sie  ist  von  der  Seite 
gesehen  dreieckig.  Ihr  Ende  reicht  immer  über  die  Hälfte  des  Schwimm- 
stücks. Ihre  Uell'nung  ist  hinter  der  ganzen  Dückenfläche  des  Schwimmstücks 
wie  abgerundet,  von  vorne  dagegen  rechtwinklig. 

Das  untere  Schw immstück  (Figg.  23.  B.  25.  26)  ist  ebenfalls  mehr  breit 


368  Karl  Gegenbaur, 

als  dick,  oben  in  einen  langen  zugespitzten  pyramidenförmigen  Fortsatz  (d) 
ausgezogen  und  auf  seiner  Oberfläche  mit  fünf  Längskanten  versehen:  eine 
mittlere  unpaare  beginnt  erst  unterhalb  des  zugespitzten  oberen  Endes  und 
läuft  in  einen  starken  Zahnfortsatz  um  die  Mündung  der  Schwimmhöhle  aus. 

Zwei  seitliche  Kanten  sind  schon  ganz  oben  vorhanden,  liegen  mehr 
nach  vorne  und  treten  gleichfalls  schliesslich  auf  Zahnfortsätze  über,  so  dass 
drei  Zähne  die  Mündung  des  Schwimmsacks  umstehen.  Zwei  hintere  Kanten 
verlaufen  von  der  pyramidalen  Spitze  auseinander  und  umschliessen  eine  Oeff- 
nung,  die  in  den  Durchlasscanal  führt,  worauf  sie  dicht  zusammentreten,  eine 
kurze  Strecke  weit  verschwinden  und  an  ihrer  Stelle  eine  nahtähnliche  Ver- 
tiefung erscheinen  lassen.  Nach  dieser  Stelle  erscheint  nach  abwärts  eine 
langgezogene  Vertiefung  (Fig.  25.  c),  die  wieder  von  zwei  Längskanten  um- 
grenzt ist  und  mit  zwei  stark  gegen  einander  geneigten  Zacken  endet.  Zwi- 
schen diesen  liegt  ein  tiefgehender,  am  Ende  ausgerundeter  Einschnitt,  dei- 
che untere  Oeffnung  des  Durchlasscanals  zum  Theil  mit  bilden  hilft.  Der 
Durchlasscanal  ist  nicht  seiner  ganzen  Länge  nach  geschlossen,  wie  es  den 
Anschein  haben  möchte,  wenn  man  das  Schwimmstück  ohne  nähere  Prüfung 
betrachtet,  vielmehr  zeigt  sich  aus  dem  ausgerundeten  Einschnitte  eine  Spalte 
fortverlaufend,  die  bis  zu  der  nahtähnlichen  Stelle  verfolgt  werden  kann.  j\ur 
hier  ist  durch  Verschmelzung  zweier  von  der  Seite  her  gegen  einander  ge- 
neigter Lamellen  ein  wirklicher  Verschluss  zu  Stande  gekommen.  Die  Spalte 
der  Canaldecke  verläuft  ganz  unsymmetrisch,  sie  beginnt  links,  läuft  dann 
mehr  rechts,  um  von  da  zur  Mitte  einzulenken.  Wäre  sie  nicht  an  zwei 
sonst  wohlerhaltenen  Exemplaren  gleich  vorhanden  gewesen,  so  hätte  ich  sie 
eher  als  durch  ein  Messer  hervorgebracht  ansehen  müssen. 

Die  Sculptur  der  Schwimmsackmündung  schliesst  sich  im  allgemeinen 
an  jene  des  vorderen  Schwimmstücks  an.  Die  drei  oben  beschriebenen  Za- 
cken, an  ihrer  Basis  vereinigt,  umstehen  die  Oeffnung,  und  von  hinten  ragt 
das  Ende  des  Schwimnistücks  als  eine  breite,  zierlich  ausgeschnittene  und 
gewölbte  Wand  (Fig.  25.  c)  gegen  die  Mündung  vor. 

WTas  endlich  den  Stamm  angeht,    den  ich  an  zwei  Colonien,    contrahirt 


Nene  Beiträge  zur  näheren  Kennttviss  der  Siphonophorert.  369 

zwar,  allein  sonst  gut  erhalten  traf,  so  muss  dieser  eine  beträchtliche  Länge 
besitzen,  da  von  den  der  Dipln/es  zukommenden  Sprossengebilden  Gruppen 
auf  Gruppen  in  dichter  Reihe  sich  folgten.  Doch  sind  auch  hier,  wie  bei  al- 
len Siphonophoren ,  die  jüngsten  und  kleinsten  Gebilde  dem  Anfangstheile  des 
Stammes  zunächst,  die  älteren  am  Ende,  so  dass  die  von  vorne  herein  schon 
unwahrscheinlichen  Angaben  und  Zeichnungen  von  (Juoy  und  Gaimard, 
nach  welchen  diese  Verhältnisse  umgekehrt  sein  sollen,  nunmehr  directe  Wi- 
derlegung erfahren  können. 

Die  Deckstüqke,  welche  obige  Forscher  glockenförmig  angeben,  bestehen 
aus  einer  trichterförmig  zusammengerollten  zarten  Lamelle,  die  an  ihrem  freien 
I lande  mil  zwei  Zacken  versehen  ist.  Sie  sind  ganz  nach  Art,  wie  von  mir 
bei  l)ii>h.  turgida  beschrieben  ist.  an  den  Stamm  befestigt,  Die  Mägen  und 
Fangiaden  machen  bei  ihrer  Uebereinstimmung  mit  andern  Diphyiden  eine 
nähere  Beschreibung  überflüssig. 

Die  Geschlechtsknospe  wurde  hei  den  meisten  älteren  Gruppen  gesehen, 
befand  sich  jedoch  selbst  liier  auf  einer  niederen  Entwicklungsstufe,  so  dass 
ich  über  ihre  vollkommene  Form  keine  Angaben  machen  kann. 

Als  Fundort  der  untersuchten  Exemplare  war  33°  N.B.,  40°  W.L.  und 
38°N.B.,  34°  W.L.  angegeben. 

D I P  H  Y  E  S    STEENSTRUPI    n.  sp. 

(Figg.  27  —  29.). 

Wenn  man  von  dem  viel  schlankeren  Habitus  der  beiden  Schwimmstü- 
cke absieht,  so  könnte  diese  Art  namentlich  mit  Hinsicht  auf  die  Sculptur 
der  Schwimmmündung  leicht  für  eine  jüngere  Form  der  vorigen  Art  ange- 
sehen werden,  wenn  nicht  durch  eine  genaue  Veigleiehung  genügende  Dif- 
ferenzpunkte  sich  aufstellen  Hessen,  -So  glaube  ich  die  Selbständigkeil  dieser 
neuen  Art  hinreichend  zu  begründen. 

Die  beiden  Schwimmstücke  messen  zusammen  1"  —  1"  2'".  wovon  je- 
doch  der  grössere  Theil  auf  das  vordere  Schwimmstück  trifft,  dasselbe  stellt 
eine  vierseitige  langgezogene  Pyramide  vor.  deren  Längskanten  etwas  nach 
Vol.  XXVII.  47 


370  •  Karl  Gegenbaur, 

aussen  zu  gebogen  verlaufen ,  so  dass  der  mittlere  Theil  des  Schwimmstücks 
naeh  aussen  gewölbt  erscbeint.  Der  Grad  dieser  Wölbung  stellt  sieb  naeh 
Vergleichimg  zahlreicher  Exemplare  als  ein  sehr  wechselndes  heraus,  so  dass 
auch  hier  auf  die  allgemeine  Form  wenig  Entscheidendes  bezüglich  der  Dia- 
gnose gebaut  werden  darf,  und  eine  genauere  Prüfung  der  übrigen  Archi- 
tekturverhältnisse  geboten  ist. 

Es  sind  vier,  schon  an  der  Spitze  des  Schwimmstücks  beginnende  Längs- 
kanten vorhanden,  von  denen  drei,  eine  vordere  und  zwei  seitliche,  gerade 
nach  abwärts  treten,  um  auf  che  Aussenfläche  von  drei  breiten,  gegen  die 
Schwimmhöhlenmündung  gebogenen  Zahnen  überzugehen.  Die  Kanten  sowie 
der  Rand  besagter  Zähne  sind  fein  gesägt. 

Eine  anfänglich  ebenfalls  einfache  hintere  Längskante  theilt  sich  früher 
oder  später  in  zwei,  von  denen  che  schmale  Rückseite  umfasst  wird.  Am 
Ende  des  Schwimmstücks  kommen  somit  fünf  Längskanten  zum  Vorschein. 

Die  Aufnahmshöhle  ist  beträchtlich  weit,  ragt  bis  zur  Hälfte  der 
Schwimmstücklänge  empor  und  tritt  mit  ihrer  vorderen  Wand  über  die  Mün- 
dung des  Schwimmsacks  hinaus,  deren  Eingang  sie  durch  eine  von  ihrer 
Mitte  ausgehende  Hervorwölbung  gleich  den  Zähnen  verengert.  Die  Seiten- 
theile  dieser  Wand  sind  flügeiförmig  verbreitert  (Fig.  27.  a)  und  sind  eben- 
falls nach  vorne,  aber  auch  dabei  nach  aussen  gerichtet.  Von  der  gegen 
die  Schwimmsackmündung  gerichteten  Fläche  erhebt  sich  eine  gezähnelte 
senkrechte  Kante ,  während  D.  eämpamdifera  dort  nur  eine  glatte  Fläche  besitzt. 

Der  Schwimmsack  ist  schlank,  zugespitzt  und  reicht  bis  nahe  an  das 
vordere  Ende  des  Schwimmstücks,  bis  wohin  er  von  dem  langen  dünnen 
Saftbehälter  begleitet  wird. 

Die  Gefässe  verbreiten  sich  von  dem  am  Ende  der  Aufnahmshöhle  nach 
der  Schwimmsackmündung  verlaufenden  Hauptcanale  in  der  Art  am  Schwimm- 
sacke, dass  ein  mittlerer,  hinterer  gerade  bis  zum  spitzen  Ende  des  Schwimm- 
sacks emporsteigt  und  dann  abwärts  parallel  mit  der  vorderen  Längsfirste 
zu  dem  Ringcanale  tritt.  Zwei  seitliche  formiren  eine  -£-  der  Schwimmsack- 
länge durchlaufende  Schlinge.     Ein   viertes  Gefäss  wurde   zwar   nicht  direcl 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntnisa  der  Siphonophoren.  371 

gesehen,  geht  aber  wohl  als  kürzestes  vom  Ende  des  Hauptcanals  und  so- 
gleich zum  näheren  Rfflgcanale. 

Das  untere  Schwimmstück  ist  ebenfalls  fünfkantig,  aber  in  einen  lan- 
gen dünnen  Stiel  ausgezogen,  unten  mit  ähnlicher  Sculplur  versehen  wie  das 
obere.  Eine  vordere  initiiere  Liii»-skante  beginnt  erst  am  unteren  Drittheile. 
Zwei  seitliche  beginnen  weiter  oben  und  sind  schon  au  dem  Fortsatze  ange- 
deutet-.  sie  Linien  ;ui  der  Seliwimmsaekmündung,  wie  die  vorderen  Kanten. 
in  breite  eingebogene  Zahne  aus.  Endlich  sind  noch  zwei  hintere  Läm;s- 
kauten  vorhanden,  welche  in  last  parallelem  Verlaufe  die  hintere  schmälste 
Fläcbe  einsebliessen.  Die  eine  Hälfte  des  Schwimmstücks  wird  vom  Schwimm- 
sack  eingenommen,  die  andere  von  dem  Canale  —  dem  Durchlasse  des  Stam- 
mes —  durchzogen.  Dieser  beginnt  oben  mit  einer  ovalen  Oeffnung,  läuft 
parallel  mit  dem  Schwimmsacke  nach  unten  und  öffnet  sich  daselbst,  von 
der  Schwinimsackmündung  durch  zwei  lange  bogenförmig  mit  einander  ver- 
bundene Zacken  (Fig.  28.  a.  «)  getrennt,  Diese  Oeffnung  wird  noch  durch 
einen  auf  der  hinteren  Flüche  der  Wandung  befindlichen  Ausschnitt  be- 
trächtlich vergrössert,  wie  dies  auch  bei  Diph.  campamlifera  Q.  &  Gl.  der  Fall 
ist.  allein  in  allem  Detail  sind  beide  liier  nicht  unbedeutend  verschieden. 
Namentlich  ist  es  die  sanfte  Ausrundung  aller  diese  Oeffnung  begrenzenden 
Vorsprünge  und  ausserdem  der  geradlinige  Uebergang  der  seitlichen  Han- 
der der  letzteren  in  die  vorhin  erwähnten  Endzacken,  wodurch  bei  der  Be- 
ständigkeit dieses  Verhaltens  bedeutendere  Sculpturdifferenzen  von  der  ver- 
wandten Art  entstellen.  Sehr  häufig  traf  ich  Stöcke,  bei  denen  das  hintere 
Schwimmstück  so  klein  war,  dass  es  kaum  aus  der  Aufnahmshöhle  heraus- 
ragte; die  Form  dieser  Stücke  hatte  nichts  abweichendes  von  den  erwachse- 
nen.    Es  waren  wohl  neugebildete  Ersatzstücke. 

Am  Stamme  findet  man  die  Sprossenhildungen  auf  allen  Stadien,  und 
besonders  sind  die  Deckstücke  durch  ihre  frühe  Ausbildung  auflallend;  Sie 
zeigen  schon  bei  der  vierten,  fünften  Gruppe  deutlich  die  vollendete  Gestalt. 
In  dieser  erscheinen  sie  als  eine  trichterförmige,  mit  ihrem  Rande  nur  weiter 
oben  übergreifende  Lamelle,    die  wenig   unterhalb  ihres  engsten  Abschnittes 

47* 


372  Karl  Gegenbaur, 

den  Stamm  mit  einem  Wulste  ringförmig-  umfasst.  An  der  weiten  Oefmung 
des  Trichters  ist  der  Rand  mit  einem  Ausschnitte  versehen,  durch  den  die 
Entstehung  eines  zahnartigen  Fortsatzes  bedingt  wird. 

Die  zur  Untersuchung  verwendeten  Exemplare  waren  mit  14°  — 7°  IV.  B. 
19°  — 16°  W.L.,  ferner  2°  S.B.  2G°  W.L.  bezeichnet. 

D I P  H  Y  E  S   S  A  R  S  1 1    n.  sp. 

(Figg.  30.  31.) 

Die  grosse  Aehnlichkeit,  welche  beide  Schwimmstücke  dieser  neuen  Art 
sowohl  mit  der  von  mir*)  beschriebenen  1).  turgida  als  mit  der  durch  Sars**) 
bekannt  gewordenen  D.  biloba  haben,  möchte  leicht  zur  Annahme  einer  Iden- 
tität verführen.  Namentlich  ist  es  Diphyes  biloba,  mit  der  die  äussere  Gestalt 
der  Schwimmstücke  übereinstimmt. 

Das  vordere  Schwimmstück  (Fig.  30.  .4)  ist  vorn  entweder  stumpf  oder 
nur  mit  einer  ganz  kurzen  Spitze  versehen,  die  vordere  mittlere  Längskante  nur 
wenig  ausgesprochen,  che  beiden  seitlichen  sind  etwa  auf  der  Mitte  der  Seiten- 
fläche angebracht,  also  viel  weiter  nach  hinten  als  bei  den  oben  beschriebenen 
Arten  und  bei  11  turgida ;  dagegen  trifft  ihre  Lage  fast  genau  mit  jener  bei  D. 
biloba  überein.  Die  hintere  Kante  theilt  sich  schon  über  der  Hälfte  der  Höhe 
des  Schwimmstücks  in  zwei,  die  dann  fast  parallel  mit  einander  herablaulen. 

Der  Schwimmsack  füllt  fast  den  gesammten  Körper  des  Schwimmstücks 
aus,  so  dass  die  hyalinen  Wandungen  des  letzteren  überall  nur  dünn  sind, 
wodurch  ein  Zusammenfallen  der  conservirten  Exemplare  bedingt  wird.  Die 
Mündung  des  Schwimmsacks  ist  an  ihrem  vorderen  Theile  glatt,  ohne  Vor- 
spränge und  steht  etwas  schräg  auf  der  Längenachse.  Von  Dijih.  turgida  und 
biloba  unterscheidet  sich  der  Schwimmsack  durch  den  Mangel  der  bei  jener 
über  der  Mündung  befindlichen  Einschnürung. 

Die  Gefässvertheilung  ist  eigentümlich.  Von  dem  kurzen,  dicht  an  der 
Mündung  zum  Schwimmsack  tretenden  Hauptcanale  geht  erstlich  ein  mittlerer 

*)  Zeitschr.  f.  wiss.  Zoologie  Bd.  V.  S.  412. 
**)  Fauna  littoralis  Nqrvegiae.     Heft  1.      1846. 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntnis*  der  Siphonophoren.  373 

anpaarer  gerade  nach  oben  zur  Spitze  des  Sacks  und  verläuft  von  da  in  der 

Medianlinie  nach  abwärts.  Zwei  seitliche  Gelasse  steigen  etwas  diveigirend 
ebenfalls  nach  oben  bis  zur  halben  Höhe  des  Sacks  und  (heilen  sich  hier  je 
in  zwei  Aeste,  von  denen  der  eine  gerade  Dach  unten  tritt  und  ziemlich 
weit  nach  hinten  in  den  RangcanaJ  mündet,  während  der  andere  Ast  nach 
aufwärts  steigt  uud  erst  nahe  an  der  Spitze  des  Schwimmsacks  umbiegt,  um 
gleichfalls  mit  dem  Ringgefässe  sich  zu  vereinigen.  Ob  noch  ein  ferneres, 
kürzestes  (iefäss  vom  Hauptstamme  aus  sogleich  nach  unten  zum  Ringcanale 
abgeht,  kann  ich  nicht  mit  (Jewissheit  angeben.  So  scheint  der  Verlauf  bei 
mehreren  Exemplaren,  während  aber  eine  genauere  und  ausgedehntere  Prü- 
fung zeigt,  dass  die  angeführten  Anfangstheile  der  Seitengefässe  nur  einen 
sieb  mit  dem  der  andern  Seite  hinten  und  unten  verbindenden  Ast  ausmachten, 
wo  hingegen  dann  der  nach  der  Tbeilung  nach  unten  tretende  Ast  als  der 
Stamm  des  Seitengefässcs  sieb  darstellt.  Es  ist  dies  also  dasselbe  Verhalten, 
wie  es  auch  bei  D.  quadrivalvis  sieb  findet. 

Eine  Insertionshüble  ist  nicht  vorbanden,  wenn  man  nicht  zwei  flache 
Zacken,  die  jederseits  vor  einer  an  der  Insertionsfläche  befindlichen  Erhabenheit 
gelegen  sind,  als  das  Rudiment  der  Wandung  einer  solchen  betrachten  will;  aber 
ebensowenig  wird  das  vordere  Schwimmstück  vom  hinteren  umfasst,  indem  die 
beiden  am  hinteren  Schwimmstück  nach  hinten  vorstehenden  Lamellen  ihren 
oberen  Rand  genau  in  einer  Flucht  mit  der  Oberfläche  dieses  Schwimmstücks 
erscheinen  lassen.  Zwischen  der  Insertionsfläche  und  der  Schwimmsackmün- 
dung ragen,  wie  bei  D.  biloba,  zwei  am  Rande  abgerundete  Lappen  vor,  die 
sich  gegen  die  letztere  vorlegen. 

Der  Saftbehälter  erscheint  nur  als  ein  kurzes,  dünn  gestieltes  elliptisches 
oder  keulenförmiges  Bläschen,  dessen  Länge  kaum  den  vierten  Tbeil  der 
Schwimmstücklänge  beträgt. 

Das  u  u  t  e  re  Schwimmstück  (Eig.  30.Z?)  kommt  an  Länge  dem  vorderen 
gleich.  Es  ist  cylindrisch,  in  der  Mitte  wenig  bauchig  erweitert.  Seine  vordere 
Fläche  ist  abgerundet  und  wird  erst  auf  der  Seite  von  zwei  Längskanten 
begrenzt,    die  aber  weit  nach  vorne  gerückt  sind.     Die   beiden  Seitenflächen 


374  Karl  Gegenbaur, 

gehen  nach  hinten  auf  zwei  besonders  oben  entwickelte  Lamelle  über,  die 
sich  etwas  gegen  einander  neigen  und  so  einen  von  der  hinteren  Fläche  ge- 
bildeten Halbcanal  seitlich  begrenzen.  Sowohl  diese  beiden  Lamellen  als  auch 
die  Aushöhlung  der  hinteren  Fläche  verlieren  sich  in  der  unteren  Hälfte  des 
Schwimmstücks,  so  dass  daselbst  die  hintere  Fläche  völlig  plan  erscheint. 
Die  obere  oder  Insertionsfläche  ist  eben  und  von  vorne  nach  hinten  geneigt. 

Die  untere,  die  Schwimmsackmündung  tragende  Fläche  entbehrt  der 
Zähne  und  wird  hinten  von  einer  zweilappigen  Verlängerung  der  Unteren 
Fläche  überragt. 

Der  Schwimmsack  ist  fast  cylindrisch,  oben  stumpf,  mit  einer  nach  hin- 
ten geneigten  Fläche,  zu  der  der  S förmig  gebogene  Hauptcanal  tritt  und  an 
ihrem  hinteren  Ende  in  vier  Gefässe  sich  theilt.  Ein  hinteres  läuft  gerade 
nach  unten,  ein  vorderes  steigt  erst  über  die  Kuppel  des  Schwimmsacks  hin- 
weg, und  tritt  dann  ebenfalls  nach  unten;  die  beiden  seitlichen  beschreiben 
erst  eine  über  die  halbe  Länge  des  Sacks  hinausgehende  Schleife,  dann  eine 
zweite  nach  oben  gerichtete,  deren  Ende  auf  die  Kuppel  des  Schwimmsacks 
reicht,  und  verlaufen  dann  erst,  den  beiden  Seitenkanten  entsprechend,  zum 
unteren  Ende  an  das  Piinggefäss.  Bei  Diph.  lurgida,  welches  am  unteren 
Schwimmst  üek  eine  ähnliche  Anordnung  zeigt,  verläuft  die  eine,  nach  ab- 
wärts gerichtete  Schlinge  der  seitlichen  Gefässe  viel  weiter  nach  unten. 

Am  Stamme  wurde  bezüglich  der  von  ihm  entspringenden  Sprossea- 
gebilde  vielfache  Uebereinstimmung  mit  der  früher  von  mir  beschriebenen  D. 
turgida  angetroffen.  Sowohl  che  Deckstücke  (Fig.  31.  />)  besitzen  eine  ähnliche 
Gestalt  und  Befestigungsweise,  wie  auch  die  Mägen  und  Fangfäden,  und 
endlich  verhalten  sich  die  Geschlechtsgemmen  nach  wiederholten  Beobach- 
tungen gleichfalls  in  Uebereinstimmung  mit  jener  Art,  alternirend  je  mit  ei- 
ner feinkörnigen  Masse  und  einem  grosszelligen  Inhalte  gefüllt,  die  sich  als 
Samen  und  Eier  deuten  lassen.  Ich  brauche  nicht  besonders  hervorzuheben, 
dass  die  Deutung  jener  mit  grossen  Zellen  erfüllten  Gemmen  als  weibliche 
nicht  sehr  schwierig  ist,  und  dass  durch  ihr  Vorkommen  zwischen  solchen 
Gemmen,  die  nur  feingranulären  Inhalt  hatten,  die  Deutung  der  ganzen  Co- 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntniss  der  Siphowphoren.  .*17f> 

lonie  als  eine  hemaphroditisehe  sieh  ableiten  musste.  Selbst  an  den  ältesten 
Geschlechtsgemmen  war  die  äussere  hyaline  Mantelumhüllung  ganz  wie  bei 
/>.  turgida  dem  Geschlechtskolben  eng  anliegend,  es  wird  daher  auch  hier 
keine  Entwickelung  des  Mantels  zu  einer  Sehwimmglocke  zu  Stande  kom- 
men, somit  die  Ablösung  der  Gruppen  und  deren  Individualisirung  zu  Eu- 
doxien  nicht  wohl  möglieh  sein.  Darauf  weist  auch  die  Gestalt  der  Deck- 
stücke hin  (Fig.  31.  6),  die,  wie  bei  jenen  der  I).  turgida,  aus  einer  trichter- 
förmig zusammengerollten,  am  engeren  Theile  den  Stamm  (Fig.  31.  a.  a)  iim- 
(assenden  Lamelle  bestehen,  und  von  den  Schwimmstücken  der  ebengenann- 
ten Art  nur  durch  die  feineren  Sculpturverhältnisse  verschieden  sind.  Anstatt 
nemlich  mit  zwei  zackigen  Vorsprüngen  versehen  zu  sein,  ist  nur  ein  ein- 
ziger vorhanden,  und  dieser  ist  nahe  an  der  Mitte  des  freien  Randes  ange- 
bracht, mit  seiner  einen  Begrenzungslinie  continuirlich  in  den  übrigen  Rand 
überlebend,  mit  der  anderen  dagegen  in  stumpfem  Winkel  vom  übrigen 
Rande  abgesetzt.  Diese  Form  zeigt  in  den  einzelnen  Deckstücken  nur  we- 
nige Modifikationen.  Durch  die  Deckstücke  wäre  somit  eine  Verschiedenheit 
von  I).  turgida  wie  von  1).  biloba  begründet,  wie  nicht  minder  von  der  sonst 
gleichfalls  nahe  stehenden  I).  truncata  Sars.  Von  ersteren  unterscheidet  ausser- 
dem noch  der  Gefäss verlauf  am  vorderen  Schwimmstücke,  sowie  die  Sculptu- 
ren  der  an  der  Schwimmsackmündung  vorstehenden  Platten,  die  mehr  im 
Ai^cblusse  an   I).  biloba  sind. 

Fundort:    Grönländische  Küste. 

DIPHYES   ACÜMINATA    Lt. 

(Fig.  22.) 

Ungeachtet  der  genauen  Beschreibung,  die  uns  Leuekart  von  diesen 
Thieren  gab,  bin  ich  doch  mit  Hinblick  auf  eine  möglichst  sichere  Feststel- 
lung der  Arten  veranlasst,  auf  einiges,  namentlich  (he  Architektur  in  beiden 
Schwimmslücken  betreuendes,  einzugehen. 

Beide  Schwimmstücke,  welche  zusammen  eine  Länge  von  5 — 10'"  be- 
sitzen,  sind  ziemlich  fest  mit  einander  verbunden,    und   erscheinen  je   nach 


376  Karl  Gegenbaur, 

dem  Contractionszustande ,  in  dem  sich  die  Schwimmsäcke  befinden,  jeder  in 
seiner  Mitte  etwas  gewölbt,  was  besonders  am  vorderen  Schwimmstücke  oft 
so  hervortritt,  dass  man  zwei  in  den  extremen  Zuständen  befindliche  Exem- 
plare ohne  g-enauere  Untersuchung-  leicht  für  verschiedene  Arten  zu  halten  ver- 
führt sein  möchte. 

Das  vordere  Schwimmstück  erscheint  mir  als  eine  ungleich  viersei- 
tige Pyramide,  die  unten  noch  mit  einem  kurzen,  die  Schwimmmündung  über- 
ragenden, schräg  nach  hinten  und  oben  abgestutzten  Ansätze  versehen  ist.  Die 
Vorderfläche  des  Schwimmstücks  ist  stark  gewölbt  und  setzt  sich  ziemlich  weit 
auf  die  seitlichen  Partien  fort,  wo  sie  Längskanten  begrenzen.  Diese  Längs- 
kanten entspringen  niemals  von  der  Spitze,  sondern  stets  etwas  unterhalb  der- 
selben, meist  in  gleicher  Höhe  mit  dem  Ende  des  Schwimmsacks;  von  dort  aus 
verlaufen  sie  dann  gerade  nach  abwärts  und  enden  an  der  Seite  der  Schwimm- 
sackmündung.  Bei  der  Untersuchung  von  mehr  als  30  Exemplaren  fand  ich 
auch,  dass  eine  an  Länge  variable  Längskante  vorkommt,  die  bald  an  der 
halben  Länge  des  Schwimmstücks,  bald  am  unteren  Drittel  bemerkbar  wird,  in 
den  meisten  Fidlen  ist  sie  aber  nur  eine  ganz  kurze  Strecke  weit  von  der 
Schwimmsackmündung  vorhanden,  immer  jedoch  je  weiter  nach  unten  desto 
deutlicher  markirt. 

Die  beiden  Seitenflächen  sind  die  breitesten  und  laufen  continuirlich  auf 
den  unteren  Ansatz  fort,  bilden  noch  eine  den  Winkel  zwischen  Schwimmsack- 
mündung und  der  Vorderwand  dieses  Ansatzes  mit  ausgeschweiftem  Rande 
überragende  Lamelle,  die  nach  vorne  zu  bis  zum  Ende  der  Seitenkante  reicht. 
Ich  habe  diese  Bildung  wenigstens  ihrer  Form  nach  constant  angetroffen,  nur 
die  Grössenverhältnisse  sind  schwankend.  Auch  vorne  wird  die  Schwimm- 
sackmündung überragt,  und  das  Ende  der  unpaaren  Mittelkante  formirt  häufig 
einen  zahnartig  geraden  oder  eingebogenen  Fortsatz  (vergl.  Fig.  22.  a).  Eine 
unansehnliche  Kante  ist  auch  auf  dieser  Seitenfläche  bemerkbar,  sie  beginnt 
weit  oben  (oder  schon  an  der  Spitze)  und  läuft  gerade  auf  die  vordere  Kante 
des  Ansatzes  zu,  die  als  ihre  Verlängerung  erscheint;  dadurch  werden  auch 
die  Seitenflächen  in  zwei  Hälften  geschieden.    Die  beiden  die  Seitenflächen  nach 


New  Beiträge  :ur  näheren  Kenntniss  der  Siphonophoren.  377 

hinten  begrenzenden  und  die  Rückfläche  seitlich  umscldiessenden  Längskanten 
heginnen  schon  an  der  Spitze,  wo  sie  entweder  bogenförmig  in  einander  über- 
gehen (was  bei  mehr  stumpf  endenden  Schwimmstückformen  der  Fall  ist)  oder 
in  scharfen  Spitzen  zusammenlaufen.  Das  vordere  Ende  des  Schwimmstücks 
erscheint  daher  immer  nur  zweikantig,  wenn  man  die  vordere  stark  gewölbte 
Fläche  desselben  nicht  auch  als  eine  Kante  ansehen  will. 

Die  Duck  däche  ist  etwa  lanzettförmig  gestaltet,  oben  zugespitzt,  gegen  die 
Mitte  ihrer  Länge  zu  am  breitesten  und  dann  weiter  unten  wieder  etwas  schmä- 
ler werdend,  bis  sie  sich  am  Ende  des  Ansatzes  wiederum  verbreitert  und  mit 
etwas  bogenförmig  ausgeschnittener  (Juerkante  geendigt  ist.  Der  Schwimm- 
sack ahmt  im  Ganzen  die  Form  des  Schwimmstücks  nach ,  da  er  mit  Ausnahme 
an  der  Dückseite  überall  nur  von  einer  dünnen  Schicht  der  Hyalinsubstanz 
überzogen  wird.  Die  Vertheüung  der  Gefässe  auf  ihm  ist  mir  bei  keinem  der 
untersuchten  zahlreichen  Exemplare  deutlich  sichtbar  gewesen. 

Ausserdem  birgt  das  Schwimmstück  noch  eine  Höhle  im  Ansätze  und  den 
Flüssigkeitsbehälter.  Der  letztere  scheint  sehr  an  seiner  Form  zu  variiren  und  wenn 
ihn  Leuckart  an  beiden  Enden  röhrenartig  verlängert  angibt,  so  bezieht  sich 
dies  nur  auf  einzelne  Exemplare,  während  er  bei  ebenso  vielen  cylindrisch  oben 
und  unten  abgerundet  oder  auch  in  der  Mitte  bauchig  aufgetrieben  vorkommt. 
Er  erstreckt  sich  etwa  bis  zum  oberen  V7iertheile  der  Schwimmsacklänge,  endet 
aber  noch  öfters  über  oder  unter  dieser  Grenze.  Durch  einen  dünnen,  zuwei- 
len ^förmig  gebogenen  Verbindungscanal  communicirt  er  mit  dem  im  Grunde 
der  Insertionshöhle  hegenden  Stammesende. 

Die  Insertionscavität  beginnt  mit  viereckiger  Oeffnung  an  der  Basalseite  des 
Ansatzes  und  setzt  sich  entweder  stumpf  konisch  oder  auch  mit  nach  rückwärts 
gewendeter  Spitze  ins  Innere  des  Schwimmstücks  fort,  wo  sie  etwas  über  dem 
Niveau  der  Schwimmsackmündung  endet. 

Die  vordere,  gegen  die  Schwimmsackmündung  gerichtete  Fläche  dieses 
Ansatzes  besitzt  in  der  Mitte  eine  tiefe  Längsspalte,  so  dass  sie  wie  aus  zwei 
Thürllügelu  zusammengesetzt  ist.  Der  untere  freie  Rand  ist  ausgeschnitten, 
Vol.  XXVII.  48 


378  Karl  Gegenbaur. 

besitzt,  nun  einen  kurzen  Zahn  und  bildet,  aussen  mit  der  Seitenwand  an  der 
vorderen  Längskante  des  Aufsatzes  zusammentreffend ,  eine  starke  Zacke  (Fig. 
22-c)*). 

Das  untere  Schwimmstück  stellt  eine  vierkantige  Säule  vor,  deren 
Seitenflächen  dann  doppelt  so  breit  sind  als  die  vordere  oder  hintere.  Oben 
trägt  diese  Säule  einen  pyramidalen  Fortsatz  —  den  Stiel,  der  sie  dem  vorde- 
ren Schwimmstück  inserirt,  —  unten  endet  sie  mit  zwei  langen  Zacken,  vor 
welchen  auf  rechtwinklig  zur  Längsachse  stehender  Fläche  die  Schwimmsack- 
mündung angebracht  ist. 

Was  den  Haupttheil,  den  eigentlichen  Körper  des  Schwimmstücks,  angeht, 
so  zeigt  dieser  auf  seiner  vorderen  Seite  eine  etwas  gebogene  Querkante .  die 
Grenze  des  pyramidalen  Aufsatzes.  Von  den  beiden  Enden  dieser  Quer- 
kante laufen  erst  bogenförmig  convergirend ,  dann  parallel  miteinander  zwei 
Kanten  nach  abwärts,  durch  welche  die  in  der  Nähe  der  Schwimmsackmündung 
durch  eine  mittlere  Längskante  wieder  in  zwei  Hälften  geschiedene  Vorderfläche 
begrenzt  wird.  Es  verhält  sich  diese  Längskante  wie  jene,  die  auch  am  oberen 
Schwimmstücke  beschrieben  wird.  Sie  ist  wenig  beständig,  sowohl  was  Länge 
als  Stärke  betrifft,  doch  ist  sie  nicht  minder  im  allgemeinen  Plane  der  Schwimm- 
stücksculptur  begründet  wie  die  anderen  deutlicher  ausgeprägten.  —  Die  bei- 
den Seitenkanten  verlieren  sich  nicht  selten  vor  dem  Ende  des  Schwimmstücks, 
in  welchem  Falle  dann  die  Mittelkante  immer  am  deutlichsten  war. 

Die  beiden  breiten  Seitenflächen  beginnen  schon  oben  auf  dem  Ansätze, 
wölben  sich  auf  dem  oberen  Theile  des  Körpers  des  Schwimmstücks,  begren- 
zen unten  und  vorne  die  seitlichen  Partien  der  Schwimmsackmündung,  unten 
und  hinten  aber  stellen  sie  zwei  fast  beständig  ungleich  grosse  Zacken  dar,  die 


*)  In  Folge  dieser  bei  D.  acuminata  von  Leuckart  nicht  erwähnten  Sculpturverhält- 
nisse  dürfte  es  vielleicht  zweifelhaft  sein,  ob  die  mir  vorliegende  Art  wirklich  mit 
der  Leuckart' sehen  zusammengehöre.  Ich  bekenne,  dass  auch  ich  diese  Zweifel 
so  lange  hegte,  bis  ich  mich  an  mehreren  mir  von  Hrn.  Prof.  Leuckart  gütigst 
überlassenen  Originalexemplaren  der  D.  acuminata  von  der  totalen  Uebereinstimmung 
zur  Genüge  überzeugt  hatte. 


Neue  Beitrag?  zur  näheren   Kennt  niss  der  Siphonophnren.  379 

unter  einander  durch  eine  bogig-  ausgeschnittene  Lamelle  verbunden  werden. 
Auch  auf  dieser  Seitenfläche  bemerkt  man  noch  je  eine  schwache  Längskante, 
welche  sie  in  zwei  Hälften  (heilt;  die  vordere  Hälfte  gehört  jenem  Theile  an,  in 
welchem  der  Schwimmsack  liegt;  die  hintere  Hälfte  bildet  die  Seitenwand  für 
den  hinter  dem  Schwimmsack  verlaufenden,  das  Schwimmstück  durchsetzenden 
Durchlasscanal. 

Das  Verhallen  der  beiden  Endzacken,  ihre  Verbindung  untereinander  und 
mit  dem  Hände  der  Schwimmsackmündung,  ähnlich  wie  dies  am  oberen 
Schwimmstücke  sich  trifft,  ist  am  besten  in  der  Abbildung  nachzusehen. 

Die  hintere  Wand  des  Schwimmstücks  ist  plan,  und  wie  es  den  Anschein 
hatte,  überall  gleich  breit.  Sic  beginnt  oben  in  gleicher  Höhe  mit  der  die  Vor- 
derwand abgrenzenden  Querkante  und  zeigt  unten  einen  breiten,  fast  recht- 
eckigen Ausschnitt,  durch  welchen  die  zwischen  den  Endzacken  gelegene  un- 
tere Mündung  des  Durchlasses  nach  hinten  zu  vergrössert  wird.  Zwischen  dem 
Ausschnitte  und  den  Zacken  läuft  die  hintere  Seitenkante  auf  einem  kurzen 
Zahne  aus. 

Der  pyramidale  Aufsatz  ist  asymmetrisch.  Es  zeigt  sich  an  ihm  nem- 
lich  seine  linke  hintere  Kante  in  eine  Platte  ausgezogen,  che  flügeiförmig  vor- 
steht und  noch  auf  die  Seite  des  Schwimmstücks  eine  kurze  Strecke  weit  weg 
verläuft.  Von  dem  spitzen  Ende  des  Aufsatzes  bis  weit  herab  setzt  sich  ein 
Canal  fort,  der  zum  Schwimmsacke  tritt  und  dort  die  Gefässe  an  selben  aus- 
sendet. Ergeht  niemals  zum  Grunde  des  Schwimmsacks,  sondern  immer  et- 
was hinter  demselben. 

Ueber  den  Verlauf  der  Gefässe  habe  ich  auch  liier  keine  Beobachtungen 
machen  können ,  da  die  Mehrzahl  der  Schwimmstücke  mit  einer  völlig  zerstör- 
ten, die  übrigen  mit  einer  mehrfach  zerrissenen  Schwimmhaut  versehen  waren. 


48  * 


380  Karl  Gegenbaur, 

SYSTEMATISCHE  UEBERSICHT  DER  ARTEN  DES  GENUS 

DIPHYES. 

Nach  den  bis  jetzt  vorliegenden  Thatsachen  können  wir  die  Charaktere  der 
Gattung  Diphyes  in  folgender  Weise  feststellen :  Siphonophorenstöcke  mit  zwei 
länglichen  im  Ganzen  gleichgrossen  Schwimmstücken ,  die  so  mit  einander  ver- 
einigt sind,  dass  che  Mündungen  ihrer  Schwimmsäcke  zwar  in  verschiedenen 
Höhen  hegen,  allein  immer  zu  einander  nahebei  parallel  gerichtet  sind.  Das 
eine  Schwimmstück  hegt  daher  bei  der  Ortsbewegung  nach  vorne,  das  andere 
nach  hinten.  Das  vordere  Schwimmstück  ist  immer  zugespitzt.  Die  mannig- 
fachen Sculpturverhältnisse  der  Oberfläche  gehen  in  der  Regel  von  fünf  Längs- 
kanten aus ,  durch  welche  um  die  Schwimnisackmündung  VTorsprünge  gebildet 
werden  können. 

Je  nach  der  Verbindungsweise  beider  Schwimmstücke  und  den  Sculpturen 
der  Schwimmsackmündung  lassen  sich  die  genauer  gekannten  Arten  in  mehrere 
Gruppen  ordnen,  die  ebenso  viele  leicht  unterscheidbare  Abtheilungen  der  Gat- 
tung darstellen. 

A. 
Hinteres  Schwimmstück  dem  vorderen  eingefügt.     Das  letztere  ist  da- 
her unten  mit  einer  Insertionscavität,  das  erstere  dagegen  oben  mit  ei- 
nem stielartigen  Fortsatze  versehen.    Am  hinteren  Schwimmstück  ein 
Durchlasscanal: 

a)  drei  Kanten  laufen  in  den  Mündungen  beider  Schwimmstücke  in 
Zähne  aus: 

1)  D.  campanulifera  Q.  &  G., 

2)  D.  Stcenstrupii  Gbr. ; 

b)  Mündung  des  Schwimmsacks  ohne  Zähne: 

3)  D.  Sieboldii  Köll., 

4)  D.  acuminata  Lt. 

B. 
Hinteres  Schwimmstück  dem  vorderen  angefügt,  entbehrt  eines  voll- 
ständigen Durchlasscanals : 


Neue  Beiträge  zur  näheren   Kenntniss  der  Siphonophoren.  381 

a)  Zahne  an  der  Schwimmsackmündung: 

5)  /).  quadrivalvis*)  Gbr. 

(Galeolaria  ßiformk  delle  Ch.  u.  Lt.) 

b)  ohne  Zähne: 

6)  D.  Kochii**)  Will., 

7)  D.  truncata  Sars, 

8)  D.  biloba  Sars, 

9)  1).  turgida  Gbr., 
10)  D.  Sarsii  Gbr. 


*)  Die  von  Leuckart  (die  Siphonophoren  von  Nizza  S.  33)  aufgeführten  Gründe,  nach 
welchen  diese  Diphyide  eine  eigene  Gattung  repräsentiren  soll,  schienen  mir  nicht 
ausreichend,  weshalb  ich  auch  jetzt  noch  bei  meiner  früheren  Ansicht  beharren  muss 
(vergl.  meine  Beiträge  zur  näheren  Kenntniss  der  Schwimmpolypen  S.  33).  Soll  die 
Sculptur  der  Schwimmsaekmündung  massgebend  sein,  so  müsste  D.  eampanulifrra  und 
1).  Steenstrupii  gleichfalls  ein  neues  Genus  bilden,  und  ebenso  würde  man  neue  Genera 
erhalten,  wenn  man  die  Verbindungsweise,  sowie  den  Gefässverlauf  vorzüglich  beto- 
nen wollte.  Von  diesen  Eigenthümlichkeiten  ist  eine  der  anderen  gleichwerthig,  und 
jede  gewiss  recht  gut  verwendbar  zur  Auflösung  der  Gattung  Diphyes  in  ihre  Arten, 
aber  zu  wenig  prägnant,  einen  Gattungscharakter  davon  abzuleiten. 
**)  Das  untere  Schwimmstück  wurde  von  Will  (Horae  tergestinae  pag.  77)  nicht  beob- 
achtet, so  dass  nur  aus  der  Stellung  des  Saftbehälters  (op.  cit.  Tab.  II.  Fig.  XXII.  ä) 
auf  die  Art  der  Aneinanderfügung  beider  Sehwimnistücke  geschlossen  werden  kann. 
Ein  Theil  des  dort  vorstehenden  Ansatzes  muss  wohl  auf  Rechnung  einer  gegen  die 
Schwimmsackmündung  vorstehenden  Lamelle  gesetzt  werden.  —  Die  kleinen  den 
Längskanten  des  Sehwimmstücks  entsprechenden  Vorsprünge  um  die  Schwimmsaek- 
mündung können  als  gering  entwickelte  Zähne  angesehen  werden;  ähnliche  kommen 
auch  bei  D.  acuminata  Lt.  vor,  sie  erscheinen  aber  unbeständig  und  können  deshalb 
mit  den  stark  ausgebildeten  Zahnvorsprüngen  anderer  Arten  nicht  gut  zusammenge- 
worfen werden.  Immerhin  zeigen  sie  aber,  dass  in  dem  Sculpturverhältnisse  keine 
Gattungsverschiedenheit  zu  erkennen  ist. 


382  Karl  Gegenbaur, 


IL    PHYSOPHORIDEN. 

1.     PHYSOPHORA  HYDROSTATICA  Forskal. 

(Figg.   32  —  42.) 

Von  dieser  Physophoride  liegen  zwei  neuere  Beschreibungen  vor,  von  denen 
wir  die  eine  Kölliker,  die  andere  C.  Vogt  zu  verdanken  haben.  Der  erstere 
glaubt  in  den  untersuchten  Thieren  eine  neue  Art  gefunden  zu  haben  und  nennt 
sie  Ph.  Philippi.  Sie  soll  sich  am  meisten  an  Ph.  disticka  Lcss.  (Ph.  myzonemo)  an- 
schliessen .  aber  von  dieser  durch  die  farblosen  Ovarien,  die  einreihigen  Nessel- 
knöpfe an  den  Fangfäden  und  auch  durch  die  Schwimmglocken  auszeichnen, 
Differenzen,  denen  ich  liier  gar  keinen  Belang  beimessen  kann,  da  einmal  die 
Beschreibung  bei  Le sso n*),  auf  welche  Kölliker  vorzüglich  sich  stützt,  of- 
fenbar nach  der  Rang 'sehen  Zeichnung  gefertigt  ist,  und  derartige  nach  einem 
Bilde  gemachte  Diagnosen  nur  selten  sich  als  stichhaltig  bewähren.  So  könnte 
man  auch  aus  der  Kölliker 'sehen  Zeichnung  eine  doppelte  Reihe  von  Nessel- 
knöpfen ableiten.  Was  die  rothen  Ovarien  angeht,  so  hatLesson  wohl  die 
männlichen  Gesclüechtsorgane  darunter  verstanden.  Die  Ovarien  aller  Sipho- 
nophoren  haben  sich  bis  jetzt  stets  ungefärbt  herausgestellt,  und  von  den  IIo- 
denschläuchen  gibt  Kölliker  selbst  zu,  dass  er  keine  entwickelten  vor  sich 
hatte  und  dass  sie  wohl  noch  gefärbt  werden  würden.  Die  Differenz  der 
Schwimmglocken  endlich  wird  von  Kölliker  nicht  naher  motivirt,  er  führt  nur 
später  an ,  dass  sie  mit  denen  von  Agalma  übereinkämen ,  die  von  Ph.  myzo- 
nema**)  stimmen,  im  allgemeinen  wenigstens,  so  wie  jede  Schwimmglocke  ei- 
ner Physophoride,  mit  denen  der  Agalma  überein.  Es  muss  demzufolge  die 
Ph.  Phüippi  Köll.  für  gleich  mit  Ph,  myzonema  Less.  genommen  werden  ***). 

*)  Acalephen  S.  505. 
**)  Lesson,  Acalephen  PL  9.  Fig.  2.  a. 
***)  Ich  glaube  wohl  hier  auf  den  so  oft  ausser  Acht  gelassenen  Grundsatz,   offene  Beob- 
achtungsmangel Anderer  nicht  zur  Aufstellung  neuer  Gattungen  und  Arten  auszubeu- 
ten, aufmerksam  machen  zu  dürfen. 


Neue  Beiträge  nur  näheren  Keitntniss  der  Siphonophoren.  383 

Die  Ph.  myzoiiema  Lesson's  ist  aber  die  Ph.  hydrostatica  Forskai 's,  der, 
obgleich  nur  ein  verstümmeltes  Exemplar  beobachtend,  doch  in  der  bildlichen 
Darstellung  die  wesentlichen  Verhältnisse  zu  erkennen  gibt.  Dies  hat  auch 
Vogt  gewürdigt,  indem  er  seine  Physopkora  mit  dem  Forskäl'schen  Namen 
belegt  hat.  Von  Leuckart  wird  ebenfalls  die  Ph.  PhiUppi  als  mit  der  Ph.  hy- 
drostatica identisch  angenommen.  Mir  ist  es  auch  wahrscheinlich,  dass  Ph.  fe- 
trasticha  Ph.  hiezu  gehört,  wie  ich  weiter  unten  noch  motiviren  werde. 

Was  delle  Chiaje  unter  Ph  hydrostatica  versteht  und  Lesson,  wie  auch 
sonst  kritiklos  ihm  nachschreibt,  kann  wohl  hier  übergangen  werden. 

Die  Mittheilungen,  die  mir  über  Ph.  hydrostatica  zu  machen  gestattet  sind,  be- 
ziehen sich  auf  mehrere  gut  erhaltene  Exemplare ,  an  denen  mit  Ausnahme  der 
Färbung  sich  alle,  selbst  manche  minutiöse  Theile  gut  studieren  Hessen,  und  die 
Resultate  davon  sind  vielleicht  geeignet,  manche  streitige  Fragen  einer  Lösung 
wenigstens  näher  zu  bringen. 

Der  Stamm  der  Physopkora  hydrostatica,  der  an  seinem  vorderen  Ende  eine 
ovale  oder  mehr  längliche  Luftblase  einschliesst,  ist  schwach  spiral  gewun- 
den, an  seinem  unteren  Ende  blasenartig  erweitert  und  dort  den  verkürzten 
Theil  der  Leibesachse  vorstellend,  der  die  Taster,  Polypenleiber  mit  den  Fang- 
fäden und  die  Geschlechtsorgane  trägt. 

Der  von  dieser  Erweiterung  bis  zur  Luftblase  sich  erstreckende  Abschnitt 
des  Stammes  trägt  die  in  zwei  Reihen  geordneten  Schwimmglocken ,  so  dass  in 
einer  Reihe  in  der  Regel  fünf,  in  der  anderen  vier  sich  linden.  Unterhalb  der 
Schwimmblase  sitzen  noch  einige  junge  Glocken,  und  zwar  die  entwickelteren 
auf  der  Seite,  welche  die  Minderzahl  aufweist. 

Diese  beständige  Vermehrung  der  Schwimmglocken,  sowie  das  häutige 
Abfallen  derselben  lässt  die  Anzahl  derselben  für  die  Charakteristik  von  ganz 
untergeordneter  Bedeutung  erscheinen.  Es  kann  nur  von  einem  beobachteten 
Maximum  die  Rede  sein. 

Die  äussere  Gestalt  der  Schwimmglocken  ist  durch  einige  Fortsätze  der 
hyalinen  Umhüllung  etwas  un regelmässig.  Sie  ist  einem  an  der  Spitze  abge- 
stutzten Herzen  vergleichbar  (Figg.  34.  35).     An  dem  stumpfen  Theile  ist  die 


384  Karl  Gegenbaur. 

kreisförmige  Mündung  des  Schwimmsacks  angebracht  (</),  und  zeigt  sich,  wie 
sonst,  von  einer  Muskelhaut  (Yehtm)  umgeben. 

Der  von  der  Achse  abgewendete  Theil  des  Schwimmsacks  ist  fast  cylin- 
drisch  und  erweitert  sich  nach  hinten  zu  plötzlich  in  zwei  seitliche  Hälften ,  die 
durch  eine  sattelförmige  Vertiefung  des  Grundes  der  Schwimmglocke  von  ein- 
ander getrennt  sind.  Dieselbe  setzt  sich  auch  auf  die  Oberfläche  in  Form  eines 
Einschnittes  fort,  verliert  sich  aber  am  Anfange  des  cylindrischen  Vorderstücks. 
So  erscheint  denn  der  Schwimmsack  fast  dreilappig.  Von  den  beiden  Seiten- 
theilen  ist  der  rechte  etwas  weiter,  beide  sind  zugleich  höher  als  das  Mundstück. 

Die  Gefässe  des  Schwimmsacks  scheinen  von  Kölliker  übersehen  wor- 
den zu  sein,  da  doch  deren  verschiedene  Anordnung  von  denen  der  Ac/alma 
jenem  Forscher  sicher  nicht  entgangen  wäre.  Auch  das.  was  Vogt  davon 
beschrieb,  kann  ich  nicht  als  ausreichend  ansehen.  Ich  finde  vier  Canäle,  die 
am  hinteren  Drittheil  der  Unterfläche  des  Schwinimsacks  (Fig.  34.  c)  ausstrahlen, 
und  zwar  so,  dass  zwei  in  der  Medianlinie  nach  vor-  und  rückwärts  verlaufen, 
zwei  sich  nach  den  Seiten  begeben.  Von  den  ersteren  läuft  der  eine,  nur  we- 
nig geschlängelt,  gerade  nach  vorne  bis  zur  Glockenmündung,  der  andere  steigt 
nach  hinten,  begibt  sich  in  den  Sattel  und  auf  diesem  gleichfalls,  aber  unter 
beträchtlichen  Biegungen,  nach  vorne. 

Die  beiden  seitlichen  Canäle  nehmen  einen  eigenthümlichen  Verlauf.  Fast 
spitzwinklig  nach  hinten  gerichtet,  begeben  sie  sich,  eine  nach  oben  ausbie- 
gende Curve  vorstellend .  auf  die  Seitenwand  der  Lappen  des  Schwimmsacks, 
machen  dort  mehrfache,  aber  regelmässig  sich  findende  Schlängelungen ,  weit 
nach  rückwärts  und  auf  die  Seiten-  und  Oberfläche  tretend,  und  kehren  von 
da  nach  wiederholten  Biegungen  an  das  cylindrische  Stück  des  Schwinimsacks, 
auf  dessen  Seite  sie  zur  Mündung  treten ,  um  sich  mit  den  beiden  anderen  in 
dem  Ringcanal  zu  vereinen.  In  der  Anordnung  der  Seitencanäle  ist  keine  Sym- 
metrie zwischen  rechts  und  links  bezüglich  der  Lage  der  einzelnen  Windungen 
erkennbar,  wodurch  die  Ungleichheit  der  beiden  hinteren  Hälften  des  Schwimm- 
sacks  erklärt  werden  muss.  Die  Canäle  sind  an  eonservirten  Schwimmstücken 
noch  durch  doppelte  wirkliche  Contouren  ausgezeichnet. 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntims  der  Siphonaphoren.  385 

Die  hyaline,  den  Schwimmsack  überkleidende  Hülle  bildet  an  der  Mün- 
dung- einen  unteren  Wulst,  so  dass  eine  Art  Unterlippe  dadurch  nachgeahmt 
wird.  Etwas  nach  links  hinten  setzt  sie  sich  in  eine  abgerundete  Lamelle  fori 
(Fig.  33.  b),  während  sie  dort  rechts  den  etwas  grösseren  Seitenlappen  des 
Schwimmsacks  glatt  überzieht ;  dagegen  bildet  sie  rechts  unten  einen  platten 
Fortsatz,  der  an  den  Stamm  sich  anlegl  und  nach  vorne  zu  in  die  untere  Me- 
dianlinie sich  verlängert.  Dieser  entsprechend  sieht  man  eine  stark  vortretende, 
gegen  die  Mündung  niedriger  werdende  senkrechte  Leiste  (Fig.  33.  r),  die  auch 
in  manchen  Schwimmstücken  als  eine  gewölbt  vortretende  Verdickung  der 
hyalinen  Hülle  erscheint .  und  durch  welche  die  Befestigung  an  den  Stamm  zu 
Stande  kommt.  Eine  von  oben  sichtbare,  im  hinteren  Ausschnitt  vorragende 
Partie  der  Hyahnsuhstanz  theilt  diese  Bedeutung  (Figg.  34.  35.  J).  Sie  ist, 
wenn  auch  nicht  ganz  richtig,  bei  Lesson  (Acal.  PI.  9.  Fig.  2.  a)  abgebildet. 
In  diesem  Fortsatze,  sowie  auch  noch  in  der  mehr  nach  unten  liegenden  Partie 
der  Hülle  liegt  noch  ein  kurzer  Canal,  von  dem  jeder  von  dem  Verbindungs- 
canal  des  Systems  des  Schwimmsacks  mit  der  Stammeshöhe  entspringt  und 
blind  endet.  Es  sind  dies  die  „Mantelgefässe",  die  Leuckart  an  den  Schwimm- 
stücken  von  Agalma  und  auch  von  Hippopodius  beschrieb.  Kolli ker  und 
Vogt  haben  sie  übersehen. 

Die  Art  der  Verbindung  der  Schwimmglocken  mit  dem  Stamme  ist  nicht 
einfach  und  führt  zuerst  zu  einer  Beschreibung  des  Stammes. 

Dieser  stellt,  soweit  er  Schwimmglocken  trägt  (Schwimmsiiulenachse  nach 
kolliker),  einen  drei-  bis  viermal  leicht  spiralig  gedrehten  Cylinder  vor,  wel- 
cher auf  dem  Uuerdurchschnitte  die  Form  eines  Keiles  besitzt,  indem  er  an  einer 
Spitze  etwas  zugeschärft  ist.  Die  dadurch  entstehende  Kante,  welche  bei  den 
Spiralbiegungen  stets  nach  aussen  gerichtet  ist.  d.  b.  auf  der  Wölbung  der  Win- 
dungen verläuft,  macht  die  Biegungen  besonders  deutlich  und  unverkennbar. 

Von  diesem  Verhältnisse  hat  Vogt  zwar  keine  specielle  Erwähnung  ge- 

than,  aber  aus  der  trefflichen  Abbildung  (Taf.  3.  Fig.  1)  ist  solches  ersichtlich; 

Kolliker  dagegen  stellt  die  Achse  fälschlich  als  einen  geraden  Cylinder  vor. — 

Die  scharfe  Kante  des  Stammes  verbreitert  sich  von  Stelle  zu  Stelle  zu  einer 

Vol.  XXVII.  49 


(uj  LIBRARV 
,  *7ass\Qv 


386  Karl  Gegenbaur, 

zwar  nicht  gerade  vorstehenden ,  allein  im  Umbiegen  um  den  Stamm  an  die 
Seite  desselben  sich  anlegenden  Lamelle  (Fig.  33.  /').  Hievon  entspringen  nun 
regelmässig  für  jedes  Schwimmstück  zwei  Fortsätze ,  welche  beide  mit  gemein- 
samem Ursprünge  in  die  an  der  Unterfläche  der  Schwimmstücke  befindliche 
Verdickung  der  Hyalinhülle  treten ;  der  eine  stärkere  liegt  mehr  unterhalb ,  ist 
säbelförmig  gekrümmt  und  endet  stumpf,  in  fast  horizontaler  Lage,  der  andere 
über  diesem  steigt,  unter  allmählicher  Verdünnung  die  bewusste  Schicht  durch- 
setzend, zum  liinteren  Drittheil  des  Schwimmsacks  empor  und  vermittelt  die 
Verbindung  von  dessen  Canalsystem  mit  der  Höhlung  des  Stammes.  An  sei- 
ner Antrittsstelle  beginnt  die  Vertheilung  der  Canäle.  Auch  der  erstere  Fort- 
satz ist  hohl ,  es  scheint  ihm  aber  bei  grösserer  Solidität  mein-  die  Bedeutung 
einer  Stütze  des  Schwimmstücks  zugetheilt  werden  zu  müssen.  Eine  andere 
Verbindung  mit  dem  Stamme  ist  noch  weiter  oben  angedeutet,  indem  der  Mit- 
telfortsatz  der  Hülle  sich  gegen  den  Stamm  lehnt  und  dort  angelöthet  erscheint. 
Doch  ist  mir  der  nähere  Zusammenhang  nie  recht  klar  geworden. 

Aus  dem  Mitgetheilten  geht  hervor,  dass  die  Schwimmstücke  sämmtlich 
auf  einer  Spiraltour  stehen ,  obgleich  sie  zweizeilig  erscheinen ,  dass  also  auch 
hier  das  von  mir  wie  auch  von  Leuckart  schon  früher  hervorgehobene  Gesetz 
herrscht,  welchem  zufolge  die  mehrreihige  Anordnung  (Polystichie)  der  einzelnen 
Theile  an  dem  Stamme  einer  Siphonophorencolonie  nur  eine  Folge  der  Spiral- 
drehung des  Stammes  selbst  ist. 

Eine  Verminderung  der  tue  Spirale  aufrecht  erhaltenden  Spannung  führt 
bei  Physophora  zur  Auflösung  der  Distichie.  Die  Schwimmstücke  werden  mehr 
einzeilig  angeordnet  erscheinen,  sowie  eine  Polystichie  auftreten  wird,  wenn 
die  Spirale  sich  in  engere  Windungen  legt.  Bei  moribunden  Thieren  kann 
leicht  eine  solche  Veränderung  vor  sich  gehen  und  zu  Verwechslungen  Veran- 
lassung geben. 

So  sehe  ich  bei  einem  mir  vorliegenden  Exemplare,  welches  die  Schwimm- 
stücke abgeworfen  hat,  die  Schwimmachse  fast  ganz  gerade  gestreckt  und  in 
dichter  Reihe  die  Befestigungsstellen  der  Schwimmstücke  hinter  einander  liegend, 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntniss  der  Siphonophoren.  .'»87 

und  eben  solches  wird  auch  wohl  von  Philippi*)  beobachtet  sein,  indem  er 
angibt,  dass  an  der  von  den  Schwimmstücken  entblössten  Achse  „an  der  einen 
Seile  eine  am  Rande  gerissene  Hautfalte  sass,  an  welcher  ohne  Zweifel  die 
Sehwimmstüeke  befestigt  waren."  Bei  einem  anderen  Exemplare  mit  erhalte- 
nen Schwimmstücken  sind  diese  so  ausser  Ordnung,  dass  man  mit  geringem 
Phantäsieaufwande  gar  leicht  eine  Tristichie  oder  Tetrastichie  daraus  machen 
könnte.  Die  nähere  Prüfung  zeigt  aber,  wie  durch  eine  leicht  vorzunehmende 
Reposition  die  Distiehie  sich  wiederherstellen  liisst,  die  schon  durch  das  Ver- 
halten der  Zwischenräume  der  lusertionsslellen  auch  theoretisch  sich  aufdrangt. 
Im  oberen  Endstücke  des  Stammes  ist  die  Luftblase  eingeschlossen ,  die  von 
birnformiger  oder  ovaler  Gestalt  erscheint  und  auf  ihrer  Kuppel  einen  braun- 
rothen,  in  der  Mille  intensiv  gefärbten  Fleck  aufweist. 

Das  untere  Ende  der  Schwimmsäulenachse  dehnt  sich ,  gleich  nachdem  die 
letzte  Schwimmglocke  sich  an  ihm  befestigt  hat,  allmählich  in  eine  blasenartige, 
mehr  in  die  Fläche  entwickelte  Erweiterung  aus,  die  an  ihrem  Rande  die  soge- 
nannten Taster,  an  der  unteren  Fläche  die  ernährenden  und  geschlechtlichen 
Individuen  der  Colonie  trägt. 

Dieser  Abschnitt  ist  von  den  beiden  neueren  Beobachtern  der  Physophorä, 
küllikcr  und  Vogt,  in  sehr  verschiedener  Weise  aufgcfasst  worden,  so  dass 
ein  näheres  Eingehen  in  den  Bau  dieses  Theiles  wohl  am  Platze  sein  wird. 
Kolli ker  sieht  in  ihm  eine  einfache  Erweiterung  und  Verlängerung  der  Achse, 
einen  kurzen  kegelförmigen  Strunk,  und  schliesst  sich  hier  an  die  älteren  Beob- 
achter, wie  Forskll,  Quoy  &  Gaimard  und  Philippi  an,  nur  mit  dem 
Unterschiede,  dass  von  ihm  wenigstens  die  allgemeine  Bedeutung  richtig  auf- 
gefasst  wird.  Vogt  dagegen  gibt  an,  dass  das  erweiterte  Stammesende  durch 
eine  Spiraldrehung  des  verkürzten  und  abgeplatteten  Stammes  in  einer  Ebene 
entstanden  sei,  was  besonders  deutlich  werde,  wenn  nach  und  nach  die  An- 
hänge von  ihm  sich  ablösten.  Das  Ende  dieser  verschiedenen  Einrollung  war 
es  denn  wohl,  was  Philippi  verführte,  eine  Mundöffnung  hieher  zu  verlegen. 


*)   Müller'a  Arohiv  für  Anatomie   und   Physiologie. 

49  : 


388  Karl  Gegenbaur. 

Nach  meinen  Untersuchungen  ist  die  Vogt'sche,  von  Leuckart  mit 
Unrecht  angezweifelte  Angabe  völlig  zu  bestätigen,  das  erweiterte  End- 
stück des  Stammes  bildet  ausnehmend  deutlich  eine  Spirale. 

Am  Rande  derselben  sitzen  jene  wurmfürmigen,  gegen  das  Ende  zu  sich 
allmählich  verjüngenden  Gebilde,  die  wir  als  Taster  oder  Fühler  auffassen  müs- 
sen. Ich  finde  sie  bei  einem  mit  allen  Theilen  in  üppigster  Weise  ausgestatteten 
Exemplare  (Fig.  32)  in  zwei  vollständigen  Spiraltouren  sitzen,  so  dass 
die  älteren  grösseren  mehr  nach  aussen  und  oben,  die  jüngeren  kleineren  mehr 
unten  und  innen  und  auch  tiefer  stehen.  Die  Spirale  beginnt  mit  den  grössten 
Tastern  an  dem  etwas  vorstehenden  Endstücke  der  scheibenförmigen  Achse  und 
läuft,  den  Umkreis  der  letzten  beschreibend,  unter  den  Ausgangspunkt  zurück. 
An  jeder  Stelle  ist  die  Doppelreihe  erkennbar.  Die  Gesammtzahl  der  Taster  be- 
trägt 25  (s.  Fig.  32).  Die  grössten  haben  eine  Länge  von  1^  Zollen,  die  jüngsten 
wohl  die  Hälfte,  so  dass  sie,  wenn  man  ihr  Einschrumpfen  berücksichtigt,  sich 
darin  an  die  von  Kölliker  und  Vogt  beschriebenen  anschliessen.  Die  Basis, 
mit  der  sie  festsitzen,  ist  schräg  abgeplattet  (Vogt  vergleicht  dies  mit  einer  zuge- 
schnittenen Federspule)  und  entspricht  je  einer  Stelle  am  Stamme,  mit  welchem  sie 
jedoch  nur  an  dem  unteren  Rande  ihrer  Basis  in  engerer  Beziehung  stehen,  denn 
nur  dort  communiciren  die  beiderseitigen  Höhlungen.  Sie  werden,  wie  auch 
Kölliker  anführt,  der  ihr  Spiel  so  heu  beschreibt,  aus  einer  besonders  entwi- 
ckelten Längsmuskelscliichte  gebildet  und  dann  wie  auch  von  einem  Epithel 
überkleidet.     An  der  geschlossenen  Spitze  sitzen  Nesselzellen*),  mit  denen  in 


*)  In  der  Höhle  der  Taster  fand  ich  bei  einer  aus  dem  atlantischen  Meere  stammenden 
Physophora  spindelförmige,  l'"  grosse  dunkle  Körper.  Jeder  Taster  zeigte  einen 
derselben. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  zeigte  an  dem  einen  hellen,  durchsichtigen 
Ende  zuweilen  eine  Ocffnung,  die  in  eine,  wie  es  schien,  im  vorderen  Körperviertheil 
blindgeendete  Höhle  führt,  deren  Wand  von  unregelmässig  kantig  vorspringenden 
Zellen  ausgekleidet  war.  Der  darauffolgende  Abschnitt  besass  eine  doppelte  Wand 
und  war  schwarzbraun  oder  schwarz  pigmentirt,  daher  das  fernere  Verhalten  nicht 
genau   zu   bestimmen.      Die   beiden  Wrände  standen  namentlich  hinten  weit  von  ein- 


Neue  Beiträge  :»/•  näheren  Kenntnis*  der  Siphonophoren.  389 

Grösse  und  Form  übereinkommend,  welche  als  gelbe  Körper  wieder  unten 
bei  den  Fangfäden  erwähnt  werden.  Da  sie  ihren  Inhalt  entleert  hatten  und 
der  Nesselfaden  sich  ganz  gut  erhalten  zeigte,  so  konnten  mehrere  Verhältnisse 
desselben  studiert  werden.  Von  dem  einen  Ende  der  dickwandigen  Nessel- 
kapsel beginnt  ein  cylindriseher ,  überall  fast  gleichbreiter  Fortsatz,  dessen 
Wände  in  die  der  Nesselkapsel  direet  übergehen  und  durch  eine  äusserliche 
Einschnürung  nur  wenig  davon  abgesetzt  erscheinen.  Dieser  Fortsatz  hat  bei- 
nahe überall  die  Fange  der  Nesselkapsel  selbst  und  geht  an  seinem  Ende  in 
den  Faden  über,  indem  seine  Wände  in  die  Substanz  des  Fadens  sich  verlie- 
ren. Zugleich  ist  er  hohl,  wird  nur  oben  theilweise  durch  einen  die  ganze 
Länge  durchziehenden,  etwas  spiralig  gedrehten  homogenen  Cylinder  ausge- 
füllt, der  sich  gleichfalls  einerseits  in  den  Faden  verfolgen  lässt,  andererseits 
aber  dicht  an  dem  Ursprünge  seiner  Umhüllung  von  der  Wand  der  Nessel- 
kapsel wie  abgeschnitten  endet.  Die  Wand  des  Fortsatzes  trägt  zahlreiche  bor- 
stenförmige  Gebilde,  die  den  mannigfachen  Haken  und  Stacheln,  die  bei  an- 
dern Nesselfäden  an  der  gleichen  Stelle  stehen,  analog  sein  mögen. 

Der  Faden  selbst  konnte  zuweilen  bis  auf  1'"  Länge  verfolgt  werden ,  war 
glashell,  manchmal  etwas  glatt,  fast  bandartig. 


ander  ab.  Es  war  daselbst  die  äussere  Wand  um  eine  Strecke  weit  pigmentirt,  die 
innere  Wand  nur  am  Grunde.  Das  Körperende  war  einigemale  ebenfalls  spitz  aus- 
gezogen, anderemale  stumpf. 

Dass  diese  Körper  nicht  zur  Physophora  gehörten,  war  offenbar,  was  sie  vor- 
stellen aber  schwer  zu  entscheiden ,  wenn  man  auch  nicht  anstehen  kann ,  sie  für 
Entozoen  zu  erklären. 

An  Gregarinen  ist  nicht  zu  denken,  ebensowenig  an  Trematoden,  da  gegen  er- 
stere  der  complicirte  Bau,  gegen  letztere  der  gänzliche  Mangel  von  saugnapfartigen 
Bildungen  spricht.  Vielleicht  sind  es  junge  Echinorhynchen  ?  Der  im  vorderen  Kör- 
perthcile  gelegene  Schlauch  hat  einige  Aehnlichkcit  mit  einem  zurückgezogenen  Rüs- 
sel, und  die  mit  scharfen  Kanten  vorspringenden  Zellen  stellen  vielleicht  die  sich 
entwickelnden  Hakenbildtmgen  vor.  Bemerken  will  ich  noch,  dass  diese  fraglichen 
Vorsprünge  im  Schlauehe  gegen  Kali  beträchtlichen  Widerstand  bieten  und  sich  erst 
nach  längerer  Behandlung  lösten. 


390  Karl  Gegenbaur, 

Der  Bau  der  Taster  stellte  sich  mir  folgenderweise  dar:  Zu  äusserst 
findet  sich  ein  mehrschichtiges  Epithel,  unter  welchem,  wie  es  schien,  eine 
feine  Querfaserschieht  lagert,  welche  häufig  ganz  wie  eine  structurlose  Mem- 
bran erscheint.  Die  Fasern  sind  äusserst  dünn  und  zeigen  einen  wellenförmi- 
gen Verlauf.  Die  darauf  folgende  Lage  wird  aus  langen  parallel  neben  einander 
hegenden,  bandartig  abgeplatteten  Muskelfasern  gebildet  und  ist  nach  innen  zu 
von  einem  Epithel  rundlich  vorspringender  Zellen  bedeckt,  welche  zunächst  die 
Hölüung  des  Tasters  begrenzen.  Ringfasern ,  die  als  muskulöse  Elemente  zu 
deuten  gewesen  wären,  habe  ich  nirgends  wahrgenommen. 

An  der  Basis  jedes  dieser  Taster,  da  wo  seine  Höhlung  mit  der  des  Stam- 
mes sich  verbindet,  sitzt  noch  ein  feiner,  häufig  in  Form  einer  Spirale  aufge- 
wundener Faden,  dessen  weder  Kölliker  noch  Vogt  Erwähnung  thun,  wäh- 
rend er  sich  bei  Philippi  beschrieben  und  abgebildet  findet.  Er  besitzt  im 
Innern  eine  excentrisch  gelagerte  Holde  und  weist  mehr  nach  aussen  eine  An- 
zahl von  Längs  -  und  Querfaserbündeln  auf,  die  in  regelmässigem  Abstand  an- 
geordnet sind.  Nesselzellen  sind  einzeln  über  den  ganzen  Faden  zerstreut, 
häufiger  sitzen  sie  gegen  das  Ende.  Das  Vorkommen  dieses  Fadens  spricht  für 
die  Analogie  der  Fühler  mit  den  sogenannten  Flüssigkeitsbehältern,  welche 
gleichfalls  an  ihrer  Basis  mit  solchen  Fäden  versehen  sind.  Dagegen  wird  da- 
durch die  Deutung  Vogt 's,  der  sie  als  modificirte  Deckstücke  betrachtet,  als 
eine  unrichtige  sich  herausstellen;  denn  an  Deckstücken  kommen  niemals  ähn- 
liche Fadenanhänge  vor.  Uebrigens  haben  sich  auch  Kölliker  und  Leu- 
ckart  für  jene  Deutung  ausgesprochen. 

Wie  che  Taster,  so  finden  sich  auch  die  übrigen  Gebilde  an  das  scheiben- 
förmige Stammesende  angeordnet.     Auch  sie  bilden  eine  Spiraltour. 

Zunächst  den  Tastern  sitzen  die  Geschlechtsknospen  in  dichten  traubenför- 
migen  Büscheln,  dann  folgen  die  Mägen,  jeder  mit  einem  Fangfaden  versehen. 
An  jüngeren  Physophoren  erkannte  ich  mit  Bestimmtheit,  dass  jedem  Taster 
eine  männliche  und  weibliche  Gesclüechtstraube  und  ein  Magen  mit  einem 
Faden  entspricht,  womit  auch  diese  Angabe  Vogt's  zu  bestätigen  ist.  An 
reich  mit  Geschlechtsknospen  ausgestatteten  Stöcken  ist  es  schwer,  sich  über 


Neue  Beiträge  :nr  näheren  Keindnm  der  Siphomphoren.  391 

diese  Verhältnisse  Klarheit  zu  verschaffen.  Die  Geschlechtsknospen,  die  sich 
bei  einem  meiner  Exemplare  überall  zwischen  den  Tastern  hervordrängen,  in 
langen  Trauben  zwischen  diesen  herabhängen  und  die  dazwischen  stehenden 
Mägen  und  jüngeren  Taster  dadurch  fast  verhüllen,  sind,  wie  erwähnt,  in  männ- 
liche und  weibliche  Büschel  aggregirt.  Beiderlei  Gebilde  haben  ihren  Ursprung 
immer  dicht  bei  einander*).  Die  männlichen  Knospen  formiren  weniger  ver- 
ästelte und  weniger  reiche  Knospen  als  die  weiblichen ;  dagegen  ist  die  Grösse 
der  einzelnen  Knospen  bedeutender  als  beim  anderen  Geschlecht.  Die  grössten, 
die  ich  beobachtete,  stellen  3  —  4"'  lange  Schläuche  vor,  die  durch  ihre  etwas 
dunklere  Färbung  von  den  jüngeren  und  kleineren  unterschieden  sind.  Ihr 
freies  Ende  ist  stumpf,  das  andere  geht  in  einen  kurzen  Stiel  über,  der  sich  mit 
anderen  seinesgleichen  zu  einem  Zweige  verbindet.  An  einem  solchen  sitzen 
die  älteren  stets  an  der  Spitze  und  es  folgen  immer  jüngere,  je  näher  man  ge- 
gen den  Ursprung  kommt. 

Die  Bildungsweise  der  einzelnen  Knospen  erfolgt  in  der  Art,  dass  zuerst 
eine  einfache  Ausstülpung  des  holden  Zweiges  entsteht,  welche  sich,  bei  Uirer 
allmählichen  Verlängerung  an  Grösse  zunehmend,  in  zwei  Schichten  differen- 
zirt,  deren  innerste  den  blind  geendeten  Hohlraum  umgibt. 

Wenn  die  Knospe  mehr  länglich  geworden  ist,  so  hat  sich  die  äussere 
Lage  von  der  inneren  geschieden ;  zwischen  beiden  ist  ein  beträchtlicher  Baum 
aufgetreten  und  beide  gehen  nur  an  der  Ursprungsstelle  ineinander  über.  Die 
innere  Partie  hängt  wie  ein  Kolben  frei  in  die  entstandene  Höhlung  hinein.  Der 
in  die  Längsachse  des  Kolbens  verlaufende  Canal  —  die  Fortsetzung  des  Stiel- 
canales  —  ist  in  diesem  Stadium  besonders  deutlich  und  die  dicker  geworde- 
nen Wände  des  Kolbens  zeigen  sich  aus  dichtgedrängten  Zellen  zusammenge- 
setzt. Es  sind  diese  letzteren  die  Bildungszellen  der  Spermatozoiden,  die  also 
nicht  in  der  Holde  des  Kolbens  entstehen  und  denselben  allmählich  füllen,  wie 
Vogt  anzunehmen  scheint,  sondern  nach  Analogie  aller  Bildungen  des  Zeu- 
gungsstoffes bei  Siphonophoren  nur  in  der  Wand  des  Kolbens  ihren  Ursprung 


*     Nach    Vogi   ^ind  sie  sogar  auf  eine  kurze  Strecke  mit  einander   vereinigt. 


392  Karl  Gegenbaur, 

nehmen.  Später  vergrössert  sich  der  Kolben  nicht  allein  bei  allgemeinem 
Wachsen  der  Knospen ,  sondern  auch  auf  Kosten  des  ihn  umgebenden  Hohl- 
raums, den  er  allmählich  erfüllt.  Der  centrale  Blindcanal  geht  aber  nicht  dabei 
verloren ,  ich  habe  ihn  noch  bei  den  ältesten  Formen  erkannt.  In  der  äusseren 
Hülle  der  Gemme  macbt  sich  schon  bei  dem  ersten  Auftreten  eine  Differenzirung 
von  vier  Canälen  bemerkbar,  nach  vorne  zu  auswachsend,  welche  in  einen 
später  erscheinenden  Kreiscanal  an  der  Spitze  der  Knospe  zusammenfliessen. 
Dasselbe  hat  auch  wohl  Külliker  an  noch  nicht  völlig  entwickelten  Gemmen 
beobachtet. 

Ob  am  Ende  der  männlichen  Knospe  eine  Mündung  vorhanden  ist,  wie 
wir  von  Vogt  erfahren,  ist  mir  nicht  mit  Bestimmtheit  zur  Beobachtung  ge- 
kommen; doch  möchte  soviel  anzunehmen  sein,  dass  bei  der  so  wenig  entwi- 
ckelten äusseren  Hülle  und  der  eigentümlichen  Form  des  Schirmes  ein  Um- 
herschwimmen  nach  der  Ablösung  nicht  wohl  statthaben  werde. 

Die  weiblichen  Knospen  bilden  reichlichere  dichtere  Träubchen  als  die 
männlichen  und  unterscheiden  sich  von  diesen  vor  allem  durch  ihre  geringere 
Grösse,  die  rundliche  Gestalt  und  den  längeren  Stiel,  der  sie  an  den  Zweig 
befestigt.  Jede  Knospe  enthält  nur  ein  einziges  Ei  und  in  der  Wand  der  Hülle 
rinden  sich  Canäle  vor,  die  bezüglich  ihres  Verlaufs  nicht  genau  verfolgt  wer- 
den konnten.  Nach  Vogt  ist  derselbe  unregelmässig,  wahrscheinlich  bilden 
sie  nach  Art  anderer  Ovarialgemmen  ein  Netzwerk. 

Ueber  die  Mägen,  deren  Zahl  sich  nach  jenen  der  Fühler  richtet,  kann 
ich  völlig  an  das  anschliessen ,  was  meine  Vorganger  in  der  Untersuchung  der 
Physophoren  darüber  mitgetheilt  haben. 

Nicht  so  aber  von  den  an  der  Basis  der  Polypen  sitzenden  Fangfäden, 
deren  jeder  noch  mit  äusserst  zahlreichen ,  durch  Nesselknöpfe  geendigten  se- 
cundären  Fädchen  besetzt  ist.  Der  Hauptfaden  ist  abgeplattet,  bandartig  und  er- 
scheint in  cöntraltirtem  Zustande  spiralig  zusammengerollt,  so  dass  sie  einiger- 
massen  den  Fangfäden  der  Physalien  ähnlich  sehen.  Die  mikroskopische  Un- 
tersuchung ergibt  an  dem  einen  Bande,  jenem,  welcher  den  Innenrand  der 
Spirale  bildet,  ein  starkes  Lager  von  Muskelfasern,  welches  sich  etwa  über  ein 


Neue  Beärßge  zur  näheren   Keuntniss  der  Siphontiphoreti.  393 

Drittheil  der  Breite  erstreckt  Ausserdem  sieht  mau  nach  ölten  minder  zahlrei- 
che Ringfasera,  die  mehr  auf  gewisse  Stellen  beschrankt  sind.  Dem  anderen 
Rande  genähert  durchzieht  ein  Cänal  den  ganzen  Faden  und  zweigt  sich  in  die 
secundären  Fädchen  ab.  Seine  Wände  linden  sich  von  einfachen,  ein  di- 
ckes Stratum  vorstellenden  Zellen  umgeben.  Auf  der  Oberfläche  des  Fadens 
lagern  einzelne  kleine  Nesselzellen.  Die  secundären  Fäden  sind  alle  von  glei- 
chem Durchmesser  und  lassen  nur  eine  l/ängsfaserschieht  erkennen,  die  von 
einem  Epithel  tiberzogen  ist,  Vor  dem  Uebergange  an  den  Nesselknopf  werden 
sie  etwas  dicker,  schwellen  allmählich  bulbusähnlich  an  und  umschliessen  hier, 
nachdem  sie  ihre  Längsfaserschiciri  verlieren,  dafür  aber  eine  Ringfaserüng  be- 
kommen, eine  ampullenähnliehe  Erweiterung  ihres  Canals. 

Die  Nesselk'nöpfe  selbst  sind  sehr  complicirt  gebaut  und  bieten  auch, 
von  den  verschiedenen  Höhen  des  Hauptfadens  entnommen,  manche  auffallende 
Differenzen  dar,  die  nur  durch  das  Studium  der  Entwickelung  auszugleichen 
sind.  Verfolg!  man  diese  Bildung  ganz  von  oben  an,  so  finden  sich  tue  ersten 
Anfänge  der  secundären  Fäden  als  kleine  Blinddärmchen,  alle  in  einer  Reihe, 
dicht  hinter  einander  vom  muskellosen  Rande  des  Hauptfadeus  hervorspros- 
send. Es  sind  einfache  Ausstülpungen  des  Canals,  che  eine  aus  Zellen  und 
Fasern  zusammengesetzte  Wand  besitzen.  Der  Canal  läuft  genau  in  ihrer  Achse. 
Weiterhin  sieht  man.  wie  durch  eine  einseitige  Verdickung  der  Wandung  eine 
excentrische  Lage  des  Canals  bedingt  wird,  und  wie  sich  zugleich  am  Ende  des 
sprossenden  Fadens  das  rundliche  Knöpfchen  abzuschnüren  beginnt,  welchen 
Process  auch  das  darin  hegende  Canalende  aufweist.  Die  Verdickung  der  Wan- 
dung ist  durch  reichliche  Zellenbildungen  erfolgt,  und  gleiche  Zellen  bilden  auch 
den  Körper  des  KnÖpfcheus.  An  älteren  Formen  erblick!  man  dann  die  Bildung 
des  Nesselknopfes  und  seine  Scheidung  vom  Faden  darin,  dass  die  wuchernde 
Zellenmasse  des  Epithels  nicht  allein  sich  zu  einem  compacten  Strange  (Fig.37.6) 
über  einander  hegender  Nesselzellen  organisirt  hat,  sondern  auch  eine  leichte  Spi- 
raldrehung vollführt,  dergestalt,  dass  nunmehr  der  Canal  nicht  mein-  einseitig  dicht 
unter  der  Wand  desFadens  verläuft,  sondern  von  derSpiraltour  des  .Nesselstran- 
iges einfach  umwunden  erscheint,  und  daraus  wieder  hervorgetreten,  in  einen 
Vol.  XXVII.  50 


394  Karl  Gegen baur, 

kurzen ,  von  dem  schon  beregten  Knöpfchen  geendigten  Anhang  verläuft 
(Fig.  37.  e).  Vor  dem  Beginne  der  Spiraltour  erweitert  sich  der  Canal  in  die 
Ampulle  (Figg.  37.«,  38  </)  und  grenzt  somit  Faden  vom  Nesselknopf  ab.  Dort, 
dicht  unter  Ampulle,  treten  nun  eigen thümliche  Gebilde  auf  in  Form  ovaler, 
gelblich  gefärbter  Bläschen  (Fig.  38.  c) ,  die  zu  sechs  bis  acht  im  Kreise  stehen 
und  die  ich  für  Zellen  halten  möchte,  wenn  ich  der  Kernnatur  eines  von  Urnen 
eingeschlossenen  ovalen  Gebildes  sicher  wäre.  Doch  werden  sie  immerhin  wohl 
aus  Zellen  hervorgegangen  sein. 

Die  ferneren  Veränderungen  machen  sich  vorzüglich  am  Nesselstrange  be- 
merkbar, der  immer  mehr  Windungen  beschreibt  (Fig.  39)  und  daher  sich  auf 
Kosten  des  Fadenanhanges  (e)  vergrössert.  Dieser  nimmt  nemlich  in  dem  Masse 
ab,  als  die  Windungen  zunehmen,  bis  endlich,  wenn  die  Zald  der  letzteren  sich 
auf  vier  bis  fünf  beläuft,  nur  noch  das  Knöpfchen  vorhanden  ist  und  dann  dicht 
am  Ende  der  ovalen  Nesselkapselsackes  ansitzt.  Es  wird  alsdann  der  in  der 
Hülle  des  ursprünglichen  Blinddärmchens  gebildete  Nesselstrang  eigentlich  von 
einer  besonderen  Wandung  umgeben,  und  diese  schliesst  ihn  auch  dann 
noch  ein,  wenn  er  sich  schon  in  che  Länge  gestreckt  und  spiralig  gewunden 
hat.  Die  gelben  Körper  (Fig.  39.  c)  lagern  dann,  meist  im  Kreise  angeordnet, 
unter  der  ampullenartigen  Erweiterung. 

Von  nun  an  beginnt  ein  Vorgang,  der  das  einseitige  Wachsthum  in  noch 
frappanterer  Weise  kundgibt,  indem  sich  jetzt  die  eine  Wand  der  Hülle,  in  der 
die  Nesselspirale  liegt,  auffallend  verkürzt,  während  die  andere  auswächst,  so 
dass  dadurch  eine  förmliche  Querstellung  der  ursprünglichen  Längsachse  des 
Nesselorganes  (Fig.  40)  bedingt  wird  und  das  terminale  Knöpfehen  (e)  immer 
mehr  dem  Ansatzpunkte,  d.  i.  dem  Stiele,  näher  gebracht  wird.  In  diesem  Sta- 
dium hat  auch  Philippi  die  Nesselorgane  beobachtet,  und  wenn  er  sagt:  der 
Stiel  befestigt  sich  nicht  an  dem  einen  Ende  dieser  kleinen  Organe,  sondern  bei- 
nahe in  der  Mitte,  so  stimmt  dies  vollkommen  mit  dem,  was  ich  gesehen,  über- 
ein. Auch  die  „kurzen  Girren",  die  er  an  dem  einen  Ende  des  Nesselknopfes 
angibt,  sind  leicht  zu  deuten.  Es  ist  dies  das  der  Insertionsstelle  entgegenrü- 
ckende Terminalknöpfchen ,  welches  auch  ich  zuweilen  in  zwei  bis  drei  Theile 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntnis*  der  Siphonophoren.  ."»95 

gespalten  fand  (Fig.  41.  e).  An  den  Nesselorganen,  welche  diese  Veränderung 
zeigten,  war  zugleich  noch  eine  die  Nesselspirale  direct  umschliessende  innere 
Hülle  sichtbar  geworden,  die  ich  früher  nicht  erkannt  habe,  sowie  ich  auch  mir 
nicht  erlauben  will,  über  die  allenfallsige  Entstehung  derselben  etwas  zu  äussern. 
Mit  dieser  Lageveränderung  der  Spirale  rücken  auch  die  gelben  Körper  von  ihrer 
früheren  Stelle,  und  sind  später,  wenn  der  frühere  Anfangstheil  der  Spirale  ans 
Ende  des  Nesselknopfs  gerückl  ist,  auch  an  dieser  Stelle  zu  sehen  (vergl.  Figg. 
39.  40.  41).  Das  frühere  Ternünalbläschen,  nunmehr  weit  nach  oben  gelagert, 
scheint  hiebei  zu  verkümmern,  ist  aber  immer  noch  genau  sichtbar  und  bezeich- 
net das  ehemalige  untere  Spiralende,  welches  wie  früher  an  die  innere  Wand 
der  Hülle  befestigt  erschein).  So  kommt  es  denn,  dass  man  Theile,  die  man 
anfänglich  oben  erblickt,  nunmehr  in  umgekehrter  Lagerung  antrifft.  Endlich 
bei  noch  mehr  entwickeltem  Nesselknopfe  löst  sich  die  Spirale  und  hegt  in  der 
geräumigen  Höhle  in  unregelmässige  Windungen  verschlungen.  Die  gelben 
Körper  linden  sich  dann  grösstenteils  an  der  Spitze  und  bilden  von  da  aus  eine 
Reihe,  die  sich  oft  noch  eine  Strecke  nach  aufwärts  dehnt  (Fig.  42.  c);  sie  er- 
geben sich  als  Nesselzellen,  die  eine  sehr  derbe  Membran  besitzen  und  einen 
vielfach  aufgerollten  Faden  im  Innern  erkennen  lassen.  So  werden  sie  auch 
von  Vogt  beschrieben  (feves  urlianitcs).  Ausserdem  erkannte  ich  noch  an  ei- 
nem Ende  desselben  eine  flaschenhalsförmige  Verlängerung  mit  einer  Üeffnung 
versehen. 

Was  den  Hau  der  Nesselspirale  angeht,  so  besteht  sie  aus  einem  etwas  abge- 
platteten Strange,  der  aus  dicht  bei  einander  hegenden,  senkrecht  auf  der  Längs- 
achse des  Stranges  stehenden  Läugsgebilden  (den  Nesselzellen)  besteht  und  an 
seiner  inneren  Seite  noch  ein  paar  andere  Bänder  liegen  hat,  die  in  ihrem  Ver- 
halten von  dem  eigentlichen  Nesselstrange  völlig  verschieden  erscheinen.  Sie  sind 
fast  glashell,  mit  einem  Strich  ins  Gelbliche,  in  der  Mitte  ihrer  Länge  beträchtlich 
dünner  als  an  den  Enden,  deren  Gesammtbreite  etwa  jener  des  Nesselstranges 
gleichkommt.  So  lange  der  Nesselstrang  noch  spiralig  aufgerollt  ist,  sind  sie 
nicht  sichtbar,,  sie  folgen  genau  der  Spirale  und  hegen  an  der  Innenseite  der- 
selben.    Dagegen  kann  man  sie  an  zerdrückten  Organen  schon  erkennen ,  und 

50* 


396  Karl  Gegenbaur, 

bei  den  ältesten  Formen  sind  sie  auch  ohne  besondere  Behandlung-  Ine  und  da 
zwischen  dem  Nesselstrange  hervortretend. 

Kölliker  und  Vogt  halten  diese  Gebilde,  die  bei  den  Physophoriden 
ziemlich  verbreitet  sind,  für  Muskeln,  und  letzterer  theilt  ihnen  die  Function 
zu,  den  zu  einer  UelFnung  aus  dem  Stocke  getretenen  Nesselstrang  wieder  in 
seinen  Behalter  zurückzubringen.  Ich  muss  gestehen,  dass  ich  mir  tue  Mög- 
lichkeit einer  solchen  Action  nicht  ganz  klar  machen  kann.  Eine  Betraction  des 
einmal  ausgeschalteten  Nesselstranges  kann  bei  der  Art  der  Insertion  der  betref- 
fenden Fäden  nur  dadurch  zu  Stande  kommen,  dass  selbe  sich  bis  auf  ein  Mi- 
nimum verkürzten,  was  doch  nicht  gedacht  werden  kann.  Leuckart*)  hat 
ebenfalls  keinen  Zweifel,  dass  die  gleichen,  auch  bei  Agalma  vorkommenden 
Theile  Muskeln  seien,  bezeichnet  sie  aber  noch  als  ..elastisch -muskulös". 

Von  ihrer  muskulösen  Eigenschaft  haben  weder  andere  noch  ich  früher 
etwas  beobachten  können,  und  auch  ihr  Bau  seheint  nicht  gerade  sehr  für  sol- 
che Eigenschaften  zu  sprechen.  Ich  linde  sie  bei  Physophoren  aus  einem  glas- 
hellen, zickzackförmig  zusammengelegten .  zuweilen  auch  mehr  unregelmässig 
aufgeknäuelten  Faden  bestehend,  der  sich  durch  Zerrung  leicht  auf  grosse 
Strecke  abspinnen  liissl  und  dann  noch  eine  beträchtliche  Resistenz  offenbart, 
indem  er  nur  selten  abreisst.  Ich  bescheide  mich,  diese  Bänder  als  elastische 
zu  bezeichnen  nach  der  Eigenschaft,  die  wenigstens  mit  grösserer  Sicherheit 
ihnen  zuzutheilen  ist  als  die  eines  contractilen  Ürganes.  Vielleicht  sind  wie- 
derholte Untersuchungen  an  frischen  Objecten  im  Stande,  die  Bestimmung  und 
sonnt  auch  die  Bedeutung  dieser  Gebilde  aufzuhellen. 

Uebrigens  erkenne  ich  noch  einen  anderen  Strang,  der  die  Kapsel  ge- 
rade durchzieht  und  wegen  seines  histologischen  Baues  grösseren  Anspruch  hat 
Muskel  genannt  zu  werden.  Es  ist  wohl  derselbe ,  den  auch  Kölliker  beob- 
achtet hat,  und  der  mit  den  elastischen  Bändern  nicht  verwechselt  werden  darf, 
lieber  seine  Function  weiss  ich  nichts  näheres  anzugeben. 


*)  Archiv  für  Naturgeschichte    1854.      Zur   näheren  Kenntniss    der  Siphonophoren    von 
Nizza  S.  76. 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntnis*  der  Siphonophoren.  397 

Die  äussere  Hülle  des  Nesselknopfes  zeigt  nur  an  verschiedenen  Stellen 
Längsfaserreihen ,  die  wohl  auf  Muskelzüge  hindeuten. 

Die  Zahl  dieser  Nesselorgane,  die  sich  an  einem  Eangfaden  linden,  belauft 
sich  gegen  50 — 60. 

Bezüglich  des  verkürzten,  oder  vielmehr  spiralig  gewundenen  Stammes 
bemerke  ich,  dass  sein  Ende,  also  jener  Theil,  der  nach  der  sonst  bei  allen 
Siphonophoren  gültigen  Regel  die  ältesten  Anhänge  trägt,  sich,  wie  schon  oben 
einmal  angedeutet,  über  dem  jüngeren  Abschnitte  befindet,  so  dass  man  mitBe- 
fremden  hierin  ein  Abweichen  von  jener  Hegel  erkennen  könnte.  Nimmt  mau  die 
Untersuchung  eines  seiner  Anhänge  zum  Theil  beraubten  Stammes  vor,  so  lässt 
sich  die  Spiraltour  genau  von  dem  älteren  Theile  an  bis  an  die  Schwimmsäu- 
lenachse zurück  verfolgen,  und  man  sieht  dann,  wie  jene  Thatsache  eben  Hin- 
durch die  Vergrösserung  des  Stammes  an  seinem  der  Schwimmsäule  zunächst 
liegenden  Ende,  also  durch  eine  vollkommen  regelmässige  Erscheinung  be- 
dingt war. 

2.     STEPHANOSPIRA  ISSIGNIS  nov.  gen.  et  sp. 

(Figg.  53  —  56.) 

Eine  bezüglich  des  Habitus  und  auch  einzelner  Einrichtungen  theils  an 
Physophora,  theils  an  Agalma  sich  anschliessende,  am  besten  zwischen  beide 
Gattungen  einzureihende  Form  erlaube  ich  mir  unter  vorstehendem  Namen 
einzuführen,  und  bin  dabei  überzeugt,  dass  ungeachtet  des  Fehlens  eines 
Bestandteiles  der  Colonie  die  Berechtigung  der  neuen  Gattung  nicht  in  Frage 
wird  gezogen  werden. 

Nach  der  neuesten  Eintheilung  der  Physophoriden  würde  unsere  Gattung 
zu  denen  mit  langem  Stamme  gehören,  denn  sie  besitzt  einen  vorne  mit  ei- 
ner Luftblase  endigenden  Stamm  zur  Insertion  der  Schwimmglocken  und  von 
da  aus  geht  die  die  übrigen  Anhänge  tragende,  ausserordentlich  in  die  Breite 
gedehnte  Fortsetzung  des  Stammes  noch  in  nahebei  1^  Spiraltouren  weiter. 
Die  relativ  ausserordentliche  Breite  des  unteren  Abschnittes  vom  Stamme,  so- 


398  Karl  Gegenbaur, 

wie  die  im  Vergleich  mit  Agalma  geringe  Länge  derselben  lassen  eine  An- 
näherung an  Physophora  wahrnehmen. 

Was  den  oberen  Abschnitt  des  Stammes  (Fig.  53.  b)  angeht,  so  ist  die- 
ser an  seinem  unteren  Theile  stark  angeschwollen,  etwa  2'"  dick  und  ver- 
jüngt sich  nach  oben  zu  um  che  Hälfte,  so  dass  ein  gradier  Endtheil  die 
Luftblase  trägt.  Letztere  erscheint  als  eine  4'"  lange,  fast  eiförmige  Erweite- 
rung des  oberen  Stammendes  und  zeigt  auf  einer  mittleren  kuppenförmigen 
Erhabenheit  braunrothes  Pigment,  in  dessen  Mitte  eine  winzige  pigmentfreie 
Stelle  ist.  Die  untere  Hälfte  der  Blase  ist  mit  acht  zierlichen,  etwas  trüben 
Längsstreifen  versehen,  die  da,  wo  der  Anfang  der  Schwimmsäule  durch  die 
plötzliche  Einschnürung  sich  bemerkbar  macht,  verschwinden. 

Schwimmglocken  waren  an  keinem  der  beiden  untersuchten  Exemplare 
vorhanden,  dagegen  sah  man  einen  unter  der  Blase  beginnenden,  che  ganze 
11 — 2"  betragende  Länge  des  Stammes  begleitenden  Längswulst  (c)  herab- 
ziehen, der  ziemlich  breit  und  krausenartig  gefaltet  war.  Der  freie  Band  der 
letzteren  war  nicht  glatt,  sondern  hie  und  da  wie  ausgefranzt,  so  dass  wohl 
kein  Zweifel  sein  kann,  bierin  die  Ursprungsstätte  der  Schwimmglocken  zu 
erblicken.  Der  Stamm  war  offenbar  ausserordentlich  contrahirt,  und  dies 
zeigte  sich  auch  an  besagtem  Wulste,  so  dass  dadurch  die  wahrscheinlich 
—  analog  von  Physophora  (vergl.  oben  S.  390)  —  spiralig  angeordneten 
Schwimmglocken  sich  losgelöst  hatten.  Einige  kleine,  dicht  unter  dem 
Schwimmsacke  sitzende  Knospenbildungen  bewiesen,  dass  das  obere  nackt 
getroflene  Stück  des  Stammes  jedenfalls  die  Fähigkeit  der  Sprossenerzeugung 
besessen   hatte*).      Vom    unteren   Ende   der  Schwimmsäulenachse  wird   der 


*)  Bezüglich  der  Entstehung  der  Sckwimuigloeken  will  ich  hier  eine  an  einem  agahna- 
artigen  jungen  Siphonophorenstocke  gemachte  Beobachtung  mittheilen.  Es  ist  nem- 
lich  die  Sprossung  der  Schwimmglocken  hier  nicht  so  einfach ,  als  man  nach  dem, 
was  ich  und  andere  davon  gesehen,  glauben  sollte;  vielmehr  ergibt  sich,  dass  die 
junge  nach  dem  Typus  der  Medusen  gebaute  Glocke  mit  einem  für  ihre  Grösse  ausser- 
ordentlich langen  Stiele  versehen  ist  (Eigg.  57.  58.  ä) ,  der  sich  erst  in  dem  Masse 
verkürzt,    als   sich  die  anfanglieh  kaum  bemerkbare  Hyalinsubstaaz  des   Mantels  der 


Neue  Beiträge  :nr  näheren  Kenntnis*  der  Siphonophoren.  399 

Stamm  plötzlich  breiter  (bis  zu  8'")  und  dabei  abgeflacht,  so  dass  er  wie 
bandartig  erscheint.  Indem  der  eine  Rand  viel  kürzer  ist  als  der  andere,  er- 
scheint dieser  Stammesabschnitt  in  spiraliger  Drehung  und  stellt  so  eine 
Schraube  dar,  deren  Windungen  sich  dicht  berühren  und  behufs  der  nähe- 
ren Untersuchung  der  Anhänge  auseinander  gezogen  werden  müssen.  So 
ist  auch  die  Abbildung  in  Fig.  53  dargestellt.  Theils  die  Beschaffenheit  des 
Stammes  selbst,  theils  die  beträchtliche  Anzahl  der  dem  Stamme  ansitzenden 
Anhangsgebilde  lassen  sclüiessen,  dass  auch  dieser  Theil  sich  in  grosser  Con- 
traction  befand  und  im  Leben  einer  ansehnlichen  Ausdehnung  fähig  gewesen 
sein  musste. 

Die  Form  und  Anordnung  der  einzelnen  Gebilde  ist  von  allem  bisher 
Bekannten  in  auffallendster  Weise  abweichend.  Am  äusseren,  verdickten, 
fast  gewulsteten  Rande  linden  sich  dicht  mit  kleinen  Bläschen  bedeckt,  lang- 
gestreckte, anfänglich  dicke,  dann  immer  dünner  werdende  und  zuletzt  in 
feine  Fäden  auslaufende  Anhänge,  die  ich  als  Taster  oder  Fühler  erklä- 
ren will.  Zwei  derselben  stehen  immer  dicht  bei  einander,  wie  auf  gemein- 
samer Basis.  Der  eine  davon  ist  immer  mehr  nach  aussen,  gegen  den  ge- 
wulsteten freien  Rand  des  Stammes,  der  andere  nach  innen  gerückt.  Sie 
haben  Aehnlichkeit  mit  einem  Magen  oder  dem  Fülller  einer  Physophora,  sind 
im  Innern  hohl  und  communiciren  mit  einem  im  Stamme  verlaufenden  Canale. 

Her  eine,  innere,  von  den  Fühlern  läuft  mit  seiner  Spitze  in  einen  lan- 
gen vielfach  gewundenen  Fangfaden  aus.  der  andere  nach  aussen  der  Spiral- 
achse sitzende  besitzt  ein  feines,  allmählich  zugespitztes  Ende.  So  habe  ich 
es  wenigstens  bei  fünf  oder  sechs  genau  geprüften  Fählerpaaren  gefunden. 


Glocke  entwickelt.  Eine  anfänglich  der  Glocke  näher  gelegene,  dann  immer  weiter 
sich  davon  entfernende  und  gegen  den  Stiel  zu  rückende  Erweiterung  des  Stieles 
und  des  von  ihm  umschlossenen  Canales  (Fig.  58.  a)  lässt  dies  besonders  deutlich 
erscheinen.  Man  kann  so  sagen,  dass  die  Glocke  bis  zu  dieser  Erweiterung  des  an- 
fänglichen Stiels  sich  mit  dem  Mantel  umgibt,  wodurch  dann  die  Grossenverhältnisse 
nicht  allein  des  Stiels,  sondern  auch  des  Schwimmsacks  u.  s.  w.  bedeutend  alterirt 
werden. 


400  Karl  Gegenbaur, 

Es  ist  vorhin  gesagt  worden,  dass  der  Anfangstheil  dieser  Fühler  mit 
Bläschen  besetzt  ist;  diese  sind  in  Trauben  gruppirt  und  stehen  dichte,  den 
gehäuften  Geschlechtstrauben  von  Physoph&ra  und  Agalma  ähnliche  Massen  dar, 
die  dem  ersten  Blicke  schwer  entwirrbar  erscheinen.  Die  genauere  Untersu- 
chung mit  der  Lupe  zeigt  jedoch,  wie  jene  Trauben  von  Bläschen  sich  fol- 
gendermassen  verhalten:  Die  vom  äusseren  Fühler  mit  einem  Stiele  entsprin- 
genden Bläschen  sind  länglich ,  von  sehr  verschiedener  Grösse  durcheinander 
sitzend.  Sic  gehen  dann  direet  vom  Körper  des  Stieles  hervor  ohne  Ver- 
ästelung des  kurzen  dünnen  Stieles.  Sie  nehmen  vorzüglich  den  umfangrei- 
cheren Theil  des  Fühlers  ein  und  verschwinden  gegen  das  dünnere  Ende. 
Die  jüngsten  erscheinen  als  runde  stiellose  Knospen,  und  mit  der  allmähli- 
chen Zunahme  an  Grösse  bildet  sich  eine  ovale  Form  aus,  sowie  ein  schmäch- 
tiger Verbindungsstiel  mit  dem  Körper  des  Fühlers,  so  dass  sie  einer  gestiel- 
ten Frucht  nicht  unähnlich  sind.  Die  Zahl  der  an  einem  Fühler  befindlichen 
länglichen  Bläschen  beläuft  sich  bis  gegen  30,  doch  muss  bemerkt  werden, 
dass  gegen  das  untere,  offenbar  jüngere  Ende  des  Stammes  eine  allmähliche 
Abnahme  stattfindet,  bis  endlich  che  letzten  dieser  Fühler  völlig  steril  erschei- 
nen. Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  ergab  sich  unter  einer  durch- 
sichtigen, che  Wand  i\cv  Kapsel  darstellenden  Membran  ein  granulärer  Inhalt, 
und. in  der  Mitte  desselben  fand  sich  ein  dunklerer  Streifen,  der  an  jüngeren 
Bläschen  als  eine  Fortsetzung  des  im  Stiele  befindlichen  Canals  sich  heraus- 
stellte. Darauf  hin,  wie  auch  noch  auf  Grund  der  Untersuchung  der  dem 
anderen  Fühler  ansitzenden  Bläschengruppen  nehme  ich  keinen  Anstand ,  die 
erster en  als  männliche  Geschlechtsgemmen  zu  erklären. 

Die  dem  inneren  Fülller  ansitzenden  Bläschen  messen  bis  zu  |"',  sind 
immer  von  rundlicher  Gestalt  und  sitzen  in  Trauben ,  indem  mehrere  auf  den 
kurzen  Ramificationen  eines  gemeinsamen  Stieles  angebracht  sind.  An  den 
jüngeren  Fühlern  am  Ende  des  Stammes  sitzen  sie  nahe  an  der  Ursprungs- 
stelle, bei  den  älteren  bedecken  sie  den  ganzen  dickeren  Theil  (Fig.  54.  d) 
und  finden  sich  dann  in  so  beträchtlicher  Menge,  dass  ihre  Zahl  an  Einem 
Fühler   nicht   unter  300  geschätzt  werden   kann.      Jedes  Bläschen   (Fig.  56) 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntnis*  der  Siptwnophoren.  401 

enthält  unter  einer  zarten  Hülle  (u)  eine  einzige  Eizelle  (b)  mit  überaus  deut- 
lichen Keimbläschen  (c)  und  Keimfleck.  Es  sind  also  die  inneren  Fühler  die 
Träger  der  weiblichen  Geschlechtsgemmen,  die  nach  innen  von  den 
männlichen  stehen.     Dadurch  ist  das  umgekehrte  Verhältniss  von  Fhysophora 

gegeben,  wo  gerade  die  weiblichen  Trauben  aussen  sitzen.  Die  fühlerartigen 
weiblichen  Geschlcchtsknospenträger  unterscheiden  sich  überdies  noch  von 
den  männlichen,  dass  v<m  ihrem  Ende  ein  Fangfaden  (Fig.  54.  e)  entspringt. 
Dieser  ist  in  regelmässigen  Abständen  mit  seeundären  Fädchen  (Fig.  55.  a) 
besetzt,  die  in  Nesselknöpfe  (/>)  ausgehen.  Von  den  letzteren  waren  zwar 
nur  wenige  unversehrt,  und  bei  den  meisten  waren  che  Nesselbänder  (c)  ge- 
borsten oder  aufgelöst,  doch  habe  ich  soviel  mit  Gewissheit  gesehen,  dass 
die  grösste  Uebereinstiinmung  mit  den  Nesselknöpfen  der  Fhysophora  hydrostatiea 
obwaltet.  Das  Ende  jedes  seeundären  Fadens  ging  in  ein  j'"  grosses  ovales 
Knöpfehen  über,  in  welchem  ein  vier  bis  fünfmal  aufgewundenes  Nesselband 
lag.  Am  Ende  davon  waren  18  —  24  grössere  gelbgefärbte  Nesselzellen  wie 
in  den  Nesselknöpfen  der  Fhysophora. 

Wie  Füliler,  Fangfäden  und  Geschlechtsorgane  in  ihrer  Anordnung  nicht 
unbedeutende  Differenzen  von  den  bisher  bekannten  aufweisen,  so  waltet 
auch  für  die  nahrungaufhehmenden  Gebilde  ein  eigenes  Verhalten.  Von  Ma- 
genformen, die  mit  denen  anderer  Siphonophoren  übereinkämen,  habe  ich 
nichts  auffinden  können.  Dagegen  fanden  sich  am  äusseren  gewulsteten 
Stammrande,  und  zwar  auf  der  unteren  Fläche,  je  einem  Paare  der  vorhin 
beschriebenen  Gesehlechtsknospenlräger  entsprechend,  kurze  cylindrische  Fort- 
sätze, die  not  breiter  Basis  aufsitzend  nur  geringe  Länge  hatten  und  am  ehe- 
sten noch  wie  Saugnäpfe  sich  ausnahmen  (Fig.  53.  e).  Auf  ihrer  freien  Flä- 
che war  eine  Oeffnung  sichtbar,  die  ins  Innere  führte,  und  von  da  wieder 
mit  der  allgemeinen  Höhle  des  Stammes  (Leibeshöhe)  zusammenhing.  Man- 
che von  ihnen  waren  stark  contrahirt,  nur  wie  eine  wenig  erhabene  Warze 
erscheinend,  andere  wieder  etwas  schlanker.  —  Ungeachtet  einer  so  eigen- 
thüinlichen  Bildung  wird  bei  Berücksichtigung  aller  Umstände  keine  andere 
Möglichkeit  bleiben,  als  die  fraglichen  Bildungen  für  die  polypenartigen  Mä- 
Vol.  XXVII.  51 


4Ü2  Karl  Gegenbaur. 


gen  der  Colonie  anzusehen.  Dafür  spricht  auch  noch  ihre  Stellung  zu  den 
Geschlechtsknospen,  die  der  bei  Physuphora  hydrostatha  ähnlich  ist. 

Einiger  Erläuterung  bedarf  noch  die  Form  des  Stammes,  von  dem  oben 
gesagt  ward ,  dass  er  spiralig  gewunden  sei.  Genau  betrachtet  zeigt  er  zwei 
gegeneinander  laufende  und  sich  vereinigende  Spiraltouren,  indem  der  obere 
Abschnitt  von  rechts  nach  links,  der  untere  von  links  nach  rechts  ge- 
dreht ist. 

Daher  kommt  es,  dass  an  einer  Stelle  die  Fortsetzung  einer  vorher  oben 
befindlichen  Fläche  nunmehr  zur  unteren  wird.  Dieses  mit  den  übrigen  Si- 
phonophoren  anscheinend  wenig  harmonirende  Verhalten  erklärt  sich  aus  ei- 
nem mit  dem  Wachsthumsverhältnisse  des  Stammes  innig  zusammenhängen- 
den Umstände.  Die  am  meisten  entwickelten  Sprossengebilde  linden  sich  nem- 
lich  nicht  etwa,  wie  man  vermuthen  sollte,  am  untersten  Ende  der  Spirale, 
sondern  gerade  am  obersten,  dem  Ende  der  Schwimmsäulenachse 
scheinbar  zunächst  befindlichen,  und  das  untere  Ende  ist  nur  von  jungen, 
zum  Theile  sogar  noch  ungeschlechtlichen  Anhängen  besetzt.  Dennoch  aber 
liegt  hier  kein  Ausnahmefall  zu  Grunde,  und  es  gilt  auch  hier  das  für  die 
(ihrigen  Siphonophoren  bestehende  Gesetz,  nach  welchem  dea  Wachsthum  des 
Stammes  kein  terminaler  ist,  sondern  an  der  Ursprungsstelle,  also  dicht  am 
Ende  der  Sehwimmsäule  stattfindet.  Durch  die  beträchtliche  Verkürzung  des 
inneren  Randes  des  breiten ,  bandartigen  Stammes  wird  nemlich  eine  Art  von 
Rhachis  gebildet,  um  welche  sich  die  Stammesfläche  wie  um  eine  Achse  her- 
umwindet. Diese  Rhachis  ist  die  directe  Verlängerung  des  Schwimmsäulen- 
stammes. Geht  liier  eine  Vergrößerung  der  Flächenausdehnung  des  Stam- 
mes vor  sich,  so  wird  das  jüngere  Ende  tiefer  herabrücken  und  sich  somit 
vom  älteren,  oben  hegenden  Anfangstheile  entfernen.  Je  weiter  dieser  Pro- 
cess  fortschreitet,  um  so  mehr  Schraubengänge  wird  der  Stamm  um  die  Rha- 
chis vollführen.  Es  wird  aber  demnach  das  untere  scheinbare  Ende  nicht  die 
ältesten  Theile  ansitzen  haben,  sondern  nur  immer  die  jüngsten,  da  es  eben 
nur   als   der   verlängerte  Anfangstheil   des   Stammes   sich   herausstellt.     Das 


Neue  Beiträge  tut  näheren  Kenntniss  der  Siphonophoren,  403 

Ganze  isl  so  einer  Spirale  vergleichbar,  deren  Ende  sich  nach  innen  wendet 
und  als  Achse  durch  die  Windungen  hindurchtritt. 

Diese  allerdings  eigentümliche  Wuehsthumserscheinung  ist  jener  gleich, 
die  oben  bei  Physophora  hydrostatica  beschrieben  wurde.  Stellen  wir  uns  den 
Leibesstamm  jener  Siphonophore  nach  der  durch  die  Sprossenreihen  ange- 
gebenen Richtung  verlängert  vor,  so  erhalten  wir  ebenfalls  schraubenförmige 
Windungen,  von  denen  die  grösseren  älteren  oben,  die  kleineren  jüngeren 
unten  zu  linden  sind.  Durch  die  relative  Lagerung  der  älteren  Anhange  zu 
den  jüngeren,  wie  z.  B.  der  alteren  Fühler  nach  aussen  und  über  den  jün- 
geren ist  die  Uebereinstimmung  mit  dem  beschriebenen  und  erklärten  Vege- 
taüonsmodus  der  Stephanospira  hinlänglich  offenbar. 

Ueber  den  Fundort  dieser  Physophoride  kann  ich  nichts  angeben,  da 
das  betreffende  Glas  ohne  nähere  Bezeichnung  war. 

3.     AGALMA  OKEMI  Eschsch. 

(Figg.   45.   50  —  52.) 

Diese  von  Eschscholtz*)  im  nördlichen  stillen  Meere  entdeckte  Art 
einer  der  in  neuerer  Zeit  am  genauesten  studierten  Gattungen  war  mir  in  meh- 
reren Stücken  des  Stammes  zur  Untersuchung  geboten,  so  dass  ich  ungeachtet 
der  fehlenden  Schwimmsäule  im  Stande  zu  sein  glaube,  die  Form  Verhältnisse 
dieser  seit  mehr  als  dreissig  Jahren  nur  noch  einmal,  und  da  unter  anderem 
Namen,  wieder  zur  Beobachtung  gekommenen  Siphonophore  den  gegenwär- 
tigen Anforderungen  entsprechend  festzustellen. 

Vmi  den  Stammsegmenten  mass  der  längste  gegen  2  Zoll,  war  also  im- 
merhin ansehnlich  genug,  wenn  man  den  Zustand  der  Contraction  erwägt, 
in  dem  conservirte  Siphonophorenstöcke  wold  fast  beständig  getroffen  werden. 
Die  leicht  spiralig  gedrehte  Achse  hatte  eine  Dicke  von  1  Linie  und  war  mit 
zahlreichen  Deckstücken  besetzt,  zwischen  denen  Mägen  und  Fangfaden  sowie 
Geschlechtsknospen  in  reichlicher  Menge  sassen. 


*)  System  der  Acalephen  S.  161. 

51 


4U4  Karl  Gegenbaur, 

Die  Beschreibung  dieser  einzelnen  Gebilde  beginne  ich  mit  den  Deckstü- 
cken, denn  diese  sind  so  charakteristisch  geformt,  dass  sie  gegenwärtig  we- 
nigstens als  das  wesentlichste  Merkmal  der  Art  dienen  können ;  zugleich  sind 
sie  es  gewesen,  welche  keinen  Zweifel  Hessen,  dass  die  vorgelegenen  Frag- 
mente der  ebengenannten  Eschscholtz'schen  Art  angehörten.  Die  Deck- 
stückform ist  etwa  dreieckig  zu  nennen,  wobei  man  sich  die  eine  Ecke  am 
Stamme  befestigt,  die  anderen  beiderseits  am  vorderen  Rande  befindlichen 
frei  vorstehend  zu  denken  hat.  Von  der  angehefteten  Spitze  gegen  den  vor- 
deren Rand  zu  wächst  die  Dicke  des  Deckstücks  beträchtlich,  so  dass  der 
senkrechte  Schnitt  ein  spitzwinkliges  Dreieck  darstellt,  dessen  Basis  auf  den 
Rand  des  Deckstüeks  fällt.  Am  Rande  finden  sich  regelmässig  vier,  die  ganze 
Dicke  durchsetzende  Ausschnitte,  die  mannigfach  wechselnde  Grössenverhält- 
nisse  bieten,  wie  aus  einer  Vergleichung  der  Figg.  50,  51,  52  entnommen 
werden  kann.  Die  beiden  äusseren  Ausschnitte  sind  zuweilen  wenig  vertieft, 
oder  so  an  die  Seite  gerückt,  dass  dadurch  der  Vorderrand  des  Deckstückes 
einen  bogenförmigen  Umriss  erhält  (vergl.  Fig.  50).  Von  den  beiden  mittle- 
ren theilt  sich  der  eine  oder  der  andere  (oder  auch  beide  zugleich)  gar  nicht 
selten  in  mehrere  kleinere,  wovon  in  Fig.  52  ein  Beispiel  gegeben  ist.  Die 
beiden  Seitenränder  werden  durch  scharfe  Kanten  vorgestellt,  die  sich  an  der 
dem  Stamme  zugewandten  Spitze  vereinen.  Die  letztere  ist  beständig  in  ver- 
schiedenem Grade  um  die  Längsachse  gedreht  (Fig.  50.  a),  so  dass  dadurch 
die  untere  Fläche  des  Deckstücks  nach  oben,  die  obere  nach  unten  gekehrt 
wird.  Die  Unterfläche  ist  durch  eine  entweder  von  der  Spitze  aus  (6)  oder 
von  einem  der  Seitenränder  (r)  beginnende  und  gegen  den  ausgeschnittenen 
Aussenrand  verlaufende  Kante  in  zwei  unsymmetrische  Hälften  geschieden, 
indess  die  obere  Fläche  völlig  glatt  erscheint.  Jede  Deckschuppe  erhält  an 
der  am  Stamme  sich  inserirenden  Spitze  einen  feinen ,  dicht  an  der  Unterflä- 
che verlaufenden  Canal,  der  bis  zum  Zackenrande  zu  verfolgen  war*). 


*)  Die  hyalinen  Theile  der  Siphonophoren  sind  bis  jetzt  sämmtlich  stracturlos  angege- 
ben, ohne  dass  man  sich  jedoch  näher  über  die  Entstehung  und  den  Aufbau  so  wich- 
tiger Gewebsbestandtheile  ausgesprochen  hätte.     Die  massiven  Deckstücke  von  Agalma 


Neue  Beiträge  nur  näheren  Kenntnis*  der  Siphonophoren.  405 

Aus  dieser  Beschreibung  der  Deckstücke  wird  zur  Genüge  hervorgehen, 
dass  die  wesentlichste  Uebereinstimmung  mit  dem,  was  Eschscholtz  sagt, 
gegeben  ist,  und  eine  Vergleich ung  mit  der  in  genanntem  Werke  Taf.  13. 
Fig.  1.  e.  befindlichen  Abbildung  wird  nur  zur  Bestätigung  führen. 

Diese  von  den  durch  neuere  Forscher  bekannt  gewordenen  Arten  der 
Agalma  so  abweichende  Form  der  Deckstücke  schlicsst  sich  übrigens  enge  an 
die  einer  Stephanomie  von  Quoy  und  Gaimard  beschriebene.  Es  ist  die 
im  Meere  der  Molukken  aufgefundene  St.  heptacantha  der  Vbyage  de  l'Astro- 
labe*).  Dass  es  eine  Stephanomie  nach  der  heutigen  Auffassung  war,  ist 
nicht  darzuthun,  da  jene  Forscher  gleichfalls  die  Schwimmsäule  nicht  beob- 
achteten; dagegen  liefern  die  charakteristischen  Deckslücke  die  Gründe,  jenes 
Siphonophorenfxagment  gleichfalls  als  zu  Agakna  Okenü  gehörig  anzuerkennen. 
Denn  wenn  man  das  offenbar  allzusehr  Schematische  der  Abbildung  (die 
sämmtlichen  Deckstücke  sind  einander  völlig  gleich  gezeichnet)  in  Abrech- 
nung bringt,    so  ist  keine  Verschiedenheit  beider  Arten   aufzufinden.     Ste- 


Okenü  schienen  mir  besonders  geeignet,  auf'Sehnitten  die  Structurverhältnisse  zu  stu- 
dieren; allein  ausser  einer  parallel  mit  dem  Rande  verlaufenden  Streifung  ist  auch 
hier  nichts  zu  sehen  gewesen.  Die  Bilder  erinnerten  mich  lebhaft  an  jene,  die  ich 
auf  Schnitten  der  hyalinen  Schale  einiger  Pteropodeu  sah  (vergL  meine  Untersuchun- 
gen über  die  Pteropodeu  u.  Heteropoden.  Leipz.  1855.  S.  II),  und  ich  war  schon 
nahe  daran,  die  gesummten  Hyalingebilde  der  Siphonophoren  mir  auf  ähnliche  Weise 
entstanden  zu  denken  wie  jene  Schalen ,  als  die  Untersuchung  der  Schwimmstücke 
eines  Hippopodius  mir  ein  überaus  feines,  verzweigtes  Röhrensystem  zur  Anschauung 
brachte  (Fig.  59) ,  welches  die  homogene  Grundsubstanz  durchsetzte.  Damit  waren 
allerdings  meine  Vorstellungen  nicht  gerade  umgestimmt,  allein  es  war  mit  dieser 
Thatsache  die  Beantwortung  der  Frage  unendlich  schwieriger  geworden,  so  dass  ich, 
so  sehr  ich   mich   auch    dagegen   erklaren    möchte,    jene    hyaline   Substanz    direct    aus 

Zellen  hervorgegangen   zu   halten ,    auf   der    andern  Seite  das  Vorkommen  von  Form- 

i 

elementen  (wofür  auch  noch  die  Analogie  mit  der  Gallertscheibe  der  Medusen  spricht) 
innerhalb  der  Hyalinsubstanz   nicht   ausser  Acht  lassen  darf.     Möglich,    dass  mehrere 
Entstehungsweisen  zu  demselben  Hauptrcsultate  führen ! 
*)   Vergl.   Atlas,  Zoophyten   PI.  HI.  Figg.   16.  17. 


406  Karl  Gegenbaur, 

pkinomia  heptacantlw  wird  daher  als  Synonym  der  Agalma  Okenii  zu  betrach- 
ten sein. 

Die,  wie  es  scheint,  in  regelmässigen  Abständen  am  Stamme  sitzenden 
polypenartigen  Mägen  zeigen  wenig  Bemerkenswerthes.  An  der  Basis  eines 
jeden  entspringt  ein  langer,  durch  stellenweise  angebrachte  Einschnürungen 
ausgezeichneter  Fangfaden  (Fig.  45.  .4),  der  fast  von  jeder  Einschnürung  ei- 
nen secundären  Faden  (</)  entspringen  lässt.  Jeder  der  letzteren  trägt  einen 
Nesselknopf  (c)  von  längsovaler  Gestalt  und  bildet  vor  diesem  eine  ampul- 
lenförmige,  wesentlich  durch  Erweiterung  des  in  ihm  verlaufenden  Canales 
gebildete  Anschwellung  (V). 

Der  eigentliche  Nesselknopf  besteht  aus  einein  in  7  —  9  dichten  Spiral- 
touren gewundenen  Nesselbande,  dessen  Zellen  die  bekannte  Lagerung  auf- 
weisen und  in  einzelnen  Fällen  Spuren  eines  rötblichen  Pigmentes  zwischen 
sich  wahrnehmen  Hessen.  Nach  innen  vom  Nesselbände  liegt,  allen  seinen 
Touren  folgend,  das  Angelband  (Li.),  über  dessen  specielle  Verhältnisse  — 
es  gehört  unstreitig  zu  den  schwierigst  zu  deutenden  Theilen  der  Siphono- 
phore  —  ich  hier  nicht  eingehen  will,  da  ohne  Controlirung  an  frischen  Prä- 
paraten leicht  irrige  Vorstellungen  Platz  greifen  können,  Nur  soviel  sei  hier 
gesagt,  dass  sich  an  dem  Gesehenen  keine  Veranlassung  bot,  meine  frühere 
Anschauung  aufzugeben.  Um  che  Spirale  des  Nesselbandes  schliesst  sich  dicht 
anliegend  —  seltener  wie  es  in  der  Zeichnung  dargestellt  ward  —  stärker 
abgehoben  eine  dünne  Hülle  (Mantel  Lt.)  an,  und  am  unteren  Ende  finden 
sich  drei  Fortsätze,  von  denen  zwei,  einander  gleich  gebildet,  schlanke  von 
einem  Canale  durchzogene  und  ge^en  das  Ende  zu  mit  dicht  gedrängten 
Nesselzellen  besetzte  Anhänge  (d,  d)  vorstellen,  indess  der  dritte  mittlere  (e) 
eine  bald  ovale,  bald  rundliche  Form  besitzt  und  stets  der  Nesselzellen  ent- 
behrte. Das  Vorkommen  einer  Hülle  um  das  spiralige  Nesselband ,  sowie  die 
drei  schon  bei  Eschscholtz  (eil  Fig.  1.  a.  b)  angedeuteten  Endanhänge,  von 
denen  der  mittlere  offenbar  der  contractilen  Blase  anderer  Siphonophoren- 
Fangfäden  entspricht,    lassen  einiges  über  die  specielleren  Beziehungen  der 


Neue  Beiträge  sur  näheren  Kenntnisa  der  Siphonophoren.  407 

A.  Okenii  zu  den  übrigen  Arten  erschliessen  und  stellen  sie  zu  der  von  Leu- 
ckarf  gebildeten  zweiten  Gruppe  der  Gattung*). 

Als  Geschlechtsorgane  erkannte  ich  zwar  mehrfache  traubenförmige  Bläs- 
chengtuppen,  die  immer  entfernt  von  den  Mägen  am  Stamme  sassen,  allein 
noch  nicht  völlig  entwickelt  schienen,  so  dass  über  ihren  Bau  nichts  ge- 
naueres mitzutheilen  ist. 

Die  untersuchten  Stücke  der  Agahna  Okenii  waren  unter  2°  S.B.  26°  W.L. 
aufgetischt. 

4.     RHIZOPHYSA  Pero\. 

In  meiner  ersten  Abhandlung  über  die  Siphonophoren  glaube  ich  nach- 
gewiesen zu  haben,  dass  auch  die  Bildung  von  Siphonophoren  -  Colonien  ohne 
locomotorische  Apparate  stattfindet,  indem  ich  auf  mit  allen  sonstigen  Attri- 
buten der  Siphonophoren  ausgestattete,  allein  der  Schwimmglocken  entbeh- 
rende Stöcke  hinwies,  und  so  die  vielfach  als  nur  aus  verstümmelten  For- 
men bestehend  geglaubte  Peron'sche  Gattung  in  ihr  Recht  einsetzte.  Als 
der  am  frühesten  bekannte  Typus  ist  die  Forskäl'sche  Physopfwra  ßiformis 
anzusehen.  Diese  Art  war  es  denn  auch,  die  ich  damals  ausführlich  beschrie- 
ben habe.  Wenn  es  nur  nicht  vollständig  gelang,  alle  Zweifel  an  dem 
Sehwimmglockenmange]  zu  heben,  so  ist  dies  wohl  nicht  meine  Schuld. 

An  einem  nur  vorliegenden,  zwischen  den  canarischen  Inseln  eingefan- 
genen Exemplare  erkenne  ich  eine  von  der  von  mir  im  Mittelmeere  beobach- 
teten verschiedene  Art,  die  jedoch  auch  nicht  mit  Zuverlässigkeit  auf  andere 
früher  beschriebene  Arten  bezogen  werden  kann,  da  die  Charaktere  bisher  nur 
auf  wechselnde  oder  doch  unwesentliche  Verhältnisse  begründet  zu  werden 
pflegten.  Ich  muss  deshalb  einen  von  mir  gerne  gemiedenen  Ausweg  ein- 
schlagen und  eine  neue  Benennung  wählen,  selbst  auf  Gefahr  hin,  dass  das 
Thier  schon  von  einem  der  älteren  Beobachter,  Lesson,  Eschscholtz  oder 
Chamisso  gesehen  oder  beschrieben  worden  ist.  Es  mag  deshalb  die  un- 
tersuchte Art  den  Namen  Rh.  Eysenhanllü  fuhren. 

*)   Siphonophoren  von    Nizza  S.  83. 


408  Karl  Gegenbaur, 

RHIZOPIIYSA  EYSENHARDTII  //.  sp. 

(Figg.   46  —  49.) 

Wie  bei  allen  conservirten  Rhizophysen  erscliien  auch  der  Stamm  un- 
serer Art  beträchtlich  zusammengezogen  und  leicht  zusammengerollt  und  der 
ganze  Stock  bot  etwa  das  Ansehen  der  von  Eysenhardt  entdeckten  IUi. 
Chamistoonis,  wenn  er  schon  um  beträchtliches  kleiner  war.  Er  hatte  eine 
Länge  von  ca.  l£",  wobei  natürlich  der  Contractionszustand  zu  berücksichti- 
gen ist.  Die  Dicke  des  Stammes  betrug  etwa  l£  —  2'".  An  seinem  vorde- 
ren (oberen)  Ende  fand  sich  ein  ovaler,  4'"  langer  Luftsack ,  und  in  Abstän- 
den von  ziemlicher  Regelmässigkeit  fanden  sich  am  Stamme  vier  schlanke 
Mägen,  jeder  mit  einem  aufgerollten  Fangfaden  ausgerüstet.  Zwischen  den 
obersten  Mägen  und  dem  Luftsacke  waren  noch  mehrere  jüngere  Magen- 
knospen in  einer  Reihe  sichtbar  und  zwischen  den  entwickelten  Mägen  sassen 
Geschlechtsknospen.  Somit  wäre  der  Bau  dieser  Art  ganz  mit  jenem  von 
Rh.  ßiformis  übereinstimmend,  dagegen  bietet  sich  im  Detail  eine  Fülle  von 
Differenzen. 

Bezüglich  der  Luftblase  will  ich  zunächst  auf  die  relativ  beträchtliche 
Grösse  aufmerksam  machen,  die  alle  Rhizophysen  auszuzeichnen  scheint,  so 
dass  in  dieser  grösseren  Entwicklung  des  hydrostatischen  Apparates  wohl  ein 
den  Mangel  der  locomotorischen  Sprösslinge  einigermasseu  compensirendes 
Verhältniss  erkannt  werden  kann.  An  dem  zur  Luftblase  modificirten  vor- 
deren Stammesemle  unterscheide  ich  einmal  die  äussere,  direct  in  die  Stamm- 
wandung übergehende  Umhüllung,  und  dann  eine  darin  geborgene  zweite 
Blase,  den  eigen tlichen  Luftsack,  der,  obschon  etwas  über  die  Hälfte  kleiner 
als  die  gesammte  Blase,  immerhin  noch  die  homologen  Gebilde  anderer  Si- 
phonophoren  beträchtlich  an  Grösse  überragt.  Sowohl  in  der  äusseren,  vom 
Stamme  gebildeten  Umhüllung,  als  in  der  Wand  der  eigentlichen,  lufthaltigen 
Blase  habe  ich  Muskelfasern  gesehen,  von  denen  besonders  che  im  oberen 
gewölbten  Theile  deutlich  in  zwei  Richtungen,  radial  und  circulär,  angeord- 
net erschienen.     Dort  schien  auch  die  innere  Blase  mit  der  äusseren  zusam- 


Neue  Beiträge  :nr  näheren  Kenntnisi  der  Siphonophoren.  409 

menzuhängen,  sie  war  wenigstens  dicht  an  erstere  angeschlossen,  und  es 
zeigte  sich  so  etwas  ähnliches,  wie  ich  bei  Bh.  ßiformis  beschrieb.  Der  die 
obere  Flache  des  Luftsackes  auszeichnende  Pigmentfleck  besteht  aus  länglichen, 
im  Unifange  einer  kleinen  unpigmentirten  Kreisfläche  radienartig  gelagerten 
Zellen,  von  denen  besonders  die  im  Umfange  des  Fleckes  stehenden  sehr  lang- 
gestreckt erscheinen,  so  dass  also  auch  hierin  eine  Verschiedenheit  von  Uli.  fili- 
jhniiis  gegeben  ist.  Das  Pigment  sitzt  zudem  nicht  auf  der  inneren  Luftkapsel, 
sondern  auf  deren  äusserer  Hülle  auf  und  beschränkt  sich  auf  eine  viel  klei- 
nere Stehe  als  bei  den  übrigen  Physophoriden.  Von  besonderer  Wichtigkeit 
war  mir  eine  in  Mitte  des  pigmentlosen ,  den  Gipfel  der  Blase  einnehmenden 
Kreisfeldes  vorhandene  Oeffnung,  die  0,05'"  im  Durchmesser  hatte  und  bei  der 
scharfen  Umschreibung  ihres  von  ringförmigen  Faserzügen  (Muskelfasern?)  um- 
gebenen Randes  sich  mit  einem  künstlich  entstandenen  Loche  nicht  verwechseln 
liess.  Radiäre  Streifen  durchsetzten  die  Ringfasern.  Es  hatte  den  Anschein,  als 
ob  von  hier  aus  eine  Communication  mit  der  gerade  da  adhärirenden  inneren 
Blase  stattfinde,  und  meine  Vermulhung,  liier  eine  dem  Porus  des  Luftsackes 
der  Physalien  analoge  Oeffnung  getroffen  zu  haben,  ward  dadurch  bestärkt, 
däss  ich  bei  einem  alsbald  in  Untersuchung  genommenen  zweiten  Exemplare 
unserer  Bkkophysa  auf  leichten  Druck  unter  Wasser  einige  Luftbläschen  an  der 
nemlichen  Stelle  entweichen  sab.  Ich  muss  gestehen,  dass  dadurch  meine  bis- 
herigen Anschauungen  von  der  Luftblase  der  Physophoriden  einigermassen 
modilicirt  worden  sind;  halte  ich  doch  bei  der  verwandten  Art  eine  Communi- 
cation nach  aussen  in  Abrede  stellen  müssen,  und  war  doch  auch  von  anderen 
Forschern  für  die  echten  Physophoriden  das  gleiche  geschehen,  wenn  auch  lue 
und  da  eine  Stimme  das  Bestehen  einer  Oeffnung  hervorhob.  Da  mir  meine 
Untersuchungen  an  Rh.  ßiformis  mehrfache,  bei  der  eben  beschriebenen  Art 
jedoch  vergeblich  gesuchte  Einrichtungen  vorgeführt  hatten,  so  muss  ich  an- 
nehmen, dass  im  Baue  des  hydrostatischen  Apparates  der  Siphonophoren  be- 
trächtliche Verschiedenheiten  herrschen,  die  auf  einen  Grundplan  zurückzufüh- 
ren einer  späteren  Zeit  vorbehalten  sein  muss.  Jedenfalls  dürfte  es  noch  nicht 
an  der  Zeit  sein,  über  das  Vorhandensein  oder  den  Mangel  einer  Oeffnung  des 
Vol.  XXVII.  52 


410  Karl  Gegenbaur, 

Luftsackes  ein  generelles  Urtheil  zu  lallen,  und  am  wenigsten  möchte  ich  meine 
Beobachtung  als  die  Grundlage  eines  solchen  Urtheils  ansehen.  Für  den  übri- 
gen Bau  der  Luftblase  sei  hier  nur  das  Vorkommen  einer  elastischen  Membran 
an  der  inneren  Blase  angeführt  und  nochmals  erwähnt,  dass  von  den  dem  un- 
teren Ende  der  inneren  Blase  aufsitzenden  verästelten  Gebilden  der  Rh.  filiformis 
keine  Andeutung  zu  linden  war.  Der  ziemlich  ansehnliche  Raum  um  die  ganz 
glatte  Oberfläche  jener  Blase  war  vielmehr  mit  Fluidum  gefüllt  und  communi- 
cirte  mit  dem  Centralcanale  des  Stammes. 

Die  polypenförmigen  Mägen  (Fig.  49.  «)  massen  an  Länge  G"\  und  jeder 
von  ihnen  war  nahe  an  seinem  Ursprünge  vom  Stamme  mit  einem  Fangfaden 
(b)  versehen.  Bei  einigen  war  der  letztere  gerade  gestreckt,  bei  anderen  spi- 
ralig gewunden.  Von  seinem  Ursprünge  bis  zum  Ende  war  er  mit  dicht  ste- 
henden, einzeilig  entspringenden  secundären  Fädchen  besetzt,  die  alle,  von  der 
einfachen  Knospe  an  bis  zu  einer  Länge  von  §■'",  als  kleine  Blinddärmchen  er- 
schienen und  einen  Canal  einschlössen  als  Abzweigung  eines  den  Hauptfaden 
durchziehenden,  aber  excentrisch  gelagerten  Hohlraumes.  Im  Epithelium  der 
Fädchen  fanden  sich  dicht  gelagerte  runde  Nesselzellen.  und  zwar  um  so  reich- 
licher, je  älter  das  Fädchen  war.  Am  meisten  waren  sie  gegen  das  Ende  ge- 
häuft. Besondere  Nesselorgane,  Nesselknöpfe,  sind  nur  nicht  zu  Gesicht  ge- 
kommen, obschon  alle  vorhandenen  Fangfäden  genau  darauf  untersucht  wur- 
den, und  die  einzelnen  Hauptfäden  von  solcher  Länge  (bis  zu  1")  waren,  dass 
von  den  zahlreich  ihnen  ansitzenden  secundären  Fädchen  wenigstens  die  äusser- 
sten  eine  gewisse  Keife  versprachen.  Es  fehlte  —  mit  einem  Worte  —  selbst 
jede  Andeutung,  dass  hier  durch  Modificationen  der  Wandungen  und  Bildung 
eines  besonderen  Nesselzellenbelegs  jene  eigenthümlichen ,  für  die  blasentra- 
genden Siphonophoren  charakteristischen  Fangorgane  hervorgehen  würden.  Da 
auch  nicht  wohl  an  ein  Abgerissensein  der  Enden  der  Fädchen  zu  denken  war, 
diese  vielmehr  immer  ihren  Beleg  runder  Nesselzellen  (jenen  sehr  ähnlich ,  die 
ich  in  den  merkwürdigen  Fangorganen  der  Rh.  filiformis  aufgefunden  hatte)  auf- 
wiesen, so  darf  ich  wohl  annehmen,  dass  es  hier  bei  dieser  einfachen  Form 
—  a:ewissermassen  der  Grundform  aller  Fangfadenbildung  —  sein  Bewenden 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenniniss  der  Siphonophoren.  41 1 

haben  wird,  und  dass  der  einfache  Nesselzellenbesatz  die  complicirten  Batterien 
anderer  Physophoriden  ersetze.  Es  ist  diese  Annahme  um  so  wahrscheinlicher, 
als  ja  auch  bei  Rh.  filiform®  keine  eigentlichen  Nesselbänder  oder  Nesselbatterien 
vorkommen. 

Von  Geschlechtsknospen  habe  ich  mit  Bestimmtheit  nur  die  männlichen 
beobachtet,  so  dass  dadurch  nur  ein  Theil  der  Lücke  ausgefüllt  wird,  die  ich 
in  meinen  ersten  Beiträgen  für  die  in  Hede  stehende  Gattung  lassen  musste, 
indem  von  Rh.  /iliforniis  mir  nur  ganz  junge  Sprossen,  die  ich  als  Geschlechts- 
gemmen deutete,  bekannt  geworden  sind.  Die  beobachteten  Gemmen  sitzen 
in  mehlfachen  laxen  Traubchen  (Fig.  40)  direct  am  Stamme  der  Colonie.  Die 
ältesten  Knospen  stellen  kurz  gestielte  Bläsehen  dar  (Fig.  48),  die  von  ovaler 
(iestalt  sind  und  dem  Stiele  gegenüber  in  eine  kurze  schnabelartige  Spitze  sich 
ausziehen.  Man  unterscheidet  eine  äussere,  dem  Mantel  anderer  medusoiden 
Siphonophorentheile  homologe  Umhüllung  (Fig.  48.«},  die  nirgends  eine  Oeff- 
nung  besitzt,  dann  im  Innern  derselben  eine  länglich  runde,  um  vieles  kleinere, 
eine  feingranuläre  Substanz  umschliessende  Blase,  den  Geschlechtskolben  (6), 
der  in  seiner  Achse  von  einem  aus  dein  Stiele  sich  verlängernden  ("anale  (c) 
durchsetzt  wird.  Er  erreicht  niemals  das  Ende  der  Blase,  und  erscheint  meist 
spindelförmig  oder  kolbenförmig  erweitert  Die  äussere  Kapselhülle  ist  homo- 
gen, hyalin,  ohne  Gefässcanäle.  Sie  steht  an  den  älteren  Knospen  immer  be- 
trächtlich vom  Geschlechtskölben  ab,  während  an  den  jüngeren  ein  enger,  dich- 
ter Anschluss  stattfindet,  so  dass  die  Knospen  dann  jenen  ähnlich  erscheinen, 
wie  sie  von  Stephmomia,  Alhuri/biii  und  manchen  Diphyiden  bekannt  sind. 

Schliesslich  erwähne  ich  noch,  dass  auf  einem  Exemplare  der  Uli.  Eysen- 
hardlii  eine  zwar  abgelöste,  allein  nicht  leicht  auf  eine  andere  Siphonophore  be- 
ziehbare Geschlechtstraube  sich  fand,  die  aus  länglichen,  des  Schnabelfortsatzes 
entbehrenden,  mit  dicht  anliegender  Hülle  versehenen  Knospen  bestand,  die  die 
nemlichen  Theile  wie  die  vorher  beschriebenen  erkennen  Hessen  (Fig.  47).  Der 
den  Centralcaual  (r)  umgebende  Inhalt  bestand  jedoch  aus  ziemlich  grossen  po- 
lyedrischen  Zellen,  die  vielleicht  als  Eier  anzusprechen  sind,  so  dass  die  be- 
treffenden Knospen  die  weiblichen  Generationstheile  der  Rhizuphym  vorstellen 

52* 


412  Karl  Gegenbaur, 

könnten.  Die  an  diesem  Exemplare  sitzenden  Gemmen  bestätigten  meine  Ver- 
muthung  einigermassen ,  indem  sie,  obschon  nicht  völlig  entwickelt,  Formen 
aufwiesen,  die  sich  an  die  jüngsten  der  abgelösten  Trauben  anschlössen. 

5.  ATHOUYB1A. 
Die  zu  den  Physophoriden  mit  verkürztem  Stamme  gehörige  Gattung  Atho- 
ii/bia,  durch  die  zierlichen  Verhältnisse  ihrer  Theile  den  schönsten  Formen  der 
Siphonophoren  beizuzählen,  ist  in  neuerer  Zeit  bekanntlich  von  Kölliker  nä- 
her untersucht  worden.  Es  war  A.  rosacea  Esch..  die  dadurch  in  die  Beine  der 
genauer  bekannten  Arten  tritt.  Von  dem,  was  mir  aus  eigener  Anschauung 
von  Athorybk  rosacea  bekannt  ist  und  was  Kölliker  darüber  mitgetheilt  hat. 
weicht  eine  in  mehreren  ziemlieh  gut  erhaltenen  Exemplaren  mir  vorliegende 
Form  ab,  so  dass  ich  selbe  jedenfalls  als  eine  verschiedene  Art  betrachten 
muss.  Da  ich  sie  auf  Athonjbia  heliantha  Q.  <k  G.  beziehen  zu  müssen  glaube, 
wird  es  gerechtfertigt  sein,  diesen  Namen  liier  gelten  zu  lassen. 

ATHORYBIA  HELIANTHA  Q.  &  G. 

(Egg.   43.   44.) 

Die  Grössen  Verhältnisse  wie  die  Anordnung  der  Anhänge  des  kurzen,  wohl 
am  richtigsten  kegelförmig  genannten  Stammes  sind  im  Ganzen  wie  bei  A.  ro- 
sacea, so  dass  ich  die  Beschreibung  sogleich  mit  den  einzelnen  Theilen  begin- 
nen kann. 

Die  Form  des  Luftsacks  ist  länglich,  oval,  bei  einem  Exemplare  war  er 
tief  in  den  Fühlerkranz  eingezogen ,  bei  einem  anderen  frei  vorstehend ,  so  dass 
er  in  der  Flüssigkeit  flottirte;  die  obere  Hälfte  ist  rothbraun  pigmentirt. 

Die  Deckblättchen  sitzen  in  einer  doppelten  Spiraltour  am  Stamme,  dicht 
unter  dem  Stiele  der  Luftblase  und  sind  in  Uebereinstimmung  mit  den  Angaben 
von  Quoy  und  Gaimard  von  Zolllänge  und  etwa  2'"  breit.  Nach  beiden  En- 
den verschmälern  sie  sich  und  am  freien  Ende  erscheinen  sie  fein  zugespitzt. 
Dabei  zeigen  sie  eine  sanfte  Biegung  nach  der  Fläche.  Ihrer  Länge  nach  wer- 
den sie  von  einem  blind  geendigten  Canale  durchzogen. 


Netie  Beiträge  zur  näheren   Kenntniss  der  Siphonopboren.  413 

Dienach  Kölliker  den  Deckblättchen  der  A.  rosarea  zukommenden  Nes- 
selzellen, welche  dort  fünf  bis  sechs  Längsreihen  bilden,  vermisste  ich;  dagegen 

fand  ich  überall,  auf  Ober-  und  Unterfläche,  das  schönste  Pflasterepithel  aus 
einer  Lage hexagonal  gestreckter;  oft  spindelförmig  zu  nennender  Zellen,  deren 
Längenachse  jener  des  Blättchens  entsprach. 

Den  unteren  Theil  des  Stammes  nehmen  die  Taster,  die  polypenartigen 
Mägen  und  die  Fangfäden  ein. 

Die  bei  weitem  grösste  Zahl  der  Anhänge  wird  durch  die  Taster  oder  Füh- 
ler gebildet.  Sie  kommen  mit  denen  der  A.  rosacea  überein,  sowolü  was  Gestalt 
als  feineren  Bau  betrifft;  das  äussere,  den  Muskelschlauch  überziehende  Cylin- 
derepithel  ist  aber  nicht  nur  gegen  che  Spitze  hin,  sondern  auf  der  ganzen  Ober- 
fläche entwickelt.  An  dem  Ende  liegen,  die  von  Kölliker  bei  Ä.  rosacea  als 
retractil  bezeichnete  Spitze  umkränzend,  acht  bis  zwölf  grosse  elliptische  Nes- 
selzellen zwischen  den  Elementen  des  Epithels*).  Manchmal  hatten  die  Zellen 
schon  explodirt,  dann  fand  sich  die  leere  Kapsel  mit  einem  der  Kapsellänge  fast 
gleichkommenden  dünnen  Anhange  versehen,  von  dem  der  gerade  gestreckte 
Nesselfäden  seinen  Ursprung  nahm.  Am  Beginne  des  Fadens  zeigten  sich  zahl- 
reiche, fast  wie  spiralig  angeordnete  feine  Häkchen,  die  gegen  die  Mitte  des 
Fadens  zu  aufhörten  (Fig.  44). 

Die  Zahl  der  Mägen  war  bei  beiden  Exemplaren  verschieden  und  es  lässl 
sich  auch  bei  jedem  einzelnen  Exemplare  che  Summe  derselben  nicht  angeben, 
da  die  jüngeren  Formen  nur  unter  dem  Mikroskope  von  den  Tastern  unter- 
scheidbar  sind.  Die  höchste  Zahl  schien  acht  zu  sein.  Sie  Sassen  mehr  gegen 
die  Üüterfläche  des  Stammes,  und  zwar  so,  dass  die  grössten  dem  Centruin  am 
nächsten  waren.  An  der  Basis  eines  jeden  Magens,  nicht  neben  ihm,  wie  von 
A.rosaceu  angegeben  ist,  entspringt  ein  Fangfaden,  der  zahlreiche,  auf  seeun- 


*)  Die  von  Kölliker  gegebene  Abbildung  des  Tasterendes  ist  bezüglich  der  Lage  der 
Nesselzellen  sicher  unrichtig.  Ich  ersehe  aus  einer  Zeichnung  eines  Tasters  der  A. 
rosacea,  dass  die  Nesselzellen  ganz  so  wie  bei  A.  helianlha  eingebettet  sind.  Damit 
stimmt  auch  alles  übrige,  was  über  die  Lagcrungsverhältnisse  der  Nesselzellen  —  ei- 
gentümlichen Epithelialzellengebilden  —  bekannt  ist. 


414  Karl  Gegenbaur. 

dären  Fädchen  sitzende  Nesselknöpfe  trägt,  die  von  denen  der  A.  rosacea  ver- 
schieden gebaut  sind. 

Man  unterscheidet  an  jedem  Nesselknopf  (Fig.  43)  erstlich  einen  rundlichen 
oder  auch  oval  geformten  Körper  (b),  dann  einen  von  diesem  seitlich  ausge- 
henden Fortsatz  und  endlich  drei  vom  Ende  des  Fortsatzes  entspringende  An- 
hänge, die  sich,  wie  bei  Agglma,  als  eine  birnförmige,  mittlere  Blase  und  als 
ein  paar  einander  gleich  gebauter  Fäden  herausstellen.  Jeder  der  secundären 
Fangfäden  theilt  sich  also  nicht,  wie  bei  A.  rosacea,  in  zwei,  verschiedene  Be- 
standteile des  Nesselknopfes  tragende  Anstehen .  sondern  läuft  in  ein  einheit- 
liches, ganz  den  Typus  der  Nesselknöpfe  von  Agalma  zeigendes  Gebilde  aus, 
welches  jedoch  in  einem  Stücke  an  die  Nesselknöpfe  der  A.  rosacea  erinnert:  da- 
durch oemlich,  dass  die  dort  vollendete  Tkeilung  durch  den  dem  Nesselknopf- 
körper ansitzenden  Anhang  angedeutet  wird.  So  vermittelt  also  A.  heliantha 
den  etwas  eigentümlichen  Bau  der  Nesselknöpfe  ihrer  Schwesterart  mit  den 
verbreiteteren  und  einfacheren  Formen  der  Agalmen. 

Noch  auffallender  wird  diese  Vermittlung  durch  einzelne,  offenbar  jüngere 
Formen  von  Nesselknöpfen  zu  Stande  gebracht,  bei  denen  der  erwähnte  Fort- 
satz eine  terminale  Stellung  hatte,  so  dass  seine  drei  Anhänge  direct  dem  Ende 
des  Nesselknopfes  anzusitzen  schienen.  Die  Form  des  Nesselbandes  war  in  sol- 
chen Fällen  jenen  der  Diphyiden  nicht  unähnlich,  woraus  sich  abnehmen  lässt. 
dass  das  Wesentliche  des  Formunterschiedes  zwischen  den  jüngeren  und  älte- 
ren Nesselknöpfen  eben  nur  auf  den  Entwickelungsgrad  des  Bandes  sich  grün- 
det, und  daraus  darf  wold  weiter  geschlossen  werden,  dass  die  Knöpfe  der  A. 
rosacea  in  ihren  jüngeren  Zuständen  denen  der  A.  helianlha  ähnlich  sein  möchten. 

In  dem  Körper  jedes  ausgebildeten  Nesselknopfes  liegt  in  2^  maliger  Spi- 
ralwindung das  Nesselhand,  dessen  unteres  Ende  noch  eine  Strecke  weit  in  den 
unteren  Fortsatz  hineinragt  (Fig.  43.  c).  Es  wird  aus  dünnen,  stäbchenförmigen, 
etwas  gebogenen  Zellen  zusammengesetzt  und  hat  nach  oben  und  aussen  eine 
Gruppe  beträchtlich  grösserer,  länglich  ovaler  Nesselzellen  hegen,  welche  auch 
die  beiden  ersten  Windungen  des  Nesselbandes  begleiten  können.  Der  Innen- 
fläche des  Nesselbandes  liegt  in  mehrfachen  Zickzackbiegungen  das  elastische 


Neue  Beiträge  :nr  näheren  Kenntnis*  tler  Siphonophoren.  415 

Band  an.  Sowohl  der  Fortsatz  dos  Nesselknopfes  als  dessen  beide  cylindrische 
Endanhänge  (d.  </)  besitzen  zahlreiche  kleine  Nesselzellen  in  ihrem  Epithelial 
Überzüge,  und  zwar  werden  zweierlei  Formen  unterschieden:  einmal  sehmale, 
stäbchenförmige,  und  dann  runde  Formen,  die  zwischen  ersteren  zerstreut 
sind  und  gegen  das  Ende  der  Anhange  dichter  sich  häufen.  Jeder  der  bei- 
den Anhange  wird  von  einem  Canale  durchzogen,  der  ebenso  mit  dem  den 
Nesselknopf  vom  Stiele  (Fig.  43.  a)  aus  durchsetzenden  Canale,  als  auch  mit 
dem  Hohlräume  der  birnförmigen  Blase  (e)  in  Verbindung  steht,  so  dass  also 
auch  diese  vom  Stamme  entferntesten  Theile  mit  der  dort  befindliehen  gemein- 
samen Leibeshöhle  Beziehungen  besitzen.  Dieses  Hohlsein  der  beiden  Endfäden 
erklärt  auch  die  Bedeutung  der  birnförmigen  Blase  ganz  auf  dieselbe  Weise, 
wie  es  von  Kölliker  und  mir  in  Folge  directer  Beobachtungen  der  Contraction 
und  Expansion  des  Bläschens  bei  anderen  Siphonophoren  geschehen  ist. 

Von  Geschlechtsorganen  sind  nur  bei  einem  Exemplare  die  zwischen  den 
Mägen  sitzenden  traubigen  Gruppen  gesehen  worden,  allein  die  geringe  Entwi- 
ckelung  liess  die  Einzelheiten  der  Gemmen  nicht  erkennen,  so  dass  ich  mit  die- 
ser einfachen  Angabe  mich  begnügen  muss.  Wahrscheinlich  dürften  in  den 
Geschlechtstraüben  die  geringsten  Differenzen  von  A.  rosacea  gegeben  sein. 

Fundort:     34°  N.B.  30°  W.  L 


SYSTEMATISCHE  TJEBERSICHT  DER  SIPHONOPHOREN  -  GENER A. 

Von  Kölliker,  Vogt  und  Leuckart  sind  in  der  letzten  Zeit  in  den 
bezüglichen  Schriften  Eintheilungeu  gegeben  worden,  welchen  die  Untersu- 
chungen jener  Forscher  zu  Grunde  lagen,  so  dass  die  Siphonophoren  dadurch 
nicht  nur  ihren  Platz  im  System  erhielten,  sondern  auch  selbst  in  systemati- 
scher, der  neu  geschöpften  Erkenntniss  angepasster  Ordnung  erschienen. 

Kölliker  suchte,  vorzüglich  auf  den  Habitus  sein  Augenmerk  richtend, 
die  von  ihm  beobachteten  Gattungen  in  fünf  Familien  zu  bringen,  die  er  als  Phy- 
sophoridae,  Hippopodidae ,  Prayidae,  Diphyidae  und  Velellidae  unterscheidet.  Die 
erstere  trennt  sich  in  drei  Untergruppen,  von  denen  die  erste  die  Physophoriden 


416  Karl  Gegenbaur. 

mit  langer  Leibesachse  und  Schwimmstücken  in  den  Gattungen  Forskulia,  Agal- 
mopsis  und  Apolemia  umfasst.  Die  zweite  Abtheilung  mit  kurzer  Leibesachse  und 
Schwimmstücken  bildet  Physophora,  und  die  dritte  mit  kurzer  Leibesachse  ohne 
Schwimmstücke:  Alhun/bin.  Die  Hippopodidae  begreifen  zwei  Genera:  Uippopo- 
dius  und  Vogtia.  Die  dritte  Familie  begreift  Praya.,  die  vierte  Diphyes  und  Abyla, 
die  fünfte  endlich  Velella  und  Porpita. 

Im  Systeme  von  Vogt  treffen  wir  Apolemia,  Agahma  und  Physophora  als 
Familie  der  Agalmiden  vereinigt,  Diphyiden  und  Hippopodiden ,  Athorybiden, 
Physaliden  und  Velelliden  als  selbständige  Familien. 

Von  Leuckart*)  werden  fünf  Familien  für  sämmtliche  Siphonophoren 
aufgestellt  und  mit  sorgfältiger  Verwerthung  der  verschiedenen  Charaktere  für 
jede  Familie  in  besondere  Gruppen  getheilt,  welche  wiederum  sehr  übersicht- 
lich sich  nach  den  Gattungen  und  Arten  zerspalten.  Doch  sind  es  nur  die  von 
ihm  selbst  untersuchten,  welche  jene  genaue  Berücksichtigung  erfahren.  Er 
bildet  aus  den  von  Kölliker  in  zwei  besondere  Familien  gebrachten  Diphyiden 
und  Hippopodiden  die  Familie  der  Calycophoridae,  gleichwertliig  mit  den  Pjiysopho- 
ridac,  IViizophi/siduc,  Physatidae  und  VeleUidae,  An  einem  anderen  Orte**)  wer- 
den diese  Familien,  zumeist  wohl  aus  Gründen,  die  der  Zweck  des  Buches  vor- 
schrieb, mehrfach  modificirt,  und  es  sind  namentlich  die  Rhizophysen  den  Phy- 
sophoriden  untergeordnet. 

So  ist  also  mit  Ausnahme  der  Velelliden ,  denen  alle  Autoren  gleich  ge- 
recht geworden  sind,  keine  einzige  Familie  (denn  die  PhysaÜdae  sind  nur  von 
Vogt  und  Leuckart  erwähnt)  durchgehend  festgehalten ,  vielmehr  zeigen 
sich  die  mannigfaltigsten  Schwankungen  in  der  Fassung  der  Charaktere.  Unter 
solchen  Umständen  wird  es  mir  erlaubt  sein ,  das  eigene  Material  mit  dem  der 
genannten  Autoren  vereinigt  in  einer  systematischen  Gattungs  -  Uebersicht  zu 
verwerthen.  Ich  glaube  am  natürlichsten  sämmtliche  Siphonophoren  in  fünf 
Familien  zu  theilen,   denen  allgemeine,  das  ganze  Wesen  der  Colonie  beein- 

*)  Siphonophoren  von  Nizza  S.  7. 
.  **)  Nachträge  und  Berichtigungen  zu  dem  ersten  Bande  von  J.  van  der  Hoeven's  Hand- 
buch der  Zoologie  S.  40. 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kermfniss  der  Siphonophoren.  417 

Aussende  Merkmale  zu  Grunde  liegen.     Es  sind  die  Velelliden,  Physaliden, 
Physophoriden,  ffippopodiden  und  Diphyiden. 

I.     VELELLIDAE*). 

Abgeflachte .  scheibenförmige  Thierstöcke  mit  einer  Luft- 
kammern einschliessenden  knorpelartig  festen  inneren  Schale 
als  hydrostatischem  Apparat  tu  Mitte  der  ühferfläche  der 
Scheibe  sitzt  ein  grosser  polypenartiger  Magen ,  der  von  jün- 
geren, kleineren  unigeben  ist.  Zu  äusserst  nahe  am  Schei- 
benrande ein  Kranz  von  Tentakeln.  Keine  locomotorischen 
Individuen. 

a)  Körperscheibe  oval  oder  in  einige  stumpfe  Ecken  ausge- 
zogen, oben  mit  einem  schräg  verlaufenden,  senkrech- 
ten Kamme  versehen Velella. 

I»)  Körperscheibe  kreisförmig,  ohne  Kamm Porpita. 

II.    PHYSAL1DAE. 

Längs  des  ganzen  Stammes  ein  weiter  lufthaltiger  Sack, 
der  dem  Stamme  eine  fasl  horizontale  Richtung  gibt.  Die  An- 
hänge sprossen  in  einer  oder  zwei  Reihen Physalia. 

III.     PHYSOPHORIDAE**). 

Am  Ende  des  Stammes  ein  kleiner  Luftsack. 

Stamm   verkürzt,   mit  Deck- 
slücken        Aihorybia. 

a)  ohne  Schwimmglocken     / 

I Stamm  lang,  ohne  Deckstü- 
cke     Bhizophysa. 

*)  Die  morphologische  Reduetiou  des  Organismus   der  Velellen   auf  jenen   der    übrigen 
Siphonophoren,    namentlich  der  Physophoriden,    hat  Leuckart   sehr  glücklich  dar- 
gestellt (vergl.  Siphonophoren  von  Xizza.  S.  111.  112.  Taf.  III.  Figg.  22.  23). 
**)  Ich   nehme   diese  Familie   in   demselben  Sinne   wie  Eschscholtz    (op.  cit.  S.  141), 
Vol.  XXVII.  53 


418 


Karl  Gegenbaur, 


Schwimmglocken  mehrzellig Stoß 


lanomta. 


(Forskalia   Köll.) 


b)  Mit 

Schwimm- 
glocken 


Stamm  unter 
der  Schwimm- 
säule verkürzt 


Steplianospira. 


Schwimm- 

glocken 
zweizeilig 


\  Stamm  lang 


Stamm  deutlich 
spiralig,  ohne 
Taster      .     . 

Stamm    schei- 
benförmig, 
mit  Tastern  .     Physophora. 

I  Anhänge     des 

Stammes     in 
regelmässi- 
gen  Abstän- 
den  gruppirt     Apolemia. 

Anhänge     des 
Stammes  un- 
regelmässig 
vertheilt   .     .     Agalma. 


IV.     HJPPOPODIDAE. 

Schwimmsäule  ohne  Luftblase,  Schwimmglocken  zwei- 
zeilig, Stamm  verlängert,  retractil,  ohne  Deckstücke   .     .     . 


Hippopodius  *). 


nur  mit  der  Beschränkung,  dass  ich  die  Gattungen  Hippopodius  und  Physalia  aus- 
schliesse,  jede  als  Repräsentanten  einer  besondern  Familie  ansehend.  Bezüglich  der 
ersteren  Gattung  ist  auch  Leuckart  derselben  Ansicht.  So  umfasst  also  die  Familie 
der  Physophoriden  dem  ersten  Anscheine  nach  zahlreiche  verschiedene  Formen;  allein 
es  zieht  sich  eine  gewisse  Gleichartigkeit  des  Habitus  durch  sie,  welche  vorzüglich 
durch  die  dem  Stamme  eine  senkrechte  Stellung  verleihende  terminale  Luftblase  be- 
dingt ist.  Wollte  man  die  Länge  des  Stammes,  das  Vorhandensein  oder  Fehlen  der 
Schwimmglocken  sowie  anderer  Anhänge  zur  Eintheilungsbasis  nehmen,  so  würde 
jedes  Genus  unzweifelhaft  eine  Familie  repräsentiren  müssen. 
*)  Zur  Gattung  Hippopodius    glaube    ich    auch    die    von    Kölliker    aufgestellte    Gattung 


Neue  Beiträge  zur  näheren  Kenntnis*  der  Siphonophoren.  419 


V.     D1PHYIDAE. 

Am  vorderen  Ende  des  langen  Stammes  sind  zwei  Schwimm- 
stücke angebracht. 

Die  Anhänge  am  Stamme  bilden  regelmässige  Gruppen,  in- 
dem stets  ein  Magen  mit  Fangfaden  und  Geschlechtsglocke  unter 
einem  Deckstücke  vereinigt  ist. 

a)  Schwimmglocken  mit  abgerundeter  Oberfläche,  neben  einan- 
der gelagert Pmya. 

I  Schwimmglocken  gleich 
gross,    die  vorderste 

stets  zugespitzt    .     .     Dvphy.es. 

b)  Schwimmglocken    mit    kantiger       ] 

Oberfläche,  hinter  einander  .  ]  Die  hintere  Glocke  stels 

grösser  als  die  vor- 
dere ,  letztere  oben 
abgeflacht   ....     Äbyla. 


Vogtia  rechnen  zu  dürfen,  da  sie  in  nichts  weitcrem  als  in  der  Form  der  Schwimm  - 
stücke  sich  unterscheidet.  Es  sind  die  letzteren  fünffach  zugespitzt;  in  der  Aufrei- 
hung am  Stamme  und  der  Iiieinanderfügung  kommen  sie  mit  llippopoditis  völlig  über- 
ein,  so  dass  die  von  Kö'lliker  gegebene  Abbildung,  wie  auch  der  Verfasser  selbst 
vermuthet,  das  wirkliche  Verhältniss  keineswegs  richtig  darstellt.  In  meiner  ersten 
Arbeit  habe  ich  die  Gattung  l'ogtiu  deshalb  angenommen,  weil  ich  das  Kö'lliker 'sehe 
Werk  noch  nicht  vollständig  kannte,  und  daher  nicht  wissen  konnte,  inwiefern  die 
von  mir  zwar  beobachtete,  allein  bezüglich  der  Anhänge  nicht  näher  untersuchte 
Siphonophore  von  Hippopodius  abweicht. 


53' 


1/3  *A  * 


420  Karl  Gegenbaur, 


Erklärung  der  Abbildungen. 


Tat.  XX \  II. 
Fig.  1.     Abyla  trigona  Q.  &  G.,  von  der  Seite  gesehen. 
A.  vorderes,  B.  hinteres  Schwimmstück. 

a.  Schwimmsack  des  vorderen,  b.  des  hinteren  Schwimmstücks.  «'.  b'  Mün- 
dungen der  Schwimmsäcke,  c.  Saftbehälter,  d.  Anfang  des  Stammes. 
e.  Ein  Stück  Stamm,  mit  den  Gruppen  der  Einzelthiere  besetzt. 

-  2.    Hinteres  Schwimmstück  von  vome. 

a — e.  Vorsprünge  um  die  Mündimg  des  Schwimmsacks.  /'.  g.  Insertions- 
stücke. 

-  3.    Dasselbe  von  der  Seite. 

u.  b.  c.  d.  /'.  (j.  wie  Fig.  2.  d.  a".  vorspringende  Lamelle  auf  der  hinteren 
Seite  des  Schwimmstücks ,  mit  einer  anderen  a",  b"  den  Austrittscanal 
(Durchlass)  für  den  Stamm  bildend. 

-  4.    Dasselbe  von  unten.    Bezeichnung  wie  in  Figg.  2  und  3. 

-  5.    Vorderes  Schwimmstück  von  der  Seite. 

-  6.    Dasselbe  von  vorne. 

-  7.  -  -     oben. 

-  8.  -  -    unten. 

(In  Figg.  5  —  8  bezeichnen  a — f  die    verschiedenen  Begrenzungsflächen    des 
Schwimmstücks,    a    die  Mündung  des  Schwimmsacks.) 

Tai".  XXVI11. 

-  9.    Ein  Stück  Stamm  von  Abyla  trigona  mit  zwei  Gruppen  von  Individuen   (Eu- 

doxia  trigbnae). 

(Von  der  unteren  Gruppe  ist  nur  das  Deckstück  abgebildet.) 
a.  Deckstück,     b.  Geschlechtsglocke.     U.  Mündimg  derselben,  von  den  za- 


Neue   Beiträge    :><>■  näheren  Kenntniss  der  Siphonophoren.  421 

ekenförmigen  Ausläufern   der  Längskanten   umgeben,     c  Saftbehälter. 
<■'.  Fortsetzung   der  Stammeshöhle  in  den  vorderen  Theil  des  Deck- 
stücks.   (/.  Schwimmsack  der  Geschlechtsglocke,    e.  Stamm,     e.  Abge- 
rissenes Ende  des  Stammes.    /'.  Magen,    g.  Knospen  der  Fangfäden. 
Fig.  10.     Eudoxia  trigonae  von  vorne. 

a.  Deckstück.  «'.  Ausschnitt  im  oberen  Rande  desselben,  b.  Geschlechts- 
glocke,   b'.  Mündung  derselben,     d.  Schwimmsack. 

-  11.    Dasselbe  von  hinten.     Bezeichnung  wie  in  Fig.  10. 

-  12.    Isolirtes  Deckstück  schräg  von  der  Seite. 

a.  vordere  Wölbung.     «".  hintere  untere  Kante,     c  Saftbehälter. 

-  13.     Eudoxia  prismatica  Gbr.  von  der  Seite. 

a.  Deckstück,  a.  Ausschnitt  desselben,  b.  Geschlechtsglocke,  b'.  Mündung 
derselben,  c.  Saftbehälter,  c'.  c".  Fortsätze  desselben,  d.  Schwimm- 
sack.   <).  Generationsorgan. 

-  14.    Geschlechtsglocke  von  Eudoxia  prismatica  von  vorne  gesehen. 

/>.  Mündung  des  Schwimmsacks,  d.  Schwimmsack.  y.  Generationsorgan. 
g'.  Höhlung  in  demselben. 

-  15.    Deckstück  von  oben. 

c.  Saftbehälter,    r.  Fortsatz  desselben  nach  vorne. 

-  16.    Deckstück  von  vorne. 

d.  Ausschnitt. 

Tat'.  XXIX. 

-  17.     Abyla  pentagona  Q.  &  G.  von  der  Seite. 

A.  vorderes,    B.  hinteres  Schwimmstück. 

a.  b.  c  d.  Flächen  des  vorderen  Schwimmstücks,  d.  b'.  c.  d'.  e.  Kanten  des 
hinteren  Schwimmstücks.  /'.  Schwimmsack  des  vorderen  Schwimm- 
stücks, y.  Saftbehälter.  /'.  Stamm.  //.  Schwimmsack  des  hinteren 
Schwimmstücks. 

-  18.     Abyla  pentagona  von  hinten. 

Bezeichnung  wie  Fig.  17. 

d.  a".  V.  b".  Begrenzung  des  Austrittscanais  des  Stammes. 

-  19.    Unteres  Schwimmstück  von  der  Unterseite. 

</.  b.  c.  d.  e.  Kantenvorsprünge.    /'.  Mündung  des  Schwimmsacks. 

Taf.  XXX. 

-  20.     Abyla  perforata  Gbr. 

A.  vorderes,     B.  hinteres  Schwimmstück. 


422  Karl  Geg-enbaur. 

a.  Schwimmsack  des   ersteren.     a.  Mündung,     b.  Saftbehälter,     c  Stamm 
der  Colonie.     d.  Schwimmsack  des  hinteren  Schwimmstücks,     d'.  Mün- 
dung. 
Fig.  21.    Vorderes  Schwimmstück  von  oben. 

o.  Schwimmsack.     d.  Mündung,    b.  Saftbehälter. 

-  22.    Unteres  Ende  des  vorderen  Schwimmstücks  von  Diphyes  aaminata  Lt. 

a.  Mündung  des  Schwimmsacks,     b.  vorspringende  Kante,     c.  r.  d.  Sculptur 

an  der  Einfügesteile  des  hinteren  Schwimmstücks. 

-  23.     Diphyes  campanulifera  Q.  &  G. 

A.  vorderes,     B.  hinteres  Schwimmstück. 

ii.  Schwimmsack.    <i'.  Mündung  desselben  im  vorderen  b.  Schwimmsack  und 
b'.  Mündung  desselben  im  hinteren  Stücke,    c  Stamm. 

-  24.    Hinteres  Schwimmstück  von  der  Seite. 

b.  Schwimmsack.     />'.  Mündung,     e.  Vorsprung  am  Durchlasscanale.     c.  Aus- 

schnitt an  demselben,    d.  Insertionsstück. 

-  25.    Dasselbe  Schwimmstück  von  hinten. 

Bezeichnung  wie  Fig.  24. 

-  26.    Vorderes  Schwimmstück,  seitlich  gesehen. 

a.  Schwimmsack.    (/'.  Mündung,    b.  Sculptur  von  der  Einfügestelle  d.    c.  Saft- 
behälter. 

-  27.     (auf  Taf.  XXIX).     Sculptur   der  Mündung  des   vorderen  Schwimmstücks   von 

Diphyes  Steenstrvpii  Gbr. 

a.  Lamelle  vor  der  Insertionshöhle. 

-  28.  (auf  Taf.  XXIX).     Sculptur  der  Mündung  des  hinteren  Schwimmstücks  von  Di- 

pltyes  Steenstrupii. 
a.  a.  Flügeiförmige  Fortsätze. 

-  29.  (auf  Taf.  XXIX).     Querdurchschnitt  des  oberen  Schwimmstücks. 

</.  Schwimmsack.    b.  Insertionshöhle. 

-  30.     Diphyes  Sarsii  Gbr. 

A.  vorderes,     B.  hinteres  Schwimmstück. 
Bezeichnung  wie  Fig.  23. 

-  31.    Individuengruppe  von  demselben. 

a.  a.  Stamm,    b.  Deckstück,     c.  Geschlechtsorgan. 

Taf.  XXXI. 

-  32.     Pkysopkora  bydrostatäca  Forsk. 

a.  Achse  der  Schwimmsäule,     b.  Luftblase,    c.  Schwimmglocken,    d.  Taster. 
e.  Mägen.    /'.  Fangfäden,    g.  Geschlechtstraube. 


Neue  Beiträge  zm  näheren  Eermtnies  der  SipJionophoren.  423 

Fig.  33.    Zwei  Schwimmglocken  in  ihrer  Befestigung  am  Stamme. 

a,  Mündung  der  Schwimmglocken.  b.  seitlicher  Fortsatz  des  Mantels,  c.  un- 
terer senkrechter  Fortsatz  des  Mantels,  d.  Ausläufer  der  um  den  Stamm 
e.  e.  laufenden  Spiralfalte  /'. 

-  34.    Schwimmglocke  von  unten. 

«.  Mündung,     b.  />.  seitliche  Lappen,     c.  Theilungsstelle   des  Gefässcanals. 

d.  Mantelfortsatz. 

-  35.     Schwimmglocke  von  oben. 

Bezeichnung  wie  Fig.  34. 

-  36 — 42.    Entwickelungsschema  der  Fangfäden. 

o.  Canal.  b.  Nesselzellenband.  c.  gelbe  Nesselzellen,  d.  Ampulle  des  Fang- 
fadencanals.    e.  Ende  des  Fangfadens. 

Taf.  XXXII. 

-  43.    Nesselknopf  von  Athorybia  Iieliantka. 

(i.  Stiel.  «'.  in  demselben  verlaufender  Canal.  b.  Körper  des  Nesselknopfes. 
c  Ende  des  Nesselbandes  im  Fortsatze  des  Körpers,    d.  d.  Endanhänge. 

e.  Terminales  Bläschen. 

-  44.    Nesselzellen  von  der  Spitze  eines  Tasters  von  Athorybia  heliantha. 

-  45.     Fangfadenstück  von  Agalmn  (Jkcnii. 

A.  Fangfaden,  u.  o.  secundäre  Fäden,  a'.  Anschwellung  eines  derselben 
mit  einer  Erweiterung  des  Canals.  c.  Nesselknopf,  d.  d.  Endanhänge. 
e.  terminales  Bläschen. 

-  4(j.    Männliche  Geschlechtstraube  von  Ktdzophysd  Eyserüiai'dtü. 

-  47.    Weibliche  Geschlechtsknospe  von  derselben. 

-  48.    Männliche 

-  49.    Magen  «  mit  Fangfaden  b  von  derselben. 
.    50 — 52.    Deckstücke  von  Agalma  Okenii. 

,,.  b.  c.  Stiel. 

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-  53.    Stephanospira  insignis. 

n.  Luftsack.  b.  Stamm  der  Schwimmsäule,  c.  Saum  für  die  Insertion  der 
Schwimmglocken.  </.  Spiraliger  Kürperstamm.  e.  Mägen.  /'.  Ge- 
schlechtstrauben. 

-  54.    Taster  mit  Geschlechtsgemmen  von  Stephanospira  insignis. 

a.  äusserer,  b.  innerer  Taster,  c.  männliche  Geschlechtsgcmmen.  */.  weib- 
liche Gemmen,     e.  Fangfaden  aus  dem  inneren  Taster  hervorgehend. 


424     Karl  Gegen baur,   Neue  Beiträge  zur  näheren  Kennlniss  der  Siphonophoren. 

Fig.  55.     Stück  eines  Fangfadens  von  Stcphanospira  insignis. 

A.  Fangfaden,     n.  a.  secundäre  Fädchen.     b.  grosse  Nesselzellen,     r.  Nes- 
selband. 

-  56.    Weibliche  Geschlechtsgemme  von  derselben  Art. 

a.  Hülle,    b.  Ei.     c.  Keimbläschen  mit  Keimfleck. 

-  57.  58.    Zwei  junge  Schwimmglocken  von  einer  Agalma. 

a.  Stiel.    «'.  Anschwellung  desselben  als  hintere  Grenze  der  Glocke  b. 

-  59.    Gewebe  des  hyalinen  Schwimmglockenmantels  von  Hippopodius. 


Tab  26 


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